Protokoll:
16196

insert_drive_file

Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 16

  • date_rangeSitzungsnummer: 196

  • date_rangeDatum: 18. Dezember 2008

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: None Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 20:43 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 16/196 Tagesordnungspunkt 32: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für die Angelegenheiten der Europäi- schen Union zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Diether Dehm, Monika Knoche, Hüseyin- Kenan Aydin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Das Ratifizierungs- verfahren zum Vertrag von Lissabon aus- setzen – Ein Sozialprotokoll vereinbaren (Drucksachen 16/8879, 16/10832) . . . . . . . . . Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Werner Hoyer (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Stübgen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Oskar Lafontaine (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Dr. Angelica Schwall-Düren (SPD) . . . . . . . . Abgeordneten eingebrachten Entwurfs ei- nes … Gesetzes zur Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes (Drucksache 16/11106) . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Christel Humme, Irmingard Schewe-Gerigk, Elke Ferner und weiterer Abgeordneter: Wir- kungsvolle Hilfen in Konfliktsituatio- nen während der Schwangerschaft aus- bauen – Volle Teilhabe für Menschen mit Behinderung sicherstellen (Drucksache 16/11342) . . . . . . . . . . . . . . c) Erste Beratung des von den Abgeordneten Kerstin Griese, Katrin Göring-Eckardt, Andrea Nahles und weiteren Abgeordne- ten eingebrachten Entwurfs eines … Ge- setzes zur Änderung des Gesetzes zur 21128 A 21128 B 21132 B 21133 D 21135 C 21137 D 21151 C 21151 C Deutscher B Stenografisch 196. Sitz Berlin, Donnerstag, den I n h a l Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeord- neten Hans Peter Thul . . . . . . . . . . . . . . . . . Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absetzung der Tagesordnungspunkte 18, 31 und 34 b . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 4: Abgabe einer Regierungserklärung durch den Bundesminister des Auswärtigen: zu den Ergebnissen des Europäischen Rats am 11./12. Dezember 2008 . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit E M U R M M H G T a 21125 A 21125 B 21127 D 21128 A Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21139 B undestag er Bericht ung 18. Dezember 2008 t : duard Lintner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . arkus Löning (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . lrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ainder Steenblock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . arie-Luise Dött (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . ichael Roth (Heringen) (SPD) . . . . . . . . . . ans Peter Thul (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . ert Weisskirchen (Wiesloch) (SPD) . . . . . . agesordnungspunkt 5: ) Erste Beratung des von den Abgeordneten Volker Kauder, Renate Schmidt (Nürn- berg), Johannes Singhammer und weiteren 21141 A 21142 B 21143 B 21144 D 21146 A 21147 D 21149 A 21150 C Vermeidung und Bewältigung von Schwangerschaftskonflikten (Drucksache 16/11347) . . . . . . . . . . . . . . 21151 D II Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 d) Erste Beratung des von den Abgeordneten Ina Lenke, Sibylle Laurischk, Ulrike Flach und weiteren Abgeordneten eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Ände- rung des Schwangerschaftskonfliktge- setzes (Drucksache 16/11330) . . . . . . . . . . . . . . . e) Antrag der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann, Diana Golze, Elke Reinke und weiterer Abgeordneter: Späte Schwan- gerschaftsabbrüche – Selbstbestim- mungsrecht von Frauen stärken (Drucksache 16/11377) . . . . . . . . . . . . . . . Johannes Singhammer (CDU/CSU) . . . . . . . . Christel Humme (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Kerstin Griese (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ina Lenke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . Renate Schmidt (Nürnberg) (SPD) . . . . . . . . . Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sibylle Laurischk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Monika Knoche (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Ilse Falk (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karin Evers-Meyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Marlies Volkmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Ingrid Fischbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Christine Lambrecht (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Maria Eichhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Dr. Carola Reimann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Ulla Schmidt (Aachen) (SPD) . . . . . . . . . . . . Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 33: a) Antrag der Abgeordneten Mechthild Dyckmans, Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Leerlaufen des Vor- rechts der Wohnungseigentümer in der Zwangsversteigerung beenden (Drucksache 16/9453) . . . . . . . . . . . . . . . . b c d Z a b c 21151 D 21152 A 21152 A 21153 B 21154 B 21155 D 21156 C 21157 C 21158 D 21159 C 21160 B 21161 A 21161 D 21163 A 21164 B 21164 D 21165 D 21167 A 21167 D 21168 D 21169 D 21170 D 21171 C ) Antrag der Abgeordneten Bernd Siebert, Ulrich Adam, Ernst-Reinhard Beck (Reut- lingen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abge- ordneten Rainer Arnold, Dr. Hans-Peter Bartels, Petra Heß, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Betreuung bei posttraumatischen Belastungsstörun- gen stärken und weiterentwickeln (Drucksache 16/11410) . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Volker Schneider (Saarbrücken), Dr. Lothar Bisky, Cornelia Hirsch, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion DIE LINKE: Ver- lässliche Bildungsförderung für Er- wachsene noch in dieser Legislatur auf den Weg bringen (Drucksache 16/11374) . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Paul Schäfer (Köln), Monika Knoche, Hüseyin-Kenan Aydin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Internationale Ächtung des Söldnerwesens und Ver- bot der Erbringung militärischer Dienstleistungen durch Privatpersonen und Unternehmen (Drucksache 16/11375) . . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 2: ) Antrag der Abgeordneten Patrick Döring, Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Horst Friedrich (Bayreuth), weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der FDP: Ausnah- meregelung für Fahrerlaubnisse von Angehörigen der Feuerwehren, des Ret- tungsdienstes und des Katastrophen- schutzes schaffen (Drucksache 16/10884) . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Klaus Brähmig, Klaus Riegert, Jürgen Klimke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/ CSU sowie der Abgeordneten Annette Faße, Dr. Reinhold Hemker, Dr. Peter Danckert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Potentiale von Touris- mus und Sport erkennen und fördern (Drucksache 16/11402) . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Klaus Brähmig, Jürgen Klimke, Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abge- ordneten Annette Faße, Dr. Reinhold Hemker, Gregor Amann, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der SPD: Poten- ziale von Migranten für den internatio- nalen Tourismus nutzen (Drucksache 16/11403) . . . . . . . . . . . . . . 21171 C 21171 D 21171 D 21172 A 21172 A 21172 B Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 III Zusatztagesordnungspunkt 3: d) Antrag der Abgeordneten Christian Ahrendt, Dr. Max Stadler, Gisela Piltz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Notfinanzierungsmittel für EXIT-Deutschland zur Verfügung stel- len (Drucksache 16/11378) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 34: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Suchdienstedatenschutzgesetzes (SDDSG) (Drucksachen 16/10813, 16/10998, 16/11253) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Agrarstatistikgesetzes und des Rinderregistrierungsdurchführungsge- setzes (Drucksachen 16/10994, 16/11413) . . . . . d) Beschlussempfehlung und Bericht des In- nenausschusses zu dem Antrag der Abge- ordneten Omid Nouripour, Silke Stokar von Neuforn, Wolfgang Wieland, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Das Schengen Informationssystem im europäischen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts transparent und bürger- rechtsfreundlich gestalten (Drucksachen 16/5966, 16/8164) . . . . . . . e) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirt- schaft und Verbraucherschutz zu der Verordnung der Bundesregierung: Erste Verordnung zur Änderung der Klär- schlamm-Entschädigungsfondsverord- nung (Drucksachen 16/11022, 16/11125 Nr. 2.2, 16/11379) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) – o) Beschlussempfehlungen des Petitionsaus- schusses: Sammelübersichten 496, 497, 498, 499, 500, 501, 502, 503, 504 und 505 zu Petitionen (Drucksachen 16/11280, 16/11281, 16/11282, 16/11283, 16/11284, 16/11285, 16/11286, 16/11287, 16/11288, 16/11289) . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 3: a) Beschlussempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Ver- mittlungsausschuss) zu dem Gesetz zur b c e T a b c d 21172 B 21172 C 21173 A 21173 B 21173 C 21173 D arbeitsmarktadäquaten Steuerung der Zuwanderung Hochqualifizierter und zur Änderung weiterer aufenthalts- rechtlicher Regelungen (Arbeitsmigra- tionssteuerungsgesetz) (Drucksachen 16/10288, 16/10722, 16/10914, 16/11166, 16/11390) . . . . . . . . ) Beschlussempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Ver- mittlungsausschuss) zu dem Gesetz zur Abwehr von Gefahren des internationa- len Terrorismus durch das Bundeskri- minalamt (Drucksachen 16/9588, 16/10121, 16/10822, 16/11167, 16/11227, 16/11391) . . . . . . . . ) Beschlussempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Ver- mittlungsausschuss) zu dem Gesetz zur Förderung von Familien und haushalts- nahen Dienstleistungen (Familienleis- tungsgesetz – FamLeistG) (Drucksachen 16/10809, 16/11001, 16/11172, 16/11191, 16/11329, 16/11392) . . . . . . . . ) – m) Beschlussempfehlungen des Petitionsaus- schusses: Sammelübersichten 506, 507, 508, 509, 510, 511, 512, 513 und 514 zu Petitionen (Drucksachen 16/11393, 16/11394, 16/11395, 16/11396, 16/11397, 16/11398, 16/11399, 16/11400, 16/11401) . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 6: ) Antrag der Abgeordneten Bärbel Höhn, Hans-Josef Fell, Sylvia Kotting-Uhl, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Klima- und umweltschädliche Subventionen abbauen (Drucksache 16/11206) . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Bärbel Höhn, Hans-Josef Fell, Renate Künast, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Neue Kohle- kraftwerke verhindern – Genehmi- gungsrecht verschärfen (Drucksache 16/10617) . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Bärbel Höhn, Hans-Josef Fell, Cornelia Behm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Internationalen Klimaschutz stärken – Missbrauch von CDM-Projekten verhindern (Drucksache 16/10820) . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Eva Bulling- Schröter, Dr. Gesine Lötzsch, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der 21174 C 21174 C 21174 D 21175 A 21176 A 21176 A 21176 B IV Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 Fraktion DIE LINKE: Bei Klimaver- handlung in Poznan den Weg für Kyoto II frei machen (Drucksache 16/11246) . . . . . . . . . . . . . . . e) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Ab- geordneten Bärbel Höhn, Hans-Josef Fell, Sylvia Kotting-Uhl, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Neuer Schwung für die Kli- maverhandlungen – Poznan zum Erfolg machen (Drucksachen 16/11024, 16/11415) . . . . . f) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit – zu dem Antrag der Abgeordneten Horst Meierhofer, Michael Kauch, Angelika Brunkhorst, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der FDP: Barrieren für die Einführung der CCS-Technologie überwinden – Vo- raussetzungen für einen praktika- blen und zukunftsweisenden Rechts- rahmen schaffen – zu dem Antrag der Abgeordneten Michael Kauch, Horst Meierhofer, Gudrun Kopp, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Potenziale der Abtrennung und Ablagerung von CO2 für den Klimaschutz nut- zen (Drucksachen 16/9454, 16/5131, 16/10394) g) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirt- schaft und Verbraucherschutz zu dem An- trag der Abgeordneten Renate Künast, Bärbel Höhn, Cornelia Behm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Den Klimawan- del wirksam durch Urwaldschutz be- kämpfen – Agrarüberschüsse in den Er- halt der Urwälder investieren (Drucksachen 16/7710, 16/8877) . . . . . . . h) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für wirtschaftliche Zusam- menarbeit und Entwicklung zu dem An- trag der Abgeordneten Thilo Hoppe, Bärbel Höhn, Undine Kurth (Quedlin- burg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Tropenwaldschutz braucht solide Finanzierung – Entwaldung vermeiden, Klima- und Biodiversität schützen (Drucksachen 16/9065, 16/11346) . . . . . . in Verbindung mit Z A B o G b e ( B A B M F E J H M N S G T U I l ( i Z A F w C W A i b ( i 21176 B 21176 B 21176 C 21176 D 21176 D usatztagesordnungspunkt 4: ntrag der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, ärbel Höhn, Hans-Josef Fell, weiterer Abge- rdneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN: Rücknahmesystem für ge- rauchte Energiesparlampen im Handel inrichten Drucksache 16/11387) . . . . . . . . . . . . . . . . . ärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ndreas Jung (Konstanz) (CDU/CSU) . . . . . Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ichael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . rank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . va Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . osef Göppel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . orst Meierhofer (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . artin Gerster (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . orbert Geis (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . igmar Gabriel, Bundesminister BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . abriele Groneberg (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 7: nterrichtung durch die Bundesregierung: nitiative zur Nationalen Stadtentwick- ungspolitik Drucksache 16/9234) . . . . . . . . . . . . . . . . . . n Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 5: ntrag der Abgeordneten Peter Götz, Dirk ischer (Hamburg), Dr. Klaus W. Lippold, eiterer Abgeordneter und der Fraktion der DU/CSU sowie der Abgeordneten Petra eis, Klaas Hübner, Sören Bartol, weiterer bgeordneter und der Fraktion der SPD: Die ntegrierte Stadtentwicklung weiter aus- auen Drucksache 16/11414) . . . . . . . . . . . . . . . . . n Verbindung mit 21177 A 21177 B 21178 D 21179 C 21180 C 21180 D 21181 B 21182 B 21183 C 21184 D 21185 D 21186 D 21187 C 21188 C 21190 A 21191 D 21191 D Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 V Zusatztagesordnungspunkt 6: Antrag der Abgeordneten Patrick Döring, Gisela Piltz, Horst Friedrich (Bayreuth), wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Innenstädte stärken – Kooperationen för- dern – Städtebauförderung weiter entwi- ckeln (Drucksache 16/8076) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Achim Großmann, Parl. Staatssekretär BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Patrick Döring (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Götz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Heidrun Bluhm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Peter Hettlich (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Petra Weis (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Renate Blank (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 8: Große Anfrage der Abgeordneten Laurenz Meyer (Hamm), Dr. Heinz Riesenhuber, Veronika Bellmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Rainer Wend, Ute Berg, Reinhard Schultz (Everswinkel), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Effi- zienz der Fördermaßnahmen und Quer- schnittsaktivitäten für den innovativen Mittelstand (Drucksachen 16/8950, 16/10209) . . . . . . . . . Dr. Heinz Riesenhuber (CDU/CSU) . . . . . . . Ulrike Flach (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Heinz Riesenhuber (CDU/CSU) . . . . . Ute Berg (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulla Lötzer (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . Alexander Dobrindt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Reinhard Schultz (Everswinkel) (SPD) . . . . . Tagesordnungspunkt 9: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit – zu dem Antrag der Abgeordneten Daniel Bahr (Münster), Heinz Lanfermann, Dr. Konrad Schily, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Gesundheitsfonds stoppen – Beitragsautonomie der Krankenkas- sen bewahren b c M H W F B P D P M F M T a 21192 A 21192 B 21194 A 21195 C 21197 C 21198 D 21200 C 21202 C 21204 A 21204 B 21206 A 21206 D 21207 D 21209 B 21210 A 21211 B 21212 C – zu dem Antrag der Abgeordneten Daniel Bahr (Münster), Heinz Lanfermann, Dr. Konrad Schily, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Gesundheitsfonds und staatli- che Beitragssatzfestsetzung in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht einführen (Drucksachen 16/7737, 16/9805, 16/11089) ) Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Gesundheit zu dem Antrag der Abgeordneten Birgitt Bender, Elisabeth Scharfenberg, Dr. Harald Terpe, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Gesundheitsfonds stoppen – Morbiditätsorientierten Risi- kostrukturausgleich einführen (Drucksachen 16/8882, 16/11090) . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem An- trag der Abgeordneten Frank Spieth, Dr. Martina Bunge, Dr. Ilja Seifert, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Das Gesundheitssystem nach- haltig und paritätisch finanzieren – Ge- sundheitsfonds, Zusatzbeiträge und Teilkaskotarife stoppen (Drucksachen 16/10318, 16/11091) . . . . . arion Caspers-Merk, Parl. Staatssekretärin BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . einz Lanfermann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . illi Zylajew (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . rank Spieth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . irgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . eter Friedrich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aniel Bahr (Münster) (FDP) . . . . . . . . . . . . eter Friedrich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ax Straubinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frank Spieth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . rank Spieth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . ax Straubinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 19: ) Große Anfrage der Abgeordneten Alexander Bonde, Winfried Nachtwei, Marieluise Beck (Bremen), weiterer Ab- geordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Rüstungsexporte an Pakistan (Drucksachen 16/6004, 16/7969) . . . . . . . 21214 B 21214 C 21214 C 21214 D 21216 A 21217 B 21218 D 21220 A 21221 C 21223 A 21223 C 21223 D 21224 B 21224 D 21226 A 21226 B 21226 D VI Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung über ihre Ex- portpolitik für konventionelle Rüstungs- güter im Jahre 2004 (Rüstungsexport- bericht 2004) (Drucksache 16/507) . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung über ihre Ex- portpolitik für konventionelle Rüstungs- güter im Jahre 2005 (Rüstungsexport- bericht 2005) (Drucksache 16/3730) . . . . . . . . . . . . . . . . d) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung über ihre Ex- portpolitik für konventionelle Rüstungs- güter im Jahre 2006 (Rüstungsexport- bericht 2006) (Drucksache 16/8855) . . . . . . . . . . . . . . . . e) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technolo- gie zu dem Antrag der Abgeordneten Alexander Bonde, Winfried Nachtwei, Jürgen Trittin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Keine U-Bootlieferung an Pakis- tan (Drucksachen 16/5594, 16/11420) . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 7: Antrag der Abgeordneten Winfried Nachtwei, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Kerstin Müller (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Für eine restriktive Rüstungsexportpolitik – Parlamentarische Kontrollmöglichkeiten verbessern (Drucksache 16/11388) . . . . . . . . . . . . . . . . . Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erich G. Fritz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elke Hoff (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rolf Hempelmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE) . . . . . . . . . Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . T A Z w L K 3 g k ( S A E R K T a b c d 21226 D 21227 A 21227 A 21227 B 21227 B 21227 C 21229 A 21229 D 21231 A 21232 B 21233 C 21234 C 21236 C agesordnungspunkt 11: ntrag der Abgeordneten Sabine immermann, Dr. Barbara Höll, Ulla Lötzer, eiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE INKE: Befreiung von IHK-Beiträgen für leinst- und Kleinbetriebe bis zu 0 000 Euro Gewerbeertrag und grundle- ende Reform der Industrie- und Handels- ammern Drucksache 16/6357) . . . . . . . . . . . . . . . . . . abine Zimmermann (DIE LINKE) . . . . . . . . ndreas G. Lämmel (CDU/CSU) . . . . . . . . . Sabine Zimmermann (DIE LINKE) . . . . . rnst Burgbacher (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . einhard Schultz (Everswinkel) (SPD) . . . . . erstin Andreae (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 10: ) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zum ordnungs- politischen Rahmen der Kranken- hausfinanzierung ab dem Jahr 2009 (Krankenhausfinanzierungsreform- gesetz – KHRG) (Drucksachen 16/10807, 16/10868, 16/11429) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Bericht des Haushaltsausschusses ge- mäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 16/11433) . . . . . . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem An- trag der Abgeordneten Daniel Bahr (Münster), Heinz Lanfermann, Dr. Konrad Schily, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Verbesserung der Finanzsituation der Krankenhäuser (Drucksachen 16/9057, 16/11430) . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem An- trag der Abgeordneten Frank Spieth, Dr. Martina Bunge, Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Aktuelle Finanznot der Kran- kenhäuser beenden (Drucksachen 16/8375, 16/11432) . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem An- trag der Abgeordneten Dr. Harald Terpe, Birgitt Bender, Elisabeth Scharfenberg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion 21235 A 21235 A 21238 B 21239 C 21240 C 21241 C 21242 D 21243 D 21243 D 21243 D 21244 A Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 VII BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Kranken- häuser zukunftsfähig machen (Drucksachen 16/9008, 16/11431) . . . . . . Ulla Schmidt, Bundesministerin BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . Frank Spieth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Ulla Schmidt, Bundesministerin BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Daniel Bahr (Münster) (FDP) . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Zöller (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Frank Spieth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eike Hovermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Hans Georg Faust (CDU/CSU) . . . . . . . . Dr. Martina Bunge (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Eike Hovermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 12: a) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes über Personal- ausweise und den elektronischen Identitätsnachweis sowie zur Ände- rung weiterer Vorschriften (Drucksachen 16/10489, 16/11419) . . – Bericht des Haushaltsausschusses ge- mäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 16/11426) . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des In- nenausschusses zu dem Antrag der Abge- ordneten Wolfgang Wieland, Silke Stokar von Neuforn, Volker Beck (Köln), weite- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Keine Einführung biometrischer Merkmale im Personalausweis (Drucksachen 16/7749, 16/11419) . . . . . . Tagesordnungspunkt 14: – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung der Entschädigung von Te- lekommunikationsunternehmen für die Heranziehung im Rahmen der Strafver- – T A G A t k ( T A S ( T B d o M d B g ( T Z d G r ( L R F D D 21244 A 21244 B 21245 D 21247 A 21247 B 21247 C 21249 B 21250 B 21251 C 21252 D 21253 D 21255 C 21255 D 21256 D 21257 A 21257 A folgung (TK-Entschädigungs-Neuord- nungsgesetz – TKEntschNeuOG) (Drucksachen 16/7103, 16/11348) . . . . . . Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Hans-Joachim Otto (Frank- furt), Jörg van Essen, Gudrun Kopp, wei- teren Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Wahrung der Rechtssicherheit bei der Telekommunikationsüberwa- chung und anderen verdeckten Ermitt- lungsmaßnahmen (Drucksachen 16/10838, 16/11348) . . . . . agesordnungspunkt 15: ntrag der Abgeordneten Hans-Michael oldmann, Mechthild Dyckmans, Dr. Karl ddicks, weiterer Abgeordneter und der Frak- ion der FDP: Rechte von Bahnkunden stär- en Drucksache 16/9804) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 16: ntrag der Fraktionen der CDU/CSU und der PD: Steuerhinterziehung bekämpfen Drucksache 16/11389) . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 17: eschlussempfehlung und Bericht des Vertei- igungsausschusses zu dem Antrag der Abge- rdneten Paul Schäfer (Köln), Inge Höger, onika Knoche, weiterer Abgeordneter und er Fraktion DIE LINKE: Keine deutsche eteiligung an der Europäischen Verteidi- ungsagentur Drucksachen 16/4489, 16/7904) . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 20: weite und dritte Beratung des von der Bun- esregierung eingebrachten Entwurfs eines esetzes zur Umsetzung der Beteiligungs- ichtlinie Drucksachen 16/10536, 16/11412, 16/11448) eo Dautzenberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . einhard Schultz (Everswinkel) (SPD) . . . . . rank Schäffler (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Axel Troost (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . r. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21257 C 21257 D 21258 B 21258 C 21258 C 21258 D 21259 A 21260 A 21260 C 21261 A 21261 D VIII Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 Tagesordnungspunkt 13: a) Antrag der Abgeordneten Markus Kurth, Kerstin Andreae, Birgitt Bender, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Gesamtkonzept zur beruflichen Teilhabe behinderter Menschen (Drucksache 16/11207) . . . . . . . . . . . . . . . b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung über die Ausführung der Leistungen des Persön- lichen Budgets nach § 17 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (Drucksache 16/3983) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der Abgeordneten Markus Kurth, Brigitte Pothmer, Irmingard Schewe-Gerigk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Persönliche Budgets für be- rufliche Teilhabe jetzt ermöglichen (Drucksachen 16/9753, 16/11299) . . . . . . Tagesordnungspunkt 22: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Zivilschutzgesetzes (Zivil- schutzgesetzänderungsgesetz – ZSGÄndG) (Drucksache 16/11338) . . . . . . . . . . . . . . . . . Gerold Reichenbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . . . Petra Pau (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christoph Bergner, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 21: Antrag der Abgeordneten Hellmut Königshaus, Dr. Karl Addicks, Jens Ackermann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Ein Konzept für die Budgethilfepraxis vorlegen und die Gewährung von Budgethilfe an strenge Kriterien knüpfen (Drucksache 16/5604) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christian Ruck (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Dr. Bärbel Kofler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Hellmut Königshaus (FDP) . . . . . . . . . . . . . . H T T B s – – ( M D D M D T A H A N F k u ( S C D H U T A D A G 21262 D 21263 A 21263 A 21263 B 21263 C 21266 A 21267 A 21267 B 21268 B 21269 A 21269 B 21270 D 21272 D üseyin-Kenan Aydin (DIE LINKE) . . . . . . . hilo Hoppe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 23: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- chusses für Gesundheit zu dem Antrag der Abgeordneten Monika Knoche, Dr. Martina Bunge, Dr. Ilja Seifert, Frank Spieth und der Fraktion DIE LINKE: Cannabis zur medizinischen Behandlung freigeben zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Harald Terpe, Birgitt Bender, Elisabeth Scharfenberg, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Medizinische Verwen- dung von Cannabis erleichtern Drucksachen 16/9749, 16/7285, 16/11305) aria Eichhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . r. Marlies Volkmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . etlef Parr (FDP). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . onika Knoche (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . r. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 24: ntrag der Abgeordneten Ute Koczy, Thilo oppe, Irmingard Schewe-Gerigk, weiterer bgeordneter und der Fraktion BÜND- IS 90/DIE GRÜNEN: Frauen stärken – rieden sichern – Geschlechtergerechtig- eit in der Entwicklungszusammenarbeit nd der Konfliktbearbeitung vorantreiben Drucksache 16/10340) . . . . . . . . . . . . . . . . . ibylle Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . hristel Riemann-Hanewinckel (SPD) . . . . . r. Karl Addicks (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . üseyin-Kenan Aydin (DIE LINKE) . . . . . . . te Koczy (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 25: ntrag der Abgeordneten Katrin Kunert, r. Axel Troost, Dr. Gesine Lötzsch, weiterer bgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: ewerbesteuerumlage – An den Bund ab- 21274 C 21275 B 21276 B 21276 C 21277 B 21278 A 21279 A 21279 D 21280 C 21280 C 21282 B 21283 A 21283 B 21284 B Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 IX schaffen, an die Länder schrittweise auf null absenken (Drucksache 16/11373) . . . . . . . . . . . . . . . . . Antje Tillmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Bernd Scheelen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Hermann Otto Solms (FDP) . . . . . . . . . . . Katrin Kunert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 26: a) Erste Beratung des von den Abgeordneten Birgitt Bender, Dr. Harald Terpe, Ulrike Höfken, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verankerung eines umfassenden Schutzes vor Passivrauchen im Arbeits- schutzgesetz (Drucksache 16/10337) . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Birgitt Bender, Dr. Harald Terpe, Ulrike Höfken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Bundesweit ein- heitlichen Schutz vor Passivrauchen in Gaststätten verankern (Drucksache 16/10338) . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Ulrike Höfken, Birgitt Bender, Volker Beck (Köln), weite- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wirksa- men Schutz vor Passivrauchen im öf- fentlichen Raum umsetzen (Drucksache 16/2805) . . . . . . . . . . . . . . . . d) Antrag der Abgeordneten Dr. Carola Reimann, Lothar Binding (Heidelberg), Dr. Margrit Spielmann und weiterer Abge- ordneter: Effektiven Schutz vor Passiv- rauchen zügig gesetzlich verankern (Drucksache 16/2730) . . . . . . . . . . . . . . . . Maria Eichhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Gitta Connemann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Dr. Margrit Spielmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . Detlef Parr (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Martina Bunge (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A L A M D V d M A F ( A E J z l d d A E F B a A E D d ti a r p A E J E w w t A E J E E t 21285 B 21285 B 21286 C 21286 D 21287 C 21288 A 21288 D 21289 A 21289 A 21289 B 21289 B 21290 B 21291 D 21292 B 21293 B 21294 C 21295 C nlage 1 iste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . nlage 2 ündliche Frage 6 r. Ilja Seifert (DIE LINKE) orlage des Aktionsplans zur Umsetzung er UN-Konvention über die Rechte von enschen mit Behinderungen ntwort ranz Thönnes, Parl. Staatssekretär BMAS 195. Sitzung, Tagesordnungspunkt 3) . . . . . nlage 3 rklärung nach § 31 GO der Abgeordneten örg Tauss und Monika Griefahn (beide SPD) ur Abstimmung über die Beschlussempfeh- ung zu dem Gesetz zur Abwehr von Gefahren es internationalen Terrorismus durch das Bun- eskriminalamt (Tagesordnungspunkt 3 b) . . . nlage 4 rklärung nach § 31 GO des Abgeordneten lorian Toncar (FDP) zur Abstimmung über die eschlussempfehlung: Keine U-Bootlieferung n Pakistan (Tagesordnungspunkt 19 e) . . . . . . nlage 5 rklärung nach § 31 GO der Abgeordneten r. Lale Akgün (SPD) zur Abstimmung über en Entwurf eines Gesetzes zum ordnungspoli- schen Rahmen der Krankenhausfinanzierung b dem Jahr 2009 (Krankenhausfinanzie- ungsreformgesetz – KHRG) (Tagesordnungs- unkt 10 a) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 6 rklärung nach § 31 GO des Abgeordneten örg Tauss (SPD) zur Abstimmung über den ntwurf eines Gesetzes über Personalaus- eise und den elektronischen Identitätsnach- eis sowie zur Änderung weiterer Vorschrif- en (Tagesordnungspunkt 12 a) . . . . . . . . . . . nlage 7 rklärung nach § 31 GO des Abgeordneten örg Tauss (SPD) zur Abstimmung über den ntwurf eines Gesetzes zur Neuordnung der ntschädigung von Telekommunikationsun- ernehmen für die Heranziehung im Rahmen 21297 A 21297 C 21297 D 21299 B 21299 C 21300 A X Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 der Strafverfolgung (TK-Entschädigungs- Neuordnungsgesetz – TKEntschNeuOG) (Ta- gesordnungspunkt 14) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Entwurf eines Gesetzes über Personalaus- weise und den elektronischen Identitäts- nachweis sowie zur Änderung weiterer Vorschriften – Beschlussempfehlung und Bericht: Keine Einführung biometrischer Merkmale im Personalausweis (Tagesordnungspunkt 12 a und b ) Clemens Binninger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Frank Hofmann (Volkach) (SPD) . . . . . . . . . . Gisela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jan Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gert Winkelmeier (fraktionslos) . . . . . . . . . . . Peter Altmaier, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung der Entschädigung von Telekommunikationsun- ternehmen für die Heranziehung im Rahmen der Strafverfolgung (TK-Entschädigungs- Neuordnungsgesetz – TKEntschNeuOG) – Entwurf eines Gesetzes zur Wahrung der Rechtssicherheit bei der Telekommunika- tionsüberwachung und anderen verdeck- ten Ermittlungsmaßnahmen (Tagesordnungspunkt 14 ) Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Martina Krogmann (CDU/CSU) . . . . . . . Martin Dörmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Joachim Otto (Frankfurt) (FDP) . . . . . Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A Z d ( J D M V M H K N A Z d ( M L D D C A Z d K s p H A D I A A Z – 21300 D 21301 C 21302 B 21303 C 21304 D 21305 B 21306 B 21306 D 21307 D 21309 A 21310 B 21311 A 21312 B 21312 D 21313 D nlage 10 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Antrags: Rechte von Bahnkunden stärken Tagesordnungspunkt 15 ) ulia Klöckner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . r. Günter Krings (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . arianne Schieder (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . olker Blumentritt (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . echthild Dyckmans (FDP) . . . . . . . . . . . . . ans-Michael Goldmann (FDP) . . . . . . . . . . arin Binder (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . icole Maisch (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 11 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Antrags: Steuerhinterziehung bekämpfen Tagesordnungspunkt 16) anfred Kolbe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . othar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . r. Volker Wissing (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . r. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . hristine Scheel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 12 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung er Beschlussempfehlung und des Berichts: eine deutsche Beteiligung an der Europäi- chen Verteidigungsagentur (Tagesordnungs- unkt 17) enning Otte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . ndreas Weigel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Rainer Stinner (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . nge Höger (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . lexander Bonde (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 13 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung: Antrag: Gesamtkonzept zur beruflichen Teilhabe behinderter Menschen 21314 C 21315 D 21317 B 21318 A 21318 D 21319 B 21319 D 21320 C 21321 B 21322 D 21325 A 21325 D 21326 D 21327 C 21328 D 21329 D 21330 B 21331 A Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 XI – Unterrichtung: Bericht der Bundesregie- rung über die Ausführung der Leistungen des Persönlichen Budgets nach § 17 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch – Beschlussempfehlung und Bericht: Per- sönliche Budgets für berufliche Teilhabe jetzt ermöglichen (Tagesordnungspunkt 13 a bis c) Hubert Hüppe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Silvia Schmidt (Eisleben) (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Erwin Lotter (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .21331 D 21333 B 21335 A 21336 B 21337 B 21339 D Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21125 (A) ) (B) ) 196. Sitz Berlin, Donnerstag, den Beginn: 9.0
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21297 (A) ) (B) ) für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung der NATO Gesetzes ein umfassendes Spektrum geheimer Ermitt- Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versamm- lung des Europarates ** A d d ( v s d G d n b M O a h t t A w d a Z h t T l d k Ü s p Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Aigner, Ilse CDU/CSU 18.12.2008 Andres, Gerd SPD 18.12.2008 Bahr (Neuruppin), Ernst SPD 18.12.2008 Bareiß, Thomas CDU/CSU 18.12.2008 Brüning, Monika CDU/CSU 18.12.2008 Bülow, Marco SPD 18.12.2008 Deittert, Hubert CDU/CSU 18.12.2008* Dr. Enkelmann, Dagmar DIE LINKE 18.12.2008 Dr. Krüger, Hans-Ulrich SPD 18.12.2008 Dr. Lamers (Heidelberg), Karl A. CDU/CSU 18.12.2008** Leutert, Michael DIE LINKE 18.12.2008 Lührmann, Anna BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 18.12.2008 Maisch, Nicole BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 18.12.2008 Meckel, Markus SPD 18.12.2008 Müller (Chemnitz), Detlef SPD 18.12.2008 Nouripour, Omid BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 18.12.2008 Pronold, Florian SPD 18.12.2008 Reichel, Maik SPD 18.12.2008 Dr. Scheer, Hermann SPD 18.12.2008 Dr. Schmidt, Frank SPD 18.12.2008 Seib, Marion CDU/CSU 18.12.2008 (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht nlage 2 Antwort es Parl. Staatssekretärs Franz Thönnes auf die Frage es Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) 195. Sitzung, Drucksache 16/11350, Frage 6): Wann wird die Bundesregierung ihren Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Men- schen mit Behinderungen dem Bundestag zur Entscheidung vorlegen, und wie wird bei der Erarbeitung des Aktionsplanes die Einbeziehung der Menschen mit Behinderungen und die sie vertretenden Organisationen entsprechend Art. 4 Abs. 3 der Konvention gewährleistet? Die Bundesregierung wird die Impulse nutzen, die on dem VN-Übereinkommen über die Rechte der Men- chen mit Behinderungen ausgehen. Die Verbesserung er Teilhabe behinderter Menschen am Leben in unserer esellschaft wird weiterhin ein Schwerpunkt der Arbeit er Bundesregierung sein. Die Überlegungen der Bundesregierung über geeig- ete Instrumente der Umsetzung der Konvention haben egonnen. Ein nationaler Aktionsplan für behinderte enschen ist in diesem Zusammenhang eine mögliche ption. Der Diskussionsprozess ist jedoch noch nicht bgeschlossen. Die Bundesregierung wird in guter Tradition die be- inderten Menschen und die sie vertretenden Organisa- ionen eng in die Planungen zur Umsetzung der Konven- ion einbeziehen. nlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Jörg Tauss und Monika Griefahn (beide SPD) zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung zu dem Gesetz zur Ab- wehr von Gefahren des internationalen Terro- rismus durch das Bundeskriminalamt (Tages- ordnungspunkt 3 b) Ich verweigere dem Entwurf eines Gesetzes zur Ab- ehr von Gefahren des internationalen Terrorismus urch das Bundeskriminalamt (Drucksache 16/10121) uch in der Fassung des Vermittlungsausschusses meine ustimmung. Nach Art. 73 Abs. 1 Nr. 9 a des Grundgesetzes, GG, at der Bund die ausschließliche Gesetzgebungskompe- enz für die Abwehr von Gefahren des internationalen errorismus durch das Bundeskriminalpolizeiamt in Fäl- en, in denen eine länderübergreifende Gefahr vorliegt, ie Zuständigkeit einer Landespolizeibehörde nicht er- ennbar ist oder die oberste Landesbehörde um eine bernahme ersucht. Der Entwurf dient der einfachge- etzlichen Umsetzung dieser neuen Gesetzgebungskom- etenz des Bundes. Das BKA soll im Zuge der Novellierung des BKA- 21298 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 (A) ) (B) ) lungsinstrumentarien erhalten. Viele Kritiker – und auch Sachverständige bei der öffentlichen Anhörung BKA- Gesetzentwurf im Innenausschuss – monierten daher zu Recht, dass mit dem vorliegenden Gesetzentwurf dem grundsätzlichen Trennungsgebot zwischen Polizei und Geheimdienst nicht hinreichend Rechnung getragen wird bzw. dass dieses Trennungsgebot quasi aufgehoben wird. Diese geheimen Ermittlungsinstrumentarien sollen auch explizit nicht Beteiligte betreffen, die der Gesetzes- entwurf vage „Kontaktpersonen“ nennt. Als Kontaktper- son kann den Buchstaben des Gesetzes folgend jeder Mensch gelten, der auch nur entfernt mit einem Verdäch- tigen in Kontakt steht. Als eine neue Befugnis soll das BKA dabei auch ver- deckt auf informationstechnische Systeme zugreifen dürfen, womit die sogenannte Onlinedurchsuchungen gemeint sind. Das Bundesverfassungsgericht hat mit sei- ner Entscheidung zum nordrhein-westfälischen Verfas- sungsschutzgesetz dieser Ausforschung der digitalen Privatsphäre allerdings enge Grenzen gesetzt, die der Gesetzentwurf – auch nach der Einigung im Vermitt- lungsausschuss – nicht hinreichend berücksichtigt. Der Einsatz verdeckter Ermittlungsmaßnahmen, die so weitgehend in die Grundrechte der Betroffenen eingrei- fen, bedarf grundsätzlich einer vorherigen richterlichen Prüfung und einer richterlichen Kontrolle bei der Durch- führung. Der Richtervorbehalt soll eine vorbeugende Kontrolle der geplanten Überwachungsmaßnahmen durch eine neutrale Stelle gewährleisten. Die richterliche Kon- trolle darf nur in begrenzten Ausnahmefällen, etwa bei Gefahr im Verzuge, etwa während der Nachtzeiten, aus- gesetzt werden und ist dann unverzüglich nachzuholen. Der Gesetzentwurf sieht jedoch Ausnahmeregelungen für besondere Eilfälle bei Maßnahmen wie der Quellentele- kommunikationsüberwachung oder dem Einsatz ver- deckter Ermittler vor, die sich aber durch erhebliche Vor- bereitungszeiten auszeichnen. Im Vermittlungsverfahren wurde lediglich die Möglichkeit der Eilanordnung durch den Präsidenten des BKA für die Onlinedurchsuchung gestrichen. Für die Onlinedurchsuchung wie für die ande- ren genannten Methoden sind kaum Eilfälle denkbar, in denen eine vorherige richterliche Entscheidung nicht ein- zuholen wäre; der Gesetzentwurf verletzt insofern den Anspruch auf einen effektiven prozessualen Grundrechts- schutz. Auch müsste die richterliche Kontrolle bei der Durchführung dieser geheimen Ermittlungsmaßnahmen deutlich verbessert werden, um den prozessualen Grund- rechtsschutz sicherzustellen. Die Ergebnisse des Vermitt- lungsausschusses bei der Onlineuntersuchung weisen in die richtige Richtung, gehen aber bei weitem nicht weit genug. Durch den heimlichen Zugriff auf Computer und an- dere informationstechnische Systeme werden zudem re- gelmäßig nicht nur gefahrenbezogene Erkenntnisse, son- dern auch tiefe Einblicke in die „digitale Privat- und Intimsphäre“ der durchsuchten Personen und ihr Kom- munikationsverhalten gewonnen. Hierbei lässt es sich in vielen Fällen nicht vermeiden, dass die Ermittlungen auch den Kernbereich privater Lebensgestaltung verlet- zen. Darüber hinaus wird eine heimliche Ausforschung regelmäßig auch andere Personen – als die Zielperson – b m d O A d B t S L k „ c a O s h h w e c w d d N s k D t d s a L G „ m n T h k R d l v T t R a Z r b N e w 2 a (C (D etreffen, deren Daten, aus welchen Gründen auch im- er, auf dem „Zielcomputer“ gespeichert sind. Schon iese „Streubreite“ der Maßnahme sollte Anlass sein, nlinedurchsuchungen grundsätzlich infrage zu stellen. us diesen Gründen ist es auch absolut unzureichend, ass der behördeninterne Datenschutzbeauftragte des KA und nicht etwa der unabhängige Bundesbeauf- ragte für den Datenschutz dafür Sorge tragen soll, den chutz des absolut geschützten Kernbereichs privater ebensführung sicherzustellen. Darüber hinaus trifft der vorliegende Gesetzentwurf einerlei Vorkehrungen dafür, die Durchsuchung des richtigen“ Computers zu garantieren. Onlinedurchsu- hungen unterscheiden sich von Lauschangriffen oder uch Telekommunikationsüberwachungen, bei denen die rte bzw. die Gelegenheiten der Überwachung – von tat- ächlichen Irrtümern abgesehen – mit Gewissheit festste- en. Bei Onlinedurchsuchungen hingegen besteht ein er- ebliches Risiko, dass Unverdächtige betroffen werden, enn die Infiltration des Zielsystems „von außen“ – über ine Internetverbindung – bewirkt wird. In der mündli- hen Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht urde das nicht unerhebliche Risiko einer Ausforschung es falschen Rechners – unfreiwillig – durch den Präsi- enten des BKA bestätigt. Ohnehin hat die Bundesregierung bisher keinen achweis dafür erbracht, dass präventive Onlinedurch- uchungen unverzichtbar seien. Vergleichbare Zweifel sind bezüglich der Notwenig- eit und Effektivität von Rasterfahndungen angebracht. er bloße Hinweis auf – nicht zu bestreitende – terroris- ische Bedrohungen reicht hierfür allein nicht aus. Es be- ürfte vielmehr des Nachweises, dass das bisherige In- trumentarium heimlicher Überwachungsmethoden nicht usreicht und mithin nur Onlinedurchsuchungen in der age sind, zukünftige Gefahren zu bewältigen. Darüber hinaus ist mir eine Zustimmung zu diesem esetzentwurf aufgrund der erneut vorgenommenen Relativierung der Zeugnisverweigerungsrechte“ un- öglich, insbesondere mit Blick auf die Arbeit der Jour- alistinnen und Journalisten, aber auch mit Blick auf die ätigkeit von Rechtsanwälten und Ärzten. Leider gab es ier – trotz anderer Forderungen seitens der Länder – einerlei Bewegung im Vermittlungsverfahren. Diese elativierung der Zeugnisverweigerungsrechte ist aller- ings nicht nur ein Problem des BKA-Gesetzes, sondern etztlich ein Folgeproblem der Änderung der StPO im ergangenen Jahr. Mit dem Gesetz zur Neuregelung der elekommunikationsüberwachung und anderer verdeck- er Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der ichtlinie zur Vorratsdatenspeicherung, verabschiedet m 9. November 2007, wurden auch die Vorgaben der eugnisverweigerungsrechte geändert. Ziel dieser Ände- ung war es, „ein harmonisches Konzept für den Schutz ei Berufsgeheimnisträgern“ zu schaffen. Mit der eufassung des § 53 b (alt) bzw. 160 a (neu) des Gesetz- ntwurfes wurde eine Differenzierung der Zeugnisver- eigerungsberechtigten nach § 53 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1, und 4 – Geistliche, Strafverteidiger und Abgeordnete – uf der einen Seite und den nach § 53 zur Verweigerung Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21299 (A) ) (B) ) des Zeugnisses Berechtigten – Anwälte, Notare, Ärzte, Therapeuten, Journalisten – andererseits vorgenommen. Für den zuerst genannten Personenkreis ist ein uneinge- schränktes Beweiserhebungs- und Verwertungsverbot vorgesehen, für den zweiten Personenkreis wurde eine Verhältnismäßigkeitsprüfung etabliert, die dann zu ei- nem Beweiserhebungsverbot führen kann. Diese Relati- vierung der Zeugnisverweigerungsrechte wurde von mir bereits bei der Änderung der StPO kritisiert, weil diese – gerade mit Blick auf die Angehörigen der Medien – den verfassungsrechtlichen Vorgaben des Informanten- schutzes und des Redaktionsgeheimnisses nicht adäquat Rechnung trägt. Dies gilt erst recht für die nun vorgese- henen weitgehenden Eingriffsmöglichkeiten und Maß- nahmen des BKA-Gesetzes, insbesondere mit Blick auf die Onlinedurchsuchung, auf die die Zeugnisverweige- rungsrechte der StPO jetzt inhaltsgleich übertragen wer- den. Zahlreiche Chefredakteure und Herausgeber haben das BKA-Gesetz als „Anschlag auf die Pressefreiheit“ bezeichnet (vergleiche Der Spiegel, Nr. 51 vom 15. De- zember 2008, Seite 91 oder Die Zeit Nr. 51 vom 11. De- zember 2008, Seite 1); ich teile diese Ansicht. Aus den genannten Gründen muss bei der Umsetzung des BKA- Gesetzes wie auch bei der Umsetzung der Änderungen der StPO vom vergangenen Jahr sorgfältig geprüft wer- den, ob diese Relativierung des Zeugnisverweigerungs- rechtes und vor allem die vorgesehene Verhältnismäßig- keitsprüfung in der Praxis tatsächlich den notwendigen Berufsgeheimnisschutz sicherstellen kann. Sollte es An- haltspunkte dafür geben, dass diese Relativierung des Zeugnisverweigerungsrechtes zu einer unangemessenen Einschränkung des Berufsgeheimnisschutzes – und hier- bei insbesondere bezüglich der verfassungsrechtlichen Vorgaben zum Informantenschutz und des Redaktions- geheimnisses – führt, wird auf solche Entwicklungen zeitnah reagiert werden müssen. Nicht allein wegen dieser Punkte, deshalb aber vor al- lem ist mir eine Zustimmung nicht möglich. Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Florian Toncar (FDP) zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung: Keine U-Bootlieferung an Pakistan (Tagesord- nungspunkt 19 e) Den Export von deutschen U-Booten nach Pakistan lehne ich ab, da zu befürchten ist, dass ein solcher Schritt zur Verschärfung der regionalen politischen Spannungen zwischen Pakistan und Indien führen könnte. Dies wäre nicht im deutschen Interesse. Ferner besteht aufgrund der finanziellen Notlage Pakistans ein hohes Risiko, dass das Empfängerland zur Zahlung des Kaufpreises nicht in der Lage sein wird und die deut- schen Steuerzahler für die Kosten aufkommen müssen. Jedoch ist die im zur Abstimmung stehenden Antrag enthaltene Forderung, Rüstungsexporte grundsätzlich n n h s R k ü l r g m A s f h a t d d A w b D T E p z F A 1 a i w l e p w A r p s (C (D icht durch Hermesbürgschaften abzusichern, abzuleh- en. Hermesbürgschaften haben sich in der Vergangen- eit als Mittel der Exportabsicherung bewährt. Aus die- em Grund stimme ich gegen den vorliegenden Antrag. Um zu vermeiden, dass Mitgliedstaaten der EU bei üstungsexporten gegeneinander ausgespielt werden önnen, ist es notwendig, den Verhaltenskodex der EU ber Rüstungsexporte schnellstmöglich in einen recht- ich verbindlichen gemeinsamen Standpunkt zu überfüh- en. Dies wird es den Mitgliedstaaten ermöglichen, eine eschlossene Haltung zu Rüstungsexporten einzuneh- en. nlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Lale Akgün (SPD) zur Ab- stimmung über den Entwurf eines Gesetzes zum ordnungspolitischen Rahmen der Krankenhaus- finanzierung ab dem Jahr 2009 (Krankenhaus- finanzierungsreformgesetz – KHRG) (Zusatz- tagesordnungspunkt 10 a) Ich halte die finanziellen Verbesserungen, die in die- em Gesetz den Krankenhäusern zugesprochen werden, ür dringend nötig, aber keinesfalls ausreichend. Ich ielte es für geboten, die Krankenhäuser finanziell so uszustatten, dass diesen eine vollständige Kompensa- ion der letzten Tariferhöhungen möglich ist. Ansonsten roht weiterer Personalabbau und damit Qualitätsverlust er Patientenversorgung in den Kliniken. Dennoch hielte ich es für unverantwortlich, das zur bstimmung stehende Gesetz abzulehnen. Denn das ürde bedeuten, dass auch die darin vorgesehenen Ver- esserungen nicht finanziert bzw. umgesetzt würden. abei geht es immerhin um 2 Milliarden Euro, mehrere ausend zusätzliche Stellen für Pflegepersonal und den instieg in ein neues Tarifsystem zur Finanzierung der sychiatrischen Kliniken. Ein weiteres Augenmerk müssen wir auf die Finan- ierung des Gesundheitsfonds werfen. Die derzeitige inanzplanung bezieht sich auf gesamtwirtschaftliche nnahmen, die von einem Wirtschaftswachstum von ,2 Prozent in 2009 ausgehen. Wir alle wissen, dass dies ngesichts der aktuellen Wirtschaftskrise unrealistisch st und damit auch die Einnahmen des Gesundheitsfonds egbrechen; das hätte für die Einnahmen der gesetz- ichen Krankenkassen ohne den Gesundheitsfonds benso gegolten. Ich bin daher der Meinung, dass die bisherige Finanz- lanung im Gesundheitswesen nicht aufrechterhalten erden kann. Am 5. Dezember habe ich, gemeinsam mit anderen bgeordneten meiner Fraktion, eine persönliche Erklä- ung anlässlich der Verabschiedung des Maßnahmen- akets „Beschäftigungssicherung durch Wachstums- tärkung“ – Drucksache 16/10930 – abgegeben. Darin 21300 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 (A) ) (B) ) fordern wir weitergehende Schritte durch öffentliche In- vestitionen. Angesichts der absehbaren Einnahmeprobleme des Ge- sundheitsfonds bin ich der Meinung, dass eine der Maß- nahmen eines weiteren Konjunkturpaketes ein Zuschuss aus dem Bundeshaushalt in den Fonds sein muss, der die konjunkturbedingten Einnahmeausfälle kompensiert. Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Jörg Tauss (SPD) zur Ab- stimmung über den Entwurf eines Gesetzes über Personalausweise und den elektronischen Identitätsnachweis sowie zur Änderung weite- rer Vorschriften (Tagesordnungspunkt 12 a) Ich verweigere dem Entwurf eines Gesetzes über Per- sonalausweise und den elektronischen Identitätsnach- weis sowie zur Änderung weiterer Vorschriften (Druck- sache 16/10489) meine Zustimmung und bringe dazu folgende Bedenken vor: Es ist zu begrüßen, dass der Gesetzesentwurf vor- sieht, die Künstlernamen im Melde-, Personal- und Pass- recht als Datenkategorie wieder einzuführen, nachdem das geltende Passrecht die Eintragung zum 1. November 2007 – Änderung des Passgesetzes und weiterer Vor- schriften vom 20. Juli 2007 – abgeschafft hatte und viele Journalistinnen und Journalisten sowie Künstlerinnen und Künstler ihre bisherige Identität im Rechts-, Ge- schäfts- und Reiseverkehr verloren haben. Das Führen eines Künstlernamens ist Ausdruck künstlerischen Selbstverständnisses und im Journalis- mus zudem oft eine zentrale Voraussetzung für die Re- cherche. Die Eintragung des Künstlernamens in Aus- weisdokumenten ist Bestandteil einer öffentlichen Anerkennung und Wertschätzung künstlerischer und journalistischer Arbeit in der Bundesrepublik Deutsch- land. Viele Künstler und Journalisten bzw. Autoren un- terzeichnen im Geschäftverkehr Verträge und Vereinba- rungen jeglicher Art mit ihrem Künstlernamen. Akademische Abschlüsse, Zeugnisse und Vollmachten wurden unter der Verwendung des Künstlernamens ver- liehen bzw. geschlossen. Gleichzeitig bietet die Wieder- einführung des Künstlernamens auch im Bereich des in- vestigativen Journalismus erhebliche Vorteile, da erst dadurch langwierige, genaue und umfassende Recher- chen möglich werden. Dies gilt im besonderen Maße, wenn beispielsweise im rechtsextremen Umfeld Recher- chen mit dem Klarnamen aufgrund möglicher lebensbe- drohender Konsequenzen nicht möglich sind. Dies ist zu begrüßen. Meine Bedenken richten sich allerdings insbesondere gegen die geplante Aufnahme biometrischer Merkmale in den Personalausweis. Ich halte die Aufnahme von bio- metrischen Merkmalen in den Personalausweis für einen tiefen Eingriff in die Rechte der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes, zumal die Bundesregierung bisher kei- n d i d B d a d p n m S S P t d d D s s A m s F v d d i i a e A b f s U n w d d B v c d P U (C (D en überzeugenden Nachweis dafür erbracht hat, dass ie Einführung einer solchen Maßnahme unverzichtbar st und sich beispielweise auf entsprechende Vorgaben er Europäischen Union stützt. Überdies ignoriert die undesregierung die bestehenden Risiken und Gefahren, ie sich aus dem Einsatz eines solchen Multifunktions- usweises im täglichen Leben ergeben. Wie schon bei er Einführung von biometrischen Merkmalen im Reise- ass gilt, dass die verwendeten Techniken zur Gewin- ung der Daten nach wie vor fehleranfällig sowie leicht anipulierbar sind. Trotz der bekannten und belegbaren icherheitsrisiken beharrt die Bundesregierung auf dem tandpunkt, dass der Sicherheitsgewinn durch den neuen ersonalausweis erheblich sei. Wie schon beim biome- rischen Reisepass fehlt auch für den biometrischen Bun- espersonalausweis jeder Beleg dafür, dass tatsächlich ie versprochenen Sicherheitsgewinne erreichbar sind. arüber hinaus fehlen für die Einführung der biometri- chen Ausweisdokumente nach wie vor jegliche Daten- chutz- und IT-Sicherheitskonzepte. Die Speicherung von biometrischen Merkmalen in usweisdokumenten und die mögliche Weitergabe bio- etrischer Daten dürfte überdies die nächste Eskalations- tufe von neuen Datenschutzskandalen bedeuten. Die olgen der beliebigen Erfassung biometrischer und un- eränderbarer persönlicher Merkmale wie des Fingerab- rucks sind nicht hinreichend geprüft worden. Ich halte ie Einführung dieses Ausweises für ein weiteres Glied n einer langen Kette von fragwürdigen Entscheidungen m innen- und sicherheitspolitischen Bereich und stimme ufgrund der vorgebrachten Bedenken diesem Gesetz- ntwurf nicht zu. nlage 7 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Jörg Tauss (SPD) zur Abstim- mung über den Entwurf eines Gesetzes zur Neu- ordnung der Entschädigung von Telekommuni- kationsunternehmen für die Heranziehung im Rahmen der Strafverfolgung (TK-Entschädi- gungs-Neuordnungsgesetz – TKEntschNeuOG) (Tagesordnungspunkt 14 ) Ich stimme dem TKEntschNeuOG zu, da es eine Ver- esserung der Situation zumindest für diejenigen Betrof- enen bedeutet, die häufig durch staatliche Stellen in An- pruch genommen werden. Damit dürften zumindest nternehmen wie die Deutsche Telekom AG und dieje- igen Wettbewerber im Festnetz und Mobilfunk entlastet erden, die überwiegend Privatkunden zu ihrem Kun- enkreis zählen. Im Rahmen der Einführung der Vorrats- atenspeicherung in Deutschland werden jedoch auch etreiber von Telekommunikationsnetzen und Anbieter on Telekommunikationsdiensten zur Erfassung, Spei- herung und Herausgabe von Verkehrsdaten verpflichtet, ie nur im sehr geringen Umfang oder sogar gar keine rivatkunden beliefern. Obwohl deren Kundenkreis aus nternehmen, öffentlichen Einrichtungen und anderen Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21301 (A) ) (B) ) Netzbetreibern überhaupt nicht im Fokus behördlicher Ermittlungen steht und daher schon in der Vergangenheit die Herausgabe von Verbindungsdaten nur in wenigen Einzelfällen oder zum Teil sogar überhaupt nicht gefor- dert wurde, entstehen bei allen verpflichteten Telekom- munikationsunternehmen unterschiedslos die gleichen hohen Kosten für die Umsetzung der gesetzlichen Ver- pflichtungen. Der technische Aufwand zur korrekten und sicheren Erfassung, Speicherung und zeitnahen Beauskunftung ist bei Geschäftskunden- und Privatkundenanbietern der gleiche. Eine angemessene Entschädigung für diese Gruppe von Verpflichteten sieht das Gesetz jedoch bis- lang nicht vor. Im Ergebnis führt die heutige Struktur der TKEntschNeuOG damit zu einer massiven Ungleichbe- handlung von Telekommunikationsunternehmen mit Pri- vatkundenverkehr einerseits und solchen mit Geschäfts- kundenverkehr und überwiegend internationalen TK- Diensten andererseits. Eine Entschädigung für ein Heranziehen von Privaten für originär hoheitliche Aufgaben, die verhältnismäßig ist, ist jedoch meines Erachtens für alle Betroffenen Un- ternehmen erforderlich, falls nicht die Verfassungsmäßig- keit der Telekommunikationsüberwachung insgesamt in- frage gestellt werden soll. Deshalb kann das vorgelegte Gesetz nur ein erster Schritt zu angemessenen Entschädi- gungsregelungen für alle Verpflichteten sein. Über die Erweiterung der Entschädigungsregeln ist daher umge- hend weiter zu beraten, oder das muss eben zum Anlass genommen werden, über Ausgestaltung und Reichweite der Verpflichtungen der Überwachung, Speicherung und Beauskunftung in der Telekommunikation neu nachzu- denken. Meine Zustimmung zum Entwurf eines TK-Entschä- digungs-Neuordnungsgesetzes erfolgt ungeachtet meiner grundsätzlichen verfassungsrechtlichen und rechtspoliti- schen Bedenken gegenüber der mit dem Gesetz zur Neu- regelung der Telekommunikationsüberwachung im No- vember 2007 eingeführten Pflicht zur Speicherung der Vorratsdaten. Bei dem TK-Entschädigungs-Neuord- nungsgesetz geht es nicht um die Verpflichtung der TK- Anbieter zur Speicherung von Telekommunikationsda- ten, sondern um die Inanspruchnahme im Rahmen der Strafverfolgung und die diesbezügliche angemessene Entschädigung. Was die Novellierung der Strafprozess- ordnung zur Neuregelung der Telekommunikationsüber- wachung, der Neuordnung der Zeugnisverweigerungs- rechte und Einführung der Vorratsdatenspeicherung anbelangt, bleibt die endgültige Entscheidung des Bun- desverfassungsgerichtes abzuwarten. Sollte das Bundes- verfassungsgericht diese verfassungsrechtlichen Beden- ken bestätigen oder aber sollte sich bei der Umsetzung dieser gesetzlichen Vorgaben herausstellen, dass die Neuregelungen den Berufsgeheimnisschutz oder aber die freiheitlichen Grundrechte gefährden, muss der Ge- setzgeber schnellstmöglich reagieren und verfassungs- konforme Regelungen zur Telekommunikationsüberwa- chung inklusive deren Entschädigung schaffen. A d t m m t A D p A d s l l a A t z d s m d A e s g D u t W n r z c P n a s w h s n a (C (D nlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Entwurf eines Gesetzes über Personalaus- weise und den elektronischen Identitäts- nachweis sowie zur Änderung weiterer Vor- schriften – Beschlussempfehlung und Bericht: Keine Einführung biometrischer Merkmale im Personalausweis (Tagesordnungspunkt 12 a und b) Clemens Binninger (CDU/CSU): Die Einführung es elektronischen Personalausweises ist eines der größ- en IT-Projekte in dieser Legislaturperiode. Man kann es it folgenden Schlagworten verbinden: mehr Sicherheit, ehr Komfort, mehr Nutzen. Gerade in der aktuellen Si- uation, in der Datensicherheit, Datenschutz und die ngst vor entwendeten und missbräuchlich genutzten aten eine besondere Rolle spielt, ist dieses Ausweispa- ier mit all seinen Sicherheitsfunktionen die richtige ntwort. Mit dem elektronischen Personalausweis ist er Bürger Herr seiner Daten: Egal ob im Alltag, im Ge- chäftsverkehr, bei der Nutzung von Verwaltungsdienst- eistungen oder beim Einkauf im Internet. Meine Damen und Herren von der Opposition, natür- ich ist es legitim, gegen den elektronischen Personal- usweis zu sein – auch wenn man dafür keine sachlichen rgumente hat. Aber das, was Sie hier in Ihren Debat- enbeiträgen machen, ist nichts anderes, als Misstrauen u schüren. Ich halte das für unverantwortlich. Außer- em ist es der zum Scheitern verurteilte Versuch, dieses ichere Produkt zu diskreditieren. Wenn wir überall ehr Datenschutz und Datensicherheit einfordern und er Staat dann ein Produkt auf den Weg bringt, das diese nforderungen in hohem Maße erfüllt, dann sollten wir s auch anerkennen und nicht aus politischem Kalkül chlechtreden. Der elektronische Personalausweis wird für den Bür- er Zusatzfunktionen und damit Zusatznutzen haben. iese Zusatzfunktionen sind die elektronische Signatur nd der elektronische Identitätsnachweis. Beide Funk- ionen, die übrigens freiwillig bzw. optional sind und auf unsch des Bürgers jederzeit abgeschaltet werden kön- en, werden zu einer gravierenden Verbesserung im Be- eich von E-Goverment oder E-Commerce führen, und war in einem Maß, wie wir es bisher – da bin ich mir si- her – noch nicht gekannt haben. Denn der elektronische ersonalausweis mit diesen Zusatzfunktionen gibt nicht ur dem Bürger ein Mehr an Sicherheit, sondern er stellt uch sicher, dass für alle Beteiligten am Internetge- chäftsverkehr klare Standards und Regeln gelten. So ird es für Diensteanbieter verpflichtend sein, dass sie ierfür vom BSI zertifiziert sind. Die Nutzung des E-Per- onalausweises für den Internetgeschäftsverkehr ist nicht ur physisch an den Personalausweis gekoppelt, sondern uch mit einer zusätzlichen sechsstelligen PIN gesichert. 21302 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 (A) ) (B) ) Sie sehen also, zusätzlicher Nutzen und Sicherheit gehen hier Hand in Hand. Daneben wird die Wirtschaft, wenn diese Verfahren implementiert und angewandt werden, in einer Größen- ordnung von bis zu 120 Millionen Euro von Bürokratie- kosten entlastet. Es verwundert deshalb nicht, dass der Normenkontrollrat zum Bürokratieabbau das Projekt „elektronischer Personalausweis“ ausdrücklich begrüßt hat. Daneben behält der elektronische Personalausweis natürlich seine klassische Ausweisfunktion, jetzt aber im handlichen Scheckkartenformat und gültig für 10 Jahre. Die Sicherheit bei der Ausweisfunktion haben wir deut- lich erhöht, indem wir neben den bekannten Daten und dem Lichtbild zusätzlich auf dem Chip die biometri- schen Daten des Gesichtsbildes und – freiwillig – die biometrischen Daten der beiden Zeigefinger des Aus- weisinhabers speichern. Ich will dabei auf einen besonderen Punkt hinweisen: Bei vergangenen Diskussionen wurde immer wieder be- tont, dass deutsche Ausweisdokumente auch bisher schon fälschungssicher waren, es deshalb nicht einer weiteren Verbesserung dieser Fälschungssicherheit be- dürfe. Dabei wird vergessen, dass Personaldokumente häufig missbräuchlich verwandt werden, wenn zum Bei- spiel die Ähnlichkeiten beim Lichtbild dies ermöglichen. Mehr als zwei Millionen Ausweisdokumente sind in Deutschland entwendet worden oder abhanden gekom- men. Das bedeutet, das Missbrauchspotential ist durch- aus real und nicht als klein einzuschätzen. Mit biometri- schen Merkmalen auf einem Ausweispapier wird aber gerade dieses Missbrauchspotenzial entscheidend einge- grenzt, denn die Ähnlichkeit auf einem Ausweisbild reicht dann nicht mehr aus, da gleichzeitig auch biome- trische Merkmale auf dem Chip und die biometrischen Merkmale der Person übereinstimmen müssen. Damit wird deutlich: Durch die Aufnahme biometrischer Merk- male in den elektronischen Personalausweis reduzieren wir die Missbrauchsanfälligkeit ganz gravierend. Wir setzen damit außerdem internationale Standards um, und wir erhalten dem Personalausweis auch zukünftig seine Funktion als Passersatzpapier. Der elektronische Personalausweis ist ein Ausweisdo- kument, das Maßstäbe setzt, sowohl hinsichtlich Sicher- heit als auch mit Blick auf Komfort und zusätzlichen Nutzen. Ich bin überzeugt davon, dass der elektronische Personalausweis in Deutschland zum international be- achteten Referenzprojekt werden wird. Er hat deshalb unsere ganze Unterstützung verdient. Entscheidend ist aber: Der elektronische Personalausweis bedeutet mehr Sicherheit und Komfort für den Bürger. Frank Hofmann (Volkach) (SPD): Heute ist der 18. Dezember, und trotzdem ist schon Bescherung: Die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land bekommen mit dem elektronischen Personalausweis ein modernes, technisch anspruchsvolles Ausweisdokument, das die Freiheitsrechte der Bürger wahrt. Um es vorwegzuneh- men: Niemand, der es nicht möchte, muss sich einen Fingerabdruck in seinen Personalausweis machen las- sen. Dafür hat die SPD-Fraktion erfolgreich gekämpft. D b u s p d B a h d t a p n W b m n K t l m i d s o d a g A f n j e d H v a F B r t g g w a F F k B t d i w v (C (D as ist ein Grund für die hohe Akzeptanz, die das Vorha- en in der Bevölkerung genießt. Außerdem haben wir ns bei der technischen Ausstattung weitgehend an der ehr erfolgreichen Umsetzung des elektronischen Reise- asses orientiert. Die Ausgabe und Verwendung laufen a reibungsfrei und werden von den Bürgerinnen und ürgern gut angenommen. Nach den Rückmeldungen us den Einwohnermeldeämtern, die ich bekommen abe, warten bereits etliche Bürger auf die Einführung es neuen Personalausweises. Genauso wie der Reisepass wird auch der neue elek- ronische Personalausweis ein voller Erfolg. Das liegt uch daran, dass sich seit dem anfänglichen Eckpunkte- apier bzw. dem Referentenentwurf aus dem Innenmi- isterium bis zum heutigen Gesetzentwurf viel getan hat. ir mussten noch an einigen Stellen Überzeugungsar- eit leisten: Der Personalausweis bleibt ein Pflichtdoku- ent für Deutsche ab einem Alter von 16 Jahren und icht, wie vom Bundesinnenministerium vorgesehen, für inder ab einem Alter von 12 Jahren. Das ist auch rich- ig so; denn die Absenkung des Alters ist nicht erforder- ich. Der Ordens- und Künstlername wird nicht dem ver- eintlichen Bürokratieabbau geopfert, sondern er bleibt m Ausweis. Das ist richtig; denn er ist häufig Ausdruck er Persönlichkeit und Identität des Namensträgers und omit schützenswert. Außerdem wird es kein zentrales der dezentrales Register geben, in dem die Fingerab- rücke der Ausweisinhaber gespeichert sind. Die Finger- bdrücke werden nur im Personalausweis und sonst nir- endwo gespeichert, und das auch nur dann, wenn der ntragsteller dies ausdrücklich wünscht. Wir haben da- ür gesorgt, dass es nicht zur einer faktischen Diskrimi- ierung bzw. Benachteiligung kommen wird, wenn sich emand gegen den Fingerabdruck im Personalausweis ntscheidet. Wir haben ein Benachteiligungsverbot in en Gesetzentwurf geschrieben, damit auch durch die intertüre kein Zwang entsteht. Niemand macht sich erdächtig, weil er keinen Fingerabdruck im Personal- usweis hat. Außerdem ist jeder Antragsteller über die reiwilligkeit der Abgabe der Fingerabdrücke und das enachteiligungsverbot in schriftlicher Form zu unter- ichten. Das ist ein wesentlicher Beitrag hin zu mehr informa- ioneller Selbstbestimmung. Die Bürgerinnen und Bür- er entscheiden selbst, ob sie ihre Fingerabdruckdaten eben wollen oder nicht. Es freut mich deshalb auch, enn uns der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar n dieser Stelle ausdrücklich lobt und die tatsächliche reiheit des Bürgers hier betont sieht. Im Übrigen verwundern mich unsere Freunde von der DP schon ein wenig: In liberalen Sonntagsreden pro- lamiert man die Freiheit und Eigenverantwortung der ürger. Wenn wir genau dies heute umsetzen, einen Bei- rag zu mehr Selbstbestimmtheit und freier Entscheidung er Bürger leisten, soll dies auch wieder falsch sein. Das st beim besten Willen nicht mehr nachvollziehbar. Wodurch unterscheidet sich der neue Personalaus- eis, abgesehen von den Zusatzfunktionen, eigentlich om heutigen Personalausweis? Der einzige Unterschied Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21303 (A) ) (B) ) ist das digitale Lichtbild auf dem Chip. Das ist den Bür- gern seit Jahren vom Reispass bekannt. Es lohnt sich da- her auch gar nicht, sich mit der diesbezüglichen Kritik der Opposition auseinandersetzen. Der elektronische Personalausweis ist ein biometrie- gestütztes Identitätsdokument, das besonders fäl- schungssicher und vor allem missbrauchssicher ist! Das wurde bereits erwähnt; die Sicherheitsgewinne sind ein- deutig erkennbar. Besonders wichtig ist mir auch, auf die neuen zusätz- lichen Funktionen des Ausweises hinzuweisen: auf den elektronischen Identitätsnachweis und die qualifizierte elektronische Signatur. Mit dem elektronischen Identi- tätsnachweis schaffen wir die Option für den Bürger, sich auch im Internet sicher und komfortabel ausweisen zu können. Jeder, der über das World Wide Web Kauf- verträge abschließt, kann sich so über die Identität seines Geschäftspartners sicherer sein. Wir erhöhen so die Si- cherheit des elektronischen Kommunikationsverkehrs und schützen auch die Bürger vor Missbrauch. Ich möchte hier als Beispiel das Problem des Phishing ansprechen, bei dem Betrüger über gefälschte Internet- seiten zum Beispiel an die Bankdaten des Benutzers ge- langen wollen. Durch die neuen elektronischen Aus- weise wird diese Missbrauchsvariante wesentlich erschwert. Hier hat der Staat die Pflicht, seine Bürger wirksam zu schützen. Das haben wir getan. Außerdem haben wir eine neue und sichere Perspek- tive im Hinblick auf die Entwicklung des E-Government geschaffen. Durch die elektronische Identifikation wird es in Zukunft möglich sein, Behördengänge bequem und vor allem sicher von zu Hause zu erledigen. Die qualifi- zierte elektronische Signatur, eine Art elektronische Un- terschrift, entspricht den Anforderungen des Signaturge- setzes und sorgt somit für rechtsverbindliches Handeln im elektronischen Rechtsverkehr. Insgesamt bieten diese drei Funktionen dem Bürger mehr Komfort und Sicherheit. Sie sind jedoch nicht zwingend. Jeder kann, aber muss sie nicht in Anspruch nehmen. Auch hier haben wir großen Wert auf Freiwil- ligkeit gelegt. Nur am Rande sei bemerkt: Das Gesetz führt nach Berücksichtigung des zusätzlichen Aufwandes unter dem Strich zur einer Bürokratiekostenentlastung der Deutschen Wirtschaft in Höhe von über 120 Millionen Euro. Wenn wir uns die gegenwärtige Konjunkturent- wicklung ansehen, ein kleiner, aber richtiger Schritt zur Entlastung der Wirtschaft. Die Debatte über angebliche Sicherheitsdefizite der gespeicherten Daten auf dem RFID-Chip ist an den Haa- ren herbeigezogen und wird durch ständige Wiederho- lung nicht besser. Wir haben uns den ganzen Unsinn von FDP und Grünen schon beim E-Pass anhören müssen. Es bleibt auch beim Personalausweis dabei: Das biometri- sche Lichtbild und gegebenenfalls die Fingerabdrücke auf dem Chip sind vor unberechtigtem Zugriff sicher. Durch moderne Kryptierungstechnik ist der Chip vor Hackerangriffen, also dem unberechtigten Zugriff, ge- schützt. Das haben uns auch die Experten vom Bundes- amt für Sicherheit in der Informationstechnik bestätigt. I e m a s r u b w d B s f n s B r u t g d B t t K d d v F S d w J w n n t m b M s w z n b f R j E 2 z s (C (D ch bitte deshalb auch die selbsternannten Hacking- xperten von FDP und Grünen, dies zur Kenntnis zu neh- en. Diese Missbrauchszenarien haben nichts mit der Re- lität zu tun und verunsichern nur die Bevölkerung. Wir haben ein Interesse an der breiten Akzeptanz un- eres Personalausweises in der Bevölkerung. Die Vo- aussetzungen hierfür haben wir mit dem modernsten nd sichersten Ausweisdokument geschaffen. Deshalb in ich überzeugt dass wir mit dem neuen Personalaus- eis den Erfolg des E-Passes fortsetzen können. Trotz- em hoffe ich natürlich, dass sich Ihre weihnachtliche escherung nicht auf den neuen Personalausweis be- chränkt. In diesem Sinne wünschen ich Ihnen bereits jetzt ein rohes und besinnliches Weihnachtsfest und ein gutes eues Jahr 2009. Gisela Piltz (FDP): Der einzige vernünftige Vor- chlag, den ich in dem vorliegenden Gesetzentwurf der undesregierung erkennen kann, ist die Wiedereinfüh- ung von Ordens- und Künstlernamen im Melde-, Pass- nd Personalausweisrecht. Zahlreiche Proteste der Be- roffenen haben deutlich gemacht, dass an der Eintra- ung, Erhebung und Speicherung von Künstler- und Or- ensnamen ein nachvollziehbares Interesse besteht. Die etroffenen haben es im Rechtsverkehr leichter, die ver- raglichen Beziehungen abzuwickeln. Die Große Koali- ion ist ab und zu doch lernfähig. Nur leider, sie will es oft nicht. So hätte die Große oalition als richtige Konsequenz auf eine Speicherung es Fingerabdrucks ganz verzichten sollen. Die gefun- ene Lösung der freiwilligen Speicherung ist nicht nach- ollziehbar. Entweder der Staat braucht zwingend den ingerabdruck, oder er braucht ihn nicht. Ein weiterer icherheitsgewinn mit der Speicherung des Fingerab- rucks ist jedenfalls nicht zu erwarten. Wir alle wissen, ie schnell der technische Fortschritt innerhalb von zehn ahren, also dem Gültigkeitszeitraum eines Personalaus- eises, ist. Es ist daher sehr wahrscheinlich, das Krimi- elle in diesem Zeitraum Systeme entwickeln, um mit icht autorisierten Geräten Daten über eine größere Dis- anz auszulesen. Fälschungssicherer ist der neue Personalausweis da- it nicht. Ganz im Gegenteil. Die Bundesregierung hat isher eben nicht die Frage beantwortet, mit welchen itteln sie die Fälschungssicherheit des Personalauswei- es über den gesamten Gültigkeitszeitraum garantieren ill. Computerexperten haben uns schon dieses Jahr ge- eigt, dass sie auch die neuen Reisepässe fälschen kön- en, die ja bekanntermaßen gespeicherte Fingerabdrücke einhalten. Für die Fälschung wurden ein öffentlich ver- ügbares Programm, ein Lesegerät und ein günstiger FID-Chip benötigt. Ungeachtet dieser Probleme wird etzt ohne Feldversuch ein Gesetz verabschiedet, das die inführung des neuen Ausweises zum 1. November 010 vorsieht. Klug wäre gewesen, aus den Pannen beim Reisepass u lernen. Dort wurde nämlich bei Stichproben festge- tellt, dass in keinem Fall die datenschutzrechtlichen 21304 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 (A) ) (B) ) Vorschriften eingehalten wurden. Auch bei der Aushän- digung der Ausweise an Bürgerinnen und Bürger bestan- den ungeklärte Sicherheitsfragen. Klug wäre es gewe- sen, erst die Feldtests durchzuführen, um sich dann zu entscheiden. Es andersherum zu machen, das hat mit Le- benswirklichkeit nichts mehr zu tun. Klug wäre es gewesen, Sie hätten überhaupt nachvoll- ziehbar begründet, warum wir diesen Ausweis brauchen. Die alten Ausweise sind die fälschungssichersten der Welt. Und Lesegeräte, die die Ausweise auch auslesen könnten, gibt es an den wenigsten Grenzstationen und noch lange nicht in jedem Polizeirevier oder auf jeder Wache. Ein Ausweis ohne Lesegeräte ist erst recht nicht sicherer. Klug wäre gewesen, den neuen Identitätsnachweis si- cher zu gestalten, insbesondere nachdem wir in diesem Jahr erfahren haben, was mit gespeicherten Daten so al- les passieren kann. Deshalb dürfen aus dem Nutzerver- halten im Internet bei Nutzung des Ausweises keine Nut- zungsprofile erstellt werden. Die von Ihnen eingebauten Sicherungen sind aber leider völlig unzureichend. Nach den Datenschutzskandalen in diesem Jahr kann es noch nicht reichen, für das Berechtigungszertifikat bei dem elektronischen Identitätsnachweis lediglich eine Selbst- verpflichtung der Diensteanbieter hinsichtlich des Da- tenschutzes und der Datensicherheit vorzusehen, wie in § 21 Abs. 2 Satz 2 geregelt. Wenn Sie sich wirklich dem Datenschutz verpflichtet fühlen würden, hätten Sie strengere Anforderungen gewählt. Aber der Datenschutz ist eben bei Ihnen noch nicht angekommen. Dem Inhaber des Personalausweises brummen Sie be- sondere Pflichten auf. Er muss nämlich nach § 27 Abs. 3 durch technische und organisatorische Maßnahmen ge- währleisten, dass er nur in einer Umgebung eingesetzt wird, die nach dem jetzigen Stand der Technik sicher ist. Und was sicher ist, bestimmt der Staat, das BSI. Es ist doch merkwürdig, wie die Pflichten in Ihrem Gesetz ver- teilt sind. Ich warte auf den Tag, an dem das Innenminis- terium mir vorschreibt, welche Computer ich zu benut- zen habe. Und dann am besten gleich einen, der eine Standardschnittstelle für den Bundestrojaner hat. Kann man übrigens prima mit dem E-Perso verknüpfen: Wer wo wann in welchem Onlineshop welche verdächtigen Materialien einkauft, kann das BKA dann gleich per Rasterfahndung ermitteln – um dann den Bundestroja- ner, den man vielleicht gleich auf den Chip des E-Persos unterbringen könnte, zu aktivieren. Außerdem muss der vorgelegte elektronische Identi- tätsnachweis nicht zwingend mit dem Personalausweis verbunden werden. Das Signaturgesetz sieht bereits eine qualifizierte elektronische Signatur zur sicheren Identifi- zierung vor. Eine weitere abgespeckte Version als Stan- dardidentitätsnachweis ist nicht notwendig; zumal es vor allem den Bürgerinnen und Bürgern überlassen bleibt, den sicheren Einsatz der Ausweise zu gewährleisten. Trotz der Empfehlungen des BSI, die damit auch be- stimmte Hard- und Softwarekomponenten fördern wer- den, werden sicherlich viele Bürger auch aus haftungs- rechtlichen Gründen vor einem solchen Einsatz des Personalausweises zurückschrecken. w n B s A m m n s d d n k v d n m r s E d l d z t k s P d t d P n s m s s v k s w r v n w d w D g Z g t k (C (D Die Bürger wollen den elektronischen Personalaus- eis in der vorgelegten Form nicht. Ansonsten hätten icht so viele Bürger die Petition unterstützt, die von ürgerrechtlern gegen die Einführung des elektroni- chen Personalausweises eingereicht wurde. Sie haben ngst, dass sie sich alleine schon deshalb verdächtig achen, weil sie ihre Fingerabdrücke nicht abgeben öchten. Eine konsequente Lösung kann daher auch icht die Einführung eines Benachteiligungsverbotes ein, sondern muss der völlige Verzicht der Speicherung er Fingerabdrücke sein. Alles andere ist nur ein Herum- oktern an einer Entscheidung, bei der man den Bürgern icht offen und ehrlich sagt, wohin die Reise gehen ann, nämlich zur biometrischen Totalerfassung der Be- ölkerung, bei der ein Aufsatteln jederzeit möglich ist. Klug wäre es auch gewesen, mit der Verabschiedung es Gesetzes zu wissen, welche Kosten auf die Bürgerin- en und Bürger, aber auch auf die Verwaltung zukom- en. Es wäre übrigens auch ehrlich. Klar ist, er wird teu- er werden. Denn die ganzen Zusatzfunktionen, ob ich ie brauche oder nicht, müssen doch bezahlt werden. benso wie die Kartenlesegeräte, die ja irgendwann och einmal angeschafft werden müssen. Die kommuna- en Spitzenverbände beklagen schon heute, dass sie für en E-Pass draufzahlen. Nur um die Dimensionen klar- umachen: Der E-Pass kostet heute 59 Euro. Es gibt allerdings einen Profiteur: das Bundesverwal- ungsamt, Ihre neue Lieblingsbehörde; neben der Tele- ommunikationsüberwachung jetzt auch noch die Zulas- ungsprüfung für die Zertifikate des elektronischen ersonalausweises. Dafür gibt es 33 Stellen. Der Bun- esbeauftragte für den Datenschutz und die Informa- ionsfreiheit hat keine neuen Stellen bekommen. Auch urch Unterlassen zeigen Sie wieder eindrucksvoll Ihre rioritäten als sogenannte Große Koalition. Klug wäre es daher aus unserer Sicht, diesem Gesetz icht zuzustimmen. Jan Korte (DIE LINKE): Die Unionsfraktion ist sich icher, der neue elektronische Personalausweis bringt ehr Sicherheit. Fragt sich nur, welchen Vergleichsmaß- tab die Fraktion angelegt hat, um diese eigenartige Aus- age treffen zu können. Auf Evaluationen der Nutzung on Ausweisdokumenten mit biometrischen Merkmalen ann die CDU/CSU nicht zurückgegriffen haben. Eine olche, beispielsweise für den sogenannten E-Pass, urde bislang nicht durchgeführt. Entsprechende Forde- ungen der Linksfraktion haben die Damen und Herren on der Law-and-Order-Fraktion bislang hartnäckig ig- oriert. Als Vergleichsmaßstab kann also nur der derzeit ver- endete Personalausweis herangezogen worden sein. Ist ieser so unsicher, dass es eines chipkartengroßen Aus- eisdokumentes mit biometrischen Merkmalen bedarf? ie Antwort auf diese Frage gab unlängst die Bundesre- ierung. So bezifferte sie für die Jahre 2001 bis 2007 die ahl der Urkundendelikte in Sachen Personalausweis auf erade mal 495! Hinter dieser Zahl verbergen sich im De- ail 88 Totalfälschungen und 128 Verfälschungen. Nun önnte man zu dem Schluss kommen, dass diese Anzahl Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21305 (A) ) (B) ) von Fälschungen gravierend hoch sei. Doch Irrtum, denn: Die 495 Urkundendelikte sind gegen 62 Millionen Perso- nalausweise, die ausgegeben wurden, aufzurechnen. Pro- zentual ist die Zahl der Fälschungen demnach kaum noch messbar. Die Aussage also der CDU/CSU-Fraktion, der neue Personalausweis würde mehr Sicherheit für die Bür- gerinnen und Bürger bringen, ist vor diesen Fakten nicht haltbar und führt demnach in die Irre. Im Kern geht es der Regierungskoalition mit der Ein- führung dieses neuen Ausweisdokumentes um die Total- erfassung der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land. Und die SPD beteiligt sich an diesem Vorgang. In Ihren Augen haben Sie jedoch einen bürgerrechtlichen Sieg er- rungen, indem die Speicherung von Fingerabdrücken auf dem neuen elektronischen Personalausweis freiwillig er- folgen soll. Bürgerinnen und Bürger die von diesem „Sieg“ Gebrauch machen möchten, sollen – laut Koali- tion – dadurch keinerlei Nachteile erhalten. In der Reali- tät jedoch ist dies kaum zu gewährleisten. Wer sich nicht total erfassen lassen möchte, macht sich in Zeiten des so- genannten und völlig zügellosen Kampfes gegen den in- ternationalen Terrorismus verdächtig. Gleichzeitig, so lobt sich die Koalition vorsichtshal- ber gleich selbst, soll der elektronische Dienstleistungs- verkehr und das sogenannte E-Gouvernment mit dem neuen Ausweisdokument sicherer und einfacher werden. Von wegen, die letzten Datenschutzskandale bei Tele- kom und LBB haben plastisch vor Augen geführt, dass der Datenstrom im Internet alles andere als sicher ist. Bevor also die Koalition derartige Versprechen in die Welt bläst, sollte sie endlich die gesetzlichen Vorausset- zungen für den sicheren Verkehr von personenbezoge- nen Daten schaffen. Hier wird allerdings vonseiten der Koalition und der Regierung nur geredet, beschwichtigt und vertröstet. Die gemeinsame Beschlussempfehlung zum Tätigkeitsbericht des Datenschutzbeauftragten wurde auf das nächste Jahr verschoben, Gesetzesinitiati- ven zur Stärkung des Datenschutzes wurden nach den Protesten der Wirtschaftslobbyisten zurückgezogen und auf Nimmerwiedersehen zu den Akten gelegt. Wir sollen also am heutigen Abend die Einführung ei- nes neuen Ausweisdokumentes beschließen, das weder mehr Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger bringt, das zudem hohe Kosten verursacht und auf einer völlig unausgereiften und fälschungsanfälligen Technik basiert. Das ist keine seriöse Sicherheits- und Innenpolitik, die sich an den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger orientiert. Der elektronische Personalausweis ist ein wei- terer Baustein für die Mauern des Überwachungsstaates, deren Last das Grundgesetz und die Menschen in diesem Land kaum mehr (er)tragen können. Die Linke lehnt daher die Einführung des elektroni- schen Personalausweises ab und bekräftigt erneut ihre Forderung nach einem sofortigen Sicherheitsgesetzmo- ratorium. Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dieser Gesetzentwurf ist ein fast schon perfektes Bei- spiel für die Absurditäten, die diese Koalition hervor- bringt. Der Personalausweis soll ergänzt werden um e z D w D g s C t w C ti A k d K w ta ti d M lä W w w S P w a s n i D r D Ä K K n f s a A M ih e li d n e O a (C (D inen Chip, auf dem ein Foto und die sonstigen Daten ur Person gespeichert werden. Was sind die Folgen? ie direkteste Folge ist: Der Ausweis wird teurer. Und eil ihn nun jeder besitzen muss, wird es für alle teurer. as ist die greifbare Folge für alle Bürgerinnen und Bür- er. Die zweite Folge sind Sicherheitslücken, zum Bei- piel durch unbefugtes Auslesen. Die Daten auf dem hip sind zwar geschützt und kodiert. Aber mit etwas echnischem Aufwand ist das Auslesen möglich. Es urde schon die Kommunikation zwischen Lesegerat und hip unbemerkt aufgezeichnet – und diese Kommunika- on dann mit einem handelsüblichen PC entschlüsselt. uch der Bundesdatenschutzbeauftragte hat eine stär- ere Verschlüsselung gefordert. Gibt man seinen Personalausweis irgendwo ab, und as ist ja etwa in ausländischen Hotels üblich, ist das opieren der Daten noch einfacher. Mit etwas mehr Auf- and ist auch ein heimliches Auslesen aus der Hosen- sche möglich. Sicherheit sieht anders aus! Eine weitere Sicherheitslücke entsteht bei der Produk- on. Die Erfahrung mit dem biometrischen Pass zeigt: Bei er Erfassung der Daten und bei der Übertragung von den eldestellen zum Hersteller gab es diverse Fehler, Unzu- nglichkeiten, Versehen – kurz: Datenlecks. Es ist in keiner eise geklärt, wie das beim Personalausweis verhindert erden soll. Die Bundesregierung interessieren diese Einwände enig, das Projekt Biometrie gehört zu des Ministers teckenpferden, also wird es umgesetzt. Auch ein BKA- räsident, der klipp und klar sagt: „Unsere Personalaus- eise sind jetzt schon fälschungssicher“ kann ihn nicht ufhalten. Und auch die vielen Datenlöcher allenthalben ind für ihn kein Grund, erst einmal die Sicherheit der euen Technik und der Meldedaten zu gewährleisten. Die Kritik des Datenschutzbeauftragten wird schlicht gnoriert und das nicht nur bei den Sicherheitsfragen. as Gesetz ignoriert auch Grundregeln des Datenschutz- echts wie die Verhältnismäßigkeit oder das Recht auf ateneinsicht und Korrektur. Peter Schaar hat konkrete nderungen vorgeschlagen, um dies zu beheben. Die oalition hat auch was geändert – aber nur, um die ünstler- und Ordensnamen wieder einzuführen. Die Farce geht aber noch weiter. Auf den Chip kön- en auch die Fingerabdrucke gespeichert werden – auf reiwilliger Basis. Dass es freiwillig ist, ist einerseits chön, denn ich war immer der Auffassung, dass Finger- bdrücke in die Fahndungskartei gehören, nicht in den usweis. Andererseits fragt sich: Was soll das dann? ehr Sicherheit bietet es nicht; denn die meisten werden re Abdrücke verweigern. Sollen dann alle schon mal auf ine schwarze Liste kommen, die keinen Fingerabdruck efern? Ich muss hier so wilde Szenarien entwerfen, weil ie Idee mit dem freiwilligen Fingerabdruck eben ratio- alen Erklärungen nicht mehr zugänglich ist. Ein großes Problem mit diesem neuen Ausweis ist der lektronische Identitätsnachweis. Das Ziel ist, etwa beim nlinehandel, jemanden sicher zu identifizieren. Das ist uch wünschenswert. Aber warum ausgerechnet per 21306 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 (A) ) (B) ) Pflichtdokument? Auch hier gibt es keine sachliche Ant- wort, sondern nur den Hinweis, dass ja auch diese Funk- tion freiwillig sei. Selten hat man ein hoheitliches Doku- ment gesehen, das so stark von Freiwilligkeit bestimmt wurde! Der Identitätsnachweis ist nichts anderes als die quali- fizierte Signatur light. Warum brauchen wir die? Antwort der Bundesregierung: Weil nicht genügend Leute die Signatur haben wollten. Die wird mit diesem Nachweis übrigens untergraben; denn die „echte“ Signatur kann man nun unter Nutzung der „light“-Variante bestellen. Sinn und Zweck? Nicht erkennbar! Wenn das Marketing für die Signatur sein soll – dafür ist ein Personalausweis nun wirklich nicht gedacht. Auch hier gibt es Sicherheitslücken. Das Hauptpro- blem heißt Eins-zu-eins-Kopie. Die Idee ist ja gerade, dass die Person sich in Abwesenheit identifizieren soll. Also ist nicht nachprüfbar, wer den Ausweis in den Kartenleser steckt. Die Kopie des Chips – ich habe es schon gesagt – ist recht einfach zu bewerkstelligen. Eine PIN-Nummer zu knacken, ist nicht unmöglich, zumal angesichts der Si- cherheitslücken in den meisten Computersystemen die PIN kaum zu schützen ist. Unter diesen Bedingungen eine solche Identifizierungsfunktion anzubieten, ist schlicht fahrlässig! Den Nutzerinnen und Nutzern wird vorgegau- kelt, diese Methode sei sicher – und sie werden es gerne glauben, denn der Personalausweis gilt ihnen als sicher. Aber das stimmt leider nur noch teilweise! Ich könnte jetzt noch viel darüber sagen, dass in diesem Gesetz die ungesunde Tendenz aus dem Passgesetz fort- gesetzt wird, die anfallenden Datenbestände auch gleich noch diversen anderen Nutzungen zuzuführen, oder dass die Bundesregierung auch beim Personalausweis Monate brauchte, zu entscheiden, ob sie Ordens- und Künstlerna- men nun anerkennen will oder nicht. Aber das sind die Datensammelwut und die handwerklichen Fehler, die bei dieser Koalition schon zur traurigen Normalitat gehören. Deshalb sage ich nur: Dieses Gesetz taugt nichts, wir leh- nen es ab. Gert Winkelmeier (fraktionslos): Die Vorstellung klingt sicherlich verlockend, mit einem einzigen Doku- ment fast alles erledigen zu können: den Einkauf im In- ternet, Erledigungen per E-Governments. Einfache und schnelle Kommunikationswege. Bis vor kurzem klang das noch sehr verlockend. Der- zeit aber jagt ein Datenskandal den anderen in dieser Re- publik. Deshalb werden die Anhänger des elektronisch- biometrischen Personalausweises deutlich weniger. Die Menschen laufen nicht mehr unkritisch den neuesten Er- rungenschaften der Technik hinterher. Telekom, Lidl, jetzt die Landesbank Berlin – alles Datenskandale von ungeheurem Ausmaß. Es herrscht mit Recht kein uneingeschränktes Ver- trauen in die Datensicherheit. Im Gegenteil: Die Forde- rungen nach einem deutlich besseren Datenschutz neh- men zu, sie werden vielfältiger und lauter. Dies war auch bei der großen Datenschutzdemo Anfang Oktober in Berlin zu sehen, als sich Ärzte, Rechtsanwälte und an- d t K D z n S d z z I n n b h n d m f R n s w r s n d z g n k G l a s s h m u f r r e c – u 1 t k ä G (C (D ere relevante Berufsgruppen an den Protesten beteilig- en. Und das ist gut so! Umso erschreckender ist es, dass Sie in der Großen oalition auf Ihrem Weg unbeeindruckt fortschreiten. ie Fingerabdrücke im neuen Personalausweis sind jetzt war nicht mehr verpflichtend – von der Idee der erken- ungsdienstlichen Behandlung der Bevölkerung haben ie Abstand genommen – aber ansonsten beharren Sie och auf Ihrem Vorhaben, biometrische Merkmale ein- uführen und uns den unsäglichen RFID-Chip bringen u wollen. Warum halten Sie nicht einen Augenblick inne, Herr nnenminister, und überdenken die Situation neu? We- igsten sollten Sie die Sicherheitsauswertung für den euen Reisepass abwarten, ehe Sie sich in ein nächstes iometrisches Abenteuer stürzen. Es ist weiterhin nicht undertprozentig gewährleistet, dass die RFID-Chips icht von Unbefugten ausgelesen werden können. An er von der Regierung immer wieder propagierten ver- eintlichen Sicherheit bestehen berechtigte Zweifel. Wenigstens die Entscheidung in der beim Bundesver- assungsgericht anhängigen Klage zum biometrischen eisepass müssten Sie doch abwarten, ehe Sie in die ächste verfassungsrechtliche Falle tappen. Die Men- chen haben doch jetzt schon das Gefühl, dass jedes ichtige Gesetz von Karlsruhe kassiert wird. Sie warten deshalb nicht ab, weil Sie alles, was an be- echtigter Gegenwehr geschieht, für nicht wirklich we- entlich halten. Wesentlich ist Ihnen vor allen Dingen ei- es: die größtmögliche Kontrolle über die Menschen in iesem Land. Ihre Gesetze im Bereich der Sicherheit eigen alle in die gleiche Richtung. Am Ende steht eine läserne Gesellschaft, in der das Recht auf informatio- elle Selbstbestimmung nichts ist als ein Placebo. Man önnte dies auch Überwachungsstaat nennen, wie eorge Orwell ihn sich im Traum nicht hätte einfallen assen können. Aber ich verspreche Ihnen: Wir werden lles dafür tun, dass es dazu nicht kommen wird. Daten- chutz und Datensicherheit werden zu den zentralen ge- ellschaftlichen Politikfeldern des 21. Jahrhunderts ge- ören. Peter Altmaier, Parl. Staatssekretär beim Bundes- inister des Innern: Das Gesetz über Personalausweise nd den elektronischen Identitätsnachweis ist Grundlage ür eines unserer bedeutendsten IT- und Modernisie- ungsprojekte: den elektronischen Personalausweis. Kern dieses Personalausweisgesetzes ist die Einfüh- ung des elektronischen Identitätsnachweises – kurz ID-Funktion. Der Ausweis wird es also möglich ma- hen, Daten wie Name, Anschrift und Alter im Internet im E-Government wie E-Business – zuverlässig, sicher nd bequem zu übermitteln. Für die Bürgerinnen und Bürger bedeutet das: Ab . November 2010 soll der neue Ausweis im Scheckkar- enformat und mit Chip ausgegeben werden. Was das leinere Format betrifft, erfüllen wir damit einen viel ge- ußerten Wunsch: Der Ausweis wird endlich in jede eldbörse passen! Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21307 (A) ) (B) ) Mit dem Chip sind gleich mehrere neue Funktionen verbunden. Schon heute wird der Personalausweis nicht nur gegenüber Behörden, sondern vor allem auch in pri- vaten Situationen eingesetzt, beispielsweise beim Er- werb altersbeschränkter Waren, beim Zugang zu Bank- schließfächern oder beim Abholen von Einschreiben bei der Post. Einen „Standard-Identitätsnachweis im Netz“ gibt es aber bislang nicht. Heute müssen wir bei jedem Onlineservice separate Anmeldeverfahren mit eigenen PINs und Passwörtern anlegen. Entweder haben Sie ein hervorragendes Ge- dächtnis für all diese PINs und Passwörter oder Sie schreiben sie auf einen heimlichen Zettel. Letzteres ist natürlich absolut nicht im Sinn der IT-Sicherheit! Außer- dem beklagen die Datenschützer immer wieder, dass die Datenschutzanforderungen nicht einheitlich umgesetzt werden und die Bürgerinnen und Bürger nicht nachvoll- ziehen können, wer welche Daten von ihnen zu welchem Zwecke online verwendet. Diese Probleme gehen wir mit dem neuen Ausweis an. Unser Ansatz berücksichtigt dabei die Forderung der Wirtschaft nach einem Ausweis für das Netz, der auch im E-Business eingesetzt werden kann. Gleichzeitig nehmen wir aber auch die Wirtschaft in die Pflicht, sich gegenüber dem Bürger zuverlässig als Onlinepartner auszuweisen und datenschutzrechtliche Anforderungen einzuhalten. Die Bürgerinnen und Bürger werden zu- künftig genau sehen können, wer sie nach ihren Daten fragt, denn die Unternehmen müssen dafür ein Berechti- gungszertifikat vorweisen, das sie vorher bei einer staat- lichen Stelle beantragt haben. Beide Seiten – Anbieter und Nutzer von Internetdienstleistungen – können also auf die Identität ihres Gegenübers vertrauen. Der elektronische Identitätsnachweis ist nicht nur zu- verlässig und bequem, er ist auch besonders effizient und trägt zum Bürokratieabbau bei. Bürger, Wirtschaft und Verwaltung profitieren davon. Die eID-Funktion und die Kombinationsmöglichkeit mit der freiwilligen elektronischen Signatur bringen großes Einsparpotenzial mit sich. Man denke nur an die Tausenden Formulare, die heute zwar am PC ausgefüllt werden können, aber am Ende doch manuell unterschrieben und per Post ver- sandt werden müssen. Mit dem neuen Personalausweis werden vollelektronische Prozesse möglich – bundes- weit und tausendfach. Um nur ein Beispiel zu nennen: Allein die Deutsche Rentenversicherung verschickt täg- lich vier Tonnen Papier. Berge von Briefen werden mit dem elektronischen Personalausweis überflüssig, alle Beteiligten sparen Druck-, Porto-, Transportkosten und vor allem: Zeit! Der Normenkontrollrat hat das Aus- weisprojekt deshalb ausdrücklich begrüßt. Noch ein Hinweis zur Biometrie: Der Personalaus- weis wird dem Sicherheitsniveau der Pässe angeglichen und entsprechend den internationalen Vorgaben auch das Foto im Chip enthalten. Die Bürgerinnen und Bürger werden die Wahl haben, ob sie – wie beim E-Pass – ne- ben dem obligatorischen Foto zwei Fingerabdrücke in ihrem Ausweis speichern lassen. Das sollte jeder tun, der sicher gehen möchte, dass sein Personalausweis – falls er einmal verloren geht oder gestohlen wird – nicht d b i a H g b t h m c w a a i d b l G M n m W D r a d d A C f t n D z k d a u d (C (D urch fremde Personen, die einem ähnlich sehen, miss- raucht verwendet werden kann. Mit Fingerabdrücken st die Zuordnung des Dokuments zum echten Inhaber bsolut eindeutig. Der Bürger hat es also selbst in der and, sich durch die freiwillige Aufnahme seiner Fin- erabdrücke in den Personalausweis vor Betrugsrisiken esonders zu schützen. Übrigens werden rund eine Vier- el Million Personalausweise jährlich gestohlen oder ge- en verloren, wir sprechen hier also keinesfalls über arginale Risiken. Eines möchte ich ausdrücklich betonen: Eine Spei- herung der Fingerabdrücke außerhalb des Personalaus- eises findet nicht statt. Auch für den Internetgebrauch, lso E-Government und E-Business, werden die Finger- bdrücke nicht Verwendung finden. Der Zugriff auf die m Ausweis-Chip gespeicherten biometrischen Daten, as heißt Foto und gegebenenfalls Fingerabdrücke, leibt ausschließlich den berechtigten behördlichen Stel- en vorbehalten – zur sicheren Personenkontrolle an renzen und im Inland. Dies wird durch technische aßnahmen sichergestellt. Dafür steht unser internatio- al anerkanntes Bundesamt für Sicherheit in der Infor- ationstechnik mit seinem guten Namen. Die Mitgliedstaaten der EU und andere Länder in der elt beobachten derzeit gespannt, ob und wie uns in eutschland die Umsetzung dieses großen Modernisie- ungs- und Sicherheitsprojekts Elektronischer Personal- usweis gelingt. Ich bitte Sie, uns darin zu unterstützen, iese Chance für unsere Bürgerinnen und Bürger und für en Standort Deutschland zu nutzen. nlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung der Entschädigung von Telekommunikationsun- ternehmen für die Heranziehung im Rahmen der Strafverfolgung (TK-Entschädigungs- Neuordnungsgesetz – TKEntschNeuOG) – Entwurf eines Gesetzes zur Wahrung der Rechtssicherheit bei der Telekommunika- tionsüberwachung und anderen verdeckten Ermittlungsmaßnahmen (Tagesordnungspunkt 14) Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/ SU): Der vorliegende Gesetzentwurf der Koalitions- raktionen ist ein gutes Signal für die Telekommunika- ionsunternehmen in Deutschland. Sie werden künftig ach einem nach Pauschalen abgestuften System für die ienstleistungen, die sie im Auftrag staatlicher Stellen ur Überwachung der Telekommunikation und zur Aus- unftserteilung über Bestands-, Verkehrs- und Standort- aten erbringen, entschädigt. Die bisherige nicht mehr ngemessene Regelung des § 23 des Justizvergütungs- nd Entschädigungsgesetzes (JVEG) wird an die geän- erten Gegebenheiten angepasst. In einer neuen Anlage 21308 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 (A) ) (B) ) zum Gesetz wird auf sachgerechte und praktikable Art und Weise für die einzelnen Maßnahmen und Auskünfte ein Pauschalentschädigungssystem eingeführt. Das ver- einfacht das Verfahren der Abrechnung deutlich, was auch vor dem Hintergrund der langsam, aber kontinuier- lich steigenden Anzahl behördlicher Anfragen bei den Te- lekommunikationsunternehmen von Bedeutung ist. Erst- mals wird auch der zusätzliche Personalkostenaufwand, der bei den Telekommunikationsunternehmen, die als Ermittlungshelfer der Strafverfolgungsbehörden tätig werden, vergütet. Diese Tätigkeit ist nicht mit der Aus- kunftserteilung Dritter nach § 23 JVEG vergleichbar, sondern eher mit der Tätigkeit eines gerichtlichen Sach- verständigen, der ein Honorar nach dem JVEG erhält. An dieser Konzeption orientiert sich auch die gefundene Lösung für die Telekommunikationsunternehmen. Im Zuge der Ergebnisse der Sachverständigenanhörung, die wir im Rechtsausschuss zu dem Gesetzentwurf durchgeführt haben, wurde der Entwurf noch an einigen Punkten, die überwiegend technischer Natur sind und daher hier nicht weiter ausgeführt werden sollen, geändert. Damit tragen wir auch berechtigten Bedenken der Länder Rechnung. In den Beratungen im Rechtsausschuss haben der Kollege Stünker und ich darauf hingewiesen, dass – an- ders als von Teilen der Opposition unterstellt – in dem heute zu beschließenden Gesetzentwurf die Investitions- kosten nicht geregelt sind. Ich stelle das hier auch noch- mals klar: In den Pauschalen sind die Investitionskosten nicht enthalten oder sonst auf eine Weise verdiskontiert. Im Telekommunikations-Entschädigungs-Neuordnungs- gesetz geht es vielmehr um die Betriebskosten. Aller- dings sind meine Fraktion und ich der Auffassung, dass wir im kommenden Jahr eine Investitionskostenregelung treffen sollten. Der Gesetzgeber hat mit der Vorratsda- tenspeicherung die Telekommunikationsunternehmen ver- pflichtet, Verkehrsdaten nach § 113 a TKG für die Dauer von sechs Monaten zu speichern. Zwar enthält die EU- Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung keine Regelung zur Frage der Kostentragungspflicht bzw. der Entschädi- gung. Klar ist aber, dass diese Verpflichtung für die Un- ternehmen mit nicht unerheblichen finanziellen Aufwen- dungen verbunden ist. Sie hatten bzw. haben zusätzliche Investitionen in Millionenhöhe für den Ausbau der Spei- cherkapazitäten zu tätigen. Dabei werden unterschiedli- che Zahlen gehandelt, die sich zwischen 50 bis 75 Millio- nen Euro und 322 Millionen Euro bewegen. Es ist daher als Erstes erforderlich, nachprüfbare Zahlen zu den In- vestitionskosten, die durch die Vorratsdatenspeiche- rungspflicht entstanden sind, auf den Tisch zu bekom- men. In einem zweiten Schritt ist zu überlegen, was eine angemessene Entschädigung sein könnte. Auch hier sollte mit Pauschalen gearbeitet werden. Ähnlich lautet auch die Empfehlung des Forschungs- berichts „Rechtswirklichkeit der Auskunftserteilung über Telekommunikationsverbindungsdaten nach §§ 100 g, 100 h StPO“ des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht vom Februar 2008. Die Autoren um Professor Albrecht bringen eine „Teilung der Kosten für Entwicklung und Unterhaltung der Über- wachungs- und Kooperationssysteme zwischen Staat und Unternehmen“ ins Gespräch und empfehlen auf S g r s f T d g w A T E p d A ß g t w Ü u a x m I u w n F l g r A g d d w h a i s d u a z u z r s B a d n t l T w (C (D eite 417 des Forschungsberichts „eine allgemeine, ge- ebenenfalls vom Einzelfall losgelöste Entschädigungs- egelung im Rahmen des TKG“. Dass die Forderung nach einer Investitionskostenent- chädigung nicht einfach mit dem grundsätzlich zutref- enden Hinweis auf die staatsbürgerliche Pflicht der elekommunikationsunternehmen, bei Heranziehung durch ie Strafverfolgungsbehörden Auskünfte zu erteilen, ab- etan werden kann, zeigt auch der Beschluss des Ver- altungsgerichts Berlin vom 17. Oktober 2008 (VG 27 232.08). Im vorläufigen Rechtsschutzverfahren hat ein elekommunikationsunternehmen in erster Instanz mit rfolg die einstweilige Aussetzung der gesetzlichen Ver- flichtung zur Vorratsdatenspeicherung durchgesetzt, bis as Bundesverfassungsgericht im Verfahren nach rt. 100 GG eine Entscheidung über die Verfassungsmä- igkeit der Entschädigungslosigkeit der Speicherpflicht etroffen hat. Dabei haben die Berliner Verwaltungsrich- er unter Verweis auf den Vorlagebeschluss beachtens- erte Ausführungen gemacht. Im Ergebnis halten sie die bertragung öffentlicher Aufgaben – hier das Einrichten nd Vorhalten von Überwachungs- und Speichertechnik – n Private vor dem Hintergrund des Schutzgüterkomple- es der öffentlichen Sicherheit für zumutbar. Nicht zu- utbar sei jedoch die Übertragung der Kostenlast für die mplementierungspflicht auf die Telekommunikations- nternehmen. Mit den vorgetragenen Gründen werden ir uns, auch wenn die Entscheidung des VG Berlin icht rechtskräftig ist, noch auseinanderzusetzen haben. Zum Schluss noch ein Wort zu dem von der FDP- raktion vorgelegten Gesetzentwurf, mit dem eine Ver- ängerung des zeitlichen Anwendungsbereichs der Über- angsvorschrift des § 150 Abs. 12 b TKG um ein weite- es Jahr vorgeschlagen wird. Durch die damit bezweckte ussetzung der Bußgeldvorschriften bei Verstößen ge- en die Pflicht zur Speicherung der Verkehrsdaten oder ie Pflicht zur Sicherstellung der Speicherung soll nach em Titel des Gesetzentwurfs die Rechtssicherheit ge- ahrt und die Telekommunikationsbranche vor unver- ältnismäßigem Schaden bewahrt werden. Es ist zu be- chten, dass Deutschland europarechtlich verpflichtet st, die Vorratsdatenspeicherung einzuführen. Es handelt ich dabei um eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten, ie dieser nachzukommen haben, indem sie die Richtlinie msetzen und die daraus resultierenden Verpflichtungen uch durchsetzen. Die Umsetzung ist mit dem Gesetz ur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung nd anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie ur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG Ende des Jah- es 2007 geschehen. Die Durchsetzung und die Sanktionierung von Ver- tößen gegen die Speicherpflicht mit dem Mittel des ußgeldes wurde für eine Übergangszeit von einem Jahr usgesetzt, um den Telekommunikationsunternehmen ie Möglichkeit zu geben, die erforderlichen Investitio- en und Vorkehrungen zu treffen. Die Unternehmen hat- en nun die erforderliche Zeit, sich auf die neue Rechts- age einzustellen. Im Telefoniebereich speichern die elekommunikationsunternehmen nach meiner Kenntnis eitgehend. Insofern gibt es auch keinen Grund, ab Ja- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21309 (A) ) (B) ) nuar 2009 dies nicht auch von den Internetanbietern zu verlangen. Schließlich ist die Vorratsdatenspeicherung auch kein Selbstzweck. Die Verkehrsdaten werden sowohl zu Straf- verfolgungszwecken als auch zur Gefahrenabwehr benö- tigt. Eine weitere Aussetzung der Bußgeldvorschriften ist deshalb nicht angebracht. Der Gesetzentwurf der FDP ist nicht weiterführend und deshalb abzulehnen. Dem Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen bitte ich zuzustimmen. Dr. Martina Krogmann (CDU/CSU): Was lange währt, wird manchmal auch tatsächlich gut. Dies ist bei der Entschädigung der Telekommunikationsunterneh- men für die Umsetzung von Anordnungen zur Überwa- chung der Telekommunikation sowie zur Auskunftser- teilung über Daten nun endlich der Fall. Wir haben die Notwendigkeit einer ebenso angemes- senen wie praktikablen Entschädigung für die Heranzie- hung der Telekommunikationsunternehmen durch die Bedarfsträger schon in der letzten Legislaturperiode er- kannt. Dies unterschied uns jedoch von anderen Akteu- ren, sodass eine zeitnahe Anpassung der Entschädigung nach dem JVEG nicht erfolgen konnte. Wir möchten mit diesem Gesetz klarstellen, dass wir die konstruktive Zusammenarbeit der Telekommunika- tionsbranche mit den Bedarfsträgern in den letzten Jah- ren nicht nur verbal anerkennen, sondern auch materiell angemessen vergüten. Bisher fand eine Entschädigung für die im Interesse des Gemeinwesens so wichtigen Dienstleistungen der Telekommunikationsunternehmer auf Basis des allge- meinen Stundensatzes für Zeugen vor Gericht statt. Die- sen bemisst das Justizvergütungs- und -entschädigungs- gesetz auf 17 Euro für jede begonnene Stunde. Bei bestimmten Arbeiten muss der zeitliche Aufwand ab der zweiten Stunde minutengenau nachgewiesen werden. Damit ergab sich Folgendes: Der Vergütungssatz deckt nicht einmal die Kosten der Unternehmen; der ad- ministrative Aufwand, um diesen unzureichenden Aus- gleich zu erhalten, ist in manchen Fällen noch dazu hö- her als der Ausgleich selbst. Hier war eine Neuregelung der Kompensation geboten. Dies bedeutet eine mate- rielle Besserstellung in Verbindung mit einer Entbüro- kratisierung des Verfahrens. Beides haben wir durch eine realistische Pauschalvergütung erreicht. Wir haben jetzt eine klassische Win-win-Situation: Die Bedarfsträger wissen vorher, wie viel eine Aktion kostet, die Unternehmen sind von übersteigerten Nach- weispflichten entlastet. Bitte gestatten Sie mir auch noch einen Exkurs. Die er- höhten Vergütungssätze sind systemimmanent, weil die Telekommunikationsunternehmen hier nicht wie ge- wöhnliche Zeugen in einem Strafprozess agieren, sondern Leistungen erbringen, die weit darüber hinausgehen: Sie müssen in vielen Fällen Recherchen durchführen, die über die bloße Auskunftserteilung hinausgehen und eher mit der Tätigkeit von Sachverständigen zu vergleichen s b d d h o s K t c z B m t g e c g s s d n z d A B f 2 b U t D s B n e s (C (D ind. Dass dies bei der Ausgestaltung der Entschädigung erücksichtigt werden muss, ist evident. An dieser Stelle möchte ich auch noch eine Lanze für ie Unternehmen brechen: Ich kenne keines, das für iese Angelegenheiten ein eigenes Profitcenter gebildet ätte – mangels eines Profites! Die Entschädigungssätze rientieren sich an den Kosten der Unternehmen, decken ie aber noch immer nicht. Das Geraune interessierter reise von so erwirtschafteten Gewinnen der verpflich- eten Unternehmen ist eine – nicht nur vorweihnachtli- he – Mär. Wir haben insofern die Entschädigung für die Heran- iehung der Telekommunikationsunternehmen durch die edarfsträger im Einzelfall abschließend und – wie ich eine – sehr ausgewogen geregelt. Das Justizvergü- ungs- und -entschädigungsgesetz ist entsprechend er- änzt und neu tariert worden. In der Diskussion der vergangenen Monate ist noch in weiterer Aspekt, den ich bisher noch nicht angespro- hen habe, immer wieder erörtert worden: die Entschädi- ung für Sachinvestitionen. Dieses Problem ist im Zu- ammenhang mit der Pflicht der Unternehmen zur ogenannten Vorratsdatenspeicherung virulent gewor- en. Das TKG schreibt den Telekommunikationsunter- ehmen vor, die Vorratsdatenspeicherung bis spätestens um 1. Januar 2009 umzusetzen. Ein Verstoß gegen iese Pflicht könnte durch die Bundesnetzagentur nach usübung ihres pflichtgemäßen Ermessens mit einem ußgeld geahndet werden. Das Verwaltungsgericht Berlin hat nun in einem Ver- ahren des vorläufigen Rechtsschutzes am 17. Oktober 008 entschieden, dass die Bundesrepublik Deutschland is zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens wegen der nterlassung der Vorhaltung von Anlagen zur Vorratsda- enspeicherung keine Zwangsmaßnahmen ergreifen darf. ie Argumentation der Kammer verdient Beachtung und ei hier – zumindest ansatzweise – referiert. Die Richter führen aus: Der Dienst des Telekommunikationsanbieters ist neutral. Er stellt lediglich die Netze zur Verfügung, die zur Übermittlung von Kommunikation erforder- lich sind. Verantwortlich für den Inhalt der Kom- munikation sind die Nutzer. Die Anknüpfung der Zurechnung an die Zurverfügungstellung einer neu- tralen Leistung würde, wollte man sie als Zurech- nungskriterium gelten lassen, den Kreis der danach Verantwortlichen unüberschaubar weit ziehen; denn vergleichbare Missbrauchsmöglichkeiten wohnen einer Vielzahl von Produkten oder Leistungen der Industriegesellschaft inne, beispielhaft seien Waf- fen und Automobile genannt … Im bloßen Zurver- fügungstellen liegt daher kein normatives Element, das die Heranziehung des Telekommunikationsan- bieters rechtfertigen könnte … Eine Parallele zu den gesetzlichen Regelungen, die anken betreffen, liegt nach Ansicht der Kammer auch icht vor, „denn im Unterschied zur Geldwäsche ist die rbrachte Leistung des Telekommunikationsanbieters tat- ächlich neutral; bei den Bankgeschäften ist es das Ge- 21310 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 (A) ) (B) ) schäft selbst, nicht die reine Transferleistung der Bank, die Unrechtsgehalt besitzt …“ Ferner seien die Kosten für die Unternehmen jährlich nicht so unbedeutend, daß eine Bindung er- heblicher Betriebsmittel im Sinne von BVerfGE 22,380 von vornherein ausscheidet. Daß diese Kos- ten für die Vorratsdatenspeicherung – nach Erwar- tung des Bundesgesetzgebers … – von den betrof- fenen Telekommunikationsunternehmen bei ihrer Preisgestaltung einkalkuliert und an die Kunden weitergegeben werden, was zu einer „geringfügi- gen“ Steigerung des Verbraucherpreisniveaus im Bereich der Telekommunikationsdienstleistungen führen könne, ersetzt nicht das für die Auferlegung genuin staatlicher Pflichten auf Private notwendige Zurechnungskriterium und ist daher zur Begrün- dung der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Kostenregelung in Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG untauglich. Dies sind sehr ernstzunehmende Argumente, die si- cher auch einen gewichtigen Einfluss auf die Entschei- dungspraxis der Bundesnetzagentur haben werden. Auch wir werden die Bedenken des Gerichts keines- falls unter den Tisch fallen lassen und die Problematik weiter im Auge behalten. In Anbetracht der Tatsache, dass die Marktteilnehmer schon ungebührlich lange auf die Anpassung des Justiz- vergütungs- und -entschädigungsgesetzes warten muss- ten, ist die Ausklammerung der Entschädigung für die Vorratsdatenspeicherung sicher im Interesse der Unter- nehmen, die so nicht noch länger warten müssen. Aus- klammerung bedeutet nicht Erledigung durch Ignorie- ren. Im Gegenteil: Hier gilt es, für die Zukunft eine überzeugende Lösung herbeizuführen. Martin Dörmann (SPD): Wir halten Wort. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf löst die Große Koalition ihr Versprechen einer angemessenen Entschädigungsrege- lung für Telekommunikationsunternehmen ein. Diese werden heute in erheblichem Umfang zur Unterstützung von Strafverfolgungsmaßnahmen verpflichtet und auch tatsächlich herangezogen. Die bisherigen Entschädi- gungsregeln hierfür waren jedoch unzureichend. Dabei leisten die Unternehmen einen wichtigen Beitrag für eine effektive Strafverfolgung und für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger. Das reicht von Auskunftsersu- chen der Strafverfolgungsbehörden über Bestands- und Verkehrsdaten bis hin zu konkreten Überwachungsmaß- nahmen. Bei der Durchführung dieser Maßnahmen entstehen den TK-Unternehmen nicht unerhebliche Kosten. Dies betrifft einerseits die notwendigen Investitionen in Hard- oder Software, vor allem aber auch laufende Sach- und Personalkosten. Je nach Schwierigkeit ist die Datenab- frage bzw. Maßnahme mit mehr oder weniger großem Aufwand verbunden. Zudem müssen die verpflichteten Unternehmen eine 24-Stunden-Bereitschaft organisie- ren. Die Politik hat den TK-Unternehmen bereits seit vielen Jahren eine angemessene Entschädigungsrege- l g d z v h v t E d S J h v o p N s h w n s D S s r g d f w s p k s s A h D t l h r ü u K d c i m l s k e (C (D ung in Aussicht gestellt. Eine im Telekommunikations- esetz enthaltene Verordnungsermächtigung wurde je- och niemals umgesetzt. Hinzu kommt, dass mit der Vorratsdatenspeicherung, u deren technischen Umsetzung die TK-Unternehmen erpflichtet sind, zusätzliche Anfragen und damit auch öhere Kosten einhergehen werden. Die Koalitionsfraktionen haben deshalb den heute zu erabschiedenden Gesetzentwurf vorgelegt. Die TK-Un- ernehmen erhalten damit erstmals eine angemessene ntschädigung für den Sach- und Personalaufwand bei er Inanspruchnahme ihrer Dienste im Rahmen der trafverfolgung. Die bislang geltenden Vorschriften im ustizvergütungs- und Entschädigungsgesetz, JVEG, atten nur eine verhältnismäßig geringe Entschädigung orgesehen. Diese hat sich an den Sätzen für Zeugen rientiert, obwohl die TK-Wirtschaft besonderen Ver- flichtungen unterliegt und deutlich höhere Kosten hat. unmehr schaffen wir dort ein neues System aus Pau- chalen mit leistungsgerechten Entschädigungsbeträgen. Das Abrechnungsverfahren wird so praktikabel ge- alten. Gegenüber dem ursprünglichen Gesetzentwurf urden die Pauschalsätze im Gesetzgebungsverfahren och weiter präzisiert. Sie orientieren sich an dem tat- ächlichen Aufwand für die unterschiedlichen Dienste. ie gefundenen Regelungen hinsichtlich der laufenden ach- und Personalkosten werden von der TK-Wirt- chaft allgemein begrüßt und positiv kommentiert. Als nach wie vor problematisch hat sich die Frage he- ausgestellt, inwieweit auch Investitionskosten in eine esetzliche Entschädigungsregelung aufgenommen wer- en sollten. Dies ist ein zusätzliches Anliegen der betrof- enen Unternehmen. Eine solche Entschädigungsregelung äre nicht im JVEG, sondern im Telekommunikationsge- etz anzusiedeln. Allerdings gibt es bislang noch keinen olitischen Konsens darüber, ob und wie Investitions- osten entschädigt werden sollten. Insbesondere stellt ich diese Frage im Hinblick auf die neue Vorratsdaten- peicherung, vor allem, weil nun auch Untenehmen zu ufwendungen verpflichtet werden, die bislang kaum erangezogen wurden, etwa im Bereich des Internets. er Grad der Betroffenheit ist dabei zwischen den Un- ernehmen sehr unterschiedlich. Zudem gibt es hierzu aufende Gerichtsverfahren. Die Wirtschaftspolitiker der Koalitionsfraktionen ste- en grundsätzlich einer angemessenen Entschädigungs- egelung für Investitionskosten durchaus positiv gegen- ber. Wir sehen die Diskussion noch nicht als beendet an nd werden uns auch weiterhin für eine vernünftige ompromisslösung einsetzen. Aber auch unabhängig avon bringt der vorliegende Gesetzentwurf eine deutli- he Erleichterung für die TK-Unternehmen, weshalb wir hn nachdrücklich unterstützen. Lassen Sie mich zum Schluss noch einmal zusam- enfassen: Mit der neuen Entschädigung werden die Te- ekommunikationsunternehmen erheblich entlastet und omit in ihrer Wettbewerbsfähigkeit und Investitions- raft gestärkt. Das ist gerade im Hinblick auf die aktu- lle Konjunkturlage wichtig. Mittelbar können auch die Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21311 (A) ) (B) ) Telefonkunden von der neuen Regelung über geringere Preise profitieren. Die heutige Verabschiedung des Ge- setzes ist deshalb gut für die Wirtschaft und gut für die Verbraucherinnen und Verbraucher. Hans-Joachim Otto (Frankfurt) (FDP): Gestern wurde uns im Ausschuss für Kultur und Medien der „Me- dien- und Kommunikationsbericht der Bundesregierung 2008“ vorgestellt. Neben vielen interessanten Informa- tionen findet sich dort – passenderweise im Abschnitt „Medienfreiheiten im Wandel von Digitalisierung und Konvergenz“ folgender Satz im Zusammenhang mit dem von CDU/CSU und SPD ausgeweiteten Überwachungs- und Vorratsdatenspeicherungsregime: „Die Bundesregie- rung ist sich der besonderen verfassungsrechtlichen Sen- sibilität der Gesetzgebung im Sicherheitsbereich bewusst und achtet bei allen Maßnahmen darauf, dass die berech- tigten grundrechtlichen Belange der Journalisten und Medienunternehmen gewahrt bleiben.“ Einmal abgesehen davon, dass ich mich frage, ob sich auch „nicht berechtigte Belange“ im Grundgesetz fin- den, ist diese Aussage erstaunlich. Eine Vielzahl führen- der Journalisten, wichtiger Akteure der Medienbranche und vor allem Bürgerrechtler scheint diese Sensibilität seitens der Bundesregierung zumindest nicht sehen zu können. Daher möchte ich ausnahmsweise mein „cete- rum censeo“ schon jetzt anbringen: Die FDP-Bundes- tagsfraktion lehnt die von Ihnen massiv ausgeweiteten Sicherheitsvorschriften, deren Effektivität zweifelhaft, deren negative Wirkungen allerdings unbestritten sind, ab. Wir werden noch sehen, wie das Bundesverfassungs- gericht Ihre Aktivitäten bewertet. Ohrfeigen haben Sie sich ja bereits mehrere eingefangen. Nun aber zu den konkreten Gesetzesvorhaben: Vor ungefähr einem Jahr hat der Deutsche Bundestag ein Ge- setz verabschiedet, das mit dem TK-Entschädigungs- Neuordnungsgesetz in engem Sachzusammenhang steht. Mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD wurde das Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüber- wachung und damit die Einführung der Vorratsdaten- speicherung beschlossen. Bereits in dieser Debatte hat die Entschädigung für die Telekommunikationsunter- nehmen eine große Rolle gespielt. Der Gesetzgeber hat die Telekommunikationsunternehmen verpflichtet, seit 1. Januar 2008 alle Telekommunikationsverkehrsdaten zu speichern. Darüber hinaus ist auch die Speicherung des Standortes bei Beginn einer Mobilfunkverbindung vorgeschrieben. Ab 1. Januar 2009 kommt auch die Spei- cherung der Verkehrsdaten hinzu, die bei der Kommuni- kation über das Internet anfallen. Der Staat hat damit die Telekommunikationsunternehmen zu einer staatlichen Aufgabe verpflichtet, die weit über die Speicherung der Daten zu eigenen Abrechnungszwecken hinausgeht. Die FDP-Bundestagsfraktion hat stets darauf hingewiesen, dass die Verpflichtung von Privaten zur Übernahme staatlicher Aufgaben keine Selbstverständlichkeit ist. Sie darf jedenfalls nicht entschädigungslos erfolgen. Es war ein großer Fehler der Bundesregierung, darauf zu verzichten, zeitgleich mit der Einführung der Vorrats- datenspeicherung zum 1. Januar 2008 auch eine ange- m l t m z v d S p d w a d m E e g d d d l z a e z g u d r d g D H w V d w k d s h v t d s i c t t t T K a V F s (C (D essene Entschädigungsregelung in Kraft treten zu assen. Stattdessen werden die Telekommunikationsun- ernehmen derzeit für ihre Mitwirkung an der Telekom- unikationsüberwachung als Zeugen nach dem Recht ur allgemeinen Entschädigung von Zeugen und Sach- erständigen entschädigt. Die Unternehmen haben wie- erholt darauf hingewiesen, dass der derzeit geltende atz für die Zeugenentschädigung von maximal 17 Euro ro Stunde nicht annähernd kostendeckend ist. Insbeson- ere durch die Zunahme von Überwachungen in mittler- eile allen Bereichen der Telekommunikation ist die In- nspruchnahme der Unternehmen durch den Staat und amit auch die wirtschaftliche Belastung der Unterneh- en in den vergangenen Jahren erheblich angestiegen. rst nach nunmehr einem Jahr hat sich die Koalition auf inen Gesetzentwurf zur Telekommunikationsentschädi- ung geeinigt. Für die FDP-Bundestagsfraktion bestätige ich, dass er von der Bundesregierung dabei gewählte Ansatz urchaus gelungen ist. Die pauschalierte Vergütung für ie einzelnen Entschädigungstatbestände ist grundsätz- ich zu begrüßen. Dieses System, das an dem für die ein- elnen Maßnahmen üblicherweise erforderlichen Zeit- ufwand ansetzt, ist transparent und ermöglicht endlich ine eindeutige Zuordnung der Kosten. Das abfragebe- ogene Pauschalentschädigungssystem wird dazu beitra- en, dass die Unternehmen von unnötiger Bürokratie nd weiterem administrativen Aufwand entlastet wer- en. Auf Unverständnis stößt allerdings, dass die Bundes- egierung es nach wie vor nicht für notwendig erachtet, ie von den Unternehmen in erheblichem Ausmaß vor- enommenen Investitionen ebenfalls zu entschädigen. ie Branchenverbände gehen von einem Volumen in öhe von bis zu 75 Millionen Euro aus, die aufgewendet erden müssen, um technischen Voraussetzungen für die orratsdatenspeicherung zu schaffen. Der Gesetzentwurf er Bundesregierung schweigt vielsagend zu der Frage, ie mit diesen Kosten zu verfahren sei. Es wird auch eine Härtefall-Regelung für Unternehmen vorgesehen, ie aufgrund ihrer geringen Größe oder ihrer Kunden- truktur kaum Anfragen zur Übermittlung von Daten er- alten werden, aber dennoch die gesamte Infrastruktur orhalten müssen. Es ist doppelzüngig von der Koali- ion, zu behaupten, der Gesetzentwurf sehe lediglich Än- erungen im Justizvergütungs- und Entschädigungsge- etz vor, während eine Entschädigung von Investitionen m Telekommunikationsgesetz zu erfolgen habe, wel- hes in der Verantwortung des Bundeswirtschaftsminis- eriums liege. Wir beraten heute das Telekommunika- ions-Entschädigungs-Neuordnungsgesetz. Zur Entschädigung gehören eindeutig auch die Inves- itionskosten. Es ist daher nicht hinnehmbar, wenn die elekommunikationsunternehmen weiterhin auf diesen osten sitzenbleiben, nur weil die Bundesregierung es uch nach einem Jahr noch nicht fertiggebracht hat, eine erständigung zwischen den einzelnen Ressorts in dieser rage herbeizuführen. Die FDP-Bundestagsfraktion legt heute auch ein Ge- etz zur Abstimmung vor, mit dem wir die Aussetzung 21312 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 (A) ) (B) ) der Bußgeldpflicht bei Verstößen gegen die Speiche- rungspflicht bis 2010 ausdehnen wollen. Wir halten die- ses Moratorium für zwingend erforderlich vor dem Hintergrund der Entscheidungen des Bundesverfas- sungsgerichts zur Vorratsdatenspeicherung sowie der Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Berlin zu den fehlenden Entschädigungsregelungen in diesem Jahr. Das Verwaltungsgericht Berlin hat im Juli 2008 ent- schieden, dass es gegen die Berufsfreiheit von Telekom- munikationsunternehmen verstößt, wenn der Staat Inves- titionen ohne Entschädigung erzwingt. Das Gericht hat in einer weiteren Entscheidung vom Oktober 2008 zu- dem die Verfassungsmäßigkeit der Vorratsdatenspeiche- rung im Hinblick darauf angezweifelt, dass die gesetzli- chen Regelungen keine Erstattung der den Unternehmen durch die Speicherung entstehenden Kosten vorsehen. Vor diesem Hintergrund halten wir es für geboten, die bereits zum 1. Januar 2009 einsetzende Bußgeldverpflichtung um ein Jahr auszusetzen. Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass unser Gesetzentwurf nicht die Aussetzung der Vor- ratsdatenspeicherung, sondern ausschließlich die Aus- setzung der Bußgeldverpflichtung zum Ziel hat. Bisher haben einige Kollegen der Koalitionsfraktionen diesen Unterschied verkannt. Die FDP-Bundestagsfraktion hat wiederholt bekräf- tigt, dass sie die Vorratsdatenspeicherung ablehnt. Wir sehen hierin einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger. Insofern ha- ben wir die Eil-Entscheidungen des Bundesverfassungs- gerichts in diesem Jahr ausdrücklich begrüßt. Dennoch werden wir den Gesetzentwurf der Bundesregierung heute nicht ablehnen. Es ist anzuerkennen, dass damit eine Verbesserung des derzeitigen Entschädigungssys- tems erreicht wird. Wir begrüßen, dass die Unternehmen endlich von einer Neuregelung profitieren können, die grundsätzlich sachgerecht ist. Die nach wie vor fehlende Investitionsentschädigung macht den Entwurf aus unse- rer Sicht jedoch nicht zustimmungsfähig. Wir werden uns bei dem Gesetzentwurf der Koalition daher heute der Stimme enthalten und werben um Ihre Stimme für unseren Gesetzentwurf. Ulla Jelpke (DIE LINKE): Wir sprechen heute da- rüber, Unternehmen für Leistungen zu entschädigen, ohne dass wir wissen, ob diese Leistungen überhaupt rechtskonform sind. Denn vieles spricht dafür, dass die Vorratsdatenspeicherung sowohl gegen Europarecht als auch gegen das Grundgesetz verstößt. Der ungeheure Angriff auf die Bürgerrechte, den die Große Koalition hier unternimmt, wird derzeit vom Bundesverfassungs- gericht behandelt. Es hat bereits zwei vorläufige Ent- scheidungen getroffen, die die Hoffnung nähren, dass dem manifestierten Überwachungswahn der Bundesre- gierung eine weitere Niederlage beschert wird. Der Gesetzentwurf, den Sie hier vorlegen, zeichnet sich darüber hinaus durch ein ärgerliches Tarnen und Täuschen aus. Denn Sie schreiben darin von den Unter- nehmen als „Ermittlungshelfern“. Nun setzt aber der Be- griff der Hilfe ein Mindestmaß an Freiwilligkeit voraus. Davon kann bei der Heranziehung zur Strafverfolgung k D w w Ü f ü h w j g d t s b r S s n i v G P s r P v g m s Ü a f ü n c w T s M c V z t g n K i d g w w m (C (D eine Rede sein; vielmehr werden die Unternehmer zur urchführung kurzerhand gezwungen. Dann gab es lange Zeit ein Hin und Her bei der Frage, ofür genau die Unternehmen eigentlich entschädigt erden sollen: Nur für die konkrete Heranziehung für berwachungsmaßnahmen oder auch für die Anschaf- ungskosten der Vorratsdatenspeicherung? Da hat es ber Monate hin widersprüchliche Angaben aus den Rei- en der Großen Koalition gegeben. Nun sagen Sie, Sie üssten überhaupt nicht, ob die Anschaffungskosten, die a mehrere Millionen betragen, überhaupt zu entschädi- en seien. Es ist weit gekommen, wenn ausgerechnet die Linke er Großen Koalition etwas über den Schutz des Eigen- ums von Unternehmen erzählen muss. Natürlich müs- en die Unternehmer, die vom Staat gezwungen werden, estimmte Anschaffungen für die Vorratsdatenspeiche- ung zu tätigen, dafür entschädigt werden. Das können ie schon Art. 14 Grundgesetz entnehmen. Natürlich ind die Investitionskosten eins zu eins zu erstatten, und atürlich müssen den Telekommunikationsunternehmen n jedem Einzelfall die tatsächlich anfallenden Kosten ergütet werden. Es spricht nichts dagegen, dies aus ründen der praktischen Handhabung auch in Form von auschalen zu machen. Nur, diese Pauschalen müssen ich nachvollziehbar an den anfallenden Kosten orientie- en. Das ist hier aber nicht der Fall. Teilweise sind die auschalen viel zu hoch, teilweise überhaupt nicht nach- ollziehbar. Wenn der unbescholtene Bürger schon für seine ei- ene Überwachung bezahlen soll, schulden Sie ihm zu- indest buchhalterische Sorgfalt. Aber die richtige Lö- ung lautet natürlich: Ziehen Sie Ihr groß angelegtes berwachungsprojekt gänzlich zurück, verzichten Sie uf die Vorratsdatenspeicherung! Sie ist bürgerrechts- eindlich, teuer und überflüssig. Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wer ber das heute anstehende TK-Entschädigungs-Neuord- ungsgesetz spricht, der muss über die Vorratsdatenspei- herung sprechen. Denn ohne die Vorratsdatenspeicherung ürde auch über eine Neuordnung der Entschädigung von elekommunikationsdienstleistern nicht zu entscheiden ein. Nach den entsetzlichen Anschlägen auf Vorortzüge in adrid reagierte die EU mit einem Vorschlag zur Spei- herung bestimmter Daten der Telekommunikation auf orrat, um diese bei Bedarf den Ermittlungsbehörden ur Verfügung stellen zu können. Jedem leuchtet unmit- elbar ein – so wurde die Initiative auch ausdrücklich be- ründet – dass es sich hierbei um eine europäische Maß- ahme zur Verfolgung grenzüberschreitender schwerster riminalität handelt. Konsequenterweise wurde deshalb n der gouvernementalen sogenannten dritten Säule um ie dort notwendige Einstimmigkeit der Staaten der EU erungen. Sie war nicht zu erreichen, nicht zuletzt des- egen, weil sich die Bundesregierung diesem Ansinnen idersetzte. Das tat sie, weil der Bundestag in einer ein- ütigen Entschließung nach Art. 23 Grundgesetz erheb- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21313 (A) ) (B) ) liche verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Vorrats- datenspeicherung formuliert hat. Daraufhin wurde in Brüssel zu einem üblen Trick ge- griffen. Eine Maßnahme der Strafverfolgung wurde flugs zu einer Maßnahme der Wettbewerbsförderung umetikettiert und mit Mehrheit verabschiedet. Auch die inzwischen neue Bundesregierung stimmte diesem Schwindel zu. Und leider hat auch die Mehrheit dieses Hohen Hauses aus SPD, CDU, CSU die nach wie vor bestehenden verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Vorratsdatenspeicherung aufgegeben und der Bundesre- gierung grünes Licht gegeben. Besonders in Richtung der SPD sage ich: Diese Aufgabe bürgerrechtlicher Posi- tionen wird ihnen noch auf die Füße fallen. Es ist bemer- kenswert, wie Sie lustvoll an einem permanenten Aus- nahmezustand in Deutschland mitwirken und jede Gegenwehr gegen eine Überwachungsgesellschaft auf- gegeben haben. Zur Klarstellung: Mit den Worten „Lust am permanenten Ausnahmezustand“ und „Überwa- chungsgesellschaft“ habe ich den Präsidenten des Bun- desverfassungsgerichts zitiert. Das Gleiche – der Über- gang von einem Verfahren in der sogenannten Dritten Säule in die erste – geschah schon bei der europäischen Regelung der Weitergabe von Fluggastdaten an die USA. Dort hat der Europäische Gerichtshof den Trick der Umetikettierung durchschaut und die Vorschriften kassiert. Gegen die europäische Vorratsdatenspeicherung klagt Irland vor dem Europäischen Gerichtshof. Der Ausgang des Verfahrens ist ungewiss. Gegen die Einführung der Vorratsdatenspeicherung in deutsches Recht klagen über 10 000 Bürgerinnen und Bürger vor dem Bundesverfas- sungsgericht. Das Gericht hat bereits in zwei einstweili- gen Anordnungen Teile der Regelung zur Vorratsdaten- speicherung suspendiert. Mit der Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung in deutsches Recht hat die Koalition in einem bisher einma- ligen Umfang Private für die staatlichen Zwecke der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung verpflichtet. Die Telekommunikationsunternehmen werden zu Hilfspoli- zisten und Hilfsagenten der Geheimdienste und der Staatsanwaltschaften. Sie müssen die Daten ihrer Kun- den – die sie selbst gar nicht benötigen – auf eigene Kos- ten und in einem ungeheuerlichen Umfang speichern und auf Vorrat zur Herausgabe an staatliche Instanzen vorhalten. Frau Bundesministerin Zypries behauptet zwar immer noch, die Unternehmen müssten nichts spei- chern, was sie nicht sowieso schon hätten. Die Sachver- ständigenanhörung zum vorliegenden Gesetz, die wir am 12. März 2008 im Rechtsausschuss durchgeführt haben, hat das Gegenteil eindrucksvoll zu Tage gefördert. Ich verweise nur auf die Aussagen der Sachverständigen Oliver Süme und Felix Müller, Seite 27 und 33 des Pro- tokolls. Die Vorratsdatenspeicherung ist auch ein massenhaf- ter schwerwiegender Eingriff in das grundrechtlich ge- schützte informationelle Selbstbestimmungsrecht und räumt gründlich mit dem Grundsatz auf, dass sich ein Bürger die Polizei vom Halse halten kann, wenn er sich durch und durch rechtstreu verhält. Mit der Vorratsda- t g n t u g g s s l h K c w f T l s n V h w d d t n s w e f a a r Ü d c d u d B c B r u t A D f E h T l (C (D enspeicherung wird das ganze Volk potenziell zum Zu- riffsobjekt von Geheimdiensten und Polizeibehörden. Heute interessiert aber nur der Aspekt der Inanspruch- ahme der Telekommunikationsunternehmen, also Priva- er, für diese hoheitlichen Maßnahmen. Die Investitions- nd Vorhaltekosten der Vorratsdatenspeicherung sind igantisch. Es ist völlig unklar, ob sie mit dem vorlie- enden Gesetz, zum Teil versteckt, in den erhöhten Pau- chalen abgegolten werden sollen. Die Unternehmen tellen dies in Abrede und beharren – wie ich finde, völ- ig zu Recht – darauf, dass die Pauschalen, wenn über- aupt, nur die Kosten konkreter Abfragen abdecken. Die ollegen aus der Koalition haben in der schon angespro- henen Sachverständigenanhörung in ihren Fragen sehr ohl anklingen lassen, dass sie die Auffassung jeden- alls nicht zurückweisen, dass in den Pauschalen auch eile des Investments abgebildet werden. Eine Klarstel- ung dazu ist notwendig, ist aber ausgeblieben. Sie ist chon deshalb notwendig, weil die Pauschalen im Falle achfolgender Strafverfahren und Verurteilungen den erurteilten in Rechnung gestellt werden. Etwaige Vor- altekosten müssten dann aber herauszurechnen sein, eil mit diesen Verurteilte keineswegs belastet werden ürfen. Sie müssen ja auch nicht anteilig die Gehälter er sie verfolgenden Polizeibeamten und der sie verur- eilenden Richter bezahlen. Das vorliegende Gesetz benachteiligt aber auch dieje- igen Firmen – es sind nach dem Ergebnis der Sachver- tändigenanhörung einige Tausend –, die gezwungen erden sollen, Computer, Programme und Personal auf igene Kosten für die Vorratsdatenspeicherung und Ab- rage vorzuhalten, bei denen aber so gut wie nie Daten bgerufen werden. Ohne Abrufe keine Pauschalen und uch keinerlei sonstige Entschädigungen. Das kann nicht ichtig sein und wird auch eine verfassungsrechtliche berprüfung nicht bestehen. Wir lehnen den vorliegenden Gesetzentwurf wegen ieser handwerklichen Fehler, aber auch aus grundsätzli- hen bürgerrechtlichen Gründen ab. Wir unterstützen den Vorschlag der FDP, wenigstens ie Pönalisierungsregelung in § 150 Absatz 12 b TKG m ein Jahr auszusetzen. So kann wenigstens ein Teil es drohenden Schadens bis zu einer Entscheidung des undesverfassungsgerichts in Sachen Vorratsdatenspei- herung abgewendet werden. Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär bei der undesministerin der Justiz: Wir bringen heute die Neu- egelung der Entschädigung von Telekommunikations- nternehmen für die Überwachung der Telekommunika- ion und für die Erteilung von Auskünften zum bschluss. Der heutigen Beschlussfassung ist eine lange iskussion vorausgegangen. Die TK-Unternehmen drängen – meist unter Beru- ung auf hohe Investitionskosten – zu einer deutlichen rhöhung ihrer Entschädigung. Die Strafverfolgungsbe- örden und die anderen Behörden, die auf die Hilfe der K-Unternehmen angewiesen sind, machen die Mehrbe- astung der öffentlichen Haushalte geltend. 21314 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 (A) ) (B) ) Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen, sage ich zunächst einmal ganz deutlich: Mit der in diesem Entwurf vorgesehenen Entschädigung werden keine In- vestitionskosten abgegolten. Das steht heute nicht zur Entscheidung. Wenn die FDP dies zum Anlass nimmt und einen Gesetzentwurf zur Beratung stellt, bei dem es im Kern um die Investitionskosten geht, dann möchte ich dazu nur so viel sagen: Gegen das Ziel des FDP-Ent- wurfs, die Bußgeldbewehrung der Speicherungspflich- ten ein weiteres Jahr auszusetzen, sprechen viele Argu- mente, von denen ich lediglich eines ansprechen möchte, denn auch das Bundesverfassungsgericht hält ein solches Moratorium offenbar nicht für geboten. Es hat in seinem Beschluss vom 28. Oktober 2008 ausdrücklich festge- stellt: „Auch die mit der Speicherungspflicht verbundenen Kosten gebieten es nicht, für die unter § 150 Abs. 12 b Satz 2 TKG (und das ist ja die Regelung, auf die der FDP-Entwurf abzielt) fallenden Diensteanbieter die Speicherungspflicht generell auszusetzen oder die Über- gangsregelung zu verlängern.“ Damit ist das Wesentli- che gesagt. Zurück zum Entschädigungsgesetz. Heute geht es ausschließlich um die Entschädigung der Personal- und Sachkosten, die durch eine einzelne Maßnahme oder Anfrage bei den Unternehmen anfallen. Diese Kosten, und zwar nur diese Kosten, sind nach dem Justizvergü- tungs- und -entschädigungsgesetz zu entschädigen. Sie können im Falle einer Verurteilung von dem Betroffenen als Teil der Gerichtskosten eingefordert werden. Ich möchte den TK-Unternehmen mit Blick auf die Strafverfolgung und die Prävention an dieser Stelle für ihre Mitarbeit danken. Die Behörden sind insoweit auf die zügige Lieferung der Telekommunikationsdaten durch die Unternehmen angewiesen. Diese übernehmen damit eine wichtige gesellschaftliche Verantwortung und leisten einen Beitrag zu unserer Sicherheit. Diese besondere Verantwortung rechtfertigt es, die Entschädigung für solche Tätigkeiten spürbar zu verbes- sern. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Unternehmen mehr tun, als bloße Auskünfte zu erteilen, nämlich dann, wenn sie quasi als „Ermittlungshelfer“ tätig werden. In dieser Funktion obliegen ihnen besondere Pflichten. Dazu gehört zum Beispiel die Vorhaltung der Technik und des Personals, der Einsatz ihres Know-hows und die ständige Bereitschaft, auch außerhalb der üblichen Ar- beitszeit Eilaufträge zu erledigen. Deshalb ist es auch richtig, diesen Unternehmen hierfür eine höhere Ent- schädigung zu zahlen als denjenigen, die lediglich einfa- che Auskünfte erteilen. Die Entschädigung soll sich in- soweit an den tatsächlichen Kosten orientieren. Und genau das wird mit diesem Entwurf erreicht. Der Entwurf hat noch einen weiteren Vorteil, der so- wohl den TK-Unternehmen als auch den Strafverfol- gungsbehörden zugutekommt: Durch die Einführung von Pauschalen für die Personal- und Sachkosten und von Flatrates für die Bereitstellung der Leitungen wird die Abrechnung sehr viel einfacher und für alle transpa- renter. Streitigkeiten über die Abrechnung werden auf ein Minimum reduziert. a T H d A n C f Z s l v c s m t E s z H 6 1 B h m Z V S g b s a s E n B f s C P U Z d e l e l F (C (D Ich denke, die jetzt gefundene Regelung stellt einen ngemessenen Ausgleich zwischen den Interessen der K-Unternehmen auf der einen Seite und den staatlichen aushalten auf der anderen Seite her. Ich bitte Sie daher, em Gesetz zuzustimmen. nlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Rechte von Bahn- kunden stärken (Tagesordnungspunkt 15 ) Julia Klöckner (CDU/CSU): „Es fährt ein Zug nach irgendwo“, so lautet schon 1972 ein Liedtitel von hristian Anders, viele Fahrgäste an deutschen Bahnhö- en fragen sich derzeit aber eher, wann überhaupt ein ug fährt. Die Störung mit den ICE-3-Zügen, ein eng ge- tecktes Fahrplannetz sowie längere Fahrtzeiten, dies al- es führt dazu, dass in Deutschland immer mehr Kunden erärgert sind. Der Grund: Auf einigen wichtigen Stre- ken drohen Engpässe, weil die Deutsche Bahn die kriti- chen Achsen vieler ICE-Züge zehnmal häufiger prüfen uss als zuvor. In vielen Ersatzzügen gibt es seit Mona- en häufig nur noch Stehplätze und längere Fahrzeiten. rst nächsten Sommer sollen die Missstände völlig be- eitigt sein. Trotzdem stiegen zum Fahrplanwechsel am 14. De- ember die Preise kräftig. Eine einfache ICE-Fahrt von amburg nach Berlin kostet jetzt 68 Euro – vorher 5 Euro – von Hannover nach München statt 112 nun 16 Euro. Um durchschnittlich 3,9 Prozent setzt die ahn die Preise hoch. Unpünktlichkeit und Preiserhö- ung, eine gewagte Mischung. Damit Sie mich nicht issverstehen: Sicherheit und die genaue Wartung von ügen gehen immer vor. Dennoch sind die ständigen erspätungen und längeren Fahrtzeiten auf der einen eite und Preiserhöhungen auf der anderen Seite ein Är- ernis. Vor allem dann, wenn auch ohne technische Pro- leme die Verspätungen, vor allem für Pendler, groß ind, abgesehen von den Warteschleifen, Anglizismen uf den Bahnhöfen und von der Werbung bei der Deut- chen Bahn, die weitere Ärgernisse sind. Deshalb lege ich Wert auf die schnelle Regelung zur ntschädigung von Bahnkunden. Die Fahrgäste dürfen icht länger im Regen stehen gelassen werden, wenn die ahn nicht die Dienstleistung einhält, für die ein Bahn- ahrer bezahlt hat – sogar in Vorleistung getreten ist. Ge- etzliche Regeln müssen nun endlich her. Die CDU/ SU-Fraktion hat hierzu bereits 2006 ein Zehn-Punkte- apier vorgelegt. Erst durch massives Drängen der nionsfraktion hat sich auch die zuständige Ministerin ypries dem Problem zugewandt. Letztlich musste auch ie EU-Kommission nachhelfen, damit die Ministerin inen Gesetzentwurf zur Stärkung der Bahnkunden vor- egte. Eine Bemerkung zum Ist-Zustand: Erst bei mehr als iner Stunde Verzug erstattet die Deutsche Bahn auf Ver- angen ein Fünftel des Fahrpreises. Allerdings nur im ernverkehr und als Gutschein und nur auf Gutdünken, Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21315 (A) ) (B) ) da es bisher keine gesetzlichen Regelungen hierzu gibt. Im Nahverkehr, wo rund 90 Prozent der Kunden unter- wegs sind, gibt es nichts. Höchste Zeit, diesen Zustand schnellstmöglich zu beenden. Kein anderer Rechtsbe- reich, der eine so große Anzahl von Menschen betrifft, ist so ungenügend und lückenhaft geregelt wie das Recht der Fahrgäste im öffentlichen Personenverkehr. Die der- zeitigen Fahrgastregelungen reichen zum großen Teil auf die im Jahr 1938 eingeführte Eisenbahn-Verkehrsord- nung zurück. Diese legt bis heute fest, dass bei Verspä- tung und Ausfall eines Zuges kein allgemeiner Entschä- digungsanspruch für den Bahnreisenden besteht. Mit der EG-Verordnung über die Rechte und Pflich- ten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr kommen wir ein gutes Stück voran und stärken die Fahrgäste ab Mai 2009 in ihren Rechten. Eines vorneweg: Leider waren Frau Zypries und die SPD-Kollegen nicht bereit, den Fahrgästen ab 30 Minu- ten Zugverspätung eine Entschädigung zukommen zu lassen. Liebe Kollegen der FDP, wir hätten gerne mehr gemacht, und auch die Bundesländer sowie die Verbrau- cherministerkonferenz der Bundesländer haben vor kur- zem ihren Widerstand gegen diese 60-Minuten-Rege- lung zum Ausdruck gebracht, aber hier müssen Sie die SPD überreden, nicht uns. Das Ergebnis, das wir Unionspolitiker zugunsten der Verbraucher ausgehandelt haben, kann sich dennoch se- hen lassen. Mit dem Gesetz werden erstmals Erstattun- gen bei Verspätungen im Bahnverkehr gesetzlich festge- schrieben, und im Nahverkehr hat jeder Bahnkunde die Möglichkeit, ab 20 Minuten Verspätung auch mit einem höherwertigen Zug weiterzufahren. Auch nächtliche Ta- xifahrten zum vorgesehenen Zielort, falls eine Weiter- fahrt nicht möglich ist, sowie Barauszahlung werden möglich. Damit hat die Union ihre bereits vor zwei Jah- ren in einem Zehn-Punkte-Papier vorgelegten Forderun- gen durchsetzen können. Die Verordnung, die Anfang des Jahres im Deutschen Bundestag behandelt werden soll, bringt folgende Ver- besserungen mit sich: Ab einer 60-minütigen Verspätung erhalten Kunden künftig 25 Prozent des Fahrpreises erstattet. Bei einer 120-minütigen Verspätung bekommen sie 50 Prozent des Fahrpreises zurück. Diese Regelung umfasst die gesamte Reisekette, also Nah- und Fernverkehr. Statt sich mit der bürokratischen Gutscheinaushändi- gung abfinden zu müssen, kann der Fahrgast künftig auf Barauszahlung bestehen. Bei einer absehbaren Verspätung von mehr als 60 Mi- nuten kann der Fahrgast von der Fahrt absehen und eine Rückerstattung des gesamten Fahrpreises fordern. Falls eine Übernachtung erforderlich ist, muss eine Hotelun- terkunft angeboten werden. Sonderregeln gelten für Zeitfahrkarten. Die Eisen- bahnunternehmen sind verpflichtet, in ihren Beförde- rungsbedingungen eine angemessene Entschädigung vor- zusehen, wenn der Fahrgast wiederholt Verspätungen erleidet. 