Protokoll:
16199

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 16

  • date_rangeSitzungsnummer: 199

  • date_rangeDatum: 21. Januar 2009

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  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 19:54 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 16/199 DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Paul Lehrieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Brigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 2: 21470 C 21470 D 21471 A 21471 A 21471 C 21471 C 21471 D 21472 B 21475 A 21475 B 21475 C 21476 A 21476 B 21476 C Deutscher B Stenografisch 199. Sitz Berlin, Mittwoch, den I n h a l Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absetzung des Tagesordnungspunktes 9 . . . . Tagesordnungspunkt 1: Befragung der Bundesregierung: Gesetzent- würfe zur Verbesserung des Kinderschut- zes und zur Änderung des Bundeszentral- registergesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Brigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/ B J D D D M D M D 21469 A 21469 A 21469 B 21469 B 21470 A Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21472 D undestag er Bericht ung 21. Januar 2009 t : rigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . örn Wunderlich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . r. Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . iana Golze (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . r. Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . iriam Gruß (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ichaela Noll (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . r. Ursula von der Leyen, Bundesministerin 21473 A 21473 C 21473 D 21474 A 21474 A 21474 B 21474 C 21475 A Fragestunde (Drucksachen 16/11612, 16/11632) . . . . . . . . 21476 C II Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 199. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. Januar 2009 Dringliche Frage 1 Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Kenntnisse der Bundesregierung über Hin- tergründe der Ermordung des Menschen- rechtsanwalts Stanislaw Markelow und der Journalistin Anastasja Baburowa in Mos- kau am 19. Januar 2009 Antwort Dr. h. c. Gernot Erler, Staatsminister AA . . . . Zusatzfragen Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mündliche Frage 1 Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Zulässigkeit von Erdkabeln in der 110-kV- Ebene im Energieleitungsausbaugesetz und Auswirkungen auf die Strompreise Antwort Peter Hintze, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfragen Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mündliche Frage 6 Elke Reinke (DIE LINKE) Fehlen einer Anlauf- und Beratungsstelle für ehemalige Heimkinder und Gründe für die Ablehnung eines nationalen Entschädi- gungsfonds durch die Bundesregierung Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfragen Elke Reinke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Karl Schiewerling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karin Binder (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Mündliche Frage 7 Elke Reinke (DIE LINKE) Empfehlung des Deutschen Bundestages zum Betrauen zweier unabhängiger Dach- organisationen der deutschen Jugendhilfe für die Organisation eines runden Tisches und Haltung der Bundesregierung dazu Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfrage Elke Reinke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . M C V f d v G d m K A A Z C M D M E z E A P Z D S D J M D H p S w g m A P Z D M U O s t d A K 21476 D 21477 A 21478 B 21478 C 21479 A 21479 C 21480 A 21480 B 21481 A 21481 B 21481 C ündliche Fragen 9 und 10 ornelia Hirsch (DIE LINKE) erhinderung einer bildungspolitischen Of- ensive im Rahmen des Konjunkturpaketes II urch das mit der Föderalismusreform I erabschiedete Kooperationsverbot des rundgesetzes; Berücksichtigung der bil- ungspolitischen Versprechen von Bundes- inisterin Schavan von Dezember 2008 im onjunkturpaket II ntwort ndreas Storm, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . usatzfragen ornelia Hirsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . ündliche Frage 17 r. Hakki Keskin (DIE LINKE) aßnahmen der Bundesregierung zur vom uroparat geforderten Stärkung der Parti- ipationsrechte der Einwanderinnen und inwanderer in den Mitgliedstaaten ntwort eter Altmaier, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . usatzfragen r. Hakki Keskin (DIE LINKE) . . . . . . . . . . evim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . r. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE) . . . . . örn Wunderlich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . ündliche Frage 18 r. Hakki Keskin (DIE LINKE) altung der Bundesregierung zur Über- rüfung der Europaratsbeschlüsse zur tärkung der Partizipationsrechte der Ein- anderinnen und Einwanderer in den Mit- liedstaaten durch eine Monitoringkom- ission ntwort eter Altmaier, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . usatzfragen r. Hakki Keskin (DIE LINKE) . . . . . . . . . . ündliche Frage 20 lrich Adam (CDU/CSU) pfern der kommunistischen/stalinisti- chen Gewaltherrschaft und der SED-Dik- atur gewidmete Briefmarken und Ge- enkmünzen ntwort arl Diller, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21482 B 21482 C 21483 C 21483 D 21485 A 21485 C 21485 D 21486 B 21486 C 21487 B Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 199. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. Januar 2009 III Mündliche Frage 21 Ulrich Adam (CDU/CSU) Würdigung des 20. Jahrestages der friedli- chen Revolution durch Ausgabe von Son- derbriefmarken, Euro-Gedenkmünzen und Gedenkmedaillen Antwort Karl Diller, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfrage Ulrich Adam (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Mündliche Frage 22 Arnold Vaatz (CDU/CSU) Zeitpunkt der Information der Bundesre- gierung über die Ausgabe von Medaillen zum Gedenken an historische Momente der DDR-Geschichte und verantwortliche Dienst- stellen innerhalb der Deutschen Post AG Antwort Karl Diller, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfragen Arnold Vaatz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Veronika Bellmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Ulrich Adam (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Maria Michalk (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Mündliche Frage 23 Arnold Vaatz (CDU/CSU) Einholen von externer Expertise durch die Deutsche Post AG bei der geplanten Emis- sion von SED-Gedenkmedaillen Antwort Karl Diller, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfragen Arnold Vaatz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Veronika Bellmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Mündliche Frage 24 Manfred Kolbe (CDU/CSU) Anzahl der Verfahren nach dem Altforde- rungsregelungsgesetz Antwort Karl Diller, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mündliche Frage 25 Manfred Kolbe (CDU/CSU) Höhe der in Verfahren nach dem Altforde- rungsregelungsgesetz eingeforderten bzw. e V A K Z M M C J M z A K Z C T a b P M C M K W O R D J 21487 C 21487 D 21488 B 21488 C 21489 A 21489 A 21489 B 21489 C 21489 C 21490 A 21490 B ingenommenen Beiträge in Relation zum erwaltungsaufwand ntwort arl Diller, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . usatzfragen anfred Kolbe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . ündliche Fragen 26 und 27 arl-Ludwig Thiele (FDP) üngste Äußerungen von Bundeskanzlerin erkel und Bundesaußenminister Steinmeier ur Tilgung des Erblastentilgungsfonds ntwort arl Diller, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . usatzfragen arl-Ludwig Thiele (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 3: ) Erste Beratung des von den Abgeordneten Wolfgang Bosbach, René Röspel, Katrin Göring-Eckardt und weiteren Abgeordne- ten eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verankerung der Patientenverfü- gung im Betreuungsrecht (Patienten- verfügungsgesetz – PatVerfG) (Drucksache 16/11360) . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von den Abgeordneten Wolfgang Zöller, Dr. Hans Georg Faust, Dr. Herta Däubler-Gmelin und weiteren Abgeordneten eingebrachten Entwurfs ei- nes Gesetzes zur Klarstellung der Ver- bindlichkeit von Patientenverfügungen (Patientenverfügungsverbindlichkeits- gesetz – PVVG) (Drucksache 16/11493) . . . . . . . . . . . . . . eter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . ichael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Bosbach (CDU/CSU) . . . . . . . . hristoph Strässer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . onika Knoche (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . atrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . olfgang Zöller (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . tto Fricke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ené Röspel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . r. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . erzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21490 C 21490 D 21491 C 21491 D 21492 C 21492 C 21492 D 21493 D 21494 C 21495 C 21497 A 21497 D 21499 A 21500 A 21500 C 21501 D 21502 C 21503 B IV Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 199. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. Januar 2009 Dr. Wolfgang Wodarg (SPD) . . . . . . . . . . . Julia Klöckner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wolfgang Wodarg (SPD) . . . . . . . . . . . . . Dr. Hans Georg Faust (CDU/CSU) . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rolf Stöckel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Bosbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wolfgang Wodarg (SPD) . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 4: Erste Beratung des von den Abgeordneten Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Dr. Karl Addicks, Ernst Burgbacher, weiteren Abge- ordneten und der Fraktion der FDP einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände- rung der Strafprozessordnung (§ 160 a StPO) (Drucksache 16/11170) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Nešković (DIE LINKE) . . . . . . . . . Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Nešković (DIE LINKE) . . . . . . . . . Joachim Stünker (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 5: – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zum Abbau büro- kratischer Hemmnisse insbesondere in der mittelständischen Wirtschaft (Drit- tes Mittelstandsentlastungsgesetz) (Drucksachen 16/10490, 16/11622) . . . . . – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 16/11623) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Michael Fuchs (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Ernst Burgbacher (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Reinhard Schultz (Everswinkel) (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S K T a b c d i Z A B w B f m A ( K D M K M R T a 21503 C 21504 D 21506 A 21506 D 21507 B 21508 A 21509 B 21509 D 21511 A 21512 A 21512 B 21513 A 21513 C 21514 C 21515 C 21515 D 21516 A 21517 A 21518 B 21518 B 21518 C 21519 D 21520 D abine Zimmermann (DIE LINKE) . . . . . . . . erstin Andreae (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 6: ) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Lebenslagen in Deutschland – Dritter Armuts- und Reichtumsbericht (Drucksache 16/9915) . . . . . . . . . . . . . . . ) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Nationaler Strategiebericht – Sozial- schutz und soziale Eingliederung 2008 bis 2010 (Drucksache 16/10138) . . . . . . . . . . . . . . ) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Nationaler Aktionsplan zur Bekämp- fung von Armut und sozialer Ausgren- zung 2003 bis 2005 Implementierungsbericht 2005 (Drucksache 15/5569) . . . . . . . . . . . . . . . ) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Sozialbericht 2005 (Drucksache 15/5955) . . . . . . . . . . . . . . . n Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 1: ntrag der Abgeordneten Markus Kurth, rigitte Pothmer, Irmingard Schewe-Gerigk, eiterer Abgeordneter und der Fraktion ÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Programm ür ein selbstbestimmtes Leben ohne Ar- ut – Eine Neuformulierung des Dritten rmuts- und Reichtumsberichtes Drucksache 16/10654) . . . . . . . . . . . . . . . . . laus Brandner, Parl. Staatssekretär BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . aria Michalk (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . atja Kipping (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . arkus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . olf Stöckel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 7: ) Antrag der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Wolfgang Nešković, Karin Binder, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Rehabilitierung für die Verfolgung und Unterdrückung einver- nehmlicher gleichgeschlechtlicher Hand- lungen in der Bundesrepublik Deutsch- land und der Deutschen Demokratischen 21522 B 21522 D 21524 A 21524 A 21524 A 21524 B 21524 B 21524 C 21525 C 21526 D 21528 B 21529 B 21530 B Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 199. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. Januar 2009 V Republik und Entschädigung der Ver- urteilten (Drucksache 16/10944) . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Kerstin Andreae, Birgitt Bender, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Rehabili- tierung und Entschädigung der nach 1945 in Deutschland wegen homosexu- eller Handlungen Verurteilten (Drucksache 16/11440) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Dr. Jürgen Gehb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Jörg van Essen (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Carl-Christian Dressel (SPD) . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 8: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zehnten Ge- setzes zur Änderung des Atomgesetzes (Drucksache 16/11609) . . . . . . . . . . . . . . . . . Sigmar Gabriel, Bundesminister BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Horst Meierhofer (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Lutz Heilmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christoph Pries (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 16: Antrag der Abgeordneten Britta Haßelmann, Grietje Staffelt, Ekin Deligöz, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Medienkompetenz Älterer stär- ken – Die digitale Kluft schließen (Drucksache 16/11365) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 10: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der aufsichtsrechtlichen Vor- schriften der Zahlungsdiensterichtlinie (Zahlungsdiensteumsetzungsgesetz) (Drucksachen 16/11613, 16/11640) . . . . . . . . Albert Rupprecht (Weiden) (CDU/CSU) . . . . Martin Gerster (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frank Schäffler (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . D D N A L A M S G z k A P A M D U t S d A D A M D V b A D A M O R d u A C 21531 C 21531 C 21531 D 21532 D 21534 A 21534 D 21535 D 21537 A 21537 B 21538 B 21539 A 21540 B 21541 C 21542 C 21543 C 21534 D 21543 D 21545 A 21545 D r. Axel Troost (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . r. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 1 iste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . nlage 2 ündliche Frage 2 abine Zimmermann (DIE LINKE) ründe für das Fehlen konkreter Angaben ur Breitbandstrategie im Konjunkturpa- et II ntwort eter Hintze, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 3 ündliche Frage 3 r. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) nterzeichnung des IAASTD-Berichts (In- ernational Assessment of Agricultural cience and Technology for Development) urch die Bundesregierung ntwort r. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär BMELV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 4 ündliche Frage 4 r. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) orschläge der Bundesregierung zur Auslo- ung von Eiern aus Kleingruppenhaltung ntwort r. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär BMELV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 5 ündliche Frage 5 mid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) echtsgrundlage eines Manövers der Bun- eswehr Ende November 2008 in Ghana nd Unterrichtung des Bundestages ntwort hristian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21546 B 21546 D 21547 C 21549 A 21549 D 21550 B 21550 C 21550 D VI Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 199. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. Januar 2009 Anlage 6 Mündliche Frage 8 Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Maßnahmen der Bundesregierung bezüg- lich der Dioxinbelastungen im Bereich der Marschen der Unterelbe Antwort Karin Roth, Parl. Staatssekretärin BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 7 Mündliche Fragen 11 und 12 Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Gründe für die Finanzierung des Lohafex- Experiments durch das Bundesministe- rium für Bildung und Forschung; Ergeb- nisse der Umweltverträglichkeitsprüfun- gen im Vorfeld des Experiments sowie beteiligte wissenschaftliche Einrichtungen Antwort Thomas Rachel, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 8 Mündliche Frage 13 Otto Schily (SPD) Konsequenzen der Bundesregierung aus den Äußerungen des früheren afghani- schen Finanzministers Ashraf Ghani über die jetzige afghanische Regierung in der New York Times vom 2. Januar 2009 Antwort Dr. h. c. Gernot Erler, Staatsminister AA . . . . Anlage 9 Mündliche Frage 14 Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Pläne zur Übernahme des Verteidigungs- haushalts Afghanistans durch die NATO Antwort Dr. h. c. Gernot Erler, Staatsminister AA . . . . Anlage 10 Mündliche Frage 15 Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Beurteilung der humanitären Situation im Kriegsgebiet in Gaza und Vorschläge zur humanitären Hilfe Antwort Dr. h. c. Gernot Erler, Staatsminister AA . . . . A M V R r n f n f A P A M D S d l A K A M D B b d A K A M V V d t d A K A M V A V d 21551 A 21551 B 21551 D 21552 A 21552 B nlage 11 ündliche Frage 16 olker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) echtlicher Status der in Deutschland ope- ierenden der Hamas oder der Hisbollah ahestehenden Organisationen und Schluss- olgerungen aus Erkenntnissen von Bundes- achrichtendienst und Bundesamt für Ver- assungsschutz über diese Organisationen ntwort eter Altmaier, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 12 ündliche Frage 19 r. Ilja Seifert (DIE LINKE) chaffung von Barrierefreiheit im Rahmen er für 2009 geplanten Sanierung des Ber- iner Fernsehturms ntwort arl Diller, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 13 ündliche Frage 28 r. Ilja Seifert (DIE LINKE) ereitstellung weiterer Mittel zum Ausbau arrierefreier Infrastruktur im Rahmen er für 2009 geplanten Konjunkturpakete ntwort laus Brandner, Parl. Staatssekretär BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 14 ündliche Frage 29 olker Schneider (Saarbrücken) (DIE LINKE) erbesserungen im Programm „Weiterbil- ung Geringqualifizierter und beschäftig- er älterer Arbeitnehmer in Unternehmen“ urch das Konjunkturpaket II ntwort laus Brandner, Parl. Staatssekretär BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 15 ündliche Frage 30 olker Schneider (Saarbrücken) (DIE LINKE) rbeitsmarktpolitische Instrumente zur erausgabung von zusätzlichen Mitteln bei er Bundesagentur für Arbeit insbeson- 21553 B 21553 C 21553 D 21554 A Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 199. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. Januar 2009 VII dere für über 25-Jährige ohne abgeschlos- sene Berufsausbildung Antwort Klaus Brandner, Parl. Staatssekretär BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 16 Mündliche Frage 31 Sevim Dağdelen (DIE LINKE) Bewilligung von Fördermitteln aus dem Europäischen Sozialfonds und aus europäi- schen Globalisierungsmitteln für Weiterbil- dung oder Fortbildungsmaßnahmen der ehe- maligen Beschäftigten von Nokia in Bochum Antwort Klaus Brandner, Parl. Staatssekretär BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 17 Mündliche Fragen 32 und 33 Dr. Martina Bunge (DIE LINKE) Medizinische Versorgung von Kindern im Fall unterbleibender Zahlung von Kran- kenversicherungsbeiträgen; Vollwertige Leis- tungsgewährung für Kinder als gesamtge- sellschaftliche Aufgabe der Krankenkassen Antwort Marion Caspers-Merk, Parl. Staatssekretärin BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 18 Mündliche Fragen 34 und 35 Frank Spieth (DIE LINKE) Ausschluss von Säuglingen, Kleinkindern und Kindern von den Präventionsuntersu- chungen; Unterschiedliche medizinische Versorgung von Kleinkindern privat kran- kenversicherter, gesetzlich versicherter bzw. beitragssäumiger gesetzlich versicher- ter Eltern Antwort Marion Caspers-Merk, Parl. Staatssekretärin BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 19 Mündliche Frage 36 Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) Vereinbarkeit des Forschungsprojektes Lo- hafex mit den Beschlüssen der London- Konvention und dem Moratorium für ozeanische Düngung Antwort Michael Müller, Parl. Staatssekretär BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A M E E s m t M A M A M H M p f A M A M S G A a m w A M A Z d k ( M P J A S D B 21554 C 21554 D 21555 B 21556 A 21556 C nlage 20 ündliche Frage 37 va Bulling-Schröter (DIE LINKE) instufung der im Lohafex-Projekt unter- uchten Ozeandüngung als Klimaschutz- aßnahme und Vereinbarkeit mit dem un- er deutscher Beteiligung beschlossenen oratorium für ozeanische Düngung ntwort ichael Müller, Parl. Staatssekretär BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 21 ündliche Frage 38 ans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) aßnahmen zur Beschleunigung der euro- äischen Biogaseinspeisungsstrategie in- olge der aktuellen Erdgaskrise ntwort ichael Müller, Parl. Staatssekretär BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 22 ündliche Fragen 39 und 40 ylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) efahren für das in der Schachtanlage sse II tätige Personal und für Anwohner ufgrund der bei Kammer 4 der Anlage öglicherweise auftretenden Schäden so- ie erforderliche Schutzmaßnahmen ntwort ichael Müller, Parl. Staatssekretär BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 23 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Antrags: Medienkompetenz Älterer stär- en – Die digitale Kluft schließen Tagesordnungspunkt 16) arkus Grübel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . hilipp Mißfelder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . ürgen Kucharczyk (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . ngelika Graf (Rosenheim) (SPD) . . . . . . . . . ibylle Laurischk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . r. Lothar Bisky (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . ritta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21556 D 21557 A 21557 B 21558 A 21559 D 21560 B 21561 A 21561 D 21562 D 21563 B Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 199. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. Januar 2009 21469 (A) ) (B) ) 199. Sitz Berlin, Mittwoch, den Beginn: 13.0
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    Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 199. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. Januar 2009 21549 (A) ) (B) ) Downstream-Geschwindigkeit von mindestens 1 Mbit/s erhöhen. Kurzfristiges Ziel ist es, die Lücken bei der Breitbandversorgung zu schließen. Die Bundesregierung setzt sich daher dafür ein, dass bis Ende nächsten Jahres Breitbandverbindungen flächendeckend mit einer Nouripour, Omid BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 21.01.2009 Paula, Heinz SPD 21.01.2009 Anlage 1 Liste der entschuldigt * ** A d A ( B Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Akgün, Lale SPD 21.01.2009 Annen, Niels SPD 21.01.2009 Brüderle, Rainer FDP 21.01.2009 Dr. Bunge, Martina DIE LINKE 21.01.2009 Dreibus, Werner DIE LINKE 21.01.2009 Ehrmann, Siegmund SPD 21.01.2009 Ernst, Klaus DIE LINKE 21.01.2009 Fischer (Karlsruhe- Land), Axel E. CDU/CSU 21,01.2009 Frankenhauser, Herbert CDU/CSU 21.01.2009 Granold, Ute CDU/CSU 21.01.2009 Großmann, Achim SPD 21.01.2009 Hauer, Nina SPD 21.01.2009 Hempelmann, Rolf SPD 21.01.2009 Hinz (Essen), Petra SPD 21.01.2009 Dr. Jahr, Peter CDU/CSU 21.01.2009 Dr. Jung, Franz Josef CDU/CSU 21.01.2009 Kurth (Quedlinburg), Undine BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 21.01.2009 Dr. Lamers (Heidelberg), Karl A. CDU/CSU 21.01.2009* Link (Heilbronn), Michael FDP 21.01.2009 Lösekrug-Möller, Gabriele SPD 21.01.2009 Niebel, Dirk FDP 21.01.2009 Nitzsche, Henry fraktionslos 21.01.2009 R R R D D S S S D T T V A (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht en Abgeordneten für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung der NATO für die Teilnahme an der Jahrestagung der Ostseeparlamentarier- konferenz nlage 2 Antwort es Parl. Staatssekretärs Peter Hintze auf die Frage der bgeordneten Sabine Zimmermann (DIE LINKE) Drucksache 16/11612, Frage 2): Warum fehlen im Konjunkturpaket II der Bundesregierung unter der Beschlussziffer „6. Breitbandstrategie der Bundesre- gierung“ als einzigem Punkt im Konjunkturpaket konkrete Angaben insbesondere zur Definition eines leistungsfähigen Breitbandanschlusses wie auch zur Höhe der Mittel, die die Bundesregierung einzusetzen gedenkt, und in welchen kon- kreten Punkten werden die neu angekündigten Maßnahmen zum Ausbau des Breitbandnetzes in Deutschland über die An- kündigungen der bisherigen Breitbandinitiative hinausgehen? Ziel der Breitbandstrategie ist es, die verfügbaren andbreiten im gesamten Bundesgebiet systematisch zu aab, Daniela CDU/CSU 21.01.2009 aidel, Hans CDU/CSU 21.01.2009 eiche (Potsdam), Katherina CDU/CSU 21.01.2009 r. Riesenhuber, Heinz CDU/CSU 21.01.2009 r. Scheer, Hermann SPD 21.01.2009 chily, Otto SPD 21.01.2009 chmidt (Eisleben), Silvia SPD 21.01.2009 trothmann, Lena CDU/CSU 21.01.2009 r. Struck, Peter SPD 21.01.2009 auss, Jörg SPD 21.01.2009 hönnes, Franz SPD 21.01.2009** eit, Rüdiger SPD 21.01.2009 bgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich 21550 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 199. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. Januar 2009 (A) ) (B) ) verfügbar sind. Heute beträgt der Versorgungsgrad bei Anschlüssen mit 1 Mbit/s bereits rund 92 Prozent. Weiteres Ziel ist der flächendeckende Aufbau von Hochleistungsnetzen bis 2018. Von deutlichen Leis- tungssteigerungen im Bereich der Kommunikations- infrastrukturen verspricht sich die Bundesregierung Erhöhungen der gesamtwirtschaftlichen Produktivität, positive regionalwirtschaftliche Effekte sowie die Er- schließung neuer Beschäftigungs- und Wachstumspoten- ziale. Die in enger Abstimmung mit der IKT-Branche erar- beitete Breitbandstrategie der Bundesregierung geht da- mit deutlich über die bisherigen Zielsetzungen hinaus, die im Wesentlichen auf die kurzfristige Schließung von Versorgungslücken im ländlichen Raum fokussiert wa- ren. Durch Maßnahmen zur Senkung von Investitionskos- ten, eine innovations- und wachstumsfreundliche Regu- lierung und öffentliche Förderung werden Anreize ge- setzt, um die genannten Ziele zu erreichen. Höhe und Ausgestaltung der zusätzlich zur Verfügung stehenden Mittel sind derzeit Gegenstand der Ressortabstimmung. Das Kabinett wird sich mit dem Konjunkturpaket II am 27. Januar 2009 und mit der Breitbandstrategie am 18. Februar 2009 befassen. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Gerd Müller auf die Frage der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) (Drucksache 16/11612, Frage 3): Wieso hat die Bundesregierung den IAASTD-Bericht – IAASTD: International Assessment of Agricultural Science and Technology for Development – bisher nicht unterzeich- net, und wann wird sie dies nachholen? Im IAASTD-Bericht (Weltagrarbericht) sind überwie- gend bekannte Fakten zusammengetragen worden, die bereits seit längerem auch den Prinzipien der deutschen Entwicklungspolitik im Bereich der ländlichen Entwick- lung zugrunde liegen. Die Kernbotschaft der Zusam- menfassung, dass Armut und Hunger am effektivsten durch die Steigerung der Produktivität der kleinbäuerli- chen Betriebe im Rahmen einer multifunktionalen länd- lichen Entwicklung abgeschafft werden können, ist in- ternationaler Konsens. Vor diesem Hintergrund hält die Bundesregierung es für entbehrlich, wie von der Abge- ordneten Tackmann gefordert, die Erklärung nachträg- lich zu unterzeichnen. Dies ist vor allem deshalb ent- behrlich, weil die Bundesregierung ihre Position in den einschlägigen Fragen sehr ausführlich und differenziert in ihrem Bericht zur Welternährungslage „Globale Er- nährungssicherung durch nachhaltige Entwicklung und Agrarwirtschaft“ vom 18. Juni 2008 dargelegt hat. Grundsätzlich hält die Bundesregierung den Bericht für einen wichtigen Beitrag zur Diskussion der globalen Er- nährungssicherung. A d d ( m ( a z f u K b l g E k s N d E f a t E s d a h a l s c h s m K B K w m d m A d d D (C (D nlage 4 Antwort es Parl. Staatssekretärs Dr. Gerd Müller auf die Frage er Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) Drucksache 16/11612, Frage 4): Welche Vorschläge hat die Bundesregierung zur Auslo- bung von Eiern, die aus Kleingruppenhaltung stammen, bzw. hält die Bundesregierung eine gesonderte Auslobung über- haupt für nötig? Eier aus der deutschen Kleingruppenhaltung sind ge- äß Art. 12 in Verbindung mit Anhang I Teil A der VO EG) Nr. 589/2008 über Vermarktungsnormen für Eier uf der Verpackung als „Eier aus Käfighaltung“ zu kenn- eichnen. Darüber hinaus sind die Voraussetzungen er- üllt, die Angabe der Haltungsart gemäß Anhang I Teil B m den Begriff „ausgestalteter Käfig“ zu ergänzen. Die ennzeichnung muss deutlich sichtbar und in leicht les- arer Druckschrift erfolgen. Eier der Güteklasse A müssen deutlich sichtbar, leicht esbar und mindestens 2 Millimeter hoch mit dem Erzeu- ercode gemäß Nr. 2 des Anhangs der Richtlinie 2002/4/ G über die Registrierung von Legehennenbetrieben ge- ennzeichnet werden. Eier aus der Kleingruppenhaltung ind gemäß Anhang II Nr. 3 der Verordnung (EG) r. 589/2008 „Eier aus Käfighaltung“, demzufolge ist ie Haltungsart im Erzeugercode mit der „3“ anzugeben. ntsprechend sind diese Betriebe im Rahmen der Durch- ührung des Legehennenbetriebsregistergesetzes auch ls Käfighaltungsbetriebe zur registrieren. Weitergehende Angaben zur Art der Legehennenhal- ung sind sowohl auf der Verpackung als auch auf dem i möglich, hierbei sind jedoch die allgemeinen Vor- chriften des Lebensmittelrechts, das heißt insbesondere as Verbot der Irreführung und der Täuschung, zu be- chten. Der zusätzliche Hinweis auf die Kleingruppen- altung ist demzufolge sowohl auf der Verpackung als uch auf dem Ei grundsätzlich möglich und rechtlich zu- ässig. Da die Bundesregierung die Gefahr sieht, dass die be- tehende Kennzeichnung nicht ausreicht, um eine hinrei- hende Unterscheidung der Eier aus der Kleingruppen- altung von Eiern aus der bisherigen Käfighaltung icherzustellen, hat sich Bundesminister a. D. Seehofer it Schreiben vom 13. Oktober 2008 an die zuständigen ommissarinnen Fischer Boel und Vassiliou mit der itte gewandt, die Voraussetzungen für eine gesonderte ennzeichnung zu schaffen. Eine abschließende Ant- ort steht noch aus. Kommissarin Vassiliou hat lediglich it Schreiben vom 12. November 2008 mitgeteilt, dass ie Antwort derzeit mit der ebenfalls zuständigen Kom- issarin Fischer Boel abgestimmt wird. nlage 5 Antwort es Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage es Abgeordneten Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN) (Drucksache 16/11612, Frage 5): Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 199. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. Januar 2009 21551 (A) ) (B) ) Auf welcher rechtlichen Grundlage hat die Bundeswehr Ende November 2008 ein Manöver in Ghana durchgeführt, und wann beabsichtigt die Bundesregierung, den Deutschen Bundestag davon zu unterrichten? Die Bundeswehr hat im November 2008 kein Manö- ver in Ghana durchgeführt. Vom 4. bis 20. November 2008 führte das Einsatzführungskommando der Bundes- wehr in Potsdam eine computerunterstützte Stabsrahmen- übung durch. Hierfür wurde ein fiktives Einsatzgebiet in Westafrika zugrunde gelegt, für das die abgeänderten re- algeographischen Daten der Region Ghana genutzt wur- den. Diese Stabsrahmenübung fand ausschließlich in ei- ner militärischen Liegenschaft in Deutschland statt. Die Unterrichtungs- und Beteiligungsrechte des Bundestages gemäß § 1 Abs. 2 und § 6 ParlBetG waren zu keiner Zeit berührt. Eine Unterrichtung des Bundestages war dem- zufolge nicht angezeigt. Anlage 6 Antwort der Parl. Staatssekretärin Karin Roth auf die Frage des Abgeordneten Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 16/11612, Frage 8): Wie wird die Bundesregierung in ihrer Verantwortung für die Bundeswasserstraße Unterelbe ihren Verpflichtungen – Sa- nierung, Kompensationszahlungen für landwirtschaftlichen Nutzungsausfall und anderes – im Fall der Dioxinbelastungen im Bereich der Marschen der Unterelbe nachkommen? Die Zuständigkeit und Verantwortung der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes an Bundeswas- serstraßen ist nach der Kompetenzordnung des Grundge- setzes auf Verkehrsbelange beschränkt. Für Fragen der Gewässerreinhaltung bzw. Gewässerbelastung sind die Länder zuständig. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Thomas Rachel auf die Fragen der Abgeordneten Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 16/11612, Fragen 11 und 12): Warum finanziert das Bundesministerium für Bildung und Forschung mit dem Lohafex-Experiment ein Vorhaben, das gegen das auf der 9. Vertragsstaatenkonferenz des Überein- kommens über die biologische Vielfalt – Mai 2008 in Bonn – beschlossene Moratorium zur Düngung der Ozeane und gegen die internationale Vereinbarung über die Verhütung der Mee- resverschmutzung durch das Einbringen von Abfällen und an- deren Stoffen – sogenanntes London-Abkommen – verstößt, und zu welchen konkreten Ergebnissen waren die Umweltver- träglichkeits- und Unbedenklichkeitsprüfungen gekommen, die im Vorfeld des Experiments durchgeführt wurden? Von welchen wissenschaftlichen Einrichtungen wurde das Lohafex-Experiment zur Durchführung empfohlen, und von welchen unabhängigen und international anerkannten wissen- schaftlichen Einrichtungen wird zurzeit die Prüfung der Unbedenklichkeit des Lohafex-Experiments durchgeführt (www.spiegel.de)? Z n d P d f c z g C L ü b z M g w Z s s F l B f ( R S i m B r L v m m P A d A F d O r f (C (D u Frage 11: Das AWI und das indische National Institute of Ocea- ography (NIO) haben ein Memorandum of Understan- ing zur Durchführung von Lohafex geschlossen. Das rojekt wird im Rahmen der programmorientierten För- erung zur Hälfte aus institutionellen Mitteln des AWI inanziert. Die andere Hälfte wird vom indischen Coun- il for Scientific and Industrial Research (CSIR) finan- iert. Eine direkte Projektförderung seitens des BMBF ibt es nicht. Der Einklang des Projekts Lohafex mit den BD-Beschlüssen und der London-Konvention/dem ondon-Protokoll wird von der Bundesregierung zurzeit berprüft. Im Rahmen der Projektentwicklung haben die eteiligten wissenschaftlichen Institute eine Abschät- ung der potenziellen Umweltauswirkungen auf die eeresumwelt durchgeführt und sind zu dem Ergebnis ekommen, dass keine negativen Auswirkungen zu er- arten sind. u Frage 12: Das Projekt wurde vom externen Fahrtbeirat des deut- chen Forschungseisbrechers Polarstern in einem wis- enschaftlich-wettbewerblichen Verfahren mit anderen ahrtanträgen bewertet und zur Durchführung empfoh- en. Auch der international besetzte wissenschaftliche eirat des AWI unterstützt das Projekt. Die Bewilligung ür die indischen Partner wurde vom Director General DG) des indischen Council for Scientific and Industrial esearch (CSIR), der auch Secretary des Department of cience and Industrial Research der indischen Regierung st, erteilt. Ferner ist das Projekt von der Planning Com- ission of India bestätigt worden. Zurzeit erstellen der ritish Antarctic Survey (BAS), das Institut français de echerche pour l’exploitation de la mer (Ifremer) und das eibniz-Institut für Meereswissenschaften an der Uni- ersität Kiel (IFM-GEOMAR) auf Bitten des Bundes- inisteriums für Bildung und Forschung in Abstimmung it dem BMU jeweils Stellungnahmen im Rahmen eines eer Review. nlage 8 Antwort es Staatsministers Dr. h. c. Gernot Erler auf die Frage des bgeordneten Otto Schily (SPD) (Drucksache 16/11612, rage 13): Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus der Äuße- rung des früheren afghanischen Finanzministers Ashraf Ghani, der laut Bericht der New York Times vom 2. Januar 2009 zu der amtierenden Regierung unter Ministerpräsident Hamid Karzai erklärt hat: „Diese Regierung hat die Regie- rungsfähigkeit eingebüßt, weil ein Schattenregime die Macht übernommen hat. Der Drogen-Mafia-Staat ist nun vollständig konsolidiert.“ („This government has lost the capacity to go- vern because a shadow government has taken over. The narco-mafia state is now completely consolidated.“)? Der illegale Schlafmohnanbau in Afghanistan, und amit verbunden die Produktion und der Schmuggel von piaten, tragen ohne Zweifel zum weiterhin hohen Kor- uptionsniveau und der unbefriedigenden Regierungs- ührung in Afghanistan bei; es ist jedoch nicht so, dass 21552 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 199. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. Januar 2009 (A) ) (B) ) die afghanische Regierung – wie behauptet – ihre Regie- rungsfähigkeit zugunsten einer Drogenmafia eingebüßt hat. Allerdings ist die afghanische Regierung gefordert, mit mehr Nachdruck gegen korrupte Funktionsträger vorzugehen, die der Beteiligung an illegaler Drogenpro- duktion und Handel verdächtigt werden. Präsident Hamid Karzai hat sich hierzu auf der Pariser Afghanis- tan-Konferenz im Juni 2008 auch ausdrücklich bekannt. Fortschritte bei Regierungsführung, Bekämpfung der Korruption und des Drogenhandels werden jedoch nur schrittweise und über einen längeren Zeitraum zu erzie- len sein. Hierzu bedarf es der langfristigen Unterstüt- zung der internationalen Gemeinschaft, insbesondere beim Aufbau effizienter Polizei- und Justizbehörden. Die in der Presse zitierten Äußerungen des ehemaligen afghanischen Finanzministers Ashraf Ghani sollten auch im Zusammenhang mit dem jetzt beginnenden Wahl- kampf für die Präsidentschaftswahlen im Herbst 2009 gesehen werden, bei denen Herr Ghani beabsichtigt, ge- gen Präsident Hamid Karzai anzutreten. Anlage 9 Antwort des Staatsministers Dr. h. c. Gernot Erler auf die Frage des Abgeordneten Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 16/11612, Frage 14): Wie bewertet die Bundesregierung Pläne, den Verteidi- gungshaushalt Afghanistans von der NATO übernehmen zu lassen? Die NATO hat keine Pläne, den Verteidigungshaus- halt Afghanistans zu übernehmen. Innerhalb der NATO wird vielmehr darüber diskutiert, wie der von der afgha- nischen Regierung gemeinsam mit der internationalen Gemeinschaft beschlossene Aufwuchs der Afghanischen Nationalarmee auf zukünftig 134 000 Soldaten unter- stützt werden kann. Dabei geht es, neben der durch ISAF gewährten Ausbildungsunterstützung, auch um eine fi- nanzielle Unterstützung bei der Ausstattung, Ausrüstung sowie Unterhaltung. In diesem Zusammenhang wird in der NATO eine Ausweitung eines bereits im Februar 2007 für die finanzielle Unterstützung der Afghanischen Nationalarmee eingerichteten Treuhänderfonds erörtert. Beiträge in von der NATO verwaltete Treuhänderfonds erfolgen freiwillig. NATO-Treuhänderfonds sind auch für Beiträge von Nicht-NATO-Mitgliedstaaten offen. So- wohl bei der Ausbildungs- als auch bei der Ausstattungs- unterstützung ist Deutschland bekanntlich schon stark engagiert. Anlage 10 Antwort des Staatsministers Dr. h. c. Gernot Erler auf die Frage des Abgeordneten Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 16/11612, Frage 15): Wie beurteilt die Bundesregierung die humanitäre Situa- tion im Kriegsgebiet in Gaza, und welche Vorschläge macht sie oder unterstützt sie, um das Leiden der Zivilbevölkerung zu lindern – insbesondere hinsichtlich Nahrungsmittel- und s i e f t i m m T 1 u ü d z 4 W b 2 W d 1 d P K E E W D w H B t g I s W K t I d A d B d d g E l E E d i 7 (C (D Wasserversorgung, medizinischer Versorgung, Schutz vor Kälte und Witterung – oder zu beenden? Die am 27. Dezember 2008 als Reaktion auf ver- tärkte Raketenangriffe aus dem Gazastreifen begonnene sraelische Militäroperation „Gegossenes Blei“ hat zu iner schweren humanitären Krise im Gazastreifen ge- ührt. In der Nacht zum Sonntag, den 18. Januar 2009, rat eine von Israel und kurz darauf auch von der radikal- slamischen Hamas ausgerufene Waffenruhe in Kraft. Nach Angaben des palästinensischen Gesundheits- inisteriums wurden über 1 400 Menschen getötet, ehr als 5 500 Personen wurden verletzt. Unter den oten sind nach offiziellen Angaben 415 Kinder und 10 Frauen, bei der Hälfte der Verletzten handelt es sich m Zivilisten. Die Krankenhäuser im Gazastreifen sind berfüllt. Viele Grundnahrungsmittel einschließlich Kin- ernahrung sind nicht mehr erhältlich. Nur rund 30 Pro- ent der Haushalte haben Zugang zu Elektrizität, rund 00 000 Personen sind derzeit ohne Zugang zu fließend asser. Die humanitäre Hilfe der Bundesregierung für Gaza eläuft sich schon jetzt auf rund 13 Million Euro im Jahr 009. Der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Frank- alter Steinmeier, hat am 19. Januar 2009 beschlossen, ie bisherigen Hilfsleistungen der Bundesregierung von 2 Millionen Euro um 1 Million Euro zu erhöhen. Mit iesen Mitteln wird die Arbeit des VN-Hilfswerks für alästina-Flüchtlinge (UNRWA) mit einem Beitrag zum ernbudget der Organisation in Höhe von 8 Millionen uro unterstützt. Zusätzlich erhält UNRWA 1 Million uro für Notunterkünfte und Notinstandsetzung von ohnhäusern im Rahmen des jüngsten Nothilfeaufrufs. em Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) urden von der Bundesregierung 2 Millionen Euro für ilfs- und Schutzmaßnahmen in Gaza im medizinischen ereich sowie zur Versorgung mit Wasser, Nahrungsmit- eln und Hygieneartikeln zur Verfügung gestellt. Auf- rund ihrer besonderen Stellung haben UNRWA und das KRK noch am ehesten Zugang zu den betroffenen Men- chen im Gazastreifen. Der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Frank- alter Steinmeier, steht in regelmäßigem telefonischen ontakt mit dem Präsidenten des Internationalen Komi- ees vom Roten Kreuz. In Zusammenarbeit mit dem KRK und dem Palästinensischen Roten Halbmond wird as Deutsche Rote Kreuz im Auftrag des Auswärtigen mts die Beschaffung von fünf Ambulanzfahrzeugen, ringend benötigter Laborausstattung sowie Hygiene- und abykits im Wert von 800 000 Euro durchführen. Die eutsche Hilfsorganisation CARE erhält 150 000 Euro für ie Versorgung von Krankenhäusern in Gaza. Mit dem estern zusätzlich bereitgestellten Betrag von 1 Million uro sollen deutsche Hilfsorganisationen vor Ort Hilfe eisten. Das Amt für humanitäre Angelegenheiten der uropäischen Kommission (ECHO) stellt 3 Millionen uro für humanitäre Hilfszwecke zur Verfügung. Aus em VN-Nothilfefonds CERF, an dem sich Deutschland m Jahr 2009 mit 15 Millionen Euro beteiligt, sind Millionen US-Dollar für Gaza vorgesehen. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 199. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. Januar 2009 21553 (A) ) (B) ) Eine sofortige humanitäre Waffenruhe hatte für die Bundesregierung höchste Priorität. Dies hatte Bundes- minister Steinmeier bei seinen beiden Besuchen in der Region allen Gesprächspartnern gegenüber nachdrück- lich unterstrichen. Nachdem die Waffen seit dem 18. Ja- nuar 2009 vorläufig schweigen, setzt sich die Bundes- regierung nun für einen dauerhaften Waffenstillstand ein. Die Versorgung der notleidenden Bevölkerung ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass eine politische Lösung gefunden werden kann. Nach einer dauerhaften Beendigung der militärischen Auseinandersetzungen wäre für eine bilaterale entwick- lungspolitische Zusammenarbeit sofortige Handlungs- fähigkeit gegeben. Für Vorhaben im Gazastreifen stünden – in Abhängigkeit von den politischen Rahmenbedin- gungen – bisher nicht umgesetzte Mittel aus Zusagen an die Palästinensischen Gebiete in Höhe von rund 100 Mil- lionen Euro zur Umsetzung bereit: Sobald es die Sicher- heitslage erlaubt, können mit diesen Mitteln Beschäfti- gungsprogramme zum Ausbau sozialer Infrastruktur wieder aufgenommen werden, um die Menschen rasch in Lohn und Brot zu bringen. Die vereinbarte Rehabili- tierung des bestehenden Zentralklärwerks Gaza sowie weitere dringende Maßnahmen im Wasser- und Abwas- sersektor könnten ebenfalls rasch in Angriff genommen werden. Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Peter Altmaier auf die Frage des Abgeordneten Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 16/11612, Frage 16): Wie beurteilt die Bundesregierung den – rechtlichen – Sta- tus der in Deutschland operierenden und der Hamas oder der Hisbollah nahestehenden Organisationen – unter anderem Ha- mas in Deutschland, Islamischer Bund Palästina, IBP, Yatim- Kinderhilfe und eventuell Nachfolger; Hisbollah in Deutsch- land, Islamisches Zentrum Hamburg, IZH; hinsichtlich Mit- gliedschaft laut BGB und/oder VereinsG, gegebenenfalls e. V., nicht eingetragener Verein, Gemeinnützigkeit, Legalität/Ille- galität, Verbot –, und welche Schlussfolgerungen ergeben sich für das Handeln der Bundesregierung aus Erkenntnissen von Bundesnachrichtendienst und Bundesamt für Verfassungs- schutz über diese Organisationen? Vereinsähnliche Strukturen der Hisbollah als solche existieren nach Kenntnis der Bundesregierung in Deutsch- land nicht. Es sind jedoch bundesweit rund 30 Kultur- und Moscheevereine bekannt, in denen sich regelmäßig ein Publikum trifft, das der Hisbollah bzw. deren Ideolo- gie nahe steht. Diese Vereine sind überwiegend im Ver- einsregister eingetragen. Die Hamas verfügt in Deutschland ebenfalls nicht über vereinsrechtlich fassbare Strukturen. Der Islami- sche Bund Palästina (IBP) hat jedenfalls in der Vergan- genheit Positionen der Hamas in Deutschland vertreten. Das Islamische Zentrum Hamburg e. V. (IZH) ist Trä- ger der schiitischen Imam-Ali-Moschee, einer der wich- tigsten islamischen Einrichtungen des Iran in West- europa. M n s V K H d ü h s w e A d A c a E u s a e s M m n h t a E A d d ( b (C (D Die Vereinigungsfreiheit des Grundgesetzes gilt nach aßgabe des Vereinsgesetzes auch für das zuvor ge- annte Organisationsspektrum, unabhängig davon, ob es ich hierbei um eingetragene oder nichteingetragene ereine handelt. Ausgenommen hiervon ist die Yatim- inderhilfe e. V., die als Spendensammelverein für die amas im August 2005 durch das Bundesministerium es Innern verboten und aufgelöst wurde. Generell verfolgt die Bundesregierung auch gegen- ber islamisch-extremistischen Bestrebungen einen ganz- eitlichen Bekämpfungsansatz. Dieser umfasst die inten- ive Beobachtung durch die Sicherheitsbehörden ebenso ie gegebenenfalls straf-, vereins-, ausländer- und steu- rrechtliche Maßnahmen. nlage 12 Antwort es Parl. Staatssekretärs Karl Diller auf die Frage des bgeordneten Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) (Drucksa- he 16/11612, Frage 19): Inwieweit wird nach Kenntnis der Bundesregierung die 2009 geplante umfangreiche Sanierung des Berliner Fernseh- turms mit der Schaffung umfassender Barrierefreiheit verbun- den? Der Berliner Fernsehturm wurde Mitte der 90er-Jahre ufwendig saniert. Für das Jahr 2009 ist vonseiten der igentümerin, der Deutschen Funkturm GmbH, keine mfangreiche Sanierung geplant. Die Betreibergesell- chaft beabsichtigt lediglich Verschönerungsmaßnahmen uf der Aussichtsplattform sowie im Drehrestaurant und ine Modernisierung des Eingangsbereichs zur Verbes- erung des Services, soweit der Denkmalschutz diesen aßnahmen zustimmen wird. Ein behindertengerechter Ausbau des Turms und da- it die Herstellung eines barrierefreien Zugangs sind ach Angaben der Eigentümerin nicht möglich. Im Havariefall müssen mehr als 300 Menschen inner- alb kürzester Zeit über eine sehr enge und steile Podest- reppe mehr als 20 m zu den Evakuierungsplattformen bsteigen. Rollstühle sind zu breit für diesen Fluchtweg. ine Verbreiterung des Fluchtwegs ist nicht möglich. nlage 13 Antwort es Parl. Staatssekretärs Klaus Brandner auf die Frage es Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) Drucksache 16/11612, Frage 28): Inwieweit wird die Bundesregierung den Forderungen der Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinder- ter Menschen, Karin Evers-Meyer, SPD, zur Bereitstellung weiterer Mittel zum Ausbau barrierefreier Infrastruktur im Rahmen der für 2009 geplanten Konjunkturpakete (siehe Pressemitteilung der Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen vom 18. Dezember 2008) Rechnung tragen? Das am 5. November 2008 von der Bundesregierung eschlossene Konjunkturpaket sieht unter anderem Maß- 21554 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 199. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. Januar 2009 (A) ) (B) ) nahmen zur Förderung von Barrierefreiheit vor: Im Rah- men der Aufstockung des CO2-Gebäudesanierungspro- gramms wird auch die Förderung des barrierefreien Umbaus von Wohnungen berücksichtigt. Darüber hinaus sind im Rahmen des am 14. Januar 2009 vom Bundeskabinett beschlossenen Konjunktur- programms gesonderte Maßnahmen zum Ausbau der Barrierefreiheit nicht vorgesehen. Es wird jedoch darauf verwiesen, dass mit dem Behindertengleichstellungsge- setz insbesondere in den Bereichen Bauen, Wohnen und Verkehr bereits wesentliche Gesetzesänderungen erfolg- ten, die auf die Herstellung einer möglichst weitgehen- den Barrierefreiheit abzielen. Damit ist bereits nach gel- tender Rechtslage grundsätzlich sichergestellt, dass bei Bundesinvestitionen in Maßnahmen, die die Zugänglich- keit von Infrastruktur betreffen, das Ziel möglichst weit- reichender Barrierefreiheit berücksichtigt wird. Die Bun- desregierung wird prüfen, inwieweit das Kriterium der Barrierefreiheit auch bei der Vergabe von Mitteln im Rahmen der Umsetzung des zweiten Konjunkturpro- gramms zu berücksichtigen ist. Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretärs Klaus Brandner auf die Frage des Abgeordneten Volker Schneider (Saarbrücken) (DIE LINKE) (Drucksache 16/11612, Frage 29): Welche Gruppen sollen durch die von der Bundesregie- rung im Rahmen des Konjunkturpaketes II angekündigte Öff- nung des Programms „Weiterbildung Geringqualifizierter und beschäftigter älterer Arbeitnehmer in Unternehmen“, WeGe- bAU (vergleiche www.bundesregierung.de), in den Anwen- dungsbereich des Programms aufgenommen werden, und welche Verbesserungen des Programms sind im Rahmen der angekündigten Aufstockung der Mittel hierüber hinaus vorge- sehen? In der Vergangenheit ist über alle Konjunkturzyklen hinweg der Bedarf an höher qualifizierten Arbeitnehme- rinnen und Arbeitnehmern gewachsen. Die Nachfrage nach Fachkräften wird infolge des technologischen und wirtschaftlichen Wandels sowie der demografischen Entwicklung mittel- und langfristig weiter wachsen. Ziel der Maßnahmen im Konjunkturpaket II („Pakt für Beschäftigung und Stabilität in Deutschland zur Si- cherung der Arbeitsplätze, Stärkung der Wachstums- kräfte und Modernisierung des Landes“) ist es deshalb, Beschäftigung zu sichern und das Qualifikationsniveau der Beschäftigten zu verbessern. Geringere Kapazitäts- auslastungen in den Betrieben bieten die Chance, Quali- fizierungspotenziale stärker zu erschließen und die Wei- terbildung der Beschäftigten zu intensivieren. Das Programm der Bundesagentur für Arbeit zur För- derung geringqualifizierter und älterer Arbeitnehmer (sogenanntes WeGebAU-Programm) ist nach den Rege- lungen des SGB III bislang auf den Personenkreis der Beschäftigten in Unternehmen ausgerichtet, die entwe- der gering qualifiziert oder mindestens 45 Jahre alt und in kleineren und mittleren Unternehmen beschäftigt sind. Der Koalitionsausschuss hat am 12. Januar 2009 B s K V g n K l l u z b s A v u u f A d d ( l u E J t b N b 2 g s z e A d d ( (C (D eschlüsse zur Erweiterung des förderberechtigten Per- onenkreises gefasst. Sie erfordern eine gesetzliche onkretisierung. Der Gesetzentwurf befindet sich in orbereitung und wird mit den beteiligten Ressorts ab- estimmt. Von einer Ausweitung des förderberechtigten Perso- enkreises sollen nach den Verabredungen innerhalb der oalition Arbeitnehmer profitieren können, deren beruf- iche Grundqualifikation bereits längere Zeit zurück- iegt, die besonders von Arbeitslosigkeit bedroht sind nd bei denen eine berufliche Weiterqualifizierung als weckmäßig für die Verbesserung ihrer künftigen Ar- eitsmarktchancen einzustufen ist. Diese Erweiterung oll nicht zulasten der bisherigen Zielgruppen gehen. Die haushaltstechnische und operative Umsetzung ist ufgabe der Bundesagentur für Arbeit und ihrer Selbst- erwaltung, da es sich bei dem WeGebAU-Programm m ein Programm der Bundesagentur für Arbeit handelt nd die Leistungen aus dem Haushalt der Bundesagentur ür Arbeit finanziert werden. nlage 15 Antwort es Parl. Staatssekretärs Klaus Brandner auf die Frage es Abgeordneten Volker Schneider (Saarbrücken) DIE LINKE) (Drucksache 16/11612, Frage 30): Im Rahmen welcher arbeitsmarktpolitischen Instrumente sollen die angekündigten zusätzlichen Mittel in Höhe von 770 Milliarden Euro bei der Bundesagentur für Arbeit, von denen insbesondere über 25-Jährige ohne abgeschlossene Be- rufsausbildung profitieren sollen (vergleiche www.bundesre ierung.de), zu jeweils welchem Anteil verausgabt werden? Bei der fraglichen Summe handelt es sich um 770 Mil- ionen Euro (und nicht wie in der Frage angenommen, m 770 Milliarden Euro). Um diesen Betrag soll der ingliederungstitel der Bundesagentur für Arbeit in den ahren 2009 und 2010 insgesamt aufgestockt werden. Die Mittel sollen zur verstärkten Förderung von Ak- ivierungs- und Qualifizierungsmaßnahmen dienen, ins- esondere der beruflichen Weiterbildungsförderung. ach dem Beschluss der Koalition sollen die Mittel ins- esondere für Arbeitnehmer eingesetzt werden, die über 5 Jahre alt sind und über keinen Berufsabschluss verfü- en. Über den konkreten Instrumenteneinsatz ist ent- prechend den arbeitsmarktlichen und qualifikationsspe- ifischen Bedarfen von den Arbeitsagenturen vor Ort zu ntscheiden. nlage 16 Antwort es Parl. Staatssekretärs Klaus Brandner auf die Frage er Abgeordneten Sevim Dağdelen (DIE LINKE) Drucksache 16/11612, Frage 31): Trifft es zu, dass die Transfergesellschaft für die ehemali- gen Beschäftigten von Nokia in Bochum, PEAG, auf die Be- willigung von Fördermitteln für eine Weiterbildung oder Fort- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 199. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. Januar 2009 21555 (A) ) (B) ) bildungsmaßnahmen aus dem Europäischen Sozialfonds sowie auf europäische Globalisierungsmittel wartet, und wie bewertet dies die Bundesregierung angesichts der Zusiche- rung des Arbeitsdirektors von Nokia, Klaus Goll, dass alle Hilfsmittel ausgeschöpft werden würden? Fördermittel aus dem Europäischen Sozialfonds stehen entsprechend der Richtlinie für aus Mitteln des Europäi- schen Sozialfonds (ESF) mitfinanzierte ergänzende Qua- lifizierungsangebote für Bezieher von Transferkurzarbei- tergeld zur Verfügung. Mit der Umsetzung dieser Richtlinie ist die Bundesagentur für Arbeit befasst. Nach Auskunft der Bundesagentur für Arbeit waren bislang für eine Vielzahl beantragter Fördermaßnahmen zuguns- ten der bei Nokia entlassenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Fördervoraussetzungen nicht erfüllt, sodass eine Förderung nicht erfolgen konnte. Dem Vernehmen nach hat Nokia zwischenzeitlich aber die Voraussetzungen für eine ESF-Förderung ge- schaffen. In diesem Falle können kurzfristig ESF-Mittel aktiviert werden, um angemessene und zielführende Qualifizierungsmaßnahmen zugunsten der Betroffenen zu fördern. Im Sinne der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mit- arbeiter sollen alle Möglichkeiten genutzt werden, zu- sätzliche Unterstützung bei ihrer Reintegration in den Arbeitsmarkt zu leisten. Daher bereitet das Bundesminis- terium für Arbeit und Soziales (BMAS) gegenwärtig ei- nen Antrag auf Förderung im Rahmen des Europäischen Fonds zur Anpassung an die Globalisierung (EGF) vor. Dieser Antrag soll kurzfristig eingereicht werden. Wenn die EU-Haushaltsbehörde den Antrag billigt, können weitere passgenaue Unterstützungs- und Qualifizierungs- maßnahmen, insbesondere für die gering qualifizierten ehemaligen Nokia-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter, eingerichtet werden. Anlage 17 Antwort der Parl. Staatssekretärin Marion Caspers-Merk auf die Fragen der Abgeordneten Dr. Martina Bunge (DIE LINKE) (Drucksache 16/11612, Fragen 32 und 33): Ist es nach Auffassung der Bundesregierung sachgerecht, Kinder, deren Eltern die Beiträge zur Krankenkasse nicht zah- len konnten, de facto zu bestrafen, indem ihnen nur eine medi- zinische Minimalversorgung – bei Schmerzen und in Notfäl- len – gewährt wird, Vorsorgeuntersuchungen aber versagt werden? Gehört zu den Aufwendungen für gesamtgesellschaftliche Aufgaben der Krankenkassen, die mit dem Bundeszuschuss an den Gesundheitsfonds durch Steuermittel abgegolten wer- den, auch die Krankenversicherung der Kinder, und weshalb ist dann für Kinder die Beitragszahlung und nicht die Mit- gliedschaft der Eltern Voraussetzung für eine vollwertige Leistungsgewährung in der gesetzlichen Krankenversiche- rung, die zum Beispiel auch Vorsorgeuntersuchungen mit ein- schließt? Mit der Gesundheitsreform 2007 wurde als sozialpo- litischer Meilenstein der Versicherungsschutz für alle e V F e t r v t n g d b g m M l a f t z d t g d n m n B s L c l k z c d K f M v g h ( o B B b d s g p n d g A (C (D ingeführt. Seit 1. April 2007 kann niemandem mehr der ersicherungsschutz entzogen werden, auch nicht im alle von Beitragsrückständen. Dies gilt auch für famili- nversicherte Ehegatten und Kinder. Gegenüber dem al- en Rechtsstand stellt die Regelung also eine Verbesse- ung dar, und nicht etwa eine Verschlechterung. Um zu erhindern, dass die Solidargemeinschaft der Versicher- en unter den neuen Bedingungen von Einzelnen ausge- utzt wird, muss das Nichtbezahlen von Beiträgen trotz rundsätzlicher Zahlungsfähigkeit eines Mitgliedes je- och angemessen sanktioniert werden. Nach § 16 Abs. 3a Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetz- uch (SGB V) ruht deshalb der Leistungsanspruch in der esetzlichen Krankenversicherung für Versicherte, die it einem Betrag in Höhe von Beitragsanteilen für zwei onate im Rückstand sind und trotz Mahnung nicht zah- en. Das Ruhen endet bzw. tritt erst gar nicht ein, wenn lle rückständigen und die auf die Zeit des Ruhens ent- allenden Beitragsanteile gezahlt sind oder Hilfebedürf- igkeit im Sinne des Zweiten oder Zwölften Buches So- ialgesetzbuch vorliegt. Die Regelung ist dadurch und urch weitreichende Ausnahmen insbesondere bei aku- er Behandlungsbedürftigkeit in hohem Maße sozial ab- efedert. Mit der Regelung soll die Nichtzahlung von Beiträgen urch grundsätzlich zahlungsfähige Mitglieder sanktio- iert werden; dies ist zum Schutze der Versichertenge- einschaft notwendig. Die gesetzliche Ruhensanord- ung tritt an die Stelle der nach altem Recht im Fall von eitragsrückständen erfolgten Beendigung der Mitglied- chaft mit entsprechendem gänzlichen Erlöschen der eistungsansprüche des Mitglieds und seiner mitversi- herten Familienangehörigen, auch der Kinder. Bezüg- ich der angesprochenen Vorsorgeuntersuchungen ist largestellt, dass diese durch die Krankenkasse zu finan- ieren sind. Der Bundeszuschuss zur gesetzlichen Krankenversi- herung dient in seiner derzeitigen Form ganz allgemein er Abgeltung von Aufwendungen der gesetzlichen rankenkassen für versicherungsfremde Leistungen bzw. ür gesamtgesellschaftliche Aufgaben. Die beitragsfreie itversicherung von Kindern ist hier nur ein Aspekt unter ielen. Daneben sind nur beispielhaft das Mutterschafts- eld, die beitragsfreie Versicherung während des Erzie- ungsurlaubs, Leistungen rund um die Schwangerschaft zum Beispiel Pflegedienste während Schwangerschaft der Entbindung), Leistungen zur Empfängnisverhütung, etriebs- und Haushaltshilfen sowie Krankengeld bei der etreuung eines kranken Kindes zu erwähnen. Weiter er- ringt die gesetzliche Krankenversicherung Leistungen, ie nicht nur ihren eigenen Versicherten, sondern der ge- amten Bevölkerung zugutekommen, etwa die Leistun- en zur Prävention und zur Selbsthilfe sowie zur Grup- enprophylaxe gegen Zahnerkrankungen. Es wird somit icht lediglich die beitragsfreie Mitversicherung von Kin- ern abgegolten. Vielmehr fließt der Bundeszuschuss der esetzlichen Krankenversicherung für eine Vielzahl von ufgaben zu. 21556 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 199. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. Januar 2009 (A) ) (B) ) Anlage 18 Antwort der Parl. Staatssekretärin Marion Caspers-Merk auf die Fragen des Abgeordneten Frank Spieth (DIE LINKE) (Drucksache 16/11612, Fragen 34 und 35): Ist es mit der Strategie der Bundesregierung zur Förderung der Kindergesundheit vereinbar, dass die Säuglinge, Kleinkin- der und Kinder von säumigen Beitragszahlern von den Prä- ventionsuntersuchungen – U 1 bis U 11 und J 1 – ohne eige- nes Verschulden ausgeschlossen werden, und trägt dieser Ausschluss zu der ohnehin von der Bundesregierung festge- stellten höheren gesundheitlichen Belastung von Kindern aus sozial schwachen Familien bei? Benötigen Kinder von privat krankenversicherten Eltern, von regulär gesetzlich versicherten Eltern bzw. beitragssäumi- gen gesetzlich versicherten Eltern eine unterschiedliche medi- zinische Versorgung, und, falls nein, weshalb beseitigt die Bundesregierung diese Unterschiede in der Qualität der Ver- sorgung nicht? Mit der Gesundheitsreform 2007 wurde als sozial- politischer Meilenstein der Versicherungsschutz für alle eingeführt. Seit 1. April 2007 kann niemandem mehr der Versicherungsschutz entzogen werden, auch nicht im Falle von Beitragsrückständen. Dies gilt auch für fami- lienversicherte Ehegatten und Kinder. Gegenüber dem alten Rechtsstand stellt die Regelung also eine Verbesse- rung dar, und nicht etwa eine Verschlechterung. Um zu verhindern, dass die Solidargemeinschaft der Versicher- ten unter den neuen Bedingungen von Einzelnen ausge- nutzt wird, muss das Nichtbezahlen von Beiträgen trotz grundsätzlicher Zahlungsfähigkeit eines Mitgliedes je- doch angemessen sanktioniert werden. Nach § 16 Abs. 3 a Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetz- buch (SGB V) ruht deshalb der Leistungsanspruch in der gesetzlichen Krankenversicherung für Versicherte, die mit einem Betrag in Höhe von Beitragsanteilen für zwei Monate im Rückstand sind und trotz Mahnung nicht zah- len. Das Ruhen endet bzw. tritt erst gar nicht ein, wenn alle rückständigen und die auf die Zeit des Ruhens ent- fallenden Beitragsanteile gezahlt sind oder Hilfebedürf- tigkeit im Sinne des Zweiten oder Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vorliegt. Die Regelung ist dadurch und durch weitreichende Ausnahmen insbesondere bei aku- ter Behandlungsbedürftigkeit in hohem Maße sozial ab- gefedert. Mit der angesprochenen Regelung des § 16 Abs. 3 a Satz 2 SGB V über Leistungsausschlüsse bei Beitrags- rückständen wird die Nichtzahlung von Beiträgen durch grundsätzlich zahlungsfähige Mitglieder sanktioniert; dies ist zum Schutze der Versichertengemeinschaft not- wendig. Die gesetzliche Ruhensanordnung tritt an die Stelle der nach altem Recht im Fall von Beitragsrück- ständen erfolgten Beendigung der Mitgliedschaft mit entsprechendem gänzlichen Erlöschen der Leistungs- ansprüche des Mitglieds und seiner mitversicherten Fa- milienangehörigen, auch der Kinder. Bezüglich der angesprochenen Präventionsuntersu- chungen – U 1 bis U 11 und J 1 – ist klargestellt, dass diese durch die Krankenkasse zu finanzieren sind. Ihre zweite Frage beantworte ich dahin gehend, dass von einer Privilegierung privat krankenversicherter Kin- d t N m m M w r a a S A d d ( P w G w k L c v t d n m A d d ( (C (D er keine Rede sein kann. Die PKV reduziert im Gegen- eil ganz selbstverständlich die Leistungen auf das otwendigste, wenn die geschuldeten Versicherungsprä- ien nicht gezahlt werden. Wenn ein Versicherungsneh- er hier einen Prämienrückstand von zwei oder mehr onaten hat und von seinem Versicherer gemahnt urde, wird das Ruhen der Leistung durch die Versiche- ung festgestellt. In diesem Fall haftet der Versicherer usschließlich für Aufwendungen, die zur Behandlung kuter Erkrankungen und Schmerzzustände sowie bei chwangerschaft und Mutterschaft erforderlich sind. nlage 19 Antwort es Parl. Staatssekretärs Michael Müller auf die Frage er Abgeordneten Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) Drucksache 16/11612, Frage 36): Ist die im Rahmen des Forschungsprojekts Lohafex vorge- sehene und momentan auf Intervention des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit ausgesetzte Eisendüngung von Algen im Südatlantik durch das For- schungsschiff „Polarstern“ unter Leitung des Alfred-Wegener- Instituts für Polar- und Meeresforschung, AWI, vereinbar mit den Beschlüssen unter der London-Konvention – Übereinkom- men über die Verhütung der Meeresverschmutzung durch das Einbringen von Abfällen und anderen Stoffen – vom Oktober 2008 und dem auf der UN-Biodiversitätskonferenz im Mai 2008 unter deutscher Präsidentschaft beschlossenen Morato- rium für ozeanische Düngung, obwohl Letzteres nur als Aus- nahme kleinflächige Experimente in Küstengewässern zulässt (vergleiche Entscheidung IX/16.C in UNEP/CBD/COP/9/29), das Lohafex-Projekt jedoch nach Aussage des von deutscher Seite beteiligten Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Mee- resforschung die Düngung eines Gebiets von 300 Quadratkilo- metern im offenen Ozean vorsieht (vergleiche AWI-Pressemit- teilung vom 13. Januar 2009)? Die Bundesregierung ist der Auffassung dass ein eer-Review einen Beitrag dazu leisten kann, die aufge- orfenen Fragen zum Risiko für die Meeresumwelt, zur röße des Untersuchungsgebietes, zur Küstennähe so- ie zur Vereinbarkeit mit den Beschlüssen des Überein- ommens über die biologische Vielfalt (CBD) und der ondon-Konvention (LC/LP) zu klären. Die gutachterli- hen Stellungnahmen sollen bis zum 24. Januar 2009 orliegen. Auf der Basis der dann vorliegenden Informa- ionen und Einschätzungen soll am 26. Januar 2009 über ie Zukunft des Experimentes entschieden werden. Bis zum Vorliegen der oben angegebenen Stellung- ahmen hat die Bundesregierung das Lohafex-Experi- ent ausgesetzt. nlage 20 Antwort es Parl. Staatssekretärs Michael Müller auf die Frage er Abgeordneten Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) Drucksache 16/11612, Frage 37): Bedeutet das vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung verkündete Ziel des Lohafex-Projekts, „den potentiellen Beitrag von Ozeandüngungsexperimenten zur Re- duktion des Kohlendioxidgehalts in der Atmosphäre besser einschätzen zu können“ (vergleiche AWI-Pressemitteilung vom Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 199. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. Januar 2009 21557 (A) ) (B) ) 13. Januar 2009), dass die Bundesregierung die Ozeandün- gung zukünftig als mögliche Klimaschutzmaßnahme in Be- tracht zieht, und, wenn ja, wie ist dies mit der deutschen Ver- handlungsposition auf der UN-Biodiversitätskonferenz im Mai 2008 vereinbar, die noch striktere Vorgaben für das Mo- ratorium als die beschlossenen vorsah? Bundesregierung und Wissenschaft sind sich einig, dass flächendeckende und kommerzielle Eisendüngung als Beitrag zum Klimaschutz keine Option darstellt. Anlage 21 Antwort des Parl. Staatssekretärs Michael Müller auf die Frage des Abgeordneten Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 16/11612, Frage 38): Auf welche Art und Weise will die Bundesregierung in- folge der aktuellen Erdgaskrise eine europäische Biogasein- speisungsstrategie vorantreiben, und was hat sie bislang dafür getan? Die Bundesregierung hat die Rahmenbedingungen für die Biogaseinspeisung in das Erdgasnetz durch die 2008 erfolgten Novellierungen der Gasnetzzugangsverord- nung, Gasnetzentgeltverordnung und Anreizregulierungs- verordnung sowie durch die Neufassung des Erneuer- bare-Energien-Gesetzes deutlich verbessert. Außerdem sind seit September 2008 Anlagen zur Aufbereitung von Biogas auf Erdgasqualität im unteren Leistungsbereich im Rahmen der Innovationsförderung des Marktanreiz- programms förderfähig. Im Vordergrund steht dabei die Erschließung inländischer Biogaspotenziale. Die Bun- desregierung geht aber davon aus, dass durch die Umset- zung der EU-Richtlinie zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen die Biogaserzeugung und die Biogaseinspeisung auch in anderen Mitgliedstaa- ten weiter an Bedeutung gewinnen werden. Anlage 22 Antwort des Parl. Staatssekretärs Michael Müller auf die Fragen der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 16/11612, Fragen 39 und 40): Inwiefern kann die Bundesregierung die Aussage von Joachim Bluth vom Niedersächsischen Ministerium für Umwelt und Klimaschutz bezüglich der einsturzgefährdeten Kammer 4 der Schachtanlage Asse II, die größte Sorge sei, dass der Was- serzufluss in die Asse stark beeinflusst werden könnte und der Zufluss nach einem Einsturz der Kammer 4 auf „100 oder 200 Kubikmeter“ ansteigen könne (vergleiche Spiegel Online, Meldung vom 15. Januar 2009), bestätigen, und welche Ge- fahren für das in der Asse II tätige Personal und die Anwohner um die Asse II bestehen jeweils nach Ansicht der Bundes- regierung aufgrund der bei der Kammer 4 möglichen Scha- densszenarien? Hält es die Bundesregierung aufgrund der neuen Stabili- tätsprobleme bei Kammer 4 in der Schachtanlage Asse II für sinnvoll oder notwendig, zusätzliche Finanzmittel für die Ar- beiten in der Asse II zu bewilligen, und welche Alternativen zum Auffüllen mit Beton prüft die Bundesregierung hinsicht- lich möglicherweise in größerem Umfang notwendiger Stabi- Z l a s d i m s c d f a r ( W T r s g m n V d h n e E s t Z Z d v n m s u f B s J t m M l t M h e (C (D lisierungsmaßnahmen für die Kammer 4, die weiterhin eine Rückholung des dort eingelagerten Atommülls ermöglichen? u Frage 39: Im Bereich der Schwebe über der unversetzten Ein- agerungskammer 4 auf der 750-m-Sohle der Schacht- nlage Asse II ist seit circa einem Jahr verstärkte seismi- che Aktivität festgestellt worden. Der Befund bedeutet, ass sich innerhalb der Schwebe kleine Risse bilden, die n der Folge zu einem Firstfall in die Einlagerungskam- er führen können. Die Gefahr des Einsturzes der ge- amten Kammer besteht nicht. Die fortlaufende Schwä- hung der Schwebe durch Rissbildung bedeutet aber, ass der mechanische Widerstand, den das System Süd- lanke dem auflaufenden Nebengebirge entgegensetzt, n dieser Stelle zunehmend geschwächt wird. Im Rahmen von Störfalluntersuchungen des frühe- en Betreibers Helmholtz München Gesundheit Umwelt HMGU) in 2008 wurden die maximal zu erwartenden asserzutrittsraten aus dem Nebengebirge zu 200 m3/ ag abgeschätzt, wobei dies der technisch beherrschba- en Zutrittsmenge entspricht. Ein Zusammenhang zwi- chen den jetzigen Befunden und dieser auf hydrogeolo- ischen Überlegungen basierenden Abschätzung der öglichen Zutrittsrate besteht nicht. Jedoch kann auch icht ausgeschlossen werden, dass es durch zunehmende erformungen der zwischen dem Grubengebäude und em Nebengebirge bestehenden Salzbarriere zur Erhö- ung der Zutrittsrate an bestehenden Zutrittsstellen oder euen Zutrittsstellen kommen könnte. Ort und Menge zu rwartender Zutritte sind dabei nicht prognostizierbar. ine unmittelbare Gefahr für das auf der Asse tätige Per- onal und die Anwohner besteht allerdings nicht. Die Aussagen von Herrn Bluth sind vor diesem Hin- ergrund rein spekulativ und stellen einen nicht belegten usammenhang dar. u Frage 40: Für Betrieb und Stillegung der Asse sehen im Bun- eshaushalt 2009 86,5 Millionen Euro zur Verfügung, on denen rund 60 Millionen Euro für Stilllegungsmaß- ahmen vorgesehen sind. Die Haushaltsansätze wurden noch vom Bundes- inisterium für Bildung und Forschung (BMBF) auf Ba- is des alten Stilllegungskonzeptes des HMGU ermittelt nd im Zuge des Betreiberwechsels auf das Bundesamt ür Strahlenschutz (BfS) übertragen. Der neue Betreiber fS wird im Rahmen der Umsetzung der Machbarkeits- tudie zur Erhöhung der Versatzsteifigkeit (sogenanntes ordan-Gutachten) mit der Firstspaltverfüllung kurzfris- ig beginnen und damit umfangreiche Stabilisierungs- aßnahmen vornehmen. Die vorhandenen Haushaltsmittel werden für diese aßnahmen ausreichen. Eine Festlegung zum Still- egungskonzept soll noch in diesem Jahr erfolgen. Soll- en in diesem Zusammenhang weitere Haushaltmittel für aßnahmen zur Gefahrenabwehr (zum Beispiel Rück- olung) erforderlich werden, ist hierüber gesondert zu ntscheiden. 21558 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 199. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. Januar 2009 (A) ) (B) ) Anlage 23 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Medienkompetenz Älterer stärken – Die digitale Kluft schließen (Tagesordnungspunkt 16) Markus Grübel (CDU/CSU): „Schönheit kennt kein Alter!“ sagt uns die Werbung eines Körperpflegepro- dukts. Medienkompetenz kennt auch kein Alter. Alle Al- tersgruppen haben und brauchen Medienkompetenz. Wir reden heute über ein wichtiges Thema, das uns auch noch in den nächsten Jahren beschäftigen wird – nämlich die Stärkung der Medienkompetenz Älterer. Es geht um Seniorinnen und Senioren. Darum ist hier der Familien- ausschuss federführend bzw. das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Es ist daher auch meine Aufgabe als zuständiger seniorenpolitischen Be- richterstatter meiner Fraktion, zu diesem Thema Stel- lung zu beziehen. Dem hier debattierten Antrag der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen „Medienkompetenz Älterer stärken – Die di- gitale Kluft schließen“ – Drucksache 16/11365 – kann ich inhaltlich im Wesentlichen sogar zustimmen, zumin- dest was die Intention bzw. die Ist-Analyse betrifft. Anders sieht es hingegen bei den Schlussfolgerungen bzw. bei den Forderungen aus. Diesen kann ich eher we- nig abgewinnen. Sie tun fast so, als sei hier ein brachlie- gendes Feld, das keiner bewirtschaftet. Ich sehe hier eher einen geringen zusätzlichen Handlungsbedarf. Das Bun- desministerium für Familie, Senioren, Frauen und Ju- gend kann – und das wissen Sie auch – nur Modellpro- jekte fördern, das heißt, wir können nur in begrenztem Umfang die Adressaten der Maßnahmen, also die Senio- rinnen und Senioren, erreichen. Eine flächendeckende Stärkung der Medienkompetenz ist nur mittelbar zu ge- währleisten. Zentral ist natürlich auch die Frage, und da unter- scheidet sich eben auch unser Staatsverständnis vonein- ander, was der Staat und hier der Bund leisten kann und soll bzw. muss. Der Bund tut schon einiges. Ich erinnere Sie an die Antwort der Bundesregierung auf Ihre An- frage vom Oktober 2008: Im Rahmen des Programms E-Goverment 2.0 werden im Projekt „Nutzerfreundlich- keit und Barrierefreiheit“ einheitliche Qualitätskriterien für die Verwaltung entwickelt. Die Bundesregierung wirkt darauf hin, dass Anforderungen an Computeraus- stattungen und -bedienung von Älteren berücksichtigt werden, Telekommunikationsgeräte nach den Bedürfnis- sen Älterer gestaltet werden, barrierefreie Software und Internetangebote gestaltet werden. Das Verbraucherschutzministerium fördert die Erstel- lung und Verteilung des Wegweisers durch die digitale Welt durch die Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren- Organisationen. Das Wirtschaftsministerium führt ver- schiedene Maßnahmen zur digitalen Integration durch. „Wege ins Netz“, „(N)Onliner“ und „Internet erfahren“ sind hier zu nennen. In den zurückliegenden Jahren wurde im Bereich des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend insbesondere das „Online- J S i w b d K t z s e g F t p b t z k t e L W i d Q h u u k K s g v i r K v b r E t r l d b (C (D ahr 50plus – Internet verbindet“ gefördert, dessen chirmherrschaft Frau Bundesministerin von der Leyen nnehatte. Die im Rahmen dieses Programms bundes- eit angebotenen Internetkurse speziell für ältere Mit- ürgerInnen liefen sehr erfolgreich von 2006 bis Ende es Jahres 2008. Für das im Antrag genannte Anliegen sind vor allem ommunen und Bildungsträger gefordert. Auch die Un- ernehmen sind im eigenen Interesse aufgefordert, nut- erfreundliche Produkte anzubieten, die älteren Men- chen den Zugang zur elektronischen Kommunikation rleichtern. Hier hat sich in jüngster Zeit viel getan. Au- enscheinlich wird dies an einer überdimensionierten ernbedienung, die ich bei einem Kaffeeröster sah. Äl- ere Menschen und deren Bedürfnisse sind in den Blick- unkt der Anbieter und Unternehmer gerückt. Ihr Antrag greift im Wesentlichen eine zahlenmäßig ekannte Tatsache auf, nämlich dass der prozentuale An- eil der älteren Generation bei der Nutzung des Internets war in den letzten Jahren weiter gesteigert werden onnte, aber noch immer nicht mit den übrigen Genera- ionen gleichauf liegt. Das bestreitet auch niemand, benso wenig wie die Tatsache, dass in skandinavischen ändern die Internetnutzung von Älteren höher ist. enn wir aber genau hinschauen, und das haben Sie in hrem Antrag ja auch geschrieben, dann ist die Gruppe er 70-Jährigen aufwärts, dort wird nur eine Online- uote von 16,3 Prozent erreicht, problematisch. Immer- in ist die Quote zum Vorjahr um 3,1 Prozent gestiegen, nd das ist durchaus beachtlich. Wer sich heute eine Medienkompetenz zulegen möchte nd den Willen dazu hat, der findet auch eine Möglich- eit, unabhängig vom Alter. Das Angebot ist vielfältig, ob ommune, Volkshochschule, Verein, Wohlfahrtsorgani- ation, Bildungseinrichtung et cetera, überall gibt es An- ebote. Jedoch müssen der Wille und die Bereitschaft orhanden sein, ohne das geht es nicht. Ich denke an das Sprichwort: Wenn Du ein Schiff bauen willst, so trommle nicht Menschen zusammen, um Holz zu beschaffen, Werkzeuge vorzubereiten, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Men- schen die Sehnsucht nach dem weiten endlosen Meer. Antoine de Saint-Exupéry. Die Zusammenarbeit mit Verbänden, Weiterbildungs- nstitutionen und Unternehmen der Wirtschaft zur Siche- ung der Teilhabe der älteren Generation an den neuen ommunikationsmöglichkeiten ist sehr positiv. Dies hat or allem das Projekt „Online-Jahr 50plus – Internet ver- indet“ gezeigt. Sie hat Nachahmung in verschiedenen egionalen Projekten gefunden und repräsentiert die freie ntfaltung von Kräften und die freien Wahlmöglichkei- en in der pluralistischen Gesellschaft. Die Bundesregie- ung ist damit ihrer Aufgabe zur Anregung gesellschaft- icher Entwicklungen erfolgreich nachgekommen. Für ie breite Durchsetzung der Internetnutzung älterer Mit- ürgerinnen und Mitbürger in der Fläche sind nun vor al- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 199. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. Januar 2009 21559 (A) ) (B) ) lem Länder, Kommunen, Bildungsträger und auch die Wirtschaft gefordert. Geradezu vorbildhaft sind die Senior-Internet-Initiati- ven in meinem Heimatland Baden-Württemberg. Die Se- nior-Internet-Initiativen wollen dazu beitragen, dass die Internetnutzung durch ältere Menschen in Baden- Württemberg zunimmt. Deswegen gibt es an vielen Or- ten in Baden-Württemberg Anlaufstellen, bei denen Se- nior-Internet-Helfer/-innen unter dem Motto „von Se- nior/-innen für Senior/-innen“ älteren Menschen beim Einstieg ins Internet und bei Fragen rund um den Com- puter helfen. Die Angebote sind auf die Erfordernisse und Bedürfnisse von älteren Menschen abgestimmt. Ein- fühlsam wird versucht, auch auf die kleinsten Probleme, einzugehen. Die Angebotsformen sind auf die Verhält- nisse und Möglichkeiten vor Ort abgestimmt. So gibt es: Schnupperkurse, um Nutzungsmöglichkeiten des In- ternets aufzuzeigen und erste Schritte im Internet zu un- ternehmen, öffentliche Internetzugänge, um selbststän- dig im Internet zu surfen – mit Unterstützung durch die Senior-Internet-Helfer/-innen, individuelle Einzel- und Gruppenberatung, Schulungen und Workshops zu spezi- ellen Themen rund um den Computer und das Internet. Die Senior-Internet-Helfer/-innen arbeiten ehrenamtlich. Für sie steht nicht die Technik im Vordergrund, sondern vor allem der Austausch mit anderen Menschen und die Freude bei ihrem Engagement. Die Angebote, Öffnungszeiten und Kontaktmöglich- keiten sind von Ort zu Ort unterschiedlich. In meiner Heimatstadt Esslingen am Neckar gibt es das Projekt MediaKomm Esslingen und in Reichenbach/Fils für das Umland die „Senioren Online“. Sie haben sich zum Ziel gesetzt, die Akzeptanz für Internet und neue Medien zu erhöhen und Hemmschwellen abzubauen. Dies soll unter anderem mit dem Projekt „buerger-gehen-online“ er- reicht werden. In diesem Projekt werden bestehende PC-Räume für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht bzw. neue Räume geschaffen. Zentraler Bestandteil des Konzepts ist der Einsatz von ehrenamtlich tätigen Mentoren. Diese be- gleiten und unterstützen beim Einstieg in die Nutzung der neuen Medien und stehen als Ansprechpartner zur Verfügung. Sie ermutigen zum Ausprobieren und Sel- bermachen am Computer und fördern damit selbstorga- nisiertes und selbstgestaltetes Lernen interessierter Bür- gerinnen und Bürger. Weiterhin gibt die Bundesregierung in ihrem Pro- gramm „Wirtschaftskraft Alter“ Anstöße für Wirt- schaftsunternehmen, den bedeutenden Markt für speziell auf die Bedürfnisse älterer Menschen zugeschnittenen Produkten zu entdecken und zu nutzen. Hierzu gehören unter anderem auch benutzerfreundliche PCs und ent- sprechende Softwareprodukte. Die Bereitstellung von Breitbandkabelanschlüssen für 98 Prozent der Haushalte in der Bundesrepublik Deutschland, wie sie im Aktionsprogramm der Bundes- regierung iD2010 geplant ist, wird die Voraussetzungen für eine intensivere Internetnutzung durch ältere Men- schen weiter verbessern. Im gerade beschlossen Kon- j t E t s 2 t g 2 e b u m a e p d w e a l h c l i e d h ß t B S d I g g d D g l t w l a s G m s A Ä (C (D unkturprogramm haben wir ja den Ausbau des leis- ungsfähigen Breitbandnetzes beschlossen. So sollen bis nde 2010 die bislang nicht versorgten Gebiete mit leis- ungsfähigen Breitbandanschlüssen abgedeckt sein. Bis pätestens 2014 sollen für 75 Prozent der Haushalte, bis 018 für alle Haushalte Anschlüsse mit Übertragungsra- en von mindestens 50 Megabit pro Sekunde zur Verfü- ung stehen. Mit dem Programm „Aktiv im Alter“, das 008 begonnen hat, setzt die Bundesregierung bei aktu- llen seniorenpolitischen Programmen bereits heute ins- esondere auf eine Förderung kommunaler Aktivitäten nd eine stärkere Beachtung des ländlichen Raums. Da- it soll darauf hingewirkt werden, entsprechende Lern- ngebote auch in der Fläche anzubieten. Ihrem Vorschlag, Medien- und Internetkompetenz als igenes Förderziel in die Richtlinien des Bundesalten- lans aufzunehmen, widerspricht grundsätzlich nichts, a hier eine neue Grundlagenkompetenz angesprochen ird, die für die zukünftige gesellschaftliche Teilhabe ine Schlüsselfunktion einnehmen wird. Es ist allerdings uch nach den bisherigen Richtlinien problemlos mög- ich, entsprechende Projekte zu fördern. Die Unionsfraktion hat jüngst auch auf die Sprache ingewiesen. Anbieter müssen sich verständlich ausdrü- ken. Ich zitiere aus einer Gebrauchsanleitung eines Te- ekommunikationsanbieters: Beim Telefonieren habe Sie folgende Optionen: Call Pickup, Call deflection, Call waiting, Call hold sowie Verkettung einer Call by Call Rufnummer. Sie können ein Besetztsignal einrichten, wenn MSN (Busy on Busy) belegt ist. Die Stärkung der Medienkompetenz älterer Menschen st wichtig. Die unionsgeführte Bundesregierung hat hier iniges auf die Beine gestellt, und ich bin mir sicher, ass auch zukünftig – im Rahmen der zur Verfügung ste- enden Haushaltsmittel – neue Modellprojekte angesto- en werden können. Der Bund allein wird es nicht rich- en können. Alle Akteure, Bund, Länder, Kommunen, ildungsträger und die Wirtschaft, müssen an einem trang ziehen. Dann ist mir um die Medienkompetenz er älteren Generation nicht bange. Philipp Mißfelder (CDU/CSU): „Die Nutzung des nternets ist keine Frage des Alters, sondern der geisti- en Beweglichkeit.“ Mit diesem Zitat unseres ehemali- en Bundestagskollegen und heutigen Bundesvorsitzen- en der Senioren-Union Deutschlands, Professor r. Otto Wulff, möchte ich hier meine Ausführungen be- innen (www.senioren-union.de, Pressemitteilung, Ber- in, 22. Juni 2006). Denn die Generation der sogenann- en Silversurfer ist Realität. Das erfahre ich regelmäßig, enn ich zusammen mit der Senioren-Union Deutsch- ands und anderen großen Seniorenorganisationen Ver- nstaltungen mache. Wir haben eine technisch interes- ierte, den neuen Technologien gegenüber offene ältere eneration in Deutschland. Und es werden jeden Tag ehr Senioren, die das Internet nutzen. Dies bringt chon alleine die Alterung unserer Gesellschaft mit sich. ber es handelt sich hierbei auch um das große Interesse lterer, die Möglichkeiten des weltweiten Netzes für 21560 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 199. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. Januar 2009 (A) ) (B) ) Einkäufe, Reisebuchungen oder ganz allgemein nur für den E-Mail-Verkehr mit ihren eigenen Angehörigen zu nutzen. Davon zu reden, dass Ältere Hemmungen haben, von den Möglichkeiten des weltweiten Netzes Gebrauch zu machen, wie es die Grünen in ihrem Antrag suggerieren wollen, halte ich nach allen Erfahrungen, die ich selbst gemacht habe, schlichtweg für falsch. Gerade im Um- gang mit den neuen Technologien funktioniert nämlich der Zusammenhalt der Generationen. Hier findet ein Austausch von Wissen und Erfahrung, den sich Jüngere zwangsläufig spielerischer aneignen können, von der jüngeren auf die ältere Generation statt. Man muss sich dazu nur einmal die reinen Zahlen an- schauen: Im Durchschnitt sind heute bereits über 40 Prozent der über 50-Jährigen online, wobei dieser Durchschnitt zwangsläufig die regionalen Unterschiede nicht beachtet. Denn in den Stadtstaaten und Ballungs- gebieten ist etwa die Hälfte der über 50-Jährigen regel- mäßig online und nutzt das Internet. Das Problem liegt demnach nicht in mangelndem In- teresse oder gar Hemmungen Älterer gegenüber der digi- talen Welt, sondern das Problem liegt vielmehr darin, dass wir immer noch intensiv daran arbeiten müssen, die digitale Kluft in Deutschland zu schließen. Hier liegen die eigentlichen Ursachen dafür, dass noch immer nicht mehr ältere Menschen regelmäßig das Internet nutzen. Die Breitbandkluft ist das Problem, nicht mangelndes Interesse oder gar Hemmungen unserer Senioren vor der neuen Technik. Die unionsgeführte Bundesregierung hat dieses Pro- blem auch erkannt und deshalb im zweiten Konjunktur- programm beschlossen, den Breitbandausbau in Deutschland massiv voranzutreiben. Es geht jetzt darum, kurzfristig Versorgungslücken in der Fläche zu schließen und den Aufbau von leitungsgebundenen und funkge- stützten Hochleistungsnetzen zu forcieren. Dabei sind die Pläne ehrgeizig, aber auch notwendig, um die digitale Kluft gerade in ländlichen Räumen zu schließen: Bis spätestens Ende 2010 sollen die bislang nicht versorgten Gebiete mit leistungsfähigen Breitband- anschlüssen abgedeckt sein. Und bis spätestens 2018 sollen für alle Haushalte in Deutschland Anschlüsse mit Übertragungsraten von mindestens 50 Megabit pro Se- kunde zur Verfügung stehen. Das sind die richtigen Maßnahmen, um in Zukunft noch mehr ältere Menschen ans weltweite Netz anschlie- ßen. Sie sehen also, wir tun etwas. Deshalb lehnen wir auch den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen ab. Er ist überholt. Jürgen Kucharczyk (SPD): Sich der sogenannten neuen Medien zu bedienen ist für die meisten Mitbür- gerinnen und Mitbürger selbstverständlich – ob im Be- reich der Arbeit, in der Freizeit und auch für den alltägli- chen Kontakt zu Freunden und Familie. Ältere Menschen sind nicht zwangsläufig auf den Ge- brauch von Handys und Computern angewiesen. Dass d d k B d i ti u n e d n s e A f t s v K m k D r t n K U b w ä S d t f j s w g n d u K S Ä s z l E m s t B (C (D iese für sie trotz allem eine Erleichterung des Alltags arstellen können, ist Senioren nicht immer bewusst. Denn über die Webcam oder via E-Mails mit den En- eln in Kontakt zu bleiben oder per Mausklick seine ankgeschäfte zu tätigen, davon profitieren insbeson- ere Menschen, die nicht mehr so gut zu Fuß sind und hre Wohnung nur selten verlassen können. Dies bestä- gt auch eine Umfrage des Hightech-Verbands BITKOM nter E-Mail-Nutzern ab 65 Jahren: 98 Prozent der Se- ioren mit E-Mail-Zugang sagen, die elektronische Post rhöhe ihre Lebensqualität, und 96 Prozent fühlen sich adurch flexibler. Diese Werte sind so hoch wie in kei- er anderen Altersgruppe. Allerdings sind immer noch 81 Prozent der Deut- chen ab 65 Jahren nicht am Netz. Unsere Aufgabe ist s, für einen chancengerechten Zugang zu sorgen. Der bbau altersspezifischer Barrieren ist die Voraussetzung ür einen Zugang zum lebenslangen Lernen auch für Äl- ere. Die neuen Medien können ebenso eine Brücke zwi- chen den Generationen bilden: Nicht nur Junge lernen on den Alten, auch ältere Menschen können von den enntnissen der jüngeren Generation profitieren. Ich öchte Ihnen das an einem Beispiel aus meinem Wahl- reis – genauer: aus der Stadt Solingen – verdeutlichen. er dortige Jugendstadtrat hat ein Projekt ins Leben ge- ufen, in dem Jugendliche älteren Menschen die Funk- ion und Bedienung von Handys erklären – ganz praxis- ah und face-to-face. In angenehmer Atmosphäre, bei affee und Kuchen, ohne Leistungsdruck, lernen sie den mgang mit einem heutzutage selbstverständlichen Ge- rauchsgegenstand. Aus einem Buch mit sieben Siegeln ird Verständnis für die Technik von heute. Solche und hnliche Projekte gibt es mittlerweile in vielen Städten. ie sind ein freiwilliges Angebot an all jene, die entwe- er die Notwendigkeit für sich sehen, sich mit den neuen echnischen Errungenschaften zu beschäftigen, oder ein- ach Spaß an der neuen Technik, den Medien haben. Für unge Menschen ist die Erfahrung wichtig und interes- ant, dass auch sie von der älteren Generation gebraucht erden. Dies ist nur ein kleiner Beitrag zum gegenseiti- en Verständnis zwischen Jung und Alt, der allerdings icht zu unterschätzen ist. Eines ist klar: Die Senioren haben mit den neuen Me- ien eine größere Freiheit, selbst zu bestimmen, ob, wie nd wofür sie lernen. Der Breitbandausbau, den die Bundesregierung im onjunkturpaket II verabredet hat, ist ein wichtiger chritt, die Teilhabe an der Lebenswelt voranzutreiben. ltere Menschen haben ebenso ein Anrecht auf An- chluss an das Wissen der Menschheit. Die Vorausset- ung dafür schaffen wir mit dem Breitbandausbau in al- en bislang nicht versorgten Gebieten bis spätestens nde 2010. Gemeinsam mit den Volkshochschulen in den Kom- unen, mit Initiativen wie „Senioren ans Netz“ unter- tützt die Bundesregierung eine Reihe Bemühungen, äl- ere Menschen gezielt mit den neuen Medien in erührung zu bringen. Programme wie das Aktionspro- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 199. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. Januar 2009 21561 (A) ) (B) ) gramm Mehrgenerationenhäuser eignen sich sehr gut für die Heranführung Älterer an die neuen Kommunika- tionstechniken. In Kursen, Seminaren und Workshops wird die Medienkompetenz Älterer gestärkt. Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist gut gemeint. Er impliziert aber, dass sich älteren Menschen ohne Me- dienkompetenz kein erfülltes Leben bietet. Diesen Standpunkt lehne ich entschieden ab. Wir unterstützen gute Angebote auf freiwilliger Ba- sis. Mein Fazit ist: Wir sind damit auf dem richtigen Weg. Angelika Graf (Rosenheim) (SPD): Der Antrag der Grünen beschreibt die unterdurchschnittliche Beteili- gung von Älteren bei der Internetnutzung. Sie fordern die Bundesregierung auf, hier Anstrengungen zu unter- nehmen. Dass die Bundesregierung sich bereits für eine bessere Medienkompetenz einsetzt und dabei auch ge- zielt die älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger an- spricht, wissen Sie bereits aus der Antwort auf ihre kleine Anfrage vom 13. Oktober des letzten Jahres. Da Sie diese schon schwarz auf weiß haben, möchte ich hier nicht näher auf die einzelnen Aktivitäten der Bundesre- gierung eingehen, sondern auf die Grundbotschaft und einige Aspekte in Ihrem Antrag, die mir nicht gefallen haben. Natürlich verstehe ich Ihren Wunsch als Oppositions- fraktion, angebliche Defizite der Bundesregierung auf- zuspüren und die Aktivitäten der Großen Koalition zu bekritteln. Doch entlässt Sie das nicht aus der Verant- wortung, zu unterscheiden, für welche Aufgaben der Staat zuständig ist und was für Botschaften und Appelle wir als Politikerinnen und Politiker an die ältere Genera- tion verantwortungsvoll richten können und sollten. Sie blenden in ihrem Antrag ein wichtiges Faktum aus: Die Bedeutung der Bildungserfahrungen und den Umgang mit Technik über die gesamte Lebensspanne. Die Bildungserfahrungen in früheren Jahren – das hat uns der 5. Altenbericht der Bundesregierung sowie der von der Bundesregierung in Auftrag gegebene Alterssur- vey gelehrt – ist der stärkste Prädiktor, also die beste Vo- raussetzung für eine Bildungsbeteiligung, und damit auch für die Internetnutzung. Wenn Sie die der Eurostat-Studie zugrunde liegende Umfrage des Statistischen Bundesamts besser studiert hätten, dann hätten Sie auch erkennen müssen, dass ne- ben dem Alter vor allem der Bildungshintergrund über Aktivitäten im Internet entscheidet. Hemmungen bei neuen Medien sind zudem verbunden mit entsprechen- den Erfahrungen in früheren Jahren. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft müssen hier also über die gesamte Le- bensspanne gemeinsam die Potenziale der Generationen im Auge behalten und nicht die ältere Generation geson- dert mit Aktionismus überhäufen und normative Erwar- tungen in die Welt setzen. Da bin ich doch sehr von Ihnen als – normalerweise konstruktive – Oppositions- fraktion enttäuscht. Bernd Bischoff, Präsident der Initiative D21, Auftrag- geberin der besagten Studie, sagte, offline blieben vor al- l B g B n Ä S f d s d d r t n d d n g d F d z v s n b ä V u u n g W o a e A d d E E w t s g P T v v n r o v (C (D em Frauen, Menschen mit vergleichsweise niedriger ildung und niedrigem Einkommen. „Wer keinen Zu- ang zur digitalen Welt hat, dem droht Ausschluss und enachteiligung.“ Hier müssen wir auch ansetzen wenn es um die Inter- etnutzung von älteren Menschen geht. Die Forderung, ltere sollen sich stärker bilden, greift zu kurz, weil der taat die Teilnahmebedingungen für eine ausgewählte, ür die Internetnutzung sehr spezifische Gruppe nur be- ingt gestalten kann und weil es eine Aufgabe für die ge- amte Lebensspanne ist. Bildung, Bildung, Bildung über ie gesamte Lebensspanne ist die wichtigste Antwort, ie wir als Politiker geben können, wobei wir auch da- auf achten müssen, dass Menschen nicht von Informa- ionen ausgeschlossen werden dürfen, weil sie das Inter- et nicht nutzen können oder wollen. Bei der Analyse der Daten fällt doch die Diskrepanz er Ergebnisse der unterschiedlichen Studien auf. Auch ie spezifischen Bedürfnisse der älteren Menschen in der achberuflichen Phase wurden nicht berücksichtigt. Es ibt leider bislang nur wenig seriöses Datenmaterial über ie Bildungspartizipation älterer Menschen. Ein weiterer akt, der mir in Ihrem Antrag fehlt, welchen wir wegen er vorgetragenen Einwände daher ablehnen werden. Ich freue mich daher, dass die SPD-Fraktion im März ur Bildung in der nachberuflichen Phase, also jenseits on Erwerbstätigkeit, ein Fachgespräch mit Wissen- chaftlern und Experten organisiert, um dieser Frage ge- auer nachzugehen. Auch die Internetnutzung wird da- ei ein Thema sein. Wir werden die Bedürfnisse der lteren Generation genauer betrachten und jenseits von erwertbarkeit durch Wirtschaft und Politik diskutieren nd Vorschläge für weitere parlamentarische Aktivitäten nterbreiten. Sibylle Laurischk (FDP): Die Anzahl der Internet- utzer in Deutschland wächst weiter – im Jahr 2008 so- ar deutlich dynamischer als in den vergangenen Jahren. aren im Jahr 2001 erst etwa 37 Prozent der Deutschen nline, so waren es im Jahr 2008 bereits über 60 Prozent ller Deutschen. Binnen der letzten sieben Jahre hat es inen Zuwachs von über 60 Prozent gegeben. Nach der RD/ZDF-Onlinestudie waren 1997 erst vier Prozent er Deutschen online. Wenn man sich vor Augen führt, ass das Internet erst im Jahr 1990 im CERN (Conseil uropéen pour la Recherche Nucléaire) – zu Deutsch: uropäisches Labor für Teilchenphysik – erfunden urde, um den Physikern den Datenzugriff zu erleich- ern, wird deutlich, dass es sich seitdem in geradezu ra- ender Geschwindigkeit ausgebreitet hat. Die Technolo- ie ist relativ neu und hatte gerade am Anfang ihren reis. Dies gilt sowohl für die Hardware als auch für die arife zur Datenübertragung. Ich will hier gar nicht da- on reden, was für ein Aufwand die Selbstinstallation on Hard- und Software war, Plug and Play gab es noch icht. Die Feststellung des Antrages wie auch der Bundes- egierung, dass nach wie vor Länder wie Japan, die USA der die skandinavischen Länder der Bundesrepublik oraus sind, immer noch Bürger mit geringem Einkom- 21562 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 199. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. Januar 2009 (A) ) (B) ) men oder geringer Bildung und ältere Menschen im In- ternet unterrepräsentiert sind, ist richtig, aber der Ver- gleich hinkt. In den meisten dieser Länder ist der Zugang zum Internet seit Jahren erheblich preiswerter. Verglei- chen Sie dies mit den Handygebühren. Wer sich Mitte der 90er-Jahre in Italien bewegte, hatte das Gefühl, jeder Italiener hat ein Handy, und wer im Zug nach Rom als Deutscher saß, war häufig der einzige, der nicht telefo- nierte. In Deutschland gab es diesen Handymanie noch nicht, nicht, weil die Bürger nicht telefonieren konnten, sondern weil die Mobilfunkgebühren wesentlich teurer waren und es in Deutschland noch keine Flatrates gab. Sie werden sehen, dass der zunehmende Preisverfall auch in Deutschland zu einer noch größeren Zahl der In- ternetnutzer führen wird. Etwa 15 Prozent der Deutschen bewegen sich heute in Beziehungs- oder Kontaktnetzwerken im Internet, soge- nannten Communities oder Social Networks. Zunächst denkt man dabei vor allem an Treffpunkte für junge Leute wie SchülerVZ, StudiVZ oder Facebook. Doch in den vergangenen Jahren gingen zahlreiche Portale für die Zielgruppe der über 50-jährigen Internetnutzer online, die sogenannten Silversurfer. Gerade auf diesem Gebiet gibt es enorme Zuwachsraten, die ja nur dadurch zu er- klären sind, dass es hierfür Nutzer, Neuhochdeutsch: User, gibt. Im Zuge der zunehmenden Internetaffinität der Senioren sind zahlreiche eigene Plattformen für die ältere Generation entstanden. „Platinnetz.de“, „Senio- rennetz.de“, „Fiftiesnet.de“ sind nur einige Beispiele für Websites, die speziell auf die Bedürfnisse Älterer abge- stimmt sind. Wenn ich hier über den Antrag der Grünen rede, gebe ich gleich zu Anfang zu, dass ich mich doch erheblich wundere. Zwar gebe ich Ihnen beim Grundanliegen recht, dass das Internet eine Plattform für alle sein sollte – und damit auch für Ältere –, aber Ihre Analyse und die daraus abgeleiteten Schlüsse sind falsch. Der von Ihnen so häufig zitierte (N)onliner-Atlas bezeichnet für 2008 die 60- bis 69-Jährigen sogar als Spitzenreiter bei den Zuwachsraten aller Altersgruppen. Sie schreiben in Ihrem Antrag: Angesichts einer schrumpfenden und älter werden- den Gesellschaft muss die Integration Älterer in die Informationsgesellschaft daher ein zentrales politi- sches und gesellschaftliches Ziel sein. In Deutsch- land leben bereits heute rund 20,6 Millionen Men- schen im Alter von über 60 Jahren. Im Jahr 2030 werden es voraussichtlich circa 29 Millionen Men- schen sein. Allerdings sind erst 40 Prozent der über 50-Jährigen nach den neuesten Ergebnissen des (N)onliner Atlas 2008 online, stellen aber gleich- zeitig eine der am stärksten wachsenden Gruppen von Internetnutzerinnen und -nutzern dar. Liebe Frau Hasselmann, ja, wir haben eine schrump- fende Gesellschaft, ja, im Jahr 2030 leben nicht 21, son- dern 29 Millionen Menschen über 60 in Deutschland, aber, nein, Ihre implizite Unterstellung, dass dies ein Problem bei der Nutzung der neuen Medien darstellen wird, ist falsch. Wer im Jahr 2030 60 Jahre alt sein wird, ist heute 39 und hat keinerlei Schwierigkeiten im Um- g l u z G ü s n W d n k g t A r i P r d c d h J M g f d d e U h d u G i O t s h d d j u I t d z C t p Z n j g (C (D ang mit den neuen Medien. Gemäß dem (N)onliner-At- as 2008 sind circa 85 Prozent dieser Altersgruppe online nd weitere 5 Prozent dieser Altersgruppe plant die Nut- ung. Da nicht einzusehen ist, warum diese Bürger ihre ewohnheiten im Alter ändern sollten, werden also weit ber 90 Prozent der 60-Jährigen im Jahr 2030 online ein. Eine Gruppe, um die sich die Politik nun wirklich icht kümmern muss. Die Probleme des demografischen andels spielen sich zumindest 2030 nicht mehr in der igitalen Welt ab. Schon hierin verstehe ich Ihren Antrag icht. Aus diesem Grund benötigen wir hierzu auch eine Forschung. Bis die Forschung abgeschlossen ist, ibt es das Phänomen nicht mehr. Es tut mir schon ein wenig weh, wenn ich Ihren An- rag hier zerpflücke, da ich ja das Grundanliegen teile. ber nur bei einer richtigen Analyse kann man auch die ichtigen Schritte einleiten. Ihre Zukunftsanalyse halte ch für falsch. Richtig ist, dass wir unter Umständen ein roblem in der Gegenwart haben, welches aber jährlich asant weniger werden wird, was vor allem daran liegt, ass die Soft- und Hardware immer anwenderfreundli- her wird, wovon besonders ältere Menschen profitieren. Ich halte auch wenig von Modellprogrammen – mal avon abgesehen, dass ich das Wort langsam nicht mehr ören kann. So ein Programm dauert erst einmal fünf ahre, dann wird es evaluiert und erst danach umgesetzt. ir dauert das zu lange. Und von wem wird es dann ei- entlich umgesetzt? Jedenfalls nicht vom Bund, dem ehlt die Zuständigkeit. Zuständig sind wohl am ehesten ie Kommunen. Und hier läuft vom Bund doch schon as Modellprogramm der Mehrgenerationenhäuser mit rheblicher Förderung. Ein idealer Ort für ein solches nterfangen. Auch Volkshochschulen sind richtige Orte ierfür. Ich glaube, wir müssen uns vor Augen führen, ass wir in einem föderalen Staat leben, in dem Länder- nd Kommunen auch Aufgaben haben. Schauen Sie sich die Nutzung des Internets durch die eschlechter an. Deutlicher als die Alterskluft hat sich n den letzten Jahren die Gender Gap zwischen On- und fflinern verringert. Kam in den Anfangszeiten des In- ernets auf drei männliche Internetnutzer eine Nutzerin, o haben die Frauen in den letzten Jahren kräftig aufge- olt. Gleiches werden Sie in den kommenden Jahren bei er älteren Generation erleben. Wir sollten akzeptieren, ass Kompetenz, Kreativität und Innovationskraft auch enseits der Lebensmitte vorhanden sind. Lernfähigkeit nd persönliche Weiterentwicklung enden nicht mit 50! Dr. Lothar Bisky (DIE LINKE): Der Zugang zum nternet ist ein Zugang zu Kommunikation und Informa- ion in unserer Gesellschaft. Dies berührt Grundfragen emokratischer Beteiligung. Nach den Worten des So- iologen und Kommunikationswissenschaftlers Manuel astells – dessen Einschätzung ich teile – wird die künf- ige Welt des Netzes von zwei unterschiedlichen Grup- en bewohnt: den Interagierenden und den Interagierten. u den Ersten zählen die, die in der Lage sind, Kommu- ikationskreisläufe aktiv auszuwählen, und zu Letzteren ene, die aufgrund von Zugangsbeschränkungen an der esellschaftlichen Kommunikation nicht teilhaben kön- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 199. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. Januar 2009 21563 (A) ) (B) ) nen. Zu diesen Zugangsbeschränkungen zählt ebenfalls, ob jemand mit Computer und Internet überhaupt vertraut ist. Alle empirischen Befunde zur Mediennutzung und zum Medienhandeln zeigen, dass Medien je nach Bil- dungsgrad, Erwerbstätigkeit, Einkommen, Geschlecht und Alter sehr unterschiedlich genutzt werden. Insbe- sondere für Ältere besteht großer Bedarf, Anreize zur In- ternetnutzung zu schaffen. Nur über eine Stärkung ihrer Medienkompetenz können ältere Menschen an elektroni- schen Nachrichten und Informationen, an den Formen von elektronischer Verwaltung und Demokratie partizi- pieren und E-Commerce und E-Consume sinnvoll nut- zen. Die Linke will allen Menschen die gesellschaftliche Teilhabe an den Mechanismen und Vermittlungsbedin- gungen digitaler Kommunikation ermöglichen. Dies ist uns Linken ein Grundanliegen. Und es gilt auch und ge- rade für die Älteren. Nicht nur in Phasen abnehmender Mobilität können elektronische Kommunikationsmittel für Ältere einen hohen Gebrauchswert haben. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, es wird Sie nicht wundern: Ihrem Anliegen, ältere Men- schen in die Lage zu versetzen, sich in und mit der Tech- nik neuer Medien zurechtzufinden, stimmen wir grund- sätzlich zu. Lassen Sie mich dennoch auf einen blinden Fleck in Ihrem Antrag hinweisen: Internetnutzung ist immer noch eine Kostenfrage. Laut den Zahlen des Sta- tistischen Bundesamts vom April 2008 gaben im 1. Quartal 2007 31,9 Prozent der Menschen über 65 an, dass es die zusätzlichen Kosten sind, die verhindern, dass ihr Wunsch nach stärkerer Nutzung des Internets verwirklicht wird. Das sind nahezu ein Drittel aller Älte- ren. In den beiden darunter liegenden Altersgruppen der 25- bis 44-Jährigen und der 45- bis 64-Jährigen sind es mit 25,6 und 26,5 Prozent jeweils nur circa ein Viertel. Die finanzielle Lage der älteren Menschen spielt dem- nach eine wesentliche Rolle für eine Teilhabe an Internet und neuen Medien. Bei der Diskussion dieses Themas sollten wir daher berücksichtigen, dass die Senkung der Kaufkraft der Rentnerinnen und Rentner auch in dieser Frage kontraproduktiv ist – Stichwort Rentenreformen von Rot-Grün. Wir sind uns daher der Grenzen Ihrer Lösungsvor- schläge durchaus bewusst, liebe Kolleginnen und Kolle- gen von den Grünen. Aber die Probleme anzugehen, das halten wir für richtig. Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir reden heute über einen Antrag, für dessen Unterstüt- zung ich sehr werben möchte. Denn ich denke, er formu- liert ein politisches Ziel, bei dem wir uns über alle Par- teigrenzen hinweg einig sind: die Möglichkeiten der gesellschaftlichen Teilhabe für ältere Menschen zu ver- bessern. Wir alle wissen, der demografische Wandel lässt sich nicht aufhalten, sondern nur gestalten. Daher müssen wir uns alle die Frage stellen, wie wir den zahl- reichen Herausforderungen einer schrumpfenden und äl- ter werdenden Gesellschaft begegnen wollen. Ich denke, d t C l n w e s d e H w d g e r W p r w z m t p d s h A h d u e k s t t p s s N s i t i z f f d d d s g P f d (C (D ass die neuen Medien hier einen entscheidenden Bei- rag leisten können. Die Anwendungspotenziale von Internet, Handy und o sind für die gesellschaftliche Integration Älterer noch ange nicht ausgeschöpft. Häufig mangelt es dieser Ge- eration an konkreten Erfahrungsmöglichkeiten, die not- endig sind, um eine alltägliche Medienkompetenz zu rwerben. Entsprechend groß ist die Hürde, diese für ich nutzbar zu machen. Gleichwohl steigt etwa die Zahl er älteren Internetnutzer an. Aber wir bewegen uns auf inem niedrigen Niveau: Bislang nutzt nicht einmal die älfte der über 50-Jährigen das Internet. Aber die not- endigen Qualifikationen, um die Potenziale neuer Me- ien ausreichend nutzen zu können, werden nicht weni- er, sondern mehr. Doch leider mangelt es bisher an inem nachhaltigen Programmaufbau der Bundesregie- ung für die Förderung der Medienkompetenz Älterer. ir wollen eine gezielte Förderung, inklusive Modell- rojekten, die der Heterogenität Älterer und einem diffe- enzierten Altersbild gerecht werden, einer verstärkten issenschaftlichen Begleitforschung und einer Vernet- ung der Maßnahmen auf Bundes-, Landes- und kom- unaler Ebene. Schon längst hätte die Medien- und Internetkompe- enz als Förderziel in die Richtlinien des Bundesalten- lans aufgenommen werden müssen. Wir alle wissen och, der demografische Wandel ist ein Prozess, der chon lange begonnen hat und dessen Auswirkungen wir eute erst in den Anfängen spüren. Wir müssen heute ngebote schaffen, die den demografischen Gegeben- eiten von morgen gerecht werden. Wir brauchen daher ringend eine flächendeckende Breitbandinfrastruktur, m jedem und jeder den Zugang zu Onlineangeboten zu rmöglichen. Denn gerade in ländlichen Gebieten önnen Onlinedienstleistungen ein wirkungsvolles In- trument sein, Daseinsvorsorge zu unterstützen. Die po- enziellen Angebotsmöglichkeiten von Onlinedienstleis- ungen erstrecken sich von der Autozulassung bis hin zu räventiver Gesundheitsvorsorge. Dabei ist die Digitali- ierung der Lebenswelt natürlich keine Zukunftsmusik, ondern findet bereits im Hier und Jetzt statt, häufig zum achteil derjenigen, die nicht online sind. Der Abschluss eines Handyvertrags im Internet ver- pricht freie SMS – der Kauf einer Fahrkarte am Schalter st knapp einer Gebühr entgangen. Aber je tiefer Compu- er und Internet in den Alltag dringen, umso dringender st es politisch geboten, einfache Zugangsmöglichkeiten um Internet sicherzustellen, die öffentlich und barriere- rei zugänglich sind. Denn die Kommunikations- und In- ormationsmöglichkeiten des Internets können wir nur ann ausschöpfen, wenn wir einen chancengleichen und iskriminierungsfreien Zugang sicherstellen. Deshalb ist und bleibt auch eine stärkere Ausrichtung er Angebote, von Geräten, aber auch von technologi- chen Anwendungen an den Bedürfnissen Älterer drin- end geboten. Sowohl in die Forschung als auch in der roduktentwicklung müssen die Erkenntnisse der Alters- orschung viel stärker einfließen. Und ich bin mir sicher, ass dies einfacher über eine gezielte Verwendung der (A) (C) (B) (D) Mittel öffentlicher Forschungsförderung erfolgen kann als über die Auslobung von Designwettbewerben. Lassen Sie uns gemeinsam die Integration älterer Menschen in die Informationsgemeinschaft verbessern. Ganz konkret: Stimmen sie unserem Antrag zu. Sicher- lich hat der Verbraucherschutz eine wesentliche Bedeu- tung für die Nutzung der neuen Medien. Sicherheit und Medienkompetenz sind zwei Seiten einer Medaille. Las- sen Sie uns heute in aller Ruhe die eine Seite betrachten. Für die Verbraucherschutzseite haben wir bereits zahlrei- che grüne Vorschläge eingebracht. Auch diese gilt es endlich mal aus der Sicht der älteren Menschen in den Blick zu nehmen und umzusetzen. - 21564 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 199. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. Januar 2009 91, 1 0, T 7980 199. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 21. Januar 2009 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9 Anlage 10 Anlage 11 Anlage 12 Anlage 13 Anlage 14 Anlage 15 Anlage 16 Anlage 17 Anlage 18 Anlage 19 Anlage 20 Anlage 21 Anlage 22 Anlage 23
Gesamtes Protokol
Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619900000

