Protokoll:
16157

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 16

  • date_rangeSitzungsnummer: 157

  • date_rangeDatum: 24. April 2008

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  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 22:37 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 16/157 LINKE: Intransparenz beenden – Eine Tagesordnungspunkt 3: b) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände- rung des Grundgesetzes (Art. 23, 45 und 93) (Drucksachen 16/8488, 16/8912) . . . . . . . d) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Diether Dehm, Monika Knoche, Hüseyin-Kenan Aydin, weiteren Abgeordneten und der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Grundge- setzes (Drucksachen 16/7375, 16/8913) . . . . . . . lesbare Fassung des Reformvertrags schaffen (Drucksachen 16/7446, 16/8920) . . . . . . . f) Antrag der Abgeordneten Dr. Diether Dehm, Monika Knoche, Hüseyin-Kenan Aydin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Das Ratifizie- rungsverfahren zum Vertrag von Lissa- bon aussetzen – Ein Sozialprotokoll ver- einbaren (Drucksache 16/8879) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin . . . . . . . Dr. Guido Westerwelle (FDP) . . . . . . . . . . . . Kurt Beck, Ministerpräsident (Rheinland-Pfalz) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16450 D 16451 A 16451 B 16451 C 16451 D 16454 D 16456 D Deutscher B Stenografisch 157. Sitz Berlin, Donnerstag, d I n h a l Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeord- neten Dr. Norman Paech und Ina Lenke . . . Wahl der Abgeordneten Doris Barnett als Schriftführerin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wahl des Abgeordneten Thomas Bareiß als ordentliches Mitglied in den Beirat der Bun- desnetzagentur für Elektrizität, Gas, Tele- kommunikation, Post und Eisenbahnen . . . Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absetzung des Tagesordnungspunktes 13 . . . . Begrüßung des Ministers für auswärtige und europäische Angelegenheiten der Franzö- sischen Republik, Herrn Bernard Kouchner c e 16449 A 16449 B 16449 B 16449 B 16450 D 16469 C a) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zum Vertrag undestag er Bericht ung en 24. April 2008 t : von Lissabon vom 13. Dezember 2007 (Drucksachen 16/8300, 16/8917) . . . . . . . ) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen CDU/CSU, SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes über die Auswei- tung und Stärkung der Rechte des Bun- destages und des Bundesrates in Angelegenheiten der Europäischen Union (Drucksachen 16/8489, 16/8919) . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Diether Dehm, Alexander Ulrich, Dr. Hakki Keskin, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion DIE 16451 A 16451 B Dr. Lothar Bisky (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Dr. Guido Westerwelle (FDP) . . . . . . . . . . 16460 A 16461 A II Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Angelica Schwall-Düren (SPD) . . . . . . . . Michael Link (Heilbronn) (FDP) . . . . . . . . . . Dr. Günther Beckstein, Ministerpräsident (Bayern) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Carl-Christian Dressel (SPD) . . . . . . . . Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Roth (Heringen) (SPD) . . . . . . . . . . . Henry Nitzsche (fraktionslos) . . . . . . . . . . . . Michael Stübgen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Hendricks (SPD) . . . . . . . . . . Dr. Diether Dehm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Axel Schäfer (Bochum) (SPD) . . . . . . . . . . . . Namentliche Abstimmungen . . . . . . . . . . . . . Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 4: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Berufsbildungsbericht 2008 (Drucksache 16/8750) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Annette Schavan, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Patrick Meinhardt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Willi Brase (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Cornelia Hirsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Uwe Schummer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Dieter Grasedieck (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Alexander Dobrindt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Jörg Tauss (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 35: a) Erste Beratung des von den Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrach- ten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung „Erinnerung, Verantwor- tung und Zukunft“ (Drucksache 16/8870) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Renate Künast, Undine Kurth (Quedlinburg), Ulrike Höfken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Erhalten, was uns erhält – Die UN-Kon- ferenzen zur biologischen Sicherheit c d T b c Z a b c 16463 B 16464 D 16465 C 16467 A 16468 D 16469 D 16471 A 16472 A 16473 A 16473 C 16474 D 16475 B 16476 B, 16476 C 16482 A 16476 D, 16479 C 16482 D 16485 B 16485 B 16486 D 16487 B 16489 A 16490 D 16492 B 16493 D 16495 D 16496 D 16497 A 16498 C und zum Übereinkommen über die bio- logische Vielfalt zum Erfolg machen (Drucksache 16/8890) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Dr. Lukrezia Jochimsen, Dr. Petra Sitte, Sevim Dağdelen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Konzepte der Ver- mittlung des Wissens zur NS-Zeit über- prüfen und den veränderten Bedingun- gen anpassen (Drucksache 16/8880) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Monika Knoche, Hans-Kurt Hill, Heike Hänsel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Konsequente Ener- giewende statt Militarisierung der Energieaußenpolitik (Drucksache 16/8881) . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 5: ) Erste Beratung des von den Abgeordneten Werner Dreibus, Dr. Barbara Höll, Dr. Dagmar Enkelmann, weiteren Abge- ordneten und der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Arbeitnehmermitbe- stimmung bei Betriebsänderungen (Drucksache 16/7533) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Dr. Axel Troost, Werner Dreibus, Dr. Barbara Höll, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Beschäftigte und Unternehmen vor Ausplünderung durch Finanzinves- toren schützen (Drucksache 16/7526) . . . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 2: ) Antrag der Abgeordneten Angelika Brunkhorst, Michael Kauch, Horst Meierhofer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Leitlinien für den internationalen Arten- und Lebens- raumschutz im Rahmen des Überein- kommens über die biologische Vielfalt (Drucksache 16/8878) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Jörg van Essen, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Mechthild Dyckmans, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der FDP: Gleiche Rechte gleiche Pflichten – Benachteili- gungen von Lebenspartnerschaften ab- bauen (Drucksache 16/8875) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Sibylle Laurischk, Ina Lenke, Miriam Gruß, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Forderung nach einem Bericht der Bundesregierung über die Lage der 16498 C 16498 D 16498 D 16499 A 16499 A 16499 B 16499 B Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 III Frauen- und Kinderschutzhäuser (Drucksache 16/8889) . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 36: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirt- schaft und Verbraucherschutz zu dem An- trag der Abgeordneten Cornelia Behm, Bärbel Höhn, Thilo Hoppe, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: EU-Importver- bot für illegales Holz durchsetzen (Drucksachen 16/8052, 16/8876) . . . . . . . b) Beschlussempfehlung des Rechtsaus- schusses: Übersicht 10 über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfas- sungsgericht (Drucksache 16/8791) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses: zu der Streitsache vor dem Bundesverfassungsgericht 2 BvE 1/08 (Drucksache 16/8911) . . . . . . . . . . . . . . . . d)–k) Beschlussempfehlungen des Petitionsaus- schusses: Sammelübersichten 390, 391, 392, 393, 394, 395, 396 und 397 zu Peti- tionen (Drucksachen 16/8763, 16/8764, 16/8765, 16/8766, 16/8767, 16/8768, 16/8769, 16/8770) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 3: Beschlussempfehlung des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsaus- schuss) zu dem Gesetz zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz – BeamtStG) (Drucksachen 16/4027, 16/4038, 16/7508, 16/8189, 16/8910) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 5: a) Erste Beratung des von den Abgeordneten Werner Dreibus, Dr. Barbara Höll, Hüseyin-Kenan Aydin, weiteren Abgeord- neten und der Fraktion DIE LINKE einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Interessen der Beschäftig- ten bei Massenentlassungen trotz Ge- winnsteigerungen (Drucksache 16/8448) . . . . . . . . . . . . . . . . Oskar Lafontaine (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Franz Romer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Heinz-Peter Haustein (FDP) . . . . . . . . . . . . . . A K A B P O P F A T A S f t ( C F H D V A M T A D A s G g n e h d ( D H D M U S T A D 16499 C 16499 C 16499 D 16500 A 16500 A 16501 A 16501 A 16501 B 16503 A 16504 C nette Kramme (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Werner Dreibus (DIE LINKE) . . . . . . . . . laus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . nette Kramme (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . rigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aul Lehrieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . skar Lafontaine (DIE LINKE) . . . . . . . . . . aul Lehrieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . rank Schäffler (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . ndreas Steppuhn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg Rohde (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 6: ntrag der Fraktionen der CDU/CSU und der PD: Das Recht auf Meinungs- und Presse- reiheit weltweit durchsetzen und der In- ernet-Zensur entgegentreten Drucksache 16/8871) . . . . . . . . . . . . . . . . . . hristoph Strässer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . lorian Toncar (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . olger Haibach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . r. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE) . . . . . olker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ngelika Graf (Rosenheim) (SPD) . . . . . . . . arco Wanderwitz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 7: ntrag der Abgeordneten Jürgen Klimke, r. Christian Ruck, Maria Eichhorn, weiterer bgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU owie der Abgeordneten Dr. Sascha Raabe, regor Amann, Sabine Bätzing, weiterer Ab- eordneter und der Fraktion der SPD: Natio- ale und internationale Maßnahmen für inen verbesserten Kampf gegen Drogen- andel und -anbau in Entwicklungslän- ern Drucksache 16/8776) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . ellmut Königshaus (FDP) . . . . . . . . . . . . . . r. Christian Ruck (CDU/CSU) . . . . . . . . . . onika Knoche (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . te Koczy (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . abine Bätzing (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 8: ntrag der Abgeordneten Markus Kurth, Ekin eligöz, Britta Haßelmann, weiterer Abge- 16505 D 16507 A 16507 D 16508 B 16508 C 16509 D 16512 A 16512 B 16512 C 16513 A 16514 B 16515 B 16515 B 16516 D 16518 C 16520 A 16520 D 16522 A 16523 C 16524 D 16525 A 16526 D 16528 B 16530 C 16531 D 16532 D IV Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Existenzsicherung und Teilha- bechancen für Kinder und Jugendliche durch bedarfsgerechte Kinderregelsätze gewährleisten (Drucksache 16/8761) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Max Straubinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Jörg Rohde (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . Stefan Müller (Erlangen) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rolf Stöckel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elke Reinke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Gabriele Hiller-Ohm (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 9: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Erleichterung familienge- richtlicher Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls (Drucksachen 16/6815, 16/8914) . . . . . . . . . . Brigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ute Granold (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Jörn Wunderlich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christine Lambrecht (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 10: Antrag der Abgeordneten Daniel Bahr (Müns- ter), Heinz Lanfermann, Dr. Konrad Schily, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Gesundheitsfonds stoppen – Beitrags- autonomie der Krankenkassen bewahren (Drucksache 16/7737) . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 4: Antrag der Abgeordneten Birgitt Bender, Elisabeth Scharfenberg, Dr. Harald Terpe, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Gesundheits- f R ( D A D A F D B P T a b i Z A M g D w d d ( i Z U B d s w s ( 16534 B 16534 C 16536 D 16537 B 16538 A 16538 C 16539 A 16540 A 16541 A 16542 A 16542 D 16543 A 16543 D 16544 C 16545 C 16547 A 16548 A 16548 D 16550 A onds stoppen – Morbiditätsorientierten isikostrukturausgleich einführen Drucksache 16/8882) . . . . . . . . . . . . . . . . . . aniel Bahr (Münster) (FDP) . . . . . . . . . . . . nnette Widmann-Mauz (CDU/CSU) . . . . . . Daniel Bahr (Münster) (FDP) . . . . . . . . . . Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aniel Bahr (Münster) (FDP) . . . . . . . . . . . . nnette Widmann-Mauz (CDU/CSU) . . . . . . rank Spieth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . r. Carola Reimann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . irgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . eter Friedrich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 11: ) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes (Drucksache 16/8867) . . . . . . . . . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu dem Antrag der Abgeord- neten Diana Golze, Klaus Ernst, Dr. Martina Bunge, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Kinderar- mut bekämpfen – Kinderzuschlag aus- bauen (Drucksachen 16/6430, 16/8915) . . . . . . . n Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 5: ntrag der Abgeordneten Ekin Deligöz, arkus Kurth, Brigitte Pothmer, weiterer Ab- eordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN: Kinderzuschlag weiterent- ickeln – Fürsorgebedürftigkeit und ver- eckte Armut von Erwerbstätigen mit Kin- ern verhindern und bekämpfen Drucksache 16/8883) . . . . . . . . . . . . . . . . . . n Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 6: nterrichtung durch die Bundesregierung: ericht über die Auswirkungen des § 6 a es Bundeskindergeldgesetzes (Kinderzu- chlag) sowie über die gegebenenfalls not- endige Weiterentwicklung dieser Vor- chrift Drucksache 16/4670) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16550 A 16550 B 16551 C 16552 A 16552 C 16554 B 16554 D 16555 B 16556 C 16557 D 16558 D 16559 C 16560 A 16560 A 16560 B 16560 B Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 V Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ina Lenke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Spanier (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Ina Lenke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elke Reinke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Johannes Singhammer (CDU/CSU) . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 12: Antrag der Abgeordneten Monika Knoche, Paul Schäfer (Köln), Inge Höger, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion DIE LINKE: Un- verzüglicher Rückzug der Bundeswehr aus dem Kosovo (Drucksache 16/8779) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Monika Knoche (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . Dr. Rainer Stinner (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Detlef Dzembritzki (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gert Winkelmeier (fraktionslos) . . . . . . . . . . . Ursula Mogg (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 15: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Dritter Bericht der Bundesregierung über Erfahrungen mit dem Gentechnikgesetz (Drucksache 16/8155) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Max Lehmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . . Elvira Drobinski-Weiß (SPD) . . . . . . . . . . . . . Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Matthias Miersch (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Max Lehmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . . Dr. Matthias Miersch (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 14: a) Erste Beratung des von den Abgeordneten Brigitte Pothmer, Birgitt Bender, Dr. Thea Dückert, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN b T E C w E b e ( T G A H t l ( i Z A D A s W w S f K g ( D S H D U 16560 C 16561 B 16562 B 16563 A 16564 B 16565 B 16566 B 16567 B 16567 B 16568 B 16569 B 16570 B 16571 B 16572 B 16573 A 16573 C 16574 A 16574 C 16575 C 16575 D 16577 C 16579 B 16580 B 16581 C 16582 D 16583 C 16584 C 16585 A eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Gewährleistung angemessener Ar- beitsbedingungen für grenzüberschrei- tend entsandte und für regelmäßig im Inland beschäftigte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen (Arbeitnehmer- Entsendegesetz – AEntG) (Drucksache 16/8758) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von den Abgeordneten Brigitte Pothmer, Birgitt Bender, Dr. Gerhard Schick, weiteren Abgeordne- ten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Festsetzung von Mindestarbeitsbedingungen (Erstes Mindestarbeitsbedingungen-Ände- rungsgesetz – 1. MiArbGÄndG) (Drucksache 16/8757) . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 17: rste Beratung des von den Fraktionen der DU/CSU und der SPD eingebrachten Ent- urfs eines Gesetzes über das Verbot der infuhr, der Verarbeitung und des Inverkehr- ringens von Robbenerzeugnissen (Robben- rzeugnisse-Verbotsgesetz – RobErzVerbG) Drucksache 16/8868) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 16: roße Anfrage der Abgeordneten Dr. Karl ddicks, Hellmut Königshaus, Dr. Werner oyer, weiterer Abgeordneter und der Frak- ion der FDP: Gesundheit in Entwicklungs- ändern Drucksachen 16/3209, 16/5378) . . . . . . . . . . n Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 7: ntrag der Abgeordneten Sibylle Pfeiffer, r. Christian Ruck, Dr. Wolf Bauer, weiterer bgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU owie der Abgeordneten Dr. Wolfgang odarg, Dr. Sascha Raabe, Gregor Amann, eiterer Abgeordneter und der Fraktion der PD: Deutschlands globale Verantwortung ür die Bekämpfung vernachlässigter rankheiten – Innovation fördern und Zu- ang zu Medikamenten für alle sichern Drucksache 16/8884) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Karl Addicks (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . ibylle Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . üseyin-Kenan Aydin (DIE LINKE) . . . . . . r. Wolfgang Wodarg (SPD) . . . . . . . . . . . . . te Koczy (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16585 C 16585 C 16585 D 16586 A 16586 A 16586 B 16587 D 16589 B 16590 B 16592 A VI Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 Tagesordnungspunkt 19: Antrag der Abgeordneten Klaus Brähmig, Bernward Müller (Gera), Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abge- ordneten Annette Faße, Renate Gradistanac, Bettina Hagedorn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Chancen des demo- graphischen Wandels im Tourismus nutzen (Drucksache 16/8777) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ernst Hinsken, Beauftragter der Bundes- regierung für Tourismus . . . . . . . . . . . . . . . Jens Ackermann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Renate Gradistanac (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Bettina Herlitzius (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 18: Erste Beratung des von den Abgeordneten Dorothée Menzner, Dr. Diether Dehm, Dr. Barbara Höll, weiteren Abgeordneten und der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Änderung des VW-Gesetzes (Drucksache 16/8449) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dorothée Menzner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU) . . . . . . Dorothée Menzner (DIE LINKE) . . . . . . . Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Garrelt Duin (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 21: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 15. De- zember 2003 über Politischen Dialog und Zusammenarbeit zwischen der Europäi- schen Gemeinschaft und ihren Mitglied- staaten einerseits und der Andengemein- schaft und ihren Mitgliedstaaten (Bolivien, Ecuador, Kolumbien, Peru und Venezuela) andererseits (Drucksachen 16/8654, 16/8908) . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 20: Antrag der Abgeordneten Hans-Josef Fell, Dr. Gerhard Schick, Sylvia Kotting-Uhl, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Fonds Ökowandel – Neues Wirtschaften mit altem Geld – Der grüne Fonds aus den Rückstellungen der Atomwirtschaft (Drucksache 16/8220) . . . . . . . . . . . . . . . . . . T B s § a N S w ( T B s t t M r F M m ( T A G t R U v d h ( T a b N A L 16593 A 16593 B 16594 D 16596 D 16597 C 16598 B 16598 C 16599 C 16600 D 16601 C 16602 C 16604 A 16604 B agesordnungspunkt 23: ericht des Ausschusses für Bildung, For- chung und Technikfolgenabschätzung gemäß 56 a der Geschäftsordnung: Technikfolgen- bschätzung (TA): Industrielle stoffliche utzung nachwachsender Rohstoffe achstandsbericht zum Monitoring „Nach- achsende Rohstoffe“ Drucksache 16/7247) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 22: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- chusses für Umwelt, Naturschutz und Reak- orsicherheit zu dem Antrag der Abgeordne- en Dr. Christel Happach-Kasan, Hans- ichael Goldmann, Jens Ackermann, weite- er Abgeordneter und der Fraktion der FDP: ischartenschutz fördern – vordringliche aßnahmen für ein Kormoranmanage- ent Drucksachen 16/3098, 16/8218) . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 24: ntrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Diana olze, Jörn Wunderlich, weiterer Abgeordne- er und der Fraktion DIE LINKE: Für die ücknahme der Vorbehaltserklärung zur N-Kinderrechtskonvention und eine – hier- on unabhängige – effektive Umsetzung er Kinderrechte im Asyl- und Aufent- altsrecht Drucksache 16/8885) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 25: ) Antrag der Abgeordneten Ute Koczy, Marieluise Beck (Bremen), Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Entwicklung in Afghanistan – Strate- gien für eine wirkungsvolle Aufbauar- beit kohärent umsetzen (Drucksache 16/8887) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Monika Knoche, Hüseyin-Kenan Aydin, Dr. Diether Dehm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Afghanis- tan eine Chance für legalen lizenzierten Mohnanbau geben – Drogenmafia wirksam bekämpfen (Drucksache 16/7525) . . . . . . . . . . . . . . . ächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 1 iste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 16604 C 16605 A 16605 B 16605 C 16605 C 16605 D 16607 A Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 VII Anlage 2 Mündliche Frage 31 Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Anzahl der dem Verwaltungsrat der Kre- ditanstalt für Wiederaufbau (KfW) durch das Bundesministerium der Finanzen vor- gelegten aufsichtsrechtlichen Prüfberichte über die KfW seit dem Jahr 2000; freiwil- lige Unterstellung der KfW unter die Auf- sicht der Bundesanstalt für Finanzdienst- leistungsaufsicht Antwort Nicolette Kressl, Parl. Staatssekretärin BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (156. Sitzung, Drucksache 16/8841) Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Winfried Hermann, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Sylvia Kotting-Uhl, Ute Koczy, Hans-Josef Fell, Peter Hettlich, Dr. Harald Terpe, Thilo Hoppe und Monika Lazar (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zum Vertrag von Lissabon vom 13. Dezember 2007 (Tagesordnungs- punkt 3 a) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 4 Erklärungen nach § 31 GO zu den namentli- chen Abstimmungen: – Entwurf eines Gesetzes zum Vertrag von Lissabon vom 13. Dezember – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Art. 23, 45 und 93) – Entwurf eines Gesetzes über die Auswei- tung und Stärkung der Rechte des Bundes- tages und des Bundesrates in Angelegen- heiten der Europäischen Union (Tagesordnungspunkt 3 a bis c) Alexander Dobrindt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Herbert Frankenhauser (CDU/CSU) . . . . . . . Dr. Peter Gauweiler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Paul Lehrieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Marion Seib (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 5 Erklärung des Abgeordneten Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur A e g E s n A E ( A d d s ( A Z – – ( G A D W B A Z d d k b ( D D M C H E C 16607 C 16607 D 16608 B 16609 A 16609 D 16611 C 16612 B 16613 A 16613 B bstimmung über die Nr. 2 der Beschluss- mpfehlung des Ausschusses für die Angele- enheiten der Europäischen Union zu dem ntwurf eines Gesetzes zum Vertrag von Lis- abon vom 13. Dezember 2007 (Tagesord- ungspunkt 3 a) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 6 rklärung des Abgeordneten Volker Beck Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur bstimmung über die Beschlussempfehlung es Rechtsausschusses: Übersicht 10 über die em Deutschen Bundestag zugeleiteten Streit- achen vor dem Bundesverfassungsgericht Tagesordnungspunkt 36 b) . . . . . . . . . . . . . . nlage 7 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Gewährleis- tung angemessener Arbeitsbedingungen für grenzüberschreitend entsandte und für regelmäßig im Inland beschäftigte Arbeit- nehmer und Arbeitnehmerinnen (Arbeit- nehmer-Entsendegesetz – AEntG) Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Ände- rung des Gesetzes über die Festsetzung von Mindestarbeitsbedingungen (Erstes Mindestarbeitsbedingungen-Änderungs- gesetz – 1. MiArbGÄndG) Tagesordnungspunkt 14 a und b) erald Weiß (Groß-Gerau) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nette Kramme (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . irk Niebel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . erner Dreibus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . rigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 8 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Entwurfs eines Gesetzes über das Verbot er Einfuhr, der Verarbeitung und des Inver- ehrbringens von Robbenerzeugnissen (Rob- enerzeugnisse-Verbotsgesetz – RobErzVerbG) Tagesordnungspunkt 17) r. Peter Jahr (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . r. Wilhelm Priesmeier (SPD) . . . . . . . . . . . . echthild Rawert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . hristoph Pries (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . ans-Michael Goldmann (FDP) . . . . . . . . . . va Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . ornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16615 C 16615 C 16615 D 16617 B 16618 B 16619 B 16619 D 16620 C 16621 D 16623 A 16624 A 16624 B 16625 A 16625 C VIII Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Antrags: Chancen des demographischen Wan- dels im Tourismus nutzen (Tagesordnungs- punkt 19) Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des VW-Gesetzes (Tagesordnungspunkt 18) Rainer Brüderle (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkom- men vom 15. Dezember 2003 über Politischen Dialog und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mit- gliedstaaten einerseits und der Andengemein- schaft und ihren Mitgliedstaaten (Bolivien, Ecuador, Kolumbien, Peru und Venezuela) andererseits (Tagesordnungspunkt 21) Eduard Lintner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Lothar Mark (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marina Schuster (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 12 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Fonds Ökowandel – Neues Wirt- schaften mit altem Geld – Der grüne Fonds aus den Rückstellungen der Atomwirtschaft (Tagesordnungspunkt 20) Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Rolf Hempelmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Christoph Pries (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gudrun Kopp (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Kurt Hill (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 13 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Berichts: Technikfolgenabschätzung (TA) Industrielle stoffliche Nutzung nachwachsen- der Rohstoffe: Sachstandsbericht zum Moni- toring „Nachwachsende Rohstoffe“ (Tages- ordnungspunkt 23) Dr. Heinz Riesenhuber (CDU/CSU) . . . . . . . . A W D U S A Z d F M ( J C D E U A Z d h t t u J M M U E A Z d – – ( E D H H U 16626 B 16627 B 16628 A 16629 A 16630 D 16631 C 16632 C 16633 B 16634 C 16635 B 16635 D 16636 C 16636 D 16637 D ndrea Wicklein (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . altraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD) . . . . . . . r. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . lla Lötzer (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . ylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 14 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung er Beschlussempfehlung und des Berichts: ischartenschutz fördern – vordringliche aßnahmen für ein Kormoranmanagement Tagesordnungspunkt 22) osef Göppel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . hristoph Pries (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . va Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . ndine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 15 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Antrags: Für die Rücknahme der Vorbe- altserklärung zur UN-Kinderrechtskonven- ion und eine – hiervon unabhängige – effek- ive Umsetzung der Kinderrechte im Asyl- nd Aufenthaltsrecht (Tagesordnungspunkt 24) ohannes Singhammer (CDU/CSU) . . . . . . . arlene Rupprecht (Tuchenbach) (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . iriam Gruß (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . lla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . kin Deligöz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 16 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung er Anträge: Entwicklung in Afghanistan – Strategien für eine wirkungsvolle Aufbauarbeit kohä- rent umsetzen Afghanistan eine Chance für legalen lizen- zierten Mohnanbau geben – Drogenmafia wirksam bekämpfen Tagesordnungspunkt 25 a und b) ckart von Klaeden (CDU/CSU) . . . . . . . . . . etlef Dzembritzki (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . arald Leibrecht (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . eike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . te Koczy (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16640 A 16641 A 16641 D 16642 D 16643 C 16644 B 16645 B 16646 A 16647 B 16648 A 16649 B 16650 A 16651 A 16651 D 16652 B 16653 A 16654 A 16655 C 16656 B 16657 C Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 16449 (A) ) (B) ) 157. Sitz Berlin, Donnerstag, d Beginn: 9.0
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    Anlage 16 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 16607 (A) ) (B) ) Carsten von allen als unzulänglich bezeichneten Verträgen. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten A d A N § K d g R n k l s z B t A g i c b g s Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Albach, Peter CDU/CSU 24.04.2008 Bierwirth, Petra SPD 24.04.2008 Brähmig, Klaus CDU/CSU 24.04.2008 Bülow, Marco SPD 24.04.2008 Dağdelen, Sevim DIE LINKE 24.04.2008 Dörmann, Martin SPD 24.04.2008 Fischer (Karlsruhe- Land), Axel E. CDU/CSU 24.04.2008 Freitag, Dagmar SPD 24.04.2008 Dr. Gerhardt, Wolfgang FDP 24.04.2008 Gleicke, Iris SPD 24.04.2008 Götz, Peter CDU/CSU 24.04.2008 Golze, Diana DIE LINKE 24.04.2008 Dr. Gysi, Gregor DIE LINKE 24.04.2008 Hajduk, Anja BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 24.04.2008 Hasselfeldt, Gerda CDU/CSU 24.04.2008 Höfken, Ulrike BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 24.04.2008 Ibrügger, Lothar SPD 24.04.2008 Klimke, Jürgen CDU/CSU 24.04.2008 Dr. Riesenhuber, Heinz CDU/CSU 24.04.2008 Scharfenberg, Elisabeth BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 24.04.2008 Schmidt (Nürnberg), Renate SPD 24.04.2008 Schneider (Erfurt), SPD 24.04.2008 S T W A (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht nlage 2 Antwort er Parl. Staatssekretärin Nicolette Kressl auf die Frage des bgeordneten Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- EN) (156. Sitzung, Drucksache 16/8841, Frage 31): Wie viele bankaufsichtsrechtliche oder allgemeinauf- sichtsrechtliche Prüfberichte über die Kreditanstalt für Wie- deraufbau Bankengruppe (KfW) hat das Bundesministerium der Finanzen dem Verwaltungsrat der KfW seit 2000 vorge- legt, und was spricht dagegen, dass sich die KfW freiwillig der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsauf- sicht (BaFin) unterstellt? Das BMF übt über die KfW die Rechtsaufsicht gemäß 12 KfW-Gesetz aus. Es hat dem Verwaltungsrat der fW keine Prüfberichte oder Ähnliches vorgelegt, da ie Rechtsaufsicht nicht durch den Verwaltungsrat wahr- enommen wird. Die europarechtliche Bankenrichtlinie L 2006/48/EG bestimmt, dass es sich bei der KfW icht um ein Kreditinstitut handelt. Die KfW ist daher raft europäischen Rechts von der Regelung des nationa- en Kreditwesengesetzes (KWG) ausgenommen. Ent- prechende europäische Regelungen gelten auch für ein- elne andere Institute in den Mitgliedstaaten, wie zum eispiel die französische „Caisse des depot et consigna- ions“. nlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Winfried Hermann, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Sylvia Kotting- Uhl, Ute Koczy, Hans-Josef Fell, Peter Hettlich, Dr. Harald Terpe, Thilo Hoppe und Monika Lazar (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zum Vertrag von Lissabon vom 13. Dezember 2007 (Tagesordnungspunkt 3 a) Wir werden trotz einiger schwerwiegender Bedenken egen einzelne Passagen des Vertragstextes dem Vertrag nsgesamt zustimmen. Denn dieser Vertrag ist ein deutli- her Fortschritt gegenüber dem Status quo. Für einen esseren Vertrag oder gar eine europäische Verfassung ibt es derzeit leider keine Mehrheiten. Den Vertrag cheitern zu lassen hieße weiterzumachen mit den alten, teinbach, Erika CDU/CSU 24.04.2008 euchner, Jella SPD 24.04.2008 öhrl, Dagmar CDU/CSU 24.04.2008 bgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich 16608 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 (A) ) (B) ) Zu den Stärken des Vertragswerkes zählen für uns die folgenden Aspekte: Stärkung der nationalen Parlamente und des EU-Parlamentes; soziale Verantwortung und So- lidarität; nachhaltige Entwicklung und Klimaschutz; un- bedingte Friedensverpflichtung; Anerkennung des UN- Völkerrechtes und der Menschenrechte; mehr Bürgerbe- teiligung und Grundrechtecharta. Im krassen Widerspruch zu den Friedenszielen der EU stehen der Artikel zur Verbesserung der militäri- schen Fähigkeiten, zu der sich die Unterzeichnerstaaten verpflichten, und die vertraglich festgelegte Einrichtung einer neuen Rüstungsagentur. Beides hat in einem ver- fassungsähnlichen Vertragswerk nichts zu suchen. Auch das Fortbestehen des Euratom-Vertrages, der mit dem neuen Vertrag überholt ist und zudem dem Nachhaltig- keitsprinzip eklatant widerspricht, ist zu kritisieren. Mit der Zustimmung zum Vertrag verbinden wir fol- gende Erwartungen: Die EU muss Vorreiterin im Kampf gegen Klimawandel werden und sich zu einer sozialen, ökologischen und wirklich friedenstiftenden EU entwi- ckeln, das heißt, sie sollte die Fähigkeiten zur zivilen Krisenprävention und zum Friedensaufbau verbessern und eine gemeinsame Friedens- und Außenpolitik entwi- ckeln; die Entscheidungsstrukturen für mehr Transpa- renz und demokratische Beteiligung verbessern und das Parlament weiter stärken. Dass dies auf der Grundlage eines neuen Vertrages besser gelingen könnte als mit dessen Scheitern bewegt uns zur Zustimmung. Anlage 4 Erklärungen nach § 31 GO zu den namentlichen Abstimmungen: – Entwurf eines Gesetzes zum Vertrag von Lissabon vom 13. Dezember 2007 – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Art. 23, 45 und 93) – Entwurf eines Gesetzes über die Ausweitung und Stärkung der Rechte des Bundestages und des Bundesrates in Angelegenheiten der Europäischen Union (Tagesordnungspunkt 3 a bis c) Alexander Dobrindt (CDU/CSU): Ich bin der festen Überzeugung, dass es aufgrund der besonderen histori- schen Erfahrungen und der enormen zukünftigen He- rausforderungen zu einer möglichst engen Zusammenar- beit von Staaten innerhalb Europas keine Alternative gibt. Eine Europäische Union, aufgebaut auf den christlichen Werten, den Grundsätzen der sozialen Markwirtschaft, dem Prinzip des Föderalismus und der kommunalen Selbstverwaltung, wird in einem hohen Maße zum Wohle aller Bürgerinnen und Bürger beitragen und könnte ein tragfähiges Konzept für eine gemeinsame Zukunft Euro- pas darstellen. e g l G n v h z p s r z s S E o s v e r f z r d E s d r g g P s s s s s f w M d S t D w g d d r z g d R z i (C (D Diese gemeinsame Zukunft muss getragen sein von iner hohen Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger ge- enüber den europäischen Institutionen und ihrer Hand- ungen und Werte. Fehlende Akzeptanz führt zu einem rößerwerden von Distanz zwischen Bürgern und denje- igen, die in deren Namen Macht ausüben. Das zur Abstimmung stehende Gesetz zum Vertrag on Lissabon vom 13. Dezember 2007 weist leider er- ebliche Mängel auf und wird deswegen bei den Bürgern u erheblichen Akzeptanzproblemen führen. Die Kom- etenzausweitung auf zahlreiche Politikfelder wie Wirt- chaftspolitik, Sozialpolitik, Gesundheitspolitik, Arbeits- echt, Zugang von Staatsangehörigen aus Drittstaaten um Arbeitsmarkt, Zuwanderung, Asyl, Industrie, For- chung, Energie, Daseinsvorsorge, Katastrophenschutz, port, Verwaltungsförderung, Tourismus, Aufbau eines uropäischen Auswärtigen Dienstes und vieles mehr hne klare Kompetenzabgrenzung ist äußerst kritisch zu ehen. Obwohl ein Großteil dieser Aufgaben ausreichend on den Mitgliedstaaten erledigt wird und auch weiterhin rledigt werden könnte, wird eine Kompetenzverlage- ung bzw. -teilverlagerung auf die europäische Ebene estgeschrieben. Die fehlende Kompetenzabgrenzung wird u einer weiteren Zentralisierungsdynamik der EU füh- en. Verstärkt wird diese Zentralisierungsdynamik da- urch, dass der Vertrag von Lissabon über das bisherige U-Recht hinaus Vorrang vor dem Recht der Mitglied- taaten, einschließlich der nationalen Verfassungen und er in ihnen zum Ausdruck kommenden demokratisch- echtsstaatlichen Ordnungssysteme, postuliert. Das Grund- esetz steht damit zur Disposition der europäischen Or- ane. Das in dem Vertrag von Lissabon festgeschriebene rinzip der strikten gleichberechtigten Rotation zwi- chen Mitgliedstaaten bei der Besetzung der Kommis- ion führt dazu, dass Deutschland als größter Mitglied- taat periodisch nicht mehr in der Kommission vertreten ein wird. Dies ist umso bedauerlicher, als die Kommis- ion einen erheblichen Zugewinn an Kompetenzen er- ährt. Die im Vertrag von Lissabon festgeschriebene Aus- eitung der Beschlussfassung im Rat mit qualifizierter ehrheit entzieht weitere Politikbereiche den Entschei- ungsbefugnissen der Mitgliedstaaten, weil es auf deren timme nach dem Abschied vom Konsensprinzip zuguns- en von Mehrheitsentscheidungen nicht mehr ankommt. ie eigenständige Kompetenz, auch zukünftig in immer eiteren Politikbereichen zum Mehrheitsprinzip überzu- ehen, reduziert zusätzlich die Entscheidungsbefugnisse er nationalen Parlamente. Die Tatsache, dass mittels einer Subsidiaritätskontrolle urch nationale Parlamente die Einhaltung des Subsidia- itätsprinzips gewährleistet werden soll, ist ausdrücklich u begrüßen. Dass dies in der praktischen Ausübung auf- rund der knappen Fristen, der Quoren und der lediglich araus resultierenden Verpflichtung des Urhebers des echtaktes, diesen zu überprüfen und seine Entscheidung u begründen, kaum praktische Bedeutung haben wird, st bedauerlich. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 16609 (A) ) (B) ) In der Gesamtschau ist festzuhalten, dass der Vertrag von Lissabon in der vorliegenden Form durch die Verla- gerung von Zuständigkeiten an die EU und durch die Überführung von Entscheidungen weg von der Einstim- migkeit zur qualifizierten Mehrheit zu einer Schwä- chung der nationalen Parlamente führt. Unbestritten ist allerdings, dass der Vertrag gegenüber den bestehenden Verträgen auch Vorteile bietet. Die Europäische Union sollte sich allerdings in ihrem politischen Handeln auf diejenigen Aufgaben konzentrieren, die nur auf der euro- päischen Ebene gelöst werden können. Der Vertrag von Lissabon stellt dies nicht sicher. In Abwägung aller Argumente komme ich zu der Überzeugung, dass der vorliegende Verfassungsvertrag gravierende Mängel aufweist. Deswegen kann ich die- sem Vertrag nicht zustimmen. Herbert Frankenhauser (CDU/CSU): Ich bin der festen Überzeugung, dass es aufgrund der besonderen historischen Erfahrungen und der enormen zukünftigen Herausforderungen zu einer möglichst engen Zusammen- arbeit von Staaten innerhalb Europas keine Alternative gibt. Eine Europäische Union, aufgebaut auf den christli- chen Werten, den Grundsätzen der sozialen Marktwirt- schaft, dem Prinzip des Föderalismus und der kommuna- len Selbstverwaltung, wird in einem hohen Maße zum Wohle aller Bürgerinnen und Bürger beitragen und könnte ein tragfähiges Konzept für eine gemeinsame Zu- kunft Europas darstellen. Diese gemeinsame Zukunft muss getragen sein von einer hohen Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger ge- genüber den europäischen Institutionen und ihren Hand- lungen und Werten. Fehlende Akzeptanz führt zu einem Größerwerden von Distanz zwischen Bürgern und denje- nigen, die in deren Namen Macht ausüben. Das zur Abstimmung stehende Gesetz zum Vertrag von Lissabon vom 13. Dezember 2007 weist leider er- hebliche Mängel auf und wird deswegen bei den Bür- gern zu erheblichen Akzeptanzproblemen führen. Die Kompetenzausweitung auf zahlreiche Politikfel- der wie Wirtschaftspolitik, Sozialpolitik, Gesundheits- politik, Arbeitsrecht, Zugang von Staatsangehörigen aus Drittstaaten zum Arbeitsmarkt, Zuwanderung, Asyl, In- dustrie, Forschung, Energie, Daseinsvorsorge, Katastro- phenschutz, Sport, Verwaltungsförderung, Tourismus, Aufbau eines Europäischen Auswärtigen Dienstes und vieles mehr ohne klare Kompetenzabgrenzung ist äu- ßerst kritisch zu sehen. Obwohl ein Großteil dieser Aufgaben ausreichend von den Mitgliedstaaten erledigt wird und auch weiterhin erledigt werden könnte, wird eine Kompetenz(teil)verla- gerung auf die europäische Ebene festgeschrieben. Die fehlende Kompetenzabgrenzung wird zu einer weiteren Zentralisierungsdynamik der EU führen. Verstärkt wird diese Zentralisierungsdynamik da- durch, dass der Vertrag von Lissabon über das bisherige EU-Recht hinaus Vorrang vor dem Recht der Mitglied- staaten einschließlich der nationalen Verfassungen und der in ihnen zum Ausdruck kommenden demokratisch- r g g P s s s s s f w M d S g k i z b t S d ü l b s h v g Ü m c d p t d s Ü g s t k E s k f v K (C (D echtsstaatlichen Ordnungssysteme postuliert. Das Grund- esetz steht damit zur Disposition der europäischen Or- ane. Das in dem Vertrag von Lissabon festgeschriebene rinzip der strikten gleichberechtigten Rotation zwi- chen Mitgliedstaaten bei der Besetzung der Kommis- ion führt dazu, dass Deutschland als größter Mitglied- taat periodisch nicht mehr in der Kommission vertreten ein wird. Dies ist umso bedauerlicher, da die Kommis- ion einen erheblichen Zugewinn an Kompetenzen er- ährt. Die im Vertrag von Lissabon festgeschriebene Aus- eitung der Beschlussfassung im Rat mit qualifizierter ehrheit entzieht weitere Politikbereiche den Entschei- ungsbefugnissen der Mitgliedstaaten, weil es auf deren timme nach dem Abschied vom Konsensprinzip zu- unsten von Mehrheitsentscheidungen nicht mehr an- ommt. Die eigenständige Kompetenz, auch zukünftig n immer weiteren Politikbereichen zum Mehrheitsprin- ip überzugehen, reduziert zusätzlich die Entscheidungs- efugnisse der nationalen Parlamente. Die Tatsache, dass mittels einer Subsidiaritätskon- rolle durch nationale Parlamente die Einhaltung des ubsidiaritätsprinzips gewährleistet werden soll, ist aus- rücklich zu begrüßen. Dass dies in der praktischen Aus- bung aufgrund der knappen Fristen, der Quoren und der ediglich daraus resultierenden Verpflichtung des Urhe- ers des Rechtaktes, diesen zu überprüfen und seine Ent- cheidung zu begründen, kaum praktische Bedeutung aben wird, ist bedauerlich. In der Gesamtschau ist festzuhalten, dass der Vertrag on Lissabon in der vorliegenden Form durch die Verla- erung von Zuständigkeiten an die EU und durch die berführung von Entscheidungen weg von der Einstim- igkeit zur qualifizierten Mehrheit zu einer Schwä- hung der nationalen Parlamente führt. Unbestritten ist allerdings, dass der Vertrag gegenüber en bestehenden Verträgen auch Vorteile bietet. Die Europäische Union sollte sich allerdings in ihrem olitischen Handeln auf diejenigen Aufgaben konzen- rieren, die nur auf der europäischen Ebene gelöst wer- en können. Der Vertrag von Lissabon stellt dies nicht icher. In Abwägung aller Argumente komme ich zu der berzeugung, dass der vorliegende Verfassungsvertrag ravierende Mängel aufweist. Deswegen kann ich die- em Vertrag nicht zustimmen. Dr. Peter Gauweiler (CDU/CSU): Nach dem Schei- ern des EU-Verfassungsvertrages erklärte die Bundes- anzlerin, dass für die zukünftige Integrationspolitik der uropäischen Gemeinschaft „ein Weniger ein Mehr“ ein werde. Dieser Vorgabe hätte entsprochen werden önnen, wenn dem von den Regierungschefs als Ersatz ür den Verfassungsvertrag beschlossenen Lissabon- ertrag seitens des Deutschen Bundestages folgende larstellung vorgegeben worden wäre: 16610 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 (A) ) (B) ) 1. Dieser Vertrag führt nicht zum Übergang der Kom- petenzhoheit (Kompetenz-Kompetenz) von den Mit- gliedstaaten auf die Europäische Union. Deshalb behält für die Bundesrepublik Deutschland das Bundesverfas- sungsgericht die Zuständigkeit, darüber zu entscheiden, ob ein Rechtsakt der Europäischen Union die Grenzen der von den Mitgliedstaaten in den Verträgen erteilten Ermächtigung überschritten hat. 2. Dieser Vertrag bewirkt nicht, dass die Europäische Union den Status eines Bundesstaates erhält; sie bleibt ein Staatenverbund. 3. Dieser Vertrag darf nicht so ausgelegt werden, dass die Bundesländer der Bundesrepublik Deutschland ihre Staatlichkeit, wie sie nach dem Grundgesetz der Bundes- republik Deutschland vorgegeben ist, verlieren. 4. Eigenmittelbeschlüsse nach Art. 311 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union bedürfen in Deutschland der Zustimmung in Form eines Zustim- mungsgesetzes. Da die Abgabe einer solchen Erklärung innerhalb der regierenden Großen Koalition nicht durchgesetzt werden konnte, kann ich aus folgenden Gründen weder dem Ver- trag von Lissabon noch den Begleitgesetzen zustimmen: I. Während der Vertrag von Maastricht die Gemein- same Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) und die Zu- sammenarbeit in den Bereichen Innere Sicherheit und Justizpolitik als „zweite und dritte Säule“ zwar unter das Dach der Europäischen Union stellte, aber nicht verge- meinschaftete, sondern auf der Ebene der „intergouver- nementalen“ Kooperation beließ, erhebt der Vertrag von Lissabon die Europäische Union zur Rechtspersönlich- keit auf der Ebene des Völkerrechts und vergemein- schaftet die bisherige „dritte Säule“. Die Außen- und Si- cherheitspolitik einschließlich der Verteidigungspolitik und der Durchführung militärischer Missionen, insbe- sondere „Kampfeinsätze im Rahmen der Krisenbewälti- gung“ und militärische Terrorismusbekämpfung in Dritt- staaten, gehören nach dem neuen Vertrag ebenso zu den Aufgaben der Europäischen Union wie Terrorismusbe- kämpfung im Innern, Asyl- und Einwanderungspolitik, Angleichung von Rechtsvorschriften im Zivilrecht und Erlass von „Mindestvorschriften“ im Strafrecht oder Strafverfolgung durch Staatsanwaltschaft und Polizei. Durch diese vorbehaltslose Konzentration von Macht wird der europäische Staatenbund in einen kontinentalen Zentralstaat verwandelt. II. Diese neue Europäische Union des Vertrages von Lissabon beansprucht über das bisherige EU-Recht hi- naus, dass ihr Recht – nicht nur ihr im Vertrag von Lissa- bon formuliertes faktisches „Verfassungsrecht“, sondern auch jede Richtlinie und Verordnung – Vorrang vor dem Recht der Mitgliedstaaten, einschließlich deren Verfas- sungsrecht, hat. Damit ist für die Deutschen der letztver- bindliche Schutz des Grundgesetzes und der Schutz der Länderverfassungen durch die deutsche Exekutive und die deutsche Gerichtsbarkeit zur Disposition gestellt be- ziehungsweise beseitigt. Die vorbehaltlose Zustimmung zu diesem Vertrage entmachtet nicht nur die gewählte Volksvertretung, sondern auch das Bundesverfassungs- g E s t D b k D b r d d E g E b r I v d m V Z n D i K d I k G d d d m d v d h w s s h d F m E h d w s n g a l d h g n (C (D ericht und überträgt die Kompetenz zur verbindlichen ntscheidung aller das Verhältnis zwischen Europäi- cher Union und Mitgliedstaaten betreffenden Kompe- enzfragen dem Gerichtshof der Europäischen Union. ie letztentscheidende „Kompetenz-Kompetenz“ – ins- esondere für den Schutz der Grundrechte – liegt daher ünftig nicht mehr in Karlsruhe, sondern in Luxemburg. eshalb kann auch das im Lissabon-Vertrag beschrie- ene „Subsidiaritätsprinzip“ die Kompetenzfülle der Eu- opäischen Union nicht wirksam begrenzen; auch über ie Tragweite dieses „Subsidiaritätsprinzips“ entscheidet er ausschließlich den EU-Vertragszielen verpflichtete U-Gerichtshof und nicht mehr das Bundesverfassungs- ericht. Selbst das Verhältnis des EU-Gerichtshofes zum uropäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straß- urg, bei dem Bundesbürger nach jahrelanger Verfah- ensdauer noch Schutz vor Willkürakten europäischer nstitutionen erstreiten könnten, ist völlig ungeklärt. III. Mit der vorbehaltlosen Zustimmung zum Vertrag on Lissabon überschreitet der Bundestag die Grenzen er Integrationsermächtigung, die Art. 23 Abs. l GG for- uliert, und verstößt zugleich gegen unabänderliche erfassungsprinzipien im Sinne von Art. 79 Abs. 3 GG. u den unabänderlichen Verfassungsprinzipien gehört ämlich die souveräne Staatlichkeit der Bundesrepublik eutschland. Diese wird aufgegeben, wenn – wie dies m Vertrag von Lissabon geschieht – die Kompetenz- ompetenz für die letztverbindliche Entscheidung über en Umfang der Kompetenzen auf eine übernationale nstanz übertragen wird. Eine solche Entscheidung önnte nur das Volk kraft seiner verfassunggebenden ewalt – durch Volksabstimmung – treffen, nicht aber er verfassungsgebundene Gesetzgeber. IV. Zu den unabänderlichen Verfassungsprinzipien er Bundesrepublik Deutschland und der deutschen Län- er gehört das Demokratieprinzip: Alle Staatsgewalt uss vom Volke ausgehen. Auch dieses Prinzip wird urch den Vertrag von Lissabon verletzt. Das Bundes- erfassungsgericht hatte im Maastricht-Urteil entschie- en, dass im europäischen Staatenverbund nur dann eine inreichende demokratische Legitimation gegeben sei, enn diese maßgeblich von den Völkern der Mitglied- taaten ausgehe und wenn auf der Ebene der Mitglied- taaten den Parlamenten Entscheidungsbefugnisse von inreichendem substanziellen Gewicht verblieben. Bei- es ist nach dem Vertrag von Lissabon nicht mehr der all: Die Entscheidungsbefugnisse der nationalen Parla- ente werden ausgehöhlt, und die auf europäischer bene getroffenen Entscheidungen können nicht mehr inreichend von den Völkern der Mitgliedstaaten – über eren Regierungsvertreter im Rat – legitimiert werden, eil es auf deren Stimme nach dem Abschied vom Kon- ensprinzip zugunsten von Mehrheitsentscheidungen icht mehr ankommt. Durch die Entleerung der Hoheits- ewalt der Bundesrepublik Deutschland wird vor allem uch das Grundrecht jedes Bürgers aus Art. 38 GG ver- etzt, durch seine Teilnahme an der Bundestagswahl an er demokratischen Legitimation der regierenden Ho- eitsgewalt mitzuwirken und die Träger dieser Hoheits- ewalt nicht nur wählen, sondern auch abwählen zu kön- en. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 16611 (A) ) (B) ) V. Dieser Verlust an demokratischer Legitimation wird durch die dem Europäischen Parlament zuerkann- ten zusätzlichen Mitentscheidungsrechte nicht annä- hernd kompensiert. Eine europäische Demokratie könnte nur von einem europäischen Staatsvolk ausgehen, das auf der Basis der demokratischen Gleichheit ein Parla- ment wählt, welches nach Wahlverfahren und Entschei- dungszuständigkeiten im Unterschied zum Europäischen Parlament diesen Namen wirklich verdient. VI. Im Übrigen sind auch die Begleitgesetze mit dem Demokratieprinzip unvereinbar: a.) Nach Art. 48 Abs. 7 EUV i.d.F. des Vertrages von Lissabon kann der Europäische Rat beschließen, zur Entscheidung mit qualifizierter Mehrheit überzugehen, wo bisher nach den Verträgen Einstimmigkeit vorgese- hen ist. Ein solcher Beschluss kann die noch verbliebe- nen Einflussmöglichkeiten der nationalen Parlamente nochmals erheblich mindern. Der Sache nach geht es bei Beschlüssen nach Art. 48 Abs. 7 EUV um Änderungen der EU-Verträge, für die normalerweise ein Zustim- mungsgesetz erforderlich ist und die hier im vereinfach- ten Verfahren („Brückenklausel“) beschlossen werden. Die Rechte der nationalen Parlamente werden dabei durch das Recht zur Ablehnung der Initiative insofern noch gewahrt. Dieses nach dem Vertrag dem Bundestag zustehende Recht wird aber durch das Ausführungsge- setz weitgehend beseitigt, denn in Bezug auf viele Mate- rien ist nach diesem Gesetz die Ablehnung des Bundes- tages unbeachtlich, wenn der Bundesrat anderer Auffassung ist. Dies ist umso gravierender, als sich die im Wege der ,Brückenklausel beschlossenen Vertragsän- derungen innerstaatlich als Verfassungsänderungen aus- wirken. Dass solche Änderungen ohne Zustimmung und sogar gegen den erklärten Willen des Bundestages statt- finden können, ist mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. b.) Politisch ist es sicherlich zu begrüßen, dass die Rechte der parlamentarischen Minderheit gesichert wer- den sollen, indem ein Viertel der Mitglieder des Bundes- tages eine Subsidiaritätsklage initiieren kann. Dieses be- rechtigte Anliegen wird jedoch in verfassungswidriger und perplexer Weise verwirklicht: Eine Minderheit kann den Bundestag verpflichten, Klage zu erheben, obwohl die große Mehrheit dies nicht will. Die Klage wird also nicht – wie es im Rahmen unserer verfassungsrechtli- chen Organklage geregelt ist – von der Minderheit erho- ben, sondern vom gesamten Bundestag gegen seinen Willen. Dies ist mit dem demokratischen Mehrheitsprin- zip nicht vereinbar und verstößt auch gegen das Prinzip der repräsentativen Demokratie. Das Volk wird vom Bundestag im Ganzen nach Maßgabe des Mehrheitsprin- zips repräsentiert. Wenn der Wille einer parlamentari- schen Minderheit nach außen als der Wille des Parla- ments dargestellt wird, verstößt dies gegen das demokratische Repräsentationsprinzip. Da das Demo- kratieprinzip zu den nach Art. 79 III GG unabänderli- chen Verfassungsprinzipien gehört, nützt es auch nichts, daß Art. 23 GG entsprechend geändert werden soll. Außerdem führt diese Regelung dazu, dass auf der an- deren Seite im Verfahren vor dem EU-Gerichtshof der Wille der parlamentarischen Minderheit nicht mit Nach- d s z B d M z E r S E t P v B h d e g l G n v h g d p D d p A v ß g u K f w f d E s d r G s P s s s s (C (D ruck verfochten werden wird. Denn die parlamentari- che Minderheit führt nicht selbst den Prozess; die Pro- essführung obliegt nach § 3 V des Begleitgesetzes dem undestag, der seinerseits durch den Bundestagspräsi- enten handelt. Dadurch wird der positiv zu beurteilende inderheitenschutz in der Praxis erheblich relativiert. Paul Lehrieder (CDU/CSU): Ich bin der festen Über- eugung, dass es aufgrund der besonderen historischen rfahrungen und der enormen zukünftigen Herausforde- ungen zu einer möglichst engen Zusammenarbeit von taaten innerhalb Europas keine Alternative gibt. Eine uropäische Union, aufgebaut auf den christlichen Wer- en, den Grundsätzen der sozialen Markwirtschaft, dem rinzip des Föderalismus und der kommunalen Selbst- erwaltung, wird in einem hohen Maße zum Wohle aller ürgerinnen und Bürger beitragen und könnte ein tragfä- iges Konzept für eine gemeinsame Zukunft Europas arstellen. Diese gemeinsame Zukunft muss getragen sein von iner hohen Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger ge- enüber den europäischen Institutionen und ihren Hand- ungen und Werten. Fehlende Akzeptanz führt zu einem rößerwerden von Distanz zwischen Bürgern und denje- igen, die in deren Namen Macht ausüben. Das zur Abstimmung stehende Gesetz zum Vertrag on Lissabon vom 13. Dezember 2007 weist leider er- ebliche Mängel auf und wird deswegen bei den Bür- ern zu erheblichen Akzeptanzproblemen führen. Die Kompetenzausweitung auf zahlreiche Politikfel- er wie Wirtschaftspolitik, Sozialpolitik, Gesundheits- olitik, Arbeitsrecht, Zugang von Staatsangehörigen aus rittstaaten zum Arbeitsmarkt, Zuwanderung, Asyl, In- ustrie, Forschung, Energie, Daseinsvorsorge, Katastro- henschutz, Sport, Verwaltungsförderung, Tourismus, ufbau eines Europäischen Auswärtigen Dienstes und ieles mehr ohne klare Kompetenzabgrenzung ist äu- erst kritisch zu sehen. Obwohl ein Großteil dieser Auf- aben ausreichend von den Mitgliedstaaten erledigt wird nd auch weiterhin erledigt werden könnte, wird eine ompetenz(teil)verlagerung auf die europäische Ebene estgeschrieben. Die fehlende Kompetenzabgrenzung ird zu einer weiteren Zentralisierungsdynamik der EU ühren. Verstärkt wird diese Zentralisierungsdynamik da- urch, dass der Vertrag von Lissabon über das bisherige U-Recht hinaus Vorrang vor dem Recht der Mitglied- taaten einschließlich der nationalen Verfassungen und er in ihnen zum Ausdruck kommenden demokratisch- echtsstaatlichen Ordnungssysteme postuliert. Das rundgesetz steht damit zur Disposition der europäi- chen Organe. Das in dem Vertrag von Lissabon festgeschriebene rinzip der strikten gleichberechtigten Rotation zwi- chen Mitgliedstaaten bei der Besetzung der Kommis- ion führt dazu, dass Deutschland als größter Mitglied- taat periodisch nicht mehr in der Kommission vertreten ein wird. Dies ist umso bedauerlicher, da die Kommis- 16612 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 (A) ) (B) ) sion einen erheblichen Zugewinn an Kompetenzen er- fährt. Die im Vertrag von Lissabon festgeschriebene Aus- weitung der Beschlussfassung im Rat mit qualifizierter Mehrheit entzieht weitere Politikbereiche den Entschei- dungsbefugnissen der Mitgliedstaaten, weil es auf deren Stimme nach dem Abschied vom Konsensprinzip zu- gunsten von Mehrheitsentscheidungen nicht mehr an- kommt. Die eigenständige Kompetenz, auch zukünftig in immer weiteren Politikbereichen zum Mehrheitsprin- zip überzugehen, reduziert zusätzlich die Entscheidungs- befugnisse der nationalen Parlamente. Die Tatsache, dass mittels einer Subsidiaritätskon- trolle durch nationale Parlamente die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips gewährleistet werden soll, ist aus- drücklich zu begrüßen. Dass dies in der praktischen Aus- übung aufgrund der knappen Fristen, der Quoren und der lediglich daraus resultierenden Verpflichtung des Urhe- bers des Rechtaktes, diesen zu überprüfen und seine Ent- scheidung zu begründen, kaum praktische Bedeutung haben wird, ist bedauerlich. In der Gesamtschau ist festzuhalten, dass der Vertrag von Lissabon in der vorliegenden Form durch die Verla- gerung von Zuständigkeiten an die EU und durch die Überführung von Entscheidungen weg von der Einstim- migkeit zur qualifizierten Mehrheit zu einer Schwä- chung der nationalen Parlamente führt. Unbestritten ist allerdings, dass der Vertrag gegenüber den bestehenden Verträgen auch Vorteile bietet. Die Europäische Union sollte sich allerdings in ihrem politischen Handeln auf diejenigen Aufgaben konzen- trieren, die nur auf der europäischen Ebene gelöst wer- den können. Der Vertrag von Lissabon stellt dies nicht sicher. In Abwägung aller Argumente komme ich zu der Überzeugung, dass der vorliegende Verfassungsvertrag gravierende Mängel aufweist. Deswegen kann ich die- sem Vertrag nicht zustimmen! Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU): Aufgrund der be- sonderen historischen Erfahrungen und der enormen zu- künftigen Herausforderungen gibt es zu einer möglichst engen Zusammenarbeit von Staaten innerhalb Europas keine Alternative. Eine Europäische Union, aufgebaut auf den christlichen Werten, den Grundsätzen der sozia- len Markwirtschaft, dem Prinzip des Föderalismus und der kommunalen Selbstverwaltung, wird in einem hohen Maße zum Wohle aller Bürgerinnen und Bürger beitra- gen und kann ein tragfähiges Konzept für eine gemein- same Zukunft Europas darstellen. Voraussetzung dafür ist eine hohe Akzeptanz der Bür- gerinnen und Bürger gegenüber den europäischen Insti- tutionen und ihren Handlungen und Werten. Die Distanz zwischen Bürgern und denjenigen, die in deren Namen Macht ausüben, darf sich nicht weiter vergrößern. Das zur Abstimmung stehende Gesetz zum Vertrag von Lissabon vom 13. Dezember 2007 weist leider er- hebliche Mängel auf und wird deswegen bei den Bür- g K W b t F s b m t a a p g z r d E s d r G s P s s s s s f w M d S z k i z b t S d ü l b E h v g Ü m c d (C (D ern zu erheblichen Akzeptanzproblemen führen. Die ompetenzausweitung auf zahlreiche Politikfelder wie irtschaftspolitik, Sozialpolitik, Gesundheitspolitik, Ar- eitsrecht, Zugang von Staatsangehörigen aus Drittstaa- en zum Arbeitsmarkt, Zuwanderung, Asyl, Industrie, orschung, Energie, Daseinsvorsorge, Katastrophen- chutz, Sport, Verwaltungsförderung, Tourismus, Auf- au eines Europäischen Auswärtigen Dienstes und vieles ehr ohne klare Kompetenzabgrenzung ist äußerst kri- isch zu sehen. Obwohl ein Großteil dieser Aufgaben usreichend von den Mitgliedstaaten erledigt wird und uch weiterhin erledigt werden könnte, wird eine Kom- etenz(teil)verlagerung auf die europäische Ebene fest- eschrieben. Die fehlende Kompetenzabgrenzung wird u einer weiteren Zentralisierungsdynamik der EU füh- en. Verstärkt wird diese Zentralisierungsdynamik da- urch, dass der Vertrag von Lissabon über das bisherige U Recht hinaus Vorrang vor dem Recht der Mitglied- taaten, einschließlich der nationalen Verfassungen und er in ihnen zum Ausdruck kommenden demokratisch- echtsstaatlichen Ordnungssysteme postuliert. Das rundgesetz steht damit zur Disposition der europäi- chen Organe. Das in dem Vertrag von Lissabon festgeschriebene rinzip der strikten gleichberechtigten Rotation zwi- chen Mitgliedstaaten bei der Besetzung der Kommis- ion führt dazu, dass Deutschland als größter Mitglied- taat periodisch nicht mehr in der Kommission vertreten ein wird. Dies ist umso bedauerlicher, da die Kommis- ion einen erheblichen Zugewinn an Kompetenzen er- ährt. Die im Vertrag von Lissabon festgeschriebene Aus- eitung der Beschlussfassung im Rat mit qualifizierter ehrheit entzieht weitere Politikbereiche den Entschei- ungsbefugnissen der Mitgliedstaaten, weil es auf deren timme nach dem Abschied vom Konsensprinzip ugunsten von Mehrheitsentscheidungen nicht mehr an- ommt. Die eigenständige Kompetenz, auch zukünftig n immer weiteren Politikbereichen zum Mehrheitsprin- ip überzugehen, reduziert zusätzlich die Entscheidungs- efugnisse der nationalen Parlamente. Die Tatsache, dass mittels einer Subsidiaritätskon- rolle durch nationale Parlamente die Einhaltung des ubsidiaritätsprinzips gewährleistet werden soll, ist aus- rücklich zu begrüßen. Dass dies in der praktischen Aus- bung aufgrund der knappen Fristen, der Quoren und der ediglich daraus resultierenden Verpflichtung des Urhe- ers des Rechtsaktes, diesen zu überprüfen und seine ntscheidung zu begründen, kaum praktische Bedeutung aben wird, ist bedauerlich. In der Gesamtschau ist festzuhalten, dass der Vertrag on Lissabon in der vorliegenden Form durch die Verla- erung von Zuständigkeiten an die EU und durch die berführung von Entscheidungen weg von der Einstim- igkeit zur qualifizierten Mehrheit zu einer Schwä- hung der nationalen Parlamente führt. Unbestritten ist allerdings, dass der Vertrag gegenüber en bestehenden Verträgen auch Vorteile bietet. Die Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 16613 (A) ) (B) ) Europäische Union sollte sich allerdings, in ihrem politi- schen Handeln auf diejenigen Aufgaben konzentrieren, die nur auf der europäischen Ebene gelöst werden kön- nen. Der Vertrag von Lissabon stellt dies nicht sicher. Ein Parlamentsbeteiligungsgesetz, wie von mir be- reits bei der Abstimmung über den Europäischen Verfas- sungsentwurf eingefordert, wurde lediglich durch eine abgeschwächte Vereinbarung ersetzt. Ein Gesetz, das die Mitwirkung des Deutschen Bundestages umfassend si- chert – und damit die demokratische Rückbindung euro- päischer Entscheidungen –, existiert bisher nicht. Ob diese Mängel über den Zeitablauf zu beheben sind, wird sich zeigen. Ich bedauere, dass meine Fraktion mich und die weiteren Kritiker überstimmt hat. Marion Seib (CDU/CSU): Auch nach genauem Stu- dium des Antrags der Fraktionen CDU/CSU und SPD für die 59. Sitzung des Ausschusses für die Angelegen- heiten der Europäischen Union zu TOP 5a muss ich fest- stellen, dass mit dem Vertrag von Lissabon zentrale Strukturen geschaffen werden, die ich als überzeugte Fö- deralistin nicht gutheißen kann. Der Antrag beinhaltet nach meiner Auffassung leider nicht die notwendige Verbindlichkeit zur Sicherung der Subsidiarität. Dies entmachtet unser nationales Parlament. Es werden Strukturen geschaffen, die auch bei wech- selnden politischen Mehrheiten Bestand haben und so gut wie unmöglich rückgängig zu machen sein werden. Als Beispiel sei nur die unterschiedliche Stimmenge- wichtung der Sitze im Europäischen Parlament genannt. Dass Fragen der Daseinsvorsorge nur europäisch zu lö- sen sein werden, wage ich ebenfalls zu bezweifeln. Seit Jahrzehnten bin ich als überzeugte Föderalistin tätig. Ich bin überzeugt, dass unsere Demokratie auch deshalb so stabil ist, weil viele Entscheidungen durch den föderalen Aufbau der Bundesrepublik Deutschland von den unterschiedlichsten Ebenen und Entscheidungs- trägern getroffen werden und deshalb einen einbinden- den Charakter haben. Wenn ich nun an dieser Stelle meine tiefe Überzeugung aufgeben soll, würde ich meine bisherige Tätigkeit zur Stärkung des Föderalismus krass entwerten. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Der Vertrag von Lissabon ist in der Substanz mit dem Verfassungsvertrag weitgehend identisch. Kritik, wie sie beispielsweise von attac und der französischen Linken an Teilen der EU-Verfassung 2005 geäußert wurde, ist nach wie vor schwerwiegend und in einigen Punkten berechtigt. Dazu gehört, dass die Staaten Euro- pas zur militärischen Aufrüstung verpflichtet, militäri- sche Missionen ohne UN-Mandat nicht generell ausge- schlossen und viele Elemente einer neoliberalen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung für Europa fest- schrieben werden. Es wäre sicher besser, die Verträge sähen anders aus. Vieles wäre noch wünschenswert. Allerdings sollte eine Beurteilung der EU-Verträge sich nicht nur am Wün- schenswerten orientieren, sondern am Vergleich mit der heutigen Rechts- und Vertragslage, also: Was wird s m s g V w u d d l s t a i d g m w R M s N s g i d k g n M s s t a l S l g u g i s h i d B V (C (D chlechter und was besser, wenn die Verträge angenom- en werden? Und da sieht das Ergebnis anders aus. Viele der kriti- ierten Inhalte sind schon heute auch nicht besser gere- elt, sondern finden sich seit langem in geltenden EU- erträgen und der Praxis. Die Verträge bringen sogar esentliche Verbesserungen, wie die Grundrechtecharta nd erheblich mehr Rechte für das EU-Parlament und ie nationalen Parlamente. Und die Todesstrafe wird urch die EU-Verträge nun wirklich nicht in Deutsch- and eingeführt und das kann auch in Zukunft nicht pas- ieren. 1. Kaum verständliche und unübersichtliche Vertrags- exte Richtig ist, dass die vorgelegte Fassung der Verträge uch für Juristen schwer lesbar und kaum verständlich st. Auch ist alles sehr unübersichtlich. Erst spät, erst in iesen Tagen wurde eine konsolidierte Fassung online estellt. Das ist bedauerlich und zu kritisieren, weil da- it die Diskussion über den Text unnötig erschwert urde. 2. Verträge sind keine Verfassung Der Vertrag ist keine Verfassung. Damit ist die echtsqualität auch eine andere. Ich war und bin der einung, dass über eine EU-Verfassung eine Volksab- timmung in allen Ländern der EU stattfinden sollte. Die otwendigkeit einer Legitimation durch eine Volksab- timmung sehe ich beim jetzigen Vertragsbündel weni- er zwingend als bei der EU-Verfassung. Trotzdem wäre ch dafür, auch hierüber die Völker in einem Referen- um entscheiden zu lassen. Dass dies nicht geschieht, ritisiere ich. 3. Bessere Mitwirkungsmöglichkeiten des Bundesta- es a. Ich habe damals gefordert, dass die EU-Verfassung icht verabschiedet werden sollte, ohne dass vorher die itwirkung des Bundestages bei der zukünftigen Recht- etzung in Europa umfassend und vollständig durch Ge- etz geregelt wird. Diese Forderung ist inzwischen erfüllt. Der Bundes- ag hat ein solches Gesetz rechtzeitig verabschiedet, das uch deutliche Verbesserungen für die Mitwirkungsmög- ichkeit des Bundestages gegenüber dem bisherigen tand enthält. Danach wirken Bundestag sowie Bundesrat in Ange- egenheiten der Europäischen Union mit. Die Bundesre- ierung hat den Bundestag und den Bundesrat umfassend nd zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu unterrichten. Sie ibt dem Bundestag Gelegenheit zur Stellungnahme vor hrer Mitwirkung an Rechtsetzungsakten der Europäi- chen Union und muss die Stellungnahmen bei ihren Ver- andlungen berücksichtigen. Die Bundesregierung muss m Rat sogar einen Parlamentsvorbehalt einlegen, wenn er Beschluss des Bundestages in seinen wesentlichen elangen nicht durchsetzbar ist. In einer weitreichenden ereinbarung über die Zusammenarbeit von Bundestag 16614 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 (A) ) (B) ) und Bundesregierung in Angelegenheiten der Europäi- schen Union werden diese Rechte konkretisiert. Damit hat der Bundestag mehr Möglichkeiten als bisher, sich frühzeitig einzuschalten und auf die europäische Recht- setzung Einfluss zu nehmen, eine Verbesserung des bis- herigen Rechtszustandes. b. Die Verträge schaffen noch das Recht auf Subsidia- ritätskontrolle, die Subsidiaritätsrüge und die Subsidiari- tätsklage. 4. Mehr soziale Rechte als im Grundgesetz In der Grundrechtecharta ist zum ersten Mal in der Geschichte der Europäischen Union in einem einzigen Text die Gesamtheit der bürgerlichen, politischen, wirt- schaftlichen und sozialen Rechte der europäischen Bür- ger sowie aller im Hoheitsgebiet der Union lebenden Personen zusammengefasst. Es ist keineswegs so, dass Grundrechtecharta und Ver- träge ausschließlich eine neoliberale Wirtschaftsordnung festschreiben und damit Errungenschaften des Grundge- setzes aufgeben werden. Ganz im Gegenteil enthalten die Verträge Forderungen nach sozialer Gestaltung und nach sozialer Gerechtigkeit, die über das hinausgehen, was im Grundgesetz steht. Richtig ist, die Verträge enthalten die Festschreibung des „Grundsatzes einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb“, aber auch das Bekenntnis, die EU wirkt auf „eine in hohem Maße wettbewerbsfähige so- ziale Marktwirtschaft, die auf Vollbeschäftigung und so- zialen Fortschritt abzielt“ … „Sie bekämpft soziale Aus- grenzung und Diskriminierungen und fördert soziale Gerechtigkeit und sozialen Schutz, die Gleichstellung von Frauen und Männern, die Solidarität zwischen den Generationen und den Schutz der Rechte des Kindes. Sie fördert den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt und die Solidarität zwischen den Mit- gliedstaaten“ (Art. 2, Abs. 3 EUV). Und nach der sozia- len Querschnittsklausel müssen alle Rechtsakte künftig auf ihre Sozialverträglichkeit hin überprüft werden (Art. 5a AEUV): „Bei der Festlegung und Durchführung ihrer Politik und ihrer Maßnahmen trägt die Union den Erfordernissen im Zusammenhang mit der Förderung ei- nes hohen Beschäftigungsniveaus, mit der Gewährleis- tung eines angemessenen sozialen Schutzes, mit der Be- kämpfung der sozialen Ausgrenzung sowie mit einem hohen Niveau der allgemeinen und beruflichen Bildung und des Gesundheitsschutzes Rechnung.“ 5. Mehr Mitwirkungsrechte für EU-Parlament Die Verträge machen die EU demokratischer, transpa- renter und effizienter. So wird das bisherige „Mitent- scheidungsverfahren“ zum ordentlichen Gesetzgebungs- verfahren in der EU. Das heißt, dass das EU-Parlament und der Ministerrat in 95 Prozent der Europäischen Ge- setzgebung zum gleichberechtigten Gesetzgeber werden. Das EU-Parlament kann in Zukunft hierbei nicht nur über das abstimmen, was die EU-Kommission vorgelegt hat, sie kann gravierende Änderungen bewirken. Auch heute schon können die Mitgliedstaaten und das EP die K l d k m G h a C d M n w f z e g d k G d n l e d t l B s h n n N e u n d e L t s p d e e t (C (D ommission auffordern, einen Rechtsetzungsakt vorzu- egen (Art. 192, 2 EGV). Mit der EU-Bürgerinitiative wird erstmals ein direkt- emokratisches Element in die EU eingeführt. Damit önnen 1 Million EU-Bürger und -bürgerinnen die Kom- ission einladen, zu einem bestimmten Bereich einen esetzesvorschlag vorzulegen. 6. Bindung an VN-Charta Es stimmt nicht, dass die Verträge die VN-Charta aus- ebeln. Im Gegenteil, durch den Vertrag wird die EU usdrücklich auf die „Wahrung der Grundsätze der harta der Vereinten Nationen“ festgelegt. Damit muss ie EU „internationale Streitigkeiten durch friedliche ittel so beizulegen, dass der Weltfriede, die internatio- ale Sicherheit und die Gerechtigkeit nicht gefährdet erden“ (Artikel 2 Absatz 3 UN-Charta). In Artikel 2 (5) EUV wird festgeschrieben: „In ihren Beziehungen zur übrigen Welt schützt und ördert die Union ihre Werte und Interessen und trägt um Schutz ihrer Bürgerinnen und Bürger bei. Sie leistet inen Beitrag zu Frieden, Sicherheit, globaler nachhalti- er Entwicklung, Solidarität, insbesondere zur Wahrung er Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen.“ Damit werden nicht nur zivile und militärische Fähig- eiten auf eine Stufe gestellt, sondern auch die gesamte emeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik an ie Charta der Vereinten Nationen gebunden. 7. Aufrüstungsverpflichtung Gegen die Bestimmung des Art. 28a EUV (3), wo- ach sich die Mitgliedstaaten „verpflichten (…), ihre mi- itärischen Fähigkeiten schrittweise zu verbessern“ und ine „Agentur für die Bereiche Entwicklung der Vertei- igungsfähigkeiten, Forschung, Beschaffung und Rüs- ung Europäisches Amt für Rüstung, Forschung und mi- itärische Fähigkeiten“ einzurichten, habe ich erhebliche edenken. Als das noch im Entwurf zu einer EU-Verfas- ung stand, war ich darüber empört und habe ich mich eftig dagegen gewandt, weil eine solche Aufgabe in ei- er Verfassung auch wegen des hohen Symbolgehalts ichts zu suchen hat und auch politisch abzulehnen ist. un steht es nicht mehr in einer Verfassung, sondern in inem Vertrag. Ich halte es gleichwohl weiter für falsch nd nicht vertretbar. Allerdings bildet diese Bestimmung nur die Realität ach, denn die Agentur wurde bereits im Jahr 2004 auf er rechtlichen Grundlage des bestehenden EU-Vertrags ingerichtet und wird also nicht mit dem Vertrag von issabon neu geschaffen. Sie ist die Nachfolgeorganisa- ion der Beschaffungsagentur OCCAR, der Westeuropäi- chen Rüstungsorganisation WEAG und der Westeuro- äischen Rüstungsgruppe WEAO. Eine ,Aufrüstungsverpflichtung“ wurde bisher nie araus hergeleitet und sollte auch in Zukunft daraus nicht ntnommen werden. Die „Verbesserung“ wurde bisher her als Effektivierung angesehen. Umfang und Ausstat- ung der Streitkräfte sowie die Höhe der Militäretats wer- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 16615 (A) ) (B) ) den weiterhin im Kompetenzbereich der Mitgliedstaaten bleiben. Außerdem wird jede Regierung für sich in An- spruch nehmen, dass sie bereits in der Vergangenheit ihre militärischen Fähigkeiten „schrittweise“ verbessert habe und dies auch in Zukunft „schrittweise“ tun werde. Ich halte diese Bestimmung gleichwohl weiter für po- litisch falsch und nicht für vertretbar. 