2 S F p s k k k t i z v r w d f c 2 s s 2 s b v w s w d e n m g A s s f n w m f h v B Z u i d d t a B l a (C (D Bei einer Verspätung im Nahverkehr von mehr als 0 Minuten kann der Kunde auf ein anderes beliebiges chienenverkehrsmittel umsteigen, also auch schnellere ernverkehrszüge nutzen. Die Verkehrsunternehmen müssen ihre Informations- olitik verbessern: Die Auskunft, welcher Zug der chnellste und der preisgünstigste ist, müssen die Ver- ehrsunternehmen künftig rechtzeitig ihren Kunden zu- ommen lassen. Auf Drängen der Union wird es eine gesetzlich veran- erte neutrale Schlichtungsstelle geben, deren Schlich- ungssprüche für die Beteiligten bindend sind. Wichtig st, dass sich auch die Fluglinien hier beteiligen. Es gilt, im parlamentarischen Verfahren weiter nach- ubessern: Zurzeit ist in der Verordnung beispielsweise orgesehen, dass der Bahnfahrer nur dann auf ein ande- es Beförderungsmittel ausweichen darf, wenn der ge- ählte, fahrplanmäßige letzte Zug nach 20 Uhr durch ie Verspätung nicht mehr erreicht wird und dieser Zug ür den Zielort der letzte an diesem Tag war. Im ländli- hen Raum gibt es aber auch viele Züge, die bereits vor 0 Uhr die letzten fahrplanmäßigen sind. Der Reisende teht also vor dem gleichen Problem und gelangt an die- em Tag nicht mehr an sein Ziel. Daher ist die Uhrzeit 0 Uhr zu streichen und durch eine Formulierung zu er- etzen, die keine Uhrzeitbeschränkung vorsieht. Auch ei der Erstattung der Taxikosten ist der Höchstbetrag on 50 Euro unrealistisch und muss deshalb verdoppelt erden. Gerade Menschen im ländlichen Raum müssten onst drauflegen. Weite und kostenintensive Anfahrts- ege sind im ländlichen Raum die Regel, deshalb greift ie Faustegel „50 Kilometer kosten 50 Euro“ zu kurz. Ingesamt ist der Gesetzentwurf der Bundesregierung rfreulich und ein gutes Ergebnis für alle Bahnfahrerin- en und Bahnfahrer in Deutschland. Mehr Rechte und ehr Hilfe bei der Durchsetzung sind ein wichtiges Si- nal für alle und können auch für die Deutsche Bahn ein nsporn sein, künftig noch pünktlicher zu sein, realisti- chere Fahrtzeiten zu kalkulieren und kundennahe Hilfe- tellungen zu leisten. Wenn die Deutsche Bahn pünktlich ährt, drohen ihr weder bürokratische Mehrbelastungen och finanzielle Mehrkosten. Fahrgastrechte müssen so irksam sein, dass sich Pünktlichkeit für die Unterneh- en auszahlt. Das Interesse der Bahn muss es sein, zu- riedene Kunden mit einem soliden und wettbewerbsfä- igen Produkt zu überzeugen. Denn sonst trifft das Lied on Christian Anders bald wirklich auf die Deutsche ahn zu. Darin sitzt er nämlich allein als Passagier im ug nach nirgendwo. Dr. Günter Krings (CDU/CSU): Die Kolleginnen nd Kollegen von der FDP-Fraktion beschweren sich in hrem Antrag darüber, dass ein Gesetzentwurf der Bun- esregierung bislang nur angekündigt wurde, aber nicht en Weg ins Parlament gefunden hat. Das ist zwar rich- ig. Allerdings möchte ich gerne, was der FDP-Fraktion nscheinend entgangen ist, darauf hinweisen, dass der undesrat in der Sitzung Ende November seine Stel- ungnahme zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung bgegeben hat und daher von einer baldigen ersten Le- 21316 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 (A) ) (B) ) sung im Parlament ausgegangen werden kann. Das Thema ist sehr wichtig, aber die Debatte über den An- trag selbst ist mehr als überflüssig. Da sind Sie mal wie- der als Tiger gestartet, und werden – das kann ich Ihnen schon prophezeien – als Bettvorleger landen. Verspätungen im Bahnverkehr sind für die Kunden ein stetes Ärgernis. Ich bin ebenso wie die FDP der fes- ten Überzeugung, dass noch mehr Reisende auf die Schiene umsteigen würden, wenn die Anzahl der verspä- teten Züge reduziert werden könnte. Diese Ungewissheit wirkt sich insbesondere im Fernverkehr aus. Wenn die Leute die Wahl zwischen dem Zug und einem Flieger haben, entscheiden sie sich doch zumeist für das Flug- zeug, obwohl es zeitlich nicht unbedingt vorteilhafter ist. Die eher gegebene Zuverlässigkeit des Verkehrsträgers Luft ist hierfür oftmals ausschlaggebend. Diesen Umstand müssen wir umkehren. Dabei geht es darum, Anreize zu schaffen, um mehr Pünktlichkeit im Bahnverkehr sicherzustellen. Entschädigungszahlungen an die Kunden bilden hier den richtigen Ansatzpunkt. Schließlich wird es sich die Bahn dreimal überlegen, ob sie sich dauerhaft einen derartigen finanziellen Verlust wird leisten können oder ob sie nicht doch lieber ver- sucht, ihre Betriebsabläufe besser aufeinander abzustim- men. Insofern ist dem FDP-Antrag in der Sache nichts entgegenzuhalten. Der Gesetzentwurf der Bundesregierungen erfüllt die meisten Forderungen des FDP-Antrags und geht teil- weise sogar darüber hinaus. Das betrifft insbesondere die von der FDP vorgeschlagenen Regelungen zur Ent- schädigung im Falle einer Verspätung. Eine unbürokrati- sche Entschädigung für die Bahnkunden zu gewährleis- ten, ist auch das Ziel der Regierungskoalition. Es kann schließlich nicht sein, dass der Verbraucher sich einer Verästelung von Vorschriften gegenübersieht, die für ihn nur schwer zu durchschauen sind und die die Entschädi- gungsregelungen für ihn unattraktiv machen. Einfach und unbürokratisch müssen sie sein und auch pauschal und einheitlich. Allerdings schon bei dem letzten Punkt, der Einheit- lichkeit, setzt sich die FDP mit ihrer zweiten Forderung in Widerspruch. Dort fordert sie nämlich, auch dann ei- nen Geldersatzanspruch zu gewähren, wenn der Zug eine Verspätung von mindestens einer halben Stunde hat. Die EU-Verordnung, die für den Bereich des transnatio- nalen Schienenverkehrs unbedingt anzuwenden ist, sieht allerdings erst eine Entschädigungsleistung im Falle ei- ner Verspätung von mindestens 60 Minuten vor. Somit würde ein Bahnkunde, der die Strecke von Paris nach Köln fährt, anders behandelt als derjenige, der von Mün- chen nach Berlin den Schienenverkehr benutzt, obwohl er bei der innerstaatlichen Verbindung deutlich länger unterwegs wäre. Das ist keinem Bahnkunden zu vermit- teln. Es ist absolut vernünftig, dass wir uns hier an der Maßgabe der EU-Verordnung orientieren und für den Zugverkehr im Inland keine Sonderregelung schaffen. Würde man dem Vorschlag der FDP unter ihrem zweiten Punkt folgen, hätte wir allerdings genau die Sonderregelung, die nach dem ersten Punkt des Antrags verhindert werden soll. Dem Ansinnen der FDP, eine e z e e w K K s d g K g s d F D n B d d s V k e R d S h E t r e e M e d f ü t s w s c d h k T d l n m w n n b k (C (D inheitliche Regelung für Entschädigungsleistungen ein- urichten, tragen wir in der Weise Rechnung, dass wir rst ab einer Verspätung von mindestens 60 Minuten ine teilweise Rückerstattung des Fahrkartenpreises ge- ährleisten werden. Bislang sind die Fahrgäste bei Verspätungen auf die ulanz der Bahnunternehmen angewiesen. Nach der undencharta der Deutschen Bahn AG wird eine Ent- chädigung zwar ebenfalls ab einer Verspätung von min- estens 60 Minuten gewährt, allerdings fällt der zurück- ewährte Betrag niedriger aus. Während dies laut undencharta 20 Prozent des Fahrpreises ist, entschädi- en wir den Bahnkunden mit 25 Prozent. Liegt die Ver- pätung bei über zwei Stunden legt der Gesetzgeber für ie Zukunft sogar eine Entschädigung von der Hälfte des ahrpreises fest. Hier differenziert die Kundencharta der eutschen Bahn nicht weiter. Wir schaffen damit nicht ur eine gesetzliche Grundlage für die Ansprüche des ahnkunden, sondern gehen sogar über das hinaus, was ie Deutsche Bahn AG normalerweise aus Kulanzgrün- en den Fahrgästen an Entschädigung gewährt. Der von der FDP geforderten Einheitlichkeit des Er- tattungsanspruchs widerspricht es auch, wenn, je nach erspätung, unterschiedliche Mindestbeträge von Fahr- arten in Ansatz gebracht werden, damit eine Erstattung rfolgt. Die Idee ist an sich gar nicht schlecht. Um die ückzahlung von Kleinstbeträgen zu verhindern, ist es urchaus richtig, bei einer Verspätung von einer halben tunde einen Mindestkartenpreis von 8 Euro vorzuse- en, wobei ich mir schon die Frage stelle, ob bei 2 Euro rstattungsbetrag wirklich noch ein angemessenes Kos- en-Nutzen-Verhältnis besteht. Da dürften wohl die Bü- okratiekosten deutlich höher ausfallen als die zurückzu- rstattenden Gelder, ohne dass der Verbraucher wirklich twas davon hat. Einen solchen Vorschlag aus dem unde der FDP zu hören, finde ich zumindest kühn, um s vorsichtig auszudrücken. Nur schreibt die EU-Verordnung leider eh vor, dass ie Eisenbahnunternehmen zwar Mindestbeiträge ein- ühren müssen, diese aber die Grenze von 4 Euro nicht berschreiten dürfen. Es geht also um den Erstattungsbe- rag und nicht um den Fahrkartenpreis. Der FDP-Vor- chlag von mindestens 2 Euro Entschädigungsleistung ürde daher wiederum gegen die EU-Verordnung ver- toßen und könnte deshalb lediglich für den innerstaatli- hen Bahnverkehr angewendet werden. Das wäre schon er zweite Punkt im FDP-Antrag, bei dem von einer Ein- eitlichkeit der Entschädigungsregelung keine Rede sein ann. Ich habe es zu Beginn meiner Rede schon angedeutet: eilweise gehen wir als Regierungskoalition sogar über en FDP-Antrag hinaus; denn die Entschädigungszah- ungen bei Verspätungen helfen dem Bahnkunden in sei- er konkreten Situation nicht. Er will an sein Ziel kom- en, wenn denn auch verspätet. Im Fernverkehr ist dies eniger ein Problem, zumal dort die Bahnunternehmen ach der EU-Verordnung die Verpflichtung haben, ab ei- er Verspätung von 60 Minuten kostenlos eine Unter- ringung in einem Hotel anzubieten. Für den Nahver- ehr wäre diese Regelung allerdings widersinnig. Wenn Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21317 (A) ) (B) ) der Fahrgast im Nahverkehr aufgrund einer Verspätung seinen Anschlusszug nicht mehr bekommt, befindet er sich bereits in der Nähe seines Zielortes. Er will dann kein Hotel, sondern er will das Reiseziel erreichen. Ist eine Weiterfahrt dorthin nicht mehr möglich, hilft ihm nur ein Taxi, um an den Ankunftsort zu gelangen. Die Unionsfraktion wird sich dafür einsetzen, dass ein derartiger Aufwendungsersatz durch die Bahnunterneh- men gesetzlich verankert wird. Damit dürfte dem Bahn- kunden mehr gedient sein als mit Entschädigungsansprü- chen bei Verspätungen, die er erst im Nachhinein geltend machen kann. Wir wollen den Bahnkunden umfassend schützen und ihn nicht mit seinem Entschädigungsan- spruch auf einem zugigen Bahnhof stehen lassen, wenn er aufgrund einer Verspätung seinen letzten Anschluss- zug verpasst hat. Nur noch kurz zur Schlichtungsstelle. Die EU-Ver- ordnung schreibt den Mitgliedstaaten vor, eine unabhän- gige Stelle zur Durchsetzung der Rechte aus der Verord- nung einzurichten. Daher bleibt uns als nationalem Gesetzgeber eh nichts anderes übrig, als der FDP-Forde- rung nachzukommen, eine unabhängige Schlichtungs- stelle gesetzlich zu verankern. „Viel Lärm um nichts“ könnte man als Resümee aus dem FDP-Antrag ziehen. Viele Forderungen sind in sich nicht schlüssig und widersprechen dem eigentlichen An- liegen diametral. Die Forderungen bleiben sogar teil- weise hinter denen der Regierungskoalition zurück. Die FDP wollte mit der Fahne voran für die Rechte der Bahnkunden eintreten und muss nun feststellen, dass sie tatsächlich eine rote Laterne in den Händen hält. Gestatten Sie mir aber noch eine – adventlich ver- söhnliche – Schlussbemerkung: In Sachen Bahnkunden- schutz ist das Ziel der Großen Koalition nicht, dass in Deutschland möglichst viele Entschädigungszahlungen wegen Zugverspätungen fließen. Unser Ziel ist es viel- mehr, dass Verspätungen vermieden werden, indem wir mit unserem neuen Gesetz mahnenden und heilsamen Druck auf die Bahn AG und ihre Wettbewerber ausüben. Wenn wir uns in diesem Ziel quer durch alle Fraktionen dieses Hauses einig sind, sehe ich den Gesetzesberatun- gen mit Vorfreude entgegen. Marianne Schieder (SPD): Es ist völlig unbestritten, dass Nutzerinnen und Nutzer von Bussen, Bahnen und auch von Flugzeugen erwarten dürfen, von den Anbietern dieser Dienstleistungen schnell, sicher und vor allen Din- gen pünktlich von A nach B gebracht zu werden. Viele von uns – gerade wir Abgeordneten aus ländli- chen Wahlkreisen – kennen die Situation nur allzu gut: Man sitzt schon wie auf Kohlen im Zug, hetzt sich mit dem Koffer ab, um noch aufs richtige Gleis zu kommen, und kann dem Anschlusszug nur noch hinterherwinken oder wahrscheinlicher hinterherschimpfen. Es ist selbstverständlich ebenso unbestritten, dass die Rechte der Fahrgäste für die Fälle, in denen diese zu Be- ginn dargestellten Grundbedingungen nicht eingehalten werden, verbessert werden müssen. Als großen Erfolg für die Verbraucherinnen und Verbraucher betrachte ich es, d u N w in m ti d E F n d n s z m B s k v u d n g m f E F o d k e N S Z k s i m b r s m g K p e L f w n S n r s B (C (D ass unter der deutschen Ratspräsidentschaft nach langen nd zähen Verhandlungen mit der EU-Verordnung r. 1371/2007 eine doch recht akzeptable Einigung erzielt erden konnte, die für Verbraucherinnen und Verbraucher der ganzen EU wesentliche Verbesserungen bringt. Ich öchte an dieser Stelle deutlich machen, dass unsere Jus- zministerin Frau Zypries maßgeblichen Anteil daran hat, ass diese Regelung überhaupt zustande gekommen ist. s ist ihr zu verdanken, dass in Brüssel die Stärkung der ahrgastrechte durchgesetzt werden konnte. Dafür hier och einmal ein herzliches Dankeschön! Nun geht die Diskussion schon seit geraumer Zeit arum, ob in Deutschland über diese EU-Verordnung hi- ausgehende Ansprüche gesetzlich verankert werden ollen. Solche Forderungen, wie sie der Antrag der FDP uhauf enthält und wie sie von den Länderverbraucher- inistern gefordert werden, sind natürlich sehr populär. ei genauerer Betrachtung des Sachverhaltes entpuppen ie sich aber schnell als populistisch und zum Teil sogar ontraproduktiv. Wir alle wissen sehr genau, dass hier sehr umsichtig orgegangen werden muss. Es hilft den Verbraucherinnen nd Verbrauchern nämlich nicht, wenn beispielsweise urch überzogene Entschädigungen das Bahnfahren och teurer wird, sich die Fahrzeiten wesentlich verlän- ern oder Reiseketten aus Nah- und Fernverkehr nicht ehr angeboten werden. Die EU-Verordnung lässt zwar ür fünf Jahre befristet die Möglichkeit weitergehender ntschädigungsregelungen auch für den innerdeutschen ernverkehr zu, fraglich ist jedoch, ob dies sinnvoll ist und b den Verbraucherinnen und Verbrauchern nicht mehr ge- ient ist, wenn es zu möglichst einheitlichen Regelungen ommt, die für grenzüberschreitenden Fernverkehr benso wie für den innerdeutschen Fernverkehr und den ahverkehr gelten. Wem ist gedient mit langwierigen treitereien über die Frage, ob es sich bei dem verspäteten ug nun um einen Fernverkehrs- oder einen Nahver- ehrszug handelt? Die Bundesregierung hat am 1. Oktober 2008 den Ge- etzentwurf über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste m Eisenbahnverkehr vorgelegt. Der Bundesrat hat sich it dem Gesetzentwurf in seiner Sitzung am 28. Novem- er 2008 befasst und eine Reihe von Prüf- und Ände- ungsvorschlägen beschlossen. Ich gehe davon aus, dass ich der Deutsche Bundestag Ende Januar/Anfang Februar it dem Gesetzentwurf befasst, sodass das neue Fahr- astrechtegesetz noch vor der Hauptreisesaison 2009 in raft treten wird. Wir werden den Gesetzentwurf bei den arlamentarischen Beratungen genau prüfen und über das ine oder andere Detail sicher noch intensiv diskutieren. Wir werden vor allem für effektive und praktikable ösungen kämpfen. Insbesondere Menschen auf dem lachen Land sollen keine Nachteile erleiden müssen, enn der letzte Anschlusszug aufgrund von Verspätungen icht mehr erreicht werden konnte. Wir werden dafür orge tragen, dass Kundinnen und Kunden in Zukunft och zuverlässiger und mit klarer geregelten Fahrgast- echten in den Zug steigen können. Wir werden die Men- chen ganz bestimmt weder „im Regen“ noch auf dem ahnsteig stehen lassen. 21318 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 (A) ) (B) ) Eines möchte ich zum Schluss meiner Rede aber noch feststellen: Bei aller berechtigten Kritik ist schon auch wahr, dass die Bahn viel besser als ihr Ruf und alles in allem pünktlich und zuverlässig ist, sehr oft viel besser als Auto und Flugzeug. Volker Blumentritt (SPD): Ich freue mich, dass die FDP ihr Verbrauchergewissen entdeckt hat und in ihrem Antrag einen höheren Regulierungsbedarf aber voraus- sichtlich zulasten des Unternehmens Bahn fordert. Der Antrag ist ein halbes Jahr alt, das merkt man auch. Die Fraktion der SPD hat bereits nachgebessert und arbeitet derzeit an einem realisierbaren Optimum aus der Vorgabe von Brüssel, die bis Ende 2009 in nationales Recht umgesetzt werden soll. Ich sehe hier, dass die FDP den Schwerpunkt der Dis- kussion nach wie vor auf die Entschädigungszeiten setzt: 60 Minuten – 25 Prozent, 120 Minuten – 50 Prozent, oder doch besser: 30 Minuten – 25 Prozent, 60 Minuten – 50 Prozent. Das kann doch hier nicht mehr die Frage sein. Wenn die Entschädigungszeiten der einzige Punkt ist, der zu diesem Zeitpunkt noch in die Waagschale ge- worfen wird, dann kann ich nur sagen, dass sich hier die Antragsteller nicht über die Medienberichterstat- tung hinaus mit dem Gesetzentwurf der Bundesregie- rung befasst haben. Das ist Populismus und ein wenig plump. Wir haben bereits viel zu viel Zeit mit der Dis- kussion um Entschädigungszeiten vergeudet. Selbst die Verbraucherverbände sehen das mittlerweile so. Wir als SPD sagen heute, dass eine Absenkung der Zeiten vor allem ein für den Fahrgast sichtbares und will- kommenes Zeichen setzen würde, mit nachhaltig ange- legter Verbraucherpolitik aber wenig zu tun hat. Die Sum- men, die bei den Verkehrsunternehmen im Falle einer früheren Entschädigungszeit anfallen, würden zwangs- läufig dem Kunden hintenrum wieder aufgebrummt wer- den. Im Falle des Nahverkehrs würden wir den Ausgleich über die Regionalisierungsmittel sogar vermutlich aus der eigenen Steuertasche bezahlen müssen. Das kann doch nicht im Sinne des Erfinders sein. Im Grunde ist es auch nicht wirklich das, was der Fahrgast braucht. Im Vordergrund steht, dass ich als Reisender Verläss- lichkeit erwarte. Wenn sich durch Verspätung oder Aus- fall für mich eklatante Mängel in dem von mir zumeist teuer erkauften Produkt ergeben, erwarte ich zu Recht, dass diese Mängel so weit wie möglich und möglichst umgehend beseitigt werden. Ich erwarte Lösungen, die mir zeitnah helfen, mein Ziel zu erreichen. Im Gesetzentwurf gibt es bereits Stellschrauben, die hier für den Fahrgast konkrete Hilfen darstellen können. Ich nenne nur die Möglichkeit des Umsteigens auf an- dere, auch höherwertige Züge im Falle einer Verspätung oder die Taxinutzung bei Nichterreichung eines letzten Anschlusszuges in den Abendstunden. Ich gebe zu, dass hier der ein oder andere Punkt noch modifiziert werden muss. Wir arbeiten dran, vor allem an den Punkten, die in unseren Augen noch nicht wirklich praxisnah sind. Erfolgreich verbesserte Fahrgastrechte haben wir nur d W i t s c e E d P r g F S g s d S a a k s e S g K t s S n u f V S e r t n s w B d V d w s m g s h d 2 w n s (C (D ann, wenn dem Verbraucher nicht unnötig Steine in den eg gelegt werden. Der Fahrgast will nicht stundenlang n der Schlange stehen, um eine Entschädigung zu erhal- en. Er soll auch keinen neuen Fahrschein kaufen müs- en, um die Nutzung höherwertiger Züge zur pünktli- hen Zielerreichung in Anspruch zu nehmen. Noch inmal grundsätzlich: Aus einer Pflichtverletzung des isenbahnverkehrsunternehmens darf nicht eine Pflicht es Fahrgastes erwachsen. Das muss klar sein. Auf diese unkte müssen wir unseren Fokus legen. Die FDP fordert ebenfalls eine gesetzliche Veranke- ung einer unabhängigen Schlichtungsstelle. Das be- rüße ich ebenso. Wie die Kolleginnen und Kollegen der DP vielleicht bemerkt haben, haben wir den Begriff der chlichtung bereits im Gesetzestext verankert. Unabhän- ige Schlichtung ist ein wertvolles, verbrauchernahes In- trument, um gerade im Eisenbahnverkehr eine zufrie- enstellende Einigung zu erzielen. Die geringen treitwerte fordern dies. Das funktioniert mit der derzeit us Regierungsmitteln geförderten Schlichtungsstelle uch ganz gut. Wir brauchen Schlichtung, auch in Zu- unft. Wir müssen uns jedoch die Frage nach der Ausge- taltung stellen. Gesetzlich verordnete Schlichtung gibt es nicht, kann s auch nicht geben. Das ist ein Widerspruch in sich. chlichtung muss immer den Charakter von Unabhän- igkeit und Freiwilligkeit wahren. Hier beißt sich die atze in den Schwanz, wenn wir weiterhin eine Schlich- ungsstelle aus Regierungsmitteln finanzieren. Als An- chubfinanzierung ist dieses Mittel durchaus sinnvoll. o war es ja zunächst auch gedacht. Das Ziel, eine Fi- anzierung des Projektes in Trägerschaft der Verkehrs- nternehmen zu realisieren, ist bis jetzt jedoch ohne Er- olg geblieben. Deshalb arbeiten wir auch daran, dass die erkehrsunternehmen für sich selbst den Nutzen der chlichtung erkennen und bereit sind, eigene Modelle zu ntwickeln. Erfreulich ist es auf jeden Fall, dass dem Be- eich der Schlichtung offenbar eine Akzeptanz und Un- erstützung über alle Parteigrenzen hinweg sicher ist. Mechthild Dyckmans (FDP): Sechs Tage sind es och bis Weihnachten. Die Vorfreude vieler Menschen, ich an den Weihnachtstagen zu sehen, ist enorm. Enorm ird jedoch auch der Frust dieses Jahr wieder bei vielen ahnreisenden gerade in der Weihnachtszeit sein, wenn ie Züge im Fern- und Nahverkehr besorgniserregende erspätungen aufweisen, Anschlusszüge verpasst wer- en und die Anreise somit zum unnötigen Stressfaktor ird. Doch nicht nur in der Weihnachtszeit kommt es zu olchen Verspätungen bei der Bahn. Ich selbst fahre viel it der Bahn, und ich weiß deshalb um die große Verär- erung der Kunden über Verspätungen. Jeder, der einen Anschlusszug erreichen muss, hat es chon erlebt: Man sitzt im Zug und sieht die Minuten da- inschwinden und damit auch den letzten Anschlusszug, er einen nach Hause bringen soll. Wer nachts nach 3 Uhr auf einem leeren, unwirtlichen Bahnhof stand, eiß, wovon ich rede. Aber auch tagsüber ist es durchaus icht angenehm, auf zugigen Bahnhöfen in der Kälte auf einen verspäteten Zug zu warten. Und wenn die Bahn Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21319 (A) ) (B) ) dann, wie zum Beispiel in Kassel geschehen, den Warte- raum schließt und stattdessen die Fläche einer Fastfood- kette zur Verfügung stellt, so erhöht das zwar die Einnah- men der Bahn, Kundenfreundlichkeit und Service bleiben jedoch auf der Strecke. Mit unserem Antrag wollen wir die Rechte von Bahn- kunden stärken. Wir wissen natürlich auch, dass die Bundesjustizministerin endlich einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt hat, der allerdings nicht nur aus unserer Sicht völlig unzureichend ist. Eine Entschädi- gung erst bei Verspätungen ab einer Stunde vorzusehen wird den Nachteilen, die den Fahrgästen durch die Ver- spätungen entstehen, nicht gerecht. Die Bahn kann nicht die Fahrpreise immer weiter erhöhen, den Service aber ungestraft verschlechtern. Es ist eine Schande, wie in den letzten Jahren dieses Thema verschleppt wurde. Wir könnten und müssten schon längst die von uns heute geforderten Entschädi- gungsansprüche für Fahrgäste bei Zugverspätungen ha- ben. Im Juli 2002 haben SPD und Grüne vollmundig eine „Qualitätsoffensive im öffentlichen Personenverkehr – Verbraucherschutz und Kundenrechte stärken“ gestartet. Und was ist danach geschehen? Nichts. Ein Gutachten wurde in Auftrag gegeben – einen neutralen Gutachter hat die Regierung erst auf unseren Druck hin neu ausge- wählt –, Anträge von FDP, aber auch CDU/CSU aus den Jahren 2003 und 2004 zu entsprechenden Regelungen wurden abgelehnt. In der Beschlussempfehlung des da- mals federführenden Verkehrsausschusses vom 26. Mai 2004 hat die SPD lediglich auf das „Forschungsvorha- ben“ verwiesen, und die Grünen strebten angeblich eine „schnelle und unbürokratische Vereinbarung zugunsten der Fahrgäste“ an. Sie waren der Meinung, „ein Gesetz- gebungsverfahren nehme mindestens ein oder zwei Jahre in Anspruch“. Wären Sie, liebe Kolleginnen und Kolle- gen von SPD und Grünen, damals mutiger gewesen, könnten wir schon lange entsprechende Regelungen ha- ben, selbst wenn es zwei Jahre gedauert hätte. Unsere europäischen Partner haben es uns vorge- macht: Frankreich, Niederlande, Spanien, Schweden oder Finnland. Sie alle haben längst nationale Regelun- gen, die, unterschiedlich ausgestaltet, ab einer Verspä- tung von 30 Minuten Entschädigungszahlungen vorse- hen. Auch wenn die europäische Richtlinie, die ab Dezember 2009 gelten wird, eine Entschädigung erst ab Verspätungen von einer Stunde vorsieht, sollten wir jetzt das in den letzten Jahren Versäumte nachholen und den Verbraucherinnen und Verbrauchern in Deutschland bei Zugfahrten endlich zu ihrem Recht verhelfen. Hans-Michael Goldmann (FDP): „Zukunft bewe- gen“, „Die Bahn kommt“, „Bei der DB stehen Sie als Kunde im Mittelpunkt“. Wenn man sich diese Werbe- sprüche der DB AG auf der Zunge zergehen lässt, wird sehr schnell klar, dass wir hier heute nicht über Fahrgast- rechte diskutieren müssten, wenn die DB nur einen Bruchteil ihrer Werbeversprechen halten würde. In Zei- ten, in denen wir uns immer bewusster machen müssen, dass es gerade in den kommenden Jahren besonders w u n n n i M c D d d d w n l s D e s t g t g d b Z d b d m a S g D u a e s w l v ß f w W s B u b u m b R (C (D ichtig wäre, umzudenken und ökologischer zu handeln, m zum Beispiel die Problematik der Rohstoffe nicht och weiter voranzutreiben, kann man selbst den ver- ünftigsten Verbrauchern nicht mehr vorwerfen, dass sie icht auf die Deutsche Bahn ausweichen, sondern lieber ns Auto steigen oder das Flugzeug benutzen. Die Fahrgastrechte für unsere Verbraucher, die ab ai 2009 in Kraft treten, sind nicht ansatzweise ausrei- hend, um die Rechte der Bahnkunden gegenüber der B zu stärken. Die FDP setzt sich seit Jahren dafür ein, ass die DB endlich Leistung und Service für ihre Kun- en verbessert und vor allem auch endlich für ihre Kun- en da ist, wenn die Leistungen mangelhaft sind. Die DB urde lange genug in Watte gepackt. Ich kenne kaum ei- en anderen Fall dieser Größenordnung, in dem Nicht- eistung auch noch belohnt wird. Die Forderungen der FDP gehen viel weiter und müs- en im Sinne unserer Verbraucher durchsetzbar werden: ie Entschädigung muss schon ab einer halben Stunde rfolgen; in der heutigen Zeit ist selbst eine halbe Stunde chon eine lange Zeit, gerade wenn es sich um Verspä- ungen handelt, und dabei müssen die Entschädigungsre- eln einfach und schnell sein. Es muss eine klare Haf- ungsfestlegung geben. Dabei muss die Beweispflicht anz eindeutig bei der DB liegen und nicht beim Kun- en. Die DB als Dienstleister hat den Nachweis zu er- ringen, wer die Schuld trägt, wenn Verspätungen oder ugausfälle unvermeidbar sind. Unsere derzeitigen Fahrgastrechte liegen weit hinter enen vieler europäischer Nachbarstaaten. Außerdem efinden wir uns auch nicht ansatzweise auf der Höhe er Forderungen aus den Ländern von der Verbraucher- inisterkonferenz im vergangenen Jahr. Es reicht nicht us, Fahrgastrechte zu schaffen, die letztendlich nicht im inne der Bahnkunden sind. Die Verbraucher erwarten uten Service und Pünktlichkeit; denn sie zahlen für die ienstleistung der DB. Unsere Verbraucher sollen gute nd schnelle Entschädigung nicht aus Kulanz, sondern us der angemessenen gesetzlichen Legitimation heraus rhalten. Wir müssen den Bahnfahrern die nötige Unter- tützung geben, ansonsten bleiben diese nämlich im ahrsten Sinne des Wortes „auf der Strecke“. Karin Binder (DIE LINKE): In den allermeisten Fäl- en bringt mich die Bahn sicher, pünktlich und bequem on A nach B, und ich fahre wirklich viel und regelmä- ig mit der Bahn. Aber ich habe auch schon andere Er- ahrungen gemacht. Viele Bahnkundinnen und -kunden issen, was ich meine: überfüllte oder verschmutzte aggons, deutlich verspätete Züge, verpasste An- chlüsse, fehlende Informationen im Zug und auf dem ahnsteig oder auch falsche Beratung am Schalter. Wenn das dann vorkommt, ist das meist sehr ärgerlich nd mit entsprechendem Stress für die Betroffenen ver- unden. Entschädigungen gibt es in Deutschland kaum, nd wenn, dann auf Kulanzbasis. Es ist deshalb den eisten in dieser Runde seit langem klar, was fehlt: Wir rauchen endlich eine verpflichtende Regelung, die die echte der Fahrgäste festschreibt. 21320 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 (A) ) (B) ) Aber bislang wurde das Thema immer wieder ver- schoben, die Ministerien haben sich ausgiebig beharkt. Die Bundesregierung hat sich in diesem Fall ganz gewiss keine Lorbeeren verdient. Wie erfolgreich die eigens zu diesem Thema instal- lierte Bund-Länder-Arbeitsgruppe zusammengearbeitet hat, kann man an der Kritik des Bundesrats und den un- zähligen Änderungswünschen der Länder ableiten. Aber schlimmer noch als diese Querelen und die Hin- haltetaktik ist das, was die Bundesregierung sich inhalt- lich vorstellt: Die vorgesehenen Entschädigungen bei Verspätungen der Bahn bleiben weit hinter den Forde- rungen zurück, die zum Beispiel Fahrgastorganisationen und Verbraucherverbände, aber auch die Verkehrs- und Verbraucherschutzministerien der Länder erhoben ha- ben. Sie bleiben natürlich auch hinter denen der Linken und der anderen Oppositionsfraktionen zurück. Der An- trag der FDP, den wir beraten, macht dies deutlich. Die Bundesregierung hat sich einfach für die billigste Lösung entschieden und zieht sich wieder einmal hinter die Schutzbehauptung zurück, wegen der EU sei nicht mehr drin. Sie hat den in der EU-Verordnung vorhande- nen Spielraum einfach ignoriert. Frau Zypries hat in Interviews behauptet, dass die Deutsche Bahn im grenz- überschreitenden Verkehr durch weiter gehende Fahr- gastrechte benachteiligt werde. Dabei gibt es in Europa einige Länder, die deutlich kundenfreundlichere Ent- schädigungsregelungen haben: zum Beispiel die Nieder- lande oder Frankreich. Auch im Nahverkehr wäre mehr drin: Einige Verkehrsverbünde gehen auf freiwilliger Ba- sis schon lange über die vorgesehenen Regelungen hi- naus und sind daran bisher nicht zugrunde gegangen. Natürlich kostet das etwas, wenn die Bahn ihre Fahr- gäste für Verspätungen entschädigen muss. Die Bundes- regierung nimmt aber die hochgerechneten Horrorzahlen der Deutschen Bahn für bare Münze und ignoriert völlig andere Modellrechnungen unabhängiger Institutionen; denn diese halten ja auch weiter gehende Erstattungsre- geln für finanziell verkraftbar. Die Bundesregierung in- teressiert sich offensichtlich mehr für die Kostenrech- nung und die Bilanz der Deutschen Bahn AG als für die Stärkung der Verbraucherrechte in Bussen und Bahnen. Fahrgastrechte stellen wir uns anders vor: 30 Minuten auf einem kalten Bahnsteig sind genug. Dann müssen 25 Prozent des Fahrpreises erstattet werden. Bei 60 Mi- nuten sollte es dann schon die Hälfte des Fahrpreises sein, und zwar im Fern- und im Nahverkehr. Gerade im Nah- verkehr ist bei Verspätungen auch die freie Wahl der Er- satzverkehrsmittel sehr wichtig. Damit Fahrgäste ihre Rechte gegen Verkehrsunternehmen durchsetzen können, brauchen wir flächendeckend unabhängige Schlichtungs- stellen. Diese müssen gesetzlich verankert und langfristig finanziell abgesichert werden. Abschließend noch eine letzte Bemerkung zum An- trag der FDP: Unsere Forderungen decken sich in weiten Teilen mit Ihren. Aber ein Problem haben wir schon: Sie wollen die Entschädigungen erst ab einem bestimmten Ticketpreis gewähren. Mit dieser sogenannten Bagatell- grenze von mindestens 4 bzw. 8 Euro pro einfacher F a u d g f F je w d u M P n e m D K S r b s c s d o F u s R u d n s w r r s D t b b t h n S v s e g b h t r (C (D ahrkarte schließen Sie viele Fahrgäste von Erstattungen us. Häufig sind das Pendlerinnen und Pendler. Auch nd vielleicht gerade sie müssen ein Recht auf Entschä- igung für die entstandenen Unannehmlichkeiten haben. Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Fahr- äste haben ein Recht auf eine sichere und pünktliche Be- örderung sowie eine angemessene Entschädigung im alle von Verspätungen und Zugausfällen. Bislang gab es doch keinen gesetzlichen Anspruch darauf. Vielmehr aren die Fahrgäste auf freiwillige Selbstverpflichtungen er Verkehrsbetriebe angewiesen, wie beispielsweise die nter Renate Künast eingeführte Kundencharta oder die obilitätsgarantien der Nahverkehrsverbünde. Wir fordern daher seit langem, dass das unzeitgemäße rivileg der Deutschen Bahn und anderer Verkehrsunter- ehmen, grundlegende Kundenrechte zu missachten, be- ndet wird. Für die Bahn und andere Verkehrsbetriebe uss doch das Gleiche gelten wie für alle anderen ienstleister auf den Wettbewerbsmärkten auch: Die undinnen und Kunden müssen bei einem entstandenen chaden angemessen entschädigt werden. Deshalb haben wir schon in der letzten Legislaturpe- iode im Frühjahr 2006 einen Gesetzesentwurf einge- racht, der die Rechte der Fahrgäste verbindlich regeln oll. Leider hat die Bundesregierung dieses Verbrau- herthema lange Zeit ganz bewusst verschlafen. Doch pätestens seit Herbst 2007 sind sie unter Zugzwang, enn da wurde auf EU-Ebene beschlossen, dass ab 2009 hnehin grenzüberschreitende Regelungen beim Thema ahrgastrechte gelten müssen. Diese Regelungen sehen nter anderem vor, dass Fahrgäste ab 60 Minuten Ver- pätung 25 Prozent und ab zwei Stunden 50 Prozent des eisepreises erstattet bekommen. Seit dieser Zeit – also seit über einem Jahr – wurde ns im Verbraucherausschuss immer wieder angekün- igt, dass der Gesetzentwurf zu Fahrgastrechten auf ei- em guten Weg sei und demnächst vorgelegt würde. Pas- iert ist lange nichts, was letztlich auch dem ewig ährenden Streit zwischen Justiz- und Verkehrsministe- ium einerseits und dem Verbraucherministerium ande- erseits geschuldet ist. Wir haben im Verbraucheraus- chuss mehrfach gefordert, dass die Fahrgastrechte in eutschland weitaus verbraucherfreundlicher ausgestal- et werden müssen, als es die EG Verordnung vorsieht. Genauso sehen das übrigens auch die Verbraucherver- ände und die Verbraucherminister der Länder, die sich ei der Verbraucherministerkonferenz im letzten Sep- ember deutlich für mehr Fahrgastrechte stark gemacht aben und die Entschädigungsregeln der EG-Verord- ung für unzureichend erklärten. Sogar Minister eehofer hatte während der Konferenz zugesagt, sich für erbesserte Fahrgastrechte einzusetzen, wie zum Bei- piel die 20-Prozent-Entschädigung der Bahnkunden bei iner Verspätung von 30 Minuten, die auch wir immer efordert haben. Aber Herr Seehofer hatte offensichtlich ei seinen Zusagen die damals unmittelbar bevorste- ende bayerische Landtagswahl im Blick. Denn unmit- elbar nach der Wahl war dieses Lippenbekenntnis be- eits Geschichte. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21321 (A) ) (B) ) Der jetzt vorliegende Entwurf fällt – wie nicht anders zu erwarten war – dürftig aus: Die Bundesregierung hat wieder einmal einen Diener vor den Interessen der Wirt- schaft gemacht, anstatt die Rechte der deutschen Ver- braucherinnen und Verbraucher im Blick zu haben. Laut Gesetzesentwurf sollen im Wesentlichen nur die Mini- malregelungen der EG-Verordnung umgesetzt werden. So sind beispielsweise die Entschädigungsregeln viel zu lasch und gelten nicht einheitlich für Nah- und Fernver- kehr. Auch die Forderung der Verbraucherverbände und der Grünen, die unabhängige Schlichtungsstelle gesetz- lich zu verankern, wurde nicht umgesetzt. Wieder ein- mal wurden Verbraucherinteressen nicht ernst genom- men. Der Ressortstreit geht damit zugunsten des Verkehrs- und des Justizministeriums aus, und die Ver- braucherinnen und Verbraucher haben das Nachsehen, weil sie mit Minimalzugeständnissen abgespeist werden sollen. Vor diesem Hintergrund kann ich auch den hier zu be- ratenden Antrag der FDP unterstützen, die sich bei aller sonstigen Wirtschaftsverbundenheit ausnahmsweise ein- mal für die Verbraucherrechte stark macht. Deshalb ap- pelliere ich an die Bundesregierung. Hören sie auf Ihre eigenen Landesminister, auf die Verbraucherverbände und die Opposition und erarbeiten sie ein Gesetz, das die Rechte der Fahrgäste ernst nimmt und über die Minimal- anforderungen aus Brüssel hinausgeht! Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Steuerhinterziehung bekämpfen (Tagesordnungspunkt 16) Manfred Kolbe (CDU/CSU): Steuerehrlichkeit und Bekämpfung der Steuerhinterziehung stehen seit der spektakulären Verhaftung des Vorstandsvorsitzenden der Post Klaus Zumwinkel am 14. Februar 2008 und die an- schließende deutschlandweite Aktion der Steuerfahn- dung Wuppertal im Mittelpunkt des öffentlichen Interes- ses. Dies durchaus auch zu Recht. Denn eines sage ich auch für meine Fraktion ganz klar: Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt und wird von uns energisch ver- folgt. Deshalb legen die beiden Koalitionsfraktionen heute auch den Ihnen vorliegenden Antrag „Steuerhin- terziehung bekämpfen“ vor, der weitere Möglichkeiten der Bekämpfung der Steuerhinterziehung aufzeigt und die Bundesregierung auffordert, sie umzusetzen. Erstens. Bekämpfung der Steuerhinterziehung. Trotz der jahrelangen Steuerhinterziehung von Klaus Zumwin- kel und anderer muss aber festgehalten werden: Die Steuerfahndung ist in Deutschland grundsätzlich erfolg- reich. Rund 40 000 Verfahren pro Jahr, 17 000 Strafver- fahren, über 1,5 Milliarden Euro Mehreinnahmen pro Jahr. Auch im Fall von Klaus Zumwinkel ging ja die Diskussion in der Öffentlichkeit nicht in die Richtung, dass hier zu wenig energisch verfolgt würde, sondern eher in die Richtung, ob hier der Rechtsstaat nicht ge- wisse Grenzen überschritten habe. Steuerhinterziehung kann hart bestraft werden, in besonders schweren Fällen m R v s v S g w s G r H a b D M W a n r § a t A z H d a U z n e g b b f t U m f a U s e z z l w h w k w V (C (D it bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe. Der vereinzelte uf nach einer Erhöhung des Strafmaßes scheint mir erfehlt, zumal der bisherige Strafrahmen ja auch in chweren Fällen kaum ausgeschöpft wird. Der Bundesgerichtshof hat in einem Grundsatzurteil om 2. Dezember 2008 jetzt klargestellt, dass bei einer teuerhinterziehung die Höhe des Hinterziehungsbetra- es ein Strafzumessungsumstand von besonderem Ge- icht ist. Das bedeutet, dass jedenfalls bei einem sechs- telligen Hinterziehungsbetrag die Verhängung einer eldstrafe nur bei Vorliegen von gewichtigen Milde- ungsgründen noch schuldangemessen sein wird. Bei interziehungsbeträgen in Millionenhöhe kommt eine ussetzungsfähige Freiheitsstrafe nur noch bei Vorliegen esonders gewichtiger Milderungsgründen in Betracht. ies heißt klipp und klar: Steuerhinterzieher ab einer illion wandern tatsächlich ins Gefängnis! Einen bis dato im Gesetz enthaltenen gesetzlichen ertungswiderspruch möchte aber der Koalitionsantrag ufheben: Während derjenige, der seine Einkünfte ord- ungsgemäß deklariert hat und dann lediglich seine Vo- auszahlungen um einige Tage verspätet leistet, gemäß 240 AO mit einem Säumniszuschlag von 1 Prozent pro ngefangenen Monat – also 12 Prozent jährlich – belas- et wird, muss der Steuerhinterzieher gemäß § 235, 238 O pro Monat nur ½ Prozent Hinterziehungszinsen be- ahlen, also 6 Prozent jährlich. Diese Besserstellung des interziehers gegenüber dem bloß säumigen Zahler will er Antrag ändern und auch die Hinterziehungszinsen uf 12 Prozent anheben. Zweitens. Umsatzsteuerbetrug. Innerstaatlich ist der msatzsteuerbetrug das größte Problem. Nach Schät- ungen des ifo-Institutes haben wir hier allein 2007 ei- en Einnahmeausfall in Höhe von 11,3 Milliarden Euro rlitten. Obwohl in der Vergangenheit hier schon einiges eschehen ist, haben wir im Koalitionsvertrag verein- art, weiter an der Bekämpfung des USt-Betrugs zu ar- eiten. Bisherige Maßnahmen: Das Steuerverkürzungsbekämp- ungsgesetz verbessert seit 2001 Kontroll- und Sank- ionsmöglichkeiten der Finanzbeamten. Neu gegründete nternehmen müssen Umsatzsteuer-Voranmeldungen onatlich abgeben, mit dem Ziel, Unregelmäßigkeiten rühzeitig aufzudecken und Firmen zu identifizieren, die llein zum Zweck des USt-Betrugs gegründet wurden. nangemeldete USt-Nachschau ist möglich. Das Steueränderungsgesetz 2003 bzw. HBeglG 2004 ah weitere gesetzliche Regelungen im Interesse einer ffektiveren USt-Bekämpfung vor, so eine beim Bundes- entralamt für Steuern eingerichtete zentrale Datenbank ur Speicherung und Auswertung von USt-Betrugsfäl- en. Scheinunternehmen können so frühzeitig aufgedeckt erden. Bis letztes Jahr gab es im Bereich der Steuerhinterzie- ung keine Möglichkeit der Telekommunikationsüber- achung. Durch das Gesetz zur Neuregelung der Tele- ommunikationsüberwachung vom 9. November 2007 urde im Bereich der bandenmäßigen Umsatzsteuer- und erbrauchsteuerhinterziehung den Strafverfolgungsbe- 21322 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 (A) ) (B) ) hörden erstmals eine sogenannte Telefonüberwachung er- möglicht. Dadurch ist eine wirksamere Verfolgung der hier tätigen organisierten Kriminalität möglich. Unsere Hauptaufgabe aber bleibt es, unser Umsatz- steuersystem weniger betrugsanfällig zu machen. Das vom Bundesfinanzministerium insoweit favorisierte Re- verse-Charge-Verfahren ist dieses Jahr auf europäischer Ebene endgültig gescheitert und wir sind jetzt hier in Deutschland innerhalb des bestehenden europäischen Rahmens gefordert. Die Bundesregierung hat dazu am 29. Mai 2008 Vorschläge unterbreitet, die wir in den an- stehenden Beratungen prüfen werden. Darüber hinaus müssen meines Erachtens auch andere Optionen erwo- gen werden, wie etwa die schrittweise Einführung einer generellen Istbesteuerung. Drittens. Bekämpfung internationaler Steuerhinterzie- hung: 1. EU-Zinsteuerrichtlinie (Richtlinie 2003/48/EG). Seit 2005 wird die EU-Zinssteuerrichtlinie angewendet, die grundsätzlich einen Informationsaustausch bezüglich der Zinserträge von Steuerausländern zwischen den EU- Mitgliedstaaten vorschreibt. Die EU-Zinssteuerrichtli- nie wurde nach langwierigen Verhandlungen maßgeblich auf deutsches Drängen vereinbart. 22 EU-Staaten wen- den die ZStR an, allerdings schließen einige Staaten ihre überseeischen Gebiete davon aus, so GB die Cayman- Islands, Virgin-Islands, Anguilla, Bermuda und Gibralta und die Niederlande Aruba und Niederländischen Antil- len. Belgien, Luxemburg, Österreich, die Schweiz und Liechtenstein verweigern die Teilnahme und führen stattdessen eine jetzt 30-prozentige Quellensteuer ab. Aber bei der EU-ZStR besteht Verhandlungsbedarf: Sie gilt derzeit nur für Privatpersonen, nicht für juristische Personen. Eine Ausdehnung auf Körperschaften, Stiftun- gen und Trusts ist notwendig. Aber auch bei Privatperso- nen sind zahlreiche Anlageformen, wie beispielsweise Investmentfonds, Zertifikate, für die keine laufenden Zinszahlungen anfallen, und fondsgebundene Lebens- versicherungen ausgenommen. Alles in allem also der- zeit noch ein Käse mit vielen Löchern. 2. Amtshilfe. Angesichts der zunehmenden interna- tionalen Verflechtung der Wirtschaftsaktivitäten und der gestiegenen Mobilität der Steuerpflichtigen wird die Zu- sammenarbeit im Verwaltungsvollzug immer wichtiger. Deshalb sehen Art. 26 und 27 des OECD-DBA-Muster- abkommens auch den Austausch von Bankinformatio- nen und die Gewährung von Beitreibungshilfe vor. Nach einem Bericht des Bundesministeriums der Finanzen vom 18. März 2008 ist es bisher aber nicht einmal gelun- gen, mit allen westeuropäischen OECD-Mitgliedstaaten Bankinformationen nach Maßgabe des OECD-Muster- abkommens auszutauschen; dazu zählen insbesondere Belgien, Luxemburg, Österreich und die Schweiz. Aber auch die Amtshilfe- und Beitreibungs-Richtlinie der EU sind nach diesem Bericht des BMF derzeit rechtlich wie praktisch unzureichend und es wird an Verbesserungen dazu gearbeitet. Der Bundesfinanzminister hat dazu die volle Unterstützung meiner Fraktion. 3. Doppelbesteuerungsabkommen (DBA). DBA sol- len eine Doppelbesteuerung vermeiden und schränken deshalb im Rahmen der zwischenstaatlichen Aufteilung u w k t n m v n H b r z n s v t g s e d A b d t k e v t s w h g e e i a g g d i u o g b g b ü d d d s G (C (D nd Abgrenzung die nationalen Besteuerungsrechte teil- eise erheblich ein. Dies provoziert natürlich die Gefahr ünstlicher Gestaltungen – zum Beispiel Zwischenschal- ung von Gesellschaften in einem DBA-Staat zur Aus- utzung begünstigender DBA-Vorschriften. Gegen die issbräuchliche bzw. unerwünschte Inanspruchnahme on DBA vereinbart Deutschland in vielen DBAs soge- annte Vorbehaltsklauseln, um zu verhindern, dass der auptzweck einer Transaktion oder der Gestaltung darin esteht, Steuervorteile zu ermöglichen, deren Gewäh- ung Sinn und Zweck des DBA widerspricht. Daneben kommen einseitige nationale Maßnahmen ur Missbrauchsverhinderung infrage. Zu derartigen in- erstaatlichen Vorschriften gehört unter anderem der peziell gegen die missbräuchliche Inanspruchnahme on DBA-Vergünstigungen bei Quellensteuern gerich- ete § 50 d Abs. 3 EstG in der Fassung des Jahressteuer- esetzes 2007, der Mindestanforderungen an eine sub- tanzielle Präsenz und eigene wirtschaftliche Tätigkeit iner ausländischen Gesellschaft stellt. Dagegen bringt er systematische Übergang von der Freistellungs- zur nrechnungsmethode wenig, da beide Systeme miss- rauchsanfällig sind. Aus diesem Grund prüfen gerade ie USA teilweise den Übergang zur Freistellungsme- hode. Viertens. Fazit. Missbrauchsbekämpfung und Be- ämpfung der Steuerhinterziehung können aber nur dann rfolgreich sein, wenn dem ein verständliches und auch on den Bürgerinnen und Bürgern grundsätzlich akzep- iertes Steuerrecht zugrunde liegt. Je mehr an der Steuer- chraube gedreht wird und je höher die Steuerbelastung ird, desto mehr Menschen sehen die Steuerhinterzie- ung als vermeintlichen Ausweg. Wir von der Union sa- en ein klares Nein zur Steuerhinterziehung, aber ebenso in klares Ja zu einem maßvollen und akzeptierten Steu- rsystem, das den Bürgerinnen und Bürgern den Ertrag hrer Arbeit so weit wie möglich belässt. Die Unionsfraktion wird den Antrag an den Finanz- usschuss überweisen. Hier werden wir dann den Antrag ründlich beraten. Lothar Binding (Heidelberg) (SPD): Die Arbeits- ruppe Finanzen der SPD-Bundestagsfraktion wie auch er Bundesfinanzminister beschäftigen sich schon länger ntensiv mit der Bekämpfung von Steuerhinterziehung nd Methoden, den schädlichen Wirkungen von Steuer- asen zu begegnen. Das erklärt, warum es in den vergan- enen Jahren viele Vorschläge und Gesetze zur Betrugs- ekämpfung gab. Gleichwohl habe ich den Eindruck, dass die Steuer- estaltungserfindungsgeschwindigkeit der Steuerbetrugs- ekämpfungsgesetzgebungsgeschwindigkeit noch immer berlegen ist. Erst jüngste spektakuläre Beispiele haben ies eindrucksvoll belegt – obwohl ich ungern „ein- rucksvoll“ sage; dabei schwingt immer etwas Bewun- erung mit. Aber es geht hier ja um Betrug an unserer Gesell- chaft. Jemand erzielt sein Einkommen gestützt auf eine esellschaft, deren Infrastruktur er nutzt, deren Regel- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21323 (A) ) (B) ) werke ihn vor ungerechter Behandlung schützen, deren Polizei ihm Sicherheit gibt, deren Theater seine Frau be- suchen kann – und im Gegenzug entzieht er sich der Pflicht, seinen Teil zu dieser Gesellschaft beizusteuern. Das ist wenig eindrucksvoll, eher schäbig. Aber kriminelle Energie und rücksichtsloser Egois- mus bei jenen, die ihr in Deutschland Erwirtschaftetes auf Guernsey oder in Andorra, in Monaco oder auf Isle of Man verstecken oder bei Helfershelfern in ausgewähl- ten Banken und bestimmten Instituten, Stiftungen, Un- ternehmen, auch Regierungen von Steueroasen und sol- chen Ländern, die nicht genannt werden möchten, Mängel in der Finanzmarktkontrolle sowie Lücken im Gesetzesvollzug bilden einen Nährboden, auf dem der Steuerbetrug auch hierzulande vorzüglich gedeiht. Die vorgebliche Seriosität in den Führungsgremien mancher Kreditinstitute ist leider oft nur Tarnung, um ihr unlauteres und gesetzeswidriges Geschäftsgebaren zu bemänteln. Der äußere Anschein der Vertrauenswürdig- keit darf uns allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass Steuerkriminalität unsere Zielsetzung einer solidari- schen Verantwortung für eine gerechte Gesellschaft aus- zehrt und ihr finanzielles Fundament unterspült. Alle Fälle von Steuerkriminalität müssen lückenlos aufgeklärt und geahndet werden. Wir wollen daher den eingeschlagenen Weg weitergehen. Viele unserer gesetz- lichen Regelungen aus den vergangenen Jahren sind sehr gut – allerdings müssen sie durch eine schärfere Kon- trolle gegen Steuerhinterziehung effektiver angewendet werden. Sicher sind auch weitere gesetzliche Vorschrif- ten erforderlich – jedenfalls solange eine „Kultur“ vor- herrscht, die als erlaubt ansieht, was nicht explizit per Gesetz verboten ist. Die Arbeitsgruppe Finanzen der SPD-Bundestags- fraktion hat daher weitere Vorschläge zur Bekämpfung der Steuerkriminalität vorgelegt: klare EU-weite Koordi- nierung der Bekämpfung von Steuerhinterziehung, Ver- besserung der Kompetenzen der Ermittlungs- und Straf- verfolgungsbehörden, Verschärfung und Erweiterung der EU-Zinsrichtlinie zur Erfassung von Kapitaleinkünf- ten, Ausweitung auf Kapitaleinkünfte und auf Stiftungen und Körperschaften, nicht nur auf Privatpersonen, mas- siver Druck auf Steueroasen, um ihre Attraktivität für Steuerkriminalität auszutrocknen, aktive Unterstützung der Arbeit der OECD gegen schädlichen Steuerwettbe- werb, personelle Verstärkung bei Steuerfahndern, Be- triebsprüfern und Staatsanwaltschaften, Einrichtung ei- ner Bundessteuerverwaltung, die – insbesondere bei der Steuerfahndung – einheitlich im ganzen Bundesgebiet und auch grenzüberschreitend agiert, Abschaffung der Steuerbefreiung für Dividenden aus Steuerparadiesen und verschärfte Nachweis- und Aufbewahrungsfristen für Kapitaleinkünfte. Diese Vorschläge finden sich mehr oder weniger deut- lich im heute in erster Lesung behandelten Antrag „Steu- erhinterziehung bekämpfen“. Mehr oder weniger deutet er an, dass die Koalition ihre Erfolge im Kompromiss findet. Ein Beispiel: Ich hatte vorgeschlagen, einige Län- der, von denen wir erwarten, dass sie sich stärker an der Bekämpfung von Steuerhinterziehung, grenzüberschrei- t B L n m B h f f n B w Ü A S a e d P n g t S r h u a w R r b v F D s d f (C (D ender Steuergestaltung und international organisiertem etrug beteiligen, explizit zu nennen, etwa die Schweiz, uxemburg oder Liechtenstein. Dies war den Kollegin- en und Kollegen von der CDU/CSU aber zu „deutlich“, an solle „niemanden an den Pranger“ stellen. Zwei eispiele sollen andeuten, wie hart wir darum gerungen aben, beide Wünsche in den Antrag zu bringen: Zur Vermeidung der Benennung von Liechtenstein anden wir die Formulierung: Der Deutsche Bundestag ordert die Bundesregierung auf, weitere Möglichkeiten auf nationaler und interna- tionaler Ebene, die zur Austrocknung von Steuer- oasen wirksam beitragen würden, zu prüfen und konsequent umzusetzen, dazu gehört auch die Prü- fung der Ratifizierung des Schengen-Abkommens im Verhältnis zu Staaten, die zur Steuerhinterzie- hung besonders geeignet erscheinen … Um die Schweiz nicht explizit nennen zu müssen, ist un folgende Formulierung zu finden: Der Deutsche undestag fordert die Bundesregierung auf, sich auf europäischer Ebene mit Nachdruck dafür einzusetzen, hinsichtlich der von dritten Staaten mit den USA getroffenen besonderen Vereinbarungen zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung zu ge- währleisten, dass inhaltsgleiche Regelungen auch im Verhältnis zu europäischen Mitgliedstaaten ge- troffen werden … Ich hätte mir hier etwas klarere Formulierungen ge- ünscht. Im Folgenden möchte ich Ihnen ein paar unserer berlegungen erläutern: Im Grundsatz vertreten wir die uffassung, dass wir einen umfassenderen Ansatz in der teuerpolitik im Vollzug und wahrscheinlich weniger uf der Seite der Gesetzgebung benötigen. Unser Ziel ist s, das Risiko, entdeckt zu werden, für Steuerbetrüger eutlich zu steigern. Denn ein System, das steuerehrliche ersonen oder Unternehmen nicht vor Wettbewerbs- achteilen schützen kann und betrügerischen Gestaltun- en keinen Einhalt bietet, hat schwerwiegende Gerech- igkeitsdefizite und Akzeptanzprobleme. Zur Vermeidung und effektiven Bekämpfung von teuerkriminalität muss zum Beispiel der geschaffene echtliche und technische Rahmen auf der Basis einer inreichenden Personalausstattung konsequent genutzt nd gegebenenfalls erweitert werden. Wichtig ist aber auch, die Betrugs- und Missbrauchs- nfälligkeit des geltenden deutschen Umsatzsteuerrechts eiter zu reduzieren. Ein großer Schritt in die richtige ichtung wurde mit dem Jahressteuergesetz 2009 er- eicht. Denn die Verjährungsfrist für die Verfolgung von esonders schweren Fällen der Steuerhinterziehung wird on fünf auf zehn Jahre angehoben und damit an die rist für die Verjährung der Steuerfestsetzung angepasst. amit werden die Steuerfahndung gestärkt und das Ab- chreckungspotenzial bei Steuerhinterziehung erhöht. Des Weiteren ist es wichtig, auf europäischer Ebene ie Koordination der steuerlichen Missbrauchsbekämp- ung zu verbessern. Es müssen auch auf internationaler 21324 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 (A) ) (B) ) Ebene Maßnahmen gegen Staaten vereinbart werden, die es Steuersündern besonders einfach machen, ihr Geld im Ausland anzulegen, weil mit manchen Staaten und Ge- bieten kein ausreichender Zugang und Austausch von Bankinformationen stattfindet. Das bedeutet, dass wir mit Ländern, die es Steuerbetrügern besonders leicht machen, Geld zu verstecken, besser kooperieren müssen. Allerdings sollten auch jene Länder mit Deutschland noch besser kooperieren. Hier scheinen uns die USA in ihren Verhandlungsergebnissen einen Schritt voraus zu sein Ein wichtiges Einzelthema ist der Umsatzsteuerbetrug. Umsatzsteuerbetrug verletzt das Gerechtigkeitsempfin- den der Steuerzahler gravierend und belastet die steuer- ehrlichen Unternehmen übermäßig stark. Umsatzsteuer- hinterziehung schädigt den Staat auf der Einnahmenseite, da durch grenzüberschreitende Karussellgeschäfte, Vor- steuererschleichung durch sogenannte Gründungstäter oder Steuerhinterziehung mit gefälschten Rechnungen große Steuermindereinnahmen entstehen. Hier arbeitet Peer Steinbrück in Europa intensiv an einer koordinierten Strategie zur Verbesserung der Bekämpfung des Steuer- betrugs, die am 2. September 2008 Gegenstand im Euro- päischen Parlament war. Auch in gesamtwirtschaftlicher Perspektive richtet der Umsatzsteuerbetrug erheblichen Schaden an. Steuer- ehrliche Unternehmen haben im Wettbewerb mit steuer- unehrlichen Unternehmen eine deutlich schlechtere Aus- gangssituation. Sie werden womöglich vom Markt verdrängt, legale Arbeitsplätze werden vernichtet, der Staatshaushalt wird mit den Folgekosten der Arbeitslo- sigkeit belastet. Den Kampf gegen den Umsatzsteuerbe- trug führen wir gemeinsam mit den Ländern auf der na- tionalstaatlichen Ebene und im Austausch mit den anderen Mitgliedstaaten auch auf EU-Ebene. Wir haben in den vergangenen Jahren Instrumente entwickelt, die den Missbrauch von Regelungen im Um- satzsteuerrecht bekämpfen. Ein kurzer Überblick: An- fang 2001 trat das Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz in Kraft und verbesserte die Kontroll- und Sanktions- möglichkeiten der Finanzbeamten vor Ort: Neu gegrün- dete Unternehmen sind verpflichtet, ihre Umsatzsteuer- Voranmeldung monatlich abzugeben, um kurzlebige Fir- men zu identifizieren, die nur zum Zweck des Umsatz- steuerbetrugs gegründet wurden. Finanzbeamte können unangemeldet eine Umsatzsteuer-Nachschau durchfüh- ren, um sich einen objektiven Eindruck eines Unterneh- mens zu verschaffen. Unternehmer haften für schuldhaft nicht abgeführte Umsatzsteuer. Um insbesondere den Umsatzsteuerkarussellbetrug zu bekämpfen, wurde die gewerbs- oder bandenmäßige Nichtbezahlung der Um- satzsteuer als Straftat definiert und kann seither auch ent- sprechend bestraft werden. Wir haben in den vergangenen Jahren weitere ver- schiedene Instrumente der Strafverfolgung und Ahndung von Steuerstraftaten eingesetzt, die den Missbrauch be- kämpfen sollen. Die Abgabenordnung sieht in § 370 zur Ahndung von Steuerhinterziehung neben Geld- auch Freiheitsstrafen vor, in besonders schweren Fällen sogar mit einem H G E b b M H l t f c u B m m S t S S U o n s f l li u d z f I b V m g d b s t d F d M U g m d l u l e u B (C (D öchststrafmaß von zehn Jahren. Gegen Zahlung einer eldbuße kann zur Beschleunigung des Verfahrens die instellung der Ermittlungen erfolgen. Bei Verdacht der andenmäßigen fortgesetzten Umsatzsteuer- und Ver- rauchsteuerhinterziehung besteht seit diesem Jahr die öglichkeit der Telefonüberwachung. Auch mit dem Steueränderungsgesetz 2003 und dem aushaltsbegleitgesetz 2004 wurden gesetzliche Rege- ungen im Interesse einer effektiveren Umsatzsteuerbe- rugsbekämpfung erlassen. Die beim Bundeszentralamt ür Steuern eingerichtete Zentrale Datenbank zur Spei- herung und Auswertung von Umsatzsteuerbetrugsfällen nd Entwicklung von Risikoprofilen erfasst bundesweit etrugsfälle und ermöglicht somit einen schnellen Infor- ationsaustausch. Sie ist daher ein wichtiges Instru- ent, das die Finanzbehörden in die Lage versetzt, cheinunternehmen frühzeitig aufzudecken. Die Zen- rale Koordinierungsstelle beim Bundeszentralamt für teuern wurde als Ansprechpartner für die zuständigen tellen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union bei msatzsteuerbetrug eingerichtet. Die Zentrale Stelle ko- rdiniert aber auch bundesweit die erforderlichen Maß- ahmen in staaten- und länderübergreifenden Umsatz- teuerfällen. Das Verfahren zur länderübergreifenden Namensab- rage, LUNA, ermöglicht unter anderem bei der erstma- igen Vergabe einer Steuernummer den bundesweiten On- nezugriff auf Grunddaten von privaten Steuerzahlern nd Unternehmen. Dieses Verfahren wird erweitert, in- em Zugriffsmöglichkeiten ausgebaut und eine Vernet- ung mit der Informationsdatenbank ZAUBER geschaf- en wird. Damit steht eine bundesweit nutzbare nformationsbasis zur Bekämpfung von Umsatzsteuer- etrug zur Verfügung. Auch im Bereich der Überprüfung von Umsatzsteuer- oranmeldungen wurden mittlerweile wirksame Instru- ente entwickelt. Fast alle Bundesländer setzen ein so- enanntes regelbasiertes Entscheidungssystem ein, mit em alle eingehenden Umsatzsteuer-Voranmeldungen ezüglich ihres typischen Risikos hinsichtlich eines Um- atzsteuer-Betrugsversuches oder einer ungerechtfertig- en Erstattung bewertet werden. Trotz der erwähnten Maßnahmen sind laut Ifo-Institut ie Umsatzsteuerausfälle noch immer inakzeptabel hoch. ür 2007 beliefen sich die Schätzungen auf 11,3 Milliar- en Euro die allein auf Umsatzsteuerbetrug zurückgehen. Die Zahlen belegen, dass es trotz vieler gesetzlicher aßnahmen noch immer immanente Schwächen im msatzsteuerrecht gibt. Daher bin ich für eine grundle- ende Systemänderung. Diese Konstruktionsfehler sind it der Vollendung des EG-Binnenmarktes 1993 und em Wegfall der innergemeinschaftlichen Grenzkontrol- en zutage getreten. Sie darzustellen, wird eine Aufgabe nserer Diskussion im Finanzausschuss sein. Im Wissen, dass die Regierung bereits eigene Vorstel- ungen entwickelt und Vorschläge erarbeitet, die in die uropäische Diskussion eingebracht werden, eignet sich nser Antrag sehr gut, einen großen Schritt in Richtung ekämpfung der Steuerkriminalität voranzukommen. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21325 (A) ) (B) ) Deshalb möchte ich nun nicht sagen: Schöne Besche- rung! Aber ich wünsche Ihnen und all den Mitarbeiterin- nen und Mitarbeitern, die für uns den Parlamentsbetrieb stets beeindruckend unauffällig und perfekt organisieren, schöne Weihnachten und einen glücklichen Start ins neue Jahr 2009! Dr. Volker Wissing (FDP): Gebietet es wirklich, wie Sie in ihrem Antrag schreiben, die Steuergerechtigkeit, alle zur Verfügung stehenden Steuerquellen konsequent auszuschöpfen? Dieser Antrag der Regierungskoalition sagt viel aus – weniger über die Steuerbetrugsbekämp- fung oder gar die Steuermoral in Deutschland als viel- mehr über die finanzpolitischen Vorstellungen von CDU/CSU und SPD. Die Bürgerinnen und Bürger, die Unternehmen in unserem Land werden kurzerhand zu Steuerquellen degradiert, die es möglichst konsequent auszuschöpfen gilt. Das ist doch fast schon eine Auffor- derung zur Steuerflucht. Es ist nicht nur Ehrlichkeit, es ist vielmehr eine Dreis- tigkeit, dass Sie so unverblümt sagen, worum es Ihnen geht: die konsequente Ausschöpfung aller zur Verfügung stehenden Steuerquellen – oder sollte ich besser sagen: das konsequente Abkassieren aller Bürgerinnen und Bürger im Einzugsbereich der deutschen Finanzverwal- tung. Was ist konsequente Ausschöpfung denn anderes als vollständiges Abkassieren? Konsequentes Ausschöpfen, das klingt nicht nach Verheißung, sondern nach Drohung. Da passt es nur zu gut ins Bild, dass der Bundesminister der Finanzen unse- rem Nachbarland androht, dass künftig statt Zuckerbrot vermehrt die Peitsche eingesetzt würde. Der Bundesmi- nister der Finanzen leidet offensichtlich unter einem Gallischen-Dorf-Syndrom und fühlt sich umgeben von lauter feindlichen Steueroasen. Statt den Dialog zu su- chen und gemeinsam mit den Staaten, die er als Steuer- oasen verdächtigt, nach Lösungen zu suchen, setzt er auf rhetorische Kraftmeierei. Dass diese Strategie nicht zum Erfolg führen kann, weiß jeder – mit Ausnahme des Bundesministers der Finanzen. Der weiß zwar ganz ge- nau, was die Schweizer, Franzosen und Briten in der Fi- nanz- und Wirtschaftspolitik besser machen müssten, nur im eigenen Land, da hapert es. Statt die eigenen Hausaufgaben zu machen, sieht er die Fehler und Ver- säumnisse nur bei anderen. Ein sehr einfaches Weltbild. Aber auch ein zutreffendes? Für die FDP besteht Steuergerechtigkeit nicht in der konsequenten Ausschöpfung aller zur Verfügung stehen- den Steuerquellen, sondern zunächst einmal in der Ein- führung eines einfachen und gerechten Steuersystems mit niedrigen Sätzen. Steuergerechtigkeit auf ein mög- lichst konsequentes Abschöpfen der Bürgerinnen und Bürger sowie der Unternehmen zu reduzieren, keine An- strengungen zu unternehmen, das Steuersystem einfa- cher und gerechter zu gestalten, sollte eigentlich eines Bundesministers der Finanzen unwürdig sein. Es ist zu wenig, um mit dem Finger auf andere zu zeigen. Wenn man das deutsche Steuerrecht anschaut, dann stellt sich doch die Frage, ob die anderen Länder tatsäch- lich Steueroasen oder ob nicht Deutschland vielmehr ein f L b b r B d N z B B g g w g d B B s l r s I s c h e S n D h h U o w v D d l s m s z u e e g w e F S (C (D inanzpolitisches Schreckgespenst ist. Wer von anderen ändern einen Beitrag zur Lösung seiner Steuerpro- leme einfordert, muss zuerst einmal seine Hausaufga- en machen. Und diesbezüglich steht die Bundesregie- ung alles andere als gut da. So verweigert sich die undesregierung der europäischen Zusammenarbeit bei er Bekämpfung des Umsatzsteuerbetruges. EUROCA- ET wurde eigens eingerichtet, um Steuerhinterziehung u erschweren. Und wer macht dabei nicht mit? Die undesregierung. Angeblich wegen rechtsstaatlicher edenken. Das muss man sich einmal auf der Zunge zer- ehen lassen. Die gleiche Bundesregierung, die sich erne auf Kollisionskurs mit der Verfassung begibt, enn es um die Kürzung der Pendlerpauschale geht; die leiche Bundesregierung, deren Fantasie die Online- urchsuchungen entstammen und die liebend gerne die undeswehr im Innern einsetzen würde. Die gleiche undesregierung kann bei der Bekämpfung des Umsatz- teuerbetruges nicht mit unseren europäischen Partner- ändern zusammenarbeiten – aufgrund angeblicher echtsstaatlicher Probleme. Hier geht es nicht um rechts- taatliche Probleme, hier geht es um nationalstaatliche gnoranz. Der Ihrem Antrag beigefügte Forderungskatalog pricht eine klare Sprache. Sie fordern mehr Überwa- hung, mehr Kontrollen, weniger Freiheiten. Aber Sie aben nicht einen Spiegelstrich für die Schaffung eines infachen und gerechten Steuersystems mit niedrigen ätzen übrig. Steuergerechtigkeit ist vor allem eine in- enpolitische und keine außenpolitische Angelegenheit. as sollte auch der Bundesminister der Finanzen einse- en und endlich seine Hausaufgaben machen. Dr. Barbara Höll (DIE LINKE): Steuerhinterzie- ung, insbesondere die Flucht von Gutbetuchten und nternehmen vor der Besteuerung in sogenannte Steuer- asen, hat wesentlich zur Finanzkrise beigetragen. Not- endige Finanzmittel werden so der öffentlichen Hand orenthalten und stattdessen der Spekulation zugeführt. ie wirksame Bekämpfung der Steuerhinterziehung ist ringlicher denn je; die Profiteure von maßloser Speku- ation und Bereicherung müssen für die von ihnen verur- achte Krise auch zur Kasse gebeten werden. Der vorliegende Antrag ist demgegenüber ein Ar- utszeugnis. CDU/CSU und SPD können es nicht las- en, erst mal über zwei Seiten Werbung in eigener Sache u machen. Das – vermeintliche – Bemühen der jetzigen nd der vorherigen Regierung beim Kampf gegen Steu- rhinterziehung wird abgefeiert. Immerhin unterlassen s die Regierungsfraktionen nicht, das vernichtende Er- ebnis ihrer Bemühungen klar zu benennen, Zitat: Die durch das verbesserte rechtliche und technische Vollzugsinstrumentarium erwarteten deutlich spür- baren Wirkungen sind bisher leider weitgehend aus- geblieben. Die von den Regierungsfraktionen am Ende aufge- orfenen Forderungen weisen in prägnanter Weise auf tliche ihrer Versäumnisse hin. Warum haben sie diese orderungen nicht schon längst umgesetzt? Union und PD sind doch an der Regierung, und das Problem ist 21326 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 (A) ) (B) ) seit langem bekannt. Etliche ihrer Vorschläge hat die Fraktion Die Linke immer wieder eingefordert, bei- spielsweise die Ausweitung der EU-Zinsrichtlinie, zu- letzt in unserem Antrag „Steuerhinterziehung bekämp- fen – Steueroasen austrocknen“ vom Mai 2008. Nach wie vor krankt die Analyse der Regierungsfrak- tionen an zentralen Punkten. In trauter Eintracht glauben SPD und Union, dass Steuersenkungen gegen Steuerhin- terziehung helfen, und entlasten in dieser irrigen Hoff- nung fortgesetzt die, bei denen sich Hinterziehung lohnt, nämlich die hohen Einkommen und großen Vermögen. Nicht einmal der Flop mit der Steueramnestie von Herrn Eichel konnte sie von ihrem Glauben abbringen. Sie un- terschätzen die Maßlosigkeit in der Raffgier vieler Bes- serverdienender. Dabei hat doch gerade der Fall Zum- winkel dies schonungslos offenbart. Herr Zumwinkel war dank Erbe schon Millionär, be- vor er seine Einkünfte als Chef der Deutschen Post noch gewaltig weiter vermehren konnte. Allein 2006 steigerte er seine Gesamtbezüge um über 26 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 4,24 Millionen Euro. Aber all diese Millionen waren nicht genug für ihn, er musste auch noch Steuern über die Steueroase Liechtenstein hinter- ziehen. Glauben die Regierungsfraktionen wirklich, dass noch niedrigere Steuersätze Herrn Zumwinkel vom Steuerhinterziehen abgehalten hätten? Solange international Steuersatzgefälle existieren, werden Unternehmen und Wohlhabende Steuern hinter- ziehen. Mit der fortdauernden Steuersenkungspolitik der Bundesregierung nimmt diese eine Vorreiterrolle bei de- ren Aufrechterhaltung ein und heizt damit den interna- tionalen Steuerwettbewerb an. Die im Antrag vorgenom- mene Beschränkung auf die Bekämpfung des schädli- chen Steuerwettbewerbs greift ins Leere. Wie soll der denn genau abgrenzt werden? Die Schwierigkeiten der Pleitebank Hypo Real Estate sind durch deren Tochter Deutsche Pfandbriefbank AG ausgelöst worden; diese hat ihren Sitz im Steuerparadies Irland. Die Hypo Real Estate hat so massiv Steuern vermieden – ein himmel- schreiender Skandal, wenn man bedenkt, dass jetzt die Steuerzahler Milliarden zur Rettung dieses Steuerver- meiders aufbringen dürfen. Aber: Irlands Steuerpolitik fällt nicht unter die Definition von schädlichem Steuer- wettbewerb. Die Senkung von Steuersätzen ist keine gerechte und wirksame Antwort auf Steuerhinterziehung und Steuer- flucht. Im Gegenteil, diese Politik hat maßgeblich zur Fi- nanzkrise beigetragen. Das Trauerspiel um den Fall Zumwinkel ist leider noch nicht zu Ende. Aktuell dürfen wir Zeuge eines weiteren bitteren Kapitels sein. Zehn Stunden zu spät hat der Richter den Durchsuchungsbefehl ausgestellt, der ihm schon zwei Wochen vorlag. Dadurch ist von Herrn Zum- winkels Steuerhinterziehungen gerade so viel verjährt, dass er um eine Haftstrafe herumkommen wird. An eine zufällige Justizpanne wollte die ermittelnde Staatsanwäl- tin Margrit Lichtinghagen nicht glauben und hakte nach – mit dem Ergebnis, dass sie aus der Bochumer Staatsan- waltschaft rausgemobbt wurde. Das ist jene Staatsanwalt- s s z t n n ü g b m t d u G l v w d v d w n u S c b D t g K g n l d S d k V g w S K p a t d z h v a h s (C (D chaft, auf die Bundesfinanzminister Steinbrück immer so tolz ist. Die Financial Times Deutschland vom 15. De- ember deckt skandalöse Zustände dort auf: Mobbing, In- rigen und Einflussnahme von oben sind an der Tagesord- ung. Zitat eines Staatsanwalts: „Wer bestimmte Fälle icht ruhen lässt, der wird gehängt.“ Das spricht Bände ber den Zustand der deutschen Steuerstrafverfolgung egenüber Reichen und Vermögenden. Schon länger ist ekannt, dass diese, wenn überhaupt, mit ungewöhnlich ilden Strafen davonkommen. Das zeigt in eindringlicher Weise eine weitere zen- rale Ursache für das Versagen der Bundesregierung bei er Bekämpfung von Steuerhinterziehung. Die Linke nd Experten wie der Vorsitzende der Deutschen Steuer- ewerkschaft Dieter Ondracek fordern seit langem deut- ich mehr Personal für die Steuerfahndung. Doch in dem orliegenden Antrag bleiben die Regierungsfraktionen eiterhin vage und schwammig: Die Formulierung „auf er Basis einer hinreichenden Personalausstattung“ ist ieldeutig; sie lässt völlig offen, ob Union und SPD iese schon für ausreichend erachten oder nicht. Der Antrag der Koalitionsfraktionen ist eine Selbstbe- eihräucherung und hat eine Alibifunktion. Solange Sie icht die zentralen Ursachen für Steuerhinterziehung nd Steuerflucht angehen – durch Eindämmung des teuerwettbewerbs und eine massive personelle Aufsto- kung beim Steuervollzug –, werden Sie weiter erfolglos leiben. Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): ie Koalition hat sich viel Zeit gelassen mit diesem An- rag. Seit der Liechtenstein-Affäre sind Monate vergan- en. Die Grünen haben schon im Juni ein umfassendes onzept zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung vor- elegt, und zwar mit konkreten Vorschlägen, die natio- al, europaweit und international wirken. Es würde sich ohnen. Die Deutsche Steuergewerkschaft schätzt, dass em Fiskus jährlich 70 Milliarden Euro hinterzogene teuern entgehen. Auch der Bundesfinanzminister hat immer mal wie- er auf seine drastische Art deutlich gemacht, wie Be- ämpfung von Steuerhinterziehung aussehen könnte. on „Zuckerbrot und Peitsche“ war da die Rede oder auf ut Neudeutsch von „Carrots and Sticks Approach“, wie ir letztens im Finanzausschuss gehört haben. Die chweiz soll auf die „Schwarze Liste“ der OECD. Sogar apitalverkehrskontrollen wären denkbar, wenn Steuer- aradiese uneinsichtig sind. Hinter Steinbrücks markigen Ankündigungen steckt ber offensichtlich nicht der politische Wille der Koali- ion. Hier klafft eine riesige Lücke. Die Vorstellungen er Koalitionsfraktionen sind keine wirksame Strategie ur Austrocknung von Steueroasen und gegen die Steuer- interziehung, sondern diffus und zögerlich. Da ist viel on „prüfen“ die Rede, und gegebenenfalls wolle man uch verbessern. Das ist eindeutig zu wenig, denn Steuer- interziehung ist zu einem ernsten Problem für den Zu- ammenhalt unserer Gesellschaft geworden. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21327 (A) ) (B) ) Fangen wir vor unserer Haustür an: Allein 20 Milliar- den Euro Mehreinnahmen könnte eine verbesserte Steuer- prüfung bringen. Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Bundesländer beim Steuervollzug Standortpolitik betrei- ben. Ich möchte hier nur die dubiosen Versetzungen von offenbar zu eifrigen Frankfurter Steuerfahndern erwäh- nen, über die der stern kürzlich berichtet hat. Roland Koch hat laut stern von diesen Fällen nachweisbar ge- wusst und nichts unternommen. Hier wurde offensichtlich Steuerverschonung organisiert, denn die Steuermehrein- nahmen pro Liechtensteiner Steuerhinterziehungsfall be- trugen nach Versetzung verschiedener Beamter nur noch 208 Euro. Auch wie die aktuellen Liechtensteiner Steuer- hinterziehungsfälle gehandhabt werden, ist sehr eigenar- tig: Erst verjährt ein großer Teil der Anklagepunkte gegen einen Hauptverdächtigen, dann verlässt die Hauptanklä- gerin die Staatsanwaltschaft. Dieses System ist reform- bedürftig. Was wäre zu tun? Erstens deutlich mehr Personal für Betriebsprüfung, Steuerfahndung, Gerichte und Staats- anwaltschaften, damit sie in den Fallzahlen nicht ertrin- ken. Zweitens finanzielle Anreize für die Länder für eine gleichmäßige Steuererhebung. Zum Beispiel könnten die Mehreinnahmen bei den Ländern bleiben und nicht in den Finanzausgleich abfließen. Diese klaren Aussagen vermisse ich bei der Koalition. Sehr positiv finde ich, dass vor allem auf Drängen von deutscher Seite die Zinsrichtlinie überarbeitet wird. Gut ist auch das Ziel des Antrages, ähnlich transparente Verfahren zum Beispiel gegenüber der Schweiz durchzu- setzen, wie es die USA getan hat. Das wird aber nur mit massivem Druck funktionieren. Die Vorstellungen der Koalition sind dafür viel zu unkonkret. Nicht koopera- tionswilligen Steuerfluchtburgen müssen Kapitalver- kehrskontrollen angedroht werden, die sich noch ver- schärfen, wenn effektive Zusammenarbeit andauernd verweigert wird. Androhung einer Quellensteuer auf alle Überweisungen in die unwilligen Steueroasen ist die niedrigste Eskalationsstufe. Kontrollmitteilungen bei Auslandsüberweisungen und bei als Sammelbeförderung organisierten Bargeldtransporten über die Grenze sind die nächste Eskalationsstufe. Das Verbot von Devisen- transfers in Steueroasen, die sich produktiven Verhand- lungen gänzlich verwehren, ist als die am schärfsten wirksame Maßnahme als letztes Mittel einzusetzen. Das ist ein klares Konzept der Grünen, mit dem wir Steuer- oasen wirksam trockenlegen. Die Finanzkrise hat die internationale Bereitschaft für eine bessere Regulierung enorm gesteigert. Diese Chance muss genutzt werden. Regulierungsoasen sind auch Steueroasen. Das heißt, wer Hedgefonds besser kontrollieren will, muss auch die Steueroasen austrock- nen. Hier muss viel mehr Druck rein. Denn wie schwie- rig das ist, zeigt der derzeit eskalierende Streit zwischen Europaparlament und Charlie McCreevy, dem für Fi- nanzmarktregulierung zuständigen Kommissar. Dessen Hinhaltetaktik bei der Regulierung von Hedgefonds und Private Equity geht ja so weit, dass er von Parlamenta- riern mit einem bezahlten Lobbyisten der Finanzindus- trie verglichen wird. d d g d s d D z f 2 s f z d A S L p f B r f 1 C s w t n a F s N 2 R C s g r V m h t f b g i (C (D Als Abschlussbemerkung: Laut diesem Antrag glaubt ie Koalition immer noch, ihre Abgeltungsteuer würde ie Steuerflucht bekämpfen. Die Bürgerinnen und Bür- er sehen das aber anders: 57 Prozent glauben, dass urch die Abgeltungsteuer mehr Geld ins Ausland ge- chafft wird. Das ist auch wahrscheinlich. Der Grund ist ie unsystematische Ausgestaltung der Steuer; denn epots mit festverzinslichen Wertpapieren werden war attraktiver, besonders für hohe Einkommen, aber ür Aktienbesitzer wird die Bundesrepublik ab 1. Januar 009 zum Hochsteuerland. Und das trifft auch die Klein- parer und die Altersvorsorge. So sieht Bekämpfung von Steuerhinterziehung jeden- alls nicht aus. Das grüne Konzept gegen Steuerhinter- iehung liegt vor, und wir werden unsere Vorschläge bei en parlamentarischen Beratungen aktiv einbringen. nlage 12 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts: Keine deutsche Beteiligung an der Eu- ropäischen Verteidigungsagentur (Tagesord- nungspunkt 17) Henning Otte (CDU/CSU): Zu vorweihnachtlicher tunde müssen wir über einen Antrag der Fraktion Die inke auf Nichtbeteiligung Deutschlands an der Euro- äischen Verteidigungsagentur debattieren. Die Linke ordert in ihrem Antrag, die personelle und finanzielle eteiligung Deutschlands einzustellen, und aus der Eu- opäischen Verteidigungsagentur auszutreten. Der feder- ührende Verteidigungsausschuss hat diesen Antrag am 6. Januar 2008 mit den Stimmen der Fraktionen von DU/CSU, SPD, FDP und Grünen abgelehnt. Das Ab- timmverhalten in den mitberatenden Ausschüssen, Aus- ärtiges, Europäische Union, sowie Haushalt, war iden- isch. Das zeigt, dass der Antrag der Fraktion Die Linke icht auf gebotener Sachlichkeit, sondern, wie so häufig, uf ideologischer Ausrichtung beruht. Die CDU/CSU raktion steht dagegen für sachgerechte bürgernahe Ent- cheidungen, und daher lehnen wir diesen Antrag mit achdruck ab. Zur Versachlichung: Die EDA wurde am 12. Juli 004 vom Europäischen Rat gegründet. Als verbindliche echtsgrundlage gilt das Council Joint Action 2004/551/ FSP, dem sich bis auf Dänemark alle 26 EU-Mitglied- taaten angeschlossen haben. Der der EDA zugrundelie- ende Gedanke ist es, die teilnehmenden Staaten bei ih- en Bemühungen um eine Stärkung der europäischen erteidigungsfähigkeiten im Bereich des Krisenmanage- ents zu unterstützen und damit die Europäische Sicher- eits- und Verteidigungspolitik weiterzuentwickeln. Die wesentlichen Aufgabenfelder befassen sich ers- ens mit der Förderung der europäischen Verteidigungs- ähigkeiten, zweitens mit der europäischen Rüstungs- eschaffung, drittens mit der Etablierung einer emeinsamen technologischen und industriellen Basis m Verteidigungsbereich und viertens mit der Weiterent- 21328 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 (A) ) (B) ) wicklung der gemeinsamen Forschung und Technologie in Europa. Im Bereich der Sicherheits- und Verteidigungspolitik brauchen wir Europäer mehr gemeinsame Entwicklung und Beschaffung und eine bessere Abstimmung unserer Schwerpunktaufgaben. Diese Aufgabe leistet die EDA. Entscheidend ist, dass wir in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, GASP, sowie in der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik stärker, effektiver und auch kostengünstiger sind, wenn wir gemeinsam handeln. Daher sind wir für die EDA und lehnen den Antrag der Linken ab. Die europäischen Staaten können in einer auch aus si- cherheitspolitischer Sicht globalisierten Welt die Freiheit besser schützen und die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger stärker gewährleisten, wenn wir gemeinsam agie- ren. Und darum geht es auch ganz konkret und aktuell bei der morgen zu verabschiedenden Operation „Ata- lanta“. Mit der Einrichtung der EDA wurde ein Grund- stein für die Harmonisierung und Bündelung der Aktivi- täten und Aufwendungen für militärische Beschaffung sowie für Forschung und Entwicklung gelegt. Die Eta- blierung eines europäischen Rüstungsmarktes stellt eine notwendige Ergänzung dar, mit dem Vorteil, dass sich eine leistungs- und wettbewerbsfähige Technologiebasis in Europa herausbildet. Die EDA ist deshalb eine an Be- deutung gewinnende Institution einer gemeinsamen eu- ropäischen Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspoli- tik. Die EDA ist Bestandteil des Vertrages von Lissabon. Dies ist ein weiterer Beleg für die Funktionsfähigkeit der EDA. Mit den Verträgen von Maastricht, Amsterdam und Nizza sind zudem die rechtlichen Grundlagen für diese europäische Einrichtung geschaffen worden. Die kürzlich von den Verteidigungsministern gebilligte Rüs- tungsstrategie definiert die Rolle der EDA bei der Vorbe- reitung von zukünftigen kooperativen Rüstungsprojek- ten. Die Umsetzung des Capability Development Plan, der europäischen Forschungs- und Technologiestrategie und der Strategie für eine europäische industrielle und technische Verteidigungsbasis wurden erfolgreich ein- bzw. durchgeführt. Die Umsetzung dieser Strategien durch diverse Maßnahmenpakete kommt allen beteilig- ten Mitgliedstaaten einschließlich Deutschland zugute. Die EDA stößt weiterhin diverse Initiativen und kon- krete Projekte an: So behandelt die EDA derzeit knapp 100 Kooperationsprojekte mit einem Finanzvolumen von circa 250 Millionen Euro. Das davon bedeutendste F- und T-Projekt ist das gemeinsame Investitionspro- gramm „Force Protection“ mit einem Finanzvolumen von rund 55 Millionen Euro. Insgesamt 19 Mitgliedstaa- ten sowie Norwegen als Nicht-EDA-Mitgliedstaat neh- men an diesem Programm teil. Deutschland ist dabei mit 10 Millionen Euro neben Frankreich mit 12 Millionen Euro und Polen mit 10 Millionen Euro ein wesentlich beitragender Mitgliedstaat. Die deutsche Industrie konnte angemessen bei der Auftragsvergabe berücksich- tigt werden. Das trägt zur Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen in Deutschland bei. d t E E l d A g l w d a E e E D z E e w d v p g k D D e f d D p l w p k d t z r b B M M A a p d B K t E m s (C (D Der EDA-Lenkungsausschuss hat am 26. Mai 2008 ie Einrichtung eines weiteren gemeinsamen Investi- ionsprogramms mit dem Titel „Innovative Concepts and merging Technologies“, ICET, mit circa 15 Millionen uro und zehn Mitgliedstaaten sowie Norwegen gebil- igt. Die dazugehörige Projektvereinbarung wurde von en Ministern am 10. November 2008 unterzeichnet. uch hieran beteiligt sich Deutschland. Der Antrag der Fraktion Die Linke mag der Ideologie eschuldet sein, nicht aber der Sachkenntnis. Deutsch- and bringt sich aktiv in die Arbeit und die Weiterent- icklung der EDA ein. Diese Aktivitäten der EDA wer- en zu Recht von der Bundesregierung wie von den nderen 25 beteiligten Mitgliedstaaten unterstützt. Die DA leistet als kompetentes Kooperationsforum einen ntscheidenden Beitrag zur Stärkung Europas und der uropäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik. urch sie werden unterschiedliche nationale Interessen usammengeführt. Eine beantragte Beendigung der Beteiligung an der DA würde die deutsche Einflussnahme im Bereich der uropäischen Sicherheitspolitik und ihre weitere Ent- icklung im erheblichen Maß reduzieren. Zudem würde ies als politisches Zeichen der Abkehr Deutschlands on einer Europäischen Sicherheits- und Verteidigungs- olitik verstanden werden. Es ist richtig und wichtig, den emeinsamen europäischen Weg mit dem Ziel der Stär- ung Europas unter einer einflussreichen Einbindung eutschlands weiterzuführen. Der Antrag der Fraktion ie Linke ist sachlich nicht gerechtfertigt. Er schwächt in gemeinsames Europa. Die CDU/CSU-Fraktion steht ür ein gemeinsames Europa und für ein Europa, in das ie sicherheitspolitischen Interessen der Bundesrepublik eutschland einfließen. Wir sind eben deutsche Euro- äer. Sie sind Linke. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion ehnt den Antrag ab. Andreas Weigel (SPD): Der vorliegende Antrag be- eist erneut, dass eine seriöse Außen- und Sicherheits- olitik von der Partei Die Linke nicht erwartet werden ann. Beim Lesen könnte man den Eindruck gewinnen, ie Europäische Union beabsichtige, in Zukunft interna- ionale Krisen ausschließlich mit militärischen Mitteln u lösen. Man könnte denken, es seien gigantische Auf- üstungsvorhaben geplant, für die enorme Mehrausga- en zur Verfügung gestellt werden sollten. Sie stellen die ehauptung auf, durch die EDA werde eine „weitere ilitarisierung der EU“ gefördert. Sie erklären, die EU- itgliedstaaten konzentrierten sich vor allem auf die ufrüstung und Modernisierung ihrer Streitkräfte, statt uf eine zivile und konstruktive Außen- und Sicherheits- olitik zu setzen. Das stimmt so einfach nicht. Der Umgang der EU mit em Iran im Streit um dessen Atomprogramm ist nur ein eispiel dafür, dass die EU in erster Linie versucht, onflikte friedlich zu lösen und den Fokus auf diploma- ische, statt auf militärische Lösungsansätze legt. In der uropäischen Sicherheitsstrategie heißt es zum Umgang it sicherheitspolitischen Herausforderungen dement- prechend: „Im Gegensatz zu der massiv erkennbaren Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21329 (A) ) (B) ) Bedrohung zur Zeit des Kalten Krieges ist keine der neuen Bedrohungen rein militärischer Natur und kann auch nicht mit rein militärischen Mitteln bewältigt wer- den. Jede dieser Bedrohungen erfordert eine Kombina- tion von Instrumenten.“ Daher ist es unzulässig, von ei- ner „weiteren Militarisierung“ der EU zu sprechen. Sie fordern, Deutschland solle sich weder personell noch finanziell an der EDA beteiligen. Deutsche Gelder, die an die EU fließen, sollen nicht für rüstungsrelevante Aufgaben verwendet werden. Statt Beiträge für die EDA zu zahlen, sollte das Geld für nationale Abrüstung verwendet werden. Diese Forderung liegt fernab jeder Realität. Die Schaffung von Frieden erfordert in einigen Fällen die Anwendung militärischer Mittel. Das Auf- gabenspektrum europäischer Armeen umfasst dement- sprechend neben humanitären Rettungseinsätzen auch Kampfeinsätze zwecks Krisenbewältigung und Befrie- dung von Konflikten. Leider stoßen die Streitkräfte Eu- ropas aber schon heute oft an ihre Grenzen. Viele Ar- meen sind mangelhaft ausgestattet. Es fehlt an benötigtem Material, wie etwa geschützten Fahrzeugen oder Kapazitäten für den Lufttransport. Wenn wir uns in internationalen Krisen wirkungsvoll engagieren wollen, brauchen wir funktionsfähige euro- päische Streitkräfte, die gut ausgerüstet sind. Dies ist ohne die EDA nicht erreichbar. Ein Vergleich mit den Vereinigten Staaten von Amerika sollte dies deutlich ma- chen. Die EU verfügt in etwa über die gleich Anzahl von Soldaten wie die USA. Aber die Fähigkeiten unserer Streitkräfte liegen weit hinter denen Washingtons zu- rück. Woran liegt das? In den USA gibt es eine Armee und einen Rüstungsmarkt. Dagegen haben wir in der EU augenblicklich ein unkoordiniertes Nebeneinander von 27 Verteidigungsetats, 27 Armeen, die jeweils in einem breiten Aufgabenspektrum einsetzbar sein sollen. Wäh- rend die Verteidigungshaushalte in Europa tendenziell nicht steigen, werden die Aufgaben, denen wir uns ge- genübersehen, immer anspruchsvoller. Macht es denn Sinn, wenn alle Mitgliedstaaten dazu in der Lage sind, in voller Breite alle militärischen Auf- gaben zu erfüllen? Müssen wir alle eine vollständig aus- gerüstete Armee haben, die über ein breites Spektrum sämtlicher militärischer Fähigkeiten verfügt? Ist es nicht sinnvoller, sich in einer Gemeinschaft zusammenzu- schließen? Ist es nicht effektiver, wenn die verschiede- nen Aufgaben auf mehrere Schultern verteilt werden? Kann nicht gerade auf diesem Wege viel Geld eingespart werden? Ich denke, diese Fragen kann man mit einem deutlichen Ja beantworten. Eine Bündelung der Aufga- ben macht mehr Sinn als das bisherige Nebeneinander von 27 Staaten. Durch die Zusammenarbeit der Staaten im Rüstungs- bereich können Doppelungen, unnötige Verschwendung von Ressourcen und Mehrausgaben vermieden werden. Dazu müssen zunächst Fähigkeitslücken identifiziert und darauf aufbauend die Beschaffung koordiniert werden. Diese Aufgaben kann nur eine zentrale Verteidigungs- agentur, die EDA, übernehmen. Sie kann den militäri- schen Bedarf aller Mitgliedstaaten am besten ermitteln u u R w B l s D z r k Z l n n d R d s K d d b p t s F e w q h c k w G n k t w j w P f d k s g n w k Z (C (D nd feststellen, an welchen Stellen es noch an Material nd Know-how mangelt. Durch die EDA können Synergieeffekte erzielt und edundanzen abgebaut werden. Idealerweise kann eine irtschaftliche Beschaffung erreicht werden, indem der edarf gebündelt wird und hinreichend große Stückzah- en in Auftrag gegeben werden. Ich halte das für sehr innvoll. Bis dahin ist es jedoch noch ein weiter Weg. ie Zusammenarbeit in der EDA lässt momentan noch u wünschen übrig. Bisher fehlt in Europa eine systematische Identifizie- ung und Definition des militärischen Bedarfs. Es gibt eine Diskussion über gemeinsame rüstungspolitische ielvorstellungen. Die Mitgliedstaaten nutzen die Mög- ichkeiten zur engen Zusammenarbeit in der EDA noch icht ausreichend. Kooperation findet bislang häufig och außerhalb der Verteidigungsagentur statt. Beispiele afür sind der „Tiger“, der NH 90 und der Eurofighter. Auch Deutschland hat auf dem Feld der europäischen üstungskooperation noch einiges zu lernen. Insbeson- ere im Vergleich zu Großbritannien und Frankreich pielen wir noch keine ausreichend gewichtige Rolle. ooperation im Rahmen der EDA findet nicht unter eutscher Gestaltung statt. Ein Grund dafür liegt auch arin, dass Deutschland seine Ziele in diesem Bereich isher nicht klar formuliert hat. Uns fehlt ein Positions- apier, wie es in Großbritannien oder Frankreich exis- iert. Englands Defence Industrial Strategy, DIS, bei- pielsweise sagt genau aus, auf welche wehrtechnischen ähigkeiten auch in Zukunft gebaut werden soll. Dies xistiert in dieser Form für Deutschland nicht. Wir sind auf Kooperation mit anderen Ländern ange- iesen. Die Bundeswehr kann sich eine moderne und ualitativ hochwertige Ausrüstung in sämtlichen Teilfä- igkeiten nicht leisten. Daher brauchen wir Partner, wel- he in den Bereichen stark sind, in denen bei uns Fähig- eitslücken klaffen. Tatsächlich brauchen wir also nicht eniger, sondern eine stärkere Beteiligung an der EDA. erade durch Zusammenarbeit im Rüstungsbereich kön- en die Einsparungen, die Sie fordern, erreicht werden. Die Rüstungsagentur wird ihre Daseinsberechtigung ünftig vor allem aus der Koordination und der Modera- ion im Bereich von Forschung ziehen. Darüber hinaus ird sie ihren Nutzen auch durch eigene Rüstungspro- ekte unter Beweis stellen. Dr. Rainer Stinner (FDP): Mit diesem Antrag be- eist die Fraktion Die Linke, dass sie eine konsequente olitik betreibt. Allerdings ist diese Politik konsequent alsch. Sie hat verheerende Folgen für den Frieden auf ieser Welt. Schon der erste Absatz in Ihrem Antrag ist omplett falsch. Sie behaupten dort einfach dreist, dass ich die außen- und sicherheitspolitischen Anstrengun- en in der EU „vor allem auf die Aufrüstung und Moder- isierung der Streitkräfte und die Legitimierung für eltweite Interventionseinsätze im Rahmen der ESVP“ onzentrieren. Wo leben Sie eigentlich? Haben Sie keinen Zugang zu eitungen und zum Fernsehen? Auf den Sitzungen des 21330 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 (A) ) (B) ) Europäischen Rates spielt die EDA eine völlig unterge- ordnete Rolle. Sie biegen sich hier eine Welt zurecht, die es nicht gibt. Aber wer gegen Streitkräfte ist, wer gegen internationale Militärbündnisse ist, der muss auch gegen die Europäische Verteidigungsagentur EDA sein. Sie dä- monisieren die EDA in absurder Weise zu einem Mons- trum, das mit der Realität nichts zu tun hat. Dabei würde ich mir manchmal wünschen, die EDA wäre so wirkungsvoll, wie sie schreiben. Eine „Europäi- sierung der Rüstungspolitik“, die Sie in Bausch und Bo- gen verdammen, hieße nämlich, wir könnten Beschaf- fungsvorhaben wesentlich effizienter umsetzen. Die kleinteiligen nationalstaatlichen Vorbehalte dagegen kosten den deutschen und europäischen Steuerzahler Unsummen. Es ist dringend notwendig, dass wir hier endlich nachhaltig einen anderen Weg beschreiten. In Konsequenz bedeutet Ihr Antrag eine Renationali- sierung der Verteidigungs- und damit der Rüstungspoli- tik. Das wollen wir ausdrücklich nicht, und zwar aus zwei Gründen: Erstens ist es völlig unwirtschaftlich, dass 27 EU-Staaten alle eine eigene nationale Rüstungs- und Beschaffungspolitik betreiben. Zweitens – und das ist fast noch wichtiger – ist die Einbettung Deutschlands in europäische Strukturen die beste Sicherheitspolitik für Deutschland und für Europa. Das lehnen Sie alles ab. Ich sage Ihnen: Wir haben die Nase voll von nationa- ler, von nationalistischer Eigenbrötelei. Das ist das Un- glück für Deutschland, ein Unglück für Europa gewesen. Nationalismus und Sozialismus haben in Europa die Völker in Unglück, in Knechtschaft und Tod getrieben. Daraus müssen wir Konsequenzen ziehen. Diese Konse- quenz ist ein gemeinsames Vorgehen, auch und gerade bei der Entwicklung von militärischen Fähigkeiten. Dass wir solche Fähigkeiten brauchen, haben Sie gestern in der Debatte zur Mission am Horn von Afrika selber zu- gegeben. Sie nennen das internationale Küstenwache, aber die Mittel und Methoden sind dieselben, wie bei ei- nem Vorgehen mit der Marine. Die Fähigkeiten, die wir brauchen, um in der Welt von heute zu bestehen, die wollen Sie alle national ent- wickeln, 27-mal in Europa. Da kann ich nur sagen: Wa- chen Sie auf in der Welt des Jahres 2008. Seien Sie froh, dass es heute eine Alternative zu der von Ihnen geforder- ten nationalen Politik gibt, seien Sie froh, dass unser Land eingebettet ist in eine europäische Bündnisstruktur. Seien Sie froh, dass wir die Möglichkeit entwickeln, un- ser Geld in Europa sinnvoller auszugeben. Statt die EDA abzuschaffen, müssen wir sie stärken. Wir müssen dafür sorgen, dass sie ihre Aufgaben wirk- lich wahrnehmen kann. Wir müssen auf allen Seiten na- tionale Eifersüchteleien abbauen. Das werden wir mit der Mehrheit dieses Hauses tun. Wir lehnen ihren Antrag ab. Inge Höger (DIE LINKE): Im Juni 2004 warb die Europäische Rüstungsindustrie mit einer ganzseitigen Anzeige in vielen europäischen Tageszeitungen dafür, Rüstung einen zentralen Stellenwert in der europäischen V e u d t z d W f – M h z M g c a t b e t e L i l g G a h r n w d b r L d m a E n v w M r w D V t f a f A r (C (D erfassung zu geben. Die Vertreter der drei größten uropäischen Rüstungskonzerne EADS, BAE Systems nd Thales warben explizit für ein Amt zur Rüstungsför- erung als Teil der europäischen Verfassung. Es ist zwar ypisch für Rüstungslobbyisten, für staatliche Unterstüt- ung zu werben. Ungewöhnlich ist, dass Demokratien iesen Wünschen der Industrie in so weitreichender eise nachkommen, wie es dann im Europäischen Ver- assungsvertrag stand. Wie Sie alle wissen, wurden der Verfassungsvertrag und der Lissabon-Vertrag – dreimal abgelehnt. Die enschen in Frankreich, den Niederlanden und in Irland aben No gesagt. Das Nein in Irland war auch ein Nein ur europäischen Militärpolitik. Stellvertretend für viele enschen in Europa hat eine Mehrheit in Irland damit Ja esagt zu einem sozialen, demokratischen und friedli- hen Europa. Trotz alledem existiert die Verteidigungs- gentur, die faktisch eine Rüstungsagentur ist, ohne ver- ragliche Grundlage nun bereits seit vier Jahren. Diese Europäische Agentur soll laut Text des Lissa- on-Vertrags auch beitragen zur „Stärkung der industri- llen und technologischen Basis des Verteidigungssek- ors“. Im Klartext: Die europäische Rüstungsindustrie rhofft sich eine wesentlich einfachere und effektivere obbypolitik mithilfe der Rüstungsagentur. Die Lobby- sten haben damit eine zentrale Anlaufstelle für Verhand- ungen. Es geht um die Sicherung größerer Absatzmen- en über einen längeren Zeitraum. Es geht also um viel eld. Zu den Aufgaben der Rüstungsagentur gehört es uch, die europäische Rüstungsindustrie konkurrenzfä- ig zu machen. Konkret bedeutet dies staatliche Förde- ung von Rüstungsexporten. Natürlich wünscht sich auch die Linke, dass Unter- ehmen volle Auftragsbücher haben und Menschen des- egen Arbeit finden. Allerdings ist das Geld in Rüstung enkbar schlecht investiert. Von dem Geld für einen Ar- eitsplatz in der Rüstungsindustrie lassen sich vier Leh- erinnen oder fünf Krankenpflegerinnen bezahlen. Die inke wünscht sich Investitionen in die Zukunft, in Bil- ung, in Umweltschutz und Gesundheit, aber nicht in örderische Rüstungsprojekte. Die Linke sieht in der Europäischen Verteidigungs- gentur einen weiteren Beitrag zur Militarisierung der uropäischen Union. Sollte der Lissabon-Vertrag doch och ratifiziert werden, dann tritt auch die Aufrüstungs- erpflichtung in Art. 42 in Kraft. Die Rüstungsagentur ird dann beurteilen, ob und in welchem Umfang die itgliedstaaten tatsächlich in die geforderte „Verbesse- ung der Verteidigungsfähigkeiten“ investieren. Damit ird Aufrüstung zum Sachzwang, und innenpolitische ebatten um die Höhe des Rüstungsetats lassen sich mit erweis auf Brüssel ausbremsen. Die Linke hält eine solche institutionalisierte Aufrüs- ung für demokratiefeindlich und unsozial. Die Linke ordert deswegen einen Stopp der deutschen Beteiligung n der Europäischen Verteidigungsagentur. Die Linke ordert globale Schritte zur Abrüstung. Anstelle einer ufrüstungsagentur brauchen wir eine Agentur für Ab- üstung und Konversion. Mit einer solchen Friedens- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21331 (A) ) (B) ) agentur und eigenen entschiedenen Abrüstungsschritten könnte die EU mit gutem Beispiel vorangehen. Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Europa muss ein friedliches Europa sein, ein Europa, das sich für die Schaffung und Bewahrung des Friedens und die gerechte Gestaltung der Globalisierung einsetzt. Im Bereich der Sicherheitspolitik müssen wir vor allem die vorhandenen guten zivilen Ansätze stärken und im Be- reich der zivilen Konfliktprävention und der zivil-militä- rischen Zusammenarbeit die Kapazitäten ausbauen. Wir alle wissen, es gibt bei aller Betonung des Zivilen auch Umstände, unter denen wir auch einen militäri- schen Beitrag zur Gewalteindämmung, Gewaltverhü- tung und Friedenskonsolidierung leisten müssen. Dazu müssen die Bundeswehr und die anderen Streitkräfte auch die nötige Ausrüstung besitzen. Auch im Sinne der Friedenspolitik erfordert dies eine stärkere europäische Zusammenarbeit im Bereich der Beschaffung. Hier kommt die Europäische Verteidigungsagentur ins Spiel. Auch im Bereich der Rüstungsbeschaffung und Entwicklung müssen wir mehr koordinieren und ge- meinsam machen. Wir müssen bei der Rüstung generell stärker priorisieren. Weg mit Prestige- und Großprojek- ten, die mit realistischen Bedrohungsszenarien nichts zu tun haben. Aber die Dinge, die wir benötigen, müssen wir gemeinsam angehen. Rein nationale Beschaffungen, meist ohne echten Wettbewerb, treiben die Kosten in die Höhe. Wir geben in Europa insgesamt zu viel Geld für die Ausstattung des Militärs aus. Ein Weg, das zu än- dern, ist eine stärkere europäische Kooperation. Die Europäische Verteidigungsagentur ist dabei nicht das Allheilmittel, sie ist höchstens das Werkzeug, das wir nutzen könnten, wenn wir denn wollten. Denn entge- gen vieler politischer Lippenbekenntnisse haben wir im Bereich Rüstungsbeschaffung weniger europäische Ko- operation statt mehr. Der Grund liegt in der jeweiligen nationalen Industriepolitik. Auch die Bundesregierung trägt zu diesem Trend bei. Deren Besinnung auf „Kern- kompetenzen der deutschen Rüstungsindustrie“ war nämlich kein Einstieg in eine europäische Arbeitstei- lung, sondern das Verfassen der „Gelben Seiten der Deutschen Wehrwirtschaft“. So kommen wir nicht wei- ter. Wo führt es uns denn hin, wenn wir nicht europäisch kooperieren und den Bedarf und die Beschaffung harmo- nisieren? Wir haben diese Woche wieder ein gutes Bei- spiel gehabt. Da wird der Bau eines Schiffes, des Ein- satzgruppenversorgers, rein national an die deutsche Werftenindustrie vergeben. Und die nimmt das Angebot dankend an, macht keinen Wettbewerb, sondern schließt sich zusammen. Die Folge: Der dritte EGV kostet das Zweieinhalbfache der ersten beiden. Wir müssen die Europäische Verteidigungsagentur im Ergebnis stärken. An einem Punkt hat die Fraktion der Linken recht: Wir müssen die parlamentarische Kon- trolle und Mitbestimmung stärken. Aber nur, wenn wir europäische Strukturen wie die Agentur nutzen, kommen wir im Sinne einer gemeinsamen Außen- und Sicher- h f W t b m Z n n E t d A v B b d n B d h d h k d h h e s b ü s d g R d s W 1 (C (D eitspolitik weiter. Denn weil wir wollen, dass Europa riedlicher wird, brauchen wir mehr Zusammenarbeit. eil wir wollen, dass insgesamt weniger Geld für Rüs- ung ausgegeben wird, brauchen wir mehr Zusammenar- eit. Weil wir wollen, dass für zivile Konfliktprävention ehr Mittel zur Verfügung stehen, brauchen wir mehr usammenarbeit. Dem Antrag der Fraktion der Linken kann man daher icht folgen. Es werden teilweise die richtigen Ziele be- annt, aber der Antrag würde das Gegenteil bewirken. in friedlicheres Europa und weniger Ausgaben für Rüs- ung erreichen wir eben nicht, wenn sich jedes Land wie- er auf seinen Industriepark zurückzieht. nlage 13 Zu Protokoll gegebene Reden Zur Beratung – Antrag: Gesamtkonzept zur beruflichen Teilhabe behinderter Menschen – Unterrichtung: Bericht der Bundesregie- rung über die Ausführung der Leistungen des Persönlichen Budgets nach § 17 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch – Beschlussempfehlung und Bericht: Persönli- che Budgets für berufliche Teilhabe jetzt er- möglichen (Tagesordnungspunkt 13 a bis c) Hubert Hüppe (CDU/CSU): Die berufliche Teilhabe on Menschen mit Behinderungen hat den Deutschen undestag in dieser Legislaturperiode schon mehrfach eschäftigt. Grundtenor der Gesetzesentwürfe der Bun- esregierung und von Anträgen der Oppositionsfraktio- en war jeweils: Wie schaffen wir es, dass Menschen mit ehinderungen mehr Chancen auf Teilhabe im Bereich es Arbeitslebens erhalten? Und wie bekommen wir es in, dass möglichst viele Menschen mit Behinderungen iese Teilhabechancen mitten in der Gesellschaft, das eißt auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, wahrnehmen önnen? Die CDU/CSU sieht zwei große Problembereiche, an enen festgemacht werden kann, dass Menschen mit Be- inderungen immer noch keine gleichberechtigten Teil- abechancen haben. Schwerbehinderte Menschen sind inem sehr viel höheren Risiko ausgesetzt, arbeitslos zu ein als nicht behinderte Menschen. Dies zeigt die Ar- eitslosenquote schwerbehinderter Menschen, die um ber 60 Prozent höher ist als die allgemeine Arbeitslo- enquote. Der zweite Problembereich betrifft die fehlen- en Wahlmöglichkeiten von Menschen mit Behinderun- en, denen zurzeit aufgrund ihrer Behinderung in der egel nur die Werkstatt für behinderte Menschen als Ort er beruflichen Teilhabe bleibt. Viele dieser Menschen ind erwerbsunfähig. Im Jahre 2006 gab es etwa 270 000 erkstattplätze mit steigender Tendenz. Das sind über 00 000 Plätze mehr als vor zehn Jahren. 21332 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 (A) ) (B) ) Die Union hat zusammen mit ihrem Koalitionspartner beide Problembereiche angepackt. Wir haben mit der „JobPerspektive“ einen Beschäfti- gungszuschuss für langzeitarbeitslose Menschen mit mehreren Vermittlungshemmnissen eingeführt. Und das ist das Neue: Der Zuschuss kann dauerhaft gezahlt wer- den. Das führt dazu, dass insbesondere Integrationsbe- triebe mehr Menschen mit Behinderungen im allgemei- nen Arbeitsmarkt beschäftigen können. Wir haben beschlossen, Integrationsämtern einen hö- heren Anteil am Aufkommen der Ausgleichsabgabe zu gewähren. Mit den zusätzlichen Mitteln wollen wir er- reichen, dass mehr Arbeitsplätze für schwerbehinderte Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gesichert werden. Wir haben Vermittlungsgutscheine mit höheren Beiträgen für die Vermittlung schwerbehinderter Arbeit- suchender und einen höheren Ausbildungsbonus für Ausbildungsbetriebe schwerbehinderter Auszubildender geschaffen. An dieser Stelle sei auch erwähnt, dass die Zahl der schwerbehinderten Arbeitslosen seit der Regierungsbe- teiligung der Union in 2005 um etwa 20 Prozent gesun- ken ist. Der Rückgang ist zwar nicht so stark wie bei nicht behinderten Arbeitslosen. Er zeigt aber doch, dass eine gute Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik Voraus- setzung dafür ist, dass mehr Arbeit auch für Menschen mit Behinderung vorhanden ist. Gerade vor fünf Wochen haben wir den Gesetzent- wurf zur Unterstützten Beschäftigung beschlossen. Mit der Unterstützten Beschäftigung stärken wir Alternati- ven zu einer Tätigkeit in einer Werkstatt. Menschen mit Behinderungen werden mit der Unterstützten Beschäfti- gung individuell in einem Betrieb des allgemeinen Ar- beitsmarktes qualifiziert und später bis zu dauerhaft auf einem regulären Arbeitsplatz weiter begleitet. Wir haben klargestellt, dass zum Leistungsangebot von Werkstätten ausgelagerte Plätze im Berufsbildungsbereich und dau- erhaft ausgelagerte Plätze im Arbeitsbereich gehören. Auch Menschen mit Behinderungen ohne Chance auf ei- nen regulären Arbeitsvertrag können mithilfe der ausge- lagerten Werkstattplätze im allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein. Für diese Klarstellung hat übrigens die Union gesorgt. Wir haben die UN-Konvention für Menschen mit Be- hinderung im Bundestag abschließend beraten und damit die Grundlage geschaffen, die Situation von Menschen mit Behinderungen insbesondere in den Bereichen Be- schäftigung, Barrierefreiheit, Bildung und Wohnen zu verbessern. Wie Sie sehen, haben wir eine ganze Menge auf den Weg gebracht, um Teilhabechancen von Menschen mit Behinderungen zu stärken. Der Union ist wichtig, dass es nicht bei diesen Schritten bleibt. Arbeitslose schwerbehinderte Menschen müssen durch eine kompetente Arbeitsvermittlung und -beratung begleitet werden. Die Arbeitsvermittler und -berater müssen die speziellen Anforderungen unterschiedlicher Behinderungsarten und die besonderen Förderinstru- mente kennen. Aus vielen Gesprächen mit Betroffenen w m R m b i s A t Z r d u d g b w s P z l K D s s h a s W g k r A F z d d w a a d u l n s c s n w w b S d s r s d d (C (D eiß ich, dass dies längst nicht überall der Fall ist. Es üssen außerdem genügend personelle und finanzielle essourcen zur Verfügung gestellt werden. Menschen it Behinderungen dürfen nicht im Abseits stehen, weil ei ihnen eine Vermittlung zeit- und kostenaufwendig st. Beispielsweise habe ich die Auflösung der Zentral- telle für Arbeitsvermittlung bei der Bundesagentur für rbeit, die arbeitslose behinderte Akademiker vermit- elt, immer für falsch gehalten. Die Kompetenzen der entralstelle müssen wieder gestärkt werden. Der Union ist wichtig, dass Menschen mit Behinde- ung grundsätzlich zwischen einer Werkstatt für behin- erte Menschen und einem anderen Leistungsanbieter nd Leistungsort wählen können, wenn ein entsprechen- er Bedarf besteht. Werden Menschen mit Behinderun- en außerhalb von Werkstätten tätig, ist ein regulärer Ar- eitsvertrag das vorrangige Ziel. Dies kann zum Beispiel ie beim Persönlichen Budget für Arbeit in Niedersach- en geschehen. Wenn der Mensch mit Behinderung kein ersönliches Budget möchte, sollten diese Alternativen ur Werkstatt aber auch in Form einer Sachleistung mög- ich sein. In diesem Zusammenhang kann ich mir einen ombilohn für Menschen mit Behinderungen vorstellen. auerhafte Zuschüsse sind besser als kurzfristige und ehr hohe Zuschüsse wie bei den Eingliederungszu- chüssen. Hier sind langfristige Kombilöhne denkbar. Kann ein Mensch mit Behinderung wegen seiner Be- inderung keinen Arbeitsvertrag bekommen, muss er in nderer Form auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig ein können. Das kann beispielsweise auf ausgelagerten erkstattplätzen passieren. Menschen mit Behinderun- en werden dann mitten in der Gesellschaft arbeiten önnen, wenn Arbeitgeber und Kollegen ihre Berüh- ungsängste ablegen. Der vom Bundesministerium für rbeit und Soziales in der letzten Woche veröffentlichte orschungsbericht über die „Entwicklung der Zugangs- ahlen zu Werkstätten für behinderte Menschen“ belegt iese Vorbehalte im Umgang mit Menschen mit Behin- erungen. Diese Vorbehalte können nur dann abgebaut erden, wenn Menschen mit Behinderungen von klein uf mitten in der Gesellschaft leben. Dies bedeutet unter nderem, dass es mehr gemeinsame Erziehung und Bil- ung in Kindergärten und Schulen geben muss. Kinder nd Jugendliche mit Behinderungen müssen mehr Mög- ichkeiten haben, in einer Familie aufzuwachsen und icht in einem Wohnheim. Die Anträge von Bündnis 90/Die Grünen zum Ge- amtkonzept zur beruflichen Teilhabe und zum Persönli- hen Budget für berufliche Teilhabe greifen viele An- ätze auf, die auch mir wichtig sind. Gleichwohl will ich icht verhehlen, dass ich mich an einigen Punkten ge- undert – um nicht zu sagen etwas geärgert – habe. Da ird zum Beispiel im Antrag zum Gesamtkonzept zur eruflichen Teilhabe die Kampagne „50 000 Jobs für chwerbehinderte“ der rot-grünen Bundesregierung aus en Jahren 2000 bis 2002 als vorbildlich dargestellt. Ver- chwiegen wird, dass diese Kampagne nie sehr erfolg- eich war. Der einzige Nutzen dieser Aktion war, dass ie als schlechtes Beispiel dienen kann. 50 000 Jobs wur- en nie, nicht einmal annähernd geschaffen. Lediglich ie Zahl der schwerbehinderten Arbeitslosen sank um Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21333 (A) ) (B) ) fast 50 000. Gleichzeitig war die Zahl der belegten Werkstattplätze im Jahre 2002 fast viermal so hoch wie im Jahr zuvor und fast dreimal so hoch wie im Jahr da- nach. Ob hier ein Zusammenhang bestehen könnte, kann jeder für sich selbst beantworten. Die Kampagne war ein Strohfeuer, was die Grünen anscheinend selbst in ihrem Antrag eingestehen. Bereits ein halbes Jahr nach Ende der Kampagne war die Arbeitslosenzahl wieder um fast 30 000 auf über 170 000 angestiegen. Außerdem sei an dieser Stelle angemerkt, dass der Antrag zum Gesamtkonzept zur beruflichen Teilhabe von veralteten Zahlen ausgeht, was die Einnahmen der Integrationsämter betrifft. Noch ein Wort zum Persönlichen Budget, weil ja der schon etwas ältere Bericht der Bundesregierung heute ebenfalls beraten wird. Wir waren alle der Meinung, dass das Persönliche Budget von der Grundidee her eine gute Sache ist. Menschen mit Behinderungen können mehr selbst entscheiden, von wem sie eine Leistung er- halten. Es nehmen zwar immer mehr Menschen das Per- sönliche Budget in Anspruch. Mit den Zahlen können wir aber längst nicht zufrieden sein. Viele Menschen ha- ben immer noch Vorbehalte. Sie fühlen sich verunsi- chert. Viele Fragen bleiben offen. Leistungsträger geben nicht die nötige Beratung, die gemeinsamen Servicestel- len erfüllen ihre Aufgaben häufig ebenso wenig. Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass das Persönli- che Budget noch viel mehr kann, als es heute zeigt. Ziel muss sein, dass bei einem entsprechenden Bedarf der Mensch mit Behinderungen selbst entscheiden kann, wo, von wem und mit welchem Inhalt er Leistungen in An- spruch nimmt. Dort, wo es Unsicherheiten gibt, müssen diese beseitigt werden. Es muss eine bessere Beratung her. Zunächst einmal müssen die Berater geschult wer- den, bevor sie Menschen mit Behinderungen beraten. Die gemeinsamen Servicestellen müssen endlich ihrem gesetzlichen Auftrag nachkommen; sonst sind sie über- flüssig. Die Verbesserung der Teilhabechancen von Menschen mit Behinderungen muss zeitnah weiter vorangetrieben werden. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion wird sich weiter für diese Verbesserungen einsetzen. Silvia Schmidt (Eisleben) (SPD): Dem Antrag eines Gesamtkonzepts zur beruflichen Rehabilitation kann ich rein inhaltlich nicht widersprechen. Aber wir dürfen nicht so tun, als hätten wir in den vergangenen Jahren nichts für die berufliche Teilhabe aller Menschen mit Behinderung getan. Wir dürfen auch nicht so tun, als ob wir alles allein in der Hand hätten und als Parlament ja nur drauflos entscheiden müssten. Mit den CDU-geführten Ländern gibt es starke Wi- dersacher, die sich einer Politik der Gleichberechtigung und Diversity, einer Politik die auf Inklusion statt auf Diskriminierung setzt, verschließen. Wir haben es in Deutschland mit einer Bürokratie zu tun, die der UN- Konvention noch nicht folgt und das SGB IX immer noch nicht ausreichend umsetzt. CDU und CSU in Bay- ern und Baden-Württemberg haben sich nachweislich g i l B w d ä c u s g h g h A w k t m W t J C I u u t m w D W n b t m j e s M P m g i A U A b t s R A t s s i d (C (D egen den Begriff und gegen das Konzept der Inklusion n der deutschen Übersetzung ausgesprochen. Das stel- en sie wöchentlich unter Beweis – wir alle kennen das eispiel der Waldorfschule in Emmendingen; wir alle issen, dass in Bayern weiter Heime gebaut werden und as dortige Heimgesetz nicht mal im Ansatz etwas daran ndern will –: Die Politik von CDU und CSU – aber si- her nicht aller Mandatsträger, lieber Hubert Hüppe – ist nglaubwürdig. Sie entscheiden am Willen der Men- chen mit Behinderung vorbei. Wir haben vieles erreicht, das wollen wir nicht ver- essen. Die Chancen für eine erfolgreiche berufliche Re- abilitation sind seit Einführung des SGB IX stetig estiegen. Auch wenn die Arbeitslosenzahlen Schwerbe- inderter weiter über dem Durchschnitt nichtbehinderter rbeitnehmer liegen und der unverminderte Stellenauf- uchs in den Werkstätten, gerade auch für psychisch ranke Menschen, anhält, wurde viel erreicht. Die Un- erstützte Beschäftigung hat eine Lücke geschlossen, da- it der automatische Übergang von Förderschulen in erkstätten unterbrochen wird. Wir ergänzen die Leis- ungen an der Schnittstelle Schule/Werkstatt wirksam! unge Menschen erhalten damit erstmals eine echte hance auf betriebliche Qualifizierung mit dem Ziel der ntegration in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Das ist neu nd darauf müssen wir aufbauen. Aber wir müssen ja viel früher ansetzen – das lehrt ns die UN-Konvention. Was wir in der Schule nicht rennen, brauchen wir später nicht wieder aus dem Auto- atismus der Sondereinrichtungen herauszuholen. Wir ollen Chancen bieten: jedem und jeder gleichermaßen! afür müssen wir auch die Außenarbeitsplätze der erkstätten stärken. Das Integrationsmanagement wird och nicht von allen Werkstätten intensiv genug betrie- en. Hier gilt es, weiter dafür zu werben, dass Werkstät- en für ihre Beschäftigten betriebliche Partner suchen üssen. Konkurrenz zu regulärer Beschäftigung muss edoch vermieden werden. Die Budgets für Arbeit sind in richtiger Weg, um Anreize für Arbeitgeber zu setzen, ozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze zu schaffen. it den ersten 70 Budgets für Arbeit geht Rheinland- falz den richtigen Weg. Diese positiven Erfahrungen üssen genutzt werden, um die Integrationsbemühun- en weiter zu verstärken. Dazu gehört auch der Minderleistungsausgleich. Er st in § 102 SGB IX und in § 27 Schwerbehinderten- usgleichsabgabe-Verordnung, SchwbAV, vorgesehen. nsere Herausforderung besteht darin, die Mittel der usgleichsabgabe zu ergänzen, damit die sehr gute Ar- eit der Integrationsämter abgesichert wird. Die Integra- ionsprojekte sind auf die Ausgleichsabgabe angewie- en, diese Erfolge dürfen wir nicht gefährden. Im ahmen des Konjunkturpakets schlage ich daher eine ufstockung der Ausgleichsabgabe vor, damit Beschäf- igung für Menschen mit Behinderung erhalten und ge- chaffen werden kann. Ein Punkt liegt mir sehr am Herzen: Die 270 000 Be- chäftigten in den Werkstätten vertrauen darauf, dass wir hre Arbeitsplätze erhalten. Sie vertrauen auch darauf, ass wir ihnen Chancen auf eine sozial abgesicherte In- 21334 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 (A) ) (B) ) tegration bieten. Sie wollen, dass ihre Rückkehr in die Werkstatt möglich bleibt, auch wenn eine Firma Kon- kurs anmeldet. Sie wollen auch ihre Rentenansprüche nicht verlieren. Da die SPD-Bundestagsfraktion mit der alljährlichen Werkstatträtekonferenz zu den Werkstatträ- ten ein enges und konstruktives Verhältnis pflegt, arbei- ten wir daran, diese Erwartungen zu erfüllen. Das wird nicht von heute auf morgen gehen; denn es hängt nicht nur die Eingliederungshilfe an diesen Fragen, sondern es geht um komplexe Wechselverhältnisse zwischen Ren- ten-, Arbeits- und Sozialhilferecht. Hier arbeiten wir sehr eng mit den Betroffenen zusammen. Ich weiß nicht, ob das alle Fraktionen von sich behaupten können. Wir nehmen uns auch der Finanzierung einer überörtlichen Werkstattratsarbeit an und wollen gemeinsam mit den Ländern dahin kommen, dass die Beschäftigten in die- sem Wandlungsprozess ihrer Werkstätten auch die Mög- lichkeit bekommen, ihr Auskommen durch menschen- würdige und tariflich entlohnte Arbeit zu verdienen. Das fordert die UN-Konvention von uns! Auch die Werkstätten dürfen wir nicht vergessen! Sie haben neue Wege beschritten: Ein Drittel aller Integra- tionsprojekte werden heute schon durch WfbMs betrie- ben. Die Werkstätten wollen sich mehrheitlich wandeln und wollen den Veränderungsprozess mitgestalten. Ihre Kompetenz müssen wir nutzen, auch wenn wir klar sa- gen: Rechtliche Ansprüche müssen an Personen gebun- den werden und nicht an Einrichtungen. Nur so können sich die Angebote der Werkstätten anhand der individu- ellen Bedürfnisse der Menschen mit Behinderung verän- dern. Wie müssen die Werkstätten öffnen, auch für an- dere Formen und Modelle der Unterstützung wie die sogenannte virtuelle Werkstatt. Schon 2006 habe ich mit meiner Fraktion einen Workshop im Deutschen Bundes- tag durchgeführt. Wir wollten klären, welche Alternati- ven gibt es denn zur traditionellen Werkstatt, und wie kann die Integration in den allgemeinen Arbeitsmarkt verstärkt werden. Das Ergebnis war eindeutig und hat uns den Weg gewiesen: Eine Stärkung des Budgetansat- zes, die wohnortunabhängige betriebliche Platzierung und Qualifizierung sowie die gesetzliche Regelung per- sonenzentrierter Leistungen sind gangbare Alternativen. Das Modell der virtuellen Werkstatt, das im Saarland ge- laufen ist, wird mittlerweile auch von den Werkstätten selbst als gesetzlich geregelte und gleichgestellte Alter- native gefordert. Das haben wir lange noch nicht er- reicht, aber die SPD-Fraktion arbeitet in der Koalition dafür, dass wir hier endlich Änderungen bekommen. Es ist auch notwendig, die Teilzeitarbeit in WfbMs zu stärken. Das haben wir gemacht, indem wir mit den Werkstätten gemeinsam klargestellt haben, dass die An- wendung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes schon jetzt auch für Werkstätten möglich ist. Diese Klarstel- lung haben wir ohne gesetzliche Neuregelung erreicht, weil wir eng mit den Werkstätten und den Betroffenen zusammenarbeiten. Die Integration in den allgemeinen Arbeitsmarkt wurde und wird von der SPD massiv gefördert – in den Ländern und im Bund. Rheinland-Pfalz ist von Malu Dreyers aufopferungsvoller Arbeit gesegnet wie kein Zweites. Karl Finke, der Landesbehindertenbeauftragte i f h u W d d l u V g w l f s e s g u d K B d a B D e d a t g r § a d h g m d A I L d b V B c b b s d f Z B M f t T (C (D n Niedersachen, macht dort einen hervorragenden Job ür die Integration und Inklusion von Menschen mit Be- inderung. Unser gemeinsames Ziel muss bleiben: Eine mfassende Reform der Eingliederungshilfe, bei der die erkstätten und die Beschäftigten mitgenommen wer- en. Reine Verpflichtungen reichen nicht. Integration in en allgemeinen Arbeitsmarkt wird nicht auf Befehl ge- ingen, wir müssen viele Stellschrauben bewegen und ns in der nächsten Legislatur sehr konzentriert mit den orschlägen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Ein- liederungshilfe auseinandersetzen. Bis dahin werden ir weiter darauf bestehen: Die Möglichkeit, seinen vol- en Lebensunterhalt in einem integrativen und barriere- reien Arbeitsmarkt selbst zu verdienen, ist ein Men- chenrecht. Deshalb ist es niemandem zuzumuten, dass r in eine Werkstatt muss, wenn er doch lieber die Unter- tützung in einem Betrieb haben möchte. Langfristig ilt: Nur wenn wir zu Normalität in der Kinderbetreuung nd in der Bildung kommen, werden wir Normalität auf em Arbeitsmarkt erleben und den Anspruch der UN- onvention erfüllen können. Lassen Sie mich noch einige Worte zum persönlichen udget sagen, weil wir auch über den Bericht der Bun- esregierung reden. Hier haben wir noch viel zu tun, ber es gibt eine deutlich positive Entwicklung: Fast alle udgetnehmer sind mit ihrem Budget sehr zufrieden. as hat dazu geführt, dass wir in den letzten Monaten ine steigende Zahl bewilligter Budgets verzeichnen. Ich enke, darüber darf man sich freuen, wenn auch nicht usruhen. Es gibt viele Probleme, die wir weiter bearbei- en müssen: Noch immer gibt es eine mangelhafte trä- erübergreifende Wirkung der Budgets. Bisher dominie- en reine Sozialhilfebudgets. Der Kostenvorbehalt des 17 SGB IX sagt, die Budgetleistung darf nicht mehr ls die Sachleistung kosten. Diese Regelung verhindert ie Bedarfsgerechtigkeit der Leistungen. Die Menschen aben Angst, dass sie mit dem Budget weniger Leistun- en bekommen als sie ohne Budget haben. Diese Angst uss man ihnen nehmen, denn die Selbstbestimmung arf nicht an der Finanzierung scheitern. Das Budget für Werkstattleistungen im allgemeinen rbeitsmarkt ist nicht möglich, da Sachleistung an die nstitution Werkstatt gebunden ist. Diese darf aber ihre eistungen nur sehr bedingt in die Unterstützung auf em allgemeinen Arbeitsmarkt einbringen, zum Beispiel ei Tandemarbeitsplätzen. Da müssen wir eine klare erknüpfung von Leistung und Angebot im Sinne der udgetnehmer schaffen. Wir brauchen mehr Rechtssi- herheit, Transparenz und Barrierefreiheit. Es gibt eine mangelhafte Beratung und Unterstützung ei der Beantragung des Budgets. Das Ergebnis sind esonders wenige Budgets für Menschen mit Lern- chwierigkeiten. Hier schaffen wir Abhilfe. Mit 27 Mo- ellprojekten hat Bundesminister Olaf Scholz die Öf- entlichkeitsarbeit für das Budget noch einmal verstärkt. um Beispiel das Projekt „Arbeit.Selbst.Bestimmt“ in erlin oder das Projekt „JobBudget“ in Jena schaffen öglichkeiten für bessere Zugänglichkeit des Budgets ür Menschen mit Behinderung, insbesondere für die In- egration auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Bei Reha- rägern wie der BA hält man sich mit Bargeldbudgets Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21335 (A) ) (B) ) zurück, da dies nicht der Systematik dieses Kostenträ- gers entspricht. Starke Zurückhaltung gibt es zum Bei- spiel auch in Sachsen-Anhalt, Budgets bleiben ein Kampf für die Menschen. Lange Bearbeitungsdauern, meist über sechs Wochen hinaus bis zu einem Jahr sind keine Seltenheit. Oft wird erst auf Nachfrage von uns oder den Landesbehindertenbeauftragten entschieden. Wir haben mit dem SGB IX ein hervorragendes Ge- setz, an das sich wenige halten. Lassen Sie uns gemein- sam darauf hinwirken, dass die guten Ansätze die wir haben, in der nächsten Legislatur verstärkt werden. Wir brauchen ein barrierefreies Leistungsgesetz für Teilhabe. Das SGB IX kann das werden, wenn alle, und ich meine wirklich alle, das wollen. Dr. Erwin Lotter (FDP): Zum wiederholten Male hat es die Behindertenpolitik nicht auf die vorderen Plätze der Tagesordnung im Bundestag geschafft. Erneut wird heute nicht über die Belange behinderter Menschen par- lamentarisch debattiert, sondern die Abgeordneten ge- ben ihre Redebeiträge zu Protokoll. Eine Aussprache im eigentlichen Sinne findet nicht statt. Leider hat sich die- ses Verfahren mittlerweile etabliert. Selbst Gesetze wie das zur Unterstützten Beschäftigung oder die Ratifizie- rung der VN-Behindertenrechtskonvention wurden in diesem Haus nicht debattiert, sondern von den Regie- rungsfraktionen nur noch abgenickt. Dies wird weder den Interessen behinderter Menschen noch der politi- schen Kultur einer parlamentarischen Demokratie ge- recht. In diesem Licht erscheint es schon nicht mehr als un- gewöhnlich, dass wir heute unter anderem einen Bericht der Bundesregierung zur Kenntnis nehmen sollen, der bereits vor ziemlich genau zwei Jahren dem Bundestag zugeleitet wurde. Bedenkt man dabei, dass in diesen Be- richten in den allermeisten Fällen über bereits länger zu- rückliegende Zeiträume geschrieben wird, muss man sich fragen, warum wir uns heute überhaupt noch mit diesen alten Hüten befassen sollen. Sollen wir auf der Grundlage solch veralteter Zahlen und Ergebnisse politi- sche Entscheidungen treffen? Meine Damen und Herren der Regierungsfraktionen, ich kann mich nicht des Eindrucks erwehren, dass die Behindertenpolitik keinen besonderen Stellenwert bei Ihnen genießt. Ihr größtes behindertenpolitisches Regie- rungsziel, nämlich die Weiterentwicklung der Eingliede- rungshilfe, haben Sie sang- und klanglos aufgegeben und auf die nächste Legislaturperiode, also frühestens auf das Jahr 2010 verschoben. Für die Umsetzung der VN-Behindertenrechtskonvention fühlen Sie sich nicht zuständig, und die noch unter Leitung des früheren Be- hindertenbeauftragten der Bundesregierung entstandene Homepage www.sgb-IX-umsetzen.de wurde vom Minis- terium bzw. der Behindertenbeauftragten seit 2005 nicht mehr weitergepflegt und ist jetzt ganz aus dem Internet genommen worden. Eindeutiger können Sie von Union und SPD das Einstellen des Regierens in der Behinder- tenpolitik kaum noch demonstrieren. Dabei liefern Sie mit dem vorliegenden Bericht zum Persönlichen Budget selbst die Vorlage für eine mo- d d S g b a d g 2 r P n v b n w B k S n w r K d d b D K L e k g r B t d s h S g T t e t T k W D d w t B G c n (C (D erne, auf Teilhabe und Wahlfreiheit ausgelegte Behin- ertenpolitik. Anhand der Beispiele Großbritanniens, chwedens und der Niederlande wird eindrucksvoll auf- ezeigt, dass Budgets anstelle von Sachleistungen der este Weg zu einem individuelleren, besseren und sogar uch wirtschaftlicheren Nachteilsausgleich sind. Während die vorgestellten Länder bereits seit Jahren ie Leistungsform persönlicher Budgets in den Vorder- rund stellen, tritt Deutschland auf der Stelle. Schon 006, im Jahr der Berichterstellung, waren der Bundes- egierung die Gründe für den schleppenden Anlauf des ersönlichen Budgets in Deutschland bekannt: Neben ei- er völlig unzulänglichen Informationspolitik sowohl ieler Sozialhilfeträger als auch zahlreicher Leistungsan- ieter ist auch die ungeklärte Frage der Finanzierung ei- er Budgetassistenz in großem Umfang dafür verant- ortlich, dass viele behinderte Menschen die udgetleistung nicht kennen oder sie nicht einschätzen önnen. Sie bleiben dann oftmals vorsichtshalber bei der achleistung. Mindestens seit Vorliegen des Berichtes, also seit unmehr zwei Jahren, ist der Bundesregierung bekannt, arum die Persönlichen Budgets in Deutschland nicht ichtig vom Fleck kommen. Wer sonst als eine Große oalition hätte gemeinsam mit den Bundesländern in en vergangenen Jahren dafür Sorge tragen können, dass ie glasklar bekannten Probleme beim SGB IX und ins- esondere bei den persönlichen Budgets gelöst werden? iese Chance wurde nicht genutzt, und bei der letzten onferenz der Arbeits- und Sozialminister aus Bund und ändern wurde das Thema Behindertenpolitik erneut um in Jahr verschoben. Auf allen Ebenen muss jetzt die Information und Auf- lärung über das trägerübergreifende Persönliche Bud- et verbessert werden. Es reicht nicht, wenn das Ministe- ium in Berlin Flyer und Hefte veröffentlicht und die ehindertenbeauftragte übers Land zieht. Auch die Leis- ungsträger müssen ihre Kunden über die Leistungsform es Persönlichen Budgets informieren. Dies wird nur ge- chehen, wenn die Bereitschaft der Leistungsträger er- öht wird, vermehrt die Leistung als Budget anstelle von achleistungen anzubieten. Die Fraktion der Grünen befasst sich in zwei Anträ- en mit dem Persönlichen Budget und der beruflichen eilhabe behinderter Menschen. Die Intention der An- räge geht zwar in die richtige Richtung, schießt aber in inigen Punkten übers Ziel hinaus. Das Ziel jeder Leis- ung an behinderte Menschen muss die Förderung von eilhabe und Selbstbestimmung sein. Es ist deshalb nur onsequent, dass auch Leistungen für Beschäftigte in erkstätten für behinderte Menschen budgetfähig sind. ies muss vor allem dann gelten, wenn dem Behinderten adurch der Weg in den ersten Arbeitsmarkt erleichtert erden kann. Auch die FDP hat bereits in parlamentarischen Initia- iven auf die geringe Inanspruchnahme des Persönlichen udgets durch Werkstattberechtigte hingewiesen. Ein rund dafür ist auch der Umstand, dass die sozialversi- herungsrechtliche Absicherung des betreffenden Perso- enkreises an die Institution der Werkstatt gebunden ist. 21336 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 (A) ) (B) ) Dies ist nicht zielführend und sollte auch nach Auffas- sung der FDP korrigiert werden. Dennoch können wir dem Antrag der Grünen leider nicht zustimmen, da die- ser vorsieht, diese spezielle Form der sozialversiche- rungsrechtlichen Absicherung auf einen Personenkreis auszuweiten, der deutlich über die Werkstattberechtigten hinausgeht. Hier müssen andere Lösungen gefunden werden. Gleichwohl unterstützen wir die grundsätzliche Intention des Antrages und enthalten uns deshalb der Stimme. Auch mit dem zweiten, umfassenderen Antrag der Grünen zur beruflichen Teilhabe behinderter Menschen hat die FDP Schwierigkeiten. Völlig zu Recht kritisieren Sie von den Grünen die eingefahrenen Wege der schuli- schen und beruflichen Bildung behinderter Menschen, die oftmals schnurstracks in die Behindertenwerkstatt führen. Ebenfalls mit gutem Recht verweisen Sie auf die VN-Konvention über die Rechte behinderter Menschen, die unmissverständlich klarmacht, dass sich der Teilha- beanspruch behinderter Menschen ohne jeden Zweifel auch auf die Arbeitswelt erstreckt. Und auch bei der Ein- schätzung der Defizite bei der Beratung und Vermittlung behinderter Arbeitsuchender liegen Sie richtig. Aber zu sehr suchen die Grünen immer wieder die Lösung der richtig erkannten Probleme in Antidiskriminierungsge- setzen für behinderte Menschen. Diese gut gemeinten Schutzgesetze können sich schlimmstenfalls als nachtei- lig für behinderte Menschen erweisen. Sie stellen Hür- den für die Arbeitgeber bei der Einstellung behinderter Menschen dar, und sie führen zu mehr Bürokratie. Das ist aber genau der falsche Weg, wenn man Arbeitsplätze für Menschen mit Vermittlungshemmnissen schaffen will. Hier sollten die Kolleginnen und Kollegen von den Grünen nochmals in sich gehen. Ich freue mich auf die Diskussion im Ausschuss darü- ber, die hier leider nicht stattfinden kann. Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE): Vor wenigen Tagen, am 4. Dezember 2008, ratifizierte der Bundestag ein- stimmig die UN-Konvention über die Rechte von Men- schen mit Behinderungen. Morgen erfolgt noch die An- nahme des Gesetzes durch den Bundesrat. Die Behindertenbewegung wird dies sicher gebührend fei- ern. Danach beginnt die Umsetzung in Bund, Ländern und Kommunen, in den Unternehmen, Bildungseinrich- tungen und allen anderen Bereichen der Gesellschaft. Ich lade Sie herzlich ein zum Mitfeiern und vor allem zum gemeinsamen Kampf, um diese Konvention mit Le- ben zu erfüllen, sie im Alltag für alle Menschen mit und ohne Behinderungen erlebbar zu machen. Zu den hier und heute zu beratenden Vorlagen gibt die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen in Art. 27 klar vor, was Sache sein soll: „… das gleichberechtigte Recht behinderter Menschen auf gerechte und befriedigende Arbeitsbedingungen, einschließlich Chancengleichheit, gleiches Entgelt für gleichwertige Arbeit, sichere und gesunde Arbeitsbedin- gungen, einschließlich Schutz vor Belästigungen, und Abhilfe bei Beschwerden zu schützen.“ Davon sind wir in Deutschland noch weit entfernt. Die Linke unterstützt a s u m z u e a t s w k d n M M b b r z m b l w u d d W B K S r f w r b H d r A s ä E J d g d f d c s a w m a H g (C (D usdrücklich das Ziel, die berufliche Teilhabe von Men- chen mit Behinderungen zu verbessern, ihnen geeignete nd sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu er- öglichen und dabei auch ihr Wunsch- und Wahlrecht u berücksichtigen. Letzteres könnte über eine möglichst nbürokratische Ausführung des Persönlichen Budgets rmöglicht werden. Aus diesem Grund unterstützen wir uch den Antrag der Grünen. Ergänzend möchte ich anmerken: Von einer Beschäf- igung bzw. Arbeit muss man auch leben können. Men- chen mit Behinderungen sollen ihren gesamten Lohn ie alle anderen auch für ihren Lebensunterhalt behalten önnen. Gegenwärtig müssen aber sehr viele von ihnen as meiste – bis auf den gering bemessenen Selbstbehalt – ach Sozialgesetzbuch XII für behinderungsbedingte ehrbedarfe wieder abführen. Die derzeitige Situation ist: Die Arbeitslosenquote bei enschen mit Behinderungen ist doppelt so hoch wie ei nicht behinderten Menschen. Arbeitgeber und Ar- eitgeberinnen sind mehrheitlich immer noch nicht be- eit, die Kompetenzen dieser Personengruppe zu schät- en. Menschen mit Behinderungen brauchen vor allem ehr Chancen, Arbeit auf dem sogenannten ersten Ar- eitsmarkt zu erlangen. Es ist nicht hinnehmbar, dass sie ebenslang in Aussonderungseinrichtungen „geparkt“ erden: von der Sonderschule zur Sonderberufsschule nd dann zur Beschäftigung in einer Werkstatt für behin- erte Menschen. Erforderlich sind wirksame Aktivitäten es Bundes, der Länder und Kommunen, aber auch der irtschaft. Gefragt sind aber auch die Gewerkschaften, etriebsräte sowie nichtbehinderte Kolleginnen und ollegen. Deswegen wiederhole ich meinen Appell an ie und euch: Sorgt dafür, dass Menschen mit Behinde- ungen ausreichend Platz auf dem ersten Arbeitsmarkt inden! Seid kollegial und solidarisch! Schaut nicht weg, enn Kolleginnen und Kollegen wegen ihrer Behinde- ung ausgegrenzt oder gemobbt werden! Ohne euch blei- en alle Gesetze und Förderprogramme wirkungslos. ier seid ihr gefragt. Ein weiteres offenes Problem bleibt die Entwicklung er Ausgleichsabgabe. Laut Antwort der Bundesregie- ung vom 31. Oktober 2008 auf meine Anfrage ist das ufkommen der Ausgleichsabgabe rückläufig. Damit anken zwangsläufig auch die Ausgaben der Integrations- mter und des Ausgleichsfonds – von circa 690 Millionen uro im Jahr 2002 auf knapp 500 Millionen Euro im ahr 2007. Insofern wäre es richtig, die Pflichtquote wie- er von 5 auf 6 Prozent anzuheben. Aber die – zeitweili- en – Mehreinnahmen dürfen nicht das Ziel sein. Es geht arum, damit mehr versicherungspflichtige Arbeitsplätze ür Menschen mit Behinderungen zu generieren. Denn er Rückgang der Ausgleichsabgabe hat vielfältige Ursa- hen, unter anderem den, dass generell weniger Arbeit- uchende eingestellt werden. Ich meine – auch mit Blick uf die Behindertenrechtskonvention – dass wichtige und irkungsvolle Maßnahmen zur Förderung von Menschen it Behinderungen nicht reduziert werden dürfen, weil es us der Ausgleichsabgabe nicht mehr zu finanzieren ist. ier müssen dann andere Finanzierungsmöglichkeiten eschaffen werden. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21337 (A) ) (B) ) Nicht mehr wirklich ernst nehmen kann ich das Vorge- hen der Bundesregierung in Bezug auf das Persönliche Budget: Vor fast genau zwei Jahren erschien der Bericht der Bundesregierung über die Ausführung der Leistungen des Persönlichen Budgets, und heute erst hat er es auf die Tagesordnung des Bundestags geschafft. Warum wohl? Es scheint, die Bundesregierung hat entweder den Über- blick verloren oder ist mit der Umsetzung überfordert oder beides. Im Bericht wimmelt es von Widersprüchen und undifferenzierten Zahlenangaben. Es gab bereits vor der Modellphase Budgetprojekte in den Ländern sowie während der Phase außerhalb der Modellregionen. Bewil- ligte Budgets in den Ländern wurden einfach addiert, ob- wohl die Projekte mit unterschiedlichen Zugangsvoraus- setzungen und Finanzierungsarten experimentierten. Zudem dokumentierten die Begleitforschungsinstitute nicht alle bewilligten Budgets. Die Regierung konstatiert die geringe Inanspruch- nahme des Budgets und beklagt den noch fehlenden Markt an Versorgungsangeboten. Gleichzeitig konstatiert sie, das Budget habe sich bundesweit erfreulich verbrei- tet, ein Marktangebot entwickle sich schon bei steigender Nachfrage – hat es in Rheinland-Pfalz mit den meisten Budgetbewilligungen aber nicht – und Beratungsleistun- gen würden mancherorts unentgeltlich erbracht – in der Praxis weigern sich Sozialhilfeträger überwiegend, diese Leistungen anzuerkennen. Im Bericht wird weder die Frage erörtert, ob die Einführung des Marktprinzips in die Versorgungsstruktur Behinderter geeignet ist, noch wird er dem Auftrag in § 17 gerecht, nach dem die Weiterent- wicklung von Versorgungsstrukturen und Verfahren zur Bemessung budgetfähiger Leistungen in Geld erprobt werden sollten. Auch der Punkt Bedarfsfeststellungsver- fahren wird vernachlässigt, ebenso eine Analyse über die nur seltene Bewilligung trägerübergreifender Budgets. Auf den Hauptkritikpunkt von Verbänden, dass das Bud- get einerseits den individuellen Bedarf decken soll, ande- rerseits die Höhe des Budgets die bisherigen Kosten der Leistungen an Behinderte nicht überschreiten soll, geht der Bericht nicht ein. Die bestehenden Probleme bei der effektiven Umset- zung dieser Leistungsform sind weder mit Öffentlich- keitsarbeit zu lösen noch mit der Illusion, der Markt werde es schon richten. Das Instrument Persönliches Budget ist wichtig, um dem Wunsch- und Wahlrecht der Anspruchsberechtigten – und damit auch der UN-Behin- dertenrechtskonvention – gerecht zu werden. Seine volle Kraft kann es aber nur entfalten, wenn es nicht kosten- sparend eingesetzt sowie einkommens- und vermögens- unabhängig gewährt wird. Leider wurde der Antrag der Linken auf ein bedarfsgerechtes Nachteilsausgleichsge- setz, Drucksache 16/3698, abgelehnt. Jetzt aber steht die Bundesregierung von völkerrechtlicher Ebene her in der Pflicht, die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zu gewährleisten. Bleibt zu hoffen, dass dies auch ein Umdenken in der Gesellschaft mit sich bringt. Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die derzeitige Situation für Menschen mit Behinderungen am Arbeitsmarkt ist äußerst unbefriedigend. Das Ziel ei- ner vorrangigen Teilhabe am Arbeitsleben auf dem all- g e h d 1 S b d s M e d d r f d s s t h l b D M d f e k l d g t „ a g u f G s D s t v (C (D emeinen Arbeitsmarkt ist nur in bescheidenem Umfang rreicht. Die spezifische Arbeitslosenquote schwerbe- inderter Menschen lag im Jahr 2007 mit 16,6 Prozent eutlich höher als die allgemeine Arbeitslosenquote mit 0,1 Prozent. Eine personenbezogene Förderung im inne einer Stärkung des Wunsch- und Wahlrechts ins- esondere bei Personen mit erhöhtem Unterstützungsbe- arf wird nur selten realisiert. Insgesamt ist zwar die ab- olute Zahl schwerbehinderter Arbeitsloser gesunken. enschen mit Behinderungen weisen jedoch weiterhin ine konstant niedrigere Beschäftigungsquote sowie eine eutlich höhere Arbeitslosenquote als der Durchschnitt er Bevölkerung auf. Insbesondere Frauen mit Behinde- ungen sind von der schlechten Arbeitsmarktlage betrof- en. Bündnis 90/Die Grünen wollen, dass alle Menschen ort arbeiten können sollten, wo sie möchten. Für Men- chen mit Behinderungen gibt es schon heute viele In- trumente, zum Beispiel Lohnkostenzuschüsse, Hilfsmit- el zur barrierefreien Gestaltung des Arbeitsplatzes oder elfende Assistenten, die den Wunscharbeitsplatz mög- ich machen. Trotzdem ist die derzeitige Situation am Ar- eitsmarkt für Menschen mit Behinderungen nicht rosig. ie UN-Menschenrechtskonvention über die Rechte der enschen mit Behinderungen, deren Ratifizierung durch ie Bundesrepublik Deutschland noch in diesem Jahr er- olgen wird, stellt in Zukunft hohe Anforderungen und rzwingt nach Auffassung meiner Fraktion nicht nur eine onsequente Anwendung der vorhandenen Fördermög- ichkeiten, sondern eine weiter gehende Umgestaltung er Arbeitsmarktpolitik für Menschen mit Behinderun- en. In Art. 21 der erwähnten UN-Menschenrechtskonven- ion heißt es: Die Vertragsstaaten anerkennen das gleiche Recht von Menschen mit Behinderungen auf Arbeit; dies beinhaltet das Recht auf die Möglichkeit, den Le- bensunterhalt durch Arbeit zu verdienen, die in ei- nem offenen … und für Menschen mit Behinderun- gen zugänglichen Arbeitsmarkt und Arbeitsumfeld frei gewählt oder angenommen wird. Die Vertrags- staaten sichern und fördern … das gleiche Recht von Menschen mit Behinderungen auf gerechte und günstige Arbeitsbedingungen, einschließlich Chan- cengleichheit und gleichen Entgelts für gleichwer- tige Arbeit, auf sichere und gesunde Arbeitsbedin- gungen, einschließlich Schutz vor Belästigungen. Die Vertragsstaaten verpflichten sich überdies dazu, Menschen mit Behinderungen wirksamen Zugang zu llgemeinen fachlichen und beruflichen Beratungspro- rammen, Stellenvermittlung sowie Berufsausbildung nd Weiterbildung zu ermöglichen“ und „Möglichkeiten ür Selbständigkeit, Unternehmertum, die Bildung von enossenschaften und die Gründung eines eigenen Ge- chäfts zu fördern“. Von derart ambitionierten Zielsetzungen sind wir in eutschland noch weit entfernt, aber ich bin froh, dass ich die Bundesrepublik Deutschland mit der Ratifika- ion dieser Konvention diese Ziele zu eigen macht. Wir on den Grünen legen mit diesem Antrag zur beruflichen 21338 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 (A) ) (B) ) Teilhabe von Menschen mit Behinderungen ein Konzept im Sinne dieser Konvention vor, die wir alle in diesem Hohen Hause einstimmig beschlossen haben. Daher kann es eigentlich nicht anders sein, dass unser Antrag von allen Fraktionen konstruktiv aufgenommen wird. Wir wollen die individuelle und dauerhafte Förderung von Menschen mit Behinderungen und das Recht veran- kern, dass diese selbst entscheiden können, in welcher Form sie am Erwerbs- und Arbeitsleben teilhaben möch- ten. Dies kann eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, in einer Integrationsfirma oder aber bei Bedarf im geschützten Arbeitsmarkt sein. Die Bundesregierung zeichnet sich in dieser Legisla- tur durch Stückwerk aus. Im Nachgang dieser 16. Legis- laturperiode wird man feststellen, dass die Bundesregie- rung nicht viel auf der Habenseite verbuchen kann. Wie schon in den Bereichen etwa der Eingliederungshilfe, der Barrierefreiheit oder der Antidiskriminierung blieb die Bundesregierung ein Gesamtkonzept schuldig. Exempla- risch für den Bereich der beruflichen Teilhabe möchte ich zwei Punkte ansprechen: die Unterstützte Beschäfti- gung und das Persönliche Budget für berufliche Teil- habe. An unserer grundsätzlichen Zustimmung für eine Un- terstützte Beschäftigung gibt es keinen Zweifel. Leider lässt der Entwurf allerdings zu viele Fragen offen, so- dass nach unserer Einschätzung die neue Maßnahme mit zu vielen Risiken für die Betroffenen verbunden ist. Wir sind uns darüber im Klaren, dass der Gesetzentwurf be- wusst nicht der große Wurf sein soll, sondern nur einen „Mosaikstein“ im Gesamtkonzept der beruflichen Teil- habe behinderter Menschen darstellen soll. Auf das Ge- samtkonzept warten wir weiterhin, wahrscheinlich ver- geblich. Aber eines möchte ich ganz klar sagen: Auch ein „Mosaikstein“ kann bei fahrlässiger Ausgestaltung sei- ner Bedingungen die ursprünglichen Absichten, ein Mehr an Alternativen der beruflichen Teilhabe herzustel- len, in ihr Gegenteil umkehren. Das Gegenteil hieße in diesem Fall die Einschränkung der Wunsch- und Wahl- rechte sowie die drohende Perspektivlosigkeit auf dem Arbeitsmarkt. Denn weder die offenen Fragen der Rück- kehrmöglichkeiten noch die Überwachung der Qualitäts- standards bei Ausschreibungen oder die nachhaltige Fi- nanzierung wurden abschließend geklärt. Der Automatismus aus Förderschule, Berufsbildungs- bereich und Werkstatt für behinderte Menschen steht den Bedürfnissen nach mehr Selbstständigkeit und Selbstbe- stimmung diametral entgegen. Im Sinne einer Stärkung des Wunsch- und Wahlrechtes müssen alle Menschen mit Behinderungen – unabhängig von der Art oder Schwere ihrer Behinderung – in die Lage versetzt wer- den, selbst entscheiden zu können, in welcher Form sie am Arbeitsleben teilhaben möchten. Entscheidend ist, dass sie individuell gefördert und bei Bedarf nach dem Prinzip des Nachteilsausgleichs dauerhaft unterstützt werden. Ein dauerhafter Minderleistungsausgleich wie etwa Zuschüsse zum Arbeitsentgelt – Lohnkostenzuschuss – k s U t m s r h s s c h m s d B a a d a p b b a m f ä Ü d s m n r n e d g a V s r v n v W l b a M g g b n w b e t (C (D äme idealerweise – jedoch nicht ausschließlich – für olche Menschen in Betracht, die ohne angesprochene nterstützung nach § 43 SGB VI nicht fähig wären „un- er den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeits- arktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu ein“. Dies beträfe insbesondere den Personenkreis, de- en Teilhabe am Arbeitsleben über eine Werkstatt für be- inderte Menschen oder eine Tagesförderstätte sicherge- tellt wird. Eine „Kategorisierung“ ist bislang allerdings ehr problematisch, da es nach wie vor an einem einheitli- hen, der Internationalen Klassifikation der Funktionsfä- igkeit, Behinderung und Gesundheit folgenden Instru- ent zur Feststellung einer wesentlichen Behinderung owie des Hilfebedarfes fehlt. Zu einem dauerhaften Nachteilsausgleich gehört auch ie Möglichkeit, verschiedene Formen der Unterstützten eschäftigung zu wählen. Grundlegend ist dabei, dass uch stark leistungsgeminderte Personen Arbeitsplätze ußerhalb einer Werkstatt finden können. Das Konzept er Unterstützten Beschäftigung geht vom Menschen us, (er)findet und gestaltet neue, passgenaue Arbeits- lätze bzw. Nischenarbeitsplätze und orientiert sich da- ei an den Fähigkeiten, Wünschen und Potenzialen des ehinderten Menschen. Kostenträger sowohl des Minderleistungsausgleichs ls auch der Formen der Unterstützten Beschäftigung üssen sowohl die Träger für Leistungen in Werkstätten ür behinderte Menschen sein als auch die Integrations- mter. Auch die Bundesagentur für Arbeit, die nach dem bergang des behinderten Menschen vom Berufsbil- ungsbereich in den Arbeitsbereich bislang ihre „Träger- chaft verliert“, sollte Finanzverantwortung überneh- en. Nur so fällt für die Bundesagentur für Arbeit der egative Anreiz beim Übergang vom Berufsbildungsbe- eich in den Arbeitsbereich weg. Ein fest vereinbarter Fi- anzschlüssel sowie eine klare Strukturverantwortung ines Trägers kann diese Zwischenlösung so gestalten, ass sie dem oder der Betroffenen nicht zum Negativen ereicht. Optimal und als mittelfristige Perspektive ist uch hier eine Zusammenführung leistungsgerechter orschriften der Teilhabe am Arbeitsleben in einem Ge- etz vonnöten. Die beiden Landschaftsverbände in Nord- hein-Westfalen beispielsweise starten in einem Modell- orhaben eine solche Unterstützung. So werden zu- ächst 200 schwerbehinderte Menschen in den Genuss on bis zu 50 Prozent der Förderungen, die in einer erkstatt entstehen würden, kommen. Dieses Geld kann angfristig in Form von Lohnkostenzuschüssen an Ar- eitgeber ausgezahlt werden. Nach dem Wortlaut und dem Geist des Gesetzes sind uch Leistungen für behinderte Mitarbeiterinnen und itarbeitern in Werkstätten für behinderte Menschen rundsätzlich budgetfähig. Mit dem Persönlichen Bud- et können Leistungen wie Weiterbildungsmodule, Ar- eitsassistenz und heilpädagogische Hilfen sowohl in- erhalb als auch außerhalb einer Werkstatt eingekauft erden, zumindest in der Theorie. In der Praxis gibt es ei der Inanspruchnahme von Werkstattleistungen über in Persönliches Budget indes erhebliche Schwierigkei- en. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21339 (A) ) (B) ) Nach heutiger Rechtsgrundlage verlieren Budgetneh- merinnen und -nehmer von Werkstattleistungen ihre Sozialversicherungsansprüche, wenn sie im Berufsbil- dungsbereich ähnliche Angebote anderer Anbieter in An- spruch nehmen wollen. Bei einer Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verlieren die Budgetnehme- rinnen und -nehmer ihren Status der vollen Erwerbsmin- derung nach § 43 SGB VI. Die jetzigen Bedingungen der ungeklärten Sozialversicherungsansprüche schränken die Inanspruchnahme Persönlicher Budgets für Werkstatt- leistungen stark ein. Nach Ansicht der Bundesregierung sind Werkstatt- leistungen nur dann budgetfähig mit der entsprechenden sozialen Absicherung, wenn der „werkstattberechtigte“ behinderte Mensch während der Inanspruchnahme bei der Werkstatt beschäftigt bleibt. Dies widerspricht dem Grundgedanken des Persönlichen Budgets, der bzw. dem Leistungsberechtigten in eigener Verantwortung ein möglichst selbstbestimmtes Leben auch außerhalb einer Einrichtung zu ermöglichen. Die Inanspruchnahme von Werkstattleistungen über ein Persönliches Budget muss auch ohne die Anbindung an eine Werkstatt uneingeschränkt möglich sein. Dies ist Anliegen unseres Antrages „Persönliches Budget für be- rufliche Teilhabe jetzt ermöglichen“ auf Drucksache 16/ 11299. Budgetnehmerinnen und -nehmer sollen auch dann vergleichbar den behinderten Werkstattmitarbeite- rinnen und -mitarbeitern kranken-, pflege- und renten- versichert sein, wenn sie dem Berufsbildungsbereich vergleichbare integrative Berufsorientierungs- und Qua- lifizierungsangebote externer Anbieter oder betriebliche Alternativen zum Arbeitsbereich der WfbM in Anspruch nehmen. Ihr Status der Erwerbsunfähigkeit soll vorerst erhalten bleiben. Die Begründungen zur Nichtzustimmung der CDU/ CSU, der SPD sowie der FDP sind nicht nachvollziehbar. So argumentiert die CDU/CSU in der Beschlussempfeh- lung des federführenden Ausschusses auf Drucksache 16/ 11299, unser Antrag würde keine differenzierte Lösung vorschlagen und bei „eher vagen Forderungen“ bleiben. Die SPD verweist auf den Gesetzentwurf zur Unterstütz- ten Beschäftigung sowie die Verhandlungen der Arbeits- und Sozialministerkonferenz zur Eingliederungshilfe und begründet somit ihre Ablehnung gegen unseren An- trag. Auch die FDP kann unserem Antrag nicht zustim- men, obwohl sie „die Leistungsform des Persönlichen Budgets auch bei der beruflichen Teilhabe“ stärken wolle. Für die FDP gehen die im Antrag vorgesehenen Regelungen zu weit. Das grüne Gesamtkonzept besteht aus insgesamt zwölf Punkten. Diese lauten im Einzelnen: Erstens. Per- sonen- statt Institutionenförderung: Zur Stärkung des Wunsch- und Wahlrechtes müssen alle Menschen mit Behinderungen – unabhängig von der Art oder Schwere ihrer Behinderung – in die Lage versetzt werden, selbst entscheiden zu können, in welcher Form sie am Arbeits- leben teilhaben möchten. Zweitens. Ausweitung der Angebotsstrukturen: Um das Wunsch- und Wahlrecht konsequent durchzusetzen, bedarf es verschiedener Al- ternativen zur beruflichen Teilhabe. Um das alltägliche M d g r l d e p l G w s l b a d E m t w s b f u d m u P l s r s k a w ü d Z M e g b E t c U w M r w B e O f m g s (C (D iteinander von jungen Menschen mit und ohne Behin- erung im gesellschaftlichen Leben zu fördern, muss der emeinsame Unterricht zur Regel werden. Drittens. Bar- ierefreie Arbeitsplätze: Das Behindertengleichstel- ungsgesetz muss mit dem Ziel weiterentwickelt werden, ass künftig deutlich mehr barrierefreie Arbeitsplätze ntstehen. Viertens. Diskriminierungsfreie Arbeits- lätze: Die europarechtlichen Antidiskriminierungsricht- inien müssen vollständig umgesetzt und das Allgemeine leichbehandlungsgesetz muss entsprechend geändert erden. Fünftens. Vorurteile beseitigen: Um Vorurteilen eitens der Arbeitgeberinnen und -geber bei der Einstel- ung von Menschen mit Behinderungen zu begegnen, edarf es zukünftig mehr Kampagnen, wie die bereits bgelaufene Kampagne „50 000 Jobs für Schwerbehin- erte“. Sechstens. Rechtsanspruch auf Rehabilitation: in einheitlicher Rechtsanspruch auf Rehabilitation uss für alle behinderten und von Behinderung bedroh- en Menschen gewährleistet sein, unabhängig davon, elcher der insgesamt sieben Rehabilitationsträger zu- tändig ist. Siebtens. Beratung und Vermittlung für Ar- eitsuchende: Bei allen Trägern des SGB II sollen quali- izierte Ansprechpartner und Abteilungen eingerichtet nd finanziert werden. Achtens. Werkstätten für behin- erte Menschen: Auch für den geschützten Arbeitsmarkt üssen das Selbstbestimmungsrecht sowie das Wunsch- nd Wahlrecht der behinderten Menschen als oberstes rinzip gelten. Neuntens. Persönliches Budget für beruf- iche Teilhabe: Um die Teilhabechancen und Selbstbe- timmungsmöglichkeiten von Menschen mit Behinde- ungen zu stärken, muss das Persönliche Budget gestärkt owie auch für den Bereich der beruflichen Teilhabe onsequent umgesetzt werden. Hierfür muss die Budget- ssistenz als zusätzliche Leistung gewährt und finanziert erden. Die Inanspruchnahme von Werkstattleistungen ber ein Persönliches Budget muss auch ohne die Anbin- ung an eine Werkstatt uneingeschränkt möglich sein. ehntens. Existenzgründungsberatung: Um behinderten enschen umfangreicher als bisher die Möglichkeit zu röffnen, sich selbstständig zu machen, muss es eine ei- enständige Regelfinanzierung für Existenzgründungs- eratungen für Menschen mit Behinderungen geben. lftens. Finanzierung: Damit die Finanzierung der Leis- ungen durch die Integrationsämter auch in Zukunft si- hergestellt bleibt, muss die Beschäftigungspflicht der nternehmen von derzeit 5 auf 6 Prozent angehoben erden. Zwölftens. Statistik: Um arbeitsmarktpolitische aßnahmen und Instrumente zukünftig besser evaluie- en zu können, muss die Zahl der schwerbehinderten Er- erbstätigen als eine wesentliche Kennzahl durch die undesagentur für Arbeit statistisch erfasst werden. Lassen wir das Flickwerk hinter uns. Trauen wir uns twas zu und machen uns ein wenig von dem Mut und ptimismus zu eigen, der den Geist der UN-Konvention ür die Rechte der Menschen mit Behinderungen prägt. Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär beim Bundes- inister für Arbeit und Soziales: Berufliche Teilhabe be- innt nicht erst am Arbeitsplatz. Der Grundstein wird chon bei der Einschulung gelegt. (A) (C) (B) ) Es ist leider richtig, wenn Bündnis 90/Die Grünen in ihrem Antrag bedauern, das deutsche Bildungssystem sei „bisher von der Idee und der Praxis des Förderschul- Die Unterstützte Beschäftigung schließt dabei die Möglichkeiten des Persönlichen Budgets jedoch keines- wegs aus. Wer mit der Unterstützung, die ihm von der angebots geprägt“. Denn Kinder an Förderschulen errei- chen zu fast 80 Prozent keinen Schulabschluss. Umso schwerer ist es für sie, anschließend in Ausbildung und Beruf Fuß zu fassen. Gemeinsamer Unterricht von Kindern mit und Kin- dern ohne Behinderung muss daher unser Ziel sein. Auf jeden Fall brauchen wir Schritt für Schritt mehr gemein- samen Unterricht beider Gruppen von Kindern. Wer schon als Kind den Alltag mit behinderten Freun- den verbracht hat, trägt diese Erfahrung später auch in das Berufsleben, sei es als Arzt, Stadtplaner oder Arbeit- geber. Dieses gemeinsame Lernen ist ein Leitbild des UN-Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Zusammen mit den Ländern, Vertre- tern aus Wissenschaft, Praxis und Zivilgesellschaft wer- den wir daher im Frühjahr 2009 eine Konferenz zur UN- Konvention ausrichten, mit der wir vor allem die Frage der gemeinsamen Bildung vorantreiben werden. Ziel unserer Politik ist, dass behinderte Bürgerinnen und Bürger – wo immer dies möglich ist – eine Beschäf- tigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt finden. Denn Integration am Arbeitsplatz ist ein wichtiger Schritt in Richtung mehr gesellschaftlicher Teilhabe. Für Jugendliche, die aufgrund ihrer Behinderung keine Ausbildung in einem Betrieb oder einem Berufs- bildungswerk machen können, gab es bislang nur die Werkstatt als Alternative. Das war uns zu wenig. Des- halb haben wir das Instrument der Unterstützten Be- schäftigung entwickelt. Nach dem Grundsatz „Erst platzieren, dann qualifi- zieren“ werden Menschen mit Behinderungen in einem Betrieb so lange eingearbeitet und unterstützt, bis ein Arbeitsvertrag abgeschlossen werden kann. Auch da- nach kann die berufsbegleitende Unterstützung fortdau- ern, solange dies erforderlich ist. Nun sagen manche: Warum wieder ein neues Instru- ment? Gebt doch einfach das Geld, das für einen Platz in einer Werkstatt für behinderte Menschen ausgegeben wird, als Persönliches Budget, dann kann sich der Ein- zelne davon die Unterstützung auf dem allgemeinen Ar- beitsmarkt einkaufen. Nein, es ist nicht der richtige Weg, einen jungen Men- schen erst im Rahmen des Persönlichen Budgets für werkstattbedürftig zu erklären und ihn dann mithilfe die- ser Mittel doch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter- zubringen. Wenn jemand auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein kann, dann braucht er dafür einen direkten, transpa- renten Weg. Er braucht Leistungen, die spezifisch für den allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Wenn diese Leistung bisher fehlt, muss sie geschaffen werden. Das haben wir mit der Unterstützten Beschäfti- gung getan. B d t s w Z c u W J t i v g s s k D g s 5 d l o b g a z Z s d a z o a r h t d e d s z (D undesagentur für Arbeit angeboten wird, nicht zufrie- en ist, kann sich über das Persönliche Budget eine Un- erstützung eigener Wahl einkaufen. Wir gehen davon aus, dass zurzeit circa 10 000 Per- önliche Budgets im gesamten Bundesgebiet erbracht erden: eine erfreuliche Entwicklung verglichen mit den ahlen im Bericht der Bundesregierung zum Persönli- hen Budget 2006. Aber nicht nur mit der Unterstützten Beschäftigung nd dem Persönlichen Budget sind wir auf dem richtigen eg. 2004 hat die Bundesregierung die Initiative „job – obs ohne Barrieren“ ins Leben gerufen. Auf Veranstal- ungen und mit vielfältigen Projekten stellen Arbeitgeber hre guten Erfahrungen mit behinderten Beschäftigten or. Darüber hinaus haben wir noch das Arbeitsmarktpro- ramm „Job4000“ aufgelegt. Hiermit schaffen wir zu- ätzliche Arbeits- und Ausbildungsplätze vor allem für chwerbehinderte Menschen mit besonderen Einschrän- ungen. Im Ergebnis ist unsere Bilanz Anlass, sich zu freuen: ie Beschäftigungsquote bei den beschäftigungspflichti- en Arbeitgebern steigt stetig. 2002 betrug sie noch 3,8 Prozent; 2006 waren es chon 4,3 Prozent. Die vom Gesetzgeber geforderten Prozent sind zwar noch nicht erreicht, aber wir haben ie Zielgerade im Blick. Bei den Arbeitgebern im öffent- ichen Sektor sind es schon 5,9 Prozent und bei den bersten Bundesbehörden sogar 7,5 Prozent. Auch die Zahl der behinderten Menschen, die bei den eschäftigungspflichtigen Arbeitgebern arbeiten, ist im leichen Zeitraum gestiegen: von 716 057 im Jahr 2002 uf 787 912 im Jahr 2006. Wenn die Zahlen auch Anlass ur Freunde sind, so sind sie jedoch noch kein Grund zur ufriedenheit. Noch immer sind mehr als 150 000 Men- chen mit Behinderungen arbeitslos. Unsere vielfältigen Programme, Initiativen und För- ermittel sollen hier helfen. Deshalb auch unser Appell n Arbeitsgeber und Personalentscheider: Bei der Beset- ung einer Stelle darf die Frage nicht lauten: „behindert“ der „nichtbehindert“?, sondern wie bei allen anderen uch: „geeignet“ oder „nichtgeeignet“? Wir nehmen nun die vor uns liegenden Herausforde- ungen – insbesondere die Reform der Eingliederungs- ilfe, die wir gemeinsam mit den Ländern und unter Be- eiligung der Verbände weiterentwickeln werden – in en Blick. Auch hier ist die Teilhabe am Arbeitsleben in wesentlicher Punkt. Denn Arbeit ist und bleibt eine er entscheidenden Voraussetzungen für volle gesell- chaftliche Teilhabe. Da bleibt für alle noch eine Menge u tun. 21340 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 91, 1 0, T 196. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9 Anlage 10 Anlage 11 Anlage 12 Anlage 13
Gesamtes Protokol
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1619600000