Die Sitzung ist eröffnet.

Vor dem Eintritt in die Tagesordnung möchte ich Fol-
gendes bekannt geben: Interfraktionell ist vereinbart
worden, den Tagesordnungspunkt 6 – es handelt sich da-
bei um den Dritten Armuts- und Reichtumsbericht der
Bundesregierung sowie weitere Berichte zum Thema –
um die Beratung des Antrags der Fraktion Bündnis 90/
Die Grünen mit dem Titel „Programm für ein selbstbe-
stimmtes Leben ohne Armut – Eine Neuformulierung
des Dritten Armuts- und Reichtumsberichtes“ auf
Drucksache 16/10654 zu ergänzen. Außerdem soll der
Tagesordnungspunkt 9 abgesetzt und an dieser Stelle der
Tagesordnungspunkt 16, bei dem es um die Medienkom-
petenz Älterer geht, beraten werden. Sind Sie mit diesen
Vereinbarungen einverstanden? – Ich höre keinen Wi-
derspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:

Befragung der Bundesregierung

Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Ka-
binettssitzung mitgeteilt: Gesetzentwürfe zur Verbes-
serung des Kinderschutzes und zur Änderung des
Bundeszentralregistergesetzes.

Wegen des ressortübergreifenden Themas wird zu-

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nächst die Bundesministerin für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend, Frau Dr. Ursula von der Leyen, und
anschließend die Bundesministerin der Justiz, Frau
Brigitte Zypries, das Wort für einen einleitenden Bericht
erhalten. – Ich bitte Sie, Frau von der Leyen.

Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend:

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Ka-
binett hat heute einen Gesetzentwurf zur Verbesserung
des Kinderschutzes beschlossen. Dieser Gesetzentwurf
schließt Lücken, vor allem zum Schutz kleinerer Kinder.
Wir wissen, dass ein Drittel der Kinder, die misshandelt
werden, jünger als ein Jahr sind. In zwei D
Fälle ist es die leibliche Mutter, die dies getan
einem Drittel der Fälle der leibliche Vater od
Partner.

(C (D ung 21. Januar 2009 0 Uhr Jetzt werden drei Rechtsbereiche verbindlich gereelt: Erstens. Wir schaffen eine Befugnisnorm zur Inforationsweitergabe für sogenannte Berufsgeheimnisträ er. Das wird in einem zweistufigen Verfahren geregelt. ie erste Stufe besteht darin, dass zum Beispiel ein Arzt der eine Ärztin oder Rechtsanwälte, die den Verdacht uf Vernachlässigung oder Misshandlung haben, verflichtet sind, zunächst das vertrauensvolle Gespräch it den Eltern zu suchen, Hilfe zu suchen. Wenn dieses espräch nicht fruchtet und die Hilfe nicht angenommen ird, muss in einer zweiten Stufe das Jugendamt einge chaltet werden. Wichtig ist, dass dann der Kinderschutz ber der Schweigepflicht steht. Wir sehen in dem Geetzentwurf ausdrücklich die Möglichkeit vor, dass sich iese Berufsgruppen fachlich beraten lassen, um bei iher Einschätzung sicher zu sein. Dieses zweistufige Verfahren soll auch für andere Beufsgruppen gelten, die mit der Erziehung, Betreuung nd Ausbildung von Kindern befasst sind, zum Beispiel ehrerinnen und Lehrer. Diese Berufsgruppen handelten isher quasi in einem luftleeren Raum. Es gab keine Reelung. Jetzt soll gelten: Erst muss das Gespräch mit den ltern und fachliche Hilfe gesucht und dann als Ultima atio das Jugendamt eingeschaltet werden. ext Zweiter Punkt. Mit dem Kinderschutzgesetz schaffen wir verbindliche Standards für die Arbeit des Jugendamtes. Wir regeln, dass bei Verdachtsmomenten bezüglich Misshandlung und Verwahrlosung grundsätzlich das Kind angeschaut werden muss. Das heißt, es reicht nicht aus, sich auf Aussagen Dritter zu verlassen oder nur nach Aktenlage zu entscheiden. In vielen Jugendämtern ist das bereits gängige Praxis, aber eben nicht überall, wie wir durch die Auswertung der schrecklichen Fälle von Kindstötung, schwerer Misshandlung und Verwahrlosung wissen. Es ist auch geregelt, dass grundsätzlich, im Sinne einer Regelverpflichtung, der Hausbesuch gilt. t. Die Informationen über das Kind wer Wohnortwechsel der Familie weiterissen aus den Auswertungen von Kin , dass manche Familien, die auffällig ritteln der hat, und in er der neue Dritter Punk den bei einem gegeben. Wir w derschutzfällen Bundesministerin Dr. Ursula von der Leyen geworden sind, umziehen, um sich der Kontrolle des Jugendamtes zu entziehen. Wir regeln nun verbindlich, dass die Informationen von einem Jugendamt zum nächsten weitergegeben werden müssen, und zwar nicht nur in Form der Akten; grundsätzlich muss auch ein Übergabegespräch stattfinden. Somit setzt der Entwurf des Kinderschutzgesetzes auf Grundlage der Beschlüsse, die sowohl von der Bundeskanzlerin als auch von allen Regierungschefs der Länder gemeinsam gefasst worden sind, klare Signale für einen besseren Kinderschutz in Deutschland. Frau Ministerin Zypries, bitte. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin von der Leyen hat es gerade gesagt: Bei den Gesetzentwürfen, die das Kabinett heute beschlossen hat, geht es um die Umsetzung der Beschlüsse des sogenannten Kindergipfels vom Juni des letzten Jahres. Das Bundesministerium der Justiz ist davon durch eine Erweiterung des Führungszeugnisses betroffen. Lassen Sie mich das ganz kurz erklären: Das Führungszeugnis ist eine Bescheinigung darüber, ob jemand eine Straftat begangen hat und wozu er verurteilt wurde. Wir sehen mit diesem Gesetzentwurf vor, ein sogenanntes erweitertes Führungszeugnis einzuführen. Das heißt, wir wollen auch solche Verurteilungen zu Tagessätzen oder Freiheitsstrafen in ein Führungszeugnis aufnehmen, die bisher nicht dokumentiert werden. Das Führungszeugnis – wie auch die Löschungsfristen für registrierte Verurteilungen – wägt ja zwischen dem Interesse der Menschen, mit denen ein verurteilter Straftäter umgeht, und seinem Interesse an der Resozialisierung ab. Deswegen sehen wir Löschungsfristen vor, und Erstverurteilungen bis zu 90 Tagessätzen oder bis zu drei Monaten Freiheitsstrafe wurden bisher nicht ins Führungszeugnis aufgenommen. Wir haben jetzt einen Vorschlag vorgelegt, den das Hohe Haus zu beraten haben wird, in dem wir vorsehen, dass künftig auf Anfrage auch mitgeteilt wird, ob jemand insbesondere aufgrund eines Sexualdeliktes zu weniger als 90 Tagessätzen oder weniger als drei Monaten Freiheitsstrafe erstmalig verurteilt wurde. Dies wurde bisher nicht ausgewiesen. Angefordert werden kann dieses sogenannte erweiterte Führungszeugnis immer dann, wenn Personen regelmäßig mit Kindern und Jugendlichen in Kontakt kommen. Wir haben also auch hier das Resozialisierungsinteresse des Täters im Blick behalten, indem wir eben nicht, wie es in dem Ihnen vorliegenden Bundesratsentwurf der Fall ist, vorsehen, dass generell für jede Einstellung eine solche Mitteilung erfolgt. Vielmehr differenzieren wir zwischen Menschen, die bei ihrer beruflichen oder auch ehrenamtlichen Beschäftigung mit Kindern und Jugendlichen regelmäßig in Kontakt kommen, und solchen, die das nicht tun. Das heißt ganz konkret: Jemand, der zum Beispiel den ganzen Tag auf einem Kran sitzt oder eine Beton m b g d l r m s g o s V F s D a r d Ä h W d z c F d b B r Ä S n s d d v W Ä J (C (D ischmaschine fährt, hat so gut wie keine Möglichkeit, ei der Ausübung seines Berufs mit Kindern und Juendlichen in Kontakt zu kommen, und braucht deshalb ieses erweiterte Führungszeugnis nicht vorzulegen. Alerdings empfehlen wir dringend allen Personen, die beuflich oder ehrenamtlich Menschen beschäftigen, die it Kindern und Jugendlichen zu tun haben, künftig die es sogenannte erweiterte Führungszeugnis zu verlanen, um sich auf diesem Wege vergewissern zu können, b die Person aufgrund von leichteren Straftaten insbeondere im Bereich der Sexualdelikte verurteilt wurde. Das sind die Grundzüge. Für Fragen stehe ich zur erfügung. Danke schön, Frau Ministerin. – Ich bitte, zunächst ragen zu dem Themenbereich zu stellen, über den oeben berichtet wurde. Ich gebe das Wort zur ersten Frage der Kollegin eligöz. Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Ich habe eine Frage n Frau von der Leyen. Frau von der Leyen, habe ich ichtig verstanden, dass Sie planen, die Schweigepflicht er sogenannten Geheimnisträger, also zum Beispiel rzte, Berater und andere, zulasten des Vertrauensverältnisses zu den Patienten oder Klienten zu lockern? arum glauben Sie – dann, wenn ich Sie richtig verstan en habe –, dass die bereits bestehenden Regelungen, um Beispiel § 34 des Strafgesetzbuches, nicht ausreihend sind und erweitert werden müssen? Bitte schön. Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin für amilie, Senioren, Frauen und Jugend: Wir wollen die Regeln zur Schweigepflicht zugunsten es Kinderschutzes verändern. Das wird vom Berufsverand der Kinderund Jugendärzte ausdrücklich begrüßt. isher ist im Strafgesetzbuch geregelt – Sie haben da auf hingewiesen –, wann und wie ein Arzt oder eine rztin bestraft werden kann, wenn er oder sie die chweigepflicht bricht. Das hat in der Ärzteschaft zu eier großen Unsicherheit geführt: Wenn ein Arzt ein Kind ieht, bei dem der Verdacht auf Misshandlung besteht, ann weiß er nicht, ob er das Jugendamt informieren arf, ohne straffällig zu werden. Deshalb ist jetzt klargestellt, dass erst das vertrauensolle Gespräch mit den Eltern und Hilfe gesucht wird. enn das aber nicht fruchtet, muss der Arzt oder die rztin nicht noch den schlagenden Vater fragen, ob das ugendamt eingeschaltet werden darf. (Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das gilt doch jetzt schon!)





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(B) )

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619900100
Brigitte Zypries (SPD):
Rede ID: ID1619900200
Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619900300
Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619900400
Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619900500


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619900600

Die nächste Frage stellt die Kollegin Haßelmann.






(A) )



(B) )


Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619900700

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Auch ich habe eine

Frage an die Familienministerin. Frau von der Leyen,
wenn das, was Sie bislang im Kabinett diskutiert – das
ist auch öffentlich nachzulesen – und hier gerade erläu-
tert haben, vom Parlament so beschlossen werden
würde, würden die Aufgaben der Kommunen in Sachen
Kinderschutz erheblich erweitert, zumindest wenn ernst-
haft an der Umsetzung dieser zahlreichen Aufgaben ge-
arbeitet würde. Deshalb möchte ich Sie fragen, inwie-
weit geklärt ist, ob die Kommunen in die Lage versetzt
werden, diese Aufgaben durchzuführen, ob auch ihre fi-
nanzielle Ausstattung deutlich erweitert würde; denn sie
müssten ihre Leistungen im Jugendamtsbereich sowie in
anderen Bereichen intensivieren. Gibt es Vereinbarun-
gen zwischen den Ländern und Ihnen über die konkrete
Frage, wie die Kommunen in die Lage versetzt werden,
diesen erweiterten Aufgabenbereich wahrzunehmen und
ihn auch zu finanzieren?


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619900800

Bitte schön.

Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend:

Sie sprechen den zweiten Regelungsbereich an, näm-
lich die Klarstellung für Jugendämter, dass diese dann,
wenn ein Verdacht auf Misshandlung oder Verwahrlo-
sung vorliegt, verpflichtet sind, sich das Kind anzu-
schauen, statt nur in die Akten zu sehen oder sich auf das
Wort von Eltern oder Großeltern zu verlassen, wenn
diese sagen: Dem Kind geht es gut; es ist im Augenblick
nicht da; es schläft; wir können es Ihnen nicht zeigen.

In der überwiegenden Zahl der Jugendämter ist es
schon heute der Regelfall, dass man sich das Kind an-
sieht. Ich denke, es ist nachvollziehbar und plausibel,
dass man sich bei Verdacht auf Misshandlung eines Kin-
des zuerst das Kind anschaut. Aber es gibt und gab Fälle
– das haben wir in der Auswertung festgestellt –, in de-
nen über Wochen nur aufgrund der Aktenlage entschie-
den wurde. Man hat sich darauf verlassen, dass Dritte
gesagt haben, dem Kind gehe es gut. Auf diese Weise ist
gewissermaßen unter den Augen des Jugendamtes oder
der Behörden ein Kind verhungert. Deshalb stellen wir
die Lage klar.

Ich sehe das auch als Rückenstärkung für die Jugend-
ämter. Wie gesagt, die überwiegende Zahl der Jugend-
ämter verfährt so, dass das Kind angeschaut wird. Aber
in den Jugendämtern, in denen dies mangels Zeit oder
Personal nicht möglich ist, muss in der Tat, gemeinsam
etwa mit dem Stadtkämmerer, der Kommune oder der
Verwaltung, die Frage beantwortet werden: Warum geht
bei uns nicht das, was in anderen Kommunen selbstver-
ständlich ist? – Wir wollten gesetzlich klarstellen, dass
es selbstverständlich sein muss, dass die Kinder persön-
lich angeschaut werden.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619900900

Herr Kollege Lehrieder.

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(C (D Meine Frage geht ebenfalls an die Frau Familien inisterin von der Leyen. Frau von der Leyen, was ist, enn eine Familie den Hausbesuch nicht zulässt, das eißt, wenn die aufsuchende Hilfe an der Haustür abgeiesen wird? Und werden künftig auch Fachkräfte der reien Träger, zum Beispiel die Erzieherinnen in Kitas, u diesen Hausbesuchen verpflichtet? Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin für amilie, Senioren, Frauen und Jugend: Ihre Frage bezieht sich auf die Regelverpflichtung um Hausbesuch. Der Gesetzentwurf besagt, dass in der egel ein Hausbesuch stattfinden muss; denn wir haben estgestellt, dass es gerade im Hinblick auf kleine Kinder nd Säuglinge ganz entscheidend ist, zu prüfen: Wie leen sie? Wie sieht die Wohnung aus? Wie ist ihre Umgeung? Von dieser Regelverpflichtung gibt es allerdings usnahmen. Wenn vermutet wird, dass die Gewaltsitua ion eskaliert, zum Beispiel bei sexuellem Missbrauch, st das Jugendamt nicht verpflichtet, einen Hausbesuch urchzuführen. Dann müssen zuerst andere Wege geganen werden. Sie fragten, was geschieht, wenn Eltern das Zutrittsecht verweigern. In einem solchen Fall bleibt alles wie isher; denn es ist das Recht der Wohnungsinhaber, in iesem Falle der Eltern, den Zutritt zur Wohnung zu vereigern. Wenn aber Gefahr für Leib und Leben des Kines besteht, muss die Polizei eingeschaltet werden. Die olizei kann sich dann Zutritt zur Wohnung verschaffen. ier gibt es also eine ganz klare Trennung zwischen em, was Aufgabe des Jugendamtes ist, und dem Schutz es Kindes bei Gefahr für Leib und Leben, der in letzter onsequenz Aufgabe der Polizei ist. Zu Ihrer zweiten Frage. Die Erzieherinnen und Erzieer, von denen Sie sprachen, werden nicht verpflichtet, ausbesuche durchzuführen. Uns war wichtig, einen Be eich zu regeln, der bisher noch nicht geregelt war: Wie önnen sich Erzieherinnen und Erzieher, Lehrerinnen nd Lehrer verhalten, wenn der Verdacht der Misshandung oder Verwahrlosung besteht? Da gilt: Zunächst uss ein Gespräch mit den Eltern geführt und Hilfe von ußen gesucht werden, und erst wenn alle Stricke reißen, uss das Jugendamt eingeschaltet werden, das dann eine Pflicht tun muss. Herr Kollege Beck. Auch ich habe eine Frage an Frau von der Leyen. Mir st allerdings nicht klar, ob das Thema, das ich ansprehen möchte, in Ihrem Gesetzentwurf enthalten ist; in hrem Vortrag haben Sie es nämlich nicht erwähnt. Sie aben sich in den letzten Tagen wiederholt zur Sperrung inderpornografischer Inhalte im Internet geäußert. Daer möchte ich von Ihnen wissen: Wird dieses Thema uch in Ihrem Gesetzentwurf aufgegriffen, und, wenn ja, ie werden die entsprechenden Regelungen ausgestal et? Volker Beck In dem Ziel, die Kinderpornografie rückstandslos aus dem Netz und aus unseren Gesellschaften zu verbannen, sind wir uns einig. Allerdings haben Sie in Fernsehinterviews darauf hingewiesen, dass die Rechtslage in vielen Ländern der Welt ein Verbot der Einstellung kinderpornografischen Materials, die Verfolgung der Einsteller und somit die Sperrung dieser ekelhaften Inhalte nicht ermögliche. Ich möchte von Ihnen wissen: In welchen Ländern gibt es diese Probleme? Welche Länder haben eine Rechtslage, die es nicht ermöglicht, die Herstellung und Verbreitung von Kinderpornografie im Netz zu verbieten? Welche Versuche unternimmt die Bundesregierung, die Kooperation auf internationaler Ebene zu verbessern? Die internationale Kooperation scheint auf diesem Gebiet ohnehin wesentlich wichtiger zu sein als eine Sperrung dieser Inhalte. Denn eine Sperre würde von findigen Leuten sowieso umgangen werden, wie Sie selbst auf Ihrer Website zugeben. Außerdem stößt in der Internet-Community eine Sperre in diesem Bereich wegen einer möglichen Übertragung auf andere Bereiche auf erhebliche Bedenken. Letztlich müssen wir uns die Frage stellen, ob wir unseren Bürgern überhaupt noch ein freies Internet zur Verfügung stellen können. Vor diesem Hintergrund bitte ich Sie, Ausführungen zu Ihrer Strategie und zu Ihren Überlegungen im Hinblick auf mögliche Alternativstrategien zur Erreichung dieses Zieles zu machen. Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Zunächst einmal: Eine Zugangssperre im Hinblick auf kinderpornografische Websites ist nicht Bestandteil dieses Kinderschutzgesetzes. Eine solche Regelung müsste im Telemediengesetz, also an anderer Stelle, getroffen werden. Nichtsdestotrotz handelt es sich um ein aktuelles Thema. Sie fragten nach der unterschiedlichen Rechtslage in den verschiedenen Ländern der Welt. Man muss es so formulieren: Erstens. In der Hälfte der Länder dieser Welt wird Kinderpornografie überhaupt nicht geächtet, sondern toleriert bzw. akzeptiert. Zweitens gibt es Länder, in denen Kinderpornografie, also die Vergewaltigung und Misshandlung von Kindern, die mit Kameras gefilmt und von der Bilder oder Filme ins Netz gestellt werden, geächtet wird. Wir wissen, dass es im europäischen Raum mittlerweile 16 Länder gibt, die sehr eng zusammenarbeiten, und zwar auch mit einigen außereuropäischen Ländern. Diese Zusammenarbeit umfasst die gesamte polizeitaktische Ermittlung und den Austausch von Polizeistrategien und Websites, die kinderpornografische Inhalte haben. Das zeigt, dass die wichtigsten Schritte im Kampf gegen Kinderpornografie sind, die Täter zu ermitteln, die es weltweit gibt, und die Quellen zu schließen, die weltweit verbreitet sind. Schon das Wort „weltweit“ zeigt, dass diese Arbeit sehr schwierig, aufwendig und mühselig ist; nichtsdestotrotz muss sie gemacht werden. Drittens sind da die Länder, die mit den Anbietern, die den Kunden den Zugang zum Internet ermöglichen, v h n d a Z L P g l e i I b F e g e n z d – d 9 w g D F B d f E a H f G s s g L g s e s d d l s s d n d i (C (D ereinbaren, dass Seiten mit kinderpornografischem Inalt geblockt werden. In Europa haben sich inzwischen eun Länder – unter anderem die skandinavischen Läner, Italien, die Schweiz, Großbritannien; hinzu kommt ls außereuropäisches Land Neuseeland – zu diesem weck zusammengetan. Wir möchten gerne als zehntes and dabei sein. In diesen Ländern sollen die obersten olizeibehörden täglich das Internet nach kinderpornorafischen Seiten screenen. Diese Seiten werden nämich schnell wieder aus dem Netz genommen; das Ganze rfolgt sehr dynamisch. Es geht darum, diese Seiten zu dentifizieren, das Wissen auszutauschen und es an die nternetanbieter weiterzuleiten, damit diese die Seiten locken. Das Blocken selbst ist eine Sache von Minuten. ür die Recherche braucht, wie uns die Experten sagen, in Spezialist etwa eine Stunde am Tag. Natürlich braucht man im Kampf gegen Kinderpornorafie verschiedene Bausteine. Die Zugangsblockade ist iner dieser Bausteine. Sie wird schwer Pädokriminelle icht davon abhalten, ihr schmutziges Geschäft weiter u betreiben; diese Leute werden Möglichkeiten finden, ie Blockade zu umgehen. Aber das Massengeschäft die 15 000 Zugriffe, die Norwegen jeden Tag blockt, ie 50 000 Zugriffe, die Schweden, das ja gerade einmal Millionen Einwohner hat, jeden Tag blockt – können ir durch eine Zugriffssperre unmöglich machen. Damit ehen den Tätern Einnahmen in Millionenhöhe verloren. eswegen ist dieser Ansatz strategisch wichtig. Herr Kollege Montag, bitte. Danke schön, Frau Präsidentin. – Ich habe Fragen an rau Bundesjustizministerin Zypries. Frau Zypries, die undesregierung avisiert mit diesem Gesetzentwurf, ass Ärzte als Geheimnisträger bei Verdacht einer Geährdung des Kindeswohls auch – nachdem sie mit den ltern gesprochen haben – mit den Behörden Kontakt ufnehmen können. Ich möchte Sie zu der Haltung Ihres auses und zu Ihrer persönlichen Einschätzung dazu be ragen. Die Rechtslage ist doch klar: Wenn eine aktuelle efahr für Leib, Leben oder Freiheit eines Menschen be teht, tritt § 203 StGB zurück. Darüber gibt es keine Unicherheit; das steht auch in jedem Kommentar. Desween ist die Bemerkung Ihrer Kollegin Frau von der eyen, heute müsse ein Arzt den schlagenden Vater fraen, ob er sich ans Jugendamt wenden dürfe, schlicht unachlich. Jetzt schlägt die Bundesregierung vor, dass nun statt iner Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit „nur“ – ich age das bewusst in Anführungszeichen – die Gefährung des Kindeswohls ausreichen solle. Da stellt sich ie Frage, wie sich dieser Tatbestand scharf umfassen ässt. Außerdem soll bereits der Verdacht ausreichen, der ich im Nachhinein als völlig ungerechtfertigt heraustellen kann. Was bedeutet das für § 203 StGB? Wird ieser Paragraf durchlöchert? Was wird bei der von Ihen geplanten Neuregelung aus dem berechtigten Schutz er Geheimnisträger und der Geheimnisse? Das würde ch von Ihnen als Justizministerin gerne wissen. Jerzy Montag Ein Zweites. Frau Zypries, Sie haben hier Ausführungen zum Bundeszentralregister gemacht. Es gibt ein erweitertes Zeugnis, das man benötigt, wenn man sich bei Behörden bewirbt oder wenn man Beamter werden will. Dieses erweiterte Zeugnis bekommt man selber gar nicht in die Hand; es wird direkt an den künftigen Arbeitgeber oder an die Dienststelle geschickt. Des Weiteren gibt es das sogenannte beschränkte Zeugnis, in dem Bestrafungen von unter 90 Tagessätzen nicht aufgeführt werden. Das können sich die Bürgerinnen und Bürger selbst bei der Polizeiinspektion abholen. Meine Frage lautet: Ist jetzt daran gedacht, dass das Bundesamt für Justiz in Bonn ein solches erweitertes Führungszeugnis direkt an private Arbeitgeber verschickt? Wenn das so ist: Nach welchen Kriterien soll eigentlich unterschieden werden, welche privaten Arbeitgeber ein solches erweitertes Führungszeugnis erhalten sollen? Frau Ministerin, bitte. Herr Montag, um mit Ihrer zweiten Frage anzufan gen: Weil das in der Tat schwierig wäre, ist es nicht vorgesehen, das so zu machen. Das Führungszeugnis, das Sie als Erstes angesprochen haben, ist das sogenannte Behördenzeugnis. Das können nur bestimmte Arbeitgeber anfordern. Wir reden aber nicht nur von bestimmten Arbeitgebern, sondern wir reden von allen Arbeitgebern. Deswegen wird es so sein, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber aufgefordert wird, ein entsprechendes Führungszeugnis zu besorgen. Deshalb lautet mein Appell an die Arbeitgeber, sich solche Führungszeugnisse vorlegen zu lassen. Hier besteht also keine Sorge. Zu dem ersten Punkt. Es geht uns in der Tat darum, den Umfang der Möglichkeiten, prüfen zu können, ob in einer Familie etwas nicht in Ordnung ist, zu erweitern. Deswegen halte ich das auch für richtig. Sie wissen, dass ich da ohnehin eine Position vertrete, die von den Abgeordneten des Rechtsausschusses nicht geteilt wird. In der letzten Legislaturperiode hatten wir schon einmal einen Disput darüber. Ich persönlich halte es für richtig, dass man sagt: Auch dann, wenn sich hinterher herausstellt, dass das Kind nicht geschlagen bzw. vernachlässigt wird, ist es, wenn der begründete Verdacht besteht, dass das – was auch immer dann dahintersteckt – der Fall sein könnte, gerechtfertigt, dass sich das Jugendamt bzw. die Jugendbehörde darum kümmert und mit den Eltern oder mit anderen ein Gespräch führt, um festzustellen, ob dort eine Gefahr vorhanden ist oder eben nicht; denn wenn wir warten, bis das Kind in den Brunnen gefallen ist, ist es zu spät. Das ist ja gerade das, was wir vermeiden wollen. Wir wollen deutlich machen: Es gibt hier eine bestimmte Verantwortung, die frühzeitig wahrzunehmen ist. Deswegen halte ich den Vorschlag der Bundesregierung, wie ihn die Kollegin von der Leyen gemacht hat, f z d o m G d r R v a d h s d J s t w s h d w s S m m m b P w t A G s F A w D h ä f r e A i d g (C (D ür richtig. Das wurde durch mein Haus ja auch mitgeeichnet. Wir werden hier im Deutschen Bundestag bei en Beratungen darüber zu diskutieren haben und sehen, b die Abgeordneten das mittragen oder ob sie meinen, an müsse das anders machen. Das ist der normale ang der Dinge. Manche sagen Struck’sches Gesetz azu. Herr Kollege Wunderlich, bitte. Dankenswerterweise wurde eine Frage von mir be eits vorweggenommen, bei der es um die geltende echtslage und die Schweigepflicht ging, auf die sich iele Ärzte zurückziehen, was im konkreten Einzelfall ber gar nicht zulässig ist. Deswegen sehe ich das Erforernis nicht ganz so. Es gibt vielleicht ein Erfordernis insichtlich eines Umdenkens der Ärzte, aber nicht hinichtlich der gesetzlichen Regelung. Ich habe eine Frage an Frau von der Leyen. Es gibt en § 8 a des KJHG, in dem es um den Schutzauftrag des ugendamtes geht. Das ist geltendes Recht. Ist sichergetellt, dass für die Umsetzung des von Ihnen geschilderen Gesetzentwurfs, wie er vom Kabinett verabschiedet orden ist, auch die erforderlichen Mittel zur Verfügung tehen? Im Bereich der Jugendämter und im Jugendilfebereich ist jahreund jahrzehntelang gekürzt woren. Es sind Sachmittel und Personalstellen gestrichen orden, sodass der § 8 a KJHG schon jetzt nicht umge etzt werden kann. Im Konkreten: Es gibt Kommunen, in denen auf einen ozialarbeiter des Allgemeinen Sozialdienstes 200 Failien kommen. Wenn jetzt noch erweiterte Aufgaben it Hausbesuchen auf sie zukommen und bei einem noralen Achtstundentag sechs Minuten pro Familie blei en – man muss natürlich sagen, dass nicht alle Familien roblemfamilien sind –, dann frage ich mich, wie geährleistet werden soll, dass das personell und finanziell atsächlich umgesetzt werden kann. Gibt es konkrete bsprachen mit den Ländern und Kommunen dazu? anz konkret: Werden die entsprechenden Mittel aufge tockt? Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin für amilie, Senioren, Frauen und Jugend: Die Aufstockung der kommunalen Mittel ist nicht ufgabe des Bundes, aber wir haben diesen Gesetzenturf mit den Ländern vorher detailliert abgestimmt. eswegen hat seine Entwicklung auch lange gedauert. Noch einmal dazu, was ich eben schon ausgeführt abe: Das ist auch als Rückenstärkung für die Jugendmter zu verstehen. In einer Vielzahl der Jugendämter indet ein gutes Management statt und ist aufgrund auseichender Zeitund Personalressourcen, von denen Sie ben gesprochen haben, ein guter Kinderschutz gegeben. ber gerade dann, wenn im Gesetz eindeutig geregelt st, dass nicht nur nach Aktenlage entschieden werden ürfe, sondern bestimmte Wege gegangen, Gespräche eführt und die Kinder angeschaut werden müssten, ist Bundesministerin Dr. Ursula von der Leyen dies auch ein starkes Argument dafür, dass innerhalb einer Kommune die Mittel zum Beispiel zugunsten des Jugendamtes anders verteilt werden. Frau Kollegin Golze, bitte. Auch ich habe eine Frage an Frau Bundesministerin von der Leyen: Sie haben zu Beginn Ihrer Ausführungen gesagt, dass es eine Fortbildung und Qualifizierung für Kinderund Jugendärzte geben solle, damit sie im Einzelfall konkret darauf vorbereitet seien, entscheiden zu können, ob eine Vernachlässigung bzw. ein Verstoß gegen das Kindeswohl vorliege. Wie kann dies angesichts des schon beschriebenen sehr weichen Begriffs „Gefährdung des Kindeswohls“ gewährleistet werden? Wie soll die Qualifikation der Kinderund Jugendärzte aussehen? Auf welche Erfahrungswerte – mir ist bekannt, dass es in einigen Bundesländern, zum Beispiel in MecklenburgVorpommern, Kolloquien in diese Richtung gibt – greift die Bundesregierung zurück? Wie kann also gewährleistet werden, dass trotz eines so weich umschriebenen Begriffs wie „Gefährdung des Kindeswohls“ eine fassbare Größe für die Kinderund Jugendärzte gegeben ist, nach der sie entscheiden können? Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Ich habe eingangs nicht gesagt, dass eine Qualifikation und Weiterbildung der Ärzteschaft aufgrund dieses Gesetzes oder durch uns erfolgen müsse. Die Weiterbildung und Qualifikation der Ärztinnen und Ärzte obliegt der Ärzteschaft in Eigenorganisation. Deshalb gibt es im Hinblick auf die Versorgung auch den gesetzlichen Sicherstellungsauftrag, der beinhaltet, dass die Ärzteschaft nach den Standards ihrer Kunst weitergebildet wird. Sie haben eben schon skizziert, dass das Thema „Verwahrlosung und Misshandlung“, das in der Tat schwer zu fassen ist, in der Ärzteschaft im eigenen Interesse, um die Profession fortzubilden, inzwischen viel intensiver diskutiert und auch bei Fortbildungen beachtet wird. Im Gesetz wird deutlich gesagt, dass die Kaskade nach dem Gespräch mit den Eltern bedeutet, nicht nur nach Hilfen für die Eltern zu suchen, sondern dann, wenn man es als Arzt oder Ärztin braucht, auch Hilfe von Expertinnen und Experten zum Beispiel aus Kinderschutzzentren oder von besonders qualifizierten Kinderärzten zu holen, um sich zu vergewissern, dass die Verdachtsdiagnose „Misshandlung und Verwahrlosung“ auf sicheren Füßen steht, bevor an den dritten Schritt gedacht wird, sich mit dem Jugendamt in Verbindung zu setzen. Frau Kollegin Gruß, bitte. Herzlichen Dank. – Wir alle wissen, dass Prävention besser ist, als erst dann einzuschreiten, wenn schon etwas passiert ist. Daher frage ich Sie, Frau Bundesminis t b O M n s l w a w e s d g w m n A n F n d s r b f m S n s w u r I f m d p n M D B i K t w m a F n g K w (C (D erin, ob in diesem Zusammenhang auch geplant ist, ein undesweites Familienhebammenmodell aufzubauen. ftmals ergeben sich Fälle von Vernachlässigung und issbrauch aus Überforderungssituationen, die sich icht selten bereits sehr früh, etwa in der Schwangerchaft, erkennen lassen. Deswegen halte ich das Famiienhebammenmodell für sehr gut. Ist diesbezüglich etas in der Planung? Meine zweite Frage zielt ebenfalls auf eine Definition b. In § 2 Abs. 1 und 3 des Gesetzentwurfs werden geichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls ines Kindes oder Jugendlichen genannt. Natürlich ist es chwierig, so etwas zu definieren. Können Sie aber trotzem etwas dazu sagen, wie festgestellt werden soll, was ewichtige Anhaltspunkte sind? Wie sollen sie definiert erden? Ein blauer Fleck ist offensichtlich. Aber oftals sind Misshandlungen und Vernachlässigungen icht offensichtlich erkennbar. Was sind also gewichtige nhaltspunkte? Wie kann man sie feststellen und defiieren? – Danke. Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin für amilie, Senioren, Frauen und Jugend: Ich beginne mit dem zweiten Teil Ihrer Frage: Hier ist icht der Ort, um die Fachdiskussion zu führen, wie man ie Diagnose „Misshandlung und Verwahrlosung“ sicher tellen kann. Aber da Sie das Wort „blauer Fleck“ anfühen, erinnere ich daran, dass blaue Flecken auf Schieneinen bei Kindern selbstverständlich sind, weil sie hinallen und sich stoßen. Anders verhält es sich aber bei assiven blauen Flecken auf dem Rücken oder auf den treckseiten der Beine, auf die Kinder typischerweise icht fallen: Das sind die Pfade, bei denen die Ärztechaft bestimmen muss, welche weiteren Schritte notendig sind, um das medizinisch klarer zu fassen. Auch nklare Brüche – zum Beispiel ein Schädelbruch –, deen Zustandekommen nicht plausibel ist, sind typische ndizien, bei denen man nicht nur die Behandlung durchühren kann, sondern weiter gehende Fragen stellen uss. Sie fragten nach Modellprojekten zum Beispiel unter em Stichwort „Familienhebammen“. Solche Modellrojekte werden bereits durchgeführt. Es gibt im Natioalen Zentrum Frühe Hilfen inzwischen zehn bis zwölf odellprojekte. Allein zwei fallen mir auf Anhieb ein. as ist zum einen das Modellprojekt „Pro Kind“, das in remen, Niedersachsen und Sachsen sehr stark vertreten st, und zum anderen das Modellprojekt „Guter Start ins inderleben“, an dem Rheinland-Pfalz, Baden-Würt emberg, Bayern und Thüringen beteiligt sind. Dabei ird exakt dieser Weg ausprobiert und untersucht, ob es öglich ist, durch eine sehr viel intensivere Begleitung uffälliger Familien mit neugeborenen Kindern durch amilienhebammen sicherzustellen, dass in dieser Ausahmesituation – es ist ein freudiges Ereignis, aber neueborene Kinder sind auch manchmal anstrengend – die inder den Start ins Kinderleben gut schaffen. Insofern erden bereits Modellprojekte durchgeführt. Frau Kollegin Noll, bitte. Meine Frage richtet sich an die Frau Ministerin von der Leyen. Es geht um Folgendes: Wir hören immer wieder von der Problematik, dass sich Familien der Kontrolle entziehen. Das heißt, sie betreiben nicht nur ÄrzteHopping, sondern auch Jugendamt-Hopping und wechseln regelmäßig ihren Wohnsitz. Bietet der Gesetzentwurf mehr Schutzmöglichkeiten? Wie wir wissen, haben zum Beispiel in Duisburg die Ärzte damit begonnen, ihre eigenen Dateien zu vernetzen, um gegebenenfalls – wenn Kinder bei unterschiedlichen Kinderärzten in derselben Stadt vorgestellt werden – durch Abruf der Daten festzustellen, ob das Kind schon einem anderen Arzt vorgestellt wurde. Haben die Jugendämter jetzt mehr Kontrollmöglichkeiten, um bei einem Wohnortwechsel festzustellen, wo das Kind bleibt und ob die anderen Jugendämter entsprechend informiert sind? Bietet der Gesetzentwurf den Kindern den notwendigen Schutz? Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Es sind vor allem zwei Bereiche schärfer gefasst bzw. für die Jugendämter klarer formuliert worden. Erstens. Wenn eine Familie schon dem Jugendamt bekannt und ein Hilfeprozess für die Familie – vor allem zum Schutz der Kinder – eingeleitet worden ist, dann sieht der Gesetzentwurf vor, dass bei einem Umzug der Familie nicht nur die Daten und Akten an das nächste Jugendamt weitergeleitet werden müssen, sondern dass zwischen den beiden Jugendämtern auch ein Übergabegespräch stattfinden muss, was eine sehr viel qualifiziertere Übergabeform als die Übermittlung der Akten ist. Zweitens. Neu ist, dass dann, wenn zum Beispiel eine Familie weggezogen ist und dann Verdachtsmomente aufkommen, das Jugendamt nicht mehr – einfach ausgedrückt – nach der Haltung „aus den Augen, aus dem Sinn“ handeln kann, sondern diese Verdachtsmomente dem neuen zuständigen Jugendamt melden muss, damit dort der weitere Hilfeprozess eingeleitet werden kann. Wir wissen, dass es bei hochproblematischen Familien vorkommt, dass sie zum Teil bis zu achtmal innerhalb von zwei Jahren umziehen, um sich der Kontrolle des Jugendamtes zu entziehen. Deshalb ist es sehr wichtig, dass der Datenfluss zwischen den Jugendämtern auch über die Landkreisgrenzen hinweg gewährleistet ist. Im dritten Fall, wenn eine Familie bewusst untertaucht, ist das Jugendamt am Ende seiner Möglichkeiten. Dann muss die Polizei eingeschaltet werden. Mir liegen jetzt drei weitere Fragen vor, die ich noch zulassen werde. – Herr Kollege Beck, bitte. Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Frau von der Leyen, ich möchte noch einmal auf das zurückkommen, worüber wir vorhin diskutiert haben. Können Sie sagen, welche Länder an vorderster Stelle liegen, was das Einstellen von Kinderpornografie ins Internet angeht, und w M p ä g u S t M t V F E s g g a d k – f w w Z d s K d s D v u s n s l f b B w d d m R (C (D elche Initiativen die Bundesregierung ergriffen hat? it den betreffenden Ländern müsste man sich außen olitisch ins Benehmen setzen, damit die Rechtslage gendert wird. Sie haben nur von Ächten gesprochen. Es eht aber um die Frage, ob es strafrechtlich verboten ist nd wie die Verbote umgesetzt werden. Welche Länder fallen als Hauptprovider auf? Wenn ie die erwähnte andere Strategie verfolgen, dann müss en sie Ihnen unmittelbar präsent sein. Die Frau Justizministerin hat die Stirn gerunzelt. ich interessiert, was das Justizministerium unter juris ischen und rechtstaatlichen Gesichtspunkten von den orschlägen einer Sperre hält. Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin für amilie, Senioren, Frauen und Jugend: Sie fragen nach den unterschiedlichen Rechtslagen. s gibt rund 200 Länder auf unserem Globus. Wenn ich age, dass Kinderpornografie in der Hälfte der Länder eächtet ist, dann bedeutet das, dass dieses Thema in irendeiner Form in der Rechtssystematik dieser Länder ufgegriffen worden ist. Ich kann Ihnen aber jetzt über iese 100 Länder und die Rechtssystematiken im Detail eine Auskunft geben. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Können Sie das im Nachgang machen?)

