Protokoll:
16169

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 16

  • date_rangeSitzungsnummer: 169

  • date_rangeDatum: 19. Juni 2008

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  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 20:09 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 16/169 Absetzung der Tagesordnungspunkte 32 und linge und Integration: Siebter Bericht 36 b . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absturz eines Hubschraubers der EUFOR in der Nähe der Stadt Banja Luka . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 3: Abgabe einer Regierungserklärung durch die Bundeskanzlerin: zum Europäischen Rat in Brüssel am 19./20. Juni 2008 Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin . . . . . . . Dr. Guido Westerwelle (FDP) . . . . . . . . . . . . Dr. Angelica Schwall-Düren (SPD) . . . . . . . . Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Michael Stübgen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . über die Lage der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland (Drucksache 16/7600) . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des In- nenausschusses zu dem Antrag der Abge- ordneten Sevim Dağdelen, Ulla Jelpke, Jan Korte und der Fraktion DIE LINKE: Für die zügige Vorlage eines qualifizier- ten Berichts über die Lage der Auslän- derinnen und Ausländer in Deutschland (Drucksachen 16/5788, 16/7246) . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 1: 17823 A 17923 C 17823 B 17826 B 17828 B 17830 A 17832 A 17845 A 17845 A Deutscher B Stenografisch 169. Sitz Berlin, Donnerstag, d I n h a l Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeord- neten Hans-Werner Kammer . . . . . . . . . . . . Wahl der Abgeordneten Ingo Wellenreuther, Dr. Max Stadler, Ulla Jelpke, Volker Beck (Köln) und Herrn Dietmar Nietan als ordent- liche Mitglieder in das Kuratorium der Stif- tung „Erinnerung, Verantwortung, Zu- kunft“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wahl der Abgeordneten Stephan Mayer (Alt- ötting), Dr. Dieter Wiefelspütz, Hellmut Königshaus, Petra Pau und Jerzy Montag als stellvertretende Mitglieder in das Kurato- rium der Stiftung „Erinnerung, Verant- wortung, Zukunft“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A M G D R T M E T a 17821 A 17821 B 17821 B 17821 B Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17833 B undestag er Bericht ung en 19. Juni 2008 t : xel Schäfer (Bochum) (SPD) . . . . . . . . . . . arkus Löning (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . unther Krichbaum (CDU/CSU) . . . . . . . . . r. Diether Dehm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . ainder Steenblock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . homas Silberhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . ichael Roth (Heringen) (SPD) . . . . . . . . . . ckart von Klaeden (CDU/CSU) . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 4: ) Unterrichtung durch die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flücht- 17834 D 17836 B 17837 A 17838 C 17839 C 17840 B 17842 A 17843 D Antrag der Abgeordneten Sibylle Laurischk, Dr. Max Stadler, Gisela Piltz, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der FDP: Integra- II Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 tionskurse qualitativ verbessern und ent- bürokratisieren (Drucksache 16/9593) . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Abgeordneten Josef Philip Winkler, Volker Beck (Köln), Monika Lazar, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das Parlament bei der Aus- gestaltung des Einbürgerungstests beteili- gen (Drucksache 16/9602) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . . . Rüdiger Veit (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sibylle Laurischk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Rüdiger Veit (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hartmut Koschyk (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sibylle Laurischk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Michael Bürsch (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . Reinhard Grindel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Sibylle Laurischk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Lale Akgün (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 35: a) Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Rainer Stinner, Birgit Homburger, Elke Hoff, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bun- desbesoldungsgesetzes (Drucksache 16/9317) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Stabilisierungs- und Assoziie- rungsabkommen zwischen den Europäi- schen Gemeinschaften und ihren Mit- gliedstaaten einerseits und der Republik Albanien andererseits (Drucksache 16/9395) . . . . . . . . . . . . . . . . c d e f g h Z a b 17845 B 17845 B 17845 C 17847 D 17848 D 17850 A 17851 C 17853 A 17854 A 17856 A 17856 D 17858 A 17859 A 17859 D 17861 A 17862 A 17863 B 17865 B 17865 B ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung von Vorschriften über das Deutsche Rote Kreuz (Drucksache 16/9396) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung des Bundeskinder- geldgesetzes (Drucksache 16/9615) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 12. Novem- ber 2007 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Demokratischen Volksrepublik Algerien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhin- derung der Steuervermeidung und Steu- erhinterziehung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Ver- mögen (Drucksache 16/9561) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Patrick Döring, Jörg Rohde, Horst Friedrich (Bayreuth), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Änderung des § 34 a der Stra- ßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung – Mo- bilität von Rollstuhlfahrern verbessern, Sicherheit nicht vernachlässigen (Drucksache 16/8545) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Horst Friedrich (Bayreuth), Jan Mücke, Patrick Döring, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Keine Sperrung der Inntal- Autobahn für Lkw-Transitverkehre (Drucksache 16/9095) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Josef Philip Winkler, Volker Beck (Köln), Monika Lazar, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Schutz für Flüchtlinge aus Myanmar (Drucksache 16/9444) . . . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 3: ) Antrag der Abgeordneten Horst Meierhofer, Michael Kauch, Angelika Brunkhorst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Barrieren für die Einführung der CCS-Technologie überwinden – Vo- raussetzungen für einen praktikablen und zukunftsweisenden Rechtsrahmen schaffen (Drucksache 16/9454) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Horst Friedrich (Bayreuth), Patrick Döring, Hans-Michael Goldmann, weiterer Abgeordneter und der 17865 C 17865 C 17865 C 17865 D 17865 D 17865 D 17866 A Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 III Fraktion der FDP: Masterplan Güterver- kehr und Logistik grundlegend überar- beiten (Drucksache 16/9460) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Brigitte Pothmer, Markus Kurth, Katrin Göring-Eckardt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Rechte von Arbeitssuchenden stärken – Kom- petentes Fallmanagement sicherstellen (Drucksache 16/9599) . . . . . . . . . . . . . . . . d) Antrag der Abgeordneten Ulrike Höfken, Cornelia Behm, Nicole Maisch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Rahmenbedin- gungen für Milchmarkt verbessern – Faire Erzeugerpreise für Milch unter- stützen (Drucksache 16/9601) . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 36: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der grenz- überschreitenden Forderungsdurchset- zung und Zustellung (Drucksachen 16/8839, 16/9639) . . . . . . . c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadt- entwicklung zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Mitteilung der Kommission Erster Bericht über die Anwendung der Rechtsvorschriften zum einheitlichen Luftraum: Ergebnisse und künftiges Vorgehen KOM (2007) 845 endg.; Ratsdok. 5078/08 (Drucksachen 16/8135 Nr. 2.17, 16/9322) d) – i) Beschlussempfehlungen des Petitionsaus- schusses: Sammelübersichten 425, 426, 427, 428, 429 und 430 zu Petitionen (Drucksachen 16/9434, 16/9435, 16/9436, 16/9437, 16/9438, 16/9439) . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 4: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Güterkraftverkehrsgesetzes und an- derer Gesetze (Drucksachen 16/9236, 16/9600) . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Kultur und Medien zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Mitteilung der Kommission an den Rat, T a b B M M C D H D H T U T d k u ( D G R H K D K 17866 A 17866 B 17866 B 17866 C 17866 D 17867 A 17867 C das Europäische Parlament, den Euro- päischen Wirtschafts- und Sozialaus- schuss und den Ausschuss der Regionen über kreative Online-Inhalte im Bin- nenmarkt Ratsdok.-Nr. 8793/08 (Drucksachen 16/9538 A.10, 16/9632) . . agesordnungspunkt 5: ) Antrag der Abgeordneten Renate Künast, Fritz Kuhn, Birgitt Bender, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Leben am Lebensende – Bessere Rahmenbedingungen für Schwer- kranke und Sterbende schaffen (Drucksache 16/9442) . . . . . . . . . . . . . . . ) Zwischenbericht der Enquete-Kommission Ethik und Recht der modernen Medizin: Verbesserung der Versorgung Schwerst- kranker und Sterbender in Deutschland durch Palliativmedizin und Hospiz- arbeit (Drucksache 15/5858) . . . . . . . . . . . . . . . irgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aria Eichhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . ichael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . hristian Kleiminger (SPD) . . . . . . . . . . . . . . r. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . ubert Hüppe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . r. Wolfgang Wodarg (SPD) . . . . . . . . . . . . . ermann-Josef Scharf (CDU/CSU) . . . . . . . . agesordnungspunkt 6: nterrichtung durch die Bundesregierung: ätigkeitsbericht 2005 bis 2007 der Bun- esnetzagentur für Elektrizität, Gas, Tele- ommunikation, Post und Eisenbahnen nd Stellungnahme der Bundesregierung Drucksache 16/9000) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agmar Wöhrl, Parl. Staatssekretärin BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . udrun Kopp (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . olf Hempelmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . ans-Kurt Hill (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . erstin Andreae (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . laus Barthel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17867 D 17868 A 17868 B 17868 B 17869 D 17870 D 17872 C 17874 A 17875 A 17876 B 17877 D 17878 C 17878 D 17880 A 17881 B 17882 C 17883 B 17884 B 17885 B 17886 C IV Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 Tagesordnungspunkt 7: Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: EU-Über- setzungsstrategie überarbeiten – Nationa- len Parlamenten die umfassende Mitwir- kung in EU-Angelegenheiten ermöglichen (Drucksache 16/9596) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Roth (Heringen) (SPD) . . . . . . . . . . . Michael Link (Heilbronn) (FDP) . . . . . . . . . . Hans Peter Thul (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Dr. Diether Dehm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dorothee Bär (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Hagemann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 8: Antrag der Abgeordneten Gisela Piltz, Hans- Michael Goldmann, Sabine Leutheusser- Schnarrenberger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Datenschutz im nicht öffentlichen Bereich verbessern (Drucksache 16/9452) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gisela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beatrix Philipp (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Petra Pau (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg Tauss (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 9: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisationsstruk- turen in der gesetzlichen Krankenversiche- rung (GKV-OrgWG) (Drucksache 16/9559) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulla Schmidt, Bundesministerin BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Daniel Bahr (Münster) (FDP) . . . . . . . . . . . . . Annette Widmann-Mauz (CDU/CSU) . . . . . . Frank Spieth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Carola Reimann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Max Straubinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . T A U o f r ( W D J P V C T U J ( R E D D H W A P Z A G w B z M t ( I D I 17887 D 17888 A 17889 B 17890 C 17892 A 17893 A 17894 B 17895 A 17896 B 17897 C 17897 C 17899 A 17901 B 17902 B 17905 B 17906 C 17906 C 17907 C 17909 A 17911 B 17912 A 17913 B 17914 C Daniel Bahr (Münster) (FDP) . . . . . . . . . . Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 10: ntrag der Abgeordneten Wolfgang Nešković, lla Jelpke, Sevim Dağdelen, weiterer Abge- rdneter und der Fraktion DIE LINKE: Ein- ührung eines verpflichtenden Lobbyisten- egisters Drucksache 16/8453) . . . . . . . . . . . . . . . . . . olfgang Nešković (DIE LINKE) . . . . . . . . r. Ole Schröder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . örg van Essen (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . eter Friedrich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . olker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . hristian Lange (Backnang) (SPD) . . . . . . . . agesordnungspunkt 11: nterrichtung durch den Wehrbeauftragten: ahresbericht 2007 (49. Bericht) Drucksache 16/8200) . . . . . . . . . . . . . . . . . . einhold Robbe, Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages . . . . . . . . . . . . . . . lke Hoff (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Franz Josef Jung, Bundesminister BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Hakki Keskin (DIE LINKE) . . . . . . . . . . edi Wegener (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . infried Nachtwei (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nita Schäfer (Saalstadt) (CDU/CSU) . . . . . etra Heß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 5: ntrag der Abgeordneten Irmingard Schewe- erigk, Volker Beck (Köln), Britta Haßelmann, eiterer Abgeordneter und der Fraktion ÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Durchset- ung der Entgeltgleichheit von Frauen und ännern – Gleicher Lohn für gleichwer- ige Arbeit Drucksache 16/8784) . . . . . . . . . . . . . . . . . . rmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Eva Möllring (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . na Lenke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17915 A 17915 B 17916 A 17916 B 17917 B 17919 B 17920 B 17921 B 17922 C 17923 C 17923 D 17925 A 17926 B 17927 C 17928 B 17929 B 17930 B 17931 C 17933 A 17933 A 17934 B 17935 C Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 V Renate Gradistanac (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . Ingrid Fischbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 13: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung des Fünften Vermö- gensbildungsgesetzes (Drucksache 16/9560) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Priska Hinz (Her- born), Dr. Gerhard Schick, Kai Gehring, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Bildungs- sparen als ein Baustein zur Förderung lebenslangen Lernens (Drucksache 16/9349) . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 14: Antrag der Abgeordneten Horst Friedrich (Bayreuth), Patrick Döring, Joachim Günther (Plauen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Keine Erhöhung der Lkw-Maut ohne vorherige Harmonisie- rung der Wettbewerbsbedingungen (Drucksache 16/9344) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 15: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung der Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinan- zierung (Geldwäschebekämpfungsergän- zungsgesetz – GwBekErgG) (Drucksachen 16/9038, 16/9080, 16/9631) . . Tagesordnungspunkt 16: Antrag der Abgeordneten Wolfgang Gehrcke, Monika Knoche, Hüseyin-Kenan Aydin, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Den Prozess von Annapolis durch eigenständige Initiativen unterstützen (Drucksache 16/9483) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 17: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe – zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/ CSU und der SPD: Das Recht auf Mei- nungs- und Pressefreiheit weltweit durchsetzen und der Internetzensur entgegentreten – ( T A P A N n w d r ( T a b T A D A z n ( D R P 17936 D 17938 D 17939 C 17941 B 17941 B 17941 C 17941 D 17942 B zu dem Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Marieluise Beck (Bremen), Grietje Bettin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Pressefreiheit als Fundament für die Demokratie Drucksachen 16/8871, 16/3613, 16/9587) . . agesordnungspunkt 12: ntrag der Abgeordneten Nicole Maisch, eter Hettlich, Rainder Steenblock, weiterer bgeordneter und der Fraktion BÜND- IS 90/DIE GRÜNEN: Erarbeitung einer ationalen Strategie für den Erhalt der Ge- ässerbiodiversität und zur Flankierung er Umsetzung der EG-Wasserrahmen- ichtlinie in den Bundesländern Drucksache 16/9359) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 19: ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für wirtschaftliche Zusam- menarbeit und Entwicklung zu dem An- trag der Abgeordneten Jürgen Klimke, Dr. Christian Ruck, Maria Eichhorn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/ CSU sowie der Abgeordneten Dr. Sascha Raabe, Gregor Amann, Sabine Bätzing, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Nationale und internationale Maßnahmen für einen verbesserten Kampf gegen Drogenhandel und -an- bau in Entwicklungsländern (Drucksachen 16/8776, 16/9539) . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Monika Knoche, Hüseyin-Kenan Aydin, Dr. Diether Dehm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Afghanistan eine Chance für legalen lizenzierten Mohnanbau ge- ben – Drogenmafia wirksam bekämp- fen (Drucksachen 16/7525, 16/9153) . . . . . . . agesordnungspunkt 20: ntrag der Abgeordneten Paul K. Friedhoff, r. Karl Addicks, Rainer Brüderle, weiterer bgeordneter und der Fraktion der FDP: So- ialverträgliche Beendigung des subventio- ierten Steinkohlebergbaus beschleunigen Drucksache 16/8772) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . olf Hempelmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . aul K. Friedhoff (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . 17942 C 17942 D 17943 A 17943 B 17943 C 17943 D 17944 C 17945 B VI Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 Ulla Lötzer (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 21: Zweite und dritte Beratung des vom Bundes- rat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Masseur- und Physiothe- rapeutengesetzes und anderer Gesetze zur Regelung von Gesundheitsfachberufen (Drucksachen 16/1031, 16/9577) . . . . . . . . . . Maria Michalk (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Margrit Spielmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . Dr. Konrad Schily (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Frank Spieth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rolf Schwanitz, Parl. Staatssekretär BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 22: Antrag der Abgeordneten Werner Dreibus, Dr. Barbara Höll, Ulla Lötzer, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion DIE LINKE: Verstöße gegen den Mindestlohn im Baugewerbe wirk- sam bekämpfen (Drucksache 16/9594) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Paul Lehrieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Andreas Steppuhn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Werner Dreibus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 23: Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 31. August 2006 zwischen der Regie- rung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Sozialistischen Republik Vietnam über die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von schwerwiegenden Straf- taten und der Organisierten Kriminalität (Drucksachen 16/9277, 16/9614) . . . . . . . . . . Frank Hofmann (Volkach) (SPD) . . . . . . . . . . Gisela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . W P T B s t K t N f ( G A D K B Z A M A u U o A W u N t R ( T A ( ( F B a r ( K H P D D 17945 D 17946 C 17947 A 17947 B 17948 B 17948 D 17948 D 17949 B 17949 D 17950 A 17950 B 17951 C 17953 A 17954 A 17954 C 17955 A 17955 B 17956 B 17956 D olfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . eter Altmaier, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 18: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- chusses für Arbeit und Soziales zu dem An- rag der Abgeordneten Brigitte Pothmer, atrin Göring-Eckardt, Kerstin Andreae, wei- erer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- IS 90/DIE GRÜNEN: Neue Sicherheit für lexible Arbeitsverhältnisse Drucksachen 16/6436, 16/8191) . . . . . . . . . . itta Connemann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . ngelika Krüger-Leißner (SPD) . . . . . . . . . . irk Niebel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ornelia Möller (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . rigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 6: ntrag der Abgeordneten Dr. Maria Flachsbarth, arie-Luise Dött, Michael Brand, weiterer bgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU nd der Abgeordneten Dr. Hermann Scheer, lrich Kelber, Dirk Becker, weiterer Abge- rdneter und der Fraktion der SPD sowie der bgeordneten Hans-Josef Fell, Bärbel Höhn, infried Hermann, weiterer Abgeordneter nd der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- EN: Gründung einer Internationalen Agen- ur für Erneuerbare Energien (International enewable Energy Agency – IRENA) Drucksache 16/9597) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 25: ntrag der Abgeordneten Horst Friedrich Bayreuth), Patrick Döring, Joachim Günther Plauen), weiterer Abgeordneter und der raktion der FDP: Wettbewerb zwischen ahn und Bus zulassen – Parallelverkehr ls Ablehnungsgrund im Personenbeförde- ungsgesetz abschaffen Drucksache 16/6435) . . . . . . . . . . . . . . . . . . laus Hofbauer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . einz Paula (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . atrick Döring (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . orothée Menzner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . r. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17957 B 17958 A 17958 D 17959 A 17960 C 17961 D 17962 C 17963 B 17964 A 17964 C 17964 C 17965 C 17967 B 17968 A 17968 D Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 VII Zusatztagesordnungspunkt 7: Antrag der Abgeordneten Andreas Jung (Kon- stanz), Marie-Luise Dött, Michael Brand, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU und der Abgeordneten Frank Schwabe, Marco Bülow, Dirk Becker, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der SPD und der Abgeordneten Michael Kauch, Angelika Brunkhorst, Horst Meierhofer, Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP sowie der Abgeordneten Bärbel Höhn, Hans- Josef Fell, Cornelia Behm, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Internationalen Klimaschutz sichern – Integrität und Wirksamkeit der CDM-Projekte weiter verbessern (Drucksache 16/9598) . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 8: Antrag der Abgeordneten Eva Bulling-Schröter, Dr. Gesine Lötzsch, Monika Knoche, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Unterlaufen von Klimaschutzzielen durch CDM-Projekte beenden (Drucksache 16/7752) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 24: Antrag der Abgeordneten Cornelia Behm, Undine Kurth (Quedlinburg), Bärbel Höhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Das Bundeswaldge- setz novellieren und ökologische Mindest- standards für die Waldbewirtschaftung einführen (Drucksache 16/9450) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Hans-Heinrich Jordan (CDU/CSU) . . . . . Dr. Gerhard Botz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 26: Antrag der Abgeordneten Florian Toncar, Harald Leibrecht, Burkhardt Müller-Sönksen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Das Verhalten von Birmas Junta muss Konsequenzen haben (Drucksache 16/9340) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Holger Haibach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Johannes Pflug (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Florian Toncar (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . D K N A L A Z – – ( A U D U P V P A A Z d o w W J J L W A Z d d T f g H 17969 D 17970 A 17970 B 17970 C 17971 C 17972 C 17973 B 17974 B 17975 B 17975 C 17976 C 17976 D r. Norman Paech (DIE LINKE) . . . . . . . . . . erstin Müller (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 1 iste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . nlage 2 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Fünften Vermögensbildungsgesetzes Antrag: Bildungssparen als ein Baustein zur Förderung lebenslangen Lernens Tagesordnungspunkt 13 a und b) lexander Dobrindt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . te Berg (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . lrike Flach (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . atrick Meinhardt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . olker Schneider (Saarbrücken) (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . riska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ndreas Storm, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 3 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Antrags: Keine Erhöhung der Lkw-Maut hne vorherige Harmonisierung der Wettbe- erbsbedingungen (Tagesordnungspunkt 14) ilhelm Josef Sebastian (CDU/CSU) . . . . . . örg Vogelsänger (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . an Mücke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . utz Heilmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . infried Hermann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 4 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung er Bekämpfung der Geldwäsche und der errorismusfinanzierung (Geldwäschebekämp- ungsergänzungsgesetz – GwBekErgG) (Ta- esordnungspunkt 15) elmut Brandt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 17978 A 17978 C 17979 D 17981 A 17981 C 17982 C 17984 B 17986 C 17986 D 17987 C 17988 B 17989 B 17990 D 17992 B 17993 A 17993 D 17994 D 17995 D VIII Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 Frank Hofmann (Volkach) (SPD) . . . . . . . . . . Frank Schäffler (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Den Prozess von Annapolis durch eigenständige Initiativen unterstützen (Tagesordnungspunkt 16) Holger Haibach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Niels Annen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Harald Leibrecht (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Kerstin Müller (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts zu den Anträgen: – Das Recht auf Meinungs- und Pressefrei- heit weltweit durchsetzen und der Inter- netzensur entgegentreten – Pressefreiheit als Fundament für die De- mokratie (Tagesordnungspunkt 17) Holger Haibach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD) . . . . . . . . . Florian Toncar (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Berichts zu dem Antrag: Erarbeitung ei- ner nationalen Strategie für den Erhalt der Ge- wässerbiodiversität und zur Flankierung der Umsetzung der EG-Wasserrahmenrichtlinie in den Bundesländern (Tagesordnungspunkt 12) Ulrich Petzold (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Petra Bierwirth (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Horst Meierhofer (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A Z d d – – J S D H M U A Z d A n ( D D M H H A Z d – – ( A M E B 17997 B 17998 A 17998 D 17999 C 18000 A 18001 B 18002 B 18003 B 18004 B 18005 B 18006 B 18007 A 18007 D 18008 C 18009 B 18010 D 18012 A 18013 A 18013 C nlage 8 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung er Beschlussempfehlung und des Berichts zu en Anträgen: Nationale und internationale Maßnahmen für einen verbesserten Kampf gegen Dro- genhandel und -anbau in Entwicklungs- ländern Afghanistan eine Chance für legalen li- zenzierten Mohnanbau geben – Drogenma- fia wirksam bekämpfen (Tagesordnungs- punkt 19 a und b) ürgen Klimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . abine Bätzing (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . ellmut Königshaus (FDP) . . . . . . . . . . . . . . onika Knoche (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . te Koczy (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 9 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Antrags: Gründung einer Internationalen gentur für Erneuerbare Energien (Internatio- al Renewable Energy Agency – IRENA) Zusatztagesordnungspunkt 6) r. Maria Flachsbarth (CDU/CSU) . . . . . . . r. Hermann Scheer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . ichael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . ans-Kurt Hill (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . ans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 10 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung er Anträge: Internationalen Klimaschutz sichern – In- tegrität und Wirksamkeit der CDM-Projekte weiter verbessern Unterlaufen von Klimaschutzzielen durch CDM-Projekte beenden Zusatztagesordnungspunkte 7 und 8) ndreas Jung (Konstanz) (CDU/CSU) . . . . . ichael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . va Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . ärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18014 A 18016 B 18017 A 18017 D 18019 A 18020 A 18020 D 18021 D 18023 A 18023 D 18024 B 18024 D 18026 A 18026 D 18028 B Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 17821 (A) ) (B) ) 169. Sitz Berlin, Donnerstag, d Beginn: 9.0
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    Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 17981 (A) ) (B) ) * für die Teilnahme an den Sitzungen der Westeuropäischen Union am Einkommen – als Zuschuss für die Teilnahme an Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten A v t m I z d a f t W r A J E P w m W s i g B i t d u s d r r z S z u B f m a Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Andres, Gerd SPD 19.06.2008 Beckmeyer, Uwe SPD 19.06.2008 Dörmann, Martin SPD 19.06.2008 Dött, Marie-Luise CDU/CSU 19.06.2008 Dr. Gerhardt, Wolfgang FDP 19.06.2008 Gerster, Martin SPD 19.06.2008 Golze, Diana DIE LINKE 19.06.2008 Hänsel, Heike DIE LINKE 19.06.2008 Hauer, Nina SPD 19.06.2008 Herrmann, Jürgen CDU/CSU 19.06.2008* Hintze, Peter CDU/CSU 19.06.2008 Hörster, Joachim CDU/CSU 19.06.2008 Korte, Jan DIE LINKE 19.06.2008 Krichbaum, Gunther CDU/CSU 19.06.2008 Künast, Renate BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 19.06.2008 Dr. Küster, Uwe SPD 19.06.2008 Lintner, Eduard CDU/CSU 19.06.2008* Mogg, Ursula SPD 19.06.2008 Naumann, Kersten DIE LINKE 19.06.2008 Schily, Otto SPD 19.06.2008 Schmitt (Berlin), Ingo CDU/CSU 19.06.2008* Seib, Marion CDU/CSU 19.06.2008 Stöckel, Rolf SPD 19.06.2008 Wächter, Gerhard CDU/CSU 19.06.2008 (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht nlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Fünften Vermögensbildungsgesetzes – Antrag: Bildungssparen als ein Baustein zur Förderung lebenslangen Lernens (Tagesordnungspunkt 13 a und b) Alexander Dobrindt (CDU/CSU): Die Bedeutung on Bildung hat bereits Benjamin Franklin mit den Wor- en beschrieben: „Eine Investition in Wissen bringt im- er noch die besten Zinsen“. Diese Wahrheit trifft heute n einer sogenannten Wissensgesellschaft noch stärker u als früher. Dafür gibt es eine ganze Reihe von Grün- en. Drei davon nenne ich. Ein Grund ist: Heutzutage kann keiner mehr davon usgehen, den einmal erlernten Beruf ein Leben lang ortzuführen. Ein anderer Grund, der für die zunehmende Bedeu- ung der Weiterbildung steht, ist der demografische andel. Das Erwerbspersonenpotenzial der über 50-Jäh- igen wird bis zum Jahr 2020 um 50 Prozent steigen. Der nteil der über 50-Jährigen Erwerbspersonen liegt im ahr 2020 bei über 36 Prozent. Mehr als ein Drittel der rwerbstätigen wäre dann über 50. Doch gerade diese ersonen, die Älteren, nehmen in der Arbeitswelt am enigsten an Weiterbildungsmaßnahmen teil. Deswegen üssen wir unser Augenmerk auf diese Gruppe richten. ir müssen gerade für ältere Arbeitnehmer Anreize chaffen, an Weiterbildungen teilzunehmen. Der dritte Grund, sich mit dem Thema Weiterbildung ntensiv auseinanderzusetzen, ist: In Deutschland benöti- en wir gut ausgebildete Menschen – in jedem Alter. Für etriebe wird die Weiterbildung der eigenen Mitarbeiter mmer wichtiger, um Aktivität, Motivation und Leis- ungsbereitschaft der Mitarbeiter zu erhalten und zu för- ern. Wir wollen Innovationsfähigkeit, soziale Teilhabe nd Arbeitsplätze in Deutschland weiterhin sichern. Wir ind bereit, dafür neue Wege zu gehen. Daher haben wir as hier vorliegende Modell der Weiterbildungsfinanzie- ung entwickelt. Die Kernbotschaft darin lautet: Wer be- eit ist, sich an seiner eigenen Weiterbildung finanziell u beteiligen, wird in Zukunft stärker als bisher vom taat gefördert. Im Besonderen besteht das Maßnahmenpaket aus wei Bausteinen: Zum einen aus der Bildungsprämie nd zum anderen aus dem Weiterbildungsdarlehen. Die ildungsprämie – ähnlich der Wohnungsbauprämie – soll ür Menschen mit niedrigeren und mittleren Einkommen it einem Gutscheinmodell umgesetzt werden. Bereits b kommenden Herbst könnte die Prämie – gemessen 17982 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 (A) ) (B) ) Bildungskursen beantragt werden. Mindestens die Hälfte der Gebühr muss selbst bezahlt werden. Die Höhe des Gutscheins für einen Weiterbildungskurs liegt bei bis zu 154 Euro. Unabhängig vom Einkommen könnte die Staatsbank KfW ab 2009 zinsgünstige Darlehen für die Weiterbil- dung – ähnlich einem Studienkredit – anbieten. So wird den Menschen die Möglichkeit gegeben, mit Kreditleis- tungen ihre Weiterbildung zu finanzieren. Gleichzeitig soll das Vermögensbildungsgesetz geöff- net werden. Ohne den Anspruch auf die Arbeitnehmer- sparzulage erlöschen zu lassen, soll das Ansparguthaben vor Ablauf der siebenjährigen Sperrfrist für Kurse und Seminare verwendet werden dürfen. Damit schaffen wir ein System für das gezielte monatliche Ansparen für eine Weiterbildungsmaßnahme. Mit den gerade beschriebenen Bausteinen öffnen wir den Menschen den Zugang zum Weiterbildungssystem. Wir räumen damit einen Teil der bisher noch bestehen- den Barrieren aus dem Weg. Wir schaffen die Grundlage für eine finanzielle Neuausrichtung. Was wir an Barrieren kennen, werden wir politisch heute nicht völlig aus dem Weg räumen können. Auch in den Köpfen der Menschen muss Weiterbildung eine grö- ßere Rolle als bisher spielen. Wir müssen das Thema an die Menschen besser herantragen. Ein wichtiger Aspekt dabei ist zu erkennen: Wir schultern das nicht allein poli- tisch. Wir brauchen die Menschen dazu. Wir brauchen die Unternehmen dazu. Diese müssen wir stärker als bis- her motivieren. Rede ich heute mit Unternehmern, dann bekomme ich zu hören: „Ja, Weiterbildung ist ein wichtiger Punkt. Die Kosten der Weiterbildung sind dabei auch kein Problem. Das können wir schon in irgendeiner Form finanzieren. Auch die Vorteile liegen auf der Hand: Effektivitätsge- winne, motivierte Mitarbeiter, Produktivitätsgewinne. Alles das ist vorhanden. Das Problem, das wir haben, ist der Faktor Zeit.“ Der hohe Teil der Kosten ist einfach mit der Abwe- senheit der Mitarbeiter verbunden. Das Doppelte bis Dreifache der Kosten für Weiterbildungsmaßnahmen ist nicht durch die Maßnahme selbst, sondern durch die Ab- wesenheit am Arbeitsplatz verursacht. Das können wir beim besten Willen nicht politisch lösen, auch wenn das die PDS mit einem Recht auf Weiterbildung vielleicht gern hätte. Weiterbildung ist heute nicht in jedem Fall eine Sozialleistung des Staates. Sie sollte es auch nicht sein. Wir brauchen in hohem Maße die Erkenntnis der Menschen, dass Weiterbildung ihnen bei der Bewälti- gung der derzeitigen und künftigen Lebensanforderun- gen hilft. Wenn sie das erkennen, dann werden sie bereit sein, einen höheren Eigenbeitrag zu leisten. Unsere Aufgabe ist es also, diese Erkenntnis zu för- dern und Anreize zu geben. Ich denke hier zum Beispiel an die Erkenntnis für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen, mit Arbeitszeitkonten etwas anzusparen bzw. diese Möglichkeit einzuräumen und somit einen Ei- g n d g w D d e I l z r s E m W d S b L a i K s W r m e g g h n a s S a M n a „ F r v B 6 d k 5 h (C (D enbeitrag zu leisten. Wir können die Eigeninitiative icht ausblenden. Die Menschen müssen sich selber eutlich einbringen. Die Politik muss die Rahmenbedin- ungen dazu schaffen. Bundestrainer Joachim Löw ürde es so sagen: Wir müssen neue Reizpunkte setzen. arum wollen wir nun die genannten Maßnahmen auf en Weg bringen. Zum Schluss sind zwei Punkte besonders wichtig. Erstens. Wir brauchen eine aktive Weiterbildung als inen entscheidenden Standortvorteil in unserem Land. n einem innovationsstarken Land wie Deutschland ist ebensbegleitendes Lernen ein zentrales Thema. Qualifi- ierte Arbeitnehmer, die sich stetig weiterbilden und ih- en Wissensstand an die neuesten Entwicklungen anpas- en, sichern Arbeitsplätze in Deutschland. Zweitens. Wir motivieren die Menschen dazu, die ntwicklung zum lebensbegleitenden Lernen aufzuneh- en und Eigeninitiative mitzubringen. Mit der Bildungsprämie sind wir auf einem guten eg. Wir unterstützen Eigenverantwortung und rüsten ie Menschen für die Herausforderungen von morgen. Ute Berg (SPD): „Lernen ist wie Rudern gegen den trom. Sobald man aufhört, treibt man zurück“, hat der ritische Komponist Benjamin Britten einmal gesagt. ebenslanges Lernen ist in unserer Wissensgesellschaft lso Voraussetzung für dauerhafte erfolgreiche Teilhabe – m Beruf und in der Gesellschaft insgesamt. Aber das now-how der Menschen ist auch eine wichtige Res- ource für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Globalisierung, technologischer Fortschritt und der andel zur Wissensgesellschaft erhöhen die Anforde- ungen an Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. Sie üssen immer komplexere berufliche Anforderungen rfüllen. Die Notwendigkeit sich darauf einzustellen ist anz offensichtlich. Das Angebot an Arbeitsplätzen für ering Qualifizierte wird weiter sinken. Die demografische Entwicklung verschärft den dro- enden Mangel an gut ausgebildeten Arbeitskräften och. Zwar leben wir – Gott sei Dank – immer länger, ber immer weniger Kinder werden geboren und die Ge- amtbevölkerung schrumpft. Aus Statistikerperspektive: olange Frauen durchschnittlich weniger als 2,1 Kinder uf die Welt bringen, wird jede folgende Generation von üttern kleiner als die vorhergehende. Zurzeit sind es ur 1,45 Kinder pro Frau! Folglich gibt es zukünftig immer weniger junge, gut usgebildete Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die nachrücken“. Laut Gutachten der Expertenkommission orschung und Innovation, die die Bundesregierung be- ät, wird im Jahr 2050 nur noch die Hälfte unserer Be- ölkerung im erwerbsfähigen Alter sein. Ein Drittel der evölkerung ist dann laut Prognose bereits älter als 5 Jahre. Gleichzeitig steigt der Bedarf an gut ausgebil- eten Fachkräften. Laut Prognose des Instituts zur Zu- unft der Arbeit werden zwischen 2010 und 2020 knapp 00 000 Universitätsabsolventen, knapp 700 000 Fach- ochschulabsolventen und rund 255 000 Fachkräfte mit Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 17983 (A) ) (B) ) Meister-, Techniker- oder Fachschulabschluss zusätz- lich gebraucht. Auch wenn unsere Lebensarbeitszeit steigt, droht mit- tel- und langfristig ein Fachkräftemangel, der bereits heute in einigen Teilarbeitsmärkten zu spüren ist, zum Beispiel bei den Ingenieuren oder Berufen mit naturwis- senschaftlichem Hintergrund. Deutschland ist also mehr denn je auf das Wissen und das Können seiner Bürgerin- nen und Bürger angewiesen, um ein attraktiver Standort zu bleiben, um sich im internationalen Wettbewerb be- haupten und Wirtschaftswachstum und Wohlstand auch in Zukunft gewährleisten zu können. Wie beim Fußball, beim Schwimmen oder beim Klavierspielen gilt: Nur diejenigen bleiben am Ball, über Wasser oder im Takt, die regelmäßig trainieren. Und zwar ein Leben lang! Nach unserem – sozialdemokratischen – Verständnis sind Bildung und Qualifizierung Voraussetzung für ge- sellschaftliche Teilhabe und für ein selbstbestimmtes Le- ben. In den zehn Jahren sozialdemokratischer Regie- rungsverantwortung haben wir viel dafür getan, dass die Rahmenbedingungen für Bildung und Qualifizierung in unserem Land verbessert wurden: mit dem 4-Milliarden- Euro-Ganztagsschulprogramm, der Durchsetzung des Rechtsanspruchs auf Kinderbetreuung ab eins vom Jahr 2013 an, mit dem Ausbildungspakt, dem Hochschulpakt, den BAföG-Novellen oder dem Bundesgleichstellungs- gesetz und anderem. Und wir haben nicht vor, uns auf diesen Lorbeeren auszuruhen. Wir machen weiter! Dabei ist klar: Wir müs- sen bei den ganz Kleinen beginnen. Bei ihnen müssen wir Neugier, Lernbereitschaft und Einsatzfreude wecken; denn sie sind Voraussetzung für die Bereitschaft zu le- benslangem Lernen. Wir müssen natürlich sicherstellen, dass sich Weiterbildung dann auch tatsächlich für die Menschen lohnt. Wir dürfen nicht länger zulassen, dass 20 Prozent aller Schülerinnen und Schüler unser Bil- dungssystem mit großen Defiziten verlassen, dass Kinder mit Migrationshintergrund in allen Stufen unseres Schul- systems benachteiligt werden, dass auch 30 Monate nach Schulabschluss 40 Prozent der Hauptschüler keinen Aus- bildungsplatz haben, dass gut qualifizierte ältere Arbeit- nehmer bei uns oft nur schwer einen neuen Arbeitsplatz finden und und dass Mädchen und junge Frauen im Bil- dungssystem, in Schule und in Ausbildung, im Vergleich zu den jungen Männern zwar immer erfolgreicher wer- den, sich dieser Erfolg aber später im Berufsleben nicht entsprechend fortsetzt. Elementar wird es sein, dass für alle Menschen in un- serer Gesellschaft Lernen nicht auf Schule und Erstaus- bildung reduziert bleibt. Oder um es mit Hermann Hesse zu sagen: „Alles Wissen und alles Vermehren unseres Wissens endet nicht mit einem Schlusspunkt, sondern mit einem Fragezeichen.“ Die fundamentale Bedeutung des lebenslangen Lernens steht außer Frage! Trotzdem: In puncto Weiterbildungsbeteiligung spielt Deutschland im internationalen Vergleich lediglich im Mittelfeld. Die Weiterbildungsbeteiligung stagniert, so ein zentraler Be- fund des nationalen Bildungsberichtes 2008. Nur 12 Pro- zent aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beteili- gen sich pro Jahr an Weiterbildungen. In den USA, S d s g m n b H P c H t a S E I b a B l T n p m f d n s l a d q s u v m g m q g m m 3 1 B b t G D S s H h m t n (C (D kandinavien und der Schweiz ist die Teilnahmequote reimal so hoch, so das Gutachten der Expertenkommis- ion Forschung und Innovation. Besonders alarmierend: die niedrige Beteiligung der ering qualifizierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh- er: Wer ein Abitur in der Tasche hat, nimmt laut natio- alem Bildungsbericht 2008 doppelt so häufig an Weiter- ildungen teil wie Menschen mit niedriger Schulbildung, auptschulabschluss oder kein Schulabschluss. Diese roblematik verschärft sich noch, wenn man die berufli- hen Bildungsabschlüsse vergleicht: Junge Menschen mit ochschulabschluss nehmen viermal so häufig an Wei- erbildungen teil wie die ohne Berufsausbildung. Hier wollen wir ansetzen. Wir wollen Weiterbildung ttraktiver für alle machen. Wir wollen den Menschen die teine aus dem Weg räumen, die sie von IT-Kursen, vom nglischunterricht oder vom BWL-Seminar fernhalten. m Koalitionsvertrag haben wir den Ausbau der Weiter- ildung zur vierten Säule unseres Bildungssystems ver- bredet und uns die Entwicklung eines Konzeptes zum ildungssparen vorgenommen. Denn Weiterbildung ist eider auch immer eine Frage des Geldes. Die sogenannte immermann-Kommission hat in ihrem Bericht zur „Fi- anzierung Lebenslangen Lernens“ ein Schwellenwert- roblem erkannt: Unterhalb eines bestimmten Einkom- ens scheint einfach kein Spielraum zu bleiben, um Geld ür Weiterbildung in die Hand zu nehmen. Wer wenig ver- ient, kein Vermögen ansparen kann und vielleicht sogar och Schulden hat, ist nicht zu faul oder zu unmotiviert, ondern schlicht und ergreifend zu arm, um sich lebens- anges Lernen zu leisten. Wir müssen dafür sorgen, dass lle Bürgerinnen und Bürger bei uns Geld für Weiterbil- ung in die Hand nehmen können. Denn wer sich weiter- ualifiziert, sichert den eigenen Arbeitsplatz und verbes- ert Aufstiegs- und Einkommenschancen. Weiterbildung nterstützt damit indirekt auch die Altersvorsorge. Natürlich ist das insbesondere für Geringqualifizierte on existenzieller Bedeutung. Die Bundesregierung hat it dem vorliegenden Entwurf zur Änderung des Vermö- ensbildungsgesetzes und dem Konzept der Bildungsprä- ie neue Instrumente entwickelt, um die Weiterbildungs- uote zu erhöhen. Dabei soll die Weiterbildungsprämie ezielt Menschen mit niedrigen und mittleren Einkom- en unterstützen, deren zu versteuerndes Jahreseinkom- en nicht höher ist als 17 900 Euro, Alleinstehende, bzw. 5 800 Euro, Verheiratete. Die Prämie soll maximal 54 Euro pro Jahr betragen, wobei die Bürgerinnen und ürger mindestens die Hälfte der Kosten für die Weiter- ildung oberhalb einer Bagatellgrenze von 30 Euro selbst ragen müssen. Damit sie das können, dürfen sie auch eld aus ihrem bereits angesparten Vermögen nehmen. abei müssen sie nicht die üblichen Anlagefristen oder perrfristen beachten und behalten trotzdem den An- pruch auf die Arbeitnehmersparzulage. Das Weiterbildungsdarlehen wird unabhängig von der öhe des Einkommens vergeben und steht auch für hö- eren Finanzierungsbedarf von Weiterbildungsmaßnah- en zur Verfügung. Das neue Konzept tangiert nichtbe- riebliche Weiterbildung. Hier werden die Unternehmer icht aus der Verantwortung entlassen, die sie für jetzige 17984 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 (A) ) (B) ) und künftige Mitarbeiter haben. Was hier ausgehandelt wird, hat auch weiterhin Bestand. Wir zwingen die Men- schen nicht per Gesetz zur Weiterbildung, sondern wir geben ihnen finanzielle Anreize, in Eigenregie etwas zu tun. So werden die Gelder auch wirklich dort eingesetzt, wo sie den Menschen für ihren persönlichen Lebenslauf den größten Nutzen bringen. Abschließend: Die Weiterbildungsprämie, die Öff- nung des Vermögensbildungsgesetzes für Weiterbildung und die Möglichkeit, auf Weiterbildungsdarlehen zurück- zugreifen, sind wichtige Schritte in die richtige Richtung. Über die Ausgestaltung werden wir in den kommenden Wochen intensiv debattieren. Ich möchte hier aber ganz klar sagen: Für uns Sozial- demokraten bedeutet die Einführung dieser neuen Instru- mente nicht, dass bestehende staatliche Fördermöglich- keiten für Bildung und Weiterbildung eingeschränkt oder gar überflüssig gemacht werden. Im Gegenteil: Was gut ist, wollen wir noch besser machen, so zum Beispiel das Meister-BAföG. Hier ist unser Bestreben, förderfä- hige Fortbildungen zu erweitern – Altenpflege, Erziehe- rinnen und Erzieher – und Förderlücken zu schließen, zum Beispiel durch Einbeziehung der Prüfungsphase in die Unterhaltsförderung. Mittelfristig wollen wir die neuen Finanzierungsmög- lichkeiten in ein Gesamtkonzept einbetten, das alle Teil- bereiche der Weiterbildung einbezieht. Über den Namen müssen wir noch einmal nachdenken. Der „Arbeitstitel“ Erwachsenenbildungsfördergesetz klingt noch nicht wirklich attraktiv. Aber für die Inhalte – Nachholen von Schulabschlüssen, betriebliche Weiterbildung, Freistel- lungsrechte, berufliche und akademische Aufstiegsfort- bildungen – lohnt es sich zu kämpfen. Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD): Der kürzlich vorgelegte zweite Bundesbildungsbericht „Bildung in Deutschland 2008“ schreibt es uns ins Stammbuch: „Weiterbildungsbeteiligung stagniert. Die im Bildungs- bericht 2006 konstatierte Diskrepanz zwischen einer in- tensiven öffentlichen Rhetorik zum lebenslangen Lernen und der tatsächlichen Beteiligung der Bevölkerung an allgemeiner und beruflicher Weiterbildung hat sich auch im neuen Berichtszeitraum nicht aufgelöst. Insbesondere die schwache Beteiligung gering qualifizierter Bevölke- rungsgruppen wie auch älterer Menschen bedarf der ver- stärkten Aufmerksamkeit. Dabei ist allen Beteiligten klar: Die Weiterbildungsfä- higkeit und -bereitschaft muss für alle Qualifikations- und Bildungsstufen nachhaltig gestärkt werden. Die Notwendigkeit zu lebenslangem Lernen erzwingt dabei eine erhöhte Verantwortung von Unternehmen, Staat wie Individuen. Ohne eine deutliche Erhöhung der Ge- samtaufwendungen für Bildung im Sinne eines lebens- langen Lernens wird das Zukunftsbild einer Bildungsge- sellschaft nicht erreichbar sein. Gleichzeitig wissen wir: Ein konkreter Fortschritt wird nur erreichbar sein durch eine Vielfalt von Einzel- maßnahmen und in einem langen Prozess. Strategien für diesen komplexen Prozess sind vorgezeichnet im Bericht d n s E z v g I l r f h k F s v r c m I d g C m d n v b t l n m S d r d v s i h i d z p a G w l t W A B s r S e (C (D er sogenannten Timmermann-Kommission zur Fi- anzierung lebenslangem Lernens, der speziell für die ozialdemokratische Seite mit der Perspektive eines rwachsenenbildungsförderungsgesetzes eine klare kon- eptionelle Ausrichtung anspricht. Die Komplexität von ielen vernünftigen einzelnen Schritten ist auch vor- ezeichnet in den kürzlich vorgelegten Ergebnissen des nnovationskreises Weiterbildung und in dem Hand- ungskonzept „Aufstieg durch Bildung – Qualifizie- ungsinitiative der Bundesregierung“, welches diese An- ang des Jahres 2008 als Kabinettsbeschluss vorgelegt at. Mit den heutigen Beratungen soll ein solcher ganz onkreter Baustein in dieser komplexen Strategie zur örderung von lebenslangem Lernen in der Bildungsge- ellschaft der Zukunft gesetzt werden. Zugegeben, das orgelegte Konzept von Bildungsprämie, Bildungsspa- en und Bildungskredit hat seine inhaltlichen, rechtli- hen und finanziellen Grenzen. Es stellt einen Kompro- iss dar. Über seine Reichweite sollte niemand llusionen verbreiten. Aber im Ernst und als Frage an die rei Oppositionsfraktionen gerichtet: Ist es denn an ir- endeiner Stelle ausdrücklich falsch, was SPD und DU/CSU hier als Konzept einer Weiterbildungsprämie it einbringen? Geht dieser erste Vorstoß irgendwo in ie falsche Richtung und schädigt Menschen, Institutio- en und das gesamte Anliegen, das wir in Deutschland erfolgen, nämlich Weiterbildung nachhaltig auszu- auen? Verbaut dieses erste Element einer solchen Wei- erbildungsstrategie konkrete weiterführende Zielstel- ungen, die andere Fraktionen haben, und die ich atürlich auch für die sozialdemokratische Seite geltend achen möchte? Wir haben unser Gesamtkonzept als PD hierzu ja erst kürzlich in umfassenden Konzepten urch unseren Bundesparteitag und in der Ausformulie- ung konkreter Maßnahmen durch unser Parteipräsidium eutlich gemacht. Nein, der Fortschritt mag eine Schnecke sein, und das orgelegte Konzept der Bundesregierung ist ganz be- timmt nur ein erster Schritt und ein Anfang. Aber er ist mmerhin ein solcher erster Schritt, und er verdient des- alb uneingeschränkte Unterstützung. Ich will dies an zehn Einzelpunkten begründen, ohne n die Details der vorgestellten Gesetzesinitiative und er dahinterstehenden Verordnungsentwürfe und Umset- ungsüberlegungen zum Konzept der Weiterbildungs- rämie einzugehen: Erstens. Für Weiterbildung wird – wenn auch erst nur uf Zeit und in einem begrenzten Ausmaß – zusätzliches eld mobilisiert. Damit wird die Wende unterstützt, die ir in den Aufwendungen für Weiterbildung in Deutsch- and insgesamt brauchen, denn der Rückgang an Investi- ionen in Weiterbildung, den wir bei der betrieblichen eiterbildung, bei den Ausgaben der Bundesagentur für rbeit und bei den öffentlichen Ausgaben allgemein laut undesbildungsbericht feststellen müssen, muss ge- toppt und umgekehrt werden. Die Initiative der Bundes- egierung ist hierzu ein weiterer kleiner Baustein. Als ozialdemokraten sagen wir schon jetzt, dass zu diesem inen Baustein auch materiell weitere Bausteine hinzu- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 17985 (A) ) (B) ) kommen müssen. Die Verbesserung und Ausweitung der gesetzlich abgesicherten Berufsaufstiegsfortbildung soll für uns ein solcher weiterer Baustein werden, den wir noch in dieser Legislaturperiode umsetzen wollen. Zweitens. Mit dem Dreiklang von Weiterbildungsprä- mie, Weiterbildungssparen und Weiterbildungsdarlehen verbunden ist die Absicht wie Aussicht, die Weiterbil- dung stärker zum öffentlichen politischen, wirtschaftli- chen und gesellschaftlichen Thema zu machen. Erst wenn Qualifizierung und Weiterbildung zu den Spit- zenthemen in unserem Land werden, wird es auch ent- scheidende Durchbrüche geben können. Hierzu darf keine Chance ausgelassen werden. Das Konzept der Weiterbildungsprämie ist eine solche Chance. Drittens. Die Weiterbildungsprämie schafft endlich den Ausgleich für die Menschen mit kleinem oder mitt- lerem Einkommen, die bisher durch unsere Steuergesetz- gebung und das Fehlen einer Prämie benachteiligt wa- ren. Es kann nicht länger hingenommen werden, dass Menschen mit einem höheren Einkommen bei ihren An- strengungen für Weiterbildung gefördert werden, wäh- rend es solche Unterstützung für Menschen mit einem kleinen Einkommen nicht gibt. Dieser Missstand wird hiermit jetzt beseitigt. Das ist uns Sozialdemokraten eine große Freude. Viertens. Auch der Bildungsbericht weist es aus: Menschen mit einer geringen Qualifikation und Vorbil- dung wie Menschen mit einem niedrigen Einkommen und sozialem Status werden betrieblich, aber auch in der außerbetrieblichen Weiterbildung nicht nur schlechter gefördert, sondern sie halten von sich aus auch Distanz zu Weiterbildungsangeboten oder haben objektiv weni- ger Möglichkeiten, ihr Weiterbildungsinteresse praktisch umzusetzen. Wenn mit dem Konzept der Bildungs- prämie diese große Bevölkerungsgruppe, immerhin rund 11 Millionen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen – und dazu kommen noch die Selbstständigen –, stärker in den Mittelpunkt gerückt wird, ist dieses uneinge- schränkt zu begrüßen, selbst wenn mit dem relativ einge- schränkten Finanzvolumen realistisch allenfalls rund 300 000 davon in den Genuss dieser Fördermaßnahme kommen sollten. Aber 300 000 geförderte Menschen wären kein kleiner Gewinn. Und vielleicht 1 Million, die sich vorher dafür interessiert und informiert haben, wä- ren auch ein großer Fortschritt. Fünftens. Schließlich braucht es einen Mentalitäts- wechsel, persönliche Sicherheit und Vorsorge möglichst nicht nur an materiellen Gegebenheiten festzumachen, wie an einem Sparguthaben oder einem Wohneigentum, sondern diese persönliche Sicherheit auch mit der per- sönlichen Bildung und Qualifikation zu verbinden. Dass gute Voraussetzungen hier nicht in jedem Fall auch die Garantie auf eine entsprechende soziale Sicherheit sind, muss nicht extra betont werden. Aber die Regel gilt doch, je höher der Bildungsstand und kontinuierlicher die Qualifikation und die Weiterbildungsbereitschaft ge- pflegt werden, umso größer sind die Aussichten auf eine entsprechende Teilhabe und materielle Sicherheit. Ohne Einsicht kein Mentalitätswechsel und ohne konkrete Un- terstützung und Anreize keine praktische Veränderung. m h V e R r f t v d n p u n s s Q t g a g d m A M r g b s e f d r d G a d a v e u r c m W n k z m d s c b i d A b s (C (D Sechstens. Die Öffnung von staatlich geförderter Ver- ögensbildung zum Zwecke der Weiterbildung ist des- alb nur konsequent. Der Rechtsanspruch, der aus dem ermögensbildungsgesetz für die einzelnen Beteiligten rwächst, sollte allerdings nach Möglichkeit in einem echtsanspruch auf die Weiterbildungsprämie als weite- es Instrument der öffentlichen individuellen Bildungs- örderung neben SGB II und SGB III, BAföG und Meis- er-BAföG in der Perspektive genauso konsequent erankert werden. Als Sozialdemokraten wissen wir, ass dieses mit unserem aktuellen Koalitionspartner icht möglich ist. Aber weshalb sollte der Koalitions- artner auf mittlere oder lange Sicht nicht auch zu neuen nd verbesserten Einsichten kommen? Weshalb sollte icht möglich werden, dass egal welche politische Kon- tellation Deutschland in Zukunft regiert, der Rechtsan- pruch auf eine Weiterbildungsförderung die gleiche ualität bekommt wie der Rechtsanspruch auf eine Al- ersvorsorge? Siebtens. Die Kritik ist ja jetzt schon zu hören, wenn eklagt wird, dass eine maximale Prämie von 154 Euro ls Zuschuss nicht ausreichen würde, um allen Belangen erecht zu werden. Aber dies behauptet ja auch niemand, ass mit einer solchen Prämienhöhe alle Weiterbildungs- aßnahmen erfasst würden. Aber sollen wir deshalb die ussicht, rund 80 Prozent der infrage kommenden aßnahmen und damit der Teilnehmer mit dieser Förde- ung gegebenenfalls unterstützen zu können, ausschla- en? Tun wir nicht im Gegenteil gut daran, gerade das reite Spektrum der geeigneten Maßnahmen, die zwi- chen 150 und 350 Euro Maßnahmekosten haben, durch ine solche Förderung mit zu erfassen? Wir haben jeden- alls die nachhaltige Bitte an die Oppositionsfraktionen, ass Mögliche jetzt nicht zu zerreden, sondern auch ih- en Teil an Verantwortung für die Weiterbildung und die avon anzusprechenden Menschen dazu zu tun und im egenteil dafür zu werben, dass diese Möglichkeiten uch wirklich genutzt werden. Dass der edle Wettstreit arüber, was noch alles verbessert und in der Förderung usgebaut werden sollte und müsste, unbenommen hier- on fortgesetzt werden kann, ist genauso klar. Achtens. Das Konzept der Weiterbildungsprämie, wie s uns hier im Zusammenhang mit dem Bildungssparen nd Darlehen vorgestellt wird, hat nicht nur eine mate- ielle, sondern auch zwei wichtige strategische inhaltli- he Ausrichtungen, nämlich die Ausrichtung der Förder- aßnahmen auf das Fortkommen im Beruf, wie es vom eiterbildungsziel und den Weiterbildungsumständen je ach persönlicher Situation definiert wird. Damit ist eine lare Abgrenzung zur betrieblichen Weiterbildung oder u allen Formen der betrieblichen Anpassungsmaßnah- en genauso gezogen wie zu denen, die der Erholung, er Unterhaltung, der privaten Haushaltsführung oder portlicher und künstlerischer Betätigung dienen. Si- herheit durch Bildung, Teilhabe durch Bildung und erufliches Fortkommen durch Bildung sind hier die nhaltlichen Perspektiven, die vom Konzept der Bil- ungsprämie aus in den Mittelpunkt gerückt werden. ußerdem wird auch die Frage der qualitativen Weiter- ildungsberatung damit indirekt in den Vordergrund ge- tellt; denn zur Voraussetzung der Weiterbildungsprämie 17986 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 (A) ) (B) ) wird die qualitative Beratung gemacht, die gerade wenn es um die Entwicklung von persönlichen Lebens- und damit auch Weiterbildungsplänen geht, in Zukunft im- mer wichtiger werden wird. Neuntens. Die Weiterbildungsprämie soll von jedem Berechtigten einmal im Jahr in Anspruch genommen werden können. Dies mag auf den ersten Blick wenig er- scheinen, aber was hätten wir schon alles gewonnen, wenn es für die Beschäftigten in den Betrieben und Ver- waltungen oder als Selbstständige eine selbstverständliche Kontinuität gäbe, einmal im Jahr sich in Weiterbildung zu begeben, um sich um das berufliche Fortkommen im weiteren und damit betriebsunabhängigen Sinne zu küm- mern und seine Weiterbildungsfähigkeiten in dieser zeit- lichen Dichte zu aktualisieren. Der aktuelle Bildungsbe- richt zeigt jedenfalls auch, dass es diese Dichte für die meisten Menschen in Deutschland noch bei Weitem nicht gibt. Zehntens. Abschließend muss noch einmal daran er- innert werden, wo hier die schwerwiegendsten Mängel liegen, wenn es um mehr soziale Chancengleichheit im Weiterbildungsbereich geht; nämlich bei der zu großen Zahl junger Menschen ohne Schulabschluss oder abge- schlossene Berufsausbildung in Deutschland, bei den fehlenden Weiterbildungsangeboten für nicht so gut Qualifizierte und bei der Vernachlässigung von Weiter- bildung für Menschen im Alter über 50. Als Sozialde- mokraten ist uns klar, dass auf diese drei besonders schwerwiegenden Sachverhalte hin das vorgelegte Kon- zept von Prämie, Sparen und Darlehen nicht die ganze Antwort sein kann. Wir werben deshalb ja auch sehr stark dafür, dass andere Instrumente, wie das Aufstiegs- fortbildungsförderungsgesetz, das so genannte Meister- BAföG, aber auch der Rechtsanspruch auf den nachge- holten Schulabschluss, die Verbesserung des Hochschul- zugangs für beruflich Qualifizierte wie der Umbau der Arbeitslosenversicherung in eine Arbeitsversicherung mit mehr Prävention, bessere Absicherung von Übergän- gen bis zum Ende der Erwerbsverläufe und Rechtsan- sprüche mit dazu kommen. Was die Projektgruppe der SPD-Bundestagsfraktion zur Sicherung des Fachkräfte- bedarfs in Deutschland unter dem Leitmotiv „Bildungs- anstrengungen verstärken – Fachkräftepotenziale aus- schöpfen“ hierzu kürzlich an Analysen und einem weit gespannten Katalog an 60 konkreten Einzelmaßnahmen kurzer und langfristiger Art vorgelegt hat, zeigt noch einmal auf, in welcher Breite wir hier zu weiteren An- strengungen kommen müssen. Dafür wird zu kämpfen sein. Aktuell und ganz konkret möchten wir alle Fraktio- nen des Parlamentes jetzt herzlich darum bitten: Sorgen wir gemeinsam dafür, dass der heute auf den Weg zu bringende Baustein der Weiterbildungsprämie in den nächsten Jahren ein voller Erfolg wird. Denn damit würde nicht nur vielen weiterbildungsinteressierten Menschen eine ganz konkrete Unterstützung gegeben werden, sondern es würde auch der Baustein gelegt wer- den, auf den weitere Steine aufgesetzt werden können, um am Ende zu einem wirklich festen und stabilen Wei- terbildungshaus Deutschland für die Bildungsgesell- schaft der Zukunft zu kommen. D k e s D e m w g a r n t e k v s d l E d U b d s G h a v k d B g d t B r f b g l m d K L (C (D Ulrike Flach (FDP): Bildungsabschlüsse sind in eutschland nach wie vor zu stark von der sozialen Her- unft vorausbestimmt. Eine freiheitliche Gesellschaft, ine sozial gerechte Gesellschaft muss den sozialen Auf- tieg durch Leistung ermöglichen. Gute Bildung kostet, gute Weiterbildung kostet auch. eshalb ist es gut, dass die Koalition mit dem Gesetzes- ntwurf den Stellenwert der Weiterbildung erhöhen und it der Bildungsprämie ein Förderinstrument schaffen ill. Die Konstruktion hat aber erhebliche Fehler. Diejeni- en, die die Weiterbildung am meisten brauchen, aber m wenigsten nutzen, sind Geringqualifizierte und Ge- ingverdiener, die am ehesten bei Rationalisierungsmaß- ahmen betroffen sind. Für diejenigen ist der 50-prozen- ige Eigenanteil nur schwer zu erbringen, wenn Sie inmal an die Kosten zum Beispiel für einen Computer- urs auf dem freien Markt denken. Das Weiterbildungsdarlehen dagegen soll unabhängig on der Höhe des Einkommens vergeben werden. Hier ind Mitnahmeeffekte zu erwarten. Und warum wird die betriebliche Weiterbildung aus- rücklich ausgenommen? Gerade wir als Liberale wol- en natürlich die privaten Anbieter stärken, aber eine inbeziehung der betrieblichen Weiterbildung würde azu führen, dass Betriebe sich hier mehr engagieren. nd es fällt vielen Arbeitnehmern leichter, eine Weiter- ildung im eigenen Betrieb zu absolvieren als sich auf em freien Markt zu orientieren. Der vorliegende Entwurf wird das Problem nicht lö- en. Ich sage ausdrücklich, dass ich es gut finde, dass die rünen einen Entwurf zum Bildungssparen vorgelegt aben, der erheblich weiter geht als der Entwurf der Ko- lition. Das Bildungssparkonto, das Sie vorschlagen, hat iele gute Seiten – es hilft gerade Geringverdienern, es ann auch von der Oma für die Enkel eingerichtet wer- en und es wäre in voller Höhe anrechnungsfrei auf den ezug sozialer Transferleistungen. In einem wichtigen Punkt geht er allerdings nicht weit enug. Sie beschränken die Verwendungsmöglichkeiten er Bildungssparzulage auf die Weiterbildung. Warum rennen Sie bei der Festlegung der Förderfähigkeit die ildungsbereiche? Warum soll nicht auch Bildungsspa- en für die Schule – zum Beispiel für Nachhilfe – oder ür die Hochschule gefördert werden? Wir werden in den nächsten Tagen im Forum Weiter- ildung verschiedene Modelle diskutieren und einen ei- enen Vorschlag erarbeiten. Beim Thema Weiterbildung sehe ich durchaus Mög- ichkeiten, auch zu gemeinsamen Vorschlägen zu kom- en, denn im Ziel sehe ich große Einigkeit zwischen en Fraktionen. Patrick Meinhardt (FDP): Deutschland braucht eine ultur des Lernens, eine neue Kultur des lebenslangen ernens. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 17987 (A) ) (B) ) Uns fehlt – das muss man selbstkritisch eingestehen – das Bewusstsein und die Einstellung dafür, dass Lernen nicht auf bestimmte Phasen begrenzt ist, sondern uns vom ersten bis zum letzten Tag unseres Lebens begleiten wird. Wenn wir also dieses Bewusstsein schaffen wollen, dann brauchen wir eine Riesenkraftanstrengung, einen Mentalitätswandel in unserem Staat hin zu einer dynami- schen, motiviert lernenden Gesellschaft und letztlich ei- nen Ruck, wie es Bundespräsident Herzog erstmals und Bundespräsident Köhler in dieser Woche zu Recht und mit viel Leidenschaft wieder gefordert hat. Nur wenn die Bevölkerung spürt, dass wir bei der Weiterbildung Über- zeugungstäter sind, können wir auch gemeinsam einen Wandel vollziehen. Dabei ist die Bilanz für das Land der Dichter und Denker katastrophal: Der Bildungsbericht 2008 weist darauf hin, dass in der Zeit der rot-grünen Koalition die Ausgaben der BA für Weiterbildungsmaßnahmen um rund 70 Prozent gekürzt und die Ausgaben der öffentli- chen Haushalte für Weiterbildung um weitere 20 Prozent reduziert wurden. Die Lage, in der wir uns befinden, ist nicht vom Him- mel gefallen. Da sind hier im Lande schon die Stell- schrauben falsch gestellt worden. Umso wichtiger ist es, sich klarzumachen, für wen eine Weiterbildung jetzt als dringend notwendig ist: Erstens für alle, die keinen Schulabschluss haben. Hierfür brauchen wir kein Recht auf einen Hauptschulabschluss. Wir brauchen im Rah- men einer Weiterbildungsoffensive ein Programm für das Erreichen eines Schulabschlusses. Wir können es nicht hinnehmen, dass inzwischen knapp 1,6 Millionen Menschen bis 29 Jahre keinen Schulabschluss haben. Keiner darf verloren gehen. Zweitens für alle sogenannten älteren Arbeitnehmer, bei welchem Alter dies nach welcher Definition auch immer ansetzen mag: Wir können und wir dürfen es uns nicht leisten, dass diejenigen nicht mehr arbeiten, die wir mit ihrer großen Erfahrung und ihrem fundierten Wissen brauchen. Sie müssen die Chance haben, mit Weiterbil- dungsangeboten dieses Wissen zu aktualisieren. Wir brauchen sie. Deswegen ist eine richtige Impulsmaßnahme als Mo- tor für eine Weiterbildungsbewegung in Deutschland so wichtig. Das gelingt aber nicht mit der Weiterbildungs- prämie von 154 Euro. Es gibt keine Zielgruppe. Es gibt keine zu finanzierenden beruflichen Fort- und Weiterbil- dungsmaßnahmen. Es mangelt an der Gesamtfinanzaus- stattung. 15 Millionen Euro auf drei Jahre gestückelt, das ist nichts anderes als ein lauer Koalitionskompromiss. Wir brauchen richtige Anreize. Lernzeitkonten und Bildungssparen, Bildungskredite und Weiterbildungs- schecks können solche Anreize bieten. Nur muss all dies – wie es der Bundesverband der Träger beruflicher Bil- dung sinnvollerweise anmahnt – in eine bildungspoliti- sche Gesamtarchitektur eingebettet sein. Wir brauchen einen Aufbruch in eine Gesellschaft, in der lebenslanges Lernen selbstverständlich ist. B „ n i d s n b s c u D w n Z c a L a w s w d p g P L t d t w d l s d d d d g h b d k s n M n t e b c u L d z Q k h (C (D Volker Schneider (Saarbrücken) (DIE LINKE): Der ildungsbericht 2008 bietet leider auch im Abschnitt Weiterbildung und Lernen im Erwachsenenalter“ kei- erlei Anlass zu überschwenglicher Begeisterung. Ganz m Gegenteil. Alles in allem muss das Fazit eher lauten, ie Probleme und Defizite dieses Bildungsbereichs ver- tetigen sich auf hohem Niveau bzw. haben zum Teil och zugenommen. Ich will hier nur einmal einige, mir esonders wichtige Punkte ansprechen. Der Bericht tellt fest, dass eine Diskrepanz zwischen der öffentli- hen Diskussion über die Relevanz von Weiterbildung nd den tatsächlichen Weiterbildungsaktivitäten besteht. ies war bereits im Bildungsbericht 2006 konstatiert orden, hat sich aus der Sicht der Autoren für die Unter- ehmensaktivitäten eher noch verschärft. Bereits für den eitraum zwischen 1999 und 2005 war aber ein merkli- her Rückgang des Weiterbildungsangebotes quer durch lle Branchen und Unternehmensgrößen zu beobachten. eider nichts geändert hat sich an der Tatsache, dass uch die Weiterbildung in hohem Maße sozial selektiv irkt. Bildungsferne Schichten nehmen unterdurch- chnittlich Angebote der Weiterbildung wahr, was inso- eit nicht weiter überraschend ist, weil sie auch unter- urchschnittlich von der Teilnahme an Weiterbildung rofitieren. Besonders zu denken geben muss die man- elnde Weiterbildungsteilhabe von über 50-Jährigen und ersonen mit Migrationshintergrund. Auch der von der inken vielfach kritisierte mangelhafte Beitrag der Wei- erbildung zur Integration von Zuwanderern wird durch en Bericht ausdrücklich bestätigt. Diese Probleme müssen auch Maßstab für die Beur- eilung der hier heute vorliegenden Anträge sein. Da äre zunächst der Gesetzentwurf der Bundesregierung, er mit großen Ansprüchen glänzt. Ziel sei es, den Stel- enwert der Weiterbildung zu erhöhen und mehr Men- chen für die Weiterbildung zu mobilisieren, insbeson- ere um berufliche Kompetenzen auch nach Abschluss er Ausbildung zu aktualisieren und auszubauen. Selbst er Bundesregierung ist nicht entgangen, dass der Be- arf zur Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit bei ering Qualifizierten besonders hoch ist. Und – man öre und staune – die Bundesregierung ist sich sehr wohl ewusst, dass dieser Personenkreis über kein ausreichen- es Einkommen verfügt, um neben den Lebenshaltungs- osten in Weiterbildung investieren zu können. Was chlägt die Bundesregierung nun nach so viel anerken- enswerter Zielvorgabe und lobenswerter Analyse an aßnahmen vor? Weiterbildungsprämie, Inanspruch- ahme vermögenswirksamer Leistungen auch für Wei- erbildungszwecke und Weiterbildungsdarlehen. Da fällt inem doch unwillkürlich die Feststellung des Bildungs- erichts ein, welche Diskrepanz zwischen der öffentli- hen Diskussion über die Relevanz von Weiterbildung nd den tatsächlichen Weiterbildungsaktivitäten besteht. Ich wiederhole noch mal die nach Auffassung der inken überaus zutreffende Feststellung aus dem Antrag er Bundesregierung: „Besonders hoch ist der Bedarf ur Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit bei gering ualifizierten. Sie verfügen außerdem in der Regel über ein ausreichendes Einkommen, um neben den Lebens- altungskosten in Weiterbildung investieren zu können.“ 17988 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 (A) ) (B) ) Sie wissen also selbst, dass diese Personengruppe „in der Regel“, also in ihrer ganz überwiegenden Mehrheit nicht in der Lage ist, in ihre Weiterbildung zu investieren. Und was bieten sie diesen Personen, die nach ihren ei- genen Angaben nicht über das notwendige Kleingeld für Weiterbildung verfügen, an? Sie wollen auf jeden Euro, den diese Personen aufbringen, einen weiteren Euro drauflegen. Ja, was heißt das denn nun für Menschen, die über keine Eigenmittel verfügen? Sie legen auf kei- nen Euro keinen weiteren drauf. Sehr überzeugend! Den Eigenanteil über das Weiterbildungsdarlehen finanzieren zu wollen, wird wohl kaum ihre Absicht sein. Wer kein Geld hat für Weiterbildung, hat auch kein Geld für Til- gungsraten. Blieben vermögenswirksame Leistungen. Die gehen aber bislang – soweit überhaupt vorhanden – ganz überwiegend in den Konsum, konkret in die Beschaffung langlebiger Güter, wie Möbel, Auto oder Ähnliches. Da bin ich mal gespannt, wie die Bundesregierung diese Per- sonen dazu bringt, zugunsten der Weiterbildung auf die Wohnungseinrichtung zu verzichten. Aber unterstellen wir mal, dass Betroffene irgendwie und irgendwoher 154 Euro zusammenkratzen und die Bundesregierung weitere 154 Euro drauflegt, denn das ist ja die Obergrenze. Welche fantastischen Angebote „zur Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit“ darf der oder die gering Qualifizierte dann für diese 308 Euro er- warten? Gerne hätten wir darüber Auskunft von der Bundesregierung erhalten, aber in der Antwort auf un- sere kleine Anfrage heißt es diesbezüglich ziemlich we- nig informativ: „Aufgrund der Vielgestaltigkeit des Wei- terbildungsmarktes und der marktförmigen Organisation sind konkrete Beispiele in diesem Zusammenhang nicht zielführend.“ Nette Form der Antwort, wenn einem sonst nichts mehr einfällt. Bleibt mir nur zu spekulieren, ob es sich um Kurse zur Bedienung tibetanischer Gebetsmüh- len handelt. Sie jedenfalls bringen es darin zu einer ech- ten Meisterschaft. Gebetsmühlenhaft kündigen sie die großen Würfe in der Weiterbildung an, produzieren überwiegend heiße Luft, und der Bildungsbericht doku- mentiert die Erfolglosigkeit ihrer Politik. Da auch die Grünen in ihrem Antrag das Heil der Weiterbildung im Bildungssparen sehen, eine grundsätz- liche Anmerkung zum Abschluss. Der Bildungsbericht weist – ich hatte es einleitend angesprochen – darauf hin, dass sich die Unternehmen in erschreckendem Umfang aus der betrieblichen Weiterbildung zurückziehen. Die- selben Unternehmen, die ansonsten über Fachkräfteman- gel klagen, also anscheinend die Auffassung vertreten, dass sie selbst nichts, aber auch rein gar nichts zur Deckung ihres Qualifikationsbedarfes beitragen müss- ten. Einmal mehr werden letztlich Gewinne maximiert, indem Kosten reduziert werden. Bundesregierung und Grüne stehen wieder einmal hilflos daneben, unfähig, die Unternehmen an ihre Verantwortung zu erinnern und sie in die Pflicht zu nehmen, und deshalb sollen die Las- ten verstärkt von den Arbeitnehmern getragen werden. Auch an dieser Form der Privatisierung wird sich die Linke nicht beteiligen. Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Für Bildung vorzusorgen ist in unserer wissens- basierten, sich schnell wandelnden Gesellschaft ohne Z v F r b S d B i b n A d k u l l u g k d a s d w g d s M s e z „ l g a ü t b m z k d B d I o d h d t d (C (D weifel richtig und wichtig. Im Gegensatz zur Alters- orsorge gibt es in Deutschland bisher keine öffentliche örderung einer „Bildungsvorsorge“. Die Bundesregie- ung hat zwar viel davon geredet, aber fast drei Jahre ge- raucht, um endlich einen Vorschlag zu präsentieren. chön, dass jetzt überhaupt etwas in Richtung Weiterbil- ungssparen passiert. Schade nur, dass das Konzept der undesregierung so viele Mängel hat, dass zweifelhaft st, ob es überhaupt wirken wird und die Weiterbildungs- eteiligung tatsächlich erhöht. Problematisch ist aus unserer Sicht, dass von der Ent- ahmeregelung über das Vermögensbildungsgesetz nur rbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer profitieren, an- ere wichtige Gruppen aber leer ausgehen. Hinzu ommt, dass die erreichbaren Beträge viel zu gering sind, m eine längere Fortbildung zu bezahlen. Und schließ- ich ist bei der obligatorischen Beratung für die Auszah- ung der Bildungsprämie unklar, wie die Beraterinnen nd Berater qualifiziert werden sollen. Besonders un- ünstig ist, dass die Bundesregierung mit ihrem Modell einerlei Impuls in Richtung Bildungsvorsorge gibt; enn das im Rahmen des Vermögensbildungsgesetzes ngesparte Geld wird nicht explizit für Bildung einge- etzt, sondern kann für alles Mögliche verwendet wer- en. Mit einer solchen Beliebigkeit kann man keinen Be- usstseinswandel bei den Menschen erreichen. Mein Hauptkritikpunkt ist jedoch, dass die Bundesre- ierung keine nachhaltige Finanzierungsperspektive für as Weiterbildungssparen vorsieht. Am liebsten würde ie überhaupt kein Geld dafür ausgeben, schon gar nicht ittel aus dem Bundeshaushalt. Ein echtes Bildungs- parmodell mit einem Bildungssparkonto für jeden und iner attraktiven Sparförderung ist jedoch nicht umsonst u haben. Nach Berechnungen der Expertenkommission Lebenslanges Lernen“ würde so etwas 300 bis 450 Mil- ionen Euro jährlich kosten. Die nun von der Bundesre- ierung über vier Jahre vorgesehenen 45 Millionen Euro us dem Europäischen Sozialfonds, ESF, sind demgegen- ber extrem mickrig. Selbst die Experten, die die Struk- ur des Bildungssparens für die Regierung entworfen ha- en, haben in der Anhörung des Bildungsausschusses oniert, dass das Modell mit einer solch geringen finan- iellen Ausstattung keine Anreizwirkung entfalten önne. Zudem sind die ESF-Mittel bis zum Ende der För- erperiode, 2013, begrenzt; infolgedessen ist auch die ildungsprämie der Regierung befristet. Diese Weiterbil- ung nach Kassenlage schafft kein Vertrauen in ein neues nstrument. Der Hohn ist, dass die Regierung selbst ganz ffen einräumt, dass die Änderung des Vermögensbil- ungsgesetzes keine Anreizwirkung entfalten werde. So eißt es im Gesetzentwurf: Durch die Änderung … entstehen keine Mehraus- gaben für Bund, Länder und Gemeinden, … Auf- grund dieses Gesetzes werden keine zusätzlichen Anreize zum Abschluss von zulagebegünstigten Verträgen geschaffen. Es ist also gar nicht vorgesehen, Bildungssparen über ie Initiative, die wir hier heute debattieren, zu einem at- raktiven Modell zu machen. Das ist doch lächerlich; ann können Sie es doch gleich sein lassen! Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 17989 (A) ) (B) ) Wir Grüne bringen ein eigenes Bildungssparmodell ein, das auf den Vorschlägen der Expertenkommission zur Finanzierung lebenslangen Lernens beruht. Wir wol- len, dass jede und jeder ab 16 Jahren ein Bildungsspar- konto eröffnen kann, auch für eine andere Person, zum Beispiel Kinder oder Enkel. Bei regelmäßigen Einzahlun- gen soll es eine staatliche Bildungssparzulage geben, die mindestens so hoch ist wie die Bausparförderung. Ent- nahmen sollen für zertifizierte Bildungsangebote mög- lich sein. Von unserem Vorschlag profitieren insbeson- dere Geringverdiener: Für sie ist eine höhere Sparzulage vorgesehen, nämlich 100 Prozent bei einer Mindestein- lage von 5 Euro im Monat. Im Gegensatz zur Regierung haben wir eine verlässliche finanzielle Grundlage: Aus unserer Sicht sollte für das Bildungssparen die Woh- nungsbauprämie abgeschafft werden. Außerdem fragen wir uns, warum bei Riester-Verträ- gen eine Entnahme für Wohneigentum zulässig ist, für Bildung aber nicht. Das sollte angeglichen werden. Da- mit das Bildungssparen ein Erfolg wird, muss es zudem öffentlichkeitswirksam beworben werden. Außerdem brauchen wir eine bessere Bildungsberatung – trägerun- abhängig und regional verankert – sowie weitere An- strengungen bei der Zertifizierung von Bildungsangebo- ten. Zuletzt eine grundsätzliche Anmerkung: Bildungs- sparen kann immer nur ein Baustein einer zukunftsge- richteten Weiterbildungspolitik sein. Eigenverantwor- tung zu stärken, ist nicht per se falsch. Auch wir Grünen befürworten es, Menschen im Sinne einer Vorsorge, die auch Bildung umfasst, zu mehr privaten Investitionen „anzustacheln“. Sparanreize für Individuen dürfen je- doch nicht das Kernelement einer Weiterbildungsstrate- gie sein! Hier hat die Weiterbildungspolitik der Regie- rung eindeutig eine Schieflage. Viel wichtiger wäre nämlich ein Erwachsenenbildungsförderungsgesetz. Das ist der entscheidende Hebel, um Weiterbildung zu för- dern, um die niedrige Beteiligung in Deutschland end- lich zu erhöhen. Flankiert durch gute Beratungsangebote und eine öffentliche Kampagne wäre dies ein erster Schritt. Doch hierzu kann sich die Regierung nicht durchringen. Das ist bedauerlich. Andreas Storm, Parl. Staatssekretär bei der Bun- desministerin für Bildung und Forschung: „Wir müssen die Bildungsrepublik Deutschland werden. Das ist es, was unsere Zukunft für die nächsten Jahrzehnte sichert“. Mit diesen Worten hat Bundeskanzlerin Angela Merkel vor wenigen Tagen unmissverständlich klarge- macht, dass dem Thema Bildung und Qualifizierung für die Bundesregierung die höchste politische Priorität zu- kommt. Wirtschaftliche Stärke, soziale Sicherheit und gesellschaftliche Teilhabe finden ihre Grundlage in den klugen Köpfen, in den hervorragend qualifizierten Fach- kräften, in den kreativen und innovativen Ideen der For- scher in Deutschland. Bildung und Qualifizierung sind der Schlüssel für die persönlichen Chancen jedes Einzel- nen und für die Zukunft unseres Landes. Deshalb gilt es, alle Begabungen und Talente der Menschen in Deutschland zu fördern. Bund und Länder t w r l w b g g w e w L t g u d r l B g A k B g c d n h a t z b n d e r l a s i t K D n g L D a m t b i t l v (C (D ragen dafür eine gemeinsame bildungspolitische Verant- ortung. Gemeinsam mit den Ländern wird die Bundes- egierung auf einem Bildungsgipfel im Herbst die „Qua- ifizierungsinitiative für Deutschland“ beschließen. Sie ird Impulse für eine bessere Ausschöpfung aller Bega- ungsreserven auf allen Stufen der Bildungsbiografie eben, von der frühkindlichen Bildung bis zur berufsbe- leitenden Weiterbildung. Das Ziel heißt: Fachkräfte ge- innen, Aufstieg durch Bildung ermöglichen, jedem ine Chance geben. Wer die Bildungsrepublik Deutschland verwirklichen ill, muss der zentralen Bedeutung des lebenslangen ernens und der beruflichen Weiterbildung in einer al- ernden Erwerbsgesellschaft gerecht werden. Der demo- rafische Wandel hat weitreichende Konsequenzen für nser Bildungssystem und für die Bildungsbeteiligung er Menschen. Denn mit dem Altersaufbau der Bevölke- ung verändert sich auch die Zusammensetzung der Be- egschaften in den Betrieben: Es rücken weniger junge erufsanfänger nach. Gerade deshalb ist es von immer rößerer Bedeutung, die Leistungsfähigkeit der älteren rbeitnehmer zu erhalten. Eine alternde Erwerbsgesellschaft ist zwingend auf ontinuierliche Weiterbildung während des gesamten erufslebens angewiesen. Nur so kann die Beschäfti- ungsfähigkeit der Menschen bis ins Rentenalter gesi- hert werden, nur so können Innovationskraft und Pro- uktivität erneuert und auf Dauer erhalten werden. Wenn Kenntnisse und Fähigkeiten immer wieder auf eue berufliche Anforderungen eingestellt werden, aben Menschen jeden Alters dauerhaft gute Chancen uf Teilhabe am Arbeitsleben. Zugleich stehen den Be- rieben qualifizierte Fachkräfte in allen Altersgruppen ur Verfügung. Nur durch eine kontinuierliche Weiter- ildung der gesamten Belegschaft können die Unter- ehmen mit dem hohen Tempo technologischer Verän- erungen mithalten – ein betriebswirtschaftlich ntscheidender Faktor. Schließlich ist regelmäßige be- ufliche Weiterbildung auch volkswirtschaftlich uner- ässlich. Sie ist – neben einer soliden beruflichen oder kademischen Erstausbildung – entscheidende Voraus- etzung dafür, dass wir unsere Produktivität erhöhen und mmer wieder neue Produkte, Verfahren und Dienstleis- ungen entwickeln. Vor diesem Hintergrund müssen wir besorgt zur enntnis nehmen: Die Beteiligung an Weiterbildung in eutschland ist im internationalen Vergleich insgesamt icht zufriedenstellend – auch wenn sie bei solchen Ver- leichen teilweise unterschätzt wird, weil in anderen ändern Maßnahmen zur Weiterbildung zählen, die in eutschland Bestandteil der Erstausbildung sind. Wie uch immer man im Detail einzelne Zahlen bewerten ag, der Befund bleibt: Im Hinblick auf die hohe Priori- ät der berufsbegleitenden Weiterbildung ist die Weiter- ildungsbeteiligung in Deutschland zu niedrig. Das gilt n besonderem Maße für einzelne Gruppen, deren objek- iver Weiterbildungsbedarf besonders stark vom tatsäch- ichen Weiterbildungsverhalten abweicht. Ich nenne hier or allem die Älteren und die Geringqualifizierten. 17990 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 (A) ) (B) ) Die Bundesregierung hat sich deshalb das Ziel ge- setzt, die Beteiligung an formalisierter Weiterbildung von zuletzt 43 Prozent auf 50 Prozent im Jahr 2015 an- zuheben. Wir haben dazu vor wenigen Wochen eine um- fassende Konzeption für das Lernen im Lebenslauf vorgelegt, die auch die Empfehlungen des von Bundes- bildungsministerin Annette Schavan eingesetzten „Inno- vationskreises Weiterbildung“ aufgreift. Ein wichtiger Baustein der Konzeption für das Lernen im Lebenslauf wird mit dem vorliegenden Gesetzent- wurf verwirklicht. Zugleich setzen wir damit den Auf- trag aus dem Koalitionsvertrag um, ein neues Finanzie- rungsinstrument zu schaffen, das individuelle finanzielle Anreize für eine Erhöhung der Weiterbildungsbeteili- gung bietet. Auf welche Weise dieses Ziel am besten zu erreichen ist, war Gegenstand einer Untersuchung, die der Vorsitzende des Sachverständigenrates zur Begut- achtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Pro- fessor Bert Rürup, gemeinsam mit dem Forschungsinsti- tut für Bildungs- und Sozialökonomie vorgelegt hat. Der Lösungsvorschlag ist ein dreiteiliges Instrumentarium, mit dem private Investitionen in den Erhalt und Ausbau der Beschäftigungsfähigkeit durch berufliche Weiterbil- dung gefördert werden. Die drei Komponenten sind: ers- tens die unschädliche Entnahme von Sparguthaben nach dem Vermögensbildungsgesetz, für die wir heute einen Gesetzentwurf vorlegen, zweitens die Einführung einer Weiterbildungsprämie, mit der niedrige und mittlere Ein- kommen einen Zuschuss von maximal 154 Euro für Kursentgelte erhalten können, wenn sie dieselbe Summe – oberhalb einer Bagatellgrenze von 30 Euro – als Ei- genanteil mit einbringen, drittens die Auflage eines zweckgebundenen Darlehens für Weiterbildung analog den Studienkrediten. Dieser Ansatz stellt die Finanzierung von Weiterbil- dung bewusst in den größeren Zusammenhang wirt- schaftlicher und sozialpolitischer Überlegungen. Gleich- zeitig bezieht er eine Vielzahl von Erfahrungen ein, die zwischenzeitlich im In- und Ausland mit nachfrageori- entierten Finanzierungsinstrumenten gemacht wurden. Vor allem aber ist der Vorschlag konsequent auf Praxis- tauglichkeit hin entwickelt: Wo immer es möglich und sinnvoll ist, knüpfen die einzelnen Instrumente an beste- hende Regelungen und Einrichtungen an. Praxistauglichkeit und Effektivität sind auch die ent- scheidenden Kriterien in Bezug auf die Änderung des Vermögensbildungsgesetzes. Wir ermöglichen damit auch während der Sperrfrist von sieben Jahren die Verwen- dung von vermögenswirksam angelegten Leistungen für Zwecke der beruflichen Weiterbildung, ohne dass die staatliche Arbeitnehmer-Sparzulage verloren geht. Der Einbau des Weiterbildungssparens in das Vermö- gensbildungsgesetz ist ein bildungspolitischer Meilenstein: Erstmals wird damit das Sparen für Weiterbildungszwecke in die Reihe der Sparmotive aufgenommen, die der Staat als besonders förderungswürdig finanziell unterstützt. Wir wählen damit einen praktikablen Weg, der erstens eine bereits bewährte und vielfach verbreitete Sparform für Weiterbildungszwecke nutzbar macht und diese Sparform zweitens zugleich durch eine Erweiterung der A l a g h k i k t g d D c n c g H l b g M d n a a s G k m E m s z k m s v n e k D A d d a d s K (C (D nwendungsmöglichkeiten noch attraktiver werden ässt. Die Arbeitnehmer erhalten damit ein Höchstmaß n Entscheidungsfreiheit über die Verwendung ihrer an- esparten Mittel. Zudem sichert die Entnahme aus Gut- aben nach dem Vermögensbildungsgesetz bereits sehr urzfristig die nötige Liquidität für private Investitionen n Weiterbildung. Das Instrument kann damit sofort wir- en, ohne einen längeren Vorlauf für die Ansparphase. Weitergehende Mobilisierungseffekte werden in ers- er Linie von den Prämiengutscheinen ausgehen: Ver- leichbar mit dem bereits jetzt sehr erfolgreichen Modell er „Bildungsschecks NRW“ wollen wir in ganz eutschland eine spürbare Bewegung zu mehr berufli- her Weiterbildung von Arbeitnehmerinnen und Arbeit- ehmern auslösen. Sicherlich werden einige nun die Frage stellen: Rei- hen 154 Euro Weiterbildungsprämie denn aus, um si- nifikante Mobilisierungseffekte erzielen zu können? ier hat das Gutachten der Experten ebenso wie die Zah- en des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) erge- en, dass mit einer Gesamtsumme aus Prämie und Ei- enanteil in Höhe von 338 Euro bei über 70 Prozent der aßnahmen, die bislang individuell getragen wurden, ie Kursgebühren abgedeckt werden können. Auch die euesten Erfahrungen aus dem Ausland, insbesondere us Großbritannien und Österreich, aber auch die Beob- chtungen für einen erheblichen Teil der Bildungs- checks in NRW bestätigen, dass Beträge in dieser rößenordnung zu mehr Weiterbildung mobilisieren önnen. Mobilisierung für niedrige Einkommen durch die Prä- ie, staatliche Unterstützung für den unverzichtbaren igenanteil durch die Möglichkeit zur Entnahme im Ver- ögensbildungsgesetz und die neuen Darlehen: Mit die- em Dreiklang lässt sich ein breites Spektrum an Finan- ierungsbedarfen für die berufliche Weiterbildung, von leineren Kursen bis hin zu kostenintensiven Maßnah- en, abdecken. Damit werden mehr Menschen zur ver- tärkten Teilnahme an beruflicher Weiterbildung moti- iert und befähigt. Wir kommen auf diesem Weg nicht ur dem Ziel, die Weiterbildungsbeteiligung spürbar zu rhöhen, ein gutes Stück näher. Damit wird auch ein leiner, aber zentraler Baustein für die Bildungsrepublik eutschland gelegt. nlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Keine Erhöhung der Lkw-Maut ohne vorherige Harmonisierung der Wettbewerbsbedingungen (Tagesordnungs- punkt 14) Wilhelm Josef Sebastian (CDU/CSU): Der Antrag er FDP „Keine Mauterhöhung ohne Harmonisierung er Wettbewerbsbedingungen“, der heute zur Beratung nsteht, ist eigentlich überholt. Formell sind zwar die in em Antrag gestellten Forderungen nicht alle beschlos- en, aber ich bin sicher, dass auch die Kolleginnen und ollegen der FDP davon Kenntnis haben, dass es uns in- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 17991 (A) ) (B) ) zwischen gelungen ist, gemeinsam mit den größten Ver- bänden des betroffenen Gewerbes eine Einigung über das vollständige Harmonisierungsvolumen von 600 Mil- lionen Euro zu erreichen. Sie wissen genau so gut wie ich, dass wir, die CDU/ CSU-Fraktion, stets auf der vollen Harmonisierung be- standen haben. Leider scheiterte der Vorschlag eines Mautermäßigungsverfahrens vor der Europäischen Kommission. Ausländische Spediteure würden diskrimi- niert, war die Begründung. Dieser Weg konnte leider nicht beschritten werden. Aber zur Ehrlichkeit gehört, dass der ursprünglich ausgerechnete Mautsatz von 15 Cent auf 12,4 Cent abgesenkt wurde, um das Ge- werbe bis zur endgültig vollen Harmonisierung mit einer geringeren Mautgebühr zu entlasten. Ich weiß, dass na- türlich die ausländischen Transportunternehmer von die- ser Absenkung im gleichen Maße wie unsere heimischen Unternehmer profitieren. Mit der Senkung der Kfz-Steuer und der Auflegung des Innovationsprogramms zum 1. September 2007 wurde der durchschnittliche Mautsatz dann auf die aktu- ellen 13,5 Cent erhöht und den 15 Cent angenähert. Mo- mentan ist damit ein Harmonisierungsvolumen von 250 Millionen Euro realisiert: Die zum 1. September 2007 auf das europarechtlich zulässige Mindestmaß ge- kürzte Kfz-Steuer, sparte dem Gewerbe 150 Millionen Euro ein. Seit diesem Zeitpunkt wird auch die Anschaf- fung von emissionsarmen Lkw gefördert. Dies bedeutet eine Unterstützung für das Gewerbe von bis zu 100 Mil- lionen Euro. Dieses Unterstützungsprogramm hat gro- ßen Zuspruch erfahren und wurde daher inzwischen ver- längert. Für beide Harmonisierungsmaßnahmen gilt, dass alle schweren Fahrzeuge bzw. Neufahrzeuge gefördert wer- den und es somit keine Obergrenze pro Unternehmen gibt. Der absolute Entlastungsbetrag ist daher für Unter- nehmen mit großem Fuhrpark dementsprechend größer als bei kleinen Unternehmen. 36 Prozent der Förder- menge konzentriert sich auf nur 5,6 Prozent der Anträge, darunter befinden sich Anträge mit mehr als 100 Neufahr- zeugen. Großunternehmen profitieren also vom Innova- tionsprogramm stärker als kleine und mittlere Unterneh- men. Beide Programme decken allerdings nur 250 Millio- nen der einst bei Einführung der Maut versprochenen 600 Millionen Euro Entlastung ab. 350 Millionen Euro sind noch offen. Weitere Schritte sind notwendig. Des- halb komme ich nun zu den eingangs erwähnten Harmo- nisierungsmaßnahmen, die das versprochene Harmoni- sierungsvolumen in Höhe von 600 Millionen Euro komplettieren. Die Bundesregierung wird das „Harmonisierungspa- ket“ mit einer De-minimis-Beihilfe und einem Förder- programm für Aus- und Weiterbildung ergänzen. Für das De-minimis-Programm ist keine Anzeige und keine Ge- nehmigung der Europäischen Kommission erforderlich. Europarechtlich bedeutet es also kein Risiko. Gefördert werden wird in den Bereichen Qualifizierung, Beschäfti- gung, Sicherheit und Umwelt. Wenn also ein Fahrer eine Fortbildung macht oder neueste Sicherheitstechnik ein- g u g M i m w i d u m I d s g d K s A s d w U t t e t d ü F m n H z z w s 1 S g h d d n d w d k T d d n d M a (C (D ebaut wird, werden diese Aufwendungen bezuschusst, nd zwar zu 100 Prozent. Aber nur bis zu einer Höchst- renze von 33 000 Euro pro Unternehmen und Jahr. ehr lässt die EU nicht zu. Für große Unternehmen mit einem großen Fuhrpark st diese Höchstgrenze von 33 000 Euro pro Unterneh- en und Jahr natürlich nicht ausreichend. Deshalb urde nach einem Ausgleich gesucht, und man hat ihn n der zusätzlichen Förderung von Aus- und Weiterbil- ungsmaßnahmen gefunden. Die Förderung von Aus- nd Weiterbildungsmaßnahmen ist damit die vierte Har- onisierungssäule neben abgesenkter Kfz-Steuer, dem nnovationsprogramm und der De-minimis-Beihilfe. Für iese Art der Beihilfe ist eine Anzeige bei der Europäi- chen Kommission erforderlich, aber keine Genehmi- ung. Im Gegensatz zur De-minimis-Beihilfe sind nach er Verordnung für Ausbildungsbeihilfe nur bestimmte osten förderfähig, und diese auch nur mit einem be- timmten Prozentsatz. Vorstellbar ist, dass neben diesem Fördergeld für us- und Weiterbildung im De-minimis-Katalog ein zu- ätzliches Förderungsprogramm für Aus- und Weiterbil- ung aufgelegt wird. Die Unternehmen könnten dann ählen, welche Art der Förderung sie wählen. Kleinere nternehmen würden voraussichtlich die Aus- und Wei- erbildungskosten über De-minimis fördern lassen. Un- ernehmen, die die Förderhöchstbeträge bei De-Minimis rreicht haben, könnten für Aus- und Weiterbildungskos- en zusätzlich Zuschüsse über ein gesondertes Fortbil- ungsbeihilfeprogramm erhalten. Letztendlich bleibt es natürlich den Unternehmen berlassen, ob und in welchem Maße sie von den drei örderprogrammen – Innovationsprogramm, De-mini- is-Beihilfe, Beihilfe für Aus- und Weiterbildungsmaß- ahmen – Gebrauch machen. Deshalb sind die konkreten armonisierungsvolumina pro Jahr nicht exakt vorher- usehen. Das wird berücksichtigt, indem die Beträge wischen den einzelnen Maßnahmen flexibel gestaltet erden. Unterm Strich wäre damit das versprochene Harmoni- ierungsvolumen von 600 Millionen Euro erreicht: 50 Millionen Euro durch die Absenkung der Kfz- teuer, 100 Millionen Euro durch das Innovationspro- ramm und 350 Millionen Euro für die De-minimis-Bei- ilfe und für die Förderung von Aus- und Weiterbil- ungskosten. Nur weil die volle Harmonisierung erreicht wird, wer- en wir der Mauterhöhung zustimmen. Ich will hier icht um den heißen Brei herumreden. Uns ist die Lage es Transportgewerbes durchaus bekannt. Wir wissen, elche Mehrbelastung durch die steigenden Ölpreise in en vergangenen Monaten auf die Unternehmen zuge- ommen sind. Die Kosten für Diesel sind aber nur ein eil. Eine enorme Belastung entsteht auch unbestreitbar urch die hohe Verkehrsdichte auf unseren Straßen und ie damit verbundene Staubildung. Ich will diese Seite icht näher beleuchten, sondern dies der noch kommen- en Debatte überlassen, in der die Mauterhöhung und autspreizung eigentlich beschlossen wird. Ich kann ber schon heute sagen, dass wir darauf bestehen 17992 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 (A) ) (B) ) werden, dass die Mehreinnahmen durch die Erhöhung auch voll und ganz in die Verkehrsinfrastruktur fließen müssen. Ich will zurückkommen auf die eben vorgestellten Harmonisierungsmaßnahmen. Unterstreichen möchte ich nochmals, dass ursprünglich ja vereinbart worden ist: Die Maut bei einem Durchschnittssatz von 13,5 Cent zu belassen, bis weitere Ausgleichsleistungen an das Ge- werbe gezahlt werden würden. Diese erfolgen jetzt durch die De-minimis-Beihilfe und die Förderung von Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen. Die Mautermäßi- gung kann somit entfallen, und der Mautsatz erhöht sich auf die vom Wegekostengutachten von 2002 abgeleite- ten durchschnittlichen 15 Cent. Zusätzlich wird es notwendig, die Mautsätze an die aktuellen Wegekosten anzupassen, die Ende 2007 neu berechnet wurden. Deshalb erfolgt eine weitere Erhö- hung der 15 Cent auf durchschnittlich 16,3 Cent. Unter dem Gesichtspunkt Umweltschutz wird auch eine stär- kere Mautspreizung vorgenommen. Neu und nicht durch die Harmonisierung ausgeglichen ist also nur die Erhö- hung um 1,3 Cent auf durchschnittlich 16,3 Cent. Geht man von den laut altem Wegekostengutachten berechne- ten 15 Cent aus, erfolgt durch die Mautspreizung in der günstigsten Mautklasse also durchaus eine Absenkung auf 14,3 Cent. Weniger umweltfreundliche Lkw werden durch die Mautspreizung stärker belastet. Mir ist bewusst, dass die wissenschaftliche Methode, die für die Errechnung der aktuellen Wegekosten 2007 angewandt wurde, von einigen in Zweifel gezogen wurde. Diese Zweifel haben dazu geführt, dass es noch mal zu einer Veränderung kommt, die letztendlich dazu führt, dass 330 Millionen Euro nicht zur Anrechnung kommen. Ich halte dies für einen tragbaren Kompromiss. Die ursprüngliche neue aktuelle Wegekostenbe- rechung ergab für die Jahre 2009 bis 2012 durchschnitt- lich über 1 Milliarde Euro Mehreinnahmen. Nach dem nun gefundnen Kompromiss werden es durchschnittlich circa 740 Millionen Euro im Jahr sein. Ich fasse zusammen: Eine Mauterhöhung und Maut- spreizung wird mit uns nur kommen, wenn das Harmo- nisierungsvolumen von 600 Millionen Euro jährlich zeit- gleich mit der Mauterhöhung zum 1. Januar 2009 auch in Kraft tritt. Die Maut wird zwar erhöht, aber ausgehend von den 15 Cent wird die Maut für schadstoffarme Lkw in der günstigsten Mautklasse gesenkt. Die Mauthöhe orientiert sich nicht komplett an den ausgerechneten We- gekosten, sondern es werden 330 Millionen Euro nicht angerechnet. Wir, die CDU/CSU-Fraktion, lehnen diesen Antrag ab. Jörg Vögelsänger (SPD): Die Einführung der Lkw- Maut war und ist eine richtige Entscheidung. Jetzt gilt es, das komplexe System weiterzuentwickeln. Dazu hat das Bundeskabinett am 18. Juni 2008 entsprechende Be- schlüsse gefasst. Wichtig und notwendig ist dabei der Paketcharakter. Die Maßnahmen Mautharmonisierung, Mautspreizung und Mauthöhenverordnung gehören zu- sammen. Im Fachausschuss und mit den Verbänden des V s t d t p r e s n f w b W w w n u t h D i i k d a n r v B h t g D l s d n d e T la b d L w i l E t v g d (C (D erkehrsgewerbes gilt es, die vom Bundeskabinett be- chlossenen Eckpunkte zu diskutieren. Sicherlich ist dabei nicht nur Zustimmung zu erwar- en. Zu betonen ist in der notwendigen Diskussion, dass as Harmonisierungspaket für mehr Gerechtigkeit im in- ernationalen Wettbewerb sorgt. Das Harmonisierungs- aket besteht aus mehreren Komponenten. Dazu gehö- en Kfz-Steuersenkung, ein Innovationsprogramm und in Förderprogramm für Aus- und Weiterbildung. Das orgt für eine ausgewogene Förderung von Kleinunter- ehmen, Mittelständlern und größeren Unternehmen und ür eine Wettbewerbsverbesserung für das deutsche Ge- erbe im internationalen Vergleich. Am Transportgewerbe hängen direkt und indirekt Ar- eitsplätze im Millionenbereich. Zudem ist die deutsche irtschaft auf funktionierende Transportsysteme ange- iesen. Das Wirtschaftswachstum darf nicht gefährdet erden. Deshalb brauchen wir dringend mehr Investitio- en in die Verkehrsinfrastruktur. Insbesondere Straße nd Schiene kommen an Kapazitätsgrenzen. Die Investi- ionen des Bundes in Straße, Schiene und Wasserstraße aben eine Größenordnung von circa 9 Milliarden Euro. ie Verkehrspolitiker der großen Koalition haben dabei n den Haushaltsberatungen für 2008 Nachbesserungen m dreistelligen Millionenbereich erkämpft. Sicherlich hätten wir alle uns dabei mehr vorstellen önnen; aber in Regierungsverantwortung Steigerungen urchzusetzen, ist immer eine größere Herausforderung, ls mehr Mittel in der Opposition zu fordern. Zur Erin- erung: Unter schwarz-gelber und rot-grüner Regie- ungsverantwortung hatten wir auch die Größenordnung on circa 9 Milliarden Euro Verkehrsinvestitionen des undes. Mit der Zusatzeinnahme durch die Mauterhö- ung 2009 besteht die große Chance, die Verkehrsinves- itionen des Bundes auf über 10 Milliarden Euro zu stei- ern. Das wäre ein wichtiges Signal für den Standort eutschland. Trotzdem gilt es, in den Anstrengungen nicht nachzu- assen. Dazu gehören PPP-Modelle, der effektive Ein- atz der Mittel aus der Teilprivatisierung der Bahn und as EFRE-Bundesprogramm. Im Übrigen ist hier nicht ur der Bund in der Verantwortung. Die Investitionen er Bundesländer für Landes- und Staatsstraßen haben in erschreckend niedriges Niveau. Auch dort finden ransporte statt. Dies soll keineswegs davon ablenken, dass Deutsch- nd die Verkehrsdrehscheibe in Europa ist. Nach Anga- en des Bundesverkehrsministeriums kommen 38 Prozent er Mauteinnahmen von ausländischen Spediteuren. Die kw-Maut ist in Europa in vielen Ländern eingeführt orden. Dort leisten unsere deutschen Spediteure auch hren Beitrag. Ich möchte kurz auf die mir bekannten Pressemittei- ungen vom Bundesverband Güterverkehr, Logistik und ntsorgung, BGL, und vom Fachverband „Pro Mobili- ät“ eingehen. So spricht der BGL von einem Existenz- ernichtungsprogramm unter einer CDU-geführten Re- ierung. Ich möchte nochmals darauf hinweisen, dass eutsche und ausländische Spediteure gleichsam die er- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 17993 (A) ) (B) ) höhten Mautsätze zu zahlen haben. Die Mautspeisung ist ein Anreiz für moderne Fahrzeuge. Das Harmonisie- rungspaket begünstigt – dies ist auch richtig so – das deutsche Gewerbe. Die Ziele des Verbandes „Pro Mobi- lität“ werden von den Verkehrspolitikern meiner Frak- tion grundsätzlich unterstützt. Wir sind uns einig, dass wir mehr Investitionen für die Verkehrsinfrastruktur brauchen. Ich bin optimistisch, dass das gelingt. Der Präsident des Verbandes „Pro Mo- bilität“, Herr Dr. Peter Fischer, den ich sehr schätze, müsste als ehemaliger niedersächsischer Verkehrsminis- ter wissen, dass alle Verkehrsträger mehr Investitionen brauchen. Hier sind wir gemeinsam in der Verantwor- tung für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Jan Mücke (FDP): Auf den ersten Blick könnte man annehmen, dass sich unser Antrag längst erledigt hat. Nach Medienberichten haben sich Koalition und Logis- tikverbände auf Ausgleichsleistungen in Höhe von jähr- lich 350 Millionen Euro geeinigt. Was aber wurde damit erreicht? Aus unserer Sicht nichts; außer dass das Trans- portgewerbe mundtot gemacht wurde und die Bundesre- gierung ihren Feldzug gegen die Straße jetzt noch unge- hemmter betreiben kann. Schauen wir uns die Einigung an: Darin ist von Un- terstützungsleistungen in Höhe von 600 Millionen Euro pro Jahr die Rede, wie es der Mautkompromiss aus dem Jahr 2003 will. In diesem Betrag sind jedoch 100 Millio- nen Euro Fördermittel für die Anschaffung von Euro-5- Fahrzeugen enthalten. Bei der Rechnung wird außer Be- tracht gelassen, dass dieses sogenannte Innovationspro- gramm mit einer Antragsfrist bis zum 30. Juni dieses Jahres ersatzlos ausläuft. Darüber hinaus ist völlig unklar, ab wann die verspro- chenen Unterstützungsleistungen gewährt werden, nach dem alten Motto: Hauptsache, die Erhöhung ist durch – alles andere hat Zeit. Jedenfalls gibt es keine verbindli- chen Regelungen im Zuge der jüngst im Bundeskabinett beschlossenen Anhebung der Mautbeträge. Die kann es auch nicht geben. Denn die zugesagten Unterstützungs- leistungen sind haushaltsrelevant, das heißt, die Bun- desregierung benötigt hierfür die Zustimmung des Bundestages. Genau darin liegt der Skandal: Die Bun- desregierung verspricht am Parlament vorbei Hunderte Millionen Euro. Sie macht den Bundestag zum Vasallen ihrer Politik. Wie oft hat die Bundesregierung auf Anfra- gen in Bezug auf einzelne Verkehrsprojekte geantwortet, die Umsetzung liege in der Entscheidung des Haushalts- gesetzgebers! Es wäre schön, wenn es diesmal genauso gelaufen wäre. Der Kompromiss ist eine Mogelpackung oder, mit den Worten des Bundesverbandes Güterkraft- verkehr Logistik und Entsorgung, der Treppenwitz des Jahres. Sie sehen, unser Antrag hat sich nicht erledigt. Er ist aktueller denn je. Bundesminister Tiefensee hat auf einer Podiumsdiskussion zum Masterplan Güterverkehr und Logistik bereits Ende April anklingen lassen, dass sich die Nutzer in Zukunft finanziell noch stärker am Erhalt und Ausbau des Straßennetzes beteiligen müssen. Dem folgten mit dem gestrigen Kabinettsbeschluss auch Ta- t s f z W B a v k t d F d S M d j D s b p s f e z a d d i z r W b B d w w s V l d K d B s Z z n h (C (D en. Zum 1. Januar 2009 soll der durchschnittliche Maut- atz von 13,5 auf 16,2 Cent pro Kilometer steigen. Man ragt sich dabei, ob dies wirklich nur geschehen ist, um usätzliche Einnahmen für die Straße zu akquirieren. ir beantworten dies mit einem eindeutigen Nein. Die undesregierung folgt weiter ihrem Kurs, den Verkehr uf der Straße künstlich zu verteuern, um den Schienen- erkehr zu begünstigen. Bundesminister Tiefensee ver- ündet öffentlich, Verkehr mit über 100 Kilometer Dis- anz gehört grundsätzlich auf die Schiene. Entsprechend azu ist im Entwurf des Masterplans zu lesen: Es stellt sich daher die Frage, ob durch eine trans- portweitenabhängige Gestaltung des Mautsystems eine Änderung des Modal-Splits zugunsten der Schiene erreicht werden kann. rei nach dem Motto: Ihr werdet schon sehen, was Ihr avon habt. Mit der Mauterhöhung soll nicht die Zukunft der traße gesichert, sondern die Schiene in noch stärkerem aße quersubventioniert werden. Bereits im Rahmen es Bundeshaushalts 2008 partizipieren Schienenpro- ekte mit fast 1 Milliarde Euro an den Mauteinnahmen. ieser Betrag soll durch die jüngst beschlossenen zu- ätzlichen Belastungen des Straßengüterverkehrsgewer- es noch erheblich erhöht werden. Die Bundesregierung ervertiert das auf Nutzergerechtigkeit ausgelegte Maut- ystem zur Durchsetzung ihrer Vorstellungen. Nicht zu- ällig wurde die Mauterhöhung nicht etwa im Rahmen ines Investitionsprogrammes, sondern im Rahmen des weiten Klimapakets beschlossen. Dabei geht die Politik der Bundesregierung vollends n den Realitäten vorbei: Zurzeit werden nur 18 Prozent er Güter über die Schiene transportiert. Gleichwohl ist as Netz in weiten Teilen bereits ausgelastet. Die Bahn st schlicht außerstande, zusätzliche Transportleistungen u erbringen. Im Masterplan ist die Rede von der höhe- en Leistungsfähigkeit der Bahn gegenüber der Straße. enn dies stimmen sollte, warum muss dann der Wett- ewerb zwischen den Verkehrsträgern zugunsten der ahn verzerrt werden? Den Spediteuren bleibt gar nichts anderes übrig, als ie Straße zu nutzen. Mit weiteren Mauterhöhungen ird nicht erreicht, dass unnötiger Verkehr vermieden ird. Denn es gibt ihn nicht. Kein Unternehmer schickt eine Lkw aus Spaß über die Autobahn. Die Folge: Der erkehr wird noch teurer – zulasten der Wirtschaft und etztlich zulasten der Verbraucher. Wir verschließen uns notwendigen und nutzbringen- en Maßnahmen nicht. Jeder Verkehrsträger hat für die osten aufzukommen, die er verursacht. Wir reichen je- och nicht einer ideologischen Politik die Hand, die auf evormundung und Planwirtschaft ausgerichtet ist. Sie ehen, unser Antrag hat größte Bedeutung. Lutz Heilmann (DIE LINKE): Die Lkw-Maut ist gut. üge müssen schon lange für die Nutzung von Schienen ahlen. Lkw müssen das seit 2005 auch. Der Erfolg ist icht von der Hand zu weisen. Leerfahrten von Lkw aben sich deutlich verringert. Die Fahrten werden 17994 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 (A) ) (B) ) insgesamt effizienter, und wir haben einen Boom im Schienengüterverkehr. Der wächst nicht nur, der wächst sogar stärker als der Lkw-Verkehr. Deshalb hat sich der Marktanteil der Schiene in den letzten Jahren erhöht. Des- wegen finde ich es absolut unverständlich, dass Sie sich von Ihrem Ziel verabschieden wollen, den Marktanteil des Schienengüterverkehrs auf 25 Prozent zu steigern. Die Begründung dafür ist – nachzulesen im aktuellen Fort- schrittsbericht zur nationalen Nachhaltigkeitsstrategie –, dass die „Zielerreichung sehr unrealistisch“ sei. Erstens: Wenn man ein Ziel nicht erreicht, dann ist nicht gleich das Ziel falsch. Dann ist die Politik falsch, die nichts dafür getan hat. Zweitens: Das trifft in diesem Fall aber nur teilweise zu. Durch die Mauterhöhung wurde ein wichtiges Ele- ment realisiert, das Erfolge zeigt. Drittens: Völlig unverständlich wird es, wenn man den Masterplan Güterverkehr und Logistik zur Hand nimmt. Damit strebt das Verkehrsministerium im Jahr 2025 190 Milliarden Tonnenkilometer auf der Schiene an. Das sind zwei Drittel mehr als heute! Das macht alles keinen Sinn. Sie wollen mehr Verkehr auf der Schiene, aber Sie glauben nicht, dass das klappt? Oder ist das der vorausei- lende Gehorsam gegenüber der privatisierten Bahn? Wenn Sie die verscherbeln, haben Sie nicht mehr viel mitzure- den. Da können Sie dann auch keine Ziele mehr vorgeben. Auf deren Einhaltung haben Sie dann keinen Einfluss mehr. Sie wollen anscheinend dem Abbau des Schienen- verkehrs Tür und Tor öffnen. Genau das befürchten wir – und genau so wird es auch kommen. Ich werde Sie in ein paar Jahren an meine Worte erin- nern! Während wir wegen der Verschleuderung des „Volkseigentums“ der Bahn mit Ihnen äußerst unzufrie- den sind, sieht es bei der Maut anders aus. Die Einfüh- rung der Maut – und die gestern beschlossene Erhöhung – begrüße ich ausdrücklich. Natürlich bin ich nicht zufrie- den. Bei der aktuellen Mauterhöhung verzichten Sie auf jährliche Einnahmen von 330 Millionen Euro, sagte Staatssekretär Großmann gestern. Das neue Wegekos- tengutachten von Ende 2007 – Grundlage für die Ermitt- lung der Mauthöhe – wurde zurechtgestutzt. Frei nach dem Motto „Traue keinem Gutachten, das du nicht sel- ber gefälscht hast“. Pro Kilometer zahlen Lkw nun knapp einen Cent weniger, als es gerechtfertigt wäre. Angesichts des massiven Widerstandes der Spediteur- branche – und der CDU – bin ich aber froh, dass Sie das Gutachten nicht ganz im Giftschrank verschlossen ha- ben. Gut ist auch, dass die Bundesregierung den Spiel- raum bei der Spreizung der Mauthöhe fast vollständig ausnutzt. Lag der Abstand zwischen dem umweltfreund- lichsten und dem umweltschädlichsten Lkw bisher bei 4,5 Cent pro Kilometer, liegt er zukünftig bei mehr als 13 Cent. Das wird der Flottenerneuerung einen noch größeren Schub bringen. Ein Übriges hat das Innova- tionsprogramm bewirkt, das sich als großer Erfolg ent- puppt. Nebenbei, da die Harmonisierung ja wohl unter Dach und Fach ist, ist der Antrag der FDP überflüssig. Deswegen rede ich auch nicht darüber. Ich muss allerdings sagen, dass ich etwas irritiert bin, dass den Mitgliedern des Verkehrsausschusses die Maut- höhenverordnung nicht umgehend zugesandt wurde. So m j d d m t d t r d L d 3 ü n w t e k k d w d m a A s g e f d s w h v c u s h z u m S s d v d L A m e d n W g D f D V T d f (C (D uss ich hier über unbekannte Eier reden, gelegt sind sie a wohl. Die Maut ist allerdings immer noch viel zu nie- rig. Bereits seit einer Woche überfällig ist der Vorschlag er Kommission für die neue Wegekostenrichtlinie. Da- it wird die Grundlage für die Anlastung externer Kos- en gelegt, der finanziell bewerteten Umweltschäden urch Lkw. Der Entwurf zeigt: Obwohl darin Unfallkos- en, Klimaschäden und Schäden an der Natur nicht be- ücksichtigt sind, kommen bis zu 22 Cent oben drauf, nur urch die Anrechnung der Gesundheitsschäden durch ärm, Luftverschmutzung und die Staukosten. Von nun urchschnittlich 16 Cent könnte sich die Maut auf 0 Cent fast verdoppeln. In der Schweiz ist die Maut brigens schon jetzt deutlich höher, und die leben auch och – gar nicht schlecht übrigens. Vor Panikmache arne ich deswegen entschieden! Natürlich sollen Spedi- eure nicht in den Ruin getrieben werden. Deswegen ist s umso wichtiger, alle Mauterhöhungen frühzeitig anzu- ündigen, damit die in die Verträge eingepreist werden önnen. Niemand braucht Existenzängste zu haben. Aber ie Transportpreise dürfen nicht so niedrig bleiben. Eine ichtige Triebfeder der sogenannten Globalisierung sind och die vernachlässigbaren Transportkosten. Nicht alles uss aber in Fernost hergestellt werden. Das können wir uch bei uns. Leider bleibt die Maut freiwillig. Auch die nlastung externer Kosten wird freiwillig sein. Ange- ichts des erheblichen Widerstands bei der gestrigen, ver- leichsweise harmlosen Erhöhung befürchte ich, dass die xternen Kosten nirgends angelastet werden – wenn das reiwillig ist. Deswegen fordere ich Sie dazu auf, sich bei en anstehenden Verhandlungen in der EU dafür einzu- etzen, dass Wegekosten und externe Kosten angelastet erden müssen. Das muss ja nicht gleich morgen gesche- en. Einen festen Zeitplan kann und sollte die EU aber orgeben. Nur so können wir das scheinbar unaufhörli- he Wachstum des Straßengüterverkehrs in Deutschland nd Europa wenigstens verlangsamen und dem europäi- chen Schienengüterverkehr einen großen Schub verlei- en. Gerade auf den langen Distanzen hat der seine Vor- üge. Die technische Harmonisierung reicht nicht aus, m mehr Verkehr auf die europäische Schiene zu bekom- en. Das ist auch aus Klimaschutzgründen unerlässlich. chließlich sind Lkw in Deutschland mittlerweile für echs Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich – Ten- enz rasant steigend. Dass ist die Hälfte der Emissionen on Pkw. Vor 15 Jahren war es nur ein Viertel! Die Bun- esregierung muss auch ihren Widerstand aufgeben und kw unter 12 Tonnen endlich in die Maut einbeziehen. ls erster Schritt würde es reichen, Lkw über 7,5 Tonnen autpflichtig zu machen. Die Bundesstraßen müssen ndlich flächendeckend mautpflichtig werden, zumin- est auf außerorts gelegenen Strecken, auf denen ein nen- enswerter Anteil des Fernverkehrs zu verzeichnen ist. enn Sie all das machen, dann wäre die Maut nicht nur ut, dann wäre sie sehr gut. Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): ie Bundesregierung, vor allem der Verkehrsminister, eiert sich selbst wegen der Anhebung der Lkw-Maut. ies sei eine mutige Tat für den Klimaschutz und die erkehrspolitik, sagt Verkehrsminister Wolfgang iefensee. Die beschlossene Mauterhebung ist aber we- er mutig, noch wird sie dem Klimaschutz wirklich hel- en. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 17995 (A) ) (B) ) Die Anhebung der Lkw-Maut auf durchschnittlich 16,3 Cent bleibt deutlich hinter dem zurück, was mög- lich wäre. Wir fordern eine Anhebung der Lkw-Maut auf durchschnittlich 17,2 Cent in 2009 und eine Erhöhung auf durchschnittlich 18 Cent bis 2012, wie es im vom Bundesverkehrsministerium in Auftrag gegebenen We- gekostengutachten 2007 berechnet wurde. Die beschlos- sene Mautspreizung und die Förderung der Nachrüstung von Partikelfiltern begrüßen wir ebenso wie die Mautharmonisierung. Die Lkw-Maut-Erhöhung wird nur zum kleineren Teil zusätzliche Einnahmen für Verkehrsinvestitionen bringen. Denn von den 2,8 Cent, um die der durchschnittliche Mautsatz angehoben wurde, müssen 1,5 Cent für die Kompensation des letzten noch ausstehenden Teils, 350 Millionen Euro, der sogenannten Mautharmonisie- rung abgezogen werden. Die Gesamtbeihilfen für das deutsche Transportgewerbe belaufen sich dann auf 600 Millionen Euro. Im Gegenzug kann die Maut auf 15 Cent angehoben werden, wie es schon im Mautkom- promiss 2003 beschlossen wurde. Real ist die Lkw- Maut nur um 1,3 Cent angehoben worden, obwohl nach dem Wegekostengutachten 2007 eine Anhebung um 2,2 Cent möglich gewesen wäre. Die Straßenlobby, die erfolgreich über das Wirtschaftsministerium diese geringe Erhöhung durchgesetzt hat, muss sich allerdings fragen, wo denn dann das zusätzliche Geld für die Verkehrsinfrastruktur herkommen soll, das sie ständig fordert. Zudem geht die Bundesregierung selbst davon aus, dass das Gesamtaufkommen aus der Lkw-Maut im Jahr 2010 um 200 Millionen Euro und im Jahr 2011 um 400 Millionen Euro gegenüber 2009 zurückgeht. Der Grund dafür ist die erwartete schnelle Umstellung der Lkw-Flotte auf moderne Euro-5-Fahrzeuge, die in der günstigsten Mautkategorie fahren dürfen. Nach der An- hebung im Jahr 2009 werden in den Folgejahren also weniger zusätzliche Investitionsmittel aus der Lkw-Maut zur Verfügung stehen. Statt einer langfristigen Aufsto- ckung der Investitionsmittel um jeweils 1 Milliarde Euro für Straße und Schiene, wie im Masterplan Güterverkehr und Logistik angekündigt, bleiben ab 2011 netto gerade einmal 600 Millionen Euro mehr für die Verkehrsinfra- struktur. Das kompensiert noch nicht einmal die gestie- genen Baukosten als Folge der Mehrwertsteuererhöhung und der stark gestiegenen Energie- und Materialkosten. Aus grüner Sicht fehlt in der Mauthöheverordnung vor allem die heute schon mögliche Ausweitung der Lkw- Maut auf Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen und eine Ausdehnung der Mautpflicht auf Bundesstraßen. Nach einer Studie des Dialogforums „Nutzerfinanzierung: Straße“ würde eine Lkw-Maut in Höhe von 15 Cent auf Bundesstraßen im Jahr 2010 zu Einnahmen von 1,2 Milliarden Euro führen. Die Einführung einer Maut für Busse und Lkw ab 3,5 Tonnen auf Autobahnen und Bundesstraßen würde zu- sätzlich rund 900 Millionen Euro Einnahmen bringen. Die Lkw-Maut könnte bei Anhebung der Maut auf 17,2 Cent und einer Ausweitung auf Busse, Lkw ab 3,5 Tonnen und Bundesstraßen daher rund 2,5 Milliarden Euro mehr ein- bringen, als jetzt beschlossen wurde. Die EU-Kommission plant, am 8. Juli 2008 ein Green Package für den Verkehr vorzulegen. Darin enthalten ist ein Vorschlag für die Anlastung von externen Kosten des L d L w L d d s E t T d E g t 4 R m v d d t M t D M g n r h d l d a s d B w r L w 6 k A v (C (D kw-Verkehrs und eine neue Wegekostenrichtlinie, die iese Kosten in die Berechnung der maximal zulässigen kw-Maut einbezieht. Der jetzt bekannt gewordene Ent- urf der neuen Wegekostenrichtlinie ist enttäuschend: Bei den externen Kosten werden nur Luftschadstoffe, ärm und Staukosten angerechnet. Unfallkosten, Kosten es Klimawandels und Natur- und Landschaftsschäden ürfen nicht angerechnet werden. Damit bleibt der Vor- chlag weit hinter dem zurück, was ein im Auftrag der U-Kommission von internationalen Experten erarbeite- es „Handbuch zur Abschätzung externer Kosten im ransportbereich“ als wissenschaftlichen Standard für ie Erhebung externer Kosten erarbeitet hat. Die externen Kosten für Lkw sollen differenziert nach uro-Norm, Tageszeit und nach der durchfahrenden Re- ion erhoben werden. Der maximale Aufschlag für ex- erne Kosten unter günstigen Bedingungen sind ,4 Cent, der Höchstaufschlag 22,4 Cent. In sensiblen egionen wie den Alpen sollen keine höheren Mautsätze öglich sein. Die Erhebung von Lkw-Maut in Europa wird nicht erbindlich. In einigen Ländern Europas werden Lkw aher auch weiter mautfrei fahren dürfen. Die Schweiz, ie bekanntlich nicht der EU angehört, bezieht alle ex- ernen Kosten in die Berechnung der Lkw-Maut ein. Der autsatz für einen 40-Tonnen-Lkw der modernsten Ka- egorie – Euro 5 – beträgt in der Schweiz rund 56 Cent. as ist fast viermal mehr, als der gleiche Lkw nach der autanhebung in Deutschland bezahlen muss. Das all- emeine Preisniveau in der Schweiz hat sich dennoch ur um 0,11 Prozent erhöht. Wir fordern die Bundes- egierung auf, sich in Brüssel für eine volle Einbezie- ung der externen Kosten nach Schweizer Vorbild bei er neuen Wegekostenrichtlinie einzusetzen. Der FDP-Antrag zur Mautharmonisierung hat sich er- edigt, da die Harmonisierung jetzt erfolgt ist. Warum er Bundesverband Güterverkehr und Logistik dies nicht ls einen großen Lobbyerfolg für sich verbucht, sondern tattdessen die Insolvenz von 3 000 Lkw-Speditionen an ie Wand malt, bleibt mir schleierhaft. Wir hätten uns auch vorstellen können, analog zur innenschifffahrt einen Steuerfreibetrag für die Ge- inne aus der Veräußerung von Fahrzeugen einzufüh- en. Aber die jetzt gefundene Lösung ist besser als keine ösung. Fakt ist, dass das deutsche Straßenspeditionsge- erbe durch die Harmonisierung um insgesamt 00 Millionen Euro entlastet wird. Das sollte man nicht leinreden. nlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung (Geldwäsche- bekämpfungsergänzungsgesetz – GwBekErgG) (Tagesordnungspunkt 15) Helmut Brandt (CDU/CSU): Nur gut ein Monat ist ergangen, seitdem der Gesetzesentwurf zum Geld- 17996 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 (A) ) (B) ) wäschebekämpfungsergänzungsgesetz am 8. Mai 2008 in erster Lesung im Deutschen Bundestag verhandelt wurde. Heute, nach ergänzenden Beratungen und der Behand- lung des Gesetzentwurfes im Innenausschuss, können wir dieses wichtige Gesetz verabschieden. Wichtig ist dieses Gesetz deshalb, weil damit vielver- sprechend das Ziel verfolgt wird, Geldwäsche und Terro- rismusfinanzierung wirksam zu bekämpfen. Ausgangs- punkt für dieses Ergänzungsgesetz waren zum einen das am 15. August 2002 bereits in Kraft getretene Geldwä- schebekämpfungsgesetz und zum anderen die Richtlinien des Europäischen Parlamentes und des Rates sowie der Kommission aus den Jahren 2005 und 2006. Die CDU/CSU-Fraktion begrüßt sehr, dass das Ge- setz heute mit dem vom Innenausschuss des Deutschen Bundestages empfohlenen Änderungsantrag die Europäi- schen Richtlinien im Verhältnis eins zu eins umsetzt, mithin nicht über diese Richtlinien hinausgeht. Im Rah- men der Beratungen konnten hier insbesondere auch Anregungen aus dem Bundesrat, aber auch aus der be- troffenen Privatwirtschaft Berücksichtigung finden. Die zwischenzeitlich geführten Gespräche mit von dem Ge- setz Betroffenen haben zudem belegt, dass einer zügigen Umsetzung des Gesetzes nichts im Wege steht. Zur Bedeutung des Gesetzes möchte ich noch einige mir wichtig erscheinende Hinweise geben: Immer wie- der wird zu Recht die Frage gestellt, wie sich die organi- sierte Kriminalität und der weltweite Terrorismus finan- zieren. Denn eins ist klar: Menschenverachtendes, verbrecherisches Tun seitens der Terroristen ebenso wie die verbrecherischen Machenschaften der organisierten Kriminalität sind ohne wirksame Geldflüsse nicht vor- stellbar. Die Financiers des Terrorismus müssen mithin Mittel und Wege finden, die zur Finanzierung des Terrorismus aufgewandten Mittel an die Täter weiterzuleiten. Ein- nahmen aus illegalen Drogengeschäften, Erpressungen und Menschenhandel müssen in den Geldkreislauf ein- gespeist werden, um vermeintlich legal genutzt werden zu können. Im Klartext heißt dies, dass der Terrorismus und die organisierte Kriminalität auf weltweite Geld- flüsse angewiesen ist, um ihr verbrecherisches Tun zu fi- nanzieren und das aus illegalen Geschäften gewonnene Kapital wunschgemäß zu platzieren. Gelingt es uns, die Geldwäsche wirksam zu bekämp- fen und den weltweiten Finanzfluss zur Finanzierung einzudämmen, so bedeutet dies einen entscheidenden Schritt zur Bekämpfung dieses uns alle bedrohenden Kriminalitätsfeldes. Neben der Aufdeckung der zu- grunde liegenden Straftaten wird mithin durch eine wirk- same Geldwäschebekämpfung das organisierte Verbre- chen empfindlich getroffen. Dabei ist das Feld äußerst komplex. Geldwäsche: Darunter versteht man all die Methoden und Handlun- gen, die dem Einschleusen von illegal erworbenem Geld oder anderen gleichwertigen Vermögenswerten in den legalen Finanz- und Wirtschaftskreislauf dienen und gleichzeitig verhindern, die tatsächliche Herkunft der Vermögenswerte aufzudecken. Dies kann nur gelingen, w f d W z w s s s R H s g t F d l w h u z z R z f f D d g h d G w s g p D P w i b h d r H h z t s 1 m (C (D enn die in Abschnitt 2 des Gesetzes aufgeführten Sorg- altspflichten auch tatsächlich beachtet werden. Unser Appell geht daher an die Verantwortlichen in er Kreditwirtschaft und an all diejenigen, auf deren achsamkeit es ankommt, um den illegalen Geldfluss u erkennen und zu unterbinden. Unser Ziel ist, das Be- usstsein der durch das Gesetz Verpflichteten dafür zu chärfen, dass Wachsamkeit geboten ist und nur die kon- equente Meldung von Verdachtsfällen Erfolge ver- pricht. Das Gesetz schafft hierfür klare und übersichtliche egelungen, die es ermöglichen, eine konsequente andhabung des Gesetzes zu gewährleisten und damit icherzustellen, dass Erfolge bei der Bekämpfung der or- anisierten Kriminalität und des Terrorismus auch ein- reten. Soweit im Gesetzgebungsverfahren vonseiten der DP Kritik geäußert wurde, richtete sich diese insbeson- ere gegen die Einhaltung der Sorgfaltspflichten bezüg- ich sogenannter politisch exponierter Personen. Dabei urde offensichtlich zunächst verkannt, dass es sich ierbei nicht um inländische Personen handelt, sondern m Vertragspartner im Ausland, auf die diese Definition utrifft. Im Übrigen wird auch in diesem Punkt – und war zu Recht – die Richtlinie eins zu eins umgesetzt. Auch der Vorwurf der FDP, das Gesetz setze die ichtlinie im Übrigen nicht lediglich im Verhältnis eins u eins um, ist nach Auffassung der CDU/CSU-Fraktion alsch. Vielmehr ist das Gegenteil richtig: Die Gesetzes- assung ist präziser und anwenderfreundlicher als die urchführungsrichtlinie. Aus diesen Gründen ist auch er Entschließungsantrag der FDP abzulehnen. Die Vorwürfe der Fraktion Die Linke entsprechen der ängigen Propaganda, indem unsubstantiiert die Be- auptung aufgestellt wird, mit diesem Gesetz solle nicht er Terrorismus bekämpft werden, sondern sollten die rundlagen einer freiheitlichen Gesellschaft ausgehöhlt erden. Dabei bleiben die Linken die Auskunft darüber chuldig, wie die Ermittlungsbehörden an Informationen elangen sollen, wenn keinerlei Meldepflichten bei sus- ekten Transaktionen bestehen. Es geht auch nicht um atensammelwut der Behörden. Ohne die Mithilfe der rivatwirtschaft ist eine effektive Bekämpfung der Geld- äsche schlicht und einfach nicht möglich. Alles andere st populistisches Geschwafel. Mit den Grünen sind auch wir der Auffassung, dass es ei der Terrorbekämpfung des Augenmaßes bedarf. Ich offe, aufgezeigt zu haben, dass dieses Gesetz genau ieser Forderung gerecht wird. Erlauben Sie mir noch einige Ausführungen zu unse- em eigenen Änderungsantrag: Zu Recht werden die ändler bei der Annahme von Bargeld nicht nur außer- alb, sondern auch innerhalb bestehender Geschäftsbe- iehungen zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten angehal- en. Auch die Stückelung von Bargeldzahlungen, das ogenannte Smurfing, um den Schwellenwert von 5 000 Euro zu unterlaufen, muss in den Fokus genom- en werden. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 17997 (A) ) (B) ) Soweit mit dem Änderungsantrag Vereinfachungen vorgesehen sind, betreffen diese die Identifizierung ju- ristischer Personen. Hier wurden für die betroffene Pri- vatwirtschaft Erleichterungen geschaffen. Bei den Sortengeschäften, also den Geldwechselge- schäften, ist zudem der Schwellenwert von 2 500 Euro eingeführt worden. Dies entspricht bereits der bisherigen Verwaltungspraxis der Bundesanstalt für Finanzdienst- leistungsaufsicht und kommt den Massengeschäften im Rahmen des Tourismus entgegen. Wichtig ist schließlich auch, dass sich die Kosten für die Umsetzung des Gesetzes in Grenzen halten. Der mit der vorgesehenen Ergänzung verbundene Mehraufwand gegenüber den bereits bestehenden Kosten hält sich ge- messen am Ziel mit 190 000 Euro sehr in Grenzen. Der mit dem Gesetz ebenfalls beschäftigte Normenkontroll- rat hat deshalb keinerlei Bedenken erhoben und ist hin- sichtlich der zu erwartenden Kosten von der Einschät- zung der Bundesregierung auch nicht abgewichen. Ich fasse daher zusammen: Die Gesetzesergänzung hat sich in der Vergangenheit als notwendig erwiesen. Im Kampf gegen die organi- sierte Kriminalität und den weltweit agierenden Terroris- mus verspricht dieses Gesetz auch echten Erfolg, und zwar aus folgenden Gründen: Erstens. Das Gesetz weitet die zur Geldwäschebe- kämpfung bereits bestehenden Instrumente auf die Be- kämpfung des Terrorismus und seiner Finanzierung aus. Zweitens. Die Sorgfaltspflichten der Privatwirtschaft werden verstärkt. Es findet eine bessere Differenzierung nach der Risikoträchtigkeit der Aktionen statt. Drittens. Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch die Neudefinition der tatsächlich hinter den Transaktio- nen stehenden Personen – Stichwort: „Wirtschaftlich Be- rechtigter“. Viertens. Es besteht die Möglichkeit für den Ver- pflichteten, die sich für ihn aus dem Gesetz ergebenden Verpflichtungen zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten auch auf einen Dritten übertragen zu können. Dies stellt eine wesentliche Erleichterung auch für die Privatwirt- schaft dar. Ich freue mich daher mit meiner Fraktion über dieses gelungene Gesetzeswerk. Erfreulich wäre es, wenn das gesamte Parlament dem Gesetz zustimmen und damit ein deutliches Zeichen setzen würde, dass wir alle ent- schlossen diese Kriminalitätsfelder bekämpfen wollen. Frank Hofmann (Volkach) (SPD): Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland hat mit der Regierung der Sozialistischen Republik Vietnam ein Abkommen über die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von schwerwiegenden Straftaten und der Organisierten Kri- minalität – OK-Abkommen – unterzeichnet. Ziel des Abkommens ist es, die Zusammenarbeit bei der Be- kämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität und des Terrorismus zu verbessern und dadurch die innere Sicherheit in den Vertragsstaaten zu erhöhen. r r f S A h r z B k n g k d d r n ü m D w m v w n f g h l d d A d K d z n s P O r b a g m n S g v d W D (C (D OK-Abkommen mit Deutschland im Rahmen bilate- aler Verträge sind in den 90er-Jahren entstanden. Es wa- en nach der Maueröffnung – als Ausgleich für die weg- allenden Grenzen – die mittel- und osteuropäischen taaten, mit denen die Bundesrepublik sogenannte OK- bkommen abschloss. Nach dem 11. September 2001 at man diese OK-Abkommen auch für Zwecke der Ter- orismusbekämpfung geöffnet. Politische Kontroversen u diesen OK-Abkommen gab es bisher im Deutschen undestag nicht. Die datenschutzrechtlichen Regelungen dieser Ab- ommen sind alle – also das Abkommen mit Vietnam – ach einem mit dem Bundesdatenschutzbeauftragten ab- estimmten Muster eingefügt. Für die Polizei werden eine neuen Befugnisse geschaffen. Grundlage bleibt as innerstaatliche Recht insbesondere die §§ 14 und 15 es BKA-Gesetzes. Nach Abs. 7 des § 14 wird das BKA veranlasst, da- auf hinzuweisen, dass die personenbezogenen Daten ur zu dem Zwecke genutzt werden dürfen, zu dem sie bermittelt worden sind. Ferner ist der beim Bundeskri- inalamt vorgesehene Löschungszeitpunkt mitzuteilen. ie Übermittlung personenbezogener Daten unterbleibt, enn Grund zu der Annahme besteht, dass mit der Über- ittlung gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes erstoßen wird. Die Übermittlung unterbleibt außerdem, enn durch sie schutzwürdige Interessen des Betroffe- en beeinträchtigt werden, insbesondere wenn im Emp- ängerland ein angemessener Datenschutzstandard nicht ewährleistet ist. Zweck von bilateralen Abkommen ist es, den Sicher- eitsbehörden bei der Zusammenarbeit Konturen zu ver- eihen, wie zum Beispiel Deliktfelder und den Rahmen er Zusammenarbeit festzulegen. Es wird quasi der Bo- en bereitet für eine gute bilaterale Zusammenarbeit. In den vergangenen Jahren wurden sogenannte OK- bkommen geschlossen mit der Türkei – 2003 –, mit en Vereinigten Arabischen Emiraten – 2005 – und mit uwait – 2007. Daneben gibt es noch das hier zu behan- elnde Abkommen mit Vietnam – 2006. Es werden zur- eit weitere Abkommen verhandelt, die jedoch noch icht spruchreif sind. Seit Anfang der 90er-Jahre befindet sich die Wirt- chaft Vietnams in einem Übergangsprozess von einer lan- zu einer Marktwirtschaft mit „sozialistischer rientierung“. Diese schrittweise betriebene Erneue- ungspolitik – „Doi Moi“ – hat in den ersten Jahren emerkenswerte wirtschaftliche Erfolge erzielt, unter nderem hohe Wachstumsraten und enorme Exportstei- erungen. Vietnam ist ein Rising Star mit großer ökono- ischer Entwicklung. Insgesamt nimmt Deutschland bei den Ausfuhren ach Vietnam nur Rang 14 ein – Platz 1 China, Platz 2 ingapur, Platz 3 Taiwan –, bleibt innerhalb der EU aber rößter Handelspartner Vietnams. Betrachtet man die ietnamesischen Exporte, nimmt Deutschland – hinter en USA, Japan, Australien und China – Rang fünf ein. ichtigste vietnamesische Exportprodukte nach eutschland sind Schuhe, Bekleidung, Kaffee, Fisch 17998 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 (A) ) (B) ) und Pfeffer. In umgekehrter Richtung spielt der Export von Maschinen die wichtigste Rolle. Im Juli 2006 wurde ein neues Unternehmens- und ein Investitionsgesetz verabschiedet. Die Rahmenbedingun- gen für ausländische Unternehmer und Investoren haben sich dadurch verbessert. Der am 7. Januar 2007 erfolgte Beitritt Vietnams zur Welthandelsorganisation – WTO – wird die Attraktivität des vietnamesischen Marktes wei- ter erhöhen, wenngleich die Liberalisierung aufgrund vereinbarter Übergangsfristen nicht in allen Sektoren gleich schnell voranschreiten wird. Es ist eine kriminalistische Erfahrung, dass mit der wirtschaftlichen Entwicklung eines Landes und ihrer in- ternationale Ausrichtung auch ein Mehr an internationa- ler Kriminalität einhergeht. Es ist richtig und vorsor- gend, dass sich Deutschland darauf einstellt. Gerade im Bereich der Bekämpfung besonders schwerer Straftaten kann uns dieses Abkommen mit Vietnam gute Dienste erweisen. Frank Schäffler (FDP): Die FDP-Fraktion lehnt den vorliegenden Gesetzentwurf ab, weil er an der Lebens- wirklichkeit vorbei geht. Das Ziel, Geldwäsche zu be- kämpfen, ist natürlich richtig, der Weg ist falsch. Die Bekämpfung der Geldwäsche muss durch Maßnahmen, die maßvoll, sinnvoll und verhältnismäßig sind, erfol- gen. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung ist jedoch mal wieder durch den Ansatz des Generalverdachts gekennzeichnet. Die zugrundeliegende EU-Richtlinie orientiert sich zwar am risikobasierten Ansatz, der vor- liegende Gesetzentwurf weicht jedoch davon ab. Dies führt im Ergebnis wieder dazu, dass Sie seitens der Koalition Bürokratie auf- und nicht abbauen. Im Ge- setz selbst werden 195 000 Euro an zusätzlichen Büro- kratiekosten als grobe Abschätzung genannt. Die Praxis wird zeigen, dass diese Summe viel zu niedrig angesetzt ist. Sie reden eben immer nur von Bürokratieabbau, Ihr Handeln geht aber in die andere Richtung. Dass der Gesetzentwurf an der Lebenswirklichkeit vorbei geht, sieht man sehr gut an der vorgesehenen Pflicht, eine Geschäftsbeziehung zu beenden, wenn nicht alle Sorgfaltspflichten erfüllt werden. Diese Verpflich- tung soll unabhängig davon bestehen, wie wichtig die einzelne Information ist. Eine solch undifferenzierte Re- gelung mit so einschneidenden Folgen lehnen wir als FDP ab. Auch bei den Identifizierungspflichten gemäß § 4 Abs. 4 GwG nutzen Sie den Spielraum der Richtlinie nicht. Wenn die Richtlinie zur Identifizierung den Rück- griff auf Dokumente, Daten und Informationen aus einer glaubwürdigen Quelle zulässt, der Gesetzentwurf sich aber auf Dokumente beschränkt, dann setzen Sie die Richtlinie eben nicht eins zu eins um, sondern erschwe- ren die praktische Handhabung für die Betroffenen in Deutschland unnötig. Auch die Regelungen zur Bestimmung der wirtschaft- lich Berechtigten schaffen erhebliche Rechtsunsicher- heit. Darauf haben uns die Sachverständigen auch hinge- w d p A n i d E r r E k s c G n e h f s n z A k r s G f i w s n L w P r z s d w v S p s t R d m v r (C (D iesen, doch Sie als Koalition haben es versäumt, auf ie berechtigten Bedenken einzugehen. Des Weiteren ist der Generalverdacht gegenüber den olitisch exponierten Personen absolut überzogen. Die usweitung dieses Begriffs auf den Familienkreis und ahestehende Personen der Politiker ist inakzeptabel. Es st ein Unding, dass gerade eine europäische Richtlinie ie Grundlage dafür liefert, dass künftig innerhalb der uropäischen Union wechselseitig Politikern aus ande- en Mitgliedstaaten misstraut wird. Hier ist die Bundes- egierung aufgefordert, ihren Einfluss auf europäischer bene geltend zu machen und eine Änderung zu erwir- en. Die Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten ind ebenfalls zu weit gefasst. Hier setzt sich die staatli- he Datensammelwut fort. Wir lehnen diesen Weg aus ründen des Datenschutzes entschieden ab, weil er ge- au in die falsche Richtung führt. Die Umsetzung der geplanten Regelungen bedeutet ine große Herausforderung für die Verpflichteten. Des- alb ist eine angemessene Umsetzungsfrist dringend er- orderlich. Dass die Bundesregierung die Frist zur Um- etzung der Richtlinien versäumt hat, kann man nun icht der deutschen Kreditwirtschaft anlasten. Das ein- ig Gute an diesem Gesetzentwurf ist, dass zahlreiche nregungen des Bundesrates, die noch viel mehr Büro- ratie bedeutet hätten, nicht aufgenommen wurden. Es eicht aber nicht, dass ein schlechtes Gesetz nicht noch chlechter geworden ist. Ulla Jelpke (DIE LINKE): Mit dem vorliegenden esetzentwurf soll eine Richtlinie der EU zur Bekämp- ung von Geldwäsche und zur Terrorismusbekämpfung n deutsches Recht umgesetzt werden. Der Gesetzent- urf soll eine Umsetzung eins zu eins sein. Daran sind chon deutliche Zweifel geäußert worden, die ich hier icht wiederholen will. Die Umsetzung muss auch im ichte des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gesehen erden, und dazu gibt es allerdings eine Reihe von unkten anzumerken. Zunächst einmal stehen die Pflichten zur Identifizie- ung und Erfassung von Personen in keinem Verhältnis um erwartbaren Effekt. Zukünftig sollen nach dem Ge- etzentwurf bei jeglichen Transaktionen über 15 000 Euro ie Beteiligten identifiziert und ihre Daten überprüft erden. Gar keinen Schwellenwert wird es künftig beim Kauf on Fremdwährungen geben. Mit anderen Worten: chon dann, wenn ich im S-Bahnhof Alexanderplatz ein aar hundert Euro für meinen nächsten Urlaub umtau- chen will, muss der Bankbeschäftigte dort meine Identi- ät prüfen. Gar nicht auszumalen sind die Konsequenzen solcher egelungen im grenznahen Bereich, etwa an der eutsch-tschechischen Grenze nahe Schönau, wo anchmal täglich hunderte Reisende Euro kaufen oder erkaufen. Der Zusammenhang zu Geldwäsche und Ter- orismusbekämpfung ist gar nicht zu erkennen. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 17999 (A) ) (B) ) Geradezu absurd ist die geforderte Identifizierung von Personen, die für mehr als 2 000 Euro Spielmarken im Kasino erwerben. Das wird sicherlich kein Spaß, wenn zukünftig Kasinobeschäftigte die Papiere von au- ßereuropäischen Touristen kontrollieren müssen. Denn denen ist es gerade wichtig, bei uns in Europa einmal ohne Konsequenzen solchen Lastern frönen zu können. Aber Ihnen allen wird sicherlich klar sein, dass reiche Touristen nun nicht unbedingt zu denen gehören, denen mein besonderes Mitleid gilt. Anders verhält es sich mit einer Gruppe, zu der wir alle gehören: die politisch ex- ponierten Personen, kurz: PEP. Diese werden faktisch ei- nem Generalverdacht ausgeliefert. Oder wie soll man es sonst bezeichnen, wenn bei allen „politisch exponierten Personen“, deren Angehörigen oder „bekanntermaßen“ nahestehenden Personen jede Finanztransaktion ins Aus- land überprüft werden soll? Es ist völlig legitim, den Geldfluss von führenden Politikern aus Unrechtsstaaten in den Blick zu nehmen. Das war ursprünglich wohl auch gemeint. Aber nun unterliegen auch Finanztrans- aktionen von Mitgliedern der nationalen Parlamente der EU-Staaten der besonderen Sorgfaltspflicht und müssen also auf den Verdacht der Geldwäsche oder der Terroris- musfinanzierung geprüft werden. Unabhängig von dieser absurden Ausweitung der Per- sonengruppen, die besonders geprüft werden sollen, gibt es noch ein generelles Problem: Wonach soll ein Mit- arbeiter einer Bank, eines Versicherungsuntemehmens oder eines Anwaltes das Risiko bewerten, dass eine Transaktion im Zusammenhang mit Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung steht? Dieser Gesetzentwurf verlangt von zwölf Branchen bzw. Berufsgruppen, ihre Kunden zu kontrollieren und ihre privaten Geschäftsbe- ziehungen aus der Perspektive von Strafverfolgung und Gefahrenabwehr zu sehen. Dieses Problem wird im Übrigen nicht entschärft, wenn man dem von Lobbyverbänden und FDP präferier- ten sogenannten risikobasierten Ansatz folgt. Einerseits würde so zwar die Ansammlung von Daten, die bei der massenhaften Überprüfung von Geschäftspartnern not- wendig anfallen, vermieden. Andererseits bleibt es so erst recht den Mitarbeitern von Finanzdienstleistern überlassen, wie sie Risiken prüfen und feststellen und wann sie gewonnene Erkenntnisse an die Sicherheitsbe- hörden weitergeben. Man stelle sich den Aufschrei vor, wenn Finanzdienstleister ihre Kunden auf den Verdacht der Steuerhinterziehung hin prüfen sollten! Jedem, auch vielen hier im Hohen Hause, würde das als Störung des Vertrauensverhältnisses erscheinen. Dasselbe wird mit dem vorgeschlagenen Gesetz auch erreicht. Ein letzter Punkt. Mit dem Gesetz würde ein weiterer riesiger Datenberg geschaffen, einerseits bei den Banken selbst, die sich beispielsweise einen Überblick über be- stehende Geschäftsbeziehungen beschaffen müssen, an- dererseits beim BKA, an das Anfragen zur Überprüfung von Personen gerichtet werden. So ganz nebenbei wird beim BKA eine „Zentralstelle für Verdachtsanzeigen“ aufgebläht, die diesen Datenberg abtragen soll. Ein sol- cher Datenberg hält zum Missbrauch geradezu an – wie man bei der Telekom schon beobachten konnte. Ob da- m d z t P k k z B w U m h l E f z r A g b k z z H c c w a n t G n F n e s g p g G d w i s G d u W P g n n p d m n (C (D it aber nur ein Jota mehr Effizienz in der Bekämpfung es internationalen Terrorismus erreicht wird, ist zu be- weifeln. Schon heute kaufen sich die Finanzdienstleis- er von zweifelhaften Informationshändlern Listen mit ersonennamen, um ihren Sorgfaltspflichten nachzu- ommen und Verdachtsfälle von Geldwäsche prüfen zu önnen. Wir werden eine solche Politik nicht unterstüt- en und lehnen den Gesetzentwurf daher ab. Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): ei der ersten Lesung habe ich deutlich gemacht, dass ir Terrorbekämpfung mit Augenmaß brauchen. Für die msetzung einer EU-Richtlinie bedeutet das, dass wir öglichst nicht über den verpflichtenden Teil hinausge- en sollten. Sie haben für diese Erkenntnis ein wenig änger gebraucht, aber mit ihrem Änderungsantrag am nde doch noch einiges geradegerückt. Jetzt sind wir ast bei der Eins-zu-Eins-Umsetzung. Bei der Identifi- ierung von juristischen Personen sind jetzt Erleichte- ungen vorgesehen. Die doppelte und damit unsinnige nzeigepflicht der Finanzbehörden sowohl nach der Ab- abenordnung als auch nach dem Geldwäschegesetz ha- en Sie ebenfalls gestrichen. Was Sie nicht streichen önnen, weil es zum Umsetzungskatalog der Richtlinien ählt, sind die starren und bürokratischen Bestimmungen ur Umsetzung des an und für sich guten Risikoansatzes. ier haben Sie es aber auch unterlassen, nach Vereinfa- hungen jenseits der Richtlinienbestimmungen zu su- hen. Das wiederum können und müssen wir Ihnen vor- erfen. Und deswegen werden wir dem Gesetzentwurf m Ende auch nicht zustimmen. An dieser Stelle will ich och ein paar generelle Worte zur Geldwäscheproblema- ik sagen. Wir brauchen eine effiziente Kontrolle der eldströme – auch um die Finanzierung des internatio- alen Terrorismus in den Griff zu bekommen. Dafür die inanzinstitute und andere mit in die Verantwortung zu ehmen, ist grundsätzlich richtig, denn die haben ja auch in Interesse an einem funktionierenden Finanzmarkt. Aber: Mit dem Ansatz der Richtlinie bleibt die Ge- etzgebung auf halber Strecke stehen. Wesentliche Bar- eldmengen und vor allem solche, auf die Kriminelle otenziell Zugriff haben, bleiben von der Richtlinie aus- espart. Ein Beispiel: Spielbanken unterfallen dem eldwäschegesetz. Was aber ist mit der Spielhölle um ie Ecke, was mit den Automatenaufstellern? Da fließen eiter große Mengen Bargeld unkontrolliert. Zweites Beispiel: Gebrauchtwagenhändler. Wir haben m Innenausschuss darüber gesprochen. Grundsätzlich ind sie als sogenannte gewerbliche Güterhändler vom esetz erfasst. Aber nur, wenn Sie mit Waren handeln, ie einen Wert oberhalb des Schwellenwerts besitzen – nd der liegt bei 15 000 Euro. Das ist doch lebensfremd. ie viele Händler führen denn schon so teure Wagen im rogramm? Und selbst wenn ich mir dort einen Sportwa- en für so viel Geld kaufe und darüber noch eine Rech- ung über die echte Summe existiert, glauben Sie doch icht allen Ernstes, dass diese Händler ihrer Anzeigen- flicht nachkommen werden. Denn was droht Ihnen enn schon? Im besten Fall ein Bußgeldverfahren. Im- erhin haben Sie mit Ihrem Änderungsantrag auch hier achgebessert. Nach dem ursprünglichen Regierungs- 18000 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 (A) ) (B) ) entwurf hätten innerhalb bestehender Geschäftsbezie- hungen gar keine Anzeigenpflichten bestanden. Wer also mit seinem langjährigen Geschäftspartner einfach wei- tergehandelt hätte, wäre nach dem Geldwäschegesetz gar nicht zur Identifizierung verpflichtet gewesen. Aber An- zeigepflichten allein tun es ja nicht. Es nützt nichts, im- mer neue Informationspflichten aufzubauen, sie müssen auch effizient überwacht werden können. Dass dies bei den Informationspflichten nach dem Geldwäschegesetz gerade bei Nichtfinanzinstituten gelingt, daran hege ich Zweifel. Ob es gelingt oder nicht, wird man abwarten müssen. Wir sollten diese Regelung wie vieles im Bereich der In- neren Sicherheit von Zeit zu Zeit auf ihre Wirksamkeit hin überprüfen und evaluieren. Wir sollten uns fragen, ob ein solcher Eingriff in Bürgerrechte erfolgreich war, und nicht immer gleich nach Verschärfungen rufen. Auf europäischer Ebene finden solche Überlegungen immer- hin statt. Deswegen führt die Geldwäscherichtlinie von 2005 ja den risikobasierten Ansatz ein und geht von den alten Standardmeldungen ab. Leider reicht das im kon- kreten Fall für echte Verbesserungen allenfalls teilweise aus, weil – ich habe das schon beim letzten Mal kritisiert – die Umsetzung dieses Programms so schlecht und so starr vorgenommen wird. Aber prüfen, evaluie- ren, auch mal alte Gesetze reformieren oder ganz über Bord werfen, das ist ein Ansatz, den wir in der eigenen, rein nationalen Sicherheitsgesetzgebung gut gebrauchen könnten. Bei solchen Vorbildern aus Europa wiederum gibt es leider keine Eins-zu-Eins-Umsetzung. Da bleiben sie lieber beim alten Verschärfen, Verschärfen und noch- mals Verschärfen. Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Den Prozess von Annapolis durch eigenständige Initiativen un- terstützen (Tagesordnungspunkt 16) Holger Haibach (CDU/CSU): Dass der Konferenz von Annapolis mit viel Skepsis, aber auch großen Er- wartungen entgegengesehen wurde, ist einer der Punkte im Antrag der Linken, dem man zustimmen kann. An- sonsten enthält der Antrag vor allem eines: wenig Neues. Da steht Richtiges neben Falschem und Selbstverständli- ches neben wenig Originellem. Vor allem scheint mir der Ansatz des Antrags – neben Annapolis eigene Initiativen starten – nicht stimmig zu sein. Es stellt sich doch die Frage, ob es wirklich an Initia- tiven mangelt oder ob es nicht vielmehr darum gehen muss, die vorhandenen Ansätze wie die Roadmap, die Lösungen, die in Annapolis auf den Weg gebracht wor- den sind, endlich zum Erfolg zu führen. Liegt der Man- gel nicht darin, dass die bisherigen Initiativen bei auf- kommenden Schwierigkeiten zugunsten neuer Ansätze ad acta gelegt wurden? Es gibt, so meine ich, keinen Grund, neue Initiativen zu entwickeln, solange wir nicht wenigstens die Folgekonferenz von Annapolis in Mos- kau erlebt haben. t N w t D t n d s h w F V ü z d m d z s g T a t A ß h d l F d g k s S w e L b m g d e l E m g z L ü d H d d (C (D Wir sollten uns auch vor Sonderwegen hüten! Die in- ernationale Gemeinschaft wird den Friedensprozess im ahen Osten nur dann erfolgreich unterstützen können, enn sie geschlossen auftritt und ihre Aktionen sorgfäl- ig koordiniert. Das bedeutet ausdrücklich nicht, dass eutschland und die EU nicht eigene Anstrengungen un- ernehmen sollen. Aber auch hier erweckt der Antrag ei- en falschen Anschein. Es ist doch die EU unter der eutschen Ratspräsidentschaft gewesen, die dafür ge- orgt hat, dass das Nahost-Quartett als Institution ein andlungsfähiges Gremium aus seiner Agonie befreit orden ist. Es ist auch nicht so, dass sich Deutschland über die ragen des Nahost-Quartetts hinaus passiv verhielte. on der bilateralen Zusammenarbeit mit beiden Parteien ber eine intensive Entwicklungszusammenarbeit bis hin ur Rolle Deutschlands als einer der größten Geber für as UN-Flüchtlingswerk UNRWA reicht unser Engage- ent. In diesem Zusammenhang will ich ausdrücklich auf ie in Kürze stattfindende Konferenz zum Aufbau und ur Stärkung des palästinensischen Justiz- und Polizei- ektors hinweisen. Gerade diese Initiative ist ein wichti- er Beitrag zur Staatswerdung des palästinensischen erritoriums. Dazu gehört die Möglichkeit, eigene Ver- ntwortung zu übernehmen. Deutschland zu wenig Ini- iative zu unterstellen, ist schlichtweg falsch. Aber zurück zu Annapolis und den Voraussetzungen. lle an diesem Prozess Beteiligten wissen um die gro- en Fragen, die einer Zwei-Staaten-Lösung im Wege ste- en: Es sind der Siedlungsbau, die Frage der Flüchtlinge, er Grenzverlauf und der ungeklärte Status von Jerusa- em. Israel und Palästina wissen, dass die Lösung dieser ragen in Kompromissen liegt, die beide Seiten bis an en Rand des Erträglichen bringen werden. Kein Mensch kann heute voraussagen, wie eine end- ültige Lösung aussehen könnte. Aber eines ist doch lar: Jede Handlung, die einer solchen Lösung entgegen- teht und bestehende Hindernisse zementiert, wird ein chritt zurück sein. Auch dies gilt für beide Seiten: Der eitere Fortgang des Siedlungsbaus trotz anderer Ver- inbarungen ist ein großes Hindernis für eine endgültige ösung. Dies hat nicht zuletzt US-Außenministerin Rice ei ihrem Besuch in der Region kürzlich deutlich ge- acht. Genauso wenig dienen fortgesetzte Raketenan- riffe auf die israelische Zivilbevölkerung einer Beför- erung des Friedensprozesses. Wenig „hilfreich“ ist auch ine palästinensische Regierung, die erstens nicht hand- ungsfähig ist und zweitens in Teilen nicht bereit ist, das xistenzrecht Israels anzuerkennen. Insofern kann der Beitrag der internationalen Ge- einschaft nur darin bestehen, zum einen dafür zu sor- en, dass alles unterlassen wird, was dem Friedenspro- ess schadet, und zum anderen die beiden Partner in die age zu versetzen, ihre jeweilige Verantwortung zu bernehmen. Das bedeutet konkret, in beiden Ländern iejenigen Kräfte zu stärken, die für eine konstruktive altung stehen. Es bedeutet auch, dass Verantwortung, ie übernommen werden kann, auch übernommen wer- en muss. Bei meinen vielen Besuchen in der Region Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 18001 (A) ) (B) ) habe ich besonders auf der palästinensischen Seite häu- fig die Einstellung erlebt, man könne ohnehin nichts än- dern und die internationale Gemeinschaft müsse han- deln. Ja, die internationale Gemeinschaft muss handeln. Aber sie kann nicht im Wege der Ersatzvornahme die Arbeit für einen der Partner übernehmen. „Palestinian ownership“ hat zwei Voraussetzungen: dass die Palästi- nenser in die Lage versetzt werden, ihre Aufgaben zu übernehmen, aber auch den Willen der Palästinenser, diese Aufgaben wirklich anzunehmen. Ein Weiteres wird in dem Antrag richtigerweise fest- gestellt: Der israelisch-palästinensische Konflikt ist nur ein Teil des Problems. Seine Lösung ist zwar ein emi- nent wichtiger, aber dennoch nur ein Teil der Lösung. Auch hier sind die Beteiligten weiter als die Antragstel- ler. Es gibt Verhandlungen zwischen Israel und Syrien, vermittelt übrigens durch die Türkei. Das halte ich für ein ermutigendes Zeichen bei all dem vorhandenen Pes- simismus. Dass auch die Staaten der arabischen Welt und dass auch ein Land wie die Türkei Verantwortung in diesem Prozess übernehmen, zeigt, dass es die Erkennt- nis gibt, dass eine endgültige Lösung der Unterstützung aller bedarf und nicht von einigen wenigen geleistet wer- den kann. Vor einem sollten wir uns allerdings hüten – und auch hier ist der Antrag meines Erachtens zu apodiktisch –: zu glauben, wir könnten die Lösung für dieses Problem fin- den. Hüten wir uns davor, ungefragt allzu viele gute Rat- schläge, abzugeben! Die Lösung kann und muss von Israel und Palästina, von den Menschen vor Ort gefun- den werden. Unsere Aufgabe muss die bestmögliche Un- terstützung solcher Lösungen sein. Es ist auch nicht so, dass unterhalb der Ebene der großen, finalen und endgül- tigen Lösung nichts zu tun wäre und bis dahin alles zum Erliegen kommen müsste. Konkret: Der Partnerdistrikt meines Heimatkreises, der Distrikt Gilboa ist gerade da- bei, gemeinsam mit dem auf der palästinensischen Seite gelegenen Distrikt Dschenin ein gemeinsames Gewerbe- gebiet einzurichten. Solche konkreten Projekte sind es, die für den Friedensprozess letztendlich mehr tun als noch eine und noch eine Initiative. Niels Annen (SPD): Erst gestern haben uns die Neu- igkeiten über den Waffenstillstand zwischen der Hamas und Israel im Gaza-Streifen und die Ankündigung direk- ter Verhandlungen zwischen dem Libanon und Israel er- reicht. Dies sind wichtige Signale, die uns mit Hoffnung auf Frieden im Nahen Osten füllen. Es müssen aber auch Taten folgen! Auch der uns hier vorliegende Antrag der Fraktion Die Linke fordert mehr Taten und mehr Initiativen – und zwar vonseiten Deutschlands. Ich bin daher zufrieden zu betonen, dass Deutschland eine beachtliche Liste solcher Initiativen bereits vorweisen kann, die die Verständigung zwischen den Konfliktparteien im Nahen Osten fördern. Zu nennen ist in diesem Zusammenhang zum Beispiel die deutsche Vermittlung beim Austausch von Gefange- nen zwischen Israel und dem Libanon. Dies hat eine ent- scheidende Hürde aus dem Weg für Verhandlungen ge- räumt. Ein weiteres Beispiel ist die „Berliner Konferenz z h A g D D t t t l S O s S d ü s a g ß t d W D Z r A J e r z m a V D t n r a b G a e a e W 1 d c J J D s N W (C (D ur Unterstützung der palästinensischen zivilen Sicher- eit und Rechtsstaatlichkeit“, die kommende Woche in nwesenheit von über 40 Außenministern und hochran- igen Vertretern internationaler Institutionen stattfindet. iese Initiative ging auf das Auswärtige Amt zurück. eutschland und die EU richten damit ihre Reformpoli- ik auf den Aufbau eines überparteilichen und demokra- ischen Sicherheitssektors der Palästinensischen Autori- ät. Ein wichtiger Schritt auf diesem Weg ist die innerpa- ästinensische Aussöhnung zwischen der Regierung von alam Fayyad und der Hamas-Führung im Gazastreifen. b die Ausgrenzung der Hamas nicht nur durch Israel, ondern auch durch die EU und die USA die richtige trategie war und ist, gilt es heute angesichts der Lage er Zivilbevölkerung mehr denn je grundsätzlich zu berdenken. Ich habe in der Vergangenheit auch an die- er Stelle mehr als einmal befürwortet, dass der Dialog uch mit schwierigen Partnern geführt werden muss. Dialog ist ein wichtiges Instrument, um für Verständi- ung und Aussöhnung zu werben. Der Besuch von Au- enminister Steinmeier in den Palästinensischen Gebie- en, in Israel und im Libanon zu Beginn des Monats hat ies bewiesen. Natürlich bleibt noch viel zu tun auf dem eg zu Frieden zwischen Israel und den Palästinensern. Einige Aspekte greift auch der Antrag der Fraktion ie Linke auf. So stimme ich Ihnen zu, dass es an der eit ist, eine Nachfolgekonferenz zu Annapolis einzube- ufen. Dies war auch in Annapolis so verabredet worden. ngesichts des ambitionierten Zeitplans bis Ende des ahres ist die vereinbarte Zwischenkonferenz in Moskau in sinnvoller Schritt, um eine Zwischenbilanz des Er- eichten zu ziehen. Ich stimme Ihnen auch grundsätzlich u, dass die palästinensische Wirtschaft gestärkt werden uss. Doch ist es sicherlich nicht nachhaltig, dies primär uf dem Weg der Entwicklungszusammenarbeit zu tun. or allem anderen muss Israel Straßensperren aufheben. iese erschweren den Verkehr von Menschen und Gü- ern in der West Bank und machen ihn oft wochenlang ahezu unmöglich. Erschwerend kommt hinzu, dass Wa- en zum internationalen Handel nur noch in Ausnahmen us dem Gazastreifen exportiert werden können. Für die esonders auf Landwirtschaft basierende Wirtschaft azas ist dies natürlich besonders verheerend. Hier ist es n der EU, die Wirtschaft Palästinas durch eigene Ver- inbarungen zu stärken. Außenminister Steinmeier hat uch hier auf seiner letzten Reise ein wichtiges Projekt ingeweiht: einen Industriepark bei der Stadt Jenin im estjordanland. Ziel des Projekts ist die Ansiedlung von 80 Firmen aus der textil- und metallverarbeitenden In- ustrie, die rund 10 000 Arbeitsplätze schaffen sollen. Gemeinsam mit dem palästinensischen Regierungs- hef Fayyad weihte Steinmeier auch die Berufsschule enin ein. Damit soll die Arbeitslosigkeit in der Region enin, die bei etwa 60 Prozent liegt, angegangen werden. enn nur mit jungen, engagierten Leuten, die angemes- en ausgebildet sind, gibt es eine Zukunft für Frieden im ahen Osten. Die Aufhebung der israelischen Straßensperren im estjordanland wäre auch ein wichtiger Schritt zur 18002 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 (A) ) (B) ) Stärkung des Völkerrechts. Ich möchte aber die Links- fraktion darauf hinweisen, dass zur Beachtung des Völ- kerrechts beide Konfliktparteien angehalten werden müssen. Die Hamas-Führung muss den Beschuss Israels mit Kassam-Raketen unterbinden, und gleichzeitig muss Israel seine Siedlungspolitik beenden. Auch hier ist die EU gefordert: In diesen Tagen wurde wiederholt über eine Vertiefung der Beziehungen zwischen Israel und der EU diskutiert. Ich möchte aber klarmachen, dass solche Beziehungen solange konditioniert sein müssen, wie Völkerrechtsverletzungen nicht ausgeschlossen werden können. So muss darauf geachtet werden, dass zum Bei- spiel Zollprivilegien für Israel nicht für Produkte und Firmen aus israelischen Siedlungen in der West Bank und den Golanhöhen gelten. Die besonderen Beziehun- gen zu Israel und auch die Berücksichtigung der beson- deren Sicherheitssituation Israels bedeuten auch, dass wir Verletzungen des Völkerrechts verhindern müssen. In diesem Zusammenhang beschäftigt mich in diesen Tagen besonders die Zukunft der EU-Mission am Grenz- übergang vom Gazastreifen nach Ägypten. Denn durch die Schließung dieses Übergangs durch Israel ist es Dut- zenden von palästinensischen Studierenden mit Stipen- dien für Europa und die USA nicht möglich, Gaza zum Studium im westlichen Ausland zu verlassen. Dabei sind diese Menschen die Keimzelle für zukünftigen Dialog. Sie im Gazastreifen zurückzuhalten, ist daher absolut de- struktiv. Auch Die Linke bemisst dem Dialog Bedeutung zu. In ihrem Antrag fordert sie die Schaffung eines Jugend- werks für deutsch-israelisch-palästinensische Begegnun- gen und Aussöhnung. Auch hier kann ich Ihnen ver- sichern, dass die Bundesregierung sich auch dafür schon längst einsetzt. Nicht nur das Bundesjugendministerium fördert solche Begegnungen bereits umfassend. Auch ConAct, das staatliche Koordinierungszentrum für deutsch-israelischen Jugendaustausch, folgt hier dem Vorbild der Regierung und ermöglicht die Teilnahme von palästinensischen Teilnehmenden an deutsch-israeli- schen Begegnungen, wenn dies von den Organisationen so gewünscht wird. Als ehemaliger Juso-Vorsitzender kann ich Ihnen versichern, dass es mindestens so sinn- voll ist, das Geld direkt in Begegnungen zu investieren wie in die bürokratischen Strukturen eines Jugendwer- kes. Auch wenn also der Antrag der Linksfraktion in sei- ner Tendenz viel Richtiges aufweist: Ein aufmerksamer Blick auf die Homepages der Bundesministerien hätte wohl viele der heute hier diskutierten Fragen im Vorweg beantwortet. Harald Leibrecht (FDP): Vor acht Monaten wurde im US-amerikanischen Annapolis ein Prozess gestartet, der wieder einen Funken Hoffnung hat aufkommen las- sen, dass es für den Nahostkonflikt doch noch in abseh- barer Zeit eine Lösung geben könnte. Wir können heute noch nicht absehen, ob dieser Prozess am Ende wirklich zum Erfolg, das heißt zu einer schriftlich fixierten Frie- denslösung, führen wird, die dann von Israel und den Pa- lästinensern im Sinne einer Zwei-Staaten-Lösung auch in die Realität umgesetzt werden wird. Wunschdenken hilft in der Nahostpolitik ebenso wenig weiter wie vo- r W F N R t u g b d g d W v b n d p N t l a s z U d h l e K F s d g h I t n n L c t H k H S O g s Ü A w k D d g (C (D auseilende Kapitulation. Nur der besonnene, rationale eg wird eines Tages dazu führen, dass sich Frieden und reiheit für das israelische Volk im Ausgleich mit seinen achbarn auch wirklich werden realisieren lassen. ückschläge gehören zum Tagesgeschäft und dürfen uns rotzdem nicht davor zurückschrecken lassen, wieder nd wieder an Lösungen zu arbeiten. Vor acht Monaten ist in Annapolis eine Dynamik aus- elöst worden, von der wir zumindest mit Fug und Recht ehaupten können, dass sie bis heute fortwirkt. Ich hatte amals den Eindruck, dass sogar die USA selbst zu Be- inn überrascht waren von der Bereitschaft zum Dialog, ie ihnen von allen Seiten entgegengebracht wurde. ahrscheinlich war es auch die lange Abwesenheit akti- er US-amerikanischer Nahostpolitik, die mit Annapolis edient wurde und seitdem trägt. Ich hoffe sehr, dass ein euer amerikanischer US-Präsident sich nicht an eine er vermeintlichen Regeln US-amerikanischer Außen- olitik hält, wonach Außenpolitik und erst recht der ahostkonflikt erst Schwerpunkt einer möglichen zwei- en Amtszeit sein können. In der notwendigen Beharr- ichkeit nachzulassen, bedeutet in der Region selbst mit n Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Rück- chritte, die dann wieder nur unter größten Mühen auf- uheben sind. Viel ist seit der Konferenz von Annapolis geschehen. nsere israelischen Gesprächspartner bestätigen uns, ass die Kontakte auf Arbeitsebene produktiv sind, das eißt zuvorderst, dass heute alle Probleme auf dem Tisch iegen und Lösungen ausgelotet werden. Natürlich wird s am Ende nicht ohne teilweise auch schmerzhafte ompromisse gehen – nicht ohne Kompromisse in der rage der Flüchtlingsrückkehr aufseiten der Palästinen- er und nicht ohne Kompromisse seitens der Israelis bei er Wiederherstellung eines infrastrukturell lebensfähi- en palästinensischen Staatsgebietes. Aber auch das direkte Umfeld hat sich geändert. Seit eute gilt ein sechsmonatiger Waffenstillstand zwischen srael und der Hamas. Dies wird nicht nur die humani- äre Situation im Gazastreifen verbessern, sondern eröff- et auch die Möglichkeit, dass es innerhalb der Palästi- enser wieder zu einer Annäherung kommen kann. Im ibanon ist die politische Blockade fürs Erste aufgebro- hen – auch wenn wir uns darüber im Klaren sein soll- en, dass dieser Zustand ausgesprochen fragil ist und die isbollah letzten Endes einen Punktsieg hat erringen önnen. Und schließlich Syrien: Wir werden uns in diesem ause sicherlich schnell darüber einig sein, dass es ohne yrien keine nachhaltige Friedenslösung im Nahen sten wird geben können. Ohne Zweifel ist Syrien ein anz schwieriger Partner – und übrigens auch ein ganz chwer einzuschätzender Partner. Trotzdem bin ich der berzeugung, dass es richtig war, Syrien zu der nnapolis-Konferenz einzuladen. Und deshalb können ir es nur begrüßen, dass Israel und Syrien mithilfe tür- ischer Vermittlung derzeit wieder im Gespräch sind. enn unser Interesse hinsichtlich Syriens geht weit über en Kernkonflikt des Nahen Ostens hinaus. Wenn es uns elingt, Syrien ein Stück weit aus der Umarmung des Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 18003 (A) ) (B) ) Iran zu lösen und mehr an den Westen zu binden, dann ist sehr viel gewonnen. Dass Syrien in den letzten Mona- ten wieder offener für den Dialog geworden ist, können wir deshalb nur begrüßen und unterstützen. Vergleichbares gilt übrigens für die Staaten der arabi- schen Halbinsel. Dass es der Bundeskanzlerin gelungen ist, zuvorderst Saudi-Arabien wieder zu einem mögli- chen Teil der Lösung des Nahostkonfliktes zu machen, war ein richtiger Schritt. Er hat Bewegung in den Nah- ostprozess gebracht, die vorher nicht zu erkennen war. Ich möchte hier nicht zuviel Hoffnung in die Welt set- zen. Das wäre angesichts der vielen „Beinahe“-Lösun- gen, die der Nahe Osten schon gesehen hat, vermessen. Aber klar ist doch, dass sich jede Anstrengung lohnt, zu einer Lösung zu kommen. In der kommenden Woche wird so etwas wie eine „kleine Zwischenkonferenz“ des Annapolis-Prozesses hier in Berlin stattfinden. Ich hoffe sehr, dass dabei am Ende mehr herauskommen wird als die Instrumentalisierung eines so wichtigen außenpoliti- schen Themas für innenpolitische Zwecke. Was wir in dieser Bundesregierung mit Blick auf das deutsch-chine- sische Verhältnis in den letzten Monaten erlebt haben, darf sich nicht auch noch auf unsere Nahostpolitik über- tragen. Zudem hoffe ich sehr, dass die Bundesregierung uns mehr präsentieren wird als „alten Wein in neuen Schläu- chen“. Die Förderung von „ziviler Sicherheit und Rechtsstaatlichkeit“ ist ja nicht erst seit gestern Schwer- punkt deutscher Hilfe für die palästinensischen Gebiete. Wir sollten auch nicht so tun, als wäre das der Fall. Viel wichtiger ist die Frage, wie es mit dem Annapolis-Pro- zess weitergehen wird, ob eine mögliche Vereinbarung zwischen Israel und Syrien in den Ansatz eingebunden werden kann, ob bei den Kernthemen „Status von Jeru- salem“, der Rückkehr von Flüchtlingen und dem Rück- bau israelischer Siedlungen Einigkeit hergestellt werden kann und auf welcher Zeitachse sich diese Fragen bewe- gen. Dies sind die wesentlichen Punkte, die in diesem Sommer entwickelt werden müssen. 