Die Sitzung ist eröffnet.

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Be-
vor wir in unsere heutige Tagesordnung eintreten,
möchte ich dem Kollegen Hans Peter Thul zu seinem
60. Geburtstag gratulieren, den er vor einigen Tagen ge-
feiert hat,


(Beifall)


und ihm dazu alle guten Wünsche auch auf diesem Wege
noch einmal übermitteln.

Es gibt eine interfraktionelle Vereinbarung, die ver-
bundene Tagesordnung um die in der Zusatzpunktliste
aufgeführten Punkte zu erweitern:

ZP 1 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der
FDP:

Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zur
Pendlerpauschale

(siehe 195. Sitzung)


ZP 2 Weitere Überweisungen im vereinfachten Ver-
fahren

(Ergänzung zu TOP 33)


Redet
a) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Patrick Döring, Hartfrid Wolff (Rems-Murr),
Horst Friedrich (Bayreuth), weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion der FDP

Ausnahmeregelung für Fahrerlaubnisse
von Angehörigen der Feuerwehren, des
Rettungsdienstes und des Katastrophen-
schutzes schaffen

– Drucksache 16/10884 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Innenausschuss

b) Beratung des Antrags der Ab
Klaus Brähmig, Klaus Rieger
Klimke, weiterer Abgeordneter und
tion der CDU/CSU

(C (D ung 18. Dezember 2008 2 Uhr sowie der Abgeordneten Annette Faße, Dr. Reinhold Hemker, Dr. Peter Danckert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Potentiale von Tourismus und Sport erkennen und fördern – Drucksache 16/11402 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Tourismus Auswärtiger Ausschuss Sportausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Haushaltsausschuss c)

Klaus Brähmig, Jürgen Klimke, Dr. Hans-
Peter Friedrich (Hof), weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der CDU/CSU
sowie der Abgeordneten Annette Faße,
Dr. Reinhold Hemker, Gregor Amann, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Potentiale von Migranten für den interna-
tionalen Tourismus nutzen

– Drucksache 16/11403 –

ext
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Tourismus (f)

Auswärtiger Ausschuss
Innenausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Haushaltsausschuss

ZP 3 Weitere abschließende Beratungen ohne Aus-
sprache

(Ergänzung zu TOP 34)


tung der Beschlussempfehlung des Aus-
sses nach Artikel 77 des Grundgesetzes

ittlungsausschuss) zu dem Gesetz zur
itsmarktadäquaten Steuerung der
geordneten
t, Jürgen
der Frak-

a) Bera
schu

(Verm arbe 21126 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 Präsident Dr. Norbert Lammert Zuwanderung Hochqualifizierter und zur Änderung weiterer aufenthaltsrechtlicher Regelungen (Arbeitsmigrationssteuerungsgesetz)


(A) )


(B) )


– Drucksachen 16/10288, 16/10722, 16/10914,
16/11166, 16/11390 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Dr. Norbert Röttgen

b) Beratung der Beschlussempfehlung des Aus-
schusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes

(Vermittlungsausschuss) zu dem Gesetz zur

Abwehr von Gefahren des internationalen
Terrorismus durch das Bundeskriminal-
amt

– Drucksachen 16/9588, 16/10121, 16/10822,
16/11167, 16/11227, 16/11391 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Thomas Oppermann

c) Beratung der Beschlussempfehlung des Aus-
schusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes

(Vermittlungsausschuss) zu dem Gesetz zur

Förderung von Familien und haushaltsna-

(Familienleistungsgesetz – FamLeistG)


– Drucksachen 16/10809, 16/11001, 16/11172,
16/11191, 16/11329, 16/11392 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Dr. Michael Meister

d) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Christian Ahrendt, Dr. Max Stadler, Gisela
Piltz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der FDP

Notfinanzierungsmittel für EXIT-Deutsch-
land zur Verfügung stellen

– Drucksache 16/11378 –

e) Beratung der Beschlussempfehlung des Peti-
tionsausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 506 zu Petitionen

– Drucksache 16/11393 –

f) Beratung der Beschlussempfehlung des Peti-
tionsausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 507 zu Petitionen

– Drucksache 16/11394 –

g) Beratung der Beschlussempfehlung des Peti-
tionsausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 508 zu Petitionen

– Drucksache 16/11395 –

h) Beratung der Beschlussempfehlung des Peti-
tionsausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 509 zu Petitionen

– Drucksache 16/11396 –

Z

Z

(C (D i)

tionsausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 510 zu Petitionen

– Drucksache 16/11397 –

j) Beratung der Beschlussempfehlung des Peti-
tionsausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 511 zu Petitionen

– Drucksache 16/11398 –

k) Beratung der Beschlussempfehlung des Peti-
tionsausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 512 zu Petitionen

– Drucksache 16/11399 –

l) Beratung der Beschlussempfehlung des Peti-
tionsausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 513 zu Petitionen

– Drucksache 16/11400 –

m) Beratung der Beschlussempfehlung des Peti-
tionsausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 514 zu Petitionen

– Drucksache 16/11401 –

P 4 Beratung des Antrags der Abgeordneten Sylvia
Kotting-Uhl, Bärbel Höhn, Hans-Josef Fell, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Rücknahmesystem für gebrauchte Energie-
sparlampen im Handel einrichten

– Drucksache 16/11387 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz

P 5 Beratung des Antrags der Abgeordneten Peter
Götz, Dirk Fischer (Hamburg), Dr. Klaus W.
Lippold, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der CDU/CSU
sowie der Abgeordneten Petra Weis, Klaas
Hübner, Sören Bartol, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der SPD

Die integrierte Stadtentwicklung weiter aus-
bauen

– Drucksache 16/11414 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21127


(A) )



(B) )


Präsident Dr. Norbert Lammert
ZP 6 Beratung des Antrags der Abgeordneten Patrick
Döring, Gisela Piltz, Horst Friedrich (Bayreuth),
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Innenstädte stärken – Kooperationen fördern –
Städtebauförderung weiter entwickeln
– Drucksache 16/8076 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Haushaltsausschuss

ZP 7 Beratung des Antrags der Abgeordneten Winfried
Nachtwei, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn,
Kerstin Müller (Köln), weiterer Abgeordneter
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Für eine restriktive Rüstungsexportpolitik –
Parlamentarische Kontrollmöglichkeiten ver-
bessern
– Drucksache 16/11388 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Auswärtiger Ausschuss
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

ZP 8a)Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Modernisierung des Vergaberechts
– Drucksache 16/10117 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-

(9. Ausschuss)


– Drucksache 16/11428 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Reinhard Schultz (Everswinkel)


b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Wirtschaft und Tech-
nologie (9. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Rainer
Brüderle, Martin Zeil, Birgit Homburger, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Novellierung des Vergaberechts für Büro-
kratieabbau nutzen – Bundesweit einheitli-
ches Präqualifizierungssystem für Leistun-
gen einführen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Ulla Lötzer,
Dr. Barbara Höll, Werner Dreibus, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion DIE LINKE

Bei öffentlichen Aufträgen sozial-ökologi-
sche Anliegen und Tariftreue durchsetzen

Z

g

P
s
a

g

h
b
l
a
p
p
T
s
d

f
n

(C (D – zu dem Antrag der Abgeordneten Ulla Lötzer, Werner Dreibus, Dr. Diether Dehm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Tariftreue europarechtlich absichern – zu dem Antrag der Abgeordneten Kerstin Andreae, Dr. Thea Dückert, Margareta Wolf Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Ökoeffiziente Beschaffung auf Bundesebene durchsetzen – zu dem Antrag der Abgeordneten Kerstin Andreae, Dr. Thea Dückert, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Vergaberecht reformieren – Rechtssicherheit schaffen – Eckpunkte für die Reform des Vergaberechts – Drucksachen 16/9092, 16/6930, 16/9636, 16/6791, 16/8810, 16/11428 – Berichterstattung: Abgeordneter Reinhard Schultz P 9 Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Energieeinsparungsgesetzes – Drucksachen 16/10290, 16/10331 – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung – Drucksache 16/11417 – Berichterstattung: Abgeordneter Peter Hettlich Dabei soll von der Frist für den Beginn der Beratunen, soweit erforderlich, abgewichen werden. Der Tagesordnungspunkt 32, der bisher als letzter unkt am morgigen Freitag vorgesehen war, wird zuammen mit der gleich folgenden Regierungserklärung ufgerufen. Die Tagesordnungspunkte 18, 31 und 34 b sollen abesetzt werden. Daraus ergeben sich einige Änderungen bei der Reienfolge der Tagesordnung: Der Tagesordnungspunkt 19, ei dem im Übrigen eine namentliche Abstimmung verangt wird, soll bereits nach dem Tagesordnungspunkt 9 ufgerufen werden, die nachfolgenden Tagesordnungsunkte 10 und 11 werden getauscht, die Tagesordnungsunkte 20 und 22 rücken aufgrund der Absetzung des agesordnungspunktes 18 entsprechend vor, und chließlich wird der Tagesordnungspunkt 13 erst nach em Tagesordnungspunkt 20 aufgerufen. Das hat sicher jeder jetzt sofort verstanden. – Jedenalls gibt es keinen erkennbaren Widerspruch. Dann könen wir so verfahren. 21128 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 Präsident Dr. Norbert Lammert Ich rufe die Tagesordnungspunkte 4 und 32 auf: 4 Abgabe einer Regierungserklärung durch den Bundesminister des Auswärtigen zu den Ergebnissen des Europäischen Rats am 11./12. Dezember 2008 32 Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union Antrag der Abgeordneten Dr. Diether Dehm, Monika Knoche, Hüseyin-Kenan Aydin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Das Ratifizierungsverfahren zum Vertrag von Lissabon aussetzen – Ein Sozialprotokoll vereinbaren – Drucksachen 16/8879, 16/10832 – Berichterstattung: Abgeordnete Michael Stübgen Michael Roth Markus Löning Dr. Diether Dehm Rainder Steenblock Zu der Regierungserklärung liegt ein Entschließungsantrag der Fraktion Die Linke vor. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Aussprache im Anschluss an die Regierungserklärung 90 Minuten vorgesehen. – Auch dazu kann ich Einvernehmen feststellen. Dann können wir so verfahren. Ich erteile das Wort zur Abgabe einer Regierungserklärung dem Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Frank-Walter Steinmeier. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Frankfurt), weiterer Abgeordneter und der


(15. Ausschuss)


(A) )


(B) )


Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister des
Auswärtigen:

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten
Damen und Herren Abgeordneten! Hinter uns liegen in
der Tat bewegte Monate. Unter der französischen Rats-
präsidentschaft hatte Europa ganz außerordentliche Be-
lastungen und Bewährungsproben zu bestehen. Ich
glaube, wir dürfen heute mit Genugtuung und auch mit
etwas Erleichterung sagen: Europa hat sich all diesen
Krisen wirklich gewachsen gezeigt. „Wo aber Gefahr ist,
wächst das Rettende auch“, wurde Hölderlin am vergan-
genen Wochenende in einer großen deutschen Tageszei-
tung zitiert. Das hätte nicht gereicht, sage ich. Als es da-
rauf ankam, haben wir als Europäer gemeinsam
gehandelt. Wir haben einig und vor allen Dingen wirk-
sam gehandelt.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Die Europäische Union hat die Waffen zum Schwei-
gen gebracht, als im Sommer im Südkaukasus, gleich in
unserer Nachbarschaft, der Krieg ausgebrochen war. Die
EU hat eine neue Finanzarchitektur auf die internatio-
nale Tagesordnung gesetzt. Das war eine schnelle Reak-

t
m

h
s
s
k
a
w
f
d
L

d
g
r
i
b
w
d
s
s
a
G
d

1
d
B
w
h
l
d
f
d
h
b
f

v
i
l
a
e
d

t
s
I
s

(C (D ion auf die historische Krise auf den weltweiten Finanzärkten. In der vergangenen Woche – darüber diskutieren wir eute – hat sich die Europäische Union auf dem Europäichen Rat auf sehr konkrete zukunftsweisende Entcheidungen verständigt: erstens auf ein Konjunkturpaet von 200 Milliarden Euro, das ein deutliches Signal n die Wirtschaft bedeutet, zweitens auf einen zukunftseisenden Durchbruch in der Klimapolitik mit – hof entlich – Signalwirkung für unsere Partner weltweit, rittens auf ein eindeutiges Bekenntnis zum Vertrag von issabon, der Ende 2009 in Kraft treten soll. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das ist eine gute Bilanz in wahrhaft schwieriger Zeit;
arüber bin ich froh. Sie straft Gott sei Dank all jene Lü-
en, die der Europäischen Union schon wieder eine Eu-
osklerose bescheinigen wollten. Stattdessen haben sich
n Europa die alten europäischen Tugenden – Berechen-
arkeit, Nachhaltigkeit, auch Solidarität – erneut be-
ährt und Europa wieder handlungsfähig gemacht. Ich
arf Ihnen sagen: Ohne die mutige Führung der französi-
chen Ratspräsidentschaft wäre das nicht möglich gewe-
en. Unseren französischen Freunden sagen wir deshalb
n dieser Stelle Dank für die Arbeit in schwierigstem
elände. Ich finde, das verdient auch Anerkennung in
iesem Hohen Hause.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie des Abg. Oskar Lafontaine [DIE LINKE])


Meine Damen und Herren, vom Europäischen Rat am
1. und 12. Dezember geht eine klare Botschaft aus. Mit
er Verständigung auf ein europäisches Programm zur
elebung der Konjunktur hat Europa sich seiner Verant-
ortung für Wachstum und Beschäftigung gestellt. Wir
aben früh darauf hingewiesen: Diese Verantwortung
iegt bei den Mitgliedstaaten, aber gleichzeitig auch auf
er europäischen Ebene. Das gehört zur Logik eines of-
enen europäischen Binnenmarktes. Abstimmung, Koor-
inierung und, wo immer möglich, gemeinsames Vorge-
en liegen auch im Interesse der Mitgliedstaaten, gerade
ei der Bekämpfung der Krise, in der wir uns zurzeit be-
inden.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie des Abg. Oskar Lafontaine [DIE LINKE])


Das Konjunkturprogramm in der Größenordnung
on 1,5 Prozent des EU-weiten Bruttoinlandsproduktes
st aus meiner Sicht ein starkes Signal. Die Botschaft
autet: Die Staaten Europas werden sich gemeinsam mit
ller Kraft gegen den Abschwung stemmen und Arbeit
rhalten, wo immer das möglich ist. Es ist gut für uns,
ass sich alle in Europa darüber einig sind.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das Brüsseler Konjunkturprogramm enthält auf na-
ionaler und auf europäischer Ebene Instrumente, die
ich gegenseitig ergänzen werden und sollen. Ich darf
hnen nach den Diskussionen der vergangenen Woche
agen: Bei den nationalen Maßnahmen steht Deutsch-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21129


(A) )



(B) )


Bundesminister Dr. Frank-Walter Steinmeier
land in Europa bisher gut da. Noch nicht einmal die
Hälfte der Mitgliedstaaten hat vergleichbare Maßnah-
menpakete, wie wir sie in diesem Hohen Hause in den
vergangenen Wochen beschlossen und verabschiedet ha-
ben, auf den Weg gebracht. Gleichwohl – das ist ver-
ständlich angesichts der Wirtschaftsdaten, denen wir ent-
gegensehen – tobt natürlich auch in Deutschland eine
Debatte darüber, ob in der Krise genügend nationale Ge-
genwehr gegeben ist. Die Zahl der Vorschläge – Sie er-
kennen das auch – wird nach und nach unüberschauba-
rer.

Wir wissen, meine Damen und Herren, wenn Kon-
junktur und Beschäftigung massiv einbrechen, dann
werden wir gegebenenfalls neu entscheiden müssen, um
Arbeitsplätze zu schützen und Jobs zu erhalten. Wir wer-
den dabei kraftvoll und – so darf ich Ihnen versprechen –
auch überlegt handeln. Wir werden wirksame Maßnah-
men ergreifen, die konkret und langfristig zugleich sind.
Darauf kommt es nämlich an.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Wirksam können Konjunkturprogramme nur dann
sein, wenn wir in Europa gemeinsam handeln, wenn Eu-
ropa und die Mitgliedstaaten der Europäischen Union in
dieselbe Richtung marschieren. Ich glaube, dass wir nur
so eine Konjunkturkrise wirklich abfedern können. Des-
halb müssen wir in Europa ein Dreifaches gemeinsam
tun: Beschäftigung sichern, Infrastruktur ausbauen und
Zukunftstechnologien fördern. Das Programm, das wir
gerade in Brüssel beschlossen haben, greift viele unserer
Vorschläge auf. Ich finde, das ist keine schlechte Aus-
zeichnung für uns in Deutschland.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Ein wichtiger Punkt für mich ist: Wir müssen stärker
in Energieeffizienz und auch in die Zukunftsfähigkeit
der ländlichen Gebiete investieren. Wir dürfen diese Ge-
biete nicht abhängen, auch nicht bei uns in Deutschland.
Wir brauchen auch im ländlichen Raum eine technische
Infrastruktur. Breitbandnetze sind Lebensadern für Mo-
dernisierung, Wachstum und Innovation in den ländli-
chen Räumen. Sie wissen aus Ihren Wahlkreisen, dass
das Vorhandensein von Breitbandnetzen mittlerweile
auch ein Gesichtspunkt für mögliche Ansiedlungen ist.
Deshalb ist es richtig und wichtig, dass wir das auch von
europäischer Ebene aus auf den Weg bringen, dass wir
bürokratische Hemmnisse beseitigen und dass wir den
Ausbau auch fördern.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Ein zweiter Punkt, den ich herausstellen möchte, ist
die Ausweitung der Kredite der Europäischen Investi-
tionsbank zugunsten kleiner und mittlerer Unterneh-
men. Auch das hatten wir von deutscher Seite bereits
früher angeregt. In letzter Zeit haben wir auch in
Deutschland oft gehört, dass Kredite so etwas wie der
Blutkreislauf der Wirtschaft sind. Das ist ein gutes Bild.
Wenn dies zutrifft, dann brauchen viele Betriebe gerade
jetzt in der Krise eine Blutzufuhr, damit sie innovativ
bleiben. Wir dürfen den Kreislaufkollaps nicht zulassen.
Ich finde, die europäischen Beschlüsse, aus denen ich

g
z

w
A
2
f
b
d
k
v
d
i

f
g
w
d
d
W
d
g
f
d
a
h

d
D
u
z
h
E
l

h
t
g
g
d
r
S
g
i
tu
a
i
h
g
v
d

u
t

(C (D erade zitiert habe, sind eine gute Hilfe, um genau dies u verhindern. Deshalb sind es gute Beschlüsse. Mehr Investitionen und Beschäftigung versprechen ir uns im Übrigen auch von einfacheren Beihilfeund usschreibungsverfahren. Bisher werden Beihilfen ab 00 000 Euro in Brüssel geprüft. Künftig werden Beihilen erst ab einem Betrag von 500 000 Euro geprüft. Das edeutet mehr Planungssicherheit für viele Vorhaben, ie in dem Umfang bisher nicht gegeben war. Hinzu ommt, dass die Ausschreibungsfrist bei Großprojekten on derzeit 87 auf künftig 30 Tage verkürzt wird. Auch amit gewinnen Unternehmen wertvolle Zeit. Deshalb st dies ein guter Beschluss aus der vergangenen Woche. Nicht zuletzt werden auch der Europäische Sozialonds und andere europäische Instrumente – wie wir es efordert haben – noch einmal daraufhin durchforstet, ie Beschäftigung gesichert und wie die Wiedereinglieerung in den Arbeitsmarkt gefördert werden kann. Eine er Lösungen, die wir im Vorfeld diskutiert haben, war: enn kleine Unternehmen einen Arbeitslosen einstellen, ann können künftig Lohnnebenkosten unter Zurückreifen auf europäische Mittel – auch ESF-Mittel – beristet übernommen werden. Ich finde, wenn Europa für ie Menschen Gestalt annehmen soll, dann müssen wir n solchen lebensnahen Lösungen mehr arbeiten als biser. Davon werden wir alle profitieren. Alle diese Maßnahmen entsprechen einer Prämisse, ie wir auch für uns gelten lassen: Vorfahrt für Arbeit. arum geht es uns. Das müssen wir auf der nationalen nd der europäischen Ebene umsetzen, damit wir die Reession so gut wie nur irgend möglich abpuffern. Ich abe an anderer Stelle gesagt: 2009 darf kein Jahr der ntlassungen werden. Das müssen wir mit unseren Mög ichkeiten so gut wie möglich verhindern. Die Beschlüsse des Europäischen Rates – auch das aben Sie gesehen – geben den nationalen Mitgliedstaaen Möglichkeiten, je nach den unterschiedlichen Bedinungen ergänzende, weiter gehende Maßnahmen zu erreifen. Man kann – das ist mittlerweile Allgemeingut – ie Mitgliedstaaten der EU nicht über einen Kamm scheen. Die Volkswirtschaften haben eine unterschiedliche truktur, und von dieser Vielfalt haben wir in Europa soar ganz gut gelebt. Was zur Bewältigung der Krise etwa n der britischen Dienstleistungsund Finanzdienstleisngswirtschaft hilft, das muss noch keine Hilfe für eine us guten Gründen nach wie vor – wir sind froh darüber – ndustriell geprägte deutsche Volkswirtschaft sein. Desalb war es klug, dass wir nicht alles über einen Kamm eschert haben, uns nicht auf einige wenige Instrumente erständigt haben, sondern weiterhin von der Anwenung eines Instrumentenkastens ausgehen. Wo einheitliches Handeln nicht zwingend und sogar ntauglich ist, da stimmen wir uns über den Rahmen naionalen Handelns gemeinsam ab. Das haben wir in der 21130 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 Bundesminister Dr. Frank-Walter Steinmeier vergangenen Woche getan; das werden wir auch in Zukunft tun müssen. Warum? Weil zu dem Rahmen für nationales Handeln weiterhin natürlich auch zum Beispiel der Stabilitätsund Wachstumspakt gehört. Wir haben uns in Brüssel vonseiten der deutschen Regierung dafür starkgemacht, dass dieser Pakt nicht komplett unterlaufen und nicht gänzlich ausgehebelt wird. Dieser Pakt bietet nämlich auch für die kommende Zeit Flexibilität. Er erlaubt, wie Sie wissen, ein zeitlich befristetes Überschreiten der 3-Prozent-Verschuldungsgrenze. Klar ist aber auch – auch das ist enthalten –: Alle sind gehalten, die Verschuldung unverzüglich zurückzuführen und für ausgeglichene Haushalte zu sorgen, sobald der nächste Aufschwung beginnt. Dabei bleibt es. Das zweite große Thema neben der Finanzund Wirtschaftskrise beim Gipfel war natürlich das Klimapaket. Auch bei der Klimakonferenz in Posen oder anderswo – überall zweifelte man, ob die Europäische Union ihre ehrgeizigen Klimaschutzziele bei der ersten Gelegenheit, wenn es denn passt, gleich wieder in die europäische Schublade zurücklegt. Es klingt in der Tat nicht ganz mutlos, was wir uns vorgenommen haben. Bis 2020 wollen wir in Europa 20 Prozent weniger Treibhausgase als 1990 haben. Wir wollen den Anteil der erneuerbaren Energien am Energieverbrauch auf 20 Prozent steigern. Dann gab es tatsächlich welche – Unternehmen, Staaten und auch manche aus der Politik, wie ich Ihnen sagen kann –, die natürlich die Gunst der Stunde nutzen und den Klimaschutz von den vorderen Rängen der politischen Tagesordnung – auch der internationalen Tagesordnung – herunterziehen und von dort verdrängen wollten. Ich sage Ihnen offen: Auch aus meiner Sicht lag in den letzten Wochen vor dem Gipfel die Verschiebung des gesamten Paketes manchmal näher als die Möglichkeit, sich noch vor Weihnachten auf einen gemeinsamen Kompromiss zu verständigen. Nach diesem Gipfel können wir aber sagen: Die EU hat Wort gehalten. Wir haben die Ziele bekräftigt und die Last konkret und verbindlich auf die EU-Staaten aufgeteilt. Ich finde, die Eckpunkte dieser Verständigung, die ich Ihnen jetzt vortragen werde, zeigen das knapp, aber auch ebenso klar: Erstens. Wir werden einen gemeinsamen europäischen Emissionshandel einführen, der die bis dahin bestehenden nationalen Regelungen ablöst. Alle energieintensiven Unternehmen in Europa bekommen jetzt endlich – das war notwendig – gleiche Wettbewerbsbedingungen. Zweitens. Kraftwerke, auch energieintensive Industriebetriebe dürfen jedes Jahr weniger Treibhausgase ausstoßen. Bis 2020 sinkt die Obergrenze schrittweise um 21 Prozent gegenüber 2005. Drittens. Grundsätzlich bekommt kein Energieerzeuger in Europa Emissionsrechte geschenkt. Nur manchen Ländern in Osteuropa werden Übergangsregelungen eingeräumt, weil sie fast komplett von Strom aus alten Kohlekraftwerken abhängen. g d s e 5 v w h p M Z r e a e R d h S a d b s h s n N V k r S h b B n g D s b g d b P k d (C (D Viertens. Auch beim Ausbau der erneuerbaren Enerien haben sich die europäischen Mitgliedstaaten auf em Rat zu verbindlichen Zielen verpflichtet. Wir Deutche wollen bis 2020 18 Prozent der Energie aus erneurbaren Energiequellen erzeugen. 2005 waren es noch ,8 Prozent. Auf diesem Gebiet wartet viel Arbeit und or allen Dingen viel kluge Politik auf uns. Die wollen ir miteinander machen. Diese vier Punkte, die ich Ihnen kurz vorgetragen abe, sind aus meiner Sicht unter Klimaschutzgesichtsunkten ganz wichtige Schritte nach vorn. Zum ersten al werden in einem wirklich großen Wirtschaftsraum iele und Deklarationen, die bisher unverbindlich waen, in Regelungen und Maßnahmen umgesetzt. Das ist in Erfolg, den wir hier im Hause und möglichst auch ußerhalb dieses Hauses nicht kleinreden sollten. Das ist in Erfolg. Ich darf hinzufügen, dass damit den Erwartungen echnung getragen wurde, die uns der Umweltausschuss es Deutschen Bundestages im Mai 2008 vorgetragen at. Der Bundesumweltminister hat das in der gestrigen itzung des Umweltausschusses, wie ich gehört habe, usführlich und überzeugend dargestellt. Ich danke ihm afür. Das Ergebnis beweist, dass man Klimaschutz und Areitsplatzschutz nicht gegeneinander ausspielen muss, ondern dass es sinnvolle Verknüpfungen gibt. Ich sage ier ganz klar: Wer eine breite Akzeptanz für den Klimachutz will, der darf diese notwendige Anstrengung icht auf dem Rücken von Arbeitnehmern durchsetzen. ach dieser Überzeugung haben wir – ich zähle auf Ihr erständnis – auch auf diesem EU-Gipfel gehandelt. Zur Wahrheit gehört auch, dass Deutschland ein stares Industrieland bleiben muss. Wir brauchen produzieende Betriebe. Mit Dienstleistungen allein – das wissen ie – können wir unseren Wohlstand nicht sichern. Desalb – das ist der Grund, meine Damen und Herren – haen wir Regeln vereinbart, die die energieintensiven etriebe in Deutschland wettbewerbsfähig halten und icht aus dem Land treiben. Das ist für mich und für die esamte Bundesregierung verantwortungsvolle Politik. afür stehen wir. Dafür haben wir auch in Brüssel ge tanden. Wir kommen an den schwierigen Themen nicht vorei; ich weiß das. Die Kohlekraft gehört dazu. Ich laube aber, dass wir nur dann Standards setzen und in en noch problematischeren Regionen der Welt Vorbild leiben können, wenn wir eine verantwortungsvolle olitik machen. Mit einem Verbot von Kohlekraftweren, das manche fordern, werden wir in China niemanen überzeugen. (Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deswegen subventionieren wir sie ja auch!)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


(A) )


(B) )


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21131


(A) )



(B) )


Bundesminister Dr. Frank-Walter Steinmeier
Wir werden eher Kopfschütteln hervorrufen, Herr Kuhn.
Wenn Kohlekraft weltweit genutzt wird – das wird auf
Sicht in vielen Regionen dieser Welt so sein –, dann dür-
fen gerade wir als Technologietreiber – hören Sie ruhig
zu – uns nicht aus der Verantwortung stehlen. Ein gutes
Gewissen, das manche sich davon versprechen, macht
noch kein gutes Klima. Deswegen war das, glaube ich,
ein richtiger Kompromiss.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Mit Blick auf manche Debatten, die uns bei den Ver-
handlungen in Brüssel begleitet haben, muss ich sagen:
Ich verstehe manches von dem, was an Vorwürfen öf-
fentlich gehandelt worden ist, nicht. Wie kann man denn
glauben, dass eine solche Debatte, die wir in Brüssel ge-
führt haben, in einem völlig luftleeren Raum stattfindet?
Wenn dort Regierungschefs aus 27 Staaten zusammen-
sitzen, sprechen sie natürlich auch über alles andere, was
uns gegenwärtig plagt und umgibt: über die wirtschaftli-
che Situation und auch über die Sicherung von Arbeits-
plätzen. Was soll also der Vorwurf, dass das bei der Dis-
kussion über Klimafragen eine Rolle spielt?

Entscheidend nach diesem Gipfel ist, dass Europa
trotz dieser Diskussion – wir haben einen guten Kom-
promiss erzielt – weiterhin Vorreiter beim Klima-
schutz bleibt. Die EU kann im nächsten Jahr die Ver-
handlungen über das Nachfolgeabkommen zum Kioto-
Protokoll glaubwürdig beginnen. Ich sage Ihnen auch:
Wir freuen uns über einen amerikanischen Präsidenten,
der dem globalen Kampf gegen Erderwärmung einen
wirklich neuen Schub gibt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


– Sie haben jetzt eine Sekunde zu früh geklatscht; ich
wollte noch einen Satz hinzufügen.


(Ulrich Kelber [SPD]: Wir klatschen gern noch einmal!)


Ich verfolge im Augenblick die inneramerikanische
Diskussion. Die USA wollen – vorausgesetzt, Obama
setzt sich mit seinen Vorstellungen durch – eine CO2-Re-
duzierung, eine Reduzierung der Treibhausgase auf den
Stand von 1990 erreichen. Das ist vor dem Hintergrund
der amerikanischen Diskussion sehr ehrgeizig; aber wir
in Europa wollen weiter. Deshalb sage ich: Wir müssen
uns angesichts dessen, was in Brüssel erreicht und bestä-
tigt worden ist, nicht verstecken. Die Ziele bleiben. Wir
sind aber weiter, weil wir sie jetzt mit Maßnahmen und
konkreten Verabredungen unterlegt haben.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Ob im Kampf gegen die Rezession oder beim Klima-
schutz – überall zeigt sich, dass wir in Europa gemein-
sam mehr schaffen als jeder für sich allein. Aber Politik
ist eben auch Organisation. Da haben manche recht und
viele Erfahrung. Deshalb müssen wir Europas Hand-
lungsfähigkeit auf Dauer sichern. Dafür steht der Ver-
trag von Lissabon, für den wir alle gemeinsam ge-
kämpft haben. Ich glaube, wir haben beim Europäischen
Rat einen Weg gefunden, wie der Vertrag im nächsten

J
n
e
g

w
m
m
T
g
K
h
g
z

n
s
s
e
s
D
c
D
D
S
p

e
P
g
g
K
u
c
l
i
r
g

D
S
A
s
S

E
E
ä
s
p
c
S

G

(C (D ahr hoffentlich doch noch in Kraft treten kann. Das war ur möglich, weil die irische Regierung Mut gezeigt und in weiteres Referendum im nächsten Jahr in Aussicht estellt hat. Dies begrüße ich in der Tat sehr. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir jedenfalls wollen diesen Vertrag. Deshalb sind
ir trotz mancher Kritik bereit, Irland entgegenzukom-
en. Wir werden das Prinzip „Ein Land – ein EU-Kom-
issar“ nicht im Jahre 2014 abschaffen. Das ist in der
at eine bedeutsame Konzession, die uns nicht einfach
efallen ist. Aber wir sagen: Der Vertrag selbst muss in
raft treten, und zwar wie geplant. Das heißt, Nachver-
andlungen über den Vertrag darf es nicht geben. Das ist
esichert. Ich bin froh darüber, dass der Weg zur Ratifi-
ierung jetzt auch in Irland beschritten wird.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich komme zum Schluss. Frieden in Europa gibt es
ur, wenn auch Frieden um Europa herum herrscht. Wie
chnell Situationen eskalieren, haben wir gerade in die-
em Jahr mit einigem Schrecken im südlichen Kaukasus
rlebt. Wir in Europa arbeiten gemeinsam dafür, dass
ich diese oder ähnliche Situationen nicht wiederholen.
arum wollen wir Stabilität und Sicherheit in der östli-

hen Nachbarschaft der Europäischen Union stärken.
as ist eine unserer Antworten auf die Georgien-Krise.
as ist gelebte praktische Verantwortung. Das ist, wenn
ie so wollen, nachhaltige Politik im Bereich der Außen-
olitik.

Konkret heißt das: Wir werden im März 2009 die
uropäische Nachbarschaftspolitik durch eine östliche
artnerschaft stärken. Erste Vorschläge dazu haben wir
emacht. Sie wurden von den Polen und Schweden auf-
egriffen und sind in ein Konzept der Europäischen
ommission eingeflossen. Diese östliche Partnerschaft
mfasst die Ukraine, Moldau und die Staaten des südli-
hen Kaukasus. Wenn sich die Entwicklung in Weißruss-
and positiv fortsetzt – ein paar Anzeichen dafür waren
n den letzten Wochen zu sehen –, dann wird auch Weiß-
ussland zu dieser östlichen Partnerschaftspolitik dazu-
ehören können.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ie tschechische Präsidentschaft wird dies zu einem
chwerpunkt ihres Vorsitzes machen. Der tschechische
ußenminister war gerade erst hier. Ich habe ihm ver-

prochen, dass wir diesen Schwerpunkt von deutscher
eite aus nach Kräften unterstützen wollen.

Meine Damen und Herren, nächstes Jahr wird für die
uropäische Union ein wichtiges Jahr, nicht nur, weil
uropawahlen anstehen. Vor uns liegt eine Zeit der Ver-
nderungen. Wir haben jetzt die Chance, auf die Globali-
ierung der Märkte mit kluger gemeinsamer Politik die
olitische Globalisierung folgen zu lassen. Die neue Ar-
hitektur der Finanzmärkte wird dabei nur ein erster
chritt sein.

Es geht aber auch darum, wie wir die verschobenen
ewichte auf der internationalen Bühne neu austarieren,

21132 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008


(A) )



(B) )


Bundesminister Dr. Frank-Walter Steinmeier
wie wir möglichst viele Akteure in eine internationale
Verantwortungsgemeinschaft einbeziehen und integrie-
ren. Das muss gelingen, und das kann nur gelingen,
wenn wir in Europa gerade dabei eine gemeinsame Hal-
tung entwickeln.

Die wichtigste Antwort auf die Globalisierung lautet
für unser Land immer noch Europa, nicht nur ein Europa
der Märkte, sondern auch ein Europa für alle Menschen,
ein Europa, das nicht nur mit feierlichen Erklärungen
und Dokumenten glänzt, sondern auch richtige Antwor-
ten auf die großen Zukunftsfragen gibt. Der Europäische
Rat jedenfalls hat dafür in der vergangenen Woche aus
meiner Sicht ein sehr ermutigendes Signal gegeben.

Ich danke Ihnen herzlich für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1619600100

Bevor ich die Aussprache eröffne, möchte ich die Ge-

legenheit nutzen, auch der Kollegin Renate Schmidt
herzlich zu ihrem Geburtstag, den sie vor wenigen Tagen
begangen hat, zu gratulieren und die guten Wünsche auf
diesem Wege noch einmal öffentlich zu bekräftigen. Al-
les Gute!


(Beifall)


Das Wort erhält nun der Kollege Dr. Werner Hoyer
für die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Werner Hoyer (FDP):
Rede ID: ID1619600200

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Noch vor

zwei Monaten, im Zusammenhang mit dem Europäi-
schen Rat im Oktober dieses Jahres, hat die Bundesre-
gierung jede Regierungserklärung verweigert. Dieses
Mal haben wir schon zwei Regierungserklärungen ge-
hört: Vor 14 Tagen hat uns die Kanzlerin einen Ausblick
auf den letzten Europäischen Rat gegeben, heute durfte
der Außenminister zwecks koalitionspolitischer Ausba-
lancierung einen Rückblick wagen.


(Ulrich Kelber [SPD]: Oppositionsgemäkel!)


Wir sind froh darüber. Denn das gibt uns die Gelegen-
heit, Themen zu debattieren, die in Brüssel behandelt
worden sind und die weiß Gott sehr, sehr wichtig sind.
Die Lage ist in der Tat sehr ernst. Ich bin kein Schwarz-
maler, sondern eher struktureller Optimist; aber ich
weiß, dass die Politik ganz leicht Vertrauen verspielen
kann, wenn der Eindruck entsteht, es werde Realitätsver-
weigerung betrieben.

Noch im September dieses Jahres hat die Bundesre-
gierung alle Anzeichen für eine Finanz- und Wirt-
schaftskrise geleugnet, obwohl sich die Rezession
schon damals deutlich abzeichnete. Selbst der Begriff
„Rezession“ ist noch vor zwei Monaten bestritten wor-
den. Wir können froh sein, dass die Stimmung im Lande
zurzeit besser ist als die Lage; das ist übrigens ein Be-
fund, der mit unserem Nationalcharakter eigentlich
kaum in Einklang zu bringen ist. Die Konsumnachfrage
ist gegenwärtig die Hauptstütze der gesamtwirtschaftli-

c
r

r
d
f
t
d
E
P
s

U
U
D
m
s
g
k
h
R
i

a
V
i
m
im
z
p
t
D

g
n
m
s
s
E
l
a

s
s
D
e
d
t
Z
B
s
M
b
a
K

(C (D hen Nachfrage; auch das ist in Deutschland nicht geade oft der Fall. Politik muss über den Tag hinaus denken und vorbeeitet sein. Manchmal hat man allerdings den Eindruck, ass der eine Teil der Mannschaft des deutschen Kreuzahrtschiffes noch auf dem Sonnendeck die Stühle soriert, während der andere Teil unten bereits schuftet, um ie größten Lecks abzudichten. In dieser Situation muss uropa handeln. Europa ist ja ebenso wie der Euro ein fund, mit dem wir heute wuchern können, im Gegenatz zur Situation vor 80 Jahren. Wo aber steht Europa, wo steht die Europäische nion, und wo steht Deutschland in der Europäischen nion? Im Jahre 2009 wird es die EU nicht leicht haben. ie Kommission wird neu zu bestimmen sein; das Parlaent wird gewählt; von der tschechischen Präsident chaft erwarte ich, ehrlich gesagt, nicht unbedingt den anz großen integrationspolitischen Elan, und die Zuunft des Lissabon-Vertrages steht in den Sternen. Ich offe, dass an Ihrem Optimismus bezüglich des zweiten eferendums in Irland mehr als nur Wunschdenken dran st. Es wird also ganz besonders auf die Mitgliedstaaten nkommen, und das heißt, ganz besonders auf die größte olkswirtschaft, also auf Deutschland. Deutschland hat n der Geschichte der Europäischen Union stets die Lokootive gemacht, und der deutsche Regierungschef war mer im Führerhaus dieser Lokomotive. Aber als sich ur Vorbereitung dieses Gipfels Premier Brown, Staatsräsident Sarkozy und Kommissionspräsident Barroso rafen, war die Bundeskanzlerin 800 Kilometer entfernt. as ist ein ziemlich unglaublicher Vorgang. Gleichzeitig hat es an Belehrungen und Beschimpfunen unserer Partner durch den Bundesfinanzminister icht gefehlt. So muss man sich nicht wundern, wenn an auf der Bühne der Europapolitik plötzlich im Ab eits steht oder sogar die Rolle des Buhmanns zugewieen bekommt. Zumindest bei unseren Partnern ist der indruck eines unsolidarischen und kraftlosen Deutsch and entstanden. Die Meinungsführerschaft haben längst ndere übernommen. (Beifall bei der FDP sowie des Abg. Oskar Lafontaine [DIE LINKE])


(Beifall bei der FDP)


Dabei stimme ich dem Finanzminister in einigen we-
entlichen Punkten ja durchaus zu. Er warnt zum Bei-
piel davor, Geld zu sehr mit der Gießkanne zu verteilen.
as ist nie gut. Im Gegenteil: Wir sollten uns all denen

ntgegenstellen, die die Krise nutzen wollen, um endlich
en Staatsanteil am Sozialprodukt wieder nach oben zu
reiben. Wir sollten uns denen entgegenstellen, die das
iel eines ausgeglichenen Haushaltes endgültig über
ord gehen lassen wollen, denen, die den Stabilitätspakt

owieso am liebsten loswerden wollen, denen, die der
einung sind, Politiker und Beamte seien ohnehin die

esseren Unternehmer und Banker, oder denen, denen
ngesichts der großen Krise der ordnungspolitische
ompass völlig abhanden zu kommen droht.


(Beifall bei der FDP)


Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21133


(A) )



(B) )


Dr. Werner Hoyer
Nein, ein rationales und entschlossenes Handeln ist so-
wohl bei der Gestaltung der Rahmenbedingungen – ge-
wissermaßen der Leitplanken, mit deren Hilfe unsere so-
ziale Marktwirtschaft wieder wetterfest gemacht werden
muss –, als auch bei der Bekämpfung der Nachfrage-
schwäche gefragt, die im nächsten Jahr gefährliche Di-
mensionen annehmen wird.

Schauen wir uns die einzelnen Elemente der gesamt-
wirtschaftlichen Nachfrage an:

Erstens. Die Auslandsnachfrage wird erheblich in
Schwierigkeiten geraten. Das war immer die Stütze der
deutschen Konjunktur. Hier besteht die Gefahr, dass die
Lehren aus der Krise von vor 80 Jahren eben nicht gezo-
gen werden und den Versuchungen des Protektionismus
von einigen wieder nicht widerstanden wird. Hier müs-
sen Berlin und Brüssel ohne Wenn und Aber in der Frei-
handelsspur bleiben. Niemand würde sonst so viel Scha-
den wie Deutschland nehmen.


(Beifall bei der FDP)


Zweitens: Staatsnachfrage. Hier kann und muss der
Staat handeln. Entscheidend ist dabei, dass damit zu-
gleich Strukturschwächen entgegengewirkt und Zu-
kunftsperspektiven eröffnet werden. Das heißt, neben
der Verbesserung der Infrastruktur – übrigens nicht nur
durch Geld, sondern auch durch Bürokratieabbau – geht
es insbesondere auch darum, dass in den Bereichen Bil-
dung, Forschung, Wissenschaft und Umwelt geklotzt
werden muss.


(Beifall bei der FDP)


Drittens: Investitionsnachfrage. Hier geht es darum,
diese nicht völlig absaufen zu lassen. Das ist nicht ge-
rade leicht, wenn man schon in der Keynes’schen Liqui-
ditätsfalle angekommen ist. Durch die Geldmengensteu-
erung kann dann nicht mehr viel geholfen werden, vor
allem dann nicht, wenn die Banken ihre Liquidität lieber
über Nacht bei der Zentralbank parken und sogar Bilanz-
verkürzung betreiben als Mittelstandskredite zu verge-
ben.

Ich habe übrigens die Sorge, dass die Volkswirtschaft
durchaus auch in Liquidität ersaufen kann. Das heißt,
dass man die Liquidität eines Tages auch wieder wird
abschöpfen müssen;


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Was ist das denn?)


denn sonst wäre es geradezu vorprogrammiert, dass ei-
nes Tages auf die jetzt zu befürchtende Deflation später
eine schwere Inflation folgen würde.


(Beifall bei der FDP)


Hier zeigt sich, dass es ein Fehler gewesen ist, beim
Bankenrettungsschirm nicht alle Institute in die Pflicht
zu nehmen. Deswegen bleibt die steuerliche Entlastung
des Mittelstandes die wichtigste Stellschraube.


(Beifall bei der FDP)


Viertens: Konsumnachfrage. Hier gilt erst recht, dass
eine steuerliche Entlastung das Gebot der Stunde ist.
Noch wird konsumiert; Weihnachtsstimmung und jetzt

z
t
S
f
v
u
v

a
A
d
f
p
s
t
e
d
n

r
n
m
s
a
v
i
m
p

C

b
k
s
c

d
s
s
r
s
l
z
t

d
d

(C (D ufließende Lohnerhöhungen tragen dazu bei. Aber verun wir uns nicht: Anfang des neuen Jahres wird die orge um die Arbeitsplätze mehr und mehr um sich greien, und die Leute werden mit Grausen feststellen, wie iel von dem Mehr an Brutto durch die kalte Progression nd die Sozialabgaben weggefressen wird. Mehr Netto om Brutto ist jetzt das Gebot der Stunde. Natürlich kommen Sie jetzt mit dem Argument, dass ll das die Verschuldungssituation verschärft. Stimmt! nfang des nächsten Jahres wird diese Bundesregierung ie Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts eststellen, um überhaupt verfassungsrechtlich und euroarechtlich noch über die Runden zu kommen. Es rächt ich eben jetzt, dass diese Regierung der Großen Koaliion in ihren vier Jahren trotz 160 Milliarden Euro Steurmehreinnahmen, also in den fetten Jahren, nichts auf ie hohe Kante gelegt, sondern die Staatsverschuldung och erhöht hat. Deswegen kann es nicht sein, dass die Bundesregieung zögerlich handelt, dass sie die Abfolge ihrer Maßahmen von wahltaktischen Erwägungen abhängig acht. Sie handelt nicht dann, wenn es erforderlich ist, ondern dann, wenn es wahltaktisch passt. Das ist unverntwortlich. Schnelle, breit angelegte Steuerentlastungen or allem für kleinere und mittlere Einkommen sind jetzt n dieser Situation das richtige Signal und, nebenbei be erkt, das richtige Signal an unsere Partner in der Euroäischen Union. Vielen Dank. (Beifall bei der FDP – Volker Kauder [CDU/ CSU]: Sie wollen ja nicht!)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1619600300

Michael Stübgen ist der nächste Redner für die CDU/

SU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Michael Stübgen (CDU):
Rede ID: ID1619600400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

efinden uns am Ende einer in jeder Beziehung bemer-
enswerten Ratspräsidentschaft Frankreichs, bei der
chon die Person des Ratspräsidenten Sarkozy verspro-
hen hat, dass es eine spannende Zeit wird.

Diese Ratspräsidentschaft war allerdings auch noch
urch äußere Einflüsse geprägt, die von uns nicht ge-
teuert werden konnten und sie in besonderer Weise
chwierig machten, sodass sie über weite Zeiträume eine
eine Krisenpräsidentschaft war. So hatte die französi-
che Ratspräsidentschaft von Anfang an mit dem unge-
östen Problem des gescheiterten irischen Referendums
u tun. Hinzu kamen die Georgien-Krise und die interna-
ionale Finanzkrise.

Ein Vorhaben der französischen Ratspräsidentschaft,
as von uns unterstützt wurde, war, dass das, was unter
er deutschen Ratspräsidentschaft als allgemeine Ziele

21134 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008


(A) )



(B) )


Michael Stübgen
für den Einstieg in die aktive Klimapolitik der Europäi-
schen Union beschlossen worden ist, jetzt in den schwie-
rigen Details mit klaren Vorgaben für die Industrie fest-
gelegt und umgesetzt wird. All das sind extrem
schwierige Dinge. Am Ende dieser Ratspräsidentschaft
kann man feststellen, dass die französische Ratspräsi-
dentschaft erfolgreich war. Der französischen Regierung
gebührt dafür unser Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Dabei ist gerade zum Ende dieser Präsidentschaft ein
Phänomen für mich besonders bemerkenswert: Am Ende
hat die französische Ratspräsidentschaft letztlich das
umsetzen müssen, was die deutsche Ratspräsidentschaft
vorgegeben hat. Ich will hier an die Frage des Lissabon-
Vertrages erinnern. Nur durch das Agieren der deutschen
Bundesregierung und von Bundeskanzlerin Angela
Merkel war es möglich, den gescheiterten Verfassungs-
vertrag als Lissabon-Vertrag wieder auf die Schiene zu
setzen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es war nicht geplant, dass wir uns noch damit beschäfti-
gen. Aber es war Frankreich möglich, einen Zeitplan
festzulegen, wie wir eine klare Chance eröffnen können,
um am Ende des nächsten Jahres den Lissabon-Vertrag
doch zu implementieren.


(Beifall des Abg. Kurt Bodewig [SPD])


Es war auch die Fortführung der deutschen Ratspräsi-
dentschaft, beim Klimapaket zu klaren Beschlüssen zu
kommen. Hier war es – das muss man sagen – für Frank-
reich noch etwas schwieriger; denn allgemeine Ziele
festzulegen, wie die dreimal 20 Prozent, ist in jedem Fall
leichter, als zum Beispiel eine klare Umsetzung mit kla-
ren Belastungen zu beschließen. Auch da sind wir zum
Schluss zu einem vernünftigen Kompromiss gekommen.
Auch der Europäische Rat in der vergangenen Woche
am 11. und 12. Dezember ist insgesamt als Erfolg zu
werten.


(Beifall des Abg. Kurt Bodewig [SPD])


Drei Schwerpunkte gab es auf der Tagesordnung des
Europäischen Rates, wobei ich nur auf einen in besonde-
rer Weise eingehen will. Die Frage war: Wie geht es mit
dem Lissabon-Vertrag weiter? Es ist vernünftig und
richtig, dass sich die irische Regierung verpflichtet hat,
bis zum 31. Oktober des nächsten Jahres die Ratifizie-
rung in ihrem Land durchzuführen. Im Gegenzug haben
die Staats- und Regierungschefs der irischen Regierung
Garantien gegeben, um den irischen Bedenken Rech-
nung zu tragen. Ich glaube, es ist in der Tat nicht beson-
ders gut, die Zahl der Kommissare letztlich doch wieder
bei 27 bzw. 28 in der nächsten Legislaturperiode zu be-
lassen. Sie alle wissen, dass wir richtigerweise die For-
derung vertreten haben, die Zahl der Kommissare so zu
reduzieren, dass die Kommission in Zukunft in der Lage
ist, eine Art Regierung mit verschiedenen Ressorts zu
bilden. Das ist nämlich mit 27, 28 oder mehr Kommissa-
ren nur bedingt möglich. Wir haben zum Beispiel jetzt
einen Kommissar, der für das bemerkenswerte Thema

S
n

s
n
c
g
k
s
k

t
D
e
d
d
t
E
s
u

d
d
d
m
g
a
ü
g
g
d
k
d
k
e
s

k
l
l
T
e
e
U
e
s
s
E
z
n

d
k
s
t
m

(C (D prachenvielfalt zuständig ist, aber letztlich in der Frage ichts erreicht hat. Ich glaube, wir müssen dafür sorgen, dass die Europäiche Kommission intern zu Strukturen kommt, in denen icht wie bisher jeder Kommissar für bestimmte Bereihe zuständig ist; vielmehr müssen die Zuständigkeiten estrafft werden, sodass wir auch bei Kommissaren, die eine direkte oder sozusagen eine untergeordnete Zutändigkeit haben, zu einer klaren Regierungsstruktur ommen. Ich glaube auch, dass die Beschlüsse zum Konjunkurpaket der Europäischen Union sehr wichtig waren. abei ist in besonderer Weise hervorzuheben, dass es ine Reihe von Erleichterungen geben wird, zum Beispiel ie Erweiterung der sogenannten De-minimis-Regelung, ie Verkürzung der Ausschreibungsfristen für Infrastrukurprojekte und – das muss noch umgesetzt werden – die rhöhung des Volumens, ab dem eine europaweite Auschreibungspflicht für öffentliche Aufträge gegeben ist, nd zwar von 5 Millionen auf 10 Millionen Euro. Ich will ausdrücklich Bundeskanzlerin Angela Merkel anken: dass sie in dieser Frage trotz Kritik und Anfeinungen einen klaren Kurs gehalten und verhindert hat, ass der Europäische Rat in finanzpolitischem Aktionisus alles Mögliche beschließt, nur weil das vielleicht erade populär ist, und dass die Finanzielle Vorausschau usgeweitet wird. Angela Merkels Position war zwar ber weite Strecken unpopulär, aber extrem wichtig. Ich laube, es ist richtig – das ist der deutschen Bundesreierung zu verdanken –, dass sich der Europäische Rat arauf einigen konnte, den Umfang des Konjunkturpaets auf 1,5 Prozent des europäischen Bruttosozialprouktes zu begrenzen, dass der europäische Anteil daran napp ein Siebtel beträgt und dass nicht von vornherein ine Ausweitung der Finanziellen Vorausschau angetrebt wird. Am strittigsten – das war zu erwarten – war die Disussion um das Klimapaket. Bei aller Kritik, die von alen Seiten vorgetragen wird, muss man einige grundsätziche Punkte festhalten. Die Europäische Union ist in der at – das war unser Ziel, und es ist auch notwendig – die rste Völkergemeinschaft, die aktiv in den Klimaschutz insteigt und dies auch umsetzt. Aber bei der konkreten msetzung musste von Anfang an beachtet werden, dass s in den europäischen Mitgliedsländern höchst unterchiedliche Industriestrukturen und Energieerzeugungstrukturen gibt. Bedauerlicherweise haben die von der uropäischen Kommission vorgeschlagenen Richtlinien um Klimapaket darauf nicht ausreichend Rücksicht geommen und waren insofern untauglich. Es bringt letztlich nichts, wenn wir Belastungen für ie Industrie beschließen, die sie gar nicht bewältigen ann, selbst wenn sie dazu bereit ist, und das zum Zuammenbruch und zur Abwanderung industrieller Strukuren führt. Das schädigt Europa, und es nützt nicht einal dem Klima. Denn wenn die Produktion in andere Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21135 Michael Stübgen Länder verlagert wird, in denen es keine entsprechenden Auflagen gibt, dann schadet dies dem Klima. Ich glaube, dass der gefundene Kompromiss vernünftig ist. Es war eine sehr schwierige Gratwanderung, und es war klar, dass Deutschland in dieser Diskussion gleich zweifach in einer schwierigen Situation ist. Zum einen haben wir eine Industriestruktur, die in der Europäischen Union ihresgleichen sucht. Sie ist obendrein noch stark exportabhängig. Das heißt, sie steht im internationalen Wettbewerb mit Ländern, in denen es noch keine Klimaschutzvorgaben gibt. Zum anderen haben wir in Deutschland eine Energieerzeugungsstruktur, die sehr stark – zu über 40 Prozent – auf der Verbrennung von fossilen Energieträgern beruht. Auch hierbei bringt es nichts – wenn wir zu Ergebnissen kommen wollen –, ab 2013 sozusagen einen Schnitt zu machen und zu einem Knockout der bisher sehr erfolgreichen und auch technisch sehr fortschrittlichen und innovativen Energieproduktion in Deutschland zu kommen. Ich glaube, dass die Ausnahmen für exportabhängige Industrien, die durch die Einführung der Auktionierung besonders betroffen sind, richtig und ausreichend sind. Wichtig ist auch, dass die sogenannte indirekte Carbon Leakage auch durch die Kommission so berücksichtigt wird, dass wir auf nationaler Ebene in der Lage sind, Industriebetriebe, die zwar nicht direkt durch die Auktionierung von Emissionszertifikaten betroffen, aber durch einen im Verhältnis zu ihrer Bruttowertschöpfung hohen Stromverbrauch belastet sind, zu entlasten. Auch hier ist es wichtig, zu wissen: Es bringt niemandem etwas, wenn diese Industrie Deutschland verlässt und an das andere Ende der Welt geht. Nun möchte ich noch ganz kurz auf die Frage der Energieerzeugung eingehen. Das wird allerdings schwierig. Dann wird einer meiner nachfolgenden Redner noch ausreichend darauf eingehen. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. Sehr schön. Ich habe übrigens den begründeten Ein druck, Herr Kollege, dass dieser Schluss den meisten Kollegen mindestens so gut wie das gefallen hat, was Sie eigentlich noch vortragen wollten. Das Wort erhält nun der Kollege Oskar Lafontaine für die Fraktion die Linke. (Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der SPD: Der Antieuropäer!)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(A) )


(B) )


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1619600500

(Heiterkeit)

Michael Stübgen (CDU):
Rede ID: ID1619600600

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1619600700

(Heiterkeit)


r
z
r
I
b
r
d
d
s
m
e
i

d
b
a
A
s
s
e
r

B
z
k
a
n
g
m
m
E
s
a

A
H
g
T
T
s
e
w
m
g

n
s
W
l
h
B
Ü

(C (D Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her en! Ich stimme dem Bundesminister des Auswärtigen u: Europa stand in den letzten Monaten vor großen Heausforderungen. Das ist überhaupt nicht zu bestreiten. ch stimme ihm auch darin zu, dass wir Veranlassung haen, dem französischen Präsidenten für seine Amtsfühung in den letzten Monaten zu danken; denn er hat in ieser schwierigen Situation eines sofort erkannt: Auf iese Herausforderung kann man nicht durch nationaltaatliches Handeln reagieren, vielmehr muss man geeinsame europäische Antworten finden. Dass er dies rkannt und durchzusetzen versucht hat, dafür gebührt hm nach unserer Auffassung Dank. Der Bundesaußenminister hat vorgetragen, es sei gut, ass sich in Europa alle einig sind. An dieser Aussage estehen berechtigte Zweifel. Es wäre schön, wenn sich lle in Europa einig wären und man eine gemeinsame ntwort fände. Aber festzustellen ist, dass es in Europa ehr unterschiedliche Auffassungen gab und dass insbeondere die Bundesregierung diejenige war, die eine inheitliche europäische Antwort auf die Herausfordeung eher hintertrieben denn befördert hat. Dafür gibt es nun Gründe. Wenn beispielsweise die undeskanzlerin in Frankreich als „Madame Non“ beeichnet wird, dann kommt dies nicht von ungefähr. Es ommt schlicht und einfach daher, dass sie am Anfang, ls man versuchte, gemeinsame Antworten zu finden, icht bereit war, die notwendigen Kompromisse einzuehen, und gewissermaßen zum Jagen getragen werden usste. Insofern wäre es redlich, auch dies einmal anzuerken. Deutschland ist die größte Volkswirtschaft in uropa. Deutschland hätte eigentlich vorangehen müsen, um eine gemeinsame Antwort zu finden, und nicht ls Blockierer dastehen dürfen. Wenn irgendjemand Zweifel daran hat, dass diese nalyse richtig ist, dann erinnere ich daran, dass der err Bundeswirtschaftsminister zu Beginn der Krise saen zu müssen meinte, ein jeder kehre vor seiner eigenen ür. Hätte in Europa wirklich jeder vor seiner eigenen ür gekehrt, dann sähe die Situation jetzt noch viel chlechter aus. Insofern ist es gut, dass es von Anfang an uropäische Staatsmänner gab, die erkannt hatten, dass ir gemeinsam handeln müssen, und nicht solche dumen Sprüche absonderten, wie es hier in Deutschland eschah. An dieser Stelle ist auch darauf hinzuweisen, dass es icht glücklich ist, wenn sich der Bundesfinanzminister o aufführt, wie er es auf europäischer Ebene getan hat. enn er beispielsweise meint, sich über Gordon Brown ustig machen zu müssen, dann ist demgegenüber festzualten, dass dieser schneller und konsequenter als diese undesregierung reagiert hat. Insofern besteht für solche berheblichkeit überhaupt kein Anlass. 21136 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 Oskar Lafontaine (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Oskar Lafontaine (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619600800

(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(A) )


(B) )


In diesem Zusammenhang hat der Bundesfinanzminister
zum Ausdruck gebracht, die Mehrwertsteuersenkung
in Großbritannien sei lächerlich, weil es schließlich kei-
nen großen Unterschied mache, eine Ausgabe für
97,50 Euro anstatt für 100 Euro zu tätigen. Eine solche
Auffassung kann man zwar vertreten; wenn man selbst
aber vorher in Deutschland der Auffassung war, für ein
paar hundert Euro Kraftfahrzeugsteuerermäßigung kauf-
ten sich alle Leute schnell ein Auto, befindet man sich
nicht in einer günstigen Position, sondern dann fällt ein
solcher Vorwurf zumindest auf einen selbst zurück.


(Beifall bei der LINKEN und der FDP – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Das ist wahr!)


Der französische Ratspräsident hat noch einmal den
von Jacques Delors stammenden Vorschlag – ich sage
dies ganz bewusst – einer europäischen Wirtschaftsre-
gierung eingeführt. Für meine Fraktion erkläre ich, dass
wir diesen Vorschlag nach wie vor für richtig halten,
weil dies am Anfang der europäischen Wirtschaftsunion
völlig unstreitig war. Diejenigen, die die Krönungstheo-
rie vertraten, waren zugleich der Auffassung, man brau-
che zunächst gemeinsame politische Organe und erst
dann eine gemeinsame Währung. Man kann eine ganze
Reihe von Gründen anführen, um zu einer solchen Auf-
fassung zu kommen. Wenn man sich aber schon für den
umgekehrten Weg aus sachlichen und politischen Erwä-
gungen heraus entschieden hat, zuerst eine gemeinsame
Währung einzuführen, ist es umso logischer, zu sagen:
Dann müssen auch die Wirtschafts- und die Finanzpoli-
tik sowie nach Möglichkeit die Lohnpolitik im gesamt-
europäischen Raum koordiniert werden, wenn man opti-
male makroökonomische Ergebnisse haben will.


(Beifall bei der LINKEN)


Deshalb begrüße ich, dass dieser Delors-Vorschlag noch
einmal vom französischen Staatspräsidenten auf die Ta-
gesordnung gesetzt wird.

Nun hat der Bundesaußenminister gesagt – ich bedauere,
dass er sich vertieft unterhält; er hat sicherlich Gründe
dafür –: Gut, dass sich alle in Europa einig sind. – Ich
möchte hier für meine Fraktion erklären: Es wäre gut,
wenn sich alle in der Bundesregierung einig wären.
Dann wären wir ein ganz großes Stück weiter.


(Beifall bei der LINKEN)


Was die Bundesregierung aufführt, ist nichts anderes als
Affentheater. Jeder Minister hat irgendeinen anderen
Vorschlag. Es ist ganz ungewöhnlich, dass eine Regie-
rung zu einem Palaverklub denaturiert, in dem jeder an-
dere Vorschläge in ökonomischen Fragen hat. Der eine
ist für Steuersenkungen, der andere ist dagegen. Der eine
ist für Konjunkturprogramme, der andere ist dagegen.
Der eine sagt: Die Sozialabgaben müssen sinken. Der
andere sagt etwas ganz anderes. Die entscheidende
Frage ist doch: Wie will man denn auf europäischer
Bühne eine überzeugende Figur abgeben, wenn alle Mit-
glieder des Bundeskabinetts unterschiedliche Auffassun-

g
v

j
s
h
s
n

a
b

D
b
k
s
c

f
v
m
d
L
n
r
s

D
d
M
d

D
Ü
l
z
w
I
q
n
d
D
b
d

s
E
f
d
c
i
a
b

(C (D en in den Kernfragen haben? Das ist nicht mehr nachollziehbar. Trotz der Angst, die Sie davor haben, das Wort „Konunkturprogramm“ in den Mund zu nehmen, möchte ich agen: Sie würden allen europäischen Ländern erheblich elfen, wenn Sie die Strukturdefizite Deutschlands beeitigten. Diese möchte ich für meine Fraktion benenen: Erster Punkt. Jeder weiß, dass wir 1 Prozent, bezogen uf das Bruttosozialprodukt, weniger für Bildung ausgeen als die anderen OECD-Staaten im Durchschnitt. araus wäre der einfache Schluss zu ziehen: Jawohl, wir eseitigen dieses strukturelle Defizit und geben in Zuunft 1 Prozent mehr für Bildung, Forschung und Wisenschaft aus. Es ist doch nicht so schwer, zu einem solhen Ergebnis zu kommen. Zweiter Punkt. Jeder in diesem Hause kann überprüen, dass wir 1 Prozent weniger in die Infrastruktur inestieren als die anderen Staaten der Europäischen Geeinschaft im Durchschnitt. Angesichts dessen ist es och nicht so schwer, zu dem Ergebnis zu kommen: asst uns in Zukunft dafür Sorge tragen, dass wir geauso viel in die Infrastruktur investieren wie die andeen Staaten der Europäischen Gemeinschaft im Durchchnitt! as sind, bezogen auf das Bruttosozialprodukt, saldiert ie 50 Milliarden Euro, von denen immer die Rede ist. an kann das für richtig oder für falsch halten, aber iese Vorschläge sind logisch und liegen vor. Dritter Punkt. Ein weiteres strukturelles Defizit in eutschland stellt – darüber herrscht sicherlich keine bereinstimmung in diesem Haus – die Lohnentwick ung dar. Wir haben einen Abfall der Lohnquote zu vereichnen, der zumindest für die deutsche Volkswirtschaft, enn nicht sogar für Gesamteuropa von Bedeutung ist. ch will die Zahlen nennen. Hätten wir noch die Lohnuote des Jahres 2000, dann hätten die Arbeitnehmerinen und Arbeitnehmer in Deutschland rund 140 Milliaren Euro mehr an Bruttolöhnen. Dieses strukturelle efizit muss man beseitigen. Daher haben wir Vorschläge etreffend Hartz IV und den Mindestlohn gemacht; denn ieses Defizit können wir uns auf Dauer nicht leisten. Das vierte strukturelle Defizit ist das, was der Wirtchaftsweise Bofinger als Entstaatlichung bezeichnet. r hat die Entstaatlichung der letzten zehn Jahre bezif ert. Die Bundesregierung hat uns dankenswerterweise ie Auskunft gegeben, dass wir dann, wenn wir die gleihe Staatsquote wie im Jahr 2000 hätten, Mehrausgaben n Höhe von 118 Milliarden Euro pro Jahr hätten. Mit nderen Worten: Erklärte die Bundesregierung nur, sie eseitigte die strukturellen Defizite, die sich über Jahre Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21137 Oskar Lafontaine bei Bildung, Infrastruktur, Löhnen und Staatsausgaben aufgebaut haben, würden wir massiv dazu beitragen, dass Europa die richtige Antwort auf die Krise fände. Ich will noch etwas zu den infrage stehenden Programmen sagen. Natürlich muss man sich entscheiden. Wenn der Bundesfinanzminister richtigerweise sagt: „Die Hälfte der Haushalte zahlt keine Steuern“ – er meint natürlich die andere Hälfte der Haushalte, die Lohnund Einkommensteuer zahlt –, dann ist das einfach nur eine statistische Feststellung. Natürlich kann man daraus die Konsequenz ziehen – wir halten das für die falsche Antwort –: Wir helfen der Hälfte der deutschen Haushalte, die Lohnund Einkommensteuer zahlen. Man kann zu diesem Ergebnis kommen. Dies ist aber rein makroökonomisch nicht so effizient, als wenn man der Hälfte der deutschen Haushalte hilft, die keine Lohnund Einkommensteuer zahlen, indem man ihnen mehr Einnahmen verschafft; denn diese Haushalte tragen das Geld in die Kaufhäuser. Hier haben wir die höchste Konsumrate. Das ist die Antwort, die wir empfehlen. Nun noch eine Bemerkung zur Umwelt. Natürlich ist es richtig – wer wollte das kritisieren –, dass Sie, Herr Bundesaußenminister, Kompromisse schließen müssen. Es wäre einfach naiv, zu sagen: Um Himmels willen, ihr dürft keine Kompromisse schließen! – Natürlich kann man darüber rechten, ob das weite Entgegenkommen gegenüber der Energiewirtschaft richtig war. Eines kann man auf jeden Fall sagen: Wenn Sie hier – nach unserer Auffassung richtigerweise – den technologischen Fortschritt reklamieren und sagen, wir müssten einen höheren Anteil an erneuerbaren Energien in der Zukunft erreichen, dann müssen wir im Inland die technischen und strukturellen Voraussetzungen dafür schaffen. Das heißt für uns: gesamtstaatliche Verantwortung für die Netze und Dezentralisierung der Energieversorgung; sonst werden wir die hehren Ziele, was die erneuerbaren Energien in Deutschland angeht, nicht realisieren. Eine letzte Bemerkung, auch wenn Sie das immer wieder ärgert: Wir definieren Demokratie nicht nur vom Formalen, sondern auch vom Ergebnis her. Eine demokratische Gesellschaft ist eine Gesellschaft, in der sich die Interessen der Mehrheit und nicht die Interessen der Minderheit durchsetzen. Das gilt nicht nur für Deutschland, das gilt auch für Gesamteuropa. Deshalb zitiere ich an dieser Stelle gern Karl Arnold: Formale politische Demokratie auf der einen Seite, aber Absolutismus in der Wirtschaft, das wird und kann auf Dauer nicht funktionieren. – Wir wollen zu einem demokratischen und sozialen Europa kommen. Wir wollen an die Stelle des Neoliberalismus der letzten Jahrzehnte die Wirtschaftsdemokratie als gesamtgesellschaftliches Konzept setzen. Ich kann auch nicht nachvollziehen, dass hier begrüßt wird, dass die Iren noch einmal abstimmen müssen. Es w d s d s i k s D h i h k d m l s s g E w S V s d l d d m s p s B G g L k v z t 1 M f (C (D äre doch ganz schön, wenn man nicht immer nur auf er Ebene der Regierungen denken würde und der irichen Regierung Komplimente dafür machen würde, ass sie bereit ist, noch einmal abstimmen zu lassen. Wir ind der Auffassung, dass Demokratie ernst zu nehmen st. Wir alle haben in den letzten Jahrzehnten die Bevölerung viel zu wenig an dem Fortschritt der europäichen Einigung teilhaben lassen. eshalb plädieren wir für Volksabstimmungen. Wir alten es für einen Fehler, immer wieder zu sagen: Wenn hr nicht so abstimmt, wie wir wollen, dann müsst ihr alt noch einmal abstimmen. – So werden wir das demoratische und soziale Europa nicht voranbringen. Noch eine allerletzte Bemerkung: Wenn jetzt nach em Deutschen Gewerkschaftsbund auch die Sozialdeokratische Partei den Vorschlag macht, den wir seit ängerem machen, nämlich eine soziale Fortschrittsklauel in das europäische Vertragswerk aufzunehmen, dann ollte man versuchen, vor Verabschiedung eines Vertraes eine solche Fortschrittsklausel zu verankern, damit uropa nicht nur demokratisch, sondern auch sozial ird. Das Wort erhält nun die Kollegin Dr. Angelica chwall-Düren für die SPD-Fraktion. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(A) )


(B) )


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1619600900


Dr. Angelica Schwall-Düren (SPD):
Rede ID: ID1619601000

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!

or zwei Wochen stand ich schon einmal hier. Damals
tand die Regierungserklärung der Bundeskanzlerin vor
em Gipfel auf der Tagesordnung. Wir haben hier vor al-
en Dingen unseren Hoffnungen Ausdruck verliehen,
ass die Ergebnisse des Gipfels gute sein mögen und
ass die deutsche Regierung erfolgreich verhandeln
öge.
Der Erfolg, den wir erzielt haben, ist nicht selbstver-

tändlich. Wir haben in der Tat der französischen Rats-
räsidentschaft zu danken, die zukunftsweisende Be-
chlüsse zustande gebracht hat, die zufriedenstellende
eschlüsse erreicht hat und die Einigkeit erreicht hat.
erade das ist in Krisen und vor großen Herausforderun-
en unabdingbar.


(Beifall bei der SPD)

assen Sie mich auf nur einige wenige Punkte eingehen.

Gerade der Erfolg, was das Klimapaket angeht, ist
eine Selbstverständlichkeit gewesen; denn viele haben
ersucht, sich von den ehrgeizigen Klimaschutzzielen
u verabschieden, übrigens auch in der deutschen Poli-
ik. Deswegen bin ich besonders froh, dass wir bei der
00-Prozent-Auktionierung geblieben sind.


(Beifall bei der SPD)


ein Kollege Uli Kelber wird das sicher genauer aus-
ühren.

21138 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008


(A) )



(B) )


Dr. Angelica Schwall-Düren
Ich möchte auf einen Punkt eingehen, nämlich die
Tatsache, dass wir in dieser Hinsicht auch die mittel- und
osteuropäischen Staaten haben mitnehmen können, die
im Jahr 2020 bei einer 100-prozentigen Stromauktio-
nierung landen werden. Sie wollten aufgrund ihrer
Struktur – 95 Prozent der Stromerzeugung basiert auf
Kohle – weitreichende Ausnahmeregelungen erreichen.
Wer dieses Land gut kennt und weiß, vor welchen gro-
ßen strukturellen Veränderungen es steht – wir haben un-
sere eigenen Erfahrungen mit Kohleregionen –, der kann
diesen Wunsch nachvollziehen. Es ist wichtig, dass wir
dieses Phasing-in erreicht haben und nun über den Soli-
daritätsmechanismus Hilfen für Modernisierung, für In-
vestitionen in moderne Technologien gewähren können,
damit auch in den mittel- und osteuropäischen Ländern
der Fortschritt im Bereich Klimaschutz bald sichtbar
werden kann.


(Beifall bei der SPD)


Auch in der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise hat
sich die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union ge-
zeigt. Ich bin sehr froh, dass es bei den verabredeten
Maßnahmen nicht dazu gekommen ist, dass Umwelt und
Arbeit gegeneinander ausgespielt werden. Vielmehr ha-
ben wir mit Strategien zur Bekämpfung der Rezession
sowohl den „Vorrang für Arbeit“ – so hat es Frank-
Walter Steinmeier in seinen neun Punkten formuliert –
als auch die ökologische Innovation auf die Tagesord-
nung gesetzt. Das kann man an dem Investitionspro-
gramm festmachen, an dem sich die Europäische Inves-
titionsbank beteiligen wird. Profitieren werden davon
insbesondere kleine und mittlere Unternehmen – das ist
in der Tat sehr wichtig – und der Bereich „saubere Mobi-
lität“. Das passt hervorragend zu den Maßnahmen, die
wir in unser deutsches Konjunkturprogramm aufgenom-
men haben, und zu den Maßnahmen, die wir darüber hi-
naus wahrscheinlich noch verabreden werden.

Das Gleiche gilt für die Investition, was die Breit-
bandverkabelung anbelangt. Ich freue mich, dass sogar
die Formulierungen von Frank-Walter Steinmeier in die-
ses Investitionsprogramm aufgenommen wurden.

Unser Außenminister hat dankenswerterweise darauf
hingewiesen, dass wir in dieser Krise nicht allein natio-
nale Maßnahmen ergreifen können, sondern dass es hier
eines ergänzenden europäischen Impulses bedarf. Das
scheint mir selbstverständlich zu sein in einer Gemein-
schaft, in der der Export jedes einzelnen Landes und
auch unseres Landes vor allen Dingen auf den europäi-
schen Binnenmarkt ausgerichtet ist. Wenn wir weiterhin
Maschinen exportieren wollen, ist es wichtig, dass auch
unsere Handelspartner in der Europäischen Union gut
dastehen. Deswegen brauchen wir diese verdichtete
Koordinierung.

Herr Lafontaine, ich streite mich überhaupt nicht da-
rüber, ob wir „gouvernement économique“ oder „Wirt-
schaftsregierung“ sagen. Sarkozy wird mit großer
Sicherheit niemals gemeint haben, dass er staatliche
Souveränität in einer Weise an die Europäische Union
abgeben werde, dass dort eine Regierung für Wirt-
schaftsfragen im eigentlichen Sinne eingerichtet wird
– aber es macht sehr wohl Sinn, sich hier abzustimmen

u
l
m
V

p
s
k
w
d
P
s

w
v
t
s
d
D
l
w
K
s
b
v
ö
w
z

f
d
s
w
L
L
S

M
d
d
s
s
h

z
W
z
K

(C (D nd Arbeitsteilung durchzuführen –; denn ein industrieles Kernland wie Deutschland braucht andere Maßnah en als eine überwiegend von Dienstleistungen geprägte olkswirtschaft wie die des Vereinigten Königreiches. Wir diskutieren jetzt über ein weiteres Konjunkturrogramm. Herr Hoyer, die Krise ist so ernst, wie Sie ie beschrieben haben; über die weiteren Entwicklungen önnen wir noch nicht sehr viel Genaues sagen. Ich erarte – das sage ich insbesondere in Richtung der FDP –, ass sich die Opposition ebenfalls an der Lösung der robleme beteiligt und nicht nur bei krittelndem Widertand verbleibt. (Dr. Werner Hoyer [FDP]: Das haben wir doch wohl sehr konstruktiv getan, Frau Kollegin!)


(Beifall bei der SPD)


Ich will an dieser Stelle einmal darauf hinweisen, wie
idersprüchlich Ihre Argumentationen sind. Sie haben
orhin darauf hingewiesen, dass wir hier keine kurzfris-
igen Feuer entfachen dürfen, indem wir Sozialabgaben
enken oder Sozialtransfers erhöhen. Gleichzeitig plä-
ieren Sie aber für eine Steuersenkung, die vor allen
ingen den Gruppen zugutekommen würde, die eine re-

ativ hohe Sparquote haben, weswegen vernünftiger-
eise gar nicht zu erwarten ist, dass die Entlastung in
onsum und Nachfrage umgemünzt wird. Insofern müs-

en wir in unserer Argumentation schon konsequent
leiben. Deswegen setze ich in erster Linie auf ein In-
estitionsprogramm, das die Kommunen darin bestärkt,
kologische Investitionen und Bildungsinvestitionen so-
ie solche Investitionen zu tätigen, die die Infrastruktur

um Stichwort „saubere Mobilität“ voranbringen.


(Beifall bei der SPD)


Ein kurzes Wort zum Lissabonner Vertrag. Wir sind
roh darüber, dass die Aussichten wieder besser gewor-
en sind, auch wenn der Preis – die Anzahl der Kommis-
are – hoch ist. Aber das Referendum ist noch nicht ge-
onnen. Ich kann langsam nicht mehr hören, Herr
afontaine, welche Äußerungen Sie im Hinblick auf den
issabonner Vertrag machen und mit welchen Gruppen
ie sich ins Boot begeben.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


urdoch und Ganley, das ist eine feine Gesellschaft, mit
er zusammen Sie gegen einen Vertrag vorgehen wollen,
er schneller als die Verabredung einer sozialen Fort-
chrittsklausel, die wir wollen, Verbesserungen für ein
oziales Europa bringt. Insofern widersprechen Sie sich
ier selber.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Lassen Sie mich zum Abschluss noch ein paar Worte
ur Rolle der französischen Ratspräsidentschaft sagen.
enn wir die dynamische und kraftvolle Arbeit des fran-

ösischen Staatspräsidenten positiv sehen, weil in einer
rise wie dem Krieg zwischen Georgien und Russland

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21139


(A) )



(B) )


Dr. Angelica Schwall-Düren
schnelles Handeln gefordert war, dürfen wir doch nicht
außer Acht lassen, dass auch immer Integrationskraft nö-
tig ist. Hier hat die deutsch-französische Zusammen-
arbeit eine ganz große Rolle gespielt. Das deutsch-fran-
zösische Tandem hat Impulse gegeben. Das ist nicht nur
in Bezug auf die Wirtschaftskrise der Fall gewesen; das
ist zum Beispiel auch in der Frage der Beobachtermis-
sion in Georgien, in der Frage der Untersuchungskom-
mission der Fall gewesen.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1619601100

Frau Kollegin, ich darf auch Sie bitten, auf die Uhr zu

achten.


Dr. Angelica Schwall-Düren (SPD):
Rede ID: ID1619601200

Deswegen, Herr Präsident, will ich zum Abschluss

nur noch sagen:


(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Schade! Kein Inhalt!)


Die Ratspräsidentschaft wie die Europäische Union sind
ein ständiger Lernprozess. Dort hat sowohl Gordon
Brown dazugelernt, nämlich dass man eine Finanz-
marktregulierung braucht, wie auch Präsident Sarkozy,
der Toleranz gelernt hat und gelernt hat, dass in der
Europäischen Union Kompromisse am Ende zu Erfolgen
führen.

Herzlichen Dank, meine lieben Kolleginnen und Kol-
legen, für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1619601300

Das Wort erhält nun die Kollegin Renate Künast für

die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Jetzt kommt wieder die Abteilung „schlechte Laune“!)



Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619601400

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muss

ehrlich sagen: Ich wundere mich


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Das wundert mich nicht!)


über die Versuche, diesen europäischen Regierungsgip-
fel gesundzubeten. Ich habe viele Menschen getroffen,
Herr Steinmeier, die von den Ergebnissen des europäi-
schen Gipfels enttäuscht sind und die auch sagen, dass
dieser Gipfel eine Blamage für die Bundesregierung ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Da müssen wir uns über Sie wundern!)


Nun ja, Frau Schwall-Düren, auch wenn Sie jetzt lä-
cheln,


(Ulrich Kelber [SPD]: Das mit dem Lächeln können Sie auch mal ausprobieren!)


Sie haben erklärt, man habe beschlossen – nehmen wir
mal einen zentralen Punkt, das Thema Klimawandel –:

2
i
s

E
b
e
k

g
w
b
z
s
ü
u
B

z
W
r
e
i
d

E
l
d
s
s
h
r

s
b
u
m
E
s
g

A
P
a
E

D

a
G
v
m
Z

(C (D 0 Prozent weniger CO2-Ausstoß bis 2020. Dazu kann ch nur eines sagen: Was auf diesem Klimapaket draufteht, ist gar nicht drin. s ist machtpolitisches Maulheldentum oder, unter Verrauchergesichtspunkten – das versteht ja jeder –: Es ist ine Luftverpackung. So groß ist die Verpackung, und so lein ist der Inhalt. Mit tatkräftiger deutscher Hilfe – das muss man ja saen – sind große Löcher in den Emissionshandel gebohrt orden. 90 Prozent der Industrie werden ausgenommen, ekommen gar keine Anreize, in kohlestoffarme Technik u investieren. Der notwendige Strukturwandel wird verchleppt. Hier haben einige, auch von der FDP, immer ber Wettbewerb geredet. Sie machen aber Ausnahmen nd diskutieren über Wettbewerb und Arbeitsplätze für etriebsbereiche, um Beispiel die Produktion von Zement, die gar keinen ettbewerb zu fürchten haben, meine Damen und Her en. Das ist doch kein mutiger Schritt, keine Brücke zu twas Neuem, um Arbeitsplätze zu schaffen, sondern das st schlicht und einfach die Unterstützung des Alten und ie Päppelung einzelner Industriezweige. Sie haben zwar die 100-Prozent-Versteigerung der missionsrechte an die Energieversorger in Deutsch and erreicht, aber Sie haben auch eine Subvention für en Neubau von Kohlekraftwerken organisiert. Wieso ollen wir ihnen eigentlich, wenn wir vorwärts gehen ollen, noch bis zu 15 Prozent der Investitionssumme interher werfen? Das Geld brauchten wir an ganz andeer Stelle. Sie haben an anderer Stelle diese 100-Prozent-Verteigerung wieder aufgehoben, indem Sie geregelt haen, dass Mittelund Osteuropa Zertifikate noch lange msonst vergeben können. Was wird dort passieren, eine Damen und Herren? Am Ende werden wieder die nergieversorger aus Deutschland profitieren, zum Beipiel RWE, die dann dort Gewinne einstreichen, ohne irendeine Leistung für die Umwelt zu erbringen. m Rande sei erwähnt: Der Parlamentsbeschluss „100rozent-Versteigerung im Energiesektor“ ist von Ihnen n der Stelle missachtet worden. Dafür haben Sie sich in uropa nicht eindeutig eingesetzt. as ist nicht die Antwort auf die Klimakrise. Frau Merkel, Herr Steinmeier, an der Stelle kann man uch nicht behaupten, Europa habe Wort gehalten. Im egenteil. Was wir da gesehen haben, ist ein Kniefall or der alten Lobby. Bei der Automobilindustrie hat an voller Freude die Sektkorken knallen lassen, und etsche und Wiedeking haben geweint – vor Glück und 21140 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 Renate Künast vor Freude. Sie sagen, da sei Klimaschutz drin. Wahr ist: Die deutsche Automobilindustrie muss bis 2012 überhaupt nichts tun. – Das ist doch kein Klimapaket, meine Damen und Herren. Ich möchte einmal den Klimachefberater von Angela Merkel zitieren, Herrn Schellnhuber aus Potsdam, Leiter eines der führenden Institute. Auch er hat diese EUBeschlüsse scharf kritisiert. Er hat ganz klar gesagt: Die behaupteten Ziele Ihrer Beschlüsse werden Sie mit den vereinbarten Maßnahmen definitiv nicht erreichen. – Das ist die Wahrheit. Weil immer alle so auf die USA schauen: Obama hat es anders gemacht. (Eduard Lintner [CDU/CSU]: Der ist noch nicht einmal Präsident!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Jörg van Essen [FDP]: Zu Recht!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(A) )


(B) )


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Obama hätte so jemanden wie Schellnhuber, statt ihn zu
düpieren, zu seinem Energieminister gemacht.


(Zurufe von der CDU/CSU)


– „Warten wir es ab!“, rufen Sie, Herr Kauder.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Nein! Das habe ich gar nicht gesagt!)


Wenn man, wie Obama es macht, so jemanden wie
Herrn Chu, also einen, der die erneuerbaren Energien ge-
danklich, auch zusammen mit deutschen Wissenschaft-
lern, zum Beispiel Eicke Weber, entwickelt hat, zum
Energieminister macht, dann ist das keine Düpierung,
sondern vermittelt die Aussage: Wir folgen der moder-
nen technologischen Entwicklung. – Das haben Sie mit
den Beschlüssen nicht geschafft. Wir können nur sagen:
Die Klimakanzlerin Merkel ist an der Stelle entzaubert.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ulrich Kelber [SPD]: Als Erstes hat Chu die deutsche Gesetzgebung zu erneuerbaren Energien gelobt!)


– Gut, dass Sie das noch einmal sagen. Aber die deut-
sche Gesetzgebung zu erneuerbaren Energien, Herr
Kelber, ist nicht von dieser Regierungskoalition verab-
schiedet worden.


(Ulrich Kelber [SPD]: Sondern?)


Das waren doch wohl andere Konstellationen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ulrich Kelber [SPD]: Aber wir waren dabei!)


Unter Ihrer Regierungskonstellation hat die EU die
Vorreiterrolle im weltweiten Klimaschutz aufgegeben,
und ich finde es bedauerlich, dass es für Entwicklungs-
und Schwellenländer nicht einmal mehr einen Anreiz für
Modernisierungen in den Bereichen Kohle oder Energie-
verbrauch gibt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Ach, Frau Künast!)


w
r
h
i
a
w
n
d
N
f
t
g
n
c
V
n
W
j

K
B
S
d
b
w
l
c
n
f

S
d

t
n
l
w
b

t
t
s
P
w
n
l
z
w
p

(C (D Es gibt auch keinen Grund, diesen Gipfel zu loben, eil man einfach gemerkt hat, dass diese Bundesregie ung regelmäßig planlos und zögerlich ist. Andere haben ier schon erwähnt, welch wundersame Mehrheiten Sie mmer haben. Bei zehn Ministern haben Sie mindestens cht unterschiedliche Meinungen, und Sie haben im ahrsten Sinne des Wortes kein Programm. Es kommt icht von ungefähr, dass Frau Merkel in Brüssel „Maame Non“ heißt und mittlerweile alle in Europa diesen amen übernommen haben. Es kommt nicht von unge ähr, dass Sarkozy und Brown Merkel quasi zum Jagen ragen müssen. Ich frage mich ehrlich: Womit verbrinen Sie die Zeit? Sie haben am letzten Wochenende eien Analysegipfel mit den Vertretern der gesellschaftlihen Beharrungskräfte durchgeführt. Das ist ja kein orreitertum. Was machen Sie danach? Sie schreiten icht etwa zur Tat, sondern Sie machen jetzt vier bis fünf ochen Weihnachtspause. Aber die Klimaund Kon unkturkrise wird keine Weihnachtspause machen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Woher wissen Sie das?)


Dann haben Sie noch die Chuzpe, Zufallstreffer in Ihr
onjunkturprogramm miteinzurechnen. Ich nenne zum
eispiel die Pendlerpauschale oder die Aussage, die
ie nach dem Treffen am Wochenende getroffen haben,
ass man jetzt möglicherweise erreicht habe, dass keine
etriebsbedingten Kündigungen mehr ausgesprochen
erden. Wissen Sie was? Die Gewerkschaften haben

ängst eine über 2010 hinaus gültige Beschäftigungssi-
herung vereinbart. Das ist die Wahrheit. Um zu so ei-
em Ergebnis zu kommen, hätten Sie Ihr Sonntagstref-
en gar nicht gebraucht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


ie könnten aber einmal etwas für die Leiharbeiter in
ieser Gesellschaft tun.

Wo ist Ihr Programm, um Deutschland in den Indus-
rien, die einmal unsere Leitindustrien waren – Maschi-
enbau, Automobilbranche, Umwelttechnologie –, wirk-
ich nach vorne zu bringen? Da sehen wir bei Ihnen im
ahrsten Sinne des Wortes überhaupt nichts. Bei Ihnen
leibt alles in altem Denken stecken.

Wir bräuchten jetzt ein ökologisch-soziales Investi-
ionsprogramm, das, Frau Schwall-Düren, mehr beinhal-
en muss als nur das Vorziehen von Maßnahmen, die
chon planfestgestellt sind. Wir brauchen ein ehrgeiziges
rogramm beim Energiesparfonds. Wir brauchen jetzt
irklich Geld für die Gebäudesanierung. Wir wollen
icht, dass die chemische Industrie abwandert. Wir wol-
en vielmehr, dass der chemischen Industrie, die wie
um Beispiel BASF jetzt so viele Standorte schließen
ill, Veranlassung dazu gegeben wird, etwas Neues zu
roduzieren –


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1619601500

Frau Kollegin!

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21141


(A) )



(B) )


Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619601600

– sofort –, zum Beispiel in großen Mengen das Mate-

rial für die Gebäudesanierung. So erhält man Arbeits-
plätze in Deutschland, so erhält man Arbeitsplätze in Eu-
ropa und nicht, indem man Ausnahmeregelungen
organisiert und das Alte finanziert.

Was Sie in Europa erreicht haben, stellt keine Ant-
wort auf die Klimakrise und auch keine Antwort auf die
Konjunkturkrise dar.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1619601700

Der Kollege Eduard Lintner ist der nächste Redner

für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Eduard Lintner (CSU):
Rede ID: ID1619601800

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her-

ren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Künast, die-
ser europäische Gipfel hat ja nicht im luftleeren Raum
stattgefunden. Sie haben überhaupt nicht die Tatsache
erwähnt, dass ein wahrlich nicht leichter Hintergrund ge-
geben war. Ich nenne die weltweite Finanzkrise, die Ver-
handlungen über das Weltklima in Posen und auch die
Unsicherheit hinsichtlich des Vertrags von Lissabon. All
das waren Rahmenbedingungen für diesen Gipfel, all
das hat ihn im Vorfeld belastet und natürlich auch die Er-
wartungen an die zu erzielenden Ergebnisse gesteigert.
Wenn wir heute das Ergebnis unter dieser Prämisse be-
trachten, so wird man sagen müssen: Es war trotz dieses
schwierigen Umfelds ein erstaunlich erfolgreicher Gip-
fel.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Bei den Beschlüssen zum Klimaschutz und zur Ener-
giepolitik gefällt mir vor allem, dass die EU ihrer welt-
weiten Vorreiterrolle treu geblieben ist – auch das haben
Sie nicht erwähnt – und wichtige Prinzipien gewahrt
worden sind. Die Süddeutsche Zeitung – man beachte:
keinesfalls ein unionsfreundliches Blatt – schreibt dazu,
dass die Bundeskanzlerin den Gipfel zu einem persönli-
chen Erfolg gemacht habe, und nennt das europäische
Klimapaket ausdrücklich einen „Quantensprung im glo-
balen Lernprozess“.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Bemerkenswert ist auch, dass die Mitgliedstaaten
zwar ihren nationalen Besonderheiten vernünftigerweise
Rechnung tragen dürfen, auch wenn die damit verbunde-
nen Belastungen letztlich gleichmäßig verteilt werden
sollen. „Letztlich“ sage ich deshalb, weil bei den Strom-
erzeugern in Polen und anderen osteuropäischen Mit-
gliedstaaten noch nachgebessert werden muss; das ist ja
anerkannt worden. Deutschland muss in Zukunft darauf
drängen, dass spätestens ab 2020 tatsächlich die Ener-
giewirtschaft in allen EU-Mitgliedsländern vollständig
in den Zertifikatehandel einbezogen wird. Sonst drohen

u
t

p
s
g
t
a
d
s

K
s
d
v
d
Z
i
E
g

w
d
k
d
h
e
a
s
i
c
r
a
W
g
s
B
Z
R
s
t
b

i
g
K
ü
r
t
s

S
d
i

(C (D nserem Wirtschaftsstandort ernste und schwere Nacheile. Positiv hervorzuheben ist auch, dass Sektoren des roduzierenden Gewerbes, in denen ein besonderes Riiko von Arbeitsplatzverlusten durch Produktionsverlaerung besteht, ihre Zertifikate bis 2020 kostenlos erhalen. Das ist ein ganz wichtiger Beitrag zum Erhalt vor llem deutscher Arbeitsplätze und insofern ein besoners lobenswerter Erfolg der Verhandlungsstrategie unerer Bundeskanzlerin. Ebenfalls ein wichtiger Bestandteil der europäischen limaund Energiepolitik ist die Stärkung der Energie icherheit in Europa. Deshalb begrüße ich ausdrücklich, ass die künftige tschechische Ratspräsidentschaft am ergangenen Dienstag, also nach dem Gipfel, angekünigt hat, die Realisierung der Nabucco-Pipeline von entralasien nach Mitteleuropa zu einem Schwerpunkt hres Handelns machen zu wollen. Das ist eine wichtige ntscheidung, und wir hoffen, dass sie erfolgreich umesetzt wird. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Axel Schäfer [Bochum] [SPD])


(Beifall bei der CDU/CSU)


Trotz der Finanzkrise und des aus diesem Grunde not-
endigen EU-Konjunkturpakets wurden auf dem Gipfel
ie Ziele des Stabilitäts- und Wachstumspaktes be-
räftigt. Den Mitgliedstaaten wurde aufgegeben, die bei
er Bewältigung der Finanzkrise entstandenen Haus-
altsdefizite mittelfristig wieder abzubauen. Auch dies
ntspricht der deutschen Position. Das gilt auch für den
uf dem Gipfel sichtbar gewordenen Konsens, dass ein
chnelles Gegensteuern und ein koordiniertes Vorgehen
nnerhalb der EU notwendig sind, um volkswirtschaftli-
hen Schaden abzuwenden oder zumindest zu minimie-
en. Damit ist im Übrigen auch jenen Kritikern der Wind
us den Segeln genommen worden, die in den letzten
ochen immer wieder behauptet haben, die Bundesre-

ierung stehe mit ihrer Position bezüglich einer europäi-
chen Antwort auf die Krise isoliert da und wirke gar als
remser. Lassen Sie mich noch einmal die Süddeutsche
eitung zitieren, die ausdrücklich feststellt, dass im
atsgebäude zu Brüssel nichts davon zu merken gewe-

en sei, dass Deutschland isoliert sei. Das ist eine neu-
rale, unabhängige Stimme, die Sie, Frau Künast, offen-
ar nicht zur Kenntnis genommen haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Zugleich haben die Staats- und Regierungschefs durch
hren Verweis auf die uneingeschränkte Einhaltung der
eltenden sogenannten finanziellen Vorausschau der
ommission ebendieser Kommission klargemacht, dass
berschüssige Haushaltsmittel an die Mitgliedstaaten zu-
ückgegeben werden müssen und nicht durch Umschich-
ung in ein eigenes Konjunkturprogramm der Kommis-
ion umgewandelt werden dürfen.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum
chluss noch einen weiteren Punkt aus der Masse der auf
em Gipfel behandelten Themen herausgreifen, der, wie
ch meine, für die Zukunft der EU eine ganz entschei-

21142 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008


(A) )



(B) )


Eduard Lintner
dende Bedeutung hat. Um die nachträgliche Zustim-
mung der irischen Bevölkerung zum Vertrag von Lissa-
bon zu ermöglichen, wurden Irland Zugeständnisse
gemacht. Damit ist man dem irischen Staat sehr weit ent-
gegengekommen. Ich finde, das war ein notwendiger
Schritt, um die dringend erforderliche Fortentwicklung
der EU zu gewährleisten. Das darf aber am Ende nicht
zulasten der Handlungsfähigkeit der EU gehen. In einem
nächsten Schritt – das wird auch eine Aufgabe für die
Bundesregierung sein – müssen daher kreative Lösungen
für die künftige Struktur der Kommission gefunden wer-
den, zum Beispiel durch die Reduzierung der Zahl der
Ressorts und durch die Einführung von stellvertretenden
Kommissaren mit Stimmrecht. Das ist vielleicht ein
Ausweg aus der gegebenen Situation.


(Axel Schäfer [Bochum] [SPD]: Sehr richtig!)


Als Fazit dieses Gipfels kann man, glaube ich, fest-
stellen: Europa hat sich bei diesem Gipfel vor den Augen
der ganzen Welt unter sehr schwierigen Rahmenbedin-
gungen als voll handlungsfähig und auch als prinzipien-
treu erwiesen. Wir können gemeinsam dankbar feststel-
len, dass die Bundesregierung dazu wichtige Beiträge
geleistet hat.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1619601900

Das Wort erhält der Kollege Markus Löning für die

FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Markus Löning (FDP):
Rede ID: ID1619602000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen

Sie mich mit dem Klimapaket beginnen. Die Freien De-
mokraten unterstützen die Ziele des europäischen Kli-
mapaketes. Europa muss eine Vorreiterrolle im Kampf
gegen den Klimawandel einnehmen. Das sind wir uns,
unseren Bürgern, aber auch unserer Verantwortung in
der Welt schuldig.


(Beifall bei der FDP)


Aber das, Frau Bundeskanzlerin, was Sie in Brüssel
verhandelt haben, möchte ich unter den Stichpunkten
Scheckbuch und Chips zusammenfassen. Wer bezahlt
denn die Ausnahmen? Wer bezahlt denn die Modernisie-
rung der polnischen Kraftwerke? Dies ist notwendig.
Was ist aber vereinbart worden? Wer bezahlt am Ende
des Tages die Modernisierung der polnischen Kraft-
werke? Es wird doch darauf hinauslaufen, dass dies der
deutsche Steuerzahler oder der deutsche Stromkunde be-
zahlt. Das ist die typische Politik, die wir in der Europäi-
schen Union nicht brauchen, nämlich die Scheckbuchpo-
litik vergangener Tage.


(Beifall bei der FDP)


Zu den Chips. Die Ziele sind gut und ambitioniert.
Wir haben zudem ein Trainingsprogramm aufgestellt,
um diese Ziele zu erreichen. Stellen Sie sich einmal vor,
ein Marathonläufer nimmt sich vor, im Jahr 2020 einen

M
u
m
s
a
J

u
g
r
u

L
e
v
r
t
s
b
e
V
R
d

F
J
z
L
n
m
F
s
s
d
m
D
g
s

B
v
m
s
b
s

E
m
f
a
H

(C (D arathon zu gewinnen. Dann machen wir einen Gipfel nd sagen: Das Trainingsprogramm streichen wir einal. Wir machen Sonderregeln und Ausnahmen. Dann tellen wir die Ernährung um. Wir stellen die Ernährung uf Chips um. Wir behalten aber das Ziel bei, im ahr 2020 die Ziele zu erreichen. Meine Damen und Herren, es ist doch vollkommen nglaubwürdig, was passiert ist. Die ganzen Sonderreeln und Ausnahmen konterkarieren doch die Ziele, die ichtigen Ziele, die gesteckt worden sind, meine Damen nd Herren. Lassen Sie mich ein paar Worte zum Vertrag von issabon sagen. Es ist richtig, und wir begrüßen es, dass in erneuter Versuch unternommen wird, den Vertrag on Lissabon in Kraft zu setzen. Die politischen Erkläungen, die gegenüber den Iren im Hinblick auf die Neuralität und andere Punkte, bei denen die irische Wählerchaft empfindlich ist, abgegeben worden sind, sind zu egrüßen. Herr Außenminister, ich hätte aber auch gern ine Antwort auf die Frage gehört: Wie soll das in die erträge hineingeschrieben werden? Sie haben doch echtsverbindlichkeit zugesagt. Wie soll das aber an ieser Stelle passieren? Zu den Kommissaren. Ich glaube, dass Sie einen ehler gemacht haben, als Sie gesagt haben, im ahr 2014 solle es 27 Kommissare geben. Faktisch ist ugesagt worden, dass die Regel „ein Kommissar pro and“ weiter gelten soll. Ehrlich gesagt kann man nur och spotten über diese Art von europäischen Komproissen, die die Große Koalition eingeht. Wir hängen die ahne des Kampfes gegen die Bürokratie heraus. Wir chreiben uns auf die Fahnen, dass alles schlanker und chneller werden muss. Am Ende beschließen wir aber, ass dasselbe alte Lied weiter gespielt wird: 27 Komissare, jedes Land bekommt einen Kommissar. Meine amen und Herren, das war sicher kein Beitrag zu wenier Bürokratie und zu einer Verschlankung der Europäichen Union. (Beifall bei der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Die FDP will doch auch immer einen Vizepräsidenten!)


Herr Lafontaine, lassen Sie mich an dieser Stelle eine
emerkung machen. Ihre bemerkenswerte Definition
on Demokratie ist an dieser Stelle untergegangen: De-
okratie definiere sich nicht nur durch formale Voraus-

etzungen, sondern vom Ergebnis her. Ich glaube, Sie
efinden sich in ganz schlechter Gesellschaft, wenn Sie
o etwas behaupten.


(Beifall des Abg. Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN] – Oskar Lafontaine [DIE LINKE]: Perikles!)


s gibt andere Leute in der europäischen Geschichte, die
einten, sie müssten zunächst einmal die Ergebnisse

estlegen. Wer wählt und wie dann gewählt wird, das sei
lles egal. Es ist dekuvrierend, was Sie gesagt haben,
err Lafontaine.


(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21143


(A) )



(B) )


Markus Löning
Lassen Sie mich zum Schluss noch einige Worte zu
den Themen EZB und Euro sagen. Es ist wichtig, dass
wir in den Debatten um die Finanz- und Konjunkturkrise
klar herausstellen, dass die auf Geldwertstabilität ausge-
richtete Politik der Europäischen Zentralbank die rich-
tige Politik war und auch in Zukunft die richtige Politik
ist. Es ist richtig, es ist gut für uns, und es hat uns in der
Krise geschützt, dass wir den Euro haben. Gemeinsam
sind wir dadurch stärker, dass wir den Euro haben,
meine Damen und Herren.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Ich denke, es ist jetzt die richtige Zeit, insbesondere
Dänemark und Schweden noch einmal einzuladen, sich
der Eurozone anzuschließen. Je größer die Eurozone ist,
je mehr stabile Volkswirtschaften der Eurozone angehö-
ren, umso besser für uns.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Eines darf in diesem Zusammenhang aber nicht pas-
sieren: Es darf keine Aufweichung der Maastricht-Kri-
terien geben. Dann ist es sofort vorbei mit der Stabilität.
Es darf keine Aufweichung der Kriterien für den Beitritt
zur Eurozone geben. Auch dann ist es nämlich sofort
vorbei mit der Stabilität. Wir werden auch in Zukunft
darauf achten müssen, dass der Euro eine stabile, solide
Währung bleibt. Das heißt: keine Rabatte im Zusam-
menhang mit den Kriterien, keine Rabatte gegenüber
denjenigen, die jetzt laut an die Tür klopfen. Lassen Sie
uns den Euro auch in Zukunft stabil halten!

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1619602100

Ulrich Kelber ist der nächste Redner für die Fraktion

der SPD.


(Beifall bei der SPD)



Ulrich Kelber (SPD):
Rede ID: ID1619602200

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Die Ergebnisse des europäischen Gipfels sind für
den internationalen Klimaschutz eine Lebensversiche-
rung. Die Ergebnisse dieses Gipfels machen möglich,
dass die Weltklimakonferenz 2009 in Kopenhagen zu ei-
nem guten Ergebnis kommen kann. Europa hat gehan-
delt, Europa hat Einigungsfähigkeit bewiesen und hat
damit erreicht, dass jetzt der Druck auf anderen Indus-
triestaaten liegt, vor der Weltklimakonferenz ebenfalls
klar zu sagen, was ihr Beitrag sein soll. Erst das europäi-
sche Handeln ermöglicht es dem neuen amerikanischen
Präsidenten Barack Obama, in den USA zu handeln,
weil er darauf verweisen kann, dass Europa zum Bei-
spiel bei der Schaffung eines europäischen Handelssys-
tems in Vorleistung getreten ist.


(Beifall bei der SPD)


Die Europäische Union hat jetzt klar definiert: Wir
werden die CO2-Emissionen bis 2020 gegenüber 1990

u
t
r
a
n
g
c
A

g
z
V
l
n
w
W
s
v
u

b
d
w
n
r

m
k
t
C
p

S
Z
d

B
Z
b
h
n
n
E
W
f
i

w
w
t

(C (D m 20 Prozent senken, unabhängig davon, was andere un. Handeln die anderen Industriestaaten auch, wird Euopa die Emissionen um 30 Prozent senken. Ich erwarte llerdings von der Europäischen Union, dass sie in 2009 eben der jetzt beschlossenen Strategie zur 20-prozentien Minderung auch sagt, wie sie diese 30 Prozent erreihen will, um damit in Kopenhagen eine noch bessere usgangsposition zu haben. Wir in Deutschland sind ein Stückchen weitergeganen. Wir haben eine 40-prozentige Reduktion bis 2020 ugesagt. Wir haben dafür bereits über 30 Gesetze und erordnungen in Kraft gesetzt und die Förderung in vie en Bereichen vervielfacht. Wir haben diese 40 Prozent och nicht voll abgedeckt, aber einen großen Teil. Ein eiteres Beispiel: Die SPD-Fraktion hat in der letzten oche einen Antrag zum Klimaschutz in der Landwirt chaft beschlossen, wodurch eine weitere Einsparung on 50 bis 60 Millionen Tonnen CO2 ermöglicht wird nd damit die 40 Prozent weiter abgedeckt werden. Ganz wichtig: Deutschland wird die CO2-Emissionen is 2020 um 40 Prozent senken. Wenn die Amerikaner em Ziel von Obama folgen, würde dies die Emissionen eltweit stabilisieren. Wir sollten uns in Europa also icht unnötig kleinreden. International wird unsere Fühungsrolle im Klimaschutz nach wie vor anerkannt. Wir streiten natürlich über einzelne Instrumente; das acht auch Sinn. Aber eine Sache muss von allen aner annt werden – ich erwarte dies auch von der Opposiion –: Europa hat sich eine feste Obergrenze für die O2-Emissionen aus Energieversorgung und Industrieroduktion gesetzt. (Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber die Instrumente nicht!)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)


ie darf nicht überschritten werden, egal ob die CO2-
ertifikate gratis oder per Auktionierung zugeteilt wer-
en. Es ist eine feste Obergrenze festgelegt worden.


(Beifall bei der SPD)


Neben dieser festen Obergrenze wird selbst in den
ereichen, in denen es eine Gratiszuteilung der CO2-
ertifikate gibt, mit der Orientierung an der bestverfüg-
aren Technologie – sprich: wer eine veraltete Anlage
at, muss zukaufen; wer besonders modern ist, muss
icht zukaufen – ein Anreiz gesetzt. Dieser Anreiz ist
icht nur für den Klimaschutz gut, sondern auch für die
ffizienz der entsprechenden Branchen und damit für die
ettbewerbsfähigkeit. Wir setzen es als ein Innovations-

örderinstrument ein. Klimaschutz und Wachstum liegen
n einer Hand.


(Beifall bei der SPD)


Dazu passt natürlich, dass wir gesagt haben: Es bringt
eder dem Klimaschutz noch den Arbeitsplätzen etwas,
enn wir denjenigen Branchen, die in einem starken in-

ernationalen Wettbewerb stehen, zumuten, dass sich

21144 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008


(A) )



(B) )


Ulrich Kelber
ihre Kosten durch den Kauf von CO2-Zertifikaten erhö-
hen, und die Produktion dann an anderer Stelle stattfin-
det. Dass wir diesen Weg gegangen sind, war richtig.
Dies war die Position der Großen Koalition. Dies war
die Position der SPD von Anfang an. Ich hätte mir trotz-
dem gewünscht, dass einige in Deutschland nicht zu sehr
auf die Lobbyisten gehört hätten; denn einige wenige
Ausnahmen hätten gut funktioniert und hätten dieses In-
strument noch handlungsfähiger gemacht.

Aber der Dreh- und Angelpunkt der Ergebnisse des
europäischen Gipfels ist die Entscheidung, dass die Zer-
tifikate für die Stromerzeugung zu 100 Prozent in Ge-
samtwesteuropa und bis 2020 aufwachsend dann auch in
Osteuropa auktioniert werden. Diese Entscheidung
schafft die große Möglichkeit, dass der bisher nur regio-
nal, nur in Teilen Nordamerikas stattfindende Emissions-
handel auf die gesamten Vereinigten Staaten ausgedehnt
wird. Allein dieses Ziel war es wert, so zu verhandeln.
Damit kann die Energiewende konsequent fortgesetzt
werden.


(Beifall bei der SPD)


Man muss offen über Geld sprechen. Die Versteige-
rung der Emissionszertifikate liefert uns das Geld, das
wir brauchen, um die dringend notwendigen internatio-
nalen Projekte, die wir zugesagt haben, durchführen zu
können. Das ist erstens wichtig, um die Schwellen- und
Entwicklungsländer in den Klimaschutzprozess einzu-
binden. Das ist eine Frage der Solidarität; denn in dieser
Welt leiden bereits heute Menschen unter dem Klima-
wandel, zum Beispiel in Afrika und Teilen Asiens, die
selbst überhaupt keinen Beitrag dazu geleistet haben,
dass es zu einer Temperaturveränderung der Atmosphäre
gekommen ist. Deswegen ist es unsere Pflicht, diesen
Menschen bei der Anpassung zu helfen und ihnen die
Technologien zu liefern, die sie benötigen, um selber
eine saubere Entwicklung zu durchlaufen.


(Beifall bei der SPD)


Die Versteigerung liefert uns zweitens Geld, das wir
brauchen, um die nationalen Maßnahmen zur Förderung
der Energieeffizienz und der erneuerbaren Energien ver-
stärkt fortzusetzen. Seit zehn Jahren investieren wir in
diesen Bereich. Das ist wichtig für die Volkswirtschaft.
Dadurch wird Deutschland fit. So können neue Techno-
logien entwickelt und die Energiekosten gesenkt werden.

Man muss aber auch darüber sprechen, dass es Emis-
sionszertifikate bereits seit 2005 gibt. Sie werden von
Kundinnen und Kunden der Energieversorger bezahlt.
Bisher sind die Gewinne aber bei den großen Energie-
konzernen wie Eon und RWE geblieben. Damit ist mit
dem neuen Handel jetzt Schluss. Das Geld gehört den
Menschen, den Kundinnen und Kunden und nicht den
Besitzern einzelner Unternehmen. Deswegen war diese
Entscheidung wichtig, und allein deswegen war der Kli-
magipfel in Brüssel ein Erfolg.


(Beifall bei der SPD)


Um über die Rolle Deutschlands zu sprechen: Am
Ende war es die klare Haltung Deutschlands, die diese
Entscheidung möglich gemacht hat. Deswegen möchte

i
m
k
d

F
n

n
s
u
2
C
D
R
d
r

I
d
n
v
d
a

G
s
t
z

z
t
m
m
w
w
s
u
s
E

S

N

L
s
d

(C (D ch mich bei der Bundeskanzlerin, beim Bundesaußeninister und beim Bundesumweltminister dafür bedan en, dass sie die Position „100 Prozent Versteigerung“ urchgehalten haben. rau Bundeskanzlerin, Sie wissen aber, dass am Ende ur die SPD Ihre Position in dieser Frage unterstützt hat, icht Ihre eigene Partei. Weil ich wusste, dass es an dieer Stelle Lachen geben würde, habe ich mir die Zitate nd die Zeitpunkte herausgeschrieben. Wir haben am 8. Mai im Deutschen Bundestag gemeinsam, SPD und DU/CSU, 100-Prozent-Auktionierung beschlossen. anach waren es Herr Glos, Herr Kauder, Herr amsauer, Herr Wulff, Herr Rüttgers und Herr Seehofer, ie gefordert haben, von dieser 100-Prozent-Auktionieung abzuweichen. ch hatte gehofft, dass wenigstens die Umweltpolitiker er CDU/CSU in der Debatte bei der 100-Prozent-Auktioierung bleiben. Nein, auch die stellvertretende Fraktionsorsitzende Frau Reiche, zuständig für Umwelt, hat sich afür ausgesprochen, die 100-Prozent-Auktionierung ufzugeben. (Willy Wimmer [Neuss] [CDU/CSU]: Wir denken an die Arbeitsplätze!)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


(Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)


(Christian Lange [Backnang] [SPD]: Aha!)


ott sei Dank hat der Druck von Nichtregierungsorgani-
ationen und Medien geholfen, dass sich diese Neuposi-
ionierung nicht durchgesetzt hat, sondern die 100-Pro-
ent-Auktionierung gekommen ist.


(Beifall bei der SPD)


Europa hat gehandelt, als viele das der EU nicht mehr
ugetraut haben. Europa hat gehandelt, als die Lobbyis-
en, die sich schon immer gegen Klimaschutzmaßnah-

en ausgesprochen haben, die Finanzkrise als Ausrede
issbrauchen wollten. Wir haben gehandelt, als es not-
endig war, auf andere Druck auszuüben. Jetzt stellen
ir fest, dass Investitionen in Klimaschutz eine doppelt

o hohe Rendite erzielen. Sie bieten eine sichere Zukunft
nd ermöglichen eine schnellere Überwindung der Wirt-
chaftskrise. Zu diesem Weg gibt es keine Alternative.
s ist gut, dass wir ihn gegangen sind und weiter gehen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1619602300

Ich erteile das Wort dem Kollegen Rainder

teenblock, Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ieber Kollege Kelber, sosehr ich Sie als Kollegen, der
ich sehr für Umweltpolitik engagiert, schätze, muss ich
och sagen: Die Rede, die Sie heute zur Bewertung des

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21145


(A) )



(B) )


Rainder Steenblock
Vertrages von Lissabon gehalten haben, ist nicht gerade
Ihre stärkste Rede in diesem Zusammenhang gewesen.
Sie wissen sehr genau, dass das Backing, die Beschlüsse,
die Sie hier mitvertreten haben, alles andere als rich-
tungsweisend sind. Die Bundesregierung – wir wollen
ihre Rolle gar nicht kleinreden – hat eine große Rolle bei
diesem Gipfel gespielt, allerdings als großer Bremser
und Verhinderer einer zukunftsweisenden Energiepoli-
tik.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ulrich Kelber [SPD]: Das wird durch Wiederholung nicht richtiger!)


Sie haben ja die Rolle der CDU/CSU richtig beschrie-
ben. Aber man muss sehr deutlich sagen: Wir haben hier
im Bundestag eine hundertprozentige Auktionierung be-
schlossen. Diesen Beschluss hat die Bundesregierung
beim Gipfel nicht vertreten. Diese Vereinbarung ist ge-
brochen worden.


(Ulrich Kelber [SPD]: Das stimmt doch nicht!)


Man hat sich auch nicht an die Regeln gehalten, die wir
in der Zusammenarbeitserklärung festgelegt haben. Für
den Fall, dass der Bundestag etwas beschließt und die
Bundesregierung sich nicht daran halten kann, haben wir
ein Verfahren beschlossen. Auch dieses ist an dieser
Stelle nicht eingehalten worden. Deshalb sage ich sehr
deutlich: Hier ist die Bundesregierung dem Parlament
mit dem, was sie ausgehandelt hat, in den Rücken gefal-
len.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ulrich Kelber [SPD]: Nennen Sie einmal ein Argument!)


Wenn ich das betrachte, was in Brüssel in der Sache
und mit welcher Philosophie verhandelt worden ist und
was in der Debatte hier in den letzten Wochen gesagt
worden ist, in der es um das Verhältnis von ökonomi-
scher und ökologischer Entwicklung und die Bedeutung
von Umwelt- und Klimaschutz für die Politik einer Re-
gierung ging, komme ich zu dem Ergebnis, dass wir lei-
der wieder da sind, wo wir schon in den 90er-Jahren wa-
ren. Der Trend, der hier in der Argumentation aufgebaut
wird, ist genau der gleiche, den wir mit der rot-grünen
Bundesregierung glücklicherweise erfolgreich bekämpft
haben. Wir haben deutlich gemacht: Umweltschutz und
wirtschaftliche Entwicklung sind keine Gegensätze.
Eine vernünftige nachhaltige wirtschaftliche Entwick-
lung braucht gerade in der Energiepolitik vernünftige
ökologische Rahmenbedingungen.

Sie bauen durch das, was in Brüssel gerade unter Mit-
wirkung der deutschen Bundesregierung massiv voran-
getrieben worden ist, eine Rückwärtsentwicklung in der
Umwelt- und Klimapolitik, in der Automobilindustrie
und in der Energiepolitik auf. Denn wenn wir nach vorne
kommen wollen, brauchen wir vernünftige ökologische
Rahmenbedingungen. Das, was Sie machen, ist genau
das Gegenteil dessen. Sie wollen dafür sorgen, dass die
deutsche Zementindustrie zukünftig nicht mit Zement
aus Russland unsere Autobahnen beschicken soll. So ein
Quatsch.

g
w
i
H
E
i
a
g
E
v
r
f

e
g


n
t
n
h
g
t
R

f
w
z
z
b
d
u
h
s
g
s
n
n
U
m
m

N

n
l
B
s
b

t
m

(C (D Was Sie sich dort als ökologische Rahmenbedingunen zusammengebastelt haben, macht uns leider nicht ettbewerbsfähig. Ökologie hat dafür gesorgt, dass wir n Deutschland als Modell für Europa und für die Welt underttausende von Arbeitsplätzen in nachhaltiger nergiewirtschaft geschaffen haben. Umweltpolitik be nhaltet eine technologische Entwicklung; hier sind wir ls Exportnation Weltmeister. Sie bauen hier wieder Geensätze auf und behaupten, dass die wirtschaftliche ntwicklung durch Umweltschutz und durch anspruchsolle Klimapolitik reduziert wird. Das ist auch im Inteesse des Arbeitsplatzstandortes Deutschland der völlig alsche Weg. Ich würde es jetzt gern dabei belassen, weil ich noch in bisschen zu den anderen Ergebnissen des Gipfels saen möchte. Ich glaube, Folgendes bei der Klimapolitik ist richtig da unterstütze ich den Außenminister, dem ich dies och einmal sagen will –: Es ist keine Technologiepoliik, wenn man versucht, Kohlekraftwerke zu subventioieren, die einen Wirkungsgrad von maximal 44 Prozent aben, und dann sagt, das sei fortschrittliche Technoloiepolitik, die man mit Klimazertifikatehandel noch unerstützen will. So ein Unfug. Wir müssen in eine andere ichtung gehen. Herr Außenminister, das, was Sie zur Handlungsähigkeit der Europäischen Union gesagt haben, ist ichtig und richtig. Da haben Sie unsere volle Unterstüt ung. In Irland über ein neues Referendum auf den Weg u kommen und unter der tschechischen Präsidentschaft ei dem Vertrag, den wir alle wollen – Sie und die Bunesregierung haben sich dafür eingesetzt; Sie haben da nsere Unterstützung –, einige Schritte voranzukommen, alte ich für sehr wichtig. Ich glaube, dass die tschechiche Präsidentschaft, vor der wir jetzt stehen, unsere anze Unterstützung braucht. Denn dieses mitteleuropäiche Land – es ist das zweite mitteleuropäische Land ach Slowenien, das diese Präsidentschaft neu überimmt – kann all die Fragen, die neben der Klimaund mweltpolitik anstehen, also Sicherheit, Verhandlungen it Russland, Partnerschaftsund Kooperationsabkomen und Schwerpunkt Israel, – Herr Kollege Steenblock. Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1619602400
– den sich die tschechische Präsidentschaft vorge-

ommen hat, nicht allein bewältigen. An all diesen Stel-
en, glaube ich, kommen wir gut nach vorne, wenn die
undesregierung und das Parlament diese Ratspräsident-

chaft unterstützen. Denn sie steht vor wichtigen Aufga-
en.

Das Wichtigste ist, dass wir vorbereiten, dass der Ver-
rag von Lissabon, der uns eine handlungsfähige und de-

okratische Europäische Union beschert, durchgesetzt

21146 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008


(A) )



(B) )


Rainder Steenblock
wird. Deshalb, glaube ich, sollten wir für die Zukunft,
für das nächste Jahr darauf unseren Schwerpunkt legen.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1619602500

Die Kollegin Marie-Luise Dött ist die nächste Redne-

rin für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Marie-Luise Dött (CDU):
Rede ID: ID1619602600

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Europa

bleibt mit seinen Beschlüssen zur Reduktion von Treib-
hausgasen internationaler Vorreiter beim Klimaschutz.
Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben das
Ziel, die CO2-Emissionen bis 2020 um 20 Prozent zu re-
duzieren, bestätigt und ein Maßnahmenpaket beschlos-
sen, das den Führungsanspruch für alle sichtbar und sehr
konkret unterlegt. Es ist ein wesentliches Signal für die
Kioto-Nachfolgekonferenz 2009 in Kopenhagen.

Meine Damen und Herren von der Opposition, auch
wenn Sie nicht müde werden, das Erreichte in Ihren
ständigen Wiederholungen zu zerreden, sage ich: Wir
befinden uns weder in Deutschland noch in Europa in
der klimapolitischen Sackgasse, sondern auf der Über-
holspur,


(Beifall bei der CDU/CSU)


und hinter uns ist meilenweit niemand zu sehen. Das
sollten Sie, vor allen Dingen Sie, Herr Steenblock, zur
Kenntnis nehmen und auch einmal so sagen. Das gehört
für mich zur redlichen und verantwortungsvollen parla-
mentarischen Arbeit.


(Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach was! Sie sitzen doch im Bremserhäuschen! Das ist leider das Problem!)


Wir jedenfalls sind stolz, dass wir mit unserer Klima-
politik auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten nicht
nachlassen. Das, meine Damen und Herren, ist gerade
unserer Bundeskanzlerin zu verdanken.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Sie hat in Brüssel ein Klimapaket verhandelt, mit dem
klimapolitisch Kurs gehalten wird und das auch wirt-
schaftliche und soziale Fragen berücksichtigt.

Es ging in Brüssel um mehr als um die Minderung
von Treibhausgasemissionen. Es ging dieses Mal um die
Fortsetzung unserer gemeinsamen Klimapolitik in ei-
ner schwierigen wirtschaftlichen und sozialen Gesamt-
situation. Es ging darum, den Beweis anzutreten, dass
der Klimaschutz nicht zu einer Schönwetterpolitik ver-
kommt.

In diesem Zusammenhang finde ich es sehr eigen-
artig, dass sich gerade der ehemalige Bundesumwelt-
minister Trittin – ich sehe ihn jetzt leider nicht mehr –
bemüßigt fühlte, die Ergebnisse zum Emissionshandel
dahin gehend zu kommentieren, 80 Prozent der deut-

s
d
B

z
g
n
w
s
z

W
r
h

B
t
n
w
ü
z
t
M

a
g
f
u

s
z

D
n
B
k

i
C
o

K

(C (D chen Industrie seien von Klimaschutzauflagen befreit, a sie ihre Zertifikate kostenlos erhielten. Das ist doch lödsinn. (Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Da hat er schon recht!)


An der Minderungsvorgabe von jährlich 1,74 Pro-
ent wurde nicht gerüttelt. Wir haben allerdings dafür
esorgt, dass die betreffenden Unternehmen, die in ei-
em zunehmend schwierigen internationalen Wettbe-
erb und noch dazu in einem zunehmend problemati-

chen konjunkturellen Umfeld agieren, nicht mit
usätzlichen Kosten in Millionenhöhe belastet werden.


(Beifall bei der CDU/CSU – Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind doch alles Argumente der Vergangenheit!)


ir haben dafür gesorgt, dass keine Standortverlage-
ungen einschließlich Arbeitsplatzverlagerungen dort-
in erfolgen, wo es überhaupt keinen Klimaschutz gibt.


(Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vielleicht ist das ja auch ein Standortvorteil!)


Wenn Sie an der Ausnahme für energieintensive
ranchen im Hinblick auf die Auktionierung etwas kri-

isieren können, dann höchstens, dass der Staat auf Ein-
ahmen aus dem Emissionshandel verzichtet. Es ist aber
irtschaftspolitisch nicht vertretbar, dass wir vormittags
ber konjunkturpolitische Maßnahmen zur Unterstüt-
ung dieser Unternehmen diskutieren, um am Nachmit-
ag für die gleichen Unternehmen zusätzliche Kosten in

illionenhöhe zu generieren.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Meine Damen und Herren, insbesondere die Angriffe
uf das EU-Klimapaket aus dem Lager der Grünen zei-
en, dass es Ihnen noch immer nicht gelingt, die klaf-
ende Lücke zwischen ideologischem Anspruchsdenken
nd tatsächlich Machbarem zu überbrücken.

Erstens. Fakt ist: Es gab einmal ein nationales Klima-
chutzziel, die CO2-Emissionen um 25 Prozent bis 2005
u reduzieren; Herr Steenblock, Sie erinnern sich.


(Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Das haben wir auch unterstützt!)


ieses Ziel wurde von den Grünen zunächst als zu we-
ig ambitioniert kritisiert und anschließend vom grünen
undesumweltminister Trittin wegen Unerreichbarkeit
lammheimlich unter den Tisch fallen gelassen.


(Zurufe von der CDU/CSU: Aha! Das ist ja interessant! – Hört! Hört!)


Zweitens. Fakt ist: Trotz miserabler Konjunktur ist es
n den sieben Jahren grüner Politik nicht gelungen, die
O2-Emissionen in Deutschland nennenswert zu senken
der zu stabilisieren.

Drittens. Fakt ist: Deutschland wurde unter Helmut
ohl zum Motor des weltweiten Klimaschutzes. Nicht

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21147


(A) )



(B) )


Marie-Luise Dött
zuletzt das große Engagement von Klaus Töpfer führte
dazu, dass im Jahre 1992 über 150 Staaten die Klima-
rahmenkonvention von Rio unterzeichneten. Deutsch-
land war auch auf der dritten Vertragsstaatenkonfe-
renz 1997 in Kioto die treibende Kraft. Nicht zuletzt
dank des Verhandlungsgeschicks von Angela Merkel ei-
nigte sich die Staatengemeinschaft auf das verbindliche
Kioto-Protokoll. Dieses Engagement und dieses Ver-
handlungsgeschick wurden von Deutschland unter Bun-
desumweltminister Trittin nicht fortgeführt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ulrich Kelber [SPD]: Ich finde, es ist ein bisschen früh für Dauerwahlkampf bei CDU und CSU! Es wäre gut, wenn wir über das Thema sprechen würden!)


Die Vorreiterrolle bei der Überzeugungsarbeit ist ver-
spielt worden. Lange sechs Jahre wurde es versäumt,
Russland nachhaltig zu einer raschen Ratifizierung des
Kioto-Protokolls zu drängen. Es bedurfte des Engage-
ments der ehemaligen Bundesumweltministerin Angela
Merkel, unserer Bundeskanzlerin, um auf internationa-
ler, europäischer und nationaler Ebene der Klimapolitik
wieder einen zukunftsweisenden Schub zu verschaffen.


(Michael Stübgen [CDU/CSU]: So ist es!)


Klimapolitik ist nicht konjunkturabhängig, aber bei
klimapolitischen Maßnahmen müssen auch wirtschaftli-
che und soziale Fragen berücksichtigt werden. Sie ma-
chen Klimaschutz, wir machen einen wirtschaftlich und
sozial kompetenten Klimaschutz. Das ist der Unter-
schied zwischen Ihren und unseren Ansätzen. Das ver-
stehen zunehmend auch die Bürger.


(Beifall bei der CDU/CSU – Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, wir machen damit auch Wirtschaftspolitik! Bei uns ist die Klimapolitik auch ein Standortfaktor! Klimaschutz sichert auch Arbeitsplätze!)


Meine Damen und Herren, die Stromerzeuger müs-
sen die Zertifikate ab 2013 vollständig ersteigern. Das
ist eine sehr anspruchsvolle Vorgabe mit erheblichen
Auswirkungen auf die Stromerzeugung in Deutschland,
weil wir bei uns einen relativ hohen Anteil an Kohlever-
stromung haben. Wir müssen hier sehr genau beobach-
ten, wie sich die Strompreise und die Erzeugungskapazi-
täten bei uns künftig entwickeln.

Deutschland liegt zwischen Frankreich, das einen ho-
hen Anteil an Strom aus Kernenergie hat, und Polen, das
zukünftig Standortvorteile wegen des beschlossenen
Phasing-in für neue Kraftwerke haben wird.


(Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da exportieren wir unseren Strom hin!)


Der Emissionshandel darf nicht dazu führen, dass wir
unseren Strom künftig aus Frankreich oder Polen impor-
tieren und unsere eigene energetische Basis veraltet so-
wie Kapazitäten in nennenswertem Umfang abwandern.
Wir müssen auch in Zukunft Energieproduzent sein.

n
z
D

I
c

s
M
s
b
I
j

F

d
W
i
K
L
w
I

t
a
p
s
n

H
l
I
d

v
E
B

e
s

(C (D (Beifall bei der CDU/CSU – Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir exportieren dahin! Sie haben keine Ahnung von der Wirklichkeit! So ein Quatsch!)


Die Möglichkeit, dass in den Jahren 2013 bis 2015 für
eue Kraftwerke Zuschüsse von bis zu 15 Prozent ge-
ahlt werden dürfen, muss unbedingt genutzt werden.
as ist innovationspolitisch nur ein kleines Zeitfenster.


(Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Investitionen in eine Dinosauriertechnologie!)


ch appelliere deshalb an die Stromerzeuger, entspre-
hende Investitionen vorzubereiten.

In Brüssel ist ein klimapolitisch effektives, wirt-
chaftspolitisch verantwortliches und europäisch faires

aßnahmenpaket beschlossen worden. Mit der Bereit-
tellung von finanziellen Mitteln für CCS und erneuer-
are Energien haben wir zudem eine gut ausgestattete
nnovationskomponente im Paket. JI- und CDM-Pro-
ekte möchte ich nicht mehr ansprechen.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD])



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1619602700

Das Wort erhält nun der Kollege Michael Roth, SPD-

raktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1619602800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit

er EU verhält es sich so wie mit unseren Kirchen: Zu
eihnachten und in der Krisenzeit sind sie gefragt. Es

st gut, dass die EU unter Beweis gestellt hat, dass sie in
risenzeiten funktioniert. Man mag es kaum glauben:
änder pochen an die Tür der EU, von denen man es vor
enigen Monaten und Jahren noch nicht erwartet hätte,

sland beispielsweise.

Wir spannen Schutzschirme und schnüren Konjunk-
urprogramme bzw. -pakete. Noch wichtiger wäre es
ber, wenn wir die EU in die Lage versetzen würden,
räventiv auf mögliche Krisen zu reagieren bzw. in noch
tärkerem Maße dazu beizutragen, dass Krisen erst gar
icht entstehen.


(Beifall bei der SPD)


ierfür brauchen wir entsprechende vertragliche Grund-
agen; sie sind zwingend. Wir brauchen handlungsfähige
nstitutionen, sinnvolle Instrumente und klare Zustän-
igkeiten.

Deswegen ist es gut, dass der Gipfel dem Vertrag
on Lissabon abermals eine neue Chance eröffnet hat.
s ist eine Brücke nach Dublin gebaut worden. Ob diese
rücke tragfähig ist, wird die Zukunft zeigen; denn
auch das muss man unter Partnern offen ansprechen –

s geht hier nicht um eine Einbahnstraße nach Irland,
ondern wir brauchen eine Zweibahnstraße.

21148 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008


(A) )



(B) )


Michael Roth (Heringen)

Die Europäische Union hat jetzt entsprechende Bei-
träge geleistet. Sie hat Zusicherungen erteilt. Ich erwarte
von den Iren aber auch mehr Mut, gegenüber ihren Bür-
gerinnen und Bürgern deutlich zu machen, was es heißt,
wenn der Vertrag von Lissabon nicht in Kraft tritt. Auch
seitens der irischen Regierung muss deutlich werden: Es
geht eben nicht mehr alleine darum, ob ein neuer Vertrag
in Kraft tritt, sondern auch darum, ob Irland unter den
obwaltenden Bedingungen überhaupt noch Mitglied der
Europäischen Union sein möchte. Das sind klare Worte,
die in schwierigen Zeiten auch einmal auf den Tisch ge-
hören. Die EU hat gezeigt, dass sie dazu in der Lage ist.
Jetzt brauchen wir einen eindeutigen Beitrag von Irland.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Die Staats- und Regierungschefs haben sich auf Er-
klärungen verständigt, um den Iren dabei zu helfen, ein
weiteres Referendum erfolgreich durchzuführen. Ich
will aber deutlich sagen, dass dies nicht zu Konsequen-
zen führen kann, die das gesamte Gemeinschaftsprojekt
infrage stellen: Stichwort „Steuerpolitik“. Eine steuer-
politische Erklärung kann kein Harmonisierungsverbot
bedeuten. Sie kann keine Absage an eine engere Zusam-
menarbeit in Fragen der Steuer- und Finanzpolitik be-
deuten. Wir müssen die Steueroasen in der Europäischen
Union endlich austrocknen. Wir müssen den Kampf ge-
gen unsolidarisches Steuerdumping endlich aufnehmen.
Deswegen brauchen wir perspektivisch auch in der Steu-
erpolitik eine engere und vertrauensvollere Zusammen-
arbeit zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen
Union. Das darf durch eine neue Erklärung nicht verhin-
dert werden.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Dies gilt genauso für die Sicherheitspolitik. Wenn
beispielsweise die Vereinigten Staaten jetzt der Europäi-
schen Union die Hand zur kooperativen Zusammen-
arbeit reichen, dann müssen wir diese Hand ergreifen.
Das heißt, die Europäische Union darf jetzt nicht abweh-
ren und nicht wieder in nationale Egoismen verfallen.
Wir müssen mit einer Stimme sprechen! Auch das darf
durch eine Erklärung, in der man noch einmal die sicher-
heitspolitische Souveränität der Mitgliedstaaten unter-
streicht, nicht infrage gestellt werden.

Wir müssen europäische Beiträge für mehr zivile
Konfliktprävention, für mehr Abrüstung und für die Ver-
hinderung von Konflikten weltweit leisten. Wir müssen
die Entwicklungszusammenarbeit pflegen und noch wei-
ter ausbauen. Dies darf nicht infrage gestellt werden.
Dieses Signal darf von keinem europäischen Gipfel aus-
gehen. Das müssen wir den Partnern in Irland und an-
derswo deutlich sagen.


(Beifall bei der SPD)


Die Zusammensetzung der Europäischen Kommis-
sion ist angesprochen worden. Wir alle müssen uns vor
Augen halten: Es geht hier nicht darum, den Lissabon-
Vertrag nicht in Kraft zu setzen. Es geht hier um „Nizza
minus“. In dem Vertrag von Nizza ist schon jetzt vorge-
sehen, dass in der neuen Kommission die Zahl der Kom-

m
g

g
b
h
s
g
R
R

K
b

W
c
m
f

W
t
U

c
A
a
d
s
n
d
d
n
n
k
p
b

D
d
t
t
l

W
t
s
l
d
u

(C (D issarinnen und Kommissare unter der Zahl der Mitliedstaaten liegt. Wir brauchen weniger Kommissare. Deswegen mahne ich, dass diejenigen, die dieses Zueständnis in Richtung Irland auf den Weg gebracht haen, intelligente Lösungen finden, wie die Kommission andlungsfähig bleiben kann. Wir brauchen nämlich tarke Gemeinschaftsinstitutionen und nicht mehr Interouvernementalität. Wir brauchen nicht mehr nationales egierungshandeln. Wir brauchen mehr gemeinsames egierungshandeln in der Europäischen Union. Die Kolleginnen und Kollegen, die eben von dem ommissar für Sprachenvielfalt gesprochen haben, haen recht: ir brauchen schon jetzt keinen Kommissar für Sprahenvielfalt. Wir brauchen zukünftig auch keinen Komissar für die Süßwasserfische und keinen Kommissar ür die Meerwasserfische. ir brauchen eine starke und handlungsfähige Instituion, die sich dem Gemeinwohl in der Europäischen nion verpflichtet fühlt. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall der Abg. Mechthild Dyckmans [FDP])


(Beifall der Abg. Mechthild Dyckmans [FDP])


Die Iren haben zu Recht deutlich gemacht: Wir brau-
hen ein soziales Europa. Wir brauchen ein Europa der
rbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Dann müssen

ber auch die Iren vor ihrer eigenen Haustüre kehren;
enn ein neoliberaler Dinosaurier erster Güte ist der iri-
che Kommissar McCreevy. Er hat sich in den vergange-
en Monaten nicht mit Ruhm bekleckert, indem er sich
eutlich gegen Mindestlöhne im Postbereich in der Bun-
esrepublik Deutschland gewandt hat oder indem er ei-
en Kampf gegen das VW-Gesetz führt. Es steht in kei-
em Vertrag und in keinem europäischen Gesetz, dass es
ein VW-Gesetz und keine Mindestlöhne in der Euro-
äischen Union und erst recht nicht in Deutschland ge-
en darf.

Hier muss man handeln und nicht nur darüber reden.
a muss man für entsprechende politische Mehrheiten in
er Europäischen Union kämpfen. Bei aller gerechtfer-
igter oder in Richtung Linkspartei auch ungerechtfertig-
er Kritik an dem Vertrag von Lissabon: Kein Vertrag al-
ein sichert soziale Rechte.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


ir brauchen dafür gesellschaftliche und vor allem poli-
ische Mehrheiten. Deswegen wird das Jahr 2009 so
pannend für uns. Am 7. Juni besteht eine Chance, deut-
ich zu machen, dass das soziale Europa – das Europa
er Beschäftigten – eine reale Chance hat. Lassen Sie
ns gemeinsam dafür arbeiten.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21149


(A) )



(B) )


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619602900

Nächster Redner ist der Kollege Hans Peter Thul für

die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Hans Peter Thul (CDU):
Rede ID: ID1619603000

Frau Präsidentin, gestatten Sie mir zunächst einmal,

mich sehr herzlich dafür zu bedanken, dass Sie mir heute
Morgen gute Wünsche zu meinem 60. Geburtstag ausge-
sprochen haben. Bei dieser Gelegenheit auch heftigen
Dank an alle Kolleginnen und Kollegen, die das in
schriftlicher, mündlicher oder SMS-Form und in allen
möglichen anderen Darbietungen getan haben.


(Heiterkeit – Michael Roth [Heringen] [SPD]: Jetzt sparen Sie sich die Post!)


– Sogar durch die Post. Herzlichen Dank!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Zur Sache selber: Wer heute über die Euro-
päische Union redet, der kommt nicht umhin, trotz der
französischen Ratspräsidentschaft in ganz besonderer
Weise die Verdienste unserer Bundeskanzlerin, Frau
Dr. Angela Merkel, zu loben.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Mehr noch: So, wie Helmut Kohl den europäischen
Einigungsgedanken verkörpert hatte, personifiziert
Angela Merkel ein gemeinsam handelndes Europa. Wer
wollte bestreiten, dass in dieser Situation gemeinsames
Handeln – möglicherweise auch auf gemeinsam verein-
barte Ziele abgestimmt – das Gebot der Stunde ist? Ich
möchte das gerne anhand von einigen Punkten diskutie-
ren.


(Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das heißt aber nicht, gemeinsam bremsen!)


– Herr Steenblock, Ihnen mag eine gewisse Feindlich-
keit in Sachen Industriedarbietung immanent sein, aber
sie bringt uns nicht weiter. Auch darauf werde ich noch
eingehen.

Es war diese Bundesregierung, die unter Leitung der
Kanzlerin die mutigen Meseberger Beschlüsse formu-
liert und während der eigenen Ratspräsidentschaft im
Jahre 2007 bereits als Planziele für den gesamten EU-
Raum definiert hat. Die jetzt als Bestandteile des Ener-
gie- und Klimaschutzpaketes bis 2020 verbindlich und
voller Mut beschlossenen Ziele – die Minderung des
CO2-Ausstoßes um 20 Prozent, die Steigerung der Ener-
gieeffizienz um 20 Prozent und der Anteil von 20 Pro-
zent der erneuerbaren Energien am gesamten Energie-
verbrauch – sind unter deutscher Ratspräsidentschaft
formuliert worden, und das bereits im März 2007.

Ich verstehe an dieser Stelle die Vorbehalte nicht, die
von der linken Ecke dieses Hauses formuliert werden. In
dieser Sache vorauszugehen, ist allemal besser, als sich
davonzustehlen, Herr Lafontaine.

Dass diese Ziele in der vergangenen Woche von nie-
mandem mehr infrage gestellt wurden, ist auf die vielen

i
B
d
S
g
u
w
P

e
b
g

t
B
c
s
d
d
m
l

Z
i
s
s
d
r

k
f
p
C
d
z
ß
i

(C (D ntensiven Gespräche zurückzuführen, die wiederum die undeskanzlerin mit Sarkozy, dem italienischen und em polnischen Ministerpräsidenten und vielen anderen taatsund Regierungschefs geführt hat. Ich bin übriens fest davon überzeugt, dass fundierter Sachverstand nd fundierte Kenntnisse der physikalischen Grundahrheiten mit dazu beigetragen haben, die anderen EUartner zu überzeugen. Es hat sich wieder einmal gezeigt, dass diese Fragen ben nicht ideologisch zu lösen sind, sondern sehr viel esser technologisch begründet und pragmatisch angeangen werden können. Es ist für unsere Volkswirtschaft und unseren Produkionsstandort Deutschland von geradezu existenzieller edeutung, dass wir auch in Zukunft über eine verlässlihe, bezahlbare und gleichermaßen umweltund resourcenschonende Energieversorgung verfügen. All en kritischen Stimmen, die jetzt lauthals ein Einknicken er Klimakanzlerin vor der Industrielobby beklagen, öchte ich mit einem Zitat begegnen. Ich zitiere mit Er aubnis der Präsidentin: Wenn Herr Töpfer, Herr Schellnhuber, die Umweltverbände diese Ausnahmen in der Industrie kritisieren, dann muss ich ganz offen sagen, dann dürfen wir diesen Vorschlägen dieser Leute nicht folgen, weil es im Zweifel für den Klimaschutz nichts bringt, aber wir hier in eine Situation geraten, wo wir die Unterstützung verlieren. Wir können nicht so tun, als ob die Menschen in der Stahlindustrie oder in der Autoindustrie nicht Angst um ihre Jobs hätten aktuell. Denen dann zu sagen, die gute Idee der Woche ist, wir packen euch noch ein bisschen was oben drauf, wissend, dass in China, Indien, USA, Japan das alles nicht passiert, und dann schauen wir mal, was passiert, das ist ziemlich naiv. Und deswegen finde ich, dass gestern die Staatsund Regierungschefs etwas beschlossen haben, was wirklich verantwortungsbewusst in jede Richtung ist. Dieses zugegebenermaßen etwas holprige wörtliche itat stammt von unserem Umweltminister, so von ihm m Deutschlandfunk am 13. Dezember dieses Jahres geagt. Selten genug, aber an dieser Stelle teile ich die päte Einsicht des Umweltministers voll und ganz. An en EU-Klimazielen, den besten der Welt, ist nicht geüttelt worden. Meine sehr verehrten Damen und Herren, solange es ein internationales Klimaabkommen gibt, wäre es grob ahrlässig und klimapolitisch kontraproduktiv, das euroäische produzierende Gewerbe einseitig zu belasten. arbon Leakage bedeutet in diesem Zusammenhang och nichts anderes als die Verlagerung von Arbeitspläten, Wertschöpfung und schädlichen Emissionen ins auereuropäische Ausland, und zwar für immer; da mache ch mir keine Illusionen. 21150 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 Hans Peter Thul Deutschland hat die Zielvorgaben des Kioto-Protokolls schon heute mehr als erfüllt. Dort, wo wir schon vor Verabschiedung eines international gültigen Nachfolgeprotokolls handeln können, tun wir es: Die beschlossene Auktionierung von Verschmutzungsrechten im stromproduzierenden Sektor trifft besonders Deutschland sehr hart, weil wir bei über 50 Prozent unserer Stromproduktion Braunund Steinkohle einsetzen. Dennoch halte ich vor dem Hintergrund der klimapolitischen Herausforderungen die getroffene Vereinbarung für mehr als richtig. Die Erlöse aus dem Zertifikatehandel werden uns ab 2013 die Möglichkeit geben, die dringend notwendigen Investitionen in neue Kraftwerke mit bis zu 15 Prozent der Investitionssumme zu unterstützen. Ich bin allerdings auch der Meinung, dass wir einen größeren Teil dieser Erlöse in die Erforschung moderner und möglichst verlustarmer Speichertechnologien stecken sollten. Dies ist die Voraussetzung dafür, dass wir in unserem Lande mehr erneuerbare Energien einsetzen können und so in 2020 den Anteil von 35 Prozent an erneuerbarer Energie im Stromsektor erreichen werden. Lassen Sie mich zum Schluss noch einige wenige Worte zur aktuellen konjunkturellen Entwicklung sagen: Deutschland muss sich mit seiner bisherigen Antwort auf die Finanzkrise und die wirtschaftlichen Abschwünge nicht verstecken. Ich gebe all denen recht, die sagen, dass wir zurzeit alles daransetzen sollten, auf Sicht zu fahren; denn das ermöglicht uns, auf die jeweiligen Veränderungen flink zu reagieren. Wir sind bestens aufgestellt, was den Arbeitsmarkt und die Beschäftigungslage anbelangt. Es ist nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn die Finanzblase im Jahre 2005 geplatzt wäre. Wenn wir in den nächsten Wochen und Monaten zusätzliches Geld in die Hand nehmen, dann nur, wenn sich zu dem kurzfristigen Konjunkturund Beschäftigungsimpuls ein nachhaltiger Wertzuwachs gesellt, zum Beispiel bei der energetischen Sanierung von Schulen und öffentlichen Gebäuden. Dies hilft sowohl dem Handwerk – in der Regel dem örtlichen Handwerk – als auch der Umwelt. Deutschland und die Europäische Union gehen gut aufgestellt in das kommende Jahr. Unser Dank sollte daher Angela Merkel, unserem Außenminister und natürlich auch dem französischen Präsidenten Sarkozy gelten. Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und schöne Feiertage! (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(A) )


(B) )



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619603100

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Gert

Weisskirchen für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)


g
r
G
e
g

h
E
b
w
r
e
e
i
S
w
e
A
s

w
m
A
ö
d
d
m
p
L
s
k
d
s
h
g
S
a
v


t

l

D
s
d
m
U
n

(C (D Liebe Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolle innen und Kollegen! Was ist die eigentlich große Heausforderung, vor der die Europäische Union steht? Im runde genommen dreht es sich darum, drei Ziele auf inander zu beziehen und, wenn es geht, diese drei Ziele leichzeitig zu verfolgen. Das erste zentrale Ziel ist, die industrielle Basis inneralb der Europäischen Union so zu verändern, dass die nergieeffizienz erhöht wird und wir am Ende von den isherigen Kohlendioxidemissionen Schritt für Schritt egkommen. Wenn wir uns dieses Ziel vor Augen füh en und es da-raufhin prüfen, was der Europäische Rat rreicht hat, dann finde ich, dass wir einen Durchbruch rzielt haben, sicherlich nicht so, wie wir das am 28. Mai m Bundestag beschlossen haben, lieber Kollege teenblock; das stimmt. Aber wir müssen sehen, dass ir hier einen ganz zentralen, strukturellen Fortschritt rreicht, eine fundamentale Reform durchgeführt haben. llein die Tatsache, dass der Europäische Rat das be chlossen hat, ist wichtig. Ein zweiter Punkt ist – das ist mindestens genauso ichtig –, dass der Europäische Rat der Gefahr, dass an angesichts der Finanzkrise die Umweltziele aus den ugen verliert, in der Tat begegnet ist. Nicht allein die konomischen Ziele im Hinblick auf die Bewältigung er Finanzkrise haben sich durchgesetzt. Vielmehr wuren diese Ziele mit den ökologischen Zielen in Zusamenhang gesetzt, nicht zuletzt in der Absicht, Arbeits lätze zu sichern. Lieber Kollege Steenblock und Oskar afontaine, wenn man das, was der Europäische Rat bechlossen hat, fair beurteilt, wird man zu dem Ergebnis ommen, dass das ein wesentlicher Schritt ist. Wir weren 2009 in Kopenhagen deutlich machen: Die Europäiche Union will an den Zielen des Kioto-Protokolls festalten und wird dafür sorgen, dass konkrete Beschlüsse efasst und diese Ziele real erreicht werden. Das ist das ignal, das die Europäische Union in ihrer globalen Verntwortung aussendet. Ich finde, dass das ein gutes, nach orne weisendes Signal ist. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Ziele sind richtig, aber die Instrumente sind demoliert worden!)

Gert Weisskirchen (SPD):
Rede ID: ID1619603200

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Natürlich muss man auch über die Instrumente debat-
ieren.

Eines der zentralen Instrumente wurde bereits instal-
iert; der Kollege Kelber hat bereits darauf hingewiesen.


(Ulrich Kelber [SPD]: Feste Obergrenzen!)


er Emissionshandel wird so unverrückbar durchge-
etzt, dass später das richtige Instrument eingesetzt wer-
en kann, um die historische Chance zu nutzen. Daran
üssen wir uns alle messen lassen. Die Europäische
nion muss beweisen, dass sie an diesem Instrument
icht nur festhält, sondern es auch über das Kioto-Proto-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21151


(A) )



(B) )


Gert Weisskirchen (Wiesloch)

koll global durchsetzt, um die weitere Entwicklung posi-
tiv zu beeinflussen.

Wenn das gelingt, dann kann die Europäische Union
– ich hoffe, dass mich Karl Schlögel für die Verwendung
seines Begriffs nicht kritisieren wird – zu einem Labo-
ratorium der Moderne werden. Sie kann dann die in-
dustrielle Basis revolutionieren und dafür sorgen, dass
Energieeffizienz die höchste Priorität hat und ein fester
Bestandteil unseres Modernisierungsbegriffs wird. Das
wäre ein gewaltiger Fortschritt, übrigens einer, für den
Erhard Eppler seit Jahrzehnten kämpft. Wenn das jetzt
durchgesetzt werden könnte, wäre das historisch gese-
hen ein qualitativer Fortschritt. Ich bedanke mich bei der
Bundeskanzlerin und beim Bundesaußenminister dafür,
dass dieser Durchbruch nun in der Europäischen Union
gelungen ist.

Das Europaparlament hat im Übrigen die entspre-
chenden legislativen Akte durch seine Beschlüsse umge-
setzt, und zwar mit großer, überwältigender Mehrheit.
Ich weiß nicht, ob sich Herr Cohn-Bendit daran beteiligt
hat. Ich wünsche mir aber, dass diejenigen, die seit Jahr-
zehnten in der Europäischen Union im Hinblick auf eine
Verbindung von ökologischer und sozialer Reform und
damit im Hinblick auf eine Veränderung der industriel-
len Basis zusammengearbeitet haben, diesen Fortschritt
ernst nehmen, ihm zum Durchbruch verhelfen und 2009
dafür sorgen, dass das global realisiert werden kann.

Herzlichen Dank, Herr Außenminister.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619603300

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungs-
antrag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 16/11404.
Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? – Wer ist
dagegen? – Enthaltung? – Der Entschließungsantrag ist
damit abgelehnt mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen
und den Stimmen der FDP-Fraktion gegen die Stimmen
der Fraktion Die Linke bei Enthaltung der Fraktion – –


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Gegenstimmen!)


– Frau Kollegin Schewe-Gerigk, dann würde ich die Ab-
stimmung gerne wiederholen; denn das Bild, das die
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen abgegeben hat, war
eindeutig das einer Enthaltung.

Dann wiederholen wir die Abstimmung. Wer ist für
den Entschließungsantrag? – Wer ist dagegen? – Enthal-
tung? – Der Entschließungsantrag ist damit mit den
Stimmen der Koalitionsfraktionen, den Stimmen der
FDP-Fraktion und den Stimmen der Fraktion Bünd-
nis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der Fraktion Die
Linke abgelehnt.

Tagesordnungspunkt 32: Dabei geht es um die Ab-
stimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschus-

s
d
R
s
s
D
L
f
E
d
F
S

(C (D es für die Angelegenheiten der Europäischen Union zu em Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel „Das atifizierungsverfahren zum Vertrag von Lissabon aus etzen – Ein Sozialprotokoll vereinbaren“. Der Auschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf rucksache 16/10832, den Antrag der Fraktion Die inke auf Drucksache 16/8879 abzulehnen. Wer stimmt ür diese Beschlussempfehlung? – Wer ist dagegen? – nthaltung? – Die Beschlussempfehlung ist damit mit en Stimmen der Koalitionsfraktionen, der Fraktion der DP und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gegen die timmen der Fraktion Die Linke angenommen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 5 a bis 5 e auf: a)

Kauder, Renate Schmidt (Nürnberg), Johannes
Singhammer und weiteren Abgeordneten einge-
brachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Ände-
rung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes

– Drucksache 16/11106 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Gesundheit

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Christel
Humme, Irmingard Schewe-Gerigk, Elke Ferner
und weiterer Abgeordneter

Wirkungsvolle Hilfen in Konfliktsituationen
während der Schwangerschaft ausbauen –
Volle Teilhabe für Menschen mit Behinderung
sicherstellen

– Drucksache 16/11342 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Gesundheit

c) Erste Beratung des von den Abgeordneten
Kerstin Griese, Katrin Göring-Eckardt, Andrea
Nahles und weiteren Abgeordneten eingebrach-
ten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung
des Gesetzes zur Vermeidung und Bewälti-
gung von Schwangerschaftskonflikten

– Drucksache 16/11347 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Gesundheit

d) Erste Beratung des von den Abgeordneten Ina
Lenke, Sibylle Laurischk, Ulrike Flach und wei-
teren Abgeordneten eingebrachten Entwurfs ei-
nes … Gesetzes zur Änderung des Schwanger-
schaftskonfliktgesetzes

– Drucksache 16/11330 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Gesundheit

21152 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008


(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt
e) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Kirsten Tackmann, Diana Golze, Elke Reinke
und weiterer Abgeordneter

Späte Schwangerschaftsabbrüche – Selbstbe-
stimmungsrecht von Frauen stärken

– Drucksache 16/11377 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Gesundheit

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. Diese
Zeit soll nach dem Stärkeverhältnis der Anzahl der Un-
terzeichner verteilt werden.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
ner dem Kollegen Johannes Singhammer das Wort.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1619603400

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Vor elf Jahren wurde das schreckliche Schicksal
des Oldenburger Babys Tim bekannt. Seither ist klar:
Die derzeitige Praxis und Regelung später Schwanger-
schaftsabbrüche bedarf dringend einer Änderung.
Schwangere Frauen, die sich alleingelassen fühlen,
Ärzte und Pflegepersonal, die sich überfordert fühlen,
und der nicht ausreichende Schutz behinderter ungebore-
ner Kinder verlangen von uns, dem Gesetzgeber, eine
Entscheidung, eine Entscheidung in einem Grenzbereich
der Politik, wobei sich die Politik gleichwohl nicht um
eine Entscheidung drücken kann.

Die Kirchen, die Behindertenverbände, die Bundes-
ärztekammer und viele andere fordern seit langem auf,
zu handeln. Wir wollen Frauen, die sich in einer existen-
ziellen Notlage befinden, nachhaltig helfen, und wir
wollen mit unserem Vorschlag behindertes ungeborenes
Leben besser schützen.

Seit 1995 ist die sogenannte embryopathische Indika-
tion abgeschafft, weil sie eine Diskriminierung Behinder-
ter bedeutet. Aber mit der erweiterten medizinischen
Indikation werden nun neue Herausforderungen sicht-
bar. Im Jahr 2007 gab es laut Statistischem Bundesamt
insgesamt 3 072 Schwangerschaftsabbrüche, die mit ei-
ner medizinischen Indikation gemeldet wurden, 631 da-
von ab der 20. Schwangerschaftswoche. Das ist der Zeit-
punkt, ab dem ein Kind außerhalb des Mutterleibs
lebensfähig sein kann.

Studien haben ergeben, dass neun von zehn Schwan-
gerschaften mit Kindern, die das Downsyndrom haben,
abgebrochen werden. Es gibt Hinweise auf ähnliche
Konstellationen bei Spina Bifida, offener Rücken.

Wir wollen jeden Automatismus zwischen einer Er-
öffnung der Diagnose und einem Schwangerschaftsab-
bruch vermeiden. Keine Mutter und kein Vater dürfen in
einen Rechtfertigungszwang geraten: Das behinderte
Kind hätte vermieden werden können, und Belastungen
der Gesellschaft und des Staates finanzieller Art hätten
erst gar nicht entstehen müssen.

d
e
D
R

i
W
r
t
e
t
D
k
b
s

m
D
w
K
u
g
w
b
s

b
k
D
t

S
n
t
k
d
p
l
F

b
d
d
w
F
t
d
n
z
a
H
a

l
b

(C (D (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Mit Sorge hören wir die bittere Klage, beispielsweise
er Bundesvereinigung Lebenshilfe, „wie verletzend
ine gesellschaftliche Praxis ist, die etwa Menschen mit
own-Syndrom gezielt sucht, um anschließend ihr
echt auf Leben infrage zu stellen“.

Wenn eine schwangere Frau die Nachricht erhält, dass
hr ungeborenes Kind behindert ist, bricht für sie eine

elt zusammen. Wer mit den betroffenen Frauen und ih-
en Angehörigen gesprochen hat, weiß, welche Belas-
ungen mit einer solchen Nachricht verbunden sind. Wer
rfahren hat, wie oft sich Schwangere in einer Notsitua-
ion dieser Art alleingelassen fühlen, der wird alles
enkbare tun, um ihnen die nötige Unterstützung zu-
ommen zu lassen, und er wird auch alles tun, um jede
etroffene Frau vor dem Vorwurf in Schutz zu nehmen,
ie habe bei ihrer Entscheidung leichtfertig gehandelt.

Für viele Frauen und auch ihre Männer ist das Leben
it einem behinderten Kind zunächst kaum vorstellbar.
eshalb brauchen betroffene Frauen erst einmal alle
ichtigen Informationen zum Leben mit behinderten
indern – durch den Arzt, durch Aufklärungsmaterialien
nd durch psychosoziale Beratungsstellen. Jede Schwan-
ere in dieser Krisensituation soll – so sieht es unser Ent-
urf vor – direkt mit Selbsthilfegruppen, aber auch mit
etroffenen Familien Kontakt aufnehmen können, wenn
ie es wünscht.

Es ist bekannt, dass ein später Schwangerschaftsab-
ruch für die Frau auch eine starke Belastung bedeuten
ann, unter der sie möglicherweise lange zu leiden hat.
arüber sollte jede betroffene Frau ehrlich und frühzei-

ig aufgeklärt werden.

Unser Entwurf will die schwangeren Frauen in dieser
ituation nicht zusätzlich beschweren, ihnen keine
euen Lasten aufbürden; es soll keinerlei Art von Sank-
ionierung geben. Wer sich nicht beraten lassen will, der
ann darauf verzichten. Der Arzt aber wird verpflichtet,
ie umfassende Beratung über die medizinischen As-
ekte hinaus zu gewährleisten. Unsere glasklare Rege-
ung heißt deshalb: Beratungsrecht für die schwangere
rau, Beratungspflicht für den behandelnden Arzt.

Die Verarbeitung einer schockierenden Nachricht
raucht Zeit. Soweit keine Gefahr für Leib und Leben
er Frau besteht, ist eine mindestens dreitägige Be-
enkzeit nach der ärztlichen Beratung notwendig. Wir
ollen keinen zeitlichen Druck. Wir wollen nicht, dass
rauen vor einer Entscheidung mit großer Tragweite un-

er zeitlichen Druck gesetzt werden. Auch wir wissen,
ass eine qualifizierte Beratung und ausreichend Zeit ei-
es nicht können: Leid, schmerzliche Entscheidungspro-
esse und auch qualvolles Abwägen vermeiden. Wohl
ber wissen wir eines: dass damit dringend benötigte
ilfe angeboten wird, dass umfassende Informationen

ngeboten werden und dass wir Mut machen können.

Experten gehen von einer Dunkelziffer aus. Wir wol-
en die Dimension der Problematik besser erkennen, um
esser helfen zu können. Wir wollen die Statistik aussa-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21153


(A) )



(B) )


Johannes Singhammer
gefähiger gestalten und haben mit dem Statistischen
Bundesamt deshalb auch den Datenschutz intensiv be-
sprochen. Mit unserer Regelung wird die Anonymität je-
der betroffenen Frau gewährleistet.

Wir freuen uns, dass eine Reihe von Institutionen und
Verbänden unser Vorhaben unterstützt: die Bundesärzte-
kammer, die Bundesvereinigung Lebenshilfe, Donum
Vitae ebenso wie viele andere. Wir haben mit allen Be-
teiligten gesprochen. Unser Weg ist ein ausgewogener
Vorschlag für die Regelung nach Mitteilung eines Be-
fundes. Das Gendiagnostikgesetz ist ein guter Ort, um
insbesondere die ärztliche Beratung vor vorgeburtlicher
Diagnostik zu regeln. Das Gendiagnostikgesetz kann
aber eben nur einen Ausschnitt regeln. Beispielsweise
Herzfehler und Ähnliches können mit Gendiagnostik
nicht erkannt werden. Deshalb brauchen wir die Ände-
rung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes. Selbstver-
ständlich sind Mutterschaftsrichtlinien und Mutterpass
willkommene Möglichkeiten der Hilfe, aber wir sollten
ein Risiko nicht in Kauf nehmen: dass wir am Schluss
weiße Salbe anbieten. Wir brauchen echte Besserung.

Die Evangelisch-Lutherische Kirche Bayern hat in
der Landessynode vor wenigen Tagen formuliert:

Menschliches Leben ist uns von Gott gegeben. Es
ist in jeder Phase zu bewahren und zu schützen.

Ich meine deshalb, dass die Verpflichtung des Gesetzge-
bers noch weiter geht. Wir müssen alles daransetzen,
dass ein Leben mit behinderten Kindern, ein Leben mit
behinderten Menschen in jedem Lebensalter gelingen
kann: mit ausreichenden finanziellen Rahmenbedingun-
gen, mit Offenheit und Akzeptanz der Gesellschaft so-
wie mit der Achtung der Würde des Lebens am
Anfang wie am Ende.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU/CSU: Sehr, sehr gut!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619603500

Das Wort hat die Kollegin Christel Humme.


Christel Humme (SPD):
Rede ID: ID1619603600

Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Liebe Kolle-

ginnen! Ja, Spätabbrüche sind schrecklich, am
schrecklichsten für die betroffenen Frauen selbst, Herr
Singhammer. Darüber reden wir heute. Wir reden über
mögliche Abbrüche in einem fortgeschrittenen Stadium.

Die Schwangere und ihr Partner freuen sich auf das
Kind; denn es ist in der Regel ein Wunschkind. Ich sage
Ihnen an dieser Stelle: Keine Frau entscheidet sich in
dieser Situation leichtfertig für einen Abbruch.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Deshalb dürfen wir hier im Deutschen Bundestag keine
gesetzliche Änderung vornehmen, die den Frauen das
unterstellt. Aber genau das ist Ihr Ansatz, Herr

S
t

S
s



W
D
t
u
s
p
b
z

b
c
A
N
B
u

Q
v
i
P
B
t
u
F
d
I

D
w

B
t
c
d
w
N

s
d
m

(C (D inghammer. Mit diesem Frauenbild helfen Sie den beroffenen Frauen und Männern nicht. (Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/ CSU)


ie setzen sie in einer ohnehin schwierigen Notlage zu-
ätzlich unter Druck.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Maria Eichhorn [CDU/CSU]: Keiner macht Druck, nur Sie!)


Keine Zwischenrufe!

Frauen brauchen auch keine staatlich verordnete
artezeit von drei Tagen. Warum überhaupt drei Tage?
ie Frist ist völlig willkürlich. Fragen Sie doch die Prak-

iker, die niedergelassenen Frauenärzte! Sie berichten
ns, dass die Frauen sich von Beginn ihrer Schwanger-
chaft an mit dem Gedanken auseinandersetzen: Was
assiert, wenn? Deshalb sind wir der Auffassung: Eine
essere Beratung für Schwangere muss viel früher anset-
en.

Wir stellen eines fest: Der technische Fortschritt
ietet schwangeren Frauen eine Vielzahl von Untersu-
hungen an, die alle ein Ziel verfolgen, nämlich nach
bweichungen beim ungeborenen Leben zu suchen.
immt die Frau dieses Angebot wahr, so ist das oft der
eginn eines Untersuchungsmarathons, der zutiefst ver-
nsichern kann.

Hier setzt unser Antrag an. Wir wollen zusätzlich die
ualität der Beratung vor solchen Untersuchungen

erbessern. Der Arzt soll über die Chancen und Risiken
nformieren, und er muss schon zu diesem Zeitpunkt die
flicht haben, auf die Möglichkeit einer psychosozialen
eratung hinzuweisen. Ein schlüssiges Konzept, qualita-

iv gute Beratung vor einer pränatalen Untersuchung
nd auch danach – damit, glaube ich, geben wir den
rauen und ihren Partnern die notwendige Bedenkzeit,
ie wesentlich länger ist als die Dreitagesfrist, die nach
hrem Entwurf gesetzlich vorgeschrieben werden soll.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


as ist die wirkungsvolle Hilfe, die wir meinen, wenn
ir von dieser Konfliktsituation sprechen.

Mehr noch, meine Damen und Herren: Mit diesem
eratungsangebot geben wir den Frauen den Informa-

ionshintergrund, den sie brauchen, um zu den Untersu-
hungen, die wie selbstverständlich vorgenommen wer-
en, auch einmal Nein sagen zu können. Das ist das, was
ir meinen, wenn wir von dem Recht der Frau auf
ichtwissen sprechen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Ina Lenke [FDP])


Herr Singhammer, Sie wollen behindertes Leben
chützen. Wir auch, dass ist kein Zweifel. Sie meinen,
as erreichen zu können, wenn Sie Spätabbrüche ver-
eiden. 80 Prozent der Spätabbrüche werden vorgenom-

21154 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008


(A) )



(B) )


Christel Humme
men, weil das Ungeborene nicht lebensfähig ist. Diesen
Kindern fehlt ein lebenswichtiges Organ. Sie haben kein
Gehirn, es fehlen beide Nieren, oder das Herz ist schwer
geschädigt. Die Kinder sind dem Tod geweiht. Niemand
leidet darunter mehr als die betroffenen Eltern. Wie müs-
sen sowohl Ihre gesetzliche Dreitagesfrist als auch Ihr
gesetzlicher Hinweis auf eine bessere Information über
das Leben mit einem behinderten Kind auf diese Eltern
wirken?

Meine Damen und Herren, die unter anderem von der
Union vorgeschlagenen staatlichen Einmischungen in
höchstpersönliche Entscheidungen sind nicht geeignet,
um Frauen und Männern in schwierigen Konfliktsitua-
tionen während der Schwangerschaft wirkungsvoll zu
helfen. Was Frauen wirklich hilft, ist ein zusätzliches
besseres und frühzeitiges Beratungs- und Unterstüt-
zungsangebot. Genau diesen Weg gehen wir mit unse-
rem Antrag, und dabei sind wir fest davon überzeugt,
dass Frauen sehr verantwortungsvoll mit ihrer Konflikt-
situation umgehen.

Liebe Kollegen und Kolleginnen, wir alle wissen es
sehr genau, und an dieser Stelle sollten wir uns nicht
selbst belügen: Gesetzliche Regelungen, zusätzliche
Dreitagefristen, Beratungspflicht und was auch immer
werden nicht helfen, die gesellschaftliche Einstellung zu
behindertem Leben positiv zu verändern.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Dazu gehören veränderte Rahmenbedingungen, wie wir
sie in unserem Antrag fordern. Ich hätte mir gewünscht,
meine Damen und Herren, Sie hätten in den vergange-
nen Jahren gemeinsam mit uns ebenso viel Energie in
die Frage gesteckt, wie wir die Bedingungen für ein Le-
ben mit einem behinderten Kind verbessern können. Das
wäre eine redliche und sinnvolle Arbeit gewesen, die
dieses Hohen Hauses würdig gewesen wäre.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Wer hat denn eigentlich den Behindertenbeauftragten, Frau Kollegin? Welche Partei stellt den denn? Das wird doch der Sache überhaupt nicht gerecht! – Gegenruf von der SPD: Der Zwischenruf ist unqualifiziert!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619603700

Nächste Rednerin ist die Kollegin Kerstin Griese.


Kerstin Griese (SPD):
Rede ID: ID1619603800

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Es ist ein schwieriges Thema, das wir hier diskutieren,
eine Gewissensfrage. Die Frage, wie wir Frauen in der
schwierigsten Konfliktsituation in einer fortgeschritte-
nen Schwangerschaft sinnvoll helfen können, hat mich
sehr bewegt, und – ich sage es offen – ich habe mich
auch schwergetan, dazu eine Position zu finden. Nach
vielen Gesprächen mit Betroffenen, mit Verbänden wie

d
m
S
e
w
s
V

z
d
F
s
g

W
L
w

k
b
s
w
t
F

G

b
P
i
s
t
u
S
z
h
K
k
n
B

c
D
e
n
e

u
K

(C (D er Lebenshilfe und auch mit Beratungsstellen habe ich ich gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus der PD-Fraktion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ntschlossen, einen Gesetzentwurf zu formulieren. Wir ollen die Änderung des Schwangerschaftskonfliktge etzes auf einen zentralen Punkt konzentrieren: auf die ermittlung in psychosoziale Beratungsstellen. Um immer wieder geäußerten Vorwürfen direkt vorubeugen, will ich ausdrücklich sagen: Niemand will en § 218 ändern. Wir alle sind uns einig, dass keine rau leichtfertig abtreibt. Im Gegenteil: Das ist eine chwerwiegende Entscheidung mit vielen Nachwirkunen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ir sind uns sicherlich auch alle darin einig: Werdendes
eben kann nur mit der Mutter, nicht gegen sie geschützt
erden.

Ich warne davor, aus dieser Debatte einen Kultur-
ampf zu machen. Es geht nicht um die Änderung der
isherigen Indikationsregelungen beim Schwanger-
chaftsabbruch, sondern es geht in unserem Gesetzent-
urf allein um eine bessere Beratung in der fortgeschrit-

enen Schwangerschaft, in einer Phase, in der sich die
rau eindeutig für das Kind entschieden hat.