Paul Lehrieder (CSU):
Rede ID: ID1619901000
Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619901100
Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619901200




(A) )


(B) )

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619901300
Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619901400




(A) )


(B) )

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619901500
Brigitte Zypries (SPD):
Rede ID: ID1619901600
Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619901700
Jörn Wunderlich (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619901800




(A) )


(B) )

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619901900
Diana Golze (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619902000
Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619902100
Miriam Gruß (FDP):
Rede ID: ID1619902200
Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619902300




(A) )


(B) )

Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1619902400
Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619902500
Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619902600

Im Nachhinein gerne. Es gibt Daten von der Weltkon-
erenz in Rio.

Sie fragten auch danach, welche Initiativen ergriffen
orden sind. Die Änderung des Telemediengesetzes,
odurch Zugriffssperren ermöglicht werden, liegt in der
uständigkeit des Bundeswirtschaftsministeriums. All
as, was das Bundeskriminalamt betrifft, liegt in der Zu-
tändigkeit des Bundesinnenministeriums. Das Thema
inderschutz fällt in meine Zuständigkeit. Die betreffen-
en drei Bundesminister haben sich mit der Internetwirt-
chaft, das heißt mit sieben der größten Anbieter und den
achverbänden – 95 Prozent des Marktes sind dadurch
ertreten gewesen –, und dem BKA zusammengesetzt
nd haben darüber diskutiert, welches der beste Weg ist,
chnell zu Zugriffssperren zu kommen. Wir sind uns ei-
ig, dass solche Sperren technisch und rechtlich möglich
ind. Wir streben ein Zweistufenverfahren an. Wir wol-
en innerhalb der nächsten sechs bis acht Wochen eine
ür alle Seiten verbindliche Vereinbarung unterschrei-
en, verbindlich deshalb, weil seitens des Staates, des
KA, die entsprechenden Internetseiten identifiziert
erden müssen und weil Verlässlichkeit herrschen muss,
ass entsprechende Zugriffssperren vorgenommen wer-
en. Angestrebt ist hierbei eine Änderung des Tele-
ediengesetzes.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe nach dem Ausland gefragt!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619902700

Herr Kollege Beck, wir sind bereits über die für die

egierungsbefragung vorgesehene Zeit. Sie schneiden






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
Ihren zwei Kolleginnen, die sich noch gemeldet haben,
die Möglichkeit ab, Fragen zu stellen. Deswegen bitte
ich Sie, keine weiteren Zusatzfragen zu stellen.

Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend:

Darf ich kurz noch einen Abschlusssatz sagen? – Herr
Beck, Sie haben nach dem internationalen Prozess ge-
fragt. Wir werden hier in Kürze eine deutsche Nachfol-
gekonferenz zum Weltkongress in Rio und im Sommer
dieses Jahres eine internationale Nachfolgekonferenz
dazu haben.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619902800

Jetzt erhält noch Frau Zypries das Wort.


Brigitte Zypries (SPD):
Rede ID: ID1619902900

Ich habe wahrscheinlich meine Stirn gerunzelt, um ir-

gendwelche Nieser zu vertreiben, keine Ahnung. – Be-
kanntlich haben wir, das Bundesjustizministerium,
nichts mit der Prävention zu tun. Das Bundesjustizminis-
terium ist für die Strafverfolgung zuständig. Dort sind
wir juristisch gut aufgestellt. Gespräche mit Providern
laufen bereits, nicht nur über die Bekämpfung der Kin-
derpornografie. Vielmehr sind wir schon seit meiner Zeit
als Staatssekretärin im Bundesinnenministerium sehr er-
folgreich bei der Bekämpfung neonazistischer Darstel-
lungen im Internet. Damals wurde beim BKA eine Ab-
teilung zum Streifegehen im Internet eingerichtet. Das
wird seither auch im Bereich der Kinderpornografie ge-
macht. Es geschieht also schon sehr viel. Von der Sache
her ist alles, was Frau von der Leyen gesagt hat, richtig.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619903000

Frau Kollegin Haßelmann, ich gebe Ihnen die Gele-

genheit zu einer kurzen Frage, bitte.


Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619903100

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Meine Frage richtet

sich an die Ministerin für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend, Frau von der Leyen. Ich habe Ihren Ausführun-
gen auf meine Frage und auf die des Kollegen
Wunderlich entnommen, dass Sie sich im Rahmen des
Maßnahmenpaketes zum Kinderschutz mit einer ver-
stärkten Aufgabenwahrnehmung und Aufgabenerweite-
rung in der Jugendhilfe befassen und darüber mit dem
Parlament diskutieren wollen, dass Sie aber nicht beab-
sichtigen, im Gesetzgebungsverfahren eine dezidierte
Vereinbarung mit den Ländern über den kommunalen
Finanzausgleich zu treffen, sodass die Kommunen in die
Lage versetzt werden, diese Aufgaben finanziell zu
schultern. Ist es richtig, dass Sie bei der Position, wo-
nach es der jeweiligen Kommune obliegt, mit ihrem
Kämmerer eine Vereinbarung über eine Ausweitung des
Aufgabenspektrums zu treffen, bleiben werden? Ich
frage das vor dem Hintergrund, dass es eine Reihe not-
leidender Kommunen gibt, die in der Phase der Haus-
haltssicherung sind, klar festgelegte Aufgabenfelder
haben und keine Möglichkeit haben, das Aufgabenspek-
trum und die Aufgabenwahrnehmung zu erweitern. Es
kann daher der Eindruck entstehen, dass wir hier in Ber-

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(C (D in über eine Aufgabenwahrnehmung und -erweiterung iskutieren, die vor Ort gar nicht möglich ist. Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin für amilie, Senioren, Frauen und Jugend: Zunächst einmal möchte ich noch einmal klarstellen, ass dieser Gesetzentwurf Ausfluss einer Zweierkonfeenz der Bundeskanzlerin mit allen 16 Regierungschefs ar. Das heißt, es ist erklärter Wille der Ministerpräsienten der Länder, diese Schritte jetzt gemeinsam zu geen. Diese sind natürlich dafür verantwortlich, das jetzt n ihren Ländern umzusetzen. Deshalb mein zweiter Punkt: Wenn wir alle diesen olitischen Willen haben, dann ist das oberste Gebot, ass der Kinderschutz nicht nach Kassenlage erfolgt, ondern dass er in den Ländern und Kommunen gut urchgeführt wird. Die letzte Frage stellt Frau Kollegin Deligöz. – Sie aben sich nicht gemeldet? (Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein!)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619903200

Dann bedanke ich mich sehr herzlich bei den beiden
inisterinnen für die Beantwortung der Fragen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:

Fragestunde
– Drucksachen 16/11612, 16/11632 –

Zu Beginn der Fragestunde rufe ich gemäß Nr. 10
bs. 2 der Richtlinien für die Fragestunde die dringliche
rage auf Drucksache 16/11632 auf. Diese bezieht sich
uf den Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts. Die
rage beantwortet Herr Staatsminister Dr. Gernot Erler.

Ich rufe die dringliche Frage des Abgeordneten
ainder Steenblock auf:

Welche Informationen hat die Bundesregierung über die
Hintergründe der Ermordung des Menschenrechtsanwalts
Stanislaw Markelow und der Journalistin Anastasija
Baburowa in Moskau am 19. Januar 2009 und die Bemühun-
gen der russischen Regierung und der Staatsanwaltschaft zur
Aufklärung dieser und früherer Verbrechen an Menschen-
rechtsaktivistinnen und -aktivisten?

Bitte schön, Herr Staatsminister.

D
Dr. h.c. Gernot Erler (SPD):
Rede ID: ID1619903300


Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Lieber Herr Kollege
teenblock, meine Antwort lautet folgendermaßen: Der
ussische Menschenrechtsanwalt Stanislaw Markelow
nd die ihn begleitende Journalistin Anastasija
aburowa wurden am 19. Januar 2009 im Zentrum von
oskau auf offener Straße von einem unbekannten mas-

ierten Täter ermordet. Wie schon der Bundesminister
es Auswärtigen, Dr. Frank-Walter Steinmeier, am
0. Januar 2009 erklärte, ist die Bundesregierung über
ie Ermordung bestürzt und verurteilt diese feige Tat auf
as Schärfste. Solche Gewalttaten gegen Anwälte und
ournalisten, wie auch Festnahmen und Übergriffe,






(A) )



(B) )


Staatsminister Dr. h. c. Gernot Erler
schaffen ein Klima der Angst und drohen zivilgesell-
schaftliches Engagement zu untergraben. Die russischen
Behörden müssen diese Mordfälle rasch aufklären, die
Täter und Drahtzieher ermitteln und bestrafen.

Stanislaw Markelow war ein respektierter und muti-
ger Anwalt, der sich insbesondere für die Opfer von
Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien einge-
setzt hat. Die junge Journalistin Anastasija Baburowa ar-
beitete für die Zeitung Nowaja Gaseta, bei der auch
Anna Politkowskaja tätig war. Der Bundesregierung lie-
gen darüber hinaus keine eigenen Erkenntnisse über die
Hintergründe der Mordfälle vor. Der Generalstaats-
anwalt hat die Leitung der Ermittlungen übernommen.
Dies legt die Vermutung nahe, dass die russische Füh-
rung die Bedeutung und Tragweite der Mordfälle er-
kannt hat. Die Bemühungen der russischen Behörden zur
Aufklärung früherer Verbrechen an prominenten
Vertretern der Zivilgesellschaft haben bislang noch
wenig konkrete Ergebnisse gezeigt. Im Mordfall Anna
Politkowskaja läuft derzeit ein Gerichtsverfahren.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619903400

Ihre Zusatzfragen, bitte.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Vielen Dank. – Herr Erler, wir sind uns sicherlich in
der Bewertung der aktuellen Ereignisse, die Sie gerade
vorgetragen haben, einig. Trotzdem würde mich eines
interessieren: Dieser Auftragsmord – ein solcher wird es
wahrscheinlich gewesen sein – reiht sich auf der einen
Seite in die Reihe mehrerer grober Menschenrechtsver-
letzungen, auch politischer Morde, in der Russischen Fö-
deration ein; auf der anderen Seite hat die russische Re-
gierung einen Glaubwürdigkeitsverlust erlitten, nicht nur
durch den aktuellen Gasstreit, sondern auch schon früher
durch das Georgien-Engagement, um das einmal vor-
sichtig zu umschreiben, oder wegen der völlig isolierten
Anerkennung von Südossetien und Abchasien. Es gibt
also aktuell einen Glaubwürdigkeitsverlust im Hinblick
auf die Russische Föderation, den Terry Davis, der Ge-
neralsekretär des Europarates, als Zweifel an der Rechts-
staatlichkeit in der Russischen Föderation beschrieben
hat.

Wir können kein Interesse an mangelnder Rechts-
staatlichkeit haben; darin sind wir uns einig. Deshalb:
Wie bewertet die Bundesregierung das politisch, und
welche Aktion – es ist unser Interesse, dass die Russi-
sche Föderation ein stabiler, international akzeptierter
Verhandlungspartner ist – unternimmt die Bundesregie-
rung, um die Rechtsstaatlichkeit in der Russischen Föde-
ration, soweit ihr das möglich ist, zu fördern?

D
Dr. h.c. Gernot Erler (SPD):
Rede ID: ID1619903500


Ich glaube, zunächst einmal stimmen wir darin über-
ein, dass es außerordentlich beunruhigend ist, dass in der
russischen Öffentlichkeit immer wieder solche Mord-
fälle vorkommen, deren Aufklärung leider sehr lange
braucht oder die zum Teil gar nicht aufgeklärt werden,

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(C (D ie es zum Beispiel bisher weitgehend bei dem Fall nna Politkowskaja festzustellen ist, der auf den . Oktober 2006 zurückgeht. Wir ziehen daraus die Schlussfolgerung, dass wir die orhandenen offiziellen Gesprächsebenen zwischen der U und der Russischen Föderation, zum Beispiel im ahmen des halbjährlich stattfindenden Menschen echtsund Rechtsstaatsdialoges, nutzen müssen, um mmer wieder eine glaubwürdige Aufklärung und Straferfolgung anzumahnen. Die Tatsache, dass Generaltaatsanwalt Tschaika diesen Fall übernommen hat, ist, ie ich schon gesagt habe, ein Zeichen dafür, dass sol he Mahnungen nicht völlig ungehört bleiben. Für uns st es trotzdem selbstverständlich, dass wir – das gechieht auch – bei unseren Kontakten mit offiziellen Verretern der russischen Regierung jede Gelegenheit nuten, um auf den sehr problematischen Eindruck, der bei iesen Fällen zurückbleibt, hinzuweisen und unsere dorigen Partner und Kollegen zu bitten, alles Mögliche zu un, um eine glaubwürdige Aufklärung zu erreichen. Sie haben noch eine weitere Zusatzfrage. Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619903600
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Staatsminister,

ch will einen weiteren Aspekt ansprechen. Dieser Mord
st ja geschehen, kurz nachdem Budanow, der wegen
riegsverbrechen in Tschetschenien verurteilt worden
ar, vorzeitig freigelassen worden ist. Herr Markelow
at die Familie vertreten, deren Tochter von Budanow
ergewaltigt und ermordet worden ist. Er hat gesagt, er
olle jetzt auch gegen die vorzeitige Freilassung von
udanow gerichtlich vorgehen. Er ist dann kurze Zeit
ach diesen Erklärungen und Vorgängen – es war fast
ur ein Tag Abstand – ermordet worden.

Gibt es Anhaltspunkte dafür, dass es im Militär der
ussischen Föderation Machtzentren gibt, die für diese
uftragsmorde entscheidende Anstöße geben? Gibt es
ach Ihren Erkenntnissen in der Russischen Föderation
nterschiedliche Entwicklungen, also einerseits eine
ntwicklung in Richtung Rechtsstaat und Demokratie
nd andererseits in Teilen der Regierung anscheinend
uch Machtzentren, die kein Interesse daran haben? Wie
erhalten Sie sich in dieser Situation?

D
Dr. h.c. Gernot Erler (SPD):
Rede ID: ID1619903700


Herr Kollege Steenblock, zwei Tage nach diesem Vor-
all ist es in der Tat schwierig, Überlegungen über die
intergründe anzustellen. Sie haben korrekterweise den
all Budanow erwähnt. Dieser Oberst hat eine 18-jäh-
ige tschetschenische Frau erst vergewaltigt und dann er-
ordet und hat dafür zehn Jahre Haft bekommen. Er ist

etzt nach achteinhalb Jahren Haft vorzeitig entlassen
orden. Aber ob das der Hintergrund ist, ist nicht sicher,
eil der ermordete Anwalt auch in einer Reihe von an-
eren unbequemen Fällen tätig geworden ist und außer-
em konkrete Drohungen gegen ihn ausgesprochen wor-






(A) )



(B) )


Staatsminister Dr. h. c. Gernot Erler
den sind, die nicht aus den Reihen des Militärs, sondern
aus rechtsradikalen Kreisen kamen, die schon längere
Zeit ihre Unzufriedenheit über den Fall Budanow zum
Ausdruck gebracht und entsprechende Aktivitäten unter-
nommen haben.

Ich glaube, Sie haben Verständnis dafür, dass die
Bundesregierung sich an Spekulationen darüber, wie
jetzt hier aufgeklärt werden muss und wo die Spuren
vielleicht hinführen, nicht im Detail beteiligen kann.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619903800

Vielen Dank, Herr Staatsminister, für die Beantwor-

tung dieser dringlichen Frage.

Nachdem die dringliche Frage aufgerufen und beant-
wortet worden ist, rufe ich jetzt die Fragen auf
Drucksache 16/11612 in der üblichen Reihenfolge auf.

Wir beginnen mit dem Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Wirtschaft und Technologie. Die Fra-
gen beantwortet der Parlamentarische Staatssekretär
Peter Hintze.

Ich rufe die Frage 1 des Abgeordneten Hans-Josef
Fell auf:

Welche Wirkungen hätte der Gesetzentwurf der Bundes-
regierung zum Energieleitungsausbaugesetz im Hinblick auf
die Zulässigkeit von Erdkabeln in der 110-kV-Ebene und die
Anerkennung von dadurch verursachten Mehrkosten als nicht
beeinflussbare, also auf die Strompreise umlegbare Kosten-
anteile?

P
Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1619903900


Herr Kollege Fell, der Gesetzentwurf zum Energielei-
tungsausbaugesetz betrifft Höchstspannungsnetze, also
die 380-kV-Ebene, und nicht die 110-kV-Ebene. Insofern
hat er im Sinne Ihrer Frage keine Wirkungen.

Da die Bundesregierung aber nicht nur Fragen beant-
wortet, sondern auch immer darüber nachdenkt, was ge-
meint ist, will ich fortfahren. Der Entwurf zum Energie-
leitungsausbaugesetz ist Bestandteil des Entwurfs des
Gesetzes zur Beschleunigung des Ausbaus der Höchst-
spannungsnetze. In dessen Art. 2 findet sich eine Ände-
rung des § 43 Satz 3 des Energiewirtschaftsgesetzes. Das
ist für Ihre Frage einschlägig. Das haben Sie wahr-
scheinlich auch gemeint.

In dieser gesetzlichen Vorschrift soll klargestellt wer-
den, dass im Falle der Verkabelung auf der 110-Kilovolt-
Ebene im 20-Kilometer-Streifen längs der Küste jede
110-Kilovolt-Leitung in diesem Gebiet als Erdkabel ver-
legt werden kann, und zwar unabhängig davon, ob es
sich um eine Offshore-Anbindungsleitung oder den Aus-
bau im vermaschten herkömmlichen Wechselstromnetz
handelt.

Hinsichtlich der preislichen Wirkung ist darauf hinzu-
weisen, dass mögliche Mehrkosten solcher Erdkabel ge-
mäß § 11 Abs. 2 Nr. 7 der Anreizregulierungsverord-
nung in die Netzentgelte einfließen.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619904000

Ihre Zusatzfragen, bitte.

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(C (D Vielen Dank. – Herr Staatssekretär Hintze, dass die erursachten Mehrkosten anerkannt werden, ist natürich, wenn das so gelingt, erfreulich. Es stellt sich eine eitere Frage. Wenn es um den Höchstspannungsbereich eht, so ist die Verwendung von Erdkabeln auf Pilotproekte begrenzt. Ist das im 110-kV-Bereich auch so vorgeehen, oder kann im Prinzip jeder, der ein Erdkabel im 10-kV-Bereich verwenden will, dies tatsächlich tun und ie Mehrkosten auf die Netzgebühren umlegen? P Die Vorschrift im Energiewirtschaftsgesetz, in der die larstellung getroffen wird, lautet: In Satz 3 werden die Wörter „zwischen der Küstenlinie und dem nächstgelegenen Netzverknüpfungspunkt, höchstens jedoch in einer Entfernung von nicht mehr als 20 Kilometern von der Küstenlinie landeinwärts“ durch die Wörter „in einem 20 Kilometer breiten Korridor, der längs der Küstenlinie landeinwärts verläuft,“ ersetzt. Für diesen 20-Kilometer-Korridor lautet die Antwort m Sinne Ihrer Frage Ja. Sie haben noch eine Zusatzfrage. Vielen Dank. – Das heißt aber im Umkehrschluss, ass in weiten Teilen der Republik, wo ein Ausbau des 10-kV-Netzes notwendig ist, beispielsweise zur Anbinung von Onshore-Windparks, eine Kostenumlage nicht öglich sein wird. P Die Vorschriften im Einzelnen finden sich in der An eizregulierungsverordnung, nämlich in § 11, in dem es m die beeinflussbaren und die nicht beeinflussbaren ostenanteile geht. Als nicht beeinflussbare Kosten nteile gelten alle Kostenanteile, die nicht dauerhaft oder orübergehend als nicht beeinflussbare Kostenteile gelen. Das klingt zunächst einmal selbstverständlich, beeutet aber, dass die Vorschrift des § 11 – es würde zu ange dauern, wenn ich diese hier insgesamt vortragen ürde – alle nicht beeinflussbaren Kostenanteile auf ührt. Wenn ein Vorhaben nicht unter diese Vorschrift ällt, ist es so, wie Sie es sagen. Die Frage 2 der Kollegin Sabine Zimmermann wird chriftlich beantwortet. Wir sind deshalb am Ende des Geschäftsbereichs des undesministeriums für Wirtschaft und Technologie. – ielen Dank, Herr Staatssekretär, für die Beantwortung er Fragen. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesinisteriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner cherschutz. Die Fragen 3 und 4 der Kollegin Dr. Kirsten Tackmann werden ebenfalls schriftlich beantwortet. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung. Auch die Frage 5 des Kollegen Nouripour wird schriftlich beantwortet. Deshalb kommen wir nun zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Zur Beantwortung der Fragen steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Dr. Hermann Kues bereit. Ich rufe die Frage 6 der Kollegin Elke Reinke auf: Aus welchem Grund ist derzeit weder eine Anlaufbzw. Beratungsstelle noch eine Hotline für ehemalige Heimkinder vorgesehen, und warum lehnt das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, BMFSFJ, einen nationalen Entschädigungsfonds bereits jetzt so strikt ab? Bitte schön, Herr Staatssekretär. Dr Gerne. – In der Frage ist eine Aussage enthalten, die falsch ist. Es ist so, dass der Bundestagsbeschluss keinen kollektiven Entschädigungsfonds vorsieht, gleichzeitig aber der Konzeptentwurf einen Entschädigungsfonds nicht explizit ausschließt. Im Gegenteil, der runde Tisch soll Kriterien entwickeln, nach denen die Forderungen ehemaliger Heimkinder bewertet werden können. Insofern wäre die Frage schon beantwortet. Ich will aber gerne auch auf das Umfeld eingehen. Der Beschluss des Bundestages vom 4. Dezember 2008, nämlich die Annahme der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses zur Aufarbeitung der westdeutschen Heimerziehung zwischen 1949 und 1975, beinhaltet die Aufforderung an die Bundesregierung und die betroffenen Länder, einen runden Tisch einzurichten. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat unmittelbar nach Beschlussfassung im Bundestag, wenn Sie so wollen federführend für die Bundesregierung, der Jugendund Familienministerkonferenz der Länder einen Vorschlag zur Einrichtung eines runden Tisches vorgelegt. Dieser Vorschlag beschreibt grob den organisatorischen Rahmen für einen runden Tisch und orientiert sich eng an den Empfehlungen des Petitionsausschusses. Er greift also ausdrücklich möglichen Arbeitsergebnissen nicht vor. Ein Entschädigungsfonds, eine Hotline oder eine Beratungsstelle werden im Beschluss des Bundestages nicht konkret genannt, solche Maßnahmen werden aber auch nicht ausgeschlossen. Nach dem Beschluss des Bundestages ist es eben Aufgabe der Teilnehmerinnen und Teilnehmer des runden Tisches, zu entscheiden, wie mit dem Anliegen der Betroffenen umzugehen ist und wie Genugtuung erreicht werden kann. Den Ländern liegt der Vorschlag zur Beratung vor. Bei diesem Vorschlag handelt es sich um einen Entwurf und nicht um das endgültige Konzept des runden Tisches. Deswegen meine ich, dass Kritik zum jetzigen Zeitpunkt völlig fehl am Platze ist. Im Gegenteil, wir s e e n T w i m g e B g h e t D z v s b d d V A d g e g B g r r V D v w s w j g (C (D ollten die Chance nutzen, die sich jetzt auftut; denn rstmals in der Geschichte der Bundesrepublik gibt es ine große Bereitschaft zur Aufarbeitung, und zwar nicht ur aufseiten der Betroffenen, sondern auch aufseiten der räger. Deswegen sollten wir diesen Prozess, wie es über eite Strecken auch erfolgt ist, konstruktiv begleiten. Ihre Zusatzfrage, bitte. Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Eine Frage vielleicht n eine andere Richtung: Wie sieht die derzeitige Zusamenarbeit der Bundesregierung mit dem Verein ehemali er Heimkinder aus? Vielleicht könnten Sie dazu noch xaktere Ausführungen machen. Dr Es gibt bis jetzt keine spezielle Zusammenarbeit. Wir aben natürlich Kontakt, aber wir warten jetzt zunächst inmal darauf, wie sich die Jugendund Familienminiserkonferenz der Länder auf unseren Vorschlag einlässt. ann wird zu entscheiden sein, wie die Zusammenset ung des Gremiums aussieht und wie man im Einzelnen orgeht. Das ist bis jetzt nicht möglich gewesen. Wir haben einen Zeitpunkt genannt. Wir haben geagt, die erste Sitzung des runden Tisches soll möglichst is Ende Januar stattfinden. Wir haben auch gegenüber er Jugendund Familienministerkonferenz der Länder eutlich gemacht – das Land Bremen hat dort derzeit den orsitz –, dass wir darauf drängen, dass uns zeitnah eine ntwort gegeben wird. Logischerweise sind wir ja auf ie Mitwirkung der Länder angewiesen. Sie haben noch eine Zusatzfrage. Sie sagten, bis Ende Januar sollten Vorschläge vorlie en. Beabsichtigen Sie, noch bis Ende dieser Legislatur ine Klärung herbeizuführen, um dieses Unrecht wiederutzumachen? Dr Wir haben ja den Vorschlag unterbreitet, dass es beeits im Sommer dieses Jahres einen ersten Zwischenbeicht geben soll. Wir haben das auch mit der künftigen orsitzenden des runden Tisches in Aussicht genommen. as ist also so weit abgestimmt. Wie schnell das jetzt orangeht und was im Einzelnen bis dahin möglich sein ird, hängt vom Verlauf der Beratungen und vom Zu ammenwirken der am runden Tisch Beteiligten ab. Wie gesagt: Es gibt bislang lediglich einen Vorschlag, er beteiligt werden könnte. Darüber muss man sich etzt im Einzelnen abstimmen. Das wird dann auch Geenstand der ersten Sitzung sein. Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Schiewerling. Vielen Dank. – Herr Dr. Kues, als Mitglied des Peti tionsausschusses hatte ich an dieser Beschlussempfehlung mitgearbeitet. Ich halte in der Tat die augenblickliche Diskussion um die Einrichtung eines Entschädigungsfonds für nicht zielführend. Wir haben ja damals auch beschlossen, dass zunächst Kriterien entwickelt werden müssen, aus denen klar hervorgeht, wer denn wo, wann und wie möglicherweise und auf welcher Grundlage Entschädigungen zahlen müsste. Die Frage, die im Augenblick sehr brennend ist und die mir auch von verschiedenen Seiten vorgetragen wird, lautet, wann denn dieser runde Tisch seine Tätigkeit aufnimmt, damit man auch sieht, dass die Regierung ihre koordinierende Aufgabe wahrnimmt. Dr Wie ich schon gesagt habe, haben wir unmittelbar nach dem Beschluss des Bundestages Kontakt mit der Jugendund Familienministerkonferenz der Länder aufgenommen. Wir haben uns vorgenommen, dass der runde Tisch bis Ende Januar 2009 zum ersten Mal zusammentritt. Bis jetzt haben wir noch keine Rückmeldung der Jugendund Familienministerkonferenz der Länder erhalten; ich habe es eben erwähnt. Wir sind in diesen Tagen aber noch einmal nachdrücklich aktiv geworden und haben dies angemahnt. Wenn wir in den nächsten Tagen keine Rückmeldung bekommen, werden wir von uns aus noch einmal aktiv werden; denn nach unserer Auffassung muss gewährleistet sein, dass wir bis Ende Januar dieses Jahres mit den Beratungen beginnen. Frau Kollegin Haßelmann, bitte. Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Staatssekretär, bei meiner Frage geht es um die öffentliche Einlassung Ihrer Ministerin für die Bundesregierung. Sie haben ja gerade auf die Frage von Frau Reinke dargelegt, dass sowohl der runde Tisch als auch die weiteren Beratungen ergebnisoffen durchgeführt werden. Die Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses kennen wir alle. Wir wissen auch, wie sie entstanden ist und wie lange man gebraucht hat, um einen interfraktionellen Beschluss mit den Stimmen des gesamten Parlaments zustande zu bringen. Vor diesem Hintergrund frage ich Sie: Halten Sie es für klug und sinnvoll, sich so dezidiert, wie die Ministerin das öffentlich getan hat, gegen einen Entschädigungsfonds einzulassen? Schließlich haben Sie uns gerade dargelegt, dass der runde Tisch ergebnisoffen tagt. Ich bin nicht die Einzige, die das so verstanden hat. Die zahlreichen Rückmeldungen sind ähnlich einzuschätzen. g h s B g a V V r b W f t e c t B a L f h d z d h s n f s f P s m d f e s u e d A d V s (C (D Ihre Ministerin hat in ihrer Aussage den Entschädiungsfonds kategorisch ausgeschlossen. Sie haben vorin allerdings explizit auf die Ergebnisoffenheit abgetellt. Wie kann ich das verstehen? Dr Es stimmt nicht, dass die Ministerin dies dezidiert usgeschlossen hat – schon gar nicht öffentlich. (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich kann es Ihnen zeigen!)

Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619904100
Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1619904200
Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619904300
Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619904400
Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1619904500
Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619904600




(A) )


(B) )

Dr. Hermann Kues (CDU):
Rede ID: ID1619904700
Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619904800
Elke Reinke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619904900
Dr. Hermann Kues (CDU):
Rede ID: ID1619905000
Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619905100
Elke Reinke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619905200
Dr. Hermann Kues (CDU):
Rede ID: ID1619905300




(A) )


(B) )

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619905400
Karl Schiewerling (CDU):
Rede ID: ID1619905500
Dr. Hermann Kues (CDU):
Rede ID: ID1619905600
Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619905700
Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619905800
Dr. Hermann Kues (CDU):
Rede ID: ID1619905900

ielmehr gibt es ein Schreiben der Ministerin an den
orsitzenden der Jugend- und Familienministerkonfe-

enz der Länder, Herrn Senator Zöllner. Dieses Schrei-
en vom 15. Dezember 2008 ist auf irgendeine Art und
eise an die Öffentlichkeit gelangt. Das ist die Basis da-

ür gewesen.

In diesem Schreiben steht auch nicht, dass die Minis-
erin einen Entschädigungsfonds ablehnt. Vielmehr ging
s unter anderem darum, den Ländern deutlich zu ma-
hen, was auf sie zukommt. Weil Sie sich damit beschäf-
igt haben, wissen Sie selbst, dass viele Länder größte
edenken haben. Als diese Problemstellungen seinerzeit
ufgetaucht sind, war der Bund ja gar nicht in erster
inie betroffen. Betroffen waren hauptsächlich die Wohl-

ahrtsverbände und die Länder als bisherige Aufsichtsbe-
örden. Seinerzeit gab es große Bedenken, dass durch
iese Beschlusslage des Bundestages eine riesige finan-
ielle Belastung auf die Länder zukommt.

Deswegen steht in dem Schreiben, dass ein Entschä-
igungsfonds nicht automatisch vorgesehen ist. Das
abe ich eben auch erwähnt. Es ist jedoch nicht ausge-
chlossen, dass man hinterher zu einem solchen Ergeb-
is kommt.

Das Reizwort war der Begriff „Entschädigungs-
onds“. Für denjenigen, der herangezogen wird, ist die-
er Begriff ein Reizwort. Für denjenigen, der sich davon
inanzielle Leistungen erhofft, stellt er vielleicht etwas
ositives dar.

Ich sage ausdrücklich: Es ist nichts ausgeschlossen.

Den Brief der Ministerin stelle ich Ihnen als Aus-
chussmitglied gerne zur Verfügung. Man kann ihn
issverstehen. Normalerweise ist aber völlig klar, was

amit gemeint ist. Das Ganze ist in der Öffentlichkeit
alsch dargestellt worden, womit ein falscher Eindruck
rweckt wurde; das will ich ausdrücklich sagen. Wer
ich etwas mit der Entstehungsgeschichte beschäftigt hat
nd weiß, dass die Länder es nicht als selbstverständlich
mpfunden haben, dabei überhaupt mitzumachen, und
ass der Bund gesagt hat, das sei nicht seine vorrangige
ufgabe, kann das sicherlich verstehen.

Man hätte es vielleicht anders formulieren können;
as mag sein. Dieser Brief war aber dazu gedacht, das
erfahren zwischen den Ländern und dem Bund abzu-
timmen.






(A) )



(B) )


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619906000

Frau Kollegin Binder, bitte.


Karin Binder (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619906100

Vielen Dank. – Herr Staatssekretär, dann wäre ich Ih-

nen sehr dankbar, wenn auch wir – meine Kollegin Elke
Reinke als Mitglied des Ausschusses für Familie, Senio-
ren, Frauen und Jugend und ich als stellvertretendes Mit-
glied des Petitionsausschusses – den Brief von Frau Mi-
nisterin von der Leyen zur Verfügung gestellt bekämen;
denn auch bei uns ist dies sehr missverständlich ange-
kommen.

Habe ich Sie in Ihren Aussagen richtig verstanden:
Der Entschädigungsfonds ist nicht erledigt, sondern ein
ergebnisoffener runder Tisch kann zu dem Ergebnis
kommen, dass ein solcher Fonds einzurichten ist?


(Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär: Ja!)


Dann wären Sie auch bereit, sich damit zu befassen?

Dr
Dr. Hermann Kues (CDU):
Rede ID: ID1619906200


Der runde Tisch setzt sich ja auch aus Vertretern der
ehemaligen Träger, beispielsweise der Wohlfahrtsver-
bände und der Länder, zusammen. Wenn diese insgesamt
zu diesem Ergebnis kommen sollten, ist das ausdrück-
lich vorstellbar.

Zunächst müssen wir – das wissen Sie aus dem Peti-
tionsausschuss – allerdings überhaupt erkunden, um
welche Gruppen es sich handelt und welche Kriterien
angelegt werden könnten, weil es dort, wie Ihnen be-
kannt ist, ganz unterschiedliche Zusammensetzungen
gibt. Es muss Bilanz gezogen werden. Das Ergebnis ist
– ich sage das ganz ausdrücklich – offen. Ich habe kein
Problem damit, auch Ihnen diesen Brief zur Verfügung
zu stellen, zumal er ohnehin schon in der Öffentlichkeit
zu sein scheint.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619906300

Ich rufe die Frage 7 der Kollegin Elke Reinke auf:

Warum plant das BMFSFJ, sich über eine Empfehlung des
Deutschen Bundestages hinwegzusetzen und mit der Organi-
sation des runden Tisches nicht mehr zwei unabhängige Dach-
organisationen der deutschen Jugendhilfe – AFET: Bundes-
verband für Erziehungshilfe e. V. und Deutsches Institut für
Jugendhilfe und Familienrecht e. V., DIJuF – zu betrauen?

Dr
Dr. Hermann Kues (CDU):
Rede ID: ID1619906400


Ich antworte Ihnen wie folgt: Eine umfassende Auf-
arbeitung kann nur gelingen, wenn sie von einer breiten
Basis mitgetragen wird. Hier braucht es einen Partner,
der aufgrund seiner Mitgliederstruktur breit aufgestellt
und fachlich geeignet ist und bei dem das Thema auf
große Akzeptanz stößt. Aufgrund dieser Kriterien haben
wir in Ergänzung zu den beiden anderen Trägern einen
entsprechenden Vorschlag unterbreitet. Verschiedene
Überlegungen stehen jetzt im Raum; sie werden zurzeit
mit den Ländern abgestimmt. Dazu gibt es aber noch

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(C (D eine endgültige Entscheidung. Es muss noch mit den ändern geklärt werden. Eine Debatte über eine Geschäftsstelle – mehr ist es ja icht; die inhaltliche Arbeit soll ja vom runden Tisch geeistet werden – darf nicht von dem ablenken, worauf es igentlich ankommt, nämlich auf die inhaltliche Arbeit es runden Tisches. Die Rolle, die der Träger bei der Oranisation des runden Tisches spielen soll, wird unseres rachtens überschätzt; denn über die Arbeitsergebnisse ntscheiden die Mitglieder des runden Tisches und nicht ie Geschäftsstelle. Ihre Zusatzfragen. Vielen Dank. – Es liegt ein Aufarbeitungskonzept die er unabhängigen Dachorganisationen vor. Mich würde nteressieren, warum dieses Konzept nicht genutzt wird. enn es ist eine wunderbare Vorlage, mit der man arbei en kann. Diese Organisationen sind diejenigen, die auch hemaligen Heimkinder vertreten. Daher wäre es sinnoll, dieses Konzept zu nutzen. Dr Ich sage ausdrücklich: Es ist noch nichts entschieden. s gibt zwei Organisationen. Wenn Sie den Deutschen erein hinzunehmen, gibt es sogar drei. Dieser Verein ar vom Petitionsausschuss anfangs auch vorgesehen. ber er hat in der ersten Phase erklärt, dass er an einer itarbeit kein Interesse habe – weshalb auch immer. In iner späteren Phase hat dieser Verein geäußert, er könne ich eine Mitarbeit doch vorstellen. Deshalb haben wir esagt, dass man über diese drei Organisationen reden önne. Es ist aber noch nichts entschieden; es muss noch esprochen werden. Meiner Meinung nach wäre es alsch, sich jetzt für einen bestimmten Träger auszusprehen. Der Deutsche Verein war eine Zeit lang als Wunschandidat im Gespräch. Wer sich ein bisschen in der Soial-, Jugendund Familienpolitik auskennt, der weiß, ass es sich bei diesem Verein um ein Forum handelt. eben den 16 Bundesländern gehören dem Deutschen erein die kommunalen Spitzenverbände an, fast alle andkreise, Großstädte und alle Wohlfahrtsverbände: om Deutschen Roten Kreuz bis zur Zentralwohlfahrtstelle der Juden in Deutschland. Bundestagsabgeordnete ast aller Fraktionen sind im Hauptausschuss vertreten. nter diesem Gesichtspunkt und auch angesichts der ompetenz aufgrund der breiten Mitgliederstruktur stellt ieser Verein zumindest eine Variante dar, über die man achdenken muss. Lassen Sie mich noch eine Bemerkung machen. Alle rganisationen, die älter sind – der Deutsche Verein ist 25 Jahre alt –, haben auch in der Zeit des Nationalozialismus bestanden. Speziell der Deutsche Verein hat ich sehr intensiv mit dieser Zeit beschäftigt. Anlässlich es 125-jährigen Jubiläums ist eine Festschrift herausge )

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619906500
Elke Reinke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619906600
Dr. Hermann Kues (CDU):
Rede ID: ID1619906700




(A) )


Parl. Staatssekretär Dr. Hermann Kues
kommen, in der diese Zeit im Einzelnen aufgearbeitet
wird. Gleiches gilt im Prinzip für die Wohlfahrtsver-
bände, die unter ähnlichen Bedingungen gearbeitet ha-
ben. Das sollte man fairerweise dazusagen. Aus meiner
Sicht ist in der Öffentlichkeit eine Diffamierung vorge-
nommen worden, für die es überhaupt keine Basis gibt.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619906800

Da Sie keine weitere Zusatzfrage haben, sind wir da-

mit am Ende dieses Geschäftsbereichs. Vielen Dank,
Herr Staatssekretär, für die Beantwortung der Fragen.

Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministe-
riums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung auf. Die
Frage 8 des Kollegen Rainder Steenblock wird schrift-
lich beantwortet.

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesminis-
teriums für Bildung und Forschung. Die Fragen beant-
wortet der Parlamentarische Staatssekretär Andreas
Storm.

Ich rufe die Frage 9 der Abgeordneten Cornelia
Hirsch auf:

Inwieweit teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass
das mit der Föderalismusreform I verabschiedete Koopera-
tionsverbot im Grundgesetz eine wirksame bildungspolitische
Offensive im Rahmen des Konjunkturpaketes II verhindert
hat?

Bitte schön, Herr Storm.

A
Andreas Storm (CDU):
Rede ID: ID1619906900


Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Frau Abgeordnete
Hirsch, gestatten Sie mir, die Fragen 9 und 10 gemein-
sam zu beantworten?


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619907000

Das ist der Fall. Dann rufe ich auch noch die Frage 10

auf:
Wie verhält sich der jetzige Umfang des Konjunkturpake-

tes II im Bereich des Ausbaus der bildungspolitischen Infra-
struktur zu den Versprechen der Bundesministerin für Bildung
und Forschung, Dr. Annette Schavan, im Dezember 2008?

A
Andreas Storm (CDU):
Rede ID: ID1619907100


Im Rahmen des von Bund und Ländern vorgesehenen
zweiten Konjunkturprogramms ist ein Investitionspro-
gramm „Zukunftsinvestitionen der öffentlichen Hand“
vorgesehen. Die dort vorgesehenen Finanzhilfen des Bun-
des für Investitionen der Länder und Kommunen sollen
schwerpunktmäßig den Kindergärten, der Schulinfra-
struktur, den Hochschulen und der Forschung zugute
kommen. Auf diesen Investitionsschwerpunkt sollen
65 Prozent der Finanzhilfen entfallen. Die mit der
Föderalismusreform I erzielten Ergebnisse stellen somit
die mit dem Investitionsprogramm verfolgte Zielset-
zung, die Perspektiven für die wirtschaftliche Entwick-
lung Deutschlands zu verbessern, nicht infrage. Damit
werden die Vorschläge der Bundesministerin für Bildung
und Forschung, Frau Dr. Annette Schavan, weitgehend
umgesetzt.

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(C (D Sie haben jetzt vier Zusatzfragen. Besten Dank. – Meine erste Frage ist: Sie haben sich eim Bildungsgipfel auf das Ziel geeinigt, dass zukünfig 10 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Bildung nd Forschung aufgewandt werden. Wenn Sie dieses iel in Relation setzen zu den finanziellen Aufwendunen für die Bildungspolitik im Rahmen des Konjunkturaketes, meinen Sie auch dann noch, dass der Aufwand, er jetzt mit dem Konjunkturpaket betrieben wird, auseichend ist, oder meinen Sie, dass noch mehr gemacht erden müsste? A Frau Abgeordnete Hirsch, Bund und Länder haben in er Tat vereinbart, bis zum Jahr 2015 10 Prozent des ruttoinlandsprodukts für Bildung und Forschung aufenden zu wollen. Das geplante Investitionsprogramm on Bund und Ländern trägt mit dieser Schwerpunktsetung – zu den 6,5 Milliarden Euro, die der Bund aufenden will, kommen 2,167 Milliarden Euro der Länder inzu – sehr stark zur Steigerung der Aufwendungen für ildung und Forschung in den kommenden zwei Jahren ei. Das Investitionsprogramm steht also vollkommen in inklang mit der angestrebten Erreichung des 10-Proent-Ziels. Noch einmal zum Kooperationsverbot und der Frage, as überhaupt möglich ist. Sie haben es so formuliert, ass insbesondere eine energetische Sanierung der Kitas, chulen und Hochschulen stattfinden soll. Was ist daüber hinaus noch möglich, zum Beispiel, was die Austattung von Schulen oder qualitative Fortschritte in chulen und anderen Bildungseinrichtungen betrifft? A Frau Abgeordnete Hirsch, die Bundesregierung berei et zurzeit die Gesetzentwürfe und die übrigen erforderlihen Maßnahmen vor, die am kommenden Dienstag im abinett behandelt werden sollen. Ich kann dem nicht orgreifen. Ich kann aber sagen, dass Art. 104 b des rundgesetzes in Verbindung mit Art. 74 ein wesentli hes Element sein wird. Alles Weitere wird sich nach bschluss der Ressortabstimmungen aus den Gesetzentürfen konkret ergeben. Sie können sich das Grundgesetz schon jetzt ansehen. enn Sie sich auf Art. 104 b beziehen, ist zu fragen: Ist s, bezogen auf diese grundgesetzliche Regelung, überaupt möglich, irgendetwas anderes als den Ausbau der nfrastruktur zu finanzieren? A Frau Abgeordnete Hirsch, bei dem vorgesehenen In estitionspaket geht es insbesondere um die Verbesse Parl. Staatssekretär Andreas Storm rung der Infrastruktur. Art. 74 des Grundgesetzes enthält eine ganze Reihe von Elementen, die ein solches Engagement des Bundes ermöglichen, nicht zuletzt das Recht der Wirtschaft in Abs. 1 Nr. 11. Noch eine Frage: In den Kommunen, die häufig keine Gelder mehr haben, weil sie überschuldet sind, wird oft die Frage gestellt, wie es vor dem Hintergrund der Tatsache, dass eine Kofinanzierung als zwingend erforderlich angesehen wird, geregelt werden soll, dass die Gelder auch tatsächlich abgerufen werden können. Welche Überlegungen stellt die Bundesregierung diesbezüglich an? Wie könnte man das gegebenenfalls umgehen? A Frau Abgeordnete Hirsch, die Bundesregierung zielt bei ihren Überlegungen und bei den Gesprächen, die sie bereits jetzt mit den Ländern führt, vor allem auf zwei Dinge: Zum einen soll ein schneller Mittelabfluss ermöglicht werden, damit das Paket die beabsichtigte konjunkturelle Wirkung entfalten kann. Zum anderen sollen auch finanzschwache Kommunen von den vorgesehenen investiven Mitteln profitieren. Deshalb werden die Länder im Rahmen der vorgesehenen Ausgleichsmechanismen entsprechende Beiträge zur Berücksichtigung dieser finanzschwachen Kommunen leisten. Die Fragen 11 und 12 der Kollegin Undine Kurth werden schriftlich beantwortet. Wir sind deswegen am Ende dieses Geschäftsbereichs. Vielen Dank, Herr Storm, für die Beantwortung der Fragen. Wir kommen jetzt zum Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes. Die Frage 13 des Kollegen Otto Schily wird schriftlich beantwortet. Die Frage 14 des Kollegen Omid Nouripour wird ebenfalls schriftlich beantwortet, genauso wie die Frage 15 des Kollegen Volker Beck. Wir kommen jetzt zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Inneren. Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Peter Altmaier bereit. Die Frage 16 des Kollegen Volker Beck wird schriftlich beantwortet. Ich rufe die Frage 17 des Kollegen Dr. Hakki Keskin auf: Welche Anstrengungen gedenkt die Bundesregierung zu ergreifen, um die in vier Beschlüssen des Europarates vom Juni 2008 (Resolutionen 1617 Empfehlungen 1839 kung der Partizipationsrechte der Einwanderinnen und Einwanderer in den Mitgliedstaaten, darunter der Bundesrepublik Deutschland, umzusetzen? Bitte schön, Herr Staatssekretär. m K d E h F m v i r m s F a j d f k h M s s d 2 g m r t d w w D b b d f d O s m d u S A m s k w d (C (D P Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Kollege eskin, ich darf darauf verweisen, dass Ihre Frage mit er Kleinen Anfrage „Umsetzung der Empfehlungen des uroparats zur Verbesserung der demokratischen Teilabe von Migrantinnen und Migranten“, die Sie und Ihre raktion gestellt haben, inhaltlich identisch ist. Diese hat ein Kollege, Staatssekretär Hanning, mit Schreiben om 7. Januar dieses Jahres beantwortet. Deshalb darf ch darauf verweisen. Ich möchte ergänzend sagen, dass die Bundesregieung die Entschließungen und Empfehlungen der Parlaentarischen Versammlung des Europarats selbstver tändlich zur Kenntnis nimmt. Das ist auch in diesem all geschehen. Aus Sicht der Bundesregierung gibt es llerdings keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf, edenfalls nicht auf Bundesebene. Sie wissen, dass nach em geltenden Bundesrecht sowohl die Versammlungsreiheit als auch die Vereinigungsfreiheit und die Mitwirung in politischen Parteien als zentrale Rechte auf Teilabe an der politischen Willensbildung auch für igrantinnen und Migranten gewährleistet sind. Hin ichtlich des Versammlungsrechtes wissen Sie wahrcheinlich auch, dass die bisher dafür bestehende Buneszuständigkeit im Zuge der Föderalismusreform vom 8. August 2006 weggefallen und an die Länder übergeangen ist. Im Hinblick auf die Frage der Einführung eines komunalen Wahlrechts für Nichtunionsbürger darf ich da auf hinweisen, dass diese Frage Gegenstand parlamenarischer Beratungen ist, und es entspricht dem Respekt, en die Bundesregierung vor dem Parlament hat, dass ir das Ergebnis dieser Beratungen zunächst einmal abarten. Zum Schluss darf ich darauf hinweisen, dass wir in eutschland in den letzten drei Jahren sehr daran geareitet haben, die Integrationskurse flächendeckend anzuieten und durchzuführen, um damit Grundlagen für die emokratische Partizipation von Zuwanderern zu schafen. Das bezieht sich insbesondere auf die Vermittlung er deutschen Sprache, aber auch auf die 45-stündigen rientierungskurse, in denen Kenntnisse zu Staat, Ge chichte und Gesellschaftsordnung in Deutschland verittelt werden. Diese Kurse erleichtern das Zurechtfin en in der neuen Gesellschaft. Sie schaffen Identifikation nd Teilhabemöglichkeiten und sind aus unserer Sicht im inne der Empfehlungen des Europarates. Ihre Zusatzfragen, bitte, Herr Kollege. Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Staatssekretär ltmaier, vielen Dank für Ihre Ausführungen. Ich öchte unterstreichen, dass im Europarat in zwei Aus chüssen und im Plenum sehr ausgiebig über die Demoratiedefizite in den Mitgliedstaaten debattiert wurde. Es urde festgestellt, dass in einigen der Mitgliedstaaten in er Tat erhebliche Demokratiedefizite bestehen. In der Dr. Hakki Keskin Bundesrepublik Deutschland leben, wie Sie wissen, immer noch 7 Millionen Menschen ohne einen deutschen Pass, das heißt als Ausländer. Das bedeutet, dass sie, wenn sie nicht aus einem EU-Staat kommen, nicht einmal das kommunale Wahlrecht ausüben können. Staatsbürgerliche Rechte haben sie also nicht. Daher wurde diesen Mitgliedstaaten vom Europarat nahegelegt, dass sie ebendiese Defizite beheben, indem sie die Einbürgerung erleichtern und es unter anderem tolerieren, dass diese Menschen unter Beibehaltung ihrer bisherigen Staatsbürgerschaft die Staatsbürgerschaft des jeweiligen Landes erwerben können. Was gedenken Sie in dieser Hinsicht zu tun? P Herr Kollege Keskin, weil Sie sich intensiv mit Fragen der Integration und der Partizipation beschäftigen, wissen Sie selbst, dass das System des Staatsangehörigkeitsrechts der Bundesrepublik Deutschland eines der fortschrittlichsten und modernsten nicht nur der westlichen Welt, sondern überhaupt ist. Wir in Deutschland haben als eines der wenigen Länder weltweit einen Rechtsanspruch auf Einbürgerung, wenn der betreffende Ausländer bzw. Mitbürger eine bestimmte Zeit lang in Deutschland gelebt hat. Wir haben vor einigen Jahren das Staatsangehörigkeitsrecht dahin gehend modifiziert, dass junge Menschen nicht deutscher Herkunft, die hier in Deutschland geboren werden, unter bestimmten Voraussetzungen mit der Geburt automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit bis zum Erwachsenenalter erwerben. Erst dann müssen sie sich für eine der beiden Staatsangehörigkeiten entscheiden. Im Übrigen – das wird durch die Zahlen der Einbürgerungsbehörde deutlich – ist es aufgrund der Lage in den Herkunftsländern vieler Migrantinnen und Migranten so, dass wir in einer erheblichen Zahl von Fällen – das geht bisweilen bis an die 50 Prozent – bei der Einbürgerung die doppelte Staatsangehörigkeit hinnehmen. Das heißt, Deutschland ist ein Land mit starkem Rechtsanspruch auf Einbürgerung. Deutschland ist ein Land, bei dem die Angehörigen der dritten Generation jedenfalls überwiegend die Chance haben, in die deutsche Staatsangehörigkeit hineinzuwachsen. Wir erleichtern die Einbürgerung auch denjenigen Migrantinnen und Migranten, denen die Aufgabe ihrer bisherigen Staatsangehörigkeit nicht zumutbar ist. Dies alles zusammengenommen führt dazu, dass es in Deutschland vergleichsweise leicht ist, die deutsche Staatsbürgerschaft zu erwerben. Darüber hinaus ist es so, dass auch derjenige, der sich dafür entscheidet, nicht die deutsche Staatsangehörigkeit zu beantragen, gleichwohl wichtige Partizipationsmöglichkeiten hat. Ich habe bereits darauf hingewiesen, dass die politischen Parteien in aller Regel auch nicht deutsche Staatsbürger als Mitglieder akzeptieren. Ich habe ferner darauf hingewiesen, dass Versammlungsund Vereinigungsfreiheit selbstverständlich auch für Nichtdeutsche gelten, die sich im Geltungsbereich des Grundgesetzes aufhalten. f g w d r s n c a n f H s t k M l m e d e d D m c j v E Z w t R A h s d e d r V z s 9 h w D (C (D Sie haben noch eine Zusatzfrage. Lieber Herr Staatssekretär, wenn die Aussage zutref en würde, dass es in Deutschland leicht ist, sich einbürern zu lassen, dann können Sie mir vielleicht erklären, ie es dazu kommt, dass gerade nach dem Inkrafttreten es neuen Staatsangehörigkeitsrechts die Einbürgeungszahlen ganz erheblich zurückgegangen sind und ich fast halbiert haben. Mit anderen Worten: Gerade das eue Staatsangehörigkeitsrecht hat in bestimmten Bereihen, insbesondere für die erste und möglicherweise uch für die zweite Generation, erhebliche Erschwerisse mit sich gebracht. Hinzu kommt noch etwas: Das kommunale Wahlrecht ür Nicht-EU-Bürger existiert, wie Sie wissen, lieber err Altmaier, seit den 70er-Jahren in vielen Nachbar taaten, etwa Schweden, Dänemark, Holland, Großbriannien und auch Frankreich. In Deutschland gilt das ommunale Wahlrecht nur für EU-Staatsbürger, nicht für enschen aus Nicht-EU-Staaten. Auch da ist Hand ungsbedarf gegeben. P Herr Kollege Keskin, wenn Sie die Situation in den inzelnen europäischen Staaten vergleichen, dann weren Sie feststellen, dass in vielen Ländern, in denen es in kommunales Wahlrecht für Nicht-EU-Bürger gibt, ie Einbürgerung schwieriger als in der Bundesrepublik eutschland ist, dass es dort jedenfalls nicht die Eleente des Jus Soli gibt, von denen ich vorhin gespro hen habe und die dazu führen, dass Zehntausende von ungen Menschen mit der deutschen Staatsangehörigkeit on Anfang an aufwachsen können. Die sinkende Zahl von Einbürgerungsanträgen und inbürgerungszahlen erklärt sich dadurch, dass diese ahlen naturgemäß im Laufe der Zeit schwanken. Ich ill aber ausdrücklich darauf hinweisen: Viele Migran innen und Migranten haben die Möglichkeit und das echt, die deutsche Staatsangehörigkeit zu beantragen. llerdings gibt es keine Pflicht, die deutsche Staatsangeörigkeit zu beantragen. Es ist den Betroffenen freigetellt, ob sie dies tun. Gleichwohl freuen wir uns über jeen, der sagt: Ich möchte gerne dazugehören und mich inbürgern lassen. – Wir bemühen uns, den Betroffenen iese Entscheidung so einfach wie möglich zu machen. Vor einiger Zeit haben wir einen neuen Einbürgeungstest eingeführt, der bundesweit Gültigkeit hat. Im orfeld ist daran viel Kritik geübt worden. Es hieß, er sei u schwer, und die Fragen seien abschreckend. Inzwichen liegen uns die ersten Testergebnisse vor. Weit über 0 Prozent aller Teilnehmer, fast 100 Prozent von ihnen, aben den Einbürgerungstest bestanden. Auch daran ird deutlich, dass die Hürden bei der Einbürgerung in eutschland durchaus zu überwinden sind. Frau Kollegin Dağdelen, bitte. Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Lieber Herr Altmaier, bevor ich meine Frage stelle, möchte ich auf die Einbürgerungszahlen, die das Statistische Bundesamt veröffentlicht hat, zu sprechen kommen. Da es gerade darum ging, ob diese Zahlen heute niedriger oder etwas höher als in der Vergangenheit sind, möchte ich darauf hinweisen, dass die Zahl der jährlichen Einbürgerungen seit dem Jahre 2000 kontinuierlich gesunken ist, und zwar auf 127 153 im Jahre 2004. Im Jahre 2007 – das ist die letzte Zahl, die uns vorliegt – gab es in Deutschland 113 030 Einbürgerungen. Im Vergleich dazu fanden im Jahre 2000 186 688 Einbürgerungen statt. Das entspricht einem Rückgang zwischen dem Jahre 2000 und dem Jahre 2007 in Höhe von 40 Prozent. Es finden also nicht gerade viele Einbürgerungen statt, was natürlich auch mit den Voraussetzungen zu tun hat. Nun möchte ich zu meiner konkreten Frage kommen, lieber Herr Altmaier. Es geht um Ihre Aussage zum kommunalen Wahlrecht. Es ist schön, dass die Bundesregierung die parlamentarischen Beratungen respektiert und abwartet; das ist nämlich nicht immer der Fall. Trotzdem möchte ich Sie daran erinnern, dass Sie einen Prüfauftrag zum kommunalen Wahlrecht in Ihren Koalitionsvertrag aufgenommen haben. Im Hinblick auf die Aussage Ihres Koalitionsvertrages, dass Sie die Einführung des kommunalen Wahlrechts prüfen lassen, haben wir eine Anfrage an Sie gerichtet. Die Antwort der Bundesregierung lautete, dass sie diesen Prüfauftrag noch nicht erfüllt habe. Ich möchte Sie fragen, ob die Bundesregierung diesen Prüfauftrag mittlerweile endlich erfüllt hat bzw. dies bis zum Ende dieser Legislaturperiode tut – es ist nämlich bereits Anfang 2009, und diese Legislaturperiode ist nicht endlos lang – oder ob sie gedenkt, diesen Prüfauftrag in die nächste Legislaturperiode zu verschieben. P Frau Kollegin Dağdelen, der Koalitionsvertrag, auf den Sie sich beziehen, ist zwischen den die Bundesregierung tragenden Koalitionsfraktionen geschlossen worden. Die Bundesregierung wird über die Umsetzung der darin enthaltenen Prüfaufträge vorrangig mit den Koalitionsfraktionen sprechen. Ich bitte Sie, dies zu respektieren. Auch Sie werden die Ergebnisse unserer Beratungen zu gegebener Zeit zur Kenntnis nehmen können. Weil Sie sich gerade auf die Einbürgerungszahlen bezogen haben, möchte ich ganz ernsthaft auf folgenden Punkt hinweisen: Es gibt durchaus Migrantinnen und Migranten, die sich, obwohl sie alle Voraussetzungen erfüllen, deshalb nicht einbürgern lassen, weil sie ihre bisherige Staatsangehörigkeit nicht aufgeben wollen. Das deutsche Recht besagt allerdings: Wenn es möglich ist, die bisherige Staatsangehörigkeit aufzugeben, dann wird auch erwartet, dass das getan wird. Darüber wird im politischen Bereich diskutiert. Da in diesem Zusammenhang auch die Empfehlungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates eine Rolle spielen, will ich darauf aufmerksam machen, d i m e M Ü b p g j i s k s e t j h m a m S l r e r d e l a B z a u z D W t d f h t (C (D ass es ein Abkommen der Staaten des Europarates gibt, n dem das Ziel der Vermeidung von Mehrstaatigkeit for uliert ist; lange Zeit verfolgte der Europarat nämlich ine Politik, die darauf gerichtet war, das Entstehen von ehrstaatigkeit nach Möglichkeit zu vermeiden. Dieses bereinkommen gilt nach wie vor, und die Bundesrepulik Deutschland fühlt sich diesem Übereinkommen verflichtet. (Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Sie sollten auch einmal meine Frage beantworten!)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619907200
Cornelia Hirsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619907300
Andreas Storm (CDU):
Rede ID: ID1619907400
Cornelia Hirsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619907500
Andreas Storm (CDU):
Rede ID: ID1619907600
Cornelia Hirsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619907700
Andreas Storm (CDU):
Rede ID: ID1619907800

(B)





(A) )


(B) )

Cornelia Hirsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619907900
Andreas Storm (CDU):
Rede ID: ID1619908000
Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619908100
Peter Altmaier (CDU):
Rede ID: ID1619908200
Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619908300
Dr. Hakki Keskin (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619908400




(A) )


(B) )

Peter Altmaier (CDU):
Rede ID: ID1619908500
Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619908600
Dr. Hakki Keskin (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619908700
Peter Altmaier (CDU):
Rede ID: ID1619908800
Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619908900




(A) )


(B) )

Sevim Dağdelen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619909000
Peter Altmaier (CDU):
Rede ID: ID1619909100


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619909200

Frau Kollegin Enkelmann, bitte.


Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619909300

Herr Staatssekretär, Sie haben gesagt, das sei alles

anz leicht. Ich habe im Spiegel dieser Woche von einer
ungen verheirateten Frau gelesen, die seit sieben Jahren
n der Bundesrepublik lebt. Sie hat ein Jurastudium ab-
olviert, und das mit hervorragenden Ergebnissen. Man
ann also davon ausgehen, dass sie sowohl unsere Ge-
ellschaft als auch unser Rechtssystem kennt. Halten Sie
s für angemessen, dass diese Frau einen Einbürgerungs-
est machen soll? Halten Sie das für einen leichten Weg,
emanden einzubürgern, der seinen Lebensmittelpunkt
ier hat?

P
Peter Altmaier (CDU):
Rede ID: ID1619909400

Frau Kollegin, wie Sie sich denken können, habe

uch ich diesen Artikel gelesen. Wir beschäftigen uns
it dem Einbürgerungstest seit einiger Zeit. Ich möchte
ie zunächst darauf hinweisen, wie die derzeitige recht-

iche Lage ist. Es ist vorgesehen, dass den Einbürge-
ungstest nicht ablegen muss, wer in Deutschland über
inen Hauptschulabschluss oder über einen vergleichba-
en Schulabschluss verfügt. Dies war bei der betreffen-
en Person nicht der Fall.