60 Jahre nach Gründung des Staates Israel ist es hierfür allerhöchste Zeit. Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE): Wenn es um den Nahen Osten geht, ist eine skeptische Haltung aus vielen Erfahrungen heraus immer angemessen. Bei meinen Ge- sprächen in Israel und Palästina, in Syrien, im Libanon und in Jordanien bin ich einer großen Skepsis zu den Er- gebnissen der Konferenz von Annapolis begegnet. Nur wenige hofften auf wirkliche Veränderungen. Trotzdem habe ich den Eindruck, dass jetzt die Dinge in Bewegung kommen. Der Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas – vermittelt durch die ägyptische Regierung – ist ein wichtiger Schritt. Er lässt hoffen, dass der Beschuss israelischer Siedlungen aus dem Gazastreifen endgültig eingestellt wird und endlich freie Bewegung für die Be- wohnerinnen und Bewohner des Gazastreifens möglich wird. Der Gazastreifen muss mit Energie beliefert wer- den können, Lebensmittel und medizinische Betreuung erhalten. Gaza ist heute eine humanitäre Katastrophe. Die von der türkischen Regierung vermittelten Gesprä- c g m L h e s ü d g F U w d w m h b m b E S z b d J m b s s I u d m d O S m d I h r b e H n s L b r d s W O s (C (D he zwischen Israel und Syrien und das israelische An- ebot, direkte Gespräche mit dem Libanon aufzuneh- en, lassen auch hier die Chance für eine politische ösung am Horizont erscheinen. All das gibt Hoffnung. In dieser Situation findet die internationale Sicher- eitskonferenz für Palästina in Deutschland statt. Es war ine richtige Entscheidung der Bundesregierung, zu die- er Konferenz einzuladen. Aber die Bundesregierung bernimmt damit auch eine hohe Verantwortung. Von er Sicherheitskonferenz in Berlin muss ein kräftiges Si- nal für die Nahostverhandlungen ausgehen. Endlich rieden und Sicherheit im Nahen Osten! Der Deutsche Bundestag kann ein eigenes Signal zur nterstützung dieses Prozesses setzen. Deshalb haben ir unseren Antrag gestellt. Deutschland sollte alles tun, ass aus dem Waffenstillstand im Gazastreifen ein Ge- altverzicht zwischen Israel und Palästina wird. Ziel uss es bleiben, die Gründung eines souveränen, unab- ängigen, demokratischen, zusammenhängenden und le- ensfähigen palästinensischen Staates, der Seite an Seite it einem in Sicherheit und Wohlstand lebenden Israel esteht, durchzusetzen. So formuliert es der Rat der uropäischen Union. Die Linke stimmt diesem Ziel zu. elbstverständlich möchten wir auch, dass sich die so- iale Lage der Palästinenserinnen und Palästinenser ver- essert. Um dieses Ziel zu erreichen – das sollten wir Israel eutlich sagen – muss der Siedlungsbau auch um Ost- erusalem herum sofort gestoppt werden. Israel muss die ehr als 600 Kontrollpunkte im Westjordanland aufhe- en. Verhandlungen über einen Gefangenenaustausch ind sofort aufzunehmen. Ein eigenständiger palästinen- ischer Staat erfordert ebenso wie die Staatlichkeit sraels eine Klärung der Grenzfragen. Völkerrechtlich nd mit vielen VN-Beschlüssen untermauert geht es um ie Grenzen von 1967. Die palästinensische Seite hat ehrfach ihre Bereitschaft zu einem Gebietsaustausch eutlich gemacht. Völkerrechtlich ist auch klar, dass st-Jerusalem die Hauptstadt eines palästinensischen taates werden muss. Viele Experten machen immer wieder darauf auf- erksam, dass die Räumung der Golanhöhen und damit ie Klärung des Hauptpunktes der Differenzen zwischen srael und Syrien kein wesentliches Problem der Sicher- eit Israels mehr darstellen. Es geht vielmehr um die is- aelische Siedlungspolitik in den besetzten syrischen Ge- ieten und um die Verteilung von Wasser. Auch hier gibt s genügend kreative Vorschläge, das Problem zu lösen. ilfreich wäre es auf alle Fälle, wenn Syrien den Liba- on völkerrechtlich anerkennen würde und seine Bereit- chaft, die Sheba-Farmen auch völkerrechtlich an den ibanon zu übergeben, damit untermauert. Diese Pro- leme gehören in den Komplex notwendiger Nahost- egelungen. In diesen Regelungskomplex Nahost gehört auch, ass alle Anschläge und Angriffe auf Israel und israeli- che Staatsbürger beendet werden. Nicht die Gewalt der affen, sondern die Bereitschaft zum Frieden muss die berhand gewinnen. Auch die Bildung einer palästinen- ischen Einheitsregierung könnte ein wichtiger Schritt 18004 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 (A) ) (B) ) auf dem Wege zu einer Friedenslösung im Nahen Osten sein. Um das zu erreichen, sind Gespräche mit Hamas und Hisbollah notwendig. Beide Gruppierungen müssen in den Friedensprozess einbezogen werden. Das hat die Linke auch gegen heftigen Widerspruch im Bundestag immer wieder vertreten. Wir haben offensichtlich recht gehabt. Das zeigt nicht nur die Vereinbarung über eine Waffenruhe in Gaza, sondern auch der Umstand, dass Frankreich und viele andere Staaten mittlerweile direkt mit Hamas und Hisbollah sprechen. Ich erwarte nicht, dass die mit uns konkurrierenden Parteien sich selbst zu- gestehen, dass die Vorschläge der Linken vernünftig und zielführend waren, sondern dass die Bundesregierung und die Europäische Union endlich den Realitäten Rech- nung tragen. Für den Friedensprozess im Nahen Osten müssen vor allen Dingen die zivilen Gesellschaften in Israel und Pa- lästina gewonnen werden. Sie treffen letztendlich die Entscheidungen. Das zu befördern, darauf zielen die Vorschläge der Linken für ein deutsch-israelisch-palästi- nensisches Jugendwerk und für die notwendige Über- arbeitung der Schulbücher in Israel und Palästina. Be- gegnungen der Menschen aus Israel, Palästina, dem Libanon und Syrien müssen in vielfältiger Form geför- dert werden. Ich verstehe sehr gut die Sorgen in Israel zum Atom- programm des Iran. Ich nehme diese Sorgen auch sehr ernst. Es bedarf Sicherheitsgarantien für Israel und den Iran. Die Bundesregierung sollte sich endlich entschei- den, keine Rüstungsgüter in den Nahen Osten zu expor- tieren. Wer Rüstungsgüter liefert, ist Teil des Konfliktes und verschärft ihn sogar noch. Im Gegenteil: Die deut- sche Politik muss auf eine Demilitarisierung des Nahen Ostens zielen. Auch deswegen hat die Linke eine stän- dige Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit im Nahen Osten vorgeschlagen. Israel gewinnt nicht mehr Sicherheit, wenn eine Poli- tik der Drohungen und der Sanktionen gegen den Iran fortgesetzt wird. Die Kriegsdrohungen des US-Präsiden- ten Bush müssen vom Tisch. Bundeskanzlerin Merkel hat dem US-Präsidenten nicht widersprochen, als er in Deutschland genau die gegenteilige Position bezogen hat. Aufgabe deutscher Politik wäre es, den USA klipp und klar zu sagen, dass Deutschland sich mit aller Kraft jeglicher militärischer Abenteuer gegen den Iran wider- setzen wird. Der Irak-Krieg darf sich nicht wiederholen. Ein Krieg gegen den Iran wäre eine Katastrophe und das Ende aller Bemühungen um eine friedliche Lösung des Nahostkonfliktes. Kerstin Müller (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Aus dem Nahen Osten sind heute ausnahmsweise einmal gute Nachrichten zu hören: Vorerst ruhen die Waffen zwischen Israel und der Hamas in Gaza. Durch den mit ägyptischer Hilfe ausgehandelten Waffenstill- stand gibt es eine vage Hoffnung auf ein Ende der eska- lierenden Gewalt zwischen Israel und dem Gazastreifen. Und nicht nur das: Israel ist bereit, direkt mit Syrien zu reden und will auch die Friedenschancen mit dem Libanon ausloten. Mit anderen Worten: Israel strebt Frie- d „ i v d d u w d a d h G s z i z l z p L s h s d d B h n H P a W g E t z n W b m A W k m h t D S g s w p n d w (C (D en an all seinen Grenzen an. Das könnte ein wichtiges Window of opportunity“ für die Diplomatie insgesamt n der Region bedeuten. Und diese Chance muss daher on den internationalen Partnern, vor allem der EU, ringend genutzt werden. Allerdings: Der heute begonnene Waffenstillstand mit er Hamas ist brüchig. Ein Scheitern der Waffenruhe nd eine mögliche Wiederbesetzung des Gazastreifens ären fatal. Es muss jetzt mit aller Kraft versucht wer- en, die hoffnungsvollen Ansätze zu nutzen. Dazu muss uch die EU ihren Beitrag leisten. Seitdem vor mehr als einem Jahr die Hamas in Gaza urch einen Putsch die Herrschaft übernommen hat, errscht de facto eine Trennung zwischen West Bank und aza. Die Fatah, aber auch die internationale Gemein- chaft weigern sich, mit Hamas politische Kontakte auf- unehmen, solange ihre Bedingungen nicht erfüllt sind, nsbesondere die Anerkennung des Staates Israel. Es eigt sich mehr und mehr, dass diese Trennung, die Iso- ationsstrategie gegenüber Hamas, für den Friedenspro- ess in Nahost und für jeden Fortschritt vor Ort kontra- roduktiv ist. Durch die totale Blockade Israels ist die age in Gaza heute dramatisch: 80 Prozent der Men- chen sind auf Nahrungsmittelhilfen angewiesen. Es errscht Treibstoffmangel, durch den die gesamte Infra- truktur und die Institutionen zerfallen. Die Versorgung er Bevölkerung ist massiv gefährdet. All das führt dazu, ass das Radikalisierungspotenzial der palästinensischen evölkerung noch gewachsen ist. Und auch die Sicher- eitslage für Israel hat sich unter dieser Boykottstrategie icht verbessert. Im Gegenteil: Stattdessen hat sie die amas gestärkt und ihre Herrschaft gefestigt. Militante alästinensergruppen feuern Raketen und Mörser auf die ngrenzenden israelischen Städte. Auch die Lage in der estbank ist schwieriger geworden. Es stellt sich die Frage, inwiefern unter diesen Bedin- ungen die gut gemeinten Entwicklungsprogramme der U für die Palästinenser überhaupt greifen können. Un- er den derzeitigen politischen Bedingungen muss be- weifelt werden, dass die grundsätzlich positiven Maß- ahmen für die palästinensischen Institutionen und die irtschaft eine nachhaltige Wirkung entfalten können. Sie greifen in Ihrem Antrag den im November 2007 egonnenen Prozess von Annapolis auf. Allerdings muss an festhalten: Auch der fußt auf der problematischen nnahme, dass der Friedensprozess zunächst nur mit der estbank und Präsident Abbas weitergebracht werden ann. Bis 2008 sollte so eine Blaupause für ein Abkom- en entstehen. Aber wir müssen uns doch heute ernst- aft fragen, ob wir mit dieser Initiative unter einem ab- retenden US-Präsidenten noch weit kommen werden. as sieht nicht sehr gut aus. Auch Außenminister teinmeier hat sich auf seiner Reise sehr zurückhaltend eäußert, und an ein Abkommen bis Ende 2008 dürfte elbst Präsident Bush nicht mehr glauben. Umso ver- underlicher, wenn die Linke jetzt einen konkreten Zeit- lan für Annapolis fordert. Bisher hat dieser Prozess we- ig konkrete Fortschritte mit sich gebracht. Auch von en USA sind inzwischen sehr kritische Töne zu hören, as den israelischen Siedlungsbau betrifft. Der wurde Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 18005 (A) ) (B) ) nämlich selbst während der Annapolis-Gespräche fort- gesetzt, obwohl klar war, dass genau in dieser Frage Prä- sident Abbas dringend einen Erfolg gebraucht hätte. Insgesamt geht der Antrag der Fraktion Die Linke im Wesentlichen kaum über die derzeitige Politik hinaus: So fordern Sie die Durchführung der Unterstützungskon- ferenz in Berlin und israelisch-syrische Verhandlungen. All das ist bereits geschehen. Wir brauchen jetzt nicht mehr nur eigenständige Initiativen für den Annapolis- Prozess, sondern eine tragfähige EU-Strategie für den Konflikt. Jetzt muss es angesichts des beschlossenen Waffenstillstandes auch ein konkretes Zeichen der EU geben, dass sie, wenn dieser hält, bereit ist, das pau- schale Kontaktverbot zur Hamas aufzuheben und diplo- matische Spielräume auszuloten, um etwa mit der Freilassung des entführten Soldaten Gilad Shalit voran- zukommen oder in der Frage der Grenzsicherung. Die EU sollte sich für ein Ende der Boykottstrategie einset- zen und aktiv zum Erfolg des Waffenstillstandes beitra- gen. Dazu wäre wichtig, dass sie sich um eine Rückkehr der EU-Grenzmission EUBAM in Rafah bemüht und so aktiv zum Ende der Blockade des Gazastreifens beiträgt. Auch zur innerpalästinensischen Versöhnung kann sie Initiativen ergreifen und auf dieser Grundlage zu einer längerfristigen Perspektive für einen neuen Verhand- lungsprozess beitragen. Für all das gibt es vielleicht nur ein kleines „Fenster der Gelegenheit“. Ich hoffe und erwarte, dass die EU dieses jetzt nutzt und es nicht wieder wie in der Vergan- genheit verstreichen lässt. Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts zu den Anträgen: – Das Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit weltweit durchsetzen und der Internet- zensur entgegentreten – Pressefreiheit als Fundament für die Demo- kratie (Tagesordnungspunkt 17) Holger Haibach (CDU/CSU): Das von Reporter ohne Grenzen regelmäßig aktualisierte Barometer zur Presse- und Meinungsfreiheit notierte heute lakonisch für das Jahr 2008: 17 Journalisten getötet, 133 Journalis- ten inhaftiert, zehn Medienassistenten inhaftiert und 63 Online-Dissidenten verhaftet. Diese Zahlen, wie auch die jährlich von dieser Orga- nisation erstellte Rangliste machen deutlich, dass die Ar- beit als Journalist in vielen Teilen dieser Welt vor allem eines ist: gefährlich, wenn nicht gar lebensbedrohlich oder tödlich. Dabei haben die Einschränkungen, Behin- derungen und Gefährdungen eine große Bandbreite – das zeigen die beiden Anträge, die wir hier heute abschlie- ßend beraten. Diese Einschränkungen reichen von der Behinderung der Arbeit über Einschränkungen durch G g V g D w d l g d i S g g n s t i h J Z d s P d K k L N g a g f b h s c P v c r n J J s u S u d A m d (C (D esetzgebung, fehlender Schutz von Journalisten, man- elnde oder gar nicht stattfindende Strafverfolgung bei erbrechen gegen Journalisten bis hin zu tätlichen An- riffen oder gar Mord. Kein Land der Welt kann sich je solcher Werte wie emokratie und Meinungsfreiheit sicher sein. Gerade estliche, als gefestigt geltende Demokratien nehmen iese Werte zu oft aufgrund ihrer eigenen Lebenswirk- ichkeit als gegeben hin. Dabei sollte es gerade ihre Auf- abe sein, einzutreten für die Freiheit des Wortes. Von en Kritikern des Antrags der Koalition ist ja dann auch mmer wieder angeführt worden, man müsse auch die ituation in Deutschland kritisch betrachten. Dem stimme ich auch voll und ganz zu. Die Abwä- ung der Schutzfunktion des Staates für seine Bürger ge- en die Persönlichkeitsrechte jedes Einzelnen ist nicht eu, sie ist nie einfach und sie ist nicht konfliktfrei zu lö- en. Doch bei aller Kritik – ob berechtigt oder unberech- igt – darf man einen Unterschied zwischen der Situation n Deutschland und der in anderen Ländern nicht überse- en: Deutschland verfügt über einen funktionierenden ustizapparat, parlamentarische Kontrolle, eine wache ivilgesellschaft und eine vielfältige und kritische Me- ienlandschaft. Wenn es also – gesetzlich oder überge- etzlich – zu nicht hinnehmbaren Einschränkungen der ressefreiheit kommt, kann dem entgegengetreten wer- en und wird dem entgegengetreten. Darauf, das hat der ollege Strässer in der letzten Debatte zu Recht gesagt, önnen wir mit Recht stolz sein. Gerade diese Voraussetzungen sind in vielen anderen ändern der Welt weniger oder gar nicht vorhanden. icht nur die Zahlen von Reporter ohne Grenzen bele- en dies: Wenn etwa Journalistengewerkschaften in der rabischen Welt und dem Iran eine gemeinsame Kampa- ne mit dem Namen „Brechen der Ketten“ ins Leben ru- en und dabei die Entkriminalisierung kritischer Medien- erichterstattung fordern und Arrest, ungerechtfertigt ohe Strafen, Entführungen und Gewalt gegen Medien- chaffende verurteilen, dann ist das ein deutliches Zei- hen: Ein deutliches Zeichen einerseits dafür, dass diese robleme virulent sind; andererseits dafür – und das ist ielleicht das Positive –, dass sich Widerstand gegen sol- he Entwicklungen regt. Ein ähnliches Zeichen haben in der letzten Woche und 50 Journalisten in Georgien gesetzt, indem sie ei- en Verband gegründet haben, der für die Rechte der ournalisten und die Meinungsfreiheit eintreten soll. Die ournalisten reagierten damit auf das Verbot zur Aus- trahlung politischer Sendungen bei einem Kabelsender nd die Erstürmung und Schließung eines anderen. Nach Angaben von Reportern ohne Grenzen ist die ituation für Journalisten in vielen Ländern nach wie vor nverändert problematisch, unter anderem in Russland, as auch wegen des nach wie vor ungeklärten Mordes an nna Politkowskaja auf Platz 144 der Rangliste steht. Doch Besserung scheint in Sicht, zumindest, wenn an den Äußerungen des neuen russischen Staatspräsi- enten Dmitrij Medwedew glauben darf, der nach 18006 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 (A) ) (B) ) Angaben der Nachrichtenagentur Reuters anlässlich sei- nes Antrittsbesuchs in Berlin am vergangenen Donners- tag ein Bekenntnis zur Pressefreiheit und zur Achtung der Menschenrechte abgelegt hat: „Ich bin völlig damit einverstanden, dass die Pressefreiheit im Rahmen der Gesetzgebung geschützt werden muss.“. Die Presse „müsse gegen den Staatsapparat auf verschiedenen Ebe- nen geschützt werden.“. Das Fernsehen solle völlig un- abhängig sein, und es solle private wie auch staatliche Sender geben. Die Frage bleibt, wie viel von diesen Ankündigungen Wirklichkeit wird, wenn gleichzeitig ein Kritiker des früheren Präsidenten Putin aus einer Talkshow wegretu- schiert wird und dies nur deshalb auffällt, weil die Zen- soren schlampig gearbeitet haben und die Beine des Talkshowgastes die ganze Zeit über zu sehen waren. Nichtsdestoweniger sollten wir den neuen Präsidenten Russlands beim Wort nehmen, auch dann, wenn er die vollständige Aufklärung der Morde an Journalisten ver- spricht. In einem anderen Land, das uns in diesem Zusam- menhang beschäftigt, hat sich zumindest bei einem Thema eine neue Offenheit gezeigt. Der Umgang der chinesischen Medien mit der furchtbaren Erdbebenkata- strophe hat eine bis dahin nie gekannte Offenheit und Transparenz gezeigt. Ein ermutigendes Zeichen. Hoffen wir alle und helfen wir mit, dass sich dieser andere, neue Geist bei den Olympischen Spielen und darüber hinaus – in Tibet und anderen Regionen Chinas, im Internet und allen anderen Medien – für fremde und einheimische Journalisten durchsetzt. Und hoffen wir, dass dieser neue Geist auch dazu führt, dass möglichst bald eine Anfrage des Menschenrechtsausschusses dieses Hohen Hauses für eine Dienstreise positiv beschieden wird und nicht negativ, wie bisher zweimal geschehen. Die beiden Anträge, über die wir heute entscheiden, haben viele Gemeinsamkeiten. Allerdings hat der Antrag von CDU/CSU und SPD ein weiteres Spektrum. Der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen befasst sich zwar auch mit der Situation von Meinungs- und Pressefreiheit weltweit, legt dann aber einen starken Schwerpunkt auf die OSZE und deren Mitgliedstaaten. Meinungs- und Pressefreiheit sind aber Themen, die weit über Europa und die westliche Welt hinaus von Be- deutung sind. Insofern kann ich Ihnen nur wärmstens den Antrag der Koalition zur Annahme empfehlen. Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD): Die SPD-Frak- tion hat zusammen mit der Fraktion der CDU/CSU den Antrag „Das Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit weltweit durchsetzen und der Internetzensur entgegen- treten“ eingebracht, und – natürlich – stimmen wir ihm zu. Die Pressefreiheit ist in jedem Land ein zuverlässiger Gradmesser für die Offenheit einer Gesellschaft und für den Respekt, den die jeweiligen Machthaber den Men- schenrechten und der Stellung der einzelnen Menschen entgegenbringen. Das globale Völkerrecht, aber auch zahlreiche regionale menschenrechtliche Konventionen und die meisten nationalen Verfassungen haben diese zentrale Bedeutung einer freien Presse für die Entwick- l e J u T s h k S u d w b V d G g B f J n s S E r d k I I z A e s w a S s h u u a u f B i t g a n s B R M F r v l D G d r (C (D ung der Gesellschaft und die Stärke der Demokratie an- rkannt. Diese Rechtsvorschriften anerkennen auch, dass ournalisten eine verantwortungsvolle Tätigkeit ausüben nd dass zur Ausübung dieser verantwortungsvollen ätigkeit ein hohes Maß an Professionalität und Bereit- chaft zu Recherche und Objektivität gehören. Sie einzu- alten, fällt manchen Medien, die insbesondere am Ver- auf ihrer Produkte interessiert sind und daher zu ensationshascherei, Skandalisierungen, Fehlmeldungen nd Einseitigkeit tendieren, auch in westlichen Staaten urchaus schwer. Diese Grenzen müssen eingehalten erden. Auch dafür muss es rechtsstaatliche Regeln ge- en, die den Betroffenen die Möglichkeit geben, solche erletzungen zu korrigieren und, wo erforderlich, auch urch Schadensersatz zu kompensieren, was mithilfe der erichte durchgesetzt werden kann. Auch die notwendi- en Gesetze und staatlichen Akte zur Verhinderung und ekämpfung von Missbrauch dürfen jedoch die Presse- reiheit nicht einschränken oder auch die Tätigkeit von ournalisten nicht wesentlich beschränken, ebenso we- ig wie im Übrigen etwa der aktuell immer wieder be- chworene Kampf gegen den Terrorismus, der mehr chutzvorschriften für die Bevölkerung verlangt und zur inschränkung der Pressefreiheit und anderer Grund- echte tendiert. Die Meinungs- und Informationsfreiheit sind gera- ezu natürliche Korrelate der Pressefreiheit. Neben den lassischen Medien schiebt sich in den letzten Jahren das nternet immer mehr in den Vordergrund. Pressefreiheit, nformations- und Meinungsfreiheit sind in der Freiheit um ungehinderten Zugang zum Internet gebündelt. uch hier gilt, dass das Internet nicht missbraucht und twa als Mittel zur Vorbereitung und Begehung von chwersten Verbrechen genutzt werden darf. Die not- endigen Begrenzungsregelungen allerdings dürfen uch hier nicht als Vorwand für Zensur oder andere chranken missbraucht werden. In unserem Antrag wei- en wir darauf hin, dass trotz dieser klaren und weitge- end anerkannten Grundsätze Journalisten häufig genug nter Einschränkungen, Schikanen, ja Gefahr für Leib nd Leben arbeiten müssen. „Reporter ohne Grenzen“ ls weltweit tätige Berufsorganisation von Journalisten nd Menschenrechtsvereinigung, die sich für die Presse- reiheit einsetzt, dokumentiert in ihren regelmäßigen erichten immer häufiger schwerste Verletzungen und mmer häufiger Eingriffe in die Presse- und Informa- ionsfreiheit, in die Meinungsfreiheit und den freien Zu- ang zum Internet. Solche Einschränkungen, vor allem ber auch die Bedrohungen für Leib und Leben, können icht akzeptiert, auch nicht geduldet werden. Aus die- em Grund sprechen wir gerade den unter schwierigsten edingungen arbeitenden Journalisten unseren tiefen espekt aus. Aus diesem Grund unterstützen wir diese enschenrechtsvereinigung und auch die konkreten orderungen, die unser Antrag an die Bundesregierung ichtet. Wer sie liest, wird feststellen, dass sie weder kontro- ers noch außerordentlich neu sind. Der Grund dafür iegt in der Tatsache, dass in der Bundesrepublik eutschland ein weitestgehender Konsens in diesen rundsatzfragen besteht, und die Bundesregierung und er Bundestag ihre Handlungen an diesem Konsens aus- ichten. Aus diesem Grund unterscheidet sich auch der Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 18007 (A) ) (B) ) Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nicht we- sentlich vom Antrag der Fraktionen der Regierungsko- alition. Florian Toncar (FDP): Wir beraten heute zwei An- träge, die die Meinungs- und Pressefreiheit weltweit zum Gegenstand haben. Damit berühren sie ein Kernele- ment im Bestand der Bürger- und Menschenrechte. Diese sind verbrieft im UN-Zivilpakt (IPbpR), in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR), der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) sowie anderen regionalen Menschenrechtskonventionen. Vielerorts in der Welt ist es die gleiche Situation: Au- toritäre Regierungen treten die Meinungs- und Presse- freiheit mit Füßen. Kritische Stimmen werden zum Schweigen gebracht, die Bürger erfahren nur, was die Herrschenden zulassen. Zensur und Propaganda ver- schleiern Korruption und Inkompetenz, Bürger werden bevormundet und gegängelt. Unter diesen Umständen kann Fortschritt nicht stattfinden. Zudem widerspricht es jedem moralischen Rechtsempfinden, wenn Regierun- gen ihre Bürger bevormunden und willkürlich manipu- lieren. „Reporter ohne Grenzen“, eine Nichtregierungsorga- nisation, die sich für die Pressefreiheit einsetzt, weist zudem auf die Gefahren hin, die für Journalisten im Um- feld bewaffneter Konflikte entstehen. Wo Bürgerkriegs- parteien sich ohne Gnade bekriegen, ist der offene Aus- tausch von Ideen, Meinungen und Informationen zumeist das erste Opfer. In Somalia, im Irak oder Sudan ist dies leicht zu beobachten. Die Bedeutung elektroni- scher Medien und Informationskanäle für die Meinungs- und Pressefreiheit wächst rasant. Bestand anfangs die Hoffnung, dass das Internet zu unübersichtlich für staat- liche Zensoren sei und Bürger sich hier ungehindert aus- tauschen können, haben einige autoritäre Staaten ihre Kontrollinstrumente flexibel angepasst. China ist hier Vorreiter. Während die Regierung dort die wirtschaftli- chen Möglichkeiten des Internet nutzen will, ist es ihr gelungen, durch Filter den E-Mail-Austausch zu kontrol- lieren sowie Chatrooms, Foren und Websites zu zensie- ren. Andere Staaten folgen diesem Beispiel. Technisch weniger ausgefeilte Staaten wie Birma hingegen greifen zu noch drastischeren Maßnahmen. Um den Informa- tionsfluss ins Ausland nach der Niederschlagung friedli- cher Proteste im September 2007 zu unterbinden, kappte das Regime kurzerhand die beiden Verbindungskabel und schnitt das ganze Land von der digitalen Außenwelt ab. Die beiden Anträge, über die wir heute abstimmen, sind sehr unterschiedlich hinsichtlich ihrer Zielrichtung. Die Koalitionsfraktionen fordern ein breites Spektrum an Maßnahmen, um die freie Betätigung von Journalis- ten zu schützen. Die Bundesregierung soll beispiels- weise entschlossen die Achtung der Meinungsfreiheit einfordern und die Aufklärung von Übergriffen auf Re- porter anmahnen. Der Antrag hat zwei Schwächen: Ob- wohl die Forderungen sich auch auf den Bereich der elektronischen Medien beziehen, hätte die in einigen Fällen negative Rolle westlicher IT-Firmen bei der Ein- schränkung der Meinungsfreiheit in einigen Staaten näher beleuchtet werden können. Ferner werden die Pro- b f w a d d d s d m g A r G d d s O w p f b d g R P r i f Z t b d D C W w r P D C a S e n r r w K s s m e m f c (C (D leme, die in Deutschland bei der Achtung der Presse- reiheit aufgetreten sind, völlig ausgeblendet. Die Über- achung von Journalisten durch den BND oder der ktuelle Überwachungsskandal bei der Telekom, bei em nach Journalistenkontakten von Vorstandsmitglie- ern gespäht wurde, belegen, dass auch in Deutschland ie Pressefreiheit besser geschützt werden muss. Insge- amt ist der Antrag jedoch so sinnvoll und ausgewogen, ass die FDP ihn mittragen kann. Wir werden zustim- en. Beim Antrag der Grünen jedoch ergibt sich ein unaus- eglichenes Bild. Die Einleitung bzw. Begründung des ntrags passt inhaltlich nicht zum Forderungsteil. Wäh- end die Grünen eingangs ausführlich die vielfältigen efahren für die Pressefreiheit weltweit darlegen, gehen ie aufgestellten Forderungen nur sehr lückenhaft auf ie skizzierten Herausforderungen ein. So beziehen sich echs der insgesamt neun Forderungen auf die Arbeit der SZE. Auch wenn diese Organisation in Europa eine ichtige Rolle spielt, kann man ihr nicht den Schwer- unkt der Arbeit für die weltweite Achtung der Presse- reiheit übertragen. Auch wenn die Forderungen für sich etrachtet nicht falsch oder schädlich sind, hätte der For- erungsteil besser zu einem OSZE-spezifischen Antrag epasst. Die Grünen fordern zudem, dass Deutschland im ahmen seiner Entwicklungszusammenarbeit verstärkt rojekte fördern soll, die den Zugang armer Bevölke- ungsteile zum Internet zum Ziel haben. Grundsätzlich st dies sinnvoll. Der ausdrückliche Verweis auf China ührt in diesem Zusammenhang jedoch nicht weiter. um einen wächst die Verbreitung digitaler Informa- ionstechnologie einschließlich Internetzugang und Mo- iltelefonie in keinem Land so stark wie in China – und ies auch ohne deutsche Hilfe. Nebenbei bemerkt sollte eutschland seine Entwicklungszusammenarbeit mit hina, dem Land mit den größten Devisenreserven der elt, einstellen. China ist ein wirtschaftlicher Wettbe- erber und kein typisches Entwicklungsland. Zum ande- en liegt im Falle Chinas die eigentliche Gefahr für die ressefreiheit im repressiven Vorgehen der Regierung. aher geht diese Forderung am Kern des Problems in hina vorbei. Insgesamt ist der Antrag zwar nicht schädlich, er stellt ber auch keinen wirklich weiterführenden Beitrag zum chutz der Pressefreiheit dar. Die FDP wird sich hier nthalten. In der Achtung der Presse- und Meinungsfreiheit liegt icht nur ein Wert an sich für den Schutz der Menschen- echte. Sie ist auch ein Schlüssel für die Entwicklung echtsstaatlicher und demokratischer Strukturen welt- eit. Die Bundesregierung muss daher den von den oalitionsfraktionen vorgelegten Antrag rasch und ent- chlossen umsetzen. Michael Leutert (DIE LINKE): Heute hat die russi- che Staatsanwaltschaft die Ermittlungen im Fall der er- ordeten Journalistin Anna Politkowskaja für beendet rklärt und Anklage erhoben. Es wird sich noch zeigen üssen, ob Verlauf und Ergebnis des Verfahrens Grund ür Hoffnung auf die Verbesserung der menschenrechtli- hen Lage, hier die Verteidigung der Pressefreiheit, lie- 18008 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 (A) ) (B) ) fern. In jedem Fall bleibt die Ermordung der russischen Journalistin ein markantes Beispiel dafür, wie sehr ein bürgerliches Grundrecht weltweit gefährdet ist. Nicht immer muss der Prozess der Einschüchterung und Behinderung so grausam enden. Aber es ist in vielen Ländern geradezu selbstverständlich, in die Medienbe- richterstattung informell oder gar regierungsamtlich ein- zugreifen. Erst am Dienstag billigte das weißrussische Unterhaus ein Gesetz, auf Grundlage dessen unabhän- gige Medien im Internet kontrolliert werden sollen. Wo dieses Mittel nicht so ohne Weiteres zur Hand ist, drang- saliert man unabhängige Journalisten mit konstruierten Anklagen wegen Steuerhinterziehung oder angeblicher Vergewaltigung, wie etwa in Kasachstan geschehen. Doch genug der Beispiele. Jede und jeder könnte Dut- zende hinzufügen. Die beiden heute zur Debatte stehenden Anträge ver- weisen auf Berichte der Organisation „Reporter ohne Grenzen“, die ein düsteres Bild über die Arbeitsbedin- gungen von Journalisten an vielen Orten der Welt zeich- nen. Aber beiden Anträgen, in unterschiedlichem Maße, ist eigen, dass sie „Welt“ nur in Teilen wahrnehmen. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Ich weiß, dass es ein großer Unterschied ist, ob man als Journalist jahre- lang unter Hausarrest steht oder gar unter unerträglichen Bedingungen inhaftiert ist oder „nur“ eine Hausdurchsu- chung über sich ergehen lassen muss. Es steht aber je- dem Land gut zu Gesicht, bei aller berechtigten Kritik an Verletzungen von Bürger- und Menschenrechten in an- deren Ländern, auch das Agieren der eigenen Regierung in die Betrachtung einzubeziehen. Der Antrag der Frak- tion der Grünen übt sowohl Kritik am Bündnispartner USA wegen seiner Einschränkung der Pressefreiheit im Zuge der Terrorismusbekämpfung wie auch an Defiziten in der BRD, etwa wegen der illegalen Überwachung von Journalisten durch den BND. Dagegen scheint für die Koalition in Bezug auf die sogenannte westliche Welt und die Bundesrepublik in ihr alles in Butter. Dabei geht es mir nicht nur um die Er- wähnung der sogenannten Cicero-Affäre oder das von „Reporter ohne Grenzen“ veröffentlichte Ranking zur Pressefreiheit, in dem die BRD zurückgefallen ist. Mir geht es darum, was die Bundesregierung zu tun oder zu unterlassen gedenkt, weiteren Einschränkungen von Freiheiten Einhalt zu gebieten. Wie steht es um die Pläne, Berufsgruppen wie Pfarrer, Ärzte oder eben Jour- nalisten, die unter besonderem Schutz stehen, eben die- sen Schutz durch Ausnahmeregelungen auszuhebeln? Ist es nicht eher geboten, diese Berufe nachrichtendienstli- cher Überwachung zu entziehen und diese Überwachung zu verbieten? Und zu guter Letzt eine Bemerkung zum Internet, dessen Rolle als Medium unabhängiger Berichterstat- tung und Meinungsäußerung vor allem im Antrag der Koalition gewürdigt wird und zu dem uneingeschränkter Zugang verlangt wird. Machen Sie sich klar, dass eine Online-Durchsuchung, die noch immer nicht vom Tisch ist, und die Vorratsdatenspeicherung geeignete Mittel sind, das Kommunizieren via Telefon, Fax oder Internet zu behindern, weil die Bürgerinnen und Bürger nicht wissen, wer „noch in der Leitung“ ist. Das heißt Ein- schränkung von Informationsmöglichkeiten und Infor- m h d I G O b i H h F D M s p D T m g N s n s d h n c A v S D ä u d S s I t n d w r M n b z F K r t f K r g D (C (D ationsaustausch, von freier Kommunikation. Die Be- inderung von Information bedeutet zwangsläufig auch ie Einschränkung von Pressefreiheit. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): n Singapur wartet der amerikanische Rechtsanwalt opalan Nair auf seine Verurteilung wegen Kritik am bersten Gerichtshof, die er in seinem Internet-Blog pu- liziert hatte. In China sitzt Huang Qi seit dem 10. Juni n Haft, weil er bei seinen Berichten zur humanitären ilfe nach dem schweren Erdbeben angeblich Staatsge- eimnisse verraten hat. Im Iran wurden am 12. Juni neun rauen verhaftet, die regelmäßig im Internet gegen die iskriminierung von Frauen im Iran publizieren. In oskau wurde die Wohnung von Kaloi Akhilgov durch- ucht, der als Rechtsanwalt für das einzige Nachrichten- ortal, das in inguschetischer Sprache erscheint, tätig ist. em Portal wird Extremismus vorgeworfen. Und in der ürkei ist der Zugang zum Videoportal „YouTube“ seit ehr als einem Monat gesperrt, wegen Veröffentlichun- en, die angeblich das Türkentum beleidigen. Diese Auflistung ist nur eine kurze Wiedergabe der achrichtenmeldungen der letzten Tage von der Web- eite von „Reporter ohne Grenzen“. Sie ist bei weitem icht vollständig, und das Vorgehen der Behörden unter- cheidet sich natürlich in der Qualität, aber eines wird eutlich: Die Bedrohung der Meinungs- und Pressefrei- eit im Internet wächst mit der Bedeutung, die das Inter- et für dieses Menschenrecht hat. Massive Überwa- hung, Zensur und Kontrolle des Internets wird nach ngaben von Menschenrechtsorganisationen vor allem on China, Iran, Kuba, Libyen, Nepal, Nordkorea, audi-Arabien, Syrien, Tunesien und Vietnam betrieben. er „Cyber-Dissident“, wie es im Englischen heißt, ngstigt die Diktaturen und Unterdrücker dieser Welt, nd man möchte hinzufügen: Das ist auch gut so. Auch den Fall von Perwiz Kambakhsh möchte ich in ieser Debatte nicht unerwähnt lassen. Der 23-jährige tudent wurde am 23. Januar 2008 von einem afghani- chen Gericht in Mazar-i-Sharif wegen „Beleidigung des slam“ zum Tode verurteilt. Er hatte an seiner Universi- ät per E-Mail einen Artikel über Frauenrechte in Afgha- istan verbreitet, der sich kritisch über den Koran äußert. Das Internet ist zum bevorzugten Medium für Dissi- enten, Menschenrechtsverteidiger und Demokraten ge- orden. Die Beschränkung des Zugangs richtet sich di- ekt gegen Art. 19 der Allgemeinen Erklärung der enschenrechte, nach dem jeder das Recht auf Mei- ungsfreiheit und freie Meinungsäußerung hat. Dabei ar- eiten viele Staaten an immer ausgefeilteren Methoden ur Kontrolle des Internets, entweder durch raffinierte iltertechnologien und Überwachung der elektronischen ommunikation oder den Aufbau einer Cyberpolizei. Aber auch die hemmungslose Vorratsdatenspeiche- ung, wie sie nun leider in Deutschland und der EU be- rieben wird, ist letztlich eine Bedrohung der Meinungs- reiheit im Internet. Hier ist die Abwägung zwischen ampf gegen Kriminalität und Wahrung der Bürger- echte leider zuungunsten der Bürgerrechte ausgegan- en. Der Skandal um die Überwachungsmethoden der eutschen Telekom zeigt, wohin dies führen kann. Lei- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 18009 (A) ) (B) ) der blickt der Antrag der Koalition nur nach außen und ignoriert die Herausforderungen, die wir in Deutschland in diesem Bereich haben. Gleichwohl wundert dies nicht, denn offenbar fehlt es insbesondere beim Schutz der Daten von Internetnutzern der Koalition hier gänz- lich an Problembewusstsein. Ein Skandal ist es auch, wenn Firmen wie Yahoo, Google oder Microsoft mit Diktaturen zusammenarbei- ten und sich aktiv an Zensurmaßnahmen beteiligen, wie dies in China geschehen ist. Aber auch die Ausrüstung zur Überwachung des Internets kommt zu großen Teilen von westlichen Unternehmen, wobei es hier sicherlich auch – wie an anderer Stelle – eine „dual-use“-Proble- matik gibt. Alle Länder sind im 21. Jahrhundert auf die Chancen des Internets angewiesen. Ohne die Vorteile des Inter- nets wird kein Land langfristig im wirtschaftlichen und auch wissenschaftlichen Wettbewerb bestehen können. Aber das Internet ist nichts ohne den freien Austausch von Informationen. Es lohnt sich, diesen Austausch auch zuzulassen. Die Vorteile des Internets und die Presse- und Meinungsfreiheit sind untrennbar verbunden. Der Preis für die Vorenthaltung dieses Zugangs wird auch für autoritäre Regime auf Dauer nicht zu zahlen sein. Die Bundesregierung ist aufgefordert, sich für den Schutz der Rechte von Internetnutzern und die Förde- rung der freien Meinungsäußerung im Internet weltweit verstärkt einzusetzen. Dazu gehören auch Anstrengun- gen, die sogenannte digitale Kluft zu überwinden und den Zugang zum Internet auch ärmeren Bevölkerungs- schichten weltweit zu ermöglichen. Und auch in Deutschland muss Schluss sein mit der immer weiter voranschreitenden Überwachung von Telekommunika- tion und dem Internet. Pressefreiheit ist Wegbereiter für gesellschaftlichen Fortschritt und Transformation und ein Fundament de- mokratischer Gesellschaften. Freie Medien sind Platt- form für offenen Meinungsaustausch. Freie Medien informieren und schaffen Voraussetzungen für demokra- tische Meinungsbildung und Meinungsfindung. Freie Medien unterstützen gute Regierungsführung. Freie Me- dien sind Wachhunde der Gesellschaft und decken früh- zeitig Missstände und Fehlentwicklungen auf. Freie Me- dien können gesellschaftliche Toleranz fördern und der Diskriminierung und Marginalisierung von einzelnen Gruppen entgegenwirken. Dafür weltweit einzutreten lohnt sich. Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Berichts zu dem Antrag: Er- arbeitung einer nationalen Strategie für den Erhalt der Gewässerbiodiversität und zur Flankierung der Umsetzung der EG-Wasser- rahmenrichtlinie in den Bundesländern (Tages- ordnungspunkt 12) Ulrich Petzold (CDU/CSU): Die Furcht vor Unbe- kanntem zu schüren und den Menschen Angst vor N s p a S i t b w A r g B S w W n g l c P a z b d b t n s b m i E c c z k s u i u R 8 s e w M i r w r K S g s G z m (C (D euem einzuflößen, zeugt nicht von Strategie und politi- chem Weitblick, da man die Angst, die man in der Op- osition geschürt hat, in der Regierungsverantwortung usbaden muss. Genau dieses Schüren von Angst und orge versucht jedoch die vorliegende Große Anfrage, ndem sie die CO2-Abscheidungs- und Speicherungs- echnologie CCS als „Großexperiment“ mit „unbestreit- aren Risiken“ und einer „Vielzahl offener Fragen“ be- usst diffamierend hinterfragt. Mit dem Ergebnis der öffentlichen Anhörung unseres usschusses vom März 2007, der Antwort der Bundes- egierung auf die fast wortgleiche Kleine Anfrage der rünen Fraktion vom April 2007 und dem gemeinsamen ericht des BMWi, des BMU und des BMF vom eptember 2007 sind die in der Großen Anfrage teil- eise polemisch gestellten Fragen längst beantwortet. enn man ehrlich ist, geht es in der Anfrage auch gar icht um die Frage CCS ja oder nein, sondern um die rundsätzliche Frage der Kohleverstromung. Deshalb er- auben Sie mir bitte einige wenige Sätze zur grundsätzli- hen Frage der Energieversorgung. Wenn man wie Sie – Sie wissen, dass das nicht unsere osition ist – aus der Stromerzeugung aus Kernenergie ussteigen will, sollte man die Frage nach der Stromer- eugung für die Grundlast beantworten. Dazu ist Ihnen ekannt, dass weder Strom aus Windkraftanlagen noch er Strom aus Solarzellen grundlastfähig ist, da er nicht edarfsorientiert anfällt, und die Stromspeicherung als echnisches Problem in der notwendigen Größenordnung icht gelöst ist. Zur Energieerzeugung aus Biomasse teht uns maximal Biomasse für ein Drittel des Energie- edarfs zur Verfügung und das verbunden mit Proble- en, wie wir sie aus der Palmölproduktion kennen. Der mmer wieder eingeforderte Königsweg der Senkung des nergieverbrauchs ist mit solch wirtschaftlichen Umbrü- hen und sozialen Problemen verbunden, dass ein sol- her Umbau der Gesellschaft nur eine Frage von Jahr- ehnten, wenn nicht sogar nur eine Jahrhundertfrage sein ann. Ja, wir müssen uns auf den Weg zur Senkung un- eres Energieverbrauchs begeben, und dazu müssen wir ns im Klimaschutz Zeit kaufen. Doch eine singuläre Betrachtung nur unseres Landes m Klimaschutz ist unsinnig und würde auch nicht von nseren Menschen akzeptiert werden. Was nützt eine eduzierung des CO2-Ausstoßes in Deutschland um 0 Prozent, wenn gleichzeitig in Asien bei einem wach- enden Pro-Kopf-Bedarf Strom noch in Kraftwerken mit inem Wirkungsgrad von unter 30 Prozent produziert ird. Oder erinnern Sie sich bitte an die Aussagen der itglieder des Energieausschusses der russischen Duma n unserem Umweltausschuss: Russland ist jederzeit be- eit, Deutschland das gewünschte Erdgas zu liefern, aber ir Deutschen mögen uns doch dann bitte nicht in die ussische Energieversorgung einmischen, wenn dort ohle verstromt würde. Ja, was macht das für einen inn, in Deutschland russisches Erdgas zur Stromerzeu- ung einzusetzen, wenn dafür in Russland Kohle ver- tromt wird? Übrigens, auch bei der Verstromung von as könnte es Sinn machen, die CCS-Technologie ein- usetzen; denn es gibt kein gutes CO2 aus Gas oder Bio- asse und böses CO2 aus Kohle Wenn man überzeugt 18010 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 (A) ) (B) ) ist, dass anthropogen erzeugtes CO2 einen wesentlichen Anteil an der derzeitigen Klimaveränderung hat und wir auch nach dem Jahr 2020 alle Anstrengungen zur CO2- Reduzierung unternehmen müssen, muss man zur CCS- Technologie Ja sagen. Wie sich die vorliegende Anfrage zur CCS-Technolo- gie positioniert, ist allerdings schon sehr grenzwertig: Da werden Zweifel an der Technologie des CO2-Ab- scheidung, -Transport und -Lagerung geschürt, indem sie als PR-Instrument verunglimpft wird. Da wird die Wirtschaftlichkeit mehr als kritisch hinterfragt. Da wer- den Ängste vor Umweltschäden bei Transport und Lage- rung geschürt. Da wird Furcht vor Gesundheitsrisiken infolge von Leckagen erzeugt. In der Überbetonung der Risiken und Negation der Chancen der CCS-Technologie liegt die große Gefahr, dass die notwendige gesellschaftliche Diskussion verun- sachlicht wird. Für eine sachliche Diskussion ist es er- forderlich die drei Rechts- und Sachbereiche der CCS- Technologie – Abscheidung, Transport und Speicherung – säuberlich zu trennen und zu analysieren: Wie weit sind wir, und welche weiteren Schritte sind notwendig, um zu einem ausreichenden Erkenntnisstand zu kommen? Bei der CO2-Abscheidung stehen zurzeit mit der Rauchgaswäsche, der Vorvergasung und der Oxyfuel- Technologie drei Technologien mit unterschiedlichem Anarbeitungsstand zur Verfügung. Für den Erkenntnis- gewinn bei der Oxyfuel-Technologie steht uns zum Beispiel die 0,5-MW-Testanlage in Jänschwalde zur Ver- fügung, an der im Rahmen des BMWi-Verbund- forschungsprojekts gearbeitet wird. Bei der Vergasungs- bzw. IGCC-Technologie, bei der auch andere Brenn- stoffe wie Biomasse, Abfälle oder Klärschlämme einge- setzt werden können, engagiert sich ganz stark zum Bei- spiel RWE Power. Sie will im Jahr 2014 ein 450-MW- Kraftwerk auf dieser Technologiebasis in Betrieb neh- men. Die Rauchgaswäsche wiederum ist eine Abschei- dungstechnologie, die auch in bestehenden Kraftwerken nachgerüstet werden kann. In dieser Technologie wird Vattenfall noch im Frühsommer diesen Jahres ein Erpro- bungskraftwerk in Betrieb nehmen. Selbstverständlich laufen Erprobungen dieser Tech- nologien nicht nur in Deutschland. Die Forschung an diesen Technologien wird, wie aus den oben genannten Unterlagen zu ersehen ist, auch von der Europäischen Union gefördert, und es ist dann schon eine Frage, ob wir uns aus diesen Technologien und der Forschungsför- derung bei unserem Wissensvorsprung in Deutschland ausklinken wollen. Der Transport des abgeschiedenen CO2 von den Ab- scheidungsorten zu den Lagerstätten ist ein Problem, das bereits grundsätzlich technisch gelöst ist. Bereits jetzt existieren CO2-Fernleitungen, und es geht rein technisch gesehen um Probleme der Dimensionierung. Allerdings müssen wir rechtliche Fragen beantworten. So sollte es für jeweils eine Fernleitung nur eine Genehmigungs- stelle und für alle betroffenen Bundesländer ein vorlau- fendes Raumordnungsverfahren geben. Genauso sollten wir uns dringend überlegen, ob wir das Genehmigungs- verfahren durch eine Regelung entsprechend Ziffer 19.2 d s t h b g d d T S A t H s c A d g S k R g F S s B d e E w n B u z a e d d l e m b s i z s h „ w u M i – N (C (D er Anlage 1 zum UVPG beschleunigen. Grundsätzlich ollten auch CO2-Fernleitungen unter die Rohrfernlei- ungsverordnung fallen. Zur Frage der Lagerung von CO2 gibt es wohl den öchsten Bedarf an Erkenntniszuwachs. Es dürfte jedem ekannt sein, dass Jahrmillionen alte natürliche CO2-La- erstätten existieren. Natürlich ist auch die Möglichkeit er Ablagerung in ausgebeuteten Erdgas- und Erdölfel- ern bzw. zur Steigerung der Erdölförderung Stand der echnik und nichts Neues. Doch die weitaus größte peicherkapazität liegt in Deutschland in den salinaren quiferen: nach oben dichten, porösen Gesteinsschich- en in denen sich salzhaltiges Wasser angesammelt hat. ierzu sind noch umfangreiche Erkundungs- und For- chungsaktivitäten notwendig. Auch sind hierzu rechtli- he Klarstellungen notwendig. Schon die bergbaulichen ktivitäten zur Erkundung und Erforschung sind durch as geltende Bergrecht meiner Auffassung nach nicht edeckt, da sie letztendlich nicht das Aufsuchen von alzlösungen zum Ziel haben, sondern tatsächlich Er- undungen für Lagerzwecke sind. Auch der nun für den 24. Januar angekündigte CCS- ichtlinienentwurf der EU wird sich nach dem bisheri- en Arbeitsentwurf nicht mit den eigentumsrechtlichen ragestellungen an Lagerstellen befassen. Nach § 905 atz 1 Bundesberggesetz stehen geologische Aquifer- trukturen im Eigentum des Grundstücksinhabers der odenoberfläche. So könnte der Eigentümer nach Satz 2 es § 905 BGB die CO2-Einlagerung untersagen, wenn r daran kein Interesse hat. Schon eine Erkundung und rforschung einer Lagerstätte könnte so auf unüber- indliche Hindernisse stoßen. Wir müssen deshalb mei- er Auffassung nach umgehend ein in Anlehnung an das ergrecht entwickeltes Erkundungsgesetz beschließen, m eine sichere Forschungsbasis für salinare Aquifere u haben. Genauso steht ein Untergrund-Raumordnungsgesetz us, um gegenläufige Interessen im Untergrund gegen- inander abzuwägen. Doch dazu erhoffe ich mir wie- erum einen Fingerzeig aus der CCS-Rahmenrichtlinie, eren Entwurf wir nun bald kennenlernen werden. Petra Bierwirth (SPD): Die Natur stellt der mensch- ichen Gesellschaft aufgrund ihrer biologischen Vielfalt ine Fülle an Leistungen zur Verfügung: wie Nahrungs- ittel, Brennstoffe, gesunde Böden und auch das Le- enselixier Wasser. Etwa ein Zehntausendstel des Was- ervolumens der Erde sind Seen, Weiher und Flüsse. In hnen leben 12 Prozent aller bekannten Arten. 41 Pro- ent der Fischarten und 25 Prozent aller Wirbeltierarten ind von der Erhaltung der Süßwasserökosysteme ab- ängig. Obwohl unser Wohlergehen vollkommen von ökosystemaren Dienstleistungen“ abhängig ist, gehen ir nicht entsprechend sorgsam mit der Ressource Natur m, vor allem mit dem Bereich Wasser. Kein anderes Ökosystem hat unter dem Einfluss des enschen so gelitten wie das Wasser. Darauf verweisen nternationale Arbeiten, wie der Weltökosystem-Bericht Millenium Ecosystem Assessment Report – der UN. ach Studien der Naturschutzorganisation WWF sind Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 18011 (A) ) (B) ) weltweit seit 1970 allein 28 Prozent der Arten in den Süßwasserökosystemen ausgestorben. In Europa sind die naturnahen Flüsse und Auewälder am stärksten be- troffen. Die Eingriffe des Menschen in die Natur und in den Wasserhaushalt hatten für die biologische Vielfalt verheerende Folgen. Die Lebensader der Natur wurde systematisch zu Wasserstraßen, Abwasserkanälen und Vorflutern degradiert. Die Nutzung der Wasserkraft, die Interessen der Schifffahrt und der enorme Landhunger der Bevölkerung, Staustufen, Flussbegradigungen, Dei- che und nichtnaturnahe Uferbefestigungen – Maßnah- men, die der Dynamik des Wassers entgegenstehen. Der voranschreitende Klimawandel schafft zusätzli- che Stresssituationen für dieses Ökosystem. Nicht nur eine verminderte Qualität der Gewässer, sondern auch Hochwasserereignisse, wie das August-Hochwasser 2002 an der Elbe sind die Ergebnisse dieses Handelns. Der volkswirtschaftliche Schaden allein durch das Elbe- Hochwasser wurde in Deutschland auf circa 9,2 Milliar- den Euro beziffert. Nur eine intakte Natur ermöglicht den heutigen und zukünftigen Generationen eine hohe Lebensqualität. In der Europäischen Union wurden daher seit 2001 vier Aktionspläne, zum Beispiel zur Erhaltung der biologi- schen Vielfalt im Bereich der Naturressourcen oder in der Landwirtschaft und Fischerei im Rahmen der 1998 vorgestellten Gemeinschaftsstrategie zur Erhaltung der Artenvielfalt verabschiedet. Deutschland ist im Rahmen internationaler Verträge und Beschlüsse die Verpflichtung eingegangen, den Ver- lust der biologischen Vielfalt bis zum Jahr 2010 einzu- dämmen bzw. aufzuhalten. Auf globaler Ebene haben wir uns im Mai in Bonn auf der 9. Vertragsstaatenkonfe- renz zur Konvention über die biologische Vielfalt mit dem Thema befasst. Die Wasserrahmenrichtlinie, die Hochwasserschutzrichtlinie, die Richtlinie zum Schutz des Grundwassers, die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie und die Vogelschutzrichtlinie sind beispielgebend auf europäischer Ebene. National sind die Weichen ebenfalls in die richtige Richtung gestellt worden. So geben zum Beispiel bereits die Novellierung des Wasserhaushaltsgesetzes von Au- gust 2002, auf der Grundlage der europäischen Wasser- rahmenrichtlinie und das 5-Punkte-Programm der Bundesregierung von 2002 zur Verbesserung des vor- beugenden Hochwasserschutzes relevante Maßnahmen zur Erreichung der Qualitätsziele vor. Die Kolleginnen und Kollegen der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen meinen, dies sei noch nicht genug. Sie for- dern in dem heute zur Debatte stehenden Antrag die Bundesregierung auf, bis spätestens 2008 einen Entwurf für eine nationale Gewässerbiodiversitätsstrategie vorzu- legen. Diese soll die Umsetzung der europäischen Was- serrahmenrichtlinie flankieren und gleichzeitig die not- wendigen Schritte auf Bundesebene optimieren. Die nationale Strategie soll Aufschluss darüber geben, wie die Schadstoffeinträge und Eingriffe in die Gewässer be- endet bzw. konsequent minimiert werden können. Bereits während der Erarbeitung der nationalen Bio- diversitätsstrategie wurden diesbezügliche Regelungen und Richtlinien beachtet und dazugehörende Ziele auf- g V s d w l a Q t d d j N t S n m A s d f d m d B m d E u r d r s L d B s k b a r w w Z t ö M w s n g d b l m (C (D enommen. Die nationale Strategie zur biologischen ielfalt enthält also auch Ziele für den Erhalt der Gewäs- erbiodiversität. Beispiele aus dem Bereich Grundwasserschutz sind ie Entwicklung von Bewertungskriterien für Grund- asserhabitate, grundwassertypische Arten und des öko- ogischen Zustandes des Grundwassers bis 2010 oder uch die nachhaltige Sicherung und Regenerierung von uellstandorten. Zur Verringerung der diffusen Stoffein- räge soll der Eintrag von Pflanzenschutzmitteln in Bö- en und Gewässer bis 2015 signifikant reduziert werden, er Stickstoffüberschuss soll bis 2010 auf 80 Kilogramm e Hektar herabgesetzt werden. Die Beispiele aus der aturschutzstrategie, die auch den Gewässerschutz be- reffen, ließen sich noch lange fortsetzen. Eine eigene trategie zur biologischen Vielfalt der Gewässer ist also icht notwendig! Mit ihrem Antrag – ich zitiere: „Die Bundesregierung uss wirksamer dazu beitragen, dass Deutschland den nforderungen der EU-Wasserrahmenrichtlinie ent- pricht“ – erweckt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen en Eindruck, dass aus den Bundesländern der Nachweis ehle, dass alle zwingend notwendigen Maßnahmen aus en jeweiligen Ressorts zur Umsetzung der Wasserrah- enrichtlinie hinreichend erarbeitet und umgesetzt wür- en. Dem ist nicht so. Die Bundesregierung vertritt die undesrepublik Deutschland in einer Vielzahl von Gre- ien innerhalb Europas. Sie erarbeitet unter Beteiligung er Bundesländer zusammen unter anderem mit der uropäischen Kommission, den anderen Mitgliedstaaten nd NGOs Leitfäden zur Umsetzung der Wasserrahmen- ichtlinie. Es ist allerdings klar, dass der Vollzug bei den Bun- esländern liegt. Zudem macht die Bundesregierung ih- en Einfluss in der internationalen Flussgebietskommis- ion geltend. Unter Einbeziehung aller betroffenen änderressorts und Beteiligten erarbeiten die Bundeslän- er zurzeit die erforderlichen Maßnahmeprogramme und ewirtschaftungspläne. Diese werden unter großen An- trengungen und intensiver Beteiligung der Öffentlich- eit erarbeitet. Laut Wasserrahmenrichtlinie müssen eide Instrumentarien bis Ende 2009 vorliegen. Es ist lso noch Zeit. Ich möchte einige weitere Aspekte des Antrags he- ausgreifen: Die Maßnahmen der Schifffahrt, des Hoch- asserschutzes sowie der Land- und Energiewirtschaft ollen Sie als Wasserdienstleistung definiert wissen. iel der Aktion: Erreichen einer besseren Kostengerech- igkeit und Schaffung erforderlicher Anreize für eine kologisch verträgliche Gewässernutzung. Wir sind der einung, dass Maßnahmen der Schifffahrt, des Hoch- asserschutzes als auch der Land- und Energiewirt- chaft im Sinne der Wasserrahmenrichtlinie Gewässer- utzungen sind und nicht Wasserdienstleistungen. Hingegen sind Wasserver- und Abwasserentsorgun- en Wasserdienstleistungen. Untersuchungen im Auftrag er Länder zeigen, dass zum Beispiel in der Flussge- ietseinheit Elbe eine vollständige Kostendeckung vor- iegt. Im Entwurf des UGB II ist eine Verordnungser- ächtigung zur näheren Regelung der wirtschaftlichen 18012 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 (A) ) (B) ) Analyse von Wassernutzungen, die Auswirkungen auf Gewässer haben, vorgesehen. Natürlich ist längst nicht alles „im blauen Bereich“; darauf habe ich anfangs ja schon hingewiesen. Dennoch kommt der Bund seinen Verpflichtungen nach: Für Maß- nahmen zur naturnahen Gewässerentwicklung wurden im vergangenen Jahr circa 7,5 Millionen Euro zur Verfü- gung gestellt. Hochwasserschutzmaßnahmen erhielten im gleichen Zeitraum eine Fördersumme in Höhe von 77 Millionen Euro. Neben diesen Ausgaben, fließen Bundesmittel in viele Forschungsprojekte, die im Zu- sammenhang mit der Umsetzung der Wasserrahmen- richtlinie stehen. Ein besonderes Augenmerk gilt der ökologischen Sanierung von Auenlandschaften. Darüber hinaus wird mit der Düngemittelverordnung eine Minde- rung der Nährstoffeinträge in die Gewässer erreicht wer- den. Die europäische Wasserrahmenrichtlinie bietet die Grundlage für eine integrierte und koordinierte Gewäs- serschutzpolitik national und international unter Ge- währleistung einer nachhaltigen Balance zwischen Schutz und Nutzung. Eine zusätzliche flankierende na- tionale Strategie halte ich daher für überflüssig, zumal eine Erarbeitung einer derartigen Strategie Fachkräfte bindet, welche letztendlich bei der Umsetzung der EU- Wasserrahmenrichtlinie fehlen würden. Horst Meierhofer (FDP): Ich denke, wir sind uns ei- nig: Wasser ist eine wichtige Lebensgrundlage und des- halb besonders schützenswert. Ohne sauberes Trinkwas- ser geht nichts, nicht bei uns Menschen und auch nicht in der Tier- und Pflanzenwelt. Hinzu kommt: Gewässer sind einzigartige Lebensräume. Trotzdem stehen Gewässerschutz und Gewässerbiodi- versität im ständigen Konflikt mit der Wassernutzung. Wir Liberale sind uns dieser Problematik bewusst. Ziem- lich genau vor zwei Jahren haben wir uns deshalb auf unserem Rostocker Parteitag gegen den Bau weiterer Staustufen in Donau und Elbe ausgesprochen. Und wir haben unsere Linie bis jetzt durchgehalten, während ich bei den Grünen das Gefühl habe, sie wissen eigentlich selbst nicht, wie viel Gewässerschutz sie wollen. „Eingriffe in den Wasserhaushalt sind insbesondere auf eine nicht nachhaltige Land- und Verkehrswirtschaft zurückzuführen“, ist im Antrag zu lesen. Doch, wenn das so ist, dann müssen Sie, liebe Kolleginnen und Kol- legen, dort, wo Sie Regierungsverantwortung haben, auch entsprechend handeln. Vor allem das Beispiel Hamburg zeigt: In grüner Gewässerpolitik steckt weniger „Öko“ drin, als außen draufsteht. In Hamburg haben Sie für das Bündnis mit Herrn von Beust ihre ökologischen Grund- sätze verkauft: Die Elbvertiefung für Containerschiffe mit einem Tiefgang von 14,5 Metern kommt „in vollem Umfang“, und von Ihrer einstmals strikten Ablehnung ist nichts mehr zu hören. Dabei ist bei der erneuten Elbver- tiefung mit Deichproblemen, und die treffen vor allem die anliegenden Länder, und auch mit einer Verschlech- terung der Lebensbedingungen der Fische zu rechnen. S d w v g w v D ß s s g w d d g ü d f l U a s v e t g u g g m d F c d s t b m b t m n c w d B k G a Q m G (C (D chon jetzt ist das Hauptproblem der Elbe in Hamburg er Sauerstoffmangel. Durch die von Ihnen mitgetragene eitere Elbvertiefung wird sich das Problem noch weiter erschärfen. Die für die Fische und die Sauerstoffversor- ung so dringend benötigten Flachwasserzonen werden eiter zerstört werden. Gleichzeitig kommt es zu einer Verschlickung der ielen kleinen Häfen zwischen Cuxhaven und Hamburg. ie wegen des gewachsenen Querschnitts schneller flie- ende Elbe reißt mehr und schwereres Sediment mit ich. Die Folgen bekommen zum Beispiel die Wasser- portler zu spüren. Mit Schlick unterm Schiffsboden eht nichts, und das permanente Ausbaggern oder Auf- ühlen kostet Geld. Und nebenbei sind auch noch iverse Brut- und Nistgebiete verschwunden. Wie eine solche Politik zu diesem Antrag passen soll, as müssen Sie mir erst einmal erklären. Da bin ich auch espannt, wie sich die Grünen verhalten, wenn endgültig ber das Kraftwerk Moorburg entschieden wird. Aber as nur nebenbei. Im Antrag liest man auch: „Bislang ehlt aus den Bundesländern der Nachweis, dass alle re- evanten Maßnahmen aus den jeweiligen Ressorts zur msetzung der Wasserrahmenrichtlinie hinreichend er- rbeitet und umgesetzt werden.“ Auch da kann ich nur agen: Kehren Sie erst einmal vor Ihrer eigenen Tür, be- or Sie die Länder pauschal vorverurteilen. Eine nationale Strategie zu fordern, klingt natürlich rst einmal gut. Aber: Ein halbes Jahr bevor die Länder atsächlich ihre Bewirtschaftungs- und Maßnahmenpro- ramme vorlegen müssen, ist das aber wohl doch eher nter die Kategorie „einfach mal was fordern“ abzule- en. Hinzu kommt: Schon jetzt gibt es flussgebietsbezo- ene Koordinierungsgruppen. Und schon jetzt ist es öglich, eine Ad-hoc-Arbeitsgruppe unter Federführung es BMU einzuberufen. Da stelle ich mir schon die rage, ob wir eine nationale Strategie tatsächlich brau- hen. Voll zustimmen kann ich dagegen der Forderung, dass ie Entwicklung und Unterhaltung der Bundeswasser- traßen an dem Ziel ausgerichtet werden sollen, den gu- en ökologischen Zustand bis 2015 zu erreichen. Bei allen Vorteilen, die die Binnenschifffahrt mit sich ringt, darf nicht vergessen werden, dass ein Fluss im- er noch ein Fluss ist und damit Lebensraum vieler Le- ewesen und nicht nur Straße für Tonnen von Frachtgü- ern. Und diesen Lebensraum gilt es zu schützen! Wir üssen mehr Anreize schaffen, damit Binnenschiffe auf eue, schadstoffärmere Motoren umsatteln. Wir brau- hen in den Häfen mehr Landstromangebote, damit nicht ie im Stadtzentrum meiner Heimatstadt Regensburg ie Dieselmotoren Tag und Nacht laufen. Bisher hat die undesregierung nur Pseudomaßnahmen ergriffen, die aum Akzeptanz fanden. Doch das ist noch nicht alles: Für einen sinnvollen ewässerschutz müssen wir nicht nur die Schadstoffe us den Punktquellen, sondern auch die aus diffusen uellen im Auge behalten. Das sage ich auch und gerade it Blick auf die derzeitigen UGB-Entwürfe und den ewässerrandstreifen. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 18013 (A) ) (B) ) Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE): Zu lange schon hat sich die Bundesregierung bei Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie hauptsächlich auf die Länder verlassen. Aber – und das ist Inhalt des Antrags der Grü- nen, den wir unterstützen – der Bund hat hier eine kon- krete Verantwortung, auch wenn die Länder für einen wesentlichen Teil der Gewässerpolitik zuständig sind. Das Umweltbundesamt hat bisher schon koordinie- rende Funktionen bei der Umsetzung dieser wichtigsten europäischen Gewässerschutzrichtlinie wahrgenommen, einmal als Scharnier zwischen den Ländern und Brüssel, aber sicher auch, um Strafzahlungen des Bundes an die EU zu entgehen. Der Bund muss sich schließlich auch dann mit mindestens 15 Prozent an etwaigen Strafen be- teiligen, wenn die Länder versagt haben. Diese Mithaf- tung ist logisch, denn die Bundesregierung hat viele Möglichkeiten, den Gewässerschutz in Deutschland zu beeinflussen. Dass sie aber zu wenig wahrgenommen werden, trägt mit dazu bei, dass bis zum Jahr 2015 rund die Hälfte der Oberflächengewässer nicht den in der Richtlinie vorgeschriebenen „guten ökologischen Zu- stand“ und die gleichfalls geforderte „gute chemische Qualität“ erreichen werden. Jedenfalls nicht ohne zu- sätzliche Anstrengungen. Wo liegen die Defizite? Erstens ist weiterhin der Ein- trag von Schad- und Nährstoffen unakzeptabel hoch. Beispielsweise führen Düngemittelüberschüsse aus der Landwirtschaft nach wie vor zu Algenblüten in den Seen und Küstengewässern. Die von der Bundesregierung hochgelobte „gute fachliche Praxis“ in der Landwirt- schaft ist ein stumpfes Schwert. Sie ist zu unkonkret und kaum kontrollierbar. Auch die Düngemittelverordnung war hier offensichtlich wenig hilfreich. Die Bundes- regierung muss also gesetzlich und mit Maßnahmeplä- nen flankierend tätig werden, um solche Einträge – und auch solche aus dem industriellen oder gewerblichen Bereich – zu minimieren. Beim UGB sollte sie insbeson- dere die Chance nutzen, ausreichend breite Gewässer- randstreifen mit entsprechenden Nutzungsverboten bun- desweit vorzuschreiben. Was die Wasserstraßen betrifft, hat der Bund natürlich direkten Einfluss darauf, ob unsere Flusslandschaften Frachtautobahnen oder vielfältige Lebensräume sind. Gerade hier ist uns vollkommen unverständlich, wie das Bundesverkehrsministerium immer wieder unsinnige Großprojekte vorantreibt. So beantragt etwa Herr Tiefensee bei der EU 33 Millionen für eine fragwürdige Studie, um den Bundestagsbeschluss aus dem Jahr 2002 kippen zu können, nach dem die Donau nur mit fluss- baulichen Maßnahmen und eben explizit nicht mit zer- störerischen Stauanlagen ausgebaut werden soll. Auch am unsinnigen Ausbau der Saale und Havel wird festgehalten. Damit einmal die Woche ein Groß- schubverband passieren kann, wird wertvolle Flussland- schaft zerstört. Die Maßnahmen machen nur Sinn, wenn später auch die Elbe und die Oder ausgebaut werden. Uns ist nicht klar, wie dieser Wahnsinn im Einklang mit der Wasserrahmenrichtlinie stehen soll. Schließlich ist hier das Verschlechterungsverbot für Gewässer veran- kert. t F w s w G g e s t d d G l c l k I a t g s b E u s H c D w e F L h d l E E s l q m d u g d s b w u u s d l (C (D Ähnliches gilt für die Salzlaugeverklappung des Un- ernehmens Kali und Salz in Werra und Weser. Mit einer racht von täglich zusätzlich 2,5 Millionen Liter Lauge erden die Gewässer niemals aus dem Status der chlechten Qualität herauskommen. Im Gegenteil: Sie erden weiter degradiert. Unter dem Strich unterstützen wir die Forderung der rünen, die Bundesregierung solle eine nationale Strate- ie vorlegen, wie die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie rfüllt werden könnten. Dabei sollte sie sich auch chnellstens darüber Gedanken machen, wie das Ver- ragsverletzungsverfahren abgewendet werden kann, das ie EU gegen Deutschland eröffnen will, weil die Bun- esrepublik nicht wie vorgeschrieben alle bedeutsamen ewässernutzungen einer umweltökonomischen Ana- yse unterzogen hat. Genau solche Analysen wären si- herlich spannend. Manches Projekt würde dann viel- eicht viel früher als Unsinn erkannt werden. Allerdings nüpfen wir nicht allzu hohe Erwartungen an ein solches nstrument. Denn die Unsinnigkeit der genannten Fluss- usbauprojekte ist ja seit langem bekannt, und trotzdem auchen sie immer wieder aus den Schubladen auf. Da- egen hilft dann bürgerliches Engagement und Wider- tand. Und beides wird die Linke weiter unterstützen. Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der undespolitische Stillstand im Gewässerschutz muss ein nde haben. Der fortschreitende Biodiversitätsschwund nd die Verpflichtungen, die Deutschland von europäi- cher Ebene her übernommen hat, zwingen uns zum andeln. Bis 2009 muss die Wasserpolitik auf eine ganzheitli- he, sektorübergreifende Strategie umgestellt werden. as Management, umgesetzt mit den sogenannten Be- irtschaftungsplänen und Maßnahmenprogrammen, ist rstmalig und verbindlich nach Einzugsgebieten von lüssen auszurichten und nicht nur nach Staats- und ändergrenzen. Die EG-Wasserrahmenrichtlinie gibt ierfür die erforderlichen Standards vor zugunsten der auerhaften Deckung unserer Grundbedürfnisse für bio- ogische Vielfalt und nachhaltige Wassernutzungen. Die U-Vorgaben sind unmissverständlich: Alle relevanten ntscheidungen und Politiken müssen ab 2009 sicher- tellen, dass der gute ökologische Zustand, also die öko- ogische Sanierung der Gewässer und der Trinkwasser- uellen, grundsätzlich bis zum Jahr 2015 erreicht sein uss. Das Verbot, unsere Flüsse und Grundwasser von er Quelle bis zur Küste oder nur in Teilen weiter zu ver- nreinigen oder anderweitig zu schädigen, gilt bereits. Die Ergebnisse der jüngsten Gewässeruntersuchun- en in Deutschland weisen darauf hin, dass wir vom Ziel es guten ökologischen Zustandes noch weit entfernt ind. Für die Mehrzahl der Gewässer und ihrer Umwelt enötigen wir dringend zusätzliche Maßnahmen. Wenn ir die Wasserrahmenrichtlinie mit ihren für Mensch nd Natur so wichtigen Zielen ernst nehmen, dann muss ns eigentlich klar sein, dass die Umsetzung ein ent- chiedenes Handeln voraussetzt: bei den Ländern, die ie Hauptverantwortung für die Umsetzung der Richt- inie tragen, aber auch beim Bund. Denn für den 18014 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 (A) ) (B) ) Gewässerschutz sind sektorübergreifende nationale Stra- tegien unabdingbar. Es ist aber offensichtlich, dass den Regierungen in Bund und Ländern dieser Ansatz bisher nicht gelingt und sie ihn an vielen Stellen auch nicht wollen. Am wenigsten dort wo am dringendsten gehan- delt werden muss: in der Landwirtschaft, in der Ver- kehrs- und Energiepolitik sowie bei Maßnahmen des Hochwasserschutzes. Auf Bundesebene haben Herr Glos, Herr Seehofer und Herr Tiefensee genau das nicht getan. Im Gegenteil: Sie lassen Entscheidungen und Fördermaßnahmen zu, um Flüsse für die Schifffahrt zu verbauen, zusätzliche Flächen zu beackern und zu überdüngen, überdimensio- nierte Deiche und Dämme zu errichten oder auch, dass Gifte in die Gewässer gelangen. Das Festhalten an dem gewässerökologisch problematischen Bau des Elbe- Saale-Kanals ist ein aktuelles Beispiel, wie mit einer Sa- lamitaktik noch die wenigen frei fließenden Flüsse wei- ter verbaut und vertieft werden sollen. Der Beweis für den Bedarf für dieses teure Vorhaben fehlt bis heute. Bei den Beratungen zum Umweltgesetzbuch haben Sie bis- her ganze Arbeit geleistet, damit selbst unverantwortli- che Nutzungskonzepte Vorrang vor dem Schutz unserer Gewässer erhalten. Auch der Bundesumweltminister ist gefordert und kann nicht immer auf die Zuständigkeiten der Länder verweisen, wenn es um die Umsetzung der Wasserrah- menrichtlinie geht. Aus meinen Anfragen dürfte Ihnen die Problematik um die Werra-Versalzung gut bekannt sein. Die Bundesregierung kann hier die erforderlichen Vorschriften erlassen, damit die Salzabwässer aus dem Kali-Bergbau deutlich gesenkt werden. Doch dieses wird trotz der Anforderungen des Gewässerschutzes und der Handlungskompetenzen des Bundes von Ihnen nicht in Angriff genommen. Ich hoffe, dass das erneute WRRL-Vertragsverlet- zungsverfahren gegen Deutschland Sie alle aufrütteln wird. Es ist verschuldet durch die ungenügende Umset- zung einer wichtigen Achillesferse der WRRL, der Um- weltökonomie. Mit Hilfe einer modernen und intelligen- ten Wassergebührenpolitik sollten in Kürze schädliche Nutzungen nach dem Verursacher- und Kostendeckungs- prinzip belastet und gewässerverträgliche Verfahren un- terstützt werden. Wenn Ihnen der Gewässerschutz etwas wert ist, sollten Sie jetzt dringend handeln und die ent- sprechenden Vorkehrungen treffen. Da die Bundesregierung bisher es nicht für nötig hält, eigene Konzepte vorzulegen, haben wir mit unserem Antrag zentrale Forderungen für den Erhalt der Gewäs- serbiodiversität und zur Flankierung der WRRL-Umset- zung in den Bundesländern formuliert. Besonders wich- tig ist es aus unserer Sicht, dass bis Ende 2008 die Regierung eine nationale Strategie dem Parlament vor- legt, die Beiträge aus allen relevanten Ressorts enthält und auch konkrete Vorschläge zur Umsetzung der Was- sergebühren unterbreitet. Ich bitte um Zustimmung zum vorliegenden Antrag: „Erarbeitung einer nationalen Stra- tegie für den Erhalt der Gewässerbiodiversität und zur Flankierung der Umsetzung der EG-Wasserrahmenricht- linie in den Bundesländern“. A t s w S g A m r r n w s m s I z d p p b t s D t s u a D h D s h g k d d v O 1 (C (D nlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts zu den Anträgen: – Nationale und internationale Maßnahmen für einen verbesserten Kampf gegen Dro- genhandel und -anbau in Entwicklungslän- dern – Afghanistan eine Chance für legalen lizen- sierten Mohnanbau geben – Drogenmafia wirksam bekämpfen (Tagesordnungspunkt 19 a und b) Jürgen Klimke (CDU/CSU): Nach intensiven Bera- ungen, hier im Plenum und im Ausschuss für wirt- chaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, werden ir heute mit der Mehrheit des Hauses einen wichtigen chritt hin zu einem verbesserten Kampf gegen Dro- enanbau in Entwicklungsländern beschließen. Der Kollege Königshaus hat in den Beratungen im usschuss den Antrag eine „Fleißarbeit“ genannt. Ich öchte ohne Abstriche sagen: Damit hat er vollkommen echt, denn der Inhalt des Antrages gibt erstmals seit und zehn Jahren dem Entwicklungsministerium eine eue strukturelle Grundlage für den Ausbau der „ent- icklungsorientieren Drogenkontrolle“. Gleichzeitig tärkt er die hervorragenden deutschen Ansätze im Rah- en der internationalen Drogenbekämpfung. Mir ist es wichtig, heute in der abschließenden Le- ung im Deutschen Bundestag nicht noch einmal auf die nhalte des Antrages im Einzelnen einzugehen, sondern u versuchen, einen Ausblick zu geben auf die kommen- en Herausforderungen, auf die sich die Entwicklungs- olitik, aber auch die Außen-, Innen-, und Gesundheits- olitik in den nächsten Jahren einstellen müssen. Im alljährlichen Drogenreport 2008 der UN-Drogen- ekämpfungsbehörde werden drei auch für mich wich- ige zentrale Herausforderungen beschrieben, auf die ich der internationale Kampf gegen Drogenanbau und rogenhandel in den nächsten Jahren verstärkt konzen- rieren muss. Zum einen sind dies die dramatischen ab- oluten Zahlen in der Opiumproduktion in Afghanistan, nd zum anderen ist es die Bedrohung Westafrikas, das ls neues transnationales Drehkreuz der internationalen rogenmafia ausgebaut wird. Als Drittes werden weiter- in die Kokainproduktion und die damit verbundene rogenkriminalität in Mittel- und Lateinamerika be- chrieben. Einen erheblichen Teil der Beratungen im Ausschuss at die Situation des Drogenanbaus in Afghanistan ein- enommen, den wir ungeschönt als höchst dramatisch ennzeichnen. Die Opiumproduktion ist auch 2007 wie- er um 34 Prozent gestiegen. 8 200 Tonnen Opium wur- en produziert, bei einer geschätzten globalen Nachfrage on nur 4 500 Tonnen. 93 Prozent des weltweiten piums werden in Afghanistan auf einer Fläche von 93 000 Hektar hergestellt. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 18015 (A) ) (B) ) Diese drastischen Zahlen werden umso besorgnis- erregender, wenn wir uns vergegenwärtigen, dass die Taliban und Al-Qaida-Terroristen den Profit aus den Drogenverkäufen nutzen, um Waffen zu kaufen, ihre mi- litärischen Einheiten zu bezahlen und sich einen Staat im Staat Afghanistan aufzubauen. Nebenbei steigt der pri- vate Drogenkonsum der Afghanen durch das Überange- bot an Opium drastisch an. Die Weltgemeinschaft steht hier vor einer Aufgabe, die fast unüberwindbar erscheint. Jedoch müssen wir al- les daransetzen, den Drogenanbau mit gemeinsamen Konzepten aus einer Hand zu bekämpfen. Dieses ge- meinsame Handeln hat die internationale Gemeinschaft im Bereich der Drogenbekämpfung in Afghanistan bis- her vermissen lassen. Deshalb ist es gut, dass die Dro- genbekämpfung jetzt durch die UNODC, die UN-Dro- genbekämpfungsbehörde, koordiniert wird und die EU einen einheitlichen Beitrag leistet. Ich bin guter Hoffung, dass durch die Programme der UNODC, dem „Paris Pact“ und der „Rainbow Strategy“ endlich neue gemeinsame Ansätze formuliert wurden, die Schritt für Schritt den Farmern Perspektiven bieten werden. Die Eingliederung der EOD-Konzeption, näm- lich dem Konzept der alternativen Anbaumethoden, auf der Ebene der UN könnte einen weiteren nachhaltigen Beitrag leisten. Ich bin jedoch der festen Überzeugung, dass nur auf der Grundlage der EOD- und UN-Konzeption der Dro- genanbau in Afghanistan nachhaltig bekämpft werden kann. Daher ist der Ansatz der Fraktion Die Linke falsch. Dort wird gefordert, dass die Mohnproduktion in Afghanistan unter staatlicher Aufsicht legalisiert und medizinisch verarbeitet werden soll. Die daraus gewon- nenen Produkte sollen dann dem internationalen Medi- kamentenmarkt zur Verfügung gestellt werden. Diese drogenpolitischen Forderungen sind in Afgha- nistan nicht zu realisieren, da der afghanische Staat nicht über die nötige Sicherheitsstruktur verfügt, den Anbau, Abverkauf und die Verarbeitung so zu kontrollieren, dass keine Mohnpflanzen in die illegale Drogenproduk- tion geschleust werden. Zusätzlich ist es unrealistisch, dass der afghanische Haushalt über ausreichend Mittel verfügt, den vollen Umfang der Mohnproduktion aufzu- kaufen. Einzelne Pilotprojekte in diesem Bereich sind ebenfalls abzulehnen, da sie Substitutionen legitimieren, die weiterhin im Einflussbereich der Drogenmafia liegen können. Aus diesem Grund haben auch alle Fraktionen des Hauses, bis auf die Linke, den Antrag als unbrauch- bar abgelehnt. Wir sollten also über realistische Bekämpfungsszena- rien diskutieren. Deswegen müssen nicht zuletzt die deutschen strategischen Aufbaueinheiten, PRT, verinner- lichen, dass regionale Strategiekomponenten, wie die Zusammenarbeit mit religiösen Autoritäten, mehr Ak- zeptanz und Unterstützung beim Kampf gegen den Dro- genanbau herstellen können. Mit diesen Instrumenten versuchen wir, Afghanistan im Kampf gegen den Dro- genanbau zu helfen. Denn die Menschen ihrem Schick- sal zu überlassen, wäre hochgradig unmoralisch. b d w v z i s v n w n N M K S s w A m K s v d s u D p g w r b j g l D d f u w e K g n h l F n a c W D a n r d (C (D Der „Annual Report 2008“ beschreibt neben der Pro- lematik in Afghanistan, dass selbst Afrika mittlerweile en Schmugglern hilflos ausgeliefert ist. Gerade die estafrikanischen Staaten leiden besonders unter den eränderten Schmuggelrouten. So wird Guinea-Bissau um neuen internationalen Drogenumschlagplatz. Dies st eine Gefahr für die Stabilität und Sicherheit der ge- amten Region. Seit 2005 sind etwa 40 Tonnen Kokain on Südamerika illegal eingeführt worden. Dies hat ei- en Umschlagwert von 1,8 Milliarden Dollar. Sollten ir nicht schnell einschreiten, wird Guinea-Bissau ein euer „Narco-Staat“ und die sowieso schon schwachen achbarstaaten wie die Kapverdischen Inseln, Ghana, auretanien werden weiter unter dem steigenden okainkonsum in Europa leiden. Seien wir ehrlich: Einmal Schnupfen hier und einmal chnupfen dort nur zum Spaß, genauer: Die Bagatelli- ierung des Kokainkonsums in der westlichen Welt be- irkt ein neues Desaster für Afrika, zusätzlich zu seiner rmut, seiner Massenarbeitslosigkeit und seinen Pande- ien. Allein im Senegal hat die Polizei 2,4 Tonnen okain beschlagnahmt und dabei viele südamerikani- che Drogenschmuggler festgenommen. Kokain im Wert on 200 Millionen Dollar wurde dabei vernichtet. Aus iesem Grund müssen wir uns als Entwicklungspolitiker tärker auf diese neue Problematik in Afrika einstellen nd deswegen plane ich auch noch in diesem Jahr eine ienstreise in die eben genannten Länder, damit die olitischen Vertreter vor Ort wahrnehmen, dass die Dro- enprobleme in unseren Fokus gerückt sind. Wie im UNODC-Report beschrieben, bleiben auch eiterhin die Bekämpfung der Kokapflanze in Südame- ika und die Drogenkartelle in Mexiko ein brisantes Pro- lem in der internationalen Drogenpolitik. Ich möchte edoch konstatieren, dass es auch Erfolge in diesen Re- ionen gibt. Diese habe ich feststellen können, als ich im etzten Jahr mit meiner Kollegin Maria Eichhorn, der rogenbeauftragten der CDU/CSU-Fraktion, im Auftrag er Unions-Bundestagsfraktion zur inhaltlichen Unter- ütterung der im Antrag vertretenen Thesen Kolumbien nd Peru bereist habe. Durch viele Gespräche ist klar ge- orden, welche Leistungen beide Regierungen aus igener Kraft vollbracht haben, um den Anbau der okapflanze zu reduzieren. Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich die Pro- ramme „Regenwald- und Palmherzprojekte“ der perua- ischen Regierung unter Alan Garcia und die „Wald- üterprogramme“ der kolumbianischen Regierung Uribe oben, die mit bescheidenen Mitteln versuchen, für die armer einen angemessenen Markt ländlicher Produkte ach Angebot und Nachfrage zu schaffen. „Eradication“, lso die chemische Vernichtung von Drogenanbauflä- hen, wird dort kaum noch eingesetzt. Infrastruktur und irtschaftsaufbau werden nachhaltig vorangetrieben. ies sind Projekte, die wir im Fall Peru durch unsere EZ ktiv unterstützen, die in Kolumbien meiner Meinung ach aber noch mehr bilaterale Aufmerksamkeit erfah- en müssen. Zusätzlich möchte ich an dieser Stelle anmerken, dass er alternative Ansatz der Radarüberwachung von 18016 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 (A) ) (B) ) Flugzeugen, die Drogen aus dem Regenwald holen, die dann per Schiff ab der peruanischen Küste transportiert werden, eine erfolgreiche Maßnahme sein wird, den Drogenschmuggel in Südamerika an der Westküste Perus einzudämmen. Die Bundesregierung sollte alles dafür tun, den Peruanern hier finanziell unter die Arme zu greifen. In unserem Antrag fordern wir dies. Aus den bisherigen Erfahrungen im Kampf gegen Drogenhandel und -anbau können wichtige Lehren für die Zukunft gezogen werden. Die internationale Ge- meinschaft engagiert sich, keine Frage. Dies lässt sich nicht zuletzt daraus ablesen, dass die weltweite Drogen- produktion seit zwei Jahren außer in Afghanistan nicht weiter gestiegen ist. Mehr Anstrengungen sind jedoch notwendig. Die Drogenkontrolle kann ihren Beitrag dazu leisten, denn Drogenkontrolle erfordert Koopera- tion und einen breiten Konsens. Entwicklungspolitische Maßnahmen helfen, einen sol- chen Konsens zu schmieden. Es wird uns gelingen, die nationalen und internationalen Strategien, Instrumente und methodischen Ansätze kontinuierlich weiterzuentwi- ckeln. Unser Motto in den nationalen, europäischen und multilateral-internationalen Organisationen im Kampf gegen den verheerenden Drogenanbau und -konsum muss lauten: Drogenkontrolle ist möglich. Lassen Sie uns an weiteren Erfolgen gemeinsam weiterarbeiten. Wir müssen uns immer wieder vor Augen führen, dass die Investitionen der deutschen Entwicklungszu- sammenarbeit auch immer Investitionen in die positive Weiterentwicklung der deutschen Gesellschaft sind. Die Drogenbekämpfung zeigt dies besonders deutlich; denn wenn wir im Rahmen der internationalen „Geteilten Ver- antwortung“ den Drogenanbau bekämpfen, verhindern wir auch in Deutschland, dass Drogenmissbrauch um sich greift. Sabine Bätzing (SPD): Das Drogenproblem mit sei- nen Begleiterscheinungen Drogenkriminalität und Infek- tionskrankheiten ist weltweit betrachtet ungelöst, auch wenn die Staatengemeinschaft sich bemüht, gemeinsame Strategien zu verabschieden, um sowohl das Angebot von Drogen wie die Nachfrage nach ihnen wirksam ein- zugrenzen. Gerade in Europa ist eine gemeinsame Drogenstrate- gie und ein Europäischer Drogenaktionsplan in großer Einmütigkeit verabschiedet und umgesetzt worden, um Drogenhandel und Schmuggel wirksam einzuschränken und zu unterbinden sowie um gesundheitliche und so- ziale Folgen des Konsums illegaler Drogen zu reduzie- ren, wirksame Mittel der Prävention zu erproben und eine frühzeitige Behandlung einer Drogenabhängigkeit anzubieten. In Deutschland steht ein großes Netzwerk an Hilfen für Abhängige zur Verfügung, und es gibt zahlreiche Ini- tiativen zur Suchtprävention. Deutschland nimmt den Grundsatz der „gemeinsamen Verantwortung“ zur Lö- sung der Drogenproblematik ernst. Wir konstatieren aber, dass gerade entlang der Han- delsrouten illegaler Drogen eine neue Dynamik durch d b z N z u o S k D a s t f i i o m l p K n g g k B t f h D t d g i c d l d d l U u R g g f o d u g w e s A M N (C (D ie Entwicklung des Drogenkonsums und der damit ver- undenen Probleme entsteht. Das in Afghanistan produ- ierte Opium und Heroin findet nicht mehr allein in ordamerika und Europa seinen Absatzmarkt, sondern unehmend in den Nachbarstaaten wie Pakistan, Iran nd Indien, den zentralasiatischen Republiken und Süd- stasien, insbesondere China. Auch die osteuropäischen taaten wie die Ukraine, die baltischen Staaten, der Bal- an und nicht zuletzt Russland sind einem wachsenden rogen- und dem damit verbunden HIV/AIDS-Problem usgesetzt. Eine sich abzeichnende Verelendung durch teigende Abhängigkeitszahlen und Infektionskrankhei- en entwickelt sich deshalb weltweit, die auch eine Ge- ahr für Deutschland und Europa darstellt. Umgekehrt überschwemmen die hauptsächlich noch n Europa hergestellten synthetischen Drogen die Märkte n Asien, und die Herstellung von Heroin und Kokain ist hne die von der legalen Herstellung abgezweigten Che- ikalien nicht möglich. Die gemeinsame Verantwortung – shared responsibi- ity – mit den Ländern, in denen hauptsächlich Drogen- flanzen zur Herstellung von Cannabis, Heroin und okain angebaut werden, und mit jenen Ländern, in de- en diese Substanzen hauptsächlich nachgefragt werden, ebietet es gerade für Deutschland, Lösungen, Erfahrun- en, Kompetenzen anzubieten im Bereich der Drogen- ontrolle, aber vor allem auch der Prävention und ehandlung einer Abhängigkeit, weil hier eine jahrzehn- elange Erfahrung besteht und auch nachweisbare Er- olge aufzuweisen sind. Besonders im Bereich der nach- altigen – der entwicklungspolitischen – Lösungen hat eutschland dazu beigetragen, dass praktikable Alterna- iven geschaffen werden konnten, um die Abhängigkeit er ländlichen Bevölkerung vom Drogenanbau in eini- en Regionen Lateinamerikas und Asiens, zum Beispiel n Thailand wirksam zu reduzieren. Das geht über ländli- he Entwicklungen weit hinaus; es meint die Sicherung es Überlebens auch durch andere Einkommensmög- ichkeiten sowie durch wirksame Gesundheitsangebote, en Ausbau der Infrastruktur, den Aufbau eines Bil- ungswesens, die besondere Förderung der Entwick- ungspotenziale von Mädchen und Frauen sowie die nterstützung von Modellen „guter Regierungsführung“ nd Rechtsstaatlichkeit. Wir befinden uns in einer Scheideweg-Situation: epression gegen die Bevölkerung, die auf den Dro- enanbau angewiesen ist, und die Ausrottung der Dro- enpflanzen, womöglich noch unter Einsatz umweltge- ährdender Pestizide und Herbizide allein wirken ffensichtlich nicht ausreichend als Lösung zur Verhin- erung oder wenigstens Minimierung des Drogenanbaus nd der Drogenprobleme. Entwicklungsorientierte Dro- enkontrollpolitik muss viel umfangreicher gefördert erden. Das ist ein Gebot der Sicherheit, aber vor allem in Gebot der menschlichen Würde. Der von der Fraktion Die Linke eingebrachte Vor- chlag, die besondere Problematik des Drogenanbaus in fghanistan durch die Ermöglichung eines lizenzierten ohnanbaus anzugehen, um damit die weltweite große achfrage nach opioidhaltigen Medikamenten zur Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 18017 (A) ) (B) ) Schmerztherapie zu befriedigen, klingt nur auf den ers- ten Blick einfach und innovativ. Er ist schlichtweg nicht umzusetzen. Die im gemeinsamen Antrag der Koalitionsfraktionen aufgezeigte Analyse und die geforderten Maßnahmen finden meine volle Unterstützung und stehen in Überein- stimmung mit den Zielsetzungen des „Aktionsplans Dro- gen und Sucht“ der Bundesregierung, der ja auch in en- ger Abstimmung mit den Ländern, den Verbänden der Suchtkranken- und Selbsthilfe und der Forschung erar- beitet wurde und nun Schritt für Schritt umgesetzt wird. Ich war positiv überrascht über die Einmütigkeit der Beiträge der Vertreterinnen und Vertreter aller Fraktio- nen im Deutschen Bundestag bei der Einbringung des Antrages am 24. April. Umso überraschter bin ich, dass nach den Beratungen in den Ausschüssen und Fraktio- nen nun die Oppositionsfraktionen der FDP und der Linken sich enthalten haben und die Fraktion von Bünd- nis 90/Die Grünen sogar gegen den Antrag gestimmt hat. Ich appelliere deshalb noch einmal eindrücklich an die Oppositionsfraktionen: Lassen Sie uns bei diesem wich- tigen Thema mit einer Stimme sprechen, denn es gibt von Ihnen ja keine substanziellen Einwände gegen den Antrag. Besinnen Sie sich auf unsere gemeinsame Ver- antwortung, zur Lösung, zumindest zur Linderung des weltweiten Drogenproblems beizutragen! Dr. Sascha Raabe (SPD): Aus dem Drogen- und Suchtbericht 2007 der Bundesregierung, die hier auch durch die Drogenbeauftragte Sabine Bätzing vertreten ist, geht hervor, dass zwar im Großen und Ganzen die Anzahl der Drogensüchtigen in Deutschland gesunken ist, erstmals aber, trotz der guten Arbeit vor Ort, seit lan- gem wieder die Anzahl der Drogentoten in Deutschland gestiegen ist. 1 394 Drogentote sind 1 394 zu viel. Damit die Zahl der Drogentoten langfristig gesenkt werden kann, bedarf es vielerlei Maßnahmen und Hilfen, die den Menschen einen Ausweg bieten. Der hierzu not- wendige Kampf gegen Drogen umfasst jedoch nicht nur den Konsum in den Industriestaaten, sondern schließt auch den Drogenanbau und -handel mit ein. Dabei findet der Drogenanbau und -handel vorwiegend in den Schwellen- und Entwicklungsländern statt. Das bedeu- tet: Wollen wir nachhaltig den Drogenkonsum und all seine Auswirkungen bekämpfen, so müssen wir am An- fang der Drogenkette, also dort, wo die Drogen produ- ziert werden, damit anfangen. Drogen- und Entwicklungsprobleme sind dabei eng miteinander verknüpft. Nicht selten kommt es durch den Drogenanbau und -handel zu Gewalt und Erpressung, Krankheiten oder Nahrungsmittelknappheit. Oftmals ist der Anbau von Drogen für viele Bauern in Entwicklungs- ländern der letzte Ausweg, um die eigene Familie ernäh- ren zu können. Wir müssen den Menschen in diesen Län- dern daher Möglichkeiten aufzeigen und Alternativen bieten, abseits des Drogenanbaus ein existenzsicherndes Leben zu führen. Das ist das Ziel unseres Antrages, und ich bin mir sicher, dass wir hiermit einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung machen werden. Welche verheerenden Auswirkungen das Geschäft mit Drogen haben kann, zeigt sich beispielsweise in Af- g D d s m L a R o E c u w v f d D f a e d D A t D l s C e w s s i b v z S D d E S d h d g k r ä k b d d t D (C (D hanistan oder Kolumbien. Hier wird deutlich, dass die rogenmafia ein ganzes Land in Atem halten kann, in em sie auf grausame Weise Menschen Gewalt zufügt, ie entführt oder gar umbringt. Das organisierte Geschäft it Drogen führt dabei zur Destabilisierung von ganzen ändern und Regionen. Im Zentrum der deutschen Entwicklungszusammen- rbeit im Bereich der Drogenbekämpfung steht auch zu echt das Programm zur Förderung der Entwicklungs- rientierten Drogenkontrolle in Entwicklungsländern, OD. Wichtig wird sein, dass wir in diesem ganzheitli- hen Rahmen weitere alternative Konzepte erarbeiten nd durchführen. Diese sollen den Menschen in den Ent- icklungsländern die Möglichkeit bieten, unabhängig om Drogenhandel zu leben. Eine sinnvolle Verknüp- ung hierzu könnte die Mikrokreditfinanzierung sein; enn es ist wichtig und notwendig, den Bauern in den rogenanbauregionen die Möglichkeit zu geben, markt- ähige Produkte wie Kaffee oder Mais anzubauen und bzusetzen. Damit wären mehrere Ziele erreicht. Zum inen würde der Drogenanbau in den Entwicklungslän- ern reduziert, da die Bauern Nutzpflanzen und keine rogen anbauen. Zum anderen könnten die angebauten grarprodukte die derzeit akute weltweite Nahrungsmit- elkrise entschärfen. Nicht zuletzt führt verminderter rogenanbau wieder zu weniger Drogenopfern bei uns. Konsequent wäre es daher auch – und dieser Punkt iegt mir besonders am Herzen –, dass die Agrarwirt- chaft in den Entwicklungsländern endlich eine größere hance erhält, sich am Welthandel zu beteiligen. Daher rmutigen wir die Bundesregierung, sich hierfür auch eiterhin bei den WTO-Verhandlungen starkzumachen, o wie dies Ministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul chon seit längerem vorbildhaft tut. Der vorliegende Antrag der Koalitionsfraktionen, der m Einzelnen schon in der ersten Lesung erläutert wurde, einhaltet einen umfassenden Ansatz, der sowohl prä- entive als auch notwendige und mit Augenmaß durch- uführende repressive Maßnahmen vorschlägt. Ich bitte ie deshalb um Zustimmung zu diesem Antrag. Hellmut Königshaus (FDP): Die vorangegangenen ebatten im Plenum und im Ausschuss haben gezeigt, ass wir in der Analyse der Drogenproblematik in den ntwicklungsländern gar nicht soweit auseinander sind. o hat der Kollege Dr. Raabe für die SPD-Fraktion auf ie Motivationslage der Drogenbauern hingewiesen. Er at dazu richtigerweise festgestellt, dass die Produzenten en Mohn ja in der Regel nicht anbauen, um selbst Dro- en zu konsumieren, sondern vor allem deshalb, weil sie eine andere Möglichkeit sehen, ihre Familien zu ernäh- en. Auch die anderen Fraktionen haben sich ähnlich ge- ußert. Darin also sind wir uns einig. Es bleibt aber die Frage, was wir denn konkret tun önnen, um die Situation der Drogenbauern so zu ver- essern, dass sie in Zukunft ohne die Einkommen aus em Drogenanbau überleben können? Leider haben wir azu von der Bundesregierung und den Koalitionsvertre- ern kaum Antworten gehört. Auch die Kollegen r. Raabe und Dr. Ruck blieben in ihren Antworten viel 18018 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 (A) ) (B) ) zu allgemein. Um solche Antworten aber können wir uns nicht drücken. Natürlich wäre es einfacher, wenn die Ar- mut weltweit schon beseitigt wäre, wie etwa der Kollege Dr. Raabe angemerkt hat. Aber so lange können wir ein- fach nicht warten. Zustimmen kann ich in vielen Punkten auch der Ana- lyse des Kollegen Dr. Ruck. Nur vermissen wir auch bei ihm konkrete Lösungsvorschläge. Allein auf das bisher geleistete zu verweisen, wird dem noch immer anwach- senden Problem wirklich nicht gerecht. Die Forderung nach einem „umfassenden Ansatz“ bleibt auch hohl, wenn die einzelnen Bestandteile des „Ansatzes“ gar nicht genannt werden. Die Argumentationslinien der Kollegen Dr. Raabe und Dr. Ruck spiegeln die Unbe- stimmtheit und Unausgewogenheit des Antrags der Koalition wider: eine passable Analyse, aber wenig ver- wertbare Lösungsvorschläge. Vor allem aber fehlt eines: eine Auseinandersetzung mit den Versäumnissen der Bundesregierung im Kampf gegen Drogen. Sie hat weltweit und leider auch hier in Deutschland vollständig versagt, und auch jetzt sind von ihr keine zielführenden Aktivitäten zu erwarten, betrach- tet man nur die Stellungnahme ihrer Drogenbeauftrag- ten, der Kollegin Bätzing, hier im Plenum. In der ersten Beratung Ihres Antrags habe ich Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition, ja mehr- fach nach ihren konkreten Vorschlägen gefragt. Aber Sie blieben stets im Allgemeinen und Ungefähren. Der Kol- lege Dr. Ruck erklärte beispielsweise, man müsse die af- ghanische Regierung „auffordern“, die Drogenmafia we- nigstens aus dem Kabinett zu verdrängen. Meine Frage, wie er das denn erreichen wolle, ist bis heute leider unbeantwortet geblieben. Ich selbst habe genau diese Forderung erst vorgestern am Rande der Regierungsver- handlungen gegenüber dem afghanischen Erziehungs- minister vorgebracht, und ich hatte nicht den Eindruck, dass er diese Forderung in dieser Klarheit von der Bun- desregierung oder Koalitionsvertretern so schon einmal gehört hätte. Und ich habe hinzugefügt, dass jedenfalls mir die von ihm eingeforderte Umstellung unserer Hilfe auf das Instrument der Budgethilfe so lange ausgeschlos- sen erscheint, wie dieser Forderung nicht einmal ansatz- weise gefolgt wird. Leider ist übrigens auch Frau Bätzing die Antwort schuldig geblieben, welche konkreten Vorschläge sie und die Bundesregierung zur Verbesserung des Kampfes gegen den weltweiten Drogenhandel haben. Offenbar doch wohl überhaupt keine, sonst hätte sie sie ja be- nannt. So bleibt der gut gemeinte Antrag der Koalition ein Besinnungsaufsatz, ohne jeden Bezug zur Realität des Regierungshandelns. Die Koalition kann doch nicht ernsthaft so tun, also hätte sie mit dem bescheidenen Re- gierungshandeln in dieser wichtigen Frage nichts zu tun. Wer gibt denn der Bundesregierung Handlungsaufträge und wer beschließt über ihre Mittel? Das sind Sie, meine Kolleginnen und Kollegen der Großen Koalition, denn uns überstimmen Sie ja einfach. Wir jedenfalls können dem Antrag so beim besten Willen nicht zustimmen. Wir können nicht die Verantwortung auf andere ab- schieben. Auch wenn es überall weitere Verantwortliche g U s t u d i t h v a m m e m t g d d z a s t p n m L t P O v s B n M d t m b k u d N c K d s S K g s f s t m a (C (D ibt, wir selbst müssen jedenfalls auch aktiv werden. nd zwar nicht erst, wenn die Verhältnisse günstiger ind als heute, sondern sofort. Wir müssen den interna- ionalen Drogenhandel bekämpfen, und zwar auch hier nd gerade jetzt. Wenn wir von den damit völlig überfor- erten Entwicklungsländern fordern, die Drogenmafia in hren Ländern zu bekämpfen, dann müssen wir wenigs- ens dafür sorgen, dass diese Drogen nicht bei uns na- ezu ungehindert verbreitet werden können. Dazu gehört or allem, dass wir die Drogenmärkte in unseren Städten ustrocknen, dass wir mehr und bessere Behandlungs- öglichkeiten für Abhängige schaffen und vor allem ehr Kraft in Vorbeugungsprogramme in den Schulen inbringen. Was den Kampf gegen den Drogenanbau angeht, so üssen wir uns mit aller Kraft auf Afghanistan konzen- rieren. Dort ist heute das Zentrum der weltweiten Dro- enwirtschaft. Aber wir müssen konsequent sein, ohne as Kind mit dem Bade auszuschütten. Es liegt ja nahe, as Problem im wahrsten Sinne an der Wurzel angehen u wollen – also durch Zerstörung der Produkte direkt uf den Feldern bei den Opiumbauern. Das hilft aber nur ehr begrenzt, wenn überhaupt. Die zerstörten Produk- ionsflächen machen alle anderen Ausbauflächen umso rofitabler, da das Angebot verknappt wird. Gleichzeitig immt die meist ja mit chemischen Mitteln vorgenom- ene Zerstörung der Drogenfelder den Kleinbauern ihre ebensgrundlage und treibt sie ohne Alternativen immer iefer in die Arme der Taliban. Es muss daher absolute riorität haben, alternative Einkommensquellen für die piumbauern zu schaffen. In der Vergangenheit hat sich vielfach gezeigt, wie iel auch dabei schief laufen kann, wenn man es nicht orgfältig vorbereitet. Teilweise wurden Bauern zum rokkolianbau bewegt, die Ernte wurde ihnen aber von iemandem abgekauft, weil es dafür keine lokalen ärkte gab. So etwas darf sich nicht wiederholen. Auch er Vorschlag, große Mengen Opiums für die Arzneimit- elproduktion aufzukaufen, geht an den Marktmechanis- en vorbei und erhöht nur den Preis für das verblei- ende Opium für die Drogenproduktion. Wir müssen die Großen der Drogenwirtschaft be- ämpfen, und dass sind die Betreiber der Drogenlabore nd die korrupten Politiker, die diese Drogenwirtschaft ecken, nicht aber die kleinen Bauern und die aus purer ot handelnden Kuriere. Für all diese Maßnahmen brau- hen unsere Behörden vor allem mehr Geld. Die Große oalition kann also bald beweisen, wie ernst sie es mit em Kampf gegen die Drogen weltweit meint. Im Herbst tehen wieder Haushaltsberatungen an, und wir werden ie daran messen, ob Sie auch die nötigen Mittel für den ampf gegen Drogen allgemein, aber vor allem in Af- hanistan bereitstellen werden. Auf den Antrag der Linken muss man gar nicht be- onders ausführlich eingehen. Die Linken fahren hier of- enkundig einen doppelten Kurs. Einerseits verkünden ie mit ihrem Antrag, die Drogenprobleme in Afghanis- an bekämpfen zu wollen. Gleichzeitig feiern sie aber it Hugo Chávez einen der Hauptunterstützer der süd- merikanischen Drogenmafia. Das ist Doppelmoral, Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 18019 (A) ) (B) ) gepaart mit Populismus! Dazu kommt noch, dass die in deren Antrag angepriesenen Rezepte gegen den Dro- genanbau in Afghanistan völlig untauglich sind. Monika Knoche (DIE LINKE): Kann ein verbesser- ter Kampf gegen Drogenhandel und Anbau in den Ent- wicklungsländern gelingen, wenn weiterhin am Krieg gegen Drogen festgehalten wird? Kann der internationa- len Drogenmafia, die jährlich 400 bis 500 Milliarden Euro Gewinn aus dem Vertrieb dieser Stoffe zieht, das Handwerk gelegt werden, wenn Kokain, Heroin und synthetische Rauschmittel auch in Zukunft unter dem strengen Diktat der Illegalität konsumiert werden? Unter drei Aspekten möchte ich dazu etwas sagen: zum einen die Situation der Drogenbauern, zum anderen die innen- politischen Auswirkungen des Drogenkrieges in den Herstellungsländern und dann die gesundheitliche Lage der Konsumenten und Konsumentinnen in den Nachfra- geländern. Afghanistan: Je länger der Krieg gegen Terror geführt wird, desto stärker wächst der Mohnanbau in Afghanis- tan. Warlords und Drogenbarone zwingen die bäuerliche Bevölkerung in Abhängigkeit und genießen den Schutz der Regierung, da Rechtsstaatlichkeit nicht existiert und sie oft selbst die Repräsentanten in Regierung und Parla- ment sind. Die internationale Gebergemeinschaft pumpt Milliarden Euro in das Land und weiß genau, dass dieses Geld zu 60 Prozent in dunklen Kanälen versickert, ohne dass die bäuerliche Bevölkerung eine Subventionierung einer substituierenden Agrarwirtschaft zur Produktion von Lebensmitteln erhielte. Sie haben also durch die westliche Hilfe keine Aussicht, aus der Abhängigkeit be- freit zu werden. Alternativen in der Landwirtschaft sind zu einer Chimäre geworden. Es sind eindeutig die fal- schen politischen und militärischen Entscheidungen, die dazu führen, dass der Mohnanbau exorbitante Blüten treibt. Wir Linke stellen mit unserem Antrag auf Zulassung kontrollierten, lizensierten Anbaus von Mohn in Afgha- nistan eine Alternative vor. Die Produktion von Schmerzmitteln könnte sowohl für Entwicklungsländer eine große Hilfe darstellen als auch Bäuerinnen und Bauern im verarmten Afghanistan eine legale Einkom- mensquelle ermöglichen. Nach wie vor halten wir alle Argumente aufrecht, diesen Versuch als zivile Maß- nahme im Rahmen des Afghanistan-Compacts zu star- ten. Kolumbien: ist der weltgrößte Kokainproduzent. Im letzten Jahr ist die Anbaufläche um 27 Prozent gestie- gen. Der Plan Columbia bedeutet militärisch gestützte Agrarvernichtung und das Verdrängen des Anbaus in die Tiefen des Dschungels. In primitiven Labors wird aus ei- ner Kulturpflanze eine illegale Droge hergestellt. Erst die Prohibition hat aus einem schadlosen Hilfsmittel der angestammten Bevölkerung eine weltweit gehandelte Droge gemacht. Die Bekämpfung des Anbaus mit Pflan- zenvernichtungsmitteln zerstört die ökologische Nach- haltigkeit. Sie verhindert nicht, dass sowohl Paramilitärs als auch militante Widerstandstruppen sich aus den im- mer neuen Drogenfeldern finanzieren. Die Illegalität ist a M d v K m t R n r h m i n h i h i g r T b d z R o m H m I g u l d v D v w t m d w d s s s K z s t s t z d D f D s (C (D uch hier mit kriminellen Interessen und politischen achtansprüchen verwoben. Der Verlierer vor Ort ist ie bäuerliche Bevölkerung. Wer also kann allen ernstes on einem Erfolg gegen den Drogenanbau sprechen?! oka legal anzubauen und zu Tee, Kosmetika oder Li- onade zu verarbeiten, könnte eine mögliche Alterna- ive sein, von der Sie, meine Herren und Damen von der egierungskoalition, in dem vorliegenden Antrag aber icht sprechen. Insgesamt zeigt sich, wie das auch histo- isch durch das Beispiel der amerikanischen Alkoholpro- ibition belegt ist, dass die Illegalisierung eines Rausch- ittels Kriminalitätsaufwuchs heraufbeschwört und bis ns etablierte politische System hineinreichen kann. Die Situation der Konsumenten und Konsumentin- en: Sehr bedeutsam ist die Auswirkung auf die gesund- eitliche und soziale Lage derjenigen Menschen, die llegale Stoffe konsumieren, besonders wenn sich Ab- ängigkeit und Sucht entwickelt haben. In Deutschland st bedauerlicherweise wieder ein Anstieg der Spritzdro- entoten zu verzeichnen. Schon allein mit der Etablie- ung der heroingestützten Substitution als medizinische herapie für Süchtige könnten viele Menschen am Le- en bleiben. Ich spreche hier noch einmal sehr deutlich ie Kolleginnen der SPD an: Unterstützen Sie die Geset- esinitiative der Oppositionsfraktionen zur rechtsfesten egelung dieser Hilfeform. Noch ein anderer Aspekt: Ob Russland oder andere steuropäische Staaten, ob China oder neu hinzugekom- en nun auch Afrika, in all diesen Staaten nimmt der eroinkonsum deutlich zu. Oft ist zugleich die Drogen- afia für Prostitution und Frauenhandel verantwortlich. n diesen Ländern eine Harm-Reduction-Politik zur all- emeinen staatlichen Verantwortung zu erklären, ist eine nverzichtbare Aufgabe, der sich die Außenpolitik stel- en muss. Insbesondere weil wir wissen, wie eng Spritz- rogenkonsum mit HIV/Aids einhergeht, ist das Dogma on der Illegalisierung dieser Stoffe revisionsbedürftig. enn Strafbewehrtheit schützt weder vor Konsum noch or Gesundheitsschäden. Zum Schluss möchte ich noch einmal betonen: Wir ürdigen, wie intensiv Sie sich mit dem Thema beschäf- igt haben. Der Großteil Ihrer Problemanalyse stimmt it unseren Ansichten überein. Wir unterstützen daher en rationalen Diskurs der in dieser Frage möglich ge- orden ist. Viele Ihrer Maßnahmen und Vorschläge fin- en unsere Zustimmung. Ich weiß sehr wohl: Man stellt ich außerhalb des politischen Mainstreams, wenn man agt, der 30 Jahre währende Krieg gegen Drogen ist ge- cheitert. Es ist jedoch eine Tatsache, dass der weltweite oka- und Cannabiskonsum unter diesen Kautelen sogar ugenommen hat. Das nahe Kosovo ist aktuell zum Um- chlagplatz für den Heroinhandel geworden. Das bestä- igt die Aussage vom Scheitern. Das gesundheitliche Ri- iko, das Drogenkonsumenten und -konsumentinnen ragen, gibt zusätzlichen Anlass, die Prohibitionsposition u überdenken. Es ist der Konsum der Nachfrageländer, er dazu veranlassen muss, die gesamte Richtung des rogenkampfes zu revidieren. Solange es eine Nach- rage gibt, wird in den Entwicklungsländern angebaut. ie Frage ist nur, unter welchen Umständen das beider- eits geschieht. 18020 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 (A) ) (B) ) Ute Koczy (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir ha- ben bereits vor einigen Wochen über den Antrag der Ko- alitionsfraktionen beraten. Ich will jetzt, da wir über die Beschlussempfehlung diskutieren, noch einmal an einige Dinge erinnern, die im Kontext der Debatte wichtig sind und die aus unserer Sicht zur Ablehnung des Antrags ge- führt haben. Es ist unbestritten, dass der internationale Drogenhandel eine Vielzahl von Problemen mit sich bringt. Hierin waren wir uns einig. Da Drogenökono- mien vor allem in fragilen Staaten entstehen, ist bei- spielsweise eine Stabilisierung eben dieser Staaten kaum denkbar ohne eine intelligente Politik auf unterschiedli- chen Ebenen, die zur Reduzierung des Drogenanbaus führt. Entwicklungsländer sind dabei nicht nur Produ- zenten von Drogen, auch die Zahl der Konsumenten in Entwicklungsländern steigt seit Jahren an. Gewinne aus dem Drogenanbau finanzieren rivalisierende Gruppen, paramilitärische Gruppen oder kriminelle Banden. Sie verhindern den Aufbau einer regulären Wirtschaft bzw. Landwirtschaft. Oftmals haben Bauern ohne den Anbau von Drogen keine wirkliche Alternative, ihr Einkommen zu sichern. Die Verbindung von Drogen und Konflikten ist damit eine ernstzunehmende Gefahr für die Entwick- lung ganzer Länder und natürlich auch direkt für Ent- wicklungsprojekte in Ländern wie Afghanistan, Kolum- bien oder Bolivien. Der Antrag geht zu wenig auf die Bedeutung der Dro- gennachfrage in den Industrieländern ein. Wenn diese aufgrund unveränderter Drogenpolitik und eines unver- änderten Konsums in den Industrieländern gleich hoch bleibt, bestehen auch die Anreize weiter, viel Geld durch den illegalen Drogenhandel zu verdienen. Der Antrag fordert eine generelle Aufwertung des Themas bei Re- gierungsverhandlungen und eine bessere Unterstützung für mehr Rechtsstaatlichkeit. Die Koalition verkennt, dass oftmals die Regierungen in Kolumbien, Bolivien und Afghanistan entweder nicht in der Lage oder aber nicht willens sind, wirkungsvolle Maßnahmen einzulei- ten, die auf die Bekämpfung des Drogenanbaus abzielen. Dies scheint mir der Fall zu sein. Im schlimmsten Falle sind Regierungsmitglieder gar mit der Drogenmafia ver- bunden. Bei der Bekämpfung des Drogenanbaus wird oft zu stark an rein repressive Methoden gegen Produzenten und Nutzer von Drogen gedacht. Zwar wird im Antrag eingeräumt, dass die Vernichtung von Drogenanbauflä- chen nicht das Mittel erster Wahl sein darf, sondern in alternative Entwicklungsstrategien integriert werden muss. Aber es wird nicht erkannt, dass repressive An- sätze, wie sie seit Jahren in Kolumbien verfolgt werden, zu keinen überzeugenden Ergebnissen geführt haben. Praktisch setzen wichtige Staaten weiterhin auf militäri- sche Lösungen, und das, obwohl weder in Kolumbien, Peru, Thailand noch sonst wo damit wirklich Erfolge er- zielt worden sind. Die langjährige Erfahrung mit Projekten zur Bekämp- fung des Drogenanbaus haben indes gezeigt, dass sehr genau auf die sozialen, politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Bedingungen geachtet werden muss, um er- folgreich gegen den Anbau von Drogen vorzugehen. Jede Strategie muss dabei auf die wirtschaftliche Verbes- s b d A n t d w b k d l a c v w t o K w s f k l l d U l w n e e z A E E s z f B g s G n I d M (C (D erung der Lebensbedingungen in den Ländern und An- auregionen abzielen. Denn charakteristisch für alle be- eutenden Drogenanbauländer ist die weitverbreitete rmut, gerade auch in den entsprechenden Anbauregio- en. Die Entwicklungszusammenarbeit kann wichtige Bei- räge im Kampf gegen den Drogenanbau leisten. So hat ie GTZ seit rund 15 Jahren mit dem Programm Ent- icklungsorientierte Drogenkontrolle, EOD, gearbeitet, ei dem Ansätze einer alternativen Entwicklung zur Be- ämpfung der Armut eingesetzt werden. Parallel wird er Suchtprävention und Therapie ein besonderer Stel- enwert eingeräumt. Diesen Ansatz in Kooperation mit nderen Gebern auszubauen, scheint mir vielverspre- hend. Die GTZ hat damit in Teilen Kolumbiens, Boli- iens, Thailands und Laos’ gute Erfolge erzielt. Dabei urde nicht nur mit den Regierungen zusammengearbei- et, sondern auch mit Kommunen, Nichtregierungs- rganisationen oder auch Selbsthilfegruppen. Wenn die oalition der Meinung wäre, hier mehr tun zu können, äre der Hinweis auf eine stärkere Finanzierung ent- prechender Programme angemessen gewesen. Dieser ehlt jedoch vollkommen. Wer über Drogenhandel und Drogenanbau redet, ommt nicht an Afghanistan vorbei. Hier zeigt sich al- erdings eine Dimension, die weit über die Entwick- ungspolitik hinausreicht. Im Falle Afghanistans betrug er Wert des produzierten Opiums 2007 4 Milliarden S-Dollar. Dies war mehr als ein Drittel des Bruttoin- andsprodukts. An der Lösung dieses Problems sind so- ohl die afghanische Regierung als auch die internatio- ale Staatengemeinschaft bislang gescheitert. Dies zeigt rneut, wie wichtig es ist, von den Industrieländern aus ine kohärente Politik gegen Drogenkonsum und -handel u verankern. nlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Gründung einer In- ternationalen Agentur für Erneuerbare Ener- gien (International Renewable Energy Agency – IRENA) (Zusatztagesordnungspunkt 6) Dr. Maria Flachsbarth (CDU/CSU): Erneuerbare nergien erweisen sich in einer Zeit stark steigender nergiepreise, des fortschreitenden Klimawandels und ich immer weiter verschärfender Ressourcenkonkurren- en mehr und mehr als einer der großen Hoffnungsträger ür die Zukunft der weltweiten Energieversorgung. Deutschland hat international eine Vorreiterrolle im ereich der erneuerbaren Energien eingenommen. Es ist ut und richtig, dass wir diese Position im Einklang mit tärkerer Energieeffizienz weiterhin kräftig ausbauen. egenwärtig setzt die Bundesregierung mit den Maß- ahmen des Integrierten Energie- und Klimaprogramms, EKP, die ehrgeizigen deutschen Klimaschutzziele um, ie auf den Beschlüssen des Europäischen Rates vom ärz 2007 gründen. Sie beinhalten als zentrales Instru- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 18021 (A) ) (B) ) ment die verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien und erhöhte Energieeffizienz. Mit diesen Regelungen wird ein wichtiger Schritt nicht nur zum Erreichen der Klimaziele der Bundesre- gierung getan. Gleichzeitig werden mit dem Ausbau und der technologischen Weiterentwicklung der erneuerba- ren Energien sowie der verstärkten Energieeffizienz Po- tenziale erschlossen, den Energieverbrauch von den ständig steigenden Kosten für Strom, Öl und Gas abzu- koppeln. Die Maßnahmen haben das Potenzial, schon in wenigen Jahren kostendämpfend zu wirken. Zudem leis- ten sie einen Beitrag, um Deutschland von Energie- importen unabhängiger zu machen und Wertschöpfung und Arbeitsplätze in diesem Bereich in Deutschland aus- zubauen. Gerade auch Handwerk und Mittelstand erhal- ten mit diesen Gesetzen zusätzliche wirtschaftliche Per- spektiven. Den größten Beitrag zur Einsparung der vorgesehe- nen 270 Millionen Tonnen Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2020 wird das Erneuerbare-Energien-Gesetz im Strombereich leisten, das der Bundestag am 6. Juni 2008 beschlossen hat. Es spart 55 Millionen Tonnen Emissionen ein und wurde auf Basis der ehrgeizigen Kli- maschutzziele der Bundesregierung sowie im Dreiklang von Umweltschutz, Wirtschaftlichkeit und Versorgungs- sicherheit überarbeitet. Außerdem hat der Deutsche Bundestag am 6. Juni 2008 mit dem Erneuerbare-Ener- gien-Wärmegesetz, EEWärmeG, ein wichtiges Gesetz beschlossen, das CO2 durch eine anteilige Nutzungs- pflicht für erneuerbare Energien bei Neubauten einspart. Sie kann durch eine Vielzahl von Energieträgern – von Solarthermie über Holz, Biogas bis zum Klärschlamm – erbracht oder auch durch Wärmedämmung oder Nut- zung von Fernwärme bzw. Kraft-Wärme-Kopplung oder Abwärme oder durch eine Kombination entsprechender Maßnahmen ersetzt werden. Damit sind technologie- offene, individuelle und flexible Lösungen möglich. Aber auch Bestandsgebäude werden berücksichtigt – im Rahmen von Förderprogrammen. Für das Markt- anreizprogramm MAP, das wir ins Wärmegesetz aufge- nommen und damit bei einer Ausstattung von bis zu 500 Millionen Euro pro Jahr verrechtlicht und verstetigt haben, sind im ersten Quartal dieses Jahres bereits fast 30 000 Anträge mit einem Fördervolumen von 26 Millio- nen Euro eingegangen. Hauseigentümer und Handwer- ker können sich nun auf verlässliche Förderbedingungen einstellen. Dieses Gesetz mit einem Einsparpotenzial von 14 Millionen Tonnen klimaschädlicher Emissionen wird einen wichtigen Beitrag leisten, um unsere Klima- schutzziele zu erfüllen. Das Integrierte Energie- und Klimaprogramm der Bundesregierung ist nicht nur in der Geschichte der deutschen Klimapolitik, sondern auch international ein- malig. Es gibt kein vergleichbares Industrieland mit ei- nem ähnlich ambitionierten und konkret ausgestalteten Programm. Deutschland hat in puncto erneuerbare Energien und Klimaschutz seine Hausaufgaben gemacht und mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, EEG, ein auch im interna- tionalen Vergleich besonders effizientes Instrument für e n p a d i r e A D I r d g l t g r D s d n z a I m s e e s v w m I s s Ü d n I l h B n r g g z g s l i t E i (C (D inen zügigen Zubau von Erneuerbaren. Dies beschei- igt auch die EU-Kommission in ihrem Papier „The sup- ort of electricity from renewable energy sources“, das m 7. Dezember 2005 veröffentlicht wurde. Jetzt gilt es, en zunehmenden Ausbau der Regenerativen auch auf nternationalem Parkett zu begleiten. Die Bundesregie- ung verfolgt deshalb entsprechend der Koalitionsver- inbarung das Ziel, die Gründung einer Internationalen gentur für erneuerbare Energien, IRENA, zu initiieren. ies ist sinnvoll, da es bislang noch keine internationale nstitution gibt, die sich hauptsächlich mit dem Ausbau egenerativer Energien, dem Informationsaustausch und er Aus- und Fortbildung im Bereich erneuerbare Ener- ien beschäftigt. Die Organisation soll durch eine mög- ichst breit aufgestellte Gruppe großer und kleiner Staa- en, aber auch der Industrie- und Entwicklungsländer egründet werden. Kernziel von IRENA ist die Förde- ung des weltweiten Einsatzes erneuerbarer Energien. azu gehören zum Beispiel verbesserte ordnungspoliti- che Rahmenbedingungen für regenerative Energien urch politische Beratungsleistungen, verbesserte Tech- ologietransfers, die Weiterentwicklung von Kompeten- en und Know-how von erneuerbaren Energien, aber uch verbesserte Informationen durch Politikforschung. RENA ist ebenfalls zuständig für internationale Infor- ation und Kommunikation über erneuerbare Energien owie für die Zertifizierung und Standardisierung Erneu- rbarer-Energie-Technologien. Damit soll die Organisation beitragen zur Entlastung ndlicher Energiequellen und zur langfristigen Stabili- ierung der Energiepreise. Auch ärmere Länder sollen erbesserten Zugang zu Energie erhalten. Schließlich ollen wir den Klimawandel international noch wirksa- er bekämpfen. Dabei ist wichtig zu betonen, dass RENA ihre Leistungen nur auf Nachfrage von Mitglied- taaten bereitstellen wird. So wird es nicht ihr Auftrag ein, internationale Verträge auf den Weg zu bringen. ber sämtliche Aktivitäten entscheiden vielmehr allein ie Mitglieder. Vom 9. bis 11. April 2008 fand bereits eine internatio- ale Vorbereitungskonferenz für die Gründung von RENA statt. Die Gründungsversammlung ist schließ- ich für den 26. bis 28. November 2008 in Bonn vorgese- en. Wir unterstützen die dort anwesenden Vertreter der undesregierung nachdrücklich, sich um einen Sitz der euen Organisation in Deutschland zu bemühen. Mit IRENA werden wir eine Organisation ins Leben ufen, die als unabhängige Institution für Chancen- leichheit und für die Entwicklung erneuerbarer Ener- ien wirken wird. So wird sie Ländern bei der Umset- ung ihrer ehrgeizigen politischen Ziele helfen. Das ist ut für den Klimaschutz, das bringt den Menschen Ver- orgungssicherheit, das trägt zu einer langfristigen Stabi- isierung der Energiepreise bei und schließt damit eine nstitutionelle Lücke. Dr. Hermann Scheer (SPD): Mit der deutschen Ini- iative zur Einrichtung einer Internationalen Agentur für rneuerbare Energien, IRENA, wird eine große Lücke m internationalen Institutionensystem gefüllt. Seit 1957 18022 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 (A) ) (B) ) besteht die Internationale Atomenergieagentur, die sei- nerzeit von weniger als 20 Staaten auf den Weg gebracht worden ist. Seinerzeit beruhten die Hoffnungen für eine emissionsfreie Energieversorgung – schon im Hinblick auf das nachfossile Energiezeitalter – weltweit aus- schließlich auf der Atomtechnologie. Zu diesem Zeit- punkt wurden nicht nur die Probleme der Atomtechnolo- gie unterschätzt, sondern auch die Möglichkeiten der erneuerbaren Energien nahezu vollständig ignoriert, so- weit es über die Nutzung der Wasserkraft hinausgeht. 1974 entstand unter dem Schock der durch den Nah- ostkonflikt ausgelösten weltweiten Ölpreiskrise von 1973 die Internationale Energieagentur im Rahmen der OECD, deren Hauptaufgabe darin bestehen sollte, ge- meinsame Vorkehrungen zur Gewährleistung der Versor- gungssicherheit zu ergreifen. Auch dabei spielten die er- neuerbaren Energien allenfalls eine nebensächliche Rolle, wiederum wegen einer weitgehenden Unterschät- zung ihres tatsächlichen Potenzials. Immerhin starteten im Jahr 1974 bei den OECD-Ländern die ersten For- schungs- und Entwicklungsprogramme für erneuerbare Energien, um diese marktfähig zu machen. Der bis heute gegebene Tatbestand ist: Für erneuerbare Energien gibt es keine internationale Regierungsorganisation, die sich auf die globale Mobilisierung erneuerbarer Energien so konzentriert, wie es immer dringender geboten ist. Heute ist weltweit unumstritten, dass an erneuerbaren Energien in breitem Umfang und letztlich bis zur De- ckung aller Energiebedürfnisse kein Weg vorbeiführt. Mit anderen Worten, dass hier das größte verfügbare Energiepotenzial ist, wird nicht mehr ernsthaft bestritten. Die Sonne strahlt auf unseren Erdball täglich 15 000 mal mehr Energie als der Tagesverbrauch von atomaren und fossilen Energien ist. Es ist ein natürliches Energieange- bot in Form der Sonnenstrahlung, der Solarwärme sowie deren Derivate der Windenergie, der Fließwasserkräfte, der Bioenergie, der Meeresenergien. Hinzu kommt das geothermische Energiepotenzial. Um dieses obendrein nicht erschöpfliche Potenzial aktiv ernten und nutzen zu können, brauchen wir Technologien. Mit ihnen hat die Zivilisation die einzigartige Chance, Energie auch emis- sionsfrei und damit klima- und umweltneutral nutzen zu können. Darüber hinaus ergeben sich weitere besondere Chan- cen: die Überwindung der Energieabhängigkeit in jedem Land, die im Zuge der Erschöpfung herkömmlicher Trä- ger nicht erneuerbarer Energien zunimmt, weil die Re- serven auf wenige Länder konzentriert sind. Das führt dazu, dass die Räume der Energieförderung von den Räumen der Energienutzung immer mehr entkoppelt werden, der Infrastrukturbedarf zur Energieerzeugung größer wird und überall auf der Welt Preissteigerungen stattfinden. Es drohen zunehmend internationale Kon- flikte um den Zugang zu den Restressourcen. Schon heute leiden allen voran die Staaten der Dritten Welt un- ter für sie schon unbezahlbar gewordenen Primärener- gieimporten. Daraus ergibt sich: Der Wechsel zu erneuerbaren Energien steht in allen Gesellschaften der Welt nicht nur historisch an. Er muss breit ausgebaut und die Schritte d L d u h m n N l E s d c t s E f A m u w f r u w i t g d d V t s e W g a k m n e n t s e n e k b t t h V d w d e n (C (D ahin müssen beschleunigt werden. Doch nur wenige änder sind darauf technisch, wissenschaftlich und in- ustriell vorbereitet, obwohl sie die Notwendigkeiten nd die damit verbunden Chancen immer deutlicher se- en. Es handelt sich um ein neues Energieparadigma, it vielfältigen neuen Umwandlungstechniken und euen Bereitstellungsformen und mit der Chance der utzung heimischer Energien und damit der Rückkopp- ung der Räume der Energiegewinnung mit denen der nergienutzung. Nicht mehr der Primärenergiehandel teht dabei im Vordergrund, sondern die Verfügbarkeit er neuen Energietechniken. Man kann generell sagen, während die herkömmli- hen Energien aufgrund der genannten Engpässe immer eurer werden und gleichzeitig die ökologischen Folge- chäden immer mehr zunehmen, können erneuerbare nergien nur billiger werden. Außer bei der Bioenergie allen keine Brennstoffkosten mehr an, und es gibt keine bfälle und sonstige Schadstoffe. Sie werden billiger it der industriellen Mobilisierung der Technologien nd der Verbreiterung ihrer Anwendungsbasis. Um dies eltweit voranzutreiben, ist die Internationale Agentur ür Erneuerbare Energien eine Initiative von ebenso he- ausragender wie umfassender gesamtwirtschaftlicher nd gesamtpolitischer Bedeutung als Motor für die welt- eite Verbreitung dieser Zukunftschancen. Deutschland st in besonderer Weise dafür prädestiniert, diese Initia- ive zu ergreifen. Ausgehend von dem Stromeinspeise- esetz von 1991 bis zum Erneuerbare-Energien-Gesetz es Jahres 2000 sind wir auf dem immer wichtiger wer- enden Gebiet der Stromversorgung in eine weltweite orbildrolle gerückt. Sowohl technologisch und indus- riell als auch in der breiten Anwendung. Daneben haben sich in Deutschland vielfältige prakti- che Ansätze zum Energiesparen und zum solaren Bauen ntwickelt wie in nur wenigen anderen Ländern in der elt. Neue technische Ansätze zur für erneuerbare Ener- ien wichtigen Energiespeicherung sprießen wie Pilze us dem Boden. Viele junge Wissenschaftler, Handwer- er und Ingenieure sind auf diesem Gebiet engagiert, ehr als in jedem anderen Land. Das gilt auch für viele eu gegründete Unternehmen und zunehmend auch für tablierte Technologieunternehmen. Wir haben also icht nur eine durch eigene Arbeit begründete Legitima- ion und Glaubwürdigkeit, um die Initiative für die Ent- tehung der IRENA zu ergreifen, sondern auch eine thisch begründete internationale Handlungspflicht. Erstmals wurde eine eigenständige Institution für er- euerbare Energien auf der UN-Konferenz über Erneu- rbare Energien 1981 in Nairobi empfohlen. Doch sie am nicht zustande, weil immer der Einwand vorge- racht wurde, schon bestehende internationale Organisa- ionen sollen sich der Aufgabe der weltweiten Verbrei- ung von erneuerbaren Energien annehmen. Seit 1990 at sich EUROSLAR, die gemeinnützige europäische ereinigung für erneuerbare Energien ununterbrochen afür engagiert und für internationale Unterstützung ge- orben. Doch der Einwand war immer derselbe, ohne ass sich je ein bestehendes internationales Forum den rneuerbaren Energien in der gebührenden Form an- ahm. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 18023 (A) ) (B) ) Dieser Rückblick belegt, dass es keine Alternative zu einer IRENA gibt. Seit 2003 hat der Deutsche Bundestag in mehreren Resolutionen diese Einrichtung gefordert und die Bundesregierung zu einer entsprechenden Initia- tive ermuntert. Jetzt stehen wir unmittelbar nach vielen Gesprächen mit anderen Regierungen und der Vorberei- tungskonferenz im April 2008, die im Auswärtigen Amt stattfand, vor der Gründungskonferenz. Die Initiative ist angelegt als eine von „like-minded countries“, um nicht jahrelang auf einen Weltkonsens warten zu müssen. Wenn also die Gründung erfolgt, werden noch nicht alle Staaten von Anfang an Mitglied sein. Aber alle werden zur Mitwirkung eingeladen werden und können zu je- dem denkbaren späteren Zeitpunkt ihre Mitgliedschaft vollziehen. Was hier geschieht, ist ein großer Schritt, dessen glo- bale Bedeutung zur Überwindung der Energieprobleme vielleicht viele heute noch unterschätzen, so wie vor 30 Jahren die erneuerbaren Energien überhaupt unter- schätzt worden sind. Ich bin überzeugt, dass mehr und mehr Länder nach Gründung und Arbeitsaufnahme die- ser Agentur hinzukommen werden. Auch im amerikani- schen Kongress gibt es eine Initiative, dass die USA da- ran teilnehmen sollen. Umso wichtiger ist es, dass die Arbeitsaufnahme dieser Agentur schnell nach der Grün- dung erfolgt. Dies wird ein großer Tag für die Umset- zung einer parlamentarischen Forderung und für die Umsetzung dieser Forderung durch die Bundesregierung sein. Michael Kauch (FDP): Der Umbau der Energiever- sorgung zu einer CO2-armen Energiewirtschaft ist eine wesentliche Voraussetzung, um Fortschritte im globalen Kampf gegen den Klimawandel zu erzielen. Die erneu- erbaren Energien müssen ein zentraler Bestandteil der künftigen Energieversorgung weltweit werden. Weit mehr als bislang muss ihr Anteil am globalen Energie- mix gesteigert werden. Um den Ausbau der erneuerba- ren Energien voranzubringen, sieht auch die FDP die Notwendigkeit, das Thema regenerative Energie interna- tional institutionell zu verankern. Die im Antrag vorgeschlagene Neugründung einer In- ternationalen Agentur für Erneuerbare Energien ist ein Weg. Die FDP hätte es aber favorisiert, wenn statt eines neuen Gremiums bewährte Institutionen genutzt werden würden. Wir denken hier an die Internationale Energie- agentur. Damit wäre auch gewährleistet, dass die erneu- erbaren Energien von Anfang an mit ihren Stärken und Schwächen in das Konzept eines Energiemixes einge- bunden sind. Allerdings ist klar, dass die Internationale Energie- agentur von einigen politischen Kräften aus ideologi- schen Motiven abgelehnt wird. Wir bedauern das. Schließlich kann es nicht darum gehen, dass eine Institu- tion die Antworten gibt, die man von politischer Seite gerne hören möchte. Trotzdem werden wir uns beim An- trag enthalten, da wir die Intention und die Zielrichtung begrüßen, mit einer internationalen Institution die erneu- erbaren Energien weltweit zu stärken. Ohne die erneuer- baren Energien werden wir ambitionierte Ziele im globa- len Klimaschutz nicht erreichen. W d d u d n i r k n O d v D E ß e s g w T l d w d i p A l e s n s G s b g z b N w g K n a M S D t k r k E d d (C (D Für IRENA wird sich folgende Kernaufgabe stellen: ie gelingt es, Kapital und technisches Know-how urch Investitionen in die Länder zu bringen, in denen er Einsatz klimaschonender Technik am effektivsten nd am effizientesten ist? Das gilt eben allen voran für ie erneuerbaren Energien. Die Solarenergie ist hier zu ennen. Denn ihr Einsatz ist in den Ländern dieser Welt n sehr unterschiedlichem Maße effizient und effektiv. Klimaschonende Erzeugung von Energie in sonnen- eichen Ländern braucht dabei auch Visionen. Eine Zu- unftsvision ist ein Stromverbund zwischen Europa, den ordafrikanischen Staaten und dem mittleren und nahen sten. Das DESERTEC-Projekt „Strom für Europa aus er Wüste“ könnte zukunftsweisend sein. IRENA sollte or allem solche Zukunftsprojekte aktiv unterstützen. ESERTEC zeigt, dass vom Umbau der internationalen nergieversorgung alle beteiligten Länder gleicherma- en profitieren können. Für die Industriestaaten bedeutet in solcher Stromverbund die effziente Nutzung klima- chonender Energie und das Loslösen von der Abhän- igkeit fossiler und nicht regenerativer Ressourcen, ährend Entwicklungs- und Schwellenländer durch den echnologietransfer in ihrer wirtschaftlichen Entwick- ung an Fahrt gewinnen würden. Es wäre zudem durch en Einsatz „sauberer Energie“ eine nachhaltige Ent- icklung. Den Einsatz erneuerbarer Energien auf dieser Welt eutlich zu steigern, ist eine globale Aufgabe, die durch nternationale Institutionen auf höchster Ebene ange- ackt werden muss. Insofern kann eine Internationale gentur für Erneuerbare Energien hier einen Beitrag eisten. Auch die FDP würde sich natürlich freuen, wenn s gelänge, IRENA nach Deutschland zu holen. In die- em Sinne wünsche ich dem Antrag auf dem internatio- alen Parkett viel Erfolg. Hans-Kurt Hill (DIE LINKE): Erneuerbare Energien ind der Antriebsstoff einer friedlichen Außenpolitik. emeinsames Wissen und Nutzen von Energie aus Was- er, Wind, Sonne, Biomasse und Erdwärme tragen dazu ei, die anstehenden Probleme der internationalen Ener- iepolitik zu lösen. Deshalb brauchen wir die Initiative ur Gründung einer Internationalen Agentur für Erneuer- are Energien. Ich will darauf näher eingehen: Erstens. Öl und Gas gehen auf absehbare Zeit zur eige. Die verbleibenden Vorräte konzentrieren sich auf enige Regionen. Gleichzeitig steigt die Importabhän- igkeit Deutschlands und Europas. Als Folge wird die ontrolle über fossile Energieträger immer mehr zu ei- er Machtfrage. Zunehmend reagieren Staaten aggressiv uf das knappe Angebot. Schon heute ist eine weltweite ilitarisierung der Energieaußenpolitik unübersehbar. elbst die Bundesregierung ist zunehmend bereit, eutschland in eine gefährliche Energieaußenpolitik zu reiben, in der militärische Mittel zur Selbstverständlich- eit werden. Das aktuelle Weißbuch der Bundesregie- ung zur Sicherheitspolitik Deutschlands und zur Zu- unft der Bundeswehr bestätigt diese Haltung. Zweitens. Die ungebremste Verbrennung fossiler nergieträger, insbesondere von Kohle, ist Hauptursache es Klimawandels. In den kommenden Jahrzehnten wird ie Erderwärmung Millionen Menschen vor allem in är- 18024 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 (A) ) (B) ) meren Ländern vor existenzielle Herausforderungen stellen. Die Klimaveränderungen werden ohne ein kon- sequentes Gegensteuern bereits in naher Zukunft die An- passungsfähigkeit vieler Gesellschaften überfordern. Be- stehende Krisen werden sich verschärfen und neue Konfliktfelder eröffnet. Dies birgt ein großes Konflikt- potenzial. Doch statt verstärkter Entwicklungshilfe und Wissenstransfer fordert der EU-Vertreter für die Ge- meinsame Außen- und Sicherheitspolitik den Ausbau militärischer Kapazitäten der EU als Reaktion auf die neuen Sicherheitsrisiken. Die größten Verursacher des Klimawandels verkünden, das Boot sei voll. Das ist mit uns nicht zu machen. Diese Militarisierung der Klima- und Energiepolitik ist zurückzuweisen. Wir brauchen ei- nen Dialog um Zukunftsenergien und Hilfsangebote für die Länder des Südens, um nicht mehr vermeidbare Fol- gen des Klimawandels aufzufangen. Drittens. Internationale Energiekonzerne propagieren die gefährliche und unbeherrschbare Atomenergie als Allheilmittel. Sie wollen über 1 300 neue Reaktoren bauen. Dieser bedrohliche Irrweg muss aufgehalten wer- den. Denn es geht nicht um bezahlbare Energie, sondern um den Erhalt kartellartiger Strukturen in der Energie- wirtschaft. Und ich frage Sie: Wie wollen wir politisch instabilen Ländern die Urannutzung verbieten, wenn wir selbst behaupten, die Atomkraft sei unverzichtbar für die Energieversorgung. Eines ist klar: Atomreaktoren sind die Einstiegsdroge in den militärischen Missbrauch der nuklearen Energie. Die angeblich friedliche Nutzung der Atomkraft ist eine Illusion. Die Linke sagt deshalb: Raus aus dieser Risikotechnik. Hin zu einem klugen und spar- samen Umgang mit Energie und hin zu erneuerbaren Energien. Die Internationale Agentur zur Förderung der erneuerbaren Energien, IRENA, ist deshalb eine Chance für bezahlbare Energie, Klimaschutz und eine friedliche Energieaußenpolitik. Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der weltweite Ausbau erneuerbarer Energien gehört zu den entscheidenden Überlebensstrategien der Mensch- heit. Klimaerwärmung und Verknappung der fossilen und atomaren Rohstoffe sind gigantische Weltprobleme, die nicht mehr innerhalb des konventionellen Energie- systems gelöst werden können. Erneuerbare Energien sind mit Ausnahme der Bioenergien kostenlos, nur ihre Technologien verursachen Kosten, die aber schnell über technologische Entwicklung und Massenfertigung ge- senkt werden können. Gleichzeitig sind die erneuerbaren Energien faktisch emissionsfrei oder emissionsneutral und sind damit neben der Energieeinsparung die ent- scheidende Lösung der genannten Probleme. Eine schnelle Umsetzung und technologische Ent- wicklung ist möglich, wie die von vielen unerwartete Technikrevolution der letzten Jahre vor allem im Strom- bereich durch das EEG aufzeigt. Um diese Erfolgsge- schichte weltweit wirken zu lassen und auch auf den Wärme- und Transportsektor auszudehnen, ist ein globa- ler Wissenstransfer unverzichtbar. Bis heute geschieht dieser vor allem durch engagierte Nichtregierungsorga- nisationen und durch vereinzelte Maßnahmen auf Regie- rungsebene. Eine klare, mit genügend Geld ausgestattete, welt- weite Agentur auf Regierungsebene für erneuerbare E d b g E n l S n r g w E e e z n I g d R r r A E g v s v e m t d U B g s w f p A w D (C (D nergien fehlt bis heute. Seit Jahrzehnten gibt es dies für ie Atomenergie, mit der Internationalen Atomenergie- ehörde, IAEO, aber eben nicht für erneuerbare Ener- ien. Die Umsetzung des aus dem letzten Jahrzehnt von urosolar stammenden Vorschlages für eine Internatio- ale Agentur für Erneuerbare Energien, IRENA, ist ängst überfällig. Entscheidend wird sein, dass die IRENA über eine atzung verfügt, die klar die Interessen des Ausbaus er- euerbarer Energien beinhaltet und nicht von den Inte- essen der konventionellen fossilen und atomaren Ener- iewirtschaft verwässert wird. Nur dann kann IRENA irkungsvoll den weltweiten Ausbau der erneuerbaren nergien beschleunigen. Aufgaben der IRENA werden sein, das Wissen über rneuerbare Energien zusammenzutragen, auf dem aktu- llsten Stand zu halten und den Wissenstransfer über um Beispiel Konferenzen und Internetauftritte zu orga- isieren. Dies gilt nicht nur für die technologischen nhalte im Bereich von Bildung und Ausbildung für In- enieure oder Facharbeiter, dies gilt auch für entschei- ende Politikmaßnahmen, für zielführende Gesetze, um egierungen und Parlamente entsprechend zu informie- en und zu beraten. Dies gilt aber genauso für Aufklä- ungskampagnen in der Bevölkerung, damit eine breite kzeptanz für den schnellen Ausbau der erneuerbaren nergien in allen Sektoren entstehen kann. Die Vorteile liegen auf der Hand, erneuerbare Ener- ien erlösen von den schnell steigenden Preisen der kon- entionellen Energien und schaffen aktiven Klima- chutz. Es ist wichtig in der Menschheit das Wissen zu erbreiten, dass Klimaschutz mit erneuerbaren Energien ben keine Last ist, was bei den heutigen Ölpreisen im- er mehr Menschen bewusst wird. IRENA wird dazu einen entscheidenden Beitrag leis- en, deshalb unterstützen wir die Bundesregierung in iesem Gründungsprozess, bedeutet dies doch die msetzung einer langjährigen Forderung auch von ündnis 90/Die Grünen. In vielen Gesprächen auf Re- ierungsebene und Parlamentarierebene habe ich per- önlich für IRENA geworben, und erfahren, dass es eltweit ein zunehmendes Interesse dafür gibt. Wir sagen unsere weitere Unterstützung zu und hof- en, dass der für diesen Herbst angepeilte Gründungs- rozess auch tatsächlich gelingen wird. nlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Internationalen Klimaschutz sichern – Inte- grität und Wirksamkeit der CDM-Projekte verbessern – Unterlaufen von Klimaschutzzielen durch CDM-Projekte beenden (Zusatztagesordnungspunkte 7 und 8) Andreas Jung (Konstanz) (CDU/CSU): Der Klima- andel ist die zentrale Herausforderung der Gegenwart. ie Veränderungen des ökologischen Gleichgewichts Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 18025 (A) ) (B) ) werden schon heute überall auf der Welt sichtbar, auch in Deutschland. Deshalb müssen wir die richtigen Wei- chenstellungen jetzt und heute vornehmen. Im Kioto-Protokoll gibt es drei Mechanismen, die den Industrieländern dabei helfen sollen, ihre in Kioto ver- einbarten Emissionsreduktionsziele zu erreichen. Die so- genannten Kioto-Mechanismen oder flexiblen Mecha- nismen – mit diesen befasst sich unser Antrag – erlauben Industrieländern, einen Teil ihrer Reduktionsverpflich- tungen im Ausland zu erbringen. Der Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung oder, englisch, Clean Development Mechanism, CDM, soll dabei helfen, die Kosten zum Erreichen der vertraglich festgelegten Re- duktionsziele möglichst niedrig zu halten. Der Clean Development Mechanism funktioniert da- hin gehend, dass CDM-Projekte gemeinsam von einem Industrieland mit Reduktionsverpflichtung und einem Entwicklungsland ohne Reduktionsverpflichtung durch- geführt werden. Im CDM führt ein Industrieland in ei- nem Entwicklungsland ein Klimaprojekt durch, das Emissionen einspart, und kann sich die gesparten Ein- heiten, Certified Emission Reductions, auf seinem Konto gutschreiben lassen. Ziel des CDM ist jedoch nicht nur, die Emissionsre- duktionen kostengünstiger zu machen, sondern auch, Entwicklungsländern durch Technologietransfer zu hel- fen, eine klimafreundliche Wirtschaft aufzubauen. Mit dem CDM leisten wir einen wichtigen Beitrag zu einem effizienten Klimaschutz. Es geht dabei um die Frage, durch welche Maßnahmen man mit möglichst geringem Einsatz möglichst viel für die Umwelt und das Klima tun kann. Was den Klimaschutz angeht, ist es nicht entschei- dend, ob CO2 in Deutschland, in Mexiko oder in Kenia eingespart wird. Darüber hinaus ist dies auch ein Beitrag zur Entwicklungshilfe und zum Export erneuerbarer Technologien sowie erneuerbarer Energien. Damit kom- men wir unserem gemeinsamen Ziel, ein weltweites Kli- maschutzsystem zu errichten, einen Schritt näher. Deshalb hat sich die CDU/CSU-Bundestagsfraktion in der Vergangenheit für diese Möglichkeit des Klima- schutzes ausgesprochen und sich für einen stärkeren Ausbau in der Zukunft eingesetzt. Es war die Unions- fraktion, die in den Beratungen zum Zuteilungsgesetz eine Erhöhung der Quote auf 22 Prozent durchgesetzt hat. Fakt ist allerdings auch, dass in den vergangenen Mo- naten, unter anderem auch durch eine Studie des Öko-In- stituts, Kritik an der Funktionsweise des CDM formu- liert worden ist. Begründet wurde diese Kritik damit, dass die CDM-Projekte häufig nicht die Anforderung der Zusätzlichkeit, Additionalität, erfüllen würden oder hin- sichtlich anderer Kriterien nicht nachhaltig seien. Die Prüfungen durch den CDM-Exekutivrat und die Desig- nated Operational Entities, DOE, würden vielfach nicht gründlich genug erfolgen. Hierdurch führten die Pro- jekte nicht zu einer tatsächlichen Emissionsreduktion. Wir nehmen diese Kritik sehr ernst. Die Probleme wurden erkannt und zum Teil bereits in die Verhandlun- gen eingebracht. So hat die Bundesregierung sich in in- t s B l t w s s s f z V b t K g m j t e s N d w m b n ü l e g m d s u F V z n h b g B n A d R f u v a (C (D ernationalen Klimaverhandlungen schon dafür einge- etzt, die Umweltintegrität des CDM zu stärken und den eitrag von CDM-Projekten zur nachhaltigen Entwick- ung zu verbessern. Wir müssen diese Fragen beantwor- en und jegliche Fehlentwicklungen bekämpfen, gerade eil wir wollen, dass CDM eine immer wichtigere Rolle pielt. Mit diesem interfraktionellen Antrag wollen wir – das agt die Überschrift bereits – die Integrität und Wirk- amkeit der CDM-Projekte weiter verbessern. Wir ordern die Bundesregierung deshalb in zahlreichen Ein- elpunkten auf, sich in ihren Verhandlungen für eine erbesserung bei den CDM-Projekten einzusetzen. Wir egrüßen diesen gemeinsamen Antrag ausdrücklich, un- erstreicht er doch die gemeinsamen Bemühungen im limaschutz über die Fraktionsgrenzen hinaus. Ich möchte an dieser Stelle einige dieser Punkte auf- reifen: Erstens. Wichtig ist uns die Verbesserung und Opti- ierung hinsichtlich der Additionalität der CDM-Pro- ekte. Dazu gehört, dass transparente und objektive Kri- erien für die Validierungen entwickelt werden. Dies gilt benfalls für die Verbesserung der CDM-Projekte hin- ichtlich der ökologischen, sozialen und ökonomischen achhaltigkeit. Zweitens. Darüber hinaus fordern wir, dass die Arbeit er Validierer und des CDM-Exekutivrats verbessert ird. Entscheidend ist für uns dabei, dass die Validierer ehr Unabhängigkeit von den Projektentwicklern als isher erhalten und dementsprechend die Vergütung icht mehr direkt durch die Projektentwickler, sondern ber den CDM-Exekutivrat erfolgt. Darüber hinaus sol- en die Validierer zukünftig nicht mehr von den Projekt- ntwicklern berufen, sondern vom CDM-Exekutivrat zu- eteilt werden. Drittens. Ich begrüße die Forderung nach Sanktions- öglichkeiten gegen mögliches Fehlverhalten der Vali- ierer. Damit muss allerdings die Einführung und Um- etzung von Verfahrensregeln einhergehen, die Effizienz nd Legitimität des Mechanismus und somit dessen unktionsfähigkeit in seiner Gesamtheit fördert. Solche erfahrensregeln sollen gewährleisten, dass projektbe- ogene Entscheidungen transparent und für die Betroffe- en nachvollziehbar getroffen werden. Des Weiteren ist ierfür erforderlich, dass Entscheidungen hinreichend egründet und in einem geregelten, transparenten und erechten Verfahren überprüfbar sind. Viertens. Schließlich fordern wir in dem Antrag die undesregierung auf, sich für eine ausreichende perso- elle Ausstattung des CDM-Exekutivrats sowie für die usgestaltung einer Haftung des Exekutivrats gegenüber em Geschädigten im Außenverhältnis einzusetzen. Die egelung einer Haftung im Außenverhältnis halten wir ür richtig, da sie zu konsequentem Rechtsschutz führt nd damit die zuvor genannten Verfahrensregeln sinn- oll ergänzt. Mit all diesen Maßnahmen wollen wir das Vertrauen ller Beteiligten in das Instrument CDM stärken. Wir 18026 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 (A) ) (B) ) schaffen damit die Voraussetzungen für eine massiv zu- nehmende Bedeutung von CDM. Mein abschließender Dank gilt den Kolleginnen und Kollegen Berichterstatter, mit denen wir diesen Antrag gemeinsam erarbeitet haben. Michael Kauch (FDP): Weltweite Klimaschutzziele zu möglichst geringen Kosten für die Volkswirtschaften zu erreichen – das ist das Ziel des CDM, des Clean De- velopment Mechanism des Kioto-Protokolls. Mehr CDM, also mehr Klimaschutzprojekte in den Entwick- lungs- und Schwellenländern, kann dazu beitragen, am- bitionierte Klimaschutzziele global zu erreichen – wenn man es richtig macht. Denn CDM bedeutet, Treibhaus- gasemissionen dort zu verringern, wo dies zu den ge- ringsten Kosten geschehen kann. Mit dem Technologie- transfer von den Industriestaaten in die Entwicklungs- und Schwellenländer haben wir eine klassische Win- win-Situation. Die Industrieländer leisten ihren dringend notwendigen Beitrag zum weltweiten Klimaschutz, und den Entwicklungs- und Schwellenländern bietet sich die Chance, nachhaltig ökonomische Fortschritte zu ma- chen. Die ökologischen Fehler, die die heute wohlhaben- den Staaten über Jahrzehnte im Prozess ihrer Industriali- sierung gemacht haben, können verhindert werden, ohne dass die Entwicklungs- und Schwellenländer in ihrem berechtigten Interesse auf wirtschaftliche Entwicklung und Wohlstand gebremst werden. Indem er Unternehmen und Staaten einen Anreiz zur Senkung ihrer Treibhausgasemissionen gibt, kommt CDM eine Schlüsselfunktion im internationalen Klima- schutz zu. Er ist eine herausragende Anwendung des Marktprinzips auf internationaler Ebene und sollte natio- nal wie international politisch gestützt und weiterentwi- ckelt werden. CDM muss ein wesentlicher Eckpfeiler ei- nes Klimaschutzabkommens für die Zeit nach dem Jahr 2012 sein. Wir brauchen nicht weniger CDM-Projekte, wie die Linke meint, sondern wir brauchen mehr – für mehr Klimaschutz. Aber man darf an CDM auch nicht blauäugig heran- gehen. Wir müssen sicherstellen, dass seine Anwendung tatsächlich zusätzlich zu anderen Maßnahmen in den Zielländern erfolgt. Man muss allerdings kritisch fest- stellen: Insbesondere bei der Einhaltung und Kontrolle des sogenannten Zusätzlichkeitsprinzips besteht Re- formbedarf. Zusätzlichkeit in diesem Sinne bedeutet, dass die Emissionsreduktion des CDM-Projekts ohne den CDM-Anreiz nicht stattgefunden hätte. Würde die- ses Prinzip nicht eingehalten, hätte dies eine Inflation an Emissionsrechten zur Folge, die den Klimaschutz ver- wässern würde. Leider wissen wir von einigen negativen Beispielen in den betreffenden Staaten. Die Konsequenz kann aber – insbesondere für uns Liberale – nur sein, CDM zu ver- bessern, es vor Missbrauch zu schützen, um zu verhin- dern, dass viele sinnvolle Projekte diskreditiert werden. Denn das wäre ein Rückschlag in der Klimaschutzpolitik zum Schaden ambitionierter Ziele im Kampf gegen den Klimawandel weltweit. Wir wollen das verhindern. Deshalb hat die FDP einen Antrag zur Reform des CDM eingebracht und damit eine parteiübergreifende D u i v e h s u w w g t n d L v d R t t d E d d r s d w j w A P r V e n P t V B v n W t D b d f s m d b A d d (C (D iskussion angestoßen. Es freut mich, dass die Koalition nseren Antrag nicht reflexartig abgelehnt hat. Vielmehr st es gelungen, in mehreren Berichterstattergesprächen on CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen inen gemeinsamen Antrag zu erarbeiten. Dieses Vorge- en war ausgesprochen sachorientiert. Ich danke insbe- ondere meinen Kollegen Andreas Jung, Frank Schwabe nd Bärbel Höhn dafür und würde mir wünschen, dass ir öfter diesen Weg einer Problemlösung beschreiten ürden – im Interesse der gemeinsamen Ziele. In dem vorliegenden Ergebnis kann sich die FDP sehr ut wiederfinden, sodass wir diesem gemeinsamen An- rag gerne zustimmen. Wesentliche Teile unseres eige- en Antrages sind darin aufgenommen worden. Die Kernpunkte unseres gemeinsamen Antrages sind: ie Schaffung transparenter, standardisierter und nach ändern differenzierter Kriterien für die Anerkennung on CDM-Projekten – dazu gehören Schwellenwerte für ie Investitionsanalysen, aber denen eine marktübliche endite und damit eine Durchführbarkeit ohne CDM un- erstellt werden kann –, eine intensivere Beteiligung in- eressierter Gruppen und der gesamtem Öffentlichkeit, ie Verbesserung der personellen Ausstattung des CDM- xekutivrats, und – dies ist ein sehr wichtiger Punkt – ie Arbeit der sogenannten Validierer, also derjenigen, ie die CDM-Projekte vor Ort prüfen und dokumentie- en, muss auf eine solidere und verlässlichere Basis ge- tellt werden. Die Arbeit der Validierer ist ins Zentrum er Kritik geraten. Nach Aussagen von Fachleuten ent- ickeln sie sich faktisch zu Erfüllungsgehilfen der Pro- ektentwickler. Eine Ursache liegt darin, dass sie von den Projektent- icklern selbst ausgesucht und direkt bezahlt werden. ngesichts eines hart umkämpften Marktes um CDM- rojekte bestehen unter diesen Umständen gewisse An- eize zum Missbrauch. Wir schlagen daher vor, dass die ergütung nicht mehr direkt durch die Projektentwickler rfolgt, sondern über den CDM-Exekutivrat. Darüber hi- aus sollen die Validierer zukünftig nicht mehr von den rojektentwicklern berufen, sondern vom CDM-Exeku- ivrat zugeteilt werden. So wird die Unabhängigkeit der alidierer von den Projektentwicklern gewährleistet. Mit dem heutigen Beschluss des Bundestages hat die undesregierung nun den Auftrag, in diesem Sinne zu erhandeln. Eine solche Reform des CDM muss Teil ei- es Post-Kioto Abkommens sein. Für die FDP steht fest: ir brauchen weltweit Klimaschutzprojekte in Koopera- ion von Industrie- und Entwicklungsländern. Der Clean evelopment Mechanism ist der Schlüssel dazu. CDM raucht Reformen, aber kein Moratorium. Wer das for- ert, der behindert den notwendigen Technologietransfer ür saubere Energie und mehr Energieeffizienz, der ver- chenkt die Chancen, die CDM für den weltweiten Kli- aschutz bietet. Um diese Chancen zu nutzen, setzt sich ie FDP für CDM ein und will zugleich seinen Miss- rauch ausschließen. Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE): Einen netten ntrag haben Sie da gemacht, meine Damen und Herren er anderen Fraktionen. Inhaltlich zwar auf Anregung er Linken, aber in der Ausführung natürlich ohne uns – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 18027 (A) ) (B) ) in reflexartiger Gefolgschaft der Wadenbeißer der Union. Nun denn, unser alter Slogan „Links wirkt“ hat sich zunächst einmal bewahrheitet. Wollen wir schauen, wie konsequent Ihr Antrag das Unterlaufen von Klima- schutzzielen durch den Missbrauch von CDM angehen will. Da macht es sich ganz gut, den Antrag der Links- fraktion daneben zu legen, den wir bereits im Januar in den Bundestag eingebracht haben. Zunächst haben wir viele Übereinstimmungen. Aus Sicht des Klimaschutzes ist das Hauptproblem des Clean Development Mechanism, dass von den Vereinten Natio- nen vielfach auch solche Klimaschutzprojekte im Aus- land anerkannt werden, die ohnehin, also ohne CDM, gestartet worden wären und folglich keinen zusätzlichen Klimaschutz zum Business as usual liefern. Zudem gibt es die auch in Ihrem Antrag geschilderten Probleme mit den extrem hohen Mitnahmeeffekten bei HFC-23- und Lachgas-Projekten. Zur fehlenden Nachhaltigkeit der Projekte steht bei Ihnen nicht viel, aber auch das halten wir für ein großes Problem. Am gravierendsten ist sicherlich der erste Punkt. Be- treiber erhalten vielfach Emissionsgutschriften, obwohl gar kein Klimaschutz zusätzlich zum Status quo stattfin- det. Wandern diese Gutschriften aber nach Europa, so haben wir hier einen Mehrausstoß, der nicht durch eine entsprechende Emissionsminderung im Süden gedeckt ist. Das ist es, was das EU-Emissionshandelssystem ge- nauso untergräbt, wie die Kioto-Zielstellungen. Sie ha- ben die eindrucksvolle Studie des WWF zum Thema er- wähnt. 40 Prozent der Projekte produzieren faule Zertifikate. Die machen rund 20 Prozent der CDM- Emissionsrechte aus. Was sie aber nicht erwähnen ist die Tatsache, dass die Einsparverpflichtung der deutschen emissionshandelspflichtigen Anlagen in dieser Handels- periode rund 30 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent be- trägt. Die Betreiber können sich aber 90 Millionen Ton- nen über CDM anrechnen lassen. Demnach ist der deutsche Beitrag zum globalen Klimaschutz in diesem Sektor gleich null, sofern nur jedes dritte Zertifikat faul ist. Und genau dies ist ja beinah der Fall. Nehmen wir mal einen großen deutschen Stromver- sorger: RWE versucht in Asien zu preiswerten Emis- sionsrechten zu kommen, um seine Kraftwerksemissio- nen aus zusätzlichen Braunkohlemeilern im Rheinland, etwa in Neurath, zu kompensieren. Gegenwärtig gibt es Diskussionen darüber, ob alle der momentan 38 Wasser- kraftwerke, die RWE in China unter CDM laufen lassen will, tatsächlich das Additionalitätskriterium erfüllen, also tatsächlich zusätzlich sind. Bei vielen der registrierten und in Validierung befind- lichen RWE-Projekte wurde der Bau nämlich bereits vor Jahren begonnen. Und die Planung noch einmal Jahre früher. Insofern steht infrage, ob diese alle überhaupt das Kriterium erfüllen, nach dem der CDM vor Projektbe- ginn ernsthaft berücksichtigt worden sein muss. Andern- falls wäre das jeweilige Kraftwerk ja auch so rentabel gewesen, also ohnehin gebaut worden. Vor zehn Jahren dürfte sicher niemand ernsthaft mit CDM gerechnet ha- ben. Insofern hat sich das Unternehmen möglicherweise i j C d b o P g l n C D te s e t C n r t d w m f z a s Z a ß G n S H h z g w t c n s h m A a s w b N k W n u 2 S T s (C (D n einigen Fällen schlicht in laufende chinesische Pro- ekte eingekauft, diese dann schlecht gerechnet und als DM-Projekt angemeldet. Ähnliches haben schon an- ere gemacht. Beispielsweise Schweizer Investoren eim chinesischen Wasserkraftwerk Jinjitan. Das wurde ffensichtlich schlecht gerechnet, um es in den CDM- rozess einzuschleusen. Dummerweise war zu Baube- inn in einem Zeitungsartikel der South China News zu esen, das Wasserkraftwerk werde jährlich 335 Millio- en kWh Strom erzeugen. Später, bei der Anmeldung als DM-Projekt, waren es plötzlich 15 Prozent weniger. adurch wanderte das Projekt wie von Geisterhand un- r der Rentabilitätsgrenze. Es würde sich also nur mit zu- ätzlichen Einnahmen aus CDM-Zertifikaten rechnen – ine offensichtliche Manipulation, um das Additionali- ätskriterium zu erfüllen. Aber selbst dies hat beim DM-Bord nicht dazu geführt, dieses Projekt abzuleh- en. Dass bei CDM große Missbrauchspotenziale existie- en, liegt vor allem daran, dass beim CDM sämtliche Be- eiligten – Investoren, Validierer, Gast- und Investorlän- er – ein gleichgelagertes Interesse haben: Sie alle ollen aus den Projekten möglichst viele Zertifikate zu öglichst geringen Kosten erzielen. Darum sind die Re- ormen auf UN-Ebene, die sowohl wir als auch der weite Antrag einfordern, dringend notwendig. Die Un- bhängigkeit der Validierer und des Exekutivrates muss chnellstens hergestellt werden. Klare Kriterien für die usätzlichkeitsprüfung und Nachhaltigkeit müssen her. Aber selbst dann, wenn jedes einzelne Emissionsrecht us CDM und JI auf echten Klimagaseinsparungen au- erhalb Europas beruhen würde, kann dies bei diesen rößenordnungen – in der EU sind 278 Millionen Ton- en anrechenbar, obwohl die Einsparverpflichtung des ektors nur 133 Millionen Tonnen beträgt – nur als emmschuh für den innereuropäischen Strukturwandel in zu einer kohlenstoffarmen Energieversorgung be- eichnet werden. Der Beginn einer nachhaltigen Ener- iewende wird sträflich in die Zukunft verschoben. Wir issen, dass die Bundesregierung und auch die FDP rotzdem jegliche Begrenzungen für die flexiblen Me- hanismen am liebsten aufheben wollen. Das steht zwar icht im Antrag, aber in andern Papieren. Damit fallen ie hinter die Position der EU-Kommission zurück. Die at nämlich begriffen, dass in erster Linie in Europa Kli- aschutz betrieben werden muss. Und auch, dass der dditionalitätsnachweis beim CDM notwendig immer uf wackligen Hypothesen beruht. Denn ob die Klima- chutzmaßnahme ohne CDM nicht durchgeführt worden äre, ist schon fast eine philosophische Frage. Miss- rauch ist so vorprogrammiert. Noch ein Wort zur achhaltigkeit. Die Organisation International Rivers ritisiert, dass der TÜV Süd als Validierer des RWE- asserkraftwerkes Xiaoxi die Nachhaltigkeitsaspekte icht ausreichend dokumentiert habe. Das europäische nd deutsche Recht sieht für Wasserkraftprojekte ab 0 MW die Einhaltung der Empfehlungen der Welt- taudamm-Kommission, WCD, vor. Dies sei weder vom ÜV-Süd noch von der Deutschen Emissionshandels- telle, DEHSt, ausreichend berücksichtigt worden. Inter- 18028 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 169. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 (A) (C) (B) ) national Rivers hat sogar Verstöße dagegen dokumen- tiert. Dies ist nur ein Beispiel von vielen. Die Nachhaltig- keit wird praktisch überhaupt nicht geprüft. Das verstößt aber gegen das UN-Regelement. ob sie überhaupt zusätzliche Treibhausgasminderungen erbringen. Eine Studie des WWF beziffert die Anzahl der Projekte, die auch ohne CDM durchgeführt worden wären, auf rund 40 Prozent. Das ist schlecht für das Klima, denn auch für diese unterm Strich wirkungslosen Der letzte Punkt im schwarz-rot-grünen Antrag kommt mir übrigens ein wenig wirr vor. Während wir eine Immunität der Mitglieder des CDM-Exekutivrates fordern, um den Druck drohender Schadenersatzklagen von ihnen zunehmen, damit das Gremium nicht jeden Mist genehmigt, wollen sie die UN-Mitarbeiter zusätz- lich in Haftung nehmen. Ich gehe mal gutmütig davon aus, dass Sie hier nicht richtig überblickt haben, worum es geht. Fassen wir zusammen: Mit CDM-Projekten kann also – entgegen landläufiger Missverständnisse – kein zusätz- licher Klimaschutz betrieben werden. Im besten Fall ist das Ganze ein Nullsummenspiel. Der CDM soll ledig- lich Kosten senken. Wird er missbraucht, wird er zu ei- ner zusätzlichen Emissionsquelle für Treibhausgase. Die Linke ist überzeugt, dass erhebliche Missbrauchs- potenziale auch nach Reformen bestehen werden. Sie sind systemimmanent. Zudem bremst CDM tendenziell den Umbau der Energiebasis in den Industriestaaten. Und deshalb reichen Reformen beim CDM-Exekutivrat nicht aus. Vielmehr muss zusätzlich dazu die mögliche An- rechnung von CDM-Emissionsgutschriften bei der Er- füllung von Verpflichtungen in Europa deutlich begrenzt werden. Hier unterscheiden wir uns von den anderen Fraktionen. Und darum enthalten wir uns beim konkur- rierenden Antrag. Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der in- terfraktionelle Antrag, über den wir heute beraten, ist Ausdruck der gemeinsamen Sorge aller Bundestagsfrak- tionen um die Glaubwürdigkeit des internationalen Kli- maschutzes, die durch fragwürdige CDM-Projekte ge- fährdet ist. Im Kioto-Protokoll ist diesen Projekten die Aufgabe zugedacht, die internationale Zusammenarbeit im Kli- maschutz zu fördern und eine effiziente Erfüllung der Klimaschutzverpflichtungen zu ermöglichen. Die bishe- rige Bilanz der CDM-Projekte ist jedoch zwiespältig. Ei- nerseits belegen mehr als tausend registrierte Projekte, dass der Gedanke der internationalen Zusammenarbeit im Klimaschutz breite Akzeptanz gefunden hat. Ande- rerseits häufen sich die Anzeichen für einen erheblichen Missbrauch von CDM-Projekten und die Förderung von Projekten, die keine oder sogar negative Auswirkungen auf den Klimaschutz haben. Diese Missstände müssen im Rahmen der Verhandlungen um ein Kioto-Nachfolge- protokoll unbedingt abgestellt werden. Einige Probleme sind in dem interfraktionellen An- trag benannt. So ist bei vielen CDM-Projekten fraglich, P d a k P w d u v g G k e A z s k v C n z S a ö u W C z w s z m i 2 s I s W z n F l h g d e (D rojekte werden Emissionszertifikate ausgegeben, die es ann den Industrieländern erlauben, mehr Klimagase uszustoßen. Deshalb muss ein Kioto-Nachfolgeproto- oll strengere Regeln für die Zusätzlichkeit von CDM- rojekten enthalten und die Voraussetzungen für eine irksame Kontrolle ihrer Einhaltung schaffen. Außer- em müssen die Unabhängigkeit der Projektvalidierer nd die öffentliche Beteiligung bei der Anerkennung on CDM-Projekten gestärkt werden. Darauf will der emeinsame Antrag von CDU/CSU, SPD, FDP und rünen hinwirken. Über andere gravierende Probleme im CDM-Bereich onnten die Fraktionen hingegen leider keine Einigkeit rzielen. Dazu hat meine Fraktion einen weiter gehenden ntrag in den Bundestag eingebracht. Dabei geht es uns um Beispiel um den Skandal, dass heute sogar klima- chädliche Kohlekraftwerke als CDM-Projekte aner- annt werden können, wenn sie bestimmte Effizienz- orgaben erfüllen. Die durch neue Kohlekraftwerke in hina oder Indien generierten Emissionszertifikate kön- en dann etwa von Energiekonzernen genutzt werden, usätzliche Kohlekraftwerke in Deutschland zu bauen. o wird das Klimaschutzziel der CDM-Projekte völlig d absurdum geführt. Deshalb müssen für CDM klare kologische Standards gelten: kein Atom, keine Kohle nd Staudammprojekte nur, wenn sie den Kriterien der eltkommission für Staudämme entsprechen. Neben hohen qualitativen Standards müssen für DM-Projekte auch weiterhin klare quantitative Gren- en gelten. Die Industrieländer sind in der Pflicht, den esentlichen Teil ihrer Klimaschutzanstrengungen bei ich zu Hause zu leisten. Wenn eine langfristige Begren- ung der Klimaerwärmung auf 2 Grad gelingen soll, üssen sie nach den Berechnungen des Weltklimarates hre Treibhausgasemissionen bis 2020 um mindestens 5 bis 40 Prozent gegenüber dem Stand des Jahres 1990 enken. CDM-Projekte dürfen keine Einladung an die ndustrieländer werden, sich von ihren eigenen Klima- chutzaufgaben freizukaufen. Klimaschutzkooperation über CDM-Projekte ist ein eg, mehr Staaten für den internationalen Klimaschutz u gewinnen. Deshalb wird Clean Development Mecha- ism auch bei den Verhandlungen über das Kioto- olgeabkommen wieder eine wichtige Rolle spielen. Al- erdings darf die klimapolitische Wirksamkeit und Nach- altigkeit des Instruments dabei nicht unter die Räder eraten. Wo CDM draufsteht, muss auch Klimaschutz rin sein. Es ist gut, dass wir diese Forderung heute mit inem gemeinsamen Antrag bekräftigen. 91, 1 0, T 169. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 19. Juni 2008 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9 Anlage 10
Gesamtes Protokol
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1616900000