Ich will die drei wichtigsten Argumente für unseren
esetzentwurf nennen:

Erstens. Wir haben in Deutschland die Regelung, dass
is zur 12. Schwangerschaftswoche Abtreibung nach
flichtberatung und nach drei Tagen Bedenkzeit straffrei

st. Wir werden demnächst nach dem Gendiagnostikge-
etz die Regelung haben, dass vor und nach gendiagnos-
ischen Untersuchungen Beratung erfolgt. Das ist gut
nd richtig. Aber im schwierigsten aller Fälle, im
chwangerschaftskonflikt nach der 13. Woche bis hin
ur 22. oder 23. Woche, wenn das Kind schon lebensfä-
ig ist, in der Phase, in der die Entscheidung für das
ind schon gefallen ist – es geht hier um Wunschkinder –,
önnen wir uns nicht sicher sein, dass die Frau nach ei-
er meist schockierenden Diagnose eine psychosoziale
eratung bekommt, und das wollen wir ändern.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Zum Beispiel führt auch die große Ultraschalluntersu-
hung zu der Diagnose einer eventuellen Behinderung.
iese Untersuchung ist vom Gendiagnostikgesetz nicht

rfasst. Da gibt es eine Lücke. Warum wir diese Lücke
icht auch gesetzlich schließen sollen, leuchtet mir nicht
in. Das ist widersinnig.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es geht zweitens darum, wie Frauen oder Paare damit
mgehen, wenn sie die Diagnose bekommen, dass ihr
ind mit der Wahrscheinlichkeit eins zu hundert, eins zu

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21155


(A) )



(B) )


Kerstin Griese
zweihundert oder eins zu dreihundert behindert sein
könnte. Wie gehen wir mit dem technischen Fortschritt
um? Müssen wir alles wissen? Ich teile ausdrücklich all
das, was zum Recht auf Nichtwissen und zu mehr Bera-
tung vor der Diagnostik gesagt wurde. Aber – das weiß
ich aus vielen Gesprächen – es gibt immer wieder den
Fall, dass Ärzte bei der Diagnose einer eventuellen Be-
hinderung sehr schnell zum Abbruch raten,


(Volker Kauder [CDU/CSU]: So ist es! – Elke Ferner [SPD]: Rechtswidriges Verhalten!)


sei es offensichtlich – ich kenne Fälle, wo Ärzte gesagt
haben, das lohne sich nicht mehr –, sei es unterschwel-
lig, sei es aus Angst vor Haftungsklagen, was ich übri-
gens besonders perfide finde, sei es aus mangelnder Sen-
sibilität, sei es aus reiner Konzentration auf die
medizinisch-technische Seite, was ja beruflich bedingt
ist, oder aus Hilflosigkeit. Ich mache diesen Vorwurf
nicht allen Ärztinnen oder Ärzten,


(Christel Humme [SPD]: Na also!)


aber ich bin nach reiflicher Überlegung mit den Kolle-
ginnen und Kollegen, die mit mir diesen Antrag stellen,
zu der Überzeugung gekommen, dass genau hier die
Schwachstelle ist und dass wir genau hier etwas ändern
müssen. Die Frauen sollen also nicht mit der medizini-
schen Diagnose alleingelassen werden, sondern auch
eine psychosoziale Beratung bekommen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Deshalb wird in unserem Gesetzentwurf der Arzt oder
die Ärztin – ich sage ausdrücklich: „der Arzt oder die
Ärztin“, nicht: „die Frau“ – zu ergebnisoffener Bera-
tung verpflichtet. Das ist uns wichtig, damit es nicht zu
einem voreiligen Automatismus „Behinderung gleich
Abtreibung“ kommt. Der Arzt oder die Ärztin werden
also verpflichtet, in eine psychosoziale Beratung zu ver-
mitteln. Hier wird keinerlei Zwang ausgeübt. Diese Be-
ratung kann auch abgelehnt werden. Hier geht es um
Hilfe und Unterstützung.

Ein drittes wichtiges Argument unseres Antrages: Wir
wollen, dass die Ärzte Kontakte zu Selbsthilfegruppen
und Behindertenverbänden vermitteln. Ein Gesetzgeber
kann natürlich die gesellschaftliche Debatte beeinflus-
sen, indem er in Gesetzen Werte und Normen setzt.
Deshalb sagen wir auch hier: Behindertes Leben ist ge-
lingendes und erfülltes Leben. Das können wir auch mit
gesetzlichen Normen deutlich machen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Mich haben die Zuschriften von Eltern behinderter
Kinder sehr berührt, die mir erzählt haben, welch ein
Schatz dieses Kind für ihr Leben ist, die aber auch davon
berichtet haben, dass sie darauf angesprochen werden,
ob das denn sein musste,


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Genau so ist es!)


o
z
A
i

p
c
G
K
R
w
s
g
d
t

s
g
b
U
m
h

s
d
s
e
d
u
w
d
g
b

D
l
s
f
f
b
m

(C (D b man das heute nicht hätte verhindern können. Das eigt einfach, dass es den genannten Automatismus gibt. uch wenn er rechtlich nicht in Ordnung ist – es gibt hn. Das wollen wir ändern. Unser Gruppenantrag formuliert die Vermittlung in sychosoziale Beratung noch deutlicher und verbindliher als Ihr Antrag, Herr Kollege Singhammer. Unser ruppenantrag geht auch über das hinaus, was Sie, Frau ollegin Humme, fordern: Er sieht eben eine gesetzliche egelung vor und beschränkt sich nicht auf Appelle. Wir ollen keine statistische Erfassung, wir wollen keine tatistisch feine Aufschlüsselung der Abtreibungsründe. Hier sehen wir die Gefahr, dass die Anonymität er Frauen nicht mehr gewahrt würde. Vielmehr konzenrieren wir uns tatsächlich auf Hilfen und Unterstützung. Ich komme zum Schluss. Ich werbe für diesen Vorchlag, weil ich möchte, dass wir Frauen in der schwierien Konfliktsituation, ob eventuell eine Spätabtreiung vorgenommen werden soll, direkt Hilfe und nterstützung zukommen lassen. Ich werbe dafür, dait dieses Haus ein eindeutiges Zeichen setzt, dass Be inderung nicht der Grund für eine Abtreibung sein darf. (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Christel Humme [SPD])


(Zuruf der Abg. Christel Humme [SPD])


Es ist eine Frage, mit der sich – das weiß ich – viele
chwertun. Ich glaube, es ist eine ethische Frage, über
ie nicht anhand von Partei- oder Fraktionsgrenzen ent-
chieden werden darf. Jeder Einzelne von uns wird hier
ine Entscheidung treffen müssen. Wir werden im März
azu eine Anhörung im Familienausschuss durchführen
nd im April hier wieder darüber beraten. Ich hoffe, dass
ir über all die wichtigen Appelle hinaus – ich sage aus-
rücklich, dass ich die alle unterstütze – auch eindeutige
esetzliche Zeichen setzen. Diese sind nötig, damit den
etroffenen Frauen geholfen werden kann.

Vielen Dank.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619603900

Nächste Rednerin ist die Kollegin Ina Lenke.


(Beifall bei der FDP)



Ina Lenke (FDP):
Rede ID: ID1619604000

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zwei

rittel der Abgeordneten der FDP-Bundestagsfraktion
egen Ihnen heute einen Gruppenantrag für einen Ge-
etzentwurf zur Änderung des Schwangerschaftskon-
liktgesetzes vor. Wir wissen: Spätabtreibungen sind
ür alle Beteiligten mit großen Belastungen verbunden,
esonders für Schwangere. Das haben alle Redner vor
ir hier auch sehr deutlich gesagt.

21156 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008


(A) )



(B) )


Ina Lenke
Unser gemeinsames Ziel muss es sein, die Zahl von
Abbrüchen so gering wie möglich zu halten.


(Beifall bei der FDP)


Notwendig sind deshalb Maßnahmen, die die Situation
der betroffenen Frauen und der ungeborenen Kinder ver-
bessern. Mit unseren Vorschlägen wollen wir voreilige
Entscheidungen und überstürztes Handeln vermeiden
helfen.

Unser Gesetzentwurf verpflichtet Ärzte, vor, während
und nach der Pränataldiagnostik medizinisch zu bera-
ten. Für die Eltern – das sagte schon Frau Griese – ist
eine solche Diagnose ein schwerer Schock. Wir Frauen
können uns das sicher persönlich sehr gut vorstellen.
Deshalb soll der Arzt dafür sorgen, dass ein Angebot
zur psychosozialen Beratung gemacht wird. Zusätzlich
soll er darauf hinwirken, dass die Schwangere die Bera-
tung auch wahrnimmt.

Diese Beratung dient dem Schutz des ungeborenen
Lebens und der Schwangeren. Dazu gehört natürlich
auch das Angebot vielfältiger Hilfen für ein Leben mit
einem Kind, das eine Behinderung hat. Die Beratung
soll durch erfahrene und entsprechend ausgebildete Be-
raterinnen erfolgen. Dazu ist ausreichend Zeit erforder-
lich, die auch in unserem Gesetzentwurf vorgesehen ist.


(Beifall bei der FDP)


Die Feststellung nach § 218 a Abs. 2 Strafgesetzbuch
soll nicht vor Ablauf einer Frist von drei Tagen nach der
Beratung durch den Arzt erfolgen. Wenn Gefahr für Leib
und Leben der Schwangeren besteht und ein sofortiger
Abbruch vorgenommen werden muss, gilt diese Frist na-
türlich nicht.

In der Begründung unseres Gesetzentwurfes betonen
wir, dass die werdende Mutter neben dem Recht auf
Wissen auch ein Recht auf Nichtwissen hat. Das haben
wir schon in einem Fraktionsantrag in der letzten Legis-
laturperiode dargelegt. Die werdende Mutter soll selbst
entscheiden, ob sie sich dem heute medizinisch mögli-
chen Untersuchungsmarathon unterziehen will. Frau
Humme hat schon darauf hingewiesen. Wir haben Ver-
trauen in die umfassende medizinische Beratung des be-
handelnden und die Indikation feststellenden Arztes, in
die psychosoziale Beratung durch dazu ausgebildete
Beraterinnen und in die Entscheidungsfähigkeit der
Schwangeren.


(Beifall bei der FDP)


Deshalb sprechen wir uns gegen eine Beratungspflicht
für die Frau aus.


(Beifall der Abg. Christel Humme [SPD])


Im Gesetzentwurf Singhammer ist unter anderem eine
Verdoppelung der Strafe für Ärzte vorgesehen, wenn sie
Dokumentationspflichten nicht nachkommen. Das hal-
ten wir für entbehrlich. Das würde auch das Problem
nicht lösen.


(Beifall bei der FDP)


Frau Humme, in Ihrem Antrag schlagen Sie eine
untergesetzliche Regelung vor, nach der die 16 Ärzte-

k
m
p
V

e
v
l
t
z
s
u
d
b
g
s

T

K
t
e
m
E
S
L
i

m
b
u
E
a
n

Ä
u
t
s
s
R
l
g

g
s
c
n
i

(C (D ammern der Länder Richtlinien für verbindliche Inforationen schaffen sollen. Meines Erachtens ist das nicht raktikabel. Vielleicht können Sie da noch einen anderen orschlag entwickeln. Am 16. März nächsten Jahres wird es im Bundestag ine Anhörung von Experten und Expertinnen zu den orliegenden Anträgen und Gesetzentwürfen geben. Wir aden Sie alle, nicht nur die familienund frauenpoliischen Sprecherinnen, ein, an dieser Anhörung teilunehmen. Wir werden ausreichend Zeit haben, alle Vorchläge einer gewissenhaften Überprüfung zu nterziehen. Das haben wir auch in der Arbeitsgruppe, ie den Gruppenantrag entwickelt hat, so verabredet und eschlossen. Ich hoffe auf gute und ernsthafte Beratunen. Angriffe persönlicher oder parteipolitischer Natur ollten wir bei den anstehenden Beratungen unterlassen. Vielen Dank. (Beifall bei Abgeordneten der FDP, der CDU/ CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619604100

Nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Kirsten

ackmann.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619604200

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Liebe Gäste! Ich spreche für den Gruppenan-
rag von 50 Abgeordneten der Linken. Er beruht auf der
instimmig beschlossenen Position des Frauenplenums
einer Fraktion. Natürlich wollen wir partnerschaftliche
ntscheidungen. Aber in der Realität greift eine
chwangerschaft oder auch ihr Abbruch vor allem in das
eben von Frauen ein. Deshalb ist uns Linken ihr Votum

n dieser sensiblen Frage besonders wichtig.

Der eigentliche Grundkonflikt der heutigen Debatte
uss ehrlich benannt werden: Trauen wir als Gesetzge-

er Schwangeren zu, mit Unterstützung ihrer Ärztinnen
nd Ärzte selbstbestimmt eine verantwortungsvolle
ntscheidung zu fällen? Das bejaht unser Antrag und
uch der Antrag von Kollegin Humme und Unterzeich-
erinnen und Unterzeichnern.

Die drei Gesetzentwürfe dagegen setzen Frauen und
rzteschaft mehr oder weniger unter Generalverdacht
nd fordern eine Verschärfung der staatlichen Kon-
rolle bei Schwangerschaftsabbrüchen mit medizini-
cher Indikation. Dabei hat die Bundesrepublik bereits
eit 1995 eine der EU-weit restriktivsten gesetzlichen
egelungen. Schwangerschaftsabbrüche sind grundsätz-

ich rechtswidrig und nur unter bestimmten Bedingun-
en nicht strafbar.

Das widerspricht übrigens internationalen Erfahrun-
en. So haben die Niederlande trotz liberaler Regelungen
eit 20 Jahren deutlich weniger Schwangerschaftsabbrü-
he je tausend Lebendgeborene als wir. Die Vorgängerin-
en meiner Fraktion haben seit dem Jahr 1990 deshalb
mmer wieder die ersatzlose Streichung des § 218 ge-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21157


(A) )



(B) )


Dr. Kirsten Tackmann
fordert. Es ist für mich als frauenpolitische Sprecherin
bitter, diese restriktiven Regelungen heute gegen weitere
Verschärfungen verteidigen zu müssen.


(Zuruf von der SPD: Es gibt doch keine Verschärfungen!)


Das zeigt, dass wir in der gesellschaftlichen Debatte zum
Selbstbestimmungsrecht von Frauen nicht weiterge-
kommen sind, im Gegenteil.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Zuruf von der SPD: Das stimmt doch alles nicht!)


Selbst im 1995er-Gesetzgebungsverfahren wurde bei
Schwangerschaftsabbrüchen mit medizinischer Indika-
tion ausdrücklich auf ein normiertes und formalisiertes
Beratungserfordernis verzichtet. Diese Gesetzeslage soll
mit diesen drei Gruppenanträgen jetzt korrigiert werden.
Damit setzen sie genau an der Stelle auf gesetzgeberi-
schen Druck, wo nach unserer Überzeugung Vertrauens-
bildung, Information und Unterstützung dringend erfor-
derlich und auch erfolgreich sind.

Pro Familia schrieb dazu gestern:

Alle vorgeschlagenen Änderungen des Schwanger-
schaftskonfliktgesetzes … richten sich gegen Frauen
und Paare und werden keinen Schwangerschaftsab-
bruch nach medizinischer Indikation verhindern, sie
richten sich auch gegen die Ärzteschaft.

Interessant ist, womit sich die drei Gesetzentwürfe
nicht befassen. Der Sinn vorgeburtlicher Untersu-
chungen und ihre Risiken spielen keine Rolle, aber die
Verwendung der Information soll eingeschränkt werden.
Die Defizite bei der Integration behinderter Men-
schen und ihrer Familien in die Gesellschaft werden aus-
geblendet, aber diese Defizite sind Teil der seelischen
Notsituation.

Genau an diesen Stellen setzt unser Antrag an. Wir
fordern unter anderem einen Rechtsanspruch auf medi-
zinische und psychosoziale Beratung, und zwar kos-
tenfrei und flächendeckend erreichbar.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Vor jeder vorgeburtlichen Untersuchung muss das
Recht auf informierte Einwilligung, auf Nichtwissen
oder nur therapierelevante Informationen gesichert wer-
den. Das steht übrigens auch im aktuellen Schattenbe-
richt zur UN-Frauenrechtskonvention.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Nach einem Befund muss das Recht auf eine umfas-
sende, vertrauensvolle und ergebnisoffene medizinische
und psychosoziale Beratung gelten. Dies muss – was oft
vergessen wird – auch nach einem Schwangerschaftsab-
bruch gelten. Ärztinnen und Ärzte, Krankenhausperso-
nal und Hebammen brauchen spezifische Fort- und Wei-
terbildung. Ferner fordern wir die wirkungsvolle und
vollumfängliche Umsetzung der UN-Konvention über
die Rechte von Menschen mit Behinderungen.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


v
s

n
s
b

d

m
u
u
c
d
k
a
d
d
W
s
h
s
K
e

p
B
n
z
t
n
P

(C (D Liebe Kolleginnen und Kollegen, das sind für uns unerzichtbare Bestandteile der Lösung von Schwangerchaftskonflikten. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619604300

Das Wort hat die Kollegin Renate Schmidt.


Renate Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1619604400

Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Liebe Kollegin-

en! Eltern, bei deren Kind in der 20. Schwanger-
chaftswoche ein Downsyndrom festgestellt wurde, ha-
en mir Folgendes geschrieben:

Der diagnostizierende leitende Oberarzt an der Uni-
klinik war sicher fachlich hochkompetent. Mensch-
lich war er der Problematik nicht gewachsen und
konnte uns auch nicht außer-medizinisch beraten.
Es war eine Katastrophe. Gott sei Dank ließen wir
uns von den mit der Diagnose einsetzenden Auto-
matismen („Jetzt muss alles schnell gehen“) und
unseren Gefühlen nicht überrumpeln und durften
glückliche Eltern werden. Leicht wird einem dies
nach geltendem Recht nicht gemacht. Vielen hilft in
der schweren Situation der Enttäuschung, Zu-
kunftsangst und Trauer sicher schon ein Funken
Hoffnung.

Das war ein Auszug aus einer der vielen Zuschriften,
ie mich erreicht haben.

Um diese Hoffnung geht es, wieder zu sich zu kom-
en – in einer Situation, in der die betroffenen Frauen

nd die Eltern außer sich sind. Es geht um Beratung
nd Hilfe im umfassenden Sinne. Es geht um ausrei-
hend Zeit für die Entscheidungsfindung. Nur wenn sich
ie Frau, die Eltern gut informiert und unterstützt fühlen,
önnen sie zu einer Entscheidung kommen, mit der sich
uch langfristig gut leben lässt. Es geht darum, der Frau,
en Eltern zu helfen, den für sie gangbaren Weg zu fin-
en. Es geht darum, sich der schleichenden, verdeckten
iederkehr der embryopathischen Indikation zu wider-

etzen. Es geht darum, dass Eltern mit Blick auf ihr be-
indertes Kind nicht mehr gefragt werden, ob das denn
ein musste. Mit „das“ sind liebenswerte, lebensfrohe
inder gemeint. Um sie, um ihre Väter und Mütter geht

s.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Liebe Kollegen, liebe Kolleginnen, ist medizinische,
sychosoziale, das Leben mit Behinderten beinhaltende
eratung, auf die es schon heute einen Anspruch gibt,
icht eigentlich selbstverständlich? Leider nein. Dies
eigen Untersuchungen zum Beispiel der Bundeszen-
rale für gesundheitliche Aufklärung, die zu dem Ergeb-
is kommen, dass die medizinische Information bei der
ränataldiagnostik überwiegend als gut, die umfassende

21158 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008


(A) )



(B) )


Renate Schmidt (Nürnberg)

psychosoziale Beratung mehrheitlich als schlecht bzw.
als nicht vorhanden bewertet wird. Dies zeigen Schilde-
rungen von Betroffenen, die in ihrer Not alleingelassen
wurden. Dies zeigen mir auch die vielen positiven Reak-
tionen von Kirchen, Verbänden und einzelnen Betroffe-
nen auf unsere Gesetzesinitiative. Denn dort, wo
schwere psychische Beeinträchtigungen wegen der Er-
wartung eines behinderten Kindes eine medizinische In-
dikation rechtfertigen, ist heute guter Rat buchstäblich
teuer. Dies heißt, er ist allzu häufig schlicht und einfach
nicht vorhanden.

Es wird Zeitdruck erzeugt, wo es ihn nicht gibt. Es
wird die Zeit zu trauern nicht gegeben, wenn es sich um
ein nicht lebensfähiges Kind handelt. Zu selten wird in
solchen Fällen überlegt, ob nicht das Fortsetzen der
Schwangerschaft für die Mutter, für das Kind, für die Fa-
milie das Beste wäre. Aber es geht nicht nur um diese
Spätabtreibungen, sondern auch um die mehreren Tau-
send zum Beispiel in der 16. Woche Schwangeren, bei
deren Kind zuvor ein Downsyndrom festgestellt wurde.

Ich unterstütze – vielleicht etwas ungewöhnlich –
zwei der Gruppengesetzentwürfe und werde auch dem
Forderungsteil des Antrags von Christel Humme zustim-
men, weil ich den im Mutterpass verankerten Beratungs-
anspruch für ebenso dringend notwendig halte wie, um
nur zwei Dinge herauszugreifen, die Beratung vor der
Pränataldiagnostik, wie sie im Entwurf des Gendiagnos-
tikgesetzes vorgesehen ist. Ich unterstütze zwei Gesetz-
entwürfe, weil ich die Hoffnung habe, dass wir am
Schluss nach der Anhörung doch noch zusammenkom-
men und einen gemeinsamen Gesetzentwurf verab-
schieden. Das wäre auch und gerade bei einem solchen
Thema kein Umfallen, zumal wir bei unseren Zielen
wahrhaftig nicht so weit entfernt voneinander sind: näm-
lich Müttern, Eltern in einer extremen Notsituation die
bestmögliche Beratung und die Zeit zu bieten, um zu ei-
ner eigenen, selbstverantworteten Entscheidung zu kom-
men.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Um das zu erreichen, sollten wir mit gegenseitigen
Unterstellungen aufhören. Weder wird im Gesetzentwurf
von Johannes Singhammer Schwangeren in irgendeinem
Punkt Leichtfertigkeit unterstellt, noch wird ihnen eine
irgendwie geartete neue Pflicht aufgebürdet, noch wird
gar § 218 StGB geändert. Im Gegenteil: Nicht die
Schwangeren werden verpflichtet, sondern die Ärzte. Es
ist auch kein Angriff auf das Selbstbestimmungsrecht
der Frauen geplant. Im Gegenteil: Durch Beratung wird
das Fundament für das Selbstbestimmungsrecht über-
haupt erst geschaffen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Selbstverständlich soll und wird die Schwangere nach
wie vor selbst entscheiden und kann nach diesem Ge-
setzentwurf jedwede Beratung ablehnen.

v
S
h
b

I
N

d
t
H
E
D
s
w
M

G

G

D
s
l
U
s
n
d

a
t
s
b
g
s
s

w
m

S
G
S
s

(C (D In meiner Rede kommt das Wort „Hoffnung“ häufig or. Hoffnung hat mit unserem Thema sehr viel zu tun. chwanger sein bedeutet, guter Hoffnung zu sein. Desalb sollte manch unsinnige Pränataldiagnostik unterleiben. ch wünsche mir ein sehr deutlich verankertes Recht auf ichtwissen im Gendiagnostikgesetz. (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Kerstin Griese [SPD]: Sehr gut!)


Ich hoffe, dass wir diese Debatte zum Anlass nehmen,
as Leben mit behinderten Kindern weiter zu erleich-
ern. Dazu gehören mehr Ansprechpartner und konkrete
ilfen für die betroffenen Familien. Dazu gehört das
inbeziehen statt des Ausgrenzens von Behinderten.
azu gehört aber vor allem ein Klima in unserer Gesell-

chaft, das zeigt, dass wir nicht nur auf Leistung und Ge-
innstreben setzen, sondern vor allen Dingen auf
enschlichkeit und Mitgefühl.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE])



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619604500

Nächste Rednerin ist die Kollegin Irmingard Schewe-

erigk.


(BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ie heutige Debatte zum Thema späte Schwanger-
chaftsabbrüche zeigt, dass sich dieses Thema nicht für
aute Töne eignet. Es eignet sich aber auch nicht für
nterstellungen, nicht gegenüber den Frauen, die sich

eit mehr als 20 Wochen auf ihr Kind freuen und eben
icht leichtfertig und verantwortungslos einen Abbruch
urchführen lassen,


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der SPD)


ber auch nicht für Unterstellungen gegenüber den Ärz-
innen und Ärzten, die die Frauen angeblich zu einer
chnellen Abtreibung drängen, sobald sie bei einem Em-
ryo eine Behinderung erkennen, und die den Frauen an-
eblich eine Psychose bescheinigen, um die medizini-
che Indikation zu rechtfertigen, während das Klinikbett
chon bereitsteht.

Ein Arzt, der einen Schwangerschaftsabbruch allein
egen einer Behinderung des Embryos vornimmt,
acht sich strafbar, verehrte Kollegin Griese.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der SPD)


ie wissen: Es gibt auf dieser Welt kein diesbezügliches
esetz, gegen das nicht verstoßen wird. Hier ist die
trafverfolgung gefragt. Hier helfen keine neuen Ge-
etze, die eine Bedenkzeit vorsehen oder die Pflicht des

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21159


(A) )



(B) )


Irmingard Schewe-Gerigk
Arztes, auf die psychosoziale Beratung hinzuweisen, wie
es in dem Gesetzentwurf von Herrn Singhammer, Renate
Schmidt und anderen steht.

Im Übrigen ist die Bedenkzeit längst Realität. Zwi-
schen dem Befund, der psychosozialen Beratung und der
vorgeschriebenen Zweitdiagnose entsteht Bedenkzeit,
oft mehr als drei Tage. Ich frage mich auch, woher das
große Misstrauen gegenüber den Ärzten und Ärztinnen
kommt. Ihnen wird unterstellt, auch in dem Gesetzent-
wurf, sie würden einen Abbruch allein wegen eines pa-
thologischen fetalen Befundes vornehmen und – noch
schlimmer – sie würden die Statistik fälschen, indem sie
den Abbruch durch einen Fetozid als Totgeburt und nicht
als Schwangerschaftsabbruch dokumentieren. Was be-
deutet es eigentlich für die ärztliche Schweigepflicht,
wenn eine Pflicht zur Dokumentation von Inhalt und
Umfang des Gesprächs sowie eine Offenlegung aller Da-
ten vor einer noch zu bestimmenden Behörde unter Buß-
geldandrohung beschlossen wird?


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)


Nein, liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Maßnah-
men belasten die Frauen zusätzlich in ihrer schwierigen
Situation, statt ihnen zu helfen, und sie zerstören das
ärztliche Vertrauensverhältnis.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)


Nun wird vorgetragen, bei einem Abbruch vor der
zwölften Woche gebe es doch auch eine Pflichtberatung,
und das wolle man, was logisch sei, nur ausweiten. Wer
so argumentiert, verkennt, dass in den ersten zwölf Wo-
chen die Entscheidung über einen Abbruch allein bei der
Frau liegt. Da geht es um das Selbstbestimmungsrecht.
Die medizinische Indikation hingegen ist daran gebun-
den, dass das Leben der Mutter aus medizinischen oder
psychosozialen Gründen gefährdet ist, und das ist nun
wirklich keine Frage der Beratung.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)


Daher widerspricht die Beratungspflicht geradezu den
Vorgaben für eine medizinische Indikation, über die in
vielen Kliniken im Übrigen Ethikkommissionen ent-
scheiden, manchmal auch gegen Entscheidungen, die
vorgelegt worden sind.

Den Vorwurf, dass Kindern mit Behinderung das Le-
bensrecht abgesprochen wird, kann ich nicht teilen; denn
viele Kinder wären außerhalb des Mutterleibes nicht le-
bensfähig; Frau Humme hat vorhin darauf hingewiesen.
Laut einer Befragung von zwei Unikliniken trifft das auf
80 Prozent dieser Fälle zu.

Ich sehe bei der medizinischen Indikation keinen ge-
setzlichen Handlungsbedarf. Im Gendiagnostikgesetz,
das die Grünen vor zwei Jahren vorgelegt haben, sind
Beratungen vor und nach der pränatalen Diagnostik vor-
gesehen. Es ist notwendig, die Qualität der Beratung zu
verbessern. Die Schwangeren haben schon heute einen
Rechtsanspruch auf psychosoziale Beratung. Das muss
deutlicher verankert werden. Das kann aber im Rahmen

d
t
I

b
m
m
r
d
z
v

E

N

g
t

E

a
h
v
u
l
E
d
s

b
v
E
g
q
r
S
b

H
W
w

(C (D er Mutterschutzrichtlinien geschehen, wie es im Anrag von Christel Humme und anderen vorgesehen ist. ch werbe um Zustimmung für diesen Antrag. Ich komme zum Schluss. Der Schwangerschaftsabruch ist, wenn es sich um ein Wunschkind handelt, zual so spät, für jede Frau ein qualvoller Schritt. Das acht keine Frau leichtfertig. Diese Frauen haben wäh end und nach der Entscheidung unseren Respekt verient, genauso wie diejenigen, die sich für eine Fortsetung der Schwangerschaft entscheiden. Diesen Respekt ermisse ich im Antrag der CDU/CSU. Vielen Dank. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619604600

Nächste Rednerin ist die Kollegin Katrin Göring-

ckardt.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und liebe Kolle-

en! In der bestimmt unverdächtigen taz, die tageszei-
ung, steht heute in einem Artikel – ich zitiere –:

Die 36-jährige Leipzigerin hat gegoogelt, hat gele-
sen. Herzfehler, Organfehler, vergrößertes Klein-
hirn, Fehlbildungen der Extremitäten. Viele Kinder
sterben vor der Geburt, die meisten Überlebenden
erreichen ihren ersten Geburtstag nicht. Die Gynä-
kologin sagte, dass es die Möglichkeit der Spätab-
treibung gibt.

twas später:

Allein entscheiden. Dass es Beratungsstellen gibt,
die einen auf diesem Weg begleiten, erwähnte die
Frauenärztin erst, als Jutta Gelhaus sie fragte.

Das ist ganz offensichtlich Realität. Es ist Realität,
uch wenn Gesetze und Richtlinien etwas anderes vorse-
en. Heute geht es um die Frage, ob wir etwas anderes
orschreiben, ob wir deutlich machen, was wir wollen,
nd ob wir über die Gesellschaft, in der wir leben wol-
en, anders reden als bisher. Das hat nichts mit staatlicher
inmischung in höchst persönliche Fragen zu tun, son-
ern mit staatlicher Einmischung in eine zutiefst gesell-
chaftliche Frage.

Wir können heute entscheiden, ob wir den Familien,
ei deren Kind Downsyndrom diagnostiziert wird, schon
or der Geburt sagen: Ja, wir wollen euch. Vor dieser
ntscheidung stehen wir; sie können wir treffen. Ja, es
eht um bessere Rahmenbedingungen und um mehr und
ualifizierte Beratung. Darüber reden wir seit vielen Jah-
en in unterschiedlichen Regierungskonstellationen. Die
ituation ist dennoch immer noch genau so, wie sie hier
eschrieben ist.

Es geht nicht um Misstrauen gegenüber den Frauen.
err Singhammer hat das hier ganz ausdrücklich gesagt.
ir können heute auch zum Ausdruck bringen, wie ernst
ir uns eigentlich untereinander nehmen. Die Unterstel-

21160 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008


(A) )



(B) )


Katrin Göring-Eckardt
lung gegenüber Herrn Singhammer bewirkt erst, dass
Frauen etwas unterstellt wird. Ich finde das falsch; wir
sollten das lassen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der SPD)


Ja, es geht um Wunschkinder, und es geht nicht um
Misstrauen gegenüber den Frauen. Es geht aber auch um
die Situation, in der sich Ärztinnen und Ärzte befinden,
die zutiefst verunsichert sind, die das Richtige tun wol-
len, die Sorge vor Klagen haben etc. Auch hier geht es
um etwas, bei dem wir nicht sagen können, dass nicht
sein kann, was nicht sein darf, sondern wir anschauen
müssen, was ist. Es geht nicht allein um Zahlen, mit de-
nen hier jongliert wird, sondern es geht vor allem um
Menschen, denen wir wirkliche Unterstützung gewähren
müssen. Es geht um die Gesellschaft, in der wir leben
wollen.

Ich will in einer Gesellschaft leben, in der zukünftige
Mütter und Väter, die eine so schwere Diagnose bekom-
men, gesagt bekommen können: Ihr habt jetzt Zeit, in al-
ler Ruhe zu entscheiden. Ihr habt jetzt Zeit, diesen Weg
zu gehen, der schwer für euch wird. Ich kann euch als
Ärztin oder Arzt medizinisch beraten, es gibt eine Bera-
tungsstelle, bei der ihr Hilfe findet; ich rufe dort für euch
an und mache einen Termin aus. Ihr seid gerade in einer
großen Notsituation, und das ist ein schwerer Weg. Lasst
euch Zeit dafür. Wir werden alles dafür tun, dass ihr in
Ruhe entscheiden könnt. Diese Gesellschaft wird alles
dafür tun, dass ihr mit einem Kind, egal wie es ist, gut le-
ben könnt. Darauf kommt es an.

Vielen Dank.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU, der SPD und der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619604700

Nächste Rednerin ist die Kollegin Sibylle Laurischk.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)



Sibylle Laurischk (FDP):
Rede ID: ID1619604800

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir be-

fassen uns heute mit einer Fragestellung, die immer wie-
der zu sehr grundsätzlichen Diskussionen führt und sich
sicherlich nicht für eine kontroverse Diskussion eignet.
Das Bundesverfassungsgericht hat dem Gesetzgeber in
seiner Entscheidung vom Mai 1993 aufgegeben, sich aus
Gründen des Schutzes des ungeborenen Lebens um die
weitere Entwicklung seines Konzepts zu kümmern, es
im Auge zu behalten und gegebenenfalls Korrekturen
daran vorzunehmen. Wir haben nicht vor, den § 218 zu
ändern. Diese sehr grundsätzliche Aussage ist aus Sicht
der FDP notwendig, und sie entspricht auch unserem
Selbstverständnis.


(Beifall bei der FDP)


Die Diskussionen über das Thema Spätabtreibungen
erfordern allerdings auch eine Antwort des Bundestages.
Ich möchte insbesondere darauf hinweisen, dass es sich
bei sogenannten Spätabtreibungen, also bei Abtreibun-

g
z
u
2
z

d
n
s
d
B
e
i
d
h
A
w

e

w
w
k
k
u
w

d
w
i
l
P
m
V
f
P
h
s

g
z
k
w
d

c
V
h
s
F
e

(C (D en ab der 23. Schwangerschaftswoche, im Verhältnis ur Gesamtzahl der Abtreibungen glücklicherweise nur m wenige Fälle handelt; im letzten Jahr gab es wohl 29 solcher Fälle. Es handelt sich also um eine ganz speielle Fragestellung. Es geht um eine Situation, in der die Eltern, insbesonere aber die schwangeren Frauen, aufgrund der mediziischen Möglichkeiten vielleicht zum ersten Mal und auf ehr dramatische Weise mit der Frage konfrontiert weren, wie sie als Eltern und als Mütter mit dieser großen elastung und mit dieser Konfliktlage umgehen. Hier ist in schneller Prozess weder möglich noch sinnvoll. Es st notwendig, dass eine Frau in dieser Situation nachenken kann und dass sie die Zeit und die Möglichkeit at, Beratung zu finden. Das ist das Anliegen, das wir, bgeordnete der FDP-Fraktion, mit unserem Gesetzenturf verfolgen. Wir wollen, dass eine Frau, die nicht in der Situation iner Abtreibung ist, sondern vor einer Geburt steht nichts anderes ist eine sogenannte Spätabtreibung –, eiß, worüber sie entscheidet, wie sie die weitere Enticklung verkraften kann, wie sie Abschied nehmen ann, wie sie mit der Möglichkeit, dieses Kind zu beommen, umgehen kann, wie sie vielleicht auch damit mgehen kann, ein Kind, das nicht lebensfähig sein ird, auszutragen und von ihm Abschied zu nehmen. Bei dieser Frage geht es auch um eine Problematik, ie vielleicht noch zu wenig bekannt ist: Wie geht es eiter, nachdem ein behindertes Kind, das lebensfähig st, geboren wurde? Ist es für die Mutter vielleicht mögich, es nach der Geburt abzugeben? Ich weiß, dass es flegeeltern gibt, die schwerbehinderte Kinder aufnehen. Sie stehen vor der Tatsache, dass sie eine geringere ergütung bekommen als Pflegeeltern, die ein – in An ührungszeichen – „nur“ psychisch behindertes Kind zur flege haben. Wir müssen uns fragen: Wie soll mit beinderten Kindern, über die in einer Konfliktlage entchieden worden ist, umgegangen werden? Wir brauchen eine gute psychosoziale Beratung. Ich laube, es ist auch für Ärzte durchaus eine Entlastung, u wissen, dass dann, wenn sie eine medizinische Indiation stellen, noch eine zusätzliche Beratung angeboten erden kann. Nichts anderes wollen die Abgeordneten er FDP, die diesen Gesetzentwurf vorlegen. Wir werden eine Anhörung zu der sehr grundsätzlihen Frage durchführen, wie wir mit den verschiedenen orschlägen umgehen, und verschiedene Fachleute anören. Ich hoffe, dass wir zu einer gemeinsamen Entcheidung kommen werden, sowohl im Interesse der rauen, der Kinder und der Ärzte als auch im Interesse iner humanen Gesellschaft. (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der SPD)


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619604900

Nächste Rednerin ist die Kollegin Monika Knoche.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21161


(A) )



(B) )


Monika Knoche (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619605000

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Herren und

Damen! Wir sprechen über eine Konfliktsituation in ei-
ner weit fortgeschrittenen Schwangerschaft. Was meine
Vorrednerinnen deutlich zum Ausdruck gebracht haben,
ist, dass sich die Frauen, um die es hier geht, bereits für
dieses Kind entschieden haben und ein Leben mit dem
Kind erwarten, das ihnen Glück, Zuversicht und Lebens-
frohheit verspricht.

Die Tatsache, dass sie eine Diagnose erhalten haben,
die beinhaltet, dass das Kind mit Behinderungen – viel-
leicht mit beträchtlichen und nicht mit dem Leben zu
vereinbarenden Behinderungen – geboren werden soll,
kann sie in tiefe Konflikte stürzen; das kann jeder
Mensch nachvollziehen. Ich befasse mich schon sehr
lange mit medizinischen, frauenrechtlichen und ethi-
schen Fragen, und ich bin wirklich der Überzeugung,
dass es der falsche Weg ist, die Rechtsposition der
Frauen in einem späten Schwangerschaftskonflikt noch
mehr einschränken zu wollen.

Die Beratungspflicht und eine weitere Bedenkzeit
sind – das ist objektiv – ein juristisches Zwangsinstru-
ment, durch das kein Problem, das die schwangere Frau
hat, gelöst werden kann. Im Gegenteil: Dadurch wird ein
Problem individualisiert, das aber in Wirklichkeit ein
Problem aufgrund eines strukturell falschen Familien-
idylls und eines falschen Behindertenbildes ist. Hier
möchte ich die Ausführungen von Frau Schmidt aus-
drücklich unterstützen.

Im tatsächlichen Leben haftet die Frau für die Ge-
sundheit und das Wohl des Kindes. Ihr werden die ganze
Last und die Lebensleistung auferlegt, die durch das
Leben mit einem Kind abverlangt werden. Wir haben
keine frauen-, familien- und behindertenfreundliche
Gesellschaft. Durch weitere Restriktionen kann man es
überhaupt nicht leisten, dies aufzulösen. Das ist ein fal-
sches Herangehen.

Es gibt den § 218 StGB in seiner sogenannten refor-
mierten Form. Konnte dadurch aber wirklich dazu beige-
tragen werden, dass das allgemeine Menschenbild be-
hindertenfreundlich geworden ist und dass von einem
gewissen Nützlichkeitsbild abgegangen worden ist? Ich
kann diese Beobachtung nicht machen. Die Abschaffung
der embryopathischen Indikation hat dazu geführt, dass
die medizinische Indikation sozusagen stellvertretend
für sie in Kraft tritt.

Darüber hinaus bringt diese medizinische Indikation
die Frau aber eben gerade nicht in die Position, dass sie
nach bzw. mit Beratung eine eigenverantwortliche Ent-
scheidung treffen darf, sondern Tatsache ist, dass der
Arzt alleine entscheidet, ob die Frau seelisch und körper-
lich in der Lage ist, diese Schwangerschaft fortzuführen
oder nicht. Er kann sich – das beinhaltet jede medizini-
sche Indikation – auch dagegen aussprechen. Ich kann
nicht sehen, dass der Arzt besser darüber Bescheid wis-
sen und entscheiden kann, was das Leben einer Frau mit
einem Kind mit Behinderungen mit sich bringt, als die
Frau selbst.

b
s
s
M
b

t
n
s
l
i
d

b
d
i
b
B
d
n
s

d
w
F

L
t
l
s
G
b

A
s
c
t
s
g
c
d
u
z
n
d
o
v

F
E
S
i

(C (D Die medizinische Indikation hat uns in dem Problemereich der Spätabtreibung keinen Fortschritt gebracht, ondern die Rechtsposition der Frauen wurde eingechränkt. Das widerspricht meinem Verständnis vom enschenrecht der Frauen in der Schwangerschaft und ei Fortführung der Schwangerschaft. Es ist unverkennbar, dass die Diagnose über den Föus ihr gesamtes Leben vor große und unlösbar erscheiende Probleme stellen kann. Was ich aber nicht untertreichen kann, ist, den Gesundheitszustand des Fötus etztlich zum Krankheitsbild der Frau zu erklären. Das st ein Problem, das wir anerkennen müssen und das urch die Reform des § 218 StGB entstanden ist. Sehr unterstreichen möchte ich – das zeigt auch Leenserfahrung –, dass es viel Glück und Zufriedenheit urch das Leben mit einem Kind geben kann, das anders st und eine andere Art der Zuwendung und Fürsorge raucht als andere. Wir sollten alles daransetzen, das ild zu vermitteln, dass Leben nicht normierbar ist, sonern anders und trotzdem erfüllt und glücklich sein kann – icht nur für die Eltern, sondern auch für das Kind elbst. Ich bin davon überzeugt, dass das eine Aufgabe ist, ie mit den Anträgen, die hier vorliegen und mit denen eitere Restriktionen geschaffen werden, auf gar keinen all erfüllt werden kann. Stützen wir Frauen! Verändern wir das Bild über das eben von Behinderten! Realisieren wir, dass ein realis isches Bild über Familienglück besser ist als Kleinfamiienund Reihenhausidylle wie aus einer Werbebrochüre. Sagen wir, wie das Leben ist und dass es ein lück sein kann, mit einem Kind mit Behinderung zu leen. Das Wort hat die Kollegin Ilse Falk. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ngesichts dieser schwierigen Diskussion um alles, was ich hinter dem Begriff Spätabtreibung oder Spätabbrühe verbirgt, träume ich in der Tat manchmal von der guen alten Zeit und der Gnade des Nichtwissens. Als ich chwanger war – zugegebenermaßen ist das schon eine anze Weile her –, gab es noch keine Ultraschalluntersuhungen und keine Pränataldiagnostik. Ich wusste weer, ob es ein Mädchen oder ein Junge würde, noch hatte ns irgendein Arzt vorher gesagt, dass das erste Kind wei Kinder sein würden. Ich war einfach „guter Hoffung“ – eigentlich ein wunderschöner altmodischer Ausruck – und hatte neun Monate Zeit, Mutter zu werden, hne dass mich Gedanken gequält hätten, dass das Kind ielleicht nicht vollkommen sein könnte. Heute sind werdende Mütter und Väter mit Segen und luch moderner Diagnosemöglichkeiten konfrontiert. inerseits kann ihnen mithilfe der Pränataldiagnostik icherheit gegeben werden, dass wohl alles in Ordnung st. Andererseits kann sich aber auch ein Abgrund auf 21162 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 Ilse Falk tun, wenn die Untersuchungen ergeben, dass etwas mit dem Kind nicht stimmt. Hier kann sich die frühzeitige Diagnostik in Verbindung mit moderner Medizin dann als Segen erweisen, wenn solche Befunde eine bereits vorgeburtliche Behandlung ermöglichen. Was aber ist, wenn sich der Verdacht auf eine geistige oder körperliche Behinderung des Kindes bestätigt, kein medizinischer Eingriff helfen kann und die Schwangere und ihr Partner vor der Frage stehen: Bin ich, sind wir stark genug, dieses Kind willkommen zu heißen? Eine weitere Frage, die sich aus den Möglichkeiten der Gendiagnostik ergibt, müssen wir unbedingt noch im Zusammenhang mit dem Gendiagnostikgesetz klären: Wollen wir wirklich, dass die Disposition für eine spätmanifestierende Krankheit bereits vorgeburtlich ermittelt wird, (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619605100
Ilse Falk (CDU):
Rede ID: ID1619605200

(A) )


(B) )


wohl wissend, dass unweigerlich ein weiterer Abwä-
gungsprozess darüber eröffnet würde, ob ein Kind eine
Lebenschance bekommt, wenn bei ihm im Erwachse-
nenalter eine schwere Krankheit ausbrechen könnte?

Liebe Kolleginnen und Kollegen, da ich die Zeit we-
der zurückdrehen will noch kann, müssen wir uns damit
auseinandersetzen, wie wir verantwortungsvoll mit Wis-
sen umgehen, Wissen, das den Blick auf ein zugedachtes
Schicksal zulässt und damit zugleich die Möglichkeit er-
öffnet, es noch zu beeinflussen – das hat es so noch nie
gegeben.

Angesichts dieses ungeheuren Konflikts, in den wer-
dende Eltern gestürzt werden können, hält der Gesetz-
geber eine vitale Bedrohung des Lebens der Mutter für
realistisch und erkennt die vom Arzt festgestellte medi-
zinische Indikation als Rechtfertigung für einen Schwan-
gerschaftsabbruch nach der 12. bzw. sogar nach der
22. Woche an, wenn also das Kind bereits außerhalb des
Mutterleibes lebensfähig wäre. Es geht also für die wer-
dende Mutter, die werdenden Eltern nicht nur um eine
Entscheidung über Leben und Tod, sondern auch um
eine Entscheidung, die, egal wie sie getroffen wird, ihr
zukünftiges Leben begleiten wird, zumal es sich im Un-
terschied zu einer Abtreibung vor der 12. Woche in aller
Regel um ein Wunschkind handelt, das voller Freude er-
wartet wird.

Wie also können Eltern in dieser schwierigen Kon-
fliktsituation so unterstützt werden, dass sie eine gute
und verantwortungsvolle Entscheidung treffen können,
die auch wirklich ein Leben lang trägt? Um Antworten
auf diese Fragen ringen wir seit vielen Monaten, um
nicht zu sagen Jahren. Ich denke, es ist wichtig und gut,
dass die drei vorliegenden Gesetzentwürfe in ihrer Ziel-
setzung zum gleichen Ergebnis kommen: Frauen und ih-
ren Partnern soll in einer psychischen Ausnahmesitua-
tion wirkungsvoller als bisher Beratung und Hilfe
angeboten werden. Die Unterzeichner dieser Entwürfe
sind sich einig, dass eine Gesetzesänderung dazu beitra-
gen kann. Über den Weg hin zu diesem gemeinsamen

Z
l

i
s
r
h
g
H
m
o

A
o
d
p
a
a

i
k
w
T
c

s
e
g
s
d
c
w
g
l
d
b
z

W
b
s
d
d
K

v
m
g
h
g
u
S

(C (D iel diskutieren wir zwar noch, aber ich bin zuversichtich, dass wir ihn finden werden. Entscheidend für mich ist, dass die Schwangeren und hre Partner in einer solchen existenziellen Konfliktituation die Chance zum ausführlichen Gespräch mit ihem Arzt oder ihrer Ärztin bekommen und Gelegenheit aben, Fragen zu stellen und Antworten zu finden. Das ilt sowohl in medizinischer als auch in psychosozialer insicht. Das kann Gespräche mit Fachärzten, aber auch it Beraterinnen in psychosozialen Beratungsstellen der erfahrenen Eltern bedeuten. Dazu bedarf es der Aufklärung über die vielseitigen ngebote an Beratung und konkreter Hilfe, die viel zu ft nicht bekannt sind. Hierzu soll nach unserer Meinung er Arzt oder die Ärztin, die die Diagnose stellen, verflichtet und dafür auch mit umfassenden Materialien usgestattet werden. Die Schwangere kann das Angebot nnehmen, muss aber nicht. Außerdem bedarf es einiger Zeit, um emotional und ntellektuell zu erfassen, dass das ungeborene Wunschind möglicherweise behindert oder schwer krank sein ird. Daher ist uns die Bedenkzeit von mindestens drei agen nach der ärztlichen Beratung und vor der schriftlihen Feststellung der Indikation so wichtig. Ein weiterer Punkt, der schon verschiedentlich angeprochen worden ist, ist auch mir wichtig. Ob sich Eltern in Leben mit einem behinderten Kind zutrauen, hängt anz entscheidend auch von der Einstellung der Gesellchaft gegenüber Menschen mit Behinderungen ab. Ich enke, dabei haben wir in allen gesellschaftlichen Bereihen noch Nachholbedarf, damit volle Teilhabe möglich ird. Wir müssen ein Signal aussenden, dass auch oder erade das Leben mit Kindern mit Behinderungen glückich und erfüllt ist. Wir dürfen uns nicht damit begnügen, as pflichtgemäß zu bekräftigen, sondern müssen dazu ereit sein, ganz konkret die Rahmenbedingungen dafür u verbessern. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


enn es uns gelingt – was ich hoffe –, gemeinsam Ver-
esserungen zur Unterstützung werdender Eltern in
chwierigster Konfliktsituation auf den Weg zu bringen,
ann sollten wir umso mehr ihre gut bedachte Entschei-
ung akzeptieren, auch wenn sie sich am Ende gegen das
ind richtet.

Wie gesagt, ich selber bin dankbar, dass ich niemals
or einer solchen Situation gestanden habe, und bin mir
itnichten sicher, ob wir damals stark und lebensmutig

enug gewesen wären, uns auf ein Leben mit einem be-
inderten Kind einzulassen. Ich bewundere alle, die das
egen eigene Zweifel und gegen Vorurteile anderer tun,
nd danke ihnen, dass sie damit unsere Gesellschaft ein
tück menschlicher machen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21163


(A) )



(B) )


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619605300

Nächste Rednerin ist die Kollegin Karin Evers-

Meyer.


Karin Evers-Meyer (SPD):
Rede ID: ID1619605400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Als Behindertenbeauftragte begrüße ich ausdrücklich die
heutige Debatte über die sogenannten Spätabtreibungen.
Jede Abtreibung – ob mit oder ohne diagnostizierte Be-
hinderung – ist eine gesellschaftliche und persönliche
Tragödie. Ich kenne keine Mutter, die eine solche Ent-
scheidung leichtfertig trifft. Es ist eine sehr persönliche
Entscheidung, die bei den Eltern Spuren hinterlässt. Es
wäre nicht redlich, etwas anderes zu behaupten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Zahl der Abtreibungen, auch die wegen medizini-
scher Indikation, sinkt seit Jahren. Werdende Eltern und
werdende Kinder haben ein Recht darauf, geschützt zu
werden. Deswegen gibt es diesen gesetzlichen Schutz.
Ein Arzt, der eine Abtreibung wegen der Behinderung
des Fötus vornimmt, macht sich strafbar. Die Rechtslage
könnte nicht eindeutiger sein.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE])


Neben Schutz brauchen Eltern und Kinder aber auch
Beratung und Unterstützung. Die Ärzte haben auch
die Pflicht, zu beraten und auf unabhängige Beratungs-
stellen hinzuweisen. Wer das nicht tut, macht sich straf-
bar. Verantwortungsvolle Ärzte kommen dieser Pflicht
nach, weshalb sich hierbei aus meiner Sicht nicht die
Frage nach der Frist zwischen Diagnose und Abbruch
stellt. In der Regel vergehen mehrere Tage, zumal zwin-
gend eine Zweitdiagnose durch einen zweiten Arzt erfor-
derlich ist.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das Problem sehe ich eher bei denjenigen, die ihrer
Verantwortung nicht nachkommen. Daher gibt es für
mich nicht in erster Linie einen gesetzlichen Handlungs-
bedarf, sondern eher einen faktischen. Die bestehende
Beratungspflicht muss ernster genommen werden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie muss früher, besser und umfassender sein und bereits
vor der Diagnostik stattfinden. Es gibt nämlich auch ein
Recht auf Nichtdiagnose; das ist hier schon erwähnt
worden.

Behinderungen schließen ein erfülltes Leben nicht
aus. Das müssen Frauen wissen, und sie müssen die Hil-
fen kennen, die Medizin und Gesellschaft für dieses Ziel
bereithalten. Diese Hilfen wollen wir ausbauen. Mir ist
aber auch wichtig, dass wir an diesem Punkt der Debatte
ehrlich bleiben: Wenn Eltern trotz Beratung und Unter-
stützung sagen, das könnten sie psychisch und physisch

n
d

D
d
s
h

e
n
m
m
s
s
h
I

D
u
d

l
d
s
m
c
b
R

n
e
s
m
e
h
v
b
A
D
k
n
g
m

s

(C (D icht, weil sie dazu die Kraft nicht hätten, dann dürfen iese Eltern nicht an den Pranger gestellt werden. (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ies halte ich für ebenso unerträglich wie die Fälle, in
enen sich Familien geradezu dafür rechtfertigen müs-
en, wenn sie sich für ein behindertes Kind entschieden
aben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich bin der Ansicht, dass diejenigen, die wie ich aus
igener Erfahrung wissen, wie erfüllt ein Leben mit ei-
em behinderten Kind sein kann, anderen Eltern Mut
achen sollten. Dies funktioniert nicht, wenn man je-
anden zwingt, gesellschaftlich bloßstellt oder sich auf-

chwingt, besser als andere sein zu wollen. Deswegen
tehen für mich eine konsequente Umsetzung der beste-
enden Beratungspflichten und eine Verbesserung der
nhalte dieser Beratungen absolut im Vordergrund.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


azu wollen wir Änderungen im Gendiagnostikgesetz
nd in den Mutterschaftsrichtlinien vornehmen, die für
ie Ärzte verbindlich sind.

Was darüber hinaus die Qualität des Antrags der Kol-
egin Humme und anderer ausmacht, ist die Tatsache,
ass er auch Antworten auf die Frage nach den gesell-
chaftlichen Rahmenbedingungen liefert. Dies war
ir besonders wichtig; denn wenn wir die Eltern errei-

hen wollen, die sich heute nicht vorstellen können, ein
ehindertes Kind großzuziehen, dann müssen wir die
ahmenbedingungen deutlich verbessern.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Behindert zu sein, bedeutet in Deutschland nach mei-
er Erfahrung als Behindertenbeauftragte immer noch
inen mühsamen Kampf um Teilhabe sowie darum, ein
elbstbestimmtes Leben führen zu können. Dies beginnt
it der mangelnden Frühförderung und der Suche nach

inem inklusiven Kindergarten. Es geht weiter mit be-
inderten Kindern, denen ein Platz in einer Regelschule
erwehrt wird, wie es aktuell wieder in Baden-Württem-
erg der Fall ist, und reicht bis hin zu Diskriminierung in
lltag und Beruf. Mir liegen Berge von Eingaben vor.
ie endlose Auseinandersetzung mit Behörden, Kran-
enkassen und Sozialhilfeträgern ist die Realität, und
icht zuletzt daran gehen die Familien kaputt. Übrigens
ehen manche davon aus, dass rund 80 Prozent der Ehen
it behinderten Kindern geschieden werden.


(Zuruf von der CDU/CSU: Woher haben Sie diese Zahl?)


Ich wünsche mir, dass wir diese sozialpolitischen Tat-
achen mit der gleichen Energie und vielleicht auch mit

21164 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008


(A) )



(B) )


Karin Evers-Meyer
der gleichen Teilnehmerzahl wie das Thema Spätabtrei-
bung diskutieren.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Dies, meine sehr geehrten Damen und Herren, tun wir
nach meiner Erfahrung eben auch nicht.

Der Antrag, für den ich mich entschieden habe, liefert
eine Reihe sehr konkreter Antworten auf die sozialen
Probleme von Menschen mit Behinderung. Ich hebe hier
noch einmal die Frühförderung hervor, die mir ganz
besonders am Herzen liegt. Nach der Geburt muss gleich
die Frühförderung beginnen, was aber in diesem Land
nicht funktioniert. Dazu führe ich viele Veranstaltungen
gemeinsam mit meiner Kollegin Helga Kühn-Mengel,
der Patientenbeauftragten, durch.

Ich hebe auch noch einmal den Anspruch auf Eltern-
assistenz für behinderte Eltern hervor, den ich ebenfalls
seit langem fordere und daher sehr begrüße.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich möchte El-
tern Mut machen, sich für ihr Kind zu entscheiden. Des-
wegen will ich keine neuen Pflichten und keine neuen
Fristen. Ich will nicht andere kritisieren oder anprangern,
sondern auf die Eltern zugehen und sie fragen, wie wir
ihnen in ihrer ganz persönlichen Situation während der
Schwangerschaft, aber auch danach helfen können. Wir
sollten in dieser Diskussion die Größe und die Kraft auf-
bringen, den Standpunkt des jeweils anderen zu akzep-
tieren. Dies wünsche ich mir zu Weihnachten gerade von
Ihnen, lieber Herr Kollege Hüppe.

Vielen Dank.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619605500

Nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Marlies

Volkmer.


Dr. Marlies Volkmer (SPD):
Rede ID: ID1619605600

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wer entscheidet, ob eine Frau körperlich und seelisch in
der Lage ist, ein behindertes Kind auszutragen, anschlie-
ßend mit ihm zu leben und für dieses zu sorgen? Das ent-
scheidet in letzter Konsequenz die betroffene Frau. Das
ist eine sehr schwierige Entscheidung, weil im Vorhinein
eine Entscheidung für eine Situation getroffen werden
muss, die man nicht beurteilen kann. Angesichts dessen
darf es nicht sein, dass dann, wenn bei einer vorgeburtli-
chen Untersuchung eine Behinderung des Kindes festge-
stellt wird, quasi ein Automatismus in Kraft tritt, dem
sich die Schwangere kaum entziehen kann.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Aus diesem Grund ist eine umfassende Information
und Beratung der Schwangeren zwingend erforderlich.

I
l
G

d
z
a
b
l
L
w
w
G
B
w
i
r
l
k
a
d
l
o
n

g
l
s
t
n

W
s
s
w
f
ü
w
a
Z
u
d
v
h

b
s
g
U
f

(C (D ch gehöre zu denjenigen, die das gesetzlich regeln wolen. Ich unterstütze den Gesetzentwurf, den Kerstin riese initiiert hat. Dem Arzt oder der Ärztin obliegt die umfassende meizinische Beratung, die Vermittlung an eine psychosoiale Beratungsstelle und, wo immer das möglich ist, uch die Vermittlung an eine Selbsthilfegruppe; denn die etroffene Frau und idealerweise auch deren Partner solen die Möglichkeit haben, sich zu informieren, wie ihr eben durch eine Behinderung des Kindes verändert ird, welche Schwierigkeiten und Probleme, aber auch elche Hilfen es gibt. All das kostet Zeit. Aus diesem runde plädiere ich für die Pflicht zu einer dreitägigen eratungsfrist. Sicherlich nehmen viele Frauen – das urde schon gesagt – eine viel längere Überlegungszeit n Anspruch. Wichtig ist mir, festzustellen, dass die Beatungspflicht für den Arzt besteht. Beratung ist – das egt schon der Wortsinn nahe – ein Angebot. Dieses ann sicherlich abgelehnt werden, wird aber in der Regel ngenommen, weil eine solche Beratung für die Frau, ie sich in einer extremen Situation befindet, eine Entastung darstellen kann und weil ohne Information und hne Beratung eine selbstbestimmte Entscheidung gar icht möglich ist. Es ist richtig, dass sich die derzeit häufig unbefriediende Praxis nicht allein mit einer gesetzlichen Regeung der Beratung verändern wird. Der Gesetzgeber ollte aber alles in seiner Macht Stehende tun, um die Siuation für alle Beteiligten etwas erträglicher zu machen, icht mehr, aber auch nicht weniger. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619605700

Nächste Rednerin ist die Kollegin Ingrid Fischbach.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Ingrid Fischbach (CDU):
Rede ID: ID1619605800

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

enn wir heute über dieses Thema debattieren – ich
age: endlich; denn seit meinem Einzug in den Deut-
chen Bundestag vor nunmehr über zehn Jahren wollen
ir über dieses Thema debattieren; deswegen bin ich

roh und dankbar, dass wir heute die erste Chance haben,
ber Gesetzentwürfe und Anträge zu diskutieren –, dann
ollen wir dem Problem der späten Schwangerschafts-

bbrüche begegnen. Ich hoffe, dass wir gemeinsam das
iel verfolgen, dem uneingeschränkten Lebensrecht
ngeborener Kinder hinreichend gerecht zu werden;
enn der Schutz des menschlichen Lebens, unabhängig
on seinem Stadium und seiner individuellen Verfasst-
eit, ist die oberste Pflicht unseres Staates.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir wollen die Situation von betroffenen Eltern ver-
essern. Wir sprechen bei den Spätabtreibungen von
chwangeren Frauen und ihren Partnern, die sich auf-
rund eines auffälligen Befundes in der vorgeburtlichen
ntersuchung plötzlich in einer existenziellen Krise be-

inden. Wir alle müssen uns vor Augen führen, dass wir

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21165


(A) )



(B) )


Ingrid Fischbach
von Eltern sprechen, die an sich gar keine Abtreibung in
Erwägung gezogen haben, sondern die durch eine Prä-
nataldiagnostik unerwartet in einen für sie unlösbaren
Konflikt geraten sind, zutiefst verzweifelt sind und unter
einem emotionalen Schock stehen. Diese beiden zentra-
len Bereiche, nämlich der Lebensschutz und die Nothilfe
für betroffene Eltern – das sage ich gleich zu Beginn –,
lassen sich nicht erreichen – das sage ich vorrangig an
die Kollegin Humme und Unterstützer und Unterstütze-
rinnen gerichtet –, ohne dass wir eine gesetzliche Ände-
rung einfordern. Es reicht nicht, wenn Sie, Frau Humme,
nur untergesetzliche Änderungen in den Mutterschafts-
richtlinien oder Eintragungen in den Mutterpass fordern.
Das kann ein zusätzliches Angebot sein.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das wird aber den hohen Gütern, über die wir hier zu
entscheiden haben, in keiner Weise gerecht.

Ich möchte ein Weiteres zu Beginn betonen. Der Le-
bensschutz für das ungeborene Kind, und zwar unabhän-
gig davon, ob es behindert ist oder nicht, und das Wohl
und der Wille der Eltern dürfen nicht gegeneinander
ausgespielt werden, vielmehr müssen wir beide im Blick
haben und die Entscheidung so treffen, dass wir beiden
Komponenten gerecht werden. Wir wissen, dass Frauen
und Paare es sich keineswegs leicht machen und leicht-
fertig, wie Sie sagten, ein Kind abtreiben, noch dazu zu
einem so späten Zeitpunkt. Wir wissen, dass dann schon
Bewegungen des Kindes im Mutterleib spürbar sind; die
Eltern haben sich vielleicht schon Gedanken über den
Namen des Kindes gemacht und ihre gemeinsame Zu-
kunft geplant. Wie oft berichten Frauen im Nachhinein,
dass sie nur schwer über den Abbruch hinwegkommen
oder dass sie die Schuldgefühle ein ganzes Leben lang
begleiten. Ich wünsche mir, dass wir in der angestrebten
Anhörung dazu auch einmal Betroffene zu Wort bitten.
Wir als Politiker, die in der Verantwortung stehen, die
Rahmenbedingungen zu verbessern, können nicht nur
die Meinung der ärztlichen Experten oder Humangeneti-
ker anhören, sondern für mich sind es vor allem die
Frauen, die berichten können, was es heißt, vor einer
Entscheidung zu einer Spätabtreibung zu stehen. Uns
geht es darum, dem zu begegnen, was die betroffenen
Frauen in der Konfliktsituation wollen und brauchen.
Wichtig ist dabei, auch einmal mit den Hebammen zu
sprechen, die die Eltern, die Frauen begleiten – leider
fast immer zu einem Zeitpunkt, zu dem die Entschei-
dung schon getroffen worden ist. Deshalb ist es wichtig,
dass wir auch diese Berichte hören und nicht nur die
Sicht der Ärzte.

Es geht nicht darum – das möchte ich an dieser Stelle
ganz deutlich unterstreichen –, Frauen oder Paare zu ver-
urteilen, die für sich in der scheinbar ausweglosen Situa-
tion keine andere Alternative sehen, als eine Schwanger-
schaft, über die sie sich zu Beginn gefreut haben,
abzubrechen. Es geht uns umgekehrt genau darum, diese
Eltern zu unterstützen, aber es geht auch darum, den ver-
unsicherten Eltern Mut zum Kind zu machen. Der späte
Abbruch einer Schwangerschaft ist eben nicht die ein-
zige Alternative nach einem positiven Befund in der prä-
natalen Diagnostik, sondern er ist nur dann als Aus-

n
a
t
I
n
K

m
d
H
h
s
E
l
m
g
R
w
s

S
L
w
l
e
h
W
G

t
w


R

k
w
w
w
k

L

K
h

(C (D ahme zugestanden, wenn die schwangere Frau nicht nders kann, weil die physische und psychische Belasung für sie zu hoch ist. Das bedeutet die medizinische ndikation. Was nicht sein darf, ist ein Automatismus, ach dem eine Diagnose über eine Behinderung eines indes nahezu zwangsläufig in eine Abtreibung mündet. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Unsere Gesellschaft muss Verantwortung überneh-
en für Mütter und Väter, die einen positiven Befund in

er pränatalen Diagnostik erhalten. Wir müssen erste
ilfestellungen anbieten. Wir müssen ihnen – das ist In-
alt unseres Gruppenantrags – das Angebot einer umfas-
enden Beratung nach der Pränataldiagnostik mitgeben.
s ist wichtig, die Betroffenen über alle Handlungsmög-

ichkeiten, Hilfsangebote und Unterstützungen zu infor-
ieren und gemeinsam mit ihnen nach möglichen We-

en zur Entscheidung zu suchen. Uns ist dabei das
echt auf Nichtwissen genauso wichtig. Deshalb ist es
ichtig, dass das im neuen Gendiagnostikgesetz festge-

chrieben wird.

Wir dürfen nicht zulassen, dass Eltern, dass Frauen
chwangerschaften abbrechen, weil sie Angst vor einem
eben mit einem Kind mit einer Behinderung haben,
eil sie Angst haben, von unserer Gesellschaft alleinge-

assen zu werden, wenn sie sich bewusst für dieses Kind
ntscheiden, weil sie Angst haben, dass ein Kind mit Be-
inderungen in unserer Gesellschaft nicht erwünscht ist.
ir brauchen Menschlichkeit und Solidarität in unserer
esellschaft.

Frau Humme und Frau Schewe-Gerigk, mit gegensei-
igen Vorwürfen, die unhaltbar und unfair sind, kommen
ir nicht weiter.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Welche Vorwürfe meinen Sie denn?)


Ich meine die Äußerungen von Ihnen beiden in Ihren
eden vorhin. Das war nicht fair.

Es ist wichtig, zu einer fairen Auseinandersetzung zu
ommen und ein faires Gespräch zu führen. Ich glaube,
ir anderen sind sehr nahe beieinander. Ich würde mir
ünschen, dass wir endlich zu einem Ergebnis für die
erdenden Eltern und vor allen Dingen für die Kinder
ommen.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619605900

Nächste Rednerin ist die Kollegin Christine

ambrecht.


Christine Lambrecht (SPD):
Rede ID: ID1619606000

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe

olleginnen und Kollegen! Frau Fischbach, ich habe die
eutige Debatte die ganze Zeit verfolgt. Trotz aller Ge-

21166 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008


(A) )



(B) )


Christine Lambrecht
gensätzlichkeit der unterschiedlichen Vorlagen finde ich,
dass sie von einer großen Sachlichkeit und gerade nicht
davon geprägt ist, sich gegenseitig mit Vorwürfen zu
überziehen. Ich denke, dabei sollten wir es belassen, und
wir sollten uns wieder der Sache zuwenden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Frau Göring-Eckardt, ich habe mit Interesse zur
Kenntnis genommen, dass Sie uns aufgefordert haben,
hier heute die Entscheidung zu treffen: Ja, Kinder mit
Downsyndrom, wir wollen auch euch. Wir können diese
Entscheidung hier heute leider nicht treffen: Es geht um
ein anderes Thema.

Aber wir als Gesetzgeber können für die Akzeptanz
eines behinderten Kindes in vielen anderen Bereichen
sorgen, und das haben wir auch getan: Beispielsweise
haben wir durch das Antidiskriminierungsgesetz klarge-
stellt, dass Eltern, die mit einem behinderten Kind essen
gehen wollen, vom Wirt nicht des Lokals verwiesen wer-
den dürfen, weil andere Gäste sich gestört fühlen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Außerdem konnten wir durch das Antidiskriminierungs-
gesetz regeln, dass die Genehmigung zum Bau eines Be-
hindertenwohnheims nicht versagt werden darf, weil
Anwohner sich durch behinderte Menschen gestört füh-
len. Die Gesellschaft kann die grundsätzliche Akzeptanz
eines Kindes mit Downsyndrom in vielen anderen Berei-
chen erlangen, aber nicht mit der hier zur Debatte ste-
henden Einführung einer Beratungspflicht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Kerstin Griese [SPD]: Das ist doch gar keine Beratungspflicht!)


Ich möchte mich ausdrücklich für den sogenannten
Humme-Antrag aussprechen – er wird von einem Groß-
teil der SPD unterstützt –, weil er in die richtige
Richtung geht. Bei allem Verständnis für das, was Sie,
insbesondere Sie, Herr Singhammer, mit Ihrem Gesetz-
entwurf erreichen wollen – er zielt darauf ab, dass die
Anzahl der Spätabbrüche reduziert wird –, glaube ich
nicht, dass Sie das mit der Einführung einer Pflicht zur
psychosozialen Beratung erreichen.

Voraussetzung für eine solche Beratung könnte nur
sein, dass die Entscheidung über einen solchen Abbruch
allein im Belieben der jeweiligen Schwangeren liegt.
Nur das könnte dazu führen, dass diese Schwangerschaft
nicht abgebrochen wird. Das ist aber nicht so; denn der
Arzt erstellt die medizinische Indikation. Nach Ihrem
Gesetzentwurf könnte er zwar an eine Beratungsstelle
verweisen, das hätte aber keinen Einfluss auf seine me-
dizinische Indikation. Die medizinische Indikation ist
nur möglich, solange eine Gefahr für die körperliche
oder seelische Gesundheit der Schwangeren besteht. Das
ist seit 1995 Gesetz. Damals hat der Gesetzgeber be-
wusst die Gefahr für Leib und Leben der Schwangeren

a
e

t
s
a
E
w
d
t

w
d
g
d
s
i
r
d

e
w
d
w
d
S
s
F
h
R
v
a
w

r
S
a
t
v
s
f
R
d
s

F
f
T
d
a
W
s

(C (D ls Kriterium für den Ausnahmefall der Straffreiheit bei inem solchen Abbruch herangezogen. Die alte und von Behindertenverbänden zu Recht kriisierte, als diskriminierend empfundene embryopathiche Indikation wurde bereits 1995 gestrichen. Sie ließ ls Grund für den Abbruch eine zu erwartende schwere rkrankung oder Behinderung des Kindes gelten; das ar bis dahin ausreichend. Das ist völlig zu Recht geänert worden. Es geht heute bei der medizinischen Indikaion alleine um die Gesundheit der Schwangeren. Jetzt soll eine weitere Beratungspflicht eingeführt erden. Da frage ich mich: Welchen Einfluss hat das auf ie Entscheidung des Arztes? Der Arzt entscheidet aufrund der Situation, die er vorfindet, und nicht aufgrund essen, was die Schwangere, die in dieser unglaublich chwierigen Situation eine Entscheidung zu treffen hat, n einer weiteren Beratungsstelle gegebenenfalls erfahen würde. Deswegen hätte das keine Konsequenz für iese Möglichkeit der medizinischen Indikation. Es ist auch kein Automatismus, der in dem Moment insetzt, in dem ein entsprechender Befund erhoben ird. Selbstverständlich kann eine Frau, bei der die meizinische Indikation für einen Abbruch festgestellt urde, sagen: Ich will weitere Beratung. – Ich gehe auch avon aus, dass alle Menschen, die sich in einer solchen ituation befinden und vor einer so weitreichenden, einchneidenden, für das ganze Leben entscheidenden rage stehen, sich die entsprechende Unterstützung einolen und nicht einfach automatisch in den nächsten aum des Krankenhauses gehen, um einen Spätabbruch ornehmen zu lassen. Abgesehen davon entspricht das uch wirklich nicht der Realität, was die Frage angeht, ie Ärzte mit dieser Situation umgehen. Deswegen möchte ich an der Stelle noch einmal daum bitten, nicht zu unterstellen, dass Frauen, die einen pätabbruch vornehmen lassen, die Entscheidung dafür ufgrund eines medizinischen Befundes automatisch reffen, sondern davon auszugehen, dass sie sehr wohl iele andere Aspekte in ihre Entscheidung einfließen lasen und dass Ärzte, die diese medizinische Indikation eststellen, dies nicht leichtfertig tun. Ich weiß, dass echtslage und Lebenswirklichkeit manchmal auseinanerfallen können, aber ich unterstelle allen Ärzten, dass ie in der von der Sache gebotenen Form handeln. Deswegen brauchen wir keine weitere Hürde für rauen, die sich in solch einer schwierigen Situation beinden. Wir brauchen Beratung. Wir brauchen diese rias. Wir brauchen selbstverständlich auch Beratung arüber, was denn mit einer pränatalen Untersuchung uf die betroffene Frau zukommt. Das ist der richtige eg. Deswegen unterstütze ich mit vielen anderen den ogenannten Humme-Antrag. Vielen Dank. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619606100

Das Wort hat die Kollegin Maria Eichhorn.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21167


(A) )



(B) )


Maria Eichhorn (CSU):
Rede ID: ID1619606200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

1995 wurde die sogenannte embryopathische Indika-
tion abgeschafft und bei der medizinischen Indikation
aufgenommen. Vor allem die Behindertenverbände und
die Kirchen haben uns gemahnt, mit der Diskriminie-
rung von Behinderten durch die embryopathische Indi-
kation endlich aufzuhören. Bei der Begründung zu der
Neuformulierung der medizinischen Indikation haben
wir deshalb klargestellt – ich zitiere –: „daß eine Behin-
derung niemals zu einer Minderung des Lebensschutzes
führen kann.“

Entgegen der gesetzgeberischen Erwartung aus dem
Jahr 1995 hat sich jedoch gezeigt, dass Schwanger-
schaftsabbrüche allein wegen einer möglichen Behinde-
rung eines Kindes erfolgen. Wir, die wir 1995 die Geset-
zesänderung formuliert haben, haben auf die Fachleute
vertraut. Diese hatten uns versichert, dass sich Abtrei-
bungen nach Pränataldiagnostik auf eng begrenzbare
Fälle beschränken würden.

Die Entwicklung ist jedoch völlig anders gelaufen.
Bereits in den 90er-Jahren hatten Eltern einen Arzt ver-
klagt, weil sie ein behindertes Kind bekamen. Das Ge-
richt verurteilte den Arzt zu Schadensersatz. Er hätte
nicht nur die Pflicht gehabt, so das Gericht, die entspre-
chenden Untersuchungen zu veranlassen, sondern auch
die Pflicht, auf die Möglichkeit einer Abtreibung hinzu-
weisen. Das hatte zur Folge, dass mittlerweile etwa zwei
Drittel der Schwangeren nach der zwölften Woche Prä-
nataldiagnostik durchführen lassen und dass bei mögli-
cher Behinderung zur Abtreibung geraten wird.

Die heute mehrmals getroffene Aussage, dass 80 Pro-
zent aller spätabgetriebenen Kinder nicht lebensfähig
seien, ist nirgendwo belegt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie der Abg. Renate Schmidt [Nürnberg] [SPD])


Aber es gibt immer wieder lebende Beispiele dafür, dass
trotz prognostizierter Behinderung ein gesundes Kind
zur Welt gebracht wird.

Viele Schwangere meinen im Vertrauen auf den Arzt,
alle Untersuchungsangebote wahrnehmen zu müssen. Es
gibt jedoch auch das Recht auf Nichtwissen; denn im
Zweifelsfall kommt es tatsächlich – das kann man nicht
wegreden – zu dem Automatismus: Pränataldiagnostik,
Befund einer möglichen Behinderung des Kindes,
Schwangerschaftsabbruch.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wie ist es mit der Zweitdiagnose?)


Deswegen ist eine Beratung vor und nach der Pränatal-
diagnostik unerlässlich.

Aus Studien ist bekannt, dass viele Frauen das jetzt
schon bestehende kostenlose Angebot einer psychoso-
zialen Beratung im Rahmen einer medizinischen Indika-
tion nicht kennen. Aber psychosoziale Beratung ist ge-
rade in diesen Fällen dringend erforderlich und eine ganz
große Hilfe für diese Schwangeren, für diese Eltern in

g
w

M
n
b
K
w
D
s
d
g
m
g

D
a
v
m
e
s

u
a
E
i
Z
G
d
j
e
b
b
g
s
z

R

H
m
f
h
S
s
s

(C (D roßer Not, und deswegen muss sie besser verankert erden. Studienbefunde zeigen, dass sich Frauen nach der itteilung über eine Erkrankung oder Behinderung ei es ungeborenen Kindes häufig in einem Schockzustand efinden. Das ist klar. Wenn ich mit einem gesunden ind rechne und eine solche Diagnose bekomme, dann eiß ich zunächst nicht, wie ich damit umgehen kann. aher, Frau Lambrecht, ist genügend Zeit für psycho oziale Beratung und für einen Reflexionsprozess unbeingt erforderlich, und zwar für alle Beteiligten. Desween fordern die Ärzte schon seit längerem auch bei der edizinischen Indikation eine Bedenkzeit von drei Ta en. Ich denke, es ist richtig, dass wir das einführen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP sowie der Abg. Renate Schmidt [Nürnberg] [SPD])


ie Schwangere kann sich in dieser Zeit mit der Frage
useinandersetzen, ob für sie ein Leben mit dem Kind
orstellbar ist. Aber auch der Vater des Kindes – das
öchte ich betonen – muss in diese Entscheidung mit

inbezogen werden. Mutter und Vater müssen gemein-
am eine verantwortbare Entscheidung treffen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Thilo Hoppe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, bereits 2001
nd 2004 hatte die CDU/CSU-Fraktion Anträge zur Spät-
btreibung in den Bundestag eingebracht, leider ohne
rfolg. Der jetzt vorliegende Gesetzentwurf der Union

st ein Ergebnis der Diskussion der letzten Jahre. Unser
iel war, zusammen mit dem Koalitionspartner einen
esetzentwurf vorlegen zu können. Ich bedauere sehr,
ass das nicht möglich war. Die heutige Debatte gibt mir
edoch die Hoffnung, dass sich hier im Bundestag doch
ine Mehrheit für eine bessere Regelung von Spätabtrei-
ungen findet; denn auch behinderte ungeborene Kinder
edürfen unseres Schutzes. Ebenso brauchen Schwan-
ere, die in einer ganz besonders schwierigen Lebens-
ituation sind, unsere besondere Hilfe und Unterstüt-
ung.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1619606300

Nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Carola

eimann.


Dr. Carola Reimann (SPD):
Rede ID: ID1619606400

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

erren! Mit der Debatte zu den Spätabtreibungen und
it den hier vorliegenden Anträgen und Gesetzentwür-

en verfolgen wir alle gemeinsam ein Ziel – das will ich
ier einmal unterstellen –, nämlich das Ziel, den
chwangeren und ihren Lebenspartnern, die eine
chwerwiegende Entscheidung zu treffen haben, in die-
er schwierigen und belastenden Situation zu helfen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


21168 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008


(A) )



(B) )


Dr. Carola Reimann
Hilfe und Unterstützung für die betroffenen Frauen
ohne unnötige oder gar bevormundende Vorschriften –
das ist der zentrale Aspekt des vorliegenden Antrags von
Christel Humme und anderen, die ihn unterzeichnet ha-
ben. Diesen Antrag möchte auch ich unterstützen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Ich will an dieser Stelle noch einmal ganz konkret
deutlich machen, wovon wir hier reden. Kein Außenste-
hender kann diesen leidvollen inneren Konflikt, den die
Betroffenen aushalten müssen, wirklich fassen. Führt
man sich die konkrete Situation des Spätabbruchs einmal
vor Augen, lässt sich aber erahnen, in welch schwieriger
Situation sich diese Paare befinden. Der Begriff „Spät-
abbruch“ entspricht auch nicht der Schwere und der Be-
deutung des Eingriffs. Die Begriffe „Spätabbruch“ oder
„Spätabtreibung“ verschleiern es sogar. Zu solch einem
späten Zeitpunkt der Schwangerschaft, also nach der
22. Woche, handelt es sich ja um weit entwickelte Föten.
Dieser Begriff verschleiert, dass es sich hier um Gebur-
ten – deutlicher gesagt: um Totgeburten – handelt. Nie-
mand kann allen Ernstes glauben, dass Frauen eine sol-
che Entscheidung leichtfertig treffen,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


zumal es sich in der Regel um gewünschte Schwanger-
schaften handelt.

Die Zahl der Abbrüche in dem genannten Zeitraum ist
rückläufig. Dieses Faktum haben wir heute mehrfach
vernommen. Wer an dieser Stelle den Frauen eine ge-
setzliche Bedenkzeit von drei Tagen auferlegen will,
stellt letztlich doch wieder den Vorwurf der Leichtfertig-
keit ihres Handelns in den Raum.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich will es hier auch noch einmal sagen: Abbrüche zu
diesem Zeitpunkt sind nur erlaubt, wenn die Fortsetzung
der Schwangerschaft die physische oder psychische Ge-
sundheit der Schwangeren gefährdet. Auch in diesem
Zusammenhang wirft für mich die Einführung einer Frist
eine ganz erhebliche Problematik auf. In Konsequenz
würde das nämlich bedeuten, es gäbe medizinische Indi-
kationen unterschiedlicher Art. Es würde dann eine ge-
setzliche Unterscheidung geben zwischen Gesundheits-
gefährdungen, die ohne Frist einen sofortigen Eingriff
erfordern, und Gesundheitsgefährdungen, bei denen man
erst nach drei Tagen, also einer gesetzlich verordneten
Bedenkzeit, eingreifen darf. Diese Unterscheidung halte
ich für problematisch. Ich kann mir auch nicht vorstel-
len, wie das in der Praxis funktionieren soll.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Kolleginnen und Kollegen, dieser schwere Eingriff
erfordert nicht die Einführung von Fristen, sondern eine
intensive Begleitung und Beratung sowie vor allen Din-
gen viel Unterstützung. Hier setzt unser Antrag an: Wir
wollen die bislang im Gendiagnostikgesetz nicht erfass-

t
l
v
p
r
t

S
s
i
p
V

t
s
B
s
d
t
k

D
s
F
f
i
s
M
o
s
d
e

z
t
r
L
i
z
s

c
d

(C (D en Untersuchungen im Rahmen der Mutterschaftsrichtinie in analoger Weise mit ärztlicher Beratungspflicht or und nach der Diagnostik, mit der Hinweispflicht auf sychosoziale Beratung und mit einer Qualitätssicheung – auch das wurde schon angesprochen – der Beraung verbinden. Wir wollen auch, dass das in dieser schwierigen ituation wirklich wichtige Vertrauensverhältnis zwichen Patientin und Arzt oder Ärztin erhalten bleibt. Die m Singhammer-Entwurf geforderte Dokumentationsflicht läuft dem komplett zuwider und würde dieses ertrauensverhältnis untergraben. (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Auf eine kurze Formel gebracht: Der vorliegende An-
rag von Christel Humme wird dieser außerordentlich
chwierigen Konfliktsituation gerecht, weil er für mehr
eratung, für mehr Hilfe und für mehr Unterstützung

orgt und keine unnötigen zusätzlichen Hürden, die von
en betroffenen Frauen und ihren Partnern nur als wei-
ere Belastung in dieser Situation empfunden werden
önnen, aufbaut.

Danke schön.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619606500

Das Wort hat die Kollegin Ulla Schmidt.


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1619606600

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ie vorgeburtliche Diagnose „Ihr Kind wird wahr-
cheinlich behindert sein“ bedeutet für Paare oder für
rauen eine soziale Herausforderung. Viele reagieren re-
lexartig zunächst einmal mit dem Satz: Nein, das kann
ch nicht, das will ich nicht. Sie fragen sich: Bin ich die-
er Herausforderung gewachsen? Schaffe ich es, das
ehr an Betreuung zu organisieren? Werden wir isoliert

der bleiben wir integriert? Hat mein Kind in dieser Ge-
ellschaft Chancen? Hat es das Recht auf Teilhabe? – All
as sind Dinge, die den Eltern behinderter Kinder – das
rzählen diese ja auch – durch den Kopf gehen.

In einer solchen Situation brauchen die Betroffenen
wei Dinge: Sie brauchen Beratung, wo Hilfen zu erwar-
en sind, und sie brauchen Zeit. Das Festlegen von Zeit-
äumen hat nichts damit zu tun, dass irgendjemandem
eichtfertigkeit unterstellt wird. Vielmehr braucht man

n einer derart schwierigen Situation Zeit, um zur Ruhe
u kommen, abzuwägen und nachzudenken, ehe man
ich entscheiden kann.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich habe heute gut zugehört. Alle sagen: Wir brau-
hen mehr Beratung. Das brauchten wir aber nicht, wenn
ie derzeitigen Beratungsangebote in Ordnung wären.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21169


(A) )



(B) )


Ulla Schmidt (Aachen)

Dann müsste man darüber nicht so diskutieren. Alle wol-
len, dass die Beratungsangebote ausgebaut werden. Für
mich ist ganz selbstverständlich, dass neben der ärztli-
chen Beratung das Angebot an psychosozialer Beratung
ausgebaut werden muss. Die Erfahrungen der letzten
Jahre zeigen: Notwendig ist eine gesetzliche Verpflich-
tung des Arztes, eine ärztliche Beratung der Frau anzu-
bieten,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


auf psychosoziale Beratungsangebote hinzuweisen und
an Selbsthilfeorganisationen und Behindertenorganisa-
tionen zu vermitteln. Nur so kann deutlich gemacht wer-
den, wie breit das Angebot ist.

Viele Eltern behinderter Kinder sagen, dass sie zu-
nächst Angst gehabt hätten vor dem, was auf sie zu-
kommt, weil sie nicht gewusst hätten, wie sie mit einem
behinderten Kind leben können bzw. wie lebenswert das
Leben mit einem behinderten Kind sein kann. Das zeigt,
dass die Beratung nicht immer die nötige Hilfe gebracht
hat. Viele Eltern sagen: Ich hätte mir mehr Beratung ge-
wünscht; es hätte mir das Leben leichter gemacht, und
ich hätte von Anfang an gewusst, auf welche Hilfen ich
nach der Geburt des Kindes zurückgreifen kann.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich urteile über
keine Frau, kein Elternteil, keine Eltern, die sich in einer
Konfliktsituation, auch nach der zwölften Schwanger-
schaftswoche, für einen Schwangerschaftsabbruch ent-
scheiden, weil sie meinen, dass die psychische und phy-
sische Gesundheit der Frau gefährdet ist, und in einem
Abbruch die einzige Lösung sehen. Diese Entscheidung
kann nur die Frau treffen. Aber es ist gut, wenn wir sie
bei dieser Entscheidung nicht allein lassen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Dazu gehört für mich, dass nur die Betroffenen entschei-
den können, ob sie die Beratung in Anspruch nehmen
wollen. Ich kann niemanden zur Beratung zwingen.
Aber ich kann auch keine Diskriminierung darin sehen,
wenn eine Beratung angeboten wird, zu der eine Frau
auch Nein sagen kann.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die heutige Debatte spiegelt das Spannungsverhält-
nis, das es bei jedem Schwangerschaftsabbruch gibt,
wider. Wir werden nie eine zufriedenstellende Lösung
finden können, weil immer gegensätzliche Interessen ab-
gewogen werden müssen. Auch die vorliegenden An-
träge spiegeln die Breite der Diskussion über diese Frage
wider, wie sie in der Gesellschaft stattfindet. Ich bin al-
lerdings dafür, dass wir dabei ehrlich miteinander umge-
hen. Es geht hier nicht um eine medizinische Indikation
in dem Sinne, dass eine schnelle Entscheidung für das
Leben der Mutter oder das Leben des Kindes getroffen
werden und der Arzt dementsprechend schnell eingrei-
fen muss.

V
d
f
d
a

d
r
d
z
ß
b
R
S
k
M
L
a
e
t

g
k
P
s
t
n
K
s
w
a
v
n
s

h
h
A

H
t
m
m

(C (D (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ielmehr reden wir über eine medizinische Indikation in
em Sinne, dass die psychische Gesundheit der Frau in-
olge der Diagnose, dass ihr Kind wahrscheinlich behin-
ert zur Welt kommen wird, gefährdet ist. Über nichts
nderes reden wir hier.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Deshalb handelt es sich um eine schwierige Entschei-
ung. Ich kann hier nur meine Gründe dafür nennen, wa-
um ich den Antrag von Kerstin Griese unterstütze. In
ieser schwierigen Situation, in der es um die Abwägung
weier Rechtsgüter geht – das Recht des Kindes, das au-
erhalb des Mutterleibs in den meisten Fällen überle-
ensfähig ist, ob behindert oder nichtbehindert, und das
echt der Mutter auf körperliche Unversehrtheit und
chutz vor psychischen und physischen Gesundheitsrisi-
en –, ist für mich der Respekt vor den behinderten
enschen, der Respekt vor den Eltern, die sich für ein

eben mit einem behinderten Kind entschieden haben,
ber auch der Respekt vor den Frauen, die sich dagegen
ntschieden haben, entscheidend. Dieser Respekt gebie-
et es, die Beratungsangebote auszubauen.

Da sind wir nicht weit auseinander; daran können wir
emeinsam arbeiten. Wir sollten gemeinsam – das
ommt hier auch zum Ausdruck – dafür sorgen, dass der
aradigmenwechsel von der Fürsorge zur Teilhabe, zum
elbstbestimmten Leben behinderter und nichtbehinder-
er Kinder sich durchsetzt. Ich glaube, wir vergeben uns
ichts, wenn wir dem Wunsch der Eltern behinderter
inder und auch dem Wunsch von vielen Menschen, die

ich anders entschieden haben, entgegenkommen, indem
ir sagen: Jawohl, wir wollen, dass ein Beratungs-

ngebot verpflichtend wird. Jawohl, wir wollen auch
erankern, dass es dazwischen eine Zeit gibt, in der man
achdenken kann. Dann werden wir die getroffene Ent-
cheidung respektieren.

Das ist für mich der entscheidende Grund dafür, wes-
alb ich für den Antrag von Kerstin Griese bin und wes-
alb ich glaube, dass der Bundestag gut daran tut, diese
rgumente hier zu diskutieren.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619606700

Das Wort hat die Kollegin Birgitt Bender.


Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619606800

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

err Singhammer, Sie haben zur Begründung Ihres An-
rages zwei Ziele genannt. Das eine Ziel – ich sage es in

einen Worten – ist eine Gesellschaft, in der Menschen
it Behinderungen selbstverständlich dazugehören. Sie

21170 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008


(A) )



(B) )


Birgitt Bender
haben Ihre Sorge geäußert, dass insbesondere Menschen
mit Downsyndrom ausgegrenzt werden. Ich glaube, das
Ziel und diese Sorge teilen wir alle, die wir hier sitzen.

An dieser Stelle muss ich Ihnen, Herr Singhammer
– das sage ich in aller Ruhe –, etwas sagen. Ich komme
aus Baden-Württemberg. Sie wissen, dass Baden-
Württemberg eine CDU-geführte Landesregierung hat
und der Kultusminister der CDU angehört. Wenn Sie in
der Sorge um die Rechte von Kindern mit Behinderun-
gen nach Baden-Württemberg kommen, dann werden
Sie auf Eltern treffen, die Kinder mit Downsyndrom ha-
ben und die einen verzweifelten Kampf darum führen,
dass diese Kinder an einer baden-württembergischen Re-
gelschule am Unterricht teilhaben dürfen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Ich kann Ihnen nur raten und Sie nachdrücklich bit-
ten, Herr Singhammer, die Waldorfschule in Emmendin-
gen zu besuchen. Die Waldorfschule in Emmendingen
hat mehrere Jahre lang Kinder mit Behinderungen im
Grundschulalter gemeinsam mit Kindern ohne Behinde-
rung unterrichtet. Nun ist die Grundschulzeit vorbei, und
es geht um den weiterführenden Unterricht. Was macht
die baden-württembergische Kultusbürokratie? Sie ver-
sucht, diese Schule zu zwingen, wegen dieser Kinder
einen eigenen Sonderschulbereich einzurichten. Widri-
genfalls wird sie dazu gezwungen, diese Kinder mit Be-
hinderung vor die Tür zu setzen.


(Hubert Hüppe [CDU/CSU]: Reden Sie doch einmal zum Thema!)


Herr Singhammer, ist das wirklich das, was wir uns
unter einer Teilhabe von Menschen mit Behinderungen
gemeinsam vorstellen? Ich würde mir wünschen, dass
die CDU – Baden-Württemberg ist nicht das einzige
Land, in dem es solche Probleme gibt – darüber nach-
denkt und ihre Politik ändert.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619606900

Kollegin Bender, gestatten Sie eine Zwischenfrage

der Kollegin Eichhorn?


Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619607000

Nein, im Moment nicht.

Ich habe ein weiteres Anliegen. Da bin ich etwas opti-
mistischer, weil in Ihrer Rede das Stichwort Gen-
diagnostikgesetz fiel, Herr Singhammer, und weil Sie,
Frau Falk, das Problem vorhin kurz angesprochen haben.
Es liegt ein Regierungsentwurf für ein Gendiagnostikge-
setz vor. Es ist gut und richtig, dass darin festgeschrieben
ist, dass vor genetischen Untersuchungen eine Beratung
erfolgen muss. Heute ist es aber technisch möglich, ei-
nen Embryo auch auf erblich bedingte Krankheiten hin
zu untersuchen, die erst im Erwachsenenalter ausbre-
chen werden. Der Gesetzentwurf in der vorgelegten
Form lässt dies ausdrücklich zu.

ß
C
m
w
e
i
s
f
a
k
M
e
e
a
s
w
s
d
d

s
T
z
u
F
g
H
d
t

Z
v
I
u
l
t
G
L
b
s
K
o
e
Ä
d
k
z
h
E
t

l

(C (D Frau Falk, Sie haben Ihr Unbehagen darüber geäuert. Ich schließe aus dem Beifall vonseiten der CDU/ SU und daraus, dass Renate Schmidt gesagt hat, es üsse nicht jede vorgeburtliche Untersuchung gemacht erden, dass die Bereitschaft besteht, über den Gesetz ntwurf noch einmal nachzudenken. Wenn etwa – leider st es nicht Science-Fiction, weil dies in Nachbarländern chon gemacht wird – bei einem weiblichen Embryo estgestellt wird, dass ein 60-prozentiges Risiko besteht, ls erwachsene Frau Brustkrebs zu bekommen, dann ann nach Ansicht der Rechtsexperten des zuständigen inisteriums mitnichten ausgeschlossen werden, dass ine medizinische Indikation ausgestellt wird, es also zu iner Abtreibung kommt. Aber wir müssen uns natürlich uch fragen, wie ein Mädchen eigentlich aufwachsen oll, dessen Eltern von diesem Risiko wissen und dem ja ohl das Recht auf Nichtwissen genommen wird. Ich etze darauf, dass wir nach der Anhörung den Entwurf es Gendiagnostikgesetzes entsprechend ergänzen weren. Weil meine Redezeit zu Ende geht, will ich zum Abchluss sagen: Ich finde es wichtig, dass wir uns für das eilhaberecht von Menschen mit Behinderungen einseten. Ob Beratungspflichten, Dokumentationspflichten nd gesetzliche Fristen eine Unterstützung sind für rauen, die ganz spät in der Schwangerschaft einen soenannten auffälligen Befund erhalten – dabei geht es, err Singhammer, in der Regel nicht um das Downsynrom –, wage ich zu bezweifeln. So werden Sie Ihr zweies Ziel – Hilfe für die einzelne Frau – nicht erreichen. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619607100

Das Wort hat der Kollege Thilo Hoppe.


Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619607200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

um Schluss der Debatte noch eine Position, die sich
on dem bisher Gesagten in einem Punkt unterscheidet.
ch rede für eine noch kleine Gruppe von Kolleginnen
nd Kollegen aus vier Fraktionen, die sich für eine wirk-
ich verbindliche psychosoziale Beratung durch Bera-
ungsstellen einsetzen. Ich bitte Sie herzlich, alle alten
rabenkämpfe und auch völlig unpassende Rechts-
inks-Einordnungen bei diesem Thema beiseitezuschie-
en und sich einmal vorurteilsfrei folgender Konflikt-
ituation zu stellen: Nach dem Befund „behindertes
ind“ gibt es kein Problem, wenn die betroffene Frau
der das betroffene Paar auf einen verständnisvollen,
infühlsamen, verantwortungsbewussten Arzt oder eine
rztin trifft, der oder die auch wirklich gut beraten und
ie Betroffenen begleiten. Es kann aber auch anders
ommen, wie mir das von mehreren berichtet wurde,
um Beispiel von einer jungen Frau, die mir geschrieben
at: Der Arzt zeigte mir das Ultraschallbild und sagte als
rstes: Sind Sie wirklich sicher, dass Sie das noch aus-

ragen wollen?

Ich habe in der eigenen Verwandtschaft den Fall er-
ebt, dass eine Mutter nach einer entsprechenden Dia-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21171


(A) )



(B) )


Thilo Hoppe
gnose gar nicht erst gefragt wurde, wie es ihr damit geht,
sondern dass ihr von zwei Ärztinnen der Abbruch nahe-
gelegt wurde. Sie hat sich trotz großer Zweifel, trotz gro-
ßer Verunsicherung gegen einen Abbruch entschieden
und ein kerngesundes Kind zur Welt gebracht. Ich weiß
nicht, wie oft so etwas geschieht. Möglicherweise ist das
ein krasser Einzelfall. Aber wir wissen aus Untersuchun-
gen, dass sich viele Frauen, viele Paare schlecht beraten
und alleingelassen fühlen.


(Zuruf von der SPD: Man muss die Ausbildung der Ärzte verbessern!)


Jetzt möchte ich auf eine Schwachstelle der drei Ge-
setzentwürfe hinweisen, die wir grundsätzlich sehr be-
grüßen. Was passiert in einem solchen Fall? Der Arzt,
der zu einer pränatalen Untersuchung geraten und eine
Vielzahl solcher Untersuchungen durchgeführt hat,
würde in die Pflicht genommen, psychosozial zu beraten


(Christel Riemann-Hanewinckel [SPD]: Nein, der kann das doch gar nicht!)


oder auf entsprechende Beratungsstellen hinzuweisen.
Er ist dafür aber gar nicht ausgebildet. Unsere Befürch-
tung ist, dass diese gesetzliche Pflicht formal abgetan
werden kann, indem ein Arzt ähnlich wie vor einer Un-
tersuchung, vor einer Operation sagt: Aufgrund neuer
gesetzlicher Vorschriften bin ich verpflichtet, Sie auf
dieses und jenes hinzuweisen, Ihnen eine Broschüre zu
überreichen und Sie auf das Angebot von Beratungsstel-
len aufmerksam zu machen. Dieses Angebot müssen Sie
nicht annehmen. Sie können eine Verzichtserklärung un-
terschreiben und quittieren, dass ich meine Pflicht erfüllt
habe. – Das Ganze ist dann ein Akt von wenigen Sekun-
den.

Wir wollen nicht mehr und nicht weniger als das, was
bereits im „normalen“ Schwangerschaftskonfliktfall gilt:
dass eine psychosoziale Beratung in Anspruch genom-
men werden muss, bevor dann am Schluss die Indikation
erstellt wird.

Ist man in dieser Debatte ehrlich, so erkennt man: Es
gibt de facto eine Entscheidungsfreiheit. Ich glaube, es
ist auch gut so, dass man keine Frau gegen ihren Willen
zwingt, ein behindertes Kind auszutragen. Wenn das
aber so ist, dann müssen wir wirklich alles dafür tun,
dass diese Frauen, diese Paare optimal begleitet werden
und nicht nur eine Beratung durch den Gynäkologen er-
halten, sondern auch Unterstützung seitens einer Bera-
tungsstelle, durch Berater und Beraterinnen, die dafür
auch wirklich ausgebildet sind.

Das ist die Zielrichtung unseres Anliegens. Ich
möchte Sie herzlich bitten, im Rahmen der Anhörung
auch diese Vorschläge vorurteilsfrei zu prüfen.

Danke schön.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU, der SPD und der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619607300

Ich schließe die Aussprache.

d
u
A
d
b

d

3

(C (D Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf en Drucksachen 16/11106, 16/11342, 16/11347, 16/11330 nd 16/11377 an die in der Tagesordnung aufgeführten usschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanen? – Das ist der Fall. Dann sind die Überweisungen so eschlossen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 33 a bis 33 d sowie ie Zusatzpunkte 2 a bis 2 c und den Zusatzpunkt 3 d auf: 3 a)

Mechthild Dyckmans, Jens Ackermann, Dr. Karl
Addicks, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der FDP

Leerlaufen des Vorrechts der Wohnungseigen-
tümer in der Zwangsversteigerung beenden
– Drucksache 16/9453 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Bernd
Siebert, Ulrich Adam, Ernst-Reinhard Beck

(Reutlingen), weiterer Abgeordneter und der

Fraktion der CDU/CSU
sowie der Abgeordneten Rainer Arnold,
Dr. Hans-Peter Bartels, Petra Heß, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion der SPD

Betreuung bei posttraumatischen Belastungs-
störungen stärken und weiterentwickeln
– Drucksache 16/11410 –
Überweisungsvorschlag:
Verteidigungsausschuss (f)

Ausschuss für Gesundheit
Haushaltsausschuss

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Volker
Schneider (Saarbrücken), Dr. Lothar Bisky,
Cornelia Hirsch, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion DIE LINKE

Verlässliche Bildungsförderung für Erwach-
sene noch in dieser Legislatur auf den Weg
bringen
– Drucksache 16/11374 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Paul
Schäfer (Köln), Monika Knoche, Hüseyin-Kenan
Aydin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
DIE LINKE

Internationale Ächtung des Söldnerwesens
und Verbot der Erbringung militärischer
Dienstleistungen durch Privatpersonen und
Unternehmen
– Drucksache 16/11375 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)


21172 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008


(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Petra Pau
Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

ZP 2a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Patrick
Döring, Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Horst
Friedrich (Bayreuth), weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der FDP

Ausnahmeregelung für Fahrerlaubnisse von
Angehörigen der Feuerwehren, des Rettungs-
dienstes und des Katastrophenschutzes schaf-
fen

– Drucksache 16/10884 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Innenausschuss

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Klaus
Brähmig, Klaus Riegert, Jürgen Klimke, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU
sowie der Abgeordneten Annette Faße,
Dr. Reinhold Hemker, Dr. Peter Danckert, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Potentiale von Tourismus und Sport erkennen
und fördern

– Drucksache 16/11402 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Tourismus (f)

Auswärtiger Ausschuss
Sportausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Haushaltsausschuss

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Klaus
Brähmig, Jürgen Klimke, Dr. Hans-Peter
Friedrich (Hof), weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der CDU/CSU
sowie der Abgeordneten Annette Faße,
Dr. Reinhold Hemker, Gregor Amann, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Potentiale von Migranten für den internatio-
nalen Tourismus nutzen

– Drucksache 16/11403 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Tourismus (f)

Auswärtiger Ausschuss
Innenausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Haushaltsausschuss

ZP 3d)Beratung des Antrags der Abgeordneten
Christian Ahrendt, Dr. Max Stadler, Gisela Piltz,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

t

d
ü
D
a
B
d
f
H
e
w

3
b
V

e
w
u
G
W
e
d
u
S

u
G
W
e

(C (D Notfinanzierungsmittel für EXIT-Deutschland zur Verfügung stellen – Drucksache 16/11378 – Überweisungsvorschlag: Innenausschuss Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Haushaltsausschuss Es handelt sich um Überweisungen im vereinfachen Verfahren ohne Debatte. Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen an ie in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu berweisen. Der Antrag der Fraktion der FDP auf rucksache 16/11378 – das ist der Zusatzpunkt 3 d – soll bweichend von der Tagesordnung zur federführenden eratung an den Innenausschuss und zur Mitberatung an en Ausschuss für Arbeit und Soziales, den Ausschuss ür Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie an den aushaltsausschuss überwiesen werden. Sind Sie damit inverstanden? – Das ist der Fall. Dann sind die Übereisungen so beschlossen. Wir kommen zu den Tagesordnungspunkten 34 a und 4 c bis 34 o sowie die Zusatzpunkte 3 a bis 3 c und 3 e is 3 m. Es handelt sich um die Beschlussfassung zu orlagen, zu denen keine Aussprache vorgesehen ist. Tagesordnungspunkt 34 a: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Suchdienstedatenschutzgesetzes – Drucksachen 16/10813, 16/10998 – Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses – Drucksache 16/11253 – Berichterstattung: Abgeordnete Beatrix Philipp Dr. Michael Bürsch Gisela Piltz Jan Korte Silke Stokar von Neuforn Der Innenausschuss empfiehlt in seiner Beschlussmpfehlung auf Drucksache 16/11253, den Gesetzenturf der Bundesregierung auf den Drucksachen 16/10813 nd 16/10998 anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem esetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. – er stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetz ntwurf ist damit in zweiter Beratung mit den Stimmen er Unionsfraktion, der SPD-Fraktion, der FDP-Fraktion nd der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gegen die timmen der Fraktion Die Linke angenommen. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – er stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetz ntwurf ist damit angenommen. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21173 Vizepräsidentin Petra Pau Tagesordnungspunkt 34 c: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Agrarstatistikgesetzes und des Rinderregistrierungsdurchführungsgesetzes – Drucksache 16/10994 – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz – Drucksache 16/11413 – Berichterstattung: Abgeordnete Franz-Josef Holzenkamp Dr. Wilhelm Priesmeier Hans-Michael Goldmann Dr. Kirsten Tackmann Cornelia Behm Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/11413, den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache 16/10994 in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den Stimmen der Unionsfraktion, der SPD-Fraktion und der Fraktion Die Linke gegen die Stimmen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung der FDP-Fraktion angenommen. Dritte Beratung und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetzentwurf ist mit demselben Abstimmungsergebnis wie in der zweiten Lesung angenommen. Tagesordnungspunkt 34 d: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Innenausschusses dem Antrag der Abgeordneten Omid Nouripour, Silke Stokar von Neuforn, Wolfgang Wieland, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Das Schengen Informationssystem im europäischen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts transparent und bürgerrechtsfreundlich gestalten – Drucksachen 16/5966, 16/8164 – Berichterstattung: Abgeordnete Ralf Göbel Wolfgang Gunkel Hartfrid Wolff Jan Korte Silke Stokar von Neuforn Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/8164, den Antrag der Fraktion B l W s l D d W i t t g t g h (C (D ündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 16/5966 abzuehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – er stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die Bechlussempfehlung ist angenommen. Tagesordnungspunkt 34 e: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz der Verordnung der Bundesregierung Erste Verordnung zur Änderung der Klärschlamm-Entschädigungsfondsverordnung – Drucksachen 16/11022, 16/11125 Nr. 2.2, 16/11379 – Berichterstattung: Abgeordnete Johannes Röring Gustav Herzog Hans-Michael Goldmann Dr. Kirsten Tackmann Cornelia Behm Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehung auf Drucksache 16/11379, der Verordnung auf rucksache 16/11022 zuzustimmen. Wer stimmt für iese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – er möchte sich enthalten? – Die Beschlussempfehlung st einstimmig angenommen. Wir kommen zu den Beschlussempfehlungen des Peitionsausschusses. Tagesordnungspunkt 34 f: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 496 zu Petitionen – Drucksache 16/11280 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthalungen? – Die Sammelübersicht 496 ist einstimmig anenommen. Tagesordnungspunkt 34 g: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 497 zu Petitionen – Drucksache 16/11281 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthalungen? – Die Sammelübersicht 497 ist einstimmig anenommen. Tagesordnungspunkt 34 h: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 498 zu Petitionen – Drucksache 16/11282 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer entält sich? – Die Sammelübersicht 498 ist angenommen. 21174 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 Vizepräsidentin Petra Pau Tagesordnungspunkt 34 i: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 499 zu Petitionen – Drucksache 16/11283 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Die Sammelübersicht 499 ist einstimmig angenommen. Tagesordnungspunkt 34 j: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 500 zu Petitionen – Drucksache 16/11284 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Sammelübersicht 500 ist angenommen. Tagesordnungspunkt 34 k: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 501 zu Petitionen – Drucksache 16/11285 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Die Sammelübersicht 501 ist angenommen. Tagesordnungspunkt 34 l: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 502 zu Petitionen – Drucksache 16/11286 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die Sammelübersicht 502 ist angenommen. Tagesordnungspunkt 34 m: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 503 zu Petitionen – Drucksache 16/11287 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Die Sammelübersicht 503 ist angenommen. Tagesordnungspunkt 34 n: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 504 zu Petitionen – Drucksache 16/11288 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? –Enthaltungen? – Die Sammelübersicht 504 ist angenommen. Tagesordnungspunkt 34 o: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses h m m a S D a m t m S d 1)


(A) )


(B) )


(A) )


(B) )

(C


(D Sammelübersicht 505 zu Petitionen – Drucksache 16/11289 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer entält sich? – Die Sammelübersicht 505 ist angenommen. Zusatzpunkt 3 a: Beratung der Beschlussempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuss)

marktadäquaten Steuerung der Zuwanderung
Hochqualifizierter und zur Änderung weiterer

(Arbeitsmigrationssteuerungsgesetz)


– Drucksachen 16/10288, 16/10722, 16/10914,
16/11166, 16/11390 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Dr. Norbert Röttgen

Wer stimmt für die Beschlussempfehlung des Ver-
ittlungsausschusses? – Wer stimmt dagegen? – Wer
öchte sich enthalten? – Die Beschlussempfehlung ist

ngenommen.

Zusatzpunkt 3 b:

Beratung der Beschlussempfehlung des Aus-

(Vermittlungsausschuss)

von Gefahren des internationalen Terrorismus
durch das Bundeskriminalamt

– Drucksachen 16/9588, 16/10121, 16/10822,
16/11167, 16/11227, 16/11391 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Thomas Oppermann

Der Vermittlungsausschuss hat gemäß § 10 Abs. 3
atz 1 seiner Geschäftsordnung beschlossen, dass im
eutschen Bundestag über die Änderungen gemeinsam

bzustimmen ist.

Wer stimmt für die Beschlussempfehlung des Ver-
ittlungsausschusses? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-

ungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stim-
en der Unionsfraktion und der SPD-Fraktion gegen die
timmen der FDP-Fraktion, der Fraktion Die Linke und
er Fraktion Bündnis 90/Die Grünen angenommen.1)

Zusatzpunkt 3 c:

Beratung der Beschlussempfehlung des Aus-

(Vermittlungsausschuss)

rung von Familien und haushaltsnahen

(Familienleistungsgesetz – FamLeistG)


– Drucksachen 16/10809, 16/11001, 16/11172,
16/11191, 16/11329, 16/11392 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Dr. Michael Meister

Anlage 3

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21175


(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Petra Pau
Wer stimmt für die Beschlussempfehlung des Ver-
mittlungsausschusses? – Wer stimmt dagegen? – Wer
enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist mit den
Stimmen der Unionsfraktion und der SPD-Fraktion bei
Enthaltung der FDP-Fraktion, der Fraktion Die Linke
und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen angenommen.

Wir kommen zu den Zusatzpunkten 3 e bis 3 m. Da-
bei handelt es sich um weitere Beschlussempfehlungen
des Petitionsausschusses.

Zusatzpunkt 3 e:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 506 zu Petitionen

– Drucksache 16/11393 –

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer ent-
hält sich? – Die Sammelübersicht 506 ist einstimmig an-
genommen.

Zusatzpunkt 3 f:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 507 zu Petitionen

– Drucksache 16/11394 –

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer ent-
hält sich? – Die Sammelübersicht 507 ist mit den Stim-
men der Unionsfraktion, der SPD-Fraktion und der FDP-
Fraktion gegen die Stimmen der Fraktion Die Linke bei
Enthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ange-
nommen.

Zusatzpunkt 3 g:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 508 zu Petitionen

– Drucksache 16/11395 –

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer ent-
hält sich? – Die Sammelübersicht 508 ist mit den Stim-
men der Unionsfraktion, der SPD-Fraktion, der FDP-
Fraktion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bei
Enthaltung der Fraktion Die Linke angenommen.

Zusatzpunkt 3 h:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 509 zu Petitionen

– Drucksache 16/11396 –

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Gibt es
Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Die
Sammelübersicht 509 ist damit einstimmig angenom-
men.

t
m
F
d

E
S
F
G
m

h
m
F
E
n

h
m
t
d

E
S

(C (D Zusatzpunkt 3 i: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 510 zu Petitionen – Drucksache 16/11397 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthalungen? – Die Sammelübersicht 510 ist mit den Stim en der Unionsfraktion, der SPD-Fraktion, der FDPraktion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gegen ie Stimmen der Fraktion Die Linke angenommen. Zusatzpunkt 3 j: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 511 zu Petitionen – Drucksache 16/11398 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Gibt es nthaltungen? – Die Sammelübersicht 511 ist mit den timmen der Unionsfraktion, der SPD-Fraktion, der raktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die rünen gegen die Stimmen der FDP-Fraktion angenomen. Zusatzpunkt 3 k: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 512 zu Petitionen – Drucksache 16/11399 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer entält sich? – Die Sammelübersicht 512 ist mit den Stimen der Unionsfraktion, der SPD-Fraktion und der FDPraktion gegen die Stimmen der Fraktion Die Linke bei nthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen angeommen. Zusatzpunkt 3 l: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 513 zu Petitionen – Drucksache 16/11400 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer entält sich? – Die Sammelübersicht 513 ist mit den Stimen der Unionsfraktion, der SPD-Fraktion und der Frak ion Die Linke gegen die Stimmen der FDP-Fraktion und er Fraktion Bündnis 90/Die Grünen angenommen. Zusatzpunkt 3 m: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 514 zu Petitionen – Drucksache 16/11401 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Gibt es nthaltungen? – Die Sammelübersicht 514 ist mit den timmen der Unionsfraktion, der SPD-Fraktion und der 21176 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 Vizepräsidentin Petra Pau Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der Fraktion der FDP und der Fraktion Die Linke angenommen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 6 a bis 6 h sowie den Zusatzpunkt 4 auf: 6 a)


(A) )


(B) )

Höhn, Hans-Josef Fell, Sylvia Kotting-Uhl, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Klima- und umweltschädliche Subventionen
abbauen

– Drucksache 16/11206 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss
Federführung strittig

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Bärbel
Höhn, Hans-Josef Fell, Renate Künast, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Neue Kohlekraftwerke verhindern – Geneh-
migungsrecht verschärfen

– Drucksache 16/10617 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Bärbel
Höhn, Hans-Josef Fell, Cornelia Behm, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Internationalen Klimaschutz stärken – Miss-
brauch von CDM-Projekten verhindern

– Drucksache 16/10820 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung

d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Eva
Bulling-Schröter, Dr. Gesine Lötzsch, Dr. Dietmar
Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
DIE LINKE

Bei Klimaverhandlung in Poznan den Weg für
Kyoto II frei machen

– Drucksache 16/11246 –

e) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit (16. Ausschuss) zu dem
Antrag der Abgeordneten Bärbel Höhn, Hans-
Josef Fell, Sylvia Kotting-Uhl, weiterer Abgeord-

(C (D neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Neuer Schwung für die Klimaverhandlungen – Poznan zum Erfolg machen – Drucksachen 16/11024, 16/11415 – Berichterstattung: Abgeordnete Andreas Jung Frank Schwabe Michael Kauch Eva Bulling-Schröter Bärbel Höhn f)

richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit (16. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Horst
Meierhofer, Michael Kauch, Angelika
Brunkhorst, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der FDP

Barrieren für die Einführung der CCS-
Technologie überwinden – Voraussetzungen
für einen praktikablen und zukunftsweisen-
den Rechtsrahmen schaffen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Michael
Kauch, Horst Meierhofer, Gudrun Kopp, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Potenziale der Abtrennung und Ablagerung
von CO2 für den Klimaschutz nutzen

– Drucksachen 16/9454, 16/5131, 16/10394 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Ulrich Petzold
Marco Bülow
Horst Meierhofer
Eva Bulling-Schröter
Bärbel Höhn

g) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Ernährung, Landwirt-
schaft und Verbraucherschutz (10. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Renate Künast,
Bärbel Höhn, Cornelia Behm, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN

Den Klimawandel wirksam durch Urwald-
schutz bekämpfen – Agrarüberschüsse in den
Erhalt der Urwälder investieren

– Drucksachen 16/7710, 16/8877 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Hans-Heinrich Jordan
Gustav Herzog
Hans-Michael Goldmann
Dr. Kirsten Tackmann
Cornelia Behm

h) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für wirtschaftliche Zu-
sammenarbeit und Entwicklung (19. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Thilo Hoppe,

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21177


(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Petra Pau
Bärbel Höhn, Undine Kurth (Quedlinburg), wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Tropenwaldschutz braucht solide Finanzie-
rung – Entwaldung vermeiden, Klima- und
Biodiversität schützen

– Drucksachen 16/9065, 16/11346 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Christian Ruck
Dr. Sascha Raabe
Dr. Karl Addicks
Hüseyin-Kenan Aydin
Thilo Hoppe

ZP 4 Beratung des Antrags der Abgeordneten Sylvia
Kotting-Uhl, Bärbel Höhn, Hans-Josef Fell, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Rücknahmesystem für gebrauchte Energie-
sparlampen im Handel einrichten

– Drucksache 16/11387 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich höre keinen
Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle-
gin Bärbel Höhn, Bündnis 90/Die Grünen.


Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619607400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Von den Sammelübersichten kommen wir jetzt wieder
zu einem inhaltlichen Thema, nämlich zum Klima-
schutz.


(Iris Gleicke [SPD]: Aber auch die Sammelübersichten sind ganz wichtig!)


Ich muss sagen: Als ich in Poznan war, war ich nicht
auf meiner ersten Klimakonferenz; ich war schon auf
vielen Klimakonferenzen, und es war immer ein gutes
Gefühl, Mitglied der deutschen Delegation zu sein; denn
Deutschland war Vorreiter in der EU, und die EU war
Vorreiter auf diesen Klimakonferenzen. Wenn ich an die
Konferenz auf Bali vor einem Jahr denke, dann erinnere
ich mich, dass die Rede von Minister Gabriel dort mit
großem Beifall aufgenommen worden ist. Die Rolle
Deutschlands auf Bali war sehr aktiv – auch innerhalb
der EU.

Das war in Poznan vollkommen anders, und das hatte
auch damit zu tun, dass die Kanzlerin selber und die
Bundesregierung vollkommen andere Zeichen gesetzt
hatten. Die Kanzlerin war noch einmal zu ihrem Kolle-
gen nach Polen gefahren und hatte um Unterstützung für
die Kohle nachgesucht. Das zweite wichtige Thema dort
waren Ausnahmen für große Spritschlucker, also große
Autos. Genau diese zwei wichtigen Themen haben dazu

g
D

u
t
K
a

T
D
r
W
v

C
d
u
a
k
r

D
n
d
M
s
p

D
A
s
D
n

d
s
W
s
D
d
g
s
d
s
R

O
I
V
O
d

(C (D eführt, dass es eine Enttäuschung über die EU, eutschland und Angela Merkel gab, nd zwar nicht nur bei der Opposition – so viel Opposiion war in Poznan ja gar nicht vertreten, als dass sie das lima hätte bestimmen können –, sondern zum Beispiel uch bei den NGOs. Angela Merkel hat den Antiumweltpreis „Fossil des ages“ erhalten. Es gab eine weitere Demonstration. ort standen Eisfiguren, um die Schärpen gebunden wa en. Auf jeder stand in einer anderen Sprache: Europa – o bist du? Tatsächlich haben also alle die Vorreiterrolle on Europa vermisst. Für die Debatte heute hat der Kollege Lintner von der DU/CSU lange suchen müssen, bis er einen Artikel in er Süddeutschen Zeitung fand, in dem Angela Merkel nd die Bundesregierung auch gelobt wurden. Es gibt ber auch noch ganz andere: Die meisten anderen Artiel waren eine massive Klatsche für diese Bundesregieung. ort hieß es nämlich: vom Antreiber zum Bremser. – Ich enne hier einmal einige Überschriften: „Abschied von er Klima-Kanzlerin?“, „EU-Gipfel: Ausgerechnet erkel bremst“, „Die Klimakanzlerin dankt ab“, „Auf tieg und Fall der Klimakanzlerin“ und „Merkel entuppt sich als Klima-Fossil“. (Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: So redet die Opposition!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


as alles steht über Fotos vom letzten Jahr, auf denen
ngela Merkel noch vor den großen Eisbergen stand, als

ie sich ganz groß als Klimaschützerin präsentiert hatte.
ie Bundesregierung hat das Klimapaket verwässert und
icht verbessert.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ganz verheerend war es in diesem Zusammenhang,
ass Angela Merkel immer den Zusammenhang zwi-
chen Klimaschutz und Arbeitsplätzen hergestellt hat:
er etwas für die Arbeitsplätze tun will, der darf in die-

em Moment nicht mehr viel für den Klimaschutz tun. –
er Vertreter der Entwicklungsländer aus Guyana hat
as auf der Eröffnungsveranstaltung der Konferenz auf-
egriffen und gesagt: Wenn die EU sagt, dass Klima-
chutz nur in wirtschaftlich guten Zeiten funktioniert,
ann frage ich, wie wir unseren armen Ländern erklären
ollen, dass sie etwas für den Klimaschutz tun müssen. –
echt hat der Mann. Europa muss hier vorangehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE])


Ban Ki-moon hat für grüne Arbeitsplätze geworben.
bama gibt ein Zeichen für neue Arbeitsplätze, und die

ndustrie hier sagt: Wir haben Angst, dass wir unsere
orreiterrolle beim Umweltschutz verlieren, wenn
bama so vorangeht. Ja, wir müssen Angst haben; denn
as ist ein Riesenpotenzial. Roland Berger und auch

21178 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008


(A)



(B) )


Bärbel Höhn
McKinsey – das sind keine Grünen – sagen, dass die
Zahl von 1,5 Millionen Arbeitsplätzen im Umweltbe-
reich bis zum Jahr 2020 auf 3 Millionen gesteigert wer-
den kann. Das ist das Potenzial an Arbeitsplätzen im
Umweltbereich.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Töpfer hat es mit folgenden Worten auf den Punkt ge-
bracht: „Wir haben es verpasst, zwei Krisen gleichzeitig
in Angriff zu nehmen.“ Es geht darum, den Klimaschutz
nach vorne zu bringen, Arbeitsplätze zu schaffen und da-
mit auch in dieser Finanzkrise ein Zeichen zu setzen,
dass wir zu einem Aufbruch bereit sind und neue Pro-
dukte brauchen. Das wäre die richtige Antwort.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Angesichts der Beschlüsse des Brüsseler Klimapakets
muss ich sagen: Die vereinbarten CO2-Grenzwerte für
Autos sind schon verheerend. Erinnern wir uns: 2008
sollte nach der freiwilligen Selbstverpflichtung der Au-
tomobilindustrie der Ausstoß der Autos bei 140 Gramm
pro Kilometer liegen. In Deutschland liegt der Ausstoß
momentan noch bei 168, nicht bei 140. Das, was jetzt
beschlossen worden ist, bedeutet, dass der Ausstoß auch
2012 mit allen Ausnahmen, die es gibt, in Europa bei
durchschnittlich 160 Gramm pro Kilometer liegen darf.
Das wäre eine Pause von vier Jahren beim Klimaschutz
für große Spritschlucker. Das können wir nicht hinneh-
men.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Hinzu kommt noch, dass dies mit einem Dienst-
wagenprivileg unterfüttert wird, mit dem große Sprit-
schlucker mit 3 Milliarden Euro subventioniert werden.
Hinzu kommt die Tatsache, dass es immer noch kein
Tempolimit gibt und dass mit dem Konjunkturprogramm
neue und insbesondere auch große Autos besonders stark
subventioniert werden. Das ist das Zeichen der Bundes-
regierung an die Automobilindustrie; es ist das Zeichen
„Weiter so!“. Das ist ein falsches Zeichen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Die Autoexperten sagen nämlich sehr deutlich: Hier
muss man etwas ändern. Dudenhöffer zum Beispiel er-
klärte, die Krise werde auch die deutschen Hersteller
und Zulieferer härter treffen, als bisher gedacht. Wann
hat er das gesagt? Vor der Finanzkrise, am 19. März
2008. Der Autoexperte Helmut Becker hat das Buch ge-
schrieben: Ausgebremst. Wie die Autoindustrie Deutsch-
land in die Krise fährt. Wann hat er das geschrieben? Vor
der Finanzkrise, im August 2007. Das heißt, die Auto-
mobilindustrie in Deutschland hat ein Problem. Das wird
durch die Finanzkrise noch verschärft. Deshalb gilt: Die
Bundesregierung gefährdet mit ihrem Kurs Arbeits-
plätze. Sie erreicht nicht, dass der Strukturwandel end-
lich eingeleitet wird.

e
1
E
w
e
A
d
z
r
S
E
W
S
l
b
f

h
s
s
r
g
I
A
d
v
n
s

J

L
t
b
g

u
d
k

(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE])


Wir müssen natürlich auch über die Kohle reden. Ja,
s gilt in der Tat, dass die Zertifikate für Strom zu
00 Prozent ersteigert werden müssen. Ich muss sagen:
s gab auch Leute in der Bundesregierung, die wollten
eniger als 100 Prozent, nämlich 90 Prozent. Dies sollte

in Ausgleich für die Ausnahmen in Osteuropa sein.
ber das, was jetzt herausgekommen ist, dass nämlich
ie Bundesregierung neue Kohlekraftwerke mit 15 Pro-
ent Investitionszulage subventionieren kann, ist verhee-
end. Neue Kohlekraftwerke sind keine hocheffizienten
tromlieferanten, wie das immer dargestellt wird. Die
U gibt einen Wirkungsgrad von 44,2 Prozent an. Dieser
ert ist heute schlecht und damit schlechter als der

tand der Technik. Nein, diese Subvention für die Koh-
ekraftwerke macht Kohlekraftwerke gegenüber erneuer-
aren Energien wettbewerbsfähig. Das ist doch wohl das
alsche Zeichen. Das darf nicht sein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Deshalb gilt: Wir müssen das Nötige tun. Das Nötige
eißt: keine neuen Kohlekraftwerke, schon gar nicht
taatlich subventioniert, und ehrgeizige Vorgaben für
pritsparende Autos ohne Schlupflöcher und Hintertü-
en. Außerdem gilt: Wir müssen unsere Klimaschutzauf-
aben hier zu Hause erledigen und dürfen sie nicht nach
ndien und China verlagern. Technologietransfer ist gut.
ber wenn man über 50 Prozent der CO2-Reduktionen,
ie bis 2020 erbracht werden müssen, auf andere Länder
erlagern darf, dann sind das Schlupflöcher, die wir
icht akzeptieren können. Wir wollen richtigen Klima-
chutz, nicht das, was die EU hier vorgelegt hat.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619607500

Für die Unionsfraktion hat nun der Kollege Andreas

ung das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Frank Schwabe [SPD])



Andreas Jung (CDU):
Rede ID: ID1619607600

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

iebe Frau Höhn, zunächst darf ich als Mitglied des Pe-
itionsausschusses darauf hinweisen, dass es sich auch
ei den Sammelübersichten durchaus um inhaltliche Fra-
en handelt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Für die Zuschauer ist das nicht klar erkennbar!)


Ich darf dann als Mitglied des Umweltausschusses
nd auch als Mitglied der Parlamentariergruppe, die auf
er Konferenz von Posen war, zum Thema Klimaschutz
ommen. Ich will Ihnen zunächst in einem Punkt recht
)

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21179


(A) )



(B) )


Andreas Jung (Konstanz)

geben. Es wäre falsch, die aktuelle Finanzkrise und auch
die Wirtschaftskrise, die sich global abzeichnet, als Ar-
gument dafür anzuführen, beim Klimaschutz zu brem-
sen. Ich glaube, das ist völlig klar; es liegt auf der Hand:
Nur weil wir noch ein weiteres Problem haben, werden
die Herausforderungen im Klimaschutz nicht geringer.
Es würde uns letzten Endes nichts bringen, das Finanz-
system zu retten, dem Wirtschaftssystem zu helfen,
wenn uns das Ökosystem um die Ohren fliegt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Deshalb ist es sehr wichtig, dass die Bemühungen um
den internationalen Klimaschutz zum Erfolg kommen.
Auf diesem Weg zur Unterzeichnung eines internationa-
len Klimaschutzabkommens war Posen noch nicht das
Ziel – das war auch nicht beabsichtigt; das Ziel, ein Ab-
kommen zu unterzeichnen, soll im nächsten Jahr, 2009,
in Kopenhagen erreicht werden –, sondern nur eine
Etappe. Ich glaube, man kann zunächst ganz nüchtern
feststellen, dass die Erwartungen, die an diese Etappe
gerichtet wurden, zumindest was Tendenz und Richtung
angeht, erfüllt wurden.

Im Bereich des Anpassungsfonds und beim Wald-
schutz sind kleine Schritte gemacht worden. Vor allem
aber wurde grünes Licht für die Erstellung der Ab-
schlussdokumente für die Konferenz in Kopenhagen und
für den Endspurt zu dem Klimaschutzabkommen gege-
ben.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich finde, in den nächsten zwölf Monaten, in denen viel
auf dem Spiel steht, muss unser Handeln darauf gerichtet
sein, gemeinsam alle Kräfte zu bündeln, um unsere
Drähte zu nutzen und unsere Partner einzubinden, um
gemeinsam für diesen Erfolg zu kämpfen.

Diese Gemeinsamkeit stelle ich auch deshalb so in
den Vordergrund, weil Sie die Stimmung auf dem Gipfel
in Posen beschrieben haben. Die Stimmung war in der
Tat in Teilen eine andere als letztes Jahr auf Bali. Ich
will aber auch die Frage stellen, woran dies möglicher-
weise gelegen hat. Ich fand es nicht hilfreich, dass Ver-
treter der Oppositionsfraktionen – namentlich auch Sie,
Frau Höhn – auf diesem Gipfel in Hintergrundgesprä-
chen, in Gesprächen mit NGOs und anderen Staaten Ge-
rüchte über die Verhandlungen in Brüssel verbreitet ha-
ben, die sich im Nachhinein als falsch erwiesen haben,


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt gar nicht!)


namentlich zu der Frage, ob es gelingt, eine 100-prozen-
tige Auktionierung durchzusetzen. Das hat sicherlich
nicht zu einer positiven Stimmung beigetragen. Das ist
das eine.

Das andere ist die Frage, wer – wenn man sich große
Schritte anstelle von kleinen Schritten wünscht – auf die-
sem Gipfel größere Schritte, die wir uns in Deutschland

u
c

W
K
D
w
D
n

K

s
s
w
I
g
n
J


t
r
D
t

g

g
n


D
m
s
r
V
h



(C (D nd in der Europäischen Union gewünscht hätten, blokiert hat. Das waren weder Deutschland noch die EU. (Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die deutsche Bundesregierung hat sie blockiert!)


ir haben keine Angst davor, dass die USA jetzt den
limaschutz vorantreiben, sondern wir hoffen darauf.
iese Hoffnungen haben sich aber bisher nicht bestätigt,
eil in Posen noch die alte Regierung verhandelt hat.
eshalb sind wir nicht vorangekommen. Wir sind auch
icht vorangekommen, weil Russland – –


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619607700

Kollege Jung, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

ollegin Höhn?


Andreas Jung (CDU):
Rede ID: ID1619607800

Ja, gerne.


Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619607900

Herr Kollege Jung, ich will auf die Hintergrundge-

präche zurückkommen. Ich habe keine Hintergrundge-
präche geführt, in denen ich irgendetwas über irgend-
elche Verhandlungsergebnisse in Brüssel gesagt habe.

ch habe Interviews mit der Presse und dem Rundfunk
eführt, die jedem zugänglich sind. Ich bitte Sie, zu be-
ennen, in welchem Hintergrundgespräch mit welchem
ournalisten ich welches Gerücht verbreitet haben soll.


(Ulrich Kelber [SPD]: Mit NGOs, hat er gesagt!)


Die NGOs haben uns etwas erzählt. – In welchem Hin-
ergrundgespräch mit Journalisten habe ich welches Ge-
ücht über den Verhandlungsstand in Brüssel verbreitet?
iese Frage hätte ich gerne von Ihnen konkret beantwor-

et.


Andreas Jung (CDU):
Rede ID: ID1619608000

Zum einen konnten wir alle nachlesen, was Sie ge-

enüber der Presse gesagt haben.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)


Zum anderen haben wir ein Gespräch mit den NGOs
eführt, und zwar am Vorabend des Verhandlungsergeb-
isses in Brüssel.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war kein Hintergrundgespräch!)


Entschuldigung, dann war es ein offizielles Gespräch.
as macht es aber nicht besser, sondern sogar schlim-
er. Dann haben Sie in einem offiziellen Gespräch ge-

agt, das Thema „100-prozentige Auktionierung“ im Be-
eich Energiewirtschaft sei vom Tisch. Das sei ein
erhandlungsziel, das die Bundesregierung aufgegeben
abe, und es werde am Ende nichts herauskommen.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe nicht gesagt, es ist vom Tisch! Tut mir leid, Herr Jung, so einfach geht es nicht!)


Frau Höhn, das haben Sie so wörtlich gesagt.

21180 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008


(A) )



(B) )


Andreas Jung (Konstanz)

Ich füge ein Zweites hinzu, worüber wir uns gestern
im Ausschuss schon unterhalten haben. Herr Minister
Gabriel hat Sie gefragt, an welchen Punkten Deutsch-
land blockiert habe, und Sie haben keinen einzigen
Punkt benennen können.


(Beifall bei der CDU/CSU – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt nicht! Das wissen Sie auch!)


Sie haben dann auf Brüssel verwiesen und gesagt, es
gehe um die von Brüssel ausgehenden Signale. Ich bin
gern bereit, dass wir uns in der Sache damit auseinander-
setzen. Welches sind denn die Signale von Brüssel? Das
Signal ist, dass die Bundesrepublik und Europa den star-
ken Worten, die die EU im Jahr der deutschen Ratspräsi-
dentschaft fand und die besagten, dass man bereit sei, die
Treibhausgase bis 2020 um 20 Prozent zu reduzieren,
die entsprechenden Taten folgen lassen. Dieses Ziel wird
jetzt mit konkreten Maßnahmen im Emissionshandels-
plan umgesetzt.

Wir wollen – das sagen wir auch nicht erst seit der Fi-
nanzkrise – Umwelt- und Klimaschutz so umsetzen, dass
wir Arbeitsplätze dadurch nicht gefährden, sondern sie
erhalten und neue schaffen. Das ist doch nicht falsch,
sondern richtig, vor allem dann, wenn man sich als Vor-
reiter begreift. Jeder, der Vorreiter ist oder sein will,
braucht auch welche, die hinterherreiten. Wenn Entwick-
lungs- oder Schwellenländer, die unseren Wohlstand erst
erreichen wollen, erkennen müssten, dass unser Klima-
schutz uns Wohlstand und Arbeitsplätze kostet, dann
wäre dies für sie kein Vorbild. Deshalb ist es richtig, dass
man einen Kompromiss gefunden hat, bei dem man bei-
des, Klimaschutz und Arbeitsplätze, unter einen Hut
bringt.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich bin auch gern bereit, mich über die Details zu un-
terhalten. Die Frage der Auktionierung ist schon ange-
sprochen worden. Wir haben zur Kenntnis genommen,
dass gerade Jürgen Trittin diesen Kompromiss angegrif-
fen hat. Hier lohnt sich ein Blick zurück in die Zeit, als
Jürgen Trittin selber Emissionshandelspläne verantwor-
tete – das ist gerade einmal drei Jahre her –: Damals
wurden den Kohlekraftwerken in Deutschland mehr Ver-
schmutzungsrechte geschenkt, als sie überhaupt verbrau-
chen konnten. Es gab 0 Prozent Auktionierung, heute
sind wir in Deutschland und in weiten Teilen der Euro-
päischen Union bei 100 Prozent Auktionierung. Es ist
nicht schwer auszurechnen, dass wir an diesem Punkt
um 100 Prozent besser als Jürgen Trittin sind.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Das ist nicht überraschend; aber das sollte bei der einen
oder anderen kritischen Wortmeldung zur Mäßigung bei-
tragen.

Alles in allem bin ich der Überzeugung, dass sowohl
durch die Entscheidungen in Brüssel als auch durch die
Verhandlungen in Posen die richtigen Weichen für die
entscheidenden nächsten zwölf Monate gestellt wurden.
Ich wünsche mir, dass wir alle gemeinsam für einen Er-
folg arbeiten. In den nächsten zwölf Monaten steht viel

a
w
s

W

b
i
h
s
d
g
d
n
d
O

z
s
s
A

F


B

s
s
M
a
s
j
h
d

(C (D uf dem Spiel. Wir sind uns unserer Verantwortung beusst und werden alles tun, damit am Ende ein Erfolg tehen wird. Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619608100

Zu einer Kurzintervention hat die Kollegin Höhn das

ort.


(Zuruf von der CDU/CSU: Lassen Sie es lieber, es wird doch nur peinlich! – Ulrich Kelber [SPD]: Ach! Kein Formalgekramse!)



Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619608200

Nein, es wird eben nicht peinlich. – Herr Jung, Sie ha-

en eben schon zurückgenommen, dass ich irgendetwas
n einem Hintergrundgespräch mit Journalisten gesagt
ätte. Jetzt geht es um das NGO-Gespräch. Sie erinnern
ich genau daran: Es war ein öffentliches Gespräch, an
em wir beide teilgenommen haben. In diesem Gespräch
ing es um 100 Prozent Auktionierung sowie darum, ob
er Bundestagsbeschluss eingehalten wird. Ich sage Ih-
en: Der Bundestagsbeschluss ist nicht eingehalten wor-
en; es gibt eine Ausnahme von der Auktionierung in
steuropa. Hier ist ein großer Fehler gemacht worden.

Deshalb fordere ich Sie auf, keine Gerüchte über das
u verbreiten, was ich gesagt haben soll, wenn es nicht
timmt. Das ist eigentlich nicht Ihre Art, Herr Jung. Las-
en Sie uns inhaltlich argumentieren und nicht auf diese
rt und Weise vorgehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619608300

Kollege Jung, möchten Sie erwidern?


(Andreas Jung [Konstanz] [CDU/CSU]: Ich brauche nicht zu erwidern! – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr schön!)


Dann hat jetzt der Kollege Michael Kauch für die
DP-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der FDP – Abg. Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] ist im Gespräch mit Abg. Ulrich Kelber [SPD])


Kollegin Höhn, der Kollege Kauch hat jetzt das Wort. –
itte.


Michael Kauch (FDP):
Rede ID: ID1619608400

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist

chon bemerkenswert, wie diese Debatte abläuft. Ich
chicke vorweg: Auch aus unserer Sicht haben Frau

erkel und Herr Gabriel in Brüssel und in Posen nicht
lles richtig gemacht. Aber das, was die Grünen aus-
chließlich aus Gründen innenpolitischer Profilierung
etzt und in der letzten Woche abgezogen haben und
eute wieder abziehen, schadet der Verhandlungslinie
er EU.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21181


(A) )



(B) )


Michael Kauch

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ihr hysterischer Reflex, dass niemand besser Umweltpo-
litik machen könne als die Grünen, bringt Sie dazu, alles
und jedes in diesem Haus und der Presse zu behaupten,
ob es stimmt oder nicht, und alles mieszumachen. Eine
verantwortliche Opposition kritisiert die Regierung da
– so halten wir von der FDP das –, wo es richtig und not-
wendig ist. Aber sie nimmt auch Rücksicht auf das Bild
unseres Landes im Ausland. Trotz der Fehler, die Frau
Merkel begangen hat, macht die Europäische Union
noch immer mehr, als die USA überhaupt nur ankündi-
gen, Frau Höhn.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Beim Emissionshandel haben wir die ökologischen
Ziele für den Strom- und den Industriesektor erreicht.
Ob die Rechte nun versteigert werden oder nicht, ist eine
ökonomische Frage und hängt davon ab, ob der Staat auf
Einnahmen zugunsten bestimmter Branchen verzichtet.
Das kann man wirtschaftspolitisch gut oder schlecht fin-
den, aber die ökologischen Ziele werden erreicht. Das
weist allerdings auf einen Kardinalfehler des EU-Klima-
und Energiepaketes hin. Es gibt andere Bereiche, in
denen das Erreichen der ökologischen Ziele keineswegs
sicher ist. Das sind der Verkehrsbereich und die Wärme-
produktion, also die CO2-Emissionen, die beim Heizen
entstehen. Hier zieht der Emissionshandel keine feste
Obergrenze. Hier versucht man an vielen Stellschrauben,
zum Beispiel mit Grenzwerten für Autos, etwas zu errei-
chen. Aber was dabei herauskommt, weiß kein Mensch.
Deshalb sagt die FDP ganz klar: Das einzige ökologisch
treffsichere Instrument ist auch in diesem Bereich der
Emissionshandel. Wir Liberale wollen aus Effizienz-
gründen, aber vor allem auch aus ökologischen Gründen
den Emissionshandel auf den Verkehrsbereich und die
Wärmeproduktion ausweiten.


(Beifall bei der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619608500

Kollege Kauch, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Fell?


Michael Kauch (FDP):
Rede ID: ID1619608600

Sehr gerne.


Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619608700

Herr Kollege Kauch, Sie haben gerade den Grünen

Hysterie vorgeworfen, weil die Grünen das EU-Klima-
paket kritisieren. Ich frage Sie, ob Sie auch dem Klima-
schutzberater der Bundesregierung, Herrn Schellnhuber,
Hysterie vorwerfen. Er hat nämlich gesagt, dass er die
Erreichung der Klimaschutzziele aufgrund der vielen
Ausnahmen in diesem Paket für nicht mehr realistisch
hält. Er hat im Prinzip die Kritik der Grünen bestätigt
und selbst artikuliert. Wie kann man also unsere Kritik
als Hysterie bezeichnen, wenn die Kritik auch aus so be-
rufenem Mund kommt?

H
r
K
d
d
a
r
k
t
v
j
l
v
e
s

u
d
a
D
M
s
s
e
B
b
d
k
c
t

a
s
E
s
d

5

V
s

D
d
g
g
s
E
n

(C (D Lieber Kollege Fell, ich kenne die Aussagen von errn Schellnhuber nicht im Detail. Ich selber habe geade darauf hingewiesen, dass es Bereiche im EUlimaund Energiepaket gibt – das betrifft insbesondere en Verkehrsbereich und die Wärmeproduktion –, bei enen ich anzweifle, dass die Ziele erreicht werden. Wo ber der Emissionshandel wirkt, da werden die Ziele ereicht. Um das einzusehen, muss man nur Mathematik önnen. Wenn es eine bestimmte Zahl an Emissionsrechen gibt und eine Absenkung von 20 Prozent bis 2020 orgesehen ist, dann sind die Ziele automatisch erreicht, edenfalls solange unsere Umweltverwaltung kontroliert, dass niemand emittiert, der keine Rechte hat. Daon gehen wir alle aus; denn diese Verwaltung hat Ihr hemaliger Umweltminister Trittin aufgebaut. Dementprechend werden die Ziele auch erreicht werden. Es gibt aber weitere Probleme in diesem EU-Klimand Energiepaket. Das betrifft unter anderem den Bunestagsbeschluss, den wir gemeinsam als Verhandlungsuftrag für die Bundesregierung gefasst haben. Der eutsche Bundestag hat beschlossen, dass einheitliche echanismen in der Europäischen Union notwendig ind. Nun hat man einheitlich beschlossen, dass es unterchiedliche Mechanismen im Westen und Osten des uropäischen Kontinents gibt. Das ist ein klassisches eispiel dafür, wie die Bundesregierung erneut Scheckuchdiplomatie in Europa gemacht hat: Die Polen und ie Balten haben laut geschrien, und wer laut schreit, beommt einen Scheck aus Berlin. So funktioniert der Mehanismus, mit dem sich die Bundesregierung Mehrheien in Brüssel sichert. (Beifall bei der FDP – Gabriele Groneberg [SPD]: Das ist ja wohl unglaublich! – Ulrich Kelber [SPD]: Das war für die Nationalliberalen!)

Michael Kauch (FDP):
Rede ID: ID1619608800

(Beifall bei der FDP)


Der Deutsche Bundestag hat weiter gefordert, dass
uf nationaler Ebene über die Versteigerungserlöse ent-
chieden werden soll. Das ist rechtlich erreicht worden.
s steht im Beschluss, dass die Mitgliedstaaten das ent-
prechend ihren Haushaltsgesetzen ausgestalten. Auf
iese Regelung wird die FDP pochen.

Die Bundesregierung hat sich politisch verpflichtet,
0 Prozent für Klimaschutzprojekte auszugeben. Dies
das betone ich hier ausdrücklich – ist vielleicht eine
erpflichtung der Bundesregierung, aber nicht des Deut-
chen Bundestages.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


eshalb insistieren wir als FDP darauf, dass die Kosten
er Versteigerung, die den Stromkunden in Rechnung
estellt werden, kompensiert werden und dass den Bür-
erinnen und Bürgern durch eine Absenkung der Strom-
teuer das Geld wieder zurückgegeben wird, was aus den
rlösen, die der Staat aus der Versteigerung erzielt, fi-
anziert werden kann.


(Beifall bei der FDP)


21182 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008


(A) )



(B) )


Michael Kauch
Wir sollten nicht so tun, als würde sich das Klima
ausschließlich an den Emissionen unserer Industrie aus-
richten; es ist vielmehr wichtig, dass wir die Senken für
CO2 in dieser Welt erhalten. Das ist ein zentraler Punkt
des Klimaschutzabkommens, das wir alle gemeinsam er-
reichen wollen. Dabei geht es insbesondere um den
Schutz der tropischen Regenwälder. Es liegen Initiativen
dazu vor. Ich möchte an der Stelle sehr deutlich sagen:
Wir werden ein Post-Kioto-Abkommen, das jetzt, nach-
dem die EU vorangegangen ist, klar im Interesse unserer
Wirtschaft ist, nur erreichen, wenn wir in den Wald-
schutz und in Projekte investieren, die tatsächlich wirt-
schaftliche Alternativen zur Entwaldung bieten. Es geht
nicht, dass wir die Mittel einfach auf das Konto etwa der
indonesischen Regierung überweisen, was diese gerne
hätte. In diesem Zusammenhang wünsche ich mir mehr
Klarheit insbesondere von der Entwicklungshilfeminis-
terin. Man darf nicht einfach die Eliten in den Haupt-
städten finanzieren, sondern man muss den Menschen in
den Waldgebieten Unterstützung gewähren, damit die
Wälder, die für unser Klima so entscheidend sind, erhal-
ten bleiben.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619608900

Das Wort hat der Kollege Frank Schwabe für die

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Frank Schwabe (SPD):
Rede ID: ID1619609000

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Man kann lange darüber diskutieren, ob das Glas
nach den Beschlüssen von Poznan und Brüssel halb voll
oder halb leer ist. Da unterscheidet sich sicherlich die
Sichtweise der Opposition von der der Koalition. Da-
rüber muss man sich nicht so erregen. Beide haben die
Aufgabe, ihre Ansichten zu kommunizieren.

Worüber es sicherlich keinen Zweifel gibt, ist, dass
wir in einer ganz entscheidenden Phase des weltweiten
Klimaschutzes sind. Die Phase ist deswegen entschei-
dend, weil man sich politisch entscheiden muss, ob Kli-
maschutz ein Teil des Weges in die Krise ist oder ob Kli-
maschutz ein Teil des Weges aus der Krise ist. Das eine
Problem ist, dass wir viel zu viel aus der Erde herausho-
len, dieses verfeuern und deswegen irgendwann nichts
mehr haben, und das andere Problem ist, dass wir immer
mehr von dem, was wir herausholen, als Abgase in die
Atmosphäre pusten. Angesichts dieser Probleme kann es
keinen Zweifel geben, dass Klimaschutz und damit die
Energiewende Teil, und zwar ein grundlegender Teil, des
Weges aus der Krise sein muss und dass das die Debat-
ten der nächsten Tage, Wochen und Jahre bestimmen
muss.

Jetzt ist die Zeit der Entscheidungen. Deswegen bin
ich natürlich über die Weltfinanzkrise und die Weltwirt-
schaftskrise nicht glücklich. Aber für den Klimaschutz
bedeutet das mehr Chance als Risiko, weil sich die Welt

j
g
o
v
b
t
c
f
D
B
e
S
p
B
v
K
K

d
n
f
s
v
a
b
t
k

t
g
t
m
m
B
s
s
U
f
M
D
R
W
d
e
C
E
f

D
r
G
G
n
h
s
c

n
g

(C (D etzt entscheiden muss, was sie für den Klimaschutz eientlich machen möchte. Wir müssen Umbauprozesse rganisieren. Ich als Kind des Ruhrgebiets bin nicht sehr erdächtig, dass ich Brüche, was industrielle Prozesse etrifft, haben möchte. Ich komme aus einer Bergarbeierfamilie. Ich bin Mitglied der IG BCE und des örtlihen deutsch-österreichischen Knappenvereins. Insoern weiß ich, dass Brüche völlig falsch wären. eswegen ist es richtig, dass wir bei den Beschlüssen in rüssel Schutzmechanismen für die deutsche und für die uropäische Industrie eingeführt haben. Auf der anderen eite sage ich klipp und klar: Es geht auch um Umbaurozesse. Es gibt mir zu viele, auch hier im Deutschen undestag, die in den letzten Jahren mehr verzagt als erzückt über Klimaschutz geredet haben und jetzt die rise zum Anlass nehmen, sich nicht mehr so für den limaschutz einzusetzen. Wir können heute noch nicht ermessen, wie wichtig ie Beschlüsse von Brüssel zur 100-prozentigen Auktioierung im Strombereich waren. Das ist ein riesiger Erolg, der auf europäischer Ebene geglückt ist. Die Bechlüsse sind deshalb wichtig, weil wir zum einen einen ernünftigen Marktpreis für CO2 bekommen und damit lternative Technologien marktfähiger machen, als es isher der Fall ist, und weil wir zum anderen Finanzmitel für internationalen und nationalen Klimaschutz beommen. Ich kann nicht umhin, das hier für die Sozialdemokraie als Erfolg zu reklamieren. Ich will das an dieser Stelle anz selbstbewusst tun. Während der Deutsche Bundesag am 28. Mai und am 4. Dezember dieses Jahres un issverständliche Beschlüsse gefasst hat, der Umweltinister diese vertreten hat und sich durch diese eschlüsse hat stützen lassen, die Bundeskanzlerin ge choben und gezogen wurde – ich verweise auf das Preseecho –, waren es maßgebliche Ministerpräsidenten der nion und leider auch maßgebliche Teile der Unions raktion, die eher das Wort der Energieversorger im unde geführt haben. Mir liegen zahlreiche Zitate aus ebatten im Deutschen Bundestag vor, etwa von Frau eiche oder von Herrn Silberhorn, der noch vor zwei ochen hier in der Debatte gesagt hat, dass er insbeson ere mit Blick auf die deutsche Energiewirtschaft dafür intritt, dass es nicht zu einer Vollauktionierung der O2-Zertifikate kommt. Insofern reklamiere ich dieses rgebnis an dieser Stelle selbstbewusst als einen Erfolg ür die Sozialdemokratie. In der öffentlichen Debatte wird zu wenig vermittelt: as Geld, das wir durch die 100-prozentige Auktionie ung der CO2-Zertifikate einnehmen werden, ist das eld der Menschen in diesem Land und in Europa; es ist eld, das die Energieversorger von den Verbraucherinen und Verbrauchern zu Unrecht kassiert haben. Wir aben die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass der Staat diees Geld zunächst einnimmt und es dann den Verbrauherinnen und Verbrauchern zurückgibt. Ich glaube, dass die Beschlüsse von Brüssel und Pozan Teile eines erfolgreichen Weges zu einem Kopenhaen-Abkommen sind. Ich ermuntere uns zu entsprechen Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21183 Frank Schwabe dem Selbstbewusstsein. Das Ganze wird nur dann funktionieren, wenn sich die Staatsund Regierungschefs im nächsten Jahr in die Debatte einmischen. Ich denke, das werden sie auch tun. Für die europäische Ebene möchte ich drei Dinge festhalten, die im Anschluss an diese Beschlüsse wichtig sind: Erstens. Wir müssen klarstellen, dass wir vom 20-Prozent-Ziel auf das 30-Prozent-Ziel übergehen, wenn es in Kopenhagen zu Beschlüssen kommt, die andere Industrienationen zu maßgeblichen Reduktionen des CO2-Ausstoßes verpflichten. Das will der Deutsche Bundestag, das will das Europäische Parlament. Wir sollten da-rauf achten, dass das umgesetzt wird. Zweitens. Wir brauchen in der Tat einen Mechanismus, um die deutsche und die europäische Industrie vor Carbon-Leakage zu schützen; die Schaffung eines solchen Mechanismus ist jetzt geplant. Wenn in Kopenhagen aber ein Abkommen getroffen wird, in dem andere Industrieländer dazu verpflichtet werden, maßgebliche Reduktionen des CO2-Ausstoßes vorzunehmen, müssen wir über das Thema „Carbon-Leakage“ neu miteinander diskutieren; denn dann fehlt manchen Regelungen, die beschlossen worden sind, die Grundlage. Drittens zum CDM, zu den flexiblen Mechanismen; Frau Höhn ist bereits darauf eingegangen. Viele sind bezüglich des Instrumentariums CDM zu optimistisch; es gibt da eine moderne Goldgräberstimmung. Wir müssen schon intensiv darüber diskutieren, wie viel Klimaschutz wir – ganz egoistisch – im eigenen Land verwirklichen wollen, damit Umbauprozesse in der Industrie organisiert werden können, und für wie viel Klimaschutz in Entwicklungsländern wir eintreten. Nach diesen Beschlüssen sind zwei Dinge für die deutsche Debatte wichtig: Erstens. Wir müssen darüber diskutieren, welche Kraftwerke Investitionszuschüsse von 15 Prozent bekommen sollen. Nach meiner Ansicht können das nur Kraftwerke mit Kraft-Wärme-Kopplung sein. Diese Zuschüsse dürfen nicht an die großen Energieversorger fließen; ansonsten unterstützen wir in Deutschland weiterhin bestimmte Oligopole. Zweitens. Es macht keinen Sinn, das eingenommene Geld aus der Versteigerung der Zertifikate zur Senkung der Stromsteuer zu verwenden. Herr Kauch, dieses Geld könnte man dann gleich RWE und den anderen auf das Konto überweisen; das sagt jeder, der weiß, wie das System in Deutschland funktioniert. Ich glaube, dass wir demnächst 100 Prozent der Versteigerungserlöse für nationalen und internationalen Klimaschutz einsetzen müssen. Ich unterstütze hier nachdrücklich den Bundesumweltminister. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD)


(A) )


(B) )



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619609100

Das Wort hat die Kollegin Eva Bulling-Schröter für

die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)


E
ö
i
n
P
l
d
g
C
p
I
S
d
t
N
d
n

w
d
p
m
f
m
s
t
p

W
A
T

S
v
a
R
E
g
u
w
b

2
n
c
p
n
m

I
g
E
Z
d
s

(C (D Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! rst Anfang des Monats wurden Studienergebnisse verffentlicht, nach denen der atemberaubende Eisschwund m Nordpolarmeer wahrscheinlich unumkehrbar ist – ein eues Alarmsignal. Schade: Die UN-Klimakonferenz in oznan erfüllte lediglich Minimalerwartungen. Verbind iche Zusagen der Industrieund Schwellenländer bei er Reduktion der Treibhausgase blieben aus. Gleiches ilt für den Technologietransfer und die Reform des DM-Systems, das heißt die Möglichkeit, sich Klimarojekte in Entwicklungsländern gutschreiben zu lassen. mmerhin wurden Mandate erteilt, nach denen bis zum ommer die Vertragstexte vorliegen sollen, über die ann in Kopenhagen zu verhandeln ist. Das ist ein wichiger Zwischenschritt auf dem Weg zu einem Kiotoachfolgeprotokoll für die Zeit ab 2013. Künftige Minerungsziele für Treibhausgasemissionen wurden aber icht vorgegeben. Die Zahl der Staaten, die das 2-Grad-Ziel anerkennen, ächst weiter – das finde ich sehr positiv –; was dies jeoch für die einzelnen Ländern an Minderungsverflichtungen bedeuten könnte, blieb unklar. Das ist eines Erachtens Stillstand, vor allem angesichts der ortschreitenden Klimaerwärmung. Die Industrieländer üssten ihre Emissionen bis 2020 um 25 bis 40 Prozent enken – das wissen Sie –; doch nicht einmal die Indusrienationen konnten sich darauf einigen. Das finde ich ersönlich wirklich enttäuschend. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Eva-Maria Bulling-Schröter (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619609200

ir bedauern auch, dass die UN-Verhandlungen zum
npassungsfonds für Entwicklungsländer nur einen
rippelschritt vorangekommen sind.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auf Bali war der
chwung zu spüren. In Poznan habe ich und haben auch
iele andere davon nichts mehr gespürt. Das lag sicher
uch an den zeitgleich gefassten Beschlüssen des EU-
ats. Der Ratskompromiss zum Klimaschutzpaket der
U wurde auf der Klimakonferenz als Rückschritt wahr-
enommen. Er fällt auch tatsächlich deutlich hinter die
rsprüngliche Fassung der EU-Kommission zurück. Er
eicht in zentralen Punkten auch von dem Bundestags-
eschluss ab, den wir am 30. Mai gefasst haben.

Mit den Beschlüssen zum EU-Emissionshandel ab
013 wird der Umbau in der Stromwirtschaft hin zu ei-
er kohlenstoffarmen Energieversorgung in Teilen blo-
kiert. Überwiegend kostenlose Zertifikate für osteuro-
äische Kohlekraftwerke bringen unserer Meinung nach
ichts als Extraprofite für die Energiekonzerne, die da-
it ihre überkommenen Strukturen festigen können.


(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Genau so ist das!)


ch möchte noch einmal daran erinnern, dass die Ener-
iekonzerne hier im Land bis 2012 35 Milliarden Euro
xtragewinne einfahren. Sie preisen die geschenkten
ertifikate ein und geben sie so an die Kunden weiter;
as wurde hier nicht mehr bestritten. Warum also sollen
ie das in Osteuropa nicht tun? Dafür gibt es keinen

21184 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008


(A) )



(B) )


Eva Bulling-Schröter
Grund. Es sind zum Teil die gleichen Konzerne; wir wis-
sen es. RWE und Vattenfall waren dort als Lobby vertre-
ten.

Zudem erhält die Industrie die CO2-Zertifikate auf
Betreiben der Bundesregierung fast vollständig kosten-
los. Auch das ist unseres Erachtens eine sinnlose Sub-
vention zulasten der Umwelt.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Begründet wird das alles mit der Sicherung der Arbeits-
plätze. Ich sage Ihnen einmal etwas: Wir von den Linken
sind die Letzten, die die Arbeitsplätze nicht sehen wür-
den. Aber es gibt viele Studien, die besagen, dass die
Mehrzahl der deutschen Industriebetriebe durch eine
Auktionierung der Emissionsrechte in ihrer internationa-
len Wettbewerbsfähigkeit nicht bedroht wäre.

Bei Freistellungen von der Versteigerung kann es
schließlich nur um jene Branchen gehen, die zwei Krite-
rien gleichzeitig erfüllen: Erstens. Sie produzieren trotz
fortschrittlicher Technologie sehr energieintensiv. Zwei-
tens. Sie stehen mit ihren Produkten tatsächlich in einem
relevanten Umfang im Wettbewerb mit Unternehmen au-
ßerhalb der EU. – Diese beiden Kriterien erfüllen – das
besagen viele Studien – gerade einmal 2 bis 3 Prozent.
Das ist wahrscheinlich zu niedrig – darüber können wir
streiten –, aber freigestellt werden letztlich über 80 Pro-
zent. Hier hat sich die Wirtschaft auf Kosten des Klima-
schutzes schamlos durchgesetzt.


(Beifall bei der LINKEN)


Herr Gabriel, Sie haben uns gestern im Ausschuss da-
hin belehrt, dass die Ausnahmen von der Versteigerung
nichts an der Reduktionsverpflichtung ändern; der Aus-
stoß von Treibhausgasen sei durch das Cap, also die fest-
gelegte Emissionsgrenze, vorgegeben. Richtig, rein
rechnerisch stimmt das. Trotzdem wird der Klimaschutz
durch die Ausnahmen praktisch untergraben. Sie plädie-
ren immer dafür, dynamisch zu denken. Das finde ich
auch richtig. Aber was wird wirklich passieren? Die
Ausnahmen für die Industrie verhindern in der Tendenz
eine Erhöhung der Effizienz oder einen Brennstoffwech-
sel. Das sagen Wissenschaftler, das sagen Naturschutz-
verbände; das ist belegt. Das gilt natürlich auch für die
osteuropäischen Kohlekraftwerke. Weil sie ihre Zertifi-
kate überwiegend kostenlos erhalten haben, fällt es ih-
nen leichter, Fehlmengen zuzukaufen. Selbst ein Emis-
sionswachstum ist dann locker finanzierbar. Das kennen
wir ja von Deutschland, Stichwort: Windfall-Profits.

Natürlich müssen die zusätzlich nachgefragten Zerti-
fikate irgendwo herkommen. Weil viele Anlagenbetrei-
ber davon Gebrauch machen werden, Emissionsgut-
schriften aus dem Süden zuzukaufen, werden jede
Menge dieser Zertifikate in den EU-Markt wandern.
Etwa die Hälfte der EU-Einsparverpflichtung kann ja ab
2013 über Auslandsprojekte abgerechnet werden; das
halten wir im Übrigen für zu viel. Aber was haben wir
dann im Jahr 2020 in Deutschland und Europa? Konser-
vierte Strukturen in der energieintensiven Industrie und
im osteuropäischen Kraftwerkspark. Die für den Neubau
von Kohlekraftwerken und fragwürdigen CCS-Anlagen

v
n
a
n
g

N
n

E
d
a
w
s
m
u

Z

v
z
r
g

G

w
D
m
t
w
n
S
f
j
B
d
h
u
w

(C (D orgesehenen Subventionen tun ihr Übriges. Direkte Fianzströme an Polen oder Ungarn hätten dagegen auch lternative Energien und Energieeffizienz fördern könen und damit neue und zukunftsfähige Arbeitsplätze esichert. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


och einmal: Wir wollen diese Arbeitsplätze nicht ver-
ichten, wir wollen nur eine Konversion.

Ich sage Ihnen: Wenn Sie um das Jahr 2020 hier in
uropa jede Menge nagelneuer Kohlekraftwerke haben,
ann bin ich sehr gespannt, wie Sie anschließend neue
mbitionierte Minderungsziele durchsetzen wollen. Wir
issen doch alle, dass die Ziele nach 2020 deutlich

trenger sein müssten als die jetzigen. Ansonsten kom-
en wir im Jahr 2050 niemals bei minus 80 Prozent an

nd können das Zwei-Grad-Ziel vergessen.

Ganz zum Schluss:


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619609300

Kollegin Bulling-Schröter, Sie sind schon über die

eit. Ich bitte Sie um einen Schlusssatz.


(Ulrich Kelber [SPD]: Die Redezertifikate sind ausgeschöpft!)



Eva-Maria Bulling-Schröter (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619609400

Ein letzter Satz: Wir halten das Klimapaket für eine

erpasste Chance, aber es ist natürlich besser als der jet-
ige Rechtsrahmen. Doch angesichts der Herausforde-
ungen ist es deutlich zu mager, auch dank der kurzfristi-
en Gewinninteressen der deutschen Wirtschaft.


(Beifall bei der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619609500

Für die Unionsfraktion spricht nun der Kollege Josef

öppel.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Josef Göppel (CSU):
Rede ID: ID1619609600

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die

ichtigste Botschaft der heutigen Klimadebatte lautet:
ie Stützung der Wirtschaft muss immer mit dem Kli-
aschutz verbunden sein. – Alle Redner haben das be-

ont, bei vielen Unterschieden in den Instrumenten. Des-
egen möchte ich an den Anfang stellen: Es genügt
icht, mit Konjunkturprogrammen die vorhandenen
trukturen zu stützen, sondern wir müssen auf mehr Ef-
izienz zielen und auf die Lenkungswirkung der Kon-
unkturprogramme setzen. Man kann zum Beispiel im
ereich der Mobilität nicht eine Modellpalette stützen,
ie aufgrund zu hohen Energieverbrauchs keine Zukunft
at. Wir brauchen die Verknüpfung zum Klimaschutz
nd damit zur ökologischen Erneuerung unserer Volks-
irtschaft.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21185


(A) )



(B) )


Josef Göppel
Ich finde es schön, dass in diesem Punkt Einmütigkeit
im ganzen Hause besteht.

Ich war als Mitglied der Parlamentarierdelegation in
Posen und muss nach meinen Erfahrungen dort sagen:
Wenn Deutschland auf der internationalen Bühne agiert,
dann ist es nicht gut, wenn in der Heimat zum Beispiel
Frau Künast vorschnell Erklärungen abgibt, die dann in
der Tagesschau gesendet werden, es gehe sozusagen al-
les in den Graben und Deutschland verfehle seine Ziele.

Es bleibt festzuhalten: Wenn die Termine besser auf-
einander abgestimmt worden wären, indem zum Beispiel
die Brüsseler Konferenz nur einen Tag eher beendet
worden wäre,


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig)


dann hätte sich die Stimmung in Posen völlig anders ent-
wickelt.


(Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Noch schlimmer!)


Es wäre schön, Frau Höhn, wenn die Grünen einmal an-
erkennen würden, dass keine andere Person in der inter-
nationalen Politik in den Medien dermaßen angegriffen
wurde und mehr Standhaftigkeit beim Klimaschutz ge-
zeigt hat als Frau Merkel.


(Beifall bei der CDU/CSU – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt eben nicht mehr! Leider!)


Es ist das Recht der Opposition, immer noch etwas
mehr zu fordern. Das ist okay. Aber das, was jetzt er-
reicht wurde, sollte man sich erst einmal im Detail an-
schauen. Ich frage mich ohnehin, warum alle nur über
die Versteigerungen reden, aber keiner erwähnt, dass be-
reits ab dem Jahr 2013 die zulässige Obergrenze der
Emissionen, die in Europa ausgestoßen werden dürfen,
um 1,74 Prozent jährlich gesenkt wird.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: All das kann man auch im Ausland machen! – Gegenruf der Abg. Marie-Luise Dött [CDU/ CSU]: Das ist dem Klima egal!)


Entscheidend sind doch das Ziel und die Art der Instru-
mente.


(Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Die haben das Prinzip nicht begriffen!)


Ich möchte auch auf die Signale eingehen, die in Poz-
nan von den Leuten des gewählten Präsidenten Obama
bei der Veranstaltung „Climate Action Under a New
U.S. Administration“ ausgesandt wurden. Das sollten
wir uns genau anschauen. Die Amerikaner wollen von
23 Tonnen CO2-Ausstoß pro Kopf auf 20 Tonnen runter.
Das entspräche deren Niveau von 1990. Die Europäer
hingegen haben eine Senkung von 8,5 Tonnen CO2-Aus-
stoß pro Kopf auf etwas unter 7 Tonnen beschlossen und
instrumentalisiert. Wir beabsichtigen damit eine Sen-
kung um 20 Prozent gegenüber 1990, die Amerikaner
nur um etwa 12 Prozent.

d
s
B
l
M
N
g
M
l
a

P
w
s
d
u
n
m
M
w
A
I
m
u
u
n
K
A

F

W
Z
w
d
h

g
m
s
d
g
m
O
G
d
K
C
t

D

(C (D Wir haben aber gespürt, mit welcher Entschlossenheit ie Vertreter der neuen US-Administration aufgetreten ind. Die Vertreterin der US-Aluminiumindustrie ist zum eispiel aufgetreten und hat gesagt: Wir sind nun nach angen Debatten zu der Auffassung gekommen, dass aßnahmen für den Klimaschutz unausweichlich sind. achdem wir das erkannt haben, haben wir uns zum Ziel esetzt, möglichst schnell und effizient entsprechende aßnahmen umzusetzen. Wir wollen das klimaverträg ichste Aluminium auf den Weltmarkt bringen und die nderen von der Spitze verdrängen. Es wäre angesichts der Dynamik, die die neue USrogrammatik in diesem Bereich entfalten wird, falsch, enn wir uns in Sicherheit wögen, weil wir beim Klima chutz so hehre Ziele und Vorgaben haben. Die Mengen, ie in den USA im Bereich der Industrie, des Verkehrs nd der Gebäude in Bewegung gesetzt werden, dürfen icht unterschätzt werden. Deswegen sage ich noch einal: Wir müssen jetzt alle unsere konjunkturpolitischen aßnahmen mit dem Klimaschutz verknüpfen, damit ir an der Weltspitze bleiben. Nur so können wir unsere rbeitsplätze gegenüber der neuen Konkurrenz sichern. ch will es einmal etwas flapsig sagen: Wenn die Amis ehr Wettbewerb anpacken, dann machen sie das mit ngeheurer Power. Hier wird also mehr Wettbewerb auf ns zukommen. Wir tragen daher als deutsche Abgeordete Verantwortung dafür, dass wir beim Klimaschutz urs halten. Das ist die beste Sicherung, um deutsche rbeitsplätze zu erhalten. Das Wort hat der Kollege Horst Meierhofer für die DP-Fraktion. Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! ir haben uns jetzt viel darüber unterhalten, welche iele wir erreichen wollen, aber relativ wenig darüber, ie man diese Ziele erreichen kann. Zu Letzterem hat ie FDP-Fraktion zwei Anträge eingebracht, über die eute mit verhandelt wird. In dem einen Antrag geht es um die CCS-Technoloie, die sich damit beschäftigt, wie Kohlekraft einigeraßen klimaschonend entwickelt werden kann, damit ie auch in Zukunft eingesetzt werden kann. Ich weiß, ass es vor allem vonseiten der Grünen und der Linken roße Bedenken gegenüber dieser Technologie gibt, zuindest bei den Linken im Westteil Deutschlands – im sten sieht man das ein bisschen anders – und bei den rünen außer im Norden, in Hamburg. Aber mir fehlt ie Ehrlichkeit in dieser Debatte. Man spricht sich gegen ernkraft aus, gegen Kohle, gegen die Abscheidung von O2 aus der Kohle, aber glaubt, dass Deutschland wei erhin Vorreiter in Sachen Klimaschutz sein kann. (Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir wollen es sehen! Wir geben keinen Freifahrtschein!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619609700

(Beifall bei der FDP)

Horst Meierhofer (FDP):
Rede ID: ID1619609800

as halte ich für absurd, um ganz ehrlich zu sein.