Was zu geschehen hat, wenn jemand in Deutschland
in Studium abgeschlossen hat, ist weder in den Rege-
ungen noch in den vorläufigen Verwaltungsvorschriften
bschließend geregelt. Dies wird im Augenblick mit den
undesländern – sie sind für die Durchführung
uständig – besprochen. Ich gehe davon aus, dass man
m Ende der notwendigen Prüfungen zu einer flexiblen
nd pragmatischen Lösung kommen wird, die dem Ein-
elfall gerecht wird.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619909500

Herr Kollege Wunderlich.


Jörn Wunderlich (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619909600

Herr Staatssekretär, auf die Frage meiner Kollegin

ağdelen zum Prüfauftrag im Hinblick auf kommunales
ahlrecht haben Sie geantwortet, was im Koalitionsver-

rag stehe, besprächen die Koalitionsparteien miteinan-
er; der Rest des Parlaments werde zu gegebener Zeit in-
ormiert. Sehe ich es richtig, wenn ich sage, dass das
eißt, dass die Bundesregierung von Parteien Prüfauf-
räge annimmt, am Parlament vorbei, und sich damit der






(A) )



(B) )


Jörn Wunderlich
parlamentarischen Kontrolle solcher Prüfaufträge ent-
zieht? Anders kann man das, was Sie geäußert haben,
meiner Überzeugung nach nicht deuten.

P
Peter Altmaier (CDU):
Rede ID: ID1619909700


Ich möchte Sie herzlich bitten, mir nicht das Wort im
Mund herumzudrehen. Ein vergleichbarer Prüfauftrag
des Deutschen Bundestages an die Bundesregierung ist
bislang nicht ergangen. Einen Prüfauftrag des Deutschen
Bundestages werden wir selbstverständlich in der kür-
zesten denkbaren Frist beantworten.

Sie haben sich auf den Koalitionsvertrag bezogen.
Die Umsetzung des Koalitionsvertrages liegt zuvörderst
in der Verantwortung der die Koalition tragenden Par-
teien und Fraktionen. Das werden Sie nicht bestreiten
wollen; es gibt ja auch Regierungen, an denen Ihre Partei
beteiligt ist. Zumindest eine solche Regierung gibt es
noch; es werden ja immer weniger. Ich habe gesagt:
Selbstverständlich werden wir im Zuge der Umsetzung
des Prüfauftrages das Parlament über die Ergebnisse un-
terrichten, wie wir das im Übrigen immer tun. Es ist weit
hergeholt, daraus in irgendeiner Form eine Missachtung
oder Geringschätzung des Parlaments herleiten zu wol-
len.


(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Das sind Erfahrungswerte!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619909800

Ich rufe die Frage 18 des Kollegen Keskin auf:

Wie bewertet die Bundesregierung den Umstand, dass eine
eigens eingerichtete Monitoringkommission die Umsetzung
der diesbezüglichen Europaratsbeschlüsse in Deutschland
überprüft?

P
Peter Altmaier (CDU):
Rede ID: ID1619909900


Herr Kollege Keskin, ich muss Sie auf die Beantwor-
tung der Kleinen Anfrage verweisen, in der wir dazu be-
reits Stellung genommen haben. Im Übrigen ist der Bun-
desregierung nicht bekannt, dass der Europarat eigens
eine Monitoringkommission eingerichtet habe, die die
Umsetzung der Empfehlungen 1839 und 1840 (2008)

der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
überprüfen solle.

Die Bundesregierung nimmt die Empfehlungen der
Parlamentarischen Versammlung des Europarates auch
im Hinblick auf die in Empfehlung 1840 (2008) Nr. 4
angesprochenen Monitoringmissionen zur Kenntnis. Sie
verweist insoweit auf die Einladung an die Europäische
Kommission gegen Rassismus und Intoleranz, ECRI, in
Nr. 4.7 der Empfehlung 1840 (2008) und auf die Ende
2008 in Deutschland durchgeführte ECRI-Monitoring-
mission. Den Dopplungen und inhaltlichen Überschnei-
dungen, welche die empfohlenen zusätzlichen Monito-
ringmissionen mit sich brächten, steht die
Bundesregierung skeptisch gegenüber. Ich kann Ihnen
aber sagen, dass die Ende 2008 in Deutschland durchge-
führte ECRI-Monitoringmission sehr erfolgreich verlau-
fen ist. Davon habe ich mich selbst überzeugen können.

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(C (D Ihre Zusatzfragen, bitte. Herr Staatssekretär, die Bundesrepublik Deutschland st ein sehr interessiertes, engagiertes und sogar einflusseiches Mitgliedsland des Europarates und achtet darauf, ass die in anderen Mitgliedstaaten vorhandenen Defiite im Bereich der Demokratie, der Menschenrechte nd der Minderheitenrechte beseitigt werden. Diesbeüglich gibt es Monitoringkommissionen. Ich bin Mitlied einer solchen Kommission. In diesem Falle aber icht für die Bundesrepublik Deutschland, sondern für ie anderen Länder. Wenn die Forderungen des Europarates in Bezug auf ie vorhandenen Demokratiedefizite, worüber wir geade gesprochen haben, nicht erfüllt werden, dann muss an kontrollieren, beobachten und feststellen: Wir aben beobachtet, dass in Deutschland immer noch sondsoviele Millionen Menschen keinerlei politische echte haben. Sie nennen die Versammlungsfreiheit. Ich itte Sie! Das ist ein Grundrecht, das jedem Menschen usteht. Wir reden hier von staatsbürgerlichen, politichen Rechten, also vom aktiven und passiven Wahlecht etc. P Herr Kollege Keskin, das war mehr ein Statement als ine Frage, aber ich kann Ihnen noch einmal versichern, ass die Bundesrepublik Deutschland zu denjenigen ändern gehört, in denen die politischen Partizipationsöglichkeiten auch für Migrantinnen und Migranten be onders entwickelt und ausgeprägt sind. Sie nehmen eine, wie ich meine, unzulässige Verkürung dieser Frage vor, indem Sie sich allein auf das ommunale Wahlrecht beziehen. Sie wissen genauso gut ie ich, dass bei diesem Punkt auch verfassungsrechtli he Fragestellungen zu berücksichtigen sind und dass ie große Mehrheit der Mitgliedstaaten des Europarates ieses kommunale Wahlrecht nicht gewährt. Die Bunesrepublik Deutschland ist in dieser Frage also keinesalls alleine. Deshalb sage ich abschließend noch einmal, dass man as Problem der partizipativen Mitwirkung von Migraninnen und Migranten auf unterschiedlichem Wege lösen ann. Die Gewährung eines kommunalen Wahlrechts ann eine Möglichkeit sein. Es gibt Staaten, die sich daür entschieden haben. Es kann aber auch eine sinnvolle öglichkeit sein, die Einbürgerung und damit die Erlanung des vollen Status eines Staatsbürgers zu erleichern. Das ist ein Weg, den wir in Deutschland in den letzen Jahren mit bemerkenswerten und auch international nerkannten Erfolgen zurückgelegt haben. Sie haben noch eine Zusatzfrage, Herr Keskin. )

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619910000
Dr. Hakki Keskin (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619910100
Peter Altmaier (CDU):
Rede ID: ID1619910200
Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619910300




(A) )


Dr. Hakki Keskin (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619910400

Danke, Frau Präsidentin. – Lieber Herr Altmaier, neh-

men wir einmal an, dass bei der Überprüfung der Moni-
toringkommission festgestellt wird, dass es auch hier in
Deutschland in der Tat, wie ich meine und wie das durch
die Fakten auch belegt wird, Demokratiedefizite im Be-
reich der politischen Partizipation usw. gibt. Was würde
die Bundesregierung dann tun? Würde die Bundesregie-
rung diese Defizite dann tatsächlich wohlwollend über-
prüfen und die entsprechenden Maßnahmen ergreifen,
um diese Defizite zu beheben?

P
Peter Altmaier (CDU):
Rede ID: ID1619910500


Herr Kollege Keskin, Sie stimmen doch wahrschein-
lich mit mir überein, dass es sich auch aufgrund des Re-
spekts, den wir dem Europarat und seinen Monitoring-
kommissionen schulden, verbietet, den Empfehlungen
und Ergebnissen dieser Kommissionen vorzugreifen.
Deshalb schlage ich vor, dass wir getrost und ruhig ab-
warten, was die Monitoringkommissionen letzten Endes
empfehlen werden, und dass wir uns anschließend in der
gebotenen seriösen und unaufgeregten Weise mit diesen
Empfehlungen auseinandersetzen.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619910600

Wir sind damit am Ende des Geschäftsbereichs des

Bundesministeriums des Inneren. Vielen Dank, Herr
Parlamentarischer Staatssekretär Altmaier, für die Be-
antwortung der Fragen.

Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministe-
riums der Finanzen auf. Zur Beantwortung der Fragen
steht Herr Staatssekretär Karl Diller bereit.

Die Frage 19 des Kollegen Ilja Seifert wird schriftlich
beantwortet.

Ich rufe die Frage 20 des Abgeordneten Ulrich Adam
auf:

Welche Brief- und Sondermarken der Deutschen Bundes-
post/Deutschen Post AG seit ihrem Bestehen sowie welche
DM- und Euro-Gedenkmünzen widmeten sich – bitte einzelne
Ausgaben mit dem Herausgabejahr auflisten – den Verfolgten
und Opfern der kommunistischen/stalinistischen Gewaltherr-
schaft und der SED-Diktatur?

K
Karl Diller (SPD):
Rede ID: ID1619910700


Herr Kollege Adam, zunächst zu den Briefmarken:
Im Jahre 1953 gab es aus Anlass des Volksaufstandes am
17. Juni 1953 in der DDR und in Ostberlin ein Sonder-
postwertzeichen. Es gab im Jahre 1995 ein Sonderpost-
wertzeichen den Opfern von Teilung und Gewalt, für
den Zeitraum von 1945 bis 1989, gewidmet; es wurde
1995 wegen des Beginns der Teilung vor 50 Jahren he-
rausgegeben. Im Jahre 2003 gab es ein Sonderpostwert-
zeichen aus Anlass des 50. Jahrestages des Volksaufstan-
des am 17. Juni 1953.

Nun zur Herausgabe von Münzen: Ebenfalls im Jahre
2003 gab es eine 10-Euro-Silbergedenkmünze zum
50. Jahrestag des Volksaufstandes, die sich den verfolg-
ten Opfern der SED-Diktatur widmete.

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(C (D Ihre Zusatzfragen, bitte. Vielen Dank, Frau Präsidentin; aber ich habe keine usatzfragen. Dann rufe ich die Frage 21 des Kollegen Ulrich Adam uf: Welche Pläne hat die Bundesregierung in diesem Jahr, den 20. Jahrestag der friedlichen Revolution durch entsprechende Sonderbriefmarken, Euro-Gedenkmünzen und Gedenkmedaillen – bitte Vorhaben einzeln auflisten – zu würdigen? K Herr Kollege, es wird am 10. September 2009 ein onderpostwertzeichen „20 Jahre Grenzöffnung Ungarn/ sterreich“ erscheinen. Dabei handelt es sich um eine rilaterale Gemeinschaftsmarke von Ungarn, Österreich nd der Bundesrepublik Deutschland. Das heißt, in jeem dieser Länder wird eine motivgleiche Marke heausgegeben werden. Außerdem wird es am 8. Oktober 009 ein Sonderpostwertzeichen „20 Jahre friedliche evolution“ geben. Die Bundesregierung wird im Jahre 009 zum 20. Jahrestag der friedlichen Revolution keine uro-Gedenkmünzen ausgeben. Medaillen wird sie chon deswegen nicht ausgeben, weil dies keine hoheitiche Aufgabe ist. Haben Sie Zusatzfragen, Herr Kollege Adam? Ja, Frau Präsidentin. Dann bitte schön. Herr Staatssekretär, ich frage Sie, inwieweit Sie bzw. ie Bundesregierung eine Anregung gegeben hat, dass um 80. Geburtstag von Pfarrer Oskar Brüsewitz, der ich am 30. Mai 2009 jähren wird, eine Sondermarke der eine Gedenkmünze herausgegeben wird. Ich erinere daran, dass sich Pfarrer Brüsewitz am 18. August 976 aus Protest gegen die SED-Diktatur verbrannte. K Herr Kollege Adam, bezüglich der Herausgabe von onderpostwertzeichen bekommt das Bundesministeium der Finanzen als zuständiges Ministerium in jedem ahr zwischen 600 und tausend Vorschläge. Mittlerweile ind es eher tausend, weil es möglich geworden und entprechend beworben worden ist, solche Vorschläge im nternet zu machen. Auch erreichen uns Dutzende von bgeordnetenbriefen mit Vorschlägen. Bei uns entscheiet darüber nicht irgendein Oberamtsrat – ich sage dies it allem Respekt vor der Bedeutung und Arbeitskraft on Oberamtsräten –, sondern ein Programmbeirat, der Parl. Staatssekretär Karl Diller den Versuch unternimmt, eine richtige Bewertung der eingereichten Vorschläge vorzunehmen. Dabei muss er folgendes Problem beachten: Mit den Philatelistenverbänden haben wir abgesprochen, dass in der Regel nur 50 Sonderpostwertzeichen pro Jahr herausgegeben werden sollen. Wären Sie Philatelist, wüssten Sie, dass Sie gehalten sind, alle Marken einschließlich der Marken mit Zuschlägen zu erwerben, wenn Sie eine komplette Deutschlandsammlung haben wollen. Früher gab es die Marken einzeln von der Rolle; heute gibt es sie im Zehnerbogen. Die Philatelisten hätten sie gerne auch noch gestempelt und ungestempelt, möglichst mit Ersttagsstempel. Das heißt, für die Philatelisten geht eine Sammlung in die Kosten. Deswegen ist die Zahl auf 50 begrenzt. Innerhalb dieser 50 Sonderpostwertzeichen gibt es dann auch noch Serien, beispielsweise Wohlfahrtsmarken oder die Weihnachtsserie, die Frau Nicolette Kressl und ich Ihnen vor Weihnachten zugestellt haben. Es gibt also einen Programmbeirat, in dem auch Mitglieder des Deutschen Bundestages vertreten sind, der die eingegangenen Vorschläge sichtet, versucht, sie zu würdigen und dem Bundesminister der Finanzen einen Vorschlag unterbreitet. In der Regel – in meiner Amtszeit ist mir keine Abweichung von diesen Vorschlägen bekannt – folgt der Bundesfinanzminister den Vorschlägen des Programmbeirats. Bezüglich der konkreten Person kann ich Ihnen gegenwärtig keine Auskunft geben, ob er in dem Vorschlagstableau aufgeführt war und, wenn ja, warum er nicht berücksichtigt worden ist. Das müsste ich recherchieren und Ihnen dann zukommen lassen. Vielen Dank. Haben Sie noch eine Zusatzfrage? – Das ist nicht der Fall. Dann rufe ich die Frage 22 des Kollegen Arnold Vaatz auf: Zu welchem Zeitpunkt erhielt die Bundesregierung Informationen zur Kenntnis über die Medaillenausgabe der Deutschen Post AG mit den Inschriften „Neubeginn und ParteienEinheit – 22. April 1946“, „Verfassung und Staatsgründung – 7. Oktober 1949“, „Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik“, die im Rahmen der Medaillensammlung „60 Deutsche Jahre“ herausgegeben wurde, und inwieweit sind der Bundesregierung die Personen/Abteilungen/Dienststellen bei der Deutschen Post AG bekannt, die für die Auswahl der Motive, die Entscheidung zur Prägung und die Entscheidung zur Emission dieser Medaille verantwortlich waren? Bitte schön, Herr Staatssekretär. K Herr Kollege Vaatz, die Deutsche Post AG wird als Aktiengesellschaft nach deutschem Recht vom Vorstand g o A D u A a w ü „ D m D p b s d ü z D t V f d e G V d M r W l d D (C (D eführt, der allein – ich unterstreiche dick: allein – das perative Geschäft der Gesellschaft verantwortet. Die usgabe von Sammleroder Gedenkmedaillen durch die eutsche Post AG erfolgt in alleiniger Verantwortung nd Zuständigkeit des Vorstandes der Deutschen Post G. Eine Einflussnahme von Eigentümern, Aktionären uf das operative Geschäft ist nicht möglich, wie Sie issen. Die Bundesregierung hat von der Deutschen Post AG ber die beabsichtigte Herausgabe der Gedenkmedaille 60 Deutsche Jahre“ vorab keine Information erhalten. ies war auch nicht erforderlich. Der Bundesregierung liegen im Übrigen keine Inforationen über beteiligte Personen, Abteilungen und ienststellen der Deutschen Post AG vor. Ihre Zusatzfragen. Herr Staatssekretär, an welcher Stelle sehen Sie die olitische Verantwortung für die ausgegebenen Münzen zw. die dort verwendeten Symbole, Bilder oder grafichen Gestaltungen? K Herr Kollege Vaatz, ich teile mit Ihnen die Empörung ber diese Medaillen, insbesondere über die Medaille ur Zwangsvereinigung der SPD mit der SED. (Iris Gleicke [SPD]: Ja! Deswegen haben wir uns auch gewehrt!)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619910800
Ulrich Adam (CDU):
Rede ID: ID1619910900
Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619911000
Karl Diller (SPD):
Rede ID: ID1619911100
Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619911200
Ulrich Adam (CDU):
Rede ID: ID1619911300
Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619911400
Ulrich Adam (CDU):
Rede ID: ID1619911500
Karl Diller (SPD):
Rede ID: ID1619911600

(B)





(A) )


(B) )

Ulrich Adam (CDU):
Rede ID: ID1619911700
Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619911800
Karl Diller (SPD):
Rede ID: ID1619911900
Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619912000
Arnold Vaatz (CDU):
Rede ID: ID1619912100
Karl Diller (SPD):
Rede ID: ID1619912200

enn ich weiß, wie viele Tausende von Sozialdemokra-
en unter dieser Zwangsvereinigung und der folgenden
erfolgung zu leiden hatten. Deswegen bin ich sehr zu-

rieden, dass sich die Post AG sozusagen postwendend
azu entschlossen hat, die Auslieferung dieser Medaillen
inzustellen.


(Iris Gleicke [SPD]: Wir haben heftig mit denen diskutieren müssen!)


leichwohl bleibt die Verantwortung beim Vorstand.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619912300

Sie haben noch eine Zusatzfrage.


Arnold Vaatz (CDU):
Rede ID: ID1619912400

Herr Staatssekretär, wenn Sie die Verantwortung beim

orstand der Deutschen Post sehen, aber einräumen,
ass die Bundesregierung – obwohl sie als Mitaktionär
iteigentümer der Deutschen Post AG ist – keinen di-

ekten politischen Einfluss nehmen kann, frage ich Sie:
ie beurteilen Sie dann die Möglichkeiten der Öffent-

ichkeit, auf solche wichtigen symbolträchtigen, die
eutsche Öffentlichkeit berührenden Entscheidungen der
eutschen Post Einfluss zu nehmen?






(A) )



(B) )

K
Karl Diller (SPD):
Rede ID: ID1619912500


Herr Kollege, ich gehe davon aus, dass der Umstand
der Herausgabe dieser total verunglückten Medaillen der
Deutschen Post AG eine Lehre ist, die sie hochgradig für
künftige Gedenkmedaillen aus historischen oder wel-
chen Anlässen auch immer sensibilisieren wird.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619912600

Frau Kollegin Bellmann, bitte.


Veronika Bellmann (CDU):
Rede ID: ID1619912700

Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, wie viele

Exemplare dieser Gedenkmedaille bereits in Umlauf ge-
kommen sind und zu welchen Preisen diese gehandelt
wurden?

K
Karl Diller (SPD):
Rede ID: ID1619912800


Dazu liegen mir im Moment keine Erkenntnisse vor.
Wir werden bei der Deutschen Post AG Rückfrage hal-
ten und Sie dann informieren.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619912900

Herr Kollege Adam, bitte.


Ulrich Adam (CDU):
Rede ID: ID1619913000

Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, ob sich die

Deutsche Post AG bei den Opfern des Kommunismus/
Stalinismus bzw. bei deren Verbänden und Vereinigun-
gen für diese Gedenkmedaille entschuldigt hat?

K
Karl Diller (SPD):
Rede ID: ID1619913100


Auch darüber liegen mir keine Erkenntnisse vor; das
muss ich gestehen. Ich weiß, dass einzelne Abgeordnete
Beschwerden an den Vorstandsvorsitzenden gerichtet
haben und der Vorstandsvorsitzende sein Bedauern in
seiner Antwort zum Ausdruck gebracht hat.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619913200

Frau Michalk, bitte.


Maria Michalk (CDU):
Rede ID: ID1619913300

Herr Staatssekretär, Sie haben Ihrer Empörung über

diesen Vorgang Ausdruck verliehen. Ich frage Sie, wel-
che Empfehlung Sie dem Vorstand geben, was mit den
noch nicht in Umlauf befindlichen Münzen geschehen
soll.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Einschmelzen!)


K
Karl Diller (SPD):
Rede ID: ID1619913400


Einschmelzen.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D Ich rufe die Frage 23 des Kollegen Arnold Vaatz auf: Inwieweit ist der Bundesregierung bekannt, welche externe Expertise von Personen/Institutionen die Deutsche Post AG im Zusammenhang mit der geplanten Emission der SEDGedenkmedaille eingeholt hat und zu welchen (Ausschreibungs-)Bedingungen dies geschah? Herr Staatssekretär, bitte. K Herr Kollege Vaatz, ich bedauere, aber der Bundesegierung liegen hierzu keine Informationen vor. Ihre erste Zusatzfrage. Herr Staatssekretär, sehen Sie es genauso wie ich, ass es hier offenbar überhaupt nicht möglich ist, die ersönliche Verantwortung für den eingetretenen Umtand zu eruieren? Wozu raten Sie mir, wenn ich herausinden will, auf welche persönliche Initiative die Dinge o zustande gekommen sind? K Ihre zweite Frage möchte ich wie folgt beantworten: enden Sie sich doch an den Vorstandsvorsitzenden und itten Sie ihn um ein persönliches Gespräch. Zu Ihrer ersten Frage. Ich habe mir heute Morgen Ihre rage noch einmal angeschaut und darüber nachgedacht, o der Fehler passiert ist. Liegt der Fehler bei den Histo ikern, die kontaktiert wurden? Hatten diese nicht masive Hinweise gegeben, wie man damit umgehen üsste? Oder war es die Freiheit der Künstler? Die span ende Frage lautet für mich: Hatten die Historiker noch inmal die Möglichkeit, einen Blick auf den Entwurf der ünstler zu werfen und gegebenenfalls zu sagen, dass an so mit dem Thema umgehen kann oder nicht? Ich abe heute Morgen versucht, das bei der Deutschen ost AG herauszufinden. Die Post AG war nicht zu einer uskunft bereit. Ihre zweite Zusatzfrage. Herr Staatssekretär, können Sie sich vorstellen, dass h genau die gleichen Schritte wie Sie im Vorfeld dieser ragestunde unternommen habe und dass ich haargenau ieselbe Antwort erhalten habe? Ich frage mich nun, welhe Möglichkeiten uns als Parlamentarier noch offensteen, um eine Antwort auf die einfache Frage, wer für iese Gedenkmünze verantwortlich ist, zu bekommen. K Ich mache Ihnen folgenden Vorschlag: Wir beide enden uns an Herrn Appel und bitten ihn um ein Ge präch. Ganz herzlichen Dank. Frau Kollegin Bellmann, bitte. He Ist Ihnen bekannt, ob es für diese Gedenkmedaille eine öffentliche Ausschreibung oder einen Gestaltungswettbewerb gegeben hat? Wenn dem so gewesen wäre, dann hätte man die ganze Angelegenheit schon früher beeinflussen können. In diesem Zusammenhang frage ich Sie: Können Sie sich vorstellen, dass der Beirat, der an der Entscheidung, welche Postwertzeichen herausgegeben werden, beteiligt ist, sich auch mit Gedenkmünzen und Gedenkmedaillen befasst? K Frau Kollegin, Sie müssen Folgendes bedenken: Die Herausgabe von Münzen und die Herausgabe von Sonderpostwertzeichen ist im Unterschied zur Prägung von Medaillen ein hoheitlicher Akt. Jeder Verein kann die Prägung von Medaillen in Auftrag geben. Diese Freiheit hat er. Wenn er eine Prägewerkstatt findet, kann er alle möglichen Medaillen prägen lassen. Zurzeit sind bei uns beispielweise Medaillen zum Karneval im Umlauf. Davon abzugrenzen ist der hoheitliche Bereich. Für diesen hoheitlichen Bereich haben wir einen Programmbeirat. Der erste Teil Ihrer Frage betrifft ausschließlich das Unternehmen. Ich hoffe mit Ihnen allen zusammen sehr, dass das Unternehmen jetzt sehr sensibilisiert ist und dreimal hinschaut, bevor es einen Prägeauftrag erteilt. Ich rufe nun die Frage 24 des Kollegen Manfred Kolbe auf: Wie viele Fälle sind der Bundesregierung bekannt, die un ter die Regelungen des Altforderungsregelungsgesetzes fallen aufgeschlüsselt nach den einzelnen östlichen Bundesländern sowie den abgeschlossenen und noch laufenden Verfahren? Herr Staatssekretär, bitte. K Herr Kollege Kolbe, bei den sogenannten Altforderungen handelt es sich um Forderungen, die vor dem 8. Mai 1945 – das ist also schon sehr lange her – entstanden sind, die aber am 2. Oktober 1990 dem Staatshaushalt der DDR zustanden oder die staatlich verwaltet wurden. Die KfW führt die Verwaltung dieser ehemals volkseigenen Forderungen im Auftrag des Bundes durch. Unter das Altforderungsregelungsgesetz fallen nach Auskunft der KfW insgesamt 1 280 Fälle. Noch nicht abgeschlossen sind derzeit 663. Die von Ihnen erbetenen Zahlen für die einzelnen Bundesländer lauten: Berlin, sowohl bei abgeschlossenen als auch offenen Fällen: 0; Brandenburg: 155 abgeschlossen, 248 offen; Mecklenburg-Vorpommern: 137 abgeschlossen, 41 offen; Sach s 1 s Z d g 1 s b L 2 l F m S 9 F r n d v d F m H D D a z e I K R d n d d d (C (D en-Anhalt: 104 abgeschlossen, 103 offen; Sachsen: 60 abgeschlossen, 252 offen; Thüringen: 60 abgechlossen, 19 offen. Haben Sie eine Zusatzfrage, Herr Kollege? – Keine usatzfrage. Dann kommen wir zur Frage 25 des Kollegen Kolbe: Wie hoch sind die eingeforderten bzw. eingenommenen Beträge, und wie hoch ist der Verwaltungsaufwand beim Vollzug des Altforderungsregelungsgesetzes, aufgeschlüsselt nach den einzelnen östlichen Bundesländern? K Herr Kollege, die Einnahmen aus den bereits geltend emachten Altforderungen belaufen sich auf insgesamt ,235 Millionen Euro. Die noch offenen Fälle belaufen ich auf rund 2,921 Millionen Euro. Die Einnahmen zw. das Forderungsvolumen verteilen sich auf die änder wie folgt: Berlin: 0; Brandenburg: Einnahmen 18 981,16 Euro, Forderungen 652 037,37 Euro; Meckenburg-Vorpommern: Einnahmen 299 248,03 Euro, orderungen 135 255,04 Euro; Sachsen-Anhalt: Einnahen 218 303,92 Euro, Forderungen 1 026 075,01 Euro; achsen: Einnahmen 352 882,63 Euro, Forderungen 04 620,38 Euro; Thüringen: Einnahmen 145 863,27 Euro, orderungen 203 550,58 Euro. Über den mit der Einziehung der dem Altforderungsegelungsgesetz unterfallenden Forderungen verbundeen Verwaltungsaufwand bei der Kreditanstalt für Wieeraufbau liegen leider keine gesonderten Statistiken or. Ich weise zudem darauf hin, dass der Bund nach em Einigungsvertrag gesetzlich verpflichtet ist, diese orderungen geltend zu machen. Haben Sie dazu Zusatzfragen? – Bitte sehr. Herr Staatssekretär, ich habe mit Interesse vernom en, dass über mehrere Jahre insgesamt Einnahmen in öhe von rund 1,2 Millionen Euro erzielt worden sind. afür haben wir im Jahre 2005 extra ein Gesetz im eutschen Bundestag verabschiedet. Den Verwaltungs ufwand beziffern Sie hier nicht. Aber wenn ich die Anahl der Fälle sehe, dann gehe ich davon aus, dass dieser igentlich höher sein müsste. Wie ist Ihre Einschätzung: st das ökonomisch sinnvoll gewesen, oder sollte die fW ihre personellen Ressourcen nicht eher in andere ichtungen lenken? Ich will hier keine Fälle nennen. K Herr Kollege, zur Motivforschung habe ich mich och einmal mit der Debatte anlässlich der zweiten und ritten Lesung im Deutschen Bundestag am Donnerstag, em 24. Februar 2005, befasst. Ich habe auch Ihren Reebeitrag gelesen. Sehr knapp und zutreffend war meiner Parl. Staatssekretär Karl Diller Ansicht das, was Herr Dr. Hans-Ulrich Krüger von der SPD-Fraktion hierzu anmerkte – ich zitiere –: Die vorgeschlagene Regelung entspricht daher der seit jeher im Entschädigungsgesetz niedergelegten Konzeption. Dort ist eine Anrechnung der Verbindlichkeiten auf die Entschädigung vorgesehen. Diese Anrechnung schlägt aber wegen des übersteigenden Wertes der zurückgegebenen Grundstücke in vielen Fällen fehl. Die Berechtigten erhielten also einerseits … wertvolle Grundstücke zurück und andererseits zusätzlich eine Schuldenbefreiung. Diese Personen wären also im Vergleich zu denjenigen, die nur eine Entschädigung erhielten, bevorteilt. Das ist präzise auf den Punkt gebracht das Thema. Das heißt, es ist ein Akt ausgleichender Gerechtigkeit. Im Übrigen haben auch die Länder dieses Verfahren gebilligt. Sie haben im Vermittlungsausschuss lediglich noch eine Änderung, die aber nicht diesen Punkt betrifft, durchgesetzt. Abschließend möchte ich noch einmal in Erinnerung rufen, dass alle diejenigen, die gemeint haben, gegen dieses Gesetz klagen zu müssen, vor den entsprechenden Gerichten verloren haben. Es ist also auch rechtlich richtig, was wir da machen. Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr. Herr Staatssekretär, nach der rechtlichen Seite habe ich nicht gefragt, sondern nach der verwaltungsökonomischen. Können Sie dazu noch eine Einschätzung abgeben? K Solange die KfW mir nicht sagen kann, wie viel die Bearbeitung eines Verwaltungsvorgangs Pi mal Daumen kostet, sodass ich das dann mit 1 280 Fällen multiplizieren kann, sehe ich mich dazu nicht in der Lage. Die KfW führt darüber keine Statistiken. Damit kommen wir zur Frage 26 des Kollegen Carl Ludwig Thiele: Wie ist die Aussage der Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel in ihrer Regierungserklärung vom 14. Januar 2009 zu verstehen: „Wir haben im Übrigen beim Erblastentilgungsfonds bewiesen, dass wir das können. Er wurde 1995 eingerichtet und hatte damals einen Schuldenstand von umgerechnet 171 Milliarden Euro. Jetzt ist er getilgt.“? Herr Staatssekretär, bitte sehr. K Frau Präsidentin, Herr Kollege Thiele, wenn Sie einverstanden sind, beantworte ich beide Fragen, weil sie den gleichen Sachverhalt betreffen und sich in der Wortwahl nur geringfügig unterscheiden, gemeinsam. L d f b b d n h a z T r li p d S l d h l k s t n T b i D d r ß d b w g f H r n d a F r (C (D Dann rufe ich auch die Frage 27 des Kollegen Carl udwig Thiele auf: Wie ist die Aussage des Bundesministers des Auswärti gen, Dr. Frank-Walter Steinmeier, in der Bundestagsdebatte am 14. Januar 2009 zu verstehen: „Wenn ich mich erinnere, hat das Abtragen der Schulden des Erblastentilgungsfonds 14 Jahre gedauert.“? K Der Erblastentilgungsfonds wurde 1995 mit einer Anangsschuld von umgerechnet 171 Milliarden Euro geildet. Einzelne Bestandteile, wie zum Beispiel die Verindlichkeiten des Kreditabwicklungsfonds, waren arauf ausgerichtet, innerhalb einer Generation, also inerhalb von circa 40 Jahren, getilgt zu werden. Durch ohe Zuflüsse an den Fonds aus Bundesbankgewinnen, us den Einnahmen der Versteigerung der UMTS-Lizenen sowie aus Beiträgen der neuen Bundesländer zur ilgung von Krediten für den Bau gesellschaftlicher Ein ichtungen in der ehemaligen DDR konnten die Verbindchkeiten des Erblastentilgungsfonds schneller als gelant reduziert werden. Heute, nach 14 Jahren, stehen für en Erblastentilgungsfonds unter Berücksichtigung des chuldenmitübernahmegesetzes von 1999 noch Verbind ichkeiten von 55 Millionen Euro zu Buche, denen Forerungen in zweistelliger Millionenhöhe gegenübersteen. Seine Schulden sind somit faktisch abgebaut. Die etzte Tilgung ist entsprechend den vereinbarten Fälligeiten für 2011 vorgesehen. Ihre Nachfrage, Herr Kollege Thiele. Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Staats ekretär, meine Nachfrage lautet: Was verstehen Sie uner „Tilgung“? „Tilgung“ ist ja wohl die Rückzahlung eier Schuld. Handelt es sich hier nicht in wesentlichen eilen um eine Umschuldung, weil ein Großteil der Verindlichkeiten inzwischen im Bundeshaushalt zu finden st und nicht im Erblastentilgungsfonds getilgt wurde? ie Erlöse aus der Versteigerung der UMTS-Lizenzen, ie entsprechenden Bundesbankgewinne und die Zufühungen der Länder erreichen nicht annähernd die Gröenordnung, die hier zur Tilgung anstand. K Herr Kollege Thiele, Sie wissen, dass ich von 1994 is 1998 für die SPD Sprecher im Haushaltsausschuss ar und mich damals mit der von Ihnen gestützten Reierung immer über Folgendes auseinandersetzte: Sie ührte etliche Sondervermögen, die sich bei näherem insehen als Schuldentöpfe herausstellten, unter ande em den Erblastentilgungsfonds. Deswegen habe ich ach der Regierungsübernahme 1998 sehr darauf gerängt, dass man diese Schuldentöpfe möglichst schnell uflöst und nach Möglichkeit auf den Bund überträgt. Im inanzbericht mit der Statistik für den betreffenden Zeitaum sehen Sie das Aufwachsen der Schulden. Bis dahin Parl. Staatssekretär Karl Diller waren die Schulden in diesen Töpfen versteckt; danach sind sie offenkundig geworden. Das ist im Schuldenmitübernahmegesetz von 1999 geregelt worden. Das heißt, wir tilgen auch aus dem Haushalt heraus. Die Aussagen der Frau Bundeskanzlerin, dass die Schulden jetzt getilgt seien, und des Herrn Bundesaußenministers, dass das Abtragen der Schulden 14 Jahre gedauert habe, sind korrekt, weil nämlich genau bestimmt worden ist, wie das Tilgen vor sich geht. Haben Sie eine weitere Nachfrage? – Bitte sehr. Herr Staatssekretär, stimmen Sie mit mir darin über ein, dass eine Tilgung dann erfolgt ist, wenn die Schuld tatsächlich nicht mehr vorhanden ist, und eine Umschuldung etwas anderes ist? Bei einer Umschuldung nämlich wird ein Teil einer Schuld nur übertragen; diese Schuld bleibt aber. Um die Zahlen noch einmal zu nennen: Zum 31. Dezember 1994 hatten wir mit den Extrahaushalten eine Verschuldung des Bundes von 513 Milliarden Euro. 2007 betrug sie 938 Milliarden Euro; sie ist also um 425 Milliarden Euro gestiegen. Das ist die Gesamtschuld des Bundes, also Extrahaushalte plus Schulden des Bundes – alles ausweislich des Finanzberichts –, sodass von daher überhaupt nicht nachvollziehbar ist, dass die Schulden getilgt sind. Sie haben selbst genannt die Erlöse aus der Versteigerung der UMTS-Lizenzen, die Bundesbankgewinne, die über 3,5 Milliarden Euro hinausgingen, und die Ländertilgung in Höhe von 138 bzw. 142 Millionen Euro. Sie kommen damit nicht annähernd an die Größenordnung des Erblastentilgungsfonds von rund 180 Milliarden Euro, sodass es aus meiner Sicht unzutreffend ist, diesen Vorgang als Tilgung zu bezeichnen. Es handelt sich im Wesentlichen, zum größeren Teil um eine Umschuldung. K Herr Kollege Thiele, es bleibt dabei: Die getroffenen Aussagen sind korrekt; denn im Buchwerk des Erblastentilgungsfonds sind die Schulden nahezu getilgt. Die Verbindlichkeiten in Höhe von 55 Millionen Euro könnten wir sofort tilgen. Unser Problem ist, dass sie eine Laufzeit bis 2011 haben. Wir kennen nicht die Gläubiger dieser Titel; deswegen können wir sie nicht ansprechen. Im Übrigen hat dieser Fonds noch Forderungen gegenüber Wohnungsbauunternehmen in der Größenordnung von 40 Millionen Euro, also in vergleichbarer Höhe, sodass man wirklich sagen kann: Im Rechenwerk ist das getilgt. Übrigens, Herr Kollege Ausschussvorsitzender: Wenn diese Forderungen bis 2011 nicht beglichen worden sind, werden wir ein Gesetz verabschieden müssen, damit wir weiter eine Rechtsgrundlage haben, um die F g l n H s b F d s w n g c i d a d j m z (C (D orderungen gegenüber den Wohnungsbauunternehmen eltend machen zu können. Noch einmal, Kollege Thiele: Im Buchwerk des Erbastentilgungsfonds ist sozusagen alles getilgt – mit Ausahme der 55 Millionen Euro, denen Forderungen in öhe von 40 Millionen Euro gegenüberstehen. Wir haben damit den zeitlichen Rahmen der Frage tunde leicht überschritten. Die Fragen, die noch nicht eantwortet sind, werden schriftlich beantwortet. Die ragestunde ist damit beendet. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 3 a und 3 b auf: a)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619913500
Karl Diller (SPD):
Rede ID: ID1619913600
Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619913700
Arnold Vaatz (CDU):
Rede ID: ID1619913800
Karl Diller (SPD):
Rede ID: ID1619913900
Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619914000
Arnold Vaatz (CDU):
Rede ID: ID1619914100
Karl Diller (SPD):
Rede ID: ID1619914200




(A) )


(B) )

Arnold Vaatz (CDU):
Rede ID: ID1619914300
Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619914400
Veronika Bellmann (CDU):
Rede ID: ID1619914500
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1619914600
Karl Diller (SPD):
Rede ID: ID1619914700
Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619914800

(verkündet am 10. Juni 2005; Bundesgesetzblatt I, Seite 1589),

Karl Diller (SPD):
Rede ID: ID1619914900
Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619915000
Karl Diller (SPD):
Rede ID: ID1619915100
Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619915200
Manfred Kolbe (CDU):
Rede ID: ID1619915300
Karl Diller (SPD):
Rede ID: ID1619915400




(A) )


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Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619915500
Manfred Kolbe (CDU):
Rede ID: ID1619915600
Karl Diller (SPD):
Rede ID: ID1619915700
Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619915800
Karl Diller (SPD):
Rede ID: ID1619915900
Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619916000
Karl Diller (SPD):
Rede ID: ID1619916100
Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619916200
Carl-Ludwig Thiele (FDP):
Rede ID: ID1619916300
Karl Diller (SPD):
Rede ID: ID1619916400




(A) )


(B) )

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619916500
Carl-Ludwig Thiele (FDP):
Rede ID: ID1619916600
Karl Diller (SPD):
Rede ID: ID1619916700

(Otto Fricke [FDP]: Er meint mich!)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619916800
Wolfgang Bosbach, René Röspel, Katrin Göring-
Eckardt und weiteren Abgeordneten eingebrach-
ten Entwurfs eines Gesetzes zur Verankerung
der Patientenverfügung im Betreuungsrecht

(Patientenverfügungsgesetz – PatVerfG)


– Drucksache 16/11360 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

b) Erste Beratung des von den Abgeordneten
Wolfgang Zöller, Dr. Hans Georg Faust,
Dr. Herta Däubler-Gmelin und weiteren Abge-
ordneten eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Klarstellung der Verbindlichkeit von

(Patientenverfügungsverbindlichkeitsgesetz – PVVG)


– Drucksache 16/11493 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
ie Aussprache eineinviertel Stunden vorgesehen. – Ich
ehe und höre dazu keinen Widerspruch. Dann können
ir so verfahren.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
er dem Kollegen Peter Weiß das Wort.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1619916900

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-

en! Krankheit und Sterben sind Teil unseres menschli-
hen Lebens. Zentrale Richtschnur allen Handelns, auch
n Krankheit und Sterben, ist die unverfügbare Würde
es betroffenen Menschen. Der Respekt vor der Einzig-
rtigkeit des Lebens verbietet jede Instrumentalisierung
es Schicksals eines Schwerkranken oder Sterbenden,
ede Abwertung seiner Lebenslage, jede Fremdbestim-

ung seines Willens. Um eine solche Fremdbestimmung
u vermeiden und dem Selbstbestimmungsrecht eine






(A) )



(B) )


Peter Weiß (Emmendingen)

starke Stellung zu geben, wollen wir Patientenverfügun-
gen auf eine sichere rechtliche Grundlage stellen. Darum
geht es.

Viele Menschen verbinden ja mit der Aussicht darauf,
dass sie vielleicht eines Tages entscheidungsunfähig sind
und sich nicht mehr äußern können, große Befürchtun-
gen, nämlich dass Dinge geschehen könnten, die sie
nicht wollen, dass sie einer, wie sie sagen, kalten Appa-
ratemedizin ausgeliefert sein könnten, dass Schmerz und
Leid unnötig verlängert werden könnten. Deswegen
wollen immer mehr Menschen Vorsorge treffen und si-
cherstellen, dass ihr Wille ge- und beachtet wird. Mit
dem von mehreren Abgeordneten aus mehreren Fraktio-
nen heute eingebrachten Gesetzentwurf zur Verankerung
der Patientenverfügung im Betreuungsrecht soll die
Achtung des Selbstbestimmungsrechtes des Einzelnen
gestärkt werden. Zugleich wollen wir aber auch Lebens-
schutz, ärztliche Fürsorge und Patientenwohl gewahrt
wissen.

Sicher, der im Voraus für den Fall der Nichteinwilli-
gungsfähigkeit verfügte Wille ist stets zu beachten. Al-
lerdings ist es nach aller menschlichen Erfahrung ein
gefährlicher, ja vielleicht sogar lebensgefährlicher Fehl-
schluss zu meinen, dass ein früher einmal geäußerter
Wille in jedem Fall dem aktuellen Willen des Betroffe-
nen entspricht. Er kann diesem Willen entsprechen, aber
es muss nicht zwingend so sein. Würde der Betroffene
jetzt, da er schwer krank ist, genauso handeln wie da-
mals, als er noch gesund war und eine Patientenver-
fügung geschrieben hat? Ist angesichts des rasanten
Fortschritts in der modernen Medizin jede vor 10 oder
20 Jahren niedergelegte Willensäußerung tatsächlich
noch aktuell? Würde der Patient genauso bestimmen wie
damals, als er noch nicht wusste, dass jetzt im Gegensatz
zu früher für ihn Heilungschancen bestehen?

Solche Fragen zu stellen heißt nicht, das Selbstbe-
stimmungsrecht des Patienten zu relativieren, sondern
zeugt davon, dass man den Patientenwillen tatsächlich
ernst nehmen und ihm zu jeder Zeit Geltung verschaffen
will. Um dafür einen klaren Rechtsrahmen zu schaffen,
schlagen die Antragsteller ein, wie ich finde, einfaches
Verfahren vor, auch wenn uns unterstellt wird, es sei sehr
kompliziert. Wenn jemand möchte, dass tatsächlich das,
was er niedergeschrieben hat, auch exakt so in jeder Si-
tuation durchgeführt wird, dann kann er das in einer
nach ärztlicher Beratung ausgefüllten Patientenverfü-
gung anordnen. Zugleich sieht unser Vorschlag vor, dass
der Abfassung einer solchen Patientenverfügung eine
ausführliche ärztliche und rechtliche Aufklärung voraus-
gegangen sein muss, sie von einem Notar beurkundet
werden muss und sie nicht älter als fünf Jahre sein darf,
also jeder im vollen Wissen des ärztlich und rechtlich
Möglichen seine Patientenverfügung erstellt.

Wenn jemand das nicht machen will, kann er selbst-
verständlich in jeder anderen Form schriftlich eine
Patientenverfügung abfassen und den Abbruch einer le-
benserhaltenden Behandlung anordnen. Der Arzt oder
der Betreuer müssen sich auch daran halten, wenn eine
unheilbare, tödlich verlaufende Krankheit oder eine Si-
tuation vorliegt, in der der Patient mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit trotz Ausschöpfung aller

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(C (D edizinischen Möglichkeiten das Bewusstsein niemals iedererlangen wird. Man kann aber auch das machen, was viele andere un, nämlich keine Patientenverfügung schreiben. Dann ind immerhin Willensäußerungen aus der Vergangeneit – die Einstellungen zum Leben, die religiösen Übereugungen – Indizien dafür, wie er, wenn man ihn befraen könnte, vielleicht entscheiden würde. Bei allem Streit über Details einer gesetzlichen Regeung zu Patientenverfügungen sollten wir in einer solhen Debatte aber auch ein zentrales Anliegen deutlich achen: Es geht darum, den Bedürfnissen schwer kran er und sterbender Menschen möglichst umfassend geecht zu werden. Dazu sind Patientenverfügungen ein Intrument. Sie sind ein wichtiger Beitrag, aber nicht der inzige. Menschenwürdiges Sterben bedarf zudem inteniver palliativmedizinischer Versorgung, fürsorgender eratung und seelsorgerischer Betreuung. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Dass Menschen in Würde sterben können, das sollte
iel unserer gemeinsamen politischen Bemühungen
ein.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619917000

Nächster Redner ist der Kollege Michael Kauch.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)



Michael Kauch (FDP):
Rede ID: ID1619917100

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bereits

004 und 2006 haben die Liberalen Anträge für die Stär-
ung von Patientenverfügungen in den Deutschen Bun-
estag eingebracht. Es ist auch schon wieder mehr als
in halbes Jahr her, dass der Kollege Stünker gemeinsam
it mir und 200 anderen Abgeordneten hier einen Ge-

etzentwurf eingebracht hat, um Patientenverfügungen
irklich zu stärken.
Fünf Jahre lang warten die Menschen inzwischen da-

auf, dass dieses Hohe Haus eine Entscheidung über alle
iese widerstreitenden Vorschläge trifft. Jetzt ist genug
er Blockade; jetzt muss entschieden werden.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und der LINKEN)


Das Sterben ist Teil des Lebens. Wir reden heute über
atientenverfügungen. Sie sind ein wichtiger Baustein,
m Würde am Lebensende zu ermöglichen, aber eben
ur ein Baustein. Genauso gehört mehr menschliche Zu-
endung für Sterbende dazu. Gerade für die Menschen,
ie zu Hause sterben wollen, brauchen wir endlich eine
rofessionelle ambulante Palliativmedizin, und zwar
icht nur in den Großstädten, sondern auch in der Flä-
he.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der SPD)







(A) )



(B) )


Michael Kauch
All diese Maßnahmen sind kein Widerspruch zu einer
Politik für mehr Patientenautonomie. Beides gehört zu-
sammen. Fürsorge ohne Selbstbestimmung ist genauso
schlimm wie Selbstbestimmung ohne Fürsorge.

Die moderne Medizin hat Möglichkeiten geschaffen,
von denen wir vor 50 Jahren nicht zu träumen gewagt
hätten. Ob man das als Geschenk oder als Qual empfin-
det, kann nur jeder einzelne Mensch für sich selbst ent-
scheiden.

Niemand muss eine Patientenverfügung abfassen.
Wer sich entscheidet, festzulegen, was ihm wichtig ist,
hat aber auch den Anspruch, dass dieses Parlament sei-
nen Willen achtet.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, um es klar zu sagen: Wir
haben keine naive Vorstellung von Selbstbestimmung,
wie Herr Weiß uns das unterstellt hat. Mit Patientenver-
fügungen verfüge ich natürlich etwas für die Zukunft.
Das ist immer ein schwächerer Wille als das, was ich
hier und jetzt äußere. Aber was ist denn die Alternative?
Die Alternative zum vorausverfügten Willen unter Unsi-
cherheit ist, dass ein Dritter entscheidet. Die Alternative
ist die Fremdbestimmung des Menschen.

Lassen Sie mich zu den heutigen Entwürfen kommen.
Der Entwurf der Kollegen Zöller und Faust ist in den
entscheidenden Fragen – in den Entscheidungsregeln, in
der Reichweite – auf einer Linie mit dem Entwurf von
Herrn Stünker und mir. Wir wollen gemeinsam keine
Beschränkung der Reichweite. Wir wollen das Vor-
mundschaftsgericht nur in Konfliktfällen einschalten.
Wir wollen vor allem eine Bürokratisierung des Sterbens
verhindern.

Unsere Entwürfe unterscheiden sich in einigen De-
tails. Aber ich bin ausgesprochen zuversichtlich, dass es
uns nach einer sachlichen Anhörung gelingt, diese Ent-
würfe zusammenzuführen. Es macht keinen Sinn, an den
eigenen Formulierungen zu kleben und auf ihnen zu be-
harren. Es geht darum, eine breite parlamentarische
Mehrheit für mehr Selbstbestimmung von Patienten zu
erreichen.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Lassen Sie mich hinzufügen: Weder der Entwurf von
Herrn Zöller und Herrn Faust noch der Entwurf von
Herrn Stünker und mir beinhaltet einen Automatismus
für die Patientenverfügung. Ich habe gehört, Herr
Bosbach habe heute einigen Journalisten gesagt: Eine
junge Radfahrerin, die stürzt und aufgrund ihrer Verlet-
zungen ins Koma fällt, würde nach unserem Gesetzent-
wurf nicht behandelt werden, wenn sie vorher in einer
Patientenverfügung festgelegt hat, dass sie in diesem
Falle nicht behandelt werden möchte. – Das ist natürlich
Unsinn.


(Widerspruch des Abg. Wolfgang Bosbach [CDU/CSU])



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(C (D Wenn Sie das nicht gesagt haben, Herr Bosbach, dann egrüße ich das natürlich. Aber so wurde es mir berichet. Herr Kollege Kauch, Herr Bosbach möchte gerne eine wischenfrage stellen. Wären Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass das eder wörtlich noch sinngemäß stimmt, sondern frei erunden ist? Das nehme ich zur Kenntnis. Es freut mich außeror entlich, dass mich meine Quelle offensichtlich falsch nformiert hat. Dennoch möchte ich darauf hinweisen, ass die Behauptung – sie wird möglicherweise im weieren Verlauf der Debatte noch aufgestellt – falsch ist, ass es einen Automatismus gebe und dass man im Falle iner falschen Formulierung nach dem Vorschlag von öller oder dem von Stünker oder von wem auch immer terben müsse. Das ist nicht der Fall. Auch nach den aneren Entwürfen soll geprüft werden, ob die entsprehende Formulierung in der Patientenverfügung auf die ituation anzuwenden ist. Es wird vor allen Dingen hin erfragt, wie sie gemeint ist. Dieser Punkt ist in allen ntwürfen enthalten. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619917200
Wolfgang Bosbach (CDU):
Rede ID: ID1619917300
Michael Kauch (FDP):
Rede ID: ID1619917400

Ich möchte den Gesetzentwurf von Herrn Bosbach
icht selber kommentieren, sondern die Gelegenheit nut-
en, ein Zitat aus einem Kommentar anzuführen, der von
errn Professor Borasio, Inhaber des Lehrstuhls für Pal-

iativmedizin an der Universität München, stammt. Er
ezeichnet den Entwurf von Herrn Bosbach als
atientenverfügungsverhinderungsgesetz, das auf medi-
inisch fehlerhaften Annahmen basiert, unnötige Hürden
ufbaut und ein groß angelegtes Beschäftigungspro-
ramm für Notare und Vormundschaftsgerichte darstellt.
eiter meint er: Die letzte Lebensphase wird massiv

errechtlicht und damit entmenschlicht. Dieses Gesetz
ürde sehr viele Menschen ihres Grundrechts auf einen

riedlichen und natürlichen Tod berauben. Bevormun-
ung statt Fürsorge. Der ethische Paternalismus lässt
rüßen. – Das spricht für sich.

Wenn ein Palliativmediziner eine solche Gesamtein-
chätzung Ihres Entwurfs trifft, dann muss man sich ein-
al anschauen, was Palliativmediziner zu einzelnen Be-

timmungen Ihres Entwurfes sagen. Darin heißt es, dass
erfügungen, die Krankheiten betreffen, die keinen irre-
ersiblen, tödlichen Verlauf nehmen, nur dann gelten,
enn sie notariell beurkundet werden und wenn es vor-
er eine ärztliche Beratung gegeben hat. Was sind denn
iese irreversiblen, zum Tode führenden Erkrankungen?
err Borasio schreibt, dass das medizinisch nicht klar

estzulegen ist.






(A) )



(B) )


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619917500

Herr Kollege Kauch, lassen Sie eine weitere Zwi-

schenfrage des Kollegen Bosbach zu? – Herr Bosbach,
bitte sehr.


Wolfgang Bosbach (CDU):
Rede ID: ID1619917600

Herr Kollege Kauch, was Sie gerade angesprochen ha-

ben, ist ein ausgesprochen wichtiges Argument. Es geht
nämlich um die Frage: Kann man dieses Tatbestands-
merkmal in der ärztlichen Praxis überhaupt feststellen?
Ich zitiere aus der entsprechenden Empfehlung der Baye-
rischen Staatsministerin für Justiz und für Verbraucher-
schutz. Sie schlägt folgende Formulierung wortwörtlich
vor:

… wenn ich mich im Endstadium einer unheilba-
ren, tödlich verlaufenden Krankheit befinde, selbst
wenn der Todeszeitpunkt noch nicht absehbar ist.

Wie erklären Sie sich die von Ihnen angeführte Stellung-
nahme von Herrn Professor Borasio angesichts der Tat-
sache, dass diese Formulierung von dem Beiratsmitglied
Professor Domenico Borasio empfohlen wird?


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Komisch!)



Michael Kauch (FDP):
Rede ID: ID1619917700

Herr Borasio schreibt in dem Papier, das mir vorliegt:

Da wir alle sterben werden, kann die Definition einer
tödlich verlaufenden Krankheit nur lauten, dass Patien-
ten mit dieser Krankheit eine im Vergleich zu gleichaltri-
gen Gesunden signifikant verminderte Lebenserwartung
aufweisen. Das gilt für die meisten Krebserkrankungen,
aber genauso für Demenz-, für Wachkoma-, für Herz-
insuffizienz-Patienten und für die multimorbiden, hoch-
betagten geriatrischen Patienten. Hier eine klare Grenze
zu ziehen, ist medizinisch-wissenschaftlich unmöglich.
Soll das politisch anders sein? – Ich glaube, wir werden
im Rahmen der Anhörung Gelegenheit haben, über diese
Kontroverse zu diskutieren. Diese Äußerung macht
deutlich, dass offensichtlich auch Ärzte mit Ihrem Krite-
rium ein Problem haben. Abgesehen davon müssen wir
uns die Frage stellen, was ist, wenn man Ihre Formvor-
schriften nicht einhält. Was passiert dann? Dann werden
die Menschen zwangsbehandelt,


(Wolfgang Bosbach [CDU/CSU]: Nein!)


dann wird wiederbelebt, dann wird beatmet, dann wer-
den Magensonden gelegt, wird Blut übertragen, werden
Antibiotika verabreicht, und das alles gegen den aus-
drücklichen Willen des Patienten.


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Text lesen!)


Zudem ist Ihr Entwurf ein Beschäftigungsprogramm
für die Vormundschaftsgerichte. Sie sagen: In all den
Fällen, in denen es nicht um irreversibel zum Tode füh-
rende Krankheiten geht, muss das Vormundschaftsge-
richt selbst dann angerufen werden, wenn Arzt, Betreuer
und alle Angehörigen sich darüber einig sind, dass dies
der Wille des Patienten ist. Das bringt eine lange Verfah-
rensdauer mit sich, und wir wissen, was das bedeutet:
Das bedeutet, dass man vielleicht zwar recht hat, aber
doch nicht recht bekommt. In der Sterbephase geht es

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(C (D m Tage oder Wochen. Da kann man nicht darauf waren, dass sich ein Gericht bequemt, endlich eine Entcheidung zu treffen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Die Verbindlichkeit und der Anwendungsbereich von
atientenverfügungen müssen klar geregelt werden. Wir
ollten nicht nur von Selbstbestimmung sprechen; wir
ollten die Selbstbestimmung in unseren Gesetzentwür-
en auch absichern. Ich hoffe, dass die Argumente, die
ie Experten vorbringen werden, im Rechtsausschuss,
ber auch im Plenum dieses Hauses, gut abgewogen
erden, damit wir zu einer wirklich sachgerechten Lö-

ung für die Menschen in diesem Land kommen.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619917800

Nun hat das Wort der Kollege Christoph Strässer.


Christoph Strässer (SPD):
Rede ID: ID1619917900

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen

nd Kollegen! Meine Damen und Herren! Zunächst ein-
al möchte ich sagen, dass es gut, richtig und wichtig

st, dass wir nach einer sehr langen Debatte nunmehr in
iner Phase sind, in der Entscheidungen getroffen wer-
en können.

Ich möchte an dieser Stelle nachdrücklich den hohen
rztefunktionären widersprechen, die noch heute gesagt
aben, dass es für die Regelung eines solchen Sachver-
altes einer gesetzlichen Regelung nicht bedarf.


(Beifall des Abg. Joachim Stünker [SPD])


er die Debatten der letzten Wochen, Monate und Jahre
erfolgt hat und Veranstaltungen zu diesem Thema be-
ucht hat – nach meiner Kenntnis waren es die bestbe-
uchten politischen Veranstaltungen in vielen Wahlkrei-
en –, der kann sich über eine solche Einschätzung nur
undern. Die Menschen in diesem Land, die davon be-

roffen sind, erwarten von den Parlamentarierinnen und
arlamentariern, dass sie Entscheidungen treffen. Ich bin
ehr froh darüber, dass wir jetzt auf einem guten Weg
ind, auch wenn es inhaltlich unterschiedliche Positio-
ierungen gibt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir haben meiner Ansicht nach darüber zu reden,
ass wir – jedenfalls nach dem Entwurf des Kollegen
tünker, den auch ich vertrete – von zwei unterschiedli-
hen Lebenssachverhalten ausgehen. Der erste Lebens-
achverhalt ist folgender: Ein Mensch, der sich in einer
ituation befindet, in der er entscheidungsfähig ist, er-
lärt schriftlich, wie er in einer Situation, in der er auf-
rund seines Gesundheitszustandes nicht mehr selbst
ntscheiden kann, also in bestimmten Krankheitssitua-
onen, behandelt oder eben auch nicht behandelt werden
öchte. Ich glaube, dass es dem Selbstbestimmungsrecht

nd damit einer Grundentscheidung unseres Wertesys-






(A) )



(B) )


Christoph Strässer
tems geschuldet ist, diesem Willen eines entscheidungs-
unfähig gewordenen Menschen Geltung zu verschaffen;
denn dies ist nach meiner Überzeugung Kernbestandteil
unserer Rechtsordnung: Der erkennbare Wille eines er-
krankten Menschen am Ende seines Lebens ist nicht we-
niger wert als der erklärte Wille eines Menschen, der
sich selbst erklären kann.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Dabei geht es – das halte ich für besonders wichtig und
erwähnenswert – um den Willen des Patienten. Es geht
nicht, wie oft kolportiert wird, um den Willen eines Be-
treuers, eines Bevollmächtigten oder eines behandelnden
Arztes. Niemand hat nach unserer Überzeugung das
Recht, seinen Willen an die Stelle des Willens eines ent-
scheidungsunfähig gewordenen Patienten zu setzen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das wollen wir mit unserem Gesetzentwurf zur Patien-
tenverfügung regeln. Hierfür gilt es einen Rahmen zu
schaffen.

Ich möchte aber auf Folgendes hinweisen – vielleicht
sehen viele das ähnlich –: Wir wollen und können keine
konkreten Formulierungen vorgeben, die in den Patien-
tenverfügungen stehen müssen. Wir möchten nur errei-
chen, dass, wenn eine Patientenverfügung vorliegt, die
den Regeln, die der Gesetzgeber nach dieser sehr inten-
siven Beratung aufstellt, entspricht, dem Willen, der da-
rin niedergelegt ist, gefolgt wird. Das ist die einzige
Stoßrichtung unserer Arbeit an dieser Stelle.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der FDP und der LINKEN)


Es geht nicht darum – das hat Kollege Kauch, wie ich
finde, völlig zu Recht gesagt –, hier einen Automatismus
in Gang zu setzen. Ich verweise, weil ich diese Diskus-
sion teilweise nicht verstehe, sehr deutlich auf das, was
in unserem Gesetzentwurf in § 1901 b Abs. 1 und
Abs. 2, auf den ich noch zu sprechen komme, steht. Die-
ser bewirkt genau das Gegenteil von Automatismus.
Dort steht ganz klar, dass in jeder Situation, in der mit ei-
ner schriftlichen Patientenverfügung gearbeitet werden
muss, der Betreuer zu entscheiden hat, ob das, was darin
niedergelegt ist, sowohl dem Willen des Patienten als
auch seiner konkreten Lebens- und Behandlungssitua-
tion entspricht. Das ist kein Automatismus, sondern eine
Überprüfung des Willens des Patienten. Ich denke, das
ist eine Form des Selbstbestimmungsrechts, die wir zu
akzeptieren haben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


In § 1901 b Abs. 2 ist der Fall geregelt – ich glaube,
dieser Lebenssachverhalt ist noch wichtiger –, in dem
keine schriftliche Patientenverfügung vorliegt. Auch da-
für haben wir klare Regelungen vorgeschlagen, die ge-
nau das Gegenteil von Automatismus bewirken. Ich

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(C (D laube, das ist die Brücke zu dem Entwurf des Kollegen öller; denn wir wollen das Gespräch des Betreuers, des evollmächtigten mit den Angehörigen, mit all denjenien, die diesen Menschen sein Leben lang begleitet haen, um festzustellen, ob das, was als mutmaßlicher ille des Patienten festgelegt worden ist, tatsächlich sei em Willen entspricht. Ich glaube, für die Menschen, die iese schwierige Entscheidung zu treffen haben, ist 1901 b Abs. 2 eine Kernbestimmung, die mehr enthält ls das, was in allen mir bekannten Verfügungen bisher estgelegt worden ist. Das ist das Gegenteil von Automaismus. Deshalb bin ich sehr froh darüber, dass wir jetzt ntwürfe haben, die aus meiner Sicht mehrheitsfähig geacht worden sind. Ich möchte noch – aus Zeitgründen ganz kurz – auf en sogenannten Bosbach-Entwurf eingehen. Herr auch, Sie haben gesagt, das sei ein Beschäftigungsproramm für Vormundschaftsgerichte. Ich persönlich halte s auch für ein Beschäftigungsprogramm für Notare. n der Stelle muss man klar sagen, was man eigentlich ill. Ich werte das aus meiner Sicht so, dass man hier as Selbstbestimmungsrecht nach Art. 2 des Grundgeetzes spaltet: Es gibt Patientenverfügungen erster lasse und Patientenverfügungen zweiter Klasse. – Ich laube, dass das dem Willen derjenigen, die Patientenerfügungen schreiben, definitiv nicht entspricht. (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Zuruf von der SPD: Ja!)


eshalb werbe ich dafür, in den Verhandlungen, die jetzt
nlaufen, eine breite Mehrheit in diesem Parlament her-
eizuführen.

Ich möchte zum Schluss das aufgreifen, was die bei-
en Vorredner schon gesagt haben: Die Patientenverfü-
ung ist ein Bestandteil der Menschenwürde am Ende
es Lebens. Hospizarbeit und Palliativmedizin haben
uch in Deutschland einen neuen Stellenwert gewonnen.
ch fordere deshalb die gesetzlichen Krankenkassen auf,
ndlich die Blockade der Umsetzung der ambulanten
alliativmedizinischen Versorgung aufzugeben


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


nd es den Ärztinnen und Ärzten, die an dieser Stelle tä-
ig sind, zu ermöglichen, auch materiell dafür zu sorgen,
ass eine menschenwürdige Behandlung im Rahmen der
alliativmedizin auch in Deutschland möglich wird.

Die Palliativmedizin im Rahmen der seit 2007 beste-
enden gesetzlichen Grundlagen zu verbessern und die
rundlagen für eine vernünftige Patientenverfügung zur
elbstbestimmung zu schaffen – dies erwarten die Men-
chen in diesem Land von uns.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der FDP, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)







(A) )



(B) )


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619918000

Nächste Rednerin ist die Kollegin Monika Knoche.


Monika Knoche (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619918100

Sehr geehrte Präsidentin! Werte Abgeordnetenkolle-

ginnen und -kollegen! Ein würdiges Leben bis zuletzt le-
ben zu können – diesen Wunsch eines jeden Menschen
abzusichern ist das, was uns hier im Parlament eint. Die-
ser Wunsch ist für viele Menschen ein Grund, eine Pa-
tientenverfügung abzufassen.

Schon durch das Grundgesetz ist es geboten, das
Selbstbestimmungsrecht als Kernbereich der Menschen-
würde zu garantieren. Im Zustand der Hilfsbedürftigkeit
und Abhängigkeit am Ende des Lebens muss sich dieses
Menschenrecht bewähren. Doch wir bewegen uns kei-
nesfalls auf patientenrechtlichem Neuland. Es gibt Ster-
bebegleitrichtlinien der Bundesärztekammer. Darin wird
den Umständen des hoch individuellen Sterbegesche-
hens Rechnung getragen. Sie beinhalten, dass ein Be-
handlungsziel geändert werden muss, wenn keine wirk-
lich relevanten Angebote mehr gemacht werden können,
sodass der natürliche Sterbeprozess seinen Lauf nehmen
kann. So haben Menschen bereits heute die Möglichkeit,
lebensverlängernde technische Maßnahmen abzuleh-
nen. Ärzte müssen den erklärten Willen der Patientinnen
und Patienten befolgen.

Es gilt aber auch, denen Sicherheit zu geben, die auf-
grund des Krankheitsverlaufes keine autonome Willens-
erklärung mehr abgeben können. Das wollen wir in un-
serem Entwurf durch folgende Regelungen sicherstellen:

Erstens. Niemand ist oder wird genötigt, eine Patien-
tenverfügung abzufassen.

Zweitens. Eine Patientenverfügung ist für die Behan-
delnden verbindlich. Sie unterliegt keiner Reichweiten-
begrenzung. Das stellt sie nämlich mit den Menschen
gleich, die willensäußerungsfähig sind. Das heißt, sie ist
unabhängig von Art und Stadium der Erkrankung gültig
und damit wachen Patienten gleichgestellt.

Drittens. Es gelten klare Regeln zum Vorgehen in ei-
ner konflikthaften Situation. Bei Unklarheiten, was zu
tun ist, muss die Patientenverfügung auf den vorliegen-
den Entscheidungsfall hin bewertet werden. In Situatio-
nen, in denen Ärzte gute oder gar heilende Behandlungs-
angebote machen können, die in der Vorabverfügung
ausgeschlossen wurden, ist der vermeintliche Patienten-
wille genau zu eruieren. Die konkrete Situation ist also
maßgeblich, damit nicht gegen die Lebensinteressen der
Patienten entschieden wird. Für den ärztlichen Behand-
lungsauftrag, der hier gilt, ist Wohl und Würde der Pa-
tientinnen und Patienten ausschlaggebend.

Viertens. Das Vormundschaftsgericht ist unserer Vor-
stellung nach dann einzuschalten, wenn keine Einver-
nehmlichkeit zwischen den behandelnden Ärzten und
den Betreuungspersonen hergestellt werden kann.


(Beifall der Abg. Dr. Lukrezia Jochimsen [DIE LINKE])


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(C (D ur das Patientenwohl und der Wille, nicht aber die ngste, Interpretationen und Sorgen der Angehörigen ürfen ausschlaggebend sein. Fünftens. Gegen die Gerichtsentscheidung kann ein erfahrenspfleger binnen 14 Tagen Einspruch erheben. Sechstens. Grundsätzlich – so wollen wir es – muss der ntizipierte und geäußerte Wille respektiert werden. – ehr wird nicht geregelt, weil mehr auch nicht erforder ich ist. Als Initiatorin des Gesetzentwurfes Zöller/Faust/ äubler-Gmelin möchte ich sagen, dass alle Erleichte ungen für den im Sterben liegenden Menschen wie das tillen von Hunger und Durst, die Behandlung von chmerzen, die Pflege und die Basisversorgung durch ine Patientenverfügung nicht ausgeschlossen werden önnen. Ich halte fest: Der Stünker-Entwurf ist in seiner vorelegten Form – nicht in den heute gegebenen Interpreationen – aufgrund von drei entscheidenden Punkten für ns nicht akzeptabel. Erstens. Er wird dem Kernbestand ndividueller Lebensgestaltung insofern nicht gerecht, ls er eben die Befürchtung, dass ein Automatismus einreten kann, nicht entscheidend entkräften kann. weitens. Er sichert nicht hinreichend, dass der tatsächiche Wille beachtet wird. Drittens. Ich bin der Meinung, ass Sie klären müssen, ob Sie den Betreuungspersonen icht doch zu weitreichende Entscheidungsbefugnisse inräumen. Auch der Bosbach-Entwurf kann wegen seiner Reicheitenbegrenzung nicht überzeugen; denn eine Unter cheidung in der Lebenswertigkeit der individuellen terbeverläufe vorzunehmen und ihnen dann unterchiedlich gültige Verfügungen zuteilen zu wollen, ist eines Erachtens nicht akzeptabel. Unser Gesetzentwurf ist ein Kompromissvorschlag. r nimmt keine Reichweitenbegrenzung vor und sichert och, dass der höchstpersönliche Wille ausschlaggebend st. Volle Humanität und Würde bis zum letzten Atemug – das ist unser Credo. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Lachen des Abg. Joachim Stünker [SPD])



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619918200

Nun hat die Kollegin Katrin Göring-Eckardt das

ort.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen!

iebe Kollegen! Dem Gesetzentwurf, für den ich spre-
he, wird immer wieder vorgeworfen, er reguliere das
terben und achte nicht die Selbstbestimmung am Le-
ensende. Darauf möchte ich gerne eingehen; denn ich
inde, die Frage, was wir unter Selbstbestimmung verste-
en, was wir damit in diesem Zusammenhang meinen






(A) )



(B) )


Katrin Göring-Eckardt
und wie wir ihr Geltung verschaffen, ist in der Tat ent-
scheidend.

Es ist eben nicht das Gleiche, ob man eine Entschei-
dung bei vollem Bewusstsein, im Gespräch mit Ver-
wandten, einer Krankenschwester, einem Pfleger und ei-
ner Ärztin bzw. einem Arzt trifft oder ob man eine
Entscheidung getroffen hat, bevor man in eine Situation
kam, in der man sich nicht mehr äußern kann. Die Um-
stände einer zukünftigen Situation, über die entschieden
werden soll, kann man im Voraus weder erfühlen noch
kennen. Genau darum geht es.

Wir nehmen die Selbstbestimmung ernst, sehr ernst.
Deswegen wollen wir das Recht auf ärztliche Beratung
als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung ver-
ankern. Wir wollen vor allem die Möglichkeit der ärztli-
chen Beratung schaffen; darum geht es uns. Ärztliche
Beratung ist keine Zumutung. In Deutschland existiert
zum Beispiel für bestimmte Medikamente eine Ver-
schreibungspflicht, weil nicht jeder Einzelne weiß, wie
er mit ihnen umzugehen hat, und wir konsultieren, wenn
wir eine schwere Grippe haben, einen Arzt. Was
schreckt uns eigentlich, eine solche Beratung auch dann
in Anspruch zu nehmen, wenn es um eine Entscheidung
über Leben und Tod geht? Die Entscheidung, die letzt-
lich getroffen wird – das gilt auch für die Entscheidung
darüber, was in die Patientenverfügung geschrieben
wird –, liegt beim Einzelnen, und zwar nur bei ihm. Wer
entscheiden will, braucht aber Informationen, muss wis-
sen, wofür oder wogegen er bzw. sie verfügt. Genau
diese Informiertheit ist es, die eine Patientenverfügung
erst lesbar und überhaupt umsetzbar macht. Aus der ein-
fachen Aussage „Ich will nicht an Schläuchen hängen“
kann niemand einen tatsächlichen Willen ableiten, der in
einer konkreten Situation gelten soll.