Die Sitzung ist eröffnet. Guten Morgen, liebe Kolle-

ginnen und Kollegen! Ich begrüße Sie alle herzlich.

Vor Eintritt in die Tagesordnung gratuliere ich dem
Kollegen Hans-Werner Kammer, der am 16. Juni sei-
nen 60. Geburtstag begangen hat, nachträglich im Na-
men des ganzen Hauses. Herzliche Glückwünsche und
alles Gute für die Zukunft!


(Beifall)


Bevor ich den ersten Punkt unserer heutigen Tages-
ordnung aufrufe, müssen wir neue Mitglieder für das
Kuratorium der Stiftung „Erinnerung, Verantwor-
tung, Zukunft“ wählen. Die Fraktionen haben dazu fol-
gende Vorschläge unterbreitet: für die Fraktion der
CDU/CSU den Kollegen Ingo Wellenreuther als ordent-
liches Mitglied und den Kollegen Stephan Mayer als
Stellvertreter, für die SPD-Fraktion Herrn Dietmar
Nietan als ordentliches Mitglied und den Kollegen
Dr. Dieter Wiefelspütz als Stellvertreter, für die Fraktion
der FDP den Kollegen Dr. Max Stadler als ordentliches
Mitglied und den Kollegen Hellmut Königshaus als
Stellvertreter, für die Fraktion Die Linke die Kollegin
Ulla Jelpke als ordentliches Mitglied und die Kollegin
Petra Pau als deren Stellvertreterin und für die Fraktion

Z

Z

Redet
Bündnis 90/Die Grünen den Kollegen Volker Beck als
ordentliches Mitglied und den Kollegen Jerzy Montag
als Stellvertreter. Sind Sie damit einverstanden? – Das
ist offenkundig der Fall. Dann ist das so beschlossen.
Die genannten Kolleginnen und Kollegen sind damit in
das Kuratorium der Stiftung gewählt.

Interfraktionell ist vereinbart worden, die verbundene
Tagesordnung um die in der Zusatzpunktliste aufgeführ-
ten Punkte zu erweitern:

ZP 1 Beratung des Antrags der Abgeordneten Sibylle
Laurischk, Dr. Max Stadler, Gisela Piltz, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Integrationskurse qualitativ verbes
entbürokratisieren

– Drucksache 16/9593 –

(C (D ung en 19. Juni 2008 1 Uhr Überweisungsvorschlag: Innenausschuss Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Haushaltsausschuss P 2 Beratung des Antrags der Abgeordneten Josef Philip Winkler, Volker Beck Lazar, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Das Parlament bei der Ausgestaltung des Einbürgerungstests beteiligen – Drucksache 16/9602 – Überweisungsvorschlag: Innenausschuss Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung P 3 Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren a)

Horst Meierhofer, Michael Kauch, Angelika
Brunkhorst, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der FDP

Barrieren für die Einführung der CCS-
Technologie überwinden – Voraussetzun-

ext
gen für einen praktikablen und zukunfts-
weisenden Rechtsrahmen schaffen

– Drucksache 16/9454 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und
Reaktorsicherheit (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Horst Friedrich (Bayreuth), Patrick Döring,
Hans-Michael Goldmann, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion der FDP

Masterplan Güterverkehr und Logistik
grundlegend überarbeiten

cksache 16/9460 –
eisungsvorschlag:

huss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

sern und
– Dru
Überw
Aussc






(A) )



(B) )


Präsident Dr. Norbert Lammert
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und
Reaktorsicherheit
Ausschuss für Tourismus
Haushaltsausschuss

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Brigitte Pothmer, Markus Kurth, Katrin
Göring-Eckardt, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Rechte von Arbeitssuchenden stärken –
Kompetentes Fallmanagement sicherstel-
len

– Drucksache 16/9599 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Haushaltsausschuss

d) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Ulrike Höfken, Cornelia Behm, Nicole
Maisch, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Rahmenbedingungen für Milchmarkt ver-
bessern – Faire Erzeugerpreise für Milch
unterstützen

– Drucksache 16/9601 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Haushaltsausschuss

ZP 4 Weitere abschließende Beratungen ohne Aus-
sprache (Ergänzung zu TOP 36)


a) Zweite und dritte Beratung des von der Bun-
desregierung eingebrachten Entwurfs eines
Zweiten Gesetzes zur Änderung des Güter-
kraftverkehrsgesetzes und anderer Gesetze

– Drucksache 16/9236 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-
schusses für Verkehr, Bau und Stadtentwick-
lung (15. Ausschuss)


– Drucksache 16/9600 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Horst Friedrich (Bayreuth)


b) Beratung der Beschlussempfehlung und des
Berichts des Ausschusses für Kultur und Me-
dien (22. Ausschuss) zu der Unterrichtung
durch die Bundesregierung

Mitteilung der Kommission an den Rat,
das Europäische Parlament, den Europäi-
schen Wirtschafts- und Sozialausschuss
und den Ausschuss der Regionen über krea-
tive Online-Inhalte im Binnenmarkt
Ratsdok.-Nr. 8793/08

– Drucksachen 16/9538 A.10, 16/9632 –

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(C (D Berichterstattung: Abgeordnete Dr. Günter Krings Jörg Tauss Christoph Waitz Dr. Lukrezia Jochimsen Undine Kurth P 5 Beratung des Antrags der Abgeordneten Irmingard Schewe-Gerigk, Volker Beck Britta Haßelmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Durchsetzung der Entgeltgleichheit von Frauen und Männern – Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit – Drucksache 16/8784 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Innenausschuss Rechtsausschuss Ausschuss für Arbeit und Soziales P 6 Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Maria Flachsbarth, Marie-Luise Dött, Michael Brand, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU und der Abgeordneten Dr. Hermann Scheer, Ulrich Kelber, Dirk Becker, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Hans-Josef Fell, Bärbel Höhn, Winfried Hermann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Gründung einer Internationalen Agentur für Erneuerbare Energien (International Renewable Energy Agency – IRENA)

– Drucksache 16/9597 –

P 7 Beratung des Antrags der Abgeordneten Andreas
Jung (Konstanz), Marie-Luise Dött, Michael
Brand, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der CDU/CSU und der Abgeordneten Frank
Schwabe, Marco Bülow, Dirk Becker, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der SPD und der
Abgeordneten Michael Kauch, Angelika
Brunkhorst, Horst Meierhofer, Dr. Guido
Westerwelle und der Fraktion der FDP sowie der
Abgeordneten Bärbel Höhn, Hans-Josef Fell,
Cornelia Behm, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Internationalen Klimaschutz sichern – Integri-
tät und Wirksamkeit der CDM-Projekte wei-
ter verbessern
– Drucksache 16/9598 –

P 8 Beratung des Antrags der Abgeordneten Eva
Bulling-Schröter, Dr. Gesine Lötzsch, Monika
Knoche, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
DIE LINKE

Unterlaufen von Klimaschutzzielen durch
CDM-Projekte beenden
– Drucksache 16/7752 –

P 9 Beratung des Antrags der Abgeordneten Gudrun
Kopp, Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP






(A) )



(B) )


Präsident Dr. Norbert Lammert
Energiekosten senken – Mehr Netto für die
Verbraucher
– Drucksache 16/9595 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

ZP 10 Beratung des Antrags der Abgeordneten Volker
Beck (Köln), Marieluise Beck (Bremen),
Alexander Bonde, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Menschenrechte von Lesben, Schwulen, Bi-
sexuellen, Transgendern und Intersexuellen
weltweit sicherstellen – Yogyakarta-Prinzipien
unterstützen
– Drucksache 16/9603 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe (f)

Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung

Von der Frist für den Beginn der Beratungen soll da-
bei, soweit erforderlich, abgewichen werden.

Außerdem ist vorgesehen, die Tagesordnungspunk-
te 32 – Flächenerwerbsänderungsgesetz – und 36 b –
Gesetz zur Änderung des Europaabgeordnetengesetzes
und des Abgeordnetengesetzes – abzusetzen.

In der Reihenfolge ergeben sich daraus ebenfalls Än-
derungen: Tagesordnungspunkt 12 wird nach Tagesord-
nungspunkt 17 aufgerufen, Tagesordnungspunkt 18 nach
Tagesordnungspunkt 23, Tagesordnungspunkt 24 nach
der Beratung der Zusatzpunkte 7 und 8, und morgen sol-
len die Tagesordnungspunkte 33 und 34 getauscht wer-
den. – Auch das ist offenkundig nicht streitig. Dann kön-
nen wir so verfahren.

Wir kommen damit zu Tagesordnungspunkt 3:

Abgabe einer Regierungserklärung durch die
Bundeskanzlerin
zum Europäischen Rat in Brüssel am 19./20. Juni
2008

Hierzu liegt je ein Entschließungsantrag der Fraktion
der FDP, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bünd-
nis 90/Die Grünen vor.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache im Anschluss an die Regierungserklä-
rung 90 Minuten vorgesehen. – Auch das können wir of-
fensichtlich so vereinbaren.

Das Wort zur Abgabe einer Regierungserklärung hat
nun die Bundeskanzlerin, Frau Dr. Angela Merkel.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Angela Merkel (CDU):
Rede ID: ID1616900100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine Damen und Herren! Heute tritt der Europäische
Rat zu seiner regelmäßigen Junisitzung zusammen. Es
stehen wichtige Themen auf der Tagesordnung. Am
Freitag werden wir über die Auswirkungen des Anstiegs

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(C (D er Preise für Lebensmittel, Öl und Gas sprechen. Wir lle wissen, dass es hier keine einfachen Antworten gibt nd dass dieses Problem nicht mit Einzelaktionen zu löen ist; so kann man ihm nicht beikommen. Wir werden ersuchen, in Europa gemeinsam und abgestimmt vorzuehen, zum Beispiel dann, wenn es um schnelle und ffektive Hilfe geht. So hat die Europäische Union als eaktion auf die Nahrungsmittelsituation bereits den mfang der Soforthilfe deutlich erhöht, und sie unter tützt alle Maßnahmen der internationalen Organisatioen. Die Bundesregierung hat gestern im Kabinett einen aßnahmenkatalog verabschiedet, der auch dem Parlaent vorgestellt wurde. Wir werden unsere Vorschläge m Juli auch in den Kreis der G-8-Beratungen einbrinen. Die wichtigste und aus meiner Sicht zielführendste ntwort Europas auf den Anstieg der Ölpreise heißt ehr Energieeffizienz und Ausbau erneuerbarer Ener ien. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ass Deutschland hier im Vergleich zu anderen Ländern
uf einem guten Weg ist, kann man heute in den Zeitun-
en nachlesen; ich finde, das darf man einmal sagen. Wir
ind zwar noch am Anfang dieses Weges, aber wir kom-
en voran.

Die Europäische Union hat sich unter deutscher Präsi-
entschaft im letzten Jahr sehr ehrgeizige Ziele gesetzt.
iese Ziele müssen jetzt Schritt für Schritt umgesetzt
erden. Das wird insbesondere während der französi-

chen Präsidentschaft ein Thema sein. Ich glaube, das
ichtigste neben der Frage des Klimaschutzes ist, dass
ir mit unseren Maßnahmen bei den Ursachen hoher Öl-
reise ansetzen: Eine Ursache sind Verknappungen. Ver-
nappungen können nur dadurch bekämpft werden, dass
ir versuchen, uns von dem Verbrauch solcher Ressour-

en zu entkoppeln.

Eingriffe, insbesondere solche finanzpolitischer Na-
ur, wie sie immer wieder diskutiert werden, behindern
etztlich die notwendigen Anpassungen an veränderte

arktbedingungen und sollten aus unserer Sicht vermie-
en werden. Ich will noch einmal daran erinnern, dass
ie Europäische Union im Jahre 2005 eine Abmachung
etroffen hat, die sogenannte Manchester-Erklärung, bei
er darum geworben wurde, dass nicht einzelne Mit-
liedstaaten durch steuerliche Maßnahmen Verzerrungen
nnerhalb des europäischen Binnenmarktes hervorrufen,
ie nur zu Ausweichverhalten führen, aber in der Preis-
ildung nicht zielführend sind. Wir halten diese Abma-
hung nach wie vor für richtig.

Wir fordern natürlich auch ein gemeinsames Vorge-
en von Produzenten- und Verbraucherländern. Wir be-
rüßen deshalb ausdrücklich die Initiative des König-
eichs Saudi-Arabien für einen vertieften Dialog
wischen Produzenten und Verbrauchern, der mit der
inladung zum Ministertreffen nach Dschidda angesto-
en wurde. Es geht hierbei natürlich auch darum, ob die






(A) )



(B) )


Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel
Raffineriekapazitäten ausreichen und wie wir Investitio-
nen in neue Fördermöglichkeiten unterstützen können.

Wir brauchen auch eine möglichst verlässliche Pla-
nung der Nachfrage der Schwellenländer, insbesondere
so großer Länder wie China und Indien. Deshalb wird
das auch bei dem Treffen mit den Schwellenländern auf
dem G-8-Gipfel ein Thema sein. Es ist gut, dass wir im
vergangenen Jahr beim G-8-Gipfel in Heiligendamm ei-
nen kontinuierlichen Dialog zwischen den G-8-Staaten
und den Schwellenländern angestoßen haben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Diese und andere Themen sind für die Beratungen des
heute beginnenden EU-Rates in ihrer Bedeutung nicht zu
unterschätzen, sie bewegen die Menschen. Aber machen
wir uns nichts vor: Diese Themen werden heute wahr-
scheinlich nicht im Mittelpunkt stehen. Die Aufmerk-
samkeit wird sich auf die Situation richten, die wir nach
der Ablehnung des Vertrags von Lissabon in Irland ha-
ben; darüber werden wir heute beim Abendessen bera-
ten. Auf das Ergebnis des Referendums in Irland muss
der Rat reagieren, und zwar ebenso umsichtig wie ent-
schlossen, ebenso unmissverständlich wie geschlossen.
Es hilft nicht, zurückzuschauen und das Abstimmungs-
ergebnis zu bedauern. Wenn wir darin verharren, ist das
Zeitverschwendung. Dann verschwenden wir Zeit, die
wir nicht haben.

Ich füge hinzu: Wenn die Diskussion Sinn und Ver-
stand haben soll, dürfen wir sie nicht frei von sachlichen
Gegebenheiten führen. Dazu gehört für mich Folgendes:
Wir müssen sehen, dass Verträge in der Europäischen
Union einstimmig fortentwickelt werden müssen. Daran
führt kein Weg vorbei, wie anstrengend das auch immer
sein mag. Die Einstimmigkeit ist die Voraussetzung,
weil die Mitgliedstaaten Herr der Verträge sind und des-
halb jeder einzelne Mitgliedstaat sein Einverständnis für
eine Fortentwicklung des Vertrages geben muss. Des-
halb helfen uns in dieser Situation Diskussionen über ein
Europa der zwei Geschwindigkeiten bzw. über ein Kern-
europa nicht weiter. Damit wir uns nicht missverstehen:
Ich halte diese Diskussionen ohnehin für nicht zielfüh-
rend und zum Teil auch für fahrlässig; denn man kann
nicht eine erweiterte Europäische Union haben und zu-
gleich bei der ersten Schwierigkeit immer sofort sagen:
Nun gestalten wir ein Kerneuropa.

Das heißt, die Geschlossenheit Europas, so mühsam
zu erreichen sie auch immer sein mag, ist kein Selbst-
zweck, sondern ein hohes Gut. Das hat mich geleitet,
und das wird mich immer leiten – nicht nur an Jahresta-
gen, an denen wir dieses großartigen Europas als Frie-
denswerk und Antwort auf jahrhundertelange Kriege
und Feindschaften gedenken, sondern eben auch als He-
rausforderung für unsere Generation und für unsere Zeit,
in der wir uns bei der Gestaltung der Globalisierung wie-
der zu bewähren haben und in der Europa die richtige
Antwort auf die Herausforderungen in einer globalen
Welt ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Auch wenn wir das nur formal und rechtlich betrachen würden, führten uns Überlegungen für ein Kernuropa oder ein Europa der zwei Geschwindigkeiten an ieser Stelle keinen Schritt weiter. Natürlich können sich ie Mitgliedstaaten bei einzelnen Politiken entscheiden, itzumachen oder nicht. Das gibt es vielfach, zum Bei piel beim Schengener Abkommen, beim Euro und bei er Europäischen Sicherheitsund Verteidigungspolitik. änemark beteiligt sich bis heute nicht an der Europäi chen Sicherheitsund Verteidigungspolitik. Wenn es ber um institutionelle Weiterentwicklungen geht, also m die Rechte des Parlaments, die Rechte des Rates und ie Ausgestaltung der Arbeit des Rates, dann brauchen ir die Einstimmigkeit. Darüber kann nur die gemein ame Europäische Union entscheiden. Deshalb ist es an ieser Stelle unsere Aufgabe, gemeinsam einen Weg zu inden. Ich rate uns deswegen, nicht Debatten zu führen, ie uns ablenken – das kann man in theoretischen Semiaren tun –, sondern uns darauf zu konzentrieren, was achlich und rechtlich möglich und geboten ist. Ich bin zutiefst davon überzeugt und fest entschlosen: Angesichts dieser Situation gilt es, gemeinsam mit en Iren einen Lösungsweg zu suchen. Für diese geeinsame Lösung werden wir all unsere Kraft einsetzen. ch bin von einem Weiteren überzeugt, nämlich davon, ass wir diese Lösung finden können und finden werden. Wir stehen heute erst am Anfang der Debatte, und ich ann Ihnen hier jetzt natürlich nicht berichten, was heute achmittag debattiert wird, so gerne ich das vielleicht uch tun würde. ch kann und werde Ihnen jetzt aber exakt sagen – das öchte ich auch –, woran ich mich orientiere und was ich bei den Gesprächen leiten wird. Erstens. Europa kann sich keine erneute Reflexionshase leisten. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Dr. Peter Struck [SPD]: Lieber nicht!)


er Europäische Rat muss so schnell wie möglich eine
rundsätzliche Entscheidung treffen. Im Übrigen brau-
hen wir sie auch, um zu wissen, in welcher Form und
ie wir die Wahlen zum Europäischen Parlament im

uni 2009 durchführen werden.

Zweitens. Europa kann sich auch keinen Kuhhandel
eisten; das muss jeder wissen. Natürlich müssen und
erden wir uns die Argumente der Iren anhören. Minis-

erpräsident Cowen wird uns in der heutigen Sitzung des
uropäischen Rates eine erste Analyse der Ursachen
ortragen, die er dafür sieht, dass es zu einer Ablehnung
n Irland kam. Ich werde heute auch die Möglichkeit zu
inem bilateralen Gespräch haben. Wir sollten und wer-
en Irland jetzt die Chance geben, selber wieder in das
piel zurückkehren zu können. Ich glaube, das ist der
este Weg.

Drittens. Wir brauchen den Vertrag von Lissabon.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel
Es bleibt bei meiner Überzeugung, die ich hier zuletzt
auch am 24. April 2008 deutlich gemacht habe: Der Ver-
trag von Nizza reicht nicht aus.

Die Gründe dafür liegen auf der Hand:

Wer nicht will, dass die Europäische Union auf Ge-
bieten tätig wird, die nicht in ihre Zuständigkeit gehören,
der muss sich jetzt für den Vertrag von Lissabon einset-
zen; denn nur dann, wenn der Vertrag von Lissabon
Wirklichkeit wird, erhalten die nationalen Parlamente
neue Rechte, die sie bisher nicht hatten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Sie erhalten diese Rechte, um die Tätigkeit der Union zu
kontrollieren und notfalls sogar dagegen zu klagen. Erst
dann können wir auch das Subsidiaritätsprinzip, das uns
im Rahmen der Arbeit der Europäischen Union so wich-
tig ist, wirklich mit Leben erfüllen.

Wer will, dass das vielfach beklagte Demokratiedefi-
zit in der Europäischen Union abgebaut wird, der muss
für den Vertrag von Lissabon sein. Denn erst mit dem
Vertrag wird das Europäische Parlament zum wirklich
gleichberechtigten Entscheidungspartner.

Wer nicht will, dass auf wichtigen Politikfeldern der
Langsamste immer das Verhandlungstempo aller be-
stimmt, der muss jetzt für den Vertrag von Lissabon sein.
Denn der Vertrag bringt die Ausweitung von Mehrheits-
entscheidungen und nimmt damit die Möglichkeit, dass
der Langsamste alles blockieren kann.

Wer nicht will, dass die Vereinigten Staaten von Ame-
rika oder Russland oder andere Länder auf der Welt
immer 27 europäische Meinungen zu Gehör bekommen,
bevor sie wissen, was Europa will, der muss jetzt für den
Vertrag von Lissabon kämpfen. Denn nur durch den Ho-
hen Beauftragten für die Außenpolitik, durch die Zusam-
menführung der Kommissions- und Ratsaufgaben in die-
sem Zusammenhang und durch den Aufbau eines
Europäischen Auswärtigen Dienstes werden wir effi-
zient unsere europäische Position in der Welt darstellen
können, in all den wichtigen Fragen, die wir alleine nicht
mehr lösen können.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Deshalb würde ein „Weiter so“ bedeuten, dass wir genau
auf diesen wichtigen Punkt verzichten und damit Europa
in der Welt nicht die Rolle spielen kann, die ihm aus un-
serer gemeinsamen Sicht zukommt. Das können wir
nicht wollen, das dürfen wir nicht zulassen. Deshalb
müssen wir hier eine Veränderung schaffen.

Und schließlich: Wer nicht will, dass die europäische
Zukunft des westlichen Balkans infrage gestellt wird,
der muss für den Vertrag von Lissabon eintreten; denn
nur er macht die Europäische Union erweiterungsfähig.
Mit Nizza geht das nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Viertens. Der Ratifizierungsprozess in Europa muss ortgesetzt werden. Alle Mitgliedstaaten unserer Euroäischen Union müssen ihre Haltung festlegen, natürlich ntsprechend den nationalen Ratifizierungsbedingungen. n Deutschland ist dies im Bundestag und inzwischen uch im Bundesrat geschehen. Ich möchte mich heute och einmal für die breite Unterstützung bedanken. Ich in überzeugt: Ein besseres Reformpaket für mehr Deokratie und Handlungsfähigkeit als den Lissaboner ertrag werden wir kaum schnüren können. Der Vertrag von Lissabon geht bereits auf die in den etzten Jahren laut gewordenen Sorgen – berechtigten orgen, sage ich ausdrücklich – der Bürgerinnen und ürger ein. Alle, die jetzt sofort wieder davon reden, die ren hätten einer geheimen Politik im Hinterzimmer eine bsage erteilt, die müssten es eigentlich – auch das sage ch ausdrücklich – besser wissen. Dieser Vertrag von Lissabon ist das Ergebnis eines iebenjährigen Verfahrens, in das nationale Parlamente nd die Bürgergesellschaft einbezogen waren. (Frank Spieth [DIE LINKE]: Auch in Deutschland?)


r ist ein Vertrag, dessen Substanz aus den öffentlichen
eratungen im europäischen Konsens hervorgegangen

st. In Deutschland waren Bundestag und Bundesrat an
llen Schritten beteiligt.


(Hüseyin-Kenan Aydin [DIE LINKE]: Nur das Volk nicht!)


Wenn Sie sich als Abgeordneter nicht vom Volk ge-
ählt fühlen, dann sind Sie selber schuld.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir alle wissen, dass die Europäische Union die Fort-
chritte benötigt, die der Vertrag von Lissabon vorsieht.
eshalb hat dieses Haus dem Vertragswerk mit so großer
ehrheit zugestimmt.


(Beifall des Abg. Jörg Tauss eitere 17 Mitgliedstaaten haben es bereits ratifiziert. ch werde heute und morgen beim Rat dafür werben, ass dieser Ratifizierungsprozess fortgesetzt wird. s haben sich viele Mitgliedstaaten in ähnlicher Weise eäußert. Die gute Nachricht, die wir alle vernommen aben, ist, dass auch in Großbritannien der parlamentariche Beratungsprozess erfolgreich abgeschlossen woren ist, gestern im Oberhaus, vorher schon im Unteraus. Das ist für Europa eine ganz wichtige Nachricht, ber die wir uns sehr freuen. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Wenn dann die Ratifizierungsprozesse im Herbst in
ie Endrunde gehen, dann wird auch der Punkt gekom-
en sein, an dem Irland vortragen wird, wie es weiter

orgehen möchte. Ohne Zweifel wird für diese Aufgabe






(A) )



(B) )


Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel
eine besonders große Verantwortung beim kommenden
französischen Ratsvorsitz liegen.

Ich glaube, es steht völlig außer Zweifel – das möchte
ich noch einmal verdeutlichen –, dass Deutschland, die
Bundesregierung, aber auch wir alle gemeinsam die
französische Ratspräsidentschaft bei diesen Bemühun-
gen unterstützen werden. Das sagt der Bundesaußenmi-
nister. Das sage ich. Das sagt die gesamte Bundesregie-
rung.

Unser Ziel ist und bleibt, die notwendigen Reformen
so rasch wie möglich in Kraft zu setzen. Nur so sind wir
mit effektiveren Institutionen gerüstet, uns um die Lö-
sung der Probleme der Bürgerinnen und Bürger wirklich
kümmern zu können. Sie erwarten – ich habe über die
Probleme am Anfang gesprochen –, dass wir Europäer
gemeinsam die Globalisierung durch soziale Marktwirt-
schaft, durch eine wertegebundene Außenpolitik sowie
durch eine moderne Klima- und Energiepolitik gestalten.
Dafür brauchen wir die neuen Grundlagen des Vertrags
von Lissabon.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Das sind die Gründe, warum wir alle – ich gebrauche
das Wort mit Bedacht – ein leidenschaftliches Interesse
daran haben müssen, dass der Vertrag von Lissabon
rasch in Kraft tritt. Wir alle in diesem Haus – mit Aus-
nahme weniger – wissen, dass wir ein handlungsfähiges
Europa brauchen, um in der Welt in Frieden, Freiheit
und Sicherheit leben zu können. Ich bitte Sie um Ihre
Unterstützung, damit wir mit Irland einen gemeinsamen
Weg finden, und zwar so, wie ich es zu Beginn gesagt
habe: einen Weg, der ebenso umsichtig wie entschlossen
ist, der ebenso unmissverständlich wie geschlossen ist –
im Interesse Irlands, im Interesse der Europäischen
Union und im Interesse Deutschlands. Das ist aus meiner
Sicht jede Mühe wert. Dafür werden wir arbeiten.

Herzlichen Dank.


(Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1616900200

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem

Kollegen Dr. Guido Westerwelle, FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Guido Westerwelle (FDP):
Rede ID: ID1616900300

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Frau Bundeskanzlerin, Sie haben Ihre Regierungs-
erklärung mit dem Hinweis auf die steigenden Preise
und die Belastungen der Bürgerinnen und Bürger in Eu-
ropa und – das betrifft dieses Haus – insbesondere in
Deutschland angefangen. Sie haben gesagt, dass Sie
durch Europa reisen und mit Saudi-Arabien sprechen
möchten, um die Preisentwicklungen in den Griff zu be-
kommen. Sie haben aber über das, was Sie selbst tun
wollen und können, um die steigenden Preise anzuge-
hen, nicht gesprochen.


(Beifall bei der FDP)


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(C (D Bevor Sie über Brüssel reden, müssen Sie Ihre eigeen Hausaufgaben machen. Das gilt insbesondere für en Energiebereich. Sie sprechen davon, dass die steienden, galoppierenden Energiepreise das Ergebnis von erknappung seien. Das ist bestenfalls die halbe Wahreit. In Wahrheit sind sie das Ergebnis einer Preistreibeei durch Steuern und Abgaben des Staates. ie Preistreiber bei der Energie sitzen auf der Regieungsbank. Anstatt das Problem wolkig zu beschreiben, sollten ie selbst handeln. Da die Bundesregierung selbst in dieem Monat deutlich gemacht hat, wie hoch der Steueraneil an den Preisen für Benzin bzw. Diesel ist, möchte ich och einmal darauf aufmerksam machen: Bis zu zwei rittel der Energiepreise werden vom Staat, werden von er Regierung gemacht. Das ist die ganze Wahrheit für ie Bürgerinnen und Bürger. Es reicht nicht aus, wenn ie versprechen, dass Energieeffizienz und erneuerbare nergien zu einer Senkung der Preise führen werden. otwendig ist, jetzt zu handeln. Der französische Staatsräsident hat entsprechende Vorschläge gemacht. Sie ehnen sie ab. Das muss festgehalten werden. Sie dürfen ich nicht hinter Europa verstecken, wenn Sie eine falche Energiepolitik machen. (Beifall bei der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Grober Unfug!)


(Widerspruch bei der SPD)


(Beifall bei der FDP)


Wir haben kein Wort dazu gehört, was aus unserer
icht in der Energiepolitik notwendig wäre, beispiels-
eise ein rationaler Energiemix. Es ist bedauerlich,
ass sich auch die Unionskolleginnen und -kollegen
icht mehr an das erinnern, was sie eigentlich regelmä-
ig wollen und früher einmal – vor langer Zeit, bis vor
weieinhalb Jahren – vertreten haben, nämlich dass wir
inen rationalen Energiemix brauchen.

Frau Bundeskanzlerin, wenn Sie bei steigenden Prei-
en über erneuerbare Energien und über Energieeffizienz
eden, dann ist das richtig. Dass Sie aber verschweigen,
ie notwendig es wäre, den Beschluss zum Ausstieg aus
er Kernenergie rückgängig zu machen, ist falsch.


(Beifall bei der FDP – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Da wir über Europa reden: Wir wissen, dass in ganz
uropa ein anderer Weg beschritten wird. Wir wissen,
ass beispielsweise Großbritannien und Frankreich
oeben angekündigt haben, in der Energiepolitik ganz
ndere Wege zu gehen. In Europa setzt man auf die CO2-
reie Kernenergie, ausdrücklich im Mix mit den erneuer-
aren Energien. Wir in Deutschland steigen aus der
tomenergie aus. Das treibt die Preise nach oben, wi-

kelt die Forschung ab, ist schlecht für die Umwelt,
chlecht für die Wirtschaft und unsozial gerade für die,
ie hohe Preise zu tragen haben.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Dr. Guido Westerwelle
Es reicht also nicht aus, dass man sagt, man wolle in
Brüssel dieses oder jenes Thema ansprechen. Notwendig
ist, dass Sie dies hier zu Hause tun. Die Tatsache, dass
Sie das in Ihrer Regierungserklärung nicht sagen – an-
ders als auf den diversen Messen, die Sie eröffnen –,
hängt damit zusammen, dass Sie in dieser Koalition
keine Einigkeit in Bezug auf die Entwicklung der Ener-
giepreise haben. Das ist der entscheidende politische
Punkt. Bei Regierungserklärungen kommt es nämlich
nicht nur darauf an, was gesagt wird, sondern es kommt
ganz entscheidend darauf an, was nicht gesagt wird. All
das, was Sie nicht gesagt haben, lässt eine ausführliche
Zustandsbeschreibung über die Uneinigkeit dieser Ko-
alition, dieser Regierungsparteien zu.


(Beifall bei der FDP)


Sie haben sich in Ihrem zweiten Teil mit den politi-
schen Folgen nach dem gescheiterten Referendum in
Irland auseinandergesetzt. Auch dazu ist es notwendig,
festzuhalten, dass Sie uns in diesem Hause vom Lissa-
bon-Vertrag nicht zu überzeugen brauchen. Überzeugen
müssen Sie und wir alle die Bürgerinnen und Bürger. Ich
glaube, man macht es sich zu leicht, wenn man einfach
sagt, es sei das kleine Irland gewesen und im Rest von
Europa wäre eine Abstimmung garantiert anders ausge-
gangen. Man macht es sich auch zu leicht, wenn man
sagt, für die Abstimmung seien die Abgeordneten da, die
das Volk repräsentierten. Natürlich ist es richtig, dass wir
in diesem Hohen Hause mit großer Mehrheit den Lissa-
bon-Vertrag ratifiziert haben. Aber natürlich ist es des-
wegen nicht weniger notwendig, auch die Mehrheiten
unserer Völker hinter diese europäische Integration zu
bekommen. Das ist der entscheidende Auftrag, den wir
in der Europapolitik haben.


(Beifall bei der FDP und der LINKEN)


Wenn man meint, das sei ein insulares Problem, dann
hat man die Lage in Europa nicht verstanden. Das ist
nicht nur Irland,


(Beifall der Abg. Monika Knoche [DIE LINKE])


und das sind nicht nur einige wenige, zu denen auch ich
in Gegnerschaft stehe. Es ist in Wahrheit eine Aufgabe
für uns alle. Wir haben den Lissabon-Vertrag in diesem
Hohen Hause mit einer Mehrheit von 90 Prozent ratifi-
ziert, weil er gut für unsere Völker und gut für Europa
ist. Trotzdem müssen wir unseren Bürgerinnen und Bür-
gern jeden Tag, immer wieder aufs Neue, den Nutzen der
europäischen Integration für unsere Völker erklären. Der
Dialog ist zu wenig, er ist zu kümmerlich, er findet zu
sehr in den Eliten statt und zu wenig in der Breite. Eine
selbstkritische Analyse muss uns gebieten, das festzu-
stellen.


(Beifall bei der FDP und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Paul Lehrieder [CDU/CSU])


Das heißt doch nicht, dass diejenigen, die das anspre-
chen, weniger von der europäischen Idee begeistert wä-
ren. Es geht ganz einfach darum, dass man sich die Frage
stellen muss: Maßt sich Europa die Einmischung in

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(C (D inge an, aus denen es sich besser heraushalten sollte? ir wollen doch einmal etwas festhalten, was die Subsi iarität angeht. Jeden Tag gibt es Bemerkungen, bei deen man sich fragt, ob man so etwas auf nationaler bene diskutieren würde. Ich bin nicht davon überzeugt, ass die deutsche Bundeskanzlerin mit dem Programm or den Bundestag treten würde, die Glühbirnen abzuchaffen. Und weil das hier nicht gemacht wird, wird ber Bande gespielt – so ist es doch in Wahrheit: Vieles on dem, was sich hier in Deutschland bzw. in den natioalen Parlamenten manch einer nicht traut, landet über ie Ecke in Brüssel, damit dann anschließend hier über rüssel geschimpft werden kann. Auch das ist eine koische Arbeitsteilung, über die gesprochen werden uss. (Beifall bei der FDP und der LINKEN sowie des Abg. Dr. Peter Gauweiler [CDU/CSU])


Frau Bundeskanzlerin, Sie haben sehr vehement ein
uropa der zwei Geschwindigkeiten abgelehnt. Sie
aben aber nicht gesagt, was Sie wollen. Sie haben nur
esagt, dass Sie jetzt die Vorschläge aus Irland erwarten.
enauso können wir sagen: Wir erwarten Ihre Vor-

chläge. – Wir unterstützen es ausdrücklich, dass Sie sa-
en: Wir halten am Lissabon-Vertrag fest. – Denn er ver-
essert das, was ist. Europa wird durch diesen Vertrag
emokratischer, transparenter, effizienter und hand-
ungsfähiger. Das wissen wir. Aber einfach nur zu sagen
Wir halten am Lissabon-Vertrag fest“, obwohl man
och zur Kenntnis nehmen muss, dass dieses Volksvo-
um in Irland gegen den Integrationsprozess nicht das
rste war, ist aus unserer Sicht zu wenig.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Um die Völker wieder für die europäische Idee zu be-
eistern, hätten Sie hier sagen müssen: Das ist unser
aßnahmenpaket. – Nicht alleine das, was in Konferen-

en der Regierungen stattfindet, entscheidet das Schick-
al Europas. Entschieden wird das Schicksal Europas an
er Frage, ob sich die Völker hinter diese Idee stellen.
as zu erreichen, ist die Hauptaufgabe der Regierenden

n ganz Europa, meine sehr geehrten Damen und Herren.


(Beifall bei der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Westerwelle nach Irland!)


Herr Kollege Tauss, „Westerwelle nach Irland“ war ei-
er Ihrer intelligentesten Zurufe. Das ist ein herausra-
ender Zuruf.


(Jörg Tauss [SPD]: Begeistern Sie die Völker dort!)


o Sie mittlerweile stehen, ist leicht erklärbar – so igno-
ant, wie Sie mittlerweile über diese Fragen reden, Herr
ollege. Ich wundere mich wirklich nicht.


(Beifall bei der FDP und der LINKEN)


Es ist eine ganz einfache Sache: Es ist und bleibt ein
ückschlag. Wenn wir ehrlich sein wollen, dann sollten
ir auch ein gewisses Maß unserer Ratlosigkeit zuge-
en. Vor allen Dingen sollten wir aber am europäischen
ntegrationsprozess festhalten.






(A) )



(B) )


Dr. Guido Westerwelle
Frau Bundeskanzlerin, Sie sagen: Es gibt kein Europa
der zwei Geschwindigkeiten. – Ich hoffe, dass Sie recht
haben. Aber ich glaube, wenn sich andere Teile Europas
nicht mehr am europäischen Integrationsprozess beteili-
gen wollen, dann müssen wir irgendwann auch darüber
reden, ob dies das übrige Europa wirklich daran hindern
darf, den Integrationsprozess, der für unser Schicksal so
notwendig ist, fortzusetzen.

Sie sprechen davon, dass nicht der Langsamste das
Tempo bestimmen darf. Das ist richtig. Aber das muss
dann auch gelten, wenn es darum geht, Europa demokra-
tischer werden zu lassen. Ich glaube, wir müssen in der
Europapolitik neu denken. Wir müssen fest bei unseren
Zielen bleiben, aber wir müssen auch erkennen: Die
Lage ist nach diesen Referenden eine andere.


(Beifall der Abg. Monika Knoche [DIE LINKE])


Unsere Aufgabe ist es, an der europäischen Integra-
tionsidee festzuhalten und nicht nur Parlamente, sondern
vor allen Dingen auch die Bürgerinnen und Bürger für
diese großartige Idee zu gewinnen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1616900400

Die nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Schwall-

Düren von der SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Angelica Schwall-Düren (SPD):
Rede ID: ID1616900500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen!

Vor wenigen Wochen standen wir voller Hoffnung hier
im Bundestag und haben gemeinsam mit großer Mehr-
heit die Ratifizierung des Lissabonner Vertrages be-
schlossen. Mit diesem Lissabonner Vertrag haben wir
eine kritische Phase abgeschlossen, in der die deutsche
EU-Ratspräsidentschaft Hervorragendes geleistet hat,
um den Weg einer gleichzeitigen Vertiefung und Er-
weiterung der Europäischen Union weiterzugehen.

Beides gehört zusammen; denn die Erweiterung ist
eine der großen Herausforderungen, vor denen die Euro-
päische Union steht. Diese Erweiterung war und ist nach
Jahrzehnten der Kriege, der Auseinandersetzungen, ein-
schließlich des Kalten Krieges, die historische Chance
unseres Kontinentes, zu einer Wiedervereinigung zu
kommen, aber eben auch die Voraussetzungen dafür zu
schaffen, ein handlungsfähiges, ein demokratisches, ein
bürgernahes Europa zu haben, um den Herausforderun-
gen der Globalisierung gerecht zu werden. Frau Bundes-
kanzlerin hat auf einige Themen hingewiesen, die heute
auch im Rat eine Rolle spielen werden.

Herr Westerwelle, Sie haben die Bundesregierung
hier wegen ihrer Energiepolitik gegeißelt, ich kann Sie
daher nur fragen: Haben Sie vergessen, welche großen
Erfolge die deutsche Ratspräsidentschaft – gerade auf
der europäischen Bühne – erreicht hat, um beim Thema
Klimaschutz voranzukommen, welche wegweisenden
Ziele wir dort miteinander verabredet haben?

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(C (D (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


aben Sie übersehen, dass wir gestern das zweite Kli-
aschutzpaket auf der nationalen Ebene verabschiedet

aben und dass wir damit keine kurzfristigen, keine po-
ulistischen Maßnahmen in Gang setzen, die Augenwi-
cherei wären? Vielmehr tragen wir dazu bei, dass die
nergie den Bürgern auf Dauer in einem vernünftigen
ix und zu angemessenen Preisen zur Verfügung steht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Leider – da muss ich Herrn Westerwelle ein Stück
eit recht geben –


(Markus Löning [FDP]: Das fällt Ihnen aber schwer, was?)


st das Referendum in Irland aber ein Beleg dafür, dass
s uns nicht durchgängig gelungen ist, die Europäische
nion als eine Möglichkeit für die soziale Gestaltung
er Globalisierung deutlich zu machen. Sosehr wir die
ntscheidung in Irland zu respektieren haben, so muss

ch dennoch sagen, dass die Bestürzung, die Enttäu-
chung darüber, dass wir jetzt eine so komplizierte Lage
aben, auf die wir eben keine schnelle Antwort finden,
elbstverständlich groß ist.

Wenn die Vertragsgegner sagen, die Europäische Union
abe eine schallende Ohrfeige erhalten, dann ist das
chlicht und einfach falsch – genauso war die Kritik am
ertrag im Vorhinein eine Irreführung der Menschen –;
enn das Nein zum Lissabonner Vertrag ist ein Ja zu den
estehenden Zuständen, die man angeblich kritisiert.
ur das Ja zum Vertrag gibt uns die Möglichkeit, Europa
eiterzuentwickeln.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Deswegen ist es in der Tat so, dass wir die Ratifika-
ion jetzt unbedingt fortsetzen müssen, damit alle Län-
er, deren Entscheidung noch aussteht, deutlich machen,
ass sie ein starkes Europa wollen. Irland muss Vor-
chläge entwickeln, und zwar selbstverständlich solche
orschläge, bei deren Umsetzung die anderen Mitglied-
taaten mithelfen können. Hier hat die französische
atspräsidentschaft eine große Verantwortung. Wir
rauchen aber auch eine Analyse Irlands. Dazu möchte
ch ganz leise sagen: Eigentlich hätte ich schon erwartet,
ass man aus den vorherigen Erfahrungen Schlussfolge-
ungen gezogen hätte. Vielleicht hätte man mehr tun
önnen, dieses negative Ergebnis zu vermeiden.

Jetzt bleibt allerdings nicht viel Zeit. Wir können uns
ine lähmende Pause vom Denken in der Europäischen
nion nicht mehr erlauben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


ir müssen zwar mit kühlem Kopf überlegen, aber den-
och bedenken: Die Wahlen zum Europäischen
arlament 2009 stehen an. Lassen sie mich auf die ver-
chiedenen Alternativen eingehen, die im Raum stehen.
lle Alternativen, die bisher diskutiert werden und be-
annt sind, bringen Probleme mit sich und bergen Risi-
en.


(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Das sagen Sie mal Herrn Steinmeier!)







(A) )



(B) )


Dr. Angelica Schwall-Düren
Da gibt es das Votum, man solle doch auf der Ge-
schäftsgrundlage des Nizza-Vertrages einfach so weiter-
machen. Von einigen hören wir, der Lissabon-Vertrag sei
ohnehin tot. Aber dann würde die Handlungsfähigkeit
der Europäischen Union immer schwächer werden, und
– die Frau Bundeskanzlerin hat darauf ebenfalls hinge-
wiesen – Erweiterungen in größerem Umfang wären
dann nur schwer vorstellbar – Erweiterungen, die wir
aus Stabilitätsgründen und aus friedenspolitischen Grün-
den unbedingt brauchen.

Auch die zweite Alternative, in Irland ein neues Refe-
rendum durchzuführen, möglicherweise mit einer Erklä-
rung oder Opt-outs versehen, birgt Risiken, weil dieses
Beispiel schlechte Schule machen könnte oder sich die
Wähler in Irland düpiert fühlen und erneut Nein sagen
könnten.

Die Alternative, einen neuen Vertrag auszuhandeln,
halte ich für illusionär. Dieses Ziel wäre schwer zu errei-
chen, und das würde unter den gegebenen Umständen
dazu führen, dass die Substanz unglaublich ausgedünnt
würde.

Lassen Sie mich zum Schluss sagen: Auch ich per-
sönlich hege große Skepsis in der Frage, ob wir mit den
vertiefungswilligen Staaten zu einer sogenannten Neu-
gründung der Europäischen Union kommen sollen,
um das Problem mit einem Europa der unterschiedlichen
Geschwindigkeiten oder einem Kerneuropa zu lösen.
Neue Probleme stünden am Horizont, ebenso zuneh-
mende Komplexität und Intransparenz. Außerdem stellt
sich die Frage, wie wir dann noch die demokratische Le-
gitimation von solch unterschiedlichen Gemeinschaften
über ein europäisches Parlament sicherstellen könnten.

Der leisen Hoffnung, ein solcher Weg würde so at-
traktiv sein, dass sich die Mehrzahl der Staaten ihm an-
schließt, steht die Sorge gegenüber, dass die Zentrifugal-
kräfte stärker werden.

Deswegen müssen wir, glaube ich, grundsätzlicher an
die Frage herangehen. Wir müssen uns fragen, welches
Europa wir wirklich wollen. Haben wir ein gemeinsames
Verständnis zwischen Iren und Deutschen, zwischen
Kroaten und Franzosen, zwischen Mazedoniern und
Schweden? Diese Debatte über die Finalität muss selbst-
verständlich von den Staats- und Regierungschefs ge-
führt werden. Sie muss aber auch zwischen den Abge-
ordneten der nationalen Parlamente geführt werden. Es
ist zudem nicht nur eine Frage der Eliten, sondern es ist
eine Frage, die die Menschen bewegt und die wir mit
den Menschen, mit den Bürgern und Bürgerinnen, disku-
tieren müssen.

Gibt es nicht doch eine Verbindung zwischen dem
Nein, das die Franzosen und die Niederländer in ihren
Referenden gegenüber dem Verfassungsvertrag ausge-
sprochen haben, und der Eurodistanz und dem Euro-
skeptizismus, die wir in vielen anderen Ländern eben-
falls erleben? Dies ist aber keine grundsätzliche
Ablehnung der Europäischen Union. Die Menschen ha-
ben hohe Erwartungen an das, was wir gemeinsam ge-
stalten wollen. Fragen des Klimaschutzes, Fragen des
zunehmenden Wohlstandsgefälles zwischen unseren

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(C (D taaten, Fragen der Sicherheit vor Gewalt, Fragen nach ozialer Sicherheit beschäftigen die Menschen, die ierzu Erwartungen an die Europäische Union haben. Es st klar: Soziale Unsicherheit hat eine unmittelbare Verindung zur Gewalt. Nur diejenigen, die reich sind, könen sich privat Schutz vor Gewalt sichern. Die Europäiche Union und die Mitgliedstaaten in ihr müssen emeinsam gegen die Probleme kämpfen, die unsere ürger und Bürgerinnen ängstigen. Dabei dürfen wir selbstverständlich nicht in Populisus oder billigen Protektionismus und Renationalisie ung verfallen. Aber es ist klar – das sage ich durchaus uch in Richtung der Wirtschaftsliberalen –: Ein interierter Markt braucht auch eine gemeinsame Politik; ur so kann das gewünschte Ergebnis – ein sozialer Zuammenhalt in unserem Europa – erreicht werden. enn dagegen eine größere Kluft entsteht, dann sagen ie Menschen Nein zu Europa; denn dann sehen sie icht, was sie von diesem Europa haben. Ich glaube zutiefst, dass wir unsere Informationsnd Kommunikationspolitik verbessern müssen, dass ir aufwachen müssen, dass wir Verantwortung übernehen müssen und dass wir – ich erinnere mich an einen orfall gestern im EU-Ausschuss – von uns aus nicht chlecht über Europa und seine Institutionen reden düren. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir alle müssen eidenschaft in dieser Debatte entwickeln, (Zurufe von der FDP: Auch in Ihrer Rede! – Beifall bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


(Zuruf von der SPD: Sehr wahr!)


nd wir müssen gemäß dem Ausspruch von Habermas
uropa auf unseren Marktplätzen zum Thema machen.
ur mit den Bürgerinnen und Bürgern schaffen wir ein
achhaltiges Europa, ein handlungsfähiges Europa, ein
oziales Europa. Nur im Dialog mit den Bürgerinnen
nd Bürgern schaffen wir eine europäische Identität auf
er Grundlage der europäischen Wertegemeinschaft.

Gestern Abend war ich bei der Präsentation der Sti-
endiaten unseres IPS-Programms.


(Jörg Tauss [SPD]: Sehr gut!)


s war wunderbar, dort diese Vielfalt und diese Zusam-
enarbeit von jungen Leuten aus unterschiedlichen eu-

opäischen Ländern – egal, ob sie zur EU gehören oder
icht – zu erleben. Aus dieser Zusammenarbeit erwächst
tärke. Das ist meine Hoffnung. Diese jungen Leute dür-
en wir nicht alleinlassen. Wir dürfen uns nicht zurück-
ehnen und ausruhen.

Lassen Sie uns über die Zukunft der Europäischen
nion gemeinsam mit den Bürgern streiten, aber lassen
ie uns Europa auch gemeinsam voranbringen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1616900600

Dr. Gregor Gysi ist der nächste Redner für die Frak-

tion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])



Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616900700

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr

Westerwelle, Sie haben zu Beginn Ihrer Rede über die
Energiepreise gesprochen und gesagt, die Kanzlerin
hätte, als sie auf die Verknappung der Ressourcen hinge-
wiesen hat, höchstens die halbe Wahrheit gesagt; zur
ganzen Wahrheit gehöre auch ein Verweis auf die Abga-
ben- und Steuerquote. Ich muss sagen: Auch damit ist
noch nicht die ganze Wahrheit erfasst. Einen Umstand
haben Sie nämlich vergessen: Die ganze Energieversor-
gung haben sich vier Konzerne in Deutschland feudal
aufgeteilt, und sie nutzen diese Stellung zur Abzocke.
Das ist die ganze Wahrheit.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Deswegen haben wir immer wieder vorgeschlagen, die
Energieversorgung zu rekommunalisieren, damit die Po-
litik wieder zuständig wird.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Eigentlich geht es ja um Europa. Eigentlich geht es
um Irland. Ich fand es gut, dass die Bundeskanzlerin hier
nicht arrogant aufgetreten ist. Allerdings hat sie auch
nicht einmal die Andeutung einer Lösung gemacht und,
wenn man es sich genau überlegt, sogar das Gegenteil
davon. Sie hat nämlich klipp und klar gesagt: Wir müs-
sen eine Lösung mit Irland finden, aber der Vertrag von
Lissabon muss bleiben. Aber nun hat die Mehrheit des
Volkes in Irland Nein zu dem Vertrag gesagt.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Ergo müssten doch andere Vorschläge kommen.

Es gibt Reaktionen der Arroganz auch aus anderen
Ländern Europas. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn
man sagt, man könne sich nicht nach dieser komischen
Insel richten etc. Ich finde diese Haltungen völlig unpas-
send und erinnere daran, dass damals, als der Verfas-
sungsvertrag keine Mehrheiten in den Niederlanden und
in Frankreich fand, zumindest nicht so arrogant reagiert
wurde wie jetzt gegenüber Irland.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Aus Art. 6 Abs. 2 des Vertrages von Lissabon geht
klipp und klar hervor, dass alle 27 Mitgliedsländer den
Vertrag ratifizieren müssen. Irland hat nun Nein gesagt.
Wir brauchen jetzt also einen Neuanfang und nicht tech-
nische Überlegungen, wie man tricksen kann, um das
Ganze doch irgendwie durchzusetzen.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


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(C (D Nun ist wahr: Irland hat der Beitritt zur Europäischen nion sehr gutgetan: Aus einer armen Region wurde eies der reichsten Länder in Europa. Heute liegt dort das ro-Kopf-Einkommen höher als in Deutschland. Das iegt allerdings weniger an Irland und vielmehr an unseen Bundesregierungen, die eine falsche Politik gemacht aben; aber es ist trotzdem ein bemerkenswertes Fakum. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Auch für Deutschland ist die EU wichtig. Ich sage im-
er, die Europäische Union garantiert, dass zwischen

en Mitgliedsländern keine Kriege mehr stattfinden.
konomisch kann man sich so viel besser auf die globa-

isierte Weltwirtschaft einstellen. Das alles ist wahr.
ber warum gibt es denn dann ein Nein zum Verfas-

ungsvertrag aus der Mehrheit der Bevölkerungen in
rankreich, in den Niederlanden und jetzt in Irland? Sind
ie irrational? Wollen sie einfach Europa nicht? Sind sie
ar europafeindlich? Ich glaube, das ist eine Arroganz,
ie uns nicht zusteht. Dieses Europa wird falsch organi-
iert. Es schürt Ängste, und deshalb brauchen wir eine
ndere Herangehensweise.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Was hat man denn nach dem Scheitern des Verfas-
ungsentwurfs gemacht? Man hat den Vertrag ein biss-
hen geändert, um Volksentscheide zu verhindern. Das
ar das einzige Ziel,


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


amit die Bevölkerungen in Frankreich und den Nieder-
anden nicht mehr darüber entscheiden dürfen, andere
evölkerungen ohnehin nicht. In Deutschland hat man
afür ja nie den Weg geöffnet, obwohl es höchste Zeit
äre.


(Norbert Schindler [CDU/CSU]: Wie in der DDR!)


Selbst in der DDR gab es mal einen Volksentscheid;
ber das macht sie auch nicht viel besser.


(Lachen bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Sie müssen bis zum Ende zuhören! Ich sagte gerade,
as macht sie auch nicht viel besser. Die Mehrheit hat Ja
esagt zur Verfassung, trotz aller Fälschung; das ist viel
chlimmer. Aber das können wir dahingestellt sein las-
en.


(Zuruf von der CDU/CSU)


Wenn Sie es besser können, machen Sie doch eigene
olksentscheide! Warum trauen Sie denn Ihrer Bevölke-

ung nicht? Das ist doch die entscheidende Frage.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Der Vertrag von Lissabon erweitert tatsächlich die
arlamentsrechte; das stimmt. Aber er erweitert nicht






(A) )



(B) )


Dr. Gregor Gysi
nur die Parlamentsrechte, sondern er geht auch andere
Wege. Er schafft zum Beispiel eine Agentur zur Aufrüs-
tung.


(Markus Löning [FDP]: Das ist doch Unsinn!)


Er schafft europäische Streitkräfte, die interventionsfä-
hig sein sollen, und zwar ohne wenigstens nationale
Streitkräfte abzubauen, sondern einfach obendrauf. Au-
ßerdem regelt er keine neuen sozialen Grundrechte und
geht sogar noch weiter, indem er die Kapitalfreiheiten
über die sozialen Grundrechte stellt, zum Beispiel die
Niederlassungsfreiheit, die Dienstleistungsfreiheit und
die Kapitalverkehrsfreiheit. Die europäischen Sozial-
staaten sollen zerstört werden. Das ist auch die Erfah-
rung der Menschen.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos] – Markus Löning [FDP]: Das ist doch Unfug!)


Ich nenne Ihnen jetzt drei Entscheidungen des Euro-
päischen Gerichtshofs, um die Sie nicht herumkom-
men. Der Europäische Gerichtshof hat sich dabei auf
europäisches Recht gestützt. Er hat das Streikrecht ein-
geschränkt. Er hat erstens ganz klar gesagt: Die schwedi-
schen Gewerkschaften dürfen nicht zum Streik aufrufen,
wenn ausländische Arbeitnehmer niedrigere Löhne als
die in Schweden geltenden bekommen. Zweitens hat der
Europäische Gerichtshof gesagt, die Finnen dürfen nicht
streiken, wenn ein Schiff ausgeflaggt wird, damit niedri-
gere Löhne bezahlt werden können. Drittens hat der Eu-
ropäische Gerichtshof, gestützt auf europäisches Recht,
erklärt, das Vergabegesetz in Niedersachsen werde auf-
gehoben – ein CDU-Vergabegesetz, damit wir uns hier
richtig verstehen. Und warum? Weil dort geregelt war,
dass öffentliche Aufträge nur Unternehmen erteilt wer-
den dürfen, die die ortsüblichen Tariflöhne bezahlen.
Der Gerichtshof hat entschieden, dass auch Angebote zu
Billigstlöhnen unterbreitet werden können, um einen öf-
fentlichen Auftrag zu bekommen. Damit wurde klar zum
Ausdruck gebracht: Profite sind wichtiger als ein würdi-
ger Lohn. Das kann man sich nicht bieten lassen.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Die Konsequenz, Frau Bundeskanzlerin, hätte doch
darin bestehen müssen, dass Sie Ihre Auffassung ändern
und sagen: Wenn der Europäische Gerichtshof so ent-
scheidet, führen wir den flächendeckenden gesetzlichen
Mindestlohn ein, damit klar ist, dass in Deutschland die
Arbeit, die man leistet, gewürdigt wird.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Aber diesen Weg sind Sie nicht gegangen. Deshalb
mache ich mir Sorgen, denn ich kenne die Ängste. Ich
war in Sachsen und in anderen Ländern. Ich plädiere im-
mer für die europäische Integration,


(Norbert Schindler [CDU/CSU]: Ach Gott, ach Gott!)


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(C (D eil ich weiß, wie wichtig sie ist. Die NPD quatscht imer dagegen, verstehen Sie? Wenn Sie Ihre Politik nicht ndern, dann organisieren Sie deren Erfolge, und die will ch nicht! Das ist das Problem. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos] – Dr. Diether Dehm [DIE LINKE], zur CDU/CSU gewandt: Das ist es nämlich! Ihr macht die NPD stark in Sachsen, wo ihr regiert!)


Sie haben ein Europa der Regierungen und nicht
er Bevölkerungen und der Völker organisiert. Das ist
er Fehler. Ich sage noch einmal: Einen Weg zu gehen,
ei dem Volksentscheide verhindert werden, ist falsch.
ir müssen die Mehrheit der Völker in Europa für die-

en europäischen Integrationsprozess gewinnen. Dazu
rauchen wir einen anderen Vertrag als den von Lissa-
on.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


iniges kann man übernehmen, aber anderes müssen wir
nders regeln.

Wenn Sie mir das Ganze nicht glauben, dann erlauben
ie mir, dass ich Jürgen Habermas zitiere, der am
7. Juni dieses Jahres in der Süddeutschen Zeitung ge-
chrieben hat:

Die aufgescheuchten Regierungen wollen nicht rat-
los erscheinen, sie suchen nach einer technischen
Lösung. Diese läuft auf eine Wiederholung des iri-
schen Referendums hinaus.

Auch Sie, Frau Bundeskanzlerin, waren nicht anders
u verstehen. –

Das ist der pure Zynismus der Macher gegenüber
dem verbal bezeugten Respekt vor dem Wähler –
und Wasser auf die Mühlen derer, die munter da-
rüber diskutieren, ob nicht die halbautoritären For-
men der andernorts praktizierten Fassadendemokra-
tien besser funktionieren.

An anderer Stelle schreibt er:

Der Ministerrat sollte über seinen Schatten springen
und mit der nächsten Europawahl ein Referendum
verbinden.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Das wäre richtig. Was wir brauchen, ist ein Neuan-
ang und nicht Tricks, um das Alte fortzusetzen. Was wir
rauchen, ist ein Europa der Völker. Sie aber wollen nur
in Europa der Regierungen, und das reicht nicht aus.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1616900800

Das Wort erhält nun der Kollege Michael Stübgen,

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Michael Stübgen (CDU):
Rede ID: ID1616900900

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Fakten,
über die wir heute diskutieren, sind schnell aufgezählt:
In der vergangenen Woche haben 46 Prozent der irischen
Bevölkerung beim Referendum zum Lissabon-Vertrag
mit Ja und 53,4 Prozent mit Nein gestimmt. Die Wahlbe-
teiligung lag bei 53 Prozent, was für ein Referendum re-
lativ hoch ist. Die Konsequenzen dieses Ergebnisses
sind genauso einfach erklärt: Bleibt es beim irischen
Nein, kann der Vertrag von Lissabon nicht in Kraft tre-
ten.

Die Bundeskanzlerin hat zu Recht darauf hingewie-
sen, dass es zu einem der unverrückbaren Grundsätze
der Europäischen Union gehört, dass gemeinsame Ver-
träge von jedem einzelnen Mitgliedsland nach den dort
geltenden verfassungsrechtlichen Bestimmungen ratifi-
ziert werden müssen. Aber kaum jemand kann und will
mit diesem Ergebnis leben, nicht einmal Irland selbst.
Das muss man deutlich sagen.

Von der Linken haben wir gerade gehört, es sei Arro-
ganz gegenüber Irland, wenn wir darüber nachdenken,
wie man eine Lösung finden kann und wie aus dem iri-
schen Nein vielleicht ein Ja werden kann. Das ist nicht
Arroganz; denn die irische Regierung selber hat nicht
ausgeschlossen, dass es einen solchen Weg geben könnte.


(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Die hatte auch schon Ja zu Lissabon gesagt!)


Ist es Arroganz, wenn man auf diejenigen hört, bei denen
der Schlüssel zu einer möglichen Lösung liegt?

Interessant ist auch die Reaktion der einzigen Partei in
Irland, die massiv für ein Nein beim Referendum gewor-
ben hat, die Partei Sinn Féin. Sie erging sich in den letz-
ten Tagen nicht in reinem Jubel und blanker Häme, son-
dern sie machte eher den Eindruck, als sei es ihr etwas
mulmig zumute; denn ein solches Ergebnis wollte diese
Partei auch nicht. Sie macht jetzt Vorschläge – das ist
doch überraschend –, wie der Vertrag aussehen müsste,
damit ein neues Referendum in Irland zu einem Ja führt.

Was diese Partei fordert und wie in Irland vor dem
Referendum von den Gegnern des Lissabon-Vertrages
diskutiert wurde, zeigt das Problem. Sinn Féin sagt, dass
es mindestens einen irischen Kommissar mit Ewigkeits-
garantie geben muss. Es soll für Irland weitestreichende
Vetomöglichkeiten bei allen möglichen politischen Pro-
zessen geben. Hinzu kommt noch eine ganze Reihe von
anderen nationalen Interessen, die man aus irischer Sicht
durchaus verstehen kann. Das Problem ist aber das Fol-
gende: Eine EU mit 27 und mehr Mitgliedern kann nicht
funktionieren, wenn ein Land von den anderen verlangt,
das und das zu tun, aber nicht darüber reden will, was
die anderen wollen. Das ist das Problem, was sich gerade
an der Reaktion von Sinn Féin abzeichnet.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Ich will ein paar Sätze zu den möglichen Konsequen-
zen sagen, die aus dem irischen Nein entstehen können.
Die erste Konsequenz liegt klar auf der Hand: Wenn wir

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(C (D en Lissabonner Vertrag nicht umsetzen können, dann erden wir weiter mit dem Vertrag von Nizza arbeiten üssen. Ich sage: Das wird nicht dazu führen, dass die uropäische Union untergeht und auseinanderfällt oder as sonst noch für Katastrophenszenarien in die Diskus ion gebracht werden. Aber wir alle wissen, dass die verragliche Grundlage von Nizza der Europäischen Union eine ausreichende institutionelle Grundlage für 27 und ehr Mitgliedsländer gibt. Wir alle wissen, dass die ver ragliche Grundlage von Nizza der Europäischen Union icht die ausreichende demokratische Legitimation und ontrolle der EU-Gesetzgebung gewährleistet. Wir alle issen auch, dass der Vertrag von Nizza den Mitglied taaten der Europäischen Union nicht genügend Flexibiität bietet. Ich könnte noch eine ganze Reihe von Defizien dieses Vertrages, auf dessen Grundlage wir jetzt rbeiten, aufzählen. Das Wichtigste und Entscheidende ist: Wenn wir weier auf der Basis des Vertrages von Nizza arbeiten müsen, wird sich das verstärken, was wir in der Europäichen Union zu Recht beklagen – dies ist bisher von llen Rednern angesprochen worden –, nämlich die Disanz zwischen dem, was in europäisches Recht gesetzt ird, und dem Verständnis der Bürger davon, wie sol hes Recht eigentlich entsteht, und den Bedenken, ob as auch ausreichend kontrolliert wird, die in weiten Teien der Bevölkerung zu Recht vorhanden sind. Das wird ich eher verstärken, wenn wir beim Vertrag von Nizza leiben, dessen Defizite wir mit dem Vertrag von Lissaon beheben wollten. Das heißt, wir haben ein Dilemma. iele derjenigen, die in Irland, aber auch in anderen Länern – auch in Deutschland – Nein zum Vertrag von Lisabon sagen, sagen Nein zu einer Situation, die wir geade mit dem Vertrag von Lissabon verbessern wollen. eshalb gibt es zum Lissabon-Vertrag keine Alternaive. Ich möchte eines kurz ansprechen – darüber wird lücklicherweise öffentlich fast nicht debattiert –: Es gibt eine Möglichkeit, dass wir den Lissabon-Vertrag in der uropäischen Union in irgendeiner Weise ohne Irland inführen. Dies wäre nicht nur politisch falsch. Ein hineichender Grund ist auch: Es geht nicht. Wir sitzen alle n einem Boot. Wir können nur alle gemeinsam eine Löung finden. Die bisherigen Reaktionen der Regierungen, vieler arlamentarier, des Europäischen Parlaments und vieler enschen auf das Referendum in Irland geben mir aber ie Hoffnung, dass wir eine Lösung finden werden. Alle aben verstanden, dass wir uns bei der Suche nach einer ösung auf einem sehr schmalen Grat befinden. Einereits wäre es völlig falsch, jetzt Frust und Ärger an Irand auszulassen und den Eindruck zu vermitteln: Wenn o ein kleines Land so etwas macht, dann werden wir hne es weitergehen. Das wäre völlig falsch; das macht uch keiner. Genauso falsch wäre es allerdings, so zu un, als wäre gar nichts passiert, als hätte dies keine onsequenzen und als würde nicht in erster Linie die otwendigkeit bestehen, dass sich Irland Gedanken acht, welches Europa es haben möchte. Denn Irland Michael Stübgen bzw. die irische Bevölkerung will nicht weiterhin auf der Grundlage des Nizza-Vertrages in der Europäischen Union arbeiten. Zum Weiteren ist sehr wichtig – auch daran halten sich alle, die sich öffentlich äußern –: Es ist völlig fehl am Platz, jetzt wohlfeile und gutgemeinte Ratschläge an die irische Regierung zu geben, was alles sie jetzt schnell tun müsste, um endlich wieder mit uns vernünftig arbeiten zu können. Das weiß die irische Regierung selber. Sie wird es uns auch mitteilen. Wir müssen die Langmut haben, darauf zu warten. Ich glaube, der einzig richtige Weg ist jetzt – in nahezu allen Mitgliedstaaten ist diese Tendenz zu erkennen –, dass wir die Ratifizierungen in denjenigen Mitgliedsländern, in denen sie noch nicht abgeschlossen worden sind, zu Ende führen. Ich bin ausgesprochen erfreut, dass das gestern Abend in Großbritannien geschehen ist. Sie alle wissen, wie kompliziert die innenpolitische Situation in Großbritannien ist. Ich will ausdrücklich darauf hinweisen, dass ich es sehr begrüße – ich denke, wir alle begrüßen dies –, dass das Bundesverfassungsgericht gestern erklärt hat, dass es das Beschwerdeverfahren zum Vertrag von Lissabon zu Ende führen wird, sodass auch wir in Deutschland – das konnten wir beim Verfassungsvertrag nicht – den Ratifizierungsprozess zu Ende führen können. Bisher hat niemand die Tür zugeschlagen. Das war anders nach den Referenden in Frankreich und in den Niederlanden zum Verfassungsvertrag. Wenn wir nachhaltig, aber auch klar vorangehen, werden wir zu einer Lösung kommen. Noch ein letzter Aspekt. Ich habe in der Europapolitik immer wieder folgende Erfahrung gemacht: Die Europäische Union – vorher: Europäische Gemeinschaft – war in den letzten 50 Jahren sehr oft in extrem kritischen Situationen. Sie hat es aber immer wieder geschafft, sie hat immer das Potenzial gehabt, diese kritischen Probleme zu lösen. Dieses Potenzial zeichnet die Europäische Union auch heute aus. Deshalb stehen wir, glaube ich, nicht am Ende einer wichtigen Reform und Entwicklung in der Europäischen Union, sondern am Anfang. Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)





(A) )


(B) )



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1616901000

Nächster Redner ist der Kollege Jürgen Trittin für die

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1616901100

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe

Frau Bundeskanzlerin, die Grünen haben Ihnen schon
vor zwei Wochen in einem Brief mitgeteilt, dass es sinn-
voll wäre, vor dem Europäischen Rat eine Regierungser-
klärung abzugeben. Ihr Kanzleramtschef, Herr de
Maizière, rief bei uns an und fragte: Warum eigentlich?
Auf dem Europäischen Rat steht doch gar nichts Ent-
scheidendes an. – Meine Damen und Herren, so kann
man sich täuschen. Sie haben nach dem alten kölschen
Motto „Et hätt noch immer jot jejange“ agiert.

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(C (D (Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Nichts gegen das Rheinland!)


nd jetzt stehen Sie – das hat Ihre Regierungserklärung
ffenbart – ohne Plan B da.


(Michael Roth [Heringen] [SPD]: C!)


Vielleicht auch ohne Plan C.

Die Situation ist schwierig. Wir hätten heute gerne
ine Antwort auf die Frage bekommen, wie man aus die-
er schwierigen Situation wieder herauskommen kann.
chließlich ist im nächsten Juni Europawahl. Wie viele
bgeordnete werden dann gewählt? 736 oder 751? Drei
eutsche mehr oder drei Deutsche weniger? Das sind
och die einfachsten Fragen in diesem Zusammenhang.
in bisschen mehr als die Aussage, dass man mit dem

rischen Ministerpräsidenten über diese Fragen sprechen
erde, hätten wir von Ihnen in einer Regierungserklä-

ung vor dem Europäischen Rat schon erwartet, Frau
erkel.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ieses eigentümliche Schweigen und diese Hinterzim-
erdiplomatie sind Gründe, warum Europa vielfach so
enig populär ist.

Lieber Gregor Gysi, ich stimme Ihnen ja zu: Nicht
ede Neinstimme in Irland war eine Stimme gegen Eu-
opa. Machen wir uns aber nichts vor: Ohne katholische
btreibungsgegner, ohne eine subventionsgierige Agrar-

ndustrie, ohne die markradikale Murdoch-Presse und
hne die IRA wäre es nicht zu dieser Mehrheit gekom-
en. Sie sollten mit Ihrem Beifall etwas vorsichtiger

ein, gerade wenn Sie es ernst meinen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Natürlich muss man das Votum der Iren respektieren
nd ernst nehmen. Genau das haben doch alle in Europa
rklärt. Wir müssen mit den Iren eine Lösung finden.
as, was Sie vorschlagen, ist aber keine Lösung. Sie sa-
en: 3 Millionen Iren haben mehrheitlich mit Nein ge-
timmt. Organisieren wir doch einfach einen europawei-
en Volksentscheid über diese Frage; denn dann fallen
ie 3 Millionen Iren nicht mehr so sehr ins Gewicht. Das
st arrogant, lieber Kollege Gysi, und nicht der Vor-
chlag, auf die Iren zuzugehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Land für Land hat er gesagt! – Widerspruch des Abg. Dr. Gregor Gysi [DIE LINKE])


Ihr Vorschlag zeugt zudem von massiver Unkenntnis;
enn solch ein europaweiter Volksentscheid wäre nur
ach einer Vertragsänderung möglich, die der Zustim-
ung aller Mitgliedstaaten bedürfte. Dieser Vertragsän-

erung müsste die irische Bevölkerung in einem nationa-
en Plebiszit zustimmen. Mit Ihrem Vorschlag haben Sie
ich selbst ins Knie geschossen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und Jürgen Trittin der SPD – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Sie haben es nicht verstanden!)





(A) )


(B) )


Deswegen sage ich: Es gibt keine Alternative zu dem
Versuch, diesen Prozess, der vor acht Jahren begonnen
hat, erfolgreich zu Ende zu bringen, und zwar mit den
Iren. Was waren das für acht Jahre? In diesen acht Jahren
haben wir eine US-Administration erlebt, die die Welt
nicht sicherer, sondern unsicherer gemacht hat. Wir erle-
ben zurzeit den zweiten globalen Finanzcrash in diesen
acht Jahren: Nach der New-Economy-Blase platzt jetzt
auch die Immobilienblase. In diesen acht Jahren haben
wir einen atemberaubenden Aufstieg von Indien und
China erlebt – ökonomisch wie politisch – und die Rück-
kehr Russlands auf die Bühne der Weltpolitik. Das ist
die Welt, in der wir alle in Europa leben. Das ist die
Welt, in der wir ein handlungsfähiges und demokratisch
stärkeres Europa brauchen, kein Zurück zum National-
staat.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Deswegen dürfen wir nicht noch einmal acht Jahre
verlieren. Wir müssen mit offenem Visier für ein demo-
kratisches und handlungsfähigeres Europa streiten. Was
hieße es, wenn der Vertrag von Lissabon scheitern
sollte? Das hieße keine verbindliche Grundrechtecharta
mit individuell einklagbaren Rechten. Das hieße keine
Aufwertung der Daseinsvorsorge gegenüber dem Wett-
bewerbsrecht. – Ihre Beispiele stimmen. Aber Sie kriti-
sieren damit den jetzigen Vertragszustand, dessen Basis
der Vertrag von Nizza ist. Dieser muss überwunden wer-
den.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ein Scheitern hieße auch, keine Einführung der euro-
päischen Bürgerinitiative, kein Hoher Vertreter für Au-
ßen- und Sicherheitspolitik und keine Ausweitung der
parlamentarischen und gerichtlichen Kontrolle über die
polizeiliche Zusammenarbeit. Das alles hieße es, wenn
der Vertrag von Lissabon scheitern sollte.

Ich habe hier bewusst zitiert. Diese Sätze stammen
nicht von einem Grünen, sondern von Dr. Sylvia-Yvonne
Kaufmann. Sie muss es wissen. Sie war nämlich die Ver-
treterin der Linken in dem Konvent, der diesen Vertrag
öffentlich vorbereitet hat.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Wir müssen mit den fahrlässigen Reden über Europa
aufhören. Fahrlässig ist es übrigens, diese Debatte damit
zu beginnen, Atomkraft als einen Superbeitrag zum
Klimaschutz vorzuschlagen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Lieber Herr Westerwelle, diese Position sollten Sie ein-
mal in Irland zur Abstimmung stellen vor dem Hinter-
grund der Erfahrungen, die dieses Land mit der Wieder-
aufbereitungsanlage von Sellafield und den britischen
Atomkraftwerken gemacht hat. Ich garantiere Ihnen,

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(C (D ass in einem solchen Fall die Zahl der Neinstimmen och höher ausfallen wird, als es dieses Mal der Fall ar. Das ist ein ganz falscher Ratschlag. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Es muss Schluss sein mit der Doppelzüngigkeit in
en Reden über Europa. Man kann nicht auf der einen
eite sagen, Frau Merkel, man sei für Klimaschutz, aber
uf der anderen Seite in Europa die Richtlinie über den
missionshandel im Luftverkehr blockieren. Sie haben
it Herrn Sarkozy Regelungen über den Verbrauch von
utos vereinbart, die sogar hinter die Selbstverpflichtun-
en der Automobilindustrie zurückfallen. Das ist dop-
elzüngig. Das beschädigt das Ansehen und die Glaub-
ürdigkeit von Europa.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Meine Kritik soll aber nicht einseitig ausfallen. Man
ann nicht wie Herr Beck ein soziales Europa fordern und
ann von 2005 an zusammen mit Großbritannien die Ver-
bschiedung der Arbeitszeitrichtlinie in Europa blockie-
en. Was ist am Ende herausgekommen? Herausgekom-
en ist eine Erhöhung der Mindestarbeitszeit. Es ist jetzt
öglich – das feiert die SPD als Erfolg –, 65 Stunden in

er Woche zu arbeiten, Ärzte sogar 90 Stunden. Ich sage
hnen: Wem das Interesse von Krankenhausträgern wich-
iger als die Schutzrechte von Krankenschwestern ist, der
ersündigt sich an Europa. Das ist unser Problem.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Meine letzte Bemerkung. Man kann mit mir gerne
ber Bürokratieabbau reden. Aber was macht Deutsch-
and? Wenn die EU-Kommission vorschlägt, die 36 Vor-
chriften über Obst und Gemüse, darunter die legendäre
orschrift über die Krümmung der Salatgurke, zu strei-
hen, dann ist Deutschland dagegen. Man kann zwar
errn Stoiber nach Brüssel schicken, aber in dieser
rage verteidigt man die Bürokratie gegen Bemühungen
ur Entbürokratisierung Europas.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


nschließend erklären Sie hier, Europa sei bürokratisch.
as ist doppelzüngig. Das ist der Grund, warum wir sol-

he Probleme mit mehr Demokratie und mehr Europa
aben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1616901200

Für die SPD-Fraktion spricht nun der Kollege Axel

chäfer.


(Beifall bei der SPD)



Axel Schäfer (SPD):
Rede ID: ID1616901300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ieles von dem, was Jürgen Trittin gesagt hat, war rich-
ig; das, was er in Richtung Bundesregierung gesagt hat,
ar falsch. Das zeigt sich vor allen Dingen daran, dass
iese Bundesregierung in der Kontinuität dessen, was
nter Rot-Grün begonnen worden ist, innerhalb der Eu-






(A) )



(B) )


Axel Schäfer (Bochum)

ropäischen Union ein hohes Ansehen genießt, vieles vo-
rangebracht hat und mit ihrer Ratspräsidentschaft Weg-
weisendes für die Zukunft dieses gemeinsamen Europas
geschaffen hat. Deshalb sind wir mit dieser Bundesregie-
rung auf einem gemeinsamen europapolitischen Kurs.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Auf der grünen Insel haben viele ein blaues Wunder
erlebt; dennoch sollten wir weder schwarzsehen noch die
Ampel auf Rot stellen. Lassen Sie uns die Debatte heute
selbstbewusst und selbstkritisch zugleich führen. Wir
können das aber nicht machen, lieber Kollege Gysi, in-
dem wir hier alle populistischen Vorurteile bedienen,
draufsatteln, übertreiben, manches falsch darstellen, und
uns hinterher darüber beklagen, dass es Europaskeptizis-
mus gibt. So geht es eben nicht.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Dirk Niebel [FDP])


Wenn wir diese Debatte führen, dann lassen Sie uns in
diesem Hause – hier gab es einige Zurufe zum Thema
Volksabstimmung – ehrlich über Plebiszite reden. Ja-
wohl, in Irland hat man mit Nein votiert. Beim Referen-
dum davor in Luxemburg hat man mit Ja votiert, beim
Referendum in Frankreich mit Nein und beim Referen-
dum in Spanien mit Ja. Wir haben seit 1972 in 19 Län-
dern in Europa Erfahrungen mit Volksabstimmungen.
Ich kann sie Ihnen alle in Ruhe erläutern. Das muss hier
jetzt nicht sein; aber Sie können gerne auf das Angebot
zurückkommen.

Wir haben die Erfahrung gemacht, dass alle 15 grund-
legenden Entscheidungen hinsichtlich eines Ja oder Nein
zu diesem Europa positiv verlaufen sind. Hier bildet nur
Norwegen die Ausnahme, was wir heute noch bedauern.
Aber es gibt Unterschiede: In Irland oder Frankreich
stimmt man alle fünf bis zehn Jahre ab, in den Nieder-
landen nur alle 200 Jahre. Das führt dazu, dass an diesem
einen Tag, an dem man so einfach öffentliche Wut erzeu-
gen kann, nun Probleme hochschäumen, die Sachaufklä-
rung in den Hintergrund tritt. Diese Abstimmung ge-
schieht außerhalb der normalen politischen Arbeit in
einer repräsentativen oder auch einer direkten Demokra-
tie. Deshalb ist es an der Stelle schiefgelaufen.

Wir wissen – ich sage das als ausdrücklicher Befür-
worter für meine Fraktion – hinsichtlich der direkten De-
mokratie: Dort, wo die Volksabstimmung eine Ergän-
zung zur repräsentativen Demokratie ist, zum Beispiel in
der Schweiz, wo sie alle drei bis fünf Monate stattfindet,
werden auch Sachentscheidungen getroffen und nicht
Wut gegen Regierungen, Ausländer oder andere zum
Ausdruck gebracht. Da funktioniert es. Wir bemühen
uns weiter, unsere geschätzten Koalitionspartnerinnen
und -partner, vor allen Dingen die CDU, davon zu über-
zeugen, das Grundgesetz dahin gehend zu ergänzen. Die
FDP war in dieser Hinsicht halbe-halbe. Die Grünen
wissen wir an unserer Seite. Mal schauen, wie weit wir
mit diesem Vorhaben kommen. Es ist nicht vergessen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht auch um un-
sere Verantwortung. Lassen Sie mich das ganz offen sa-

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(C (D en. Es gibt zuerst eine Verantwortung der Bundesegierung, die sie heute wahrnehmen wird. Das, was die undeskanzlerin ausgeführt hat und was der Außeninister repräsentiert, ist die Linie unserer Fraktion und nserer Koalition. Es ist die richtige Linie, und es ist gut, ass wir das heute vor dem Europäischen Rat noch einal deutlich machen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es gibt auch die Verantwortung des Bundespräsi-
enten. Ich sage für meine Fraktion: Wir würden uns
ehr freuen, wenn Horst Köhler nach der Ratifizierung
nterschreibt, sehr wohl respektierend, dass die Urkun-
en nicht vor der Entscheidung des Bundesverfassungs-
erichts nach Rom übersandt werden. Wir freuen uns
uch, dass das Bundesverfassungsgericht das Verfahren
nnimmt und nicht wie beim Verfassungsvertrag zuwar-
et. Es kann nicht sein, dass wir so lange warten, bis
berall ratifiziert wird, während an anderer Stelle nicht
atifiziert wird, weil wir es in Deutschland noch nicht
etan haben.

Sowohl in Richtung der Bundeskanzlerin als auch in
ichtung von Herrn Huber, in Richtung von Herrn
esterwelle genauso wie in Richtung von Herrn Kuhn

nd Frau Künast und natürlich auch in Richtung von
urt Beck und Frank-Walter Steinmeier – da weiß ich es

n guten Händen – sage ich hier ganz bewusst, weil wir
ns in unseren Fraktionen im Rahmen des europäischen
erfassungsbogens in Parteifamilien bewegen: Bitte sor-
en Sie überall dort, wo Sie es können, in Ihren Partei-
amilien in anderen Ländern, in denen jetzt noch die Ra-
ifizierung aussteht – wir sind in der glücklichen
ituation, dass Liberale, Christlich-Konservative, Grüne
nd Sozialdemokraten in Regierungen vertreten sind, die
och ratifizieren müssen; ich denke an Schweden,
ypern, Tschechien und Spanien –, dafür, dass wir als
eutsche Europäer im Dialog mit unseren Schwestern
nd Brüdern in diesen Parteifamilien unseren Beitrag
eisten, sodass den Regierungen in diesen Ländern die
atifizierung gelingt. Dann kann die Ratifizierung in
6 Ländern abgeschlossen werden. Lassen Sie uns das
achen. Das ist unsere Verantwortung. Dort, wo wir ein-

ezogen werden, können wir das leisten. Hier sollten wir
ns bewusst mit einklinken.

Weil man schon am Anfang das Ende bedenken
ollte – es geht schließlich darum, erfolgreich abzu-
chließen –, will ich ganz offen Folgendes ansprechen:
s gibt bereits Erfahrungen mit Referenden. Man kann
ie so oder so anlegen. Manche französischen Präsiden-
en haben zum Beispiel versucht, damit die Opposition
u spalten. Ich erinnere in diesem Zusammenhang nur an
ie Abstimmung in Frankreich über den Beitritt von
änemark, Irland und Großbritannien.

Ich glaube, der Einzige, der einmal ein hochkontro-
erses Referendum so angelegt hat, dass es „europa-
emäß“ war, war Harold Wilson, und er tat dies in einem
ehr zerrissenen Land. Es ist klar, dass wir unseren
rischen Kolleginnen und Kollegen keine Ratschläge ge-
en – denn Ratschläge sind immer auch Schläge –, aber
arauf möchte ich hinweisen. Letztlich müssen Regie-






(A) )



(B) )


Axel Schäfer (Bochum)

rung und Parlament in Dublin selbst entscheiden, was sie
tun.

Harold Wilson hat damals angesichts der großen Pro-
bleme in Großbritannien nach einer Nachverhandlung
in Brüssel entschieden, mit einem Referendum vor das
Volk zu treten. Er sagte: Bei der Abstimmung geht es da-
rum, dass nach dem Ergebnis der Verhandlung mit Ja ge-
stimmt wird. Wenn eine Mehrheit ablehnt, dann wird
Großbritannien austreten. – Um diese Alternative ging
es im Jahre 1975. Im Ergebnis stimmte eine große Mehr-
heit für die geplanten Veränderungen und für den Ver-
bleib Großbritanniens in der EG.

Gerade wir, die wir Irland in der Europäischen Union
halten wollen, müssen auch ein bisschen in diese Rich-
tung denken. Für das Europa des 21. Jahrhunderts muss
klar sein: Es gibt kein Europa des 20. Jahrhunderts mehr.
Die Welt wartet nicht auf uns. Wir haben eine Verant-
wortung, die wir wahrnehmen müssen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, zum Abschluss
möchte ich darauf hinweisen: Es kommt nicht nur darauf
an, was wir zu Europa sagen, sondern auch darauf, wie
wir es sagen. Wir müssen aus Überzeugung handeln und
auch das Positive darstellen. Wir dürfen aber nicht so
tun, als kämen alle Probleme aus der EU.

Leider haben wir es nach der deutschen Einigung
nicht geschafft, den Text der Kinderhymne von Bert
Brecht zu unserer Nationalhymne zu machen.


(Beifall bei der LINKEN)


In Abwandlung von Brecht könnte man mit Blick auf die
EU sagen:

Weil Europa wir verbessern,
Lieben und beschirmen wir’s.
Und das liebste mag’s uns scheinen
So wie andern Völkern ihr’s.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Das hat Brecht aber in Bezug auf Deutschland gesagt, Herr Kollege! – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: „Einigkeit und Recht und Freiheit“ ist aber auch ganz gelungen!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1616901400

Nun hat für die FDP-Fraktion der Kollege Markus

Löning das Wort.


(Beifall bei der FDP)



Markus Löning (FDP):
Rede ID: ID1616901500

Frau Präsidentin! Meine Damen! Meine Herren!

Nachdem die Briten im Hinblick auf die EM ihre Opt-
out-Möglichkeit wahrgenommen haben, finde ich es sehr
begrüßenswert, dass das Oberhaus gestern den Vertrag

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(C (D on Lissabon ratifiziert hat. Das sollten wir alle gemeinam begrüßen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Herr Gysi, an Ihrer Rede war bemerkenswert, dass
ie meinen, sich von der NPD abgrenzen zu müssen. Ich
uss Ihnen aber sagen: Was diese Frage betrifft, sitzen
ie mit der NPD in einem Boot.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD – Widerspruch bei der LINKEN)


hre Partei fährt nämlich einen europafeindlichen und in-
egrationsfeindlichen Kurs.


(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Das ist unglaublich, was Sie da machen! Sie wissen es besser, Herr Löning!)


Meine Damen und Herren, wenn wir das Ergebnis der
bstimmung in Irland ernst nehmen, müssen wir uns die
rage stellen: Wie wollen wir in Zukunft weitere Re-
ormschritte innerhalb der EU gehen? Natürlich wollen
ir gemeinsam vorgehen, soweit es irgendwie möglich

st. Allerdings müssen wir auch zur Kenntnis nehmen,
ass es mit 27 oder womöglich 28 Ländern, wobei ein
artner alle anderen blockieren kann, so gut wie unmög-

ich sein wird, weiterhin im gleichen Tempo vorzugehen.
s ist legitim, darüber nachzudenken, wie wir weitere

ntegrationsschritte machen können, wie wir also die
echanismen und die Zusammenarbeit in der Europäi-

chen Union gegebenenfalls anders gestalten können.

Natürlich ist es wünschenswert, auf der Grundlage
on Lissabon zu handeln. Denn das heißt, dass wir inner-
alb des Rechtsrahmens der Europäischen Union vorge-
en, mit parlamentarischer Kontrolle durch uns und mit
arlamentarischer Kontrolle durch das Europäische Par-
ament. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass wir
uch wenn der Vertrag von Nizza gilt, bei der Integration
oranschreiten müssen. Es wird dann allerdings wesent-
ich schwieriger werden, es werden ganz andere Aufga-
en auf uns als Bundestag zukommen. Wir werden uns
esentlich mehr in die Debatten einklinken müssen, als
ir das in den letzten Jahren getan haben.

Lassen Sie mich zum Schluss meiner leider sehr kur-
en Redezeit darauf eingehen, wie wir – das ist mehrfach
ngesprochen worden – bei unseren Bürgerinnen und
ürgern mehr Akzeptanz für die Europäische Union
ekommen. Wir müssen uns trauen, offensiv über die Er-
olge der Europäischen Union zu reden. Wir tun das bis-
er nicht; dabei will ich mich persönlich nicht unbedingt
usnehmen. Ich will ein Beispiel nennen, wo die Bun-
esregierung etwas Gutes tun könnte: Sorgen Sie dafür,
ass die volle Freizügigkeit von Arbeitnehmern aus EU-
taaten endlich auch in Deutschland gilt!


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


ucken Sie sich an dieser Stelle nicht weg, sondern set-
en Sie ein klares politisches Signal für die europäische
ntegration und für ein „Herzlich willkommen!“ an un-
ere Nachbarn! Es ist nämlich auch im Sinne unserer






(A) )



(B) )


Markus Löning
Bürger, wenn die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit end-
lich auch in Deutschland gilt.

Danke.


(Beifall bei der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1616901600

Nächster Redner ist der Kollege Gunther Krichbaum

für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Gunther Krichbaum (CDU):
Rede ID: ID1616901700

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen

und Kollegen! Natürlich fragen sich viele Bürgerinnen
und Bürger ebenso wie die Kollegen in diesem Haus,
wie es nach dem irischen Referendum weitergeht. Herr
Trittin, es gibt keinen Plan B; der Vertrag, über den die
Iren abgestimmt haben, war gerade dieser Plan B. Es
darf auch kaum verwundern, dass bei einem derart kom-
plexen Vertragswerk nicht noch Pläne C, D, E, F, G – bis
wir das Alphabet durchhaben – in der Schublade liegen.

Es stellt sich die Frage, wie wir mit dieser Situation
umgehen und welche Botschaft insbesondere von unse-
rer heutigen Debatte ausgehen kann. Die zentrale Bot-
schaft muss sein – das hat Bundeskanzlerin Angela
Merkel betont –, dass die Ratifizierungsverfahren in
den Ländern, die den Vertrag noch nicht ratifiziert ha-
ben, weitergehen müssen. Das ist eine wichtige Bot-
schaft. Ich kann nur unterstreichen, was Kollege Löning
hervorgehoben hat: Es ist gerade in der jetzigen Zeit
wichtig, dass gestern Großbritannien den Vertrag von
Lissabon ratifiziert hat. Das ist ein positives Signal für
den weiteren Prozess.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Axel Schäfer [Bochum] [SPD])


Denn was wären die Alternativen? Wir könnten sa-
gen: Wir tun gar nichts. Damit respektieren wir logi-
scherweise das Referendum, das in Irland zustande kam.
Aber zu Ende gedacht wissen wir, dass dies keine Alter-
native sein kann. Das ist das Problem bei den Volksab-
stimmungen, die immer wieder debattiert werden: Bei
einer Volksabstimmung ist es wichtig, dass eine seriöse
Alternative vorhanden ist. Wie soll die in diesem Fall
aussehen?

Man muss den Menschen klipp und klar sagen: Wer
den Vertrag von Lissabon nicht will, ist automatisch für
den Vertrag von Nizza. Doch dieser Vertrag ist gerade
der Grund für die jahrelangen Bemühungen, für die zä-
hen Verhandlungen, für das Verfassungsprojekt gewe-
sen: weil wir diesen Schritt nach vorne gehen wollen,
weil wir auch den Staaten des westlichen Balkans eine
europäische Perspektive geben möchten, die zu mehr
Stabilität in der Region führt. All das geht nicht mit dem
Vertrag von Nizza. Die Obergrenze ist in diesem Fall mit
27 Mitgliedstaaten gezogen. Das wissen all diejenigen,
die sich hiermit im Detail auseinandersetzen. Deswegen
ist es wichtig für das Projekt Europa, dass wir an dieser
Stelle vorankommen und das, wofür wir so lange ge-
kämpft haben, zum Erfolg führen.

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(C (D Logischerweise kann ein neuer Vertrag keine Alternaive bilden; denn auch für einen neuen Vertrag – das haen Kanzlerin Merkel und Außenminister Steinmeier esagt – wäre die Einstimmigkeit Voraussetzung. Ebeniese Einstimmigkeit kam aber nicht zustande. Wie kann eine Lösung aussehen? Es ist in der Tat ein chmaler Grat zwischen dem zu respektierenden Refeendum und dem Wunsch, weiterzukommen. Hier ist zu llererst das Mitgliedsland Irland gefordert. Irland muss orschläge für einen Weg aus dieser Krise vorlegen. Im alle Dänemark – er wurde jetzt oftmals zitiert – gechah dies nach dem Scheitern des Vertrages von aastricht durch die Edinburgher Vereinbarung. Ob hier lankierende Erklärungen abgegeben werden können, amit es möglich wird, zu einem späteren Zeitpunkt zuustimmen, müssen wir sehen. Ich glaube aber, eines uss klar sein – das muss auch die klare Botschaft an rland sein –: Ein Wiederaufschnüren des Paketes, also in Wiederaufschnüren des Vertrages von Lissabon, ann es nicht geben; denn sonst müssten wir überall wieer von vorne anfangen. Das heißt: Der Ratifizierungsrozess müsste in allen Mitgliedstaaten von vorne losehen. Ich glaube, dafür hätten die Bürger am llerwenigsten Verständnis – schon gar nicht in den Länern, in denen bereits erfolgreich ratifiziert wurde. Ich ebe nur zu bedenken: Gerade in Spanien gab es ein poitives Referendum zur europäischen Verfassung. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Deswegen stellen sich – banal – die Fragen: Wo ist
er Schaden? Wo ist der Nutzen? Einen Schaden durch
inen nochmaligen Anlauf, also ein neuerliches Referen-
um, das in Irland zwingend vorgeschrieben ist, sehe ich
angfristig nicht. Ich sehe aber einen Nutzen. Deshalb
ollte man diesen Weg beschreiten. Wie bereits gesagt:
nsonsten würde der Vertrag von Nizza weiter gelten.

Der Vertrag von Nizza ist aber für ein Europa der
5 Mitgliedstaaten gemacht worden. Man kann es sich
ildlich so vorstellen, dass das die Kinderschuhe des in-
egrierten Europas waren, die aber längst an allen Ecken
nd Enden drücken, weil wir ein Europa der 27 Mit-
liedstaaten geworden sind. Deswegen brauchen wir ein
rößeres Schuhwerk, um die nächsten Schritte gehen zu
önnen.

Gerade in den letzten Tagen wurde ich häufig auf
roatien angesprochen. Ich möchte klarstellend sagen:
atürlich kann auf der Grundlage des Vertrages von
izza vorläufig kein weiterer Erweiterungsschritt fol-
en. Zunächst sind die Kandidatenländer aber auch ih-
erseits gefordert, die Voraussetzungen für eine Mit-
liedschaft in der Europäischen Union zu erfüllen. Hier
leibt auch für Kroatien noch eine Menge zu tun. Wir
issen das aufgrund der Fortschrittsberichte. Deswegen
ann an dieser Stelle durchaus eine kleine Entwarnung
insichtlich der Sorgen gegeben werden, die gerade
iese Länder haben. Ich sehe dies langfristig nicht als
efährdet an, weil wir, so denke ich, mit dem Vertrag
on Lissabon bis dato weitergekommen sein werden.






(A) )



(B) )


Gunther Krichbaum
Im Ergebnis gilt deswegen: Wir brauchen den Vertrag
von Lissabon, wenn wir zu einem Mehr an Transparenz
kommen möchten, sodass die Bürgerinnen und Bürger in
Zukunft sehr gut nachvollziehen können, wofür Europa
zuständig ist und wofür die einzelnen Mitgliedstaaten
zuständig sind. Genau die Tatsache, dass sie diese klaren
Zuständigkeiten und Abgrenzungen nicht kennen, führt
bei den Bürgern oft zu einer gewissen Verdrossenheit.
Also ist der Vertrag von Lissabon an dieser Stelle die Lö-
sung für die Probleme vieler Bürger und nicht das Pro-
blem.

Europa wird handlungsfähiger, weil nicht nur die An-
zahl der Mitentscheidungsverfahren des Parlamentes,
sondern vor allem auch die Anzahl der Mehrheitsent-
scheidungen zunimmt. Das heißt, wir entblockieren uns
selbst an vielen Punkten. Damit ist auch das Ende von
vielen zähen Nachtsitzungen in Sicht. Auch dieses Si-
gnal können wir hier den Bürgern geben. Daneben wird
es auch demokratischer, weil es mehr Mitsprachemög-
lichkeiten des Europäischen Parlamentes und der natio-
nalen Parlamente – insbesondere des Bundestages – ge-
ben wird.

Deswegen: In dieser zugegebenermaßen jetzt schwie-
rigen Situation brauchen wir einen Erfolg; denn die Bür-
ger erwarten in der Tat, dass wir Antworten liefern und
die politische Nabelschau beenden, in der wir in den
letzten Jahren gefangen waren. Das heißt im Klartext:
Wir müssen Lösungen für die drängenden Probleme hin-
sichtlich der Energiesicherheit, der Energieversorgungs-
sicherheit und des internationalen Terrorismus sowie im
Bereich des Klima- und Umweltschutzes liefern. Europa
ist die beste Antwort auf die Herausforderungen der Glo-
balisierung; denn den Herausforderungen, die uns hier
bevorstehen – aus den USA und aus Fernost –, kann kein
Mitgliedstaat alleine begegnen, sei er für sich genom-
men auch noch so groß. Genau hier brauchen wir Eu-
ropa. Das erkennen auch die Bürger.

Erlauben Sie mir eine letzte Bemerkung. Ich glaube,
die jetzige Diskussion zeigt auch, dass ein Angebot an
jene Staaten notwendig ist – damit kann ich an das an-
knüpfen, was mein Kollege Löning bereits festgestellt
hat –, die den Wunsch haben, stärker voranzugehen, als
dies in der Vergangenheit der Fall war.

Es ist klar, dass die politische Union der Europäi-
schen Union nur dann handlungsfähig und glaubwürdig
ist, wenn wir zusammenstehen. Nur dann können wir ge-
meinsam die Ziele durchsetzen. Es gibt aber Vorhaben,
die wir besser voranbringen können, wenn sich Staaten
zusammentun. Ich sehe ein Kerneuropa nicht als nega-
tiv an. Wenn es nicht wie ein Kirschkern oder Pfirsich-
kern bleibt, sondern ein Kern im Sinne eines Magneten
wird, der andere mitzieht und dann auch eine vertiefte
Integration zulässt, dann haben wir, glaube ich, die Bür-
ger auch wieder stärker auf unserer Seite.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


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(C (D Dr. Dieter Dehm ist der nächste Redner für die Frak ion Die Linke. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1616901800


Dr. Jörg-Diether Dehm-Desoi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616901900

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ver-

rag von Lissabon war der Versuch, die gescheiterten In-
alte in einer anderen Form durchzuzwingen. Er ist ge-
cheitert. Laut Umfragen dieser Woche sind in England
wei Drittel der Bevölkerung gegen den Lissabon-Ver-
rag; die Regierung ist dafür. In Frankreich ist in sämtli-
hen Umfragen eine stabile Mehrheit dagegen; Sarkozy
st dafür.

In Deutschland gibt es, seitdem die Bild-Zeitung von
iner 75-prozentigen Mehrheit gegen den EU-Verfas-
ungsvertrag berichtet hat, merkwürdigerweise keine
reite Umfrage mehr.


(Axel Schäfer [Bochum] [SPD]: Linkspartei und Bild-Zeitung! So, so!)


Kollege Löning, ersparen Sie uns bitte solche Gleich-
etzungen, wer mit wem in einem Boot sitzt! Bedenken
ie immer, dass nicht Sie, sondern der Kollege Gysi von
eonazis tätlich angegriffen wird. Ich erspare Ihnen wie-
erum den Vergleich mit den italienischen Neofaschis-
en, die für den Lissabon-Vertrag sind.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Kollege Trittin, Sie haben spekuliert, wer alles an der
ehrheit beim Referendum in Irland schuld sei. Sie wer-

en wohl kaum vermeiden können, zuzugeben, dass in
iesem Bundestag eine Mehrheit für den Lissabon-Ver-
rag nur mit Zustimmung der Kalten Krieger und der
ufrüstungslobby möglich gewesen ist.


(Zuruf von der FDP: Mein Gott!)


enn im Lissabon-Vertrag ist von einer „schrittweisen
erbesserung der militärischen Fähigkeiten“ die Rede,
nd das heißt nichts anderes als Aufrüstung.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos] – Axel Schäfer [Bochum] [SPD]: Das heißt es nicht! Wir haben es Ihnen so oft erklärt!)


Ich will noch etwas klarstellen: Der Kollege Gysi und
ie Linke haben für Volksabstimmungen Staat für Staat
lädiert, während die FDP im Europaparlament für ein
lebiszit in Gesamteuropa eingetreten ist, mit dem das
rgebnis des Referendums in Irland einkassiert werden
önnte. Ihre Befürchtung richtet sich also gegen das, wo-
ür die FDP plädiert hat, nicht gegen uns.

Die Bundesregierung reagierte auf die Entscheidung
rlands durch ihren Außenminister. Der Kanzlerkandidat
er SPD-Rechten äußerte sich konfus und wenig demo-
ratisch. Erst riet er Irland, das Land solle sich – ich zi-
iere – „vorübergehend vom Integrationsprozess abkop-
eln“ und „für eine Zeitlang den Weg freimachen für






(A) )



(B) )


Dr. Diether Dehm
einen weiteren Integrationsprozess der 26 übrigen Staa-
ten“. Dann verwies er ähnlich wie die Kanzlerin auf das
dänische Modell: Das irische Volk soll so oft abstimmen,
bis es der Regierung gefällt. Roland Koch lässt grüßen.

Schließlich gestand Herr Steinmeier generös zu – ich
zitiere –: „Irland bekommt Zeit für eigene Vorschläge im
Laufe des Jahres.“ Was kommt dann, Herr Außenminis-
ter und Kanzlerkandidat? Womit wollen Sie dann dro-
hen?

Wer jetzt die neoliberalen, militaristischen und wenig
demokratischen Inhalte des Verfassungsvertrages um je-
den Preis durchsetzen will, der tut dies um den Preis der
Einheit der Europäischen Union. Der grüne Europaabge-
ordnete Cohn-Bendit hat dies dankenswerterweise ganz
offen im Spiegel ausgeplaudert: Er will die Spaltung in
– ich zitiere – „auf der einen Seite eine europäische Fö-
deration jener Staaten“, „die weitergehen wollen in ihrer
Gemeinsamkeit, die ihre … militärische, ökologische
und ökonomische Zusammenarbeit vertiefen wollen …
Mit Frankreich und Deutschland als Kern …“ Den ande-
ren bleibe „eine Art privilegierte Partnerschaft“.

Gegen dieses Abenteurertum und die Steinmeier’sche
Gutsherrenart unterstreicht die Linke: Demokratisch ge-
fällte Entscheidungen nach der Verfassungsordnung der
27 Länder müssen respektiert werden.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Mit dem Grundgesetz, seiner Sozialstaatlichkeit,
Rechtsstaatlichkeit und seinem Angriffskriegsverbot
müssten Sie keine Angst vor einer Volksabstimmung in
Deutschland haben.

Wir brauchen einen neuen Anlauf zur Änderung der
bestehenden Verträge – auch des Vertrages von Nizza –,
aber nur dann, wenn von den Referenden in Frankreich,
den Niederlanden und Irland ausgegangen wird und der
Inhalt der Verträge von der Bevölkerung der Mitglied-
staaten akzeptiert werden kann. Der Sprecher der franzö-
sischen Sozialisten, Julien Dray, formulierte vorgestern
die vor uns liegenden europapolitischen Aufgaben so:
„Europa braucht eine demokratische und soziale Neu-
gründung, die vom Volk ausgehen muss.“ Auch in
Deutschland muss ein breiter Diskurs über einen neuen
EU-Verfassungsvertrag beginnen, für eine wahre Inte-
gration, die nur sozial sein kann, will sie nicht eine bloße
seelenlose Addition einer Freihandelszone bleiben, und
mit Volksabstimmungen.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Ohne Anspruch darauf, den richtigen Weg schon jetzt
in allen Einzelheiten zu kennen, ist die Linke bereit, sich
in ein solches Projekt mit eigenen Vorstellungen und
Vorschlägen selbstbewusst einzubringen. Nur Sozial-
staatlichkeit schafft Vertrauen bei den Bürgerinnen und
Bürgern. Lasst uns mehr Demokratie mit den Völkern
und nicht hinter ihrem Rücken wagen! Lasst uns neuen
Mut für ein soziales und friedliches Europa machen! Ir-
land gibt uns allen die Chance für einen neuen Anfang.

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(C (D (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos] – Dr. Stephan Eisel [CDU/CSU]: Im Vergleich zu Herrn Dehm ist Herr Modrow ein Modernisierer! – Gegenruf des Abg. Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Im Vergleich zu Ihnen gibt es intelligente Zwischenrufer!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1616902000

Das Wort erhält nun der Kollege Rainder Steenblock,

ündnis 90/Die Grünen.


Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1616902100

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was richtig ist und

as eine gemeinsame Klammer in diesem Haus sein
önnte, ist unser Unbehagen – nicht erst nach dem Refe-
endum in Irland, sondern schon nach den vorangegan-
enen Referenden – darüber, dass es uns allen nicht ge-
ungen ist, die Menschen in Europa ausreichend zu
berzeugen, warum das anstehende Projekt, für das es
ier eine große Mehrheit gibt, die einzige mögliche Ant-
ort auf die Herausforderungen der Globalisierung ist;
as müssen wir akzeptieren. Das ist der Vorwurf, der in
iesem Haus häufig von der Linken gemacht wird. Die
rgumente sind zwar falsch, aber der Vorwurf hat einen

ationalen Kern. Wir haben die Verpflichtung, uns dem
u stellen. Richtig ist – das ist die populistische Konse-
uenz dieser Herausforderung –, dass die Menschen kein
ertrauen haben, dass die Europäische Union ihre
chutzmacht bei der Vertretung ihrer sozialen Interes-
en, der Erzielung notwendiger ökologischer Fortschritte
nd der Schaffung supranationaler Strukturen ist, die wir
rauchen, um auf internationaler Ebene Gewicht zu ha-
en und verhandlungsfähig zu sein. Aber das kann man
icht dadurch gewinnen, dass man jeden Tag den Bürge-
innen und Bürgern Europas die Unfähigkeit der EU vor-
ugaukeln versucht. Das steht im Gegensatz zur Wirk-
ichkeit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das ist die Kernproblematik, die wir in der Öffent-
ichkeitsarbeit haben. Meine Damen und Herren von der
inken, hier wende ich mich ganz besonders an Sie. Ich
nterstelle niemandem in der Linksfraktion – noch nicht
inmal ansatzweise –, dass er gemeinsame Sache mit
en Nazis machen will. Ganz im Gegenteil: Hier wissen
ir Sie auf unserer Seite. Aber mit Ihrer Argumentation

tellen Sie den Verfassungsvertrag als Herrschaftsinstru-
ent – von wem auch immer – dar, mit dessen Hilfe ver-

ucht wird, die arbeitenden Menschen in Europa zu
nechten und auszubeuten. Sie instrumentalisieren den
ertrag und erreichen damit genau das, was Sie nicht
ollen. Objektiv erreichen Sie dadurch eine antieuropäi-

che Stimmung


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


nd eine politische Koordination mit Nationalisten, die
ie selber gar nicht wollen. Aber das wird das Ergebnis






(A) )



(B) )


Rainder Steenblock
Ihrer Arbeit sein. Die Verantwortung müssen Sie dann
übernehmen; denn Sie wissen, wie Politik funktioniert.
Deshalb kritisieren wir massiv, was Sie hier treiben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wir Grüne haben das Rüffert-Urteil heftig kritisiert.
Die Tendenz in der europäischen Gesetzgebung bzw.
ihre Interpretation sind sicherlich kritikwürdig. Wir müs-
sen aber Anstrengungen im Mindestlohnbereich unter-
nehmen und auf nationaler Ebene klarmachen, dass eine
solche Interpretation nicht möglich ist. Das ist unsere
Verantwortung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Dass es in Europa zurzeit eine konservative Mehrheit
gibt, die eine Politik macht, die ich in vielen Teilen nicht
unterstütze, ist eine Tatsache; trotzdem halte ich dieses
Integrationsprojekt für richtig und notwendig. Die Euro-
päische Union ist die einzige Struktur zur Kooperation,
die wir erreichen können; dieser Vertrag ist der einzige
Vertrag, der zurzeit politisch möglich ist. Ich kann also
nicht sagen, dass nur deshalb, weil es eine konservative
Mehrheit gibt, dieses Projekt falsch ist. Ich muss bei der
Europawahl darum kämpfen, dieses Europa fortschritt-
licher zu machen, dieses Europa sozialer zu machen und
dieses Europa ökologischer zu machen. Dafür müssen
die politischen Parteien im Europawahlkampf streiten.
Ich kann aber nicht sagen: Die EU ist nur dann klasse,
wenn ich selber die Mehrheit habe. – Diese Form von
Demokratie haben wir in Europa abgeschafft.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Wir sind die vom Volk gewählten Abgeordneten, wir
sind die Vertretung des deutschen Volkes. Wir sollten
mit Rückgrat, mit Engagement und mit Herzblut für die-
sen Vertrag streiten. Es gibt keine Alternative, die ver-
antwortungsvoll wäre.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1616902200

Thomas Silberhorn ist der nächste Redner für die

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Thomas Silberhorn (CSU):
Rede ID: ID1616902300

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Auch ich hätte mir einen anderen Ausgang des
Votums in Irland gewünscht. Ich habe mit vielen hier im
Haus die letzten Jahre damit verbracht, die Rolle des
Bundestages in europäischen Angelegenheiten zu stär-
ken. Wir wollten den Vertrag von Lissabon als Katalysa-
tor dafür. Auch deswegen bin ich über dieses Nein in
Irland enttäuscht. Ich bin aber genauso über die Kreativi-

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(C (D ät enttäuscht, die manche entwickeln, um dieses Votum n Irland zu umgehen. Wenn erzählt wird, 800 000 Iren önnten doch 500 Millionen Europäer nicht aufhalten, enn erzählt wird, die Iren sollten sich überlegen, ob sie ich nicht selbst zurückziehen, dann müssen wir sehr ufpassen, dass wir nicht den Eindruck erwecken, die ren sollten jetzt wegen unbotmäßigen Verhaltens isoliert erden. Wer das tut, setzt ein fatales Signal, gibt Wasser uf die Mühlen derjenigen, die Europa schon immer keptisch gegenüberstanden, und bestätigt alle diejenien, die in Irland mit Nein gestimmt haben. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP – Beifall des Abg. Dr. Diether Dehm [DIE LINKE])


ir sind mit dem Lissabon-Vertrag angetreten, um mehr
emokratie, mehr Bürgernähe in der Europäischen
nion zu verwirklichen. Wenn jetzt in Irland als dem

inzigen Land mit Volksabstimmung ein Nein erfolgt ist,
ann können wir nicht so tun, als müssten wir Irland
ünftig mit zwei „r“ schreiben; wir müssen dieses demo-
ratische Votum vielmehr uneingeschränkt respektieren,
uch wenn es schwerfällt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ch halte deswegen nichts davon, eine Strategie des
Weiter so“ zu verfolgen und einfach zur Tagesordnung
berzugehen. Im Gegenteil: Wir haben allen Anlass zu
iner kritischen Selbstreflexion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dieses Nein in Irland ist nach dem Nein in Frankreich
nd den Niederlanden zum Verfassungsvertrag bereits
as dritte Votum mit einem Nein. Deswegen ist das kein
infacher Ausrutscher,


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Das ist das Problem!)


ondern offenbar Ausdruck eines tiefsitzenden Misstrau-
ns gegenüber der Europäischen Union. Wir werden im
ahmen der Analyse dieses Votums mit den Iren spre-
hen müssen. Es fällt auf, dass es erneut diffuse Ängste
aren, die in dieser Kampagne in Irland eine große
olle gespielt haben: die Angst vor der Harmonisierung
er Unternehmensteuern, vor einer Liberalisierung von
btreibungen und anderes mehr. Alles das hat keinerlei
ezug zu dem Vertragstext, aber es ist doch bezeich-
end, dass man mit dem Argument, dass das mit dem
ertrag nichts zu tun hat, gar nicht durchgedrungen ist.

ch glaube, wir müssen selbstkritisch darüber nachden-
en, wie wir in der Europäischen Union tagtäglich Poli-
ik machen. Wenn nämlich die Institutionen der Europäi-
chen Union, von der Kommission über das Parlament
is zu den Ministerräten, Woche für Woche neue Vor-
chläge erarbeiten, die mit dem Vertragstext nichts zu
un haben, die die Kompetenzordnung nicht achten und
ie auch das Subsidiaritätsprinzip nicht ernst nehmen,
ann brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn wir sol-
hen Ängsten keine Argumente entgegensetzen können.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)







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(B) )


Thomas Silberhorn
Ich kann hundert Beispiele aus der Alltagspolitik der Eu-
ropäischen Union nennen, wo das der Fall ist: Die Aus-
weitung der Antidiskriminierungsgesetzgebung, die ak-
tuell in der Kommission und im Europäischen Parlament
diskutiert wird, geht weit über die Vertragsgrundlagen
hinaus. Die Kommission hat Vorschläge zum Katastro-
phenschutz unterbreitet,


(Dr. Angelica Schwall-Düren [SPD]: Jetzt machen Sie genau das, was wir nicht gebrauchen können!)


obwohl erst mit dem Vertrag von Lissabon die Rechts-
grundlage dafür geschaffen wird.

Und hat nicht die Kommission erst vor wenigen Wo-
chen ein Konsultationsverfahren über die Reform der
EU-Finanzen beendet, in dem alle Fragen über Steuerer-
hebungen der Europäischen Union aufgeworfen worden
sind, für die es keine Rechtsgrundlage gibt und die auch
Gegenstand der Debatte in Irland gewesen sind?

Meine Damen und Herren, wenn wir so vorgehen, be-
reiten wir den Nährboden, auf dem Ängste gedeihen
können, mit. Dann dürfen wir uns auch nicht wundern,
wenn die Befürworter des Lissabon-Vertrags dem nichts
mehr entgegenhalten können.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Die Europäische Union muss die ihr gesetzten Gren-
zen respektieren. Sie muss sich auf ihre großen Aufga-
ben konzentrieren, sich wieder in Selbstbeschränkung
üben und darf nicht alles und jedes selbst regeln wollen.
Das ist die grundlegende Voraussetzung dafür, dass
neues Vertrauen in die Europäische Union aufgebaut
werden kann.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich verkenne nicht, meine Damen und Herren, dass
gerade der Lissabon-Vertrag eine klarere Kompetenzab-
grenzung bringen und die Rolle der nationalen Parla-
mente bei der Kontrolle des Subsidiaritätsprinzips stär-
ken würde. Das gehört ja gerade zur Tragik dieses
aktuellen Diskussionsprozesses.

Eine erneute Abstimmung in Irland halte ich für ein
riskantes Unterfangen. Wenn die politische Botschaft
lautet: „Augen zu und durch!“, dann kann das doch ein
Gegner des Vertrages nur als eine Missachtung seines
Votums auffassen. Ich sehe wohl, dass ein solches Vor-
gehen bereits mehrfach gelungen ist. Und wir sollten zur
Kenntnis nehmen, dass selbst der irische Premierminis-
ter eine zweite Abstimmung ausdrücklich nicht aus-
schließt. Von daher haben wir keinen Grund, uns dieser
Möglichkeit zu begeben. Aber es muss klar sein, dass es
für eine zweite Abstimmung nur ein sehr schmales
Fenster gibt. Das funktioniert nur, wenn man am Ver-
tragstext selbst überhaupt nichts ändert. Jede Änderung
würde bedeuten, dass es sich um einen anderen Vertrag
handeln würde, der erneut in allen Mitgliedstaaten ratifi-
ziert werden müsste. Ob die irische Regierung das
durchsetzen kann, darf man durchaus mit einem Frage-
zeichen versehen. Denn bei der jetzigen Abstimmung ist
es ihr ja gerade nicht gelungen. Deswegen glaube ich,
dass wir ums Nachdenken nicht herumkommen werden.

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(C (D ch halte eine zweite Abstimmung für einen der gangbaen Wege, aber nicht für eine hinreichende Option – zual ein zweites Nein ein vollendetes Desaster wäre. Die er Hilflosigkeit sollten wir uns nicht ergeben. Auf der Suche nach Alternativen sind in den letzten agen viele theoretische Vorschläge erörtert worden. Mit iner zweiten Abstimmung auch eine Abstimmung über ie Mitgliedschaft Irlands in der EU zu verbinden, die uropäische Union ohne Irland umzugründen oder die ufforderung an Irland, sich zeitweilig zurückzuziehen ich halte das alles für abwegig. Die Iren haben nicht egen die Europäische Union gestimmt, sondern sie haen einen bestimmten Vertrag abgelehnt. Deswegen ist ine Isolationshaft oder ein Quasi-Rauswurf Irlands eine Antwort. So lässt sich kein Vertrauen in die Euroäische Union aufbauen. (Beifall bei der CDU/CSU – Zustimmung des Abg. Dr. Diether Dehm [DIE LINKE])


Wir müssen im Gegenteil als vorrangiges Ziel die
inheit der Europäischen Union bewahren. Denn der
ragmatische Weg ist seit Konrad Adenauer und Charles
e Gaulle immer der Erfolgsweg der europäischen Inte-
ration gewesen. Sie haben auch nicht das große Kon-
ept der Vereinigten Staaten von Europa angestrebt, son-
ern ganz konkret mit Kohle und Stahl begonnen. Aus
em gemeinsamen Erfolg ist am Ende mehr geworden.
ir haben mit dem Verfassungsvertrag und dem Lissa-

on-Vertrag ein anderes Konzept erarbeitet. Denn wir
aben auf eine Maximallösung gesetzt – auf die allum-
assende, fein austarierte Lösung, die alles auf einmal re-
elt. Wenn das Menü zu groß ist, dann müssen wir um-
enken und uns darauf zurückbesinnen, dass wir in der
uropäischen Integration mit kleineren, verdaulichen
chritten bisher immer vorwärtsgekommen sind.

Der Reformbedarf in der Europäischen Union bleibt
nbestritten. Die EU der 27 muss anders funktionieren
ls eine EU der 15 – insoweit bleiben die Inhalte des Lis-
abon-Vertrages aktuell. Aber wir sollten innehalten,
enn wir darauf zurückgeworfen werden, vorerst mit
em Nizza-Vertrag weitermachen zu müssen. Insoweit
alte ich auch nichts davon, dass die Kommission ausge-
echnet in dieser Woche die Beitrittsverhandlungen mit
er Türkei nochmals beschleunigt hat. Dafür gibt es
eine Grundlage. Die EU ist bis auf Weiteres nicht er-
eiterungsfähig.


(Beifall bei der CDU/CSU – Michael Roth [Heringen] [SPD]: Das gilt aber auch für Kroatien! Das muss man auch sagen! Das gilt dann für alle!)


s ist aber bezeichnend, dass die Kommission angekün-
igt hat, dass Kroatien möglicherweise 2009 oder 2010
eitrittsreif sein könnte. Das ist vielleicht ein Ausweg,
enn man gar nicht anders kann und uns die Fortsetzung
er Ratifizierung des Lissabon-Vertrages verwehrt sein
ollte. Mit dem Beitritt Kroatiens können wenigstens die
nstitutionellen Reformen erneut angegangen werden;
enn institutionelle Fragen müssen zwingend mit einem
eitritt in Angriff genommen werden. Wir werden uns
eiter Gedanken über differenzierte Formen der Integra-






(A) )



(B) )


Thomas Silberhorn
tion machen müssen. Offenkundig ist die Integrationsbe-
reitschaft der Mitgliedstaaten unterschiedlich, und wir
müssen dem Rechnung tragen, mit dem Ziel, dass die
Vielfalt innerhalb der Europäischen Union am Ende der
Einheit dient. Das alles steht jetzt freilich nicht im Vor-
dergrund.

Es ist auch deutlich zu machen, dass das irische Nein
die Europäische Union nicht handlungsunfähig macht,
auch wenn es manches erschwert. Doch der schönste
Vertrag nützt wenig, wenn er von den Bürgern nicht aus
freien Stücken und aus innerer Überzeugung mitgetra-
gen wird. Um genau diese innere Überzeugung müssen
wir uns bei jedem Integrationsschritt noch viel stärker
bemühen als bisher.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1616902400

Das Wort erhält nun der Kollege Michael Roth, SPD-

Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1616902500

Lieber Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolle-

ginnen und Kollegen! Europapolitiker brauchen in die-
sen Zeiten besonders viel Optimismus. Das fällt nicht
immer leicht. Die gegenwärtige Situation erinnert mich
manchmal an den Film „Und täglich grüßt das Murmel-
tier“. Man hat ein Projekt abgeschlossen, geht beruhigt
ins Bett, steigt am nächsten Morgen aus dem Bett und
stellt fest: Alles fängt noch einmal von vorne an, die
gleiche Mühsal, die gleiche Überzeugungsarbeit.

Aber wir sind gestählt; wir haben das nun schon über
eine ganze Reihe von Jahren gemacht. Vor sechs Jahren
hat der Verfassungskonvent seine Arbeit aufgenommen.
Leider müssen wir feststellen: Wir sind noch kein richti-
ges Stück vorangekommen. Daran sind nicht allein die
862 415 Iren schuld, die mit Nein gestimmt haben. Be-
reits seit Maastricht stockt der Ratifizierungsprozess. Es
hat immer wieder Neins gegeben – darauf ist eben schon
hingewiesen worden –, und wir haben immer wieder
pragmatische Lösungen gefunden. Wir haben Opt-outs
erklärt, wir haben Protokollerklärungen auf den Weg ge-
bracht, wir haben Reflexionsphasen ausgerufen.

Ich befürchte nur: Mit einem „Weiter so“ und der Su-
che nach kleinen Lösungen werden wir nicht mehr vo-
rankommen. Es hat sich schließlich Grundlegendes ge-
ändert. Der Integrationsprozess war immer reich an
Konflikten. Von Beginn an hat es einen Grundkonflikt
zwischen den Integrationisten und den Intergouverne-
mentalisten gegeben, also zwischen denjenigen, die eher
eine bundesstaatliche, und denjenigen, die eher eine
staatenbündische Ordnung wollten.

Daraus ist aber immer etwas Konstruktives entstan-
den, auch maßgeblich auf Initiative von Deutschland
und Frankreich. Sie haben Vorschläge gemacht, die für
die anderen Partner akzeptabel waren. Ob das aber jetzt
– bei einer Europäischen Union mit fast 500 Millionen
Bürgerinnen und Bürgern, bei einer Europäischen Union

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(C (D it 27 Mitgliedstaaten – noch trägt, daran habe ich, ofen gestanden, meine Zweifel. Diese Zweifel möchte ich umindest heute einmal zum Ausdruck bringen. Ich weiß: Viele wünschen sich die EU als eine Volksochschule. Ich will nichts gegen Volkshochschulen saen. Sie leisten einen wichtigen Beitrag. Aber sind wir irklich der Auffassung, dass die Iren möglicherweise ür den Vertrag von Lissabon gestimmt hätten, wenn an ihnen den Vertrag nur besser erklärt hätte? Jeder on uns weiß doch, wie schwierig, komplex und kompliiert föderale Strukturen sind. Wer von uns kann denn uf Anhieb das personalisierte Verhältniswahlrecht erlären? Wer von uns kann auf Anhieb die konkurrieende Gesetzgebung erklären? Wer von uns kann auf nhieb erklären, wann der Bundesrat zuzustimmen hat nd wann er eben nicht zuzustimmen hat? (Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Das können wir eigentlich schon!)


Trotzdem gibt es in Deutschland, in unserem födera-
en Staat, noch ein diffuses Grundvertrauen in die
olitik und in diesen Staat. Dieses diffuse Grundver-

rauen gibt es in weiten Teilen der Bevölkerung inner-
alb der Europäischen Union so offensichtlich nicht
ehr. Das ist auch unsere eigene Schuld. Da tragen wir
itverantwortung.

In einem Punkt ist die Europäische Union gelungen;
ie ist ein grandioses historisches Erfolgsprojekt – das
eiß die ältere Generation in unserem Land sehr genau –:
uropa als Friedensmacht. Europa hat Frieden und Si-
herheit auf den Weg bringen, garantieren können. Das
st alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Misslun-
en ist aber, dass sich die Europäische Union als sozia-
er Gestalter von Globalisierung etablieren konnte.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wir haben innerhalb der Europäischen Union – sei es
ei Entscheidungen des Rates, sei es bei Urteilen des Eu-
opäischen Gerichtshofes, sei es bei Initiativen der Euro-
äischen Kommission – leider ein zu marktradikales
enken: Das verunsichert, das ängstigt die Menschen.
ie haben den Eindruck: Die Europäische Union ist nicht
ehr Teil der Lösung, sondern Teil des Problems. – Hier
üssen wir ansetzen.

Der Vertrag von Lissabon sieht, auch wenn Sie von
en Linken etwas anderes behaupten, viele sozialpoliti-
che Bekenntnisse vor. Der Vertrag von Lissabon bein-
altet mehr soziale Grundrechte als das Grundgesetz.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


as ist gut, aber konkrete Projekte im täglichen Han-
eln, die den Menschen zeigen: „Es geht voran“, sind
esser.

Ich mahne uns alle zu ein bisschen mehr Demut in
ichtung Irland und auch zu mehr Selbstkritik. Wir alle

ehen den Splitter im irischen Auge, aber den Balken im
igenen Auge – das ist auch bei meinem Vorredner ein
isschen deutlich geworden – sehen wir leider nicht.


(Beifall der Abg. Dr. Angelica Schwall-Düren [SPD])







(A) )



(B) )


Michael Roth (Heringen)

Das Brüssel-Bashing bringt uns überhaupt nicht weiter.
Von Montag bis Freitag zu erklären, dass wir es mit ei-
nem Bürokratenmoloch zu tun haben und wir alle hier,
seien wir Regierungsvertreter oder Abgeordnete, macht-
los seien, dann jedoch am Sonntag die Sonntagsreden für
das ach so schöne, solidarische Europa zu halten, ist
nicht überzeugend; vor allem: Es stimmt auch nicht. Es
findet im Rahmen der europäischen Rechtsetzung kein
einziges Gesetzgebungsprojekt statt, ohne dass ein Mi-
nister, ein Staats- oder Regierungschef nicht beteiligt ist.
Schon jetzt verfügen die nationalen Parlamente über er-
hebliche Mitwirkungsmöglichkeiten. Wir werden sicher-
lich nicht alles, was in Brüssel erdacht und ersponnen
wird, verhindern können. Aber wir werden alles mitge-
stalten können, wenn wir es denn wollen. Daran, dass
dieser Wille überall vorhanden ist, habe ich manchmal
so meine Zweifel.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Ich weiß, dass der Appell ausgesendet wurde: Wir
versuchen jetzt, den Wagen, der feststeckt, wieder flott-
zumachen. Seid aber mit neuen Ideen zurückhaltend! –
Dennoch möchte ich dazu einladen, auch einmal etwas
Neues zu denken oder die eine oder andere Idee, die
schon seit geraumer Zeit in der Schublade liegt, wieder
hervorzuholen.

Ich sage jetzt meine persönliche Auffassung und ver-
trete damit nicht die Auffassung meiner Fraktion. Ich
weiß natürlich, dass wir das Ratifizierungsverfahren
nur einstimmig werden ändern können. Aber vielleicht
besteht die Chance, uns zukünftig darauf zu verständi-
gen, dass eine Ratifizierung möglich ist, wenn mindes-
tens vier Fünftel der Mitgliedstaaten zustimmen und
gleichzeitig in einem EU-weiten Referendum die Bürge-
rinnen und Bürger mehrheitlich zustimmen.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Hört! Hört!)


Die Mitgliedstaaten, die mit Nein gestimmt haben, ha-
ben dann die Option, aus der Europäischen Union auszu-
treten.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Warum beschimpft ihr uns als Opposition dann?)


Wir brauchen weiterhin kurzfristig pragmatische Lö-
sungen. Ich kann zum Beispiel nicht nachvollziehen,
warum man jetzt nicht erklärt: Bestimmte Teile des Ver-
trages, die uns wichtig sind, können schon jetzt in Kraft
treten. Warum sollte sich der Europäische Rat nicht da-
rauf verpflichten, dass das Wahlverfahren für den Kom-
missionspräsidenten nach den Regeln von Lissabon
stattfindet? Warum sollten sich die nationalen Parla-
mente gemeinsam mit der EU-Kommission nicht darauf
verständigen, dass schon jetzt die Mitwirkungs- und
Kontrollmöglichkeiten für die nationalen Parlamente
gelten? Warum sollten wir uns im Rahmen einer interin-
stitutionellen Vereinbarung nicht darauf verständigen,
dass die Grundpfeiler eines europäischen auswärtigen
Dienstes schon jetzt auf den Weg gebracht werden?
Diese Fragen sollten zumindest gestellt werden dürfen.
Vielleicht finden wir Bündnispartner in der Europäi-
schen Union, und vielleicht können wir eine neue Dyna-
mik entwickeln.

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(C (D Eine weitere Differenzierung, ob sie uns gefällt oder icht, ist zwangsläufig. Ein Flickenteppich ist nicht chön, aber mit Schengen, Prüm und Euro haben wir ihn chon jetzt. Ich baue immer noch darauf, dass eine große ehrheit der Mitgliedstaaten nicht nur einen Binnenarkt will, sondern wirklich eine politische Union, die m sozialen Bereich, bei der ökologischen Nachhaltigeit, bei der internationalen Solidarität und in der Auenund Sicherheitspolitik voranschreitet. Dafür werden ir möglicherweise diese bittere Pille einer weiteren ifferenzierung schlucken müssen. Für uns stellt sich ur die Frage: Wie können wir demokratische Legitimaion und Kontrolle gewährleisten? Wie können wir mögicherweise weitere Komplexität und Intransparenz verindern? Darauf müssen Antworten gefunden werden. as ist unser gemeinsamer Auftrag. Ich bin hoffentlich nicht naiv, aber ich bin und bleibe ptimistisch. Die Vision eines vereinten, demokratisch nd sozial verfassten Europas sollte noch nicht tot sein. ie EU wird sich deshalb neu gründen müssen. Dafür raucht es wahre Europäer. Ich bin mir sicher: Hier bei ns im Bundestag lassen sich einige finden. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616902600

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege

ckart von Klaeden, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Eckart von Klaeden (CDU):
Rede ID: ID1616902700

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es gibt

ie alte Weisheit, dass in jeder Krise auch eine Chance
iegt. Man wird sicherlich nicht sagen können, dass die
egenwärtige Krise der Europäischen Union so klein sei,
ass man in ihr nicht auch Chancen finden könne.