21186 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008


(A) )



(B) )


Horst Meierhofer

(Beifall bei der FDP)


Ich bin begeisterter Anhänger erneuerbarer Energien.
Aber man muss leider auch die realen Entwicklungen
auf der Welt sehen. Wir haben in Deutschland sehr gut
vorgelegt. Weltweit haben wir in den Jahren von 2000
bis 2007 die erneuerbaren Energien um 2,2 Prozent an-
geschoben.


(Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war aber nicht wegen der FDP! Das war wegen der Grünen!)


Das ist ein kleiner Erfolg, aber noch nicht zufriedenstel-
lend.


(Ulrich Kelber [SPD]: Das ist mehr als die ganze Kernenergie!)


In dem Zeitraum, in dem wir den Einsatz von erneuerba-
ren Energien um 2,2 Prozent gesteigert haben, ist der
Verbrauch von Kohle weltweit um 4,8 Prozent gestie-
gen. Darauf müssen wir reagieren, und zwar nicht mit ei-
ner Verweigerungshaltung. Es mag für uns in Deutsch-
land schön sein, wenn wir mit einem Solarfahrzeug
spazieren fahren; aber es wird das Klima weltweit nicht
retten. Da fehlt mir der Blick über den Gartenzaun hi-
naus. Wenn wir nur national denken und nicht darauf
achten, was in anderen Ländern geschieht, dann ist das
zu wenig.


(Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE]: Das haben wir nie gesagt!)


Da liegt ein riesiges Potenzial.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Wir haben zum Beispiel die große Chance, deutsche
Technologie zu exportieren, und die Chance, hier tat-
sächlich Emissionen einzusparen. Wir wissen natürlich,
dass wir nicht allein mit Carbon Capture and Storage,
also der Abscheidung, zu ausreichenden Ergebnissen
kommen können. Aber ohne diese Technologie wird es
definitiv nicht gehen. Ohne sie werden wir aus meiner
Sicht nicht die CO2-Einsparungen, die wir uns vorge-
nommen haben, erreichen. Deswegen bitte ich da um ein
bisschen mehr Technologieoffenheit. Ich bitte auch da-
rum, dass hier in Forschungsgelder investiert wird und
die Unternehmen, die in diesem Bereich tätig sind, un-
terstützt werden, damit Deutschland hier federführend
bleibt.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es bestehen allerdings – das möchte ich durchaus kri-
tisch ansprechen – hohe Erwartungen an die Umsetzung.
Man denkt an große Transportleitungen und unterirdi-
sche Speicherung. Aber wir wissen bisher noch nicht,
was damit gemacht werden kann.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist das Problem!)


Es gibt vielleicht auch die Möglichkeit, dass CO2 irgend-
wann einmal nicht mehr nur als Schadstoff gesehen
wird, sondern auf eine bestimmte Weise genutzt werden
kann, zum Beispiel zum Anbau von Algen, also die

M
u
n
s

n
g
t
f
d
d
r
t
c
e

t
s

G

H
D
u

I
l
f

d
u
b

s
r

g
E
s
d
u
d
d

v
r

(C (D öglichkeit, damit etwas Neues zu schaffen, was wir ns heute in der Dimension noch nicht vorstellen könen. Deswegen bitte ich darum, hier technologieoffen zu ein. Ich bitte allerdings ebenfalls darum, einen Fehler icht zu begehen, der in der letzten Zeit vielleicht zu oft emacht worden ist, und zwar den Kohlekraftwerksbereibern, die diese CO2-Anlagen bauen, kostenlose Zertiikate zuzuteilen. Damit erreichen wir nur eines, nämlich ass noch mehr CO2 ausgeschieden wird. Dadurch, dass iese Kohlekraftwerksbetreiber kein CO2 mehr emittieen, sparen sie eigentlich ein und brauchen weniger Zerifikate. Deswegen darf man ihnen nicht noch zusätzlihe geben. Wenn man das trotzdem tut, erreicht man nur ines, nämlich mehr Klimaschädigung statt weniger. Innovationsförderung ist also sinnvoll; aber die Unernehmen müssen in der Lage sein, selbst für die Umetzung zu sorgen. Herzlichen Dank. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619609900

Für die SPD-Fraktion hat nun der Kollege Martin

erster das Wort.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Martin Gerster (SPD):
Rede ID: ID1619610000

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

erren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Bündnis 90/
ie Grünen fordern in einem der Anträge, klima- und
mweltschädigende Subventionen abzubauen.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)


ch verhehle nicht die Sympathie für die Ansätze. Das
iest sich zunächst ganz gut. Aber wenn es doch so ein-
ach wäre, wie es sich im Antrag der Grünen liest!

Ich meine, es ist eine sehr eindimensionale Sichtweise,
ie in diesem Antrag zutage tritt. Nachhaltige Finanz-
nd Umweltpolitik kann, so meine ich, nicht die Rahmen-
edingungen ignorieren, denen wir alle ausgesetzt sind
aktuelle Entwicklungen, globale und europäische Zu-

ammenhänge –, und auch nicht Zielkonflikte mit ande-
en Politikfeldern verschweigen.

Es stellt sich die Frage: Sind unsere Probleme dann
elöst, wenn wir Subventionen kürzen? Ich meine, Nein.
s droht ein Verschiebebahnhof, womöglich eine Ver-
chlimmerung durch Verlagerung der Emissionen in an-
ere Länder. Wenn Wettbewerbsverzerrungen stattfinden
nd Produktion ins Ausland abwandert, ist nicht unbe-
ingt dem Klimaschutz geholfen. Womöglich werden
adurch Arbeitsplätze aus Deutschland verlagert.


(Beifall bei der SPD)


Ich meine, der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen
erkennt, dass sich die Große Koalition und die Bundes-
egierung in der Subventions- und in der Steuerpolitik

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21187


(A) )



(B) )


Martin Gerster
verpflichtet haben, klimapolitische Ziele zu berücksich-
tigen. Ich bin aber auch der Meinung, dass wir gerade
bei umwelt- und klimapolitischen Maßnahmen schauen
müssen, welche Auswirkungen diese Maßnahmen auf
andere Politikbereiche, auf Wirtschaft und auf Arbeits-
plätze haben.

Die Behauptung, die in dem Antrag von Bündnis 90/
Die Grünen aufgestellt wird, die Bundesregierung ver-
zerre durch Steuerprivilegien den Wettbewerb zugunsten
fossiler Energiequellen, ist bestenfalls die halbe Wahr-
heit; denn wir fördern erneuerbare Energien massiv, bei-
spielsweise durch das Marktanreizprogramm für den
Wärmebereich, beispielsweise im Strombereich über
Einspeisevergütungen nach dem EEG. Ich denke, auch
das gehört zur Wahrheit. Insofern zeigt die Darstellung
in Ihrem Antrag eine eindimensionale Sichtweise.


(Beifall bei der SPD)


Zu Ihren Forderungen im Einzelnen. Sie fordern den
beschleunigten Abbau der Steinkohlesubventionen.
Das ist genau dieser Zielkonflikt. Wir wollen natürlich
etwas abbauen, aber natürlich sozialverträglich. Sie ver-
kennen, dass ein Großteil der Subventionen für die Still-
legung vorgesehen ist. Ein beschleunigter Abbau wäre
klimapolitisch natürlich wirkungslos, weil die deutsche
Steinkohle durch Importe ersetzt werden würde.

Sie fordern außerdem, Steuerprivilegien für die Nut-
zung von Stein- und Braunkohle zu beseitigen. Energieer-
zeugnisse, die für die Stromgewinnung verwendet wer-
den, sind laut Energiesteuerrichtlinie zwingend von der
Energiesteuer zu befreien. 90 Prozent der in Deutschland
verwendeten Stein- und Braunkohle werden für die
Stromerzeugung eingesetzt und sind daher von der Ener-
giesteuer befreit.

Ich habe in Erinnerung, dass wir doch alle in diesem
Hause mitgetragen haben, dass wir von der Möglichkeit
in der Energiesteuerrichtlinie Gebrauch machen, dass
Kohle zu privaten Heizzwecken von der Steuer befreit
wird. Das machen wir befristet bis zum 31. Dezember
2010. Ich meine, dass dies eine richtige Entscheidung
ist, weil dies privaten Haushalten hilft, die sonst Schwie-
rigkeiten hätten, die Heizkosten überhaupt zu stemmen.


(Beifall bei der SPD)


Fazit: Wir streben europäische und globale Lösungen
an. Ich meine, die Finanzmarktkrise ist nicht das Ende
des Klimaschutzes, sondern eine Chance.

Letzter Satz, Frau Präsidentin: Ich unterstütze das,

Sigmar Gabriel (SPD):
Rede ID: ID1619610100
Wenn wir im
neuen Jahr ein neues Konjunkturpaket schnüren, sollten
wir natürlich insbesondere die Branchen und Sektoren
einbeziehen, die ökologisch und nachhaltig ausgerichtet
sind. Deshalb glaube ich, dass wir bei all dem, was wir
bislang aus dem Hause von Sigmar Gabriel gehört ha-
ben, insgesamt gut aufgestellt sind.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD)


U

H
w
K
w
a

l
b
h
K
p
d
m
e
t
t
s
i
T
f
F
E
w
i

W
i
s
r
u
E
u
z
w
w
m
t
d
H
I
w
w
K

b
u
s
E
I
V
a
s
d

(C (D Das Wort hat Herr Kollege Norbert Geis für die nionsfraktionen. Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und erren! Ich möchte auf einen besonderen Aspekt hineisen, nämlich auf den Zusammenhang zwischen dem ampf um den Klimaschutz auf der einen Seite und Enticklungspolitik und Hilfe für die Entwicklungsländer uf der anderen Seite. Zweifellos werden insbesondere die Entwicklungsänder unter den Folgen der Erderwärmung zu leiden haen. Nach einer Studie der Weltbank ist in diesem Jahrundert allein aufgrund der Erderwärmung, also des limawandels, mit einem Rückgang des Bruttosozialrodukts um 20 Prozent zu rechnen. Dies wird insbesonere die Entwicklungsländer treffen. Sie werden ihre Arut nicht bekämpfen können. Sie werden nicht die rforderlichen Mittel dazu aufbringen können, um wichige Infrastrukturmaßnahmen vorzunehmen, um wichige Institutionen und Einrichtungen in der Bildung zu chaffen oder um Krankenhäuser zu bauen. Es wird bei hnen um das nackte Überleben gehen. Sie werden um rinkwasservorkommen kämpfen; sie werden um Agrarlächen kämpfen. Es wird unter Umständen zu einer lüchtlingsbewegung kommen, die nicht vor den Toren uropas haltmachen wird. Der Aspekt, auf den ich hineisen will, ist die Einbindung der Entwicklungsländer n den Kampf um unser Klima. Wir können uns in Europa mühen, so viel wir wollen. ir mühen uns auch. Es kann nicht gesagt werden, dass n der Vergangenheit keine Initiativen ergriffen worden eien. In Brüssel wurde erneut bestätigt, dass sich die euopäischen Länder zumindest zum Ziel gesetzt haben nd daran festhalten, dass bis 2020 eine Reduktion der missionen um mindestens 20 Prozent – vielleicht sogar m 30 Prozent – erreicht werden soll. In Posen gab es umindest insoweit einen Fortschritt, als festgestellt orden ist, dass an dem Anpassungsfonds festgehalten ird, der wieder den Entwicklungsländern zugutekomen kann. Ich meine schon, dass wir im Westen einiges un, um unseres Klimas Herr zu werden, dass gerade von er Bundesregierung, von unserem Bundesminister errn Gabriel, auch von unserer Bundeskanzlerin, viele nitiativen ergriffen worden sind. Aber unsere Mühen erden umsonst sein, wenn es uns nicht gelingt, die Enticklungsländer dafür zu gewinnen, in den Fragen des limaschutzes zusammenzuarbeiten. Wie geht das? Ich glaube, dass zunächst einmal damit egonnen werden muss, in den Entwicklungsländern nd den Schwellenländern selbst für ein Umdenken zu orgen. Wir stellen fest, dass der größte Zuwachs an missionen zurzeit in den Schwellenländern China und ndien erfolgt. Wir stellen auch fest, dass es dort wenig erständnis für unsere Besorgnis gibt. Es fehlt wirklich n der Sensibilität. Wir müssen mithelfen, dass die Senibilität dort wächst. Wir müssen ferner mithelfen, dass ie Abholzung des Tropenwaldes von den Entwick 21188 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 Norbert Geis lungsländern, in denen Tropenwald vorhanden ist, gestoppt wird. Das geht wiederum nur durch ein Umdenken der Menschen in den Entwicklungsländern selbst. Nur wenn es gelingt, die Entwicklungsländer für unsere Vorstellungen vom Schutz des Klimas und von der Sorge um das Klima zu gewinnen, können wir weltweit vielleicht mit Fortschritten rechnen. Ein Fakt ist also, dass wir versuchen müssen, dort ein Umdenken zu erzielen. Aber damit sind wir nicht aus dem Obligo. Wir selber müssen vorbildhaft vorgehen. Wir tun das auch. Wir dürfen darin aber nicht nachlassen. Es geht um unsere eigene Glaubwürdigkeit gegenüber den Menschen in den Entwicklungsländern. Nur so werden sie begreifen können, wie wichtig uns diese Frage ist. Es geht natürlich aber auch darum, dass wir Technologietransfer leisten. Hier haben wir Deutsche einiges anzubieten. Wir haben einen großen Vorsprung in der Technik der erneuerbaren Energien. Warum sollen wir diese Technik nicht dorthin transferieren? Wir erreichen damit einen dreifachen Effekt: Zum Ersten helfen wir den Menschen, zum Zweiten helfen wir dem Klima, und zum Dritten schaffen wir vielleicht neue Märkte für unsere eigenen Produkte. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619610200

(Beifall bei der CDU/CSU)

Norbert Geis (CSU):
Rede ID: ID1619610300

(A) )


(B) )


Ein Weiteres ist uns aufgegeben. Wir können all diese
Leistungen in den Entwicklungsländern nicht erbringen,
wenn wir nicht umfangreiche finanzielle Mittel dorthin
fließen lassen. Das geht zum einen nur über den Haus-
halt selbst; das geht zum anderen aber auch über den
Verkauf von Emissionszertifikaten. Wir setzen uns dafür
ein, dass zumindest ein Teil der Erlöse in den Anpas-
sungsfonds fließt und auf diese Weise in die Entwick-
lungsländer gelangt. Wir meinen, dass ein weiterer Weg
– wir haben ihn vorgeschlagen; er wurde bereits einge-
schlagen; das Instrument ist vorhanden – die Möglich-
keiten des CDM sind. Die Industrieunternehmen haben
auf diesem Weg die Möglichkeit, ihr Zuviel an Emissio-
nen durch Einsatz in den Entwicklungsländern bzw. in
den Schwellenländern auszugleichen, um insgesamt eine
Verminderung der Emissionen zu erreichen.

Meine Damen und Herren, in meinem kurzen Beitrag
wollte ich nur darauf hinweisen, dass ein enger Zusam-
menhang zwischen Klimaschutz auf der einen Seite und
Entwicklungspolitik auf der anderen Seite besteht. Es
geht darum, dass die Entwicklungspolitik Hand in Hand
mit dem Klimaschutz geht.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619610400

Das Wort hat der Bundesminister für Umwelt, Natur-

schutz und Reaktorsicherheit, Sigmar Gabriel.


(Beifall bei der SPD)


s

d
l
b
H
h
l

c
d
w
s
d
d
l

i
b
i
d
s
h
v
1
r
z
n
b
P
v
h
d

h
G
f
L

z
b
A
l
E

h
z
m
w
a
h
S
h
s
b
s
B

(C (D Sigmar Gabriel, Bundesminister für Umwelt, Naturchutz und Reaktorsicherheit: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin em Kollegen Geis für seinen Redebeitrag außerordentich dankbar, weil er den Rahmen dieser Debatte ein isschen weiter gesteckt hat. Diese Debatte war, wie err Kauch gegenüber den Grünen zu Recht festgestellt at, sehr stark innenpolitisch geprägt. Das, was der Kolege Geis gesagt hat, erfordert drei Entscheidungen: Erstens. Die Europäische Union muss wirtschaftlihes Wachstum und Klimaschutz glaubwürdig miteinaner verbinden. Kein Land der Welt wird uns folgen, enn man den Eindruck hat, Klimaschutz würde Wohl tandsentwicklung gefährden. Das ist die größte Sorge er Entwicklungsnationen. Die Europäische Union hat iese Verbindung mit ihren Beschlüssen in Brüssel in der etzten Woche eindrucksvoll herausgestellt. Zweitens. Wir müssen die Führerschaft Deutschlands nnerhalb der Europäischen Union sicherstellen. Das haen die Bundesregierung und der Deutsche Bundestag m laufenden Jahr getan. Das Jahr 2008 war das Jahr, in em Parlament und Regierung, ich glaube, knapp 30 Geetze und Verordnungen zum Klimaschutz geschaffen aben. Dieses Land hat bis 2020 ein Klimaschutzziel on minus 40 Prozent gegenüber dem Ausgangsjahr 990. Dieses Land hat sein Kioto-Ziel bereits jetzt ereicht, während andere in Europa sie noch nicht einmal ur Hälfte erreicht haben. Im Vergleich mit den Vereiigten Staaten heißt das – lassen Sie mich das einmal ein isschen flapsig sagen –: Barack Obama müsste 20 Jahre räsident der USA bleiben, um auf das Klimaschutznieau zu kommen, das Deutschland schon heute erreicht at. Ich sage das, um die Verhältnisse ein bisschen geraezurücken. Drittens. Wir brauchen einen europäischen Emissionsandel. Die Finanzmittel daraus – darauf hat der Kollege eis eben hingewiesen –, generieren wir insbesondere ür drei Dinge: erstens für Investitionen im eigenen and, insbesondere auf dem Gebiet der Energieeffizienz wir müssen den Bürgerinnen und Bürgern helfen, Geld u sparen, zum Beispiel bei den Wärmekosten, das heißt ei Erdgas und Erdöl –, zweitens für Investitionen zur npassung an den Klimawandel in den Entwicklungs ändern und drittens für den Technologietransfer in die ntwicklungsländer. Die Europäische Union hat, Frau Kollegin Höhn, ierzu einen Beschluss gefasst. In der Auseinandersetung mit Herrn Jung hatte ich eben den Eindruck – das uss ich einmal sagen –, dass Sie ganz froh gewesen ären, wenn es nicht so gekommen wäre, weil Sie dann uf das, was jetzt gemacht wird, noch ein bisschen mehr ätten draufschlagen können. Mein Eindruck war, dass ie immer so lange im Saal waren, wie Sie Kritik gehört aben. Als aber Vertreter von Entwicklungsländern geagt haben: „Ihr macht das auf dem Gebiet der erneueraren Energien fantastisch“, als wir unsere Klimaschutztrategie vorgestellt haben und die Mexikaner, die rasilianer, die Inder und viele andere gesagt haben: Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21189 Bundesminister Sigmar Gabriel „Genau so muss man das machen!“, waren Sie aus dem Saal schon wieder draußen. (Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt ja gar nicht! Der Saal war groß!)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


(A) )


(B) )


Daher ist Ihr Eindruck ein bisschen von der Nutzbarkeit
für die innenpolitische Debatte geprägt. Ich muss Ihnen
offen sagen: Wenn ich Ihnen und dem Kollegen Fell zu-
höre, habe ich den Eindruck, dass Sie die Vorstellung ha-
ben, dass wir einfach mal nach Europa gehen können
und die Polen, die Ungarn und die Italiener dann schon
machen werden, was wir wollen. Herr Fell hat gestern ja
auch noch vorgeschlagen, dass wir durchsetzen, dass die
Italiener und alle anderen ein mit dem deutschen Erneu-
erbare-Energien-Gesetz vergleichbares Gesetz machen.


(Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wäre doch etwas!)


Als ob Herr Berlusconi auf Anweisung regieren würde!
Sie haben ein etwas unilaterales Weltbild, muss ich ein-
mal sagen. Ich weiß nicht, ob Sie sich um die Nachfolge
von Herrn Bush bewerben wollen.


(Heiterkeit und Beifall bei der FDP)


Es ist schon so, dass Sie Zustimmung brauchen. Sie kön-
nen nicht einfach in eine Konferenz gehen, egal ob in
Brüssel oder in Posen, und dort sagen: Alles hört auf
mein Kommando! Das ist vielleicht Ihre Vorstellung.

Bei den Linken überrascht mich diese Vorstellung üb-
rigens nicht mehr. Ich habe heute gehört, wie Oskar
Lafontaine Demokratie definiert. Nach ihm hat das
nichts mehr mit Formalien und Mehrheiten zu tun, son-
dern: Wer das Richtige meint, der ist Demokrat, und wer
das Falsche meint, ist kein Demokrat. Nachdem ich das
heute gehört habe, überrascht mich Ihr Weltbild nicht
mehr. Ich halte diese Rede von Herrn Lafontaine für eine
der brandgefährlichsten Reden, die ich im Deutschen
Bundestag je gehört habe.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


Wissen Sie, was der eigentliche Mehrwert ist? Die
Europäische Union marschiert als Gemeinschaft. Wir
bringen mehr aufs Tableau als die Summe unserer Ein-
zelinteressen. Es gibt in der Welt keine Region, die so
weit gegangen ist wie die Europäische Union. Es gibt
auf der Welt übrigens auch kein Land, das seine Be-
schlüsse so weit umgesetzt hat wie die Bundesrepublik
Deutschland. Frau Kollegin Höhn, man kann immer sa-
gen: Man muss noch mehr machen. Da bin ich Ihrer
Meinung. Ich fände es auch schöner, wenn die Osteuro-
päer auf die Teilauktionierung verzichtet hätten. Der
Mehrwert misst sich aber auch ein bisschen an der Ant-
wort auf die Fragen: Wo stehen wir? Wo stehen die an-
deren? Wo wollen wir hin? Ich finde, das ist ein gewalti-
ger Schritt, der da geleistet worden ist. Ich bin ganz
beruhigt. Die Kritik, ob sie von Herrn Schellnhuber
kommt oder anderen, beunruhigt mich nicht besonders.
Ich glaube, dass wir in ein paar Jahren in den
Geschichtsbüchern lesen werden, dass die Umkehr der
Energie- und Klimapolitik zu einer Low Carbon

E
w
d
d

d
D
n
B
r
h
k
D
A
D
d

s
e
b
P
w
b
d
n
n

G
D
w

W
s
d

n
d
d
S

s

a
c
r
b

(C (D conomy in Brüssel mit dieser Entscheidung begonnen urde. Die Weichen sind unumkehrbar gestellt. Das ist ie eigentliche Botschaft aus Brüssel. Das ist das, was in er Welt angekommen ist. Sie kommen daher und behaupten, die deutsche Inustrie sei geschont worden. Ich sage es noch einmal: ie Tatsache, dass jemand seine CO2-Berechtigungen icht ersteigern muss, hat nichts damit zu tun, wie viele erechtigungen er bekommt. Auch er muss Jahr für Jahr eduzieren. Das ist der Druck auf die Effizienz. Das eißt, es gibt für die Industrie in Deutschland insgesamt eine Ausnahmen. Lediglich in Polen und auch in eutschland bei der energieintensiven Industrie gibt es usnahmen bei der Auktionierung. Das ist auch gut so. ie Kollegen haben schon darauf hingewiesen, warum as nötig ist. Ich sage Ihnen: Das Entscheidende an den Beschlüsen ist, dass wir in Europa verpflichtend für jedes Land ine Verteilung haben, um wie viel Prozent die erneueraren Energien ausgebaut werden müssen, um wie viel rozent die Energieeffizienz gesteigert werden muss und ie in den Bereichen, die nicht vom Emissionshandel etroffen sind, jedes Jahr die Emissionen gesenkt weren müssen. Davon ist jeder betroffen, der Verkehr geauso wie die Industrie. So etwas finden Sie weltweit icht noch einmal. Darüber in der Art und Weise zu diskutieren, wie die rünen es gemacht haben, hilft möglicherweise bei der iskreditierung der Innenpolitik – das mag ja sein –, aber eltweit ist das verdammt kleine Münze. (Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben wir in Posen aber anders gesehen!)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


ie sollen wir den Menschen Mut machen, sich auf un-
eren Weg zu begeben, wenn Sie diesen Weg öffentlich
iskreditieren? Sie sind sehr kurzfristig unterwegs.


(Abg. Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619610500

Herr Kollege Gabriel, eine Zwischenfrage kann ich

icht mehr erlauben, obwohl die Kollegin Höhn sich
azu meldet. Ich muss Sie darauf aufmerksam machen,
ass Sie jetzt auf Kosten der Redezeit der Rednerin der
PD-Fraktion weiterreden.

Sigmar Gabriel, Bundesminister für Umwelt, Natur-
chutz und Reaktorsicherheit:

Ja, Frau Präsidentin, ich schließe meine Rede mit dem
ußerordentlichen Bedauern, dass ich nicht noch ein biss-
hen mit Frau Höhn diskutieren kann. Es klärt sehr da-
über auf, mit wie kleiner Münze derzeit bei den Grünen
ezahlt wird.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


21190 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008


(A) )



(B) )


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619610600

Als letzte Rednerin in dieser Debatte hat die Kollegin

Gabriele Groneberg für die SPD-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Gabriele Groneberg (SPD):
Rede ID: ID1619610700

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Liebe Kolleginnen

und Kollegen! In der Tat, als letzter Rednerin bleibt ei-
nem oft nicht mehr viel. Ich hatte über Strecken den Ein-
druck, dass wir uns nur über bestimmte Faktoren für den
Klimaschutz hier im Inland unterhalten, aber nicht wirk-
lich über das große Ganze. Deshalb bin ich dem Herrn
Kollegen Geis dankbar, dass er das wieder auf eine ver-
nünftige Ebene zurückgeholt hat. Ich muss allerdings
auch sagen, Herr Kauch, dass mir bei Ihrer Rede einiges
aufgestoßen ist. Sie haben tatsächlich den Eindruck hin-
terlassen, als ob wir gar nichts für den internationalen
Klimaschutz tun,


(Michael Kauch [FDP]: Habe ich nicht gesagt!)


vor allen Dingen nicht für den Schutz und den Erhalt
von Tropenwäldern und für die Biodiversität.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Falsch zugehört! Das waren die Grünen!)


– Nein, nein, ich habe da sehr gut aufgepasst. Sie können
es selber im Protokoll nachlesen, falls es Ihnen entfallen
sein sollte. Beginnende Alzheimer kann man ja manch-
mal feststellen.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Na! Na! Alzheimer muss ich mir von der SPD nicht vorwerfen lassen! Unerhört ist das! Das ist unter Niveau!)


Eines muss ich jetzt deutlich sagen. Dafür will ich ein
konkretes Beispiel nennen, Herr Friedrich, und zwar den
Yasuni-Nationalpark in Ecuador. Unter diesem National-
park liegen riesige Erdölvorkommen. Natürlich würde
Ecuador als armes Land gerne diese Erdölvorkommen
ausbeuten. Das wären Milliarden US-Dollar an Einnah-
men für dieses kleine arme Land.

In diesem Nationalpark steht aber auch der soge-
nannte Käferbaum. Er wurde so getauft, weil er eine Be-
sonderheit hat. Auf diesem Baum, den mein Kollege
Sascha Raabe ganz besonders liebt, leben mehr Käferar-
ten, als wir insgesamt in Europa finden können. Wenn
das kein Artenreichtum ist, dann weiß ich nicht mehr,
was man als Artenreichtum bezeichnet.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Von diesem Baum gibt es in diesem Nationalpark
ganz viele. Was tun wir, um diesen Baum zu schützen?
Wir unterstützen die Ecuadorianer dabei, diesen Arten-
reichtum in ihrem Land zu erhalten, indem sie darauf
verzichten, diese Erdölvorkommen auszubeuten. Wir
unterstützen sie mit Ausgleichszahlungen, dass sie die-
sen Wald erhalten. Es hat in der Tat länger gedauert, um
zu einem solchen Abkommen zu kommen, das auf inter-
nationaler Ebene durchaus vorbildlich ist. Ich hätte mir
wirklich gewünscht, Herr Kauch, dass Sie einmal he-

r
s
w
g
R


w
C
e
m
t
g
v
n

d
n
E
v
W
d
A
b

B
m
b
U
J
d
m
G
I
w
d
u
t

D
f
j
S
D
r
a

F
b
s
s
h

(C (D ausgestellt hätten, dass man in der internationalen Zuammenarbeit solche Projekte machen kann, bei denen ir uns alle dazu verpflichten, einem armen Land Ausleich dafür zu bieten, dass es auf die Ausbeutung von essourcen verzichtet und den Artenreichtum erhält. Ich will noch kurz ein weiteres Beispiel anführen denn ich glaube, das ist auch für andere Fälle sehr ichtig –: Deutschland unterstützt ganz besonders die OMIFAC. Was ist die COMIFAC? Die COMIFAC ist ine Waldkommission in Zentralafrika. In diesem Rahen setzen sich die Regierungen von zehn Anrainerstaa en des Kongobeckens und 20 internationale Umweltoranisationen – das ist eine Symbiose, die nicht allzu oft orkommt – gemeinsam für eine grenzüberschreitende achhaltige Waldbewirtschaftung ein. Wir leisten unsere Unterstützung vor allen Dingen eshalb, weil die Bevölkerung, die dort lebt, ihre Einahmen hauptsächlich aus dem Wald generiert. Er ist die rnährungsgrundlage. Damit die Bevölkerung darauf erzichtet, den Wald auszubeuten, unterstützen wir sie. ir verbinden also die Vermeidung der Entwaldung mit en Zielen des Klimaschutzes, der Biodiversität und der rmutsbekämpfung. Das ist Entwicklungszusammenareit, wie wir sie brauchen. Davon profitieren alle. An dieser Stelle muss ich auch darauf hinweisen: Das undesumweltministerium unterstützt solche Maßnahen zum internationalen Klimaschutz in Zusammenar eit mit dem BMZ durchaus großzügig. Deutschlands nterstützung kann sich sehen lassen. Alleine im ahr 2009 fließen insgesamt über 225 Millionen Euro in en internationalen Klimaschutz. Herr Kauch, sagen Sie ir einmal, in welchem anderen Land in diesem Umfang eld für den Klimaschutz zur Verfügung gestellt wird! ch glaube, wir brauchen uns nicht zu verstecken. Es äre schön, wenn wir dies öfter deutlich machen würen, anstatt uns immer nur im eigenen Saft zu suhlen nd zu betonen, was wir alles noch besser machen können. Vielen Dank. Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlage auf rucksache 16/11206 an die in der Tagesordnung aufge ührten Ausschüsse zu überweisen. Die Federführung ist edoch strittig. Die Fraktionen der CDU/CSU und der PD wünschen Federführung beim Finanzausschuss. ie Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wünscht Federfüh ung beim Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Rektorsicherheit. Ich lasse zuerst über den Überweisungsvorschlag der raktion Bündnis 90/Die Grünen, also Federführung eim Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktoricherheit, abstimmen. Wer stimmt für diesen Überweiungsvorschlag? – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Entaltungen? – Der Überweisungsvorschlag ist mit den Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21191 Vizepräsidentin Petra Pau Stimmen der Unionsfraktion und der SPD-Fraktion gegen die Stimmen der antragstellenden Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der FDP-Fraktion und der Fraktion Die Linke abgelehnt. Ich lasse nun über den Überweisungsvorschlag der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD, Federführung beim Finanzausschuss, abstimmen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Überweisungsvorschlag ist mit den Stimmen der Unionsfraktion und der SPD-Fraktion gegen die Stimmen der FDP-Fraktion, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen angenommen. Tagesordnungspunkte 6 b und 6 c sowie Zusatzpunkt 4. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf den Drucksachen 16/10617, 16/10820 und 16/11387 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie mit diesen Überweisungsvorschlägen einverstanden? – Das ist der Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen. Tagesordnungspunkt 6 d. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 16/11246 mit dem Titel „Bei Klimaverhandlung in Poznań den Weg für Kyoto II frei machen“. Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Antrag ist mit den Stimmen der Unionsfraktion, der SPD-Fraktion und der FDP-Fraktion gegen die Stimmen der Fraktion Die Linke bei Enthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen abgelehnt. Tagesordnungspunkt 6 e. Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen mit dem Titel „Neuer Schwung für die Klimaverhandlungen – Poznań zum Erfolg machen“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/11415, den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 16/11024 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist angenommen. Tagesordnungspunkt 6 f. Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit auf Drucksache 16/10394. Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags der Fraktion der FDP auf Drucksache 16/9454 mit dem Titel „Barrieren für die Einführung der CCS-Technologie überwinden – Voraussetzungen für einen praktikablen und zukunftsweisenden Rechtsrahmen schaffen“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Dann ist die Beschlussempfehlung mit den Stimmen der Unionsfraktion, der SPD-Fraktion, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der FDPFraktion angenommen. Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung des Antrags der Fraktion der FDP auf Drucksache 16/5131 mit dem Titel „Potenziale der Abtrennung und Ablagerung von CO2 für den K e D o u S A b D d d l B l W s t t n A E D s u l B l W s t t F p Z (C (D limaschutz nutzen“. Wer stimmt für diese Beschlussmpfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – ie Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Uninsfraktion, der SPD-Fraktion, der Fraktion Die Linke nd der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gegen die timmen der FDP-Fraktion angenommen. Tagesordnungspunkt 6 g. Beschlussempfehlung des usschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verraucherschutz zu dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/ ie Grünen mit dem Titel „Den Klimawandel wirksam urch Urwaldschutz bekämpfen – Agrarüberschüsse in en Erhalt der Urwälder investieren“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehung auf Drucksache 16/8877, den Antrag der Fraktion ündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 16/7710 abzu ehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – er stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die Be chlussempfehlung ist mit den Stimmen der Unionsfrakion, der SPD-Fraktion, der FDP-Fraktion und der Frakion Die Linke gegen die Stimmen der Fraktion Bündis 90/Die Grünen angenommen. Tagesordnungspunkt 6 h. Beschlussempfehlung des usschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und ntwicklung zu dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/ ie Grünen mit dem Titel „Tropenwaldschutz braucht olide Finanzierung – Entwaldung vermeiden, Klimand Biodiversität schützen“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehung auf Drucksache 16/11346, den Antrag der Fraktion ündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 16/9065 abzu ehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – er stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die Be chlussempfehlung ist mit den Stimmen der Unionsfrakion und der SPD-Fraktion gegen die Stimmen der Frakion Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung der FDPraktion und der Fraktion Die Linke angenommen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 7 sowie die Zusatzunkte 5 und 6 auf: 7 Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Initiative zur Nationalen Stadtentwicklungspolitik – Drucksache 16/9234 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Sportausschuss Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Tourismus Ausschuss für Kultur und Medien P 5 Beratung des Antrags der Abgeordneten Peter Götz, Dirk Fischer Lippold, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Petra Weis, Klaas Hübner, Sören Bartol, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD 21192 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 Vizepräsidentin Petra Pau Die integrierte Stadtentwicklung weiter ausbauen – Drucksache 16/11414 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Innenausschuss Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Haushaltsausschuss ZP 6 Beratung des Antrags der Abgeordneten Patrick Döring, Gisela Piltz, Horst Friedrich weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Innenstädte stärken – Kooperationen fördern – Städtebauförderung weiter entwickeln – Drucksache 16/8076 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Innenausschuss Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Haushaltsausschuss Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die Aussprache eine Stunde vorgesehen. – Dazu höre ich keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Parlamentarische Staatssekretär Achim Großmann. A Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie haben wahrscheinlich damit gerechnet, dass jetzt Bundesminister Wolfgang Tiefensee diese Rede hält. (Renate Blank [CDU/CSU]: Sie sind uns lieber! – Peter Götz [CDU/CSU]: Das ist schon recht so!)


(Beifall des Abg. Dr. Sascha Raabe [SPD])


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619610800

(A) )


(B) )


(A) )


(B) )

Achim Großmann (SPD):
Rede ID: ID1619610900

Deshalb will ich zunächst erklären, warum es hier zu ei-
nem Regiewechsel gekommen ist.

Die Uhr zeigt 14.59 Uhr. Um 15 Uhr beginnt im
Kanzleramt das Gespräch der Kanzlerin mit den Minis-
terpräsidenten. Hier machen wir Stadtentwicklungspoli-
tik in der Theorie, und im Kanzleramt geht es um die
Praxis.


(Peter Götz [CDU/CSU]: Wir machen die Praxis!)


Es ist daher wichtig und sinnvoll, dass Herr Minister
Tiefensee die vielen positiven Elemente, die wir gerade
in der Stadtentwicklungspolitik in die Diskussion gewor-
fen haben, in das Gespräch einbringt.


(Beifall bei der SPD)


N
D
d
E
n
t

n
P
M
v
t
d
m
v
b
b
d
D
m

m
k
w
u
b
L
k
g
n
n

i
s
I
d
ü
k
s
m
a
u
S
l
a
w
a

d
n
h
a
d
m

w
g
k
a
r

(C (D ichtsdestoweniger freue ich mich, dass ich an dieser ebatte teilnehmen kann. Wie Sie wissen, begleite ich iese Debatte seit zehn Jahren mit vielen eigenen Ideen. s ist gut, dass sich der Deutsche Bundestag heute ereut mit dem Thema Stadtentwicklungspolitik beschäfigt. Sie wissen: In unseren Städten wohnen die Menschen icht nur dichter zusammen als auf dem Lande. Auch die robleme, die Chancen, die Herausforderungen und die öglichkeiten unserer Gesellschaft treten in den Städten erstärkt und damit auch verdichtet auf. Soziale Gerechigkeit, ökologische Verantwortung, ökonomisches Funament, kulturelle Toleranz, gutes Zusammenleben – öglichst viel davon soll in den Städten grundgelegt und on den Städten gewährleistet werden. Städte sollen leenswert sein, authentisch für die Menschen, die dort leen oder in die Stadt kommen. Das ist eine Aufgabe für as ganze Land. Ich denke, dass es gut ist, sie unter dem ach einer nationalen Stadtentwicklungspolitik zu forulieren. Was passiert, wenn man die Stadt mit ihren Probleen alleine lässt, die Probleme nicht löst und die Zu unftschancen vernachlässigt? Das kann man immer ieder sehen, das bleibt auch über die Jahrzehnte fast nverändert, obwohl die Voraussetzungen und die Voredingungen immer etwas anders sind. Man kann in den ondoner Stadtteil Brixton 1981 zurückschauen. Man ann sich anschauen, was 2005 in den Banlieues in den roßen Städten Frankreichs passierte. Man kann aktuell ach Athen und zu anderen griechischen Städten hiüberblicken. Es ist nie die genau identische Ursache. Aber es sind mmer ähnliche Ursachen. Sie haben immer etwas mit ozialen Verwerfungen, mit Spannungen, mit schlechter ntegration, mit misslungener Bildung und mit vielen aneren Voraussetzungen zu tun, um die es geht, wenn wir ber Stadtentwicklungspolitik sprechen. Mangelnde Zuunftschancen, die Ausgrenzung einzelner Gruppen, chlechte Integration und Bildung – all das sind die Eleente solcher Unruhen. Die aufgestaute Wut entlädt sich m ehesten dort, wo Menschen dicht beieinander sind nd sich ihre Probleme am deutlichsten zeigen: in den tädten. Es ist das Hauptziel einer guten Stadtentwick ungspolitik, dass so etwas nicht entsteht, dass man es lso vorher verhindert oder dass man relativ schnell, enn sich etwas falsch entwickelt, die Weichen neu und nders stellt. Das ist auch eine Aufgabe des Bundes. Sie wissen, ass wir diesen Prozess als Bund moderieren. Wir könen viele Ideen anstoßen und etwas bewegen. Aber wir aben ein föderales System. Deshalb hat der Bund nicht llein den Hut auf, sondern wir sind darauf angewiesen, ass wir mit den Ländern, den Kommunen und den Geeinden gut zusammenarbeiten. Auch wenn wir heute über die Städte reden, so wissen ir, dass es auch um den ländlichen Raum und die Reion geht; das will ich ausdrücklich sagen. Ansonsten ommt hier die Diskussion auf: Warum schaut ihr nur uf die Städte? Warum schaut ihr nicht auch in die andeen Bereiche unseres Landes? Wir wissen, dass die Pro Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21193 Parl. Staatssekretär Achim Großmann bleme, unterschiedlich fokussiert, teilweise etwas anders gestaltet, auch dort auftreten können. Mir ist Folgendes ganz wichtig: Wir wollen besser kooperieren, horizontal zwischen den Ressorts, vertikal zwischen Bund, Länder und Gemeinden und inhaltlich zwischen Staat, Wirtschaft, den Bürgern und der zivilen Gesellschaft. Um es uns noch einmal vor Augen zu führen: Wenn wir von der Stadt sprechen, dann sprechen wir über 70 Prozent der Bevölkerung und 80 Prozent der Arbeitsplätze. Stadtentwicklungspolitik ist immer eine Querschnittsaufgabe aus Wirtschaftspolitik, Strukturpolitik, Infrastrukturpolitik, Sozialpolitik, Gesundheitspolitik, Bildungspolitik, Integrationspolitik, Kulturpolitik und Umweltpolitik. Im Grunde könnte man alle politischen Bereiche aufzählen, weil sie dort in einem Schmelztiegel der Interessen, der Probleme, der Chancen und der Herausforderungen miteinander verschmolzen werden. Das ist der Ansatz der nationalen Stadtentwicklungspolitik. Aber was bedeutet das konkret? Was haben die Menschen von einer solchen nationalen Stadtentwicklungspolitik? Wir wollen erreichen, dass durch die gebündelte Kraft aller Beteiligten unsere Städte lebenswert bleiben, und zwar in jedem Stadtteil. Wenn wir hier nicht handeln, bringen wir die Menschen in den benachteiligten Stadtteilen um ihre Chancen. Wir wollen nicht nur etwas tun, um die Fassaden und die Mobilität zu verbessern, sondern wir müssen auch deshalb handeln, damit die Menschen in ihren Städten und Stadtteilen bleiben wollen und dort auch leben können. Dafür ist sozialer Zusammenhalt nötig, und die Chancen auf Bildung und Teilhabe und die Möglichkeiten zur Integration müssen vielfältig sein. Der Bund – das habe ich schon erwähnt – kann das nicht alleine schaffen, und er will das auch nicht. Die Länder, die Kommunen und vor allen Dingen die Menschen vor Ort – die betroffenen Bürger selbst, die sich für ihre Stadt und ihren Kiez engagieren – sind die entscheidenden Akteure in diesem Politikbereich. Aber der Bund kann konkret helfen, Ziele mitentwickeln und finanzielle Mittel zur Verfügung stellen. Ein hervorragendes Beispiel für eine solche Kooperation ist das Programm „Soziale Stadt“. Um die Erfolge zu sehen, muss man nicht weit gehen. Wir haben inzwischen 500 Stadtteile in das Programm „Soziale Stadt“ aufgenommen. Ich will ein Beispiel aus Berlin-Neukölln nennen, weil wir gerade in Berlin sind. Aber ich könnte noch viele andere Städte und Quartiere anführen, in denen wir mit diesem Programm zuhause und erfolgreich sind. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Peter Hettlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


(A) )


(B) )


(Zuruf von der SPD: Genau!)


In Berlin-Neukölln zum Beispiel kann man sehen,
was die Stadtteilmütter leisten. Stadtteilmütter sind
Frauen mit Migrationshintergrund. Sie bauen Kontakte
zu Familien ihrer ethnischen Herkunftsgruppe auf und
beraten sie bei Hausbesuchen, gerade in Bildungs- und

E
t
n
d

b
E
u
d
A
m

w
P
u
Z
h
H
v
a
h
w





n
m
d
h
s
m
i

v
H
W
z
P
d
b
a

(C (D rziehungsfragen. Dadurch ermutigen sie Familien, akiv am gesellschaftlichen Leben in Deutschland teilzuehmen. Das ist eine von Tausenden solcher Initiativen, ie ich jetzt nur kurz anreißen kann. An diesen Stellen werden mit großem Engagement eträchtliche Erfolge erzielt, durch Akteure auf allen benen, aber vor allen Dingen durch die Bürgerinnen nd Bürger vor Ort: die Menschen, die dort leben. Genau arum geht es: Die Programme mit ihren verschiedenen nsätzen zusammen unter einem gemeinsamen Dach it allen dafür notwendigen Akteuren zu entwickeln. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich habe in vielen Reden darauf hingewiesen, dass
ir oft so tun, als würden wir zum ersten Mal mit einem
roblem konfrontiert. Wenn mir die schnelllebige Zeit
nd die Herausforderungen im politischen Alltag die
eit lassen, dann nehme ich wie viele von Ihnen auch
in und wieder ein Buch zur Hand. Zurzeit liegen die
istorien von Herodot auf meinem Nachttisch, die er
or rund 2 500 Jahren geschrieben hat. Legen Sie mich
ber nicht auf das genaue Jahr und den Monat fest. Ich
abe eben von kultureller Toleranz gesprochen. Dazu
ill ich einen kurzen Passus zitieren:

Mir ist es ganz klar,

schreibt Herodot –

dass Kambyses wahnsinnig war.

Das war wohl ein ziemlich nationalistischer Geselle. –

Er hätte sonst die fremden Gottheiten und Gebräu-
che nicht verhöhnt. Denn wenn man an alle Völker
der Erde die Aufforderung ergehen ließe, sich unter
all den verschiedenen Sitten die vorzüglichsten aus-
zuwählen, so würde jedes, nachdem es alle geprüft,
die seinigen allen anderen vorziehen. So sehr ist je-
des Volk überzeugt, dass seine Lebensformen die
besten sind. Wie kann daher ein Mensch mit gesun-
den Sinnen über solche Dinge spotten!

Kulturelle Toleranz und Integrationspolitik sind also
icht nur ein Thema, mit dem wir uns heute beschäftigen
üssen, sondern das gab es schon immer. Wir wissen,

ass Städte gedeihen und schrumpfen, dass sie ihre Blüte
aben, in Krisen kommen, wachsen und wieder
chrumpfen. All das ist ein Prozess der Geschichte. Wir
üssen uns diesem Prozess immer wieder stellen und

hn beherrschbar machen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie des Abg. Peter Hettlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Ich will nur kurz anreißen – vieles wird bereits in den
orliegenden Anträgen ausgeführt –, dass wir uns diesen
erausforderungen auf vielfältige Weise stellen werden.
ir haben die integrierte Stadtentwicklungspolitik seit

ehn Jahren weitergeführt und neue Programme wie das
rogramm „Soziale Stadt“, den Stadtumbau West und
en Stadtumbau Ost aufgelegt. Wir haben die Städte-
auförderung weiterentwickelt und auf die familien- und
ltengrechte Stadt fokussiert. Wir haben die Probleme

21194 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008


(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Achim Großmann
der Innenstadt herausgestellt und den städtebaulichen
Denkmalschutz auch für den Westen wieder aktiviert,


(Patrick Döring [FDP]: Erstmals!)


nachdem die städtebaulichen Entwicklungsprogramme
in den neuen Bundesländern sehr erfolgreich gelaufen
sind. Außerdem haben wir uns seit geraumer Zeit auch
um die klimapolitischen Schwierigkeiten der Städte und
die Umweltbedingungen, die zunehmend schlechter ge-
worden sind, gekümmert. Wir tun etwas für die Gebäu-
desanierung, aber wir unterstützen die Kommunen über
einen Infrastrukturpakt auch ganz gezielt beim Erhalt ih-
rer sozialen Einrichtungen wie Schulen, Kindertagesstät-
ten und Sportstätten.

Wir sind sehr gut aufgestellt, und ich freue mich auf
die Diskussion. Ich verspreche Ihnen – das soll mein Fa-
zit sein –, dass wir bei der Stadtentwicklungspolitik auch
weiterhin die Avantgarde in Europa sein werden.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619611000

Ich gebe das Wort dem Kollegen Patrick Döring,

FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Patrick Döring (FDP):
Rede ID: ID1619611100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Der Herr Staatssekretär hat zu Recht festgestellt, dass es
in den Stadtentwicklungsprogrammen viele positive Ak-
zentveränderungen gibt, die wir als FDP unterstützt ha-
ben und unterstützen. Aber ich hätte mir schon ge-
wünscht, Herr Großmann, dass Sie in den zehn Minuten,
gerade nachdem Sie mit dem aktuellen Bezug begonnen
haben, auch etwas zur Position des Bundesbauministeri-
ums zu einem Konjunkturprogramm für Kommunen un-
ter dem Aspekt Ost oder West – dies beherrscht ja, wenn
ich es richtig sehe, die heutige Medienlandschaft – ge-
sagt hätten. Diese Gelegenheit haben Sie leider ausgelas-
sen.

Auch ist von Ihnen der Eindruck erweckt worden, das
Bündeln vorhandener Förderprogramme sei schon eine
Strategie. Das ist es nicht.


(Beifall bei der FDP)


Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass Stadtent-
wicklungspolitik Querschnittspolitik ist. Da man eine
solche Debatte als Oppositionsfraktion mit nur acht Mi-
nuten Redezeit nicht dazu nutzen sollte, der Regierung
zu bestätigen, was man genauso sieht, werde ich deutlich
machen, wo im Hinblick auf die Strategie die Pro-
gramme, die Reden und die Lyrik mit der praktischen
Politik der Bundesregierung einfach nicht in Einklang zu
bringen sind.


(Beifall bei der FDP – Widerspruch bei der SPD)


Sie haben bei der Unternehmensteuerreform dafür ge-
sorgt, dass die Kosten für Mieten und Pachten in den gu-

t
s
S

d
z
J
J
d
v
d
r

M
g
n
o
p
s
s

i
F
w
G
w
l
n
J
W

w
e
s
T
D
s
s
s
n
z

E
h

N
e
B

(C (D en Einzelhandelslagen unserer Städte nicht mehr voll teuermindernd absetzbar sind. Das ist schlecht für die tadtentwicklung. Sie haben durch monatelange komplizierte Debatten arüber, ob diejenigen, die mit Nachtspeicheröfen heien, ihren Nachtspeicherofen am besten morgen, in fünf ahren oder erst in zehn Jahren abreißen müssen, ein ahr lang jegliche Investition in diesem Bereich verhinert, weil die Eigentümer dieser Wohnungen und Häuser on den klimapolitischen Säuen, die seit Meseberg urchs Dorf getrieben wurden, völlig verunsichert waen. Des Weiteren weigert sich die Bundesregierung, das ietrecht so anzupassen, dass Investitionen in die ener etische Sanierung für diejenigen, die nicht in kommualen Wohnungen, sondern in ihren eigenen Wohnungen der in den Wohnungen privater Vermieter wohnen, raktisch umsetzbar sind. Weil beim Mietrecht die falchen Akzente gesetzt sind, geht davon kein Anreiz aus, olche Investitionen vorzunehmen. Diese praktischen Dinge, die zugegebenermaßen alle n anderen Häusern stattfinden, passen nicht zu den örderprogrammen und insbesondere nicht zu Ihren eitestgehend unterstützenswerten Vorschlägen, Herr roßmann. Ihre Kollegen in den anderen Häusern tun enig für eine solide und fortschrittliche Stadtentwick ungspolitik. In Wahrheit hat doch der Bundesumweltmiister und nicht der Bundesbauminister über das letzte ahr hinweg die Debatte über die Frage geprägt, wie sich ohnungspolitik entwickeln soll. Bevor man heute Nachmittag darüber streitet, wo und ie Förderprogramme aufgelegt werden, soll man sich in bisschen an das erinnern, was man selber einmal geagt hat. Ich wundere mich, dass Bundesminister iefensee – insofern ist es schade, dass er heute an dieser ebatte nicht teilnehmen kann; aber der Zeitverlauf ist o, wie er ist – die Bundeskanzlerin nach ihrem Vorchlag, zusätzliche Investitionsmittel für die westdeutchen Städte zu aktivieren, kritisiert hat. Der Bundesmiister selbst hat am 12. August in der Welt gesagt – ich itiere –: Ein neues Kapitel der Solidarität wird wichtiger. Auch Städte wie Duisburg, Gelsenkirchen, Bremerhaven oder das ehemalige Zonenrandgebiet in Bayern brauchen Finanzhilfen. r hat recht. Der gleiche Minister hat aber gestern und eute mehrfach gesagt – ich zitiere wieder aus der Welt –: Bei der Ostförderung geht es nicht um Bevorzugung, sondern um die Erfüllung des Solidarpaktes zur Behebung flächendeckender Strukturschwächen. Wir haben den Westen nicht vernachlässigt. ur eines von beiden kann stimmen. Ich glaube, seine rste Bemerkung vom August und die Bemerkung der undeskanzlerin von gestern sind in diesem Punkt rich Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21195 Patrick Döring tiger als die heutige Bemerkung aus dem Hause. Deshalb wäre es schön, zu wissen, was Sie eigentlich wollen. Angesichts der vielen vorhandenen Förderprogramme muss man fragen: Was steckt wirklich dahinter? Sie haben zu Recht auf die vielen Vereinbarungen mit den Ländern auf der Wohnungsbauministerkonferenz hingewiesen. Verbesserung der Wohnverhältnisse, Einleitung neuer wirtschaftlicher Tätigkeiten, Schaffung und Sicherung von Beschäftigung auf lokaler Ebene, Verbesserung der sozialen Infrastruktur, Verbesserung des Angebots an bedarfsgerechten Ausund Fortbildungsmöglichkeiten, Integration von Migrantinnen und Migranten, Maßnahmen für eine sichere Stadt, Umweltentlastung, ÖPNV, Wohnumfeldverbesserung, Stadtteilkultur und Freizeit, das alles ist Bestandteil des Förderprogramms Stadtumbau West. So sieht die Vereinbarung mit den Ländern aus. Aber im Bundeshaushalt sind dafür gerade einmal 76 Millionen Euro eingestellt. Das wird für diese vielen tollen Maßnahmen nicht reichen. Konkrete Politik muss etwas mit den Dingen zu tun haben, die man überall vorträgt. Ich möchte noch einen allerletzten Punkt ansprechen, weil auch er etwas mit Wahrheit und Wirklichkeit zu tun hat. Ich finde es bemerkenswert, dass immer wieder – völlig zu Recht – darauf hingewiesen wird, die energetische Gebäudesanierung biete die Möglichkeit, mit relativ geringem Mitteleinsatz relativ viel CO2 einzusparen. Die FDP-Fraktion fand es richtig, dass der Bundesbauminister darauf gedrungen hat, in den Jahren 2007, 2008 und 2009 jeweils 120 Millionen Euro für die Sanierung der bundeseigenen Liegenschaften in den Haushalt einzustellen. Genauso bemerkenswert ist aber, dass im ersten Jahr 8 Millionen Euro, im zweiten Jahr 32 Millionen Euro und im dritten Jahr 48 Millionen Euro von diesen 120 Millionen Euro in Anspruch genommen werden können, weil Ihre Bundesbehörde die vielen Anträge – es sind über 1 600 Anträge, übrigens alle von Mitarbeitern des Bundes, die gerne die Liegenschaften, in denen sie sind, sanieren wollen – nicht bearbeitet. Sie selbst, Herr Großmann, haben uns in Ihrer Antwort auf unsere Kleine Anfrage bestätigt, dass mehr als 230 Anträge auf Sanierung von Bundesbauten seit mehr als einem Jahr nicht bearbeitet werden können. Es gehört aber auch zur praktischen Politik, dass man das, was man sagt, in dem Haus, in dem man Verantwortung trägt, umsetzt. Sie können sicher sein, dass wir Sie bei der Akzentverschiebung und der Verbesserung unserer Stadtentwicklungsund Städtebauförderungsprogramme weiter unterstützen, dass wir aber auch Wert darauf legen, dass die Programme und die Theorie annähernd etwas mit der Praxis zu tun haben. Wir wünschen uns mehr. Aber das ganze Drama ist im Sommer nächsten Jahres vorbei. Dann werden wir es besser machen. Vielen Dank. (Beifall bei der FDP – Sören Bartol [SPD]: Und wovon träumt ihr nachts?)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(A) )


(B) )


(Beifall bei der FDP)


K

M
l
S
G
d
s
ö
Z
u
d
w
s
s
c

m
t
r
G
r
T
k

d
c
D
B
w
h
g
l
h
S
s
d
l
S

N
h

g
s
p
s
s
L
a
e
V
n
m

(C (D Für die CDU/CSU-Fraktion gebe ich das Wort dem ollegen Peter Götz. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! eine sehr geehrten Damen und Herren! Stadtentwick ung ist ein dynamischer Prozess. Das Leben in unseren tädten verändert sich, und die Städte verändern sich. lobalisierung mit allen Auswirkungen, wie wir sie in iesen Wochen erleben, aber auch Migration, demograficher Wandel, strukturelle Veränderungen der Wirtschaft, kologische Probleme und Klimawandel beeinflussen die ukunft der Städte mit großer Geschwindigkeit in einem ngeheuren Ausmaß. Mit unserem fraktionsübergreifenen Antrag zur integrierten Stadtentwicklung, über den ir heute debattieren, wollen wir versuchen, die Frage tellungen der Zukunft auf diesem Gebiet zu vernetzen, owie gleichzeitig Potenziale und Perspektiven ansprehen. Wir halten es für dringend geboten, dass dem zunehend wichtiger werdenden Thema Stadtentwicklung na ional und international ein höherer Stellenwert eingeäumt wird. Dazu gehört auch, dass die auf diesem ebiet international führende deutsche Forschung in ih er Schrittmacherfunktion gestärkt wird sowie politische rends und Innovationen über Netzwerke frühzeitig erannt und international ausgetauscht werden. Die Bundesregierung hat in ihrem Bericht zu Recht ie Bedeutung der Städte aufgezeigt und auf die Brükenfunktion zwischen den Städten und Regionen in eutschland und Europa besonders hingewiesen. In dem ericht werden die regionalen Unterschiede zwischen achsenden und schrumpfenden Städten sichtbar. Das eißt, wir brauchen bei unterschiedlichen Entwicklunen sehr differenzierte Antworten. Wachsende Metropoen wie Frankfurt am Main, Stuttgart oder München steen sich entleerenden Räumen mit stark schrumpfenden tädten und Gemeinden gegenüber. Mit weiteren Polariierungen ist zu rechnen, und zwar nicht nur zwischen en Regionen, sondern auch zwischen Stadt und Umand. Umso wichtiger wird die Zusammenarbeit der tädte mit ihrem Umland. icht ein Gegeneinander, sondern mehr Miteinander eröht die Zukunftsfähigkeit. Unsere Städte befinden sich regional, national und lobal zunehmend im Wettbewerb um Wirtschaftsaniedlungen, um Wissenschaft und Kultur, um Arbeitslätze und um die besten Köpfe. Gleichzeitig entwickelt ich ein Wettbewerb um Familien mit Kindern. Vor dieem Hintergrund wird es wichtiger denn je, dass Bund, änder und Kommunen ressortübergreifend denken und bgestimmt handeln. Die Gestaltung unserer Städte ist ine Gemeinschaftsaufgabe der demokratisch gewählten ertreter vor Ort zusammen mit engagierten Bürgerinen und Bürgern, mit den Unternehmen und Unternehern, aber auch mit vielen anderen stadtgestaltenden 21196 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 Peter Götz Akteuren. Diese Gestaltungsfreiheit darf nicht eingeengt werden, weder durch den Bund noch durch die Verordnungsflut der Europäischen Kommission. Was die Städte, Gemeinden und Kreise eigenverantwortlich erledigen können, muss nicht von Europa durchreguliert werden. Wir brauchen hier keine europäische Gesetzgebung, weder beim Wohnungsbau noch bei der Gestaltung unserer Fußgängerzonen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619611200

(Beifall bei der CDU/CSU)

Peter Götz (CDU):
Rede ID: ID1619611300

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(A) )


(B) )


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Natürlich stehen wir weltweit vor riesigen Herausfor-
derungen, die weder lokal noch national bewältigt wer-
den können. Gegen die Finanzmarktkrise kann nur inter-
national abgestimmt vorgegangen werden. Dies gilt auch
für die Krise der Realwirtschaft und für die notwendigen
Entscheidungen zum Klimawandel. Die Bundesregie-
rung mit unserer Bundeskanzlerin Angela Merkel an der
Spitze hat in einer weltweit schwierigen Phase national
und international eindrucksvoll, schnell, gut und richtig
reagiert. Viele der getroffenen Entscheidungen entfalten
ihre volle Wirkung allerdings nur, wenn sie vor Ort in
den Städten und Gemeinden zügig umgesetzt werden.
Die Kommunen sind in der Lage, schnell und flexibel zu
handeln. Man muss sie nur lassen.

In den letzten drei Jahren haben wir in der Großen
Koalition sehr viele kommunalfreundliche Entscheidun-
gen getroffen, die bei der Stadtentwicklung positive Wir-
kungen zeigen.

Erstens. Das hat unter anderem dazu geführt, dass die
in Schieflage geratenen kommunalen Haushalte heute
besser dastehen als je zuvor. Nach dem kommunalen De-
fizit zu Beginn dieser Legislaturperiode haben die Kom-
munen im vergangenen Jahr einen Überschuss von
8 Milliarden Euro erwirtschaftet. Dadurch war es in vie-
len Städten und Gemeinden möglich, die allernotwen-
digsten Investitionen bei Schulen, Kindergärten und
Straßen überhaupt anzugehen. Trotzdem besteht nach
wie vor auf kommunaler Ebene großer Handlungsbe-
darf, und zwar in Ost und West. Wir sollten die sich ab-
zeichnende Wirtschaftskrise nutzen, die kommunale In-
frastruktur zügig in Ordnung zu bringen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Investitionen in Bildung und Infrastruktur werden dafür
sorgen, dass Deutschland gestärkt aus der Krise hervor-
geht.

Zweitens. Wir haben im Baugesetzbuch das Pla-
nungsrecht modernisiert und damit Vorfahrt für die In-
nenstadtentwicklung gegeben. Mit der Vereinfachung
von Bebauungsplanverfahren im Innenbereich stärken
wir die Reaktivierung der Innenstädte und Stadtteilzen-
tren als wichtige Orte sozialer und kultureller Begeg-
nung und sichern zusätzlich eine verbrauchernahe Ver-
sorgung.

Drittens. Ich gehe davon aus, dass wir morgen über
die Modernisierung des Vergaberechts entscheiden. Dort
wird unter anderem klargestellt, dass Grundstücksveräu-

ß
n
K
o
h
n
U
G
M
r
t

r
F
e
L
g
m
S
g

e
l
S
w
t
d
r
W
g
e
s
d

V
n
I

W
s
D
d
w

M
V
L
e
W
g
m
E
b
q
o

u
s

(C (D erungen der Kommunen und städtebauliche Verträge icht vom Vergaberecht erfasst werden. Damit können ommunen in Zukunft wieder mit privaten Partnern Koperationen bei Stadtentwicklungsmaßnahmen eingeen und gemeinsam Projekte entwickeln. Die durch eiige Oberlandesgerichte und den EuGH entstandene nsicherheit wird damit beseitigt. Diese Klarstellung im esetz löst mit einem Schlag einen Investitionsstau in illionenhöhe im kommunalen und im privaten Be eich, ohne dass es den Steuerzahler zusätzlich Geld koset. Viertens. Die Unterstützungen im finanziellen Beeich beim Ausbau der Kinderbetreuung helfen nicht nur amilien, sondern auch den Kommunen bei der Weiterntwicklung der sozialen Infrastruktur. Mit Blick auf die änder würden wir uns wünschen, dass die zur Verfüung gestellten Gelder vor Ort etwas schneller ankomen. Ich bin fest davon überzeugt: Für eine positive tadtentwicklung sind in Zukunft familiengerechte Anebote von besonderer Bedeutung. Fünftens. Voraussetzung für ein besseres Leben ist ine energieeffiziente und klimagerechte Stadtentwickung. Bei der Bekämpfung des Klimawandels sind die tädte besonders gefordert. Wir wissen: In den Städten ird am meisten Energie verbraucht, aber auch am meis en CO2 erzeugt. Deshalb ist es richtig und konsequent, ass wir vor drei Jahren mit dem CO2-Gebäudesanieungsprogramm hier einen Schwerpunkt gelegt haben. enn öffentliche Einrichtungen und Wohnungen eneretisch auf den neuesten Stand gebracht werden, ist dies in großes Beschäftigungsprogramm für die Bauwirtchaft. Es hilft beim Energiesparen und erhöht den Wert er Gebäude, und schließlich ist es gut für das Klima. Wenn wir wollen, dass in Zukunft noch mehr private ermieter ihre vermieteten Wohnungen energetisch saieren, sind Änderungen beim Mietrecht – da teile ich hre Auffassung – notwendig. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


ir brauchen bei Wohnungssanierungen und Moderni-
ierungen Rechtssicherheit für Mieter und Vermieter.
ie Verankerung des Klimaschutzes im Mietrecht kostet
en Steuerzahler nichts, hilft aber Mietern und der Um-
elt.

Damit allein ist es jedoch noch lange nicht getan.
enschen in den Städten leiden unter zunehmendem

erkehr und seinen negativen Wirkungen wie Lärm,
uftverschmutzung, Unfallgefahr und Staus. Es ist daher
rforderlich, Mobilität städteverträglich auszugestalten.
ir brauchen die Stadt der kurzen Wege. Durch eine

ünstige Mischung von Nutzungen ist dies durchaus
achbar. Es macht eigentlich wenig Sinn, am einen
nde der Stadt zu wohnen und am anderen Ende zu ar-
eiten und täglich mit dem Auto morgens und abends
uer durch die Stadt zu fahren, um zum Arbeitsplatz
der nach Hause zu kommen.

Sechstens. Einen wichtigen Anteil der Entwicklung
nserer Städte hat in den letzten Jahrzehnten die klassi-
che Städtebauförderung eingenommen. Vom Bund wur-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21197


(A) )



(B) )


Peter Götz
den bis Ende dieses Jahres insgesamt 12,5 Milliarden
Euro an Finanzhilfen zur Verfügung gestellt. Der Auf-
trag der Städtebauförderung ist allerdings noch nicht er-
füllt. In vielen Kommunen gibt es nach wie vor großen
Handlungsbedarf. Innerstädtische Brachflächen der In-
dustrie oder ehemaliger militärischer Liegenschaften
warten dringend auf ihre Aktivierung. Die wenigsten
Kommunen können diese Aufgabe allein schultern. Sie
sind auf die Solidarität von Bund und Ländern angewie-
sen. Wir sollten prüfen, Herr Staatssekretär, ob und wie
wir den investiven Teil der Städtebauförderung noch
weiter aufstocken können. Die klassische Städtebauför-
derung gehört zu den erfolgreichsten Förderinstrumen-
ten für unsere Innenstädte der letzten 30 Jahre.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Sie weiterzuentwickeln und auf hohem Niveau zu ver-
stetigen, wäre durchaus sinnvoll.

Ein Hinweis, der mir sehr am Herzen liegt, sei mir in
diesem Zusammenhang gestattet: Die meisten Natur-
steinmaterialien, die bei Stadtsanierungsvorhaben ver-
wendet werden, kommen aus Indien. Sie kosten etwa ein
Fünftel eines Steines aus deutscher Produktion. Men-
schenrechtsorganisationen schätzen, dass von der Mil-
lion Menschen, die in indischen Steinbrüchen arbeiten,
etwa 150 000 minderjährig sind. Deren Arbeitsbedin-
gungen kann sich jeder vorstellen. Die Lebenserwartung
dieser Menschen liegt bei 35 bis 38 Jahren.

Inzwischen gibt es viele Städte in Deutschland, die
sich selbst verpflichtet haben, keine Baumaterialien zu
kaufen, bei denen nicht zweifelsfrei nachgewiesen ist,
dass sie nicht durch Kinderhand hergestellt wurden.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das kostet sicher mehr, aber wir müssen unsere Fußgän-
gerzonen nicht auf dem Rücken von Kindern pflastern,
die dafür ihre Gesundheit und ihr Leben ruinieren.

Unsere Städte besitzen ein hohes Maß an Lebensqua-
lität. Sie vermitteln ein Gefühl von Heimat und Gebor-
genheit. Die meisten Menschen identifizieren sich mit
der Stadt, in der sie leben. Viele, vor allem ältere Men-
schen, ziehen aus dem Speckgürtel zurück in die Innen-
städte. Wir erleben so eine Renaissance der Stadt. Die
Kommunen stellen sich durch einen altersgerechten Um-
bau darauf ein.

Die Städte und Gemeinden sind das Fundament unse-
res Staates. Unser Ziel muss sein, sie als Motoren für die
Wirtschaft zu stärken.

Internationale Wettbewerbsfähigkeit, sozialer Zusam-
menhalt in unserer Gesellschaft und eine nachhaltige
Entwicklung sind maßgeblich von gesunden und attrak-
tiven Städten abhängig. Wir sollten uns im Deutschen
Bundestag öfter damit auseinandersetzen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie des Abg. Peter Hettlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


F

E
a

s
S
d
I
E
a
j
e
d
u
w
g

W
g
m
w
k
i
d
g
w
k
s
w
i
l

B
a
w
s
S
z
e
s
V
a
S
P
v

g
g
w
g
a
g

(C (D Nächste Rednerin ist die Kollegin Heidrun Bluhm, raktion Die Linke. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! rlauben Sie mir heute einmal eine etwas andere Sicht uf dieses Thema, als bisher vorgetragen wurde. Die Geschichte der Urbanisierung ist alt. Sie reicht ieben Jahrtausende zurück. Auch die mitteleuropäische tadt existiert schon gut tausend Jahre. Die Geschichte er Urbanisierung ist eine höchst lebendige Geschichte. mmer wieder gab und gibt es Veränderungen, Brüche, ntwicklungen. Städte wurden und werden von jeher so ufgebaut und umgebaut, wie es den Vorstellungen ihrer eweiligen Bürgerinnen und Bürger, ihrer Bewohner, ntspricht, wenn sie denn Gelegenheit haben, ihre Beürfnisse, Wünsche und Träume in die Pläne, Konzepte nd Strategien von Politik und Planern einzubringen, enn sie denn eine Stadt nach ihren Vorstellungen mitestalten können. Eine zentrale Frage in diesem Zusammenhang ist: essen Stadt ist die Stadt? Was haben diejenigen zu sa en, die in den Städten leben, arbeiten oder wohnen? Imerhin leben auch in Deutschland zwei Drittel aller Einohner in Städten, etwa 40 Prozent in mittleren und leinen Städten, rund 30 Prozent in Großstädten. Stadt st für ihre Einwohnerinnen und Einwohner jener Ort, in em sie nicht nur wohnen, sondern ihr gesamtes Leben estalten. Hier erleben sie alle gesellschaftlichen Enticklungen ganz persönlich. Hier wird Politik auf ihre onkreten Lebensumstände umgesetzt. In diesem Sinne chafft Stadtentwicklung Voraussetzungen für die Beohnerinnen und Bewohner – im Positiven, aber auch m Negativen. Stadt ist die äußere Hülle für ihren öffentichen und privaten Alltag. Wie aber kann und soll eine Stadt aussehen, die ihren ewohnerinnen und Bewohnern Gelegenheit gibt, sich ls Subjekte und nicht als Objekte des Handelns zu ereisen? Gerade die europäische Stadt war in ihrer Ge chichte das Stein gewordene Versprechen, dass sich tädter aus beengten politischen, ökonomischen und soialen Verhältnissen befreien können. – So heißt es in iner hochkarätigen Aufsatzsammlung zu Genesis, Gechichte und Zukunft der europäischen Stadt. Dieses ersprechen, dieser Anspruch kann und darf auch heute ls Maßstab zur Beurteilung von Stadtentwicklung und tadtentwicklungspolitik genommen werden: Welche ortion Befreiung und Selbstbefreiung bietet Stadt? Wie iel Zukunft erlaubt die Stadtentwicklung? Gerade in der Stadt als einem revolutionären Ort spieeln sich in aller Deutlichkeit, Klarheit und Wahrheit die esellschaftlichen Veränderungen und deren Dynamik ider. Stärker als je zuvor hat Stadtentwicklung zu Beinn des 21. Jahrhunderts auch eine europäische und vor llem internationale Dimension. Stärker als je zuvor reift heutige Stadtentwicklung weit in das Leben künf 21198 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 Heidrun Bluhm tiger Generationen ein und hat auf jeden Fall nachhaltige Wirkungen für sie. Stadtentwicklung und Stadtentwicklungspolitik brauchen ein kreatives Vorausdenken, kühne Fantasie und gesellschaftliche Utopie. Ich verstehe und verwende den Begriff der Utopie hier als Aufforderung, sich Gedanken über eine Stadt der Zukunft zu machen, die sowohl ökonomisch als auch ökologisch, politisch wie sozial auf der Höhe ihrer Zeit ist, wenn es geht, ihr auch ein Stück voraus ist. Stadt hat Zukunft. Stadt braucht Zukunft. Wie gestalten wir heute diese Zukunft? Meine Fraktion hat sich in dieser Wahlperiode sehr intensiv mit dem Thema Stadt der Zukunft/Zukunft unserer Städte im europäischen Kontext befasst. In mehreren Konferenzen zum Stadtumbau Ost und auch zum Stadtumbau West – und damit schon weit vor der Bundeskanzlerin – wurde öffentlich die leicht provokante Frage gestellt: Was kann in diesem Fall der Westen vom Osten lernen und auch umgekehrt? Zu diesem Thema gab es ausführliche und sehr lebendige Diskussionen mit Experten, aber vor allem auch mit Bewohnerinnen und Bewohnern der Städte Bitterfeld, Eisenhüttenstadt und Essen. Es entstanden Umrisse einer linken Stadt der Zukunft, in welcher folgende Aspekte verwirklicht werden sollen: ein menschenwürdiges Leben für alle ihre Einwohnerinnen und Einwohner. Es soll eine soziale und ökologische Stadt geben, die sich eben nicht sklavisch den Gesetzen des Marktes unterwirft, nicht Kultur gegen Natur stellt, nicht Stadt gegen NichtStadt, also gegen das Umland, stellt, die eben keine Einwohner erster und zweiter Klasse sowie gute und schlechte Wohnquartiere, die keine abgehängten Stadtteile und Parallelgesellschaften, keine Bühne der Ungleichheit kennt und die nicht zuletzt die Kommunen nicht in eine Konkurrenz gegeneinander zwingt, die letztlich keinen Sieger kennt. Für die Linke bedeutet das Nachdenken über die Stadt der Zukunft gleichsam, ein neues Versprechen auf Hoffnung zu geben: Stadt soll wieder ein Ort der Hoffnung, ein Ort der Integration statt Segregation, ein Ort der Emanzipation statt Kapitulation und schließlich ein Ort der Zivilisation statt Isolation sein. Stadt soll zugleich öffentlicher und privater Raum sein, (Patrick Döring [FDP]: Hat ja bei den Arbeiterschließfächern gut funktioniert!)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619611400

(Beifall bei der LINKEN)

Heidrun Bluhm (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619611500

(A) )


(B) )


zugleich Kommunikation und Rückzug. Stadt soll Raum
für große und kleine Angelegenheiten geben. Kurzum:
Stadt soll ein Ort sein, der den Menschen gut tut, und ich
meine ausdrücklich alle Menschen.

Das Projekt linke Stadt der Zukunft hat in diesem
Sinne durchaus emanzipatorischen Charakter. Dafür ste-
hen für uns folgende Prinzipien: keine Ausgrenzung,
egal aus welchen Gründen, kein einseitiger Stadtumbau
nur auf die Wohnungswirtschaft ausgerichtet, sondern
am menschlichen Bedürfnis des Zusammenlebens orien-
tiert. Stadtumbau soll verstanden werden als ein komple-
xer, die gesamte Kommune fordernder und sich ständig
selbst verändernder Prozess. Dieser Prozess reicht von
der Wohnungswirtschaft – aber nicht eben nur von dieser

a
t
W
s
g

m
g
g
t


m
u
L
z
k

g
ö
g
n
t
v

l
f
i
e
m

B

K
v
D
ö

D
a
a

(C (D us gesehen – über Versorgungsund Entsorgungssyseme, über den öffentlichen Personennahverkehr, die irtschaft, vor allem aber und in erster Linie bis zu den ozialen Aspekten sowie zu Kultur, Bildung und Ökoloie. Stadtumbau kann und muss die Chance nutzen, die it und durch das Industriezeitalter im 19. Jahrhundert eraubte und teilweise zerstörte Natur wieder zurückzuewinnen – oder wie es der streitbare Berliner Architekurkritiker Wolfgang Kil formuliert hat: Wie eine Welt jenseits von industriell geprägten Erwerbsstrukturen und traditionellen Arbeitsbiografien aussehen könnte, darüber gibt es noch wenig konkrete Vorstellungen, allenfalls vage Ideen. Eine Annahme dürfe allerdings mit Sicherheit getroffen werden: Diese Welt wird sich von unserer jetzigen erheblich unterscheiden. Der Wandel hat längst begonnen … Allerdings fallen die Reaktionen auf diesen Wandel Stadtumbau Ost und neuerdings Stadtumbau West – erkwürdig aktionistisch und reagierend statt überlegt nd strategisch-agierend aus. Es fehlt an Erfahrungen, an eitbildern, aber auch an der Bereitschaft und Fähigkeit um radikalen Umdenken, der Bereitschaft und Fähigeit zur Utopie. Angesichts schrumpfender Städte, Abwanderung im roßen Stil sowie wirtschaftlicher und kultureller Verdung scheint auch politische und planerische Fantasie eschrumpft zu sein. Die Linke dagegen will die Bedürfisse, Biografien und Potenziale der Menschen respekieren, berücksichtigen und diese zum Ausgangspunkt on Stadtentwicklung machen. Unsere linke Stadt der Zukunft ist offen und freundich, tatsächlich bürgerfreundlich und demokratisch verasst, menschlich, bunt und in jeder Beziehung vielfältig n internationaler und europäischer Dimension. Sie ist ben der Ort, an dem ich lebe, und nicht der Beton, der ich umgibt. Danke für die Aufmerksamkeit. Ich gebe das Wort dem Kollegen Peter Hettlich, ündnis 90/Die Grünen. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und ollegen! Meine Damen und Herren! Eine Bemerkung orweg kann ich mir nicht verkneifen. Lieber Patrick öring, vielleicht erklärst du mir, was Nachtspeicherfen mit Stadtentwicklungspolitik zu tun haben. (Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Patrick Döring [FDP]: Hat es!)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619611600
Peter Hettlich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619611700

as habe ich nicht verstanden, aber vielleicht haben wir
m Rande des Plenums noch einmal Zeit, uns darüber
uszutauschen.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21199


(A) )



(B) )


Peter Hettlich
Ich fand, dass das Thema verfehlt war. Du hast ein
Sammelsurium von allen möglichen Punkten zusam-
mengepackt, das du unbedingt loswerden wolltest. Wir
diskutieren heute aber über den Tagesordnungspunkt 7
– Stadtentwicklung – und nicht über das Thema Energie-
einsparungsgesetz.


(Patrick Döring [FDP]: Es hat keinen Sinn, Wolken zu schieben! Politik ist immer konkret!)


Über den Sinn oder Unsinn von Nachtspeicheröfen kön-
nen wir beispielsweise morgen diskutieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Die meisten meiner Kollegen haben ja schon gesagt:
Die Städte stehen vor gewaltigen Herausforderungen,
und zwar nicht erst seit heute: Ich nenne beispielsweise
den demografischen Wandel und die Tragfähigkeit der
Infrastruktur. Mit all diesen Dingen werden wir uns in
den nächsten Jahren und Jahrzehnten ausgiebig ausein-
andersetzen müssen.

Mir ist aber auch wichtig, in dieser Debatte noch ein-
mal anzumerken, dass es eine sehr starke heterogene
Entwicklung gibt und wir nicht alles über einen Kamm
scheren dürfen, dass wir Stadtentwicklungspolitik also
immer sehr stark nach regionalen Spezifika betrachten
müssen. Selbst im Osten fällt die Entwicklung schon
wieder auseinander. Auch die im Westen ist nicht homo-
gen. Schrumpfende Regionen und wachsende Regionen
stehen nebeneinander. Insofern können die Fragen, de-
nen wir uns stellen müssen, nicht mit einem Patentrezept
beantwortet werden. Wir müssen intelligente Lösungen
finden, die in einem hohen Maß integrierte und integra-
tive Stadtentwicklungspolitik berücksichtigen.

Aus meiner Sicht geht es darum, dass wir denjenigen
möglichst viel Autonomie zubilligen, die vor Ort die Sa-
chen umsetzen müssen. Das heißt, die Akteure stehen
aus meiner Sicht gerade bei einer künftigen intelligenten
Stadtentwicklungspolitik im Zentrum. Wir erleben es
heute auch immer wieder, dass wir hier einen Spagat ma-
chen. Wenn wir als Bundespolitiker hier über Stadtent-
wicklungspolitik diskutieren, kommt reflexartig immer
wieder der Vorwurf, wir griffen in die kommunale Pla-
nungshoheit ein. Wir haben das ja schon oft genug dis-
kutiert, lieber Peter Götz. Ich glaube, es besteht kein An-
lass zu der Befürchtung, dass irgendjemand aus diesem
Gremium oder aus dem Ministerium die Axt an die Wur-
zel der kommunalen Planungshoheit legt.

Ich denke, dass wir aber auch die Verpflichtung ha-
ben, über diese Themen zu diskutieren. Die Gedanken
sind frei, und ich lasse mir nicht verbieten, auch auf
Bundesebene über Stadtentwicklung zu diskutieren. Es
ist dabei wichtig, wie der Kollege Großmann eben schon
zu Recht gesagt hat, dass nicht nur ein vertikaler, son-
dern auch ein horizontaler Gedankenaustausch stattfin-
det, also Kommunikation zwischen den Akteuren in
Bund, Ländern und Kommunen. Ich denke, das ist eine
der zentralen Aufgaben. An der Stelle wünsche ich dem
Bundesminister Tiefensee viel Erfolg bei seinen Bespre-
chungen mit den Ministerpräsidenten. Ohne die Mitwir-

k
f

n
b
M
c
d
d
w
g
b
S
s
m
w

S
d
g
n
e
I
g
s
i
z

s
m
l
d
s
g

S
l

H
a
s
r
T
m
l
t
v
g
i
w
p
P
w
k
u

(C (D ung der Länder können wir an dieser Stelle nicht erolgreich sein. Zu den Strategieelementen, die wir ja im Rahmen eier nationalen Stadtentwicklungspolitik auf den Weg geracht haben. Wir haben das jetzt ja erst im Sommer in ünchen erleben können. Da sind wirklich beeindru kende Projekte vorgestellt worden. Ich finde, dass in en Strategieelementen der „Guten Praxis“ – ich nenne ie Handlungsfelder „Städtebauliche Sanierung und Enticklung“, „Erhaltung historischer Städte“, das Proramm „Soziale Stadt“, die Handlungsfelder „Stadtumau Ost“ und „Stadtumbau West“ sowie „Klimagerechte tadt“ – die richtigen Akzente schon gesetzt worden ind. Man kann sich natürlich immer darüber streiten, ob an sich nicht an der einen oder anderen Stelle noch etas stärker finanziell engagieren könnte. Ihnen, lieber Patrick Döring, möchte ich sagen: Der tadtumbau West stellt uns vor ganz andere Herausforerungen als der Stadtumbau Ost. Wir müssen hier eine anz starke Heterogenität feststellen. Hier kann man icht mit einem einfachen Programm kommen, sondern s ist eine große Vielfalt von Maßnahmen notwendig. ch denke, dass diese im Augenblick durch die Proramme auch entsprechend gewährleistet wird. Deshalb ollte man auch so ehrlich sein, einzugestehen, dass es nsbesondere für den Stadtumbau West keine Patentreepte gibt. Als Sprecher der Arge Ost kann ich an dieser Stelle agen: Wir verfolgen all das sehr aufmerksam. Wenn an irgendwo wirklich noch einmal eine Schippe drauf egen könnte, dann sind wir die Letzten, die das verhinern. Wir sollten aber wirklich den Fokus wieder etwas tärker auf die verschiedenen Akteure und ihre jeweilien Probleme richten. Für mich ist auch ein weiterer Punkt wichtig, den taatssekretär Großmann eben angesprochen hat, näm ich Toleranz. Gerade in Verbindung mit dem Programm Soziale Stadt“ stehen wir hier vor einer ganz zentralen erausforderung. Bei uns in der Fraktion haben wir oft uch im Zusammenhang mit der Frage Aufbau Ost diees Thema behandelt. Laut Richard Florida sind erfolgeiche Regionen solche, die Technologie, Talente und oleranz in den Vordergrund stellen. Ohne Toleranz wird an die anderen beiden Bereiche nicht mit Leben erfül en können. Insofern ist es wichtig, dass Städte auch weierhin – sie sind es ja traditionell immer gewesen – Horte on Toleranz gegenüber Andersdenkenden und auch geenüber Migrantinnen und Migranten bleiben. Insofern st das Programm „Soziale Stadt“ – es war ja immer etas schwierig, es in dem politischen Umfeld hier zu räsentieren; Petra Weis nickt, zu Recht – wirklich eine erle neben all den anderen Projekten. Es lohnt sich irklich, dieses Programm auch in den nächsten Jahren ontinuierlich weiterhin zu begleiten und finanziell zu nterstützen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


21200 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008


(A) )



(B) )


Peter Hettlich
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein Thema kommt
mir in der Debatte etwas zu kurz. Peter Götz hat es in
seiner Rede kurz angerissen. Es handelt sich um das
Thema „Städtischer Verkehr“. Ich möchte Ihnen dazu
kurz etwas zitieren:

Es ist noch viel zu tun, um unsere Städte wieder le-
benswert zu machen und zu erhalten. Zu lange sind
wir der Faszination des Autos erlegen. Zu lange ha-
ben wir offenen Auges mit angesehen, wie unsere
Siedlungen für den Individualverkehr zerstört wur-
den, an Humanität verloren … für viele Menschen,
insbesondere für alte Leute und Kinder, ist das Le-
ben in einer Stadt oft eine Bedrohung. … Viele der
Bedrohungen gehen vom Auto aus: Lärm, Abgase,
Unfälle, Schäden an Umwelt und Gebäuden, Ver-
lust an Urbanität.

Wer hat das geschrieben? Es war Oscar Schneider, da-
mals, nämlich 1986, CSU-Minister für Raumordnung,
Bauwesen und Städtebau. Das macht deutlich: Bei dem
Thema „Stadt und Verkehr“ ist es nicht so, dass wir
keine Erkenntnisse hätten. Vielmehr besteht ein Umset-
zungsdefizit. Es ist allerhöchste Eisenbahn, dass wir uns
mit dem Thema stärker auseinandersetzen und im Kon-
text einer nationalen Stadtentwicklungspolitik – die
Bundesregierung hat ja angekündigt, am Aktionsplan
„Stadtverkehr“ der EU mitzuwirken – über dieses
Thema diskutieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir können das Thema nicht einfach ausblenden. Ich
denke, dass ich dazu nicht mehr viel sagen muss, weil
den meisten die Dimension des Problems bewusst ist. Im
Zusammenhang mit dem Thema Verkehr spielt auch die
Suburbanisierung eine Rolle, die offensichtlich unverän-
dert bestehen bleibt. Wenn man den Zahlen des Statisti-
schen Bundesamtes Glauben schenken darf, dann beträgt
der Flächenverbrauch nach wie vor 114 Hektar pro Tag.
Das ist viel zu viel.


(Beifall der Abg. Undine Kurth [Quedlinburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Offensichtlich kommen wir da mit unserer ursprüngli-
chen Strategie nicht voran, mit der der Flächenverbrauch
auf 30 Hektar pro Tag reduziert werden sollte. Da Ver-
kehr und Suburbanisierung zusammengehören, müssen
wir die Themen auch ganzheitlich betrachten und disku-
tieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Last, but not least eine Bemerkung zu den Kommu-
nen. Die Kommunen sind auf der einen Seite durchaus
Opfer von bestimmten Entwicklungen. Auch hinsicht-
lich der Finanzausstattung der Kommunen müssen so-
wohl der Bund als auch die Länder einmal in sich gehen.
Aber die Kommunen haben nicht nur Rechte, sondern
auch Pflichten. Auch sie müssen in diesem Kontext eine
Rolle spielen und diese ernst nehmen. Sie können nicht
auf der einen Seite auf den Bund schauen, wenn es um
das Finanzielle geht, aber auf der anderen Seite fordern,
dass der Bund sich heraushält.

K
t
a
s

F

M
m
K
ü
n
n
b
d
m
W

S
K
ü
z
a
g
p
r
d
u
f

t
h
i
E
d
h
d
a
B
l
S
e
w

(C (D Herr Hettlich. Ich bin sofort fertig. – Ich plädiere dafür, dass wir die ommunen aktivieren und dass wir sie stärken und unerstützen. Ich jedenfalls bin bereit dazu. Ich freue mich uf spannende Debatten zu diesem Thema im Auschuss. Danke schön. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619611800
Peter Hettlich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619611900


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619612000

Nächste Rednerin ist die Kollegin Petra Weis, SPD-

raktion.


(Beifall bei der SPD)



Petra Weis (SPD):
Rede ID: ID1619612100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
eine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie
ir eine kleine Vorbemerkung. Statt meiner üblichen
ritik an der nächtlichen Stunde, zu der wir in der Regel
ber die Themen Stadtentwicklung, Städtebau und Woh-
ungswesen diskutieren, will ich heute einmal ein klei-
es Lob aussprechen. Wir debattieren heute immerhin
ei Tageslicht. Vielleicht sollten wir uns vornehmen, in
ieser Legislaturperiode noch zu erreichen, dass wir ein-
al zur Kernzeit diskutieren. Das wäre mein innigster
unsch.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP – Patrick Döring [FDP]: Einverstanden!)


Wenn wir heute über die Initiative zur Nationalen
tadtentwicklungspolitik sprechen, über den Antrag der
olleginnen und Kollegen von der FDP-Fraktion und
ber den Antrag der Koalitionsfraktionen zur Fortset-
ung der integrierten Stadtentwicklung, dann tun wir vor
llem eines: Wir ziehen schon jetzt, auch wenn die Le-
islaturperiode noch nicht ganz zu Ende ist, eine überaus
ositive Bilanz unserer Arbeit. Wir verpflichten uns da-
über hinaus zu weiteren Anstrengungen, die weit über
iese Legislaturperiode hinausweisen und insofern auch
nsere – ich kann jedenfalls für mich sprechen – Nach-
olger und Nachfolgerinnen beschäftigen werden.

Die Initiative zur Nationalen Stadtentwicklungspoli-
ik, die, wenn wir uns recht erinnern, in ihrer Entste-
ungsphase zunächst ein wenig kritisch beäugt worden
st, hat sich, wie ich meine, in ganz kurzer Zeit zu einer
rfolgsgeschichte gemausert. Zum einen hat sich die Be-
eutung der Städte und Regionen für die Wettbewerbsfä-
igkeit unseres Landes im Angesicht großer Herausfor-
erungen, aber auch großer Chancen im Bewusstsein
ller Beteiligten festgesetzt. Zum anderen hat sich die
edeutung aller Akteure im Rahmen der Stadtentwick-

ung – nicht nur des Staates, sondern auch all derer, die
taatssekretär Großmann schon genannt hat – im Sinne
iner echten Gemeinschaftsaufgabe erhöht. Man spricht
ieder über die Stadt und über die Stadtpolitik. Die Na-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21201


(A) )



(B) )


Petra Weis
tionale Stadtentwicklungspolitik schafft eine Plattform,
die Entscheidungen auf allen Ebenen wirkungsvoll vor-
bereitet, indem sie, wie ich meine, Trends formuliert und
nachahmenswerte Handlungs- und Lösungsansätze auf-
greift und sie konsensfähig macht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, unter der deutschen
EU-Ratspräsidentschaft und mit der Verabschiedung der
Leipzig-Charta haben wir die Grundlage für eine euro-
päische Stadtpolitik nach unserem Vorbild geschaffen.
Ich denke, das ist eine ganz große Leistung in dieser Le-
gislaturperiode und unseres Hauses.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Die Nationale Stadtentwicklungspolitik ergänzt und
komplettiert das bisher Erreichte. Wir haben die Vorga-
ben der Vorgängerregierung – wenn ich mir das mit
Blick auf unseren jetzigen Koalitionspartner zu sagen er-
lauben darf – weiterentwickelt und können heute selbst-
bewusst feststellen, dass wir in dieser Legislaturperiode
die Politik für eine zukunftsgerichtete Entwicklung un-
serer Städte zu einem öffentlichen Thema gemacht ha-
ben, das es, wie ich freudig zur Kenntnis genommen
habe, nicht nur in die Fachredaktionen, sondern gele-
gentlich auch auf die Titelseiten und in die Feuilletons
der Tageszeitungen geschafft hat.

Wir haben ebenso – das ist natürlich zum Großteil ein
sicheres Fundament unserer Arbeit – die Fördermittel
des Bundes in diesem Bereich auf einem hohen Niveau
verstärkt und verstetigt – Herr Kollege Götz hat bereits
darauf hingewiesen – sowie durch die Entwicklung inno-
vativer, kreativer und vor allen Dingen problemlösungs-
orientierter Programmansätze die notwendigen Hand-
lungsanreize gesetzt, damit sich unsere Städte nachhaltig
entwickeln können. Umso mehr sollten wir weiter an der
Optimierung des bisher Erreichten arbeiten.

Die großen Herausforderungen, denen die Stadtent-
wicklungspolitik begegnen muss, sind schon angespro-
chen worden. Ich will sie noch einmal ganz kurz nennen.
Es geht natürlich darum, dem demografischen Wandel
und dem Klimawandel zeitgemäß zu begegnen. Zudem
geht es um die Integration von Menschen mit Migrations-
hintergrund und nicht zuletzt darum, den sozialen Zu-
sammenhalt in unseren Städten zu sichern.

Darauf antworten wir meines Erachtens nicht nur mit
unseren profilierten ziel- und ergebnisorientierten Pro-
grammen, sondern auch mit unserem klaren gesell-
schaftspolitischen Anspruch. Wir wollen uns aktiv an
der Entwicklung der sozialen und klimagerechten Stadt
beteiligen. Dabei setzen wir auf eine intensive Koopera-
tion aller Akteure vor Ort und in der Region sowie auf
eine ebensolche Kooperation der beteiligten staatlichen
Ebenen. Ich habe mich sehr gefreut, dass Staatssekretär
Großmann diesen Aspekt vorhin in den Mittelpunkt sei-
ner Rede gestellt hat.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, unsere Städte und
Stadtregionen sind stark und leistungsfähig. Sie sind – ganz
im Sinne des Modells der europäischen Stadt – kompakt,

v
G
t
f
Z

P
ä
C
g
u
s
g
h
L

m
g
i
m
b
w
r
s
b

d
w
d
m
M

g
u
s
e
A
g
s
s
O
d

v
l
M
b
t
d

g
f
w
z

d
u

(C (D ielfältig, sozial und auch grün. Sie haben ihre eigene eschichte, ihre eigene Mentalität und ihre eigene Kul ur. In ihnen konzentrieren sich die politischen Herausorderungen und gesellschaftlichen Potenziale für die ukunft gleichermaßen. So, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist auch unsere olitik ausgerichtet. Sie entspricht unserer Haltung, Vernderungen nicht nur als Risiko, sondern auch als hance zu begreifen. Deshalb haben wir uns in den verangenen Jahren den Herausforderungen aktiv gestellt nd werden dies sicherlich auch in Zukunft tun. Mit uneren integrierten Programmen haben wir dazu beigetraen, dass Städte und Regionen neue Möglichkeiten eralten, ihre Zukunftsfähigkeit durch maßgeschneiderte ösungsansätze eigenverantwortlich zu entwickeln. Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch einal betonen, was ich schon einmal an anderer Stelle aus eführt habe. Es ist gut und richtig, dass es uns gelungen st, die Stadtentwicklung auch in Zukunft als ein Geeinschaftswerk von Bund, Ländern und Gemeinden zu egreifen. Der Bund übernimmt in diesem manchmal etas schwierigen Beziehungsgeflecht eine Koordinie ungsund Netzwerkfunktion im Rahmen einer profesionellen Arbeitsteilung zwischen allen beteiligten und etroffenen Ebenen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist heute nicht ie Zeit, alle Handlungsfelder der Nationalen Stadtenticklungspolitik zu skizzieren, obwohl sie es alle verient hätten. Aus aktuellem Anlass möchte ich die kliagerechte Stadt noch einen Augenblick lang in den ittelpunkt rücken. Wir haben mit dem CO2-Gebäudesanierungsproramm und dem Investitionspakt von Bund, Ländern nd Kommunen zur energetischen Modernisierung der ozialen Infrastruktur in den Städten meines Erachtens in Förderinstrumentarium geschaffen, das deutliche nreize zur energetischen Sanierung setzt. Die Proramme tragen nicht nur zur Entlastung der Umwelt bei, ie reduzieren darüber hinaus die Wohnnebenkosten und ichern und schaffen Arbeitsplätze im Handwerk vor rt. Ich glaube, dies ist einer der ganz wichtigen Effekte, en wir auch in Zukunft weiter vorantreiben müssen. Nicht umsonst sind die Mittel für diese Programme or dem Hintergrund der Finanzkrise noch einmal deutich erhöht worden. Ihr Nebeneffekt ist eine sinnvolle ittelstandsförderung mit nachhaltigen Ergebnissen. Ich egrüße es ganz ausdrücklich, dass ein zweites Konjunkurprogramm die Investitionen vor Ort deutlich beförern wird. Ich setze darauf, dass wir zufriedenstellende Lösunen für haushaltsschwache Kommunen erarbeiten. Ich ordere die Länder auf, sich ihrer Verantwortung beusst zu werden und selbst entsprechende Mittel bereit ustellen. Es ist sicherlich schon fast überflüssig, zu erwähnen, ass wir uns auf unseren Erfolgen nicht ausruhen wollen nd werden. Wir wollen bundesweit Modellvorhaben 21202 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 Petra Weis zur effizienteren Energienutzung im Rahmen einer ökologischen Stadterneuerung durchführen. Mit der Stärkung der kompakten und durchmischten Stadt der kurzen Wege schaffen wir Anreize für eine stärkere Nutzung energiearmer Verkehrsmittel, vor allem für das Fahrrad und den ÖPNV. Arbeiten und Freizeit müssen sich in den Städten wieder stärker miteinander vermischen, ohne dass Lärm und Luftverschmutzung dabei zunehmen. Zum Schluss möchte ich ein zweites Thema in der gebotenen Kürze streifen. Der Integration von sozial benachteiligten Menschen und Menschen mit Migrationshintergrund muss unser zukünftiges Augenmerk gelten. Herr Kollege Hettlich hat das Programm „Soziale Stadt“ angesprochen. Ich komme natürlich nicht darum herum, auch darauf einzugehen. Das Programm „Soziale Stadt“ feiert im nächsten Jahr sein zehnjähriges Jubiläum. Ich denke, das ist eine ganz beeindruckende Erfolgsgeschichte. Wir sollten dieses Datum nutzen, um dieses Programm auch zukünftig zu einem zentralen Instrument weiterzuentwickeln, um Quartiere und Stadtteile aufzuwerten, aber vor allen Dingen auch, um den dort lebenden Menschen neben einem annehmbaren Wohnumfeld Möglichkeiten zu eröffnen, ihr Leben wieder selbstbestimmt und eigenständig in die Hand zu nehmen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD)


(A) )


(B) )


Die soziale Stadt muss immer auch eine generationen-
gerechte Stadt sein. Ich bin außerordentlich froh darüber,
dass unsere Initiative zur Förderung des seniorengerech-
ten Umbaus in diesem Jahr Erfolg hatte und wir diese
wichtige Aufgabe seitens des Bundes mit immerhin
80 Millionen Euro fördern.


(Beifall bei der SPD)


Denn Barrierefreiheit erleichtert das Leben für alte und
junge Menschen, für bewegungseingeschränkte und für
Menschen mit uneingeschränkter Mobilität gleicherma-
ßen. Deswegen sollten wir dies stärker in das Zentrum
unserer Wohnungspolitik rücken.

Zum Schluss bleibt mir nur noch der Hinweis darauf,
dass ich das Thema Stadtumbau bewusst ausgelassen
habe, weil die Koalitionsfraktionen zur Zukunft des
Stadtumbaus Ost in Kürze einen eigenen Antrag vorle-
gen werden und wir dieses Thema in diesem Rahmen
noch einmal debattieren können.

Ich glaube, dass wir eine Bilanz vorweisen können,
die sich wahrhaftig sehen lassen kann. Wir bekennen uns
zu unserer Verantwortung für die Entwicklung unserer
Städte und Regionen. Wir entwickeln die Instrumente
konsequent weiter und passen sie an die neuen Heraus-
forderungen an. Wir können mit Fug und Recht sagen:
Unsere Aktivitäten und Programme sind innovativ. Sie
sind zielgenau, und damit sind sie natürlich auch nach-
haltig.

Mit der Initiative zur Nationalen Stadtentwicklung
und unserem Antrag zu einem weiteren Ausbau der inte-
grierten Stadtentwicklung gewährleisten wir, dass sich

d
s
s
G
m

I
i

R

d
I
f
z
w

u
f
s
b
W
v
H
w
f
s

i
k
n
s
r
t
w
z
g

S
n
s
a

m
t
w

(C (D ie Menschen mit den Städten und Gemeinden, in denen ie leben, identifizieren können, weil sie dort ihre wirtchaftliche, soziale und kulturelle Basis finden. Kollege ötz hat von Heimat gesprochen; ich nehme an, wir einen in etwa dasselbe. (Renate Blank [CDU/CSU]: Davon gehe ich aus!)


n diesem Sinne freue ich mich auf die weitere Beratung
m Ausschuss und auf die zweite und dritte Lesung.

Herzlichen Dank, dass Sie mir zugehört haben.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619612200

Letzte Rednerin in dieser Debatte ist die Kollegin

enate Blank, CDU/CSU-Fraktion.


Renate Blank (CSU):
Rede ID: ID1619612300

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Suchet

er Stadt Bestes“ – das ist ein bekannter alter biblischer
mperativ, dem bis heute oft nur mit Schwierigkeiten ge-
olgt werden kann. Das Beste der Stadt zu finden, ist
weifellos die elementare Aufgabe moderner Stadtent-
icklung.

Vor dem Hintergrund tiefgreifender Veränderungen
nd Herausforderungen für die Städte und Regionen
inde ich es wichtig, dass die Bundesregierung gemein-
am mit den Ländern und den kommunalen Spitzenver-
änden eine nationale Stadtentwicklungspolitik auf den
eg gebracht hat. Ich finde, es lohnt allemal, den Pfad

om Suchen zum Finden im Rahmen der vorgelegten
andlungsansätze des Bundes zu gehen; denn die Ent-
icklung unserer Städte ist von wesentlicher Bedeutung

ür den nationalen Wohlstand und für das weitere wirt-
chaftliche Wachstum in Deutschland.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Natürlich ist es in erster Linie die Aufgabe der Städte,
hre eigene Entwicklung in die Hand zu nehmen; doch
önnen und müssen Bund und Länder die Kommunen
icht nur finanziell unterstützen. Auch wenn sich ange-
ichts der Finanzkrise dunkle Wolken am Konjunkturho-
izont bilden, müssen alle Bemühungen in einem zwei-
en Konjunkturprogramm unterstützt werden, damit
eitere Mittel zum energetischen Um- bzw. Ausbau und

ur Sanierung von Schulen und Kindergärten zur Verfü-
ung gestellt werden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


tadtentwicklung mit der nötigen Baukultur schafft nicht
ur die Möglichkeit, aktuelle stadtgeschichtliche und
tädtebauliche Trends zu thematisieren, sondern sichert
uch konkret Arbeitsplätze insbesondere im Mittelstand.

Erlauben Sie mir zum Thema „Baukultur und Denk-
alschutz“ den Hinweis, dass die wirtschaftliche Bedeu-

ung von Baukultur und Denkmalschutz oft unterschätzt
ird. Städtisches Leben und Wirtschaften braucht ur-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21203


(A) )



(B) )


Renate Blank
bane Atmosphären und unverwechselbare bauliche Pro-
file.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


„Nationale Initiative zur Stadtentwicklungspolitik“
klingt zunächst theoretisch. Praktisch könnte man auch
sagen: Es werden Antworten auf Fragen gegeben, wie
die Bürgerinnen und Bürger in ihren Städten morgen und
übermorgen bauen, wohnen und arbeiten. Es geht nicht
darum, menschliches Leben durch staatliches Handeln
zu verplanen, sondern den Menschen ein urbanes Le-
bensumfeld zu erhalten bzw. neu zu schaffen, in dem sie
ein selbstbestimmtes Leben erfahren können. Deshalb
darf nicht nur gefördert, sondern müssen auch Ziele defi-
niert und Ergebnisse kontrolliert werden, um starke
Städte und Gemeinden mit Menschen voller Kreativität
als stabile Fundamente und Garanten für eine in die Zu-
kunft tragende Entwicklung zu schaffen. Stadtpolitik
und insbesondere Bau- und Entwicklungsplanung sind
steingewordene Gesellschaftspolitik.

Der demografische Wandel wirkt sich mit all seinen
Veränderungen, die er für das Verhältnis zwischen den
Generationen und innerhalb der Generationen mit sich
bringt, sehr stark auf die Großstädte, aber auch auf das
flache Land aus. In unseren Städten treffen unterschied-
liche Gesellschaftsgruppen aufeinander. Die Bewältigung
der latent vorhandenen Konflikte, der soziale Sprengstoff,
stellt Politik und Gesellschaft vor gewaltige Herausforde-
rungen. Das Bund-Länder-Programm „Soziale Stadt“ hat
sich seit 1999 zum zentralen Handlungsinstrument ent-
wickelt, um problematischen sozialräumlichen Entwick-
lungen entgegenzuwirken und gemeinsam mit den Ak-
teuren vor Ort eine Stabilisierung und Aufwertung
einzuleiten und zu stützen.

In meinem Wahlkreis habe ich zwei erfolgreiche Bei-
spiele für das Modell „Soziale Stadt“: In der Nürnberger
Südstadt gibt es deutlich sichtbare Aufwärtsentwicklun-
gen beim Zusammenleben zwischen Alt und Jung sowie
Deutschen und Ausländern. In Schwabach wurden in der
Altstadt Projekte gestartet, unter anderem mit einem
Planspiel. Dort gibt es einen gut laufenden Secondhand-
shop, in dem dauerhaft Arbeitsplätze geschaffen wurden.
Ich finde, das Programm „Soziale Stadt“ hat in einigen
Städten hervorragend gewirkt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie des Abg. Peter Hettlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Auch das Wohngeld ist ein bewährtes Instrument un-
serer sozialen Wohnungspolitik. Einkommensschwache
Haushalte werden unterstützt, damit sie sich am Woh-
nungsmarkt mit angemessenem, familiengerechtem
Wohnraum versorgen können. Die altersgerechte Anpas-
sung des Wohnungsbestandes wird eine große Aufgabe
der Zukunft sein. Die Politik muss Verantwortung über-
nehmen, damit alte Menschen möglichst lange in ihren
vier Wänden bleiben können.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


w
g
s
B
t
a
d
n
z
s
c

l
H
I
ö
r
b
s
d
r
i

m
s
g
A
b
V
v

g
8
k
z

m
m
R
m
t
D

I
w
g

(C (D Die Ansätze des Bundes für eine nachhaltige Stadtenticklung sind zu Recht vielseitig. Sie umfassen das Bauesetzbuch als rechtlichen Rahmen, die finanzielle Untertützung durch die Städtebauförderung, die Stärkung von aukultur und städtebaulichem Denkmalschutz, das Ein reten für das Welterbe, ferner das Begreifen der Städte ls soziale Orte und Wirtschaftszentren sowie die Bilung von Netzwerken. Dabei ist es ganz wichtig, die achhaltige Stadtentwicklung als Querschnittsaufgabe u begreifen, die integriertes Handeln verlangt, klassiches Ressortdenken überwindet und fachliche Ressouren bündelt. Gerade im Bereich der Stadterneuerung hat sich in der etzten Zeit enorm viel verändert. Neben den bekannten andlungsfeldern der Sanierung, Modernisierung und nstandsetzung von Gebäuden und der Neuordnung des ffentlichen Raumes, die zu Beginn der Städtebaufördeung – ich sage das in Anführungszeichen – der Beheung städtebaulicher Missstände zugeordnet wurden, ind zahlreiche neue Handlungsfelder entstanden. Bei ieser Gelegenheit danke ich allen an der Stadterneueung und Stadtentwicklung Beteiligten. Ich glaube, das st eine Aufgabe für die Zukunft. Es ist gut, dass sich auch die Bürgerinnen und Bürger it dem Programm „Soziale Stadt“ beschäftigen, dass ie eingebunden sind und aktiv zur Umsetzung beitraen. Es gibt Kooperationen mit vielen Institutionen zum ufbau von Stadtteilnetzwerken, die langfristig die Stailisierung und Eigenständigkeit von Quartieren sichern. ielfach werden auch Integrationsbemühungen von Beölkerungsgruppen mit Migrationshintergrund verstärkt. Die Mittel sind bei der Städtebauförderung übrigens ut angelegt: 1 Euro Städtebauförderungsmittel löst Euro an bauwirksamen Folgeinvestitionen aus. Be anntlich kommt dies vor allem örtlichen Unternehmen ugute. Diese Investitionen zahlen sich also aus. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD sowie des Abg. Peter Hettlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


(Beifall der Abg. Iris Gleicke [SPD])


Frau Präsidentin, ich muss leider zum Schluss kom-
en. Das beste Rezept für gute Stadtentwicklung ist,
ehr auf die Ideen der Bürger zu vertrauen und einen
ahmen zu schaffen, in dem sie ihre Kreativität best-
öglich entfalten können. 2003 hat der Deutsche Städte-

ag ein Leitbild für die Zukunft der Städte verabschiedet.
arin heißt es:

Auf keiner anderen als der örtlichen Ebene haben
Bürgerinnen und Bürger, gesellschaftliche Gruppen
und Unternehmen so große Chancen … das Ge-
meinwesen selbst zu gestalten.

n diesem Sinne unterstützen wir die nationale Stadtent-
icklung des Bundes. Der Erfolg kommt uns allen zu-
ute.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Peter Hettlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


21204 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008


(A) )



(B) )


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619612400

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
den Drucksachen 16/9234, 16/11414 und 16/8076 an die
in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge-
schlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der
Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 8 auf:

Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten
Laurenz Meyer (Hamm), Dr. Heinz Riesenhuber,
Veronika Bellmann, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der CDU/CSU
sowie der Abgeordneten Dr. Rainer Wend, Ute
Berg, Reinhard Schultz (Everswinkel), weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Effizienz der Fördermaßnahmen und Quer-
schnittsaktivitäten für den innovativen Mittel-
stand

– Drucksachen 16/8950, 16/10209 –

Hierzu liegt ein Entschließungsantrag der Fraktionen
der CDU/CSU und der SPD vor.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
Dr. Heinz Riesenhuber, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Ute Berg [SPD])



Dr. Heinz Riesenhuber (CDU):
Rede ID: ID1619612500

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Unser Präsident, Norbert Lammert, hat in einer
der letzten Sitzungen hier empfohlen, dass man das, was
einem besonders wichtig ist, am Anfang seiner Rede
sagt, damit man es nicht vergisst. Ich möchte nur einen
einzigen Punkt vorneweg stellen: Vor 15 Jahren hatten
wir einen massiven Einbruch in unserer Wirtschaft. Un-
ter dem Druck hat die Wirtschaft innerhalb kürzester
Zeit die Einstellungsraten für junge Naturwissenschaft-
ler drastisch reduziert. Sie wurden bei der Chemie fast
halbiert. Bei Ingenieuren und bei Physikern war es nicht
besser. Die Folge war, dass wir Jahre gebraucht haben,
bis die Zahl der Studienanfänger in den naturwissen-
schaftlichen und technischen Fächern wieder auf das alte
Niveau gekommen ist. Sie war in der Chemie um die
Hälfte eingebrochen.

Deshalb finde ich es prima, dass Herr Hambrecht, der
Chef der BASF, für den Stifterverband dieser Tage ge-
sagt hat, dass man auch in einem schrumpfenden Markt
an der Forschung nicht sparen darf.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Das Entscheidende wird sein, dass alle mitmachen – die
Großen, die Mittleren und die Kleinen –, dass man hält,
was man an Forschungskapazität hat, und jungen Leu-
ten, die anfangen wollen, eine Chance gibt. Denn nur das
ist ein Zeichen dafür, dass es gut weitergeht.

g
d
v
w
2
n

d
d
d
g
d
s
s
i

A
r
Z
z
g

m
s
i
s
Q
r
d
g
u
s
d

I
I
t
t
s

s
h

D
m
w

(C (D Dass es bis jetzt in dieser Legislaturperiode gut geangen ist, zeigen die Große Anfrage und insbesondere ie Antwort der Bundesregierung. Wir haben eine Reihe on Eckpunkten sauber durchgezogen. Ein Kernpunkt ar, dass wir 3 Prozent des Bruttosozialproduktes in 010 für Forschung ausgeben sollen. Der Bund hat seien Anteil, den ich jetzt nicht im Einzelnen definiere Frau Flach, wenn wir uns da uneinig sind, werde ich as nachholen –, weitestgehend geleistet. Wir sind auf iesem Weg ziemlich gut vorangekommen. Wir haben in ieser Legislaturperiode 7 Milliarden Euro zusätzlich ausegeben. Die Jahresraten von 2009 liegen um 2,5 Milliaren Euro über den Jahresraten von 2005. Das heißt, wir ind hier enorm weitergekommen. Es gab noch nie einen olchen Zuwachs bei Forschungsmitteln des Bundes wie n diesen letzten drei Jahren. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Beim Mittelstand sind die Zahlen ein wenig unsicher.


(Ulrike Flach [FDP]: Das ist wahr!)


ber es ist jedenfalls so – das schreibt die Bundesregie-
ung in ihrer Antwort –, dass es von 2005 auf 2007 einen
uwachs der Ausgaben für den Mittelstand um 20 Pro-
ent gab. Diese Wachstumsrate war und ist durchaus an-
estrebt. Das heißt, das Geld war da.

Andererseits geht es um die Frage, was man damit
acht. Die vielfältigen Fragen in der Großen Anfrage

ind ein bisschen zu umfassend, als dass ich sie jetzt hier
m Einzelnen interpretieren kann. Aber schauen Sie es
ich einmal an: Die 17 Felder der Hightech-Strategie, die
uerschnittsprogramme über ganz unterschiedliche Be-

eiche – Beratung, Patentverwertung, Normen und Stan-
ards und öffentliche Nachfrage –, die vielfältigen Pro-
ramme für die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft
nd Wirtschaft, die für uns immer noch ein Problem dar-
tellt – wir müssen beim Mittelstand noch mehr tun –,
ies alles ist klug und vernünftig angelegt.

Aber Geld allein bringt die Sache noch nicht voran.
ntelligenz ist öfter hilfreich. Der Versuch, mangelnde
ntelligenz durch mehr Geld zu ersetzen, misslingt meis-
ens. Hier ist es gelungen, das zusätzliche Geld vernünf-
ig und erfolgreich einzusetzen, sodass sich die Land-
chaft entwickelt hat.


(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Kombiniert mit Intelligenz!)


In den letzten Jahren hat der Mittelstand seine For-
chungsanstrengungen intensiviert. Laut KfW-Panel
errscht allerdings nach wie vor Skepsis und Sorge.


(Ulrike Flach [FDP]: Ja! Nicht nur laut KfW-Panel!)


iese Sorge kann ich insbesondere bei jungen Unterneh-
en sehr gut nachvollziehen. Über die Gründe haben
ir bereits diskutiert, als es um das Wagniskapital ging.


(Ulrike Flach [FDP]: Das sind Gründe, die Sie zu verantworten haben!)


Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21205


(A) )



(B) )


Dr. Heinz Riesenhuber
Zwischen 2004 auf 2007 – die Zahlen für das Jahr
2007 sind die aktuellsten, die uns vorliegen – ist der An-
teil, den mittelständische Unternehmen an den For-
schungsausgaben der Wirtschaft insgesamt übernommen
haben, von 11,2 Prozent auf 14 Prozent gestiegen. Das
ist beachtlich.


(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: So ist es!)


Wir hoffen sehr, dass sich diese Entwicklung fortsetzt.
Denn davon, dass der Mittelstand Forschung betreibt,
nutzt und einsetzt, hängt die Dynamik unserer gesamten
Industrielandschaft entscheidend ab.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


In den letzten Jahren kam es insbesondere im Mittel-
stand zu einem Zuwachs an Arbeitsplätzen, vor allem in
den mittelständischen Unternehmen, in denen Innovatio-
nen betrieben wurden.

Die Antwort auf eine Große Anfrage am Ende einer
Legislaturperiode ist auch ein Stück weit Zwischen-
bilanz. Im Zusammenhang mit einer solchen Zwischen-
bilanz muss man sich fragen: Was macht man daraus?
Was passiert als Nächstes? Diese Fragen kann ich jetzt
nur in Stichworten beantworten; denn daran werden wir
noch zu arbeiten haben.


(Ulrike Flach [FDP]: Aha!)


Das erste Stichwort ist das 3-Prozent-Ziel. Meine Par-
tei tritt dafür ein, dass wir bis zum Jahr 2015 sogar
4 Prozent unseres Bruttosozialproduktes für Forschung
ausgeben. Dies ist notwendig. Jeder, der die gleiche Li-
nie wie wir verfolgt, ist uns willkommen. Natürlich muss
sich uns aber nicht jeder anschließen. Schließlich sind
wir alle eigenständig.

Der zweite Punkt betrifft das Oberziel: Wir brauchen
mehr forschende kleine und mittlere Unternehmen. Es
gibt in Deutschland 3,5 Millionen kleine und mittlere
Unternehmen. 100 000 von ihnen betreiben Innovatio-
nen, 30 000 von ihnen forschen. Diese Anteile müssen
wir stetig und zügig steigern. Denn unsere Gesellschaft
braucht einen gewissen Schwung, damit schnell genug
neue Arbeitsplätze entstehen.

Dazu gehört auch, dass wir die einzelbetriebliche För-
derung im Rahmen des Zentralen Innovationspro-
gramms Mittelstand auf ganz Deutschland ausweiten.
Das ist übrigens schon jetzt möglich; denn das Pro-
gramm ist fertig. Wenn man etwas tun will, was kurzfris-
tig hilft, dann ist dieses Programm wahrscheinlich ein
guter Ansatzpunkt.

Drittens müssen wir die kleinen und mittleren Unter-
nehmen näher an Spitzentechniken heranführen; das
wird ein entscheidender Aspekt sein. Das Expertengre-
mium für Forschung und Innovation hat gesagt, dass wir
nicht mehr nur als Meister der Systeme auftreten kön-
nen, sondern auch Spitzentechniken beherrschen müs-
sen. Hier spielen insbesondere die kleinen und mittleren
Unternehmen eine Rolle; denn sie setzen neue Technik
schnell um.

N
v
h
r
a
s
p
s
k
w
d
b
n
n
s
r

g
m

D
F
g
s
d
s
m
A
z
v

W
k
d
g
a

R

L
W
f
k
t
n
d
h

S
n
z

(C (D Außerdem brauchen wir Neugründungen. Denn durch eugründungen gelangen Spitzentechniken aus den Uniersitäten auf den Markt. Was Neugründungen angeht, aben wir noch einiges vor uns – darüber haben wir beeits diskutiert; jetzt können wir diesen Faden wieder ufgreifen –: Im Kern geht es darum, dass wir beschlosen und den Ländern versprochen haben, das Wagniskaitalbeteiligungsgesetz – leider hat dieses Gesetz einen o scheußlichen Namen – zwei Jahre nach seinem Inrafttreten zu evaluieren. Dann werden wir feststellen, as wir noch besser machen können. Unsere Grünungslandschaft hat noch nicht die Dynamik, die sie raucht. Die Zahl der neu gegründeten Unternehmen ist och zu klein – hier haben wir unser Potenzial noch icht ausgeschöpft –, und die Zahl der Wagniskapitalgeellschaften und das einsatzbereite Kapital sind zu geing. Dazu gehört natürlich auch, dass wir über die Steuerutschriften, die sogenannten Tax-Credits, sprechen üssen. (Ulrike Flach [FDP]: Wir sollten nicht nur darüber sprechen!)


ie Bundesregierung hat die Prüfung der steuerlichen
orschungsförderung im Unternehmensteuergesetz an-
ekündigt und inzwischen ein glänzendes Papier zu die-
em Thema erarbeitet. Wir arbeiten voller Zuversicht auf
ie Entscheidungen hin, die auf diesem Gebiet zu treffen
ind. Insbesondere für die mittelständischen Unterneh-
en ist dies ein schneller, gezielter und unbürokratischer
nsporn, Forschung aufzugreifen. Die Lust daran, etwas

u tun, was andere mitbezahlen, ist in Deutschland weit
erbreitet und wirkt beglückend.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn diese
ahlperiode zu Ende geht, gehen wir in den Wahl-

ampf, und die tüchtigen Beamten fangen an, neu zu
enken. Dann werden sie nicht mehr durch Große Anfra-
en von uns in Bedrängnis gebracht. Sie können dann
nfangen, konzeptionell zu arbeiten.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619612600

Herr Kollege Riesenhuber, ich muss Sie leider an Ihre

edezeit erinnern.


Dr. Heinz Riesenhuber (CDU):
Rede ID: ID1619612700

Ja, ich bin jetzt gleich fertig, liebe Frau Präsidentin.

assen Sie mich noch die Schlusskurve bekommen. –
ir haben hier dann die Situation, dass in den gut ge-

ührten Ministerien alle anfangen, darüber nachzuden-
en, mit was man in der nächsten Legislaturperiode star-
et. Ich habe hier ein paar Stichworte angeboten. Es gibt
och andere, zum Beispiel die Validierungsprogramme,
amit wir von der Forschung schneller in den Markt
ineinkommen.

Wir vertrauen darauf, dass unsere von Annette
chavan und Michael Glos so vorzüglich geführten Mi-
isterien vor Ende dieser Legislaturperiode eine glän-
ende Arbeit machen, sodass wir voll Schwung und Un-

21206 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008


(A) )



(B) )


Dr. Heinz Riesenhuber
ternehmungsgeist in eine neue Phase starten und unsere
Unternehmen im Aufschwung, den wir dann wieder er-
arbeiten werden, glanzvoll in die internationalen Märkte
starten und dort Arbeitsplätze schaffen und Neues für die
ganze Welt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619612800

Ich gebe der Kollegin Ulrike Flach, FDP-Fraktion,

das Wort.


(Beifall bei der FDP – Ute Berg [SPD]: Ist der Funke übergesprungen? – Laurenz Meyer [Hamm] [CDU/CSU]: Mal schauen, ob Sie an diese große Weltsicht anschließen können!)



Ulrike Flach (FDP):
Rede ID: ID1619612900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Professor Riesenhuber, ich schätze Sie und Ihre Ar-
beit ja, aber im Prinzip war das, was Sie eben gesagt ha-
ben, eigentlich nur der Beweis dafür, dass wir jetzt drei
Jahre der Großen Koalition hinter uns haben, in denen
sich nichts bewegt hat.


(Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)


Sie haben uns eine wunderschöne Fleißarbeit in Form
einer Großen Anfrage und einen Entschließungsantrag
vorgelegt, bei dem es zur Hälfte um Prüfaufträge geht.
Sie reden vom Verstetigen von Mitteln und vom Festhal-
ten an Konzeptionen. Der Höhepunkt Ihrer Rede bestand
darin, dass Sie uns eben gesagt haben, dass jetzt die Be-
amten damit anfangen würden, nachzudenken. Ein
schlimmeres Fazit kann man über eine Regierungs-
periode im Hinblick auf den sogenannten innovativen
Mittelstand eigentlich kaum ziehen, Herr Riesenhuber.


(Beifall bei der FDP)


Lassen Sie uns zu dem kommen, was Sie auch er-
wähnt haben, was Sie in diesen dreieinhalb Jahren zu
Recht immer wieder betont haben und bei dem wir völlig
einer Meinung mit Ihnen sind. Sie bringen es erneut fer-
tig, in Ihrem Antrag zu schreiben, dass wir eine steuerli-
che Förderung von FuE brauchen. Ehrlich gesagt: Dass
sich nach dreieinhalb Jahren noch immer jemand aus der
CDU/CSU vor dieses Plenum hinstellt, diese Forderung
aufstellt und dabei darauf verweist, dass der Finanzmi-
nister das leider nicht mitmacht, weshalb man das nicht
könne, sodass man inniglich auf die FDP wartet, ist doch
kein politisches Handeln, Herr Riesenhuber.


(Beifall bei der FDP)


Wir leben inzwischen in einer Welt, in der es in den
meisten Staaten in unserem unmittelbaren Konkurrenz-
umfeld eine steuerliche Förderung gibt. Das wissen Sie
genauso gut wie ich. Inzwischen besteht sogar eine wirk-
liche Verzerrung der Konkurrenzsituation unserer Unter-
nehmen. In diesem Umfeld überlegen Sie, ob wir Tax-
Credits haben sollten oder nicht. Machen Sie es, Herr
Riesenhuber! Dafür sind Sie gewählt.


(Beifall bei der FDP)


l
d
t
d
e
s
J

d
i
d
t
F
z
l
d

E
g
E
h

a
M
s
M

d
h
j
b
s
w
J
p
L
d

f

W
g
d
P
g
e
l

(C (D Durch all das, was Sie uns auch heute hier wieder voregen, kommt an vielen Stellen einfach immer wieder ie Frage auf – das muss ich zum Beispiel auch in Richung von Frau Berg sagen –: Denken Sie eigentlich nicht arüber nach, wenn Sie einen Antrag schreiben, dass wir inen solchen von Ihnen ungefähr schon fünfoder echsmal gelesen haben? Sie waren immerhin neun ahre lang an der Regierung. Zum wunderschönen Thema Frauenförderung, das ie SPD immer wieder anspricht: Wenn es denn so gut st, dass es die SPD gibt, dann hätten Sie die Frauenförerung längst einmal umsetzen können. Stattdessen aucht sie in Ihrem Antragswust erneut auf. Ich glaube, rau Schavan hat gestern im Haushaltsausschuss die einig richtige Antwort darauf gegeben. Sie hat gesagt: Ehrich gesagt habe ich gar keine Lust mehr, darüber zu reen. Ich will das jetzt einfach einmal tun. Das alles ist doch einfach nur der Ausdruck des lends Ihrer Situation. Sie blockieren sich offensichtlich egenseitig, Sie haben drei Jahre verschenkt, und im ndeffekt langweilen Sie uns mit Themen, die wir längst ätten erledigt haben müssen. Herr Riesenhuber, Sie haben ja eben auf den Mangel n Fachkräften hingewiesen. Hier bin ich völlig einer einung mit Ihnen. Seit fast 20 Jahren reden wir nun chon darüber. Wenige Sätze später haben Sie dann den angel an Wagniskapital erwähnt. Ich erinnere mich an wunderbar lebhafte Debatten, ie wir beiden zu diesem Thema hier geführt haben. Sie aben das entsprechende Gesetz, das dafür sorgt, dass unge, innovative Unternehmen in diesem Lande Proleme haben, in Ihrer Regierungszeit doch mit verabchiedet. Wir haben weder Wagniskapital, noch haben ir die nötigen Gründungsvoraussetzungen, die solche ungunternehmen brauchen. Das ist unter Ihrer Ägide assiert, nicht unter irgendeiner bösen Macht in diesem ande. Die CDU/CSU hat die erforderlichen Rahmenbeingungen nicht geschaffen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619613000

Frau Kollegin Flach, gestatten Sie eine Zwischen-

rage des Kollegen Riesenhuber?


Ulrike Flach (FDP):
Rede ID: ID1619613100

Ja, selbstverständlich.


Dr. Heinz Riesenhuber (CDU):
Rede ID: ID1619613200

Liebe Frau Flach, mit Blick in die Tiefe der Zeit:
ürden Sie mir zustimmen, dass wir damals die Pro-

ramme für technologieorientierte Unternehmensgrün-
ungen aufgebaut haben? Dazu gehörten das BJTU-
rogramm, das BTU-Programm, die Bürgschaftspro-
ramme und auch die Darlehensprogramme. Wir haben
ine Landschaft mit Innovationszentren und mit Techno-
ogieparks aufgezogen. In dieser Zeit wurden die Vo-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21207


(A) )



(B) )


Dr. Heinz Riesenhuber
raussetzungen dafür geschaffen, dass wir in den 90er-
Jahren eine blühende Gründungslandschaft bekommen
haben. Auf dem Neuen Markt gab es später Schwierig-
keiten.

Würden Sie sich nicht der Auffassung anschließen,
dass wir gemeinsam preisen sollten, was die Regierung
Erfolgreiches umgesetzt hat, als Sie unser Regierungs-
partner waren? Das haben wir gemeinsam verantwortet.
Sie haben uns zugestimmt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir haben dies alles gemeinsam getan. Frau Kollegin,
denken Sie bitte an Ihre ruhmreiche Vergangenheit und
schauen Sie voller Zuversicht in eine glanzvolle Zu-
kunft.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Ulrike Flach (FDP):
Rede ID: ID1619613300

Lieber Kollege Riesenhuber, ich nähere mich zwar in-

zwischen einem Alter, in dem ich mich freue, dass ich
Enkel habe, aber so alt bin ich nun doch noch nicht.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Heiterkeit bei der CDU/CSU – Laurenz Meyer [Hamm] [CDU/CSU]: So böse hat er es nicht gemeint!)


Wir beide haben diese ruhmreiche Zeit leider nicht
zusammen erlebt. Selbstverständlich hat es in der Ver-
gangenheit aber Bemühungen vonseiten der schwarz-
gelben Koalition gegeben.


(Dr. Heinz Riesenhuber [CDU/CSU]: Erfolgreiche!)


Deswegen habe ich eben auf die Notwendigkeit, diese
wieder aufleben zu lassen, hingewiesen. Sie haben in
den letzten dreieinhalb Jahren aber nun einmal nicht mit
uns regiert, sondern mit jemand anderem.

Rot-Grün hat nicht dazu beigetragen, dass wir über
die Situation für unsere innovativen Unternehmen froh
sein können. Denken Sie an das Thema Verlustvorträge.
Denken Sie an das Thema Zinsschranke. Das alles sind
Sachen, die im Hinblick auf junge Unternehmen wirk-
lich schädlich wirken. Darin sind wir beide uns einig. Sie
haben es aber nicht verhindert. Das ist das Problem, über
das wir an dieser Stelle eigentlich reden.


(Beifall bei der FDP – Dr. Heinz Riesenhuber [CDU/CSU]: Wir müssen mit den Mädchen tanzen, die auf der Kirmes sind! Bis jetzt haben wir ganz gut getanzt!)


– Na gut. Ich tanze dann doch lieber mit den Jungs, lie-
ber Herr Riesenhuber.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Lassen Sie uns über etwas anderes reden, was neben
der steuerlichen Förderung immer ein Thema war: die
Forschungsprämie. Diese wurde unter Ihrer Regierungs-
beteiligung auf den Weg gebracht. Inzwischen wird sie

v
z
r
d
n

Z
k
B
v
g
s
I
B
2
u
v
k
w
e

P
n
W
v
s
a
Z
G
n
i
S
T
W

F

F
z
c
w

i
a
k
d
l
l
F
u
r
d

(C (D on der Bundesforschungsministerin selbst als Flop beeichnet. An dieser Stelle erwarte ich eine Nachbesseung und nicht einen Entschließungsantrag, bei dem ich avon ausgehen muss, dass man wahrscheinlich auch im ächsten Jahr keine Weichen mehr stellen wird. Unter dem Strich: Wir erleben eine sehr aufgeregte eit mit vielen Diskussionen darüber, was man hätte tun önnen und was man tun sollte. Ich glaube, in diesem ereich – gerade im Hinblick auf den Mittelstand – ist iel versäumt worden. Entscheidende Weichen hätten estellt werden können. Wenn man sich die Zahlen anchaut, stellt man fest: Im Jahr 1998, am Ende der von hnen eben so hoch gelobten Regierungszeit, gab es im ereich der Spitzentechnologie 3 150 Unternehmen. 007 waren es nur noch 2 600. In den gesamten Jahren nter Rot-Grün und Rot-Schwarz sind Sie an die Zahl on 3 650 Unternehmen, die es 1995 gab, nicht herangeommen. Das ist keine gute Bilanz, liebe Kollegen. Ich ünsche uns allen, dass wir nach der nächsten Wahl zu inem deutlich besseren Ergebnis kommen. Lassen Sie mich ganz zum Schluss noch auf einen unkt hinweisen, von dem ich glaube, dass Sie jetzt och etwas tun können: den Hightech-Gründerfonds. ir haben, auch im Haushaltsausschuss, einen Bericht orliegen, der zeigt, dass Sie stolz darauf sind, dass nicht o viel ausgegeben worden ist, wie man eigentlich hätte usgeben sollen und müssen. Das können Sie in diesen eiten noch tun. In dieser Krisensituation sollten Sie eld dazulegen. Sie sollten sich nicht rühmen, dass Sie ur 4 Millionen Euro ausgegeben haben. Der Rest wurde m Endeffekt von den Unternehmen gestemmt. Das sind achen, mit denen Sie wirklich etwas bewegen können. un Sie es bitte, und warten Sie nicht auf die nächste ahl. Nächste Rednerin ist die Kollegin Ute Berg, SPD raktion. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! rau Flach, ich habe fast immer das Glück, nach Ihnen u reden. Ich hoffe, dass ich Ihre Ausführungen ein bisshen zurechtrücken kann. Man wird sonst depressiv, enn Sie nur alles schlechtmachen. Ich möchte mit einer Situation beginnen, über die wir n letzter Zeit schon häufiger gesprochen haben, die aber uch auf den innovativen Mittelstand erhebliche Auswirungen hat, und zwar die Finanzund Wirtschaftskrise, ie uns seit Monaten erschüttert und noch einmal deutich macht, dass wir nicht auf der Insel der Glückseligen eben. Die globale Vernetzung trifft uns alle, in diesem all negativ. Wir alle wissen, dass die Globalisierung ns als Exportnation Chancen bietet. Wir haben dadurch iesige Absatzmärkte. Aber sie birgt auch Risiken, die in ieser Situation besonders deutlich werden. 21208 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 Ute Berg Die Risiken treffen auch den innovativen Mittelstand. Derzeit erreichen uns sehr viele Hiobsbotschaften. Innerhalb eines Monats kam es zu Auftragsrückgängen um 6 Prozent. Dazu mehren sich die Prognosen, dass im nächsten Jahr ein deutlicher Rückgang des Bruttoinlandsproduktes zu verzeichnen sein wird. „Was die Welt derzeit erlebt, ist kein normaler Konjunkturabschwung, es ist ein ökonomischer Herzinfarkt“, wie es Holger Schmieding, der Chefvolkswirt Europa der Bank of America, formuliert hat. Einer Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers zufolge hat jetzt schon jedes vierte mittelständische Unternehmen wegen der Finanzkrise Auftragsrückgänge zu verbuchen. 44 Prozent der Mittelständler erwägen, ihre Investitionen zurückzufahren. Die Situation ist aber in den einzelnen Branchen unterschiedlich. Das ist alarmierend, weil der Mittelstand eigentlich der Motor unserer Wirtschaftskraft ist. Kleine und mittlere Unternehmen sorgen für rund 70 Prozent der Arbeitsplätze und für über 50 Prozent der Wertschöpfung in Deutschland. Sie verfügen zudem über ein enormes Innovationspotenzial, das uns in der Krise unter keinen Umständen verloren gehen darf. Innovative Produkte und Dienstleistungen liefern nämlich Antworten auf die brennenden Fragen unserer Zeit, zum Beispiel was die alternde Gesellschaft oder die Knappheit der Energieressourcen angeht. Deshalb ist die Unterstützung durch die Politik gefragt. Denn wie wir wissen, ist es für kleine und mittelständische Unternehmen sehr viel schwerer als für Großunternehmen, innovative Projekte zu finanzieren. Sie haben zwangsläufig einen geringeren finanziellen Spielraum und auch geringere personelle Ressourcen. Deshalb ist eine verlässliche staatliche Unterstützung sehr wichtig. Wir müssen also neben den Maßnahmen, die wir für Wachstum und Beschäftigung ergreifen und die die Wirtschaft insgesamt stärken, konsequent unsere Innovationsförderung fortsetzen. Das tun wir auch. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619613400

(Beifall bei der SPD)

Ute Berg (SPD):
Rede ID: ID1619613500

(Beifall der Abg. Iris Gleicke [SPD])


(A) )


(B) )


In dieser Legislaturperiode investieren wir insgesamt
15 Milliarden Euro in die Hightech-Strategie. Das ist
doch schon etwas, Frau Flach. Unser Ziel ist es dabei,
die wichtigsten Zukunftsmärkte zu erschließen. Wir wol-
len, dass diese Märkte hier bei uns entstehen. Dafür
schlagen wir Brücken zwischen Wissenschaft und Wirt-
schaft. So geben wir neue Impulse für eine direkte Um-
setzung von Forschungsergebnissen in neue Märkte. Be-
sonders für kleine und mittlere Unternehmen werden die
Rahmenbedingungen erheblich verbessert.

Das Wirtschaftsministerium hat seine Innovationsför-
derung neu strukturiert. Mit dem Zentralen Innovations-
programm Mittelstand wurden große Teile dieser Förde-
rung unter einem Dach zusammengefasst und effizienter
und kundenorientierter gestaltet. Der Bedarf ist riesen-
groß. Zurzeit gibt es einen Antragsstau. Der Antragsein-

g
w


t
s
1
I
d
r
V
m
P
h
B

a
P


F
a

d
m
d
n

g

U
I
d
H
h
n
g
m
i
w
n

B
m
t

r
k
d
b

(C (D ang beim ZIM liegt um circa 20 Prozent über den Erartungen bei steigender Tendenz. (Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Ausgesprochen positiv!)


Aber auch vom Staat in seiner Rolle als Nachfrager
das möchte ich betonen – müssen Signale für Innova-

ionen kommen. Das Einkaufsvolumen staatlicher In-
tanzen ist schließlich beträchtlich. Es liegt bei
2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Wenn staatliche
nstanzen auf innovative und ressourcenschonende Pro-
ukte und Dienstleistungen setzen, dann fördert das ge-
ade auch die Absatzchancen kleinerer Unternehmen.
on daher ist die Vereinbarung von bisher sechs Bundes-
inisterien als positiv zu bewerten, die mehr innovative
rodukte und Dienstleistungen einkaufen werden. Ich
alte es natürlich für gut, dass der Bund hier mit gutem
eispiel vorangeht, und hoffe, dass dies Kreise zieht.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Alexander Dobrindt [CDU/CSU])


Oft hakt es beim Innovationsprozess aber schon ganz
m Anfang, nämlich bei den Gründungen. In diesem
unkt hatten Sie recht, Frau Kraft.


(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Sie heißt Flach!)


Ich sage immer „Frau Kraft“; Entschuldigung, Frau
lach. Wenn ich Ihnen recht gebe, dann denke ich immer
n den Namen Kraft.

Was Menschen mit kreativen Ideen häufig fehlt, ist
as Einstiegskapital, das man braucht, um ein Unterneh-
en zu gründen. Selbst wenn dieser Schritt gelungen ist,

rohen manche Gründer in der Markteinführungsphase
och zu verdursten, wenn der Geldstrom versiegt.

Wir wollen die Mutigen stützen, die Unternehmen
ründen und damit Arbeitsplätze schaffen. Wir wollen
hier gebe ich Ihnen ebenfalls recht – auch die mutigen
nternehmerinnen stützen, die Unternehmen gründen.

n der Tat gibt es noch viel zu wenige Frauen, die sich
iesen Schritt zutrauen. Deshalb helfen wir mit dem
ightech-Gründerfonds. Dass es hier noch ein bisschen
apert, liegt nicht daran, dass unsere Bereitschaft dazu
icht vorhanden wäre, sondern daran, dass nicht genü-
end abgefragt wird und dass die Wirtschaft – das muss
an einmal ganz deutlich sagen – viel zu zurückhaltend

nvestiert. Was einmal als Fifty-fifty-Aktion gedacht
ar, ist ein Schlag ins Wasser geworden. Aber das ist
icht Schuld des Bundes.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Jan Mücke [FDP]: Hat niemand behauptet!)


Wir helfen mit steuerlichen Vergünstigungen für
usiness Angels und mit besseren Verlustverrechnungs-
öglichkeiten für Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaf-

en.

Auch im Rahmen des Pakets „Beschäftigungssiche-
ung durch Wachstumsstärkung“ setzen wir auf die Stär-
ung von Innovationen und Energieeffizienz. Wir haben
aher die Mittel für die entsprechenden ERP-Programme
ei der Kreditanstalt für Wiederaufbau deutlich aufge-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21209


(A) )



(B) )


Ute Berg
stockt, und zwar insgesamt um 1 Milliarde Euro. Allein
auf das Förderprogramm zur Steigerung der Energie-
effizienz in kleinen und mittleren Unternehmen haben
wir noch einmal 300 Millionen Euro draufgepackt, denn
wir wollen die ökologische Erneuerung unserer Volks-
wirtschaft forcieren. Damit machen wir uns fit für die
Zukunft und verschaffen uns Wettbewerbsvorteile auf
den internationalen Märkten.

Mit dem KfW-Sonderprogramm 2009 werden klei-
nen und mittleren Unternehmen weitere 15 Milliarden
Euro für Kredite bereitgestellt, damit sie eben nicht,
wie PricewaterhouseCoopers prognostiziert hat, Investi-
tionen zurückhalten.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619613600

Frau Kollegin, ich muss Sie an Ihre Redezeit erin-

nern.


Ute Berg (SPD):
Rede ID: ID1619613700

Ich sehe, dass es bei mir blinkt, und komme zum

Schluss. Wie sagte schon der französische Schriftsteller
Helvétius? Aktivität ist nun einmal die Mutter des Er-
folgs. Dies gilt für die Wirtschaft, aber auch für die Poli-
tik. Lassen Sie uns unser Augenmerk und unsere Aktivi-
täten weiterhin gezielt auf den innovativen Mittelstand
richten. Das heißt auch, dass wir die Menschen, die dort
arbeiten, nicht aus dem Blick verlieren dürfen.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619613800

Frau Kollegin, Sie wollten zum Schluss kommen.


Ute Berg (SPD):
Rede ID: ID1619613900

Wir brauchen ihre Kompetenz, ihr Engagement, ihre

Kreativität und ihre Leistung: kurzfristig, um die Krise
zu meistern, und langfristig, um die Zukunftsfähigkeit
unseres Wirtschaftsstandortes zu sichern.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619614000

Ich gebe das Wort der Kollegin Ulla Lötzer, Fraktion

Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Ursula Lötzer (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619614100

Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Wir ha-

ben jetzt von Herrn Riesenhuber und Frau Berg viele
Beispiele gehört, die auch in der Antwort auf die Große
Anfrage oder in Ihrem Entschließungsantrag aufgeführt
sind. Sie listen aber nicht nur auf, was längst bekannt ist,
keine Neuerung bietet und sich nicht ernsthaft mit den
Problemen befasst, sondern Sie betreiben auch noch
simple Selbstbeweihräucherung. Dies wird dem Mittel-
stand nicht gerecht. Tatsächlich müsste man sich ernst-
haft mit den Problemen befassen, die im Zusammenhang
mit der Krise jetzt für den Mittelstand entstehen.

Frau Berg, Sie haben diese Probleme aufgezählt. Herr
Riesenhuber hat davon gesprochen, man dürfe in der
Krise nicht an der Forschung sparen, und sich dabei ins-
besondere auf Unternehmen bezogen. Aber wo ist denn

b
s
M
W
n
n
R
i
l
n

d
m
f
2
v
d

f
d
r
e
m
D
s
s
n
k
z
s
d
b
n

n
z
M
s
S
E
t
F
t
v
m
d
k
h
n
l

g
b
d
c
d
s

(C (D eispielsweise Ihre besondere Anstrengung, dem Forchungsproblem, dem Innovationsproblem und dem ittelstandsproblem in der Krise gerecht zu werden? o ist bis heute Ihr Konjunkturprogramm, das auch ei en Fonds für Innovationsförderung und ökologische Ereuerung beinhaltet, um damit Nachfrageimpulse in ichtung einer ökologischen Industriepolitik und einer nnovativen Mittelstandspolitik zu begründen? Bis heute iegt von Ihnen dazu nichts vor als die Ankündigung eies breiten Konjunkturprogramms. Was steht denn Neugründungen entgegen? Die Kreitanstalt für Wiederaufbau kommt in ihrem Gründungsonitor zu dem Schluss: schlechtes konjunkturelles Um eld und mangelnde Nachfrage. Das ZEW hat schon 006 festgestellt: Für den Verzicht auf Innovationsaktiitäten spielte den Angaben der Unternehmen zufolge ie fehlende Nachfrage nach Erneuerungen eine Rolle. Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikolgenabschätzung hat in der laufenden Legislaturperioe in einem Bericht festgestellt, die Nachfrageorientieung sei in Deutschland absolut unterbelichtet. Nun heißt s – Frau Berg, Sie haben das gerade angeführt –, je ehr staatliche Instanzen innovative Produkte und ienstleistungen nachfragten, desto besser seien die Ab atzchancen gerade der kleinen Unternehmen. Was chlussfolgern Sie aus dieser bahnbrechenden Erkenntis? Nichts, außer der Verabredung, man wolle in Zuunft beim Einkauf darauf achten, innovative Produkte u bevorzugen! Im Vergaberecht, das morgen Thema ein wird, findet man dazu nichts. Aber gerade das hätte ie Chance geboten, die Innovationsförderung im Vergaerecht ernsthaft zu verankern. Tatsächlich passiert ichts. Manchmal kann man allerdings froh sein, wenn Sie ichts tun, weil Ihre Aktivitäten mehr schaden als nuten, zum Beispiel beim Problem der Finanzierung des ittelstands. Nach wie vor fällt Ihnen dazu vor allem die teuerliche Begünstigung von Private-Equity-Fonds ein. ie ziehen keinerlei Lehren aus der Finanzmarktkrise. rste Insolvenzen gerade von kleinen und mittleren Un ernehmen zeigen: Besonders die von Private-Equityonds nach dem Prinzip der maximalen Rendite geführ en Unternehmen sind jetzt vom Aus bedroht, abgesehen on der allgemeinen Kreditkrise. Wenn einem Unternehen nahezu das gesamte Eigenkapital zum Beispiel urch Wiederverkauf entzogen wird, mangelt es bei der leinsten Erschütterung an Reserven, diese durchzusteen. Die Fonds sind nicht geeignet, eine stabile und achhaltige Finanzierung von Neuerungen zu gewähreisten. Ein letztes Problem stellt Ihre Politik betreffend das eistige Eigentum dar. Sie stellen fest: Mittelständler haen oft Probleme mit einem umfassenden Patentschutz; as ist richtig. Anstatt aber darüber zu diskutieren, welhe Maßnahmen man ergreifen sollte, ob zum Beispiel ie umfassende Patentierung überdacht werden muss, etzt die Bundesregierung auf Kommunikationsmaßnah 21210 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 Ulla Lötzer men zur Sensibilisierung der Bedeutung des Themas. Dadurch soll das Problem gelöst werden. Der Innovation erweisen Sie damit aber einen Bärendienst. Eine flächendeckende Patentierung hindert schließlich andere Erfinder an der Nutzung und Weiterentwicklung des Wissens. Das ausufernde System des Patentrechts verhindert Innovationen, statt sie zu fördern. Mittlerweile werden Patente explizit für den Zweck angemeldet, andere an der Forschung zu hindern. Das ist keine Problemlösung. Was Sie hier als Innovationsstrategie ausgeben, ist tatsächlich alter Wein in noch älteren Schläuchen. Von Sensibilität für kleine und mittlere Unternehmen oder Innovation keine Spur! Danke. Nächster Redner ist der Kollege Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Bündnis 90/Die Grünen. Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(A) )


(B) )


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619614200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Verehrte Zuschauerinnen und Zuschauer! Die Grünen
sind eine Partei, für die die Förderung von kleinen und
mittleren Unternehmen sowie von Innovation schon im-
mer eine wichtige Rolle gespielt hat. Insofern finden wir
es grundsätzlich gut, wenn die Koalitionsfraktionen die
Bundesregierung auffordern, etwas für kleine und mitt-
lere Unternehmen zu tun. Aber wie Frau Flach schon
sagte, kommt das nach drei Jahren vielleicht ein biss-
chen zu spät.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sie haben noch ein Jahr Zeit. Vielleicht passiert etwas.

Das Schauspiel, das sich hier darbietet, ist interessant.
Da die Regierungsfraktionen die Regierung befragen,
überrascht es nicht, dass dabei eine Antwort heraus-
kommt, die nur so vor Eigenlob strotzt. Es scheint auch
alles irgendwie sehr gut zu sein. Aber wenn man sich das
genauer anschaut, wenn man die rosarote Brille der Bun-
desregierung absetzt und sich andere Quellen ansieht,
zum Beispiel die Studie „Innovationsindikator Deutsch-
land 2008“, dann stellt man nicht fest, dass Deutschland
an der Spitze steht, sondern man sieht, dass es Mittelmaß
ist und auf Platz 8 von 17 untersuchten Ländern steht,
wobei Schweden, die Schweiz, die USA, Finnland und
Dänemark an der Spitze sind. Man findet also wieder
einmal skandinavische Länder an der Spitze. Dahin
sollte man vielleicht schauen, wenn man Vorbilder sucht.

Auch das Gutachten 2008 der von der Bundesregie-
rung eingesetzten Expertenkommission für Forschung
und Innovation, EFI, stellt erhebliche Mängel bei der
Förderung der Innovationen fest. Ein wichtiger Hemm-
schuh für Innovationen, so die beiden Studien, ist die
mangelnde Bildung. In dieser Hinsicht müssen wir noch
viel tun. Wir wissen nicht erst seit PISA, dass es um die

B
Z
l
d
O
s
v
I
g
S
t
n
U

v
z
d
r
n
t
l
s
t

e
i
m
q
B
n
z
d
D
S
S

m
w
4
d
b
U
d
F
t
w

n
g
w
s
m
t
t
T
t

(C (D ildung in Deutschland schlecht bestellt ist. In diesem usammenhang liegt in der ökonomischen Krise tatsäch iche eine Chance. Wenn man bedenkt, dass die Bilungsausgaben bei etwa 5 Prozent des BIP liegen, im ECD-Durchschnitt aber bei ungefähr 6 Prozent, dann ieht man, dass diese Lücke von 1 Prozent mit einem Inestitionsvolumen geschlossen werden könnte, das dem nvestitionsprogramm entspricht, das der Sachverständienrat vorschlägt. Geben Sie sich einen Ruck! Nutzen ie die Chance, handeln Sie und legen Sie ein Investi ionsprogramm für Bildung und Innovationen auf! Das ützt der Gesellschaft und den kleineren und mittleren nternehmen. Ein weiterer Punkt fällt bei der Lektüre der Studie on BDI und Telekom-Stiftung auf. Bei der Bereitschaft um unternehmerischen Risiko liegt Deutschland auf em allerletzten Platz. Wenn man sich nun die Regieung anschaut, wundert einen das nicht. Aber die ist icht repräsentativ für alle Deutschen. Unseres Erachens liegt das nicht daran, dass die Deutschen grundsätzich keine Lust haben, irgendwelche Risiken einzugehen, ondern das hat etwas mit den Rahmenbedingungen zu un. Das hat mit den finanziellen Rahmenbedingungen Stichwort: Zugang zu Wagniskapital; dazu haben wir ben schon etwas gehört – zu tun, aber auch damit, dass n Deutschland die soziale Sicherung für Selbstständige ehr als löchrig ist. In einem Land, in dem die Armuts uote von Selbstständigen höher als die von abhängig eschäftigten ist, wundert es nicht, dass Menschen weiger bereit sind, das Risiko einer Selbstständigkeit einugehen. Auch die Angst vor Armut im Alter kann urchaus eine Hürde sein, sich selbstständig zu machen. eshalb brauchen wir eine bessere Grundsicherung für elbstständige, und wir brauchen eine Einbeziehung der elbstständigen in die Rentenversicherung. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ein besonderes Problem bilden die kleinen Unterneh-
en. Die Bundesregierung schreibt selbst in ihrer Ant-
ort auf die Anfrage, dass Unternehmen mit 50 bis
99 Beschäftigten – immerhin rund 70 Prozent – min-
estens eine Prozess- oder Produktinnovation hervor-
ringen. Das ist schon einmal nicht schlecht. Bei den
nternehmen mit 5 bis 49 Beschäftigten ist es aber le-
iglich jedes zweite bis dritte Unternehmen. Die zentrale
rage ist also: Wie können Innovation und Eigeninitia-

ive gerade bei den kleinen und Kleinstbetrieben ge-
eckt und gefördert werden?

Wir haben darauf eine Reihe von Antworten, von de-
en ich aus Zeitgründen jetzt nur noch ein paar in eini-
en Stichworten ansprechen kann. Zum Beispiel fordern
ir eine partizipative Unternehmenskultur, also eine

tärkere Mitbestimmung der Beschäftigten, verbunden
it einer stärkeren Partizipation auch am Ertrag von Un-

ernehmen. Dies könnte insbesondere in kleineren Un-
ernehmen zu mehr Innovationen führen, weil stärker im
eam gearbeitet wird und die Kreativität der Beschäftig-

en gefördert wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21211


(A) )



(B) )


Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn
Ein weiterer Punkt, der auch schon angesprochen
wurde, ist die Frauenförderung. Sie wird zwar genannt,
aber es werden weitgehend keine konkreten Maßnahmen
erwähnt. Dazu wären unter anderem ein Aufbau von
spezieller Beratung – übrigens nicht nur für Hightech-
Unternehmen – und ein Abbau von Diskriminierung bei
der Kreditvergabe wichtig. Völlig vernachlässigt wird
bei den Überlegungen der Regierung und der Regie-
rungsfraktionen die Innovativkraft von Unternehmen,
die von Migrantinnen und Migranten betrieben werden
und die angesichts der Globalisierung – aber nicht nur
deswegen – ein großes Potenzial für Innovationen auf-
weisen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Außerdem fordern wir eine verbesserte Förderung von
Existenzgründerinnen und Existenzgründern. Hierzu ha-
ben wir bereits einen Antrag vorgelegt, auf den ich hier
nur verweisen kann, weil meine Zeit langsam abläuft.

Letzter Punkt: Positiv finden wir, dass in dem Ent-
schließungsantrag darauf hingewiesen wird, dass insbe-
sondere Innovationsförderung in den Bereichen Umwelt,
Gesundheit und Energie wichtig ist. Das sind urgrüne
Themen. Aber schauen Sie sich an, wie auf der einen
Seite die SPD stur und strukturkonservativ an dem Bau
von Kohlekraftwerken festhält und auf der anderen Seite
Roland Koch – ich komme aus Hessen – in den letzten
neun Jahren die erneuerbaren Energien gefördert hat.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619614300

Herr Kollege, Sie müssen in der Tat zum Ende kom-

men.


(BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Letzter Satz. – Schauen Sie sich die innovativen Kon-
zepte des Wirtschaftsministers im Bereich Umwelt- und
Energiepolitik an. Zu all dem kann ich nur sagen: Wenn
die Böcke die Gärtner sind, kann die Innovationsförde-
rung in Deutschland nicht wirklich vorankommen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619614400

Ich gebe das Wort dem Kollegen Alexander Dobrindt,

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Alexander Dobrindt (CSU):
Rede ID: ID1619614500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Strengmann-Kuhn, bei allen Problemen, Ideen und
Lösungsvorschlägen, die Sie angesprochen haben, müs-
sen Sie eines in den Vordergrund stellen: Wir können
nicht über Ansätze zur Lösung von Problemen der For-
schungsförderung diskutieren, ohne auf die aktuelle
wirtschaftliche Gesamtsituation Bezug zu nehmen. Ge-
rade jetzt, da negatives Wachstum zu erwarten ist, kann
es sehr schnell sein – die Kollegin Berg hat darauf hinge-
wiesen –, dass gerade mittelständische Unternehmen in

e
s
G
u
s
w
d
r
n
t
G
n
s
k
T
A

m
d
b
l
g
s
m
v
s
d
g
t
k
u
E
g

s
D
h
s
t
n
s
d
S
n
t

w
w
w
t

s

z
s

d

(C (D ine Situation kommen, in der sie Investitionen und Forchungsprogramme zurückfahren, in der sie weniger eld für das ausgeben, was zukunftsfördernd ist. Dies ist nd bleibt genau die falsche Strategie, auch wenn man ie nachvollziehen kann. Wenn wir die Krise überwinden ollen, dann ist es unsere Aufgabe, möglichst schnell ie innovativsten Lösungen der Zukunftsprobleme unseer Gesellschaft zu befördern. Daran muss die Politik eien erheblichen Anteil haben. Sie muss ihre Möglichkeien nutzen, um die Forschung in Bereichen wie Umwelt, esundheit, Energie, Informationstechnologie, Kommuikationstechnologie und der Materialforschung vertärkt zu fördern. Wir wollen klarmachen, dass die Zuunft unseres Wohlstandes von dem Erfolg dieser echnologien abhängt. Deswegen wollen wir an diese ufgabe mit zusätzlicher Kraft herangehen. Ich bitte, zwei Dinge in den Fokus zu rücken. In der omentanen Situation müssen wir auf der einen Seite afür sorgen, dass Arbeitsplätze in Deutschland erhalten leiben. Auf der anderen Seite müssen wir die Grundage für Wachstum und Beschäftigung in der Zukunft leen. Es gibt einen Satz, der das Ganze einfach umchreibt – er ist heute noch nicht gefallen –: Unser Land uss nach der Krise moderner und innovativer sein als orher, und dafür müssen wir jetzt die richtigen Impulse etzen. Annette Schavan, unsere Bundesministerin, hat as in dieser Woche mehrmals getan. Sie hat das mit folenden Worten deutlich gemacht: Ein zweites Konjunkurprogramm, das die Bundesregierung aufstellen kann, önnte steuerliche Anreize geben, um gerade kleinen nd mittelständischen Unternehmen die Forschung und ntwicklung leichter zu machen, als es mit der bisherien Projektförderung geht. Das Schlüsselwort lautet hier „kleine und mitteltändische Unternehmen“. 65 Prozent der KMUs in eutschland gelten als mögliche Innovationsträger. Das eißt, dass sie für den Innovationsprozess, der kommen oll, eine ganz zentrale Rolle spielen werden. Der Stiferverband für die deutsche Wissenschaft hat gestern die euesten Zahlen vorgelegt: Die Investitionen in Forchung und Entwicklung gerade beim Mittelstand wuren um 12 Prozent gesteigert. Das wäre das richtige ignal, wenn nicht inzwischen fast 50 Prozent der Unterehmen darüber nachdächten, ihre Forschungsaktivitäen im nächsten Jahr etwas zu reduzieren. Der Mittelstand ist also auch bei Forschung und Enticklung das Schwungrad. Dieses Schwungrad müssen ir weiter antreiben, um den Innovationszyklus in Beegung zu halten. Damit sich dieses Schwungrad wei erdreht, müssen wir drei wesentliche Punkte beachten: Erstens. Wir müssen die Liquidität der mittelständichen Unternehmen sicherstellen. Zweitens. Wir müssen einen unkomplizierten Zugang u unseren Forschungsprogrammen und zu unserer Forchungsförderung gestalten. Drittens. Wir müssen Rahmenbedingungen schaffen, ie innovationsfreundlich sind. 21212 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 Alexander Dobrindt Zu erstens. Wie können wir die Liquidität sicherstellen? Wir haben in der letzten Woche den Zugang zum Maßnahmenpaket „Beschäftigungssicherung durch Wachstumsstärkung“ offengelegt. Die Unternehmen können bei der KfW inzwischen zusätzlich 15 Milliarden Euro an Krediten einfordern, nicht nur für Investitionen, sondern auch – das ist das Wesentliche – für Betriebsmittel, für Warenlager, für alles, was im Kern mit Liquidität zu tun hat. So sorgen wir dafür, dass die Unternehmen zukünftig ausreichend Kredite erhalten können. Zu zweitens. Wir haben einen unkomplizierten Zugang zur Forschungsförderung geschaffen. Das entsprechende Instrument, das das Ministerium entwickelt hat, heißt KMU-innovativ. Es gibt einen tollen Fahrplan, den ein Unternehmen nutzen kann, wenn es an Forschungsgelder kommen will. Er funktioniert ganz einfach in sechs Schritten: Erstens: mit dem Lotsendienst im Ministerium telefonisch Kontakt aufnehmen und darüber reden, was man machen kann. Zweitens: eine Skizze des Projektes erstellen und dem Ministerium zukommen lassen. Das funktioniert einfach über eine Maske im Internet. Drittens. Innerhalb von zwei Monaten wird über diese Skizze beschieden. Viertens. Nach einer positiven Begutachtung kann – auch im Internet – ein Förderantrag gestellt werden. Fünftens. Dieser wird gegebenenfalls innerhalb von zwei Monaten bewilligt. Sechstens. Wenn alles klappt, steht das Geld für Forschung und Entwicklung zur Verfügung. Die Tatsache, dass sich 50 Prozent der Unternehmen, die versuchen, über dieses Verfahren an Forschungsmittel zu kommen, zum allerersten Mal um Forschungsmittel bemühen, zeigt, dass das vom Ministerium auf den Weg gebrachte Instrument gerade für junge, neue Unternehmen interessant ist. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(A) )


(B) )


(Ulrike Flach [FDP]: Oder auch nicht!)


Zu drittens: die Rahmenbedingungen. Genauso wich-
tig wie Geld ist das Know-how, die Umgebung, in der
eine Forschungskooperation stattfindet. Wir haben Spit-
zenclusterwettbewerbe veranstaltet und in diesem Rah-
men Cluster gefördert. Unter Cluster verstehen wir
Schwerpunkte, an denen Wirtschaft, Hochschule und
Forschungseinrichtungen zusammenkommen, um Inno-
vationen zu schaffen. Wir haben hier ausreichend Erfah-
rungen gesammelt, um zu wissen, dass zusätzliche Kraft
und zusätzliches Geld in die Clusterpolitik investiert
werden müssen.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619614600

Herr Kollege!


Alexander Dobrindt (CSU):
Rede ID: ID1619614700

Frau Präsidentin, ich komme zum Ende. – Die drei

Punkte, die ich aufgezählt habe, und die Lösungsvor-
schläge, die wir gemacht haben, haben aus Sicht der

k
e
l
z
k
d

R

K
d
n
b
l
f
d

B
b
P
a
k
g
m

F
g
t
g

B
n

n
i
l
f
f
m
z
e
u
E
O
r
r
D

(C (D leinen oder mittleren Unternehmen unter dem Strich zu inem großen Erfolg geführt. Finanzielle Fördermögichkeiten sind vorhanden; wir müssen sie richtig einseten. Wir wollen in diesem Sinne weitermachen. Dann önnen wir die Finanzund Wirtschaftskrise überwinen. Danke schön. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619614800

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege

einhard Schultz, SPD-Fraktion.


Reinhard Schultz (SPD):
Rede ID: ID1619614900

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Es wäre schon eine eigenartige Innovations-
ebatte, wenn man nur in den Rückspiegel schaute und
ur sagen würde, was man schon geleistet hat – das ist
eachtlich –, ohne gleichzeitig zu sagen, wie es eigent-
ich weitergehen soll. Eine wesentliche Voraussetzung
ür Innovationsprozesse in der Wirtschaft ist, dass auch
ie Politik innovativ bleibt.

Wenn die Koalition eine Anfrage macht, die zu einer
estandsaufnahme mit einer beachtlichen Leistungs-
ilanz führt, dann ist es selbstverständlich, dass wir, die
arlamentarier, skizzieren, wo die nächsten Ufer sind,
uf die man zusteuern will; denn auch bei uns darf es
einen Stillstand geben. Das ist doch der Sinn des dialo-
ischen Verhältnisses zwischen Regierung und Parla-
ent.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


rau Flach, da finde ich es geradezu albern, wenn Sie sa-
en, wir forderten die Bundesregierung auf, etwas zu
un, was sie seit Jahren hätte tun können. Wir haben dar-
elegt, was in den vergangenen Jahren getan worden ist
diese Regierung und die Vorgängerregierung haben
eachtliches geleistet –, aber auch, was zu tun ist, um
och einen Schritt weiterzukommen.


(Ulrike Flach [FDP]: Aber das sagen Sie seit Jahren!)


Die Bilanz ist unter dem Strich – auch im internatio-
alen Vergleich – überhaupt nicht schlecht. Es kommt
mmer darauf an, welche Zahlen man betrachtet. Natür-
ich gibt es Statistiken, bei denen wir, was die Zahl der
orschenden Unternehmen angeht, maximal im Mittel-
eld, vielleicht sogar im unteren Mittelfeld, stehen. Wenn
an sich aber die OECD-Statistik zur Produkt- und Pro-

essinnovation in einem Dreijahreszeitraum anschaut,
rkennt man: Etwa 45 Prozent der KMU haben Produkt-
nd Prozessinnovationen eingeführt. Damit liegen wir in
uropa an der zweiten Stelle und unter den gesamten
ECD-Ländern an der dritten Stelle. Das heißt, im Be-

eich der kleinen und mittleren Unternehmen, im Be-
eich des Mittelstandes, sind wir absolut an der Spitze.
ann wird das Defizit wohl woanders liegen, nämlich

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21213


(A) )



(B) )


Reinhard Schultz (Everswinkel)

bedauerlicherweise bei den größeren Strukturen, die wir
weder mit Beihilfen noch sonst wie steuern können.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Ein Teil der Innovationen, die von den großen Indus-
trien vorgezeigt werden, stammen gar nicht aus den gro-
ßen Industrien selbst, sondern wurden aus kleinen Unter-
nehmen, die sich etwas Besonderes haben einfallen
lassen, zugekauft oder stammen aus dem Zuliefererbe-
reich oder dem hochschulnahen Bereich. Das können Sie
auch in der Automobilindustrie, beim Anlagenbau und
bei modernen Techniken rund um den älter werdenden
Menschen beobachten. Das alles wird in kleinen und
mittleren Unternehmen entwickelt und dann von größe-
ren Einheiten wie Siemens, VW, Daimler usw. übernom-
men.


(Ulrike Flach [FDP]: Das ist doch nur ein Sechstel der FuE-Aufwendungen!)


– Ich frage mich ohnehin, warum wir noch einen nen-
nenswerten Teil von FuE-Aufwendungen in sehr große
Strukturen stecken, wenn unterm Strich, gesehen für die
Gesellschaft, so wenig herauskommt. Im Bereich der
KMU kommt bei einem wesentlich geringeren Mittel-
einsatz wesentlich mehr heraus. Auch darüber kann man
bei Gelegenheit sehr gründlich nachdenken.