Ärztliche Beratung ist Angebot und Unterstützung.
Viele, die darüber nachdenken, eine Patientenverfügung
zu verfassen, fragen sich: Wie soll ich das machen? Was
kann am Lebensende passieren? Welche Möglichkeiten
habe ich, welche nicht? – Das, was heute häufig passiert
und was auch in Zukunft der Fall sein wird, wenn der
Gesetzentwurf von Herrn Stünker und anderen beschlos-
sen wird – das ist meine Sorge –, möchten wir vermei-
den. Heute ist es so, dass der Notar eine fertige Patien-
tenverfügung für 100 Euro oder mehr ausdruckt und
sagt: Wenn du dir sicher sein willst, musst du das ent-
scheiden. – Genau das möchte ich nicht. Ich möchte,
dass eine ärztliche Beratung stattfindet. Außerdem
möchte ich, dass man nur für einen ganz bestimmten Fall
eine notarielle Beglaubigung braucht, nämlich dann,
wenn jemand verfügen möchte, eine unverrückbare Ent-
scheidung selbst für den Fall zu treffen, dass er schon
kurze Zeit später wieder bei Bewusstsein sein könnte.
Das wird allerdings nur für eine sehr kleine Gruppe von
Menschen gelten.

Ich möchte im Hinblick auf die Selbstbestimmung
noch einen zweiten Punkt ansprechen. Selbstbestim-
mung am Lebensende gelingt nur in Verbindung mit Für-
sorge. Nicht etwas kann jemandem am Lebensende zu
Selbstbestimmung verhelfen, sondern immer nur

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(C (D emand. Durch unseren Gesetzentwurf wird die Vertraunsperson gestärkt. Wir sind uns sicher, dass eine Verrauensperson in einem konkreten Fall am ehesten entcheiden kann, ob zum Beispiel eine Magensonde gelegt erden sollte oder nicht. Hier darf es keinen Automatisus geben. Ich möchte betonen – darauf hat Frau noche bereits zu Recht hingewiesen –: An dieser Stelle timmt das, was Sie, Herr Stünker, gesagt haben, nicht it dem überein, was in Ihrem Gesetzentwurf steht. (Joachim Stünker [SPD]: Oh doch! Genau das steht da drin! Man muss nur lesen können!)


Man sollte dem Instrument der Patientenverfügung
uf keinen Fall etwas zuschreiben, was es nicht leisten
ann. Ein Blatt Papier kann nie so viel leisten wie eine
erson. Aus genau diesem Grund wollen wir die Rolle
er Vertrauensperson stärken. Solche Entscheidungen
ann ein Arzt, der einen Patienten vielleicht erst seit sehr
urzer Zeit kennt, gar nicht treffen.

Einer der Hauptbeweggründe dafür, dass jemand
eutzutage eine Patientenverfügung verfasst, ist, am
nde nicht unnötig lange leiden zu müssen oder thera-
iert zu werden, wenn man es nicht mehr will. Man will
n Würde sterben; dem Sterben soll der natürliche Ver-
auf gelassen werden. Das ist richtig, und genau so soll
s sein. Doch dazu bedarf es weit mehr als einer Patien-
enverfügung. Dazu braucht es mehr Pflege, dazu
raucht es mehr Möglichkeiten der palliativmedizini-
chen Versorgung.

Der größte Teil der Patientenverfügungen, die ver-
asst sind, zielt auf Situationen, in denen eine Krankheit
nheilbar ist und zum Tode führen wird. Die bestehen-
en Patientenverfügungen behalten nach unserem Ge-
etzentwurf ihre Gültigkeit. Sie können ohne bürokrati-
chen Aufwand erstellt werden. Eine ärztliche Beratung
st keine Voraussetzung für die Gültigkeit einer Patien-
enverfügung, schon gar nicht ein Gang zum Notar. Es
st absurd, Herr Kauch, von Zwangsbehandlungen zu re-
en. Damit hat dieser Entwurf nichts zu tun.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Mit diesem Entwurf wird versucht, Missbrauch am
ebensende Einhalt zu gebieten, Missbrauch insofern,
ls dass jemand, der das Gefühl hat, er könnte seinen
erwandten oder gar der Gesellschaft zur Last fallen,
ich gedrängt fühlt, eine Patientenverfügung zu schrei-
en und zu unterzeichnen, die schnell ein Ende setzt, so-
ald es schwierig wird. Wir brauchen einen Gesetzent-
urf, der dann und nur dann, wenn es Zweifel gibt, für
as Leben entscheidet, für ein Leben in Würde auch in
er Sterbephase.

Allen, die sich für ein Leben in Würde auch in der
terbephase einsetzen, den in Palliativstationen, in Hos-
izen, in häuslicher Pflege Tätigen, gebührt Dank und
nerkennung, wenn wir über ein solches Gesetz disku-

ieren.

Vielen Dank.






(A) )



(B) )


Katrin Göring-Eckardt

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU, der SPD und der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
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Nächster Redner ist der Kollege Wolfgang Zöller.


Wolfgang Zöller (CSU):
Rede ID: ID1619918400

Grüß Gott, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Viele Menschen haben Angst, am Lebensende
durch hochtechnisierte Apparatemedizin gegen ihren
Willen künstlich am Leben erhalten zu werden und nicht
in Würde sterben zu können. Deshalb haben wir einen
Gesetzentwurf zur Klarstellung der Verbindlichkeit von
Patientenverfügungen erarbeitet. Wir sind dabei von fol-
genden Leitgedanken ausgegangen:

Erstens. Wir wollen die in der Praxis bestehende
Rechtsunsicherheit im Hinblick auf die Verbindlichkeit
der Patientenverfügung beseitigen. Wir wollen dabei nur
das unerlässlich Notwendige regeln, nicht mehr.

Zweitens. Wir wollen, dass der Wille des Patienten re-
spektiert wird. Die Patientenverfügung soll grundsätz-
lich verbindlich sein. Sowohl der ausdrücklich erklärte
als auch der zu ermittelnde mutmaßliche Wille des Pa-
tienten sollen nach Verlust der Einwilligungsfähigkeit
fortwirken.


(Dr. Herta Däubler-Gmelin [SPD]: Sehr richtig!)


Drittens. Die Patientenverfügung soll in der Regel in
Schriftform erfolgen. Weil aber viele Patienten – aus un-
terschiedlichen Gründen, etwa wegen des plötzlichen
Eintritts einer Krankheit – keine schriftliche Erklärung
abgeben können, soll die Schriftform für die Wirksam-
keit einer Patientenverfügung keine zwingende Voraus-
setzung sein.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Mündlich geäußerte Erklärungen sollen weiterhin wirk-
sam sein.


(Dr. Herta Däubler-Gmelin [SPD]: Genau!)


Viertens. Auch bei Vorliegen einer Patientenverfü-
gung muss eine individuelle Ermittlung des Patienten-
willens in der aktuellen Situation erfolgen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Diese Regelung trägt der Tatsache Rechnung, dass sich
durch den medizinischen Fortschritt neue Behandlungs-
möglichkeiten ergeben können, von denen der Patient zu
dem Zeitpunkt, als er seine Patientenverfügung verfasst
hat, noch nichts wissen konnte.

Fünftens. Kein Automatismus, sondern individuelle
Beratung und Betrachtung. Die Vielfalt der denkbaren
Situationen am Lebensende entzieht sich einer pauscha-
len Betrachtung, und es lässt sich nicht alles bis ins De-
tail regeln.


(Dr. Herta Däubler-Gmelin [SPD]: Sehr richtig!)


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(C (D terben ist nicht normierbar. Eine gesetzliche Regelung arf deshalb keinen Automatismus eines buchstabengereuen Befolgens der Patientenverfügung in Gang seten. Vielmehr muss Raum für die Beachtung der aktuelen konkreten Situation und die Betrachtung des inzelfalls geboten werden. Sechstens. Dialog der Beteiligten statt Bürokratie. ie Umsetzung des Patientenwillens in der konkret einetretenen Behandlungssituation soll daher nach einem ialogischen Prozess der gegenseitigen Überprüfung und ewertung zwischen Arzt und rechtlichem Vertreter er olgen. (Dr. Herta Däubler-Gmelin [SPD]: Sehr wahr!)


n diesen dialogischen Prozess können bei Bedarf wei-
ere dem Patienten nahestehende Personen wie zum Bei-
piel Pflegekräfte und Mitglieder des Behandlungsteams
eratend einbezogen werden.

Siebtens. Wir wollen ein hohes Maß an Patienten-
icherheit. Durch die drei folgenden Kriterien wird ein
ohes Maß an Sicherheit für den Patienten erreicht: Ers-
ens. Ärzte und rechtliche Vertreter müssen sich mit je-
er einzelnen Patientenverfügung intensiv auseinander-
etzen. Sie haben die Pflicht, den Patientenwillen bei
inem entscheidungsunfähigen Patienten sorgfältig zu
rmitteln. Zweitens. Der Betreuer ist bei der Ausübung
einer Tätigkeit stets verpflichtet, sich bei der Erfüllung
einer Aufgaben am Wohl des Betreuten zu orientierten.
rittens. Besteht in dieser Frage Uneinigkeit zwischen
em behandelnden Arzt und dem Betreuer – und nur in
iesem Ausnahmefall, also nicht generell –, soll der
ille des Patienten durch ein Vormundschaftsgericht er-
ittelt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, durch diese
chutzmechanismen wird einerseits sichergestellt, dass
atientenverfügungen nicht gleichsam mechanisch nach
eren Wortlaut umgesetzt werden müssen, und anderer-
eits, dass das Selbstbestimmungsrecht nicht unverhält-
ismäßig eingeschränkt wird. Wir sind der Überzeu-
ung, dass Patientensicherheit und Patientenautonomie
n unserem Entwurf gleichermaßen berücksichtigt wer-
en, indem den unterschiedlichsten Situationen am Le-
ensende ausreichend Raum gewährt wird.

Wir sehen hier einen möglichen Kompromiss zwi-
chen den Positionen, die zurzeit diskutiert werden. Wir
ehen mit diesem Vorschlag auch die Möglichkeit für die
bgeordneten, die meinen, man bräuchte keine Rege-

ung, dem beizutreten. Mehr Rechtssicherheit ist sehr
otwendig.

Vielen Dank.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619918500

Nun hat der Kollege Otto Fricke das Wort.






(A) )



(B) )


Otto Fricke (FDP):
Rede ID: ID1619918600

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-

legen! Der Umgang mit dem Tod ist in unserer Gesell-
schaft schwierig. Egal wann wir auf dieses Problem tref-
fen, ob beim Testament, bei der Organspende oder bei
der Patientenverfügung: Wir tun uns damit schwer.

Ich will direkt die erste Frage beantworten: Müssen
wir als Gesetzgeber die Patientenverfügung regeln, ja
oder nein? – Ich glaube, wir haben die Verpflichtung,
dies zu regeln. Es gibt dabei nicht die richtige Antwort,
aber wir müssen wenigstens eine richtige Antwort fin-
den. Sonst täten wir das, was wir als Gesetzgeber nicht
tun sollten, nämlich, es innerhalb der Gewaltenteilung
anderen zu überlassen. Das wäre ein Fehler und würde
die Bürger nur noch weiter verunsichern.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der CDU/ CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Darüber, welche Antwort wir geben wollen, gehen
unsere Meinungen auseinander. Mir geht es um die Frei-
heit des Patienten. Mir geht es gemeinsam mit dem Kol-
legen Bosbach, der Kollegin Göring-Eckardt, dem Kol-
legen Röspel und anderen um die Selbstbestimmung.
Eine freiheitliche Lösung bedeutet aber nicht, dass mög-
lichst wenige Regeln gesetzt werden und Selbstbestim-
mung ermöglicht wird, indem einfach alles laufen gelas-
sen wird. Laufen lassen ist keine Selbstbestimmung.

Freiheit bedarf der Aufklärung. Um Freiheit zu errei-
chen, muss klargemacht werden, was die Grundlage des
Handelns ist. Wer nicht weiß, was er tut, der handelt
letztlich nicht frei, sondern in Dunkelheit. Selbst handeln
ist nur dann selbst bestimmen, wenn man die Grundla-
gen seiner Entscheidung kennt. Kennt man sie nicht,
dann hat man zwar schön gehandelt, aber man war nicht
wirklich frei.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der CDU/ CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Diese Fragen sind niemals wichtiger als dann, wenn es
um Leben und Tod geht.

Freiheit bedarf aber auch der Verantwortung. Wer
Verantwortung übernommen hat – nicht nur für sich
selbst, sondern auch für andere: für Partner, für Kinder,
für seine Familie –, der verwirklicht seine Freiheit, der
prägt sie aber auch. Diese Verantwortung besteht nun
einmal, und diesen Teil der Verantwortung muss man be-
rücksichtigen. Man muss immer sehen, welche Verant-
wortung man bei aller Freiheit für andere hat und unter
welchen Bedingungen man dennoch das Recht hat, sich
die Freiheit zu nehmen und so und nicht anders zu ent-
scheiden. Hier liegt der Kern des Unterschieds – er liegt
nicht bei den Fällen eines tödlichen Verlaufs –; das will
ich gern zubilligen.

Grundentscheidung aller ethischen Entscheidungen
im Bundestag in den letzten Jahrzehnten war, dass wir in
diesen Fragen dem Einzelnen nie vorschreiben können,
was richtig und falsch, vernünftig und unvernünftig ist.
Im Gegenteil: Wir geben dem Einzelnen sogar das Recht

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(C (D uf Unvernunft. Aber wenn wir dies tun, dann müssen ir gleichzeitig von dem Betroffenen erwarten, dass er m Rahmen seiner Möglichkeiten die Situation reflekiert und sich mit ihr auseinandersetzt. Warum dann der otar? Wenn man ein Haus kauft, dann hat der Notar ine Warnfunktion. Herr Stünker, Sie können das juristisch alles viel beser; das ist schön und gut. Aber es ist eine Warnfunktion, nd deswegen gehen wir zum Notar. Machen Sie es, wie ie wollen. – Ähnlich verhält es sich bei elektronisch ge ätigten Geschäften mit Widerrufsverpflichtung. Wenn s um Fragen von Leben oder Tod geht, dann kann es icht sein, dass wir den Bürger nicht zu einer Reflexion erpflichten. Herzlichen Dank. (Beifall bei Abgeordneten der FDP, der CDU/ CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Widerspruch bei der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619918700

Nächster Redner ist der Kollege René Röspel.


René Röspel (SPD):
Rede ID: ID1619918800

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Ja, Herr Kauch, wir haben jetzt fünf Jahre disku-
iert. Im Jahr 2004 hat die Enquete-Kommission „Ethik
nd Recht der modernen Medizin“ ihren Bericht vorge-
egt und in ihm unter anderem eine Studie der Bundes-
rbeitsgemeinschaft Hospiz zitiert, in der es darum ging,
elche Ängste und Sorgen die Menschen umtreiben,
enn sie an ihre letzte Stunde denken: Menschen wollen
icht einsam und alleingelassen sterben, sie wollen kei-
en schmerzhaften Tod, bis zuletzt an Apparaten hän-
end. Für die meisten dieser Fälle ist die Patientenverfü-
ung übrigens nicht die passende Antwort.

Wir haben fünf Jahre lang diskutiert. Das war für die
esellschaft gut, weil dieses Thema breiter und intensi-
er erörtert worden ist. Im Bereich der Palliativ- und
ospizarbeit haben wir schon einiges, wenn auch noch
einen guten Zustand erreicht. Ich bekenne, dass auch
ch in den letzten fünf Jahren viel dazugelernt und meine
osition mehrfach verändert habe. Bis heute habe ich
ine Reihe von Kompromissen akzeptiert. Ich weiß nun
icht, ob ich die richtige Lösung vorschlage; aber ich bin
ir sicherer geworden.

Die Zahl der Patientenverfügungen wird zunehmen,
eil die Menschen hoffen, dass sie damit ihre letzte
tunde besser regeln können. Diese Hoffnungen sollten
ir nicht enttäuschen. Die Menschen haben das Recht,

hre Entscheidung selbst zu treffen.


(Beifall des Abg. Rolf Stöckel [SPD])


ir sollten auch dazu beitragen, dass Ärzte und Pfle-
ende mehr Klarheit und Rechtssicherheit in der Frage
ekommen, wie sie mit den Menschen in der letzten
tunde ihres Lebens umgehen.






(A) )



(B) )


René Röspel
Patientenverfügungen sind Vorausverfügungen für
eine Situation, in der man sich noch nicht befindet. Ein
Gesunder oder noch nicht Erkrankter hat darin festge-
legt, wie andere ihn behandeln oder was sie unterlassen
sollen, wenn er nicht mehr selbst entscheiden kann. Er
urteilt über eine Situation, in der er sich noch nicht be-
funden hat, die er noch nicht am eigenen Leibe erfahren,
sondern allenfalls bei Verwandten erlebt oder durchlitten
hat, oder die er vielleicht nur in seiner Phantasie durch-
gespielt hat. Dass sich die Patientenverfügung auf einen
Vorgang in der Zukunft bezieht, ist ihre große Schwach-
stelle. Es kann sein, dass der Kranke dann, wenn die Si-
tuation eingetroffen sein wird, genauso entscheiden
würde, wie er es als Gesunder aufgeschrieben hat; aber
es kann eben auch sein, dass er sich ganz anders ent-
schiede. Es gehört zur Lebenserfahrung, dass man in Ge-
sprächen oder auch im unmittelbaren Erleben mitbe-
kommt, dass sich Menschen im Verlauf einer Krankheit
verändern, andere Entscheidungen treffen und andere
Gewichtungen vornehmen oder eine andere Lebensper-
spektive entwickeln.

Meine Zielsetzung ist, mit dem Antrag, den wir heute
einbringen, nach Möglichkeit sicherzustellen, dass der
Patient in der Krankheitssituation so behandelt oder eben
nicht behandelt wird, wie er es selbst entscheiden würde.
Dafür sind aus meiner Sicht zwei Voraussetzungen erfor-
derlich: Erstens muss der Patient mögliche Krankheits-
verläufe und ihre Konsequenzen intensiv mit seinem
Arzt diskutieren und sich überlegen, welche Entschei-
dung er in welchem Fall treffen würde. Die zweite Vo-
raussetzung ist – das ist wichtig für die, die als Dritte
entscheiden müssen –, dass eine lesbare Patientenverfü-
gung bzw. eine klare Handlungsanweisung verfasst wer-
den muss, die später von Dritten verstanden und befolgt
werden kann.


(Beifall der Abg. Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Nur so kann der Wille wirklich umgesetzt werden.

Jetzt gehe ich einen Beispielfall durch – ich weiß,
dass das zu Widerspruch führen wird –: Jemand schreibt
in seiner Patientenverfügung: „Wenn ich mal dement
bin, möchte ich keine medizinische Behandlung mehr.“
Es gibt zwei Möglichkeiten, wie diese Patientenverfü-
gung zustande gekommen ist. Die erste ist der Idealfall:
Der Verfasser hat sich – möglicherweise wegen des
Schicksals eines nahen Verwandten – intensiv mit der Si-
tuation befasst, sich medizinisch beraten lassen und mit
Demenz auseinandergesetzt und betrachtet das, was er
aufgeschrieben hat, als seine Entscheidung. Er ist fest
entschlossen, dass sie so gelten soll, wie er es aufge-
schrieben hat.

Die zweite Möglichkeit ist nicht der Idealfall. Der
Verfasser – man denke an Terry Schiavo – hat aufgrund
einer spontanen Begebenheit – möglicherweise durch
eine Sendung im Fernsehen oder von einem Besuch im
Altenheim beeindruckt – ohne Information die Entschei-
dung getroffen, dass er so nicht leben möchte, und ver-
fasst eine entsprechende Patientenverfügung.

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(C (D Wie soll sich ein Arzt oder eine Ärztin verhalten, der der die mit dem Patienten in einer Krankheitssituation onfrontiert wird und diese Patientenverfügung vorfinet, und zwar ohne die Hintergründe ihres Zustandeommens zu kennen, und nicht weiß, welche der Mögichkeiten zutrifft: Ist die Patientenverfügung aufgrund er notwendigen Informationen zustande gekommen nd entspricht sie wirklich dem, was er als seine feste ntscheidung aufgeschrieben hat? Der im letzten Jahr eingebrachte Stünker-Entwurf ird aus meiner Sicht die Unsicherheit noch vergrößern. nserem Entwurf wurde vorgeworfen, dass er ein Be chaffungsprogramm für Vormundschaftsgerichte wäre. ch glaube vielmehr, dass der Entwurf von Stünker, auch und Kollegen ein Beschaffungsprogramm für ormundschaftsgerichte sein wird, weil der Arzt näm ich nicht die Entscheidung treffen wird, wie eine Patienenverfügung, die nicht hinreichend belegt ist, auszuleen ist. Er wird darauf verweisen, dass das nicht seine ntscheidung ist, und letztlich werden die Vormundchaftsgerichte darüber entscheiden müssen. Wenn die Patientenverfügung nach dem Stünker-Enturf umgesetzt werden muss, wie ich es vorhin be chrieben habe, dann wird wie im zweiten Fall die Mögichkeit des Irrtums und der Leichtfertigkeit in Kauf enommen. Muss sie nicht umgesetzt werden – ich bin espannt, wie diese Frage in der Anhörung und durch ie möglicherweise noch folgenden Redner beantwortet ird – – Herr Kollege, entschuldigen Sie, dass ich Sie unter reche. Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen auch? Ja, gerne. Herr Kollege, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu neh en, dass wir genau diesen Problemfall noch über die on Ihnen beschriebene Problematik hinaus aufgegriffen aben, indem wir im Gesetzentwurf des Abgeordneten tünker und anderer vorgesehen haben, dass stets der ak uelle Wille Berücksichtigung finden muss, und dass in er Begründung zu diesem Gesetzentwurf der aktuelle ille in Verbindung mit dem Demenzfall ausdrücklich äher beschrieben worden ist? (Zuruf des Abg. Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU])

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619918900
René Röspel (SPD):
Rede ID: ID1619919000
Michael Kauch (FDP):
Rede ID: ID1619919100

arin steht nämlich, dass wir an dieser Stelle – es geht
m die Auslegung, Herr Weiß; Sie wissen selbst, dass
ie Begründung dabei eine Rolle spielt – im Demenzfall
ie aktuellen, auch nonverbalen Äußerungen des Patien-
en beachten müssen. Der Demenzfall ist der schwie-
igste Fall, vor dem wir stehen, weil es dabei zu Persön-
ichkeitsveränderungen kommt. Sind Sie bereit, zur
enntnis zu nehmen, dass genau dieser Fall in unserem






(A) )



(B) )


Michael Kauch
Gesetzentwurf sehr ausführlich – möglicherweise aus-
führlicher als in Ihrem Entwurf – behandelt worden ist?


René Röspel (SPD):
Rede ID: ID1619919200

Er ist nicht ausführlicher als in unserem Gesetzent-

wurf behandelt worden, jedenfalls was die Konsequen-
zen anbelangt. Ich habe das sehr wohl interessiert und
nachdenklich gelesen. Aber im Prinzip ist genau dieser
Punkt bei Ihrer Auslegung das Problem. Wie kann der
Patient, der sich sehr wohl entschieden hat – das ist der
Idealfall, den ich zuerst beschrieben habe –, dass er im
Demenzfall auf keinen Fall behandelt werden will,


(Wolfgang Bosbach [CDU/CSU]: Das ist der Punkt!)


sein Selbstbestimmungsrecht durchgesetzt bekommen,
wenn Sie – wie jetzt und wie es in den Diskussionen
häufiger zu hören ist – anfangen, es zu relativieren? Sie
sagen nämlich, der aktuelle Behandlungswille solle sehr
wohl eine Rolle spielen. Wie soll aber der Arzt, der den
Patienten vorher nicht gesehen hat und auch nicht die
Hintergründe kennt, die zu dessen Entscheidung geführt
haben, zwischen dem aktuellen Willen und der selbstbe-
stimmten Entscheidung abwägen, die der Patient einmal
getroffen hat und zu der er fest entschlossen ist?


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Wenn Sie so argumentieren, passt das Etikett Selbst-
bestimmungsrecht und Kenntnisnahme nicht auf den Ge-
setzentwurf; denn die Erfahrung ist, dass die Menschen
sagen: Der Stünker/Kauch-Gesetzentwurf bietet uns die
Sicherheit, dass das, was ich aufgeschrieben habe, um-
gesetzt wird. – Gerade haben Sie genau das relativiert.
Deswegen ist der Gesetzentwurf, den Sie unterstützen,
nicht geeignet, das Selbstbestimmungsrecht und dessen
Umsetzung zu gewährleisten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir werden in der Anhörung noch darüber diskutieren.
Aber ich bin froh über Ihre Zwischenfrage, weil sie deut-
lich macht, dass man sich Ihren Gesetzentwurf genauer
anschauen muss.

Eine bessere Lösung – auch im Sinne des Selbstbe-
stimmungsrechtes – bietet aus meiner Sicht der von den
Kollegen Bosbach, Göring-Eckardt, Fricke und mir erar-
beitete Gesetzentwurf. Wer fest entschlossen ist, unab-
hängig von Art und Stadium der Krankheit und hoffent-
lich nicht gegen alle Vernunft


(Zuruf des Abg. Rolf Stöckel [SPD])


– das kann ich nicht beurteilen; gegen meine Vernunft je-
denfalls –, bestimmte Handlungsanweisungen zu verfü-
gen, sich ärztlich beraten und seinen Beschluss notariell
beurkunden lässt, der bekommt eine deutlich höhere Si-
cherheit, dass seine Patientenverfügung auch umgesetzt
wird; denn der Arzt bekommt deutlich mehr Hinweise
auf die Genese der Patientenverfügung.

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(C (D Gleichzeitig bietet unser Gesetzentwurf – das ist mir indestens genauso wichtig – einen besseren Schutz vor ehlinterpretation. Die meisten Patientenverfügungen eziehen sich auf tödliche Erkrankungen oder auf daueraften Bewusstseinsverlust. Diese Formulierung lässt ich auch im Entwurf bzw. in der Broschüre des BMJ inden. Die meisten Patientenverfügungen bleiben nach nserem Gesetzentwurf – entgegen allen Behauptungen – erbindlich. Wer das Selbstbestimmungsrecht klarer umesetzt wissen sowie Fehlinterpretationen und Irrtümer, ie Konsequenzen für das Leben haben, verhindern will, uss den Gesetzentwurf von Herrn Bosbach und Kolle en unterstützen. Vielen Dank. (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619919300

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Ilja Seifert.


Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619919400

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin

eder katholisch noch eine Frau. Aber eine der vielen
uschriften, die wir zum Beispiel von einer katholischen
rauenorganisation bekommen haben, enthält den be-
erkenswerten Satz, dass es den Damen lieber sei, wir

ällten keine Entscheidung als eine, die noch mehr ver-
irrte. Ich spreche hier als jemand, der keinen der vor-

iegenden Gesetzentwürfe unterstützt; denn ich kenne
iele Menschen, die keine Patientenverfügung verfassen
ollen.


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Sie müssen es auch nicht!)


s wurde bereits mehrfach gesagt, dass dieses Recht
elbstverständlich weiterexistiert. Ich möchte in dieser
ebatte extra dafür sprechen. Ich kann mich des Ein-
rucks nicht erwehren, dass jede Patientenverfügung,
ie auch immer sie verfasst sein mag, eher zur Verwir-

ung beiträgt, weil sie den Glauben vermittelt, man hätte
icherheit – von fast allen Seiten wurde bereits gesagt,
ass der Wille anderer in der Regel mehr Verwirrung
tiftet als der eigene – und wäre in einer rechtlich klaren
ituation. Das stimmt aber in Wirklichkeit nicht.

Was brauchen wir denn wirklich, wenn wir nicht
ehr fähig sind, unseren Willen zu bekunden, wenn es

n das Sterben geht? Ich denke, das Wichtigste ist das
ertrauen zu den Personen, die um uns herum sind. Des-
alb plädiere ich sehr dafür, zum Beispiel eine Vorsorge-
ollmacht auszustellen, also zu sagen, welche Person
eines Vertrauens dann, wenn ich selber nicht mehr re-

en, mich nicht mehr äußern kann, in der Lage ist, für
ich zu sprechen. Mit dieser Person muss ich natürlich

orher geredet haben; das ist doch klar. Das sind in der
egel sehr nahe Angehörige. Das muss aber nicht sein.
eine lieben Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns

eshalb nicht den Eindruck vermitteln, dass wir mit ei-
er notariell beglaubigten Patientenverfügung wirklich
icherheit haben, dass am Ende des Lebens unser Selbst-






(A) )



(B) )


Dr. Ilja Seifert
bestimmungsrecht und unsere Würde so gewahrt blei-
ben, wie wir es uns wünschen und erwarten dürfen.

Wir müssen in unserem ganzen Leben immer auf be-
stimmte Menschen vertrauen, gerade in der Situation der
Krankheit. Ich muss darauf vertrauen, dass die Ärzte ihr
Handwerk verstehen und mich richtig beraten, dass sie
mich nicht so beraten, dass sie möglichst viel verdienen,
sondern so, dass es mir möglichst gut geht. Das hat et-
was mit dem Vertrauen zu tun, das ich zu meinem Haus-
arzt oder zu wem auch immer habe. Das Gleiche trifft in
jeder anderen Situation zu, erst recht in der Situation des
Sterbens. Deshalb: Lassen Sie uns die Palliativmedizin
ausbauen, lassen Sie uns die ambulanten und stationären
Hospize stärken, lassen Sie uns die Pflege verbessern
usw. Damit helfen wir den Menschen wirklich. Und:
Lassen Sie uns das altbewährte Prinzip des Vertrauens
von Menschen, die sich lieben – vielleicht darf man so
etwas in diesem Zusammenhang einmal sagen –, stär-
ken. Wir sollten nicht so tun, als ob wir mit einem Ar-
beitsbeschaffungsprogramm für Juristen aller Art wirk-
lich etwas in der Situation, über die wir hier gerade
reden, erreichen würden.

Noch einmal: Man muss weder katholisch noch eine
Frau sein, um diesem Satz zuzustimmen. Bevor wir da-
durch mehr Verwirrung schaffen, dass wir so tun, als ob
wir etwas getan hätten, lassen Sie uns lieber bewusst die
Entscheidung fällen, keine Patientenverfügung vorzu-
schreiben.


(Wolfgang Bosbach [CDU/CSU]: Wir schreiben keine vor!)


Das wäre eine bewusste Entscheidung zur Stärkung des
Vertrauens untereinander. Betonen Sie bitte überall,
wenn Sie draußen mit den Leuten reden, dass es keine
Pflicht zum Verfassen von Patientenverfügungen gibt.
Wer es doch tut, nimmt sein gutes Recht wahr, aber man
sollte nicht denken, es ginge nicht ohne.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN, der CDU/CSU und der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619919500

Nun hat der Kollege Jerzy Montag das Wort.


Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619919600

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Liebe Katrin, ich habe an dem Gesetzentwurf von Herrn
Stünker und Kollegen über viele Monate sehr intensiv
mitgearbeitet. Deswegen kann ich – damit will ich an-
fangen – es nicht stehenlassen, wenn du in der Debatte
sagst, bezüglich des Problems des angeblichen Automa-
tismus würden wir in unseren Texten etwas anderes
schreiben, als wir erzählen würden.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD, der FDP und der LINKEN)


Ich will, um den Irrtum auch von dieser Stelle aus in al-
ler Klarheit und Ruhe auszuräumen, sagen: In unserem
Gesetzentwurf steht, dass dann – ich kürze ab –, wenn

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(C (D ine Patientenverfügung vorliegt, der Betreuer prüft, ob ie Festlegungen der Patientenverfügung auf die aktuelle ebensund Behandlungssituation zutreffen. Diese Prü ung beinhaltet eine Einzelfallprüfung mit all den Eleenten, die der Kollege Zöller ausführlich aufgeführt at. Erst wenn diese Prüfung beendet ist und der Bereuer die Entscheidung getroffen hat, dass zwischen em Text der Patientenverfügung und der konkreten Leenssituation eine Einheit besteht, dann hat der Betreuer er Patientenverfügung Geltung zu verschaffen. Das ist as Gegenteil von einem Automatismus, und so steht es n unserem Gesetzentwurf. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD, der FDP und der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619919700

Herr Kollege Montag, gestatten Sie eine Zwischen-

rage des Kollegen Dr. Wodarg?


Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619919800

Ja.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619919900

Bitte sehr.


Dr. Wolfgang Wodarg (SPD):
Rede ID: ID1619920000

Herr Kollege, Sie haben eben ganz deutlich ausge-

prochen, dass hier nur der Betreuer prüft.


(Joachim Stünker [SPD]: Nein!)


o jedenfalls steht es in Ihrem Text. Dadurch unterschei-
en Sie sich von dem Entwurf, den Herr Zöller vorge-
tellt hat, weil hier von Anfang an ein dialogischer Pro-
ess gefordert wird. Ich halte es für wichtig, wenn wir
ns Gespräch kommen wollen, dass das als Basis aner-
annt wird und dass wir dann weiter diskutieren. Wenn
s hier allerdings nur der Betreuer ist, dann gibt es dort
inen Dissens.


(Joachim Stünker [SPD]: Das stimmt doch gar nicht!)



Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619920100

Lieber Kollege, ich bin Ihnen sehr dankbar dafür, dass

ie diesen Punkt aufgreifen, weil er mir Gelegenheit
ibt, das aufzuklären.

Der Gesetzentwurf, den wir vorlegen, aber auch die
nderen Gesetzentwürfe behandeln das Betreuungsrecht
nd die Einschaltung des Vormundschaftsgerichts. Sie
agen weder negativ noch positiv ausdrücklich etwas
ber die Rechte und Pflichten des behandelnden Arztes.
ber es ist selbstverständlich, dass der Arzt zuallererst

ine Diagnose zu stellen und einen Behandlungsvor-
chlag zu machen hat; denn nur dann kann der Betreuer
berhaupt mit seiner Prüfung beginnen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD, der FDP und der LINKEN)







(A) )



(B) )


Jerzy Montag
Außerdem steht in unserem Gesetzentwurf ausdrück-
lich, dass eine Einigung zwischen Betreuer und Arzt


(Christoph Strässer [SPD]: Voraussetzung ist!)


über die Auslegung zustande kommen muss. Nur dann,
wenn eine solche Einigung zustande kommt, bedarf es
keiner vormundschaftlichen Entscheidung.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD, der FDP und der LINKEN – Zuruf: § 1904 Abs. 4! Einfach mal lesen!)


– Tut mir leid, das kann ich jetzt nicht mehr machen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Patientenverfügun-
gen – das ist vielleicht auch die Antwort auf Ihre Bemer-
kungen, Herr Kollege Seifert – sind nach dem geltenden
deutschen Recht nicht verboten, ganz im Gegenteil. Es
gibt viele Patientenverfügungen. Die Entwicklung der
Bevölkerung und der medizinischen Möglichkeiten wird
dazu führen, dass es in Zukunft noch mehr geben wird.
Die Frage, die wir beantworten müssen, ist, ob die ge-
setzlichen Regelungen dieses Problem umfassend erken-
nen und behandeln. Das tun sie nicht.

Der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung
vom 17. März 2003 gesagt: Einen Teil der Lücken im
Vormundschaftsrecht und im Betreuungsrecht kann man
mit Rechtsfortbildung klären. Aber er hat schon im
Jahre 2003 dem Parlament zugerufen: Mit dieser Lü-
ckenfüllung kann es nicht so weitergehen. Der Gesetzge-
ber ist aufgefordert zu entscheiden.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD, der FDP und der LINKEN)


Deswegen ist es einfach notwendig, dass wir uns end-
lich auf eine Regelung dieses Komplexes einigen. So
wie ich es sehe, ist eine der entscheidenden Fragen, ob
wir – in welcher Form auch immer – eine Begrenzung
der Geltung, also eine Reichweitenbegrenzung, einfüh-
ren sollten oder nicht.


(Rolf Stöckel [SPD]: So ist es!)


Das geltende Recht sieht eine solche Begrenzung nicht
vor.

Ich bin dem Kollegen Bosbach dankbar dafür, dass er
aus einem bayerischen Dokument zitiert hat. Ich will
mich dem gleich anschließen. Das Bayerische Staatsmi-
nisterium der Justiz – es handelt sich wahrscheinlich um
die gleiche Broschüre – hat zu der Frage der Patientenver-
fügung einen Text veröffentlicht – diese Passagen sind
mit denen des Bundesjustizministeriums textgleich –, in
dem über die Patientenverfügung und ihre Geltung nach
geltendem Recht steht: Es gibt keine Reichweitenbegren-
zung.

Deswegen stelle ich fest: Derjenige, der jetzt eine
neue gesetzliche Regelung vorschlägt, in der eine solche
Begrenzung vorgesehen ist, geht hinter das geltende
Recht zurück und verschlechtert die Situation für die Pa-
tienten, für die Betreuten.

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(C (D (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD, der FDP und der LINKEN)


Deswegen muss ich, wenn wir uns intensiv mit den
ntwürfen auseinandersetzen, aus meiner Sicht sagen:
er Entwurf Bosbach jedenfalls führte zu einer Ver-

chlechterung der jetzigen Lage. Da wäre es besser, er
äme nicht.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)


Wir werden über die weiteren Einzelheiten in den Be-
atungen sprechen. Ich kann wegen der begrenzten Re-
ezeit darauf nicht mehr eingehen.

Ich will nur noch zu einem Punkt etwas sagen. Wer
agt – das klang auch an –, nur eine informierte Ent-
cheidung sei eine selbstbestimmte, der begeht aus mei-
er Sicht einen Fehler. Eine informierte Entscheidung ist
ine bessere. Eine informierte Entscheidung ist eine, die
her befolgt werden kann. Eine informierte Entschei-
ung ist eine, die denjenigen, die dann zu entscheiden
aben, die Aufgabe erleichtert und vielleicht auch eher
u einem Ergebnis führt. Aber sie ist keine Vorausset-
ung für die Selbstbestimmung.

Letztendlich: Lebensschutz, so heißt es, stünde gegen
ie Selbstbestimmung. Nein, liebe Kolleginnen und Kol-
egen, Lebensschutz gibt es nur innerhalb der Selbstbe-
timmung und nicht gegen die Selbstbestimmung.

Danke schön.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD, der FDP und der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619920200

Nächste Rednerin ist die Kollegin Julia Klöckner.


Julia Klöckner (CDU):
Rede ID: ID1619920300

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Viele Menschen, die uns bei dieser Debatte
uhören, die die vorausgegangenen Debatten verfolgt
der sich mit Materialien und Kommentaren beschäftigt
aben, werden jetzt sicherlich nicht einfacher entschei-
en können. Es wird vieles nicht klarer, sondern immer
omplexer, und es geht durcheinander. Diese Rückmel-
ung bekomme zumindest ich von vielen Bürgerinnen
nd Bürgern, die sich mit dieser Thematik ernsthaft be-
chäftigen. Das hat wenig damit zu tun, dass es an Intel-
igenz mangelt; Grund ist die Komplexität, aber auch die
rnsthaftigkeit des Themas.

Wer sich mit Patientenverfügungen befasst, der be-
chäftigt sich mit dem Tod. Natürlich kann man in einer
atientenverfügung auch festhalten, dass alles Mögliche
etan werden soll, wenn man nicht mehr ansprechbar ist;
ber wir konzentrieren uns auf die Fälle, in denen es zum
eispiel darum geht, frühzeitig oder früher, als es im

onstigen Verlauf geschähe, Leben zu beenden bzw. das,
as an Medikamenten oder an medizinischer Versor-
ung zur Verfügung steht, nicht mehr in Anspruch zu
ehmen.






(A) )



(B) )


Julia Klöckner
Wir müssen viele Menschen enttäuschen, indem wir
sagen: Es wird kein einfaches Formular mit drei Punkten
geben, das man unterschreiben kann. Es wird genauso
wenig Einheitsformulare geben, wie es Einheitsgrößen
oder Einheitsautos gibt. Deshalb können wir die Men-
schen nicht daraus entlassen, sich selbst damit zu be-
schäftigen. Wir als Politiker können die Rahmenbedin-
gungen setzen; aber wenn es darum geht, darüber
nachzudenken, was einem das Leben in welchen Situa-
tionen wert ist und welche Sichtweisen man hat, ist wei-
terhin jeder selbst gefordert.

Deshalb bin ich der Meinung, dass wir ein sorgfälti-
ges Vorgehen brauchen. Diese Debatte, wie wir sie auch
schon in den vergangenen Jahren geführt haben, ist ein
sehr gutes Beispiel dafür. Sehr verehrter Herr Kollege
Kauch, ich teile nicht Ihre Art der Argumentation, näm-
lich zu sagen: Wir haben genug diskutiert, so viele Jahre
schon. Die Menschen warten bereits so lange. Wir müs-
sen jetzt endlich ein Gesetz machen. – Wir beide saßen
in der vergangenen Legislaturperiode zusammen in der
Enquete-Kommission „Ethik und Recht der modernen
Medizin“. Sie wissen, wie wir gerungen haben, wie viele
verschiedene Sichtweisen es gab, auch unter den Men-
schen außerhalb des Parlaments. Nun stellen wir fest,
dass just diejenigen, die uns immer aufgefordert haben,
endlich ein Gesetz zu machen, jetzt zu denen gehören,
die uns sagen: Eigentlich brauchen wir kein Gesetz. –
Auch beim Gegenüber, bei denjenigen, für die wir die
Gesetze machen, bemerkt man also einen Wandel. Hier
geht es nicht um 10 Euro Praxisgebühr, die man irgend-
wann wieder revidieren könnte, wenn man eine Fehlent-
scheidung getroffen hat; hier geht es um Leben und Tod,
um eine Thematik von einer Tiefe und Ernsthaftigkeit,
wo Sorgfalt absolut vor Schnelligkeit geht.

Das zeigt sich auch bei der Debatte über das Thema
Selbstbestimmung. Alle setzen auf Selbstbestimmung.
Wir alle nutzen in dieser Debatte das Wort „Selbstbe-
stimmung“; ich auch. Ich bin für Selbstbestimmung.
Jetzt ist natürlich die Frage: Was verstehen wir unter
„Selbstbestimmung“? Selbstbestimmt ist meiner Mei-
nung nach nur derjenige, der nicht von Angst bestimmt
ist, der nicht von Unkenntnis bestimmt ist,


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: So ist es!)


sondern selbstbestimmt ist derjenige, der aufgeklärt ist,
der informiert ist, der um die Konsequenzen seiner Ent-
scheidung weiß. Deshalb sichert man nur dann die
Selbstbestimmung von Menschen, wenn man ernsthaft,
verbindlich über das aufklärt, was jemand selbst be-
stimmt und von dem er dann zu Recht verlangt, dass es
Geltung hat.

Ein Beispiel, auch wenn es banal ist: Wenn jemand
sagt: „Ich möchte nie an Schläuchen oder an einer Gerät-
schaft liegen“, weil er zum Beispiel gesehen hat, wie die
eigene Großmutter über Jahre dahinvegetiert ist, oder
wenn jemand sagt: „Ich möchte niemals eine PEG-
Sonde gelegt bekommen“, weil er weiß, dass man damit
über Jahre am Leben erhalten werden kann, dann kann
ich verstehen, was er im Sinn hat. Es gibt aber auch den
Fall, dass jemand nicht weiß oder nicht vor Augen hat,

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(C (D ass man auch bei einer Blinddarmoperation an Schläuhen liegt oder dass man eine PEG-Sonde vorübergeend nutzt, weil man so Medikamente besser abgeben ann. Das kann hier fatale Folgen haben, wenn die Verügung eins zu eins Geltung haben müsste. Deshalb unterstütze ich aus voller Überzeugung den ntwurf von Herrn Bosbach und anderen Kollegen. Dieer Entwurf wird genau dieser Konstellation im Leben erecht. Es geht auch darum, lebenserhaltende Behandung bei nicht tödlichem Verlauf der Krankheit verbindich zu untersagen, aber nur dann, wenn rechtlich und rztlich aufgeklärt wurde. Das gilt für wenige Konstellaionen. Ich finde, die Beurkundung einer Verfügung für den all, dass lebensrettende Maßnahmen nicht vorgenomen werden sollen, ist nicht zu viel verlangt, gerade mit lick darauf, dass man für jeden einzelnen Quadratmeter ines Kartoffelackers, den man verkaufen will, zum Noar gehen muss. Darüber hinaus sollte man bedenken, ass es sogar Widerrufsfristen für Verbraucher gibt, (Christoph Strässer [SPD]: Ich kann doch meine Patientenverfügung heute oder morgen ändern!)


eil sie sich zum Beispiel beim Kauf einer Kaffeema-
chine geirrt haben könnten, und man sie innerhalb die-
er Fristen zurückgeben kann. Aber das Leben kann man
ich nicht zurückholen.


(Christoph Strässer [SPD]: Doch, das kann man jederzeit tun!)


Ich höre jetzt: „Doch, das kann man tun!“. Das kann
an eben nicht tun, wenn man nicht mehr ansprechbar

st. Das gilt doch alles für den Fall, dass man nicht mehr
nsprechbar ist. In einer Situation, in der Sie ansprechbar
ind, brauchen Sie ja gar keine Patientenverfügung.

Bei der Debatte, wie wir für mehr Verbraucherschutz
orgen können, sind wir zum Beispiel bei Geldanlagen
n dem Punkt, dass wir von beiden Seiten unterschrie-
ene Beratungsprotokolle ausfertigen lassen wollen, da-
it Fehlberatungen und Fehlentscheidungen vorgebeugt
ird. Wenn es um das Sterben geht, liebe Kolleginnen
nd Kollegen, sollten wir genauso viel Sorgfalt an den
ag legen.

Ich danke wirklich allen, die nicht in der Öffentlich-
eit stehen, aber Menschen begleiten und vielleicht in
er eigenen Familie selbst schwere Schicksale zu tragen
aben. Ihr Dienst leistet wie der Hospizdienst und der
ienst beider Kirchen in diesem Bereich sehr viel für ein
umanes Antlitz unserer Gesellschaft. Ich finde, dass wir
it Leid so umgehen sollten, wie es die Menschen ver-

angen, nämlich mit Linderung und nicht mit kompletter
usschaltung und Ignorierung.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619920400

Nun hat das Wort der Kollege Dr. Wolfgang Wodarg.






(A) )



(B) )


Dr. Wolfgang Wodarg (SPD):
Rede ID: ID1619920500

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir re-

den hier, wie ich finde, über einen sehr traurigen Anlass.
Wir sprechen darüber, dass die Menschen Angst vor der
modernen Medizin haben. Wir sind verantwortlich für
die Ausgestaltung der medizinischen Versorgung. Was
haben wir falsch gemacht? Weshalb haben die Menschen
Angst vor der modernen Medizin? Was läuft da?

Ich war sehr beeindruckt von dem, was Herr Seifert
gesagt hat. Er hat ja hervorgehoben, dass es nur dann et-
was bringt, zum Arzt oder ins Krankenhaus zu gehen,
wenn man Vertrauen hat. Die FDP fordert genau aus
dem Grunde die freie Arztwahl. Man soll sich jemanden
aussuchen können, bei dem man sich gut aufgehoben
fühlt, bei dem man keine Angst haben muss, dass er be-
handelt, um Geld zu verdienen, sondern bei dem man si-
cher sein kann, dass er alles tut, um zu helfen, um das zu
erreichen, was man selber möchte, nämlich Gesundheit.
Das scheinen wir nicht ganz hinzubekommen. Deshalb
gibt es Konflikte, und Juristen treten auf den Plan und
wollen helfen.

Ich kann hierzu eine Geschichte erzählen: Professor
Hoppe, der Präsident der Bundesärztekammer, hat im
vorigen Jahr auf einem Seminar zum Thema Patienten-
verfügung, das er für Journalisten durchgeführt hat, vol-
ler Entrüstung ein Beispiel vorgetragen. Er war wegen
einer Grundstücksangelegenheit bei einem Notar. Als
diese geregelt war, sagte der Notar: Wollen Sie, wo Sie
schon hier sind, nicht gleich auch eine Patientenverfü-
gung bei mir ausfertigen?


(Wolfgang Bosbach [CDU/CSU]: Das machen ja die meisten beim Grundstückskauf! – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das wurde ihm angeboten. Als er es mir erzählte, erwi-
derte ich ihm: Herr Professor Hoppe, Ihnen müsste das
eigentlich überhaupt nicht komisch vorkommen. Wenn
Kassenpatienten zum Arzt gehen und sich untersuchen
lassen, dann fragt der Arzt hinterher oft: Wollen wir
nicht noch eine Ultraschalluntersuchung als IGeL-Leis-
tung machen? Das zahlt zwar die Kasse nicht, aber ich
würde es Ihnen doch empfehlen. – Genau das Gleiche
passiert hier auch. In beiden Fällen soll etwas verkauft
werden. In beiden Fällen geht es nicht um das Wohl des
Patienten.


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: 38 Euro! – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Damit verdient man doch gar kein Geld!)


Das sind Dinge, die die Menschen misstrauisch machen.

Was wollen wir erreichen? Auf Basis der Gesetzent-
würfe, die vorliegen, werden wir in den Anhörungen und
weiteren Verhandlungen in diesem Hause zu etwas kom-
men, was wir den Menschen auch wirklich anbieten kön-
nen. Ich bin da sehr zuversichtlich und habe überhaupt
keine Angst, dass es sich nicht gelohnt hätte, darüber
fünf Jahre – vielleicht war es sogar noch etwas länger –
zu diskutieren. Uns sind die Probleme klarer geworden.
Das Bewusstsein dafür, was wirklich nötig ist, ist ge-
schärft worden. Aber da fehlt auch noch einiges. Ich
habe zu Beginn etwas von dem anzusprechen versucht,

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(C (D as wir uns vor Augen zu halten haben. Nach meiner inschätzung besteht aber überall im Hause Klarheit ber unser Ziel, dass der Wille des Patienten respektiert ird und nichts gegen den Willen von Patienten ge chieht. Das heißt nicht, dass der Patient sich alles wünchen darf und die Ärzte alles machen müssen. So geht s auch wieder nicht. Die Einhaltung des Nihil nocere des Verbots, zu schaden – muss aber bis zum Schluss ewährleistet sein. Die Möglichkeit, zu prüfen, welche medizinischen öglichkeiten es gibt, und die Lage erneut zu diskutie en, können Patienten in den Fällen, über die wir reden, icht mehr selbst wahrnehmen. Dies muss aber gescheen. Der mutmaßliche oder irgendwann einmal festgeegte Wille muss dem gegenübergestellt werden, was anere empfinden, die Verantwortung für den Patienten ragen und die sich fragen: Wie konnte der so etwas chreiben? Wenn er das schon gewusst hätte, hätte er etas ganz anderes festlegen können. Dieser Abwägungsprozess wird umso besser gelinen, je mehr Menschen in Verantwortung und im Wissen m den Willen des Patienten sowie über das, was mediinisch möglich ist, beteiligt werden. Deshalb ist es gut, entsprechend dem Antrag, den err Zöller ausführlich vorgestellt hat – dafür danke ch –, auch ins Gesetz zu schreiben, dass dieser Dialog tattzufinden hat, dass der Betreuer sich daran zu beteilien hat und dass andere ebenfalls zu beteiligen sind. ies halte ich für den richtigen Weg. Mit Herrn Seifert bin ich aber auch der Meinung, dass s nicht reicht, irgendein Formular vorzulegen. Wir sind icht sicher, wenn wir die Patientenverfügung ausgefüllt aben. Es ist viel sicherer, wenn wir mit möglichst vieen Menschen darüber gesprochen haben, was wir empinden, wie wir leben und wie wir sterben wollen. Dann önnen andere auch für uns handeln, wenn wir es selbst icht mehr können. Deshalb ist die Vorsorgevollmacht ein wichtiges Intrument, für das ich hier noch einmal werben möchte nd das ich auch all denen empfehle, die mich fragen: as soll ich machen, damit mit mir nichts passiert, was ch nicht will? Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619920600

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Hans Georg

aust.


Dr. Hans Georg Faust (CDU):
Rede ID: ID1619920700

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

erren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Arzt und
ntensivmediziner musste ich lernen, dass der Wille des
atienten das höchste Gebot ist. Was für den wachen Pa-

ienten gilt, muss auch für den hier und jetzt kommuni-
ations- und entscheidungsunfähigen Patienten, den de-
enten oder bewusstlosen Patienten gelten.






(A) )



(B) )


Dr. Hans Georg Faust
Wir ringen in diesem Gesetzgebungsverfahren also
um die Antwort auf die Frage: Welche Voraussetzungen
und welche Abläufe fordert der Gesetzgeber, damit der
Wille einer entscheidungsunfähigen Person über das
weitere medizinische Vorgehen, manchmal über Leben
und Tod, entscheidet? Es kann also nicht die Patienten-
verfügung allein entscheidend sein. Vielmehr muss sie in
ein prozesshaftes Geschehen eingebettet sein.

Eigentlich ist das alles nichts Neues. Der in einer Pa-
tientenverfügung geäußerte Wille des Patienten war
auch schon bisher grundsätzlich verbindlich. Ärzte dür-
fen sich nicht über die Willensäußerungen hinwegsetzen.

Dass das in der Vergangenheit trotzdem geschah und
dass dies vielleicht auch der Anlass für die Diskussion in
der Öffentlichkeit ist, zeigt, wie wichtig es ist, nochmals
die Verbindlichkeit von Patientenverfügungen klar-
zustellen und eine breite Diskussion darüber sowohl in
Patienten- als auch – das sage ich sehr bewusst – in Ärz-
tekreisen zu führen.

Es geht also weniger um die Einführung einer Viel-
zahl neuer Paragrafen, sondern um eine Veränderung in
den Köpfen, –


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


auch in den Köpfen von Ärzten, die in einer falsch ver-
standenen paternalistischen Haltung Therapien dort fort-
führen, wo der kranke Mensch es nicht mehr will.

Zwei der drei vorliegenden Gesetzentwürfe sind von
einem gewissen Misstrauen gegenüber Ärzten geprägt.
In einem der Entwürfe wird der Patient sogar vor sich
selber geschützt. Seine Entscheidung soll nur in gewis-
sen Fällen gelten; für die Bescheinigung, ob dieser Fall
eingetreten ist, ist dann doch wiederum der Arzt zustän-
dig.

Meine Damen und Herren, die Ermittlung und Umset-
zung des Patientenwillens ist ein Prozess – kein Suchen
in verschiedenen Schubladen eines Gesetzesschrankes,
in die man die Patientenverfügungen je nach Form, Aus-
gestaltung oder Krankheit gelegt hat.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619920800

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Montag?


Dr. Hans Georg Faust (CDU):
Rede ID: ID1619920900

Ja, gern.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619921000

Bitte sehr.


Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619921100

Frau Präsidentin, herzlichen Dank, und vielen Dank,

Herr Kollege, dass Sie diese Frage zulassen. – Herr Kol-
lege, Sie haben zuletzt in Ihren letzten Ausführungen ge-
sagt, dass in zweien der drei Gesetzentwürfe ein gewis-
ses Misstrauen gegenüber Ärzten dokumentiert sei. Ein
Entwurf davon müsste dann derjenige sein, an dem ich
mitgearbeitet habe. Aber ich persönlich habe kein gene-

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(C (D elles Misstrauen gegenüber Ärzten. Im Gegenteil: Ich abe ein generelles Vertrauen den Ärzten gegenüber. Ich öchte Sie gerne konkret fragen: An welcher Stelle er ennen Sie in dem Gesetzentwurf von Stünker und andeen eine Misstrauensäußerung gegenüber Ärzten? Herr Kollege Montag, wir werden noch Gelegenheit aben, die einzelnen Verfahrensschritte in den verschieenen Gesetzentwürfen, was den Willensermittlungsproess auf Grundlage des Dialogs mit den einzelnen Paienten betrifft, zu beleuchten. Ich sehe in Ihrem Entwurf ber die Tendenz, bei der Willensermittlung den Bereuer in der federführenden Rolle zu sehen und den Arzt ehr in der Rolle des Ausführenden, der sich den getrofenen Festlegungen beugen muss. Wegen der Nuancieung werden wir sicherlich im Gespräch bleiben. Ich laube, das ist der Ernsthaftigkeit des Themas angemesen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Dr. Hans Georg Faust (CDU):
Rede ID: ID1619921200

Es ist also Aufgabe der den Kranken begleitenden
ersonen, der Angehörigen, des Betreuers, des Arztes
nd in Konfliktfällen auch des Vormundschaftsgerichts,
ie Patientenverfügung entsprechend ihrer Ausgestal-
ung als Grundlage zu nehmen und mit allen sonst zur
erfügung stehenden Möglichkeiten den Patientenwillen
orgfältig zu ermitteln und danach zu handeln. Je ge-
auer die Patientenverfügung die Situation beschreibt,
ür die sie gelten soll, je aktueller sie ist, je detaillierter
ie ist – womöglich ist es sehr wichtig, dass der Betref-
ende ein Beratungsgespräch geführt hat und beim Notar
ar; das konkretisiert die Patientenverfügung weiter, das

st gar keine Frage –, je mehr sie im Gleichklang mit
eiteren Erkenntnissen aus der Welt dieses bestimmten
atienten ist, desto mehr verdichtet sich in diesem Pro-
ess die Gewissheit, was zu tun ist.

Wie ich schon sagte: Dies ist eigentlich nichts Neues.
as haben wir in den Krankenhäusern schon immer ge-
acht. Mit unserem Gesetzentwurf zeichnen wir – das

st ein Signal an diejenigen, die sagen, dass es vielleicht
esser wäre, gar nichts zu tun – bestehende Abläufe
ach. Allerdings betonen wir die Konturen und stellen in
inzelnen Bereichen, wie beispielsweise bei der Frage
ach der Rolle des Vormundschaftsgerichts, Dinge klar,
ie bisher an Deutlichkeit zu wünschen übrig ließen.

Klopft der Tod als später Gast an die Tür des Kran-
en, dann ist es seine Entscheidung, ob er ihn einlassen
ill oder nicht. Es kann nicht unsere Aufgabe sein, per
esetz einen Riegel vorzuschieben. Entsprechend dem
illen des Patienten aber müssen wir ihm zur Seite ste-

en. Das ist keine Aufgabe für den Gesetzgeber, sondern
ine Aufgabe für Verwandte, Betreuer, Bevollmächtigte
nd auch für Ärzte.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619921300

Nächster Redner ist der Kollege Rolf Stöckel.






(A) )



(B) )


Rolf Stöckel (SPD):
Rede ID: ID1619921400

Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Meine

Damen und Herren! Ich möchte zunächst meiner Freude
Ausdruck verleihen, dass wir in der ersten Sitzungs-
woche des Jahres die drei vorliegenden Gesetzentwürfe
in erster Lesung beraten. Meine Hoffnung wächst, dass
wir in dieser Wahlperiode – also noch vor der Sommer-
pause oder sogar vor der Osterpause – zu einem Be-
schluss kommen können. Es ist deutlich geworden, dass
diese öffentliche Debatte – ich erwähne in diesem Zu-
sammenhang auch die Beratungen der Ethikkommission
und die Stellungnahmen von Fachleuten – aufgrund von
Gerichtsentscheidungen und von medizinischen Ent-
wicklungen, aber auch aufgrund des Drucks von Men-
schen, die von uns als Gesetzgeber erwarten, dass wir
hier Klarheit schaffen, in Gang gesetzt worden ist.

Ich glaube, dass die Gemeinsamkeiten das Trennende
überwiegen. Denn es hat niemand infrage gestellt, dass
es zwei wesentliche verfassungsrechtliche Grundlagen
für die Behandlung eines Patienten gibt, nämlich die Zu-
stimmung des Patienten und die medizinische Indika-
tion. Es hat auch niemand bestritten, dass es sich um
eine prozesshafte Entscheidung am Lebensende mit
Blick auf Situationen handelt, für die es eine Patienten-
verfügung gibt. Es handelt sich immer um eine Interpre-
tation einer Patientenverfügung oder eines wie immer
geäußerten Willens durch Dritte, zum Beispiel durch ei-
nen Gesundheitsbevollmächtigten. Zwar hat das Letztere
einen höheren Rang, aber nicht jeder vertraut sich einer
Person an und möchte deshalb eine schriftliche Patien-
tenverfügung verfassen, um sicherzugehen, dass sein
Wille wirksam in den Prozess Eingang findet.

Wir sind uns einig, dass die Auseinandersetzung über
dieses Thema vor allen Dingen dazu geführt hat, dass
der Hospizarbeit, der Palliativmedizin und der Schmerz-
therapie in Gesellschaft und Praxis eine größere Bedeu-
tung beigemessen wird. Die Menschen denken in der Tat
häufiger darüber nach, ob sie eine Patientenverfügung
verfassen. Sie setzen sich mit dem Thema häufiger aus-
einander.

Bevor wir festschreiben, dass sich jeder beraten las-
sen muss, sollten wir Folgendes bedenken: Ich würde
mich von meinem Hausarzt, dem ich vertraue, bezüglich
bestimmter Behandlungen am Lebensende nicht unbe-
dingt beraten lassen, weil ich weiß, dass er dafür nicht
ausgebildet ist. Ich wäre froh, wenn die Enttabuisierung
dieses Themas dazu führen würde, dass in den Familien
darüber gesprochen wird oder man sich an eine Vertrau-
ensperson wendet, um mit ihr eine Vollmacht oder eine
Patientenverfügung zu besprechen.


(Wolfgang Bosbach [CDU/CSU]: Richtig! Da hat er recht!)


Die Fachleute sagen, dass zurzeit circa 9 Millionen
Patientenverfügungen existieren. Bei Verabschiedung
des Entwurfs der Gruppe Bosbach würden etliche davon
ihre Gültigkeit verlieren, weil sie die Voraussetzungen
– ärztliche Beratung und notarielle Beurkundung – nicht
erfüllen. Ich möchte mich, solange meine Redezeit
reicht, mit den praktischen Auswirkungen beschäftigen,
die dieser Entwurf hätte – denn über den Stünker-Ent-

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(C (D urf haben wir im Juni des letzten Jahres beraten, und ir werden später dazu kommen, alle drei Anträge zu ürdigen –: Im Gesetzentwurf der Gruppe Bosbach ist vorgeseen, dass lebenserhaltende Maßnahmen auch dann beenet werden können, wenn es sich nicht um eine unheilare Krankheit, wenn es sich nicht um eine tödlich erlaufende Krankheit oder ein Wachkoma handelt. Unerer Meinung nach werden aber Hürden aufgebaut, die ie Wirkung der Patientenverfügung verunmöglichen. o wird eine ärztliche Beratung speziell zu dem zum eitpunkt des Behandlungsabbruchs vorliegenden rankheitsbild gefordert. Die daraufhin erstellte Patien enverfügung soll notariell beurkundet werden. All das uss nach spätestens fünf Jahren wiederholt werden. (Wolfgang Bosbach [CDU/CSU]: Nicht beim Notar! Unterschrift!)


Wie soll man sich das vor dem Hintergrund der Situa-
ion in den Arztpraxen dieses Landes konkret vorstellen?

ir haben zwar die Hoffnung, dass die „sprechende Me-
izin“, also die Zuwendung von Medizinern gegenüber
en Menschen, allgemein einen größeren Raum ein-
immt und auch bei der Frage der Finanzierung besser
ewürdigt wird, aber das würde zurzeit bedeuten: Trotz
ines vollen Wartezimmers nimmt sich der Hausarzt eine
tunde Zeit, um mit seinem Patienten darüber zu spre-
hen, welchen Verlauf seine Erkrankung möglicherweise
ehmen könnte, obwohl er – das sagte ich schon einmal –
icht unbedingt ein Spezialist für die neuesten Behand-
ungsmethoden ist. Er spricht mit seinem Patienten auch
ber das Sterben. – Das möchte ich ohne Zeitdruck und
it Personen meines Vertrauens tun, mit Personen, de-

en ich das auch zutraue. Was soll nach diesem Ge-
präch passieren? Wer erstellt die Patientenverfügung?
er Arzt oder der Patient? Wozu braucht man einen No-

ar? Nur um die Unterschrift zu bestätigen? Das alles
cheint mir in der Praxis nicht umsetzbar zu sein. Es
cheint so zu sein, dass hier eine Hürde aufgebaut wer-
en soll. Ich glaube, dass die Menschen, die eine Patien-
enverfügung verfassen – das kann man nicht für jeden
arantieren –, sich doch intensiver mit dem Thema be-
chäftigen als diejenigen, die keine Patientenverfügung
aben wollen.

Auch die regelmäßige Aktualisierung der Patienten-
erfügung ist sinnvoll. Ich verneine auch nicht den Sinn
iner ärztlichen Beratung. Man sollte sich so gut infor-
ieren wie möglich, um selbstbestimmte Entscheidun-

en treffen zu können. Das ist ein Anspruch, den wir ha-
en und auch an alle stellen sollten. Wir können ihn aber
icht gesetzlich verordnen oder erzwingen. Man muss
ich vor Augen führen, dass mit einer Aktualisierung
icht nur der Entwicklung im Bereich der Medizin, son-
ern auch der Veränderung meiner Vorstellung von
ürde und vielleicht auch der Veränderung bei meinen
ngsten Ausdruck verliehen werden soll. Dafür wäre ein
eitraum von fünf Jahren aber zu lang. Zwei Jahre wä-

en vielleicht viel besser. In der Praxis sehen viele Bera-
er und Anbieter von Patientenverfügungen das vor.
urch notarielle Beurkundungen und ärztliche Pflichtbe-

atungen bauen Sie jedoch Kosten auf. Angesichts des-






(A) )



(B) )


Rolf Stöckel
sen wäre eine Aktualisierung alle zwei Jahre unrealis-
tisch.


(Wolfgang Bosbach [CDU/CSU]: Wieso zwei Jahre? – Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/ CSU]: Herr Stöckel hätte gerne zwei Jahre!)


– Ja.

Ich muss leider zum Schluss kommen. Ich glaube,
dass wir uns in der Anhörung neben all dem, was wir si-
cherlich an Gemeinsamkeiten feststellen, vor allen Din-
gen mit dem Zöller/Faust-Entwurf, mit den konkreten
Fragen der Praxis, die hier teilweise von Dr. Faust be-
schrieben worden ist, und dem, was tatsächlich gesetz-
lich zu regeln ist, beschäftigen werden. Vor diesem Hin-
tergrund erhoffe ich mir, dass es uns gelingt, das Recht
auf ein menschenwürdiges Sterben vielleicht sogar in ei-
nem gemeinsamen Antrag zu formulieren. Die Selbstbe-
stimmung auch schwerkranker Menschen ist ein zu ho-
hes Gut, um das Risiko einzugehen, dass letztendlich der
Bosbach-Entwurf die meisten Stimmen hier im Haus auf
sich vereinigt oder gar kein Entwurf beschlossen wird.

Danke schön.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619921500

Letzter Redner in dieser Debatte ist nun der Kollege

Wolfgang Bosbach.


Wolfgang Bosbach (CDU):
Rede ID: ID1619921600

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Kollege Seifert, was Sie vorhin gesagt haben, war
mir sympathisch. Ich finde es klug, dass Sie auf die Be-
deutung der Vorsorgevollmacht hingewiesen haben. Ich
selber habe auch keine Patientenverfügung. Woher soll
ich zum jetzigen Zeitpunkt wissen, was ich irgendwann
einmal in einer Krankheitssituation für mich entscheiden
möchte, die ich weder kenne noch kennen kann? Aber
das ist nicht der Problemkreis, über den wir hier streiten.

Wir müssen respektieren, dass es Millionen Mitbürge-
rinnen und Mitbürger gibt, die aus unterschiedlichen
Gründen eine Patientenverfügung verfasst haben. Denen
schulden wir Rechtssicherheit. Es kann nicht vom freien
Spiel der Kräfte an einem Krankenbett abhängen, ob ein
Patient weiterlebt oder ob lebenserhaltende Maßnahmen
beendet werden. Deswegen kann sich der Deutsche Bun-
destag vor der Entscheidung nicht drücken.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Herr Kollege Montag, Sie haben gesagt, dass der Ge-
setzentwurf, der auch von mir mitgetragen wird, hinter
die geltende Rechtslage zurückgehe, weil nach geltender
Rechtslage jedwede Patientenverfügung unabhängig
vom Inhalt verbindlich sei. Ich zitiere aus dem Standard-
werk Medizinrecht von Professor Deutsch, neueste Auf-
lage:

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(C (D Der BGH hat – allerdings beschränkt auf die Situation des „Grundleidens“, das einen irreversiblen tödlichen Verlauf angenommen hat – in der allseits kritisierten Entscheidung eine weitere medizinische Maßnahmen ausschließende Patientenverfügung als bindend angesehen. ies gilt mit Reichweitenbegrenzung. Ich zitiere aus der Zeitschrift für Rechtspolitik. Das ist eswegen interessant, weil ich jetzt Herrn Kutzer als eugen heranziehe. Herr Kutzer war der Vorsitzende der utzer-Kommission von Frau Zypries. Frage der Zeit chrift für Rechtspolitik: Der Beschluss vom 12. Zivilsenat des BGH wurde oft so verstanden, dass lebenserhaltende Maßnahmen nur dann beendet werden dürfen, wenn das Grundleiden eines Patienten einen irreversiblen tödlichen Verlauf genommen hat? ntwort Kutzer: Ja, so muss man trotz mancher Interpretationsversuche diese Entscheidung im Grundsatz wohl verstehen, aber unsere Arbeitsgruppe ist anderer Auffassung. Herr Kollege, darf ich Sie unterbrechen? Sofort. Ich möchte erst den Gedanken zu Ende füh en. – Es gibt die Gesetzesinitiative, weil man diese echtsprechung des Bundesgerichtshofes in Zivilund trafsachen kritisiert und eine andere Rechtslage schafen möchte. ir hingegen möchten uns an dieser Rechtsprechung rientieren und darüber hinaus eine zusätzliche Möglicheit für eine verbindliche Patientenverfügung in das Geetz einfügen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619921700
Wolfgang Bosbach (CDU):
Rede ID: ID1619921800

(Zurufe von der SPD: Nein!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619921900

Gestatten Sie nun eine Zwischenfrage des Kollegen
ontag?


Wolfgang Bosbach (CDU):
Rede ID: ID1619922000

Gerne.


Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619922100

Herr Kollege Bosbach, nachdem Sie mich persönlich

ngesprochen haben: Ich bezweifle nicht, dass es über
ie Entscheidung des 12. Senats eine rege Diskussion
it unterschiedlichsten Meinungen gegeben hat. Ich
ollte Sie fragen, ob Sie auch zur Hand haben – wenn
icht, können Sie vielleicht aus dem Kopf zitieren –, was
ie Vorsitzende des 12. Senats selbst relativ autoritativ
ber ihre Entscheidung in der FAZ gesagt hat. Sie hat
usgeführt, dass sich diejenigen, die eine Reichweiten-






(A) )



(B) )


Jerzy Montag
begrenzung in dieser Entscheidung erkennen wollen,
täuschen, dass der 12. Senat eine solche Reichweitenbe-
schränkung in dieser Entscheidung nicht zum Ausdruck
bringen wollte.


Wolfgang Bosbach (CDU):
Rede ID: ID1619922200

Ich habe das Zitat nicht vor mir liegen, aber es liegt

auf meinem Tisch. Dies ist so nicht richtig.


(Zuruf von der SPD: Doch!)


– Nein.

Sie hat an einer anderen Stelle – ich kann jetzt nicht
zum Tisch gehen; aber wenn Sie es möchten, lese ich es
Ihnen gleich noch vor –


(Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU]: Soll ich es bringen?)


gesagt: Die Differenzierung bezieht sich auf Todesnähe
und irreversiblen tödlichen Verlauf. Diese Rechtspre-
chung ist geändert worden. Aber es gibt keine Rechtspre-
chung des Bundesgerichtshofes in Straf- und Zivilsachen,
dass eine Patientenverfügung unter allen Umständen und
vor allen Dingen – das sind die sieben Wörter, die uns
trennen – unabhängig von Art und Stadium der Erkran-
kung Verbindlichkeit hat.


(Zurufe von der SPD: Doch! – Natürlich!)


Das schönste Argument für unseren Gesetzentwurf
habe ich in einem Schreiben von Professor Jäger, einem
Strafrechtler, gefunden, der geschrieben hat:

Es gibt Vorbehalte gegen eine strikte Bindungswir-
kung von Patientenverfügungen. Fälle, mit denen
ich im Rahmen meiner Arbeit in der Ethikkommis-
sion eines Krankenhauses konfrontiert wurde, las-
sen mich vor einer absoluten Verbindlichkeit zu-
rückschrecken.

Das ist die Konfrontation der rechtlichen Überlegungen
eines Juristen mit der Lebenswirklichkeit, und wir müs-
sen uns mehr an der Lebenswirklichkeit orientieren.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Zu dieser Lebenswirklichkeit, Herr Kollege Kauch,
gehört ein Argument, das Sie vorhin vorgetragen haben.
Ich habe bereits erwähnt, dass ich das Argument für be-
achtlich halte. Wir gehen von einem Differenzierungs-
kriterium aus, von dem Sie sagen, dass es in der medizi-
nischen Praxis untauglich sei. Ich darf Ihnen Folgendes
sagen: Wenn dieses Argument stimmt, dann müssen wir
90 Prozent aller Vorschläge zu Patientenverfügungen aus
dem Verkehr ziehen; denn exakt das, von dem Sie be-
haupten, dass es das nicht gebe, befindet sich in fast al-
len Mustertexten. Auf meinem Pult liegen fast alle
Patientenverfügungen, die man aus dem Netz herunterla-
den kann. Alle haben das Abgrenzungskriterium, von
dem Sie – unter Berufung auf Professor Borasio – be-
haupten, dass es das nicht gibt.