8. Keine Einführung der Todesstrafe Die Europäische Menschenrechtskonvention wird übernommen. Sie stammt aus dem Jahr 1950. Seit den 50er-Jahren ist sie in der Bundesrepublik bereits in Kraft und unmittelbar geltendes Recht, also überhaupt nicht neu. Sie enthält viele wichtige Garantien von Menschen- und Verfahrensrechten. Sie lässt tatsächlich unter be- stimmten Umständen die Todesstrafe zu. Dies war der Kompromiss zu diesem Punkt, der damals zum Zeit- punkt der Erarbeitung der EMRK, als es in mehr Län- dern noch die Todesstrafe gab, erreicht werden konnte. Dies war jedoch für andere Staaten wie die Bundesrepu- blik inakzeptabel. Daher sind dann in der Folge zwei Zu- satzprotokolle zur EMRK verfasst worden, mit denen die Todesstrafe unter allen Bedingungen abgeschafft wird. Dabei handelt es sich um das 6. und das 13. Zu- satzprotokoll. Deutschland und eine Zahl der Europa- ratsmitglieder haben diese beiden Protokolle unterzeich- net und ratifiziert. Damit haben sie sich zu einem höheren Schutz verpflichtet, als von der EMRK vorgese- hen. Durch Art. 102 Grundgesetz ist die Todesstrafe ab- geschafft. Eine Wiedereinführung wäre nicht nur mit diesem Artikel, sondern auch mit Art. 1 Grundgesetz nicht zu vereinbaren. Resümee: Durch den Vertrag von Lissabon wird die bisherige Rechts- und Vertragslage und die daraus entwickelte po- litische Praxis in Deutschland nicht wesentlich ver- schlechtert. Die geltenden EU-Verträge von Maastricht bis Nizza sind nicht besser, sondern in einigen Punkten wesentlich schlechter, weil die sozialen Rechte bei ihnen noch viel mehr hinten anstehen, weil sie keine Grund- rechtecharta und weit geringere Rechte für das Europäi- sche Parlament enthalten. Militärische Aufrüstung und gemeinsame Militäreinsätze der EU-Staaten finden nach geltendem Vertragsrecht genauso statt, wie sie nach dem Lissabon-Vertrag stattfinden können. Das geltende Ver- tragsrecht verhindert offensichtlich nicht einmal die Be- teiligung an Angriffskriegen ohne UN-Mandat, wie sich an der Teilnahme einzelner EU-Staaten am Irakkrieg zeigt. Eine durchaus wünschenswerte Verbesserung des Vertrages von Lissabon ist nicht in Sicht. Neue Verhand- lungen würden eher zu einer Reduzierung der sozialen Rechte führen. Das Grundgesetz wird durch die Verträge in seinem wesentlichen Gehalt nicht abgeschafft, vor al- lem die Grundrechtsgarantien bleiben voll und einklag- bar in Kraft. Das gilt auch für das allgemeine Völker- recht. Militärische Einsätze der Bundeswehr bedürfen weiterhin der Zustimmung des Bundestages. n A G A G A b t d D r t g h i (C (D Aus diesen Gründen werde ich die Gesetzentwürfe icht ablehnen. nlage 5 Erklärung des Abgeordneten Volker Beck (Köln) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über die Nr. 2 der Beschlussempfehlung des Aus- schusses für die Angelegenheiten der Europäi- schen Union zu dem Entwurf eines Gesetzes zum Vertrag von Lissabon vom 13. Dezember 2007 (Tagesordnungspunkt 3 a, Drucksache 16/8917) Ich erkläre im Namen der Fraktion Bündnis 90/Die rünen, dass unser Votum „Nein“ lautet. nlage 6 Erklärung des Abgeordneten Volker Beck (Köln) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses Übersicht 10 über die dem Deutschen Bundes- tag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundes- verfassungsgericht (Tagesordnungspunkt 36 b, Drucksache 16/8791) Ich erkläre im Namen der Fraktion Bündnis 90/Die rünen, dass unser Votum „Ja“ lautet. nlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung – Entwurf eines Gesetzes zur Gewährleistung angemessener Arbeitsbedingungen für grenz- überschreitend entsandte und für regelmä- ßig im Inland beschäftigte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen (Arbeitnehmer- Entsendegesetz – AEntG) – Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Ände- rung des Gesetzes über die Festsetzung von Mindestarbeitsbedingungen (Erstes Min- destarbeitsbedingungen-Änderungsgesetz – 1. MiArbGÄndG) (Tagesordnungspunkte 14 a und b) Gerald Weiß (Groß-Gerau) (CDU/CSU): Der einge- rachte Gesetzesentwurf lässt sich nur durch die Opposi- ionsrolle der Grünen erklären. Man muss konstatieren, ass ihr Ideenreichtum anscheinend leider erschöpft ist. er vorgelegte Text ist eine schlichte Kopie des Refe- entenentwurfes aus dem Hause des Bundesarbeitsminis- ers Scholz. Es ist schön, dass die Arbeit der Bundesre- ierung so genau von den Grünen verfolgt wird, aber wir alten den Sachverhalt für so wichtig, dass wir ihn auch nnerhalb der Koalitionsfraktionen und im Rahmen des 16616 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 (A) ) (B) ) normalen und sorgfältigen Gesetzgebungsverfahrens be- arbeiten werden. Die Grünen müssten das wissen, da sie ja in der letz- ten Legislaturperiode selbst an der Regierung waren. In diesem Zusammenhang verblüfft auch die plötzliche Eile. Unter Rot-Grün hat man sich bei der Frage von Mindestlohnstrukturen bekanntlich nicht so viel vorge- nommen, um bei diesem Thema inhaltlich voranzukom- men. Wir wollen das besser machen, weswegen wir uns sehr intensiv mit der Problematik, die dem Bestreben der Koalition zugrunde liegt, beschäftigten. Nicht über- stürzt, dafür mit Sorgfalt. Der Referentenentwurf und damit der von den Grünen vorgelegte Text ist dabei nur der erste gute Entwurf, der im parlamentarischen Verfah- ren noch „ausreifen“ muss. Was ist die Grundlage für die von uns geplanten Än- derungen? Wir haben bereits im Koalitionsvertrag fest- gehalten, dass es generell Handlungsbedarf bei der Lohnfindung gibt. Wir wissen, dass es Probleme in man- chen Branchen und Regionen gibt: Billiglohnkonkurrenz aus dem Ausland, Dumpinglöhne, ruinöse Konkurrenz für arbeitsintensive mittelständische Betriebe. Dabei ha- ben wir uns das Ziel gesetzt, den Arbeitnehmern Sicher- heit zu geben und gleichzeitig Arbeitsplätze nicht zu ge- fährden. Die Koalition hat deswegen Mitte des letzten Jahres beschlossen, dass wir die unbestreitbar vorhandenen Probleme durch zwei Instrumente eindämmen möchten. Über der Idee steht generell der Gedanke: Vorfahrt für die Tarifparteien! Die Tarifparteien, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände sind die entscheidenden Akteure auf diesem Feld. Der Staat sollte sich im Sinne der Sub- sidiarität aus der Lohnfindung heraushalten und nur für die notwendigen Rahmenbedingungen sorgen. Das ma- chen wir mit dem sogenannten Entsendegesetz und der Aktualisierung des Mindestarbeitsbedingungengesetzes von 1952 zu einem Gesetz für Mindestlöhne für be- stimmte Bereiche. Worum geht es bei diesen Instrumenten? Vorrangig greift das Arbeitnehmer-Entsendegesetz. Wie es schon für den Bau umgesetzt wurde, so wurde beispielsweise das Entsendegesetz auf die Gebäudereiniger ausgewei- tet. Dies haben wir auf den ausdrücklichen Wunsch der Tarifparteien, der Arbeitgeber und Gewerkschaften, in die Wege geleitet. Die Koalition hat nun zudem verein- bart, dass Branchen mit einer Tarifbindung von mindes- tens 50 Prozent das Angebot erhalten, in das Arbeitneh- mer-Entsendegesetz aufgenommen zu werden und tarifliche Mindestlöhne zu vereinbaren. Voraussetzung ist ein gemeinsamer Antrag von Tarifvertragsparteien der betreffenden Branche bis zum Stichtag 31. März 2008. Dies ist geschehen. Das Gesetzgebungsverfahren zur Aufnahme dieser Branchen wurde nach Ablauf des Stichtages unverzüglich eingeleitet. Eine spätere Auf- nahme von Branchen wird hierdurch aber nicht ausge- schlossen. Zudem gilt: Wird im Geltungsbereich des Arbeitneh- mer-Entsendegesetzes von einer Branche erstmals ein Antrag auf Allgemeinverbindlicherklärung eines Tarif- vertrages gestellt, so ist mit diesem Antrag zunächst der T n g S k A k V d w s z n k B K G l s d l s d l 1 B a R g A s ü a S e M w b M F s l g u g H r s d V d d u s K a (C (D arifausschuss zu befassen. Innerhalb von drei Monaten ach Veröffentlichung des Antrages im Bundesanzeiger ibt der Tarifausschuss zu dem Antrag sein Votum ab. timmt der Tarifausschuss der Allgemeinverbindlich- eitserklärung zu, gilt der Mindestlohn für alle In- oder usländer. Gibt der Tarifausschuss innerhalb der Frist ein Votum über den Antrag ab, kann das Mindestlohn- erordnungsverfahren durchgeführt werden. Ein Min- estlohn-Verordnungsverfahren kann auch durchgeführt erden, wenn der Tarifausschuss mit drei zu drei ab- timmt oder die Allgemeinverbindlicherklärung mit wei zu vier abgelehnt hat. Die entsprechenden Verord- ungen werden auf Vorschlag des BMAS vom Bundes- abinett erlassen. Für den Fall konkurrierender Tarifverträge in einer ranche werden dem Verordnungsgeber durch Gesetz riterien vorgegeben, die eine an den Sachgründen des esetzeszwecks ausgerichtete Entscheidung sicherstel- en. Ferner wird entsprechend den Vorgaben des europäi- chen Rechts im Gesetzestext klargestellt, dass die Min- estlohntarifverträge ausnahmslos für alle in- und aus- ändischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer verbindlich ind. Die Kontrolle soll wie bisher durch die Behörden er Zollverwaltung erfolgen. Das zweite und nachrangige Instrument ist die Aktua- isierung des Mindestarbeitsbedingungengesetzes von 952 zu einem Gesetz für Mindestlöhne für bestimmte ereiche. Dabei geht die Koalition von der Beobachtung us, dass es zunehmend Wirtschaftszweige oder einzelne egionen gibt, in denen es entweder keine Tarifverträge ibt oder eine Tarifbindung nur für eine Minderheit der rbeitnehmer oder der Arbeitgeber besteht. Um in die- en Bereichen Mindestlöhne zu setzen, wird das Gesetz ber die Festsetzung von Mindestarbeitsbedingungen us dem Jahr 1952 gangbar gemacht und auf aktuellen tand gebracht. Es ist vorgesehen, dass ein Hauptausschuss dauerhaft ingerichtet wird. Es ist seine Aufgabe festzustellen, ob indestlöhne als Mindestarbeitsbedingungen festgesetzt erden müssen. Ein Fachausschuss wird jeweils für die etroffene Branche gebildet. Er legt fest, wie hoch der indestlohn im konkreten Fall sein soll. Die Zusammensetzung und Verfahren von Haupt- und achausschuss werden modernisiert und entbürokrati- iert, um schnelle und sachgerechte Lösungen zu ermög- ichen. Der Hauptausschuss setzt sich aus sechs unabhän- igen Experten zusammen, die in der Lage sind, mfassend die ökonomischen und sozialen Auswirkun- en von Mindestarbeitsbedingungen einzuschätzen. inzu kommt ein unparteiischer Vorsitzender mit Stimm- echt, der von den Mitgliedern des Hauptausschusses be- timmt wird. Erfolgt keine Einigung auf einen Vorsitzen- en, erfolgt die Benennung durch das Bundeskabinett auf orschlag des BMAS. Die Fachausschüsse als Gremien er betroffenen Branchen werden so zusammengesetzt, ass sich divergierende Einzelinteressen nicht blockieren nd zu einem guten Ergebnis führen. Jeder Fachaus- chuss besteht aus sechs Beisitzern, die je zur Hälfte den reisen der beteiligten Arbeitnehmer und Arbeitgeber ngehören. Hinzu kommt ein unparteiischer Vorsitzender Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 16617 (A) ) (B) ) mit Stimmrecht, der von beiden Seiten bestimmt wird. Bei Nichteinigung bestimmt den Vorsitzenden das Bun- deskabinett auf Vorschlag des BMAS. Den von einem Fachausschuss vorgeschlagener Mindestlohn kann auf Vorschlag das BMAS durch eine entsprechende Verord- nung des Bundeskabinetts festgesetzt werden. Außerhalb von Tarifverträgen sind die Vorgaben der Verordnung für alle in- und ausländischen Arbeitnehmer zwingend und unabdingbar. Für die Konkurrenz zu be- stehenden Tarifverträgen werden durch Gesetz Kriterien für eine Vorrangentscheidung vorgegeben, die eine an den Sachgründen des Gesetzeszwecks ausgerichtete Ent- scheidung sicherstellen. Eine Diskriminierung von In- und Ausländern findet nicht statt. Ganz generell liegt das Augenmerk der Koalition aber auf der Förderung und Verstärkung des derzeitigen Auf- schwungs – denn wirtschaftliches Wachstum kann ent- scheidend zu der Verhinderung von niedrigen Löhnen beitragen. Denn es gilt: Wenn es mehr Wachstum gibt, dann gibt es mehr Arbeit! Wenn es mehr Arbeit gibt, dann gibt es bessere Löhne! Unbestreitbar ist das Sozialproduktwachstum im All- gemeinen, die Produktivitätszunahme im Besonderen, ein Orientierungswert ersten Ranges für Lohnverhand- lungen. Die Große Koalition darf sich anrechnen, an den Verbesserungen dieser Schlüsselgrößen der Volkswirt- schaft großen Anteil zu haben (siehe beispielsweise das 25-Milliarden-Programm). Die 1,7 Millionen Arbeitslo- sen weniger im Vergleich zum Jahr 2005 sind da doch ein schon schöner Erfolg. Damit verbessern sich die Rahmenbedingungen für die Integration von Langzeitar- beitslosen und für angemessene Löhne. Nochmals – die Ziele sind klar: ausländische Anbieter müssen eingebunden werden; Dumpinglöhne müssen verhindert werden; es darf kein System entstehen, das Menschen in die Arbeitslosigkeit drängt; wir brauchen eine praktikable und realitätsnahe Lösung. Mehr Spielraum für bessere Löhne und die dargestell- ten Änderungen für tarifliche Mindestlöhne – das sind zwei, wie ich finde, ausgezeichnete Stränge, um den Bürgern in Deutschland zu helfen. Anette Kramme (SPD): „Alter Wein in neuen Schläuchen“, so nennt man das, was Sie uns heute prä- sentieren. Ihre beiden Anträge kommen mir sehr bekannt vor. Seien wir froh, dass wir die Schulbank seit ein paar Jahren hinter uns gelassen haben. Sonst hieße es jetzt: Note Sechs wegen Abschreibens. Ein wohlmeinender Lehrer würde vielleicht noch enttäuscht hinzufügen: Das hätte ich nicht von euch gedacht! Inhaltlich ist an den von Ihnen eingebrachten Entwür- fen zum Arbeitnehmer-Entsendegesetz sowie zum Min- destarbeitsbedingungsgesetz natürlich nichts auszuset- zen. Das BMAS hat, wie üblich, gute Arbeit geleistet. Inhaltlich teilen wir natürlich auch die genannten Forde- rungen und Ziele: Ja, wir sind für die Schaffung und Durchsetzung angemessener Mindestarbeitsbedingungen f w t n F b b ß w a b o n f a e u g a b K h d d S S m s v j o l b G S T M n r a u r a k W d b b t r w z (C (D ür Arbeitnehmer. Ja, wir treten ein für faire Wettbe- erbsbedingungen für die Unternehmen. Ja, wir möch- en auf diese Art die Befriedungsfunktion der Tarifauto- omie bewahren. Ja, wir wollen eine Regelung für den all konkurrierender Tarifabschlüsse finden. Ja, wir glau- en, dass die Relevanz des tarifschließenden Arbeitge- erverbandes und der Organisationsgrad der tarifschlie- enden Gewerkschaft hier ein wichtiges Kriterium ist. Ja, ir begrüßen, dass fiskalische Interessen des Staates Be- chtung finden sollten. Ja, wir wollen, dass in Vollzeit eschäftigte Arbeitnehmer für ihren Lebensunterhalt hne ergänzende Hartz-IV-Leistungen auskommen kön- en. Ja, wir wollen, dass der Gesetzgeber Mindestlöhne ür solche Branchen festlegen kann, in denen es weniger ls 50 Prozent tarifgebundene Mitarbeiter gibt. All dies ist uns Sozialdemokraten schon seit langem in Anliegen. Die Grünen können beruhigt sein: All dies wird von ns auch schon seit einiger Zeit gesetzgeberisch voran- etrieben. Schon am 18. Juni 2007 hat der Koalitions- usschuss vereinbart, das AEntG und das Mindestar- eitsbedingungsgesetz zu novellieren. Schon auf der abinettsklausur in Meseberg am 23./24. August 2007 at sich die Bundesregierung dahin gehend verständigt, as Arbeitnehmer-Entsendegesetz zu erweitern, wenn ie Tarifpartner einen entsprechenden Antrag stellen. chon am 11. Januar 2008 hat Bundesminister Olaf cholz zwei Gesetzesentwürfe in die Ressortabstim- ung gegeben. Diese beiden Entwürfe haben die Koalitionsbe- chlüsse eins zu eins umgesetzt. Wir halten sie nach wie or für großartig. Sie sind dazu angetan, Mindestlöhne in eder Branche entweder auf der Grundlage des einen der des anderen Gesetzes festzulegen. Mit den Grünen wollen wir für eines unserer Kernan- iegen sorgen: menschenwürdige Bezahlung für gute Ar- eit. Die Grünen haben beim Abschreiben wenigstens eschmack und ein Auge für Qualität bewiesen. Aber ie beweisen leider auch ein schlechtes Gespür für das iming. Die SPD verteidigt ihre Mindestlohnpläne seit onaten gegen viele Widerstände. Wir parieren erhobe- en Hauptes juristische Tricks, statistische Zahlenspiele- eien, Pseudogewerkschaften, konservative Häme und ndere Störfeuer. Ein Blick auf die aktuellen Entwicklungen bestärkt ns in diesem Vorgehen. Am 31. März 2008, dem vo- übergehend festgesetzten Stichtag, haben insgesamt cht Branchen ihr Interesse an der Aufnahme ins AEntG undgetan. Mit der Zeitarbeit, den Pflegediensten, dem ach- und Sicherheitsgewerbe, der Abfallwirtschaft, en industriellen Großwäschereien, der Weiterbildungs- ranche, den forstlichen Dienstleistungen und dem Berg- au wollen insgesamt rund 1,5 Millionen Beschäftigte arifvertragliche Mindestlöhne gesetzlich absichern. Dies zeigt uns zweierlei: Zum einen haben die Menschen tatsächlich ein Inte- esse an Mindestlöhnen. 1,5 Millionen Arbeitnehmer ollen künftig davon profitieren, und sogar über 70 Pro- ent der Bevölkerung geben in Umfragen an, dass für sie 16618 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 (A) ) (B) ) Mindestlöhne eine Frage fundamentaler Gerechtigkeit sind. Zum anderen sehen wir auch, dass bisher jeder ein- zelne Schritt auf dem Weg zu Mindestlöhnen gemäß den Koalitionsvereinbarungen gegangen wurde. Ich gehe selbstverständlich davon aus, dass dies auch weiterhin der Fall sein wird. Dass unser Koalitionspartner hier „zum Jagen getra- gen“ werden musste, ist zwar bedauerlich, aber letztlich egal. Wir erwarten von der Union Vertragstreue. Wir ver- lassen uns auf die Aussage von Herrn Pofalla. Er wird im Handelsblatt vom 28. Februar 2008 mit den Worten zitiert: Die Beschlüsse sind in keiner Weise infrage ge- stellt. Ganz im Gegenteil. Wir werden beide Ele- mente dieses Konzepts umsetzen. Das ist erstens die Erweiterung des Entsendegesetzes. Hier geht es darum, unfairen Lohnwettbewerb aus dem Ausland zu verhindern. Und wir werden zweitens das Min- destarbeitsbedingungsgesetz konkretisieren, damit es künftig auch in Branchen mit geringer oder gar keiner Tarifbindung Mindestlöhne geben kann. … Wir stehen zu den vernünftigen Beschlüssen des Koalitionsausschusses in dieser Frage. Das klingt doch alles sehr vielversprechend. Der Pro- zess der Mindestlohngesetzgebung ist schon seit einiger Zeit ins Rollen gekommen. Genau aus diesem Grund halte ich eine Zustimmung zu den vorliegenden Anträ- gen heute für obsolet. Dirk Niebel (FDP): Arbeitsminister Olaf Scholz will Mindestlöhne. Aber das Angebot an die Branchen, sich in das Entsendegesetz aufnehmen zu lassen, war ein Flop. Nach Ablauf der Frist Ende März hatten sich statt der erwarteten zehn bis zwölf Branchen nur sieben mit nur circa 1,43 Millionen Beschäftigten gemeldet. Und in der Zeitarbeitsbranche sind längst nicht alle Arbeitgeber- verbände und Gewerkschaften für gesetzliche Mindest- löhne, da sie eigene Tarifverträge abgeschlossen haben. Die sollen nun ausgehebelt werden, die Unternehmen werden in Geiselhaft genommen. Diese Branche, die derzeit maßgeblich am Aufschwung bei den sozialversi- cherungspflichtigen Beschäftigungen beteiligt ist, würde bei Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns zweifel- los in ihren Wachstumschancen zurückgeworfen. Damit sinken auch die Beschäftigungschancen der Arbeitneh- mer. Tarifverträge bringen die unterschiedlichen Interessen der Parteien in Einklang. Das ist mitunter schwierig, wie erst kürzlich im öffentlichen Dienst und bei der Bahn wieder gezeigt wurde. Aber es ist Aufgabe der Tarifver- tragsparteien, sich zu einigen. Wenn sie bei der Erfül- lung ihrer Aufgabe versagen, ist der Ruf nach dem Staat keine Alternative. Wer es unterstützt, dass der Staat sich massiv bei der Lohnfindung einmischt, läutet das Ende der Tarifautonomie ein. Denn das weiß man spätestens s w W P s h D u g n x b s A d l m l M t j h b d K n d r i d f F N A r b D b r l g D W b w o u c h n n m g (C (D eit Goethes Zauberlehrling: Die Geister, die man rief, ird man so schnell nicht wieder los. Das Scholz-Projekt liegt jetzt auf Eis, weil die Union iderstandskräfte mobilisiert hat. Nachdem sie bei den ostdienstleistern dem Mindestlohn die Tür geöffnet und o das Postmonopol mit anderen Mitteln festgeschrieben at, möchte sie das Kampfthema nicht weiter verfolgen. eshalb sind jetzt die Grünen in die Bresche gesprungen nd legen die Gesetzentwürfe vor, auf die sich die Re- ierung nicht einigen konnte. Das macht die Sache aber icht besser. Wir Liberalen bleiben dabei: Mindestlöhne sind ma- imaler Unsinn. Wir lehnen eine Ausdehnung des Ar- eitnehmer-Entsendegesetzes und Forderungen nach ge- etzlichen Mindestlöhnen ab. Die letzte Änderung des rbeitnehmer-Entsendegesetzes war ein Instrument, um as Monopol der Deutschen Post zu zementieren und un- iebsame Konkurrenz auszuschalten. Ich will noch ein- al daran erinnern: Die Löhne bei den privaten Dienst- eistern sind niedriger, weil die Post nicht 19 Prozent ehrwertsteuer zahlen muss. Diesen Wettbewerbsvor- eil können Private gar nicht aufholen. Ein Mindestlohn gefährdet Arbeitsplätze, wie wir es a in der Folge auch bei den Briefdienstleistern gesehen aben. Die Leidtragenden sind diejenigen, die ihre Ar- eitsplätze verloren haben, weil sie zu den neuen Min- estlöhnen nicht mehr beschäftigt werden können. Mein ollege Volker Wissing hat beim Arbeitsministerium achgefragt und die kühle Antwort bekommen, dass bei en Briefdienstleistern seit Januar 57 Unternehmen mit und 5 700 Arbeitsplätzen aufgegeben haben. Wie konnte es so weit kommen? Schwarz-Rot malt mmer noch ein Bild des Schreckens: Billiganbieter aus en Beitrittsstaaten überschwemmen das Land und ge- ährden Arbeitsplätze für deutsche Arbeitnehmer. Gern werden andere Länder mit Mindestlöhnen wie rankreich und Großbritannien als Beispiele für deren otwendigkeit aufgeführt. Dieser Vergleich ist falsch. ndere Faktoren wie die unterschiedliche soziale Siche- ung werden nicht in den Vergleich einbezogen. Wir rauchen in Deutschland keinen Mindestlohn. In eutschland sorgen die sozialen Sicherungssysteme, ins- esondere das Arbeitslosengeld II, für ein sozio-kultu- elles Existenzminimum. Das ist der gesetzlich festge- egte faktische Mindestlohn, der zum Teil über esetzlichen Mindestlöhnen in anderen Ländern liegt. arunter gibt es keine Anreize, einen Job in der legalen irtschaft anzunehmen. Für einfach qualifizierte Ar- eitslose lohnen sich gering bezahlte Tätigkeiten nicht, eil sie damit kaum mehr verdienen können, als ihnen hnehin als Transferleistung zusteht. Wir brauchen mehr Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt nd nicht noch mehr staatliche Vorgaben. Wenn gesetzli- he oder tarifliche Mindestlöhne eingeführt werden, eißt das, dass eine Tätigkeit oder eine Dienstleistung ei- en Mindestpreis kostet. Wenn die Leistung diesen Preis icht wert ist, wird die Leistung zumindest legal nicht ehr nachgefragt. Derzeit sind Arbeitskräfte mit gerin- er Produktivität vom Arbeitsmarkt praktisch ausge- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 16619 (A) ) (B) ) schlossen. Das sind vor allem Geringqualifizierte und Langzeitarbeitslose. Sie haben kaum Aussichten auf eine neue Beschäftigung im ersten Arbeitsmarkt. Dabei ha- ben wir bei der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe beschlossen, dass gerade diese Zielgruppe schnellstmöglich und dauerhaft in den ersten Arbeits- markt integriert werden soll. Und seit Hartz IV ist für Arbeitslose jede legale Arbeit zumutbar. Dann müssen aber auch angemessene Arbeitsplätze zur Verfügung ste- hen. Das wird mit einer Lohnuntergrenze nicht erreicht. Wenn dann kein ausreichendes Einkommen für den Lebensunterhalt erwirtschaftet werden kann, müssen die Einkünfte durch Transferleistungen ergänzt werden. Das ist zum Beispiel die Linie unseres Bürgergeldmodells. Hier erhält der Arbeitnehmer einen direkten Steuerzu- schuss. Das Mindesteinkommen muss gesichert sein, nicht ein Mindestlohn. Es gab schon immer Erwerbstätige, deren Einkom- men vom Staat ergänzt wurde, zum Beispiel durch So- zialhilfe oder Wohngeld. In der Sendung Kontraste wurde am 10. April 2008 aus einer Studie des DIW be- richtet, dass viele, die aufgrund der Größe ihrer Bedarfs- gemeinschaft ihre Einkünfte mit Arbeitslosengeld II auf- stocken, gar nicht von einem Mindestlohn von 7,50 Euro profitieren würden. 50 Prozent der 479 000 vollzeitbe- schäftigten Aufstocker haben einen Stundenlohn von neun oder mehr Euro. Insgesamt liegen zwei Drittel der Aufstocker über 7,50 Euro. Höchstens 15 000 alleinste- hende Erwerbstätige können wegen eines zu geringen Stundenlohns nicht von ihrem Vollzeitjob leben. Und im Baugewerbe stocken 42 000 Bauarbeiter trotz Mindest- lohn mit Arbeitslosengeld II auf. Nur in einem flexiblen Arbeitsmarkt können Unter- nehmen schnell auf neue Wettbewerbsverhältnisse re- agieren. Wir brauchen Öffnungsklauseln für betriebliche Bündnisse. Damit sind maßgeschneiderte Lösungen zur Sicherung von Arbeitsplätzen und zur Verhinderung von Arbeitslosigkeit möglich. Wir brauchen eine Wachs- tumspolitik, und wir brauchen einen funktionsfähigen Niedriglohnsektor. Die Löhne müssen sich an der Pro- duktivität orientieren. Darum müssen die wirtschaftli- chen Rahmenbedingungen so gesetzt werden, dass vor- handene Arbeitsplätze gesichert und wieder mehr Arbeitsplätze im Inland geschaffen werden. Werner Dreibus (DIE LINKE): Es ist ein legitimes Verfahren, wenn die Opposition die Koalition an ihre ei- genen Vereinbarungen erinnert und sich dazu auch der Gesetzentwürfe der Regierung bedient. Im konkreten Fall springt die grüne Fraktion jedoch zu kurz, viel zu kurz. Denn mit der Umsetzung der beiden Gesetzent- würfe würde das wesentliche Ziel einer Gesetzgebung für Mindestlöhne gerade nicht erreicht. Wir wollen doch nicht, dass lediglich die untersten Tariflöhne vom Gesetzgeber zu Mindestlöhnen erklärt werden. Wir wollen, dass Mindestlöhne festgesetzt wer- den, von denen die Menschen leben können. Davon aber ist in den Gesetzentwürfen keine Rede. F d M k b h L h k E s d d e F p a d v a s B s e F b S d d d D S s M V c s S u (C (D Keinem Mann und keiner Frau – es sind vor allem rauen, die zu Armutslöhnen arbeiten – wäre damit ge- ient, wenn Tariflöhne von 3,50 Euro oder 4 Euro zu indestlöhnen erklärt würden. Im Gegenteil: Dann be- äme Lohndumping auch noch den Segen des Gesetzge- ers. Deshalb muss – egal wie das Gesetz letztendlich eißt – an erster Stelle die Festlegung einer allgemeinen ohnuntergrenze erfolgen. Ein Mindestlohn muss so och sein, dass er bei einer Vollzeitarbeit für ein aus- ömmliches Einkommen sorgt, das heißt, er muss die xistenz sichern. Nur so wird Armut trotz Arbeit wirk- am verhindert. Der deutsche Gesetzgeber hat bereits mit der Pfän- ungsfreigrenze eine Lohnuntergrenze definiert. Sie liegt erzeit bei rund 1 000 Euro. Hätten wir in Deutschland inen Mindestlohn von 8,44 Euro pro Stunde wie in rankreich, würde bei einer Vollzeitarbeit – 38,5 Stunden ro Woche – einen Nettolohn ermöglicht, der mindestens uf der Höhe der Pfändungsfreigrenze läge. Die Höhe es Mindestlohns ist also entscheidend. Um das zu erkennen, braucht es keine Beratung der orliegenden Gesetzentwürfe hier im Plenum. Was wir brauchen, ist ein Gesetz, das, erstens, einen llgemeinverbindlichen gesetzlichen Mindestlohn fest- etzt und das, zweitens, den Tarifparteien ermöglicht, ranchenmindestlöhne abzuschließen, die über dem ge- etzlichen Mindestlohn liegen. Meine Fraktion hat dazu inen Vorschlag unterbreitet. Dem haben sich bisher alle raktionen, auch die der Grünen, verweigert. Stattdessen ringen sie jetzt Gesetzentwürfe ein, mit denen der zweite chritt vor dem ersten gemacht werden soll. Die Experten es Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts es DGB haben auf das Manko dieses Vorgehens aus- rücklich hingewiesen. Ich zitiere: Zu erwarten ist …, dass zahlreiche Lücken bleiben, wenn nicht systematisch und flächendeckend für alle in Betracht kommenden Niedriglohnbranchen Verfahren in Gang gesetzt werden. Das Fazit der Wissenschaftler, dem sich auch der GB angeschlossen hat, lautet: Die erwartbaren Regelungslücken werden auch in Deutschland dafür sorgen, dass eine universelle Lö- sung im Sinne eines allgemeinen, branchenübergrei- fenden Mindestlohns auf der Tagesordnung bleibt. Mit meinen Worten: Die Gesetzentwürfe von Minister cholz, die die grüne Fraktion hier zur Debatte stellt, ind nicht auf der Höhe der Zeit. Nur ein gesetzlicher indestlohn ist in der Lage, für alle Beschäftigten bei ollzeitarbeit Armut zu verhindern und die entspre- hende Transparenz und dadurch auch Kontrolle herzu- tellen. Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): eit Mitte letzten Jahres läuft bei der großen Koalition nter der Regie von Kanzlerin Merkel der Mindestlohn 16620 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 (A) ) (B) ) als eine Mischung aus Schmierenkomödie und Trauer- spiel und entwickelt sich, insbesondere für die Betroffe- nen, immer mehr zum Drama. Im Koalitionsausschuss wurde im Juni 2007 ein Min- destlohnverfahren festgelegt, damit zukünftig auch in Deutschland Lohndumping effektiv verhindert werden kann. Seitdem werden von der Union alle Ansätze zerre- det, zerprüft und blockiert – und die SPD steht offen- sichtlich machtlos daneben. Die Gesetzentwürfe für den Mindestlohn – das Arbeitnehmer-Entsendegesetz und das Mindestarbeitsbedingungen-Gesetz – aus dem Hause des Arbeitsministers sind bis jetzt an den ideologischen Hürden im Wirtschaftsministerium gescheitert. Glos lässt Scholz beim Mindestlohn am ausgestreckten Arm verhungern. Und ich befürchte, dass sich die Kräftever- hältnisse in der Koalition auch bis zum nächsten Koali- tionsausschuss nicht ändern werden. Während Schwarz-Rot den Mindestlohn versenkt, entwickelt sich Deutschland immer mehr zum Billig- lohnland. Die Länderstudien zum Niedriglohnsektor zei- gen für Deutschland ein niederschmetterndes Ergebnis: 6,5 Millionen Menschen in Deutschland liegen mit ih- rem Verdienst unterhalb der Niedriglohnschwelle, die Anzahl der Beschäftigten, die weniger als 5 Euro verdie- nen, ist von 2004 bis 2006 von 1,5 auf 2 Millionen ange- stiegen. Wenn CDU und CSU glauben, mit einer Niedrig- lohnstrategie künftig die Abwanderung von Unterneh- men verhindern zu können und Arbeitsplätze hier halten oder schaffen zu können, dann liegen sie falsch. Deutschlands Wirtschaft basiert nach wie vor auf Wis- sen. Von Arbeitsplatzabbau waren überwiegend gering Qualifizierte betroffen – trotz niedriger Löhne. Bei hö- her Qualifizierten sieht das anders aus: Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wurden zwischen 2001 und 2006 im Dienstleistungsbereich mehr Arbeitsplätze für höher Qualifizierte in Deutschland durch Verlagerun- gen geschaffen als abgebaut. Für eine positive Arbeits- platzbilanz brauchen wir also in erster Linie gut ausge- bildete Fachkräfte und eine Infrastruktur, die es attraktiv macht, hier zu arbeiten und zu leben. Dazu müssen wir erstens in Bildung investieren, zweitens in Bildung in- vestieren und drittens noch mal in Bildung investieren. Und genau das ist Aufgabe von Politik, und genau hier versagen Union und SPD im Bund wie in den Ländern. Eine wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Strate- gie, die auf Billiglöhne setzt, wird in eine Abwärtsspirale führen, an deren Ende jede Menge Verlierer stehen, bis hin zu den zukünftigen Rentnern, die nach vielen Jahren Arbeit zu Armutslöhnen im Alter auf Armutsrenten an- gewiesen sein werden. Profiteure sind skrupellose Un- ternehmer, die ihre unanständige Gewinnkalkulation auf Lohndumping aufbauen. Und zahlen muss am Ende der Steuerzahler, wenn die Löhne und die Renten, die nicht zum Leben reichen, aufgestockt werden müssen. Natürlich sind Mindestlöhne kein Allheilmittel gegen Armut, aber ein wichtiger Baustein, um zukünftig Armut trotz Arbeit zu verhindern. Streiten Sie also nicht länger über das Ob, sondern lassen Sie uns konstruktiv über das Wie diskutieren. Dazu bieten die Gesetzentwürfe aus d w e i d l p S G g M A S t b g d u D s s e s g T A S h g d S n s n i S S I o i d N a e F d d k (C (D em Arbeitsministerium eine Grundlage. Darum stellen ir sie hier zur Debatte. Natürlich ist das nicht eins zu ins grüne Mindestlohnpolitik. Wir Grüne setzten – das st bekannt – auf branchen- und regionalspezifische Min- estlöhne und auf das britische Modell einer Mindest- ohnkommission. Das kann aber alles im Rahmen der arlamentarischen Beratung diskutiert werden. Lassen ie uns also so bald wie möglich die Experten zu den esetzentwürfen anhören, lassen Sie uns Verbesserun- en einarbeiten und dann mit einer parlamentarischen ehrheit für Mindestlöhne entscheiden. nlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Verbot der Einfuhr, der Verarbeitung und des Inverkehrbringens von Robbenerzeug- nissen (Robbenerzeugnisse-Verbotsgesetz – RobErzVerbG) (Tagesordnungspunkt 17) Dr. Peter Jahr (CDU/CSU): Wir haben uns an dieser telle wiederholt mit dem Thema Robben und dem Tö- en der Jungrobben in der Arktis im März jeden Jahres efasst. Im Oktober vergangenen Jahres haben wir dann emeinsam beschlossen, die Bundesregierung aufzufor- ern, ein entsprechendes Gesetzesverfahren einzuleiten, m den Handel mit Robbenprodukten zu unterbinden. em entspricht der heutige Antrag. Ich schätze ein, dass wir mit dem vorliegenden Ge- etzantrag heute zunächst einen sehr wichtigen Punkt etzen können: Es wird in Deutschland hoffentlich bald in Gesetz geben, das den Handel mit Robbenerzeugnis- en verbietet. Ich empfinde das als ein erfreuliches Er- ebnis unserer gemeinsamen Arbeit, ein Erfolg für den ierschutz und ein Ergebnis gemeinsamer beharrlicher rbeit zum Schutz der Robben. Erlauben Sie mir, allen Beteiligten hier an dieser telle zu danken und der Hoffnung Ausdruck zu verlei- en, dass wir auch bei anderen Themen fraktionsüber- reifend so konstruktiv und engagiert zu Lösungen in er Sache kommen können. Mein Dank gilt an dieser telle der Bundesregierung und dem Landwirtschaftsmi- ister Seehofer, die unser Anliegen und unseren gemein- amen Antrag vom Oktober 2006 stets unterstützten und un praktisch umsetzen werden. Ausdrücklich möchte ch in meinen Dank auch die Vertreter der kanadischen taatsregierung einbeziehen. Trotz unterschiedlicher tandpunkte haben wir in der Sache stets sehr wertvolle nformationen bekommen und in den Anhörungen sehr ffen zahlreiche Argumente ausgetauscht und – so hoffe ch – viel voneinander gelernt. Ich freue mich außerdem, ass die Frage des Artenschutzes der Robben und ihres achwuchses immer eine große Rolle gespielt hat und uch jetzt wieder in den Mittelpunkt rückt. Die Fragen iner nachhaltigen Bestandspflege sind ebenso wie die ragen zur Sicherung des Lebensraumes der Robben in er sich klimatisch verändernden Welt wichtige Themen, ie wir in den kommenden Jahren nur gemeinsam lösen önnen. Ich glaube, dieser Ansatz wird auch in Kanada Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 16621 (A) ) (B) ) bei den Verantwortlichen sehr gut registriert und aner- kannt. Deswegen bin ich mir sicher, dass wir mit diesem Gesetzesvorhaben keine bilateralen Probleme mit unse- ren Freunden in Übersee riskieren. Auch wenn das nationale Handelsverbot für Robben- erzeugnisse zunächst eine wichtige Zwischenetappe zum Robbenschutz darstellt: Ein nationales Handelsverbot von Robbenerzeugnissen ist mit Sicherheit kein Schluss- punkt unserer Debatte um die Robben. Die drastischen Medienbilder über das Robbensterben kamen bisher fast immer aus Kanada. Bis heute sind Länder wie Russland oder China kaum in den Blickpunkt und in das Interesse der weltweiten Öffentlichkeit gelangt. Hier gilt es auch für uns, weiterzumachen und den Teilerfolg für den Schutz der Robben auszuweiten, im Sinne des Tierschut- zes und des Arterhalts. Es ist heute hier ein erster, wenn auch sehr wichtiger Schritt, die Massentötungen junger Robben einzuschrän- ken und womöglich einmal ganz zu verhindern. Nach wie vor setzen wir uns für ein gesamteuropäisches Han- delsverbot ein, die Bundesregierung muss da sozusagen „am Ball“ bleiben, und auch wir Parlamentarier werden darauf achten müssen. Denn nur, wenn wir unser eigenes Haus aufgeräumt haben, werden wir auch ernst genommen, wenn wir weltweit verstärkte Anstrengungen fordern, das Robben- schlachten einzudämmen oder ganz zu verbieten. Die kanadischen Erfahrungen werden dabei sehr nützlich sein. Sie sind hilfreich und beispielgebend für Beratun- gen mit den Staaten, in denen Robbentötungen weitest- gehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Ich schlage vor, dass wir die praktischen kanadischen Erfahrungen nutzen und einbeziehen. Die Verbraucher selbst haben eine wichtige Verant- wortung. Wo keine Erzeugnisse aus Robben nachgefragt werden, gibt es keinen Handel, und letztendlich werden weniger Tiere allein wegen ihres Fells getötet. Es ist wichtig, die Einfuhr aller Robbenerzeugnisse aus dem Ausland zu regeln und wenn es geht, wirksam zu unter- binden. Wir sind sicher, dass die Bundesregierung dazu rasch bundesgesetzliche Regelungen vorlegen wird. Ich erwarte in den kommenden Wochen sehr konstruktive Beratungen in den Ausschüssen und biete Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, dafür ausdrücklich unseren Sachverstand an, um zu einem guten Gesetz zu kommen. Meine Rede zum interfraktionellen Antrag am 18. Oktober 2006 habe ich mit der Hoffnung geschlos- sen, dass ich unseren Kindern und Enkeln wünsche, Robben in freier Wildbahn kennenzulernen und dass ihr Schicksal nicht den ausgestorbenen Auerochsen glei- chen möge. Mit dem heutigen Tag sind wir dieser meiner Hoffnung, die viele Menschen in diesem Land teilen, ei- nen bedeutenden Schritt entgegengekommen. Ich freue mich, dass sich unsere bisherige Arbeit gelohnt hat und die Bilder über die Gemetzel auf den polaren Eisfeldern vielleicht irgendwann einmal der Vergangenheit angehö- ren werden. Gestatten Sie mir auch noch einen Blick in die Zu- kunft, wobei ich ausdrücklich auf die Argumente unserer kanadischen Freunde eingehen möchte: Selbstverständ- l r w u A a w g s d h g s g u R d t D F r F e g s d s R b n s s i m d l I M s d h l p s n d m t J n (C (D ich muss man in dieser Welt auch über Bestandsregulie- ungen von Wildtierbeständen sprechen, wenn das not- endig erscheint. Das machen wir in Deutschland so, nd das muss man auch anderen Ländern zugestehen. ber vorher müssen noch einige Fragen gestellt und be- ntwortet werden: Erstens. Ist die Bestandsregulierung überhaupt not- endig? Gerade bei den Robben gehen da die Meinun- en weit auseinander. Während die Kanadier eine Be- tandsreduzierung für unumgänglich halten, sehen wir iese Notwendigkeit nicht. Abhilfe könnten hier unab- ängige, das heißt allgemein anerkannte Sachverständi- engutachten schaffen. Zweitens. Wenn eine Bestandsreduzierung notwendig ein sollte, muss die Frage nach einem Tötungsverfahren estellt werden, welches tierartengerecht ist. Hier haben ns die Kanadier vermittelt, dass bereits 95 Prozent der obben nicht mehr erschlagen, sondern geschossen wer- en. Drittens. Für uns steht immer die Forderung im Mit- elpunkt, kein Tier ohne vernünftigen Grund zu töten. as heißt aus deutscher Sicht, ein Tier nur wegen der ellgewinnung zu töten, wird diesem Anspruch nicht ge- echt. Das heißt im Umkehrschluss – da sind sich alle raktionen des Deutschen Bundestages wahrscheinlich inig –, dass die Bejagung von Robbenbeständen zur Ei- enversorgung der einheimischen Bevölkerung erlaubt ein muss. Wegen der genannten Gründe bin ich froh, dass wir en Gesetzesentwurf heute einbringen, und ich bin mir icher, dass es nicht das letzte Mal war, dass wir über obben im Deutschen Bundestag gesprochen haben. Ich itte Sie, den vorliegenden Gesetzentwurf der Fraktio- en von CDU/CSU und SPD wie beantragt zu überwei- en und freue mich auf die Gesetzesberatung in den zu- tändigen Ausschüssen. Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD): Wir beraten heute n erster Lesung das Robbenerzeugnisse-Verbotsgesetz, it dem wir den Import, die Be- und Verarbeitung und as Inverkehrbringen von Robbenprodukten in Deutsch- and wirkungsvoll unterbinden wollen. Wir wollen ein Einfuhrverbot für Produkte, die unter nkaufnahme von unvorstellbarem Tierleid auf den arkt kommen. Für diese Produkte werden Tiere er- chossen oder erschlagen, und häufig sterben sie nicht irekt, sondern sind noch bei Bewusstsein, wenn sie ent- äutet werden. In Zahlen gesprochen bedeutet dies: Zu kommerziel- en Zwecken werden weltweit knapp 750 000 Robben ro Jahr getötet. Über 90 Prozent dieser Tiere sind zwi- chen wenigen Wochen und drei Monaten alt. Es steht für mich außer Frage: Das Töten von Tieren, ur um ihre Felle kommerziell zu nutzen, ist ethisch urch nichts zu rechtfertigen. Wir müssen uns nicht ehr mit Fellen bekleiden, wie es unsere Vorfahren ge- an haben. Gerade die Textilindustrie hat in den letzten ahren bewiesen, dass sie dem gesellschaftlichen Trend ach ethisch korrekt erzeugter Bekleidung nachkommen 16622 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 (A) ) (B) ) kann. Sie bietet heute eine Vielzahl von Stoffen an, die in ihren Eigenschaften und ihrem Aussehen Tierfellen in nichts nachstehen. Auch in allen anderen Bereichen kön- nen wir heute auf Technologien zurückgreifen, mit deren Hilfe wir den Einsatz von Tierfellen vollständig ersetzen können. Unsere ethischen Bedenken gegen den Einsatz von Robbenfellen teilen bereits seit langem sowohl Me- xiko als auch die USA. Beide Länder haben Einfuhrver- bote für Robbenprodukte erlassen, genauso wie in jüngs- ter Zeit auch Belgien und die Niederlande. In der Schweiz verzichten die Kürschner bereits seit 1967 frei- willig auf die Verarbeitung von Robbenfellen. Leider konnten wir uns in Europa bisher auf keine gemeinsame Position zum Einfuhrverbot von Robbenerzeugnissen verständigen. Ich persönlich hätte mir eine ähnliche Re- gelung für Robbenerzeugnisse gewünscht, wie wir sie auf EU-Ebene bereits für den Import von Hunde- und Katzenfellen erarbeitet haben. Ein Importverbot für diese Fellarten tritt bekanntlich Ende des Jahres in Kraft. Zwar hat der EG-Ministerrat bereits im Jahr 1983 die so- genannte Jungrobbenrichtlinie verabschiedet und damit die Einfuhr des weißen Pelzes wenige Tage alter Robben in die Europäische Gemeinschaft untersagt. Jedoch mussten wir feststellen, dass dieses Verbot nur kurzfris- tig dazu beigetragen hat, die Jagd zu begrenzen. Die Jagdsaison beginnt nun eben zwei Wochen später, wenn die Babyrobben die in der Jungrobbenrichtlinie vorgege- bene Altersgrenze überschritten haben. Es ist für uns nicht akzeptabel, dass seit 1996 alleine in Kanada über drei Millionen Sattelrobben geschlachtet wurden. Denn wir müssen uns immer wieder vor Augen führen, worum es im Kern dieser Debatte geht: aus- schließlich um die Bedürfnisbefriedigung einer gesell- schaftlichen Minderheit, die Handschuhe, Taschen und Schuhe aus Robbenfelle trägt, um ihre eigene Eitelkeit zu befriedigen. Fellartikel, die auf diese Art als Status- symbol zur Schau getragen werden, sind völlig überflüs- sig. Ich möchte an dieser Stelle insbesondere auf die Jagdpraktiken der Kanadier eingehen, und zwar deshalb, weil Kanada für mehr als ein Drittel der weltweiten Rob- bentötungen verantwortlich ist, und weil gerade die ka- nadische Jägerlobby in den letzten Monaten nichts un- versucht gelassen hat, deutsche Abgeordnete von der Notwendigkeit der kommerziellen Robbenjagd zu über- zeugen. Es ist für mich überhaupt nicht nachvollziehbar, dass eine Regierung Jahr für Jahr die grausamen Praktiken ih- rer Jäger vor der Weltgemeinschaft verteidigt, obwohl doch der Umsatz aus diesem Geschäft nur etwas weniger als 10 Millionen Euro pro Jagdsaison beträgt. Die Vertreter der kanadischen Jägerlobby verweisen in persönlichen Gesprächen immer wieder darauf, dass ein Jagdverbot die wirtschaftliche Existenz der Inuit und anderer indigenen Gruppen zerstört. Lassen Sie mich be- tonen, dass wir mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf die berechtigten Interessen der traditionell vom Robben- fang abhängigen Menschen anerkennen und berücksich- tigen. Gleichzeitig wollen wir aber die moderne und rein kommerzielle Jagd auf Robben von der traditionellen Jagd zur Eigenversorgung abgrenzen. Sicherlich kann es sein, dass die Jagd auf Robben in ihrer bisherigen Form d i s d e k R K w k n k f e i e S f d t v n i w p P k w d l t d s t F s l E s S k t w t b z W g h w s a s d v t (C (D azu beiträgt, die wirtschaftliche Existenz bestimmter ndigener Gruppen zu sichern. Es ist aber in diesem Zu- ammenhang die legitime Frage erlaubt, mit welchen an- eren Maßnahmen sich dieses Ziel möglicherweise auch rreichen lässt. Was kann denn ein staatliches Programm osten, das die wirtschaftlichen Verluste derjenigen obbenjäger ausgleicht, die die Jagd aufgeben? Die osten dafür werden durch den zusätzlichen Imagege- inn Kanadas mehr als kompensiert. Mir ist bewusst, dass wir von hier aus nicht auf die anadische Gesetzgebung einwirken können. Wir kön- en aber dafür sorgen, dass wir in unserem Land eine lare gesetzliche Regelung für ein Importverbot schaf- en. Gleichzeitig möchte ich die Gelegenheit nutzen und inen erneuten Appell an die kanadische Regierung und hren Ministerpräsidenten, Stephen Harper, richten: Be- nden Sie diese archaische Form der Pelzgewinnung! ie gehört nicht mehr in diese Zeit! Über 80 Prozent der Deutschen sprechen sich in Um- ragen für ein striktes Importverbot aller Robbenpro- ukte aus. Diesem Wunsch haben wir uns als Parlamen- arier nicht verschlossen. Bereits im Herbst 2006 wurde on den Koalitionspartnern zusammen mit den Fraktio- en von Bündnis 90/Die Grünen und der FDP ein Antrag n den Deutschen Bundestag eingebracht. Mit diesem urde die Bundesregierung aufgefordert, sich auf euro- äischer Ebene für ein Einfuhr- und Handelsverbot mit rodukten aller Robbenarten einzusetzen, und – wenn eine gemeinsame europäische Position dazu gefunden erden kann – den Import, die Be- und Verarbeitung und as Inverkehrbringen von Robbenprodukten in Deutsch- and effektiv zu unterbinden. Die SPD-Bundestagsfrak- ion hat im September 2006 zugesagt, dass sie genau arauf achten wird, dass die Bundesregierung einen Ge- etzentwurf ausarbeitet, der dem Ansinnen des interfrak- ionellen Antrages entspricht. Der von der Regierung im ebruar dieses Jahres vorgelegte Gesetzentwurf ent- prach leider inhaltlich nicht den Vorstellungen der Par- amentarier. Auch das von der Regierung eingeleitete U-Notifizierungsverfahren für diesen Regierungsvor- chlag war und ist nicht nachvollziehbar. Nach meinem elbstverständnis haben Bundestagsabgeordnete einen laren Wählerauftrag, und der beinhaltet, Sorge dafür zu ragen, dass der Wille der Mehrheit auch umgesetzt ird. Wir sollten uns nicht darauf beschränken, alle poli- ischen Ideen und Gesetzesvorhaben vorab von Brüssel egutachten zu lassen, um sie dann in Deutschland um- usetzen. Einem möglichen Konflikt mit der EU und der TO in dieser Frage sehe ich daher ganz gelassen ent- egen. Ich freue mich sehr, dass die Regierungskoalition eute einen eigenen Gesetzentwurf vorlegt, der einen ichtigen Beitrag zum Robbenschutz leistet. Gemein- am haben wir in den letzten Wochen viele Bedenken nderer Ministerien, insbesondere die des Bundeswirt- chaftsministeriums, ausgeräumt. Lassen Sie uns nun zügig den Gesetzentwurf durch ie parlamentarischen Beratungen bringen, damit noch or der Sommerpause ein Robbenschutzgesetz in Kraft ritt, das seinen Namen wirklich verdient. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 16623 (A) ) (B) ) Mechthild Rawert (SPD): Endlich, endlich legt die Bundesregierung den „Gesetzentwurf über das Verbot der Einfuhr, der Verarbeitung und des Inverkehrbringens von Robbenerzeugnissen“ vor. Darauf haben wir Parla- mentarierinnen und Parlamentarier lange warten müs- sen. Denn schon vor eineinhalb Jahren haben wir in ei- nem interfraktionellen Antrag der Bundesregierung den eindeutigen Auftrag für ein „Handelsverbot für Robben- felle“ erteilt. Mir ist es unbegreiflich, dass sich Die Linke diesem Antrag damals nicht anschließen konnte. Vielleicht überdenkt sie heute noch mal ihre Haltung. Wir wollten und wollen nach wie vor, dass die Bun- desregierung sich auf EU-Ebene für ein europaweites Einfuhr- und Handelsverbot bei Produkten aller Robben- arten einsetzt. Damals schon hatten wir ein nationales Importverbot von Robbenprodukten gefordert, sollte ein europaeinheitliches nicht zustande kommen. Da aber dieses Verbot auf europäischer Ebene derzeit nicht abzu- sehen ist, beginnen wir heute mit diesem nationalen Ver- bots-Alleingang. Ich bin überzeugte Europäerin. Deshalb habe ich heute Morgen meine Stimme sowohl für die notwendige Grundgesetzänderung als auch für den Reformvertrag der Europäischen Union abgegeben. Dass ich von mei- nen Rechten als nationale Parlamentarierin zu nationalen Alleingängen noch am gleichen Tag Gebrauch machen werde, finde ich durchaus erwähnenswert: Die parla- mentarische Demokratie in Deutschland funktioniert also trotz aller Unkenrufe auch weiterhin! Es ist aber auch zu ärgerlich: Die Europäische Kom- mission hatte angekündigt, bis Ende 2007 eine Studie unter Federführung der Europäischen Behörde für Le- bensmittelsicherheit erstellen zu lassen, in der unter an- derem alle vorliegenden wissenschaftlichen Informatio- nen über Tierschutzaspekte bei der Robbenjagd erfasst würden. Auf dieser Grundlage wollte die Kommission dem Europäischen Parlament gegebenenfalls erforderli- che Legislativvorschläge unterbreiten. Die Studie liegt vor: Bestätigt werden die Schmerzen und das Leiden der Robben bei ihrer Tötung. Aber es passiert nichts. Von einem Einfuhr-, Ausfuhr- und Ver- kaufsverbot von Robbenprodukten ist am Gemein- schaftshimmel unserer 27 Mitgliedstaaten rein gar nichts zu sehen. Also handeln wir als deutsche Gesetzgeberin selber. Nach Belgien und den Niederlanden will ich Deutschland auf den dritten Vorreiterplatz für ein natio- nales „Handelsverbot für Robbenprodukte“ setzen. Denn die Zeit drängt: Weltweit werden jedes Jahr circa 750 000 Robben von mindestens 15 unterschiedli- chen Spezies für kommerzielle Zwecke getötet und ge- häutet. 60 Prozent der Jagd wurden 2006 von Kanada, Grönland und Namibia durchgeführt. In Kanada sind seit 1996 mehr als 3 Millionen Sattelrobben getötet worden. Kanadische Gesetze erlauben gezielte Robbentötungen: 275 000 Sattelrobben wurden allein in diesem Jahr vom kanadischen Fischerei- und Meeresministerium offiziell zum Töten freigegeben. Ich fordere die Bundesregierung auf, sich auf bilateraler Ebene weiterhin vehement für den Stopp der Robbentötungen einzusetzen. k l u R n K u w n E s v s t p d e r u n n M f f s s S v P g r A a a g b a a l f b A V f b u R n K b m (C (D Mit der heutigen ersten Lesung des Gesetzentwurfes önnen wir Parlamentarierinnen und Parlamentarier end- ich mehr tun, als uns gemeinsam mit Tierschützerinnen nd Tierschützern über das alljährlich wiederkehrende obbentöten zu entsetzen. Die Robbenjäger gehen ja icht zimperlich mit den Robben um. Insbesondere in anada werden Robben oft mit Bootshaken, Knüppeln nd Hakapiks getötet oder zu töten versucht. Danach ird den Robben das Fell abgezogen. Das erfolgt oft och bei lebendigem Leib. Ich erspare Ihnen weitere inzelheiten. Wir haben die Bilder dieser blutigen Mas- enabschlachtungen von Hunderttausenden von Robben or Augen. Weit mehr als 90 Prozent der getöteten Tiere ind Jungtiere im Alter von zwei Wochen bis drei Mona- en. Wir wollen das nationale „Handelsverbot für Robben- rodukte“ aus Gründen des Artenschutzes. Wir wollen as Verbot aus Tierschutzgründen. Mit diesem Gesetz- ntwurf tragen wir Parlamentarierinnen und Parlamenta- ier aber auch der massiven Ablehnung weiter Teile nserer Bevölkerung gegenüber der Robbenjagd Rech- ung: Eine von der britischen Opinion Research Busi- ess im Februar 2007 in Deutschland durchgeführte einungsumfrage zeigt, dass 88 Prozent der Befragten ür ein Verbot der Robbenjagd sind. 81 Prozent der Be- ragten verlangen zudem ein striktes Einfuhrverbot für ämtliche Robbenerzeugnisse. Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass die be- chriebenen Grausamkeiten in Einrichtungen wie chlachthöfen oder Forschungslaboren in Deutschland erboten sind. Selbstverständlich würden sie von uns arlamentarierinnen und Parlamentariern auch niemals eduldet oder hingenommen werden. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten hö- en, es gibt noch „Jagd“-Probleme in der CDU/CSU. uch wir unterstützen die traditionellen und deswegen usdrücklich erlaubten Robbentötungen der Inuit – aber uch nicht mehr. Ein „Waidmannsheil“ ist hier nicht an- ebracht. Warum sollten wir das brutale Töten von Rob- en hinnehmen? Meine SPD-Fraktion und vor allem uch ich selber werden die grausamen Robbentötungen uf jeden Fall nicht hinnehmen. Die Zeit drängt: Wir müssen, wollen und werden end- ich, endlich handeln! In Deutschland, in Europa gibt es ür die Robbenjagd überhaupt keinen Grund. Für Rob- enfelle und andere Robbenprodukte gibt es viele andere lternativen. Ziel unseres Gesetzentwurfes ist daher das erbot, Robbenerzeugnisse zu Erwerbszwecken einzu- ühren, zu be- oder verarbeiten oder in den Verkehr zu ringen. Ich appelliere an Sie alle: Sorgen Sie gemeinsam mit ns dafür, dass in Deutschland kein Absatzmarkt für obbenerzeugnisse wie zum Beispiel Felle oder Well- ess-Produkte mehr existiert! Ich appelliere an Sie, meine werten Kolleginnen und ollegen: Lassen Sie uns diesen Gesetzentwurf zügig eraten! Wir wollen das Gesetz doch so schnell wie öglich verabschieden. 16624 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 (A) ) (B) ) Christoph Pries (SPD): Auch in diesem Jahr haben uns im März wieder die immer gleichen Bilder von der Robbenjagd erreicht. In Kanada werden pro Jahr rund 300 000 junge Robben von Pelzjägern auf teilweise grausame Art und Weise getötet. Viele Tiere sind noch nicht tot, wenn Ihnen das Fell abgezogen wird. Daran ändert auch nichts, dass die kanadische Regierung kurz- fristig für die diesjährige Jagdsaison ihre Jagdvorschrif- ten verschärft hat. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf setzt der Deut- sche Bundestag ein Zeichen: Beim Tierschutz dürfen Pelzmäntel und Antifaltenmittel kein Hinderungsgrund sein. Gleichzeitig gewährleisten wir durch eine Ausnah- meregelung in Art. 2 des Gesetzes, dass die traditionelle Robbenjagd indigener Völker weiterhin möglich ist. Mit der Einbringung des vorliegenden Gesetzentwurfes set- zen wir den fraktionsübergreifenden Beschluss des Deutschen Bundestages vom 19. Oktober 2006 um. Wir hatten die Bundesregierung damals aufgefordert, sich auf EU-Ebene für ein gemeinschaftsweit geltendes Ein- fuhr- und Handelsverbot mit Produkten aller Robbenar- ten einzusetzen. Da ein Einfuhrverbot auf EU-Ebene, trotz der zu beobachtenden Bewegung in Brüssel, zeit- nah nicht realisierbar scheint, wird mit dem vorliegen- den Gesetzentwurf nunmehr der Forderung des Bundes- tages auf nationaler Ebene Rechnung getragen: Der Import von Robbenerzeugnissen nach Deutschland so- wie die Be- und Verarbeitung und das Inverkehrbringen von Robbenerzeugnissen in Deutschland werden unter- sagt. Mit der heutigen ersten Lesung stellen wir sicher, dass das Gesetz vor Beginn der nächsten Jagdsaison in Kraft tritt. Wir folgen damit Belgien, den Niederlanden und den USA, die bereits Import- und Handelsverbote für Robbenerzeugnisse beschlossen haben. Weitere Län- der werden folgen: Österreich, England, Frankreich und Italien bereiten zurzeit ähnliche Gesetze vor. Ich hoffe, dass es auf diesem Weg langfristig gelingen wird, zu einem europaweiten Einfuhr- und Handelsver- bot für Robbenerzeugnisse zu kommen. Hans-Michael Goldmann (FDP): Gut eineinhalb Jahre sind seit der letzten Beratung und Beschlussfas- sung des gemeinsamen Antrages hier im Haus vergan- gen. Wir, die FDP-Bundestagsfraktion, und die Kolle- ginnen und Kollegen aus den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben damals überein- stimmend beschlossen: Wenn die EU kein Handelsver- bot für Robbenprodukte auf den Weg bringt, dann solle die Bundesregierung ihrerseits auf nationaler Ebene han- deln. Diesen Entwurf hat die Bundesregierung nun ein- gebracht, und diesen Entwurf diskutieren wir heute. Auch wenn viel Zeit vergangen ist, diese Zeit war notwendig, um die Argumente zu gewichten, zu prüfen und nun zu entscheiden. Wir reden hier über ein sehr emotionales und komplexes Thema, das jedes Jahr er- neut von weltweiten Protesten begleitet wird, wenn die Robbenjagd beginnt. d j d K w w z S d d d V s z L g L L d b e d w O O N d s k d w s n w A m Z e b m n s c z a d t i n g R J d E G (C (D Ich will zwei Argumentationslinien aufgreifen. Auf er einen Seite steht der Tierschutz. Robben werden ge- agt. Und die Jäger töten die Tiere durch Schüsse und lei- er immer noch durch Schläge mit dem Hakapik oder nüppeln. Im Raum steht dabei der Vorwurf, die Tiere ürden gehäutet, während sie noch nicht völlig das Be- usstsein verloren hätten. Kanada weist diese Vorwürfe urück und betont, man habe inzwischen einen weiteren chritt eingeführt, um sicherzustellen, dass Robben bei er Häutung tot seien, und zwar durch das Durchtrennen er Schlagader. Das deutet zumindest darauf hin, dass ie kanadische Regierung engere Leitplanken für das orgehen der Jäger setzt. Diese Leitplanken müssen ein, damit das Leid der Tiere auf ein Minimum redu- iert wird. Und diese Regelungen müssen seitens der andesbehörden strengstens kontrolliert und von den Jä- ern eingehalten werden. Robben dürfen nicht ihrem eiden überlassen werden und nicht bei lebendigem eibe gehäutet werden. Punkt. Auf der anderen Seite stehen die Argumente der kana- ischen Regierung und der Ureinwohner. Am 7. April egrüßte ich zusammen mit Vertretern aller Fraktionen ine kanadische Delegation, die uns ihre Sicht der Dinge arlegte und uns Abgeordneten aber auch Rede und Ant- ort stand. Einer der Delegationsteilnehmer war Paul kalik, der Premierminister der Arktisregion Nunavut. kalik ist ein Inuit, ein Angehöriger der Ureinwohner in ordkanada. Okalik befürchtet, dass das geplante Han- elsverbot für Robbenprodukte seinem Volk einen chweren Schaden zufügen wird. Ich kenne diese Beden- en und sie wiegen schwer. Niemand stellt infrage, dass ie Inuit weiter Robben für ihre Zwecke jagen und auch irtschaftlich verwerten dürfen. Dafür enthält das Ge- etz eine Ausnahmeregelung: Und zwar dürfen Produkte ur dann noch nach Deutschland importiert werden, enn sie von Robben stammen, die in der traditionellen rt und Weise der Inuits gejagt und erlegt werden. Zwischen diesen beiden Dimensionen liegt die kom- erzielle Robbenjagd, die innerhalb eines bestimmten eitfensters eine Vielzahl von Robben für Pelze und Öle rlegt. Es bleibt dadurch bei der traurigen Bilanz, dass ei der jährlichen Robbenjagd viele Tiere unnötig leiden üssen. Die Frage ist aber, warum müssen Robben dann ach wie vor mit Knüppeln oder dem Hakapik brutal er- chlagen werden? Zuzulassen, dass daraus wirtschaftli- her Gewinn durch die Vermarktung in Deutschland ge- ogen wird, ist nicht vertretbar. Ein Wort noch zur Frage, wie die Märkte darauf re- gieren werden. Der überwiegende Teil der Robbenpro- ukte wird nach China, Osteuropa und Russland expor- iert. Dass die Märkte durch dieses deutsche Gesetz nsgesamt zusammenbrechen werden, das glaube ich icht. Für mich ist es aber auch klar, dass es keinen rundsätzlichen Unterschied bei der Jagd auf Rehe und obben gibt – solange die Regeln der ordnungsgemäßen agd eingehalten werden. Deshalb gilt es, dies den Kana- iern noch einmal deutlich zu machen. Und wenn sie das inhalten dieser Regeln gewährleisten, gibt es keinen rund mehr für ein Importverbot. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 16625 (A) ) (B) ) Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE): Bereits seit den 80er-Jahren wird die brutale und grausame Robben- jagd in der deutschen Öffentlichkeit kritisiert. Sicher können Sie nachempfinden, wie es sich anfühlen muss, die Haut am lebendigen Leibe abgezogen zu bekommen. Jetzt, nach 25 Jahren, regt sich endlich die Regierung und reagiert auf die tierquälerische Abschlachtung der Tiere. Allerdings sehr zögerlich. Eilig scheint es die Bundesregierung nicht gehabt zu haben. Deutschland bildet hier in Sachen Tierschutz eindeutig ein Schluss- licht. Denn die USA und Mexiko verhängten bereits vor Jahren ein Handelsverbot für Robbenprodukte. Von dem einstimmig angenommenen Antrag eines Einfuhr- und Handelsverbots von Robbenprodukten nach Deutschland bis zum aktuellen Bundeskabinettsbe- schluss sind nun fast zwei Jahre vergangen. Aus diesem Antrag wurde die Fraktion Die Linke übrigens nach den vorbereiteten Gesprächen ausgeschlossen. Jetzt liegt ein neuer Antrag der Koalition vor. Auch die Tatsache, dass sich die Europäische Kom- mission bisher immer noch nicht zu dem eigentlichen Ziel – einem Einfuhrverbot auf EU-Ebene – geäußert hat, ist ein Armutszeugnis. Diese Verzögerungen sind in- akzeptabel. Zum einen werden in der Zwischenzeit, bis das Ge- setz in Kraft tritt, weitere 300 000 Tiere getötet. Davon wird circa 30 000 Tieren der Schädel mit Stangen einge- schlagen, und wenn sie nicht direkt sterben, wird ihnen auch am lebendigen Leibe die Haut abgezogen. Zum anderen bekommen Länder wie Kanada die Möglichkeit, sich einen Vorrat an Robbenprodukten zu- zulegen, den sie dann nach Inkrafttreten des Gesetzes weiterhin nach Deutschland importieren dürfen. Denn nach § 4 Abs. 1 dürfen Robbenprodukte von Tieren, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes getötet wurden, wei- terhin importiert werden. Dadurch wird das Ziel des Ge- setzes, dem tierquälerischen Massenabschlachten einen Riegel vorzuschieben, zumindest vorerst unterlaufen. Für 2008 hat die kanadische Regierung 275 000 Sattelrobben und 8 200 Klappmützenrobben zur Jagd freigegeben, mit dem Einwand, dass dies zur Erholung der Kabeljaubestände notwendig sei. Wir allerdings sagen: Die Ursache für den Zusammenbruch der Ka- beljaubestände liegt in der Überfischung der Meere. Heute gelten 75 Prozent aller weltweit genutzten Fisch- bestände als überfischt oder von Überfischung bedroht. Robben hingegen bevorzugen häufig für den Men- schen unbedeutende Meerestiere. Sattelrobben fressen beispielsweise Tintenfische, zu deren Beute auch junger Kabeljau gehört. Weniger Robben heißt also auch: weni- ger Kabeljau. Bei der Festlegung der Fangquote werden auch an- dere Gefahren für die Robbenpopulationen nicht berück- sichtigt. So ist die globale Erwärmung eine akute Bedro- hung für Robben, da sie auf Packeis angewiesen sind, auf dem sie ihre Jungen zur Welt bringen. Bereits im Winter 2002 starben 75 Prozent der Jungtiere, weil das Eis so dünn war, dass die noch schwimmunfähigen Jung- robben in den ersten Wochen ertrunken sind. Auch 2007 s L b t j 1 m b a j w D s b E G n R D z b e R p e z s s S r b – f n l d w R E B N d R H r b g E o l t (C (D tarben über 200 000 neugeborene Robben im Sankt- orenz-Golf aufgrund des fehlenden Packeises schon evor die Jagd überhaupt begann. Schön, dass dieses Gesetz, wenn auch völlig verspä- et, wenigstens in der nächsten Jagdsaison im Früh- ahr 2009 greifen wird. Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Am 9. Oktober 2006 sprach sich dieses Parlament einstim- ig für ein Verbot der Einfuhr und des Handels mit Rob- enprodukten aus. Wir forderten die Bundesregierung uf, einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen. Was haben wir gewollt? Wir wollten, dass dem all- ährlichen Robbenschlachten endlich ein Ende gesetzt ird. Das entspricht auch dem Willen der Bevölkerung. enn eine Meinungsumfrage ergab im Jahr 2007, dass ich 88 Prozent der Deutschen für ein Verbot der Rob- enjagd aussprechen, 81 Prozent zudem für ein striktes infuhrverbot. Wir können die Robbenjagd in Kanada, Norwegen, rönland oder Namibia nicht verbieten. Aber wir kön- en durch ein Import- und Handelsverbot den Markt für obbenprodukte austrocknen. Ohne Markt kein Produkt. em Robbenmord wird so der ökonomische Antrieb ent- ogen. Genau anderthalb Jahre hat die Bundesregierung ge- raucht, dieses Gesetz vorzulegen. Der erste Grund für diese lange Frist: Warten auf eine uropäische Regelung. Sicher macht eine europäische egelung Sinn, denn die Schließung des gesamten euro- äischen Marktes entfaltet eine größere Wirkung als die ines einzelnen Landes. Aber schon damals waren ein- elne Nationalstaaten tätig geworden in der Absicht, ent- prechende Signale an die EU zu senden. Deutschland ollte dieses Signal verstärken, anstatt in abwartende tarre zu verfallen. Der zweite Grund für diese lange Frist waren Diffe- enzen im Kabinett. Die Bundesregierung scheute offen- ar vor den Drohungen aus den Robbenjagdländern insbesondere Kanada – zurück. Sie fürchtete Schäden ür unsere exportorientierte Wirtschaft. Und dass von ka- adischer Seite gedroht wurde, konnten wir jüngst miter- eben. Am 7. April bei einem Gespräch von Vertretern es Agrarausschusses mit einer Delegation aus Kanada urde von kanadischer Seite wörtlich gesagt, dass ein obbenerzeugnis-Handelsverbot Auswirkungen auf die U haben wird. Diese Drohungen, verbunden mit einem esuch des Bundestagspräsidenten Dr. Lammert in unavut, Kanada, haben offenbar Wirkung gezeigt: An- erthalb Jahre nach dem Bundestagsbeschluss für ein obbenerzeugnisse-Verbot und zwei Jagdperioden und underttausende tote Robben später haben die Regie- ungsfraktionen zwar einen Gesetzentwurf über das Ver- ot der Einfuhr, der Verarbeitung und des Inverkehrbrin- ens von Robbenerzeugnissen vorgelegt. Aber dieser ntwurf, auf den das Parlament, zahlreiche Tierschutz- rganisationen und die interessierte Öffentlichkeit so ange gewartet haben, stellt sich beim näheren Betrach- en als zahnloser Tiger heraus. 16626 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 (A) ) (B) ) Sicher, jede Verbotsregelung enthält aus gutem Grund auch Ausnahmen. Aber hier wird doch der gute Grund überstrapaziert. In § 2 Abs. 4 heißt es, dass Robben- erzeugnisse dann gehandelt werden dürfen, wenn sie von Tieren stammen, die von indigenen Völkern in deren tra- ditioneller Art und Weise gejagt und erlegt worden sind. Das klingt auf den ersten Blick vertretbar. Aber der Ha- senfuß kommt noch: Dafür bedarf es lediglich einer ent- sprechenden allgemeinen Bestätigung der zuständigen Behörde des Herkunftslandes gegenüber dem Agrar- ministerium, dass Robbenerzeugnisse aus ihrem Land dieser Anforderung entsprechen. Das Gesetz will also nicht wirklich zwischen aus der Jagd von Inuit stammen- den und kommerziellen Erzeugnissen unterscheiden, sondern es will die Länder danach einteilen, ob sie ins- gesamt Inuit-Produkte liefern oder nicht. Das geht völlig an der Realität vorbei. Außerdem ist es völlig aberwit- zig, darüber auch noch die Herkunftsländer entscheiden zu lassen. Zum Beispiel Kanada: Die diesjährige Quote für Ein- geborene (Aboriginals) belief sich auf 4 950, die Ge- samtquote auf 275 000 Sattelrobben. Dazu kommen etwa 25 000 Ringelrobben, die aber nicht quotiert sind. Ringelrobbenfelle sind im Übrigen bisher nie auf dem Markt aufgetaucht. Wie wollen wir mit diesem Gesetz sicher sein, dass zukünftig nur traditionelle Inuit-Fänge hier landen? Und heißt „traditionell“ wirklich mit Kajak und Harpune ge- jagt? Wie die kanadische Delegation berichtete, werden dort heute 95 Prozent der Tiere mit Jagdgewehren getö- tet. Kanada wird voraussichtlich dennoch bestätigen, dass seine Robbenprodukte aus Inuit-Jagden stammen. Unter dem Deckmantel des Schutzes nationaler Minder- heiten werden der Tierschutz und der Naturschutz kon- terkariert. So taugt das Gesetz nichts. Deshalb rate ich dringend zu einer gründlichen Überarbeitung im parlamentari- schen Verfahren. Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Antrags: Chancen des demo- graphischen Wandels im Tourismus nutzen (Tagesordnungspunkt 19) Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE): Ja, es gibt einen demo- grafischen Wandel, aber auch diesem können weitere folgen, zum Beispiel, wenn die Zahl der Geburten wie- der deutlich steigt. Ja, auch in einem weiteren Punkt stimmen wir überein: Man muss sich diesem Wandel auch im Tourismus stellen, ihn als Chance begreifen, statt ihn zu beklagen. Vieles in dem vorliegenden Antrag der Koalition ist nicht falsch. Aber solange Bundesregie- rung und Koalitionsfraktionen Tourismuspolitik nur be- treiben, um einen großen, wichtigen und expandierenden Wirtschaftsbereich markt- und konkurrenzfähiger zu ma- chen, wird sie falsche Akzente setzen. Alle umwerben die sogenannten Best Agers, „Silber- haare“ und was es noch so für charmante Bezeichnungen f m d T a e n T z B V g r n z m t B m t n T w g n E v H D r u A i w s s d A m v n d a d u g m s a d g B w s g h T g D (C (D ür die über 50-Jährigen, solventen und reiselustigen Da- en und Herren gibt. Das ist die Bevölkerungsgruppe, ie oft reist und auch nicht wenig Geld dafür ausgibt. Die ourismuswirtschaft stellt sich – völlig losgelöst und un- bhängig von Ihrem Antrag – zunehmend darauf ein, die inen mehr und die anderen weniger erfolgreich. So ist es un einmal in der Marktwirtschaft. Die Linke sieht in der ourismuspolitik vor allem die Aufgabe, Reisen für alle u ermöglichen, da Reisemöglichkeiten ein wichtiger eitrag zur Erholung, Bildung und Gesundheit sind. iele Menschen, auch Ältere, sind vom Reiseboom aus- eschlossen. Ihnen stehen viele Barrieren entgegen. Eine Barriere ist das fehlende Einkommen, die zu ge- inge Rente, die wachsende Altersarmut. Es können eben icht alle unbeschwert über das Reisen nachdenken, wie wei Drittel der Gesellschaft. Zudem befinden wir uns itten in einem Trend, der eine zunehmende Aufspal- ung der Gesellschaft befördert. Die einen haben über ildung und Arbeitsmöglichkeiten Zugang zu Einkom- en und vielen kulturellen, wirtschaftlichen und auch ouristischen Angeboten. Andere haben diesen Zugang icht und auch kaum Aussichten auf Änderung. Diesen rend zu stoppen und umzukehren, wird schwer. Aber ir müssen das erreichen! Wir brauchen also Angebote für Menschen mit niedri- en Einkommen. Gruppen von über das Einkommen be- achteiligten Menschen gibt es in allen Ländern der rde. Interessant sind die verschiedenen Ansätze, die es on Land zu Land gibt, in diesem Bereich etwas zu tun. ier lohnt der Blick in die westlichen Nachbarländer. er dortige Sozialtourismus, zum Beispiel in Frank- eich, schafft Reisemöglichkeiten für diese Menschen, nd auch die Tourismuswirtschaft partizipiert davon. uch Deutschland wäre gut beraten, endlich aktiv in der nternationalen Organisation des Sozialtourismus mitzu- irken. Weitere Barrieren sind baulicher Art bei Hotels, Gast- tätten, Kultureinrichtungen, im ÖPNV und der Infra- truktur. Ich finde es bezeichnend und unakzeptabel, ass zu Fragen des barrierefreien Tourismus in diesem ntrag der Koalition nichts steht. Wie kann man den de- ografischen Wandel als Chance nutzen wollen und die ielen Barrieren im Tourismus ausblenden? Hier geht es icht um Sonderlösungen für ein paar Behinderte, son- ern um die gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen m gesellschaftlichen Leben. Meine Erfahrungen sind, ass Barrierefreiheit letztendlich vielen zugute kommt nd zumindest niemanden stört. Rollstuhlgerechte Zu- änge und Wege erfreuen auch ältere Menschen, Eltern it Kinderwagen, Reisende mit schwerem Gepäck und elbst Kinder mit Drei- oder Laufrad und Jugendliche uf Skateboards. Ich weiß, dass nicht von einem Tag auf en anderen alle Gebäude, Wege und Verkehrsmittel um- ebaut werden können. Ich sehe aber nicht ein, dass zum eispiel für viel Geld nach wie vor ICE-Züge gebaut erden, in denen nur ein einziger Rollstuhlfahrer mitrei- en kann. Ebensowenig ist einzusehen, dass in denkmal- eschützten Gebäuden die Schaffung von Barrierefrei- eit ausgeschlossen sein soll. Moderne Heizungen und oiletten, Strom, Brandschutzanlagen und Telefonleitun- en passen schließlich auch in mittelalterliche Gebäude. er Berliner Fernsehturm ist ein typisches Beispiel: Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 16627 (A) ) (B) ) Menschen mit einem Rollator, im Rollstuhl oder mit ei- nem Blindenbegleithund dürfen auf dieses weltbekannte Berliner Wahrzeichen nicht hinauf. Der Berliner Behin- dertenverband hat deswegen für den 30. April um 11.00 Uhr zu einer Kundgebung am Berliner Fernseh- turm „Wir wollen hinauf!“ aufgerufen. Ich unterstütze diese Aktion aus vollem Herzen und hoffe, dass dies auch andere Bundestagsabgeordnete aus allen Fraktio- nen tun. Die Telekom und deren Tochter, die Deutsche Funkturm GmbH, sind als Eigentümer gefordert. Wir sollten sie bei der Lösung dieser anspruchsvollen Auf- gabe nicht allein lassen. Es ist in meinen Augen Aktionismus, wenn die Koali- tion einen tourismuspolitischen Antrag nach dem ande- ren vorlegt, um bei den ohnehin boomenden Bereichen hinterherzuschwimmen. Erst der Kreuzschifffahrtstou- rismus, dann die Geschäftsreisenden und nun die Best Agers. Wir brauchen keine Schaufensteranträge, sondern fraktionsübergreifend und unter Mitwirkung eines Tou- rismusministers spürbare Maßnahmen, um allen Men- schen den Zugang zu und die Nutzung von touristischen Angeboten zu ermöglichen. Sicher wird die Zahl der Kinder und Jugendlichen in unserem Land kleiner, si- cher sind weder Menschen mit Behinderungen noch Mi- grantinnen und Migranten die Mehrheit der Bevölke- rung. Trotzdem ist gerade hier die Politik gefragt. An erster Stelle fordern Sie von der Bundesregierung „ein Leitbild für den Deutschlandtourismus unter beson- derer Berücksichtigung der demographischen Entwick- lung … zu erstellen“. Diese Forderung teilen wir, der Bundestag muss dazu aber andere Prämissen setzen, als Sie es tun. Die Linke hat sich unter dem Titel: „Reisen für alle, für sozial gerechten, barrierefreien und ökologisch ver- antwortbaren Tourismus“ auf fünf Leitbilder verständigt, die wir gern in die Diskussion – auch um diesen Antrag – einbringen möchten. Für uns stehen im Mittelpunkt ers- tens das Recht auf Tourismus; zweitens die Rechte für die im Tourismusgewerbe Beschäftigten; drittens die Verbesserung der Barrierefreiheit; viertens die ökologi- sche Verantwortbarkeit und fünftens der Tourismus im ländlichen Raum. Und: Wenn wir über Leitbilder disku- tieren, sollten wir auch den Globalen Ethik-Kodex der Welttourismus-Organisation (UNWTO) sowie die zahl- reichen programmatischen Angebote vom Deutschen Tourismusverband, von der Nationalen Koordinierungs- stelle Tourismus – NatKo – und weiteren auf touristi- schem Gebiet tätigen Vereinen und Verbänden einbezie- hen. Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des VW-Gesetzes (Tagesordnungs- punkt 18) Rainer Brüderle (FDP): In seinem Urteil zum VW- Gesetz hat der Europäische Gerichtshof im vergangenen Herbst bemängelt, dass das VW-Gesetz abschreckend a s d l g w k e t g i s u s w G V G t u u r M c M w b s i W d d n i a e i s a b J D V B o f m (C (D uf Investoren wirkt und den freien Kapitalverkehr be- chränkt. Die Intention der Gerichtsentscheidung ist eutlich. Die Konsequenz daraus kann eigentlich nur auten: Schaffen wir das VW-Gesetz ab! Es entspricht anz sicher nicht dem Geist des Richterspruches, mit enigen Detailänderungen möglichst viele Beschrän- ungen aus dem alten Gesetz beizubehalten, auch wenn s Bestrebungen in der Bundesregierung gibt, dies zu un. Der Ordnungsruf aus Luxemburg hat die Bundesre- ierung nicht zur Vernunft gebracht. Die Protektionisten n der Regierung bauen weiter neue Barrieren um deut- che Unternehmen. Dass die Linken sich auch vor diesen Karren spannen, m beim VW-Konzern ihre Vision von einem Staats- ozialismus zu retten, wundert niemanden. Die Linken ollen möglichst viel von den Besonderheiten des VW- esetzes und der Ausnahmestellung des Unternehmens olkswagens bewahren. Das ist aber der falsche Ansatz. esetze sollten für alle Unternehmen gleichermaßen gel- en, auch das Aktiengesetz. Für eine Sonderbehandlung nd einen Schutz vor den Regeln des Kapitalmarkts gab nd gibt es keinerlei Berechtigung. Langfristig profitie- en auch die Arbeitnehmer am meisten von offenen ärkten. Arbeitsplätze können nicht per Gesetz gesi- hert werden, sondern nur, wenn ein Unternehmen am arkt erfolgreich ist und Gewinne erwirtschaftet. Volks- agen sollte sich gegenüber anderen Autobauern durch essere Autos hervortun können, nicht durch Sonderge- etze. Die Linken räumen in ihrem Antrag selbst ein, dass hr Ansinnen ordnungspolitische Bedenken hervorruft. arum sollte bei VW weniger effizient gearbeitet wer- en müssen als in anderen Unternehmen? Warum sollten ie Autos bei Volkswagen teurer produziert werden als ötig? Besonders plastisch wird das an einer Vorschrift m VW-Gesetz, die den Gewerkschaften eine einzig- rtige Stellung verschafft: Für jede Entscheidung über inen Produktionsstandort ist eine Zweidrittelmehrheit m Aufsichtsrat nötig. Gegen das Votum der Gewerk- chaften kann keine Fabrik geschlossen werden, aber uch keine neue Werkshalle an einem neuen Standort ge- aut werden. In der FAZ vom 11. Februar 2008 schreibt Joachim ahn, der den Prozess vor Ort verfolgt hat: Wie verhängnisvoll gerade diese Bestimmung ist, hat der Strafprozess um die Korruption von VW- Betriebsräten durch Lust- und Luxusreisen deutlich gemacht. Ob Bernd Pischetsrieder oder Ferdinand Piëch – kein hochkarätiger Zeuge verzichtete im Schwurgerichtssaal auf den Hinweis, dass sich das Management wegen dieser Vorschrift mit dem Vor- sitzenden des Weltbetriebsrats, Klaus Volkert, habe gutstellen müssen. ie europäischen Richter haben diese Bestimmung des W-Gesetzes nicht aufgespießt. Sie mag europäischen estimmungen nicht entgegenstehen. Sie ist aber ganz ffenkundig nicht sinnvoll. Deshalb ist ein klarer Schnitt ällig. Das System Volkswagen mit dieser Mentalität uss ein Ende haben. 16628 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 (A) ) (B) ) Die Volkswagen AG ist nicht gleicher oder ungleicher als jedes andere Automobilunternehmen in Deutschland. Als Quelle einer kreativen und leistungsfähigen For- schung und Entwicklung, als Ort einer sich ständig per- fektionierenden Produktion und als verlässlicher Steuer- zahler ist die Volkswagen AG genauso schützenswert wie kleingewerbliche Werkstätten, mittelständische Zu- lieferunternehmen und andere deutsche Automobilher- steller. Auch für dieses Unternehmen muss deshalb der Gleichheitsgrundsatz vor dem Gesetz gelten, welcher das Vertrauen in unsere Rechtsstaatlichkeit schließlich begründet. Es ist nicht die Aufgabe des Staates, Automobile zu bauen. Mit den bestehenden allgemeinen Vorschriften des Aktiengesetzes und des Handelsgesetzbuchs unter Einhaltung der Satzung der Volkswagen AG ist das Un- ternehmen auch in Zukunft ausreichend geschützt. Das Ende des VW-Gesetzes ist überfällig. Selten war eine Reform so einfach wie hier. Jetzt sollte endlich die Gele- genheit genutzt werden, das VW-Gesetz abzuschaffen und aus Volkswagen ein normales Unternehmen zu ma- chen. Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 15. Dezember 2003 über Politischen Dialog und Zusammenarbeit zwi- schen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Anden- gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten (Boli- vien, Ecuador, Kolumbien, Peru und Venezuela) andererseits (Tagesordnungspunkt 21) Eduard Lintner (CDU/CDU): Zwar ist der Grund für das vorliegende Gesetz ein eher formaler – der Aus- tritt Venezuelas aus der Andengemeinschaft –, aber die Gelegenheit, einmal – wenn auch nur kurz – über unsere Beziehungen zu Lateinamerika im Allgemeinen und zur Andengemeinschaft im Besonderen zu sprechen, ist hoch willkommen: zum einen deshalb, weil die häufig beschworene „strategische Partnerschaft“ und die vielen gemeinsamen kulturellen Wurzeln sowie das einigende Band gemeinsamer demokratischer Überzeugungen nicht nur verbal betont, sondern auch mit konkreten poli- tischen Inhalten gefüllt werden müssen, zum anderen, weil sich in Lateinamerika derzeit ein radikaler politi- scher Wandel vollzieht, der uns in Europa nicht gleich- gültig sein kann. Auch steht die Reise der Bundeskanzle- rin nach Südamerika unmittelbar bevor. Es ist also Zeit, dass auch der Deutsche Bundestag sein Interesse am Geschehen in und um Lateinamerika zeigt und bekräftigt. Zunächst einmal weist das heutige Thema darauf hin, dass sich Europa und vor allem auch Deutschland um enge, dann aber auch tatsächlich aktiv gepflegte Bezie- hungen zu den regionalen Zusammenschlüssen Anden- gemeinschaft CAN und Mercosur in Südamerika, SICA i m t d z g u m M s s u E s D w g F s p s u f d V f a s g r M k ü c k h R n t r t s A G S s g d k u j (C (D n Zentralamerika und CARIFORUM in der Karibik be- ühen sollte. Die Intensivierung der Zusammenarbeit ist in höchs- em Maße wünschenswert, weil wir sonst gegenüber den ynamisch wachsenden wirtschaftlichen Verflechtungen wischen Lateinamerika und China ins Hintertreffen zu eraten drohen. Das wäre vor allem für Deutschland eine nangenehme Entwicklung, weil gerade deutsche Fir- en in vielen Ländern – wie zum Beispiel Brasilien und exiko – einen erheblichen Teil des nationalen Brutto- ozialprodukts erwirtschaften. Und natürlich macht auch ein Rohstoffreichtum Lateinamerika höchst attraktiv für ns und ganz Europa. Hinzu kommt, dass im Hinblick auf multinationale inrichtungen – wie zum Beispiel die UNO – gemein- ame Interessen und Auffassungen bestehen, was für die urchsetzung von Reformvorhaben – wie etwa der Er- eiterung – des Sicherheitsrats von großem Interesse ist. Das reiche gemeinsame kulturelle Erbe und die enge eschichtliche Verflechtung legen es auch nahe, diese aktoren für den Ausbau der kulturellen und wissen- chaftlichen Zusammenarbeit zu nutzen. Ein Schwer- unkt der deutschen Südamerikapolitik könnte daher ein, die Zusammenarbeit von Forschungseinrichtungen nd Universitäten sowie den kulturellen Austausch zu ördern. Das Abkommen der EU mit der Andengemeinschaft, as mit dem vorliegenden Gesetz wegen des Austritts enezuelas neu ratifiziert werden muss, ist auf eine um- assende Zusammenarbeit ausgerichtet. Es ist ein über- us großzügiger, flexibler Rahmen, der eben nicht wirt- chaftliche Aspekte in den Mittelpunkt stellt, sondern leichermaßen dazu auffordert, sich auch um die Wah- ung demokratischer Grundsätze, die Einhaltung der enschenrechte und allgemeine politische Fragen zu ümmern. Das bedeutet, dass in diesem Rahmen sehr wohl auch ber die jüngsten politischen Entwicklungen in zahlrei- hen südamerikanischen Staaten gesprochen werden ann. Es ist schließlich auch wichtig, nicht die Dialogfä- igkeit mit den aktuell ins Amt gekommenen politischen epräsentanten und den exponierten Vertretern der euen, häufig populistisch und links orientierten Par- eien und Bewegungen zu verlieren. Im Rahmen eines solchen Dialogs sollte es auch da- um gehen, die europäischen Erfahrungen mit Demokra- ie, Rechtstaat und Menschen- und Bürgerrechten in den üdamerikanischen Entwicklungsprozess einzubringen. uch der Umgang mit Autonomiemodellen und dem edanken der Subsidiarität sowie der kommunalen elbstverwaltung könnten deutsche Beiträge zur in den üdamerikanischen Ländern geführten Diskussion über eeignete staatliche Institutionen sein. Ziel der Hilfe und des Dialogs kann es auch sein, an er Gestaltung der staatlichen Rechtsrahmen mitzuwir- en, die Fähigkeit zu Good Governance zu entwickeln nd Methoden zum besseren sozialen Ausgleich in den eweiligen Ländern zu unterstützen. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 16629 (A) ) (B) ) Die heutige kurze Diskussion kann nur der Anfang ei- ner künftig intensiveren Befassung des Bundestages mit dem lateinamerikanischen Subkontinent sein. Das gilt für die EU insgesamt, aber vor allem auch für Deutsch- land im Besonderen. Deutschland gehört auch in dieser Region der Erde zu den besonders angesehenen Part- nern. Das sollten wir gezielt, entschlossen und verant- wortungsbewusst nutzen. Lothar Mark (SPD): Der hier zu beratende Gesetz- entwurf „Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 15. Dezember 2003 über Politischen Dialog und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemein- schaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der And- engemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten (Bolivien, Ecuador, Kolumbien, Peru und Venezuela) andererseits“ wird von der SPD-Bundestagsfraktion voll unterstützt. Die Beziehungen zwischen der Andengemeinschaft und der EU haben bereits eine längere Tradition. Bisher basierten sie auf dem Kooperationsabkommen von 1993, das dem bereits 1983 unterzeichneten Rahmenabkom- men zwischen der damaligen EWG und dem früheren Andenpakt über wirtschafts- und handelspolitische Zu- sammenarbeit nachfolgte. Anlässlich des zweiten Gip- feltreffens der Staats- und Regierungschefs von Europa und Lateinamerika sowie der Karibik in Madrid im Jahr 2002 wurde vereinbart, die biregionale Kooperation wei- ter auszubauen und mit der Andengemeinschaft in Ver- handlungen bezüglich eines Abkommens über politi- schen Dialog und vertiefte Zusammenarbeit zu treten. Heute sehen wir mit dem hier behandelten Gesetzent- wurf das Resultat dieser Verhandlungen vor uns. Das Abkommen wurde bereits am 15. Dezember 2003 unter- zeichnet und liegt nun zur Ratifizierung vor. Das Ver- tragswerk soll das Kooperationsabkommen zwischen der EWG und der Andengemeinschaft aus dem Jahr 1993 er- weitern und den Dialogmechanismus auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs sowie auf der Minister- ebene, der 1996 mit der „Erklärung von Rom“ zwischen beiden Regionen institutionalisiert worden ist, weiterent- wickeln. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zum Abkom- men sollen die politischen und wirtschaftlichen Bezie- hungen zwischen der EU und der Andengemeinschaft intensiviert und vertieft und die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung der Andenstaaten unterstützt werden. Der Vertrag beruht auf den Grundsätzen der re- gionalen Partnerschaft und unterstreicht einen weitge- henden Wertekonsens, etwa in Bezug auf die Wahrung der Grundsätze der Demokratie, die Achtung der Men- schenrechte, sowie in Bezug auf das Rechtsstaatsprinzip. Ziel ist es, Stabilität und regionale Integration in der An- denregion sowie Armutsbekämpfung und nachhaltige Entwicklung zu fördern. Zwar enthielt das Abkommen von 1993 bereits die Wahrung demokratischer Grundsätze und Einhaltung der Menschenrechte als wesentliches Element der Zusam- menarbeit, mit dem neuen Abkommen wird die Koope- ration jedoch nochmals intensiviert und ein Abkommen der „dritten Generation“ geschlossen. Die Schwerpunkte l g g d r s g W d i K r s Z z t r b E d w l p k d n z d n s M v M w d d k z F u A ß p u r s s e s g Z s E k I g t d (C (D iegen dabei in der Institutionalisierung eines regelmäßi- en politischen Dialoges, in der Kooperation bei der en- eren regionalen Integration der Andengemeinschaft, in er Zusammenarbeit im Bereich des Handels zur besse- en Integration der Andengemeinschaft in die Weltwirt- chaft, in der Kooperation bei der Bekämpfung des ille- alen Handels mit Drogen, Kleinwaffen und leichten affen, sowie der Bekämpfung von Geldwäsche und es Terrorismus, in der Zusammenarbeit im Zollbereich, m Bereich Normen, der technischen Vorschriften und onformitätsbewertung, in der Zusammenarbeit im Be- eich Umwelt, Landwirtschaft und Energie, in der Zu- ammenarbeit im Bereich der Migration, sowie in der usammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft und Finan- en, Wissenschaft und Technik sowie Soziales und Kul- ur. Auf dem dritten Gipfeltreffen der Staats- und Regie- ungschefs der EU und Lateinamerikas sowie der Kari- ik in Guadalajara im Jahr 2004 verständigten sich die U und die Staaten der Andengemeinschaft auf die Be- eutung von Assoziierungsabkommen für die regionale irtschaftliche Integration. Die Assoziierungsverhand- ungen wurden im Juni 2007 unter deutscher EU-Rats- räsidentschaft aufgenommen. Angestrebt wird ein Ab- ommen der „vierten Generation“, dessen Zweck es ist, ie regionale Integration zu stärken und die oben ge- annten Abkommen durch neue Dimensionen zu ergän- en. Ziel ist es eine umfassendere – den Politikdialog, ie Kooperation und den Handel beinhaltende – biregio- ale privilegierte Partnerschaft zu schaffen. Diese soll ich unter anderem auf die Wahrung und Förderung der enschenrechte und demokratischen Verhältnisse, auf erantwortungsvolles Regieren, auf die Stärkung des ultilateralismus, auf die Förderung der intraandinen irtschaftlichen und politischen Integration sowie auf ie schrittweise Errichtung einer Freihandelszone grün- en. Mit dem hier vorliegenden Gesetzentwurf zum Ab- ommen soll die Voraussetzung für ein solches, noch ab- uschließendes, Assoziierungsabkommen einschließlich reihandelsabkommen geschaffen werden. Die Ratifizierung des vorliegenden Abkommens ist nter anderem auch aus diesem Grund nicht nur für die ndengemeinschaft, sondern auch für die EU von gro- er Bedeutung. Denn die EU hat ein Interesse an starken, olitisch handlungsfähigen Regionen in Weltwirtschaft nd Weltpolitik und an einer Intensivierung der Koope- ationsbeziehungen zwischen diesen – eine engere Zu- ammenarbeit zwischen der EU und der Andengemein- chaft im Hinblick auf die Vereinten Nationen wäre nur ine der vielfältigen Möglichkeiten. Insgesamt ist ein tärkeres Zusammenrücken der Regionen heute wichti- er denn je, da sich die große Herausforderung unserer eit, die sozial gerechte und ökologisch nachhaltige Ge- taltung der Globalisierung, nicht mehr auf nationaler bene bewältigen lässt. Akteure im globalen Maßstab önnen hierbei nur handlungsfähige Regionen sein, die nteressen und Politiken formulieren. Die regionale Inte- ration und die interregionale Kooperation ist heutzu- age eine der wichtigsten strategischen Antworten auf ie Globalisierung. 16630 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 (A) ) (B) ) Die Andengemeinschaft ist in diesem Bereich auf- grund ähnlicher Interessen ein prädestinierter Partner für die EU. Sie ist trotz den in den vergangenen Jahren – insbesondere durch den Austritt Venezuelas im Jahr 2006 – deutlich gewordenen ideologischen Differenzen zwischen den Mitgliedstaaten noch immer eine der tradi- tionsreichsten regionalen Organisationen innerhalb La- teinamerikas. Ihr Integrationsvorhaben ist sehr weitrei- chend und entspricht in wesentlichen Elementen den europäischen Bestrebungen. Dies zeigt sich beispiels- weise daran, dass die Rechtsvorschriften der Andenge- meinschaft direkt, das heißt ohne eine Umsetzung in na- tionales Recht, anwendbar sind und Vorrang vor dem nationalen Recht haben. Trotz der insgesamt recht hohen rechtlichen und institutionellen Ausdifferenzierung der Andengemeinschaft, bleibt diese dennoch oft hinter ih- ren Möglichkeiten zurück und befindet sich nicht zuletzt in Konsequenz der ideologischen Differenzen zwischen ihren Mitgliedstaaten derzeit in einer schwierigen Phase. Die im Abkommen vorgesehene Kooperation der EU bei der engeren regionalen Integration der Andengemein- schaft und die ebenfalls im Abkommen vorgesehene Förderung der intraandinen wirtschaftlichen und politi- schen Integration könnten dem Integrationsbündnis wichtige neue Impulse verschaffen und zur Konsensfin- dung unter den Mitgliedstaaten der Andengemeinschaft beitragen. Diese Möglichkeit sollte unbedingt ergriffen werden, denn die EU hat ein großes Eigeninteresse an Stabilität und demokratischer Entwicklung in der von großen so- zialen Ungleichheiten geprägten Andenregion – so zum Beispiel im Bereich der Sicherheit sowie der Konflikt- prävention und -bewältigung. Das europäische Wirt- schafts- und Sozialmodell mit seiner Idee von Chancen- gleichheit und Solidarität könnte im Hinblick auf die sozialen Disparitäten in der Andengemeinschaft ein inte- ressanter Bezugspunkt sein. Es liegt also im Interesse beider Seiten, die wirtschaftlichen und politischen Be- ziehungen auf gleichberechtigter Ebene weiterzuentwi- ckeln. Zudem gilt es auch die wirtschaftliche Seite der regio- nalen Kooperation nicht gering zu schätzen. Deutsch- land als politische Mittelmacht mit einer stark export- wirtschaftlichen Ausrichtung hat ein Interesse, im Rahmen der EU mit den Staaten der Andengemeinschaft zu kooperieren. Die deutsche Wirtschaft als Exporteur von Sekundärgütern benötigt entwickelte Absatzmärkte und eine mit entsprechender Kaufkraft ausgestattete Nachfrageseite. Nicht zuletzt birgt auch eine Zusammen- arbeit mit der Andengemeinschaft im Energiebereich so- wie in der Klima- und Umweltpolitik interessante Per- spektiven. Eine engere Kooperation auf diesen Gebieten wäre folglich auch wirtschaftlich von Vorteil für Deutschland und die EU. Dies gilt umso mehr, da Ko- lumbien und Peru bereits mit den USA ein Freihandels- abkommen abgeschlossen haben, wenngleich es im ko- lumbianischen Fall noch nicht ratifiziert ist. Umso dringlicher scheint es mir deshalb, dass die EU ihr Enga- gement in diesem Bereich nun ebenfalls verstärkt und mehr Präsenz zeigt. a d e D m w d s E W n g a a s w d d t r d t d G e g v d d m u s z u B e d s 2 E m e a d r K z b g a s w l m (C (D Neben der wirtschaftlichen Dimension ist jedoch uch die wertebezogene Dimension von erheblicher Be- eutung, denn die biregionale Partnerschaft basiert auf iner hohen Deckung politischer und kultureller Werte. er Abschluss eines umgreifenden politischen Abkom- ens mit der Andengemeinschaft, würde die Regionen eiter miteinander verbinden und die Glaubwürdigkeit er EU in der Beteuerung der Wichtigkeit dieser Partner- chaft unterstreichen. Denn letztlich ist Lateinamerika uropa so zugewandt wie kaum eine andere Region der elt. Diese Chance sollten wir nicht verspielen, sondern utzen. Das hier verhandelte Abkommen ist ein wichti- er Schritt in diese Richtung, denn es geht eben nicht usschließlich um wirtschaftliche Kooperation, sondern uch um die Umsetzung gemeinsamer politischer und ozialer Grundwerte. Vor dem Hintergrund der hier aufgezählten Punkte ird deutlich, wie wichtig es für beide Regionen ist, dass ie interregionale Zusammenarbeit mit dem vorliegen- en Abkommen weiter vertieft wird. Die in dem Ver- ragswerk angelegte weiterreichende Institutionalisie- ung eines regelmäßigen politischen Dialoges zwischen er Andengemeinschaft und der EU kann für beide Sei- en nur von Vorteil sein. Denn angesichts der Notwen- igkeit einer Anpassung an die Herausforderung der lobalisierung können beide Regionen im Umgang mit- inander lernen und voneinander profitieren. Der vorlie- ende Gesetzentwurf ermöglicht dies und wird deshalb on der SPD-Bundestagsfraktion unterstützt. Marina Schuster (FDP): Die FDP-Fraktion stimmt em vorliegenden Entwurf eines Gesetzes zur Vertiefung er Beziehungen zwischen den Staaten der Andenge- einschaft und der Europäischen Union zu. Es ist richtig nd wichtig und längst erforderlich, dass Europa in die- er Region eine stärkere Rolle spielt – zur Stabilisierung, ur Förderung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit nd insbesondere auch deshalb, weil Mitbewerber die edeutung der Region längst erkannt haben und wir um iniges hinterherlaufen. Es wird höchste Zeit, dies zu än- ern. Dass die Bundesregierung im Jahre 2008 einen Ge- etzentwurf zu einem Abkommen einbringt, das bereits 003 geschlossen wurde, gereicht ihr nicht gerade zur hre. Vielmehr macht dies deutlich, dass die Andenge- einschaft wie andere (latein)amerikanische Regionen ben noch kein echter „strategischer Partner“ ist, wie es uch in diesem Abkommen heißt, sondern in Wahrheit in er Außenpolitik der Bundesregierung und der EU nach- angig behandelt wird. Es ist falsch, diese Region, diesen ontinent „links liegen zu lassen“. Der Austritt Vene- uelas aus der Andengemeinschaft im Jahre 2006 ist nur edingt eine Entschuldigung. Denn wenn Sie mich fra- en, kann ich dazu nur sagen, dass dieses Abkommen uch vor 2006 längst hätte verabschiedet werden müs- en. Die aktuellen Entwicklungen in der Region stimmen enig optimistisch. Das Superwahljahr 2006 hat die po- itische Landkarte massiv verändert – und die Zusam- enarbeit nicht gerade leichter gemacht. Bolivien, das Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 16631 (A) ) (B) ) einst als entwicklungspolitisches Musterland galt, konnte erst vor kurzem mit großen Mühen eine schwere Verfassungskrise verhindern. Die Versuche von Vene- zuelas Präsident Hugo Chávez, seinen regionalen Füh- rungsanspruch immer wieder deutlich zu machen und ihn auszubauen, tun ihr Übriges, dass die Region nicht zur Ruhe kommt. Dabei sind die innenpolitischen He- rausforderungen in fast allen Staaten Lateinamerikas gi- gantisch: Massenarmut und die nach wie vor extrem un- gleiche Verteilung der Einkommen sind eine permanente Gefahr für den sozialen Frieden und die innere Stabilität der lateinamerikanischen Gesellschaften sowie der Nährboden für Kriminalität, Nepotismus und Populis- mus. Die Ineffizienz vieler Verwaltungen und die feh- lende Transparenz bei der Regierungsführung bieten weiterhin Anlass zur Sorge. Trotzdem gibt es auch in der derzeit stark variieren- den politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Landkarte Lateinamerikas Möglichkeiten für deutsche und europäische Initiativen. Auch Vertreter der Anden- gemeinschaft äußern immer wieder den Wunsch, sich enger an die EU zu binden – auch weil sie nach einem „dritten Weg“ zwischen einer Dominanz durch Vene- zuela einerseits und einer Anbindung an die USA ande- rerseits suchen. Hierin liegt unser strategisches Poten- zial, durch dessen effektive Nutzung wir unsere politischen und wirtschaftlichen Interessen verfolgen können. Politisch heißt das: werben für das Modell des demokratischen Rechtsstaates und der sozialen Markt- wirtschaft, Eintreten für bürgerliche und soziale Rechte und Anbindung an die EU. Das kann man dann wirklich als „strategisch“ bezeichnen. Wirtschaftlich heißt dies, dass wir deutsche Unternehmen, die in der Region inves- tieren wollen, besser begleiten müssen. Attraktive Ange- bote, insbesondere im Bereich der erneuerbaren Ener- gien, sind dabei durchaus vorhanden. Dass all dies nicht funktioniert, liegt auch daran, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten, also eine Seite der Ver- tragspartner des heute zu beratenden Abkommens, im Hinblick auf diese Region keine wirklich kohärente Poli- tik betreiben. Solange einzelne Mitgliedstaaten der EU unter Verweis auf ihre besonderen „historischen Bezie- hungen“ insbesondere in politischen Fragen aus dem eu- ropäischen Konsens ausscheren, wird Europa nicht wirk- lich Gewicht in dieser Region bekommen. Hier gilt es, innerhalb der EU noch eine Menge an Hausaufgaben zu machen. Ich fordere die Bundesregierung auf, hier aktiv tätig zu werden! Ich verstehe auch nicht, wieso wir national dermaßen bescheidene Ansätze verfolgen. Die Kanzlerin hat letz- tes Jahr Indien besucht und im Zuge dieser Reise ein am- bitioniertes Ziel für den bilateralen Handel zwischen Deutschland und Indien gesteckt, nämlich eine Verdopp- lung des Handels innerhalb der nächsten fünf Jahre. Ich denke wir sollten den Mut haben, uns selbst solche Benchmarks zu setzen – mit Blick auf die Andengemein- schaft, aber auch mit Blick auf Lateinamerika insgesamt, und zwar wirtschaftlich, politisch und auch in unserer Entwicklungszusammenarbeit. Das heute zu verabschie- dende Abkommen bietet dazu einen Ansatzpunkt, den die Bundesregierung nutzen sollte. Die Kanzlerin hat bei i d m d L d r m s A D d a l A s g s l e f S d d z D s G I A d W h w d r D t n m P t z A w s l z E z m „ s R r (C (D hrer Lateinamerika-Reise im Mai viele Möglichkeiten azu. Heike Hänsel (DIE LINKE): Das Abkommen, das it dem hier vorliegenden Gesetzentwurf ratifiziert wer- en soll, ist längst in Kraft. Dennoch hat die Fraktion Die inke eine Debatte dazu beantragt. Denn das Abkommen iente der Vorbereitung der jetzt anlaufenden Assoziie- ungsverhandlungen zwischen der EU und der Andenge- einschaft und hat deshalb aktuelle entwicklungspoliti- che Brisanz. Und zugleich hat sich seit Abschluss des bkommens 2003 in der Partnerregion vieles verändert. ie Hegemonie neoliberaler Entwicklungsmodelle, die iesem Abkommen noch zugrunde liegt, ist in Latein- merika mittlerweile massiv infrage gestellt und an vie- en Punkten erfolgreich aufgebrochen worden – auch im ndenraum. In Bolivien und Ecuador sind im Wider- tand gegen neoliberale Politik breite soziale Bewegun- en herangewachsen und haben schließlich einen politi- chen Wandel herbeigeführt. Gestützt auf diese Mobilisierung entwerfen die neuen inken Regierungen eine alternative Politik mit dem Ziel iner größere Teilhabe an politischer Macht und Wohl- ahrt der bislang davon ausgeschlossenen sozialen chichten und ethnischen Gruppen und mit dem Ziel, die emokratische Verfügung über die Reichtümer der Län- er gegen die Profitinteressen ausländischer Konzerne u verteidigen bzw. überhaupt erst wieder herzustellen. ie Verfassungsprozesse in diesen beiden Andenländern ind der deutlichste Ausdruck für die Suche nach neuen rundlagen für das gesellschaftliche Zusammenleben im nneren und für die Beziehungen nach außen. Die EU wird deshalb in ihrem Bestreben, mit der ndengemeinschaft ein Freihandelsabkommen nach em Muster WTO-plus abzuschließen, auf erheblichen iderstand stoßen. Das Abkommen von 2003 ist des- alb an vielen Punkten nicht mehr auf der Höhe der Zeit, enn man nach Lateinamerika schaut. Es spiegelt aller- ings zugleich die leider nach wie vor gültige neolibe- ale Freihandelspolitik der EU wider, die sich an der urchsetzung bilateraler WTO-plus-Abkommen orien- iert und die wir als Fraktion Die Linke ganz klar ableh- en: Der spätere Abschluss eines Freihandelsabkom- ens ist in dem Abkommen als Ziel formuliert; die artner werden verpflichtet, den Schutz geistiger Eigen- umsrechte nach „den strengsten internationalen Normen u gewähren“; der diskriminierungsfreie Zugang zu usschreibungen im öffentlichen Beschaffungswesen ird angestrebt; die Wettbewerbspolitik soll harmoni- iert werden. Spielräume für eine souveräne Strukturpo- itik in den Andenländern werden durch diese Zielset- ungen massiv infrage gestellt. Alle diese Punkte stehen nun auch auf der Agenda der U-Kommission für die Verhandlungen über die Asso- iierungsabkommen. An anderer Stelle ist im Abkom- en von der Stärkung der Privatwirtschaft und von der Stärkung der wirtschaftlichen Beziehungen in Schlüs- elbereichen“ wie Wasser und Energie, Öl und Gas die ede. Die Volksbewegung gegen die Wasserprivatisie- ung in Cochabamba, die Verstaatlichung der Öl- und 16632 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 (A) ) (B) ) Gasvorkommen in Bolivien und der Stand der Verfas- sungsprozesse in Bolivien und Ecuador sind über diese kaum verhohlene Absicht der EU, ihren Unternehmen den Zugang in diese „Schlüsselbereiche“ zu eröffnen, hinweggegangen. Wie überhaupt viele Absichtserklärun- gen aus diesem Abkommen, das ja noch mit den alten neoliberalen Regierungen abgeschlossen worden ist, keine praktische Umsetzung mehr finden dürften, wenn die Verfassungsprozesse in den Andenländern weiter voranschreiten. Auf Solidarität begründete Abkommen zwischen Partnern mit einem Wohlstandsgefälle, wie es zwischen der EU und den Andenstaaten besteht, sehen für die Fraktion Die Linke jedenfalls anders aus, übrigens auch für die bolivianische Regierung. Diese hat bereits 2007 einen Vorschlag für ein solidarisches, faires Abkommen zwischen EU und Andengemeinschaft vorgelegt, auf den die EU allerdings in keiner Weise reagiert hat. Ich will die wichtigsten Elemente deshalb nochmals nennen. Die bolivianische Regierung fordert, die Bedürfnisse der Bevölkerung und der Umwelt über die Interessen der transnationalen Unternehmen zu stellen, und betont den Anspruch, ihre nationale Politik in allen Bereichen sou- verän gestalten zu können. Dazu gehört sowohl die Möglichkeit, durch staatliche Anreize und Auftragsver- gaben an einheimische Unternehmen gezielte Struktur- politik zu betreiben, als auch das Recht, inländische Märkte für die eigene Landwirtschafts- und Industrie- produktion vor dem Verdrängungswettbewerb mit euro- päischen Konkurrenten zu schützen. Völlig zu Recht fordert die bolivianische Regierung, den Zugang zu Generika zu garantieren und die Zwangs- lizenzen für patentierte Medikamente auszuweiten, um den Bedarf zur Sicherung des öffentlichen Gesundheits- wesens zu decken, und das Verbot der Patentierung von Pflanzen, Samen, Tieren und Mikroorganismen sowie je- dem lebendem Material. Vor dem Hintergrund der aktu- ellen Hungerkrise in vielen Teilen der Welt möchte ich abschließend folgende Formulierung aus dem boliviani- schen Vorschlag hervorheben: Die Landwirtschaft kann nicht wie jede andere wirtschaftliche Tätigkeit behandelt werden, da von ihr die Ernährung und das Leben von Millionen von Menschen sowie das Überleben und die Kultur vie- ler Hundert indigener Völker in der Andenregion abhängen. Die Staaten haben das Recht und die Verpflichtung, die Souveränität und die Ernäh- rungssicherung ihrer Bevölkerung zu garantieren und das Gemeingut über die Interessen der Agrar- wirtschaft zu stellen. Wir haben bereits vor einiger Zeit in einem Antrag gefordert, die Anregungen aus Bolivien in die Asso- ziierungsverhandlungen aufzunehmen. Vor dem Hinter- grund der sich im Andenraum vollziehenden gesell- schaftlichen Umbrüche wird es immer wichtiger, nicht mit den alten neoliberalen Schablonen auf die Partner zuzugehen, sondern offen zu sein für alternative Vor- schläge, die von dort kommen. d G f d u n m S U z f h J l r n s d w H z b P J V n n e u m t m v u v l d a G e M K d E E g s s E A l (C (D Wir verweigern dem Gesetzentwurf zur Ratifizierung es Abkommens unsere Zustimmung und fordern neue rundlagen für eine neue Partnerschaft. Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Zum ünften Mal findet in wenigen Wochen ein Gipfeltreffen er Staats- und Regierungschefs der EU, Lateinamerikas nd der Karibik statt. Leider beschränkte sich das Ergeb- is der bisherigen Gipfel zu oft darauf, dass man die ge- einsamen Werte der beiden Regionen hochhielt. Viel ubstanzielles ist bisher noch nicht zustande gekommen. rsprüngliches Ziel der Gipfel war es, die Beziehungen wischen den beiden Regionen zu stärken und zu vertie- en, um „eine strategische Partnerschaft für das 21. Jahr- undert“ zu schaffen. Allein die Tatsache, dass es in Deutschland über vier ahre gedauert hat, das Abkommen über politischen Dia- og und Zusammenarbeit mit der Andengemeinschaft zu atifizieren, lässt die Beteuerungen, wie wichtig die Part- erschaft mit Lateinamerika und der Karibik für die EU ei, in einem anderen Licht erscheinen. In einem Licht, ass der Wichtigkeit dieser Partnerschaft nicht gerecht ird. Aber wir werden vor dem Gipfel auch in diesem ause noch Gelegenheit haben, uns hiermit eingehender u beschäftigen. Assoziationsabkommen mit regionalen Integrations- ündnissen sind ein Instrument, um die „strategische artnerschaft für das 21. Jahrhundert“ umzusetzen. Im uni 2007 haben die EU und die Andengemeinschaft erhandlungen für ein Assoziationsabkommen aufge- ommen. Sie gestalten sich jedoch zäh, ein Abschluss ist icht in Sicht. Beim Abkommen mit dem Mercosur sieht s ähnlich aus. Bei unserer heutigen Debatte geht es jedoch zunächst m ein Abkommen über politischen Dialog und Zusam- enarbeit, das wiederum die Grundlage für ein Assozia- ionsabkommen zwischen der EU und der Andenge- einschaft bildet. Die Andengemeinschaft setzt sich aus ier Staaten zusammen, die erhebliche wirtschaftliche nd politische Schwierigkeiten zu lösen haben: In Boli- ien leben 60 Prozent der Bevölkerung in Armut, in Ko- umbien fast 50 Prozent. In Bolivien und Ecuador wer- en neue Verfassungen erarbeitet. Prozesse, die, vor llem in Bolivien, zu starken Spannungen innerhalb der esellschaft führen. In Kolumbien herrscht nach wie vor in interner Konflikt. Ein Ende ist nicht in Sicht. Im ärz dieses Jahres drohte gar die Regionalisierung des onflikts, nachdem kolumbianische Truppen Mitglieder er FARC auf ecuadorianischem Gebiet töteten. In dieser unbeständigen Region kann und muss die U einen Beitrag zu Stabilität und Entwicklung leisten. in künftiges Assoziationsabkommen muss dazu beitra- en, die Demokratien zu konsolidieren, Konflikte zu lö- en, die regionale Integration zu stärken und die Wirt- chaft zu stabilisieren. So kann die EU zur nachhaltigen ntwicklung der Länder beitragen. Dabei darf nie außer cht gelassen werden, wem diese Entwicklung vor al- em zugute kommen muss: den Armen. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 16633 (A) ) (B) ) Ein faires Abkommen muss einen verbesserten Markt- zugang für landwirtschaftliche Produkte aus der Anden- gemeinschaft schaffen, nicht nur für Rohstoffe sondern auch für weiterverarbeitete Produkte. Gleichzeitig muss aber auch über ökologische und soziale Mindeststan- dards und Nachhaltigkeitskriterien gesprochen werden, ebenso wie über einen Abbau der den Handel verzerren- den Agrarsubventionen der EU. Diese Öffnung der europäischen Märkte darf aber nicht gleich wieder durch noch umfangreichere Zuge- ständnisse der anderen Seite bei Investitionen, Dienstleis- tungen und dem öffentlichen Beschaffungswesen zu- nichte gemacht werden. Nur so kann eine positive Außenhandelsbilanz der schwächeren Länder zu deren fi- nanziellen Stabilität beitragen. Und ihnen muss das Recht zugestanden werden, mit dem Ziel der Ernährungssouve- ränität ihren Agrarsektor zu schützen – und ebenso den sich noch im Aufbau befindenden Industrie- und Dienst- leistungssektor. Besonders Bolivien wehrt sich gegen Li- beralisierungsdruck von Seiten der EU. Den Partnerlän- dern muss das Recht zugestanden werden, ihren eigenen Entwicklungspfad zu definieren und zu beschreiten. Anlage 12 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Fonds Ökowandel – Neues Wirtschaften mit altem Geld – Der grüne Fonds aus den Rückstellungen der Atomwirt- schaft (Tagesordnungspunkt 20) Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU): Die Stilllegung und der Rückbau von Kernkraftwerken sowie die Ent- sorgung der radioaktiven Abfälle sind sensible und kom- plexe Themen, die gerne zu populistischer Politik ausge- nutzt werden. Aber schauen wir doch zunächst einmal auf die Fakten. In Deutschland gehört die sach- und fachgerechte Beseitigung eines ausgedienten Kernkraft- werkes zu den wirtschaftlichen Angelegenheiten der Be- treiberfirmen. Für diese atomrechtlich vorgeschriebenen Aufgaben bilden die Energieunternehmen bilanzielle Rückstellungen, um Sorge zu tragen, dass die künftige Finanzierung sichergestellt ist. Die handelsrechtlich vor- geschriebenen Rückstellungen sind grundsätzlich in die Steuerbilanz zu übertragen. Die Finanzierung von Still- legung und Rückbau sowie Abfallentsorgung hat somit wirtschaftliche, atomrechtliche und steuerrechtliche Be- standteile. Aus Sicht der Union gibt es keinen Grund, daran zu rütteln. Alle Regierungen, auch die rot-grüne, haben bis- her alle Fondsmodelle zu Recht abgelehnt. Sie von den Grünen waren es doch, die mit der SPD einen Gesetzent- wurf von Herrmann Scheer, der von 32 weiteren SPD- Abgeordneten unterzeichnet war, zugunsten des soge- nannten Atomkonsenses abgelehnt haben. Sie waren es doch, die 2003 eine entsprechende Forderung der dama- ligen Vizepräsidentin und Kommissarin für Verkehr und Energie der EU-Kommission, Loyola de Palacio, aus „nuklearwirtschaftlichen und aus übergeordneten Grün- den“ abgelehnt haben. Nun, da Sie nicht in der Verant- w d l n w g g Z v b d D d t n g d g n n H m w E g E s s l w B v t i g W m n m w l w b d g s o w E k (C (D ortung sind, fordern Sie genau das, was Sie selber in er Regierung nicht umgesetzt haben. Ich erinnere Sie gerne daran, weshalb Sie wahrschein- ich damals der Meinung waren, dass ein externer Fonds icht die beste Lösung ist. Ein Fonds bietet beispiels- eise keine höhere Sicherheit der Finanzierung. Im Ge- enteil. Das Rückstellungssystem der deutschen Ener- ieunternehmen durchläuft mehrere Kontrollinstanzen. uerst werden die Unterlagen des Kraftwerkbetreibers on einer unabhängigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft egutachtet. Das Ergebnis wird dann durch die zustän- ige Finanzverwaltung erneut und vollständig überprüft. as ist eine Kontrolldichte, die in Umfang und Tiefe je- em externen Fonds überlegen ist. Die deutsche Rückstellungspraxis ist aber auch sys- embedingt die bessere Lösung. Bei einem Fonds haften ur die Fondsmittel; bei dem Rückstellsystem stehen die esamten Aktiva des Unternehmens für die Erfüllung er Entsorgungsverpflichtung zur Verfügung und auf- rund bestehender Unternehmensverträge zusätzlich och die Aktiva der Konzernmütter. Außerdem hat mir och niemand beweisen können, dass Geld in staatlicher and besser angelegt ist als bei Wirtschaftsunterneh- en; im Gegenteil: Die DDR lässt grüßen. Aber auch juristisch würde eine Fondslösung auf ackligen Beinen stehen, kommt sie schließlich einer nteignung gleich. Das deutsche Rückstellsystem hinge- en ist bis in die höchsten Instanzen geprüft. So hat der uropäische Gerichtshof im Dezember 2007 die Rück- tellungspraxis einer eingehenden juristischen, betriebs- owie volkswirtschaftlichen und steuerrechtlichen Ana- yse unterzogen und ist zu dem Urteil gekommen, dass eder eine Vergünstigung im Sinne einer staatlichen eihilfe noch ein Wettbewerbsvorteil oder ein Steuerpri- ileg vorliegt. Das einzige Argument, was mir den Antrag sympa- hisch macht, ist, dass er bei Annahme den Atomkonsens ns Wanken bringen würde. In Ziffer III 2. der Kernener- ieverständigung vom 14. Juni 2006 ist festgelegt: Die Bundesregierung wird keine Initiative ergrei- fen, mit der die Nutzung der Kernenergie durch ein- seitige Maßnahmen diskriminiert wird. Dies gilt auch für das Steuerrecht enn Sie, meine Damen und Herren von den Grünen, it diesem Antrag also bezwecken wollen, den soge- annten Atomkonsens aufzukündigen, dann haben Sie eine volle und ganze Unterstützung. Sie wissen, aber ollen es nicht wahrhaben, dass dieser politisch willkür- ich festgelegte Ausstieg weder umweltpolitisch noch irtschaftspolitisch sinnvoll und schon gar nicht ver- raucherfreundlich ist. Man kann die Zahlen und Fakten rehen und wenden wie man will, es ist unmöglich, alles leichzeitig zu erreichen: die Klimaschutzziele, die Ver- orgungssicherheit, bezahlbaren Strompreis – und dies hne Kern- und Kohlekraftwerke. Wir können es gerne gemeinsam durchrechnen. Sagen ir einmal, wir schaffen es, den Anteil der erneuerbaren nergien in 2020 auf 30 Prozent zu erhöhen. Damit önnte der Anteil der Atomkraft ersetzt werden. Aber 16634 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 (A) ) (B) ) was ist mit den anderen 70 Prozent? Über zwei Drittel unseres Strombedarfs werden wir dann immer noch durch schadstoffreiche, fossile Energieträger abdecken müssen. Schauen wir mal über unsere Landesgrenzen hinaus. Während in Deutschland der Ausstiegsbeschluss noch steht, werden in anderen Ländern rund um den Globus, etwa in Finnland, Frankreich, China und den USA, die Laufzeiten von Kernkraftwerken verlängert oder neue Kernkraftwerke gebaut. Die Welt orientiert sich nicht an demjenigen, der aussteigen will, sondern geht exakt den umgekehrten Weg. Darum wird für die Union die Kern- energie auch künftig im deutschen Energiemix eine ent- scheidende Rolle spielen. Denn wenn wir einen europäi- schen Binnenmarkt für Strom haben, dann entscheidet der Verbraucher, von wem er den Strom bezieht. So kann es passieren, dass wir eines Tages in großem Umfang Kernenergie aus anderen europäischen Ländern impor- tieren müssen, und dann hätten wir mit Zitronen gehan- delt. Italien ist dafür ein warnendes Beispiel. Das Land hat 1987 den Ausstieg beschlossen und 1990 den letzten Re- aktor vom Netz genommen. Dafür beziehen die Italiener jetzt rund 14 Prozent ihres Stromverbrauchs aus auslän- dischen Kernkraftwerken. Ein Vorbild, dem Deutschland nicht folgen sollte. Deutschland sollte lieber seine bisherige Vorreiter- rolle fortführen. Wir haben nicht nur die Chance, unsere nationalen und internationalen Klimaschutzziele zu er- reichen. Es ist sogar möglich sie zu übertreffen. Wir kön- nen 45 statt 40 Prozent der Treibhausgase bis 2020 redu- zieren, wenn wir denn wollen und der eine oder andere seine ideologischen Scheuklappen ablegt. Dazu müssen wir nur die politisch willkürliche Verkürzung der Lauf- zeiten der Kernkraftwerke zurücknehmen. Diese Lösung ist nicht nur umweltfreundlich, sondern auch wirtschaft- lich. Kosten in der Größenordnung von 5 Milliarden Euro pro Jahr könnten uns erspart bleiben. Das ist im- merhin fast das 6,5-fache des Jahresetats des Bundesum- weltministeriums. Von den Grünen kommt doch immer die Forderung, mehr für den Verbraucher und den Wettbewerb zu tun. Hier wäre es möglich; doch Sie verweigern sich. Für Sie und für Teile der SPD ist das zwanghafte Festhalten am Ausstieg aus der Kernkraft wichtiger als die Energiever- braucher, also die Haushalte, die Menschen und die Wirtschaft, in einer Größenordnung von 6 Prozent zu entlasten. Der Ausstieg aus dem Ausstieg wäre nicht nur wirt- schaftlich und umweltfreundlich, sondern auch ein Bei- trag zur Versorgungssicherheit unseres Landes. Denn wenn wir die erneuerbaren Energien wie geplant massiv ausbauen, wird deren Anteil auf 30 bis 35 Prozent er- höht. Wenn wir gleichzeitig die Kernenergie weiterlau- fen lassen, liefert diese weitere 30 Prozent. So könnten wir in 2020 über zwei Drittel der Stromproduktion na- hezu CO2-frei und importunabhängig herstellen. Mit dieser Entscheidung könnten wir eine Win-win- Situation nicht nur für Deutschland, sondern für die g g z s n V s i t u d r k w s w D w S r s n n w d d R b t l w s s k d d l s a d 3 k E s s V b d s z f i n i r (C (D anze Welt schaffen. Lassen Sie uns doch die technolo- ische Leistungsfähigkeit Deutschlands bei der Stromer- eugung – sei es bei den erneuerbaren Energien, wo wir ehr gut aufgestellt sind, sei es durch Clean-Coal-Tech- ologie, die vielleicht ab 2020 auch wirtschaftlich zur erfügung steht – als auch im Gebäudebereich mit Ein- parungen, Wärmedämmung und anderen Dingen sowie m Transportbereich nutzen. Mit dieser Strategie könn- en wir nicht nur in Deutschland Klimaschutz betreiben nd einen weltweiten Beitrag leisten, sondern wir wür- en auch noch etwas für die Wettbewerbsfähigkeit unse- es Standorts tun sowie Arbeitsplätze und eine gute Zu- unft für Deutschland schaffen. Energieeinsparungen, ein weitreichender und ausge- ogener Energiemix und der Ausstieg aus dem Ausstieg ind die Schritte auf dem Weg zu einer sicheren, um- eltfreundlichen und bezahlbaren Energieversorgung in eutschland. In den ersten beiden Punkten herrscht ja eitestgehend Einigkeit. Wenn dieser Antrag der erste chritt zum Ausstieg aus dem Ausstieg sein sollte, wä- en wir von der Union gerne bereit, über die Inhalte zu prechen. Da dies aber aller Wahrscheinlichkeit nach icht der Fall ist, lehnen wir den Antrag ab. Rolf Hempelmann (SPD): Wir diskutieren heute ei- en Antrag der Grünen, in dem für einen „Fonds Öko- andel“, für „Neues Wirtschaften mit altem Geld“ plä- iert wird. Kurz gesagt, geht es den Antragstellern arum, die von den Betreibern der Kernkraftwerke im ahmen ihrer nuklearen Entsorgungsverpflichtungen ge- ildeten Rückstellungen in einen öffentlich kontrollier- en Fonds zu überführen, dessen Tätigkeit dann an öko- ogischen, sozialen und ethischen Kriterien auszurichten äre. Einerseits soll auf diese Weise die Finanzierungs- icherheit des Systems erhöht werden, und andererseits oll nachhaltiges Investment gefördert werden. Beides lingt durchaus positiv. Problematisch ist allerdings, ass uns kaum schlüssig dargelegt wird, wie insbeson- ere das erste der beiden genannten Ziele auf der Grund- age des vorgeschlagenen Fonds sichergestellt werden oll. Hier machen es sich die Grünen zu leicht. Vergegenwärtigen wir uns doch zunächst einmal die ktuelle Praxis der Rückstellungsbildung: Aktuell wer- en die Rückstellungen, die sich inzwischen auf rund 0 Milliarden Euro belaufen, durch Passivierung der ünftigen Verbindlichkeit in der Handelsbilanz gebildet. s wird mithin ein Aufwand verbucht, ohne dass tat- ächlich Mittel aus dem Unternehmen abfließen. Damit oll sichergestellt werden, dass die zur Erfüllung der erpflichtung notwendigen Mittel im Unternehmen ver- leiben und nicht ausgeschüttet werden. Die Folge ist, ass sich in dem jeweiligen Geschäftsjahr der zu ver- teuernde Gewinn mindert und die rückgestellten Mittel ur Innenfinanzierung innerhalb des Konzerns zur Ver- ügung stehen. Im Blick über den nationalen Tellerrand st dies ein Finanzierungssystem, das durchaus Anerken- ung findet. Ich denke, wir alle haben insbesondere aufgrund der n den kommenden Jahrzehnten in Deutschland und Eu- opa anstehenden Stilllegungen von Kernkraftwerken Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 16635 (A) ) (B) ) ein großes Interesse an einem Rückstellungssystem, das langfristig sicherstellt, dass die für die Verwertung radio- aktiver Reststoffe, für die Beseitigung radioaktiver Ab- fälle und für die Stilllegung der Atomkraftwerke not- wendigen Mittel im Bedarfsfall auch tatsächlich zur Verfügung stehen. Hier muss das Verursacherprinzip gelten, und das bedeutet auch, dass Risiken, die dazu führen könnten, dass letztendlich der Bund für die Fi- nanzierung der Entsorgung geradezustehen hätte, konse- quent minimiert werden müssen. Insofern und gerade auch vor dem Hintergrund, dass sich die Rahmenbedin- gungen für die Finanzierung der nuklearen Entsorgung seit 1976 erheblich verändert haben – Liberalisierung der deutschen und europäischen Energiemärkte, Aus- stieg aus der Nutzung der Kernenergie –, ist es sicherlich absolut legitim, darüber nachzudenken, wie diese Finan- zierungssicherheit weiter erhöht werden kann. Gerade an dieser Stelle allerdings scheint mir der vor- liegende Antrag wenig überzeugend zu sein. Die Konse- quenz seiner Umsetzung wäre doch, dass die bislang be- reits rückgestellten genauso wie die in Zukunft noch angesammelten Mittel komplett in den neu gebildeten Fonds abfließen würden. Damit aber würden diese Mit- tel den durch das Atomrecht zur nuklearen Entsorgung verpflichteten Energieversorgungsunternehmen entzo- gen und stünden für den eigentlichen Verwendungs- zweck jedenfalls zunächst einmal nicht mehr zur Verfü- gung. Mehr finanzielle Sicherheit für das nukleare Entsorgungssystem bedeutet dies nicht, wohl aber einen sehr weitreichenden Eingriff in bestehende Rechtsposi- tionen der betroffenen Unternehmen, der wohl kaum ohne größere juristische Auseinandersetzungen hinge- nommen werden würde. Wir sollten daher an dieser Stelle keine Schnell- schüsse vornehmen, sondern gründlich darüber nachden- ken, mit welchen konkreten Maßnahmen sich tatsächli- che Verbesserungen des bestehenden Systems erreichen lassen. Dabei stehen wir alle in der Pflicht, bei der Frage der nuklearen Entsorgung und deren Finanzierung die größtmögliche Sorgfalt walten zu lassen. Experimente wie ein „Fonds Ökowandel“ sind hier kein angemesse- ner Ansatz. Christoph Pries (SPD): Der vorliegende Antrag von Bündnis 90/Die Grünen greift ein wichtiges Thema auf, welches uns in den kommenden Jahren verstärkt be- schäftigen wird. Die EU-Kommission geht davon aus, dass bis 2025 ein Drittel der Atomkraftwerke in der Europäischen Union stillgelegt werden muss. Es besteht darüber Kon- sens, dass eine ausreichende Finanzierung des Rückbaus von Atomkraftwerken und der Entsorgung der radioakti- ven Abfälle gewährleistet sein muss. Die entsprechend zurückgestellten Mittel müssen zum gegebenen Zeit- punkt verfügbar sein. Nach dem Verursacherprinzip sind in Deutschland Be- treiber von Atomkraftwerken dazu verpflichtet, die Kos- ten für den Rückbau der Anlagen und die Entsorgung der radioaktiven Abfälle sicherzustellen. In Deutschland ge- schieht dies über interne Rückstellungen der Energiekon- z l u g i F d E d d s „ n „ R R ü A R l g j R E d t f m v d g A l G W w g e B w F m d w G u s w g R h (C (D erne für zukünftige Verbindlichkeiten. Diese Rückstel- ungen belaufen sich derzeit auf rund 30 Milliarden Euro nd unterliegen keiner Zweckbindung. Wenn ich zu Beginn gesagt habe, dass der vorlie- ende Antrag ein wichtiges Thema aufgreift, so möchte ch einschränken: Die Darstellung ist verkürzt und die orderungen sind Schnellschüsse. Der Antrag erweckt en Eindruck, als sei das System der Rückstellungen der nergiekonzerne in Deutschland unzureichend. Hierzu ist anzumerken: Selbst die EU-Kommission, ie eher externen Fondsmodellen zuneigt, bezeichnet as deutsche System der unternehmensinternen Rück- tellungen in ihrem Bericht vom 17. Dezember 2007 als zur Bereitstellung angemessener Finanzmittel (…) achweisbar effizient“. Ein weiterer Punkt ist, dass die Einrichtung eines Fonds Ökowandel“ erhebliche Auswirkungen hätte. und 30 Milliarden Euro, die die Energiekonzerne an ückstellungen gebildet haben, müssten an den Fonds bertragen werden. Dies hätte erhebliche wirtschaftliche uswirkungen und würde einen massiven Eingriff in die echtsposition der betroffenen Energiekonzerne darstel- en. Vor dem Hintergrund der ohnehin schwierigen ener- iepolitischen Diskussion halte ich dieses Ansinnen zum etzigen Zeitpunkt für kontraproduktiv. Die aktuelle ückstellungspraxis stammt noch aus den 1970er-Jahren. s steht fest, dass die Liberalisierung der Strommärkte, ie Privatisierung der deutschen Energieversorgungsun- ernehmen, der Atomausstieg und die zunehmende Ver- lechtung der europäischen Energiewirtschaft die Rah- enbedingungen für die Rückstellungen grundlegend erändert haben. Ob und in welcher Form Anpassungen er Rückstellungspraxis notwendig sind, bedarf einer ründlichen und breiten politischen Diskussion und der bwägung vieler Argumente. Mal so eben mit einem zweiseitigen Antrag 30 Mil- iarden Euro in einen Fonds zu verschieben, wie dies die rünen jetzt fordern, ist sicherlich nicht der richtige eg. Gudrun Kopp (FDP): Die Grünen liefern hier heute ieder einmal den Beweis dafür ab, dass Sie immer ganz enau wissen, wie man es nicht machen sollte. Gerade rst haben wir erlebt, wie staatliche und halbstaatliche anken Milliardenbeträge schlicht verbrannt haben, da ollen Sie schon den nächsten staatlich kontrollierten onds bilden. Aber mit dem Geld anderer Leute kann an es ja machen. Wenn ich Sie, liebe Kollegen und Kolleginnen von en Grünen, richtig verstehe, wollen Sie den Kernkraft- erke betreibenden Unternehmen in Deutschland das eld, das sie – dem Atomgesetz folgend – für Rückbau nd Entsorgung von Kernkraftwerken und deren Brenn- toffen in Form von Rückstellungen angespart haben, egnehmen und unter staatliche Kuratel stellen. Als Be- ründung treibt Sie offenbar die Sorge um, dass die ückstellungen im Bedarfsfalle nicht zur Verfügung ste- en könnten. Ich sage Ihnen: Wenn es einen sicheren 16636 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 (A) ) (B) ) Weg gibt, die Atomrückstellungen vor Eintritt des Be- darfsfalles zu verschleudern, dann den, dieses Geld den Mitgliedern des Umweltausschusses zu überlassen. Im Ernst: Wer angesichts der Ereignisse in den letzten Mo- naten – Stichworte: West-LB, Bayern-LB, Sachsen-LB, KfW – einen Betrag von 28 Milliarden Euro der Kuratel von Umweltpolitikern und Naturschutzverbänden unter- stellen will, der kann nicht mehr alle Tassen im Schrank haben. Grundsätzlich aber passt das natürlich zur Linie der Grünen in der Energiepolitik. Langfristiges Ziel scheint ja auch hier die vollständige staatliche Lenkung jeglicher Investitionsentscheidungen zu sein. Dem kämen Sie mit einem solchen Konstrukt natürlich ein Stück weit näher. Auf unsere Unterstützung müssen Sie bei diesem Unter- fangen allerdings verzichten. Merkwürdig erscheint mir nur, dass Sie offenbar überhaupt nicht zur Kenntnis genommen haben, was die jüngste europäische Rechtsprechung zum Thema Kern- energierückstellungen noch einmal verdeutlicht hat. Ge- rade erst hat der EuGH die Klagen diverser deutscher Stadtwerke gegen die gängige Rückstellungspraxis letzt- instanzlich zurückgewiesen. Die Kernkraftwerksbetrei- ber halten sich in diesem Bereich an Recht und Gesetz. Das Einzige, was ihre Rückstellungen von anderen han- delsrechtlich üblichen Rückstellungen unterscheidet, ist die Höhe dieser Rückstellungen. Diese aber liegt in der Natur der Sache und wird ja auch von Ihnen als solche nicht beanstandet. Kurz und gut: Nicht nur, dass das von Ihnen vorge- schlagene Verfahren höchst unsinnig ist und den kürzes- ten Weg zu hohen staatlichen Entsorgungslasten bedeu- ten würde. Nein, mir scheint auch rechtlich dieser Weg überhaupt nicht gangbar zu sein. Sie können nicht ein- fach rückwirkend in handelsrechtlich gebildete Rück- stellungen eingreifen. Nur zur Erinnerung: Diese Rück- stellungen sind auch in anderen Branchen üblich. Selbst wenn es also rechtlich möglich wäre, was Sie hier vor- schlagen: Welches Signal senden Sie denn damit aus? Wenn es politischen Gruppen opportun erscheint, kön- nen diese Rückstellungen von staatlichen Ad-hoc-Ein- griffen betroffen werden und einfach anderen Zwecken zugeführt werden? Mit dem Risiko, dass die staatlichen Akteure sich ein bisschen verzocken und der Steuerzah- ler am Ende dafür geradestehen muss? Nein, dieser Vorschlag ist weder rechtlich noch poli- tisch akzeptabel. Sie merken wahrscheinlich selbst, dass Sie sich mit dem Ausstieg aus der Kernenergie ein Ei- gentor geschossen haben, und suchen jetzt verzweifelt nach einer Möglichkeit, aus dieser Nummer wieder he- rauszukommen. Nachdem alle drei energiepolitischen Ziele – Versorgungssicherheit, Umweltverträglichkeit und Wirtschaftlichkeit – für die Kernenergie sprechen, sind Sie auf der Suche nach neuen Ablehnungsgründen. Das wird Ihnen aber nicht gelingen. Die gegenwärtige Rückstellungspraxis ist nicht zu beanstanden, und sie sollte insbesondere nicht zu einer staatlich verordneten Zwangsverwaltung von privatem Geld umgewandelt werden. m u 1 u S a z d s l r ü L g s k M b d b d w s a A G O B d D c c W A M s B R g b z g r d k o n s A g w R A V (C (D Hans-Kurt Hill (DIE LINKE): Die Atomkonzerne achen Kasse – mit staatlicher Hilfe. Die Entwicklung nd der Bau von Atomanlagen in Deutschland haben 20 Milliarden Euro verschlungen. Jeder der maroden nd längst abgeschriebenen Reaktoren wirft bei der tromerzeugung jährlich 300 Millionen Euro Gewinn b. Und: Die Rückstellungen, welche die Energiekon- erne bilden müssen, um den Rückbau der Anlagen und ie Endlagerung des Strahlenmülls zu finanzieren, sind teuerfrei. Außerdem stehen sie frei zur Verfügung, so- ange die Summe in der Bilanz irgendwo auftaucht. Wir eden hier nicht von Peanuts: Mittlerweile haben sich ber 27 Milliarden Euro angesammelt. Da fragt sich der aie, was die Konzerne mit dem vielen Geld so anfan- en. Ein Blick in die Wirtschaftspresse gibt darüber Auf- chluss: RWE, Eon und Co. gehen international auf Ein- aufstour. Sie sichern sich mit den Steuergeschenken ihr onopol ab. Und was kaufen sie? Atomkraftwerke im enachbarten Ausland! Das ist Atomsubvention durch ie Hintertür. Die Linke lehnt das ab. Nun sagt die Bundesregierung, man könne den Strom- ossen nicht in die Buchhaltung hineinreden. Gerade eshalb ist der Antrag der Grünen zu begrüßen. Schaffen ir den Missbrauch bei den Atomrückstellungen ab und tellen die Gelder unter öffentliche Aufsicht. Ich möchte n dieser Stelle betonen, dass die Steuergeschenke an die tomindustrie auch unter der Regierungsbeteiligung der rünen nicht beseitigt wurden. Dass dies jetzt aus der pposition heraus versucht wird, hat doch einen faden eigeschmack. Interessant ist allerdings auch, dass sich ie Ökopartei jetzt als Fondsmanager versucht – eine iskussion über die Rolle von Staatsfonds kann hier si- herlich nicht schaden. Ob wir allerdings einen öffentli- hen Nachhaltigkeitsfonds auflegen sollten, ist fraglich. ichtig ist jedoch, dass wir die Rückstellungen, die die tomwirtschaft zum Atomausstieg bilden muss, der acht der Konzerne entziehen. Die Linksfraktion unter- tützt den Antrag deshalb. Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die etreiber von Atomkraftwerken klammern sich an ihren eaktoren fest wie die Affen an der Banane. Dies hat ute Gründe. Zum einen können Sie mit den abgeschrie- enen Reaktoren Milliardengewinne einfahren, da sie ugleich vom Stromkunden hohe Strompreise abverlan- en. Selbstverständlich denken sie überhaupt nicht da- an, diese Gewinne in Form niedrigerer Strompreise an ie Stromkunden weiterzugeben. Wer meint, dass Atom- raftwerke die Strompreise senken, hat die Rechnung hne die Betreiber gemacht, wofür Millionen Stromrech- ungen die Beweise liefern. Die Stromkonzerne haben noch einen zweiten Grund, ich an den Atomkraftwerken festzuklammern. Mit den tomrückstellungen haben sie Milliarden Euro an Spiel- eld in der Hand, mit dem sie ihre Marktmacht europa- eit ausbauen können. Woraus leitet sich diese privilegierte Situation für WE, Eon, Vattenfall und EnBW ab? Die Betreiber von tomkraftwerken sind gemäß Atomgesetz als erursacher für die Verwertung radioaktiver Reststoffe, Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 16637 (A) ) (B) ) Beseitigung radioaktiver Abfälle und die Stilllegung der Atomkraftwerke zuständig. Sie sind verpflichtet, Rück- stellungen zu bilden. Interessanterweise liegen der Bun- desregierung keine Erkenntnisse darüber vor, wie hoch die Entsorgungskosten sein werden. Solange keine reali- tätsnahe Schätzung der tatsächlichen Kosten vorliegt, ist die Verpflichtung zur Bildung von Rückstellungen nicht umfassend überprüfbar. Die Bundesregierung ist aufge- fordert, ihrer Aufsichtspflicht nachzukommen. Sowohl beim Rückbau der Atomanlagen als auch bei der Endlagerung der Brennelemente handelt es sich um Verbindlichkeiten, die erst in einigen Jahren bis Jahr- zehnten – bei der Endlagerung sogar in mehreren Jahr- zehnten – fällig sein werden. Den Gesamtbetrag der Rückstellungen, der im Laufe der letzten Jahre von den Betreibergesellschaften angesammelt wurde, beziffert die Bundesregierung für Ende 2006 auf 27,388 Milliar- den Euro. Hinzu kommen in den nächsten Jahren noch zweistellige Milliardenbeträge. Bei der bisherigen Art und Weise, die für die Stillle- gung von Atomanlagen oder die Entsorgung von Kern- brennstoffen gebildeten Rückstellungen zu verwenden und anzulegen, ist nicht hinreichend gewährleistet, dass die Mittel im Bedarfsfall auch tatsächlich für den Be- stimmungszweck zur Verfügung stehen. Als 1988 der Thorium-Hochtemperatur-Reaktor, THTR, in Hamm- Uentrop nach nur 423 Volllasttagen wegen seiner Sicher- heitsmängel stillgelegt wurde, stand die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Betreibergesellschaft infrage. Die Kosten der Stilllegung fielen in unerwarteter Höhe der öffentlichen Hand zu, die erhebliche finanzielle Ver- pflichtungen übernehmen musste, damit ein geordnetes Verfahren zur Stilllegung des THTR eingeleitet werden konnte. Anders als bei Pensionsrückstellungen, bei denen es stetigen Zu- und Abfluss gibt, ist der Elektrizitätswirt- schaft eine enorme Liquiditätsreserve zugewachsen, über die sie frei verfügen kann, solange der Bestand in der Bilanz nachgewiesen wird. Während andere Unter- nehmen für die Erhöhung ihres Geschäftskapitals Kre- dite aufnehmen müssen, können die Atomkraftwerksbe- treiber auf ihre eigenen steuerfreien Rückstellungen zurückgreifen. Hierdurch entstehen Wettbewerbsverzer- rungen zum Schaden anderer Unternehmen. Vorbild für die Sicherstellung der Rückstellungen der Atomkraftindustrie könnte der öffentlich kontrollierte Stilllegungsfonds und der Entsorgungsfonds in der Schweiz sein. Ein öffentlich kontrollierter Fonds, in dem die Rück- stellungen der Atomwirtschaft für die Entsorgung gebün- delt werden, darf nach dem Beschluss über den Atomaus- stieg in Deutschland nicht wieder in die Atomenergie investieren – auch, da der Neubau von Atomkraftwerken in Deutschland verboten ist. Damit ergibt sich eine neue Rolle als zentraler Baustein in einer Strategie für nach- haltiges Investment, für einen solchen Fonds: Ein wichti- ger Schritt für die Verbreitung von nachhaltigem Invest- ment – auch zur Stärkung des Finanzplatzes Deutschland – kann in Ermangelung einer allgemeingültigen Definition für nachhaltige Geldanlage ein bekannter öffentlicher F f n S m e v e g „ g t k w d f s „ s l t tä R h t g w R a E t g A i l v P v B (C (D onds sein, dessen Anlagekriterien Orientierungspunkt ür andere Marktteilnehmer, insbesondere für Anlegerin- en und Anleger sein können. Kernpunkt ist hierbei die icherstellung einer optimalen und immer wieder opti- ierten Nachhaltigkeitsstrategie des Fonds, aber auch ine effiziente Anlagepolitik. Vorbild für nachhaltiges In- estment kann nur ein Fonds sein, der sich auch durch ine sehr gute Performance auszeichnet. Der Deutsche Bundestag sollte daher die Bundesre- ierung auffordern, einen öffentlich kontrollierten Fonds Ökowandel“ in der Organisationsform einer rechtsfähi- en Stiftung des öffentlichen Rechts zu errichten. Die Energieversorgungsunternehmen sollten verpflich- et werden, die für die Entsorgung bereits gebildeten und ünftig zu bildenden Rückstellungen in den Fonds „Öko- andel“ einzuzahlen. Grundvoraussetzung muss sein, ass die Mittel so angelegt sind, dass sie im Entsorgungs- all unverzüglich für die gebotenen Maßnahmen einge- etzt werden können. Gesetzlich muss festgelegt werden, dass der Fonds Ökowandel“ sich an ökologischen, sozialen und ethi- chen Kriterien orientiert, die die Prioritäten der nationa- en Nachhaltigkeitsstrategie widerspiegeln. Die Fondsverwaltung muss neben Nachhaltigkeitskri- erien sachgemäße Kriterien wie zum Beispiel Liquidi- tsvorhaltung im Entsorgungsfall, Verwaltungskosten und isikoexposure der Anlage beachten. Von staatlicher Seite – unterstützt durch einen unab- ängigen Nachhaltigkeitsrat – sollte aus den eingereich- en Angeboten das überzeugendste Gesamtkonzept aus- ewählt und die Einhaltung der Kriterien überwacht erden. Neben dem Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und eaktorsicherheit des Deutschen Bundestages und den nerkannten Naturschutzverbänden entsenden auch die nergieversorgungsunternehmen Vertreter in den Stif- ungsrat. Sie sind daher an allen wichtigen Entscheidun- en der Stiftung beteiligt. nlage 13 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Berichts: Technikfolgenab- schätzung (TA) Industrielle stoffliche Nutzung nachwachsender Rohstoffe Sachstandsbericht zum Monitoring „Nachwachsende Rohstoffe“ (Tagesordnungs- punkt 23) Dr. Heinz Riesenhuber (CDU/CSU): Der Einstieg n das Kunststoffzeitalter gelang – was viele heute viel- eicht überraschen wird – über das Holz. Alles begann or fast 150 Jahren in den USA mit der industriellen roduktion des Biokunststoffs Celluloid auf der Basis on Cellulose. Biokunststoffe, biologisch abbaubare Verpackung, io-Schmierstoffe, Bio-Lacke, Bio-Tenside aus Stärke, 16638 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 (A) ) (B) ) Zucker, Pflanzenölen und Fasern – nachwachsende Roh- stoffe sind heute nicht nur als Energielieferanten für die Biospritbranche, sondern ganz besonders als Rohstoff- lieferanten für die Industrie wieder auf dem Vormarsch und wecken neue Hoffnungen für die Zukunft. Sie haben großes Potenzial vor allem in der Chemie- industrie, gelten dabei ebenso wie in der Energiebranche als wichtiger Baustein bei der Schonung fossiler Res- sourcen und beim Klimaschutz. Sie bieten die Chance, schrittweise die Chemieproduktion umweltfreundlicher und nachhaltiger zu gestalten und gleichzeitig unabhän- giger von teuren und zunehmend knappen Rohstoffen wie Erdöl zu machen. Sie könnten neue Exportmöglich- keiten für die deutsche Industrie eröffnen. Und für die deutsche Landwirtschaft und die ländlichen Gebiete könnte der erweiterte Anbau nachwachsender Rohstoffe neue Einkommensquellen und Entwicklungsmöglichkei- ten erschließen. Die Bundesregierung fördert deshalb schon seit Jah- ren in vielfältigen Programmen neue Verwendungsmög- lichkeiten und Verfahren für nachwachsende Rohstoffe auf stofflicher Basis, die sich aus Nischen heraus in die großen Märkte entwickeln sollen. So fördert das Bun- deslandwirtschaftsministerium mit dem Programm „Nachwachsende Rohstoffe“ die Entwicklung innovati- ver Konversionsverfahren und Produkte, Demonstra- tionsvorhaben, die Erschließung neuer technischer Ein- satzbereiche, die Zucht von maßgeschneiderten Pflanzen für viele Anwendungsgebiete, die Markteinführung so- wie Untersuchungen zur Wirtschaftlichkeit und zu den ökologischen Auswirkungen des Einsatzes nachwach- sender Rohstoffe. Das Budget von rund 50 Millionen Euro in 2008 wird zur Hälfte für Projekte der stofflichen Nutzung eingesetzt. Unter Federführung des BMELV steht auch das neue Biomasse-Forschungszentrum in Leipzig zur Förderung der energetischen Nutzung von Biomasse. Das Bundesforschungsministerium fördert die Pflan- zengenomforschung als Grundlage für Pflanzenzüch- tung, Pflanzendesign und Produktinnovationen im Rah- men von GABI und GABI-FUTURE mit dem Ziel, das enorme Potenzial der Pflanze als Rohstofflieferant und Biofabrik der Zukunft umfassend zu erschließen. Die Förderinitiative BioIndustrie 2021 leistet einen Beitrag zur Verwertung der pflanzlichen Inhaltsstoffe. Das Bundesumweltministerium befasst sich vorwie- gend mit der energetischen Nutzung von Pflanzen, mit Biomasse-Kraftwerken und Biogas-Anlagen. Das Bun- deswirtschaftsministerium kümmert sich im Rahmen des Themas Rohstoffsicherung und -versorgung um die Nut- zung nachwachsender Rohstoffe. Die integrierte High- tech-Strategie der Bundesregierung behandelt in einem Extra-Kapitel das System Pflanze als Rohstofflieferant und Biofabrik der Zukunft. Sie definiert in diesem Be- reich Innovationsfelder und Innovationsstrategien, legt den Schwerpunkt dabei jedoch mehr auf die energetische Nutzung. Neben den aufgezeigten Potenzialen zeichnen sich – angefacht von dem hohen Importbedarf und der Nega- tivdiskussion beim Biosprit – bereits heute Probleme bei d d c F d c e l E w t N f t z d d f s A l n a P u k d c h s E b R M a B e s b f d t n a t g l K d z k l s d (C (D er Verwertung nachwachsender Rohstoffe ab, vor allem urch die Konkurrenz um die Nutzung landwirtschaftli- her Nutzflächen: Rohstoffpflanzen, Energiepflanzen, utterpflanzen und Pflanzen für die Nahrungsmittelpro- uktion konkurrieren um die schon heute knappen Flä- hen. Was in Deutschland und anderen Industrieländern her positiv gesehen wird, wird in vielen Entwicklungs- ändern durch steigende Nahrungsmittelpreise oft zur xistenzfrage und stellt durch die Abholzung von Ur- äldern vielerorts alle Anstrengungen für den weltwei- en Klimaschutz infrage. Wichtig ist, Chancen und Grenzen der stofflichen utzung nachwachsender Rohstoffe in der Industrie rühzeitig zu erkennen, um die Entwicklung in die rich- ige Richtung zu steuern und von ihrem Einsatz optimal u profitieren. Auf Initiative der Abgeordneten Andrea Wicklein hat er Bundestagsausschuss für Bildung und Forschung eshalb bereits in der letzten Legislaturperiode das Büro ür Technikfolgenabschätzung beauftragt, einen Ge- amtüberblick über das komplexe Gebiet zu geben, und ntworten auf Fragen zu finden wie: Welche Nutzungskonzepte gibt es aktuell? Welche angfristigen Perspektiven für den breiteren Einsatz achwachsender Rohstoffe in der Industrie zeichnen sich b? Wo liegen die Probleme? Was kann oder muss die olitik tun, um die Rahmenbedingungen zu verbessern nd Konflikte zu aufzulösen? Insbesondere war auch zu lären: Wie steht es mit der Wirtschaftlichkeit? Wie sieht ie Ökobilanz aus? Wo liegen die Grenzen bei der Flä- hen- und Nutzungskonkurrenz? Der inzwischen vorliegende Sachstandsbericht ist eute unser Thema, und er macht klar: Das Potenzial der tofflichen Nutzung nachwachsender Rohstoffe ist groß. s wird aber selbst heute noch wenig genutzt. Und es leiben viele offene Fragen. So werden nachwachsende ohstoffe heute nur in wenigen Bereichen in breitem aße eingesetzt, zum Beispiel in der Papierherstellung us Cellulose. Der Einsatz von Bioschmierstoffen und iokunststoffen beschränkt sich dagegen nach wie vor her auf Nischen. Insgesamt liegt der Marktanteil chemi- cher Grundstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen erst ei circa 10 Prozent. Und die Anbaufläche von Pflanzen ür die stoffliche Nutzung beträgt nur rund ein Fünftel er Anbaufläche für Energiepflanzen. Neue interessante Einsatzgebiete und eine Auswei- ung der Produktion zeichnen sich vor allem bei den euen Werkstoffen ab, speziell bei Verbundwerkstoffen us Kunststoffen und Holzfasern und bei weiteren Na- urfaserverstärkten Kunststoffen (NFK). Die Vorteile lie- en auf der Hand: Bauteile aus NFK sind steifer, fester, eichter und umweltfreundlicher als herkömmliche unststoffe. Sie sind schon heute in der Automobilin- ustrie – vor allem beim Einsatz im Pkw-Innenraum, um Beispiel bei Armaturenbrett oder der Türinnenver- leidung, aber auch als Unterbodenschutz – wirtschaft- ich konkurrenzfähig und helfen zudem, Kraftstoff zu paren. Weitere Anwendungsfelder und Branchen wer- en bald folgen. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 16639 (A) ) (B) ) Bereits diese wenigen Beispiele zeigen: Die Verwer- tungsmöglichkeiten bei der stofflichen Nutzung nach- wachsender Rohstoffe sind wesentlich vielfältiger als bei der energetischen Nutzung. Gerade deshalb ist es wichtig, hier eine Richtschnur zu haben, wo die zukunftsträchtigsten Entwicklungen liegen, wo Forschungsbedarf besteht und wo die Mittel am effizientesten eingesetzt werden können. Der TAB-Bericht kommt nicht zu einem abschließen- den Ergebnis, sondern definiert weiteren Forschungsbe- darf und Handlungsbedarf in vielen Bereichen, um die stoffliche Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen zu optimieren. Nicht eindeutig beantwortet werden kann zum Bei- spiel die Frage der Ökobilanz beim Einsatz von Bio- schmierstoffen, Biokunststoffen und Fasermaterialien, denn sie fällt je nach betrachtetem Parameter unterschied- lich aus. Forschungsbedarf gibt es außerdem hinsichtlich der Erschließung neuer Anwendungsmöglichkeiten, bei der Verbesserung der technischen Verarbeitung und bei den Industriepflanzen selbst. Ziel muss die Entwicklung von maßgeschneiderten Pflanzen für verschiedene Anwendungsbereiche sein. Für diese maßgeschneiderten „Biofabriken“ muss auch der Einsatz von grüner Gentechnik ideologiefrei disku- tiert und deren gesellschaftliche Akzeptanz verbessert werden. Ein früherer TAB-Bericht, der die Optionen für transgene Pflanzen der 2. und 3. Generation untersucht, kommt in Bezug auf den Einsatz der Gentechnik für die Optimierung von Nutzpflanzen für industrielle Anwen- dungen trotz positiver Beispiele insgesamt noch nicht zu eindeutigen Ergebnissen. Hier steht die Forschung noch ganz am Anfang und hat noch viele Probleme zu über- winden. Die Gentechniknovelle eröffnet bessere For- schungsmöglichkeiten in diesem Bereich, die es zu nut- zen gilt. Wie eine erfolgreiche Industriepflanzenzüchtung mit Hilfe von Gentechnik praktisch aussehen kann, hat BASF mit der Kartoffelsorte Amflora gezeigt, deren Stärke fast ausschließlich aus Amylopektin und nicht wie bei anderen Sorten aus Amylose besteht. Amflora, die Stärkekartoffel, soll als nachwachsender Rohstoff ab 2008 kommerziell angebaut werden und künftig dazu beitragen, Material, Energie und Kosten bei der Stärke- verarbeitung in der Papier-, Klebstoff-, Textil-, Bau- und Kosmetikindustrie zu sparen. Die Sicherheit wird da- durch gewährleistet, dass Amflora nur in einem ge- schlossenen Verbundsystem angebaut und ausschließlich im Vertragsanbau produziert wird. Sie wird getrennt von anderen Kartoffeln geerntet und gelagert und ausschließ- lich in technischen Anwendungen eingesetzt. Zur optimalen industriellen Ausbeute der pflanzli- chen Inhaltsstoffe von Industriepflanzen sind darüber hi- naus innovative Konversionstechnologien und vor allem integrierte Bioraffineriekonzepte unter Einbeziehung der Weißen Biotechnologie notwendig, die sich heute jedoch weitgehend erst im Versuchsstadium befinden. Der Bericht untersucht hierzu die vier bekannten Bio- raffineriesysteme: die grüne Bioraffinerie auf der Basis v r m G K n k „ e z t z i m P n m w g d d t w s s m t b c d D s w n t F w D d C k U g t c c G w u s g h t (C (D on grasartiger, feuchter Biomasse, die LCF-Bioraffine- ie auf der Basis von trockener cellulosehaltiger Bio- asse wie Stroh, Holz oder Papierabfällen, die Getreide- anzpflanzen-Bioraffinerie und das Zwei-Plattformen- onzept zur Erzeugung und Verarbeitung von Zucker ei- erseits und von Synthesegas andererseits. Der Bericht ommt zu dem Schluss, dass für alle diese Systeme noch enormer Entwicklungsbedarf“ in jeder Hinsicht besteht, gal, ob es die Basiskonzepte, die technischen Umset- ungsmöglichkeiten, die Auslegung von Demonstra- ionsanlagen, die Wirtschaftlichkeit oder die Ökobilan- en betrifft. Es gibt bundesweit verschiedene Initiativen n diesem Bereich. Daraus leitet sich ein hoher Abstim- ungsbedarf bei der Forschungsförderung und bei der lanung von Pilotanlagen ab. Fortschritte in der Pflanzenzucht und bei den Bioraffi- erien könnten künftig dazu beitragen, die gesamte Che- ieproduktion unabhängiger von knapper und teurer erdenden fossilen Energieträgern wie Erdöl und Erd- as zu machen und auf eine breitere Basis nachwachsen- er Rohstoffe zu stellen. Eine komplette Umstellung von er Petrochemie zur „Ökochemie“ liegt jedoch aus heu- iger Sicht jenseits der Horizonte. Selbst wenn dies eines Tages technologisch machbar äre: Dann wird beim Einsatz nachwachsender Roh- toffe vor allem noch die Wirtschaftlichkeit zu prüfen ein. Das kann aber sinnvoll erst dann geschehen, wenn an einen Überblick über die Einsatzgebiete, die Kos- enstrukturen der Rohstoffe und die Marktaspekte erar- eitet hat. Ein wichtiger limitierender Faktor bleibt si- herlich zudem wegen der großen Nutzungskonkurrenz ie notwendige Anbaufläche. Schon heute müssen in eutschland rund zwei Drittel des Bedarfs an nachwach- enden Rohstoffen für die stoffliche Nutzung importiert erden. Der TAB-Bericht zeigt: Noch befinden wir uns in ei- er sehr frühen Entwicklungsphase in diesem interessan- en Innovationsfeld – trotz zahlreicher Aktivitäten zur örderung der industriellen stofflichen Nutzung nach- achsender Rohstoffe in den letzten Jahren. Der Bericht ist eine gute Grundlage für die weitere iskussion. Er gibt erstmals einen breiten Überblick zu en aktuellen Einsatzfeldern und zu den langfristigen hancen, die aus nachwachsenden Rohstoffen entstehen önnen – für die Wirtschaft, für die Landwirtschaft, für mwelt und Klima. Zugleich wirft der Bericht viele Fra- en auf und gibt zahlreiche Empfehlungen, die jetzt sys- ematisch aufgearbeitet werden müssen. Erst wenn wir in einem Gesamtkonzept wissen, wel- he Pflanzen wofür sinnvoll geeignet sein können, wel- he Eigenschaften – auch unter Verwendung der grünen entechnik – sinnvoll hinzugezüchtet werden können, ie die Pflanzen optimal verarbeitet werden können, nd welche ökologischen und technologischen Vorteile ie bieten: Erst dann können in einer langfristigen Strate- ie Schritt für Schritt die Elemente einer auch hier nach- altigen Wirtschaft entwickelt werden. Ein solches Gesamtkonzept, eine solche Gesamtstra- egie zu entwickeln – das ist eine herausfordernde Auf- 16640 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 (A) ) (B) ) gabe für die Bundesregierung, in einer gemeinsamen Anstrengung über die Grenzen der kundigen Ressorts hi- naus. Andrea Wicklein (SPD): Deutschlands Wirtschaft und unser Wohlstand sind zum großen Teil vom Erdöl abhängig, nicht nur bei Energie und Kraftstoffen. Unser Alltag wird von Produkten bestimmt, die aus Erdöl pro- duziert sind. Auch in Autoreifen, Bekleidung oder im Plastikgehäuse von Handys und Computern steckt Erdöl. Aktuell importiert Deutschland rund 100 Millionen Tonnen Rohöl. Davon benötigt die chemische Industrie etwa 14 Millionen Tonnen zur Herstellung von Kunst- stoffen oder von anderen chemischen Erzeugnissen. Aber Erdöl geht langsam zur Neige und wird durch die steigende weltweite Nachfrage immer teurer. Allein zwischen 1992 und 2004 haben sich die Importkosten Deutschlands mehr als verdoppelt. Im gleichen Zeitraum aber stiegen die Importkosten von Indien um das Fünffa- che und von China sogar um das Neunzehnfache. Dieser Verknappungs- und Verteuerungsprozess ist nicht zu stoppen. Wir spüren das aktuell nicht nur an der Zapfsäule, sondern mehr und mehr auch bei den Kunst- stoffpreisen auf den Weltmärkten. Doch was ist, wenn das Erdöl einmal nicht mehr sprudelt? Die Experten sind sich zwar noch nicht einig, wann dies genau sein wird. Aber klar ist, dass dieser Zeitpunkt in einem überschau- baren Zeitraum kommen wird. Darauf müssen wir vorbereitet sein. Deshalb stehen wir langfristig – wie auch alle anderen Länder weltweit – vor der Frage, wie das Erdöl durch andere Rohstoffträ- ger ersetzt werden kann, und zwar zu nachhaltigen Be- dingungen und ohne Abholzung der Regenwälder und zu vernünftigen Kosten. Während im Energie- und Kraftstoffbereich das Erdöl durch andere Energiequellen, wie Wasserkraft, Sonnen- energie oder die Brennstoffzelle nach und nach ersetzbar ist, kommen bei Chemikalien und Chemieprodukten nur nachwachsende Rohstoffe infrage. Sie sind die einzige erneuerbare Rohstoffquelle, in der die für die Chemie notwendigen organischen Kohlenstoffverbindungen ent- halten sind. Wenn wir unseren heutigen Lebensstandard sichern und verbessern wollen, müssen wir schon heute die Grundlagen für die Rohstoffwende in der Chemie „weg vom Erdöl“ und „hin zu den nachwachsenden Rohstof- fen“ legen. Eine Wende, die gerade Deutschland als Chemiestandort Nummer 1 in Europa und Nummer 4 in der Welt vor große Herausforderungen stellen wird. Fast 450 000 Beschäftigte zählt unsere Chemiebranche, die aktuell mehr als 150 Milliarden Euro Umsatz erwirt- schaft und dabei zu fast 80 Prozent exportabhängig ist. Zahlreiche Chemieunternehmen sowie Hochschulen und Forschungseinrichtungen widmen sich deshalb seit Jahren verstärkt dem Thema der Chemie aus nachwach- senden Rohstoffen. Forschungsnetzwerke sind entstan- den, die sowohl Grundlagenforschung betreiben als auch an der technologischen Umsetzung in Pilot- oder De- m s c d G E s d i r R e z t s F g A S R k F d u f d u s t u d u Z s u n w v W b a l s s d r D p P m d M r N h (C (D onstrationsanlagen arbeiten. Immer mehr rücken dabei ogenannte Bioraffineriesysteme in den wissenschaftli- hen Fokus, eine neue und komplexe Technologie, mit eren Hilfe nachwachsende Rohstoffe in chemische rundbausteine umgewandelt werden können. Um hierbei den aktuellen Stand von Forschung und ntwicklung zu untersuchen, die Marktchancen und Ein- atzmöglichkeiten von Biokunststoffen auszuloten und ie Akzeptanz bei den Verbrauchern zu ermitteln, habe ch 2004 die Initiative für den nun vorliegenden TAB-Be- icht „Industrielle stoffliche Nutzung nachwachsender ohstoffe“ ergriffen. Der Bericht liegt nun vor und bietet ine hervorragende Grundlage, um hier strategisch voran- ukommen. Mit dem TAB-Bericht haben wir eine wich- ige Analyse sowie Daten und Hinweise, um die politi- chen Rahmenbedingungen zu prüfen sowie das örderinstrumentarium in den beteiligten Ressorts strate- isch neu auszurichten. Ich unterstütze ausdrücklich die ussage im Bericht, wonach wir nun eine integrierte trategie für die stoffliche Nutzung nachwachsender ohstoffe erarbeiten müssen, aus der dann klare und kon- rete Zielvorgaben und Schwerpunkte für die weitere orschungsförderung abzuleiten sind. Eine Strategie, die wir nicht vorgeben können, son- ern die im engen Dialog mit Industrie, Landwirtschaft nd Forschung entstehen muss. Wenn wir jetzt möglichst rühzeitig die richtigen Rahmenbedingungen schaffen, ann bieten sich in diesem Bereich für den Wirtschafts- nd Forschungsstandort Deutschland exzellente Per- pektiven: für die chemische und verarbeitende Indus- rie, weil dort die neuen Marktpotenziale erschlossen nd exportfähige Zukunftstechnologien entwickelt wer- en, für die ländlichen Gebiete durch neue Produktions- nd Einkommensalternativen in einem hochinnovativen ukunftsfeld, und für unsere Hochschulen und Wissen- chaftseinrichtungen, weil dort die wissenschaftlichen nd technischen Grundlagen für die stoffliche Nutzung achwachsender Rohstoffe entstehen. Der Markt für chemische Anwendungen aus nach- achsenden Rohstoffen ist riesig. Es gibt eine Vielfalt on neuen Anwendungsbereichen: In Autoreifen können erkstoffe auf Stärkebasis die Laufeigenschaften ver- essern und damit Kraftstoff sparen. In Verpackungen us nachwachsenden Rohstoffen bleiben Lebensmittel änger frisch, und Bekleidung aus nachwachsenden Roh- toffen kann noch bessere Trageeigenschaften aufwei- en. Entscheidend ist, die wissenschaftlichen Erkenntnisse es TAB-Berichts nun sorgfältig auszuwerten und die ichtigen politischen Schlussfolgerungen zu ziehen. enn die Diskussion über gestiegene Nahrungsmittel- reise oder über die Abholzung der Regenwälder zur roduktion von Biokraftstoffen aus Palmöl zeigt: Bio- asse ist zwar erneuerbar, aber die intensive Nutzung er Biomasse kann durchaus auch problematisch für ensch und Umwelt sein. Deshalb wird es im Kern da- um gehen, die effizientesten und umweltfreundlichsten utzungsmöglichkeiten der Biomasse zu erkennen und ierbei strategische Schwerpunkte zu setzen. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 16641 (A) ) (B) ) Die Koalitionsfraktionen sehen die Chancen und Potenziale bei der stofflichen Nutzung nachwachsender Rohstoffe: Denn mit der Etablierung der Bioraffinerie- technologie zur Produktion von Basis- und Feinchemi- kalien kann der Rohstoff Biomasse sehr effizient ge- nutzt, Ressourcen geschont und die Umwelt entlastet werden. Wir werden deshalb in Kürze einen Antrag in den Bundestag einbringen, um die Anstrengungen bei Forschung und Entwicklung ressortübergreifend zu bün- deln und technologische Verfahren zur integrierten Bio- massenutzung in Bioraffinerien voranzutreiben. Wir wollen die Rahmenbedingungen so gestalten, dass Deutschland international im Wettbewerb um die besten Technologien und Verfahren an der Spitze bleibt. Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD): Als Sigmar Gabriel am 4. April vor der Bundespressekonferenz den Verzicht auf die höhere Beimischungsgrenze E10 erklärt hat, da hat er darauf hingewiesen, dass wir zurzeit eine außerordentlich unredliche Debatte über Nahrungskon- kurrenz und Regenwaldzerstörung durch Biokraftstoffe führen und das eigentliche Problem in den Hintergrund gerückt wird: Weit über 80 Prozent der Regenwaldzer- störung gehen auf das Konto der Futtermittel- und Nah- rungsmittelindustrie. Der Anbau von billigen Futtermit- teln verdrängt Nahrungsmittel und auch Regenwälder und Moore. Und dabei ist Europa der größte Importeur von Soja aus den Regenwäldern und Deutschland der größte Importeur in Europa. Ich bin froh, dass wir in dieser aufgeheizten Diskus- sion mit dem TAB-Bericht ein unaufgeregtes Papier vor- liegen haben, das aber deutlich macht, welches die He- rausforderungen sind, vor denen wir stehen. Eines muss uns dabei klar sein: Es gibt zwischen der Herausforderung „Hunger in der Welt“ und der Heraus- forderung „Klimawandel“ kein entweder/oder und keine erste und zweite Priorität. Allein die Tatsache, dass die Folgen des Klimawandels besonders die Armen treffen werden macht dies deutlich. Dennoch ist mittlerweile auch klar, dass nicht alles, wo Klimaschutz draufsteht auch dem Klima hilft. Sowohl die stoffliche als auch die energetische Ver- wendung von Biomasse sind und werden Teil einer Kli- maschutz-Strategie sein. Wir werden aber genau definie- ren müssen, unter welchen Bedingungen die Biomasse angebaut wird. Im Kern steht dabei, dass die Ernäh- rungssicherheit gewahrt bleibt und dass die Verwendung der Biomasse zu einer effizienten Vermeidung von Treibhausgasen führt. Die Forderungen des TAB-Berichtes zielen im We- sentlichen auf die Forschung und Entwicklung ab. Dabei geht es zum einen darum die Effizienz zu steigern, die technischen Möglichkeiten sowohl der stofflichen als auch der energetischen Verwertung der Biomasse zu ver- bessern, Bioraffineriekonzepte weiterzuentwickeln und Anbau und Züchtung zu optimieren. Gleichzeitig wird eine Begleitforschung mit einer Öko- und Folgenanalyse angemahnt. Flächen- und Nutzungskonkurrenzen sollen vorausschauend analysiert werden und die Bereitstel- lungsbedingungen nachwachsender Rohstoffe sollen be- a b l G z a w z D R R z r m d t h r h d a h P l v c w l s f d w W m g t T s s s w i k m a E s w d w w V e e (C (D chtet werden. Dabei wird explizit auf die Treibhausgas- elastung durch den Anbau hingewiesen. Wir müssen – und ich denke, das ist uns allen in den etzten Wochen klargeworden – einige sicher geglaubte ewissheiten hinterfragen. Die wichtigste: Die Abschät- ungen über Produktionspotenziale und über Flächen, uf denen landwirtschaftliche Produktion ausgeweitet erden kann, passen nicht mit den realen Entwicklungen usammen. Sicher gibt es in Indonesien Brachflächen. iese werden nicht genutzt, die Plantagen werden im egenwald angelegt. Warum? Weil mit dem Verkauf des egenwaldholzes der Aufbau der Palmölplantage finan- iert werden kann. Es gibt also einen ökonomischen An- eiz, mit der Plantage in den Regenwald zu gehen. Hier üssen wir klare Regeln aufstellen. Wir brauchen auch Konzepte, wie wir in Regionen, in enen die Bauern nur wenige Hektar Land bewirtschaf- en, die Produktion verbessern können. Die UNESCO at zu Recht darauf hingewiesen: Mit reiner Technisie- ung und dem Verweis auf die Gentechnik kommen wir ier nicht weiter. In vielen dieser Regionen bietet gerade er ökologische Landbau bessere Chancen. Wir müssen ber den Zugang zu Produktionsmitteln und den Know- ow-Transfer organisieren. Und nicht zuletzt: Nachhaltige Produktion ist kein roblem der Biokraftstoffe oder der Regenwälder. Grün- andumbruch führt auch in Deutschland zur Freisetzung on im Boden gebundenen Treibhausgasen. Wir brau- hen die Diskussion über die Agrarpolitik und die land- irtschaftlichen Produktionsweisen auch in Deutsch- and. Die Gemeinsame Europäische Agrarpolitik hat ich bereits gewandelt. Dies müssen wir konsequent ortführen. Wir brauchen eine zielorientierte Politik für ie ländlichen Räume und für eine nachhaltige Land- irtschaft. Die Nachfrage nach Agrarprodukten wird steigen. ir brauchen daher eine einheitliche Strategie zur Bio- assenutzung, die auf Effizienz und Nachhaltigkeit aus- erichtet ist und die vor allem die Lebensmittelproduk- ion nicht verdrängt. Dies müssen wir organisieren, der AB-Bericht bietet dazu wichtige Hinweise. Dr. Christel Happach-Kasan (FDP): Der Sach- tandsbericht zum Monitoring „Nachwachsende Roh- toffe“ sieht viele Chancen für nachwachsende Roh- toffe, aber keinen Durchbruch. In einigen Bereichen ie der Nutzung von Pflanzenölen als Hydrauliköle ist n den vergangenen Jahren viel erreicht worden. Der onsequent durchgeführte Vergleich stofflicher Nutzung it energetischer Nutzung erschwert die Lesbarkeit, ist ber richtig, denn die Bedeutung der Bereitstellung von nergieträgern hat dramatisch zugenommen. Ölpreis- teigerungen ermöglichen energetische Nutzungen nach- achsender Rohstoffe, an die früher nicht einmal ge- acht werden konnte. Nach wie vor ist Holz der ichtigste nachwachsende Rohstoff in Deutschland, so- ohl in der stofflichen wie auch in der energetischen erwertung. Dieser Rohstoff ist gut etabliert und erfährt ine ständig steigende Wertschätzung. Es ist richtig, dass r aus der Betrachtung des Berichts herausgenommen 16642 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 (A) ) (B) ) wurde. Die stoffliche Nutzung nachwachsender Roh- stoffe ist ohne Holz insgesamt von geringer Bedeutung. Der Marktanteil bei den chemischen Grundstoffen be- trägt 10 Prozent. Im industriellen, chemisch-technischen Bereich wer- den etwa 2,7 Millionen Tonnen nachwachsende Rohstoffe genutzt. Pflanzliche Öle machten mit 0,8 Millionen Ton- nen und Stärke mit 0,64 Millionen Tonnen den Hauptteil der stofflich genutzten Rohstoffe für technische Anwen- dungen aus. Die Anbaufläche liegt für nachwachsende Rohstoffe für die stoffliche Nutzung bei 496 000 Hektar, ist im Vergleich zu 17 Millionen Hektar landwirtschaft- lich genutzter Fläche also von vergleichsweise geringer Bedeutung. Bei der Stärke hat die Kartoffelstärke die größte Bedeutung. 3 Millionen Tonnen Kartoffeln werden zur Stärkeproduktion verarbeitet gegenüber 0,9 Tonnen Weizen und 0,6 Millionen Tonnen Mais. 640 000 Tonnen Stärke werden in technischen Anwendungen genutzt. Der Bericht nennt die gentechnische Züchtung als eine Möglichkeit, nachwachsende Rohstoffe an den Zweck der nachfolgenden Verarbeitung anzupassen. Bei der Stärkekartoffel Amflora ist genau dies geschehen, dennoch hat sie trotz positiver Gutachten der Behörden keine Zulassung durch den Agrarministerrat erhalten. Sie enthält den npt-II-Marker, ein Antibiotikaresistenz- gen, das eine Resistenz gegenüber dem Antibiotikum Kanamycin vermittelt. Dieser Marker wurde von der Re- gierung als Begründung für die Ablehnung der Stärke- kartoffel heranzogen, obwohl die EFSA, die Europäi- sche Behörde für die Lebensmittelsicherheit, in ihrer Stellungnahme vom Mai 2007 dargelegt hat, dass die Verwendung dieses np-II-Markers in gentechnisch ver- änderten Pflanzen nicht die Wirksamkeit von Antibio- tika der Kanamycin-Gruppe beeinträchtigt. Dieses Anti- biotikum ist in Salben und Augentropfen enthalten und wird in der Human- und Tiermedizin als Reserveantibio- tikum genutzt, nicht jedoch als reguläres Antibiotikum. Die EFSA hat ihre Entscheidung damit begründet, dass ein Transport des Gens von der Pflanzenzelle in ein Bak- terium extrem unwahrscheinlich ist. Außerdem kommt das np-II-Gen bereits in Bakterien der Darmflora sowie in der Umwelt vor. Unter natürlichen Bedingungen wurde kein Transport des np-II-Markers nachgewiesen. Das Beispiel macht deutlich, dass auch gentechnisch verbesserte Pflanzen, die zur Nutzung als Rohstoff in der Industrie optimiert wurden, die die Nachhaltigkeit der Industrieproduktion verbessern helfen, rein ideologisch und ohne inhaltliche Begründung ausgegrenzt werden. Die jetzige Bundesregierung ist da nicht besser als ihre Vorgängerregierung. Die wichtigste Ölpflanze in Deutschland ist der Raps. Er ist inzwischen ein hervorragendes Lebensmittel, das höchsten ernährungsphysiologischen Ansprüchen ge- nügt. Gleichzeitig ist das Rapsöl ein wichtiger nach- wachsender Rohstoff für die verschiedensten Anwen- dungszwecke einschließlich der energetischen Nutzung. Bei der Produktion von Rapsöl entstehen verschiedene hochwertige Kuppelprodukte, wie Pollen beim Raps- anbau, der wichtig für den Rapshonig ist, Rapsschrot als hochwertiges Eiweißfutter in der Tierhaltung, Glycerin bei der Herstellung von Rapsmethylester. Diese Kuppel- p a k d i v b v K z k ü M s v w s s D w t „ c s g D a i u d n n d n t d d d n K t s d c b R s f E k b d K G (C (D rodukte berücksichtigt der Bericht in seiner Bewertung nders als beispielsweise das Gutachten des SRU und ommt daher auch zu anderen Schlussfolgerungen. Für ie Erstellung der Ökobilanz ist dies unverzichtbar. Die Bewertung des ökologischen Nutzens geschieht n Ökobilanzen, die den gesamten Weg des Rohstoffs on seiner Produktion bis zur Entsorgung nach Ge- rauch bewerten. Die Flächeneffizienz der Produktion on nachwachsenden Rohstoffen ist dabei ein wichtiges riterium. Die thermische Verwertung am Ende der Nut- ung nachwachsender Rohstoffe, ob Faserstoffe, Bio- unststoffe etc. bietet sich an. Sie ist der Kompostierung berlegen, weil bei der Kompostierung klimaschädliche ethanemissionen entstehen. Das bedeutet, dass die toffliche Nutzung nachwachsender Rohstoffe, gefolgt on thermischer Verwertung am Ende der Nutzung, ein ichtiger Baustein für eine positive Ökobilanz ist. Der Bericht ist eine Fundgrube zu allen Themen, die ich mit der stofflichen Nutzung nachwachsender Roh- toffe und ihrer ökologischen Bewertung beschäftigen. ie lange Erarbeitungszeit erweist sich als Nachteil, eil neuere Entwicklungen und auch die beiden Gutach- en des Sachverständigenrates für Umweltfragen, SRU, Klimaschutz durch Biomasse“ und des Wissenschaftli- hen Beirats Agrarpolitik, WBA, beim Bundeslandwirt- chaftsministerium „Nutzung von Biomasse zur Ener- iegewinnung“ nicht berücksichtigt werden konnten. ie trotz anderer Aufgabenstellung starke Fokussierung uf die energetische Nutzung ist teilweise verwirrend. Es st noch ein erheblicher Forschungsbedarf vorhanden, m die Potenziale der stofflichen Nutzung nachwachsen- er Rohstoffe auszuschöpfen. Ulla Lötzer (DIE LINKE): Die industrielle Nutzung achwachsender Rohstoffe ist nichts Neues, man denke ur an Holz für die Papierindustrie und Naturfasern für ie Textilindustrie. Neue Aufmerksamkeit haben die achwachsenden Rohstoffe vor allem durch die Nach- eile der petrochemischen Industrie erhalten. Gerade vor em Hintergrund des steigenden Energiebedarfes und er Endlichkeit von Erdöl sind wir darauf angewiesen, ie Möglichkeiten nachwachsender Rohstoffe besser zu utzen. Hier bedarf es einer Biomassestrategie, die auch die onkurrenz mit der energetischen Nutzung berücksich- igt. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen weist in einem Sondergutachten „Klimaschutz durch Biomasse“ arauf hin, dass in langfristiger Perspektive die stoffli- he Nutzung gegenüber der energetischen bevorzugt zw. zumindest nicht schlechtergestellt wird, da biogene ohstoffe den einzigen Ersatz für fossile Rohstoffe zur tofflichen Nutzung darstellen. Dagegen ist Energie aus ossilen Energieträgern auch mit anderen erneuerbaren nergien zu ersetzen. Abgesehen von diesen – lösbaren – Flächennutzungs- onkurrenzen kann insbesondere die biologische Abbau- arkeit von Produkten aus nachwachsenden Rohstoffen as ständig anwachsende Problem des langlebigen unststoffmülls reduzieren. Der Marktanteil chemischer rundstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen liegt der- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 16643 (A) ) (B) ) zeit in Deutschland, so die vorliegende Technikfolgen- abschätzung, bei circa 10 Prozent. Die Nutzung nachwachsender Rohstoffe bietet insbe- sondere der heimischen Landwirtschaft eine neue Nut- zungsmöglichkeit und damit eine wichtige neue wirt- schaftliche Perspektive und Verbreiterung der Anbaukultur. Mindestens genauso wichtig ist die Nut- zung landwirtschaftlicher Reststoffe. Während bei An- baubiomasse tendenziell Nachteile bei Ozonabbau, Ver- sauerung und Eutrophierung zu verzeichnen sind, so die vorliegende Studie, sind bei der Nutzung von Reststof- fen hier häufiger Vorteile oder geringere Nachteile fest- zustellen. Andererseits gilt es, aus den Fehlern der Vergangen- heit zu lernen und nicht undifferenziert auf nachwach- sende Rohstoffe zu setzen. Ein verantwortungsbewusster Umgang erfordert, die Vor- und Nachteile im Einzelfall zu bewerten und die Wechselwirkungen mit anderen Be- reichen nicht aus den Augen zu lassen. Erstens muss im Einzelfall genau geprüft werden, ob die Ökobilanz tatsächlich positiv ist. Gerade die Ver- nichtung der Regenwälder für die Gewinnung von Palmöl wird verheerende Auswirkungen auf das Klima und die Biodiversität haben. Aber auch auf bestehenden Ackerflächen können die Intensivierung der landwirt- schaftlichen Nutzung, die Probleme mit der Fruchtfolge und dem höheren Bedarf an Düngemitteln oder gar der Einsatz von gentechnisch verändertem Material zu mehr Schaden als Nutzen führen. Zweitens gibt es eine Flächenkonkurrenz zur Nah- rungsmittel- und Futtermittelproduktion. Die Versorgung der Menschen mit Grundnahrungsmitteln muss immer Vorrang vor der stofflichen oder energetischen Nutzung nachwachsender Rohstoffe haben. Die aktuelle Ernährungskrise in manchen Ländern in Lateinamerika und Afrika wird auch durch internationa- len Finanzmarktspekulationen und das Agieren von IWF und Weltbank begründet. Agrarrohstoffe und Boden sind ins Visier kurzfristiger Profitinteressen geraten. Da ist es schon zynisch, wenn die Vertreter von IWF und Welt- bank erklären, die Nutzung nachwachsender Rohstoffe gefährde ihre positive Politik der vergangenen Jahr- zehnte gegenüber den Entwicklungsländern. Es sind ge- nau ihre Strukturanpassungsprogramme und die Han- delsliberalisierungen im Rahmen der WTO, die systematisch kleinbäuerliche Existenzen vernichtet und die jetzige Entwicklung hervorgebracht haben. Sie haben die Entwicklungsländer zu einer Ausrichtung ihrer Landwirtschaft auf den Export und zu einer Öffnung ih- rer Märkte für billigen, subventionierten Import auch von Agrargütern aus den Industrieländern gezwungen. Großflächige Monokulturen sogenannter cash crops ver- drängen den Anbau für den Eigenbedarf. Anstatt die ei- genen Lebensmittel zu produzieren, müssen diese dann zu Weltmarktpreisen gekauft werden. Und hier tummeln sich inzwischen professionelle Anleger, die vor dem Hintergrund des Booms der nachwachsenden Rohstoffe auf steigende Agrarrohstoffe spekulieren. Den Preis da- für zahlen die Armen. l s d b m l d z „ e ö n a E k z u I u f E i t z D Ö ü f r v t s D E P P b s d w v v N h P w s g t w d N l F U r (C (D Die richtige Antwort auf diese dramatischen Entwick- ungen muss sein: Vorrang der Versorgung der heimi- chen Bevölkerung vor Exportorientierung. Schluss mit en Strukturanpassungsprogrammen von IWF und Welt- ank. Keine weitere Handelsliberalisierungen im Rah- en der Doha-Runde der WTO. Wir brauchen eine sach- iche Auseinandersetzung mit den Chancen und Risiken er nachwachsenden Rohstoffe, auf deren Nutzung wir unehmend angewiesen sein werden. Der vorliegende Sachstandsbericht zum Monitoring Nachwachender Rohstoffe“ zeigt deutlich, dass noch rheblicher Forschungsbedarf besteht, einerseits um die kologischen Auswirkungen der einzelnen Nutzungen achwachsender Rohstoffe besser bewerten zu können, ndererseits um die technischen Verfahren im Sinne der ffizienz und der Naturverträglichkeit optimieren zu önnen. Diese Forschung für eine naturverträgliche Nut- ung nachwachsender Rohstoffe muss auch vom Bund nterstützt werden. Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): nzwischen ist es ja weitgehend unbestritten, dass wir ns aus ökologischen, ökonomischen und vor allem auch riedenspolitischen Gründen vom Erdöl als Rohstoff und nergieträger verabschieden müssen. Dieser Abschied st mehr als überfällig. Gerade die ökonomische Bedeu- ung unseres Abhängigkeitsverhältnisses zum Erdöl eigt sich derzeit wieder besonders gravierend. Am ienstag dieser Woche kletterte der Preis für ein Barrel l der US-Sorte West Texas Intermediate, WTI, erstmals ber die Marke von 118 US-Dollar. Und auch die Kosten ür Rohöl aus Ländern der Organisation erdölexportie- ender Länder, Opec, stiegen auf eine neue Rekordmarke on 108,93 Dollar. Tendenz weiter steigend. Die Interna- ionale Energieagentur schließt auch eine globale Rezes- ion aufgrund der steigenden Ölpreise nicht mehr aus. ies ist auch nicht verwunderlich, denn der Rohstoff rdöl hat zwei Funktionen: Es ist global der wichtigste rimärenergieträger und gleichzeitig Rohstoff für die etrochemie. Doch wie sieht der Umstieg aus? Neben den erneuer- aren Energien wie zum Beispiel Sonne, Wind und Was- er kommt vor allem der Biomasse, den nachwachsen- en Rohstoffen eine zentrale Bedeutung zu. Biomasse ird derzeit mehr oder weniger nur als Energierohstoff erstanden, Biomasse aber kann erheblich mehr. Der orliegende TAB-Bericht zur industriellen stofflichen utzung von nachwachsenden Rohstoffen, über den wir eute diskutieren zeigt, dass Biomasse ein gewaltiges otenzial hat, den klimaschädlichen Erdölverbrauch so- ohl in der Energiewirtschaft als auch in der chemi- chen Industrie zu vermindern. Wir sehen uns durch diesen Bericht in unserer Strate- ie „Weg vom Öl“ bestätigt, nach der bis 2020 ein Vier- el der erdölbasierten Produkte durch solche aus nach- achsenden Rohstoffen ersetzt werden sollen. Nicht nur ie energetischen, sondern vor allem auch die stoffliche utzung nachwachsender Rohstoffe hat ein großes öko- ogisches und ökonomisches Potenzial. Sie ist neben der örderung der Bioenergien ein zentraler Bestandteil des mbaus unserer Wirtschaft auf die Nutzung erneuerba- er Energie- und Rohstoffquellen. 16644 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 (A) ) (B) ) Nach dem vorliegenden Bericht des Büros für Tech- nikfolgenabschätzung wird eine stoffliche Nutzung nach- wachsender Rohstoffe zur Verringerung von Import- abhängigkeiten von fossilen Ressourcen führen und Klima und Umwelt schützen. Die stoffliche Nutzung nachwachsender Rohstoffe hat darüber hinaus ein be- achtliches Innovationspotenzial sowohl bei der Entwick- lung neuer Produkte als auch bei der Entwicklung neuer Herstellungsverfahren. Das Büro für Technikfolgenabschätzung beim Deut- schen Bundestag erwartet weiter, dass nachwachsende Rohstoffe mittel- bis langfristig eine zentrale Rolle für die Herstellung chemischer Grundstoffe spielen können. Die Verwendung von Erdöl in der chemischen Industrie kann durch die Nutzung nachwachsender Rohstoffe in Bioraffinerien fast völlig überflüssig werden. Der Bericht legt dar, dass Bioraffinerien in vielen un- tersuchten Bereichen überwiegend ökologische Vorteile gegenüber etablierten Verfahren zeigen und gerade den Reststoff verarbeitenden Bioraffinerien große Potenziale zugesprochen werden, da für ihre Rohstoffversorgung keine zusätzliche Anbaufläche notwendig wird. Wir ha- ben bereits vor Wochen einen Antrag „Mit Bioraffine- rien in Deutschland die Biomasse effizienter nutzen und zusätzliche Ressourcen erschließen“ eingebracht und hier im Haus auch schon in erster Lesung beraten. Dieser Antrag steht jetzt in den Ausschüssen zu den Beratungen an. Nehmen Sie den Bericht des Büros für Technikfol- genabschätzung nicht einfach nur zur Kenntnis, sondern ziehen Sie auch die notwendigen Konsequenzen. Unter- stützen Sie unseren Antrag zur Förderung von Bioraffi- nieren. Denn wer die Chancen der industriellen stoffli- chen Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen in Bioraffinieren verkennt, der verspielt große Chancen für Umwelt und Wirtschaft. Nachwachsende Rohstoffe sind ein universeller Roh- stoff, der natürlich nicht unendlich zur Verfügung steht. Aber eine stoffliche Nutzung nachwachsender Rohstoffe bringt keine zusätzliche Konkurrenz um Anbaufläche mit Nahrungsmitteln oder Bioenergien mit sich, wenn sich der stofflichen Nutzung nachwachsender Rohstoffe im Sinne einer Kaskadennutzung eine energetische Nut- zung anschließt und vor allem durch Bioraffinerien Rest- und Abfallstoffe zu wertvollen Rohstoffen umgewandelt werden. Anlage 14 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts: Fischartenschutz fördern – vordring- liche Maßnahmen für ein Kormoranmanage- ment (Tagesordnungspunkt 22) Josef Göppel (CDU/CSU): Der Kormoran ist durch die EG-Vogelschutzrichtlinie sowie in Umsetzung der europarechtlichen Vorgaben durch das Bundesnatur- schutzgesetz besonders geschützt. Ausnahmen von dem h d z g w o z A o s w A w § d e E s s A d B r d S F l s w m d d n p n D i 5 f V t S w d l m a g G S v a m g r (C (D ieraus folgenden grundsätzlichen Tötungsverbot sowie em Verbot, Nist-, Brut- oder Zufluchtstätten der Natur u entnehmen bzw. zu beschädigen, sind nur unter engen esetzlichen Voraussetzungen, unter anderem zur Ab- endung erheblicher fischereiwirtschaftlicher Schäden der zum Schutz der heimischen Tier- und Pflanzenwelt, ulässig und können im Einzelfall durch behördliche usnahmegenehmigung oder generell durch Rechtsver- rdnung zugelassen werden. In der „Kleinen Novelle“ zum Bundesnaturschutzge- etz, die am 12. Dezember 2007 in Kraft getreten ist, urden die wesentlichen Regelungen zum gesetzlichen rtenschutz neu definiert. Im novellierten BNatSchG urden die sogenannten Zugriffsverbote nach 42 Abs. 1 neu sortiert. Ganz neu ist die Einschränkung es Verbotes der Störung streng geschützter Tier- und uropäischer Vogelarten auf solche Störungen, die den rhaltungszustand der lokalen Population einer Art ver- chlechtern – nicht nur bezogen auf einzelne Individuen. Damit haben wir gerade für die Arten, deren Bestand ich erfreulich entwickelt, eine höhere Flexibilität beim rtenschutz geschaffen. Ein typisches Beispiel – neben em Kormoran – ist in Süddeutschland der Biber. Der iber steht für eine sehr erfolgreiche Wiedereinbürge- ung einer Art in Deutschland. Aber wir müssen sehen, ass er sich so erfolgreich vermehrt, dass es an einigen tellen Probleme gibt. Deshalb plädiere ich auch hier für lexibilität. Wenn er den Damm von Kläranlagen durch- öchert oder an Straßen herangeht, dann muss es möglich ein, einzelne Exemplare im Sinn der Gesamtpopulation egzunehmen. Ähnlich pragmatisch müssen wir auch mit dem Kor- oran umgehen. Der Kormoran ist seit dem 17. Jahrhun- ert regelmäßiger Wintergast in Bayern. Mit Zunahme er Winterbestände und übersommernder Vögel war es ur eine Frage der Zeit, bis sich 1980 mit sieben Brut- aaren die erste bayerische Kormorankolonie am Isma- inger Speichersee nördlich von München etablierte. er Brutbestand in Bayern hat in den letzten zehn Jahren nsgesamt noch leicht zugenommen und liegt aktuell bei 81 Brutpaaren (2007). Gerade in Teichwirtschaften, vor allem in der Satz- ischproduktion, verursachen Kormorane tatsächlich erluste bis zu 70 Prozent. Die Folge: erhebliche, für be- roffene Teichwirte in Einzelfällen existenzbedrohende chäden. Wo Schäden durch Kormorane angenommen erden, können unterschiedliche Methoden zur „Scha- ensreduzierung“ zur Anwendung kommen. Dazu zäh- en Vergrämung durch optische oder akustische Maßnah- en oder der Reduktionsabschuss. Fischartenschutz praktisch umzusetzen, kann aber uch durch eine Bespannung der Fischteiche als vorbeu- end wirkende Dauerlösung und andere Maßnahmen am ewässer erfolgen. Dies hat auch eine europaweite EU- tudie ergeben, die unter Mitwirkung der Fischerei und on Anglerverbänden durchgeführt wurde. Bayern hat ls erstes Bundesland von der bundesgesetzlichen Er- ächtigung Gebrauch gemacht und bereits 1996 die so- enannte Kormoran-Verordnung erlassen. Diese Kormo- an-Verordnung wurde nach intensiver Diskussion der Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 16645 (A) ) (B) ) Sach- und Rechtslage mit Vertretern der Fischerei und des Naturschutzes bereits mehrmals der aktuellen Ent- wicklung entsprechend angepasst (zuletzt im Sommer letzten Jahres) und ist als Kompromiss zwischen den verschiedenen Anliegen zu sehen. Im Rahmen dieser Verordnung wurden seit 1996 bayernweit jährlich zwi- schen 2 547 und 7 371 Kormorane abgeschossen. Der Bestand wird allerdings rasch durch Zuzug aus benachbarten Gebieten wieder aufgefüllt. Vergrämungs- maßnahmen in den Brutkolonien scheinen effektiver zu sein. Bilder von verhungerten Jungvögeln nach der Stö- rung einer Kolonie mitten in der Aufzuchtphase wie im Juli 2005 im Anklamer Stadtbruch in Mecklenburg-Vor- pommern zeigen aber, wie Kormoranmanagement nicht geschehen darf. Baden-Württemberg dagegen hat vor ei- nigen Wochen am Bodensee gezeigt, wie es mit einem einmaligen Eingriff in der Brutphase erfolgreich war. Den Antrag der FDP müssen wir ablehnen, da der Bundestag bei vielen Punkten der falsche Adressat ist. Etliche Forderungen der FDP zur Abwehr von Kor- moranschäden wären an die Bundesländer zu richten. Die Frage eines europäischen Aktionsplanes Kormoran ist zudem in der Europäischen Union derzeit nicht er- folgreich durchzusetzen. Bereits im Jahre 2003 hat Frankreich eine entsprechende Forderung an die Euro- päische Kommission gerichtet. Die Staaten mit den größten Brutpopulationen, die Niederlande und Dänemark, wei- gern sich – dies im Übrigen seit mehr als einem Jahr- zehnt –, bei einer Bestandsreduzierung mitzuwirken. Auf weitere Punkte ist die Bundesregierung bereits in ihrer Beantwortung auf die Kleine Anfrage der FDP- Fraktion zum gleichen Thema eingegangen. Christoph Pries (SPD): Der vorliegende Antrag der FDP-Fraktion fordert ein europaweites Kormoranma- nagement, da die Bestandsvermehrung des Kormorans gravierende Auswirkungen auf die Fischfauna, die Bin- nen- und Teichwirtschaft habe. Der Antrag ist von den Koalitionsfraktionen und von Bündnis 90/Die Grünen im Umweltausschuss zu Recht abgelehnt worden. Ich möchte die drei wichtigsten Gründe nennen: Erstens. Die FDP folgt einseitig der Argumentation der Fischerei- und Anglerlobby, die seit Jahren darauf drängt, die Kormoranbestände europaweit drastisch zu reduzieren. Die zum Teil erheblich divergierenden An- gaben der Vogelschützer werden bewusst ignoriert. Zweitens. Die Forderungen der FDP sind falsch adressiert. Sie fallen fast ausschließlich in die Kompe- tenz der Bundesländer. Diese haben bereits heute die Möglichkeit, über Kormoranverordnungen die Bestände zur Abwehr fischereiwirtschaftlicher Schäden oder zur Abwehr von Schäden an anderen Tierarten zu regulieren. Neun von 16 Bundesländern machen von dieser Mög- lichkeit Gebrauch. Im Jahr 2005 wurden 30 000 Kormo- rane getötet, 2006 waren es noch 12 000. Drittens. Die Forderung der FDP nach einem europäi- schen Kormoranmanagement ist von uns politisch nicht gewollt und unrealistisch. Zu diesem Ergebnis kommt auch das Operationelle Programm der Bundesrepublik D E S m n f K s d m t d d h u t M r 2 d i a u d n s v S V e Z d i 5 i g g g i s d s E (C (D eutschland für den Förderzeitraum 2007 bis 2013 des uropäischen Fischereifonds. Unabhängig von diesen achargumenten müssen wir uns immer wieder deutlich achen: Der Konflikt zwischen Fischerei und Kormora- en ist kein neues Phänomen. Bereits 1892 schrieb Al- red Brehm im sechsten Band seiner „Allgemeinen unde des Tierreichs“ über den Kormoran: Auf den Gewässern des Binnenlandes sind die Scharben nicht zu dulden, weil sie dem Fischstande unserer Fluß- und Landseen unberechenbaren Scha- den zufügen. Ihre Gefräßigkeit übersteigt unsere Begriffe. Dieses negative Bild durchzieht auch die weitere Be- chreibung Brehms: Die Menge der zu- und abfliegenden Vögel erfüllte die Luft; ihr wildes Geschrei betäubte die Ohren. Die Bäume samt ihrem Laube waren weiß von dem Unrate, die Luft war verpestet durch die aus dem Neste herabgefallenen und faulenden Fische. Schlechtes Image, kurzes Leben: Entsprechend dem amaligen Naturverständnis, das Flora und Fauna nach enschlichen Maßstäben in nützlich und schädlich un- erteilte, wurde der Kormoran als Nahrungskonkurrent es Menschen schonungslos gejagt. Das Ergebnis war, ass die Bestände in ganz Europa am Ende des 19. Jahr- underts bis auf wenige Brutpaare in den Niederlanden nd in Polen ausgerottet waren. Erst durch die konsequente Vogelschutzpolitik auf na- ionaler und europäischer Ebene ist der Kormoran seit itte der 1980er Jahre an unsere Seen und Flüsse zu- ückgekehrt. Heute leben in Deutschland wieder rund 3 000 Brutpaare. Nach einem rasanten Wachstum in en 1980er- und 90er-Jahren, scheinen sich die Bestände n den letzten Jahren auf diesem Niveau zu stabilisieren. Mit der Rückkehr der Kormorane kehrte aber auch der lte Konflikt zurück. Immer vehementer fordern Hobby- nd Berufsfischer in den letzten Jahren eine massive Re- uktion der Kormoranbestände. Die Vogelschützer leh- en dies vehement ab. Die Argumente der beiden Lager tehen sich unvereinbar gegenüber. Ein Beispiel ist die on Brehm angeführte „Gefräßigkeit“ der Kormorane. ie wird heute von der Fischerei für die Schädlichkeit der ögel angeführt: 500 Gramm Fisch und mehr vertilge in Kormoran täglich. Die Naturschützer bestreiten diese ahlen: 300 Gramm betrage der tägliche Nahrungsbe- arf. Lediglich während der dreimonatigen Brutzeit oder n extremen Kälteperioden könne der Bedarf auf mehr als 00 Gramm steigen. Diese Verhärtung der Fronten führt mmer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen Vo- elschützern und Fischereiinteressen. Erst in der vergan- enen Woche kam es am Bodensee anlässlich einer Ver- rämungsaktion wieder zu Protesten. Die Bundesregierung hat in den vergangenen Jahren mmer wieder versucht, Fischereiverbände und Natur- chützer an einen Tisch zu bekommen. Alle Versuche, ie divergierenden Interessen von Fischerei und Vogel- chützern auf europäischer (REDCAFE) und nationaler bene (Kormorankonferenz des Bundesamtes für Natur- 16646 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 (A) ) (B) ) schutz 2006) auszugleichen, haben zwar zu guten Ansät- zen, aber noch zu keinem Durchbruch geführt. Trotzdem muss auf diesem Weg weitergegangen wer- den. Wir brauchen kein Kormoranmanagement, sondern ein Konfliktmanagement zwischen Hobby- und Berufs- fischern auf der einen und Naturschützern auf der ande- ren Seite. Dies war auch eines der zentralen Ergebnisse des REDCAFE-Reports von 2003. Ein weiteres Ergeb- nis des REDCAFE-Projektes war übrigens die gemein- same Erkenntnis, dass der massenhafte Abschuss von Kormoranen ineffektiv sei. Der Kormoran ist ein Teil unseres Ökosystems. Wir müssen lernen mit ihm zu le- ben. Dr. Christel Happach-Kasan (FDP): Wir leben in einer Kulturlandschaft. Verschiedene Tierarten werden in der vom Menschen geprägten Landschaft begünstigt, vermehren sich so stark, dass eine Bestandsregulierung erforderlich wird. Andere Arten werden benachteiligt, ihr Lebensraum wird so eingeschränkt, dass wir sie durch besondere Schutzgebietsausweisungen vor dem Aussterben schützen müssen. Es besteht ein allgemeines Einverständnis, dass auch aufgrund des Fehlens von Wolf und Bär, Raubtieren, die früher einmal bei uns hei- misch waren, der Mensch Reh-, Rotwild- und Damwild- bestände beschränken muss, um im Wald Schäden durch winterlichen Verbiss zu mindern. Als Anfang der 90er-Jahre der Kormoran wieder bei uns heimisch wurde, hat sich wohl niemand vorstellen können, dass seine Population einmal so stark anwach- sen würde, dass über eine Regulierung der Kormoranbe- stände nachgedacht werden musse. Inzwischen wird die europäische Population des Kormorans auf rund 700 000 erwachsene Brutvögel bzw. eine Gesamtzahl von insge- samt etwa 2 Millionen Vögel geschätzt. Die Zahl der Bartvögel in Deutschland wird von der Bundesregierung – Stand 2005, Bundestagsdrucksache 16/1017 – mit 45 516 angegeben. Unter Berücksichtigung des noch nicht geschlechtsreifen Nachwuchses resultiert hieraus ein Gesamtbestand von etwa 130 000 Vögeln. Es gibt keine Artenschutzmaßnahme, die so erfolgreich war wie der Kormoranschutz. Inzwischen ist es an der Zeit, über eine Regulierung nachzudenken, damit die Artenvielfalt in den Gewässern nicht unter dem enormen Fraßdruck des Kormorans zu leiden hat. Die EU hat inzwischen re- agiert und den Kormoran aus der höchsten Schutzkate- gorie abgestuft. Die Bundesländer haben reagiert und Kormoran-Verordnungen erlassen. Insgesamt brauchen wir jedoch einen europäischen Plan für das Kormoran- management, denn nur so lässt sich der Bestand nachhal- tig regulieren. Der Kormoran ist nicht nur für die Arten- vielfalt in den Gewässern, sondern auch für die Fischerei ein Problem. Ein ausgewachsener Kormoran frisst täg- lich etwa 500 Gramm Fisch. Anders als der Graureiher kann er nicht auf Mäuse oder andere Beute ausweichen. Mecklenburg-Vorpommern ist das Bundesland, das am meisten unter dem Kormoran zu leiden hat. 85 Prozent der rund 12 000 Kormoranbrutpaare von Mecklenburg- Vorpommern – etwa die Hälfte des deutschen Gesamtbe- standes – leben an der Ostseeküste. Seit 1982 hat sich d m w s o s e K 7 t L A F Ä w L h e z d g s z S A s t F z c R E z n h k r v t z g e n z d Z g s d z d v d w (C (D er Kormoranbestand von damals 1 050 Brutpaaren ehr als verzehnfacht. Aus Sicht der Küstenfischerei äre eine Reduzierung auf 50 Prozent des Kormoranbe- tandes sinnvoll. Seit 2007 gibt es eine Kormoran-Ver- rdnung, die aber nicht sehr wirkungsvoll ist, da Ab- chüsse oder Vergrämungen nur an Binnengewässern rlaubt sind. Die Verluste in der Teichwirtschaft durch ormoranfraß – zum Beispiel Karpfen – betragen etwa 0 bis 90 Prozent. In Brandenburg und Schleswig-Holstein zeigen Un- ersuchungen, dass der Kormoran gern Aal frisst. Für das and Brandenburg wird in aktuellen Untersuchungen ein alverlust von 77 Tonnen angegeben, gegenüber einer angmenge von 100 Tonnen durch die Fischerei. In Nordrhein-Westfalen und Thüringen sind die schenbestände durch den Kormoran extrem reduziert orden. Die Äsche ist eine Fischart, die auf der Roten iste steht, und damit zu den gefährdeten Fischarten ge- ört. Sie ist für die Berufsfischerei ohne Bedeutung. Die Konferenz des Deutschen Fischereiverbandes . V. im vergangenen Jahr in Bonn „Kormoran, Wege um europäischen Bestandsmanagement“ hat festgestellt, ass die Kormoranbestände in Europa auf ein Niveau an- estiegen sind, das wichtige Bestandteile der Kulturland- chaft stark beeinträchtigt; dass die Kormoranbestände unehmend Schaden an der Fischfauna in Flüssen und een, Küstengewässern und künstlichen Gewässern aller rt in ganz Europa verursachen; dass viele teichwirt- chaftlichen Betriebe durch Kormoranbefall ihre Exis- enzgrundlage verloren haben, dass die Bemühungen der ischerei zur Hege und Erhaltung gefährdeter Fischarten unichtegemacht werden; dass die Maßnahmen zur Si- herung des europäischen Aales ohne eine nachhaltige eduzierung des Fraßdruckes durch Kormoran keinen rfolg haben können; dass lokale Abwehrmaßnahmen ur Vergrämung nur zur Schadensminderung bei einzel- en Teichwirtschaften geführt haben, ohne einen nach- altigen Schutz der Fischfauna zu sichern. Die Konferenz fordert von den Bundesländern, die lo- alen Abwehrmaßnahmen sofort durch Bestandreduzie- ende Eingriffe in Brutkolonien zu ergänzen. Sie fordert on der Bundesregierung, sich nachhaltig für ein gesam- europäisches Management des Kormoranbestands ein- usetzen, und von der Europäischen Union, dafür zu sor- en, dass die Kormoranbestände in Europa in einem rsten Schritt um 50 Prozent reduziert werden sowie ei- en europäisch koordinierten Langzeitmanagementplan u etablieren, der die Kormoranbestände langfristig in ie Kulturlandschaft integriert, ohne die Natura-2000- iele im Bereich der Fischarten und die Gewässerökolo- ie zu gefährden. Es werden verschiedene Maßnahmen zur Vergrämung owie zur Bestandsregulierung diskutiert und angewen- et. In jedem Fall ist darauf zu achten, dass Maßnahmen ur Regulierung im Einklang mit den Bestimmungen es Tierschutzes stehen. Kleine Teichanlagen können or dem Kormoran durch weitmaschige Netze aus Stahl- rähten geschützt werden. In Mecklenburg-Vorpommern ird eine neue, vielversprechende Methode der Vergrä- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 16647 (A) ) (B) ) mung erprobt: Im Gewässer werden Lautsprecherboxen installiert, die eintauchende Kormorane mit Orca-Rufen beschallen, worauf die Kormorane fliehen und das Ge- wässer verlassen. In der Schweiz existiert seit 1996 ein sehr gut funktio- nierender Kormoran-Wintermanagementplan, der von den nationalen Natur- und Vogelschutzorganisationen mitgetragen wird. Darin wird die Bejagung der Kormo- rane an Gewässern geregelt. Mit dem Kormoran-Som- mermanagementplan 2005 wird geregelt, dass in der ge- samten Schweiz fünf Brutkolonien mit insgesamt maximal 100 Brutpaaren als Zielgröße definiert sind. Wird diese Kormorananzahl überschritten, tritt ein Kon- fliktlösungsausschuss zusammen, der über die Duldung dieser Brutkolonien bis zur Eliminierung der Brutvögel bzw. ihrer Gelege oder die Zerstörung der Lebensräume entscheiden kann. Es gibt viele Beispiele für regionale Aktivitäten, die eine Regulierung des Kormorans bezwecken. Es bleibt unverständlich, dass einzelne Naturschutzverbände sehr viel Engagement dem Schutz des Kormorans und der Ver- hinderung von Regulierungsmaßnahmen widmen, obwohl der Kormoran mit seiner beeindruckenden Bestandsent- wicklung zu den besonders erfolgreichen Tierarten gehört und andere Arten sehr viel mehr der Fürsorge bedürfen. Es wäre wünschenswert, wenn die Verbände insbeson- dere im Interesse des Fischartenschutzes zu einer gemein- samen Position fänden. Die Fachsprecher von CDU/CSU und SPD haben in der Abstimmung des Ausschusses aus ihrer fachlichen Verantwortung heraus dem Antrag der FDP-Bundestags- fraktion zugestimmt. Regionale und nationale Maßnahmen gegen den Kor- moran sind richtig und wichtig, aber ohne eine Koordinie- rung dieser Maßnahmen in den betroffenen europäischen Ländern, also ohne ein europäisches Kormoranmanage- ment, können wir keinen sicheren und dauerhaften Ar- tenschutz gewährleisten und Schaden von unseren hei- mischen Gewässern abwenden. Ich bitte um Zustimmung zum FDP-Antrag. Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE): Die Kormo- ranbestände haben sich in den letzten Jahrzehnten stark vermehrt. Davon betroffen ist nicht nur Deutschland, sondern auch zahlreiche Nachbarstaaten. Die Tatsache, dass Kormorane eine große Menge an Fisch benötigen, um ihren Nahrungsbedarf zu decken, ist nicht zu leug- nen. Dementsprechend können bei hohem Vorkommen von Kormoranpopulationen auch Fischbestände stark dezimiert werden. Wenn aber Fischbestände stark beein- trächtigt werden, dann kann dies den Fortbestand einzel- ner Populationen mit ihrem spezifischen genetischen Po- tenzial akut gefährden. Auch die Fischereiwirtschaft ist davon betroffen. Angelfischer, Teichwirte und Fisch- züchter sehen sich durch den Rückgang der Fischpopula- tionen in ihrer Existenz bedroht. Wir sehen hier ebenfalls eine Notwendigkeit zum Handeln. Die hohen Kormoranvorkommen dürfen weder d E r f „ r R r w s s g d l U b s A t D Ä j g s a G a z c l d s k c u k h v g f E d s K W r w t n G m k d d (C (D ie Umsetzung der FFH-Richtlinie erschweren, noch das rreichen der Zielsetzungen der Europäischen Wasser- ahmenrichtlinie verhindern. Es besteht jedoch die Ge- ahr, dass durch den Fokus auf den Kormoran als Feind“ der Fischbestände und Konkurrent der Fische- eiwirtschaft, der Blick für andere, oftmals in gleichem ahmen für den Fischrückgang verantwortlichen Fakto- en, verloren geht. Was nämlich ebenfalls berücksichtigt erden muss, ist die Tatsache, dass der Mensch durch eine gravierenden Eingriffe in Ökosysteme die Fischbe- tände stark verringert und in machen Fällen sogar aus- erottet hat. Im vergangenen Jahrhundert lag die Hauptgefähr- ungsursache für viele Fischarten vor allem in der Ein- eitung von Nähr- und Schadstoffen in die Gewässer. nd auch die Veränderungen der natürlichen Gewässer- eschaffenheit und der Abflussverhältnisse durch was- erbauliche Eingriffe haben ihren Teil dazu beigetragen. ls Ergebnis sind eine Reihe von Arten oder Lokalvarie- äten, wie zum Beispiel der Atlantische Stör oder der eutsche Lachs ausgestorben. Dass dies oft vergessen wird, ist am Beispiel der sche besonders gut zu sehen. Für deren Rückgang wird a gerne der Kormoran verantwortlich gemacht. Jedoch enau diese Art stellt sehr hohe Ansprüche an die Was- erqualität und benötigt klares kühles Wasser. Zudem re- giert sie empfindlich auf anthropogene Störungen. Die efährdung der Äschenbestände ist somit in erster Linie uf Gewässerverschmutzung und menschliche Eingriffe urückzuführen. Der Kormoran stellt nur eine zusätzli- he Bedrohung dar. Ähnlich steht es mit dem Aal. Es ist sehr wahrschein- ich, dass der Kormoran auch hier einen Beitrag zur Re- uzierung des Bestandes beiträgt. Jedoch spricht in die- em Zusammenhang kaum jemand vom Bau unzähliger leiner Wasserkraftanlagen, die Fisch-Schreddern glei- hen. Gerade Aale, die immer dem Hauptstrom folgen nd dadurch beim Abstieg Richtung Meer natürlich eine Fischtreppen nutzen, sind davon betroffen. Bevor ier der Kormoran für die Dezimierung der Aalbestände erantwortlich gemacht wird, sind solche Faktoren also enauer zu hinterfragen. Ich denke, darin, dass hier Schutzmaßnahmen getrof- en werden müssen, sind wir uns einig, nicht nur zum rhalt der Biodiversität, sondern auch um die Existenz er Fischereiwirtschaft zu sichern. Jedoch kann der Ab- chuss von Kormoranen hier nicht die Lösung sein. Um ormoranpopulationen zu reduzieren, sollte lieber ein eg gewählt werden, der ebenfalls arten- und tierschutz- echtlich zu vertreten ist. Zudem ist es wichtig, die Aus- irkungen auf die Ökosysteme möglichst gering zu hal- en. Aus diesem Grund sind wir gegen Regulierungsmaß- ahmen in Schutzgebieten und auch im Grundsatz an ewässern, die nicht wirtschaftlich genutzt werden. Hier uss die natürliche Räuber-Beute-Beziehung wirken önnen. Besonders in Gebieten mit hohem Schutzstatus ürfen diesbezüglich keine Eingriffe geschehen. Denn er Prozessschutz ist hier dem Artenschutz vorzuziehen. 16648 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 (A) ) (B) ) Eine der wichtigsten Maßnahmen ist der Schutz der natürlichen Feinde des Kormorans. Sowohl der Uhu als auch der Seeadler müssen weiterhin massiv geschützt und wiederangesiedelt werden. Auch teilweise Teich- überspannungen haben sich bewährt und sollten finanzi- ell gefördert werden, wie dies beispielsweise in Bayern der Fall ist. Und letztlich wird durch das naturnahe Gestalten von Wirtschaftsgewässern nicht nur den Fischbeständen ein Gefallen getan. Es leistet auch einen Beitrag zur Erhö- hung der Biodiversität. Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Zu Beginn erst einmal Grundsätzliches: Der Kormoran ist nach EU- und Bundesrecht geschützt und unterliegt daher nicht dem Jagdrecht. Seine Brut-, Rast- und Überwinterungsgebiete sind zu schützen. Das hin- derte das Regierungspräsidium Freiburg jüngst nicht da- ran, einen grandiosen „Erfolg“ zu vermelden: 50 bis 70 Prozent der geschätzten 160 bis 200 Eier der einzigen bei Radolfzell am Bodensee brütenden Kormorankolo- nie wurden durch Vergrämung der Brutpaare ausgekühlt und zerstört. Beantragt hatten die Aktion vier Fischerei- vereine. Experten haben darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Brutgebiet im „Radolfzeller Aachried“ nicht nur um ein Naturschutzgebiet, sondern auch um ein EU-Vogel- schutzgebiet von internationaler Bedeutung handelt. Die hier vorkommenden gefährdeten Rot- und Schwarzmi- lane, Rohrweihen, Zwergtaucher und Kolbenenten sind mitten im Brutgeschäft, die Eiablage der meisten Arten steht kurz bevor. Vor diesem Hintergrund ist die als Kor- moranmanagement deklarierte Aktion weder ethisch vertretbar noch rechtens; denn sie verstößt gegen das eu- ropäische Naturschutzrecht. Skandalös ist es allerdings auch, dass der vom Natur- schutzbund Deutschland, NABU, mit Unterstützung der Deutschen Umwelthilfe binnen weniger Stunden beim Verwaltungsgericht Freiburg gestellte Eilantrag auf Überprüfung der angeordneten Maßnahme – über den das Regierungspräsidium informiert war – ignoriert wurde. Um vor einer Entscheidung des Gerichts Fakten zu schaffen, wurde die Aktion noch in derselben Nacht durchgeführt. Das ist eines Rechtsstaates unwürdig. Die gesetzlich garantierten Rechte der Naturschutzverbände wurden so durch die baden-württembergische Landesre- gierung missachtet. Unsere Fraktion fordert eine lücken- lose Aufklärung dieses Vorgangs. Leider ist dieser Vorgang nicht ohne Beispiel. Welche Auswüchse eine Bestandsreduktion der Kormoranpopu- lationen erreichen kann, zeigte auch die tierschutzwid- rige Tötungsaktion im Anklamer Stadtbruch im Juli 2005, bei der mehr als 6 000(!) Kormorane in ihren Nes- tern abgeschossen wurde, das Ganze im Übrigen in der Amtszeit eines Umweltministers der PDS – so viel zur „ökologischen Kompetenz“ der Linken in Regierungs- verantwortung. d e la m v g E „ d d m t t e r c v w g e z d t F m ß R s u g A h b d S s S f n D k f d t T m s l g S c d N (C (D Für Bündnis 90/Die Grünen ist die Bestandsreduktion er Kormorane grundsätzlich weder ökologisch noch thisch begründbar oder verantwortbar. Der Kormoran, Pha- crocorax carbo, fällt unter die allgemeinen Schutzbestim- ungen der Vogelschutzrichtlinie, Richtlinie 79/409/EWG om 2. April 1979, und das absichtliche Töten oder Fan- en, die absichtliche Zerstörung von Nestern oder die ntnahme von Eiern ist grundsätzlich verboten. Nur mangels anderweitiger Lösungen“ sind Ausnahmen von iesem Verbot möglich, jedoch dürfen diese Maßnahmen en Bestand der Kormorane nicht gefährden – und sie üssen vor allem begründbar sein. Die Europäische Kommission hat noch 2006 bekräf- igt, dass sie am Schutzstatus des Kormorans festzuhal- en gedenke und ihr keine Gründe bekannt seien, die ine Änderung notwendig machten. Die vorhandenen Instrumente, Konflikte mit Kormo- anpopulationen zu bewältigen, sind mehr als ausrei- hend. Den von der FDP konstatierten Handlungsbedarf ermögen wir nicht zu erkennen, und das nicht etwa, eil wir kurzsichtig wären, sondern weil es ihn nicht ibt. Die FDP greift mit ihrem Antrag einseitig in die Aus- inandersetzungen zwischen Fischern und Naturschüt- ern über die fischereiwirtschaftlichen Schäden durch en Kormoran zugunsten der Fischer ein; denn der An- rag greift im Wesentlichen ungeprüft die Argumente der ischer nach einem europaweiten Kormoranmanage- ent mit dem Ziel einer Bestandsregulierung auf. Au- erdem sollen weitere Maßnahmen zur bundesweiten eduzierung des Kormoranbrutvogelbestandes zugelas- en werden wie die Reduzierung der Zahl der Nistbäume nd Gelegemanipulationen. Neuansiedlungen oder Neu- ründungen von Kolonien sollen verhindert werden. uch in Schutzgebieten sollen Eingriffe in bereits beste- ende Kolonien ermöglicht werden. Der Antrag und seine Forderungen werden dem Pro- lem nicht gerecht und zeigen wieder einmal, wie wenig ie FDP von ökologischen Zusammenhängen versteht. ie agiert auch nicht im vermeintlichen Interesse der Fi- cher. Ja, es stimmt. Es gibt fischereiwirtschaftliche chäden in der Teichwirtschaft und der Fluss- und Seen- ischerei. Dennoch zeigen wissenschaftliche Publikatio- en, dass der Stand der fischereibiologisch-ökologischen iskussion über die im FDP-Antrag vertretene mono- ausale Sicht inzwischen weit hinaus ist. Es ist zu ein- ach gedacht, alles dem Kormoran in die Schuhe bzw. in en Schnabel zu schieben. Bündnis 90/Die Grünen tre- en dafür ein, dass die naturnahe Bewirtschaftung von eichen und Seen gefördert wird. Durch Renaturierungs- aßnahmen und eine Besetzung der Gewässer mit ur- prünglich dort vorkommenden, heimischen Fischarten ässt sich der vermeintlichen Kormorangefahr ökolo- isch, tierschutzgerecht und wirkungsvoll begegnen. Untersuchungen zeigen, dass fischereiwirtschaftliche chäden überwiegend bei intensiv genutzten Fischtei- hen auftreten. In natürlichen Gewässern, an denen sich ie überwiegende Anzahl der Kormorane aufhält und ahrung sucht, konnten keine nennenswerten, ge- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 16649 (A) ) (B) ) schweige denn erhebliche fischereiwirtschaftliche Schä- den nachgewiesen werden. Insgesamt brauchen wir für einen nachhaltigen Schutz der Fischbestände eine Wiederherstellung mög- lichst vieler natürlicher Fluss- und Bachläufe. Rückbau von Staustufen und die Renaturierung der Gewässerver- läufe und -betten sollten daher im Rahmen der Umset- zung der EU-Wasserrahmenrichtlinie so zügig wie mög- lich vorgenommen werden. Die Landesanglerverbände beklagen, dass die Kor- morane die von ihnen mit finanziellem Aufwand besetz- ten Gewässer leer fischen und so bedrohte Fischarten wie Quappe, Äsche und Barbe weiter dezimieren. Genau diese Fische leiden aber mit am meisten durch die Ver- bauung der Flüsse. Was wir auch unterstützen, ist der regelmäßige Aus- tausch von europäischen Wissenschaftlern über die Be- standsentwicklung der Kormorane. Das Kormoranmanagement erfolgt in Landeshoheit. Daher kann ich an dieser Stelle nur appellieren: Tut dies aber umso dringlicher: Das Kormoranmanagement soll- ten die Länder in enger Abstimmung mit dem behördli- chen und ehrenamtlichen Naturschutz organisieren – und nicht unter Umgehung dieses oder gar gegen ihn. Anlage 15 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Für die Rücknahme der Vorbehaltserklärung zur UN-Kinderrechts- konvention und eine – hiervon unabhängige – effektive Umsetzung der Kinderrechte im Asyl- und Aufenthaltsrecht (Tagesordnungspunkt 24) Johannes Singhammer (CDU/CSU): Wir debattie- ren heute zum wiederholten Male über ein Thema, das in den letzten Wochen schon öfter auf der Tagesordnung hier im Bundestag stand. Und erneut verlangt die Links- fraktion die Rücknahme der Vorbehalte der Bundesre- gierung gegen die UN-Kinderrechtskonvention. Lassen Sie mich eines an dieser Stelle klar sagen: Wir wollen doch alle das eine: Kindern zu ihrem Recht ver- helfen. Jeder gutwillige, jeder anständige, jeder vernünf- tige Mensch in Deutschland will, dass Kinder liebevoll umsorgt aufwachsen, ihre Rechte gewahrt, geschützt und beachtet werden. Niemand will Kinder einem notwendi- gen Schutz entziehen und der Gewalttätigkeiten, Ver- nachlässigung, Misshandlung in vorsätzlicher oder nach- lässiger Weise ausliefern. Bezüglich der Vorbehaltserklärung der Bundesregie- rung zur UN-Kinderrechtskonvention stellt der Bunde- sinnenminister fest, – ich zitiere –: Die deutsche Erklärung zur UN-Kinderrechtskon- vention ist kein Vorbehalt im völkerrechtlichen Sinne, sondern soll lediglich denkbare Fehl- oder Überinterpretationen bei der Anwendung des Über- d d d h r P z b s a e f s m m W e S V l t s 1 s u e 4 g f z I n m A e S (C (D einkommens im Rahmen von aufenthalts- und asyl- rechtlichen Entscheidungen ausschließen. Auch in der neueren Rechtsprechung wird eine unmittelbare Anwendung von Bestimmungen des Übereinkom- mens mit weitreichenden asyl- und aufenthalts- rechtlichen Konsequenzen unter anderem unter dem Hinweis auf die deutsche Erklärung ausge- schlossen. Insofern ist die Erklärung nach wie vor von Bedeutung. Ihrer Rücknahme würde das im Koalitionsvertrag vereinbarte Ziel der Begrenzung und Steuerung der Migration zuwiderlaufen. Die Bundesländer sind mehrheitlich gegen eine Rück- nahme der Erklärung. Diese waren seinerzeit mit der Ratifizierung der UN-Kinderrechtskonvention nur einverstanden, weil diese Vorbehaltserklärung abgegeben wurde. Gegen deren ausdrücklichen Willen sollte die deutsche Erklärung daher nicht zu- rückgenommen werden. An dieser Stelle muss man aber auch fragen: Was hat enn die letzte Bundesregierung in Bezug auf die Kin- errechte zuwege gebracht? Offensichtlich hat es auch amals schon Bedenken gegeben. Sonst stünden wir eute ja wohl nicht hier. Wichtiger als endlos wiederkeh- ende Debatten ist ein effektiver Kinderschutz in der raxis: durch frühzeitige Förderung der elterlichen Er- iehungskompetenz, konsequente Vorsorge, besonders ei Untersuchungen, und keine Behinderung des Kinder- chutzes durch überbordenden Datenschutz. Klar ist aber uch: Alle Kinderrechte und staatliche Vorsorge können lterliche Liebe nicht ersetzen. Die Linken stellen hier – wie auch sonst – Anträge ürs Schaufenster mit finanziell völlig utopischen Vor- tellungen. Damit erreichen sie mit Sicherheit nicht ehr für unsere Kinder und Familien! Im Gegenteil: Sie achen Versprechungen, die sie nicht einhalten können. as nützt es denn den Familien, wenn sie ihnen auf der inen Seite Unterstützung zusichern und auf der anderen eite das Geld wieder aus der Tasche ziehen. Denn ihre orschläge gehen letztendlich wieder zulasten der Fami- ien. Es geradezu grotesk, wenn man sich die Zahlen be- rachtet, die sich aus ihren Forderungen ergeben: im Zu- ammenhang mit der Diskussion des 7. Familienberichts: 9 Milliarden Euro mehr; jetzt einen Antrag, den Kinder- chlag auszubauen, der allen Kindern und Jugendlichen nter 18 Jahren in bestimmten Einkommensbereichen in soziokulturelles Existenzminimum von mindestens 20 Euro monatlich gewährleistet: nach einer vorsichti- en Schätzung mindestens 10 Milliarden mehr; ein Stu- enprogramm zur weiteren Ausdehnung öffentlich finan- ierter Beschäftigung: 8,4 Milliarden Euro mehr Hartz V ändern: 18 Milliarden Euro mehr. All ihre Forderungen mal schnell zusammengerech- et, komme ich auf die Summe von 150 Milliarden Euro ehr im Jahr. Aber wie wollen sie das finanzieren? Die ntwort bleiben Sie uns schuldig. So viele Reiche gibt s in Deutschland überhaupt nicht, welche angeblich die teuererhöhungen bezahlen sollen. Bitter bezahlen wer- 16650 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 (A) ) (B) ) den am Ende Familien mit Kindern und Durchschnitts- einkommen. Wir dagegen haben in der Familienpolitik Schritt für Schritt Erfolge erzielt, die den Familien und Kindern in unserem Land tatsächlich helfen. Keine utopischen und nicht bezahlbaren Versprechungen, sondern sinnvolles und politisch verantwortliches Handeln ist gefragt. Und dafür steht die erfolgreiche Politik von CDU und CSU. Erst heute haben wir die Ausweitung des Kinderzu- schlags auf den Weg gebracht. Nach langen Verhandlun- gen ist dies ein klarer Erfolg der Union, der die Hand- lungsfähigkeit der Koalition aufzeigt. Marlene Rupprecht (Tuchenbach) (SPD): Am 20. November 1989 haben die Vereinten Nationen die Kinderrechtskonvention gemeinsam beschlossen. Die Bundesrepublik Deutschland hat sie im Jahr 1992 ratifi- ziert. Bei Hinterlegung der Ratifikationsurkunde hat die Bundesregierung damals fünf Vorbehalte geltend ge- macht, auch weil wir manches in nationalem Recht noch nicht so geregelt hatten, wie es die Konvention vor- schreibt. Diese betrafen das Umgangs- und Sorgerecht, den Rechtsbeistand bei minderschweren Fällen, das Adop- tionsrecht und Kinder in bewaffneten Konflikten. Diese Vorbehalte haben sich erledigt, denn zwischenzeitlich vorgenommene Änderungen im deutschen Recht haben bewirkt, dass nur noch der unter Punkt IV erklärte aus- länderrechtliche Vorbehalt Bestand hat. Dieser Vorbehalt unter Punkt IV, der den Status der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge regelt, betrifft wenige hundert Menschen im Jahr. Es ist mir ein Rätsel und es schadet dem internationalen Ansehen Deutsch- lands, dass wir für diese jungen Menschen nicht zu einer besseren Regelung kommen. Die Vereinten Nationen definieren die Kindheit als Phase zwischen 0 und 18 Jahren. Im Allgemeinen übernehmen wir diese Defi- nition, nur bei diesem Vorbehalt lassen wir die Kindheit bei 16 Jahren aufhören. Das geht nicht. Der Bundestag hat die Bundesregierung mehrfach aufgefordert, die Vorbehaltserklärung zurückzunehmen. Leider ist die Mehrheit der Bundesländer gegen eine Rücknahme des Vorbehalts, und die Bundesregierung spricht sich mit Rücksicht auf die Länder gegen die Rücknahme aus. Die Kinderkommission, in die ja jede Fraktion ein Mitglied entsendet und die somit überpar- teilich arbeitet, hat wiederholt und zuletzt in meiner Vor- sitzzeit im November 2006 an die Bundesländer appel- liert, einer Rücknahme der Vorbehalte zuzustimmen. Die Kinderkommission forderte in dieser Stellungnahme die Bundesregierung auf, andernfalls „die Rücknahme ohne dieses Einvernehmen umgehend zu veranlassen.