Es wurde heute darüber gesprochen, dass wir das Mo-
ell eines Europas der unterschiedlichen Geschwindig-
eiten im Sinne eines Kerneuropas ablehnen. Wir sollten
ber doch feststellen, dass es ein Europa der unter-
chiedlichen Befindlichkeiten gibt:

Wir haben zum einen die Gründungsstaaten des ge-
einsamen Europas, die aus den Erfahrungen des Zwei-

en Weltkrieges und des Kalten Krieges Souveränitäts-
erzicht als eine Voraussetzung für eine dauerhafte
riedensordnung begriffen und im Zuge dessen die Er-
ahrung gemacht haben, dass wirtschaftliche Koopera-
ion Voraussetzung für Wohlstand ist. Wenn wir in
eutschland über 60 Jahre soziale Marktwirtschaft spre-

hen, dann sollten wir auch darauf hinweisen, dass die
amit verbundenen Erfolge auf drei Säulen ruhten, näm-
ich zum Ersten auf der Säule der nationalen Entschei-
ung für die soziale Marktwirtschaft als Wirtschaftsord-
ung, zum Zweiten auf der Säule des Marshallplans und
um Dritten auf der Säule der europäischen Integration,
ie mit den Begriffen Europäische Wirtschaftsgemein-
chaft, Europäische Gemeinschaft und schließlich Euro-






(A) )



(B) )


Eckart von Klaeden
päische Union eng verbunden ist. Ohne die EWG wäre
das Wirtschaftswunder in Deutschland nicht möglich ge-
wesen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir haben zum anderen unter dem Gesichtspunkt der
unterschiedlichen Befindlichkeiten die Gruppe der
neuen Mitgliedstaaten, die sich noch sehr genau an die
Erfahrungen erinnern können, die mit dem erzwungenen
Souveränitätsverzicht im Warschauer Pakt verbunden
waren, und deswegen der Idee des freiwilligen Souverä-
nitätsverzichts skeptischer gegenüberstehen als wir.

Wir haben schließlich die Gruppe der neueren Mit-
gliedstaaten, zu der auch Irland gehört, die bisher außer-
ordentlich von der europäischen Integration profitiert ha-
ben, aber nicht wissen, was sie erwartet. Nirgends wird
das mehr deutlich als in dem Wahlkampfslogan, der in
Irland für eine Abstimmung mit Nein warb: „If you
don’t know, vote no!“

Wir müssen nun diese unterschiedlichen Befindlich-
keiten mehr zur Kenntnis nehmen und bei dem Werben
für Europa und unseren Begründungen dafür stärker auf
diese Bezug nehmen. Ein gemeinsames Ziel teilen je-
doch alle drei Befindlichkeiten: Der Integrationspro-
zess muss weitergehen. Wenn wir auf dem Stand des
Vertrages von Nizza verbleiben würden, dann müssten
wir mit einem Prozess der schleichenden Desintegration
Europas rechnen. Das wäre für alle drei Gruppen
schlecht, also für die alten Mitgliedstaaten wie zum Bei-
spiel Deutschland – wir sind ja Exportweltmeister wegen
der Europäischen Union –, für die neuen Mitgliedstaa-
ten, die in den Euro-Raum streben und vom gemeinsa-
men Markt ebenfalls enorm profitieren – das ist zum
Beispiel die Tschechische Republik, deren Bruttoin-
landsprodukt nämlich zu fast 20 Prozent direkt oder in-
direkt von Volkswagen abhängt –, und schließlich auch
für die exportabhängigen dynamischen Volkswirtschaf-
ten wie die in Irland, die nicht nur von den niedrigen
Steuersätzen profitieren, sondern gerade auch von den
Exportmöglichkeiten in die Europäische Union.

Wir müssen also klarmachen, dass die Europäische
Union gerade in ihrer Kombination die richtige Antwort
auf die Globalisierung ist. Sie ist nämlich der Raum, in
dem einerseits das europäische Sozialstaatsmodell wei-
terentwickelt werden kann und in dem andererseits dafür
gesorgt werden kann, dass Europa die Wettbewerbsfä-
higkeit erhält bzw. gewinnt, die erforderlich ist, um sich
im globalen Wettbewerb behaupten zu können. Deswe-
gen sind die Gegner des europäischen Sozialstaatsmo-
dells auch gegen die Europäische Union. Hier ist Groß-
britannien eine wesentliche Triebfeder. Aber es sind
auch diejenigen gegen die Europäische Union, die gegen
mehr Wettbewerb sind. Hier ist, wie ich finde, die Geg-
nerschaft der Linkspartei besonders zu greifen.


(Zuruf von der LINKEN: Na, na, na!)


Sie von der Linken sollten sich einmal die Frage stellen,
warum neben den verfassungsrechtlichen Ausführungen,
die Sie heute gemacht haben, sich die sozialpolitischen
Ausführungen, die Sie zur Europäischen Union machen,

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(C (D on den europapolitischen Ausführungen der NPD anchmal nur durch die Quellenangabe unterscheiden assen. (Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Oberflächlich! – Weitere Zurufe von der LINKEN)


Wir brauchen beides: Wir brauchen einerseits die
eiterentwicklung des Sozialstaates. Aber wir brauchen

ndererseits eben auch die Weiterentwicklung der Wett-
ewerbsfähigkeit, damit dieser Sozialstaat überhaupt er-
alten werden kann. Wir dürfen uns nicht auf den Kate-
orienfehler einlassen, der häufig gemacht wird, eine
ntwicklung innerhalb der Europäischen Union, die man
icht teilt, als Begründung für die grundsätzliche Euro-
agegnerschaft anzuführen. Angesichts der demografi-
chen und der wirtschaftlichen Entwicklung in anderen
eltregionen – in China, Indien, der ASEAN-Gruppe,
ussland – haben wir nur dann eine Chance, so weiterle-
en zu können, wie wir leben, wenn wir die Europäische
nion weiterentwickeln. Dafür braucht die Europäische
nion, meine ich, gerade nicht eine neue Phase der
elbstreflexion, sondern neue, frische Gedanken,


(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Frische Gedanken ohne Reflexion?)


ie über das hinausgehen, was zurzeit diskutiert wird,
um Beispiel die Frage, wie wir als Europäer stärker mit
iner Stimme in der internationalen Finanzwirtschaft
prechen können.

Wir müssen auch darauf achten, dass in Zukunft nicht
ehr so über Europa gesprochen wird, wie es viele unse-

er Kolleginnen und Kollegen im Alltag tun. Denn es ist
usdruck von Denkfaulheit, wenn man für Entscheidun-
en auf kommunaler, Landes- oder nationaler Ebene, die
an nicht zu begründen bereit oder in der Lage ist, im-
er wieder die wohlfeile Ausrede Europa findet. Wer so

rgumentiert, darf sich nicht wundern, dass, wenn es
arauf ankommt, die Europaskepsis in der Bevölkerung
esonders groß ist.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616902800

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über die Entschlie-
ungsanträge. Wer stimmt für den Entschließungsantrag
er Fraktion der FDP auf Drucksache 16/9633? – Wer
timmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Entschließungs-
ntrag ist mit den Stimmen der Fraktionen Die Linke,
PD und CDU/CSU bei Gegenstimmen von Bündnis 90/
ie Grünen und FDP abgelehnt.

Wer stimmt für den Entschließungsantrag der Frak-
ion Die Linke auf Drucksache 16/9634? – Wer stimmt
agegen? – Enthaltungen? – Der Entschließungsantrag
st bei Gegenstimmen der Fraktion Die Linke mit den
brigen Stimmen des Hauses abgelehnt.

Wer stimmt für den Entschließungsantrag der Frak-
ion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 16/9635? –






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Entschlie-
ßungsantrag ist mit den Stimmen der Fraktionen Die
Linke, SPD und CDU/CSU bei Gegenstimmen der Frak-
tionen Bündnis 90/Die Grünen und FDP abgelehnt.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 4 a und 4 b sowie
die Zusatzpunkte 1 und 2 auf:

4 a) Beratung der Unterrichtung durch die Beauftragte
der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge
und Integration

Siebter Bericht über die Lage der Auslände-
rinnen und Ausländer in Deutschland
– Drucksache 16/7600 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für Kultur und Medien

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Innenausschusses (4. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Sevim Dağdelen,
Ulla Jelpke, Jan Korte und der Fraktion DIE
LINKE

Für die zügige Vorlage eines qualifizierten Be-
richts über die Lage der Ausländerinnen und
Ausländer in Deutschland
– Drucksachen 16/5788, 16/7246 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Ralf Göbel
Dr. Michael Bürsch
Hartfrid Wolff (Rems-Murr)

Sevim Dağdelen
Josef Philip Winkler

ZP 1 Beratung des Antrags der Abgeordneten Sibylle
Laurischk, Dr. Max Stadler, Gisela Piltz, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Integrationskurse qualitativ verbessern und
entbürokratisieren
– Drucksache 16/9593 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Haushaltsausschuss

ZP 2 Beratung des Antrags der Abgeordneten Josef
Philip Winkler, Volker Beck (Köln), Monika
Lazar, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Das Parlament bei der Ausgestaltung des Ein-
bürgerungstests beteiligen
– Drucksache 16/9602 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

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(C (D Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für ie Aussprache eineinviertel Stunden vorgesehen. – Ich öre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Staatsinisterin Dr. Maria Böhmer. D Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und ollegen! Soeben haben wir über die Integration Euroas debattiert. Jetzt wenden wir den Blick unserem Land u. Es geht um die Integration der 15 Millionen Menchen, die nach Deutschland zugewandert sind und hier eben. Wir diskutieren jetzt auf der Basis des Lagebeichts über die Situation der Ausländerinnen und Ausläner in Deutschland, den ich im Dezember vorgelegt abe. Die Bundesregierung hat mit Beginn dieser Legislaurperiode drei entscheidende integrationspolitische eichenstellungen vorgenommen: Erstens. Die Integration wird aus dem Kanzleramt eraus gestaltet. Das ist Ausdruck der politischen Beeutung, die wir diesem Thema beimessen. Zweitens. Mit dem Nationalen Integrationsplan haben ir erstmals ein integrationspolitisches Gesamtkonzept orgelegt. Alle staatlichen Ebenen und die Zivilgesellchaft, aber vor allen Dingen die Migrantinnen und Miranten sind hier einbezogen. Wir gehen den Weg geeinsam; das ist unsere Maxime. Drittens. Der Innenminister hat die Deutsche Islamonferenz ins Leben gerufen und damit den Dialog mit em Islam in Deutschland auf eine neue Grundlage getellt. Mit diesen drei Ansätzen wird deutlich: Wir haben in er Integrationspolitik umgesteuert. Das war dringend otwendig. Wir setzen auf echte Partnerschaft und nicht auf falche Freundschaft, wie es in der Vergangenheit oft der all war. Die Zuwanderer haben mehr verdient als wohleinende Betreuung und Fürsorge. Wir wollen, dass alle n unserem Land den Weg gleichberechtigt gehen. Unser iel heißt deshalb: gleichberechtigte Teilhabe. ir setzen an bei der Verbesserung der Lebensund Areitsbedingungen: bei Bildung, Arbeit, Wohlstand, soialer Anerkennung und politischer Teilhabe. Auf diese ünf Felder kommt es an. Wir sagen mit allem Nachdruck: Integration ist nachaltig zu fördern, aber Integration ist auch zu fordern auf er Grundlage klarer Regeln und gemeinsamer Werte. Staatsministerin Dr. Maria Böhmer Wir gestalten in unserem Land eine werteorientierte Integrationspolitik. Wir können mit Fug und Recht sagen: So viel Bewegung war noch nie, um die zugewanderten Menschen in unserem Land zu integrieren. Was mich ganz besonders freut, ist, dass mir die Migrantinnen und Migranten selber das immer wieder bestätigen. Sie ergreifen die Chance und gestalten mit. Wir gehen diesen Weg gemeinsam. Jedes Jahr stellt der Bund für die Schlüsselaufgabe Integration rund drei Viertel Milliarden Euro bereit, allein für die Integrationskurse 155 Millionen Euro. Ich sage Ihnen: Das ist eine gute Investition in die Zukunft unseres Landes und in die Zukunft der hier lebenden Menschen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Dr. Maria Böhmer (CDU):
Rede ID: ID1616902900

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir haben es geschafft, dass ein Umdenken stattfin-
det. Ich möchte allen im Parlament danken, die daran
mitwirken. Es ist kein Raum mehr für irgendwelche ideo-
logischen Sichtweisen und für Schönfärbereien in den
Bereichen, wo Probleme existieren. Aber es dürfen auch
keine Probleme konstruiert werden, die nicht existieren.
Wir müssen ehrlich und sachlich sein, auf die Menschen
zugehen und ihre Herzen erreichen. Wir müssen die
emotionale Seite berücksichtigen. Das heißt, wir müs-
sen auch warmherzig sein. Es geht um das gute Zusam-
menleben in unserem Land. Wir benennen nicht nur die
Defizite, sondern rücken die Chancen in den Blick und
machen Mut, um die positiven Entwicklungen in unse-
rem Land zu verstärken.

Ich nenne ein Beispiel. Es gibt 600 000 Unternehme-
rinnen und Unternehmer ausländischer Herkunft in
Deutschland. Sie sind wichtige Vorbilder für die vielen
Menschen, die zu uns gekommen sind und hier leben.
Diese Unternehmerinnen und Unternehmer haben bei-
spielsweise den Gemüseladen der Eltern zu einer Super-
marktkette ausgebaut; sie haben Werbeagenturen gegrün-
det; sie führen inzwischen Unternehmen mit Umsätzen in
Millionenhöhe; sie haben 2 Millionen Arbeitsplätze in
Deutschland geschaffen. Das bedeutet, dass alle davon
profitieren. Deshalb sage ich: Erfolgreiche Integration ist
ein wirtschaftlicher und sozialer Gewinn für unser ganzes
Land.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Unterlassene Integration kommt uns alle teuer zu ste-
hen. Sie kostet jährlich 16 Milliarden Euro,


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eine späte Erkenntnis der Union!)


wie eine Studie der Bertelsmann-Stiftung belegt. Das
sind 16 Milliarden Euro zu viel.

Die Zahlen der Bertelsmann-Studie spiegeln sich
auch sehr deutlich im Lagebericht wider. Er ist im Kern
ein Bericht zur Lage der Integration. Wir haben bewusst
den Schwerpunkt auf Bildung, Ausbildung und Teilhabe

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(C (D m Arbeitsmarkt gesetzt; denn in diesen Bereichen entcheidet sich, ob Integration wirklich gelingt. Die Zahlen im Lagebericht basieren auf dem Mikroensus des Jahres 2005; das waren die aktuellsten Zahen, die verfügbar waren. Sie sind – das sage ich in aller eutlichkeit – alarmierend. 18 Prozent der Schülerinnen nd Schüler ausländischer Herkunft brechen die Schulusbildung ab. Wir wissen, dass sie kaum Chancen haen, in unserem Land eine gute Zukunft zu gewinnen. ur 8 Prozent schaffen das Abitur; das ist viel zu wenig. as Begabungspotenzial dieser Kinder und Jugendli hen ist deutlich höher. Diese Zahlen provozieren geraezu die Frage: Warum sind die Bildungsressourcen in nserem Land derart verkümmert, warum heben wir sie icht? Das darf uns nicht ruhen lassen. Als der Bildungsbericht in der vergangenen Woche orgestellt worden ist, mussten wir erneut feststellen, ass der Bildungserfolg in Deutschland an der ethnichen und sozialen Herkunft hängt. (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das liegt am dreigliedrigen Schulsystem!)


er Bundespräsident hat diese Situation in seiner Rede
ls beschämend bezeichnet. Das muss uns alle aufrüt-
eln. Wir müssen hier etwas ändern, vor allem im Bil-
ungssystem. Entscheidend ist aber auch, ob zu Hause
eutsch gesprochen wird und ob die Eltern ihre Kinder
irklich unterstützen können. Denn diese schlechten
ildungsergebnisse, die wir haben, schlagen auf die
usbildung und auf die Jobsituation durch. 40 Prozent

ller Jugendlichen ohne deutschen Pass bleiben ohne
egliche berufliche Qualifizierung. Ihr Risiko, arbeitslos
u werden, ist doppelt so hoch wie das der Deutschen.
ie Schlussfolgerung liegt auf der Hand: Wir müssen

lle Kraft in die Bildung stecken. Das muss die Maxime
ein. So handeln wir, seit wir den Nationalen Integra-
ionsplan vorgelegt haben.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich will Ihnen drei Punkte nennen, an denen wir mit
ochdruck arbeiten müssen:

Der erste Punkt ist: Wir müssen die Elternarbeit stär-
en; denn wenn wir auf ein gewisses Fundament im El-
ernhaus aufbauen können – Erziehung und Bildung be-
innen im Elternhaus –, dann lässt sich vieles im
indergarten und in der Schule leichter vollbringen.
eshalb habe ich in dieser Woche ein Gespräch mit der
räsidentin der Kultusministerkonferenz und den Mi-
rantenverbänden darüber geführt, welche weiteren
chritte wir gehen wollen, um zu einer wirklich aktivie-
enden Elternarbeit zu kommen.

Der zweite Punkt ist: alle Kraft in Bildung investie-
en. Wir brauchen eine stärkere individuelle Förderung
er Kinder und Jugendlichen. Deshalb habe ich die Ak-
ion „zusammen wachsen“ auf den Weg gebracht. Das
edeutet, bürgerschaftliches Engagement für bessere
ildung und Integration zu stärken. Alle Kraft in Bil-
ung heißt auch: Der Kindergarten muss zur Bildungs-
inrichtung werden; denn wenn die Kinder nicht schon






(A) )



(B) )


Staatsministerin Dr. Maria Böhmer
im Kindergarten Deutsch lernen, können sie in der
Schule nicht vorankommen. Deshalb gehören heute sys-
tematische Sprachförderung, Sprachstandstests und das
Verständnis anderer Kulturen dazu. Dafür müssen wir
die Erzieherinnen qualifizieren. Das unterstützen wir mit
der Qualifizierungsinitiative der Bundesregierung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Der dritte Punkt ist: Wir müssen die Lehrerinnen
und Lehrer besser auf die neue Schulwirklichkeit vor-
bereiten. Wenn wir in Schulen gehen, dann erleben wir
doch heute die Situation, dass nicht nur 30, 40 Prozent
der Kinder aus Zuwandererfamilien stammen. Hier in
Berlin sind es 80 bzw. über 90 Prozent. Viele, die Kinder
unterrichten, sind überhaupt nicht auf diese Situation
vorbereitet. Ich erinnere mich noch gut daran, welcher
Aufschrei durch Deutschland ging und welche Diskus-
sionen geführt wurden, als die Hoover-Realschule be-
schlossen hat, dass auf dem Schulhof deutsch gespro-
chen wird. Ich bin sehr froh, dass wir dieses Thema
hinter uns gelassen haben und dass heute alle wissen:
Deutsch als gemeinsame Sprache ist unverzichtbar.


(Beifall bei der CDU/CSU – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die haben sich darauf aber freiwillig verständigt!)


Ich appelliere mit allem Nachdruck an die Länder,
dass sie die Selbstverpflichtungen, die sie im Nationa-
len Integrationsplan eingegangen sind, mit Hochdruck
umsetzen; denn wir müssen die Lehrerinnen und Lehrer
stärker in die Lage versetzen, Deutsch als Zweitsprache
zu unterrichten. Wir brauchen mehr Lehrkräfte aus Zu-
wandererfamilien; denn sie sind die Brückenbauer. Wir
müssen die Zahl der Schulabbrecher dringend halbieren
und mehr dafür gewinnen, Abitur zu machen und auf
diesem Weg voranzugehen. Wir brauchen mehr Vorbil-
der. Dafür müssen wir gemeinsam noch besser werden
und alle Kräfte anstrengen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Zum Schluss will ich einen aktuellen Punkt in das
Blickfeld rücken. Bei all dem, was sich entwickelt hat
und wo in Deutschland ein Umdenken stattgefunden hat,
stoßen wir immer wieder auf eine Situation, die bei mir
den Eindruck erweckt, es gehe wieder zurück zum An-
fang. Wir treten gemeinsam dafür ein, dass wir Men-
schen, die zu uns gekommen sind, die volle Teilhabe am
politischen Bereich in unserem Land ermöglichen. Das
bedeutet auch, sie zu ermutigen, die deutsche Staats-
bürgerschaft anzunehmen; denn als deutsche Staatsbür-
ger haben sie die vollen Rechte und Pflichten. Ich werde
immer wieder dafür werben: Werde Deutsche, werde
Deutscher und nimm deine Rechte wahr! Aber damit die
Betroffenen das können, müssen sie Kenntnisse dessen
haben, was demokratische Regelungen in unserem Land
bedeuten. Sie müssen Kenntnisse von unserer Ge-
schichte und unserer gesellschaftlichen Ordnung haben.

Wenn ich jetzt erlebe, wie die Hilfestellung, die wir
geben wollen, nämlich Einbürgerungskurse – natürlich
gehört ein Einbürgerungstest dazu –, auf Kritik stößt,

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(C (D (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Kritik kam doch von Ihrem Koalitionspartner!)


o kann ich, wenn es heißt, selbst Deutsche könnten
iese Fragen nicht beantworten, nur sagen: Das ist kein
rgument gegen den Einbürgerungstest, sondern ein Ar-
ument dafür, dass wir die politische Bildung aller in un-
erem Land stärken sollten.


(Beifall bei der CDU/CSU – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das müssen Sie der SPD sagen, nicht uns!)


iejenigen, die davon profitieren werden, sind diejeni-
en Menschen, die zu uns kommen und die deutsche
taatsbürgerschaft erwerben.

Ideologen, Schönredner und Schwarzmaler, die es in
er Vergangenheit zur Genüge gab,


(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Gerade bei der CDU!)


aben nicht verstanden, dass Deutschland ein Integra-
ionsland ist. Wir werden den Weg der nachhaltigen Inte-
ration gemeinsam weitergehen; denn es geht um das
ohl der Menschen in unserem Land.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deutschland ist ein Einwanderungsland!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616903000

Für die FDP-Fraktion gebe ich das Wort dem Kolle-

en Hartfrid Wolff.

Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP):
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der et-

as verspätet vorgelegte Ausländerbericht erfüllt die Er-
artungen, die an ihn geknüpft wurden, teilweise gut,

eilweise aber nur bedingt. Einige Passagen sind gera-
ezu innovativ, andere hingegen zurückhaltend formu-
iert. Das Selbstlob der Regierung zum Nationalen Inte-
rationsplan steht zumindest in mancherlei Hinsicht im
iderspruch zur integrationspolitischen Debatte. Man

etrachte nur die dürren Ausführungen im Bericht zu
en illegalen Ausländern oder die politische Debatte, die
nfang dieses Jahres in Hessen stattgefunden hat; auch
as ist Realität.


(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Dr. Michael Bürsch [SPD] und Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Die neue Differenzierung und Definition „Menschen
it Migrationshintergrund“ ist grundsätzlich zu begrü-

en. Allerdings wird dadurch deutlich, dass nur ein be-
timmter Teil der Migranten zu Integrationsmaßnahmen
erangezogen wird.

Die FDP begrüßt, dass der Bericht den Wandel der Prio-
itäten in der migrationspolitischen Debatte konstatiert:
in zu Integration durch Bildung, deutsche Sprachkom-






(A) )



(B) )


Hartfrid Wolff (Rems-Murr)

petenz und berufliche Qualifikation. Erst der Neuansatz
in der Zuwanderungspolitik aufgrund des Zuwanderungs-
gesetzes hat es Deutschland ermöglicht, sich als Zuwan-
derungsland zu verstehen und entsprechende Anforde-
rungen an Migranten zu formulieren. Das ist kaum ein
Jahrzehnt her. Das Beherrschen der deutschen Sprache,
die uneingeschränkte Akzeptanz unserer Rechtsordnung
und der hier zugrunde liegenden Wertvorstellungen sowie
die Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte
und Kultur sind Voraussetzung dafür, hierzulande als In-
länder anerkannt zu werden. Die Bundesregierung hat
aber noch einiges zu tun, gerade bei der Sprachförderung.
Hier müssen wir dringend nachjustieren, zum Beispiel
bei den Integrationskursen. Ein entsprechender Antrag
liegt vor.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Ein Verzicht auf Negativsanktionen, wie die Linken
es immer wieder fordern, würde die Integration nicht
verbessern.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Die Einhaltung und der Vollzug des Ausländerrechts
sind wesentliche Bestandteile unserer demokratischen
Rechtsordnung. Integrationsbemühungen sind in großem
Maße von der Akzeptanz der Bevölkerung abhängig.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Wer Aufenthaltsrecht oder Staatsangehörigkeit zu billig
macht, entwertet sie. Darin würde sich ein Mangel an
Selbstachtung in unserer Gesellschaft ausdrücken, der
die Gesellschaft unattraktiv machen würde. Eine unat-
traktive Gesellschaft aber wird es schwer haben, Zuwan-
derer zur Integration zu motivieren. Deshalb muss der,
der Zuwanderer erfolgreich integrieren will, von der At-
traktivität Deutschlands überzeugt sein. Wer unseren
Staat, unser Land immer nur kritisch beäugt, kann nicht
erwarten, dass Zuwanderer sich mit diesem Land identi-
fizieren.

Zuwanderung ist ein Kompliment für Deutschland.
Wir sollten dieses Kompliment nicht entwerten, indem
wir unsere Erwartungen an Zuwanderer auf ein Maß re-
duzieren, das den Eindruck erweckt, dass wir diesen
Menschen nichts zutrauen. Wir sollten sie nicht als pro-
blembeladene Menschen ansehen, denen wir mit Mitleid
begegnen müssen.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sehr richtig!)


Ich meine, wir sollten sie als freie und kluge Köpfe ach-
ten, die große Anstrengungen unternehmen, um sich in
unsere Gesellschaft einzubringen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Zuwanderer haben unsere Gesellschaft in vielerlei
Hinsicht bereichert und tun es nach wie vor – wirtschaft-
lich, kulturell und menschlich. Wir brauchen sie.


(Beifall bei der FDP)


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(C (D ir sind auf Zuwanderung angewiesen, gerade auf die uwanderung von Hochqualifizierten und Fachkräf en. Der Ausländerbericht der Bundesregierung bestätigt n erfreulich deutlichen Worten, Herr Bürsch, dass in der teuerung der Arbeitsmigration in Deutschland eine bechtliche Lücke besteht. Es ist bemerkenswert, dass der orliegende Bericht ganz deutlich hervorhebt, dass die ürden für Fachkräfte viel zu hoch sind. Ich empfehle nsbesondere den Kollegen von der CDU/CSU, ihre ufmerksamkeit auf Seite 120 dieses Berichts zu lenen. er massive Fachkräftemangel, die demografische Enticklung, die internationale Arbeitsteilung machen eine lare Steuerung der Zuwanderung nach einem Punkteystem geradezu zwingend erforderlich; (Beifall bei Abgeordneten der FDP – Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Das haben wir alles schon gehört! Es wird durch Wiederholen nicht besser!)


(Rüdiger Veit [SPD]: Wir schließen uns an!)


enn das Punktesystem ist ein flexibles, transparentes
nd modernes System der Zuwanderungssteuerung.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die FDP-Fraktion hat hierzu in der letzten Sitzungs-
oche bereits das entsprechende Konzept vorgelegt.


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Die SPD auch!)


er sich einer modernen Zuwanderungssteuerung ver-
chließt, verschließt die Augen vor der Realität und
bersieht die Wachstumspotenziale der Zuwanderung.
ir brauchen in unserer Gesellschaft, aber auch für die
igranten eine klare Perspektive, klare Kriterien und

ine offene Willkommenskultur, die beidseitig akzeptiert
erden kann sowie die Rechte und Pflichten definiert.
ine moderne Zuwanderungssteuerung ist überfällig.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616903100

Nächster Redner ist der Kollege Rüdiger Veit, SPD-

raktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Rüdiger Veit (SPD):
Rede ID: ID1616903200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
ir debattieren heute mehrere Drucksachen, nämlich

en Siebten Bericht der Beauftragten der Bundesregie-
ung für Migration, den Antrag der Grünen zum Thema
taatsbürgerschaftstests – dazu wird der Kollege Bürsch
achher etwas sagen – und den Antrag der FDP – Herr
ollege Wolff, Sie haben ihn vorgestellt und begründet –
it dem Titel „Integrationskurse qualitativ verbessern

nd entbürokratisieren“.

Dazu möchte ich gerne einige wenige Bemerkungen
achen. Wenn mich nicht alles täuscht – Herr Kollege






(A) )



(B) )


Rüdiger Veit
Wolff, nehmen Sie es nicht persönlich, biologisch und
vom Dienstalter her sind Sie außen vor –, war es die
FDP, die nach dem Krieg in rund 40 Jahren Regierungs-
beteiligung in der Bundesrepublik das Hauptausmaß an
Defiziten in der Integration jedenfalls mitzuverantwor-
ten hat. Deswegen bin ich durchaus froh darüber, dass
Sie dieses Thema entdecken und versuchen, sich ihm auf
der Überholspur widmen. Dabei versuchen Sie uns zu
sagen, wie wir die Integrationskurse verbessern können.

Sie haben einige zustimmungswürdige Dinge ge-
nannt. Sie haben aber auch einige Dinge angesprochen,
bei denen wir keine Nachhilfe mehr brauchen. Das
BAMF wird – es ist schon im Begriff, das zu tun – die
Regelungen zur Fahrtkostenerstattung für Kursteilneh-
mer entbürokratisieren. Die beteiligten Behörden sind
inzwischen gut verzahnt und informieren sich – dazu
sind sie verpflichtet – untereinander. Ebenso gibt es
– hier sind wir um eine Verbesserung bemüht – eine so-
zialpädagogische und Kinderbetreuung.

Ein Punkt bleibt auch aus meiner Sicht verbesse-
rungswürdig. Sie wollen die Vergütung für die Integra-
tionskurse pro Stunde und Teilnehmer auf 3 Euro hoch-
setzen. Früher lag der Vergütungssatz bei 2,05 Euro. Die
Koalitionsfraktionen waren sich einig, dass das zu wenig
ist. Das BAMF hat den Satz bereits auf 2,35 Euro erhöht.
Wir könnten uns im Sinne einer noch besseren Qualität
der Kurse und im Sinne der Lehrer, die dort unterrichten,
einen Betrag von 2,50 Euro oder 2,75 Euro vorstellen.
3 Euro scheinen mir ein bisschen viel zu sein. Aber ich
bin guten Mutes, dass das BAMF hier von uns keine
Nachhilfe braucht.

Lassen Sie mich bei dieser Gelegenheit einmal fest-
stellen, Kollege Wolff: Die Behörde arbeitet auf diesem
Gebiet unter der Führung ihres Präsidenten Schmid ganz
hervorragend.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: So ist es! – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sozi lobt Sozi!)


Was noch wichtiger ist: Niemand, der bisher einen Inte-
grationskurs besuchen wollte – von den Verpflichteten
ganz zu schweigen –, ist deswegen abgelehnt worden,
weil Haushaltsmittel gefehlt hätten. Darauf werden wir
auch in der Zukunft achten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Noch einmal: Wir begrüßen Sie und Ihre Vorschläge.
Herzlich willkommen im Klub! Rot-Grün hat die Inte-
grationskurse mit dem Zuwanderungsgesetz geschaffen
nach dem Motto „Learning by Doing“. Ich sage es nicht
ironisch, Herr Grindel, sondern durchaus dankbar aner-
kennend, dass die CDU/CSU nun aktiv mit im Boot ist.
Die FDP ist im Begriff, ebenfalls mit ins Boot zu stei-
gen. Ich begrüße das. Frau Böhmer hat im Ergebnis na-
türlich recht: Unterlassene Integration kostet uns eine
Unsumme Geld. Aber: So viel Integration wie heute war
noch nie.

Ich will zum eigentlichen Bericht kommen und Ihnen
anhand von vier Baustellen zeigen, wo ich für diese Le-
gislaturperiode noch Handlungsbedarf sehe. Dabei lasse

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(C (D ch ausdrücklich kritische Bemerkungen außer Acht, as wir in der Koalition beim Thema Zuwanderungs echt und EU-Richtlinienumsetzungsgesetz gemeinsam etan haben bzw. tun mussten. Ich will keine rückwärtsewandten Debatten führen; Sie alle kennen das. Ich will ich vor allen Dingen auf vier Punkte konzentrieren, die och in dieser Legislaturperiode lösbar erscheinen oder m Sinne der Koalitionsvereinbarung der Lösung bedüren. Ich kann mich hierbei auf den Bericht der Beauftragen stützen. Frau Staatsministerin Professor Böhmer, ich in Ihnen und Ihren Mitarbeitern für diesen Bericht auerordentlich dankbar und anerkenne umso mehr den Inalt des Berichtes, als er sich in manchen Passagen, in enen dies in der Sache geboten ist, deutlich von der ehrheitsmeinung der CDU in einigen Bundesländern, ielleicht sogar in Ihrer eigenen Fraktion, wohltuend abebt. Ich begrüße das außerordentlich. Ich möchte dies in meinem ersten Punkt am Beispiel es Rückkehrrechtes für von Zwangsverheiratung beroffene junge Frauen und Mädchen festmachen. Sie chreiben hierzu zu Recht in Ihrem Bericht: Die Beauftragte wird sich auch für eine Verbesserung des Rückkehrrechts einsetzen. Aus ihrer Sicht käme es, wenn sich die Problematik der Heiratsverschleppung als quantitativ relevant und als rechtlich oftmals nicht lösbar das ist sie wohl auch nicht – verstetigen würde, vor allem darauf an, die Regelungen des § 51 AufenthG zu modifizieren. Nur der Fortbestand des Aufenthaltstitels garantiert den Opfern von Heiratsverschleppung die Möglichkeit der zügigen Rückkehr nach Deutschland, sobald sie sich aus ihrer Zwangslage befreit haben. In der Tat – das will ich hier in aller Deutlichkeit saen –: Wer sich die Bekämpfung von Zwangsverheiraungen im Inoder Ausland zum Ziel gesetzt hat, der arf nicht nur an Fragen des Nachzugsalters, des Ererbs vorheriger Deutschkenntnisse im Ausland oder as auch immer herumdoktern – entschuldigen Sie bitte as etwas abfällige Wort –, sondern muss sich, glaube ch, vor allen Dingen einmal den Opfern widmen (Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


nd sagen: Wenn eine junge Frau unter List, Drohung
der zunächst vielleicht auch freiwillig aus Deutschland
ns Ausland verbracht worden ist und dort durch Druck
u einer Verheiratung gezwungen wird, dann können wir
ls Gesetzgeber, als deutscher Staat nicht zulassen, dass
ie betroffene Person – das ist die geltende Rechtslage
hne Ausnahme; wir haben keine Härtefallregelung –
ach sechs Monaten ihr Aufenthaltsrecht verliert mit der
isslichen Folge, dass sie gar nicht mehr nach Deutsch-

and zurückkehren kann, um sich so aus ihrer Zwangs-
age zu befreien. Wer die Bemühungen im Interesse von
ungen Frauen und Mädchen, die von Zwangsheirat be-
roffen sind, ernst meint, der muss als Erstes genau an






(A) )



(B) )


Rüdiger Veit
dieser Stelle ansetzen und sagen: Selbstverständlich kön-
nen die betroffenen jungen Mädchen und Frauen nach
Deutschland zurückkehren. Hier sehe ich Handlungsbe-
darf.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Macht mal! Ihr seid ja in der Regierung!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616903300

Herr Kollege Veit, lassen Sie eine Zwischenfrage der

Kollegin Laurischk zu?


Rüdiger Veit (SPD):
Rede ID: ID1616903400

Gerne.


Sibylle Laurischk (FDP):
Rede ID: ID1616903500

Herr Kollege Veit, die Bekämpfung der Zwangsheirat

ist uns ein wichtiges Thema. Insofern möchte ich von Ih-
nen gern eine Einschätzung hinsichtlich der Bekämp-
fung der Zwangsheirat im Inland haben. Hier gibt es eine
auffällig geringe Anzahl von Verurteilungen. Die
Zwangsheirat steht unter Strafe,


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Von Rot-Grün unter Strafe gestellt!)


die Verfolgung hier vor Ort erscheint mir aber in zu ge-
ringem Maße stattzufinden.


Rüdiger Veit (SPD):
Rede ID: ID1616903600

Das mag so sein, Frau Kollegin, aber ich bitte um

Verständnis dafür, dass ich diese Frage nicht beantwor-
ten kann, da sie eigentlich an Staatsanwaltschaften und
Polizeien zu richten ist.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Frauen zeigen es nicht an, weil sie Angst haben, abgeschoben zu werden!)


Wir haben seinerzeit mit den erforderlichen Mehrheiten
dafür gesorgt, dass es einen entsprechenden Straftatbe-
stand in § 240 des Strafgesetzbuches gibt. Ich finde, es
wird zu Recht über die Frage diskutiert, ob wir diesen
Straftatbestand unter einer besonderen Überschrift im
Strafgesetzbuch hervorheben sollen, damit sich vor allen
Dingen potenzielle Täter über das, was sie zu tun beab-
sichtigen, noch einmal verschärft Gedanken machen.
Aber wie gesagt: Die Frage kann ich Ihnen bedauerli-
cherweise nicht beantworten. Ich bin jetzt hier in berufli-
cher Funktion im Deutschen Bundestag und nicht bei der
Staatsanwaltschaft.

Ich will mich einem zweiten Punkt zuwenden. Er be-
trifft die Frage des Umgangs mit sich hier bei uns in
Deutschland illegal Aufhaltenden. Dies ist eine Bau-
stelle, die einige von uns schon seit vielen Jahren be-
schäftigt. Es ist nach wie vor so, dass Ärzte und andere
in sozialen Berufen tätige Personen von Strafe bedroht
sind – auch wenn wir da eine gewisse Veränderung vor-
genommen haben –, wenn sie aus rein humanitären

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(C (D ründen sich illegal in Deutschland aufhaltenden Ausänderinnen und Ausländern helfen. Wir haben bei vieen staatlichen Stellen beklagenswerterweise immer och Übermittlungspflichten, die dazu führen, dass betimmte soziale Rechte oder auch das Recht auf Bildung on Kindern ausländischer sich illegal in Deutschland ufhaltender Personen nicht wahrgenommen werden önnen. Sie, Frau Professor Böhmer, schreiben zu Recht in Ihem Bericht unter anderem auf Seite 120, dass man dann, enn sich der Gesetzgeber nicht zu einem Handeln ent chließen sollte, Veranlassung hätte, im nachgeordneten ereich, also im Bereich der Verwaltungsvorschriften, u Veränderungen zu kommen und klar und deutlich zu agen: Wer sich illegal in Deutschland Aufhaltenden aus umanitären Gründen medizinische Hilfe leistet, macht ich nicht strafbar. Hier sind wir uns doch eigentlich alle inig. Frau Professor Böhmer, Sie haben völlig recht, wenn ie in Ihrem Bericht auch schreiben, dass Sie es für unrlässlich halten, Übermittlungspflichten im Bereich von chule und anderen Bildungseinrichtungen zu streichen, eil sich die Kinder sonst veranlasst sehen könnten, iese Möglichkeiten der Bildung nicht in Anspruch zu ehmen; das hätte übrigens auch Konsequenzen für ihre ntegration in Deutschland. Ich begrüße außerordentlich, dass sowohl die gesamte PD-Bundestagsfraktion als auch Teile der CDU/CSUraktion der Auffassung sind, hier müsse angesetzt und twas getan werden. Wir haben Ihnen unseren Vorschlag itgeteilt, dass man die Übermittlungspflichten aus rücklich auf solche Behörden und Stellen beschränken ollte, die mit der Gewährleistung der Einhaltung von icherheit und Ordnung beschäftigt sind, nicht aber auf olche Behörden und Stellen erstrecken sollte, die in den ereichen der Gewährung sozialer Rechte oder der Bilung tätig sind. Ich wäre froh, wenn wir an dieser Stelle eiterkommen könnten. Um eines klarzustellen: Selbst wenn einige von Ihnen uten Willens sind, (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer denn?)


in ich mir darüber im Klaren, dass eine Änderung der
echtslage leider auch deshalb scheitern könnte,


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: An den Innenministern der Länder!)


eil manche Länderinnenminister, auch solche aus mei-
er Partei, diesem Vorhaben nicht unbedingt positiv ge-
enüberstehen,


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Das ist der Punkt!)


bwohl sie zugleich sagen: Das alles ist bei uns über-
aupt kein Problem; das findet nämlich in der Praxis
icht statt.

Dem möchte ich entgegenhalten: Wenn das so ist,
ann kann man die geltende Rechtslage endlich mit dem,
as man in der Praxis tut, in Übereinstimmung bringen.






(A) )



(B) )


Rüdiger Veit
Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn wir an dieser Stelle
gemeinsam Fortschritte erzielen könnten. Im Bericht-
erstattergespräch haben wir ja bereits entsprechende Ver-
pflichtungen übernommen.

Ich will auf einen weiteren Punkt zu sprechen kom-
men, der in Ihrem Bericht, Frau Professor Böhmer, wie
die elektronische Suche zeigt, nur an einer einzigen
Stelle erwähnt wird: auf § 23 a des Aufenthaltsgesetzes,
die Härtefallkommissionen. Diese Vorschrift ist bis
zum 31. Dezember 2009 befristet. Die FDP hat dieses
Problem in einem Antrag, die Koalition in ihren Gesprä-
chen und Verhandlungen thematisiert. Ich glaube, wir
sind fast alle der Meinung, dass diese Regelung entfristet
werden muss.


(Beifall bei der FDP)


Wie wir wissen, haben mittlerweile alle Bundeslän-
der, zuletzt übrigens Bayern – zwar nicht gerade unter
großem Beifall der Landtagsfraktion; diese Maßnahme
ist aber durchaus ein Verdienst des damaligen Innenmi-
nisters Beckstein –, Härtefallkommissionen eingerichtet.
Was ihre Zusammensetzung und die Ergebnisse ihrer
Arbeit betrifft, muss ich sagen: Sie arbeiten nicht überall
nur zu meiner Freude. Im Übrigen bin ich ohnehin der
Meinung, dass eine Härtefallregelung im Gesetz, bei-
spielsweise in § 25 Abs. 4 oder Abs. 5 des Aufenthalts-
gesetzes, viel besser gewesen wäre als diese dem Gna-
denrecht nachgebildete Verfahrensweise. Da es nun
allerdings diese Möglichkeit gibt, sollten wir dafür sor-
gen, dass sie auch weiterhin genutzt werden kann.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Kollegen,
ich komme zum letzten Punkt. Frau Böhmer hat in ihrem
Bericht zu Recht festgestellt, dass wir es noch nicht ge-
schafft haben, das Problem der Kettenduldungen zu lö-
sen. Übrigens haben wir uns dies auch in unserer Koali-
tionsvereinbarung vorgenommen.

Die Innenminister haben durch Beschluss und wir im
Gesetz eine Altfall- und Bleiberechtsregelung geschaf-
fen.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616903700

Herr Kollege Veit, ich muss Sie daran erinnern, dass

Sie von nun an auf Kosten Ihrer Kollegen reden.


Rüdiger Veit (SPD):
Rede ID: ID1616903800

Ich dachte, dass ich mich noch im Zeitfenster zur Be-

antwortung der Zwischenfrage befinde.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616903900

Nein.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er antwortet auf die Zwischenfrage von vor sieben Minuten! Das ist interessant!)



Rüdiger Veit (SPD):
Rede ID: ID1616904000

Wenn dem nicht so ist, werde ich mich kurzfassen

und zum Schluss kommen. – Wir alle, die wir hier sitzen,
sollten überprüfen, wie sich diese Bleiberechtsregelung

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(C (D is zum Stichtag 30. Juni 2008 in der Praxis ausgewirkt at und wie vielen Menschen, die sich bereits sechs oder ehr Jahre in Deutschland aufhalten – vor allen Dingen: ie vielen Kindern, die zum Teil hier aufgewachsen nd/oder sogar hier geboren sind –, wir damit haben helen können. Dann sollten wir gemeinsam überlegen – Frau Staatsinisterin, hier haben wir auch Ihre Unterstützung; da ür möchte ich mich nochmals bedanken –, wie wir vieleicht noch in dieser Legislaturperiode dafür sorgen önnen, dass mehr Menschen begünstigt werden. Das jeenfalls wäre mein Wunsch. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und für ie Gewährung der zusätzlichen Redezeit. (Beifall bei der SPD – Dr. Michael Bürsch [SPD]: Wir bekommen dann zwei Minuten mehr!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616904100

Ich gebe das Wort der Kollegin Sevim Dağdelen,

raktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Sevim Dağdelen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616904200

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

erren!

Der alarmierende Befund, insbesondere im Hin-
blick auf die Zukunftsperspektiven von 1 Mio. aus-
ländischer Kinder und Jugendlicher im Bundesge-
biet, macht umfassende Anstrengungen dringlich,
um größten individuellen und gesamtgesellschaftli-
chen Schaden abzuwenden.

Dieses Zitat stammt nicht etwa aus dem vorliegenden
iebten Bericht über die Lage der Ausländerinnen und
usländer in Deutschland, ich zitiere den ersten Auslän-
erbeauftragten, Heinz Kühn, der diesen Appell schon
979 verfasst hat.

Es ist traurig, dass die Kernaussagen noch heute, fast
0 Jahre später, gelten, wobei wir mittlerweile von
Millionen Kindern und Jugendlichen sprechen müssen,

ie von der hässlichen Politik dieser Regierung betroffen
ind.


(Beifall bei der LINKEN)


Obwohl die wesentlichen Handlungsfelder und die
nackpunkte seit Jahrzehnten bekannt sind, hat sich im
eben der Migrantinnen und Migranten nicht viel verän-
ert. Die Zahlen – Frau Staatsministerin Böhmer hat
arauf hingewiesen – sprechen eine deutliche Sprache:
ber 17 Prozent haben keinen Schulabschluss, über
0 Prozent keine Ausbildung, über 70 Prozent keine
ualifizierung, ihre Arbeitslosenquote ist fast doppelt so
och wie die von Nichtmigranten.

Angesichts dieser Lage müsste die Bundesregierung
igentlich ein umfassendes Sofortprogramm vorlegen.
tattdessen bietet sie einen Bericht, der weder differen-
iert noch umfassend noch kritisch ist. Das steht im
iderspruch zu dem, was in der Vorbemerkung dieses






(A) )



(B) )


Sevim DaðdelenSevim Dağdelen
Berichts angekündigt ist. So setzt sich die weitgehende
Unkonkretheit der im Nationalen Integrationsplan der
Bundesregierung enthaltenen Maßnahmen im Bericht
über die Lage der Ausländerinnen und Ausländer fort.

Genau das wollten wir mit dem Antrag, den wir früh-
zeitig eingereicht haben, verhindern. Wir forderten den
Deutschen Bundestag ausdrücklich auf, die beabsich-
tigte inhaltliche Neukonzeption des Lageberichts abzu-
lehnen. Die Vermischung einer wissenschaftlich fundier-
ten Darstellung mit den Vorhaben der Bundesregierung
im Rahmen des Nationalen Integrationsplans haben wir
abgelehnt und wollten wir abwenden. Leider sind wir im
Innenausschuss, wo wir federführend darüber beraten
haben, nur von der FDP unterstützt worden.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Forderung finden auch wir richtig, wir wollten das allerdings nicht im Eilverfahren haben!)


Wir wollten einen Lagebericht, der dem Parlament als
Informationsgrundlage dient.

Die Bundesregierung versucht eine Integrationspoli-
tik zu gestalten, ohne zu analysieren, warum Migrantin-
nen und Migranten noch immer stark benachteiligt sind.
Keine Analyse der Missstände, keine Auseinanderset-
zung mit den Ursachen und mit den Folgen der Politik.
Da Sie, meine Damen und Herren, nicht in der Lage
sind, eine Analyse vorzulegen, will ich Ihnen dabei
gerne helfen: Ihre neoliberale Politik ist es, die immer
mehr Menschen in Armut treibt, Deutsche wie Auslän-
der und Menschen mit Migrationshintergrund.

Der kürzlich veröffentlichte 3. Armutsbericht der
Bundesregierung belegt dies eindrucksvoll. Demnach
sind Menschen mit Migrationshintergrund mit 28,2 Pro-
zent deutlich stärker als Deutsche von Armut betroffen.
Die Zahl der Niedriglohnbeschäftigten wächst: Mehr als
ein Drittel der Beschäftigten, 36,4 Prozent, haben einen
Verdienst unterhalb der Niedriglohnschwelle. Hier sind
Migranten aufgrund geringerer Qualifikationen über-
durchschnittlich vertreten. Viele müssen neben ihrem
Hauptberuf einer weiteren Beschäftigung nachgehen. Je-
der zehnte Minijobbeschäftigte – 64 Prozent sind Frauen;
so viel zu Ihrer Frauenpolitik! – war ein Ausländer. Viele
sind, wie ich erleben konnte, als Nokia sein Werk in mei-
nem Wahlkreis in Bochum schließen wollte, Leiharbeite-
rinnen oder Leiharbeiter.

Das heißt, die Armut hat trotz Arbeit zugenommen,
und sie nimmt bei Migranten verstärkt zu. Der beklagte
Anstieg der Armut trotz Arbeit und auch der Altersarmut
sind logische Folgen der Hartz-Gesetze, die dem Motto
„Jede Arbeit ist zumutbar“ folgten. Die Armut ist auch
eine Folge der Agenda-2010-Politik. Denn der Zeitraum,
den der 3. Armutsbericht der Bundesregierung abdeckt,
erstreckt sich im Wesentlichen auf die Jahre von 1998
bis 2005. Damit ist dieser Bericht sozusagen ein Armuts-
zeugnis für rot-grüne Politik.


(Beifall bei der LINKEN – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das trifft jetzt aber sehr!)


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(C (D Sie sagen immer wieder: Bildung entscheidet über eilhabechancen und über existenzsichernde Erwerbseteiligung. Mit Migrationshintergrund ist der Bildungstand geringer als ohne Migrationshintergrund, das estätigt der 2. Nationale Bildungsbericht der Bundesreierung. Dies wurde auch im Lagebericht ausgeführt. tatt aber Anregungen zur Überwindung dieser Situation u geben, finden sich im Lagebericht ähnlich leere Worte ie im Nationalen Integrationsplan. Integration wird zuehmend zu einem individuellen Problem der Menschen it Migrationshintergrund gemacht: Sie sollen besser eutsch lernen – mehr fällt Ihnen dazu nicht ein! – und ich mehr bilden. Von den genannten strukturellen Defiiten im Bildungssystem ist hingegen keine Rede. Es ist, ie der Sozialwissenschaftler Christoph Butterwegge egenüber der Frankfurter Rundschau gesagt hat, eine pure Heuchelei“, Bildung als Weg aus der Armut zu räsentieren, gleichzeitig aber nichts zu tun, um soziale leichheit herzustellen. Viele Themen werden im Lagebericht entweder nur m Rande angesprochen oder in fragwürdiger Weise darestellt: Es findet sich zum Beispiel kein Wort über das den ngehörigen eines Drittstaates nach wie vor verweigerte echt, an Kommunalwahlen teilzunehmen. Damit wird eines Erachtens ein zentraler Punkt der politischen eilhabe verweigert. (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stimmt!)


erade von dieser wird doch ansonsten immer so wort-
eich gesprochen. Sie sollen sich engagieren. Die Linke
agt: Wer von Integration redet, der muss den Menschen
uch gleiche Rechte geben, damit sie am gesellschaftli-
hen Leben auch partizipieren können.


(Beifall bei der LINKEN – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das klingt vernünftig!)


Im Lagebericht steht auch kein Wort über die Ver-
weiflung und Wut von Tausenden Frauen und Männern,
ie nicht mit ihrem Ehepartner zusammenleben können,
eil sie seit der Novellierung des Zuwanderungsgeset-

es im letzten Jahr durch die Anforderungen eines
prachtests an einer Einreise nach Deutschland gehin-
ert werden.

Es steht dort auch kein kritisches Wort zu den Zustän-
en in der Abschiebehaft und zu den durch das Richtlini-
numsetzungsgesetz erweiterten Möglichkeiten, Flücht-
inge zu inhaftieren.

Im Lagebericht steht ebenfalls kein kritisches Wort zu
en seit dem Jahr 2000 dramatisch gesunkenen Einbür-
erungszahlen. Es werden einfach die Durchschnitts-
erte der Einbürgerungszahlen in den Fünfjahreszeiträu-
en 1995 bis 1999 bzw. 2002 bis 2006 miteinander

erglichen. Schon kommt das passende Ergebnis für die
undesregierung heraus. Dass die aktuellen Einbürge-

ungszahlen unter dem Wert von 1999 liegen – also unter
em Wert von vor der sogenannten rot-grünen Reform –,
indet keinerlei Erwähnung.






(A) )



(B) )


Sevim DaðdelenSevim Dağdelen

(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was war daran „sogenannt“?)


– Weil die Bedingungen dadurch schlimmer wurden. –
Warum sollte die Bundesbeauftragte auch darauf hinwei-
sen, dass die Zahlen seit 2000 kontinuierlich gesunken
sind? Hier muss sich besonders auch die Sozialdemokra-
tie fragen lassen, was sie in zehn Jahren Regierungsver-
antwortung eigentlich getan hat.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616904300

Frau Kollegin, genau einer dieser Sozialdemokraten,

nämlich der Kollege Veit, würde gerne eine Zwischen-
frage stellen.


Sevim Dağdelen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616904400

Sehr gerne.


Rüdiger Veit (SPD):
Rede ID: ID1616904500

Liebe Frau Kollegin Dağdelen, ich wollte sie fragen,

ob Sie bei Ihren Ausführungen berücksichtigen könnten,
dass die Änderungen im Aufenthaltsgesetz, die wir mit
dem EU-Richtlinienumsetzungsgesetz vorgenommen ha-
ben, erst zum August des Jahres 2007 in Kraft getreten
sind und dass der Berichtszeitraum des hier und heute zu
debattierende Berichts der Beauftragten sich nur bis zum
November 2007 erstreckt. Mithin konnten in ihm keine
Auswirkungen dieser Gesetzesänderung berücksichtigt
werden.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Sehr gut!)



Sevim Dağdelen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616904600

Sie sind mir ein bisschen zuvorgekommen. Das ist be-

reits berücksichtigt worden, lieber Herr Kollege Veit.
Deshalb wollte ich auch sagen, dass die in dem Bericht
erwähnten Änderungen der Einbürgerungszahlen keine
Trendwende hin in Richtung mehr Einbürgerungen be-
deuten. Im August des letzten Jahres wurde durch das
Richtlinienumsetzungsgesetz – Sie haben das selbst
schon gesagt – auch das Staatsangehörigkeitsgesetz ge-
ändert, wodurch die vereinfachte bzw. erleichterte Ein-
bürgerung für unter 23-jährige Jugendliche oder Er-
wachsene – wie Sie wollen – weggefallen ist. Das heißt,
in nächster Zeit werden sich weniger Menschen einbür-
gern lassen können, als das aufgrund der erleichterten
Einbürgerung der Fall gewesen ist, die es 2006 noch gab.
Deshalb gehe ich davon aus, dass der Trend, dass die
Zahlen sinken, weiter anhalten wird.


(Beifall bei der LINKEN)


Herr Veit, vor allen Dingen an Sie möchte ich appel-
lieren – sofern ich weiß, sind Sie Mitglied der Sozialde-
mokraten –: Vergessen Sie jetzt, da Sie sich aktuell über
die Einbürgerungstests so sehr echauffieren, nicht, dass
Sie diese Regelung 2006 bei der Innenministerkonferenz
– zum Beispiel durch Ihren Innenminister Stegner oder
auch durch Innensenator Körting – mitbeschlossen ha-
ben


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Da hat sie recht! Wo sie recht hat, hat sie recht!)


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(C (D nd dass Sie sie auch im letzten Jahr bei der Änderung es Staatsangehörigkeitsgesetzes mitbeschlossen haben. (Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Ja, das stimmt auch!)


s ist im Moment so, wie wir das von der SPD kennen:
ie verhalten sich hinsichtlich der Einbürgerungstests
alsch und unaufrichtig. Für wie blöd halten Sie uns oder
uch die Menschen außerhalb dieses Parlaments eigent-
ich?


(Beifall bei der LINKEN – Fritz Rudolf Körper [SPD]: Das ist wirklich die Frage! – Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Wollen Sie eine Antwort?)


Hinsichtlich der Grünen, die einen Antrag vorgelegt
aben und meines Erachtens in die Falle der SPD ge-
appt sind, möchte ich anmerken: Vor allen Dingen Sie
on den Grünen sollten hier nicht immer den Mund so
oll nehmen und versuchen, sich als Gutmenschen zu
räsentieren.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist aber ein dicker Hund! Gerade Sie! So gut wie Sie können wir das gar nicht!)


ie tragen nämlich Mitverantwortung für die schlimme
ituation der Migrantinnen und Migranten wie auch der
eutschen in unserem Lande. Sie von den Grünen haben
ämlich für alles, was die Situation der betroffenen
enschen verschlimmert hat, genauso die Hand geho-

en.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt doch gar nicht! Wir haben doch letztes Jahr dagegen gestimmt!)


un versuchen Sie hier, den Gutmenschen zu geben, als
enn Sie nicht in der Regierung gewesen wären und
icht diese neoliberale Politik betrieben hätten, die zu
ehr Armut und auch zu mehr Bildungsarmut bei Mi-

rantinnen und Migranten geführt hat.

Nach wie vor verteidigt die Bundesbeauftragte die
erschlechterung für Flüchtlinge, die in der schwarz-ro-

en Koalition forciert wird. Es scheint sie nicht zu stören,
ass Menschen nun statt drei Jahre vier Jahre lang Leis-
ungen beziehen, die zwischen 15 und 35 Prozent unter
en vergleichbaren Regelsätzen liegen. Das bedeutet,
ass sie vier Jahre lang von 184,07 Euro im Monat leben
üssen. Das ist beschämend und muss ein Ende haben.
s ist ein Skandal. Wenn Sie von Teilhabe sprechen,
ann müssen Sie den Menschen auch die materiellen
oraussetzungen dafür zur Verfügung stellen.


(Beifall bei der LINKEN)


Insgesamt ist festzustellen, dass der Bericht eines
indrucksvoll zeigt: Es ging in den letzten Jahrzehnten
nd auch in den letzten Jahren nie wirklich um Teil-
abe und Integration von Migrantinnen und Migranten
der auch von Flüchtlingen in unserer Gesellschaft.
enn Sie Integration wollen, dann müssen Sie die not-
endigen Rahmenbedingungen schaffen. Bekämpfen
ie nicht die Migranten und Flüchtlinge! Schaffen Sie






(A) )



(B) )


Sevim DaðdelenSevim Dağdelen
gleiche Rechte! Betreiben Sie eine gerechte Bildungs-
politik, eine wirklich soziale Sozialpolitik und eine
gute Arbeitsmarktpolitik und kehren Sie von Ihrem
neoliberalen Irrsinn ab!


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616904700

Nächster Redner ist der Kollege Josef Winkler, Bünd-

nis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Frau Dağdelen, wenn ich Ihnen zuhöre, dann
kommt es mir vor, als würden Sie am Nordpol stehen.


(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Nein! In Absurdistan!)


Von dort aus geht es in alle Richtungen nach Süden. Sie
müssen ein bisschen zwischen den verschiedenen politi-
schen Positionen der Grünen und der Union in der Inte-
grationspolitik differenzieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Schauen Sie sich den Armutsbericht doch einmal an!)


Es gibt durchaus einige Unterschiede, die ich jetzt deut-
lich machen werde.

Wie beim Nationalen Integrationsplan werden auch
im aktuellen Lagebericht der Integrationsbeauftragten
Maßnahmen, die die rechtliche Beteiligung von Aus-
länderinnen und Ausländern fördern sollen, kategorisch
ausgeblendet. Bezeichnend ist zum Beispiel, dass im Be-
richt trotz des Umfangs von über 300 Seiten das Thema
„Einführung des kommunalen Wahlrechts für Auslän-
der“ in keiner Weise erwähnt wird, obwohl es hierzu ak-
tuelle Gesetzesinitiativen in Bundesrat und Bundestag
gibt. Maßnahmen und Vorschläge, wie die Einbürgerung
von Ausländerinnen und Ausländern gefördert werden
soll, werden ebenso verschwiegen. Das ist nicht gut.

„Erfolgreiche Integrationspolitik muss sich an klaren
Indikatoren messen lassen“, heißt es im Nationalen Inte-
grationsplan. Die Staatsministerin hat ja in der letzten
Woche ihre Vorschläge zu solchen wissenschaftlichen
Indikatoren vorgestellt. Aber man muss diese Vorschläge
noch einmal genau betrachten. Im Bildungsbereich
– das hat die Ministerin eben noch einmal gesagt – will
die Regierung in Zukunft messen lassen, wie hoch der
Anteil der 20- bis 24-jährigen Bürger mit Migrationshin-
tergrund ist, die nicht über einen Schulabschluss verfü-
gen. Was verrät uns das über die Erfolge von Integra-
tionspolitik? Erst einmal nichts! Richtig verstandene
Messindikatoren würden eben nicht nur die Migranten,
sondern auch die aufnehmende Gesellschaft in den Blick
nehmen. Es dürfte also nicht nur die Zahl der Schulab-
schlüsse berücksichtigt werden, sondern es müsste auch
systematisch und jährlich erfasst werden, welche spe-
ziellen Bildungsangebote und Angebote überhaupt zur
Förderung dieser Gruppe in den Bundesländern vorhan-
den sind bzw. ausgebaut werden.

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(C (D Im Bereich der Politik wird vorgeschlagen, den Aneil von Mandatsträgerinnen und Mandatsträgern mit igrationshintergrund im Deutschen Bundestag und in en Landesparlamenten als Indikator zugrunde zu legen. as ist ein völlig falscher Ansatz. Nicht das Zählen der öpfe hilft, sondern das Zählen der Angebote, die ge ielt für die Förderung des politischen Engagements von enschen mit Migrationshintergrund vorhanden sind. Seien wir ehrlich: Die meisten Abgeordneten mit Mirationshintergrund haben es nicht wegen der guten eutschen Integrationspolitik in die Parlamente gechafft, sondern obwohl es in diesem Land über Jahrehnte hinweg gar keine Integrationspolitik gab. Die nion war immer dagegen, aber jetzt will sie sich das, ofür Frau Dağdelen, ich und andere eintreten, ans Reers heften. Wir passen da erstens gar nicht hin, und das st zweitens etwas scheinheilig. Ich komme nun zu einem anderen Punkt, der in dem ericht angesprochen worden, nämlich das wichtige hema der Verhinderung von Zwangsverheiratungen. ier schlägt die Integrationsbeauftragte der Bundesreierung heute mutig Dinge vor, die sie im letzten Jahr ur geflüstert hat. Im Gesetzgebungsverfahren hätte sie as vortragen müssen. Aber sie hat sich nicht durchgeetzt. In dem Paket, das im letzten Jahr beschlossen urde, wurden die Hauptforderungen der Frauenund igrantinnenverbände – Verbesserungen beim eigen tändigen Aufenthaltsrecht und ein Rückkehrrecht für unge Frauen, die ins Ausland verschleppt wurden – icht aufgegriffen. Das muss man hier klar sagen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Kollege Veit, Sie haben eben auf die Zwischen-
rage von Frau Kollegin Laurischk, warum es so wenige
trafverfolgungen gibt, nicht antworten können. Das

iegt nicht nur an den Staatsanwaltschaften, sondern
uch daran, dass es zu wenige Anzeigen gibt; denn die
rauen müssen die Abschiebung fürchten, wenn sie An-
eige erstatten und das Scheidungsverfahren einleiten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP – Reinhard Grindel [CDU/ CSU]: Reiner Quatsch!)


Wenn das nicht stimmt, sollten Sie einmal mit den be-
roffenen Frauen reden.

Dass Sie, Frau Böhmer, dies erst jetzt im Lagebericht
ufgreifen und nicht schon im Gesetzgebungsverfahren,
eigt Ihre Durchschlagskraft. Es hilft nichts, dass Ihr
mt im Kanzleramt angesiedelt ist, wie Sie eingangs be-
erkt haben. Offensichtlich wäre es fast besser, wenn

hr Amt beim Innenministerium angesiedelt wäre; denn
ann fänden Sie mit Ihren Vorschlägen dort endlich Ge-
ör.

Das neue Gesetz ist auch im Bereich des Ehegatten-
achzugs, der geändert wurde, sehr fehlerhaft. Frau






(A) )



(B) )


Josef Philip Winkler
Böhmer, viele Beschwerden über die menschlichen Här-
ten, die diese Neuregelung produziert, müssten Ihnen be-
kannt sein. Hierzu heißt es aber im Kapitel „Nachweis
einfacher Deutschkenntnisse vor der Einreise“, dass man
eventuell entstehende Härtefälle „genau beobachten
muss“. Das ist nun wirklich zu wenig. Das ist ein Ar-
mutszeugnis. Sie sind doch die Anwältin der Auslände-
rinnen und Ausländer.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Dieses Gesetz gehört nicht genau beobachtet, sondern in
die Tonne gekloppt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es produziert am laufenden Band nur Härtefälle. Im Pe-
titionsausschuss, in dem ich Obmann meiner Fraktion
bin, stapeln sich die Eingaben aus allen Kontinenten die-
ses Planeten mit herzerweichenden Bitten von Ehepaa-
ren, die unter dem Schutz von Art. 6 des Grundgesetzes
endlich in Deutschland zusammenleben wollen. Hier
müssen Sie handeln. Es geht nicht darum, ein paar even-
tuell entstehende Härtefälle genau zu beobachten. Hier
muss nachgearbeitet werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)


Frau Staatsministerin, Sie reklamieren in Ihrem Lage-
bericht für sich – genauso wie in Ihrer Rede –, einen Pa-
radigmenwechsel in der Integrationspolitik eingeleitet
zu haben. Im aktuellen Bericht liest sich das wie folgt:

Der Bund geht dabei neue Wege einer aktivieren-
den und nachhaltigen Integrationspolitik, die die
Potenziale der Zugewanderten erkennt und stärkt
und nicht allein auf die Defizite fokussiert.

Eben haben Sie von einer falschen Freundschaft ge-
sprochen, die ehemalige Integrationsbeauftragte mit aus-
ländischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern eingegangen
seien. Dazu kann ich nur sagen: Das war keine falsche,
sondern eine echte Freundschaft. Wir sind stolz auf die
Leistungen von Marieluise Beck als Integrationsbeauf-
tragte der Bundesregierung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wenn Sie glauben, die für diese Woche geplanten
Treffen mit Migrantenverbänden absagen zu müssen,
weil diese Ihnen ein schlechtes Zeugnis ausgestellt ha-
ben, dann zeigt das, dass Sie mit Kritik nicht souverän
umgehen können. Zum Glück können Sie diesen Termin
hier nicht absagen. Im Parlament müssen Sie sich kriti-
sieren lassen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Der vorliegende Bericht zeigt, dass die Bundesregie-
rung bislang vor allem festzulegen versucht hat, was Mi-
grantinnen und Migranten in Deutschland lernen, re-
spektieren und befolgen müssen, bevor man bereit ist,
ihnen auf gleicher Augenhöhe zu begegnen. Das ist Inte-
grationspolitik mit erhobenem Zeigefinger. Mein Fazit
über den Bericht lautet daher: Er ist nicht ungenügend,

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(C (D ber die Versetzung ist stark gefährdet. Die Liste ließe ich weiter fortführen. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Fritz Rudolf Körper [SPD]: Oberlehrer!)


Herr Kollege Körper, das ist nicht oberlehrerhaft. Da-
ür wären Sie der geeignetere Kandidat. Zu diesem
chluss komme ich, wenn ich an Ihre Zeit als Staatsse-
retär im Innenministerium zurückdenke.


(Fritz Rudolf Körper [SPD]: Da haben Sie was gelernt, gell? Das ist gut so!)


Abgesehen davon, ob es überhaupt sinnvoll ist, den
rwerb gleicher staatsbürgerlicher Rechte von einem
est abhängig zu machen, stellt sich die Frage nach der
estaltung der Einbürgerungskurse. Es wurde mehr-

ach angesprochen, dass wir hierzu heute einen Antrag
orgelegt haben. Wir wollen sicherstellen, dass der
eutsche Bundestag und nicht der Beamtenapparat im

nnenministerium alleine entscheidet, wie die Einbürge-
ung in Deutschland zu geschehen hat und welche Wis-
ensgrundlagen vorhanden sein müssen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Kollege Körper, da helfen auch die Krokodils-
ränen aus der SPD-Fraktion überhaupt nichts: Sie haben
m letzten Jahr das Gesetz beschlossen, in dem steht,
ass die Regierung das mit einer Verordnung regelt. Der
orsitzende des Innenausschusses, der Kollege Edathy,
en ich sonst sehr schätze, kann mich überhaupt nicht
eeindrucken, wenn er jetzt sagt, diese Einbürgerungs-
urse gehörten in den Verantwortungsbereich des Parla-
ents. Sie als SPD hätten das im letzten Jahr nicht be-

chließen dürfen. Sie haben es aber gemacht, und das
uss man hier auch einmal sagen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Der Fragenkatalog wird endgültig erst Ende Juni im
nnenministerium vorliegen. Wir sind gespannt, ob es
uch deutschen Staatsbürgern gelingen würde, die Ein-
ürgerung nachträglich zu erlangen. Generell sagen wir:
an kann über Einbürgerungskurse reden, man muss

ber Härtefallregelungen schaffen, und man darf nicht
ur Gebildete, Akademiker und ähnliche Personen ein-
ürgern; auch Menschen aus bildungsfernen Schichten
üssen in Deutschland ein Recht auf Einbürgerung ha-

en, wenn sie unbescholten sind, lange hier leben und
ier integriert sind. Das muss berücksichtigt werden.
as werden wir uns genau anschauen. Offensichtlich ist

s der SPD nicht möglich, innerhalb der Koalition an
iesen Dingen teilzunehmen und darauf Einfluss zu neh-
en.


(Rüdiger Veit [SPD]: Schauen wir mal!)


as haben wir hier gesehen. Herr Kollege Veit hat hier
ine Rede gehalten, die eigentlich die Rede eines Oppo-
itionsabgeordneten war. Den Zuschauern will ich es er-
lären: Er ist Teil der Regierung und SPD-Abgeordneter.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In Verantwortung!)


Herzlichen Dank.






(A) )



(B) )


Josef Philip Winkler

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616904800

Ich gebe das Wort dem Kollegen Hartmut Koschyk,

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Hartmut Koschyk (CSU):
Rede ID: ID1616904900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Der Bundespräsident hat in seiner jüngsten Berliner
Rede zu Recht gesagt:

Je mehr wir für Arbeit, für Bildung, für Integration
erreichen, desto näher kommen wir allen dreien und
desto mehr kann unser Land die ganze Kraft entfal-
ten, die in ihm steckt.


(Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Der Bericht der Beauftragten für Migration und Inte-
gration, den wir heute hier im Parlament diskutieren,
macht deutlich: Der Politikwechsel in der Integrations-
politik, den diese Bundesregierung eingeleitet hat, hat
sich gelohnt. Deutschland ist auf einem guten Weg, Inte-
grationsland in Europa zu werden. Drei Kerngedanken
zeichnen den neuen Weg, den Deutschland in der Inte-
grationspolitik geht: Wir wollen miteinander, auch mit
den Migrantinnen und Migranten in unserem Land, über
bessere und gelingende Integration reden, nicht überei-
nander, wir wollen Probleme offen ansprechen und sie
nicht tabuisieren, und wir wollen deutlich machen: Inte-
gration ist eine Aufgabe von nationaler Bedeutung, die
alle angeht.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die CDU/CSU-Fraktion hat für diesen Weg wichtige
Anstöße gegeben. Wir haben zu einem Zeitpunkt, als das
– das muss ich leider so sagen – politisch auch in diesem
Hause noch diffamiert worden ist, gesagt: Sprache ist
der Schlüssel zu Integration.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ohne Beherrschen der deutschen Sprache kann es keine
gelingende Integration geben. Das ist heute politisches
Allgemeingut, das ist Konsens und dem Streit enthoben,
aber es hat lange gedauert, bis wir diesen Konsens in
Deutschland erreicht haben.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben es bekämpft! Das Zuwanderungsgesetz haben wir durchgesetzt!)


Unsere Fraktion hat den nationalen Integrationsgipfel
vorgeschlagen, unsere Fraktion hat den Nationalen In-
tegrationsplan vorgeschlagen, und der Nationale Inte-
grationsplan ist eben ein Dokument der Selbstverpflich-
tungen aller, die wir für gelingende Integration in
Deutschland brauchen. Deshalb ist es auch so wichtig
und richtig, Frau Staatsministerin, dass die Bundesregie-
rung ein Monitoring für Integration auf den Weg ge-
bracht hat; denn wir dürfen den Nationalen Integrations-

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(C (D lan und die Integration in Deutschland nicht sich selbst berlassen. Wir müssen immer wieder darauf achten, ass wir unsere selbst gesetzten Integrationsziele auch rreichen. Ich will deutlich machen, was uns als CDU/CSUraktion doch noch von anderen Fraktionen in diesem ause unterscheidet – das ist ja auch durch die Debatteneiträge der Linken und der Grünen deutlich geworden –: ir wollen aufhören, Konflikte und Probleme auf dem eg zu gelingender Integration in Deutschland zu ta uisieren. Denn diese Probleme und Konflikte mit leichgültigkeit und wohlfeilen Toleranzformeln zu berdecken, heißt, sie weiter schwelen zu lassen. Ich will das an den bis in diese Tage hineinreichenden ragischen Fällen wie dem jenes 16-jährigen Mädchens, as vor etwa vier Wochen in Hamburg von seinem Bruer getötet wurde, deutlich machen. (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer war da tolerant?)


ieses Mädchen kämpfte um sein Recht, sein Leben
ach eigenen Vorstellungen und nicht nach aufgezwun-
enen Traditionen zu leben. In unserem Land ist das eine
elbstverständlichkeit. Aber diesem 16-jährigen Mäd-
hen wurde der Wunsch nach einem individuellen Le-
ensentwurf tragisch verwehrt. Das kann nur heißen:
ir dürfen Themen wie patriarchalische Vorstellungen

nd Ehrenmorde nicht tabuisieren. Wir müssen auch
ffen über die dahintersteckenden falschen Traditions-
orstellungen sprechen, sonst lösen wir dieses Problem
icht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616905000

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

ollegen Winkler?


Hartmut Koschyk (CSU):
Rede ID: ID1616905100

Bitte, Herr Kollege Winkler.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Werter Kollege Koschyk, ich möchte Ihnen die Frage

tellen, ob Sie zuzugestehen bereit sind, dass das, was
ie gerade in Bezug auf Ehrenmorde und das Verbrechen
n dieser jungen Frau in Hamburg vorgetragen haben, in
iesem Hause allgemeiner Konsens ist und dem politi-
chen Streit nicht nur schon immer enthoben war, son-
ern auch in Zukunft enthoben bleiben wird?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Ich will diese Frage mit der Anmerkung verbinden,
ass Ihr Unionsminister Laschet einmal formuliert hat,
ass es nicht angehen kann, dass man bei Migranten im-
er von „Ehrenmorden“ und bei Deutschen immer von

Familientragödien“ spricht. Das ist ein Zitat von Herrn
aschet. Insofern meine ich, wir sollten diese Art von






(A) )



(B) )


Josef Philip Winkler
Auseinandersetzung gar nicht im Rahmen einer integra-
tionspolitischen Debatte führen. Mord steht in diesem
Land unter Strafe – egal, von wem er begangen wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Sibylle Laurischk [FDP]: Und hat mit Ehre nichts zu tun!)



Hartmut Koschyk (CSU):
Rede ID: ID1616905200

Lieber Kollege Winkler, ich möchte noch einmal

deutlich machen, worum es mir geht: Mit den Vorstel-
lungen, die hinter einem solchen Ehrenmord stecken,


(Ina Lenke [FDP]: Jetzt sagt er wieder „Ehrenmord“! Mord!)


ist zum Beispiel auch verbunden, dass die Gleichberech-
tigung von Mann und Frau in unserem Land oder auch
die Wertvorstellungen, die unserem Grundgesetz zu-
grunde liegen, in bestimmten Kreisen von Zuwanderern
in Deutschland nicht akzeptiert werden. Wir müssen da-
rum ringen, dass sich dies ändert.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sie haben die Frage nicht verstanden!)


Ich glaube, dass die Art und Weise, lieber Kollege
Winkler, wie die Grünen manchmal mit religiösen Tra-
ditionen in unserem Land umgehen – ich möchte nur die
Entscheidung in Ihrem bayrischen Landesverband nen-
nen, von der sich Ihr Spitzenkandidat in Bayern einen
Tag später distanziert hat,


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich schließe mich ihm an!)


nämlich Kreuze aus öffentlichen Einrichtungen in Bay-
ern zu entfernen –,


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das führt aber auch nicht zu Ehrenmord!)


nämlich Indifferenz im Hinblick auf die religiösen Prä-
gungen unseres Landes, so etwas auch ein Stück weit
Vorschub leistet.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Deshalb sollten Sie darüber nachdenken, wie Sie mit
der wertgebundenen Integration in unserem Land in Zu-
kunft umgehen wollen.

Ich sage das so deutlich, weil mich sehr beeindruckt
hat, was Charlotte Knobloch in einer bemerkenswerten
Predigt in München den jungen Migrantinnen und Mi-
granten in unserem Land gesagt hat. Sie beklagen ja
manchmal – das ist mit ein Grund dafür, dass sie in die
Fänge von religiösem Fundamentalismus geraten –, dass
in Deutschland christliche Grundwerte nichts mehr gel-
ten. Ich fand es sehr beeindruckend, dass die Präsidentin
des Zentralrates der Juden in Deutschland an junge Mi-
grantinnen und Migranten gewandt gesagt hat: Dieses
Land bietet auch durch den Gottesbezug im Grundgesetz
eine Wertgebundenheit und einen Wertebezug. Bringt
euch mit euren religiösen Überzeugungen in diesem
Land ein, aber achtet diese Verfassung, achtet die Werte

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(C (D ieses Landes und stellt nicht religiöse Überzeugungen ber den demokratischen Grundkonsens, wie er in unseer Verfassung angelegt ist. (Beifall bei der CDU/CSU – Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber die Urteile des Bundesverfassungsgerichts kennen Sie!?)


arum geht es. Auch darüber müssen wir debattieren.
ür mich ist all das, was im Nationalen Integrationsplan
nd im nationalen Integrationspakt angelegt ist, sehr
ichtig und entscheidend.

Ich will ausdrücklich den wichtigen Dialog würdigen,
en der Bundesinnenminister Schäuble mit der Deut-
chen Islamkonferenz auf den Weg gebracht hat. Es ist
in Dialog, den auch die Kirchen in unserem Land füh-
en. Ich sage sehr deutlich: Es gilt, zu erkennen, dass
an diesen Dialog bislang etwas blauäugig geführt hat.
enn wir nicht die Kernfragen „Wo endet religiöse To-

eranz? Wo ist die Achtung unserer Verfassung und der
er Verfassung zugrundeliegenden Werte unabding-
ar?“ beantworten, werden wir auch diese geistig-politi-
che Auseinandersetzung nicht gewinnen.

Ich will etwas zum Thema Bürgerengagement, das im
ntegrationsbericht angesprochen ist, sagen. Staatsminis-
rin Böhmer verweist in ihrem Bericht sehr eindrucksvoll
arauf, dass vieles, was in Deutschland zu gelingender In-
egration beiträgt, das Verdienst von Bürgerengagement
st. Wir wollen dieses Bürgerengagement weiter stärken.
ie nächsten Schritte werden auch darauf ausgerichtet

ein. Nur wenn die Bürgerinnen und Bürger begreifen,
ass dies eine Aufgabe ist, die nicht „von oben“, also
urch die Politik, sondern nur durch das Miteinander al-
er, also von unten, bewältigt werden kann, werden wir
ier weiterkommen.

Ich will in diesem Zusammenhang sagen, dass Inte-
ration in unserem Land nur gelingen kann, wenn die
ürgerinnen und Bürger das Gefühl haben, dass Zuwan-
erung nach Deutschland begrenzt und gesteuert wird.
ch bin der festen Überzeugung: Der politische Konsens,
en wir im Jahr 2005 durch die neue Zuwanderungsge-
etzgebung über Parteigrenzen hinweg erreicht haben,
at es möglich gemacht, über Integration in unserem
and etwas offensiver zu reden, Maßnahmen auf den
eg zu bringen und auch etwas für eine nachholende In-

egration zu tun. Wichtig ist für den Konsens die Über-
eugung der Bürgerinnen und Bürger, dass die Politik in
eutschland Zuwanderung begrenzen und steuern kann.

Ich will zum Schluss dieser Debatte deutlich sagen
wir haben heute früh über Europapolitik und den heute

eginnenden Europäischen Rat diskutiert –: Die Vorstel-
ungen zur Zuwanderungspolitik, vor allem zur Zuwan-
erung in den Arbeitsmarkt und zur Möglichkeit, durch
uwanderung demografische Probleme zu lösen, die die
U-Kommission in einer Mitteilung vom 17. Juni durch
en Kommissar Barrot geäußert hat, tragen nicht dazu
ei, das Vertrauen der Bürger zu fördern,


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der ist aber nicht bei den Grünen!)







(A) )



(B) )


Hartmut Koschyk
dass Zuwanderung mit Maß und Mitte gesteuert und be-
grenzt wird. Deshalb werden wir uns als CDU/CSU-
Fraktion


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ein Konservativer aus Frankreich!)


diesen Bestrebungen der Europäischen Kommission mit
aller Entschiedenheit widersetzen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dirk Niebel [FDP]: Tiefstes Mittelalter! – Rüdiger Veit [SPD]: Das haben Sie völlig falsch verstanden! Nachlesen bitte!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616905300

Nächste Rednerin ist die Kollegin Sibylle Laurischk,

FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Sibylle Laurischk (FDP):
Rede ID: ID1616905400

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr

Koschyk, um es noch einmal ganz deutlich zu sagen: In
diesem Land ist Gewalt gegen Menschen, insbesondere
gegen Frauen, bis hin zu ihrer Tötung keine Frage von
Ehre; vielmehr ist sie verboten, steht unter Höchststrafe
und ist eine Schande.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Aber über die geistigen Ursachen für so etwas müssen wir uns unterhalten!)


Wir beraten heute den „Siebten Bericht über die Lage
der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland“ zur
Kernzeit, weil es sich um eine zentrale Zukunftsfrage
Deutschlands und auch Europas handelt. Warum ist es
eine Zukunftsfrage? Deutschland ist eine schrumpfende
Nation. Es werden hier immer weniger Kinder geboren,
und ganze Landstriche veröden. Bei einer Geburtenziffer
von 1,3 Prozent sind wir – wie die anderen europäischen
Länder auch – nicht mehr in der Lage, Wachstum zu ge-
nerieren, was uns zu der Frage führen muss, wie wir
wirtschaftliches Wachstum als Grundlage unseres Wohl-
stands sichern wollen.

Ich will Ihr Augenmerk beim vorliegenden Bericht
auf zwei Punkte lenken: zum einen auf die Erwerbstätig-
keit der Bevölkerung mit Migrationshintergrund und die
damit verbundene Integration in den Arbeitsmarkt sowie
zum anderen auf die Integrationskurse.

Ich halte es für geradezu alarmierend, wenn in diesem
Bericht erneut festgestellt wird, dass die Arbeitslosen-
quote von Migranten doppelt so hoch ist wie in der deut-
schen Bevölkerung. Dieser Umstand hängt damit zusam-
men, dass fehlende oder unzureichende Berufsabschlüsse
und Qualifikationen den Zugang zum Arbeitsmarkt er-
schweren. Ich kann dies nur als Skandal bezeichnen.


(Beifall bei der FDP)


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(C (D Wir sind eine schrumpfende Gesellschaft, wir haben inen wachsenden Fachkräftemangel, und wir leisten es ns, eine ganze Bevölkerungsgruppe, nämlich die der ersonen mit Migrationshintergrund, für den Arbeitsarkt nicht fit zu machen. Es reicht mir nicht, dies mit er Aussage zu kommentieren, da bestehe vielleicht kein nteresse. Eine solche Aussage wäre zu billig. Wenn es m Bericht heißt, die Entwicklung des Erwerbspersonenotenzials sei dringend, dann kann ich dazu nur sagen, ass die Bundesregierungen seit zehn Jahren, egal ob ot-grün oder schwarz-rot, offensichtlich zu wenig getan aben, um diesen Mangel zu beheben. (Beifall bei der FDP – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und die 16 Jahre vorher?)


Interessant ist auch die Aussage, dass sich die Be-
chäftigung von Ausländern und Ausländerinnen nahezu
usschließlich auf den Westen Deutschlands einschließ-
ich Berlins konzentriert und in den ostdeutschen Bun-
esländern lediglich rund 37 000 ausländische Beschäf-

igte registriert sind, die damit dort nur 1 Prozent aller
eschäftigten stellen. Ich halte dies für eine bemerkens-
erte Feststellung – gerade angesichts der ausländer-

eindlichen Parolen, die hinsichtlich der Konkurrenz auf
em Arbeitsmarkt besonders in den östlichen Bundes-
ändern kursieren.

Geradezu absurd erscheint mir die mangelhafte Aner-
ennung ausländischer Berufsabschlüsse. Es werden
um Teil sehr gute Qualifikationen, die Migranten und
igrantinnen aus dem Ausland mitbringen, aufgrund

ürokratischer Hemmnisse nicht ausreichend gewürdigt.


(Beifall bei der FDP)


n dem Bericht wird davon ausgegangen, dass rund
00 000 zugewanderte Akademiker und Akademike-
innen keine Anerkennung ihres Abschlusses finden
nd deshalb keine ausbildungsadäquate Tätigkeit aus-
ben. Eine Verschleuderung von qualifiziertem Wissen,
ndem wir es uns nicht nutzbar machen, ist grotesk und
iderspricht dem Anspruch einer engagierten Integra-

ionspolitik.


(Beifall der Abg. Sevim Dağdelen [DIE LINKE])


Akademiker fühlen sich beschämt, wenn sie sich in
eutschland als Taxifahrer, Kellner oder Verkäuferinnen
iederfinden. Hier muss dringend etwas geschehen.


(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Sevim Dağdelen [DIE LINKE])


Ein anderes wichtiges Moment beim Thema Integra-
ionspolitik ist der Erwerb der deutschen Sprache. Zu
iesem Zweck wurden mit dem Zuwanderungsgesetz die
ntegrationskurse geschaffen. Sie müssen verbessert
erden. Wir haben zur heutigen Debatte einen Antrag
azu vorgelegt. Herr Veit, wenn Sie sagen, Sie hielten
ie Vorschläge für durchaus richtig, dann kann ich nur
ordern: Mehr Mut! Geben Sie 3 Euro pro Stunde – Sie
aben es gerade kommentiert –; dann wäre mit den Inte-
rationskursen tatsächlich etwas zu gewinnen.






(A) )



(B) )


Sibylle Laurischk
Das Niveau, das derzeit erreicht werden kann, näm-
lich B1, genügt nicht wirklich zum Eintritt in den Ar-
beitsmarkt. Das macht die Leute wieder nicht ausrei-
chend fit, um auf dem Arbeitsmarkt bestehen zu können.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Wir sind im Übrigen auch der Meinung, dass mit den
derzeit 600 Stunden, in bestimmten Fällen auch
900 Stunden nicht hinreichend fortgebildet werden kann
und der Spracherwerb nur dann tatsächlich gewährleistet
ist, wenn wir zu den 1 200 Stunden Deutschunterricht
zurückkehren, die früher üblich waren.


(Rüdiger Veit [SPD]: Für Spätaussiedler!)


Das Stichwort, das im Grünen-Antrag aufgegriffen
wird, können wir nur unterstreichen. Es ist an der Zeit,
im Bundestag gemeinsam, überparteilich Wege aus den
Fehlern der Vergangenheit zu suchen. Hierzu eignet sich
eine Enquete-Kommission zur Integration in hervorra-
gender Weise. Lassen Sie uns gemeinsam die Integration
ins Parlament holen!


(Beifall bei der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616905500

Ich gebe das Wort dem Kollegen Dr. Michael Bürsch,

SPD-Fraktion.


Dr. Michael Bürsch (SPD):
Rede ID: ID1616905600

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Ich stimme der Kollegin Laurischk ausdrücklich zu,
wenn sie eingangs sagte: Wir diskutieren heute eine zen-
trale Zukunftsfrage. Aus meiner Sicht hat das aber eine
ganz andere Bedeutung, als Sie es vorgetragen haben,
Frau Laurischk. Bei den vielen Debatten, die wir in den
letzten Monaten und Jahren über die Fragen Zuwande-
rung und Integration geführt haben, verstärkte sich im-
mer mehr mein Eindruck, dass wir inzwischen sehr stark
zu einer Binnendiskussion neigen, die sich durch Klein-
kariertheit, Hickhack, Mäkelei und Kritikasterei aus-
zeichnet, und dabei manchmal aus dem Auge verlieren,
welche Auswirkungen das hat, was wir sagen und wie
wir uns zu diesem nationalen Zukunftsthema verhalten.

Eine aktuelle Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung
gibt Anlass dazu, sich das einmal in Erinnerung zu rufen.
Sie kommt zu dem Ergebnis – das muss uns, wie ich
finde, nachdenklich machen –, das harmonische, tole-
rante und solidarische Zusammenleben von Deutschen
und Menschen mit Migrationshintergrund – manche Be-
troffene wählen lieber den Begriff „Menschen mit Ein-
wanderungsgeschichte“ –


(Ute Kumpf [SPD]: Zuwanderungsgeschichte!)


ist alles andere als selbstverständlich. Diese Studie mit
dem schönen Titel „Ein Blick in die Mitte“ wurde gerade
herausgegeben, mit aktuellen Daten aus dem Jahre 2006.

Angesichts der konkreten Ergebnisse sollten wir uns
einmal fragen, wie wir an dieses Thema herangehen und
welche Außenwirkungen all das hat, was wir hier ma-
chen. So heißt es in der Studie: 37 Prozent der Befragten

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(C (D einen, Ausländer kämen nur nach Deutschland, um en Sozialstaat auszunutzen. 39 Prozent finden Deutschand „in einem gefährlichen Maß überfremdet“. Die issenschaftler ziehen daraus das Fazit – an dieser telle muss man spätestens nachdenklich werden –: Zuehmend entwickelt sich in Deutschland eine neue Form es kulturellen Rassismus nach dem Motto: Die passen infach nicht zu uns. – Ich frage mich nun: Wo nehmen ir die Verantwortung wahr, die wir alle tragen, wenn ir uns mit diesem Thema beschäftigen? Ihnen, verehrte Frau Dağdelen, sage ich: Es ist ja chön und hat hohen Unterhaltungswert, wie Sie hier ber diese Themen diskutieren. Wie Sie mit den Fakten mgehen, liegt allerdings schon jenseits des Erlaubten. uch wenn Sie nicht alle Schlussfolgerungen dieses irklich umfänglichen Berichtes – er hat 200 Seiten – (Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Ich habe ihn da!)


nterschreiben können, so kommen Sie doch an den
akten nicht vorbei. Wenn Sie aber mit dem Faktum der
inbürgerungszahlen so umgehen, wie Sie es eben ge-
acht haben, dann können wir darüber nicht sachlich

iskutieren. Ihr Umgang mit diesen Zahlen ist unseriös
nd erweckt einen Eindruck, der mit dazu beiträgt, dass
n der Bevölkerung solche Haltungen eingenommen
erden, wie sie die Friedrich-Ebert-Stiftung nun eruiert
at.

Die Fakten lauten: Die Zahl der Einbürgerungen be-
rug im Jahre 1997, also vor zehn Jahren, 82 000. Im
ahre 2000 gab es mit 186 000 Einbürgerungen einen
öhepunkt. In den letzten Jahren, in den Jahren 2004,
005 und 2006 stabilisierte sich diese Zahl bei einer
rößenordnung von 125 000. Angesichts dieser Zahlen
ann man nicht von einem kontinuierlichen Rückgang
prechen. Auch mit manch anderen Fakten, die in die-
em Bericht enthalten sind und sorgfältig recherchiert
urden, sind Sie in ähnlicher Weise umgegangen. Das

st, bitte schön, keine Art und Weise, die der Verantwor-
ung gerecht wird, die wir bei diesem Thema tragen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616905700

Herr Kollege Bürsch, die Kollegin Dağdelen würde

erne eine Zwischenfrage stellen.


Dr. Michael Bürsch (SPD):
Rede ID: ID1616905800

Jede Menge.


(Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: Fang mit der ersten an!)



Sevim Dağdelen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616905900

Herr Bürsch, haben Sie auch zur Kenntnis genom-

en, dass ich gesagt habe, dass die steigenden Zahlen
es Jahres 2006 kein Anzeichen für eine Trendwende
ind, weil das Einbürgerungsrecht im letzten Jahr durch
ie Änderungen im Staatsangehörigkeitsgesetz, also zum






(A) )



(B) )


Sevim DaðdelenSevim Dağdelen
Beispiel den Wegfall der erleichterten Einbürgerung,
verschärft wurde?


Dr. Michael Bürsch (SPD):
Rede ID: ID1616906000

Verehrte Frau Kollegin, ich bleibe bei dem, was ich

eben gesagt habe: Sie drehen und wenden die Zahlen,
die in dem Bericht stehen, wie Sie wollen. Zum Teil zi-
tieren Sie sie auch falsch


(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Nein!)


und verwenden sie zu einer populistischen Polemik, die
den Tatsachen nicht entspricht. Die Zahl der Einbürge-
rungen hat sich in den letzten Jahren stabilisiert. Die Ur-
sachen dafür, warum die Zahlen so sind, wie sie sich hier
widerspiegeln, sind außerordentlich vielfältig. Das hätte
eine seriöse Analyse, die Sie an der Stelle einmal hätten
vornehmen sollen, sofort ergeben. Natürlich sind gesetz-
liche Vorschriften eine Ursache, aber daneben gibt es
noch viele, viele andere Ursachen. Es ist also absolut bil-
lig und populistisch, zu sagen, weil ein Punkt oder ein
Komma im Staatsangehörigkeitsrecht verändert worden
ist, wird alles schlechter; deswegen muss ich jetzt mit
dem Zeigefinger drohen.

Nein, meine Erkenntnis aus diesem Bericht ist:
125 000, das ist die Zahl, die sich jetzt offensichtlich sta-
bilisiert. Dann schauen wir weiter. Dann schauen wir
bitte auch sehr sorgfältig darauf, was die Ursachen sind.
Da würde ich als relativ seriöser Jurist nie wagen, nur
eine bestimmte Ursache auszumachen. Es ist ein vielfäl-
tiges Bündel von Ursachen.

Deshalb appelliere ich, gerade an Ihre Adresse, mit
diesem Thema sehr verantwortungsvoll umzugehen, vor
allem wenn ich die Erhebung der Ebert-Stiftung lese. Da
ist übrigens erschreckenderweise noch etwas anderes,
was heute nicht unser Thema ist, festgestellt worden,
nämlich eine wachsende Geringschätzung gegenüber
unserem politischen System schlechthin, gegenüber der
Demokratie. Dort heißt es:

Demokratie ist kein Sockel, der … als gesichert
gelten kann.

Darüber denken wir vielleicht einmal an anderer Stelle
nach.

Ich wollte zwei Bemerkungen zu dem Bericht ma-
chen, zum einen zur Staatsangehörigkeit und dann zu
den Einbürgerungen. Vor allem weise ich – besonders
mit Blick auf einen Grundkonsens in diesem Hause, bei
dem vielleicht wir alle zustimmen können, dass etwas
geschehen ist, was uns vorangebracht hat – darauf hin,
dass 1999, egal wer die Väter und Mütter dieser Ände-
rung sind, ein Paradigmenwechsel im Staatsangehö-
rigkeitsrecht stattgefunden hat und wir von dem alten
Prinzip der Abstammung von 1912 weggekommen sind
hin zu dem modernen Prinzip der Anknüpfung an den
Geburtsort. Das ist ein Riesensprung nach vorne gewe-
sen.


(Beifall bei der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D n der Stelle können wir einmal verharren und feststelen: Genau das haben wir gewollt, und das hat sich im inne einer Modernisierung unseres Landes bewährt. In dem Bericht steht an einer Stelle wunderbar – Frau öhmer, da schließe ich mich gerne an; das spricht auch ür die Offenheit dieses Berichtes – zur Mehrstaatigkeit ei Einbürgerung: Künftig können alle EU-Bürger sowie Schweizer unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit eingebürgert werden. uch das ist ein Fortschritt; das war nicht immer so. enn das so ist, stelle ich allerdings die Frage an alle itglieder dieses Hauses: Wenn wir anerkennen, dass es ie Republik nicht infragestellt, wenn EU-Bürger und chweizer mehrere Pässe haben und insofern auch mehere Identitäten, die dahinterstecken, warum öffnen wir as dann nicht generell? Dafür hat die SPD sich immer tark gemacht. as ist verunglimpft worden unter dem Stichwort „Dopelpass“. Aber es heißt im Grunde nur, wie in dem Beicht, Mehrstaatigkeit. Das akzeptieren wir; damit könen wir leben. Das ist im Zeitalter der Globalisierung, laube ich, auch nicht unbedingt zuviel verlangt. Jetzt kommen wir zur Frage des Einbürgerungstests. ie hat ja heute Morgen schon einige Gemüter bewegt. ch würde sagen: Lassen wir die Kirche im Dorf. chauen wir uns bitte einmal an – nur das hat die SPD esagt –, was er enthält. Ehe wir uns wie vor zwei Jahren ürchterlich erregen, dass da Gesinnungstests geplant ind, würde ich jetzt den Blick auf das richten, was tatächlich in der Pipeline ist. Vor zwei Jahren gehörte ich manche werden sich erinnern – mit zu den Kritikern ieses Tests, in dem Gesinnungsfragen gestellt wurden ie: Was halten Sie eigentlich von Homosexualität? önnen Sie damit leben, dass Ihr Vorgesetzter eine eibliche Person ist? – Das ist Aberwitz und hat nichts it dem zu tun, was ich mir von einem solchen Einbür erungstest verspreche, nämlich dass er ein Angebot an iejenigen ist, die bei uns leben wollen. Es ist völlig freiillig, dass man sich für Deutschland entscheidet. Nieand ist dazu gezwungen. Auf diese Weise kann jeder it dem vertraut gemacht werden, was es bei uns an rundsätzen gibt: Verfassung, Demokratie, Rechtsstaat ichkeit usw. Das ist das Angebot. Da kann ich mich wunderbar jemandem anschließen, er nicht verdächtig ist, in erster Linie unsere deutschen elange zu vertreten. Es ist der Vorsitzende des Zentral ats der Muslime. (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der ist aber Deutscher!)


(Zuruf von der SPD: Genau!)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


r hat gesagt: Ein feierlicher Akt, mit dem ein Einbürge-
ungswilliger seinen Beitritt zur Grundordnung der Bun-
esrepublik bekunde, trage zur Identitätsstiftung bei. Er
önne das nur gutheißen. Dieses Einbürgerungsritual sei,
enn es richtig verstanden werde und kein Gesinnungs-






(A) )



(B) )


Dr. Michael Bürsch
test sei, auch ein Stück Anerkennungskultur. So verstehe
ich das, was mit diesem Einbürgerungstest verbunden
ist.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616906100

Herr Kollege!


Dr. Michael Bürsch (SPD):
Rede ID: ID1616906200

Wir erkennen an, wenn jemand die deutsche Staatsan-

gehörigkeit haben möchte.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was sollen dann die Krokodilstränen von Herrn Edathy?)


Dann soll er, bitte schön, auch diese kleinen Vorgaben
erfüllen.

Danke schön.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616906300

Ich gebe das Wort dem Kollegen Reinhard Grindel,

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Reinhard Grindel (CDU):
Rede ID: ID1616906400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Kollege Bürsch, ich lade dazu ein, dass wir nichts
schönreden, aber auch nicht dramatisieren. Sie haben aus
einer Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung zitiert. In ei-
nem Artikel der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung
von heute wurde recherchiert, dass dieser Studie Gesprä-
che mit insgesamt 60 Personen zugrunde liegen und dass
allein fünf der zwölf Gesprächsrunden in Berlin und
Dresden durchgeführt worden sind. Der Journalist weist
nach, dass die Orte, an denen die Gespräche stattgefun-
den haben, praktisch schon die Ergebnisse präjudiziert
haben. In den Ländern Bayern und Niedersachsen bei-
spielsweise hat es überhaupt keine Gespräche im Rah-
men dieser Studie gegeben.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Hört! Hört! – Dr. Michael Bürsch [SPD]: Das ist die zweite Welle gewesen!)


Ich warne davor, auf der Grundlage einer so schmalen
Datenbasis ein Bild der Gesellschaft zu zeichnen. Das
will ich deutlich sagen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Michael Bürsch [SPD]: Es lag auch eine Untersuchung von 2006 vor!)


Wir sollten anlässlich dieser Debatte die Gelegenheit
nutzen, die Stimmung der Bevölkerung einmal aufzu-
nehmen. In diesen Tagen ist viel davon die Rede, dass
viele Fußballer unserer Nationalmannschaft einen Mi-
grationshintergrund haben. Diese Debatte ist ein guter
Anlass, einmal ein herzliches Wort des Dankes an die
vielen Trainer und Betreuer in den Sportvereinen zu
sagen, die hervorragende Integrationsarbeit leisten und
die „stille Stars“ der Integration in Deutschland sind.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Es muss eben nicht immer der Sozialpädagoge oder
er Migrationsforscher sein. Manchmal ist es eben auch
in Trainer, der so unendlich viel für ein friedliches Zu-
ammenleben in unserem Land tut, wenn er einem jun-
en Migranten zeigt, dass man sein Selbstwertgefühl
teigern und zusätzliche Anerkennung erfahren kann, in-
em man zum Beispiel in der B- oder C-Jugend Tore
chießt und damit glänzt, anstatt einen Mitschüler auf
em Schulhof zu verprügeln. Das sind täglich stattfin-
ende Integrationsleistungen in der Praxis. Warum reden
ir in diesem Haus nicht öfter darüber?


(Beifall bei der CDU/CSU – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Je mehr Tore, desto schneller einbürgern, was?)


Ich will zum Thema Fußball noch Folgendes anfüh-
en: Wenn man sich die Alltagssituation auf den Fußball-
lätzen anschaut, dann stellt man fest, dass sich auch
ort kleine Parallelwelten entwickelt haben. Wenn türki-
che, kurdische oder griechische Mannschaften gegen-
inander antreten, dann gibt es sehr viele Auseinander-
etzungen auf dem Platz, aber auch außerhalb des
latzes. Wir sollten uns daher überlegen, ob wir nicht
en DFB aufrufen sollten, eine Diskussion anzufangen,
m zu erreichen, dass in allen Sportvereinen sicherge-
tellt wird, dass Deutsche, Aussiedler und Ausländer ge-
einsam miteinander Sport treiben. Wir sollten einmal

berprüfen, ob es sein muss, dass es einen Spielbetrieb
it reinen Ausländervereinen gibt.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


uch diese kleinen Maßnahmen können ganz praktisch
ur Integration in unserem Land beitragen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer wollte denn Geld sparen?)


Lassen Sie mich ein Wort zu den kritischen Anmer-
ungen sagen, die von ein paar Kollegen zum Thema
erpflichtende Sprachkenntnisse vor dem Familien-
achzug gemacht worden sind. Ich bin zutiefst davon
berzeugt, dass wir die vom Gesetzgeber beabsichtigten
wecke auch erreichen. Es ist falsch, wenn hier der Ein-
ruck erweckt wird, dass etwa türkische Frauen die An-
orderungen an den Spracherwerb nicht erfüllen.

Das Goethe-Institut hat uns in der vergangenen Wo-
he noch einmal bestätigt, dass 80 bis 90 Prozent der
ursteilnehmerinnen die Sprachzertifikate erwerben.
er Rückgang beim Ehegattennachzug beruht darauf,
ass deutlich weniger Anträge auf Familienzusammen-
ührung gestellt werden. Das lässt für mich nur eine Be-
ertung des Vorgangs zu: Es gibt eine gewisse Zahl von
amilien, die eben darauf verzichten, Schwiegertöchter
uf dem Wege einer Zwangsehe nach Deutschland zu
olen, wenn diese Frauen Deutschkenntnisse haben und
amit in der Lage wären, sich auch Hilfe im Kampf ge-
en eine Zwangsehe zu beschaffen.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch Quatsch!)







(A) )



(B) )


Reinhard Grindel
Das ist meine Bewertung angesichts der gemachten Be-
obachtungen.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Schutz von Ehe und Familie gilt auch für Türken!)


Ich sage in aller Deutlichkeit: Wer die Gesetzgebung
in der Praxis nicht konsequent anwendet – die betroffe-
nen Frauen haben damit die Möglichkeit, sich durch das
Erwerben von Deutschkenntnissen vor dem Familien-
nachzug ganz praktisch Hilfe zu verschaffen –, der ver-
sagt im Kampf gegen Zwangsehen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie verhindern damit keine einzige Zwangsehe!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616906500

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

Kollegin Laurischk?


Reinhard Grindel (CDU):
Rede ID: ID1616906600

Ja, selbstverständlich.


Sibylle Laurischk (FDP):
Rede ID: ID1616906700

Herr Grindel, auch an Sie richte ich die Frage, inwie-

weit Ihnen bekannt ist, ob es bereits Fälle von Frauen
mit Sprachkenntnissen gibt, die nach einer Zwangsver-
heiratung in der Lage waren, eine Strafanzeige in
Deutschland zu stellen, und ob es daraus folgend eine
Verurteilung gegeben hat.


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Die Frage hat er nicht ganz verstanden!)



Reinhard Grindel (CDU):
Rede ID: ID1616906800

Ich muss den Zwischenruf von Herrn Bürsch aufneh-

men: Ich habe nicht ganz verstanden, worauf Sie hinaus-
wollen. Fragen Sie mich, warum so wenige Anzeigen
getätigt werden oder warum es zu so wenigen Verurtei-
lungen kommt?


(Ute Kumpf [SPD]: Die Frau Laurischk weiß selber nicht, was sie fragen will!)



Sibylle Laurischk (FDP):
Rede ID: ID1616906900

Meine Frage geht dahin, ob Sie die Vorstellung ha-

ben, dass die Kenntnis von 300 deutschen Wörtern bei
Einreise die zwangsverheiratete Frau tatsächlich in die
Lage versetzt, sich in Deutschland zu orientieren, um
dann Strafanzeige zu erstatten und daraus folgend eine
Verurteilung zu erreichen; denn Zwangsheirat steht unter
Strafe. Sind Ihnen solche Fälle bekannt?


Reinhard Grindel (CDU):
Rede ID: ID1616907000

Liebe Frau Laurischk, wir haben über dieses Thema

nun wirklich bei vielen Gelegenheiten diskutiert. Eine
Grundvoraussetzung dafür, Hilfe zu holen, ist doch, dass
man am Telefon zumindest sagen kann, wo man wohnt
und dass die Polizei kommen möge, um einen aus einer
bedrohlichen Notlage herauszuholen.

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(C (D (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das lernen sie doch auch so! Das war vorher auch so!)


ass diese Frauen das können, wenn sie einen Sprach-
urs besucht haben und über einfache Deutschkenntnisse
erfügen, ist doch ganz offensichtlich. Insofern sage ich
hnen: Jawohl, die Sprachkenntnisse, die diese Frauen
aben, reichen, um Hilfe zu holen und sich zu wehren.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und dann werden sie wieder abgeschoben zu ihrer Familie, die sie zwangsverheiratet hat!)


Vor allen Dingen: Wir stabilisieren diese Frauen mit
iesen Kursen. Es werden ja nicht nur Sprachkenntnisse
ermittelt. Es wird etwas über unser Land vermittelt. Es
ird vermittelt, dass Frauen und Männer gleichberech-

igt sind, dass man frei entscheiden kann, wie man leben
öchte. In den Goethe-Instituten und in vielen anderen
prachinstituten sind sehr sensible Kurslehrerinnen und
lehrer am Werk, die natürlich vor Augen haben, dass
an die Frauen stärken muss, wenn sie nach Deutsch-

and gehen wollen.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die sind doch gar nicht dazu ausgebildet! Das sind reine Sprachlehrer!)


ch finde, es ist zumindest ein Fortschritt – vielleicht
icht ganz optimal –, wenn wir diese Gesetzesänderung
etzt in der Praxis erfolgreich umsetzen. Das sollten wir
icht schlechtreden, liebe Frau Kollegin.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir sollten dies schon deshalb nicht schlechtreden,
eil es richtig ist, dass wir damit an die in Deutschland

ebenden Familien das klare Signal senden: Ohne
eutsch geht es nicht. Es kann doch nicht gut sein – Frau
inisterin Böhmer hat darauf hingewiesen –, dass viele
inder und Jugendliche die Schule ohne Abschluss ver-

assen und dass auch die Sprachkenntnisse bei Schulbe-
inn immer geringer werden. Wir sollten uns nicht damit
bfinden, dass es Familien gibt, die in Deutschland 20,
2 Jahre leben und trotzdem nur die Sprache des Her-
unftslandes sprechen. Diese Regelung soll ein Signal
n die Familien sein: Gebt den Kindern eine Chance auf
chulische und berufliche Entwicklung, indem ihr zu-
asst, dass Deutsch im Leben eurer Familie eine Rolle
pielt.


(Beifall bei der CDU/CSU)


enn es macht keinen Sinn, wenn die Kinder noch nicht
inmal den Lehrer an der Schultafel verstehen.

Angesichts der Kritik, dass wir in der Zuwanderungs-
olitik einen Paradigmenwechsel vornehmen, möchte
ch darauf verweisen, dass wir mittlerweile für viele
änder in Europa Vorbildcharakter haben. Die Rege-

ung, Sprachkenntnisse vor dem Familiennachzug vor-
uweisen, ist Teil des Asyl- und Einwanderungspakets,
as von der französischen EU-Präsidentschaft vorgelegt
orden ist.






(A) )



(B) )


Reinhard Grindel

(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil sie der Abschottung dient!)


Mittlerweile wird auch in anderen Ländern zu einer kon-
sequenten Steuerung geraten. Die Spanier zum Beispiel
haben gerade ein umfassendes Programm zur Rückfüh-
rung von Ausländern, die illegal in ihrem Land leben,
durchgeführt. Wir wirken hier absolut als Vorbild.

Ich habe mit dem Fußball begonnen und will damit
enden.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Realitätsfremd! Das war ein Eigentor! – Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was passiert heute Abend?)


Es sind doch schöne Bilder, wenn wir in diesen Tagen
immer wieder erleben, dass Autos durch die Gegend fah-
ren, die nicht nur von deutschen, sondern von deutschen
und türkischen Fahnen gemeinsam geziert werden. Ich
habe auch schon die Kombination deutsche und kroati-
sche Fahnen erlebt. Ich habe auch schon deutsche und
russische Fahnen gesehen.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe auch schon nur türkische gesehen!)


Diese Integrationsleistung ist umso höher zu bewerten,
als ich die Kombination deutsche und niederländische
Fahnen noch bei überhaupt keinem Auto – noch nicht
einmal bei einem Wohnwagen – gesehen habe.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616907100

Letzte Rednerin in dieser Debatte ist die Kollegin

Dr. Lale Akgün, SPD-Fraktion.


Dr. Lale Akgün (SPD):
Rede ID: ID1616907200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wenn man als Letzte redet, dann kommt man nicht da-
rum herum, einige Anmerkungen zu all dem, was zuvor
gesagt worden ist, zu machen. Zuerst zu Ihnen, Frau
Staatsministerin: Erst einmal vielen Dank für den guten
und informativen Bericht. Ich sage das deshalb aus-
drücklich, weil in diesem Bericht in der Statistik klar dif-
ferenziert und eine vernünftige Ursachenanalyse vorge-
nommen wird.

Meine zweite Anmerkung hängt mit Ihrer Rede zu-
sammen. Sie sagten, dass wir 15 Millionen Menschen
integrieren müssen. Frau Ministerin, in Deutschland le-
ben zwar 15 Millionen Menschen mit Migrationshinter-
grund, aber wir müssen Gott sei Dank nicht 15 Millionen
Menschen integrieren. Wo stünde Deutschland, wenn
wir 15 Millionen Menschen integrieren müssten? Das
müssen wir Gott sei Dank nicht.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Sibylle Laurischk [FDP])


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(C (D ir müssen diejenigen integrieren, die unserer Hilfe beürfen, weil sie sozial benachteiligt sind, (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir müssen ihnen helfen!)


nd nicht automatisch alle, die einen Migrationshinter-
rund haben. Ich denke, wir sollten die Sache etwas dif-
erenzierter sehen.

Frau Dağdelen, eine Anmerkung zu Ihrer Rede: Es
ag sein, dass die Integrationspolitik dieser Koalition an

er einen oder anderen Stelle kritisiert werden kann. In
ieser Koalition spricht aber keiner von „Fremdarbei-
ern“, die den deutschen Arbeitern die Arbeitsplätze
egnehmen, wie es Ihr Parteivorsitzender ab und zu
erne tut.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und der FDP – Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Nein, Sie wollen nur alle kriminellen Jugendlichen raushauen!)


Herr Koschyk, auch Ihnen möchte ich etwas sagen.

(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Ja, gerne!)


itte akzeptieren Sie, dass wir in den nächsten Jahren
uwanderung brauchen. Das ist Realität. Bitte verteu-

eln Sie die Zuwanderung nicht, sondern helfen Sie uns,
ie zu gestalten und zu steuern.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Steuern und begrenzen! – Gegenruf des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie ist doch schon begrenzt! Es kommt doch kaum noch einer!)


as ist wichtig. Wir dürfen uns nicht abschotten; denn
ir werden sehr bald in eine Lage kommen, in der wir
uwanderung brauchen.

Wir müssen die Zuwanderung gemeinsam gestalten
nd gemeinsam steuern.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Aber nicht die EU, sondern wir als Mitgliedstaaten!)


Das ist eine nationale Aufgabe.

(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Sehr richtig! Genau das hat er gemeint!)

iese Aufgabe werden wir uns nicht aus der Hand neh-
en lassen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Und nicht die EU durch die Hintertür!)


Meine Redezeit rennt davon. Ich möchte aber noch
uf drei Aspekte zu sprechen kommen, die ich im Zu-
ammenhang mit der Integration für substanziell halte:

Erstens: politische Partizipation. Ich glaube, nur wer
ich an dem politischen Entscheidungsfindungsprozess
n unserem Land beteiligen kann, macht sich kundig und
nformiert sich. Deswegen werbe ich dafür, dass wir, die
ir von Integration reden, dafür sorgen, dass Zugewan-
erte viel stärker an der Politik partizipieren und so in
ie Gesellschaft hineinwachsen können.


(Beifall des Abg. Dr. Michael Bürsch [SPD])







(A) )



(B) )


Dr. Lale Akgün
Die neue Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung mit dem
Titel „Ein Blick in die Mitte“ zeigt deutlich, wie
schwach das Demokratieverständnis in der Gesellschaft
verankert ist, und zwar nicht nur bei Zuwanderern, son-
dern in der gesamten Gesellschaft. Ich frage Sie: Wenn
schon viele Einheimische keine Lust auf demokratische
Entscheidungsprozesse haben, wie sollen dann Zuwan-
derer Feuer und Flamme dafür sein? Es ist an der Zeit,
dass wir offensiv um die Mitarbeit und das Engagement
von Migrantinnen und Migranten, um ihre Bürgertugen-
den werben.

Zweitens: Chancengleichheit. Ich glaube, es hört
keiner mehr hin, wenn man diesen Begriff nennt, weil
dieser Begriff zu einer Floskel verkommen ist. Im Kern
meint „Chancengleichheit“ die Möglichkeit des Men-
schen, ein Plätzchen in unserer Gesellschaft zu finden,
an dem er leben und zufrieden sein kann.


(Ute Kumpf [SPD]: Das muss schon ein Platz sein!)


– Ich wäre auch mit einem Plätzchen zufrieden.


(Ute Kumpf [SPD]: Was? Das ist aber bescheiden!)


Dazu gehören auch Aufstiegschancen. Die wiederum
sind ohne Bildung nicht möglich. Der Ausländerbericht
sagt glasklar: Migranten haben auch mit steigender Vor-
bildung schlechtere Chancen als die Menschen in der
deutschen Vergleichsgruppe. Das schafft Frust. Ich
glaube, wir müssen dafür sorgen, dass wir heute nicht
den Frust wachsen lassen, der uns morgen ins Gesicht
schlagen könnte. Der Ausländerbericht schlägt die rich-
tigen Instrumente vor. Darauf möchte ich jetzt aber nicht
näher eingehen, weil ich auf einen dritten Punkt zu spre-
chen kommen möchte.

Ich meine die Einbürgerung. Wir müssen endlich
begreifen, dass Einbürgerung nicht der Schlusspunkt ge-
lungener Integration ist,


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Doch!)


sondern ein Meilenstein mit Belohnungsfaktor auf dem
Weg in unsere Gesellschaft.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Nein!)


– Herr Grindel, dann werden wir nicht zusammenkom-
men.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Nein!)


Dann werden wir weiterhin unterschiedliche Positionen
haben. Sie haben ja immer noch die Vorstellung, die
Staatsangehörigkeit sei so etwas wie ein Doktorhut am
Ende der akademischen Ausbildung zum Diplomdeut-
schen. Diese Meinung teile ich nicht.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Michael Bürsch [SPD]: Schöne Formulierung!)


Der Ausländerbericht rechnet uns minutiös vor, dass
die Zahlen der Einbürgerungen in den Jahren 2002 bis
2004 und 2005 leicht gesunken sind. Mittlerweile haben

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(C (D ir wieder ein Niveau von ungefähr 124 500 Einbürgeungen erreicht. Wir sollten diese Anzahl unbedingt steiern; denn für einen lebendigen und attraktiven Indusrieund Dienstleistungsstaat reicht diese Zahl im ahr 2008 nicht aus. In Deutschland gibt es 7,5 Millionen Ausländer. 70 Proent davon haben die Voraussetzung, heute oder morgen ingebürgert zu werden. Aber sie tun es nicht. Ich frage ich, warum sie es nicht tun. Im Wesentlichen hat es etas damit zu tun, dass die Politik Einbürgerungen nicht erade erleichtert. Wir sollten nicht nur Einbürgerungen ür Eliten wollen. Wir sollten Einbürgerungen für alle ruppierungen wollen. (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr richtig!)


Ich habe das Gefühl, viele Einwanderer sind nicht da-
an interessiert, sich einbürgern zu lassen. Ich frage mich
chon, warum das so ist. Nehmen wir die Diskussion um
ie Einbürgerungstests. Darüber ist sehr viel gespro-
hen worden. Vielleicht macht es uns Spaß und beruhigt
nser Gewissen, wenn wir wie Günther Jauch Fragen in
ultiple-Choice-Manier stellen. Aber was wollen wir

amit erreichen, wenn wir Menschen fragen, wie viele
undesländer Deutschland hat? Manchmal kommt mir
eutschland wie eine Disco auf dem Land vor. Dieser
isco gehen zwar langsam die Gäste aus, aber sie leistet

ich trotzdem einen Türsteher.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Der hat auch manchmal mit Migrationsproblemen zu tun!)


ieser steht den ganzen Abend an der Tür und sagt den
ästen: Du kannst hinein, du nicht und du nur dann,
enn du mir sagst, wie viele Bundesländer Deutschland
at.


(Heiterkeit – Beifall der Abg. Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Natürlich muss man Interesse an einem Land haben.
an muss auch etwas über das Land, in dem man lebt,
issen.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich!)


b dieser Multiple-Choice-Test wirklich der richtige
eg ist, Wissen und Interesse abzufragen, möchte ich

ezweifeln. Ich finde die Initiative der Integrationsbe-
uftragen für ein bundesweites Integrationsmonitoring
ehr viel sinnvoller. Ein Mensch, der sich zurechtfindet
nd nach den Gesetzen unseres Landes lebt, ist inte-
riert. Wir müssen doch zusehen, dass wir die Kompe-
enzen, die jeder in seiner Umwelt und in seinem Umfeld
raucht, vermitteln und jedem die Möglichkeit geben,
ich einbürgern zu lassen.

Ein weiterer Punkt, den ich sehr wichtig finde:
eutschland scheint nicht für alle Menschen attraktiv zu

ein. Wo sind die Menschen, die sagen: Das ist mein
and, manchmal verzweifle ich zwar an diesem Land,
ber unterm Strich fühle ich mich hier sauwohl; ich bin
ereit, für dieses Land einzustehen?






(A) )



(B) )


Dr. Lale Akgün

(Zurufe von der SPD und der CDU/CSU: Hier!)


– Ich kann zwar auf mich selber zeigen, aber ich möchte,
dass diese Haltung in der Gesellschaft immer mehr An-
hänger findet. Warum blicken so viele Zuwanderer in
ihre Heimatländer? Ist das pure Nostalgie? Da kann ich
die USA ja nur beneiden.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616907300

Frau Kollegin, ich muss Sie darauf aufmerksam ma-

chen, dass Ihre Redezeit abgelaufen ist.


Dr. Lale Akgün (SPD):
Rede ID: ID1616907400

Ich komme sofort zum Schluss. – Ich möchte, dass

wir den Ausländerbericht zum Anlass nehmen, über die
Attraktivität unseres Landes nachzudenken. Dabei spie-
len nicht nur Ziffern und Zahlen eine Rolle, sondern die
gelebte Attraktivität unseres Landes und die Frage, wie
wir das gemeinsam vorleben. Wir müssen den konstruk-
tiven Diskurs miteinander suchen. Darum möchte ich
Sie alle bitten, unser Land noch attraktiver zu machen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Fritz Rudolf Körper [SPD]: Mehr Discotheken aufs Land!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616907500

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Innenaus-
schusses zu dem Antrag der Fraktion Die Linke mit dem
Titel „Für die zügige Vorlage eines qualifizierten Be-
richts über die Lage der Ausländerinnen und Ausländer
in Deutschland“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Be-
schlussempfehlung auf Drucksache 16/7246, den Antrag
der Fraktion Die Linke auf Drucksache 16/5788 abzu-
lehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschluss-
empfehlung ist mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/
Die Grünen und CDU/CSU bei Gegenstimmen der Frak-
tion Die Linke und der Fraktion der FDP angenommen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 35 a bis 35 h sowie
Zusatzpunkte 3 a bis 3 d auf:

35 a) Erste Beratung des von den Abgeordneten
Dr. Rainer Stinner, Birgit Homburger, Elke Hoff,
weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Än-
derung des Bundesbesoldungsgesetzes

– Drucksache 16/9317 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Verteidigungsausschuss
Haushaltsausschuss

b) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Sta-
bilisierungs- und Assoziierungsabkommen
zwischen den Europäischen Gemeinschaften
und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der
Republik Albanien andererseits

– Drucksache 16/9395 –

(C (D Überweisungsvorschlag: Auswärtiger Ausschuss Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz c)

gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-
rung von Vorschriften über das Deutsche Rote
Kreuz

– Drucksache 16/9396 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

d) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-
rung des Bundeskindergeldgesetzes

– Drucksache 16/9615 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Haushaltsausschuss mitberatend und gemäß § 96 GO

e) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab-
kommen vom 12. November 2007 zwischen
der Bundesrepublik Deutschland und der De-
mokratischen Volksrepublik Algerien zur Ver-
meidung der Doppelbesteuerung und zur Ver-
hinderung der Steuervermeidung und
Steuerhinterziehung auf dem Gebiet der Steu-
ern vom Einkommen und vom Vermögen

– Drucksache 16/9561 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss

f) Beratung des Antrags der Abgeordneten Patrick
Döring, Jörg Rohde, Horst Friedrich (Bayreuth),
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Änderung des § 34 a der Straßenverkehrs-Zu-
lassungs-Ordnung – Mobilität von Rollstuhl-
fahrern verbessern, Sicherheit nicht vernach-
lässigen

– Drucksache 16/8545 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Tourismus

g) Beratung des Antrags der Abgeordneten Horst
Friedrich (Bayreuth), Jan Mücke, Patrick Döring,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Keine Sperrung der Inntal-Autobahn für
Lkw-Transitverkehre

– Drucksache 16/9095 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

h) Beratung des Antrags der Abgeordneten Josef
Philip Winkler, Volker Beck (Köln), Monika






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
Lazar, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Schutz für Flüchtlinge aus Myanmar

– Drucksache 16/9444 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

ZP 3 a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Horst
Meierhofer, Michael Kauch, Angelika
Brunkhorst, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der FDP

Barrieren für die Einführung der CCS-Tech-
nologie überwinden – Voraussetzungen für
einen praktikablen und zukunftsweisenden
Rechtsrahmen schaffen

– Drucksache 16/9454 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Horst
Friedrich (Bayreuth), Patrick Döring, Hans-
Michael Goldmann, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der FDP

Masterplan Güterverkehr und Logistik
grundlegend überarbeiten

– Drucksache 16/9460 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Tourismus
Haushaltsausschuss

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Brigitte
Pothmer, Markus Kurth, Katrin Göring-Eckardt,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Rechte von Arbeitssuchenden stärken – Kom-
petentes Fallmanagement sicherstellen

– Drucksache 16/9599 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Haushaltsausschuss

d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulrike
Höfken, Cornelia Behm, Nicole Maisch, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Rahmenbedingungen für Milchmarkt verbes-
sern – Faire Erzeugerpreise für Milch unter-
stützen

– Drucksache 16/9601 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Haushaltsausschuss

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(C (D Es handelt sich um Überweisungen im vereinfachen Verfahren ohne Debatte. Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen an ie in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu berweisen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der all. Dann ist die Überweisung so beschlossen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 36 a und 36 c bis 6 i sowie Zusatzpunkte 4 a und 4 b auf. Es handelt sich m die Beschlussfassung zu Vorlagen, zu denen keine ussprache vorgesehen ist. Tagesordnungspunkt 36 a: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der grenzüberschreitenden Forderungsdurchsetzung und Zustellung – Drucksache 16/8839 – Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses – Drucksache 16/9639 – Berichterstattung: Abgeordnete Michael Grosse-Brömer Dirk Manzewski Mechthild Dyckmans Wolfgang Nešković Jerzy Montag Der Rechtsausschuss empfiehlt in seiner Beschlussmpfehlung auf Drucksache 16/9639, den Gesetzenturf der Bundesregierung auf Drucksache 16/8839 in er Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, ie dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimen wollen, um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – nthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist bei Enthaltung er Fraktion Die Linke mit den Stimmen des Rests des auses in zweiter Beratung angenommen. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – egenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf st damit in dritter Beratung mit demselben Stimmenverältnis wie in zweiter Beratung angenommen. Tagesordnungspunkt 36 c: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung richtung durch die Bundesregierung Mitteilung der Kommission Erster Bericht über die Anwendung der Rechtsvorschriften zum einheitlichen Luftraum: Ergebnisse und künftiges Vorgehen KOM – Drucksachen 16/8135 Nr. 2.17, 16/9322 – Berichterstattung: Abgeordneter Christian Carstensen Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner Der Ausschuss empfiehlt, in Kenntnis der Unterrichtung eine Entschließung anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koalition bei Enthaltung der Opposition angenommen. Wir kommen zu Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses. Tagesordnungspunkt 36 d: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 425 zu Petitionen – Drucksache 16/9434 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Sammelübersicht 425 ist mit den Stimmen des ganzen Hauses angenommen. Tagesordnungspunkt 36 e: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 426 zu Petitionen – Drucksache 16/9435 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Sammelübersicht 426 ist mit den Stimmen von SPD, CDU/CSU und FDP bei Enthaltung der Grünen und Gegenstimmen der Linken angenommen. Tagesordnungspunkt 36 f: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 427 zu Petitionen – Drucksache 16/9436 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Sammelübersicht 427 ist mit den Stimmen des ganzen Hauses angenommen. Tagesordnungspunkt 36 g: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 428 zu Petitionen – Drucksache 16/9437 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Sammelübersicht 428 ist bei Gegenstimmen der Linken mit den Stimmen des Hauses im Übrigen angenommen. Tagesordnungspunkt 36 h: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 429 zu Petitionen – Drucksache 16/9438 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Sammelübersicht 429 ist mit den Stimmen v G D t v B g l D g s e d g m F L u G G d w (C (D on SPD, Bündnis 90/Die Grünen und CDU/CSU bei egenstimmen von FDP und Enthaltung der Fraktion ie Linke angenommen. Tagesordnungspunkt 36 i: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 430 zu Petitionen – Drucksache 16/9439 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthalungen? – Sammelübersicht 430 ist mit den Stimmen on SPD, CDU/CSU und FDP bei Gegenstimmen von ündnis 90/Die Grünen und der Fraktion Die Linke anenommen. Zusatzpunkt 4 a: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Güterkraftverkehrsgesetzes und anderer Gesetze – Drucksache 16/9236 – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung – Drucksache 16/9600 – Berichterstattung: Abgeordneter Horst Friedrich Der Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwickung empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf rucksache 16/9600, den Gesetzentwurf der Bundesreierung auf Drucksache 16/9236 in der Ausschussfasung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzntwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um as Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltunen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung it den Stimmen der Koalition bei Gegenstimmen der DP und Enthaltung von Bündnis 90/Die Grünen und inken angenommen. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – egenprobe! – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist amit in dritter Beratung mit demselben Stimmergebnis ie in zweiter Beratung angenommen. Zusatzpunkt 4 b: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Kultur und Medien Bundesregierung Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschaftsund Sozialausschuss und den Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner Ausschuss der Regionen über kreative OnlineInhalte im Binnenmarkt Ratsdok.-Nr. 8793/08 – Drucksachen 16/9538 A.10, 16/9632 – Berichterstattung: Abgeordnete Dr. Günter Krings Jörg Tauss Christoph Waitz Dr. Lukrezia Jochimsen Undine Kurth Der Ausschuss empfiehlt, in Kenntnis der Unterrichtung eine Entschließung anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist bei Enthaltung der Linken mit den Stimmen des Hauses im Übrigen angenommen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 5 a und 5 b auf: a)





(A) )


(B) )


(15. Ausschuss)


(22. Ausschuss) zu der Unterrichtung durch die





(A) )


(B) )

Künast, Fritz Kuhn, Birgitt Bender, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN

Leben am Lebensende – Bessere Rahmenbe-
dingungen für Schwerkranke und Sterbende
schaffen
– Drucksache 16/9442 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit (f)

Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

b) Beratung des Zwischenberichts der Enquete-
Kommission Ethik und Recht der modernen Me-
dizin

Verbesserung der Versorgung Schwerstkran-
ker und Sterbender in Deutschland durch Pal-
liativmedizin und Hospizarbeit
– Drucksache 15/5858 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich höre keinen
Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle-
gin Birgitt Bender, Bündnis 90/Die Grünen.


Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1616907600

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der An-

trag, den die Grünen heute zur Diskussion stellen, trägt
den Titel „Leben am Lebensende – Bessere Rahmenbe-
dingungen für Schwerkranke und Sterbende schaffen“.
Dieses Thema ist viel umfassender als das Thema, das in
letzter Zeit große öffentliche Aufmerksamkeit erfahren
hat, nämlich die Patientenverfügung. Die Frage der Vor-

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(C (D bfestlegung von Patientinnen und Patienten für den all, dass sie sich nicht mehr äußern können, ist wichtig. arüber wird in diesem Hause und auch in unserer Frak ion kontrovers diskutiert, und dieses Thema wird uns in er nächsten Zeit beschäftigen. Heute reden wir darüber, as wir tun können, um die Versorgung Schwerstkraner und Sterbender zu verbessern. Beide Debatten fallen nicht zufällig in eine Zeit, in er der medizinische Fortschritt zunehmend kritischer etrachtet wird. Wir alle profitieren von ihm, weil er uns rmöglicht, länger zu leben. Der medizinische Fortchritt hat aber auch dazu beigetragen, das Sterben zu erdrängen und es nicht mehr als einen natürlichen Betandteil des Lebens wahrzunehmen. Ich glaube, wir ollten uns darauf verständigen, dass wir einen Bewussteinswandel brauchen, der eine neue Kultur des Sterbens ördert und zum Abschiednehmen und zur Trauer Raum ibt. Wir müssen das Sterben und den Tod wieder ins eben zurückholen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])


Wir wissen, dass sich eine Mehrheit der Menschen
ünscht, in ihrer gewohnten Umgebung und unterstützt
on lieb gewonnenen Menschen zu sterben; das gilt
icherlich auch für die Mehrheit der Mitglieder dieses
auses. Realität ist jedoch, dass noch immer 70 Prozent
er Menschen in Deutschland ihre letzte Lebensphase,
ft ohne angemessenen Beistand, in Kliniken und
flegeheimen verbringen.

Das hat vielfältige Gründe. In vielen Fällen scheitert
ie Umsetzung des Wunsches, die letzten Tage, Wochen
der Monate in der gewohnten Umgebung zu verbrin-
en, am Mangel an pflegerischer und medizinischer Un-
erstützung vor Ort, die auf diese Situation zugeschnitten
st. Dieser Mangel kann auch zur Folge haben, dass sich
ngehörige oder Freundinnen und Freunde, die die
flege übernehmen wollen, schnell überfordert fühlen.
leichzeitig führen solche Erfahrungen zu Ängsten und
nsicherheiten. Die Menschen fürchten am Ende ihres
ebens Abhängigkeit, Fremdbestimmung und Einsam-
eit.

Unsere Aufgabe sollte sein, diese Ängste dort zu ent-
räften, wo bereits Angebote vor Ort vorhanden sind.
anchmal fehlt es schlicht an der Information, dass be-

eits entsprechende Möglichkeiten existieren. Ich habe
as selbst erlebt, als eine Freundin von mir nach dem
od ihrer krebskranken Schwester, die eine akutmedizi-
ische Versorgung erfahren und bis zuletzt gekämpft hat,
agte: Wenn ich gewusst hätte, dass es in einem Kran-
enhaus in der Nähe eine palliativmedizinische Abtei-
ung gibt, dann hätte ich mit meiner Schwester anders
esprochen, und sie hätte ganz anders und aus meiner
icht viel besser sterben können.

An vielen Punkten weisen diese Ängste aber auch auf
robleme hin, die wir als Politiker in Bund und Ländern

ösen müssen. Es ist sicherlich unstrittig – das hoffe ich
umindest –, dass wir das Ziel verfolgen, Frauen und
ännern, deren Leben in absehbarer Zeit zu Ende geht,






(A) )



(B) )


Birgitt Bender
zu ermöglichen, dass dies in Würde, selbstbestimmt, mit
höchstmöglicher Lebensqualität und an dem von ihnen
gewünschten Ort geschieht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Das heißt nichts anderes, als dass der Mensch und seine
Bezugspersonen konsequent in den Mittelpunkt gestellt
werden. Dabei sind psychische, spirituelle, soziale Be-
dürfnisse und Wertvorstellungen zu berücksichtigen.

Wir müssen eine echte Wahl schaffen. Beispielsweise
kann es nicht sein, dass, wer sich einmal entschieden hat,
in ein Pflegeheim zu gehen, keine andere Möglichkeit
mehr hat, als ebendort zu sterben. Es muss mehr Mög-
lichkeiten geben.

Wir stoßen bei der Versorgung Schwerstkranker und
Sterbender auf das, was wir in der Gesundheitspolitik als
Schnittstellenprobleme bezeichnen. In diesem Zusam-
menhang sei insbesondere die starre Trennung zwischen
ambulanter und stationärer Versorgung genannt. Bei der
Versorgung Schwerstkranker sehen wir mit besonderer
Härte, was diese Strukturprobleme mit sich bringen.
Gleichzeitig haben wir die Chance, neue Versorgungs-
wege auszuprobieren.

In diesem Sinne ist die vor kurzem eingeführte spe-
zialisierte ambulante Palliativversorgung ein Schritt in
die richtige Richtung. Nachdem die entsprechende Vor-
schrift des Gemeinsamen Bundesausschusses vorliegt,
sind Krankenkassen und Anbieter gefordert, Verträge zu
schließen, die dem geforderten multiprofessionellen An-
satz der Versorgung gerecht werden.

Diesem Schritt müssen weitere folgen. Das, was man
die allgemeine ambulante Palliativversorgung nennt,
muss gestärkt werden. Hierzu könnte, wie es bereits im
Zwischenbericht der Enquete-Kommission „Ethik und
Recht der modernen Medizin“ heißt, die integrierte Ver-
sorgung gut geeignet sein; mit ihr sollen ja die Grenzen
zwischen ambulanter und stationärer Versorgung über-
wunden und die Pflege in die fachübergreifende Zusam-
menarbeit einbezogen werden. Dieses Instrument sollte
stärker genutzt werden.

Es gibt darüber hinaus konkreten Handlungsbedarf.
Ich will die Punkte nennen: Es muss möglich werden,
dass Schwerstkranke mit hohem Versorgungsbedarf zu
Hause versorgt werden. Das setzt eine entsprechende In-
frastruktur voraus. Die Schmerztherapie muss ein inte-
graler Bestandteil sein.

Auch müssen für Angehörige und Freunde Pflege und
Beruf vereinbar sein. An dieser Stelle muss ich sagen,
dass die jüngst im Rahmen der Pflegereform geschaffe-
nen Regeln unzureichend sind. Auch wenn man eine
Freistellung vom Arbeitgeber bekommt: Niemand kann
sich einen völligen Einkommensverzicht erlauben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir brauchen mehr Beratung und Unterstützung so-
wohl der Betroffenen als auch der Angehörigen. Insbe-
sondere müssen wir über die Möglichkeit einer Palliativ-

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(C (D ersorgung und über die Hospizdienste bzw. stationären ospize, die es gibt, aufklären. Die Hospize müssen ge tärkt und ausgebaut werden. Ferner muss die Palliativmedizin bei der Ausbildung er Ärztinnen und Ärzte ein Thema sein. Sie müssen leren, im rechten Moment von der Akutmedizin loszulasen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


ie Enquete-Kommission hat das schon in der letzten
egislaturperiode thematisiert.

Es gibt noch einen ganzen Katalog von Aufgaben, der
bzuarbeiten ist. Wir haben die Chance, Neues auszu-
robieren und Erprobtes in die Fläche zu bringen.

Wir fordern, dass die Regierung jährlich einen Be-
icht über die Entwicklung der Strukturen für die Versor-
ung Schwerkranker und Sterbender vorlegt, damit wir
us den Erfahrungen lernen können, wenn wir darüber
eden, wie es in diesem Bereich weitergehen soll. Ich
offe, dass wir in der Frage, wie Menschen in Würde
terben können, einen gemeinsamen Weg gehen können.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1616907700

Das Wort hat die Kollegin Maria Eichhorn von der

DU/CSU-Fraktion.


Maria Eichhorn (CSU):
Rede ID: ID1616907800

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

rankheit und Sterben sind Teil des Lebens. Mit steigen-
er Lebenserwartung sowie medizinischem und techni-
chem Fortschritt gewinnt eine menschenwürdige Ster-
ebegleitung zunehmend an Bedeutung. Auch unter
eränderten Bedingungen gilt es, ein Sterben in Würde
u ermöglichen, Sterbenden ein menschenwürdiges Um-
eld zu schaffen und dabei deren Wünsche und Bedürf-
isse in den Mittelpunkt zu stellen.

Viele Menschen haben Angst vor Fremdbestimmung,
insamkeit und Schmerzen am Ende des Lebens. Aus
ieser Angst heraus meinen manche, aktive Sterbehilfe
ei eine Antwort. Auch die Diskussion über die Patien-
enverfügungen wird von dieser Angst bestimmt.

Palliativmedizin und Hospizarbeit sind für ein Ster-
en in Würde unverzichtbar. Es ist für die Menschen be-
uhigend, zu wissen, dass sie im Sterben nicht allein ge-
assen werden und dass sie an einem vertrauten Ort und
nmitten vertrauter Menschen sterben können. Sie kön-
en sich dabei auch sicher sein, dass ihre Schmerzen ge-
indert werden.

Oftmals stellen sich Sterbende die Frage nach dem
inn des Lebens und dem Danach. Die letzten Dinge re-
eln zu können und zu wissen, dass man in der letzten
hase des Lebens nicht allein gelassen, sondern begleitet
ird, ist von größter Bedeutung. Wer sich am Ende des






(A) )



(B) )


Maria Eichhorn
Lebens gut versorgt weiß, der wird dem Sterben ohne
Angst entgegensehen.

Mit der Gesundheitsreform sind wesentliche Verbes-
serungen im Bereich der Palliativversorgung und der
Hospizarbeit erfolgt. Die Versicherten in der gesetzli-
chen Krankenversicherung haben nun einen eigenständi-
gen Rechtsanspruch auf eine spezialisierte ambulante
Palliativversorgung – wenn es sein muss, rund um die
Uhr. Dieser Leistungsanspruch steht Patienten zu, die
nur noch eine begrenzte Lebenserwartung haben, aber zu
Hause versorgt werden können. Damit ist es möglich,
den größten Wunsch vieler Sterbender zu erfüllen, näm-
lich bis zum Lebensende zu Hause sein und dort in Ruhe
sterben zu können. Die übrigen Palliativpatienten wer-
den in stationären Einrichtungen palliativmedizinisch
versorgt.

Auch mit dem Pflegeweiterentwicklungsgesetz sind
positive Leistungsverbesserungen verbunden. Die lang-
jährige berechtigte Forderung nach Einführung einer
Pflegezeit wird jetzt verwirklicht. Auch das ist ein wich-
tiger Schritt, damit Sterbende zu Hause gepflegt werden
können.

Viele der im Antrag der Grünen genannten Forderun-
gen, die auch im Zwischenbericht der Enquete-Kommis-
sion genannt werden, sind schon verwirklicht. Ich habe
mich dazu extra noch einmal bei der ambulanten Pallia-
tivstation bei mir vor Ort in Regensburg erkundigt. Frau
Bender, bereits heute können Schwerstkranke, die einen
hohen Bedarf an technischen Apparaten und Hilfsmitteln
haben, wie zum Beispiel Patienten, die nur noch mit
künstlicher Beatmung leben können, zu Hause versorgt
werden.

Strukturen für ethische Fragestellungen im Rahmen
der Sterbebegleitung müssen nicht noch neu geschaffen
werden. Sie sind bereits Teil der spezialisierten Palliativ-
versorgung, sowohl im stationären als auch im ambulan-
ten Bereich.

Auch die Schmerztherapie ist schon integraler Be-
standteil der Palliativmedizin und damit der Palliativ-
versorgung. Es gibt bereits heute Beratungsmöglichkei-
ten, die zu Hause in Anspruch genommen werden kön-
nen. Bei der Übernahme von Beratung und Pflege durch
Palliativ-Care-Teams ist auch die Bezahlung der Bera-
tung gesichert. Für ehrenamtlich tätige Hospizgruppen
gilt die Vorschrift, für die Helfer eine Supervision zu or-
ganisieren und zu finanzieren. Es gibt auch Hilfsange-
bote für betreuende Bezugspersonen. Am wichtigsten
sind jedoch eine ausreichende Palliativversorgung und
die Entlastung durch Hospizbegleiter, damit die Betreu-
ungsperson auch einmal durchatmen und sich erholen
kann.

Mit der Einführung der Pflegezeit haben wir einen
wichtigen Schritt getan. Lassen Sie uns doch zunächst
einmal abwarten, wie sich dieses Gesetz bewährt, bevor
Sie neue Forderungen stellen!

Natürlich hätte die Union bei der Gesundheitsreform
den Eigenfinanzierungsanteil aller stationären Hospize
gerne auf 5 Prozent begrenzt. Aus Kostengründen
konnte dies jedoch nur für die Kinderhospize erfolgen.

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(C (D Ich unterstütze nachhaltig die Forderung, Palliativmeizin und -pflege zu einem expliziten Pflichtlehrfach und rüfungsfach des Medizinstudiums wie auch bei der usbildung der einschlägigen Berufe in der Krankenflege aufzuwerten. Dazu sind jedoch noch mehr erfahene Palliativmediziner notwendig, die das weitergeben önnen. In diesem Punkt besteht noch erheblicher Ausildungsbedarf. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


In einer zunehmend älter werdenden Gesellschaft ist
ie Forderung, einen Forschungsschwerpunkt Palliativ-
nd Hospizversorgung zu schaffen, richtig. Wir brau-
hen eine neue Kultur des Umgangs mit Leiden und Tod
n unserer Gesellschaft. Darin stimme ich Ihnen aus-
rücklich zu, Frau Bender. Der Tod gehört zu unserem
eben und darf kein Tabu sein. Durch eine verstärkte In-

ormations- und Öffentlichkeitsarbeit können Berüh-
ungsängste in der Gesellschaft abgebaut werden. Dabei
ind auch die Medien aufgerufen, verantwortungsvoll
it dem Thema Tod und Sterben umzugehen.

Ein guter Bekannter, dessen Frau mit knapp 50 Jahren
n Krebs gestorben ist, sagte mir:

Als ich erfuhr, dass meine Frau nicht mehr lange le-
ben wird, ist für mich eine Welt zusammengebro-
chen. Aber ich wollte wenigstens bis zum Schluss,
soweit es ging, ihr ein lebenswürdiges Leben zu
Hause ermöglichen. Allein hätte ich das nicht ge-
konnt. Ich bin so dankbar, dass es bei uns eine am-
bulante Palliativversorgung gibt, die meiner Frau
und mir eine gemeinsame Vorbereitung auf deren
Tod ermöglicht hat.

ieser Bekannte engagiert sich seither ehrenamtlich bei
alliamo, einer vorbildlichen Einrichtung der ambulan-

en Palliativversorgung in meinem Wahlkreis. Er sagt:
Das, was ich an Gutem erfahren habe, möchte ich auch
n andere weitergeben.“

Die Union wird weiter daran arbeiten, Menschen ein
terben in Würde zu ermöglichen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1616907900

Das Wort hat jetzt der Kollege Michael Kauch von

er FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Michael Kauch (FDP):
Rede ID: ID1616908000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sterben ist

in Thema, das im täglichen Leben oft verdrängt wird.
enn Menschen darüber nachdenken, dann ist es mit

ielen Ängsten verbunden. Sie haben Angst, lange zu
eiden, Schmerzen zu haben oder allein zu sein. Diese
ngste sind nicht völlig unbegründet.

Die meisten Menschen wollen zu Hause im Kreis ih-
er Familie sterben. Für sie, aber auch für ihre Angehöri-
en ist das im besten Fall der intensive Abschluss eines
rfüllten Lebens. Ich habe selbst erlebt, dass das ein






(A) )



(B) )


Michael Kauch
schmerzlicher, aber auch bereichernder Punkt im Leben
ist.

Doch oft ist das Sterben zu Hause nicht möglich, weil
die Familie überfordert ist oder es vielleicht gar keine
Familie gibt. Durch den demografischen Wandel werden
wir mit dem Problem konfrontiert, dass immer mehr
Menschen keine Kinder oder Geschwister haben, die ih-
nen am Sterbebett zur Seite stehen. Deshalb ist es so
wichtig, dass es die Hospizdienste – stationär, aber ge-
rade auch ambulant – gibt und dass diese angemessen
von der Gesellschaft und vom Staat unterstützt werden.


(Beifall bei der FDP)


In den Hospizdiensten arbeiten Menschen, die Zeit
mitbringen, zuhören oder vielleicht auch nur die Hand
halten. Sie verschaffen den Angehörigen eine Atem-
pause, bei der sie sich einmal von ihrer Last befreien
können. Es sind Menschen, die viel Leid erfahren, viel
Kraft mitbringen müssen und deren Arbeit besonders
wichtig ist. Deshalb ist es in einer solchen Debatte an der
Zeit, den Menschen, die sich in diesem Bereich ehren-
amtlich engagieren, unseren Dank auszusprechen.


(Beifall im ganzen Hause)


Es geht aber nicht nur um die psychosoziale Betreu-
ung von Schwerstkranken und Sterbenden. Noch immer
werden Schmerzen und andere häufige Leiden im Sterbe-
prozess nicht optimal behandelt. Die Medizin ist an vielen
Stellen des Gesundheitssystems immer noch darauf aus-
gerichtet, auch die letzten Heilungsmöglichkeiten zu
probieren, um Leben zu verlängern. Das geht oft zulas-
ten der Lebensqualität. Es wird zu spät vom Versuch, die
Krankheit zu heilen, auf das Ziel umgestiegen, Leiden zu
mindern und die verbleibende Lebenszeit so angenehm
wie möglich zu gestalten.

Die Entscheidung darüber, welche Therapie für ihn
richtig ist und was ihm wichtig ist, kann letztendlich nur
der Patient selbst treffen. Deshalb schließen sich Für-
sorge und Selbstbestimmung gerade nicht aus. Im Ge-
genteil: Beide gehören zusammen, wenn es um ein men-
schenwürdiges Leben am Lebensende geht.

Die Gesellschaft muss eine gute Versorgung durch
Palliativmedizin und Hospizdienste sicherstellen. Sie
muss in Krankenhäusern und Pflegeheimen, in denen
noch immer sehr viele Menschen sterben, die Umstände
des Sterbens verbessern und muss das Sterben zu Hause
erleichtern. Die Gesellschaft muss aber auch – hier ist
der Gesetzgeber gefordert – das Recht der Menschen auf
Selbstbestimmung achten, ob sie eine Behandlung wün-
schen und, wenn ja, welche. Fürsorge in Fremdbestim-
mung ist genauso schlecht wie Selbstbestimmung ohne
Fürsorge.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Deshalb ist es schade, dass im Vorfeld ein Gegensatz
zwischen der heutigen Debatte über die Palliativversor-
gung und der Debatte über Selbstbestimmung und Patien-
tenverfügungen aufgebaut wurde. Wer zur Palliativmedi-
zin Ja, aber Nein zur Selbstbestimmung der Patienten

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(C (D agt, wird die Achtung der Menschenwürde am Lebensnde nicht erreichen. Bemerkenswert ist, dass Frau Künast – die immer von er Ars moriendi spricht, aber nicht anwesend ist, wenn s im Parlament um ihre Anträge geht – den Antrag ihrer raktion zur Palliativmedizin am 25. April 2007 eingeracht hat. Über ein Jahr hat sie darauf verzichtet, diesen ntrag im Bundestag beraten zu lassen, obwohl im Rahen der Pflegereform über eine Reihe der Punkte in die em Antrag diskutiert und entschieden wurde. Es ist ertaunlich, dass sie die Debatte über diesen Antrag erst ann auf die Tagesordnung des Bundestages setzen ließ, ls geplant war, über die Patientenverfügung zu diskutieen. Offensichtlich diente die Einbringung des Antrags azu, die Diskussion über die Patientenverfügung von er Tagesordnung zu verdrängen. (Widerspruch der Abg. Birgitt Bender iesen Umgang mit einem bedeutsamen Thema halte ch für nicht angemessen. (Dr. Wolfgang Wodarg [SPD]: Die Reihenfolge ist trotzdem richtig!)


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich will mich daher gar nicht im Detail mit dem An-
rag der Grünen, sondern mit den Forderungen der En-
uete-Kommission „Ethik und Recht der modernen Me-
izin“ befassen, über den wir heute mit beraten.
rfreulich ist, dass es, seit wir den Zwischenbericht der
nquete-Kommission vor drei Jahren verabschiedet ha-
en, zu Verbesserungen, die von allen Fraktionen positiv
egleitet wurden, insbesondere in Bezug auf die ambu-
ante palliativmedizinische Versorgung gekommen ist.
s ist ein positives Signal für die Zukunft, dass man

raktionsübergreifend zu Lösungen gekommen ist, auch
it der Arbeitsgruppe „Hospiz“ im Deutschen Bundes-

ag; denn die Arbeit ist noch längst nicht getan.

Die Umsetzung der Finanzierungsentscheidung in die
raxis – was wird im Leben der Menschen tatsächlich
eschehen? – müssen wir genau beobachten. Der Ge-
einsame Bundesausschuss von Ärzten, Krankenkas-

en und Krankenhausgesellschaft hat die Fristen überzo-
en und dafür gesorgt, dass das, was der Bundestag
eschlossen hat, erst mit Verspätung auf den Weg ge-
racht werden konnte. Es ist nun Aufgabe der Bundesre-
ierung, dem Bundestag in angemessener Zeit darüber
u berichten, wie sich die Gesetzesänderungen in der
ealität ausgewirkt haben und ob und wie die Ziele des
arlaments erreicht wurden.

Die Enquete-Kommission hat zudem – ebenso wie
er Parteitag der FDP – eine Familienhospizkarenz ge-
ordert, also eine Möglichkeit, sich von der Arbeit für
ie Pflege sterbender Angehöriger freistellen zu lassen.
ie Vorredner haben bereits darauf hingewiesen, dass
ieser Aspekt mit der Pflegezeit erfasst wurde.

Drei große Themen, die die Enquete-Kommission an-
esprochen hat, bleiben aber unerledigt: erstens die Aus-
ildung der Medizin- und Pflegeberufe im Hinblick auf
ie Palliativmedizin, zweitens die angemessene Finan-
ierung der Palliativmedizin im stationären Bereich und






(A) )



(B) )


Michael Kauch
drittens die notwendigen Veränderungen im Heimrecht,
um die Rahmenbedingungen für die stationären Hospize
zu verbessern.

Beim letzten Punkt hat die Föderalismusreform den
Bund leider seiner Kompetenzen beraubt. Deshalb liegt
es jetzt an uns, auf unsere Kolleginnen und Kollegen in
den Landesparlamenten einzuwirken, in den Landes-
heimgesetzen die Bedürfnisse der Hospize entsprechend
zu berücksichtigen. Die Enquete-Kommission hat beim
Heimrecht unter anderem gefordert, dass die Hospize
von unangemessenen Regelungen befreit werden. Bei ei-
ner durchschnittlichen Aufenthaltszeit von 24 Tagen, die
ein Bewohner in einem Hospiz hat, macht es weder Sinn,
einen Heimbeirat zu wählen, noch macht es Sinn, be-
stimmte Ausstattungsmerkmale eines Heims erfüllen zu
müssen; denn es soll eine familiäre, häusliche Umge-
bung in einem Hospiz sein und eben keine Heim- oder
Krankenhausatmosphäre.

Auch die Finanzierung der Palliativmedizin im Kran-
kenhaus muss überdacht werden. Die DRGs, die Fall-
pauschalen, sind darauf ausgerichtet, eine Krankheit so
schnell wie möglich und so gut wie möglich zu heilen
und den Patienten wieder zu entlassen. Das kann und
will die Palliativmedizin nicht. Deshalb würde es aus
meiner Sicht Sinn machen, der Enquete-Kommission zu
folgen und die Palliativmedizin aus dem DRG-System
herauszunehmen und auf einer tagesbasierten Regelung
zu finanzieren.

Last, but not least müssen wir tatsächlich die Ausbil-
dung der Ärzte und der Pflegenden verbessern. Es ist er-
schreckend, dass es viele Hausärzte gibt – ich weiß das
beispielsweise aus einer Umfrage bei Ärzten in meiner
Heimatstadt –, die keinen Rezeptblock für Betäubungs-
mittel haben. Wie kann man eine optimale Schmerzthe-
rapie ohne Betäubungsmittel machen?


(Beifall bei Abgeordneten der FDP sowie des Abg. Dr. Wolfgang Wodarg [SPD])


In der freiwilligen Fortbildung von Ärzten ist vieles
erreicht, aber bei der verpflichtenden Ausbildung der
Ärzte sind wir noch nicht so weit. Das sollte man nicht
als Überfrachtung von Lehrplänen oder als Zusatzbelas-
tung verstehen, sondern es geht um einen Paradigmen-
wechsel: weg von einer Medizin, die sich nur als kurativ
versteht, die glaubt, alles und jedes regeln zu können,
und die es als Versagen empfindet, wenn jemand stirbt,
hin zu einer Medizin, die es ermöglicht, dass Menschen
an ihrem Lebensende möglichst eine optimale Betreuung
bekommen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1616908100

Das Wort hat jetzt der Kollege Christian Kleiminger

von der SPD-Fraktion.

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(C (D Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und ollegen! Es ist jetzt 25 Jahre her, dass der erste Patient n Deutschland in einer Palliativstation behandelt woren ist. In diesen 25 Jahren ist viel geschehen. Gab es 996 erst 30 stationäre Hospize, 28 Palliativstationen nd 450 ambulante Hospizdienste, so zählt der Deutsche ospizund Palliativ-Verband heute 162 stationäre Hosizeinrichtungen, 166 Palliativstationen und immerhin 500 ambulante Dienste. Ich meine, diese Zahlen zei en, dass hier in den letzten Jahren eine bedeutende Enticklung stattgefunden hat. Nach den wichtigen Wei henstellungen in der Gesundheitspolitik sind wir auf em Weg zu einer flächendeckenden Palliativversorung, einem unverzichtbaren Bestandteil unseres Geundheitswesens. Palliativversorgung bedeutet zweierlei: schwer errankte Menschen während ihrer letzten Lebenstage sychosozial zu betreuen und zu unterstützen und körerliche Beschwerden medizinisch zu lindern. Beides ist ichtig. In Hospizund Palliativstationen arbeiten Fachräfte, aber auch der unermüdliche Einsatz vieler Ehrenmtlicher ermöglicht den erkrankten Menschen ein würevolles Lebensende. Ihnen gelten immer wieder unser ank und unsere Anerkennung. Die Enquete-Kommission „Ethik und Recht in der odernen Medizin“ hat vor annähernd drei Jahren einen wischenbericht veröffentlicht. Darin sind verschiedene mpfehlungen für die Hospizarbeit und die Palliativmeizin ausgesprochen worden. Es wurde beispielsweise efordert, den Anspruch auf Palliativversorgung verindlich festzuschreiben. Es wurde gefordert, die Versorung im häuslichen Bereich zu stärken und dafür speiell ausgebildete, multidisziplinäre Palliativ-Care-Teams inzusetzen. Schließlich wurden auch die Vernetzung er vorhandenen Strukturen und ein besserer Wissensransfer gefordert. Diese Forderungen haben wir in zwei ichtigen Reformen in dieser Legislaturperiode in Anriff genommen. Am 1. April 2007 wurde mit der Geundheitsreform der Leistungsanspruch auf ambulante alliativversorgung eingeführt. Ich kann gar nicht sagen, ie wichtig es ist, dass dank § 37 b SGB V jeder Sterenskranke, ob Kind oder Erwachsener, das Recht auf estmögliche Hospizund Palliativversorgung hat – und as als eine Pflichtleistung der Krankenkassen. Das ist in großer Fortschritt. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Christian Kleiminger (SPD):
Rede ID: ID1616908200

(Beifall im ganzen Hause)


Zudem haben wir die Rahmenbedingungen für Kin-
erhospize in Deutschland verbessert. Bislang mussten
ie 10 Prozent ihrer Kosten aus eigenen Kräften aufbrin-
en, etwa durch Spenden und das ehrenamtliche Enga-
ement. Am 1. April 2007 wurde dieser Anteil erfreuli-
herweise auf 5 Prozent abgesenkt. Ich bin mir sicher,
ass auch diese Maßnahme dazu beiträgt, dass sich die
estehenden Kinderhospize weiterentwickeln und auch
eue Häuser entstehen werden.






(A) )



(B) )


Christian Kleiminger
Einen wichtigen Durchbruch haben wir zur Jahres-
wende geschafft: In Zusammenarbeit mit dem GemBA
und den maßgeblichen Verbänden haben wir die soge-
nannte SAPV-Richtlinie erarbeitet. Die spezialisierte
ambulante Palliativversorgung soll es Menschen ermög-
lichen, bis zum Tode in der vertrauten häuslichen Umge-
bung betreut zu werden. Das entspricht dem Wunsch
vieler Betroffener, wie Sie ja auch ganz richtig in Ihrem
Antrag feststellen.

Mit der Richtlinie haben wir jetzt einen Definitions-
rahmen für die spezialisierte Versorgung in Deutschland
geschaffen. Wir haben die Krankenhausärzte besser
eingebunden. Aber vor allem haben wir die Schaffung
multiprofessioneller Palliativ-Care-Teams ermöglicht.
Ärzte, Pfleger, aber auch Seelsorger, Therapeuten, Psy-
chologen und Ehrenamtliche arbeiten dabei eng zusam-
men. Denn eine solche ambulante palliative Versorgung
verlangt einen Betreuungsansatz, bei dem ganz unter-
schiedliche, hoch spezialisierte Kompetenzen gefragt
sind. Wir haben also noch einmal darauf gedrängt, dass
diese Teams wirklich multiprofessionell zusammenge-
stellt sind. Ich bin sehr dankbar, dass das Gesundheits-
ministerium dieses Kriterium auch ausdrücklich zur
Auflage gemacht hat.


(Beifall bei der SPD)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, in meinem Bundes-
land Mecklenburg-Vorpommern wurde diesbezüglich an
der Universität Greifswald schon vor einigen Jahren
wichtige Pionierarbeit geleistet. In den Gesprächen mit
den Aktiven vor Ort ist deutlich geworden, dass wir uns
einig sind: Der Ausbau und die Qualitätssicherung unter
Berücksichtigung der bereits vorhandenen Strukturen in
Deutschland ist unser Ziel.

Deswegen ist es zu begrüßen, dass über die Umset-
zung der Richtlinie und damit die Ausgestaltung der
SAPV jährlich Bericht erstattet werden muss. Das gilt
insbesondere hinsichtlich der Belange von Kindern.
Denn nur so schaffen wir es, die Auswirkungen solcher
Regelungen zu überprüfen und gegebenenfalls, wo es
notwendig ist, nachzubessern.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, im März haben
wir in diesem Haus die Pflegereform beschlossen. Viele
schwerkranke Menschen haben Anspruch auf Leistun-
gen aus der Pflegeversicherung. Ihnen werden die Anhe-
bung der Pflegestufen und die verkürzte Begutachtungs-
zeit in ihrer besonderen Pflegesituation zugutekommen.

Vor allem eine Institution wird die Vernetzung von
und den Zugang zu palliativpflegerischen Angeboten
fördern – ich meine den Pflegestützpunkt. Nach unseren
Vorstellungen können sich Angehörige dort informieren
und entsprechend ihren Bedürfnissen beraten lassen.
Wie Sie wissen, stehen hier jetzt die Bundesländer in be-
sonderer Verantwortung.

Ich hoffe, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass eines
klar geworden ist: nämlich dass wir die Empfehlungen
der Enquete-Kommission in vielen Punkten umgesetzt
haben. Doch wir alle wissen: Solche Neuerungen brau-
chen natürlich Zeit, bis sie umgesetzt werden und erste
Wirkungen zeigen. Daher kann ich auf viele Forderun-

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(C (D en Ihres Antrages, verehrte Kolleginnen und Kollegen, ur antworten: Leider haben Sie bei der Aktualisierung hres Entwurfs von 2007 vieles übersehen, was in dieem Bereich schon gesät wurde und bald auch Früchte ragen wird. Ich will keinesfalls bestreiten, dass es noch einiges zu un gibt. Denn immer noch ist der gesellschaftliche Disurs – da stimme ich Ihnen durchaus zu – über das hema Sterben mit einem Tabu belegt. Wir brauchen dringend eine Auseinandersetzung daüber, wie mit sterbenskranken Menschen in unserer Geellschaft umgegangen wird, auch um unbegründeten ngsten zu begegnen. Wir müssen noch breitenwirksaer über die Möglichkeiten und Angebote informieren, ie für schwerkranke Menschen heute bestehen, statioär und zunehmend eben auch ambulant. Erlauben Sie mir folgenden Einwurf: In den letzten onaten mussten wir eine unsägliche und unwürdige iskussion um die Sterbehilfe ertragen. An dieser Stelle öchte ich ganz klar sagen: Wir brauchen in unserem and Palliativversorgung auf hohem Niveau und nicht ktive Sterbehilfe. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wenn der palliativpflegerische Ansatz in Deutschland
uß fassen soll, muss eine entsprechende Spezialisie-
ung auch in der Breite etabliert werden. Ein Blick nach
roßbritannien reicht, um zu sehen, wie es sein könnte
nd welchen Stellenwert diesem Fachgebiet dort zuge-
essen wird. Wir brauchen die bestmögliche Ausbil-

ung für diese Arbeit, und dabei sollten wir einen ganz-
eitlichen Ansatz verfolgen, der sich an internationalen
tandards messen lassen kann.