Der aussagekräftigste Vorschlag – das ist ein ganz
starkes Argument für den von uns vertretenen Entwurf –

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(C (D st der von der Bundesministerin der Justiz. Dort heißt s: „Wenn ich mich aller Wahrscheinlichkeit nach unabendbar im unmittelbaren Sterbeprozess befinde …“ ibt es darüber unter uns Streit? Nein, es ist keine ärztli he Beratung und keine juristische Beratung vorgesehen, ondern es gilt volle Verbindlichkeit. „Wenn ich mich im ndstadium einer unheilbaren, tödlich verlaufenden rankheit befinde, selbst wenn der Todeszeitpunkt noch icht absehbar ist …“, also eine infauste Prognose voriegt. Gibt es diesbezüglich unter uns Streit? Nein, es gilt ie volle Verbindlichkeit ohne ärztliche, ohne rechtliche eratung. „Wenn ich infolge einer Gehirnschädiung …“ einen irreversiblen Bewusstseinsverlust ereide. Gibt es unter uns Streit? Nein, die Patientenverfüung ist ohne ärztliche, ohne rechtliche Beratung voll erbindlich. Immer orientiert an dem, was die Bundesministerin er Justiz ins Netz stellt, kommt nun der Punkt, der uns nterscheidet. Wenn sie mit ihrer Argumentation recht ätte, müsste man sofort den Stecker ziehen und diesen orschlag für eine Patientenverfügung aus dem Verkehr iehen. (Heiterkeit bei der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war ja eine Formulierung!)


Nun kommt ein Formulierungsvorschlag, der im
ahrsten Sinne des Wortes lebensgefährlich ist. Es wird

olgende Formulierung vorgeschlagen:

Nicht nur in den oben beschriebenen Situationen,

die ich gerade dargestellt habe –

sondern in allen Fällen eines Kreislaufstillstandes
oder Atemversagens lehne ich Wiederbelebungs-
maßnahmen ab.

emäß diesem Vorschlag kommt es überhaupt nicht da-
auf an, ob ich unheilbar krank bin, ob ich in Todesnähe
in oder ob ich ein junger Mann bin, der einen Auto-
nfall erleidet. Der Patient lehnt kategorisch jede Maß-
ahme zur Wiederbelebung ab.

Nun gibt es Fälle, in denen Kreislaufstillstand oder
erzversagen vorliegen und die Reanimation notwendig

st. Nehmen Sie nur einmal das Beispiel Herzstillstand/
eanimation. Sie fordern, dann einen Beratungsprozess

n Gang zu setzen. Es gibt aber Situationen, in denen Sie
pontan entscheiden müssen: Reanimiere ich – Ja oder
ein? In einer solchen Situation nützt Ihnen kein Be-

reuer und kein Vormundschaftsgericht etwas, sondern
ie müssen spontan handeln.

Wenn Sie nun feststellen – und diese Antwort ist mir
ehr sympathisch –: Selbstverständlich gibt es Fallkon-
tellationen, wo wiederbelebt bzw. künstlich beatmet
erden muss und in denen dieser Satz keine Gültigkeit
aben kann, dann differenzieren Sie doch nach Art und
tadium der Erkrankung. Genau das Gegenteil steht in
hrem Gesetzentwurf drin.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Wolfgang Bosbach
Es ist ein rhetorischer Kniff, mit dem Sie in der Öffent-
lichkeit punkten. Wenn das nicht nur in der gründlichen
Begründung Ihres Gesetzentwurfs, die ich in der feinen
Abwägung zwischen Lebensschutz und Selbstbestim-
mungsrecht in weiten Teilen unterstreichen kann, stehen
würde, sondern auch im Gesetzestext, hätten wir nicht
die Debatten, die wir seit Jahren führen.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619922300

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage von

Herrn Kollegen Dr. Wodarg.


Wolfgang Bosbach (CDU):
Rede ID: ID1619922400

Ja, klar.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619922500

Bitte sehr.


Dr. Wolfgang Wodarg (SPD):
Rede ID: ID1619922600

Herr Kollege Bosbach, ich finde, Sie haben das etwas

schief dargestellt. Als jemand, der jahrelang Notarztwa-
gen gefahren ist und auf der Intensivstation gearbeitet
hat, der also immer in der Situation war, dass er zu Not-
fällen gerufen wurde und dann handeln musste, weil jede
Sekunde kostbar war, sage ich Ihnen: Es geht nicht so
sehr um die Schwere der Erkrankung,


(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Richtig!)


wie Sie es gerade dargestellt haben, sondern vielmehr
um die Zeit, die man hat, um zu überprüfen, was der
Wille des Patienten ist. Das ist etwas ganz anderes. In
dieser Situation hat man nicht die Möglichkeit, den Wil-
len des Patienten zu eruieren, sondern man muss erst
einmal handeln. Das hat mit der Schwere der Erkran-
kung nichts zu tun.


Wolfgang Bosbach (CDU):
Rede ID: ID1619922700

Herr Kollege Wodarg, Entschuldigung!


Dr. Wolfgang Wodarg (SPD):
Rede ID: ID1619922800

Ein Patient kann nur ohnmächtig sein, er kann aber

auch schon fast tot sein.


Wolfgang Bosbach (CDU):
Rede ID: ID1619922900

Herr Kollege Wodarg, das ist ein ganz anderer Fall.

Sie unterstellen Rettungswillen; auch das ist ein interes-
santer Fall, aber nicht der, von dem ich gesprochen habe.


(Zuruf von der CDU/CSU: Eben!)


Von dem Fall, über den ich berichtet habe, habe ich von
einem Arzt erfahren, der uns dringend davor warnt, die
absolute Verbindlichkeit von Patientenverfügungen zu
beschließen.

In meinem Fall geht es um eine Patientin, die 50 Jahre
alt war. Sie hatte aufgrund eines orthopädischen Pro-
blems eine Operation. Diese Operation verlief völlig
problemlos. Die Patientin ist für eine Nacht auf die In-
tensivstation gekommen. Am nächsten Morgen war sie
ansprechbar und sollte auf die Normalstation verlegt
werden. In diesem Moment erlitt sie eine Lungenembo-

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(C (D ie und eine Asystolie; sie hatte keinen Herzschlag mehr. em Krankenhaus lag eine Patientenverfügung mit ab olutem Reanimationsverbot vor. Selbstverständlich hat er Arzt die Frau aber reanimiert. Das war auch richtig o, weil er nach Art und Stadium der Erkrankung diffeenziert hat. In diesem Fall muss nichts ausgelegt weren. Sie sagen immer: Wir wollen, dass ausgelegt wird. – as finde ich sympathisch. Wenn die Situation aber glaslar ist, was wollen Sie dann auslegen? Wenn jemand chreibt, dass er Joachim Stünker als Alleinerben einetzt, kommen Sie dann etwa zu der Auslegung, er önnte möglicherweise auch Herrn Wodarg gemeint haen? an muss nur dann etwas auslegen, wenn man die Leenssituation mit dem geschriebenen Text abgleichen uss. Wenn die Lebenssituation klar ist, muss man das icht tun. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Heiterkeit)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619923000

Herr Kollege Bosbach.


Wolfgang Bosbach (CDU):
Rede ID: ID1619923100

Ich bin sofort fertig, großes Indianerehrenwort. – Herr

odarg, wer Maßnahmen der Wiederbelebung katego-
isch ablehnt, und zwar unabhängig von Art und Sta-
ium der Erkrankung, für den sollte eine ärztliche und
ine rechtliche Beratung verbindlich sein. Denn dies ist
ie weitreichendste Erklärung, die ein Mensch in seinem
eben abgeben kann, die Entscheidung über Leben und
od.


(Christoph Strässer [SPD]: Was passiert denn, wenn jemand genau das nach einer ärztlichen und rechtlichen Beratung formuliert?)


ie sagen, das sei eine bürokratische Hürde. Mit diesem
orwurf kann ich leben. Mit dem Vorwurf, einem Gesetz
ugestimmt zu haben, durch dessen Anwendung mögli-
herweise Menschen sterben, die weder sterben müssten
och in Kenntnis der Situation sterben wollten, könnte
ch allerdings nicht leben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. René Röspel [SPD] und Otto Fricke [FDP] – Zuruf von der SPD: Das ist ja auch eine Unterstellung!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619923200

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird die Überweisung der Gesetzent-
ürfe auf den Drucksachen 16/11360 und 16/11493 an
ie in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge-
chlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Ich sehe, das
st der Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlos-
en.






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt
Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 4 auf:

Erste Beratung des von den Abgeordneten Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger, Dr. Karl Addicks,
Ernst Burgbacher, weiteren Abgeordneten und
der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs ei-
nes Gesetzes zur Änderung der Strafprozess-
ordnung (§ 160 a StPO)


– Drucksache 16/11170 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Kultur und Medien

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die
Fraktion der FDP sechs Minuten erhalten soll. – Ich höre
dazu keinen Widerspruch. Dann können wir so verfah-
ren.


(Unruhe)


– Ich bitte die Kolleginnen und Kollegen, die der weite-
ren Debatte nicht folgen wollen oder können, ihre Ge-
spräche vor dem Plenarsaal fortzuführen. Alle anderen
Kolleginnen und Kollegen bitte ich, den Rednern ihre
Aufmerksamkeit zu schenken.

Als erste Rednerin hat die Kollegin Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger für die FDP-Fraktion das
Wort.


(Beifall bei der FDP)



Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP):
Rede ID: ID1619923300

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegin-

nen und Kollegen! Vor ungefähr einem Jahr hat der Deut-
sche Bundestag die Reform der Telekommunika-
tionsüberwachung beschlossen. Mit dieser Reform wurde
erstmals eine allgemeine Vorschrift zum Schutz von
Berufsgeheimnisträgern vor staatlichen Überwachungs-
maßnahmen in Strafverfahren geschaffen. Das war ein
systematisch neuer Ansatz. Es sollte für alle Überwa-
chungsmaßnahmen eine Grundlage geschaffen werden.
Die Absicht, eine allgemeine Regelung zu treffen, die es
in dieser Form zuvor nicht gegeben hat, ist zu Recht be-
grüßt worden.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf geht es uns um
die Ausgestaltung dieser Bestimmung. Man kann sie
nämlich nach Auffassung der FDP-Bundestagsfraktion
und auch nach Auffassung vieler Teile der Gesellschaft
nicht als gelungen bezeichnen. § 160 a StPO schafft ei-
nen Unterschied zwischen den verschiedenen Berufsge-
heimnisträgern. Wir wollen das korrigieren.

Berufsgeheimnisträger genießen nach unserer Rechts-
ordnung, wie man an § 53 StPO sieht, einen hohen
Schutz, und das zu Recht. Das Bundesverfassungsge-
richt hat in seinen Entscheidungen immer wieder den ho-
hen Rang herausgestellt, den der Schutz des Vertrauens
zwischen Anwalt und Mandant, zwischen Arzt und Pa-
tient, zwischen Journalist und Informant, zwischen
Geistlichem und demjenigen, der die Beichte ablegen
möchte – um nur einige wenige zu nennen –, hat.

Man kann darüber streiten, wie weit dieser Vertrauens-
schutz verfassungsrechtlich legitimiert ist. Gerade die

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(C (D ntscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 3. März 004 zum sogenannten Großen Lauschangriff enthält in andnummer 148 Ausführungen, in denen eine verfas ungsrechtliche Begründetheit für die besondere Heraustellung des Vertrauensschutzes für einige Gruppen – insesondere für Geistliche, für Strafverteidiger und, etwas urückgenommen, für Ärzte – ausdrücklich festgestellt ird. Bei Presseangehörigen und Abgeordneten wird in eressanterweise nicht aus dem Menschenwürdecharakter eraus eine zwingende verfassungsrechtliche Verpflichung zum Schutz des Vertrauensverhältnisses abgeleitet. Egal wie weit man den verfassungsrechtlichen Schutz nter Heranziehung anderer Bestimmungen interpretiert, an sollte – dieser Auffassung ist die FDP-Fraktion – ie Differenzierung zwischen den Berufsgruppen, die in 160 a StPO vorgenommen wird, nicht aufrechterhal en. Für die Strafverfahren, für die Repression – darauf ezieht sich unser Gesetzentwurf – sollte eine Korrektur orgenommen werden. eim Umfang des Schutzes sollte nicht mehr zwischen trafverteidigern und Rechtsanwälten unterschieden erden. Dass der Anwalt als Organ der Rechtspflege in nserer Rechtsordnung eine wichtige Stellung einnimmt, st unbestritten. Das macht der Rechtsanwalt, das macht ber auch der Strafverteidiger. Im Zweifel wird der Analt, sobald ein strafrechtlicher Aspekt zu berücksichtien ist, zum Strafverteidiger. Wenn man einmal davon bsieht, dass jemand ausschließlich als Strafverteidiger ätig ist, ist es in der Praxis doch so, dass es schwer ist, ier zu differenzieren. Wir sind der Meinung, dass die nwaltschaft mit § 160 a StPO einen einheitlichen chutz bekommen sollte. So etwas ist der StPO nicht remd. Nehmen Sie § 100 c Abs. 6 StPO, die Ausgestalung des Abhörens in Wohnungen. In diesem Paragrafen st gerade nicht differenziert worden; es geht allgemein m die Berufsgeheimnisträger Ärzte, Geistliche, Journaisten, Rechtsanwälte, Strafverteidiger, Steuerberater, irtschaftsprüfer. Ich sage bewusst, dass auch wir nicht für alle in § 53 tPO aufgezählten Berufsgruppen ein und dieselbe Reelung vorsehen, dass auch wir differenzieren. So sehen ir in unserem § 160 a Abs. 2 StPO für die Fälle des 53 Abs. 1 Nr. 3 a und b StPO ein Verwertungsverbot or. Wir wollen eine mit Augenmaß getroffene Regeung, die der Bedeutung des Schutzes dessen, was in dieen Beziehungen gesprochen wird, gerecht wird. Wir ollen, dass der Mandant, der zum Anwalt geht, dass er Patient, der zum Arzt geht, sicher sein kann, dass as, was er mit seiner Vertrauensperson bespricht, diesen reis nicht verlässt, dass es nicht zu anderen Zwecken erwandt wird. Von daher tragen wir eine sehr ausgewoene Regelung vor. Ich glaube, es ist eine Regelung, die irklich zu Recht auch von denjenigen begründet wird, ie in der Praxis damit zu tun haben. Aus diesem Grunde offe ich, dass wir am Ende der Beratungen des Bundesages – heute ist die erste Lesung – vielleicht doch eine ehrheit in diesem Hohen Hause finden können. Vielen Dank. (Beifall bei der FDP sowie des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


(Beifall bei der FDP)







(A) )



(B) )


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1619923400

Nächster Redner ist der Kollege Siegfried Kauder,

CDU/CSU-Fraktion.

Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/
CSU):

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen!
Liebe Kollegen! Hilger hat das Problem im Jahre 2003
auf Seite 482 ff. in Goltdammer’s Archiv für Strafrecht
sehr präzise umrissen: Es geht um den flankierenden
Schutz von Zeugnisverweigerungsrechten.

Frau Kollegin Leutheusser-Schnarrenberger, das ha-
ben wir am 9. November 2007 hier im Deutschen Bun-
destag schon ausdiskutiert.


(Joachim Stünker [SPD]: So ist es!)


Wir haben einen Gesetzentwurf zur Neuordnung der
Telekommunikationsüberwachung und weiterer ver-
deckter Ermittlungen beraten, und wir haben ein gutes,
differenziertes, harmonisch abgewogenes Ergebnis zu-
stande gebracht.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lachen im Protokoll!)


Es gibt seither nichts Neues, keine Gesetzeslücke, kei-
nen Korrekturbedarf.

Meine Damen und Herren, es geht in erster Linie um
die Aufklärung von Straftaten. Im Jahre 1975 hat ein
Deutscher mit sechs weiteren Tatgenossen die OPEC-
Konferenz in Wien überfallen. Drei Menschen wurden
ermordet, 70 Geiseln wurden genommen. Der Deutsche
ging flüchtig. Etwa 20 Jahre später konnte man seinen
Aufenthaltsort ermitteln, weil man Telekommunika-
tionsverbindungsdaten einer Journalistin erhoben hatte,
mit der er mehrfach telefoniert hatte.

Frau Kollegin Leutheusser-Schnarrenberger, damals
gab es den § 100 h der Strafprozessordnung. Es gab kei-
nerlei Differenzierungen. Bei jedem Journalisten konn-
ten die Telekommunikationsverbindungsdaten ohne Ein-
schränkung erhoben werden. Das war auch richtig so.

Man konnte den Täter festnehmen. Obwohl er die
Kronzeugenregelung in Anspruch genommen hat, be-
kam er neun Jahre Freiheitsstrafe. Das ist gesühntes Un-
recht. Folgte man Ihrem Gesetzentwurf, dann würde die-
ser Straftäter noch heute frei und ohne Sühne und Strafe
durch die Welt laufen. Das wollen wir nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1619923500

Herr Kollege Kauder, gestatten Sie eine Zwischen-

frage des Kollegen Montag?

Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/
CSU):

Bitte schön.

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(C (D Herr Kollege Kauder, nur, damit kein Missverständnis uftritt: Ich finde es richtig, dass ein Straftäter wie Herr lein seiner Strafe zugeführt wird, wenn die Polizei und ie Staatsanwaltschaft ihn mit verfassungsgemäßen Miteln finden. Das ist überhaupt keine Frage. Stimmen Sie mir aber zu, dass Ihre letzten Ausfühungen in der Konsequenz dazu führen, dass wir eigentich alle verfahrensmäßigen Schutzrechte innerhalb der trafprozessordnung fallen lassen könnten, weil sie dem trafanspruch und der Strafverfolgung tendenziell imer in den Rücken fallen und dadurch eine vollständige nd umfassende Strafverfolgung aller Straftäter unmögich machen? Das ist Ausdruck des Rechtsstaats. Wollen ie ihn wirklich abschaffen? Siegfried Kauder SU)

Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619923600
Kollege Montag, ich bin mit meinen Ausführungen ja

och nicht am Ende.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ah ja!)


s besteht ein Spannungsverhältnis zwischen der Aufklä-
ungspflicht des Staates und dem teilweise verfassungs-
echtlich geschützten Recht von Berufsgeheimnisträgern
uf Wahrung des ihnen anvertrauten Geheimnisses. Nach
er Verfassung steht ein Journalist einem Abgeordneten
ben nicht gleich. Der Abgeordnete genießt den Schutz
ach Art. 47 des Grundgesetzes, der Journalist nur den
ach Art. 5 des Grundgesetzes, der nicht so weit reicht
ie Art. 47 des Grundgesetzes. Also müssen wir dieses
pannungsverhältnis entsprechend lösen. Das von mir er-
ähnte Gesetz tut dies angemessen in einem abgestuften
ystem. Dazu werde ich noch Stellung nehmen.

An erster Stelle steht also die Aufklärungspflicht des
taates, weswegen – dies sagt die verfassungsgerichtli-
he Rechtsprechung; es ist in der Bundesverfassungsge-
ichtsentscheidung im 33. Band auf Seite 367 nachzule-
en – der Kreis der geschützten Berufsgeheimnisträger
ng zu fassen ist. Wenn schon der Kreis der Berufsge-
eimnisträger eng zu fassen ist, ist erst recht der Kreis
erjenigen, die vor Ermittlungsmaßnahmen zu schützen
ind, eingeschränkt zu formulieren. Genau so machen
ir es nach dem derzeit geltenden Recht.

Journalisten stehen nicht Abgeordneten gleich, Ärzte
tehen nicht Geistlichen gleich, und zivilrechtlich tätige
nwälte stehen nicht dem Strafverteidiger gleich. Es
ibt privilegierte Berufsgeheimnisträger. Dazu gehören
er Abgeordnete aufgrund Art. 47 des Grundgesetzes,
er Strafverteidiger wegen des grundrechtlich geschütz-
en Anspruchs der Menschenwürde und der Geistliche
egen Art. 4 des Grundgesetzes. Diese Ausnahmerege-

ungen hatte der Gesetzgeber zu beachten. Wir kommen
u dem Ergebnis, dass mehr als diese Ausnahmen nicht
emacht werden sollten, weil sonst die Aufklärungs-
flicht viel zu stark eingegrenzt würde.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )


Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen)

Aber, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, Sie vermit-
teln hier den Eindruck, als schützten wir nur das Berufs-
geheimnis der privilegierten Berufsgeheimnisträger. Das
stimmt nicht. Es ist ein sehr differenziert ausgeklügeltes
System. Schauen Sie in § 160 a Abs. 5 der Strafprozess-
ordnung, dann werden Sie feststellen, dass die Lex spe-
cialis trotz der Einschränkungen in den §§ 97 und 100 c
der Strafprozessordnung weiterhin gilt. Deswegen
– Frau Kollegin, das wissen Sie – ist auch bei einem
Journalisten eine Wohnraumüberwachung nicht zuläs-
sig;


(Sabine Leutheusser-Schnarrenberger [FDP]: Habe ich ja erwähnt!)


dies ist grundrechtlich nicht möglich.

Wir wollen nicht, dass Berufsgeheimnisträger völlig
den Ermittlungsmaßnahmen entzogen sind, weil auch sie
wie jeder Drittbetroffene dem Staat als Beweismittel bei
Durchsuchungsmaßnahmen zur Verfügung stehen müs-
sen; auch dies ist differenziert ausgestaltet.

Wir kamen zu dem Ergebnis, dass wir es bei den
nichtprivilegierten Berufsgeheimnisträgern auf eine so-
genannte Abwägungslehre ankommen lassen, dass also
im Einzelfall bei einem Journalisten zu prüfen ist, ob das
Grundrecht auf Pressefreiheit nach Art. 5 dem Anspruch
auf Ermittlung einer Straftat vorgeht. Was die Telekom-
munikationsüberwachung und die Verbindungsdaten an-
geht, ist dies eine Verbesserung des alten Rechtszustan-
des. Es gilt nicht mehr die Vorschrift des § 100 h der
Strafprozessordnung, sondern die der §§ 97 Abs. 5 und
160 a der Strafprozessordnung, wonach der Journalist
privilegiert ist.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Das hat Herr Kilger auch nie verstanden!)


Frau Kollegin Leutheusser-Schnarrenberger, sogar
dann, wenn der Journalist bei Geheimnisverrat in die
Straftat verstrickt ist, ist der Aufklärungsanspruch gegen
den grundrechtlichen Schutz des Art. 5 abzugrenzen.
Der Journalist, der einen Dritten anstiftet, Geheimnisver-
rat zu begehen, steht nach dem neuen Recht besser da als
nach dem alten Recht. Sie sehen also, es ist sehr ausge-
wogen ausgelegt.

Was Sie wünschen, ist rechtlich möglich, verfas-
sungsrechtlich aber nicht geboten, und es stünde in ei-
nem eklatanten Widerspruch zur Aufklärungspflicht des
Staates.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Joachim Stünker [SPD])


Wir wollen, dass möglichst viele Möglichkeiten beste-
hen, um Straftaten ermitteln und Straftäter überführen
und einer Strafe zuführen zu können. Der von mir eben
erwähnte Fall des Terroristen zeigt deutlich, dass dies
auch geboten ist. Wer diese Aufklärung nicht möchte,
könnte dem Antrag der FDP zustimmen. Wer möchte,
dass der Rechtsstaat auf beiden Beinen und nicht auf tö-
nernen Füßen steht, kann diesen Gesetzentwurf nur ab-
lehnen. Das werden wir hiermit tun.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1619923700

Wolfgang Nešković ist der nächste Redner für die

raktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1619923800

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten

amen und Herren! Meine Fraktion und ich werden
das wird Sie nicht erstaunen, Herr Kauder – dem Ge-

etzentwurf der FDP zustimmen. Denn ebenso wie die
raktion der FDP sind auch wir der Auffassung, dass
rundsätzlich für alle Berufsgeheimnisträger ein einheit-
icher und umfassender Schutz vor strafrechtlichen Er-

ittlungsmaßnahmen sichergestellt werden muss.

Die Differenzierung, die das Bundesverfassungsge-
icht aus verfassungsrechtlichen Gründen zugunsten von
eistlichen und Strafverteidigern vorgenommen hat
Sie haben das selbst angesprochen, Herr Kauder –,

indert den Gesetzgeber nicht daran, auch die anderen
erufsgeheimnisträger unter denselben Schutz zu stel-

en. Damit würde auch und gerade die aus unserer Sicht
nerträgliche Selbstprivilegierung von Abgeordneten
egenüber den Journalisten, den Vertretern der vierten
ewalt, beendet.

Für die Abgeordneten gilt die Rechtsprechung des
undesverfassungsgerichts genauso wenig wie für die

ournalisten, soweit sie sich auf Art. 1 des Grundgeset-
es stützt. Dennoch gibt es gute Gründe, Journalisten
icht schlechter zu behandeln als uns selbst. Auch für sie
treiten zumindest verfassungspolitische Überlegungen.
enn es gibt einen gefährlichen Ursachenzusammen-
ang zwischen einem unzureichenden Schutz von Jour-
alisten vor Ausforschung, schweigenden Informanten,
iner stillen Presse und einer mundtoten Demokratie.

Ich will diesen Zusammenhang noch einmal darstel-
en: Journalisten sind keine Hellseher. Sie schreiben
uch nur selten über Vorfälle, die sie selbst und persön-
ich erlebt haben. Wer nicht hellsehen kann und nicht aus
igenem Erleben berichtet, ist auf Informanten angewie-
en. Ein Informant, der schweigt, weil er Strafverfol-
ung fürchtet, ist kein geeigneter Informant. Den Mut
es Informanten befördert der Grundsatz, dass der Jour-
alist für die Öffentlichkeit spricht, doch vor dem
trafrichter schweigen darf. Wenn aber der Staat dieses
eugnisverweigerungsrecht des Journalisten einfach
mgehen kann, entmutigt das den Informanten ganz ent-
cheidend.

Der Staat umgeht das Zeugnisverweigerungsrecht, in-
em er dem Journalisten heimlich ablauscht, worüber
er nicht offen sprechen muss. Die jetzige Gesetzeslage
egitimiert genau diese Umgehung im Wege einer ab-
trakten Abwägung zwischen Pressefreiheit und Straf-
erfolgungsinteresse. Wenn der Informant nicht wissen
ann, wie diese abstrakte Abwägung ausgeht, so wird er
s konkret vorziehen, zu schweigen. Er wird auch des-
alb schweigen, weil er die immensen technischen Mög-
ichkeiten bedenkt, mit denen sich der Staat rechtlich ge-
üstet hat. Kameras, Wanzen, staatliche Spähprogramme






(A) )



(B) )


Wolfgang NeškoviæWolfgang Nešković
und Richtmikrofone, die selbst durch dicke Mauern je-
des vertrauliche Wort erlauschen können,


(Dr. Carl-Christian Dressel [SPD]: Sie müssen es ja wissen!)


werden für immer mehr schweigende Informanten sor-
gen.

Was die Informanten nicht erzählen wollen, kann der
Journalist nicht berichten. Das erfährt dann auch die de-
mokratische Öffentlichkeit nicht. Dann diskutiert sie
nicht; dann schweigt sie.

Das Schweigen wird sogar noch stiller – auch wenn
sein Bruch unverzichtbar wäre –, wenn es um die Auf-
klärung eines politischen oder rechtlichen Versagens
staatlicher Verantwortungsträger geht.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1619923900

Herr Kollege, lassen Sie eine Zwischenfrage des Kol-

legen Kauder zu?


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1619924000

Nein, zu diesem Punkt nicht. – Die nämlich schwei-

gen in solchen Fällen gerne mit. Es ist dieses gemein-
same Schweigen, das alle mundtot macht. Die Demokra-
tie verträgt keine Stille. Sie braucht den öffentlichen
Diskurs.


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Dann lassen Sie aber auch die Zwischenfrage zu!)


– Dazu bleibt noch genügend Zeit. Ich habe vier Minu-
ten Redezeit, wie Sie wissen. Ich bin nicht so üppig aus-
gestattet.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch zusätzlich! – Dr. CarlChristian Dressel [SPD]: Bei Zwischenfragen gibt es zwei Minuten mehr!)


– Meine Herren, das habe ich doch verstanden. Aber der
Redefluss bzw. der Gedankenfluss geht verloren.

Da also die Demokratie den öffentlichen Diskurs
braucht, benötigt sie einen absoluten Überwachungs-
schutz für Journalisten.


(Dr. Carl-Christian Dressel [SPD]: Jetzt kommt gleich eine Kurzintervention!)


Machen Sie sich bitte klar, dass es hier nicht um eine in-
dividuelle Wohltat für Medienvertreter geht. Vielmehr
befassen wir uns mit nichts anderem als dem öffentli-
chen Interesse, Herr Kauder. Genau das ist in meiner Ab-
wägung stärker zu berücksichtigen als das konkrete
Strafverfolgungsinteresse, weil es um wichtige Belange
der Demokratie geht. Hier geht es nämlich um eine kriti-
sche, mutige und aufklärerische Berichterstattung für
eine lebendige Demokratie und eine freie Gesellschaft.
In einem solchen Abwägungsprozess heiligt der Zweck
nicht die Mittel.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN und der FDP)


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(C (D Zu einer Kurzintervention erhält der Kollege Kauder as Wort. Siegfried Kauder SU)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1619924100
Herr Kollege Nešković, Sie haben versucht, den Ein-

ruck zu erwecken, als ob ein Lauschangriff gegen Jour-
alisten zulässig wäre. Dies ist nicht richtig. Wie sich
us § 100 c Abs. 6 der Strafprozessordnung ergibt, ist
er Lauschangriff – weil es sich um einen sehr intensi-
en Eingriff in Persönlichkeitsrechte handelt – gegen
lle Berufsgeheimnisträger, egal ob privilegiert oder
ichtprivilegiert, nicht zulässig.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


aran sehen Sie, Kollege Nešković, dass es sehr gut ist,
enn man differenzierte Systeme erst einmal durch-

euchtet, bevor man pauschal meint, Journalisten hätten
einen Schutz.

Ich habe schon erwähnt, dass die Schutzrechte der
ournalisten im Vergleich zum früheren Recht verbessert
orden sind. § 100 h der Strafprozessordnung, in dem

ine Abwägung zwischen dem Grundrecht auf Pressefrei-
eit und dem Interesse an der Aufdeckung von Straftaten
icht vorgesehen war, gibt es nicht mehr. Stattdessen gibt
s jetzt § 160 a Abs. 2 der Strafprozessordnung. Diese
orschrift bedingt eine Abwägung zwischen den Interes-
en des Journalisten und dem Interesse an der Aufdeckung
on Straftaten. Ich bitte außerdem, zur Kenntnis zu neh-
en, dass selbst im Verstrickungsfall, wenn also ein Jour-

alist einen Dritten anstiftet oder Beihilfe leistet, Geheim-
isverrat zu begehen, diese Abwägungslehre einschlägig
t. Damit haben wir ein differenziertes System. Ihre Aus-

ührungen werden dem nicht gerecht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: Und das alles weiß der Informant?)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1619924200

Bitte schön, zur Erwiderung.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1619924300

Herr Kauder, dadurch, dass ein Gesetz, das vorher

chlecht war, ein wenig besser gemacht wird, wird es
och nicht gut. Uns geht es darum, in diesem Bereich ei-
en umfassenden Schutz sicherzustellen. Wenn es so
äre, wie Sie es eben gesagt haben – wir werden in den
usschüssen Gelegenheit haben, darüber genau und dif-

erenziert zu diskutieren –, dann müssten Sie, zumindest
as die Journalisten betrifft, dem vorliegenden Gesetz-

ntwurf zustimmen. Wozu brauchen Sie denn eine Diffe-
enzierung, wenn Sie der Meinung sind, dass bereits ab-
oluter Schutz besteht?


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1619924400

Das Wort erhält nun der Kollege Joachim Stünker für

ie SPD-Fraktion.






(A) )



(B) )


Joachim Stünker (SPD):
Rede ID: ID1619924500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine Damen und Herren! Wir sollten die Beratungen
im Ausschuss durchführen. Dort können wir die Argu-
mente noch einmal austauschen. Herr Kollege Kauder
hat vollkommen recht: Wir haben, was den Lausch-
angriff, also den schwerwiegendsten Eingriff angeht, die
1998 gefundene Regelung geändert und für den absolu-
ten Schutz aller Berufsgeheimnisträger gesorgt.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber leider nicht im BKA-Gesetz!)


Lassen Sie mich zu dem vorliegenden Gesetzentwurf
kommen. Frau Leutheusser-Schnarrenberger, es tut mir
leid, aber der Gesetzentwurf ist überflüssig. Er ist des-
halb überflüssig, weil wir – darauf hat der Kollege
Kauder bereits hingewiesen – alle Fragen, die Sie wieder
aufgeworfen haben, nach einem jahrelangen Erörte-
rungsprozess im Jahr 2007 beantwortet haben und
schließlich zu einem ausgewogenen System gekommen
sind. Daher können Sie nicht erwarten – denn neuere
rechtstatsächliche Erkenntnisse hat es seitdem nicht ge-
geben –, dass wir Ihrem Gesetzentwurf nach den Bera-
tungen zustimmen werden.

Der Gesetzentwurf ist weiterhin überflüssig, weil die
Gesamtregelung, die wir getroffen haben – das gilt ins-
besondere im Hinblick auf § 160 a StPO –, gegenwärtig
beim Bundesverfassungsgericht beklagt wird. Das heißt,
wir sind in einem schwebenden Verfahren, in dem das
Bundesverfassungsgericht diese Vorschrift überprüfen
soll. Genau in diesem Moment kommen Sie und sagen:
Erlasst doch eben eine neue Vorschrift und macht das,
was ihr damals abgelehnt habt! – Frau Leutheusser-
Schnarrenberger, wie Sie wissen, schätze ich Sie sehr;
aber mir erschließt sich nicht ganz, warum Sie zum ge-
genwärtigen Zeitpunkt einen solchen Gesetzentwurf vor-
legen. Denn das Bundesverfassungsgericht hat in der be-
antragten einstweiligen Anordnung hierzu ausdrücklich
Stellung genommen – daher lassen wir das so, wie es ist,
und warten die Entscheidung in der Hauptsache ab –:

… würde für sämtliche in § 53 StPO genannten
Zeugnisverweigerungsberechtigte ein absolutes Be-
weiserhebungs- und -verwertungsverbot bestehen,
könnte dies dazu führen, dass zahlreiche Ermitt-
lungsmaßnahmen nicht durchgeführt werden dürf-
ten. Dies könnte zur Folge haben, dass die Aufklä-
rung gewichtiger Straftaten nicht möglich wäre,
weil einzelne Ermittlungsmaßnahmen von vornhe-
rein nicht ergriffen oder erlangte Erkenntnisse nicht
verwertet werden dürften.

Genau so ist es. Daher kann ich nur sagen: Warten wir
die Entscheidung ab, die uns das Verfassungsgericht in
Karlsruhe sicherlich in diesem Jahr servieren wird.

Das war die formelle Seite. Wir können Ihnen, Frau
Leutheusser-Schnarrenberger, aber auch inhaltlich nicht
folgen; denn das, was Sie in den Gesetzentwurf ge-
schrieben haben, ist mehr als das, was Sie hier vorgetra-
gen haben. Das geht weit über das hinaus, was mit einer
wirksamen Kriminalitätsbekämpfung überhaupt noch
vereinbar ist; denn Sie verlangen ein absolutes Beweis-

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(C (D rhebungsund Verwertungsverbot für alle Berufsgeeimnisträger in § 53 Abs. 1 Nr. 3 Strafprozessordnung. un lese ich Ihnen einmal vor, wer dort alles aufgeführt st: Das sind Rechtsanwälte, Patentanwälte, Notare, irtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Steuerberater, teuerbevollmächtigte, Ärzte, Zahnärzte, psychologiche Psychotherapeuten, Kinderund Jugendpsychotheapeuten, Apotheker, Hebammen und Journalisten. All iesen Berufsgruppen wollen Sie das Privileg eines aboluten Verbots zukommen lassen. Das kann doch eientlich auch rechtspolitisch nicht Ihr Ernst sein. Ich ann, da Sie die gelb-schwarze Ehe wieder an die Wand alen, dazu nur sagen: Viel Spaß, falls Sie, Herr Kollege ehb, demnächst mit der FDP Rechtspolitik machen ollten! Wie das im Ergebnis zusammengehen soll, weiß ch nicht. (Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Unterschätzen Sie nicht meine Überzeugungskraft!)


Das genau ist der Punkt. Da wünsche ich Ihnen in der
at viel Spaß.

Worum geht es denn eigentlich? Es geht darum, dass
iese Personen nicht Beschuldigte sind, sondern auf-
rund einer bestimmten beruflichen Tätigkeit Erkennt-
isse bekommen und diese Erkenntnisse wichtig sind,
m schwerste Straftaten aufzuklären. Da haben wir – das
at auch Herr Kauder gesagt – eine Abwägung vorge-
ommen und gesagt, dass nur bei erheblichen Straftaten
rmittlungen vorgenommen werden dürfen. Sie wollen
och nicht im Ernst sagen, dass der Staat schwerste
traftaten dann nicht aufklären darf, wenn es sich um Er-
enntnisse von Apothekern und Hebammen handelt,
eil diese wegen des ausgeübten Berufes einen besonde-

en Vertrauensschutz hätten. Es tut mir leid, das ist mit
einem Verständnis von Rechtsstaat nicht in Überein-

timmung zu bringen. Das kriege ich nicht auf die Reihe.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


aher werden wir Ihnen nicht folgen können.

Dann machen Sie etwas, was nicht ganz redlich ist.
ei der ganzen Diskussion werden die weiteren Bestim-
ungen der Strafprozessordnung – Herr Kauder hat es

bstrakt-generell gemacht – gar nicht mehr genannt, zum
eispiel § 97 der Strafprozessordnung, in dem ein um-

assendes und umfangreiches Beschlagnahmeverbot ge-
egelt ist. So dürfen genau bei diesen Berufsgeheimnis-
rägern bestimmte Papiere, die das Vertrauensverhältnis,
m das es hier geht, betreffen, gar nicht beschlagnahmt
erden. Der Staat darf also in dieses Vertrauensverhält-
is gar nicht eingreifen. Wenn Sie sich nicht das Ge-
amtsystem der Strafprozessordnung anschauen, sondern
ur eine Vorschrift herausnehmen, dann kommen Sie in
ine mächtige Schieflage.

Ich will über Ihren Vorschlag nicht länger als notwen-
ig reden. Es kommt mir so vor, als ob Sie Klientelpoli-
ik betreiben würden. Es kommt mir so vor, als ob Sie
uf einen Zug aufspringen wollten, wie wir es im vori-
en Jahr erlebt haben. Damals gab es eine gewisse Hys-
erie und die Befürchtung, wir wollten alle Menschen in
iesem Land abhören und ausforschen.






(A) )



(B) )


Joachim Stünker

(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht alle, aber viele!)


In diesen Kontext passte der Entwurf gut hinein. Ich
kann Ihnen nur sagen: In der Praxis und bei all denen,
die in der Strafrechtspflege tätig sind – angefangen bei
der Polizei über die Staatsanwaltschaften bis hin zu den
Gerichten –, werden Sie mit diesem Vorschlag nicht re-
üssieren können. Darum werden wir ihn nicht überneh-
men.

Schönen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1619924600

Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der

Kollege Montag, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619924700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es

wird Sie nicht verwundern, aber ich sage es trotzdem:
Wir Grüne teilen die Stoßrichtung des Gesetzentwurfs
der FDP. Ich will zu der Debatte einiges sagen und mich
zuerst an Sie, Herr Kollege Kauder, wenden. Sie haben
davon gesprochen, dass es sich der Sache nach – nach
Goltdammer’s Archiv, aber auch sonst ist es richtig – um
einen flankierenden Schutz von Zeugnisverweigerungs-
berechtigten handelt. Das ist richtig.

Das führt mich zu einem Gedanken, der hier noch
nicht angesprochen worden ist, den ich aber für einen
zentralen halte. Stellen Sie sich vor, es gibt ein Verfahren
gegen einen Beschuldigten, und in der Hauptverhand-
lung wird von der Staatsanwaltschaft oder auch von der
Verteidigung – egal – ein Zeuge in den Zeugenstand be-
rufen, der zu den zeugnisverweigerungsberechtigten
Personen gehört, und zwar ohne Unterscheidung. Dann
fragt das Gericht: Was wissen Sie? – Im Rahmen des
Zeugnisverweigerungsrechts – die Einschränkung ist
wichtig; sie gilt für alle – braucht er nichts zu sagen. Die
Hebamme braucht nichts zu sagen und auch nicht der
Apotheker. Da sind der Apotheker und die Hebamme ge-
nauso geschützt wie der Geistliche und der Abgeordnete
Kauder.


(Siegfried Kauder [Villingen-Schwenningen] [CDU/CSU]: Und Montag! – Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Die Verlobte auch!)


– Nicht dazwischenschreien! – Da muss also – das ist
doch klar – das Strafverfolgungsinteresse des Staates zu-
rückstecken. Die volle Ermittlung des Sachverhalts ist
nicht möglich, weil im Gesetz gesagt wird: Alle Zeug-
nisverweigerungsberechtigten haben im Rahmen ihres
Zeugnisverweigerungsrechts ein volles Aussageverwei-
gerungsrecht.

Sie regeln in § 160 a StPO im Rahmen des flankieren-
den Schutzes von Zeugnisverweigerungsberechtigten die
Ermittlungsmaßnahmen, die gegen genau diese zeugnis-
verweigerungsberechtigten Personen ergriffen werden,
um Erkenntnisse zu gewinnen, die dazu führen, dass die
Zeugen bei Gericht nicht mehr gebraucht werden, weil
die Erkenntnisse im Ermittlungsverfahren über Abhören

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(C (D nd ähnliche Maßnahmen der Polizei gewonnen worden ind. Wenn der flankierende Schutz geringer ausgestaltet ird als der Schutz in der Hauptverhandlung, dann ist as faktisch eine Umgehung des vollen Schutzes in der auptverhandlung. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN – Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Blanker Unsinn!)


Aus diesem systematischen Grund sage ich Ihnen:
eim Zeugnisverweigerungsrecht geht es – auch bei der
ebamme – nicht um irgendwelche Dinge, sondern im
ern um das Vertrauensverhältnis der Gesprächsbetei-

igten, sei es ein Gespräch beim Steuerberater oder beim
potheker. Die Betreffenden sollten unserer Meinung
ach so weit, wie das Zeugnisverweigerungsrecht reicht,
uch bei Strafverfolgungsmaßnahmen, bei denen sie ja
ur Betroffene und keine Beschuldigten sind, geschützt
erden. Aus diesen Gründen, die sehr wohl eine verfas-

ungsrechtliche Grundlage haben, plädieren wir für ei-
en vollen, gleichmäßigen und umfassenden Schutz
uch im Rahmen des § 160 a StPO.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Siegfried Kauder [Villingen-Schwenningen] [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


Herr Kollege Kauder, da meine Redezeit fast abgelau-
en ist, will ich Ihre Zwischenfrage, auch wenn sie ge-
tattet würde, jetzt nicht mehr zulassen.


(Siegfried Kauder [Villingen-Schwenningen] [CDU/CSU]: Wo ist denn die verfassungsrechtliche Grundlage?)


Die verfassungsrechtliche Grundlage ist der Schutz des
ertrauens des Mandanten, Klienten oder Patienten in
estimmten Berufen,


(Siegfried Kauder [Villingen-Schwenningen] [CDU/CSU]: Wo steht es denn in der Verfassung?)


on denen wir im Rahmen der §§ 52 und 53 StPO gesagt
aben, dass wir bereit sind – –


(Siegfried Kauder [Villingen-Schwenningen] [CDU/CSU]: Das ist falsch, Herr Kollege! – Dr. Carl-Christian Dressel [SPD]: Im Grundgesetz steht es nicht!)


Hören Sie mir doch zu!

Ich sage Ihnen: Der Deutsche Bundestag hat entschie-
en, dass die Zeugnisverweigerungsberechtigten in der
auptverhandlung keine Aussage machen müssen. Da-
it wird die Strafverfolgung gestört. Das ist ein Hinder-

is bei der vollen Ermittlung der Wahrheit. Das nehmen
ir hin, das befürworten wir sogar,


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Das ist doch etwas ganz anderes!)


eil das materieller Rechtsstaat ist. Dieser materielle
echtsstaat muss sich auch im Rahmen des § 160 a StPO
ewahrheiten.






(A) )



(B) )


Jerzy Montag
Deswegen stehen wir in der Tendenz hinter dem Ge-
setzentwurf der FDP. Aber leider muss ich sagen, Frau
Kollegin Leutheusser-Schnarrenberger: Ich befürchte, es
wird in dieser Legislaturperiode weder zu einer sachli-
chen Beratung Ihres Gesetzentwurfs noch zu einer posi-
tiven Entscheidung kommen. Aber vielleicht gelingt uns
das nach dem September 2009.

Danke.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP – Dr. Jürgen Gehb [CDU/ CSU]: Herr Stünker, mit denen wird es auch nicht besser!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1619924800

Die erkennbaren Interessen für ergänzende Wortmel-

dungen können unter den Beteiligten ganz offenkundig
auch während der Ausschusssitzungen ausgetauscht
werden,


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


sodass ich mit diesem freundlichen Einvernehmen die
Aussprache heute schließe.

Interfraktionell wird die Überweisung des Gesetzent-
wurfs auf Drucksache 16/11170 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Darüber
gibt es wohl zumindest schon jetzt Einvernehmen. – Das
ist der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe nun unseren Tagesordnungspunkt 5 auf:

– Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-
regierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten
Gesetzes zum Abbau bürokratischer Hemm-
nisse insbesondere in der mittelständischen

(Drittes Mittelstandsentlastungsgesetz)


– Drucksache 16/10490 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-

(9. Ausschuss)


– Drucksache 16/11622 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Ernst Burgbacher

– Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss)

gemäß § 96 der Geschäftsordnung

– Drucksache 16/11623 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Kurt J. Rossmanith
Lothar Mark
Ulrike Flach
Roland Claus
Alexander Bonde

Auch hierzu soll nach einer interfraktionellen Verein-
barung eine halbstündige Aussprache stattfinden. – Dazu
höre ich keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlos-
sen.

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(C (D Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort zuächst dem Kollegen Dr. Michael Fuchs für die CDU/ SU-Fraktion. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und erren! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Bürokratie ostet Zeit und Geld. Beides sind entscheidende Faktoen für die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes. Desegen haben sich die Bundesregierung und die Koali ionsfraktionen vorgenommen, die Bürokratie so weit ie möglich abzubauen. Damit helfen wir den Firmen irekt, Arbeitsabläufe effizienter zu gestalten und kosensparender zu arbeiten. Gerade in der jetzigen Phase, in dieser Krisenphase, st Bürokratieabbau besonders wichtig, weil das den taat kein Geld kostet; wir haben schon genügend staat iche Programme aufgelegt. Deswegen sollten wir noch ehr Wert auf einen beschleunigten Bürokratieabbau le en. Es geht heute um das Dritte Mittelstandsentlastungsesetz. Es gehört zu den Maßnahmen des Regierungsrogramms für Bürokratieabbau und bessere Rechtsetung, das wir im Frühjahr 2006 gestartet haben. Mit der msetzung dieses Programms wurde erstmals eine stanardisierte Methode für Bürokratieabbau eingeführt. Das st genau das Richtige. Wir haben den Normenkontrollat gegründet, und dieser hat Wirkung gezeigt, in vielerei Hinsicht: Er hat sämtliche Gesetzentwürfe geprüft nd die Bürokratiekosten einiger Entwürfe deutlich geenkt. Ich erinnere an die Diskussion, die wir bei der Unernehmensteuerreform geführt haben. Dabei hat uns der ormenkontrollrat mit Sicherheit geholfen. Wir haben darüber hinaus ein Bündel von über 00 Informationsund Dokumentationspflichten abgechafft und damit eine Verwaltungsvereinfachung ereicht. Das alles sind richtige und wichtige Maßnahmen. Die Vereinfachungen zeigen spürbar Wirkung. Wir ind mittlerweile bei einem Entlastungsvolumen von irca 3,5 Milliarden Euro angekommen. Auf das einelne Unternehmen bezogen ist das immer noch nicht as, was wir uns vorstellen, ber wir sind auf dem richtigen Weg. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Michael Fuchs (CDU):
Rede ID: ID1619924900

(Beifall bei der CDU/CSU)


(Ernst Burgbacher [FDP]: Richtig!)


Wir haben uns vorgenommen, dass wir bis zum Ende
ieser Legislaturperiode ein Volumen von 7 Milliarden
uro erreichen. Das ist schon was. Aber auch das ist
och nicht das, was wir uns vorgestellt haben. Einiges
ird noch kommen.

Mit dem Dritten Mittelstandsentlastungsgesetz gehen
ir eine Reihe von Maßnahmen an, die vor allen Dingen
ie kleineren Betriebe betreffen. Die Handwerkszählung






(A) )



(B) )


Dr. Michael Fuchs
wird vereinfacht; das kann online gemacht werden.
460 000 Betriebe werden entlastet. Wir erzielen Kosten-
ersparnis auch im Gewerberecht. Circa 70 Millionen
Euro werden eingespart. Das sind beträchtliche Sum-
men, aber es könnte noch mehr sein. Mir liegt eine
Menge daran, dass wir noch weiter vorankommen.

Wir wissen, wie schwierig das ist. Wolfgang Clement
– ich kann ihn völlig unbefangen zitieren – hat einmal
davon gesprochen, dass Bürokratieabbau so etwas Ähn-
liches wie ein Häuserkampf sei, und er hat recht. Wir
merken, wie schwierig das ist. Deswegen bin ich dem
Bundeswirtschaftsminister und besonders dem Kollegen
Schauerte sehr dankbar, dass sie diesen Kampf Haus für
Haus permanent auf sich nehmen und die einzelnen Res-
sorts immer wieder anspornen, noch mehr tätig zu wer-
den.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wichtig ist, dass wir noch intensiver über sämtliche
Statistik- und Dokumentationspflichten nachdenken.
Vieles ist heute in irgendeiner Form digital vorhanden.
Ob es richtig genutzt wird, ist bis jetzt aber nicht deut-
lich geworden. Gerade hier liegt eine Menge Potenzial,
das wir noch überprüfen müssen. Das gilt für alle Minis-
terien.

Das gilt natürlich besonders für das BMF. Dort ist die
Bereitschaft zum Bürokratieabbau bis jetzt nicht so toll
gewesen. 60 Prozent der Weltsteuerliteratur kommt im-
merhin aus Deutschland. Das ist ein Rekord, auf den wir
nicht stolz sein sollten. Das müssen wir angehen. Da
müssen Vereinfachungen her. Das ist machbar und leist-
bar. Das werden wir in dieser Legislaturperiode viel-
leicht nicht mehr schaffen, aber spätestens in der nächs-
ten intensiv angehen müssen. Das führt dann auch dazu,
hoffe ich, dass wir weitere technische Möglichkeiten
schaffen.

Wir sind ja sowieso auf dem digitalen Sektor unter-
wegs. Morgen wird über „Elena“ diskutiert; das ist si-
cherlich ebenso richtig wie die Gesundheitskarte. Die
Bundesgesundheitsministerin ist dabei, eine vernünftige
Gesundheitskarte zu schaffen. Wir werden den elektroni-
schen Bürgerausweis bzw. die elektronische Bürgerkarte
weiterentwickeln: Es geht um die elektronische Signatur
etc. Das alles sind Maßnahmen, die am Ende des Tages
viel Bürokratie auch für die Bürgerinnen und Bürger be-
seitigen. Das wollen wir, und das sollten wir auch ange-
hen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir haben uns am Anfang dieser Legislaturperiode
ein ehrgeiziges Ziel gesetzt, nämlich eine Senkung der
Bürokratielasten um 25 Prozent bis 2012 zu erreichen.
Ich bin eigentlich ganz optimistisch, dass uns dies gelin-
gen kann. Wenn wir gemeinsam – da ist jede Fraktion in
diesem Deutschen Bundestag gefordert – auf diesem Ge-
biet weitermachen und auch lieb gewonnene Dinge auf-
geben, dann haben wir, wie ich glaube, eine gute
Chance, dieses Ziel zu erreichen.

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(C (D Ich will ein weiteres Beispiel nennen. Hier sehe ich erade in der jetzigen Krise Potenziale. Es ist richtig, ass diese Bundesregierung in der jetzigen Krise ein groes Investitionsprogramm plant. Dieses Investitionsproramm muss aber so schnell wie möglich sprichwörtlich uf die Straße gebracht werden. Wenn es uns nicht geingt, Verfahren zu finden, damit die Mittel, die jetzt freiesetzt werden, auch investiert werden können, dann reift das Programm zu spät. as ist dann auch unsere Schuld. Deshalb sind wir hier emeinsam gefordert, Lösungen zu finden. Ich glaube, ass es deswegen notwendig sein wird, uns noch einmal it dem Vergaberecht zu beschäftigen. Viele Verfahren auern aufgrund des Vergaberechts schlicht viel zu ange. s nützt uns gar nichts, wenn die Mittel von den Komunen dann im Jahre 2010 oder 2011 abgerufen werden. ie müssen jetzt eingesetzt werden; denn jetzt ist die rise da, und nur jetzt helfen solche Maßnahmen. Las en Sie uns deswegen bitte gemeinsam daran arbeiten, as Vergaberecht zu entschlacken und zu verschlanken. Ich glaube, dass wir gerade auf diesem Sektor Erfolge aben, dass wir auf diesem Sektor gut zusammengearbeiet haben. Ich bin allen, die dabei mitgemacht haben, ankbar. Ich wäre froh – ich bin ja Berichterstatter für dieen Bereich, seitdem ich im Deutschen Bundestag bin –, enn wir gemeinsam weitere Maßnahmen auf den Weg ringen würden. Lassen Sie uns dafür kämpfen. Wir könen so Unternehmen entlasten. Wir können so die Bürgeinnen und Bürger entlasten. Wir setzen damit Kräfte frei, ie dieses Land gerade in dieser Situation braucht. Das Wort hat nun der Kollege Ernst Burgbacher, DP-Fraktion. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ieber Kollege Dr. Fuchs, Sie sind sicher auf einem richigen Weg. Es lässt sich nicht leugnen, dass die Richtung timmt. Allerdings wird das Ziel, den Mittelstand wirkich zu entlasten, durch den vorliegenden Gesetzentwurf ur in sehr begrenztem Maße erreicht. Wir werden diesem Gesetzentwurf zustimmen, auch enn wir uns deutlichere Entlastungen versprochen hät en. Ja, wir stimmen natürlich zu; denn die Richtung timmt, wie ich gesagt habe; aber Sie hätten viel mutiger ein müssen, wenn Sie den Unternehmen tatsächlich pürbar und nachhaltig helfen wollen. Ernst Burgbacher Eigentlich legen Sie einen Placebogesetzentwurf vor. Was darin steht, ist eigentlich keine so große Debatte wert. Gerade jetzt, Dr. Fuchs, wäre doch eine deutliche Entlastung des Mittelstandes unabdingbar notwendig. Diese erreichen Sie mit diesem Gesetzentwurf aber ganz sicherlich nicht. Statt sich gegenseitig mit konjunkturellen Strohfeuern zu überbieten – das erleben wir gerade im Augenblick –, müssten Sie Maßnahmen ergreifen, die den Staat nichts kosten, aber ganz erhebliche Erleichterungen für die Unternehmen mit sich bringen. Wenn Sie wirklich Bürokratie abbauen würden, wenn Sie die Unternehmen wirklich über die ganze Palette der politischen Felder entlasten würden, dann hätte das zwei Konsequenzen: zum einen, dass die Unternehmen Kosten sparen, zum anderen, dass Unternehmen in unserem Land schneller investieren, wie Sie es ja angesprochen haben, und ausländische Unternehmen – auch das ist nicht zu unterschätzen – nicht mehr so oft an Doppeloder Mehrfachzuständigkeiten scheitern, wie es heute leider der Fall ist. Sie sprechen in Ihrem Gesetzentwurf von einer Entlastung in Höhe von 97 Millionen Euro. Diese Zahl scheint mir, wenn ich alles nachrechne, viel zu hoch gegriffen. Ich will diesen Betrag auf der einen Seite aber überhaupt nicht kleinreden. Auf der anderen Seite sollten Sie das jedoch einmal mit den Bürokratiekosten vergleichen, die bei der Berechnung und Abführung von Steuern und Sozialabgaben entstehen. Allein dort kommen wir auf einen Betrag von jährlich circa 6 Milliarden Euro. Schon diese Diskrepanz zeigt, dass Sie beim Bürokratieabbau viel zu mutlos sind. Wie Sie wissen, liegt das natürlich auch an Schwierigkeiten innerhalb der Koalition – was uns aber keinesfalls tröstet. Sie haben Vorschläge von verschiedenen Seiten auf dem Tisch. Der Industrieund Handelskammertag hat eine Liste von 32 Maßnahmen vorgelegt, die vom Arbeitsund Sozialrecht über das Handelsund Gewerberecht bis zum Umweltund Vergaberecht reichen. Von der mittelständischen Wirtschaft werden Regulierungsmaßnahmen bei der Sozialversicherung, der Ausbau elektronischer Meldeverfahren sowie der Abbau von Meldepflichten allein zu statistischen Zwecken vorgeschlagen. Leider herrscht in Ihrem Gesetzentwurf auf allen diesen Gebieten weitgehend Fehlanzeige. Herr Dr. Fuchs, ich will auf das von Ihnen angesprochene Vergaberecht eingehen. Dort müssen wir tatsächlich einiges tun. Wir müssen aber aufpassen, dass wir das Vergaberecht nicht völlig schleifen; denn es ist notwendig. Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang ein Beispiel nennen, das wir bereits im Ausschuss für Wirtschaft und Technologie angesprochen haben. Die verbindliche Einführung von Präqualifizierungssystemen würde gerade dem Handwerk und dem Mittelstand ganz wesentliche Erleichterungen bringen. Deswegen werden w t a s g g E s s G t h d g D u s w n m d G b r S D d e F K T v D u b a n r D (C (D ir auf diesem Punkt beharren. Wir müssen solche Syseme einführen, um den kleinen Unternehmen in Bezug uf ihre Kosten zu helfen. Hier bitte ich Sie um Untertützung. Wir haben das auch im Rahmen der Beratunen beantragt. Leider haben Sie es dort abgelehnt. (Beifall bei der FDP – Zuruf von der CDU/ CSU: Das ist doch im Gesetzentwurf enthalten!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Ernst Burgbacher [FDP]: Richtig!)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1619925000

(Beifall bei der FDP)

Ernst Burgbacher (FDP):
Rede ID: ID1619925100

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


Mit Ihren Mittelstandsgesetzen haben Sie zwar eini-
es auf den Weg gebracht. Sie meinen, das seien große
rfolge. Im Gegensatz dazu haben Sie aber Gesetze ge-
chaffen, die einen viel größeren Bürokratieaufwand mit
ich bringen. Ich nenne zum Beispiel das Allgemeine
leichbehandlungsgesetz, das zu erheblichen Mehrkos-

en führt, ohne die beabsichtigten Ziele auch nur annä-
ernd zu erreichen.

Ich nenne den Gesundheitsfonds, der die Qualität des
eutschen Gesundheitswesens erheblich schwächt,
leichzeitig aber zu deutlich höheren Beiträgen führt.
ass Sie diese höheren Beiträge kurz nach Inkrafttreten
nter Einsatz von Steuermitteln wieder reduzieren müs-
en, ist ein politischer Skandal. Das werden wir immer
ieder anmahnen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der SPD: Das ist Unsinn, was Sie da sagen!)


Ich nenne die Erbschaftsteuerreform, die viele Unter-
ehmen dazu zwingt, mit erheblichen Kosten Unterneh-
ensformen und Nachfolgeregelungen zu ändern, um

en Bestand des Unternehmens zu gewährleisten. Dieses
eld würde gerade jetzt an anderer Stelle dringend ge-
raucht.

Mit all diesen Gesetzen haben Sie erheblich mehr Bü-
okratie eingeführt. Sie sollten endlich mutiger an die
ache herangehen. Sie schaffen jetzt einige Maßnahmen.
iesen werden wir zustimmen. Das ist aber keinesfalls
ie Zustimmung zu einem großen Kurs. Da brauchen wir
twas ganz anderes.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1619925200

Reinhard Schultz ist der nächste Redner für die SPD-

raktion.


Reinhard Schultz (SPD):
Rede ID: ID1619925300

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Bürokratieabbau ist immer ein sperriges
hema; denn lieb gewordene Regeln werden natürlich
on denjenigen, die sie erfunden haben, und vor allen
ingen von denjenigen, die sie verwalten, mit Zähnen
nd Klauen verteidigt, sodass andere sich schwertun, sie
egründet abzuschaffen. Deshalb ist Bürokratieabbau
uch immer ein Bohren dicker Bretter und nicht auf ei-
en Schlag zu erledigen.

Die Gesetzgebungsgeschichte allein dieser Wahlpe-
iode zeigt – heute behandeln wir den Entwurf eines
ritten Mittelstandsentlastungsgesetzes –, dass man im-






(A) )



(B) )


Reinhard Schultz (Everswinkel)

mer wieder neue Anläufe braucht, um etwas zu errei-
chen. Man kann immer nur das erledigen, worüber man
im Augenblick Konsens erzielt hat. Anschließend geht
man den nächsten Schritt.

Herr Burgbacher, es ist richtig, dass vom DIHK
32 Maßnahmen vorgeschlagen wurden. Sie sind von der
Qualität her natürlich sehr unterschiedlich. Mit dem jetzt
zu verabschiedenden Gesetzentwurf werden wir aller-
dings 65 Maßnahmen für die Wirtschaft schaffen – und
damit mehr, als der DIHK gefordert hat. Eine rein quan-
titative Betrachtung zeigt also, dass wir deutlich auf der
Gewinnerseite sind.


(Zuruf des Abg. Ernst Burgbacher [FDP])


Ich gebe natürlich zu, dass es weitere Möglichkeiten
gibt. Der Normenkontrollrat benennt in seinem Bürokra-
tieabbaubericht 338 mögliche Maßnahmen, die zu einer
Entlastung bei den Bürokratiekosten in Höhe von
7,1 Milliarden Euro führen. Diese Koalition hat bereits
Bürokratielasten in einem Umfang von 6,4 Milliarden
Euro abgebaut. Das ist angesichts der relativ kurzen Zeit
eine gute Ausbeute. Wir brauchen an dieser Stelle also
nicht allzu sehr bescheiden zu sein.

Im Vergleich zum Ersten Mittelstandsentlastungsge-
setz werden mit diesem Mittelstandsentlastungsgesetz
etwas größere und sperrigere Oschis – um es einmal
westfälisch auszudrücken – gehoben. Ich nenne bei-
spielsweise den Bereich der Handwerkszählung, wo
ganz erheblich Kosten eingespart werden. Es werden
auch Belastungen, die sich im Alltag von Unternehmen
ergeben, abgebaut. Wir haben zahllose Verordnungen,
die ausschließlich irgendwelchen Erhebungs- und An-
meldungszwecken dienen, schlicht und einfach ersatzlos
gestrichen. Wir haben Aufbewahrungsfristen beispiels-
weise für Makler und Bauträger deutlich verkürzt. Durch
Anhebung der Körperschaftsteuerfreibeträge haben wir
auch im materiellen Bereich etwas für die Unternehmen
getan. Ich nenne in diesem Zusammenhang auch die
Pauschalierung der Erstattung des Mutterschaftsgeldes
an die Krankenkassen. Es handelt sich um ein breites
Feld von Maßnahmen, mit denen Bürger und Wirtschaft
entlastet werden. Das sollte man nicht ohne Not kleinre-
den.

Natürlich bleibt noch eine Menge zu tun. Laut Büro-
kratieabbaubericht haben wir in Deutschland eine büro-
kratische Belastung in Höhe von insgesamt 47,6 Milliar-
den Euro. Das ist eine erschreckend hohe Zahl. Davon
entfallen 22,5 Milliarden Euro auf Vorschriften, die auf
nationaler Ebene vom Gesetz- oder Verordnungsgeber
erlassen wurden. 25,1 Milliarden Euro entfallen auf
EU-Vorschriften. Auf der nationalen Ebene des Bürokra-
tieabbaus haben wir erhebliche Fortschritte gemacht; ich
habe gerade darüber berichtet. Ich bin zuversichtlich,
dass wir bis 2009 einen Abbau der Bürokratiebelastung
in Höhe von 12,5 Prozent und bis 2011 in Höhe von
25 Prozent locker erreichen.

Schwierig ist der Bürokratieabbau auf europäischer
Ebene, sozusagen ein Fall für Stoiber. Man muss einmal
schauen, wie er das Problem löst. Man kann noch nicht
viel erkennen. Seitdem man dort mit dem Bürokratieab-
bau angefangen hat, sind mit Blick auf Deutschland Bü-

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(C (D okratiekosten in Höhe von 0,5 Milliarden Euro vermieen worden. Das ist eine ganz andere Größenordnung im ergleich zu dem, was wir auf nationaler Ebene erreicht aben. Wir sollten also einen größeren Schwerpunkt auf uropa legen; denn die europäische Gesetzgebung immt immer mehr zu, was wiederum mehr Bürokratieosten verursacht. Dagegen kommen wir mit unserem ürokratieabbau nicht an. Deswegen muss das deutsche arlament zukünftig stärker einen Blick auf Europa weren. Auch ich bin der Meinung, dass unnötiges Bremsen im irtschaftskreislauf das wirtschaftliche Wachstum hemen und sich in einer konjunkturell schwierigen Lage er chwerend auswirken. Deswegen ist ständiger Bürokratiebbau immer auch ein Konjunkturprogramm; das ist gar eine Frage. Mit Blick auf unser neues Konjunkturproramm bin ich als der SPD-Sachwalter des Vergaberechts amit einverstanden, bestimmte Schwellen anzuheben, m schneller Aufträge im Baubereich und in anderen Beeichen herauszugeben. Allerdings habe ich durchaus ein chlechtes Gewissen dabei. Denn das Abschaffen von ettbewerb in bestimmten Bereichen führt nicht automa sch dazu, dass kleine und mittelständische Unternehmen ie Hauptnutznießer dieser Vergaben sind. enn die freihändige Vergabe direkt über den Tisch urch einen tiefen Blick ins Auge geregelt wird, dann ucken die meisten beteiligten Wirtschaftskreise in die öhre. Deswegen muss man sich genau anschauen, wie an mit dieser Regelung im Rahmen der Umsetzung des onjunkturprogramms umgeht. Überhaupt ist es so, dass wir nicht sagen können, die deale Gesellschaft würde mit null Bürokratie auskom en. Wir verfolgen nämlich bestimmte politische Ziele. ir wollen selbstverständlich Umweltschutz. Diesen er eichen wir aber nicht dadurch, dass wir Unternehmen reistellen, von Zeit zu Zeit zu melden, ob sie etwas in en Rhein oder in die Spree eingeleitet haben. Das wird an schon mit ordentlichen Nachweisen kontrollieren üssen. Man kann zwar darüber streiten, wie viele Steuereinahmen der Staat braucht. Aber dass das Entrichten von teuern über eine formal ordentliche Art und Weise in orm einer Steuererklärung oder in Form einer Steuerilanz abzuwickeln ist, wird keiner – auch nicht Herr uchs – bestreiten. Die FDP sagt, das einfachste Steuerrecht, ein Steuerecht ohne jeden Ausnahmetatbestand wäre das Ideale, eil dadurch Bürokratiekosten gespart würden, obwohl ie genau weiß, dass der größte Teil der Gesellschaft ann sofort auf die Barrikaden gehen und sagen würde: as ist zutiefst ungerecht, weil unsere besondere Leenssituation, weil die Situation meiner speziellen Branhe usw. nicht hinreichend berücksichtigt worden ist und ir bei einer reinen Pauschalierung abgebügelt werden. eswegen tun wir uns mit der Abwägung zwischen Ver infachung und Steuergerechtigkeit ja so schwer. Das ird man nie auf einen Nenner bringen können. Auch bei der Diskussion über die Erbschaftsteuer ist ie FDP nicht besonders ehrlich: Sie kritisiert die Erb Reinhard Schultz schaftsteuer, weil sie zu bürokratisch ist, obwohl sie sie eigentlich abschaffen will – das ist die eigentliche Linie der FDP. Wenn man es für einen gerechten Ansatz hält, dass der Staat bei hohen leistungslos erworbenen Vermögen zugreifen darf, zum Beispiel für Bildungszwecke, man aber Ausnahmen für den Unternehmensübergang schaffen will, ist das nicht ganz stimmig. Letzteres ist natürlich nicht ganz einfach. Dafür braucht man Nachweise, und das ist nun einmal bürokratisch; das ist doch gar keine Frage. Wir hätten auf die Ausnahmen auch verzichten können. Das wäre zwar völlig unbürokratisch, wirtschaftspolitisch aber Blödsinn gewesen. Das Gute ist eben manchmal mit Bürokratieaufwand verbunden. Das wird man nicht verhindern können. Es wäre wunderbar, wenn wir von den 47,6 Milliarden Euro, die in Deutschland für Bürokratie aufgewendet werden, 25 Prozent einsparen könnten. Dann blieben aber immer noch 75 Prozent, von denen der größte Teil wahrscheinlich völlig gerechtfertigt ist, da er zum Funktionieren des Gemeinwesens beiträgt. Eine Gesellschaft ohne jede Bürokratie ist nämlich eine anarchische Gesellschaft. Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Ernst Burgbacher [FDP]: Richtig!)





(A) )


(B) )



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1619925400

Die Kollegin Sabine Zimmermann hat nun das Wort

für die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Sabine Zimmermann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619925500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine Damen und Herren! Die Bundesrepublik steht vor
der tiefsten Wirtschaftskrise ihrer Geschichte. Wir hören
täglich neue Hiobsbotschaften. Diese Wirtschaftskrise
wird Hunderttausende kleine und mittlere Unternehmen
treffen.

Bereits im vergangenen Jahr stieg die Zahl der Unter-
nehmenspleiten auf fast 30 000. In der Mehrzahl han-
delte es sich um mittelständische Unternehmen. Für die-
ses Jahr wird ein Anstieg auf 35 000 vorhergesagt.
Betroffen von den Unternehmenspleiten wäre auch eine
halbe Million Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Meine Damen und Herren von der Großen Koalition,
diese Zahlen sind eine Bankrotterklärung für die Wirt-
schaftspolitik dieser Bundesregierung.


(Beifall bei der LINKEN)


Sie haben in der Vergangenheit nur auf den Export
und die Kostensenkung bei den Unternehmen gesetzt
und die Binnennachfrage sträflich vernachlässigt. Die-
sen Geist der gescheiterten Politik atmet auch dieses
Dritte Mittelstandsentlastungsgesetz. Keiner hat etwas
dagegen, wenn doppelte Meldepflichten abgeschafft
werden sollen, wie dieser Gesetzentwurf es vorsieht.
Wichtiger ist aber eine ausreichende Anzahl von Aufträ-
gen für die Unternehmen. Gerade auf diesem Gebiet hat
die Regierung ihre Hausaufgaben nicht gemacht.

Was soll das Dritte Mittelstandsentlastungsgesetz be-
wirken? Um durchschnittlich 30 Euro pro Jahr soll ein
einzelnes Unternehmen in Deutschland entlastet werden.

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(C (D ch frage Sie: Glauben Sie ernsthaft, dass die Unternehen mit 30 Euro in die Lage versetzt werden, neue Ar eitsplätze zu schaffen bzw. vorhandene Arbeitsplätze u sichern? Ich glaube das nicht. Nein, diese Regierung acht keine Politik, die der Mehrzahl der mittelständi chen Unternehmen wirklich hilft. Das gilt auch für die aktuellen Maßnahmen. Stich ort: Kreditversorgung des Mittelstandes. 480 Milliaren Euro stellt die Bundesregierung dem Bankensektor it dem Argument zur Verfügung, dass die Kreditver orgung der Wirtschaft dadurch am Laufen gehalten ürde. Fakt ist: Die Zahl der Unternehmen, die Proleme haben, Kredite zu bekommen oder laufende Kreite zu verlängern, steigt. Am Montag beklagte ein anager der staatlichen KfW-Bankengruppe, die Bun eskanzlerin kündige lautstark eine 15-Milliarden-Hilfe ür den Mittelstand an, tatsächlich bleibe dieses Kreditrogramm wegen Konstruktionsfehlern aber weitgehend irkungslos. Die Regierung hat es versäumt, die Binnennachfrage u stärken. Die Krise trifft Deutschland deswegen stärer als die anderen EU-Staaten. Das ist in allen Blättern u lesen und in allen Medienberichten zu hören. Um leinen und mittleren Unternehmen zu helfen, muss die olkswirtschaftliche Nachfrage jetzt deutlich gestärkt erden. emessen daran sind die Maßnahmen der Bundesregie ung völlig unzulänglich und gehen in die falsche Richung. Die Linke fordert ein Investitionsprogramm von minestens 50 Milliarden Euro für Schulen, für einen ökoloischen Wandel und die Stärkung des öffentlichen Naherkehrs. Dies würde zahlreiche neue Aufträge für leine und mittlere Unternehmen bedeuten, und bis zu Million Arbeitsplätze könnten so geschaffen werden. (Reinhard Schultz [Everswinkel] [SPD]: Reden Sie zum Jahreswirtschaftsbericht und nicht zum Bürokratieabbau!)