Wenn man betrachtet, welche Wachstumsstrategien
zum Beispiel McKinsey, die keine sozialdemokratische
Denkfabrik sind, im Szenario Deutschland 2020 vor-
schlägt, dann liegen für deutsche Unternehmen die
Chancen darin, die weltwirtschaftliche Entwicklung zu
nutzen. Um was geht es? Es geht um die Klimafrage
bzw. die Umweltfrage. Ich glaube, auf diesem Gebiet
sind wir – das zeigt auch die Große Anfrage – auf dem
Innovationspfad an der Spitze, über den es leichter wird,
in den nächsten Jahren entsprechende Produkte überall
in der Welt zu verkaufen.

Darüber hinaus stellt sich die Mobilitätsfrage. Diesbe-
züglich hängen wir noch ein bisschen hinterher. Die Au-
tomobilkrise ist nicht nur eine Finanzmarktkrise, son-
dern auch eine Krise des Produkts. Ich denke, da wird
der nächste Schub kommen müssen, wenn wir nicht völ-
lig abgehängt werden wollen. Hier liegt die Chance na-
türlich auch im mittelständischen Zuliefererbereich.

Ein weltweiter Trend ist die immer älter werdende
Gesellschaft.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Gesundheit und Älterwerden ist ein ganz großer Bereich,
in dem wir vorne liegen und auch noch besser werden
können, um sowohl die Probleme im eigenen Lande zu
lösen, als auch um anderen Gesellschaften überall in der
Welt etwas anbieten zu können.

Ein Problem, das aus der Großen Anfrage, aber auch
aus allen anderen zur Verfügung stehenden Quellen er-
kennbar wird, ist, dass das Innovationstempo mit der
Qualifikation der Menschen zu tun hat. Wir haben schon
jetzt einen erkennbaren Ingenieur- und Fachkräfteman-

g
ü

m
V
f
D

I
d
g
d
g
g
v


b
t

d
e
s
L
l

m
d
D
v
n
k
s
F
d
w
F

D
g
o
s
a

D
g
g
s

a

m

(C (D el im akademischen Bereich. Deshalb muss man sich berlegen, wie man dieses Problem löst. Ich plädiere sehr dafür – diese Anregung ist nicht unittelbar der Großen Anfrage zu entnehmen –, bessere oraussetzungen für berufsbegleitende Studien zu schaf en. Wir müssen aus Facharbeitern Ingenieure machen. afür gibt es Beispiele. n meinem Wahlkreis gibt es drei große Unternehmen, ie in Zusammenarbeit mit einer Fachhochschule in Sieen – das ist vom Kreis Warendorf weit entfernt – an rei Standorten berufsbegleitende Ingenieursstudienänge anbieten, um aus ihren eigenen Facharbeitern Inenieure zu machen, die dann später die Entwicklung orantreiben. Ich glaube, das muss man so organisieren. (Laurenz Meyer [Hamm] [CDU/CSU]: Dann kann man das auch in Hamm machen!)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Das wird in Hamm auch gemacht. Wir sind ja Nach-
arn. – Ich glaube, es wäre der richtige Weg, auch sei-
ens des Bundes, das ein oder andere anzustoßen.

Ich bin davon überzeugt, dass die Förderprogramme
urchaus erfolgreich und zielgenau sind und auch den
uropäischen Vergleich nicht zu scheuen brauchen, weil
ie hinsichtlich der Größenordnung alle anderen EU-
änder – die vielleicht andere Förderwege haben – deut-

ich schlagen.

In der Frage direkte Förderung oder Steuerbonus
uss man nicht gegeneinander diskutieren. Man kann

as Thema aber auch nicht beliebig additiv diskutieren.
enn es gibt bei allem Wünschenswerten, was man sich
orstellen kann, auch Ressourcengrenzen. Ein Steuerbo-
us ist – wie im Ausland zu beobachten ist – nicht büro-
ratieärmer, weil sozusagen im Nachhinein nachgewie-
en werden muss, ob man etwas Sinnvolles, das mit
orschung zu tun hat, bewerkstelligt hat. Man bekommt
ie Steuergutschrift natürlich nur dann, wenn der Nach-
eis gelingt, das heißt, man weiß vorher nicht, ob das
inanzamt hinterher seinen Stempel draufsetzt.


(Ulrike Flach [FDP]: Das können Sie jetzt ausschalten!)


as ist die Kritik, die von den Ländern, in denen das so
ehandhabt wird, kommt. Insofern muss man genau be-
bachten, inwieweit das funktioniert. Ich glaube, wir
ollten in den nächsten Jahren zumindest ideologiearm
n diese Frage herangehen.


(Ulrike Flach [FDP]: Das wäre schon ein Fortschritt!)


as betrifft ebenfalls die Frage – Herr Riesenhuber, ich
ebe Ihnen völlig Recht –, ob die Zahl der Business An-
els und Venture Capital nicht etwas großzügiger aufge-
tockt werden können,


(Beifall der Abg. Ulrike Flach [FDP])


ber das natürlich im Rahmen der Möglichkeiten.

Im Bereich Produkt- und Prozessinnovation sind wir
it an der Weltspitze, und zwar ohne Steuerbonus, Ven-

21214 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008


(A) )



(B) )


Reinhard Schultz (Everswinkel)

ture Capital und mit relativ geringem Einsatz von Busi-
ness Angels. Wir könnten wahrscheinlich auch das Uni-
versum erobern, wenn wir diese zusätzlich aufnehmen
würden. Auf jeden Fall ist bewiesen: Es geht auch so. Es
würde vielleicht noch etwas besser und windschnittiger
mit diesen Instrumenten gehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, dass wir
insgesamt eine ausgesprochen gute Bilanz mit Blick auf
die Zukunft vorweisen können, und zwar nicht nur im
Bereich der Wirtschafts- und Forschungsförderung im
engeren Sinne, –


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619615000

Herr Kollege Schultz.


Reinhard Schultz (SPD):
Rede ID: ID1619615100

– sondern auch im Bereich der Rahmenbedingungen,

die wir gesetzt haben: Mit diesen regen wir die Unter-
nehmen an, die Herausforderungen des Klimawandels,
des Älterwerdens und der Mobilität anzunehmen und
sich noch mehr anzustrengen, um die damit zusammen-
hängenden Probleme zu lösen. Die Suche nach Lösun-
gen für Probleme ist nämlich Antrieb für Innovation und
nicht die Knete.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1619615200

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschlie-
ßungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD auf
Drucksache 16/11405. Wer stimmt für den Entschlie-
ßungsantrag? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? –
Der Entschließungsantrag ist mit den Stimmen der
Koalition bei Gegenstimmen der Fraktion Die Linke und
Enthaltung der Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen
und der FDP angenommen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 9 a bis 9 c auf:

a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(14. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Daniel Bahr

(Münster), Heinz Lanfermann, Dr. Konrad

Schily, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der FDP

Gesundheitsfonds stoppen – Beitragsautono-
mie der Krankenkassen bewahren

– zu dem Antrag der Abgeordneten Daniel Bahr

(Münster), Heinz Lanfermann, Dr. Konrad

Schily, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der FDP

Gesundheitsfonds und staatliche Beitrags-
satzfestsetzung in der gesetzlichen Kranken-
versicherung nicht einführen

– Drucksachen 16/7737, 16/9805, 16/11089 –

A
h

m

B

W
T
i
g
f


g
n
g
A


Ü
d
d
d

(C (D Berichterstattung: Abg. Dr. Carola Reimann b)

richts des Ausschusses für Gesundheit (14. Aus-
schuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Birgitt
Bender, Elisabeth Scharfenberg, Dr. Harald
Terpe, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Gesundheitsfonds stoppen – Morbiditätsorien-
tierten Risikostrukturausgleich einführen

– Drucksachen 16/8882, 16/11090 –

Berichterstattung:
Abg. Dr. Carola Reimann

c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(14. Ausschuss)

Spieth, Dr. Martina Bunge, Dr. Ilja Seifert, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Das Gesundheitssystem nachhaltig und paritä-
tisch finanzieren – Gesundheitsfonds, Zusatz-
beiträge und Teilkaskotarife stoppen

– Drucksachen 16/10318, 16/11091 –

Berichterstattung:
Abg. Dr. Carola Reimann

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich
öre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Parla-
entarische Staatssekretärin Marion Caspers-Merk.

M
Marion Caspers-Merk (SPD):
Rede ID: ID1619615300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
ir werden in diesem Jahr das letzte Mal über das

hema Gesundheitsreform miteinander streiten. Noch
mmer ist es so, dass die Oppositionsfraktionen nicht
anz davon überzeugt sind, dass dieser Gesundheits-
onds eine gute Sache ist.


(Beifall des Abg. Dr. Harald Terpe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Das wird auch so bleiben!)


Ihr Zwischenruf ist schade, Herr Kollege Bahr. Ich
laube ja eigentlich an die Lernfähigkeit von Abgeord-
eten. Dass Sie aber schon am Anfang der Debatte sa-
en, Sie wollten nichts dazulernen, das trübt doch meine
dventsstimmung erheblich.


(Heinz Lanfermann [FDP]: Wir sehen uns in Übereinstimmung mit großen Teilen dieses Hauses und der Bevölkerung!)


Herr Lanfermann, Sie sagen, Sie befänden sich in
bereinstimmung mit vielen außerhalb und innerhalb
ieses Hauses. Angesichts dessen bitte ich Sie, die Sie ja
ie Fahne so stark gegen diesen Fonds hochhalten, sich
och einfach einmal umzudrehen. Hinter Ihrer Fahne

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21215


(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretärin Marion Caspers-Merk
sind gar nicht mehr so viele versammelt. Die Hauptkriti-
ker des Fonds sind doch schon umgeschwenkt.

Namhafte Ökonomieprofessoren beschäftigen sich in
ihren Analysen mit der Frage, welche guten Ergebnisse
dieser Gesundheitsfonds bringt. Ich darf Ihnen vielleicht
mit Erlaubnis der Präsidentin hierzu ein kleines Zitat
vortragen. Sie wissen, dass der Kollege Rebscher von
der DAK ein erklärter Kritiker des Gesundheitsfonds
war. Ich glaube, er ist in dieser Angelegenheit sogar im
Kanzleramt vorstellig geworden und hat dort vorgetra-
gen, welche schlimmen Auswirkungen dieser habe.


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Hört! Hört!)


Jetzt liest man in der neuesten Ausgabe des Mitglieder-
magazins der DAK folgende Einlassung:

Der neue Gesundheitsfonds
Der Fonds kommt zum 1. Januar 2009 – und mit
ihm die größte Reform im deutschen Gesundheits-
wesen seit Jahrzehnten.


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Das stimmt!)


Sie bringt einen Einheitsbeitrag für alle Mitglieder
gesetzlicher Krankenkassen.


(Detlef Parr [FDP]: Endlich!)


Erstmals kann man sich für eine ausgezeichnete
Kasse entscheiden, ohne für deren besondere Leis-
tungen mehr zu zahlen. Bildlich gesprochen, gibt es
jetzt Gourmet-Plätzchen zum selben Preis wie Dis-
counter-Kekse. Bei gleichem Beitrag kann sich jede
und jeder in Zukunft für bestmögliche Qualität ent-
scheiden. Sicher, süße Backwaren sind kein gutes
Beispiel, wenn es um Gesundheit geht, aber ich
weiß, Sie greifen zu Qualität. Die DAK lässt sich
übrigens immer wieder von unabhängigen Institu-
tionen testen. Da wissen Sie, was Sie haben. In die-
sem Sinne frohe Feiertage und ein gesundes neues
Jahr!


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: So ist es!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, so ändern sich die
Zeiten. So werden aus denjenigen, die einst erbittert ge-
gen den Fonds gewettert haben, plötzlich über Nacht sol-
che, die den Fonds ganz okay finden,


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Vom Saulus zum Paulus! Wohl wahr!)


und zwar spätestens dann, wenn sie bemerkt haben, dass
das Grundziel des Fonds ist, diejenigen, die kranke Men-
schen versorgen, besser auszustatten. Das ist die Grund-
idee.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat doch mit dem Fonds nichts zu tun!)


Das bedeutet, die großen Versorgerkassen profitieren
von dem Fonds. Denn wie war es bislang ohne Fonds?
Die Beitragssätze lagen zwischen rund 12 Prozent und
rund 17 Prozent. Aber diejenigen, die bei der einen

K
K
k
M
s
d
w
u
w
d
d

t
w

S
u
a
n
v
l
a
V
K
T
d

u
g

D
d
K
d
e
d
r
ü
J

H

F
c
h
S
r
e

(C (D asse 12 Prozent, und diejenigen, die bei der anderen asse 17 Prozent gezahlt haben, lagen im selben Kranenhaus, gingen zum selben Arzt und haben die gleichen edikamente erhalten. Der Unterschied in den Beitrags ätzen war nur dadurch begründet, dass die eine Kasse ie Risiken junger, gesunder Menschen versichert hat, ährend bei der anderen Kasse viele chronisch Kranke nd Ältere versichert waren. Was ist daran gerecht? Wir ollen, dass kranke Menschen gut versorgt werden und ass die Versorgerkassen dazu in die Lage versetzt weren. Das geschieht adäquat mit dem Gesundheitsfonds. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Noch nie – auch das muss hier gesagt werden – konn-
en gesetzliche Kassen so ruhig den Jahreswechsel ab-
arten wie diesmal.


(Detlef Parr [FDP]: Sie hatten auch nie so wenig Verantwortung! – Heinz Lanfermann [FDP]: Was meinen Sie, wie das beim nächsten Jahreswechsel wird!)


ie wissen ganz genau, welche Summen fließen werden
nd dass der Bund die Einnahmerisiken ein Stück weit
bfedert. Auch das gehört zur Wahrheit: Wir stellen
ächstes Jahr 167 Milliarden Euro für die Versorgung
on kranken Menschen in der Bundesrepublik Deutsch-
and zur Verfügung. Das sind 11 Milliarden Euro mehr
ls in diesem Jahr. Dafür kann es doch auch eine gute
ersorgung geben. Wir tun mehr für den Bereich der
rankenhäuser – auch das wird heute Abend noch ein
hema sein –, wir geben mehr für den Bereich der nie-
ergelassenen Ärztinnen und Ärzte aus,


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: So ist es!)


nd wir haben 11 Milliarden Euro mehr für die Versor-
ung im Topf.

Worüber wird hier also eigentlich noch gestritten?
as Einnahmerisiko trägt im nächsten Jahr unterjährig
er Bund, und das in Zeiten der Wirtschaftskrise, wo die
assen in der Vergangenheit immer bangen mussten,
ass sie die Einnahmen nicht bekommen. Denn während
iner Wirtschaftskrise sinkt die Beschäftigung, und in
er Folge sinken die Einnahmen der sozialen Siche-
ungssysteme. Da der Bund jetzt das Einnahmerisiko
bernimmt, können die Kassen sehr ruhig in das neue
ahr gehen.

In diesen Zusammenhang passt ein Zitat von Herrn
ecken, der im Rheinischen Merkur treffend feststellt:

Die Kranken gewinnen.“ Sie gewinnen durch den
onds. Sie gewinnen dadurch, dass ihre Krankenversi-
herung mehr Sicherheit für die Finanzierung der Krank-
eitslast hat, und sie gewinnen durch ein solidarisches
ystem, das durch Steuermittel und durch einen transpa-
enten Risikostrukturausgleich in die Lage versetzt wird,
ine gute Versorgung zu gewährleisten.

Schönen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


21216 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008


(A) )



(B) )


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619615400

Der Kollege Heinz Lanfermann hat jetzt das Wort für

die Fraktion der FDP.


(Beifall bei der FDP)



Heinz Lanfermann (FDP):
Rede ID: ID1619615500

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Der Bundesverband der Betriebskrankenkassen
hat kürzlich in einem Brief formuliert, am 1. Januar
2009 komme es zur „Scharfschaltung des Gesundheits-
fonds“. Das ist eine sehr treffende Wortwahl. Denn der
Gesundheitsfonds ist eine Art Waffe des Gesundheits-
ministeriums, die sogar eine gewisse Streuwirkung ent-
faltet. Sie richtet sich zunächst gegen die Unabhängig-
keit und Beitragshoheit der gesetzlichen Krankenkassen;


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Falsch!)


denn die gibt es dann nicht mehr.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Falsch!)


Die Krankenkassen werden in der Welt von Ulla
Schmidt und offensichtlich auch in der Welt der Kolle-
gin Widmann-Mauz


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Schwestern im Geiste!)


nur noch als Vollstreckungsorgane der Staatsmedizin ge-
braucht, in der alles reguliert und zugeteilt werden soll.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Herr Lanfermann, Sie haben es immer noch nicht gelesen!)


Die Waffe Gesundheitsfonds richtet sich gegen das
Portemonnaie der Beitragszahler; denn 90 Prozent von
ihnen müssen höhere Beiträge bezahlen. Dieser Hinweis
fehlte bei Ihnen, Frau Staatssekretärin. Im Falle eines
durchschnittlich verdienenden Angestellten sind das
420 Euro mehr im Jahr. Rechnen Sie es ruhig nach, Frau
Kollegin!


(Beifall bei der FDP)


Die Waffe Gesundheitsfonds richtet sich auch gegen
alle Unternehmen, die insbesondere bei ihren Betriebs-
krankenkassen durch höhere Beiträge zusätzlich belastet
werden und sogar dann, wenn ihre Mitarbeiter eine
Rückerstattung erhalten sollten, leer ausgehen.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Wie bitte?)


Letztlich richtet sich die Waffe Gesundheitsfonds
auch gegen alle Steuerzahler, die in den nächsten Jahren
zusätzlich stark steigende Staatszuschüsse in Milliarden-
höhe bezahlen sollen.


(Beifall bei der FDP)


Selbst wenn auch die Gesundheitsministerin gegen
jede Vernunft, gegen alle Argumente, gegen alle Zahlen
und gegen die große Mehrheit – offen in der Bevölke-
rung und etwas verdeckt in diesem Hause – die Fakten

i
G
G
n
g
M

s
s
c
b
d
d
t
g
1
l
t
e

d
w
f
l
B
v
n
s
n
S
d

m
z
l

D
g
h
b
W
9
d
B
G

e
z
d
t
I
F
n

(C (D gnoriert und unbelehrbar ist, so bleibt es dabei: Dieser esundheitsfonds ist ein Bürokratiemonster. Altkanzler erhard Schröder hat ihn als einer der Ersten so bezeichet. Jetzt sagt es auch Herr Söder, bekanntlich CSU-Mitlied und Mitglied der Bayerischen Staatsregierung. an lernt halt auch dazu. Eines ist leicht zu erkennen. Die Kassen bemühen ich schon jetzt, möglichst viel Geld aus dem Fonds zu chöpfen, und machen dabei sogar systematisch Jagd auf hronisch kranke Patienten. Die AOK Niedersachsen eispielsweise schickt Mitarbeiter in die Praxen, um mit en Ärzten die Akten von Patienten durchzusehen, mit em Ziel, die Kodierung der Krankheitsbilder der Paienten den Morbiditätszuschlägen anzupassen. Im Geenzug erhalten die Ärzte für jede kontrollierte Akte 0 Euro. Das ist ein Geschäft, das sich für beide Seiten ohnt und wie so oft zulasten Dritter geht; denn die Paienten bezahlen solche Aktionen am Ende natürlich mit inem noch höheren Kassenbeitrag. (Beifall bei der FDP – Annette WidmannMauz [CDU/CSU]: Es wird niemand gezwungen, das zu machen!)


Auch hinsichtlich der Bürokratiekosten, die wegen
es Gesundheitsfonds bei den Krankenkassen anfallen,
eil 51 Millionen Beitragskonten eingerichtet und ge-

ührt werden müssen, schweigt die Ministerin beharr-
ich. Bereits zweimal habe ich an dieser Stelle im
undestag darauf hingewiesen, dass der AOK-Bundes-
erband hierfür Kosten von 1,5 Milliarden Euro errech-
et hat. Hier werden Gelder für neue Bürokratie ver-
chleudert, die den Versicherten dann für Leistungen
icht mehr zur Verfügung stehen. Hierzu schweigt Frau
chmidt beharrlich, sowohl in diesem Hause als auch in
er Öffentlichkeit.


(Beifall bei der FDP)


Meine Damen und Herren, dass die Gesundheits-
inisterin Kritik aus dem Parlament ignoriert, kann ich

ur Not noch in der Kategorie „Gefühlte Stärke und ge-
ebte Schwäche“ einordnen.


(Widerspruch bei der SPD)


och heute entsteht sogar der Eindruck, als habe sie ein
estörtes Verhältnis zur Pressefreiheit. Die Bild-Zeitung
atte kritisch über einen 400 000 Euro teuren Kinower-
espot für die gesetzlichen Krankenkassen berichtet, ein
erbespot für eine Veranstaltung, die ohnehin Pflicht für

0 Prozent der Bevölkerung ist. Die Bild-Zeitung hat
iesen Spot als überflüssig bezeichnet und den Kollegen
ahr mit den Worten zitiert: Das ist rausgeworfenes
eld. – Damit hat er natürlich recht.


(Beifall bei der FDP)


Daraufhin wurde laut dpa-Meldung von heute Mittag
ine für Anfang Januar geplante und bereits bezahlte An-
eige storniert. Weiter heißt es in dieser dpa-Meldung,
as Ministerium habe angekündigt, „die Schaltung wei-
erer Anzeigenprojekte kritisch überprüfen zu lassen“.
ch wäre Ihnen sehr dankbar, Frau Ministerin oder auch
rau Staatssekretärin Caspers-Merk – Sie haben das
icht erwähnt, obwohl das heute in allen Zeitungen die

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21217


(A) )



(B) )


Heinz Lanfermann
Szene beherrscht –, wenn Sie sich gleich ans Pult stellen
– als Regierungsmitglied dürfen Sie ja jederzeit reden –
und uns sagen würden, wie es nun wirklich ist, damit wir
erkennen können, wer was behauptet und was denn nun
stimmt. Bitte erwähnen Sie dabei auch, ob es sich nur
um Anzeigen bei der Bild-Zeitung handelt oder auch um
sonstige Anzeigen beim Springer-Verlag; denn auch da-
rüber wurde gesprochen.


(Beifall bei der FDP)


Meine Damen und Herren, das Versprechen von Ulla
Schmidt, im ersten Jahr werde es eine 100-prozentige
Erstattung für die Krankenkassen geben – Frau Caspers-
Merk hat uns das gerade noch einmal schöngeredet –, ist
mittlerweile als Taschenspielertrick entlarvt worden.
Schon vor dem Start des Gesundheitsfonds vermeldet
der Schätzerkreis, dass wegen der einsetzenden Wirt-
schaftskrise Beitragsausfälle von 440 Millionen Euro zu
erwarten sind. Das ist ein kleiner Vorgeschmack auf das,
was tatsächlich kommen wird. Wenn die Bundesregie-
rung intern schon mit einem Wirtschaftsrückgang von
3 Prozent rechnet, wird dies in der Folge eher eine mil-
liardenschwere Unterdeckung sein, die zwar im Jahr
2009, durch das Gesetz veranlasst, von dem Finanz-
minister durch Kredit vorfinanziert wird, die aber im
Jahr 2010 den Kassen als Rechnung präsentiert wird und
von den Beiträgen abgezogen wird. Das sind Zwangs-
schulden, die im Jahr 2010 zurückgezahlt werden müs-
sen. Dieses Geld fehlt dann für die Versorgung.

Frau Staatssekretärin, wenn Sie von unterjährig spre-
chen, dann ist das für mich nahe an der Täuschung der
Öffentlichkeit – ich sage das so, damit niemand über-
empfindlich reagiert –, weil Unterjährigkeit nämlich nur
bedeutet: Schulden nicht in diesem, sondern im nächsten
Jahr. Schulden sind aber Schulden, und Unterdeckung ist
Unterdeckung. Das können Sie nicht einfach nur um ein
Jahr verschieben.


(Beifall bei der FDP)


Die Kassen wissen, dass viele von ihnen das nicht
überleben werden. Sie dürfen sich aber noch die Todes-
art aussuchen: chronische Leistungsauszehrung oder
plötzlicher Zusatzbeitragskollaps. Beides führt zu Mit-
gliederschwund und damit zur Schließung oder Zwangs-
fusion.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619615600

Der Kollege Willi Zylajew hat jetzt das Wort für die

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Willi Zylajew (CDU):
Rede ID: ID1619615700

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die heu-

tige Debatte sehe ich recht zwiespältig. Auf der einen
Seite bietet sie uns die Chance, den Kollegen
Lanfermann und Bahr sowie den anderen Kolleginnen

u
e
s

A
w
a
v
e
i
f
t

D
n
s
u
N
a

w
w
b
g
s
n
w

W
S
s
j
ü

D
c

ü
m
D
s
n
M

w

(C (D nd Kollegen der FDP und der übrigen Opposition noch inmal deutlich zu machen, welche Chancen der Geundheitsfonds bietet. (Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: So ist es!)


uf der anderen Seite bietet sie die Möglichkeit, das,
as in der interessierten Öffentlichkeit zwischenzeitlich

kzeptiert wird, nach vorne zu stellen. Die Anträge der
ereinigten Opposition sind 13 Tage vor dem 1. Januar
in wenig seltsam. Die Kollegin Hildegard Müller hat es
n einer Debatte vor einigen Wochen richtig und treffend
ormuliert: Das sind nichts anderes als Schaufensteran-
räge.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie machen doch Augen und Ohren zu!)


enn Sie glauben doch nicht im Ernst daran, dass wir
och etwas verändern können. Alle notwendigen Ent-
cheidungen, Frau Bender, sind getroffen. Rechtliche
nd organisatorische Maßnahmen sind ergriffen worden.
ehmen Sie zur Kenntnis: Der Gesundheitsfonds startet

m 1. Januar 2009, also in 14 Tagen.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr wollt ihn doch selber nicht!)


Finanzströme werden neu geregelt. Das Verfahren
ird insgesamt transparenter. Das Finanzierungssystem
ird gerechter. Es wird einen einheitlichen Beitrag ge-
en. In Bezug auf Lasten und Risiken findet ein Aus-
leich über den Morbi-RSA statt. Der Wettbewerb zwi-
chen den Kassen wird deutlich stärker. Es ist sicherlich
icht im Interesse der Kassen, dass wir mehr Wettbe-
erb bekommen.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Das hat man ja gemerkt!)


ir meinen aber, dies ist im Interesse der Versicherten.
ie werden profitieren. Wir haben nun gleiche Beitrags-
ätze. Wir haben zur Kenntnis zu nehmen, dass sich die
eweilige Kasse nicht mehr über den Beitrag, sondern
ber die Leistungen profilieren muss.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: So ist es!)


avon werden vielleicht nicht die Kassen, aber mit Si-
herheit die Versicherten profitieren.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die Kassen können den Wettbewerb nicht mehr nur
ber den Beitragssatz gestalten, sondern müssen deutlich
achen, wo sie Qualität und wo sie Effizienz fördern.
as sind nun einmal Wettbewerbsmerkmale, die man

chwieriger realisieren kann als den Wettbewerb um ei-
en niedrigen Beitrag für junge, gesunde, wenig kranke
enschen.

Die Opposition ist in dem, was sie fordert und was sie
ill, ein Stück weit uneins.

21218 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008


(A) )



(B) )


Willi Zylajew

(Dr. Harald Terpe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist so wie bei der Koalition! Die ist auch ein Stück weit uneins!)


Mehr Geld für die Reha, für Pflegepersonal, für bessere
Arzthonorare, für ärztliche Fort- und Weiterbildung und
für Krankenhäuser fließt in das System. Dies fordern
auch alle Oppositionsfraktionen. Nur, keiner von Ihnen
hat bis heute gesagt, woher dieses Geld kommen soll.
Wir glauben, dass wir hierzu einen guten Beitrag leisten.
Auch ohne den Fonds hätten wir zur Finanzierung dieser
von allen erwarteten Mehrleistungen sicherlich Beitrags-
erhöhungen zum Jahresanfang erlebt.

Man muss deutlich sagen: Wir haben ein neues System-
element. Dieses neue Systemelement bietet viele Chan-
cen für Versicherte, sich für bestimmte Leistungen zu
entscheiden und abzuwägen, was sie zusätzlich erwar-
ten. Dies sind Chancen für die Kassen. Sie können eine
effizientere Versorgungsstruktur anbieten. Die Kassen
erhalten die Chance, Leistungen zu optimieren. Die Ver-
sicherten haben die Chance, sich für gute und auch, Herr
Lanfermann, für bessere Leistungen zu entscheiden. Was
soll uns denn nun glücklicher machen als diese Möglich-
keit?

Herr Rebscher ist nicht der Einzige – die Staatssekre-
tärin hat es angesprochen –, der sich in diesem Advent
vom Saulus zum Paulus entwickelt hat. Ich bin sicher,
Herr Lanfermann: Ihr Zitat vom Bundesverband der Be-
triebskrankenkassen ist vermutlich sehr alt; denn auch
dort hört man in diesen Wochen ganz andere Töne. Ich
vermute, Sie mussten bis zum Juni oder Juli dieses Jah-
res zurückgehen. Danach haben sich die Aussagen näm-
lich gewandelt.

Es gibt kein Bürokratiemonster – der Einzug bleibt
bei den Kassen –, im Gegenteil: Wir erreichen Entlastun-
gen in den Personalabteilungen unserer Betriebe. Das ist
eine Entlastung der Arbeitgeber. Dies sollte man als Vor-
teil sehen.

Herr Lanfermann, wir verzichten auf Schönreden.
Wir sind einfach zufrieden mit dem, was wir auf den
Weg gebracht haben. Ich denke, Ihr Schlechtreden be-
ruht teilweise auf Uneinsichtigkeit, ein Stück weit viel-
leicht auch auf Bösartigkeit. Die vereinigte Opposition


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hat recht!)


ist sich in der Sache – ich wiederhole das, Frau Bender –
nicht einig. Die einen träumen vom VEB Gesundheits-
wesen, und die anderen wollen einen Fonds, der auf
wundersame Weise für Geldvermehrung sorgt. Aus die-
sem Fonds soll möglicherweise das Geld für die Mehr-
leistungen generiert werden, die ihr von der FDP, Herr
Kollege Bahr, den Krankenhäusern, den Ärzten, den
Apothekern und der Pharmaindustrie doch immer ver-
sprecht.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Dann brauchen wir den Gesundheitsfonds nicht! Erklären Sie mir einmal, wofür wir da den Gesundheitsfonds brauchen!)


s
s

W
s
l
K
n

e
g
e

I
w
b
w
m
d


g

K
h
f
m
s

s
s
d
s

D
R

(C (D 40 Jahre lang haben Unionskanzler, teilweise gemeinam mit der FDP, das deutsche Gesundheitswesen entcheidend mitgestaltet. (Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Ganz ohne Gesundheitsfonds!)


ir denken, dies waren gute Jahre. Das deutsche Ge-
undheitswesen ist gut, sogar sehr gut für über 80 Mil-
ionen Versicherte. Es ist gut für Kranke und potenziell
ranke. Es ist gut für über 5 Millionen Arbeitnehmerin-
en und Arbeitnehmer in dieser Branche.

Wir haben bei jeder Reform, bei jeder Veränderung
in Riesengetöse erlebt. Immer herrschte Weltunter-
angsstimmung, mal ein bisschen stärker auf dieser, mal
in bisschen stärker auf jener Seite des Hauses.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: So ist es!)


m Endeffekt waren aber alle mit der guten Weiterent-
icklung zufrieden. Wir sind uns sicher, dass das auch
ei diesem Fonds der Fall sein wird. Nach dem 1. Januar
ird ein Antrag dieser Art von Ihnen vermutlich nicht
ehr vorgelegt werden. Zwar haben Sie keine Hoffnung,

emnächst mitzureagieren


(Lachen bei der FDP – Heinz Lanfermann [FDP]: Wir wollen nicht nur mitreagieren! – Birgit Homburger [FDP]: Wir wollen regieren! Das ist ein kleiner Unterschied!)


mitzuregieren –, den Fonds werden Sie aber mit uns
estalten müssen, egal auf welcher Seite Sie sitzen.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619615800

Frank Spieth spricht jetzt für die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Frank Spieth (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619615900

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe

olleginnen und Kollegen! Ich finde es interessant, wie
ier aus Sicht der Koalition und der Bundesregierung die
ür die meisten gesetzlich Krankenversicherten im kom-
enden Jahr anstehende gigantische Beitragserhöhung

chöngeredet wird.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Das hat doch nichts mit dem Fonds zu tun!)


Für ein neues Kalenderjahr wünscht man den Men-
chen normalerweise alles Gute. Den Menschen in die-
em Land kann man aber weiß Gott nicht wünschen,
ass sie zum Teil mit bis zu 400 Euro mehr Krankenkas-
enbeitrag im kommenden Jahr bestraft werden.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Wenn wir alles gemacht hätten, was Sie wollen, dann wäre es noch mehr!)


a können Sie hier erzählen, was Sie wollen: Das ist die
ealität.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21219


(A) )



(B) )


Frank Spieth

(Beifall bei der LINKEN – Annette WidmannMauz [CDU/CSU]: Ihre Realität wäre noch teurer!)


Das werden die Menschen im kommenden Jahr im
Portemonnaie massiv spüren. Genau darüber wollen Sie
hinwegtäuschen. Das ist Ihre Strategie. Das werden wir
aber nicht mitmachen. Dafür werden Sie wohl Verständ-
nis haben.


(Beifall bei der LINKEN – Elke Ferner [SPD]: Wie sehen denn die Beiträge ohne Fonds aus?)


Tatsache ist – darüber schweigt sich die Koalition
peinlicherweise aus –, dass in Deutschland drei von vier
Rentnern im kommenden Jahr mit Beitragserhöhungen
zu rechnen haben.


(Elke Ferner [SPD]: Das hat doch nichts mit dem Gesundheitsfonds zu tun!)


Wenn Sie mir das nicht glauben, dann empfehle ich Ih-
nen in die Antwort der Bundesregierung auf eine An-
frage der Linken zu schauen. Darin wurde genau das er-
klärt. Aber auch dort wurde getarnt, getäuscht und
getrickst. Nur am Ende wurde klar, dass rund 75 Prozent
mehr zahlen werden. Tatsache ist, lieber Kollege
Zylajew, dass mehr als 84 Prozent der Arbeitnehmerin-
nen und Arbeitnehmer im kommenden Jahr mehr Bei-
trag zahlen müssen.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Sie leben in den alten Zeiten!)


Wie gesagt: Mit bis zu 400 Euro mehr pro Jahr sind sie
dabei.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Was? – Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Wo denn?)


Ein Erfurter Rentnerehepaar, welches zusammen
1 600 Euro Rente hat, zahlt bei der AOK gegenwärtig
13,8 Prozent und zukünftig 15,5 Prozent. Im Ergebnis
sind das 163 Euro mehr. Das ist die Realität. Ich kann Ih-
nen die entsprechenden Rechnungen gern darlegen,
wenn Sie wollen.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Da sind wir gespannt!)


– Stellen Sie eine Frage, dann kann ich es Ihnen genau
belegen.

Ein Erfurter Rentnerehepaar, welches bei der IKK in
Thüringen versichert ist, wird sogar mit 221 Euro zu-
sätzlich belastet.


(Willi Zylajew [CDU/CSU]: Im Monat?)


– Im Jahr.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Ach so!)


– Das habe ich mehrfach gesagt. Wenn Sie hier Demenz-
probleme haben, kann ich das gern wiederholen.

Sie haben vergessen, darauf hinzuweisen, dass es eine
große Anzahl von Krankenkassen in Deutschland gibt,
deren Beitragssatz deutlich unter 15,5 Prozent liegt. Jetzt
kommt Herr Zylajew daher und sagt: Ja, wir müssen den

K
s

A
z
K

W
d
z
3
u
s
n
d
n

I
3

o
m
v
a
e
w

D
ic
l

n
d
n
b
D

Z
k
d
a
t

(C (D rankenhäusern und den Ärzten mehr Geld geben. Das timmt; das wird im Kern von uns allen gefordert. ber das Problem, dass Sie den Gesundheitsfonds unsoial und unsolidarisch finanzieren, bleibt. Das ist das ernproblem des Fonds. Machen wir einmal ganz konkret eine Rechnung auf. (Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Sie wollen die Beitragsbemessungsgrenze weiter anheben!)


(Willi Zylajew [CDU/CSU]: Aber!)


(Beifall bei der LINKEN)


ir als Bundestagsabgeordnete bekommen im kommen-
en Jahr monatlich 7 668 Euro Abgeordnetendiät. Wir
ahlen aber nur Beiträge bis zu einer Grenze von rund
700 Euro. Das heißt, bis zu diesem Betrag müssen wir

nseren Anteil zur gesetzlichen Krankenversicherung,
ofern wir überhaupt Mitglied sind, zahlen. Wenn man
ur den Arbeitnehmeranteil rechnet, zahlen wir wie je-
er andere auch einen Beitrag von 8,2 Prozent, aber eben
ur bis zu dieser Beitragsbemessungsgrenze.


(Willi Zylajew [CDU/CSU]: Die Rechnung ist falsch!)


m Verhältnis zu seinem Einkommen zahlt er real nur
,93 Prozent.

Dann kommt 2010 noch ein besonderes Schmankerl
bendrauf. Sie planen aller Voraussicht nach, es zu er-
öglichen, dass die Beiträge zur gesetzlichen Kranken-

ersicherung zukünftig im Rahmen der Steuererklärung
bgesetzt werden können. Hier findet eine weitere Steuer-
ntlastung der Gutverdienenden statt; im Wesentlichen
erden nur sie davon profitieren können.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Steuerzuschüsse nennen Sie gar nicht!)


as heißt, real zahlt dann ein Bundestagsabgeordneter –
h kann Ihnen diese Rechenmodelle alle auf den Tisch

egen – nur noch 2,36 Prozent.

Was ist daran sozial und gerecht, wenn man die Klei-
en mit maximal 8,2 Prozent belastet, aber die gutver-
ienenden Bundestagsabgeordneten am Ende real nur
och mit 2,36 Prozent zur Krankenkassenfinanzierung
eitragen lässt? Das halte ich für ungerecht und unsozial.
as muss endlich gestoppt werden.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir werden dies nur stoppen können, wenn wir in der
ukunft zu einer Bürgerinnen- und Bürgerversicherung
ommen, in der alle Mitglied werden müssen, in der wir
ie Beitragsbemessungsgrenze, diese soziale Guillotine,
bschaffen und von allen den gleichen prozentualen Bei-
rag verlangen, –


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619616000

Herr Spieth, Sie müssen bitte zum Ende kommen.

21220 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008


(A) )



(B) )


Frank Spieth (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619616100

– also auch von den Bundestagsabgeordneten. Dann

wäre kein Beitragssatz in Höhe von 15,5 Prozent erfor-
derlich, sondern dann würden wir das Ganze mit einem
Beitragssatz in Höhe von 10 Prozent finanzieren.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619616200

Herr Spieth!


Frank Spieth (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619616300

Das ist die Wahrheit. Deshalb ist der Gesundheits-

fonds zu stoppen. Er ist sozial ungerecht.


(Beifall bei der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619616400

Die nächste Rednerin ist die Kollegin Birgitt Bender

für Bündnis 90/Die Grünen.


Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619616500

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dass

man im Advent Kerzen anzündet, ist mir bekannt. Dass
die Regierung Nebelkerzen wirft, ist durch die Jahreszeit
wohl weniger zu erklären. Die Staatssekretärin erklärte
uns hier wortreich, dass es schön sei, dass die Kassen
durch den Gesundheitsfonds demnächst mehr Geld für
Kranke bekommen. Aber, Frau Staatssekretärin, das
Prinzip, dass die Kassen mehr Geld für Kranke bekom-
men – das ist im Übrigen richtig –, hat mit dem Gesund-
heitsfonds so viel zu tun wie die Kuh mit dem Sonntag.
Diesen neuen Finanzausgleich hätte man auch ohne
Fonds erreichen können und müssen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Nur viel bürokratischer, Frau Kollegin!)


Wenn Sie hier so etwas erzählen, tragen Sie gerade
für die Versicherten absolut nichts zur Klarheit bei. Nie-
mand wird verstehen, was der Gesundheitsfonds eigent-
lich genau sein soll, genauso wenig wie wir etwa diese
Übersetzung des Gesundheitsfonds verstehen. Ich
nehme an, Sie können sie alle genauso wenig lesen und
verstehen wie ich.


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Speisekarte!)


Beim Gesundheitsfonds kann man Folgendes verste-
hen: Jetzt setzt die Bundesregierung den Beitragssatz
fest, und sie lässt sich von dem bisher schon bestehenden
Schätzerkreis, der für die Prognosen zur Ein- und Aus-
gabenentwicklung der Krankenkassen zuständig ist, be-
raten.

Schauen wir uns einmal an, wie das aussieht. Bei sei-
nem letzten Treffen hat sich der Schätzerkreis nicht auf
eine gemeinsame Prognose einigen können. Warum ei-
gentlich? Weil die vom BMG entsandten Beamten ge-
impft waren, die Ausgaben möglichst niedrig anzuset-
zen. Denn klar war, dass die Beitragssatzsteigerung nicht
höher als der Senkungsspielraum werden darf, den der
Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung ermöglicht.

E
P

i
n
E
d
a
k

d

r
b
f
v

o

W
f

D
J

E

d

H
B
t
t

B
Z

a

(C (D inig war man sich im Schätzerkreis immerhin über die rognose der Beitragseinnahmen. Aber der Schätzerkreis – so durften wir dieser Tage m Ausschuss erfahren – hatte sich verschätzt. Die Einahmen werden im nächsten Jahr um 440 Millionen uro niedriger ausfallen, als noch vor acht Wochen geacht. Knapp zwei Monate nach der Prognose ist diese lso hinfällig. Das liegt gewiss auch an der Wirtschaftsrise; (Dr. Rolf Koschorrek [CDU/CSU]: Aha! Interessant!)


afür kann die Gesundheitspolitik nichts.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Richtig!)


Reden wir aber einmal über die Folgen. Die Regie-
ung beeilt sich, zu versichern, das alles sei kein Pro-
lem, alles sei im grünen Bereich und der Gesundheits-
onds werde so viel Geld an die Kassen weiterleiten wie
ersprochen,


(Willi Zylajew [CDU/CSU]: Ja!)


bwohl die genannten 440 Millionen Euro fehlen.


(Willi Zylajew [CDU/CSU]: Richtig!)


erter Herr Kollege, dafür braucht der Gesundheits-
onds allerdings ein Darlehen aus dem Bundeshaushalt.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Ja! Und von wem? Vom Steuerzahler!)


ieses Darlehen muss nach der Gesetzeslage im
ahre 2010 zurückgezahlt werden.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Für Beitragssatzerhöhungen gilt das doch auch! Wo ist der Unterschied?)


s ist völlig unklar, Frau Kollegin Widmann-Mauz
vielleicht sagen Sie den Versicherten das einmal –, wie

ie Tilgung dieses Darlehens finanziert wird.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Ganz gerecht natürlich! Wie denn sonst?)


eißt das Kürzungen bei den Krankenkassenleistungen?
edeutet das einen höheren Krankenversicherungsbei-

ragssatz? Oder werden doch mehr Steuermittel ins Sys-
em fließen? Das ist völlig ungeklärt.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Von wegen! Natürlich mehr Steuermittel! Das steht doch auch im Gesetz! – Jens Spahn [CDU/ CSU]: Sie müssen sich das Gesetz einmal genau durchlesen! Da steht das doch alles!)


ezüglich der Ressourcen im System schaffen Sie einen
ustand völliger Unsicherheit. Das war bisher nicht so.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Sie haben damals 8 Milliarden Euro Schulden angehäuft! Sagen Sie dazu doch auch mal etwas!)


Bisher war die gesetzliche Krankenversicherung trotz
ller Reformnotwendigkeiten ein relativ robustes Sys-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21221


(A) )



(B) )


Birgitt Bender
tem. Wenn es Änderungen auf der Einnahmen- oder auf
der Ausgabenseite gab, konnten die Krankenkassen rea-
gieren, indem sie ihren Beitragssatz geändert haben. Da-
durch war die Versorgung der Versicherten wie auch die
Honorierung der Leistungserbringer immer sicherge-
stellt.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Wie denn das? Sie haben damals 8 Milliarden Euro Schulden angehäuft! Die mussten doch erst einmal abgebaut werden!)


Diese Stabilität, Frau Widmann-Mauz, wird durch die
etatistische Veranstaltung des Gesundheitsfonds gefähr-
det.

Künftig wird die Leistungsfähigkeit der Krankenkas-
sen wesentlich davon abhängen, dass erstens der Schät-
zerkreis ihren Finanzbedarf möglichst genau vorhersagt
und dass sich zweitens die Bundesregierung bei der Fest-
legung des Beitragssatzes an diese Prognose hält. Bei
beidem gibt es aber nur wenig Anlass zu Optimismus.
Die Prognosen des Schätzerkreises sind schon in der Ver-
gangenheit um bis zu 4 Milliarden Euro von der Realent-
wicklung abgewichen;


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Das war zu Ihrer Regierungszeit der Fall!)


dass die Prognosen ausgerechnet in den Zeiten, die wir
jetzt erleben, präziser werden, glaubt wohl niemand. Es
glaubt auch niemand, dass eine Bundesregierung gedul-
dig abwartet, bis die Fachleute mit ihren Berechnungen
fertig sind, um ihre Politik dann danach auszurichten.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Haben Sie das damals etwa nie gemacht?)


Tatsache ist doch, dass die Abschätzung des Finanzbe-
darfs der Krankenkassen jetzt zu einem hochpolitischen
Akt wird.

Der Erfolg bzw. Misserfolg der Gesundheitspolitik
wird sich in der öffentlichen Wahrnehmung künftig stär-
ker denn je in der Höhe des Beitragssatzes zur Kranken-
versicherung spiegeln. Damit wächst die Neigung, die
eigenen weisungsgebundenen Fachleute im Schätzer-
kreis vorher zu impfen. Soll heißen: In der neuen Welt
des Gesundheitsfonds wird die Beratung der Bundesre-
gierung durch den Schätzerkreis immer mehr zu einem
symbolischen Akt. Die Festsetzung des Beitragssatzes
wird ausschließlich nach politischen Prioritäten erfol-
gen. Das ist kein Fortschritt für das Gesundheitswesen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Meine Damen und Herren, die Koalition ist dabei, mit
dem Gesundheitsfonds ein Stück Risikotechnologie in
das Gesundheitssystem einzubauen. Solche Technolo-
gien sind dann gerechtfertigt, wenn dem Risiko, das sie
mit sich bringen, ein großer Nutzen gegenübersteht. Was
diesen Fonds betrifft, kann man aber nur sagen: Die
Kosten-Nutzen-Bewertung fällt verheerend aus. Deswe-
gen wäre es immer noch besser, die Notbremse zu zie-
hen.

F

L
s
m
s
v

D
c
v
d
d
I
c
D

i
L
h
t
w
s

b
h
s

W
d
A
d
g
D
n

G
h
s

m

(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP – Willi Zylajew [CDU/CSU]: Das ist unwahr! Das wissen Sie doch selbst! Das sagen Sie wider besseres Wissen! – Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Wirklich schön, dass Sie das alles behaupten, bevor es den Fonds überhaupt gibt! Warten Sie doch erst einmal ab!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619616600

Der Kollege Peter Friedrich hat jetzt für die SPD-

raktion das Wort.


Peter Friedrich (SPD):
Rede ID: ID1619616700

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

iebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Durch jede große Um-
tellung werden Unsicherheiten produziert. Es ist nor-
al, dass sich die Betroffenen zunächst einmal sehr vor-

ichtig anschauen, was mit solchen Umstellungen
erbunden ist.

Es ist auch normal, dass in einer parlamentarischen
ebatte, wie das heute der Fall ist, die einen die Unsi-

herheiten vielleicht etwas überbetonen und die anderen
ersuchen, diese Unsicherheiten auszuräumen. Trotz-
em sollte man als Oppositionspartei nicht auf jede Mel-
ung und Unsicherheit, die geschürt wird, anspringen.
ch halte das schlicht und ergreifend weder für die Versi-
herten und die Krankenkassen noch für sie selbst auf
auer für hilfreich.

Machen wir uns doch einmal ein Bild von dem, was
m nächsten Jahr passiert wäre, wenn all das, was für die
eistungsseite jetzt vereinbart wurde, innerhalb des bis-
erigen Systems zu finanzieren gewesen wäre. Wie hät-
en sich die Beitragssätze denn dann entwickelt, und wie
ären die Auswirkungen auf die Versorgerkassen gewe-

en?


(Elke Ferner [SPD]: Richtig!)


Die AOK Baden-Württemberg, bei der ich versichert
in, hat heute einen Beitragssatz von 16 Prozent. Das
eißt, er liegt schon jetzt über dem zukünftigen gemein-
amen Beitragssatz.


(Birgit Homburger [FDP]: Aha! – Heinz Lanfermann [FDP]: Endlich mal einer, der davon profitiert!)


as wäre aufgrund der Mehrkosten passiert, die durch
ie ärztliche Versorgung, die Krankenhäuser und die
rzneimittel entstehen, also aufgrund all dessen, was für
iesen Bereich vereinbart wurde und was wir für eine
ute Versorgung auf dem Stand der Technik brauchen?
ie Spreizung der Beitragssätze, die schon vorlag, wäre
och viel stärker geworden.


(Beifall bei der SPD)


erade die Rentnerinnen und Rentner hätten noch viel
öhere Beiträge zahlen müssen, wenn es keinen gemein-
amen Beitragssatz geben würde.

Es verkünden jetzt einige, wer alles wie viel zahlen
uss. Herr Lanfermann hat vorhin auf Herrn Söder ver-

21222 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008


(A) )



(B) )


Peter Friedrich
wiesen. Herr Söder hat in dieser Woche die Öffentlich-
keit dadurch irritiert, dass er sich auf ein Gutachten der
Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft berufen hat, in
dem es hieß, dass die Einführung des Fonds die bayeri-
schen Versicherten 700 Millionen Euro zusätzlich kosten
werde.

In dieser Studie ist ausgerechnet worden, wie hoch
die Mehreinnahmen der Kassen aufgrund des Beitrags-
satzes sind. Die Mehrausgaben aufgrund der erhöhten
Leistungen wurden nicht dagegengestellt. Der zentrale
Satz des Gutachtens steht auf Seite 15:

Die Nettobelastung für Bayern kann erst dann in
ihrer Gesamtheit ermittelt werden, wenn unter
Berücksichtigung des neuen Morbi-RSA die kon-
kreten Fondszuweisungen an die bayerischen Kran-
kenkassen respektive die in Bayern gesetzlich Ver-
sicherten feststehen.

Sprich: Wir wissen eigentlich noch gar nichts, son-
dern wir schreiben einfach einmal auf, was es mehr kos-
tet, und schuld ist wie immer der Fonds. – Ich halte das
ehrlich gesagt für ziemlich unseriös, noch dazu, wenn
man selber an den Verhandlungen beteiligt war.


(Beifall bei der SPD)


Für mich – deswegen unterstütze ich das Modell des
Fonds ausdrücklich – bedeutet der Fonds organisierte
Solidarität. Es geht darum, dass wir einen Einkommens-
ausgleich über Gesamtdeutschland erreichen. All dieje-
nigen, die immer nur davon reden, dass ein guter Krank-
heits- und Risikoausgleich ausreichen würde, ignorieren
die Ebene der Einkünfte vollkommen. Ich habe das
schon mehrfach gesagt: Es geht um die Herstellung der
inneren Einheit Deutschlands – auch auf der sozialen
Ebene und auch an dieser Stelle.

Es geht darum, dass Menschen füreinander Beiträge
einzahlen und dass das Geld entsprechend den Krankhei-
ten zugewiesen wird, sodass sich die Mittel an der Ver-
sorgung orientieren und nicht nach anderen Kriterien
verteilt werden.

Ich weiß, dass viele mit diesem Begriff der Solidarität
Schwierigkeiten haben.


(Elke Ferner [SPD]: Die FDP insbesondere!)


Vielleicht rührt die eine oder andere Anmerkung der
FDP zu dem Spot auch daher. Herr Lanfermann, mit Ver-
laub: Wenn man Ihnen zuhört, dann hat man manchmal
den Eindruck, als gäbe es in der FDP mehr Kardiologen
als Menschen mit Herz.


(Beifall bei der SPD)


Ich möchte noch etwas zu einem der beiden vorlie-
genden Anträge sagen, nämlich zu dem der Linken. Zum
FDP-Antrag habe ich das letzte Mal schon einiges ge-
sagt.

Wir teilen die Auffassung, dass wir eine Bürgerinnen-
und Bürgerversicherung brauchen.


(Beifall bei der SPD – Detlef Parr [FDP]: Traurig!)


A
g
e
i

k
I
a
r
e
e
d
w
v
u

V
d
D
g
P
d
t

u
K
e
a

D
B
e

E
w
t
i
s
g
g

m
l
m
z
d
s
w
a
d
m
ü
z
B

(C (D uch wir wollen dabei alle Einkunftsarten berücksichtien. Dass Sie die paritätische Finanzierung jetzt als neustes Argument gegen den Fonds ins Feld führen, halte ch aber ehrlich gesagt für nicht sehr seriös. Sie schreiben in Ihrem Antrag selber, dass Sie zuünftig einen Fonds wollen. Diesen Lernfortschritt bei hnen begrüßen wir. Seien Sie bei Ihrer Argumentation ber doch bitte ehrlich! Wenn Sie alle Einkunftsarten beücksichtigen wollen, dann ist das mit Sicherheit auch ine Durchbrechung der Parität. Deswegen muss man hrlich damit umgehen. Ich kann mir sehr gut vorstellen, ass wir im Rahmen der jetzigen Diskussion darüber, wo ir die Bürger entlasten, auch über einen Zusatzbeitrag on 0,9 Prozent reden können, sodass wir dort etwas tun nd mehr Steuergelder in das System hineingeben. Wenn Sie aber alle anderen Einkunftsarten – Miete, erpachtung und Kapitaleinkünfte – berücksichtigen, ann werden Sie die Parität ebenfalls durchbrechen. eswegen halte ich es einfach nicht für sehr klug, zu saen, dass Sie den Fonds wegen der Durchbrechung der arität ablehnen. Eine ganz andere Frage ist doch, ob wir ie anderen Einkunftsarten tatsächlich zu einer Verbeiragung heranziehen können. Ich vertrete einen Wahlkreis an der Schweizer Grenze nd beschäftige mich sehr intensiv mit dem Problem der apitalflucht. Ich habe Zweifel, ob die AOK-Beitrags inzugsstellen in Liechtenstein erfolgreicher sein werden ls die deutsche Steuerverwaltung. (Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Wie viel kommt denn durch das Modell herein?)


(Elke Ferner [SPD]: Richtig!)


eswegen geht es aus unserer Sicht darum, dass wir eine
ürgerversicherung über einen höheren Steuerzuschuss
rmöglichen.

Ich halte es für einen großen Fortschritt, dass wir die
innahmensicherheit mithilfe des Bundeshaushalts ge-
ährleisten. Sonst hätten die Krankenkassen im nächs-

en Jahr, gerade in Anbetracht der konjunkturellen Krise,
hre Beitragssätze Schritt für Schritt immer weiter anpas-
en müssen. Dann hätte es keine Planungssicherheit ge-
eben, weder für die Beitragszahler noch für die Arbeit-
eberinnen und Arbeitgeber.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


In diesem Sinne: Das neue System ist ein Beitrag für
ehr Planungssicherheit. Es ist ein Beitrag für mehr So-

idarität, es schafft einen vernünftigen Ausgleich, und es
acht möglich, dass wir die Mittel für die Leistungen

ur Verfügung stellen. An alle Rednerinnen und Redner
er vereinigten Opposition: Es macht sich wirklich
chlecht, bei den Krankenhausdemonstrationen vorne-
eg mitzulaufen; es macht sich schlecht, bei den Ärzten

uf den Podien oder sonstwo einzufordern, dass es an je-
er Kante mehr Geld und den Ost-West-Ausgleich geben
üsse – auch wir wollen ihn –; es macht sich schlecht,

berall mehr Ausgaben zu fordern – und dann eine Rede
u halten, die sich ausschließlich mit der Steigerung der
eitragssätze befasst.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21223


(A) )



(B) )


Peter Friedrich
Wir geben 11 Milliarden Euro in das System. Das ist
der größte Aufwuchs, den wir je hatten. Ich kann mich
erinnern, dass Sie im Frühjahr davon gesprochen haben,
dass neue Sparprogramme aufgelegt werden und es neue
Verknappungen geben wird. All dies waren Prognosen
aus Reden, die im Frühjahr gehalten wurden.

Jetzt bekommen wir einen Aufwuchs von 7 Prozent;
dies ist ein großer Schritt. Es liegt in der Verantwortung
der im Gesundheitssystem tätigen Menschen und der
Kassen, die die Leistungen verwalten und gestalten, da-
für zu sorgen, dass all dieses Geld gute Leistungen er-
möglicht. Denn dafür zahlen die Menschen ihre Bei-
träge.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619616800

Zu einer Kurzintervention gebe ich das Wort dem

Kollegen Bahr.


(Dr. Margrit Spielmann [SPD]: Ach nein! Nicht schon wieder die FDP!)



Daniel Bahr (FDP):
Rede ID: ID1619616900

Herr Kollege Friedrich, Sie haben unsere Kritik an

den Werbemaßnahmen des Bundesgesundheitsministeri-
ums angesprochen. Sie haben die Vermutung geäußert,
dass wir damit angeblich die Solidarität in der Kranken-
versicherung kritisieren wollen. Das hat damit überhaupt
nichts zu tun.

Diese Werbemaßnahmen – Kinospots, die bundesweit
zu sehen sind –, die mehrere Hunderttausend Euro kos-
ten, werden unter dem Deckmantel der Aufklärung der
Bevölkerung über den Gesundheitsfonds geschaltet.
Umfragen zeigen uns, dass die Mehrzahl der Bevölke-
rung nicht weiß, was der Gesundheitsfonds für sie be-
deutet, und die Sorge hat, dass der Gesundheitsfonds für
sie eine Verschlechterung bringt.

Anstatt dass das Bundesgesundheitsministerium da-
rüber aufklärt, was der Gesundheitsfonds für den einzel-
nen Versicherten bedeutet, werden allgemeine Image-
und Werbekampagnen geschaltet, die überhaupt nichts
mit dem Gesundheitsfonds zu tun haben. Das Wesens-
merkmal einer Krankenversicherung ist es nämlich, im
Krankheitsfall Leistungen zu erbringen. Das hat nichts
mit der gesetzlichen Krankenversicherung zu tun. Denn
auch eine private Krankenversicherung erbringt im
Krankheitsfall selbstverständlich solche Leistungen. Wir
als FDP haben solche Kampagnen kritisiert. Das ist raus-
geworfenes Geld.

Sie trauen sich anscheinend nicht, die Öffentlichkeit
in Form von Anzeigen, die mit Steuergeldern finanziert
werden, über die Folgen des Gesundheitsfonds aufzuklä-
ren. Sie haben offensichtlich Angst, dass dann bei den
Leuten ankommt: Für sie wird alles teurer, aber nicht
besser.


(Beifall bei der FDP)


d
f
E
t
d
G

d
h
s
r




T


e
i

m
S
P
k


h
e
s

a
g
t

C

T
O

(C (D Wie reagiert das Bundesgesundheitsministerium? Es roht den Zeitungen, die kritisch über den Gesundheitsonds und die Werbekampagnen berichten, mit Boykott. s droht den Zeitungen mit unliebsamer Berichterstat ung, künftig keine Anzeigen mehr zu schalten. Das, was as Gesundheitsministerium hier macht, ist Politik nach utsherrenart. Herr Kollege Friedrich zur Antwort. Herr Kollege Bahr, wenn Sie auf der Homepage, auf er Sie den Spot anschauen können, einfach ein wenig erunterscrollen, dann können Sie sehen, dass es dort ehr umfangreiche und detaillierte Informationen daüber gibt, was alles zum 1. Januar 2009 in Kraft tritt. (Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Im Kino nicht!)


(Beifall bei der FDP)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619617000
Peter Friedrich (SPD):
Rede ID: ID1619617100

Nein, das macht man nicht nur im Kino.


(Heinz Lanfermann [FDP]: Wie macht man das Runterscrollen im Kino?)


Ich bitte Sie: Tun Sie nicht so, als sei das der einzige
eil der Kampagne. Das ist überhaupt nicht so.


(Heinz Lanfermann [FDP]: In was für Kinos gehen Sie denn?)


Ich habe ein iPhone. Ich kann mir sogar im Kino damit
twas anschauen, wenn der Film langweilig ist. Aber das
st eine andere Sache.

Ich lade Sie herzlich dazu ein, dass wir uns alle ein-
al zusammen mit zufällig ausgewählten Bürgern den
pot anschauen, um zu sehen, ob dieser korrekt über das
rinzip der Solidarität informiert oder nicht. Darüber
önnen wir gerne diskutieren.


(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Frage bezog sich auf den Spot. – Dazu lade ich Sie
erzlich ein. Das ist auch eine unserer Aufgaben. Denn
s geht beim Gesundheitsfonds in der Tat um organi-
ierte Solidarität.

Was die anderen Dinge angeht, dazu kann ich nichts
nmerken. Ich stelle aber mit Interesse fest, dass Sie sich
roße Sorgen um das Anzeigenaufkommen der Bild-Zei-
ung machen.


(Beifall bei der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619617200

Jetzt spricht der Kollege Max Straubinger für die

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Max Straubinger (CSU):
Rede ID: ID1619617300

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!

hema der heutigen Debatte sind die Anträge der drei
ppositionsfraktionen. Sowenig Gemeinsamkeiten Linke,

21224 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008


(A) )



(B) )


Max Straubinger
FDP und Grüne sonst in der Regel aufweisen, eines wird
heute direkt sichtbar: Die Anträge sind in hohem Maße
ein Beleg für eine rückwärtsgewandte Debatte.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Denn der Gesundheitsfonds ist gesetzlich verankert;
er wird in 14 Tagen eingeführt. Ich glaube, es wäre vor
allem für die Versicherten bzw. für die Patientinnen und
Patienten viel sinnvoller, über die Gestaltung der zu-
künftigen Gesundheitsversorgung zu sprechen –


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: So ist es!)


dabei gibt es immer wieder Möglichkeiten der Nachjus-
tierung –, als in diesem Hause ständig rückwärtsge-
wandte Debatten zu führen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619617400

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

Kollegin Bender?


Max Straubinger (CSU):
Rede ID: ID1619617500

Gerne.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619617600

Bitte schön.


Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619617700

Herr Kollege, Sie haben von einer rückwärtsgewand-

ten Debatte gesprochen. Wie ist denn die Äußerung des
bayerischen Gesundheitsministers Markus Söder zu er-
klären, der den Gesundheitsfonds nicht mehr attraktiv
findet und meint, darüber müsse man noch einmal reden.
Gibt es Differenzen zwischen der bayerischen Landes-
regierung und der CSU-Fraktion im Bundestag hinsicht-
lich der Rückwärtsgewandtheit?


Max Straubinger (CSU):
Rede ID: ID1619617800

Frau Kollegin Bender, wie Sie wissen, ist die CSU

eine hochgeschlossene Partei,


(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Das war ein guter Witz! – Peter Friedrich [SPD]: Bayerische Dialektik!)


aber auch eine breite Volkspartei. Dass die CSU den Ge-
sundheitsfonds und seine Auswirkungen wie auch die
Auswirkungen der Gesundheitsreform insgesamt immer
kritisch begleiten wird, entspricht dem Selbstverständnis
der CSU. Unter diesem Gesichtspunkt sind auch die Äu-
ßerungen des Staatsministers zu verstehen.


(Heiterkeit – Frank Spieth [DIE LINKE]: Das hört sich schon wieder ganz anders an! Das hört sich jetzt aber nach doppeltem Rittberger an!)


Vor allen Dingen ist heute herauszustellen, dass die
Linke in ihrem Antrag schwadroniert, mit dem neuen

S
l
f
H
t
L

E
K
d
g
s
d
d
m
r

w
d
V

e
t

h
G
a
J
c
d
n
d
h
s
s

s
g
M
n

(C (D ystem sei eine Ausdünnung des GKV-Leistungskataogs verbunden und mit der Schaffung des Gesundheitsonds werde eine Entsolidarisierungswelle eintreten. err Kollege Spieth, Sie müssten es eigentlich am bes en wissen. Mit der Gesundheitsreform haben wir die eistungen nicht gekürzt, sondern ausgeweitet. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


s wurde bereits darauf hingewiesen, dass Väter/Mütter-
ind-Kuren wieder zu Pflichtleistungen erhoben wur-
en. Auch die medizinische und geriatrische Reha – ein
roßer Segen insbesondere für die betroffenen Men-
chen – wurde zur Pflichtleistung erhoben. Wir haben
ie Palliativmedizin ausgeweitet und die Unterstützung
er Hospize verbessert. Das sind die Leistungen eines
odernen Gesundheitssystems. Darauf kann die Regie-

ungskoalition stolz sein.

Ich glaube, dass damit auch zum Ausdruck gebracht
ird, dass wir keine Entsolidarisierung betreiben, son-
ern im Gegenteil mehr und bessere Angebote für die
ersicherten geschaffen haben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619617900

Herr Kollege Straubinger, es gibt den Wunsch nach

iner Zwischenfrage des Kollegen Frank Spieth. Möch-
en Sie sie zulassen?


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Der hat doch schon geredet!)



Max Straubinger (CSU):
Rede ID: ID1619618000

Natürlich.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619618100

Bitte schön.


Frank Spieth (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619618200

Danke schön. – Kollege Straubinger, Sie haben darauf

ingewiesen, dass wir die Entsolidarisierung durch den
esundheitsfonds kritisieren, und festgestellt, dass das

us Ihrer Sicht nicht der Fall ist. Wenn im kommenden
ahr die Mittel des Gesundheitsfonds nicht mehr ausrei-
hen, um die Ausgaben der Krankenkassen zu decken,
ann wird der Bund einen Kredit gewähren, der im Jahr
ach der Bundestagswahl – nämlich im Jahr 2010 – von
en Krankenkassen zurückzuerstatten ist, und zwar mit-
ilfe von Zusatzbeiträgen, die nicht die Arbeitgeber,
ondern nur die Krankenversicherten aufbringen müs-
en. Ist das solidarisch oder unsolidarisch?

Wird damit nicht der Entsolidarisierung bzw. der Ab-
chaffung der paritätischen Finanzierung Tür und Tor
eöffnet, und ziehen Sie sich mit dieser unsolidarischen
aßnahme nicht hinter den Wahltag zurück? Das wird

ämlich im kommenden Jahr Realität sein.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21225


(A) )



(B) )


Max Straubinger (CSU):
Rede ID: ID1619618300

Herr Kollege Spieth, sollte es tatsächlich notwendig

sein, noch mehr Beiträge in das Gesundheitssystem zu
leiten, dann hätten die Kassen die Möglichkeit, mit ei-
nem Zusatzbeitrag ihre Beitragslücken auszugleichen.
Das ist aber nichts anderes als bisher.


(Widerspruch des Abg. Frank Spieth [DIE LINKE])


– Natürlich. Wenn die Kassen mit ihren Beiträgen nicht
mehr auskamen, um die Leistungen zu erbringen, zu de-
nen sie verpflichtet waren, wurden die Beitragssätze an-
gepasst.


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Aber von Arbeitgebern und Versicherten! Das wird doch jetzt nicht mehr gemacht!)


– Nein, nein. Es ist weiterhin eine solidarische Finanzie-
rung, 50 zu 50, abgesehen von den 0,9 Prozent, wie Sie
wissen.


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Das ist zukünftig bei den Zusatzbeiträgen nicht der Fall!)


Bei den Zusatzbeiträgen ist dies sicherlich nicht der Fall.
Aber, Herr Kollege Spieth, wir haben – das wurde vor-
hin heftig kritisiert – einen Aufwuchs der Steuermittel in
der gesetzlichen Krankenversicherung.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was heißt hier Aufwuchs?)


– Natürlich, im nächsten Jahr werden 1,5 Milliarden
Euro mehr Steuermittel in das System der gesetzlichen
Krankenversicherung als im Jahr 2008 fließen.


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Nachdem ihr vorher 1,7 Milliarden weggenommen habt!)


Gleiches ist für die Jahre 2010 und 2011 vorgesehen. –
Bleiben Sie stehen, Herr Kollege Spieth, ich bin noch
nicht fertig.


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Ich dachte, Sie wären jetzt fertig!)


Beispielsweise gibt es eine schöne Statistik, wonach
50 Prozent der Einkommensteuer in Deutschland von
8 Prozent der Steuerbürger gezahlt werden. Das ist ge-
lebte Solidarität auch mit den Kranken, mit den Patien-
tinnen und Patienten in unserem Land.


(Beifall bei der CDU/CSU – Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Auch Arbeitgeber zahlen Steuern, Herr Spieth!)


Herr Kollege Spieth, Sie haben in Ihrer Rede ausge-
führt, es müsse das sogenannte Äquivalenzprinzip auf-
gehoben werden, und indirekt gefordert, dass vom Ein-
kommen ein bestimmter Beitragsanteil fällig werde. Sie
kritisieren den Gesundheitsfonds als unsolidarisch. Ich
sage Ihnen ganz ehrlich, dass ich persönlich mit diesem
einheitlichen Beitragssatz Probleme gehabt habe. Aber
was ist solidarischer als ein einheitlicher Beitragssatz?
Er muss allerdings auch begrenzt werden, weil es nach
dem Äquivalenzprinzip auch darum geht, dass nach
oben eine Begrenzung stattfindet, wenn für jeden Versi-

c
B
d
s
F

e
z
s
G
t
l
d
m
r
w
t
g
d
r

s
B
n
v
g
b
8
D
v
k

v
t
k
d
P
m
s
b

i
z
W
t
t
a

t

(C (D herten die gleiche Leistung erreichbar ist. Wegen der estimmungen im Grundgesetz ist es gar nicht möglich, ie Beitragsbemessungsgrenze aufzuheben. Man kann ich über deren Höhe streiten; aber es muss auf jeden all eine Beitragsbemessungsgrenze geben. Ich bin davon überzeugt, dass es für die Versicherten ntscheidender ist, dass wir eine moderne Grundlage für ukünftige Leistungen unseres modernen Gesundheitsystems geschaffen haben. 11 Milliarden Euro mehr im esundheitssystem im Jahr 2009 bedeuten für die Pa ientinnen und Patienten letztendlich eine breite ambuante und stationäre Versorgung. Sie bedeuten auch, dass er medizinische Fortschritt für alle Menschen gleicheraßen zugänglich bleibt. Das ist doch das für die Bürge innen und Bürger Entscheidende, nicht die Frage, ob ir die Finanzgrundlagen mit diesem oder jenem Bei ragssystem schaffen. Wir haben die Grundlagen dafür eschaffen, dass eine vernünftige Beitragsgestaltung für ie Bürgerinnen und Bürger nach dem Solidarprinzip ereicht werden kann. (Beifall der Abg. Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU])


Werte Damen und Herren, es war für mich schon er-
taunlich, dass der Kollege Friedrich hier wieder die
ürgerversicherung ins Spiel gebracht hat. Ich glaube
icht, dass wir dadurch, dass wir die privaten Kranken-
ersicherungen und die Privatversicherten in eine Bür-
erversicherung zwingen, eine Beitragsentlastung für
reite Schichten der Bevölkerung erreichen könnten.
0 Prozent der Privatversicherten sind Beamte, die im
urchschnitt genauso viel wie die übrige Bevölkerung
erdienen. Es fielen also nicht mehr Beiträge an, und es
önnte auch keine Beitragssenkung geben.

Es ist interessant, zu beobachten, wie sich die SPD
erhält. Kollege Friedrich hat angemerkt, dass Kapi-
aleinkünfte möglicherweise nicht herangezogen werden
önnen, weil selbst die Steuerbehörden nicht die erfor-
erliche Zielgenauigkeit erreichen, dass aber Miet- und
achteinnahmen vielleicht infrage kommen. Die Linke
öchte das sowieso. Aber dann müsste man unter Um-

tänden auch Mindereinnahmen bei Mieten und Pachten
erücksichtigen. Das kann es wohl nicht sein.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Deswegen hat es Frau Nahles auch abgelehnt!)


Das alles zeigt sehr deutlich: Die Bürgerversicherung
st kein zukunftsträchtiges Modell für eine gute finan-
ielle Ausstattung eines modernen Gesundheitswesens.
ir sollten auf der Basis der Beschlüsse, die die Koali-

ion getroffen hat, im Sinne der Patientinnen und Patien-
en sowie der Versicherten in unserem Land gut weiter-
rbeiten.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619618400

Frank Spieth hat um das Wort für eine Kurzinterven-

ion gebeten.

21226 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008


(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Der hat doch schon geredet! – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Frau Präsidentin!)



Frank Spieth (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619618500

Erstens. Herr Kollege Straubinger, wir kritisieren

nicht den einheitlichen Beitragssatz. Ich habe bemerkt,
dass einige Abgeordnete Probleme haben, Texte, die zu
entsprechenden Anträgen vorgelegt werden, zu lesen.
Wir lehnen auch nicht per se einen Fonds ab. Vielmehr
lehnen wir diesen Gesundheitsfonds ab, weil er unsozial
und unsolidarisch finanziert ist. Das ist das Problem.


(Beifall bei der LINKEN)


Diese Tatsache muss korrigiert werden.

Zweitens. Ich habe etwas dagegen, wenn hier der Ein-
druck vermittelt wird – möglicherweise nimmt die Öf-
fentlichkeit das falsch auf –, dass das Steueraufkommen
sich ausschließlich aus der Lohn- und Einkommensteuer
ergibt. Das ist nichts anderes als der Versuch, den Men-
schen Sand in die Augen zu streuen. Tatsache ist, dass
das Lohn- und Einkommensteueraufkommen nur einen
kleinen Teil des Gesamtaufkommens ausmacht, nämlich
in etwa weniger als 40 Prozent. Der überwiegende Teil
kommt aus den Verbrauchsteuern, insbesondere aus der
Mehrwertsteuer, bei der Sie kräftig zugelangt haben.
Hier wird der wesentliche Teil der Steuereinnahmen im
Haushalt realisiert.


(Beifall bei der LINKEN)


Deshalb kann man nicht so tun, als zahlten die Steuer-
zahler nur über die Lohn- und Einkommensteuer Steu-
ern.


(Beifall bei der LINKEN – Jens Spahn [CDU/ CSU]: Schön, dass Sie das noch einmal gesagt haben!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619618600

Zur Erwiderung, bitte, Herr Straubinger.


Max Straubinger (CSU):
Rede ID: ID1619618700

Herr Kollege Spieth, wenn man über solidarische

Finanzierung und Steueraufwuchs im Rahmen des soli-
darischen Gesundheitssystems spricht, dann darf man
nicht vergessen, dass 50 Prozent des Steueraufkommens
im Bundeshaushalt aus Verbrauchsteuern und die ande-
ren 50 Prozent aus Einkommensteuer und Unternehmen-
steuern stammen. Steuern auf Unternehmensgewinne
tragen dazu bei, dass unser Gesundheitssystem finan-
zierbar bleibt. Das ist gelebte Solidarität. Diesen Ge-
sichtspunkt sollten Sie vielleicht in Ihre Überlegungen
einbeziehen.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619618800

Ich schließe die Debatte.

Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss-
empfehlung des Ausschusses für Gesundheit auf Druck-
sache 16/11089. Der Ausschuss empfiehlt unter Buch-

s
A
m
a
f
h
S
L
B

l
s
s
K
d
tu
c

A
B
f
a
B
A
s
s
D
t
F
F

A
D
h
Z
s
D
L
f
E
s
G
L

Z

(C (D tabe a seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung des ntrags der Fraktion der FDP auf Drucksache 16/7737 it dem Titel „Gesundheitsfonds stoppen – Beitrags utonomie der Krankenkassen bewahren“. Wer stimmt ür die Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Entaltungen? – Damit ist die Beschlussempfehlung mit den timmen der CDU/CSU, der SPD und der Fraktion Die inke gegen die Stimmen der FDP bei Enthaltung von ündnis 90/Die Grünen angenommen. Unter Buchstabe b empfiehlt der Ausschuss die Abehnung des Antrags der Fraktion der FDP auf Druckache 16/9805 mit dem Titel „Gesundheitsfonds und taatliche Beitragssatzfestsetzung in der gesetzlichen rankenversicherung nicht einführen“. Wer stimmt für iese Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthalngen? – Die Beschlussempfehlung ist mit dem glei hen Stimmenverhältnis wie zuvor angenommen. Tagesordnungspunkt 9 b. Beschlussempfehlung des usschusses für Gesundheit zu dem Antrag der Fraktion ündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Gesundheits onds stoppen – Morbiditätsorientierten Risikostrukturusgleich einführen“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner eschlussempfehlung auf Drucksache 16/11090, den ntrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Druck ache 16/8882 abzulehnen. Wer stimmt für diese Bechlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – ie Beschlussempfehlung ist bei Zustimmung der Koali ion und der Fraktion Die Linke bei Gegenstimmen der raktion Bündnis 90/Die Grünen und Enthaltung der DP angenommen. Tagesordnungspunkt 9 c. Beschlussempfehlung des usschusses für Gesundheit zu dem Antrag der Fraktion ie Linke mit dem Titel „Das Gesundheitssystem nachaltig und paritätisch finanzieren – Gesundheitsfonds, usatzbeiträge und Teilkaskotarife stoppen“. Der Auschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf rucksache 16/11091, den Antrag der Fraktion Die inke auf Drucksache 16/10318 abzulehnen. Wer stimmt ür diese Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – nthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist bei Zutimmung der Koalitionsfraktionen, Bündnis 90/Die rünen und FDP und Gegenstimmen der Fraktion Die inke angenommen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 19 a bis 19 e sowie usatzpunkt 7 auf: 19 a)

Alexander Bonde, Winfried Nachtwei,
Marieluise Beck (Bremen), weiterer Abgeordne-
ter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN

Rüstungsexporte an Pakistan

– Drucksachen 16/6004, 16/7969 –

b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundes-
regierung

Bericht der Bundesregierung über ihre Export-
politik für konventionelle Rüstungsgüter im Jahre
2004 (Rüstungsexportbericht 2004)


Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21227


(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
– Drucksache 16/507 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Auswärtiger Ausschuss
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung

c) Beratung der Unterrichtung durch die Bundes-
regierung

Bericht der Bundesregierung über ihre Export-
politik für konventionelle Rüstungsgüter im Jahre
2005 (Rüstungsexportbericht 2005)

– Drucksache 16/3730 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Auswärtiger Ausschuss
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung

d) Beratung der Unterrichtung durch die Bundes-
regierung

Bericht der Bundesregierung über ihre Export-
politik für konventionelle Rüstungsgüter im Jahre
2006 (Rüstungsexportbericht 2006)

– Drucksache 16/8855 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Auswärtiger Ausschuss
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung

e) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Wirtschaft und Tech-
nologie (9. Ausschuss) zu dem Antrag der Abge-
ordneten Alexander Bonde, Winfried Nachtwei,
Jürgen Trittin, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Keine U-Bootlieferung an Pakistan
– Drucksachen 16/5594, 16/11420 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Rolf Hempelmann

ZP 7 Beratung des Antrags der Abgeordneten Winfried
Nachtwei, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn,
Kerstin Müller (Köln), weiterer Abgeordneter
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Für eine restriktive Rüstungsexportpolitik –
Parlamentarische Kontrollmöglichkeiten ver-
bessern
– Drucksache 16/11388 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Auswärtiger Ausschuss
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

n
d
d
L
2

s
r
n
D

W
W

I
l
t
k

U
r
f
t
a
S
t

D
r
K
i
r
z
b
d
h
s

R
t

I
b
p
I
u
w
A
d

(C (D Es liegt ein Entschließungsantrag der Fraktion Bündis 90/Die Grünen zu ihrer Großen Anfrage vor, über en wir später namentlich abstimmen werden. Außerem liegt ein Entschließungsantrag der Fraktion Die inke zu den Rüstungsexportberichten 2004, 2005 und 006 vor. Es ist zwischen den Fraktionen verabredet, über dieen Tagesordnungspunkt eine halbe Stunde zu debattieen, wobei die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fünf Miuten erhalten soll. – Dazu sehe ich keinen Widerspruch. ann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Debatte und erteile dem Kollegen infried Nachtwei für Bündnis 90/Die Grünen das ort. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! n Fragen der militärischen Sicherheitspolitik ist die Paramentsbeteiligung in Deutschland so weit fortgeschriten wie in kaum einem anderen Land der Welt. Darauf önnen wir zu Recht stolz sein. mso unverständlicher ist, dass die Rüstungsexportbeichte der Bundesregierung – immerhin jedes Jahr veröfentlicht – zum ersten Mal überhaupt in dieser Legislaurperiode hier debattiert werden, und dann nicht einmal uf Initiative der Koalitionsfraktionen – das wäre eine elbstverständlichkeit gewesen –, sondern auf unsere Ini iative. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Paul Schäfer [Köln] [DIE LINKE])

Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619618900

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


ies betrifft außerdem einen Bereich, der wie kein ande-
er Bereich der Sicherheitspolitik der parlamentarischen
ontrolle und Einsichtnahme entzogen ist. Daher habe

ch an dieser Stelle umso mehr der Gemeinsamen Konfe-
enz Kirche und Entwicklung, GKKE, zu danken, die in-
wischen zum zwölften Mal einen Bericht zu dieser Pro-
lematik vorgelegt hat, der informativ, seriös und
ifferenziert ist und wirklich eine friedens- und sicher-
eitspolitische Orientierungshilfe in dieser Materie dar-
tellt.

Ich habe es nicht vergessen: Die Zeit der rot-grünen
egierung war nicht die heile Welt der restriktiven Rüs-

ungsexporte.


(Beifall bei der FDP – Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Das habt ihr aber früher anders gesehen!)


mmer wieder hat es zwischen den Ressorts Streit gege-
en, und immer wieder stand weitsichtige Sicherheits-
olitik mit kurzfristiger Interessenpolitik im Konflikt.
mmer wieder hat es Streit zwischen unserer Fraktion
nd Teilen der Bundesregierung gegeben. Spektakulär
ar – Sie alle können sich noch daran erinnern – die
useinandersetzung über das EU-Waffenembargo, als
er eigene Bundeskanzler Schröder dieses aufheben

21228 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008


(A) )



(B) )


Winfried Nachtwei
wollte, es uns aber durch eine Koalition in der Koalition
gelungen ist, dieses unsinnige Vorhaben zu stoppen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Damals gab es einige problematische Trends. Diese ha-
ben sich in dieser Koalition enorm verstärkt.

Ich nenne drei Felder. Erstens: die sogenannten Sam-
melausfuhrgenehmigungen für den Export von Rüs-
tungsgütern. Ihr Wert ist enorm gewachsen, von 2,4 Mil-
liarden Euro in 2004 über 3,5 Milliarden Euro in 2006
auf 5,1 Milliarden Euro in 2007. Was ist daran das Pro-
blem? Diejenigen, die letztendlich die Empfänger von
Rüstungsexporten sind, sind im Grunde – es geht hier
um Komponenten in Rüstungskooperationen – völlig au-
ßer Kontrolle.

Zweitens: Einzelgenehmigungen für den Export von
Kleinwaffen an Drittländer. Ihr Wert stieg von 8,2 Mil-
lionen Euro im Jahre 2004 über 15,6 Millionen Euro im
Jahre 2006 auf 30,2 Millionen Euro im Jahre 2007.
Hauptempfänger der Kleinwaffen – Gewehre, Maschi-
nenpistolen – waren Saudi-Arabien und Ägypten. Au-
ßenminister Steinmeier betont zu Recht die Notwendig-
keit der Kontrolle der Ausfuhr von Kleinwaffen. Diese
Haltung wird durch den immer exzessiveren Export die-
ser Kleinwaffen konterkariert.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Paul Schäfer [Köln] [DIE LINKE])


Drittens: Einzelgenehmigungen für den Export von
Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern. In welche
Gebiete wurde exportiert? Auf diesem Gebiet sind bei
den sogenannten Drittländern führend: Pakistan und In-
dien. In Konfliktfällen ist es natürlich „richtig“ – aus-
gleichende Gerechtigkeit –, beide Seiten zu beliefern.

Nun komme ich auf Pakistan zu sprechen. An Pakis-
tan wurden bis 2004 keine Kriegswaffen geliefert. Im
April 2007 erfuhr der Haushaltsausschuss des Bundesta-
ges, dass von der Bundesregierung inzwischen eine Vor-
anfrage zur Lieferung von drei U-Booten an Pakistan
positiv beschieden war und dass die Bundesregierung
dafür eine Hermesbürgschaft von über 1 Milliarde Euro
zugesagt hatte. Genauere Informationen zum jetzigen
Stand haben wir nicht.

Aber erinnern wir uns: Lieferungen von Kriegswaffen
an sogenannte Drittstaaten sind grundsätzlich untersagt,
außer es sprechen besondere deutsche außen- und sicher-
heitspolitische Interessen dafür. Solche kann ich hier
nicht erkennen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Vor allem in den Westprovinzen Pakistans toben bewaff-
nete Auseinandersetzungen der krassesten Form. In etli-
chen Distrikten haben die pakistanischen Taliban die
Macht übernommen. Das pakistanische Militär und vor
allem der pakistanische Geheimdienst gelten wahrhaftig
nicht als zuverlässig. Sehr gut belegt sind Vorwürfe, dass
Teile des pakistanischen Geheimdienstes bis heute den
Terror unterstützen. Das pakistanische Militär dokumen-
tiert das Interesse, sich Trägersysteme für die eigenen

A
d

A
m
d
v

S
f
U
W

g
i
d
B
t
P

B
d
k

c
n

m
t
e

v

(C (D tomwaffen zuzulegen. Das bezieht sich eindeutig auf iese U-Boote. (Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Ihre Zeit ist jetzt um!)


ußerdem befindet sich Pakistan historisch im Konflikt
it Indien. Es veranstaltet ein Wettrüsten, gerade was

en maritimen Bereich angeht, und ist in Konflikte mit
ielen anderen Ländern verwickelt.

Es wird immer wieder das deutsche Interesse an
tabilisierung, an Rüstungskontrolle und an Friedens-
örderung gerade in diesem Raum beschworen. Solche
-Boot-Lieferungen sind damit allerdings in keiner
eise zu vereinbaren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619619000

Herr Kollege, Sie müssen zum Ende kommen.


Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619619100

Ja, ich komme jetzt zum Schluss.
Lieber Kollege Polenz als Vorsitzender des Auswärti-

en Ausschusses, lieber Kollege Mützenich und andere
n der SPD, ich weiß um Ihre massiven Bedenken gegen
ieses Rüstungsexportvorhaben. Bitte, begleiten Sie die
undesregierung in diesem Fall wieder nicht nur kri-

isch, sondern stehen Sie jetzt wirklich einmal zu Ihrer
osition!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

ei der Behandlung dieses Themas reicht es auch nicht,
ie Politik der Bundesregierung ab und zu einmal zu
ommentieren.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619619200

Herr Kollege!


Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619619300

Wenn wir den notwendigen Primat weitsichtiger Si-

herheitspolitik durchsetzen wollen, dann ist zweierlei
otwendig – das erläutere ich in zwei Sätzen –:


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619619400

Das ist zu viel.


Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619619500

Erstens. Die Federführung muss vom Wirtschafts-

inisterium auf das Auswärtige Amt übergehen. Zwei-
ens. Wir als Parlament müssen Beteiligungsrechte in ge-
igneter Form bekommen.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619619600

Herr Kollege, Sie müssen zum Ende kommen.


Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619619700

Für ein selbstbewusstes Parlament müsste das selbst-

erständlich sein.
Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21229


(A) )



(B) )


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619619800

Der Kollege Erich Fritz spricht jetzt für die CDU/

CSU-Fraktion.


Erich G. Fritz (CDU):
Rede ID: ID1619619900

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen

und Kollegen! Es ist tatsächlich ein großer Mangel, dass
nur einmal im Parlament über einen Rüstungsexportbe-
richt diskutiert wurde – und zwar im September des da-
rauffolgenden Jahres über den Rüstungsexportbericht
2000 –, dass die Berichte dann immer später veröffent-
licht wurden und letztendlich das Parlament gar nicht
mehr erreicht haben. Den Mangel, dass wir hier nicht
darüber debattiert haben, können wir allerdings nicht der
Bundesregierung in die Schuhe schieben. Er ergibt sich
daraus, dass die Tagesordnung des Plenums so über-
frachtet ist; offensichtlich haben auch die Parlamentari-
schen Geschäftsführer der Grünen immer etwas wichti-
ger gefunden als dieses Thema. Deshalb hilft dieses
Palaver überhaupt nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Man hätte jederzeit den Antrag, der jetzt gestellt worden
ist, stellen können.

Mich stört es offen gesagt schon, wenn wir die Zahlen
zur Rüstungsexportpolitik als Erstes von der GKKE er-
halten oder in der Zeitung lesen und sie erst später im
Parlament vorgelegt bekommen; das ist mir als Parla-
mentarier nicht recht. Deshalb heißt der Appell an die-
sem Abend natürlich: zeitnäher berichten, keine Angst
vor Transparenz haben – die Bundesregierung muss
keine Angst davor haben –, sondern aktiv informieren,
wie es bei Großprojekten gegenüber dem Haushaltsaus-
schuss und bei anderen Genehmigungen gegenüber dem
Wirtschaftsausschuss geschieht. Jeder, der einen Über-
blick über den Gang der Dinge haben will, kann ihn auch
erhalten. Herr Kollege Nachtwei, deshalb ist es zumin-
dest etwas zweifelhaft, wie Sie heute hier aufgetreten
sind.

Ich stelle fest: Es gibt, was den Umgang mit diesem
Thema angeht, eine sehr große Kontinuität zwischen den
Regierungen. Der Umgang mit diesem Thema war im-
mer sehr verantwortlich. Gelegentliche Schwankungen
hängen häufig, wenn man genau hinschaut, mit Einzel-
aufträgen zusammen – mit dem Export von Schiffen
oder mit anderen großvolumigen Aufträgen – und spre-
chen nicht immer gleich für den Wandel der Politik einer
Regierung; das würde ich sogar der rot-grünen Regie-
rung zubilligen. Wir dürfen nicht vergessen, dass sich
die Bundeswehr im Rahmen friedenserhaltender Maß-
nahmen im Auslandseinsatz befindet und dass daraus
neue Exporterfordernisse resultieren. Darauf hat Kollege
Ruck in einem Interview mit der taz neulich zu Recht
hingewiesen.

Der Verhaltenskodex der Europäischen Union muss
nach unserer Auffassung verbindlich werden.


(Beifall der Abg. Uta Zapf [SPD])


Wir brauchen nach wie vor eine stärker harmonisierte
Regelung in der Europäischen Union. Wir arbeiten seit

J
H
l
W
a
t

F
N
w
d
n

D
I
R
s
d
m


g
e

a
m
j
e


d
d
d

K

w
a

v

(C (D ahren daran. Im Grundsatz sind wir uns in diesem ause einig, aber noch immer stehen die zu unterschied ichen Auffassungen einem gemeinsamen Standpunkt im ege. Mancher Exportdruck – nicht in Deutschland, ber in anderen Ländern – könnte durch eine stärker inegrierte Politik in Europa gemindert werden. Mit dem Schlussteil seiner Rede, bei dem es um die rage des Exports nach Pakistan ging, verfolgte Herr achtwei eine recht vordergründige Zielsetzung. Das ar nicht weniger als der Versuch der Wiederherstellung er rüstungsexportpolitischen Jungfräulichkeit der Grüen. (Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Geht einfach nach den Rüstungsexportrichtlinien vor, nicht mehr!)


urch die Art der Auseinandersetzung, die sich durch
hren Antrag und, Herr Kollege Nachtwei, durch Ihre
ede zieht, wollen Sie den Eindruck erwecken, das fort-

etzen zu wollen, was Sie bis 1998 gemacht haben, nach
em Motto: Die Zwischenzeit vergessen wir jetzt ein-
al.


(Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe doch was dazu gesagt, oder?)


Gott sei Dank haben Sie mit dem Gegenteil angefan-
en; aber dann haben Sie versucht, diesen Eindruck zu
rwecken.

Natürlich muss jeder, der einmal in Regierungsver-
ntwortung gestanden hat, wissen – er kann sich nicht
ehr unwissend stellen –, dass Rüstungsexportpolitik in

edem Einzelfall eine schwierige Geschichte ist und dass
s nie eine Entscheidung gibt, wo völlige – –


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt sagen Sie doch mal was zu Pakistan! Das ist doch nicht so schwer!)


Herr Kollege Trittin, immer ruhig bleiben! Das ist bei
iesem Thema ganz wichtig. Ansonsten bekommt man
ie sachlichen Argumente nicht mit, die der Auseinan-
ersetzung mit diesem Thema dienen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619620000

Herr Kollege, möchten Sie eine Zwischenfrage des

ollegen Bonde zulassen?


Erich G. Fritz (CDU):
Rede ID: ID1619620100

Gerne. Denken Sie aber bitte an die Kollegen, die

arten und diese zeitliche Verzögerung eigentlich nicht
kzeptieren wollen.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619620200

Also eine kurze Frage.


Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619620300

Herr Kollege Fritz, Sie haben gerade die Auffassung

ertreten, dass Rüstungsexporte in Krisenländer wie Pa-

21230 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008


(A) )



(B) )


Alexander Bonde
kistan unumgänglicher Teil der Regierungspolitik seien.
Da die gültigen Exportrichtlinien die Lieferung von
Produkten wie U-Booten in Krisenregionen ausschließ-
lich bei einem hohen nationalen Sicherheitsinteresse
Deutschlands erlauben, könnten Sie uns vielleicht sagen
– nachdem die Bundesregierung mehrere Fragen dazu
im vergangenen Jahr nicht beantworten konnte –, worin
das nationale deutsche Sicherheitsinteresse besteht, dass
Pakistan moderne deutsche U-Boote zur Verfügung ge-
stellt werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Erich G. Fritz (CDU):
Rede ID: ID1619620400

Lieber Herr Kollege, ich werde nicht auf eine Frage

antworten, die sich auf angebliche Aussagen von mir
stützt. Sie haben mir eben eine Aussage unterstellt, die
ich so nicht gemacht habe. Deshalb erübrigt sich eine
Antwort.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Herr Kollege Nachtwei hat gerade ausgeführt, bis
2004 habe es keine Exporte nach Pakistan gegeben.


(Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Keine Kriegswaffenexporte!)


– Keine Kriegswaffenexporte. – Ich sage Ihnen: Der Ex-
port hat 2003, während der rot-grünen Regierungszeit,
begonnen.


(Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 2004, Kommunikationsgeräte!)


2004 ging es weiter. Der Wert der Genehmigungen stieg
von 900 000 Euro auf 32 Millionen Euro. 2006 waren es
über 100 Millionen Euro.

Wir haben über alle Regierungen hinweg den schönen
Satz von Schmidt wahrgenommen: Was fährt, läuft
nicht. Was schwimmt, läuft. – Ich glaube, da gibt es
schon einen Unterschied. Auch im indisch-pakistani-
schen Konflikt kann ich eine maritime Komponente
nicht entdecken.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch absurd!)


Es gibt aber sehr wohl ein Interesse aller Anrainer, für
Sicherheit auf den Seewegen zu sorgen.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind Trägersysteme!)


Betrachtet man die Karte mit den Fähnchen, die Piraterie
anzeigen, stellt man fest, dass auf diesen Strecken Prä-
senz durchaus notwendig ist.

Die Bundesregierung hat ausdrücklich ausgeschlos-
sen, dass diese U-Boote mit Trägerwaffen bestückt wer-
den können. Die Entscheidung im Bundessicherheitsrat
ist in Abwägung der Sachlage als Vorbescheid ergangen.
In der Zwischenzeit hat sich die Situation in Pakistan
und auch im indisch-pakistanischen Verhältnis aber nicht
verbessert. Wir alle gehen davon aus, dass auch die Bun-
desregierung in der Lage ist, die veränderte Situation zur
Kenntnis zu nehmen, sie zu bewerten und ihre Erkennt-

n
g
E
T
d

s
V
s
A
i
d
k

A
d
U

A
l
v

s
e
T
w
s
d
Z
s
a
z
e
r

d
F
k
w
t
N
ü
o
t
m
E
t
p

(C (D isse dann, wenn es um die tatsächliche Genehmigung eht, auch zeitnah zu verwerten. Wir haben nach all den rfahrungen aus dem Umgang mit diesem schwierigen hema das Vertrauen, dass die Bundesregierungen auf iesem Gebiet auch weiterhin verantwortlich handeln. Wir treffen in diesem Parlament keine Exportentcheidungen. Das haben wir ausdrücklich der exekutiven erantwortung übergegeben. Wir können jetzt aber nicht o tun, als wären wir die Exekutive. Wir haben einen nspruch auf Transparenz und darauf, dass wir zeitnah nformiert werden, und wir müssen an den Stellen, an enen wir das Gefühl haben, etwas müsste kritisch disutiert werden, dies auch tun. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Schöne Transparenz! Deswegen werden die Anfragen auch alle nicht beantwortet!)


lle, die das tun und in den zuständigen Ausschüssen
en Antrag stellen, Genaueres zu erfahren, haben meine
nterstützung.


(Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie müssen sich mal die Antworten ansehen!)


llen, die dieses Instrument nutzen, um in der Öffent-
ichkeit den Eindruck zu erwecken, es handele sich um
erantwortungslose Rüstungsexporte, trete ich entgegen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ein weiterer im Antrag angesprochener Punkt be-
chäftigt sich mit Hermes-Bürgschaften für Rüstungs-
xporte. Das ist nun wirklich Symbolpolitik. Dieses
hema wird zwar von allen Seiten immer wieder aufge-
orfen, aber wenn Sie sich die Zahlen anschauen, dann

tellen Sie fest, dass das kein Thema ist, mit dem sich
er Deutsche Bundestag im Plenum beschäftigt. Die
ahlen sind so verschwindend gering. Sie machen ange-
ichts unseres Exportvolumens solch minimale Beträge
us, dass sich diese Frage nicht stellt. Viel wichtiger als
iselierte Debatten über einzelne Exportvorhaben ist mir
ine ernsthafte Diskussion über neue Initiativen zur Ab-
üstung und zur Nichtverbreitung.


(Beifall des Abg. Norbert Königshofen [CDU/ CSU])


Wir alle hoffen doch, dass die neue Gemeinsamkeit in
er Weltgemeinschaft infolge der Bewältigung der
inanz- und Wirtschaftskrise auch ein Anlass zur Er-
enntnis ist, dass zwar Sicherheit, auch militärische,
eltweit eine wichtige Voraussetzung staatlicher Stabili-

ät sein kann, dass aber militärische Sicherheit ohne gute
achbarschaft, ohne inneren Frieden, ohne Verständnis
ber ethnische, kulturelle und religiöse Grenzen hinweg,
hne gerechte Entwicklung und ohne ein soziales Sys-
em, das die Menschen auffängt, nichts wert ist. Deshalb
uss unser Ansatzpunkt sein, insgesamt solche
ntwicklungen möglich zu machen. Dazu trägt eine wei-

erhin verantwortliche und restriktive Rüstungsexport-
olitik der Bundesrepublik Deutschland und dieser Bun-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21231


(A) )



(B) )


Erich G. Fritz
desregierung bei, die außenpolitisch langfristig angelegt
sein muss.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die darf das nicht konterkarieren! Das ist die Sache!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619620500

Jetzt spricht Elke Hoff für die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Elke Hoff (FDP):
Rede ID: ID1619620600

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen!

Liebe Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Her-
ren! „Besser spät als nie“ könnte man angesichts der Tat-
sache sagen, dass heute gleich über drei Rüstungsexport-
berichte zum ersten Mal in dieser Legislaturperiode im
Parlament diskutiert wird. Ich bin froh, dass meine bei-
den Vorredner über die Fraktionsgrenzen hinweg darauf
hingewiesen haben. Auch ich würde mir wünschen, dass
wir zu der guten Praxis zurückfinden, über Rüstungsex-
portberichte auch in dem Jahr zu diskutieren, in dem sie
zur Verfügung stehen.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Seit dem Jahr 2002 verzeichnet das Stockholmer Frie-
densforschungsinstitut SIPRI sowohl einen konstanten
Anstieg der weltweiten Rüstungsausgaben als auch ei-
nen Anstieg des Handelsvolumens von Rüstungsgütern.
Deutschland ist im Rahmen dieser Statistik seit längerem
die Nummer drei der weltweit größten Exporteure von
konventionellen Waffen. Deutschland hat daher eine be-
sondere Verantwortung beim Umgang mit Rüstungs-
exporten; denn in den falschen Händen kann das kleinste
Elektroschockgerät eine ebenso qualvolle und todbrin-
gende Waffe sein wie das schwerste militärische Gerät.
Es ist deshalb an der Zeit, dass auch der Rüstungsexport-
bericht den aktuellen sicherheitspolitischen Entwicklun-
gen angepasst wird.


(Beifall bei der FDP)


Die Grenze zwischen ziviler Technologie und militäri-
scher Nutzung verschwimmt zusehends, und deshalb ist
es wichtig, dass in diesem Bereich Berechenbarkeit und
Klarheit für alle Seiten geschaffen wird, sowohl für die
Bürger und die Politik als auch für die Industrie.

Es stellt sich außerdem immer häufiger die Frage, ob
Deutschland zukünftig auch den Export sicherheitsrele-
vanter Dienstleistungen als Rüstungsgut bewerten will,
ja sogar bewerten muss. Bislang ist dies nicht der Fall.
Der Regierungssprecher hatte hierzu im April im Zu-
sammenhang mit der Organisation und Durchführung
von Sicherheitstraining in Libyen durch ehemalige deut-
sche Polizisten bereits die Frage gestellt, ob man zu
rechtlichen Änderungen kommen müsse. Bisher ist die
Bundesregierung auf diese Frage leider eine Antwort
schuldig geblieben.


(Beifall bei der FDP)


w
s
a
e
A
t
u
d
h

e
l
n
s
d
u
r
s
r
m
d

Z
G
a
g
s
r
d
n
s
w

s
e
w
f
G
J

I

r
d
d
E
b
e
t
d
z
J
k

(C (D Darüber hinaus führt der Rüstungsexportbericht auch eiterhin die Ausfuhrgenehmigungen weder für Elektro chockgeräte noch für Fixierwerkzeuge und Fußfesseln uf, obwohl seit langem bekannt ist, dass diese Geräte in inigen Staaten zu Folterzwecken eingesetzt werden. uch ist seit längerem bekannt, dass unsere Exportkon rollen für Elektroschockgeräte und verwandte Güter nur nzureichend sind. Ein entsprechender FDP-Antrag, mit em wir dem Missbrauch von Elektroschockgeräten Einalt gebieten wollten, wurde leider abgelehnt. In der Aufeinanderfolge der vorliegenden Rüstungsxportberichte lassen sich zwei Entwicklungen feststelen. Hier, lieber Kollege Nachtwei, sind wir durchaus eier Meinung. Zum einen exportiert Deutschland eine teigende Zahl von Kleinwaffen an Drittländer, von enen viele offizielle Entwicklungshilfeempfänger sind nd teilweise zu den ärmsten Staaten dieser Welt gehöen. Diese Entwicklung ist bedenklich, weil viele innertaatliche Konflikte, die aus organisierter Kriminalität esultieren oder zu Staatsversagen führen, überwiegend it Kleinwaffen und leichten Waffen ausgetragen wer en. um anderen ist die Entwicklung eines steigenden esamtvolumens von Sammelausfuhrgenehmigungen uffallend. Die hohe Zahl der Sammelausfuhrgenehmiungen könnte zwar einerseits als Zeichen für die wachende Bedeutung der innereuropäischen Rüstungskoopeation gewertet werden. Dies kann aber auch bedeuten, ass es in Zukunft immer schwieriger werden wird, achzuvollziehen, wohin die Rüstungsgüter mit deutchen Komponenten über den Endhersteller ausgeliefert erden. Lassen Sie mich an dieser Stelle kurz auf den Entchließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ingehen. Wir sind uns sicher alle darüber im Klaren, ie schwierig diese Exportentscheidung sein wird. Es ällt allerdings tatsächlich auf, liebe Kollegen von den rünen, dass Sie als Regierungspartner nicht schon im ahr 2004 die pakistanische Voranfrage abgelehnt haben. hr heutiger Antrag kommt ziemlich spät. (Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist jetzt aber eine Unterstellung, dass wir da irgendwas hätten durchgehen lassen!)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


Es ist aber auch nicht nachvollziehbar, dass Sie in Ih-
em heute vorliegenden Entschließungsantrag den Ein-
ruck erwecken, Deutschland könne darauf hinwirken,
ass sich andere EU-Mitgliedstaaten einem deutschen
xportverzicht anschließen. Der EU-Verhaltenskodex
elässt – das wissen Sie – die endgültige Abwägung über
ine Rüstungsexportentscheidung auch weiterhin auf na-
ionaler Ebene. Es ist daher höchst unwahrscheinlich,
ass sich eine Partnernation dem deutschen Exportver-
icht anschließen wird, zumal Herr Sarkozy bereits für
anuar nächsten Jahres seinen Besuch in Pakistan ange-
ündigt hat.

21232 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008


(A) )



(B) )


Elke Hoff

(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das kann doch kein Argument sein, Frau Hoff! Der verkauft doch alles, was nicht nietund nagelfest ist!)


Pakistan ist ein sehr schwieriges Land. Aber es ist
darüber hinaus zweifellos einer der wichtigsten Akteure
für jede zukünftige Konfliktlösung in der Region.


(Beifall bei der FDP)


Ohne die aktive und volle Kooperation Pakistans kann
die internationale Gemeinschaft Afghanistan nicht wie-
der aufbauen,


(Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Völlig richtig!)


die Taliban nicht besiegen und den internationalen Ter-
rorismus nicht unschädlich machen. Die neugewählte
demokratische Zivilregierung – ich betone: Zivilregie-
rung – muss deshalb nach unserer Auffassung auch in
der Lage sein, eigene Sicherheitsinteressen durchzuset-
zen, um das Vertrauen der Bevölkerung nicht aufs Spiel
zu setzen und zu verlieren.


(Beifall bei der FDP)


Das sollte bei der Entscheidung über eine Exportaus-
fuhrgenehmigung ebenfalls abgewogen werden. Ich
gehe davon aus, dass die Bundesregierung eine sehr ver-
antwortungsvolle Entscheidung treffen wird.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So viel Vertrauen in die Bundesregierung!)


Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619620700

Der Kollege Rolf Hempelmann spricht jetzt für die

SPD-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Rolf Hempelmann (SPD):
Rede ID: ID1619620800

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle-

gen! Die SPD-Fraktion hat – ich glaube, das kann man
mit Fug und Recht sagen –, was das Thema Rüstungs-
exportkontrollpolitik angeht, eine lange Tradition.


(Beifall bei der SPD)


Auf die SPD gehen die heute noch gültigen politischen
Grundsätze der Bundesregierung für den Export von
Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern zurück.
SPD-Politiker wie zum Beispiel Norbert Gansel haben
diese Grundsätze entscheidend geprägt.

Es waren übrigens nicht SPD-Politiker, die ganz offen
die Lieferung von Waffen in Spannungsgebiete gefordert
haben, zum Beispiel als Geschäft „Panzer gegen Öl“ an
die arabischen Staaten, den Erzfeind von Israel. Solche
Positionen sind heute hoffentlich auch von der betreffen-
den Partei nicht mehr ernsthaft zu rechtfertigen.

d
R
u
t
g
g
h
n
h
r
R
g

d
z
N
d

k
d
I
g
m
l
n

h
d
k
s
d

D
K
s
z
v
a

e
d
h
d
M
k
m

d
w
c
k
s
n
D
d

g

(C (D Im Bereich der Rüstungsexportentscheidungen liegt er Schwerpunkt der Verantwortung seit langem bei der egierung. Das ist eine über Jahrzehnte geübte und von nterschiedlichen Regierungen und Koalitionen akzepierte Praxis, an der auch die Grünen beteiligt waren. Es ab Gründe für diese Praxis, die insbesondere darin lieen, dass wir als Abgeordnete kaum ein Interesse daran aben können, in die Auftragsbücher einzelner Unterehmen hineinzuschauen. Hier sind natürlich Geheimaltungsaspekte relevant. Aber es ist natürlich Regieungshandeln gefragt, und zwar insofern, als es in der egel um sehr konkrete Verhandlungen mit anderen Reierungen weltweit geht. Die Bundesregierung ist jedoch dazu verpflichtet, em Bundestag jährlich einen Rüstungsexportbericht zuuleiten. Es obliegt normalerweise – das hat Herr achtwei zu Recht angeführt – der Regierungskoalition, iesen Bericht auf die Tagesordnung zu setzen. Ich sage einmal als Vertreter der SPD, dass wir eine ontinuierliche unmittelbare jährliche Befassung mit em Rüstungsexportbericht durchaus begrüßen würden. n Koalitionen ist es aber nun einmal so, dass man Taesordnungspunkte nur gemeinsam aufsetzen kann. Das uss an dieser Stelle einmal gesagt werden, Herr Kol ege Fritz. Ansonsten sind wir sehr häufig einer Meiung. Insofern befürworten wir – ich denke, nachdem das eute von mehreren Rednern gesagt worden ist, wird ies auch zukünftige Praxis sein –, dass die Berichte ünftig unmittelbar, nachdem sie vom Kabinett bechlossen worden sind, dem Bundestag vorgelegt weren, sodass wir sie zur Kenntnis nehmen können. as wird übrigens schon sehr bald der Fall sein; denn das abinett hat gestern den Rüstungsexportbericht 2007 be chlossen, sodass wir sehr bald erneut zu diesem Thema usammenkommen können, vielleicht zu einer attraktieren Tageszeit, was der Bedeutung dieses Thema durchus entsprechend wäre. Ich will etwas Grundsätzliches zum Thema Rüstungsxporte sagen. In einigen Reden ist bereits angeklungen, ass Rüstungsexporte in einem Interessenkonflikt steen. Wenn man Rüstungsexporte in sensible Regionen ieser Welt – das sind natürlich viele Staaten, die nicht itglied der NATO sind – nicht haben möchte, dann önnte man Rüstungsexporte insgesamt verbieten und einen, das Problem sei gelöst. Ich glaube, dass das niemand wirklich ernsthaft forern kann. Was würde das insbesondere für die Bundesehr in diesem Land bedeuten? Sie müsste ihre sämtli hen Waffensysteme importieren – ich glaube, das kann eine ernsthafte Forderung sein –, oder es müsste eine taatliche Rüstungsindustrie geben. Auch das wäre geauso wenig sinnvoll wie eine Beschaffungsgarantie. as wäre die dritte Variante für die in Deutschland prouzierende Industrie. Insofern ist unser Weg, den wir in der Vergangenheit emeinsam gegangen sind, richtig, der Weg einer res Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21233 Rolf Hempelmann triktiven Exportpolitik mit der Entscheidungsverantwortung bei der Regierung und mit der Kontrollverantwortung beim Parlament. Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ein Geschäft ist konkret angesprochen worden, nämlich die Lieferung von U-Booten nach Pakistan. Es ist richtig, dass der Haushaltsausschuss vor etwa zweieinhalb Jahren von einer grundsätzlich positiven Entscheidung über eine Voranfrage in Kenntnis gesetzt worden ist. Die endgültige Entscheidung über eine Exportgenehmigung oder gar über eine Hermes-Unterstützung dieser Exporte ist bisher nicht gefallen. Grundsätzlich kann man sagen, dass Pakistan sicherlich zu den besonders sensiblen Regionen dieser Welt auch schon damals gehört hat. Man kann darüber hinaus sagen, dass sich im Lichte der Erkenntnisse der vergangenen zwei Jahre und der Entwicklungen gerade der vergangenen Monate diese Bewertung noch einmal deutlich verstärkt hat. Es ist mit Sicherheit so, dass es zurzeit eine sich zwischen Indien und Pakistan zuspitzende Konfrontation, aber keinesfalls eine Entspannung gibt. Das heißt nicht, wie im Antrag der Grünen angeregt, dass wir als Parlament die Entscheidungsbefugnis für uns postulieren. Wenn wir heute anlässlich der Rüstungsexportberichte und anlässlich des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen über dieses Thema debattieren, dann sollten wir gegenüber der Bundesregierung und insbesondere gegenüber dem anwesenden Staatssekretär des Bundeswirtschaftsministeriums, der dies sicherlich so an seinen Chef weitergeben wird, deutlich machen, dass wir vor einer Entscheidung eine Neubewertung der Sicherheitslage in der Region um Pakistan erwarten. Wir erwarten zudem, dass die aktuellen Erkenntnisse in die Entscheidung seriös mit einfließen. Wir unterstellen der Bundesregierung positiv, dass sie genau das vorhat. Als Fraktion und als Parlament sagen wir natürlich aber auch selbstbewusst, dass wir vor einer Entscheidung in Kenntnis gesetzt werden wollen. Das ist nicht irgendeine Alltagsentscheidung in puncto Rüstungsexporte. Das ist schon eine besonders herausgehobene Entscheidung. Deswegen möchten wir über dieses Vorhaben rechtzeitig im Parlament informiert werden. Ich will abschließend mit Blick auf die pakistanische Regierung sagen: Wir alle hören regelmäßig davon, wie es der Bevölkerung in Pakistan geht, wie viele hungernde, ja verhungernde Kinder es in diesem Lande gibt. Vielleicht sollte die Regierung selbst darüber nachdenken, ob die anderthalb Milliarden Euro, die sie für dieses Projekt ausgeben würde, nicht in andere Dinge, zum Beispiel in Ernährungsprogramme für die eigene Bevölkerung, besser investiert wären. (Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie wahr!)


(Beifall bei der SPD)


(A) )


(B) )


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

s
R
a
D
r
E

d
w
E
c

D
s
s
w
i
H
V

q
d
r
i
g

A
g
T
n

I
u
l
g

n
B
h

d
m

(C (D (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619620900

Paul Schäfer spricht jetzt für die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Paul Schäfer (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619621000

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist ja

chön und gut, dass jetzt alle sagen: Wir müssen über die
üstungsexportberichte zeitnah diskutieren. – Das reicht
ber nicht. Es ist auch gut, wenn jetzt gesagt wird: Eine
ebattenzeit von 30 Minuten für drei Rüstungsexportbe-

ichte – da geht es um einen Wert von 30 Milliarden
uro – reicht nicht. – Aber auch das haut nicht ganz hin.

Richtig ist, was Kollege Nachtwei gesagt hat: Die Fe-
erführung muss vom Wirtschaftsministerium zum Aus-
ärtigen Amt verlagert werden. Es geht hier nicht um
xportförderung, sondern um unsere Außen- und Si-
herheitspolitik.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


ie Berichte müssen in allen Ausschüssen, die dafür zu-
tändig sind, diskutiert werden: im Auswärtigen Aus-
chuss, im Verteidigungsausschuss, im Ausschuss für
irtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie

m Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre
ilfe. Wir haben in unserem Entschließungsantrag dazu
orschläge gemacht.

Es geht auch darum, die Berichte inhaltlich weiter zu
ualifizieren. Es stimmt einfach nicht, Kollege Fritz,
ass diese Berichte das Nonplusultra an Transparenz wä-
en. Bei den Sammelausfuhrgenehmigungen tappen wir
m Dunkeln, und diese machen einen Großteil der Stei-
erungsrate aus. So ist der Zustand.

Dass es überhaupt noch eine kritische und fundierte
useinandersetzung über deutsche Rüstungsexporte
ibt, ist ausschließlich – da brauchen wir uns nicht in die
asche zu lügen – der unermüdlichen Arbeit vieler klei-
er und größerer Initiativen zu verdanken.


(Beifall bei der LINKEN)


ch möchte die Liste des Kollegen Nachtwei ergänzen
m den Gesprächskreis der beiden Kirchen und entwick-
ungspolitischer Gruppen, die GKKE, das Netzwerk ge-
en Kleinwaffenhandel, das Rüstungsinformationsbüro,
Ohne Rüstung Leben“, das Aktionsbündnis Landmi-
en, Oxfam Deutschland, Amnesty International und das
erliner Informationszentrum Transatlantische Sicher-
eit. Ich möchte diesen Gruppen ganz herzlich danken;


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN sowie des Abg. Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


enn wenn die 30-minütige Debattenzeit vorbei ist, kann
an das Nichtgesagte bei denen nachlesen.


(Beifall bei der LINKEN)


21234 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008


(A) )



(B) )


Paul Schäfer (Köln)

Was die Sache betrifft: Bei den internationalen Waf-
fengeschäften ist Deutschland einer der wichtigsten Glo-
bal Player. 2004 wurden Rüstungsexporte im Wert von
6,2 Milliarden Euro genehmigt, im darauffolgenden Jahr
ebenso. 2006 waren es 7,6 Milliarden Euro und 2007
8,7 Milliarden Euro. Wer also sagt: „Das sind zwar Stei-
gerungen; wir haben aber immer eine gewisse Fluktua-
tion“, hat nicht recht. Wir haben hier eine Konstanz.
2007 gab es kein einziges spektakuläres Großprojekt,
das Verzerrungen begründen könnte. Wir liegen also an
oberer Stelle, was die Rüstungsexporte betrifft. In die-
sem Zeitraum – zum Teil unter Rot-Grün, zum Teil unter
Schwarz-Rot – ergibt sich eine Summe von 28,7 Mil-
liarden Euro.

Schon diese grobe Bilanz zeigt zwei Dinge: Erstens.
Von einer wirklich restriktiven Waffenausfuhrpolitik
kann keine Rede sein.


(Beifall bei der LINKEN)


Zweitens. Ein Land, das zu den Top Five der Rüstungs-
exporteure gehört – das sind wir –, kann nicht als abrüs-
tungspolitischer Musterknabe gehandelt werden. Der
Widerspruch zur Abrüstungsrhetorik einiger Minister
dieser Regierung ist doch augenfällig.


(Beifall bei der LINKEN)


Es geht um strategische Waffensysteme wie U-Boote
für Pakistan und Südkorea. Es geht um Eurofighter-
Komponenten, die nach Saudi-Arabien geliefert werden,
und um Kleinwaffen, die in zweifelhafte Staaten und
überhaupt an Länder, die in bewaffnete Konflikte ver-
strickt sind, exportiert werden. Auch die vermeintlich
unverdächtigen Rüstungslieferungen an NATO-Länder
werden zum Problem, wenn diese Länder völkerrechts-
widrige Angriffskriege führen wie die USA und Groß-
britannien im Fall Irak.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir Linke haben da ganz andere Vorstellungen. Die
politischen Grundsätze der Bundesregierung müssen
endlich ernst genommen werden; denn dann würde
Deutschland nicht zu den Top Five gehören, dann wür-
den wir auf der Hinterbank Platz nehmen, und das wäre
gut so.


(Beifall bei der LINKEN)


Abrüstung und Konfliktprävention müssen den absolu-
ten Vorrang vor rüstungspolitischen Interessen genießen.

Der zur namentlichen Abstimmung vorliegende An-
trag der Grünen zum Stopp des U-Boot-Exportgeschäf-
tes mit Pakistan wird von uns, um auch das zu sagen,
voll und ganz unterstützt. Pakistan muss in regionale Si-
cherheitsbemühungen einbezogen und nicht auf See
hochgerüstet werden.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619621100

Ich schließe die Aussprache.

ß
i
a
E
l
w

j
h
D

d
n
D
f
b
s

h
l
w

w
1
n
d
s

ß
1
u
W
D

A
t

e
c
G
f
t
m
S

V
o
d
u
d
E
e

1)

2)

(C (D Wir kommen zur Abstimmung über den Entschlieungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu hrer Großen Anfrage zu Rüstungsexporten an Pakistan uf Drucksache 16/11406. Zur Abstimmung liegt eine rklärung des Kollegen Florian Toncar vor1)


angen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stimmen
ir über den Entschließungsantrag namentlich ab.

Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer
etzt, soweit sie es nicht schon getan haben, die vorgese-
enen Plätze einzunehmen. – Sind alle Urnen besetzt? –
as ist der Fall. Dann eröffne ich die Abstimmung.

Ich frage: Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend,
as seine Stimme gern abgeben würde und das noch
icht getan hat? – Das scheint mir nicht der Fall zu sein.
ann schließe ich die Abstimmung. Ich bitte die Schrift-

ührerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu
eginnen. Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen
päter bekanntgegeben2).

Jetzt müssen wir die Abstimmungen fortsetzen. Das
eißt, es wäre schön, wenn hier vorne im Rund mög-
ichst wenige Menschen, eigentlich gar keine, stehen
ürden. – Ich versuche es jetzt einfach einmal.

Tagesordnungspunkte 19 b bis 19 d. Interfraktionell
ird Überweisung der Vorlagen auf den Drucksachen
6/507, 16/3730 und 16/8855 an die in der Tagesord-
ung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie
amit einverstanden? – Dann ist die Überweisung so be-
chlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschlie-
ungsantrag der Fraktion Die Linke auf Drucksache
6/11407 zu den Rüstungsexportberichten 2004, 2005
nd 2006. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? –
er stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Fraktion
ie Linke hat dafür gestimmt und alle anderen dagegen.

Tagesordnungspunkt 19 e. Beschlussempfehlung des
usschusses für Wirtschaft und Technologie zu dem An-

rag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel
Keine U-Bootlieferung an Pakistan“. Der Ausschuss
mpfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa-
he 16/11420, den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die
rünen auf Drucksache 16/5594 abzulehnen. Wer stimmt

ür diese Beschlussempfehlung? – Gegenprobe! – Enthal-
ungen? – Die Beschlussempfehlung ist angenommen
it den Stimmen von Koalition und FDP gegen die
timmen von Bündnis 90/Die Grünen und die Linke.

Zusatzpunkt 7. Interfraktionell wird Überweisung der
orlage auf Drucksache 16/11388 an die in der Tages-
rdnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen, wobei
ie Vorlage federführend beim Ausschuss für Wirtschaft
nd Technologie beraten werden soll. Wer stimmt für
en Überweisungsvorschlag? – Wer stimmt dagegen? –
nthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag
instimmig angenommen.

Anlage 4
Ergebnis Seite 21236 C

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21235


(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 11 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Sabine
Zimmermann, Dr. Barbara Höll, Ulla Lötzer, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Befreiung von IHK-Beiträgen für Kleinst- und
Kleinbetriebe bis zu 30 000 Euro Gewerbeer-
trag und grundlegende Reform der Industrie-
und Handelskammern

– Drucksache 16/6357 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

Dabei ist vorgesehen, eine halbe Stunde zu debattie-
ren, wobei die Fraktion Die Linke fünf Minuten erhalten
soll. – Dazu höre ich keinen Widerspruch. Dann ist das
so beschlossen.

Jetzt eröffne ich die Debatte und gebe das Wort der
Kollegin Sabine Zimmermann für die Fraktion Die
Linke.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])



Sabine Zimmermann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619621200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle-

gen! Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden
Antrag packt die Linke etwas an, was bisher keine an-
dere Fraktion in diesem Hause zum Thema gemacht hat.


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist schon einmal falsch!)


– Das ist nicht falsch.

Weder die Große Koalition noch die Grünen oder die
FDP haben sich an dieses Thema getraut. Sie können
mich nachher korrigieren, Frau Andreae.


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das mache ich gern!)


Die Verpflichtung bzw. der Zwang für gewerbliche Un-
ternehmen, in der IHK Mitglied zu sein, ist seit Jahren
umstritten. Erst jüngst hat sich der Petitionsausschuss
des Bundestages damit auseinandersetzen müssen. Des-
halb, denke ich, ist es an der Zeit, eine Debatte über die-
ses Thema zu führen, egal wie man zu dieser Frage steht.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich selbst bin seit 17 Jahren ehrenamtliches Mitglied
in der zweitgrößten Kammer in Deutschland, der IHK
Südwestsachsen, und kenne die Probleme. Jede Kollegin
und jeder Kollege hier in diesem Haus, die oder der re-
gelmäßig mit Kleinunternehmern zusammenkommt,
wird zugeben müssen, dass diese immer wieder bekla-
gen, dass sie Zwangsbeiträge für eine Organisation zah-
len, die ihnen nicht oder nur wenig nützt.

Die Linke greift dieses Problem mit ihrem vorliegen-
den Antrag auf. Wir wollen aber mehr. Noch immer han-
delt es sich beim IHK-Gesetz um ein vorläufiges Gesetz
aus dem Jahre 1956. Die damalige Forderung nach einer
paritätischen Besetzung der Kammer durch Betriebsin-

h
u
v

n
a
d
h
K
z
E
v
t
e

s
c
f
d
z
g
t
K
l

u
K
S
a

s
t
B
g

A
B


w
s
d

n
k
b
h

l
d
w
d

(C (D aber und Arbeitnehmervertreter wartet noch darauf, mgesetzt zu werden. Ich denke, nach 52 Jahren wäre es ielleicht an der Zeit. Liebe Kolleginnen und Kollegen, viele Kleinunterehmer fordern, die Pflichtmitgliedschaft in der IHK ufzuheben. Sie führen eine Reihe von Missständen auf, ie nur schwer von der Hand zu weisen sind. Ich kann ier nur einige aufzählen: Die IHK-Beiträge belasten die leinstund Kleinbetriebe ungleich stärker als Großkon erne. Firmen mit einem Gewerbeertrag von nur 12 000 uro zahlen Beiträge von bis zu 200 Euro. Die Beiträge on Großunternehmen verringern sich dagegen im Exremfall auf weniger als ein Tausendstel ihres Gewerbertrages. Obwohl das IHK-Gesetz verlangt, die Gesamtinteresen der Kammermitglieder „abwägend und ausgleihend“ zu vertreten, setzen sich IHK-Vorstände häufig ür Einzelinteressen ein. So widerspricht die Forderung, en beschlossenen Ausstieg aus der Kernkraft rückgängig u machen, unmittelbar den Interessen zahlreicher Mitliedsbetriebe, die im Bereich der regenerativen Energien ätig sind. Diese Unternehmen wollen nicht mit ihren ammerbeiträgen indirekt ihre eigene Geschäftsgrund age gefährden. Ferner werden die mangelnde Vertretung der Kleinnternehmen und die fehlende Transparenz beklagt. Die ammer ist eine Einrichtung des öffentlichen Rechts. ie sollte daher gut abwägen, ob sie nicht teilweise auch ls Arbeitgeberverband agiert. Angesichts dieser Kritik verwundert es nicht, dass ich nur wenige Unternehmen, die nun einmal Kleinunernehmen sind, an den IHK-Wahlen beteiligen. Laut undeswirtschaftsministerium liegt die Wahlbeteiliung zwischen 5 und 16 Prozent. Meine Damen und Herren, eine vom DIHK selbst in uftrag gegebene Umfrage zeigt, dass mit abnehmender etriebsgröße die Zufriedenheit mit der Kammer sinkt. Es ist unheimlich störend, dass hier vorne getuschelt ird. Sprechen Sie doch laut, und stellen Sie zum Bei piel eine Frage. Herr Laurenz Meyer, auch Sie müsste as Thema IHK eigentlich interessieren. In Unternehmen mit weniger als 20 Beschäftigten ist icht einmal die Hälfte mit der IHK zufrieden. Deshalb ann ich gut verstehen, dass Blumenhändler oder Betreier von Reisebüros die Zwangsmitgliedschaft lieber eute als morgen aufheben wollen. Die Linke hat sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt alerdings dagegen ausgesprochen. Sie fordert stattdessen, ie IHK umfassend zu reformieren. Geschieht dies, ürde sich der Charakter der IHK grundlegend veränern, und ihr Nutzen für die Mitglieder würde steigen. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


(Beifall bei der LINKEN)


(Unruhe)


21236 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008


(A) )



(B) )


Sabine Zimmermann

Dr. Gregor Gysi
Hans Josef Fell
Kai Gehring CDU/CSU (Hof)

Hans-Kurt Hill
Cornelia Hirsch
Inge Höger
Dr. Barbara Höll
Ulla Jelpke
Dr. Lukrezia Jochimsen
Dr. Hakki Keskin
Katja Kipping
Monika Knoche
Jan Korte
Ulla Lötzer
Dr. Gesine Lötzsch
Ulrich Maurer
Dorothée Menzner
Kornelia Möller
Wolfgang Nešković
Dr. Norman Paech
Bodo Ramelow

Britta Haßelmann
Bettina Herlitzius
Winfried Hermann
Peter Hettlich
Priska Hinz (Herborn)

Ulrike Höfken
Dr. Anton Hofreiter
Bärbel Höhn
Thilo Hoppe
Ute Koczy
Sylvia Kotting-Uhl
Renate Künast
Markus Kurth
Monika Lazar
Nicole Maisch
Jerzy Montag
Kerstin Müller (Köln)

Winfried Nachtwei

P
P
D
N
D
G
E

V
O
C
R
P
A
J
W

W
eter Albach
eter Altmaier
orothee Bär
orbert Barthle
r. Wolf Bauer
ünter Baumann
rnst-Reinhard Beck

(Reutlingen)


eronika Bellmann
tto Bernhardt
lemens Binninger
enate Blank
eter Bleser
ntje Blumenthal

ochen Borchert
olfgang Börnsen

(Bönstrup)

olfgang Bosbach

Jochen-Konrad Fromme
Dr. Michael Fuchs
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis
Eberhard Gienger
Ralf Göbel
Josef Göppel
Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer
Ute Granold
Reinhard Grindel
Hermann Gröhe
Michael Grosse-Brömer
Markus Grübel
Manfred Grund
Monika Grütters
Dr. Karl-Theodor Freiherr zu

Guttenberg
Lutz Heilmann Katrin Göring-Eckardt Ulrich Adam Erich G. Fritz
Ich kann jetzt nicht alle Pun
zählen, da meine Redezeit daf
werde ich mich auf einige posit
Ich denke, die Berufsausbildu
der Außenhandelsbereich sind
die im Interesse aller sind.

Liebe Kolleginnen und Kol
Beratung dieses Antrags wird z
diesem Hause dafür ist, die IHK
mieren, dass auch die Interessen
zur Geltung kommen und die M
verankert wird.

Ich danke Ihnen für Ihre Auf


(Beifall bei der LINKEN Winkelmeier [fraktionslos Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 536; davon ja: 92 nein: 434 enthalten: 10 Ja SPD Ottmar Schreiner DIE LINKE Hüseyin-Kenan Aydin Heidrun Bluhm Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Sevim Dağdelen Dr. Diether Dehm Werner Dreibus Klaus Ernst Wolfgang Gehrcke Diana Golze E P V D D D F D D A J S B G K M V C B A E D D kte unseres Antrags aufür nicht ausreicht. Daher ive Aspekte beschränken. ng, die Fortbildung und notwendige Aufgaben, legen, abschließend: Die eigen, ob die Mehrheit in s dahin gehend zu refor der Kleinstunternehmen itbestimmung auch dort merksamkeit. sowie des Abg. Gert ] – Dr. Axel Troost A u A s f m J 4 g lke Reinke aul Schäfer olker Schneider r. Herbert Schui r. Ilja Seifert r. Petra Sitte rank Spieth r. Kirsten Tackmann r. Axel Troost lexander Ulrich örn Wunderlich abine Zimmermann ÜNDNIS 90/DIE RÜNEN erstin Andreae arieluise Beck olker Beck ornelia Behm irgitt Bender lexander Bonde kin Deligöz r. Thea Dückert r. Uschi Eid B C K M E C I D G R S D H D J W J f A G N [DIE LINKE]: Na ja! So Aufmerksamkeit ja nicht g Vizepräsidentin Katrin Gö Wir kommen zurück zum E bgeordneten Winfried Nach nd der Fraktion Bündnis 90/ nfrage „Rüstungsexporte an P achen 16/6004, 16/7969 und 1 Ich gebe das von den Schrif ührern ermittelte Ergebnis de ung bekannt: Es wurden 537 a haben 92 Abgeordnete ges 35 Abgeordnete gestimmt, un en. Damit ist der Entschließun rigitte Pothmer laudia Roth rista Sager anuel Sarrazin lisabeth Scharfenberg hristine Scheel rmingard Schewe-Gerigk r. Gerhard Schick rietje Staffelt ainder Steenblock ilke Stokar von Neuforn r. Wolfgang StrengmannKuhn ans-Christian Ströbele r. Harald Terpe ürgen Trittin olfgang Wieland osef Philip Winkler raktionsloser bgeordneter ert Winkelmeier ein K M H D G C G L A T M M D A Il D E In H D A D K H D (C (D weit war es mit der erade her!)


(Saarbrücken)


ring-Eckardt:
ntschließungsantrag der

twei, Alexander Bonde
Die Grünen zur Großen
akistan“ auf den Druck-

6/11406 zurück.

tführerinnen und Schrift-
r namentlichen Abstim-
Stimmen abgegeben. Mit
timmt, mit Nein haben
d es gab zehn Enthaltun-
gsantrag abgelehnt.

laus Brähmig
ichael Brand
elmut Brandt
r. Ralf Brauksiepe
eorg Brunnhuber
ajus Caesar
itta Connemann
eo Dautzenberg
lexander Dobrindt
homas Dörflinger
arie-Luise Dött
aria Eichhorn
r. Stephan Eisel
nke Eymer (Lübeck)

se Falk
r. Hans Georg Faust
nak Ferlemann
grid Fischbach
artwig Fischer (Göttingen)

irk Fischer (Hamburg)


(KarlsruheLand)

r. Maria Flachsbarth
laus-Peter Flosbach
erbert Frankenhauser
r. Hans-Peter Friedrich

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21237


(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
Olav Gutting
Holger Haibach
Gerda Hasselfeldt
Uda Carmen Freia Heller
Michael Hennrich
Jürgen Herrmann
Bernd Heynemann
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Christian Hirte
Robert Hochbaum
Joachim Hörster
Anette Hübinger
Hubert Hüppe
Susanne Jaffke-Witt
Dr. Peter Jahr
Dr. Hans-Heinrich Jordan
Andreas Jung (Konstanz)

Dr. Franz Josef Jung
Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Steffen Kampeter
Alois Karl
Bernhard Kaster

(Villingen Schwenningen)

Volker Kauder
Eckart von Klaeden
Jürgen Klimke
Julia Klöckner
Jens Koeppen
Kristina Köhler (Wiesbaden)

Manfred Kolbe
Norbert Königshofen
Dr. Rolf Koschorrek
Hartmut Koschyk
Thomas Kossendey
Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Dr. Günter Krings
Dr. Martina Krogmann
Dr. Hermann Kues
Andreas G. Lämmel
Dr. Norbert Lammert
Helmut Lamp
Katharina Landgraf
Dr. Max Lehmer
Paul Lehrieder
Ingbert Liebing
Eduard Lintner
Patricia Lips
Dr. Michael Luther
Thomas Mahlberg
Stephan Mayer (Altötting)

Wolfgang Meckelburg
Dr. Michael Meister
Friedrich Merz
Laurenz Meyer (Hamm)

Maria Michalk
Dr. h. c. Hans Michelbach
Philipp Mißfelder
Dr. Eva Möllring
Marlene Mortler
Carsten Müller


(Braunschweig)

Stefan Müller (Erlangen)

Dr. Gerd Müller
Michaela Noll

D
F
E
H
R
U
D
S
B
R
R
D
T
H
E
K
K
D
F
J
K
D
D
A
A
H
D
H
D
D
K
N
G
B
C
A
In
D
D
U
W
K
T
J
J
C
G
A
M
M
T
L
M
H
A
D
A
V
A
G
M
K
M
P
G
In
K
A
r. Georg Nüßlein
ranz Obermeier
duard Oswald
enning Otte
ita Pawelski
lrich Petzold
r. Joachim Pfeiffer
ibylle Pfeiffer
eatrix Philipp
onald Pofalla
uprecht Polenz
aniela Raab
homas Rachel
ans Raidel
ckhardt Rehberg
atherina Reiche (Potsdam)

laus Riegert
r. Heinz Riesenhuber
ranz Romer
ohannes Röring
urt J. Rossmanith
r. Norbert Röttgen
r. Christian Ruck
lbert Rupprecht (Weiden)

nita Schäfer (Saalstadt)

ermann-Josef Scharf
r. Wolfgang Schäuble
artmut Schauerte
r. Annette Schavan
r. Andreas Scheuer
arl Schiewerling
orbert Schindler
eorg Schirmbeck
ernd Schmidbauer
hristian Schmidt (Fürth)

ndreas Schmidt (Mülheim)

go Schmitt (Berlin)

r. Andreas Schockenhoff
r. Ole Schröder
we Schummer
ilhelm Josef Sebastian
urt Segner
homas Silberhorn
ohannes Singhammer
ens Spahn
hristian Freiherr von Stetten
ero Storjohann
ndreas Storm
ax Straubinger
atthäus Strebl

homas Strobl (Heilbronn)

ena Strothmann
ichael Stübgen
ans Peter Thul
ntje Tillmann
r. Hans-Peter Uhl
rnold Vaatz
olkmar Uwe Vogel
ndrea Astrid Voßhoff
erhard Wächter
arco Wanderwitz
ai Wegner
arcus Weinberg

eter Weiß (Emmendingen)

erald Weiß (Groß-Gerau)

go Wellenreuther
arl-Georg Wellmann
nette Widmann-Mauz

K
W
E

D
W
W

S

D
G
N
I
R
E
D
D
K
S
D
K
U
P
L
V
K
C
D
K
W
B

U
M
D
C
M
D
D
K
M
D
E
G
D
S
S
H
D
P
K
A
E
G
R
G
D
P
M
I
R
A
M
K
G
A
W
W
laus-Peter Willsch
illy Wimmer (Neuss)


lisabeth Winkelmeier-
Becker
agmar Wöhrl
olfgang Zöller
illi Zylajew

PD

r. Lale Akgün
regor Amann
iels Annen

ngrid Arndt-Brauer
ainer Arnold
rnst Bahr (Neuruppin)

oris Barnett
r. Hans-Peter Bartels
laus Barthel
ören Bartol
irk Becker
laus Uwe Benneter
te Berg
etra Bierwirth
othar Binding (Heidelberg)

olker Blumentritt
urt Bodewig
lemens Bollen
r. Gerhard Botz
laus Brandner
illi Brase
ernhard Brinkmann

(Hildesheim)

lla Burchardt
artin Burkert
r. Michael Bürsch
hristian Carstensen
arion Caspers-Merk
r. Peter Danckert
r. Herta Däubler-Gmelin
arl Diller
artin Dörmann
r. Carl-Christian Dressel
lvira Drobinski-Weiß
arrelt Duin
etlef Dzembritzki
ebastian Edathy
iegmund Ehrmann
ans Eichel
r. h.c. Gernot Erler
etra Ernstberger
arin Evers-Meyer
nnette Faße
lke Ferner
abriele Fograscher
ainer Fornahl
abriele Frechen
agmar Freitag
eter Friedrich
artin Gerster

ris Gleicke
enate Gradistanac
ngelika Graf (Rosenheim)

onika Griefahn
erstin Griese
abriele Groneberg
chim Großmann
olfgang Grotthaus
olfgang Gunkel

H
B
K
A
M

H
D
R
D
G
P
G
S
P
G
Ir
F
E
K
C
L
B
J
J
J
D
U
C
A
D
W
F
K
R
A
E
N
V
A
J
H
U
D
C
C
W
H
G
D
L
C
K
H
P
U
D
U
M
G
F
D
A
H
H
J
J
C

(C (D ans-Joachim Hacker ettina Hagedorn laus Hagemann lfred Hartenbach ichael Hartmann ubertus Heil r. Reinhold Hemker olf Hempelmann r. Barbara Hendricks ustav Herzog etra Heß abriele Hiller-Ohm tephan Hilsberg etra Hinz erd Höfer is Hoffmann rank Hofmann ike Hovermann laas Hübner hristel Humme othar Ibrügger runhilde Irber ohannes Jung osip Juratovic ohannes Kahrs r. h. c. Susanne Kastner lrich Kelber hristian Kleiminger strid Klug r. Bärbel Kofler alter Kolbow ritz Rudolf Körper arin Kortmann olf Kramer nette Kramme rnst Kranz icolette Kressl olker Kröning ngelika Krüger-Leißner ürgen Kucharczyk elga Kühn-Mengel te Kumpf r. Uwe Küster hristine Lambrecht hristian Lange altraud Lehn elga Lopez abriele Lösekrug-Möller irk Manzewski othar Mark aren Marks atja Mast ilde Mattheis etra Merkel lrike Merten r. Matthias Miersch rsula Mogg arko Mühlstein esine Multhaupt ranz Müntefering r. Rolf Mützenich ndrea Nahles olger Ortel einz Paula ohannes Pflug oachim Poß hristoph Pries 21238 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt Reinhard Schultz Swen Schulz Ewald Schurer Waltraud Wolff Heidi Wright Manfred Zöllmer Dr. Erwin Lotter Patrick Meinhardt Jan Mücke Burkhardt Müller-Sönksen Uwe Barth Dr. Edmund Peter Geisen Joachim Günther Sabine LeutheusserFrank Schwabe Dr. Angelica Schwall-Düren Dr. Martin Schwanholz Rita Schwarzelühr-Sutter Wolfgang Spanier B F J Wir kehren zu unserer Debat Kollegen Andreas Lämmel für das Wort. (Beifall bei der C Andreas G. Lämmel (CDU Frau Präsidentin! Meine se Herren! Frau Zimmermann, S schon mit einer falschen Behau Prinzip haben Sie auch in Ihrem Ihrem Antrag gesprochen; (Beifall bei Abgeordnet denn es geht Ihnen ja angeblic trag eine grundlegende Reform delskammern voranzubringen. Antrag aber eine Wiederholung Sachverhalten, die schon in d wieder einmal diskutiert worde trag überhaupt nicht schlüssig weise widersprechen. rigitte Zypries DP ens Ackermann D H D C te zurück. Ich erteile dem die CDU/CSU-Fraktion DU/CSU)


(Wackernheim)


(A) )


(B) )


(Everswinkel)


(Wolmirstedt)


/CSU):
hr geehrten Damen und
ie haben Ihren Beitrag
ptung begonnen, und im
ganzen Beitrag nicht zu

en der CDU/CSU)

h darum, mit Ihrem An-
der Industrie- und Han-
In Wirklichkeit ist Ihr
von ziemlich halbgaren
er Vergangenheit immer
n sind, sich in Ihrem An-
darstellen und sich teil-

a
I
u
d
ü
f
s
z
i
d
ö

D
U

I
B
d
s
I
irk Niebel
ans-Joachim Otto

(Frankfurt)

etlef Parr
ornelia Pieper

G
F
M

Diese negative Bewertung
ber nicht, dass jede Kritik o
HKs verboten wäre. Ganz im G
ns kennt natürlich solche Gesp
ie sich über den Sinn von
ber den nicht erkennbaren Nu
izienz der IHKs beschweren.
ich das Parlament und einzeln
u dem, was Sie gesagt haben,
ntensiv mit der Materie ause
en IHKs – das haben Sie gesa
ffentlich-rechtliche Körpersch

Bei aller Emotionalität bei
iskussion aber sachlich und k
nwahrheiten geführt werden.


(Beifall bei Abgeordnet ch verweise hier besonders au eispiel die Mittelstandsund er CDU/CSU in einem Besch ehr fundiert mit diesem Them ch habe auch den Parteitags (D Schnarrenberger isela Piltz rank Schäffler arina Schuster Ihres Antrags bedeutet der Diskussion über die egenteil; denn jeder von räche mit Unternehmern, Zwangsmitgliedschaften, tzen oder die geringe EfGerade deswegen haben e Parteien im Gegensatz Frau Zimmermann, sehr inandergesetzt; denn bei gt – handelt es sich ja um aften. diesem Thema muss die onstruktiv und nicht mit en der CDU/CSU)


ch darauf, dass sich zum
Wirtschaftsvereinigung

luss vom Dezember 2006
a auseinandergesetzt hat.
beschluss der FDP vom
Dr. Wilhelm Priesmeier
Dr. Sascha Raabe
Mechthild Rawert
Steffen Reiche (Cottbus)

Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Christel Riemann-

Hanewinckel
Walter Riester
Sönke Rix
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Karin Roth (Esslingen)

Michael Roth (Heringen)

Ortwin Runde
Marlene Rupprecht


(Tuchenbach)

Anton Schaaf
Axel Schäfer (Bochum)

Bernd Scheelen
Marianne Schieder
Otto Schily
Ulla Schmidt (Aachen)

Silvia Schmidt (Eisleben)

Renate Schmidt (Nürnberg)

Heinz Schmitt (Landau)

Carsten Schneider (Erfurt)


Dr. Margrit Spielmann
Jörg-Otto Spiller
Dr. Ditmar Staffelt
Dieter Steinecke
Andreas Steppuhn
Ludwig Stiegler
Rolf Stöckel
Christoph Strässer
Dr. Peter Struck
Joachim Stünker
Dr. Rainer Tabillion
Jörg Tauss
Jella Teuchner
Dr. h. c. Wolfgang Thierse
Franz Thönnes
Rüdiger Veit
Jörg Vogelsänger
Dr. Marlies Volkmer
Hedi Wegener
Andreas Weigel
Petra Weis
Gunter Weißgerber
Gert Weisskirchen


(Wiesloch)

Lydia Westrich
Andrea Wicklein
Engelbert Wistuba

C
D
A
E
P
M
J
U
O
H
H
M
D
H
E
B
D
D
H
G
J
H
S
H
I
M
M

(Christian Ahrendt aniel Bahr ngelika Brunkhorst rnst Burgbacher atrick Döring echthild Dyckmans örg van Essen lrike Flach tto Fricke orst Friedrich ans-Michael Goldmann iriam Gruß r. Christel Happach-Kasan einz-Peter Haustein lke Hoff irgit Homburger r. Werner Hoyer r. Heinrich L. Kolb ellmut Königshaus udrun Kopp ürgen Koppelin einz Lanfermann ibylle Laurischk arald Leibrecht na Lenke ichael Link arkus Löning Dr. Konrad Schily Dr. Hermann Otto Solms Dr. Rainer Stinner Florian Toncar Dr. Daniel Volk Dr. Guido Westerwelle Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff fraktionsloser Abgeordneter Henry Nitzsche Enthalten SPD Gerd Bollmann Dr. Wolfgang Wodarg Uta Zapf FDP Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21239 Andreas G. Lämmel Mai 2006 gelesen, in dem genau eine solche sachliche Basis aufgezeigt wird. Zur Sache selbst. Die Industrieund Handelskammern nehmen legitime öffentliche Aufgaben wie Berufsausbildung, Verwaltungsaufgaben und die Beratung staatlicher und kommunaler Entscheidungsträger wahr. Die Durchführung dieser Aufgaben muss natürlich finanziert werden. Das kann man durch zwei Dinge tun, nämlich zum einen durch das allgemeine Steueraufkommen und zum anderen natürlich durch Beiträge von Unternehmen. Durch diese Beitragszahlungen werden diese Unternehmen von Betroffenen zu Beteiligten gemacht. Ich komme jetzt erstens zu den Beiträgen, Frau Zimmermann. Durch die öffentliche Diskussion über die IHK-Beiträge wurde in den letzten Jahren sehr viel in Bewegung gebracht. Ich bin davon überzeugt, dass die derzeitige Beitragsstaffel – zumindest in vielen IHKs – nach der Leistungsfähigkeit der Unternehmen auch dem Solidarprinzip entspricht. Ich habe in diesem Zusammenhang einmal bei meiner Heimat-IHK in Dresden nachgefragt, und ich möchte Ihnen einmal vor Augen führen, Frau Zimmermann, wie es denn wirklich in einer solchen IHK aussieht. Von 80 000 Mitgliedern zahlen 40 000 Kleingewerbetreibende gar keinen Beitrag. Frau Zimmermann, weitere 14 000 Unternehmen zahlen einen Beitrag von 27 Euro im Jahr; das sind gerade einmal gut 2 Euro im Monat, also weniger, als man für ein Bier bezahlen muss, das man in zehn Minuten ausgetrunken hat. Der Unterschied zum Bier ist dabei noch, dass die Beiträge sogar von der Steuer abgezogen werden können. Frau Zimmermann, einen Beitrag von etwa 130 Euro im Jahr zahlen weitere 18 500 Mitglieder. Wenn Sie das alles einmal zusammenrechnen, dann stellen Sie ganz schnell fest, dass 91 Prozent der Mitglieder in der IHK in Dresden entweder gar keinen oder einen Beitrag von unter 130 Euro im Jahr zahlen. Herr Kollege, möchten Sie eine Zwischenfrage von Frau Zimmermann zulassen? Ja, aber ich will Frau Zimmermann vorher kurz noch eine Zahl nennen. Vielleicht erübrigt sich dann die Frage. Ansonsten kann sie gerne fragen. Die wesentliche Beitragslast – das wollten Sie jetzt doch wissen – tragen nur 580 Unternehmen – das sind 0,7 Prozent –, die mit einem Durchschnittsbeitrag von etwa 4 300 Euro zur Finanzierung der Kammer beitragen. Bitte schön. n t S n J S m l k H p i o d W v J l – a 8 8 L A A D B d G g (C (D Frau Zimmermann, Ihre Frage. (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Jetzt bin ich aber gespannt! – Laurenz Meyer [Hamm] [CDU/CSU]: Jetzt will sie die Großunternehmen verteidigen!)


(A) )


(B) )


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Zuhören!)


(Heinz-Peter Haustein [FDP]: So ist das!)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619621300
Andreas G. Lämmel (CDU):
Rede ID: ID1619621400
Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619621500


Sabine Zimmermann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619621600

Herr Lämmel, ist Ihnen bekannt, dass man als Unter-

ehmer bei der Kammer eine Freistellung von der Bei-
ragszahlung beantragen kann? Ich denke, das wissen
ie. Ist Ihnen aber auch bekannt, dass diese Freistellung
ur befristet ist und dass der Beitrag von der Kammer im
ahr darauf doppelt eingetrieben werden kann? Wissen
ie das?


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Das hat doch damit gar nichts zu tun!)



Andreas G. Lämmel (CDU):
Rede ID: ID1619621700

Wenn Sie es genau wissen wollen: Kleinstunterneh-

er und Existenzgründer sind generell von Beitragszah-
ungen befreit. Bei ihnen kann also niemand etwas ein-
lagen, sondern sie zahlen halt nichts.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


insichtlich der Unternehmen, die unter die Beitrags-
flicht fallen und Ausnahmeanträge stellen, muss man
m nächsten Jahr natürlich prüfen,


(Sabine Zimmermann [DIE LINKE]: Genau!)


b man bei diesen Ausnahmen bleiben kann. Das ist
och ganz logisch.


(Sabine Zimmermann [DIE LINKE]: Nein!)


enn Sie Ihren Parteibeitrag nicht zahlen, weil Sie zu
iele Ausgaben haben, kommt die Partei im nächsten
ahr und will den Rest wiederhaben. Das ist doch ganz
ogisch.


(Beifall bei der CDU/CSU – Philipp Mißfelder [CDU/CSU]: Die haben Milliarden! – Reinhard Schultz [Everswinkel] [SPD]: Es kann bei der Partei keine Zwangsmitgliedschaft geben!)


Zum Glück! Zumindest nicht bei den Linken.

Zu den Beiträgen habe ich etwas gesagt. Man muss
ber festhalten, dass jedes Mitglied der IHK – das sind
0 000 Unternehmen – stimmberechtigt ist. All diese
0 000 Unternehmen können ungeachtet ihrer Größe
eistungen von der IHK bekommen.

Zweitens: zur paritätischen Mitbestimmung. In Ihrem
ntrag fordern Sie die Einführung einer paritätischen
rbeitnehmermitbestimmung in den Kammergremien.
iese Diskussion ist nicht neu; das haben Sie gesagt.
islang ist dies in den Gremien nicht verwirklicht wor-
en. Aus meiner Sicht gibt es dafür verschiedene
ründe.

Die Mitbestimmung in den IHK-Gremien ließe sich
egebenenfalls damit begründen, dass die IHKs Unter-

21240 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008


(A) )



(B) )


Andreas G. Lämmel
nehmen auf der Basis des Gesamtinteresses beraten sol-
len. Ein Unternehmen besteht nicht nur aus den Eigentü-
mern, sondern auch aus den Mitarbeitern. Es stellt sich
aber die Frage, ob eine Institution wie die Industrie- und
Handelskammer, die schon jetzt ein ausgesprochen brei-
tes Interessenspektrum zu bedienen hat, wirklich noch
den Spagat der Einbindung der Arbeitnehmerinteressen
bewältigen kann.

Die IHKs dürfen sich nach dem IHK-Gesetz schon
heute nur an solchen Einrichtungen beteiligen, die der
Förderung der gewerblichen Wirtschaft innerhalb des
IHK-Bezirks dienen. Frau Zimmermann, Sie interessiert
das offensichtlich nicht so richtig. Ich habe den Ein-
druck, dass Sie dies schon alles wissen bzw. dass Sie
schon bei der Antragsstellung gewusst haben, dass es
einfach Unfug ist, was Sie sagen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Laurenz Meyer [Hamm] [CDU/CSU]: Das hat sie gewusst! Die ganze Zeit hat sie das gewusst!)


Drittens: zum Reformkonzept. Wer es mit der Quali-
tät der Arbeit der IHKs ernst meint, der muss deren Ar-
beit natürlich immer wieder hinterfragen; dazu komme
ich jetzt. Im Gegensatz zur Intention des Antrags der
Fraktion Die Linken hat dieses Haus, der Deutsche Bun-
destag, in der jüngeren Vergangenheit durchaus Kritik
verantwortungsvoll formuliert und daraus auch konkrete
Forderungen abgeleitet.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: So ist es!)


Ich erinnere an den Entschließungsantrag, der im
April 1998 zusammen mit dem IHK-Änderungsgesetz
von CDU/CSU, SPD und FDP verabschiedet wurde. Da-
mals wurde den Kammern aufgegeben, ihre Hausaufga-
ben in Sachen Beitrag, Effizienz und Transparenz inner-
halb der nächsten vier Jahre zu machen.

Was ist erreicht worden? Der Durchschnittsbeitrag
konnte seitdem deutlich gesenkt werden. Die Transpa-
renz der IHK-Finanzen wurde durch die Einführung der
kaufmännischen Buchführung anstelle der Kameralistik
deutlich erhöht. Viele IHKs – so auch die in Dresden –
veröffentlichen die Eckdaten ihrer geprüften Jahresab-
schlüsse. Die IHKs haben sich selbst darüber hinaus be-
reits vor Jahren Qualitätsstandards für ihre Arbeit gege-
ben, die regelmäßig unabhängig auditiert werden.

Meine Damen und Herren, wir sind uns in der Großen
Koalition – ich denke, überhaupt hier im Hohen Hause –
einig, dass die Kammern gemeinsam mit ihren Mitglie-
dern im Rahmen des Ausbildungspaktes hervorragende
Arbeit für unsere jungen Menschen geleistet haben. Die
Kammern sind unser Modell der Selbstverwaltung der
Wirtschaft, das wir vom Grundsatz her noch nie wirklich
infrage gestellt haben. Wir wollen sie nicht durch das
Anlegen eines Maulkorbs infrage stellen. Doch genau
darauf läuft der Antrag der Linken hinaus. Die Unions-
fraktion wird diesen Antrag der Linken ablehnen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


d

w
K
F

D
h
d
d
s
t
o
g
e

d
i
g
s
d
g
S

t

W

D
g
u
t
l
f
G
a
d
s
s
d

F
w
t
n

d
3

(C (D Das Wort hat jetzt der Kollege Ernst Burgbacher von er FDP-Fraktion. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich ill Sie nicht so lange auf die Folter spannen wie der ollege Lämmel und sage gleich zu Beginn: Auch die DP-Fraktion wird den Antrag der Linken ablehnen. Ich will das gerne kurz in einigen Punkten begründen. er zentrale Punkt Ihres Antrags scheint darin zu besteen – zumindest der Überschrift des Antrags zufolge –, ass Sie Betriebe bis zu 30 000 Euro Gewerbeertrag von en IHK-Beiträgen befreien wollen. Schon dabei stellen ich Fragen. 30 000 Euro Gewerbeertrag: Wonach richet sich das eigentlich? Darf es auch ein bisschen mehr der weniger sein? Diese Grenze ist völlig willkürlich ezogen. Womit wollen Sie das begründen? Sie können s nur mit einem einzigen Argument begründen. Auch wir wissen, dass viele unzufrieden sind und ass es eine ganze Menge Betriebe gibt – übrigens auch n ganz verschiedenen Größenordnungen –, die sich geen die Pflichtmitgliedschaft wehren. Sie sehen an dieer Stelle einen Bereich, von dem Sie glauben, darin wilern zu können. Aber ich glaube, darin haben Sie sich ewaltig getäuscht. Denn Sie gehen dabei zu plump vor. ie können nicht einfach willkürlich eine Grenze ziehen. Wir haben uns übrigens auf unserem Rostocker Pareitag 2006 intensiv mit der Materie befasst. ir haben wie alle anderen Parteien gestritten. (Laurenz Meyer [Hamm] [CDU/CSU]: Das haben wir mitgekriegt!)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1619621800

(Beifall bei der FDP)

Ernst Burgbacher (FDP):
Rede ID: ID1619621900

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Jörg van Essen [FDP]: Genau so ist es!)


as betrifft auch eine ganze Menge Punkte. Aber ich
laube, wir sind zu einer besseren Lösung gekommen. In
nserem Rostocker Beschluss fordern wir, dass – ich zi-
iere – „Kleinstbetriebe, die keinen originär gewerb-
ichen Charakter haben ..., auf Dauer von Beiträgen be-
reit werden“. Das ist sinnvoller, als willkürlich eine
renze einzuziehen. Es ist ein materielles Kriterium, das

uch deshalb Sinn macht, weil gewisse Dienstleistungen
er Kammern – zum Beispiel im Bereich der Außenwirt-
chaft – von diesen Betrieben bestimmt nicht in An-
pruch genommen werden. Insofern ist diese Unterschei-
ung sinnvoll.


(Beifall des Abg. Jörg van Essen [FDP])


Beim Thema Pflichtmitgliedschaft muss man die
rage stellen: Wie ist sie zu rechtfertigen? Wie können
ir rechtfertigen, dass wir dadurch die Freiheit von Un-

ernehmen einschränken? Dazu möchte ich zunächst ei-
ige Zahlen nennen.

Von den IHKs werden heute circa 850 000 Auszubil-
ende betreut und 290 000 Zwischenprüfungen sowie
30 000 Abschlussprüfungen abgenommen. Wenn das

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21241


(A) )



(B) )


Ernst Burgbacher
die Wirtschaft nicht in Selbstverantwortung macht, dann
muss es der Staat machen. Dann müssen wir uns fragen,
ob der Staat es besser oder preiswerter macht. Beides be-
zweifle ich.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Das spricht für die Pflichtmitgliedschaft.

Wir glauben, dass die Selbstverwaltung der Wirt-
schaft das besser, effizienter und kostengünstiger ma-
chen kann. Dann muss aber die Selbstverwaltung dazu in
die Lage versetzt werden. Mit Ihren Vorschlägen ist das
sicherlich nicht zu machen.


(Widerspruch bei der LINKEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, nun will ich aber
auch sehr deutlich sagen: Dass es Reformbedarf bei den
IHKs gibt, wird, glaube ich, von niemandem geleugnet.
Das ist republikweit übrigens sehr unterschiedlich, weil
wir unterschiedliche Wirtschaftsregionen haben. Die
Großunternehmen in vielen ländlichen Regionen, von
denen die Rede war, gibt es kaum. Die Unternehmen
sind durchweg mittelständisch strukturiert, und die IHK
leistet eine sehr wertvolle Aufgabe.

Wir mahnen Reformen an – dabei sind wir, die FDP-
Fraktion, übrigens auch im Gespräch mit dem DIHK –
und erwarten, dass die Bedenken der Mitglieder aufge-
nommen werden und darauf substanziell eingegangen
wird. Aber wir fordern nicht, die Pflichtmitgliedschaft
abzuschaffen.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Ich will zum Schluss noch einen Punkt ansprechen,
Frau Zimmermann, der völlig am System vorbeigeht. In
Ihrem Antrag heißt es: „Bei den Industrie- und Handels-
kammern wird eine qualifizierte Mitbestimmung einge-
führt.“ Das geht doch total an der Sache vorbei. Denn
damit verändern Sie den Charakter völlig. Wenn Sie das
machen würden, dann müssten wir uns wirklich die
Frage nach der Pflichtmitgliedschaft stellen – aber erst
dann.


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Ach, das ist ja interessant!)


In den Unternehmen gibt es Mitbestimmung und Be-
triebsverfassungen. Aber es wäre eine völlig system-
fremde Entscheidung, das in den IHKs einzuführen.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Sabine Zimmermann [DIE LINKE]: Bei der Handwerkskammer haben Sie das doch auch!)


Ich sage Ihnen sehr deutlich: In Ihrer gewohnt populisti-
schen Art versuchen Sie, irgendwelche Stimmungen auf-
zunehmen,


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Na, na!)


um sie manchen vielleicht oberflächlich als Lösungen
anzubieten. Damit werden Sie aber nicht landen.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das geht alles gegen die Wirtschaft!)


H
m
u

d

l
s

A
l
P
S
w
g
E
P
K
A
g

l
D
S
b

U
n

g
s
G
e
a
t
I
I
g
d
m
i
a
f
d
c

r

(C (D Wir müssen das Gespräch mit den Industrieund andelskammern führen. Vieles ist geschehen; Weiteres uss noch geschehen. An diesem Prozess werden wir ns konstruktiv beteiligen. Herzlichen Dank. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1619622000

Das Wort hat jetzt der Kollege Reinhard Schultz von

er SPD-Fraktion.


Reinhard Schultz (SPD):
Rede ID: ID1619622100

Verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kol-

egen! Der Antrag der Linkspartei hat etwas Wider-
prüchliches:


(Zuruf von der FDP: Das ist immer so!)


uf der einen Seite – das wurde auch in Ihrer Rede deut-
ich, Frau Zimmermann – sollen die Kammern und die
flichtmitgliedschaft erhalten bleiben, auf der anderen
eite sollen ihre Aufgaben auf solche der Selbstver-
altung reduziert und die staatlichen Aufgaben heraus-
enommen werden. Das Einzige, was nach einer
ntscheidung des Bundesverfassungsgerichts eine
flichtmitgliedschaft legitimiert, ist aber, dass eine
ammer als öffentlich-rechtliche Körperschaft staatliche
ufgaben wahrnimmt. Das heißt, beides gleichzeitig
eht nicht.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Richtig!)


Als besonders gutes Beispiel dafür, dass Sie die IHKs
oben, nennen Sie ihren Beitrag zur Berufsausbildung.
iese wiederum gehört zu den Aufgaben, die ihnen von
taats wegen übertragen worden sind. Insofern ist da ein
isschen


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Durcheinander!)


nruhe im Unterholz. Was Sie ausgearbeitet haben, ist
icht ganz konsequent.

Selbstverständlich gibt es unterschiedliche Erfahrun-
en mit IHKs. Das hängt immer auch mit Menschen zu-
ammen: Hat der Hauptgeschäftsführer den Laden im
riff, ist er eher dienstleistungsorientiert, oder lässt er

her abtropfen? Wir haben schon alles erlebt. Ich glaube
ber, dass seit der letzten Reform die Qualität der Indus-
rie- und Handelskammern deutlich zugenommen hat.
m Münsterland, wo ich selber tätig bin, bin ich mit der
HK Nordwestfalen in hohem Maße zufrieden. Früher
ab es sehr kritische Auseinandersetzungen. Seitdem ist
er Wasserkopf deutlich kleiner geworden, man hat
ehr in die Dienstleistung, in die Berufsausbildung und

n das Sachverständigenwesen gesteckt. Wir brauchen
nerkannte Sachverständige, um im Streitfall etwas prü-
en zu lassen. Auch in der Wirtschaftsförderung und in
er Unterstützung der Kommunen vor allem im ländli-
hen Raum leisten die IHKs gute Arbeit.

Natürlich kann man sich darüber ärgern, wenn ein eh-
enamtliches Mitglied eines IHK-Präsidiums, ein Unter-

21242 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008


(A) )



(B) )


Reinhard Schultz (Everswinkel)

nehmer, zwischendurch einmal nicht genau die Anzüge
trennen kann – das können wir auch nicht immer – und
den parteipolitischen Hammer herausholt. Das kommt
schon mal vor. Dass dabei die Linkspartei nicht gut weg-
kommt, muss sie wegstecken. Man muss dann dagegen-
halten; das ist auch uns schon passiert. Aber da hat sich
die Situation verändert. Natürlich ist einer öffentlich-
rechtlichen Körperschaft parteipolitische Zurückhaltung
zu empfehlen. Aber dies ist natürlich nicht für jeden ein-
zelnen Ehrenamtlichen gesetzlich vorzuschreiben; das
wäre geradezu albern.

Sie haben gesagt, mit der Pflichtmitgliedschaft be-
fasse sich sogar der Menschenrechtsgerichtshof in Straß-
burg. Das konnte ich nicht feststellen. Ich habe keine
einzige Quelle gefunden, die belegt, dass sich irgendje-
mand in Straßburg ernsthaft damit befasst, dass Men-
schenrechte dadurch verletzt würden, dass Unternehmen
in den IHKs Mitglied sein müssen.

Zu der Frage der Beitragsgerechtigkeit ist hier schon
vieles vorgetragen worden. De facto zahlen gut
50 Prozent der Unternehmen keine Beiträge, teilweise
temporär wie die Existenzgründer. Dass kein Unterneh-
men 20 Jahre lang Existenzgründer sein kann, liegt auf
der Hand. Dies gilt also nur in der Startphase; das ist ein
revolvierender Prozess. Die Kleinstgewerbetreibenden
zahlen definitiv keinen Beitrag.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Richtig, stimmt!)


Man kann natürlich darüber reden, ob sie immer wieder
einen Nachweis erbringen müssen oder ob die Beitrags-
befreiung unter bestimmten Voraussetzungen nicht auf
Dauer gilt, wie es Herr Burgbacher vorgetragen hat.

Unter dem Strich zahlen, wie gesagt, über 50 Prozent
keine Beiträge. Viel weiter kann man mit der Beitragsbe-
freiung kaum gehen, weil sonst die Größeren, Ertrags-
stärkeren die Beratungsdienstleistungen, das Prüfungs-
wesen usw. für alle anderen mitzutragen hätten. Es gibt
Grenzen des Zumutbaren, auch des rechtlich Zumutba-
ren, im Hinblick auf die Frage, ob zum Schluss nur noch
eine ganz kleine Gruppe von Unternehmen für alle ande-
ren sämtliche Leistungen zu finanzieren hat. Dies muss
man sehr genau gegeneinander abwägen. Bei über
50 Prozent wird diese Grenze nach meinem Dafürhalten
schon geschrammt.

Wir können und müssen natürlich auch weiterhin über
die Effizienz diskutieren. Der Aufwand, der dort getrie-
ben wird und der die Kosten produziert, muss immer
wieder auf den Prüfstand gestellt werden. Eine kritische
Aufgabenüberprüfung muss regelmäßig stattfinden. So
wie ich die Parteien, die sich damit befasst haben, kenne,
wird es in absehbarer Zeit eine kritische, aber zugleich
konstruktive Aufarbeitung – das wollen wir von der SPD
jedenfalls – geben. Es wird aber nicht dazu kommen,
dass wir die IHKs und die IHK-Mitgliedschaft infrage
stellen.

Eines unterscheidet uns allerdings von den Rednern
der CDU/CSU und der FDP: Ich wünsche mir, dass es
– wir werden uns dafür einsetzen – eine angemessene
Beteiligung der Mitarbeiter in allen IHK-Gremien gibt,
nicht nur in denen für das Prüfungswesen; darauf wurde

z
F
n
b
t
m

g
d
W
f
d
U
d
B
d
J
m
k

D
s

G
c
a

t
m
A
m
B
T
D
d

h
B

H
d
g
d
s

z
d
P

(C (D u Recht hingewiesen. Im Handwerk ist das bereits der all. Es leidet nicht darunter; das kann man wirklich icht behaupten. Im Gegenteil: Unternehmer und Mitareiter werden dadurch eher zusammengeschweißt. Das ut der Interessenvertretung letztendlich gut. Daran muss an bei der nächsten Reform arbeiten. Es wurde gesagt, die Betreffenden dürften sich nirendwo beteiligen, zum Beispiel nicht am Deutschen Inustrieund Handelskammertag. Das ist lächerlich. enn wir eine Selbstverwaltung organisieren, dann dür en sich die Betreffenden nicht zum Zweck der Stanardsetzung, der bundesweiten Interessenvertretung, der nterhaltung von Auslandskammern, die zum Großteil urch Mitgliedsbeiträge finanziert und zusätzlich vom und gefördert werden, zusammenschließen? Aber iese Auslandskammern sind ohne jede Frage nützlich. eder von uns, der eine Auslandsdelegationsreise geacht hat, hat Gespräche mit Vertretern der Auslands ammern geführt. (Laurenz Meyer [Hamm] [CDU/CSU]: Die Linken auch!)


iese sind sehr gut vernetzt. Sie sind der Lotse für deut-
che Unternehmen in den jeweiligen Ländern.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Jawohl, sehr richtig!)


erade der ertragsstarke Mittelstand ist vor Ort auf sol-
he Lotsen angewiesen. Das abzukoppeln, ist geradezu
lbern.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Unter dem Strich gibt es sicherlich immer etwas kri-
isch aufzuarbeiten. Das gilt für jede Organisation. Man
uss immer fragen: Sind die Organisationsform und der
ufwand im Hinblick auf den eigentlichen Zweck ange-
essen? Sind die Schwerpunkte richtig gesetzt? Ist die
eitragsgerechtigkeit noch gewahrt? Aber es darf keine
otalverrissdiskussion, sondern muss eine konstruktive
iskussion werden, die sowohl den Regionen als auch
en Unternehmen und ihren Mitarbeitern nutzt.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1619622200

Als letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt

at das Wort die Kollegin Kerstin Andreae von
ündnis 90/Die Grünen.


Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619622300

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Ich wehre mich vehement gegen den Vorwurf,
ass sich ausschließlich die Linke mit den Kammermit-
liedschaften befasst. Wir debattieren seit Jahren über
ieses Thema und versuchen, verschiedene Lösungsan-
ätze zu finden.

Die Ausgangslage ist klar – darauf ist das Augenmerk
u legen –: Die überwiegende Zahl der IHK-Mitglieder –
as betrifft vor allem kleine Betriebe – ist mit der
flichtmitgliedschaft unzufrieden. Diese Mitglieder stel-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21243


(A) )



(B) )


Kerstin Andreae
len infrage, ob ihre Interessen ausreichend berücksich-
tigt werden. Ineffiziente Strukturen einzelner Kammern
werden zu Recht kritisiert. Deswegen müssen wir die
Debatte über das Kammermodell der Zukunft ernsthaft
führen. Wir müssen auch über die Aufgaben der Kam-
mern reden. Aber der Antrag der Linken ist dafür keine
gute Grundlage; denn er ist widersprüchlich und teil-
weise falsch. Deswegen werden Bündnis 90/Die Grünen
diesen Antrag nicht unterstützen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Zu der Frage, wer noch Beiträge zahlt und wie hoch
die Beiträge sind, hat der Kollege Schultz aus meiner
Sicht alles gesagt. Ich sehe die Problematik der Balance
zwischen Interessen und einer angemessenen Vertretung.
Wenn Sie aber fordern, dass allen Unternehmen bis zu
einer Grenze von 30 000 Euro Gewerbeertrag pro Jahr
eine beitragsfreie Mitgliedschaft zu gewähren ist, dann
müssen Sie aufpassen, welche Folgen das hat und wer
dann tatsächlich noch beitragspflichtiges Mitglied ist.

Über die hoheitlichen Aufgaben, die die Kammern
übernehmen, wurde bereits viel gesprochen. Es gibt im
Prinzip drei Möglichkeiten: Entweder erledigt der Staat
selbst die Aufgaben – das ist nicht unser Modell –, oder
man beleiht jemanden. Das heißt, irgendjemand – in der
Regel handelt es sich um einen Privaten – übernimmt
diese Aufgabe. Aber auch das muss man infrage stellen.
Insofern ist die Selbstverwaltung der Kammern eine Or-
ganisationsform, über die wir zwar diskutieren und die
wir weiterentwickeln, bei der wir aber im Grundsatz
bleiben sollten; denn die Selbstverwaltung nimmt die
Wirtschaft in die Verantwortung.

Ich will ein Beispiel nennen. Alle haben über die Not-
wendigkeit der Kammern im Hinblick auf die Berufsaus-
bildung und die Berufsbilder geredet. Über diese Auf-
gabe der Kammern wird immer wieder diskutiert. Wir
Grünen haben ein Modell vorgeschlagen, das
„Dual plus“ heißt. Dabei geht es um die Frage, wie wir
neue Ausbildungsformen entwickeln und neue Initia-
tiven in der Ausbildung voranbringen können. Sie sagen,
wir hätten heute schon überbetriebliche Ausbildung und
diese solle weiterentwickelt werden. Wir wollen alle Be-
triebe mit ihren speziellen Kompetenzen in diese überbe-
triebliche Ausbildung einbinden, und es sind nun einmal
die Kammern, die die überbetrieblichen Ausbildungs-
stätten finanzieren. Eine Weiterentwicklung müsste ge-
meinsam mit den Kammern erfolgen.

Ich nenne Ihnen ein Beispiel. Es gibt eine überbe-
triebliche Ausbildungsstätte, die eine Kollegin von mir
jüngst besucht hat. Da werden junge Automechaniker
und -mechanikerinnen, wenn es letztere denn gibt, mit
Reparaturen von Hybridmotoren betraut. Das können
diese nicht überall lernen, wohl aber in dieser überbe-
trieblichen Ausbildungsstätte. So etwas organisieren die
Kammern. Wir glauben, dass das zu den Aufgaben der
Kammern gehört.

Als Fazit möchte ich drei Bereiche ansprechen. Na-
türlich stehen wir, die Politik, immer wieder vor der
Aufgabe, uns kritisch, aber auch konstruktiv mit den

K
d
A
s
h
t
P
w
d
i
l
a
z
d
D
W
k

D
u
D

(C (D ammern auseinanderzusetzen sowie die Aufgaben und ie Weiterentwicklung der Aufgaben zu diskutieren. uch die Unternehmen selber sind hier in der Pflicht, ich aktiver zu engagieren – die geringe Wahlbeteiligung aben Sie angesprochen – und die eigene Interessenverretung zu stärken. Schließlich sind die Kammern in der flicht. Natürlich müssen die Kammern den betriebsirtschaftlichen Nutzen einer Mitgliedschaft immer wieer erklären. Hier gibt es teilweise Strukturen – das habe ch anfangs gesagt –, die nicht gut sind. Die Situation ist okal sehr unterschiedlich. Das müssen wir uns genau nschauen. Die Kammern sind in einem Erklärungswang. Aber grundsätzlich glauben wir, dass ein Modell er Selbstverwaltung, wie es jetzt besteht, richtig ist. eswegen werden wir Ihrem Antrag nicht zustimmen. ir sind aber durchaus der Meinung, dass wir noch Dis ussionsbedarf haben. Vielen Dank. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1619622400

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 16/6357 an den Ausschuss für Wirtschaft
nd Technologie vorgeschlagen. Gibt es Widerspruch? –
as ist nicht der Fall. Dann ist so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 10 a bis 10 d auf:

a) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zum ordnungspolitischen Rahmen der Kran-
kenhausfinanzierung ab dem Jahr 2009

(Krankenhausfinanzierungsreformgesetz – KHRG)


– Drucksachen 16/10807, 16/10868 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Gesundheit (14. Ausschuss)


– Drucksache 16/11429 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Frank Spieth

– Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss)

gemäß § 96 der Geschäftsordnung

– Drucksache 16/11433 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Norbert Barthle
Ewald Schurer
Dr. Claudia Winterstein
Roland Claus
Omid Nouripour

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(14. Ausschuss)

Bahr (Münster), Heinz Lanfermann, Dr. Konrad

21244 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008


(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
Schily, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der FDP

Verbesserung der Finanzsituation der Kran-
kenhäuser

– Drucksachen 16/9057, 16/11430 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Eike Hovermann

c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(14. Ausschuss)

Spieth, Dr. Martina Bunge, Klaus Ernst, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Aktuelle Finanznot der Krankenhäuser been-
den

– Drucksachen 16/8375, 16/11432 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Eike Hovermann

d) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(14. Ausschuss)

Dr. Harald Terpe, Birgitt Bender, Elisabeth
Scharfenberg, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Krankenhäuser zukunftsfähig machen

– Drucksachen 16/9008, 16/11431 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Eike Hovermann

Es liegen ein Entschließungsantrag der Fraktion der
FDP und ein Entschließungsantrag der Fraktion Die
Linke vor. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist
für die Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen.
Gibt es Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann ist
das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Red-
nerin der Bundesministerin Ulla Schmidt das Wort.


(Beifall des Abg. Wolfgang Zöller [CDU/ CSU])



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1619622500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der

vorliegende Gesetzentwurf ist ein gutes Gesetz für die
Krankenhäuser, für die Beschäftigten und für die Patien-
tinnen und Patienten. Wir fällen mit dem Gesetz wich-
tige strukturelle Entscheidungen für die Zukunft: für die
Grundsätze der Honorierung, für die künftige Investi-
tionsförderung, für die Ausrichtung auf einen Bundesba-
sisfallwert, wenn auch mit einer Bandbreite, und für die
Weiterentwicklung in der Pflege und in der Psychiatrie.

Die Krankenhäuser erhalten im zu Ende gehenden
Jahr rund 2 Milliarden Euro mehr als im Jahr 2007. In
2009 erhalten sie allein von der gesetzlichen Kranken-
versicherung 3,5 Milliarden Euro zusätzlich. Das ist zu-
sammen mehr als die 5 Milliarden Euro, welche den
Krankenhäusern in dem Fünfjahreszeitraum von 2002

b
a
5
K

r
c
F
P
d
t
n

c
t
K
s
s
J
M
1
f

W
P
d
n
i
k
F
t

ä
M

w
w
a
d
r

d
v
g
b
t

A
w
w
d
v

(C (D is 2007 zusätzlich zugeflossen sind. Insgesamt fließen us Beiträgen der gesetzlich Versicherten mehr als 6 Milliarden Euro im kommenden Jahr in die deutschen rankenhäuser. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dieses Gesetz und die Entscheidung der Bundesregie-
ung zum Beitragssatz der gesetzlichen Krankenversi-
herung im kommenden Jahr sichern eine angemessene
inanzierung der Betriebskosten und insbesondere der
ersonalkosten in den Krankenhäusern. Ich hoffe sehr,
ass die Länder ihrer Verpflichtung in puncto Investi-
ionsfinanzierung endlich mit gleicher Konsequenz
achkommen werden.


(Beifall bei der SPD)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit den zusätzli-
hen Milliarden können die Krankenhäuser Personalkos-
en finanzieren, die tariflich vereinbart worden sind. Die
rankenkassen und die Krankenhäuser erhalten gemein-

am den Auftrag, die seit langem bestehende Zusage zu-
ätzlicher Mittel in Höhe von 3,5 Milliarden Euro im
ahr 2009 in Verhandlungen konsequent umzusetzen.

it dem Gesetz werden Mittel bereitgestellt, um knapp
7 000 zusätzliche Pflegekräfte in den Krankenhäusern
inanzieren zu können.


(Beifall bei der SPD)


ir haben entschieden, dass die Krankenkassen diese
ersonalstellen zu 90 Prozent finanzieren. Das Entschei-
ende ist, dass diese – zusätzlich finanzierten – Stellen
ach drei Jahren in die Fallpauschalen eingehen und dass
n dieser Zeit erarbeitet wird, welche Bereiche im Kran-
enhaus besonders pflegeintensiv sind und wo bei den
allpauschalen zusätzliche Anforderungen berücksich-

igt werden müssen.

Wir müssen den Pflegebedürfnissen von immer mehr
lteren Menschen, von immer mehr multimorbiden
enschen, die im Krankenhaus nach dem Grundsatz

ambulant vor stationär“ behandelt werden – dadurch
erden die Behandlungen dort aufwendiger –, gerecht
erden. Für uns ist es ein wichtiger Schritt, darauf zu re-

gieren; denn eine gute Versorgung im Krankenhaus be-
eutet eine gute medizinische und auch eine gute pflege-
ische Versorgung.

Dieser Schritt wird auch den wachsenden Problemen
er Pflegekräfte im Krankenhaus – die Arbeitsbelastung
erdichtet sich sehr – gerecht. Wir wollen, dass diejeni-
en, die im Krankenhaus als Pfleger oder Pflegerinnen
eschäftigt sind, vernünftige Arbeitsbedingungen erhal-
en, damit sie im Beruf bleiben.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ußerdem wollen wir, dass es sich für junge Menschen
ieder lohnt, sich für diesen Beruf zu entscheiden; denn
ir müssen in den kommenden Jahren – ich verweise auf
as, was das Statistische Bundesamt in dieser Woche
eröffentlicht hat – mehr als 500 000 neue Pflegestellen

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21245


(A) )



(B) )


Bundesministerin Ulla Schmidt
besetzen. Damit das gelingt, müssen wir mit vernünfti-
gen Bedingungen werben können.


(Beifall bei der SPD)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, ferner wird eine
dringend notwendige, leistungsgerechte Investitions-
finanzierung vorbereitet. Deutsche Krankenhäuser sind
in vielen Bereichen mit Hightechunternehmen zu ver-
gleichen. 25 Prozent der Betriebskosten werden – das
sagt jeder Experte – durch notwendige Investitionen be-
einflusst. Wer den hohen Standard in den Krankenhäu-
sern erhalten will, der muss kontinuierlich und planbar
dafür sorgen, dass auch besondere Ausstattungsinvesti-
tionen refinanziert werden und dass die Ausstattungsin-
vestitionen – neben der Finanzierung der Behandlungs-
kosten – auf Dauer gewährleistet sind, sodass die
Krankenhäuser planen können. Hier sind die Bundeslän-
der in der Pflicht. Ich erwarte in den kommenden Mona-
ten eine konstruktive Zusammenarbeit bei der Weiterent-
wicklung der Investitionsfinanzierung.

Die Politik der Bundesländer, die darauf ausgerichtet
ist, haushaltspolitische Zwänge zulasten der Kranken-
häuser umzusetzen, muss ein Ende haben. Stattdessen
sollte in den Pflegebereich investiert werden: Er ist auch
für die Bundesländer – nicht nur im Hinblick auf eine
gute medizinische Versorgung als Teil der Daseinsvor-
sorge, sondern auch im Hinblick auf Förderung des
Wachstumsmarktes Nummer eins – wichtig. Auf diesem
Markt muss Beschäftigung gesichert und ausgebaut wer-
den.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Jeder Euro, der in die gesetzliche Krankenversiche-
rung fließt, ist von Menschen hart erarbeitet worden; sie
müssen nämlich die Beiträge zahlen. Auch deshalb gilt
es, das Prinzip umzusetzen, Beitragsgelder nur in hohe
Qualität und nur dort, wo sie wirklich gebraucht werden,
zu investieren; denn kein Beitragszahler hat etwas zu
verschenken.

Ich bin davon überzeugt, dass Beitragszahler einen
Anspruch darauf haben, dass sich die Krankenhausma-
nager anstrengen. Es ist nicht nur eine Frage des Geldes,
sondern auch eine Frage der Organisation der Arbeitsab-
läufe in den Kliniken, des Abbaus von Hierarchien und
des vernünftigen Einsatzes aller Qualifikationen. Es ist
Aufgabe der Krankenhäuser, sich nicht nur um eine gute
Qualität der Versorgung, sondern auch um Wirtschaft-
lichkeit zu bemühen. Hier besteht neben dem, was die
Krankenkassen machen und was die Länder zu tun ha-
ben, ein Potenzial: Auch die Krankenhäuser selbst sind
in der Pflicht.

Sie alle wissen es – Sie können es sehen, wenn Sie
Krankenhäuser besuchen –: Wir haben hervorragend ar-
beitende Häuser in unterschiedlicher Trägerschaft. Es
gibt Krankenhäuser in kirchlicher Trägerschaft, in kom-
munaler Trägerschaft und in privater Trägerschaft. Die
Häuser, die wirklich hervorragend arbeiten, erreichen
zum größten Teil positive Abschlüsse. Ich bin der Auf-
fassung, dass diese Krankenhäuser als Benchmark für
andere Krankenhäuser in Deutschland dienen sollen.

z
d
e
E
lo
O
2
d
D
d
W

r
c
u
g

E
d
v

d
k
i
c
B
f

b
D

c

d
K
K
z
m



d
d
m
v
m

(C (D In Zukunft wird der Zuwachs der den Krankenhäusern ufließenden Mittel nicht mehr alleine durch den Anstieg er Grundlohnrate bestimmt. Wir sind fest entschlossen, inen neuen Maßstab zu entwickeln, der besser auf die rfordernisse der Krankenhäuser eingeht als die Grundhnsummenanbindung. Mit der Einführung des neuen rientierungswertes, der jetzt erarbeitet wird, fällt ab 011 der bisherige Deckel weg. Es wird individuell auf ie Besonderheiten eines Krankenhauses eingegangen. as ist ein wichtiger Aspekt der Sicherung der Zukunft er Krankenhäuser. Das wird mit diesem Gesetz auf den eg gebracht. Ich habe Hochachtung vor den vielen Tausend Pflegeinnen und Pflegern in den Krankenhäusern, dem ärztlihen Personal und all denjenigen, die sich Tag für Tag m eine effiziente und hochwertige Krankenhausversorung bemühen; ich möchte mich bei ihnen bedanken. s sollte eine gemeinsame Aufgabe aller Beteiligten in en deutschen Krankenhäusern sein, die Krankenhausersorgung fortzuentwickeln. Der Gesetzentwurf enthält die geplante Verbesserung es Honorarsystems für die psychiatrischen Fachkranenhäuser und Fachabteilungen. Für diese Bereiche soll n den kommenden Jahren ein Honorarkonzept entwikelt werden, das so belastbar ist wie heute die DRGs im ereich der somatischen Erkrankungen. Mit dieser Re ormoption – – Frau Minister, entschuldigen Sie, dass ich Sie unter reche. Erlauben Sie eine Zwischenfrage der Kollegin ağdelen? Ich hätte zwar gerne den Satz noch zu Ende gespro hen, aber jetzt lasse ich sie fragen. – Bitte schön. Bitte schön. Vielen Dank, Frau Ministerin. – Sie haben sich bei en Krankenpflegerinnen und Krankenpflegern, bei den rankenschwestern für die Arbeit bedankt, die sie in den rankenhäusern leisten. Nun ist es nichts Neues, dass es wischen Fremdeinschätzung und Selbsteinschätzung anchmal eine Kluft gibt. Ich komme zu meiner Frage. Immer mit der Ruhe! Ich möchte fragen: Wie erklären Sie sich eigentlich, ass die Pflegerinnen und Pfleger und vor allen Dingen ie Krankenschwestern, wenn ich in Krankenhäusern in einem Wahlkreis, in Bochum, in Herne und auch in ielen anderen Städten in Nordrhein-Westfalen war, imer wieder gesagt haben, dass der vorliegende Gesetz 21246 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 Sevim Daðdelen Sevim Dağdelen entwurf der Bundesregierung – das gilt auch für die heute vorliegende Fassung, die Änderungen gegenüber dem ersten Entwurf enthält – (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Wann kommt die Frage?)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1619622600
Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1619622700
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1619622800
Sevim Dağdelen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619622900

(Zuruf von der CDU/CSU: Frage!)


(A) )


(B) )


in keiner Weise den Bedürfnissen der Pflegerinnen und
Pfleger sowie der Krankenschwestern gerecht wird?
Zwar sehen sie in dem Gesetzentwurf eine Verbesse-
rung; aber sie sind sich alle einig – –


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Ist das jetzt eine Frage oder nicht? – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Kommt jetzt eine Frage? – Zurufe von der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1619623000

Frau Kollegin!


Sevim Dağdelen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619623100

Wie erklärt es sich, dass die Bundesregierung trotz-

dem versucht, das als einen Erfolg und als ein gutes Pro-
jekt zu bezeichnen – –


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1619623200

Frau Kollegin Dağdelen, Sie sollen kurz und präzise

fragen und keine Rede halten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)



Sevim Dağdelen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619623300

Ich halte keine Rede. Ich frage mich nur: Wie kann es

sein, dass ich 1 600 Unterschriften erhalten habe – ich
habe sie dabei und möchte sie im Anschluss an Sie wei-
tergeben –,


(Zurufe von der CDU/CSU und der SPD: Oh nein!)


mit denen zum Ausdruck gebracht werden soll, dass das
vorliegende Gesetz nicht den Bedürfnissen der Pflege-
rinnen und Pfleger entspricht?


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1619623400

Die Zwischenfrage ist nicht dazu da, eine Aktion zu

starten, Frau Kollegin Dağdelen. Sonst muss ich Ihnen
das Wort entziehen.


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1619623500

Frau Kollegin, es ist ein besonderes Phänomen im

Gesundheitswesen, dass im kommenden Jahr aus Bei-
tragsgeldern 3,5 Milliarden Euro mehr in den Kliniken
fließen und trotzdem von Funktionären, auch in den
Krankenhäusern, eine Stimmung verbreitet wird, als
handele es sich um eine Kürzung der bisherigen Zuwen-
dungen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Es wird ja auch propagiert, es werde Geld gekürzt,
und dann ist doch klar, dass die Beschäftigten glauben,
sie bekämen weniger als bisher. Die Regelungen in die-

s
d
v
s
d
P

I
h
d

a
7
l
b
e
e
d

e
P
w
k
s
d
k
i
i
a
w

k

u
h
h
a

W
d
n
g
e
ti
o

(C (D em Krankenhausfinanzierungsreformgesetz sind mit er Pflege abgestimmt. Wir haben einen Pflegegipfel eranstaltet. Wir brauchen keine Proteste zu sammeln, ondern die Bundesregierung setzt sich mit denjenigen, ie Probleme haben, an einen Tisch und versucht, die robleme zu lösen. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Wir haben die Probleme hier auf dem Tisch!)


hr Kollege hat vor einer Stunde hier gegen die Erhö-
ung der Beiträge gewettert, die wir aber brauchen, um
as finanzieren können.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Wir haben auch auf die Pflege Rücksicht genommen,
ls uns gesagt wurde: Das ist eine gute Idee von euch,
0 Prozent refinanzieren, 21 000 Stellen. Wir haben viel-
eicht Probleme in den Krankenhäusern, und es wäre
esser, ihr würdet höher finanzieren, damit tatsächlich
ingestellt wird. – Das ist der Grund dafür, dass wir in
inem Änderungsantrag gesagt haben: Ja, wir wollen,
ass Pflege entlastet wird.

Insofern, Frau Kollegin, kann ich sagen: Wir hatten
inen Pflegegipfel, wir haben alles mit dem Deutschen
flegerat besprochen. Der Deutsche Pflegerat, die Ge-
erkschaft Verdi und andere aus Wissenschaft, Kran-
enhäusern und Krankenkassen sind bei uns beteiligt,
odass wir gemeinsam Lösungen finden, etwa dazu, wie
ie neuen Pflegestellen in die Fallpauschalen einfließen
önnen, ob Pflege dort berücksichtigt ist. Deshalb bitte
ch Sie, beim nächsten Mal, wenn Sie erzählen, was alles
n diesem Gesetz steht, die Pflegekräfte zu beruhigen,
nstatt Menschen aufzuhetzen. Damit wird man dem,
as hier gemacht wird, nicht gerecht.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1619623600

Frau Ministerin, ich bitte Sie, bald zum Schluss zu

ommen.


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1619623700

Ich bin schon fast am Schluss. – Liebe Kolleginnen

nd Kollegen, der Gesetzentwurf eröffnet den Kranken-
äusern neue Chancen, weil wir über die Finanzierung
inaus auch zukunftsweisende Strukturveränderungen
uf den Weg bringen.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: So ist es!)


ir wollen, dass die Arbeit angemessen bezahlt wird,
ass Beschäftigung gesichert wird und neue Qualifikatio-
en ermöglicht werden. Das dient einer besseren Versor-
ung der Patientinnen und Patienten, und das ist das
ntscheidende Ziel der Bundesregierung und der Koali-
on. Wir möchten, dass kranke Menschen in Deutschland
ptimal behandelt werden.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21247


(A) )



(B) )


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1619623800

Zu einer Kurzintervention erteile ich das Wort dem

Kollegen Frank Spieth.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Der redet doch noch! Der hat doch noch Redezeit!)



Frank Spieth (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619623900

Kollege Spahn, es ist in der Tat so, dass ich noch eine

Rede halte, aber ich habe keine Lust, meine Redezeit mit
einer Entgegnung auf eine Falschdarstellung zu ver-
schwenden. Deshalb muss ich die Möglichkeit haben,
hier zu entgegnen, wenn ich falsch zitiert werde.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Sie hat Sie gar nicht zitiert!)


Frau Ministerin, Sie haben eben behauptet, ich hätte
vorhin gesagt, wir würden die zusätzlichen Leistungen
für die Krankenhäuser ablehnen; weil wir die Beitrags-
erhöhung kritisieren, würden wir faktisch auch die Leis-
tungen ablehnen.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Das hat sie überhaupt nicht gesagt! Sie drehen ihr das Wort im Mund herum!)


Genau das Gegenteil habe ich gesagt. Ich habe gesagt:
Wir begrüßen sehr wohl, dass mehr Geld für Kranken-
häuser und für Ärzte bereitgestellt wird.


(Max Straubinger [CDU/CSU[: Aber Sie verurteilen die Beitragserhöhung! Sie haben die Beitragserhöhung kritisiert!)


Wir sind allerdings dagegen, dass dies so unsolidarisch
und unsozial finanziert wird wie über diesen Gesund-
heitsfonds. Das war mein Petitum.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1619624000

Frau Ministerin, bitte schön!


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1619624100

Herr Kollege, ich habe eben darauf hingewiesen, dass

man sich auch als Opposition einmal entscheiden muss.
Man kann über grundsätzliche Reformen nachdenken,
aber in der Zwischenzeit, bis man zu grundsätzlichen
Reformen kommt, wozu man auch Mehrheiten braucht,
muss man durch Reformen das System funktionsfähiger
machen und auch die Finanzierung nachhaltig verbes-
sern. Man kann nicht den Beschäftigten sagen: Weil wir
unsere Idealform einer Krankenversicherung noch nicht
haben, können wir auch keine zusätzlichen Leistungen
finanzieren.

Ich habe Ihre Kollegin darauf hingewiesen, dass Sie
uns heute Nachmittag bei der Debatte um den Gesund-
heitsfonds noch dafür kritisiert haben, dass wir den Bei-
tragsatz auf 15,5 Prozent angehoben haben. Die Erhöhung
brauchen wir aber, wenn wir die Mehraufwendungen
finanzieren wollen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


D
a
e
d
b

W
f

F

K
g
S
h
f
n

s
d
k
W
e
o
d
F
W
r

V
K

W
b
G
s
s
F
2
d
b
A
h
D
s
t
e

(C (D a kann man nicht sagen: Wir wollen mehr Leistungen, ber über Geld reden wir nicht. Vielmehr machen wir uch von der Regierung dafür nieder, dass ihr auch noch arauf hinweist, dass man Geld für die Finanzierung raucht. – Wir sind eben solide. (Lachen der Abg. Daniel Bahr [Münster] [FDP] und Frank Spieth [DIE LINKE])


enn wir etwas zusagen, sorgen wir auch dafür, dass es
inanziert werden kann.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1619624200

Das Wort hat jetzt der Kollege Daniel Bahr von der

DP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Daniel Bahr (FDP):
Rede ID: ID1619624300

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Das Gesundheitswesen ist der größte Arbeit-
eber in Deutschland. In vielen Regionen, in vielen
tädten ist ein Krankenhaus der größte Arbeitgeber. Die
ohe Anzahl an Beschäftigten in einem Krankenhaus
ührt dazu, dass etwa 60 bis 70 Prozent der Kosten in ei-
em Krankenhaus Personalkosten sind.

Frau Ministerin Schmidt hat zu Recht darauf hingewie-
en, dass Krankenhäuser Hightechunternehmen sind, dass
as Gesundheitswesen angesichts einer alternden Bevöl-
erung ein Wachstumsmarkt ist. Nur nennen Sie mir einen
achstumsmarkt, der sein Wachstumspotenzial wirklich

ntfalten kann, wenn er staatlich bzw. planwirtschaftlich
rganisiert wird! Genau das ist das Problem. Sie geben
em Wachstumsmarkt Gesundheitswesen gar nicht die
reiheiten, die das Gesundheitswesen braucht, um seine
achstumspotenziale angesichts einer alternden Bevölke-

ung entfalten zu können.


(Beifall bei der FDP)


Mit immer mehr Vorgaben, mit immer detaillierteren
orgaben, mit immer mehr Bürokratie nehmen Sie den
rankenhäusern die Freiheitsgrade.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Das muss finanziert werden!)


arum beschweren sich denn die Pflegekräfte? Warum
eschweren sich denn die Ärzte? Sie erleben täglich im
esundheitswesen und insbesondere in den Krankenhäu-

ern, dass sie mit ihrer Arbeit immer weniger zufrieden
ind, dass sie immer unmotivierter sind. Das sind die
olgen Ihrer Politik, Frau Schmidt. Sie sind seit Januar
001 Gesundheitsministerin. Sie können sich nicht aus
er Verantwortung stehlen. Sie haben seit mindestens sie-
en Jahren die Verantwortung für die Gesundheitspolitik.
ll die Maßnahmen, über die wir gleich noch diskutieren,
aben Sie als Gesundheitsministerin zu verantworten.
ass die Motivation derer, die im Gesundheitswesen tätig

ind, so gering ist bzw. absinkt, kommt daher, dass sie
agtäglich erleben, dass sie immer weniger Zeit für ihre
igentliche Aufgabe, nämlich die Versorgung der Patien-

21248 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008


(A) )



(B) )


Daniel Bahr (Münster)

ten, zur Verfügung haben. Das fällt auch in Ihre Verant-
wortung.


(Beifall bei der FDP – Dr. Margrit Spielmann [SPD]: Und die Verantwortung der Länder, Herr Bahr?)


Sie steigen in adventlicher Zeit geradezu wie ein En-
gel vom Himmel herunter,


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Oh!)


schütten das Füllhorn aus und versprechen den Kranken-
häusern mehr Geld. Wir wollen uns einmal anschauen,
Engel Ulla, wie die Maßnahmen der letzten Jahre aussa-
hen. Was wurde denn hier beschlossen?


(Ute Kumpf [SPD]: Man muss kein Engel sein, um Gutes zu tun!)


Die Krankenhäuser wurden mit vielem belastet: Um-
stellung auf die diagnosebezogenen Fallpauschalen,
Abschaffung der Ausbildungsstufe „Arzt im Praktikum“,
Mehrwertsteuererhöhung ohne entsprechenden Aus-
gleich, Energiekostensteigerung, Verbot von Naturalrabat-
ten für Arzneimittel, Neueinstellung von Ärzten aufgrund
der Umsetzung des Arbeitszeitgesetzes, Anschubfinanzie-
rung für die integrierte Versorgung – auch diese entzog
den Krankenhäusern zunächst Geld. Nach den Belastun-
gen der letzten Jahre kommt man bei der jüngsten
Gesundheitsreform nicht etwa auf die Idee, den Kranken-
häusern mehr Spielräume zu eröffnen und mehr Geld zu
geben.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Von der Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge hört man gar nichts!)


Nein, zu Beginn der Legislaturperiode haben Sie von
Schwarz-Rot darüber hinaus beschlossen, den Kranken-
häusern mittels eines Sondersparopfers noch zusätzlich
Geld wegzunehmen: Von jeder Rechnung, die ein Kran-
kenhaus stellte, mussten 0,5 Prozent abgezogen werden.
Das war Ihre Antwort auf die Mehrbelastung der Kran-
kenhäuser in den letzten Jahren.


(Beifall bei der FDP)


Jetzt tun Sie hier so, als ob Sie Geschenke verteilen und
den Krankenhäusern etwas Gutes tun, indem Sie ihnen
3,5 Milliarden Euro mehr versprechen. Dabei geben Sie
den Krankenhäusern gerade einmal anteilig das zurück,
was Sie den Krankenhäusern durch die Mehrbelastungen,
die Sie ihnen in den letzten Jahren aufgebürdet haben, ge-
nommen haben. Das, meine Damen und Herren, ist nicht
die Verlässlichkeit, die Hightechunternehmen in einem
Wachstumsmarkt brauchen.


(Beifall bei der FDP)


Das ist vielmehr eine Gesundheitspolitik, bei der nach
politischem Gusto zugeteilt wird.

Schauen wir uns die Maßnahmen einmal konkret an!
Sie versprechen, mehr Geld für Pflegekräfte zu geben.


(Willi Zylajew [CDU/CSU]: Tun wir ja!)


N
b
g
P
D
S
t
s

S
s
J
d
d
h
z
z
k
h

d
a
w

D
g
a
t
f
s
t
a
h
s

u
K
g
n
Ä
h
d
g
d
f
A

G
l
s
c
h

(C (D atürlich gibt es Krankenhäuser, die Pflegestellen abgeaut haben. Natürlich gibt es auch Krankenhäuser, die ar keine finanziellen Möglichkeiten haben, um neue flegestellen zu schaffen. Das bestreiten wir ja gar nicht. iese Probleme sehen wir teilweise auch. Nur bestrafen ie jetzt die Krankenhäuser, die in den letzten Jahren rotz wirtschaftlich schwieriger Situation keine Pflegetellen abgebaut haben. ie fördern nämlich nur die, die neue Pflegestellen chaffen. Das heißt, ein Krankenhaus, das in den letzten ahren Pflegestellen abgebaut hat, bekommt jetzt Geld afür, dass es diese wieder aufbaut. Ein Krankenhaus, as trotz schwieriger Situation keine Stellen abgebaut at, in dem die Mitarbeiter vielleicht auch auf Geld verichtet haben, um einen Beitrag zum Erhalt der Stellen u leisten, profitiert jetzt nicht davon. Ist das Verlässlicheit? Ist das im Sinne der Unterstützung der Krankenäuser? Ich meine, nein. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Willi Zylajew [CDU/CSU]: Lesen!)


(Willi Zylajew [CDU/CSU]: Das stimmt nicht!)


Das Sparopfer, das ich eben erwähnt habe, macht für
ie Krankenhäuser genau 220 Millionen Euro pro Jahr
us. So viel haben Sie den Krankenhäusern pro Jahr
eggenommen.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Sagen Sie, was die Krankenhäuser weniger ausgeben müssen!)


as Geld, das Sie den Krankenhäusern jetzt für die Pfle-
estellen versprechen, macht genau 230 Millionen Euro
us. Das heißt, was Sie hier vollmundig als eines Ihrer
ollen Programme, als Pflegestellenprogramm, verkau-
en, ist nichts anderes als der Versuch, den Krankenhäu-
ern das Geld wiederzugeben, das Sie ihnen in den letz-
en Jahren jeweils weggenommen haben. Das erfolgt
uch noch staatsdirigistisch, statt dass Sie den Kranken-
äusern die Freiheit lassen, das Geld so auszugeben, wie
ie es für sinnvoll halten.

Möglicherweise – das weiß ich aus vielen Besuchen,
nd Ihnen wird es genauso gehen – brauchen manche
rankenhäuser wegen der Neuregelung des Arbeitszeit-
esetzes eher neue Ärzte, die sie auf dem Markt häufig
icht mehr finden, weil dieser leergefegt ist oder die
rzte nicht bereit sind, im Krankenhaus zu arbeiten. Das
eißt, hier fördern Sie nur mit einem Programm. Nach
er Logik müssten Sie im nächsten Jahr das nächste Pro-
ramm auflegen, ein 5 000-Ärztestellen-Programm,
ann ein Programm für die Dokumentare und noch eines
ür die Verwaltung. Das sind alles planwirtschaftliche
nsätze, dirigistische Vorgaben.


(Jörg van Essen [FDP]: Genau so ist es!)


eben Sie den Krankenhäusern die finanziellen Mög-
ichkeiten! Das kann und sollte ein scharfer Wettbewerb
ein. Aber die Krankenhäuser sollten die größtmögli-
hen Freiheiten haben, um in diesem Wettbewerb beste-
en zu können.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21249


(A) )



(B) )


Daniel Bahr (Münster)


(Beifall bei der FDP – Jens Spahn [CDU/ CSU]: Sie können jederzeit jemanden einstellen!)


Nach der Einführung des Einheitsbeitragssatzes für
die Krankenkassen und der Einheitsabgabepreise bei
Arzneimitteln wollen Sie diesen Weg jetzt noch weiter
gehen, indem Sie Einheitspreise bei der Vergütung für
Krankenhäuser vorgeben. Sie haben vom Einheitsbasis-
fallwert gesprochen.


(Ulla Schmidt, Bundesministerin: Bundesweit!)


– Genau, bundesweit. – Ist das sinnvoll? Sind nicht die
Unterschiede in den Krankenhäusern eklatant? Ein
Krankenhaus in München hat ganz andere Kosten – Ar-
beitskosten, Energiekosten – als ein Krankenhaus in der
Fläche, zum Beispiel bei mir in Gronau im Kreis Bor-
ken.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Sind Sie der Meinung, dass Nordrhein-Westfalen keine höheren Basisfallwerte braucht?!)


Wie wollen Sie das mit Einheitspreisen berücksichtigen?
Damit können Sie doch nicht den wirklichen Anforde-
rungen im Gesundheitswesen gerecht werden.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Nordrhein-Westfalen soll nicht mehr bekommen? Das hören Ihre Wähler gerne!)


Solche Bundesbasisfallwerte können allenfalls Orien-
tierungspunkte sein; aber die Verhandlungspartner soll-
ten größtmögliche Freiheiten haben, um vor Ort die rich-
tigen Entscheidungen treffen zu können. Einheitspreise
und solche staatsdirigistischen und planwirtschaftlichen
Vorgaben, wie wir sie leider auch in diesem Gesetzent-
wurf erleben, lösen die Probleme, die ein Wachstums-
markt im Gesundheitswesen hat, überhaupt nicht, son-
dern verschärfen sie.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1619624400

Das Wort hat jetzt der Kollege Wolfgang Zöller von

der CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Wolfgang Zöller (CSU):
Rede ID: ID1619624500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

hätte nicht gedacht, dass ich in diesem Hohen Haus ein-
mal erleben muss, dass die Linke und die FDP gleicher-
maßen argumentieren. Sie wollen den Gesundheitsmarkt
stärken – dafür sind auch wir –, sind aber nicht bereit,
das Geld dafür zur Verfügung zu stellen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Sie wollen die Leistungen ausbauen, sind aber nicht be-
reit, das Geld dafür zur Verfügung zu stellen.


(Zuruf von der FDP: Stimmt doch gar nicht, Herr Zöller! Das wissen Sie auch!)


W
d

b
d

M
h
E
l
K
u
z
w

r
k
n

S
e
r
K

t
w
d
d
s
n
t

u
B
b

h
g
b
n
f

n
B
I
s

(C (D er mehr Leistung will, muss den Leuten auch sagen, ass das nicht zum Nulltarif geht. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Frank Spieth [DIE LINKE]: Bei den falschen Leuten kassieren! Das ist der Punkt!)


Bei aller Kritik: Heute ist ein guter Tag für die Mitar-
eiterinnen und Mitarbeiter in den Krankenhäusern und
amit auch für die Patienten in den Krankenhäusern.


(Beifall der Abg. Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU])


it dem finanziellen Hilfspaket werden den Kranken-
äusern im kommenden Jahr ungefähr 3,5 Milliarden
uro mehr zur Verfügung gestellt. Die Hälfte der Tarif-

ohnerhöhung wird damit finanziert. Außerdem wird den
rankenhäusern ermöglicht, bis zu 17 000 Pflegerinnen
nd Pfleger neu einzustellen. Das wird durch eine 90-pro-
entige Finanzierung der Kosten durch die GKV ge-
ährleistet. Das ist eine deutliche Verbesserung.

Es geht uns aber nicht nur um kurzfristige Verbesse-
ungen, sondern wir gehen weiter, indem wir den Kran-
enhäusern auch mittelfristig bessere Perspektiven eröff-
en.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


o soll die Anbindung an die Grundlohnentwicklung be-
ndet werden. Wir wollen hier einen neuen Orientie-
ungswert schaffen, der die krankenhausspezifischen
osten sachgemäßer abbildet.

Auch ein Vorschlag zur Entwicklung leistungsorien-
ierter Investitionspauschalen ist in diesem Gesetzent-
urf enthalten. Hier wollen wir die Länder stärker mit in
ie Verantwortung nehmen. Denn es kann nicht sein,
ass manche Krankenhäuser nur deshalb nicht wirt-
chaftlich arbeiten können, weil über Jahre hinweg die
otwendigen Investitionen von den Ländern nicht getä-
igt wurden


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


nd die Krankenhäuser Geld, das sie eigentlich für den
etrieb gebraucht hätten, für Investitionen eingesetzt ha-
en.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Da hat er leider recht! Aber auch in Bayern!)


Die Verbände der Krankenhäuser sagen, dies sei nicht
inreichend, während die Krankenkassen die Mehraus-
aben monieren. Trotz dieser Kritik sollten wir die Ver-
esserungen, die dieser Gesetzentwurf mit sich bringt,
icht kleinreden. Es sind wesentliche Verbesserungen
ür unsere Krankenhäuser.

Die Forderungen der Krankenkassen, die vorgesehe-
en Mittelsteigerungen zu reduzieren oder gar eine neue
udgetierung einzuführen, haben wir nicht mitgetragen.

ch bin froh darüber, dass wir das in der Koalition so ge-
chafft haben. Dies gilt auch für die Forderung, die Ge-

21250 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008


(A) )



(B) )


Wolfgang Zöller
winne der Krankenhäuser aus der letzten Konvergenz-
stufe mit dem Hilfspaket zu verrechnen.

Die Koalition hat die politischen Zusagen gegeben,
dass erstens die Tariflohnanhebungen bis zu 50 Prozent
gegenfinanziert werden, dass zweitens die Anpassung
der Fallwerte auf einen einheitlichen Landesbasisfall-
wert zugunsten der Krankenhäuser umgesetzt wird, wie
es im Gesetz vorgesehen ist, und dass drittens das Mor-
biditätsrisiko von den Krankenhäusern auf die Kranken-
kassen verlagert wird, was eine wesentliche Verbesse-
rung für die Krankenhäuser darstellt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir haben uns an unsere Zusagen gehalten. Trotzdem
haben wir mit dem Gesetzentwurf erreicht, dass die
3,5 Milliarden Euro eingehalten werden können. Die Re-
finanzierung der Tariflohnerhöhungen haben wir auf die
einzelnen Krankenhäuser bezogen, die wirklich mehr
Lohn gezahlt haben. Des Weiteren haben wir die Anpas-
sung der Fallwerte auf zwei Jahre gestreckt. Das ist rich-
tig. Die Vergütung der Mehrleistungen haben wir nicht
pauschal gekappt; vielmehr wird das krankenhausindivi-
duell gestaffelt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit diesem
Ergebnis haben wir einen guten und auch gegenüber den
Krankenhäusern und Krankenkassen vertretbaren Aus-
gleich der Interessen erreicht. Für die Krankenhäuser
und damit auch für die stationäre Versorgung der Patien-
ten haben wir für die nächsten Jahre damit eine bessere
finanzielle Grundlage geschaffen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Auch hier hat sich wieder einmal gezeigt, dass die
Koalition bei wichtigen Fragen gute Ergebnisse zustande
bringt.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1619624600

Das Wort hat Herr Kollege Frank Spieth von der

Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Frank Spieth (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619624700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine Damen und Herren! Auch durch noch so häufige
Wiederholungen wird eine falsche Aussage nicht richtig.


(Ute Kumpf [SPD]: So viel Selbsterkenntnis am Anfang!)


Tatsache ist, dass wir gesagt haben, dass wir mehr Geld
für die Krankenhäuser brauchen. Allerdings sind wir der
Auffassung, dass Sie das so, wie Sie das mit dem Ge-
sundheitsfonds realisieren, unsozial finanzieren – zulas-
ten der Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen. Da-
bei bleibt es.


D
f

n
e
m
S

Ö
l
i
e
d

f
d
K
F
h
K
h

g
d
b
r
S
k
m


t

E
C
a

d
B
s
l
d
K
k
1
d
v
n

T
Z
s

(C (D (Beifall bei der LINKENWolfgang Zöller [CDU/CSU]: Wo denn?)


Im Übrigen empfehle ich einen Blick ins Protokoll.
ort können Sie es nachlesen. Vielleicht haben Sie ein-

ach nicht zugehört.

In den letzten Jahren haben die Krankenhäuser zu we-
ig Geld bekommen. Das stimmt. Die Folge war, dass
ine größere Anzahl von Krankenhäusern schließen
usste. Aktuell droht jedem dritten Krankenhaus die
chließung.

Parallel zur finanziellen Notlage hat eine radikale
konomisierung der Krankenhäuser stattgefunden. Al-

es muss sich rechnen. Es werden immer mehr Patienten
n immer kürzerer Zeit durchgeschleust. Viele Patienten
mpfinden dies mittlerweile als inhumane Fließbandme-
izin.

Eine gnadenlose Ökonomisierung der Krankenhäuser
ührt mehr und mehr zur Zweiklassenmedizin und außer-
em zur maximalen Ausbeutung der Arbeitskraft von
rankenschwestern, Krankenpflegern und Ärzten. Die
olge ist, dass immer weniger Mitarbeiter im Gesund-
eitswesen regulär in Rente gehen, sondern vorher durch
rankheit ausscheiden. Das schlägt auch auf die Be-
andlung von Patienten durch.

Das haben Sie von der Koalition erkannt. Insofern be-
rüßen wir Ihren Gesetzentwurf; denn Sie machen damit
eutlich, dass Sie wie die Linke dringenden Handlungs-
edarf sehen. Ihr Gesetzentwurf geht durchaus in die
ichtige Richtung. Leider sind die Schritte aus unserer
icht aber zu kurz. Die strukturellen Probleme der Kran-
enhäuser werden nur unzureichend in Angriff genom-
en.

Als wir im März den Antrag der Linken mit dem Titel
Aktuelle Finanznot der Krankenhäuser beenden“ disku-
iert haben, haben Sie unseren Vorschlag noch abgelehnt.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Aus gutem Grund!)


s war wohl koalitionspolitisch motiviert, dass die
DU/CSU damals sagte, sie müsse diesen Antrag leider
blehnen.

Absolut unverständlich war die Position der SPD, die
amals zum Ausdruck brachte, dass sie ihn in vollem
ewusstsein ablehne. Bei einer solchen sozialdemokrati-

chen Gratwanderung kann man sich angesichts des vor-
iegenden Gesetzentwurfes eigentlich nur noch verwun-
ert die Augen reiben. Es ist ein Glück für die
rankenhäuser, dass die SPD nach der Devise: „Was
ümmert uns unser Geschwätz von gestern?“ zu einer
80-Grad-Wende fähig ist. Ich habe den Eindruck: Ohne
ie Demonstration der 130 000 Krankenhausangestellten
or dem Brandenburger Tor hätte dieser Lernprozess so
icht stattgefunden.


(Beifall bei der LINKEN)


Sie haben die Kernforderung nach Finanzierung der
ariferhöhungen, nach Schaffung von mehr Stellen und
ahlung von mehr Geld aufgenommen; leider, wie ge-
agt, nicht in vollem Umfang. Nehmen wir zum Beispiel

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21251


(A) )



(B) )


Frank Spieth
die Übernahme der Tariferhöhungen. Diese wollen Sie
jetzt nur zu 50 Prozent finanzieren. Die anderen 50 Pro-
zent sollen die Häuser also wie bisher aus dem laufenden
Betrieb decken.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Das war von Anfang an klar!)


Aber wie soll das funktionieren, ohne dass dabei weitere
Arbeitsplätze abgebaut werden? Denn die Sachkosten,
etwa die Kosten für Strom und Wasser, für Nahtmaterial
oder Blutkonserven, sind in den Krankenhäusern unbe-
einflussbare feste Kosten.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Das stimmt doch gar nicht! – Max Straubinger [CDU/CSU]: Die sinken derzeit!)


Die Stellschraube kann also erneut nur bei den Perso-
nalkosten sein. 65 Prozent der Kosten eines Kranken-
hauses entfallen auf die Löhne und Gehälter der Ange-
stellten.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Und die Lohnnebenkosten nicht vergessen!)


Deshalb muss fast zwangsläufig mit einem weiteren Per-
sonalabbau gerechnet werden, um so die 50 Prozent, die
fehlen, zu finanzieren. Das machen wir nicht mit.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich begrüße, dass Sie zusätzlich 16 000 Stellen für
Krankenschwestern und Krankenpfleger schaffen


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Planwirtschaft!)


und diese jetzt zu 90 Prozent finanzieren wollen. Aber
sehen nicht auch Sie die Gefahr, dass dieser Effekt durch
die unzureichende Finanzierung der Tarifanpassung, wie
vorhin genannt, wieder verpufft? Sehen Sie nicht auch,
dass wir mit dieser Maßnahme zwar einen Teilausgleich,
aber in keiner Weise einen Ausgleich für die 110 000
Stellen, die in den letzten zehn Jahren abgebaut wurden,
erreichen können?

Höchst erstaunlich ist, dass Sie keine konkreten Maß-
nahmen zum Abbau des Investitionsstaus in Höhe von
50 Milliarden Euro vorschlagen. Da bleiben Sie sehr
wolkig. Wir haben in den Haushaltsberatungen 2009
konkrete Vorschläge zur Auflösung des Investitionsstaus
gemacht. Wir hatten beantragt, dass der Bund im Rah-
men eines Zukunftsinvestitionsprogramms in den nächs-
ten zehn Jahren jährlich 2,5 Milliarden Euro aufbringen
soll. Leider wurde unser Antrag, wie üblich, von einer
Allparteienkoalition am 27. November niedergestimmt.

Bemerkenswert ist die Tatsache, dass die Mittel, die
noch vor vier Wochen in diesem Haus gefehlt haben,
jetzt offenkundig zur Verfügung gestellt werden sollen,
nämlich im Rahmen des kommenden Konjunkturpro-
gramms. Späte Erkenntnis, meine lieben Kolleginnen
und Kollegen von der Koalition, ist besser als keine Er-
kenntnis. Herzlichen Glückwunsch!

Fazit: Ihr Gesetzentwurf zielt in die richtige Richtung,
reicht aber nicht aus, um eine gute Versorgung für jeden
sicherzustellen. Wir wollen jedoch, dass alle Chancen

g
D

B

M
w
E
z
h
k
l
r
e
v

h
s
m

a
m
b
w

n
F
z
r
t
a
D
n
s
G
s

t
G
0
u
u
G
r
n
t
P
l
s

(C (D enutzt werden, um die Krankenhäuser besserzustellen. eshalb werden wir uns bei der Abstimmung enthalten. (Beifall bei der LINKEN – Max Straubinger [CDU/CSU]: Oh! – Gegenruf des Abg. Frank Spieth [DIE LINKE]: Jetzt seid ihr aber platt, oder?)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1619624800

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Harald Terpe vom

ündnis 90/Die Grünen.


Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619624900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
eine Damen und Herren Besucher! – Es sind nur noch
enige da. – Der heute zur Abstimmung vorliegende
ntwurf eines Krankenhausfinanzierungsreformgeset-
es ist meiner Meinung nach mehr Verpackung als In-
alt. Der Titel ist eine grobe Irreführung; denn es sind
aum konkret wirksame Maßnahmen einer ordnungspo-
itisch nachhaltigen Reform der Krankenhausfinanzie-
ung enthalten. Der Titel des Gesetzentwurfes suggeriert
twas anderes. Wenn überhaupt, gibt es vorwiegend
age Absichtserklärungen, Appelle oder Prüfaufträge.

Ich meine, ohne verbindliche Festlegungen zur Nach-
altigkeit haben die mit viel Selbstlob in Aussicht ge-
tellten 3,5 Milliarden Euro eher den Charakter eines Al-
osens,


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


llerdings mit dem Unterschied, dass mit Teilen des Al-
osens, nämlich 0,5 Milliarden Euro – der Sanierungs-

eitrag –, den Krankenhäusern nur etwas zurückgegeben
ird, was die Koalition ihnen zuvor genommen hat.

Mindestens weitere 1,25 Milliarden Euro Mehrein-
ahmen stehen den Krankenhäusern 2009 nach Ihrem
inanztableau aufgrund bestehender Gesetze ohnehin
u: 750 Millionen Euro durch die Grundlohnratensteige-
ung und 500 Millionen Euro durch kalkulierte Leis-
ungssteigerungen. Diese Mehreinnahmen haben nichts,
ber auch gar nichts mit diesem Gesetzentwurf zu tun.
as gilt wohl auch für die 300 Millionen Euro Mehrein-
ahmen durch das Ende der Konvergenz. Wem ange-
ichts dessen nicht das Wort Mogelpackung für dieses
esetz einfällt, der muss schon ziemlich ahnungslos

ein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Was ist nun an konkreten, mit finanziellen Zusatzmit-
eln untersetzten ordnungspolitischen Maßnahmen im
esetzentwurf enthalten? Ich komme auf nur
,5 Milliarden Euro. Das betrifft zum Beispiel die von
ns begrüßte Verbesserung der Ausbildungsfinanzierung
nd die zusätzlichen Mittel für die Psychiatrie. Die im
esetz vorgesehene Umstellung der Psychiatriefinanzie-

ung wird hoffentlich mit einer Hinwendung zu moder-
en integrativen Ansätzen in der stationären und teilsta-
ionären Psychiatrie und einer Modernisierung der
sychiatrie-Personalverordnung verbunden sein. Bezüg-

ich der Situation der Pflegekräfte wird mit dem im Ge-
etz enthaltenen Stellenprogramm zumindest Problem-

21252 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008


(A) )



(B) )


Dr. Harald Terpe
bewusstsein signalisiert. Das ist anzuerkennen. Es sind
aber auch Fehlanreize für Krankenhäuser vorprogram-
miert, nach dem Motto: Erst saniere ich mich durch Per-
sonalabbau, und dann lasse ich mir die Einstellung neuer
Pflegekräfte von der Solidargemeinschaft bezahlen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Auch die Kofinanzierung der Tariflohnsteigerung ist nö-
tig, aber sicherlich keine ordnungspolitische Maßnahme.

Bei der Bewertung des Gesetzentwurfs ist für uns die
Frage entscheidend, was unter dem Gebot einer nachhal-
tigen Krankenhausfinanzierung ordnungspolitisch not-
wendig gewesen wäre. Hier bleibt das Gesetz mut- und
kraftlos. Auch in der Gesundheitspolitik gilt ganz offen-
sichtlich der Satz: Große Koalitionen lösen keine großen
Probleme, nicht einmal kleine, sondern keine.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)


Nehmen wir das Beispiel Investitionsfinanzierung;
denn da wird es offensichtlich. Das Gesetz sieht keine
belastbare Regelung vor, die die Länder in irgendeiner
Weise reizen oder zwingen würde, den Investitionsstau
zu beseitigen.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Da frage ich mich, was Sie eigentlich in Ihren Regierungsjahren dazu unternommen haben!)


Ich denke in diesem Zusammenhang vor allen Dingen
daran, dass die Große Koalition nicht nur im Bund be-
steht; mir fallen kaum Länder ein, wo SPD oder CDU
nicht den Ministerpräsidenten stellen.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN], an die CDU/CSU gewandt: Durchregieren wolltet ihr mal! – Gegenruf der Abg. Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Wo haben Sie denn in Ihren sieben Regierungsjahren etwas getan? – Gegenruf der Abg. Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr seid mit „Durchregieren“ angetreten!)


Wenn die Länder den Abbau der Investitionsmittel
mit der gleichen Geschwindigkeit wie bisher fortsetzen,
dann sind wir 2020 bei 0 Euro für Investitionen. Ob die
Krankenhäuser dann 0 Euro einzeln oder pauschal be-
kommen, wird keinen interessieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Zweites Beispiel: Krankenhausbudgetierung. Wir
sind uns einig, dass die Grundlohnrate derzeit kein ge-
eignetes Instrument ist, um die Krankenhauspreise fort-
zuschreiben.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Was heißt „derzeit“?)


Die Art, wie Sie diese Erkenntnis ins Gesetz geschrieben
haben, offenbart zwei zentrale Defizite Ihrer bisherigen
Gesundheitspolitik: Sie haben erstens keine Reform zur
Verbesserung der Einnahmesituation der gesetzlichen
Krankenkassen zustande gebracht. Eine große Koalition
löst große Probleme? – Fehlanzeige!

D
t
B
d
s
K
o
a
t
k
P

n
K

d

a
s

g
g
3

H
i
e
e
H
c

N
s
w
b
w
w

G
h
e

(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht wirklich!)


as zweite Defizit ist Ihr übergroßer Hang zu einer zen-
ralistischen Gesundheitspolitik. Das drückt sich zum
eispiel darin aus, dass das Gesundheitsministerium
arüber entscheiden soll, ob sich der durch das Statisti-
che Bundesamt ermittelte Orientierungswert für den
rankenhauspreisindex vollständig, nur zu einem Teil
der vielleicht auch gar nicht auf die Krankenhauspreise
uswirken wird. An die Stelle des alten Budgetdeckels
ritt also ein neuer, den Sie nach Belieben bestimmen
önnen. Das ist alles andere als eine Verbesserung der
lanungssicherheit der Krankenhäuser.

Alles in allem können wir diesem Gesetzentwurf
icht zustimmen, weil der Inhalt keiner nachhaltigen
rankenhausfinanzierungsreform entspricht.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Das war grandios!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1619625000

Das Wort hat jetzt der Kollege Eike Hovermann von

er SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD – Zuruf von der SPD: Eike, jetzt klär sie alle mal auf! – Zuruf des Abg. Frank Spieth [DIE LINKE])



Eike Hovermann (SPD):
Rede ID: ID1619625100

Ich soll alle schelten, habe ich gerade gehört. Aber

lle will ich gar nicht schelten, weil auch viel Gutes ge-
agt worden ist.

Worum geht es? In fünf Minuten hat man kaum genü-
end Zeit, ein Problem umfassend darzustellen. In weni-
en Akzenten zusammengefasst: Es geht um
,5 Milliarden Euro mehr.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Ja!)


err Baum hat gesagt: Das sind sieben Prozent mehr als
n den vergangenen Jahren; eine solche Steigerung gab
s noch nie. In einer abschließenden Bemerkung zu dem
rrungenen Gesamtpaket verstieg er sich sogar zu dem
inweis: Letztendlich ist ein faires und perspektivrei-

hes Konzept zustande gekommen.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


atürlich hätten wir uns mehr erwartet; aber es ist per-
pektivvoll und letztendlich fair. Dass wir möglicher-
eise in den nächsten Jahren das eine oder andere neu
eraten müssen – wir leben ja alle von Annahmen; wir
issen nicht, wie die wirtschaftliche Entwicklung sein
ird –, ist natürlich selbstverständlich.

Hier in der Diskussion wird vergessen, dass wir im
esundheitsausschuss nicht ausschließlich für Kranken-
ausfinanzierung zuständig sind. Vielmehr geht es um
in Gesamtkonzept, um den ganzen Versorgungsbereich

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21253


(A) )



(B) )


Eike Hovermann
vom Krankenhaus über ambulante Behandlung und Er-
gotherapie bis hin zur Arzneimittelbehandlung, oder wie
– jetzt hätte ich beinahe „Genosse“ gesagt –


(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jörg van Essen [FDP]: So weit ist es schon gekommen!)


Kollege Faust sagt, um eine Sicherheitsarchitektur, in-
nerhalb derer perspektivisch Sicherheit gegeben wird.
Das wird aus der Sicht der Krankenhausträger mit diesen
3,5 Milliarden Euro geleistet.

Mich hat folgende Bemerkung sowohl von Herrn
Bahr als auch in den vergangenen Diskussionen von
Herrn Spieth sehr interessiert: Wir müssen die Länder zu
einer Investitionsfinanzierung zwingen.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Habe ich doch gar nicht gesagt!)


Verehrter Herr Kollege Terpe, ein Blick ins Grundgesetz
reicht eigentlich, um zu wissen, dass wir diesen Zwang
nicht ausüben können. Wenn von Herrn Spieth jetzt der
Hinweis kommt, Sie hätten in den vergangenen Wochen
oder Monaten – ich weiß es nicht ganz genau – ein
50-Milliarden-Euro-Programm vorgeschlagen – das ha-
ben Sie eben gesagt –, dann erinnere ich nur daran, dass
50 Milliarden Euro entweder fünf Beitragspunkte oder
eine Mischfinanzierung bedeuten.


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Über zehn Jahre verteilt, Herr Kollege!)


– Aber es bleiben 50 Milliarden Euro.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Herr Spieth, lassen Sie mich ausreden. Sie entlassen
damit die Länder aus ihrer Pflicht, etwas zu tun.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Sie wurde festgeschrieben, weil wir Sicherstellung und
Krankenhausplanung wollen. Die Länder haben sich
kontinuierlich aus dieser Finanzierung herausgezogen.
Im Übrigen wurde seinerzeit in Mecklenburg-Vorpom-
mern die Finanzierung kontinuierlich degressiv herun-
tergefahren; da war Frau Dr. Bunge sogar Gesundheits-
ministerin. In Berlin ist es ebenso gewesen. Das gilt auch
für Herrn Bahr in etwas verdrehter Art und Weise. Sie
können hier mehr Geld für den Hightechstandort Kran-
kenhaus fordern, für Implantationen und Innovationen,
aber die Regierung in Nordrhein-Westfalen unter maß-
geblicher Beteiligung der FDP hat nichts anderes getan,
als die Investitionen weiter abzustufen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Auf pauschal!)


Man kann hier nicht folgendes Konzept verfolgen: Im
Bund fordern wir mehr Geld, weil wir in der Opposition
sind, und da, wo wir in Verantwortung sind, kürzen wir
die notwendigen Gelder, damit der Krankenhausbereich
saniert wird.

g
g
a
e
d

w
d

d
u
a
t
c
h
n
k

m
u
b
3
b
D
K

e
v

n
S
h
A
n
m

W
v
d
v

D
K

(C (D Lassen Sie mich zum Abschluss noch Folgendes saen: Wir haben um das 3,5-Milliarden-Euro-Paket sehr erungen. Es war ja ursprünglich – so geht es jedenfalls us einem Brief des Bundeskanzleramtes hervor – von iner kleineren Lösung in Höhe von 1,5 Millionen Euro ie Rede, enn ich das richtig in Erinnerung habe. Es mag ja sein, ass ich den Brief von Hilde Müller falsch gelesen habe; (Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Falsch verstanden!)


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Richtig!)


(Widerspruch bei der CDU/CSU)


a steht es jedenfalls drin. Unter Führung der Ministerin
nd in gemeinsamer Anstrengung haben wir uns dann
ber nicht an einen Brief des Bundeskanzleramtes gehal-
en, sondern gesagt, dass wir 3,5 Milliarden Euro brau-
hen. Das hat uns und den Krankenhäusern natürlich ge-
olfen. Wenn es aufgrund der Finanzkrise in den
ächsten Jahren zu möglichen weiteren Belastungen
ommt, werden wir darüber sprechen müssen.

Ich bitte, verbunden mit Dank an alle, die wir manch-
al auch donnerstags, freitags, samstags und sonntags

nter viel Mühen und auch Pressionen mitgearbeitet ha-
en, um Annahme des vorliegenden Paketes von
,5 Milliarden Euro, das wir gemeinsam geschnürt ha-
en. Mein Dank geht auch an das Ministerium. Kein
ank geht an diejenigen, die jetzt dagegen sind, dass die
rankenhäuser mehr Geld bekommen.

Herzlichen Dank fürs Zuhören.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1619625200

Als letztem Redner zu diesem Tagesordnungspunkt

rteile ich das Wort dem Kollegen Dr. Hans Georg Faust
on der CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Hans Georg Faust (CDU):
Rede ID: ID1619625300

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kollegin-

en und Kollegen! Am 25. September dieses Jahres –
ie erinnern sich – demonstrierten 130 000 Kranken-
ausmitarbeiter vor dem Brandenburger Tor, um auf ihre
rbeitssituation und die aus ihrer Sicht katastrophale Fi-
anzlage der deutschen Krankenhäuser aufmerksam zu
achen.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Sie haben sie offensichtlich beeindruckt!)


er die Arbeitssituation in deutschen Krankenhäusern
on innen kennt und insbesondere die Entwicklungen
er letzten Jahre verfolgt hat, kann diese Proteste nach-
ollziehen.


(Frank Spieth [DIE LINKE]: So ist es!)


ie Einführung der Fallpauschalen, die nachfolgende
onvergenzphase und die Forderungen nach Rationali-

21254 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008


(A) )



(B) )


Dr. Hans Georg Faust
sierung und Effizienzsteigerung haben die Arbeitswelt
im Krankenhaus grundlegend verändert.

Der Patient bleibt im Durchschnitt nur noch acht
Tage. Immer kompliziertere Diagnostiken und Therapien
sollen immer schneller durchgeführt werden. Die Arbeit
verdichtet sich. Sie verlagert sich von den Bettenstatio-
nen in die Funktionsbereiche, die Operationssäle, die
Endoskopie, die Röntgenabteilung, das Herzkatheterla-
bor. Zehntausende von Pflegestellen sind abgebaut. Die
Zahl der Ärzte – auch das ist eine Folge des modernen
Krankenhausalltags – ist im Wesentlichen gleich geblie-
ben.

Eigentlich benötigen wir noch mehr Personal. Im Be-
reich der Ärzte finden wir es schon jetzt nicht mehr. Kli-
niken suchen verzweifelt Chefärzte, Oberärzte und As-
sistenzärzte. Die Bundesagentur für Arbeit sagt uns, dass
wir für ein Einstellungsprogramm nicht einmal die
Hälfte der benötigten Krankenschwestern finden wür-
den.

Dennoch: Mit Blick auf die steigenden Beiträge der
Versicherten hat der Bundesgesetzgeber richtig gehan-
delt, als er Strukturveränderungen in der Krankenhaus-
landschaft einleitete. Die Einführung der Fallpauschalen,
der Einstieg in die fünfjährige Konvergenz, die Beto-
nung der Qualität im Krankenhaus über Qualitätssiche-
rung und jetzt die Fortsetzung dieses Prozesses durch ei-
nen neuen ordnungspolitischen Rahmen haben das Ziel
einer Versorgungslandschaft, in deren Mittelpunkt der
Patient steht.

Gut beraten durch seinen Hausarzt fragt er zuneh-
mend die Leistungen moderner Medizin nach, die spe-
zialisiert und mit hoher Qualität nur in vernetzten Syste-
men mit erheblichem, auch finanziellem Aufwand zur
Verfügung gestellt werden können. Noch sind wir weit
davon entfernt, über das Krankenhaus hinaus sektor-
übergreifend integrierte Versorgungssysteme breit anzu-
bieten; aber die Grundlagen dafür sind geschaffen.

In vielen Teilen Deutschlands ist die Krankenhaus-
landschaft geprägt von Kooperationen mit niedergelas-
senen Haus- und Fachärzten, mit medizinischen Versor-
gungszentren und Portal- und Praxiskliniken. Sie ist
geprägt von der Nutzung von Synergieeffekten und Spe-
zialisierung unter dem Stichwort „Nicht jeder soll alles
machen“. Sie wird beflügelt durch einen Wettbewerb der
Träger. Aber all dies, was sich so positiv anhört, hat
seine Auswirkungen auf den Arbeitsalltag der Schwes-
tern und Pfleger, der Ärztinnen und Ärzte, und auch
manch ein Patient sehnt sich in die Zeit zurück, als auf
den Stationen Zeit für ein Gespräch am Bett war.

Nun gut, die Schwarzwaldklinikzeiten mit dem Alles-
könner Prof. Brinkmann und der heimeligen Atmo-
sphäre gibt es in Ansätzen noch.


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Das ist ja nicht die Alternative!)


Ich kenne Gegenden in Deutschland, in denen das gute
alte Krankenhaus – 180 Betten, Chirurgie, Innere Abtei-
lung, Gynäkologie/Geburtshilfe und HNO-Belegabtei-
lung – typisch ist. Das nächste Krankenhaus ist 15 Kilo-

m
s
z
d

g
n
P
i
v
z
g
s
d
n

d
r
k
n

B
c
u
w
K
v
b

s
a
v
t
s
w

n
z
n
v
z

z
d
s
B
a

e
d
a
g
w

K
D

(C (D eter, das übernächste 30 Kilometer entfernt: unterchiedliche Träger, keine Zusammenarbeit, geringe Fallahlen in den einzelnen Fachgebieten und Kampf um jeen Patienten. Die Gesetzgebung der letzten Jahre hat es also nicht eschafft, die Krankenhauslandschaft den Versorgungsotwendigkeiten so anzupassen, wie es im Interesse der atienten überall im Lande notwendig wäre. Das ist mit mmer knapper werdenden Finanzen, mit dem Druck on Budgets auch nicht zu schaffen. Denn Budgets sind ur Steuerung der medizinischen Versorgung genauso eeignet wie eine Rohrzange zur Reparatur einer Tachenuhr. Unsere Instrumente waren einfach zu grob. In ieser Erkenntnis beginnen wir mit dem Krankenhausfianzierungsreformgesetz gegenzusteuern. Ein positives Ergebnis ist nicht denkbar ohne die Läner. Sie sind verantwortlich für die Investitionsfinanzieung und die Krankenhausplanung. Wenn wir hier in Zuunft auf keine gemeinsame Linie kommen, dann leiden icht wir, dann leidet der Patient. Beim Krankenhausfinanzierungsreformgesetz war im ereich der Investitionsfinanzierung leider nur zu erreihen, dass bis zum Ende des Jahres 2009 Grundsätze nd Kriterien für die Ermittlung eines Investitionsfallertes auf Landesebene entwickelt werden, damit die rankenhäuser ab dem Jahre 2012 leistungsorientiert Inestitionspauschalen erhalten können. Auf das Ergebnis in ich sehr gespannt. Wir brauchen mehr junge Ärzte in den Krankenhäuern. Das ist nicht nur eine Frage des Geldes, sondern uch eine Frage der Art der Weiterbildung. Die Selbsterwaltung wird beauftragt, zu prüfen, ob die Zusatzkosen der ärztlichen Weiterbildung sachgerecht finanziert ind. Bei einer möglichen Zuschlagsregelung gilt: Nur er gut und strukturiert weiterbildet, bekommt Geld. Aber die Debatte der letzten Wochen entzündete sich icht mehr an den Sachinhalten des Krankenhausfinanierungsreformgesetzes, sondern an der Frage: Wer rechet sich wie was? Die Krankenkassen befürchteten, zu iel zu bezahlen, und die Krankenhäuser befürchteten, u wenig zu bekommen. Jetzt ist es definitiv: 3,5 Milliarden Euro mehr sind ugesagt, und sie werden fließen. Sie werden als Notzelt en Krankenhäusern helfen, stürmische Zeiten zu übertehen. Zurzeit errichtet die Politik Schutzschirme für anken und Industriezweige. Warum soll es also nicht uch ein Notzelt für die Krankenhäuser geben? Die Leinwand für das Zelt lag in Form des Kabinettsntwurfs bereit, zugeschnitten durch die Aussagen über ie 3,5 Milliarden Euro mehr für die Krankenhäuser, die nteilige Refinanzierung der Tarifgehälter und die Folen der fünfjährigen Konvergenzphase. Mit drei Pfosten ird das Zelt aufgerichtet. Pfosten Nr. 1 ist das Finanzvolumen aus dem letzten onvergenzschritt, auf das die Krankenhäuser warten. iesen Pfosten sollte das Krankenhauszeltdach nach Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21255 Dr. Hans Georg Faust Auffassung und Rechnung der Krankenkassen überhaupt nicht bekommen. Pfosten Nr. 2 ist die anteilige Finanzierung der Tariflohnerhöhungen in Höhe von 50 Prozent. Pfosten Nr. 3 ist die verhandelbare Höhe der Mehrleistungsvergütung. Hier hatten die Krankenkassen eine Regelung im Auge, durch die diese Zeltstange jedes Jahr kürzer geworden wäre. Ein Krankenhaus, das jedes Jahr gleiche Leistungen erbringt, hätte danach jedes Jahr weniger Geld bekommen. Ich denke, das Notzelt für die Krankenhäuser hätte abenteuerlich ausgesehen und nie und nimmer gehalten, wenn wir das verwirklicht hätten, was die Krankenkassen gewollt haben. Aber auch wir haben zur Sicherheit Haltetaue an unsere Pfosten gespannt. Haltetau Nr. 1. Das zugesagte Finanzvolumen für den letzten Konvergenzschritt wird auf zwei Jahre verteilt, sodass den Krankenkassen ein Liquiditätsvorteil und uns eine Reserve für 2009 bleibt. Haltetau Nr. 2. Die 50-prozentige Refinanzierung der Tariflohnsteigerung orientiert sich am einzelnen Haus, das heißt, wer niedrige Steigerungen vereinbart hat, bekommt auch nur entsprechend Geld. (Beifall des Abg. Wolfgang Zöller [CDU/ CSU])


(Frank Spieth [DIE LINKE]: So ist es!)


(A) )


(B) )


Haltetau Nr. 3. Mehrleistungen sollen im Jahr 2009
mit Abschlägen verhandelt werden. Mit Blick auf die Si-
cherheit unserer Zeltkonstruktion ist diese zeitlich be-
grenzte Abkehr vom Festpreissystem vertretbar.

Alles in allem steht unser Zelt fest und sicher, und es
bietet den Krankenhäusern Schutz. Allerdings ist es da-
rin eng, und die Krankenhäuser werden weiter zusam-
menrücken müssen. Für orientalische Luxuszelte aus
1001 Nacht haben die Krankenkassen aber kein Geld,
zahlen die Versicherten keine Beiträge und haben die an-
deren Leistungserbringer im Gesundheitswesen auch
kein Verständnis.


(Beifall der Abg. Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU])


Abschließend möchte ich aber deutlich machen, dass
wir den Krankenhäusern mit dem Krankenhausfinanzie-
rungsreformgesetz Luft verschaffen, damit sie mit Blick
auf die gemeinsamen Projekte von Bund und Ländern
den Entwicklungsweg gehen können, der für die Versor-
gung der Patienten und die Diagnose und Therapie ihrer
Krankheiten erforderlich ist.


(Jörg van Essen [FDP]: Er spricht jetzt schon seit acht Minuten!)


Wenn bedarfsnotwendige Krankenhäuser erstickt auf der
Strecke bleiben, dann profitiert niemand davon – am al-
lerwenigsten die Versicherten der Krankenkassen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


l

h
V
h
n

d
d

D
t

w
h
g
d
I
z

u
L
a
k
k
g
s
n
m
n

5

(C (D Zu einer letzten Kurzintervention erteile ich der Kol egin Dr. Martina Bunge das Wort. (Zurufe von der CDU/CSU: Nein! Das ist doch albern! – Gegenruf der Fraktion Die Linke: Selber albern!)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1619625400


Dr. Martina Bunge (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619625500

Herr Präsident, danke. – Kollege Hovermann hat be-

auptet, dass ich als Sozialministerin in Mecklenburg-
orpommern die Krankenhausinvestitionen verringert
abe. Sie erlauben mir einige Sätze, um hier den Mecha-
ismus des Herangehens darzulegen.

Mecklenburg-Vorpommern stand unter dem Druck
er notwendigen Haushaltssanierung. Sie wissen, dass
ie erste rot-rote Regierung natürlich beobachtet wurde.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


adurch wurde die Sicherung der Krankenhausinvesti-
ionen schwierig.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Das weckt bestimmt das Bewusstsein!)


Alle Bundesmittel, die als Fördermittel bereitgestellt
urden, wurden aber voll und ganz kofinanziert. Des-
alb ist die Forderung der Linken heute, ein Bundespro-
ramm aufzulegen, das in gleicher Höhe von den Län-
ern kofinanziert wird. Das reizt nämlich zu
nvestitionen an. Dadurch könnte der Investitionsstau in
ehn Jahren abgebaut werden.

Danke.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Schon mal etwas von Föderalismus gehört? – Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Das ist Aufgabe der Länder!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1619625600

Herr Hovermann, zur Erwiderung? – Bitte.


(Zurufe von der CDU/CSU: Nein!)



Eike Hovermann (SPD):
Rede ID: ID1619625700

Man kann unter den vielfältigsten Aspekten – auch

nter dem Aspekt der Zusammenführung der beiden
änder – Zahlen beschönigen. Man kann Zahlen auch
nders als die offiziellen Zahlen lesen, die seit 1990 be-
annt sind. Diese offiziellen Zahlen, die man nachlesen
ann, belegen nichts anderes, als dass die Finanzierun-
en in allen Ländern um 50 Prozent zurückgegangen
ind. Dies gilt für alle Bundesländer, Frau Dr. Bunge,
icht nur für das, in dem Sie Gesundheits- und Sozial-
inisterin waren; das ist ja nun – Gott sei es geklagt –

icht mehr der Fall.


(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daraus ist der Investitionsstau, den Herr Spieth mit
0 Milliarden Euro angegeben hat, entstanden.

21256 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008


(A) )



(B) )


Eike Hovermann
Ich denke, man sollte noch einmal einen Blick ins
Grundgesetz werfen; das war auch ein Hinweis aus dem
Forum. Wenn Sie sagen, die Länder sollen gezwungen
bzw. animiert werden, sich hälftig am 50-Milliarden-
Euro-Projekt zu beteiligen – ich habe Herrn Spieth eben
so verstanden, dass das nur die Bundesbank bezahlen
soll –, dann müssen Sie auch sagen, wo die Länder das
Geld herbekommen sollen.

Ich sage Ihnen: Das ist eine Vision, ein Versprechen,
das die Länder nicht einhalten können, das Sie, Frau
Dr. Bunge, jetzt aber wohlfeil abgeben.


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Wir reden in vier Wochen erneut, wenn ihr euer Konjunkturprogramm genau damit macht! Ich lache mich jetzt schon tot!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1619625800

Herr Kollege Hovermann, sind Sie am Ende Ihrer Er-

widerung? – Vielen Dank.

Ich schließe die Aussprache und teile mit, dass mir
eine persönliche Erklärung nach § 31 der Geschäftsord-
nung der Kollegin Dr. Lale Akgün vorliegt, die wir zu
Protokoll nehmen.1)

Wir kommen jetzt zu den Abstimmungen.

Zunächst einmal stimmen wir über den von der Bun-
desregierung eingebrachten Gesetzentwurf zum ord-
nungspolitischen Rahmen der Krankenhausfinanzierung
ab dem Jahr 2009 ab. Der Ausschuss für Gesundheit
empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa-
che 16/11429, den Gesetzentwurf der Bundesregierung
auf den Drucksachen 16/10807 und 16/10868 in der
Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die
dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen
wollen, um ihr Handzeichen. – Gegenstimmen? – Ent-
haltungen? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung
mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen bei Gegen-
stimmen der FDP-Fraktion und der Fraktion Bündnis 90/
Die Grünen bei Enthaltung der Fraktion Die Linke ange-
nommen.

Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
ist mit dem gleichen Stimmenverhältnis angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über die Entschlie-
ßungsanträge.

Wer stimmt für den Entschließungsantrag der Frak-
tion der FDP auf Drucksache 16/11436? – Gegenstim-
men? – Enthaltungen? – Der Entschließungsantrag ist
mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der Frak-
tion Die Linke bei Zustimmung der FDP-Fraktion und
bei Enthaltung des Bündnisses 90/Die Grünen abge-
lehnt.

Wer stimmt für den Entschließungsantrag der Frak-
tion Die Linke auf Drucksache 16/11435? – Gegenstim-

m
b
m

s
F
d
B
A
a
l
s
t
a

h

A
D
L
f
E
g
l

h
m
D
a
B
l
G
f
D
a

r
S
m
V

1) Anlage 5

(C (D en? – Enthaltungen? – Der Entschließungsantrag ist ei Zustimmung der Fraktion Die Linke mit den Stimen aller übrigen Fraktionen abgelehnt. Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Auschusses für Gesundheit zu dem Antrag der Fraktion der DP mit dem Titel „Verbesserung der Finanzsituation er Krankenhäuser“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner eschlussempfehlung auf Drucksache 16/11430, den ntrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 16/9057 bzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Bechlussempfehlung ist bei Gegenstimmen der FDP-Frakion mit den Stimmen aller übrigen Fraktionen ngenommen. Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundeit zu dem Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel Aktuelle Finanznot der Krankenhäuser beenden“. Der usschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf rucksache 16/11432, den Antrag der Fraktion Die inke auf Drucksache 16/8375 abzulehnen. Wer stimmt ür diese Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – nthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist bei Geenstimmen der Fraktion Die Linke mit den Stimmen aler übrigen Fraktionen angenommen. Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundeit zu dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen it dem Titel „Krankenhäuser zukunftsfähig machen“. er Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung uf Drucksache 16/11431, den Antrag der Fraktion ündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 16/9008 abzu ehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – egenstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussemp ehlung ist bei Gegenstimmen der Fraktion Bündnis 90/ ie Grünen mit den Stimmen aller übrigen Fraktionen ngenommen. Ich darf mitteilen, dass die Redebeiträge aller weiteen Debatten zu Protokoll genommen werden. Ich würde ie aber doch freundlich bitten, noch hierzubleiben, dait wir die Abstimmungsprozedur durchführen können. – ielen Dank. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 12 a und 12 b auf: a)

gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
über Personalausweise und den elektronischen
Identitätsnachweis sowie zur Änderung weite-
rer Vorschriften

– Drucksache 16/10489 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenaus-
schusses (4. Ausschuss)


– Drucksache 16/11419 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Clemens Binninger
Klaus Uwe Benneter
Gisela Piltz
Jan Korte
Wolfgang Wieland

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21257


(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
– Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss)

gemäß § 96 der Geschäftsordnung

– Drucksache 16/11426 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Michael Luther
Bettina Hagedorn
Jürgen Koppelin
Roland Claus
Omid Nouripour

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Innenausschusses (4. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Wolfgang
Wieland, Silke Stokar von Neuforn, Volker Beck

(Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Keine Einführung biometrischer Merkmale
im Personalausweis

– Drucksachen 16/7749, 16/11419 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Clemens Binninger
Klaus Uwe Benneter
Gisela Piltz
Jan Korte
Wolfgang Wieland

Zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung liegt ein
Entschließungsantrag der Fraktion der FDP vor.

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Reden zu
diesem Tagesordnungspunkt zu Protokoll zu nehmen. –
Ich sehe, Sie sind damit einverstanden. Es handelt sich
um die Reden folgender Kolleginnen und Kollegen:
Clemens Binninger, CDU/CSU-Fraktion, Frank
Hofmann, SPD, Gisela Piltz, FDP, Jan Korte, Die Linke,
Wolfgang Wieland, Bündnis 90/Die Grünen, Gert
Winkelmeier, fraktionslos, und für die Bundesregierung
des Parlamentarischen Staatssekretärs Peter Altmaier.1)

Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-
desregierung eingebrachten Gesetzentwurf über Perso-
nalausweise und den elektronischen Identitätsnachweis
sowie zur Änderung weiterer Vorschriften. Der Innen-
ausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschlussempfeh-
lung auf Drucksache 16/11419, den Gesetzentwurf der
Bundesregierung auf Drucksache 16/10489 in der Aus-
schussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die
dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen
wollen, um ihr Handzeichen. – Gegenstimmen? – Ent-
haltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Be-
ratung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen
die Stimmen der Oppositionsfraktionen angenommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die zu-
stimmen wollen, sich zu erheben. – Gegenstimmen? –
Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist mit gleichem
Stimmenverhältnis angenommen.2)

s
1
G
a
b

A
t
s
n
A
s
s
D
a
f

w
h
K
C
J
M
g
H

1) Anlage 8
2) Anlage 6 3)

(C (D Wir kommen zur Abstimmung über den Entchließungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 6/11421. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? – egenstimmen? – Enthaltungen? – Der Entschließungs ntrag wurde mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen ei Zustimmung der Oppositionsfraktionen abgelehnt. Beschlussempfehlung des Innenausschusses zu dem ntrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit dem Ti el „Keine Einführung biometrischer Merkmale im Peronalausweis“. Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 2 seier Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/11419, den ntrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Druck ache 16/7749 abzulehnen. Wer stimmt für diese Bechlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – ie Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Ko litionsfraktionen gegen die Stimmen der Oppositionsraktionen angenommen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 14 auf: – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung der Entschädigung von Telekommunikationsunternehmen für die Heranziehung im Rahmen der Strafverfolgung (TK-EntschädigungsNeuordnungsgesetz — TKEntschNeuOG)


– Drucksache 16/7103 –

– Zweite und dritte Beratung des von den Abgeord-
neten Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Jörg van
Essen, Gudrun Kopp, weiteren Abgeordneten und
der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs ei-
nes Gesetzes zur Wahrung der Rechtssicher-
heit bei der Telekommunikationsüberwachung
und anderen verdeckten Ermittlungsmaßnah-
men

– Drucksache 16/10838 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus-
schusses (6. Ausschuss)


– Drucksache 16/11348 –

Berichterstattung:

(VillingenSchwenningen)

Joachim Stünker
Jörg van Essen
Wolfgang Nešković
Jerzy Montag

Die Reden sollen ebenfalls zu Protokoll genommen
erden. – Ich sehe, Sie sind damit einverstanden. Es
andelt sich um die Reden folgender Kolleginnen und
ollegen: Siegfried Kauder und Dr. Martina Krogmann,
DU/CSU-Fraktion, Martin Dörmann, SPD, Hans-

oachim Otto, FDP, Ulla Jelpke, Die Linke, Jerzy
ontag, Bündnis 90/Die Grünen, und für die Bundesre-

ierung des Parlamentarischen Staatssekretärs Alfred
artenbach.3)

Anlage 9

21258 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008


(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
Wir kommen zur Abstimmung. Der Rechtsausschuss
empfiehlt unter Buchstabe a seiner Beschlussempfeh-
lung auf Drucksache 16/11348, den Gesetzentwurf der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD auf Drucksache
16/7103 in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte
diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfas-
sung zustimmen wollen, um ihr Handzeichen. – Gegen-
stimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist in
zweiter Beratung mit den Stimmen der Koalitionsfrak-
tionen bei Gegenstimmen der Fraktionen Die Linke und
Bündnis 90/Die Grünen sowie bei Enthaltung der FDP-
Fraktion angenommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung: Ich bitte diejenigen, die zu-
stimmen wollen, sich zu erheben. – Gegenstimmen? –
Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist mit gleichem
Stimmverhältnis angenommen.1)

Unter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 16/11348 empfiehlt der Rechtsauschuss,
den Gesetzentwurf der Fraktion der FDP auf
Drucksache 16/10838 abzulehnen. Ich bitte diejenigen,
die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das
Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der
Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung mit den Stimmen
der Koalitionsfraktionen bei Zustimmung der FDP-Frak-
tion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sowie Ent-
haltung der Fraktion Die Linke abgelehnt. Damit entfällt
nach unserer Geschäftsordnung die weitere Beratung.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 15 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Hans-
Michael Goldmann, Mechthild Dyckmans,
Dr. Karl Addicks, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der FDP

Rechte von Bahnkunden stärken

– Drucksache 16/9804 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss fürErnährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss fürVerkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss fürTourismus

Auch bei diesem Antrag sollen die Reden zu Proto-
koll genommen werden. Es handelt sich um die Reden
der Kolleginnen und Kollegen Julia Klöckner und
Dr. Günter Krings, CDU/CSU, Volker Blumentritt und
Marianne Schieder, SPD, Mechthild Dyckmans und
Hans-Michael Goldmann, FDP, Karin Binder, Die
Linke, Nicole Maisch, Bündnis 90/Die Grünen.2)

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 16/9804 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist das so beschlos-
sen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 16 auf:

k
s
u
B
H
n

D
f
v
s

w
u
W
L

s
d
n
g
l
d

1) Anlage 7
2) Anlage 10

3)

4)

(C (D Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/ CSU und der SPD Steuerhinterziehung bekämpfen – Drucksache 16/11389 – Überweisungsvorschlag: Finanzausschuss Rechtsausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Haushaltsausschuss Auch bei diesem Antrag sollen die Reden zu Protooll genommen werden. Ich sehe, Sie sind damit einvertanden. Es handelt sich um die Reden der Kolleginnen nd Kollegen Manfred Kolbe, CDU/CSU, Lothar inding, SPD, Dr. Volker Wissing, FDP, Dr. Barbara öll, Die Linke, Christine Scheel, Bündnis 90/Die Grüen.3)


Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 16/11389 an die in der Tagesordnung aufge-

ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
o beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 17 auf:
Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(12. Ausschuss)

Schäfer (Köln), Inge Höger, Monika Knoche,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE
Keine deutsche Beteiligung an der Europäi-
schen Verteidigungsagentur
– Drucksachen 16/4489, 16/7904 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg)

Andreas Weigel
Elke Hoff
Inge Höger
Alexander Bonde

Auch hier sollen die Reden zu Protokoll genommen
erden. Es handelt sich um die Reden der Kolleginnen
nd Kollegen Henning Otte, CDU/CSU, Andreas
eigel, SPD, Dr. Rainer Stinner, FDP, Inge Höger, Die

inke, Alexander Bonde, Bündnis 90/Die Grünen.4)

Der Verteidigungsausschuss empfiehlt in seiner Be-
chlussempfehlung auf Drucksache 16/7904, den Antrag
er Fraktion die Linke auf Drucksache 16/4489 abzuleh-
en. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Ge-
enstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfeh-
ung ist bei Gegenstimmen der Fraktion die Linke mit
en Stimmen aller übrigen Fraktionen angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 20 auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Umsetzung der Beteiligungsrichtlinie
– Drucksache 16/10536 –

Anlage 11
Anlage 12

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21259


(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzaus-
schusses (7. Ausschuss)


– Drucksachen 16/11412, 16/11448 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Leo Dautzenberg
Reinhard Schultz (Everswinkel)


Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, nehmen wir
die Reden zu Protokoll. Es handelt sich um die Reden
der Kollegen Leo Dautzenberg, CDU/CSU, Reinhard
Schultz, SPD, Frank Schäffler, FDP, Dr. Axel Troost,
Die Linke, Dr. Gerhard Schick, Bündnis 90/Die Grünen.


Leo Dautzenberg (CDU):
Rede ID: ID1619625900

Die Konsolidierung im europäischen Bankenmarkt ist

in den letzten Jahren stark vorangeschritten. Sowohl in-
nerhalb der jeweiligen nationalen Grenzen als auch
grenzüberschreitend fusionieren immer mehr Banken, um
ihre Effizienz zu steigern und im internationalen Wettbe-
werb bestehen zu können.

Mit der Beteiligungsrichtlinie vom 5. September 2007
hat die Europäische Union die Grundlage dafür geschaf-
fen, den Verfahrensablauf von grenzüberschreitenden Fu-
sionen im Finanzdienstleistungssektor zu vereinheitli-
chen. Das heute zur Verabschiedung anstehende Gesetz
setzt diese Richtlinie in deutsches Recht um.

Darüber hinaus enthält das Gesetz weitere Regelungs-
bereiche, die unabhängig von der Beteiligungsrichtlinie
sind. Auf diese Punkte werde ich zum Abschluss meiner
Rede eingehen. Doch kommen wir zunächst zum originä-
ren Teil der Beteiligungsrichtlinie.

Meine Fraktion bewertet die Richtlinie positiv. Sie
sorgt erstens für mehr Rechtsklarheit bei Beteiligungsab-
sichten im europäischen Finanzsektor, und sie führt zwei-
tens zu einer effizienteren aufsichtlichen Überprüfung
von solchen Beteiligungsabsichten. Die bisherigen un-
terschiedlichen nationalen Regelungen ermöglichten in
vielen Fällen, insbesondere bei grenzüberschreitenden
Erwerbsvorgängen innerhalb des Europäischen Wirt-
schaftsraumes, willkürliche Entscheidungen nationaler
Aufsichtsbehörden. Die Richtlinie vereinheitlicht nun-
mehr den Verfahrensablauf und schreibt abschließende,
konkrete Prüfkriterien für eine Eignungsprüfung fest.

Vor diesem Hintergrund begrüßen wir vor allem, dass
das deutsche Gesetz einer 1 : 1-Umsetzung entspricht. Es
schafft keine zusätzlichen, rein nationalen Anforderun-
gen. Das ist gut so.

Das Gesetz regelt Fälle, in denen eine natürliche oder
juristische Person eine qualifizierte Beteiligung an einem
Kreditinstitut, einem Lebens-, Schaden- oder Rückversi-
cherungsunternehmen oder einer Wertpapierfirma er-
wirbt oder erhöht. Von einer qualifizierten Beteiligung
spricht man bei Beteiligungen in Höhe von 10 Prozent
oder mehr des Kapitals bzw. bei Beteiligungen in Höhe
von 10 Prozent oder mehr der Stimmrechte des Finanzun-
ternehmens, dessen Anteile erworben werden.

Als konkrete Prüfkriterien bei beabsichtigten Beteili-
gungen legt das Gesetz folgende Regeln fest: Anzeige-

p
e
R
s
s
ü
s
b
w
e
b
d
z
v
r
m

v
w
m
s
K
f
t
t
b
k

B
A
k
b
a
w
a
w

G
h
r
M
d
L
t
F
s
d

f
a
F
A
t
e
b
m
G

E
l

(C (D flicht des beabsichtigten Erwerbs oder der Veräußerung iner Beteiligung ab einem bestimmten Schwellenwert; egeln zur Beurteilung der Zuverlässigkeit des interesierten Erwerbers; Erstellung einer Liste durch die Aufichtsbehörde zur Benennung der vom Erwerber zu bermittelnden Informationen; Zusammenarbeit der zutändigen Behörden im Europäischen Wirtschaftsraum ei der Beurteilung der Eignung eines interessierten Ererbers, wenn es sich bei diesem Interessenten um ein in inem anderen Mitgliedstaat oder Sektor zugelassenes eaufsichtigtes Unternehmen handelt; Prüfung von Verachtsmomenten bei Geldwäsche und Terrorismusfinanierung; Abschluss des Überprüfungsprozesses innerhalb on 60 Arbeitstagen, Verlängerung des Beurteilungszeitaumes nur unter bestimmten Voraussetzungen für maxial 30 Arbeitstage. Kommen wir nun zu den Maßnahmen, die unabhängig on der Beteiligungsrichtlinie in diesem Gesetz geregelt erden. Dazu gehören zunächst Änderungen des Investentgesetzes. Kern der Neuregelungen im Investmentge etz ist die Vereinfachung des Erlaubnisverfahrens für apitalanlagegesellschaften. Künftig soll die Erlaubnis ür das Betreiben des Investmentgeschäftes allgemein ereilt werden und nicht, wie bisher, nach Art des verwalteen Vermögens unterschieden werden. Meine Fraktion egrüßt diese Maßnahme als einen Beitrag zur Entbüroratisierung in der Fondsbranche. Darüber hinaus enthält das Gesetz eine Änderung im örsengesetz, die darauf abzielt, die Transparenz und ufsicht im Stromgroßhandel zu verbessern. Danach ann die Handelsüberwachungsstelle bei der Energieörse auch Daten von Energiegeschäften erfassen und uswerten, die zwar nicht über die Börse geschlossen erden, die aber über ein Abwicklungssystem der Börse bgewickelt werden. Mit dieser Gesetzesänderung setzen ir einen einstimmigen Beschluss der Bundesländer um. Ein wichtiger Punkt, der ebenfalls im Entwurf dieses esetzes vorgesehen war und der auch sachlich unabängig von der Beteiligungsrichtlinie ist, ist die Einfühung von fondsgebundenen Lebensversicherungen mit indestgarantie in Deutschland. Dieses Produkt ist unter em Stichwort „Variable Annuities“ bereits in anderen ändern am Markt. Nach einem Fachgespräch zum Be eiligungsrichtlinienumsetzungsgesetz haben wir uns im inanzausschuss dazu entschieden, die Einführung diees Produktes nicht im Rahmen des heute zur Verabschieung anstehenden Gesetzes zu vollziehen. Diese Entscheidung ist nicht gefallen, weil wir die Einührung dieses Produktes in Deutschland grundsätzlich blehnen. Es haben sich allerdings einige Fragen zur unktionsweise und zur Absicherung der Variable nnuities ergeben, über die wir fraktionsübergreifend in ensiv und ohne Zeitdruck im ersten Quartal bzw. in der rsten Jahreshälfte 2009 diskutieren wollen. Sollten wir ei unserer Prüfung zu einem positiven Ergebnis komen, werden wir die Variable Annuities noch mit einem esetz in der ersten Jahreshälfte 2009 einführen. Für meine Arbeitsgruppe darf ich sagen, dass wir der inführung von Variable Annuities zunächst grundsätz ich positiv gegenüber stehen. Dabei denken wir nicht nur an die Wettbewerbsfähigkeit unseres Versicherungsstandortes, sondern vor allem auch an die Verbraucher. Denn wenn wir die Auflage von Variable Annuities auch in Deutschland erlauben würden, könnten wir sicherstellen, dass die Produkte unter BaFin-Aufsicht und dem Schutz von Protektor stehen. Bei Produkten, die im Ausland aufgelegt, aber auch bei uns an Verbraucher vertrieben werden, haben wir diesen Zugriff nicht. Insofern darf ich abschließend für eine Zustimmung zum Beteiligungsrichtlinienumsetzungsgesetz in seiner jetzigen Form werben und gleichzeitig für eine sachbezogene Prüfung der Einführung von Variable Annuities in Deutschland plädieren. Die Beteiligungsrichtlinie, die wir mit dem vorliegen den Gesetz in deutsches Recht transformieren wollen, ist ausgesprochen binnenmarktfreundlich. Das ist zur Abwechslung einmal eine positive Nachricht im Zusammenhang mit der EU-Kommission, die uns ansonsten auf vielen anderen Gebieten das Leben unnötig erschwert. Ausgangspunkt für die Richtlinie war eine Untersuchung der EU-Kommission – initiiert von den europäischen Finanzministern –, die zum Ziel hatte, mögliche Hindernisse bei grenzüberschreitenden Fusionen und Übernahmen im Finanzsektor aufzudecken. Als Haupthindernis wurden dabei die einschlägigen Bestimmungen in der Bankenrichtlinie zur Zulässigkeit und aufsichtsrechtlichen Beurteilung identifiziert. Um hier Abhilfe zu schaffen, wurde die Beteiligungsrichtlinie auf den Weg gebracht. Sie setzt klare aufsichtsrechtliche Maßstäbe und schafft Transparenz bei den aufsichtsbehördlichen Verfahren. Und sie dient noch einem höheren Ziel, nämlich der Harmonisierung des europäischen Rechts – ein Ziel, das in diesem Kontext gar nicht genug begrüßt werden kann. Im Ergebnis werden protektionistische Hindernisse beseitigt und Rechtssicherheit für die betroffenen Unternehmen geschaffen. Mit unserem Gesetz haben wir die Beteiligungsrichtlinie nun fristgerecht und eins zu eins in deutsches Recht umgeformt. Konkret geht es um Fälle, in denen eine qualifizierte Beteiligung an einem Kreditinstitut, an einem Lebens-, Schadensoder Rückversicherungsunternehmen oder an einem Wertpapierhandelsunternehmen erworben oder erhöht werden soll. Als qualifizierte Beteiligungen gelten in diesem Kontext solche, die 10 oder mehr Prozent des Kapitals oder der Stimmrechte an einem Finanzunternehmen ausmachen. Im Zuge der globalen Finanzkrise ist mehr als deutlich geworden, wie unerlässlich Regelungen sind, die Transparenz schaffen, und zwar gerade auch bei den Beteiligungsverhältnissen von Finanzunternehmen, aus denen nicht selten Interessenkonflikte resultieren können. Noch etwas hat uns die Finanzkrise gelehrt: nämlich die Einführung neuer Finanzprodukte sorgfältigst zu prüfen, bevor sie auf den deutschen Markt gebracht werden dürfen. Bei dem Fachgespräch zum Beteiligungsrichtlinien-Umsetzungsgesetz gab es eine Regelung, die auf besonders große Vorbehalte der Sachverständigen gestoßen ist, und das zu Recht. Es handelt sich dabei um die Einführung einer neuen Versi c s d g D s w N l b h e c w s v V w r i d h u i r i v 1 e d F b n s Z n e i U g s s s S S t d e l b v A w Zu Protokoll ge (C (D herungsart, den sogenannten „Variable Annuities“. Das ind Lebensversicherungsprodukte mit einer Garantie, ie im Gegensatz zu herkömmlichen Lebensversicherunen mit derivaten Finanzinstrumenten besichert wird. ie Zulassung dieser neuen Versicherungsart stellt eine o weitreichende Reform in der deutschen Versicherungsirtschaft dar, dass wir verpflichtet sind, alle Vorund achteile ganz genau gegeneinander abzuwägen, vor al em, wenn man sieht, wie derzeit in den USA führende Anieter dieser Produkte mit schweren Verlusten zu kämpfen aben, nicht zuletzt, weil es sich als hochgradig schwierig rwiesen hat, die komplexen Produkte dynamisch abzusihern. Für Schnellschüsse besteht also absolut keine Notendigkeit, zumal diese Regelung nicht einmal in der ur prünglichen Beteiligungsrichtlinie enthalten ist und eine erschwindend geringe Bedeutung auf dem deutschen ersicherungsmarkt hat. Für uns steht deshalb fest: Wir erden das hohe Ansehen des Produkts „Lebensversiche ung“ in Deutschland nicht leichtfertig aufs Spiel setzen, m Gegenteil, wir werden es schützen. Im Ergebnis leisten wir mit dem heute zu verabschieenden Gesetz einen wesentlichen Beitrag auf dem Weg in zu einem einheitlichen europäischen Finanzmarkt, nd wir stärken die europäische Wettbewerbsfähigkeit nsgesamt. Das ist ein wichtiger Erfolg. Wir stimmen dem Grundanliegen der Beteiligungs ichtlinie zu, den Überprüfungsprozess bei Beteiligungen m Finanzsektor zu harmonisieren. Da es sich bei dem orgelegten Gesetzentwurf im Wesentlichen um eine : 1-Umsetzung handelt, stimmen wir auch dem Gesetz ntwurf insgesamt zu. Ausgangspunkt für die Beteiligungsrichtlinie war, dass ie alten Regelungen zum Erwerb von Beteiligungen im inanzsektor unklar waren und damit ein mögliches Wettewerbshindernis darstellten. Unterschiedliche natioale Kriterien und Verfahren ermöglichten Willkürentcheidungen. Es ist gut, dass diese Kriterien und der eitplan für die Prüfung solcher Investitionsabsichten un europaweit präziser gefasst werden. Wir sollten nach iniger Zeit überprüfen, ob die Umsetzung der Richtlinie n den Mitgliedstaaten ihren Zweck auch erfüllt. Wettbewerb ist ein Kernelement der Europäischen nion, das wir dringend stärken müssen. Gerade in der egenwärtigen Finanzkrise wäre Protektionismus die falcheste Reaktion. Dass im Gegenteil der Wettbewerb getärkt wird, ist ein gutes Zeichen. CDU/CSU und SPD elbst senden bei den Bestrebungen zur Abwehr von taatsfonds ja gerade auch selbst protektionistische ignale. Es wäre gut, wenn das Bekenntnis zum internaionalen Wettbewerb insgesamt zum Prinzip der Politik er Bundesregierung werden würde. Teil des Gesetzgebungsverfahrens war jedoch auch ine Änderung im Versicherungsaufsichtsgesetz bezügich der Variable Annuities. Diese fondsgebundenen Leensversicherungen mit Garantiekomponenten werden on den Kunden nachgefragt, bisher jedoch nur aus dem usland angeboten. Aufgrund des internationalen Trends erden sie nun auch von deutschen Versicherungen über 21260 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 Leo Dautzenberg gebene Reden irische und luxemburgische Tochtergesellschaften angeboten. Eine Zulassung auch nach deutschem Recht würde die deutsche Versicherungsbranche mit ihren Arbeitsplätzen stärken. Sie würde aber auch ermöglichen, dass die Produkte der deutschen Aufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unterliegen und durch Protektor abgesichert wären. Diese Absicherung durch den Sicherungsfonds der Versicherungswirtschaft fehlt gerade, wenn die Kunden ausländische Versicherungen erwerben. Dies hat ja auch das Bundesfinanzministerium bestätigt. Die anderen Fraktionen wollen nun jedoch auf eine Regelung verzichten, da es Diskussionsbedarf bezüglich des Anlegerschutzes gebe. Sie lassen die deutschen Kunden lieber weiter in ausländische Produkte investieren, die nicht abgesichert sind. So stellen wir uns als FDP-Fraktion Anlegerschutz gerade nicht vor. Wir hoffen jedoch, dass wir hier im nächsten Jahr frühzeitig zu einer Regelung kommen werden. Wenn die Regierung von Harmonisierung spricht, meint sie in aller Regel Harmonisierung nach unten: Nicht der gemeinsame Aufbau einer einheitlichen, wirkungsvollen Regulierung ist ihr Ziel, sondern der gemeinsame Abbau von Regulierung – zugunsten der Harmonie von Regierung und Privatwirtschaft. Wer im Angesicht von Finanzkrise und Re-Regulierungsrhetorik etwas anderes erwartet, findet dies im vorliegenden Gesetzentwurf der Großen Koalition deutlich widerlegt. Hindernisse sollen ausgeräumt werden, um grenzüberschreitende Fusionen und Übernahmen im Bankgewerbe zu erleichtern. Die deutsche Bundesregierung treibt dieses Vorhaben zunächst auf europäischer Ebene voran. Bei der Umsetzung der Richtlinie setzt sie mit ihrem Gesetzentwurf noch eins drauf: Weder soll die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Bedingungen an die Höhe der Beteiligung stellen noch die wirtschaftlichen Bedürfnisse des Marktes berücksichtigen dürfen. Nachdem CDU/CSU ebenso wie SPD, FDP und Grüne die aktuelle Krise mit ihrer Politik der Deregulierung und den steigenden Geldvermögen auf der einen, der sinkenden realen Nachfrage auf der anderen Seite herbeigerufen haben, ist es wahrlich nicht zu viel verlangt, sie nähmen die Krise zum Anlass für eine konsequente Umkehr. Weit gefehlt! Die Bundesregierung scheint im Wettlauf um die weitreichendste Deregulierung auf Platz eins gelangen zu wollen. Eines der Lieblingswörter der Re-Regulierungsrhetoriker – Transparenz – gerät in der Änderung des Börsengesetzes zur Farce: Mit dem erklärten Anspruch, die Transparenz im Stromgroßhandel und damit im Entstehen von Energiepreisen erhöhen zu wollen, sollen Warenund Energiebörsen das Recht erhalten, Daten auch außerbörslicher Geschäfte zu erfassen. Doch was schön klingt, stellt sich als Volksverdummung heraus. Schon jetzt ist die Finanzaufsicht völlig überfordert. Wie soll sie da die international verflochtenen Geschäfte von über 200 Teilnehmern aus 20 Ländern an der Energiebörse in Leipzig stets zeitnah überblicken können? Es ist noch nicht ein m l ü S p F w f t s m e s n b u h t s – t n w t s f v l m b n r c K e a U f R v L t d r h i g g G r ü B w ß Zu Protokoll ge (C (D al klar, welche Kriterien zu einer tatsächlichen Ermittung führen. Selbst ein Finanzjongleur wie George Soros berholt die Bundesregierung von links, indem er ein pekulationsverbot für Rohstoffe fordert. Die Linke lädiert darüber hinaus für einen Finanz-TÜV, der inanzinstrumente vor ihrer Zulassung auf ihr gesamtirtschaftliches Risikopotenzial und ihre Verbraucher reundlichkeit prüft. Zudem schlagen wir eine Finanzransaktionsteuer vor, um den kurzfristigen und rein pekulativen Handel zu entschleunigen: Instrumente, wie an sie auch bei der SPD-Linken findet, die sich in ihrer igenen Partei nicht durchsetzt. Als Antwort auf empörte Proteste von Verbraucherchützern hat die Bundesregierung die Aufnahme sogeannter variabler Annuitäten aufgeschoben. Es geht daei um Lebensversicherungen mit variabler Verzinsung nd Garantieversprechungen – Garantien, die gegen ohe Gebühr erworben werden müssen und deren Einhalung weit riskanter ist als bei anderen Verträgen. Denn tatt durch langfristige Wertpapiere sind diese Garantien man glaubt es kaum – mit spekulativen Derivaten unerlegt. Dank hoher Provisionen seien die variablen Anuitäten in den USA aggressiver in den Markt gedrückt orden als gefälschte Gucci-Taschen, so das Finanzpor al Smartmoney. Gerade in Krisenzeiten knüpfen sie cheinbar an das Garantiebedürfnis an und eignen sich ür den Kundenfang. Wir brauchen keine mögliche Neuauflage dieser ariablen Annuitäten im kommenden Frühjahr. Die Beteiigungsrichtlinie lehnen wir ab. Wir brauchen eine Haronisierung, die zu einer wirkungsvollen Aufsicht eiträgt. Wir brauchen eine Einkommensverteilung, die icht die anlagesuchenden Geldvermögen, sondern die eale Nachfrage stärkt. Wir brauchen eine Finanzbranhe, die ein Girokonto für alle bietet und nicht Frauen mit indern die Kreditaufnahme erschwert. Wir brauchen ine – öffentlich kontrollierte – Finanzbranche, die sich n den Bedürfnissen der Menschen orientiert. Der Teil des Gesetzes, der sich ausschließlich mit der msetzung europäischer Vorgaben befasste, war von Anang an unstreitig. Wir unterstützen die Intention der ichtlinie, die Regeln für den Erwerb oder die Erhöhung on Beteiligungen im Finanzsektor zu harmonisieren. etztlich sorgen die Vorgaben für Anzeigeund Informa ionspflichten sowie das Verfahren zur Zusammenarbeit er Aufsichtsbehörden für eine weiter gehende Transpaenz. Zudem sind es klare Regeln, die für Investoren eine inreichende Berechenbarkeit bringen. Stärkere europäsch verzahnte Aufsicht und die Offenlegung von Beteiliungen am Kapitalmarkt sind seit jeher grüne Forderunen in der Finanzmarktpolitik. Vor diesem Hintergrund findet auch der Passus des esetzes unsere Zustimmung, demzufolge die Transpa enz im Energiehandel erhöht werden soll, indem Daten ber die Abwicklung von Geschäften im außerbörslichen ereich systematisch und lückenlos erfasst und ausgeertet werden. Wir hatten bereits in einem Entschlieungsantrag zur Umsetzung der Finanzmarktrichtlinie Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21261 Frank Schäffler gebene Reden 21262 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 Dr. Gerhard Schick MiFID, Markets in Financial Instruments Directive, diese Forderung eingebracht. Gleichwohl bleiben viele Fragen offen, etwa ob die Handelsüberwachungsstellen die neue Aufgabe tatsächlich meistern können und ob nicht zusätzlich an anderer Stelle – im börslichen Bereich – weiter gehende Informationsund Offenlegungspflichten für eine hinreichende Transparenz notwendig sind. Spätestens wenn es an die parlamentarische Umsetzung des dritten Energiemarktpaketes geht, werden wir Grüne eine vertiefte Auseinandersetzung mit diesem Thema einfordern. Der Gesetzentwurf zur Umsetzung der Beteiligungsrichtlinie hielt jedoch darüber hinaus unerwartete Fragen für uns bereit. Unerwartet deshalb, weil weder der Name des Gesetzes noch die Einleitung oder die allgemeine Begründung darauf hinwiesen, dass das Gesetz unter anderem auch die Einführung von fondsgebundenen Lebensversicherungsverträgen mit einem Garantieelement, sogenannte Variable Annuities, vorsah. Die Argumentation, warum diese Art der Lebensversicherung auch in Deutschland einzuführen ist, war einmal mehr der Wettbewerb mit dem europäischen Ausland, wo diese Konstruktion bereits aufgelegt wird. Darüber schien allerdings in Vergessenheit geraten zu sein, die Auswirkungen dieser neuen Produktgattung in allen Einzelheiten zu analysieren. Unserer Ansicht nach bedarf es noch der Klärung diverser Fragen, bevor das Produkt mit angemessener Folgenabschätzung für die Versicherungsnehmerinnen und Versicherungsnehmer eingeführt werden kann. Diese Bedenken haben wir auch in der Anhörung zur Sprache gebracht, und sie wurden von den Experten vollumfänglich geteilt. Insbesondere besteht die Sorge, dass eine ausreichende Transparenz und Sicherheit der Produkte nicht gewährleistet ist. Auch sollten nach dem ursprünglichen Gesetzentwurf Anlagevorschriften gelockert werden und derivative Finanzinstrumente in erheblich größerem Umfang zum Einsatz kommen. Zudem gab es unterschiedliche Ansichten darüber, ob die Garantien der Variable Annuities durch den Sicherungsfonds Protektor geschützt würden. All das blieb auch während der Anhörung ungeklärt. Ich begrüße es daher sehr, dass die Große Koalition unsere Forderung aufgegriffen und die Neueinführung der fondsgebundenen Lebensversicherungsverträge mit einem Garantieelement wieder aus dem Gesetz gestrichen hat. Schließlich gibt es einen weiteren Punkt, den ich ansprechen möchte und der mit den geplanten Änderungen im Investmentgesetz zusammenhängt. So ist – ebenfalls ohne Zusammenhang zur Beteiligungsrichtlinie – eine Deregulierung für Kapitalanlagegesellschaften im Gesetzentwurf vorgesehen. Diese betrifft sowohl die Erteilung der Geschäftserlaubnis durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, BaFin, als auch die Frage, wie viele Geschäftsleiter für jeweilige Investmentbereiche, etwa Wertpapiere und Immobilien, vorhanden sein müssen. Vorausgegangen waren wohl zähe Verhandlungen zwischen der BaFin und den jeweiligen Gesellschaften über die Beschränkung des Geschäftszwecks der Kapitalanlagegesellschaften. Auf meine Anfrage in der Anhörung, ob die damaligen Bedenken der BaFin unberechtigt beziehungsweise übermäßig formal waren, oder o b w A w w z d a A t n E u d d G h w t s r e w t c F e s B s s H G S ü u s E S (C (D b die BaFin die nunmehr getroffene Regelung als zu lax eziehungsweise falsch einstufe, erhielt ich keine Antort. Unzureichend blieb auch in der abschließenden usschussberatung die Antwort der Bundesregierung. Es urde lediglich auf das Ziel des Bürokratieabbaus hingeiesen. Zwar ist es auch grünes Anliegen, Bürokratie ab ubauen. Allerdings ist höchste Vorsicht geboten, wenn es abei um Regelungen geht, die die Qualität von Kapitalnlagegesellschaften tangieren und damit letztlich auch uswirkungen auf den Anlegerschutz haben. Es ist ent äuschend, dass hier weder die BaFin in der Anhörung och das Ministerium im Ausschuss eine überzeugende rläuterung parat hatte. Dennoch, nachdem sich die Regierungskoalitionen auf nser Engagement hin entschließen konnten, die Frage er Variable Annuities nochmals zurückzustellen und aus em vorliegenden Gesetzentwurf zu streichen, findet das esetz insgesamt unsere Unterstützung. Wir hoffen, dass die Bundesregierung an dem beispielaften Fall der Variable Annuities dafür sensibilisiert urde, dass der Verbraucherschutz bei Finanzdienstleis ungen zu wichtig ist, als dass die Einführung neuer Vericherungsprodukte beiläufig und ohne hinreichende Kläung möglicher Folgen für die Bürgerinnen und Bürger in inem sachfremden Gesetz mit zu regeln wäre. Wir Grüne erden auch bei künftigen Gesetzentwürfen darauf ach en, dass die Belange der Verbraucherinnen und Verbrauher nicht zu kurz kommen und erste Lehren aus der inanzmarktkrise Eingang in die Gesetzgebung finden. Wir kommen zur Abstimmung. Der Finanzausschuss mpfiehlt in seiner Beschlussempfehlung – Druckachen 16/11412 und 16/11448 –, den Gesetzentwurf der undesregierung auf Drucksache 16/10536 in der Aus chussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dieer Beschlussempfehlung zustimmen wollen, um ihr andzeichen. Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der esetzentwurf ist damit in zweiter Beratung gegen die timmen der Fraktion Die Linke mit den Stimmen aller brigen Fraktionen angenommen. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die zutimmen wollen, sich zu erheben. – Gegenstimmen? – nthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist mit dem gleichen timmenverhältnis wie zuvor angenommen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 13 a bis 13 c auf: a)


(A) )


(B) )

Reinhard Schultz (SPD):
Rede ID: ID1619626000
Frank Schäffler (FDP):
Rede ID: ID1619626100

(A) )


(B) )

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1619626200
Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619626300

(A) )


(B) )

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1619626400

Kurth, Kerstin Andreae, Birgitt Bender, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
Gesamtkonzept zur beruflichen Teilhabe be-
hinderter Menschen
– Drucksache 16/11207 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Haushaltsausschuss

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21263


(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-
gierung

Bericht der Bundesregierung über die Ausfüh-
rung der Leistungen des Persönlichen Budgets
nach § 17 des Neunten Buches Sozialgesetz-
buch

– Drucksache 16/3983 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit

c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Arbeit und Soziales

(11. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten

Markus Kurth, Brigitte Pothmer, Irmingard
Schewe-Gerigk, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Persönliche Budgets für berufliche Teilhabe
jetzt ermöglichen

– Drucksachen 16/9753, 16/11299 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Hubert Hüppe

Auch in diesem Fall wollen wir die Reden zu Proto-
koll nehmen. Es handelt sich um die Reden der Kollegen
Hubert Hüppe, CDU/CSU, Silvia Schmidt, SPD,
Dr. Erwin Lotter, FDP, Dr. Ilja Seifert, Die Linke,
Markus Kurth, Bündnis 90/Die Grünen, und des Parla-
mentarischen Staatssekretärs Franz Thönnes für die
Bundesregierung.1)

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
Drucksachen 16/11207 und 16/3983 an die in der Tages-
ordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind
Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann sind
die Überweisungen so beschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss-
empfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales zu
dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit
dem Titel „Persönliches Budget für berufliche Teilhabe
jetzt ermöglichen“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner
Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/11299, den
Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Druck-
sache 16/9753 abzulehnen. Wer stimmt für diese Be-
schlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? –
Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Ko-
alitionsfraktionen bei Gegenstimmen von der Linken
und Bündnis 90/Die Grünen sowie bei Enthaltung der
FDP-Fraktion angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 22 auf:

Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-

(Zivilschutzgesetzänderungsgesetz – ZSGÄndG)


– Drucksache 16/11338 –

w
h
S
S
d
t

n
z
u
F
s
S
d
t
v
h
b
A
L

n
b
d
r
b
u
s
s

d
a
d
d
z
u
R
ä
G
V

v


L
s
a
ü
o
n
p
a

F1) Anlage 13

(C (D Überweisungsvorschlag: Innenausschuss Ausschuss für Gesundheit Auch hier sollen die Reden zu Protokoll genommen erden. Sind Sie einverstanden? – Das ist der Fall. Es andelt sich um die Reden von Gerold Reichenbach, PD, Hartfrid Wolff, FDP, Petra Pau, Die Linke, Silke tokar von Neuforn, Bündnis 90/Die Grünen, und für ie Bundesregierung des Parlamentarischen Staatssekreärs Dr. Christoph Bergner. Seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland ge ießen die Menschen unseres Landes den Schutz unseres weigeteilten, vertikal gegliederten, auf Ehrenamtlichkeit nd Freiwilligkeit beruhenden Notfallvorsorgesystems. ür Unglücksfälle in Friedenszeiten sind die Länder zutändig unter der Überschrift: Katastrophenschutz. Für chadenslagen im Verteidigungsfall ist der Bund zustänig unter der Überschrift: Zivilschutz. Denn für die Müter und Väter des Grundgesetzes war nur eine Situation orstellbar, in der die Infrastruktur und die Aufrechteraltung eines geregelten, öffentlichen Lebens bundesweit edroht sind, nämlich der Kriegsbzw. Verteidigungsfall. lles andere war und ist Katastrophenschutz und damit ändersache. Der subsidiäre Aufbau des Katastrophenschutzes inerhalb der Bundesländer sorgte und sorgt für ortsund edarfsnahe Strukturen, die einen Aufwuchs bis auf Lanesebene erlauben. Ausgeprägte, ehrenamtliche Struktuen sorgen für eine weitgehend flächendeckende Verfügarkeit der Hilfskräfte und Ressourcen, in die die mfangreichen Anstrengungen des Bundes für den Zivilchutz einflossen. Viele EU-Staaten beneiden uns um diees erfolgreiche Schutzsystem. Nach dem Ende der Blockkonfrontation aber hat sich ie Bedrohung eines umfassenden militärischen Angriffs uf die Bundesrepublik drastisch reduziert – und damit ie Anforderung an den Zivilschutz des Bundes, der in en 90er-Jahren entsprechend abgebaut wurde. Gleicheitig kommen jedoch völlig neue Herausforderungen auf ns zu. Es ist überhaupt nicht zu leugnen, dass sich die ahmenbedingungen für Risiken und Sicherheit stark gendert haben und weiter ändern werden. Klimawandel, lobalisierung und hohe nationale und internationale ernetztheit seien hier nur als Stichworte genannt. Wir leben heute in einer hochgradig vernetzten Welt, on der wir hoch abhängig sind. Durch solche Netze überregionale, nationale und internationale Netze – fließen“ permanent: Daten, Energie, Strom, Güter etc. etztlich kann man auch Migration, Tourismus und Gechäftsreisen als Netze auffassen. Wenn diese Ströme uch nur an einem Punkt minimal gestört sind, kommt es ber Dominoeffekte zu großen Schäden. Die Ursachen der Auslöser sind hierbei gar nicht entscheidend: Techisches oder menschliches Versagen, eine Naturkatastrohe oder ein Terroranschlag aber auch eine Pandemie – ll dies kann Auslöser für eine solche Katastrophe sein. Wir sprechen hier von einem Schadenspotenzial in riedenszeiten mit ähnlichen Dimensionen, wie wir sie bisher nur im Verteidigungsfall im Blick hatten, nämlich umfassende länderübergreifende Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens. Infrastrukturausfälle etwa in der Stromversorgung oder der IT-Kommunikation, der Zusammenbruch von Lieferketten können zu Katastrophen mit bundesweit oder gar europaweit verheerenden Auswirkungen führen. Die Elbeflut 2002 hat uns hierauf nur einen Vorgeschmack gegeben: Naturkatastrophen können Dimensionen erreichen, die weit über die Grenzen eines Bundeslandes hinausgreifen und deren Bewältigung die gesamte Republik fordert. Dies sind nicht mehr nur seltene „Jahrhundertereignisse“. Die Auswirkungen des Klimawandels werden zu einer Häufung und Verschärfung von Naturkatastrophen auch bei uns führen. Und der Terroranschlag in den USA 2001 zeigte: Auch privatisierte Gewalt kann unterhalb der Kriegesschwelle verheerende Schäden verursachen. Aber selbst beim Elbehochwasser, das in mehreren Bundesländern Überschwemmungen verursacht hatte, waren insgesamt nur 1 bis 2 Prozent der deutschen Bevölkerung betroffen. Rettung, Bergung und Wiederherstellung konnten aus den Ressourcen und einer völlig intakten Infrastruktur des gesamten restlichen Landes heraus erfolgen. Auch bei den großen Terroranschlägen lag der immense landesweite „Schaden“ insbesondere im psychologischen Bereich. Das Zukunftsforum Öffentliche Sicherheit, das ich als überfraktionellen Zusammenschluss und Dialogplattform für Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Akteure der Notfallvorsorge vor knapp zwei Jahren initiiert habe, hat in einem Grünbuch neue Qualitäten von Bedrohung exemplarisch herausgearbeitet. Beispielhaft haben wir in dem Grünbuch die Szenarien „tagelanger, bundesweiter Stromausfall“ und „Ausbruch einer Infektionskrankheit“ durchgespielt. Wenn die kritischen Infrastrukturen wie die Stromversorgung ausfallen, dann stehen nicht nur Handy, Festnetz und Computer still, sondern es stocken die Bargeldund Treibstoffversorgung bereits nach einigen Tagen, Hochhäuser sind nicht mehr bewohnbar und die Regale in den Supermärkten sind leergefegt. Oder nehmen wir neue Krankheiten: Sie kommen über importierte Güter, illegalen Menschenund sogar Tierhandel, über infizierte Touristen oder Geschäftsreisende. Durch den Klimawandel können wir uns zunehmend nicht mehr darauf verlassen, von sogenannten Tropenkrankheiten grundsätzlich verschont zu bleiben. SARS, im Jahre 2002, war ein „Schuss vor den Bug“. Denn das Virus ist zwar hundertmal tödlicher, aber weit weniger ansteckend als ein Grippevirus, weshalb nur relativ wenige Menschen daran erkrankten. Was geschieht nach einer Mutation, wenn das Virus eine höhere Aggressivität entwickelt hat? Als der Schock über die Bankenzusammenbrüche in den USA und Großbritannien seinen Höhepunkt erreichte, tat die Bundesregierung das einzig Richtige: Die K K w s d t b b u J k h d D m e e r g s d d s c J B F V d O s m v E n h B s o n d „ B l s n a a W G t s u e d Zu Protokoll ge (C (D anzlerin und der Bundesfinanzminister traten vor die amera und gaben eine Garantieerklärung ab. Würden ir die im jetzigen Zivilschutzänderungsgesetz fortge chriebene Systematik auf die Finanzkrise übertragen, ann hätte das bedeutet: 16 Landesbanken müssen sich agelang abstimmen oder alle einmütig die Bundesbank itten, die Koordinierung zu übernehmen – in den oben eschriebenen Szenarien schwer vorstellbar. Nach den Erfahrungen mit den Hochwassern an Oder nd Elbe verabschiedete die Innenministerkonferenz im ahre 2002 die „Neuen Strategien zum Schutz der Bevölerung“. Dies geschah aus der bestürzenden Erfahrung eraus, dass der traditionelle Katastrophenschutz für iese überregionalen Lagen nicht mehr ausreichend war. ie Länderinnenminister haben zusammen mit dem daaligen Bundesinnenminister Otto Schily das Konzept ines einheitlichen Bevölkerungsschutzes entwickelt als iner überregionalen und länderübergreifenden Gefahenabwehr auch in Friedenszeiten, bei dem sich die Aufabenteilung von Bund und Ländern nicht am Anlass, ondern an der Gefährdungsstufe orientieren soll. Allerings waren die Länder anschließend nicht mehr bereit, ann auch die grundgesetzlich festgelegte Aufgabenzuchreibung des Zivilund Katastrophenschutzes entsprehend anzupassen. In den Verhandlungen zur Föderalismusreform I im ahre 2004 machte auf Initiative der SPD-Fraktion der und den Vorstoß, für Bevölkerungsschutzaufgaben im alle nationaler oder länderübergreifender Krisenlagen erantwortung zu übernehmen. Dieser Vorstoß ist am Wierstand der Länder gescheitert. Dabei ging und geht es nicht darum, Kompetenzen vor rt zu haben. Es ging und geht nicht darum, in die Ein atzleitungen vor Ort einzugreifen, also eben nicht wie anchmal kolportiert wird, den Feuerwehren vor Ort orzuschreiben, mit welchen Autos sie ausrücken sollen. s geht um Koordination von Gesamtressourcen. Denn icht nur Katastrophen, auch die Strukturen der Wirtschaft alten sich schon lange nicht mehr an Ländergrenzen, zum eispiel die größtenteils privatisierten kritischen Infratrukturen: Ob Krankenhausketten, Stromversorgung der Telekommunikation – die Strukturen sind überregioal, ja oft international. 2005 haben CDU/CSU und SPD im Koalitionsvertrag eshalb erneut als gemeinsame Absicht festgeschrieben, die Steuerungsund Koordinierungskompetenz des undes bei der Bewältigung von Großkatastrophen und änderübergreifenden schweren Unglücksfällen [zu] tärken“. Der Bund hat in Vorleistung bereits von seiner Seite eiiges an Anstrengungen unternommen, um sich darauf uszurichten, übrigens – und das möchte ich hier durchus auch mit Selbstbewusstsein und Stolz anmerken – im esentlichen bereits unter der Regierung Schröder: Ein emeinsames Meldeund Lagezentrum wurde eingerich et. Mit dem BBK wurde eine Einrichtung geschaffen, die chon jetzt den Ländern Unterstützung beim Nachweis nd der Vermittlung von Engpassressourcen bietet – wie twa bei der Schneekatastrophe in Bayern mit der bunesweiten Vermittlung von zusätzlichen Schneepflügen 21264 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 Gerold Reichenbach gebene Reden aus nicht betroffenen Gebieten. Der Bund bietet bereits jetzt durch das BBK Ausund Fortbildung sowie ressortund länderübergreifende Krisenmanagementübungen an. Die Bundesregierung hat ferner mit den Ländern zur Umsetzung der neuen Strategien ein Programm vereinbart, mit dem der Bund in den Bereichen des Brandschutzes, des ABC-Schutzes sowie des Betreuungsund Sanitätsdienstes zusätzliche Ausstattung beschafft und die Unterhaltung und Ausbildung übernimmt. Dies können jedoch nur erste Schritte sein, die sich schließlich auch in den einschlägigen Gesetzen abbilden müssen, will man die dauerhafte Umsetzung nicht immer wieder infrage stellen lassen. Denn der Rechnungshof hat wohl zu Recht moniert, dass sich viele der vom Bund im Rahmen der Umsetzung der neuen Strategien getätigten und den Ländern zur Verstärkung zur Verfügung gestellten Anschaffungen – insbesondere nach der Veränderung der militärischen Bedrohungslage – nicht mehr aus dem Zivilschutz ableiten lassen. Sie richteten sich – in der Sache ja vernünftig und unter Fachleuten auch unbestritten – an besonderen Gefährdungslagen im Katastrophenschutz aus. Dies sei aber mit der bestehenden Aufgabenzuweisung zwischen Bund und Ländern nicht vereinbar und damit rechtswidrig. Die Einwände des Rechnungshofes haben naturgemäß bei den betroffen Organisationen zu großer Verunsicherung geführt. Gerade die in hohem Maße auch auf das ehrenamtliche Engagement angewiesenen Einheiten bei den Feuerwehren und Sanitätsdiensten brauchen auch Rechtssicherheit bei der ihnen zur Verfügung oder in Aussicht gestellten Ausstattung und Finanzierung. An diesem Punkt bringt uns der vorliegende Gesetzentwurf bedauerlicherweise nicht wirklich weiter. Ich bin der festen Überzeugung, dass diesem gewichtigen Einwand auch im Kern nicht mit interpretatorischer Ausweitung des Zivilschutzbegriffes begegnet werden kann. Wir brauchen am Ende eine Kompetenznorm zwischen Bund und Ländern, die entsprechend den neuen Strategien nicht mehr auf den Anlass Zivilschutz im Verteidigungsfall oder Katastrophenschutz im Friedensfall bezogen ist, sondern allein das Ausmaß der Krisenlage als Kriterium für die Aufgabenzuweisung hat. Nur so können wir wirklich Rechtssicherheit erlangen. Leider war der Bundesminister nicht in der Lage, dies gegenüber den Ländern durchzusetzen. Die Tatsache, dass wir hier heute über ein Zivilschutzgesetz-Änderungsgesetz sprechen und nicht über ein Bevölkerungsschutzgesetz, zeigt, dass der Versuch, diese neuen Strategien auch rechtlich umzusetzen und auf eine eindeutige grundgesetzliche Basis zu stellen, aufgegeben wurde. So kommen wir wohl mit dem vorliegenden Entwurf gegenüber den Einwendungen des Rechnungshofes auch nicht substanziell weiter, weil wir aus einer grundsätzlichen Zwickmühle einfachgesetzlich nicht herauskommen werden, wie ja auch die bisherige Genese des Gesetzentwurfes gezeigt hat. Entweder das neue Gesetz gibt eine eindeutige Rechtsgrundlage für Anstrengungen des Bundes außerhalb des sehr engen Rahmens des Zivilschutzes und der pflichtgemäßen Vorbereitung auf Amtshilfe, dann geraten wir mit der grundgesetzlichen Aufgabenzuwei s h I u R f T n n s d t d g v z G s u d k v A n b S f b l s F s r z b h F ü b m s M K w B n d L d g n s E u B Zu Protokoll ge (C (D ung in Konflikt, oder wir halten uns an diese, dann eralten wir wiederum keine eindeutige Rechtsgrundlage. Es ist nach unserer Auffassung aber gerade auch im nteresse der ehrenamtlichen Helfer, der Feuerwehren nd Hilfsorganisationen, eine klare interpretationsfreie echtsgrundlage zu erhalten. Das gilt übrigens nicht nur ür diese. Auch vernünftige Anstrengungen, die wir im ransportsicherstellungsbereich fortführen oder auf die euen Bedrohungslagen ausrichten sollten, lassen sich icht mehr alleine über den Zivilschutz begründen. Darum ist meine Fraktion nach wie vor der Auffasung, dass wir einen modernen Bevölkerungsschutz auf er Grundlage einer klaren, grundgesetzlich abgesicheren Rechtsgrundlage brauchen. Wir sind der Auffassung, ass wir die Planungen des Bundes sowie seine Leistunen gegenüber den Ländern nicht nur auf die reine Zivilerteidigung und den engen Rahmen der Amtshilfe reduieren dürfen, sondern sie generell an überregionalen efährdungen ausrichten müssen. Damit sind aus chließlich Gefährdungen gemeint, die die Vorhaltungen nd Fähigkeiten der Länder im Rahmen ihrer Aufgaben er nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr und des Landesatastrophenschutzes übersteigen würden. Es geht nicht um Zentralismus oder um die Schaffung on Doppelstrukturen, sondern darum, den subsidiären ufbau, der sich ja innerhalb der Länder bewährt hat, ach oben hin weiterzuentwickeln. Dies würde, nebenbei emerkt, auch die Lücke zu den Katastrophenschutztrukturen der Europäischen Union füllen, die ja ebenalls auf dem Subsidiaritätsprinzip basieren. Und – last ut not least – indem man für die Wirtschaft einen einheitichen Ansprechpartner hätte, könnte man die Wirtschaft tärken. Der Gesetzesentwurf versucht auf die aufgeworfenen ragestellungen eine Antwort zu finden, ist aber nach unerer Auffassung gemessen an den neuen Herausfordeungen ein Minimalstschritt, der viel zu kurz greift. Er ist war ein Schritt in die richtige Richtung, aber die Zweifel leiben, ob dieser Schritt für die entscheidenden Bedroungen ausreicht und wie viel Rechtssicherheit die jetzige assung den Feuerwehren und den Hilfsorganisationen berhaupt noch bieten kann. Wir werden im Gesetzgeungsverfahren genau abwägen müssen, ob wir uns dait nicht die Chance auf eine langfristig tragfähige Lö ung verbauen. Dabei müssen wir auch abwägen, ob der inister gegenüber den Ländern noch die politische raft finden könnte, für eine Regelung zu werben, die eine irkliche Antwort auf die im Grünbuch beschriebenen edrohungen darstellt, oder ob es bei einem solchen Miimalschritt wirklich bleiben soll. Darüber hinaus müssen wir aber auch sicherstellen, ass die Befürchtungen des Bundesrechnungshofes, die änder erhielten bundesfinanzierte Ausstattungen für en Katastrophenschutzbedarf mit der Möglichkeit, im leichen Umfang eigene Aufwendungen einzusparen, icht eintreten. Sonst besteht die Gefahr, dass die Resourcen nicht zusammengeführt, sondern am Ende zur rfüllung von Aufgaben der Länder Landeskomponenten nd Landesausgaben durch Bundeskomponenten und undesausgaben ersetzt werden. Damit würden die FäDeutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21265 Gerold Reichenbach gebene Reden higkeiten zur Vorsorge und Hilfe im Katastrophenschutz und Zivilschutz eben gerade nicht verbessert. Dies wäre weder im Interesse der betroffenen Organisationen und der ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer noch im Interesse einer sinnvollen Ausrichtung der Anstrengungen des Bundes und der Länder auf die neuen Herausforderungen im Bevölkerungsund Katastrophenschutz. Die Bevölkerung und die Hilfsorganisationen haben einen Anspruch darauf, dass die Verantwortung, die der Bund in diesem Bereich in Zukunft wahrzunehmen bereit ist, nicht als Finanzverschieebahnhof in Richtung Länder missbraucht wird. Lassen Sie mich zum Schluss die Gelegenheit ergreifen, mich bei den freiwilligen und hauptamtlichen Helferinnen und Helfern in der Gefahrenabwehr für ihren unermüdlichen Einsatz im Dienste unserer Sicherheit zu bedanken. Mein besonderer Dank gilt all jenen, die gerade während der Feiertage nicht bei ihren Familien sein können, sondern sie in ihren Dienststellen, Bereitschaften oder gar im Einsatz verbringen müssen. Ihnen allen ein frohes Weihnachten und vor allem Glück und Gesundheit im kommenden Jahr! Hartfrid Wolff Der bisherige Dualismus von Zivilund Katastrophen schutz muss überwunden und die Zuständigkeit klar geregelt werden. Hierfür ist ein von Bund und Ländern gemeinsam getragenes, einheitliches Bevölkerungsschutzsystem am besten geeignet – mit allein am Schadensausmaß und an den schnellsten und besten Reaktionsmöglichkeiten ausgerichteten, klaren Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten. Ob der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf diesem Anspruch gerecht wird, muss hinterfragt werden. Der Schutz der Bevölkerung vor Katastrophen und Unglücksfällen ist eine der grundlegenden Aufgaben des Staates. Naturkatastrophen und Großunfälle machen nicht an Ländergrenzen halt. Überregionale Stromausfälle wie vor einigen Jahren im Münsterland oder verursacht durch die Ems-Durchfahrt eines großen Schiffsneubaus, Pandemien wie etwa die Vogelgrippe oder von bestimmten Gruppen ausgehende Gefahren, etwa durch organisierte Kriminalität oder terroristische Aktivitäten, erfordern ein länderübergreifendes Sicherheitskonzept. Das neue Zivilschutzgesetz ist überfällig. Neue Herausforderungen an die öffentliche Sicherheit sind nicht allein mit tagespolitischen Aktivitäten zu beantworten. Der Bund muss im Katastrophenschutz Verantwortung übernehmen und darf sich nicht aus der Fläche zurückziehen. Hier wirkt der Schäuble-IMK-Entwurf halbherzig. Der Bundesrechnungshof hat wiederholt die Bundesfinanzierung kritisiert. Katastrophenschutz ist laut Grundgesetz Ländersache. Eine Nachjustierung ist dringend erforderlich. Es ist befremdlich, dass Innenminister Schäuble dem Bundeswehreinsatz im Innern Tür und Tor öffnen will, aber sich einer zeitgemäßen Neudefinition der grundgesetzlichen Bevölkerungsschutzkompetenzen verweigert. Es gilt aber, die zivilen Kräfte zu stärken. t ü n Z L d s z a t S r s B d ß d I t k o d a l B s z D d B u a w F e r s K u g c u B r H t g u R a w s a G Zu Protokoll ge (C (D Die bestehende Zweiteilung in den Zivilschutz im Vereidigungsfall und den Katastrophenschutz im Frieden ist berholt und macht aus Sicht der meisten Experten so keien Sinn mehr. Die bislang praktizierte Zuweisung von uständigkeiten nach der Schadensursache wird der age nicht länger gerecht. Zum Zeitpunkt einer notwenigen Gefahrenabwehr kann nicht die Ursachenforchung höchste Priorität haben, um Zuständigkeitsfragen u klären. Hier muss einfach und schnell anhand des Schadensusmaßes geholfen werden. Daher ist eine Aufgabenvereilung anzustreben, bei der die Zuständigkeit für lokale chadensereignisse im Rahmen der allgemeinen Gefahenabwehr bei den Kommunen bzw. beim Land; die Zutändigkeit für Großschadensereignisse innerhalb eines undeslandes ohne weitere Auswirkungen auf das Bunesgebiet bei den Ländern und die Zuständigkeit für auerordentliche bundesweite Schadenslagen sowie für länerübergreifende Großschadenslagen beim Bund liegt. nnerhalb dieses Rahmens ist die Ressourcenverantworung zu regeln, um effektiv und schnellstmöglich helfen zu önnen. Ein neues, zeitgemäßes Ausstattungskonzept ist dabei hne einen schlagkräftigen und wirkungsvollen Beitrag es Bundes nicht denkbar. Die Konzentration des Bundes uf die Bereitstellung von Spezialressourcen für „Sonderagen“ darf nicht zu einem schleichenden Rückzug des undes aus der Fläche führen. Die Verteilung der Resourcen hat vielmehr dergestalt zu erfolgen, dass eine eitnahe Reaktion auf Ereignisse an jedem Ort in eutschland sichergestellt ist. Dabei ist die Frage nach er Rechtsgrundlage auch für die Bundesleistungen im ereich Ausstattung, wie sie vom Deutschen Bundestag nd dem Bundesrechnungshof aufgeworfen worden ist, bschließend und eindeutig zu klären. In dieser Hinsicht irft der Gesetzentwurf der Bundesregierung eher ragen auf, als dass er sie beantwortet. Deshalb scheint ine grundgesetzlich verankerte bundesweite Koordinieungskompetenz im Katastrophenschutz unverzichtbar zu ein. Darüber hinaus sind die ehrenamtlichen Strukturen im atastrophenschutz mindestens im bisherigen Umfange nbedingt aufrechtzuerhalten. Das ehrenamtliche Engaement ist die bürgerschaftliche Grundlage für die Siherheit aller Bürgerinnen und Bürger in Deutschland nd die tragende personelle Infrastrukturkomponente des evölkerungsschutzes. Die FDP ist überzeugt: Die eh enamtlichen und die professionellen Helferinnen und elfer von THW und Feuerwehren, von Rettungsdiens en, DLRG und anderen Hilfsorganisationen leisten ausezeichnete Arbeit. Sie müssen deutlich mehr gewürdigt nd unterstützt werden, als es bisher der Fall war. Effiziente Strukturen, einfache Entscheidungswege, an isiken ausgerichtete Reaktionsmöglichkeiten helfen uch und gerade denjenigen, die selbst schnell helfen ollen. Die Herausforderungen im Bevölkerungsschutz ind sehr groß. Viele inhaltliche Fragen harren der Bentwortung; den Rahmen hierfür muss ein ausgefeiltes esetz schaffen. 21266 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 Gerold Reichenbach gebene Reden Im Kalten Krieg bestanden viele Kapazitäten, die nach 1990 vorschnell seitens des Bundes abgebaut wurden und nicht in dem den aktuellen Herausforderungen entsprechenden Maße wieder in den Ländern aufgebaut wurden. Das ist ein grobes Versäumnis und zeugt von bundespolitischem Handlungsbedarf. Auch insofern ist diese Initiative der Bundesregierung zu betrachten. Im weiteren Beratungsgang muss unter Anhörung von Experten ausgelotet werden, ob der vorgelegte Gesetzentwurf die rechtlichen Rahmenbedingungen für ein wirklich zukunftsorientiertes Bevölkerungsschutzsystem zu setzen vermag. Die Linke prüft das Anliegen und die Zwischentöne. Kein Gesetzentwurf verlässt den Bundestag so, wie er eingebracht wurde. Deshalb werde ich über den vorliegenden Gesetzentwurf keinen Stab brechen. Ich werde ihn auch nicht loben. Ich melde lediglich Bedenken an. Die Bedenken rühren daher, dass fast alle Gesetze aus dem Bundesinnenministerium wohlfeil formuliert werden, während die eigentlichen Tücken hinterlistig zwischen den Zeilen lauern. Bundesinnenminister Schäuble strebt ein Supersicherheitsministerium nach USA-Vorbild an. Polizei, Bundeswehr, Geheimdienste, Zivilschutz, alles soll unter einem allmächtigen Dach vereinigt werden. Das lehnt die Linke in Übereinstimmung mit dem Grundgesetz bekanntlich ab, während es die Bundesinnenminister der letzten fünf Wahlperioden im Kampf gegen das Grundgesetz befürwortet haben. Das sät natürlich Misstrauen, auch zu diesem Gesetzentwurf. Das Einzige, was hoffen lässt: Der Präsident des THW, Herr Broemme, ist ein erprobter Berliner. Das könnte für einen libertären Geist sprechen. Wir werden in den parlamentarischen Ausschüssen das Anliegen und die Zwischentöne gründlich prüfen, und wir werden die Spreu vom Weizen trennen, wobei ich Ihnen schon jetzt sage: Die Linke ist für den Weizen. Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gerold Reichenbach (SPD):
Rede ID: ID1619626500

(A) )


(B) )


(A) )


(B) )


(A) )


(B) )


(A) )


(B) )

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619626600

Mehr Mut, mehr Entschlusskraft hätte ich mir bei der
seit Jahrzehnten überfälligen Reform des Bevölkerungs-
schutzes gewünscht. Das Zivilschutzänderungsgesetz,
das die Große Koalition hier heute vorlegt, bleibt Stück-
werk. Die real vorhandenen Defizite werden nicht beho-
ben. Eine tatsächliche Reform des Bevölkerungsschutzes
im Bereich der nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr haben
Sie trotz satter Mehrheiten nicht in Angriff genommen.
Das Gesetz ist noch nicht einmal eine hinreichende
Grundlage für die zukünftige Finanzierung des gemein-
samen Beschaffungskonzeptes von Bund und Ländern.