Diesen Appell richte ich insbesondere an unseren Ko-
litionspartner und an die Landesregierungen. Im Ge-
undheitsausschuss hat Frau Ministerin Schavan bestä-
igt, dass in der Hochschullandschaft und in der
orschung große Defizite in diesem Bereich bestehen.
aher fordere ich von allen den Einsatz für einen Lehr-

tuhl für „Palliative Care“ in Deutschland.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Zu guter Letzt möchte ich von einem Pilotprojekt be-
ichten, das der Deutsche Hospiz- und Palliativverband
emeinsam mit der Arbeiterwohlfahrt kürzlich ins Leben
erufen hat: Bundesweit werden erstmals Hunderte von
itarbeiterinnen und Mitarbeitern in stationären und

mbulanten Pflegediensten für die palliative Pflege ge-
chult. So schaffen wir mehr Hospiz- und Palliativkom-
etenz in Pflegeheimen.

Auch im Interfraktionellen Gesprächskreis Hospiz
es Bundestages – er wurde erwähnt – setzen wir alles
aran, Hospize und Palliativversorgung in Deutschland
eiterzubringen. Meine sehr geehrten Damen und Her-

en von der Opposition, ich lade Sie herzlich ein, sich
ort ebenfalls konstruktiv einzubringen. Wir haben zwar
chon einiges erreicht, aber wir haben auch noch viel
or.






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Christian Kleiminger

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1616908300

Das Wort hat der Kollege Dr. Ilja Seifert von der

Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616908400

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

gen! Es war einmal ein Müller. Als er sein Ende nahen
fühlte, rief er seine Familie zusammen und sprach: Du,
Ältester, bekommst die Mühle. Dir, Mittlerer, hinterlasse
ich den Esel, und du, Jüngster, sollst mit dem Kater dein
Glück versuchen. – Als er so alles geregelt sah, starb er
friedlich im Kreise seiner Lieben. Wie das Märchen wei-
tergeht, ist allgemein bekannt; das brauche ich hier nicht
vorzutragen.

Seltener steht genau dieser Anfang im Mittelpunkt
der Überlegungen. Liegt das vielleicht an der ruhigen
Gelassenheit, die diese Szene ausstrahlt, oder an ihrer
Märchenhaftigkeit?

Sterben im Kreise der Familie; ringsum Wärme; in
Ruhe seine Angelegenheiten ein letztes Mal ordnen; die
Lieben um sich haben; alles ohne Pathos, ohne senti-
mentale Rührseligkeit; sich von seinen Lieben verab-
schieden können; die Würde des Augenblicks genießen.
– Traumhaft! Märchenhaft! Wer wollte das – sterben wie
im Märchen – nicht?

Wir aber leben in der Wirklichkeit, und wir sterben
auch wirklich. Das ist eine ernste Angelegenheit, aber
wir verdrängen sie, reden kaum darüber, wissen nicht,
wie wir uns verhalten sollen, wenn es so weit ist, weder
beim eigenen Sterben – das kann man ohnehin nicht
„üben“ – noch dann, wenn die Liebsten von uns gehen.

Heute geben uns der Antrag vom Bündnis 90/Die
Grünen und die Erinnerung an die gute Arbeit der En-
quete-Kommission „Ethik und Recht der modernen Me-
dizin“ Gelegenheit, über diese Fragen wieder einmal öf-
fentlich nachzudenken. Ich finde das richtig.

Wo und wie wird denn heutzutage gestorben? Was
wird dabei getan? Was wird gesagt, oder wie laut wird
dabei geschwiegen? Wer wagt es denn überhaupt, auszu-
sprechen, dass es zu Ende geht? Ärzte versuchen, oft in
verzweifelter Hilflosigkeit, noch Heilungschancen aus-
zuloten. Oder spielen sie den Betroffenen, den Angehö-
rigen und sich selbst nur etwas vor? Ist es für sie viel-
leicht zu schwer, die Wahrheit auszusprechen? Dürfen
sie es womöglich gar nicht?

Jedenfalls sterben viele Menschen im Krankenhaus.
Als Letztes sehen sie ihre Ärztin oder ihren Arzt; manch-
mal ist es auch eine Schwester, die ihnen die Hand hält.
Wenn sie die Zeit dazu findet. Kosteneinsparprogramme
im Gesundheitswesen verhindern das leider immer häu-
figer.

Im vorliegenden Antrag werden zahlreiche Punkte
benannt – meines Erachtens sind es etwas zu viele; aber
das ist eine Sache, die wir im Ausschuss klären können –,

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(C (D ie neu geregelt werden sollen. Vielem kann die Linke ut zustimmen. Gläubigen Menschen bleibt der Priester. Vielleicht pendet seine Anwesenheit dieser oder jenem Trost? Die iebe der Angehörigen kann er nicht ersetzen. Den Anehörigen das Abschiednehmen auch nicht. Manche finden Sterbebegleitung im Hospiz; darüber urde schon sehr viel geredet. Im Hospiz ist das Tabu llgegenwärtig: ein ganz bewusster Umgang mit dem etzten Lebensabschnitt. Fast könnte man meinen, hier eien wir dem Märchentraum am nächsten. Aber Hosize sind noch immer rar. Ich weiß von vielen Menschen, darunter solchen mit ehr unterschiedlichen Beeinträchtigungen, die ihre Failie praktisch nicht kennen. Sie leben in Einrichtungen. m Zeitregime des Heims ist Sterbebegleitung kein abrehenbarer Faktor. Manchmal gibt es – ähnlich wie in etichen Krankenhäusern – separate Räume, in die die Beten mit denjenigen geschoben werden, bei denen ermutet wird, dass sie nicht mehr lange leben. Nicht enige verbrachten so schon mehrere Nächte, manchal Wochen in diesen Separees. Das ist alles andere als enschenwürdig und alles andere als erstrebenswert. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Warum versammeln sich nicht die Mitbewohnerinnen
nd Mitbewohner – ähnlich der Familie im Märchen – um
ie Sterbenden? Warum wagen die Betroffenen es kaum,
ie – analog zum Vater, der sein Ende nahen fühlt – zu
ich zu rufen? Wird ihnen diese Möglichkeit überhaupt ir-
endwann im Leben eröffnet? Wird ihnen überhaupt ge-
agt, dass es diese Möglichkeit gäbe? Oder lohnt es sich
ur nicht, weil eh keine Angelegenheiten zu ordnen sind,
prich: kein Vermögen zu vererben ist?

Damit bin ich wieder bei der Familie. Es soll ja auch
ie noch geben, und wer sie hat, soll glücklich sein. Wa-
um aber wagt selbst in solchen Gemeinschaften, die ge-
einhin und sogar von den Beteiligten selbst als gut

unktionierend betrachtet werden, kaum jemand, sich ihr
der sein Lebensende als gemeinsame Erfahrung vorzu-
tellen und diesen Wunsch laut zu äußern?

Merkwürdigerweise fürchten sich nur wenige Men-
chen vor dem Tod, aber sehr viele vor dem Sterben. Die
ründe sind hier schon aufgezählt worden. Niemand
öchte unter quälenden Schmerzen, sehenden Auges

nd wachen Geistes die eigene Körperlichkeit dahinsie-
hen erleben.

Mit dem vorliegenden Antrag soll versucht werden,
iele damit im Zusammenhang stehende Probleme zu re-
eln. Es geht um bessere Pflege, um moderne Schmerz-
nd Palliativmedizin, um weniger separierende Heime,
m das Leben und Sterben mit Assistenz in der eigenen
ohnung und vieles mehr. Das alles sind wichtige

unkte, die besprochen werden müssen.

Ich halte es insgesamt für wichtig – das stellen wir
on der Linken heute einmal in den Mittelpunkt –, dass
ir überhaupt das Schweige-Tabu des Sterbens brechen.






(A) )



(B) )


Dr. Ilja Seifert
Kaum jemand möchte doch seinen liebsten Angehörigen
und besten Freunden zumuten, dem Sterben beizuwoh-
nen. Ja, warum eigentlich nicht? Unsere Kultur, all un-
sere Erziehung, unsere eigene Angst vor der Begegnung
mit dem Tod lassen uns vor Derartigem noch immer zu-
rückscheuen. Ja, wir schämen uns sogar solcher Gedan-
ken und Wünsche – für den Fall, dass sie einmal auf-
kommen sollten. Warum eigentlich?

Viele Märchen, meine lieben Kolleginnen und Kolle-
gen, spiegeln sehr reale Gesellschaften wider. Indem sie
die Wünsche, Sehnsüchte und Träume in Erfüllung ge-
hen lassen, zeigen sie Möglichkeiten auf – Handlungs-
optionen! Unsere Wirklichkeit ist nicht unveränderbar:
Also lasst uns das Sterben in die Mitte holen, und wir
werden besser leben.

Danke vielmals.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1616908500

Das Wort als nächster Redner hat der Kollege Hubert

Hüppe von der CDU/CSU-Fraktion.


Hubert Hüppe (CDU):
Rede ID: ID1616908600

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die meis-

ten Menschen wünschen, dass das medizinisch Notwen-
dige und Sinnvolle getan wird. Kein Mensch möchte
unter starken Schmerzen leiden. Niemand möchte abge-
schoben werden und einsam sterben. Deswegen ist es
gut, dass wir heute nicht über das Thema „Töten auf Ver-
langen“ oder über Euthanasie reden, sondern darüber,
wie wir es schaffen, dass die Menschen am Lebensende
pflegerisch, medizinisch und seelsorgerisch so versorgt
werden, dass sie keine Angst vor einem unwürdigen Tod
haben müssen.

Meine Damen und Herren, wir debattieren heute auch
über den Zwischenbericht der Enquete-Kommission
„Ethik und Recht der modernen Medizin“ aus der letzten
Legislaturperiode. Die Enquete-Kommission hat mit ih-
rem über 80 Seiten umfassenden Bericht wertvolle Ar-
beit im Bereich Palliativmedizin und Hospizarbeit ge-
leistet. Abgeordnete und externe Sachverständige haben
zusammen nicht nur eine Analyse der damaligen Situa-
tion geliefert, sondern einen Katalog von konkreten
Empfehlungen erarbeitet. Wie gut diese Arbeit und auch
die Zusammenarbeit waren, zeigt sich auch daran, dass
inzwischen viele Empfehlungen vom Deutschen Bun-
destag umgesetzt worden sind. Ich bin mir – ich sage das
auch ganz offen – nicht sicher, ob es genauso gekommen
wäre, wenn wir diesen Rat nur von außen erhalten hät-
ten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE])


Wir haben Details umgesetzt, Dinge, die nicht so
wichtig erscheinen, die aber für die Praxis wichtig sind,
wie zum Beispiel die Änderung der Betäubungsmittel-
verschreibungsverordnung. Jetzt kann man zum Beispiel

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(C (D icht verbrauchte Schmerzmittel in stationären Hospizen eiterverwenden. Es gab aber auch grundlegende Verbesserungen – sie urden schon häufiger erwähnt –: Zum Beispiel wurden ie Finanzierung der ambulanten Palliativversorgung, ie Einführung von ambulanten Palliative-Care-Teams, ie Absenkung des Eigenfinanzierungsanteils beim Aufnthalt zumindest in stationären Kinderhospizen und die reistellung von Angehörigen für die Pflege und Sterbeegleitung bei der letzten Gesundheitsreform und bei der flegereform beschlossen. Darüber hinaus wurden im Rahmen der Pflegereform uch noch weitere Verbesserungen vorgenommen, die uch nicht unwichtig sind, zum Beispiel die Verkürzung er Begutachtungsfrist auf fünf Tage bei Menschen, die ich in einem stationären Hospiz befinden, oder auch die öglichkeit zum Vertragsabschluss mit Einzelpflege räften, was die ganze Pflegehilfe für denjenigen angeehmer macht, der nicht dauernd mit wechselndem Peronal zu tun haben will. Auch das, meine Damen und erren, sind wichtige Maßnahmen zugunsten der Be roffenen. Wenn ich sage, dass wir vieles gesetzgeberisch auf en Weg gebracht haben, heißt das leider noch nicht, ass auch alles in der Praxis umgesetzt wurde. Das gilt nsbesondere für die ambulante Palliativversorgung. Das st mir deswegen so wichtig, weil die Menschen – das agen alle Umfragen – zu Hause sterben wollen und icht, wie es jetzt leider noch zu 70 Prozent Realität ist, n Einrichtungen. Nachdem der Bundestag die sogeannte spezialisierte ambulante Palliativversorgung in en Leistungskatalog der Krankenkassen aufgenommen at, ist mit einigen Monaten Verspätung im März dieses ahres die Richtlinie des Gemeinsamen Bundesauschusses in Kraft getreten. Nun schaffen die Spitzenverände entsprechende Rahmenempfehlungen, auf deren rundlage Verträge mit Leistungserbringern abgeschlos en werden. So kompliziert sich das anhört, so kompliziert ist es uch. Auf diese Weise geht weiter kostbare Zeit verloen, und die Mittel, die zum Teil schon im letzten Jahr ür diesen Zweck zur Verfügung gestellt worden sind, ind nicht mehr vorhanden und können nicht mehr im inne der betroffenen Menschen abgerufen werden. Desegen an dieser Stelle meine Bitte an diejenigen, die an iesen Verhandlungen beteiligt sind: Bitte beeilen Sie ich! (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


elbst wenn man Gefahr läuft, den einen oder anderen
ehler zu machen – diese Fehler kann man wieder korri-
ieren. Es werden Fehler gemacht werden; denn das ist
a eine ganz neue Leistung mit vielen neu beteiligten
eistungserbringern. Aber es ist wichtig, dass man den
enschen zu Hause helfen kann.

Meine Bitte an die Länder – ich habe mit Praktikern
esprochen und festgestellt, dass es da, wo in den Län-
ern bereits gehandelt wird, zum Beispiel in Hamburg






(A) )



(B) )


Hubert Hüppe
und Schleswig-Holstein, gut läuft –: Nehmen Sie sich
der Aufgabe an; steuern und koordinieren Sie den Pro-
zess, damit es zu schnellen und vernünftigen Verhand-
lungen kommt!

Zum Schluss noch einige Bitten an die Kassen und
Leistungserbringer. Bei den Vertragsverhandlungen
scheint zwar die Hospizbegleitung in Altenheimen und
Pflegeheimen vorgesehen zu sein, aber nicht – so sagt
mir zum Beispiel der ambulante Hospizdienst für
Kinder – in Kinderheimen und verschiedenen Behinder-
teneinrichtungen. Die Begründung der Kassen war bis-
her, dies sei nicht ausdrücklich im Gesetz geregelt. Das
halte ich für falsch. Es ist falsch, wenn man die betroffe-
nen Kinder ausschließen würde. Wenn sie in einem Kin-
derheim oder Kinderhospiz sind, müssen sie auch die
Möglichkeit der Palliativversorgung haben.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Meine zweite Bitte – es ist verständlich, dass ich dies
als Beauftragter meiner Fraktion für die Belange von
Menschen mit Behinderungen sage – ist, dass wir auch
auf die besonderen Bedürfnisse von Menschen mit Be-
hinderungen eingehen, insbesondere von Menschen mit
sogenannter geistiger Behinderung. Ich denke, es ist
wichtig, dass man deren Bedürfnisse wahrnimmt und auf
sie eingeht und dass auch die Leistungserbringer sich
darauf einstellen, dass das eine andere Gruppe mit spe-
ziellen Bedürfnissen ist.

Eine letzte Bitte an alle Beteiligten, auch an uns: Eine
gute Palliativversorgung sicherzustellen, medizinisch
und pflegerisch, muss unser gemeinsames Ziel sein.
Aber es darf nicht passieren – darauf lege ich sehr viel
Wert –, dass die bezahlte Versorgung die nichtbezahlte
ehrenamtliche Bürgerbewegung der Hospizlandschaft
mit all ihrem Fachwissen in den Hintergrund drängt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Nur wenn es uns gelingt, beides sicherzustellen, werden
wir ein Angebot haben, das den Bedürfnissen der ster-
benden Menschen gerecht wird.

Vielen Dank fürs Zuhören.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1616908700

Das Wort hat jetzt der Kollege Wolfgang Wodarg von

der SPD-Fraktion.


Dr. Wolfgang Wodarg (SPD):
Rede ID: ID1616908800

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich

möchte zunächst etwas zu der Reihenfolge sagen, in der
wir die Themen, die mit Tod und Sterben zu tun haben,
in diesem Hause behandeln. Wir sprechen heute über
Palliativmedizin, das heißt über das, was getan werden
muss, damit die Menschen in der letzten Phase ihres Le-
bens Hilfe bekommen. In einer zweiten Sitzung werden
wir dann über die Patientenverfügung sprechen. Auch
die Enquete-Kommission hat festgestellt, dass diese Rei-

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(C (D enfolge richtig ist. Wir müssen erst die Hilfe organisieen und dafür sorgen, dass Menschen nicht verzweifelt ind. Denn wenn sie verzweifelt sind, dann bekommen ie Angst. Aus dieser Angst heraus schreiben sie Patienenverfügungen. Davon profitieren Notare und Rechtsnwälte. Dieser Ansatz ist vom Ende her gedacht und aher falsch. Wir wollen eine gute Palliativmedizin. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Der Gesetzgeber hat vieles möglich gemacht; das ha-
en wir gehört. Wir haben Geld für die Hospizbewegung
ur Verfügung gestellt. Wir haben ein Recht auf Pallia-
ive Care im Gesetz festgeschrieben. Hubert Hüppe hat
ben mehrfach darum gebeten, dass doch etwas ge-
chehe. Dies zeigt, dass noch nicht genug umgesetzt
urde; das muss uns nachdenklich machen. Wir hoffen

ber, dass bald konkrete Hilfe zur Verfügung steht. Wenn
as nicht der Fall wäre, dann hätten wir die ganze Arbeit
msonst und Politik an den Problemen vorbei gemacht.
ieser Gefahr müssen wir uns stellen.

Es muss Anreize für diejenigen geben, die Verantwor-
ung tragen, das Richtige zu tun. Es muss sich für dieje-
igen, die sich um Sterbenskranke kümmern, lohnen,
ass sie Palliative-Care-Strukturen schaffen. Wer ist da-
ür verantwortlich, wer muss hier noch aktiv werden?

Die Zivilgesellschaft tut eine Menge. In den Gemein-
en melden sich viele ehrenamtliche Helferinnen und
elfer. Es werden Hospizvereine gegründet, die wir för-
ern. Auch Krankenhäuser und Ärzte versuchen, ent-
prechende Hilfe anzubieten und spezielle Angebote
eiterzuentwickeln. Es entstehen Palliativstationen und
ospize. Aber es fehlt immer noch an einer flächende-

kenden Versorgung in diesem Bereich.

Die Strukturverantwortung haben diejenigen, die über
as Geld verfügen, um die Versorgung zu gestalten. Bei
ns sind in erster Linie die Krankenkassen und die Pfle-
ekassen dafür verantwortlich. Wir haben ein großes
roblem, dass hier zwei Versicherungen sozusagen ne-
eneinander arbeiten: die Krankenversicherung und die
flegeversicherung. Häufig kommt es vor, dass Men-
chen beide Versicherungen brauchen und beide in An-
pruch nehmen. Die Pflegeversicherung ist eine Teilkas-
oversicherung; die Krankenversicherung bezahlt das
otwendige und fragt nicht nach einzelnen definierten
eistungen.

Die Pflegeversicherung ist aber die kostengünstigere
ösung. Daher gibt es Verschiebebahnhöfe. Das sehen
ir besonders im stationären Bereich in den Pflegehei-
en. Wir müssen uns die Situation dort genauer an-

chauen. Ich denke, es kommt in vielen Pflegeheimen zu
ehl- und Unterversorgungen, wenn es um Palliative
are geht. Diesen Bereich kann man nicht mit wenig
ersonal abdecken; das geht nicht.

Palliative Care ist nicht nur in Krankenhäusern und
ospizen notwendig. Gehen Sie einmal in die vielen sta-

ionären Pflegeeinrichtungen, in denen Menschen die
etzten Monate ihres Lebens verbringen müssen. Die
flegeversicherung bezahlt eine Pauschale, und das war
s dann. Wo bleibt da Kraft für Palliative Care? Wie soll






(A) )



(B) )


Dr. Wolfgang Wodarg
die Finanzierung aussehen? Wenn wir es ehrlich mit die-
sem Thema meinen, müssen wir uns diesen Fragen stel-
len.

Jeder weiß, dass die letzten sechs Monate im Leben
eines Menschen die teuersten sind. Das ist nichts Neues.
Wir wollen, dass die Krankenkassen sich anstrengen und
auch dann etwas für ihre Versicherten tun. Stellen Sie
sich aber vor, eine Krankenkasse würde Verträge schlie-
ßen, um eine flächendeckende und vorzügliche Palliativ-
versorgung zu ermöglichen. Wenn sich das bei den
Krebskranken herumsprechen würde, dann würden alle
in diese Krankenkasse wechseln. Das würde aber bedeu-
ten, dass die Kasse für ihr Engagement finanziell bestraft
und möglicherweise pleitegehen würde, wenn andere
Kassen nicht auch nachziehen würden. Sie müsste mög-
licherweise die Beiträge erhöhen, nur weil sie das tut,
was eigentlich notwendig ist.

Hier wirkt sich der Kassenwettbewerb, der immer
noch besteht, negativ aus, weil notwendige Leistungen
dann nicht erbracht werden, wenn sie teuer sind. Dieser
Wettbewerb ist fehlleitend. Er ist einer der Hauptursa-
chen dafür, warum wir in Deutschland noch keine flä-
chendeckende Palliativversorgung haben. Wir müssen
dafür sorgen, dass alle Krankenkassen dieser Verpflich-
tung nachkommen. Das können wir dadurch tun, dass
wir die Morbidität ausgleichen. Das soll durch den mor-
biditätsorientierten Risikostrukturausgleich geschehen,
den wir beschlossen haben. Er dient dazu, die Kasse zu
belohnen, die solche Themen in Angriff nimmt.

Jetzt höre ich es aber munkeln, dass man einen Rück-
zieher machen und den Morbi-RSA abschwächen will,
der ja an den Gesundheitsfonds geknüpft ist. Er kommt
vielleicht gar nicht. Wenn wir diesen morbiditätsorien-
tierten Risikostrukturausgleich nicht verwirklichen,
dann wird es sich weiterhin nicht lohnen, sich um teure
Kranke zu kümmern. Das müssen wir wissen; ansonsten
ist all das, was wir hier machen, Schall und Rauch. Ich
weiß, dass diese Aussage wehtut. Ich weiß, dass da viele
andere Argumente eine Rolle spielen; aber diese wichti-
gen Zusammenhänge kann man nicht unerwähnt lassen.

Wir haben den Bereich der Pflegeversicherung neu
gestaltet und haben vieles möglich gemacht. Wir wollen,
dass sich die Gemeinden im Rahmen der Daseinsvor-
sorge dort, wo die Menschen leben – „Daheim statt
Heim“, sagen wir in unserem Zusammenschluss, den wir
gegründet haben und den wir fördern; viele von uns neh-
men daran teil –, darum kümmern, dass man zu Hause in
vertrauter Umgebung alt werden darf, behindert sein
kann und trotzdem Hilfe erhält und sterben darf, so wie
man möchte. Dazu bedarf es professioneller Unterstüt-
zung, und die kostet Geld.

Es ist für eine Gemeinde sehr schwierig, die Player
aus der Pflegekasse und der gesetzlichen Krankenkas-
sen, die in diesem Zusammenhang eine Rolle spielen
und Verantwortung tragen, vor Ort zusammenzubekom-
men. Die von uns geplanten Pflegestützpunkte, die wir
in Deutschland flächendeckend einführen wollen, sollen
diese koordinierende Funktion übernehmen. Sie sollen
die Stelle sein, bei der man Defizite in der Versorgung
benennt, wo die Kostenträger vor Ort zusammenkom-

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(C (D en und sich Gedanken darüber machen, wie die Verorgung verbessert werden kann, wo die Ansprüche der evölkerung angemeldet werden können und über verünftige ortsangemessene Lösungen diskutiert werden ann. Das alles haben wir als Gesetzgeber möglich geacht. Das ist ein großes Verdienst der Pflegeversiche ung, die wir neu gestaltet haben. Dies muss jetzt vor Ort mgesetzt werden. Dabei sind die Länder besonders gefragt; denn es iegt in der Hand der Länder, die koordinierende Funkion der Pflegestützpunkte gesetzlich festzulegen oder ies zu verweigern. Ich appelliere also an die Länder, hre Verantwortung für die Daseinsvorsorge auch hier ahrzunehmen. Wie Sie sehen, ist dies ein Thema, bei dem es vor alm auch ums Geld geht. Ich denke, dass das Modell, über as wir diskutieren – ganz anders, als viele meinen –, sehr iele wirtschaftliche Vorteile bringen kann. Wenn wir enschen zu Hause lassen, wenn wir eine Krankenhaus inweisung vermeiden, dann sparen wir bei jedem Fall 0 000 bis 30 000 Euro. Davon, also von einem vermieenen Krankenhausaufenthalt, kann eine Pflegekraft ein anzes Jahr lang finanziert werden. Dies muss die Kranenkassen und die Pflegekassen doch hellhörig machen. ie viel Vernünftiges kann man durch Prävention und ute Begleitung tun: Man kann gleichzeitig Leid und osten vermeiden. Das ist eine Win-win-Möglichkeit, ie wir viel zu wenig ergreifen. Ich glaube, dass wir noch viel zu tun haben und in der raxis noch viel von dem umzusetzen haben, was wir heoretisch in der Enquete-Kommission erarbeitet und in as Gesetz geschrieben haben. Es reicht nicht, wenn die inge im Gesetz stehen. Wir müssen dafür sorgen, dass ie auch geschehen. Das wollen wir gemeinsam in Anriff nehmen! Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit. Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat as Wort der Kollege Hermann-Josef Scharf von der DU/CSU-Fraktion. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Hubert Hüppe [CDU/CSU]: Wo ist eigentlich der Kollege Stünker?)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1616908900


Hermann-Josef Scharf (CDU):
Rede ID: ID1616909000

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Ein Lebensende in Würde verbringen zu kön-
en, ist der Wunsch eines jeden Menschen. Ziel der
flege von Sterbenden ist es, dem schwerkranken Men-
chen so lange wie möglich ein Gefühl des Wohlbefin-
en zu verschaffen, damit er, wenn er es will, frei wird,
m sich seelisch und geistig auf den Tod vorzubereiten.

Die Auseinandersetzung mit dieser Aufgabe führte zu
er heutigen Hospizbewegung. Aber die dahinterste-
ende Idee ist weit umfassender. Das lateinische Wort






(A) )



(B) )


Hermann-Josef Scharf
„hospitium“ in der Bedeutung von „Herberge“ und
„Gastfreundschaft“ sagt für den Hospizgedanken das
Wesentliche: Hilfe und Schutz für den Kranken in der
letzten Phase seines Lebens, der letzten Strecke seines
irdischen Daseins. In ebendieser letzten Phase benötigen
die häufig schwerkranken Menschen Schmerzlinderung
und umfänglichen Beistand. Die Palliativmedizin und
die Hospizarbeit leisten hierbei wichtige Dienste. Für
uns von der Union war es daher ein großes Anliegen, die
Stärkung der Hospizarbeit und der Palliativmedizin im
Koalitionsvertrag festzuschreiben.

Durch die Aufnahme der integrativen hospizlichen
Versorgung in den Leistungskatalog der gesetzlichen
Krankenkassen mit der Gesundheitsreform haben wir
dieses Ziel weitgehend erreicht. Seither haben Versi-
cherte einen Anspruch auf eine spezialisierte ambulante
Palliativversorgung, die durch ihre Ausgestaltung den
Wunsch vieler Frauen und Männer erfüllt, bis zum Tod
in der vertrauten Umgebung betreut zu werden. Durch
diese bedarfsgerechte Palliativversorgung wird die am-
bulante Pflege am Lebensende erheblich verbessert und
eine Vernetzung von vorhandenen Strukturen vor Ort er-
reicht. Krankenhäusern ist es nun möglich, ihre hochspe-
zialisierten Leistungen auch ambulant anzubieten. Das
ist ein neues, gutes Angebot. Ein weiterer wichtiger
Punkt ist, dass ambulante Hospizdienste ihre Dienste
nun nicht mehr nur im privaten Bereich, sondern auch in
Alten- und Pflegeheimen, wo sie meines Erachtens drin-
gend benötigt werden, anbieten können.

Aber auch durch die Pflegereform sind zahlreiche
Leistungsverbesserungen entstanden, die die Situation
von Menschen am Lebensende und die ihrer Familien
wesentlich verbessern. Ich denke an die Möglichkeit für
Angehörige, bis zu sechs Monate Pflegezeit mit Rück-
kehranspruch an den Arbeitsplatz zu nehmen, um Zeit
für den Sterbenden zu haben. Bei einem akut auftreten-
den Pflegefall ist eine kurzfristige Freistellung von bis
zu zehn Werktagen möglich. Die Fristen zur Begutach-
tung durch den medizinischen Dienst wurden wesentlich
verkürzt, um den Betroffenen schnell Sicherheit für die
notwendige Hilfe zu geben. So muss bei Menschen, die
bereits in einem Hospiz sind oder in häuslicher Umge-
bung palliative Leistungen erhalten, innerhalb einer Wo-
che die Entscheidung über das Gutachten vorliegen.
Auch die Erhöhung des Pflegegeldes wird die Situation
der pflegenden Angehörigen verbessern.

Wir sollten der aktiven Sterbehilfe diese guten Alter-
nativen entgegensetzen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Der Tod, das Sterben gehört zum Leben. In der Hospiz-
bewegung geht es, wie schon gesagt, um die Bedürfnisse
unserer Sterbenskranken. Was brauchen wir auf unserem
letzten Lebensweg? Bei den Missionarinnen der Nächs-
tenliebe, den Schwestern von Mutter Teresa in Indien,
habe ich eine Antwort gefunden: „Hände, die zum Die-
nen bereit sind, und ein Herz, das lieben will.“ Die be-
reits heute in vielen Krankenhäusern, Heimen, Hospizen
und in häuslicher Umgebung geleistete Sterbebegleitung

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(C (D nd die palliativmedizinische Betreuung sind von ganz entraler Bedeutung. Diese wollen wir als CDU/CSU achhaltig unterstützen. Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1616909100

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
en Drucksachen 16/9442 und 15/5858 an die in der Ta-
esordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
ind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann
ind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 6 auf:

Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-
gierung

Tätigkeitsbericht 2005 bis 2007 der Bundes-
netzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommu-
nikation, Post und Eisenbahnen und Stellung-
nahme der Bundesregierung

– Drucksache 16/9000 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Kultur und Medien

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. Gibt es
iderspruch? – Das ist nicht der Fall.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Red-
erin das Wort der Parlamentarischen Staatssekretärin
agmar Wöhrl.

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Dagmar G. Wöhrl (CSU):
Rede ID: ID1616909200

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

en! Gerade angesichts der vorherigen Ausführungen ist
s jetzt nicht ganz einfach, das Thema zu wechseln.

Wir kommen jetzt zum Bericht der Bundesnetzagen-
ur. Wir wissen, dass wir 2005 durch die Neufassung des
nergiewirtschaftsgesetzes die Rahmenbedingungen für
ie leitungsgebundene Energiewirtschaft geschaffen ha-
en. Unser Ziel war die Netzregulierung für einen wirk-
amen Wettbewerb bei Erzeugung und Vertrieb. Der
rste Tätigkeitsbericht liegt uns jetzt vor. Er gibt uns ei-
en guten Überblick darüber, wie weit wir gekommen
ind und wo noch weitere Arbeit auf uns wartet. Der Er-
ahrungszeitraum war relativ kurz. Nichtsdestoweniger
eigt uns der Bericht, dass große Fortschritte gemacht
orden sind.

Ein Beispiel ist die Kontrolle der Netzentgelte. Die
undesnetzagentur hat schon bei der ersten bundeswei-

en Genehmigungsrunde die von den Netzbetreibern be-
ntragten Entgelte teilweise gekürzt. Auch haben wir der
undesnetzagentur die Möglichkeit an die Hand gege-






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretärin Dagmar Wöhrl
ben, Vorschriften zur Entflechtung des Netzbetriebes auf
der Basis des neuen Energiewirtschaftsgesetzes von 2005
durchzusetzen. Dazu gibt es schon heute Vorgaben.

Wir wissen natürlich, dass die Bundesnetzagentur auf
einem schwierigen Feld arbeitet. Es ist nicht immer ein-
fach, bei Entscheidungen die Balance zwischen Preis-
günstigkeit und der Versorgungssicherheit zu finden. Sie
muss an die Interessen des Wettbewerbs genauso wie an
das Interesse an weiteren Investitionen in die Leitungs-
netze denken. Ich glaube, das ist ihr bis jetzt sehr gut ge-
lungen.

Steigende Energiepreise lösen zurzeit große Unruhen
aus. Wir müssen bei diesem Thema sehr aufpassen, als
Politiker nicht den Eindruck zu erwecken, dass sich glo-
bale Entwicklungen einfach lösen lassen. Einzelaktionen
sind die falsche Reaktion, und auch einfache Antworten
auf dieses Problem gibt es nicht.


(Jürgen Koppelin [FDP]: Guckt mal, was ihr an Steuern abkassiert!)


Günstige Energiepreise sind nicht allein durch Netz-
regulierung zu erreichen. Netzentgelte machen etwa
30 Prozent der Preise aus. Sie sind also nur eine von
mehreren Kostenblöcken. Es gibt viele Ursachen: die
Entwicklung der Primärenergiekosten, die staatlich ver-
anlassten Preisbestandteile – das ist ganz klar –,


(Jürgen Koppelin [FDP]: Mehrwertsteuererhöhung! Abkassieren der Bürger!)


die sich auch auf die Preise auswirken, ein noch nicht
hinreichender Wettbewerb; auch das ist ein Thema. Wir
müssen natürlich sagen, dass die Nachfrage nach Ener-
gie weltweit steigt und dass dadurch die Situation auf
längere Sicht nicht einfacher wird.

Wir sollten auch ganz ehrlich sagen – darin stimme
ich der FDP zu –, dass seit der Marktöffnung 1998 sehr
viele umweltpolitisch motivierte Entscheidungen getrof-
fen worden sind. Das kann man nicht wegdiskutieren,
und das wollen wir in diesem Zusammenhang auch gar
nicht machen. Diese Entscheidungen haben weder den
Bau neuer Kraftwerke noch die Bereitstellung eines hin-
reichenden Angebots von Strom erleichtert.


(Jürgen Koppelin [FDP]: Ideologische Entscheidungen!)


Die Zahl der staatlich veranlassten Preisbestandteile hat
zugenommen, ich erspare mir hier eine Aufzählung.

Für uns stellt sich schon die Frage: Wie gehen wir mit
diesen Problemen um?


(Jürgen Koppelin [FDP]: Steuern senken!)


Der Wettbewerb ist ein wichtiges Thema. Wir brauchen
in diesem Bereich mehr Wettbewerb. Aber – das sage ich
hier ganz ausdrücklich – wir brauchen keine staatliche
Preissetzung. Wir brauchen auch keine staatlich vorge-
schriebenen Sozialtarife.


(Gudrun Kopp [FDP]: Richtig!)


Dass dieses Thema populär ist, ist klar, aber diese
Forderung ist realitätsfremd. Die Idee, dass die Privat-

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(C (D irtschaft zu einem Träger der Sozialpolitik werden soll, st kein Schritt auf dem Weg, den wir einschlagen sollen. Man kann die Privatwirtschaft nicht dazu zwingen. as würde es außerdem bedeuten, wenn man sie dazu wingen würde? Das würde nur bedeuten, dass die übrien Verbraucher mit höheren Kosten rechnen müssten. ier macht man es sich zu einfach, weil man dadurch as Problem in die Zukunft verschiebt. Energieeffizienz und Energieeinsparung sind wichige Themen, derer sich die Regierung angenommen hat. ir haben jetzt im Bundeskabinett den zweiten Teil des EKP beschlossen. Ich habe mich sehr gefreut, als ich ine Studie der BP gelesen habe. Denn sie zeigt, dass in eutschland der Energieverbrauch um 5,6 Prozent ge unken ist; in der Europäischen Union ist er im Durchchnitt um nur 2,2 Prozent gesunken. Weltweit ist der erbrauch von Primärenergie leider um 2,4 Prozent getiegen. Das sind Probleme, die uns nicht nur kurzfristig, ondern auch mittelfristig und langfristig beschäftigen erden. Ich glaube, es ist wichtig zu sagen, dass wir uns in en letzten zwei Jahren nicht zurückgelehnt haben. Wir aben viel auf den Weg gebracht, auch um zu mehr ettbewerb zu kommen. Minister Glos hat schon im erbst 2006 das erste Maßnahmenpaket auf den Weg geracht. Wir haben die vier Rechtsverordnungen zu den allgeeinen Geschäftsbedingungen der Energieversorger be chlossen. Damit haben wir die Verbraucherrechte getärkt und – was wichtig ist – die Möglichkeiten für ieferantenwechsel verbessert. Die Zahlen zeigen: Der ettbewerb um die Haushaltskunden, den wir immer ollten, hat an Fahrt gewonnen. Mindestens doppelt so iele Haushalte wie 2006 haben letztes Jahr ihren Liefeanten gewechselt. Wir haben die Kraftwerks-Netzanschlussverordnung uf den Weg gebracht. Die Anreizregulierung gilt ab Jauar nächsten Jahres. Sie soll auch eine Motivation für ie Netzbetreiber sein, ihre Stromund Gasnetze effizinter zu betreiben. Im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen haben ir die kartellrechtliche Preismissbrauchsaufsicht ver chärft, sodass strenger gegen Preistreiber vorgegangen erden kann. Wir wissen aufgrund der ersten Fälle in iesem Bereich, dass dieses Gesetz vom Bundeskartellmt auch angewandt wird. Auch das Gesetz zur Öffnung es Messwesens bei Strom und Gas für Wettbewerb will ch hier nicht verschweigen. Dadurch geben wir dem erbraucher die Möglichkeit, sich für neue Zähler zu ntscheiden, die mehr Informationen über den Stromverrauch geben. Ich glaube, die Beispiele, die ich einzeln aufgezählt abe, zeigen, wie wichtig dieses Thema für uns ist, wie ichtig diese Probleme für uns sind, dass wir uns dieser robleme schon in der Vergangenheit angenommen haen und uns in Zukunft ihrer weiter annehmen werden. as heißt, wir haben nicht nur angekündigt, sondern uch geliefert. In dem Sinne vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Parl. Staatssekretärin Dagmar Wöhrl (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)





(A) )


(B) )



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1616909300

Das Wort hat jetzt die Kollegin Gudrun Kopp von der

FDP-Fraktion.


Gudrun Kopp (FDP):
Rede ID: ID1616909400

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren und Da-

men! Frau Kollegin Wöhrl hat eben vorgetragen, was die
Bundesregierung an kleinteiligen Maßnahmen zur Stär-
kung des Wettbewerbs an der einen oder anderen Stelle
auf den Weg gebracht hat. Davon ist vieles richtig und
gut. Aber zur Energiepreisentwicklung haben Sie ledig-
lich festgestellt, dass die Politik, dass der Staat, dass die
frühere und die jetzige Bundesregierung einen ganz er-
heblichen Anteil an der Preisgestaltung haben. Ich sage
nur: 40 Prozent des Strompreises und 30 Prozent des
Gaspreises beruhen auf Steuern und Abgaben, die durch
die vorherige und durch die jetzige Bundesregierung
verursacht wurden. Das kneift den Normalverbraucher
in ganz besonderer Art und Weise.


(Beifall bei der FDP)


Leider haben Sie überhaupt nicht gesagt, was Sie da-
gegen unternehmen wollen.


(Jürgen Koppelin [FDP]: So ist es!)


Einfach nur festzustellen, dass sich die Steuern und Ab-
gaben auf Energie von 2,2 Milliarden Euro im Jahre
1998 auf derzeit über 13,7 Milliarden Euro erhöht ha-
ben, reicht nicht. Das ist mehr als eine Versechsfachung
der politisch verursachten Lasten auf den Energieprei-
sen. Auch die Regierungserklärung der Kanzlerin heute
Morgen war sehr enttäuschend. Sie zuckt mit den Ach-
seln und sagt, man könne die Preise nicht senken, sie
seien weltwirtschaftlich begründet und man könne leider
nichts tun.


(Martin Zeil [FDP]: Da sieht man, wo die echten Ölscheichs sitzen! Auf der Regierungsbank!)


Das ist eine Bankrotterklärung vor politischem Handeln,
das eigentlich nötig wäre.


(Beifall bei der FDP)


Bei sich selbst anzufangen, wäre angesagt.


(Dagmar Wöhrl, Parl. Staatssekretärin: Was macht die FDP?)


– Was die FDP macht, werde ich gleich gerne sagen.

Wir sprechen heute über den Tätigkeitsbericht 2005
bis 2007 der Bundesnetzagentur. Hierzu stellen wir fest:
Obwohl Regulierung ein schwieriger Prozess ist, sind
bisher schon viele Regulierungsmaßnahmen durchge-
führt worden, die recht gut verlaufen sind. Daran waren
wir beteiligt.


(Klaus Barthel [SPD]: Typisch! An dem, was gut gelaufen ist, wart ihr beteiligt, an allem anderen waren wir beteiligt! Das ist ja wunderbar!)


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(C (D ch füge aber hinzu: Wir hätten uns gewünscht, dass die egulierung, die in den Monopolbereichen nach dem eutigen Stand der Dinge eine Daueraufgabe bleiben ird, beim politisch unabhängigen Bundeskartellamt anesiedelt wird; denn dort wäre diese Aufgabe besser aufehoben. Es wurde eine andere Entscheidung getroffen. Die etze werden in Zukunft vom Bundeskartellamt regu iert, und im Netz reguliert die Bundesnetzagentur. Am . Januar 2009 beginnt die Anreizregulierung. Hierzu at die Bundesnetzagentur zeitnah einen sachgerechten ntwurf vorgelegt, der strenge Maßnahmen zur Einfüh ung einer Anreizregulierung enthielt. Leider hat die Bundesregierung diesen Entwurf stark erwässert bzw. politisch Einfluss genommen; das habe ch bereits kritisiert. Nun liegt ein weichgespülter Enturf zur Anreizregulierung auf dem Tisch. Wir müssen eobachten, ob die Klage der Energieunternehmen über ventuell nicht auskömmliche Renditen tatsächlich beechtigt ist oder ob man darüber hinwegsehen kann. Das ird sich zeigen. Der wichtigste Punkt des vorliegenden Tätigkeitsbeichts ist die Aufforderung an die Politik – sie richtet ich an uns alle –, die richtigen Rahmenbedingungen für en dringend notwendigen Netzausbau zu setzen. Wir ollen nicht nur, dass in Leitungen investiert wird und ass Leitungen verlegt werden, sondern auch, dass nach ie vor Wert auf die Qualität der Leitungen gelegt wird. Hier besteht folgendes Problem: Es ist ein massiver usbau von Offshore-Windkraftanlagen, also von Windraftanlagen auf hoher See, zu verzeichnen, während im üden Kernkraftwerke abgeschaltet werden. Jedoch feh en Leitungen von Norden nach Süden. Wir müssen den pagat schaffen und diese Leitungen legen. Das wollen uch die Unternehmen sehr gern. Sie sehen sich aber mit em Problem konfrontiert, dass die Genehmigungsverahren sehr lange dauern, derzeit rund zehn Jahre. Diese erfahren müssen beschleunigt werden. Hierfür wurde in guter Ansatz entwickelt. Die dringend notwendigen Investitionen dürfen aber icht dadurch konterkariert werden, dass, wie von der undesregierung geplant, zumindest teilweise auch eine rdverkabelung vorgesehen wird. Ich möchte Ihnen ausrücklich sagen: Das hätte eine enorme Verteuerung der etzkosten um das Vierbis Zehnfache zur Folge und äre kontraproduktiv. Was wir zur Stärkung des Wettbewerbs unbedingt rauchen, ist eine strukturelle Trennung von Netz und roduktion im Energiebereich. Insofern ist der Komproiss, den die Bundesregierung in Brüssel erzielt hat, der ogenannte dritte Weg, aus unserer Sicht eher enttäuchend. Gudrun Kopp Denn er wird das, was wir uns erhoffen, nicht schaffen, nämlich mehr Wettbewerb. Das EU-Parlament hat gestern anders entschieden. Es wünscht sich eine Trennung. Wir hätten uns gewünscht, dass die Bundesregierung mutiger gewesen wäre. Sie hätte unseren Vorschlag einer unabhängigen Netz AG aufgreifen sollen. Diese könnte Investitionen beschließen, ohne dass die vier den Energiemarkt beherrschenden Unternehmen durch direkte Beteiligung darauf Einfluss haben. Leider ist das nicht geschehen. Der gestrige Beschluss des EU-Parlaments wird erneut zu Irritationen führen: Wie geht es jetzt weiter? Das ist nicht gut, weder für die Netzbetreiber, die gerne Netze bauen wollen, noch für das politische Umfeld. Insofern kann ich Ihnen nur sagen: Ihre Hausaufgaben haben Sie allenfalls zum Teil erledigt. (Jürgen Koppelin [FDP]: Genau! Und geschummelt haben sie dabei auch noch!)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(Martin Zeil [FDP]: So ist es!)





(A) )


(B) )


(Rolf Hempelmann [SPD]: Wir uns auch!)


(Beifall des Abg. Jürgen Koppelin [FDP])


(Martin Zeil [FDP]: Genauso ist es!)


Die Regulierung, über die wir heute diskutieren, ist aller-
dings auf einem guten Weg.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1616909500

Das Wort hat der Kollege Rolf Hempelmann von der

SPD-Fraktion.


Rolf Hempelmann (SPD):
Rede ID: ID1616909600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

sprechen heute über den Tätigkeitsbericht der Bundes-
netzagentur. Für die vielen Bundestrainer, die heute auf
die Tribüne verbannt worden sind, sei gesagt: Das ist die
Regulierungsbehörde, die sich um die Infrastruktur, um
die Netze kümmert, und zwar nicht nur um die Energie-
netze, über die wir heute sprechen, sondern auch um die
Netze für Telekommunikation, Post und Eisenbahnen.


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer hat sie erfunden?)


Anders als meine Vorrednerin glaube ich, dass es gut
ist, dass wir die damalige RegTP, die Regulierungsbe-
hörde für Telekommunikation und Post, die hervorra-
gend gearbeitet hatte, auch mit dem Bereich der lei-
tungsgebundenen Energien – Gas und Strom – betraut
haben.

Der Tätigkeitsbericht zeigt, dass die Agentur in den
letzten Jahren gut vorangekommen ist und erfolgreich
gearbeitet hat. Sie hat, gerade bei den Übertragungsnet-
zen, einen weitgehend diskriminierungsfreien Netzzu-
gang durchgesetzt; das weist sie uns in jeder Beiratssit-
zung nach. Insofern können wir sagen, dass die bisherige
Entflechtung vom Grundsatz her durchaus gegriffen hat.

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(C (D Wir wissen aber gerade mit Blick auf Europa, dass ir in diesem Zusammenhang weitergehen müssen. Desegen haben wir die Bundesregierung unterstützt bei ih em Vorschlag – den sie ja nicht allein gemacht hat, sonern zusammen mit acht weiteren Mitgliedstaaten, die in ine ähnliche Richtung denken –, das Modell, das wir ennen und das erfolgreich ist, weiterzuentwickeln. Ich glaube, dass diejenigen, die sich näher mit der eientumsrechtlichen Entflechtung befasst haben, wissen, ass vieles behauptet wird, aber weniges nachgewiesen st. So ist zum Beispiel nicht nachgewiesen, dass eine eientumsrechtliche Entflechtung zu sinkenden Netzentelten oder zu steigenden Investitionen führt. Beides äre schön, und das wären starke Argumente für eine eientumsrechtliche Entflechtung; aber beides trifft nicht u. Nun ist die Pattsituation zwischen Rat und Parlament ntstanden. Es wäre sicherlich sinnvoll, dass, wie wir es m Wirtschaftsausschuss mehrfach angeregt haben, das undeswirtschaftsministerium mit den vier Übertraungsnetzbetreibern Kontakt aufnimmt, mit ihnen die Siation bespricht und sondiert, ob das, was unsere natio ale Netzagentur macht, ein Modell wäre, das sich die nternehmen vorstellen können bzw. das bei ihnen auf egenliebe stößt. Die Signale, die ich wahrnehme, sind rmutigend. Insofern sollte man das jetzt vorantreiben. Von sinkenden Netzentgelten war die Rede. Ich laube, dass das gut ist und dass Monopolrenditen, jeenfalls weitgehend, der Vergangenheit angehören. Ich ill aber darauf aufmerksam machen, dass wir uns nicht orstellen sollten, dass die Netzentgelte auf viele Jahre inaus dauerhaft weiter werden sinken können. Da wird s eine natürliche Grenze geben, (Gudrun Kopp [FDP]: Schon durch die Erdverkabelung!)


ie einfach dadurch gesetzt ist, dass wir eine hohe Netz-
ualität haben wollen. Dazu benötigen wir Investitionen
n das Netz. Bei der demnächst beginnenden Anreizre-
ulierung ist es eine besondere Herausforderung, diese
eiden Ziele – kosteneffizient geführte Netze und eine
ohe Versorgungsqualität durch entsprechende Investi-
ionen – miteinander in Einklang zu bringen.

Es gibt Signale, dass sich auch die Bundesnetzagentur
och in Lernprozessen befindet. Das ist keine Schande;
e mehr sie lernt, desto besser. Signale kommen nicht nur
on den großen Unternehmen, sondern gerade auch von
en Stadtwerken und von Unternehmen, die – was wir
olitisch sehr unterstützen – Offshore-Windprojekte ans
etz anbinden wollen. Es wird darauf ankommen, dass

ich diese Risikoinvestitionen lohnen, dass eine Rendite
abei herausspringt, die marktüblich ist. Da ist die Bun-
esnetzagentur aufgefordert, für die entsprechenden
ahmenbedingungen zu sorgen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1616909700
Wir ha-
en eine Menge getan, um der Bundesnetzagentur die
rbeit zu erleichtern. Wir haben eine Kraftwerks-Netz-

nschlussverordnung vorbereitet, mit der gerade neue
raftwerke bevorzugt werden sollen. Wir haben im
WB einige Veränderungen vorgenommen, die es dem






(A) )



(B) )


Rolf Hempelmann
Bundeskartellamt erleichtern sollen, die großen Unter-
nehmen zu überprüfen, um zu verhindern, dass sie ihre
zugegebenermaßen starke Marktposition missbrauchen
können. Schließlich haben wir das Mess- und Zählwesen
liberalisiert; gerade in der letzten Woche haben wir das
entsprechende Gesetz verabschiedet. Wir versprechen uns
davon natürlich auch die Möglichkeit, dass der Verbrau-
cher seine eigenen Verbräuche besser erkennt und steuert.

Eben wurde das Stichwort Sozialtarife genannt – auch
von der Bundesregierung. Dieses Thema muss uns si-
cherlich beschäftigen. Zuallererst denken wir daran, In-
strumente zu schaffen, mit denen der Verbraucher in die
Lage versetzt wird, Energie einzusparen. Es geht nicht
nur um Preise, sondern auch um Kosten. Er soll seine
Kosten entsprechend senken können. Dazu haben wir
beispielsweise die Verpflichtung eingeführt, intelligente
Zähler anzubieten. Auf diesem Weg müssen wir aber na-
türlich weitergehen, und wir müssen insbesondere denen
helfen, die es nicht aus dem eigenen Portemonnaie leis-
ten können, ineffiziente Geräte durch moderne, effi-
ziente und stromsparende Geräte zu ersetzen. Ansätze
dazu gibt es schon – beispielsweise im Marktanreizpro-
gramm und im CO2-Gebäudesanierungsprogramm. Ich
denke aber, dass wir das perfektionieren müssen.

Meine Damen und Herren, eine Aufgabe bleibt den-
noch, eine Aufgabe, die zu den Kernaufgaben des Gesetz-
gebers, aber auch der Bundesregierung, des Bundeswirt-
schaftsministeriums, gehört. Ich meine das angekündigte
Gesetz zur Beschleunigung von Netzprojekten, das ges-
tern im Kabinett beraten wurde. Dies wird letztlich dazu
dienen, dass die Bundesnetzagentur noch erfolgreicher
arbeiten kann. Es ist richtig – das wurde gerade auch von
der Opposition angesprochen –, dass wir hier vorankom-
men müssen. Das bisher gültige Beschleunigungsgesetz
hat nicht in dem Umfang gegriffen, wie wir uns das vor-
gestellt haben. Deswegen ist es eben umso wichtiger, dass
wir hier vorankommen.

Ich glaube, dass die Lösung beim Problem der Erd-
verkabelung, die jetzt gefunden worden ist, eine Lösung
mit Augenmaß ist: Es handelt sich um eine Verkabelung
in Modellregionen. Diese Lösung ist gegenüber den Vor-
stellungen, die es dazu in der Vergangenheit gab, deut-
lich eingegrenzt. Die Kostenaspekte wurden im Auge
behalten. Insofern glaube ich, dass hier eine Vorausset-
zung für einen zügigen Netzausbau geschaffen wurde.

Es ist klar: Die Erdverkabelung ist teurer. Ich denke
aber, so, wie das jetzt angelegt ist, ist es gut begründet,
gezielt und auch ausgesprochen restriktiv auf die Not-
wendigkeiten beschränkt.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1616909800

Das Wort hat der Kollege Hans-Kurt Hill von der

Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit er Einrichtung der Bundesnetzagentur wurde ein wichiger Schritt zur Regulierung des Stromund Gasmarktes emacht; denn ob Schienen-, Gasoder Stromnetze: Es erleitet zu Missbrauch, wenn sie in privater Hand sind. (Dr. Rainer Wend [SPD]: Das hat man in der DDR gesehen!)

Hans-Kurt Hill (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616909900

s ist Aufgabe der Bundesnetzagentur, dies zu kontrol-
ieren. Dass hier viel Arbeit geleistet wurde, wird auch
urch den Bericht gezeigt.

Was stellen wir fest? Erstens. Die Kontrolle der Netze
reift zu kurz. Zweitens. Mit der Einführung der Bundes-
etzagentur wurde der öffentliche Einfluss auf die ande-
en Bereiche abgeschafft. Drittens. Was ist die Folge?
ie Strom- und Gaspreise steigen ungebremst. Daneben

indet bei der Netznutzung keine Lenkung hin zu Klima-
chutz und Energieeffizienz statt. Auf diese Punkte
öchte ich jetzt im Einzelnen eingehen.

Zur Netzkontrolle am Beispiel des Stroms. Die Bun-
esnetzagentur hat die Netzkosten zugunsten der Ver-
raucherinnen und Verbraucher zwar erfolgreich verrin-
ert – im Ergebnis zahlte der Durchschnittshaushalt im
ahre 2007 33 Euro weniger für die Netznutzung –, aber
er Strom wurde im letzten Jahr gleich mal um 60 Euro
eurer. Grund ist die künstliche Verteuerung der Strom-
reise durch das Energiemonopol. Bei einem Etat der
undesnetzagentur von 150 Millionen Euro bleibt die
irkung für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler eher

ering.

Damit sind wir beim zweiten Punkt, nämlich bei der
bschaffung der Tarifgenehmigung im Strombereich
itte 2007.

Seit diesem Zeitpunkt steigen die Strompreise schnel-
er und unkontrollierter denn je. Die Linke fordert des-
alb die Wiedereinführung der Strom- und Gaspreisauf-
icht, die von der Bundesregierung abgeschafft wurde.

Des Weiteren brauchen wir Verbraucherbeiräte. Sie
arantieren den Stromkundinnen und -kunden Einblick
nd Mitspracherecht bei der Preisgestaltung.

Der Stromsektor – damit komme ich zum dritten
unkt – ist vom fairen Wettbewerb weit entfernt. Grund
ierfür ist, dass sich nach wie vor die vier großen Strom-
onzerne – Eon, Vattenfall, RWE und EnBW – den
trommarkt in Deutschland untereinander aufteilen.

Ein weiteres Mittel des Missbrauchs ist die Strom-
örse. Durch Manipulation und Spekulation werden die
tromkundinnen und -kunden mit rund 24 Milliarden
uro pro Jahr belastet. Das Phänomen ist neu; denn erst
eit kurzem tummeln sich an dieser Börse auch Banken
nd die Finanzheuschrecken, nämlich die Hedgefonds.
ie wollen keinen Strom für ihre Büros kaufen; vielmehr
ollen sie mit 25 bis 30 Prozent Profit ihren Reibach
achen. Deshalb müssen wir uns damit befassen, wie

ie Kontrolle des Marktes und die Aufgaben der Regu-
ierungsbehörde zu verbessern sind.






(A) )



(B) )


Hans-Kurt Hill
Ich komme zum letzten Punkt. Die Strom- und Gas-
netze müssen volkswirtschaftlichen Interessen dienen.
Das zeigt auch die Bundesnetzagentur, indem sie beim
Netzentgelt Gewinnobergrenzen festlegt. Interessant ist
dabei, dass die Besitzer der Stromautobahnen wie Eon
und Vattenfall genau dann das Interesse an den Netzen
verlieren, wenn man ihnen auf die Finger schaut.

Dennoch ist zu kritisieren, dass die Behörde nur das
bestehende System verwaltet. Der Präsident der Bundes-
netzagentur, Herr Kurth, tut sich manchmal schwer, Vor-
gaben des Gesetzgebers richtig zu deuten. Ich erinnere
nur an die Erdkabelregelung an der Küste.

Klimaschutz, erneuerbare Energien und Energieeffi-
zienz haben eine hohe Bedeutung, doch die Bundesnetz-
agentur richtet ihre Arbeit nicht konsequent daran aus.
Bundeswirtschaftsminister Glos als zuständiger Minister
muss endlich Farbe bekennen. Notwendig sind die Aus-
richtung der Netzgebühren am CO2-Ausstoß,


(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU – Laurenz Meyer [Hamm] [CDU/CSU]: Was?)


die Besserstellung von Kraftwerken, die Regelenergie für
erneuerbare Energien liefern, und die Förderung von mo-
derner Netzsteuerung, um mehr Windstrom ins Netz zu
bringen. Es ist kein gutes Zeichen, wenn der Netzzugang
für erneuerbare Energien zusätzlich über neue Regeln im
Erneuerbare-Energien-Gesetz erzwungen werden muss,
der Chef der Bundesnetzagentur aber gleichzeitig neue
Kohlekraftwerke fordert, weil angeblich Strom fehlt.

Ab dem nächsten Jahr soll die Anreizregulierung den
Wettbewerb auch auf der Netzebene ermöglichen. Ich
sage Ihnen voraus, dass die Regelung das Aus für viele
Stadtwerke bedeutet und sie den Energiemonopolisten in
die Hände spielt. Am Ende stehen dann höhere Energie-
preise und weniger kommunale Selbstversorgung und
damit noch weniger Wettbewerb.

Die Linke fordert deshalb die Überführung der gro-
ßen Strom- und Gasnetze in die öffentliche Hand.


(Zurufe von der CDU/CSU: Jetzt ist es raus! – Zuruf des Abg. Dr. Joachim Pfeiffer [CDU/ CSU])


– Ja, Herr Pfeiffer, immer noch. Sie werden es so lange
hören, bis es so weit ist. Wir, die Linke, wollen nämlich
eine Energieversorgung, die sozial und ökologisch ist.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN – Laurenz Meyer [Hamm] [CDU/CSU]: Auch gleich den CO2Ausstoß mit verstaatlichen!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1616910000

Das Wort hat jetzt die Kollegin Kerstin Andreae von

Bündnis 90/Die Grünen.


Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1616910100

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Der Bericht zieht nach der Änderung des Ener-
giewirtschaftsgesetzes aus dem Jahr 2005 und den damit
verbundenen grundlegenden neuen Rahmenbedingungen

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(C (D ur Schaffung von mehr Wettbewerb Bilanz. Mehr Wettewerb im Energiebereich ist sinnvoll für die Verbrauher, um die dringend notwendige Wende in der Energieolitik zu unterstützen. Für den Wettbewerb sind mehr nbieter, mehr Wettbewerber und eine stärkere Dezen ralisierung notwendig. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: Und Energiemix!)


Die unterschiedlichen Instrumente zur Sicherung des
ettbewerbs sind bereits angesprochen worden; ich er-
ähne die Regelung des Netzzugangs. Ich erkenne die
rbeit der Bundesnetzagentur durchaus an, weise aber
arauf hin, dass in dem Bericht in vielen Punkten Defizite
m Zusammenhang mit dem potenziellen Netzzugang an-
esprochen werden. Der Bericht ist auch hinsichtlich der
ukünftigen Aufgaben und Herausforderungen sehr diffe-
enziert.

Ein weiterer Punkt ist die Entgeltkontrolle mit ihren
reisdämpfenden Effekten. Wie Sie wissen, haben wir
ie im Bereich der Anreizregulierung unterstützt. Wir
üssen aber anerkennen, dass die Gewinne der Energie-

ersorgungsunternehmen nach wie vor stetig steigen, ge-
auso wie die Energiekosten. Das ist durchaus ein Si-
nal, dass es uns nicht gelungen ist, für Wettbewerb auf
em Energiemarkt zu sorgen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ie Änderungen des Energiewirtschaftsgesetzes waren
urchaus sinnvoll. Aber es ist keine Zeit, innezuhalten.
ir müssen in sehr vielen Punkten deutlich weiterkom-
en, was den Wettbewerb auf dem Energiemarkt an-

eht.

Ich komme nun zu der Frage – das wurde teilweise
chon angesprochen –, wie wir mit den großen Übertra-
ungsnetzen umgehen sollen. Nach wie vor verblüfft
ich, dass die Bundesregierung den sogenannten drit-

en Weg, den Kompromissvorschlag, der von Brüssel
ieder zurückgewiesen wurde – Frau Kopp hat darauf

ufmerksam gemacht –, als Erfolg feiert. Angesichts der
atsache, dass die Energieversorgungsunternehmen sel-
er sagen: „Wir verkaufen unsere Netze“, ist es eine He-
ausforderung und eine Zukunftsaufgabe, sich darüber
edanken zu machen, wer in Zukunft diese Netze ver-
alten soll. Es ist seltsam, dafür zu kämpfen, dass die
nergieversorgungsunternehmen ihre Netze behalten
ürfen, vor allem wenn diese Unternehmen ihre Netze
erkaufen wollen. Dass Sie sich über die Frage, wer in
ukunft die großen Übertragungsnetze verwalten und
rganisieren soll, keine Gedanken machen, ist mir an-
esichts der Tatsache, dass es sich hier um eine der
anz großen Systeminfrastrukturen handelt, ein völli-
es Rätsel. Sie kommen den Aufgaben, die Sie dringend
ngehen müssen, nicht nach.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Natürlich haben Sie recht, wenn Sie auf die enorme
oziale Herausforderung bei den Energiepreisen hinwei-
en. Wie wir wissen, gibt es Haushalte, die angesichts
er steigenden Energiepreise, insbesondere angesichts






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(B) )


Kerstin Andreae
der steigenden Heizkosten, in wirkliche Schwierigkeiten
kommen. Darüber müssen wir uns Gedanken machen.
Darüber gibt es morgen eine Debatte. Wir Grüne halten
nichts von dem Vorschlag, Sozialtarife einzuführen und
das Ganze steuerlich kozufinanzieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir müssen aber den betroffenen Haushalten in verstärk-
tem Maße helfen und sie in die Lage versetzen, mit we-
niger Verbrauch, mit Energieeffizienz und Energieein-
sparungen klarzukommen. Das ist eine mittelfristige
Thematik. Zur Lösung kurzfristiger Probleme ist es aber
notwendig, dass wir uns ernsthaft Gedanken – jenseits
von einfachen Vorschlägen – darüber machen, wie wir
gewährleisten können, dass die Menschen in warmen
Wohnungen leben und Mobilität nicht zum Luxusgut
wird. Das ist die nächste große Aufgabe.

Wir brauchen dringend – das fordern wir Grüne – eine
wirklich nachhaltige wettbewerbliche Ausrichtung des
Energiemarktes. Im Übrigen wird sich die Frage nach
den Netzen auch im Gasbereich stellen. Wir werden uns
schon heute nachhaltig darüber Gedanken machen müs-
sen, wie der Gasmarkt zukünftig gestaltet werden soll.

Geben Sie Ihren Kampf um den dritten Weg im Be-
reich der Entflechtung endlich auf! Machen Sie sich Ge-
danken über die Schaffung einer Netzgesellschaft! Wir
wollen eine solche Gesellschaft aber anders ausrichten
als die FDP und die öffentliche Hand daran beteiligen.
Ich glaube nicht, dass der notwendige Netzausbau aus-
schließlich mit privaten Investoren möglich ist. Viel-
mehr brauchen wir eine Gemeinwohlorientierung.

Meine Damen und Herren von der CDU/CSU, ich
habe immer die Vorschläge des hessischen Ministers
Rhiel unterstützt, wenn es um die potenzielle Zerschla-
gung von Energieversorgungsunternehmen geht. Wir
müssen uns die Frage stellen, was wir mit Unternehmen
tun sollen, die in marktbeherrschender Stellung sind. Ich
bin enorm enttäuscht darüber, dass man seit dem Tag der
hessischen Landtagswahl nie mehr etwas von den Vor-
schlägen des Ministers Rhiel gehört hat. Ich fordere Sie
dringend auf, seinen Vorschlägen zu folgen und sich da-
rüber Gedanken zu machen, wie wir mit Unternehmen in
marktbeherrschender Stellung umgehen sollen, und zwar
für mehr Wettbewerb im Sinne der Verbraucherinnen
und Verbraucher, damit wir eine Wende auf dem Ener-
giemarkt hinbekommen.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1616910200

Das Wort hat der Kollege Dr. Joachim Pfeiffer von

der CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Joachim Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1616910300

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Wir sprechen heute über die Energienetze. Ich
glaube, wir sind gut beraten, uns auch in der Politik da-

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(C (D auf zu konzentrieren, dort zu handeln, wo wir handeln önnen, und nicht den Eindruck zu erwecken, als können wir in der Tat – das wurde auch heute wieder angeprochen – die Energiepreise insgesamt staatlich regulieen. Dieses wollen wir nicht, und dieses können wir icht. Wir haben vor zehn Jahren genau den anderen eg beschritten, nämlich den Weg der Marktwirtschaft, en Weg in den Markt und in die Liberalisierung. Das ist er Weg in die richtige Richtung, und wir haben einiges rreicht. Ich will an dieser Stelle einen Punkt darstellen, der etas untergeht. Durch das natürliche Monopol der Netze urden in der Vergangenheit Monopolrenditen erzielt. or und auch nach 1998 hat der ursprüngliche Ansatz es verhandelten Netzzugangs nicht funktioniert. Wir atten bis zum Jahr 2005 bei den Netznutzungsentgelten ie höchsten Preissteigerungen. Deshalb haben wir im ahr 2005 diesen Paradigmenwechsel eingeleitet und die egulierung eingeführt. Das war gerade einmal vor drei ahren. Ende Juni 2005 ist das letzte Gesetz dazu – noch nter der rot-grünen Regierung – im Vermittlungsauschuss beschlossen worden. In diesen drei Jahren ist och einiges erreicht worden. Ich möchte die Zahlen, die urchaus beeindruckend sind, nennen. Die Netznutzungsentgelte beim Strom sind im letzten ahr nicht gleichgeblieben, nicht angestiegen, sondern esunken. Das heißt: Dort, wo wir bei diesem natürlihen Monopol handeln können, hat die Politik ihre ausaufgaben gemacht und dazu beigetragen, dass von en Netznutzungsentgelten ein dämpfender, ein senkener Impuls auf die Energiepreise – in dem Fall die trompreise und auch die Gaspreise – ausgegangen ist. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


ie Netznutzungsentgelte für die Haushaltskunden sind
m letzten Jahr von 7,7 Cent auf 6,7 Cent gesunken. Der
nteil an den Stromkosten ist von 38 Prozent auf
2 Prozent zurückgegangen. In Euro ausgedrückt: Der
erbraucher hatte im letzten Jahr wegen der gesunkenen
zw. nicht erhöhten Netznutzungsentgelte 2,5 Milliarden
uro mehr in der Tasche. Das ist der Erfolg dieser Regu-

ierung, über die wir heute sprechen.

ir sprechen heute über den Bericht der Bundesnetz-
gentur, und diese, Frau Kopp, ist nicht für die Ausfüh-
ung der GWB-Novelle zuständig; das ist das Kartell-
mt. Wir sprechen heute nicht über den Erzeugungs- und
en Wettbewerbsbereich, sondern über den Monopolbe-
eich der Netze und darüber, was wir in diesem Bereich
isher tun konnten.

ir sind jetzt in der Übergangsphase, in der Ex-ante-Re-
ulierung. Wir kommen jetzt weg von der alten Kosten-
egulierung und starten im nächsten Jahr mit der Anreiz-
egulierung. Wir simulieren einen Markt in diesen
etzen, wobei Erlösobergrenzen festgelegt werden und
iejenigen, die sich dort tummeln – wir wollen, dass sich
ort viele tummeln und dass mit neuen Anbietern mehr
ettbewerb entsteht –, mehr Klarheit haben. Der, der

ich am meisten anstrengt und unter diesen Erlösober-
renzen liegt, kann einen Gewinn erzielen. Insofern set-






(A) )



(B) )


Dr. Joachim Pfeiffer
zen wir auch hier die richtigen Anreize, und wir gehen
davon aus – was wissenschaftlich untermauert ist –, dass
wir immer noch Potenzial bei den Netznutzungsentgel-
ten haben und dass wir in den zwei Perioden, in denen
die Anreizregulierung wirkt, die Netznutzungsentgelte
von heute 22 Milliarden Euro auf 18 Milliarden Euro re-
duzieren können. Wir können dem Verbraucher in die-
sem Bereich also eine dauerhafte Entlastung verspre-
chen. Das ist durchaus realistisch. Insofern sind wir hier
auf dem absolut richtigen Weg.

Der Verbraucher ist aber auch selber gefordert. Auch
das muss man an dieser Stelle sagen. Konsumentensou-
veränität heißt, dass man – wie in anderen Bereichen
auch – einen Anbieterwechsel in Betracht ziehen kann.
Wir haben die Rahmenbedingungen so verändert, dass
dieser Anbieterwechsel problemlos möglich ist – ähnlich
wie bei der Telekommunikation. Dort wird diese Mög-
lichkeit von den Verbrauchern bereits in großem Umfang
genutzt, und die entsprechenden Effekte sind eingetre-
ten. Von 1998 bis 2007 haben gerade einmal 2 Millionen
Verbraucher den Anbieter gewechselt. Allein in 2007 ha-
ben 4,5 Millionen Verbraucher den Anbieter gewechselt.
Das heißt also, in 2007 haben mehr Bürger den Anbieter
gewechselt als in den neun Jahren zuvor, in denen die Li-
beralisierung bereits im Gange war.

Insofern kommt Dynamik in diesen Bereich, auch
durch – Kollege Hempelmann hat das bereits angespro-
chen – die Marktöffnung beim Zähler- und Messwesen,
die wir in der letzten Sitzungswoche in zweiter und drit-
ter Lesung verabschiedet haben. Zukünftig weiß der Ver-
braucher genau, was er verbraucht: Er kann in jeder Se-
kunde mithilfe der intelligenten Zähler nachvollziehen,
mit welchen Geräten er wie viel Strom verbraucht und
was ihn das kostet. Dann kann er entsprechend reagie-
ren. Darauf haben wir hingewirkt; und ab 2010 werden
neue, lastabhängige Tarife angeboten werden können.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1616910400

Herr Kollege Pfeiffer, erlauben Sie eine Zwischen-

frage des Kollegen Koppelin?


Dr. Joachim Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1616910500

Ja, selbstverständlich gerne.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1616910600

Bitte schön.


Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1616910700

Herr Kollege, ich habe Ihnen ja nun die ganze Zeit zu-

gehört: Sie haben auf der einen Seite von den Entlastun-
gen gesprochen, die angeblich für die Verbraucher ein-
getreten sind. Auf der anderen Seite haben Sie in Ihrer
Rede die Verbraucher aufgefordert, auch etwas zu tun.
Sie haben gerade dargestellt, dass in Zukunft jeder Ver-
braucher nachvollziehen kann, was er verbraucht.

Was nutzt aber das ganze Sparen – das sage ich ein-
mal sehr hart –, wenn der Staat ständig abkassiert? Auch
Sie haben ja als Abgeordneter der Koalition – ich nenne
nur die Mehrwertsteuererhöhung – kräftig abkassiert und
beim Verbraucher in die Tasche gegriffen, sodass er mit

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(C (D paren teilweise gar nicht mehr dagegen ankommt. Anere Bereiche, die nicht direkt hierher gehören – zum eispiel die Streichung der Entfernungspauschale –, will ch gar nicht weiter erwähnen. Ich will nur eines feststelen: Wenn Sie so weiterreden, dann schaffen Sie noch ehr Politikverdrossenheit; denn die Leute draußen lauben Ihnen das nicht. Herr Kollege, ich habe Tatsachen genannt, die entlas nde Wirkung haben. Aber Sie haben völlig recht – diese nmerkung fehlt in keiner meiner Reden; das können ie in jedem Protokoll nachlesen –, dass die staatlich adinistrierten Preise das Ihrige getan haben. In der Regie ungszeit von Rot-Grün wurde der staatlich adminisrierte Anteil an den Stromkosten von 25 Prozent auf 1 Prozent erhöht. Seither haben wir es nicht geschafft auch nicht in der Großen Koalition –, diesen staatlich dministrierten Anteil zurückzuführen. (Gudrun Kopp [FDP]: Sondern nur, ihn weiter zu erhöhen!)


(Beifall bei der FDP)

Dr. Joachim Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1616910800

as ist Realität, das ist richtig. Aber seither wurden
eine weiteren Erhöhungen vorgenommen. Die Strom-
teuer ist seither nicht erhöht worden.

Allerdings sind in diesem Zusammenhang andere
inge zu erwähnen: In der letzten Woche haben wir mit
roßer Mehrheit die Gesetze zu erneuerbaren Energien
nd Kraft-Wärme-Kopplung verabschiedet. Dort heißt
s, dass das Umsteuern letztlich, volkswirtschaftlich be-
rachtet, richtig und sinnvoll ist, aber, betriebswirtschaft-
ich betrachtet, zunächst über die Umlage mehr kostet.

ittel- und langfristig bringt es uns aber Versorgungssi-
herheit und auch eine Veränderung der Energieerzeu-
ungsstruktur, über die wir heute ja nicht sprechen.

Insofern ist es richtig: Es gibt selbstverständlich auch
omponenten, die den Energie- und den Strompreis be-

influssen, die in die andere Richtung tendieren. Das ha-
en wir staatlich und politisch zu verantworten. Das ha-
en auch Sie mit zu verantworten.


(Abg. Jürgen Koppelin [FDP] will wieder Platz nehmen)


Ich bin noch nicht fertig mit der Beantwortung Ihrer
rage.


(Jürgen Koppelin [FDP]: Doch!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1616910900

Die Fragen und Antworten sollen kurz und präzise

ein. Bei der Antwort soll nicht eine neue Rede gestaltet
erden.


(Jürgen Koppelin [FDP]: Herr Präsident, ich hatte den Eindruck, dass er bei Beginn seiner Rede schon fertig war! Ich bin zufrieden!)



Dr. Joachim Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1616911000

Sie sind zufrieden, gut.






(A) )



(B) )


Dr. Joachim Pfeiffer
Ich will das einfach einmal darstellen, das gehört auch
dazu: Man darf eben nicht nur pauschal sagen – da
würde man das ja über einen Kamm scheren –: Die Ener-
giepreise gehen nur nach oben. – Das ist richtig, die an-
deren Komponenten, die dieses überlagern, wirken in
diese Richtung. Es gibt aber auch konkrete Handlungs-
möglichkeiten, die wir nutzen.

Wir sind aber noch lange nicht am Ende. Was ist wei-
ter zu tun? Ich nenne wieder einmal das natürliche Mo-
nopol der Netze. Heute gibt es noch vier Regelzonen
beim Strom. Davon kommen wir auch im Rahmen der
Überlegungen auf europäischer Ebene jetzt weg. In die-
sem Bereich erwarte ich weitere Kostensenkungspoten-
ziale.

Wir werden die Marktgebiete beim Gas weiter redu-
zieren. Die Ursprungsüberlegung der Marktteilnehmer
in 2005 war: 29 Marktgebiete. Dann waren es in 2006
19 Marktgebiete. Wir haben heute 14 Marktgebiete. Im
Herbst dieses Jahres werden wir 8 Marktgebiete haben.
Auch da sehe ich das Ende der Fahnenstange noch nicht
erreicht. Es gibt dort also ebenfalls weitere Optimie-
rungspotenziale.

Es darf aber nicht nur – das ist bereits angeklungen;
ich sage es in aller Deutlichkeit – um den Preis gehen,
sondern es muss auch um Versorgungssicherheit, um
Netzausbau gehen, auch im Hinblick auf erneuerbare
Energien. Dieser Ausbau muss stattfinden; denn wir
müssen unsere Versorgungssicherheit – sie ist mit die
beste in der Welt – gewährleisten. Das heißt, wir müssen
Investitionsrahmenbedingungen schaffen, die Investitio-
nen in die Netze weiterhin möglich machen.

Frau Andreae, wir wollen eben nicht, dass der Staat
diese Investitionen tätigt. Den VEB „Netz“, den die Kol-
legen von der SED hier vorschlagen, wollen wir nach
wie vor nicht.


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir auch nicht!)


Deshalb wird es privatwirtschaftliche Lösungen geben.
Wir begleiten die Suche nach ihnen sehr intensiv; das
Ganze kommt jetzt in Bewegung. Wir wollen langfristig
privates Kapital mobilisieren und staatliche Rahmenbe-
dingungen im Bereich der Regulierung so organisieren,
dass dieses Kapital optimal eingesetzt wird und diesen
Netzausbau und diese Versorgungssicherheit gewährleis-
tet. Insofern sind wir auf dem richtigen Weg, was die
Netze anbelangt.

Wenn unsere Nationalmannschaft ihre Netzaufgaben
heute Abend erfüllt und so oft ins richtige Netz schießt,
wie wir es bei der Anreizregulierung tun, dann sind wir
auf einem guten Wege.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1616911100

Das Wort als letzter Redner zu diesem Tagesord-

nungspunkt hat der Kollege Klaus Barthel von der SPD-
Fraktion.

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(C (D Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe olleginnen und Kollegen! Wir haben gehört: Die Beeutung der Netze ist nicht zu unterschätzen. Man muss ich klar werden, worüber wir reden – hier geht nämlich ieles durcheinander –: 80 Prozent der gesamten Netzosten der deutschen Stromverteiler und Netzbetreiber nterliegen der Regulierung durch die Bundesnetzagenur. Dabei handelt es sich um ein Umsatzvolumen von 0 bis 25 Milliarden Euro pro Jahr. Die Netzkosten mahen für die privaten Endverbraucher im Durchschnitt und ein Drittel des Strompreises aus. Diese Kosten weren reguliert. In Ergänzung – nicht als Widerspruch – zu dem, was err Dr. Pfeiffer und Rolf Hempelmann vorhin vorgetraen haben, muss man den Blick noch einmal darauf lenen, dass die Erfolge dieser Regulierung durch die Bunesnetzagentur leider kaum spürbar sind, weil sie durch ie Preisexplosion bei den Energierohstoffen und auch urch die Strukturen auf dem Energieerzeugungsmarkt berkompensiert werden. Auch in der Energieproduktion liegt der Verdacht ahe, dass Marktmacht ausgenutzt wird, und zwar nicht on einem Monopol, sondern von einem Oligopol. chon in den ersten zehn Jahren seit der Liberalisierung, lso von 1995 bis 2005, hat der Konzentrationsgrad in er Stromerzeugung stark zugenommen und überschreiet längst alle GWB-Schwellenwerte deutlich. Wenn wir rognosen glauben, die hier im Umlauf sind, dann üssen wir davon ausgehen, dass von den derzeit noch 000 Energieversorgungsunternehmen in Deutschland n ein paar Jahren vielleicht bloß noch 150 übrig sind. Bei aller Liebe zur Regulierung von Netzen dürfen ir den Blick auf diese Zusammenhänge natürlich nicht erlieren, ohne dabei allerdings die Bedeutung der Netze u unterschätzen. Es kann nicht sein, dass die Bundesetzagentur jedes Netzentgelt bis auf die zweite Komastelle prüft und kürzt, dass wir darüber hier stunden ang diskutieren, während sich die Energiekonzerne leichzeitig an anderer Stelle mehrfache Beträge, die eder etwas mit moderner Energieerzeugung noch mit airem Wettbewerb noch mit Investitionen zu tun haben, n die Kassen stopfen. Ich muss einfach darauf hinweisen: Zwischen 1998 nd 2005, also schon vor der Gewinnexplosion in den etzten beiden Jahren – insbesondere in den letzten Moaten –, haben es die Stromunternehmen geschafft, ihre ettogewinne zu verdoppeln. Im selben Zeitraum sind ie jährlichen Investitionen um ein Viertel gekürzt woren. Gleichzeitig malen die Stromkonzerne jetzt das Gepenst einer Versorgungslücke an die Wand. Ich will hier infach einmal Zweifel anmelden, ob wirklich der Wierstand aus der Bevölkerung maßgeblich für die angebiche Investitionsblockade beim Bau neuer Kraftwerke st. Passt es nicht ganz gut ins Konzept der Energierzeuger, das Angebot knapp zu halten? Mit diesem nappheitsargument können sie gleich vier Fliegen mit iner Klappe schlagen: Sie können sich erstens aus der Klaus Barthel Verantwortung für unterbliebene Investitionen stehlen. Sie können zweitens die Preise hochhalten. Sie können drittens alte und abgeschriebene Kraftwerke profitträchtig in Betrieb halten. Sie können viertens für die Option Kernkraft Druck machen. – Ich frage mich nur, ob dieses Zurückweichen vor der geballten Bevölkerungsmacht bei den Energiekonzernen auch dann noch gilt, wenn es darum gehen sollte, neue Standorte für Kernkraftwerke zu suchen. Da lässt die Vergangenheit nichts Gutes ahnen. Ich möchte zum Schluss auf ein Problem hinweisen, über das heute noch nicht gesprochen worden ist, das aber nicht befriedigend gelöst ist. Es geht bei der Anreizregulierung, die jetzt kommt, um die Anerkennung von Lohnund Lohnnebenkosten. Es scheint zwar klar zu sein, dass vorhandene Lohnund Lohnnebenkosten sowie Versorgungslasten als unbeeinflussbare Kosten bei der Regulierung anerkannt werden müssen. Aber um die Zukunft von Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen muss man sich große Sorgen machen. Wenn ich im Tätigkeitsbericht der Bundesnetzagentur lese, dass – wörtliches Zitat – „durch Kosteneinsparungen in keinem Fall die wesentlichen Arbeitsbedingungen der regulierten Teilbereiche der Energiewirtschaft erheblich unterschritten werden dürfen“, gehen bei mir die Alarmglocken an. Ich erinnere daran, dass die Bundesnetzagentur sich trotz erheblichen faktischen und politischen Drucks erst nach zehn Jahren in der Lage gesehen hat, im Postbereich, für den sie genauso zuständig ist, die üblichen Arbeitsbedingungen überhaupt erst einmal festzustellen, also festzustellen, welches Ausmaß zum Beispiel das Lohndumping in diesem Bereich hatte. Bis heute warten wir darauf, dass die üblichen Arbeitsbedingungen, wie es das Gesetz vorsieht, von der Bundesnetzagentur durchgesetzt werden. Vor diesem Hintergrund verstehe ich die Sorgen vieler Beschäftigter – und ihrer Gewerkschaften –, dass die Netzregulierung auf die Dauer ihre Arbeitsplätze und ihre Arbeitsbedingungen gefährdet; denn der Faktor Arbeit scheint in der Kostenrechnung bei der Regulierung die letzte Variable in den Unternehmen zu sein, wenn Kapitalverzinsung und Mindestqualität erst einmal festgeschrieben und definiert sind. Wir machen uns da große Sorgen. Wir wollen nicht zulassen, dass über die Regulierung die Tarifautonomie in diesen Industrien ausgehebelt wird. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. HansKurt Hill [DIE LINKE])


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Klaus Barthel (SPD):
Rede ID: ID1616911200




(A) )


(B) )


Wir werden nicht zusehen, wie auf ganz unterschiedli-
chen Wegen die Endverbraucher einerseits und die Be-
schäftigten andererseits die Lasten der Liberalisierung
alleine tragen. Es wäre meines Erachtens ein wichtiger
Schritt, wenn wir erreichen würden, dass die Bundes-
netzagentur von Amts wegen Untersuchungen über die
ökonomischen Kennziffern des Energiesektors wie Um-
sätze, Beschäftigtenzahl, Lohnkostenanteil, Lohnstück-
kosten, Produktivitäts- und Gewinnentwicklung, Grad
der Konzentration sowie über übliche Arbeitsbedingun-
gen schon jetzt anstellen und veröffentlichen würde.

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(C (D eine Bitte an das Bundeswirtschaftsministerium lautet lso, dies von der Bundesnetzagentur einzufordern. Ich offe, dass wir beim nächsten Tätigkeitsbericht bzw. bei er nächsten Stellungnahme der Bundesregierung dazu twas lesen können, weil wir sonst an die Grundproleme des Energiesektors nicht herankommen. Herr Kollege! Mein letzter Satz, Frau Präsidentin. Bitte. Meine Hoffnung ist, dass die Arbeit der Bundesnetz gentur, auch von den Netzen ausgehend, dazu beitragen ann, dass es mehr Anbietervielfalt, mehr regenerative nergieerzeugung, mehr Investitionen und Innovationen owie sichere Arbeitsbedingungen und Arbeitsplätze ibt. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616911300
Klaus Barthel (SPD):
Rede ID: ID1616911400
Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616911500
Klaus Barthel (SPD):
Rede ID: ID1616911600


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616911700

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 16/9000 an die in der Tagesordnung aufge-

ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
o beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 7 auf:

Beratung des Antrags der Fraktionen CDU/CSU,
SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

EU-Übersetzungsstrategie überarbeiten – Na-
tionalen Parlamenten die umfassende Mitwir-
kung in EU-Angelegenheiten ermöglichen

– Drucksache 16/9596 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für Kultur und Medien
Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich
öre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
ichael Roth, SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In welcher Sprache machst du das denn jetzt?)







(A) )



(B) )


Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1616911800

I will do my very best, dear colleague. – Frau Präsi-

dentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bislang gehö-
ren zu den Voraussetzungen für die Wählbarkeit eines
Bundestagsabgeordneten zum einen die Volljährigkeit
und zum anderen die deutsche Staatsbürgerschaft. Bis-
lang gehört nicht zu unseren Einstellungsvoraussetzun-
gen, dass wir fließend in Wort und Schrift Englisch oder
Französisch beherrschen.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mancher kann nicht einmal Hochdeutsch!)


Wenn es nach der bisherigen Übersetzungspraxis der
EU-Kommission geht, müsste man dies für alle Bundes-
tagsabgeordneten und für viele andere Abgeordnete in
zahlreichen nationalen Parlamenten zur Voraussetzung
machen. Es geht uns also, liebe Kolleginnen und Kolle-
gen, mitnichten um Sprachchauvinismus. Es geht uns
schlicht und ergreifend darum, dass wir unsere Arbeit
machen wollen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Wir wollen unserer europapolitischen Verantwortung ge-
recht werden. Diese Möglichkeit ist momentan nicht ge-
geben.

Der Kollege Thul und ich hatten kürzlich das Vergnü-
gen, gemeinsam mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
nach Brüssel zu fahren und mit dem zuständigen Kom-
missar Orban und dem stellvertretenden Generalsekretär
der EU-Kommission zu sprechen, und zwar nicht nach
dem Motto: Außer Spesen nichts gewesen. Wir haben
unsere Position sehr deutlich gemacht und auch die
Hand zum Dialog ausgestreckt. Aber es gibt bislang kei-
nerlei Bereitschaft vonseiten der EU-Kommission, auf
die Bedürfnisse der nationalen Parlamente einzugehen.

Es geht ja nicht allein um uns, um die deutsche Spra-
che. Es geht um alle nationalen Parlamente, die vor dem
Hintergrund der neuen Kompetenzen, die der Vertrag
von Lissabon eröffnet, ihrer Verantwortung gerecht wer-
den wollen. Es kann eben nicht sein, dass Dokumente,
die für unsere parlamentarische Arbeit von herausgeho-
bener Bedeutung sind, mit denen wir uns im Haushalts-
oder Wirtschaftsausschuss, im EU-Ausschuss oder wo
auch immer beschäftigen, nicht in unserer Sprache vor-
liegen.

Bislang gibt es 47 Dokumente, bei denen eine ent-
sprechende Übersetzung noch aussteht. Auf unsere Bitte
an die Adresse von Brüssel, man möge sie doch bitte
übersetzen, bekamen wir bezüglich 23 Dokumenten die
klare und definitive Antwort: Nein, diese werden nicht
in Übersetzung vorgelegt.

Die EU-Kommission macht sich in dieser Frage un-
glaubwürdig. Man kann nicht auf der einen Seite von
uns erwarten, dass wir uns umfassend, frühzeitig, verant-
wortungsbewusst, konstruktiv in das europäische Ge-
setzgebungsverfahren einbringen, aber uns auf der ande-
ren Seite nicht mit dem notwendigen Rüstzeug versehen.

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(C (D ier müssen wir nacharbeiten. Deswegen bin ich allen raktionen, vor allen Dingen auch den geschätzten Kol eginnen und Kollegen der Oppositionsfraktionen, von en Grünen und der FDP, außerordentlich dankbar, dass ie bereit waren, uns in diesen gemeinsamen Bemühunen zu unterstützen (Zuruf des Abg. Dr. Diether Dehm [DIE LINKE])


nd damit deutlich zu machen, dass es hier nicht um ir-
endeine Fraktionsangelegenheit geht, sondern dass wir
ls Deutscher Bundestag uns insgesamt in dieser Frage
it einem Problem konfrontiert sehen.

Das ist nicht allein eine Aufgabe des Deutschen Bun-
estages. Hier ist auch die Bundesregierung gefragt. Es
at eine Reihe von Briefen von Bundesaußenminister
teinmeier, der sich in dieser Frage sehr engagiert hat,
egeben. Es hat offensichtlich auch schon ein Gespräch
wischen Kommissionspräsident Barroso und der Bun-
eskanzlerin gegeben. All dies hat aber noch nicht zu
em Ergebnis geführt, das wir uns wünschen. Deswegen
ppellieren wir noch einmal an die Bundeskanzlerin,
ieses Anliegen zur Chefsache zu machen. Offensicht-
ich ist der zuständige Kommissar nicht einflussreich ge-
ug, um das durchzusetzen, was er möglicherweise
elbst eingesehen hat: So geht es nicht weiter.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Dem Bundestag wurde schon eine Zusicherung gege-
en. Kommissar Orban war vor geraumer Zeit im EU-
usschuss und hat mit uns das Gespräch gesucht. Da-
als hat er eine neue Übersetzungsstrategie angekün-

igt. Auf diese Übersetzungsstrategie warten wir noch
eute.

Auch bei der Brüssel-Begegnung ist uns nicht in Aus-
icht gestellt worden, dass es diese Übersetzungsstrate-
ie noch in diesem Jahr gibt. Das ist ein Umgang, der
us unserer Sicht inakzeptabel ist. Was für einen Bun-
estagsabgeordneten gilt, sollte auch für die EU-Kom-
ission gelten: Versprechen, die man gegeben hat, sollte
an nach Möglichkeit auch halten. Wenn man dazu

icht in der Lage ist, sollte man zumindest so fair sein,
u erklären, woran das liegt. Möglicherweise liegt es ja
n der irischen Generalsekretärin der EU-Kommission,
ie sagt: Unsere Lingua franca ist Englisch, und in die-
em Sinne sollen sich alle anstrengen. – Das kann ja
ein. Aber dann soll man uns das, bitte schön, auch sa-
en.

Ich lade auch alle anderen nationalen Parlamente ein,
ns in diesem Bemühen zu unterstützen. Denn es geht
ier nicht allein um ein Anliegen der Deutschen; die
olleginnen und Kollegen in Italien, Slowenien, Polen
der auch Portugal stehen vor ähnlichen Problemen. Wir
ollten zumindest am Rande erwähnen, dass Deutsch die
eistgesprochene Muttersprache ist,


(Veronika Bellmann [CDU/CSU]: Wir müssen Sächsisch wieder als Amtssprache einführen!)







(A) )



(B) )


Michael Roth (Heringen)

sich dies gleichwohl nicht in der Sprachenpraxis der EU-
Kommission und erst recht nicht des Ministerrats wider-
spiegelt. Wir haben einmal nachgefragt, wie es denn nun
eigentlich mit den Verfahrenssprachen aussieht. Bei der
Kommission sind das neben Englisch immerhin noch
Französisch und Deutsch. Aber in welche Sprachen wird
übersetzt, und wer spricht in der EU-Kommission ei-
gentlich noch Deutsch? Uns wurde gesagt, dass gerade
einmal 3 bis 2,5 Prozent aller Ursprungstexte der Kom-
mission in Deutsch verfasst werden. Circa 70 Prozent
der Ursprungstexte sind in Englisch verfasst. Das sollte
uns sensibler dafür machen, dass zur kulturellen Vielfalt
in Europa auch die sprachliche Vielfalt gehört.

Es kann nicht angehen, dass wir zwar in Sonntagsre-
den über die kulturelle Vielfalt sprechen, dass das aber in
der Sprachenpraxis in Brüssel überhaupt keine Rolle
spielt. Deshalb gibt es diesen Antrag und unser gemein-
sames Bemühen. Vielleicht kann unser gemeinsamer An-
trag dazu beitragen, dass zum einen die Bundesregierung
und die Bundeskanzlerin in ihren Aktivitäten unterstützt
werden, zum anderen vielleicht aber auch ein intensiver
Prozess des Nachdenkens bei der EU-Kommission ein-
setzt. Nochmals ein herzliches Dankeschön an alle. Ich
würde mich freuen, wenn wir dies durch eine gemein-
same Beschlussfassung eindrucksvoll dokumentieren
könnten.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616911900

Für die FDP-Fraktion gebe ich dem Kollegen Michael

Link das Wort.


Michael Link (FDP):
Rede ID: ID1616912000

Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Durch

das irische Nein zum Vertrag von Lissabon fehlen dem
Europaparlament und dem Bundestag all die Instru-
mente, die uns geholfen hätten, die demokratische Wil-
lensbildung in der EU zu verbessern. Umso wichtiger ist
jetzt, dass der Bundestag die Mitwirkungsrechte wahr-
nimmt, die er in EU-Angelegenheiten grundgesetzlich
bereits hat. Deshalb brauchen wir, lieber Kollege Roth,
lieber Michael, diesen interfraktionellen Antrag. Unsere
Parlamentsrechte können wir nur wahrnehmen, wenn
wir grundsätzlich alle EU-Dokumente auch in einer ver-
handelbaren Fassung, also auf Deutsch, erhalten. Was
für das EP gilt, wo in alle Amtssprachen übersetzt wird,
muss auch für die nationalen Parlamente gelten: EU-Do-
kumente müssen in der Landessprache vorliegen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Wir unterstreichen mit diesem Antrag, dass der Bun-
destag sich nicht auf den Sankt-Nimmerleins-Tag ver-
trösten lässt. Der Antrag hat zwei Adressaten: die Kom-
mission, die für die Übersetzungen sorgen muss, und die
Bundesregierung, die das endlich in der EU durchsetzen
muss. Seien wir ehrlich: Noch keine Bundesregierung

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(C (D er vergangenen Jahrzehnte hat sich bei diesem Thema it Ruhm bekleckert. Die jetzige muss deshalb erst recht ndlich handeln, Herr Staatsminister, und zwar nicht nur urch den ständigen Vertreter in Brüssel oder die Staatsekretäre und Staatsminister, sondern – da hat Michael oth völlig recht – auf der Chefebene. Sonst bewegt sich ie Kommission nicht. Das Kostenargument, das die Kommission ins Feld ührt, ist nicht überzeugend; denn das nötige Geld wäre a. Jedes Jahr fließen enorme nicht benutzte Gelder zuück an die Mitgliedstaaten. Auch sonst fielen mir im U-Haushalt viele Bereiche ein, in denen man Geld um eiten könnte. Dann aber wäre es Sache der Mitgliedstaaen, bei den Haushaltsverhandlungen Druck zu machen, ass das Geld richtig eingesetzt wird. (Beifall bei der FDP sowie des Abg. Michael Stübgen [CDU/CSU])


a ist bei der Bundesregierung leider Fehlanzeige.

Die Kommission spricht von ihren verstärkten Kom-
unikationsbemühungen gegenüber der Bevölkerung.
chön; doch wo waren diese im Falle Irlands? Sicher ist
s richtig, wenn die Kommission Europas Erfolge öf-
entlichkeitswirksam darstellen will. Falsch ist es aber,
en zweiten Schritt vor dem ersten zu machen. Statt im
achhinein viel Steuerzahlergeld an Werbeagenturen zu

ahlen, um die unverständlichen Gesetzestexte zu ver-
itteln, wäre es doch viel wichtiger, dass die Kommis-

ion frühzeitig ein verständliches Fundament an gut
bersetzten relevanten EU-Vorlagen liefert. Die FDP
ordert deshalb die Bundesregierung nachdrücklich auf,
m kommenden EU-Haushalt 2009 – da sitzen Sie mit
m Verhandlungstisch – auf eine Umschichtung von Mit-
ln zugunsten der Übersetzungsdienste hinzuwirken.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Dr. Diether Dehm [DIE LINKE])


Daneben müssen wir unsere jeweiligen Partnerfrak-
onen im Europäischen Parlament in die Pflicht nehmen;
enn sie haben schließlich beim Haushalt mitzureden. Die
ollegin Jutta Haug, SPD, ist die Hauptberichterstatterin

m Europaparlament für den Haushalt der EU 2009. Der
ollege Reimer Böge, EVP/CDU, ist Vorsitzender des
aushaltsausschusses im Europäischen Parlament. Er-
utigen Sie bitte Ihre Kollegen, dass hier endlich die

ichtigen Prioritäten gesetzt werden.

Leider werden deutsche Nichtregierungsorganisatio-
en und deutsche Mittelständler gegenwärtig durch die
ommission regelmäßig benachteiligt, zum Beispiel
urch die bevorzugte Verwendung von Englisch/Franzö-
isch in Wirtschaftsdatenbanken, bei Ausschreibungen
nd generell bei Internetauftritten in der EU. So kriti-
ierte kürzlich der Europäische Bürgerbeauftragte, dass
iner deutschen Nichtregierungsorganisation, die Hilfe
ür Folteropfer anbietet, verwehrt wurde, ihre Bewer-
ung in deutscher Sprache abzugeben.


(Jürgen Koppelin [FDP]: Unglaublich!)


s muss Schluss sein mit solch einer Sprachendiskrimi-
ierung.






(A) )



(B) )


Michael Link (Heilbronn)


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Wenn die Kommission mit der Antidiskriminierung
Ernst machen will, dann sollte sie nicht immer neue
Richtlinien zur Antidiskriminierung vorlegen, sondern
erst einmal vor der eigenen Tür kehren. Immerhin han-
delt es sich beim Deutschen um die meistgesprochene
Muttersprache in der EU.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Dr. Diether Dehm [DIE LINKE])


Es ist klar, dass wir uns auch an die eigene Nase fas-
sen müssen, zum Beispiel hinsichtlich einer stärkeren
Förderung des Beamtenaustausches mit EU-Institutio-
nen – das ist unsere Aufgabe – und beim Personalaus-
tausch mit anderen Mitgliedstaaten. Seien wir realis-
tisch: Da in den internen EU-Arbeitssitzungen – auch
darauf ist Michael Roth eingegangen – Englisch längst
die Lingua franca, also die Hauptsprache, ist, brauchen
wir neben ins Deutsche übersetzten Dokumenten für un-
sere Arbeitsebene ein größeres Reservoir deutsch spre-
chender Top-Beamter, die verhandlungssicher englisch
sprechen, für die Brüsseler Ebene.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, des Abg. Dr. Diether Dehm [DIE LINKE] und des Abg. Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Bei der Entstehung dieses Antrags hofften wir alle
noch auf ein irisches Ja. Nun ist es offen, ob und wann
der VvL, der Vertrag von Lissabon, jemals in Kraft tritt.
Jetzt, wo das Europäische Parlament in der Agrarpolitik
weiterhin keine und in der Innen- und Justizpolitik nur
geringe Rechte hat, wird es umso wichtiger, dass der
Bundestag seine im Grundgesetz festgelegten Rechte
wahrnimmt. Wir im Bundestag sind jetzt die einzigen,
die tatsächlich durchgängig parlamentarisch kontrollie-
ren können.

An die Kollegen der Regierungsfraktionen gerichtet,
frage ich: Was nützen uns die komplettesten und best-
übersetzten EU-Vorlagen, wenn Sie hinterher nicht be-
reit sind, die deutschen Minister vor deren Stimmabgabe
im Rat politisch zu binden?


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Dr. Diether Dehm [DIE LINKE])


Wackere Kollegen aus den Fachausschüssen hatten das
im Übrigen schon mehrfach versucht, zum Beispiel beim
Grünbuch Stadtverkehr, einer aus meiner Sicht klaren
Kompetenzanmaßung der Kommission. Aber jedes Mal,
wenn es ernst wird, werden sie von ihren Fraktionsfüh-
rungen zurückgepfiffen.


(Michael Roth [Heringen] [SPD]: Das ist doch Quatsch!)


Das kann und darf so nicht bleiben; das muss sich än-
dern. Es ist eine fundamentale Frage für den Parlamenta-
rismus.

Die deutsche Haltung zu EU-Vorlagen ist kein Reser-
vat der Exekutive. Der Bundestag muss mehr sein als ein
Notar zur Umsetzung europäischen Rechts.

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(C (D (Beifall des Abg. Klaus Hagemann [SPD] – Jürgen Koppelin [FDP]: Sehr wahr!)


r muss sich, gerade nach Irland, stärker einbringen, was
ie Formulierung der deutschen Verhandlungsposition
u jeder wichtigen neuen EU-Vorlage betrifft.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP sowie des Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


as bedeutet mehr Arbeit für uns alle. Es verlangt aber
or allem mehr Mut, besonders bei den Fraktionen, die
erade die Regierung stellen.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Dr. Diether Dehm [DIE LINKE])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616912100

Nächster Redner ist der Kollege Hans Peter Thul,

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Hans Peter Thul (CDU):
Rede ID: ID1616912200

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der vorlie-
ende gemeinsame Antrag von FDP, CDU/CSU, Bünd-
is 90/Die Grünen und SPD beschreibt eigentlich eine
elbstverständlichkeit.


(Zuruf des Abg. Dr. Diether Dehm [DIE LINKE])


Lieber Herr Dr. Dehm, Sie waren nicht in der Lage,
iesen Antrag mitzuformulieren.


(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Sie haben uns überhaupt nicht einbeziehen wollen!)


Sie haben noch Redezeit; dann können Sie Ihre Hal-
ung begründen.

Der vorliegende Antrag beschreibt, wie gesagt, eine
elbstverständlichkeit. Jedenfalls ist es nach unserem
emokratischen und parlamentarischen Verständnis eine
elbstverständlichkeit. Wir arbeiten hier gemeinsam auf
er Grundlage eines Mandates, das wir von unseren
ählerinnen und Wählern erhalten haben. Wir sind die-

em Haus und dieser Aufgabe nur unserem Gewissen
olgend und nach bestem Wissen verpflichtet. Dies setzt
ber voraus, dass wir Gelegenheit haben müssen, die
rundlagen der Entscheidungen, die wir zu treffen ha-
en, sinnerfassend, das heißt Wort für Wort, zu prüfen
nd abzuwägen, um dann zu einer Entscheidung zu
ommen. Das können wir – seien wir ehrlich – am ehes-
en in unserer Muttersprache: Das ist die Amtssprache
eutsch.

Dies gilt im Übrigen für jede innerhalb der Europäi-
chen Union gesprochene Sprache. Insofern gilt das, was
ir hier fordern, im übertragenen Sinne selbstverständ-

ich auch für alle anderen Sprachen. Daher richtet sich
nser Antrag weder gegen irgendeinen anderen Mit-
liedstaat, noch diskriminieren wir mit diesem Antrag






(A) )



(B) )


Hans Peter Thul
die Verwendung einer anderen innerhalb der Gemein-
schaft zukünftig oder jetzt gesprochenen Sprache.

Im Übrigen sollten wir alle – insbesondere am Vor-
abend der kommenden Wahl – daran interessiert sein, die
Akzeptanz der EU-Regelungen durch die Bürgerinnen
und Bürger zu erhöhen, die Entscheidungen nachvoll-
ziehbar zu machen und in dieser Form darüber zu disku-
tieren. Daneben erwartet und wünscht doch gerade die
EU-Kommission eine stärkere Mitwirkung und ein stär-
keres Einmischen der nationalen Parlamente.

Diese Selbstverständlichkeiten haben wir gemeinsam
im vorliegenden Antrag formuliert und in der Zwischen-
zeit, wie der Kollege Roth schon vorgetragen hat, in
Brüssel dem zuständigen EU-Kommissar Leonard
Orban und auch dem stellvertretenden Generalsekretär
Jouanjean vorgetragen und erläutert. Daneben hatten wir
Gelegenheit, außerparlamentarischen Interessenverbän-
den – etwa dem Goethe-Institut – dieses Anliegen vorzu-
tragen.

Ich darf vorwegnehmen: Wir haben in allen Gesprä-
chen über keinen einzigen Einwand diskutieren müssen,
der unserem Antrag entgegenstünde. Im Gegenteil, die
derzeit geltende Verordnung 1/58 benennt ausdrücklich
alle Amtssprachen als gleichrangig. Derzeit werden in-
nerhalb der Gemeinschaft 23 Sprachen gesprochen.
Nach unserer Überzeugung gilt das, was wir fordern
– ich wiederhole das gerne an dieser Stelle –, für alle
zurzeit und zukünftig gesprochenen Sprachen gleicher-
maßen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Des Weiteren sind wir uns einig, dass die Überset-
zungsleistungen alle beratungs- und entscheidungsrele-
vanten Dokumente umfassen müssen, mithin also auch
alle Anlagen und alle Anhänge. Nur wir selbst können
entscheiden, welche Informationen für unsere Entschei-
dungen relevant sind und Bedeutung haben. Die Abwä-
gung zwischen der Notwendigkeit und der rechtlichen
Verpflichtung zur Übersetzung eines Dokumentes ist Sa-
che des nationalen Parlamentes und eben nicht Sache der
Kommission in Brüssel.

Unser Eindruck ist vielmehr, dass viele Dokumente
schematisch und ohne Ansehen der inhaltlichen Rele-
vanz herabgestuft werden. Zurzeit können – auch das
wurde schon vom Kollegen Roth gesagt – nahezu
50 Vorgänge nicht vom deutschen Parlament abschlie-
ßend bearbeitet werden, weil die entsprechenden Doku-
mente und Anhänge eben nicht in deutscher Sprache
vorliegen. Das ist für unsere Arbeit eher hemmend und
führt zu vermeidbaren Verzögerungen bei anstehenden
Entscheidungen. Dies ist aufgrund der zunehmenden
Dynamik im globalen Wettbewerb nicht hinnehmbar;
denn wir brauchen flinke Lösungen und kein langatmi-
ges Zuwarten.

Die Kosten der Übersetzungsleistungen fallen für alle
Sprachen in etwa gleicher Höhe an. Dies betont Herr
Orban gleich an zwei Stellen in seiner schriftlichen Ant-
wort vom 11. Juni 2008 auf eine entsprechende Anfrage
des Kollegen Gahler aus dem Europäischen Parlament,

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(C (D enn er schreibt, dass bei den Übersetzungskosten oder ntsprechenden Kosten an anderer Stelle pro Seite kaum ns Gewicht fallende Unterschiede anfallen. Weiter heißt s wörtlich unter der laufenden Nr. 5 in der eben erwähnen Antwort: Die Kommission sieht keine besonderen Schwierigkeiten und speziellen Probleme, was den Bedarf an Übersetzungen ins Deutsche und die fristgerechte Vorlage anbelangt. enn dem so ist, dann gibt es meiner Ansicht nach kein rnstzunehmendes Argument, das unserem Antrag wierspricht. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Die in diesem Zusammenhang immer wieder genann-
en Finanzierungsmittel lassen sich nach unserer Mei-
ung – auch das wurde schon gesagt – durch Umschich-
ungen in angemessener Höhe im Haushalt 2009
ereitstellen. Wie man den Protokollen entnehmen kann,
aben die Mitglieder unserer Fraktion im Haushaltsaus-
chuss dies wiederholt gefordert.

Der deutsche EU-Kommissar Verheugen unterstützt
ie Hinhaltetaktik – an dieser Stelle muss Kritik erlaubt
ein –, indem er seine Reden, wie zuletzt im April dieses
ahres, ausschließlich in Englisch hält, und das, obwohl
ine Simultanübersetzung möglich gewesen wäre und
ie Vorlagen in allen drei Amtssprachen verfügbar wa-
en. Das ist kontraproduktiv und widerspricht dem Ge-
anken der europäischen Pluralität.


(Beifall des Abg. Dr. Diether Dehm [DIE LINKE])


Schönen Dank, Herr Dr. Dehm. – Der Gebrauch der
eutschen Sprache bei der Amtsausführung muss für
errn Verheugen so selbstverständlich sein wie die Ver-
endung der französischen Sprache für den französi-

chen Kollegen Barrot. Alles andere ist nach meiner
berzeugung falsch verstandene Höflichkeit und noch
azu unnötig.

Ich komme zum Schluss. Lassen Sie mich die wich-
igsten Forderungen unseres Antrages wiederholen:
eufassung der Übersetzungsstrategie noch im laufen-
en Jahr, eine angemessene parlamentarische Beteili-
ung bei dieser Ausarbeitung, die vollständige und zeit-
ahe Bereitstellung aller entscheidungsrelevanten
okumente, eine angemessene Mittelbereitstellung in
en Haushalten sowie eine stärkere Förderung und Ver-
endung der deutschen Sprache in der kulturellen Prä-

enz und im Arbeitsgebrauch innerhalb der Institutionen
n Brüssel.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616912300

Ich gebe das Wort dem Kollegen Dr. Diether Dehm,

raktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)







(A) )



(B) )


Dr. Jörg-Diether Dehm-Desoi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616912400

Frau Präsidentin! Hochverehrte Kolleginnen und Kol-

legen! Es handelt sich bei dem vorliegenden Antrag
nicht um einen gemeinsamen Antrag aller Fraktionen.
Der Ausschluss der Fraktion Die Linke von der Ausar-
beitung dieses interfraktionellen Antrages war ein weite-
res parteitaktisches Sandkastenspielchen, das mit dem
etwas infantilen Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU/
CSU-Fraktion, den mittlerweile alle kennen, zusammen-
hängt. Dabei wissen Sie, die Sie im EU-Ausschuss sit-
zen, dass dies unser gemeinsames Anliegen ist.


(Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU]: Unverschämtheit!)


Da Sie die Linke nicht dabei haben wollten, mussten
wir uns eine ganz besondere Begründung einfallen las-
sen:


(Veronika Bellmann [CDU/CSU]: Wenn sich einer nicht zur Vergangenheit bekennt, kann er sich auch nicht zur Zukunft bekennen!)


Wir sind für die Demokratisierung der Wirtschaft, für die
Vergesellschaftung der Deutschen Bank, der Allianz und
von Daimler nach Grundgesetz und für die Kommunali-
sierung der Stromkonzerne, also für einen demokrati-
schen Machtverlust bestimmter Eliten. Das war der be-
sondere Teil der Begründung. Vor allem sind wir für die
Demokratisierung des Wissens. Ich zitiere Martin
Luther – das entspricht eher dem Mainstream –, der mit
der Übersetzung der Bibel die Deutungshoheit dem Kle-
rus entrissen und für das gemeine Volk geöffnet hat:


(Dr. Stephan Eisel [CDU/CSU]: Die Freiheit des Wortes ist ein dehnbarer Begriff!)


– Herr Eisel, da Sie sich zu einem notorischen Zwi-
schenrufer bei meinen Reden entwickeln, fällt mir – mit
Verlaub – ein, was ein früherer Bundesaußenminister
mal zu einem früheren Bundestagspräsidenten gesagt
hat. Seien Sie lieber etwas vorsichtiger.


(Veronika Bellmann [CDU/CSU]: Ist das eine Drohung oder was?)


Jetzt zitiere ich Martin Luther:

Denn man muß nicht die Buchstaben in der latei-
nischen Sprache fragen, wie man soll deutsch reden
… sondern man muß die Mutter im Hause, die Kin-
der auf der Gasse, den gemeinen Mann auf dem
Markt darum fragen und denselbigen auf das Maul
sehen, wie sie reden, und darnach dolmetschen, so
verstehen sie es denn und merken, daß man deutsch
mit ihnen redet.

Die Kommission muss zur Kenntnis nehmen, dass die
über 90 Millionen Menschen mit Deutsch als Mutter-
sprache fast 20 Prozent aller Bürgerinnen und Bürger der
EU ausmachen. Darüber hinaus sprechen circa
10 Prozent der EU-Bürgerinnen und -Bürger Deutsch als
Fremdsprache. Zum Vergleich: Nur 13 Prozent der EU-
Bürgerinnen und -Bürger sprechen Englisch als Mutter-
sprache, obwohl Englisch mit 47 Prozent die meistver-
wendete Sprache in der EU ist. Französisch liegt mit
23 Prozent Verbreitung sogar hinter Deutsch nur auf

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(C (D latz drei und ist für 12 Prozent Muttersprache und nur 1 Prozent Fremdsprache. Ich will Stefan Klein zitieren, der in der FAZ vom . Juli 2007 ausführte: Ob Deutsch eine Wissenschaftssprache bleibt oder nicht, ist darum keine Frage des Nationalstolzes. Es geht um viel mehr: um die Demokratie. uch deshalb hält die Linke es für falsch, dass die Überetzungskosten unter Verwaltungskosten subsumiert erden. Übersetzungskosten sind politische Kosten, sind osten der Demokratie. Eine quantitative Untersuchung der EU-Kommission eht davon aus, dass über 18 000 beratungsrelevante eiten nachübersetzt werden müssen. Demokratische eilhabe müssen wir uns etwas kosten lassen. Es ist icht akzeptabel, wenn wir Parlamentarier wichtige Entcheidungen im Deutschen Bundestag anhand von Doumenten vornehmen sollen, die bestenfalls teilweise bersetzt sind und hochkomplexe fremdsprachliche achtermini enthalten. Das nötige Kontrollrecht des Par aments darf nicht dadurch ausgehöhlt werden, dass Paramentarier nicht alle Dokumente unmittelbar lesen und erstehen können. Wenn die EU-Kommission den Bitten es Deutschen Bundestags, Nachübersetzungen vorzuehmen, nicht entsprechen will, müssen wir uns gemeinam überlegen, wie wir sie dazu zwingen. Ansonsten kann es nicht verwundern, wenn sich imer mehr Menschen von den undurchschaubaren Vor ängen in Brüssel abwenden. Selbstherrlichkeit kommt eist vor dem Fall. Auch dies haben die irischen, fran ösischen und niederländischen Volksabstimmungen geeigt. Es war die Fraktion Die Linke, die stets darauf ingewiesen hat, dass sich die EU den Völkern öffnen uss oder in eine Legitimationskrise gerät. Ich zitiere noch einmal Stefan Klein in der FAZ: „We re dumber in English.“ „Dumb“ heißt hier nicht nur dumm“, sondern auch „tumb“ und „unsensibel“. Klein chreibt – ich zitiere –: Weder Studenten noch Lehrern ist das Problem gewöhnlich bewusst, weil alle ihre Gewandtheit im Englischen überschätzen. as Patchworkenglisch an europäischen Hochschulen nd Schulen hat sich jedenfalls nicht als nachhaltig-ziviisatorischer Fortschritt erwiesen. Sprache ist nicht phonetisiertes Denken, sondern präisiert und schärft den Denkvorgang. Wo jemand den geauen Begriff nicht findet, kann er auch nicht genau bereifen. Shakespeare formuliert das so: „Ich habe das ort vergessen, und körperlos taumelt der Gedanke zu ück ins Prunkgemach der Schatten.“ uch darum sind 53 Prozent der Bevölkerung laut einer llensbach-Umfrage für eine stärkere Verwendung der eutschen Sprache: für kulturelle Vielfalt und gegen eliäre Deutungshoheiten in europäischen Fragen. Die Fraktion Die Linke teilt das mit dem Antrag verolgte Anliegen. Wir stimmen diesem, wenn auch etwas litär zustande gekommenen Antrag zu. Ich gebe das Wort dem Kollegen Rainder Steenblock, Bündnis 90/Die Grünen. Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der LINKEN)





(A) )


(B) )

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616912500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Natürlich haben die beiden Europadiskussionen, die wir
am heutigen Tage führen – heute Morgen über den Ver-
trag von Lissabon und jetzt über die Übersetzungsstrate-
gie –, etwas miteinander zu tun. Wir haben heute Mor-
gen sehr deutlich gemacht, dass die Menschen in Europa
Schwierigkeiten haben, die EU zu verstehen. Die EU
muss verständlich sein, muss sich verständlich ausdrü-
cken, um verstanden zu werden. Sie muss den Willen ha-
ben, verständlich zu sein.

Sprache ist das zentrale Medium, ein Schlüssel für
Verständigung und für Verständnis. Deshalb stehen wir
vor der ganz zentralen Herausforderung, uns als Deut-
scher Bundestag dafür einzusetzen, dass die EU in all
den Sprachen, die in Europa gesprochen werden, die die
Menschen gebrauchen, um sich über Europa auszutau-
schen und zu verständigen, um Europa zu verstehen,
kommuniziert. Das ist die Voraussetzung dafür, dass die-
ses Projekt gelingt, sonst kann sich keiner mit dem, was
wir hier machen, identifizieren.

Wenn Europa, was heute Morgen auch gesagt worden
ist, nicht nur das Projekt der Eliten, sondern auch das
Projekt der Menschen sein will, dann muss es in den
Sprachen der Menschen in Europa kommunizieren. Das
heißt, diese Übersetzungsstrategie ist die Voraussetzung
dafür, dass wir in all den entscheidenden Fragen kom-
munizieren können. Deshalb haben wir an diesem An-
trag gerne mitgearbeitet. Die Opposition, lieber Michael
Roth, bedankt sich bei der Regierungskoalition für die
Unterstützung bei diesem Antrag.


(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Mit einer kleinen Einschränkung!)


Wir haben den Charakter gemeinsam so verändert,
dass wir nicht nur über die Förderung der deutschen
Sprache diskutieren, sondern dass es bei dem Thema
Übersetzungsstrategie um ganz Europa geht, das einen
deutschen Kern hat. Wichtig ist uns: Es geht uns hier um
ganz Europa.

Schauen wir uns die Zielgruppen an, um die es in Eu-
ropa geht. Viele Kollegen haben auf die parlamentari-
schen Abläufe hingewiesen: Wenn wir als Bundestag
über Entscheidungen diskutieren wollen, die in Europa
anstehen, dann muss das auf Deutsch möglich sein und
dann muss man sich auf Deutsch dazu äußern können.
Dafür sind die Voraussetzungen geschaffen. Wir werfen
der EU vor, dass ihr die Sensibilität fehlt, dies als Pro-
blem zu erkennen.

Natürlich hat Diether Dehm recht, wenn er sagt, dass
Übersetzungskosten Demokratiekosten sind. Wenn Eu-
ropa aus so vielen Ländern mit so vielen kulturellen Hin-
tergründen besteht und wir diese kulturelle Vielfalt in
den Sonntagsreden immer loben, dann müssen wir bereit
sein, für die Kosten, die dadurch entstehen, dass wir

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(C (D iele Kulturen und Sprachen haben, aufzukommen. Wir üssen das ernst nehmen und dafür Steuermittel aufenden – keine Frage. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der LINKEN)


Wir müssen neben dem Politikbetrieb, für den das
ichtig ist, den Wirtschaftsbetrieb betrachten. Er ist eine

entrale tragende Säule und hat von Europa viel profi-
iert. Es kann nicht sein, dass jeder Betrieb in Deutsch-
and noch zehn Personen für Übersetzungen einstellen
uss. Die Ausschreibungen müssen so gestaltet sein,

ass sich jeder Betrieb in Deutschland ohne großen zu-
ätzlichen Aufwand beteiligen kann und andere keine
ettbewerbsvorteile durch sprachliche Diversifizierun-

en haben. Das gehört nicht ins europäische Wettbe-
erbsrecht; durch den Gebrauch von Sprache darf keine
nterschiedlichkeit entstehen. Auch dieser Bereich ist
aher wichtig.

Es hat also eine ökonomische Dimension, aber natür-
ich auch eine bürgerschaftliche Dimension, das heißt
ie Kommunikation von Menschen untereinander. Dabei
eht es zum Beispiel auch um Internetauftritte. Das In-
ernet ist das Medium, durch das man viele Menschen
rreicht. Die EU hat Internetauftritte und Beteiligungs-
erfahren, die aus meiner Sicht vorbildlich sind. Aber
enn sie in einer Sprache stattfinden, die nicht alle Men-

chen beherrschen, ist das undemokratisch. Das kann
icht sein. Diese Internetauftritte müssen so gestaltet
ein, dass sich alle Menschen in Europa an diesem Aus-
ausch beteiligen können. Dann werden wir es auch
chaffen, dieses gemeinsame Europa zu realisieren.

Lassen Sie mich noch eines sagen, weil hier über die
eutsche Sprache und ihre Bedeutung in Europa viel ge-
agt worden ist. Ich finde, wir sollten uns – das sage
ch, weil die Bundesregierung hier ein bisschen ange-
riffen worden ist – der historischen Wahrheit stellen.
ch will die Bundesregierung nicht groß verteidigen.
ber sie hat sich – das sieht man in den Protokollen
on Herrn Duckwitz – in den letzten Monaten sehr in-
ensiv und im Interesse unserer Beschlussfassung dafür
ingesetzt. Das ist überhaupt keine Frage. Das beste-
ende Ungleichgewicht, das in Bezug auf die deutsche
prache in Europa besteht, liebe Kolleginnen und Kolle-
en von der FDP und der CDU/CSU, ist Folge einer be-
ussten Entscheidung der Regierung Kohl/Genscher.
ie hatte sich nicht dafür eingesetzt, die deutsche Spra-
he gleichgewichtig in die EU einzubringen. Das hatte
olitische Gründe, die man akzeptieren kann oder nicht.
ber es war eine historische Entscheidung der Regie-

ung Kohl/Genscher.

Wenn man die deutsche Sprache fördern will – auch
as sei zum Schluss noch einmal gesagt –, dann muss
an darauf hinweisen, dass es eine falsche Entscheidung

ieser Regierung war – wir haben sie immer wieder kri-
isiert –, durch die Einschränkung der Freizügigkeit die
rbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus Polen und an-
eren mittel- und osteuropäischen Ländern an Deutsch-
and vorbei nach England und Skandinavien zu lenken
nd so die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Osteuropa






(A) )



(B) )


Rainder Steenblock
und dem Vereinigten Königreich und Skandinavien dras-
tisch zu fördern.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der CDU/CSU)


Dass nun in Osteuropa viele englischsprachige und we-
nige deutschsprachige Kompetenzen vorhanden sind, hat
mit dieser Entscheidung zu tun, die aus meiner Sicht völ-
lig falsch war und nicht im deutschen Interesse lag. Sie
hat auch ökonomisch zu verfehlten Entwicklungen ge-
führt.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616912600

Herr Kollege.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Politisch kann man vielleicht nachvollziehen, warum
die Entscheidung getroffen wurde, aber sie war falsch
und hat uns auch bezüglich der Sprachenförderung ge-
schadet.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616912700

Ich gebe das Wort der Kollegin Dorothee Bär, CDU/

CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1616912800

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man die
Rede des SED-, pardon, PDS-Kollegen Dehm vorhin ge-
hört hat,


(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Ha, ha, komisch!)


dann wünscht man sich manchmal, der deutschen Spra-
che nicht mächtig zu sein.


(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Oh, ist das komisch! Das muss wirklich ins Protokoll!)


In der Europäischen Union kämpfen wir dauernd um
Bürgernähe, um mehr Teilhabe und um die Interessen
der Bürger. Wenn im nächsten Jahr bei der Europawahl
eine Wahlbeteiligung zwischen 30 und 40 Prozent zu
verzeichnen sein wird, wird das Erstaunen wieder groß
sein. Dann wird der politikverdrossene Bürger wieder
ermahnt werden, endlich seine staatsbürgerlichen Pflich-
ten wahrzunehmen und die Politik der EU mitzugestal-
ten.


(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Beifall!)


Partizipation erfordert Verständnis. Ich meine in die-
sem Fall nicht das Verständnis der politischen Abläufe,
dass man weiß, wie Politik funktioniert. Ich spreche vom
Verständnis jedes einzelnen Wortes, vom Verstehen der
Sprache. Wir haben heute schon mehrfach gehört, dass für

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(C (D 8 Prozent der Bürger in der Europäischen Union – das ind immerhin 91 Millionen Menschen – Deutsch die uttersprache ist. Mit der französischen oder der engli chen Sprache sind viel weniger Menschen vertraut. Auerdem gibt es sehr viele deutsche EU-Parlamentarier, m Moment 99. Hinzu kommen die Deutsch sprechenen Kollegen aus Österreich, Luxemburg, Belgien und talien. In diesen Ländern ist Deutsch eine der offiziellen mtssprachen. (Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Und Bayerisch?)


An diesem unqualifizierten Zwischenruf wurde deut-
ich, dass Sie Bayerisch und Fränkisch nicht unterschei-
en können. So viel dazu. –


(Heiterkeit – Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Können Sie denn wenigstens etwas langsamer reden, damit man Sie vielleicht verstehen kann?)


5 Prozent der EU-Bürger bleibt die Teilhabe an den po-
itischen Prozessen in ihrer Muttersprache verwehrt.

Hinzu kommt – auch das hat Kollege Steenblock er-
ähnt –, dass wir, die Abgeordneten des Deutschen
undestages, unsere Kontrollaufgaben nur dann voll-

tändig und zufriedenstellend erfüllen können, wenn wir
m wahrsten Sinne des Wortes verstehen, was uns die
ollegen aus Brüssel übermitteln.

Uns Politikern wird oft vorgeworfen, dass wir über
inge reden, die wir nicht verstehen; bei diesem Thema

rifft das allerdings nur auf die linke Seite dieses Hauses
u.


(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Oh! Sie sind ja nicht nur fränkisch! Sie sind sogar witzig!)


n diesem Fall muss man aber fragen: Wie denn auch?
ls Mitglied der Enquete-Kommission „Kultur in
eutschland“ habe ich mich sehr intensiv mit der Frage
eschäftigt, ob wir die deutsche Sprache verfassungs-
echtlich schützen sollten. Wir sind zu dem Schluss ge-
ommen, dass unsere Sprache als Bestandteil unserer
ultur den Schutz des Grundgesetzes verdient. Dieser
ntschluss unterstreicht die Bedeutung der Landesspra-
he für jeden einzelnen Bürger. Die eigene Mutterspra-
he bedeutet für uns alle auch Heimat.

Wenn die EU ihren Bürgern nicht die Möglichkeit
ietet, in ihrer jeweiligen Landessprache an der Politik
eilzuhaben, dann wird sie sich weiterhin den Vorwurf
efallen lassen müssen, nur für die wenigsten ein Zu-
ause zu sein.

Eigentlich ist unser Antrag eine Selbstverständlich-
eit. Denn es geht – in Anführungszeichen – „nur“ um
as Deutsche, „nur“ um unsere Muttersprache. Es geht
icht um die einzelnen Dialekte, die es in den verschie-
enen Sprachen gibt. Ich denke, die Präsidentin des
eutschen Bundestages gibt mir recht, dass Fränkisch

icherlich noch am leichtesten zu verstehen ist. Schwie-
iger wären Plattdeutsch, Sächsisch oder Oberbayerisch.






(A) )



(B) )


Dorothee Bär
Ich hoffe, dass eine große Mehrheit dieses Hauses un-
serem Antrag zustimmt, und ich bedanke mich bei den
vier vernünftigen Fraktionen im Bundestag.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616912900

Ich gebe das Wort dem Kollegen Klaus Hagemann,

SPD-Fraktion.


Klaus Hagemann (SPD):
Rede ID: ID1616913000

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren im Plenarsaal und auf der Tribüne! Welche Be-
deutung die Europapolitik für Deutschland und die ande-
ren europäischen Nationalstaaten hat, hat unsere heutige
Tagesordnung bewiesen; denn wir beschäftigen uns
heute schon zum zweiten Mal mit diesem Thema. Der
Schock über das Ergebnis des Referendums in Irland
war allen Debattenbeiträgen zu entnehmen. Ich bin aber
davon überzeugt, dass die Menschen in Irland nicht in
erster Linie die europäische Einigung abgelehnt haben.
Das, was sie bewogen hat, liegt tiefer, und es geht dabei
auch um andere Themen.

Wenn wir unsere Wahlkreise besuchen, hören wir
ständig, wie sich Menschen darüber beklagen, dass „die
in Brüssel“ nicht mehr die Sprache des kleinen Mannes
bzw. der Mehrheit der Menschen sprechen. Dabei geht
es nicht um die Muttersprache. Wir alle sprechen eine
technokratische Sprache, und das über die Köpfe der
Menschen hinweg.


(Beifall des Abg. Dr. Diether Dehm [DIE LINKE])


Das gilt nicht nur für „die in Brüssel“, sondern zum Teil
auch für uns,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


egal welche Muttersprache wir sprechen. Wir erreichen
die Herzen der Menschen nicht mehr.


(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: So ist es!)


Das ist das Problem, mit dem sich die Verantwortlichen
in Brüssel, mit dem aber auch wir uns auseinandersetzen
müssen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Kollege Steenblock hat den Internetauftritt der EU an-
gesprochen; er ist sicherlich sehr positiv. Wenn man ge-
nauer hinsieht, stellt man aber fest, dass diese Internet-
seiten noch nicht einmal in die eigene Muttersprache
übersetzt worden sind. Das ist ein großes Problem, das
man lösen muss. Damit muss sich in erster Linie Brüssel
beschäftigen.

In diesem Zusammenhang spielen auch die Entschei-
dungen, die in letzter Zeit in Brüssel getroffen worden
sind – von der Kommission, vom Parlament und vom
Europäischen Gerichtshof –, eine Rolle. Die soziale Di-
mension scheint etwas in den Hintergrund getreten zu

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(C (D ein. Das europäische Sozialmodell kommt nicht mehr enug zum Vorschein. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Diether Dehm [DIE LINKE])


uch das hat mit der Muttersprache nichts zu tun. Trotz-
em sollten wir diese Entwicklung beobachten.

Wir müssen die Interessen der Arbeitnehmerinnen
nd Arbeitnehmer, der Mehrheit der Menschen in den
uropäischen Staaten, stärker in den Mittelpunkt rücken.
tattdessen stehen die „Technik der Integration“, die
arktmechanismen, die zum Teil sogar ruinösen Markt-
echanismen, und die Interessen der Konzerne im Vor-

ergrund – so zumindest kommt es bei den Menschen
n. Als Beispiel sei die Richtlinie über die Einsetzung ei-
es Europäischen Betriebsrates genannt, die in der Dis-
ussion ist. Auch da, Kollege Willsch, kommen wir
icht voran. Erwähnt seien auch die langen Diskussio-
en über die Dienstleistungsrichtlinie und über verschie-
ene Urteile des Europäischen Gerichtshofs in letzter
eit.

Vor etwa einem Jahr haben wir über die Frage der
eutschen Sprache diskutiert und gefordert, dass alle
U-Dokumente ins Deutsche übersetzt werden. Ich will
erausstellen: Viel getan hat sich nicht. Es geht bei die-
er Forderung nicht nur um eine stärkere Berücksichti-
ung unserer Sprache, es geht insbesondere – als Haus-
älter möchte ich das erwähnen – um die Kontrolle der
U-Ausgaben und um eine effiziente Verwaltung der
ittel. Wir legen in unserem Unterausschuss des Haus-

altsausschusses Wert darauf, dass wir das alles kontrol-
ieren können.

Auch der Entwurf des Vertrages von Lissabon macht
eutlich, dass nicht nur das Europäische Parlament, son-
ern auch die nationalen Parlamente mehr Rechte be-
ommen sollen. Da braucht man übersetzte Dokumente.
eswegen stehen wir voll und ganz hinter dem Antrag,
en wir heute verabschieden. Wir brauchen mehr Trans-
arenz, mehr Durchsichtigkeit. Es geht bei diesem An-
rag, um das klar zu sagen, nicht um Deutschtümelei
der gar Neid, dass andere Sprachen stärker verwendet
erden,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


s geht vielmehr um die Kontrolle der Kommission, der
xekutive. Wir wollen unsere Kontroll- und Mitwir-
ungsrechte nützen. Dazu brauchen wir die Dokumente
n unserer Sprache.

Meine Damen und Herren, ich meine, ganz gut Eng-
isch und Französisch sprechen zu können. Bei Fach-
prachen ist bei mir allerdings oft Sendepause. Das wird
ielen anderen auch so gehen. Wenn ich Entscheidungen
u treffen habe, möchte ich die Dokumente nach eigener
ektüre bewerten und nicht auf Zusammenfassungen in
eutscher Sprache angewiesen sein, bei denen sich im-
er die Frage stellt, wer überhaupt mit welchem Inte-

esse zusammengefasst hat.

Es wurden schon die Kostenfragen angesprochen. Der
aushaltsentwurf 2009 ist von der Kommission vorge-






(A) )



(B) )


Klaus Hagemann
legt; wir haben uns im Unterausschuss des Haushaltsaus-
schusses damit auseinandergesetzt. Der Haushalt wächst
nach Vorschlag der Kommission im Allgemeinen um
3,1 Prozent, die Verwaltungsausgaben wachsen um
5 Prozent. Man muss fragen, warum gerade die Verwal-
tungsausgaben so stark wachsen. Es geht schließlich um
7,6 Milliarden Euro. Ich meine, hier ließe sich durch
Umschichtung – der Ausdruck ist des Öfteren gefallen –
mehr erreichen, dass nämlich mehr Mittel für den Spra-
chendienst zur Verfügung gestellt werden. Auch das ha-
ben wir im Unterausschuss bereits intensiv besprochen.

Kommende Woche findet auf Einladung des Europäi-
schen Parlaments eine Zusammenkunft der Vorsitzenden
der Haushaltsausschüsse statt. Ich darf, wie sich zwi-
schenzeitlich geklärt hat, unseren Haushaltsausschuss
dort vertreten. Ich werde den Komplex Sprachendienst
zu einem der Themen machen, die behandelt werden
müssen. Wenn man alle Beschäftigten der europäischen
Kommissionen und Agenturen zusammenrechnet, kommt
man auf 36 000 Beschäftigte. Da werden sich doch noch
ein paar mehr finden lassen, die Übersetzungsarbeit leis-
ten können.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Herr Staatsminister, ein herzliches Dankeschön an
den Außenminister für die Unterstützung und für die Be-
mühungen! Auch den Bundestagspräsidenten möchte ich
in diesem Zusammenhang erwähnen. Es ist gut, dass alle
an einem Strang ziehen. Die Forderungen, meine Damen
und Herren, richten sich aber nicht nur an die andere
Seite, sie richten sich natürlich auch an uns. So konnte
man vor rund einem Jahr in der Süddeutschen Zeitung le-
sen:

Deutsch … spielt eine Nebenrolle, weil es die
Hauptrolle nie gewollt hat.

Ich komme zum letzten Satz, Frau Präsidentin. – Wir
alle in allen Gremien müssen uns bemühen, dass auch
Deutsch gesprochen wird. Natürlich müssen wir fremde
Sprachen lernen – in diesem Zusammenhang kann ich
nur an die vielen Jugendlichen auf den Tribünen appel-
lieren –, damit wir gewappnet sind. Noch einmal: Die
Zukunftsfähigkeit Deutschlands liegt in Europa. Lassen
Sie uns dafür gemeinsam streiten!

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Diether Dehm [DIE LINKE])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616913100

Ich gebe das Wort dem Kollegen Klaus-Peter Willsch,

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Klaus-Peter Willsch (CDU):
Rede ID: ID1616913200

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Liebe Kollegen! Ich werde nicht zur Betriebsrä-

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(C (D erichtlinie sprechen, und mir geht es auch nicht um die prachkompetenz der deutschen Abgeordneten. Ich eiß, dass es sehr viele unter uns gibt, die sich fließend n sehr vielen Sprachen verständigen können. Darum eht es aber nicht. Es geht um die Kompetenz des Deutchen Bundestages, also des Verfassungsorgans. Wir haben Mitwirkungsrechte bei EU-Prozessen. Desalb müssen wir dafür Sorge tragen, dass die EU – wir ind ein nicht unerheblicher Zahler für all das, was dort eschieht – auch die Rechte des Bundestages wahrt. iese sind nur gewahrt, wenn wir die Vorlagen in unserer uttersprache beraten können. So einfach ist die Sache. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Im Haushaltsausschuss gibt es ja den Unterausschuss
u Fragen der Europäischen Union, dem vorzustehen ich
ie Freude und Ehre habe. Als ich diese Funktion vor
rei Jahren übernommen habe, haben wir den Brauch
ingeführt, dass wir nicht übersetzte Vorlagen nicht
ehr annehmen, sondern zurückweisen, weil wir sie für

icht beratungsfähig erklären. So kann es nämlich nicht
ehen.

Bevor ich in den Bundestag kam, war ich einmal Bür-
ermeister.


(Christian Lange [Backnang] [SPD]: Seitenwechsel!)


Ich kenne die Praxis von Verwaltungen, möglichst
iel Papier zu produzieren und irgendwo das hineinzu-
chreiben, was niemand finden soll. Wenn man dazu
och die Möglichkeit der Camouflage durch die Sprache
at, wird das noch sehr viel leichter. Deshalb dürfen wir
ns nicht darauf einlassen; wir als Deutsche müssen
anz selbstverständlich und ohne irgendeine Überheb-
ichkeit darauf bestehen, dass die Sprache, die von den

eisten in Europa muttersprachlich gesprochen wird,
uch bei der EU verwendet wird und dass uns die Doku-
ente in dieser Sprache vorgelegt werden. Nicht mehr

nd nicht weniger fordern wir.

Dass wir die Bemühungen, mit denen wir vor drei
ahren im Unterausschuss begonnen haben, jetzt mit ei-
em gemeinsamen Antrag hier im Plenum zu einem
wischenergebnis führen – das Brett, das wir dort boh-

en, bleibt nämlich weiter dick –, macht mich froh.


(Michael Roth [Heringen] [SPD]: Krönen!)


Es ist ein Punkt angesprochen worden, den ich auch
och einmal unterstreichen will. Ich möchte all diejeni-
en, die für uns in Europa in irgendeiner Funktion Ver-
ntwortung tragen – sei es in der Bürokratie, sei es im
arlament, sei es in der Kommission –, ermuntern, ihre
ätigkeit in ihrer Muttersprache auszuüben; denn es hat
atürlich Auswirkungen, wenn sie überall hinkommen
nd die super Weltläufigen spielen, die sich in anderen
prachen verständigen können. Dann wird einfach nicht
ehr der Bedarf gesehen, dass das alles auf Deutsch

bersetzt werden muss.

Es ist deutlich geworden – dafür danke ich dem Kol-
egen Hagemann –, dass wir vor allen Dingen auch an






(A) )



(B) )


Klaus-Peter Willsch
die Bürger in unserem Lande denken müssen, die wir für
Europa begeistern wollen. Wir wollen die Begeisterung
neu entfachen bzw. erhalten. Die Bürger müssen mitge-
nommen werden können – auch sprachlich. Wir können
nicht einfach voraussetzen, dass jeder die Dokumente le-
sen kann, die uns in wirklich aberwitzigen Umfängen er-
reicht haben: 10, 12 Seiten auf Deutsch, 130 Seiten auf
Französisch und 80 Seiten auf Englisch. Bei allem guten
Willen: So lassen wir nicht mit uns umgehen. Das muss
sich ändern. Ich danke der Bundesregierung, dass sie uns
dabei unterstützt, und fordere sie nachdrücklich auf, das
entsprechend fortzusetzen.

Das Ganze hat auch Auswirkungen in anderen Berei-
chen. Die Homepages sind angesprochen worden. Mir
liegt ein Bericht aus der Frankfurter Neuen Presse vor:
EU diskriminiert die deutsche Sprache. – Es ging darum,
dass sich jemand für ein Rehabilitationsprojekt für Folter-
opfer bewerben wollte. Dabei war ausdrücklich ausge-
schlossen, sich in anderen Sprachen als in Englisch,
Französisch oder Spanisch zu bewerben. Wo kommen
wir denn da hin?


(Veronika Bellmann [CDU/CSU]: Diskriminierung!)


– Ja, die Diskriminierungsbeauftragte hat auch gesagt,
dass das eine Diskriminierung ist. Die Kommission hat
aber erst einmal so gehandelt. – Das dürfen wir nicht
durchgehen und mit uns machen lassen. Ich glaube,
wenn wir weiter fest genug an dem Thema bleiben, dann
wird uns dort auch ein Erfolg gelingen.

Ich will der Kommission noch einmal ausdrücklich
anbieten: Für den Fall, dass sie das nicht auf einen
Schlag hinbekommt, könnten wir für eine Übergangszeit
Übersetzer beim Deutschen Bundestag einstellen. Eng-
lisch und Französisch sind ja nun keine Mangelfächer.
Es ist kein Problem, das in Deutsch zu übersetzen. Die
Kosten dafür verrechnen wir dann mit anderen Zahlun-
gen, die die EU von uns erwartet. Dann übersetzen wir
uns die Sachen eben selbst.

Langfristig ist es aber sicher richtig, dass wir so an
das Thema herangehen, wie wir das hier im Antrag nie-
dergelegt haben. Wir müssen darauf achten, dass die
Amtssprachen auch in der EU ihren entsprechenden Nie-
derschlag finden, und wir als Deutscher Bundestag müs-
sen besonderen Wert darauf legen, dass uns die Doku-
mente in Deutsch vorgelegt werden. Ich denke, das wird
uns jeder nachsehen.

Deshalb bedanke ich mich dafür, dass diese breite
Mehrheit hier zustande gekommen ist. Ich bin mir si-
cher, dass wir noch zwei-, dreimal über dieses Thema
debattieren müssen, bis wir es dann endlich abgeschlos-
sen haben. Ich bin mir aber auch sicher, dass wir am
Ende am Ziel ankommen werden.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der LINKEN sowie des Abg. Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


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(C (D Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf rucksache 16/9596 an die in der Tagesordnung aufge ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einerstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung o beschlossen. Ich rufe Tagesordnungspunkt 8 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Gisela Piltz, Hans-Michael Goldmann, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Datenschutz im nicht öffentlichen Bereich verbessern – Drucksache 16/9452 – Überweisungsvorschlag: Innenausschuss Rechtsausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich öre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kollein Gisela Piltz, FDP-Fraktion. Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle en! Jeder zweite Haushalt besitzt eine sogenannte ayback-Karte. Knapp zwei Drittel aller Deutschen nuten das Internet privat und vermutlich auch am Arbeitslatz, wobei 94 Prozent der Jüngeren von 18 bis 4 Jahren online sind. Die SCHUFA hat Daten über 6 Prozent unserer Bundesbürger gespeichert. Private atensammlungen stellen damit alle Datensammlungen es Staates weit in den Schatten. Es wird prophylaktisch esammelt; das Nutzerverhalten wird akribisch festgealten und anschließend vielfältig ausgewertet. Beobachten, Verkaufen, Bespitzeln: Dieser Dreisatz, er offensichtlich in mehr Unternehmen, als uns lieb ein kann, an der Tagesordnung ist, zeigt uns, dass wir ls Politiker dieses Thema dringend im Auge behalten üssen. (Beifall bei der FDP sowie des Abg. Jörg Tauss [SPD])

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616913300

(Beifall bei der FDP)

Gisela Piltz (FDP):
Rede ID: ID1616913400

ideoüberwachung, die sogenannte RFID-Technik und
assensysteme mit der Möglichkeit, im Supermarkt per
ingerabdruck zu bezahlen, sind nur einige Beispiele für
en rasanten Technologiewandel, den wir in den letzten
ahren erleben konnten.

Im Internet legen vor allem immer mehr junge Men-
chen einen Daten-Striptease hin, veröffentlichen peinli-






(A) )



(B) )


Gisela Piltz
che Partybilder und ihre Meinung zu Sex, Drugs and
Rock ’n’ Roll, und das alles nur, um ein bisschen Öffent-
lichkeit und Aufmerksamkeit zu ergattern. Die weitrei-
chenden Konsequenzen werden meist nicht bedacht.

Meine Warnung an die Generation Internet lautet:
Denken Sie gut darüber nach, was Sie ins Internet ein-
stellen! Das Internet vergisst und vergibt Ihnen nichts.


(Beifall bei der FDP – Jürgen Koppelin [FDP]: Schäuble sieht alles!)


– Ja, Schäuble sieht alles, aber auch jeder andere, zum
Beispiel der Arbeitgeber, wenn er Sie googelt.

Kunden werden mit mageren und undurchsichtigen
Rabatten angelockt. Wenn Sie glauben, es käme Ihnen
zugute, wenn Sie zum Beispiel solche Karten haben,
dann kann ich Sie nur darauf aufmerksam machen, dass
das nicht der Fall ist; vielmehr verdient jemand anders
mit Ihren Daten Geld. Daran sollten Sie immer denken.
Wenn Sie Ihre Daten weitergeben, dann werden Sie wie
Fliegen in einer Venusfalle zerquetscht, um an Ihre be-
gehrten persönlichen Daten zu kommen.

Diese riesigen persönlichen Datenmengen bergen
auch sozialen Sprengstoff. Das sehen die meisten gar
nicht. Bisher haben nämlich vor allem diejenigen die
Nachteile zu spüren bekommen, die ärmeren Schichten
angehören, weil sie keine Kredite oder Versicherungen
bekommen bzw. schlechtere Vertragskonditionen zum
Beispiel bei Krediten in Kauf nehmen müssen.

Menschen werden katalogisiert und nach ihren per-
sönlichen Daten eingeteilt, ohne einen blassen Schimmer
davon zu haben. Wir dürfen Menschen nicht auf bloße
Datensätze oder Nummern reduzieren. Der Mensch ist
kein bloßes Objekt. Das widerspricht der Menschen-
würde, wie schon das Bundesverfassungsgericht festge-
stellt hat.


(Beifall bei der FDP)


Wir brauchen ein neues Datenschutzbewusstsein in
der Bevölkerung. Das Grundrecht auf informationelle
Selbstbestimmung und das sozusagen brandneue Grund-
recht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integri-
tät informationstechnischer Systeme – oder auch IT-
Grundrecht – kann man leider nicht anfassen oder sehen.
Das ist der Unterschied zu vielen anderen Schutzgütern
von Grundrechten. Man kann sie nicht erleben wie den
Beruf oder die körperliche Unversehrtheit. Man kann sie
auch nicht anfassen oder sehen wie die Kunst oder das
Eigentum. Trotzdem sind diese beiden Grundrechte in
unserer modernen Kommunikation von herausragender
Bedeutung und beeinflussen nicht unerheblich auch den
nichtöffentlichen Bereich.

Elektronische Datenspeicherungen laufen vorwie-
gend ohne unser Zutun im Hintergrund ab. Das macht
sie so gefährlich. Wir müssen eben nicht nach jedem Te-
lefonat oder nach jeder Internetnutzung einen Bogen
ausfüllen und unsere Zustimmung zur Speicherung ge-
ben. Wir bekommen meist nicht einmal mit, wenn soge-
nannte Cookies installiert werden. Dabei geht es nicht
um Kuchen; das muss ich vielleicht manchem älteren
Kollegen erklären.


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(C (D (Jörg Tauss [SPD]: Na, na! Keine Altersdiskriminierung!)


Wenn Sie sich angesprochen fühlen, Herr Tauss, dann
abe ich mein Ziel schon erreicht.


(Beifall des Abg. Jürgen Koppelin [FDP] – Jörg Tauss [SPD]: Beim Alter schon! Bei Cookies nicht!)


Cookies werden installiert, damit das Surfverhalten
nalysiert werden kann und später Werbemails an Sie
erschickt werden können. Von der Installation von
ookies merken wir so gut wie nichts. Deshalb wehren
ir uns nicht. Konsequenzen hat unser Verhalten im In-

ernet meistens leider noch nicht.

Wir sind aber in den letzten Wochen abrupt wachge-
üttelt worden. Es erinnert ein wenig an das Märchen
Des Kaisers neue Kleider“. Wir laufen buchstäblich
ackt durch die Gegend – keine Sorge, wir sind zwar im
lenarsaal, aber es geht nur um die Daten –; denn die rie-
igen Datensammlungen gefährden unsere Privatsphäre.

ir sollten schnellstmöglich handeln und den Daten-
chutz im nichtöffentlichen Bereich verbessern. Wir ha-
en dazu im Bundestag die Chance. Wir sollten es tun.
ir sollten auch alle staatlichen Datensammlungen

berprüfen, die diesen Trend erst eingeleitet haben:
luggastdaten, Vorratsdatenspeicherung, biometrische
aten im Pass und im Personalausweis sowie Kfz-Kenn-

eichen-Scanning. Die Große Koalition muss sich aus
nserer Sicht mäßigen. Unternehmen schauen auf den
taat. Er hat eine Vorbildfunktion. Es kommt noch
chlimmer: Viele Unternehmen sammeln im Auftrag des
taates. Datensätze, die einmal da sind, wecken Begehr-

ichkeiten. Das heißt, der Staat hat die Geister selbst ge-
ufen.

Der Gewöhnungseffekt ist – Gott sei Dank – noch
icht vollständig eingetreten. Noch können wir etwas
ewegen. 30 000 Menschen haben Klage gegen die Vor-
atsdatenspeicherung in Karlsruhe eingereicht. Sie wol-
en nicht überlegen, mit wem sie telefonieren, welche In-
ernetseite sie aufrufen können und welches Verhalten
enehm ist oder nicht. Wir brauchen zudem ein Umden-
en bei den Unternehmen. Die Position der betrieblichen
atenschutzbeauftragten muss gestärkt werden. Eine un-

bhängige Prüfungskompetenz muss eine Selbstver-
tändlichkeit sein. Wir brauchen des Weiteren dringend
in Datenschutzauditgesetz. Wir hoffen, dass die Bun-
esregierung bald einen entsprechenden Entwurf vorlegt
nd dass dieser endlich in dieser Legislaturperiode ver-
bschiedet werden kann. Wir brauchen außerdem eine
esamtstrategie zur Förderung datenschutzrechtlicher
echniken; denn Deutschland hat heute einen hohen
atenschutzstandard. Wir müssen das als Standortvorteil
egreifen. Die Erde ist keine Scheibe, sondern rund.


(Beatrix Philipp [CDU/CSU]: Was?)


Ich weiß, dass Sie das überrascht. Aber es muss einmal
esagt werden.

Datenschutz ist kein innovationshemmendes Teufels-
eug, sondern die Menschenwürde respektierendes Am-
rosia. Sie müssen nur den Mut haben. Wir haben ihn.


(Beifall bei der FDP)







(A) )



(B) )


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616913500

Nächste Rednerin ist die Kollegin Beatrix Philipp,

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Beatrix Philipp (CDU):
Rede ID: ID1616913600

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Ich habe nachgeschaut und festgestellt, dass wir
hier keine Grundsatzdebatte über den Datenschutz füh-
ren, sondern dass wir uns mit einem FDP-Antrag befas-
sen sollen. Ich will nicht sagen, dass dieser genauso zu
bewerten ist wie die letzte Bemerkung der Kollegin
Piltz, dass die Erde rund sei. Aber er ist ähnlich zu be-
trachten. Das werde ich gleich nachweisen.

Ich finde Äußerungen und Zwischenrufe aus dem
Kreis der FDP wie „Schäuble sieht alles“ überhaupt
nicht witzig. Wenn sich ein Innenminister, begleitet
durch das Parlament, ernsthaft bemüht, gesetzliche Re-
gelungen zu schaffen, sodass ein größtmöglicher Schutz
der Bevölkerung vor den zweifellos vorhandenen Terro-
rismusgefahren besteht, dann ist er auf dem Weg, das,
was sein Vorgänger ohne gesetzliche Regelungen, das
heißt ohne Parlament erreichen wollte, nun in geordnete
Bahnen zu lenken. Deswegen finde ich die immer wie-
der geäußerte Bemerkung „Schäuble sieht alles“ – das
grenzt an Diffamierung – nicht witzig. Das ist unserem
Parlament nicht angemessen. Das will ich ganz deutlich
sagen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Der vorliegende Antrag ist – das wissen Sie besser als
wir alle, Frau Piltz – der Beschluss des FDP-Parteitags,
der vom 31. Mai bis 1. Juni stattgefunden hat. Seine For-
mulierung kann nicht sehr schwierig gewesen sein, weil
er im Wesentlichen die Forderungen enthält, die wir Be-
richterstatter in einer gemeinsamen, mühsam erarbeite-
ten Entschließung im Zusammenhang mit dem Bericht
des Datenschutzbeauftragten erhoben haben. Deswegen
bin ich ein bisschen enttäuscht; denn als ich gelesen
habe, dass die FDP hierzu einen Antrag einbringt, habe
ich gedacht, dass wir dann endlich wissen, wie es im Be-
reich des Datenschutzes weitergehen soll. Eigentlich,
Frau Piltz, bin ich von Ihnen – das meine ich ganz posi-
tiv – viel mehr Kreativität gewöhnt, als es in diesem An-
trag zum Ausdruck kommt.

Wir hätten es eigentlich besser wissen müssen. Sie
haben auf aktuelle Ereignisse und Skandale zum Bei-
spiel bei der Telekom und bei Lidl Bezug genommen.
Aber alle Kundigen waren sich einig, dass es diesmal
nicht zu Überreaktionen und Schnellschüssen kommen
darf. Ich kann mich gut daran erinnern, schon von dieser
Stelle aus gesagt zu haben, dass das, was wir im Zusam-
menhang mit dem grausamen Geschehen in Erfurt in Be-
zug auf das Waffenrecht viel zu schnell und hektisch,
fast an Aktionismus grenzend auf den Weg gebracht ha-
ben, der Sache nicht sehr gedient hat.

Ich war lange genug Mitglied einer Oppositionsfrak-
tion und weiß deshalb – Frau Piltz, auch Sie wissen das –,
dass in dieser Lage der Zwang zur Schnelligkeit oft vor

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(C (D ründlichkeit geht. Dass das auch hier der Fall ist, kann ch an einigen Beispielen zeigen. Herr Tauss, über die Opposition reden wir beide extra. a gibt es noch eine ganz andere Beziehung. Lassen Sie mich zu Anfang gleich sagen, dass natürich jede Fraktion zu jedem Zeitpunkt und zu jedem hema Anträge stellen kann. Es mutet aber schon ein isschen seltsam an, wenn dieselben Themen wortgleich uf verschiedenen Ebenen diskutiert werden und gleicheitig so der Eindruck erweckt wird, man habe spontan ine Lösung auf den Tisch gelegt, während die anderen olleginnen und Kollegen noch nach einem angemesseem Umgang mit der Sache suchen. So ganz toll, fand ch, ist es nicht. Nun zurück zum Antrag. Die erste Feststellung – „Die ktuellen Datenschutzskandale zeigen dringenden Handungsbedarf für eine Stärkung des Datenschutzes im icht öffentlichen Bereich“ – ist eher irreführend; denn ir alle haben auch von dieser Stelle darauf hingewie en, dass wir und auch diejenigen, die bei der Telekom as Sagen haben, noch im Nebel stochern. Keiner weiß vielleicht weiß es die Staatsanwaltschaft inzwischen –, b es an der gesetzlichen Grundlage lag oder ob es anere Dinge gewesen sind. Jedenfalls ist die genaue Vorehensweise der Täter überhaupt nicht bekannt. Wir üssen sehr vorsichtig sein, damit wir nicht wieder das ind mit dem Bade ausschütten. Es ist natürlich überaupt nicht falsch, wenn man den Datenschutz im nichtffentlichen Bereich stärken will. Wer könnte etwas daegen haben? Ich finde es aber nicht so gut, das an inem Skandal festzumachen, von dem wir wissen, dass s einer längeren Zeit bedarf, bis er aufgeklärt ist. Wir ollten deswegen auch nicht in der Öffentlichkeit den indruck erwecken, wir wüssten inzwischen alles und ätten den Stein der Weisen gefunden, wenn nicht einal die Fakten auf dem Tisch liegen. Ich will auch in Erinnerung rufen, dass selbst der Daenschutzbeauftragte im Innenausschuss und auch in resseveröffentlichungen gesagt hat, dass er im Rahmen einer Tätigkeit natürlich bei der Telekom gewesen sei. r hat auch gesagt – das haben andere im Innenauschuss zum Ausdruck gebracht –, dass selbst eine Erhöung des Personalbestands, was verständlicherweise om Datenschutzbeauftragten gefordert wird, überhaupt icht sichergestellt hätte, dass es nicht zu diesem Skanal gekommen wäre. Diese hundertprozentige Sicherheit ibt es jedenfalls nicht. Wir sollten der Bevölkerung uch nicht vorgaukeln, dass man sie herstellen könnte. In em Augenblick, in dem kriminelles Handeln stattfindet, ind die Grenzen des Gesetzgebers relativ schnell ereicht. Er kann etwas einmal oder auch zweimal verbieen und unter Strafe stellen, aber er wird dadurch keinen undertprozentigen Schutz gewährleisten. Es gibt noch andere Bereiche, in denen das ganz geauso ist. – Immer dann, wenn kriminelles Handeln Beatrix Philipp stattfindet, sind die Grenzen der Einflussmöglichkeiten des Gesetzgebers schnell erreicht. Man sollte nicht behaupten, es gebe einen hundertprozentigen Schutz. Ein weiterer Punkt: Schwierig wird die Beratung auch deswegen, weil das, was Sie in Ihrem Antrag ausgeführt haben, sehr einleuchtend klingt, aber bei näherem Hinsehen festzustellen ist, dass es sich dabei um Forderungen handelt, die entweder schon gesetzlich geregelt sind oder die in einem Gesetzentwurf stehen, der bereits Kabinettsreife erreicht hat, oder die so selbstverständlich sind, dass ich mich fast wundere, dass sie überhaupt in einem Antrag formuliert sind. Ich will aus Zeitgründen nur einige Beispiele bringen. In Ziffer 2 Ihres Antrags heißt es: Unternehmen müssen ihre Verantwortung für den Datenschutz ernst nehmen. Ein Blick in das geltende Bundesdatenschutzgesetz zeigt, dass es gerade hier keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf gibt, sondern vielleicht eher ein Vollzugsdefizit herrscht. Letzteres will ich nicht bestreiten. In § 3 Abs. 7 heißt es: Verantwortliche Stelle ist jede Person oder Stelle, die personenbezogene Daten für sich selbst erhebt, verarbeitet oder nutzt oder dies durch andere im Auftrag vornehmen lässt. Das heißt konkret, dass die datenschutzrechtliche Verantwortung bei dem datenverarbeitenden Unternehmen selbst liegt, wie es Ihr Antrag fordert. Weiter heißt es in § 4 f Abs. 3 Satz 2 bis 4 zum betrieblichen Datenschutzbeauftragten: Er – also dieser betriebliche Datenschutzbeauftragte – ist in Ausübung seiner Fachkunde auf dem Gebiet des Datenschutzes weisungsfrei. Er darf wegen der Erfüllung seiner Aufgaben nicht benachteiligt werden. Die Bestellung zum Beauftragten für den Datenschutz kann in entsprechender Anwendung von § 626 des Bürgerlichen Gesetzbuches, bei nicht-öffentlichen Stellen auch auf Verlangen der Aufsichtsbehörde, widerrufen werden. Schon der Hinweis bzw. die Bezugnahme auf das Bürgerliche Gesetzbuch bedeutet, dass der betriebliche Datenschutzbeauftragte nur aus zwingendem Grund fristlos gekündigt werden kann. Also genießt er einen besonderen Kündigungsschutz. Auf den arbeitsrechtlichen Aspekt will ich nicht weiter eingehen. Schon an diesem Beispiel – es gibt noch sehr viele mehr, die aber aus Zeitgründen keine Erwähnung finden können – ist klar zu erkennen, dass viele Punkte aus dem Antrag der FDP bereits geregelt sind. Nun zum Grundsatz der Datensparsamkeit. Im Bundesdatenschutzgesetz finden wir auch den Grundsatz der Datenvermeidung und der Datensparsamkeit. Dort heißt es nämlich in § 3 a: Gestaltung und Auswahl von Datenverarbeitungssystemen haben sich an dem Ziel auszurichten, g a w t i l n K l d B s e t s m k b – S D k b – w g d r I D m n B w m c s i T T w E s S i d D ü (C (D keine oder so wenig personenbezogene Daten wie möglich zu erheben, zu verarbeiten oder zu nutzen. Ich will noch etwas zu RFID und zu dem von Ihnen eforderten Koppelungsverbot sagen, weil Sie das kurz ngesprochen haben. Das Koppelungsverbot haben wir, ie Sie sicherlich wissen, bereits im Telekommunika ionsgesetz bzw. für die Bereitstellung von Telemedien m Telemediengesetz geregelt. Deswegen ist eine Regeung in anderen Bereichen unserer Meinung nach nicht otwendig. Im Bundesdatenschutzgesetz findet sich das opplungsverbot bereits insofern wieder, als die Einwil igung des Betroffenen auf seiner freiwilligen Entscheiung beruhen muss. Nun noch zu RFID: In Ihrem Antrag fordern Sie die undesregierung auf, dafür zu sorgen, dass RFID-Chips pätestens beim Verlassen des Ladens automatisch daurhaft und unwiderruflich deaktiviert werden. Wir sollen, meine ich jedenfalls, erst einmal abwarten – und es tünde auch der FDP-Fraktion gut an, wenn sie das wie eine Fraktion täte –, wie eine Selbstverpflichtungser lärung vonseiten der Wirtschaft aussieht und ob sie sich ewähren wird. (Gisela Piltz [FDP]: Darauf warten wir schon seit Jahren! Es gibt keine! Das ist gescheitert!)