(Beifall bei der LINKEN)


enn denken Sie daran: Der Mittelstand ist das Rückgrat
nserer Wirtschaft. Das sagen auch Sie immer, Herr
chultz.

In diesem Sinne: Überdenken Sie Ihre gesamte Mit-
elstandspolitik im Interesse der kleinen und kleinsten
nternehmen bei uns in Deutschland.
Danke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1619925600

Kerstin Andreae ist die letzte Rednerin, Fraktion

ündnis 90/Die Grünen.


Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619925700

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

erren! In diesem Gesetzentwurf steht im Prinzip nichts
alsches.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Aber auch nichts Richtiges!)







(A) )



(B) )


Kerstin Andreae
Wer hat etwas dagegen, wenn Sie Schausteller von der
Verpflichtung, ein Umsatzsteuerheft zu führen, befreien
oder die Anzeigenpflicht bei der Aufstellung von Auto-
maten abgeschafft wird?


(Franz Obermeier [CDU/CSU]: Ja, das ist doch was!)


– Ja, das ist was.

Wir freuen uns auch, dass Sie das machen. Aber ich
sage Ihnen ganz ehrlich: Wer derartig kurz springt, be-
kommt die Zustimmung der Grünen nicht. Wir enthalten
uns bei der Abstimmung über diesen Gesetzentwurf. Sie
springen beim Dritten Mittelstandsentlastungsgesetz ab-
solut zu kurz.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU/CSU: Wir sind nie gesprungen!)


Woran krankt das Maßnahmenpaket der Bundesregie-
rung insgesamt? Wir beschließen jetzt das Dritte Mittel-
standsentlastungsgesetz. Immer wieder fällt das Stich-
wort Normenkontrollrat, und immer wieder wird die
Notwendigkeit genannt – wir alle sehen sie mehr oder
weniger deutlich –, die Bürokratiekosten abzubauen.
Aber das Problem ist doch, dass Sie hinsichtlich der
Grundstruktur, der Architektur des Normenkontrollrates
von Anfang an derartig vehemente Fehler im Hinblick
auf Befugnisse und Zuständigkeiten, im Hinblick darauf,
was der Normenkontrollrat wirklich prüft, gemacht ha-
ben. Er prüft ja nicht die Gesetzentwürfe, die von den
Koalitionsfraktionen kommen, sondern nur die, die von
der Regierungsbank kommen.


(Franz Obermeier [CDU/CSU]: Unsere sind ja gut!)


Er prüft keine Gesetze von vor 2007. Zu manchen Geset-
zen bekommen wir gar nicht die Stellungnahme des Nor-
menkontrollrates; das Stichwort Gesundheitsfonds ist
gefallen. Die Erbschaftsteuerreform wurde dem Nor-
menkontrollrat jetzt nur vorgelegt, weil wir es im Aus-
schuss beantragt und dafür Ihre Zustimmung bekommen
haben. Die Grundarchitektur des Normenkontrollrates
ist falsch. Das haben wir immer kritisiert; das kritisieren
wir auch an dieser Stelle.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sie sagen zu Recht, dass Bürokratieabbau ein sinnvol-
les Konjunkturpaket ist. Ja, das finde ich auch. Wenn wir
uns anschauen, was andere Länder durch Bürokratie-
abbau für die Unternehmen tatsächlich gemacht haben,
dann sieht man, dass sie deutlich mehr als wir machen.
Schauen Sie sich einmal an, was die Niederlande und
Österreich machen. Dort gibt es ganz andere Zielmarken
und ganz andere Werte, die definitiv in einer Legislatur-
periode erreicht werden. Sie haben fünf statt vier Jahre
angesetzt, damit man nicht mehr selber dafür zuständig
ist. Das macht kein anderes Land in der EU, nur
Deutschland hat gesagt: Wir brauchen eine Legislatur
plus ein Jahr, um den Bürokratieabbau um 25 Prozent zu
erreichen. Das ist zu wenig; das ist zu kurz gesprungen.

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(C (D Ich rate Ihnen dringend, sich das einmal anzusehen. in Redner aus der Koalition – ich glaube, es war Herr uchs – hat auf das Verhalten der einzelnen Ressorts und ie damit verbundenen Schwierigkeiten hingewiesen. In en Niederlanden gibt es das Prinzip, dass erstens die ürokratieabbauziele in den Haushaltsplan integriert erden und dass zweitens die Minister einmal im Jahr m Plenum zu der Erreichung ihrer Ziele Stellung nehen müssen. Dann wird Bürokratieabbau konkret. Dann ann man auch entscheiden, dass eine bürokratische aßnahme sinnvoll ist. Ich stimme dem Kollegen chultz zu, dass es zum Beispiel im Umweltoder Soialbereich bürokratische Maßnahmen gibt, die notwenig sind. Aber hier Stellung zu beziehen und dies zu beründen, wäre sinnvoll. Das scheint mir eine sehr kluge aßnahme zu sein, die die Niederlande gewählt haben. ch empfehle Ihnen dringend, dies zu übernehmen. Jetzt haben wir den Normenkontrollrat. Er hat im ommer 2008 seinen ersten Jahresbericht geschrieben. ort steht Folgendes: Die Bundesregierung muss so chnell wie möglich die Messung der bestehenden Büroratiekosten abschließen und spätestens bis zum Herbst in Gesamtkonzept zum Bürokratieabbau auf den Tisch egen. Damit war der Herbst 2008 gemeint und nicht der erbst 2009. Ich frage mich: Wo ist denn dieses Gesamtonzept? Wenn Sie dem Bürokratieabbau derartig die ahne halten, wie Sie es tun, und es als konjunkturpolitiche Maßnahme deklariert befürworten, dann legen Sie och ein Gesamtkonzept vor, wie Sie sich das vorstellen, nd zwar nicht in Form kleiner Trippelschritte wie in en Mittelstandsentlastungsgesetzen, sondern als ein roßes, umfassendes Konzept, aus dem hervorgeht, woin es mit dem Bürokratieabbau gehen soll. Dann wären ir auch dabei. Aber bei der Abstimmung über diesen esetzentwurf können wir uns maximal enthalten. Vielen Dank. Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bunesregierung eingebrachten Entwurf eines Dritten Mitteltandsentlastungsgesetzes. Der Ausschuss für Wirtschaft nd Technologie empfiehlt in seiner Beschlussempfehng auf Drucksache 16/11622, den Gesetzentwurf der undesregierung auf der Drucksache 16/10490 in der usschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die em Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen ollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – er enthält sich? – Der Gesetzentwurf ist damit in zwei er Beratung angenommen. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen Kollegen, ie dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich von ihen Plätzen zu erheben. – Wer stimmt dagegen? – Wer nthält sich der Stimme? – Damit ist der Gesetzentwurf ngenommen. Präsident Dr. Norbert Lammert Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 6 a bis 6 d sowie den Zusatzpunkt 1 auf: 6 a)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1619925800




(A) )


(B) )

regierung

Lebenslagen in Deutschland – Dritter Armuts-
und Reichtumsbericht

– Drucksache 16/9915 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundes-
regierung

Nationaler Strategiebericht – Sozialschutz und
soziale Eingliederung 2008 bis 2010

– Drucksache 16/10138 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

c) Beratung der Unterrichtung durch die Bundes-
regierung

Nationaler Aktionsplan zur Bekämpfung von
Armut und sozialer Ausgrenzung 2003 bis 2005

Implementierungsbericht 2005

– Drucksache 15/5569 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für Kultur und Medien

d) Beratung der Unterrichtung durch die Bundes-
regierung

Sozialbericht 2005

– Drucksache 15/5955 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

ZP 1 Beratung des Antrags der Abgeordneten Markus
Kurth, Brigitte Pothmer, Irmingard Schewe-
Gerigk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

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(C (D Programm für ein selbstbestimmtes Leben ohne Armut – Eine Neuformulierung des Dritten Armutsund Reichtumsberichtes – Drucksache 16/10654 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Gesundheit Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Haushaltsausschuss Zum Dritten Armutsund Reichtumsbericht der Bunesregierung liegt ein Entschließungsantrag der Fraktion ie Linke vor. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll die ussprache eine halbe Stunde dauern. – Dazu höre ich einen Widerspruch. Dann können wir so verfahren. Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort zuächst dem Kollegen Klaus Brandner, der für die Bunesregierung in dieses Thema einführt. K Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, iebe Kollegen! Es trifft sich gut, dass diese Debatte über en Dritten Armutsund Reichtumsbericht gerade in ieser Woche auf der Tagesordnung steht. Denn die Bechlüsse, die im Konjunkturpaket II für Familien mit iedrigen Einkommen gefasst wurden, stehen in der Tat n einem engen Zusammenhang mit den Ergebnissen ieses Berichts. Reden wir also zunächst über die Fakten. Fakt ist: inder sind in Deutschland vor allem dann einem erhöh en Armutsrisiko ausgesetzt, wenn sie in Haushalten von rbeitslosen, Alleinerziehenden oder Zugewanderten roß werden. Zwar senken Sozialtransfers wie das Areitslosengeld II, das Kinderund das Erziehungsgeld ie Armutsrisikoquote von Haushalten mit Kindern ereblich, im Jahre 2005 um fast zwei Drittel, von 34 auf 2 Prozent – im europäischen Vergleich stehen wir desalb recht gut da –, dennoch ist der Anteil zu hoch und u Recht Gegenstand politischer Auseinandersetzungen. Im vergangenen Jahr wurde dazu vor allem über die öhe der Kinderregelsätze für Grundsicherungsund ozialhilfeempfänger diskutiert. Sie wissen: Bisher wird er Regelsatz für Kinder vom Verbrauch eines Alleinsteenden abgeleitet. Das Bundesministerium für Arbeit nd Soziales hat dazu eine Sonderauswertung der Einommensund Verbrauchsstichprobe – EVS – aus dem ahre 2003 zum Konsum von Paaren mit einem Kind urchgeführt. Diese hat gezeigt, dass die Leistungen für inder im derzeitigen System mit zwei Altersstufen den tatistisch ermittelten Verbrauchsausgaben entsprechen nd zum Teil sogar darüber liegen. Differenziert man jeoch stärker nach dem Alter der Kinder, dann lässt sich rkennen, dass für Kinder zwischen 6 und 13 Jahren ehr verbraucht wird, als der bisherige Regelsatz von 0 Prozent des Eckregelsatzes abdeckt. Parl. Staatssekretär Klaus Brandner Dieser Befund war für die Bundesregierung Anlass, unverzüglich zu handeln. Wir haben beschlossen, durch die Einführung einer dritten Altersstufe übergangsweise eine Anpassung bis zur nächsten turnusmäßigen Überprüfung der Regelsätze im Jahr 2010/2011 vorzunehmen. Die zusätzliche Altersstufe kann nun zusammen mit der Anpassung der Regelsätze entsprechend der Entwicklung des aktuellen Rentenwertes zum 1. Juli 2009 wirksam werden. Dabei gehen wir gegenüber den Vorjahren von einer deutlich höheren Anpassung bei den Renten aus. Haushalte im Hilfebezug nach SGB II, also der Bereich der Arbeitslosengeld-II-Bezieher, und Haushalte im Hilfebezug nach SGB XII, also Bezieher der Sozialhilfe, erhalten damit in der gegenwärtigen konjunkturell kritischen Phase zusätzliches Einkommen. Konkret geht es neben der Anhebung entsprechend der Erhöhung des allgemeinen Rentenwertes um 35 Euro mehr pro Monat für etwa 820 000 Kinder. Das ist für die betroffenen Haushalte, wie ich meine, eine spürbare Verbesserung. Darüber freuen wir uns. Darüber hinaus haben wir bereits zum 1. Januar dieses Jahres im Rahmen des Familienleistungsgesetzes das Schulbedarfspaket auf den Weg gebracht. Wir sagen: Kinder von Eltern mit geringem Einkommen dürfen gerade beim Bildungserwerb nicht benachteiligt werden. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber auch Kinder in der elften Klasse dürfen dabei nicht benachteiligt werden!)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1619925900




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(B) )


Deshalb, meine Damen und Herren, erhalten bedürftige
Schulkinder bis zum zehnten Schuljahr ab sofort jeweils
zu Schuljahresbeginn 100 Euro.


(Dirk Niebel [FDP]: Warum gilt das eigentlich nur für Kinder bis zum zehnten Schuljahr? Dürfen die kein Abi machen, nur weil die Eltern arm sind?)


– Darüber können wir noch reden.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Dann fangen Sie mal an!)


Schließlich ist an einem Ergebnis des vorliegenden
Berichts nicht vorbeizukommen: Die Chance, aus eige-
ner Arbeit ein existenzsicherndes Einkommen zu erzie-
len, ist und bleibt der Königsweg zur Bekämpfung von
Armut. Vor Armut schützen kann Erwerbstätigkeit aber
nur dann, wenn auch existenzsichernde Löhne gezahlt
werden und wenn aufgrund der Erwerbsarbeit kein Be-
darf mehr an zusätzlichen sozialen Leistungen entsteht.
Deshalb wollen wir Mindestlöhne einführen.

Die Vereinbarungen der letzten Wochen haben uns,
wie ich finde, ein gutes Stück vorangebracht. Durch die
Aufnahme von sechs weiteren Branchen in das Arbeit-
nehmer-Entsendegesetz und dadurch, dass für Leiharbei-
ter im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz eine Lohnunter-
grenze eingezogen wird, werden über 1,7 Millionen
Beschäftigte mehr als bisher vor Dumpinglöhnen ge-
schützt.

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(C (D (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Komischerweise hat das Wirtschaftsministerium die Passage zu den Mindestlöhnen streichen lassen, Herr Brandner! Das ist doch komisch, oder?)


Meine Damen und Herren, für die Bekämpfung von
rmut gilt das Gleiche wie für den Weg durch die ge-
enwärtige Krise: Es bedarf einer Richtung, klarer Ziele
nd der Mobilisierung aller Kräfte. Die Bundesregierung
eistet dazu ihren Beitrag – einen guten Beitrag, wie ich
inde. Davon bin ich überzeugt.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1619926000

Dr. Heinrich Kolb, FDP-Fraktion, ist der nächste

edner.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1619926100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr

taatssekretär Brandner, ich finde, der Dritte Armuts- und
eichtumsbericht und die im Zusammenhang damit ste-
enden Aktions- und Strategieberichte werfen mehr Fra-
en auf, als sie beantworten. Das Kernproblem besteht
einer Meinung nach darin, dass entscheidende Begriff-

ichkeiten nicht geklärt sind. Das führt im Ergebnis dazu,
ass die Armutsdebatte nicht objektiv, sondern sehr poli-
isiert geführt wird. Den Betroffenen hilft das aber nicht.
etztlich – das muss man ganz deutlich sagen – ist der
ritte Armuts- und Reichtumsbericht ein Dokument des
cheiterns von zehn Jahren sozialdemokratischer Sozial-
olitik.


(Beifall bei der FDP – Dr. Carl-Christian Dressel [SPD]: So ein Quatsch!)


Der Reihe nach: Es ist der Bundesregierung bis heute
icht gelungen, ein stimmiges Konzept zur Definition
es Armutsbegriffes vorzulegen. Damit fehlt die Basis
ür eine präzise Auseinandersetzung mit diesem Thema.
urch unterschiedliche Definitionen von Armut – es gibt

ine regelrechte Armutsskala – wird eine sachliche Ar-
utsdebatte erschwert.

Im Folgenden nenne ich Ihnen beispielhaft Netto-
erte für eine alleinstehende Person: Das soziokulturelle
xistenzminimum 2008 lag bei 7 140 Euro. Der Steuer-

reibetrag 2008 betrug, analog zum Existenzminimum,
664 Euro. Der durchschnittliche ALG-II-Zahlbetrag

ag bei 8 172 Euro. Die Armutsrisikogrenze betrug nach
em Dritten Armutsbericht 9 372 Euro, nach dem
weiten Armutsbericht lag die Armutsrisikogrenze bei
1 256 Euro.

Daran sieht man: Die Armutsrisikoschwelle ist relativ
eliebig. Im Dritten Armutsbericht wurde sie für eine
inzelperson bei einem Nettomonatseinkommen von
81 Euro festgelegt, im Zweiten Armutsbericht bei ei-
em Nettomonatseinkommen von 938 Euro. Dieser Un-
erschied zwischen den Armutsrisikoschwellen beruht
m Wesentlichen darauf, dass selbstgenutztes Eigentum
m Zweiten Armutsbericht noch als Einkommenskompo-






(A) )



(B) )


Dr. Heinrich L. Kolb
n
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1619926200
Man hat den Eindruck,
dass es der Regierung eher darum geht, die Entwicklung,
die zwischen den Berichten stattgefunden hat, zu ver-
schleiern, als darum, sie transparent und erkennbar zu
machen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es darf daher nicht verwundern, dass auch die Zahl
der vom Armutsrisiko Betroffenen beliebig ermittelt
wird: Für 2005 wurde im Dritten Armutsbericht nach ei-
ner neuen Methode ermittelt, dass 13 Prozent der Bevöl-
kerung vom Armutsrisiko betroffen sind. Das DIW hin-
gegen ermittelte für 2005 nach der bisherigen Methode
ein Armutsrisiko von 18 Prozent.

Für uns ist festzuhalten: Im Dritten Armuts- und
Reichtumsbericht wird sehr deutlich, dass die Mittel-
schicht in unserem Lande der wahre Verlierer von zehn
Jahren sozialdemokratischer Sozialpolitik ist.


(Beifall bei der FDP)


Die Mittelschicht schrumpft. Die von Armut neu Betrof-
fenen rekrutieren sich aus ebendieser Mittelschicht.


(Dirk Niebel [FDP]: Skandalös!)


Der Anteil der Langzeitarbeitslosen ist von 1998 bis
2006 von 37,4 Prozent auf 41,7 Prozent gestiegen. Das
ist deswegen schlecht, weil Arbeitslosigkeit das größte
Armutsrisiko darstellt.


(Beifall bei der FDP)


Insgesamt muss man sagen: Armut weitet sich aus, und
das, obwohl seit 1998 die gesamten staatlichen Sozial-
ausgaben von 605 Milliarden Euro auf mehr als 700 Mil-
liarden Euro jährlich gestiegen sind. Allein im Bundes-
haushalt sind die Sozialausgaben von 93 Milliarden Euro
im Jahr 1998 auf 140,8 Milliarden Euro im Jahr 2008 ge-
stiegen. Das, Herr Staatssekretär Brandner, führt zwin-
gend zu dem Schluss, dass die bisherige sozialdemokra-
tische Konzeption von Sozialpolitik nicht erfolgreich
gewesen ist.


(Beifall bei der FDP)


Erwähnenswert ist, dass der Dritte Armuts- und
Reichtumsbericht Hinweise enthält, wie man sinnvolle
Sozialpolitik betreiben kann. Sie haben es ja gesagt: Der
beste Schutz vor Armut ist ein Arbeitsplatz,


(Beifall bei der FDP – Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: Aber zu einem vernünftigen Lohn!)


am allerbesten ist natürlich eine sozialversicherungs-
pflichtige Vollzeitbeschäftigung.

Ich halte es jedoch für falsch, Herr Brandner, wenn in
diesem Zusammenhang immer wieder die Zahl der soge-
nannten Aufstocker beklagt wird, derjenigen, die trotz
Vollzeitarbeit nicht genügend verdienen, um aus dem
ALG-II-Bezug herauszukommen. Wir wissen, dass in
Vollzeit – ich betone: in Vollzeit – Beschäftigte oft nur für
einen Übergangszeitraum ergänzenden Transfer benöti-

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(C (D en – jedenfalls wenn nicht niedrige Qualifikation und ohe Zahl von Kindern zusammentreffen. Mir erscheint es wichtig, dass möglichst viele Menchen einen Anreiz haben, sich eine Vollzeitbeschäftiung zu suchen. Hier versagt die Bundesregierung. Sie orgt nicht dafür, dass die Anrechnungsmechanismen eim ALG II in einem Sinne geändert werden, dass sich ier etwas verbessert. Dabei wissen wir aus wissenchaftlichen Untersuchungen, dass für Menschen mit iedrigem Einkommen ein Anreiz besteht, eine Teilzeiteschäftigung zu suchen und mit ALG II aufzustocken. o kann es nicht verwundern, dass die Zahl der Aufstoker nicht sinkt. Im Dritten Armutsund Reichtumsbericht ist explizit estgehalten – das will ich hervorheben –, dass die Areitnehmerüberlassung eine positive Wirkung auf die eschäftigung hat, dass es keinen weitverbreiteten Trend ibt, vollzeitbeschäftigte Stammarbeitnehmer durch eiharbeitnehmer zu ersetzen. Zum Schluss will ich sagen: Die Erfahrung mit der Ertellung und mit den Inhalten des Armutsund Reichumsberichtes zeigt, dass die Politisierung nicht sachdienich ist. Das Zustandekommen dieses Berichtes spricht ände: Der Bundesarbeitsminister ist in einer Bundesressekonferenz vorgeprescht, ohne zuvor die Abstimung im Kabinett gesucht zu haben. Für mich besonders nteressant ist, dass die Passage mit den Mindestlöhnen, ie Sie, Herr Brandner, noch einmal hochgehalten haben, ei der abgestimmten Version auf Druck des Wirtschaftsinisteriums gestrichen wurde. ffensichtlich gibt es in der Bundesregierung große einungsunterschiede, wie zu verfahren ist. Ich bin der einung, wir sollten den Armutsbericht von einem neu ralen, externen Gremium, vergleichbar dem Sachvertändigenrat, erstellen lassen. Das würde die Diskussion om Kopf auf die Füße stellen und uns in die Lage veretzen, statt zu politisieren objektiv über Lösungen des roblems nachzudenken. Danke schön. Maria Michalk ist die nächste Rednerin für die CDU/ SU-Fraktion. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der FDP)


(Ernst Burgbacher [FDP]: Aha!)


(Beifall bei der FDP)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1619926300


Maria Michalk (CDU):
Rede ID: ID1619926400

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

enn wir heute über den von der Bundesregierung vor-
elegten Bericht „Lebenslagen in Deutschland“ und über
ur Bekämpfung der Armut erforderliche Strategien de-
attieren, dann tun wir das in einer Zeit, in der es der
rohenden Verschlechterung auf dem Arbeitsmarkt ent-
egenzuwirken gilt. Wirtschafts- und Sozialpolitik bil-






(A) )



(B) )


Maria Michalk
den eine Einheit; deswegen ist die Anbindung unserer
vielfältigen Überlegungen an die vorangegangene De-
batte nicht verkehrt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Rolf Stöckel [SPD])


Wir sind uns doch einig, dass der Erhalt und die
Schaffung von Arbeitsplätzen von fundamentaler Be-
deutung dafür sind, dass die Zahl der Menschen, die zur
Bestreitung ihres Lebensunterhaltes auf staatliche Unter-
stützung angewiesen sind, weiter sinkt. Der jeweilige
Armutsbericht ist eine der vielen Grundlagen für unsere
laufenden und künftigen Entscheidungen. Der Dritte Ar-
mutsbericht beruht – das möchte ich betonen – auf der
Datenbasis der Jahre 2004 und 2005. Das muss man wis-
sen, wenn man sich die Zahlen genau anschaut.

Außerdem ist er nicht mit den zwei vorhergehenden
Berichten vergleichbar, die wir kennen; denn es wurden
andere Statistiken zugrunde gelegt. Auch das gehört zum
Verstehen dieses Zahlenwerkes. Die wachstumsstarken
Jahre 2006 und 2007, in denen die Arbeitslosigkeit be-
kanntermaßen maßgeblich gesunken ist, sind hier also
überhaupt nicht berücksichtigt. Die Arbeitslosigkeit ist
dabei in allen Regionen gesunken. Das muss man an die-
ser Stelle auch noch einmal betonen.

Es ist trotzdem wertvoll, diesen Bericht, die Grafiken
und die Kombinationen bzw. Schlussfolgerungen, die
daraus gezogen werden, vorliegen zu haben und mit dem
aktuellen Stand zu vergleichen.

Ausgangspunkte der nationalen Strategien für den So-
zialschutz und für die soziale Eingliederung sind also der
Bericht, die Folgen der eingeleiteten Maßnahmen und
letztlich auch der Vergleich auf europäischer Ebene. Es
ist mir wichtig, auch das noch einmal zu betonen. Nach
den einheitlichen europäischen statistischen Vorgaben ist
nämlich arm – so definiert es die EU –, wer als Alleinle-
bender weniger als 60 Prozent des mittleren Einkom-
mens verdient. Das sind in Deutschland 781 Euro netto.
Im Vergleich dazu: Reich ist in Deutschland ein Allein-
lebender, der im Monat netto mehr als 3 418 Euro zur
Verfügung hat. Für Familien mit und ohne Kinder gilt
die adäquate Relation.

Uns in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist wichtig,
die Menschen, die mit ihrem Arbeitslohn zwischen die-
sen beiden Eckdaten liegen, die sogenannte Mittel-
schicht, nicht zu vergessen. Hierin bin ich mir mit mei-
nem Kollegen Herrn Kolb einig.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sehr gut!)


Vor allem sie gehören zu den Leistungsträgern, die si-
cherstellen, dass unser Sozialstaat als Ganzes möglich ist
und funktioniert.

In dem Bericht wird gesagt, dass nach dieser Defini-
tion 13 Prozent der Deutschen arm sind. Weitere 13 Pro-
zent bewahrt der Staat durch seine Sozialleistungen da-
vor, in diese Gruppe zu fallen. Deshalb verfolgen wir
zwei Strategien:

Erstens. Vermeidung der Armut durch Arbeit, beson-
ders durch Qualifizierung und durch gezielte Vermitt-

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(C (D ungsbemühungen, die nun im Rahmen des kürzlich bechlossenen persönlichen Budgets sehr genau auf die ndividuellen und sehr spezifischen einzelnen Erforderisse ausgerichtet werden können. Zweitens. Der nachsorgende Staat organisiert, wenn as Prinzip der Hilfe zur Selbsthilfe nicht fruchtet und eine Wirkung zeigt, dass den Betroffenen in ihrer konreten Situation – wenn es sein muss, auch auf Dauer – urch eine enge Zusammenarbeit zwischen den Ländern nd Kommunen geholfen wird. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, angesichts er Tatsache, dass wir nach der Zusammenlegung von Areitslosenhilfe und Sozialhilfe im Jahre 2005, einem der eiden Basisjahre für diesen Dritten Armutsund Reichumsbericht, insgesamt rund 5 Milliarden Euro mehr für ie Menschen ausgegeben haben und die Ausgaben trotz er in den Folgejahren sinkenden Arbeitslosigkeit weiter estiegen sind, und zwar nicht aufgrund irgendwelcher erwaltungskosten, sondern durch Maßnahmen direkt für ie Menschen, ist belegt, dass die Bundesrepublik die Arutsvermeidung sehr ernst nimmt, dass sich unsere Ge ellschaft als Ganze nach wie vor sehr verantwortlich mit ieser Frage auseinandersetzt und dass sie hilft. Deshalb inde ich manche Debatte sehr polemisch. Ich füge allerings persönlich hinzu: Die Debatte muss geführt weren; sie darf auch nicht bagatellisiert werden. Es gibt Not in unserem Land. Das ist unstrittig. Ein enschenwürdiges Dasein für alle zu schaffen, ist ein oher Anspruch, durch den der Staat berechtigterweise efordert wird. Das gilt aber auch für das Mittun des inzelnen. Dafür, in welcher Form sich jeder Einzelne ein Leben organisieren kann, um auch persönliches lück und Freude zu spüren und zu erfahren, gibt es beanntlich kein generelles Rezept, sondern nur Erfahrunen aus vielen Generationen vor uns, die allerdings, so inde ich, auch heute noch ihre Gültigkeit haben, wenn ich die Rahmenbedingungen rundherum auch verändert aben. Die alte Volksweisheit „Jeder ist seines Glückes chmied“ gilt meines Erachtens auch in der modernen elt und in einem Sozialstaat. Es ist nachvollziehbar, wenn in dem aktuellen Sozialeport 2008, den jüngst die Volkssolidarität vorgestellt at, festgestellt wird, dass Ostdeutsche nicht mehr Soialleistungen, sondern mehr Chancengleichheit fordern. as ist ein qualitativer Unterschied. Sie wollen, dass das olidarische Sozialsystem erhalten wird und gesichert leibt, nicht aber ausgeraubt und dadurch unbezahlbar ird. Genau dies wohnt den Beschlüssen der letzten ahre inne, von den arbeitsmarktpolitischen Entscheiungen bis hin zu den anderen Reformen in unserem soialen Sicherungssystem. Wenn ein Mensch zufrieden ist, findet er auch inneren rieden. Ist er unzufrieden, hat er ein riesiges Problem, einen inneren Frieden zu finden. Dies strahlt auf das mfeld aus, was der Stimmung in unserem Land nicht uträglich ist. Deshalb sind Aussagen darüber, wie zurieden der Einzelne mit der eigenen wirtschaftlichen age ist, sehr wertvoll. Hier nenne ich noch einmal die aten: Im Jahr 2008 bewerteten 2 Prozent ihre wirt chaftliche Lage mit sehr gut, 24 Prozent mit gut, Maria Michalk 34 Prozent mit teils gut, teils schlecht, 22 Prozent mit schlecht und 7 Prozent mit sehr schlecht. 29 Prozent also meinen, ihre wirtschaftliche Lage sei schlecht. Das ist für die Politik in der Tat eine Herausforderung. Fragt man aber, wie es den Leuten in unserem Land insgesamt gehe, meint mehr als die Hälfte, es gehe ihnen schlecht. Die eigene Situation wird also positiver als die gesamtgesellschaftliche bewertet. Dies ist ein Problem für unsere nach dem System der sozialen Marktwirtschaft organisierte Gesellschaft, in der der psychologische Faktor ein ausgesprochen wichtiges Moment darstellt. Die negative Bewertung treffen vor allem die mittleren Altersgruppen der 25bis 60-Jährigen, die mit einer Verschlechterung ihrer Zukunftschancen rechnen. Dieses psychologische Moment müssen wir in unserer Armutsdebatte berücksichtigen. Deshalb gilt es einerseits, die mittleren Altersgruppen nicht zu überfordern – wir sagen: wer arbeitet, muss netto mehr in der Tasche haben und gleichzeitig selbst für später Vorsorge treffen –, andererseits sind unsere sozialen Sicherungssysteme auch mit Blick auf die demografische Entwicklung weiter zu stabilisieren. Nach der amtlichen Erhebung lag das Risiko der Gesamtbevölkerung, einkommensarm zu sein, im Jahre 2005 bei 26 Prozent vor den Sozialtransfers. Nach den Sozialtransfers verringerte sich dieses Risiko auf einen Anteil von 13 Prozent. Hier schließt sich wieder der Kreis. Daher ist wichtig: Wir müssen jedem Bundesbürger die Möglichkeit bieten, in Arbeit zu kommen, weil es auch um die gefühlsbezogene Dimension geht, er sei Teil dieser Gesellschaft, könne sich einbringen und mit seiner Hände Arbeit seinen Lebensunterhalt bestreiten; wenn es nicht reiche, gebe es wegen der Möglichkeit der Aufstockung kein Armutsrisiko. Dies muss ausgebaut und strategisch verfolgt werden. Arbeitsplätze zu schaffen ist wichtig; das ist unsere Aufgabe für die Zukunft. Ich danke Ihnen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)





(A) )


(B) )



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1619926500

Das Wort erhält die Kollegin Katja Kipping, Fraktion

Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Katja Kipping (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619926600

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem

nun vorliegenden Armutsbericht haben wir es schwarz
auf weiß: Im Zeitraum von 1998 bis 2005 ist die Ar-
mutsrisikoquote von 12 Prozent auf 18 Prozent gestie-
gen, bei den Kindern sogar von 16 Prozent auf
26 Prozent.


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Dann aber wieder gesunken!)


Im Klartext heißt dies, dass jedes vierte Kind in diesem
Land vom Armutsrisiko betroffen ist.

Insofern ist dieser Armutsbericht natürlich ein Ar-
mutszeugnis für die rot-grüne Politik.

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(C (D iebe Kolleginnen und Kollegen von Grünen und SPD, ir wäre es auch lieber, ich könnte die Schuld an dieser telle eher der CDU/CSU und FDP zuschieben. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wieso denn uns? Was haben wir damit zu tun?)


(Beifall bei der LINKEN)


ber Fakt ist natürlich, dass dieser Bericht Analysen aus
en Jahren zusammenfasst, in denen Ihre Regierungs-
olitik zum Tragen kam.

Dieser Bericht ist ein eindeutiges Zeichen dafür, dass
s in der Sozialpolitik nicht einfach ein „Weiter so“ ge-
en darf; vielmehr braucht es einen klaren Kurswechsel.


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Den hat es doch gegeben! Wir sind doch schon wieder besser geworden!)


Doch was hat das zuständige Sozialministerium ge-
acht? Statt aus dem Armutsbericht Lehren zu ziehen,

at das zuständige Sozialministerium bei der Veröffentli-
hung vor allen Dingen eines versucht: statistische
rickserei. Sie haben einfach eine andere statistische Be-
echnungsmethode zugrunde gelegt, um die Armutsrisi-
ozahl herunterzurechnen, nach dem Motto „Simsala-
im – Die Armut verschwind!“ Kindern, die bei der
chulspeisung leer ausgehen oder die sich im Schul-
der Sportunterricht schämen, weil sie sich keine neuen
urnschuhe leisten können, helfen Ihre statistischen
ricksereien aber kein bisschen weiter.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Konkret hat das Sozialministerium unter Olaf Scholz
olgendes gemacht: Statt wie bisher auf die allseits aner-
annte Methode des Sozio-oekonomischen Panels zu-
ückzugreifen, haben Sie auf einmal die Datenerhebung
ach EU-SILC zugrunde gelegt. In der Fachwelt ist aber
ängst bekannt, dass EU-SILC nicht sehr repräsentativ
st. Dabei erfolgt die Datenerhebung nur auf Grundlage
ines schriftlichen Fragebogens, der ausschließlich in
eutscher Sprache vorliegt. Es wird nur derjenige statis-
isch erfasst, der sich zurückmeldet. Das Ergebnis ist
ein Wunder. Dreimal darf geraten werden, wer sich
berproportional zurückmeldet: nämlich die Besserqua-
ifizierten. Menschen mit niedrigerer Qualifikation oder

igrationshintergrund sind nach dieser Methode deut-
ich unterrepräsentiert. Damit wird die Armut auf eine
nseriöse Art und Weise heruntergespielt.

Herr Brandner, Sie werden jetzt sicherlich einwenden,
ass die endgültige Ausgabe des Berichts beide Zahlen
sowohl nach EU-SILC als auch nach dem Sozio-oeko-

omischen Panel – nennt. Fakt ist aber: In den Presse-
aterialien und in allen Veröffentlichungen führen Sie

mmer nur die Armutsrisikozahl auf, die Ihnen persön-
ich lieber ist. Ich finde, diese Trickserei ist nicht mehr
eriös. Ich würde sogar sagen: Das sind Taschenspieler-
ricks, die die Tricks der Hütchenspieler bei Weitem
bertreffen.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])







(A) )



(B) )


Katja Kipping
Der aktuelle Armuts- und Reichtumsbericht zeigt
noch etwas: Armut und Reichtum sind immer zwei Sei-
ten derselben Medaille. Denn in demselben Zeitraum, in
dem die Armut gestiegen ist, hat auch der private Reich-
tum zugenommen. Auch das ist nicht vom Himmel ge-
fallen, sondern Ergebnis von staatlicher Reichtums-
pflege.

Uns Linken wird immer schnell unterstellt, wir wür-
den eine Neiddiskussion anzetteln. Wir haben kein Pro-
blem damit, dass es Reichtum gibt, aber wir sehen tat-
sächlich ein politisches Problem, wenn sich der extreme
Reichtum Weniger aus der wachsenden Armut Vieler
speist.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Wir haben auch etwas gegen eine Steuerpolitik, die
die Reichsten entlastet und dafür die Mitte zur Kasse bit-
tet. Steuergeschenke an die Reichsten entziehen der öf-
fentlichen Hand Geld. Dieses Geld fehlt den Rentnerin-
nen und Rentnern, Erwerbslosen und Kindern. Diese
Form von staatlicher Reichtumspflege ist mit der Linken
nicht zu machen.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos] – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Damit werden doch nur die entlastet, die Steuern zahlen, und 40 Prozent zahlen keine Steuern!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1619926700

Nächster Redner ist der Kollege Markus Kurth, Bünd-

nis 90/Die Grünen.


(Abg. Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Abg. Rolf Stöckel [SPD] begeben sich zum Rednerpult)


Ich bitte um eine schnelle Einigung, weil es sonst auf
Kosten der Redezeit geht.


(Heiterkeit)



Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619926800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Kollege Stöckel hat vielleicht gleich noch die Gelegen-
heit, etwas wettzumachen. Denn bislang waren die Bei-
träge der Vertreterin und des Vertreters der Regierungs-
koalition sehr kleinteilig angelegt, ohne Blick für die
großen Trends und die generelle Entwicklung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Da bin ich jetzt aber auf Ihre großen Trends gespannt! – Maria Michalk [CDU/CSU]: Sie waren doch bei Rot-Grün dabei!)


– Auch unter Rot-Grün. Das stelle ich gar nicht in Ab-
rede.

Auch Ihnen muss es doch Sorgen machen, dass es in
den letzten Jahren einen Trend zur Polarisierung gege-
ben hat, und zwar in Form einer Ausweitung der Zahl
derjenigen, die unter der Armutsrisikoquote liegen, und
der Zahl derjenigen, die zu den oberen Einkommensbe-

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(C (D iehern gehören. Das heißt, es gibt einen Zuwachs an eichtum und Armut und eine schrumpfende Mittel chicht. Das ist der generelle Befund, der sich auch in den Jahen der Großen Koalition relativ ungebrochen fortgesetzt at und sich wahrscheinlich, so fürchte ich, in diesem ahr vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise weiter ortsetzen wird. Insgesamt sind die Reallöhne kaum gestiegen. Allerings verzeichnet das oberste Viertel der Erwerbsabhänigen einen Lohnzuwachs von 10 Prozent. Das untere iertel hat weit über 10 Prozent Einkommensverluste er itten. Das sind die Trends und Fakten, die Sie beleuchen müssen. Natürlich muss man dann auch auf estimmte Entscheidungen aus der rot-grünen Regieungsperiode schauen und gegebenenfalls nachsteuern. n keinem anderen Land gab und gibt es ein solch stares Wachstum des Niedriglohnsektors wie in Deutschand. Die steigende Zahl der Aufstocker ist dafür ein Iniz und erfordert eine Korrektur. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Rot-Grün wollte doch einen Niedriglohnsektor!)


Die von mir beschriebene gegensätzliche Entwick-
ung wird noch dramatischer und deutlicher, wenn man
ich die Zahlen bei den Markteinkommen ansieht, also
hne Transfereinkommen, Kindergeld, Rente usw. Al-
ein das oberste Zehntel derjenigen, die Einkommen auf
em Markt, also Zinsen, Kapitaleinkünfte, Einkünfte aus
elbstständiger Tätigkeit und Einkünfte aus lohnabhän-
iger Arbeit, erzielen, erzielt 40 Prozent sämtlicher
arkteinkünfte. Im Kontrast dazu – mehr Zahlen will

ch dann nicht nennen –: Die untere Hälfte derjenigen,
ie Markteinkommen erzielen, erzielt nur 3 Prozent aller
arkteinkommen. Das macht eines deutlich: Ihre These

autet, der beste Schutz vor Armut sei ein Arbeitsplatz.
enn man allerdings mit dem Arbeitsplatz nichts ver-

ienen kann, dann stellt er natürlich keinen Schutz vor
rmut dar. Das ist das Problem, vor dem wir heute ste-
en und auf das Sie keine politische Antwort gegeben
aben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Noch ein anderer Aspekt, den ich wegen der Kürze
er Zeit nur anreißen kann. Wir konzentrieren uns in die-
er Debatte sehr stark auf Einkommensgrößen und Ein-
ommen. Ein Vorteil des nun vorgelegten Dritten
rmuts- und Reichtumsberichts, aber auch der vorange-
angenen Berichte ist, dass Lebenslagen mit in den
lick genommen wurden. Diese sollten wir in der De-
atte berücksichtigen. Einkommensarmut, Migrations-
intergrund, Kinderreichtum, Bildungsarmut, Gesund-
eitsprobleme und schlechte Wohnsituation überlagern
ich. Wir haben es mit einem komplexen und vielschich-
igen Problem zu tun, das es nicht erlaubt, sich nur auf
ie Einkommensgrößen zu konzentrieren. Deswegen
arf die Diskussion nicht nur über Bildung gehen. Viel-
ehr müssen wir uns alle Facetten, die gesamte Breite

er Lebenslagen, anschauen. Dazu habe ich von Ihnen






(A) )



(B) )


Markus Kurth
noch nichts gehört. Sie müssen dorthin gehen, wo es
wehtut, und versuchen, alle Lebenslagen in den Blick zu
nehmen.

Wir fordern einen Mindestlohn zur Bekämpfung der
Einkommensarmut und einen Zuschuss für die Sozial-
versicherungsbeiträge im unteren Einkommensbereich.
Wir wollen neue, öffentlich geförderte Beschäftigungs-
möglichkeiten schaffen. Wir wollen eine wirkungsvolle
und keine so zahnlose Erbschaftsteuerreform, wie Sie sie
durchführen. Wir wollen ein vernünftiges Programm für
Menschen mit Migrationshintergrund, um bei bestimm-
ten Gruppen, die ein enormes Armutsrisiko haben, han-
deln zu können. Ich sage Ihnen: Handeln Sie! Armut ist
teuer. Ein Land wie dieses kann sich allein schon aus
ökonomischen Gründen nicht so viel Armut leisten. Ar-
mut ist eine Wachstumsbremse. Deswegen wäre ein Pro-
gramm gegen Armut eines der wirksamsten Konjunktur-
programme.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1619926900

Nun hat der Kollege Stöckel das Wort für die SPD-

Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Rolf Stöckel (SPD):
Rede ID: ID1619927000

Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Meine

Damen und Herren! Mit dem Dritten Armuts- und
Reichtumsbericht der Bundesregierung wird die seit dem
Regierungsantritt der SPD im Jahre 1998 begonnene Be-
standsaufnahme der sozialen Lagen in Deutschland fort-
gesetzt. Markus Kurth, es geht in der Tat um die gemein-
sam beschlossenen Berichte, aber auch um die
gemeinsame Politik, zumindest bis 2005. Die Berichte
machen deutlich, dass wir hinsichtlich der Armut und
Ausgrenzung in Deutschland mit einer umfassenden
Politik für einen aktivierenden und vorsorgenden
Sozialstaat – diese haben wir 1998 mit Bundeskanzler
Schröder begonnen – auf einem richtigen Weg sind. Die-
ser muss weitergegangen werden, bis alle Ziele erreicht
sind.

Wenn wir die Armut und Ausgrenzung in Deutsch-
land erfolgreich bekämpfen wollen, brauchen wir das
Verantwortungsbewusstsein und das Engagement nicht
nur der Politik, sondern der ganzen Gesellschaft, von
den Betroffenen bis hin zu den Eliten, von den Akteuren
der Zivilgesellschaft, den sozialen Dienstleistern, den
Bildungspraktikern, den Gewerkschaften bis hin zu den
Chefetagen der Unternehmen. Nicht nur der Bund, der
viele Lasten übernommen hat, nein, auch die Bundeslän-
der müssen ihre Zuständigkeit für Kinderbetreuung,
Schulen und Jugendhilfe verantwortlich wahrnehmen
und vor allem dafür sorgen, dass strukturschwache
Kommunen, die überdurchschnittlich mit sozialen Pro-
blemen konfrontiert sind, eine ausreichende Infrastruk-
tur gerade für sozial Schwächere zur Verfügung stellen
können.

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(C (D Da sind wir in einer gesamtstaatlichen Verantworung. Wir erwarten auch mehr konzertierte Aktionen der öderalen Ebenen zur Armutsbekämpfung, neue Wege nd neue Förderansätze; denn der Bildungsgipfel reicht nserer Meinung nach nicht aus. Angesichts der nach ie vor hohen sozialen Selektion in unseren Schulen, er mangelnden Förderung, Ausstattung und der oftmals angelnden Motivation ist es ein Hohn, wenn Sozialver ände fordern, dass wir in der Grundsicherung die Kosen für privaten Nachhilfeunterricht übernehmen sollen. enn etwa einer alleinerziehenden, arbeitslosen Mutter on einem Gericht ein Unterhaltsanspruch zugesprochen ird, weil ihr mangels eines ausreichenden Grundschulanztagsangebots nicht zuzumuten ist, zu arbeiten, dann pricht das Bände und zeigt die eigentlichen Herausforerungen. Das Problem der Verfestigung von Armutsund Beachteiligungslagen, der mangelnden Teilhabe und der ererbung von Armut wird nicht dadurch gelöst, dass ir uns allein auf Forderungen nach höheren sozialen eistungen beschränken. Ich befürchte sogar, dass die enachteiligungslagen dadurch eher verfestigt werden. ir müssen weiterhin den Anspruch aufrechterhalten nd daran arbeiten, dass die ursächlichen Strukturen, vor llem auch die Mentalitäten und die leider immer noch eit verbreitete Kultur der bloßen Verwaltung von Arut und sozialer Ausgrenzung verändert werden. Wenn ns die Fachleute bestätigen – das geht aus dem Dritten rmutsund Reichtumsbericht hervor –, dass sich gut erdienende und qualifizierte Eliten immer mehr gegen ozial schwächere Gruppen abschotten, wenn wir trotz ines nachweislich funktionierenden Sozialstaats – wir aben das vorhin gehört –, trotz stetig steigender Sozialusgaben und besserer Rechtsansprüche immer mehr geühlte soziale Ungerechtigkeit und Demokratieverdrosenheit feststellen, dann sind wir alle aufgefordert, nicht ur darüber nachzudenken, sondern auch konsequent zu ernen und zu handeln. Wir haben deshalb in den vergangenen Jahren in der egierungsverantwortung viele neue Ansätze und ge etzliche Rahmenbedingungen entwickelt, angefangen ei der Frühförderung über die Familienleistungen und anztagsschulprogramme, eine anerkennende Einwanerungsund Integrationspolitik, eine auf Qualifizierung nd Teilhabe orientierte aktivierende Arbeitsmarktpoliik, die Programme für soziale Städte bis hin zur Neuorintierung in der Gesundheits-, Pflegeund Behindertenolitik auf mehr Prävention, Barrierefreiheit, Inklusion nd Selbstbestimmung. Wenn man allein die Inhaltsanabe des Sozialberichts 2005 liest, bekommt man einen mfassenden Überblick über die Vielzahl der Maßnahen und ganzheitlichen Konzepte, die wir in den zu ückliegenden Jahren getroffen bzw. gestaltet haben und ie ihre Wirkung auch zunehmend entfalten. Wir bekenen uns selbstbewusst zu den bereits erreichten Erfolen, ohne die Defizite zu beschönigen oder zu bestreiten, ass wir vieles noch nicht erreicht haben. Wir leugnen uch nicht die Risiken der zukünftigen Entwicklung. Wenn wir feststellen, dass in dem Berichtszeitraum ie Schere bei Einkommen und Qualifizierung, bei gut ezahlter und prekärer Arbeit weiter auseinandergegan Rolf Stöckel gen ist, wenn trotz steigender Einkommen aus Privatvermögen und Produktivkapital das Armutsrisiko gewachsen ist, wenn wir feststellen, dass die Benachteiligung gerade von Frauen bei Beschäftigung und Einkommen nicht überwunden ist, dann bekommt doch die sozialdemokratische Forderung nach guter Arbeit, die Forderung nach staatlichen Mindestlöhnen, fairen Bedingungen bei der Leiharbeit und gleichen Löhnen für gleiche Arbeit erst recht ihre Bedeutung und Begründung. Wir werden auch im Rahmen der harten Verhandlungen in der Großen Koalition in Zukunft deutlich machen, dass wir noch nicht alles erreicht haben, was wir uns vorstellen. Aus heutiger Sicht ist festzustellen, dass die Datenbasis bis 2005 die konjunkturelle Entwicklung und ihre Auswirkung auf die Lebenslagen bis heute, insbesondere den eklatanten Abbau der Arbeitslosigkeit in den Jahren 2006 bis 2008, noch nicht berücksichtigen konnte. Andererseits ergeben sich aus der weltweiten Finanzkrise und ihren Auswirkungen auf die Realwirtschaft neue Risiken, insbesondere für die Schwächsten in unserer Gesellschaft. All das können wir noch gar nicht absehen. Herr Kollege, denken Sie an die Zeit. Ich versuche, zum Schluss zu kommen. (Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Der Versuch reicht nicht!)





(A) )


(B) )

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1619927100
Rolf Stöckel (SPD):
Rede ID: ID1619927200


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1619927300

Sie dürfen es nicht nur versuchen, sondern Sie müs-

sen ihn tatsächlich erreichen.


Rolf Stöckel (SPD):
Rede ID: ID1619927400

In dem Bericht der Bundesregierung und dem Vortrag

von Staatssekretär Brandner ist deutlich geworden, dass
die Maßnahmen des beschlossenen Konjunkturpakets in
das Politikkonzept passen. Wir begrüßen diese Maßnah-
men. Wir haben den Anspruch, dass die Qualität der Da-
ten für die Sozialberichterstattung verbessert wird. Es
sind dazu einige Vorschläge gemacht worden. Weiterhin
wollen wir die Vergleichbarkeit der Daten verbessern.

Wir wollen vor allem, dass auf Länderebene und auf
der kommunalen Ebene – hier findet der Alltag der Men-
schen statt – nicht nur Berichte zu den sozialen Lagen
und zur Armut erstellt werden, sondern dass diese auch
mit den Bundesberichten vergleichbar werden. Wir dür-
fen auch nicht vergessen: Noch wichtiger, als eine gute
Diagnose zu haben, ist es, die richtige Therapie, das
heißt eine wirksame Politik, zu haben, um die Praxis der
Armutsbekämpfung zu verbessern.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1619927500

Ich schließe die Aussprache.

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(C (D Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlagen uf den Drucksachen 16/9915, 16/10138, 15/5569, 15/5955 nd 16/10654 an die in der Tagesordnung aufgeführten usschüsse vorgeschlagen. Der Entschließungsantrag uf Drucksache 16/11637 soll an dieselben Ausschüsse ie die Vorlage auf Drucksache 16/9915 überwiesen erden. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. ann sind die Überweisungen so beschlossen. Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 7 a und 7 b: a)

Dr. Barbara Höll, Wolfgang Nešković, Karin
Binder, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
DIE LINKE

Rehabilitierung für die Verfolgung und Unter-
drückung einvernehmlicher gleichgeschlecht-
licher Handlungen in der Bundesrepublik
Deutschland und der Deutschen Demokrati-
schen Republik und Entschädigung der Verur-
teilten
– Drucksache 16/10944 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Volker
Beck (Köln), Kerstin Andreae, Birgitt Bender,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Rehabilitierung und Entschädigung der nach
1945 in Deutschland wegen homosexueller
Handlungen Verurteilten
– Drucksache 16/11440 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll hierzu
ine halbstündige Aussprache stattfinden, wobei die
raktion Die Linke fünf Minuten erhalten soll. – Das ist
ffenkundig einvernehmlich. Dann können wir so ver-
ahren.

Ich eröffne die Aussprache und erteile der Kollegin
r. Höll für die Fraktion Die Linke das Wort.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619927600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es

st höchste Zeit, dass wir uns um das Schicksal von
rauen und Männern kümmern, denen unglaubliches
nrecht geschehen ist und deren Menschenwürde zu-

iefst verletzt wurde.

1956 wurde der Medizinstudent Hans Z. in Hamburg
egen Vergehens gegen den § 175 StGB in 15 Fällen zu

wei Jahren Gefängnis verurteilt. Das Gericht betonte,
ass Z. die Männer, mit denen er Sex hatte – ich
itiere –, „noch tiefer in ihr Laster hineingetrieben“
abe. Strafverschärfend war damals, dass Z. seine






(A) )



(B) )


Dr. Barbara Höll
Schuld nicht einsah. Nach 16 Monaten Haft wurde Z.
auf Bewährung entlassen. Er verlor seinen Studienplatz
und arbeitete fortan als Hafenarbeiter.

1960 wurde er an der Hochschule für Bildende
Künste angenommen. Aber 1964, kurz vor Abschluss
seines Studiums, wurde er erneut nach § 175 verurteilt,
diesmal zu einer fünfmonatigen Bewährungsstrafe. Sein
Stipendium wurde gestrichen, und er musste wieder im
Hafen arbeiten.

Der Versuch, als Taxifahrer sein Geld zu verdienen,
scheiterte schließlich daran, dass sich das Verkehrsamt
weigerte, einem zweimal wegen des § 175 Vorbestraften
die Lizenz zum Taxifahren auszustellen. Beim Verlassen
des Verkehrsamtes wurde Z. von einem Lkw erfasst; er
verstarb.

Das geschah im Deutschland der frühen Nachkriegs-
zeit. Die Liebe von Mann zu Mann wurde strafrechtlich
verfolgt, und die Liebe zwischen Frauen war nicht leb-
bar. Das war in beiden deutschen Staaten so. Wie muss-
ten sich da wohl überlebende schwule Männer, die wäh-
rend des Nationalsozialismus wegen ihrer Liebe ins KZ
geworfen und mit dem Rosa Winkel stigmatisiert wur-
den, fühlen?

Erinnern wir uns: In beiden deutschen Staaten galt
nach dem Krieg der von den Nazis verschärfte § 175 – in
der Bundesrepublik bis 1969, in der DDR bis 1950. Be-
strafungen waren menschenverachtende Realität: Etwa
50 000 Männer wurden im Westen und etwa 3 000 im
Osten Deutschlands verurteilt. Wer nach dem § 175 ver-
folgt wurde, verlor oft seine berufliche und infolgedes-
sen seine bürgerliche Existenz.

Das christliche Familienideal im Westen hieß für die
Frau: Kinder, Küche, Kirche. Der treusorgende Ehe-
mann war der Ernährer. Besonders zwischen 1955 und
1965 wurden Zehntausende Männer im Westen dafür be-
straft, dass sie Männer liebten. Frauen, die Frauen lieb-
ten, wurden zwar nicht strafrechtlich verfolgt, aber dis-
kriminiert. Auch sie hatten keinen Platz in der
Gesellschaft. Sie gingen zum Schein Ehen ein, maskier-
ten sich.

Aber: In beiden deutschen Staaten galt die Würde ho-
mosexueller Männer und lesbischer Frauen bis weit in
die 60er-Jahre nichts. Erst 1968 bzw. 1969 wurde der
§ 175 in beiden deutschen Staaten stark liberalisiert.
Zwar unterschied sich die Homosexuellenpolitik – im
Westen galt das christliche Familienbild, im Osten das
staatssozialistische Familienideal –, doch in beiden Staa-
ten hatte die Liebe von Hans Z. wie auch die lesbische
Liebe keinen Raum.

Es war überfällig, dass der Bundestag im Jahr 2002
die im Nationalsozialismus ergangenen Urteile nach den
§ § 175 und 175 a mit dem Gesetz zur Änderung des Ge-
setzes zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechts-
urteile in der Strafrechtspflege aufgehoben hat und die
Verurteilten damit rehabilitierte.

Meine Fraktion, die Linke, und ich sagen: Begange-
nes Unrecht wird nie ungeschehen gemacht werden kön-
nen. Aber wir können und müssen uns bei den lesbi-

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(C (D chen und schwulen Opfern dieser Verfolgung und iskriminierung entschuldigen und ihnen sagen, dass ie Würde des Menschen unantastbar ist. (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Ich fordere gleichermaßen, die schwulen Männer, die
trafrechtlich verurteilt wurden, zu entschädigen. Das
ebietet auch unser Rechtsverständnis. Deshalb fordere
ch Sie auf, unserem Antrag zu folgen.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Der Bundestag hat im Jahr 2000 fast einstimmig die
trafandrohung gegen homosexuelle Bürger als „Verlet-
ung der Menschenwürde“ gebrandmarkt. Es gab da-
als nur vier Gegenstimmen aus der CDU/CSU. Ich

enke, wir müssen heute, nach acht Jahren, den zweiten
chritt wagen und diesen Worten, diesem wichtigen Be-
enntnis, Taten folgen lassen.

Ich bedanke mich.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1619927700

Dr. Jürgen Gehb ist der nächste Redner für die CDU/

SU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Jürgen Gehb (CDU):
Rede ID: ID1619927800

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das

hema, das wir jetzt hier debattieren, ist schon x-mal
egenstand der Verhandlungen in diesem Hause gewe-

en. Ich selber habe im Jahr 2000, im März und im De-
ember, sowie im Jahr 2002 dazu geredet. Es ist rauf-
nd runtersubsumiert worden. Es darf nicht der Eindruck
ntstehen, als würden wir uns heute auf Anträge der bei-
en Oppositionsparteien hin, der Linken und der Grü-
en, zum ersten Mal damit beschäftigen. Das wäre reine
eschichtsklitterung.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Carl-Christian Dressel [SPD] – Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann stimmen Sie doch zu!)


Bevor ich auf den Inhalt dieser Anträge eingehe, will
ch feststellen, auch das zum x-ten Mal, dass die Homo-
exuellen viele Jahre kriminalisiert, stigmatisiert und in
hrer persönlichen Entfaltung aufs Gröbste behindert
orden sind. Frau Höll, Sie haben eben gerade noch die
urve gekriegt, indem Sie gesagt haben, im Jahr 2000
abe der Bundestag diese Verhaltensweisen fast einstim-
ig bedauert. Das kann ich heute wiederholen, das kann

ch morgen wiederholen, das können wir noch x-mal
iederholen; es wird dadurch nicht besser.

Jetzt komme ich zu Ihrem Antrag. Was macht eigent-
ich der Deutsche Bundestag? Ich erwähne das Prinzip
er Gewaltenteilung. Vor wenigen Tagen war die Fest-






(A) )



(B) )


Dr. Jürgen Gehb
veranstaltung „100 Jahre Deutscher Richterbund“. Da
saß auch der rechtskundige Herr Montag von Ihnen – Sie
sind ebenfalls da, Herr Wieland –


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Danke!)


und klatschte eifrig in die Hände, als Frau Limbach in
ihrer Festrede darlegte, was die Unabhängigkeit der ein-
zelnen Gewalten voneinander bedeutet.

Der Deutsche Bundestag hat grundsätzlich Gesetze zu
verabschieden,


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Und zu verantworten!)


sie vielleicht zu verändern und auch aufzuheben. Seine
Aufgabe ist nicht, rechtskräftige Urteile aufzuheben.

Mit Blick auf Sie, Herr Beck, tue ich jetzt einmal et-
was, was ich ganz selten tue. Herr Präsident, ich bitte
Sie, mich von der Geschäftsordnungspflicht, in freier
Rede zu sprechen – das ist gängig in diesem Haus –, zu
entbinden und mir zu erlauben, etwas abzulesen und zu
zitieren.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1619927900

Damit, dass gelegentlich auch Hilfsmittel für die ei-

gene Rede verwendet werden, sind Präsidenten immer
schon großzügig gewesen.


Dr. Jürgen Gehb (CDU):
Rede ID: ID1619928000

Sehr schön.

Der Antrag, der heute vorliegt, ist übrigens in ähnli-
cher Form im Jahr 2000 von der PDS – oder wie hieß sie
damals? Sie wechseln ja so oft –, jedenfalls von den Lin-
ken schon einmal eingebracht worden,


(Dr. Carl-Christian Dressel [SPD]: Damals hieß die PDS noch PDS!)


damals allerdings mit einem Petitum, das deutlich hinter
dem jetzigen zurückbleibt. Damals wollten Sie nur aus
dem Bundeszentralregister die Vorstrafen getilgt haben,
aber nicht, wie jetzt, die Urteile aufgehoben haben. Die
Entschädigung wollten Sie schon damals. Da hat die
Bundesregierung, der die Grünen angehört haben – in
dem Zusammenhang habe ich auch den Namen Beck


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sind ja lernfähig!)


gelesen –, Folgendes als Begründung angeführt:

Allerdings würde eine Aufhebung von nachkonsti-
tutionellen Urteilen nach § § 175 … gravierenden
verfassungsrechtlichen Einwänden begegnen:


(Maria Michalk [CDU/CSU]: Aha!)


Aus dem in Artikel 21 Abs. 2 Satz 2 GG normierten
Gewaltenteilungsprinzip folgt, dass jede der drei
Staatsgewalten grundsätzlich verpflichtet ist, die
von den beiden anderen Staatsgewalten erlassenen
Staatsakte anzuerkennen und als rechtsgültig zu be-
handeln. … [Das Rechtsstaatsprinzip] enthält als
wesentlichen Bestandteil die Gewährleistung von

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(C (D Rechtssicherheit; diese verlangt nicht nur einen geregelten Verlauf des Rechtsfindungsverfahrens, sondern auch einen Abschluss, dessen Rechtsbeständigkeit gesichert ist … ier folgt ein Verweis auf eine Bundesverfassungsgeichtsentscheidung. Stünden rechtskräftige Urteile zur Disposition des Gesetzgebers, so wäre die Sicherheit des Rechts nicht mehr gewährleistet. Nun könnte man an dieser Stelle eigentlich aufhören nd sagen: Dem ist nichts hinzuzufügen. Ich erlaube mir ber die Frage: Warum ändern Sie Ihre Meinung? Waren ie damals der Meinung, oder waren Sie es nicht? (Zuruf des Abg. Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


(Maria Michalk [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


as hat sich eigentlich seitdem rechtstatsächlich geän-
ert? Wenn Sie nun auf die Entscheidung des Europäi-
chen Gerichtshofes für Menschenrechte aus dem Jahre
981 rekurrieren, kann ich nur entgegnen: Der Beschluss
er rot-grünen Regierung ist zu einem Zeitpunkt ergan-
en, als die Entscheidung des Europäischen Gerichts-
ofs schon 20 Jahre in der Welt war. Ich weiß von daher,
as Sie wollen. Ihre Diskussion ist weniger dem Völker-

echt geschuldet – das ist so ein bisschen Taschenspiele-
ei, mehr nicht – als vielmehr natürlich dem heraufzie-
enden Wahlkampf und der Konkurrenz zwischen zwei
ppositionsparteien. Nichts anderem!


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Glauben Sie etwa, mit dem Thema bewegen wir Wählermassen?)


brigens müsste man dann ja nach Ihrer Auffassung fol-
erichtig auch alle anderen Gerichtsurteile, die auf mate-
iellem Recht beruhen, das inzwischen aufgehoben wor-
en ist, aufheben können. Was für ein Tohuwabohu
ürde das ergeben!


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Frage ist, aus welchen Gründen man etwas aufhebt!)


Im Übrigen muss man sagen – auch wir haben das
981 gesagt –: Im heutigen Lichte sieht das ganz anders
us. – Aber 1957 hat das Bundesverfassungsgericht, das
ie ja sonst immer so in den Himmel heben, die Verfas-
ungsmäßigkeit des § 175 noch bestätigt. Das Recht un-
erliegt natürlich ständigem Wandel. Deswegen haben
ir unser Bedauern ausgesprochen, und das ganze Haus
at gesagt, wie es ist. Nur: Die Aufhebung von Urteilen
eht nicht.

Anstatt sich also auf solchen Nebenkriegsschauplät-
en zu verheddern, Herr Beck, hätten Sie viel eher die
N-Initiative unterstützen sollen, die unter der französi-

chen Ratspräsidentschaft ergriffen worden ist, nämlich
ine weltweite Entkriminalisierung der Homosexuellen,


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben vor einer Viertelstunde Ihre Dr. Jürgen Gehb Koalitionäre im Menschenrechtsausschuss abgelehnt!)





(A) )


(B) )


oder sich um kollektive Wiedergutmachung bemühen
sollen. Ich nenne nur das Stichwort Magnus-Hirschfeld-
Stiftung, für die ich mich ja hier eingesetzt habe. Das
Ganze ist an einer Person gescheitert, die ihren Platz bei
den Grünen hat. Damit müssen Sie fertig werden. Das
wäre ein lohnenswerter Ansatz gewesen. Den können
wir ja vielleicht wieder aufnehmen, anstatt hier die Auf-
hebung von Gerichtsurteilen durch die erste Gewalt zu
fordern.

Meine Damen und Herren, damit soll es sein Bewen-
den haben.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619928100

Für die FDP-Fraktion spricht nun der Kollege Jörg

van Essen.


Jörg van Essen (FDP):
Rede ID: ID1619928200

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Liebe Kolleginnen

und Kollegen! Der Kollege Gehb hat viele der Gedanken
angesprochen, die ich in meinem Beitrag hier auch vor-
tragen wollte.

Anfang der 90er-Jahre war ich Berichterstatter des
Deutschen Bundestages, als wir den § 175 viel zu spät
aufgehoben haben. Ich war auch Berichterstatter im
Jahre 2000, als wir uns einvernehmlich darauf geeinigt
haben, hinsichtlich des nachkonstitutionellen Rechts der
Bundesrepublik Deutschland eine andere Vorgehens-
weise als bei den Terrorurteilen des Naziregimes zu
wählen. Uns war es nämlich wichtig, beides unterschied-
lich zu behandeln. Ich lege weiterhin Wert darauf, dass
wir das auch tun.

Ein zweiter Punkt, der mir bei der Betrachtung des
Sachverhaltes ganz außerordentlich wichtig ist: In mei-
nem Beruf als Oberstaatsanwalt habe ich sehr viele Ur-
teile aus den 50er-Jahren gesehen. Ich muss gestehen,
dass mir die Haare nicht nur bei den Urteilen nach § 175
zu Berge gestanden haben, sondern ich feststellen
musste, dass auch in vielen anderen Bereichen Urteile
gefällt worden sind, für die wir uns heute ehrlich schä-
men müssen. Ich will nicht nur die homosexuellen Men-
schen ansprechen, sondern in diesem Zusammenhang
beispielsweise auch den Straftatbestand der Kuppelei.

Schaut man sich einmal an, welche Urteile in diesem
Zusammenhang ergangen sind und welche gesellschaft-
liche Ächtung aufgrund dieses Paragrafen stattgefunden
hat, kommt man nicht umhin, zu sagen: Auch dafür müs-
sen wir uns schämen.


(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)


Wer in diesem Zusammenhang eine Entscheidung
trifft, muss sich fragen lassen – gerade weil homosexu-
elle Menschen zu Recht sehr viel Wert darauf legen, dass

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(C (D ie gleich behandelt werden –, warum wir hier gegebeenfalls eine Ungleichbehandlung gegenüber denjenigen erbeiführen, die beispielsweise wegen Verstoßes gegen en Kuppeleiparagrafen verurteilt worden sind. Das üssen sich heute auch alle Antragsteller fragen lassen. Von daher rate ich uns, die Fragen – es stellen sich iele Fragen; einige haben Sie angesprochen – in einem erichterstattergespräch sehr sorgfältig zu erörtern. Mir liegt aber sehr daran – auch Sie haben es getan, err Gehb –, bei der heutigen Debatte noch einmal das u wiederholen, was wir im Jahre 2000 Gott sei Dank invernehmlich im Bundestag erklärt haben. Die damaige Botschaft war außerordentlich wichtig. Es gab nur ehr wenige Gegenstimmen. Der Bundestag hat mit ganz roßer Mehrheit festgestellt: Die Menschenwürde der omosexuellen Menschen ist in der Bundesrepublik veretzt worden – nicht nur in der Bundesrepublik, sondern n gleicher Weise auch in der DDR; Sie haben ja entsprehende Beispiele angeführt, Frau Höll. Auf der einen Seite muss es die Grundlage unserer eratungen sein, dass wir uns der Verantwortung gegenber diesen Menschen bewusst sind. Auf der anderen Seite haben wir uns gerade auch im nteresse der homosexuellen Menschen, die Wert auf leichbehandlung legen, immer wieder zu vergewissern, ass wir die Rechtsprinzipien unseres Staates nicht eineitig zugunsten einer Gruppe verändern. Für meine Fraktion will ich den Menschen, die viel rlitten haben, noch einmal unseren großen Respekt ausprechen. Deshalb werden wir die Diskussion über diese ragen verantwortungsbewusst führen. Ich bleibe aber dabei: Wir haben das auch im Jahr 000 getan. So, wie wir es im Jahr 2000 entschieden haen – das ist meine heutige Bewertung –, haben wir sehr ichtig gelegen. Vielen Dank. (Beifall bei der FDP und der SPD sowie der Abg. Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE])



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619928300

Für die SPD-Fraktion hat nun der Kollege Dr. Carl-

hristian Dressel das Wort.


Dr. Carl-Christian Dressel (SPD):
Rede ID: ID1619928400

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich

reue mich, mich in weiten Teilen meinen geschätzten
orrednern Herrn Kollegen van Essen und Herrn Kolle-
en Gehb anschließen zu können.

Herr Kollege Gehb hat den richtigen Schwerpunkt ge-
etzt. Was wir jetzt tun können, ist, über Entschädigun-
en zu reden. Ich würde mich freuen, wenn gerade Sie
on den Grünen mit uns im Rechtsausschuss noch ein-
al intensiver über dieses Thema sprächen.

Wir wissen, dass es infolge der Verurteilungen auf-
rund der Rechtssituation, wie wir sie bis 1969 in der
undesrepublik Deutschland hatten, immer noch sehr
iele traumatisierte Menschen gibt. Diesen Menschen zu






(A) )



(B) )


Dr. Carl-Christian Dressel
helfen und ihnen auch klarzumachen, dass sie unsere
Unterstützung haben, muss unser gemeinsames Ziel
sein.

Wir wissen: Niemand ist unfehlbar, auch der Rechts-
staat nicht. Der Rechtsstaat maßt sich auch nicht selbst an,
unfehlbar zu sein. Auch das Bundesverfassungsgericht ist
kein unfehlbares Verfassungsorgan, sondern ein Organ,
das dem Werteverständnis der Gesellschaft ebenso unter-
worfen ist wie alle anderen Verfassungsorgane. Daher ist
es vor 50 Jahren leider zu Entscheidungen gekommen,
die in den 60er-Jahren durch gesetzgeberisches Handeln
korrigiert und in den 90er-Jahren endlich auf eine ver-
nünftige Position gestellt wurden.

Die Zielrichtung, die Diskriminierung homosexueller
Menschen in Deutschland zu beenden, verfolgte bereits
im Jahre 1922 der Radbruch’sche Entwurf für ein neues
Strafgesetzbuch. Dieser scheiterte an den Feinden der
Weimarer Republik.

1969 hatten wir endlich die Zielrichtung einer Re-
form.

Mit der eingetragenen Lebensgemeinschaft und dem
Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz haben wir zu gu-
ter Letzt Gleichberechtigung im Partnerschaftsbereich
erreicht – seit 1. Januar dieses Jahres mit der Neuerung,
dass Lebenspartnerschaften genauso wie Ehen in allen
Ländern vor einem Standesbeamten geschlossen werden
können.

Ihnen von den Grünen unterstelle ich durchaus, dass
Sie etwas für die betroffenen Menschen tun möchten.
Daher rufe ich Sie nochmals auf: Unterhalten Sie sich
mit uns über das Thema Entschädigung! Allerdings
möchte ich Ihnen gern noch einen Hinweis auf das Prin-
zip der Gewaltenteilung geben. Da Sie in Ihrem Antrag
formulieren, dass der Deutsche Bundestag die Bundesre-
gierung auffordert, einen Gesetzentwurf vorzulegen und
die entsprechenden Urteile aufzuheben, muss ich Ihnen
sagen: Es ist weder Aufgabe des Deutschen Bundestages
noch Aufgabe der Bundesregierung, Urteile aufzuheben.
Und das ist gut so.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Wir sind keine Superrevisionsinstanz. Zum Glück haben
wir unabhängige Gerichte.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Darum geht es doch gar nicht!)


Die Bundesregierung ist nicht berufen, Urteile von unab-
hängigen Gerichten zu beurteilen.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Darum geht es doch überhaupt nicht!)