Wir behalten auf der Bundesebene ein Zivilschutzge-
setz, für das es nach der Auflösung des Warschauer Pak-
tes und Beendigung des Kalten Krieges zum Glück keine
Erforderlichkeit mehr gibt. Die Zuständigkeit des Bundes
für die Bewältigung von militärischen Bedrohungslagen
und Kriegsfolgen und die Zuständigkeit der Länder für
den Natur- und Katastrophenschutz ist überholt. Diese

Z
r
d
s
l

s
B
s
g
b
z
V
d
k

z
l
u
n
a
t

l
a
F
T
s
a
r
a
e
F
z

f
u
d
n
a
n
b
c
Z

f
d
H
D
i
s
v
s
d

S
d
r
S
Zu Protokoll ge

(C (D weiteilung wird der realen Gefahrenlage nicht mehr geecht. Stürme und Hochwasser durch Klimawandel, Panemien, großflächige Stromausfälle und die Gefahr chwerer terroristischer Anschläge sind die Bedrohungsagen, auf die wir vorbereitet sein müssen. Die Große Koalition hat sich weder an eine Verfasungsänderung herangetraut, noch schafft Sie für den und eine tragfähige Definition der heutigen Zivilchutzaufgaben. Und auch ein THW-Gesetz, dass die Aufaben und Zuständigkeiten klar beschreibt, fehlt. Es leibt dabei: Der Bund stellt erhebliche Haushaltsmittel ur Verfügung für eine militärische Schadenslage, den erteidigungsfall, der mit hoher Wahrscheinlichkeit in en kommenden Jahren nicht eintreten wird. Dies kann ein dauerhafter Zustand sein. Auch wir sehen die Notwendigkeit einer Mischfinanierung, wir wollen Länder und Kommunen nicht alleine assen. Aber bitte auf einer geklärten Verfassungslage nd auf einer tragfähigen Rechtsgrundlage. Es kann icht sein, dass die Zuständigkeiten in der Verfassung unngetastet bleiben und der Bund dennoch Haushaltsmitel für Aufgaben der Länder zur Verfügung stellt. Ich will hier mit aller Deutlichkeit sagen: Der nichtpoizeiliche Bevölkerungsschutz ist in Deutschland gerade uch wegen des hohen Anteils des Ehrenamtes in der euerwehr, bei den Rettungsund Hilfsdiensten und beim HW im europäischen Vergleich hervorragend aufgetellt. Ich möchte mich an dieser Stelle ausdrücklich bei llen ehrenamtlich Tätigen bedanken und hier ein weitees Defizit benennen. Wir werden den Anteil der Ehrenmtlichen nur halten, wenn wir das Ehrenamt durch Anrkennung bei der Steuer, durch verlässliche Ausund ortbildung oder durch die Bereitschaft der Wirtschaft ur Freistellung weiter stärken. Auch ich will den Bund nicht aus der Verantwortung ür die Finanzierung der Feuerwehren, Rettungsdienste nd Hilfsdienste entlassen. Die hohe Qualität und die moerne Ausstattung des Bevölkerungsschutzes können wir ur durch eine Mischfinanzierung von Bund und Ländern ufrechterhalten. Wir stimmen dem gemeinsam getrageen Ausstattungskonzept voll und ganz zu. Aber wir bleien bei unserer Forderung: Wir brauchen ein einheitlihes Bevölkerungsschutzgesetz, das die Aufgaben und uständigkeiten von Bund und Ländern neu definiert. Die Szenarien zukünftiger Bedrohungslagen hat die raktionsübergreifende Arbeitsgruppe in dem Grünbuch es Zukunftsforums öffentliche Sicherheit „Risiken und erausforderungen für die öffentliche Sicherheit in eutschland“ beschrieben. Die Schlussfolgerungen, die ch aus den Szenarien ziehe: Wir brauchen im Grundgeetz eine Neuregelung der Zuständigkeiten. Die Folgen on Pandemien, großflächigen Stromausfällen oder chweren terroristischen Anschlägen sind nicht mehr mit em alten, militärischen Zivilschutzbegriff fassbar. Es kann in Deutschland zu länderübergreifenden chadensfällen kommen, die eine Bundeskompetenz in er Koordinierung und Führung auch im operativen Beeich erforderlich machen. Wir können nicht mögliche zenarien wie terroristische Anschläge auf ein AtomDeutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21267 Hartfrid Wolff gebene Reden kraftwerk beschreiben und dann eine gesetzliche Grundlage vorhalten, die die Zuständigkeit der Schadensbewältigung bei den Ländern belässt. Auch Pandemien halten sich nicht an Ländergrenzen; sie können ganz Europa betreffen. Wir haben doch bereits erlebt: Wenn auf der Ems für die Durchfahrt eines Kreuzfahrtschiffes der Strom abgestellt wird, können infolge einer Kettenreaktion in Italien die Lichter ausgehen. Welches Bundesland soll hier die Verantwortung übernehmen, wenn es zu einem längerfristigen Schadensfall mit weiteren Kettenreaktionen kommt? Nein, meine Damen und Herren von der Großen Koalition, das, was Sie heute vorlegen, ist keine Reform, sondern mühseliges Löcherstopfen. Europa arbeitet derzeit an gemeinsamen Standards für den nichtpolizeilichen Bevölkerungsschutz, und Deutschland irrt weiter durch den Föderalismusdschungel. Es bleibt noch viel Arbeit, und wir sollten uns im Innenausschuss ernsthaft Gedanken darüber machen, wie wir die erforderliche Reform des Bevölkerungsschutzes in Deutschland voranbringen. Ich stehe hier für eine kooperative Zusammenarbeit weiter zur Verfügung. Die richtigen Fragen sind im Grünbuch gestellt. Wir müssen jetzt allerdings auch Antworten geben, die weit über dieses Zivilschutzänderungsgesetz hinausgehen. Dies umfasst sowohl die Vorbereitung der Bevölkerung auf mögliche Schadensereignisse, die Stärkung der Selbsthilfe, die Klärung der Verantwortlichkeiten für die Aufrechterhaltung der privatisierten kritischen Infrastrukturen als auch den erforderlichen Ausbau der Notfallmedizin. D Es ist inzwischen ein Gemeinplatz, dass die Ereignisse der Jahre 2001 und 2002 ein neues Bewusstsein und eine neue Wertigkeit für den Bevölkerungsschutz geschaffen haben. Ausdruck dieser neuen positiven Wahrnehmung ist der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf. Nach dem Zerfall des Warschauer Paktes hat der Bund in den 90er-Jahren als sogenannte Friedensdividende seine Einrichtungen und Vorhaltungen für den Zivilschutz stark zurückgeführt. Dann kamen die Anschläge des 11. September 2001. Sie haben verdeutlicht, dass es mit dem Abbau von Kapazitäten so nicht weitergehen konnte. 2002 hatten wir das Hochwasser an der Elbe zu bewältigen. Trotz des größtmöglichen Einsatzes aller Kräfte kam es zu dramatischen Schäden. Das Wort Flutkatastrophe war nicht übertrieben. So unterschiedlich beide Ereignisse waren, so zeigten sie doch beide unmissverständlich den gesamtstaatlichen Handlungsbedarf auf. Sie waren so etwas wie eine doppelte Zäsur. Zwar drohte nicht mehr der Kalte Krieg. Aber auch mit der Selbstsicherheit der 90er-Jahre – unserem Lande drohten allenfalls begrenzte, überschaubare Gefahren – war es vorbei. Seitdem setzen sich Bund und Länder intensiv mit der Frage auseinander, welche Kapazitäten wir in beiden Aufgabenbereichen brauchen und wie wir die Ressourcen von Bund und Ländern am besten miteinander verzahnen. d t J v V d m Z H a e D b B E N B d m n Ü s z m t a d s s A f z D v Z w w d d d s A s s d R u w d m D k B t Zu Protokoll ge (C (D Politischen Ausdruck fand dieses grundlegend veränerte Bewusstsein in der Vereinbarung der „Neuen Straegie zum Schutz der Bevölkerung in Deutschland“ im ahr 2002. In der Sache geht es um das Zusammenwirken on Bund und Ländern im Sinne einer „gemeinsamen“ erantwortung von Bund und Ländern bei national beeutsamen Ereignissen durch tatsächlich engere Zusamenarbeit, die auch ohne Verfassungsänderung – Bund ivilschutz, Länder Katastrophenschutz – möglich ist. Zwischenzeitlich haben Bund und Länder in dieser insicht viel erreicht: Im Jahr 2004 wurde das Bundesmt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, BBK, rrichtet, das die Aufgaben des Bevölkerungsschutzes als ienstleister für alle im System mitwirkenden Akteure ündelt. Das gemeinsame Meldeund Lagezentrum von und und Ländern, GMLZ, wurde im BBK eingerichtet. s verfügt über die neue Datenbank deNIS, deutsches otfallvorsorge-Informationssystem. Die psychologische etreuungsstelle NOAH wurde in Betrieb genommen und as Ausbildungsprogramm der Akademie für Krisenanagement, Notfallplanung und Zivilschutz, AKNZ, auf eue Herausforderungen ausgerichtet. Eine neue bungsserie LÜKEX wurde von ihr kreiert und inzwi chen zusammen mit allen Bundesländern durchgeführt. Die neue politische Wertigkeit des Bevölkerungsschutes hat auch zur Bildung der neuen Abteilung „Krisenanagement und Bevölkerungsschutz“ im Bundesminis erium des Innern geführt. Die Länder haben die Neuorientierung des Bundes usdrücklich begrüßt. Zugleich haben sie gefordert, dass er Bund zusätzlich zu seiner Zuständigkeit für den Zivilchutz nun auch die gesetzliche Befugnis erhalten solle, ie beim Schutz der Bevölkerung in Fällen terroristischer nschläge sowie bei Naturkatastrophen und Unglücks ällen, die das Gebiet mehr als eines Landes gefährden, u unterstützen. Der Bund hat diese Bitte aufgegriffen. as Bundeskabinett hat am 15. Oktober 2008 den Ihnen orliegenden Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des ivilschutzgesetzes beschlossen. Das Grundkonzept urde mit den Ländern im Frühjahr 2008 abgestimmt. Der Gesetzentwurf sichert eine wirksame materielle ie konzeptionelle Unterstützung des Bundes zugunsten er Länder bei Großschadenslagen. Die Ressourcen, die er Bund für den Zivilschutzfall vorhält, stehen den Länern danach auch für ihre Aufgaben im Katastrophenchutz zur Verfügung. Dies gilt insbesondere für die usstattung, mit der der Bund die Katastrophenschutztrukturen der Länder „ergänzt“. Es gilt aber zum Beipiel auch für das Warnsystem des Bundes, SatWas, sowie ie Bundesinstrumente für ein Informations-, Lageund essourcenmanagement, wie sie das BBK mit dem GMLZ nd der Datenbank deNIS vorhält. Die Ausund Fortbildungsmaßnahmen des Bundes erden auf eine moderne Grundlage gestellt. Insbesonere wird die erfolgreiche länderübergreifende Krisenanagementübungsserie LÜKEX rechtlich abgesichert. er Gesetzentwurf eröffnet zudem erstmals die Möglich eit zentraler Koordinierungsmaßnahmen durch den und auf Ersuchen und im Einvernehmen mit jedem be roffenen Land. Das operative Krisenmanagement ver21268 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 Silke Stokar von Neuforn gebene Reden Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21269 Parl. Staatssekretär Dr. Christoph Bergner bleibt allerdings bei jedem Land. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass es selbst in zentralstaatlich verfassten Staaten wie Großbritannien und Frankreich ein Weisungsrecht der nationalen Behörden gegenüber der örtlichen Einsatzebene nicht gibt. Geregelt wird der Datenaustausch zwischen Bund und Ländern bei der Vorbereitung auf und der Bewältigung von Großschadenslagen. Vorgesehen sind ferner eine bundesweite Risikoanalyse, eine Beratungsund Unterstützungsfunktion des Bundes beim Schutz kritischer Infrastrukturen sowie die Entwicklung von Standards und Rahmenkonzepten. Das Ehrenamt wird als unverzichtbare Grundlage des Zivilund Katastrophenschutzes gewürdigt und gefördert. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird eine große Lücke im System des Bevölkerungsschutzes in Deutschland geschlossen. Wir verfügen damit endlich über eine moderne und klare Rechtsgrundlage. Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent wurfs auf Drucksache 16/11338 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 21 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Hellmut Königshaus, Dr. Karl Addicks, Jens Ackermann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Ein Konzept für die Budgethilfepraxis vorlegen und die Gewährung von Budgethilfe an strenge Kriterien knüpfen – Drucksache 16/5604 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Haushaltsausschuss Hier sollen die Reden ebenfalls zu Protokoll genommen werden. Es handelt sich um die Reden der Kolleginnen und Kollegen Dr. Christian Ruck, CDU/CSU, Dr. Bärbel Kofler, SPD, Hellmut Königshaus, FDP, Hüseyin-Kenan Aydin, Die Linke, und Thilo Hoppe, Bündnis 90/Die Grünen. Seit Ende der 90er-Jahre setzt sich eine Gruppe ein flussreicher Geber – unter anderem Großbritannien, skandinavische Länder, Weltbank, EU-Kommission –, die über keine oder unzureichende Implementierungsstrukturen verfügen, dafür ein, die Abwicklung der Entwicklungszusammenarbeit über direkte Transfers in den Staatshaushalt des jeweiligen Partnerlandes zum bevorzugten Instrument der Entwicklungszusammenarbeit zu machen. Damit sollen vor allem die Effizienz und Effektivität der Zusammenarbeit gesteigert, die Partnerstrukturen gestärkt, die Transaktionskosten vermindert und die Eigenverantwortlichkeit der Entwicklungsländer zur Umsetzung der Armutsbekämpfung gefördert werden – a z d a m N a a E h ß d t r s D P l m t R p t e E w s g n f l z d z F m h b s s r a n s v ä a R d a d z n z ö p (C (D lles Ziele, die wir als Entwicklungspolitiker unterstüten. Das Instrument der Budgethilfe ist nicht neu. Bereits in er Vergangenheit wurde es im Rahmen der Strukturnpassungsprogramme eingesetzt. Die Erfahrungen dait waren allerdings eher gemischt bis enttäuschend. ahe liegend ist, dass die Überwindung der Mittelbflussproblematik bei den eingangs genannten Gebern uch eine wichtige Motivation gewesen sein könnte, den insatz der Budgethilfe auszuweiten. Die Union hat daer die internationale Diskussion und den bekanntermaen nicht durch Mittelabflussprobleme geleiteten Marsch er rot-grünen Bundesregierung in die Budgethilfe kriisch begleitet. Für einen Erfolg der Budgethilfe sind die besten Voaussetzungen gegeben, wenn das Partnerland eine tarke, legitimierte und reformorientierte Regierung hat. ies ist dann der Fall, wenn gute Regierungsführung der artnerregierung gegeben ist. Dies bedeutet, die Hand ungsfähigkeit und Handlungswilligkeit der Regierung uss klar erkennbar und überprüfbar sein. Die Legitimi ät, das heißt eine hohe Zustimmung der Bevölkerung zum egierungshandeln muss gegeben sein, Eine wirksame olitische Kontrolle durch ein demokratisch legitimieres, qualifiziertes und eigenständiges Parlament sowie ine aktive Zivilgesellschaft müssen sichergestellt sein, s muss ein realisierbares und auf die wesentliche Enticklungsaspekte abzielendes Reformprogramm, dem ich die Partnerregierung aktiv verpflichtet fühlt, vorlieen. Eine effiziente Verwaltung, niedriges Korruptionsiveau, transparentes und unabhängig kontrolliertes öfentliches Finanzmanagement sollen gegeben sein. Und ast, but not least: Es müssen nachhaltige Anstrengungen ur Verbesserung der Eigenfinanzierung erkennbar sein, amit klar ist, dass die Budgetfinanzierung von außen eitlich begrenzt ist und so bald wie möglich durch eigene inanzmittel ersetzt wird. Wir sind davon überzeugt, dass nur unter diesen Rahenbedingungen die von den Befürwortern der Budgetilfe erwarteten – bisher aber noch nicht empirisch elegten – Vorteile gegenüber den bisher bewährten Intrumenten der Entwicklungszusammenarbeit möglich ind. Die Union hat daher Wert darauf gelegt, diese Voaussetzung im Koalitionsvertrag festzulegen. Wir sind ber auch davon überzeugt, dass es in Ausnahmefällen otwendig sein kann, übergangsweise zur Stabilisierung taatlicher Strukturen, zum Beispiel für die Sicherstellung on Gehaltszahlungen in fragilen Staaten, budgethilfehnliche Instrumente einzusetzen. In diesen Fällen muss ber eine intensive Kontrolle sichergestellt werden. Wir müssen uns bewusst sein, dass mit der Budgethilfe isiken verbunden sind. So weisen die meisten Länder, enen zurzeit Budgethilfe gewährt wird, in der einen oder nderen Hinsicht erhebliche Defizite auf. Wir müssen uns er Gefahr bewusst sein, dass die Budgethilfe diese Defiite nicht vermindert, sondern möglicherweise sogar och verstärkt. In vielen Ländern stagniert der Prozess ur Stärkung von Kontrollmechanismen zur Verwendung ffentlicher Mittel ebenso wie der Demokratisierungsrozess und die Korruptionsbekämpfung. Risiken bestehen auch bezüglich der parlamentarischen Verantwortlichkeit und Kontrolle sowie der Bürgerbeteiligung. Entsprechende Strukturen sind bisher die Ausnahme. Die Kapazitätsstärkung der Verwaltung mit dem Ziel der Schaffung einer Gemeinwohlorientierung reicht offenbar nicht aus. Eine neue Generation autoritärer Regierungschefs hat inzwischen das im Rahmen der allgemeinen Budgethilfe gestärkte öffentliche Finanzmanagement als ein effizientes Herrschaftsinstrument für die Mitteleinwerbung und ihre Allokation entdeckt. Wir müssen daher stärker auf einer demokratischen Kontrolle bestehen. Budgethilfe kann den Antrieb der Partnerregierung mindern, die Selbstfinanzierung des eigenen Staatswesens durch die eigenen wirtschaftlichen und finanziellen Ressourcen zu steigern. Unzulängliche Steuersysteme werden häufig nicht reformiert. Es macht sich eine träge Empfängermentalität breit. Deshalb ist es notwendig, bei der Vereinbarung von Exitstrategien voranzukommen. Ich begrüße daher sehr, dass einer der wesentlichen Kernpunkte der Doha-Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung die Steigerung der Selbstfinanzierung der Entwicklungsländer war. Die Entwicklungsländer haben sich verpflichtet, ihren eigenen Beitrag zur Lösung der Finanzierungsprobleme für Entwicklung selber in die Hand zu nehmen. Das muss an dieser Stelle auch einmal gesagt werden. Die erhöhte Effizienz der Entwicklungszusammenarbeit durch Budgethilfe ist bisher nur theoretisch begründet. Die Erwartungen, dass sich die Transaktionskosten bei den Empfängern verringern, haben sich bisher nicht erfüllt. Selbst bei den Gebern ist eher eine Erhöhung des Aufwands festzustellen. Angesichts der Risiken ist aus meiner Sicht eine weitere intensive Begleitung der Auswirkungen des Instruments wichtig und notwendig. Wenn man davon absieht, dass man Programmorientierung nicht mit Budgethilfe gleichsetzen kann – wie die FDP dies tut – ist festzustellen, dass die FDP in ihrem Antrag durchaus richtige Fragestellungen aufwirft, die zum Teil von uns ähnlich gesehen werden. Man fragt sich allerdings, warum es eineinhalb Jahre dauern musste, bis die Thematik zur Diskussion im Plenum angemeldet wurde. Seit Beginn dieser Legislaturperiode hat sich einiges getan, die Vergabe von Budgethilfe auf solidere Beine zu stellen. So hat der Bundesrechnungshof die Praxis der Vergabe von Budgethilfe unter die Lupe genommen. In seinem Bericht über die Vergabe von Budgethilfe durch das BMZ zeichnet dieser ein umfassendes Bild über Chancen und Risiken des Instruments. Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages hat sich mit Beginn des Haushaltsjahres 2008 die Einzelgenehmigung der Budgethilfemaßnahmen vorbehalten. Das BMZ hat in 2007 ein Budgethilfekonzept erarbeitet, welches durch die Formulierung von spezifischen Kriterien den Bedenken des Rechnungshofes, der Union, des Haushaltsausschusses – und vermutlich inhaltlich auch der FDP – im Grunde Rechnung trägt. Auf Initiative der Union ist das BMZ auch gegenüber der EU-Kommission vorstellig geworden und hat auf die Zugrundelegung strengerer Kriterien bei der Vergabe von Budgethilfe gedrängt. W d S e d z d z e v b m s D b E g w U s o w Z s H r d H r I d b A s E k b z t v s d A d g s d z a v d r Zu Protokoll ge (C (D Der Antrag der FDP ist deshalb nicht mehr aktuell. esentliche Forderungen hat die Regierung erfüllt, anere – wie die komplette Ausklammerung der fragilen taaten und die Abkehr von der Grundversorgung – sind ntwicklungspolitisch nicht sinnvoll. Wir werden daher em Antrag nicht zustimmen können. Dies bedeutet aus Sicht der Union nicht, dass wir nun ur Tagesordnung übergehen könnten. Die Konzeption es BMZ muss sich in der Praxis bewähren. Es wird sich eigen, ob die theoretisch erwarteten Effekte tatsächlich intreten und ob die eingangs genannten und auch die om Bundesrechnungshof benannten Risiken beherrschar sind. Weiter noch: Wir müssen uns in diesem Zusamenhang auch mit der relativen Vorteilhaftigkeit des In truments gegenüber klassischen Instrumenten befassen. ie Budgethilfe ist und bleibt keine Alternative zum ewährten klassischen Instrumentarium der deutschen ntwicklungszusammenarbeit. Sie ist bestenfalls eine Eränzung dort, wo ein tatsächlicher Mehrwert gesichert erden kann. Dort wo es Vernetzungsprobleme bei der msetzung in programmorientierte Ansätze vor Ort gibt, ollte es durch die Überprüfung der Vergabemodalitäten ptimiert werden: mehr Flexibilität, mehr Schnelligkeit, eniger bürokratischer Aufwand. Es stellt sich auch die Frage, ob die Ausgabe einer ielgröße für ein noch nicht im Praxistest bewährtes Intrument sinnvoll ist. Auch bei der Länderauswahl im inblick auf die Umsetzung des Kriteriums „Gute Regie ungsführung“ sehen wir noch offene Fragen. Wir halten aher bis auf weiteres die obligatorische Befassung des aushaltsausschusses mit jeder Einzelmaßnahme für ichtig. Auch der AWZ sollte die weitere Entwicklung des nstruments intensiv begleiten. Der Antrag der FDP zum Thema Budgetfinanzierung, er uns heute diese Debatte noch kurz vor Weihnachten eschert hat, ist tatsächlich eine schöne Bescherung. Der ntrag vom Juni 2007 ist inhaltlich nicht nur veraltet, ondern auch in seiner Argumentation widersprüchlich. r ist daher abzulehnen. Weder wurden bei dem vorliegenden Antrag die Erenntnisse der Konferenz in Accra vom September 2008 erücksichtigt, wo international eine positive Bilanz beüglich der Budgethilfe gezogen wurde, noch ist der Anrag in seinen Forderungen mit den durch die Budgethilfe erfolgten Zielen vereinbar. Die Ziele erkennt die FDP teilweise selbst an; beipielsweise soll die Eigenverantwortung der Partnerläner gestärkt werden. Gleichzeitig fordern Sie in Ihrem ntrag aber eine so weitgehende Konditionalisierung der eutschen Budgethilfe, dass den Nehmern kaum noch eiene Verantwortung bleibt. Dieser und andere Widerprüche durchziehen den gesamten Antrag. Hinzu kommt, ass die Vergabepraxis bereits sehr differenzierte Konepte entwickelt hat und in einem ständigen Dialog mit nderen Gebern sich auch weiterentwickelt. Hier geht der orliegende Antrag an der Realität vorbei. Zudem sind ie Passage zur Budgethilfepraxis der EU und die daraus esultierende Forderung an die Bundesregierung nicht 21270 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 Dr. Christian Ruck gebene Reden erforderlich; denn gerade die deutsche Haltung in der EU, insbesondere in den Zeiten der deutschen Ratspräsidentschaft, hat dazu geführt, dass die parlamentarische Beteiligung bei der Verwendung der EEF-Mittel verbessert wurde. Auch in diesem Punkt empfehle ich eine Aktualisierung des Antrags. Die Konferenz in Accra war eine Bestandsaufnahme des seit der Pariser Erklärung Erreichten. Sie hat den Kurs der heutigen Entwicklungszusammenarbeit bestätigt. Seit 2005 orientiert sich Entwicklungszusammenarbeit erklärtermaßen an fünf Prinzipien. Diese möchte ich hier nochmals wiederholen; für die FDP kann man dies offensichtlich nicht oft genug tun. Die Ziele der heutigen staatlichen Entwicklungszusammenarbeit sind „Ownership“ oder zu Deutsch Eigenverantwortung des Partnerlandes, Ausrichtung an den Partnersystemen, Harmonisierung der Geber, Wirksamkeitsorientierung der Zusammenarbeit und gegenseitige Rechenschaftspflichten. Das Ergebnis der Konferenz, die sogenannte Accra Agenda for Action, hat zwei wesentliche Ansprüche der modernen Entwicklungszusammenarbeit noch einmal bekräftigt. Man kann es in zwei Schlagwörtern zusammenfassen: Abstimmung aller Beteiligten stärken und Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit steigern. Wie erreicht man aber eine Steigerung der Wirksamkeit und eine erhöhte gegenseitige Teilnahme aller an Entwicklungsprozessen? Sicher nicht mit einem Bonner Aufruf, der „die Entscheidungsbefugnis über die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit auf die deutschen Botschaften übertragen will“. Sollen dann die unterschiedlichen Botschaften weltweit mit KfW und GTZ über Projekte in ihren Ländern verhandeln? Oder wie soll eine Entwicklungszusammenarbeit weg von staatlichen Partnern aussehen, wo doch nun wirklich der Erkenntnisprozess in den letzten Jahren gereift ist, dass die Regierungen und politischen Eliten der Länder Verantwortung für die Bekämpfung der Armut tragen? Wie soll die geforderte Unterstützung der Grundund Berufsbildung aussehen? Ist das keine staatliche Aufgabe? Der politische Dialog ist Motor für Veränderung und mithin Entwicklung, eine Erkenntnis, die sozialdemokratische Entwicklungspolitik seit langem schon beherzigt. Gerade Regierungsverhandlungen sind dabei eine wichtige Ebene, und hier setzt bekanntlich die Budgethilfe an. Budgethilfe ist zudem ein Instrument im InstrumentenMix der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit, kein Allheilmittel, aber ein Instrument, mit dem viele positive Wirkungen erzielt werden können und schon wurden. Die Berührungsängste vieler deutscher Politiker, wenn es zum Thema Budgethilfe kommt, sind mir unklar, zumal dieses Instrument mit seinen Vorteilen und Nachteilen im parlamentarischen Raum nun schon seit langem diskutiert wird. Auch bestätigen unsere Durchführungsinstitutionen, GTZ und KfW, dass sie einen sehr differenzierten Umgang mit diesem Instrument pflegen. Budgethilfe oder auch Programmorientierte Gemeinschaftsfinanzierung gibt es in den verschiedensten Spielarten und der geringste Anteil daran wird als allgemeine Budgethilfe vergeben. Es gelten strenge Einstiegskriterien für die Budgethilfe; eine davon ist die gute Regierungsführung i a B o h r g m u S m O U n u t d g R r S a s u „ N m n l L h P d d s m ü s r r K b d m u P k v w n u s p v J r f Zu Protokoll ge (C (D m Partnerland. In der Regel wird Budgethilfe sektoral usgerichtet oder als Korbfinanzierung angelegt und mit egleitmaßnahmen, sogenannter technical assistance der programm based approaches, flankiert. In diesem Punkt haben wir Deutschen auch viel Knowow anzubieten, gerade weil wir qualifizierte Durchfüher für diesen Bereich haben. Auch die Arbeit der Stiftunen sei an dieser Stelle erwähnt. Sie machen Gespräche öglich, die in Parlament und Gesellschaft hineinreichen nd einen vielschichtigen Gedankenaustausch beleben. teigerung der Transparenz von Regierungshandeln eröglicht es dem Parlament und der Zivilgesellschaft vor rt doch erst, wirksam in das Geschehen einzugreifen. ns geht es darum, politische Beiträge zu leisten, und icht darum, uns aus Diskussionsprozessen auszuklinken nd neue Ansätze per se abzulehnen. Der Sozialdemokraie geht es um Hilfen zum Aufbau nachhaltiger Strukturen, ie Armut bekämpfen, um Programme, die Strukturen anehen sollen, und um Beratung und Unterstützung von egierungen, sodass Armutsbekämpfungsprozesse voangetrieben werden. Lassen Sie mich an dieser Stelle den ghanaischen taatspräsidenten John Kufuor zitieren. Er äußerte sich uf der Konferenz in Accra wie folgt: Entwicklungszuammenarbeit müsse die Kapazitäten von Regierungen nd Verwaltungen stärken und in den Empfängerländern ökonomische Muskeln“ aufbauen. Besser hätte ich die otwendigkeiten, denen moderne Entwicklungszusamenarbeit gerecht werden muss, nicht beschreiben könen. Deshalb einige Beispiele, wo deutsche Entwickungszusammenarbeit dies tut: In Ghana, einem der änder, denen Deutschland Budgethilfe zukommen lässt, at die GTZ beispielsweise begleitend zur Budgethilfe ein rogramm zur Korruptionsbekämpfung aufgelegt. Die erzeitige Regierung Ghanas hat eine große Herausforerung zu meistern. Sie muss nicht nur die staatlichen Intitutionen von Grund auf reformieren, sondern auch Deokratieund Legitimationsdefizite sowie Korruption berwinden. Staatliche und traditionelle Herrschaftstrukturen bestehen nebeneinander. Parallele, konkurrieende Machtund Rechtssysteme sind die Folge. Die Geichte sind mit Bodenrechtsfällen überlastet und dem orruptionsvorwurf ausgesetzt. Das Programm der GTZ erät und unterstützt den Partner bei der Klärung und em Schutz von Rechtspositionen sowie bei Rechtsreforen, institutioneller und technologischer Erneuerung nd hilft, Konzepte für die systemische Bekämpfung und rävention von Korruption zu erarbeiten. Was bisher erreicht wurde, ist, dass ein Entwurf zur ünftigen Landverwaltung dem Kabinett zur Billigung orgelegt wurde. Es wurde mit der Erfassung der Geohnheitsrechte in allen zehn Regionen Ghanas begonen. Ein sogenanntes Serious Fraud Office hat zentral nd in den Regionen durch Spezialisierung und Moderniierung von öffentlichen Angestellten den Aufbau von Kaazitäten vorangetrieben. Es wurde die Einführung einer erbindlichen Richtlinie für ethisches Verhalten für die ustiz unterstützt sowie der dezentrale Zugang zu Geichtsbarkeit durch Outreach-Programme der Justiz geördert, der Rückstau von bodenbezogenen RechtsstreiDeutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21271 Dr. Bärbel Kofler gebene Reden tigkeiten abgebaut und ein sogenanntes Judiciary-WatchProjekt durchgeführt. Die Liste der Maßnahmen, die unsere Budgethilfe begleiten, könnte ich noch fortsetzten: Die Unterstützung des Sekretariats der Ghana Anti-Corruption Coalition gesellschaftliches Monitoring von Korruption entworfen. Ich führe diese Maßnahmen deshalb so breit aus, um zu zeigen, dass Budgethilfe nicht nur die Strukturen der Exekutiven stärkt; sie ermöglicht auch, Parlamente neu in Entscheidungsprozesse einzubeziehen, Gerichte zu stärken und zivilgesellschaftliche Kontrolle zu verbessern. Diese Zusammenarbeit von GTZ mit verschiedenen Entscheidungsträgern aus Regierung und Politik in Ghana hat bereits nachweisbare Ergebnisse erbracht und wäre ohne die Budgethilfe als Türöffner nicht denkbar. Die Rechtspositionen der Bürgerinnen und Bürger sind institutionell gestärkt und die Prävention von Korruption ist systemisch verbessert worden. Zudem wurde eine neue Rechtssicherheit im Bereich der Landund Eigentumsrechte erzielt. Und dies ist nur ein Beispiel dafür, dass nur durch die Arbeit an den Strukturen sowie auch eine Arbeit durch die Strukturen und in den Strukturen der Partnerländer eine nachhaltige Entwicklung erreicht werden kann. Weiter möchte ich darauf hinweisen, dass gerade der Kollege von der FDP, Herr Königshaus, seine Erfahrungen, die er auf unserer gemeinsamen Delegationsreise in diesem Jahr nach Ruanda machte, besser noch in den Antrag eingearbeitet hätte; denn gerade dort zeigte auch er sich davon beeindruckt, was Budgethilfe im Guten bewirken kann. Ich kann nicht verstehen, warum der Kollege einerseits meinem Reisebericht zur Budgethilfe in Ruanda zustimmte, andererseits nun einen solchen konträren Antrag einbringt. Budgethilfe ist eine Möglichkeit, um die Eigenverantwortung eines Partnerlandes zu stärken, eine transparente Haushaltsführung zu fördern, um Institutionen und dezentrale Verwaltungsstrukturen aufzubauen. Wenn man nun dem Antrag der FDP folgt, müsste die Budgethilfe an noch weitergehende Bedingungen seitens der Geber geknüpft werden. Eine übermäßige Konditionalisierung führt aber zu einem Verlust an Ownership seitens des Partnerlandes, eine Warnung, die immer wieder seitens namhafter Wissenschaftler beispielsweise des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik ausgesprochen wird. Auch ergibt sich in meinen Augen kein Kontrollverlust gegenüber der Projektfinanzierung: Die „Kontrolle“ über EZ-Investitionen und deren Wirkungen werden durch Budgethilfe nicht etwa aufgehoben, sondern statt über die Projektund Programmebene nun über die Systemebenen ausgeübt. Partnerländer, die durch Budgethilfe unterstützt werden, müssen ihr Finanzund Politikmanagement an den gemeinsam vereinbarten Transparenzund Kontrollregeln sowie ausgehandelten Sektorstrategien ausrichten. Die deutsche Budgethilfe unterliegt jährlichen Leistungskontrollen, die gemeinsam von Gebern und den Partnerländern durchgeführt werden. Da Budgethilfen ausgesetzt oder abgebrochen werden können, verfügen die Geber auch über eine klare „exit option“. Ü E r d m i z U r l t n e K i a v B w „ g z F S B M z i m z s G t M g g w u s v t e g t z r r B h r k d d Zu Protokoll ge (C (D ber die Kürzung von Budgethilfe haben die Geber auch influssmöglichkeiten auf die Partnerregierungen; geade am Beispiel Uganda kann man dies sehen. Nachdem ie ugandische Regierung einige Maßnahmen zur Arutsbekämpfung nicht umgesetzt hatte, hat Deutschland n den Jahren 2005 und 2006 seinen Beitrag um 10 Proent gekürzt. Dies hatte zur Folge, dass die Regierung gandas einlenkte und beispielsweise Kürzungen zu ücknahm und den Wassersektor aufstockte. Solche Mögichkeiten der Steuerung eröffnet uns die Budgethilfe. Was eine erste Einschätzung der Wirkung und Sinnhafigkeit von Budgethilfe anbetrifft, kann ich den Zweiflern ur die Lektüre von wissenschaftlichen Publikationen mpfehlen. Ich möchte an dieser Stelle nochmals Herrn önigshaus darauf aufmerksam machen, dass auch ihm m Rahmen der Ruanda-Reise ein Papier des DIE vorlag, us dem erste Wirkungen der Budgethilfe wie folgt herorgehen: Diese Evaluierungen, die aufgrund des kurzen eobachtungszeitraums nur vorläufige und erste Hineise liefern können, zeigen auch, in welchen Bereichen programm based approaches“ und insbesondere Budethilfe spezifische Wirkungen entfalten können: Dialoge wischen Gebern und Nehmern zu sektorübergreifenden ragen, mittelfristigen Strategien und den Wirkungen von ektorpolitiken gewinnen an Bedeutung. Erfolgreiche udgethilfe geht in der Regel einher mit begleitenden aßnahmen zur Verbesserung des Finanzmanagements, um Beispiel dem Aufbau von Rechnungshöfen und der nternationalen Zertifizierung von öffentlichen Finanzanagementsystemen, der Organisation politischer Pro esse und der politischen Rahmenbedingungen, zum Beipiel der Stärkung der Partizipation gesellschaftlicher ruppen und des Parlaments, sowie der Wirkungskon rolle durch den Aufbau aussagekräftiger Datensystemen onitoring von Sektorpolitiken. Das sind Beobachtun en, die man in Ruanda selbst machen konnte. Darüber hinaus bleiben die langfristigen Auswirkunen auf die Gesellschaft der einzelnen Länder noch abzuarten. Entwicklung braucht immer einen langen Atem, nd es sind komplexe Prozesse, insbesondere wenn man ich vornimmt, grundlegende staatliche Strukturen zu erändern. Moderne Entwicklungspolitik ist deshalb Strukturpoliik. Dafür steht die Sozialdemokratie! Die FDP-Bundestagsfraktion hat diesen Antrag nicht ingebracht, weil sie etwa die Budgethilfe als Instrument enerell ablehnt, sondern vielmehr, um dieses Instrument auglich zu machen und die Praxis auf eine solide Basis u stellen. Budgethilfe kann nur unter bestimmten Voaussetzungen und unter der Einhaltung genauer Kriteien zum Erfolg führen. Das fordert nicht nur die FDPundestagsfraktion, sondern auch der Bundesrechnungsof und namhafte Experten. Leider hat die Bundesregieung ein solches Konzept bisher nicht vorgelegt. Angesichts der geringen Erfolge bei der Armutsbeämpfung orientiert sich seit dem Ende der 90er-Jahre ie weltweite Entwicklungszusammenarbeit um. Sie folgt er Erkenntnis, dass nachhaltige Entwicklung nicht von 21272 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 Dr. Bärbel Kofler gebene Reden außen implementiert werden kann. Um die Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit zu erhöhen, soll den Regierungen der Empfängerländer durch neue Formen der Kooperation mehr Verantwortung übertragen werden. Grundlage dafür bildet die im Jahr 1999 von der Weltbank eingeführte Initiative „Poverty Reduction Strategy Plan“. Danach sollen die Regierungen der Empfängerländer gemeinsam mit den Zivilgesellschaften eine Armutsminderungsstrategie erarbeiten, auf deren Grundlage die Geber ihre Entwicklungsleistungen ausrichten. Als ein Element dieser neuen Entwicklungsagenda ist die sogenannte Budgethilfe ein Instrument der Finanziellen Zusammenarbeit, bei dem die Geber Mittel direkt in die Staatshaushalte der Empfängerländer einzahlen. In der bilateralen, europäischen und multilateralen Entwicklungszusammenarbeit wird Budgethilfe aber auch als probate Maßnahme zur Beschleunigung des Mittelabflusses gesehen, was aufgrund der steigenden Verpflichtungen zur internationalen öffentlichen Entwicklungshilfe weithin als Erfolgskriterium schlechthin gewertet wird. Obgleich unbestritten Budgethilfe in Einzelfällen positive Wirkungen auf die öffentliche Finanzverwaltung und Prozesse der Haushaltspolitik in den Nehmerländern haben kann, stehen jedenfalls der jetzt beabsichtigten massiven Ausweitung der Budgethilfen durch die Bundesregierung und vor allem durch die Europäische Kommission schwerwiegende Bedenken entgegen. Mit dem Bekenntnis der Bundesregierung zu der Paris-Deklaration aus dem Jahr 2005 manifestiert sich dieser neue Ansatz in der Entwicklungszusammenarbeit durch den Wechsel von dem bisher verfolgten Projektansatz hin zu einem programmorientierten Ansatz als effektiverer Form der Entwicklungszusammenarbeit. Die allgemeine Budgethilfe, die in den Gesamthaushalt des Empfängerlandes fließt, und die sektorale Budgethilfe, die nur für bestimmte Sektoren bestimmt ist, stellen die internationalen Geber regelmäßig in Form von Tranchen direkt und ohne Zweckbindung zur Verfügung. Seit dem Beginn der Gewährung von Budgethilfen durch die Bundesregierung im Jahr 2001 hat sie dieses noch bis dahin unerprobte Instrument der Entwicklungszusammenarbeit massiv ausgeweitet, obwohl aussagekräftige Evaluierungen bisher kaum vorliegen. Bereits 2005 betrug die deutsche Beteiligung an derartigen Maßnahmen 435 Millionen Euro, wovon 243 Millionen Euro als allgemeine Budgethilfe und 192 Millionen Euro als sogenannte Korbfinanzierung oder als sektorale Budgethilfe gewährt wurden. Die im selben Jahr in einem Operationsplan des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung angekündigte stärkere Programmorientierung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit realisierte die Bundesregierung 2006, indem sie die hierfür vorgesehenen Mittel auf 545 Millionen Euro erhöhte. Das bedeutet, dass 2006 rund ein Viertel der Mittel der Finanziellen Zusammenarbeit als Beiträge zu Budgethilfen geflossen ist. An die Voraussetzungen für die Gewährung von Budgethilfe müssen strenge Anforderungen gestellt werden. Das mit der Budgethilfebewilligung verfolgte Ziel der Übernahme von Eigenverantwortung der Empfängerländer durch mittelfristige Entwicklungspläne setzt die ent s F a g S k a d z k M g R f o e p g g l s d e M z v b k L d d s h a b r u k b b 3 D P g w n S K g n d v g l R Zu Protokoll ge (C (D prechende Aufnahmefähigkeit, also insbesondere die unktionsfähigkeit von Regierung und Verwaltung sowie usreichende Kapazitäten für die Umsetzung der Proramme voraus. Dort, wo solche stabilen staatlichen trukturen nicht gegeben sind, kann Budgethilfe auch ein taugliches Instrument der Entwicklungszusammenrbeit sein. Erste Evaluierungen haben gezeigt, dass sich die mit er Budgethilfe verbundenen hohen Erwartungen nur um Teil erfüllt haben. Trotz des großen Mittelaufwandes onnte die Einkommensarmut nicht im beabsichtigten aße reduziert werden. Zudem ist der von der Empfän erseite und bei zivilgesellschaftlichen Akteuren erhoffte ückgang des Gebereinflusses auf die Politik in den Emp ängerländern bisher ausgeblieben. Vielmehr hat die Kordinierung der Geber durch Budgethilfearbeitsgruppen inerseits zur Verlagerung des Politikdialogs auf höchste olitische Entscheidungsebene und andererseits zu einem rößeren Machtungleichgewicht zwischen den Akteuren eführt. So ist es in den untersuchten Ländern nicht geungen, Parlamente und Zivilgesellschaft in die Diskusion über die Leistungen und Erfolge bei der Umsetzung er Armutsstrategien einzubeziehen. Mit dem Finanzierungsinstrument der Budgethilfe soll in größeres Gewicht auf die konkrete Messbarkeit der aßnahmen erreicht werden. Auch hier bleibt die Umset ung hinter den Erwartungen zurück. Die Gewährung on Budgethilfe an Ergebnisse und Auswirkungen statt an estimmte Politikmaßnahmen zu knüpfen, erfordert loale Auswertungskapazitäten; Maßnahmen mit langer aufzeit können gar nicht einbezogen werden. Eine weitere zentrale Erwartung an die Budgethilfe, ie Senkung der Transaktionskosten, also jener Kosten, ie für Verwaltung und Abwicklung von Entwicklungszuammenarbeit anfallen, wurde sogar völlig verfehlt. Biserige Untersuchungen haben vielmehr steigende Transktionskosten nachgewiesen. Dies ist auch plausibel, da ei Fortbestand der herkömmlichen Strukturen neue Paallelstrukturen aufgebaut werden müssen. Aufgrund der nterschiedlichen nationalen Interessen an der Sichtbareit der Maßnahmen kann das für ein Land wie Tansania edeuten, 2 000 Berichte zu verfassen und 1 000 Geermissionen zu empfangen. In Uganda wurden allein 0 verschiedene Budgethilfeinstrumente ausgemacht. ies überfordert naturgemäß die Nehmerländer. Budgethilfeprogramme fokussieren – ebenso wie die overty Reduction Strategies der Weltbank, die ihnen zurunde liegen – noch zu wenig auf die ökonomische Enticklung. Es fehlen positive Anreize dafür, die Eigenfianzierungskapazität der Nehmerländer zu stärken. chwache Finanzsysteme, treuhänderische Risiken und orruption sind weiterhin ungelöste Probleme der Budethilfegewährung. Nur eine sorgfältige Auswahl geeigeter Instrumente im Einzelfall sichert die Qualität der eutschen Entwicklungszusammenarbeit. Die Einschätzung der Förderungswürdigkeit hängt on vielen Kriterien ab, die in jedem Einzelfall sorgfältig eprüft werden müssen. Zielgruppe für Budgethilfebewiligungen dürfen ausschließlich Länder mit relativ guter egierungsführung sein, deren Zahl leider noch immer Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21273 Hellmut Königshaus gebene Reden sehr begrenzt ist. Die Bundesregierung zeigt sich jedoch auch für Länder mit fragiler Staatlichkeit offen. So beteiligt sich die Bundesregierung in Uganda in Form einer Mitfinanzierung eines Weltbankarmutskredites mit einem Gesamtvolumen von 12 Millionen Euro am Staatshaushalt, obgleich die politische Situation des Landes dies nicht rechtfertigt. Der Trend zur Ausweitung der Budgethilfebewilligungen und -auszahlungen zeigt sich besonders in der Entwicklungszusammenarbeit der Europäischen Union. Zielvorgabe bis 2010 ist, 66 Prozent der ODA-Leistungen im Rahmen programmorientierter Ansätze bereitzustellen, wobei die Budgethilfe circa 50 Prozent ausmachen wird. Zudem geht der Trend in der EU eindeutig dahin, die Laufzeiten von Budgethilfen auszuweiten, um – wie es heißt – die Vorhersehbarkeit des Budgets für die Nehmerländer zu erhöhen. Auch für die Finanzhilfen der EU müssen aber die Kriterien gelten, wie sie der Deutsche Bundestag für die bilaterale deutsche Entwicklungszusammenarbeit zu Recht fordert. Schwerpunkt europäischer Entwicklungszusammenarbeit muss deshalb auch im Bereich der Budgethilfe einerseits die Evaluierung der konkreten Auswirkungen der Budgethilfe und andererseits die Koordinierung der Geber innerhalb der EU sein. Ein solcher politischer Dialog kann im EU-Parlament aufgrund der Gewährungspraxis jedoch nicht stattfinden. Die EU-Kommission hat Schwierigkeiten, die Mitgliedstaaten zu einer gemeinsamen Budgethilfepraxis zu bewegen, und sie hat es versäumt, die Budgetmanagementsysteme zu verbessern, obwohl der Europäische Rechnungshof dies bereits 2001 angemahnt hat. Ein Großteil der Budgethilfe der EU wird im Rahmen des Europäischen Entwicklungsfonds zur Verfügung gestellt. Die Bundesregierung kontrolliert die Umsetzungsaktivitäten des Fonds lediglich im Rahmen der sogenannten Komitologieausschüsse. Auf die Programmdurchführung hat die Bundesregierung im Gegensatz zu der Programmbewilligung keinerlei Einfluss. Der Fonds ist nicht in den EU-Haushalt eingestellt und unterliegt damit auch nicht der Kontrolle des Europäischen Parlaments. Seine Integration in den EU-Haushalt ist längst überfällig, da nur so Budgetklarheit und parlamentarische Kontrolle, hier des Europäischen Parlaments, zu gewährleisten sind. Die Integration ist umso dringlicher, als die internationalen Geber mit der Gewährung von Budgethilfe auf Transparenz und Stärkung der Kontrollrechte der Parlamente in den Nehmerländern abzielen. Diese Forderung ist jedoch unglaubwürdig, wenn die EU selbst dem Europäischen Parlament vollständige Transparenz der Budgethilfebewilligungen und Kontrolle über den Haushalt versagt. Die Befürchtungen und Kritik der FDP-Bundestagsfraktion an der gegenwärtigen Budgethilfepraxis der Bundesregierung bestätigt auch der Bundesrechnungshof in seinem Bericht zur Budgethilfe. Der Bundesrechnungshof schreibt, dass die Budgethilfe mit hohen Risiken verbunden ist und nur im Ausnahmefall und unter strengen Kriterien an bestimmte Länder gewährt werden sollte. Der Rechnungshof hält die bestehenden Kontrollen durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenar b r P B w m n S r s d D v d s M „ n d s n m i B b S i s v d g h l b L e g u M t Ü E f h m i n A D a w Zu Protokoll ge (C (D eit und Entwicklung durch Monitoringund Evaluieungssysteme der Budgethilfe für unzureichend. Der Bundesrechnungshof weist auch auf rechtliche robleme bei der Budgethilfe hin und sieht, dass mit der udgethilfe ein „finanzwirtschaftlicher Paradigmenechsel“ verbunden sei, der den Kernbereich der parlaentarischen Finanzkontrolle betreffe. Das Bundesmiisterium hat aus Sicht des Bundesrechnungshofes an die telle des klassischen haushaltsrechtlichen Instrumentaiums – Festlegung des Verwendungszwecks für den deutchen Beitrag, Nachweis und Kontrolle der Verwendung ieser Mittel – verschiedene andere Maßnahmen gesetzt. azu gehören die Analyse der treuhänderischen Risiken or Mittelbewilligung, die Bewertung des Reformwillens es Partnerlandes, das begleitende Monitoring der Umetzung der Reformprogramme oder unterstützende aßnahmen der Technischen Zusammenarbeit. Dieser Paradigmenwechsel“ bedarf aus Sicht des Bundesrechungshofes nicht nur wie bisher der Unterrichtung, sonern der ausdrücklichen Zustimmung des Haushaltsgeetzgebers. Angesichts dieser klar geäußerten Kritik des Rechungshofes ist es nicht nachvollziehbar, dass Bundesinisterin Wieczorek-Zeul den Bericht als Bestätigung hrer Arbeit in Zusammenhang mit der Ausweitung der udgethilfe bezeichnet. Das Gegenteil ist der Fall. Durch die internationale Entwicklungszusammenar eit wollen wir auch die Eigeninitiative stärken und die chaffung von legitimierten gesellschaftlichen Strukturen n Entwicklungsländern fördern. Wie das praktisch umgeetzt werden kann, war in den vergangenen Jahren Thema ieler Konferenzen. Der direkte Transfer von Hilfsgelern in den Haushalt oder an bestimmte Sektorproramme in Entwicklungsländern, die sogenannte Budgetilfe, ist eine Konsequenz aus diesen Diskussionen. Die Bundesregierung setzt dieses Mittel der Entwickungsfinanzierung derzeit noch zurückhaltend ein. Großritannien, die Niederlande oder die skandinavischen änder sind die Vorreiter. Das BMZ praktiziert vielmehr ine Mischung aus Projekthilfe, Programmfinanzierunen und begleitender technischer Zusammenarbeit. Wir nterstützen diesen Ansatz. Gleichzeitig wollen wir das inisterium ermutigen, die Vergabe von Budgethilfe wei er auszubauen. Für eine erfolgreiche Budgethilfe – das ist unsere berzeugung – braucht es bestimmte Voraussetzungen. s muss in den Empfängerländern ein Mindestmaß an unktionierenden Institutionen geben, die für die Hausaltsund Finanzpolitik verantwortlich sind. Die Parlaente müssen bei der Haushaltsplanung die Interessen hrer Wählerinnen und Wähler transportieren. Abgeordete müssen in der Lage sein, die korrekte Zuteilung und uszahlung von Haushaltsmitteln verfolgen zu können. ie Regierungen der Partnerländer wiederum sollten vor llem ins Soziale investieren und dadurch ihren Reformillen beweisen. 21274 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 Hellmut Königshaus gebene Reden Wir wollen Bürgerinnen und Bürger in Entwicklungsländern, die die Haushalte ihrer Länder verstehen und prüfen können. Natürlich sind auch die Geber dafür verantwortlich, wie die von ihnen gezahlten Gelder verwendet werden. Dienen sie einer kleinen Elite als Machtstütze, oder kommen sie den Bedürftigsten zugute? Doch die Legitimation für die Haushaltspolitik darf nicht an die Geber abgegeben werden. Wichtig sind Transparenz und Kontrolle vor allem vor Ort. Ein verbessertes Finanzmanagement in Entwicklungsländern ist kein Selbstzweck. Es muss einhergehen mit nachhaltigen Fortschritten in den Kernbereichen der Entwicklungspolitik: Armutsbekämpfung, Aufund Ausbau von Bildungsund Gesundheitssystemen, sozialer Ausgleich und politische Teilhabe. Wenn die Budgethilfe zu einer weiteren Zentralisierung von ohnehin oft sehr hierarchischen politischen Systemen führt, hat sie ihr Ziel verfehlt. Dezentralisierung und die Stärkung von lokalen Verwaltungen müssen dabei immer im Auge behalten werden. In dem Antrag der FDP, der uns heute vorliegt, werden strenge Kriterien für die Vergabe von Budgethilfe verlangt. Diese werden allerdings längst angelegt. Das entsprechende Konzept des BMZ fand Anfang dieses Jahres die generelle Zustimmung des Bundesrechnungshofes, wenn auch Verbesserungen angemahnt wurden. Der Haushaltsausschuss des Bundestages muss jeder Budgethilfe zustimmen. Jetzt zu fordern, die Budgethilfen nicht auszuweiten und auf neue Evaluationen zu warten, ist ebenso kontraproduktiv wie eine zeitliche Befristung von Zusagen. Meine Fraktion unterstützt stattdessen eine verantwortungsvolle Erhöhung von Programmhilfen. Diese muss jedoch von einem Wandel in den internationalen Wirtschaftsbeziehungen begleitet werden. Den Regierungen im Süden sollte endlich zugestanden werden, selbst über einen geeigneten Schutz für ihre Märkte und Produzenten entscheiden zu können. Budgethilfe darf nicht dazu dienen, die wirtschaftlichen und politischen Interessen der Industrieländer durchzusetzen. Die Agrarsubventionen im Norden gehören abgeschafft, denn sie zerstören das Leben von ungezählten Menschen vor allem in ländlichen Regionen. Reformen der Steuersysteme in Entwicklungsländern bleiben wirkungslos, wenn nicht gleichzeitig die Steueroasen geschlossen werden, über die jedes Jahr Milliarden Euro diese Staaten verlassen. Eine Regulierung der internationalen Finanzmärkte ist dringend geboten. Erst dann kann ein ehrlicher und gleichberechtigter Dialog zwischen Gebern und Empfängern zustande kommen, wie ihn das Konzept der Budgethilfe anstrebt. Im Entwicklungsausschuss haben wir das Instrument der Budgethilfe in den letzten Jahren raufund runterdiskutiert, letzten November eine Anhörung zum Thema durchgeführt, uns vom europäischen Kommissar für Entwicklung und Humanitäre Hilfe, dem Liberalen Louis Michel, sowie von der Bundesregierung unterrichten lassen. Man könnte also der Meinung sein, die Argumente s T n m d z d t w B g s g 2 h m z B E i r f s f I h S s t m w s D w z F h z r r T d H d V b e h „ b w s d A S E Zu Protokoll ge (C (D ind ausgetauscht und eine weitere Befassung mit dem hema brächte wenig Neues. Diese Meinung teile ich icht. Denn die Budgethilfe ist ein relativ neues Instruent der Entwicklungszusammenarbeit, das sowohl bei en Geberals auch bei den Empfängerländern Lernproesse ausgelöst hat. Diese Lernprozesse führen auch azu, dass die vorhandenen Konzepte verbessert und weierentwickelt werden. Ich denke, wenn man sich anschaut, ie Parlament und Regierung mit dem Instrument der udgethilfe in den vergangenen anderthalb Jahren umgeangen sind, wenn man sich anschaut, wie über dieses Intrument debattiert wurde und wird, dann kann man saen, dass sich einiges getan hat, seit die FDP im Sommer 007 den Antrag eingebracht hat. Lernprozesse auszulösen ist auch ein Ziel der Budgetilfe: Prozesse hin zu mehr Entwicklung und weniger Arut, hin zu mehr Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und hin u einer besseren Achtung der Menschenrechte. Teil der udgethilfe ist auch ein intensiver Dialog zwischen den mpfängerländern und den Gebern. Um für Budgethilfe nfrage zu kommen, müssen Staaten gewisse politische, echtliche, wirtschaftliche Mindeststandards erfüllen. Dass die Ausgangssituation zu Beginn einer Budgetinanzierung nicht immer unseren Idealvorstellungen entpricht, ist ein Punkt, der immer wieder zu Diskussionen ührt. Ich bin aber der Meinung, dass die Budgethilfe als nstrument verstanden werden muss, dass Veränderungen in zu diesen Idealvorstellungen anstoßen kann und soll. ind die Voraussetzungen für die Budgethilfe zu hoch geetzt, kommen wir in eine Situation, in der nur noch Staaen für dieses Instrument infrage kommen, die es nicht ehr brauchen. In den Zeitungen dieser Woche konnten wir lesen, zu as es führt, wenn man die Voraussetzungen für die Zu ammenarbeit mit Entwicklungsländern zu hoch ansetzt. a hat nämlich Herr Westerwelle angekündigt, dass er, enn er erst einmal Außenminister sei, die Entwicklungs usammenarbeit mit Ländern beenden werde, in denen rauen und Homosexuelle diskriminiert würden. Damit ätte die FDP dann ihr Ziel erreicht, die Entwicklungsusammenarbeit abzuschaffen. Denn nach der Frauenechtsorganisation Terre des Femmes werden Frauenechte in allen Partnerländern der Bundesrepublik zum eil erheblich verletzt. Stellt man die Zusammenarbeit mit iesen Ländern ein, verspielt man auch den vorhandenen ebel, Veränderungen anzustoßen. Dieser Hebel ist bei der Budgethilfe größer als bei aneren Instrumenten der Entwicklungszusammenarbeit. erschiedene Geber koordinieren ihre Zahlungen und haen gemeinsam mehr Gewicht bei Verhandlungen als twa Deutschland allein. Und das Instrument der Budgetilfe endet nicht mit der Überweisung von Geld in ein schwarzes Loch“, das man nationales Budget nennt. Es einhaltet den Dialog mit der Regierung darüber, wie und ofür das Geld verwendet werden soll. Es beinhaltet Ge präche, etwa über Frauenrechte. Es wird kombiniert mit er Stärkung von Parlamenten, Rechnungshöfen und ntikorruptionsbehörden. Diese Stärkung staatlicher trukturen und demokratischer Prozesse führt zu mehr igenverantwortung und Effektivität der EntwicklungsDeutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21275 Hüseyin-Kenan Aydin gebene Reden 21276 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 Thilo Hoppe zusammenarbeit. Damit trägt das Instrument der Budgethilfe zu den zentralen Zielen der Paris-Agenda bei, die im September in der ghanaischen Hauptstadt Accra bekräftigt wurden. Seit die FDP vor anderthalb Jahren den Antrag, über den wir heute debattieren, in den Bundestag eingebracht hat, hat sich vieles getan. Viele Unklarheiten hinsichtlich der Budgethilfe wurden beseitigt. So manche Sorge der FDP sollte sich daher gemindert haben. Die Budgethilfe ist und bleibt ein Instrument unter anderen, es haben keine Verdrängungseffekte stattgefunden; das Parlament wird in die Auszahlung von Tranchen inzwischen einbezogen; die Mobilisierung von eigenen Einnahmen hat sich in Staaten, an die Budgethilfe gezahlt wird, verbessert. Andere Forderungen der Antragstellenden wurden nicht erfüllt, was aber an einem falschen Verständnis des Instruments liegt. So fordert die FDP, dass bei der Budgetfinanzierung der Steigerung des Wirtschaftswachstums mehr Gewicht zukommen solle. Es ist ja schön, dass die FDP die Einsicht hatte, dass für eine solche Steigerung nicht allein dem Markt vertraut werden kann. Es zeigt aber, dass die Kollegen von den Liberalen nicht verstanden haben, dass die Budgethilfe der Umsetzung der nationalen PRSP, der Armutsbekämpfungsstrategien, dienen soll und dass bei diesen Strategien der Schwerpunkt auf der Verbesserung der sozialen Grundversorgung liegt. Daher ist ihr Name auch Armutsbekämpfungsstrategie und nicht Wirtschaftswachstumsstrategie. In den letzten Jahren haben wir viel über das neue Instrument der Budgethilfe gelernt. Dieser Prozess ist noch nicht abgeschlossen, und unsere Aufgabe als Parlamentarier ist es, die Bundesregierung bei ihrem Umgang mit diesem Instrument kritisch und konstruktiv zu begleiten. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf Drucksache 16/5604 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 23 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss)


(A) )


(B) )

Dr. Christoph Bergner (CDU):
Rede ID: ID1619626700

(A) )


(B) )

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1619626800
Dr. Christian Ruck (CSU):
Rede ID: ID1619626900

(A) )


(B) )

Dr. Bärbel Kofler (SPD):
Rede ID: ID1619627000

(A) )


(B) )


(A) )


(B) )


(GACC) gehört dazu, und es wurde ein System für zivil-

Hellmut Königshaus (FDP):
Rede ID: ID1619627100

(A) )


(B) )


(A) )


(B) )

Hüseyin-Kenan Aydin (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619627200

(A) )


(B) )

Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619627300

(A) )


(B) )

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1619627400

– zu dem Antrag der Abgeordneten Monika
Knoche, Dr. Martina Bunge, Dr. Ilja Seifert,
Frank Spieth und der Fraktion DIE LINKE

Cannabis zur medizinischen Behandlung
freigeben

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Harald
Terpe, Birgitt Bender, Elisabeth Scharfenberg,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Medizinische Verwendung von Cannabis er-
leichtern

– Drucksachen 16/9749, 16/7285, 16/11305 –

E
l
S
D

t
v
M
h
c
s
i
S

d
M
B
w
n
e
g

r
I
l
u
f
m
s
a
I
L
d
u
S
r
n
S
d
i

s
t
t
a
t
w
W
s
r
W
l

(C (D Berichterstattung: Abgeordnete Maria Eichhorn Auch diese Reden nehmen wir zu Protokoll. (Clemens Binninger [CDU/CSU]: Die hätte ich gerne gehört!)


s handelt sich um die Reden der Kolleginnen und Kol-
egen Maria Eichhorn, CDU/CSU, Dr. Marlies Volkmer,
PD, Detlef Parr, FDP, Monika Knoche, Die Linke, und
r. Harald Terpe, Bündnis 90/Die Grünen.


Maria Eichhorn (CSU):
Rede ID: ID1619627500

Cannabis ist deutschland- und europaweit die am wei-

esten verbreitete illegale Droge, deren Konsum in den
ergangenen 10 bis 15 Jahren stark zugenommen hat.
indestens 220 000 Menschen sind hierzulande stark ab-

ängig vom Cannabis mit den bekannten gesundheitli-
hen Folgen. In der Medizin kann der kontrollierte Ein-
atz von Cannabinoiden bei bestimmten Erkrankungen,
nsbesondere dann, wenn Probleme mit herkömmlichen
chmerzmedikamenten auftreten, sinnvoll sein.

Die Anträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und
er Fraktion Die Linke zielen jedoch nicht darauf ab, die
öglichkeit des Einsatzes von Cannabinoiden wie zum
eispiel Dronabinol zu regeln. Mit den Anträgen, die in
eiten Teilen identisch sind, soll eine Freigabe des Can-
abiskonsums und -besitzes bei medizinischer Indikation
rwirkt werden. Dies lehnen wir, wie viele Experten, aus
uten Gründen ab.

So wird in den Anträgen gefordert, das Verfahren zu
egeln, nach dem Cannabis aufgrund einer medizinischen
ndikation verwendet werden darf. Bei Vorlage einer ärzt-
ichen Bescheinigung soll nach Vorstellung der Grünen
nd der Linken der Besitz von Cannabis von der Strafver-
olgung freigestellt und der Anbau von Cannabis für den
edizinischen Eigenbedarf erlaubt werden. Nach Aus-

age vieler Fachleute bei der Anhörung im Gesundheits-
usschuss am 15. Oktober 2008 gibt es eine solche klare
ndikationsstellung bisher nicht. Außerdem müsste die
iste der medizinischen Indikationen aufgrund des Wan-
els der medizinischen Erkenntnisse laufend geändert
nd angepasst werden. Aus den Stellungnahmen vieler
achverständiger geht eindeutig hervor, dass der Forde-
ung nach einem straffreien Konsum und Anbau von Can-
abis zum Eigenbedarf viele Bedenken hinsichtlich der
icherung der Qualität und der Sicherheit und Kontrolle
es Betäubungsmittelverkehrs entgegenstehen. Deshalb
st dieser Regelungsvorschlag abzulehnen.

Auch die Frage der Zulassung eines definierten und
tandardisierten Cannabisextraktes in Form eines Fer-
igarzneimittels wirft Fragen auf. Es liegt in unserem In-
eresse als Patienten, dass Arzneimittel hierzulande nur
uf der Grundlage des Arzneimittelgesetzes und des Be-
äubungsmittelgesetztes (BtMG) in Verkehr gebracht
erden dürfen. Danach müssen insbesondere Qualität,
irksamkeit und Unbedenklichkeit des Arzneimittels wis-

enschaftlich nachgewiesen werden. Nur wenn diese Vo-
aussetzungen erfüllt sind, können die entsprechenden
irkstoffe verschreibungsfähig gemacht und in die An-

age III des BtMG aufgenommen werden. Dies ist bislang


(A) )



(B) )

aufgrund klinischer Prüfungen nur für die Cannabis-
Wirkstoffe Nabilon und Dronabinol erfolgt. Dagegen sind
diese Voraussetzungen bei natürlichen Gemischen wie
zum Beispiel dem Cannabisextrakt bisher nicht erfüllt:
Zum einen ist der Nutzen der Behandlung nicht erwiesen.
Zum anderen sind bei Haschisch, Marihuana und ande-
ren illegalen Hanfzubereitungen derzeit weder der
Wirkstoffgehalt noch Art und Umfang schädlicher Bei-
mengungen bekannt. Dazu kommen die Risiken der Ein-
nahme: So weisen Studien auf eine Reihe akuter und lang-
fristiger Beeinträchtigungen durch Cannabiskonsum hin.
Diese sind bei chronischem Dauerkonsum mit großen ge-
sundheitlichen Risiken, bis hin zur psychischen Abhän-
gigkeit, verbunden.

Seit dem 1. Oktober 2008 liegt dem Bundesinstitut für
Arzneimittel ein Antrag auf Zulassung eines Arzneimittels
mit Dronabinol vor, der derzeit geprüft wird. Allerdings
hatte im März 2008 der Gemeinsame Bundesausschuss
dem Gesundheitsministerium mitgeteilt, dass es keine
überzeugend neuen Erkenntnisse im Zusammenhang mit
Dronabinol als Schmerztherapeutikum gebe.

Als Ergebnis der Anhörung stellen wir fest: Bei Pa-
tienten, die unter einer konventionellen Behandlung keine
ausreichende Linderung bei bestimmten Symptomen wie
zum Beispiel Schmerzen erfahren, kann eine Therapie mit
Cannabinoiden sinnvoll sein, vor allem in der Palliativ-
medizin. Diese Therapie gehört jedoch nach Meinung
vieler Sachverständiger in die Hand des Arztes. Jede
Form der Selbsttherapie auf der Grundlage von durch Ei-
genanbau gewonnenen Pflanzenteilen ist abzulehnen. Sie
gefährdet die Patientensicherheit und die Sicherheit der
Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs. Daher würde
eine Straffreistellung des Cannabisbesitzes zu medi-
zinischen Zwecken nicht nur gegen geltendes Recht
verstoßen, sondern auch die Sicherheit einer solchen
Cannabinoidanwendung für den Patienten und für den
behandelnden Arzt untergraben.

Wenn Cannabinoide verwendet werden, dann sollten
sie nicht als Medikamente der ersten Wahl eingesetzt wer-
den, da es häufig zu unerwünschten Arzneimittelwirkun-
gen kommt. Dies ist besonders bei mittel- und längerfris-
tigem Einsatz zu berücksichtigen. Es liegt im Interesse
der Patienten, dass der wissenschaftliche Nachweis für
Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit eines Medi-
kamentes erbracht wird, bevor es zugelassen werden
kann.

Die Straffreistellung des Cannabisbesitzes zu medizi-
nischen Zwecken, wie in den beiden Anträgen gefordert,
ist abzulehnen.


Dr. Marlies Volkmer (SPD):
Rede ID: ID1619627600

Schon bisher hat kaum jemand daran gezweifelt, dass

austherapierte Patienten mit chronischen Schmerzen er-
folgreich mit Cannabispräparaten behandelt werden kön-
nen. Letzte Zweifel daran konnte die öffentliche Anhö-
rung zu den beiden vorliegenden Anträgen ausräumen.

Einige Kommentatoren der Anhörung haben leider
den Umstand, dass erfolgreiche Behandlungen mit Can-
nabinoiden möglich sind, missverstanden. Sie berichte-

t
w
v
s
C
w
m
v
d
u
D
b
l
u
g

e
i
C
s
f
t

h
w
z
m
w
d
b
s

d
P
n
b
s
Z
S
C

z
e
Q
n
g
d
l
E
e

s
n
m
z
C
w
z
P
Zu Protokoll ge

(C (D en, die Mehrheit der Experten habe die medizinische Anendung von Cannabis befürwortet. Das ist eine erkürzte und deshalb verfälschende Darstellung. Tatächlich hat eine Mehrheit der Experten den Einsatz von annabis nur dann als medizinisch vertretbar bezeichnet, enn er an strenge Bedingungen geknüpft ist. So wurden ehrheitlich die Selbstmedikation und der Eigenanbau on Cannabis abgelehnt. Eindringlich plädiert wurde für ie Zulassung eines Fertigarzneimittels, unter anderem m konstante Wirkstoffkonzentrationen zu gewährleisten. ie Selbstmedikation wurde vor allem aufgrund des Neenwirkungsspektrums von Cannabisprodukten abgeehnt. Berichtet wurde unter anderem von Schlaganfällen nd Herzinfarkten, Bluthochdruck und Pulsbeschleuniung. Zu beachten sind freilich nicht nur die Fälle, in denen ine Anwendung Erfolg verspricht, sondern auch Kontrandikationen. Keinesfalls angewendet werden sollten annabinoide von schwangeren Frauen und Heranwach enden bis mindestens 20 Jahre. Deshalb sollte nach Aufassung der Experten die Anwendung niemals ohne Bereuung durch einen Arzt erfolgen. Die Selbstversorgung mit Cannabis wurde auch desalb mehrheitlich abgelehnt, da diese immer verbunden äre mit illegalen Quellen, seien es Drogenhanfsamen um tolerierten Selbstanbau oder geringe Marihuanaengen zur straffreien Nutzung. Unbescholtene Bürger ürden dabei nicht nur in ein Schwarzmarktmilieu abgerängt. Vielmehr stünden sie auch in der Gefahr, Cannais von sehr schlechter Qualität zu erwerben, das auch chädliche Beimischungen enthalten kann. Bereits vor der Anhörung war die SPD der Auffassung, ass sich die Versorgungssituation der schwerkranken atienten am besten durch die Zulassung eines Fertigarzeimittels verbessern ließe. Mit der Zulassung unmittelar verbunden wäre, dass die gesetzlichen Krankenkasen die Kosten des Arzneimittels übernehmen würden. udem ließe sich das Problem der teilweise erheblichen chwankungen des Wirkstoffgehalts von pflanzlichem annabis umgehen. Die Experten haben diese Position bekräftigt, gleicheitig aber auch eingeräumt, dass die für eine Zulassung rforderlichen Daten zum Beleg der pharmazeutischen ualität, der Wirksamkeit und Unbedenklichkeit derzeit och nicht vorlägen. Das ist genau das Problem: Es lieen bereits Studien zu bestimmten definierten und stanardisierten Cannabisextrakten vor, über die ja auch alerorten berichtet wird. Eindeutige Belege, wie sie für den rwerb einer Zulassung erforderlich wären, liegen aber ben leider noch nicht vor. Zu dieser Frage hat der Gesundheitsausschuss ein Gepräch mit Vertretern der Bundesopiumstelle führen könen. Diese betonten, dass das Bundesinstitut für Arzneiittel und Medizinprodukte, BfArM, auf Unternehmen ugegangen sei, die sich mit dem Thema Cannabis und annabisextrakten befassen. Die Firmen seien ermuntert orden, gemeinsam mit dem BfArM Studien auf den Weg u bringen. Dies ist erfreulich und lässt hoffen, dass der rozess dadurch beschleunigt werden kann. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21277 Maria Eichhorn gebene Reden Ähnlich ist die Situation beim Rezepturarzneimittel Dronabinol, dessen Kosten die gesetzliche Krankenversicherung derzeit nicht übernimmt. Auch hier ist die Studienlage nicht eindeutig, wie die Anhörung gezeigt hat. Eine Verordnung von Dronabinol zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung bedarf aber eines eindeutigen Nutzennachweises. Ein Unterlaufen des Nachweises lässt sich schwer begründen. Ich kann verstehen, dass die derzeitige Situation für die Betroffenen sehr belastend und unbefriedigend ist. Leider sehen wir im Moment keine kurzfristig wirksamen Maßnahmen, um dem Missstand Abhilfe zu verschaffen. Wir plädieren dafür, noch einmal den Kontakt zum BfArM zu suchen, um über das Antragsverfahren zur Ausnahmegenehmigung zu diskutieren. Die Anhörung hat zwar bestätigt, dass es zu den aufwendigen Einzelfallprüfungen keine Alternative gibt. Unseres Erachtens sollte aber auf jeden Fall darüber diskutiert werden, inwieweit das Antragsverfahren vereinfacht und die Wartezeiten im Interesse der Betroffenen verkürzt werden können. Lebensqualität ist ein unschätzbar hohes Gut für uns alle. Diese zu fördern, wenn es möglich ist, sollte jedem in diesem Hause genauso wie mir ein Anliegen sein. Für viele schwerkranke Menschen ist der Einsatz von Cannabis die einzige und letzte Möglichkeit, ihre Schmerzen zu lindern. Betroffenen kann durch die Behandlung mit Cannabis ein großes Stück Lebensqualität zurückgegeben werden. Cannabis hat eine eindeutig nachgewiesene schmerzlindernde Wirkung in der medizinischen Verwendung. Dass Cannabis als Wirkstoff für die Patienten zur Verfügung steht, hält die FDP für erforderlich. Die momentane Situation ist mehr als unbefriedigend: keine nationale Zulassung für ein Fertigarzneimittel und die im begründeten Einzelfall nur eventuell erteilte Sondergenehmigung durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Dronabinolhaltige Mittel müssen in Deutschland für die hierfür vorgesehenen Indikationen endlich zugelassen werden. Im Grundtenor sind sich die Fraktionen einig: Die medizinische Anwendung von Cannabis muss erleichtert werden. Die jetzigen Hürden sind zu hoch und die Konsequenzen für die Betroffenen sehr hart. Dringend gehandelt werden muss in den folgenden drei Punkten: Änderung des langfristigen Antragsgenehmigungsverfahrens beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Der theoretisch mögliche Weg, eine Ausnahmegenehmigung beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zu beantragen, ist langwierig, bürokratisch und wird in den meisten Fällen abschlägig beschieden. Das Antragsverfahren ist extrem zeitintensiv. Um überhaupt eine reelle Chance auf Genehmigung des Antrags zu erhalten, muss der Patient Nachweise erbringen, dass andere Therapien in seinem Fall erfolglos geblieben sind. Klärung der Kostenfrage: Die Behandlungskosten werden bisher von den Krankenkassen nicht übernom m w f b t 6 G f s p K s S d S k u F d i d g n g s d D m b n B v M D s m r u a z d t w h m h u e d v K S Zu Protokoll ge (C (D en. Dronabinol, der synthetisch hergestellte Cannabisirkstoff, ist nach wie vor so teuer, dass sich viele Betrof ene dies schlichtweg nicht leisten können. Deshalb eschreiten viele Patienten den Weg der „Selbstmedikaion“, weil sie die monatlichen Kosten von 300 bis 00 Euro nicht aufbringen können. Sie geraten mit dem esetz in Konflikt. Beendigung der Problematik der drohenden Strafverolgung: Notwendig ist eine sichere Rechtsgrundlage, um chwerstkranke Menschen, die von Cannabisextrakten rofitieren, nicht zu kriminalisieren. Wegen der hohen osten der Behandlung mit Dronabinol besorgen sich die chwerstkranken Patienten Cannabis auf eigene Faust. ie machen sich damit strafbar, denn Cannabis fällt unter as Betäubungsmittelgesetz. Der Besitz ist verboten. Ein trafverfahren ist vorprogrammiert. Diese drei Aspekte werden auch in den beiden zu disutierenden Anträgen thematisiert. Diese Forderungen nterstützt auch die FDP. Nicht übereinstimmen die Liberalen dagegen mit der orderung der Linken, den Anbau von Hanf für den meizinischen Eigenbedarf zu ermöglichen. Dieser Gedanke st nicht bis zu Ende geführt. Stellen Sie sich doch folgenes Szenario einmal vor: Ein Patient züchtet mit seinem ekauften Samen seine Hanfpflanzen auf dem Balkon seier Wohnung. Bei Bedarf wird geerntet und geraucht, anz legal und mit Bescheinigung autorisiert. Aber wie oll hier gewährleistet sein, welche Menge tatsächlich für en medizinischen Bedarf verwendet wird, und in welcher osierung? Es ist auch nicht auszuschließen, dass sich öglicherweise Freunde an dieser legalen Hanfplantage edienen. Und wer soll gewährleisten, dass dies alles icht so abläuft wie hier skizziert, sondern in geordneten ahnen? Die Forderung nach Anbau für den Eigenbedarf wird on der FDP abgelehnt. Cannabis im Sinne einer „Selfade“-Medikation anzuwenden, ist nicht tolerierbar. ie Medikation muss in jedem Fall unter ärztlicher Auf icht und Begleitung und damit kontrolliert erfolgen. Das Ziel ist nach wie vor klar: Wir müssen schnellstöglich die Zulassung von Cannabis als Medikament er eichen. Die momentane Rechtslage ist für die Patienten nzumutbar. Auch die Ergebnisse der Expertenanhörung m 15. Oktober 2008 haben dies bestätigt. Ich möchte noch einmal betonen, dass es um die mediinische Anwendung eines Wirkstoffes geht und nicht um ie Legalisierung zugunsten eines Genusskonsums. Ausherapierten Patienten mit chronischen Schmerzen, bei elchen die schulmedizinische Behandlung nicht mehr elfen kann, soll wieder ein lebenswürdiges Leben eröglicht werden. Zu Unrecht wird in diesem Zusammenang auf gesundheitliche Risiken, Abhängigkeitsgefahren nd Konsumsteigerungen verwiesen. Dronabinol ist für lf Indikationen zugelassen, die Verwendung ist also klar efiniert. Eine Zulassung von Cannabis als Arzneimittel würde iele Betroffene aus dem schwierigen Dilemma befreien: onflikt mit dem Gesetz oder jahrelanges Ertragen von chmerzen. Von den Schmerzen befreien kann Cannabis 21278 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 Dr. Marlies Volkmer gebene Reden leider auch nicht, aber diese lindern. Wir haben es in der Hand, diesen chronisch kranken Menschen ein großes Stück ihrer Lebensqualität zurückzugeben. Dass CDU/CSU, SPD und FDP nicht bereit sind, Cannabis für begründete Fälle als Arzneimittel zuzulassen, folgt ausdrücklich keinen rationalen Erwägungen. Denn obwohl die Wissenschaftler auf der Expertenanhörung des Gesundheitsausschusses eindeutig die medizinische Wirkung von Cannabis positiv bewerteten, sperrt sich diese Koalition der Drogendogmatiker und Drogendogmatikerinnen, die gesetzlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, das Arzneimittelgesetz diesbezüglich zu ändern. Sie will entgegen gesundheitspolitischer Vernunft weiter eine restriktive Betäubungsmittelpraxis aufrechterhalten und nimmt dafür in Kauf, dass der rezeptpflichtigen Verordnung durch einen Arzt oder eine Ärztin der Weg versperrt bleibt und den Kranken nicht geholfen wird. Wenn hier darauf verwiesen wird, dass Dronabinol ja als privat zu bezahlendes Medikament im Einzelfall zur Anwendung kommen könne, so verweise ich auf die Aussage von den Sachverständigen. Sie sagten: „Das Antragsverfahren ist zeitund kostenintensiv. Die Hürden sind von Patienten meist nicht zu überwinden. Bisher habe ich von einer Handvoll Patienten eine Genehmigung für ein Cannabisextrakt bekommen. Wie Dronabinol ist dieser aber sehr teuer. Die meisten Patienten bleiben aber ihrem Schicksal überlassen, da sich die Kosten auf 300 bis 400 Euro pro Monat belaufen.“ In verschiedenen Bundesländern haben Patienten noch nicht einmal die Chance, einen Arzt zu finden, der ihnen helfen würde, beim BfArM eine Ausnahmegenehmigung zu bekommen. Ja, es gibt sogar Patienten, die wegen Eigentherapie mit selbst angebautem Cannabis im Gefängnis sitzen. Dabei führten die Sachverständigen in der Anhörung aus, dass Cannabis nicht – wie die deutschen Krankenkassen im Gegensatz zum Beispiel zu den österreichischen sagen – unspezifisch wirkt, sondern dass Cannabis ganz gezielt antidepressive und schmerzstillende Wirkung hat. Es handelt sich hier um hochspezifische Wirkungen, die durch keine andere Substanz ersetzt werden können. Demzufolge gibt es nicht nur für Tumorpatienten, für Palliativpatienten, sondern auch bei chronischen Erkrankungen wie Multipler Sklerose, Rheuma, Schmerz und Spastik sehr gute Therapieergebnisse mit Cannabis. Professoren der Medizin an Hochschulen wollen deshalb Cannabinole im Sinne von „best practice“ bei ihren Patienten anwenden, beklagen aber, dass sie große Schwierigkeiten mit den Krankenkassen haben – sie sehen dringenden Handlungsbedarf. Was muss denn noch an Argumenten aufgeboten werden, um die Zulassung von Cannabis als Medizin zu erreichen? Selbst die Kammerentscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2000 über die legale Einnahme von Cannabis vermittels einer Ausnahmegenehmigung, die eine ärztlich gegebene Indikation voraus s s d d t e m r g d v B W S g r r O P C n a l w u d g n u n m s I C d F d t 4 t b t f S r ä d f Zu Protokoll ge (C (D etzt, lässt das BfArM kalt. Es genehmigt nicht und beruft ich auf das Betäubungsmittelgesetz. Ja, auch das Bunesverwaltungsgericht hat 2005 darauf hingewiesen, ass einem Patienten der Erwerb und Eigenanbau gestatet werden kann. Das Oberlandesgericht Karlsruhe ntschied, dass die Einnahme von Cannabis zur medikaentösen Behandlung aus Notstandsgesichtspunkten ge echtfertigt sein kann. Das alles kann ich als Politikerin nur als einen Gesetzebungsauftrag verstehen. Mit unserem Antrag vom Juni ieses Jahres haben wir Linke eine gesetzliche Regelung erlangt, die es ermöglicht, bei Vorlage einer ärztlichen escheinigung straffrei Cannabis einnehmen zu können. ir verlangen, dass die Ministerin für Gesundheit, Frau chmidt, darauf hinwirkt, dass endlich die Voraussetzunen dafür geschaffen werden, dass Krankenkassen eine ezeptpflichtige Arznei erstatten. Politisch bewertet mag die hartnäckige Verweigeungshaltung der Regierung nur daran liegen, dass es die ppositionsfraktionen sind, die eine Normalisierung und atientengerechtigkeit im Umgang und im Einsatz von annabis wollen. Medizinisch begründet ist diese Absage an die Verunft und das Patientenwohl aber in keinem Fall. Sie dürfen gewiss sein, dass wir Linke uns damit nicht bfinden werden und erneute Initiativen ergreifen, so ange, bis die Vernunft obsiegt und den Kranken geholfen erden kann. Die Koalitionsfraktionen haben im Ausschuss gegen nseren Antrag und den nahezu gleichlautenden Antrag er Linken zur medizinischen Verwendung von Cannabis estimmt. Es ist zu vermuten, dass sie auch hier im Pleum nicht von Ihrer Haltung abrücken werden. Es bleibt indes auch weiter die Frage offen, wie Union nd SPD ihre ablehnende Haltung begründen. Ich kann ämlich auch bei gutwilliger Betrachtung keine andere ögliche Erklärung für diese Haltung finden als die, dass ie ihre drogenpolitische Ideologie über die berechtigten nteressen der Patientinnen und Patienten stellen, denen annabis helfen könnte. In der Anhörung im Ausschuss haben mit Ausnahme er Krankenkassen – wie leider schon häufiger bei diesen ragen – alle Experten das Problem klar benannt. Die erzeitige Situation ist für viele Patientinnen und Patienen ungerecht und unzumutbar. Wer sich den Preis von 00 und mehr Euro pro Monat für Dronabinol nicht leisen kann, der wird auf einen komplizierten Antragsweg ei der Bundesopiumstelle verwiesen. Und wessen Anrag dort abgelehnt wurde oder wer diesen Weg zu Recht ür unwürdig hält, der besorgt sich Cannabis auf dem chwarzmarkt, mit all den gesundheitlichen und strafechtlichen Risiken, die damit verbunden sind. Ich muss vermuten, dass Sie an dieser Situation nichts ndern wollen. Stattdessen kommen Sie immer wieder mit enselben Textbausteinen. Es gebe keinen klaren Beleg ür die Wirksamkeit von Cannabis bei Diagnosen wie zum Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21279 Detlef Parr gebene Reden 21280 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 Dr. Harald Terpe Beispiel Schmerzen oder Spastik. Cannabisgebrauch auch zu medizinischen Zwecken mache abhängig usw. Die Experten haben Ihnen in der Anhörung klar gesagt, dass sie diese Einwände für abwegig halten. Eigentlich will ich mich nicht im Detail mit ihren ideologischen und weltfremden Argumenten beschäftigen. Aber finden Sie es nicht unmenschlich, einer Patientin, die wegen einer unheilbaren Multiplen Sklerose unter starken Schmerzen leidet, ein wirksames Medikament zu verweigern, weil sie davon eventuell abhängig werden könnte? Ist es nicht zynisch, einem Patienten mit Epilepsie zu sagen, dass das Medikament, das er selbst anbaut und das ihm seit Jahren dabei hilft, mit seiner Erkrankung zu leben, gar nicht wirksam sei? Und ist es nicht ebenso unwürdig, einer Patientin mit Appetitlosigkeit infolge einer schweren Krebserkrankung das Medikament mit dem Argument zu verweigern, Cannabis sei keine Spaßdroge? Wenn Sie schon diesen beiden Anträgen nicht zustimmen, dann gehen Sie wenigstens kleine Schritte, um diesen Patientinnen und Patienten das Leben zu erleichtern. Sie könnten zum Beispiel das Antragsverfahren in der Bundesopiumstelle so ausgestalten, das sich der bürokratische Aufwand für Patienten und Ärzte in Grenzen hält. Sie könnten die Bundesopiumstelle personell so ausstatten, dass die Zeit bis zu einer Genehmigung des Antrags verkürzt wird. Sie könnten aber auch die vielen guten wissenschaftlichen Belege der therapeutischen Wirksamkeit von Cannabis zum Anlass nehmen, die Rezepturvorschrift für einen Cannabisextrakt, die seit Jahren im Schreibtisch von Frau Caspers-Merk liegt, verschreibungsfähig zu machen. Das wäre ein wichtiger und sehr effizienter Schritt, um die menschenunwürdige Situation für viele Patientinnen und Patienten schnell und wirksam zu beenden. Kommen sie endlich raus aus ihrem weltfremden, drogenpolitischen Elfenbeinturm und helfen Sie den Patientinnen und Patienten! Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss empfehlung des Ausschusses für Gesundheit auf Drucksache 16/11305. Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags der Fraktion Die Linke auf Drucksache 16/9749. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der FDP-Fraktion bei Gegenstimmen der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen angenommen. Unter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 16/ 7285. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Auch diese Beschlussempfehlung ist mit gleichem Stimmenverhältnis angenommen. d S H K D d z d W i d w g K d d g F s m c t i Z v F r F Z J n i u w M (C (D Ich rufe den Tagesordnungspunkt 24 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Ute Koczy, Thilo Hoppe, Irmingard Schewe-Gerigk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frauen stärken – Frieden sichern – Geschlechtergerechtigkeit in der Entwicklungszusammenarbeit und der Konfliktbearbeitung vorantreiben – Drucksache 16/10340 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Auswärtiger Ausschuss Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Gesundheit Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Die Reden werden zu Protokoll genommen. Es hanelt sich um die Reden der Kolleginnen und Kollegen ibylle Pfeiffer, CDU/CSU, Christel Riemannanewinckel, SPD, Dr. Karl Addicks, FDP, Hüseyinenan Aydin, Die Linke, und Ute Koczy, Bündnis 90/ ie Grünen. Vor wenigen Tagen haben wir den 60sten Jahrestag er Menschenrechte begangen. Auch wenn dieser Tag weifellos ein wichtiger Meilenstein in der Geschichte er Menschheit ist, habe ich einige Bedenken, zu sagen: ir feiern diesen Tag. Ich habe deshalb Bedenken, weil ch als Entwicklungspolitikerin an die Lage der Frauen in en armen Ländern der Welt denken muss und an das, as ich während meiner Aufenthalte in diesen Ländern esehen habe. Es sind die Frauen, die in gewaltsamen Konflikten und riegen besonders leiden müssen. Sie werden misshanelt und vergewaltigt. Es ist eine besondere Perversion, ass Vergewaltigungen und Misshandlungen von Frauen ezielt als Kriegsmittel eingesetzt werden. Das, was rauen zum Beispiel in Kongo tagtäglich erleiden müsen, kann mit Worten kaum beschrieben werden. Dennoch uss darüber gesprochen werden, damit diese Verbre hen geahndet werden können. Doch auch im Alltag werden die Rechte der Frauen agein, tagaus mit Füßen getreten, und tagtäglich werden hre Leistungen nicht anerkannt. Dies belegen nüchterne ahlen, hinter denen sich jedoch unermessliches Leid erbirgt: Zwei Drittel der Ärmsten der Welt sind Frauen. rauen beziehen nur 10 Prozent der Einkommen und verichten 70 Prozent der unbezahlten Arbeit weltweit. rauen gehört nur 1 Prozent des globalen Vermögens. wei Drittel aller Analphabeten weltweit sind Frauen. ährlich sterben über 600 000 Frauen an Komplikatioen während der Schwangerschaft oder Geburt. Das Leiden der Frauen in vielen Entwicklungsländern st unvorstellbar. Gerade wir Entwicklungspolitikerinnen nd -politiker erleben auf unseren Reisen unmittelbar, elches Grauen, welche Erniedrigungen Frauen und ädchen erleiden müssen. Das fängt schon vor der Ge burt an. In manchen Ländern werden Abtreibungen vorgenommen, nur weil die Ultraschalluntersuchung zeigt, dass es ein Mädchen wird. Es geht weiter damit, dass Mädchen nicht in die Schule geschickt werden. Später werden sie zwangsverheiratet, in der Regel noch als Minderjährige. Wenn ich dies vor Ort kritisiere, höre ich zu 99,9 Prozent den Hinweis auf die „kulturellen Besonderheiten“. Ich sage hier ganz offen: Ich kann das nicht mehr hören. Ich habe Respekt vor allen Kulturen und Religionen. Ich habe Verständnis für Sitten und Gebräuche. Aber ich habe kein Verständnis für Verbrechen. Ich habe kein Verständnis, wenn Menschenrechte mit Füßen getreten werden. Und Frauenrechte sind Menschenrechte. Frauenrechte müssen den Frauen nicht verliehen werden. Frauenrechte sind keine Almosen, die nach Gutdünken vom Staat oder von religiösen Instanzen quasi „geschenkt“ werden. Aufgrund ihrer Würde stehen Frauen ihre Rechte zu. Im Hinblick auf die kulturellen Besonderheiten möchte ich noch auf Folgendes hinweisen. Noch nie habe ich von einer Frau, die Opfer von Misshandlung und Herabwürdigungen wurde, gehört, dass dies in irgendeiner Form mit kulturellen oder religiösen Besonderheiten zu tun hätte. Dieses Argument verwenden aber fast immer diejenigen, die Menschenrechtsverletzungen begehen. Doch es gibt leider noch weitere schlimme Beispiele, wie Frauen gerade in den Entwicklungsländern leiden müssen. In vielen afrikanischen Ländern existieren barbarische Genitalverstümmelungen. Aus Bangladesch wissen wir über Säureattentate auf Frauen. Der Grund ist oft mehr als banal. Manchmal reicht ein Nachbarschaftsstreit oder wenn eine junge Frau einen Bewerber ablehnt. Wenn sie überleben, sind sie oft für den Rest ihres Lebens entstellt. In Äthiopien habe ich ein Fistula-Krankenhaus besucht. Diejenigen Frauen, die dort versorgt werden, hatten noch Glück. Was ist mit den Zigtausend, die regelrecht hinvegetieren müssen, ausgestoßen, ohne jegliche medizinische Hilfe? Am Beispiel der Seuche Aids kann veranschaulicht werden, wie Diskriminierung buchstäblich das Leben der Frauen in Entwicklungsländern bedrohen kann. Waren vor zehn Jahren nur 12 Prozent aller Infizierten weltweit Frauen, so sind es heute fast 50 Prozent. In SubsaharaAfrika sind es sogar 60 Prozent. Mehr als 30 Prozent aller Schwangeren im südlichen Afrika sind mit HIV infiziert. In den Entwicklungsländern hat eine schleichende Feminisierung stattgefunden. Aids hat ein weibliches Gesicht bekommen. HIV/Aids zeigt in dramatischer Weise, wohin soziale und wirtschaftliche Ungleichbehandlung von Frauen führen kann. HIV/Aids ist gerade in Entwicklungsländern mehr als ein medizinisches Problem. Diese Krankheit umfasst auch gesellschaftliche, politische und kulturelle Dimensionen. Sie hat etwas mit althergebrachten Strukturen zu tun genauso, wie mit sexueller Gewalt. Die Benachteiligung von Frauen in den Entwicklungsländern war eine wesentliche Voraussetzung für die Feminisierung von HIV/Aids. Das negative Beispiel von HIV/Aids lässt sich auf viele andere Krankheiten übertragen. m w v E F d u m n a g j h a s v l p k z z s s b s g d o g n e d w W k K G G d w g u A E m t v d E f m d l t I w Zu Protokoll ge (C (D An dieser Stelle möchte ich auch von Zeichen der Erutigung, der Hoffung und der Zuversicht für die Enticklungsländer sprechen. Auch Hoffnung, Mut und Zuersicht stellen sich ein, wenn man die Frauen in den ntwicklungsländern betrachtet. Sie sind diejenigen, die amilien ernähren. Sie sind es, die tagein, tagaus stunenlange Wege auf sich nehmen, um Wasser zu holen und m Brennholz zu sammeln. Frauen pflegen Alte, sie kümern sich um die Kranken. Wir Entwicklungspolitikerinen machen immer wieder die Erfahrung, wie Frauen in rmen Ländern mit sehr wenig Geld unglaublich viel Seensreiches bewirken können. In Afrika haben wir Proekte gesehen, wie Frauen eine Hühnerfarm hochgezogen aben. Der Verdienst wurde verwendet, um die Kinder uszubilden. In Nepal wurden Frauen in Projekten untertützt, damit sie auf Märkten Tee verkaufen. Mit dem so erdienten Geld konnten deren Söhne und Töchter Schuen besuchen. Nicht von Ungefähr arbeitet der Nobelreisträger Muhammad Yunus, der Erfinder der Mikroredite, vorwiegend mit Frauen in Entwicklungsländern usammen. Er weiß, dass Frauen die Kredite fast immer urückzahlen, und er weiß, dass sie das Geld sinnvoll einetzen. Es wird im Sinne der Familien verwendet. Unteruchungen zeigen Folgendes: Wenn Frauen Mikrokredite ekommen, so sind deren Kinder im Schnitt größer, geünder und besser ausgebildet. Das bedeutet, Frauen leen das Geld nachhaltig zum Nutzen ihrer Familien an. Mir sind diese Erfolgsgeschichten deshalb so wichtig, a sie zeigen, dass eine Entwicklungszusammenarbeit hne die Berücksichtigung von Frauen keinen nachhaltien Erfolg haben kann. Wir alle sind uns da einig. Denoch habe ich das Gefühl, dass wir in unseren Kreisen ine Diskussion führen, die von den betroffenen Frauen in en Entwicklungsländern selbst nicht nachvollzogen ird. In sehr vielen Gesprächen vor Ort habe ich gehört: ir brauchen eure konkrete Unterstützung; wir brauchen onkrete Unterstützung für Schulen, für Ausbildung, für rankenhäuser, für Kleinbetriebe usw. Von Gender, von ender-Budgeting, von Gender-Mainstreaming und von eschlechtergerechtigkeit höre ich von den Frauen in en Entwicklungsländern nichts. Ich höre aber sehr ohl: Helft uns, damit wir unsere Rechte verwirklichen. Damit kein Missverständnis auftaucht: Ich habe rundsätzlich nichts gegen diesbezügliche Diskussionen nd einen diesbezüglichen „intellektuellen Überbau“. ber ich sage in aller Deutlichkeit: Ich habe sehr oft den indruck, dass wir an der Sache vorbeidiskutieren. Wir üssen die Perspektive der betroffenen Frauen in den be roffenen Ländern einnehmen und nicht ausschließlich on unserer Warte aus Schlüsse ziehen. Zudem denke ich, dass das Rad nicht immer neu erfunen werden muss, auch nicht im Einsatz für Frauen in den ntwicklungsländern. Ein Beispiel: Ich erwähnte am An ang die Erklärung der Menschenrechte. An dieser Stelle öchte ich auf ein weiteres Ereignis hinweisen, das für ie Rechte der Frauen, besonders in den Entwicklungsändern auch sehr wichtig ist. Es geht um die „Internaionale Konferenz über Bevölkerung und Entwicklung“, CPD, in Kairo 1994. Warum war diese Konferenz so ichtig? Weil in Anwesenheit von über 170 Staaten und Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21281 Sibylle Pfeiffer gebene Reden über 3 000 Nichtregierungsorganisationen ein wichtiger Beitrag für Stärkung der Frauen geleistet wurde. Erstmals wurde das Recht der Frauen – und Männer – auf sexuelle reproduktive Gesundheit in den Mittelpunkt gestellt. In diesem Zusammenhang entstand das Konzept der sexuellen und reproduktiven Gesundheit. Sexuelle und reproduktive Gesundheit umfasst alle Aspekte des uneingeschränkten körperlichen, seelischen und sozialen Wohlbefindens in Bezug auf Sexualität und Fortpflanzung. Und, was sehr wichtig ist: Der Gesundheit von Frauen wird besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Leider haben Frauen in vielen Entwicklungsländern einen schweren Stand. Ihre Menschenrechte werden oft mit Füßen getreten. Eine Entwicklungspolitik ohne Förderung der Frauen ist zum Scheitern verurteilt. Wir müssen aber stets die Lage der betroffenen Frauen vor Ort berücksichtigen. Ihre Wünsche und Forderungen sind entscheidend, nicht primär unsere Diskussionen. Die deutsche Entwicklungspolitik widmet den Frauen in Entwicklungsländern eine besondere Aufmerksamkeit. Die Förderung der Gleichberechtigung der Geschlechter und die damit verbundene Durchsetzung der elementaren Menschenrechte von Frauen ist erklärtes Ziel unserer Entwicklungspolitik und bildet einen Schwerpunkt. Fast alle im vorliegenden Antrag aufgestellten Forderungen werden von der deutschen Entwicklungszusammenarbeit umgesetzt, und dies schon seit langem. Frauen spielen eine maßgebliche Rolle für die wirt schaftliche, soziale, gesellschaftliche und kulturelle Entwicklung ihrer Länder. Dies zeigt sich ganz besonders dort, wo Armut den Alltag der meisten Menschen bestimmt. In den afrikanischen Ländern südlich der Sahara sowie in der Karibik sind es die Frauen, die 80 Prozent der gesamten Nahrungsmittel produzieren. Sie leisten rund 70 Prozent der Arbeit in der Landwirtschaft, obwohl sie nur über ein Achtel der Landtitel verfügen. Die durchschnittliche Arbeitszeit der Frauen wird auf 60 bis 90 Stunden pro Woche geschätzt. Ein großer Teil ihrer Tätigkeit findet im Haushalt statt. Männer besetzen fast drei Viertel aller entlohnten Stellen, während Frauen ihren „Löwenanteil“ an Arbeit unbezahlt verrichten. Sie sind überdurchschnittlich oft im informellen Sektor beschäftigt. Ihre Arbeitsplätze sind unsicher. Die Frauen sind nicht sozial versichert, in Krankheitsfall bekommen sie keinen Lohn. Insgesamt 94,5 Millionen Frauen weltweit sind Migrantinnen. Obwohl sie auch in der Migration deutlich weniger verdienen als die Männer, überweisen sie von ihrem geringeren Einkommen einen sehr hohen Anteil an ihre Familie in der Heimat. Dieses Geld dient vorrangig der Gesundheitsversorgung und der Bildung ihrer Kinder. Wenn wir die Entwicklung in den armen und ärmsten Ländern der Welt wirkungsvoll unterstützen wollen, können wir auf das Wissen und die Tatkraft der Frauen nicht verzichten. Gerade in Ländern, in denen die Menschen u m T W k l l d F s s s E i Z t r s z B z w r s w ü l d z v d t A t A K l ü m i i v d m w t d i B i w R Zu Protokoll ge (C (D nd Frauenrechte nicht ausreichend geachtet werden, üssen die Frauen erfahren, dass die gleichberechtigte eilhabe am gesellschaftlichen Leben ihr gutes Recht ist. ir müssen die Frauen stärken und unterstützen. Das önnen wir nur, wenn wir durch Projekte der Entwickungszusammenarbeit im Land präsent sind. Den Vorschlag des Kollegen Westerwelle, die Entwickungszusammenarbeit mit all den Ländern zu beenden, in enen die Menschenrechte missachtet werden und rauen benachteiligt werden, halte ich für eine sehr chlechte Idee. Denn Entwicklungszusammenarbeit baiert immer auf Demokratisierung, Stärkung der Zivilgeellschaft und dem Erleben von Menschenrechten und insetzen für Menschenrechte. Im Hinblick auf das Ziel der Geschlechtergerechtigkeit st die Arbeit des Bundesministeriums für wirtschaftliche usammenarbeit und Entwicklung vorbildlich. Es arbei et seit vielen Jahren mit einem wegweisenden Gleichbeechtigungskonzept. Grundlage ist der Kabinettsbechluss vom 23. Juni 1999, der Gender-Mainstreaming ur Querschnittsaufgabe für alle Arbeitsbereiche der undesregierung macht. Das Gleichberechtigungskonept des BMZ nimmt die Durchführungsorganisationen ie auch die staatlich geförderten Projekte von Nicht egierungsorganisationen in die Pflicht. Alle Projekte der taatlichen deutschen Entwicklungszusammenarbeit erden gemäß der OECD-Genderkennung daraufhin berprüft, welche Auswirkungen sie auf die Gleichstelung der Frauen und Männer haben. Die Erkenntnisse araus helfen uns, unsere Projekte besser und effizienter u planen und zu realisieren und der Chancengleichheit on Frauen und Männern immer näher zu kommen. Viele Forderungen des hier vorliegenden Antrags ecken sich mit den Positionen der SPD-Bundestagsfrakion. Das bedeutet, die SPD-Fraktion könnte diesen ntrag unterschreiben. Aber aus Gründen der Koali ionsdisziplin werden wir ihm nicht zustimmen. Anfang 2008 habe ich einen entwicklungspolitischen ntrag zum Thema Frauen und Entwicklung für die oalitionsfraktionen erarbeitet. Der Antrag scheiterte etztlich an Vorbehalten der CDU/CSU-Fraktion gegenber den internationalen Begriffen Gender-Mainstreaing, Genderkennung oder Empowerment. Diese sollten m Antragstext gestrichen werden. Nach über zehn Jahren hrer Nutzung hält die CDU/CSU diese Begriffe für unerständlich und unzumutbar. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich empfehle Ihnen as Positionspapier „Frauen in der Entwicklungszusamenarbeit stärken – Gender-Mainstreaming konsequent eiter verfolgen“ der SPD-Fraktion. Es ergänzt den An rag der Grünen und stellt aus unserer Sicht dar, warum as Instrument des Gender-Mainstreaming gerade auch n der Entwicklungszusammenarbiet von herausragender edeutung ist. Uns geht es darum, den Frauen in der Welt hre tragende Rolle für die Entwicklung ihrer Länder beusst zu machen und sie dabei zu unterstützen, diese olle auszufüllen. 21282 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 Sibylle Pfeiffer gebene Reden Um den entwicklungspolitischen Prozess in Entwick lungsländern voranzubringen und Konflikte dauerhaft zu befrieden, müssen in diesen Ländern auch die Rechte der Frauen gestärkt werden. Darin sind wir uns alle einig. Ich begrüße deshalb den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Er enthält eine richtige Auswertung der Situation der Frauen in Entwicklungsländern, und es werden zahlreiche gute Vorschläge gemacht, wie die Situation der Frauen in Entwicklungsländern durch Maßnahmen der Bundesregierung verbessert werden kann, Maßnahmen, die die Bundesregierung aus mir unbegreiflichen Gründen bis heute nicht oder nicht im ausreichenden Maße ergriffen hat, obwohl jeder weiß, dass eine nachhaltige Entwicklung die gleichberechtigte Beteiligung der Frauen in rechtlicher, sozialer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Hinsicht erfordert. Die Bundesregierung muss die ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten aktiver nutzen. Die Bundesregierung muss alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel nutzen, um die Lage der Frauen in ihren Partnerländern zu verbessern. Natürlich ist dies in vielen Regionen nicht so einfach machbar, aber auch kleine Schritte sind wichtig und richtig. Wir, die FDP-Fraktion, teilen die Ansicht, dass vor allem Frauen nach wie vor die Hauptleidtragenden im Falle von Armut und Krieg sind. Aus diesem Grund sind sie auch der Schlüssel, wenn es darum geht, dauerhaften Frieden und Versöhnung zu erreichen. Auch unterstützen wir die Millenniumentwicklungsziele 3 und 5, wo eine konkrete Verbesserung der Situation von Frauen gefordert wird. Dazu gehören auch die Ausweitung der Systeme der Mikrokredite, insbesondere für Frauen, sowie ein diskriminierungsfreier Zugang zur Bildung. Auch die Weltbank betont, dass Bildung von Frauen aufgrund ihrer mittelbaren Folgewirkungen die wichtigste Einzelinvestition in den Entwicklungsländern ist. Die verstärkte Förderung von Frauen führt zu besseren Umweltund Gesundheitsbedingungen in den Familien, zu einem höheren Bildungsstand der Kinder. Insbesondere schädliche Traditionen wie die Genitalverstümmelung können nur durch Bildung und Aufklärung von Frauen sukzessiv abgelegt werden. Das Gender-Budgeting können wir als Analyseinstrument bei der Haushaltsplanung und zur Kontrolle der Ausgaben unterstützen. Jedoch möchte ich unterstreichen, dass wir die Erhöhung der Ausgaben für geschlechterspezifische Programme und Projekte, die wir begrüßen, als eine anteilmäßige Erhöhung verstehen, das heißt, dass der Anteil von gegenwärtig 3 Prozent erhöht werden soll. Unsere große Unterstützung hat die Forderung, die Entwicklungsfinanzierung im Rahmen der Paris-Deklaration transparenter zu machen. Aus diesen Gründen wird die FDP dem Antrag von Bündnis 90/Die Grünen zustimmen. Männer tragen die Entscheidungen, Frauen tragen die Konsequenzen. Weltweit sind Frauen Krisenmanagerin n k d s W K w z l g b g K W 7 s F z d P r 2 s b b Z s P l M f g r t w k V m e d a d f F r M a l g g g z R s e Zu Protokoll ge (C (D en. Jede Finanzkrise, jede Nahrungsmittelkrise, jeder riegerische Konflikt, jede Hungerkatastrophe wird auf em Rücken der Frauen ausgetragen. Denn die Frauen ind in der Regel für die Ernährung der Kinder, für die asserversorgung der Familien, für das Schulgeld der inder und für die Pflege der Familienmitglieder verantortlich. Frauen sind die ersten Opfer, wenn Profite über die soiale Wohlfahrt gesetzt werden. Bei steigenden Preisen ernen sie kunstfertig, die billigsten Nahrungsmittel zu erattern, sich neue Rezepte auszudenken, zu nähen, zu asteln und zu sparen. Das ist in Deutschland übrigens anz genauso. Frauen sind Krisenmanagerinnen auf osten von Freizeit, Karriere und ihrer Freiheit. Wie ist die Situation der Frauen? Hier einige Zahlen: eltweit sind 70 Prozent der Hungernden Frauen, sind 0 Prozent der Menschen in absoluter Armut Frauen, beitzen Frauen 10 Prozent des Einkommens, besitzen rauen 1 Prozent des Eigentums, leisten Frauen 70 Proent der unbezahlten Arbeit, machen Frauen 67 Prozent er Analphabeten aus, besetzen Frauen 10 Prozent der arlamentssitze, haben Frauen 6 Prozent der Regieungsämter inne. Und in Deutschland? Verdienen Frauen 2 Prozent weniger als ihre Kollegen, sind von 533 Vortandssitzen der 200 größten Unternehmen 11 von Frauen esetzt; das entspricht 2,4 Prozent. Lange Zeit hat die Entwicklungszusammenarbeit der esonderen Rolle der Frau nicht Rechnung getragen. um Teil hat sie die Situation der Frauen sogar verchlimmert anstatt verbessert. Mit neuen Aufgaben in rojekten kam es nicht auf der anderen Seite zu einer Ent astung bei den häuslichen Pflichten. So bedeuteten neue öglichkeiten und neue Verantwortungen manchmal ein ach nur Mehrarbeit und mehr Zeit, die es nicht gab. Frauenrechte sind Menschenrechte. Der uns vorlieende Antrag der Grünen geht auf notwendige Verändeungen in der Entwicklungszusammenarbeit ein. Wir unerstützen die Stärkung der Menschenrechte von Frauen, ie in der UN-Konvention CEDAW gefordert, und wollen eine Verwässerung von Frauenquoten durch „freiwillige erpflichtungen“. Die Einführung von wichtigen Instruenten wie Gender-Budgets und Gender-Audits fördern ine geschlechtergerechte Verteilung von Haushaltsgelern und Entwicklungsgeldern. Diese müssen jedoch auf llen Ebenen konsequent durchgeführt werden, auch auf er Seite der Geldgeber, von der Planung über die Durchührung über Monitoring bis hin zur Evaluation. Diese orderungen sind nicht neu. Doch an der Implementieung scheitert es – natürlich, denn die entscheidenden änner geben nur ungern Verantwortung und Positionen b. Auch hier – oder vielleicht gerade hier – in Deutschand. Doch geht es um mehr. Um die Geschlechterbeziehunen grundlegend zu verändern, müssen wir die Bedingunen des Marktes ändern. Der Neoliberalismus ist nicht eschlechterblind. Ganz im Gegenteil. Die Ungleichheit wischen Mann und Frau in politischen und rechtlichen ahmenbedingungen ist sogar eine notwendige Vorausetzung für den Fortbestand der freien Marktwirtschaft – benso wie verschuldete Länder und Kreditgeber, ebenso Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21283 gebene Reden wie Arbeitgeber und ein Heer von Arbeitslosen. Denn von den drei Rollen der Frau wird hier nur eine berücksichtigt: die produktive Form der entlohnten Arbeit. Die reproduktive Arbeit, die Frauen leisten, wird weder entlohnt noch respektiert. Die Frau in ihrer Position als Mutter und Familienmanagerin ist unsichtbar. Doch macht diese Arbeit vor allem in Entwicklungsländern einen Großteil ihrer Lebenszeit aus. Auch hier in Deutschland leiden gerade Frauen unter Altersarmut, weil Erziehungszeiten nicht auf ihre Rente angerechnet werden. Die unbezahlte Arbeit von Frauen wird weltweit auf einen Wert von 11 Trillionen Dollar im Jahr geschätzt. In Neuseeland und Kanada macht die unbezahlte Frauenarbeit circa ein Drittel des Bruttoinlandprodukts aus. Die soziale Rolle der Frau, die ihre Verantwortung in der Gemeinde wahrnimmt und ihre Zeit ehrenamtlichen Aufgaben widmet, die sich um die Pflege der Großeltern kümmert, wird ebenso wenig honoriert. Es geht auch anders. Genderquoten sichern den Zugang zu bezahlter Arbeit. In Frankreich ist gesetzlich vorgeschrieben, Wahllisten paritätisch und abwechselnd zu besetzten. Norwegen hat 2003 eine Frauenquote von mindestens 40 Prozent für Sitze in allen Verwaltungsräten der 600 börsennotierten Unternehmen beschlossen. In Ruanda besteht das Parlament zu über 50 Prozent aus Frauen. In Bolivien hat die verfassungsgebende Versammlung eine Frauenquote in allen legislativen Körperschaften von 50 Prozent beschlossen. Mindestlöhne und soziale Sicherungssysteme sichern die Vereinbarkeit von Arbeit und Familie, auch bei Krankheit. Wir unterstützen den Antrag der Grünen, in dem erneut die Umsetzung und Implementierung vieler schon lange existierender Resolutionen und Instrumente in der Entwicklungszusammenarbeit gefordert werden. Dafür brauchen wir auch einen grundlegenden Wandel der Wirtschaftspolitik und eine Neudefinition von Arbeit, auch in Deutschland. Die Armut auf der Welt ist vor allem weiblich. Das stellt der Weltbevölkerungsbericht 2008 der Vereinten Nationen vom November dieses Jahres fest. Er bestätigt, was wir in unserem Antrag „Frauen stärken – Frieden sichern – Geschlechtergerechtigkeit in der Entwicklungszusammenarbeit und der Konfliktbearbeitung vorantreiben“ betonen: Drei Fünftel der ärmsten Menschen weltweit sind Frauen und Mädchen. Diese Situation ist skandalös und eine Bestätigung dafür, dass die Gleichbehandlung von Männern und Frauen in weiter Ferne liegt. Die Armut von Frauen rührt in erster Linie daher, dass ihnen ihre fundamentalen Rechte vorenthalten werden und sie keinen Zugang zu den materiellen wie gesellschaftlichen Ressourcen haben, die ein Leben in Würde und Selbstbestimmung ermöglichen. Frauenrechte sind Menschenrechte – so lautet eine zentrale Botschaft unseres grünen Antrags. Ich betone das, denn allzu häufig wird bei der Geschlechtergerechtigkeit bzw. der Genderpolitik in ökonomischen Kategorien gedacht und argumentiert. Es ist richtig, dass n s e K l i p t p o t E t n m d w d l I 5 s M M 2 e z F d s b g A t s B t s p a v i O w I i s l r t t m s d K Zu Protokoll ge (C (D achhaltige Entwicklung – wirtschaftliche wie gesellchaftliche – nur durch Geschlechtergerechtigkeit rreicht wird und dementsprechend ein ganz wichtiges riterium in der strategischen Ausrichtung der Entwick ungszusammenarbeit sein muss. Aber unabhängig davon st die internationale Staatengemeinschaft dazu verflichtet, dafür zu sorgen, dass Frauenrechte gewährleiset werden. Dies muss auch durch mehr Geld für Frauenolitik geschehen, was über das Gender-Budgeting rganisiert werden kann. Zwei Hebel, die meist kulturell tradierten Geschlecherrollen zugunsten von Frauen zu beeinflussen, sind die ntwicklungszusammenarbeit und die Konfliktbearbei ung. Leider wird in diesen Bereichen immer noch zu weig für die Geschlechtergerechtigkeit getan. Wir wollen it unserem Antrag wachrütteln und im Deutschen Bunestag über die dramatische Situation für Frauen welteit diskutieren. Auch wenn es bereits engagierte Programme in der eutschen, europäischen und internationalen Entwickungszusammenarbeit gibt, so müssen wir konstatieren: rgendetwas läuft schief. Denn noch immer sterben über 00 000 Frauen an den Komplikationen bei Schwangerchaft und Geburt. Die Zahl ist seit der Formulierung der DGs im Jahr 2000 konstant geblieben. Somit ist das illenniumsentwicklungsziel, die Müttersterblichkeit bis 015 um 75 Prozent zu senken, so gut wie nicht mehr zu rreichen. Damit dürfen wir uns nicht abfinden. Auch in anderen Gesundheitsbereichen, beim Zugang u ökonomischen Ressourcen und bei der Bildung sind rauen ungleich schlechter gestellt als Männer. Dabei ist ie Bekämpfung von Armut untrennbar mit der Gechlechtergerechtigkeit und der Stärkung der Frauen verunden. Deshalb müssen wir unsere Entwicklungsproramme viel stärker darauf ausrichten. Wie in unserem ntrag gefordert, sollten die Beiträge für die sogenann en G-2-Projekte erhöht werden, die als Hauptziel die Gechlechtergerechtigkeit und die Stärkung von Frauen im lick haben. Frauen sind in vielen Regionen weltweit nicht nur kulureller und struktureller Ungleichbehandlung ausgeetzt, sondern auch schlimmsten Formen physischer und sychischer Gewalt. Dazu gehören häusliche Gewalt und uch die in einigen Regionen Afrikas verbreitete Genitalerstümmelung. Dramatisch ist die Situation von Frauen n Konfliktregionen, was uns ganz aktuell besonders im sten Kongos vor Augen geführt wird. Sexualisierte Gealt gegen Frauen ist noch immer in vielen Konflikten ein nstrument der Kriegsführung, mit dem die Kombattanten hre Machtansprüche demonstrieren. Es ist höchste Zeit, exualisierte Gewalt als Verbrechen gegen die Menschichkeit nicht nur zu ächten, sondern mit allen verfügbaen Mitteln zu ahnden. Die Bundesregierung fordere ich auf, ihre Verpflichungen aus den Resolutionen 1325 und 1820 der Vereinen Nationen konsequent nachzukommen, sich in den ultilateralen Institutionen für eine Strategie gegen die exualisierte Gewalt einzusetzen – dazu gehört die gener-sensible Ausbildung von Polizeiund militärischen räften, die im Auftrag der Vereinten Nationen friedens21284 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 Hüseyin-Kenan Aydin gebene Reden Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21285 Ute Koczy sichernde Maßnahmen durchführen, und die Strafverfolgung der Täter durch die internationale Strafgerichtsbarkeit – und dafür Sorge zu tragen, dass die UN-Missionen personell wie materiell in der Lage sind, die Zivilbevölkerung vor Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu schützen. Wie wir am Beispiel der UN-Friedenstruppe MONUC im Ostkongo zurzeit vorgeführt bekommen, ist dies nicht automatisch der Fall. Nachhaltige Entwicklung und Frieden können wir nur erreichen, wenn wir uns konsequent für die Rechte der Frauen starkmachen und Frauen aktiv in der Entwicklungszusammenarbeit und Konfliktbearbeitung unterstützen. Deshalb fordern wir in unserem Antrag zu deutlich mehr Bewusstsein für die Belange von Frauen in Entwicklungsländern auf und zu mehr Programmen, die ihren spezifischen Bedürfnissen entsprechen. Wir fordern ein stärkeres Engagement. Der grüne Antrag enthält deshalb konkrete Vorschläge, wie Entwicklungszusammenarbeit im Sinne einer verstärkten Genderpolitik weiter verbessert werden kann. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf Drucksache 16/10340 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 25 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Katrin Kunert, Dr. Axel Troost, Dr. Gesine Lötzsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Gewerbesteuerumlage – An den Bund abschaffen, an die Länder schrittweise auf Null absenken – Drucksache 16/11373 – Überweisungsvorschlag: Finanzausschuss Innenausschuss Haushaltsausschuss Auch die Reden zu diesem Tagesordnungspunkt werden zu Protokoll genommen. Es handelt sich um die Reden der Kolleginnen und Kollegen Antje Tillmann, CDU/CSU, Bernd Scheelen, SPD, Dr. Hermann Otto Solms, FDP, Katrin Kunert, Die Linke, und Britta Haßelmann, Bündnis 90/Die Grünen. „Gewerbesteuerumlage – An den Bund gänzlich ab schaffen – An die Länder schrittweise auf null absenken“, heißt der Antrag der Fraktion Die Linke und soll eine konjunkturpolitische Gegenmaßnahme zur internationalen Finanzkrise sein und zur Belebung der Wirtschaft beitragen. Aus unserer Sicht ist er das nicht. Die Absenkung der Gewerbesteuerumlage wirkt zu spät, zu ungenau und ungleichmäßig, um im großen Umfang und schnell die Wirtschaft vor Ort zu stärken. Wir müssen jetzt alles tun, um die Konjunktur zu stützen. u u a t n v I b m r 2 l n M e d V d d j s s f z G a m Q t d V w u 7 b G w v t b d i H m z d f a d g r w (C (D Wir haben im November erste Maßnahmen ergriffen, m die Wirtschaft in den Kommunen weiter zu beleben, nter anderem: Erstens. Das CO2-Gebäudesanierungsprogramm wird ufgestockt. 3 Milliarden Euro mehr fließen in den nächsen zwei Jahren in das Programm sowie in andere Maßahmen, wie zum Beispiel den altersgerechten Umbau on Wohnungen. Zweitens. Wir ermöglichen eine bessere nfrastruktur in strukturschwachen Kommunen. Diese ekommen über Programme der KfW 3 Milliarden Euro ehr. Drittens. Die Finanzmittel zur „Verbesserung der egionalen Wirtschaftsstruktur“ werden am 1. Januar 009 erhöht. In einem Sonderprogramm werden 200 Milionen Euro zusätzlich zur Verfügung gestellt. Diese Maßahmen müssen nun erst einmal wirken. Aber gleichzeitig werden wir uns nicht auf diesen aßnahmen ausruhen, sondern wir werden im Januar ntscheiden, wie die Konjunktur weiter unterstützt weren kann. Zahlreiche und zielgenauere Vorschläge als der orschlag Ihrer Partei liegen bereits vor. Gemeinsam mit en Ländern und Kommunen werden wir unter anderem ie Sanierung von Schulen vorantreiben, um die Konunktur zu stärken. Überaus sinnvoll sind auch die Vorchläge, gezielt in die Infrastruktur zu investieren und taatliche Investitionen in Bildung und Krankenhäuser ließen zu lassen. Investitionsprogramme müssen schnell, zielgenau und eitlich befristet wirken. Im Antrag der Linken soll die ewerbesteuerumlage an den Bund ab dem 1. Juli 2009 bgeschafft werden. Der 1. Juli 2009 ist für Konjunkturaßnahmen aber viel zu spät. Wir brauchen im ersten uartal 2009 Leistungsanreize. Deshalb ist ein Investi ionspaket mit schnell wirksamen Maßnahmen nötig. Bezüglich der Steuereinnahmen der Gemeinden für as Jahr 2008 kann man eine sehr positive Bilanz ziehen. erglichen mit der letzten Steuerschätzung vom Mai 2008 erden die Steuereinnahmen insgesamt – Bund, Länder nd Kommunen – im Jahr 2008 voraussichtlich um ,4 Milliarden Euro höher ausfallen. Für den Bund ergeen sich Mehreinnahmen von 0,4 Milliarden Euro. Die emeinden profitieren sogar mit einem Aufkommenszuachs von 5,7 Milliarden Euro. Die Gründe dafür sind or allem in den deutlich gestiegenen Einnahmeerwarungen für die Gewerbesteuer zu finden. Zahlreiche Maßnahmen der Großen Koalition zur Veresserung der Finanzausstattung der Gemeinden sind in ieser Legislaturperiode erfolgt. Die Große Koalition hat n dieser Legislaturperiode – unabhängig von dem im erbst beschlossenen Investitionsprogramm – Maßnahen ergriffen, um die Finanzausstattung der Gemeinden u verbessern. So hat die Koalition sichergestellt, dass ie Mindereinnahmen der öffentlichen Hand, die kurzristig mit der Unternehmensteuerreform einhergehen, usschließlich Bund und Länder tragen. Dies geschah urch Absenkung des sogenannten Bundesvervielfältiers von 16 auf 12 Prozent; § 6 Abs. 3 Gemeindefinanzeformgesetz. Von den Vorteilen des durch die Reform ausgelösten irtschaftlichen Impulses werden hingegen die Kommu nen als Träger der Gewerbesteuer und der Unterkunftskosten Langzeitarbeitsloser nachhaltig profitieren. Andererseits haben wir die Kommunen und kommunale Unternehmen von den steuerlichen Auswirkungen und Konsequenzen der Zinsschranke verschont: Wir haben durchgesetzt, dass Gebietskörperschaften keinen Konzern im Sinne der Zinsschranke bilden. Entscheidend ist auch: Durch die Reform bleibt die Struktur der Gewerbesteuer erhalten. Zukünftig werden 25 Prozent aller Fremdkapitalzinsen wieder zur Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer hinzugezählt, sofern sie nicht bereits wegen der Zinsschranke von vornherein vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen sind. Zusammen mit den Finanzierungsanteilen bei Mieten, Pachten, Leasingraten und Lizenzgebühren – unter Berücksichtigung des Freibetrags – führen diese Maßnahmen zwar nicht zu Mehreinnahmen, sehr wohl aber zu einer spürbaren Verstetigung des Gewerbesteueraufkommens. Das ist eine durchaus schwierige Situation für betroffene Unternehmen, für die Kommunen wirkt sie jedoch äußerst positiv. In dem Ergebnis der Steuerschätzung November 2008 wird ein Gewerbesteueraufkommen von insgesamt 38,7 Milliarden Euro prognostiziert. Im Jahr 2007 waren es „nur“ 36,9 Milliarden Euro. Die Gewerbesteuerumlage betrug in 2007 in den alten Ländern ohne Stadtstaaten insgesamt 6,17 Milliarden Euro. Davon entfielen auf den Bund 1,35 Milliarden Euro – 21,9 Prozent – und auf die Länder 4,81 Milliarden Euro – 78,1 Prozent. In den neuen Ländern ohne Stadtstaaten betrug die Gewerbesteuerumlage in 2007 insgesamt 0,35 Milliarden Euro, davon entfielen auf den Bund 0,15 Milliarden Euro – 42,1 Prozent – und auf die Länder 0,20 Milliarden Euro – 57,9 Prozent. Diese Gewerbesteuerumlage geht zurück auf die am 1. Januar 1970 eingeführte Gemeindefinanzreform. Kernstück hierbei war die Einrichtung eines Steueraustausches zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Die Gemeinden wurden an dem Aufkommen der Einkommensteuer beteiligt, Bund und Länder erhielten einen Anteil am Gewerbesteueraufkommen. Dies geschah nicht zuletzt auf Wunsch der Kommunen, da die Gewerbesteuer weit mehr Konjunkturschwankungen unterliegt als die Einkommensteuer. Aus welchem Grund will die Linke dann nicht die gesamte Vereinbarung rückgängig machen? Das kann ich Ihnen sagen: Kommunen, die eine geringe Wirtschaftskraft haben, profitieren nicht von der Abschaffung der Umlage. Finanzschwache Kommunen haben weniger Gewerbesteuereinnahmen, weniger Umlage, weniger Vorteil durch eine Abschaffung der Gewerbesteuerumlage. Finanzstarke Kommunen haben viel Gewerbesteuereinnahmen, viel Umlage, viel Vorteil durch eine Abschaffung der Gewebesteuerumlage. Natürlich werden auch finanzstarke Kommunen die derzeitige wirtschaftliche Situation spüren. Aber die Finanzschwachen umso mehr. Wir wollen aber natürlich auch den schwächeren Kommunen Finanzmittel zur Verfügung zu stellen. Mit Direktzuweisungen an Länder mit Zweckbindung für kommunale Zwecke können wir zweckgebundener und z v V w d M n T a s a K m n P d r u m g z k g m s g n b i K b s n F a w n i L t n b d F s g a d Zu Protokoll ge (C (D ielgerichteter fördern. Deswegen werden wir beim Inestitionsprogramm deutlich darauf achten, dass eine erteilung gleichmäßig erfolgt. Wir werden den Antrag der Linken jetzt ablehnen. Wir erden im neuen Jahr entscheiden, wie die Konjunktur urch Investitionen unterstützt werden kann. Und diese aßnahmen werden mit Sicherheit auch in den Kommu en liegen und diesen helfen. Wir steuern auf schwierige wirtschaftliche Zeiten zu. echnisch sind wir schon in der Rezession. Insbesondere uf der Ebene der Kommunen muss und kann gegengeteuert werden. Doch der hier formulierte Vorschlag ist lles andere als zielführend. 60 Prozent der öffentlichen Investitionen finden in den ommunen statt. Hier gilt es anzusetzen und das Engageent zu verstärken. Die Richtung der SPD – hier im Haus amentlich vertreten durch Frank-Walter Steinmeier, eer Steinbrück, Wolfgang Tiefensee und der SPD-Bunestagsfraktion, stimmt. Es gilt, Bremsen mithilfe der beeits vorhandenen Investitionsprogramme des BMVBS nd KfW-Förderdarlehen zu lösen. Diese Instrumente üssen daraufhin untersucht werden, ob und wie sie ausebaut werden können. Teilweise sind diese Programme ehnfach überzeichnet, sodass ein enormer Bedarf nach urzfristigen Umsetzungen besteht. Den Schwerpunkt leen wir von der SPD hierbei ganz klar auf die Kommunen it einer schwierigen Haushaltslage, die bisher von die en Programmen ausgeschlossen sind. Diese Richtung ilt es mit den Ländern abzustimmen. Ohne sie wird es icht gehen. Der von der Linken vorgeschlagene Weg, die Geweresteuerumlage abzuschaffen, führt ins Nirgendwo und st in keiner Weise hilfreich. Faktisch wird dadurch den ommunen „geholfen“, die keiner Hilfe bedürfen, da sie ereits genug haben. Es ist kein Weg für Kommunen mit chwieriger wirtschaftlicher Situation, da ihnen noch weiger Geld zur Verfügung steht. Darüber hinaus ist es der falsche Weg, weil mit der orderung nach Abschaffung der Gewerbesteuerumlage uch die Gewerbesteuer selbst zur Disposition gestellt ird. Dies kann definitiv nicht im Interesse der Kommuen sein und ist es auch nicht. Die Gewerbesteuerumlage st unerlässlich, damit das Interesse des Bundes und der änder an der Existenz der Gewerbesteuer Bestand hat. Um es auf den einfachen Nenner zu bringen: Der Anrag der Linken ist – wieder einmal – zu kurz gedacht und icht hilfreich bei der Lösung der vor uns liegenden Proleme. Wer den Titel des Antrags der Linken unbedarft liest, enkt zunächst an eine für diese Fraktion untypische orderung nach Steuersenkungen für Unternehmen. Das tellt sich bei genauerem Hinschauen als klassische Moelpackung heraus. Sie wollen die Gewerbesteuer nicht bschaffen oder schrittweise absenken. Sie wollen bloß as Aufkommen umlenken, das dem Bund und den Län21286 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 Antje Tillmann gebene Reden dern augenblicklich zusteht, und es den Kommunen zukommen lassen. Sie schlagen also nur eine Form von Umverteilung vor, aber keine Steuersenkung. Das ist eine Enttäuschung, denn die Unternehmen könnten eine steuerliche Entlastung gut gebrauchen, um sich im Wettbewerb zu behaupten, Arbeitsplätze zu schaffen, zu erhalten und zu investieren. Die Enttäuschung verstärkt sich, wenn man sich dem Antrag intensiver widmet und den Versuch unternimmt, die dort getroffenen Feststellungen und Begründungen für ihren Vorschlag zu beurteilen. Ich habe selten einen so wenig abgewogenen und unausgegorenen Antrag zu einer finanzpolitischen Fragestellung gelesen. Im Einzelnen will ich deshalb nur auf wenige Aspekte eingehen, die letztlich mehr Fragen aufwerfen, als der Antrag Antworten gibt. Erstens. Wenn die Antragsteller zu Recht feststellen, dass die Gewerbesteuereinnahmen stark konjunkturabhängig sind und die sich abzeichnende Rezession deutliche Mindereinnahmen erwarten lässt, warum sollen dann die Kommunen so stark auf diese unsichere und schwankende Einnahme fixiert werden? Die Kommunen brauchen doch ein verlässliches und planbares Instrumentarium für eine solide Finanzausstattung. Zweitens. Es ist von Ihnen völlig zutreffend festgestellt worden, dass die Gewerbesteuer durch die Umlage im Laufe ihrer Entwicklung zu einem schwer durchschaubaren Geflecht geworden ist und Züge einer Gemeinschaftsteuer trägt. Dann ist aber doch die vorgetragene Absicht völlig verfehlt, diese Steuer isoliert zulasten der anderen Gebietskörperschaften, nämlich des Bundes und der Länder, ohne Überlegungen zur Kompensation der Ausfälle bei Bund und Ländern auf die Kommunen als einen Empfänger zu konzentrieren. Die notwendige fachliche und finanzielle Einbettung einer solchen Forderung fehlt leider völlig. Mindestens die Eckpunkte der von ihnen angesprochenen Gemeindefinanzreform hätten hier mit auf den Tisch gehört. Ohne diese ist eine seriöse Beratung des Antrags aus meiner Sicht nicht möglich. Zum Dritten ist für mich nur schwer nachvollziehbar, warum die Fraktion der Linken einen Antrag mit einer solchen Thematik hier im Deutschen Bundestag stellt, während ihr Vertreter in der Föderalismuskommission II dort bislang nicht durch entsprechende Initiativen oder Aktivitäten aufgefallen ist. Der Kollege Ramelow erscheint ja auch gar nicht namentlich als Antragsteller im Rubrum. Das alles verstärkt den Eindruck, dass der Vorschlag wenig überlegt und abgestimmt ist. Die FDP setzt sich bereits seit Jahren für eine umfassende Gemeindefinanzreform ein, die wir in unser Steuerkonzept „Niedrig, einfach und sozial“ integriert haben. Das alles haben wir dem Deutschen Bundestag bereits als ausformulierten Gesetzentwurf vorgelegt. Lassen Sie mich die Gelegenheit nutzen, an dieser Stelle erneut für unsere Vorschläge zu werben. Die FDP will erreichen, dass die Gemeindefinanzen auf eine zuverlässige Basis gestellt werden. Dieses Ziel ist mit dem Instrument der Gewerbesteuer kaum zu erreichen. Diese Steuer ist – das stellen Sie selbst fest – extrem k w t n d S n f l t 1 r d m H s s n f b s U S m s a w h t e u w 1 E l g w K t o u u E e v d q e l z s d l Zu Protokoll ge (C (D onjunkturabhängig. Sie ist zudem kompliziert und veraltungsaufwendig zu erheben und bedeutet für die Un ernehmen gegenüber der ausländischen Konkurrenz eien deutlichen Kostenund Wettbewerbsnachteil. Es ist eshalb nur folgerichtig, die Gewerbesteuer zu ersetzen. ie ist ein alter Zopf, der nicht mehr in ein neues, moderes und in sich schlüssiges Steuerkonzept zur Gemeindeinanzierung passt. Nach unserem Vorschlag soll eine soide und zukunftsfähige Gemeindefinanzierung auf zwei ragfähigen Säulen stehen: Die Kommunen erhalten mit 2 Prozent statt bisher 2,2 Prozent einen deutlich höheen Anteil an der Umsatzsteuer. Die Kommunen erhalten as Recht, einen gleich hohen Zuschlag auf die Einkomenund Körperschaftsteuer zu erheben, wobei sie den ebesatz selbst festlegen dürfen. Das alles kann natürlich nur im Rahmen einer umfasenden Steuerreform funktionieren. Niedrige Tarife, eine tarke Vereinfachung und Abschaffung der meisten Ausahmen und Sondertatbestände sind eng mit einer Reorm der Gemeindefinanzierung verbunden. Wir erleben eine internationale Finanzkrise bisher un ekannten Ausmaßes. Sie wird sich negativ auf die Wirtchaft, die Arbeitsplätze und die Kaufkraft auswirken. nd dies wird auch die kommunalen Haushalte treffen. o sind deutliche Rückgänge des Gewerbesteueraufkomens und beim kommunalen Anteil an der Einkommen teuer zu erwarten. Aber auch ein Ansteigen der Sozialusgaben. In der Folge werden die Kommunen deutlich eniger investieren können. Bund und Länder sind desalb dringend gefordert, die Städte und Gemeinden zu unerstützen, etwa durch die Abschaffung der Gewerbesteurumlage. Denn mit dieser Umlage beschneiden Bund nd Länder die Einnahmen der Kommunen aus der Geerbesteuer erheblich, um etwa 20 Prozent. In Zahlen: ,6 Milliarden Euro fließen an den Bund, 5,4 Milliarden uro an die Länder. In der Summe macht das satte 7 Mil iarden Euro weniger in den kommunalen Kassen. Dieses Geld ist in den Kommunen weitaus besser aufehoben. Es kann Impulse für die wirtschaftliche Enticklung und für die Arbeitsplätze vor Ort geben, weil die ommunen mit Abstand die wichtigsten öffentlicher Auf raggeber in unserem Land sind, weil kommunale Standrtbedingungen – wie eine gut ausgebaute Infrastruktur nd ein positives Lebensumfeld für die Mitarbeiterinnen nd Mitarbeiter sowie deren Kinder – unternehmerische ntscheidungen entscheidend beeinflussen. Daher muss s heute darum gehen, unverzüglich die kommunale Inestitionskraft zu stärken. Mit der Abschaffung der Gewerbesteuerumlage würen krasse Fehlentwicklungen bei einer der Hauptsteueruellen der Städte und Gemeinden korrigiert sowie eine rhebliche Stärkung ihrer finanziellen Ausstattung eingeeitet. Zum einen: Nach Art. 28 Abs. Satz 3 des Grundgesetes steht den Gemeinden eine mit Hebesatzrecht wirtchaftskraftbezogene Steuerquelle zu. Eine Beschneidung urch eine abzuführende Umlage steht verfassungsrechtich dazu im Widerspruch. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21287 Dr. Hermann Otto Solms gebene Reden 21288 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 Katrin Kunert Zum anderen: Die Gewerbesteuerumlage sollte ursprünglich zeitlich befristet für 1970 und 1971 gelten. Sie wurde aber nicht nur beibehalten, sondern ihre Legitimation immer fragwürdiger. So dient sie seit 1991 auch zur Beteiligung der westdeutschen Kommunen am Beitrag ihrer Länder an der Finanzierung des Fonds „Deutsche Einheit“ und ab 1995 am Solidarpakt. Zu diesem Zweck wurde auf Wunsch der Länder extra eine „erhöhte Gewerbesteuerumlage“ erfunden. Diese muss weiter gezahlt werden, obgleich ab dem Jahre 2005 die Länder keine Zahlungen mehr an den Fonds leisten müssen. Nichtsdestotrotz sind die Gemeinden – nach aktueller Rechtslage – dazu verpflichtet, über die Gewerbesteuerumlage den nicht mehr existierenden Länderanteil bis 2019 mitzufinanzieren. Ein zweiter Fakt: Mit der Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer ab 1998 wurde die Gewerbesteuerumlage um eine weitere zusätzliche Komponente zugunsten der Länder erhöht Selbst die Kommunen in den neuen Ländern wurden einbezogen, obgleich hier eine Gewerbekapitalsteuer von vornherein nicht erhoben wurde. Die Linke ist der Auffassung, dass der Verzicht auf die Gewerbesteuerumlage ein Schritt hin zu einer dringend erforderlichen Gemeindefinanzreform sein könnte, mit der mittelfristig die kommunalen Steuereinnahmen entscheidend verbessert werden müssen. Die Forderung der Fraktion Die Linke, angesichts der internationalen Finanzund Wirtschaftskrise die Gewerbesteuerumlage abzuschaffen, wirkt auf den ersten Blick charmant. Es scheint so, als würden mit einem Handstreich die Kommunen entlastet und zugleich der Investitionsstau gelöst, den das Deutsche Institut für Urbanistik auf 704 Milliarden bis zum Jahr 2020 beziffert. Doch nicht immer ist der einfache Weg auch der richtige. Denn gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise müssen die Instrumente zielgenau und treffsicher sein. Bündnis 90/Die Grünen sind entschieden dagegen, die knappen und knapper werdenden Steuermittel mit der Gießkanne auszuschütten, sei es mit Konsumgutscheinen oder mit einer spontanen Abschaffung der Gewerbesteuerumlage, die das diffizile Gleichgewicht des Finanzausgleichs zwischen Bund, Ländern und Kommunen aus dem Lot bringen würde. Eine Abschaffung der Gewerbesteuerumlage würde den Kommunen zwar sukzessive mehr Geld in die Stadtsäckel spülen. Allerdings würden gerade die Kommunen, die das Geld am nötigsten haben, davon am wenigsten profitieren. Im Kern ist dieser Vorschlag der Fraktion Die Linken wieder einmal hoch populistisch: Er lässt vollkommen unberücksichtigt, dass trotz des konjunkturellen Aufschwunges in den letzten Jahren die Kluft zwischen armen und reichen Kommunen noch größer geworden ist. So werden gerade die finanzschwachen Kommunen in strukturschwachen Regionen von einer Abschaffung der Gewerbesteuerumlage am wenigsten profitieren, weil sie in diesen Regionen auch am wenigsten Gewerbesteuer einnehmen. Damit die Investitionen auch dort stattfinden, wo es am notwendigsten ist, müssen direkte Investitionshilfen v s c n b p m m t r g e a F u g G l K z s v t a L r a f r n N d w e j n E w d D W D f v s a (C (D on Bund und Ländern für Städte und Gemeinden in beonders strukturschwache Regionen gezielt für die Bereihe Klimaschutz und Bildung aufgelegt werden. Regioen mit besonders maroder Infrastruktur erreicht das isher immer noch erste und viel zu zaghafte Wachstumsaket der Bundesregierung nicht. Arme Städte und Geeinden mit einem Haushaltssicherungskonzept oder gar it einem Nothaushalt sind nicht in der Lage, die Inves itionsförderprogramme abzurufen, die die Bundesregieung mit ihrem viel zu kleinen Wachstumsprogramm aufestockt hat. Sie benötigen direkte Investitionshilfen ohne igenen Finanzierungsanteil. Wir plädieren für deutlich ufgestockte Investitionsprogramme für Schulen, ÖPNV, ernwärmenetze und Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen nd vieles mehr. Auf diesen Gebieten darf die Bundesreierung mitreden, aber nur sehr begrenzt gestalten. Die roße Koalition ist deshalb aufgefordert, den neuen An auf in der Föderalismuskommission II zu nutzen, das ooperationsverbot zwischen Bund und Ländern wieder urückzunehmen. Für finanzschwache Kommunen müsen Investitionszuschüsse nach dem Modell des derzeit iel zu gering bemessenen Investitionspaktes für energeische Sanierung geleistet werden. Der Finanzierungsnteil besonders armer Kommunen muss von Bund und ändern getragen werden. Wenngleich das System der Gewerbesteuer verbesseungswürdig ist, so sollte das Kind nicht mit dem Bade usgeschüttet werden. So ist es Aufgabe der Regierungsraktionen in der Kommission für die Föderalismuseform II, eine Altschuldenhilfe für notleidende Kommuen, die sich selbst nicht mehr aus ihrer finanziellen otlage befreien können, auf den Weg zu bringen. Ein Teil er Mittel des Solidarpaktes sollte hierfür umgelenkt erden. Am Gewerbesteuersystem ist denn auch nicht in rster Linie die Umlage problematisch, sondern die Konunkturabhängigkeit dieser Steuer. Bündnis 90/Die Grüen haben bereits in Zeiten rot-grüner Regierung für den rhalt und die Festigung dieser Steuer durch eine Auseitung der Bemessungsgrundlage gesorgt. Wir fordern, ie Bemessungsgrundlage noch weiter auszudehnen. eshalb muss die Gewerbesteuer zu einer kommunalen irtschaftssteuer ausgebaut werden. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf rucksache 16/11373 an die in der Tagesordnung aufgeührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einerstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung o beschlossen. Jetzt rufe ich die Tagesordnungspunkte 26 a bis 26 d uf: a)


(A) )


(B) )

Detlef Parr (FDP):
Rede ID: ID1619627700

(A) )


(B) )

Monika Knoche (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619627800
Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619627900

(A) )


(B) )

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1619628000
Sibylle Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1619628100

(A) )


(B) )


(A) )


(B) )

Christel Hanewinckel (SPD):
Rede ID: ID1619628200

(A) )


(B) )

Dr. Karl Addicks (FDP):
Rede ID: ID1619628300
Hüseyin-Kenan Aydin (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619628400

(A) )


(B) )

Ute Koczy (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619628500

(A) )


(B) )

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1619628600
Antje Tillmann (CDU):
Rede ID: ID1619628700

(A) )


(B) )

Bernd Scheelen (SPD):
Rede ID: ID1619628800
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1619628900

(A) )


(B) )

Katrin Kunert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619629000

(A) )


(B) )

Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619629100
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1619629200
Bender, Dr. Harald Terpe, Ulrike Höfken, weite-
ren Abgeordneten und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zur Verankerung eines umfas-
senden Schutzes vor Passivrauchen im Ar-
beitsschutzgesetz

– Drucksache 16/10337 –

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21289


(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Tourismus

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Birgitt
Bender, Dr. Harald Terpe, Ulrike Höfken, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Bundesweit einheitlichen Schutz vor Passiv-
rauchen in Gaststätten verankern
– Drucksache 16/10338 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit (f)

Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Tourismus

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulrike
Höfken, Birgitt Bender, Volker Beck (Köln),
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Wirksamen Schutz vor Passivrauchen im öf-
fentlichen Raum umsetzen
– Drucksache 16/2805 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit (f)

Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Tourismus

d) Beratung des Antrags der Abgeordneten

(Heidelberg)

ordneter

Effektiven Schutz vor Passivrauchen zügig ge-
setzlich verankern
– Drucksache 16/2730 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit (f)

Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Tourismus

Die Reden werden zu Protokoll genommen. Es han-
delt sich um die Reden der Kolleginnen und Kollegen
Maria Eichhorn und Gitta Connemann, CDU/CSU,
Dr. Margrit Spielmann, SPD, Detlef Parr, FDP,
Dr. Martina Bunge, Die Linke, und Birgitt Bender,
Bündnis 90/Die Grünen.


Maria Eichhorn (CSU):
Rede ID: ID1619629300

Der Nichtraucherschutz in Deutschland war im inter-

nationalen Vergleich für lange Zeit wenig entwickelt. Seit
2006 hat sich dies grundlegend geändert. Mit dem „Ge-

s
I
d
s
B
D
s
s
g
K

s
d
R
r
S
g
r
D
d
l
e

r
w
s
s
s
M

P
E
d
n
s
a
u
2
a

s
g
g
g
z
A

s
g
b
G
c
L
w
ü
c
h
a
t
d
(C

(D

etz zur Änderung des Vorläufigen Tabakgesetzes“, dem
nkrafttreten des Gesetzes zum Schutz vor den Gefahren
es Passivrauchens auf Bundesebene und der Verab-
chiedung von Gesetzen zum Nichtraucherschutz in allen
undesländern sind wesentliche Änderungen erfolgt.
ies war auch zwingend notwendig. Denn es ist unbe-

tritten, dass Rauchen und Passivrauchen krebserregend
ind. Es ist bewiesen, dass der Zigarettenkonsum das
rößte Risiko für Atemwegs-, Herz-, Kreislauf- und
rebserkrankungen in Deutschland ist.

Zu Recht erwartete daher die große Mehrheit der deut-
chen Bevölkerung vom Gesetzgeber, endlich besser vor
en Gefahren des Passivrauchens geschützt zu werden.
und 70 Prozent der deutschen Bevölkerung sind Nicht-
aucher. Nach Angaben der Deutschen Hauptstelle für
uchtfragen waren vor Inkrafttreten der gesetzlichen Re-
elungen zum Nichtraucherschutz 55 Prozent der Nicht-
aucher unfreiwillig dem Tabakrauch ausgesetzt. Das
eutsche Krebsforschungszentrum ermittelte, dass fast
ie Hälfte der erwerbstätigen Nichtraucher in Deutsch-
and am Arbeitsplatz davon betroffen waren und knapp
in Drittel aller Nichtraucher in der Freizeit.

Freiwillige Selbstverpflichtungen, wie die Vereinba-
ung mit dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband,
urden nicht eingehalten. Daher war es folgerichtig, ge-

etzlich zu handeln. Der Bund kann den Nichtraucher-
chutz jedoch nur in den Bereichen regeln, für die er zu-
tändig ist. Wir haben auf Bundesebene alle gesetzlichen
öglichkeiten geprüft und dann ausgeschöpft.

Das Bundesgesetz zum Schutz vor den Gefahren des
assivrauchens trat am 1. September 2007 in Kraft. Alle
inrichtungen des Bundes sowie der Verfassungsorgane
es Bundes, die Verkehrsmittel des öffentlichen Perso-
enverkehrs und Personenbahnhöfe der öffentlichen Ei-
enbahnen sind seitdem rauchfrei. Das Gesetz beinhaltet
ußerdem die Anhebung der Altersgrenze für den Erwerb
nd Konsum von Zigaretten auf 18 Jahre. Ab 1. Januar
009 dürfen Zigaretten an Automaten erst an Volljährige
bgegeben werden.

Damit ist die Regelungskompetenz des Bundes ausge-
chöpft. Die Zuständigkeit für landeseigene Einrichtun-
en und die Gastronomie liegt bei den Ländern. Die Aus-
estaltung der Länderregelungen ist nicht einheitlich,
leicht vielfach einem Flickenteppich. Dabei hat sich ge-
eigt, dass es Umsetzungsprobleme überall dort gibt, wo
usnahmeregelungen existieren.

Dass Bundesverfassungsgericht hat mit seiner Ent-
cheidung vom 30. Juli 2008 zu den Nichtraucherschutz-
esetzen der Bundesländer Berlin und Baden-Württem-
erg festgestellt, dass ein ausnahmsloses Rauchverbot in
aststätten zum Schutz vor den Gefahren des Passivrau-

hens geeignet und mit der Verfassung vereinbar ist. Viele
änder haben das Urteil jedoch genutzt, um ihre Gesetze
ieder zu lockern. Ziel muss es jedoch sein, die Menschen
berall in Deutschland vor den Gefahren des Passivrau-
hens gleichermaßen zu schützen, möglichst bundesein-
eitlich und ausnahmslos. Wir können die Bundesländer
uffordern, ihre Gesetze dementsprechend auszugestal-
en. Ob und wie sie dies tun, liegt jedoch in ihrem Zustän-
igkeitsbereich.


(A) )



(B) )

Der vorliegende Antrag und der Gesetzentwurf der
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zielen darauf ab, die
gesetzlichen Regelungen zu Rauchverboten in Gaststät-
ten und die bestehenden Regelungen im Arbeitsschutzge-
setz im Sinne eines umfassenden Gesundheitsschutzes für
Arbeitnehmer zu überarbeiten. Die Regelungen im Ar-
beitsschutzgesetz, das heißt in § 5 der Arbeitsstättenver-
ordnung, gewährleisten einen Gesundheitsschutz der Ar-
beitnehmer. Nach der derzeitigen Regelung hat der
Arbeitgeber die erforderlichen Maßnahmen zu treffen,
damit die nicht rauchenden Beschäftigten in Arbeitsstät-
ten wirksam vor den Gesundheitsgefahren durch Tabak-
rauch geschützt sind.

„In Arbeitsstätten mit Publikumsverkehr hat der Ar-
beitgeber Schutzmaßnahmen nach Absatz 1 nur insoweit
zu treffen, als die Natur des Betriebes und die Art der Be-
schäftigung es zulassen.“, heißt es in Abs. 2 des § 5. Die
Streichung dieses Absatzes würde zwar die Arbeitnehmer
schützen, aber nicht die Gäste. Zudem greift diese Rege-
lung auch in inhabergeführten Kneipen nicht. Vertreter
von Justizministerium, Innenministerium und Arbeitsmi-
nisterium haben im Petitionsausschuss des Bundestages
am 15. Januar 2007 übereinstimmend festgestellt, dass
der Bund zwar umfassende Kompetenzen beim Arbeits-
schutz hat. Dies gelte aber nur für die Arbeitnehmer, nicht
für die Gäste; für sie sind nach der Föderalismusreform
die Länder über das Gaststättenrecht zuständig. Ein Gut-
achten des Bundesinnenministeriums ergab zudem, dass
ein Rauchverbot auch nicht auf das Grundgesetz über
Maßnahmen gegen gemeingefährliche Krankheiten ge-
stützt werden kann.

Diese Aussagen waren damals eindeutig. Es ergeben
sich aus unserer Sicht bisher keine neuen Erkenntnisse.
Bundesrechtlich haben wir somit keine Möglichkeit, den
Nichtraucherschutz deutschlandweit zu regeln. Eine
klare Regelung ist nur über das Gaststätten recht mög-
lich. Dies liegt in der Hand der Länder. Hier ist eine ein-
heitliche Regelung wünschenswert.

Der Nichtraucherschutz ist in den letzten zwei Jahren
in Deutschland einen großen Schritt vorangekommen.
Gesetzliche Maßnahmen und eine verstärkte Präven-
tionsarbeit haben dazu beigetragen, dass der Anteil ju-
gendlicher Raucher zwischen 2001 und 2007 von 28 Pro-
zent auf 18 Prozent sank. Dies ist sehr erfreulich, aber
kein Grund, sich zurückzulehnen. Wir brauchen mög-
lichst einheitliche gesetzliche Regelungen zum Schutz vor
dem Passivrauchen in allen Bundesländern. Dafür sind
jedoch die Länder zuständig. Der Bund kann nach Aus-
sage verschiedener Ministerien diese Regelungen nicht
treffen.


Gitta Connemann (CDU):
Rede ID: ID1619629400

„Habemus Papam“ – die Wahl eines neuen Papstes

wird den Gläubigen vom Vatikan nicht nur mit dieser For-
mel, sondern auch mit weißem Rauch verkündet. Um
ebenjenen geht es auch in der heutigen Debatte. Anders
als in Rom wird diese aber nicht zu dem Ende einer Dis-
kussion führen, einer Diskussion, die uns auch im Deut-
schen Bundestag seit vielen Jahren beschäftigt. Es geht
dabei um den Schutz vor den Gefahren des Passivrau-

c
G
S

s
a
g
s
n
p
s
s
D
u
u
v
u

c
b
D
d
i
2
S
c

d
6
H
z
r
b
A
I
t
s

i
v
d
t
h
d
h
p
N
g
h
r
e

t
L
e
d
t
d
t
i
Zu Protokoll ge
(C

(D

hens, und es geht um die Frage, welche Maßnahmen der
esetzgeber auf Bundes- wie auf Länderebene für diesen
chutz ergreifen kann und sollte.

Diese Debatte ist von zum Teil vollkommener Gegen-
ätzlichkeit und hoher Leidenschaft gekennzeichnet, auch
ußerhalb dieses Hauses. Kaum ein Thema hat die Bür-
erinnen und Bürger in diesem Land in den letzten Jahren
o bewegt – nachvollziehbarerweise. Denn das Span-
ungsfeld der betroffenen Interessen ist groß. Da gibt es
ersönliche, betriebliche und volkswirtschaftliche. Maß-
tab bei dieser Interessenabwägung kann und muss aber
tets der Schutz vor einer Gesundheitsgefährdung sein.
enn bei dem Thema des Passivrauchens geht es nicht
m verrauchte Räume oder vergilbte Gardinen, sondern
m eine Gefahr für Leib und Leben, um die Vermeidung
on Leid durch Tod und schwere Erkrankung, aber auch
m horrende Kosten für das Gesundheitssystem.

Es ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass Passivrau-
hen das Risiko für chronische Erkrankungen mit gege-
enenfalls tödlichem Ausgang erhöhen. Die Zahlen des
eutschen Krebsforschungszentrums sprechen eine ein-
eutige Sprache. Pro Jahr sterben circa 3 300 Menschen
n Deutschland an den Folgen des Passivrauchens, etwa
150 an koronaren Herzerkrankungen, 770 infolge eines

chlaganfalls, 260 an Lungenkrebs und 60 infolge einer
hronisch-obstruktiven Lungenerkrankung.

Besonders erschreckend sind die Wirkungen auf Kin-
er. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes gehen
0 Fälle des plötzlichen Kindstodes auf Passivrauchen im
aushalt und auf vorgeburtliche Schadstoffbelastungen

urück, weil die Mütter während der Schwangerschaft
auchten. Kinder, die in ihrer häuslichen Umgebung Ta-
akrauch ausgesetzt sind, werden weitaus häufiger mit
temwegserkrankungen in Krankenhäuser eingewiesen.

hre Quote liegt 40 bis 60 Prozent höher als bei ihren Al-
ersgenossen, die in Nichtraucherhaushalten aufwach-
en. Die Gefahr des Passivrauchens ist damit belegt.

Vor diesem Hintergrund hat der Deutsche Bundestag
m Mai 2007 mit breiter Mehrheit das Gesetz zum Schutz
or den Gefahren des Passivrauchens verabschiedet. Seit
em 1. September 2008 ist das Rauchen in allen Einrich-
ungen des Bundes verboten. Andere Verfassungsorgane
aben sich dieser Regelung angeschlossen. Das Alter für
ie Abgabe von Zigaretten ist von 16 auf 18 Jahren ange-
oben worden. Und die Regelungen im Arbeitsschutz sind
räzisiert worden. § 5 Arbeitsstättenverordnung, die den
ichtraucherschutz am Arbeitsplatz regelt, ist um fol-
ende Regelung erweitert worden: „Soweit erforderlich,
at der Arbeitgeber ein allgemeines oder auf einzelne Be-
eiche der Arbeitsstätten beschränktes Rauchverbot zu
rlassen.“

Genau diese Regelung soll nach dem vorliegenden An-
rag von Bündnis 90/Die Grünen, den wir heute in erster
esung debattieren, ersetzt werden. An ihre Stelle soll
ine neue Norm im Arbeitsschutzgesetz treten, durch die
as Rauchen in umschlossenen Räumen von Arbeitsstät-
en grundsätzlich verboten werden soll. Dieser Antrag ist
ie Neuauflage eines Änderungsantrages, den die Frak-
ion Bündnis 90/Die Grünen im Gesetzgebungsverfahren
m Jahre 2007 beinahe gleichlautend gestellt hat. Dieser
21290 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008

Maria Eichhorn
gebene Reden


(A) )



(B) )

war schon seinerzeit zu Recht abgelehnt worden. Denn
wie es Rauch so an sich hat: Er vernebelt. Und die Frak-
tion Bündnis 90/Die Grünen vernebelt mit einer auf den
ersten Blick überzeugenden Begründung ein zweifelhaf-
tes Verfassungsverständnis und die problematischen Wir-
kungen, die eine Umsetzung ihres Antrages auslösen
würde.

Vermeintliches Ziel der gewünschten Neuregelung ist
es, über das Instrumentarium des Arbeitsschutzgesetzes
unter Umgehung von Länderzuständigkeiten eine bun-
deseinheitliche Regelung zu schaffen, allerdings faktisch
nicht nur für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Er-
neuter Anlass ist die Entscheidung des Bundesverfas-
sungsgerichtes vom 30. Juli 2008. Zwei Betreiber von so-
genannten Einraumgaststätten hatten wegen einer
fehlenden Ausnahmeregelung für Kleingastronomie ge-
klagt. Das Gericht gab den Klagen statt und forderte die
Ländergesetzgeber auf, entweder ein ausnahmsloses
Rauchverbot in Gaststätten zu verhängen oder bei Aus-
nahmen vom Rauchverbot auch die wirtschaftlich beson-
ders stark belastete Kleingastronomie mit zu erfassen.

Aufgepasst! Das Urteil lautete: Entweder – oder.
Beide Wege sind zulässig. Die Länder reagierten in ihren
jeweiligen Nichtraucherschutzgesetzen unterschiedlich.
Die deutsche Nichtraucherschutzlandschaft ähnelt damit
einem Flickenteppich. Was im einen Land erlaubt ist, ist
im anderen verboten. Dieser Zustand ist sicherlich für
jede Bürgerin, für jeden Bürger unbefriedigend. Denn
wer weiß schon, wo Berlin endet und Brandenburg be-
ginnt? Aber genau diese Unterschiedlichkeit ist Ergebnis
der föderalen Struktur und der Verantwortung der Länder
für die Gaststättengesetzgebung. Diese ist den Ländern
mit Zweidrittelmehrheit des Bundestages sowie des Bun-
desrates im Rahmen der Föderalismusreform I übertra-
gen worden. Jetzt diese Entscheidung auf dem Umweg
des Arbeitsschutzgesetzes kassieren zu wollen, zeugt von
einem zweifelhaften verfassungsrechtlichen Verständnis.
Keine Frage, es wäre wünschenswert, aus dem Flicken-
teppich eine Landschaft aus einem Stück zu machen, aber
nur unter Mitwirkung der Länder.

Gegen den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen spre-
chen aber auch inhaltliche Bedenken. Ein grundsätzli-
ches Rauchverbot am Arbeitsplatz hört sich zunächst be-
stechend an. Denn wir wissen ja um die Gefahren des
Passivrauchens. Aber kein Betrieb ähnelt dem anderen.
Denn wir sprechen nicht nur über Gaststätten oder Dis-
kotheken. Lassen Sie uns zum Beispiel über Alten- und
Pflegeheime oder Heime für behinderte Menschen reden.
Solche Heime sind auch Betriebe und damit Arbeitsstätte.
Sie sind aber gleichzeitig Wohnstätte. Hier arbeiten Men-
schen, aber hier haben Menschen auch ihr Zuhause. Der
Privatbereich des einen ist die Arbeitsstätte des anderen.
Die Situation der Bewohner von solchen Einrichtungen
würde sich mit einer Umsetzung des vorliegenden Antra-
ges gravierend ändern. Auch Ältere, Pflegebedürftige
und Behinderte rauchen, und haben das Recht, frei zu ent-
scheiden, ob sie Raucher oder Nichtraucher sein wollen,
solange das Rauchen in diesem Land nicht generell ver-
boten wird. Eine Umsetzung des Rauchverbots auf alle
Arbeitsstätten hätte zur Folge, dass pflegebedürftige

M
d

e
d
l
w

m
P
r
s
N
d
r
d
s
e
t
s
s
V
d
n
t

e
m
l
h
H

W
P
M
r
c
t
G
q

u
v
f
b
p
B
d
n
s
A
d
S
d
G
s
B
d
Zu Protokoll ge
(C

(D

enschen in ihrem Privatbereich nicht mehr rauchen
ürften.

Es stellt sich die Frage nach der Verhältnismäßigkeit
iner solchen Regelung. Diese könnte darüber hinaus an
ie Grenzen des Art. 13 GG stoßen, in dem in die Unver-
etzlichkeit der privaten Wohnungssphäre eingegriffen
ird.

Es muss hier einen Spielraum geben, welche Schutz-
aßnahme im Einzelfall angemessen ist, immer unter der
rämisse, dass der Gesundheitsschutz von Arbeitnehme-
innen und Arbeitnehmern Vorrang hat. Genau das
chreibt die Arbeitsstättenverordnung heute schon vor.
ach § 5 Abs. 1 Satz 1 ist der Arbeitgeber verpflichtet,
ie erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit die nicht
auchenden Beschäftigten in Arbeitsstätten wirksam vor
en Gesundheitsgefahren durch Tabakrauch geschützt
ind. Nach der Ergänzung im letzten Jahr kann dies auch
in Rauchverbot sein. Hinsichtlich der Wahl der konkre-
en Maßnahmen innerhalb des Betriebes lässt die Vor-
chrift aber dem Arbeitgeber und den Betriebs- und Per-
onalräten Regelungsspielraum, der angesichts der
ielgestaltigkeit der betrieblichen Verhältnisse notwen-
ig ist. Deshalb werden wir diesen Antrag von Bünd-
is 90/Die Grünen ebenso wie die weiter vorgelegten An-
räge ablehnen.

Im alten China kündete übrigens der Rauch von Feu-
rn auf der chinesischen Mauer von Gefahr. Meine Da-
en und Herren von den Grünen, Sie sind der Gefahr er-

egen, eine nicht zu Ende gedachte Regelung beantragt zu
aben. Aber um mit einem anderen lateinischen Satz von
ieronymus zu enden: Errare humanum est.


Dr. Margrit Spielmann (SPD):
Rede ID: ID1619629500

Im April 2007 haben wir im Bund ein Gesetz auf den

eg gebracht, das die Menschen vor den Gefahren des
assivrauchens schützen soll. Das war ein wichtiger
eilenstein auf dem Weg zur Prävention. Für den Nicht-

aucherschutz ist eine neue Zeit angebrochen. Passivrau-
hen in Bundesbehörden und öffentlichen Verkehrsmit-
eln gehört mittlerweile der Vergangenheit an. Mit diesem
esetz hat der Bund ein klares Signal für einen konse-
uenten Gesundheitsschutz gesetzt.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen möchte einen
mfassenden Schutz vor Passivrauchen in Gaststätten
erankern. Dies wollen Sie mithilfe eines neuen Paragra-
en im Arbeitsschutzgesetz erreichen, der ein Rauchver-
ot an allen Arbeitsstätten beinhalten soll. Die Rechts-
rüfung der Bundesressorts im Zusammenhang mit den
eratungen zum Bundesnichtraucherschutzgesetz hat je-
och ergeben, dass der Nichtraucherschutz dritter Perso-
en in Arbeitsstätten wegen der eingeschränkten Recht-
etzungskompetenz des Bundes im Arbeitsschutz über die
rbeitsstättenverordnung nicht möglich ist. Insbesondere
ie Verfassungsressorts legten dar, dass der Bund mit der
treichung des § 5 Abs. 2 ArbStättV unzulässigerweise in
ie Regelungskompetenzen der Länder im Bereich des
aststättenrechts eingreifen würde. Diese Rechtsauffas-

ung wurde von den Ländern im Bundesrat geteilt. Der
undesgesetzgeber ist grundsätzlich gehalten, die Län-
erbestimmungen zum Nichtraucherschutz für den Gast-
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21291

Gitta Connemann
gebene Reden


(A) )



(B) )

stättenbereich nicht durch konkurrierendes Bundesrecht
zu unterlaufen und unwirksam werden zu lassen. Die be-
wusst nach Landesrecht geregelten Ausnahmen vom
Rauchverbot sind vom Bundesgesetzgeber zu akzeptie-
ren. Deshalb wird ihr Weg nicht zum gewünschten Erfolg
führen, und wir können nicht zustimmen.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil
vom 30. Juli 2008 zum Nichtraucherschutz in Gaststätten
hervorgehoben, dass der Gesetzgeber, wenn er sich für
ein Konzept mit Ausnahmen vom Rauchverbot in der
Gastronomie entscheidet und kein umfassendes Rauch-
verbot vorsieht, darauf achten muss, dass daraus
resultierende Benachteiligungen – in diesem Fall wirt-
schaftliche Nachteile für die Kleingastronomie – vermie-
den werden. In diesem Zusammenhang wurde das gene-
relle Rauchverbot in Bayern als mit der Verfassung
vereinbar besonders hervorgehoben.

Die Streichung des § 5 Abs. 2 Arbeitsstättenverord-
nung könnte unter Berücksichtigung des Urteils erst dann
in Erwägung gezogen werden, wenn sich die Länder ih-
rerseits auf ein gemeinsames Vorgehen und auf ein ein-
heitliches, umfassendes Rauchverbot im Gaststättenbe-
reich verständigt haben. Die Länder müssen die Gesetze
in Richtung Bundesverfassungsgerichtsurteil überarbei-
ten. Wie das Gericht festgestellt hat, ist ein ausnahmslo-
ses Rauchverbot verfassungskonform, es muss jedoch
überall gleich sein. Das muss der Weg sein.

Nach den Überlegungen des EU-Arbeitskommissars
Vladimir Spidla soll es eine einheitliche europäische Re-
gelung ohne Ausnahme zu einem Rauchverbot am Ar-
beitsplatz geben. Spidla betont, dass wir die Pflicht ha-
ben, sicherzustellen, dass Arbeitsplätze sicher sind. Setzt
sich Spidla durch, müssten die Gesetzgeber eine einheit-
liche europaweite Regelung beschließen. Daran sollten
wir uns orientieren.

Neben einheitlichen gesetzlichen Regelungen habe ich
als Gesundheitspolitikerin immer wieder betont, dass wir
auch Kampagnen brauchen, damit Jugendliche gar nicht
erst mit dem Rauchen anfangen. Für diese Zielgruppe
lässt sich sehr viel Positives feststellen. Die Maßnahmen
der letzten Jahre zeigen Erfolge. Die Ergebnisse einer re-
präsentativen Befragung der Bundeszentrale für gesund-
heitliche Aufklärung (BZgA) aus dem Frühjahr 2007
markieren einen historischen Tiefstand im Rauchverhal-
ten bei Jugendlichen. So ist der Anteil der 12- bis 17-jäh-
rigen Raucher von 28 Prozent im Jahr 2001 über
20 Prozent im Jahr 2005 auf 18 Prozent im Jahr 2007 zu-
rückgegangen. In keiner der seit 1979 regelmäßig durch-
geführten Befragungen der BZgA bei Jugendlichen konn-
ten so niedrige Werte beim Zigarettenkonsum festgestellt
werden.

Lassen Sie mich zum Schluss noch einen wichtigen As-
pekt betonen. Parallel dazu sollten wir natürlich mehr
Konzepte unterstützen, die den Menschen helfen mit dem
Rauchen aufzuhören.


Detlef Parr (FDP):
Rede ID: ID1619629600

Vor nicht einmal einem halben Jahr, am 30. Juli, gab es

durch das Bundesverfassungsgericht ein nachhaltiges

U
N
u
i
s
n

k
s
n
z
s
n
V

l
d
g
h
u
w
l

d
r
p
B
l
t
t
t
v
2
v
f
g
R
v
m

n
s
l
d
z
m
i
g
d
E
A
R
d
R
d

s
l
E
z
Zu Protokoll ge
(C

(D

rteil. Die Bundesländer wurden aufgefordert, ihre
ichtraucherschutzgesetze grundlegend zu überarbeiten
nter Beachtung der Eigenverantwortung der Bürger und
hrer freiheitlichen Rechte. Einige Nichtraucherschutzge-
etze waren zu diesem Zeitpunkt gerade einmal einen Mo-
at in Kraft.

Das Urteil eröffnet den Bundesländern die Möglich-
eit, sich für ein weniger strenges Schutzkonzept zu ent-
cheiden und damit gegen ein striktes Rauchverbot. Aus-
ahmen sind ausdrücklich zugelassen. Die Richter haben
u Recht erkannt, dass ein umfassender Nichtraucher-
chutz auch dann gewährleistet werden kann, wenn Aus-
ahmen möglich sind. Nicht immer bedarf es radikaler
erbote.

Die einzelnen Länder sind jetzt mitten im Entwick-
ungsprozess ihrer Gesetze, der nach Vorgabe des Bun-
esverfassungsgerichtes bis zum 31. Dezember 2009 ab-
eschlossen sein muss. Auch für diese Übergangsphase
aben die Richter klare Vorgaben gemacht. Wir befinden
ns weder in einem rechtlichen Vakuum noch vor der Not-
endigkeit, die Aufgaben der Länder durch den Bund zu

ösen.

Die Grünen versuchen jetzt, diesen Prozess zu torpe-
ieren und an anderer Stelle eine Überregulierung zu er-
eichen. Lassen Sie mich das am Beispiel der Arbeits-
lätze in der Gastronomie ausführen. Die meisten
undesländer haben sich entschieden, Ausnahmerege-

ungen in der Gastronomie zu gestatten. Diese Position
eilt im Übrigen auch die Bevölkerung. In einer repräsen-
ativen Emnid-Umfrage im Auftrag von „Bild am Sonn-
ag“ befürworteten 56 Prozent der Befragten ein Rauch-
erbot mit Ausnahmeregelungen – „Spiegel“, 3. August
008 –, 20 Prozent waren sogar gegen ein totales Rauch-
erbot – „Fokus-Online“, 3. August 2008. Auch der Ver-
assungsrichter Johannes Masing verweist in seiner Be-
ründung zum Urteil darauf, dass ein vollständiges
auchverbot nicht verhältnismäßig ist, sondern eine Be-
ormundung der Bürger darstellt. Gegen diese Bevor-
undung stellt sich auch die FDP.

Seit Oktober 2002 ist in § 5 der Arbeitsstättenverord-
ung, ArbStättV, der Schutz des Arbeitnehmers vor Pas-
ivrauchen geregelt. § 5 ArbStättV statuiert kein generel-
es Rauchverbot in Arbeitsräumen, sondern verpflichtet
en Arbeitgeber, nicht rauchende Beschäftigte zu schüt-
en. Die Arbeitgeber haben somit die Aufgabe, im Rah-
en einer Gefährdungsbeurteilung zu ermitteln, ob und

n welchem Umfang die Beschäftigten in ihrer Gesundheit
efährdet werden oder sein könnten. Darunter fällt auch
er Schutz vor Passivrauchen. Dem Arbeitgeber wird ein
rmessensspielraum zugebilligt, der unternehmerische
spekte wie Kosten, das zahlenmäßige Verhältnis von
auchern und Nichtrauchern im Betrieb sowie Fragen
er Branchenüblichkeit berücksichtigt. Die vorliegenden
egelungen sind umfassend, eine weitere Regulierung
urch den Bund ist hier nicht nötig.

Trotzdem werden immer wieder Rufe nach einer Ver-
chärfung der Arbeitsstättenverordnung durch den Bund
aut, obwohl die geltenden Regelungen bereits heute im
inklang stehen mit dem WHO-Rahmenübereinkommen
ur Eindämmung des Tabakkonsums. Jetzt sowohl das Ar-
21292 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008

Dr. Margrit Spielmann
gebene Reden


(A) )



(B) )

beitsschutzgesetz sowie die Arbeitsstättenverordnung
grundlegend zu ändern, um vor Passivrauchen am Ar-
beitsplatz zu schützen, ist weit über das Ziel hinausge-
schossen.

Richten wir doch den Blick auch einmal auf die euro-
päische Ebene. Nach wie vor verfügt die Europäische
Union mit gutem Grund nicht über eine allumfassende
Gesetzgebungskompetenz und kann kein generelles
Rauchverbot erlassen. Auch die EU-Vertragsbestimmun-
gen in den Bereichen Gesundheits-, Verbraucher- oder
Arbeitnehmerschutz sehen ein solches Verbot nicht vor.
Es ist lediglich möglich, dass die EU flankierende Maß-
nahmen zur Unterstützung, Koordinierung oder in Er-
gänzung der bereits ergriffenen Maßnahmen der Mit-
gliedstaaten zum Gesundheitsschutz durchführt.

Trotzdem gab es in den letzten Monaten Meldungen,
nach denen der Kommissar für Beschäftigung und soziale
Angelegenheiten Vladimir Spidla, Tschechien, einen
Vorstoß zum Rauchverbot gewagt haben soll. In gemein-
samer Sache mit der Kommissarin für Gesundheit
Androulla Vassiliou, Zypern, soll es eine Initiative zur
Einführung eines europaweiten Rauchverbots am Ar-
beitsplatz geben. Der angebliche Vorstoß von Kommissar
Spidla kam nicht wirklich gut an. Ein EU-weites Rauch-
verbot käme einer Aushebelung des Subsidiaritätsprin-
zips gleich und verursachte zu Recht heftige Reaktionen –
nicht zuletzt ein halbes Dementi durch die Kommission.

Konkret liegt zwar noch nichts auf dem Tisch. Die
Kommission kann noch keine Auskunft darüber geben,
wie der Vorschlag, der auf der Rahmenrichtlinie für Ge-
sundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz, 89/391/EWG,
basieren wird, gestaltet sein soll. Frühestens in der
nächsten Legislaturperiode könnte ein Gesetzesvor-
schlag eingereicht werden, also nicht vor Herbst 2009.
Fraglich ist in diesem Falle ohnehin, ob der Kommission
entsprechende rechtliche Mittel überhaupt zur Verfügung
stehen; der Erlass einer Verordnung, die unmittelbar in
nationales Recht umgesetzt werden müsste, ist europa-
rechtlich nicht begründbar. Zudem wäre die Erarbeitung
einer neuen Richtlinie sehr umstritten, da ebenfalls keine
eindeutige rechtliche Grundlage besteht.

Lassen Sie mich noch einmal betonen, dass das Bun-
desverfassungsgericht mit seinem Urteil klar aufgezeigt
hat, dass es Ausnahmen vom strikten Rauchverbot geben
darf. Eine Novellierung der Nichtraucherschutzgesetze
findet gerade in den einzelnen Bundesländern statt. Die
Länder sind im Augenblick dabei, angemessene und
praktikable Lösungen zu erarbeiten. Zum jetzigen Zeit-
punkt eine erneute Regelung durchzudrücken, so lange
noch nicht mal die Vorgaben für die aktuell gültigen Ge-
setze überarbeitet sind, ist weder sinnvoll noch effizient,
gleichgültig, ob es sich um den Bund oder die EU-Kom-
mission handelt. Deshalb plädiere ich dafür, nicht mit
überstürztem Handeln und Forderungen nach weiteren
Verboten Aktionismus zu zeigen. Damit ist keinem wirk-
lich gedient.


Dr. Martina Bunge (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1619629700

Die negativen Wirkungen des Rauchens und des Pas-

sivrauchens sind hinlänglich bekannt. Ich könnte an die-

s
K
R
R
n
R
g

D
b
l
g
p
l

r
b
s
u
D
D
r
1
a
b
g
m
A

t
d
k
w
E
d

B
F
v
l
l
c
w
a
d
l

A
g
J
d
G
z
d
e

b
m
r
Zu Protokoll ge
(C

(D

er Stelle die gesundheitlichen Folgen für ungeborene
inder, für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, für
aucherinnen und Raucher und für diejenigen, die dem
auch ausgesetzt sind, noch einmal aufzählen. Ich tue es
icht, denn die Frage hinsichtlich der Schädlichkeit des
auchens ist längst beantwortet. Diese Diskussion ist ab-
eschlossen.

Tabakrauch ist gesundheitsschädlich, egal in welcher
osierung und in welcher Form, ob aktiv oder passiv und
ei wem. Der einzig wirkliche Schutz vor den gesundheit-
ichen Folgen sind Gesundheitsförderung und Prävention
egenüber aktivem Tabakkonsum und der Schutz vor der
assiven Aufnahme von Tabakrauch. In beiden Feldern
eistet diese Bundesregierung viel zu wenig.

Bei der Tabakprävention schafft es die Bundesregie-
ung leider wie immer, die sozialen Unterschiede auszu-
lenden. Menschen mit weniger materiellen, kulturellen,
ozialen und personellen Ressourcen rauchen häufiger
nd mehr als Menschen mit vielen dieser Ressourcen.
ies muss Beachtung in der Präventionspolitik finden.
iese Bundesregierung schafft es aber sogar, die Minde-

ung beim Tabakkonsum bei Jugendlichen zwischen
2 und 17 Jahren als Erfolg zu bezeichnen, ohne dabei
uch nur zu erwähnen, dass hier vor allem die besser ge-
ildeten Schülerinnen und Schülern an Gymnasien weni-
er rauchen, die eher aus sogenannten gut situierten Fa-
ilien stammen, während an der Hauptschule alles beim
lten bleibt.

Solche Präventionspolitik kann nur als Ober- und Mit-
elschichtspolitik bezeichnet werden, bei der es der Bun-
esregierung auf die restliche Bevölkerung nicht an-
ommt. Bei den Schokoladenzigaretten reicht es auch
ieder einmal nur zu einem Appell an den Einzelhandel.
ine Politik, die Tabakprävention ernst nimmt, sieht an-
ers aus.

Beim Schutz vor Passivrauchen ist die Bilanz dieser
undesregierung nicht besser. Betrachten wir nur den
lickenteppich an einzelnen Länderlösungen beim Schutz
or Passivrauch in Gaststätten. Es war innerhalb der EU
ängst bekannt, dass nur durch Maßnahmen, die einheit-
ich innerhalb von Staaten durchgeführt werden, wirkli-
he Erfolge erzielt werden. Aber diese Bundesregierung
ollte offensichtlich nichts unternehmen und hat ihre Ver-
ntwortung an die Länder abgegeben, mit dem Ergebnis,
ass wir nun 16 unterschiedliche Regelungen in Deutsch-
and zum Passivrauch in Gaststätten haben.

Und die SPD besitzt die Chuzpe, hier und heute einen
ntrag, der im September 2006 verfasst wurde, beizufü-
en, der den Deutschen Bundestag auffordert, noch im
ahre 2006 einen Gesetzentwurf in den Deutschen Bun-
estag einzubringen und alle Bundesbürger, auch in der
astronomie, ausnahmslos vor Passivrauchen zu schüt-

en. Wenn nun der Flickenteppich wieder beklagt wird,
en man selbst zusammengeschustert hat, hat das schon
twas Komisches – wenn es nicht so traurig wäre.

Zwei aktuellere Vorlagen der Grünen sind Anlass der De-
atte. Während man den Antrag auf Drucksache 16/10338
it dem Titel „Bundeseinheitlichen Schutz vor Passiv-

auchen in Gaststätten verankern“ getrost in die Katego-
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21293

Detlef Parr
gebene Reden


(A) )



(B) )

rie „Appell für einen Appell“ einordnen kann, weil der
Arm der Bundesregierung eben nicht bis in die Gaststät-
tenverordnungen der Länder greift, bietet der Gesetzent-
wurf auf Drucksache 16/10337 mit dem Titel „Veranke-
rung eines umfassenden Schutzes vor Passivrauchen im
Arbeitsschutzgesetz“ der Bundesregierung die Möglich-
keit, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen.

Zum einen kann der unerträgliche Zustand von Arbeit-
nehmerinnen und Arbeitnehmern erster und zweiter
Klasse beendet werden. Erster Klasse haben bislang die
Menschen gearbeitet, die der Arbeitgeber nach § 5 der
Arbeitsstättenverordnung wirksam vor den Gesundheits-
gefahren durch Tabakrauch geschützt hat. Zweiter Klasse
haben all diejenigen gearbeitet, bei denen die Arbeitge-
ber von der Ausnahmeregelung Gebrauch gemacht ha-
ben, die im Falle von Publikumsverkehr vorgesehen ist.
Diese Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer finden sich
vorwiegend in der Gastronomie und waren und sind im-
mer noch dem Passivrauch ausgesetzt.

Meine Fraktion hat die Bundesregierung schriftlich
gefragt, ob dies mit dem Gesetz zum Rahmenübereinkom-
men der Weltgesundheitsorganisation vom Mai 2003 in
Übereinstimmung gebracht werden kann. In dem Rah-
menübereinkommen wird in Art. 4 ausdrücklich gefor-
dert, dass alle Menschen vor Passivrauch geschützt wer-
den sollen. Die Bundesregierung hat geantwortet, dass
der § 5 inklusive seiner Ausnahmen für die Gastronomie
im Einklang mit diesem Rahmeneinkommen stünden.

Da frage ich mich doch: Handelt es sich nach Ansicht
der Bundesregierung bei den Arbeitnehmerinnen und Ar-
beitnehmern in der Gastronomie, die Passivrauch ausge-
setzt sind, nicht um Menschen? Sie, liebe Kolleginnen und
Kollegen von der SPD, schreiben in Ihrem Antrag:

Das in den Gastronomiebetrieben angestellte Per-
sonal wird aktuell nicht durch die Arbeitsstätten-
verordnung geschützt und unterliegt somit einem
höheren Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko. Mit-
arbeiterinnen und Mitarbeiter von Restaurants,
Bars und Kneipen haben ein um 50 Prozent erhöh-
tes Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken.

Ihr Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit
und Soziales schreibt aber, wie eben erwähnt, das WHO-
Rahmenübereinkommen zum Schutz aller Menschen
würde eingehalten. Hier weiß offensichtlich die linke Ge-
hirnhälfte nicht, was die rechte denkt.

Die zweite Fliege, die mit dieser Klappe geschlagen
werden könnte, ist die, dass mit der Verabschiedung des
Gesetzentwurfs neben den Arbeitnehmerinnen und Ar-
beitnehmern auch der Schutz der Gäste vor Passivrauch
in der Gastronomie gestärkt würde. Denn sobald Ange-
stellte in einer Gaststätte beschäftigt sind, dürfte in um-
schlossenen Räumen nicht geraucht werden. Ausnahmen
bildeten die Raucherräume, die alleine für die rauchen-
den Beschäftigten eingerichtet sind. In den meisten Gast-
stätten wäre das Rauchen damit nicht mehr möglich. Hier
ist allerdings eine eindeutige klare Definition dafür not-
wendig, was „umschlossen“ bedeuten soll. Damit steht
und fällt der Schutz vor Passivrauch in Bierzelten.

g
g
z
g
R
k
H
v
s
v
i

k
a
d
r
d


i
f
t
B
d
J
B
a

p
k
f
B
d
b
h
r
ü
n
B
r
E
B
e
R

v
R
B
G
u
w
u
O
w
a

i
Zu Protokoll ge
(C

(D

Durch diese Regelung wurde zudem die Chancen-
leichheit zwischen den sogenannten Eckkneipen und den
rößeren Gaststätten verbessert und die Streu vom Wei-
en bei den sogenannten Einraumkneipen getrennt. In
rößeren Gaststätten wäre wegen der Angestellten das
auchen nicht mehr möglich. Nur in solchen Einraum-
neipen ohne Personal könnte noch geraucht werden.
ier wäre zu prüfen, ob die nun mögliche Bevorzugung

on inhabergeführten Einraumgaststätten eine unzuläs-
ige Bevorzugung darstellt. Nach dem Urteil des Bundes-
erfassungsgerichts könnte dann allein ein Rauchverbot
n allen gastronomischen Betrieben die Lösung sein.

Die Bundesregierung stellt sich gerne als zur Untätig-
eit verurteilter Zuschauer dar, der sich über die Politik
uf Länderebene ärgert. Es ist festzustellen, dass durch
ie vorliegenden aktuellen Vorlagen der Bundesregie-
ung Wege aufgezeigt werden, wie sie endlich tätig wer-
en kann. Deshalb unterstützen wir diese.


Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1619629800

Der Schutz vor Passivrauchen in der Öffentlichkeit

hierzu zähle ich auch Gaststätten und Kneipen – hat uns
m Bundestag in dieser Legislaturperiode schon mehr-
ach beschäftigt. Heute haben wir die ungewöhnliche Si-
uation, sowohl die beiden Anträge, die von der grünen
undestagsfraktion sowie einer Gruppe von insbeson-
ere aus der SPD kommenden Abgeordneten vor zwei
ahren zum Beginn der parlamentarischen Debatte in den
undestag eingebracht wurden, als auch unsere beiden
ktuellen grünen Vorstöße zu beraten.

Zwischenzeitlich ist einiges passiert. Manches ist
ositiv, anderes kritisch zu bewerten. In öffentlichen Ver-
ehrsmitteln und öffentlichen Gebäuden können wir von
lächendeckenden Rauchverboten sprechen. Sogar im
undestag haben wir es geschafft, auch wenn wir Grünen
afür immer wieder neue Anträge einbringen mussten,
is sich der Bundestag selbst endlich bewegte. Doch auch
ierauf sollten wir uns nicht ausruhen, denn die einge-
ichteten Raucherräume verfügen zum Beispiel nicht
ber eine vernünftige Entlüftung. Im Stockwerk über mei-
em Büro befindet sich ein Raucherraum. Wenn ich mein
üro verlasse, rieche ich sofort, ob in diesem Raum ge-
ade gequalmt wird oder nicht. Vorgaben zur Be- und
ntlüftung dieser Räume sind notwendig. Hier hat die
undesregierung noch offenstehende Hausaufgaben zu
rledigen und endlich eine entsprechende Verordnung für
aucherräume in öffentlichen Gebäuden zu erlassen.

Doch nun zu den Gaststätten und Kneipen. Wie von uns
orhergesagt, besteht inzwischen ein Flickenteppich von
egelungen in den Bundesländern, und Bürgerinnen und
ürger haben keine Sicherheit, dass ihnen ein rauchfreier
enuss in Lokalen geboten wird. Der Schutz ist durch
mfassende Ausnahmen inkonsequent, und immer wieder
ird berichtet, dass gegen Regelungen verstoßen wird
nd dies ohne Sanktionen bleibt, da es an Kontrollen vor
rt fehlt. Das formal konsequente Rauchverbot in Bayern
urde durch Raucherklubs umgangen und ist inzwischen
uch vom Tisch.

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes ist
n den Bundesländern eine Tendenz zu verzeichnen, mehr
21294 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008

Dr. Martina Bunge
gebene Reden

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 196. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2008 21295


(A) (C)



(B) )


Birgitt Bender

Ausnahmen zu ermöglichen und nicht, wie es das Urteil
eindeutig zulässt, den Schutz vor Passivrauch konsequent
auszubauen. Aus meiner Sicht auffällig ist auch, dass sich
die Länder zwar auf ihre Kompetenzen in Bezug auf das
Gaststättenrecht berufen, aber die entsprechenden Rege-
lungen kaum dort verankert haben.

Wir Bündnisgrünen setzen auf ein zweigleisiges Vorge-
hen: auf eine politische Seelenmassage der Länder durch
den Bundestag, auf dass die Bundesländer doch noch zur
Vernunft kommen, sowie auf einen erneuten Vorstoß beim
Arbeitsschutz. Wir haben dazugelernt. Anfangs setzten
wir noch auf die Arbeitsstättenverordnung. Zahlreiche
Diskussionen und auch die Auswertung der Anhörung ha-
ben uns dazu bewogen, eine Regelung im Arbeitsschutz-
gesetz anzustreben. Das sagen wir nicht nur, sondern
meinen es auch so – ganz im Gegensatz zu den SPD-Kol-
leginnen und -Kollegen, die 2006 einen Gruppenantrag
initiiert und unterstützt haben, dessen erste von zwei For-
derungen lautet: „Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
in Zukunft an allen Arbeitsplätzen“ – also auch im Be-
reich der Gastronomie – „ausnahmslos vor Passivrau-
chen“ zu schützten. Sie hatten bereits einmal die Chance,
einem solchen Vorschlag zuzustimmen; unser grüner Än-
derungsantrag zum Entwurf eines Gesetzes zum Schutz
vor den Gefahren des Passivrauchens wurde jedoch von
SPD, CDU/CSU und FDP abgelehnt. Ich befürchte, die-
ses Trauerspiel wiederholt sich nun. Teile der SPD reißen
den Mund auf, fordern viel, aber bei der konkreten Um-
setzung kneifen sie vermutlich wieder und unterwerfen

gen auf der EU-Ebene, wohl wissend, dass diese, wenn
überhaupt, erst in Jahren zu erwarten sind.

Politik muss mit Taten und nicht nur mit Worten auf-
warten. Der Bundestag hat erneut die Chance, ein bun-
desweites Zeichen zu setzen und zur Tat zu schreiten. Alle
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können vor den
Gefahren des Passivrauchens geschützt werden. Den un-
säglichen Ausnahmen für Arbeitsplätze mit Publikums-
verkehr, die gesundheitspolitisch nicht zu begründen
sind, muss ein Ende bereitet werden. Und wir alle könnten
den positiven Nebeneffekt genießen, dass damit viele
– nicht alle – der in der Diskussion befindlichen Ausnah-
men oder Umgehungen bei den Rauchverboten in Gast-
stätten und Kneipen ein Riegel vorgeschoben würde.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1619629900

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf

den Drucksachen 16/10337, 16/10338, 16/2805 und
16/2730 an die in der Tagesordnung aufgeführten Aus-
schüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? –
Das ist der Fall. Dann sind die Überweisungen so be-
schlossen.

Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
ordnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf morgen, Freitag, den 19. Dezember 2008,
9 Uhr, ein.
sich der Koalitionsräson und rufen stattdessen – ich
schaue Sie an, Frau Kollegin Reimann – nach Regelun-
(D

Die Sitzung ist geschlossen.