(Jörg Tauss [SPD]: Selbstkritik! Sehr gut!)


(Jörg Tauss [SPD]: Das kenne ich gar nicht!)


(Jörg Tauss [SPD]: Wie im Jugendstrafrecht!)





(A) )


(B) )


Nein, Frau Piltz, Sie sind nicht auf dem neuesten
tand. Ich habe mich gestern noch einmal erkundigt:
as RFID-Forum hat sehr wohl Interesse daran. Das
ann ich Ihnen gleich zeigen; das Material habe ich da-
ei.


(Gisela Piltz [FDP]: Interesse haben sie, aber faktisch ist es gescheitert!)


Nein, es ist nicht gescheitert. – Das Forum hat nach
ie vor diese Bereitschaft zur Selbstverpflichtung. Aus-
ehandelt werden muss, inwieweit den Vorstellungen
es Innenministeriums entgegengekommen wird. Da-
über wird zweifellos diskutiert; die Diskussion läuft.
ch habe das Gerücht, es sei gescheitert, auch gehört.
eswegen habe ich mich gestern noch einmal kundig ge-
acht und kann feststellen: Diese Behauptung kann so

icht aufrechterhalten werden.

Im Gegenteil: Wir sollten bedenken – denn auch
rüssel ist wieder aktiv, das werden Sie genauso wissen
ie ich –, dass jede voreilige Entscheidung im Zusam-
enhang mit Verfahren bei RFID-Chips einen mögli-

herweise erheblichen Nachteil für die deutsche Wirt-
chaft und Industrie bedeuten kann. Deswegen meine
ch, man sollte sehr vorsichtig damit umgehen und nicht
üren zuschlagen, ehe man weiß, was sich hinter diesen
üren verbirgt. Die Haltung der Bundesregierung – das
issen Sie – ist der Bundestagsdrucksache 16/7891 von
nde Januar deutlich zu entnehmen.

Nun komme ich zum letzten Punkt, den ich gerne an-
prechen möchte: Datenmissbrauch bei Kundenkarten.
ie haben eben wieder ein Szenario entwickelt, bei dem

ch gedacht habe: Um Gottes willen! Natürlich müssen
ie Menschen in unserem Land lernen, mit ihren eigenen
aten vorsichtig und sorgfältig umzugehen – das ist
berhaupt keine Frage. Aber gerade bei den Kundenkar-






(A) )



(B) )


Beatrix Philipp
ten – wir haben sehr viele Gespräche geführt; ich nehme
an, Sie auch – sind sich die Unternehmen der Tatsache
sehr bewusst, dass auch nur ein einziger Fall des Miss-
brauchs von Kundendaten ihren absoluten Ruin bedeu-
ten würde.

Das bringt mich zu dem, was ich hier schon öfter aus-
geführt habe: Wenn wir es schaffen, dass die Industrie,
dass die Firmen im eigenen Interesse im Bereich des Da-
tenschutzes selber hohe Standards anlegen – denn sie
wissen ja, dass sie als Partner überhaupt nicht mehr ak-
zeptabel wären, wenn es auch nur einen einzigen Fall
von Datenmissbrauch gäbe; zum Beispiel wäre ein Un-
ternehmen wie Payback dann völlig ruiniert –, dann
wäre auch der von uns immer wieder geforderte freiwil-
lige und unbürokratische Datenschutzaudit, Herr Tauss,
mehr als nur ein frommer Wunsch, weil er dann auch
umsetzbar wäre.

Ich will die FDP nicht enttäuschen, was ihre Arbeit
angeht, und daher auch ein Lob aussprechen. In Ihrem
Antrag heißt es unter Ziffer 1:

Eigenverantwortung ist der beste Datenschutz.

Dagegen kann man eigentlich überhaupt nicht sein;
deswegen stimmen wir dem genauso wie der Überwei-
sung des Antrags in den Ausschuss zu. Ich freue mich
auf eine intensive Diskussion.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616913700

Nächste Rednerin ist die Kollegin Petra Pau, Fraktion

Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616913800

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir haben erst zwei Wochen hier im Plenum des Bundes-
tages über die Telekom, über Lidl und über weitere Da-
tenschutzskandale diskutiert. Wir waren uns fraktions-
übergreifend einig: Das Datenschutzrecht ist nicht mehr
auf der Höhe der Zeit, und das muss geändert werden.

Dieser Befund trifft vor allem auf den Bundestag zu;
denn hier wird Recht gesetzt oder eben nicht. Wenn
nicht, dann haben wir es mit einem Versäumnis zu tun,
das sich für die Bürgerinnen und Bürger im wahren Le-
ben negativ auswirken kann. Die Linke bleibt daher da-
bei: Wir brauchen endlich ein Datenschutzrecht, das dem
Internetzeitalter gerecht wird.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Außerdem brauchen wir Gesetze, die den Daten-
schutz stärken und nicht schwächen. Meine feste Über-
zeugung ist: Deshalb muss auch das Gesetz über die Vor-
ratsdatenspeicherung von Telekommunikationsdaten vom
Tisch. Soviel ich weiß, ist es übrigens das erste Mal in
der Geschichte der Bundesrepublik, dass gleich zwei Vi-
zepräsidenten des Bundestages gegen ein Gesetz, das der

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(C (D undestag mit Mehrheit beschlossen hat, klagen. Jetzt st es so. (Helmut Brandt [CDU/CSU]: Das liegt an der Zusammensetzung des Hauses!)


Nun hat die FDP heute einen konkreten Antrag zur
ebatte gestellt. Sie will den Datenschutz im nichtöf-

entlichen Bereich verbessern. Es geht also vor allem um
atenschutz in Unternehmen, um Datenschutz für Ar-
eitnehmerinnen und Arbeitnehmer, letztlich aber auch
ür Kundinnen und Kunden. Diesem Anliegen stimmt
ie Fraktion Die Linke grundsätzlich zu.

Die Grenzen zwischen öffentlichen und nichtöffentli-
hen Bereichen werden aber immer fließender. Das kriti-
iert die Linke, die FDP befürwortet dies. Das ist unsere
rundlegende Differenz. Wir haben in unserer Fraktion
n dieser Woche übrigens erneut mit Expertinnen und
xperten über die Chancen und Gefahren, die in der ge-
lanten elektronischen Gesundheitskarte schlummern,
ebattiert. Gerade im Gesundheitssystem gibt es einen
ktuellen Trend, den öffentlichen Bereich zu privatisie-
en. So besteht die Gefahr, dass ganz sensible persönli-
he Daten zwischen öffentlich und privat hin und her
echseln und dass der Datenschutz letztlich Vermark-

ungsinteressen geopfert wird. Übrigens hat der Gesetz-
eber auch hier im Gesetz die passende Vokabel veran-
ert: Mehrwertleistungen. Ich finde, wir brauchen mehr
enn je ganz strenge Datenschutzregeln, wenn es um die
lektronische Gesundheitskarte geht.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Die FDP hat in 14 Punkten aufgelistet, wo sie Hand-
ungsbedarf sieht. Das reicht vom Schutz von erhobenen
NA-Daten über die Transparenz bei RFID-Technolo-
ien bis zum Schutz von Kundendaten vor Missbrauch.
ber all das können wir in den Ausschüssen sachlich
nd fachlich beraten. Ich signalisiere schon einmal große
ffenheit der Linksfraktion.

Dennoch will ich an einen Gemeinplatz erinnern, bei
em sich die FDP und die Linke wahrscheinlich wieder
inig sind: Am besten geschützt sind noch immer Daten,
ie weder preisgegeben noch pflichtgemäß erhoben wer-
en. Deshalb muss das Augenmerk vor allen Dingen auf
ie Frage gerichtet bleiben: Wie können wir das Errich-
en von Datenbergen prinzipiell verhindern?

Da hätte ich es gern etwas grundsätzlicher, Kollegin
iltz. Das Bundesverfassungsgericht hat den Daten-
chutz mehrfach gestärkt, indem es das Grundgesetz po-
itiv interpretiert hat. Umso dringender wäre es, das
rundgesetz explizit auf die Höhe der Zeit zu heben. Ich
efürchte nur: Das wird noch immer an der Bürger-
echtsblockade der Union scheitern.


(Beifall bei der LINKEN – Helmut Brandt [CDU/CSU]: Unser Grundgesetz war immer auf der Höhe der Zeit!)


Zurück zum FDP-Antrag: Er enthält ein gutes Dut-
end Forderungen an die Bundesregierung. Diese Forde-
ungen teile ich weitgehend. Aber weshalb richten Sie
iese Forderungen an die Bundesregierung? Sie ist die






(A) )



(B) )


Petra Pau
falsche Adresse, zumindest in Teilen, weil der Gesetzge-
ber der Bundestag ist. Nach Lage der Dinge kommt da-
bei der SPD eine Schlüsselrolle zu.


(Jörg Tauss [SPD]: Wie überall! – Gegenruf von der CDU/CSU: Schlimm, wenn es so wäre!)


Die SPD muss sich entscheiden, ob sie im Unionskorsett
verharren will oder nicht. Das ist bei den sozialen Rech-
ten so. Das ist bei den Bürgerrechten nicht anders. Kol-
lege Tauss, das heißt, die SPD muss sich endlich von den
Verrungenschaften ihres Exkanzlers Schröder und Ex-
innenministers Schily emanzipieren.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Zum Teil gilt das übrigens auch für die Grünen.

Weil aber die Dinge in der übergroßen Union/SPD-
Koalition so sind, wie sie sind, gebe ich dem FDP-An-
trag in dieser Legislaturperiode nicht viele Chancen. Das
wird uns nicht entmutigen, weiter für den Datenschutz
zu streiten; denn Datenschutz ist und bleibt Persönlich-
keitsschutz. Das ist die Grundregel und auch die Mess-
latte für uns alle.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616913900

Für die SPD-Fraktion gebe ich das Wort dem Kolle-

gen Jörg Tauss.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Jörg, übertreib nicht! – Zuruf von der CDU/CSU: Jetzt hören wir was zu Schröder und Schily!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1616914000

Frau Präsidentin! Lieber Kollege Wiefelspütz, ich

überlege immer noch, inwiefern wir uns von Rechtsan-
walt Schröder in Fragen des Datenschutzes emanzipie-
ren müssten. Das können wir vielleicht separat klären.

Wir haben heute bereits eine Reihe von sehr interes-
santen Dingen gehört. Liebe Frau Kollegin Piltz, Sie ha-
ben ein bisschen Generationendiskriminierung betrie-
ben,


(Gisela Piltz [FDP]: Wenn Sie sich davon angesprochen fühlen, kann ich doch nichts dafür!)


indem Sie gesagt haben, dass ein älterer Mensch nicht
weiß, was ein Cookie ist.


(Gisela Piltz [FDP]: Mein Vater wusste es nicht!)


Es hat in der Tat doch etwas mit „Keks“ zu tun. Es ist der
englische Begriff für Keks. So falsch ist das gar nicht.
Die Internetszene ist sehr kreativ.


(Zuruf der Abg. Beatrix Philipp [CDU/CSU])


Man hat ganz bewusst nach solchen Vergleichen ge-
sucht, Frau Kollegin Philipp. „Cookie“ ist etwas wahn-

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(C (D innig Sympathisches. Man vermutet nichts dahinter, ber dann sind natürlich elektronische Krümel da – auch nsofern passt dieser bildhafte Vergleich –, die es erlauen, auf dem PC des Anwenders Infos zu hinterlegen. as kann positiv sein, das kann negativ sein. Positiv ist s, wenn man es weiß und bewusst zulässt. Das gilt übriens für den gesamten Datenschutz. Das gilt auch für undenkarten und all diese Dinge. Ich nutze keine Kunenkarte, würde aber auch nicht pauschal davor warnen. ch will aber – das sage ich ganz bewusst in Richtung nserer Verbraucherschützer –, dass die einzelnen Menchen wissen, was mit ihren Daten geschieht, wenn sie ine Kundenkarte in Anspruch nehmen, (Beifall des Abg. Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD])


ass sie nämlich ein Profil in einem Unternehmen hinter-
assen. Das muss nicht grundsätzlich von Übel sein. Es
ibt Szenarien – das geht schon in den Science-Fiction-
ereich hinein –, dass man im Warenhaus willkommen
eheißen wird nach dem Motto: Liebe Frau Gleicke, wir
reuen uns, dass Sie wieder da sind. In Ihrer Größe haben
ir ein wunderbares Angebot. – Iris Gleicke kann dann

agen: Das ist genau das, worauf ich warte. – Das ist
undennähe.


(Iris Gleicke [SPD]: Nein, sage ich nicht!)


Sie will es nicht. Ich habe es auch nur als Beispiel ge-
annt.

Ich gehe lieber anonym in ein Geschäft und will nicht
leich erkannt werden,


(Gisela Piltz [FDP]: Sie kennt doch jeder!)


icht deshalb, weil ich ich bin, sondern einfach deshalb,
eil ich denke, dass es doch noch ein paar Dinge gibt,
ie ein Warenhaus nicht zu interessieren hat.

Wenn man ein Cookie zulässt, wenn solche Krümel
interlassen werden, hat man also den Vorteil, dass man
rkannt wird und möglicherweise ein individuelles An-
ebot bekommt.

Frau Kollegin Philipp, Sie sind die FDP heute etwas
eftig angegangen.


(Beatrix Philipp [CDU/CSU]: Sachlich! Sachlich!)


ein Fraktionsvorsitzender hat mir heute Morgen zu
einen Zwischenrufen bei der Rede von Herrn
esterwelle – sie waren berechtigt – gesagt, ich solle zu

nserem künftigen Koalitionspartner ein bisschen netter
ein. Ich tue es jetzt. Ich finde den Antrag nicht ganz so
chlecht wie Sie, Frau Philipp. Ich halte den Antrag aber
ür nicht so gut, dass wir zustimmen könnten. Frau Piltz,
mmerhin unterstelle ich, dass Sie sich Mühe gegeben
aben.


(Heiterkeit – Gisela Piltz [FDP]: Sind wir in der Schule?)


Wir sind nicht in der Schule. Freuen Sie sich doch,
enn Sie von jemandem, der sich in dem Thema gut

uskennt, ein Lob bekommen.






(A) )



(B) )


Jörg Tauss

(Gisela Piltz [FDP]: Ich bin mir nicht sicher, ob ein Lob von Ihnen etwas Gutes ist!)


Das Lob ist noch nicht einmal vergiftet.


(Jan Mücke [FDP]: Na, na!)


Ich freue mich darüber – das sage ich wirklich in gro-
ßem Ernst und ganz offen –, dass die FDP diesen Antrag
eingebracht hat; denn in letzter Zeit hatte man immer
den Eindruck, dass der Datenschutz eigentlich nur noch
die Altliberalen interessiert.


(Gisela Piltz [FDP]: Ich dachte, Sie kennen sich gut aus! Das haben Sie gerade bewiesen!)


Ich erinnere an unsere früheren Koalitionspartner Hirsch
und Baum, die eine ganze Reihe von Prozessen ange-
strengt haben und die im Datenschutz wirklich Spuren
hinterlassen haben.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei „Baum“ fällt mir erst einmal „Traube“ ein!)


Das waren einmal Koalitionspartner. Da konnte man mit
der FDP noch koalieren.


(Gisela Piltz [FDP]: Ich würde sagen: Das scheitert heute an Ihnen und nicht an uns!)


Das war fast so erbaulich wie mit Ihnen, Frau Stokar,
aber nur fast.

Kommen wir nun zurück zum Thema: Ich teile die
Einschätzung der Verfasser des Antrags, also der FDP,
dass die Skandale von Lidl bis Telekom natürlich deut-
lich machen, dass es im privaten Bereich der Datenver-
arbeitung Probleme gibt. Für den staatlichen Bereich,
den Sie in Ihrer Rede heute sehr kritisch betrachtet haben
– vielfach haben wir uns damit ja kritisch auseinanderge-
setzt, auch mit den Vorstellungen des Innenministeriums
und anderer –, haben wir zumindest Regeln gesetzt. Wel-
che Hürden haben wir da aufgebaut, bis hinterlegte Tele-
kommunikationsdaten tatsächlich rechtsstaatlich durch
Polizeiorgane oder wen auch immer verwendet werden
dürfen! Ich erinnere nur an die richterliche Weisung.

Nun musste man mit Entsetzen feststellen, dass im
Privatbereich der Datenschutz nicht eine so große Rolle
gespielt hat. Vielleicht hängt das damit zusammen – ich
habe das neulich schon kritisch in Richtung des BMI ge-
sagt –, dass das BMI gemäß der Philosophie gehandelt
hat: Wer nichts zu verbergen hat, kann seine Daten auch
offenlegen. Ich freue mich aber, dass ich diese Töne in
letzter Zeit nicht mehr gehört habe, Herr Kollege
Bergner; denn diese Philosophie hat natürlich dazu bei-
getragen, dass der eine oder andere im privaten Bereich
auf die Idee kommt: Wenn meine lieben Mitarbeiterin-
nen und Mitarbeiter nichts zu verbergen haben, kann ich
sie auch bis auf die Toilette überwachen. Das geht natür-
lich nicht. Das ist keine Frage. Deswegen finde ich es
aber gar nicht schlecht, dass wir jetzt darüber diskutie-
ren.

Frau Kollegin Philipp, Sie haben angesprochen, dass
wir ins Bundesdatenschutzgesetz reingeschrieben haben,
dass auch noch ein Datenschutz-Audit-Gesetz kommen

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(C (D oll. Sie wissen, dass das eines meiner Lieblingsthemen st. In diesem Punkt teile ich in der Tat die Auffassung er FDP. Sie haben nun die Argumente dafür im Grunde enommen geliefert. Ein Datenschutz-Audit-Gesetz bieet tatsächlich die Möglichkeit, im privaten Bereich – – (Beatrix Philipp [CDU/CSU]: Zu gucken, ob Gesetze eingehalten werden!)


Ob Gesetze eingehalten werden, ist eine ganz andere
rage. Sie zäumen ja das Pferd von hinten auf, indem
ie sagen: Wenn ein Skandal beim Umgang mit Daten
ufgedeckt wird – das hat das Beispiel Telekom ja be-
iesen –, bekommt eine Firma Probleme. Man kann das
atürlich auch ins Positive wenden, indem man einer
irma, die den Datenschutz respektieren will, insbeson-
ere den Schutz der Kundendaten – das ist ja bei Kun-
enkarten ganz wichtig –, und nachweist, dass sie mit
en entsprechenden Daten verantwortungsbewusst um-
eht und außerdem noch besonders hohen Standards ge-
ügt, die Möglichkeit gibt, dieses Einhalten der Stan-
ards im Wettbewerb zum eigenen Vorteil einzusetzen.
enn wir ein entsprechendes Zertifizierungsverfahren

chaffen würden, täten wir wirklich etwas für den Daten-
chutz.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Gisela Piltz [FDP])


ch weiß, Sie sind noch immer ein wenig skeptisch, aber
as bekommen wir innerkoalitionär sicherlich in einem
uten Sinne hin.

Die Frage des Kopplungsverbotes ist angesprochen
orden. Ein solches sehe ich nicht ganz so positiv. Na-

ürlich kann man sagen, dass man ein Angebot eben
icht nutzt, wenn man zu viele Daten angeben muss. Das
st zwar Gesetzeslage, aber das kann es ja nun nicht sein.
n vielen Geschäftsbedingungen findet man ja die Aus-
age: Wenn Sie die Daten nicht hinterlegen, können Sie
as Geschäft mit uns nicht abwickeln. Man muss sich ja
berlegen, ob das in jedem Fall sinnvoll ist. Genau da
ind wir in einem Bereich, wo Kopplungsverbote greifen
ürden. Eventuell ist man ja auf die Nutzung eines An-
ebotes angewiesen. Somit stellt sich hier in der Tat die
rage, ob im Bereich des Kopplungsverbotes nicht noch
ie eine oder andere Frage diskutiert werden müsste.

RFID-Chips, diese neuen Funkchips, halte ich in der
at für eine absolut spannende Technologie. Im Logis-

ikbereich liegt darin die Zukunft. Wenn mit der Weiter-
ntwicklung Wettbewerbsvorteile für Deutschland ver-
unden sind und wir eine führende Position dabei
innehmen können, wäre ich der Letzte, der sich darüber
icht freut. Ich möchte aber in aller Deutlichkeit sagen,
ass mich ärgert, dass man vonseiten des RFID-Bünd-
isses nur zusagt, sich um Datenschutz zu kümmern.
olche Zusagen haben wir schon oft bekommen. In vie-

en anderen Fällen haben wir ja angeregt, gemeinsam
it den Datenschützern eine Technologie verbraucher-

reundlich und datenschutzfreundlich weiterzuentwi-
keln. Das ist aber bisher nicht erfolgt. Insofern möchte
ch dieser Branche nicht generell attestieren, dass bei ihr
lles in Ordnung ist. Ich würde ihr einfach empfehlen,
ei der Weiterentwicklung der RFID-Technologie von






(A) )



(B) )


Jörg Tauss
vornherein auf Datenschutzverträglichkeit zu achten.
Damit hätte man global einen zusätzlichen Wettbewerbs-
vorteil. Hier bieten sich also zusätzliche Chancen. Wenn
das Ganze dann noch über ein Audit-Verfahren entspre-
chend zertifiziert würde, wäre das eine ganz interessante
Geschichte.

In diesem Zusammenhang wäre es übrigens ganz gut,
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Dr. Christoph Bergner (CDU):
Rede ID: ID1616914100
Wer nichts zu verbergen hat, kann auch of-
fenlegen, dazu führt, dass der Vertrag zwischen dem In-
nenministerium und der Bundesdruckerei, was die Her-
stellung von Personalausweisen und Pässen angeht,
offengelegt wird.


(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Ein ganz vergifteter Vorschlag! Vorsicht!)


– Wir haben Einsicht nach Informationsfreiheitsgesetz
beantragt, Kollege Wiefelspütz. Das ist schon ganz inte-
ressant. Wie gesagt, wer nichts zu verbergen hat, kann
offenlegen.

Was soll dieses Audit haben? Ich denke, es hat einen
betriebswirtschaftlichen Mehrwert. Kollege Wiefelspütz,
auch Sie sind ja ein Fan vom Datenschutz-Audit-Gesetz.


(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Woher wissen Sie das? – Beatrix Philipp [CDU/CSU]: Was ist er?)


– Ein Fan! Ein Vorbereiter, ein Wegbereiter, ein Voraus-
eilender, wie auch immer. Ich will jetzt nicht allzu eu-
phorisch werden. Es gibt auch im Innenministerium be-
reits einen Gesetzentwurf. Das finde ich sehr gut.


(Fritz Rudolf Körper [SPD]: Hast du den schon gesehen und kontrolliert?)


– Wir haben den nicht direkt bekommen, nur durch die
Verbände, aber nicht offiziell. Die Datenschutzbeauf-
tragten haben diesen Gesetzentwurf, den ich nicht offizi-
ell gesehen habe, aber inoffiziell bekommen habe,


(Heiterkeit bei der SPD)


als etwas lust- und lieblos bezeichnet. Das wäre ein
Punkt, bei dem wir als Parlamentarier und sicherlich
auch das Haus einen Beitrag leisten können, indem wir
sagen: Macht es mit noch mehr Lust und Liebe! Sie wis-
sen ja: Wenn Beamte von ihrem Dienstherrn den Hin-
weis bekommen, dass sie nicht für den Papierkorb arbei-
ten, sondern dass ihre Arbeit geschätzt wird, und wenn
Herr Schäuble oder Herr Bergner mit Leidenschaft da-
hinterstehen, machen sie ihre Arbeit mit noch mehr Lust
und Liebe. Insofern sollten wir das ins Verfahren mit
einziehen.


(Beatrix Philipp [CDU/CSU]: Ach, so geht das!)


– Ich hoffe, Frau Philipp, Sie machen dabei mit, das ent-
sprechend zu transportieren.

Ziel des Audits wird also, wie gesagt, die Fortent-
wicklung des Datenschutzes sein.

Lassen Sie mich noch einen Punkt ansprechen, weil
Informationsfreiheit nur die eine Seite der Medaille ist.
Ich habe es gerade schon angesprochen.

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(C (D (Beatrix Philipp [CDU/CSU]: Haben Sie denn auch den Antrag von der FDP mal gelesen?)


ie andere Seite ist der Datenschutz. Deswegen ist der
undesbeauftragte für den Datenschutz auch der Beauf-

ragte für die IT-Sicherheit. Es gibt ein paar Erfahrun-
en, die wir mit unserem Gesetz schon gemacht haben.
as Verwaltungsgericht Berlin hat jetzt beispielsweise

ine Einsicht in den Mautvertrag untersagt, weil da ein
chiedsverfahren tangiert ist. Wir haben, Herr Kollege
iefelspütz, bewusst gesagt, wir wollen ein staatliches
erichtsverfahren und nicht die Gleichsetzung. Für die
valuation bekommen wir also eine ganze Reihe von in-

eressanten Punkten.

Frau Kollegin Philipp, das Verwaltungsgericht in
üsseldorf hat jetzt geurteilt, dass eine öffentlich-recht-

iche Bank in NRW nach dem dortigen Gesetz, das aber
ehr stark mit dem Bundesgesetz korrespondiert, nicht
insicht gewähren muss, weil der beantragende Journa-

ist im Hintergrund mit einer Rundfunkanstalt verbandelt
ei und die Rundfunkanstalten nicht Einsicht nehmen
önnten.


(Beatrix Philipp [CDU/CSU]: Das habe ich aber in dem Antrag der FDP nicht gelesen!)


o haben wir es uns allerdings nicht vorgestellt; auch das
uss ich in der Deutlichkeit sagen, denn damit hätten
ir natürlich unendlich viele Ausschlussgründe.

Das heißt, liebe Kolleginnen und Kollegen, in Sachen
atenschutz und Informationsfreiheit gibt es einiges zu

un. Der FDP-Antrag benennt einige Punkte, die übri-
ens – da hat Frau Philipp recht – bereits auf dem Weg
ind. Ich nenne das Stichwort „Scoring“, also die auto-
atisierte Kreditverarbeitung und -bearbeitung. Da wol-

en wir natürlich schon wissen, welche Kriterien gespei-
hert werden. Die Formel, nach der das dann berechnet
ird, ist mir relativ egal. Aber wenn jemand von vorn-
erein als Kreditnehmer abgelehnt wird, nur weil er als
undestagsabgeordneter ein unsicheres Arbeitsverhält-
is hat, das nach vier Jahren automatisch endet, ist das
icht akzeptabel. Entsprechende Fälle gibt es übrigens;
as ist ganz lustig, weil das Verfahren das überhaupt
icht vorgesehen hat. Der Abgeordnete hat – trotz der
icht erfolgten Diätenerhöhung – ein relativ hohes Ein-
ommen, aber ein unsicheres Arbeitsverhältnis. Außer-
em hat er wechselnde Wohnorte. Das alles gilt als sus-
ekt. Wir sind im Scoring-Verfahren kreditmäßig ein
bsolut suspekter Verein. Das automatisiert zu überwa-
hen, wäre etwas, was wir nicht wollen. Hier wird sich
twas tun.

Ansonsten muss in aller Klarheit gesagt werden – vor
em Hintergrund dessen, was bei der Telekom, bei Lidl
der wo auch immer passiert ist –: Es ist nicht akzeptabel
ich glaube, da sind wir uns alle hier im Hause einig –,
ass in dieser Form mit Daten umgegangen wird, dass
berwachungen stattfinden, dass, wie bei Lidl, der Ar-
eitnehmerdatenschutz mit Füßen getreten wird.

Aber vielleicht gibt es auch etwas Positives zu sagen.
as zeigt auch die heutige Debatte. Wir haben ja oft ge-
ug, Frau Stokar, über den Datenschutz zu nächtlicher
tunde im Bundestag diskutiert. An der heutigen Debat-






(A) )



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Jörg Tauss
tenzeit kann man erkennen, dass sich Datenschutz zu ei-
nem wichtigen Thema entwickelt hat. Vielleicht – das
sage ich als Bildungspolitiker – haben wir eine ähnliche
Chance wie beim Thema PISA. Der PISA-Schock hat
dazu beigetragen, dass wir wieder über Bildung im
Lande diskutiert haben, dass es an vielen Stellen im öf-
fentlichen Bildungswesen einen Ruck gegeben hat. Es
ist noch nicht ausreichend, aber es hat sich viel getan.

Wenn der Telekom-Skandal für den Datenschutz die
Bedeutung bekäme, die der PISA-Schock für den Bil-
dungsbereich hat, wenn durch diesen Skandal eine
gründliche Diskussion über den Datenschutz, der an
vielen Stellen in der Tat in die Jahre gekommen ist, und
gesetzgeberisches Handeln ausgelöst würden, dann hät-
ten wir für den Datenschutz schon etwas erreicht.

Wir gehen Schritt für Schritt vor. Wir haben das Infor-
mationsfreiheitsgesetz verabschiedet, zuvor die Umset-
zung der entsprechenden EU-Richtlinie. Jetzt packen wir
das Scoring an. Die Gesamtreform des Datenschutzes
steht auf der Tagesordnung.

Frau Präsidentin, mein Wunsch, den ich abschließend
äußern möchte, aber ist, dass wir zunächst ein gutes Ge-
setz zum Datenschutz-Audit auf den Weg bringen.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616914200

Letzte Rednerin in dieser Debatte ist die Kollegin

Silke Stokar, Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Werter
Herr Kollege Tauss, es ist nicht nur so, dass wir hier zu
nächtlicher Zeit über den Datenschutz debattiert haben.
Ich erinnere mich daran, dass wir zu nächtlicher Zeit
über den Datenschutz – dazu gehören die Themen Da-
tenschutz-Audit und Scoring – auch verhandelt haben.


(Jörg Tauss [SPD]: Oh ja!)


Es ist leider mit der SPD nicht möglich gewesen, hier zu
irgendwelchen Ergebnissen zu kommen.


(Beatrix Philipp [CDU/CSU]: Ja, was ist das denn? – Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Bitte keine Indiskretionen!)


Auch das gehört zur Wahrheit.


(Jörg Tauss [SPD]: Es war eine wunderbare Sache mit Ihnen!)


Der Datenklau bei der Telekom war mit Sicherheit
nicht der letzte große Datenschutzskandal, mit dem wir
uns hier auseinandersetzen müssen. Ich habe das Gefühl,
das ist ein wenig so wie beim Gammelfleisch: Solange
Politik und Wirtschaft nur halbherzig reagieren, folgt ein
Skandal auf den anderen.


(Beifall der Abg. Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


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(C (D Angesichts der letzten Skandale – Telekom und Lidl ind nur die Spitze des Eisbergs – plädiere ich für eine adikale Umkehr in der Datenschutzpolitik. Der Bundesag, die Privatwirtschaft und die Bundesregierung müsen sich hier mehr bewegen. Ich denke, eines hat der Teekom-Skandal gezeigt: Durch Vertrauensverlust, wie er n den beiden genannten Unternehmen entstanden ist, ntsteht ein hoher ökonomischer Schaden. Ich kann nur offen, dass die Unternehmen aus diesem Schaden klug erden und dass die Privatwirtschaft ihre Widerstände eim Datenschutz-Audit und bei den anderen Themen, ie hier angesprochen worden sind, aufgibt. Frau Kollein Philipp, wir fordern staatliche Regeln und ein Datenchutzgütesiegel, damit die Bürgerinnen und Bürger erennen können, dass da, wo Datenschutz draufsteht, uch Datenschutz drin ist. Wir wollen ähnliche Stanards wie beim Biosiegel. Beim Thema Scoring wollen wir sicherstellen, dass es eine soziale Diskriminierung gibt und dass keine Geoaten erhoben werden. Hier erwarten wir, dass sich die irtschaft bewegt. Zu beiden Themen liegen seit gerauer Zeit Anträge der Grünen vor. Die Grünen waren die Ersten, die konkrete Vorchläge zur Aufnahme des Datenschutzes ins Grundgeetz gemacht haben. Wir freuen uns hier auf eine kritiche Auseinandersetzung. Ich möchte deutlich machen, arum wir diesen Weg gegangen sind. Der Bundestag ist er Verfassungsgeber. Die laxe Haltung, die sich hier eilweise durchgesetzt hat nach dem Motto „Wir gehen it den Sicherheitsgesetzen bis an die Grenze dessen, as die Verfassung zulässt, und warten dann ab, ob das undesverfassungsgericht uns korrigiert“, ist dem Parlaent nicht angemessen. Wir haben den Auftrag, zu prü en, ob wir uns noch im Rahmen der Verfassung beween. Wir möchten nicht, dass sich die Bürgerinnen und ürger ihre Grundrechte aus Urteilen von Karlsruhe der etzten zehn Jahre zusammenklauben müssen. Ein Blick ns Grundgesetz muss ausreichen, um zu wissen, dass as Recht auf Datenschutz und das informationelle elbstbestimmungsrecht Grundrechte sind. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Darüber hinaus plädiere ich für eine Organisations-
nderung beim Datenschutz. Bundesinnenminister
chäuble will die Befreiung der Sicherheitsbehörden
on datenschutzrechtlichen Grenzen. Er fordert in Um-
ehrung eines berühmten Satzes „Vertrauen statt Kon-
rolle“ für die Privatwirtschaft. Es ist außerdem ein Feh-
er im System, dass der Bundesdatenschutzbeauftragte
eim BMI angesiedelt ist. Der Bundesdatenschutzbeauf-
ragte gehört zum Parlament. Hier sollte man ihn in völ-
iger Unabhängigkeit ansiedeln.

Wir halten zwar den Grundsatz der Haushaltskonsoli-
ierung für wesentlich. Wenn es aber im Rahmen des
KA-Gesetzes möglich ist, einmal kurz zwischendurch
00 zusätzliche Stellen beim BKA auszuweisen, dann
ehe ich nicht ein, dass wir nicht zehn zusätzliche Stellen
eim Bundesbeauftragten für den Datenschutz einfor-






(A) )



(B) )


Silke Stokar von Neuforn
dern können, damit er seine Kontrollen durchführen und
das Thema Informationsfreiheit bearbeiten kann.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Wenn wir schon einmal dabei sind, klar und deutlich zu
sagen, was die Antwort auf die Datenschutzskandale ist:
Ich fordere angesichts dessen den Komplettumzug nach
Berlin. Der Bundesdatenschutzbeauftragte gehört dahin,
wo das Parlament ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Lassen Sie mich zum Abschluss noch einen Satz zu
dem jüngsten Kompromiss der Großen Koalition sagen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Aber bitte nur einen!)


Ich finde es richtig witzig, dass Sie den Bürgerinnen und
Bürgern freistellen, ob ihr Personalausweis ihren Finger-
abdruck enthält oder nicht. Es ist das erste Mal in
Deutschland, dass hoheitliche Eingriffe freigestellt wer-
den. Wir sollten solche freiwilligen Bürgerentscheide
auch in anderen Sicherheitsbereichen zulassen. Ich kann
zum Fingerabdruck im Personalausweis nur sagen:
Meine Fingerabdrücke gehören mir. Die bekommt Herr
Schäuble nicht. Sie sind bei Herrn Schäuble nicht sicher;
er schickt sie in die USA und in andere Staaten.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Vielleicht will er Ihre Fingerabdrücke gar nicht!)


Ich kann allen Bürgerinnen und Bürgern nur sagen:
Behaltet eure Fingerabdrücke! Vertraut sie nicht dem
Bundesinnenminister an! Nehmt euer Recht auf eine
freiwillige Entscheidung wahr!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Wir werden den Datenschutz aus dem Parlament he-
raus nach vorne bringen. Wir sind an fraktionsübergrei-
fenden Lösungen interessiert.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616914300

Frau Kollegin!


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich freue mich auf die Debatte.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616914400

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 16/9452 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit
einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überwei-
sung so beschlossen.

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(C (D Ich rufe den Tagesordnungspunkt 9 auf: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKVOrgWG)


– Drucksache 16/9559 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich
öre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Bundes-
esundheitsministerin Ulla Schmidt.


(Beifall bei der SPD)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1616914500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ei allen unterschiedlichen Auffassungen im Detail wa-
en wir uns in einem immer einig: Zu einem fairen Wett-
ewerb der Kassen gehören gleiche Bedingungen für
lle Kassen. Dem widerspricht, wenn für einige Kassen
as Insolvenzrecht gilt, für andere wiederum nicht.

Mit dem heutigen Gesetzentwurf werden gerechte
nd wettbewerbsorientierte Organisationsstrukturen in
er gesetzlichen Krankenversicherung geschaffen. Zum
. Januar 2010 werden alle Krankenkassen insolvenz-
ähig. Alle Kassen müssen ab diesem Zeitpunkt ihre Bü-
her nach einheitlichen Vorschriften führen. Das ist ein
ängst überfälliger Schritt zu mehr Transparenz. Die
andesunmittelbaren Krankenkassen – etwa die AOK
ayern oder die AOK Sachsen – sind aufgrund landes-

echtlicher Sonderregelungen nicht insolvenzfähig; bun-
eseinheitliche Kassen sind es aber sehr wohl. Diese un-
inheitliche Rechtslage ist ordnungspolitisch
nbefriedigend. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf
ird diese Schieflage aufgehoben. Das entspricht einem
unsch, der von Länderseite an uns herangetragen
urde.

Damit verbunden ist die Verpflichtung der Kassen,
ingegangene Zusagen zur Altersvorsorge gegenüber ih-
en Mitarbeitern offenzulegen. Allein die Diskussion um
as Insolvenzrecht hat gezeigt, dass in diesem Bereich
ringend Handlungsbedarf besteht, da ein Großteil der
usagen nicht abgesichert ist.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Das ist aber nicht neu!)


ie Krankenkassen werden daher verpflichtet, diese
ersorgungszusagen abzusichern und im Zeitablauf ein
usreichendes Deckungskapital zu bilden. Um eine
berforderung zu vermeiden und einen Weg finden zu
önnen, der nicht beitragssatzrelevant ist, ist dafür ein
eitraum von 40 Jahren vorgesehen.






(A) )



(B) )


Bundesministerin Ulla Schmidt
Wichtig ist: Jede Krankenkasse und jede Kassenart
hat für ihre Pensionsverpflichtungen genauso wie für
alle anderen Ansprüche zunächst selbst einzustehen. Auf
keinen Fall sollen Pensionslasten auf Krankenkassen an-
derer Kassenarten oder auf die Steuerzahler abgewälzt
werden. Erst im extrem unwahrscheinlichen Fall, dass
sämtliche Krankenkassen der jeweiligen Kassenart nicht
mehr in der Lage sind, diese Verpflichtungen zu bedie-
nen, wird die gesetzliche Krankenversicherung insge-
samt zur Haftung herangezogen. Das entspricht dem So-
zialstaatsgebot des Grundgesetzes.

Der Schutz im Krankheitsfall als zentraler Bestandteil
unseres Sozialstaates ist ein wichtiges Gut, für das wir
alle eine hohe Verantwortung tragen. Im vorliegenden
Gesetzentwurf sind deshalb Sonderregelungen vorgese-
hen. Diese stellen sicher, dass die Ansprüche der Versi-
cherten und der Leistungserbringer auch im Fall der
Schließung oder der Insolvenz einer Kasse in vollem
Umfang gewährleistet sind.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Die gleiche Garantie gibt es für die Versorgungsansprü-
che der Beschäftigten bei den Krankenkassen.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Hartmut Koschyk [CDU/CSU])


Dem Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes entspricht
auch die Vorgabe – dies hat das Bundesverfassungsge-
richt in seinem Urteil zum Risikostrukturausgleich aus-
drücklich bestätigt –, dass ein gerechter Ausgleich der
Risiken zwischen den Krankenkassen organisiert werden
muss. Es liegt in der Natur der Sache, dass bei einem
solchen Ausgleich Regionen mit wohlhabenderen Versi-
cherten etwas mehr zahlen als Regionen mit ärmeren
Versicherten. Gleichwohl steht die Bundesregierung zu
ihrer Zusage, dass die Krankenkassen in einem Land
nicht mit mehr als 100 Millionen Euro jährlich belastet
werden sollen. Da die bisherigen Vorschläge der Länder
hierzu sehr schwer umsetzbar sind, werden wir in Kürze
einen praxistauglichen Weg vorschlagen, um diese Zu-
sage einhalten zu können.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na, da sind wir aber gespannt!)


Der Gesundheitsfonds ist ein Instrument, mit dem wir
dafür sorgen, dass die Beitragsgelder – das ist das gute
und hart verdiente Geld der Versicherten – in qualitativ
hochstehende Versorgungsangebote fließen. Der Fonds
schafft mehr Solidarität zwischen Ost und West, zwi-
schen Nord und Süd.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Er ist die Voraussetzung dafür, dass das Risiko, mehr
Kranke versorgen zu müssen, von der einzelnen Arztpra-
xis und vom einzelnen Krankenhaus auf die Kranken-
kassen und damit auf die Versichertengemeinschaft
übergehen kann. Er wird insofern zu mehr Gerechtigkeit
in der Versorgung führen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Hartmut Koschyk [CDU/CSU])


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(C (D Der Ausgleich wird dafür sorgen, dass sich alle mit em gleichen Anteil ihres Einkommens an der Finanzieung beteiligen und das Geld dorthin fließt, wo mehr ranke oder mehr ältere Menschen zu versorgen sind, nd weniger Geld dorthin, wo junge und gesunde Menchen versichert sind. Das wird die Versorgung verbesern. Die Einführung des Fonds ist auf gutem Weg. Alles ndere – auch das möchte ich hier sagen – wäre unverntwortlich. Wir brauchen jetzt eine bessere Verteilung er Gelder, auch zum Wohle der Versicherten. Wir brauhen jetzt eine gerechtere Honorierung der Ärztinnen nd Ärzte. Dieser Gesetzentwurf ist ein Schritt auf dem eg dorthin. Ich denke, dass sich das in den Beratungen eigen wird. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616914600

Für die FDP-Fraktion gebe ich das Wort dem Kolle-

en Daniel Bahr.


(Beifall bei der FDP)



Daniel Bahr (FDP):
Rede ID: ID1616914700

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

en! Die Bundesgesundheitsministerin hat gerade gesagt
das hat sie auch in den Reden zur letzten Gesundheits-
eform gerne so formuliert –, dass es der Bundesregie-
ung darum geht, faire Wettbewerbsbedingungen zu
chaffen.

In der Tat wäre es für faire Wettbewerbsbedingungen
rforderlich, ein einheitliches Insolvenzrecht für die
rankenkassen zu schaffen. Die Wettbewerbsbedingun-
en sind nämlich unfair, wenn für die eine Kasse ein In-
olvenzrecht gilt und für die andere nicht. Dann brauchen
ir aber eine Insolvenzordnung, die wettbewerbsorien-

iert ist und die nicht das Ziel hat, ein zentralistisches Ge-
undheitswesen zu schaffen.


(Beifall bei der FDP)


Frau Gesundheitsministerin, mit dem Insolvenzgesetz
in Kombination mit der letzten Gesundheitsreform –
bnen Sie den Weg zu einem zentralistischen, immer
tärker staatlich organisierten Gesundheitswesen. Das ist
etztlich der Abschied von einem gegliederten Kranken-
ersicherungssystem, das auch regional orientiert ist.

Das Ziel der schwarz-roten Gesundheitsreform war
aut Gesetzestitel, den Wettbewerb zu stärken. Ange-
ichts des Gesundheitsfonds, eines staatlich festgesetz-
en Einheitsbeitragssatzes und von vielem anderen war
chon der Titel ein Hohn. Das hier vorliegende Insol-
enzgesetz hat aber mit dem Wettbewerbsgedanken in
ielen Bereichen wenig zu tun.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Sie haben nicht alles gelesen!)


Der von der Koalition neu geschaffene Spitzenver-
and Bund der Krankenkassen sollte nach Ihren Aussa-






(A) )



(B) )


Daniel Bahr (Münster)

gen ein kleiner, schlanker und vor allem wettbewerbs-
neutraler Verband sein. Die einzelnen Kassen – das war
doch die Idee; ich habe Ihre Reden gelesen – sollten
mehr Gestaltungsmöglichkeiten erhalten, um im Wettbe-
werb miteinander zu bestehen. Mit diesem Gesetz bauen
Sie allerdings den Einfluss des Spitzenverbandes Bund
deutlich aus; er wird zu einer entscheidenden zentralisti-
schen Kontroll- und Gestaltungsinstanz.

Ich möchte einige Beispiele dafür nennen. Der Spit-
zenverband Bund erhält zukünftig die Vierteljahresrech-
nungen aller Krankenkassen sowie deren Jahresrechnun-
gen. Damit erhält er Einblick in die Geschäftsdaten. Im
Hinblick darauf, dass der Spitzenverband Bund von
AOK und Ersatzkassen dominiert wird, kann von einer
neutralen Institution im Wettbewerb der Krankenkassen
kaum die Rede sein.

Der Spitzenverband Bund kann darüber hinaus Fu-
sionsvorschläge machen, wenn bei einer Krankenkasse
Zahlungsunfähigkeit droht. Damit gewinnt er Gestal-
tungskompetenz: Er ist nicht mehr ein neutraler Verband,
sondern entscheidet mit, wie das Gesundheitswesen
strukturiert sein soll. Im Benehmen mit dem Spitzenver-
band Bund kann die Aufsichtsbehörde bei gefährdeter
Leistungsfähigkeit sogar gegen den Willen der betroffe-
nen Krankenkasse eine Fusion herbeiführen.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Das wäre ja auch wirklich im Sinne der Versicherten!)


Was hat das bitte schön mit Wettbewerb zu tun?

Man möge sich nur einmal vorstellen – ich übertrage
das auf einen anderen Bereich –, staatliche Aufsichten
zwängen die Commerzbank, mit dem angeschlagenen
Konkurrenten, der staatlichen IKB, zu fusionieren.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Jetzt bringen Sie aber ein paar Dinge durcheinander, Herr Kollege! – Gegenruf des Abg. Dr. Konrad Schily [FDP]: Gar nicht! Er macht gute Vergleiche!)


Das, was Sie hier vorschlagen, ist staatlicher Dirigismus
und hat mit Wettbewerbsorientierung nichts zu tun.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Der Spitzenverband Bund bestimmt in seiner Satzung
zudem über die Gewährung finanzieller Hilfen zur Er-
möglichung oder Erleichterung von Fusionen. Die finan-
ziellen Hilfen durch den Spitzenverband Bund werden
unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Leistungs-
fähigkeit der Krankenkassen – wie es heißt – „angemes-
sen“ aufgeteilt. „Angemessen“ ist ein völlig unklarer
und unscharfer Begriff, der Manipulationen ermöglicht.
Frau Widmann-Mauz, was ist denn angemessen? Wie
soll denn die Leistungsfähigkeit bestimmt werden? All
das soll der Spitzenverband Bund für sich und seine Mit-
glieder entscheiden können.

Der Spitzenverband Bund, der von Ihnen als schlan-
ker Verband gedacht war, erhält also immer mehr Kom-
petenzen, auch in die Strukturen der Krankenkassen ein-

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(C (D ugreifen. Das macht uns sehr viel Sorgen; denn wir aben den Eindruck, dass mit den in diesem Gesetz voresehenen Veränderungen beim Spitzenverband Bund ine Einheitsversicherung vorbereitet werden soll. In Kombination mit der Gesundheitsreform wird das ür viele Krankenkassen auch zu einer realen Bedroung: Der Gesundheitsfonds, der die Ausgaben der geetzlichen Krankenversicherung nur noch zu 95 Prozent ecken muss, in Kombination mit der Begrenzung des usatzbeitrages auf 1 Prozent des Bruttoeinkommens ersetzt viele Krankenkassen, was die Insolvenzgefahr nbelangt, in allerhöchste Alarmbereitschaft. Der Sachverständigenrat hat darauf hingewiesen, dass ie heutigen Regelungen zu Gesundheitsfonds und Zuatzbeitrag viele Krankenkassen, obwohl sie möglichereise wirtschaftlich gut handeln, in die Gefahr einer In olvenz bringen, weil sie möglicherweise nicht mit den eldern auskommen können, die sie nur im engen Rahen über Zusatzbeiträge generieren dürfen. Ich möchte auf einen anderen Punkt hinweisen: auf die rage, was demnächst umverteilt werden soll. Demnächst ollen auch die Verwaltungskosten bei der Umverteilung erücksichtigt werden. Das ist aber bisher ganz bewusst icht über den Risikostrukturausgleich umverteilt woren. Auch in Ländern wie den Niederlanden, wo es schon inen krankheitsbezogenen Risikostrukturausgleich gibt, urden die Verwaltungskosten übrigens ganz bewusst icht einbezogen, weil man der Meinung ist, dass die Veraltungskosten der Krankenkassen ein Wettbewerbspa ameter sein sollen. Sie sehen aber vor, dass die Verwalungskosten nach einem 50 : 50-Schlüssel – 50 Prozent ach Krankheitsbildern, 50 Prozent nach Zahl der Versiherten – umverteilt werden. Ich frage Sie: Warum überassen wir die Verwaltungskosten nicht dem Wettbewerb? arum muss das umverteilt werden? Es gab sogar Forderungen – das stand im ursprünglihen Referentenentwurf –, die Kosten im Verhältnis 0 : 30 umzuverteilen. Ich sage Ihnen, warum die Nettoerwaltungskosten pro Mitglied im Jahr 2006 bei der OK Thüringen nur 122,11 Euro betragen haben, wäh end sie bei der AOK Hessen 179,56 Euro betragen haen: Das liegt vielleicht daran, dass die AOK Thüringen m Wettbewerb entschieden hat, die Verwaltungsproesse zu verschlanken, um so die Effizienz zu stärken nd einen Wettbewerbsvorteil zu erhalten. Sie wollen diesen Wettbewerbsvorteil, den die Kassen aben, über Verwaltungskosten immer weiter negieren. ie wollen auch das umverteilen. Der vorliegende Gesetzentwurf – Frau Schmidt hat arauf hingewiesen, indem sie von der Konvergenzklauel sprach – wird das Korrekturgesetz für die verkorkste esundheitsreform. Ich sage Ihnen voraus, dass Sie die es Gesetz nutzen werden, um über Änderungsanträge orrekturen an der Gesundheitsreform vorzunehmen. (Elke Ferner [SPD]: Das glauben Sie doch selber nicht!)


Frau Ferner, Sie haben doch eben gehört, dass Korrek-
uren vorgenommen werden müssen, weil die Konver-






(A) )



(B) )


Daniel Bahr (Münster)

genzklausel so nicht umsetzbar ist. Das werden Sie na-
türlich über dieses Insolvenzgesetz machen.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wird alles nachgebessert! – Elke Ferner [SPD]: Das müssen Sie aber in Richtung CSU sagen, nicht in unsere Richtung!)


Vieles von dem, was Sie im Rahmen der Reform be-
schlossen haben, lässt sich so nicht umsetzen, zum Bei-
spiel die 1-Prozent-Begrenzung beim Zusatzbeitrag, der
Wettbewerbsrahmen für Rabattverträge, die Konver-
genzklausel und vieles andere mehr. Ich sage Ihnen vo-
raus: Wir werden erleben, wie Sie versuchen, über dieses
Gesetz Korrekturen an der Gesundheitsreform vorzuneh-
men. Das Beste wäre, wenn Sie gleich auf den unsinni-
gen und völlig überflüssigen Gesundheitsfonds verzich-
teten.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1616914800

Nächste Rednerin ist die Kollegin Annette Widmann-

Mauz, CDU/CSU-Fraktion.


Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1616914900

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol-

legen! Nachhaltigkeit ist ein vieldiskutierter gesell-
schaftlicher Grundsatz in diesem Hause bei der Energie-
politik, beim Klimaschutz und bei den Staatsfinanzen.
Auch in der Sozialpolitik können wir diesem Postulat
nicht ausweichen. Denn auch in der Sozialpolitik gilt es,
nachhaltige Antworten auf die Frage der Generationen-
gerechtigkeit zu entwickeln und das Gesundheitssystem
so auszurichten, dass wir die Kosten der Sozialsysteme
heute nicht regelmäßig auf die Schultern der kommen-
den Generationen lenken und legen.

Unser Ziel muss es also sein, in der gesetzlichen Kran-
kenversicherung den notwendigen Ausgabenanstieg – er
ist notwendig, weil die Bevölkerung älter wird und der
medizinische Fortschritt vieles mehr möglich macht, das
allen zugute kommen soll – so moderat zu gestalten, dass
die Lasten auch für künftige Generationen bewältigbar
bleiben. Das heißt, Wettbewerb, Transparenz, Effizienz,
Kosten- und Verantwortungsbewusstsein sowie das Sub-
sidiaritätsprinzip müssen auch in der gesetzlichen Kran-
kenversicherung gestärkt werden.

Mit der Gesundheitsreform des Jahres 2007 haben wir
dazu einen wichtigen Schritt getan. Wir sorgen damit für
mehr Transparenz und mehr Wettbewerb im System. Die
Instrumente fangen an, zu greifen. Wir haben eine Viel-
zahl von neuen vertraglichen Möglichkeiten, die die
Krankenkassen nutzen. Denken Sie an Rabattverträge,
an Hausarztverträge und an die einsetzende Straffung
der Organisationsstrukturen in den Krankenkassen.


(Otto Fricke [FDP]: Deswegen sinken auch die Beiträge!)


Zu dieser Transparenz, die wir im Übrigen auch bei
den Leistungserbringern einfordern, gehört auch mehr
Transparenz in den Krankenkassen. Von einigen Kassen

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(C (D urde in der Vergangenheit durchaus der Mechanismus raktiziert – und leider Gottes von mancher Aufsicht geuldet –, bei höherem Finanzbedarf lieber Schulden zu achen, als die Beiträge zu erhöhen. (Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Leider ja! Da hat sie leider recht!)


ie Schulden von gestern sind die höheren Beiträge von
eute. Aber wir haben genau dies mit dem Gesundheits-
odernisierungsgesetz unterbunden. Denn die Kranken-

assen wurden verpflichtet, bis Ende 2007 ihre Schulden
bzubauen. Wir haben diese Frist verlängert. Bis zum
nde des nächsten Jahres werden wir diesen Zustand er-

eicht haben.

Summa summarum ist die Entwicklung der gesetzli-
hen Krankenversicherung seit 2004 durch eine finan-
ielle Konsolidierung gekennzeichnet. Aus über 6 Mil-
iarden Euro Schulden netto wurden ein Überschuss in
öhe von 1,8 Milliarden Euro und Reserven in Höhe
on 3,2 Milliarden Euro. Das ist wichtig und war vor
ünf Jahren so nicht absehbar. Damals waren noch über
00 Kassen verschuldet. Ende dieses Jahres wird es,
enn alles weiter so gut läuft, keine mehr sein. Das ist
ichtig. Denn das schafft genau die Wettbewerbsvoraus-

etzungen und die Gleichheit, die an der Stelle notwen-
ig ist.


(Beifall bei der CDU/CSU)


ransparenz und gleiche Wettbewerbsbedingungen sind
uch für den Wettbewerb zwischen den gesetzlichen
rankenkassen essenziell. Wir haben als Gesetzgeber
ie Aufgabe, dafür die Rahmenbedingungen zu schaffen.

Derzeit – die Ministerin hat das ausgeführt – gilt die
nsolvenzordnung nur für bundesunmittelbare Kranken-
assen. Mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Or-
anisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversi-
herung, das heute in erster Lesung beraten wird, wollen
ir diesen Ungleichheitszustand beheben und die erfor-
erliche Transparenz hinsichtlich der Finanzen der Kas-
en erhöhen. Auch das ist ein unabdingbarer Baustein,
m unser Gesundheitssystem zukunftssicher zu machen.

Im vorliegenden Entwurf eines Insolvenzgesetzes – ich
enne es jetzt einmal so, weil diese Bezeichnung den
chwerpunkt des Gesetzentwurfes am besten widerspie-
elt – ist vorgesehen, dass ab dem 1. Januar 2010 alle
rankenkassen der Insolvenzordnung unterliegen. Da-

über hinaus soll die implizite Verschuldung durch ver-
teckte Risiken bzw. durch sogenannte DO-Lasten, also
urch Altersversorgungslasten, die für die Dienstord-
ungsangestellten entstanden sind und weiterhin entste-
en, beendet werden.

Jetzt haben die Kassen den Auftrag, im Hinblick auf
ie zukünftige Geltendmachung von Versorgungsan-
prüchen innerhalb von 40 Jahren Kapital aufzubauen.
iese lange Zeitspanne wird vorgesehen, um eine Über-

orderung einzelner Krankenkassen zu verhindern. Jede
asse hat für die von ihr begründeten Pensionsverpflich-

ungen selbst aufzukommen. Das entspricht der gewoll-
en Subsidiarität auch im Gesundheitswesen.






(A) )



(B) )


Annette Widmann-Mauz
Das Schließungsverfahren hat Vorrang vor der Einlei-
tung eines Insolvenzverfahrens. Auch das haben wir
ganz bewusst zum Vorteil der Versicherten, der Leis-
tungserbringer und der Beschäftigten in den Kassen so
entschieden.

Im Laufe der Beratungen innerhalb der Bundesregie-
rung konnte eine ganze Reihe von Verbesserungen er-
reicht werden.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Na ja, es wurde weniger schlimmer! Mehr nicht!)


Im Vergleich zum ersten Referentenentwurf ist es zum
Beispiel gelungen, eine unakzeptable Kompetenzaus-
dehnung des Spitzenverbandes Bund zu vermeiden.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Weniger schlimmer ist es geworden!)


Es ist inzwischen nicht mehr so, wie Sie es dargestellt
haben. Deshalb ist dieser Entwurf eine wirklich gute
Grundlage.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es gibt keine Zwangsfusionen von Krankenkassen
durch den Spitzenverband Bund.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Das habe ich auch nicht gesagt!)


Dieses Recht kann nur von der Aufsichtsbehörde ausge-
übt werden.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Aber der Spitzenverband Bund kann einen Vorschlag machen!)


– Lieber Kollege Bahr, wenn Sie ein Beispiel anführen,
dann müssen Sie das richtig machen. Sie müssen beach-
ten, was im Gesetzentwurf steht. Sie haben gesagt, die
Commerzbank könne nicht gezwungen werden, die IKB
zu schlucken. Das ist aber überhaupt nicht Gegenstand
dieses Gesetzes. Umgekehrt dürfen die Verantwortlichen
bei der IKB doch nicht sagen: Wir möchten nicht von ei-
nem leistungsstärkeren Partner übernommen werden,
sondern weiterhin in unserer schwierigen Situation ver-
bleiben.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Warum nicht?)


Das ginge zulasten der Versicherten und der Beitrags-
zahlerinnen und Beitragszahler. Hier müssen wir leis-
tungsfähige Strukturen schaffen.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Wollen Sie das in der Insolvenzordnung jetzt etwa generell so regeln?)


– Im Gesetz steht: wenn freiwillige Vereinbarungen in
den Systemen nicht notwendig und nicht mehr möglich
sind; nicht mehr und nicht weniger. Ihr Beispiel ist
falsch.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Wollen Sie das jetzt generell übertragen und für alle Branchen so regeln? Ich sage nur Philipp Holzmann!)


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(C (D Die Möglichkeiten des Spitzenverbandes Bund, auf ie Gestaltung der Haushalte der Kassen Einfluss zu ehmen, wurden deutlich eingeschränkt. Statt einer flicht der Krankenkassen, den Spitzenverband Bund ei geringfügiger Abweichung von den Einnahmen zu nformieren, wird jetzt ein realistisches und praktikables rühwarnsystem eingeführt. Wir dürfen nicht immer arten, bis das Kind in den Brunnen gefallen ist, sonern wir müssen frühzeitig reagieren, wenn die Mechaismen nicht mehr greifen. Der Spitzenverband Bund ist erpflichtet, die Aufsichtsbehörden zu informieren; das st auch richtig. So kann die Aufsicht bei einer Unterfianzierung ihre Verantwortung wahrnehmen. Auch bei etwaigen Finanzhilfen hat sich das Subsidiaitätsprinzip durchgesetzt; das ist gut so. Die Finanzhilen innerhalb der Kassenart haben jetzt eindeutigen Vorang vor finanziellen Hilfen des Spitzenverbandes Bund. iese sind nur noch möglich, wenn freiwillige finan ielle Hilfen der Kassenart entweder schon erfolgt oder icht mehr möglich sind. Und selbst diese Regelung gilt ur für Leistungszusagen, nicht für sogenannte DO-Lasen. Uns, der Union, war von Anfang an wichtig, dass die esentlichen Rechnungslegungsvorschriften des Hanelsrechts jetzt auch für die Krankenkassen gelten. Es üsste doch gerade im Interesse einer liberalen Partei ein, (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Das sollte es zumindest!)


ass wir dafür sorgen wollen, dass hier nicht nach ande-
en Kriterien gewirtschaftet wird als in den übrigen Un-
ernehmensbereichen, die im Zweifel sogar im Wettbe-
erb miteinander stehen.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Dann machen Sie das doch!)


adurch wird die Transparenz hinsichtlich der Finanzen
er Kassen erheblich verbessert. Das ist dringend über-
ällig und notwendig.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die Bundesknappschaft muss sich in ihrer Haushalts-
ührung wie die anderen Kassen an die im Handelsge-
etzbuch geregelten Grundsätze einer ordnungsgemäßen
uchführung und Bilanzierung halten. Dies ist ein richti-
er Schritt zur Anwendung der Bedingungen, die für ge-
ffnete, im Wettbewerb stehende Krankenkassen gelten.

Lieber Kollege Bahr, Sie haben den Schlüssel für die
rmittlung der standardisierten Verwaltungsausgaben
ngesprochen, die sogenannte 50 : 50-Regelung. Trans-
arenz ist im Gesundheitswesen gerade bei den Ver-
altungskosten wichtig. Noch immer gehören die Ver-
altungskosten je Versicherten – sie sind in diesem
usammenhang die aussagekräftigsten Werte – zu den
m besten gehüteten Geheimnissen der Krankenkassen.
ich selbst Versorgerkassen nennende Krankenkassen
ordern eine Umverteilung, die weit über die vom Ge-
etzgeber vorgesehene 100-prozentige Finanzkraftan-
leichung hinausgeht.






(A) )



(B) )


Annette Widmann-Mauz

(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Noch schlimmer!)


Das würde diejenigen Kassen finanziell bevorzugen, die
schon über den morbiditätsorientierten Risikostruktur-
ausgleich deutlich höhere Zuweisungen erhalten.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Eben!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616915000

Kollegin Widmann-Mauz, achten Sie bitte auf die

Zeit.


Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1616915100

Eines ist klar – Sie haben es durch Ihre Forderung,

nichts auszugleichen, bestätigt –:


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Das war schon zu viel! Es könnte aber noch schlimmer kommen!)


Der im Gesetzentwurf befindliche Aufteilungsschlüssel
stellt eine sachgerechte Lösung dar.

Ich fasse zusammen und komme zum Schluss: Mit
diesem Gesetzentwurf werden das Subsidiaritätsprinzip
und der Wettbewerb gestärkt und wird das Verantwor-
tungsbewusstsein der Krankenkassen geschärft. Wir
schaffen damit mehr Transparenz im Gesundheitswesen.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616915200

Für die Fraktion Die Linke hat nun der Kollege Frank

Spieth das Wort.


(Beifall bei der LINKEN)



Frank Spieth (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616915300

Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Meine

Damen und Herren! Mit dem Gesetzentwurf, über den
wir heute in erster Lesung beraten, wird, wie wir gehört
haben, der Versuch unternommen, im Zusammenhang
mit dem Start des Gesundheitsfonds im Jahre 2009 die
Schließung und/oder die Insolvenz aller gesetzlichen
Krankenkassen zu regeln. Damit wird ein Ablasshandel
mit den Bundesländern vollzogen: Die Länder werden
– das war ihr dringlicher Wunsch – aus der Haftung für
die landesunmittelbaren Krankenkassen entlassen. Nur
darum geht es bei diesem Gesetzentwurf.

Für die Fraktion Die Linke ist ein Insolvenzrecht für
die gesetzliche Krankenversicherung sozialstaatlich wie
verfassungsrechtlich in hohem Maße bedenklich. Es
stellt sich die Frage: Wozu brauchen wir eine Insolvenz-
fähigkeit gesetzlicher Krankenversicherungen? Sind ge-
setzliche Krankenkassen tatsächlich mit Privatunterneh-
men vergleichbar? Treffen sie im Rahmen der Erfüllung
ihrer Aufgaben tatsächlich unabhängige unternehmeri-
sche Entscheidungen? Und wer zahlt die Zeche, wenn
eine Krankenkasse insolvent wird? Die Zeche – das kann
man jetzt schon sagen – zahlen allein die Versicherten.

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(C (D Die Einnahmen werden mit der Einführung des Geundheitsfonds 2009 nicht mehr von den gesetzlichen rankenkassen verantwortet, sondern von der Bundesreierung. Sie legt die Beiträge der Versicherten und der rbeitgeber sowie den Steuerzuschuss fest. Die Ausgaen werden im Startjahr 2009 angeblich – wir hoffen, ass es so sein wird – zu 100 Prozent durch den Gesundeitsfonds finanziert. Die Ausgaben basieren allerdings uf Leistungen, die im Wesentlichen durch Gesetz defiiert sind. Die Krankenkassen haben einen geringen unernehmerischen Entscheidungsspielraum. Er besteht dain, dass durch den Gesundheitsfonds nicht finanzierte eistungen über eine zusätzliche Kopfpauschale, die usschließlich von den Versicherten gezahlt wird, finaniert werden können. Die gesetzliche Krankenversicherung ist nach der tändigen Rechtsprechung Teil der mittelbaren Staatserwaltung. Das Bundessozialgericht hat aus Art. 20 bs. 1 des Grundgesetzes immer eine Verpflichtung des undes und der Länder, einen funktionsfähigen und soialen Krankenschutz zu gewährleisten, abgeleitet. Ich rage Sie allen Ernstes: Was macht es dann für einen inn, eine Insolvenzfähigkeit der Krankenkassen zu oranisieren? Sie schreiben doch selbst in Ihrem Gesetzntwurf, dass die Haftung der Krankenkassen untereiander Vorrang hat und nur, falls unvermeidbar, das omplizierte Schließungsverfahren eingeleitet werden oll. Welchen Sinn macht dann also diese Regelung zur nsolvenzfähigkeit? Die finanziellen Aufwendungen der Krankenkassen ür die Insolvenzsicherung, die Alterssicherung und den aftungsfonds, um das Risiko einer Insolvenz abzude ken, müssen zukünftig zusätzlich zu den bisherigen eistungen aufgebracht werden. Auch dies zahlen dann lleine die Versicherten einer Kasse. Arbeitgeber zahlen einen Cent dazu. Das ist aus unserer Sicht ein Skandal. Absurd finden wir die Tatsache, dass die Haftung der undesländer auf deren Betreiben hin bis zum 1. Jauar 2009 entfallen soll, während das Insolvenzrecht mit ll seinen Folgen nach Ihren Vorschlägen erst zum 1. Jauar 2010 in Kraft tritt. Hier ist wohl eine Deckungsücke entstanden, (Elke Ferner [SPD]: 16 Länder sind dafür! Berlin auch, Kollege Spieth!)


(Beifall bei der LINKEN)


ie quasi im großen Loch entschwunden ist. – Ich habe
erade heute noch einmal aktuelle Gutachten zu diesem
hema gelesen. Es wird dort ausdrücklich bestätigt, dass
anz eindeutig eine Haftungslücke vorhanden ist.

Unverantwortlich ist aber erst recht – wie Rechts-
xperten sagen –, dass vollkommen unklar bleibt, wie
ie Behandlung der Kranken im Falle der Insolvenz fort-
esetzt und die daraus abgeleitete Finanzierung gesichert
erden soll. Ebenso unklar bleibt, wie die Ansprüche
on Ärzten und Krankenhäusern rechtlich abgesichert
nd zeitnah befriedigt werden.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Nicht so aufgeregt!)







(A) )



(B) )


Frank Spieth
Es bleiben also nicht nur Fragen nach dem Sinn des
Gesetzes, sondern auch eine Menge rechtlicher Beden-
ken. Ich finde, im Interesse der Krankenversicherten ha-
ben wir in der Tat allen Anlass, uns darüber aufzuregen,
auf welche Art und Weise hier über die Interessen der
Versicherten und auch der Leistungserbringer hinwegge-
gangen wird.

Im Interesse der Versicherten und im Interesse der
Leistungsbringer werden wir diese unsinnige Regelung
zur Insolvenzfähigkeit der Krankenkassen im weiteren
Verfahren hoffentlich zu Fall bringen.


(Beifall bei der LINKEN – Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Da sind wir aber gespannt!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616915400

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun die

Kollegin Birgitt Bender das Wort.


Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1616915500

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die ge-

tragenen Reden, die hier vonseiten der Koalitionsfraktio-
nen gehalten werden,


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Die waren überzeugend, nicht?)


können nicht darüber hinwegtäuschen, dass der vorlie-
gende Gesetzentwurf nichts anderes als der Ausdruck
von Reformversagen in der Gesundheitspolitik ist. Wa-
rum? Frau Widmann-Mauz, Sie als gesundheitspoliti-
sche Sprecherin der Union versteigen sich ja sogar dazu,
Ihre bisherigen sogenannten Reformen als Ausdruck so-
zialer Nachhaltigkeit zu preisen. Ich sage Ihnen: Das ist
genauso wie die Tatsache, dass die CDU die Atomener-
gie neuerdings als Ökoenergie bezeichnet, nämlich voll
daneben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jens Spahn [CDU/CSU]: Richtigerweise! – Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Vorher gab es ein Verschuldungsprogramm der Kassen! Da haben Sie mitgestimmt!)


In Wirklichkeit ist es doch so: Die gesetzlichen Kran-
kenkassen schreiben rote Zahlen. Im ersten Vierteljahr
gab es ein Defizit von über 1 Milliarde Euro. Dazu sagt
das Bundesgesundheitsministerium in den üblichen
Pressemitteilungen, das sei jahreszeitlich durchaus üb-
lich. Glaubt man der Regierung und der Koalition, dann
geht es der GKV richtig gut. Ich frage mich dann aber:
Wieso reden wir heute eigentlich über Krankenkassenin-
solvenzen, wenn doch alles ganz wunderbar ist? Warum
ist es so dringend, das Insolvenzrecht kurz vor der
Scharfschaltung des Gesundheitsfonds noch in das Ge-
setz einzufügen? Ich will Ihnen sagen, weshalb.

Es gibt zwei Gründe. Erstens. Sie haben vor den drin-
gendsten Reformaufgaben in der Krankenversicherung
kapituliert. Mit Ihrer sogenannten Gesundheitsreform
leisten Sie überhaupt nichts dazu, die Finanzierung der
Gesundheitsversorgung über den Tag hinaus zu gewähr-
leisten.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Daniel Bahr [Münster] [FDP])


ie tun eben nichts dafür, die Schere zwischen den stei-
enden Ausgaben und der schwindenden Finanzierungs-
asis zu schließen. Im Gegenteil: Sie öffnet sich weiter.

Trotz einer günstigen Arbeitsmarktsituation schreibt
ie GKV rote Zahlen.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Unglaublich!)


an mag sich gar nicht vorstellen,


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Wenn RotGrün regieren würde!)


ie es wäre, wenn wir uns in einem Konjunkturtief be-
änden. Das heißt, dadurch, dass Sie hinsichtlich der
achhaltigkeit in der Gesundheitsversorgung nichts tun,

reiben Sie die Kassen geradezu in die Zahlungsunfähig-
eit.

Zweitens. Es kommt noch etwas hinzu: Das Insolvenz-
echt wird auch deshalb so wichtig, weil die Koalition
it dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz ein Gesetz

erabschiedet hat, in dem nichts, aber auch gar nichts zu-
ammenpasst. Ab 2010 sollen die Kassen nur noch
5 Prozent ihrer Leistungsausgaben aus dem Gesund-
eitsfonds finanziert bekommen. Die restlichen 5 Pro-
ent sollen sie über Zusatzbeiträge finanzieren.


(Elke Ferner [SPD]: Wo steht das denn, dass das ab 2010 so ist? Das steht dort nicht! Das wissen Sie ganz genau! Das, was Sie hier erzählen, ist eine glatte Lüge!)


Das steht in eurem Gesetz. Ihr hättet es ja wenigstens
esen können.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Der Zusatzbeitrag belastet einseitig die Versicherten
das ist schon schlimm genug –, aber vor allem wird er

n der vorgesehenen Fassung zu schweren Verwerfungen
m Kassensystem führen. Darauf haben während der Ge-
etzesberatungen schon etliche Sachverständige hinge-
iesen, übrigens auch diejenigen, die Sie selber eingela-
en haben.

Der Zusatzbeitrag ist in der beschlossenen Fassung
icht umsetzbar. Durch die Koppelung von Zusatzbei-
rag, einprozentiger Überlastungsgrenze und 8-Euro-Ba-
atellgrenze wird die Höhe des Zusatzbeitrages nämlich
icht von der Wirtschaftlichkeit einer Kasse, sondern
on der Einkommens- und Familienstruktur ihrer Mit-
lieder abhängig sein.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Richtig! – Heinz Lanfermann [FDP]: So wird es sein!)


as heißt, je mehr Mitglieder einer Kasse wegen gerin-
en Einkommens unter die Belastungsgrenze fallen und
e mehr Kinder diese Kasse mitzuversichern hat, desto
öher wird der Zusatzbeitrag sein, den sie verlangen
uss. Damit wird sie im Kassenwettbewerb völlig un-

erschuldet zurückfallen. Es sind sogar Konstellationen
enkbar, in denen eine Kasse mit vielen einkommens-






(A) )



(B) )


Birgitt Bender
schwachen und kinderreichen Mitgliedern über ihren
Zusatzbeitrag gar nicht das Finanzvolumen realisieren
kann, das sie zur Versorgung ihrer Versicherten braucht.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Frau Bender, dazu steht gar nichts im Gesetzentwurf! Worüber sprechen Sie?)


– Diese Kasse müsste dann Insolvenz anmelden, Frau
Widmann-Mauz, und zwar nicht, weil sie schlecht wirt-
schaftet, sondern weil sie im Sinne des von Ihnen verab-
schiedeten Gesetzes die falschen Mitglieder hat. Ihr Vor-
haben ist eine Reise nach Absurdistan.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP – Wolfgang Zöller [CDU/ CSU]: Haben Sie mal etwas vom Risikostrukturausgleich gehört? – Annette WidmannMauz [CDU/CSU]: Da kommen Sie aber gerade her! – Heinz Lanfermann [FDP]: Demnächst wird der Mitgliederaustausch vorgeschrieben!)


Aber statt daraus die Konsequenzen zu ziehen und
das Durcheinander zu beheben, das Sie angerichtet ha-
ben, machen Sie einfach weiter. Diese Geisterfahrt wird
spätestens im Jahr 2010 zu einer Welle von Kasseninsol-
venzen führen.

Damit wir uns richtig verstehen: Die Grünen sind
nicht dagegen, dass die Krankenkassen die Konsequen-
zen ihres Finanzgebarens tragen müssen.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Aha!)


Dazu gehört auch das Insolvenzrisiko.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Stimmt!)


Wir sind aber entschieden dagegen, dass eine Bundesre-
gierung und die sie tragenden Fraktionen ihrer Arbeit
nicht nachkommen und dann ein Gesetzentwurf durch
den Bundestag gepeitscht wird, mit dem sie die Folge-
kosten ihrer Arbeitsverweigerung auf die Beitragszahler
abwälzen. Genau das findet hier statt. Das lassen wir
aber nicht durchgehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Sie haben die ganzen Sommerferien Zeit, sich darüber Gedanken zu machen!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616915600

Für die SPD-Fraktion hat nun die Kollegin Dr. Carola

Reimann das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Carola Reimann (SPD):
Rede ID: ID1616915700

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol-

legen! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden alle
Krankenkassen insolvenzfähig, auch die landesunmittel-
baren, für die das bisher nicht galt. Es geht nicht um In-
solvenzen, sondern um Insolvenzfähigkeit.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


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(C (D as ist ein großer Unterschied. Die allermeisten Kassen ind bereits insolvenzfähig. Die Regelungen stellen aber auch sicher, dass die Alersversorgungsansprüche, die die Beschäftigten der assen erworben haben, im Insolvenzfall abgedeckt sind nd ausgezahlt werden können. Das sieht das Regelwerk ur Insolvenzfähigkeit vor. Gleichzeitig regelt der Gesetzentwurf auch wichtige eile des Finanzausgleichs. Auf die unterschiedlichen ersichertenstrukturen der Krankenkassen wurde bereits ingewiesen. Neu ist auch, dass die Verwaltungskosten n den Finanzausgleich einbezogen werden. (Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Es wird immer schlimmer!)


as ist richtig. Es muss aber auch richtig gewichtet wer-
en.


(Beifall der Abg. Elke Ferner [SPD] – Heinz Lanfermann [FDP]: Das kann nicht richtig sein!)


er vom Kabinett vorgelegte Gesetzentwurf setzt hier
nserer Meinung nach einen falschen Schwerpunkt.

Nebenbei bemerkt – um in Sachen Verwaltungskosten
ller platten Polemik über Glaspaläste und große Dienst-
agen zuvorzukommen –: Es geht nicht darum, Büro-
ratie zu fördern oder Verschwendung zu finanzieren.


(Beifall bei der SPD)


s geht im Gegenteil darum, effizienzfördernden Wett-
ewerb auch im Bereich der Verwaltung zu etablieren.

Bisher waren die Verwaltungskosten nicht Teil des Fi-
anzausgleichs. Deshalb hatten Kassen mit höheren Ver-
altungskosten einen Beitragssatznachteil, und zwar un-

bhängig davon, ob sie besonders unwirtschaftliche
erwaltungsstrukturen hatten oder ob sie sich besonders

ntensiv um ihre kranken Versicherten vor Ort geküm-
ert haben.

Eine Internetkasse ohne Geschäftsstellen und mit
eitgehend gesunden Versicherten braucht nun einmal
eniger Verwaltung als eine Versorgerkasse mit Mitglie-
erservice und Geschäftsstellen vor Ort und einem Ver-
orgungsmanagement für chronisch Kranke.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


eil wir aber eine bessere Betreuung der Versicherten
ördern wollen, dürfen wir nicht zulassen, dass Kranken-
assen, die Betreuung anbieten, in Zukunft wirtschaftli-
he Nachteile erleiden. Die Krankenkassen brauchen
lso einen angemessenen Ausgleich für ihre Verwal-
ungskosten.

Die entscheidenden Fragen lauten nun: Was ist ange-
essen? Woran sollen sich die Verwaltungskosten orien-

ieren? Da ist zum einen – unbestritten – die Größe einer
rankenkasse. Je mehr Versicherte, desto mehr Verwal-

ung ist erforderlich.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Je mehr Versicherte, desto mehr Verwaltung? Es geht doch um Effizienz!)







(A) )



(B) )


Dr. Carola Reimann
Da ist zum anderen – das ist ebenso unbestritten – der
Gesundheitszustand der Versicherten. In den letzten
13 Jahren meiner Mitgliedschaft in der gesetzlichen
Krankenversicherung habe ich keine Geschäftsstelle
meiner Krankenkasse als Patientin von innen gesehen.
Darüber bin ich froh, und dafür bin ich dankbar.


(Heinz Lanfermann [FDP]: Diese Erfahrung haben nicht alle bei Ihnen gemacht!)


Chronisch Kranke brauchen dagegen neben medizini-
scher Versorgung eine intensive und kontinuierliche Be-
treuung und Beratung durch ihre Krankenkasse. Es liegt
deshalb auf der Hand, dass neben der Zahl der Versicher-
ten die Morbidität bei der Höhe der Verwaltungskosten
berücksichtigt werden muss, und das in größerem Um-
fang.


(Beifall bei der SPD)


Das ist im Übrigen auch in der Pflegeversicherung so.
Hier haben sich die Krankenkassen darauf verständigt,
dass 70 Prozent der Verwaltungskosten nach der Morbi-
dität und 30 Prozent nach der Größe der Krankenkasse
bzw. der Zahl der Versicherten bemessen werden.


(Heinz Lanfermann [FDP]: Deshalb geben sich manche weniger Mühe!)


Dieses Verhältnis spiegelt die tatsächlichen Kosten wi-
der. Deshalb sollte es unserer Meinung nach im Gesetz
verankert werden.


(Beifall bei der SPD)


Die nun vorgeschlagene 50 : 50-Aufteilung benachtei-
ligte dagegen vor allem die Krankenkassen, die nur des-
halb höhere Verwaltungskosten haben, weil sie sich in-
tensiver um ihre kranken Versicherten kümmern und
dazu zum Beispiel ein flächendeckendes Geschäftsstel-
lennetz vorhalten. Eine 50 : 50-Aufteilung schafft deshalb
unserer Meinung nach die falschen Anreize. Für solche
Krankenkassen würde es unter diesen Bedingungen loh-
nend sein, Service und Betreuung für ihre Versicherten
einzuschränken und Geschäftsstellen zu schließen.


(Peter Friedrich [SPD]: Das wollen wir nicht!)


Das ist nicht im Sinne der SPD. Wir wollen, dass die
Krankenkassen einen Wettbewerb um die beste Versor-
gung führen und sich besonders um kranke Versicherte,
um wirkliche Patienten kümmern und keinen Wettbe-
werb führen, bei dem es nur darum geht, sich gegenseitig
die gesunden Versicherten abzujagen.


(Beifall bei der SPD)


Wir plädieren deshalb für eine stärkere Berücksichti-
gung der Morbidität bei den Verwaltungskosten. Das in
der Pflegeversicherung bewährte Verhältnis von 70 zu
30 ist nach unserer Meinung das richtige Maß.

Ich danke fürs Zuhören.


(Beifall bei der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616915800

Für die Unionsfraktion hat nun der Kollege Max

Straubinger das Wort.

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(C (D (Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein Hoch auf den Gesundheitsfonds aus Bayern! – Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Erklären Sie uns mal die Konvergenzklausel!)



Max Straubinger (CSU):
Rede ID: ID1616915900

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!

ine kleine Vorbemerkung, Frau Bender: Sie haben vor-
in versucht, darzulegen, dass man alles aufgrund der
ierteljährigen Finanzentwicklung der Krankenkassen
uf Insolvenz trimme. Sie sind doch lange genug ge-
undheitspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion
er Grünen, um zu wissen, dass die gesetzliche Kranken-
ersicherung im ersten Vierteljahr immer ein Defizit zu
erzeichnen hat, dass der erste Teil des Bundeszuschus-
es an die Krankenkassen Mitte des Jahres ausgezahlt
ird und dass die gesetzliche Krankenversicherung – zu-
indest während unserer Regierungszeit – am Ende des

ahres Überschüsse erzielt.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Das Ganze hat nichts mit der heute in erster Lesung
eratenen Insolvenzfähigkeit der Krankenkassen zu tun.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie hoch soll der Beitrag zum Gesundheitsfonds sein?)


rau Kollegin Reimann hat bereits dargelegt, dass es nur
m die rechtliche Gleichstellung aller gesetzlichen Kran-
enversicherungen geht. Das ist Ziel des Gesetzge-
ungsverfahrens.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisa-
ionsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung
eiten wir das letzte Gesetzgebungsverfahren im Rahmen
er Gesundheitsreform der Bundesregierung ein. Es ist
ichtig, auf wesentliche Bestandteile hinzuweisen.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt kommt die Konvergenzklausel!)


Die Frau Bundesministerin hat vorhin angekündigt,
ass zeitnah eine praktikable Konvergenzformel gefun-
en wird. Ich vertraue der Bundesministerin.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer zahlt?)


ch sage aber gerade im Namen der CSU sehr bestimmt:
ie Konvergenzklausel muss politisch so umgesetzt
erden, wie sie vereinbart wurde. Einzelne Bundeslän-
er dürfen nicht mit mehr als 100 Millionen Euro im
ahr zusätzlich belastet werden. Deshalb, Frau Bundes-
esundheitsministerin, wäre es natürlich gut, wenn dies
ehr schnell dargelegt würde, um damit manche Diskus-
ion sicherlich positiv zu beeinflussen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616916000

Kollege Straubinger, gestatten Sie eine Zwischen-

rage des Kollegen Bahr?






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Petra Pau

(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Er ist ganz scharf darauf!)



Max Straubinger (CSU):
Rede ID: ID1616916100

Natürlich.


Daniel Bahr (FDP):
Rede ID: ID1616916200

Herr Kollege Straubinger, vielleicht erinnern Sie sich

noch an die Sitzung des Gesundheitsausschusses in der
vorletzten Sitzungswoche, als wir Professor Wasem ein-
geladen hatten, der ein Gutachten über die Verteilungs-
wirkung durch den Fonds auf die Länder erstellt hat. Da-
bei sagte er auf meine Frage, dass man erst Ende des
Jahres, wahrscheinlich im Dezember, mit verlässlichen
Zahlen operieren und erst dann richtig berechnen kann,
wie sich die Fondsverteilung auf die Länder auswirkt. Ist
es eigentlich nicht sinnvoller, darauf zu warten, anstatt
schon vorher politische Entscheidungen zu treffen? Ha-
ben Sie nicht die Sorge, dass Sie hier möglicherweise
eine Entscheidung treffen, die Bayern viel härter trifft,
als Sie es erwartet hätten?


(Beifall bei der FDP)



Max Straubinger (CSU):
Rede ID: ID1616916300

Herr Kollege Bahr, ich vertraue voll darauf, dass sich

die Bundesregierung und die Bundesministerin nicht nur
auf angenommene Zahlen stützen. Herr Professor
Wasem hat hier ausdrücklich dargelegt, dass das Gutach-
ten auf Annahmen und nicht auf realen Grundlagen ba-
siert. Ich gehe davon aus, dass die Bundesregierung noch
bessere Grundlagen erarbeiten wird,


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Die erst Ende des Jahres kommen werden!)


um auf dieser Basis einen nachvollziehbaren Vorschlag
auch für die Umsetzung der Konvergenz machen zu kön-
nen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich glaube, es ist notwendig, dass Klarheit in der Aus-
gestaltung des Morbi-RSA geschaffen wird. Das ist mei-
nes Erachtens sehr wichtig, weil sich die Finanzströme
dementsprechend verändern werden.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616916400

Kollege Straubinger, gestatten Sie noch eine Zwi-

schenfrage, diesmal von der Kollegin Bender?


Max Straubinger (CSU):
Rede ID: ID1616916500

Oh je. Da kann ich natürlich nicht Nein sagen.


(Heiterkeit – Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Jetzt werde ich aber eifersüchtig!)



Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1616916600

Herr Kollege Straubinger, ich habe noch Informa-

tionsbedarf hinsichtlich der Konvergenzklausel. Können
Sie uns denn sagen, wer den Ausgleich, der für Bayern
und Baden-Württemberg geschaffen werden soll, bezah-
len soll? Sollen das die anderen Länder sein, oder soll
der Betrag von dem Steuerzahler oder der Steuerzahlerin

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(C (D ommen? An welche Beträge denken Sie, und wie sollen iese aufgebracht werden? Ich warte zuerst auf den guten Vorschlag der Bundes esundheitsministerin. (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Zahlt die das aus der Portokasse?)

Max Straubinger (CSU):
Rede ID: ID1616916700

ann werden wir dies auf alle Fälle – möglicherweise in
iner strittigen Diskussion – zu einem guten Ziel führen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich glaube, dass es wichtig ist, auch beim morbiditäts-
rientierten Risikostrukturausgleich Klarheit zu schaffen
nd auch der Fachöffentlichkeit, die dies begleitet, die
uswirkungen darzulegen.

Für uns ist noch ein zweiter Punkt wichtig – die Frau
undesgesundheitsministerin hat das kurz anklingen las-

en –: Es geht natürlich auch um die Bezahlung der Leis-
ungserbringer. Leistungserbringer sind die Ärzte. Wir
aben eine neue Honorarordnung. Es gibt im Zusam-
enhang mit dieser neuen Honorarordnung Befürchtun-

en, dass unter Umständen Abflüsse aus Ländern erfol-
en werden. Dies muss auf alle Fälle so gestaltet werden,
ass alle Ärzte in Deutschland gleichmäßig betroffen
ind. Die Frau Bundesgesundheitsministerin hat am
1. Mai 2008 in Ulm die berechtigte Forderung der
rzte nach einer Honorarsteigerung zur Kenntnis ge-
ommen und zumindest in Aussicht gestellt, dass
,5 Milliarden Euro mehr für das Honorar der Ärzte be-
eitgestellt werden sollen. Dies muss entsprechend un-
ermauert werden und durch Gesetz oder anderweitig er-
olgen, sodass sichtbar wird, dass die Honorare der
rztinnen und Ärzte steigen werden. Das ist meines Er-

chtens sehr wichtig.

Derzeit gibt es in den einzelnen Bundesländern unter-
chiedliche Honorierungen. Es kann aber nicht angehen,
ass die Honorare nur bei einigen Leistungserbringern
tark angehoben werden. Auch dort, wo die Honorierung
ufgrund der Entwicklungen der vergangenen Jahre und
ahrzehnte derzeit besser gestaltet ist, müssen die Leis-
ungserbringer an einem Einkommensfortschritt teilha-
en. Im Bereich der Ärzteschaft wird immer sehr deut-
ich formuliert – und ich sage das ganz bewusst; das ist
uch für uns ganz wichtig –, dass eine Klarstellung in
87 SGB V notwendig ist. Auch meines Erachtens hat

ine gesetzliche Umsetzung zu erfolgen.

Ein zweiter Gesichtspunkt, der sicherlich für uns mit
ntscheidend ist, ist, dass der Stärkung des Verhand-
ungsmandats für eine große Gruppe von Hausärzten
tattgegeben wird und dementsprechend neue Formen
efunden werden.

In diesem Sinne nehmen wir die Beratungen auf. Si-
herlich werden auch noch manch andere Themen zu
iskutieren sein, beispielsweise die Ein-Prozent-Rege-
ung, die wichtig ist, um die Finanzausstattung der Kran-
enkassen auch zukünftig sicherzustellen.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.






(A) )



(B) )


Max Straubinger

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Man merkt: In Bayern ist Wahlkampf! Zum Gesetzentwurf haben Sie nichts gesagt!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616916800

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
wurfs auf Drucksache 16/9559 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. – Gibt es
dazu anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall.
Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 10 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Wolfgang
Nešković, Ulla Jelpke, Sevim Dağdelen, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Einführung eines verpflichtenden Lobbyisten-
registers

– Drucksache 16/8453 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die
Fraktion Die Linke fünf Minuten Redezeit erhalten soll. –
Ich höre keinen Widerspruch, dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
Wolfgang Nešković für die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1616916900

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten

Kolleginnen und Kollegen! In den 70er-Jahren des vor-
letzten Jahrhunderts brannte das Weiße Haus. Der dama-
lige amerikanische Präsident zog in ein Hotel um. Dort
lebte er sicherlich weiter komfortabel, aber immer weni-
ger abgeschirmt von Besuchern. In der Lobby des Hotels
erwarteten ihn nun täglich zahllose Interessenvertreter,
um ihn energisch zu für sie günstigen Entscheidungen zu
drängen. Der Begriff des Lobbyismus war geboren und
beschäftigt seitdem eine kritische Öffentlichkeit.

Heute muss kein Interessenvertreter aus Wirtschaft
oder Gesellschaft auf einen Brand im Regierungsviertel
hoffen. Ein riesiger Dienstleistungsbetrieb arbeitet zwi-
schenzeitlich mit gewaltigen materiellen und personellen
Ressourcen, um die Politik zu gewünschten Entschei-
dungen „hinzuberaten“. Mittlerweile beschränken sich
Lobbyisten nicht länger auf Beratung. Sie setzen ihre
Ratschläge innerhalb der Exekutive gleich selbst um. Zu
Recht rügte der Bundesrechnungshof, dass allein zwi-
schen 2004 und 2006 rund 100 Lobbyisten jährlich in
bundesdeutschen Ministerien arbeiteten. Bezahlt von der
Crème de la Crème der deutschen Wirtschaft betrieben
diese Leute Sacharbeit in ganz eigenem Interesse.

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(C (D Was dieser Einfluss auf die Demokratie für die Demoratie bedeutet, hat Ende 2005 ein namhafter Lobbyist uf den Punkt gebracht. Herr Dieter Schulze van Loon, räsident eines Dachverbandes von Lobbyund PR-Un ernehmen, hat in einem bemerkenswerten Aufsatz ierzu Folgendes ausgeführt: Einerseits bleibt festzuhalten, dass Lobbying den Einsatz großer Mengen an Ressourcen – vor allem Geld und Zeit – voraussetzt, wenn es erfolgreich sein will. Dies allein bedingt schon, dass nur entsprechend wohlhabende Unternehmen oder Organisationen Lobbying betreiben können, was zu einer Selektion der Interessen führt. Wer sich Lobbying nicht leisten kann, hat meist auch keine Lobby. Dieser Selektionsprozess ist aus demokratietheoretischer Sicht in der Tat bedenklich, … a hat Herr van Loon völlig recht. Aus allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und eheimer Wahl gehen Parlament und dann Regierung ervor. Dann werden aber nur noch zwei der fünf geannten Grundsätze gewahrt. Dann vergehen vier Jahre, n denen der gesellschaftliche Einfluss auf die Politik eder gleich noch allgemein noch sonderlich frei ist. Al erdings ist der Einfluss von Lobbyisten auf die Politik ft unmittelbar und nicht selten geheim. Wir haben Ihnen heute einen Antrag vorgelegt, mit em wir diesen Missständen begegnen wollen. Es üsste Ihnen bei Durchsicht des Antrags allerdings etas Überraschendes aufgefallen sein: Die Forderung ach einer Eindämmung von Lobbyismus steht dort icht im Vordergrund. Der Antrag kennt keine Kategoien von zu viel oder zu wenig Lobbyismus. In dem Anrag wird auch nicht zwischen bösem und gutem Lobbysmus unterschieden. In unserem Antrag wird diese ewertung einzig und allein dem dazu Berufenen über assen: dem Souverän, den Wählerinnen und Wählern. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Durch die Verabschiedung unseres Antrags würde al-
erdings dafür gesorgt, dass die Menschen erstmals über-
aupt in den Stand versetzt werden, Lobbyismus sach-
ich zu bewerten. Warum es genau darauf ankommt,
rläutert Ihnen Herr van Loon in seinem Aufsatz – ich
itiere –:

Bedenklich ist auch die meist fehlende Transparenz

von Lobbying –.

Entscheidungsprozesse und insbesondere ihr Er-
gebnis sind für den Bürger nicht mehr nachzuvoll-
ziehen und führen zu einem sinkenden Vertrauen in
Politik und Politiker. Dieses Misstrauen wird noch
verstärkt durch die publik gewordenen Fälle von
Vorteilsnahmen durch Politiker, …

Durch unseren Antrag wird die völlige Öffentlichma-
hung jeder Lobbyarbeit auf Bundesebene bezweckt.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])







(A) )



(B) )


Wolfgang NeškoviæWolfgang Nešković
Wenn Sie diesen Antrag annehmen, dann haben Lobby-
isten die sanktionsbewehrte Pflicht, sich in ein Internet-
register einzutragen. Dann sind in diesem Register die fi-
nanziellen Aufwendungen der Lobbyarbeit und ihre
Nutznießer offenzulegen. Dann sind Lobbyisten, die an
Regierungsstellen ausgeliehen werden, im Register na-
mentlich einzutragen. Dann erhielten die Bürgerinnen
und Bürger schließlich zu jeder einzelnen parlamentari-
schen Initiative Auskunft über die Beteiligung von Lob-
byisten an ebendieser Initiative.

Wenn Sie unseren Antrag annehmen, dann ermögli-
chen Sie erstmals eine informierte, gesellschaftliche
Debatte zu Nutzen und Schaden von Lobbyarbeit. Dann
bedürfte es auch nicht der Intervention des Bundesrech-
nungshofes. Dann könnte ein öffentlicher Diskurs dafür
sorgen, dass Lobbyismus dort verschwindet, wo er der
Allgemeinheit schadet. Ein informierter Diskurs könnte
zugleich dafür sorgen, dass Lobbyismus erhalten bleibt,
wo er der Allgemeinheit nützt. Ein ernstes Demokratie-
defizit kann so durch die Demokratie selbst behoben
werden.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616917000

Für die Unionsfraktion hat nun der Kollege Dr. Ole

Schröder das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Ole Schröder (CDU):
Rede ID: ID1616917100

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Demo-

kratie beinhaltet die Möglichkeit eines jeden Bürgers,
seine Interessen zu vertreten. Das beginnt bei den Ge-
sprächen von uns Abgeordneten und auch der Kandida-
ten mit den Bürgern ihres Wahlkreises. Hier werden
nicht nur ganz persönliche Belange des Einzelnen be-
sprochen; vielmehr werden schon dort Anliegen einzel-
ner Berufsgruppen an einen Abgeordneten herangetra-
gen.

Das Vorbringen eigener Interessen vor Ort setzt sich
auf regionaler und Landesebene fort bis hin zur Bundes-
politik. Die Organisation dieser Interessenvertretungen
nimmt dabei einen wichtigen Teil ein. Dagegen gibt es
überhaupt nichts einzuwenden. Im Gegenteil: Interes-
senvertretung ist ein Kernelement der demokratischen
Idee.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Jörg van Essen [FDP])


Es ist für den demokratischen Prozess allerdings ent-
scheidend, dass die Abläufe durchschaubar und dass
Entscheidungen nachvollziehbar, das heißt transparent
sind.


(Beifall bei der LINKEN)


Das parlamentarische Verfahren ist dabei nicht das vor-
wiegende Problem. Hier ist – unter anderem durch die

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(C (D ffentlichen Anhörungen, durch die öffentlichen Debaten und Anträge – für Transparenz gesorgt. Systembedingt gibt es geringe Transparenz vor allem ort, wo die öffentliche Debatte fehlt: in den Ministeien. Genau dort werden heute aber die meisten Gesetzntwürfe geschrieben. Die Exekutive ist deshalb natürich auch die Hauptanlaufstelle für Lobbyisten aller ouleur. Es ist problematisch, wenn zum Beispiel im esundheitsministerium Mitarbeiter von Krankenkassen n der Formulierung von Gesetzen mitwirken, von deen die Krankenkassen unmittelbar profitieren, auch enn es sich dabei nicht um Lobbyismus im klassischen inne handelt. Darüber, dass dagegen etwas unternomen werden muss, sind wir uns hier im Hause alle einig. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie des Abg. Jörg van Essen [FDP])


Der Haushaltsausschuss des Bundestages hat hierzu
inen deutlichen Beschluss gefasst. Er fordert die Bun-
esregierung auf, klare Verbotsbereiche für externe Per-
onen zu definieren. Das bedeutet zum Beispiel: kein
insatz von Externen bei der Formulierung von Geset-
esentwürfen, kein Einsatz in Leitungs- und Kontrollbe-
eichen, genaue Angaben zu Dauer, Tätigkeit und Ent-
ohnung der beschäftigten Personen.

Die Bundesregierung hat bereits reagiert und will
och vor der Sommerpause eine Verwaltungsvorschrift
it klaren Regelungen für externe Mitarbeiter erlassen.
amit machen wir einen wichtigen Schritt hin zu mehr
ransparenz.

Solche Regelungen sind wichtig. Eines muss man
ber auch deutlich machen: Viele Bereiche, über die die
olitik heute entscheidet, sind hochkomplex. Externer
achverstand ist deshalb gerade in vielen Detailfragen
on entscheidender Bedeutung. Andersherum wäre es
ogar verantwortungslos, in Detailfragen keinen exter-
en Sachverstand hinzuzuziehen. Wir wollen deshalb
as Kind nicht mit dem Bade ausschütten und nicht auf
xternen Rat verzichten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie des Abg. Jörg van Essen [FDP])


Sich für mehr Transparenz einzusetzen, ist ein richti-
es und wichtiges Anliegen. Der Antrag der Linkspartei
ird diesem sensiblen Thema allerdings nicht gerecht.


(Zuruf von der LINKEN: Warum?)


it Klassenkampfparolen bestückt, lässt er sich in die
mmer wiederkehrende uralte Leier von gierigen Groß-
apitalisten und bösen Großgrundbesitzern einreihen


(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


so steht es wirklich im Antrag –, die durch ihr Geld
influss auf die Politik erlangen. Es gehe beim Lobbyis-
us nur darum, heißt es, die gesellschaftlichen Macht-

erhältnisse zu verstetigen.


(Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Das ist die Systemfrage!)







(A) )



(B) )


Dr. Ole Schröder
Das ist wirklich absurd, verlogen und missachtet vor al-
lem den Gleichheitsgrundsatz.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Jörg van Essen [FDP])


Vertreter von Gewerkschaften und Sozialverbänden sind
genauso Lobbyisten wie Industrievertreter, wenn sie ih-
rer Lobbyarbeit nachgehen. Das ist für die Vertreter der
Linksfraktion offensichtlich nicht so.

Interessant finde ich, dass ausgerechnet Sie von den
Linken einen Antrag vorlegen, mit dem mehr Transpa-
renz und Offenheit gefordert wird. In Bereichen, die Sie
selbst betreffen, ist Ihnen Transparenz allerdings höchst
unangenehm.


(Widerspruch bei der LINKEN)


Zum Beispiel haben sich bisher insgesamt 141 Mit-
glieder des Bundestags freiwillig auf eine Stasimitglied-
schaft überprüfen lassen. In Ihrer Fraktion war es bisher
eine einzige Person.


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Hört! Hört! Das tut weh!)


Ihr Fraktionsvorsitzender versucht gerichtlich, jegliche
Transparenz zu verhindern, wenn es um seine eigene
Verstrickung innerhalb der Stasi geht. Dass Sie dann ei-
nen Antrag mit dem Ziel von mehr Transparenz vorle-
gen, ist schon einigermaßen verlogen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Wolfgang Nešković [DIE LINKE]: Zu jedem Thema immer nur das! Da können Sie eine Schallplatte auflegen!)


Transparenz ist in einer Demokratie grundsätzlich wich-
tig, aber nicht nur dort, wo es einem passt, sondern über-
all.

Es ist nicht nur das, was Ihren Antrag unglaubwürdig
macht. Es ist naiv, zu glauben, dass derjenige, der am
meisten Geld in Lobbyarbeit investiert, auch den meis-
ten Einfluss hat.


(Wolfgang Nešković [DIE LINKE]: Lesen Sie mal das Buch Der gekaufte Staat!)


Wir wissen doch, dass es etwas anderes ist, besonders
auch bei uns Abgeordneten, was Einfluss von außen si-
chert.


(Wolfgang Nešković [DIE LINKE]: Ich bring demnächst einen Antrag zur Abgeordnetenbestechung ein!)


Eine viel wichtigere Rolle spielen persönliche Bindun-
gen und Beziehungen. Selbstverständlich haben zum
Beispiel die Gewerkschaften Einfluss auf Ihre Fraktion.


(Zuruf von der LINKEN: Da stimmen wir auch zu!)


Ich will das auch gar nicht kritisieren. Es ist das gute
Recht eines Gewerkschaftssekretärs, Mitglied des Deut-
schen Bundestags zu werden. Es ist aber auch das gute
Recht eines Geschäftsführers eines Industrieverbandes,
Mitglied des Deutschen Bundestags zu werden.

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(C (D (Wolfgang Nešković [DIE LINKE]: Es gibt keinen guten und schlechten Lobbyismus! Sie haben nicht zugehört!)


ir alle wissen, dass solche persönlichen Bindungen
tärkeren Einfluss haben als ein großes und pompöses
arlamentarisches Sommerfest, allein schon deshalb,
eil die Informationswege kürzer sind. Aber persönliche
indungen und Gespräche im Privaten kann und soll
an eben nicht kontrollieren; denn eine Art Staatssicher-

eit, die erfasst, wer sich wo mit wem trifft, wollen wir
och wirklich nicht.


(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Die Linke schon!)


Meine Damen und Herren, dabei zeigt sich auch noch
ine andere Schwierigkeit. Wer gilt denn im eigentlichen
inne als Lobbyist? Ist jede organisierte Interessenver-

retung Lobbyismus?

Was ist zum Beispiel mit dem Phänomen der Massen-
chreiben, die wir alle bekommen? Wenn beispielsweise
in Bürger Massenschreiben organisiert und dafür sorgt,
ass auch andere dieses Massenschreiben an uns senden,
st das Lobbyismus? Muss sich ein solcher Bürger in das
obbyistenregister eintragen?

Was ist zum Beispiel mit einem Handwerksvertreter,
er sich an einen Abgeordneten wendet


(Wolfgang Nešković [DIE LINKE]: Da steht etwas von Wiederkehren!)


nd wiederholt ganz explizit seine Interessen und auch
ie Interessen seiner Berufskollegen gegenüber einem
bgeordneten vertritt?

Wir alle bekommen Schreiben von Rechtsanwälten,
ie von ihren Erfahrungen berichten. Was ist zum Bei-
piel mit einem Fachanwalt für Familienrecht, der ganz
xplizit Stellung nimmt, wie sich Gesetze auf konkrete
älle in seiner Praxis auswirken.


(Jörg van Essen [FDP]: Jetzt meinen Sie hoffentlich nicht den aus der Anhörung von gestern!)


uss sich ein solcher Anwalt für Familienrecht, der auf
ine fragwürdige Gesetzesvorschrift hinweist und des-
alb für eine ganz bestimmte Klientel aus seiner Praxis
twas erreichen will, in das Lobbyistenregister eintra-
en?

Das alles sind Fragen, die schwierig zu beantworten
ind. Somit ist eine verpflichtende Registratur sicherlich
icht das richtige Mittel. Auf den zusätzlichen Bürokra-
ieaufwand möchte ich gar nicht weiter eingehen. Sie
rauchen ja Personen, die das Register verwalten, die
anktionen feststellen usw.

Meine Damen und Herren von der Linken, wir haben
ereits ein Register – das ist Ihnen vielleicht entgangen –,
n das sich Lobbyisten auf freiwilliger Basis eintragen
önnen.


(Wolfgang Nešković [DIE LINKE]: Das ist mir nicht entgangen! Das steht drin!)







(A) )



(B) )


Dr. Ole Schröder
Wenn Verbände zu Anhörungen eingeladen werden wol-
len, müssen sie dort sogar eingetragen sein. Wer ein pro-
fessioneller und seriöser Lobbyist ist, der wird dies auch
tun. Ob wir durch ein solches Register die anderen von
unseriösen Praktiken abhalten, wage ich zu bezweifeln.

Im Übrigen: Wenn Sie ein solches Register für so
dringend notwendig halten und das bis auf die kommu-
nale Ebene, dann frage ich mich, warum Sie in Berlin,
wo Sie ja mitregieren und wo es meines Erachtens ein
solches Register, selbst ein freiwilliges Register, nicht
gibt, nicht eine einzige parlamentarische Initiative in
diese Richtung gestartet haben.


(Wolfgang Nešković [DIE LINKE]: Warten Sie ab! – Bernhard Kaster [CDU/CSU]: Typisch!)


Wenn Ihnen dieses ein solches Anliegen ist, dann sollten
Sie wenigstens da, wo Sie an der Regierung sind, damit
anfangen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Das sitzt jetzt aber!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616917200

Kollege Schröder, achten Sie bitte auf die Zeit.


(Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Der Mann macht sehr gute Ausführungen! Da kann man gar nicht lange genug zuhören!)



Dr. Ole Schröder (CDU):
Rede ID: ID1616917300

Ich komme zum Schluss. – Interessenvertretung ist in

einer Demokratie existenziell. Transparenz und Regeln
sind dabei unabdingbar, um Unabhängigkeit zu bewah-
ren. Es ist deshalb richtig, dass wir dieses Thema auf die
Tagesordnung gesetzt haben, uns mit ihm beschäftigen
und in den Ausschüssen diskutieren. Der Antrag der Lin-
ken wird diesem sensiblen Thema allerdings nicht ge-
recht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der LINKEN: Ihre Rede auch nicht!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616917400

Für die FDP-Fraktion hat nun der Kollege Jörg van

Essen das Wort.


(Beifall bei der FDP)



Jörg van Essen (FDP):
Rede ID: ID1616917500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Es gibt eine Rüstungslobby. Es gibt eine Atomlobby. Es
gibt eine Raucherlobby, eine Autolobby, eine Industrie-
lobby. Aber haben Sie schon einmal die Begriffe Ge-
werkschaftslobby oder Umweltlobby gehört? Das Ganze
zeigt doch, dass mit dieser Bezeichnung ganz offensicht-
lich ein Makel verbunden werden soll. Diese Absicht be-
stimmt die Diskussion bei vielen Themen, die wir hier
behandeln.

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(C (D So wie es ganz selbstverständlich ist, dass Gewerkchaftsfunktionäre hier die Interessen der Arbeitnehmer ertreten, so selbstverständlich wird immer wieder, enn jemand seine praktischen Erfahrungen als Unterehmer einbringt, hinterfragt, ob er damit nicht einseitig nteressen im Deutschen Bundestag vertritt. Für uns Liberale ist die Antwort völlig klar und eineutig: Jeder Abgeordnete ist selbstverständlich Interesenvertreter. Er wird von den Bürgern seines Wahlkreies hier hingeschickt, um deren Interessen zu vertreten. nteressenvertretung ist also überhaupt nichts Negatives, ondern ganz selbstverständlich mit Parlamentarismus erbunden. Deshalb lasse ich es auch nicht zu, dass bestimmte Ineressen mit dem Makel „Lobby“ verbunden werden, um amit deutlich zu machen, dass das eigentlich Interessen ind, die es nicht wert sind, im Parlament vertreten zu erden. elbstverständlich darf die Industrie ihre Interessen verreten, (Wolfgang Nešković [DIE LINKE]: Das habe ich doch gerade gesagt!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Beifall des Abg. Ernst Burgbacher [FDP])


o wie es selbstverständlich ist, dass auch die Gewerk-
chaften das tun dürfen. Herr Nešković, Ihr Antrag – da-
auf hat der Kollege Schröder zu Recht hingewiesen –
tmet doch mit jedem Satz, den Sie geschrieben haben,
en schlechten Geruch des Klassenkampfes.


(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD – Ernst Burgbacher [FDP]: Gute Formulierung!)


enau davon ist dieser Antrag geprägt.

Ich bin ganz sicher, dass es mir da genauso wie vielen
ollegen hier geht: Ich bin dankbar, dass verschiedene
ruppierungen sich melden und mich auf Dinge, die aus

hrer Sicht problematisch sind, aufmerksam machen. Ich
abe immer wieder erlebt, dass mich das nicht überzeugt
at; aber ich konnte mich damit auseinandersetzen. Ich
onnte aber auch Anregungen aufnehmen, die mir einge-
euchtet haben, die ich vernünftig gefunden habe. Das
ehört doch gerade zum parlamentarischen Prozess mit
azu. Deshalb sollten wir durch die Einführung eines
egisters nicht den Eindruck erwecken, dass das, was in
em Zusammenhang getan wird, nämlich Abgeordnete
u beraten, etwas Negatives ist.

Allerdings – das sehe ich genauso wie der Kollege
chröder – haben wir ganz offensichtlich in der letzten
eit eine Fehlentwicklung gehabt, die so nicht zu akzep-
eren ist. In einigen Ministerien waren offenbar Vertreter
on Interessenverbänden ganz unmittelbar an der Gesetz-
ebung beteiligt. Dass sie Hinweise für die Gesetzge-
ung geben, ist klar und selbstverständlich. Aber dass sie
nmittelbar an der Formulierung beteiligt waren, ist et-
as, was aus meiner Sicht so nicht hingenommen wer-
en kann. Die Bundesregierung hat auch notwendiger-






(A) )



(B) )


Jörg van Essen
weise darauf reagiert. Ich bin dafür dankbar. Wir werden
prüfen, ob das ausreichend ist; aber es war dringend not-
wendig.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Im Übrigen – auch das sage ich Ihnen, Herr Nešković –:
Viele der Begründungen, die Sie vorgetragen haben, tra-
gen doch nicht. Ihnen wird es wahrscheinlich genauso
gehen wie mir. Es gibt Bürger, die sich in regelmäßigen
Abständen melden und ihre Anregungen vortragen. Da-
runter sind auch Ehrenamtler, die die Interessen ihres je-
weiligen Verbandes vor Ort vortragen. Da steht in Ihrer
Begründung: Wenn sich jemand als Bürger an Abgeord-
nete wendet, soll er nicht in das Lobbyregister, weil er
nicht ehrenamtlich tätig ist. Das entspricht doch über-
haupt nicht der Wirklichkeit. Auch deswegen ist Ihr An-
trag kein Schritt nach vorne. Die FDP-Bundestagsfrak-
tion lehnt deshalb den Antrag der Linken ab.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616917600

Für die SPD-Fraktion spricht nun der Kollege Peter

Friedrich.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Peter Friedrich (SPD):
Rede ID: ID1616917700

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!

Die SPD-Fraktion hatte Anfang des Jahres Günter Grass
zu Gast. Er hat eine Rede gehalten und unter anderem
gesagt, dass der Lobbyismus inzwischen die größte Ge-
fahr für das Ansehen der Demokratie darstelle. Jetzt
muss man diese Ansicht nicht per se teilen. Aber man
muss doch erhebliche Zweifel daran anmelden, wie Lob-
byarbeit in Deutschland stattfindet und funktioniert, und
man kann nicht darüber hinwegsehen, dass die Legitimi-
tät des Gesetzgebers durch die Art der Lobbyarbeit in
der Praxis untergraben wird.

Deswegen haben wir eine gemeinsame Verpflichtung,
bei diesem Thema voranzukommen. Da nützt es aus
meiner Sicht herzlich wenig, wenn wir darin verharren,
uns gegenseitig Splitter in den Augen zu diagnostizieren.

Ich glaube, alle Fraktionen in diesem Hause sind sich
einig, dass es legitim ist, Gespräche zu führen und Inte-
ressen zu vertreten. Das ist in einer Demokratie nicht nur
legitim, sondern lebensnotwendig. Es ist so lange be-
rechtigt, wie kein unzulässiger Einfluss ausgeübt wird.
Wir sind darauf angewiesen, bei der Formulierung von
Gesetzen die Anliegen betroffener Gruppen einzuholen
und anzuhören. Notwendig ist aber auch – da gebe ich
dem Sinn des Antrages durchaus recht –, dass die Quali-
tät und die Stichhaltigkeit von Argumenten nicht davon
abhängig sein darf, wie viel finanzielle Macht hinter
dem einzelnen Argument gesammelt wird. Deswegen
glaube ich, dass wir in der Tat in diesem Bereich besser
werden müssen.

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(C (D Ich verstehe allerdings in Ihrer Argumentation nicht o ganz, warum Sie die Bundesregierung beauftragen ollen, einen Gesetzentwurf vorzulegen. (Jörg van Essen [FDP]: Ja, das muss man schon selbst tun!)


hrlich gesagt ist das ein Kernbestandteil des Parlamen-
arismus, um den es hier geht. Deswegen ist es Aufgabe
ieses Parlaments, zu einer Lösung zu finden, selbst Lö-
ungen zu entwickeln, statt die Bundesregierung zu be-
uftragen, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der regelt,
ie Parlamentarismus und Interessenvertretung gegen-
ber dem Parlament stattzufinden haben.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


Parlamentarische Willensbildung ist Sache des Parla-
ents selbst und nicht Sache der Regierung. Natürlich

ibt es bestimmte Aspekte, was das Regierungshandeln
etrifft. Dazu wird mein Kollege Lange noch etwas sa-
en.

Herr Schröder, Sie haben die Verbändeliste erwähnt,
ie es seit 1972 gibt. Darin werden aber nur die Ver-
ände geführt. Wir bekommen keinerlei Auskunft da-
über, wie diese Verbände ihre Mittel beziehen und was
ie eigentlich machen. Natürlich wundern wir uns über
estimmte Beispiele aus der täglichen Praxis. Wenn ich
it einem Verband zu tun habe, der sich beispielsweise
atientenverband nennt, dann möchte ich wissen, ob es
ich tatsächlich um einen Patientenverband oder um eine
orfeldorganisation der Pharmaindustrie handelt. Wir
lle kennen solche Beispiele aus der Praxis.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN)


ie SPD-Fraktion möchte das Verbänderegister um die
ngabe erweitern, welche Mittel die Verbände erhalten.

Die Verbändeliste wird zwar geführt. Aber seit 1979
ibt es einen Auslegungsbeschluss, durch den der Sinn
er Liste praktisch ausgehebelt wird. Ich habe mir ein-
al eine Aufstellung aller Verbände machen lassen, die

llein in dieser Legislaturperiode zu Anhörungen des
usschusses, in dem ich Mitglied bin – das ist der Aus-

chuss für Gesundheit –, eingeladen worden sind und die
icht auf der Liste stehen. Diese Aufstellung umfasst
rei Seiten. Diese Liste ist momentan, so sehr sie gelobt
urde – damals war Deutschland Vorreiter in dieser An-
elegenheit –, leider nicht das wert, was wir uns wün-
chen.

Wir möchten wissen: Wie finanzieren sich Verbände?
oher nehmen sie ihre Mittel? Wer beauftragt sie für
elchen Zweck? Wir können das innerhalb der Ge-

chäftsordnung regeln. Die SPD-Fraktion wird dazu ei-
en eigenen Vorschlag auf den Tisch legen. Wir haben
ereits einen entsprechenden Beschluss gefasst und wer-
en darüber in der Koalition sprechen. Für eine Rege-
ung brauchen wir aber kein Gesetz; wir können unsere
eschäftsordnung entsprechend ändern und die Bundes-

egierung anhalten, ebenso zu verfahren. Ich wäre froh,
enn wir gemeinsam daran arbeiten würden. Denn es
ürde zur Stärkung der Glaubwürdigkeit des Parlaments

nsgesamt beitragen. Es ist nicht die Aufgabe einzelner.


(Beifall bei der SPD)







(A) )



(B) )


Peter Friedrich
Ich kann dem Vorschlag, ein Lobbyistenregister ein-
zuführen, durchaus einiges abgewinnen. In Brüssel ge-
schieht genau dies unter Mitwirkung aller Beteiligten.


(Dr. Ole Schröder [CDU/CSU]: Aber freiwillig!)


Ich habe aber erhebliche Zweifel daran, ob das in der
Weise möglich ist, wie es die Linkspartei beschreibt. Für
mich ist der Begriff „Erfassung von Lobbyisten“ schwie-
rig zu verstehen. Dazu wurde eben schon etwas gesagt.
Es ist auch problematisch, diesen Begriff auf die Kom-
munen herunterzubrechen. Ist der stellvertretende Vorsit-
zende eines Fußballvereins schon ein Lobbyist, wenn er
mit seinem Gemeinderat nach einem Spiel darüber reden
möchte, ob es einen neuen Platz gibt oder nicht. Ihn als
Lobbyist zu führen, scheint mir wenig lebensnah zu sein.
Wir dürfen an dieser Stelle Politik nicht von den Men-
schen dadurch entfremden, dass wir sie transparent ma-
chen wollen. Das macht aus meiner Sicht keinen Sinn.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Was können wir schnell tun? Wir können unsere Ge-
schäftsordnung so ändern, dass offengelegt wird, wer
mit uns spricht und warum er mit uns spricht. Das sollten
wir tun. Dann kommen wir gemeinsam voran.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616917800

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun der

Kollege Volker Beck das Wort.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1616917900

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir Ab-

geordnete sind gewählt, um die in unserer Gesellschaft
unterschiedlichen Interessen im Parlament in einen nach
unserem Verständnis sinnvollen Ausgleich zu bringen
und alle berechtigten Interessen zum Tragen kommen zu
lassen. Deswegen sollten wir Interessenwahrnehmung
und Lobbyismus nicht per se als Unworte in dieser De-
batte gebrauchen. Es gehört zur Demokratie dazu, dass
die Zivilgesellschaft auf ihre gewählten Körperschaften
versucht Einfluss zu nehmen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Paul Lehrieder [CDU/CSU] – Jörg van Essen [FDP]: Genauso ist es!)


Wenn das offen, transparent und fair abläuft, ist dagegen
überhaupt nichts zu sagen. Das muss man angesichts Ih-
res Redebeitrags zu Beginn der Debatte schon einmal
festhalten.


(Wolfgang Nešković [DIE LINKE]: Wiederholen!)


Die Demokratie nimmt insgesamt Schaden, wenn der
Eindruck entsteht, es würden mit Geld bestimmte Inte-
ressen im politischen Meinungsstreit verstärkt und es
würde illegitimerweise auf Entscheidungen des Gesetz-
gebers oder der Exekutive Einfluss genommen. Deshalb

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(C (D inde ich es wichtig, dass wir Parlamentarier überlegen, o wir durch mehr Transparenz dafür sorgen können, ass die politischen Entscheidungen nachvollziehbarer erden und dass es schwieriger wird, auf illegitime eise auf die Gesetzgebungsorgane und auf die Exeku ive Einfluss zu nehmen. Wir haben das unter Rot-Grün ei den Abgeordneten mit der viel gescholtenen Regeung zur Transparenz bei den Nebentätigkeiten begonen. (Jörg van Essen [FDP]: Zu Recht viel gescholtenen!)


ir haben der Regierung bei den externen Mitarbeiterin-
en und Mitarbeitern Dampf gemacht; denn wir haben
esagt: Wir wollen unsere Verwaltung zwar nicht gegen
xternen Sachverstand abschotten; aber das muss trans-
arent erfolgen und in einer Art und Weise geschehen,
ass keine illegitime Einflussnahme auf exekutives Han-
eln möglich ist, wie es in der Vergangenheit geschehen
st, als Industriemitarbeiter Genehmigungsverfahren
urchgeführt und Gesetzentwürfe formuliert haben. Kei-
er derjenigen hier im Hause, die damit zu tun hatten,
at dies gewusst und konnte dadurch die fremden Inte-
essen ausmachen, sie hinterfragen und womöglich poli-
isch korrigieren.

Wir brauchen etwas, was die Europäische Union
ängst hat: Wir brauchen eine Karenzzeit für ausgeschie-
ene Regierungsmitglieder. Man hat auf EU-Ebene eine
olche Karenzzeit damals wegen Herrn Bangemann ein-
eführt, der zu einem Telekommunikationsunternehmen
ewechselt ist. Ich erinnere nur an Schröder, Clement
nd andere.


(Jörg van Essen [FDP]: Es soll auch Grüne geben, die in einem Industrieunternehmen sind! – Ernst Burgbacher [FDP]: Sie haben Rezzo Schlauch vergessen!)


s täte der Bundesregierung gut – nicht nur dieser, son-
ern auch der Vorgängerregierung –, wenn man inner-
alb eines bestimmten Zeitraums nicht ohne Genehmi-
ung der Regierung in die Wirtschaft gehen könnte und
omöglich eine Dividende in dem Bereich einstreicht,

n dem man vorher im Rahmen der Exekutive Verant-
ortung innegehabt hat.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jörg van Essen [FDP]: Ich habe extra die Tabaklobby genannt!)


Da war die Karenzzeit sicher erfüllt; denn die beträgt
n Brüssel ein Jahr. Wir können gerne eine längere vorse-
en. Aber wir wollen nicht, dass jemand, der einmal
itglied der Regierung oder des Parlaments war, in Zu-

unft arbeitslos sein muss. Wir müssen vielmehr sehen,
ass es keine Interessenkollisionen gibt. Darauf kommt
s an.

Jetzt zu Ihrem Antrag, Herr Nešković. Ich halte ein
obbyistenregister für grundsätzlich überlegenswert.
ir müssen darüber nachdenken, ob wir da mehr ma-

hen können; denn das, was wir haben, gibt bestenfalls
uskunft über die Adresse des Verbandes, aber über

onst nichts. Ich würde zum Beispiel gerne wissen, wo-






(A) )



(B) )


Volker Beck (Köln)

her der Bund der Steuerzahler Deutschland sein Geld hat
und welche Einnahmestruktur sich dahinter verbirgt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Jörg van Essen [FDP]: Ich würde gerne das Gehalt des Präsidenten wissen!)


Das würde mich wirklich interessieren. Mich würde das
auch bei anderen Verbänden interessieren. Es schadet ja
nichts, wenn die Einnahmen hoch sind, wenn es mit
rechten Dingen zugeht und nachvollziehbar ist und nicht
illegitim ist. Man kann das alles ja auf den Tisch legen.
Wenn das für alle gilt, dann wird sich die öffentliche De-
batte auch schnell beruhigen.

Aber was machen Sie hier? Sie sind Jurist, Herr
Nešković. Sie wollen eine sanktionsbewehrte Pflicht
einführen, sich in ein Lobbyistenregister einzutragen,
wenn man sich ehrenamtlich wiederkehrend, also min-
destens zweimal, an Abgeordnete oder die Regierung
gewandt hat. Wenn man es gar berufsmäßig tut, reicht
auch einmal. Woher nehmen Sie das Recht auf Sanktio-
nen? Das sind doch Grundrechtseingriffe. Sie verlangen
von den Leuten, dass sie sich eintragen. Wenn sie es
nicht tun, bekommen sie eine Ordnungsstrafe oder wo-
möglich eine Geldstrafe. Was haben Sie sich dabei ge-
dacht? Woher nehmen Sie die verfassungsrechtliche
Grundlage für diesen Grundrechtseingriff?


(Wolfgang Nešković [DIE LINKE]: Ich erkläre Ihnen das gerne!)


– Ich hatte eigentlich gehofft, dass Sie dies in Ihrer Rede
erklären. Sie hatten ja vorhin die Chance dazu. Sie haben
nichts dazu gesagt, woher die Rechtsgrundlage für so et-
was kommen soll.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616918000

Kollege Beck, achten Sie bitte auf die Zeit.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1616918100

Das tue ich und komme auch gleich zum Ende.

Sie wollen jemanden beauftragen, eigenständige Prü-
fungen durchzuführen. Der darf dann in die Vereinsge-
schäftsstellen und in die Unternehmen gehen und Detek-
tiv spielen? Auf welcher Rechtsgrundlage? Woher soll
diese Befugnis kommen, bei einem Bürger bzw. in der
Zivilgesellschaft Dinge auszuforschen? Die gibt es so
nicht.

Ich meine, wir sollten für ein gutes Lobbyistenregister
sorgen, wobei wir bestimmte Fragen stellen können.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616918200

Kollege Beck, jetzt geht es nicht mehr um das Ach-

ten, sondern um den Schluss.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1616918300

Ich bin bei meinem letzten Satz. – Das sagt etwas

über die Qualität der Verbände aus. Diejenigen, die sich
eintragen, sind besonders vertrauenswürdig. Aber mit
Sanktionen, so glaube ich, kommen wir nicht weiter.
Deshalb sieht man auf europäischer Ebene Freiwilligkeit
vor; denn mit Zwang wird es wohl nicht gehen.

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(C (D Für die SPD-Fraktion hat nun der Kollege Christian ange das Wort. Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und erren! Am Ende der Debatte können wir eines festhalen: Interessenvertretung nicht dämonisieren, sondern ransparent gestalten – das muss das Motto sein. Ich will ausdrücklich einen Bereich herausgreifen, der n den vergangenen Wochen immer wieder ein Gechmäckle, wie wir Schwaben sagen, hatte, nämlich den er externen Personen in der Bundesverwaltung. Wir bgeordnete sind unabhängig und nur dem Gewissen nterworfen; so steht es im Grundgesetz. Wir sind auf er einen Seite sehr wohl Interessenvertreter; das will ch ausdrücklich zugestehen. Ich verstehe mich zuminest für meinen Wahlkreis so. Wir sind aber auf eine erwaltung, auf eine Exekutive angewiesen, die auschließlich Recht und Gesetz verpflichtet ist. Deshalb ist ie Frage, wie es bei der Bundesverwaltung mit externen ersonen aussieht, eine entscheidende. Um die Dimensionen richtig zu würdigen und der Däonisierung entgegenzutreten, will ich sagen, dass nach einen Recherchen rund 100 externe Mitarbeiter pro ahr in Bundesministerien tätig waren. Zum Vergleich: ir haben ungefähr 5 270 Planstellen für Beamtinnen nd Beamte des höheren Dienstes. Ich will den Einsatz xterner Personen nicht bagatellisieren, sondern die Diensionen deutlich machen. Von denen, die als Externe n der öffentlichen Verwaltung tätig sind, stammen nach einem Kenntnisstand ungefähr 33 Prozent aus nachge rdneten Behörden und Dienststellen, was sicher nieand beanstanden möchte. Circa 30 Prozent kommen us Verbänden, aus Interessenvertretungen, von Sozialersicherungsträgern oder gemeinnützigen Organisatioen. Ich sage das ganz bewusst – Stichwort: Gut und öse –, weil hier gerne auf die 16 Prozent, die aus der ewerblichen Wirtschaft stammen, Bezug genommen ird. Wenn wir über Interessenvertretung sprechen, müssen ir auch sagen – auch das gehört zur Wahrheit –, dass emeinnützige Organisationen Kompetenzen haben, die ir nutzen wollen, sie aber gleichwohl Interessenvertre er sind. Genauso gehört es zur Wahrheit, dass wir zum eispiel im Diplomatischen Dienst seit vielen Jahren imer wieder gerne die Kompetenz der Verbände nutzen. rinnern wir uns an die Sozialattachés, die aus dem Be eich der Gewerkschaften kommen, und an die Wirtchaftsattachés, die aus dem BDI kommen. Wir haben also eine Verflechtung. Ich sage dazu: Das st richtig, solange sie öffentlich und transparent ist; das üge ich ausdrücklich hinzu. Deshalb hat das Kabinett estern einen entsprechenden Beschluss gefasst. Ich will ier einige Dinge nennen, weil die geneigten Zuhörer Christian Lange daran interessiert sind, zu erfahren, was man konkret getan hat, um der Dämonisierung entgegenzutreten: Erstens. Der Einsatz externer Berater und Personen ist vorübergehend und nur zum Zweck des Personalaustauschs zwischen der Verwaltung und der Privatwirtschaft oder zur Nutzung spezifischen Fachinteresses zulässig. Zweitens. Personalmangel rechtfertigt einen Einsatz externer Personen nicht. Drittens. Die Dauer des Einsatzes ist im Regelfall auf sechs Monate beschränkt. Viertens. Das Gehalt der externen Personen kann bis zu sechs Monate, im Falle des Personalaustausches für die Dauer des Austausches, von der entsendenden Stelle getragen werden. Im Übrigen ist der entsendenden Stelle das Gehalt zu erstatten. Fünftens. Externe Personen dürfen grundsätzlich nicht in bestimmenden Funktionen eingesetzt werden. Das betrifft das Argument „Formulierung von Gesetzentwürfen“, was uns Abgeordnete interessiert. Es geht um Leitungsfunktionen und die Vergabe von öffentlichen Aufträgen; Stichwort: Filz. Sechstens. Der Einsatz muss transparent ausgestaltet sein, und der Status als externe Person muss grundsätzlich deutlich gemacht werden. Das heißt, als Gesetzgeber müssen wir wissen, mit wem wir im Ministerium sprechen, wenn wir unsere Gesetzentwürfe abstimmen. Wir müssen wissen, ob es sich um einen Beamten oder eine externe Person handelt. Siebtens. Das Bundesministerium des Innern berichtet dem Haushaltsausschuss regelmäßig und umfassend über die externen Berater. Herr van Essen, Ihr FDP-Kollege Brüderle hat dies gestern in einem Gespräch mit einer Agentur begrüßt. Er hat gesagt, das sei ein guter Entwurf. Er hat auch gesagt, dass er sich bezüglich der Veröffentlichung im Internet mehr vorstellen könne. Ich will das aufgreifen. Auch ich kann mir vorstellen, dass wir an dieser Stelle noch etwas drauflegen. Immerhin haben wir aber einen wichtigen Weg eingeschlagen. (Jörg van Essen [FDP]: Der erste Schritt ist getan!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616918400

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Christian Lange (SPD):
Rede ID: ID1616918500




(A) )


(B) )


Ich bin der Auffassung, dass wir dies erst einmal in der
Praxis ausprobieren sollten. Wir sollten feststellen, ob
der Haushaltsausschuss seiner Kontrollfunktion nach-
kommen kann. Wenn er das kann, ist das der richtige
Weg. Wenn er das nicht kann, werden wir uns hier si-
cherlich wieder zusammensetzen und uns einen besseren
Weg überlegen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf rucksache 16/8453 an die in der Tagesordnung aufge ührten Ausschüsse vorgeschlagen, wobei die Vorlage ederführend beim Ausschuss für Wahlprüfung, Immuniät und Geschäftsordnung beraten werden soll. Sind Sie amit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die berweisung so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 11 auf: Beratung der Unterrichtung durch den Wehrbeauftragten Jahresbericht 2007 – Drucksache 16/8200 – Überweisungsvorschlag: Verteidigungsausschuss Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich öre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Bevor ich die Aussprache eröffne, muss ich Sie über ine Nachricht, welche gerade außerhalb des Plenarsaals erbreitet wird, informieren: Heute Mittag ist ein Hubchrauber der EUFOR in der Nähe der Stadt Banja uka abgestürzt. Alle vier an Bord befindlichen Solda en, zwei davon Angehörige der Bundeswehr, sind dabei estorben. Ich spreche im Namen des gesamten Hauses en Angehörigen der getöteten Soldaten unser Beileid us. Ich eröffne nun die Aussprache zum Bericht des ehrbeauftragten. Das Wort hat der Wehrbeauftragte es Deutschen Bundestages, Reinhold Robbe. Reinhold Robbe, Wehrbeauftragter des Deutschen undestages: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten amen und Herren! Ausnahmsweise darf ich herzlich ie Soldatinnen und Soldaten begrüßen, die auf den Zuchauerbänken Platz genommen haben. Auch mir ist es ein aufrichtig gemeintes Anliegen, en Angehörigen der in Bosnien ums Leben gekommeen Soldaten mein aufrichtiges Beileid auszusprechen. uch dieser Unfall zeigt, dass selbst im Quasi-Friedensetrieb Dinge passieren können, die wir alle uns nicht orstellen mögen, die aber allgegenwärtig sind. Wir seen wieder einmal, mit welchen Risiken der Soldatenbeuf verbunden ist. Ich stehe noch sehr unter dem Eindruck meines geade beendeten Truppenbesuches in Afghanistan. Zehn age lang habe ich alle deutschen Einheiten und Einsatzrte besucht und mit Hunderten von Soldatinnen und oldaten sprechen können. Es verging kaum ein Tag, an em die Fahnen in unseren Feldlagern und bei den PRTs icht auf Halbmast gesetzt waren. Immer, wenn der Tod ines Soldaten der ISAF-Mission zu beklagen ist, wird n allen Einsatzstandorten und Stützpunkten des Gefalenen gedacht. Dies war auch bei meinem Truppenbeuch so, und zwar fast jeden Tag. Wehrbeauftragter Reinhold Robbe Das führt uns vor Augen, wie es nicht nur um die Sicherheits-, sondern auch um die Stimmungslage bei den deutschen Soldatinnen und Soldaten in Afghanistan bestellt ist. Auf der einen Seite haben unsere Soldatinnen und Soldaten trotz der vielen Alltagssorgen, trotz der schwierigen Rahmenbedingungen und trotz der existierenden Sicherheitsrisiken eine bewundernswerte Motivation. Auf der anderen Seite sind sie permanent mit einer komplizierten und manchmal kaum überschaubaren Gesamtlage konfrontiert. Deshalb lautet das Resümee meines Truppenbesuches in aller Kürze: Erstens. Unsere Soldatinnen und Soldaten machen in ihrem Verantwortungsbereich im Norden Afghanistans – von Masar-i-Scharif über Kabul bis Kandahar – einen unglaublich guten Job. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616918600




(A) )


(B) )


Zweitens. Bei der Festlegung der Mandatsobergrenze
müssen aus meiner Sicht die Erfahrungen und Einsatz-
notwendigkeiten, wie sie von den Verantwortungsträ-
gern vor Ort erkannt werden, unbedingt Berücksichti-
gung finden.

Drittens. Mit Blick auf die personelle und materielle
Ausstattung unserer in Afghanistan eingesetzten Ver-
bände ist es unbedingt notwendig, den Soldatinnen und
Soldaten all das zur Verfügung zu stellen, was sie für die
Erfüllung ihres schwierigen und oft lebensgefährlichen
Auftrags benötigen.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


Seit mehr als zehn Jahren bestimmt die Beteiligung
an internationalen Einsätzen den Alltag unserer Bundes-
wehr. Meine Erkenntnisse dazu stehen deshalb regelmä-
ßig am Anfang eines Jahresberichtes. Das gilt auch für
den zur Beratung vorliegenden 49. Bericht. Die Defizite,
die ich aufgeführt habe, sind weitgehend die alten. Sie
zeigen sich in vielen Bereichen: angefangen von der Ein-
satzplanung über die Einsatzvorbereitung und Ausbil-
dung bis hin zur persönlichen Ausrüstung und Ausstat-
tung. Auch wenn einiges getan wird, zufriedenstellend
ist das leider alles noch nicht. Darüber hinaus beschäftigt
die Truppe die wachsende Gefährdungslage und die
Frage nach der weiteren Entwicklung in Afghanistan.
Die Soldaten stellen Fragen, und die politisch wie militä-
risch Verantwortlichen sind in der Pflicht, offen und
überzeugend Antworten darauf zu geben.

Nicht nur die Auslandseinsätze, auch die Situation in
den Heimatstandorten gibt Anlass, Defizite deutlich zu
benennen. Über den teilweise katastrophalen Zustand
vieler Kasernen, insbesondere in den alten Bundeslän-
dern, habe ich bereits im vergangenen Jahr berichtet.
Das hat Wirkung gezeigt. Ich bin dem gesamten Deut-
schen Bundestag, insbesondere dem Verteidigungsaus-
schuss und dem Bundesminister der Verteidigung,
außerordentlich dankbar, dass sie dieses für die Soldaten
so wichtige Thema aufgegriffen haben und inzwischen
auch für Abhilfemaßnahmen gesorgt bzw. diese eingelei-
tet haben. Das inzwischen aufgelegte Sanierungspro-
gramm ist ein wichtiges Zeichen für die Soldatinnen und

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(C (D oldaten. Das stelle ich bei jedem Besuch fest. Dennoch erden die bisher zur Verfügung gestellten Mittel leider icht ausreichen, zumal die 645 Millionen Euro ohnehin ur etwa die Hälfte des Anfang 2007 festgestellten Saierungsbedarfs abdecken. Mit Blick auf die Unterbringung zeigt sich ein weitees Problem. Inzwischen geht es nicht nur um den manelhaften Zustand der Gebäude, es fehlt schlicht und einach an Platz. Nicht unterkunftspflichtige Soldaten inden in der Kaserne keine Bleibe mehr und werden auf rivate Unterkünfte verwiesen. Das ist heute Realität. ie Bundeswehr von heute hat sich zu einer Pendleraree entwickelt. Diesen veränderten Umständen muss etzt auch gesetzlich Rechnung getragen werden. Will eißen, die vorrangige Erstattung von Umzugskosten antelle der Gewährung von Trennungsgeld ist zumindest us meiner Sicht nicht mehr zeitgemäß. Zu großer Enttäuschung in der Truppe haben in den ergangenen Jahren auch die kontinuierlichen Leisungskürzungen im öffentlichen Dienst geführt. Die achsende Unzufriedenheit gründet sich aber vor allem uf das Gefühl unzureichender Fürsorge. Dazu gehört eben der Besoldung, der Unterbringung und der saniätsdienstlichen Versorgung auch die Vereinbarkeit von amilie und Dienst. Die vom Generalinspekteur hierzu rlassene erste Teilkonzeption ist zunächst einmal, wie ch manchmal zu sagen pflege, bedrucktes Papier. Sie at berechtigte Erwartungen geweckt, denen nun Taten olgen müssen. Aufwendige Studien zur Bedarfsermittung im Bereich der Kinderbetreuung lösen das Problem eider nicht. Ein Thema, dem ich meine besondere Aufmerksameit widme, ist das Führungsverhalten in unseren Streiträften. Hier habe ich auch 2007 erhebliche Mängel und efizite feststellen müssen, die aus meiner Sicht Anlass ur Sorge geben. „Führen durch Vorbild“ ist, wie wir alle issen, eine zentrale Forderung der Inneren Führung. iele Vorgesetzte aber werden diesem Anspruch heute icht oder nicht mehr gerecht. Das reicht bis in die öchsten Dienstgradgruppen. Das sind keine Einzelfälle. ir brauchen an dieser Stelle dringend grundsätzliche, ber eine disziplinare Würdigung hinausgehende Maßahmen. Abschließen möchte ich mit einem Thema des Jahreserichtes, das im engeren, aber auch im weiteren Sinne it Betreuung und Fürsorge zu tun hat: der physische ustand unserer Soldatinnen und Soldaten. Dazu nur anz kurz: Mir geht es hierbei in erster Linie – das ist us meiner Sicht ganz wesentlich – um die Gesunderhalung der Truppe, um den Erhalt der körperlichen, aber uch der geistigen Leistungsfähigkeit des Einzelnen und m ein verändertes Bewusstsein in diesem Zusammenang. Mit den genannten Themen habe ich nur einige chwerpunkte des Jahresberichtes 2007 aufgeführt. icht wenige davon weisen über das Berichtsjahr hiaus. Im Sinne der Soldatinnen und Soldaten würde es ich freuen, wenn der Bericht Anstöße für spürbare und achhaltige Verbesserungen geben könnte. Wehrbeauftragter Reinhold Robbe Abschließend möchte ich allen Mitgliedern des Verteidigungsausschusses, selbstverständlich aber auch dem Bundesminister der Verteidigung und allen nachgeordneten Stellen des Ministeriums und der Truppe, die mit Personalbearbeitung zu tun haben, meinen ausdrücklichen Dank sagen. Natürlich möchte ich mich auch bei meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ganz herzlich bedanken. Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])





(A) )


(B) )



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616918700

Bevor ich der nächsten Rednerin das Wort erteile,

möchte ich dem Wehrbeauftragten und seinen Mitarbei-
terinnen und Mitarbeitern im Namen des Hauses für die
Vorlage des Jahresberichts 2007 danken.


(Beifall im ganzen Hause)


Das Wort hat nun die Kollegin Elke Hoff für die FDP-
Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Elke Hoff (FDP):
Rede ID: ID1616918800

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen

und Kollegen! Ich möchte an dieser Stelle im Namen
meiner Fraktion und aller anderen Kolleginnen und Kol-
legen im Hinblick auf die Todesfälle, die die Bundes-
wehr erneut zu beklagen hat, unser tiefes Bedauern und
unser aufrichtiges Beileid zum Ausdruck bringen. Un-
sere ganz besondere Anteilnahme gilt den Angehörigen
der beiden Soldaten.

Sehr geehrter Herr Wehrbeauftragter, Sie haben auf-
grund der Erfahrungen, die Sie in Afghanistan gemacht
haben, mit Recht darauf hingewiesen, dass die Fahnen
vor Ort häufig auf Halbmast hängen. Ich denke, alle Kol-
legen, die in Afghanistan waren, haben das Gleiche fest-
gestellt. Trotzdem möchte ich darauf hinweisen, dass da-
von nicht nur unsere Soldatinnen und Soldaten betroffen
sind, sondern dass davon auch die afghanische Zivilbe-
völkerung betroffen ist. Es ist schrecklich, das jedes
Mal, wenn wir dort sind, zu erleben. Ich denke aber, dass
es angebracht wäre, auch einmal der vielen zivilen Opfer
in Afghanistan zu gedenken.

Sehr geehrter Herr Wehrbeauftragter, ich danke Ihnen
auch im Namen meiner Fraktion für den von Ihnen vor-
gelegten Bericht, insbesondere natürlich Ihren Mitarbei-
terinnen und Mitarbeitern, die wichtige Informationen
über die Probleme der Soldatinnen und Soldaten für das
Parlament ausgewertet und in diesem sehr wichtigen Be-
richt zusammengestellt haben.

Im Mittelpunkt Ihrer jährlichen Berichte stehen die
Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr, denen ich an
dieser Stelle für ihre Arbeit zu Hause und in internatio-
nalen Einsätzen danken möchte. Wir erhalten heute wie-
der einmal ein umfassendes Bild von ihren Problemen

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(C (D nd Nöten. Leider müssen wir auch in diesem Jahr festtellen, dass viele Dauerbrenner dabei sind. Herr Wehrbeauftragter, ich schätze Ihre Arbeit sehr; as wissen Sie. Ich habe Sie in den letzten Jahren für hre klaren Schwerpunktsetzungen in Ihren Berichten usdrücklich gelobt. Mit der Konzentration auf wenige esentliche Punkte haben Sie die öffentliche Aufmerk amkeit auf diese Probleme gelenkt, die dann auch an anchen, allerdings leider an zu wenigen Stellen zu Ver esserungen geführt haben. In diesem Jahr kann ich Ihre Schwerpunktsetzung ber nicht ganz nachvollziehen. Zwar sind Übergewicht nd ungesunde Lebensweise gesamtgesellschaftliche robleme, die auch vor der Bundeswehr nicht haltmahen. Ich habe aber nicht den Eindruck, dass diese Phäomene unmittelbare Auswirkungen auf die Einsatzähigkeit der Soldatinnen und Soldaten vor Ort haben. edenfalls war die Öffentlichkeit mit Ihren Ausführunen über die „dicken Soldaten“ so sehr beschäftigt, dass ie wirklich wichtigen Probleme der Bundeswehr dabei twas aus dem Blickfeld gerieten. Unsere gemeinsamen Aufgaben sind der Schutz der rundrechte der Soldatinnen und Soldaten und die Si herstellung der Ausübung der parlamentarischen Konrolle. Es sollte jedoch Aufgabe des Dienstherrn Bundesehr bleiben, sich über den Fitnessgrad seiner Soldaten en Kopf zu zerbrechen und hier für Abhilfe zu sorgen. In einem Interview mit dem Wiesbadener Kurier betätigte Minister Jung höchstpersönlich, dass das deutche Rauchverbot auch bei Auslandseinsätzen eingehalen wird und dass nach 19 Uhr nur noch zwei Bier rlaubt sind. Neben Mülltrennung und ASU ist das siherlich eine gelungene Ergänzung der Meldungen über ie aktuellen Einsatzbedingungen unserer Soldatinnen nd Soldaten. Ernsthaft: Die schwerwiegendsten Probleme in der undeswehr werden durch den Umfang des Beschwereaufkommens und die Inhalte der Beschwerden realisisch wiedergegeben. Zu nennen sind hier insbesondere as Fehlen finanzieller Handlungsspielräume, die eklaanten Ausbildungsund Ausrüstungsdefizite, das Belagen des Attraktivitätsverlustes im Allgemeinen und er große Unmut im Sanitätsdienst im Speziellen, die ehinderung durch zu viel Bürokratie sowie die Zuahme posttraumatischer Belastungsstörungen. Ich begrüße es sehr, dass Sie sich in Ihrem Bericht mfangreich dem Thema PTBS gewidmet haben. Dieses hema wird uns in der Zukunft immer stärker beschäftien. Die Zahl der Soldatinnen und Soldaten der Bundesehr, die in der Folge eines Auslandseinsatzes an PTBS rkranken, hat in den vergangenen Jahren stetig zugeommen. Meine Fraktion hat einen entsprechenden Anrag in den Deutschen Bundestag eingebracht. Sie untertützen in Ihrem Bericht unsere Forderung nach einem ompetenzund Forschungszentrum zur Behandlung on posttraumatischen Belastungsstörungen. Ich hoffe, ass uns das gemeinsam gelingen wird. Dass der Dienst in der Bundeswehr generell an Atraktivität verloren hat, lässt sich an der deutlich zurück Elke Hoff gegangenen Zahl der Bewerber nachweisen, er kann nicht mehr schöngeredet werden. Die Studie des Deutschen Bundeswehrverbandes zur Berufszufriedenheit belegt gerade wegen der hohen Zahl von Teilnehmern eindrucksvoll, was unsere Soldatinnen und Soldaten über ihre Arbeit und über ihren Dienstherrn denken. Insbesondere auf die diesjährigen Haushaltsberatungen zum Verteidigungshaushalt blicke ich sehr gespannt. Es wäre gut gewesen, wenn die Abgeordneten des Deutschen Bundestages noch vor der parlamentarischen Sommerpause erfahren hätten, womit die Bundeswehr im nächsten Jahr rechnen darf. Nicht einmal Eckdaten des Bundeswehreinzelplans 2009 sind bekannt. Wir wissen also nicht, wie sich der Minister die mittelfristige Finanzplanung der Bundeswehr vorstellt. Die Bundeskanzlerin hat schon vor anderthalb Jahren darauf hingewiesen, dass die Bundeswehr mehr Geld braucht. Ich bin gespannt, ob der Minister seine Bundeskanzlerin in die Pflicht nimmt oder ob es wieder einmal umgekehrt sein wird. Bei Ausbildung und Ausrüstungsplanung vermisse ich immer noch eine konsequente Einsatzorientierung. Zu Recht weist der Wehrbeauftragte in seinem Bericht wiederholt auf die zentrale Bedeutung des Einsatzes in Afghanistan hin. Eine konsequente Schwerpunktsetzung für diesen Einsatz findet aber nicht statt. Schon anlässlich des letzten Berichts des Wehrbeauftragten habe ich darauf hingewiesen, dass auf die deutschen Soldaten im Rahmen des ISAF-Einsatzes mit der Quick Reaction Force bei der Ausstattung neue Anforderungen zukommen werden. Ohne weiter ins Detail gehen zu wollen, will ich sagen, dass es bei der QRF offenkundig nach wie vor signifikante Ausrüstungsdefizite gibt. Dafür habe ich kein Verständnis. Das gilt auch für den Verzicht auf eine an die realen Einsatzbedingungen angepasste Taschenkarte, die unseren Soldatinnen und Soldaten in schwierigsten Situationen die nötige Rechtssicherheit bietet. Wir fordern die Bundesregierung auf, hier schnellstmöglich Abhilfe zu schaffen. Es macht wenig Sinn, sicherheitspolitisch Luftschlösser zu bauen, während die Baustelle Bundeswehr weder das nötige Arbeitsgerät noch die notwendigen finanziellen Mittel besitzt. Vielen Dank. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)





(A) )


(B) )



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616918900

Das Wort hat nun der Bundesminister der Verteidi-

gung, Dr. Franz Josef Jung.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Franz Josef Jung, Bundesminister der Verteidi-
gung:

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Ich will zunächst auch gegenüber dem Parla-
ment deutlich machen, dass ich die Nachricht von dem
Absturz des spanischen Hubschraubers in Bosnien-Her-
zegowina, dessen vier Insassen, zwei davon deutsche

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(C (D oldaten, die in Zweibrücken stationiert waren, ums Leen gekommen sind, mit Betroffenheit und innerer Aneilnahme aufgenommen habe. Ich möchte den Angehöigen gegenüber unser Mitgefühl zum Ausdruck bringen nd unser Beileid aussprechen. Dieser Vorfall zeigt wieder einmal, mit welchem Riiko für Leib und Leben der Einsatz für Frieden und Stailität und damit für unsere Sicherheit verbunden ist. Ich offe und wünsche, dass Sie alle diese innere Anteilahme teilen. Lassen Sie mich jetzt zum eigentlichen Punkt der Taesordnung kommen. Der Wehrbeauftragte legt seinen ericht vor. Ihn haben wir heute zu debattieren. Der ehrbeauftragte unterstützt die parlamentarische Kon rolle der Streitkräfte, er ist ein Ansprechpartner für alle oldatinnen und Soldaten. Deshalb ist sein Bericht soohl für das Parlament als auch für die Bundeswehr von ert. Herr Wehrbeauftragter, ich möchte Ihnen für Ihre Areit, aber auch für die Zusammenarbeit sehr herzlich anken und bitte Sie, diesen Dank auch Ihren Mitarbeierinnen und Mitarbeitern zu übermitteln. Meine Damen und Herren, die Auslandseinsätze präen den Alltag der Bundeswehr ganz entscheidend. In fghanistan, auf dem Balkan, vor der Küste des Libaon, am Horn von Afrika, im Mittelmeer, im Sudan, in arfur, in Äthiopien und in Georgien leisten unsere Solatinnen und Soldaten einen wichtigen Beitrag für Frieen und Stabilität in den betroffenen Regionen. Aber auch im Grundbetrieb in der Heimat sind die nforderungen unvermindert hoch. Die Vorund Nachereitung der Einsätze sowie deren Unterstützung präen das Bild. Aber auch die Hilfeleistungen der Bundesehr sind nicht zu vergessen, die sie zum Schutze eutschlands im Inland durchführt. Ich bin deshalb dem Wehrbeauftragten dankbar, dass r bei all den Punkten, die er hier kritisch vorgetragen at, doch auch deutlich gemacht hat, wie hervorragend nsere Soldatinnen und Soldaten ihren Auftrag erfüllen. ch möchte sowohl unseren Soldatinnen und Soldaten im uslandseinsatz als auch denjenigen, die ihren Dienst um Schutze Deutschlands tun, auf das Herzlichste für hren Beitrag danken, den sie für Frieden und Freiheit nd für unsere Sicherheit leisten. (Beifall der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie des Abg. Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Natürlich ist dazu auch die entsprechende finanzielle
usstattung notwendig; Frau Kollegin Hoff, Sie haben
as gerade angesprochen. Wir haben im letzten Jahr
Milliarde Euro mehr zur Verfügung stellen können.
adurch konnten wir zusätzliche Schutzfunktionen für
nsere Soldatinnen und Soldaten und auch eine verbes-
erte Attraktivität der Streitkräfte erreichen. Insofern bin
ch dem Deutschen Bundestag für diese Unterstützung
ankbar.

Sie haben es bereits angesprochen: Natürlich ist es
ichtig, dass in einem gesunden Körper auch ein gesun-






(A) )



(B) )


Bundesminister Dr. Franz Josef Jung
der Geist wohnt. Deshalb konzentrieren wir uns auch auf
die Sportausbildung. Aber auch die gesellschaftliche
Entwicklung darf nicht an der Bundeswehr vorbeigehen.
Daneben stehen wir vor weiteren Herausforderungen.

Wir haben die die Innere Führung betreffende Dienst-
vorschrift neu formuliert und bewusst das Thema „Fami-
lie und Dienst“ aufgenommen. Ich glaube nämlich, dass
auch das zur Attraktivität der Streitkräfte gehört.
15 000 Soldatinnen tun zurzeit ihren Dienst in der Bun-
deswehr. Ich glaube, es ist gerade auch für die Soldatin-
nen und Soldaten im Auslandseinsatz wichtig, dass wir
unseren Beitrag für die Familienbetreuung leisten.

Ich habe vor zwei Wochen das 17. Einsatzkontingent
für Afghanistan verabschiedet. Dabei war übrigens auch
der 250 000-ste deutsche Soldat, der in einen Auslands-
einsatz ging. Ich glaube, wenn man sich die Familien bei
der Verabschiedung anschaut, die Frauen mit drei Mo-
nate alten Kindern, die wissen, dass der Vater jetzt vier
Monate lang im Auslandseinsatz ist, dann erkennt man,
wie wichtig es ist, dass die Familienbetreuung auch bei
uns hier eine große Rolle spielt und dass wir hinsichtlich
des Themas „Familie und Dienst“ die Teilzeitarbeit und
die Telearbeit weiterentwickeln.

Der Wehrbeauftragte hat es angesprochen: Wir müs-
sen jetzt auch Modellprojekte zur Unterbringung nicht
unterkunftspflichtiger Soldatinnen und Soldaten entwi-
ckeln, um auch dafür zu einer Lösung zu kommen; denn
je mehr sich die Stationierung konzentriert, umso stärker
kommt dieses Problem auf uns zu. Das gilt auch für den
gesamten Bereich der Kinderbetreuung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich denke,
mit der Verabschiedung des Einsatzweiterverwendungs-
gesetzes, für die ich dem Deutschen Bundestag dankbar
bin, haben wir gerade zur Stärkung des Vertrauensver-
hältnisses zwischen den Soldatinnen und Soldaten im
Einsatz und dem Dienstherren einen wichtigen Punkt ge-
setzt.

Es entspricht der Aufgabe des Wehrbeauftragten, dass
er vor allem die Sorgen unserer Soldatinnen und Solda-
ten schildert und die Verletzung ihrer Rechte im Blick
hat. Ich denke, umso wertvoller ist die Feststellung, dass
die Männer und Frauen der Bundeswehr ihre Aufträge
im In- und Ausland gut erfüllen. Bei meinen Besuchen
bei der Truppe wurde dieser positive Eindruck ebenfalls
unterstrichen. Sie sind gut ausgebildet, haben eine gute
Ausrüstung und sind hoch motiviert.

Wir haben eine leistungsfähige Armee, die über ein
hohes Ansehen in der Welt verfügt. Das Engagement un-
serer Streitkräfte für unser Land und damit für die Si-
cherheit der Bürgerinnen und Bürger ist vorbildlich.
Deshalb nehmen wir auch die in dem Bericht angemerk-
ten Kritikpunkte ernst und bemühen uns, die genannten
Defizite zu beseitigen. Denn das Ziel ist klar: Wir brau-
chen attraktive und moderne Streitkräfte, um auch in der
Welt von morgen im Einsatz für den Frieden unseren
Dienst leisten zu können.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


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(C (D Das Wort hat nun der Kollege Dr. Keskin für die raktion Die Linke. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616919000


Dr. Hakki Keskin (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616919100

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch

ch möchte meine tiefe Anteilnahme für die Angehöri-
en der verstorbenen Soldaten zum Ausdruck bringen. –
er Wehrbeauftragte hat in seinem Jahresbericht eine
ifferenzierte und zugleich recht kritische Situationsbe-
chreibung präsentiert. Seine Arbeit hat sich in der Ver-
angenheit sehr bewährt und sollte für uns Anlass sein,
hn zu ermutigen, seine parlamentarische Kontrollfunk-
ion voll auszuschöpfen. Dazu gehört, dass er mit kon-
reten Eigeninitiativen stärker zur Lösung struktureller
robleme beitragen kann. Dies betrifft beispielweise die
ehrdisziplinarordnung und die Innere Führung.

Bevor ich auf weitere Punkte zu sprechen komme,
assen Sie mich bitte Folgendes feststellen: Wenn wir
en aktuellen Bericht des Wehrbeauftragten mit dem des
orjahres vergleichen, dann werden uns viele Kritik-
unkte sehr bekannt vorkommen, wie der Wehrbeauf-
ragte bereits unterstrichen hat. Der Wehrbeauftragte
ommt deshalb schon in seinem Vorwort zu dem Fazit,
ass – ich zitiere – „sich an den grundsätzlichen und
trukturellen Problemen der Bundeswehr nur wenig zum
ositiven hin geändert“ hat. Alleine diese einleitende
eststellung sollte für die Bundesregierung Grund genug
ein, endlich die aufgeführten Missstände zu beseitigen.

Grob umrissen betrifft dies vor allem die Ausstattung
nd Unterbringung der Soldatinnen und Soldaten bei
undeswehreinsätzen im Ausland. Des Weiteren befin-
en sich im Inland zahlreiche Bundeswehrkasernen in
inem beklagenswerten Zustand. Die Wohnunterkünfte
ind zum Teil dramatisch überbelegt und oft dringend sa-
ierungsbedürftig. Auch was die Innere Führung betrifft,
acht der Bericht deutlich, dass das Bewusstsein der
oldatinnen und Soldaten für die Menschenwürde weiter
estärkt werden muss.

Als zunehmend problematisch wird die Qualität der
anitätsdienstlichen und medizinischen Versorgung be-
chrieben. Insbesondere gilt dies für den Bereich post-
raumatischer Belastungsstörungen von Soldatinnen und
oldaten, die von Auslandseinsätzen zurückkehren. Der
ehrbeauftragte geht von einer vierfach höheren Dun-

elziffer von Erkrankungen aus. Diese Entwicklung
uss uns Anlass zu großer Sorge geben. Die Schwierig-

eiten dürfen nicht auf dem Rücken der Betroffenen ab-
eladen werden.

Die Linke fordert, dass die Erkrankten umgehend die
estmögliche medizinische und psychologische Betreu-
ng erhalten. Fest steht, dass Kampfeinsätze im Ausland
ft langfristige psychische Schäden hinterlassen. Laut
ahresbericht des Wehrbeauftragten stellt sich eine grö-
er werdende Zahl von Soldatinnen und Soldaten die
rage nach dem Sinn ihrer Einsätze. Es ist schon auffäl-

ig, wie die Bundesregierung gebetsmühlenartig die Not-






(A) )



(B) )


Dr. Hakki Keskin
wendigkeit von Auslandseinsätzen betont, wenn gleich-
zeitig diejenigen, die diese Einsätze durchführen müssen,
aufgrund eigener Erfahrungen zunehmend Zweifel äu-
ßern.