– Herr Kollege, angesichts der Tatsache, dass Sie diese
Forderung in Ihren Antrag hineinschreiben, muss ich sa-
gen, dass Sie das, was an dieser Stelle in den Jahren
2000 und 2002 wiederholt ausgeführt worden ist, nicht
begriffen haben. Als es in der laufenden Wahlperiode um
die Aufhebung von nachkonstitutionellen Urteilen ging,
haben wir wiederholt hier ausgeführt, dass es der Grund-
satz der Gewaltenteilung auch in der Fassung, in der ihn
das Bundesverfassungsgericht formuliert, grundsätzlich
verbietet, dass eine Staatsgewalt die Handlungen einer

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(C (D nderen Staatsgewalt, insbesondere die der Justiz, beeinlusst. Man kann nicht oft genug auf die Erklärung hinweien, die der Deutsche Bundestag im Jahr 2000 abgegeen hat. Ich zitiere wörtlich: Der Deutsche Bundestag bekräftigt seine Überzeugung, dass die Ehre der homosexuellen Opfer des NS-Regimes wiederhergestellt werden muss. Der Deutsche Bundestag bedauert, dass die in der NSZeit verschärfte Fassung des § 175 im Strafrecht der Bundesrepublik Deutschland bis 1969 unverändert in Kraft blieb. In beiden Teilen Deutschlands wurde eine Auseinandersetzung mit dem Verfolgungsschicksal der Homosexuellen verweigert. Ich füge hinzu: Wichtig war, dass wir die Liberalisieung des Sexualstrafrechts bis 1994 – leider viel zu spät; a stimme ich Ihnen, Herr van Essen, zu – umsetzen onnten. Wichtig war auch, dass sich der Deutsche Bunestag dahin gehend geäußert hat, dass die frühere echtssituation falsch war. Ich sage weiterhin: Wichtig st es, darüber zu sprechen, wie wir den betroffenen und eilweise noch heute traumatisierten Menschen helfen önnen. Wir sollten aber nicht ein halbes Jahr vor dem ächsten Wahltag Schaukämpfe aufführen. Ich fordere ie zu einer ernsthaften Auseinandersetzung auf. Mit Blick in Richtung PDS sage ich: Wenn ich höre, ass man in der DDR etwas liberalisiert hätte, dann stelen sich auch mir die Nackenhaare auf. Denn in Bezug uf diesen Staat kann ich nicht von Liberalisierung sprehen. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Sie haben keine Ahnung! – Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Da weiß er jetzt aber wirklich nicht, wovon er redet!)


Meine Damen und Herren von den Grünen, diskutie-
en Sie ernsthaft mit uns! Es geht uns um die Menschen
nd um die Sache. Ich hoffe, bei Ihnen ist es ebenso.

Danke sehr.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619928500

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun

er Kollege Volker Beck.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619928600

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ge-

chätzter Kollege Dressel, Sie wissen: Für ernsthafte Ge-
präche stehen wir, auch wenn es nur um kleine Fort-
chritte in der Sache geht, immer zur Verfügung. Den
on Ihnen angesprochenen Punkt Entschädigung finden
ie in unserem Antrag wieder. Wir fordern darin, all den
enschen, die in der Bundesrepublik oder in der DDR
egen ihrer Homosexualität verfolgt und auf menschen-

echtswidrige Art und Weise von diesen Staaten gepei-
igt wurden, Gerechtigkeit widerfahren zu lassen und ih-
en diesen Schaden mit Entschädigungszahlungen
uszugleichen.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Kollektive Wiedergutmachung!)







(A) )



(B) )


Volker Beck (Köln)

– Nein: individuelle Entschädigung! Das ist ein ganz
wichtiger Punkt. Ich unterstütze Sie darin, an dieser
Stelle voranzukommen. Wir können sicherlich ein gutes
Ergebnis erreichen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Warum haben Sie die Magnus-Hirschfeld-Stiftung kaputt gemacht?)


– Das ist unwahr! Und um individuelle Entschädigung
ging es bei dieser Stiftung damals gar nicht. Man muss
doch zuallererst den Betroffenen helfen!


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Doch! Kollektive Wiedergutmachung! – Jörg van Essen [FDP]: Sie haben doch gesagt, dass Sie kleine Fortschritte immer unterstützen!)


– Wir unterstützen kleine Fortschritte. Deshalb bin ich
dafür, dass wir weitermachen.


(Jörg van Essen [FDP]: Das war ein sehr großer Fortschritt!)


– Frau Präsidentin, ich glaube, ich habe überwiegend das
Wort.

Ich denke, dass Ihre Begründung für die Ablehnung
einer Rehabilitierung nicht greift. Es geht ja nicht darum,
die Urteile mit der Begründung aufzuheben, dass die Ge-
richte Fehlurteile aufgrund einer belastbaren gesetzli-
chen Grundlage gefällt haben, sondern es geht darum,
dass die Gerichte auf Basis eines durch den Gesetzgeber
geschaffenen bzw. vom Bundestag belassenen Gesetzes
geurteilt haben, das in seiner Substanz menschenrechts-
widrig war.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist der Unterschied!)


Das hat der Europäische Gerichtshof für Menschen-
rechte dreimal gesagt, und auch der UN-Menschen-
rechtsausschuss in Genf hat sich im Fall Toonen gegen
Australien zum Zivilpakt entsprechend geäußert.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Jörg van Essen [FDP]: Und der Bundestag auch!)


Deshalb sollten wir das als Bundestag auch endlich sa-
gen.


(Jörg van Essen [FDP]: Sie waren doch in der Regierung! Das hätten Sie mit Ihrer Mehrheit doch machen können!)


Wir hatten übrigens mit den gleichen Argumenten zu
tun – Sie waren noch nicht dabei –, als wir die NS-
Urteile nach § 175 aufgehoben haben. Damals hat uns
das Justizministerium zunächst gesagt, das gehe nicht,
weil das Bundesverfassungsgericht 1957 gesagt habe,
dieser Paragraf sei kein spezifisches NS-Unrecht.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Das waren aber Unrechtsurteile! Das ist der Unterschied!)


Wenn man sich anschaut, was das Verfassungsgericht in
seiner Begründung seinerzeit formuliert hat – das ist
herzallerliebst –, dann sieht man, dass das keinen Be-

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(C (D tand haben kann. Mit Erlaubnis der Präsidentin will ich itieren. (Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Sie lesen ja sowieso dauernd ab!)


n dem Urteil heißt es so schön:

Schon die körperliche Bildung der Geschlechtsor-
gane weist für den Mann auf eine mehr drängende
und fordernde, für die Frau auf eine mehr hinneh-
mende und zur Hingabe bereite Funktion hin …

Zieht man dazu die größere geschlechtliche Aggres-
sivität des Mannes in Betracht, so macht schon das
evident, daß die Gefahr der Verbreitung der Homo-
sexualität beim Manne weit größer ist als bei der
Frau.

Anders als der Mann wird die Frau unwillkürlich
schon durch ihren Körper daran erinnert, daß das
Sexualleben mit Lasten verbunden ist … So gelingt
der lesbisch veranlagten Frau das Durchhalten se-
xueller Abstinenz leichter, während der homosexu-
elle Mann dazu neigt, einem hemmungslosen Sexu-
albedürfnis zu verfallen.


(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


So das Bundesverfassungsgericht. Mit dieser Begrün-
ung hat man damals geurteilt. Ich bin froh, dass die
erfassungsrichter heute genauso klar wie der Bundes-

ag sagen: Da hat sich dieses Organ geirrt. – Deshalb ist
s auch kein Affront gegen das Prinzip der Gewaltentei-
ung, wenn wir sagen: Die Rechtslage von damals war
nrecht. Daher können die Urteile keinen Bestand ha-
en. Den Menschen muss konkret und individuell gehol-
en werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Die Bilanz war einfach schrecklich. Ich will nur eine
ktion nennen. In Frankfurt hat in den 50er-Jahren eine
erfolgung Homosexueller stattgefunden, die man wie

olgt zusammengefasst hat:

Ein Neunzehnjähriger springt vom Goetheturm,
nachdem er eine gerichtliche Vorladung erhalten
hat, ein anderer flieht nach Südamerika, ein weite-
rer in die Schweiz, ein Zahntechniker und sein
Freund vergiften sich mit Leuchtgas. Insgesamt
werden sechs Selbstmorde bekannt. Viele der Be-
schuldigten verlieren ihre Stellung.

Ich finde, diesen dramatischen Ausschnitt aus der Re-
lität unserer frühen Republik sollten wir zum Anlass
ehmen, um den Betroffenen endlich Recht widerfahren
u lassen. Ich hoffe, wir kommen im Berichterstatterge-
präch weiter.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Jörg van Essen [FDP]: Warum haben Sie das während Ihrer Regierungszeit nicht gemacht? Sie waren doch mehrere Jahre in der Regierung, Herr Beck! Sie ha Volker Beck ben doch sogar die Hirschfeld-Stiftung verhindert! Das ist doch peinlich! – Gegenruf des Abg. Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sie haben noch nicht einmal die NS-Urteile aufgehoben, Herr Kollege!)





(A) )


(B) )



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619928700

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
den Drucksachen 16/10944 und 16/11440 an die in der
Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann
sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 8 auf:

Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Zehnten Gesetzes
zur Änderung des Atomgesetzes

– Drucksache 16/11609 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
dazu keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Bundes-
minister Sigmar Gabriel.

Sigmar Gabriel, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit:

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Ih-
nen vorliegende Entwurf eines Zehnten Gesetzes zur
Änderung des Atomgesetzes hat zwei Schwerpunkte.
Zum Ersten soll der Schutz kerntechnischer Anlagen und
der Schutz von Transporten radioaktiver Stoffe gegen
unbefugte Handlungen verstärkt werden. Zum Zweiten
– das hat die Öffentlichkeit in den letzten Tagen insbeson-
dere in der betroffenen Region sehr beschäftigt – soll das
Bundesamt für Strahlenschutz auch per Gesetz mit der
Aufgabe betraut werden, die Schachtanlage Asse stillzule-
gen. Deshalb liegt Ihnen der neue § 57 b des Atom-
gesetzes vor, der ausdrücklich festlegt, dass für die Stillle-
gung der Schachtanlage Asse – nur darum geht es in der
Zukunft – die atomrechtlichen Vorschriften für Anlagen
des Bundes zur Endlagerung radioaktiver Abfälle anzu-
wenden sind. Das heißt, dass es für den notwendigen
Weiterbetrieb bis zur Stilllegung der Asse keines Planfest-
stellungsverfahrens nach § 9 b des Atomgesetzes ein-
schließlich der dort vorgesehenen Öffentlichkeitsbeteili-
gung bedarf. Weiter ist mit der Novelle klargestellt, dass
das Bundesamt für Strahlenschutz, das auch die übrigen
Endlagerprojekte des Bundes betreut und über die ent-
sprechende Fachkompetenz verfügt, auch für die Still-
legung der Asse zuständig ist.

In den letzten Tagen ist – auch durch Bemerkungen
beispielsweise der von mir ansonsten sehr geschätzten
Kollegin der Grünen aus dem Europäischen Parlament,

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(C (D rau Rebecca Harms – der Eindruck erweckt worden, er jetzt vorgelegte Gesetzentwurf würde mit dem Beriff „Stilllegung der Asse“ nicht die Option der Rückolung der dort eingelagerten rund 126 000 Fässer tommüll beinhalten. Ich muss das hier ausdrücklich urückweisen. Selbstverständlich lässt die Stilllegung er Asse, so, wie wir sie jetzt im Atomgesetz festlegen, lle Optionen offen. Ich kann nur davor warnen, das, as in der Vergangenheit getan wurde, nämlich politi che Vorgaben für das zu machen, was in der Asse zu gechehen hat, jetzt fortzusetzen und bloß die Vorzeichen u ändern. Es geht darum, zu klären, welche Maßnahmen zur tilllegung der Asse für Mensch und Umwelt langfristig ie größtmögliche Sicherheit gewährleisten. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


enn es uns möglich ist und wenn es langfristig die
este Sicherheit für Mensch und Natur bedeutet, werden
ir den Atommüll aus der Asse selbstverständlich he-

ausholen.


(Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Genau!)


ber es ist nicht fair, jetzt den Eindruck zu erwecken, als
önnte man dies bereits heute tun. Deswegen bitte ich
erzlich, dass wir gegenüber der Bevölkerung redlich
leiben. Wir versuchen das; alle Institutionen arbeiten an
ieser Frage. Aber diese Frage ist schlicht und ergrei-
end zum heutigen Tag nicht zu beantworten. Allerdings
ege ich Wert auf die Feststellung, dass das jetzige
tomgesetz für den Fall, dass es uns gelingt und es die

icherste Methode ist, selbstverständlich die vollständige
ückholung des Atommülls aus der Asse möglich
acht.

Lassen Sie mich ganz kurz zu zwei derzeit in der Öf-
entlichkeit diskutierten Kritikpunkten an der Sicherheit
er Asse Stellung nehmen. Das Erste betrifft die Frage
ines weiteren Einsturzes in einer Einlagerungskammer.
ch sage hier deutlich, dass das Bundesumweltministe-
ium das Bundesamt für Strahlenschutz in seiner Auffas-
ung unterstützt, dass wir nicht zu einer schnellen Ver-
üllung dieser Kammer kommen sollten, sondern dass
ir andere Maßnahmen ergreifen müssen. Bei einem
insturz kann es passieren, dass die Druckwelle so groß
ird, dass der bisherige Pfropfen, der verhindert, dass

adioaktive Aerosole austreten, zerstört wird. Wir müs-
en Maßnahmen ergreifen, um ein solches Austreten zu
erhindern. Aber wir dürfen jetzt keine Maßnahmen er-
reifen, die eine spätere Rückholung unmöglich machen.
as ist unsere Position. Wir halten das für absolut rich-

ig.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Zweitens. Dass es dort offensichtlich Einlagerungsbe-
älter gibt, bei denen immer noch nicht klar ist, welche
toffe dort im Jahr 1971 eingelagert worden sind – die
ehälter, die dort gefunden worden sind, enthalten Zink-
ästen, andere sind bleiummantelt –, zeigt nochmals,






(A) )



(B) )


Bundesminister Sigmar Gabriel
dass zum damaligen Zeitpunkt relativ fahrlässig mit die-
sem Thema umgegangen wurde. Mich wundert, dass
diese Behälter im Statusbericht des Niedersächsischen
Umweltministeriums nicht erwähnt worden sind. Das
zeigt, wie sorgfältig wir mit dem Thema umgehen müs-
sen.

Ich halte allerdings auch nichts davon, dass wir jetzt
in die Öffentlichkeit alle möglichen Spekulationen tra-
gen. Das Bundesamt für Strahlenschutz ist sich nicht si-
cher, woher diese Stoffe kommen. Es gibt durch die Be-
fragung ehemaliger Mitarbeiter Hinweise, die das klären
können. Aber eine absolute Sicherheit haben wir noch
nicht. Wir gehen dem weiterhin nach. Ich finde, wir
müssen beim Umgang mit der Asse ein Höchstmaß an
Transparenz gewährleisten, aber auch immer klar sagen,
dass wir mit Vermutungen nicht viel weiterkommen.
Vielmehr brauchen wir qualifizierte Arbeit; daran, dass
sie dort geleistet wird, habe ich keinen Zweifel.

Von daher bitte ich herzlich darum, dass wir die No-
velle zum Atomgesetz schnell beraten mögen. Wir haben
uns damit keinerlei Optionen verbaut, aber wir haben ab-
solute Rechtssicherheit geschaffen. Ich glaube, das ist im
Interesse aller.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie der Abg. Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619928800

Nun hat der Kollege Horst Meierhofer für die FDP-

Fraktion das Wort.


(Beifall bei der FDP)



Horst Meierhofer (FDP):
Rede ID: ID1619928900

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Wir Liberale sind davon überzeugt, dass die Sicherheit
der Bevölkerung in jeglichem Zusammenhang, was
kerntechnische Anlagen und deren friedliche Nutzung
betrifft, an oberster Stelle steht. Das gilt selbstverständ-
lich auch für die Asse.

Wir sind daher der Meinung, dass man mit dem Ge-
setzentwurf etwas Vernünftiges auf den Weg bringt. Wir
werden das konstruktiv begleiten. Wir sind auch damit
einverstanden, dass sich das BfS und das Umweltminis-
terium mit Ihnen an der Spitze, Herr Minister Gabriel,
dafür einsetzen werden, dass die nötige Transparenz ge-
schaffen wird. Das hat mich an Ihren Ausführungen am
meisten gefreut. Es ist zum einen deshalb wichtig, damit
das Vertrauen, das an der einen oder anderen Stelle ver-
loren ging, wieder zurückgewonnen werden kann. Es ist
zum anderen wichtig, damit nicht durch irgendwelche
Vermutungen und Anmerkungen von interessierten Krei-
sen – Sie haben es angesprochen – Halb- oder Unwahr-
heiten verbreitet werden, die etwas gefährden, was gar
nicht gefährdet zu werden braucht.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D 2008 hat es verstärkt seismische Ereignisse gegeben. as muss in der Tat untersucht werden. Es wird daraus eschlossen, dass die Sohle auf 750 Meter akut einsturzefährdet ist. Da dort etwa 6 000 Fässer mit radioaktiem Abfall lagern, ist es wichtig, dass genau untersucht ird, was dort passiert. Das ist selbstverständlich, und es irft viele Fragen auf, die beantwortet werden müssen. Ich glaube allerdings nicht – das werden wir vermutich später noch von der Kollegin Kotting-Uhl von den rünen hören –, dass diese Fragen im Rahmen einer Anörung geklärt werden können. Vielmehr müssen sie om BfS geklärt werden, weil das BfS dafür zuständig st. Nun ist es das Wichtigste, dass man nicht nur konret, korrekt und richtig handelt, sondern dass man auch chnell handelt, weil die Gefahren zum Teil als ernst eineschätzt werden. Es geht nicht darum, ein Politikum araus zu machen; vielmehr müssen wir die Fragen, die ich ergeben, denjenigen stellen, die dafür zuständig ind. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich nenne ein paar Fragen, die wir stellen wollen bzw.
tellen müssen. Wie sieht es mit der Standfestigkeit des
rubengebäudes aus? Ist sie bis 2014 und darüber hi-
aus gegeben, oder müssen die Einschätzungen, die man
isher vorgenommen hat, aufgrund der seismischen Er-
ignisse revidiert werden? Wie akut ist die Gefahr eines
nstiegs der Salzlösungszuflüsse? Muss man sich über-

egen, ob man noch schneller handeln sollte? Was könnte
ie Antwort sein? Gibt es Möglichkeiten, um die Stand-
estigkeit des Grubengebäudes zu verbessern? Was prüft
as Bundesumweltministerium in diesem Zusammen-
ang? Auch das halte ich für entscheidend. Oder sind all
iese Ereignisse aus der Vergangenheit in Anbetracht der
euen seismischen Erkenntnisse hinfällig? Es stellt sich
ie Frage – Sie haben es angesprochen –, wie man mit
en angeblich bleiummantelten Behältern – ich habe in
iner anderen Pressemitteilung gelesen, dass es sich um
ink oder Ähnliches handelt – umgeht. All diese Fragen
eweisen, dass es egal ist, wer aus jetziger oder früherer
icht landespolitisch verantwortlich ist. Diese Fragen
üssen deswegen geklärt werden, weil wir im anderen
all nichts anderes als Verunsicherung und Angst in der
evölkerung bewirken. Darum muss gerade die Klärung
nser eigentliches Ziel sein.


(Beifall bei der FDP – Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie müssen diese Fragen beantworten!)


Diese Fragen müssen beantwortet werden. Bisher
issen wir leider relativ wenig. Ich glaube, dass wir in
er Pflicht stehen, diese Maßnahmen möglichst schnell
u ergreifen. Ich glaube auch, dass wir mit diesem Ge-
etzentwurf einen Schritt nach vorne gehen können. Wir
ls FDP stehen dieser Sache grundsätzlich sehr positiv
egenüber.

Im Übrigen stehen wir einem weiteren Aspekt positiv
egenüber: Es geht um den § 12 b, der vorsieht, dass
ersonen, die in kerntechnischen Anlagen tätig sind,
berprüft werden, damit deren Zuverlässigkeit nicht an-






(A) )



(B) )


Horst Meierhofer
gezweifelt werden kann. Denn es ist klar, dass auch in
diesem Zusammenhang absolute Integrität geboten ist.
Wenn uns das gelingt, sind wir auf dem richtigen Weg.
Ich freue mich auf vernünftige Beratungen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619929000

Das Wort hat der Kollege Dr. Georg Nüßlein für die

Unionsfraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Georg Nüßlein (CSU):
Rede ID: ID1619929100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle-

gen! Es gab heute im Umweltausschuss eine Diskussion
über die Frage, ob wir zu diesem Thema noch einmal
eine Anhörung durchführen sollten.


(Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben wir beantragt!)


Die Koalition hat diesen Vorschlag gemeinsam mit der
FDP abgelehnt. Ich möchte coram publico begründen,
warum wir das getan haben: Wir haben schon zwei An-
hörungen zum Thema Asse hinter uns. Außerdem sind
wir der festen Überzeugung, dass es sich hierbei nicht
um eine Diskussion darüber handelt, wie wir mit den
Problemen, die im Zusammenhang mit der Asse zweifel-
los vorhanden sind, technisch umgehen, sondern dass es
sich hierbei um eine formale Gesetzesänderung handelt.

Diese formale Gesetzesänderung hat zwei Zielrich-
tungen. Zum einen muss der personelle Sabotageschutz
geregelt werden, also die Überprüfung von Personen, die
zum Beispiel in Kernkraftwerken mit radioaktiven Stof-
fen zu tun haben. Es geht um die Frage: Wie kann man
die Überprüfung dieser Personen gewährleisten? Das ist
eine formale Angelegenheit, die in Reaktion auf die Ter-
roranschläge notwendig geworden ist.

Zum anderen geht es um die Frage: Ist Bergrecht oder
Atomrecht anzuwenden? Auch dies ist im Zusammen-
hang mit der Asse eine formale Angelegenheit. Bisher
bestand Einigkeit, dass die Asse nach Bergrecht behan-
delt wird, wobei übrigens auch das Bergrecht – das füge
ich vorsichtshalber hinzu – nicht frei von atomrechtli-
chen Erwägungen ist. Das war auch die Einschätzung
des ehemaligen Bundesumweltministers Jürgen Trittin,
und so ist auch er damals mit diesem Thema umgegan-
gen.

Wir haben dem Vorschlag, zu diesem Thema noch
eine Anhörung durchzuführen, auch deshalb nicht zuge-
stimmt, weil wir allenthalben erleben, dass interessierte
Kreise versuchen, die Diskussionen über solche Geset-
zesänderungen als Kampagne gegen die Kernenergie zu
instrumentalisieren. Das ist an dieser Stelle nicht gebo-
ten.


(Beifall bei der CDU/CSU – Sylvia KottingUhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eine bessere Kampagne gegen die Kernenergie als die e d n a O d f m s i s a s e m E b t d g – s r i S S M v t F l k A t r l S e s F a v s (C (D Asse gibt es doch überhaupt nicht! Darum brauchen wir uns gar nicht erst zu bemühen!)


Es gibt in dieser Debatte durchaus die Chance, das
ine oder andere klarzustellen. Es hat uns sehr gefreut,
ass Sie, Herr Bundesumweltminister, diese Chance ge-
utzt haben. An dieser Stelle nehme ich insbesondere
uf den Artikel, der in der letzten Woche auf Spiegel
nline erschienen ist, Bezug. Darin hieß es, die Asse
rohe einzustürzen und der notwendige Informations-
luss finde nicht statt. Das haben Sie in diversen Presse-
eldungen richtiggestellt. Auch heute haben Sie zu die-

em Thema wichtige Ausführungen gemacht. Der Union
st daran gelegen, die Menschen über diese Problematik
o detailliert und so offen wie möglich zu informieren,
ber auch mögliche Lösungsansätze zu entwickeln.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wie alle Kollegen, die mit diesem Thema befasst
ind, erhalte auch ich viele Briefe, in denen Forderungen
rhoben werden, was noch in dieses Gesetz aufzuneh-
en ist, weil es angeblich noch nicht berücksichtigt sei.
ine dieser Forderungen lautet, die Option der Rückhol-
arkeit radioaktiver Abfälle aus der Asse im Gesetzes-
ext ausdrücklich zu erwähnen. Auch dazu hat der Bun-
esumweltminister alles Wichtige gesagt und deutlich
emacht, dass diese Option nicht ausgeschlossen ist.


(Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist aber ein Unterschied!)


Weil bei den Grünen schon wieder Unruhe aufkommt,
age ich ganz deutlich: Diese Option ist politisch und ju-
istisch nicht ausgeschlossen. Ob sie technisch möglich
st, das kann, wie ich glaube, niemand von uns hier im
aal beurteilen. Hierzu fand übrigens schon mancher
chriftwechsel statt. So hat zum Beispiel Staatssekretär
achnig der Kollegin Pothmer von den Grünen bereits

ersichert, dass die Rückholung als Option berücksich-
igt ist. An dieser Stelle erübrigen sich also Ihre Fragen.

Ich denke, dass der Gesetzestext in der vorliegenden
orm das auch hergibt. Man kann das, wenn man gutwil-

ig ist, aus dem Gesetzestext herauslesen, und zwar kon-
ret aus § 9 b Abs. 4 in Verbindung mit § 7 Abs. 2 des
tomgesetzes. Ich wiederhole: wenn man gutwillig ist.


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben aber keine Garantie dafür, dass immer alle gutwillig sein werden!)


Eine andere Forderung, die häufig erhoben wird, lau-
et, die Annahme radioaktiver Abfälle und ihre Einlage-
ung in die Schachtanlage Asse II nicht nur bis zum Er-
ass des Planfeststellungsbeschlusses zur Stilllegung der
chachtanlage Asse, sondern generell für unzulässig zu
rklären. Was soll das, wenn man den Schacht im An-
chluss stilllegen will? Natürlich wird man in diesem
all keine Einlagerungen vornehmen. Ich gehe davon
us, dass ein entsprechendes Verbot der Landesregierung
on Niedersachsen greift. Insofern glaube ich, dass man
ich darüber keine Sorgen machen muss.






(A) )



(B) )


Dr. Georg Nüßlein
Anders ist das, sollten einige versuchen, dieses
Thema dazu zu nutzen, die Diskussion über die Nutzung
der Kernenergie anzufachen. Unter dem Eindruck des
Gasstreites bekommt das Ganze nämlich eine andere
Akzentuierung. Wir marschieren momentan energiepoli-
tisch in die Richtung, dass wir die Nutzung von Gas aus-
bauen, zum einen wegen des Emissionshandels, zum an-
deren weil wir einen Ausgleich dafür brauchen, dass der
Anteil der Windenergie steigt. Wir alle sind für die För-
derung der erneuerbaren Energien; aber Windenergie
steht nun einmal nicht permanent zur Verfügung. Wir
werden deshalb den Ausbau der Nutzung von Gas för-
dern. Auch im Bereich KWK, den wir ebenfalls aus-
bauen, wird ein großer Teil der Anlagen mit Gas betrie-
ben.


(Ulrich Kelber [SPD]: Das müssen Sie einmal Herrn Glos erzählen! Der denkt, man kann das nur mit Atomkraft machen!)


Die entscheidende Frage ist, wie wir die Versorgungs-
sicherheit in diesem Land gewährleisten. Diese Frage
wird sich uns immer wieder stellen, wenn wir bis 2020
– darauf haben wir uns im Rahmen der Novellierung des
EEGs geeinigt – den Anteil der erneuerbaren Energien
auf 30 Prozent ausbauen: Wie sollen wir die übrigen
70 Prozent der Versorgung sicherstellen, und wie sollen
wir diese Energie umweltfreundlich erzeugen?


(Beifall bei der CDU/CSU)


Diese Frage kann nicht nur wirtschaftlich, sondern auch
unter Klimaschutz- und Umweltgesichtspunkten derzeit
nur die Union richtig beantworten. Natürlich ist das Inte-
resse einiger groß, einen Aufhänger zu suchen, und sei er
noch so klein, gegen die Nutzung der Kernenergie in
Deutschland zu polemisieren. Doch was bringt es, wenn
wir für teures Geld Gas aus Russland beziehen und die
Russen statt auf ihr Gas auf Kohlekraftwerke und Kern-
kraftwerke setzen? Das ist eine Energiepolitik, die nicht
nur ökonomisch keinen Sinn macht. Anstatt Angriffsflä-
chen zu suchen, Frau Kotting-Uhl – wir werden es ja se-
hen bei den folgenden Rednern –,


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Freuen Sie sich darauf!)


sollten wir ergebnisoffen darüber nachdenken, wie wir
dieser Republik einen Dienst tun, wie wir sie sinnvoll
mit Energie versorgen können. Wir wollen das. Deswe-
gen werden wir diese Thematik immer wieder anspre-
chen.

Vielen herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619929200

Für die Fraktion Die Linke hat nun der Kollege Lutz

Heilmann das Wort.


(Beifall bei der LINKEN)



Lutz Heilmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619929300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die Asse bröselt, eine Hiobsbotschaft jagt die andere.

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(C (D ollege Meierhofer, für mich ist das sehr wohl ein Poliikum. Was sonst ist es, wenn wir in diesem Hause über inen Gesetzentwurf sprechen, mit dem die Missstände, ie in dieser wohlgemerkt staatlichen Einrichtung besteen, neu geregelt werden sollen? (Horst Meierhofer [FDP]: Sind Sie dagegen, dass das BfS zuständig wird?)


enauso ist es ein Politikum, dass sich die Große Koali-
ion immer noch nicht auf ein Umweltgesetzbuch eini-
en konnte. Das ist einfach ein Skandal.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich weiß, dass selbst Umweltverbände und die Grü-
en die vorliegende Novelle zum Atomgesetz im Grund-
atz begrüßen. Schließlich wird die Asse II damit unter
as Dach des BfS gestellt und fällt endlich unter das
tomgesetz. Doch ist das wirklich so? Schaffen Sie
icht vielmehr eine Lex Asse, mit der Sie das Unheil ir-
endwie verwalten wollen? Setzen Sie damit die
chutzaufgabe des Atomgesetzes nicht gar außer Kraft?


(Cajus Caesar [CDU/CSU]: Die Linken haben es nicht verstanden!)


chauen wir uns doch den fraglichen Paragrafen § 57 an.
uerst gab es § 57 a, in dem das Morsleben-Desaster
eregelt wurde. Fragwürdiges DDR-Recht wurde über-
ommen, um preiswert bundesdeutschen Atommüll los-
uwerden. In einem § 57 b wollen Sie nun Asse II re-
eln. Weil Sie nicht wissen, was aus den Abfällen wird,
ie lange die Decken halten und wann die Grube abge-

offen sein wird,


(Michael Brand [CDU/CSU]: Freuen Sie sich darüber, oder warum sagen Sie so etwas?)


ollen Sie die Asse II, außer im Falle der Stilllegung,
on einem Planfeststellungsverfahren, wie es nach § 9 b
es Atomgesetzes erforderlich wäre, freistellen. Sie tun
ies nicht ohne Grund; denn ein richtiges Planfeststel-
ungsverfahren würde die Asse niemals überstehen. Mit
em Schrottbergwerk werden die Anforderungen an ein
ndlager schließlich nicht im Entferntesten erfüllt. Ein
angzeitsicherheitsnachweis würde nie erbracht werden
önnen.


(Cajus Caesar [CDU/CSU]: Wie bei den Linken in der DDR!)


s wäre schnell klar, dass der Atommüll wieder heraus
uss.

Vor diesem Hintergrund befürchten gerade die Bür-
erinitiativen, dass Sie hier jetzt schnell Fakten schaffen
ollen, indem etwa die Abfälle durch eine eigentlich
icht notwendige Notverfüllung de facto von einer
ückholbarkeit ausgeschlossen werden. Herr Minister,

ch möchte Ihnen ganz einfach ausdrücklich widerspre-
hen. Sie sagen, dass sich die Rückholbarkeit ergibt. Wa-
um schreiben Sie das dann nicht ganz einfach in den
esetzentwurf? Das wäre doch die sicherste Variante.


(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])







(A) )



(B) )


Lutz Heilmann
Insgesamt stellen Sie mit dem Gesetzentwurf die Logik
auf den Kopf. Anstatt die vorhandenen Atomanlagen da-
raufhin zu prüfen, ob sie den Regeln des Atomgesetzes
entsprechen, biegen Sie sich den Gesetzentwurf ganz im
Berlusconi’schen Sinne so zurecht, wie Sie ihn brau-
chen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit dem vorliegen-
den Gesetzentwurf – damit weiche ich prinzipiell von
der Meinung des Ministers ab – wird keine Rechts-
sicherheit geschaffen. Im Gegenteil: Die Bürgerinnen
und Bürger werden dadurch schlechter gestellt. Schließ-
lich fällt durch den Wegfall des Planfeststellungsverfah-
rens auch die Pflicht der Betreiber unter den Tisch,
nachweisen zu müssen, wie sicher ihr Atommülllager
letztendlich ist. Wird das Gesetz beschlossen, dann kehrt
sich die Beweislast um. Dann müssen die Bürgerinnen
und Bürger nachweisen, dass von der Asse eine Gefahr
ausgeht. Ich sage Ihnen: Diese Beweislastumkehr ist un-
verantwortlich.

Die Verrenkungen, die Sie mit Ihren Notstandsgeset-
zen machen, haben übrigens auch ein Gutes.


(Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Jetzt aber!)


Der Bevölkerung wird immer deutlicher, dass die
Atomtechnik ein Tanz auf dem Vulkan ist.


(Beifall bei der LINKEN)


Kollege Nüßlein, wären Sie einmal nach Gorleben ge-
kommen,


(Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Ich war schon in Gorleben!)


dann hätten Sie gesehen, wie die öffentliche Meinung
ist, wie die Bevölkerung darüber denkt.


(Zuruf von der CDU/CSU: Ihnen geht es doch gar nicht um die Bevölkerung!)


Nur eines hilft, nämlich der schnellstmögliche Aus-
stieg aus der Atomwirtschaft. Ich muss klipp und klar sa-
gen: Der rot-grüne Atomkonsens ist keine Gewähr dafür.
Er ist nicht mehr und nicht weniger als eine Bestands-
garantie für die Schrottmeiler von Brunsbüttel bis Krüm-
mel. Die Hinterlassenschaften vergraben und verbuddeln –
das ist Ihr Motto. Das, was dabei herauskommt, erleben
wir gerade bei der Asse II.


(Cajus Caesar [CDU/CSU]: Ihre kommunistischen Hinterlassenschaften!)


Es ist ein Skandal, dass CDU und CSU angesichts dieser
Tatsache weiter für Atomkraft werben. Kollegin Dött,
ich habe hier manche schöne Rede von Ihnen zum
Thema Nachhaltigkeit gehört. Dieser Gesetzentwurf hat
damit gar nichts, aber auch wirklich gar nichts zu tun.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619929400

Kollege Heilmann, achten Sie bitte auf die Zeit.


Lutz Heilmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619929500

Die Mehrheit der Bevölkerung durchschaut Ihre Poli-

tik. Ich kann Ihnen versichern, dass Sie damit nicht
durchkommen.

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(C (D Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der LINKEN – Ulrich Kelber [SPD]: Wir beschließen das doch gleich!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619929600

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun die

ollegin Sylvia Kotting-Uhl das Wort.


Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619929700

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr
inister! Ich werde mich in den üblichen kurzen vier
inuten auf die Änderungen des Atomgesetzes be-

chränken, die die Asse betreffen, und mich zur Daten-
roblematik dann im Umweltausschuss äußern.

Die Bundesregierung hat uns eine AtG-Novelle vor-
elegt, deren Zielsetzung wir von den Grünen teilen. Wir
ordern seit zwei Jahren, die Asse unter das Atomrecht
u stellen. Dafür ist dann auch das entsprechende Regel-
erk erforderlich.

Der Gesetzentwurf kommt aber, gemessen an der Bri-
anz des Tatbestands, schon etwas schlampig daher. Es
st doch nicht verwunderlich, Herr Minister, dass die An-
ohner der Asse, die in den vergangenen Jahren so oft
eschwichtigt – um nicht zu sagen: belogen – wurden,
in gut begründetes Misstrauen gegenüber allen Behör-
en entwickelt haben, die mit der Asse befasst sind, und
ich von Formulierungen wie „ist unverzüglich stillzule-
en“ oder „für den Weiterbetrieb bedarf es keiner Plan-
eststellung“ verunsichert fühlen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Cajus Caesar [CDU/CSU]: War das nicht Ihr Minister? Trittin war das!)


ei normalen Verhältnissen wäre eine solche Formulie-
ung kein Problem; deswegen unterstelle ich auch nichts.
n der Asse ist aber nun einmal nichts mehr normal. Das

st doch ein Skandal; das wissen wir alle. Dieser Skandal
etzt sich aus Unbedarftheit, Verantwortungslosigkeit,
icht- und Desinformation, Vertuschung und Verleug-
ung, eventuell bis hin zu krimineller Energie zusam-
en. Für seine Behandlung ist nur noch Dreierlei zuläs-

ig: absolute Korrektheit, Transparenz und Vermeidung
eglicher Zweideutigkeit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Ulrich Kelber [SPD])


Sie wussten genauso wie ich und viele andere, dass
ie Abwicklung der Asse kein Spaßjob wird, weswegen
ich auch niemand darum gerissen hat. Der Job ist jetzt
n den richtigen Händen; aber er muss jetzt auch so erle-
igt werden, dass die Betroffenen vor Ort endlich wieder
ertrauen fassen können.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


eshalb müssen missverständliche Formulierungen be-
einigt werden. Es muss klargemacht werden, dass
Stilllegung“ den Optionenvergleich umfasst. Es reicht
icht, Herr Nüßlein, dass man mit gutem Willen heraus-
esen könne, dass es so gemeint sei; es ist nicht Aufgabe
ines Gesetzes, Gutwilligkeit vorauszusetzen. Es muss






(A) )



(B) )


Sylvia Kotting-Uhl
klar sein, dass die Akzeptanz oder das Eingeständnis,
dass wir es hier mit einem Endlager ohne durchgeführtes
Planfeststellungsverfahren zu tun haben, keinen Präze-
denzfall schafft. Schließlich müssen die Berichtspflicht
gegenüber dem Parlament, die Finanzierung und die Zu-
sammensetzung der Arbeitsgruppe „Optionenvergleich“
festgeschrieben werden.

Die Hiobsbotschaften aus der Asse reißen nicht ab:
im Sommer letzten Jahres die kontaminierten Laugen,
vor wenigen Tagen die einsturzgefährdete Kammer 4
und die Nässe bei Kammer 9 und gestern die Nachricht
von zehn bleiummantelten Fässern in Kammer 4, was
durchaus zu Sorge hinsichtlich des Inhalts dieser Fässer
veranlassen kann. Der heutige Versuch einer Entwar-
nung durch das Niedersächsische Umweltministerium
kann da nicht wirklich beruhigen, da sie auf Angaben
der damaligen Absender basiert, die nie kontrolliert wur-
den.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie ein-
dringlich, unseren Antrag auf Einsetzung eines Untersu-
chungsausschusses zu unterschreiben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wollen wir weiterhin monatlich oder wöchentlich über
die Presse erfahren, was gerade wieder mehr oder weni-
ger zufällig an weiterer Brisanz in der Asse entdeckt
wird, oder wollen wir das Heft des Handelns endlich
selbst in die Hand nehmen und entscheiden, dass wir al-
les wissen wollen: warum was wann getan oder unterlas-
sen wurde und was tatsächlich in die Asse eingelagert
wurde?

Befürchtungen, dass bei einem Untersuchungsaus-
schuss Funktionsträgerinnen und Funktionsträger der
eigenen Partei in den Fokus geraten, sollten wir alle hint-
anstellen. Ich sage Ihnen: Ja, auch der Bundesumwelt-
minister von 1998 bis 2005, der ein Grüner war, wird
scharf angeschaut werden. So what! Geht es uns um
Schutzzäune für unsere Parteimitglieder oder darum, ei-
nen Umgang mit der Asse zu entwickeln, der die Men-
schen vor Ort endlich wieder Vertrauen in die damit be-
fassten Institutionen fassen lässt?

Herr Nüßlein, wir haben im Umweltausschuss keine
Anhörung zur Asse durchgeführt, sondern wir haben
eine gemeinsame Sitzung mit dem Forschungsausschuss
gehabt, in der Vertreter der Helmholtz-Gemeinschaft
kein Rederecht gehabt haben.


(Cajus Caesar [CDU/CSU]: Herr Nüßlein kennt sich da aus! Der weiß Bescheid! Von ihm kann man nur lernen!)


Das hat mit einer Anhörung nichts zu tun gehabt. Des-
wegen war unsere Forderung völlig richtig.

Lassen Sie uns jetzt Klarheit und Eindeutigkeit in die
Lex Asse des Atomgesetzes bringen, und fordern Sie mit
uns gemeinsam den Untersuchungsausschuss! Die Men-
schen vor Ort werden es Ihnen danken.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Das Wort hat der Kollege Christoph Pries für die PD-Fraktion. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegin en und Kollegen! Wir diskutieren heute über die 0. Novelle zum Atomgesetz. Die Bedeutung der heutien Debatte ergibt sich aus dem zweiten Teil des Gesetes, dem Betreiberwechsel für die Schachtanlage sse II. Das Thema Asse brennt den Menschen im andkreis Wolfenbüttel unter den Nägeln. Vertreter der sse-Begleitgruppe sind heute extra nach Berlin gekomen, um unsere Debatte zu verfolgen. Im Namen der PD-Bundestagsfraktion begrüße ich sie ganz herzlich m Deutschen Bundestag. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619929800

(Beifall bei der SPD)

Christoph Pries (SPD):
Rede ID: ID1619929900

Mit der vorliegenden Novelle zum Atomgesetz zieht
ie Bundesregierung einen Schlussstrich unter eine
0 Jahre währende Hängepartie. Am 31. Dezember 1978
ndete die Einlagerung von radioaktiven Abfällen in das
ogenannte Versuchsendlager Asse II. Insgesamt wurden
6 930 Kubikmeter schwach- und mittelradioaktiver Ab-
all im ehemaligen Salzbergwerk bei Remlingen eingela-
ert. Damals verkündeten alle Experten, das Grubenge-
äude sei trocken und standsicher. Die Schachtanlage
urde sogar als Pilotprojekt für Gorleben gehandelt.


(Monika Griefahn [SPD]: Das ist der entscheidende Punkt!)


30 Jahre später haben sich alle wissenschaftlichen Vo-
aussagen als falsch erwiesen.


(Monika Griefahn [SPD]: Genau das!)


eit 1988 fließen täglich 12 000 Liter Salzlauge in die
chachtanlage. Die Standsicherheit des Grubengebäudes

st gefährdet. Das Bundesamt für Strahlenschutz hat erst
m letzten Freitag beantragt, den Verschluss einer Einla-
erungskammer wegen Einsturzgefahr zu verstärken.
eit 2005 existiert ein radioaktiv kontaminierter Laugen-
umpf vor Einlagerungskammer 12.

Die Schachtanlage Asse ist ein Menetekel für die Un-
icherheiten und Gefahren, die mit der Endlagerung ra-
ioaktiver Abfälle verbunden sind.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ie SPD-Bundestagsfraktion begrüßt ausdrücklich, dass
undesumweltminister Sigmar Gabriel im vorliegenden
esetzentwurf für die Asse klare Verhältnisse schafft:

Erstens. Seit 1. Januar 2009 ist das Bundesamt für
trahlenschutz Betreiberin der Schachtanlage Asse. Die
erantwortung in der Bundesregierung wechselt vom
orschungs- auf das Umweltministerium. Damit wird
ie politische Verantwortung dorthin übertragen, wo sich
uch die fachliche Kompetenz befindet.






(A) )



(B) )


Christoph Pries
Zweitens. Die Schachtanlage Asse wird in Zukunft
wie ein Endlager behandelt.

Drittens. Für die Stilllegung wird ein Planfeststel-
lungsverfahren nach Atomrecht durchgeführt.

Um Gefahren für Menschen und Umwelt abzuweh-
ren, wollen wir die Schachtanlage Asse II schnellstmög-
lich stilllegen. Bei der Schachtanlage Asse II gilt für die
SPD-Bundestagsfraktion derselbe Grundsatz, den wir in
der Endlagerfrage insgesamt vertreten: Sorgfalt und
Langzeitsicherheit gehen vor Schnelligkeit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das bedeutet: Im Rahmen des atomrechtlichen Plan-
feststellungsverfahrens wird der geplante ergebnisoffene
Optionenvergleich durchgeführt. Dieser umfasst auch
die Möglichkeit einer teilweisen oder vollständigen
Rückholung der eingelagerten Abfälle. – Es trifft nicht
zu, dass im Gesetzentwurf etwas Gegenteiliges festge-
schrieben wird, wie Sie glauben machen wollten, Herr
Heilmann. – Es sind alle notwendigen Sicherungs- und
Stabilisierungsmaßnahmen zu ergreifen, um die Durch-
führung eines ordnungsgemäßen atomrechtlichen Plan-
feststellungsverfahrens zu gewährleisten. Die umfas-
sende Beteiligung der Öffentlichkeit wird zu jedem
Zeitpunkt der Entwicklung und Realisierung des Still-
legungskonzeptes gewährleistet. – Diese Ziele werden
mit dem vorliegenden Gesetzentwurf erreicht.

Panikmache, wie sie derzeit vom Niedersächsischen
Umweltministerium betrieben wird,


(Horst Meierhofer [FDP]: Was?)


hilft in dieser Situation überhaupt nicht. Sie vermittelt
eher den Eindruck einer politischen Retourkutsche, die
von eigenem Versagen ablenken soll.


(Beifall bei der SPD – Horst Meierhofer [FDP]: Wovon reden Sie denn?)


Der vorliegende Gesetzentwurf ist ein wichtiger
Schritt in die richtige Richtung. Lassen Sie uns gemein-
sam daran arbeiten, das Problem Asse II im Interesse
von uns allen zu lösen!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619930000

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
wurfs auf Drucksache 16/11609 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es
dazu anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall.
Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 16 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Britta
Haßelmann, Grietje Staffelt, Ekin Deligöz, weite-

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(C (D rer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Medienkompetenz Älterer stärken – Die digitale Kluft schließen – Drucksache 16/11365 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Kultur und Medien Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Reden zu iesem Tagesordnungspunkt zu Protokoll zu geben. – ch sehe, dass Sie auch mit diesem Vorschlag einverstanen sind. Es handelt sich um die Reden folgender Kolleinnen und Kollegen: Philipp Mißfelder und Markus rübel für die Unionsfraktion, Angelika Graf und ürgen Kucharczyk für die SPD-Fraktion, Sibylle aurischk für die FDP-Fraktion, Dr. Lothar Bisky für die raktion Die Linke und Britta Haßelmann für die Frak ion Bündnis 90/Die Grünen.1)


Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 16/11365 an die in der Tagesordnung aufge-

ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
o beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 10 auf:

Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umset-
zung der aufsichtsrechtlichen Vorschriften der

(Zahlungsdiensteumsetzungsgesetz)


– Drucksachen 16/11613, 16/11640 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz

Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, werden die
eden zu Protokoll genommen. Es handelt sich um die
eden folgender Kolleginnen und Kollegen: Albert
upprecht für die Unionsfraktion, Martin Gerster für die
PD-Fraktion, Frank Schäffler für die FDP-Fraktion,
r. Axel Troost für die Fraktion Die Linke und
r. Gerhard Schick für die Fraktion Bündnis 90/Die
rünen.


Albert Rupprecht (CSU):
Rede ID: ID1619930100

Anlass für das Zahlungsdiensteumsetzungsgesetz ist

ie Umsetzung der europäischen Zahlungsdiensterichtli-
ie in nationales Recht. Die Union begrüßt die grundsätz-
iche Idee hinter der Richtlinie und dem Gesetz: die
chaffung eines modernen, einheitlichen Zahlungsver-
ehrsraums für unbare Zahlungen im europäischen
innenmarkt. Das ist die konsequente Ausweitung der
ettbewerbsidee des Binnenmarktes auf den Zahlungs-

erkehr.

Anlage 23


(A) )



(B) )

Wir sind zuversichtlich, dass sich daraus positive Fol-
gen für Verbraucher und Wirtschaft ergeben. Das Ziel ist,
dass die Nutzung von Zahlungsdiensten einfacher, siche-
rer und billiger wird. In welchem Umfang, wird sich in
der Praxis zeigen.

Den Binnenmarkt ausweiten und daraus Nutzen ziehen
ist die Grundidee des Vorhabens. Wir müssen Wert darauf
legen, dass dies auch erreicht wird. Das gilt für die Zah-
lungsdiensterichtlinie und für den Entwurf des Zahlungs-
diensteumsetzungsgesetzes (ZAG). Wir als deutscher Ge-
setzgeber müssen insbesondere den Gesetzentwurf darauf
prüfen: Was ist gut umgesetzt? Und was muss noch weiter
besprochen werden?

Wichtig ist: Das ZAG setzt nur einen Teil der Richtlinie
in deutsches Recht um. Es geht dabei um den aufsichts-
rechtlichen Teil der Zahlungsdiensterichtlinie. Diese re-
gelt das Verhältnis zwischen Zahlungsdienstleistern und
Staat. Deshalb soll hier Hauptaugenmerk auf diesen Teil
gerichtet werden. Der zivilrechtliche Teil der EU-Richtli-
nie wird gesondert in einem anderen Gesetzgebungsver-
fahren umgesetzt. Dort wird es um das Verhältnis zwi-
schen Zahlungsdienstleistern und Kunden gehen.

Wie bringt uns die Zahlungsdiensterichtlinie dem Ziel
– mehr Wettbewerb – näher? Derzeit gibt es verschie-
denste Dienstleister, die den Zahlungsverkehr in der EU
abwickeln. Wenn diese aber national fragmentiert agie-
ren, herrscht wenig Wettbewerb. Deshalb ist es sinnvoll,
dass wir den Zahlungverkehrsraum einheitlich machen.
Die Richtlinie beinhaltet daher einige wesentlichen Ele-
mente, um dies zu erreichen:

So gilt die Richtlinie für alle unbaren Zahlungsdienst-
leistungen innerhalb der EU. Erfasst werden Kreditinsti-
tute (Banken) und Postscheckämter, im Internet soge-
nannte E-Geld-Institute, die Staaten selber und ihre
Zentralbanken. Für alle anderen, beispielsweise Kredit-
kartenunternehmen, wird die neue Kategorie des Zah-
lungsinstituts geschaffen. Die Richtlinie ermöglicht den
gleichen Marktzugang für alle zugelassenen Zahlungs-
dienstleister überall in der EU. Es gelten künftig klare
und gleiche Regeln für die Zulassung der Unternehmen in
der EU. Darüber hinaus werden eindeutige Zuständigkei-
ten und klare Kompetenzen für die mit der Aufsicht be-
trauten Behörden festgelegt. Und schlussendlich enthält
die Richtlinie weitgehende Regelungen zum Schutz der
Kunden und ihrer Gelder. Grundsätzlich sind diese Ele-
mente der RL geeignet, den Zahlungsverkehrsraum zu
vereinheitlichen und Wettbewerb zu schaffen

Zentrale Elemente des deutschen ZAG sind entspre-
chend die Einführung der neuen Kategorie Zahlungs-
institute in Deutschland, die Einführung von Regeln für
die Aufsicht über diese Institute und die Einführung von
Regeln zum Schutz der Kundengelder.

Welche Punkte des Vorhabens sind besonders hervor-
zuheben? Zum einen werden nun alle Anbieter von Zah-
lungsdienstleistungen erfasst. Das ermöglicht gleichen
Marktzugang für alle, verstärkt den Wettbewerb und er-
höht die Auswahl für die Verbraucher. Außerdem ermög-
licht das einen hohen Verbraucherschutz bei allen Insti-
tuten gleichermaßen. Dazu gehört insbesondere die

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Zu Protokoll ge

(C (D nsolvenzrechtliche Absicherung bei Zahlungsinstituten. enn bei diesen gibt es keine Einlagensicherung wie bei anken. Kundengelder werden dort strikt von anderen eldern getrennt. Dies gilt in Deutschland auch unteralb von Summen von 600 Euro. Deutschland hat hier ein ahlrecht der EU-Richtlinie zugunsten der Kunden auselegt. Klare Befugnisse für die Aufsichtsbehörden in dieem Bereich sind ein weiterer Fortschritt durch das Geetz. Aber es bestehen auch noch offene Fragen, die diskuiert werden müssen. Das ZAG muss an das Jahressteueresetz 2009 angepasst werden. Zusammen mit der Einührung des Bankenprivilegs bei der Gewerbesteuer für actoringunternehmen wurden diese auch einer Aufsicht ach dem KWG unterstellt. Dies war zum Zeitpunkt des egierungsentwurfs des ZAG jedoch noch nicht bekannt. llerdings erbringen einige Zahlungsinstitute auch actoringleistungen. Deshalb ist zu klären, ob hier unnö ige Doppelaufsicht vorliegt. Die Frage nach einer unnötigen Doppelaufsicht stellt ich auch an anderen Stellen, zum Beispiel bei Kreditnstituten, die keine Einlageinstitute sind. Dem sollten wir achgehen. Gibt es darüber hinaus Bereiche, in denen as ZAG über die zugrunde liegende Richtlinie hinauseht? Auch dies muss noch im Detail untersucht werden. em gegenüber muss beispielsweise ein Zahlungsdienst eister seine Fähigkeit zur Teilnahme an einem Zahlungsienstesystem darlegen? Nur gegenüber dem Systembereiber oder auch gegenüber jedem anderen Teilnehmer? st sichergestellt, dass reine Interbankenzahlungen nicht om Gesetz erfasst werden? Es wird auch noch zu hinterfragen sein, ob die neuen ahlungsinstitute auf einigen Gebieten ungerechtfertigte orteile genießen, zum Beispiel im Bereich der Kreditgeährung. Der Bundesrat hat darüber hinaus bereits Bearf zur Klarstellung angemeldet, dass Zahlungen inneralb von Konzernen oder Verbundgruppen nicht von ZAG nd Richtlinie betroffen sein sollen. Die Bundesregierung cheint dies auch aufzunehmen. Die Prüfung ist auf jeden all notwendig. Ein weiterer Punkt ist noch anzusprechen: die SEPAastschrift. Sie ist zwar nicht Bestandteil des ZAG, aber eil der EU-Richtlinie und wird in Deutschland im zivilechtlichen Teil umgesetzt. Die SEPA-Lastschrift ist jeoch ein wichtiges Thema für Banken, Verbraucher und nternehmen. Deswegen sollte es hier kurz erwähnt weren. Bei deren Umsetzung stehen wir in Deutschland vor er Frage, wie es mit unserem gut funktionierenden und ostengünstigen Lastschriftverfahren weitergehen soll. oll sich die SEPA-Lastschrift im Wettbewerb der Systeme m Markt beweisen? Oder soll der Gesetzgeber bei der inführung nachhelfen? Ich denke, wir sollten mit dem hema sensibel umgehen und auch die Umsetzung des ziilrechtlichen Teils der Richtlinie genau prüfen. Die Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie ist in eutschland auf einem guten Weg. Wenn wir die letzten etailpunkte in den kommenden Wochen sinnvoll lösen önnen, wird der europäische Binnenmarkt um ein gutes tück erweitert und verbessert. Albert Rupprecht gebene Reden Das Sprichwort sagt: Vorsicht ist besser als Nachsicht. In Anwendung auf die Rolle der Banken im Zuge der Finanzmarktkrise müsste es heißen: Eine gute Aufsicht ist besser als eine gute Absicht. Im Bereich der Bankenaufsicht wurden mit Basel II wichtige Schritte gemacht, weitere müssen folgen, wenn wir die Finanzmärkte weltweit wieder in den Griff bekommen wollen. Dabei müssen wir über den europäischen Rahmen hinaus denken – zum Beispiel wenn es um die zukünftige Rolle des Internationalen Währungsfonds geht oder die Weiterentwicklung des Financial Stability Forums. Auch auf europäischer Ebene gibt es in Aufsichtsfragen genug zu tun. Darum befassen wir uns heute mit dem vorliegenden Gesetzentwurf, der sich mit der aufsichtsrechtlichen Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie befasst. Worum geht es? Zunächst einmal um nicht mehr – aber auch nicht weniger – als die Schaffung eines neuen, europaweit einheitlichen Zulassungsund Aufsichtsrahmens für alle Finanzdienstleistungen, die bargeldlosen Geldtransfer beinhalten. Regelungsbedarf besteht vor allem im Bereich der so genannten Zahlungsinstitute, die – anders als Kreditinstitute – keine Einlagen annehmen und – anders als E-Geld-Institute – kein elektronisches Geld ausgeben dürfen. Gerade hier soll die Umsetzung der Richtlinie dazu beitragen, Markteintrittsbarrieren abzubauen und gleiche Wettbewerbsbedingungen im europäischen Binnenmarkt zu schaffen. Es geht aber auch um Sicherheit aller Kunden, die auf diese Dienste zurückgreifen. Anders als bei Kreditinstituten sind die von Zahlungsdiensten verwalteten Gelder nämlich nicht durch eine Einlagensicherung geschützt. Bei Geschäften mit Kreditkarten können sich Geldbeträge jedoch bis zu mehreren Wochen im Besitz der Kreditkarteninstitute befinden. Geht der Zahlungsdienstleister in die Insolvenz, wartet der Kunde möglicherweise vergeblich auf sein Geld. Auch in diesem Bereich gilt es deshalb, entsprechende Risiken rechtzeitig zu minimieren. Hier setzt der vorliegende Gesetzentwurf an. Mit ihm werden Zahlungsinstitute, ähnlich wie Kreditund Finanzdienstleistungsinstitute, bestimmten solvenzrechtlichen Vorschriften und aufsichtsrechtlichen Pflichten unterworfen. Diese sollen zukünftig der Kontrolle durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unterliegen. Um in Deutschland zugelassen zu werden, müssen die Zahlungsinstitute angemessene Eigenmittel vorhalten und besondere Sicherungsanforderungen für den Fall einer Insolvenz erfüllen. Wir können es jeden Tag in der Zeitung lesen: Vertrauen und Sicherheit sind im Umgang mit dem hochsensiblen Thema Finanzen derzeit Mangelware. Deshalb ist mir umso wichtiger, dass der Gesetzentwurf ganz im Sinne eines konsequenten Gläubigerschutzes steht: Er garantiert, dass Gelder, die von Zahlungsinstituten zur Weiterleitung entgegengenommen wurden, in vollem Umfang und unabhängig von ihrer Höhe abgesichert sein müssen. Das ist ein notwendiger Fortschritt, dem wir uns nicht verweigern dürfen. Je früher wir zu einer solchen R U w S R s s k d S h s I p t n G j a d W s e k n g u d G h r S r S d s c B K a l Z c P d a Zu Protokoll ge (C (D egelung kommen, desto besser. Dies umso mehr, da die msetzung der Zahlungsdienstleistungsrichtlinie einen ichtigen Schritt auf dem Weg zur Verwirklichung der EPA darstellt. Durch diesen einheitlichen europäischen aum für Zahlungsverkehr werden Überweisungen, Lastchriften und Kartenzahlungen innerhalb der Europäichen Union einfacher, sicherer und effizienter. Auch dies ann nur in unser aller Interesse sein. Bei aller Freude über den vorliegenden Entwurf aus em Haus von Peer Steinbrück habe ich mich über die tellungsnahme des Bundesrates zu diesem Gesetzesvoraben doch sehr gewundert: Dort findet sich der Vorchlag, im Zuge der Richtlinienumsetzung auch das nformationsfreiheitsgesetz zu ändern, um die Auskunftsflichten der BaFin einzuschränken, angeblich, um Beriebsund Geschäftsgeheimnisse zu schützen. Zur Erinerung: Dieses Gesetz haben seinerzeit wir unter erhard Schröder 2005 auf den Weg gebracht. Es spricht edem Bürger grundsätzlich Anspruch auf Informationen us der öffentlichen Verwaltung zu. Und dies gilt ausrücklich auch für Auskünfte aus dem Bereich Finanz-, ertpapierund Versicherungsaufsicht. Schon heute tellt das Gesetz jedoch sicher, dass Informationen nicht rteilt werden müssen, wenn diese nachteilige Auswirungen auf die Kontrollaufgabe der Behörde haben könen. Betriebsund Geschäftsgeheimnisse sind umfassend eschützt. Für mich steht glasklar fest: Die Bürgerinnen nd Bürger haben ein Recht auf Einblick in das Handeln er staatlichen Verwaltung. Ich sehe deshalb keinen rund, warum wir ausgerechnet hier die Uhr zurückdreen sollten. Dass entsprechende Vorschläge gerade jetzt und geade aus Bayern kommen, lässt mich aufhorchen. chließlich regiert doch hier seit kurzem die Bürgerechtspartei FDP mit. Ich zitiere den Kollegen Max tadler, der sich in seiner Rede vom 3. Juni 2005 folgenermaßen zum Informationsfreiheitsgesetz äußerte: Sie gehen einen Schritt in die richtige Richtung. Was Sie machen, ist aber nicht liberal und bürgerfreundlich genug. Wir wollen den Gesetzentwurf nicht ablehnen, weil das Grundanliegen von uns geteilt wird; aber wir können auch nicht zustimmen, weil es wirklich nur eine Minimalregelung ist. Damals wünschte sich der Kollege aus Passau für eine Fraktion „ein großzügigeres und bürgerfreundliheres Gesetz“. Offenbar ist die liberale Großzügigkeit in ayern mittlerweile versiegt. Der vorliegende Gesetzentwurf unterstellt die neue ategorie der Zahlungsinstitute dem Zahlungsdiensteufsichtsgesetz ichen Teil der Zahlungsdiensterichtlinie um. Ziel der ahlungsdiensterichtlinie ist die Schaffung des Einheitlihen Euro-Zahlungsverkehrsraums SEPA (Single Euro ayments Area)





(A) )


(B) )

Martin Gerster (SPD):
Rede ID: ID1619930200
Frank Schäffler (FDP):
Rede ID: ID1619930300

Dieses Projekt ist politisch gewollt und bürdet der Kre-
itwirtschaft enorme Kosten und Umstellungsaufwand
uf. Die öffentliche Hand zeigt sich bisher zögerlich bei



gebene Reden


(A) )



(B) )

der Nutzung der SEPA-Produkte. Die Bundesregierung
hat in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP-
Fraktion ausgeführt, es sei nun im Rahmen eines markt-
getriebenen Prozesses Aufgabe der Kreditwirtschaft, die
Endnutzer von den Vorteilen von SEPA zu überzeugen.
Die öffentliche Verwaltung sei nicht anders als andere
Endnutzer einzustufen. Bezüglich der Nutzung durch die
öffentliche Hand ist jedoch festzuhalten, dass sie mit über
50 Prozent des Zahlungsverkehrs maßgeblich verant-
wortlich für einen Erfolg des Projekts Einheitlicher Euro-
Zahlungsverkehrsraum ist. Sie ist kein gewöhnlicher Nut-
zer, sondern muss bei der Umstellung auf SEPA vorange-
hen. Dann hätten die Banken auch Nutzer, auf die sie
verweisen könnten, wenn sie andere Kunden von den Vor-
teilen von SEPA überzeugen wollen. Dass die Bundes-
regierung es mit SEPA wirklich ernst meint, kann sie nur
zeigen, wenn sie ihre eigene Blockadehaltung überdenkt.

Bei der Schaffung der gesetzlichen Rahmenbedingun-
gen muss das Grundprinzip sein, SEPA möglichst unbü-
rokratisch einzuführen. Der vorliegende Gesetzentwurf
wird diesem Anspruch noch nicht gerecht. Er verursacht
Bürokratiekosten für die Wirtschaft in Höhe von 1,5 Mil-
lionen Euro durch insgesamt 34 neue Informationspflich-
ten. So sollen Nichteinlagenkreditinstitute, die Zahlungs-
dienste erbringen, nun doppelt beaufsichtigt werden.
Ihnen drohen damit doppelte Eigenmittelberechnungen
und doppelte Kosten für die Beaufsichtigung durch die
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht.

Wir müssen im Laufe der Gesetzesberatungen insge-
samt prüfen, wo der Anwendungsbereich des ZAG
konkretisiert werden muss. Darüber hinaus haben die
Sachverständigen bereits auf einige Detailfragen hinge-
wiesen, die noch nicht gelöst sind.


Dr. Axel Troost (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619930400

Bisher gilt in Deutschland und den meisten euro-

päischen Ländern: Der Zahlungsverkehr ist ein Bank-
geschäft. Nun will die Bundesregierung auch Institute
ohne Bankerlaubnis zum Zahlungs- und Kreditgeschäft
zulassen. Kreditkartenunternehmen, Mobilfunkbetreiber
und Einzelhandelsunternehmen sollen in den Zahlungs-
verkehr einsteigen dürfen, ohne mit einer Bank zusam-
menzuarbeiten. Ob Geld überweisen, Kredite vergeben
oder Kreditkarten verkaufen: Alles soll möglich sein ohne
Bankerlaubnis, ohne Bankkonto, ohne Bankaufsicht.

Was heißt das für Verbraucherinnen und Verbraucher?
Um diese Frage zu beantworten, greife ich drei zentrale
Probleme auf: die Kosten, die „Finanzaufsicht light“ und
die Haftung.

Zu den Kosten: Verbraucherschutzorganisationen kri-
tisieren zu Recht die überhöhten Gebühren, die Kredit-
kartenunternehmen von Not leidenden Kundinnen und
Kunden erheben. Statt Armen und Migrantinnen und Mi-
granten ein Bankkonto zu garantieren, will die Bundes-
regierung sie in die Schattenwirtschaft abschieben. In
manchen Stadtvierteln Englands sind bereits 30 Prozent
der Bevölkerung mangels Bankkonto auf überteuerte
Finanzshops angewiesen.

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Zu Protokoll ge
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Geißel der Überschuldung sind dabei Kreditkarten.
0 Prozent der Überschuldung in den USA gehen allein
arauf zurück. Davon unberührt öffnet das vorliegende
esetz Tor und Pforte für Wucherzinsen und Umschul-
ungskarussells in Deutschland und Europa. Einer ver-
ntwortlichen Kreditvergabe spricht die Regierung
ohn, obwohl gerade das eine Lehre aus der Finanzkrise

ein sollte.

Damit bin ich beim Problem der „Finanzaufsicht
ight“. Das Gesetz sieht für Finanzshops deutlich niedri-
ere Standards vor als für zugelassene Banken. Zum Bei-
piel müssen Finanzshops viel geringere Eigenmittel vor-
alten. Und obwohl sie Geldbeträge annehmen, um
berweisungen auszuführen – bei Kreditkarten kann das
ehrere Wochen dauern –, fallen sie nicht einmal in die
inlagensicherung. Zwar dürfen Mobilfunkbetreiber und
inzelhandelsunternehmen nur als Nebentätigkeit Kre-
ite vergeben, doch die Auflage bleibt eine unbestimmte
rauzone. Statt Finanzshops eine Kreditvergabe mit

wölfmonatiger Laufzeit einzuräumen, fordern Verbrau-
herschützer eine Höchstgrenze von vier Monaten. Denn
ur eine wirklich kurze Frist kann den möglichen Einstieg
n die Verschuldungsspirale abwenden. Für Verbrauche-
innen und Verbraucher, die auf Finanzshops angewiesen
ind, bedeutet das Gesetz höhere Kosten und höhere Risi-
en.

Umso frappierender ist – ich komme zur Haftung –,
erbraucherinnen und Verbrauchern die Beweislast auf-
ubürden. Wer seine Karte nicht genutzt oder keinen Auf-
rag gegeben hat, steht bei Instituten ohne Bankerlaubnis
elbst in der Beweispflicht. Festlegen soll das ein weiteres
esetz. Das Stornierungsrecht – bei Banken derzeit bis

echs Wochen nach Buchung garantiert – soll bei den
inanzshops komplett entfallen.

Wohin man auch schaut: Das vorliegende Gesetz dient
icht den Verbraucherinnen und Verbrauchern. Es dient
enen, die ohne Bankerlaubnis auf Kundenfang gehen.

Die Regierung will die Schattenwirtschaft hoffähig
achen – und das auf Kosten der Allgemeinheit. Das
esetz ist rückwärtsgewandt, weil es wider besseres
issen dereguliert statt reguliert. Besonders dreist da-

ei: Die Bundesregierung preist es als modern an. Doch
assen wir uns nicht für dumm verkaufen! Für meine
raktion kann ich in aller Klarheit sagen: Dieses Gesetz

ehnen wir ab. Es gehört auf den Müllhaufen der Ge-
chichte.


Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619930500

Nun haben wir die Richtlinie über Zahlungsdienste im

innenmarkt (Single European Payments Area – SEPA)

ach langem Vorlauf in der parlamentarischen Beratung.
ie soll als Teil der Lissabonstrategie dazu beitragen,
uropa zum dynamischsten Wirtschaftsraum der Welt zu
achen. Die Richtlinie ist auch Teil der Bestrebungen der
U-Kommission – im Auftrag der EU-Mitgliedstaaten –,
en einheitlichen Binnenmarkt im Bereich der Finanz-
ienstleistungen weiter zu vervollständigen. Diesem Ziel
timmen wir grundsätzlich zu, auch wenn wir Ungleich-
ewichte sehen. Diese beziehen sich auf die unterschied-
iche Berücksichtigung der Interessen der Finanzwirt-




Frank Schäffler
gebene Reden






(A) (C)



(B) )


Dr. Gerhard Schick

schaft und der Verbraucherinnen und Verbraucher.
Bezeichnend ist, dass bei der Erstellung des Entwurfs der
Richtlinie Verbraucherschutzverbände nicht involviert
waren. Das zeigt einmal mehr, dass Verbraucherschutz
auf EU-Ebene immer noch nur eine untergeordnete Rolle
spielt.

Der grenzüberschreitende Zahlungsverkehr ist tra-
gende Säule des Binnenmarktes; wichtig ist er auch in der
täglichen Realität vieler Menschen, die grenzüberschrei-
tend reisen oder zeitweise in einem anderen EU-Land le-
ben. Für sie ist beispielsweise die Möglichkeit einer
grenzüberschreitenden Lastschrift ein echter Fortschritt.
Auch deshalb befürworten wir grundsätzlich eine Har-
monisierung im Zahlungsverkehr.

Die Richtlinie wurde auch deshalb in Angriff genom-
men, um schlummernde Effizienzgewinne im Banken-
sektor zu realisieren. Sie werden von der EU-Kommission
auf rund 10 Milliarden Euro geschätzt. Uns ist wichtig,
dass diese Effizienzgewinne auch den Verbraucherinnen
und Verbrauchern zugutekommen. Wir werden im parla-
mentarischen Verfahren besonderen Wert darauf legen,
dass die Bürgerinnen und Bürger einen fairen Anteil an
diesen Gewinnen erhalten.

An einer besonders heiklen Stelle ist erkennbar, dass
die Bundesregierung bei ihrem nun vorliegenden Umset-
zungsvorschlag den Spielraum der Richtlinie nicht zu-

Lage war, die Zahlungskarte sperren zu lassen. Das ist
unter Umständen nur schwer zu leisten, umständlich und
offenbart wenig Zutrauen in die Redlichkeit der Kundin-
nen und Kunden. Wir werden im weiteren parlamentari-
schen Verfahren darauf drängen, diese und andere
Vorschriften zugunsten der Verbraucherinnen und Ver-
braucher zu ändern.

Zu diskutieren wird auch sein, wie die Umstellung auf
SEPA erfolgt. Erfolgt das rein marktgetrieben? Oder
sieht man das als rein politisches Projekt, wo die Politik
die Verantwortung hat, den Systemwechsel durch ihre ei-
genen Möglichkeiten aktiv voranzutreiben? Fest steht je-
denfalls, dass man sich nicht nur mit der Ausgestaltung
des neuen Zustands des Zahlungsverkehrs und der Auf-
sicht beschäftigen kann, sondern in unseren Beratungen
auch die Umstellungsfrage und faktische Hindernisse bei
der Umstellung berücksichtigt werden müssen.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619930600

Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-

wurfs auf den Drucksachen 16/11613 und 16/11640 an
die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge-
schlagen. Gibt es dazu anderweitige Vorschläge? – Das
ist nicht der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlos-
sen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind damit am

gunsten der Verbraucherinnen und Verbraucher genutzt
hat. Es geht um die Haftungsfragen bei EC- oder Kredit-
karten. Bisher war der Selbstbehalt auf 150 Euro unbese-
hen weiterer Umstände beschränkt. Wenn also jemand
nach dem Diebstahl seiner Zahlungskarte nicht in der
Lage war, diese sofort sperren zu lassen, war der Selbst-
behalt auf 150 Euro gedeckelt. Das ist nun aufgehoben.
Der Verbraucher muss nachweisen, dass er nicht in der

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chluss unserer heutigen Tagesordnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
estages auf morgen, Donnerstag, den 22. Januar 2009,
Uhr, ein.

Die Sitzung ist geschlossen.