Abgesehen davon, dass für uns Krieg kein Mittel zur
Konfliktlösung ist,


(Zuruf von der SPD: Für uns auch nicht!)


sieht die Linke sich in ihrer grundsätzlichen Kritik an
militärischen Kampfeinsätzen der Bundeswehr im Aus-
land bestätigt und fordert die Bundesregierung auf, von
dieser verhängnisvollen Politik abzurücken. Die Linke
ruft die Bundesregierung auf, Konflikte im internationa-
len Staatensystem mithilfe des Völkerrechts und seiner
Gremien friedlich zu lösen. Die militärischen Kampfein-
sätze im Ausland müssen schnellstmöglich beendet wer-
den. Die Bundesregierung würde damit die Vorausset-
zung schaffen, dass sich die Bundeswehr wieder um ihre
eigentliche Aufgabe kümmern kann. Diese besteht nach
dem Verständnis der Linksfraktion in der unmittelbaren
Verteidigung der Landesgrenzen der Bundesrepublik
Deutschland.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616919200

Das Wort hat nun die Kollegin Hedi Wegener für die

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Hedi Wegener (SPD):
Rede ID: ID1616919300

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren

und Damen! So schnell werden wir also mit der Gefähr-
lichkeit des Soldatenberufs konfrontiert. Es macht uns
sprachlos und immer wieder hilflos, zu sehen, wie
schnell so etwas an jedem Tag und an jedem Einsatzort
passieren kann. Dabei vermeldet der Bericht des Wehr-
beauftragten gleich zu Beginn etwas Positives. Im letz-
ten Jahresbericht 2006 wurde der schlechte Zustand der
Kasernen zum Schwerpunkt gemacht. Das Thema war
und ist nicht neu und tauchte in jedem Bericht auf. Wenn
ich die Kasernen in Munster und Lüneburg in meinem
Wahlkreis besuche, werden mir natürlich die renovie-
rungsbedürftigen Liegenschaften gezeigt. Aber durch
eine gemeinsame Anstrengung von Parlament, Wehrbe-
auftragtem und BMVg haben wir erreicht, dass Mittel
für ein Sonderprogramm „Sanierung Kasernen West“
bereitgestellt wurden. In den nächsten Jahren sollen die
größten Mängel behoben werden; das ist sehr erfreulich.
Für den Stein des Anstoßes recht herzlichen Dank, Herr
Robbe.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Die deutsche Gründlichkeit und der Hang zu Bürokratie
tragen allerdings dazu bei, dass vom Antrag bis zum
Baubeginn wahrscheinlich mit fünf Jahren Planungszeit
zu rechnen ist und viel Zeit vergehen wird, bis alles re-
alisiert ist. Eine angemessene Unterbringung gehört je-

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(C (D enfalls zur Steigerung der Attraktivität des Soldatenbeufs. Damit bin ich schon beim nächsten Thema. Der deografische Wandel wird zu einem erheblichen Perso almangel führen. Die Bundeswehr muss sich auf dem arkt immer mehr behaupten und zunehmend um die esten Frauen und Männer konkurrieren. Daher ist es on entscheidender Bedeutung, Anreize für die Berufsahl zu geben. Geld ist das eine. Das andere ist: Der rust in der Truppe wächst. Dem müssen wir entgegenirken; denn der Frust bleibt nicht in den Kasernen und st nicht auf interne Gespräche beschränkt. Wie will ich emanden überzeugen, Berufssoldatin bzw. Berufssoldat u werden, wenn man immer wieder hört, dass die Beastung durch die Auslandseinsätze steigt, dass die Ausüstung schlecht ist, dass die Winterkleidung im Sommer ommt und dass gepanzerte Fahrzeuge nicht zur Verfüung stehen? Auf diesem Gebiet haben wir sicherlich chon für Abhilfe gesorgt. Ich halte es für problematisch, wenn es Ausrüstungsängel gibt, die von der Bundeswehr ebenfalls beklagt erden, gleichzeitig jedoch diese Mängel als subjektiv mpfunden abqualifiziert werden und es bei Eigenbechaffungen durch die Soldaten Schwierigkeiten gibt. ber nicht alle Probleme der Auslandseinsätze sind mit em Hinweis auf zu wenig Geld abzutun. Der Bundestag at finanzielle Verbesserungen erreicht. Was die Büroratie angeht, die ich schon in meinem letzten Bericht ngesprochen habe, so müssen wir wirklich flexibler erden. Der Bericht des Wehrbeauftragten und die Stellungahmen des BMVg machen aber noch etwas deutlich: Es ibt viele Probleme, die Jahr für Jahr angesprochen weren. Obwohl Jahr für Jahr Besserung bzw. Abhilfe geobt werden, lesen wir im folgenden Jahr wieder von den leichen Problemen. Ein Beispiel: Unsere Marine ist im ahmen von OEF im Einsatz, und zwar, wie wir wissen, icht in der Nordsee; dennoch ist es, wie wir hören, bis eute nicht möglich, den Klimabedingungen entsprehende Kleidung zu beschaffen. Ich finde aber auch, ass unter den schwierigen Bedingungen des Einsatzes icht immer der Inlandsstandard aufrechterhalten weren kann. Die Bundeswehr greift viele Anregungen des ehrbeauftragten auf und versucht, Abhilfe zu schaffen. anchmal müssen die Beteiligten vielleicht daran erin ert werden, dass ein Einsatz nun einmal ein Einsatz ist nd keine Übung auf dem Truppenübungsplatz in Beren. Die SPD-Bundestagsfraktion hat in ihrem Positionsapier zur Transformation der Bundeswehr eine Reihe on sehr guten Vorschlägen gemacht, wie man die ttraktivität des Soldatenberufes verbessern kann. Wir ollen eine Armee der Zukunft. Da macht auch die Disussion über die Vereinbarkeit von Beruf und Familie icht vor der Bundeswehr halt. Es ist nun ein dringendes nd, wie man zurzeit merkt, ein wirklich modernes hema. Es ist in aller Munde, nicht nur bei der Bundesehr. Die zunehmende Berufstätigkeit der Soldaten rauen, aber auch der Soldatinnen selber bringt das hema in den Fokus. Das BMVg hat bereits darauf re Hedi Wegener agiert. Es gibt gute Dienstvorschriften, die vieles ermöglichen. Leider hapert es an der Praxis, wie der Bericht des Wehrbeauftragten zeigt. Es gibt Ermessensspielräume zugunsten der Soldatinnen und Soldaten, die auch genutzt werden sollten. Dass Versetzungen unter Einbeziehung der Partner und der Familie besprochen werden müssen, klingt gut und liest sich gut, aber der Wehrbeauftragte sagt, dass Realität und Vorschrift auseinanderklaffen. Ich gehe davon aus, dass es sich bei den geschilderten Fällen nicht um Einzelfälle handelt, sondern dass diese Einzelfälle exemplarisch für einen Missstand stehen. Es ist schon auffällig, dass in den Anmerkungen zum Bericht des Wehrbeauftragten immer wieder steht, in einem bestimmten Falle sei etwas schiefgelaufen, aber generell sei alles in Ordnung. Ich frage mich manchmal, ob nicht zu wenig mit den Vorgesetzten geredet wird. Ich bin der festen Überzeugung – meine Lebenserfahrung hat mich das zumindest gelehrt –, dass man manchen Mangel und manches Defizit beheben könnte, wenn man miteinander reden würde. Wir haben zu allem Erlasse, Befehle und Broschüren. Wenn es an der Umsetzung und Anwendung hapert, dann müssen wir überlegen, wie man Theorie und Praxis besser miteinander in Einklang bringen kann. Aus dem Sachstandsbericht des BMVg zum Pilotprojekt „Kinderbetreuung“ geht hervor, dass die Bundesregierung zwar eine Menge Geld für Kinderbetreuung bereitstellt, die Bundeswehr sich aber auf Hilfe zur Selbsthilfe und Beratung beschränkt. Wir wollen dem im Haushalt 2009 abhelfen. Dazu zitiere ich zum Schluss den Wehrbeauftragten: Was hält die Bundeswehr eigentlich davon ab, auf dem Feld der Familienfreundlichkeit besser zu werden als andere? Dabei reicht es nach meiner Beobachtung nicht aus, mehr Geld bereitzustellen. Mindestens ebenso wichtig wird es sein, kreative und unkonventionelle Problemlösungen zu entwickeln. Dem kann ich nur voll zustimmen. Herr Robbe, ich danke Ihnen und Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern recht herzlich für die geleistete Arbeit. Mein Dank gilt auch den Soldatinnen und Soldaten für ihre geleistete Arbeit und für den schwierigen Einsatz – einen Einsatz unter Lebensgefahr, wie sich heute wieder gezeigt hat. Recht herzlichen Dank und alles Gute für Sie! (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie des Abg. Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])





(A) )


(B) )



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616919400

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun

der Kollege Winfried Nachtwei.


Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1616919500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Als Mitglieder des Verteidigungsausschusses waren wir

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(C (D chon öfter in Bosnien-Herzegowina und haben dort so anche Hubschrauberbesatzung kennenund schätzen elernt. Deshalb empfinden wir ein ganz besonderes itgefühl für diejenigen, deren Angehörige oder reunde nicht lebend aus dem Einsatz zurückkommen. Herr Wehrbeauftragter, wir schließen uns gerne dem ank der anderen Fraktionen und der Präsidentin an Sie nd Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an. Mir ist das uch deshalb ein besonderes Anliegen, weil ich die Mehodik, mit der Sie Ihr Amt ausführen, sehr schätze. azu gehört zum Beispiel, dass Sie bei bestimmten unkten nicht bei der Benennung von Mängeln stehenleiben, sondern auch in die Tiefe gehen. In diesem Beicht betrifft das zum Beispiel den Bereich Ausbildung. ie haben sich die Offiziersausbildung einmal näher aneschaut und haben dann gesehen, woran es mangelt. Ich will allerdings nicht zu dem spektakulären Manel bzw. eigentlich dem Gegenteil davon kommen, nämich zu manchen überdimensionierten Soldaten, sondern u anderen enorm wichtigen Themen. Ich will drei Komlexe ansprechen: erstens den Bereich Fürsorge, zweiens den Bereich Führungsverhalten und drittens den Beeich Rechtsklarheit. Die Politik stellt ganz besondere Anforderungen an oldatinnen und Soldaten. Das fängt mit dem schnellen echsel von Standorten an und hört bei den Auslands insätzen auf. Die Soldaten haben deshalb selbstvertändlich einen besonderen Anspruch auf verlässliche ürsorge. Die Brennpunkte dieser Fürsorgeanforderunen sind heute schon mehrfach genannt worden: die Verältnisse der baulichen Infrastruktur, die Unterbringung n den Kasernen, die Wohnbedingungen und nicht zuetzt die Vereinbarkeit von Familie und Dienst. Schnelle bhilfen sind unbedingt notwendig, damit nicht erst die ächste Generation davon profitiert. Die Auslandseinsätze sind belastend und riskant. Das eigt sich ganz besonders und heimtückisch bei posttrauatischen Belastungsstörungen, die noch ziemlich lange ach einem Einsatz auftreten können. Manche von uns aben – so wie ich in den letzten Monaten – einige von en Betroffenen kennengelernt. Dabei haben wir chlimme Krankheitsgeschichten gehört. Es stellte sich eraus, dass hier ein wirklich dringender Handlungsbearf besteht. Es darf nicht sein, dass Soldaten jahrelang m die Anerkennung einer Wehrdienstbeschädigung ämpfen müssen und dass entlassene Zeitsoldaten auf er Suche nach Heilung und Unterstützung eine regelechte Odyssee durchmachen müssen. Dies ist zurzeit och eine organisierte Verantwortungslosigkeit. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Zum Führungsverhalten – wie im letzten Jahresbe-
icht ist dieses Thema auch jetzt wieder angesprochen
orden –: Es ist ausgesprochen beunruhigend, was von
anchen Offizieren, von Hauptleuten und darüber hi-

aus, berichtet wird; beunruhigend ist vielmehr auch die
eststellung des Wehrbeauftragten, dass es sich nicht um
inzelfälle handelt, sondern um einen zum Teil zuneh-






(A) )



(B) )


Winfried Nachtwei
menden Trend. Darüber haben wir vor allem im Aus-
schuss noch vertieft zu diskutieren.

Schließlich zur Rechtsklarheit. Soldaten der Bundes-
wehr sind klar und deutlich an Recht und Gesetz, an die
Grundrechte und das Völkerrecht gebunden. Umgekehrt
erwarten sie natürlich von der politischen Führung, von
der Bundesregierung, rechtlich einwandfreie Aufträge
und Befehle.

Wie sieht das inzwischen beim Auftrag „Enduring
Freedom“ aus? Vor sieben Jahren wurde der Verteidi-
gungsfall ausgerufen. Dies ist doch wahrhaftig keine in
irgendeiner Weise nachvollziehbare Legitimation mehr.
An dieser Stelle endlos weiterzumachen, ist eine Zumu-
tung für jedes Rechtsempfinden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Unglaublich für jedes Rechtsempfinden ist, was der Tor-
nadobesatzung des Jagdbombergeschwaders 33 in Bü-
chel zugemutet wurde. In der Taschenkarte „Humanitä-
res Völkerrecht“ des Verteidigungsministeriums vom
August 2006 heißt es unter „Kampfmittel und Kampf-
methoden“ – ich zitiere –: Insbesondere der Einsatz fol-
gender Kampfmittel ist deutschen Soldaten bzw. Solda-
tinnen verboten: Antipersonenminen, chemische und
bakteriologische Waffen, atomare Waffen. – Im Rahmen
der technischen nuklearen Teilhabe müssen Tornadobe-
satzungen den Abwurf von Atombomben üben. Zurzeit
tun sie das im Inland und im Ausland auch noch.

Herr Minister, ich fordere Sie auf, diesen offenkundig
rechtswidrigen Auftrag umgehend zu widerrufen. Das ist
nicht zuletzt eine Verpflichtung gegenüber den Staats-
bürgern in Uniform der Bundeswehr.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616919600

Für die Unionsfraktion hat nun die Kollegin Anita

Schäfer das Wort.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Anita Schäfer (CDU):
Rede ID: ID1616919700

Meine Damen und Herren! Meine Kollegin Lydia

Westrich von der SPD und ich als Abgeordnete auch für
Zweibrücken möchten stellvertretend für unsere Fraktio-
nen, sowohl für die SPD-Fraktion als auch für die CDU/
CSU-Fraktion, den Angehörigen der heute in Bosnien
verunglückten Soldaten unser tiefes Mitgefühl ausspre-
chen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Sehr
geehrter Herr Wehrbeauftragter Robbe! Ich danke Ihnen
auch im Namen der CDU/CSU-Fraktion für die prä-
gnante Vorstellung Ihres Jahresberichts 2007. Ich habe
bei Ihrer Rede wieder einmal empfunden, mit welch gro-
ßem Engagement Sie Ihrer Aufgabe nachgehen. Dafür
gebührt Ihnen und Ihren Mitarbeitern Dank und Aner-
kennung.

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(C (D Gegenüber den letzten beiden Berichten hat die Zahl er Beschwerden, wie Ihnen meine Kollegin aus der PD schon mitgeteilt hat, leicht abgenommen. Das ist atürlich erst einmal eine gute Nachricht. Es bedeutet ber nicht, dass wir uns nun in froher Erwartung eines rends zum Positiven zurücklehnen können. Denn auch ieser Bericht behandelt wieder Themen, die uns teileise schon seit Jahren beschäftigen. Ich nenne die Aus tattung und Betreuung im Einsatz und die Vereinbarkeit on Familie und Dienst. Sie gehören zu den Bereichen it den größten Auswirkungen auf die Attraktivität der undeswehr. Wir müssen uns hier also nicht nur um das ohlergehen der jetzt dienenden Soldaten sorgen, son ern auch um das derjenigen Männer und Frauen, die zuünftig eine Verpflichtung erwägen. Besonders besorgniserregend finde ich, dass sich die ahl der Eingaben zur Vereinbarkeit von Familie und ienst gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppelt hat. pezielle Problemfelder sind weiterhin die Kinderbe reuung und die Trennung von der Familie bei Versetungen und Kommandierungen. Dies haben mittlerweile lle Beteiligten als wichtige Herausforderung erkannt. Im Unterausschuss „Weiterentwicklung der Inneren ührung“ haben wir darauf gedrängt, das Thema in der euen Zentralen Dienstvorschrift 10/1 umfassend zu erankern. Ganz aktuell hat das Verteidigungsministeium den Sachstandsbericht zur Vereinbarkeit von Famiie und Dienst vorgelegt. Ich hoffe sehr, dass die getrofenen und noch geplanten Maßnahmen die Situation achhaltig verbessern werden. Denn meiner Einschätung nach wird die Bedeutung dieses Themas eher noch unehmen. Einzelne Einrichtungen der Bundeswehr haben mit iel Initiative und mit kooperativen kommunalen Partern vor Ort bereits individuelle Lösungen zur Kinderetreuung erzielt. Die bisherigen Ergebnisse des Pilotrojekts „Kinderbetreuung“ zeigen, dass dies der ichtige Weg ist. Ein weiteres Problem sind die Unterkünfte für die zuehmende Zahl von Pendlern unter den Soldaten. Hier üssen geeignete Rahmenbedingungen zur Lösung des roblems geschaffen werden. Der Wehrbeauftragte hat im letzten Jahr mit Nachruck auf den schlechten Zustand vieler Kasernen in estdeutschland hingewiesen. Die Bundesregierung hat arauf rasch reagiert. Dafür möchte ich insbesondere erteidigungsminister Jung noch einmal ausdrücklich anken. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU)


it dem Sonderprogramm „Sanierung Kaserne West“
ind umfangreiche Mittel zur Sanierung bereitgestellt
orden. Damit stehen wir natürlich noch ganz am An-

ang. Der aktuelle Bericht liefert noch einmal Beispiele
ür Mängel bei der Infrastruktur: von brüchigen Decken-
eilen über Schimmel- und Legionellenbefall bis hin zu
berbelegten Stuben. Ich habe bei der letzten Debatte






(A) )



(B) )


Anita Schäfer (Saalstadt)

hierzu gesagt, dass wir Abgeordneten die Umsetzung
des Sanierungsprogramms aufmerksam verfolgen wer-
den. Natürlich freut es besonders, wenn im heimischen
Wahlkreis Mittel ankommen, etwa für die seit langem
fällige Sanierung der Niederauerbach-Kaserne in Zwei-
brücken.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Walter Kolbow [SPD])


Insofern kann ich berichten: Es tut sich was.

Aber wir müssen über den Tellerrand hinaussehen.
Damit meine ich sowohl die Grenzen des eigenen Beritts
als auch den zeitlichen und finanziellen Rahmen des
Sonderprogramms „Sanierung Kaserne West“. Wir müs-
sen langfristig für eine Infrastruktur sorgen, die den An-
forderungen an Dienst und Unterbringung unserer Sol-
daten rundum gerecht wird, und zwar den jeweils
aktuellen Anforderungen in Ost wie in West.

Das ist natürlich nicht zuletzt eine Frage des Geldes.
Die Union hat seit Übernahme der Regierungsverant-
wortung den Trend zum Abbau des Verteidigungshaus-
halts umgekehrt.


(Dr. Karl A. Lamers [Heidelberg] [CDU/ CSU]: Jawohl!)


Unser Ziel ist, die Bundeswehr dauerhaft auf eine ge-
sunde finanzielle Basis zu stellen.


(Beifall der Abg. Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU])


Das gilt für die Entwicklung und Beschaffung von Aus-
stattung sowie für die Infrastruktur. Diesen Kurs werden
wir im Rahmen des Möglichen auch weiterhin verfol-
gen.

Alarmierende Aussagen macht der Wehrbeauftragte
zum Thema „Sport und Fitness in der Bundeswehr“.
Demnach ist der Anteil Übergewichtiger in der Alters-
gruppe von 18 bis 29 Jahren unter den Soldaten größer
als in der Zivilbevölkerung. Das konnte ich im ersten
Moment fast nicht glauben. Gesundheit und körperliche
Leistungsfähigkeit sollten doch eigentlich eine Grundvo-
raussetzung für den Dienst in der Bundeswehr sein. Die
Klagen über mangelnde Möglichkeiten zum Sport ge-
genüber dem Wehrbeauftragten lassen vermuten, dass es
am Willen dazu nicht fehlt.

Das mangelnde Bewusstsein für gesunde Ernährung
in der Bevölkerung scheint aber auch vor der Truppe
nicht haltzumachen. Der Forderung des Wehrbeauftrag-
ten nach umfassender Aufklärung, die nicht erst bei auf-
fällig übergewichtigen Soldaten einsetzt, kann ich nur
zustimmen. Die körperliche Verfassung unserer Soldaten
muss für uns mindestens dieselbe Bedeutung haben wie
ihre Ausstattung, sowohl um ihrer selbst willen, als auch
im Interesse der Auftragserfüllung; denn letztlich ist es
der Soldat, der den Auftrag erfüllt, nicht seine Ausrüs-
tung. Das gilt auch noch im Zeitalter hochkomplexer
Rüstungstechnik. Jeder Soldat muss wissen, dass in den
gegenwärtigen Einsätzen jederzeit seine körperliche
Leistungsfähigkeit gefragt sein kann, auch wenn sein
Posten an einem Computer im Feldlager ist.

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(C (D Über die Forderung nach Sonderprogrammen für kriische Bereiche dürfen wir natürlich nicht die übrigen roblemfelder aus den Augen verlieren. Wo immer andlungsbedarf besteht, muss er klar benannt werden nd muss Abhilfe geschaffen werden. Herr Minister, ich itte Sie, den eingeschlagenen Kurs der Haushaltskonsoidierung fortzusetzen. Wir als Abgeordnete sind aufgeordert, Sie dabei entsprechend zu begleiten und zu unerstützen – zum Wohle unserer Soldatinnen und oldaten. Ich bin sicher, dass wir uns in diesem Ziel eiig sind. Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
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Das Wort hat nun Petra Heß, SPD-Fraktion.


Petra Heß (SPD):
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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dem
9. Bericht liegen neben den Auswertungen zahlreicher
tandort- und Truppenbesuche mehr als 5 000 Eingaben
ugrunde. Unsere Soldatinnen und Soldaten wenden sich
it ihren Anliegen heutzutage sehr selbstbewusst und

or allen Dingen auch mit Selbstverständlichkeit an den
ehrbeauftragten. Sie unterstreichen mit ihrem Einga-

everhalten, dass sie wirklich verantwortungsvolle
taatsbürger in Uniform sind. Ich gebe aber zu: Auch die
mtriebigkeit und das Engagement des Wehrbeauftrag-

en spielen eine entscheidende Rolle. Durch unzählige
nangemeldete Truppenbesuche hat der Wehrbeauftragte
inen Blick hinter die Kulissen der Truppe werfen kön-
en.

Herr Wehrbeauftragter, während der Besuche haben
ie sich in hohem Maße offen und ansprechbar gezeigt,
odass sich im Laufe der Zeit ein echtes gegenseitiges
ertrauensverhältnis entwickeln konnte. Dafür unseren
erzlichen Dank!


(Beifall bei der SPD)


Der Bericht gibt einen wichtigen, weil authentischen
inblick in das Innenleben der Streitkräfte und hält da-
it nicht nur der militärischen Führung, sondern auch

er Politik den Spiegel vors Gesicht.

Ich will zunächst den Fokus auf den Bereich des Sani-
ätsdienstes richten: Wie schon in den vergangenen Jah-
en ist die sanitätsdienstliche Lage der Bundeswehr im
nland durch die Bindung von Ärzten und Pflegekräften
n Auslandseinsätzen weiterhin angespannt. Der Auf-
uchs bei der Zahl der Sanitätsoffiziere verläuft zwar
lanmäßig, aber noch immer sind 400 von insgesamt
100 Dienstposten für Sanitätsoffiziere unbesetzt. Be-

onders in den Bundeswehrkrankenhäusern führte dies
u problematischen Personalengpässen bei Ärzten und
anitätern, ein Problem, das nach Auskunft des Bundes-
inisteriums der Verteidigung nur mittelfristig gelöst
erden kann.






(A) )



(B) )


Petra Heß
Die Umgliederung der Krankenhäuser auf einsatz-
orientierte Strukturen erfordert in zunehmendem Maße
die Kooperation mit zivilen Gesundheitseinrichtungen.
Die Anzahl und Verteilung der regionalen Sanitätsein-
richtungen richtet sich nach der Gliederung und Statio-
nierung der Streitkräfte, wobei der Anspruch einer flä-
chendeckenden fachärztlichen Versorgung vor Ort
aufgegeben wurde. Entsprechende Leistungen werden,
wie bereits erwähnt, nur noch in den fünf Bundeswehr-
krankenhäusern sowie in den 18 Sanitätsfachzentren er-
bracht und müssen ansonsten aus dem zivilen Bereich
bezogen werden, was teilweise lange Anfahrtswege mit
sich bringt. Hier ist natürlich auch die militärische Füh-
rung aufgerufen, die im Rahmen der Transformation not-
wendigen Maßnahmen und Einschnitte immer wieder zu
erklären, gegebenenfalls Mängel und Unzumutbarkeiten
klar zu benennen und, wenn möglich, abzustellen. Hier
muss die Truppe ganz einfach mehr mitgenommen wer-
den.

Etwas entspannt gegenüber dem vorangegangenen
Berichtsjahr hat sich die Situation beim Assistenz-,
Pflege- und Rettungspersonal. Viele Sanitätsfeldwebel
konnten ihre Qualifizierung im Rahmen einer zivilen
Aus- und Weiterbildungsmaßnahme im Berichtsjahr er-
folgreich abschließen, sodass im Schnitt 80 Prozent der
Dienstposten besetzt werden konnten.

Nicht unerwähnt lassen will ich an dieser Stelle die
Behandlung von Soldatinnen und Soldaten mit posttrau-
matischen Belastungsstörungen. Ihre Zahl ist zwar im
Berichtszeitraum nicht signifikant gestiegen, allerdings
lässt die zunehmende Zahl stark belastender Auslands-
einsätze erwarten, dass es hier künftig einen starken An-
stieg geben wird. Die seitens der Sanität geforderte Er-
richtung eines Zentrums für solche komplexen Erkran-
kungen ist daher ausdrücklich zu unterstützen. Dies
geschieht übrigens vonseiten des gesamten Parlaments.

Nun noch einige Ausführungen zum wichtigen
Thema „Führung und Ausbildung“ und insbesondere zur
Inneren Führung: Die Innere Führung ist und bleibt das
Herzstück der Bundeswehr. Ihre Prinzipien sind für je-
den Soldaten und jede Soldatin verbindlich. Ganz beson-
ders gilt das für die Vorgesetzten. Durch die Innere Füh-
rung werden die Werte und Normen des Grundgesetzes
in der Bundeswehr verwirklicht. Die Innere Führung ist
nämlich das Aushängeschild der Bundeswehr bei Aus-
landseinsätzen.

Umso bedauerlicher ist es, dass auch im Berichtsjahr
2007 wieder Mängel und Verstöße im Führungsverhalten
von Vorgesetzten gemeldet wurden. Es kam zur Miss-
achtung von Untergebenen durch Geringschätzungen
und Beleidigungen, aber auch zu regelrechtem Miss-
brauch der Befehlsbefugnis, indem zum Beispiel Kollek-
tivbestrafungen vorgenommen wurden. Es liegt auf der
Hand, dass solches Verhalten von Vorgesetzten nachhal-
tig schädlich für den Zusammenhalt in der Truppe ist.
Wer Menschen führen will, kann dies nur durch sein
Vorbild tun. Er oder sie muss echte Autorität mitbringen,
Autorität, die sich eben nicht einfach nur auf Hierarchie
gründet, sondern auf einem Mehr an Wissen, einem
Mehr an Können und einem Mehr an Erfahrung.

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(C (D Moltke hat einmal gesagt: Gehorsam ist das Prinzip, ber der Mensch steht über dem Prinzip. – Hier müssen ir wachsam bleiben; denn Vorgesetzte aller Ebenen rägen durch ihr Handeln die Streitkräfte, und jeder Solat und jede Soldatin muss ihrem Vorgesetzten vertrauen önnen. Das bedeutet auch, dass aus Beschwerden oder ingaben dem oder der Betroffenen keine Nachteile erachsen dürfen, und vor allen Dingen, dass die Anlieen, die sie an den Wehrbeauftragten herantragen, zügig earbeitet werden müssen. Um dem Missbrauch von Autorität gezielt vorzubeuen, müssen die Soldatinnen und Soldaten bereits in iher Ausbildung und später selbstverständlich auch in ihem aktiven Dienst einbezogen werden; sie müssen itgestalten können. Ein Vorgesetzter, der seine Unter ebenen aktiv mit einbezieht, der ihre Stärken und Fäigkeiten fördert und stets den Dialog mit ihnen sucht, ann aus einem Vertrauensverhältnis und aus echter Einicht heraus führen, wie es das Prinzip der Inneren Fühung verlangt. Aber Innere Führung bedeutet natürlich uch in besonderem Maße Verantwortung und Eigenverntwortung. Jeder Soldat und jede Soldatin, besonders in er Funktion eines Ausbilders, ist während, aber auch ußerhalb der Dienstzeit zu einem vorbildlichen staatsürgerlichen Verhalten verpflichtet. Gegen Verstöße uss daher konsequent eingeschritten werden, und das eschieht auch. Gleiches gilt in besonderem Maße für Verstöße mit echtsextremem Hintergrund, deren Zahl glücklichereise im Berichtsjahr erneut rückläufig war. Aber jeder orfall ist einer zu viel. In der Bundeswehr darf es für eine Form des Extremismus und der Fremdenfeindlicheit einen Platz geben. Ein letztes Wort zur körperlichen Fitness, auch wenn er Präsident schon aufleuchtet. Der Präsident nicht! – Auch in diesem Punkt spielt die orbildfunktion der Vorgesetzten eine wichtige Rolle. ie zunehmende Zahl der Auslandseinsätze verlangt ach körperlich belastbaren Soldatinnen und Soldaten. ine moderne Armee kann es sich einfach nicht leisten, örperlich unzureichend gebildete Soldatinnen und Solaten zu haben. Deshalb muss man hier weiter dranbleien und die entsprechenden Rahmenbedingungen schafen. Da ist das Bundesverteidigungsministerium durch ie Anregungen des Wehrbeauftragten auf dem richtigen eg. Ich danke dem Wehrbeauftragten und seinen Mitareiterinnen und Mitarbeitern. Ich wünsche mir, dass er n seiner bisherigen Umtriebigkeit festhält. Ich danke or allen Dingen den Soldatinnen und Soldaten für ihren ienst, den sie für Frieden und Freiheit unseres Landes eisten. Vielen Dank. Ich hoffe, ich habe jetzt genug geleuchtet. Ich schließe die Aussprache. Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf Drucksache 16/8200 an den Verteidigungsausschuss vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen. Ich rufe den Zusatzpunkt 5 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Irmingard Schewe-Gerigk, Volker Beck Britta Haßelmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Durchsetzung der Entgeltgleichheit von Frauen und Männern – Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit – Drucksache 16/8784 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Innenausschuss Rechtsausschuss Ausschuss für Arbeit und Soziales Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fünf Minuten erhalten soll. – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile Kollegin Irmingard Schewe-Gerigk, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, das Wort. Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Heiterkeit im ganzen Hause)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1616920000




(A) )


(B) )


Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Jetzt können wieder einige darüber frotzeln, dass wir
jetzt, anderthalb Stunden vor dem EM-Viertelfinale
Deutschland-Portugal,


(Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Das ist eine sehr unchristliche Zeit!)


hier im Plenum noch über Frauenlöhne reden und ich
nicht bereit war, diese Rede zu Protokoll zu geben, nach
dem Motto: typisch Frauenpolitik! Deshalb lassen Sie es
mich gleich in aller Deutlichkeit sagen: Der Grund liegt
im peinlichen Versagen der Großen Koalition. Sie hatten
uns fest zugesagt, einen eigenen Antrag dazu einzubrin-
gen, über den wir am nächsten Donnerstagnachmittag
diskutieren wollten. Leider sind Sie bei diesem Vorha-
ben wieder einmal gescheitert. Das ist eine echte Bank-
rotterklärung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Männer und Frauen, so eine aktuelle Umfrage, sehen
in der Entgeltungleichheit eine der großen noch beste-
henden Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft. Die EU
hat sie zum Schwerpunktthema gemacht. Sozialkommis-
sar Spidla hielt der Bundesregierung erst letzte Woche
eine Standpauke. Über dieses so wichtige Thema, das
die ganze Gesellschaft erregt, reden wir abends zu einer
denkbar ungünstigen Zeit. Das macht deutlich, wie
wichtig Ihnen dieses Thema ist. Aber am nächsten Equal
Pay Day werden Sie alle wieder lauthals Ihre Empörung
über die große Lohnungerechtigkeit kundtun. Die restli-
chen Tage im Jahr schieben sich Wirtschaft, Gewerk-

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(C (D chaften und Bundesregierung die Verantwortung dafür ann wieder gegenseitig zu. Die Gewerkschaften sagen, ie Wirtschaft muss handeln. Die Wirtschaft schiebt die erantwortung auf die Politik. Die Politik verweist auf ie Tarifparteien. Genau diese Passivität aller Beteiligten lässt sich auch refflich aus der vor kurzem veröffentlichten 3. Bilanz hancengleichheit ablesen. Geräuschlos und geradezu as Licht der Öffentlichkeit scheuend hat die Bundesreierung sie am letzten Freitag veröffentlicht. Kein Wuner: Sie belegt eindrucksvoll den kompletten Stillstand n Sachen Gleichstellung in der Privatwirtschaft. Das Lohngefälle sticht hier ganz besonders heraus: 2 Prozent beträgt der Lohnunterschied zwischen rauen und Männern in Deutschland; 15 Prozent sind es m europäischen Durchschnitt. Nur Zypern, Estland und ie Slowakei stehen noch schlechter da. Ich finde, das ist in Armutszeugnis für unser Land. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)


ieses Lohngefälle ist in den letzten Jahren eher ge-
achsen als geschrumpft. Je höher das Einkommen,
esto größer ist die Differenz. Allein bei einem Drittel
ieses Gefälles handelt es sich um direkte Diskriminie-
ungen. Die weibliche Leistung wird in Deutschland im-
er noch wie eine Minderleistung bezahlt. Gerade das

st für die jungen und gut ausgebildeten Frauen beson-
ers bitter: dass mit der schlechteren Bezahlung auch
ine geringere Wertschätzung ihrer Arbeit einhergeht.

Vergeblich habe ich in der Bilanz danach gesucht,
as Wirtschaft und Bundesregierung dagegen tun wer-
en. Nichts habe ich gefunden, rein gar nichts. Die frei-
illige Selbstverpflichtung ist damit gescheitert. Darum
rauchen wir ein Gleichstellungsgesetz für die Privat-
irtschaft.


(Beifall der Abg. Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE] – Ina Lenke [FDP]: Das kann es auch nicht sein!)


Ina, ich weiß, dass du es nicht willst.

Ohne ein Eingreifen des Staates wird Entgeltgleich-
eit nicht erreicht werden. – Dieser Satz stammt nicht
on mir. Das ist die Meinung der Bevölkerung zur Lohn-
iskriminierung in Deutschland. Die Bundesregierung
at diese Aussage im Rahmen einer großen Umfrage
ingeholt. Aber sie handelt trotzdem nicht. Nehmen Sie
as Ergebnis für bare Münze und handeln Sie, verehrte
olleginnen und Kollegen! Falls Sie nicht wissen, wie,
önnen Sie sich ja schon einmal an unserem Antrag ori-
ntieren.

Der Bund muss endlich als Vorbild vorangehen und
ie fortbestehenden Diskriminierungen im öffentlichen
arifsystem abbauen. Außerdem bedarf es eines echten
erbandsklagerechts. Mindestlöhne sind notwendig;
enn gerade die Frauen sind besonders oft im Niedrig-
ohnsektor beschäftigt. Aufgabe der Antidiskriminie-
ungsstelle sollte es nicht länger sein, als Sprachrohr der
undesregierung gegen eine vernünftige EU-Antidiskri-
inierungspolitik zu fungieren. Stattdessen muss sie in






(A) )



(B) )


Irmingard Schewe-Gerigk
den Unternehmen für geschlechtergerechte Bezahlung
werben. Das wäre die Aufgabe einer Antidiskriminie-
rungsstelle.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


– Beifall nahezu im ganzen Hause. –


(Heiterkeit des Abg. Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Die Ursachen direkter Lohndiskriminierung soll sie mit
einer Studie ans Tageslicht bringen. Die Ministerin hat
erst kürzlich gefordert, die Unternehmen sollten für
Transparenz bei den Gehältern sorgen. Gut so, Frau
Ministerin, aber von alleine werden die Unternehmen
das nicht umsetzen.

Wir waren vor kurzem mit einer Delegation des Frau-
enausschusses in Kanada. Dort haben wir uns davon
überzeugen können, wie durch ein Gesetz Entgeltgleich-
heit praktiziert wird. Es gibt weitere europäische Länder,
die entsprechende Gesetze haben. Es ist also kein Teu-
felszeug. Deshalb, meine Damen und Herren: Die Politik
darf beim Thema Entgeltgleichheit nicht länger nur den
Platz auf der Zuschauertribüne einnehmen, wie es heute
unser armer Bundestrainer unfreiwillig erleben muss.
Lassen Sie uns ins Geschehen eingreifen! Bringen wir
den Ball ins Rollen! Eine Anhörung könnte dazu ein ers-
ter Schritt sein.


(Ina Lenke [FDP]: Das ist gut!)


Da wir gerade bei Lohnungerechtigkeit und Fußball
sind: Vielleicht können wir bei dieser Gelegenheit auch
klären, warum eigentlich unsere Fußballweltmeisterin-
nen so viel weniger verdienen als unsere Herren, die es
bei der EM nur mit Mühe ins Viertelfinale geschafft ha-
ben.


(Ina Lenke [FDP]: Da gebe ich dir total recht!)


Ich danke Ihnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1616920100

Das Wort hat nun Eva Möllring, CDU/CSU-Fraktion.


Dr. Eva Möllring (CDU):
Rede ID: ID1616920200

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Liebe Kollegin Irmingard Schewe-Gerigk, die
Große Koalition ist zwar mächtig und kann eine Menge
machen, aber die Fußballtermine setzt sie noch nicht
fest.


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Wir arbeiten daran!)


Ich gebe Ihnen völlig recht: Die enormen Lohn- und
Gehaltsunterschiede schreien zum Himmel; das kann
uns nicht ruhen lassen. Da sind wir völlig einer Mei-
nung. Es ist in aller Munde – jeder weiß es –, dass die
deutschen Frauen 22 Prozent weniger verdienen als die
Männer und dass der europäische Durchschnitt bei

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(C (D 5 Prozent liegt. Diese Zahlen machen uns wütend. Wir ollen etwas dagegen tun. Am liebsten würden wir den chalter umdrehen und die ganze Problematik abstellen. Das versuchen Sie mit Ihrem Antrag. Sie fordern die inführung eines Mindestlohns. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)


ie beziehen sich auf die Friseurinnen und Floristinnen.
iebe Kolleginnen, das Friseurhandwerk ist einer der
enigen Berufe, in dem nun wirklich überhaupt kein
uro Differenz zwischen dem Verdienst der Frauen und
em der Männer besteht. Das Gleiche gilt für die Kassie-
erinnen und für Floristinnen: überall genau der gleiche
ohn für Männer wie für Frauen. Im Bäckerfachverkauf
erdienen Frauen sogar 30 Euro mehr als Männer. Des-
egen hat das Thema Mindestlohn in einem Antrag, in
em gleiche Löhne für Frauen und Männer gefordert
erden, nichts zu suchen. Darüber sollten Sie an anderer
telle diskutieren.

Wir von der Koalition haben am 7. März 2007 einen
ntrag vorgelegt, in dem wir die Situation umfassend
arstellen und die verschiedenen Ursachen aufzählen.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Jawohl!)


1 Maßnahmen haben wir vorgeschlagen und gefordert,
m die verschiedenen Stellschrauben deutlich zu ma-
hen, wie man dem zwischen Frauen und Männern be-
tehenden Lohngefälle beikommen kann.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Die Bundesregierung hat dies umgesetzt?)


Das erkläre ich gleich.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Okay!)


Die erste Stellschraube ist die Berufswahl junger
rauen; denn trotz eines guten Schulabschlusses ergrei-
en immer noch zu wenige Frauen technische und natur-
issenschaftliche Berufe. Deshalb begrüßen wir die Ini-

iative der Ministerin Schavan und verschiedener
irtschaftsverbände, den Anteil der Studienanfängerin-

en in den MINT-Berufen deutlich zu erhöhen. Der
tartschuss war in den letzten Wochen; ich bin dabei ge-
esen. Es fehlen immer noch 330 000 Akademikerinnen

n diesem Bereich, und der Fachkräftemangel wird im-
er größer. Deshalb ist es gerade für die Wirtschaft so
ichtig, dass sich Mädchen schon frühzeitig für Natur-
issenschaften und Technik interessieren. Das ist ein
olitisches Feld und kein Feld der Unternehmen und Ge-
erkschaften; denn es geht um Bildung, und da können
ir eine Menge tun. Dies gilt gerade für die Länder, wo
ir die jungen Mädchen in Kindertagesstätten, Grund-

chulen und im späteren Schulleben über die Pubertät
inaus für diese Fächer interessieren und motivieren
üssen, wenn sie Fähigkeiten in diesem Bereich haben.

Es ist völlig richtig, die Unternehmen, die fortschritt-
ich denken, an dieser Stelle mit ins Boot zu nehmen;
enn diese haben schon erkannt, dass ihnen das weibli-
he Potenzial fehlt. Die rechnen hoch und merken, dass






(A) )



(B) )


Dr. Eva Möllring
sie ihre Leistungen überhaupt nicht mehr erbringen kön-
nen, wenn es nicht mehr Frauen in diesem Bereich gibt.
– Das ist die zweite Stellschraube. Daran muss gedreht
werden; denn noch immer sind von den Topmanagern
nur 5,5 Prozent weiblich, und diese Zahl ist rückläufig.
Das macht mir Sorgen. Deswegen: Die Unternehmens-
verbände sind gefragt, dieses Thema positiv zu beglei-
ten. Sie sind gefragt, die freiwillige Vereinbarung zur
Förderung der Chancengleichheit umzusetzen, und zwar
schleunigst.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wie lange sollen wir denn noch warten?)


Sie sind gefragt, die Erfolge mit ihren Mitgliedsunter-
nehmen zu kommunizieren.

Die dritte wichtige Stellschraube in diesem Bereich
ist die Balance von Familie und Beruf. Da hat die Bun-
desregierung einen ganz großen Schritt gemacht und die
finanziellen Voraussetzungen für die Betreuung von
kleinen Kindern geschaffen.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Richtig! – Ute Kumpf [SPD]: Die CDU/CSU hat da 20 Jahre lang geschlafen!)


Die jungen Frauen werden zukünftig ganz andere Mög-
lichkeiten haben, in den Beruf einzusteigen und die Tä-
tigkeit auch dann fortzusetzen, wenn sie eine Familie
gründen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die Inanspruchnahme der Vätermonate zeigt, dass sich
auch Väter mehr für die Familie engagieren und sich
auch mehr engagieren wollen. Wir wollen die Zahl der
Vätermonate ausbauen.


(Ina Lenke [FDP]: Wie denn? Immer diese Ankündigungen!)


Damit ist ein wichtiger Teil der Rollentrennung, die wir
bisher praktizieren, überwunden; denn so werden die
Frauen mehr Chancen im Beruf haben.

Abschließend möchte ich eines ganz deutlich sagen:
Die Eingruppierung von Berufstätigkeiten von Frauen
und Männern ist nicht Sache der Bundesregierung und
nicht Sache des Staates. Das ist vielmehr die Angelegen-
heit der Tarifparteien, und zwar der Arbeitgeber und der
Gewerkschaften. Ich würde mir sehr wünschen, dass wir
viel mehr Frauen bei den Gewerkschaften hätten, die da-
für eintreten, die Erfolg haben und solche Rechte durch-
setzen. – Das ist die vierte Stellschraube.

Die Politik hat nicht die Möglichkeit, diese Felder di-
rekt zu steuern, aber sie hat die Aufgabe, die Rahmenbe-
dingungen in allen vier Feldern zu setzen. In Kanada ha-
ben wir von den Erfahrungen mit einem Gesetz zu Equal
Pay gehört. Wir haben auch gehört, dass es keine Erfolge
bringt.


(Ina Lenke [FDP]: Genau!)


Wir haben von der Gewerkschaftsvertreterin erfahren,
dass sie zwar jahrelang versucht hat, in einzelnen Fällen
tätig zu werden, dass sie aber – auch im Rahmen der

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(C (D ommunalen Stelle, die extra dafür gegründet wurde – eine Erfolge hat. Ich meine, dass wir mit unseren Maßahmen – auch mit der Antidiskriminierungsrichtlinie; as ist völlig richtig – auf einem guten Weg sind und Erolg haben werden. Frau Kollegin, Sie müssen bitte zum Schluss kom en. Danke schön fürs Zuhören. Nun hat Kollegin Ina Lenke, FDP-Fraktion, das Wort. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Grü en haben in ihrem Antrag die rechtlichen Voraussetzunen zur Durchsetzung der Entgeltgleichheit von Mänern und Frauen richtig dargestellt. Auch ihrer Analyse er Situation in Deutschland stimme ich zu. In unserer Gesellschaft – gerade wir Politikerinnen üssen uns das bewusst machen – werden die traditio ellen Geschlechterrollen immer noch als gegeben angeehen. Vor kurzem hat mich die Zuschrift einer Frau ereicht, die die Familienarbeit ausschließlich den Frauen uordnet. (Caren Marks [SPD]: Christa Müller! – Heiterkeit bei der SPD)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1616920300
Dr. Eva Möllring (CDU):
Rede ID: ID1616920400

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1616920500
Ina Lenke (FDP):
Rede ID: ID1616920600

as kann ich überhaupt nicht verstehen. Das zeigt, dass
ir viel besser kommunizieren müssen.

Diese Einstellung mag bei vielen Frauen noch immer
influss auf die Berufswahl haben. Viele junge Frauen
ollen natürlich Kinder haben und später Erwerbstätig-
eit und Familienarbeit miteinander vereinbaren. Frau
chewe-Gerigk, im Antrag der Grünen kommt meines
rachtens zum Ausdruck, dass die bestehenden Gesetze
en Zustand der Entgeltgleichheit für Männer und
rauen nicht verbessert haben.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil die Gesetze nicht ausreichen!)


er Irrglaube, dass es nur neuer Gesetze bedarf, um Ver-
alten zu ändern, hat nun auch die Grünen erreicht. Ich
abe Ihren Antrag ganz genau gelesen. Deshalb sage ich:
rau Schewe-Gerigk, Ihr Antrag, mit dem Sie ein
leichstellungsgesetz für den Bereich der Wirtschaft

ordern, zielt in die Leere.

Ich erinnere an das Bundesgleichstellungsgesetz, das
ür die Ministerien und den öffentlichen Dienst insge-
amt gilt. Was haben wir in einem Bericht über dieses
esetz lesen müssen? Die erleichterten Teilzeitregelun-
en bei gleichzeitiger Arbeitsplatzsicherheit im öffentli-
hen Dienst haben – darüber haben wir schon diskutiert –
icht dazu geführt, dass mehr Väter Teilzeitarbeit bean-
ragen, um Familienarbeit zu leisten.






(A) )



(B) )


Ina Lenke

(Zuruf der Abg. Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Im Gegenteil – Frau Schewe-Gerigk, das können Sie
nicht wegreden –: Im ersten Erfahrungsbericht der Bun-
desregierung heißt es wortwörtlich:

Teilzeitbeschäftigung im Bundesdienst war und ist
weiterhin Frauensache …

Und das zu 91 Prozent.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Was sollen wir denn dagegen tun? Sollen wir die Väter zwingen?)


Frau Schewe-Gerigk, trotz richtiger Analysen sind die
Forderungen in Ihrem Antrag in Teilen verfehlt und für
die FDP und mich nicht nachvollziehbar. Die FDP wird
Ihrer Forderung nach Mindestlöhnen und der Auswei-
tung des erst Ende 2006 eingeführten Allgemeinen
Gleichbehandlungsgesetzes nicht zustimmen.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Es ist ja schon von Ihnen kritisiert worden, dass wir das nicht richtig umgesetzt haben!)


Wir müssen erst einmal abwarten, wie das Gesetz wirkt.
Ich glaube, Sie werden dafür keine Mehrheit in diesem
Haus bekommen.


(Beifall bei der FDP)


Wenn man sich die Vorschläge genau ansieht, stellt
man fest, dass sie nicht geeignet sind, das Problem der
Entgeltungleichheit zu lösen. Sie haben festgestellt – das
müssen wir konzedieren –, dass Deutschland im Ver-
gleich mit allen 27 europäischen Ländern die rote La-
terne trägt, hinter der Slowakei, Estland und Zypern. Ich
finde, das ist einfach nur peinlich.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Was wollen Sie denn jetzt tun, Frau Lenke?)


Ich finde es nicht begründbar, dass ein Verkäufer im
Durchschnitt 2 050 Euro verdient, eine Verkäuferin aber
nur 1 656 Euro. Ein Kellner verdient 1 626 Euro im Mo-
nat im Durchschnitt, eine Kellnerin dagegen nur
1 453 Euro. Mich hat sehr nachdenklich gestimmt, dass
es sich die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitge-
berverbände sehr einfach macht, indem sie, wie einem
aktuellen Positionspapier vom März dieses Jahres zu
entnehmen ist, die Verantwortung auf den Staat und die
Frauen schiebt, ihre Verantwortung und die ihrer Mit-
gliedsunternehmen aber ausblendet. Wenn der BDA die
Verhältnisse wirklich verbessern will, dann sollte er nach
meiner Meinung dafür sorgen, dass junge Väter im Be-
trieb bei Krankheit des Kindes bis zu seinem zwölften
Lebensjahr Kinderkrankentage – jährlich zehn Kinder-
krankentage pro Vater und pro Mutter – in Anspruch
nehmen; er sollte offensiv für eine Elternzeit der jungen
Väter eintreten, die nicht im Glauben gelassen werden
dürfen, dies schade ihrer Karriere.

Zum Schluss möchte ich auf ein weiteres Problem,
die Entgeltungerechtigkeit, zu sprechen kommen. Dazu

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(C (D ehört nicht nur ein Vergleich der Bruttolöhne, sondern uch der Vergleich zwischen Bruttound Nettolohn. Die teuerklasse V sorgt für eine große Lücke zwischen ruttound Nettolohn. Wir haben schon lange gefordert, ie Steuerklasse V abzuschaffen und ein Anteilsverfahen einzuführen. Sie sehen vor, über das Jahressteuergeetz 2009 ein Anteilsverfahren einzuführen; eine vorgeehene Regelung im Jahressteuergesetz 2008 haben Sie ieder herausgenommen. Erst 2010 soll das Anteilsver ahren angewendet werden. (Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Da verweise ich Sie auf alte Protokolle, Frau Kollegin!)


ch halte es für schlimm, dass Sie die Frauen, deren Ein-
ommen in Steuerklasse V besteuert wird, so alleine las-
en. Wir wollen, dass das Anteilsverfahren nicht erst
010, sondern schon 2009 eingeführt wird. Ich finde, das
auert bei Ihnen zu lange.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Swen Schulz [Spandau] [SPD])


Ich komme jetzt zum Schluss. Wir müssen eine Ge-
amtstrategie für Frauen vor dem Berufseinstieg, wäh-
end der Erwerbstätigkeit und während der Familien-
hase entwickeln. Das Gleiche gilt für Männer, jedoch – –


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1616920700

Frau Kollegin, Sie müssen zum Ende kommen.


Ina Lenke (FDP):
Rede ID: ID1616920800

Ich komme zum Ende, möchte aber gerne die Männer

nsprechen; denn das Gleiche gilt für Männer, jedoch
nter anderen Vorzeichen.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1616920900

Sie müssen wirklich zum Ende kommen. Sie haben

hre Redezeit um 30 Prozent überschritten.


Ina Lenke (FDP):
Rede ID: ID1616921000

Ich freue mich auf die Diskussion im Ausschuss.


(Beifall bei der FDP – Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Hätten Sie die Steuerklasse V weggelassen, dann hätten Sie zu Ende reden können!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1616921100

Das Wort hat nun Renate Gradistanac, SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Renate Gradistanac (SPD):
Rede ID: ID1616921200

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Frau Dr. Möllring, am Anfang meiner Rede
öchte ich darauf hinweisen, dass Ihre Rede in großen
eilen die Ansichten in der Großen Koalition nicht wi-
ergespiegelt hat.


(Beifall der Abg. Christel Humme [SPD])


Vor 50 Jahren trat das Gleichberechtigungsgesetz in
raft. Ich freue mich, dass wir heute dank der Grünen






(A) )



(B) )


Renate Gradistanac
das Thema „Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit“ auf
der Tagesordnung haben. Damals, vor 50 Jahren, galt die
berufliche Arbeitsleistung von Männern als Normalleis-
tung, die von Frauen als Minderleistung. Mit folgenden
Argumenten haben die Arbeitsgerichte und die Arbeitge-
ber Verdienstunterschiede gerechtfertigt: Frauen seien
psychisch und physisch weniger belastbar als Männer.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Aha!)


Es entspreche der Psyche der Frau, dass sie die Hausar-
beit bevorzuge und darüber ihre beruflichen Pflichten
vernachlässige.


(Jürgen Kucharczyk [SPD]: Das soll es geben!)


Es sei die natürliche Bestimmung der Frau, sich der Ehe
und Familie zu widmen.

Heute argumentieren manche wieder genauso platt,
beispielsweise Eva Herman, Bischof Mixa oder Christa
Müller.


(Beifall bei der SPD)


Die Mehrheit der Bevölkerung ist da ganz anderer Mei-
nung.


(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Bei uns auch!)


– Das ist gut so. – Die Mehrheit der Bevölkerung aner-
kennt die berufliche Arbeitsleistung von Frauen als
gleichwertig. Eine überwältigende Mehrheit der Bevöl-
kerung – 92 Prozent – ist der Meinung, dass Frauen und
Männer für gleichwertige Arbeit selbstverständlich in
gleicher Höhe bezahlt werden sollten. Sie empfinden die
geringe Bezahlung für Frauen als unzeitgemäß, unge-
recht und diskriminierend.


(Beifall der Abg. Christel Humme [SPD] sowie des Abg. Johannes Singhammer [CDU/ CSU])


Der Verdienstabstand zwischen Frauen und Männern
ist über 50 Jahre hinweg kontinuierlich gesunken.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er wächst schon wieder!)


Dies ist aber nur scheinbar eine gute Nachricht; aktuelle
Daten zeigen einen unhaltbaren Zustand auf – wir haben
das schon mehrmals gehört, aber trotzdem ist es nicht
falsch –: Die Frauen in Europa verdienen im Durch-
schnitt 15 Prozent weniger als Männer; in Deutschland
– das ist ein Skandal – verdienen sie sogar 22 Prozent
weniger. Während der Gehaltsunterschied EU-weit seit
1995 um 2 Prozentpunkte gesunken ist, ist er bei uns um
1 Prozentpunkt angestiegen.


(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Sehr peinlich!)


Heutiges Fazit: Deutschland ist in der EU auf einem der
letzten Plätze angelangt.

Was heißt das nun konkret? Ein Maschinenbauinge-
nieur – jetzt möchte ich einmal diesen Bereich nennen –

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(C (D rhält im Monat 4 329 Euro, eine Maschinenbauingeieurin erhält nur 3 557 Euro. Sie hat also brutto 72 Euro weniger in der Tasche als ihr männlicher Kolege. (Ina Lenke [FDP]: Bei Steuerklasse V noch weniger! – Zuruf von der SPD: Ein Skandal!)


brigens gibt es zum Thema Lohndiskriminierung einen
emerkenswerten Spot der Bayerischen Staatsregierung
it dem Titel – ich empfehle Ihnen, ihn sich anzusehen –

Schluss mit dem Unsinn“. Apropos Schluss mit dem
nsinn: Um als CSU wirklich glaubwürdig zu sein,
üsste sich ihr frauenpolitischer Sprecher, mein lieber
ollege Herr Johannes Singhammer, auch hier im Deut-

chen Bundestag an die Spitze der Antidiskriminierungs-
ampagne stellen,


(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


indestens dahin, wo wir Feministinnen seit langem ste-
en. Beim Stichwort „Feministinnen“ schaue ich Ina
enke als Partnerin an.


(Ina Lenke [FDP]: Jawohl!)


Der Leitsatz „Gleicher Lohn für gleiche und gleich-
ertige Arbeit“ ist seit langem in unserem Rechtssystem
erankert. Mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsge-
etz haben wir dies noch bekräftigt. Benachteiligte kön-
en sich an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes
enden. Ich erwarte allerdings, dass sich diese unabhän-
ige Instanz in Zukunft weniger für die Interessen der
irtschaft, sondern verstärkt für eine diskriminierungs-

reie Entlohnung einsetzen wird.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten un-
erstützen an dieser Stelle die Forderung im Grünenan-
rag. Es gilt, zu prüfen, ob das Schweizer Modell ein
innvolles Instrument zur Beseitigung der Lohnunter-
chiede ist und übernommen werden kann. Dies findet
ich übrigens auch im rot-schwarzen Antrag „Chancen
on Frauen auf dem Arbeitsmarkt stärken“ wieder.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Eva Möllring [CDU/CSU]: Genau!)


Je größer ein Unternehmen, desto geringer ist der An-
eil von Frauen in Führungspositionen. Bei den hundert
rößten deutschen Unternehmen gibt es nur eine Frau im
orstand. Frauen – das wiederholen wir immer wieder –
toßen nach wie vor an die sogenannte gläserne Decke,
ie es für Männer nicht gibt. Seit 2001 gibt es die Ver-
inbarung zwischen der Bundesregierung und den Spit-
enverbänden der deutschen Wirtschaft zur Förderung
er Chancengleichheit von Frauen und Männern in der
rivatwirtschaft. Auch die dritte Chancengleichheitsbi-

anz zeigt, dass freiwillige Maßnahmen nicht zum Ziel
ühren, um Frauen in Führungspositionen zu bringen. Es
st daher höchste Zeit, verbindliche und wirksame In-
trumente zu entwickeln.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)







(A) )



(B) )


Renate Gradistanac
Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ste-
hen für ein Gleichstellungsgesetz in der Privatwirtschaft.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Norwegen und Spanien sind Vorbilder. Diese beiden Ge-
setze sehen unter anderem Quoten für die Besetzung von
Führungspositionen in privaten Unternehmen vor.

Bei der Durchsetzung von Entgeltgleichheit kommt
den Tarifpartnern eine entscheidende Rolle zu. Es ist
aber unsere Aufgabe im Parlament, hierfür Rahmenbe-
dingungen zu schaffen. Aus Sicht der Bevölkerung be-
steht Handlungsbedarf. Die Bevölkerung ist der Mei-
nung, dass Entgeltgleichheit ohne politische
Maßnahmen nicht zu erreichen ist. Frauen wollen fair
bezahlte und sozialversicherungspflichtige Beschäfti-
gungsverhältnisse. Sie brauchen sie zur Sicherung ihrer
Existenz und zum Aufbau eigenständiger Altersversor-
gung.

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wol-
len flächendeckende Mindestlöhne.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Schließlich sind 70 Prozent der Beschäftigten im Niedrig-
lohnsektor Frauen.

Das Steuerrecht in Deutschland, Frau Lenke, muss
umgestaltet werden.


(Ina Lenke [FDP]: Ja, genau!)


Ehegattensplitting und Steuerklasse V sind überholte
Modelle, die die Erwerbstätigkeit für verheiratete Frauen
unattraktiv machen.


(Caren Marks [SPD]: Weg mit Steuerklasse V! Das sagen Sie mal der Frauenministerin!)


Mit den Partnermonaten beim Elterngeld und dem
Rechtsanspruch auf Betreuung für alle Kinder ab eins
verbessern wir die Rahmenbedingungen zur Vereinbar-
keit von Familie und Beruf. Mit den Partnermonaten
beim Elterngeld schaffen wir erfolgreich Anreize für
Männer, berufliche Auszeiten für Familien- und Erzie-
hungsarbeit einzuplanen. Dies ist ein wichtiger Beitrag
zur Überwindung der Rollenklischees. Solange aber tra-
ditionelle Rollenbilder die Arbeitsaufteilung in der Fa-
milie bestimmen, ist es gerade für Frauen von großer Be-
deutung, dass die Kinderbetreuung ausgebaut wird.
Durch die Kinderbetreuung und nicht durch das Betreu-
ungsgeld wird echte Wahlfreiheit geschaffen.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN)


Die OECD-Studie „Babys und Bosse“ belegt ein-
drucksvoll, dass dieser Weg der richtige ist. In der
OECD haben nämlich die Länder die höchsten Gebur-
tenraten, in denen ein überdurchschnittlich hoher Anteil
von Frauen erwerbstätig ist.

Die Ursachen für Lohndiskriminierung sind vielfältig.
Frauen sind besser ausgebildet. Frauen verfügen aber
noch immer über geringere Berufs- und Aufstiegschan-
cen und somit über weniger soziale Absicherung als

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(C (D änner, und das allen gleichstellungsund arbeitsmarktolitischen Maßnahmen zum Trotz. Das ist ein gesamtesellschaftlicher Skandal, den wir uns angesichts des emografischen Wandels nicht leisten können. Gleichstellungspolitik ist eine Querschnittsaufgabe; (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE])


(Hedi Wegener [SPD]: Genau!)


ie Worte „Gender-Mainstreaming“ und „Gender-Bud-
eting“ – ich betone diese Worte – werden auch die
etzten noch lernen. Sie darf der Familienpolitik weder
ntergeordnet noch auf die Vereinbarkeit von Familie
nd Beruf reduziert werden.


(Hedi Wegener [SPD]: Das muss man der Ministerin auch einmal sagen!)


Es ist schade, dass die Bundeskanzlerin nicht hier ist.
er
Dr. Hermann Kues (CDU):
Rede ID: ID1616921300



(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Der macht das bestimmt! Der ist nämlich tüchtig!)


ir erwarten, dass die Kanzlerin das Thema Entgelt-
leichheit zur Chefsache macht, und zwar im Sinne des
amburger Grundsatzprogramms der SPD: „Wer die
enschliche Gesellschaft will, muss die männliche über-
inden.“

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und der Abg. Ina Lenke [FDP] – Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Renate, du bist doch sonst nicht so streng!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1616921400

Das Wort hat nun Kirsten Tackmann, Fraktion Die

inke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616921500

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Gäste! Liebe

olleginnen und Kollegen! Skandalöse 22 Prozent ver-
ienen Frauen in Deutschland weniger als Männer. Da-
it gehört das reiche Deutschland zu den Schlusslich-

ern in der EU-27; das wurde schon erwähnt. Dabei ist es
ür mehr als 90 Prozent aller Menschen in diesem Land
elbstverständlich, dass Frauen und Männer gleich viel
erdienen sollten. Der Handlungsauftrag an uns ist also
indeutig. Den Anfang könnten wir – das ist schon ge-
agt worden – mit der Einführung eines gesetzlichen

indestlohns machen. Im Bundestagswahlkampf 2005
ar die Linke mit dieser Forderung noch relativ einsam.
nterdessen gibt es dafür eine parlamentarische Mehr-
eit. Es fehlen allerdings noch die Konsequenzen.

Zum Zusammenhang zwischen Mindestlöhnen und
er Bekämpfung der Lohndiskriminierung von Frauen
aben wir eine Kleine Anfrage gestellt. Ich zitiere aus
er nichtssagenden Antwort der Bundesregierung:






(A) )



(B) )


Dr. Kirsten Tackmann
Der Einkommensabstand zwischen Frauen und
Männern fußt auf vielfältigen, vor allem mittelba-
ren Ursachen. Lösungsstrategien sollen deshalb ge-
zielt an den Ursachen ansetzen.

Genau diese Lösungsstrategien fehlen.

Stattdessen lässt die Frauenministerin, die eigentlich
eher Familienministerin ist, nur die Einstellungen der
Menschen zur Diskriminierung untersuchen. Nicht, dass
das uninteressant wäre; aber viel dringender brauchen
wir wirksame Handlungsstrategien für die 22 Eurocent,
die am Frauen-Euro fehlen.

Was tut die Bundesregierung zum Beispiel gegen die
systematische Unterbewertung typischer Frauenberufe
und -tätigkeiten? Warum findet sie sich damit ab, dass
Kfz-Mechaniker besser bezahlt werden als Kindergärt-
nerinnen und Kassiererinnen schlechter als Lagerarbei-
ter? Ich weiß, dass es schwierig ist, systematische Lohn-
diskriminierungen bei gleichwertiger Arbeit zu
bekämpfen. Denn sie fußen auf Geschlechterrollen, die
in unserer Gesellschaft offensichtlich nach wie vor tief
verankert sind.

Die US-amerikanischen Sozialpsychologinnen Shepela
und Viviano haben es auf den Punkt gebracht – Zitat –:

Frauen verdienen weniger, weil sie Frauenarbeiten
verrichten, und Frauenarbeiten werden geringer be-
zahlt, weil sie von Frauen ausgeübt werden.

Angeblich sind Frauenberufe weniger produktiv. Die
Wahrheit ist: Viele Fähigkeiten und Leistungen fehlen
bei der Bewertung ihrer Arbeit und fallen einfach unter
den Tisch.


(Hedi Wegener [SPD]: Das stimmt!)


Ein Beispiel: Einfühlungsvermögen und Sozialkom-
petenz werden bei Frauen als natürlich gegeben voraus-
gesetzt und nicht bezahlt. Bei männlichen Managern da-
gegen werden sie als wertvolle Zusatzqualifikationen
geschätzt und zusätzlich vergütet. Das ist absurd.

Bei der Ausschussreise nach Kanada haben wir gese-
hen, dass es durch eine höhere Bewertung von Qualifi-
kation, psychischer Belastung und Verantwortung sehr
wohl möglich ist, die Lohnungerechtigkeit schrittweise
zu überwinden.

Nicht weniger absurd ist die Tatsache, dass Frauen in
Unternehmen ohnehin nur die schlechter bezahlten Jobs
bekommen. Für die Linke steht fest: Daran kann man
nur durch gesetzliche Regelungen etwas ändern. Dazu
gehört für uns – diese Forderung fehlt im Antrag der
Grünen leider – ein Gesetz zur Gleichstellung von Män-
nern und Frauen in der Privatwirtschaft.


(Ina Lenke [FDP]: Wenn das schon im öffentlichen Dienst nichts bringt, was soll das dann in der Privatwirtschaft bringen?)


Ein solches Gesetz brauchen wir dringend. Leider sieht
auch diese Bundesregierung keinen Handlungsbedarf.
Ich zitiere aus der 2. Bilanz Chancengleichheit:

Bundesregierung und Wirtschaft sind sich … einig,
dass es … keiner weiteren gesetzlichen Regelungen

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(C (D zur Gleichbehandlung von Frauen und Männern im Erwerbsleben bedarf. ngesichts des Diskriminierungsalltags ist dieser Beund absurd. Es geht uns nicht um Sonderrechte für Frauen, es geht ns um ein Gesetz, mit dem Diskriminierung von Frauen m Arbeitsplatz verhindert wird. igentlich geht es um mehr: Es geht nicht um die Abweenheit von Diskriminierung, es geht um wirkliche leichstellung; aber der Weg dorthin ist noch viel länger. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Das Wort hat nun Ingrid Fischbach, CDU/CSU-Frak ion. (Beifall bei der CDU/CSU – Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So viel Beifall – dafür, dass man nichts macht!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1616921600


Ingrid Fischbach (CDU):
Rede ID: ID1616921700

Wer sieben Jahre lang die Möglichkeit hatte, all das,

as er hier großmundig einfordert, umzusetzen, das aber
icht geschafft hat, sollte ganz still sein, Frau Schewe-
erigk! Ich komme gleich noch zu Ihnen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-
en! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Frau Gradistanac,
ch bin froh, dass ich sagen kann: Auch Sie haben nicht
ür die Koalition gesprochen.


(Renate Gradistanac [SPD]: Ja!)


ir Frauen in der Union können gleichberechtigt sein,
hne Feministinnen sein zu müssen.


(Caren Marks [SPD]: Wir sind weiter!)


Ob Sie weiter sind, weiß ich nicht. – Wir schaffen die
leichberechtigte Teilhabe auch anders.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Das sieht man! – Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In welchem Jahr denn? – Zurufe von der SPD)


Ich habe anscheinend in ein Wespennest gestochen; es
uss also etwas dran sein.


(Caren Marks [SPD]: Frauenverrat! – Jürgen Kucharczyk [SPD]: Die Union wusste noch nicht einmal, wie Gleichberechtigung geschrieben wird, als sich die SPD mit diesem Thema zu befassen begann!)


Ich musste mich über Ihren Antrag schon wundern,
rau Schewe-Gerigk. Sie fordern Studien, Kampagnen,
lles soll noch einmal erforscht werden.






(A) )



(B) )


Ingrid Fischbach

(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Und was tun Sie?)


All das, was gesagt worden ist – da sind wir uns doch ei-
nig –,


(Ina Lenke [FDP]: Aber nicht die Grünen!)


ist lange bekannt.


(Angelika Graf [Rosenheim] [SPD]: Eben!)


Sie wollen weitere Studien. Wo sollen diese Studien ge-
macht werden? Irgendwann muss es einmal gut sein!
Wir brauchen nicht noch mehr Studien.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir müssen in der Tat Lösungen für das Problem ent-
wickeln. Wir wollen, dass Frauen für gleichwertige Ar-
beit das Gleiche wie ihre männlichen Kollegen verdie-
nen. Punkt!


(Beifall bei der CDU/CSU)


In dieser Hinsicht sind wir vollkommen einer Meinung.
Das schaffen wir aber nicht mit dem Mindestlohn. Sie
beide, Rot und Grün, haben gerade lauthals verkündet,
dass es eigentlich darum geht, dass Frauen in höheren
Positionen, in den Chefetagen viel weniger verdienen.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Es geht uns auch um Frauen mit niedrigem Einkommen! – Ute Kumpf [SPD]: Mindestlohn!)


40 Jahre Mindestlohn von 7,50 Euro bei 40 Wochen-
stunden Arbeit,


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Die Friseurin hier in Mitte kriegt 3,86 Euro!)


wissen Sie, was da rauskommt, Frau Schewe-Gerigk?
20 Euro unter Hartz IV; so viel zum Mindestlohn. Der
Mindestlohn löst das Problem der Entgeltungleichheit
nicht. Er ist absoluter Quatsch; außerdem passt er als Ar-
gument nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Sie tun in Ihrem Antrag so – Frau Gradistanac hat in
die gleiche Kerbe geschlagen –, als hätte die Politik die
Möglichkeit, diese Ungleichheit mit einem Schlag zu be-
seitigen.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Im öffentlichen Dienst jedenfalls!)


Wenn das so einfach ist, Frau Schewe-Gerigk, warum
haben Sie die Chance, diese Ungleichheit zu beseitigen,
sieben Jahre lang nicht genutzt?


(Beifall bei der CDU/CSU – Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ging nicht!)


Frau Gradistanac, warum haben Sie denn eine freiwillige
Vereinbarung unterzeichnet, warum haben Sie nicht
gleich eine gesetzliche Regelung geschaffen? Ihr Bun-

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(C (D eskanzler hätte das doch sicherlich sofort zur Chefsahe gemacht, wenn es ihm wichtig gewesen wäre. Man uss sich immer an die eigene Nase fassen! (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ute Kumpf [SPD]: Unter der Regierung Kohl war der Abstand viel größer: Er lag bei 35 Prozent! – Renate Gradistanac [SPD]: Machen Sie einmal eigene Vorschläge, Frau Fischbach! – Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Schwach, schwach!)


Meine Damen und Herren, sehen Sie doch einmal die
rsachen dafür, dass wir diese Entgeltungleichheit ha-
en:


(Angelika Graf [Rosenheim] [SPD]: Jetzt wird sie gleich erzählen, wie die CDU/CSU das lösen will!)


Prozent des Unterschieds sind darauf zurückzuführen,
ass Frauen zu viele Erwerbsunterbrechungen haben.

Die Bundesregierung ist mit der Großen Koalition
etzt auf dem richtigen Wege. Wir sagen nämlich, dass
ir mit dem Elterngeld Frauen und jungen Familien hel-

en wollen, schneller wieder in den Beruf zu kommen,
m diese Erwerbsunterbrechungen zu verkürzen. Das ist
in guter Weg, der auch angenommen wird, und das ist
in erster Schritt, der dazu beitragen wird, diese Un-
leichheit zu beseitigen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Jürgen Kucharczyk [SPD]: Aber 20 Jahre zu spät bei der Union! Frau Fischbach, vor 20 Jahren wäre der richtige Zeitpunkt gewesen!)


Frau Schewe-Gerigk, dies steht überhaupt nicht in Ih-
em Antrag. Es ist so, als sei es für Sie überhaupt kein
hema, daran zu arbeiten, die Ungleichheit beim Entgelt
u beseitigen. Ich denke, das ist der Punkt.

Genauso wichtig ist es, dass wir uns damit beschäfti-
en, den Wiedereinstieg der Frauen zu ermöglichen, so-
ass sie nach einer Familienphase die Möglichkeit ha-
en, so schnell wie möglich wieder in den Beruf
inzusteigen, wenn sie das wollen.


(Ute Kumpf [SPD]: Immer noch das Dreiphasenmodell! Sie sollen gar nicht aussteigen!)


Sie wollen wieder die Hoheit haben, und zwar nicht
ur über die Kinderbetten, sondern jetzt auch über die
rauen. Es ist doch gut: Lassen Sie die Familien und die
rauen doch selber entscheiden, wie sie das tun wollen;
ir stellen den Rahmen dafür zur Verfügung.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Schön wäre es, wenn sie selber entscheiden könnten!)


Ich bin wirklich froh, dass wir an dieser Stelle unter-
chiedlicher Auffassung darüber sind, wie das Problem
u beheben ist.


(Caren Marks [SPD]: Deswegen wählen die Frauen auch nicht überwiegend die CDU in diesem Land!)







(A) )



(B) )


Ingrid Fischbach
Eines ist sicher – davon können Sie ausgehen –: Die
CDU/CSU-Bundestagsfraktion wird alles in ihrer Macht
Stehende dafür tun, diese Ungleichheiten zu bekämpfen,
sie aufzuheben und dafür zu sorgen, dass die Frauen für
die gleiche Arbeit den gleichen Lohn bekommen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1616921800

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 16/8784 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe,
möchte ich, wie interfraktionell vereinbart, noch einmal
zurück zu Tagesordnungspunkt 4 a sowie zu den
Zusatzpunkten 1 und 2 kommen, soweit sie heute Mor-
gen noch nicht erledigt wurden. – Ich sehe, Sie sind da-
mit einverstanden. Es handelt sich um die Überweisungen
von drei Vorlagen. Interfraktionell wird Überweisung die-
ser Vorlagen auf den Drucksachen 16/7600, 16/9593 und
16/9602 an die in der Tagesordnung aufgeführten Aus-
schüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? –
Das ist der Fall. Dann sind die Überweisungen so be-
schlossen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich rufe nun eine
ganze Reihe von Tagesordnungspunkten auf, bei denen
in unserem gemeinsamen Interesse die Reden zu Proto-
koll gegeben worden sind. Sie müssen mir jetzt also auf-
merksam zuhören.


(Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU]: Wie immer!)


Ich rufe die Tagesordnungspunkte 13 a und 13 b auf:

a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-
rung des Fünften Vermögensbildungsgesetzes

– Drucksache 16/9560 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Priska
Hinz (Herborn), Dr. Gerhard Schick, Kai
Gehring, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Bildungssparen als ein Baustein zur Förde-
rung lebenslangen Lernens

– Drucksache 16/9349 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales

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1)

2)

(C (D Die Reden von folgenden Kolleginnen und Kollegen ind, wie interfraktionell vorgeschlagen, zu Protokoll geeben worden: Alexander Dobrindt, Ute Berg, Dr. Ernst ieter Rossmann, Patrick Meinhardt, Ulrike Flach, olker Schneider, Priska Hinz und Andreas Storm.1)


Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
en Drucksachen 16/9560 und 16/9349 an die in der Ta-
esordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
ibt es dazu anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht
er Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 14 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Horst
Friedrich (Bayreuth), Patrick Döring, Joachim
Günther (Plauen), weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der FDP

Keine Erhöhung der Lkw-Maut ohne vorhe-
rige Harmonisierung der Wettbewerbsbedin-
gungen

– Drucksache 16/9344 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Tourismus
Haushaltsausschuss

Interfraktionell ist vorgeschlagen, dass die Reden der
ollegen Wilhelm Josef Sebastian, Jörg Vogelsänger,

an Mücke, Lutz Heilmann und Winfried Hermann zu
rotokoll gegeben werden.2)

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 16/9344 an die in der Tagesordnung aufge-

ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
o beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 15 auf:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Ergänzung der Bekämpfung der Geldwä-
sche und der Terrorismusfinanzierung

(Geldwäschebekämpfungsergänzungsgesetz – GwBekErgG)


– Drucksachen 16/9038, 16/9080 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenaus-
schusses (4. Ausschuss)


– Drucksache 16/9631 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Helmut Brandt
Frank Hofmann (Volkach)

Gisela Piltz
Ulla Jelpke
Wolfgang Wieland

Anlage 2
Anlage 3






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse
Hierzu liegt ein Entschließungsantrag der Fraktion
der FDP vor.

Interfraktionell ist vereinbart worden, die Reden zu
Protokoll zugeben. Es handelt sich um die Reden folgen-
der Kollegin und folgender Kollegen: Helmut Brandt,
Frank Hofmann, Frank Schäffler, Ulla Jelpke und
Wolfgang Wieland.1)

Wir kommen damit zur Abstimmung. Der Innenaus-
schuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 16/9631, den Gesetzentwurf der Bundesre-
gierung auf den Drucksachen 16/9038 und 16/9080 in
der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen,
die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustim-
men wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dage-
gen? – Wer enthält sich? – Der Gesetzentwurf ist damit
in zweiter Beratung mit den Stimmen von CDU/CSU
und SPD gegen die Stimmen der Linkspartei bei Stimm-
enthaltung von FDP und Grünen angenommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzent-
wurf ist mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD ge-
gen die Stimmen der FDP und der Linken bei Stimment-
haltung der Grünen angenommen.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der
Fraktion der FDP auf Drucksache 16/9647. Wer stimmt
für diesen Entschließungsantrag? – Wer stimmt dage-
gen? – Enthaltungen? – Der Entschließungsantrag ist mit
den Stimmen von CDU/CSU und SPD gegen die Stim-
men der FDP bei Stimmenthaltung von Linkspartei und
Grünen abgelehnt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 16 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten
Wolfgang Gehrcke, Monika Knoche, Hüseyin-
Kenan Aydin, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion DIE LINKE

Den Prozess von Annapolis durch eigenstän-
dige Initiativen unterstützen

– Drucksache 16/9483 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Reden der
Kollegen Holger Haibach, Niels Annen, Harald
Leibrecht, Wolfgang Gehrcke und Kerstin Müller zu
Protokoll zu geben.2)

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 16/9483 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-

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1) Anlage 4
2) Anlage 5 3)

(C (D erstanden? – Das ist offensichtlich der Fall. Dann ist ie Überweisung so beschlossen. Ich rufe Tagesordnungspunkt 17 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe – zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD Das Recht auf Meinungsund Pressefreiheit weltweit durchsetzen und der Internetzensur entgegentreten – zu dem Antrag der Abgeordneten Volker Beck Bettin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Pressefreiheit als Fundament für die Demokratie – Drucksachen 16/8871, 16/3613, 16/9587 – Berichterstattung: Abgeordnete Holger Haibach Christoph Strässer Florian Toncar Michael Leutert Volker Beck Interfraktionell ist vorgeschlagen, die Reden zu iesem Tagesordnungspunkt zu Protokoll zu geben. – ie sind damit einverstanden. Die Kollegen Holger aibach, Herta Däubler-Gmelin, Florian Toncar, ichael Leutert und Volker Beck haben ihre Reden zu rotokoll gegeben.3)


(Köln), Marieluise Beck (Bremen), Grietje


Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-
chusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe auf
rucksache 16/9587. Der Ausschuss empfiehlt unter
uchstabe a seiner Beschlussempfehlung die Annahme
es Antrags der Fraktionen von CDU/CSU und SPD auf
rucksache 16/8871. Wer stimmt für diese Beschluss-

mpfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? –
ie Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen von
DU/CSU, SPD und FDP bei Enthaltung der Linkspar-

ei und der Grünen angenommen.

Unter Buchstabe b empfiehlt der Ausschuss die Ab-
ehnung des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grü-
en auf Drucksache 16/3613. Wer stimmt für diese Be-
chlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? –
nthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den
timmen von CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen
on Linkspartei und Grünen bei Stimmenthaltung der
DP angenommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 12 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Nicole
Maisch, Peter Hettlich, Rainder Steenblock, wei-

Anlage 6






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse
terer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Erarbeitung einer nationalen Strategie für den
Erhalt der Gewässerbiodiversität und zur
Flankierung der Umsetzung der EG-Wasser-
rahmenrichtlinie in den Bundesländern

– Drucksache 16/9359 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

Interfraktionell ist vorgeschlagen, die Reden der Kol-
legen Ulrich Petzold, Petra Bierwirth, Horst Meierhofer,
Eva Bulling-Schröter und Nicole Maisch zu Protokoll zu
geben.1)

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 16/9359 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 19 a und 19 b auf:

a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für wirtschaftliche Zu-
sammenarbeit und Entwicklung (19. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Jürgen Klimke,
Dr. Christian Ruck, Maria Eichhorn, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie
der Abgeordneten Dr. Sascha Raabe, Gregor
Amann, Sabine Bätzing, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der SPD

Nationale und internationale Maßnahmen für
einen verbesserten Kampf gegen Drogenhan-
del und -anbau in Entwicklungsländern

– Drucksachen 16/8776, 16/9539 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Jürgen Klimke
Dr. Sascha Raabe
Hellmut Königshaus
Hüseyin-Kenan Aydin
Ute Koczy

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(3. Ausschuss)

Knoche, Hüseyin-Kenan Aydin, Dr. Diether
Dehm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
DIE LINKE

Afghanistan eine Chance für legalen lizenzier-
ten Mohnanbau geben – Drogenmafia wirk-
sam bekämpfen

– Drucksachen 16/7525, 16/9153 –

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1) Anlage 7 2)

(C (D Berichterstattung: Abgeordnete Bernd Schmidbauer Detlef Dzembritzki Dr. Werner Hoyer Wolfgang Gehrcke Kerstin Müller Interfraktionell ist vorgeschlagen, die Reden zu Prookoll zu geben, und zwar von folgenden Kollegen: ürgen Klimke, Sabine Bätzing, Sascha Raabe, Hellmut önigshaus, Monika Knoche und Ute Koczy.2)


Wir kommen zur Abstimmung. Tagesordnungs-
unkt 19 a. Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusam-
enarbeit und Entwicklung empfiehlt in seiner Be-

chlussempfehlung auf Drucksache 16/9539, den Antrag
er Fraktionen der CDU/CSU und SPD auf Drucksache
6/8776 anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschluss-
mpfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? –
ie Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen von
DU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Grünen bei
nthaltung von FDP und Linkspartei angenommen.

Tagesordnungspunkt 19 b: Der Auswärtige Ausschuss
mpfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa-
he 16/9153, den Antrag der Fraktion Die Linke auf
rucksache 16/7525 abzulehnen. Wer stimmt für diese
eschlussempfehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? –
ie Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen des Hau-

es gegen die Stimmen der Fraktion Die Linke angenom-
en.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 20 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Paul K.
Friedhoff, Dr. Karl Addicks, Rainer Brüderle,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Sozialverträgliche Beendigung des subventio-
nierten Steinkohlebergbaus beschleunigen
– Drucksache 16/8772 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, werden die
eden zu Protokoll genommen, und zwar von den Kol-

egen Joachim Pfeiffer, Rolf Hempelmann, Paul
riedhoff, Ulla Lötzer und Kerstin Andreae.


Dr. Joachim Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1616921900

Das starke, durch den Steinkohleabbau verursachte

rdbeben am 23. Februar 2008 im Saarland hat uns alle
etroffen gemacht. Die CDU-Landesregierung des Saar-
andes hat unmittelbar reagiert und mit der Verfügung
es unbefristeten Abbaustopps verdeutlicht, dass die
icherheit der Bürger an erster Stelle steht. Auch die Bun-
esregierung reagierte auf die Vorkommnisse: Ursprüng-
ich war für das Bergwerk im Saarland ein Ausstieg im
ahre 2014 vorgesehen. Dieser wird jetzt im Einverneh-
en mit dem betroffenen Unternehmen, der RAG Deut-

che Steinkohle AG, RAG, auf 2012 vorverlegt.
Nun zu Ihrem Antrag: Ein beschleunigter Ausstieg aus

em Steinkohlebergbau, wie Sie ihn fordern, schießt über

Anlage 8


(A) )



(B) )

das Ziel hinaus und ist kontraproduktiv. Die Koalition hat
erst am 20. Dezember 2007 das Gesetz zur Steinkohlefi-
nanzierung beschlossen und damit eine Grundlage für
den Ausstieg aus der staatlichen Dauersubventionierung
gelegt. Mir ist es wichtig, hervorzuheben, dass wir die
Entscheidung über die Zukunft der deutschen Steinkohle
in einem breiten Konsens mit allen Beteiligten – ein-
schließlich der Gewerkschaft – getroffen haben. Die sub-
ventionierte Förderung der Steinkohle in Deutschland
wird bis spätestens 2018 sozialverträglich beendet. Ziel
des Gesetzes ist es, einen sozialverträglichen Ausstieg
aus der Steinkohlefinanzierung ohne betriebsbedingte
Kündigungen zu erreichen. Es ist ein Fahrplan zur Been-
digung der staatlichen Dauersubventionen für den Stein-
kohlebergbau, der einen vollständigen Ausstieg bis spä-
testens 2018 vorsieht. Gleichzeitig schaffen wir damit
eine Lösung, die die Ewigkeitslasten wie Bergbauschä-
den, Wasserhaltung etc. dauerhaft und abschließend in
Form eines Stiftungsmodells regelt. Das Steinkohlefinan-
zierungsgesetz ist daher in der Tat ordnungspolitisch eine
wichtige Grundsatzentscheidung. Damit wird der größte
Subventionsabbau in der Geschichte der Bundesrepublik
auf den Weg gebracht. Gleichzeitig ist es uns gelungen,
einen sozialverträglichen Rahmen zu vereinbaren. Die
Große Koalition hat mit diesem historischen Beschluss
einmal mehr ihre Handlungsfähigkeit bewiesen. Die be-
troffenen Bergbauregionen starten jetzt in einen zukunfts-
gerichteten Strukturwandel. Die nötigen Mittel sind frei-
gegeben. Die Große Koalition hat ihre Hausaufgaben
gemacht und den notwendigen staatlichen Rahmen ge-
setzt, in dem die Unternehmen frei agieren können. Es ist
ihnen unbenommen, den Steinkohleabbau auch früher zu
beenden. Es ist weise und eine demokratische Selbstver-
ständlichkeit, dass der Deutsche Bundestag zum festge-
schriebenen Zeitpunkt 2012 überprüft, ob die heutigen
energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen weiterhin
Bestand haben. In den letzten 50 Jahren hat die Subven-
tionspolitik im Steinkohlebereich den Steuerzahler rund
125 Mil-liarden Euro gekostet. Statt weiter Jahr für Jahr
mehr als 2 Milliarden Euro in Erhaltungssubventionen zu
stecken, setzen wir ein strategisches Signal für die Zu-
kunft. Dies ist eine Entscheidung für den Standort
Deutschland. Sie zeigt, dass wir in der Lage sind, mo-
derne und zukunftsgerichtete Strukturen in unserem Land
zu schaffen. Für die Union ist von Bedeutung, dass Pla-
nungssicherheit bei den Unternehmen geschaffen wurde.
Sie können sich jetzt auf die veränderten Bedingungen
einstellen und selbst über den Zeitpunkt der Beendigung
des Steinkohleabbaus entscheiden. So ist endlich der Weg
für die Umstrukturierung des ehemaligen RAG-Konzerns
frei geworden. Den Sparten des weißen Bereichs, also al-
les außer Kohle, wurde in seinem neuen Outfit als Evonik
die nötige Perspektive für die weitere Entwicklung gege-
ben. Der Börsengang ist dabei ein wichtiger Schritt. Da-
mit erhält der Konzern Zugang zum Kapitalmarkt.
Gleichzeitig werden über die Stiftung die Mittel für die Fi-
nanzierung der Ewigkeitslasten des Bergbaus wie Dauer-
bergschäden und Wasserhaltung aufgebracht und durch
die Revierländer abgesichert. Die deutsche Bergbauma-
schinenindustrie und deren Zulieferer sind nicht mehr auf
den deutschen Kohlebergbau angewiesen. Die Bergbau-
maschinenindustrie hat ihre Referenzen heute überwie-

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Zu Protokoll ge

(C (D end im Ausland und braucht keinen heimischen Bergau, um ihre Zukunft abzusichern. Auch die Bergleute ehen mit sicherer Planung in die Zukunft. Sie wissen, ass es keine betriebsbedingten Kündigungen geben wird nd sie nicht um ihren Job fürchten müssen. Zusammenfassend halte ich fest: Mir ist es wichtig, ass wir einen Konsens mit allen Beteiligten – Beschäfigten, Unternehmen und der Politik – erreicht und auch in klares Ziel festgelegt haben. Deutschland steigt aus inem subventionierten Steinkohlebergbau aus. Gleicheitig haben die Vorkommnisse im Saarland vom 3. Februar 2008, durch die Vorverlegung des Ausstiegsatums auf 2012, gezeigt, dass das von der Koalition bechlossene Paket auf solche Ereignisse flexibel reagieren ann, ohne das Ziel der Sozialverträglichkeit aus den Auen zu verlieren und die Planungssicherheit zu gefähren. Ein beschleunigter Ausstieg aus der Steinkohlefinanierung, wie ihn der Antrag der FDP-Fraktion fordert, ist aher nicht notwendig und würde zusätzlich zu Verunsiherung bei den Unternehmen und den Bergleuten fühen. Aus diesem Grund lehnt die CDU/CSU-Bundestagsraktion den Antrag der FDP ab. Mit dem uns heute vorliegenden Antrag für eine be chleunigte Beendigung des subventionierten deutschen teinkohlenbergbaus unternimmt die FDP-Fraktion ein eicht durchschaubares Manöver. Sie versucht, ein im ergangenen Jahr nach schwierigen Verhandlungen erolgreich geklärtes Streitthema wiederzubeleben und in hrem Sinne parteitaktisch zu instrumentalisieren. Schon aus diesem Grund macht es Sinn, sich das Erebnis der kohlepolitischen Verständigung vom Frühjahr 007 noch einmal ins Gedächtnis zu rufen. Damals ist wischen dem Bund, den Kohleländern NRW und Saarand, der IG BCE und der RAG AG vereinbart worden, en subventionierten deutschen Steinkohlenbergbau bis um Jahr 2018 sozialverträglich, das heißt ohne betriebsedingte Kündigungen, auslaufen zu lassen. Diesem Daum 2018 haben alle Beteiligten, also auch die NRW-Lanesregierung, der die FDP ja bekanntlich angehört, usdrücklich zugestimmt. Heute, also gerade einmal eineinhalb Jahre später, das emeinsam vereinbarte und in der Zwischenzeit mit dem teinkohlefinanzierungsgesetz in Rechtsform gegossene ompromissmodell infrage zu stellen, ist gewiss kein usweis besonderer politischer Verlässlichkeit. Auch eshalb werden wir der FDP derartige taktische Spieleeien nicht durchgehen lassen. Ein vorgezogenes Ende es deutschen Steinkohlebergbaus, das die gesamte Arhitektonik des seinerzeitigen Kompromisses durcheinaner brächte, ist mit uns nicht zu haben! Ich will vielmehr n den zweiten wesentlichen Einigungspunkt der kohleolitischen Verständigung erinnern. Bestandteil der Verinbarung war ja nicht etwa ein unkonditioniertes Ende es subventionierten deutschen Steinkohlenbergbaus früestens im Jahr 2018, sondern auch eine allgemeine Reisionsklausel. Diese besagt, dass die Entscheidung über in mögliches Auslaufen des Bergbaus sechs Jahre vor em festgelegten Auslaufdatum – also 2012 – im Lichte Dr. Joachim Pfeiffer gebene Reden der dann aktuellen energiewirtschaftlichen Erkenntnisse und unter Berücksichtigung des energiepolitischen Ziels der Versorgungssicherheit noch einmal überprüft wird. Auch wenn einige Debattenteilnehmer und zuletzt auch noch einmal der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers meinen, diese Revisionsklausel sei keine reale Option, sage ich an dieser Stelle ganz deutlich: Die an den Verhandlungen beteiligte SPD-Seite hat diese Klausel – übrigens genauso wie die IG BCE und vor allem die direkt betroffenen Bergleute und ihre Familien – sehr ernst gemeint. Und sie sieht sich durch die Entwicklung der vergangenen zwölf Monate in ihrer Einschätzung durchaus bestätigt. Die weltweit steigenden Preise für fossile Energieträger, die die Menschen gegenwärtig vor allem an den Tankstellen in ihrem Geldbeutel zu spüren bekommen, machen auch vor der Steinkohle nicht halt. Mehr als deutlich wird dies im Blick auf die aktuelle Entwicklung der Preise für Kokskohle. Hier haben sich die Preise innerhalb eines guten Jahres nahezu verdreifacht – auf ein Niveau von aktuell beinahe 300 US-Dollar pro Tonne. Eine solch rasante Entwicklung der Weltmarktpreise hätten noch vor einiger Zeit sicherlich nur die wenigsten – insbesondere bei den selbsternannten Experten von der FDP – für möglich gehalten. Sie ist aber Realität, und sie belegt, dass es energiepolitisch sinnvoll gewesen ist, für den Fall einer zunehmenden Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Steinkohleförderung eine echte Revisionsklausel für das Jahr 2012 zu verankern und auch an dieser festzuhalten. Vor diesem Hintergrund begrüße ich ausdrücklich die in der vergangenen Woche vom Aufsichtsrat der RAG beschlossene Bergbauplanung bis zum Jahr 2012. Der Beschluss sieht über die bereits feststehenden Schließungen der Bergwerke Walsum die Förderung ursprünglich bereits Ende 2009 einstellen sollte, ist eine Verlängerung der Laufzeit bis zum 30. September 2010 vereinbart worden. Diese Entscheidung des Aufsichtsrats, mit der die Weichen für eine Förderung von noch 12 Millionen Tonnen deutscher Steinkohle im Jahr 2012 und eine Halbierung der Beschäftigtenzahl auf 15 000 Mitarbeiter gestellt werden, entspricht dem mit dem Steinkohlefinanzierungsgesetz festgelegten Finanzrahmen und folgt auch im übrigen den grundlegenden Leitgedanken des Gesetzes. Sie garantiert zum einen auch weiterhin die Sozialverträglichkeit des Auslaufprozesses und vermeidet gleichzeitig, dass das Tor in Richtung eines eventuellen Sockelbergbaus in Deutschland ohne Not zugeschlagen wird. Dieser vernünftigen Politik sollte sich auch die FDP nicht verschließen und in Zukunft auf Anträge wie den vorliegenden verzichten. Gestatten Sie mir zunächst eine grundsätzliche Vorbe merkung über die Position der FDP-Bundestagsfraktion zur Diskussion um die deutsche Steinkohle: Die FDP hat n s G m n d i e P B d S f a l k u f a K ü w d a l m b w g M b b S n s t – s b S S n b s d t b l h s s m v N Zu Protokoll ge (C (D ichts gegen den Abbau von Steinkohle in Deutschland – olange dieser ohne Subventionen auskommt und keine efahren für Menschen und Umwelt schafft. Außerdem üssen die aus der so abgebauten Steinkohle gewonneen Erträge ausreichen, um für die dauerhaft entstehenen Schäden aufzukommen. Diese Voraussetzungen sind n Deutschland seit mehr als drei Jahrzehnten nicht mehr rfüllt. Deshalb setzt sich die FDP als einzige politische artei schon seit den 80er-Jahren für eine konsequente eendigung der Steinkohlesubventionen ein. Wie nötig ieser Einsatz ist, zeigt sich daran, dass der deutsche teuerzahler insgesamt bereits über 130 Milliarden Euro ür die unrentable Steinkohleförderung in Deutschland usgeben musste und für die Beendigung weitere 39 Miliarden Euro benötigt werden. Wir wissen, dass sich weniger als 1 Prozent der Weltohlevorräte in Deutschland befinden, die in großer Tiefe nd in wenig mächtigen Flözen liegen. Diese Vorräte sind ür unsere Versorgungssicherheit wenig relevant; denn uf dem Weltmarkt können wir uns für deutlich niedrigere osten mit Kohle versorgen. Das tun wir bereits kräftig; ber zwei Drittel des deutschen Kohleverbrauchs decken ir heute aus günstigen Importen. Nun muss der Fahrplan für den beschlossenen Abbau er Steinkohlesubventionen durch die starken Erdbeben n der Saar verändert werden. Durch Beschluss des Saarändischen Landtags ist die Kohleförderung in der Primsulde frühzeitig zu beenden. Da der Zeitplan für den Abau der Subventionen modifiziert werden muss, fordern ir erneut, den Auslauf der Subventionen zu beschleunien – mit dem Ziel, Teile der frei werdenden Mittel für aßnahmen zum beschleunigten Strukturwandel in den etroffenen Regionen und damit zur Schaffung neuer Areitsplätze einzusetzen. Zurzeit träumen insbesondere die ozialdemokraten in Nordrhein-Westfalen von einer Reaissance des Steinkohlebergbaus in Deutschland. Wenn ich herausstellen sollte, dass die in der Presse behaupeten Kosten für den Abbau und die Erlöse von Kokskohle zum Beispiel im Bergwerk Ost – richtig sind, dann ließe ich dort gegenwärtig Kokskohle ohne Subventionen abauen. Hier gilt das zu Beginn genannte: Wir sind gegen ubventionen, nicht gegen einen unsubventionierten teinkohlebergbau. Dies gilt auch für das vielfach geannte, unsubventionierte neue Bergwerk Donar, für das isher aber noch keine konkreten Investoren bekannt ind. Da man Geld nur einmal ausgeben kann, sollten wir as Geld so schnell wie möglich nicht für Kohlesubvenionen ausgeben, sondern zum Beispiel für Bildung und essere Strukturen für mehr Arbeitsplätze nutzen. Die FDP nimmt die Probleme im Saarland zum An ass, ihre alte Leier für einen raschen Ausstieg aus der eimischen Steinkohleförderung abzuspielen. Doch chon die Überschrift des FDP-Antrags ist ein Widerpruch in sich. Denn ein vorzeitiger Ausstieg aus der heiischen Steinkohleförderung ist eben nicht sozial erträglich zu machen. Der Steinkohlebergbau hat für ordrhein-Westfalen wie auch für das Saarland noch im Rolf Hempelmann gebene Reden mer eine wichtige wirtschaftliche Bedeutung. Die acht deutschen Zechen und eine Kokerei der Ruhrkohle AG beschäftigen allein noch rund 34 000 Menschen, insgesamt hängen vom Steinkohlenbergbau circa 100 000 Arbeitsplätze ab. Den Ausstieg zu beschleunigen, würde bedeuten, viele Menschen im Ruhrgebiet in die Arbeitslosigkeit zu schicken; und das vor dem Hintergrund, dass der Verkauf von 25,01 Prozent an den britischen PrivateEquity-Fonds CVC zum Verlust von Arbeitsplätzen im sogenannten „weißen“ Bereich führen wird. CVC hat für den Kauf der Anteile Kredite in Höhe von 1,2 Milliarden Euro aufgenommen. Also braucht CVC hohe Dividenden, um die Zinsen und Tilgung des Kredites zu bedienen. Diese hohen Dividenden hat Herr Bonse-Geuking CVC fest zugesagt: 2008 sollen rund 280 Millionen Euro an CVC ausgeschüttet werden, 2009 bereits 320 Millionen Euro und 2010 dann 400 Millionen Euro. Wer wird wohl wieder einmal für diese Dividenden bluten müssen? Natürlich an erster Stelle die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Der ganze „Steinkohlekompromiss“, wie er vor einem Jahr ausgehandelt wurde, die Konstruktion mit der privatrechtlichen RAG-Stiftung und der Veräußerung von Evonik ist nichts anderes als ein riesiges Arbeitsplatzvernichtungsprogramm. Die Klausel, wonach der Ausstieg aus der Steinkohleförderung 2012 noch einmal überprüft werden soll, ist das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben ist. Jeder weiß, dass sie lediglich dazu gedient hat, dass die SPD ihr Gesicht wahren sollte. Die verbindlichen Stilllegungspläne bis 2018 sind doch schon an die EU-Kommission gemeldet worden. Bundesund Landesregierungen haben die Chance vertan, im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Stiftung Einfluss auf eine positive Entwicklung im Ruhrgebiet zu nehmen. Sie haben sich aus der sozialen und ökologischen Verantwortung gestohlen. Sie haben die Chance vertan, mit der STEAG eine zukunftsweisende Energiepolitik zu betreiben. Bundesund Landesregierung müssen in Absprache mit der Gewerkschaft ein Konzept entwickeln, das Qualifizierungsmaßnahmen für die Bergleute vorsieht. Noch wichtiger aber ist ein Konzept für alternative Arbeitsplätze im Ruhrgebiet, auch für den „weißen“ Bereich. Die Bergbautechnologie führt zu Innovationen im Anlagenbau. Das Wissen im industriellen Anlagenbau kann in neuen Technologiebereichen, wie der Entwicklung und dem Bau von Systemen und Komponenten für die Offshore-Windenergie, genutzt werden. Dazu braucht es jedoch einer gezielten Ansiedlungsstrategie. Wir treten nach wie vor dafür ein, eine Grundfördermenge an Steinkohle zu erhalten. Nur so kann die damit verbundene Kompetenz erhalten werden. An dieser Kompetenz hängen noch einmal Tausende von Arbeitsplätzen im Ruhrgebiet. Mittelfristig kann die Kohle ein wichtiger Ersatzrohstoff für das zur Neige gehende Erdöl als Grundstoff der petrochemischen Industrie werden. Je nach der Entwicklung auf den Rohstoffmärkten werden wir eines Tages vielleicht noch heilfroh sein, wenn wir heute die heimischen technologischen Kompetenzen im Bergbau nicht völlig vernichten. Eine Beschleunigung der Beendigung des Steinkohlenbergbaus wäre jedenfalls schädlich. s i B d d a m H B F u d g r d u e m h n l n d e 4 d s z U P a r i i m s i z u m a M b w d g m a f O a d D s v M Zu Protokoll ge (C (D Der Steinkohlebergbau scheint zum Dauerthema deut cher Politik zu werden. Leider verbinden wir aber damit n erster Linie eine misslungene Subventionspolitik der undesregierung. Wir haben bereits in der Plenumsebatte am 8. November 2007 deutlich gemacht, dass die eutsche Steinkohle keine Perspektive hat, auch wenn wir ktuell der Presse entnehmen müssen, dass es leider imer noch ein paar Ewiggestrige gibt, die weiterhin das ohelied auf die Steinkohle singen. So nehmen wir zum eispiel überraschend zur Kenntnis, dass ein ehemaliger unktionär der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie nd Energie aus Nordrhein-Westfalen den Ausstieg aus em Ausstieg propagiert, obwohl das Erdbeben in der Reion erst wenige Wochen her ist. Und die dortige Landesegierung, wie auch unsere Bundesregierung schweigt azu. Ich frage die Kolleginnen und Kollegen von Union nd SPD: Stehen Sie zu Ihrem Gesetz und damit auch zum ndgültigen Kohleausstieg 2018 oder nicht? Ich wünsche ir hier eine klare Aussage, damit dieser Irrsinn ein Ende at. Dabei sprechen die Fakten für sich: Die Nachfrage ach Steinkohle sank in Deutschland von etwa 106 Milionen Tonnen im Jahr 1973 auf unter 68 Millionen Tonen im Jahr 2004. Noch stärker verringerte sich die Förerung der Kohle. Sie fiel zwischen 1978 und 2004 in den uropäischen OECD-Ländern um etwa 60 Prozent, von 83 auf 187 Millionen Tonnen. Die deutsche Steinkohle eckt heute gerade noch 4 Prozent des gesamten heimichen Primärenergieverbrauchs und ist schon seit Jahrehnten nicht mehr wettbewerbsfähig. Die wesentliche rsache hierfür liegt in den Förderkosten. So ist der reis für eine Tonne deutsche Steinkohle dreimal höher ls der Weltmarktpreis für Kraftwerkskohle. Es ist illusoisch, zu glauben, dass sich dieser Wettbewerbsnachteil n der Zukunft aufheben wird. Die geologischen Nachteile n Deutschland bleiben ein dauerhaftes Problem. Wie an angesichts dieser Zahlen von einem Revival heimi cher Kohle oder gar einem Rohstoffschatz reden kann, st mir ein Rätsel. Mit jedem weiteren Jahr der Kohleförderung rücken unehmend die durch den Bergbau verursachten Umweltnd Gebäudeschäden in den Blickpunkt. Durch den heiischen Steinkohleabbau entstehen bedeutende Mengen n Klimagasen wie Kohlendioxid und Methan. Allein die enge an CO2-Emissionen, die durch den Energiever rauch des deutschen Steinkohlenbergbaus verursacht erden, belief sich 2002 auf 2,7 Millionen Tonnen. Es ist as erklärte Ziel der Betreiber im Rahmen der freiwillien Selbstverpflichtung der deutschen Industrie zur Kliaschutzvorsorge, den jährlichen CO2-Ausstoß bis 2012 uf 2,3 Millionen Tonnen zu verringern. Das Rheinwestälische Institut Essen hat in seiner Stellungnahme vom ktober 2007 bereits festgestellt, dass durch den Verzicht uf einen heimischen Abbau jährlich beinnahe ein Viertel ieser Emissionsreduktionen erbracht werden könnte. as müsste doch eigentlich ganz im Sinne unserer Klima chutzregierung sein. Der Steinkohlebergbau im Saarland ist nicht mehr zu erantworten. Die Gefahr, dass bei einem Weiterbetrieb enschen und Häuser zu schaden kommen, verbietet, Ulla Lötzer gebene Reden Kerstin Andreae dass weiter Steinkohle abgebaut wird. Die milliardenschwere Subventionierung dieser Branche stellt eine Verschwendung von Steuergeldern dar. Diese können und müssen für den Strukturwandel im Saarland eingesetzt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein sozialverträglicher Ausstieg aus der deutschen Steinkohleförderung deutlich früher als bislang geplant möglich ist und somit diese öffentlichen Gelder in Zukunftstechnologien und Bildungsinvestitionen gelenkt werden können. Die Förderung jeder weiteren Tonne heimischer Steinkohle ist ökonomisch wie ökologisch schädlich. Wir unterstützen daher den Antrag der FDP. Er deckt sich im Wesentlichen mit unserem eigenen Antrag, Drucksache 16/9099, über den wir in Kürze ebenfalls noch abzustimmen haben. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf Drucksache 16/8772 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen. Ich rufe Tagesordnungspunkt 21auf: Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Masseurund Physiotherapeutengesetzes und anderer Gesetze zur Regelung von Gesundheitsfachberufen – Drucksache 16/1031 – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit – Drucksache 16/9577 – Berichterstattung: Abgeordnete Maria Michalk Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, werden die Reden zu Protokoll genommen, und zwar von den Kollegen Maria Michalk, Margrit Spielmann, Konrad Schily, Frank Spieth, Elisabeth Scharfenberg und Rolf Schwanitz. Mit dem heutigen Beschluss setzen wir erneut ein Zei chen für den verbesserten Ausbildungsund Berufseinstieg junger Menschen. In allen Gesundheitseinrichtungen werden gute Fachkräfte gebraucht. Das setzt eine fundierte theoretische und praktische Ausbildung voraus, aber auch die persönliche Eignung für den jeweiligen Beruf. Überall in unserer Arbeitswelt sind Kompetenzen im menschlichen Miteinander gefragt, unbestritten in den sozialen Berufen ganz besonders. Deshalb kommt der Auswahl der Bewerberinnen und Bewerber eine hohe Bedeutung zu. In den zurückliegenden Jahren spielte dabei das Alter der jungen Menschen noch eine dominante Rolle. Ich möchte daran erinnern, dass wir als Bundesgesetzgeber bereits 2003 mit der Novellierung des Krankenpflegegesetzes bewusst auf die Festlegung einer Altersanforderung als Zugangsvoraussetzung zur Ausbildung als Krankenpfleger verzichtet haben. Die Vollendung des 1 k S r d g B B s u r b z v B h d h s p u g g I B d r n d S d d g S l d u t d d m h H d f d d c f j s r m s h t L z (C (D 7. Lebensjahres war damals die Vorgabe. Der Möglicheit, die Ausbildung unmittelbar nach Beendigung der chule zu beginnen, wurde also der Vorzug vor einer staren Altersgrenze gegeben. Wartezeiten wurden vermieen, und Bewerber sind auch nicht mehr „verlustig geangen“, da sie sofort nach Beendigung der Schule in die erufsausbildung einsteigen konnten, wie das in anderen erufen der Fall ist. Vor allem die Krankenhäuser haben ich sehr gut darauf eingestellt, geeignete Bewerberinnen nd Bewerber zu rekrutieren, die dann durch „altersgeechte“ Einsatzplanung, im Rahmen der praktischen Ausildung, nach und nach an das vorgegebene Ausbildungsiel herangeführt werden. Die Praxis hat gezeigt: Die Abschaffung der Altersorgabe als Zugangsvoraussetzung zur Ausbildung in den erufen der Krankenpflege hat sich bewährt. Deshalb aben wir die Initiative des Bundesrates aufgegriffen und as heute zur Abstimmung stehende Gesetz beraten. Es at die Streichung der Altersvorgabe im Hebammengeetz, im Logopädengesetz, im Masseurund Physiotheraeutengesetz zum Inhalt. Obwohl es sich hier vor allem m eine verschulte Ausbildung handelt, hat die Anhörung anz deutlich gezeigt, dass auch die Schulen für die vorenannten Gesundheitsfachberufe über die notwendigen nstrumente verfügen, um geeignete Bewerberinnen und ewerber für die jeweilige Ausbildung auszuwählen; enn wie wir wissen, ergeben sich die individuellen Voaussetzungen für die Durchführung einer Ausbildung icht zwingend aus dem Lebensalter. Dem Berufsbildungsbericht 2008 ist zu entnehmen, as sich im Schuljahr 2006/07 121 391 Schülerinnen und chüler an 1 848 Schulen des Gesundheitswesens befinen. Neben den Schulen für das Gesundheitswesen weren Ausbildungen in den Gesundheitsfachberufen aufrund des unterschiedlich strukturierten föderalen chulsystems auch an Berufsfachschulen und Fachschuen durchgeführt. Nach einem kontinuierlichen Anstieg in en vergangenen 5 Jahren bei der Zahl der Schülerinnen nd Schüler der Ausbildungen in der Logopädie, Physioherapie, Ergotherapie sowie der Rettungsassistenz ist in iesem Jahr erstmals eine Stagnation eingetreten. Auch as ist für uns Anlass, eine lückenlose Ausbildung zu eröglichen, um interessierte Jugendliche für Gesundeitsberufe nicht zu verlieren. Allein die demografischen erausforderungen gebieten, Vorsorge für die Zukunft in en Gesundheitsberufen zu treffen. In der Anhörung, die wir zu diesem Gesetz durchgeührt haben, wurde klar herausgestellt, dass die Ausbilungseinrichtungen kein Problem mit der Herabsetzung es Zugangsalters haben, auch aus arbeitsschutzrechtliher Sicht nicht. Allerdings wurde auch einvernehmlich estgestellt, dass es immer von großem Wert ist, wenn die ungen Leute im Rahmen der vorgeschriebenen schulichen Praktika oder auch freiwillig in den Ferien Erfahungen in den Gesundheitseinrichtungen sammeln. Sie üssen aus der praktischen Arbeit kennen, auf was sie ich einlassen, wenn sie einen der genannten Gesundeitsberufe erlernen. Hier ist im wahrsten Sinne des Wores die „Liebe zum Beruf“ gefragt. Bereits in der letzten egislaturperiode wurde ein Vorstoß unternommen, hier ur Aufhebung der Altersgrenze zu kommen. Dieser Ge setzentwurf war der Diskontinuität anheimgefallen. Deshalb ist es erfreulich, dass wir nunmehr heute diese Regelung verabschieden können – und das im Wissen, dass alle Sachverständigen, die wir gehört haben, und die Vertreter der Berufsverbände diese Gesetzesinitiative begrüßen. Zusätzlich haben wir mit einem Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen die Altersvorgabe „18. Lebensjahr“ für die Beantragung der Erlaubnis zur Berufsausübung als pharmazeutisch-technischer Assistent/pharmazeutische Assistentin im PTA-Gesetz gestrichen. Damit wird vermieden, dass bei PTAs, die ihre Ausbildung beendet haben, unnötige Wartezeiten für den Berufsbeginn entstehen. Eine Verzögerung ist weder fachlich vertretbar und widerspricht den bereits beschriebenen bildungspolitischen Grundsätzen. Mit dieser Änderung haben wir eine Harmonisierung mit der Streichung der Altersvorgaberegelung bei den anderen, genannten Gesundheitsfachberufen erreicht. Hinweisen will ich noch auf die Tatsache, dass wir uns im Rahmen der Anhörung auch dem Thema der Aufhebung der Höchstaltersgrenze für die Zulassung von Vertragszahnärzten gewidmet haben. Die Aufhebung der sogenannten 68er-Regelung wurde vor allem auch aus verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten für notwendig erachtet. Die entsprechende gesetzliche Änderung wird aber nunmehr nicht in diesem Gesetz vorgenommen. Die Koalitionsfraktionen sind sich jedoch einig, dies zeitnah in einem anderen Gesetz aus dem Bereich des SGB V zu regeln. Die gesundheitliche Versorgung in Deutschland erfolgt unbestritten auf einem qualitativ hohen Niveau. Dieses zu stabilisieren und weiter zu verbessern, ist das zentrale Anliegen einer verantwortungsvollen Gesundheitspolitik, die sich an unserer Lebenswirklichkeit ausrichtet und sich an den besonderen Bedürfnissen kranker Menschen orientiert. Am Umgang mit Kranken und Hilfebedürftigen lässt sich sehr deutlich die menschliche und soziale Wärme einer Gesellschaft erkennen. Die Gesundheitspolitik muss sich daran orientieren. Mit dem heutigen Gesetz leisten wir durchaus einen guten Beitrag dazu. Unser Gesetz, das wir heute im Bundestag beschließen – und ich bitte um Ihre Zustimmung – wird im September den Bundesrat passieren. Da es sich um eine Bundesratsinitiative handelt, gehe ich davon aus, dass dies problemlos geschieht, sodass sich Ausbildungseinrichtungen und Berufsanwärter auf die neue Situation einstellen können. Meine Fraktion und ich begrüßen sehr, dass der Zu gang zu Ausbildungen in Gesundheitsfachberufen künftig nicht mehr an ein bestimmtes Alter gebunden ist. Bisher wird in sechs bundesgesetzlich geregelten Ausbildungen aus dem Bereich der nichtärztlichen Gesundheitsberufe die Zulassung zur Ausbildung von einem Mindestalter abhängig gemacht: im Hebammengesetz, im Logopädengesetz, im Masseurund Physiotherapeutengesetz, im Rettungsassistentengesetz und im pharmazeutisch-technischen Assistentengesetz. Die einzige Aus n A g d r v j a z G h A ü ö h z G f m g R K d t s l B v e s d b t D d a D n u A G d s g p A P 1 Zu Protokoll ge (C (D ahme, die im Rettungsassistentengesetz enthaltene ltersgrenze, bleibt unberührt, da die Auszubildenden reelmäßig als Fahrer des Rettungswagens eingesetzt weren. Dafür müssen sie über eine Fahrerlaubnis verfügen. Bewerberinnen und Bewerber, die die schulischen Voaussetzungen erfüllen, aber noch nicht alt genug sind, erlieren zurzeit ein Jahr, weil die Ausbildungen einmal ährlich beginnen. Dieses Jahr muss mit irgendwelchen nderen Maßnahmen überbrückt werden. Das ist nicht eitgemäß und entspricht bildungspolitisch nicht unseren rundsätzen! Mit dem Wegfall der Altersgrenze soll desalb den Schülern und Schülerinnen ein Eintritt in diese usbildungen ohne Verzögerungen ermöglicht werden. Für den Wegfall der Altersgrenze sprach sich auch die berwiegende Mehrheit der Sachverständigen in einer ffentlichen Anhörung aus. Die persönliche Eignung ängt nicht zwingend mit dem Lebensalter der Bewerber usammen. Und eine streng am Lebensalter ausgerichtete renze ist keine Gewähr dafür, dass die persönliche Reife ür eine Ausbildung vorliegt. Wir wollen hier den Schulen ehr Möglichkeiten und mehr Verantwortung übertraen. Die Berücksichtigung des Alters und der persönlichen eife hat der Gesetzgeber im Rahmen des Altenund rankenpflegegesetzes von 2003 bereits vorgesehen. Und as hat sich bewährt. Die Krankenpflegeschulen berichen über positive Erfahrungen, weil sie mehr Ermessenspielraum erhalten haben. Das heißt aber nicht zwangsäufig, dass jetzt nur noch junge Bewerberinnen und ewerber aufgenommen werden, wie wir von den Sacherständigen bei der Anhörung erfahren konnten. Auch bei anderen Heilberufen ohne Mindestalter, wie twa Ergotherapeuten oder medizinisch-technische Asistenten, gibt es keine negativen Erfahrungen. Die Zahl der Schulabgänger sinkt ständig, sodass in en kommenden Jahren bis zu 100 000 Bewerber für Ausildungen weniger zur Verfügung stehen. Besonders beroffen von diesem Mangel sind die Gesundheitsberufe. eshalb gibt es dringenden Handlungsbedarf! Das Problem ist richtig erkannt und nach Auffassung er Fraktion der FDP sachgerecht gelöst. Die Mindestlterregelung wird aus dem Gesetz herausgenommen. as Gesetz eröffnet den Schulen die Freiheiten, in eigeer Verantwortung ohne Altersvorgabe die Schülerinnen nd Schüler in den verschiedenen Berufsgruppen zur usbildung aufzunehmen. Die FDP-Fraktion stimmt dem esetzentwurf zu. Der hier vom Bundesrat vorgelegte Gesetzentwurf fin et die volle Zustimmung meiner Fraktion. In dem Geetzentwurf wurde ein erstaunlich lebensnaher Vorschlag emacht, der mich nach drei Jahren Bundestagspraxis ositiv überrascht hat. Zum Sachverhalt: Bisher dürfen uszubildende bestimmte Heilberufe, wie zum Beispiel hysiotherapeut, Logopäde oder Hebamme erst ab dem 8. Lebensjahr erlernen, weil sie erst dann laut derzeit Maria Michalk gebene Reden bestehendem Gesetz die entsprechende Reife für diese Berufe mitbringen. Das Problem dabei ist nur, dass Schüler in den seltensten Fällen bei Abschluss der 10. Klasse schon 18 Jahre alt sind. In der Folge tut sich für die Auszubildenden zwischen Schule und Ausbildung eine Lücke von bis zu zwei Jahren auf, die zu Warteschleifen zwingt. Dies soll jetzt anders werden. Um den Auszubildenden einen nahtlosen Übergang nach Abschluss der 10. Klasse in ihr Berufsleben zu ermöglichen, sind die jetzt vorgelegten Änderungen lange überfällig. Warum soll ein 17-jähriger Auszubildender nicht die nötige Reife für einen Heilberuf besitzen, die dann ein 18-jähriger Auszubildender besitzen soll? Wieso soll eine 16-jährige Schülerin qua Gesetz nicht mit einer Ausbildung zur Hebamme beginnen dürfen? Die jetzt vorgelegten Regelungen, die Reife der Auszubildenden durch die Berufsschulen und nachrangig durch die Ausbildungsbetriebe individuell einschätzen zu lassen, entspricht wesentlich mehr den Realitäten, als diese Eignung durch ein Gesetz festzulegen. Dies wurde auch in der Anhörung von allen Sachverständigen bestätigt. So müssen die jungen Menschen, die den Wunsch verspüren, sich in diesen Heilberufen ausbilden zu lassen, keine Lücken in ihren Lebensläufen mehr fürchten. Schon 2003 wurde im Rahmen des Altenpflegegesetzes und des Krankenpflegegesetzes vorgesehen, dass die Berufsschulen für Bewerber zum Beruf der Altenund Krankenpflege auf Grund ihrer Fachkompetenz diese Eignung feststellen sollen. Wenn dies jetzt auch auf Physiotherapeuten, Masseure, Logopäden, Hebammen und andere Heilberufe angewandt wird, ist dies nur konsequent und richtig. Schön, dass auch die Union und die FDP im Gesetzgebungsverfahren von der Notwendigkeit der Beurteilung der Reife durch die Schulen überzeugt wurden. Die Linke jedenfalls stimmt dem Gesetzentwurf zu. Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Rolf Hempelmann (SPD):
Rede ID: ID1616922000




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(1. Januar 2009) die Schließung des Bergwerks Saar


(1. Juli 2012) vor. Für das Bergwerk Ost in Hamm, das

Paul K. Friedhoff (FDP):
Rede ID: ID1616922100
Ursula Lötzer (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616922200




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Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1616922300







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Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1616922400
Maria Michalk (CDU):
Rede ID: ID1616922500

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Dr. Margrit Spielmann (SPD):
Rede ID: ID1616922600
Dr. Konrad Schily (FDP):
Rede ID: ID1616922700
Frank Spieth (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616922800




(A) )


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Die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen
wird sich in der Abstimmung zum vorliegenden Gesetz-
entwurf des Bundesrates enthalten. Grundsätzlich sind
wir Grünen der Ansicht, dass Altersgrenzen nur bedingt
in der Lage sind, zu gewährleisten, dass Auszubildende
einen gewissen Reifegrad für das entsprechende Berufs-
bild vorweisen. Das im Gesetzentwurf angeführte Argu-
ment, dass durch die Streichung der Altersgrenze verhin-
dert werden kann, eine zu große zeitliche Lücke zwischen
Schulabschluss und Ausbildungsbeginn entstehen zu las-
sen, ist durchaus plausibel. Insofern spricht rein arbeits-
marktpolitisch einiges für diese Maßnahme.

Wir dürfen jedoch nicht vergessen, dass es sich bei all
den Berufen, um die es in diesem Gesetz geht, um perso-
nennahe und mit hoher Verantwortung einhergehende
Tätigkeiten handelt. Dies kommt uns bei der Diskussion
um dieses Gesetz etwas zu kurz. Klare Kriterien, wie die
Ausbildungsträger in Zukunft die „Reife“ der Schülerin-
nen und Schüler beurteilen könnten, werden im Gesetz
nicht benannt. Zumindest wird das Problembewusstsein
dafür nicht deutlich genug.

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Zu Protokoll ge

(C (D Angesichts der Tatsache, dass sich viele im Wettbeerb stehende Schulen, etwa in der Logopädie-Ausbilung, privat über – oftmals recht hohe – Schulgelder der zubis bzw. ihrer Eltern finanzieren, ist es nicht garan iert, dass hier wirklich immer die „Reife“ das ausschlagebende Kriterium für oder gegen eine Einstellung ist. Diese Frage, bei der es letztlich auch um die Versorungsqualität geht, die bei den Patientinnen und Patienen ankommt, muss hier ebenfalls diskutiert und vor allem uch in Zukunft genau beobachtet werden. Dies leistet er Gesetzentwurf nicht. Er bietet keine geeigneten Intrumente zur Wirkungsbeobachtung an. Aus den Reihen einiger Berufsverbände ist im Rahmen er öffentlichen Anhörung zu dem vorliegenden Gesetzntwurf auch gefordert worden, den Zugang zu einer Ausildung nicht unbedingt an ein Mindestalter, zumindest ber einen bestimmten Schulabschluss zu binden, um auf iesem Wege eine gewisse kognitive Reife der Schülerinen und Schüler sicherzustellen. Ohne dass wir uns dieses Argument sofort zueigen mahen möchten, so wollen wir doch feststellen, dass wir ine ernsthafte Abwägung solcher Bedenken in dem geamten Prozess durch die Große Koalition vermisst haen und auch nicht sehen, dass dies in Zukunft geschehen oll. Zudem hat eine Differenzierung der verschiedenen Beufsbilder nicht stattgefunden. Unter Umständen ist es jeoch ein großer Unterschied, ob ich die Altersgrenze in er Physiotherapieoder in der Hebammenausbildung treiche. In diesem Gesetz aber werden einfach die entprechenden Berufe über einen Kamm geschert, was icht gerade für eine differenzierte Wahrnehmung der esundheitsberufe in der Großen Koalition spricht. Kurzum: Trotz einiger Vorteile, die wir durchaus seen, stehen am Ende doch eine deutliche Skepsis und eiige unbeantwortete Fragen, die uns eine Zustimmung icht möglich machen. R Mit dem vorliegenden Gesetz entfällt eine Zugangsperre für die Ausbildungen, die im Masseurund Physioherapeutengesetz, Logopäden-, Hebammensowie PTAesetz geregelt sind. Diese Gesetze enthalten noch Voraben für ein Mindestzugangsalter, das die Bewerberinen und Bewerber für die jeweiligen Ausbildungen ereicht haben müssen. Ein nahtloser Übergang von der chule in die Ausbildung ist damit nicht immer möglich. as werden wir mit dem vorliegenden Gesetz ändern. Altersvorgaben sind nicht mehr zeitgemäß. Jugendlihen darf zwar auch heute nicht alles zugemutet werden. ie sind jedoch früher reif. Sie sind damit früher in der age, auch mit schwierigen Situationen umzugehen, in ie sie durch die Betreuung der Patientinnen und Patienen und die Konfrontation mit den verschiedensten rankheitsbildern während der Ausbildung kommen könen. Hierzu tragen auch die Schulen bei. Sie können die otwendige persönliche Reife der Bewerberinnen und ewerber durch eine geeignete Auswahlentscheidung si Frank Spieth gebene Reden Parl. Staatssekretär Rolf Schwanitz cherstellen. Sie können die Ausbildungen so organisieren, dass auch Arbeitsschutzaspekten entsprochen werden kann. Das ist ein geringer Mehraufwand, wenn es darum geht, junge Menschen zeitnah in die von ihnen gewünschte Ausbildung zu lassen. Die Bundesregierung begrüßt und unterstützt daher das mit dem Gesetz beabsichtigte Ziel. Wir kommen zur Abstimmung. Der Ausschuss für Gesundheit empfiehlt auf Drucksache 16/9577, den Gesetzentwurf des Bundesrates auf Drucksache 16/1031 in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in dieser Fassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den Stimmen des Hauses bei Enthaltung der Fraktion Die Grünen angenommen. Dritte Beratung und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist mit dem gleichen Mehrheitsverhältnis wie zuvor angenommen. Ich rufe Tagesordnungspunkt 22 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Werner Dreibus, Dr. Barbara Höll, Ulla Lötzer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Verstöße gegen den Mindestlohn im Baugewerbe wirksam bekämpfen – Drucksache 16/9594 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, werden die Reden zu Protokoll genommen, und zwar von den Kollegen Paul Lehrieder, Andreas Steppuhn, Heinrich Kolb, Werner Dreibus und der Kollegin Brigitte Pothmer. Heute hat sich die Linkspartei den Mindestlohn im Baugewerbe ausgesucht, um uns den x-ten Aufguss ihrer ewig gleichen Forderungen nach mehr Kontrolle und mehr Staat auf dem Arbeitsmarkt zu servieren. Landauf landab sind immer wieder Forderungen nach weniger Bürokratie und Verwaltungsvereinfachung zu hören. Kommt es aber zu einer Gesetzesübertretung, ziehen Sie sozusagen als Soforttherapie neue und mehr Vorschriften aus dem Ärmel. So kann man vielleicht Meister in der Disziplin „Populismus“ werden, aber keine ernstzunehmende Politik machen. Ich will ja gar nicht in Abrede stellen, dass es die von Ihnen aufgeführten Missstände auf Baustellen gibt, dass insbesondere Mindestlohnbestimmungen wiederholt nicht eingehalten wurden. Insofern kann ich Ihnen folgen, als Sie fordern, dass wirksam kontrolliert werden muss, ob bestehende Gesetze auch befolgt werden. Ihr Forderungskatalog preist zum T z m a h k d M d z z d H G d B O m a d t g d i r d t S z v k d w s M s m h A Z v u g D z u g t E b t n ü m o A (C (D eil als Neuheit an, was längst schon auf dem Markt ist, um Teil verlangt er Verschärfungen, die durch das Ausaß der Vorfälle kaum gerechtfertigt sind. Die IG Bau hat usdrücklich klargestellt, dass die überwiegende Mehreit der Bauarbeiter in Deutschland den Tariflohn beommt. Es ist demnach schlicht falsch, wenn der Einruck entsteht, dass 150 000 deutsche Bauarbeiter unter indestlohn bezahlt würden. Diese Aussage, wie sie in er „Kölnischen Rundschau“ vom 24. September 2007 itiert wird, lassen Sie in Ihrer Antragsbegründung beeichnenderweise unter den Tisch fallen. Der Präsident es Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes, ans-Hartwig Loewenstein, hat zwar gesagt, dass die rößenordnung „150 000“ realistisch sei, wenn die aus en mittelund osteuropäischen Ländern auf deutsche austellen entsandten Beschäftigten einbezogen würden. hne die Lohnuntergrenze würden aber ihm zufolge noch ehr Menschen aus Osteuropa zu sehr niedrigen Löhnen uf deutschen Baustellen arbeiten, was die Wirksamkeit er derzeitigen Rechtslage unterstreicht. Natürlich sind 150 000 Betroffene 150 000 zu viel. Naürlich müssen wir auf die Einhaltung der Gesetze dränen und Verstöße entsprechend sanktionieren, wie wir ies immer schon getan haben. Ein eigentlich naheliegendes „Gegenmittel“ habe ich n Ihrem Antrag aber vergeblich gesucht: Auch und geade die Tarifpartner, die die Mindestlöhne ja ausgehanelt haben, sind in der Pflicht, wenn es um bessere Konrollen geht. ZDB-Präsident Loewenstein hat sich im eptember vergangenen Jahres dafür ausgesprochen und um Beispiel Berufskleidung mit speziellen Emblemen orgeschlagen, an denen legal Beschäftigte sofort zu erennen sein sollen. Selbstverständlich ist auch der Staat gefragt, wenn es arum geht, die Einhaltung von Mindestlöhnen zu überachen. Zur direkten Bekämpfung von Missbräuchen ind vonseiten der Bundesregierung bereits differenzierte aßnahmen auf den Weg gebracht worden. Es ist ver tändlich, dass diese nach ihrer Einführung erst greifen üssen, bevor sie ihre Wirkung entfalten. Mittlerweile aben sie sich als sehr viel effektiver erwiesen, als es Ihr ntrag suggeriert, liebe Kollegen von der Linkspartei. oll und Finanzkontrolle Schwarzarbeit haben in den ergangenen Jahren viel geleistet. Natürlich werden wir ns in unserer Gesellschaft immer mit kriminellen Enerien auseinandersetzen müssen. Aber ich bin überzeugt: ie Kontrollen des Zolls haben eine nicht zu unterschät ende präventive Wirkung. Unsere gesetzlichen Arbeitsnd Sozialstandards sind keine zahnlosen Papiertiger. Die Beamten der Zollverwaltung sind bei der Verfolung von Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten in unmitelbarem Zusammenhang mit § 2 Abs. 1 SchwarzArbG rmittlungspersonen der Staatsanwaltschaft. Arbeitgeer, Arbeitnehmer und Dritte, die bei der Prüfung angeroffen werden, haben die Prüfung zu dulden und müssen ach § 3 Abs. 1 SchwarzArbG auf Verlangen Auskunft ber relevante Tatsachen geben. Ausländische Arbeitneher sind verpflichtet, Pass und Aufenthaltsgenehmigung der Duldung vorzulegen. Arbeitgeber haben nach § 5 bs. 1 Satz 4 bis 8 SchwarzArbG in automatisierten Da teien gespeicherte Daten zur Verfügung zu stellen. Das mussten im vergangenen Jahr auch einige Unternehmen aus dem Baugewerbe und aus dem Gebäudereinigerhandwerk erfahren. Bei mehr als 22 000 Kontrollen wurden im vergangenen Jahr bei knapp 12 Prozent – also gut 2 600 – der insgesamt überprüften Unternehmen Ermittlungsverfahren wegen des Tatbestands des Mindestlohnverstoßes eingeleitet. Die bisherigen Ermittlungen zeigen zudem, wie variantenreich Mindestlohnbetrüger vorgehen: Vielfach werden erstens die tatsächlichen Arbeitszeiten in der Buchführung falsch ausgewiesen. Oder Arbeitnehmer – oftmals aus den neuen EU-Mitgliedstaaten – werden zweitens als „Selbstständige Unternehmer“ umetikettiert. Auch erhalten drittens Arbeitnehmer häufig lediglich den Mindestlohn für ungelernte Arbeitskräfte, obwohl sie eigentlich Fachkräfte sind. Je klarer die Strukturen kriminellen Vorgehens zutage treten, desto zielgerichteter kann der Rechtsstaat sanktionieren. Der Antrag der Linken nimmt zwar auf die vorhandenen Sanktionsmöglichkeiten Bezug, gibt davon aber kein umfassendes Bild. Deshalb hier noch einmal das Wichtigste in Kürze: Verstöße gegen das AEntG können als Ordnungswidrigkeit mit Geldbußen bis zu 500 000 Euro geahndet werden. Zusätzlich kann sich unter Umständen eine Strafbarkeit wegen Wuchers sowie wegen Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt, § 266 a StGB, ergeben. Zusätzlich zu einer Geldbuße kann eine Gewinnabschöpfung in unbegrenzter Höhe erfolgen. Ausländischen Arbeitgebern, die ihren Meldeoder Aufzeichnungspflichten nicht vollständig nachkommen, drohen Bußgelder bis 25 000 Euro. Wegen Unzuverlässigkeit können Bewerber um öffentliche Aufträge für eine angemessene Zeit von der Vergabe ausgeschlossen werden, wenn sie wegen eines Verstoßes gegen das AEntG mit einer Geldbuße von wenigstens 2 500 Euro belegt worden sind, § 6 AEntG. Die Dauer des Ausschlusses von Bauaufträgen – auch auf Länderebene – ist unbestimmt: Sie bemisst sich je nach Schwere des Vergehens und kann für mehrere Jahre gelten. Der Nachweis für die Wiedererlangung der „Zuverlässigkeit“ obliegt dem Arbeitgeber. Zuständig für den Ausschluss sind die Vergabestellen, die jederzeit von den Bußgeldbehörden Auskünfte einholen können. Weitere Rechtsgrundlage für einen Ausschluss von öffentlichen Aufträgen ist § 21 SchwarzArbG. Der drohende Ausschluss wird manchen Unternehmer zum Umdenken veranlassen. Ab einer Geldbuße von 100 Euro erfolgt die Eintragung in das Gewerbezentralregister. Die Arbeitsgruppe „Einführung einer Sozialkarte zur Bekämpfung von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung“ des Bundesfinanzund des Bundesarbeitsministeriums ist kürzlich zu dem Ergebnis gekommen, dass es völlig genüge, eine Mitführungspflicht für Ausweise in Branchen einzuführen, die wie der Baubereich besonders von Schwarzarbeit betroffen sind. Bauverbände wie der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes haben bereits signalisiert, dass diese Lösung anstelle einer sogenannten Bau-Card ausreichend sei. i K I g d d M t f b e r d v D s A r B m u d f t f e w l a n n d t S a F t v s 1 l m l C h S v d h B L b Zu Protokoll ge (C (D Ich finde es bemerkenswert, dass die Linkspartei dies n ihrer Antragsbegründung erwähnt und somit zur enntnis nimmt, sich gleichwohl aber als einzig wahrer mpulsgeber aufspielt. Um klarzustellen: Die Bundesreierung hat schon längst die Tatsachen geschaffen, auf ie die Linkspartei nun ihr Etikett kleben möchte. Neben en Mitwirkungsmöglichkeiten der Tarifparteien bei der indestlohnkontrolle lässt die Linkspartei in ihrem An rag übrigens noch einen weiteren Aspekt unter den Tisch allen: § 8 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes. Ein Areitnehmer, der in den Geltungsbereich dieses Gesetzes ntsandt ist oder war, kann demnach eine auf den Zeitaum der Entsendung bezogene Klage auf Gewährung er Arbeitsbedingungen nach den §§ 1, 1 a und 7 auch or einem deutschen Gericht für Arbeitssachen erheben. iese Klagemöglichkeit besteht auch für eine gemein ame Einrichtung der Tarifvertragsparteien nach § 1 bs. 3 in Bezug auf die ihr zustehenden Beiträge. Wir sind uns der Probleme bewusst, die es im Baubeeich noch immer in Bezug auf Mindestlohn und illegale eschäftigung gibt. Uns stehen verschiedene Sanktionsechanismen und strafrechtliche Mittel zur Verfügung, m dagegen vorzugehen. Wir werden die Entwicklung auf em Bausektor sorgfältig beobachten. Gesetzesverschärungen können nur das letzte Mittel sein. Den Antrag der Linken lehnen wir somit konsequenerweise ab. Die SPD-Bundestagsfraktion hat dafür gesorgt, dass lächendeckende allgemeinverbindliche Mindestlöhne ingehalten und Verstöße möglichst wirksam bekämpft erden können. Dazu gehört vor allem der Baumindest ohn. Zuständig hierfür ist die Finanzkontrolle Schwarzrbeit, die diese Kontrolltätigkeit zu organisieren hat. Die och unter der rot-grünen Bundesregierung beschlosseen Strukturveränderungen und damit verbunden die in en zurückliegenden Jahren Schritt für Schritt umgesetzen Organisationsveränderungen bei der Finanzkontrolle chwarzarbeit haben nicht nur zu stärkeren, sondern uch zu wirksameren Kontrollen geführt. Die Arbeit der inanzkontrolle Schwarzarbeit ist dadurch deutlich effek iver und erfolgreicher geworden. Unser Ziel war es von Anfang an, bei der Einführung on Mindestlöhnen auch für eine entsprechende Durchetzung Sorge zu tragen. Deshalb haben wir bereits in der 4. Wahlperiode mit dem Gesetz zur Bekämpfung illegaer Beschäftigung und Schwarzarbeit wichtige Instruente installiert. Seither besteht zum Beispiel die Mög ichkeit, bei Baustellenkontrollen mittels moderner omputertechnik einen Datenabgleich mit anderen Beörden vorzunehmen. Die Bekämpfung von illegaler Beschäftigung und chwarzarbeit und damit verbunden auch die Kontrolle on Mindestlöhnen ist mittlerweile zum Tagesgeschäft er Finanzkontrolle Schwarzarbeit geworden. Dazu geört aber nicht nur die Kontrolle der Mindestlöhne im augewerbe, sondern auch die Kontrolle im Malerund ackiererhandwerk, im Dachdeckerhandwerk, im Abruchgewerbe, im Gebäudereinigerhandwerk und – nicht Paul Lehrieder gebene Reden zu vergessen – nach der dortigen Einführung auch im Bereich der Briefdienstleister. Und trotz der Vielzahl an Branchen, die in das Aufgabengebiet der Finanzkontrolle Schwarzarbeit fallen: Die Ergebnisse und erkennbaren Erfolge der Finanzkontrolle Schwarzarbeit sprechen für sich. Sicherlich – und das ist an dieser Stelle auch nicht zu verschweigen – stellt ein besonderes Problem die Kontrolle von Mindestlöhnen osteuropäischer Arbeitnehmer dar. Hierbei geht es sicherlich nicht nur um die formale Einhaltung von Mindestlöhnen, sondern auch um die tatsächliche Auszahlung der Löhne selbst. Es bestehen zum Teil kriminelle Strukturen. Hier handelt es sich nicht um Kavaliersdelikte, sondern um organisierte Kriminalität, die nicht einfach zu bekämpfen ist. Auch hier kann die Bekämpfungsbehörde beachtliche Erfolge verbuchen. Hieran anknüpfend hat die Bundesregierung das kürzlich vom Bundeskabinett verabschiedete Aktionsprogramm Recht und Ordnung auf dem Arbeitsmarkt auf den Weg gebracht. Wir begrüßen ausdrücklich eine ergänzende Gesetzesinitiative zur Bekämpfung von illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit. Es ist erfreulich, dass Sie, meine Damen und Herren von der Linksfraktion, die Punkte des Aktionsprogramms nochmals benennen und in Ihrem Antrag aufschreiben. Es wäre schön, wenn Sie dann später auch Ihren Forderungen tatsächlich zustimmen. Beispielhaft gehe ich an dieser Stelle auf zwei Punkte Ihres Antrages ein. Sie fordern zum einen die Meldung zur Sozialversicherung bei Beginn eines neuen Beschäftigungsverhältnisses. Das am 4. Juni 2008 vom Bundeskabinett verabschiedete Aktionsprogramm sieht genau dies vor: die Einführung einer Sofortmeldung, das heißt der Personendaten des Beschäftigten, der Angabe des Arbeitgebers sowie das Datum der Beschäftigungsaufnahme. Ein zweiter Punkt Ihres Antrages will die Mitführungspflicht von Personaldokumenten. Auch dieser Punkt, die Pflicht zur Mitführung der Personaldokumente, ist bereits im Aktionsprogramm der Bundesregierung enthalten. An dieser Stelle möchte ich aber noch einen weiteren für uns wichtigen Punkt erwähnen. Gerade im Baugewerbe, aber auch im Bauausbaugewerbe und somit in den klassischen Handwerksbereichen zeigt sich, dass Mindestlöhne zu einem faireren Wettbewerb bei den Unternehmen untereinander führen. Genau dies haben wir auch mit der Einführung der Mindestlöhne in den genannten Bereichen gewollt. Wenn sich Unternehmen jedoch nicht an die im Arbeitnehmer-Entsendegesetz für allgemeinverbindlich erklärten Mindestlöhne halten – und das muss man an dieser Stelle so deutlich sagen –, betreiben sie schlicht und ergreifend Lohndumping und einen Gesetzesverstoß. Das ist einerseits für die Sozialversicherungssysteme schädlich und verhindert andererseits legale Beschäftigung. Um es kurz zu sagen: Dumpinglöhne und Steuerund Abgabenhinterziehung schädigen ehrliche Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Dafür haben wir gerade mit Blick auf die Menschen und in Bezug auf unsere Sozialversicherungssysteme kein Verständnis. Solches V m H v p s F e s w a la s fe G d a B r d d a u s E w n le u v g u s n u d t t a S z S c B z d b d w n w b b c i d h Zu Protokoll ge (C (D erhalten ist schlicht Gewinnmaximierung von Unternehen auf Kosten anderer. Ein weiterer Punkt: Die IG Bau-Agrar-Umwelt, der auptverband der Deutschen Bauindustrie, der Zentral erband des Deutschen Baugewerbes, die Tarifvertragsarteien im Bauund Ausbaugewerbe und die Sozialkasen der Tarifvertragsparteien arbeiten sehr eng mit der inanzkontrolle Schwarzarbeit zusammen; und dies nicht rst seit gestern. Richtig ist sicherlich die Situation, dass ich die Vollstreckung der von den Behörden der Zollveraltung festgesetzten rechtskräftigen Geldbußen gegen usländische Unternehmen, das heißt also im Herkunftsnd, aufgrund von bilateraler Anerkennung und Recht prechungsabkommen als schwierig darstellt. Im Ausland hlt es derzeit an einer tragfähigen völkerrechtlichen rundlage, auf die entsprechende Beitreibungsersuchen er Vollstreckungsstellen gestützt werden könnten. Aber uch hier gibt es bereits Erfolge. Mit der vom BMF und MAS eingerichteten Task Force werden bereits bilateale Abkommen vereinbart, und ein Erfolg ihrer Arbeit ist er elektronische Datenaustausch mit einzelnen verschieenen EU-Staaten. Daher müssen wir hier ansetzen und uf der europäischen Ebene entsprechende Regelungen nd Vereinbarungen treffen und forcieren, die eine besere Vollstreckung ermöglichen. Ein weiterer Ansatz könnte der Rahmenbeschluss des uropäischen Rates vom 24. Februar 2005 über die Anendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkenung von Geldstrafen und Geldbußen sein. Danach soln in einem EU-Mitgliedstaat verhängte Geldstrafen nd Geldbußen europaweit gegenseitig anerkannt und ollstreckt werden. Hier sind nun die Mitgliedstaaten efordert, diesen Rahmenbeschluss in nationales Recht mzusetzen. In Deutschland wird bereits an einem entprechenden Gesetzentwurf gearbeitet. Das ist jedoch ur die eine Seite. Sorgen machen wir uns insbesondere m den zum Teil mafiös organisierten Menschenhandel, er ebenfalls dahintersteckt. Deshalb ist es gut und richig, dass wir alles daransetzen, die Arbeit der Finanzkonrolle Schwarzarbeit weiterzuentwickeln. Daher ist es uch in Zukunft erforderlich, die Finanzkontrolle chwarzarbeit personell entsprechend auszustatten. Dereit scheint der Personalbestand der Finanzkontrolle chwarzarbeit mit knapp 700 Stellen noch als ausreihend. Wann und ob es angesichts der Aufnahme weiterer ranchen in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz zukünftig u einer verbesserten Personalausstattung kommen wird, afür werden Bund und Länder sicherlich Sorge tragen. Die Bundesregierung und die aus SPD und CDU/CSU estehende Koalitionsfraktion haben ein großes Interesse aran – wie eingangs bereits erwähnt –, Mindestlöhne irksam im Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitehmer zu kontrollieren und umzusetzen. Diese Aufgabe ird auch von der Finanzkontrolle Schwarzarbeit immer esser erfüllt. Das heißt jedoch nicht, dass es nicht noch esser und effektiver erfolgen kann. Sie können sich siher sein: Hieran haben wir ein großes Interesse. Wichtig st dabei: Je einfacher Rechtsansprüche formuliert sind, esto einfacher ist die Kontrolle. Daher werden wir auch ieran arbeiten. Andreas Steppuhn gebene Reden Weiter ist wichtig, dass Arbeitgeber, die Subunternehmer beauftragen, in Haftung genommen werden können. Die präventive Wirkung beim Mindestlohn Bau wird beispielsweise auch durch die bestehende Generalunternehmerhaftung nicht zu unterschätzen sein. Lohndumping ist kein Kavaliersdelikt. Lohndumping gehört nicht nur wirksam kontrolliert. Lohndumping und Wettbewerbsverstöße gehören bestraft. Lassen Sie mich zunächst feststellen: Ich finde es schon bemerkenswert, wie Die Linke die Spitzenverbände der Bauwirtschaft für ihre Zwecke vereinnahmt und sich diejenigen Positionen des Arbeitgeberverbandes herauspickt, die ihr gerade ins Konzept passen. Sonst schlägt die Linke gegenüber den Arbeitgebern ja doch eher andere Töne an. Das ist nicht nur opportunistisch, das ist auch ein Stück weit unglaubwürdig. Für die FDP sage ich: Schwarzarbeit, illegale Beschäftigung und Dumpinglöhne sind nicht hinnehmbar und müssen bekämpft werden. Ich sage für die FDPFraktion aber genauso klar: Die im Antrag der Linken vorgeschlagenen Maßnahmen taugen dazu nicht. Die Maßnahmen sind ineffektiv, zu bürokratisch, zu teuer und für mich der entscheidende Punkt: Sie sind zum Teil sogar schädlich und dazu angetan, reguläre Arbeitsplätze zu vernichten. Es ist nicht zielführend, den ehrlichen Unternehmen zusätzliche bürokratische Belastungen aufzuerlegen, um die schwarzen Schafe zu bekämpfen. Dadurch werden die seriösen Firmen mit zusätzlichen Kosten belastet. Wir brauchen effektive und unbürokratische Maßnahmen, um illegale Beschäftigung, Schwarzarbeit und Lohndumping zu bekämpfen. Eine wirksame Bekämpfung der erkannten Missstände beginnt mit der Suche nach den Ursachen und Gründen. Ich stelle fest, und hier beziehe ich mich auf den Präsidenten des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes, Dr. Loewenstein, dass im Wesentlichen zwei Gruppen von Lohndumping betroffen sind: Zum einen sind es die illegal beschäftigten Arbeitnehmer, die zum Großteil von ausländischen Subunternehmern kommen. Zum anderen sind es diejenigen, die formal als selbstständig firmieren, aber nur scheinbar legal arbeiten. Auch sie kommen zum überwiegenden Teil aus dem europäischen Ausland. Darüber hinaus und ganz generell ist als ein weiterer Grund natürlich noch die zu hohe Steuerund Abgabenlast zu nennen, die mit dafür verantwortlich ist, dass Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung nicht zurückgehen, sondern eher noch zunehmen. Legale Arbeit ist in Größenordnung teurer als illegale Arbeit. Ich betone das, weil die Fraktion Die Linke sich ja dadurch auszeichnet, dass sie regelmäßig mit obskuren Vorschlägen die Steuerund Abgabenbelastung von Unternehmen und Bürgern in der Tendenz noch weiter erhöhen will. Ein wirksames Mittel zur Beseitigung der Missstände ist, ein Unterlaufen der gesetzlichen Vorschriften weniger attraktiv zu machen. s h K d a s g s A h ß u s w Z u I r d r H A n w k g s m d s n S S B A B s k r d d a l r w h G r s k d a b s t s d Zu Protokoll ge (C (D Doch in das Denken der Linken passt ein solcher Löungsvorschlag natürlich nicht. Viel lieber wird mit Droungen und Sanktionen hantiert, auch wenn dabei das ind mit dem Bade ausgeschüttet wird. Allein Ihre Forerung, Unternehmen umgehend von der Bauleistung uszuschließen, wenn Verstöße gegen Mindestlohnvorchriften, illegale Beschäftigung oder Schwarzarbeit festestellt werden, offenbart Ihr wirtschaftspolitisches Vertändnis. Da nehmen Sie den Verlust von regulären rbeitsplätzen in Kauf, ohne in Betracht zu ziehen, wie och bzw. in welchem Umfang der Schaden eines Verstoes zu beziffern ist. Das ist Ideologie pur und zeigt, wie es m Ihr Verhältnis zu den Unternehmen in der Bauwirtchaft wirklich bestellt ist. Ihr Vorschlag, die Generalunternehmerhaftung auszueiten und die Generalunternehmerhaftung für die ahlung der Mindestentgelte mit der für Sozialversicherngsbeiträge zu harmonisieren, ist ebenfalls abzulehnen. n einem sechs Seiten langen Bericht der Bundesregieung wurde bereits Anfang 2007 festgestellt, dass sich iese Regelungen nicht bewährt haben und zudem ein Büokratieaufwand in Höhe von 53 Millionen Euro einer aftungssumme von circa 13 000 Euro gegenüber stehe. ngesichts dieser inakzeptablen Kosten-Nutzen-Rechung verwundert Ihr Vorschlag doch sehr. Es zeigt sich ieder einmal, dass die Kreativität der Fraktion der Linen sich darauf beschränkt, zusätzliche bürokratische Reelungen zu erfinden, die die Unternehmen fesseln sollen. Noch einmal ganz klar: Die FDP tritt für eine wirkame Bekämpfung der Schwarzarbeit ein. Dies ist allein it den bereits bestehenden gesetzlichen Maßnahmen wie em Schwarzarbeitbekämpfungsgesetz sowie den Vorchriften über den Sozialversicherungsausweis anscheiend noch nicht in ausreichendem Maße gelungen. chwarzarbeit schädigt den Staat, schädigt die sozialen icherungssysteme und schadet den Betrieben in der aubranche, die regulär sozialversicherungspflichtige rbeitnehmer beschäftigen. Als ein geeignetes Mittel zur ekämpfung der Schwarzarbeit sieht die FDP zum Beipiel die Einführung einer elektronisch lesbaren Chiparte für den Baubereich. Diese stellt einen relativ schnell ealisierbaren Hebel zur Bekämpfung der Schwarzarbeit ar. Das Unterlaufen der Zahlung der tariflichen Minestlöhne im Baubereich wird vor allem durch Schwarzrbeit ermöglicht. Mit der Einführung der elektronisch esbaren Chipkarte könnte auf Baustellen schnell, unbüokratisch und ohne großen Kostenaufwand festgestellt erden, wer sich dort legal und wer sich dort illegal aufält. Doch trotz vollmundiger Ankündigungen seitens der roßen Koalition ist hier nach fast drei Jahren schwarz oter Regierungsverantwortung immer noch nichts gechehen. Lassen Sie mich zum Schluss noch Folgendes bemeren: Die Senkung der Lohnzusatzkosten ist mit Sicherheit as wirksamste Mittel bei der Bekämpfung von Schwarzrbeit, illegaler Beschäftigung und Dumpinglöhnen. Wir rauchen darüber hinaus ein flexibles Tarifrecht, damit ich die Löhne wieder stärker an der Produktivität orienieren können. In einem flexiblen Arbeitsmarkt können ich die Unternehmen den veränderten Wettbewerbsbeingungen anpassen. Dies hilft letztlich den Arbeitneh Andreas Steppuhn gebene Reden mern am besten. Der Antrag der Fraktion Die Linken ist dazu mehr als untauglich. Der Mindestlohn im Baugewerbe ist ein Erfolg. Nach den übereinstimmenden Einschätzungen der IG BauenAgrar-Umwelt, IG BAU, und der Spitzenverbände der Bauwirtschaft wurden durch den Mindestlohn Zehntausende Arbeitsplätze erhalten. Und ich füge hinzu: Der Mindestlohn sorgt für ein auskömmliches Einkommen für alle Beschäftigten im Baugewerbe, eine Situation, von der die Beschäftigten vieler anderer Branchen nur träumen. Diese Vorbildfunktion des Baumindestlohns müssen wir erhalten. Dazu müssen Verstöße wirksam bekämpft werden. Wir brauchen ausreichende Kontrollen und eine strikte Ahndung von Verletzungen des Mindestlohngebots. Das BMAS hat kürzlich eingeräumt, dass es hier Nachbesserungsbedarf gibt. Diese Sicht teilen auch die IG BAU, die Bau-Arbeitgeberverbände und die für die Kontrolle und Ahndung zuständige Finanzkontrolle Schwarzarbeit, FKS, des Zolls. Wir fordern die Bundesregierung deshalb dringend dazu auf, es nicht bei der Feststellung von Defiziten zu belassen und unverzüglich die entsprechenden gesetzlichen Grundlagen vorzubereiten. Bereits im März hatte das BMF dem zuständigen Bundestagsausschuss die Ergebnisse einer Evaluation der Bekämpfung von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung für das Jahr 2007 mitgeteilt. Danach gibt es Verstöße, aber es gibt auch konkrete Vorstellungen zu wirksamen Gegenmaßnahmen. Jeder weitere Tag, den die Bundesregierung verstreichen lässt, ohne aktiv zu werden, ist ein Tag, an dem Beschäftigte auf dem Bau die ihnen zustehenden Löhne nicht erhalten. Meine Fraktion hat in Gesprächen mit Vertretern der Arbeitgeber und der Gewerkschaften eine Reihe praktikabler und wirksamer Maßnahmen für den Schutz des Mindestlohns in der Baubranche identifiziert. Diese sind in unserem Antrag aufgelistet und begründet. Ich hebe zwei Dinge hervor. Zum ersten gilt es, die Mitführung eines amtlichen Personaldokuments auf Baustellen oder an anderen Arbeitsstätten zur Pflicht zu machen. Beim heutigen Stand der Technik könnten die Kontrollbehörden an Ort und Stelle anhand der personenbezogenen Daten auf alle relevanten Datenbanken zugreifen. Die Frage „Illegal oder legal beschäftigt?“ würde sofort geklärt. Die Vertreter der Arbeitgeber, die zuständige Gewerkschaft, das Wirtschaftsund das Arbeitsministerium gehen übereinstimmend von einer hohen Wirksamkeit einer solchen Mitführungspflicht aus. Notwendig ist zum Zweiten, das Schlupfloch der nachträglichen Meldung eines neuen Beschäftigungsverhältnisses durch den Arbeitgeber zu schließen. Heute ist es zulässig, ein neues Beschäftigungsverhältnis bis zu sechs Wochen nach dem eigentlichen Beginn der Beschäftigung bei der Sozialversicherung zu melden. Die Baufirma etwa, die illegal beschäftigt, kann sich bei Kontrollen so immer darauf hinausreden, dass ein noch nicht gemeldeter Beschäftigter gerade erst eingestellt worden sei und d n s d s s D d w R g i f G m A b L c e A d l W f d A B A b d c r a t g E a r w e b w w a g m n s i ü b s Zu Protokoll ge (C (D ie Meldung selbstverständlich noch erfolge. Das ist icht hinnehmbar und dieser Missstand ist leicht abzutellen. Dass bestehende gesetzliche Bestimmungen auch urchgesetzt und vor Verletzungen bewahrt werden müsen, versteht sich von selbst. Ich erwarte daher eine kontruktive Diskussion unserer Vorschläge. Die Baubranche ist eine der wenigen Branchen in eutschland, die mit einem allgemeinverbindlichen Minestlohn vor Lohndumping geschützt ist. Gleichzeitig issen wir, dass es immer schwarze Schafe gibt, die diese egelungen unterlaufen und ihre Beschäftigten mit wenier als dem Mindestlohn abspeisen wollen. „Vertrauen st gut, Kontrolle ist besser“, dieser Satz gilt deshalb auch ür die Baubranche. Um es deutlich zu sagen: Ja, wir rünen wollen Mindestlöhne, und wenn es sie gibt, dann üssen sich selbstverständlich auch alle daran halten. uch die Schwarzarbeit ist aus grüner Sicht inakzeptael; sie muss ebenso energisch bekämpft werden wie der ohnraub. Und Sie alle werden mir zustimmen, dass solhe Ansagen umso wirkungsvoller sind, je besser sie mit inem entsprechenden Instrumentarium unterlegt sind. ber – wie so oft – auch in diesem Aktionsfeld muss man ie Bundesregierung zum Jagen tragen. Dafür ist der voriegende Antrag genauso ein Indiz wie die vor wenigen ochen hier im Parlament geführte Debatte um die Ein ührung einer Chipkarte im Baubereich. Vor einem halben Jahr hat der Bundesrechnungshof em Arbeitsund dem Finanzminister ein umfangreiches ufgabenpaket in Sachen Schwarzarbeit geschnürt. Zu eginn dieses Monats haben das BMAS und das BMF ihr ktionsprogramm für Recht und Ordnung auf dem Areitsmarkt vorgelegt. So weit, so gut. Wenn wir uns aber as Programm genauer angucken, dann kann ich hier siherlich feststellen, dass es Schwarzarbeitern und Lohnäubern nicht das Fürchten lehren wird. Ich kann Ihnen uch sagen, warum das nicht passieren wird. In Ihrem Akionsprogramm verkaufen Sie uns überwiegend „Prüfunen“, „Erwägungen“ und „Appelle“ als Maßnahmen. rst gestern wurde Ihrem Programm im Finanzausschuss ttestiert, dass darin lediglich ein Vorschlag des Bundesechnungshofs aufgegriffen wird, und auch dieser – wen undert‘s – wird lediglich geprüft. Meine Damen und Herren von der Regierung, so geht s nicht, wenn wir wirklich etwas gegen Mindestlohnetrug und Schwarzarbeit nicht nur im Baubereich tun ollen. Immerhin, im Bereich „Sofortmeldung und Auseispflicht“ hat die Bundesregierung Verbesserungen ngekündigt. Aber Letzteres wird nur dann Wirkung zeien, wenn die Kontrollen vor Ort verbessert werden. Der Bundesrechnungshof hat in seinem Bericht die angelnde Präsenz der Mitarbeiter und Mitarbeiterinen der Finanzkontrolle Schwarzarbeit moniert. Die ollen eigentlich mindestens 50 Prozent ihrer Arbeitszeit m Außendienst verbringen. Diese Quote wird aber berhaupt nicht erreicht; nur knapp ein Drittel ihrer Areitszeit verbringen die Mitarbeiter an den Orten des Gechehens. Und was schlägt die Regierung vor? Ein Pilot Dr. Heinrich L. Kolb gebene Reden Brigitte Pothmer projekt mit dauerhaften Prüfstützpunkten auf einigen Großbaustellen. Das heißt im Klartext, dass weitere Jahre vergehen werden, bis Betrüger auf Baustellen und anderswo damit rechnen müssen, kontrolliert zu werden. Probleme anpacken – das geht anders! Wir sehen den Handlungsbedarf, und wir werden die im Antrag vorgelegten Vorschläge prüfen. Zwar sind wir im Einzelfall skeptisch; wir lassen uns aber durch gute Argumente gerne überzeugen. Insofern sehe ich den Ausschussberatungen mit Interesse entgegen. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf Drucksache 16/9594 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen. Ich rufe Tagesordnungspunkt 23 auf: Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 31. August 2006 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Sozialistischen Republik Vietnam über die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von schwerwiegenden Straftaten und der Organisierten Kriminalität – Drucksache 16/9277 – Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses – Drucksache 16/9614 – Berichterstattung: Abgeordnete Clemens Binninger Frank Hofmann Gisela Piltz Ulla Jelpke Wolfgang Wieland Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, werden die Reden zu Protokoll genommen, und zwar von folgenden Kolleginnen und Kollegen: Frank Hofmann, Gisela Piltz, Ulla Jelpke, Wolfgang Wieland und Peter Altmaier. Mit dem vorliegenden Geldwäschebekämpfungser gänzungsgesetz setzen wir, wie so oft im Bereich der Innenpolitik, eine EG-Richtlinie um. So sollen die Vorgaben der sogenannten Dritten EG-Geldwäscherichtline, Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2005 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, und eine hierzu von der EG-Kommission erlassene Durchführungsrichtlinie, Richtlinie 2006/70/EG der Kommission vom 1. August 2006, in nationales Recht umgesetzt werden. Durch die Dritte EG-Geldwäscherichtlinie sind die EU-rechtlichen Vorgaben für die nationalen Geldwäschegesetzgebungen grundlegend umstrukturiert und erweitert worden. Des h d b r e c d s h d s t G d n b R i w u V n e F D t c f d w e G T b w t z d B a d e r d n t f v d g u t t i R s e V s t v (C (D alb ist es nötig gewesen, mit diesem Gesetz auch das eutsche Geldwäscherecht vollständig neu zu fassen. Es eschränkt sich zu über 90 Prozent darauf, die europaechtlichen Vorgaben eins zu eins umzusetzen. In dieser uroparechtlichen Überlagerung besteht ein wesentliher Kritikpunkt allgemeiner Natur: Es ist sehr unbefrieigend, wenn der nationale Gesetzgeber, also der Deutche Bundestag, keinen eigenen Entscheidungsspielraum at, sondern auf die Rolle eines Notars herabsinkt, der ie Vorgaben aus Brüssel in nationales Recht umsetzen oll. Dies ist eine prinzipielle Durchbrechung der Gewalenteilung. Es erfolgt keine materielle, parlamentarische esetzgebung, weder durch das Europaparlament noch urch den Deutschen Bundestag, sondern nur durch die ationalen Regierungen im Europäischen Rat. Die mittelare Legitimation durch die Umsetzung in nationales echt halte ich, insbesondere in sensiblen, grundrechts ntensiven Regelungsbereichen, für problematisch. Soeit zur Kritik an dieser Verfahrensart. Nun zum Gesetzentwurf selbst. Das Gesetz ist wichtig, m das Netz gegen Einschleusen von illegal erworbenen ermögenswerten, zum Beispiel aus organisierter Krimialität, in den legalen Finanzund Wirtschaftskreislauf uropaweit noch enger zu flechten. Geldwäsche und die inanzströme des internationalen Terrorismus werden in eutschland in Zukunft mit dem neuen Gesetz noch effek iver bekämpft. Das zur Geldwäschebekämpfung entwikelte Instrumentarium wird nun auch auf die Bekämpung der Terrorismusfinanzierung ausgeweitet. In Zeiten es deutschen Terrorismus der 70er-Jahre hätte die Geldäschebekämpfung nicht gezogen. Die RAF hat sich in rster Linie finanziert durch Überfälle auf Banken und eldboten und durch Geiselnahmen. Der islamistische errorismus dagegen nutzt die gesamte Bandbreite der ekannten Finanzierungsmöglichkeiten. Bis 2005 wurden eltweit mehr als 150 Millionen Dollar, die als Terroris engelder identifiziert wurden, aus dem Geldverkehr geogen. Völlig neu ist die industrielle Geschäftsbasis bei er Finanzierung, wie sie für den Multimillionär Osama in Laden nachweisbar ist, ebenso wie das „Sponsoring“ us Drogengeldern. Deshalb macht die Erweiterung auf ie Terrorismusfinanzierung Sinn. Bei der Prüfung, ob in Geldwäscheverdacht vorliegt, wird grundsätzlich ein isikoorientierter Ansatz verfolgt. Dieser verdeutlicht, ass die Gefahr der Geldwäsche und der Terrorismusfianzierung nicht bei allen Transaktionen oder Geschäfen gleich hoch ist. Zentrales Anliegen des Gesetzentwures ist daher die Ausbalancierung von vereinfachten und erstärkten Sorgfaltspflichten unter Berücksichtigung es Umstands, dass die Verpflichteten den ihnen oblieenden Anforderungen risikoadäquat und praxisgerecht nter vernünftigem Aufwand nachkommen können. Weierhin steht die flexiblere Normierung der den Verpflicheten auferlegten Sorgfaltspflichten gegenüber Kunden m Vordergrund. Grundlage soll dabei insbesondere die isikoträchtigkeit der jeweiligen Transaktion oder Gechäftbeziehung sein, nach der jeweils allgemeine, verinfachte oder verstärkte Sorgfaltspflichten gegenüber ertragspartnern, Kunden und Mandanten zu beachten ind. Wo die Richtlinie es zuließ, erfolgte die Ausgestalung des Gesetzes so, dass überflüssige Bürokratiekosten ermieden wurden. Die häufige Kritik aus der Kreditwirt schaft an der übermäßigen Bürokratie des Gesetzes, zum Beispiel an § 1 Abs. 6 des Geldwäschegesetzes, wonach bei Gesellschaften der wirtschaftliche Eigentümer identifiziert werden muss, ist nicht gerechtfertigt. Außerdem würde man, sollte man auf die entsprechende Verpflichtung verzichten, die Richtlinie nicht vollständig umsetzen und ein Vertragsverletzungsverfahren riskieren. Im Gesetzentwurf hat die Bundesregierung Verbesserungsvorschläge des Bundesrates aufgegriffen und so die Anwendung des Gesetzes praktikabler gemacht. Die Aufzeichnungspflicht zur Identifizierung von juristischen Personen als Vertragspartner kann nun durch eine Kopie des Handelsregisterauszugs erfolgen und muss nicht manuell erfasst werden. Wird über Internet auf ein elektronisch geführtes Register zugegriffen, reicht die Anfertigung eines Ausdrucks aus, sodass ebenfalls auf eine manuelle Erfassung der Daten verzichtet werden kann. Die Einführung einer Bagatellgrenze von 2 500 Euro für die Identifikation bei Sorten-Bar-Geschäften, also beim Umtausch von Bargeld gegen Devisen, wurde eingeführt. Damit wird eine übermäßige Belastung von Banken in Grenzregionen verhindert. Zur dritten Beratung des Gesetzentwurfs hat die FDP kurzfristig einen Entschließungsantrag vorgelegt, der abzulehnen ist. Die Kritik am Gesetzentwurf der Bundesregierung kann ich nicht teilen. Die Regelung zur Bestimmung des wirtschaftlich Berechtigten stellt die Banken keineswegs vor unlösbare Probleme. Auch gibt es keinen Generalverdacht gegen die sogenannten politisch exponierten Personen. Die FDP hat sich mit ihrem Antrag insbesondere die Kritik der Bankenverbände zu eigen gemacht, die uns nicht überzeugt. Insgesamt ist der vorliegende Gesetzentwurf kaum kritikwürdig, weil er sich ganz eng an die Richtlinie anlehnt, also dem Prinzip der Eins-zu-eins-Umsetzung folgt. Die Bekämpfung der Geldwäsche selbst hat sich grundsätzlich bewährt. Wenn es auch sicher schwer ist, im Einzelnen die Effizienz und die Wirksamkeit zu messen, so kann man dennoch sagen, dass die Geldwäschevorschriften die Geldwäsche erschweren und somit auch die Terrorismusfinanzierung und so einen Beitrag zur Bekämpfung von Kriminalität und Terrorismus leisten. Wieder einmal beraten wir im Deutschen Bundestag über die Ratifizierung eines „Sicherheitsabkommens“ der Bundesregierung, über einen Vertrag, der ohne vorherige Befassung und Information des Parlaments unterzeichnet wurde. Wieder einmal spotten die Regelungen dem Datenschutz. Die Bundesregierung macht es sich leicht: einfach „Copy and Paste“. Egal ob es sich um die Vereinigten Arabischen Emirate oder, wie heute, um Vietnam handelt: Wie man derart verantwortungslos mit dem Datenschutz und auch der Sicherheit der Bundesrepublik – die Abkommen dienen ja immer der Bekämpfung von schwerwiegenden Straftaten und der organisierten Kriminalität – umgehen kann, wird wohl niemand verstehen. Nach dem Abkommen ist vorgesehen, dass die übermittelten Daten auch „zur Verhütung und Verfolgung von Straftaten von erheblicher Bedeutung sowie zum Zweck der Abwehr von e w f R f u D w d t D n R s T r I d B f l B a s t ü n A i t d d M w D R n w J a g t w s g w J K t G w k K Zu Protokoll ge (C (D rheblichen Gefahren für die öffentliche Sicherheit“ verendet werden können. Wann besteht denn aber wohl eine erhebliche Gefahr ür die öffentliche Sicherheit nach vietnamesischem echt? Wenn jemand ohne Führerschein Motorrad ährt? Oder nur dann, wenn er einen Sprengstoffgürtel mhat? Das können wir alle nicht beantworten. Vor allen ingen: Auch das Abkommen gibt uns dazu keine Antort. Wieso verzichtet die Bundesregierung darauf, in en „Sicherheitsabkommen“ festzulegen, für welche Taen die übermittelten Daten verwendet werden dürfen? ies ist für die Rechtssicherheit der deutschen Bürgerinen und Bürger dringend geboten. Stattdessen wird es der echtsinterpretation vietnamesischer Behörden überlasen. Erneut ist es die Bedrohung durch den internationalen errorismus, die einen weiteren Eingriff in die Freiheitsechte der Bürgerinnen und Bürger rechtfertigen soll. nsbesondere seit der letzten Bundestagswahl und dem amit verbundenen Amtsantritt Wolfgangs Schäubles als undesinnenminister dient die Terrorgefahr als Vorwand ür diverse Gesetze, die staatliche Überwachung ermögichen sollen, oder, wie hier, über datenschutzrechtliche estimmungen schlicht hinweggehen. Aus unserer Sicht ist die internationale Zusammenrbeit, gerade im Bereich der Inneren Sicherheit, angeichts der grenzüberschreitenden Kriminalität und des inernationalen Terrorismus unabdingbar. Wir sind davon berzeugt, dass die Probleme in einer globalisierten Welt icht durch nationale Alleingänge gelöst werden können. us diesem Grund sind vertrauensvolle Beziehungen mit nternationalen Partnern von herausragender Bedeuung. Gleichwohl können wir bilateralen Abkommen ann nicht zustimmen, wenn Regelungen enthalten sind, ie wir auch auf nationaler Ebene seit jeher ablehnen. it diesem Abkommen werden der missbräuchlichen Verendung personenbezogener Daten Tür und Tor geöffnet. aher lehnen wir das Abkommen ab. Das vorliegende Abkommen steht in einer langen eihe fast gleichlautender Abkommen mit Staaten, in deen es anhaltende Probleme mit Menschenrechten, geerkschaftlichen und politischen Freiheiten oder der ustiz gibt. Nun möchte ich Vietnam nicht mit den mittellterlich verfassten Vereinigten Arabischen Emiraten leichsetzen, über die vor wenigen Tagen als Kooperaionspartner in der Verbrechensbekämpfung diskutiert urden. Aber auch in Vietnam ist die Menschenrechts ituation noch keineswegs in allen Bereichen befriediend. Weiterhin wird beispielsweise die Bildung freier Geerkschaften verhindert. Weiterhin werden kritische ournalisten, die sich zum Beispiel mit der verbreiteten orruption befassen, inhaftiert. Auch politische Freihei en oder Minderheitenrechte sind nicht gewährleistet. erade zum Zeitpunkt des Abkommens vor zwei Jahren urden zahlreiche Angehörige der sogenannten Bergvöler so drangsaliert, dass sie massenhaft ins benachbarte ambodscha fliehen mussten. Schließlich existiert in Frank Hofmann gebene Reden Vietnam weiterhin die Todesstrafe, und diese wird auch verhängt und vollstreckt. Zwar heißt es in diesem Abkommen, dass in Fällen, in denen die Todesstrafe droht, die Unterstützung verweigert werden kann. Allerdings wird hier nur die butterweiche Formulierung gebraucht: – ich zitiere –: sofern nicht die ersuchende Vertragspartei eine von der ersuchten Vertragspartei als ausreichend erachtete Zusicherung abgibt, dass die Todesstrafe nicht mehr verhängt oder, falls sie verhängt wird, nicht mehr vollstreckt wird. Das ist uns zu wenig. Hier müsste weiterhin die Regel gelten, dass generell keine Personen an Staaten ausgeliefert werden dürfen, in denen ihnen die Todesstrafe droht. Vage Zusicherungen der Regierung oder Justiz des Partnerlandes reichen uns nicht aus. Niemand hier wird bestreiten, dass Länder wie Vietnam gerade im Bereich des Datenschutzes noch erhebliche Defizite aufweisen. Nun soll sich die Zusammenarbeit bei der Kriminalitätsbekämpfung aber gerade auch auf den Bereich des Datenaustausches erstrecken. Was mit diesen Daten geschieht, ist weitgehend unkontrollierbar. Die praktische Kooperation mit solchen Staaten ist der Öffentlichkeit entzogen. Waren schon die Formulierungen zur organisierten Kriminalität problematisch und wenig eingegrenzt, so verschärft sich dies durch die Ausrichtung auf den noch viel weniger eindeutig definierten Terrorismus. Die offizielle Begründung für den Abschluss solcher Abkommen ist regelmäßig die Behauptung, dass sich dadurch auch die Rechtsstaatsprobleme in diesen Ländern verbessern ließe. Dies ist in meinen Augen unehrlich; denn in Wirklichkeit stehen eigene Interessen nach Migrationskontrolle oder Informationserlangung aus dem – unklar definierten – Terrorismusbereich im Vordergrund des deutschen Interesses. Die Bundesregierung müsste hier sehr viel deutlicher belegen, dass diese Abkommen tatsächlich einen Beitrag zur Verbesserung der rechtsstaatlichen Situation in den jeweiligen Partnerländern leisten. Da dies nicht glaubwürdig geschieht, wird die Fraktion Die Linke den vorliegenden Gesetzentwurf ablehnen. Zum dritten Mal in wenigen Wochen diskutieren wir heute ein Abkommen über die Zusammenarbeit im Bereich schwerwiegende und organisierte Kriminalität mit einem anderen Staat. Den Anfang machte das katastrophale Abkommen mit den USA: Der Datenschutz wird dort fast vollkommen ignoriert, die Tatbestände sind schwammig definiert, und Absurditäten wie Daten zur Gewerkschaftszugehörigkeit oder zum Sexualleben setzen den Unzulänglichkeiten dieses Vertrages die Krone auf. Das Abkommen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten sah gerade in puncto Rechtsweg und Datenschutz deutlich besser aus, ließ viel mehr Spielraum, Daten nur im Einzelfall weiterzugeben, und bedeutete keinen Weitergabeautomatismus. Aber auch hier musste man sich fragen, welche schwerwiegenden Verbrechen gemeint s b T i g s w h m d D k W d n s k m R U a s f t m w k n d d s w k b g s „ m E d e s d t s t g t l d D w u Zu Protokoll ge (C (D ind und was unter Terrorismus zu verstehen ist. Das ist ei einem Land, in dem Demokratiebestrebungen und errorismus von den Machthabern vielleicht nicht immer n unserem Sinne unterschieden werden, ein Problem – anz abgesehen von der Tatsache, dass Terrorismus ein chnell geäußerter Verdacht ist, der selten sicher belegt ird und gravierende Konsequenzen für die Betroffenen at. Nun aber zum heute vorliegenden Text des Abkommens it Vietnam. Hier geht es nicht – wie im Abkommen mit en USA – um die Übermittlung von Fingerabdruck und NA-Daten, sondern um das Teilen polizeilicher Er enntnisse. Das ist schon einmal erfreulich, zumal die eitergabe strikt nach deutschem Recht erfolgt und in jeem Einzelfall geprüft werden soll. Auch ausgetauscht werden sollen methodische Kenntisse und Forschungsergebnisse. Das ist sicher ganz innvoll; man fragt sich aber, ob ein Datenaustauschabommen der richtige Ort ist, um eine Ausbildungszusamenarbeit zu vereinbaren. Da wäre ein Abkommen im ahmen des Rechtsstaatsdialogs oder ein Programm zur nterstützung der Polizeiausbildung und -reform sicher ngemessener. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip ist im Abkommen pezifisch erwähnt, ebenso die Einhaltung von Speicherristen und das Verbot der Weitergabe übermittelter Daen. Das ist löblich, aber eben nicht zu kontrollieren. Man uss sich schon fragen, ob man sensible Daten verantortlich exportieren kann und wohin. Das Recht auf Ausunft und Einsicht und sogar auf Schadenersatz hilft weig, wenn es in einem Land eingeklagt werden muss, essen Rechtssystem doch einige Wünsche offen lässt. Ganz problematisch ist der Katalog der Straftaten, für en dieses Abkommen gelten soll. Terroristische Taten ind notorisch schwer zu definieren, Terrorismus liegt geissermaßen im Auge des Betrachters. In so einem Abommen haben auch sehr allgemeine Straftatbestände zw. Kategorien wie „Eigentumsdelikte“ oder „Schmugel von Waren“ nichts verloren. Denn unter diese Überchriften fallen doch allzu viele Delikte. Verschlimmert wird das alles durch das Wörtchen insbesondere“ – es wird also bei allen Straftaten zusamengearbeitet, der Katalog ist mehr Augenwischerei als inschränkung. Denn das bedeutet: Bei schwerwiegenen Straftaten wird immer zusammengearbeitet. Aber ben auch bei nicht schwerwiegenden, sobald „organiierte kriminelle Strukturen“ erkennbar sind. Das ist für en wie gesagt kaum kontrollierbaren Austausch von Daen eine viel zu weitgehende Fassung; denn es muss beipielsweise nicht belegt werden, dass organisierte Strukuren existieren, nicht einmal ein erhärteter Verdacht ist efordert. Das ist eine zu weiche Grundlage für den Daenexport. Und es wird im ganzen Abkommen nicht deutich, welche Fälle hier abgedeckt werden, die im Rahmen er Rechtshilfe bei der Strafverfolgung nicht erfasst sind. a ist zu befürchten, dass umfassend Daten getauscht erden, gerade weil noch nichts konkret und erhärtet ist nd deshalb die Rechtshilfe nicht greift. Ulla Jelpke gebene Reden Wolfgang Wieland Es bleibt also bei den gleichen Mängeln: unklare Definition und viel zu weite Fassung der Gründe für den Austausch von Daten, keine Möglichkeit, die Weiterverwendung der Daten zu kontrollieren, ein Versprechen auf Rechtsweg und individuellen Schutz, das mangels eines funktionierenden Rechtssystems aber kaum eingelöst werden kann. Aus diesen Gründen können wir dem Abkommen nicht zustimmen. P Der Kampf gegen die organisierte Kriminalität und den internationalen Terrorismus ist die vorrangige sicherheitspolitische Herausforderung unserer Zeit. Dieser Herausforderung können wir – das liegt klar auf der Hand – allein im nationalstaatlichen Rahmen nicht gerecht werden. Die Tätergruppierungen sind häufig international zusammengesetzt. Sie agieren über die nationalen Grenzen hinweg. Sie machen sich zunutze, dass im Zuge der Globalisierung die Möglichkeiten zu weltweiten Kommunikations-, Transportund Kapitalbewegungen rasant zunehmen. Globalisierung eröffnet Menschen und Unternehmen große Chancen. Sie eröffnet auch einige Risiken, die nach politischer Gestaltung rufen. Um mit der Entwicklung Schritt zu halten, bedarf es enger, vertrauensvoller und rechtlich geordneter internationaler Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden, Hierin liegt die zeitgemäße, die unabdingbare Antwort auf die Internationalisierung krimineller Strukturen. Ohne sie würden wir unserer Verantwortung für die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger unter den Bedingungen der Globalisierung nicht gerecht werden können. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten von uns zu Recht, dass wir sie auch gegen solche Gefahren schützen, die ihren Ursprung außerhalb unserer Grenzen haben. Unsere nationale Verantwortung gebietet internationales Handeln. Sie wissen, dass die Bundesregierung einen Schwerpunkt ihrer internationalen Sicherheitspolitik auf Ebene der Europäischen Union setzt. Wir engagieren uns gemeinsam mit unseren europäischen Partnern dafür, dass im Europa der offenen Grenzen fortlaufend die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in den Bereichen der Strafverfolgung und Gefahrenabwehr verbessert wird. Wir können hierbei – auch dies ist bekannt – auf beachtliche Erfolge zurückblicken, gerade aus der Zeit der deutschen EU-Präsidentschaft. Wir ruhen uns auf diesen Erfolgen nicht aus, sondern setzen uns entschlossen für den weiteren Ausbau der europäischen Sicherheitsarchitektur ein. Die Bundesregierung engagiert sich darüber hinaus aber auch – sie muss dies tun – bei der Fortentwicklung der sicherheitspolitischen Zusammenarbeit mit Drittstaaten außerhalb der Europäischen Union. Die internationale Kriminalität macht bekanntlich an den Grenzen Europas nicht halt. Internationale Sicherheitspolitik muss dementsprechend über die Union hinausgreifen; d s t u n z m B g r a g d Z s w b R a n s h s k t g s n d s v z s t S h s e c a g e G S a (C (D ieser Einsicht folgen übrigens auch unsere europäichen Partner. Ein wichtiger Eckstein ist hierbei die bilaterale Verragspolitik, die sich in den 90er-Jahren noch auf mittelnd osteuropäische Staaten konzentrierte und die seit eiigen Jahren den Nahen Osten und auch Asien einbeieht. In diesen Rahmen fügt sich das Regierungsabkomen mit Vietnam über die Zusammenarbeit bei der ekämpfung von schwerwiegenden Straftaten und der oranisierten Kriminalität ein. Es liegt im deutschen Inteesse, mit Vietnam – einem Land mit einer der weltweit m schnellsten wachsenden Volkswirtschaften – nicht nur ute Handelsbeziehungen zu pflegen, sondern auch bei er Kriminalitätsbekämpfung zusammenzuarbeiten. Das Abkommen schafft konkrete Instrumente, um die usammenarbeit mit Leben zu erfüllen. Es legt die zutändigen Behörden fest. Es regelt präzise die Verfahrensege. Es definiert die einzelnen Felder der Zusammenareit. Den beteiligten Behörden wird so ein Bestand an egelungen an die Hand gegeben, mit denen sie praktisch rbeiten können. Das Abkommen regelt darüber hinaus – auch dies ist ötig – die inhaltlichen Maßgaben, an denen sich die Zuammenarbeit zu orientieren hat. Das Abkommen folgt ierbei selbstverständlich den rechtsstaatlichen Grundätzen, die für unsere politische und rechtliche Ordnung onstitutiv sind und die wir auch im Angesicht weltweiter erroristischer und krimineller Gefährdungen nicht preiseben dürfen. Ich darf in diesem Zusammenhang beipielhaft darauf verweisen, dass das Abkommen ein eigees Datenschutzregime installiert und so sicherstellt, ass die diejenigen grundrechtlichen Standards umgeetzt werden und Beachtung finden, die das Grundgesetz orgibt. Durch die Inkraftsetzung des Abkommens mit der Soialistischen Republik Vietnam leisten wir einen praktichen Beitrag zum Ausbau der internationalen Kooperaion im Sicherheitsbereich und damit letztlich zur icherheit unserer Bürgerinnen und Bürger. Ich bitte daer um Ihre Zustimmung zu dem Entwurf des Vertragsgeetzes. Wir kommen zur Abstimmung. Der Innenausschuss mpfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksahe 16/9614, den Gesetzentwurf der Bundesregierung uf Drucksache 16/9277 anzunehmen. Ich bitte diejenien, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu rheben. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der esetzentwurf ist mit den Stimmen von CDU/CSU und PD gegen die Stimmen der drei Oppositionsfraktionen ngenommen. Ich rufe Tagesordnungspunkt 18 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Soziales Brigitte Pothmer, Katrin Göring-Eckardt, Kerstin Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse Andreae, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Neue Sicherheit für flexible Arbeitsverhältnisse – Drucksachen 16/6436, 16/8191 – Berichterstattung: Abgeordneter Peter Rauen Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, werden die Reden zu Protokoll genommen, und zwar von den Kolleginnen und Kollegen Gitta Connemann, Angelika Krüger-Leißner, Dirk Niebel, Kornelia Möller und Brigitte Pothmer. 1930 warnte der Reichsbund Deutscher Kunsthoch schüler vor den Risiken, den Beruf des Künstlers ergreifen zu wollen: „Der Künstlerberuf hat für den Fernstehenden etwas Verlockendes. … Doch abgesehen von seltenen Ausnahmen gestaltet er sich in Wahrheit anders: Mühevolles Aneignen des handwerklichen Könnens, Ringen mit der eigenen Begabung, Kampf gegen starke Konkurrenz, …, Verkennung und Verständnislosigkeit beim Publikum, Schwierigkeiten und Entbehrungen aller Art, allmähliches Herabsinken ins Künstlerelend, Berufswechsel oder Übernahme von minderwertiger Arbeit, nur um das Leben zu fristen: solche Wirklichkeit bietet nichts Verlockendes.“ An diesem Befund hat sich – relativ gesehen – bis heute leider nicht alles geändert. Zwar gibt es inzwischen mit der Künstlersozialversicherung eine weltweit einmalige soziale Sicherung für selbstständige Künstler und Publizisten. Aber der Abschlussbericht der Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ zeigt auch, dass die Einkommenssituation von Künstlerinnen und Künstlern nach wie vor besorgniserregend ist. Dennoch ließen und lassen sich Künstlerinnen und Künstler nicht schrecken. Denn sie fühlen sich berufen – zu schauspielern, zu musizieren, zu tanzen. Glücklicherweise! Künstlerinnen und Künstler sind nämlich das Fundament unseres einzigartigen kulturellen Lebens in Deutschland. Ohne ihre Werke, ohne ihre Ausübung gäbe es dieses nicht oder würde sich nur noch auf die Vergangenheit beziehen. Es ist deshalb unverzichtbar, für ihre ausreichende soziale Sicherung zu sorgen – auch im Fall der Arbeitslosigkeit von abhängig Beschäftigten in Kulturberufen. Schon vor der Agenda 2010 hatten viele von diesen keine Chance, Arbeitslosengeld I zu beziehen. Denn die Anspruchsvoraussetzung, in drei Jahren zwölf Monate sozialversicherungspflichtig gearbeitet zu haben, wurde nicht erfüllt. Diese Situation hat sich durch die 2003 beschlossene Verkürzung der Rahmenfrist verschärft. Seit 2006 muss jeder Arbeitnehmer nun in zwei Jahren diese sogenannte Anwartschaftszeit erfüllen. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nimmt diese besondere Situation der Versicherten in Kulturberufen zum Anlass, den vorliegenden Antrag vorzulegen. Danach sollen künftig geringere Beitragszeiten für alle, ich b a m t v M e A m F d V z k F d E s A s s d v P A s s s s b i P t F e G s g K w d F h h W v d E m F h f s k l t s S (C (D etone, alle Arbeitnehmer zu einem Arbeitslosengeldnspruch führen. Zudem soll ein Anspruch auf eine Verittlungspause eingeführt werden, während die Leis ungsempfänger ausschließlich selbst für ihre Integration erantwortlich sein sollen. Diesen Antrag lehnen wir, die itglieder der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, ab. Denn r setzt zum einen für alle Arbeitnehmer den fehlerhaften nreiz, Arbeitsverhältnisse zulasten der Beitragszahler öglichst kurz zu halten. Zum anderen widerspricht die orderung nach Einführung einer Vermittlungspause em Grundgedanken, Arbeitslosigkeit durch intensive ermittlungsbemühungen möglichst zu vermeiden oder u verkürzen. Schließlich steht der vorliegende Antrag in larem Widerspruch zu einer Empfehlung, die von allen raktionen des Deutschen Bundestages, also auch mit en Stimmen von Bündnis 90/Die Grünen, in der nquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ verabchiedet worden ist: nämlich eine spezifische gesetzliche usnahmeregelung für Versicherte in Kulturberufen zu chaffen. Denn bei den Versicherten in Kulturberufen handelt es ich um eine Berufsgruppe, die wegen der Ausgestaltung er Beschäftigungsverhältnisse mit keiner anderen zu ergleichen ist. Es handelt sich hier um ein spezifisches roblem, das spezifisch gelöst werden muss, und nicht als nlass für eine grundsätzliche Änderung des Arbeitsloenversicherungsrechts zulasten der Beitragsgemeinchaft missbraucht werden darf. Künstler und Kulturchaffende insbesondere im Filmund Fernsehbereich tehen regelmäßig nur in kurz befristeten Engagements ei ständig wechselnden Arbeitgebern. Kennzeichnend st die Zweck-, nicht die Zeitbefristung: angestellt für eine roduktion, egal wie lange diese dauert. Diese Versicher en sind vielfältigen Unwägbarkeiten ausgesetzt, die das ristende bestimmen – für sie unplanbar. Ein Filmschaffender beschreibt diese Arbeitswelt in iner E-Mail, die ich vor einer Woche erhielt, wie folgt: enau genommen werden wir jeweils nur solange ange tellt, wie das Projekt gerade dauert, das heißt, von wenien Tagen bis zu einigen Wochen. Nach der letzten lappe ist die Produktion beendet und wir stehen alle ieder auf der Straße. Dann wird es für viele von uns wieer eine Zitterpartie geben, ob und wann ein weiteres ilmprojekt hereinkommt. Dabei gibt es viele Unsichereitsfaktoren: Probleme bei der Filmfinanzierung, Abängigkeit von der Sendeplanung, Protagonistensuche, itterungsbedingungen usw. Diese besondere Ausgestaltung der Beschäftigungserhältnisse hat schon in der Vergangenheit dazu geführt, ass Versicherte in Kulturberufen an vielen sozialen rrungenschaften kaum Anteil hatten und haben. Ich öchte dies am Beispiel der Situation von Filmund ernsehschaffenden deutlich machen. Filmschaffende aben faktisch keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsall, da kranke Filmschaffende angesichts der kurzen Antellungsphase gar nicht erst angestellt werden. Extrem urze Beschäftigungszeiten lassen so die Entgeltfortzahung im Krankheitsfall für die meisten ebenso zu einer heoretischen Erscheinung werden wie Leistungen in Getalt des Mutterschaftsoder Elterngeldes. Denn auch chwangere werden in der Praxis nicht angestellt. Glei ches gilt für Rehabilitationsmaßnahmen etc. Von einer betrieblichen Altersversorgung können Filmschaffende nur träumen. Auch gesetzliche Ansprüche auf Teilzeitarbeit oder gleitende Übergänge in den Ruhestand durch Modelle der Altersteilzeit bleiben ihnen versperrt. Die Versicherung gegen Arbeitslosigkeit war in der Vergangenheit nahezu die einzige soziale Sicherung, die Halt zu versprechen schien, und Sicherheit gegen eine stete Existenzangst, geprägt von Fragen wie: Was kommt nach der nächsten Produktion? Wird das Telefon klingeln? Tatsächlich ist dies übrigens ein Schein. Denn Künstler und Kulturschaffende, die regelmäßig in nur kurz befristeten Engagements bei ständig wechselnden Arbeitgebern stehen, ist es nahezu unmöglich, die Anwartschaftszeit von zwölf Monaten zu erfüllen. Dazu muss zum Beispiel ein Schauspieler entweder acht Hauptrollen in einer Filmproduktion oder aber zwei Hauptrollen in einer Serienproduktion spielen. Dies ist schon faktisch in zwei Jahren, aber auch in drei Jahren ausgeschlossen. Auch das tariflich abgesicherte Zeitkontenmodell reicht nicht aus, um die erforderlichen Pflichtversicherungszeiten zu erreichen. Künstlerisch Tätige geraten damit in die Situation, zwar Beiträge in die Arbeitslosenversicherung einzuzahlen, aber häufig keine Leistungen aus dieser Versicherung zu erhalten. Die von der zentralen Bühne-, Filmund Fernsehvermittlung sowie von den Künstleragenturen erbrachten Leistungen für Unterstützung, Beratung und Vermittlung sowie für Mobilitätskosten entfallen dadurch ebenfalls. Wir sehen die Not vieler Künstler. Deshalb setzt sich die CDU/CSU-Bundestagsfraktion beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales seit geraumer Zeit dafür ein, eine spezifische gesetzliche Ausnahmeregelung für die Versicherten der Kulturberufe zu schaffen. Eine solche wurde von der Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ schon 2005 angemahnt. Die Kommission hat auch in ihrem Abschlussbericht im Dezember 2007 einstimmig, mit den Stimmen aller Fraktionen, empfohlen, eine Sonderregelung für Kulturberufe mit wechselnden und befristeten Anstellungen entsprechend des sogenannten Schweizer Modells zu schaffen. Dieser Abschlussbericht ist von den Mitgliedern des Deutschen Bundestages fraktionsübergreifend angenommen worden. Denn bei den Versicherten in Kulturberufen handelt es sich um eine Berufsgruppe, die wegen der Ausgestaltung der Beschäftigungsverhältnisse mit keiner anderen zu vergleichen ist. Es handelt sich hier um ein spezifisches Problem, das spezifisch gelöst werden muss. Hier bietet sich die Regelung in der Schweiz an, die sich dort seit vier Jahren praxiserprobt bewährt hat. Danach wäre die ermittelte Beitragszeit für die ersten 30 Kalendertage eines befristeten Arbeitsverhältnisses zu verdoppeln – übrigens nur die Beitragszeit, nicht die Beitragsbemessungsgrenze. Diese Regelung wäre für viele Künstler und Kulturschaffende weitaus günstiger als die alte Rahmenfristregelung, und es würden mit wirklich geringen finanziellen Auswirkungen für die Beitragsgemeinschaft die schlimmsten Verwerfungen beseitigt. Lassen Sie uns diesen Weg gemeinsam gehen. b s d v v h w d s a g M t C f e z f b l r E f h a b e „ E s s d d g k E W r t d d A u w v a k s s a v m F v Zu Protokoll ge (C (D Der Antrag der Fraktion der Grünen hat ein Problem enannt, dessen Lösung auch meiner Fraktion ganz beonders wichtig ist. Hier wird ein Vorschlag unterbreitet, er bei den problematischen Auswirkungen durch die erkürzte Rahmenfrist Abhilfe schaffen soll. Betroffen daon ist die Gruppe der Beschäftigten, die in unsteten Verältnissen arbeiten, also befristet, kurzfristig und mit echselnden Arbeitgebern. Typischerweise findet sich ies im Kulturbereich, insbesondere bei Film und Fernehen und beim Theater. Aber auch darüber hinaus überll dort, wo projektbezogen bzw. produktionsgebunden earbeitet wird. Die meisten Beschäftigten, auf die diese erkmale zutreffen, haben im Falle der Arbeitslosigkeit rotz erbrachter Beitragszahlungen keine realistische hance auf Arbeitslosengeld. Das ist nach meiner Auf assung nicht hinnehmbar. Ich kann der Zielstellung des vorliegenden Antrags, ine Änderung für alle betroffenen Beschäftigten herbeiuführen, zustimmen. Wir brauchen endlich eine Lösung ür diese besonderen Arbeitsverhältnisse. Seit langem areite ich dafür. Und so hat sich auch bei mir nach unzähigen Gesprächen und Beratungen die Auffassung heauskristallisiert, dass das nicht mit einer spezifischen inzellösung sondern nur auf dem Wege einer Regelung ür alle betroffenen Versicherten machbar ist. Aber auch ier gibt es unterschiedliche Lösungswege, auch bessere ls den hier vorgeschlagenen. Im vergangenen November haben wir an dieser Stelle ereits über diesen Antrag beraten. Und seitdem hat sich iniges getan. Im Dezember hat die Enquete-Kommission Kultur in Deutschland“ ihren Schlussbericht vorgelegt. in Schwerpunkt widmet sich der wirtschaftlichen und ozialen Lage der Künstlerinnen und Künstler. In der entprechenden Handlungsempfehlung wird eine Lösung für ie Kulturberufe gefordert. Seit Anfang des Jahres hat as Ministerium für Arbeit und Soziales, BMAS, intensiv eprüft, wie dieses Ziel gesetzlich umgesetzt werden ann. Im Mittelpunkt stand dabei auch der Vorschlag der nquete-Kommission. Dem Prüfergebnis können wir uns nicht verschließen. ir müssen zur Kenntnis nehmen: Die sozialversiche ungsrechtlichen, verfassungsrechtlichen und verwalungspraktischen Prüfungen haben ergeben, dass wir von er ursprünglich ins Auge gefassten Sonderlösung für en Kulturbereich – ich selbst hatte diesen Weg verfolgt – bstand nehmen müssen. Eine praktikable, umsetzbare nd vor allem rechtssichere Lösung des Problems können ir nur erreichen, indem wir es generell anpacken. Die erschiedenen Modelle für Sonderlösungen mögen sich uf dem Papier gut lesen, entscheidend aber ist, was konret umsetzbar ist. Hier muss man auch den Mut haben, ich eines Besseren belehren zu lassen. Das BMAS hat dazu inzwischen einen konkreten Vorchlag unterbreitet: Wir schaffen den Stein des Anstoßes us der Welt, indem wir die Verkürzung der Rahmenfrist on drei auf zwei Jahre wieder rückgängig machen. Alle aßgeblichen Verbände der ganz besonders betroffenen ilmschaffenden haben das ebenso wie die Produzentenerbände begrüßt. Nur ein Schauspielerverband steht Gitta Connemann gebene Reden dem Vorschlag reserviert gegenüber. Berufsgruppenspezifische Lösungen stellen in unserem historisch gewachsenen Sozialversicherungssystem ein grundsätzliches Problem dar. Sonderlösungen anderer Länder lassen sich deshalb nicht einfach übertragen. So unkompliziert sie auf den ersten Blick erscheinen, so wichtig ist es doch, sich mit den Einwänden im Einzelnen auseinanderzusetzen: Erstens. Die Gruppe der betroffenen Kulturund Medienschaffenden lässt sich nicht sauber abgrenzen. Es wird immer Grenzfälle geben, die Anlass für Rechtsstreitigkeiten bieten. Zweitens. Indem wir eine Sonderlösung für eine Berufsgruppe schaffen, rufen wir die anderen Branchen auf den Plan, die auch ihre Probleme mit der Rahmenfrist haben. Das gilt für den gesamten Bereich der Saisonbeschäftigten im Tourismus, in der Gastronomie, in der Landund Forstwirtschaft. Drittens. Nach Auskunft der Arbeitsagentur wäre der Verwaltungsaufwand für eine Sonderregelung zum Beispiel nach dem Schweizer Modell in unserem Versicherungssystem immens. Dagegen könnten wir bei der generellen dreijährigen Rahmenfrist auf sowieso schon vorgehaltene Daten zurückgreifen – der verwaltungstechnische Aufwand wäre vergleichsweise minimal. Das wäre auch im Interesse des Bürokratieabbaus nur zu begrüßen. Viertens. Eine Sonderlösung bietet keine Rechtssicherheit. Sie kann jederzeit beklagt werden. Dabei wird es von Verfassungsjuristen als sehr fraglich eingeschätzt, ob sie unter dem Aspekt der Gleichbehandlung Bestand hätte. Diese Rechtsunsicherheit möchte ich keinem Kulturschaffenden zumuten. Von diesen Argumenten musste ich mich überzeugen lassen und ich komme zu dem Ergebnis: Angesichts der mit einer Sonderlösung verbundenen Probleme und Unsicherheiten, die man nicht wegdiskutieren kann, ist eine generelle Lösung die pragmatischere, bessere Lösung. Dies gilt um so mehr, als es inzwischen zusätzliche gewichtige Argumente für eine generelle Lösung im Sinne einer Rückkehr zur dreijährigen Rahmenfrist gibt: Vonseiten der Bayerischen Staatsregierung und der Hessischen Landesregierung ist an den Bund das Problem einer weiteren Betroffenengruppe herangetragen worden. Eltern mit Mehrlingsgeburten und Eltern, deren Kinder in kurzem Abstand zur Welt kommen, und die im Rahmen der Familienförderung Erziehungszeiten in Anspruch nehmen und dann arbeitslos werden, können trotz Beitragszahlungen keine Arbeitslosengeldansprüche geltend machen, weil ihnen genau ein Jahr bei der Rahmenfrist fehlt. Ein ähnliches Problem zeigt sich bei der Meisterausbildung. Hier müssen wir einfach reagieren und dürfen nicht die Augen verschließen oder alten Lösungsvorstellungen nachlaufen. Die Gespräche mit unserem Koalitionspartner sind noch nicht abgeschlossen. Seit Wochen ringen wir um eine Lösung. Ich hoffe, dass wir zu einem Ergebnis kommen, das wir gemeinsam tragen können. Als filmpolitische Sprecherin meiner Fraktion ist mir dies vor allem im S s l W a s F D F T b b d h w V z m m s D D d l p n g d d A R u d A j r t n A w V w b b Zu Protokoll ge (C (D inne der ganz besonders betroffenen Filmund Fernsehchaffenden wichtig. Lassen Sie mich noch einmal zurückkommen zum voriegenden Antrag der Grünen. Den hier vorgeschlagenen eg einer Verkürzung der Anwartschaftszeit von zwölf uf vier Monate lehne ich aus den folgenden Gründen ab: Erstens. Damit würden wir einen ganz falschen Anreiz etzen. Das wäre zum Beispiel eine Aufforderung an die ilmproduzenten, die Drehzeiten weiter zu verkürzen. as wäre nicht im Interesse der Arbeitnehmer in der ilmund Fernsehbranche. Zweitens. Außerdem entfiele damit der Druck auf die arifpartner, zur Lösung dieses berufsspezifischen Prolems auch durch tarifvertragliche Vereinbarungen seler beizutragen; denn mitnichten wird eine Rückkehr zu rei Jahren Rahmenfrist alle Probleme dieser Arbeitsverältnisse lösen können. Da muss noch viel mehr getan erden. Drittens. Wichtig ist mir auch der Hinweis, dass der orschlag der Grünen die Versichertengemeinschaft unumutbar belasten würde; denn aufgrund der Beitragsbeessungsgrenzen würden die Betroffenen unverhältnisäßig profitieren. Hohe Arbeitslosengeldleistungen tünden relativ niedrigen Beitragszahlungen gegenüber. ie Differenz müsste die Solidargemeinschaft tragen. as können wir nicht ernsthaft wollen. Vor diesem Hintergrund und angesichts des vorliegenen Lösungsvorschlags, den auch das BMAS empfiehlt, ehne ich den Antrag der Grünen ab. Wir haben einen raktikablen, rechtssicheren und – nicht zu vergessen – fianzierbaren Vorschlag auf dem Tisch, der nur noch umesetzt werden muss. Anlässlich der ersten Beratung hier im Plenum sagte er Kollege Bisky im Interesse einer schnellen Lösung für ie Betroffenen: Alle Vorschläge, die Sie machen, um die soziale Lage der Kreativschaffenden zu verbessern, werden wir nach Kräften unterstützen. uch ich versteife mich nicht auf einen Weg. Mir ist jede egelung recht, die weiterhilft. Sie muss nur umsetzbar nd sicher sein. Ich bin überzeugt, auch die Grünen weren dem nicht widersprechen. Die FDP-Bundestagsfraktion lehnt den vorliegenden ntrag ab. Mit dem Antrag der Grünen sollen auch dieenigen, die nur wenige Monate im Jahr sozialversicheungspflichtig beschäftigt sind, einen Anspruch auf Leisungen der Arbeitslosenversicherung haben. Dazu sollen eue, kürzere Bezugszeiten eingeführt und die Dauer des rbeitslosengeldbezugs an die Beitragszeiten gekoppelt erden. Weiterhin soll ein Anspruch auf eine befristete ermittlungspause im SGB III und SGB II eingeführt erden, in der keine Teilnahmeoder Nachweispflichten estehen. Wir lehnen eine Ausweitung der Leistungen der Areitslosenversicherung ab. Eine Koppelung der Bezugs Angelika Krüger-Leißner gebene Reden zeiten für das Arbeitslosengeld an die Zeiten der Beitragszahlung ist schon im Ansatz verfehlt. Bei der Arbeitslosenversicherung handelt es sich um eine Risikoversicherung, nicht um eine Ansparversicherung. Das bedeutet, dass man bei der Arbeitslosenversicherung nicht aufrechnen kann, was man eingezahlt hat und was man herausbekommt. Wir brauchen für die Leistungsbezieher nicht noch mehr Tatbestände für noch mehr Leistungen. Sie brauchen eine Perspektive, die zu Beschäftigung führt. Und wir brauchen auch für diejenigen, die die finanzielle Grundlage des Leistungsbezuges ermöglichen, eine andere Perspektive. Das sind die Menschen in der Mitte der Gesellschaft. Die fragen sich nämlich zu Recht, warum der Aufschwung bei ihnen nicht angekommen ist, wo der Abschwung schon in Sichtweite ist. Sie müssen entlastet statt immer weiter belastet werden. Dazu müssen alle Spielräume genutzt werden. Gerade wird wieder über die Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung diskutiert. Hier gibt es schon lange weiteren Absenkungsspielraum, aber die schwarzrote Koalition will erst im Herbst entscheiden. Die Entlastung durch die letzte Beitragssenkung ist schon längst aufgefressen. Höhere Beiträge zur Krankenund Pflegeversicherung sind bereits angekündigt. Die Sozialversicherungsbeiträge, die die schwarz-rote Koalition dauerhaft unter 40 Prozent senken wollte, bleiben folglich weiterhin auf einem zu hohem Niveau. Arbeitslose sollten aktiviert und vermittelt statt möglichst lange alimentiert werden. Fördern und Fordern war als Begriffspaar in aller Munde. Diese Ziele wurden bisher nicht erreicht, weil die notwendigen Rahmenbedingungen nicht gesetzt wurden. Um mehr Arbeitsplätze zu schaffen, müssen Steuern und Abgaben gesenkt, Bürokratie abgebaut und arbeitsund tarifrechtliche Vorschriften gelockert werden. Wir fordern seit langem die Auflösung der Bundesagentur für Arbeit in ihrer jetzigen Form und die Neuordnung ihrer Aufgaben. Mit den Mitteln der Beitragsund Steuerzahler soll verantwortlich umgegangen und das Angebot an die Bedürfnisse der Arbeitslosen, Arbeitgeber und Arbeitsuchenden angepasst werden. Das Zuständigkeitschaos, das die rot-grüne Koalition mit Arbeitsagenturen, Kommunen und Arbeitsgemeinschaften angerichtet hat, wird auch durch die freiwillige Zusammenarbeit in den kooperativen Jobcentern von Arbeitsminister Olaf Scholz nicht beseitigt. Die Bundesregierung hat drei Jahre Zeit, um nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts für eine neue Ordnung zu sorgen. Wir wollen, dass alle Arbeitslosen in kommunalen Jobcentern aus einer Hand betreut und beraten werden, weil die Kommunen besser auf individuelle Problemlagen und den regionalen Arbeitsmarkt reagieren können. In diesem Rahmen haben wir bei der Arbeitslosenversicherung neben Pflichtleistungen auch Wahltarife vorgesehen, mit denen die Bedürfnisse der Betroffenen und einzelner Branchen individuell berücksichtigt werden können. d o b s t P b l t w b g 6 M z F A e w s t I A d l 2 n l r s p a l B n a d v 2 l t t k D v l T r b n ü d s m Zu Protokoll ge (C (D Ja, ich stimme dem vorliegenden Antrag insoweit zu, ass heute insbesondere befristet Beschäftigte oftmals hne Absicherung in der Arbeitslosenversicherung bleien, obwohl sie Versicherungsbeiträge abführen. Insbeondere Künstler, Kulturschaffende und Projektarbeiende mit kurzfristigen, unterbrochenen und befristeten rojektbeschäftigungen sind deshalb im Falle von Areitslosigkeit in der Regel sofort auf Grundsicherungseistungen des SGB II angewiesen. Für diese Beschäftigengruppe muss deshalb eine faire Lösung gefunden erden. Eine solche faire Lösung hat unsere Fraktion ereits mit unserem Antrag „Anpassung der Sozialgesetzebung für KulturMedienund Filmschaffende“ vom . Juli 2007 vorgeschlagen. Eine Anwartschaft von fünf onaten hatten wir zur Diskussion gestellt. In der Analyse zur gegenwärtigen Situation, speziell ur Erosion des Normalarbeitsverhältnisses, möchte die raktion Bündnis 90/Die Grünen augenscheinlich den nschein erwecken, als ob der sich vollziehende Prozess iner Ausdifferenzierung und eines Wandels der Arbeitselt mit Patchwork-Karrieren, unterschiedlichsten atypi chen Beschäftigungsverhältnissen, „moderater und exremer Flexibilisierung“, ursachenlos sei. Das lasse ich hnen so nicht durchgehen! Denn spätestens hier wird Ihr ntrag unglaubwürdig, meine Damen und Herren von en Grünen: Weil Sie zu den Ursachen dieser Entwickung während ihrer „Mitregierungszeit“ von 1994 bis 005 selbst beigetragen haben. Die Ursachen liegen icht schlechthin im Prozess der kapitalistischen Globaisierung und Produktivkraftentwicklung. Sie liegen dain, in welcher Art und Weise die Gesellschaft, die gesellchaftlichen Institutionen und die verantwortlichen olitischen Eliten, also Schwarz-Rot und zuvor Rot-Grün, uf diese Entwicklungen reagieren. Und da gibt es deutiche Unterschiede in Europa! In Deutschland haben Sie, die Abgeordneten von ündnis 90/Die Grünen, zusammen mit der SPD auf die eoliberale Karte der Arbeitsmarktpolitik gesetzt – ganz nders als zum Beispiel in einigen skandinavischen Länern. Mit Ihrem gemeinsam mit der SPD begonnenen und on der Großen Koalition fortgesetzten Weg der Agenda 010 und insbesondere den Hartz-Gesetzen – als angebich alternativlose Lösung – haben Sie nicht nur die Situaion der betroffenen Beschäftigten unzumutbar und exisenzbedrohend verschärft. Sie haben atypischen und preären Arbeitsverhältnissen auf der ganzen Linie zum urchbruch verholfen. Sie haben alle Schranken bezüglich der Ausdehnung on Leiharbeit niedergerissen, Sie haben die Umverteiung von unten nach oben in bisher nicht gekanntem empo fortgesetzt, was der Armutsund Reichtumsbeicht der Bundesregierung mit erschreckenden Zahlen elegt, Sie haben die Zahl derer, die trotz Vollzeitarbeit icht ohne Alimentierung ihre Existenz fristen können, ber die Millionengrenze getrieben, Sie haben die Zahl erer, die trotz Vollzeitarbeit Hartz IV beantragen müsen, über die Millionengrenze getrieben und Sie haben it Hartz IV ein Angstinstrument von gigantischem Aus Dirk Niebel gebene Reden maß geschaffen, sodass die Kolleginnen, die noch Arbeit haben, bereit sind, jede Arbeit anzunehmen, ist sie auch noch so prekär. Wenn Sie wirklich etwas für Gerechtigkeit und Fairness tun wollen, dann helfen Sie mit, den verhängisvollen Weg der Hartz-Gesetze zu verlassen. Sie verändern damit auch die Situation der Beschäftigtengruppe der Künstler, Kulturschaffenden und Projektarbeitenden, um die es in Ihrem Antrag geht. Dringend notwendig ist eine einheitliche Arbeitsmarktpolitik, mit der die Trennung der beiden Regelkreise von SGB II und SGB III aufgehoben und die diskriminierende Einteilung in zwei Gruppen von Arbeitslosen mit unterschiedlichen Rechten und Pflichten beendet wird. Ich zitiere aus dem Evaluationsbericht zur Hartz I bis II Gesetzgebung von 2006: Die Trennung der Trägerschaft arbeitsmarktpolitischer Leistungen nach den Rechtskreisen SGB II und SGB III stellt aus Sicht der Wissenschaftler/-innen eine der größten Achillesfersen der deutschen Arbeitsmarktpolitik dar. Bei den anvisierten politischen Korrekturen der Arbeitsmarktpolitik solle daher die Notwendigkeit einer einheitlichen, rechtskreisübergreifenden Arbeitsmarktpolitik und einer entsprechenden Steuerung durch die Bundesagentur für Arbeit in den Mittelpunkt gerückt werden. Angemahnt wird ein breiter öffentlicher Diskurs darüber, wie aus gesamtgesellschaftlicher Sicht die Zielsetzung der Bundesagentur für Arbeit im Bereich des SGB III aussehen sollte. Politisch entschieden und auch gesetzgeberisch stärker verankert werden müsse, ob die Bundesagentur für Arbeit in der Arbeitsmarktpolitik eine sozialpolitische und umverteilende Aufgabe wahrzunehmen habe oder ob sie als eine rein nach betriebswirtschaftlichen Prinzipien handelnde Versicherungsanstalt agieren solle. Sie, meine Damen und Herren von den Grünen, wollen eine gerechtere Lösung für eine kleine Gruppe Hartz-IVBetroffener. Wie die bisherigen parlamentarischen Beratungen zeigten, will die Große Koalition nicht mal das akzeptieren. Sie könnten mit gutem Beispiel vorangehen. Haben Sie etwas mehr Mut und gestehen Sie sich und uns allen ein, dass die Hartz-Gesetze der falsche Weg waren. Unsere Unterstützung haben Sie dabei! Wir als Die Linke wollen eine gerechtere Lösung für alle Erwerbslosen und alle von Erwerbslosigkeit Bedrohten. Wir, die Abgeordneten der Fraktion Die Linke, wollen eine Arbeitsmarktpolitik ohne Hartz IV. Die Große Koalition ist nicht in der Lage, vernünftige Lösungen für die neuen arbeitsmarktpolitischen Probleme und Herausforderungen zu entwickeln und umzusetzen. Der Union geht es in der Arbeitsmarktpolitik nur noch um Ideologie und Einsparungen, die SPD ist auf Vergangenheitskurs. Während der Niedriglohnsektor in Deutschland boomt und immer mehr Menschen trotz Arbeit arm sind, ergehen sich Union und SPD in endlosen K M S n t b L D p T A i B l t w 3 S d d w l b s a r b e u d A n n e s F d x t h e m u r w t A n g M s W g w t d g A Zu Protokoll ge (C (D oalitionsrunden und Streitereien. Die Einführung von indestlöhnen in Deutschland wird verschleppt bis zum t. Nimmerleinstag. Auch auf die Frage der sozialen Absicherung bei zuehmend flexibleren Arbeitsverhältnissen hat die Koaliion keine Antwort. Vor diesem Hintergrund ist es umso eschämender, wenn Sie nicht einmal in der Lage sind ösungen, die auf den Tisch gelegt werden, zuzustimmen. as ist auch beim vorliegenden Antrag der Fall. Worum geht es? Immer mehr Arbeitnehmer sind atyisch beschäftigt. Sie haben befristete Verträge, arbeiten eilzeit oder wechseln als Zeitarbeitnehmer häufig ihren rbeitsplatz. Betroffen sind zunehmend junge Menschen n den verschiedensten Berufen. 53 Prozent der jungen eschäftigten hatten bereits in den ersten Jahren ihrer re ativ kurzen Erwerbsbiografie mindestens einen befristeen Arbeitsvertrag – so das Ergebnis der Sonderausertung des DGB-Index Gute Arbeit 2007 für unter 0-Jährige. Hinzu kommt die wachsende Gruppe der olo-Selbstständigen und die Gruppe derjenigen, die iese Formen kombiniert oder im steten Wechsel mal auf er einen, mal auf der anderen Basis arbeitet. Von ihnen ird ein hohes Maß an Flexibilität verlangt. Ihr Erwerbs eben ist häufiger von Phasen der Arbeitslosigkeit unterrochen. Dieser großen Unsicherheit und Diskontinuität teht aber auf der anderen Seite kein genauso hohes Maß n Sicherheit gegenüber. Denn unsere sozialen Sicheungssysteme orientieren sich immer noch am Normalareitsverhältnis. Die Situation der Kulturschaffenden ist xemplarisch für diese Entwicklung. Schauspielerinnen nd Schauspieler werden häufig zwischen ihren verschieenen Engagements arbeitslos. Ihre Einzahlzeiten in die rbeitslosenversicherung sind oft zu kurz, um daraus eien Anspruch auf Arbeitslosengeld zu erzielen. Denn wer icht innerhalb von zwei Jahren zwölf Monate einzahlt, rhält nach der derzeitigen Gesetzeslage kein Arbeitsloengeld, mit all den damit verbundenen Konsequenzen. ür Künstlerinnen und Künstler, aber auch für all die aneren Erwerbstätigen, von denen ein hohes Maß an Fleibilität gefordert wird und deren Jobs mit dem guten alen Normalarbeitsverhältnis kaum noch etwas zu tun aben, müssen neue Instrumente der sozialen Sicherheit ntwickelt werden. Im Bereich der Arbeitslosenversicherung schlagen wir it unserem Antrag eine neue Staffelung von Beitragsnd Bezugszeiten vor. Wir wollen eine bessere Absicheung für all die Beschäftigten ermöglichen, deren Ererbsleben zu häufig von Phasen der Arbeitslosigkeit un erbrochen ist, um nach den derzeitigen Regelungen rbeitslosengeld beziehen zu können. Alle, die vier Moate innerhalb von zwei Jahren in die Versicherung einezahlt haben, sollen zukünftig einen Anspruch auf zwei onate Arbeitslosengeldbezug haben. Dieser Anspruch teigt dann mit steigenden Beitragszeiten gestuft an. enn zwölf Monate Beitragszahlungszeit erreicht sind, reift die heute gültige Regelung. Mit unserem Antrag ollen wir aber auch – über die Neuregelung der Bei ragsund Bezugszeiten im Rahmen des Arbeitslosengeles hinaus – Freiräume schaffen, damit Menschen in Eienregie so schnell wie möglich im Falle von rbeitslosigkeit einen neuen Arbeitsplatz finden. Insbe Kornelia Möller gebene Reden Brigitte Pothmer sondere im Kreativund Projektbereich ist dies notwendig, damit qualifizierte neue Arbeitsgelegenheiten, Projekte und Aufträge akquiriert werden können. Jenseits der straffen Regelungen der Arbeitsvermittlung setzen wir – im Rahmen einer befristeten Vermittlungspause – stärker auf Eigenverantwortung. Die Ausschussberatung hat gezeigt, dass die Probleme, die für viele der flexibel Beschäftigten bei den derzeitigen Regelungen bestehen, von allen Fraktionen gesehen werden. Aber: Weder gibt es bei Union und SPD die Bereitschaft, unsere Vorschläge zu einer neuen sozialen Absicherung für flexible Arbeitsverhältnisse zu unterstützen, noch machen die Regierungsfraktionen eigene Vorschläge zur Lösung der arbeitsmarktpolitischen Herausforderungen. Heinrich Schafmeister, Vorstandsmitglied des Bundesverbandes der Filmund Fernsehschauspieler hat kürzlich gegenüber der Presse erklärt: „Die Politik redet ständig über Flexibilität, hat aber vergessen, adäquate Regeln nicht nur für uns, sondern für alle Berufstätige zu schaffen, die nur zeitweise festangestellt sind.“ Das gilt zwar nicht für die gesamte Politik, wohl aber für Schwarz-Rot. Wir kommen zur Abstimmung. Der Ausschuss für Arbeit und Soziales empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/8191, den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 16/6436 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Grünen bei Stimmenthaltung der Linken angenommen. Ich rufe Zusatzpunkt 6 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Maria Flachsbarth, Marie-Luise Dött, Michael Brand, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU und der Abgeordneten Dr. Hermann Scheer, Ulrich Kelber, Dirk Becker, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Hans-Josef Fell, Bärbel Höhn, Winfried Hermann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Gründung einer Internationalen Agentur für Erneuerbare Energien (International Renewable Energy Agency – IRENA)

Rolf Schwanitz (SPD):
Rede ID: ID1616922900







(A) )


(B) )

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1616923000
Paul Lehrieder (CSU):
Rede ID: ID1616923100

(A) )


(B) )

Andreas Steppuhn (SPD):
Rede ID: ID1616923200




(A) )


(B) )





(A) )


(B) )

Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1616923300




(A) )


(B) )

Werner Dreibus (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616923400
Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1616923500







(A) )


(B) )

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1616923600
Frank Hofmann (SPD):
Rede ID: ID1616923700

(A) )


(B) )

Gisela Piltz (FDP):
Rede ID: ID1616923800
Ulla Jelpke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616923900




(A) )


(B) )

Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1616924000







(A) )


(B) )

Peter Altmaier (CDU):
Rede ID: ID1616924100
Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1616924200

(11. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten





(A) )


(B) )

Gitta Connemann (CDU):
Rede ID: ID1616924300

(A) )


(B) )

Angelika Krüger-Leißner (SPD):
Rede ID: ID1616924400




(A) )


(B) )

Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1616924500




(A) )


(B) )

Kornelia Möller (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616924600




(A) )


(B) )

Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1616924700







(A) )


(B) )

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1616924800

– Drucksache 16/9597 –

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Reden zu die-
sem Tagesordnungspunkt zu Protokoll zu geben. – Sie
sind damit einverstanden. Also verfahren wir so. Die
Kollegen Maria Flachsbarth, Hermann Scheer, Michael
Kauch, Hans-Kurt Hill und Hans-Josef Fell haben ihre
Reden zu Protokoll gegeben.1)

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t1) Anlage 9

(C (D Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der raktionen der CDU/CSU, der SPD und des ündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 16/9597. er stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dagegen? – er enthält sich? – Der Antrag ist mit den Stimmen von DU/CSU, SPD, Linken und Grünen bei Stimmenthal ung der FDP angenommen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 25 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Horst Friedrich Günther Fraktion der FDP Wettbewerb zwischen Bahn und Bus zulassen – Parallelverkehr als Ablehnungsgrund im Personenbeförderungsgesetz abschaffen – Drucksache 16/6435 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Tourismus Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, sind die Reen der Kollegen Klaus Hofbauer, Heinz Paula, Patrick öring, Dorothée Menzner und Anton Hofreiter zu Pro okoll genommen. Der Antrag der FDP-Fraktion, mit dem sie mehr Wett ewerb zwischen Bus und Bahn fordert, kommt mir sehr ekannt vor. Einen inhaltsgleichen, in weiten Teilen sogar wortgleihen Antrag hat die FDP-Fraktion bereits vor zwei Jahen gestellt. Die CDU/CSU hat den Antrag seinerzeit abelehnt und zwar aus gutem Grund. Erstens. Unser Ziel ist, mehr Verkehr auf die Schiene u bringen. Dieses Ziel haben wir mit der Bahnreform 993/94 verfolgt. Dieses Ziel findet sich im Koalitionsertrag. Dort heißt es ausdrücklich: „Deutschland raucht leistungsstarke Schienenverkehrsunternehmen.“ nd dieses Ziel stand auch hinter der vor einem Monat eschlossenen Bahnprivatisierung – ein Schritt, den Sie, iebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, tendenziell egrüßt haben. Zweitens. Die Auswirkungen des Vorschlags auf die ahn sind: Schwächung der Bahn, Streckenstilllegung nd höhere Preise. Die Bahn ist aufgrund der Angebote on Billigfliegern bereits heute einem starken Konkurenzdruck ausgesetzt. Die uneingeschränkte Zulassung on Buslinien auf Strecken, die bereits von der Bahn hineichend bedient werden, würde die Wirtschaftlichkeit des chienenverkehrs erheblich schwächen. Vor allem auf en lukrativen Strecken würden der Bahn Fahrgäste entogen. Die Folgen wären: Stilllegungen der unrentablen trecken sowie höhere Preise für die Kunden. Aus diesen Gründen hat auch die gemeinsame Konfeenz der für Verkehr und Straßenbau zuständigen Abteiungsleiter des Bundes und der Länder beschlossen, den onkurrenzschutz zugunsten der Eisenbahn beizubehal en. Des Weiteren steht der Antrag der FDP im Widerspruch zu unseren oben genannten Zielen. Durch zusätzlichen, parallelen Busverkehr würde der Verkehr weg von der Schiene und auf die Straße verlagert. Das Zeichen, das wir mit einer solchen Regelung setzen würde, wäre: „Mehr Verkehr auf die Straße“. Das steht unseren Zielen diametral entgegen und kann auch nicht ernsthaft vonseiten der FDP-Fraktion gewollt sein. Eine Folge dieser Verlagerung des Fernverkehrs von der Bahn auf die Straße wäre, dass zur starken Belastung auf den Autobahnen aufgrund des Lkw-Verkehrs eine Belastung durch den Busverkehr hinzukäme. Das würde zu noch mehr Staus führen und das Unfallrisiko deutlich erhöhen. Im Übrigen bemühen wir uns nach Kräften, die CO2Belastung in Deutschland zu reduzieren. Einen wichtigen Beitrag hierzu leistet die verstärkte Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene. Wenn diese Verlagerung nun durch zusätzlichen Buslinienverkehr wieder rückgängig gemacht wird, konterkarieren wir unsere Bemühungen zur CO2-Reduzierung in beispielloser Weise. Drittens. Zu den Auswirkungen des Vorschlags auf das Busgewerbe. Wenn die FDP-Fraktion meint, sie würde mit ihrem Vorschlag den Busunternehmen einen Gefallen tun, so irrt sie gewaltig. Zunächst muss bedacht werden, dass die uneingeschränkte Zulassung paralleler Buslinienverkehre aus Gründen der Wettbewerbsgleichheit auch die Einführung einer Mautpflicht für Busse erfordert. Die Bahn muss für ihre Verkehre Wegekosten zahlen, die Lkw müssen Mautgebühren zahlen, und demnach dürften auch die Busse aus Gründen der Gleichbehandlung nicht länger privilegiert werden. Die Konsequenz aus dem Vorschlag der FDP wäre damit eine zusätzliche Belastung für das Busgewerbe. Das ist mit uns nicht zu machen. Darüber hinaus erklären uns die Busunternehmen immer wieder, dass der Buslinienfernverkehr wirtschaftlich nicht sehr sinnvoll ist. Das Marktsegment ist aufgrund attraktiver Flugund Bahnangebote nicht sehr groß. Man erhofft sich keine wesentlichen Steigerungsraten durch eine Ausdehnung des Buslinienverkehrs vom Nahauf den Fernverkehr. Eine Änderung der derzeitigen Rechtslage ist daher überhaupt nicht notwendig. Außerdem sollte einmal klargestellt werden, dass Parallelverkehr nach der derzeitigen Regelung im PBefG durchaus möglich ist, zum Beispiel durch andere Taktfrequenzen. Auch macht die Regelung im Personenbeförderungsgesetz keinen Unterschied zwischen Nahund Fernverkehr, und im Nahverkehr findet Parallelverkehr statt. Das zeigt, dass eine Änderung der derzeitigen Rechtslage nicht notwendig ist. Sie birgt, im Gegenteil, nur die Gefahr, dass große ausländische Busunternehmen den Markt besetzen, dann auch in den Regionalverkehr vorstoßen und letztlich die kleinen deutschen Busunternehmen verdrängen. Die Position der CDU/CSU zum wiederholten Antrag der FDP-Fraktion hat sich nicht geändert. Für uns ist klar: Wir wollen mehr Verkehr auf die Schiene und keine Schwächung dieses Verkehrsträgers, w d G m d a ü l e n W h V a n p g c w k a w t g d s m B r i h g P S u s t D t k B t e is k n t u g m i Zu Protokoll ge (C (D ir wollen weniger CO2-Ausstoß, und wir wollen das eutsche Busgewerbe nicht gefährden. Den Antrag der FDP-Fraktion lehnen wir aus diesen ründen ab. Zum wiederholten Male kommen wir heute hier zusam en, um einen immer wieder leicht abgeänderten Antrag er FDP-Fraktion zu diskutieren. Zum vierten Mal wird n dieser Stelle der Antrag der FDP an die Ausschüsse berwiesen werden, wo er zum wiederholten Male abgeehnt werden wird. Dieser Antrag fordert, einen Gesetzntwurf vorzulegen, in dem die Genehmigungspflicht ach § 13 Abs. 2 PBefG so verändert wird, dass die ahrnehmung von Verkehrsaufgaben durch bereits vorandene Verkehrsunternehmen – hier die Bahn – kein ersagungsgrund mehr ist, Omnibuslinienfernverkehr uf Parallelstrecken zuzulassen. Immerhin verlangen Sie icht mehr die komplette Streichung der Genehmigungsflicht nach § 13 Abs. 2, wie Sie es noch im Januar 2006 etan haben. Ihre Argumentation jedoch bleibt die gleihe, verehrte Kolleginnen und Kollegen der FDP. Der Wettbewerb im öffentlichen Personenfernverkehr erde Ihrer Meinung nach ausgeschlossen. Sie wollen onkurrierende Busdienste zulassen, und zwar auch parllel zu bestehenden Bahnverbindungen. Sie glauben, enn ein Kunde nicht zig Alternativen hat, dass die Leis ungen immer teurer und schlechter sein müssten. Sie arumentieren mit dem Einbruch im Personenfernverkehr er Bahn 2003, als wegen des unglücklichen neuen Preisystems – da gebe ich Ihnen recht – das Fahrgastaufkomen um rund 10 Prozent zurückgegangen ist. Nun, die ahn hat das „neue“ Preissystem ziemlich schnell zuückgenommen. Zwischenzeitlich erfährt die Bahn auch m Personenfernverkehr – nicht zuletzt wegen der anzieenden Spritpreise – eine rasant steigende Nachfrage. Im esamten Personenverkehr ist die Anzahl der beförderten ersonen von 2002 bis 2005 um 32 Prozent gestiegen. eit 2005 verzeichnet die DB AG jährlich einen Anstieg m die 4 Prozent. Die Bahn hat sich in den vergangenen Jahren zu einem ehr erfolgreichen Unternehmen entwickelt. Von schlechen Leistungen – wie Sie sagen – kann keine Rede sein. ie Bahn ist nach wie vor eines der umweltfreundlichs en, zuverlässigsten, sichersten und beliebtesten Verehrsmittel überhaupt und wird von den Bürgerinnen und ürgern gut angenommen. Somit kann Ihre Argumenta ion für mich nicht gelten. Aber auch der Omnibusverkehr hat in unserem Land ine wichtige Funktion. Da gebe ich Ihnen recht. Der Bus t und bleibt ein ökologisch sinnvoller und sicherer Verehrsträger, den es zu fördern gilt. Der Bus benötigt weiger als ein Drittel an Kraftstoff und emittiert proporional weniger CO2 als ein Pkw bei gleicher Auslastung nd ist damit umweltfreundlicher. Der Flächenbedarf ist eringer. Wie die Bahn ist auch der Bus ein sicheres Verkehrsittel. Auch aufgrund schärferer Kontrollen gab es 2006 m Busverkehr keinen einzigen getöteten Insassen. Im Klaus Hofbauer gebene Reden motorisierten Individualverkehr dagegen sind 5 091 Todesopfer zu verzeichnen. Der Omnibusverkehr bedient Reisegruppen und Touristikunternehmen. Er bietet als Alternative zum Flugzeug und zur Bahn Mehrtagestouren an. Dies ist eine Leistung, die weder das Flugzeug noch die Bahn erbringen können. Der Omnibusverkehr ist zudem eine preiswerte Reisealternative für Menschen, die sich keinen ausgedehnten Urlaub auf den Malediven oder auf den Kanaren leisten können. Auch im öffentlichen Personenfernverkehr hat der Omnibusverkehr eine wichtige Bedeutung, die oftmals unterschätzt wird. Dort, wo die Bahn aus ökonomischen Gründen kein attraktives oder befriedigendes Angebot leisten kann, sind nach § 13 PBefG Parallelverkehre zugelassen. Das heißt, Konkurrenz ist nicht völlig ausgeschlossen. Ein neuer Buslinienfernverkehr kann dann genehmigt werden, wenn der Zielort nicht mit der Bahn erreichbar ist, oder mehrere Umstiege die Reisedauer beträchtlich erhöhen. Mit dieser Regelung ist ein gut funktionierender öffentlicher Personenfernverkehr gewährleistet – die Bürgerinnen und Bürger im öffentlichen Personenfernverkehr werden gut bedient. Nicht zuletzt leistet der Omnibus im ÖPNV und im Schulbusverkehr hervorragende und wertvolle Dienste. Ein funktionierender öffentlicher Personennahverkehr ist ohne private Busunternehmen nicht vorstellbar. Insbesondere in Mittelstädten und ländlichen Regionen bilden die Busunternehmen das Rückgrat des ÖPNV. Trotz wirtschaftlich schwieriger Zeiten in jüngster Vergangenheit konnten die privaten Busunternehmen nach Angaben des bdo ihre Passagierzahlen auf 551,7 Millionen Personen steigern. Sie setzen sich nun für eine Änderung des § 13 Abs. 2 PBefG ein. Dahin gehend, dass auch parallel zu bestehenden und gut funktionierenden sowie ausgelasteten Bahnstrecken Omnibusverkehre zugelassen werden dürfen. Sie wollen die bedingungslose Öffnung des intermodalen Wettbewerbes im Personenfernverkehr. Der von Ihnen kritisierte § 13 Abs. 2 PBefG hat jedoch durchaus seine Berechtigung. Er trägt der verkehrspolitischen Bedeutung des Schienenverkehrs Rechnung. Denn durch diese Regelung wird verhindert, dass dem Schienenverkehr durch entsprechende Parallelangebote im Straßenverkehr Fahrgäste in erheblichem Umfang entzogen werden. Durch diese Regelung wird verhindert, dass die Wirtschaftlichkeit des Schienenverkehrs geschwächt wird. Wir haben – und das dürfen auch Sie nicht vergessen – die Gemeinwohlverpflichtung für einen funktionierenden öffentlichen Personenverkehr. Auf der Grundlage des Grundgesetzes stecken wir sehr hohe Summen in das Schienennetz und in eine funktionierende Infrastruktur. Alleine das Investitionsrahmenprogramm der Bundesregierung sieht zwischen 2006 und 2010 25,2 Milliarden Euro für den Neuund Ausbau von Schienenwegen vor. Das sind jährlich circa 5 Milliarden Euro. Was aber würde passieren, wenn man den Paragrafen abschaffen bzw. ändern würde, wie Sie es verlangen? Zumindest auf Strecken mit hohem Fahrgastaufkommen ist zu erwarten, dass zahlreiche parallele Busverkehre zu be s h t e d l K g z d d s w s h s V h u z w n v m k f g l z U A a k i li d v W z w w d k ö b w n a w a m i d Zu Protokoll ge (C (D tehenden Strecken angeboten werden. Der so entsteende Wettbewerb könnte die Eisenbahnen dazu verleien, den Betrieb auf den dadurch unrentablen Strecken inzuschränken oder nur auf Bestellung mit Zuschüssen urch die öffentliche Hand durchzuführen. Unser ehemaiger Kollege Ali Schmidt nannte dieses Phänomen einst annibalisierungseffekt zwischen Bus und Bahn – ich ebe ihm da durchaus recht. Letztlich ginge dieser Effekt ulasten der Allgemeinheit. Streckenstilllegungen wären ie Folge. Es entstünde eine ähnliche Situation wie derzeit bei en Billigfliegern – eine Entwicklung, die nicht nur in unerer Partei auf Bedenken stößt. Mittlerweile ist man sich ohl parteiübergreifend einig, dass aus ökologischen Ge ichtspunkten Billigfliegerei keine langfristige Zukunft aben wird. Die Gefahr verstopfter Straßen würde weiter anwachen. Durch das hohe Verkehrsaufkommen stößt unsere erkehrsinfrastruktur schon jetzt an ihre Grenzen. Wir aben soeben den Masterplan Güterverkehr aufgelegt, m des stetig steigenden Güterverkehrsaufkommens Herr u werden. Zusätzlichen Verkehr auf der Straße können ir uns nicht leisten. Eine Aufhebung des Konkurrenzschutzes hätte zudem egative Auswirkungen auf den Nahverkehr. Einige Naherkehrsbeziehungen werden durch Fernverkehrszüge it abgedeckt. Fallen diese weg, wird auch der Nahver ehr nicht mehr entsprechend bedient. Es müssten im öfentlichen Personennahverkehr neue Zugverbindungen eschaffen werden – oder wollen Sie allen Ernstes erhebiche Angebotsverschlechterungen herbeiführen? Zusätzlich bestünde bei Wegfall des Konkurrenzschutes die so häufig zitierte Gefahr des „Rosinenpickens“. nternehmen von Fernbuslinien werden sich auf wenige ngebote nur zu attraktiven Zeiten beschränken. Die unttraktiven Zeiten blieben der Bahn vorbehalten, die so aum konkurrenzfähig bleiben kann. Auch hier verweise ch wieder auf die hohen Investitionen, die der Bund jährch in eine funktionierende Eisenbahninfrastruktur steckt. Unserem Auftrag zur Gemeinwohlverpflichtung weren wir so nicht gerecht. Wir wollen, dass der Schienenerkehr leistungsstark und attraktiv bleibt – wie bisher. ir wollen eine Überlastung des Straßennetzes – nicht uletzt aus ökologischen Gründen – vermeiden. Deshalb ollen wir den Verkehrsträger Schiene stärken. So haben ir es im Koalitionsvertrag vereinbart. Dort ist zu lesen, ass „der Schienenverkehr unverzichtbar ist, um das Verehrswachstum der Zukunft ökonomisch effizient und kologisch verträglich zu bewältigen. Wir werden Wettewerbsfähigkeit und Leistungsvermögen der Schiene eiter stärken. Für den Erhalt und den Ausbau der Schieenwege müssen die Mittel deutlich erhöht und dauerhaft uf dem erhöhten Niveau verstetigt werden.“ Dazu stehen ir. Und § 13 Abs. 2 PBefG dient diesen Zielen. Wie das in Verkehrsfragen häufig so ist, hat die EU uch bei nationalen Entscheidungen immer ein Wörtchen itzureden. So auch in diesem Fall. Im März 2005 hatte ch in meiner Rede zu einem ähnlichen Antrag der FDP arauf hingewiesen, dass der fortschreitende Omnibusli Heinz Paula gebene Reden nienverkehr innerhalb der Europäischen Gemeinschaft Veranlassung gibt, auch den nationalen Rechtsrahmen zu überprüfen. Damals war die Überarbeitung der EG-Verordnungen 684/92 und 12/98 noch nicht begonnen – inzwischen werden sie im Rahmen des „Road Package“ neu gefasst und sollen zukünftig als „Verordnung über gemeinsame Regeln für den Zugang zum Personenkraftverkehrsmarkt“ fortgelten. Nach derzeitigem Stand ist es wahrscheinlich, dass künftig – mehr noch als heute – die Möglichkeit der Beschränkung von Kabotageverkehren von den jeweiligen nationalen Vorschriften – wie eben auch unseren § 13 Abs. 2 PBefG – abhängen wird. Denn solche nationalen Vorschriften zur Beschränkung von Parallelverkehren zu existierenden Fernverkehrslinien – ob Bahn oder Bus – dürften auch künftig diskriminierungsfrei auf ausländische Unternehmen Anwendung finden können, die im Rahmen einer grenzüberschreitenden Buslinie zwischen Haltestellen in Deutschland die Personenbeförderung – Kabotage – anbieten wollen. Dies kann sowohl für bestehende Eisenbahnlinien wie für bestehende innerdeutsche Busfernlinien von besonderer Bedeutung sein, weil Verkehrsunternehmen mit ausländischem Sitz und ausländischem Fahrpersonal zum Teil erhebliche Kostenvorteile gegenüber in Deutschland ansässigen Eisenbahnund Busunternehmen mit in Deutschland ansässigem Fahrpersonal haben. Dieser Ansicht sind im Übrigen auch die Länder. Die Gemeinsame Konferenz der Verkehrsund Straßenbauabteilungsleiter der Länder, die GKVS, hat sich bereits mehrfach mit der Frage auseinandergesetzt, ob an dem Konkurrenzschutz im Busfernverkehr festgehalten werden soll. Bisher tendierten die Länder im zweiten BundLänder-Fachausschuss Straßenpersonenverkehr – der BLFA – dazu, den Konkurrenzschutz im Verhältnis BusBus aufzuheben und im Verhältnis Bus-Bahn beizubehalten. Die GKVS hat diesen Bericht zur Kenntnis genommen. Im März wurde zuletzt der Arbeitskreis „Bahnpolitik“ gebeten, gemeinsam mit den Betroffenen und dem BLFA den Konkurrenzschutz nach § 13 Abs. 2 PBefG vertieft weiterzubehandeln. Im Frühjahr 2009 können wir mit Ergebnissen rechnen. Bei den Vorbereitungen zu meiner Rede habe ich festgestellt, dass Ihre Forderungen von Antrag zu Antrag kleiner wurden. Ich will nicht sagen, Sie sind bescheidener geworden. Vielleicht besteht ja die Hoffnung, dass wir im kommenden Jahr auf einen Antrag zum gleichen Thema verzichten können. Stellen Sie sich bitte einmal folgende Regelung vor: „Radwege sind nicht zu bauen, wenn es auf derselben Strecke bereits eine Straße gibt.“ – Das ist unvorstellbar, geradezu absurd! Da werden wir uns hier im Hause einig sein. Ebenso absurd ist aber die Regelung des § 13 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a Personenbeförderungsgesetz, der die Genehmigung von neuen Linienverkehrsverbindungen im Fernverkehr unter den Vorbehalt stellt, dass der Verkehr nicht schon durch bestehende Verkehrsmittel bedient werden kann. d d A k m n s k l d S a e h g e l p D d d t d v r k G c f h g p f s v f h h k v a i S k V d L n a l d u m K o Zu Protokoll ge (C (D Besonders deutlich durften wir alle die Auswirkungen ieser Vorschrift im Verlauf des letzten Jahres erleben, als ie Eisenbahnen streikbedingt nicht fuhren und jegliche usweichmöglichkeit im öffentlichen Personenfernverehr – mit Ausnahme des Flugzeuges – fehlte. Und – das uss hier berücksichtigt werden – nicht überall gibt es eien Flughafen. Und nicht auf allen Strecken ist Fliegen innvoll. Gerade in dem stark frequentierten Bereich der urzen Fernverkehre bis zu einer Entfernung von 200 Kiometern macht Fliegen schon aus zeitlichen Gründen in er Regel wenig Sinn. Dass viele Menschen im letzten ommer nicht von A nach B gekommen sind, lag nicht nur m Streik der Lokomotivführer. Vielmehr ist es die aktulle Fassung des Personenbeförderungsgesetzes, die verindert, dass es in solchen Fällen Ausweichangebote ibt. Diesen Missstand für die Zukunft zu beheben, ist der ine wichtige Grund für den vorliegenden Antrag. Ich komme gleich zum zweiten. Das Verbot von Paralelverkehren im öffentlichen Personenfernverkehr ist ein rotektionistischer Schutzwall für die Deutsche Bahn AG. er schienengebundene Fernverkehr liegt fast allein in er Hand der DB. Wettbewerb auf der Schiene gibt es bei iesen Verkehren so gut wie nicht. Schon 1994 hatte sich unter dem Eindruck der Qualiät der Leistungen von Bundesbahn und Reichsbahn aber ie Ansicht durchgesetzt, dass Wettbewerb den Schienenerkehr voranbringen würde. Wettbewerb führt zu höheer Qualität und niedrigeren Preisen; auch da wird sich aum Widerspruch regen. Im Schienennahverkehr und im üterverkehr keimt der Wettbewerb. Auch andere Bran hen haben vorgemacht, wie sich der Wettbewerb positiv ür die Menschen auswirkt. Das große Ziel der Bahnreform von 1994 war es desalb ja, die Grundlage für echte Wettbewerbsbedingunen auf der Schiene zu schaffen. Auch wenn bei der Bahnrivatisierung für manche in den letzten Monaten iskalische Aspekte in den Vordergrund gerückt zu sein cheinen – für die FDP-Fraktion gilt: Ziel der Bahnpriatisierung ist die Förderung von Wettbewerb, und wir reuen uns über alle, die dieses Ziel auch weiter im Blick aben und die Wege zu diesem Ziel in der Zukunft mitgeen. Aus diesem Grund wollen wir das Netz vom Verehrsbetrieb trennen. Aus demselben Grund soll die Netzerantwortung komplett in staatlicher Hand bleiben. Ziel ll dieser Überlegungen – das sei noch einmal gesagt – st die Gewährleistung des fairen Wettbewerbs auf der chiene. Wettbewerb darf es aber nicht nur innerhalb eines Verehrsträgers geben. Wettbewerb muss auch zwischen den erkehrsträgern möglich sein. Und genau das verhindert erzeit das Verbot für parallele Linienfernverkehre. Denn inienbusverkehre werden nicht neu genehmigt. Die weigen noch existierenden Fernbuslinien fahren aufgrund lter Genehmigungen. Dabei ist festzustellen: Die Ökobianz der Fernbuslinien ist sehr gut. Nach Berechnungen es Heidelberger IFEU-Instituts aus dem Jahr 2003 verrsacht die Busreise einer Person auf der circa 500 Kiloeter langen Strecke von Mannheim nach Prag einen ohlendioxidausstoß von gut 20 kg. Die Zugfahrt im EC der IC – noch nicht einmal im IGE – schlägt bereits mit Heinz Paula gebene Reden mehr als 40 kg zu Buche. Ein ähnliches Verhältnis ergibt sich beim Primärenergieverbrauch. Auch der Preis für eine Fahrt im Linienfernbus ist häufig erheblich geringer als der Normalpreis für eine Zugfahrt in der zweiten Klasse. Die Gründe, die für die Zulassung dieses Wettbewerbs sprechen, springen einen geradezu an. Um es noch einmal deutlich zu sagen: Der Genehmigungsvorbehalt zugunsten bereits existierender Linienfernverkehre ist genau das Gegenteil dessen, was wir in der Verkehrspolitik seit Jahren zu erreichen versuchen, wofür wir – überwiegend gemeinsam – seit Jahren kämpfen. Deshalb appelliere ich an Sie, insbesondere auch aus den Reihen der Großen Koalition: Beenden Sie mit uns dieses absurde Wettbewerbshindernis, und freuen Sie sich mit uns über einen weiteren Schritt hin zu mehr Wettbewerb im Personenfernverkehr! Der Fleiß, mit dem die FDP vermeintliche Entbüro kratisierungslücken entdeckt, ist zuweilen beeindruckend. Denn einmal mehr beglücken uns die Liberalen hier mit einem sogenannten Entbürokratisierungsvorschlag und haben sich dieses Mal das Personenbeförderungsgesetz vorgenommen. Angestrebt wird die Liberalisierung des Busfernlinienverkehrs. Dieser ist derzeit nach den Vorschriften des Personenbeförderungsgesetzes ausgeschlossen, sofern er parallel zu Fernstrecken der Bahn angeboten wird. Angesichts der Tatsache, dass die Deutsche Bahn immer mehr Fernzüge und vor allem -strecken einstellt, klingt es eigentlich verlockend, parallele Ersatzverkehre durch Busse anzubieten. Selbst Sie, werte Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion der Grünen, hatten schon im März 2006 einen entsprechenden Antrag in den Bundestag eingebracht, dass PbfG dahin gehend zu novellieren, Fernlinienbusverkehr zu ermöglichen. Doch die Krux des Fernverkehrs in Deutschland liegt nicht in der nicht vorhandenen Konkurrenz, sondern darin, wie wir mehr Verkehrsanteile für den öffentlichen Verkehr generieren können. Die Konkurrenz bewegt sich in der Tat auf der Straße; allerdings in privaten Pkw. Leider entspricht der Antrag der Bündnisgrünen ebensowenig den Vorstellungen meiner Fraktion wie der FDP-Antrag. Eine Anmerkung dazu möchte ich mir an dieser Stelle jedoch erlauben, nämlich dass der öffentliche Personenverkehr bis zu den massiven Spritpreiserhöhungen der letzen Wochen ständig Marktanteile an den Pkw verloren hat. Die Ursache dafür liegt jedoch nicht in der mangelnden Konkurrenz der verschiedenen öffentlichen Verkehrsträger bzw. -mittel, sondern eher in den Kürzungen der Finanzmittel für Verkehrsleistungen im öffentlichen Nahund Fernverkehr. Gerade weil die Deutsche Bahn AG die Auflage hat, Fernverkehre eigenwirtschaftlich zu erbringen, was weltweit ohnehin kaum irgendwo gelingt, kann sie aus betriebswirtschaftlicher Sicht durchaus gezwungen sein, wenn es an Unterstützung durch öffentliche Mittel fehlt, Z n F n r s K N k l ö d e w e n e u L b k a P ß d s h B u k t n r n n b h s e a a b l w Zu Protokoll ge (C (D üge einzustellen. Das muss ich auch als linke Abgeordete eindeutig feststellen. Also sollten wir schauen, wie wir den bundesweiten ernverkehr ins richtige Gleis bringen; mit einem Schieen-Fernverkehrsgesetz, über das noch im Bundestag zu eden sein wird. Gehen wir von dieser Prämisse aus, dann erübrigen ich im Prinzip Gesetzentwürfe zur Einführung von mehr onkurrenz zur Bahn. Daraus kann ich nur eine Schlussfolgerung ziehen: icht die Konkurrenz der verschiedenen öffentlichen Verehrsmittel und -träger muss in den Fokus unserer Überegung gerückt werden, sondern die Frage, wie wir den ffentlichen Personenverkehr insgesamt stärken können. Wir haben also zu überlegen, wie wir, zum Beispiel auf em Wege von Ausschreibungen auch im Fernverkehr, zu inem insgesamt besseren Angebot kommen. Ob dies zueilen auch von Bussen erbracht werden könnte, sei hier inmal dahingestellt. Doch davon steht weder etwas im Antrag der FDP och in dem der Bündnisgrünen. Beiden Fraktionen geht s in ihren Anträgen nur um eine Öffnung des Marktes zungunsten der Bahn. Das können und wollen wir als inke nicht mittragen. Durch mehr künstliche Konkurrenz auf der Straße ringen wir den Fernverkehr nicht weiter. Sie ist eher ontraproduktiv. Daher lehnt die Fraktion Die Linke uch die Vorschläge der Grünen zur Novellierung des ersonenbeförderungsgesetzes ab. Trotzdem wollen wir uns der Tatsache nicht verschlieen, dass der Bus Lücken füllen kann, die die Bahn auf em von der Regierungspolitik gewollten Weg zur Börenfähigkeit aufreißen musste. Schließlich fährt die Bahn eute bereits gemeinsam mit privaten Unternehmen im erlin-Linienbusverkehr, zum Beispiel nach Hamburg, nd zwar in Konkurrenz zum eigenen ICEund IC-Verehr. Nur dort, wo der Fernverkehr Angebotsbrachen hinerlassen hat, zum Beispiel in vielen ostdeutschen Regioen, sollten wir das Einrichten von Fernbuslinien tempoär zulassen, um die Lücken zu schließen; dann aber bitte icht in einem deregulierten Wettbewerb. Das lehren die egativen Erfahrungen aus Großbritannien. Wenn die Vorschläge zu einer Änderung des Personeneförderungsgesetzes in diese Richtung gegangen wären, ätte die Linke ihnen gern zugestimmt. So bleibt es bei unerem Nein zum vorliegenden Antrag der FDP. Die FDP hat unter Drucksache 16/6435 einen Antrag ingebracht, der vorsieht, dass Parallelverkehr zur Bahn ls Ablehnungsgrund im Personenbeförderungsgesetz bzuschaffen sei. Der geltende Rechtsrahmen sieht nach dem Personeneförderungsgesetz die Genehmigungspflicht für Businienverkehre vor. Die Genehmigung ist zu versagen, enn der Verkehr mit den vorhandenen Verkehrsmitteln Patrick Döring gebene Reden Dr. Anton Hofreiter befriedigend bedient werden kann oder der beantragte Verkehr ohne eine wesentliche Verbesserung der Verkehrsbedienung Verkehrsaufgaben übernehmen soll, die vorhandene Unternehmer oder Eisenbahnen bereits wahrnehmen. Im liniengebundenen Personenfernverkehr verhindert die gesetzliche Regelung Parallelverkehre bzw. Konkurrenz zwischen Bahn und Omnibus. Innerhalb Deutschlands gibt es bis auf Ausnahmen wie den Verkehr von und nach Berlin, der in der Zeit der Insellage Berlins entstand, oder Zubringerverkehre zu Flughäfen keinen Linienfernverkehr mit Omnibussen. Da die Deutsche Bahn AG bis auf nicht ins Gewicht fallende Ausnahmen alleiniger Anbieter von Fernverkehrsleistungen auf der Schiene ist, schützt diese Regelung de facto die DB vor Konkurrenz auf der Straße. Betrachtet man den gesamten Fernverkehrsmarkt, schützt die Regelung aber auch andere Verkehrsleistungsanbieter wie Mitfahrzentralen oder Billigflieger. Die DB muss sich heute schon der Konkurrenz des Flugzeugs, des Autos und des Reisebusses stellen. Ob und wie sie das bewerkstelligt, ist eine andere Frage. Der Schutz vor einem bestimmten Konkurrenten ist zumindest unsystematisch. Im Nahverkehr verhindert die gesetzliche Regelung Parallelverkehre zwischen unterschiedlichen öffentlichen Verkehrsmitteln, die alle mehr oder weniger staatlich direkt mitfinanziert werden. Die Regelung verhindert die Konkurrenz um Betriebskostenzuschüsse. Die Kannibalisierung des Schienenpersonennahverkehrs durch den bahneigenen Busverkehr hat sie nicht verhindert. Beim Fernverkehr stellt sich die Situation anders dar. Der DBFernverkehr soll eigenwirtschaftlich erbracht werden. Vom Bund gibt es keinen Betriebskostenzuschuss. Im Fernbusverkehr gibt es auch keine direkten Zuschüsse. Wenn im Schienenpersonenfernverkehr durch Entwicklungen auf europäischer Ebene Wettbewerb durch den Markteintritt anderer Bahnen stattfindet, verändert das die Konkurrenzsituation wesentlich stärker als die Zulassung des Linienbusfernverkehrs. Wettbewerb auf der Schiene im Nahund Fernverkehr ist möglich, wenn auch bisher in unterschiedlicher Intensität. Die Angebotsqualität zumindest im Nahverkehr hat sich verbessert. Dies hat nicht nur damit zu tun, dass mehr Geld für den SPNV seit Beginn der Bahnreform zur Verfügung steht, sondern dass es neue Anbieter gibt. Wettbewerb mit dem Fernlinienbus könnte ansatzweise ebenfalls positive Effekte haben. Dass die Konkurrenz des Fernlinienbusses der Bahn derart zusetzen kann, dass die Bahn ihr Angebot zurücknehmen muss, ist nicht zwingend. Die Bahn hat auch ohne Buskonkurrenz Marktsegmente im Fernverkehr zurückgefahren, zum Beispiel InterRegio und Tagesrandlagen. Wenn zukünftig der DB-Fernverkehr auch eigentumsrechtlich privatisiert wird, würde der Staat bei Aufrechterhaltung des faktischen Verbots des Fernbuslinienverkehrs sogar einen privaten Anbieter vor Konkurrenz schützen. Für liniengebundenen Fernbusverkehr gibt es wahrscheinlich einen Markt. Der DB-Fernverkehr bedient s V d m g a s d d s B S d d b e i z B b d e d s q t s V e a d D r M d r I s D f v s Z (C (D elbst Städte mit mehr als 100 000 Einwohnern nicht. iele Mittelstädte werden nicht vom DB-Fernverkehr beient. Viele Fernverkehrshalte werden nicht umsteigefrei iteinander verbunden. Flughäfen und Flugverkehrsanebote weisen eine noch geringere Flächendeckung auf ls der Bahnfernverkehr. Auch in preislicher Hinsicht ind andere Angebote zu erwarten. Bei der Betrachtung es DB-Fernverkehrsangebots könnte man vermuten, ass die Angebotsqualität fehlendem Wettbewerb gechuldet ist. Die Ermöglichung von Konkurrenz zwischen Bus und ahn im Bereich des Personenfernverkehrs ist aus unserer icht an die Aufstellung fairer Wettbewerbsregeln zu binen. Das beinhaltet im Bereich der Wegekostenentgelte, afür zu sorgen, dass nicht nur die Bahn Trassenentgelte ezahlen muss, sondern dass für den Bus auch Maut zu ntrichten ist. Nach dem geltenden Autobahnmautgesetz st der Bus von der Autobahnmaut befreit. In Österreich ahlt der Bus Maut. Eine negative Auswirkung auf die usunternehmen und den Busreiseverkehr ist mir nicht ekannt. Im Berlinverkehr macht sich die Deutsche Bahn mit er eigenen Busflotte Konkurrenz. Mit der Konkurrenz im igenen Haus hat die Bahn ja reichlich Erfahrung, wie er Güterverkehrsbereich mit Schenker und Railion chön zeigt. Aus Reihen der Bahn dürfte also nicht mit ualifizierter Kritik an der Ermöglichung des bundesweien Fernlinienbusverkehrs zu rechnen sein. Zumindest im Bereich des Fernlinienbusses, der keine taatlichen Zuschüsse bekommt, ist eine Änderung der ersagungsgründe sinnvoll. Im Bereich des Nahverkehrs rscheint eine Aufweichung des Versagungsgrundes Parllelverkehr zwar nicht sinnvoll. In der Vergangenheit hat ieser Versagungsgrund aber nicht verhindert, dass die B sich selbst mit Bussen im Nahverkehr keine Konkur enz gemacht hat. Sie hat trotz des Versagungsgrundes öglichkeiten gefunden, stilllegungsbedrohte Strecken urch Konkurrenz auf der Straße bei gleichzeitiger Veringerung des Zugangebotes noch schneller stillzulegen. ntelligente ÖPNV-Aufgabenträger brauchen diesen Veragungsgrund auch nicht. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf rucksache 16/6435 an die in der Tagesordnung aufgeührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einerstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung o beschlossen. Ich rufe die Zusatzpunkte 7 und 8 auf: P 7 Beratung des Antrags der Abgeordneten Andreas Jung Brand, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU und der Abgeordneten Frank Schwabe, Marco Bülow, Dirk Becker, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD und der Abgeordneten Michael Kauch, Angelika Brunkhorst, Horst Meierhofer, Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP sowie der Abgeordneten Bärbel Höhn, Hans-Josef Fell, Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse Cornelia Behm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Internationalen Klimaschutz sichern – Integrität und Wirksamkeit der CDM-Projekte weiter verbessern – Drucksache 16/9598 – ZP 8 Beratung des Antrags der Abgeordneten Eva Bulling-Schröter, Dr. Gesine Lötzsch, Monika Knoche, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Unterlaufen von Klimaschutzzielen durch CDM-Projekte beenden – Drucksache 16/7752 – Interfraktionell ist vereinbart, den Antrag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 16/7752 mit dem Titel „Unterlaufen von Klimaschutzzielen durch CDM-Projekte beenden“ heute abschließend zu beraten und insoweit die in der 136. Sitzung am 17. Januar 2008 beschlossene Überweisung an die Ausschüsse rückgängig zu machen. – Sie sind damit einverstanden. Dann verfahren wir so. Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Reden zu diesen Tagesordnungspunkten zu Protokoll zu geben. – Sie sind damit einverstanden. Dann verfahren wir so. Andreas Jung, Frank Schwabe,1)

Klaus Hofbauer (CSU):
Rede ID: ID1616924900

(A) )


(B) )

Heinz Paula (SPD):
Rede ID: ID1616925000




(A) )


(B) )





(A) )


(B) )

Patrick Döring (FDP):
Rede ID: ID1616925100




(A) )


(B) )

Dorothee Menzner (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616925200
Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1616925300







(A) )


(B) )

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1616925400




(A) )


(B) )

Bulling-Schröter und Bärbel Höhn haben ihre Reden zu
Protokoll gegeben.2)

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den An-
trag der Fraktionen von CDU/CSU, SPD, FDP und
Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 16/9598. Wer
stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dagegen? – Ent-
haltungen? – Der Antrag ist mit den Stimmen des Hau-
ses bei Enthaltung der Fraktion Die Linke angenommen.

Zusatzpunkt 8: Abstimmung über den Antrag der
Fraktion Die Linke auf Drucksache 16/7752. Wer
stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dagegen? – Ent-
haltungen? – Der Antrag ist mit den Stimmen von CDU/
CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Linken bei
Enthaltung der Grünen abgelehnt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 24 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Cornelia
Behm, Undine Kurth (Quedlinburg), Bärbel
Höhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Das Bundeswaldgesetz novellieren und ökolo-
gische Mindeststandards für die Waldbewirt-
schaftung einführen

– Drucksache 16/9450 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Tourismus
Haushaltsausschuss

d
C
C

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1) Der Redebeitrag wird im nächsten Plenarbericht abgedruckt.
2) Anlage 10

(C (D Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, sind die Reen der Kollegen Hans-Heinrich Jordan, Gerhard Botz, hristel Happach-Kasan, Kirsten Tackmann und ornelia Behm zu Protokoll genommen. Deutschland gehört zu den waldreichsten Ländern in er Europäischen Union. Mit circa 11 Millionen Hektar st nahezu ein Drittel der Fläche unseres Landes mit Wald edeckt. Dabei ist unser Land zugleich einer der am dichesten besiedelten Flächenstaaten auf der Welt. Der Wald st heute mehr denn je auch ein Wirtschaftsfaktor. Fast Millionen Waldbesitzer, circa 185 000 Betriebe mit Million Beschäftigten und einem Umsatz von über 00 Milliarden Euro sprechen für sich. Der Schutz des Waldes bedarf aber auch einer wirtchaftlich ertragreichen Forstwirtschaft. Sie steigert zuem die Attraktivität der ländlichen Räume, zu der auch er Erhalt der kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen unktion des Waldes gehört. Er steht maßgeblich für viele atürliche Funktionen wie Klimaschutz, Schutz des Waserhaushaltes, Hochwasserschutz und Schutz der ökoloischen Vielfalt. Die Waldbesitzer haben ein ureigenes Ineresse daran, den Wald nachhaltig zu bewirtschaften. ie deutschen Forstwirte pflanzen deshalb überwiegend aumarten der natürlichen Waldgesellschaft. Die Ergebisse der Bundeswaldinventur aus dem Jahr 2002 sind in Beleg der erfolgreichen Arbeit. Seit 1970 ist der Laubaumbestand von 29 Prozent auf 39 Prozent gestiegen. eutschland hat mit einem Holzvorrat von mehr als Milliarden Quadratmeter den größten Bestand in der uropäischen Union. Die vorliegenden Studien zum Waldbestand und zur aldgesundheit deuten darauf hin, dass die deutschen aldbauern nach wie vor große Aktivitäten darauf rich en müssen, die „Waldgesundheit“ zu erhöhen. Trotz aller eist ideologisch motivierten Chaostheorien gibt es in eutschland auch weiterhin gute Voraussetzungen für eien gesunden, wirtschaftlich wertvollen Waldbestand. ntscheidend ist dafür die ordnungsgemäß betriebene orstwirtschaft, die als gute fachliche Praxis ausgeübt ird. Der vorliegende Antrag der Grünen spiegelt in keier Weise die reale Situation in der deutschen Forstwirtchaft wieder. Die Forstwirte nutzen seit Jahrhunderten wissenchaftliche Erkenntnisse zur ordnungsgemäßen Forstirtschaft. Der Ausbildungsstand unserer Forstwirte ba iert auf einem hohen Niveau. Die Betreuung der aldbesitzer bzw. des deutschen Waldbestandes wird auf ielfältige Weise durch staatliche und private Fachinstiutionen betrieben. Dazu gibt es ein umfangreiches länerspezifisches Organisationssystem. In hervorragender eise haben die Forstwirte stets auf die sich veränderten inflüsse dynamisch reagiert und insbesondere die Voraben des Bundeswaldgesetzes und die der Ländergeetze in die Praxis umgesetzt. Das Bundeswaldgesetz hat sich insgesamt bewährt, es ietet ausreichend Raum, um auch auf die neuen gesellchaftlichen, klimatischen, ökologischen und vor allem irtschaftlichen Veränderungen reagieren zu können. Die im Grünen-Antrag geforderten massiven Einschnitte stellen durch bürokratische Vorgaben die fachliche Qualität und Handlungsfähigkeit der deutschen Forstwirte infrage, aber insbesondere auch die eigentumsrechtlich geschützten Werte. Teilweise blitzen in den Forderungen enteignungsgleiche Akte gegen die Waldbesitzer bzw. den Waldbesitz durch. Der vorliegende Antrag übersteigt bei weitem die in § 5 Bundesnaturschutzgesetz vorgesehenen Ziele und Praktiken einer ordnungsgemäßen Forstwirtschaft. Bundeswaldgesetz und Naturschutzgesetz ergänzen sich schon heute in praxisrelevanter Weise und bieten Handlungsspielraum zur Entwicklung der im Bundeswaldgesetz beschriebenen Aufgaben. Mit diesem Antrag soll die Bundesregierung aufgefordert werden, die Forstwirtschaft in ein enggezurrtes, starres, handlungsunfähiges Korsett zu zwängen. Ich vertraue gerne den Experten, insbesondere den gelernten und studierten Forstwirten, die mit ihrem Berufsethos, ihren fundierten Erfahrungen einen kompetenten und korrekten Umgang mit dem Kulturgut Wald garantieren. Der Wald an sich und dessen Bewirtschaftung sind nicht die entscheidende Ursache für Schäden und Kalamitäten, sondern von außen einwirkende Faktoren wie Umweltverschmutzung, Zersiedlung usw. haben zu Ausnahmesituationen und Problemen geführt. Der deutsche Wald und dessen Bewirtschafter bzw. dessen Eigentümer sind auf wissenschaftlich begründete wirtschaftliche Maßnahmen angewiesen. Dies gilt auch für die vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten der Holzproduktion. Sie steht nicht im Widerspruch zur ordnungsgemäß betriebenen Forstwirtschaft, sondern ist notwendige Voraussetzung für finanzielle Rentabilität in den Forstbetrieben. Daher muss es bei nachhaltiger Nutzung standortgerechte Entscheidungen zur Bewirtschaftung und Nutzung geben. Mit der Föderalismusreform I wurden bewusst den Ländern mehr Gestaltungsräume und mehr Kompetenzen bei der Waldgesetzgebung zugesprochen. In allen Ländern ist ihre Eigenverantwortung an die gute forstwirtschaftliche Praxis zukunftsorientiert festgelegt. Eine Novellierung des Bundeswaldgesetzes würde in die Kompetenzen der Länder restriktiv eingreifen und deren Verantwortung konterkarieren. Unausweichlich führt dies zum Wachsen von Bürokratie, staatlicher Überwachung und gezielter Planwirtschaft. Ein Kernziel unserer Regierungsarbeit ist die Reduzierung der Bürokratie. Verbotsstrategien, wie hier vorgeschlagen, bewirken das Gegenteil. Natürlich bedingt vor allem die gesellschaftliche Entwicklung Eingriffe und Veränderung in der Rechtsetzung. Daher unterstütze ich aufgrund der sachlichen Notwendigkeit, dass im Rahmen eines Artikelgesetzes wichtige Sachzusammenhänge klargestellt bzw. neu geordnet werden. Dies betrifft insbesondere die Zuordnung von Kurzumtriebsplantagen und Agroforsten als Form landwirtschaftlicher Bodennutzung, die nichts mit nachhaltiger Waldbewirtschaftung zu tun haben. Im Weiteren sind die Beschränkungen zur Tätigkeit forstwirtschaftlicher Vereinigungen aufzuheben. In Angleichung an die Vorschriften der Forstbetriebsgemein s g L n d t t s B n d c u b E b F b g s a t ü f d n w t A W u s A a F g r n g s l s W t B t g v d a i Zu Protokoll ge (C (D chaften sind neue Aufgabenkataloge zu bestimmen. Zuleich ist aufgrund der Neuorganisation der Bundesund andesforstverwaltungen in andere Rechtsformen eine eue Bestimmung der Stellung des Staatswaldes notwenig. Des Weiteren erfordern internationale Berichtspflichen zu Waldinventuren, dass neue Rechtsnormen zu statisischen Erhebungen gesetzt werden. Im Bundeswaldgeetz sollte die Forderung nach einer qualifizierten etreuung durch Fachkräfte in Staatsforsten und kommualen Forsten festgeschrieben werden. Abschließend möchte ich noch einmal feststellen, dass er vorliegende Antrag weit an der grundgesetzlich gesiherten Unabhängigkeit der Länder und Waldbesitzer nd an den Erfordernissen der Waldbewirtschaftung voreigeht. Zahlreiche Diskussionen zur Nutzung regenerativer nergieformen rücken auch den Wald und den damit verundenen Rohstoff Holz ins Licht der Öffentlichkeit. Die raktion der Grünen springt hier mit Leichtigkeit auf den ereits rollenden Zug auf. Eine Novelle des Bundeswaldesetzes ist keine große Neuigkeit, sondern bereits schon eit längerer Zeit in der Diskussion und wird auch bereits uf verschiedenen Ebenen bearbeitet. Zentrale Punkte finden sich auch im vorliegenden Anrag wieder. Völlig unstrittig – und das sogar fraktionsbergreifend – sind die Forderungen zu den Aufgaben der orstbetrieblichen Gemeinschaften. Hier stimme ich mit em Antrag überein. Gerade im Kleinprivatwald können och bisher völlig ungenutzte Holzvorräte erschlossen erden. Wichtig ist hier eine Ergänzung des Aufgabenka aloges zur Erleichterung des Holzverkaufes. Auch die klare fachliche Abgrenzung der Begriffe groforstsystem und Kurzumtriebsplantage aus dem aldbegriff sind nicht nur in der Großen Koalition völlig nstrittig. Dies haben auch die Erfahrungen der Auschussreise nach Frankreich und Großbritannien gezeigt. llerdings schießen Sie, liebe Grüne, in Ihrem Antrag uch deutlich über das Ziel hinaus. Wir müssen uns die rage stellen, was kann und was sollte ein Bundeswaldesetz regeln. Ich denke, die benannten Mindestanfordeungen für eine nachhaltige Waldwirtschaft im Sinne eier guten fachlichen Praxis für den Wald sind viel zu eng efasst und tragen der Vielfalt von Wald und dessen Ercheinungsbild nur ungenügend Rechnung. Mit festgeegter Waldrandstruktur beispielsweise oder vorgechriebenen Mischbeständen werden hier zwangsweise aldbestände zementiert, die auch gewünschte mono one natürliche Waldbestände, wie schützenswerte Kalkuchenwälder ausschließen, die von Natur aus sehr ar enarm sind. Ich denke, hier dürfen einige, wenn auch gut emeinte Formulierungen nicht so eng gefasst werden. Im Übrigen darf man den Ländern und ihren meist herorragend qualifizierten Forstfachleuten ruhig zutrauen, ass sie eine geeignete Rahmengesetzgebung des Bundes, ngepasst an die jeweiligen standortlichen Bedingungen n den unterschiedlichsten Bundesländern, kompetent Dr. Hans-Heinrich Jordan gebene Reden landesrechtlich ausfüllen. Bereits jetzt sind einige Landeswaldgesetze sehr zukunftsorientiert und ökologischwirtschaftlich nachhaltig formuliert. Da wird es Zeit, dass der Bund endlich nachzieht. An dieser Stelle möchte ich meine Worte direkt an die Union als unseren Koalitionspartner richten. Eine entsprechende Formulierung zur guten fachlichen Praxis und nachhaltigen Waldbewirtschaftung ist längst überfällig in der Fachgesetzgebung des Bundes. Das war eben auch der Grund, weshalb diese Zielstellung im Koalitionsvertrag klar festgelegt wurde. Lassen Sie daran bitte keine, wenn auch noch so kleine Novelle des Bundeswaldgesetzes scheitern. Es rückt nur endlich gerade, was in vielen, meiner Meinung sogar der Mehrzahl der Bundesländer längst gängige Praxis ist und fester Bestandteil der Landeswaldgesetze. Sehr geehrte Damen und Herren der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, ich muss mich schon sehr wundern, wenn ich Ihren Antrag lese, ob Sie sich so sehr von den Menschen dort draußen entfernt haben. Die Menschen haben von je her eine enge Bindung an den Wald, und das ändert auch kein Gesetz von 1975 und wird auch keine Novelle ändern. Sie leben mit ihm, sie leben von ihm, sie regenerieren sich dort; und nicht nur Menschen aus dem ländlichen Raum. Stellen Sie das doch nicht so als Nebensächlichkeit hin! Wald und Mensch gehören in Mitteleuropa von Anfang an zusammen. Die Verbundenheit der Bevölkerung mit ihrem Wald ist wesentlich stärker, als es hier zum Ausdruck kommt. Diejenigen, die draußen in diesem Sinne handeln, warten eh nicht auf das nächste kluge Papier. Ihre Zielstellungen für eine Waldpolitik scheinen mir etwas konfus zu sein. Einerseits formulieren Sie den Wunsch nach artenund strukturreichen, naturnahen, gesunden Wäldern, wogegen generell ja niemand – wirklich niemand – etwas einzuwenden hat, aber dann lassen Sie – überspitzt gesagt – möglichst viel Totholz für den Käfer übrig, mobilisieren ganz groß die heimische Holznutzung, retten mit dem Bundesgesetz den Regenwald, fordern gleichzeitig in Deutschland die Extensivierung der Waldbewirtschaftung und legen dann möglichst viele Waldflächen still, das heißt Sie wollen Totalreservate. Liebe Grünen, spätestens an diesem Punkt haben Sie die Menschen da draußen verloren und sollten sich erst einmal darüber klar werden, was Sie wirklich wollen. Verstärkte Holznutzung und Totalreservat schließen sich einfach aus. Wir sind der Auffassung, dass Ökologie und Ökonomie unter einen Hut zu bringen sind, nur mit schöner Ideologie ist da nichts zu machen. Und noch ein kleiner Hinweis! Kahlschläge möchte sicher niemand mehr, und auch das ist in vielen Landesgesetzgebungen bereits verankert. Darüber brauchen wir hier im Hause wohl nicht mehr zu streiten. Aber Sie unterliegen einer Fehlinformation, wenn Sie meinen, mit höheren Holzvorräten retten wir unser Klima. Nein, ein stehender Holzvorrat kann natürlich auch nicht mehr viel an CO2 akkumulieren. Übrigens wird derzeit in Deutschland immer noch weniger an Holz aus dem Wald gewonnen a A a v A w N p s w h W g d d d K „ d s D l r g s L G r t z w e G f d v m l g i g d D s H g s K u n Zu Protokoll ge (C (D ls jährlich nachwächst. Auch das liest sich in Ihrem ntrag etwas anders. So könnte ich noch einige Dinge aufzählen, schlage ber vor, Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren on Bündnis 90/Die Grünen, überarbeiten erstmal Ihren ntrag, damit der Leser erfährt, was Sie denn eigentlich ollen! Die FDP-Bundestagsfraktion hält eine vollständige ovellierung des Bundeswaldgesetzes zum jetzigen Zeitunkt nicht für erforderlich. Das Bundeswaldgesetz hat ich in den vergangenen Jahrzehnten in Deutschland beährt. Die Ergebnisse der letzten Bundeswaldinventur aben gezeigt, dass eine sinnvolle Bewirtschaftung der älder im Rahmen des jetzigen Bundeswaldgesetzes ge eben ist. In klar definierten Einzelpunkten gibt es allerdings Änerungsbedarf. Die FDP-Bundestagsfraktion fordert, ass das Bundeswaldgesetz geändert wird, um die Prouktion von Holz zur energetischen Verwertung in urzumtriebsplantagen zu ermöglichen. Die Begriffe Agroforstsysteme“ und „Wald“ müssen klar voneinaner abgegrenzt sein. Agroforstsysteme sind kein Wald. Sie ind eine besondere Form landwirtschaftlicher Nutzung. as muss im Bundeswaldgesetz entsprechend klar formu iert werden, damit für diejenigen, die sich in diesem Beeich engagieren wollen, klare rechtliche Rahmenbedinungen gelten. Insbesondere nach Vorlage des Gutachtens des Wisenschaftlichen Beirats beim Ministerium für Ernährung, andwirtschaft und Verbraucherschutz ist eine solche esetzesänderung überfällig. Das Gutachten hat klar he ausgestellt, dass hinsichtlich der CO2-Vermeidungskosen und der Flächeneffizienz die Nutzung von Hackschniteln, die aus Holz aus Kurzumtriebsplantagen erzeugt urden, die günstigsten Werte aufweist. Es ist völlig unrklärlich, warum das Ministerium noch immer keinen esetzentwurf vorgelegt hat, um die Anlage von Agro orstsystemen zu erleichtern. Ein weiterer Punkt ist die Verkehrssicherungspflicht, ie zurzeit unbefriedigend geregelt ist. Die Verurteilung on Forstleuten, die sich nichts haben zu Schulden komen lassen, muss das Ministerium aufschrecken und An ass sein, nach Lösungen zu suchen. Das ist bis jetzt nicht eschehen. Allerdings sind auch die Lösungsvorschläge m vorliegenden Antrag noch unbefriedigend. Besonders im deutschen Kleinprivatwald können noch roße Holzvorräte erschlossen werden, um die Nutzung es nachwachsenden Rohstoffs Holz zu intensivieren. ies wäre im Sinne der Charta für den Wald. Die FDP chließt sich der Forderung an, dass hierfür künftig die olzvermarktung durch forstwirtschaftliche Vereinigunen von Kleinwaldbesitzern erleichtert wird. Alle Antrengungen, den Mobilisierungsgrad von Holz aus dem leinprivatwald zu erhöhen, sind hierbei ausdrücklich zu nterstützen. Im Übrigen enthält der vorliegende Antrag von Bündis 90/Die Grünen neben wenigen bedenkenswerten An Dr. Gerhard Botz gebene Reden sätzen, die wir unterstützen, viele Forderungspunkte, die nicht einmal nachvollziehbar sind und nicht der derzeitigen Ausrichtung einer modernen und nachhaltig betriebenen Waldbewirtschaftung entsprechen. Der Antrag ist von Misstrauen gegenüber Waldbesitzern und Forstleuten geprägt, einem Misstrauen, das weitgehend unberechtigt ist; denn die Bundeswaldinventur hat die hohe Qualität unserer Waldbewirtschaftung eindeutig bestätigt. Der Gesetzgeber kann nicht hinter jedem Förster stehen, sondern muss seinem Sachverstand und seiner guten Ausbildung vertrauen. Das hat bis jetzt gut funktioniert. Eine Fläche von 1 000 Quadratmetern als Wald definieren zu wollen, wenn darauf Waldbäume stehen, wie der Antrag dies vorschlägt, ist ein Beispiel für PepitaDenken. Demnächst werden dann 100 Quadratmetern Vorgartenrasen mit Gänseblümchen als Wildblumenwiese definiert und unter Schutz gestellt. Wer so kleinteilig denkt, verliert die große Linie aus den Augen. Das ist Bürokratismus pur. Die Forderung im Antrag der Grünen, das Verbot von Kahlschlägen in einem neuen Waldgesetz zu verstärken, ist überflüssig. Kahlschläge im Wald sind bereits im bestehenden Bundeswaldgesetz verboten. Nach Naturereignissen, wie zum Beispiel dem verheerenden Orkan „Kyrill“ im Januar 2007 sind sie nach behördlicher Genehmigung zulässig und notwendig, um eine nachhaltige Wiederaufforstung der betroffenen Flächen rasch zu ermöglichen. Aufforstungen erst nach fünf Jahren erlauben zu wollen, verkennt, dass unter bestimmten standörtlichen Bedingungen dies zu starker Bodenerosion führen kann. Viele der minutiös aufgelisteten Kleinstpunkte gehören nicht in ein Gesetz. Dass Bodenverdichtungen vermieden werden sollten, weiß jeder, der in der Landoder Forstwirtschaft tätig ist. Auch die Tatsache, dass Bodenschutzkalkungen nach den standörtlichen Bedingungen zu orientieren sind, ist bekannt. Für diese und viele weitere Punkte ist keine Novellierung des Bundeswaldgesetzes erforderlich. Die Wälder in Mitteleuropa liefern den nachwachsenden Rohstoff Holz. Holz ist der für die rohstoffliche und energetische Nutzung wichtigste nachwachsende Rohstoff in Deutschland. Wälder sind Erholungsraum für viele Menschen, sie empfinden Wälder als Natur pur. Die natürliche Vegetation in Deutschland ist Wald. Deshalb sind Wälder für den Artenschutz von besonderer Bedeutung. Die Wälder bieten zahlreichen Menschen einen Arbeitsplatz und ein gesichertes Einkommen, insbesondere im strukturschwachen ländlichen Raum. Wir müssen unsere Wälder nachhaltig bewirtschaften, ihre Artenvielfalt erhalten und durch Nutzen schützen. Ein neues Bundeswaldgesetz mit vielen kleinteiligen Regelungen und viel Bürokratie brauchen wir dafür nicht. Deshalb lehnen wir den Antrag ab. Seit Beginn der 16. Wahlperiode wird immer wieder eine Überarbeitung des Bundeswaldgesetzes angekündigt. i t s Ä n d r g e f b „ s t H M s d d d l 2 v H H g s r d a r a H n a T A g r l W k r U o w s B h e h s w o v s Zu Protokoll ge (C (D Es stammt aus dem Jahr 1974, und eine Novellierung st überfällig. Schon Rot-Grün hatte sie im Koalitionsverrag festgeschrieben. Aber über einen Entwurf sind auch ie nicht hinausgekommen. Unterdessen hat sich weiterer nderungsund Konkretisierungsbedarf ergeben, der un dringend eingearbeitet werden muss. Die Linke fordert endlich Taten statt folgenlose Ankünigungen. Wir sehen vor allem in drei Aspekten Ändeungsbedarf: Erstens ist eine Neudefinition des Waldberiffes dringend nötig. Dazu brauchen wir im § 2 BWaldG ine Regelung, die die Anlage und Nutzung von Agroorstflächen unterstützt und nicht verhindert. Zweitens rauchen wir eine konkretere Festlegung, was unter der guten fachlichen Praxis“ in der Fortwirtschaft zu vertehen ist. Drittens werden dringend Regelungen benöigt, die in den Kleinprivatwäldern die Mobilisierung der olzreserven bzw. den Waldumbau hin zu naturnahen ischwäldern besser unterstützen. Aber selbst bei diesen Minimalforderungen blockiert ich die Koalition – wie bei so vielen politischen Erforernissen – gegenseitig. Auf eine mündliche Frage, wann enn mit einem Gesetzentwurf zur Novellierung des Buneswaldgesetzes zu rechnen sei, antwortetet mir die Paramentarische Staatssekretärin Ursula Heinen im Januar 008, „mit der Zuleitung einer entsprechenden Gesetzesorlage an den Deutschen Bundestag ist für das erste albjahr 2008 zu rechnen“. Gut, bis zum Ende des ersten albjahres haben Sie ja noch elf Tage Zeit! Ich bin sehr espannt, ob Sie bis dahin doch noch schaffen, wovon Sie chon seit zwei Jahren reden. Natürlich ist der Wald kein Ökosystem, das kurzfristig eagiert. Da gibt es erstaunliche Parallelen zum Agieren er Regierung. Aber gerade weil dieses System träge, lso zeitverzögert, reagiert, ist richtiges Handeln zum ichtigen Zeitpunkt umso notwendiger. Und da sind wir us dem Zeitfenster schon fast raus. Hinsichtlich des andlungsbedarfs ist sich die Opposition dieses Mal eiig: nach Linken und FDP haben nun mit den Grünen lle drei Oppositionsfraktionen ihre Forderungen auf den isch des Hohen Hauses gelegt. Die Linke hat in ihrem ntrag – Drucksache 16/9075 – gefordert, die Bedingunen für eine naturnahe Waldbewirtschaftung zu definieen. Die Grünen greifen dieses Thema auf, was wir natürich begrüßen. Ziel muss es sein, die bestehenden aldfunktionen – nutzen, schützen und erholen – zu stär en und gleichzeitig mit wichtigen neuen Herausfordeungen wie Naturschutz, Klimawandel, Artenvielfalt und mweltbildung zu verknüpfen. Das geht nicht in standrtfremden Monokulturen, sondern in naturnahen Mischäldern mit zum Standort passenden Arten – was für uns owohl aus ökologischem als auch aus ökonomischem lickwinkel zu definieren ist. Standortheimische Arten aben dabei für uns Vorrang. Wir wenden uns aber gegen ine Instrumentalisierung dieser Diskussion, die darauf inausläuft, dass sich Regionen forstwirtschaftlich abchotten. Deutschland hat dabei eine besondere Verantortung für die Buchenwälder. Zwar würde die Buche hne forstwirtschaftliche Eingriffe in ganz Mitteleuropa orkommen, aber ausgedehnte Buchenwälder sind heute elten geworden. Daher gilt es besonders im Herzen des Dr. Christel Happach-Kasan gebene Reden natürlichen Verbreitungsgebietes – und das ist Deutschland – Buchenwälder wieder emporwachsen zu lassen und nachhaltig zu nutzen. Für die Linke hat bei der Überarbeitung des Gesetzes der dauerhafte Erhalt des Ökosystems Wald Vorrang, weil das im Interesse der gesamten Gesellschaft ist und weil nur das auch die Option der Nutzung der natürlichen Ressource Holz sichert. Das ist sowohl sozial als auch ökonomisch sinnvoll und daher von großer Bedeutung. Um dieses Ziel zu erreichen, sind die gesetzlichen Regelungen an folgende Kriterien zu binden: Gebraucht wird eine Orientierung am Dauerwaldprinzip und am Mischwaldprinzip. Damit werden dauerhafte Kahlschläge ausgeschlossen und standortheimische Bestände bevorzugt. Die Naturverjüngung muss gegenüber waldbaulichen Maßnahmen Vorrang haben. Dazu ist es aber auch notwendig, die Wilddichten anzupassen. Gegebenenfalls muss das Bundesjagdgesetz überarbeitet werden. Die forsttechnischen Arbeitsschritte müssen sich an der Reduzierung des Einsatzes von Chemie, einer bodenschonenden Bearbeitung sowie der Gentechnikfreiheit im Wald orientieren. Um kein Missverständnis hervorzurufen: Die angeführten Kriterien schließen die Bewirtschaftung der Wälder nicht aus. Im Gegenteil. Die Linke bekennt sich ganz klar zu einer nachhaltigen Nutzung durch die einheimische Forstwirtschaft. Sie sichert Leben und Arbeit in den ländlichen Regionen, versorgt uns mit hochwertigem Holz zur stofflichen Nutzung und bietet damit eine sinnvolle Alternative zu Holzimporten aus Raubbau. Selbst die energetische Nutzung des Holzes ist angesichts der dramatisch gestiegenen Energiepreise für viele wieder eine sinnvolle Alternative geworden. Aber der Wald kann seine vielen Funktionen nur erfüllen, wenn er nachhaltig genutzt wird. Noch viel mehr als in der Landwirtschaft muss in der Forstwirtschaft langfristig gedacht werden, denn das Handeln unserer Generation im Wald bestimmt über die Bedingungen für die nächste Generation Forstleute. Wir benötigen für die Überarbeitung des Bundeswaldgesetzes einen breiten gesellschaftlichen Dialog, auch über die Leistungen, die wir vom Wald und vom Förster – oder der Försterin – erwarten. Dieser Dialog sollte nicht nur im Ausschuss, sondern auch in einer öffentlichen Anhörung stattfinden. Die Linke sieht sich in der Verantwortung, die naturorientierte Waldwirtschaft durch die Novellierung des Bundeswaldgesetzes zu stärken. Die „gute forstfachliche Praxis“ muss so definiert werden, dass sie den Herausforderungen der Zukunft gerecht wird. Waldpolitik findet bei Schwarz-Rot nicht statt. Das muss man nach zweidreiviertel Jahren Großer Koalition nüchtern feststellen. Und zwar gilt das nicht nur für die von der Großen Koalition angekündigte Änderung des Bundeswaldgesetzes, auf die wir bis heute vergeblich warten. Nein, es gilt auch für andere gestalterische Initiativen rund um den Wald und die Holzwirtschaft. Einzige Ausnahme bildet die Holzbeschaffungsrichtlinie. Al l V w b t v w t u K m b i x s B w E d r d n K D d T a B l w p a b d d t k E s w s A d d w D e s a z u i d ü D d b w r l N Zu Protokoll ge (C (D erdings schloss die Große Koalition damit auch nur ein orhaben ab, das Rot-Grün bereits begonnen hatte. Auch enn wir uns damals vor Überraschung die Augen rieen: Es ist Tatsache, dass die Große Koalition im Koaliionsvertrag vereinbarte, das Bundeswaldgesetz zu noellieren. Wörtlich heißt es dort, die große Koalition olle „die Inhalte einer nachhaltigen Waldbewirtschaf ung im Bundeswaldgesetz klarer fassen.“ Ja, wir haben ns vor Überraschung die Augen gerieben; denn aus reisen der Union wurde bis dahin immer nur gebetsühlenartig wiederholt, das Bundeswaldgesetz habe sich ewährt und bedürfe keiner Änderung. Die Union lehnte nsbesondere die Festlegung einer guten fachlichen Prais ab, welche die Inhalte einer nachhaltigen Waldbewirtchaftung definiert. Nun ja, ein Entwurf zur Änderung des undeswaldgesetzes liegt bisher – man muss sagen: erartungsgemäß – noch nicht vor, obwohl die Zeit bis zum nde der Legislaturperiode langsam knapp wird. Anfang es Jahres wurde uns mitgeteilt, ein Entwurf zur Ändeung des Bundeswaldgesetzes werde in der ersten Hälfte ieses Jahres vorgelegt. Das halbe Jahr ist fast um, und ichts ist passiert. Mittlerweile ist zu befürchten, dass die oalition die Novelle doch nicht mehr anpacken wird. as hieße dann, die Gegner einer Novellierung des Buneswaldgesetzes im Agrarministerium hätten dieses hema dann eine weitere Legislaturperiode erfolgreich usgesessen. Vor diesem Hintergrund hat die Fraktion ündnis 90/Die Grünen jetzt die Initiative für eine Novel ierung des Bundeswaldgesetzes ergriffen. Damit wollen ir Druck machen, damit die dringend notwendige Anassung der Rechtsgrundlage der Waldwirtschaft an die ktuellen Herausforderungen endlich auf den Weg geracht wird. Dabei gibt es durchaus Änderungen, über ie wir uns parteiübergreifend einig sind. Dazu gehören ie Abgrenzung von Agroforstsystemen und Kurzumriebsplantagen gegenüber Wald, die Begrenzung und larere Regelung der Verkehrssicherungspflicht sowie die rleichterung des wirtschaftlichen Betriebes in forstwirtchaftlichen Zusammenschlüssen. Auf diese Änderungen artet die Branche seit Jahren, und es ist völlig unver tändlich, warum hier nichts passiert. Kern unseres ntrages ist jedoch die Einführung ökologischer Mineststandards für die Waldbewirtschaftung in das Buneswaldgesetz. Dies ist deshalb dringend erforderlich, eil laut Bundeswaldinventur 65 Prozent der Wälder in eutschland nicht naturnah sind. Das heißt, es besteht in großer Nachholbedarf in Sachen naturnaher Bewirtchaftung. Hinzu kommt der zunehmende Nutzungsdruck uf unsere Wälder durch die Holzund Bioenergienutung. Hier bedarf es klarer Grenzen, um die Übernutzung nserer Wälder zukünftig ausschließen zu können. Leider st Übernutzung kein Horrorszenario, sondern in Teilen eutscher Wälder bereits Realität. Durchschnittszahlen ber wachsende Holzvorräte verschleiern dieses Bild. enn jeder in der Branche weiß, dass die meisten Lanesforstverwaltungen und großen Privatforstbetriebe ereits am Limit ihres Einschlagspotenzials arbeiten, ährend es im Kleinprivatwald große Holzmobilisie ungsreserven gibt. Und genauso bekannt ist, dass es mitterweile einzelne Waldbesitzer gibt, die auf Kosten der achhaltigkeit schnell Kasse machen wollen und dies Dr. Kirsten Tackmann gebene Reden Cornelia Behm auch tun. Aber es geht uns nicht allein darum, die Wälder vor einer übermäßigen Nutzung zu schützen. Es geht uns auch darum, welche Art von Waldbau auf der gesamten Fläche betrieben wird und welche Art von Beständen aufgebaut wird. Ziel unseres Antrages ist es, artenund strukturreiche, naturnahe und gesunde Dauerwälder zu schaffen und die biologische Vielfalt der Waldökosysteme zu erhalten bzw. zu verbessern. Schließlich sind artenreiche Wälder stabiler und bieten einen höheren Schutz vor den Unbilden des Klimawandels. Wir Grüne sind deshalb fest davon überzeugt, dass gerade in Zeiten des Klimawandels der Aufbau naturnaher Dauermischwälder grundsätzlich der richtige Weg ist, um auch in Zukunft sichere Holzerträge zu gewährleisten. Der Anbau standortfremder Baumarten und von großflächigen Monokulturen mit dem – trügerischen – Ziel der Holzertragsmaximierung muss jedoch beendet werden. Obwohl wir Grüne uns mit diesen Forderungen auf einer Linie mit einer Vielzahl moderner Forstund Umweltwissenschaftler befinden, gibt es noch immer viele Befürworter der alten Schule der Altersklassenwälder. Deswegen ist es alles andere als müßig, die konkreten Vorgaben einer naturnahen und nachhaltigen Waldwirtschaft in das Bundeswaldgesetz aufzunehmen. Sicher ist es nötig, über jede einzelne Vorgabe gründlich zu diskutieren und nachzudenken und die Erfahrungen der Praktiker in diese Debatte einfließen zu lassen. Genau dies würde ich mir wünschen. Es wäre mir zu wenig, wenn die Diskussion nur darum gehen würde, ob es richtig und nötig ist, ökologische Mindeststandards in das Waldgesetz aufzunehmen oder nicht. Auf den Inhalt kommt es an. Der Wald wird es danken. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf Drucksache 16/9450 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen. Ich rufe Tagesordnungspunkt 26 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Florian Toncar, Harald Leibrecht, Burkhardt MüllerSönksen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Das Verhalten von Birmas Junta muss Konsequenzen haben – Drucksache 16/9340 – Überweisungsvorschlag: Auswärtiger Ausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, werden die Reden der Kollegen Holger Haibach, Johannes Pflug, Florian Toncar, Norman Paech und Kerstin Müller zu Protokoll genommen. s J n v ü u m w s h d e W w A s d v N k d g s d n n h l K l g d r s Z d n s u A d R a s s h f b a c p i a Z F d (C (D Das Thema Birma bleibt leider auch weiterhin auf un erer Agenda. Zum zweiten Mal innerhalb eines halben ahres müssen wir uns mit einem Land beschäftigen, das icht aus den negativen Schlagzeilen herauskommt. Im ergangenen Jahr sprachen wir hier an gleicher Stelle ber Birma, als sich die buddhistischen Mönche erhoben nd gegen die katastrophale menschenrechtliche und huanitäre Situation in ihrer Heimat protestierten. Wir alle issen, mit welcher Brutalität das Regime zurückge chlagen und die Demonstrationen gewaltsam aufgelöst at. Die Welt stand damals unter dem Schock des Einrucks der Ereignisse, und es hat einen Moment gedaurt, bis wir die geeigneten Reaktionen gefunden haben. ir haben es in Birma mit einem Regime zu tun, das sich ie viele andere Unrechtsdiktaturen auf die Waffen seiner rmee stützt. Die Armee, die Militärjunta ist das beherrchende Element des Staates, der keine echte Opposition uldet und derartige Bestrebungen sofort unterdrückt. Die birmanische Junta ist offensichtlich ein menschenerachtendes Regime, das schnellstens abtreten sollte. icht zuletzt die zynische Reaktion der Junta auf den Zylon im Mai dieses Jahres bestätigt dies. Nach Angaben er Vereinten Nationen sind rund 130 000 Tote zu beklaen, rund 2,4 Millionen Menschen sind durch den Wirbelturm obdachlos geworden. Angesichts der Trauer über ie Opfer und dem Mitgefühl mit ihnen dürfen wir jedoch icht die Augen verschließen. Statt die angebotene interationale Hilfe schnell und kompromisslos anzunehmen, at das Regime zuerst jegliche ausländische Hilfe abgeehnt und damit den Tod von vielen Menschen billigend in auf genommen. Tagelang ließen die Militärs keine aus ändischen Helfer ins Land, was für die Menschen die eientliche Katastrophe nach der Katastrophe bedeutete. Statt sich um die Opfer des Zyklons zu kümmern, hat ie Regierung am 10. Mai das geplante Verfassungsrefeendum durchführen lassen, das das erwartete, offenichtlich manipulierte Ergebnis von über 92 Prozent ustimmung brachte. Dadurch wurden natürlich notwenige finanzielle und personelle Ressourcen gebunden, die icht zur Bekämpfung der Katastrophe zur Verfügung tanden. Die Regierung hat damit wichtige Zeit vergeudet nd weitere Tote verschuldet. Umso mehr gilt unser Dank heute den Vertretern des uswärtigen Amtes, insbesondere Staatsminister Erler, ass sie die Geberkonferenz genutzt haben, um auf die egierung in Rangun einzuwirken. Erst danach konnten usländische Hilfslieferungen ins Land und zu den Menchen gelangen. Den deutschen Helfern, die unter chlimmsten Zuständen vor Ort tätig sind, möchte ich daer heute ebenfalls meinen Dank und die Wertschätzung ür ihre Arbeit aussprechen. Die Probleme in Birma bleien aber weiterhin virulent. Die Regierung klammert sich n die Macht und geht weiter mit Gewalt und Unterdrükung gegen die kleine Opposition vor. Friedensnobelreisträgerin und Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi st trotz internationaler Proteste noch immer unter Hausrrest gestellt. Erst in der vergangenen Woche wurde arganar, Birmas populärster Komiker, Schauspieler und ilmemacher, der dem Regime den Spiegel vorhielt, mit er Begründung festgenommen, dass er das Ansehen der Holger Haibach Regierung schädige. Von einer politischen Entspannung sind wir also noch weit entfernt. Doch was bleibt zu tun? Die FDP hat in diesen Tagen ihren neuen Birma-Antrag eingebracht, in dem sie ausführlich darlegt, wie sich die Situation momentan in dem Land darstellt. Das ist gut und richtig und vermittelt ein schmerzliches Bild eines zerrissenen Landes. Die FDP stellt die richtigen Forderungen, auch wenn sie nicht wirklich neu sind. So haben erst jüngst die Außenminister der Europäischen Union über eine Verschärfung der Sanktionen gegenüber Birma nachgedacht. Die Haltungen dazu sind durchaus unterschiedlich. Zwar mag ein Exportverbot für Luxusgüter nach Birma sicherlich „unschädlich“ für die einfachen Menschen sein. Wir brauchen jedoch wirksamere Mittel, um Druck auszuüben. Wir sollten vielmehr versuchen, zusammen mit unseren internationalen Partnern die Finanzströme des Landes, natürlich vor allem die des Regimes, einzuschränken. Dazu müssen Auslandskonten gesperrt und Transaktionen verhindert werden. Aber auch hier ist darauf zu achten, dass sich alle Länder, auch die in der unmittelbaren Umgebung – wie etwa China –, an solchen Maßnahmen beteiligen. Ich will noch auf einen anderen Punkt zu sprechen kommen, der sich auch in dem Antrag der FDP wiederfindet. Sie fordern ein stärkeres Engagement der asiatischen Länder, vor allem der ASEAN-Staaten. Dies sehe ich genauso. Hier müssen wir den Schlüssel für den Durchbruch von Demokratie und Menschenrechten in Birma suchen. Europa und die westlichen Staaten können diesen Prozess unterstützen. Der eigentliche Anstoß für Veränderungen muss jedoch von den asiatischen Ländern ausgehen. Die ASEAN-Staaten haben sich im vergangenen Dezember eine Charta gegeben und sich zur Demokratie bekannt. Dies ist der Ansatzpunkt, den wir unterstützen sollten. Nicht wir sollten Birma den erhobenen Zeigefinger vorhalten, sondern ASEAN sollte sein Mitglied Birma an seine Verpflichtungen zu Demokratie und Menschenrechten erinnern. Europa kann hier Hilfestellung leisten, der Antrieb muss jedoch aus dem Land selbst bzw. von seinen asiatischen Nachbarn kommen. Dies bedeutet: Besonders China muss Druck ausüben und den Machthabern deutlich machen, dass ihre Politik inakzeptabel ist. China muss sich auch an möglichen Sanktionen und Ähnlichem beteiligen, um diesen Druck zu erhöhen. Ähnliches gilt für die ASEAN-Staaten, die sich nicht hinter das Prinzip der Nichteinmischung zurückziehen dürfen. Wir sind uns, so glaube ich, darüber einig, dass wir nicht den Eindruck erwecken dürfen, wir als Europäer oder gar allein als Deutsche seien in der Lage, entscheidend Einfluss auf die Situation in Birma auszuüben. Dafür braucht es einen weiteren Ansatz. Dass wir dies fraktionsübergreifend so sehen, beweist nicht zuletzt der Antrag „Menschenrechte und Demokratie in Birma durchsetzen“ vom Oktober 2007. Darüber hinaus greift die FDP viele Punkte des Antrages „Menschenrechte in der ASEAN-Staatengemeinschaft“ der Koalition auf. Darauf aufbauend, dass wir in vielen Punkten übereinstimmen, sollten wir sehen, welchen Bei t k z T g z a d J b i e m B t d B t u p s o g h j d d s G e d i C r n k d D b z e r A g i t c e g v i B 1 (C (D rag wir zur Verbesserung der Situation in Birma leisten önnen. Zunächst möchte ich feststellen, dass die späte Stunde ur Behandlung dieses Tagesordnungspunktes dem hema nicht gerecht wird. Da unsere Reden auch nicht ehalten, sondern zu Protokoll gegeben werden, verichte ich auf weitere Ausführungen. Der menschenverchtende Umgang der Militärjunta mit den Menschen bei er schlimmen humanitären Katastrophe im Mai dieses ahres unterstreicht noch einmal besonders deutlich den rutalen Charakter dieses Unterdrückungsregimes und st durch nichts zu entschuldigen. Weil die Koalitionsverinbarungen keine wechselnden Mehrheiten bei Abstimungen vorsehen, lehnen wir den Antrag der FDPundestagsfraktion ab. Natürlich hat dies keinerlei prak ische Auswirkungen für die Menschen in Birma. Außerem fordert der Antrag Dinge und Maßnahmen, die die undesregierung bereits weitestgehend leistet. Der An rag ist von einem Geist getragen, der die Sanktionierung nd Bestrafung des Regimes vorsieht, aber auch keine raktischen Verbesserungen für die betroffenen Menchen bringt. Natürlich habe auch ich das Gefühl hnmächtiger Wut auf das Regime in Birma, aber Racheedanken sollten kein Leitfaden für internationale Bezieungen sein. Aber wir sind uns alle darin einig, dass dieser Militärunta keinerlei Vertrauen geschenkt werden darf. Als der, urch die totale Abschottung der birmesischen Junta beingte, spärliche und viel zu späte Fluss von Hilfsgütern tattfand, nahm der Staatsekretär im Auswärtigen Amt, ernot Erler, an der Geberkonferenz für Birma teil, die ndlich auf Druck der internationalen Öffentlichkeit und en Vereinten Nationen zustande kam. Und auch nur die nternationale Staatengemeinschaft kann zusammen mit hina den entsprechenden Druck aufbauen, um Verände ungen zu bewirken. Wie sich bei der Lieferung der Hilfsgüter zeigte, hat och am ehesten die Einflussnahme des UNO-Generalseretärs Ban Ki Moon eine Wirkung gehabt. Zu glauben, ass die sprachliche Verschärfung der Sanktionen aus eutschland, die außerdem schwer zu kontrollieren sind, ei dieser menschenverachtenden Junta eine Wirkung eigen, ist unrealistisch. Nur ein Regimewechsel kann zu iner Verbesserung der Situation für die Menschen fühen. Wie dieser Wechsel jedoch erfolgen könnte, kann im ugenblick niemand sagen. Die internationale Staatenemeinschaft muss deshalb Birma im Auge behalten und mmer da, wo sie es wirksam kann, auch reagieren. Sankionen auf Ebene der EU oder ASEAN sind in den entsprehenden Gremien bereits Thema. Für uns gilt, dass ein ntsprechend überarbeiteter, interfraktioneller Antrag erne noch einmal in den entsprechenden Ausschüssen eranlasst werden kann. Die Bilder von den verheerenden Naturkatastrophen n Asien haben uns tief bewegt. Wirbelsturm „Nargis“ in irma am 2. Mai 2008 sowie das Erdbeben in China am 3. Mai 2008 kamen beide plötzlich und forderten Zehn Florian Toncar tausende Menschenleben. Der Umgang mit den Katastrophen könnte unterschiedlicher nicht sein. Während China sich erstmals nach einer Naturkatastrophe für ausländische Hilfe öffnete, stellt das Verhalten der birmanischen Militärregierung das krasse Gegenteil dar. Sie schottete das Land in größter Not in den ersten drei Wochen nach der Katastrophe ab. Das Verhalten der birmanischen Generäle angesichts der Wirbelsturmkatastrophe ist so schockierend, dass die EU reagieren muss. Lassen Sie mich eingangs die wesentlichen Ereignisse kurz skizzieren: Nachdem die Junta frühzeitige Warnungen vor dem herannahenden Sturm ignorierte, schlug der Zyklon mit aller Härte zu. „Nargis“, die schlimmste Naturkatastrophe seit dem Tsunami 2004, forderte 130 000 Menschenleben. 2,4 Millionen Bürger wurden obdachlos. Angesichts dieser Ausmaße galt es, rasch effektive humanitäre Hilfe für die Betroffenen zu leisten. Dazu mussten die Opfer mit Lebensmitteln, Trinkwasser, Decken und Medikamenten versorgt werden. Für die Durchführung komplizierter Hilfsmaßnahmen nach einer Naturkatastrophe ist es grundsätzlich entscheidend, unverzüglich professionelles Hilfspersonal in das Krisengebiet zu verlegen. Die internationale Staatengemeinschaft einschließlich der Vereinten Nationen bot der Regierung von Birma umfangreiche Unterstützung an. Diese lehnte die Hilfsangebote zunächst jedoch ab. Für die Junta kam die Katastrophe zur Unzeit. Sie wollte ein Referendum über eine neue Verfassung abhalten, um ihre Macht zu festigen. Trotz der Krise hielt die Junta an ihrem Vorhaben fest. Um das Land vor und während des Referendums abzuschotten, verweigerte die Junta ausländischen Katastrophenhelfern und Journalisten die Einreise. Einzig Finanztransfers und Hilfsgüter wurden ins Land gelassen. Erst am 23. Mai 2008 lenkte der birmanische Junta-Chef Than Shwe gegenüber VNGeneralsekretär Ban Ki-moon ein und gestattete die Einreise westlicher Katastrophenhelfer. Dennoch werden weiterhin Meldungen über massive Behinderungen bekannt, da Helfer in Rangun festsitzen und nicht ins Katastrophengebiet vorgelassen werden. Die Bevölkerung im Irrawady-Delta unterliegt Einschränkungen ihrer Bewegungsfreiheit, Flüchtlinge werden gegen ihren Willen aus Flüchtlingslagern zurück in ihre zerstörten Häuser geschickt. Sechs Wochen nach der Katastrophe hat überhaupt erst ein kleiner Teil der Betroffenen Zugang zu humanitärer Hilfe erhalten. Die Junta gibt deren Anteil offiziell mit 40 Prozent an. Vertreter birmanischer Nichtregierungsorganisationen, mit denen ich in Kontakt stehe, halten selbst diese Zahl für zu optimistisch. Malaria und andere Krankheiten breiten sich aus. Zudem wurde ein Großteil der landwirtschaftlichen Nutzfläche zerstört, sodass in absehbarer Zukunft Ernteausfälle und Hungersnot drohen. Dessen ungeachtet exportiert die Junta dringend benötigte Reisreserven aus dem Norden des Landes nach Sri Lanka, um Devisen zu erhalten. So weit die aktuelle insgesamt schockierende Lage. Das Vorgehen von Birmas Generälen hat für die Bevölkerung fatale Konsequenzen. Es ist zu befürchten, dass die gezielte Verhinderung professioneller humanitärer H s s B s v r k b r s n b s n s n F a z d m d t b d r l t b D m g S b b C t k s v G r r M t r e t r n d t s W (C (D ilfe unzählige Menschenleben gekostet hat. Dies gechah nur acht Monate nach der gewaltsamen Niederchlagung friedlicher Proteste buddhistischer Mönche in irma im September 2007. Diese Eskalation muss Konequenzen für die Junta haben. Die Europäische Union erfolgt eine zweigleisige Strategie, die einerseits die Beeitschaft zum Dialog sowie zur Unterstützung für demoratische Reformen zusichert. Andererseits erließ die EU ereits 1996 gezielte Sanktionen gegen die Militärfühung in Birma. Angesichts der jüngsten Ereignisse müsen diese weiter verschärft werden. Der vorliegende Antrag umfasst eine Reihe von Maßahmen, die ganz gezielt die Militärführung treffen. Die irmanische Bevölkerung soll davon nicht in Mitleidenchaft gezogen werden. Beispielsweise sollten zukünftig ur Luxusgüter vom Export an die Junta in Birma ausgechlossen werden. Die gegen die Junta bestehenden Fianzund Reisesanktionen müssen verschärft werden. erner ist es notwendig, die Wirksamkeit der Sanktionen ufmerksam zu beobachten und bei Mängeln rasch nachujustieren. Die EU muss ihre Sanktionen mit denen anerer Länder wie den USA und Australien abstimmen. Es uss verhindert werden, dass die Junta Lücken zwischen en unterschiedlichen Sanktionsregimen ausnutzt. Langfristig kann die Junta jedoch nur zu einer Verhalensänderung bewegt werden, wenn auch Birmas Nacharn klar Position beziehen. Daher müssen insbesondere ie asiatischen Nachbarstaaten der ASEAN-Gruppe ihen Einfluss geltend machen. Vor allem China darf nicht änger seine schützende Hand über Birmas Generäle halen. China muss im UN-Sicherheitsrat ein Waffenemargo gegen die Militärregierung Birmas unterstützen. eutschland gemeinsam mit den europäischen Partnern uss auch auf Ebene der UNO für gezielte Sanktionen geen die Militärs in Birma eintreten. Die Forderung der FDP nach einer Verschärfung der anktionen gegen die Junta soll nicht zulasten der Zivilevölkerung in Birma gehen. Dies ist ausdrücklich nicht eabsichtigt. Insofern hat der im Herbst 2007 von CDU/ SU, SPD, FDP und Grünen gemeinsam getragene An rag zur Durchsetzung von Menschenrechten und Demoratie in Birma weiter seine Gültigkeit. Ich möchte untertreichen: Die Verschärfung der Sanktionen gegen die erantwortlichen Individuen der Junta einerseits und die ewährung humanitärer Hilfe für die Bevölkerung ande erseits schließen sich nicht aus. Wer sich mit dem Fordeungskatalog auseinandersetzt, wird erkennen, dass die aßnahmen nicht die Zivilbevölkerung betreffen. Skeptiker mögen befürchten, dass Sanktionen die poliischen Hardliner in der Junta stärken und zu Solidarisieungseffekten mit der Junta führen könnten. Dem ntgegne ich: Nur wenn das jüngste Verhalten der Miliärführung in Birma eine klare Reaktion der EU hervoruft, werden die Hardliner spüren, dass ihr Verhalten icht wortlos hingenommen wird. Negatives Verhalten er Junta muss umgehend beantwortet werden. Diese Reaktionsschnelle gilt umgekehrt auch für posiives Verhalten. Die EU hat stets deutlich gemacht, dass ie rechtsstaatliche Reformen im Land unterstützen wird. enn die Militärs bereit sind, Schritte zu einer Liberali Florian Toncar sierung zu unternehmen, wird die EU rasch reagieren. Anreize dazu sind seit langem vorhanden. Jetzt liegt es an den führenden Mitgliedern der Militärclique, ihre Handlungen der letzten Monate zu reflektieren und endlich umzudenken. Wenn die Junta ernsthaft den Weg der Reformen beschreitet, wird die EU ihr selbstverständlich helfend die Hand anbieten. Dass wir es bei der birmanischen Regierung nicht mit einem Kaffeekränzchen netter älterer Herren zu tun haben, ist seit langem bekannt. Seit der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung 1988 beherrscht ein Militärregime das Land, das jede demokratische Opposition brutal unterdrückt. Der jüngste Report von Amnesty International zur weltweiten Lage der Menschenrechte stellt fest, das sich die Menschenrechtslage in Birma weiter verschlechtert, das Recht auf freie Meinungsäußerung weiterhin massiv unterdrückt wird, die Militärs mit exzessiver Gewalt gegen die Bevölkerung vorgehen und damit systematisch gegen das Völkerrecht verstoßen. Bereits im letzten Herbst hat sich der Bundestag mit Myanmar befasst. Damals ging es um das brutale Vorgehen der birmanischen Militärs gegen friedliche Demonstrantinnen und Demonstranten, bei dem es zu zahlreiche Toten und Verletzten kam. Anlass für die heutige Debatte ist das Verhalten der birmanischen Regierung, die nach der verheerenden Verwüstung durch den Zyklon „Nargis“ Anfang Mai die dringend benötigte internationale Hilfe wochenlang blockierte und damit den Tod Tausender Menschen in Kauf nahm. Der vorliegende Antrag der FDP fordert Konsequenzen und konzentriert sich hierbei vor allem auf die Umsetzung und Verschärfung der bestehenden EU-Sanktionen. Meine Fraktion ist äußerst skeptisch, ob dies der richtige Weg ist. Die bestehenden Sanktionen haben in der Vergangenheit nichts gebracht, und ich bin mir sicher, dass sie auch in Zukunft nichts bringen werden. Sie haben vor allem symbolischen Charakter, um zu zeigen, dass die EU etwas unternimmt. Doch die birmanische Bevölkerung hat wenig davon. Mit dieser Symbolpolitik sollte sich die Bundesregierung nicht begnügen. Sie muss sich vielmehr darum bemühen, gemeinsam mit China, Indien und den ASEANStaaten den Dialog mit Myanmar zu suchen. Denn sie sind als wichtigste Kooperationspartner Myanmars der Schlüssel zu einer Öffnung des Landes für eine demokratische Entwicklung. Auf keinen Fall sollte die Bundesregierung sich jenen anschließen, die einer militärischen Intervention das Wort reden. Ginge es nach den USA, so wäre jetzt ein günstiger Zeitpunkt, den lang ersehnten Regime Change militärisch herbeizuführen. Die USA machen keinen Hehl daraus, dass sie den Verbündeten Chinas lieber heute als morgen ausschalten wollen, und haben mehrfach Drohungen gegen das Land ausgesprochen. Unterstützung bekamen sie jüngst von Frankreichs Außenminister Kouchner. Er forderte mit Verweis auf das Konzept der internationalen Schutzverantwortung Responsibility to Protect, mit militärischen Mitteln die humanitäre Hilfe für Myanmar zu erzwingen – im Zwei f F M h s b A w w u n n h a I d g e s n N g s r B g Z g n b s k p n n V k e N I 5 E d k t d g n w e s H b b (C (D elsfall auch ohne UN-Mandat. Gleichzeitig kündigte rankreich an, Hilfsgüter per Kriegsschiff nach yanmar zu entsenden, und die USA schickten einen ochgerüsteten Zerstörer und drei amphibische Kriegschiffe in die Region. Das sind nicht gerade vertrauensildende Maßnahmen und sicher nicht hilfreich für das ngebot, Hilfe für die Bevölkerung ins Land zu bringen ollen. Auch wenn eine militärische Intervention abgewendet erden konnte und die internationale Geberkonferenz nter Federführung Ban Ki-moons und des ASEAN-Geeralsekretärs Pitsuwan endlich den Zugang internatioaler Hilfsorganisationen erwirkte, deutet einiges darauf in, dass die Befürworter der Responsibility to Protect uch weiterhin auf eine völkerrechtswidrige militärische ntervention in Myanmar drängen könnten. Damit wäre en Menschen in Myanmar nicht geholfen. Umso wichtier ist es, dass sich die Bundesregierung eindeutig gegen ine militärische Intervention ausspricht. Vielmehr muss ie auf den Dialog setzen, in dem die Kooperationsparter Myanmars eine zentrale Rolle einnehmen müssen. Kerstin Müller EN)

Dr. Hans-Heinrich Jordan (CDU):
Rede ID: ID1616925500

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Dr. Gerhard Botz (SPD):
Rede ID: ID1616925600




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(B) )

Dr. Christel Happach-Kasan (FDP):
Rede ID: ID1616925700




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Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616925800




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Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1616925900







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Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1616926000
Holger Haibach (CDU):
Rede ID: ID1616926100




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Johannes Pflug (SPD):
Rede ID: ID1616926200
Dr. Florian Toncar (FDP):
Rede ID: ID1616926300




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Dr. Norman Paech (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1616926400
Es gibt keinen vergleichbaren Fall, bei dem eine Re-

ierung nach einer Naturkatastrophe ein derart rück-
ichtsloses Verhalten gegenüber der eigenen Bevölke-
ung an den Tag gelegt hat, wie es die Regierung
irmas getan hat und weiterhin tut. Bis heute verwei-
ert sie der internationalen Gemeinschaft umfassenden
ugang, um der betroffenen Bevölkerung zu helfen. So-
ar Hilfslieferungen der Vereinten Nationen beschlag-
ahmte sie. Umfassende Hilfe wurde und wird bis heute
ewusst nicht zugelassen, obwohl diese vor der Tür
teht. Anders als China, das bei der jüngsten Erdbeben-
atastrophe einen vergleichsweise revolutionären Lern-
rozess bewiesen hat, führte die Politik der Junta zu ei-
er Katastrophe nach der Katastrophe. Diese hat
ochmals tausende Menschen das Leben gekostet! Laut
N-Angaben sind 102 000 Menschen ums Leben ge-
ommen, 220 000 Menschen gelten als vermisst und
twa 2,4 Millionen sind entweder obdachlos oder von
ahrungsmittelknappheit und Seuchen direkt betroffen.

m Delta des Irrawaddys lebt die Hälfte der rund
4 Millionen Einwohner Myanmars/Birma. Da die
rnte in großen Teilen zerstört ist und die Versalzung
er Böden sich auch in naher Zukunft negativ auswir-
en dürfte, ist die Bevölkerung auf internationale Un-
erstützung weiterhin angewiesen.

Die wiederholten Ankündigungen der Junta wie auf
er internationalen Geberkonferenz am 25. Mai in Ran-
un, jetzt umfassende Hilfe ins Land zu lassen, werden
icht im notwendigen Maße umgesetzt. Noch immer
ird berichtet, dass Hilfsorganisationen in ihrer Arbeit
rheblich beeinträchtigt sind. Die Vereinten Nationen
elbst brauchten Wochen um die Erlaubnis zu erhalten,
ilfsgüter auch mit Helikoptern in entfernte Orte zu
ringen.

Die berechtigte internationale Debatte über den unter-
undenen Zugang von Schiffen und Helikoptern mit Hilfs-






(A) )



(B) )


Kerstin Müller (Köln)

lieferungen aus den USA, Frankreich und Großbritan-
nien, hat vorübergehend verschleiert, wie eindrucksvoll
die Bürger des Landes, vor allem aber auch die Mönche
Hilfe selbst organisiert haben. Sie sind in den Worten ei-
ner britischen Diplomatin die „eigentlichen Helden“ der
Hilfsbemühungen. Einen genaueren Einblick werden wir
erhalten, wenn ein Bericht von rund 250 offiziellen Hel-
fern aus verschiedenen ASEAN-Staaten in der kommen-
den Woche veröffentlicht wird.

Es war ein absurdes Schauspiel, mit welcher Ent-
schlossenheit die Junta just zum Höhepunkt der Katastro-
phe ein Verfassungsreferendum durchführte, anstatt alle
Kräfte für die Hilfe der notleidenden Menschen zu mobi-
lisieren. Trotz der anhaltenden Katastrophe konzentrierte
sich die Junta weiterhin auf die Unterdrückung der Op-
position.

Das Handeln der Junta folgt nur einer Logik: der des
absoluten Machterhalts. Die Militärs sahen und sehen
ihre Macht durch die massive Präsenz internationaler
Hilfsorganisationen oder gar ausländischer Soldaten ge-
fährdet. Unter allen Umständen soll der Eindruck ver-
mieden werden, dass die eigene Regierung nicht in der
Lage ist, die Nothilfe der Bevölkerung sicherzustellen,
geschweige denn den Wiederaufbau aus eigener Kraft zu
stemmen. Deshalb werden die Militärs auch weiterhin al-
les tun, um die humanitäre Hilfe und den Wiederaufbau
systematisch zu kontrollieren.

Angesichts des Ausmaßes der real existierenden Ver-
wüstung des Landes ist davon auszugehen, dass der Zy-
klon die Junta mittelfristig aber geschwächt hat. Allein
den Wiederaufbau beziffert die Militärregierung mit über
11 Milliarden Dollar, wobei klar ist, dass anders als bei
der Nothilfe Hilfe zum Wideraufbau an strikte Bedingun-
gen geknüpft werden muss.

All diese Entwicklungen bringen politische Fragen auf
zwei Ebenen mit sich. Erstens: Wie kann in den kommen-
den Monaten sichergestellt werden, dass möglichst alle
Menschen die Hilfe erhalten, die sie brauchen, um die kri-
tische Zeit bis Ende des Jahres zu überstehen? Zweitens –
und dies thematisiert ihr Antrag – die Frage, mit welchen
Mitteln auf das Verhalten der Junta reagiert werden kann –
gerade jetzt, wenn die Junta mit dem Rücken an der Wand
steht. Wie kann der internationale Druck erhöht werden,
um der Opposition die Möglichkeit zu geben, sich poli-
tisch zu artikulieren?

Um es klar zu sagen: Ich unterstütze die Forderung
nach einer gezielten Ausweitung von Sanktionen, wie es
der FDP-Antrag vorsieht. Bestehende EU-Sanktionen
wie das Waffenembargo, die Handels- und Investitionsbe-
schränkungen, die eingeschränkten Visavergaben usw.
sollten angemessen ergänzt werden. Im Finanzsektor
können Sanktionen in Kooperation mit den USA besser
abgestimmt und erweitert werden, um eine Umgehung
über Drittländer zu verhindern. Ziel muss es sein, Inves-
titionen von Finanzinstituten, die mit der Junta zusam-
menarbeiten, in Europa und den USA zu erschweren und
im besten Fall zu untersagen.

All dies entledigt uns jedoch nicht davon, darüber
nachzudenken, welche Reichweite europäische und ame-

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ikanische Sanktionen haben. Wenn diese beispielsweise
u weiteren Repressalien gegenüber der eigenen Bevölke-
ung führen und die humanitäre Hilfe verhindern, zahlen
en entscheidenden Preis die leidenden Menschen in
irma. Das kann durchaus zur Gradwanderung werden.
ine „lückenlose Effektivität der gezielten Sanktionsin-
trumente“, von der der Antrag spricht, würde eine Betei-
igung der ASEAN-Staaten und Chinas voraussetzen.
iese erfolgen bisher nicht. Vor allem über den Finanz-

tandort Singapur wickelt Birma viele seiner Finanz-
ransaktionen ab. China, Singapur und die übrigen
SEAN-Staaten müssen mit ins Boot geholt werden, wenn
ie Sanktionen wirken sollen.

Daher erwarte ich von der Bundesregierung, dass
ie China und den ASEAN-Staaten deutlich macht, dass
iese ihre Verantwortung gegenüber den Menschen in
irma wahrnehmen müssen. China und die ASEAN-
taaten müssen ihren Einfluss auf Birma geltend ma-
hen, um so zumindest einen Zugang der Helfer zu er-
eichen. Chinas eigene Öffnung im Zusammenhang mit
er Erdbebenkatastrophe kann da der Anknüpfungs-
unkt sein.

Und noch etwas hat sich im Falle Birmas gezeigt: Ob-
ohl die Anerkennung der Responsibility to Protect
urch die internationale Staatengemeinschaft in 2005 ei-
en historischen Durchbruch in den Vereinten Nationen
arkierte, sind sich die Staaten keineswegs einig, wann
iese greift. Dadurch, dass China, Indien und einige an-
ere ASEAN-Staaten bisher diplomatisch eine Strategie
er Nichteinmischung verfolgen, lief der Vorstoß des
ranzösischen Außenministers Kouchner ins Leere. Allein
ein Versuch einer diplomatischen Intervention des VN-
icherheitsrates scheiterte am Veto Chinas.

Birma zeigt: Die Diskussion darüber, wann die Inter-
ationale Gemeinschaft aufgrund der Responsibility to
rotect verpflichtet wäre, einzugreifen, hat gerade erst
egonnen.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1616926500

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf

rucksache 16/9340 an die in der Tagesordnung aufge-
ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
o beschlossen.

Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
rdnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
estages auf morgen, Freitag, den 20. Juni 2008, 9 Uhr,
in.

Ich wünsche unserer, der deutschen Mannschaft Er-
olg und uns Anlass zum Jubeln.

Einen schönen Abend.

Die Sitzung ist geschlossen.


(Beifall)