“ Leider ist uns diese überfällige Rücknahme immer noch nicht gelungen. Es ist höchste Zeit. Denn wir machen ja eine gute Politik für Kinder. Die Vereinten Nationen bescheinigen uns das auch. Wir spie- len weltweit, was Kinder angeht, in der ersten Liga. Mit dem Nationalen Aktionsplan „Für ein kindergerechtes D w f r 8 2 „ a t n N n D n D ü a E m n w d f t s u K m n k i z r d Z r d K s s h m k d w r K k s k i (C (D eutschland 2005 – 2010“ – NAP – wollen und werden ir Deutschland bis zum Jahr 2010 zu einem der kinder- reundlichsten Länder Europas machen. Der Nationale Aktionsplan knüpft an die Sondergene- alversammlung zu Kindern der Vereinten Nationen vom . bis 10. Mai 2002 in New York – Weltkindergipfel 002 – an. Auf dieser Konferenz wurde unter dem Titel A world fit for children“ ein Abschlussdokument ver- bschiedet, das weltweit zur Verbesserung der Lebenssi- uation der Kinder beitragen soll. Wie alle Unterzeich- erstaaten hat sich Deutschland darin verpflichtet, einen ationalen Aktionsplan mit konkreten termingebunde- en und messbaren Zielen und Vorhaben zu erstellen. amit soll die international definierte Zielsetzung auf ationaler Ebene umgesetzt werden. Der Nationale Aktionsplan „Für ein kindergerechtes eutschland 2005 – 2010“ ist ein themen- und ressort- bergreifender Leitfaden, der von der Bundesregierung m 16. Februar 2005 im Kabinett verabschiedet wurde. r ist unter Mitwirkung von Bund, Ländern und Kom- unen, der Wissenschaft, Nichtregierungsorganisatio- en und nicht zuletzt von Kindern und Jugendlichen ent- ickelt worden. Sechs Handlungsfelder stehen dabei im Mittelpunkt, enen in den kommenden Jahren eine Schlüsselstellung ür mehr Kinderfreundlichkeit zukommt. In den Kapi- eln „Chancengerechtigkeit durch Bildung“, „Aufwach- en ohne Gewalt“, „Förderung eines gesunden Lebens nd gesunder Umweltbedingungen“, „Beteiligung von indern und Jugendlichen“, „Entwicklung eines ange- essenen Lebensstandards für alle Kinder“ und „Inter- ationale Verpflichtungen“ werden umfassende und kon- rete Arbeitsziele bis 2010 benannt und Strategien für hre Durchsetzung beschrieben. Ein Monitoringverfahren begleitet derzeit die Umset- ung. Ich selbst bin für die Kinderkommission in mehre- en Arbeitsgruppen daran beteiligt. Es gilt nun, den NAP auf Bundesebene, aber auch in en Ländern und vor Ort Schritt für Schritt umzusetzen. entrales Ziel ist dabei neben der allgemeinen Verbesse- ung der Lebensbedingungen von Kindern auch die For- erung nach der Rücknahme der Vorbehalte zur UN- inderrechtskonvention. Es ist höchste Zeit, diesen Schritt zu gehen. Gemein- am muss es uns endlich gelingen, die letzten Wider- tände gegen diese überfällige Rücknahme der Vorbe- altserklärung zu brechen: für die Rechte der inderjährigen unbegleiteten Flüchtlinge und für unsere inderpolitische Glaubwürdigkeit. Ein letztes Wort zum NAP: Die Aufnahme von Kin- errechten in die Verfassung wird ausdrücklich ge- ünscht. Meine Fraktion hat die Aufnahme von Kinder- echten in die Verfassung einstimmig beschlossen. Die inderkommission ist einstimmig dafür. Und wir be- ommen positive Signale aus anderen Fraktionen. Las- en Sie uns alle dafür kämpfen, dass wir dieses zentrale inderpolitische Ziel, die Aufnahme der Kinderrechte ns Grundgesetz, schnell erreichen. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 16651 (A) ) (B) ) Miriam Gruß (FDP): Wie so oft diskutieren wir die- ses wichtige Thema der Rücknahme der Vorbehaltser- klärung zu später Stunde. Unsere Kinder und ihre Rechte sollten es uns eigentlich wert sein, eine Kernzeitdebatte zu führen. Erschwerend kommt hinzu, dass wir, allein seit mei- ner Zugehörigkeit zum Deutschen Bundestag – und dies ist erst seit 2005! – zum x-ten Male über die Rücknahme der Vorbehaltserklärung diskutieren, ohne ein Ergebnis zu erreichen. Wir debattieren hier über eine Erklärung, die ansons- ten die ganze Welt unterschrieben hat. Wobei debattieren in diesem Falle auch des Guten zuviel ist – schließlich wurde von vorneherein festgelegt, die Reden zu Proto- koll zu geben. Die Geschichte um die Rücknahme der Vorbehaltser- klärung ist lang, und wenn man sie genau betrachtet, er- scheint es vollkommen absurd, dass die Vorbehaltserklä- rung überhaupt noch besteht: Am 5. April 1992, vor über 16 Jahren, trat für die Bundesrepublik Deutschland das „Übereinkommen über die Rechte des Kindes“ vom 20. November 1989 in Kraft. Mit diesem Übereinkommen über die Rechte des Kindes wurden erstmals völkerrechtlich verbindlich po- litische Bürgerrechte und soziale Menschenrechte for- muliert, die ihren Ausdruck in der Festschreibung von Mindestanforderungen an die Versorgung, den Schutz und die Beteiligung von Kindern am gesellschaftlichen Leben finden. Die Bundesregierung begrüßte bei Hinterlegung der Ratifikationsurkunde am 6. März 1992 das Übereinkom- men als einen Meilenstein der Entwicklung des Interna- tionalen Rechts und erklärte, sie werde die Ratifizierung des Übereinkommens zum Anlass nehmen, Reformen des innerstaatlichen Rechts in die Wege zu leiten, die dem Geist des Übereinkommens entsprechen und die sie nach Art. 3 Abs. 2 des Übereinkommens für geeignet hält, dem Wohlergehen des Kindes zu dienen. Diese bei Hinterlegung der Ratifikationsurkunde abgegebene Er- klärung enthält ferner Vorbehalte, die sich insbesondere auf das elterliche Sorgerecht, die Anwaltsvertretung so- wie weitere Rechte von Kindern im Strafverfahren, auf die Altersgrenze bei Soldaten sowie in Vorbehalt IV auf die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern sowie die Bedingungen ihres Aufenthalts und Unterschiede zwischen In- und Ausländern beziehen. Durch Änderun- gen im Familienrecht und im Lichte des Zusatzproto- kolls zur UN-Kinderrechtskonvention über die Beteili- gung von Kindern in bewaffneten Konflikten ist der Vorbehalt diesbezüglich obsolet geworden. Auch in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Fraktion der FDP im Deutschen Bundestag erklärte die damalige Bundesregierung, dass es sich bei der anläss- lich der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde abgege- benen Erklärung um eine die UN-Kinderrechtskonven- tion interpretierende Erklärung handle, die Fehl- oder Überinterpretationen der Konvention vermeiden solle. Die Bundesregierung stellte ferner fest, dass die Ausle- g t w e d A d m d r d d l r s Z k m R E s v r ü l D r h n e f n d l h r t D K u h n K K d g k G c D d V r B (C (D ung der Kinderrechtskonvention in gleichem Maße gel- en würde, wenn die Erklärung nicht abgegeben worden äre. Dies spreche aus Sicht der Bundesregierung für ine vollständige Rücknahme der Erklärung. Die Bun- esregierung sei ebenso wie der Deutsche Bundestag der uffassung, dass die Erklärung zurückgenommen wer- en sollte. Auch stehe das deutsche Recht in Einklang it den völkerrechtlichen Verpflichtungen, die sich für ie Bundesrepublik Deutschland aus der UN-Kinder- echtskonvention ergäben, sodass eine Änderung des eutschen Rechts nicht erforderlich sei. In Anbetracht ieser Rechtslage besteht daher keine Notwendigkeit, änger an der Erklärung festzuhalten. Die Rücknahme der Vorbehaltserklärung ist nicht nur echtlich möglich, sie ist auch politisch geboten. Denn ie ist geeignet, national wie international bestehende weifel am Willen Deutschlands, die UN-Kinderrechts- onvention uneingeschränkt durchzusetzen, auszuräu- en. So hat zum Beispiel der UN-Ausschuss für die echte des Kindes in seinen Schlussbemerkungen zum rstbericht der Bundesregierung 1995 Bedenken hin- ichtlich der Vereinbarkeit der Vorbehalte mit der Kon- ention geäußert. Die Rücknahme der Vorbehaltserklä- ung stellt daher ein dringend notwendiges und berfälliges Signal für ein kinderfreundliches Deutsch- and dar. Sie wird die Position der Bundesrepublik eutschland in der Frage des internationalen Menschen- echtsschutzes stärken und helfen, innerhalb und außer- alb Deutschlands Irritationen zu vermeiden. Die Rück- ahme der Vorbehaltserklärung ist darüber hinaus rforderlich, um anderen Staaten nicht Argumente zu lie- ern, ihrerseits Vorbehalte anzubringen. Durch die Rück- ahme der Erklärung wird sich zudem der Dialog mit en Kinderrechtsorganisationen, die die Rücknahme seit angem fordern, merklich entspannen. Ich fordere die Bundesregierung deshalb zum wieder- olten Male auf, unverzüglich die von der Bundesregie- ung am 6. März 1992 beim Generalsekretär der Verein- en Nationen hinterlegte Erklärung der Bundesrepublik eutschland zum Übereinkommen über die Rechte des indes, UN-Kinderrechtskonvention, zurückzunehmen nd auf die Länder hinzuwirken, die Voraussetzungen ierfür zu schaffen. Ulla Jelpke (DIE LINKE): Wer das Kindeswohl ernst immt, der muss auch sagen: „Gleiche Rechte für alle inder“, und nicht „Weniger Rechte für ausländische inder.“ Doch genau diese verkehrte Politik betreiben ie Bundesregierungen im Schatten der Vorbehalte ge- en die UN-Kinderrechtskonvention schon seit deren In- rafttreten im Jahr 1992. Daran hat übrigens auch die Koalition aus SPD und rünen nichts geändert, darüber kann auch der wortrei- he Antrag der Grünen-Fraktion nicht hinwegtäuschen. ie FDP-Fraktion hat ebenfalls einen Antrag gestellt, er die Rücknahme des Vorbehaltes fordert. Denn diese orbehalte hätten sich sozusagen erledigt, die Kinder- echtskonvention sei in vollem Umfang umgesetzt. Die undesregierung wiederum argumentiert, der Vorbehalt 16652 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 (A) ) (B) ) habe sowieso nur Symbolcharakter. Wenn die Bundesre- gierung behauptet, der Vorbehalt habe nur eine Art Sym- bolcharakter und könne genauso gut auch bestehen blei- ben, ist das eine absolute Irreführung. Denn der vierte Vorbehalt, um den es uns hier geht, legitimiert die Be- nachteiligung nicht-deutscher Kinder. Deswegen fordert die Fraktion Die Linke, diesen Vorbehalt endlich aufzu- geben. Aber wir zeigen mit unserem Antrag auch einen Weg, wie ohne Zurücknahme des Vorbehalts die Situa- tion der betroffenen Kinder ganz konkret verbessert wer- den kann. Benachteiligt werden vor allem Flüchtlingskinder und Kinder, die keinen legalen Aufenthaltsstatus haben. Un- begleitete minderjährige Flüchtlinge müssen in Deutsch- land ein unwürdiges Verfahren zur Altersfeststellung durchlaufen, und sie gelten schon mit 16 als „asylmün- dig“. Sie werden also wie Erwachsene behandelt und in Sammelunterkünften untergebracht. Schon für Erwach- sene ist diese Form der Unterbringung schlicht unwür- dig. Für Kinder sind solche Massenunterkünfte erst recht kein Umfeld, in dem sie aufwachsen sollten. Und sogar in Abschiebe- und Zurückweisungshaft werden Kinder immer noch genommen, wenn auch in abnehmender Zahl. Im Asylverfahrens- und Aufenthaltsrecht muss klargestellt werden: die Unterbringung von Kindern in Massenunterkünften und Gefängnissen muss ausge- schlossen sein. Uns ist bewusst, dass es hier auch eine starke Mitverantwortung der Länder gibt. Sie sind be- sonders bei den sozial- und jugendhilferechtlichen Rege- lungen und Maßnahmen gefordert, sich an der Konven- tion und dem absoluten Vorrang des Kindeswohls zu orientieren. Ihnen obliegen zum Beispiel die kindge- rechte Unterbringung, ausreichende psychotherapeuti- sche Angebote, die Förderung von persönlichen statt amtlichen Vormundschaften. Es wäre beschämend, wenn die damit verbundenen Kosten der tatsächliche Grund sind, warum die Länder den ausländerrechtlichen Vorbe- halt nicht zurücknehmen wollen! Ich will zum Ende meiner Rede noch einen anderen Bereich streifen, in dem es nach wie vor keinen Vorrang des Kindeswohls gibt: Kinder, die unter das Asylbewer- berleistungsgesetz fallen, erhalten nur die medizinische Notfallversorgung. Das reicht nicht aus. Noch schlim- mer ist es aber für Kinder ohne Aufenthaltsstatus. Ihnen wird jeder Anspruch auf medizinische Versorgung ver- wehrt. Das betrifft dann auch Kinder, die hier geboren sind. Kinder ohne Aufenthaltsstatus wachsen hier in völ- liger Rechtlosigkeit auf. Mit unserem Antrag wollen wir dem endlich ein Ende bereiten. Wir wollen, dass Kinder, egal welcher Nationalität und egal mit welchem Aufent- haltsstatus, ihre Rechte, die sich aus der UN-Konvention ergeben, in vollem Umfang wahrnehmen können. Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es freut mich, dass auch sie noch einen Versuch unterneh- men und die Rücknahme der Vorbehalte zur UN-Kinder- rechtskonvention fordern. Wenn man in derart dicken Brettern bohren muss, sind gemeinsame Anstrengungen i h m n V M D g u R u n s d n r l l g l s l d t v n s j s s D w n i n d n r w i m m L w k b W d s f (C (D mmer sinnvoll. Wenn es um die Kinderrechte geht, zie- en wir bekanntlich an einem Strang. Auch freut es ich, dass Sie die Antwort auf die Große Anfrage mei- er Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Rücknahme der orbehalte so gut nutzen konnten. Nun diskutieren wir hier wahrlich nicht zum ersten al über die Rücknahme der Vorbehaltserklärung. Der eutsche Bundestag hat bereits viermal die Rücknahme efordert! Bekanntermaßen wurden alle diese Beschlüsse nicht mgesetzt. Wir drehen in diesem Haus folglich die x-te unde zum Thema, und es ist zur befürchten, dass wir ns auch weiterhin im Kreis drehen werden. Es ist mei- es Erachtens nach alles gesagt worden, was man zu die- em Thema sagen kann. Es bleibt im Kern dabei, dass ie Bundesregierung auf die Bundesländer Rücksicht ehmen will. Sie muss dies aber nicht. Die Bundesregie- ung ist politisch rücksichtsvoll gegenüber den Bundes- ändern, dafür ist sie rücksichtslos gegenüber Flücht- ingskindern. Mir scheint überhaupt, dass die Große Koalition ein estörtes Verhältnis zu Kinderrechten hat. Vor langer anger Zeit wurde uns Grünen vermittelt, man müsse un- eren Antrag zur Rücknahme der Vorbehalte zurückstel- en und die Initiative zur Stärkung der Kinderrechte in er Verfassung vonseiten der Kinderkommission abwar- en. Na, wie lange wollen wir denn darauf warten?! Wie iele Geschäftsordnungsanträge müssen wir da wohl och stellen? Hier sehen wir wieder einmal, dass sich chwarz und rot diametral entgegenstehen. Damit auch a nicht noch ein Riss durch die Koalition geht, muss ich die Kinderkommission des Deutschen Bundestages eit mehr als einem halben Jahr in Schweigen hüllen. amit die Große Koalition nicht Farbe bekennen muss, erden die Anträge nach der ersten Lesung schlicht icht mehr beraten. Wenn das Kindeswohl vorrangig zu berücksichtigen st, müssten die entsprechenden Anträge eigentlich ei- em Beschleunigungsgebot unterliegen. So vorrangig – wie die Bundesregierung immer wie- er beschwichtigt – kann das Kindeswohl aber für sie icht sein, wenn wir in Deutschland in den Asylverfah- en die 16- und 17-Jährigen wie Volljährige behandeln, enn wir sie in Sammelunterkünfte stecken, wenn wir hnen Jugendhilfemaßnahmen verweigern, die ihnen zu- indest vorübergehend bei der Bewältigung der schlim- en Erlebnisse helfen können, wenn ihnen nicht alle eistungen des Gesundheitssystems zustehen und wenn ir für die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge eine Clearing-Stellen haben, die beim Asylverfahren ehilflich sind. Werte Bundesregierung: Mir fehlen langsam die orte. Ich fordere Sie also auf, sich endlich zu entschei- en und zu handeln, nicht nur wegen der außenpoliti- chen und innenpolitischen Glaubwürdigkeit, der betrof- enen Kinder wegen. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 16653 (A) ) (B) ) Anlage 16 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Entwicklung in Afghanistan – Strategien für eine wirkungsvolle Aufbauarbeit kohärent umsetzen – Afghanistan eine Chance für legalen lizen- zierten Mohnanbau geben – Drogenmafia wirksam bekämpfen (Tagesordnungspunkt 25 a und b) Eckart von Klaeden (CDU/CSU): Nach wie vor ste- hen wir in Afghanistan vor großen Herausforderungen. Die Anschläge vom gestrigen Tag, bei denen 13 Men- schen, davon zehn afghanische Polizisten, ums Leben kamen, zeugen von der immer noch prekären Sicher- heitslage in einigen Teilen des Landes und verdeutlichen umso mehr, wie dringend unser Engagement in Afgha- nistan gebraucht wird. Zwar konnten wir in den letzten Jahren erste Erfolge beim Wiederaufbau und in der Ent- wicklung Afghanistans verbuchen, sei es hinsichtlich der Versorgung der Bevölkerung mit Wasser und Elektrizi- tät, der Infrastruktur, der öffentlichen Verwaltung, dem Zugang zu Bildung oder den Freiheits- und Gleichheits- rechten. Jedoch bleibt auch die deutsche Entwicklungs- zusammenarbeit bisher leider hinter ihren Möglichkeiten und den Erwartungen der afghanischen Bevölkerung zu- rück. Wir müssen die Entwicklungszusammenarbeit nicht nur fortführen, sondern weiter ausbauen und auf die bis- her entwicklungspolitisch vernachlässigten Provinzen ins- besondere im Süden ausdehnen. Ziviler Aufbau, Entwick- lung und militärische Sicherheit sind gemäß unseres Konzepts der vernetzten Sicherheit untrennbar miteinan- der verbunden. Sie bedingen einander und müssen des- halb gleichermaßen von uns vorangetrieben und unter- stützt werden, wenn wir verhindern wollen, dass Taliban und al-Qaida wieder erstarken und die mühsam errunge- nen Fortschritte verloren gehen. Dabei sollten wir vor al- lem auf die afghanische Eigenverantwortung – das soge- nannte Afghan ownership – setzen. Es ist wichtig, dass sich die Afghanen mit allen Maßnahmen identifizieren können. Planung und Umsetzung sollten in enger Zu- sammenarbeit mit den lokalen Autoritäten erfolgen, vor allem im ländlichen Raum muss dabei auf hohe Beschäf- tigungseffekte der Entwicklungsmaßnahmen geachtet werden. Güter und Dienstleistungen für die Entwick- lungsmaßnahmen sollten nach Möglichkeit in Afghanis- tan eingekauft werden, um die lokale Wirtschaft zu för- dern. Es ist ebenso unverzichtbar, den Aufbau staatlicher Institutionen weiter zu unterstützen. Das gilt insbeson- dere für den Aufbau der ANA – der Afghan National Army – und für den Aufbau der afghanischen Polizei- kräfte, denn die Idee ist ja, die Aufgabe, die wir zurzeit militärisch wahrnehmen, für Sicherheit zu sorgen, die wiederum den Aufbau möglich macht, schrittweise an die Afghanen zu übergeben, sodass sie den Aufbau und die Gewährleistung der Sicherheit für diesen Aufbau in die eigenen Hände nehmen können. Die auf dem NATO- G g m i k w d g s g A t d r d b m j d g z n d u t i k r b S z A ö D w F r d u S b d d s v u z d s v I V w s h t 9 d (C (D ipfel in Bukarest verabschiedete Afghanistan-Strate- ie sieht ebenfalls vor, den afghanischen Institutionen ehr Verantwortung zu übertragen. Ein Beispiel hierfür st die von Präsident Karzai für den Sommer 2008 ange- ündigte Übernahme des Regionalkommandos Zentrum, elches Kabul und die umliegenden Gebiete umfasst, urch afghanische Sicherheitskräfte. Bis jedoch die af- hanischen Sicherheitskräfte in der Lage sind, selbst- tändig die Sicherheit im ganzen Land zu gewährleisten, ibt es zur internationalen Militärpräsenz im Land keine lternative. Darüber hinaus muss der Dialog zu den Nachbarstaa- en Afghanistans gesucht werden, da sich die Probleme es Landes ohne deren Mitwirkung nicht bzw. nur unzu- eichend lösen lassen. Wichtigster Ansprechpartner in iesem Zusammenhang ist Pakistan. Im Grenzgebiet ha- en sich Stammesgebiete, die sogenannte Federally Ad- inistered Tribal Areas oder auch FATAs, traditionell edweder staatlichen Kontrolle entzogen und sind da- urch ein ideales Rückzugsgebiet für die Taliban. Hier ilt es, die notwendige Zusammenarbeit beider Staaten u forcieren und das positive Beispiel der ersten afgha- isch-pakistanischen Friedensjirga fortzuführen. Auch ie Entwicklungsarbeit kann dort ihren Beitrag leisten nd den Einwohnern des Grenzgebiets Bildungsalterna- iven zu den dort ansässigen Koranschulen anbieten und nteressante und vor allem legale Einkommensmöglich- eiten aufzeigen. Neben Pakistan müssen auch die ande- en Nachbarstaaten in den Prozess der afghanischen Sta- ilisierung eingebunden werden. Dazu gehören die taaten Zentralasiens und der Iran, in dem derzeit die weitgrößte afghanische Flüchtlingsgemeinde lebt. Die Flüchtlings- bzw. die Rückkehrerproblematik in fghanistan ist eine politische, gesellschaftliche und konomische Herausforderung, der in der Afghanistan- ebatte bisher viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt urde. Seit 2002 sind circa 5 Millionen afghanische lüchtlinge aus Pakistan und dem Iran in ihre Heimat zu- ückgekehrt, weiteren 3,1 Millionen in Flüchtlingslagern roht die Abschiebung nach Afghanistan. Die Aufnahme nd Integration der Rückkehrer, die größtenteils ohne chulbildung, Berufsqualifikation und aus vom Krieg esonders betroffenen Regionen sind, verkompliziert en ohnehin schon schwierigen Aufbauprozess des Lan- es. Schaut man auf die derzeitige Sicherheitslage, so hat ich diese im Süden und Südosten des Landes weiter erschärft. In erster Linie sind dort regierungsfeindliche nd extremistische Kräfte am Werk, die aufgrund ihrer ahlenmäßigen und waffentechnischen Unterlegenheit ie direkte Konfrontation mit den Alliierten scheuen und tattdessen in einem Partisanenkrieg die afghanische Be- ölkerung tyrannisieren und Staatsbedienstete ermorden. m Norden, wo die Bundeswehr für die Sicherheit in der erantwortung steht, ist die Sicherheitslage vergleichs- eise stabil. Die dortigen Risiken für die Sicherheit und omit auch für den zivilen Aufbau gehen im Norden auptsächlich von der Drogenkriminalität aus. Afghanis- an ist der größte Opiumproduzent weltweit und beliefert 0 Prozent des Weltopiummarktes. Die hohen Gewinne er Drogenökonomie haben außerstaatliche, kriminelle 16654 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 (A) ) (B) ) und terroristische Machtsstrukturen etabliert, die in Ge- stalt der Korruption in staatliche Institutionen ranken und die Souveränität der Afghanischen Führung unter- minieren. Darum sollte die Drogenbekämpfung in Af- ghanistan zu einem unserer wesentlichen Anliegen wer- den. Ein solches Unterfangen kann aber nur erfolgreich sein, wenn es gelingt, eine drogenfreie Wirtschaft aufzu- bauen und den Bauern Alternativen zum Schlafmohnan- bau aufzuzeigen und sie bei diesem Wechsel zu unter- stützen, anstatt – wie es die Linke vorschlägt – den Schlafmohnanbau auch noch zu legalisieren. Dass der eingeschlagene Weg der richtige ist, beweisen die Fort- schritte, die in den vergangenen Jahren bei der Drogen- bekämpfung verbucht werden konnten. Hat auch der Drogenanbau – gemessen an ganz Afghanistan – im ver- gangenen Jahr weiter zugenommen, hat sich andererseits die Anzahl der drogenfreien Provinzen von 6 auf 13 mehr als verdoppelt. Zwar hat in den restlichen 21 Pro- vinzen der Drogenanbau weiter zugenommen, jedoch lässt sich – betrachtet man die Sicherheitslage in den ein- zelnen Provinzen – feststellen, dass zwischen Drogenan- bau und Sicherheit eine Verbindung besteht. Je höher die Sicherheit, desto größer der Erfolg der Drogenbekämp- fung und umgekehrt. Detlef Dzembritzki (SPD): Das Afghanistan-En- gagement der Bundesregierung ist immer dann in den Schlagzeilen, wenn es um die jährlichen Mandatsverlän- gerungen im Herbst geht. Dies liegt vor allem an der Tat- sache, dass der Parlamentsvorbehalt für Auslandsein- sätze der Bundeswehr gilt, nicht aber für die zivile Seite unseres Afghanistan-Einsatzes. Dadurch entsteht der Eindruck, wir Parlamentarier seien nur an der militäri- schen Seite der Mission interessiert. Doch liegt im zivi- len Wiederaufbau – hier stimme ich dem Antrag der Grünen zu – der eigentliche Schlüssel für eine langfristig wirkende friedliche Entwicklung Afghanistans. Auch wir sind der Ansicht, „die Gewichtung von Mitteln und Personal kritisch zu hinterfragen und umfassend zu eva- luieren“, wie Sie in Ihrem Antrag schreiben. Wir haben im Rahmen der Taskforce Afghanistan, unserer Arbeits- gruppe der Fraktion, hierzu Vorschläge gemacht und werden die Arbeit der Regierung auf diesem Wege auch weiter konstruktiv begleiten. Ich lade die Vertreter der Fraktion der Grünen ein, den gemeinsam begonnenen Diskussionsprozess weiterzuführen und gemeinsam um die besten Lösungen zu ringen. Der Wiederaufbau Afghanistans stellt sich gleicher- maßen als sicherheits- und entwicklungspolitische He- rausforderung dar, auch wenn der zivile Beitrag und die militärischen Ausgaben bisher noch in keinem ausgewo- genen Verhältnis zueinander stehen, ich begrüße es aus- drücklich, dass die Bundesregierung ihre Hilfe für das laufende Jahr noch einmal von 100 Millionen – im Jahr 2007 – auf 140 Millionen Euro – im Jahr 2008 – erhöht hat. Auch andere Partner, allen voran übrigens die USA, leisten auf diesem Feld Erhebliches. Nicht zu vergessen das bewundernswerte Engagement vieler Nichtregie- rungsorganisationen, die unter schwierigsten Bedingun- gen dem Land dabei helfen, in eine friedliche Zukunft zu gehen. Auf der Grundlage einer aufgestockten Hilfe m g s A F H e s a s K r d W l J n t p a d m s p f r m s b K r b b w b f d s d u z u s D a n F u n A K a M g h g f t d (C (D üssen die finanziellen Mittel und Instrumente des Af- hanistan-Engagements jedoch besser aufeinander abge- timmt und stärker zweckgebunden vergeben werden. n dieser Stelle muss ich der pauschalen Forderung der raktion der Grünen nach einer Erhöhung der zivilen ilfsmaßnahmen auf 200 Millionen Euro eine Absage rteilen. Wir sind zwar auch der Auffassung, dass es eine chrittweise Anhebung geben muss. Ich verweise aber uch darauf, dass wir die afghanische Regierung auch tärker in die Pflicht nehmen müssen, mehr zu tun gegen orruption und Misswirtschaft. Ich denke, die Konfe- enz in Paris im Juni 2008 ist hierzu der richtige Ort und er richtige Zeitpunkt. Sie stellen in Ihrem Antrag weiterhin fest, dass viele egmarken des Afghanistan Compact kaum mehr rea- istisch seien und daher nachgebessert werden müssten. a, die Ziele waren ambitioniert, teilweise sehr ambitio- iert und in der Zeitperspektive vielleicht zu optimis- isch. Ich nenne nur das Beispiel „Entwaffnung der op- ositionellen militanten Kräfte“, die bis 2007 bgeschlossen werden sollte, oder den Justizaufbau, bei em wir, die internationale Gemeinschaft, gemeinsam it der afghanischen Regierung erheblich zulegen müs- en. Die Tatsache, dass einige der im Afghanistan Com- act niedergelegten Ziele nicht erreicht wurden, bedeutet ür mich, dass diese Themen auf der Konferenz von Pa- is angesprochen werden müssen. In einigen Punkten uss der Afghanistan Compact eben nachjustiert, müs- en Fristen und Ziele verlängert, muss die bisherige Ar- eit überprüft und neu ausgerichtet werden. Die Paris- onferenz darf keine ausschließliche Pledging-Konfe- enz sein. Sie muss Bilanz ziehen und verbindlicher als isher die weitere Umsetzung des Afghanistan Compact eschließen. Dazu gehört, dass man sich über die not- endigen personellen, und materiellen Ressourcen ver- indlich verständigen muss, die bis 2011 zum Beispiel ür den Aufbau von Polizei, Justiz und Armee, aber auch en anderen staatlichen Infrastrukturen zur Daseinvor- orge notwendig sind. Auch wir setzen uns für eine bessere Koordinierung er Hilfe ein, Hier müssen wir auch bestrebt sein, neue nd unkonventionelle Wege zu gehen und pragmatisch u handeln. Es kann nicht sein, dass es Hilfsangebote nd Leistungen en masse gibt und die Mission daran cheitert, dass Koordinierungsprobleme alles überlagern. ass verstehen weder die Menschen in Afghanistan, die uf einen langfristigen Frieden setzen, noch unsere eige- en Wähler. Ich lade die Kolleginnen und Kollegen der raktion der Grünen zu einem Dialog ein: Lassen Sie ns weiter gemeinsam überlegen, was wir hier tun kön- en, um unser Anliegen einer friedlichen Perspektive für fghanistan voranzubringen – auch in puncto bessere oordinierung. Zu einer aufrichtigen Prüfung gehört ber auch, dass wir festhalten müssen: Ein einfaches ehr an finanzieller Unterstützung wird es nicht brin- en. Die Mittel müssen gezielt vergeben werden. Auch ierüber wird in Paris zu reden sein. Die afghanische Re- ierung muss ihren Beitrag für mehr Verbindlichkeit, Ef- ektivität und Transparenz leisten sowie mit der interna- ionalen Gemeinschaft insbesondere das Krebsgeschwür es Drogenproblems angehen. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 16655 (A) ) (B) ) Überhaupt sollten wir das Problem des Staatsaufbaus stärker in den Fokus rücken. Ein funktionierender Staat, Gewaltenteilung, eine funktionierende Justiz und Polizei dies alles sind Voraussetzungen, die eine Bekämpfung des Drogenproblems erst möglich machen. Dabei ist die scheinbar einfache Lösung, den angebauten Mohn für medizinische Zwecke zu verwenden, ein Vorschlag, mit dem wir uns auch beschäftigt haben, der aber aus unserer Sicht nicht zum Ziel führt. Diese Maßnahme würde das Problem nur verlagern und lediglich zeitlich verschie- ben. Neben einem kleinen, legalen und staatlich kontrol- lierten Markt für Mohn würde der illegale Markt weiter existieren. Es bestünde weiterhin kein Grund, auf alter- native Produkte umzusteigen. Beim Thema Drogenbekämpfung hilft nur eine lang- fristige Strategie, bei der wir aus den positiven Beispie- len wie Thailand lernen können und – lassen Sie mich das gleich dazusagen – bei dem wir einen sehr langen Atem benötigen. Zum Maßnahmenpaket gehört übrigens auch eine Drogenpolitik bei uns. Schließlich werden die verarbeiteten Opiumprodukte vornehmlich hier in den westlichen Industrieländern konsumiert. Wirksam ist al- lein eine langfristige Strategie. Ein staatliches Programm zum legalen Mohnanbau wie von der Linksfraktion ge- fordert, würde nach unseren Erkenntnissen überhaupt nichts an den Abhängigkeiten ändern. Schließlich sind viele Bauern durch die Pacht im Voraus bei Drogenbaro- nen enorm verschuldet und somit auf Jahre gezwungen, Opium anzubauen. Es gehört zu einer umfassenden Stra- tegie, die Drogenbarone zu bekämpfen und auch diejeni- gen, die in Verwaltung, Ministerien, im Parlament Kon- takte zu diesen Händlern unterhalten, ihrer Aufgaben zu entheben. Auch dies werden wir unseren afghanischen Partnern auf allen Ebenen immer wieder sagen: Hier sind sie in der Pflicht, mehr zu tun. Es gibt eine enge Verflechtung der Drogenökonomie mit den Taliban. In einigen Regionen, insbesondere in Helmand, sind die Taliban für die Bauern Erpresser und Schutzmacht zugleich. Deshalb gilt es, auch durch mili- tärische Präsenz Sicherheit zu schaffen. Die Bauern wer- den dauerhaft nur dann auf den Mohnanbau verzichten können, wenn sie Alternativen haben und wenn sie sich sicher sind, dass die internationale Gemeinschaft mittel- fristig für Sicherheit sorgt; eine Aufgabe, die langfristig von der afghanischen Polizei übernommen werden muss. Deshalb ist es so wichtig, Justiz, Polizei und Ar- mee zügig auszubauen. Ein Großteil der Ausbildung der Armee seitens der Vereinigten Staaten läuft übrigens un- ter dem Mandat Operation Enduring Freedom, über das wir hier schon häufig kontrovers diskutiert haben. Die einseitige Vernichtung von Anbauflächen – da sind wir uns einig – führt uns nicht weiter. Sie beraubt die Bauern ihrer Existenz und treibt viele von ihnen in die Arme der Neo-Taliban. Wir sind bei diesem Thema in intensivem Kontakt mit unseren Verbündeten und werden uns dafür einsetzen, dass hier ein Umdenkungs- prozess bei den Amerikanern einsetzt. Lassen Sie mich zum Schluss einen Punkt ansprechen, den auch Sie, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion der Grünen, angesprochen haben: die Parti- z o s d e s w t d g s A W A R T k t A t U z n s H s S T b P r n h A u g T k t z S m r J A B 2 D g H k s r ü w (C (D ipation und Eigenverantwortung der Afghanen. Es muss berstes Prinzip aller unserer Bemühungen des afghani- chen Wiederaufbaus sein, die Partner vor Ort einzubin- en, zu fördern, auszubilden und ihnen Stück für Stück igene Verantwortung zu übereignen. Gut bewährt haben ich die Projekte des afghanischen Solidaritätspaktes, eil sie eng mit afghanischen regionalen Verantwor- ungsträgern entwickelt und durchgeführt werden. Neben er Verbreiterung der Entwicklungsprojekte müssen so- enannte Leuchtturmprojekte realisiert werden: Der po- itive Effekt solcher weithin sichtbaren Projekte hat in fghanistan einen nicht zu unterschätzenden Effekt. Das eitererzählen spielt besonders in einem Land mit einer nalphabetenrate von circa 70 Prozent eine wichtige olle. Auch der Wiederaufbau einer Moschee oder eines heaters hat dabei eine große Symbol- und Signalwir- ung. Die Verwirklichung afghanischer Eigenverantwor- ung ist das entscheidende Ziel, so auch festgehalten im fghanistan Pakt. Da die staatlichen afghanischen Insti- utionen wie die Justiz, das Parlament die Schulen und niversitäten, die Ministerien, die Verwaltung, die Poli- ei und Armee trotz einiger beachtlicher Erfolge noch icht aus eigener Kraft tragen, wird Afghanistan auf die- en Feldern noch für einen längeren Zeitraum auf unsere ilfe im zivilen und militärischen Bereich angewiesen ein. Harald Leibrecht (FDP): Die sich selbst tragende tabilisierung Afghanistans, sodass der internationale errorismus dort nie wieder Unterschlupf finden kann, leibt das vorrangige Ziel auch unserer Afghanistan- olitik. Je schneller der Wiederaufbau Afghanistans vo- anschreitet, desto eher kann auch ernsthaft an eine soge- annte Exit-Strategie gedacht werden. Dass Sicherheit und Wiederaufbau Hand in Hand ge- en, ist inzwischen eine Binsenweisheit. Dass es in fghanistan – ich rede hier nicht nur über den Süden nd Osten – landesweit Gebiete gibt, die nicht frei zu- änglich sind, weil dort Warlords, Drogenbarone und aliban herrschen, hat natürlich unmittelbare Auswir- ungen auf die Wiederaufbaubemühungen. Umso wich- iger ist es, dass wir die Afghanen in die Lage versetzen, umindest im polizeilichen Bereich schnellstmöglich die icherheit im eigenen Land zu garantieren. Hier kom- en wir dann eben auch an jenen Punkt, wo die Bundes- egierung endlich handeln muss, wo sie die über die ahre hinweg immer neu aufgelegten Versprechen zum ufbau der afghanischen Polizei auch erfüllen muss. Deutschland ist seit 2001 Führungsnation im diesem ereich. Im Bericht der Bundesregierung aus dem Jahre 004 hieß es zu dem Thema noch: Die USA und eutschland haben mit der Ausbildung des einfachen af- hanischen Polizeidienstes landesweit begonnen. – eute, 2008, beschränkt die Bundesregierung ihre Tätig- eit in diesem Bereich auf die Beratung des afghani- chen Innenministeriums und die Schulung von Füh- ungspersonal. Einzig deutsche Feldjäger, also Soldaten, bernehmen im Norden noch einen kleinen Teil der not- endigen Polizeiausbildung an der Basis. Das ist ein- 16656 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 (A) ) (B) ) deutig zu wenig. „Keine Sicherheit ohne Wiederaufbau und Entwicklung – Kein Wiederaufbau und keine Ent- wicklung ohne Sicherheit“ – leider gibt es diesen ver- netzten Ansatz nur auf dem Papier, nicht jedoch in der Realität. Hinzu kommt: Die Zahlen, die die Bundesregierung im Bereich des Polizeiaufbaus immer wieder vollmundig verkündet, sind im Grunde verschwindend klein, wenn man sie in Relation zur Größe des Landes und im Ge- samtkontext betrachtet. 40 Polizisten schicken wir offi- ziell jedes Jahr nach Afghanistan. Ich wiederhole: 40. Hinzu kommt, dass in der Realität immer nur ein Teil da- von vor Ort ist. Ein eindeutiger Hinweis darauf, dass sich die Bundesregierung mit der Aufgabe der Polizei- ausbildung in Afghanistan ver- und überschätzt hat, liegt in der Übertragung dieser Aufgabe auf die europäische Ebene. Deutschland muss endlich seinen selbst auferleg- ten Verpflichtungen in Afghanistan richtig nachkom- men, sonst machen wir uns unglaubwürdig. Wir brauchen in Afghanistan nicht nur sich selbst tra- gende Sicherheit, sondern auch einen sich selbst tragen- den zivilen Aufbau. Mit unserer Hilfe müssen wir die Afghanen in die Lage versetzten, dass sie zum Beispiel Schulen und eine echte Infrastruktur selbst bauen kön- nen. Wenn im Juni in Paris eine weitere Afghanistan- Konferenz stattfinden wird, dann sollte man sich dort noch einmal kritisch mit dem Afghanistan-Compact aus- einandersetzen und prüfen, ob die genannten Ziele wirk- lich realistisch und erreichbar sind. Es ist zwar richtig, dass mittel- und langfristig die afghanische Regierung die Verantwortung für das Land übernehmen muss, aber wir dürfen uns hinter dem „afghan ownership“ auch nicht verstecken. Insgesamt gibt es leider immer noch weitaus mehr Fragen als Antworten, was die Aufbauarbeit und die Entwicklung in Afghanistan betrifft. Die Zeit drängt. Wie sprach Goethe in seinem Faust so treffend? – Der Worte sind genug gewechselt, lasst mich auch endlich Taten sehn! Indes ihr Komplimente drechselt, kann et- was Nützliches geschehn. Heike Hänsel (DIE LINKE): Der Krieg gegen Af- ghanistan, den die Grünen 2001 selbst mit eingeleitet ha- ben, hat nicht zu einer friedlichen Entwicklung des Lan- des geführt, sondern zu anhaltender Gewalt und der Verstetigung von wirtschaftlichem und sozialem Elend. Er hat auch keine breiten gesellschaftlichen Emanzipa- tionsprozesse in Gang gesetzt, wie unter anderem von den Grünen angekündigt, sondern die Menschen in Af- ghanistan vielfach neuen Bedrohungen ausgesetzt. Zu den Taliban – so hat Oxfam jüngst die Wahrnehmung der Afghaninnen und Afghanen im Rahmen der Studie „Communitiy Peacebuilding“ in Afghanistan gemessen – kommt die Bedrohung durch lokale Warlords, Krimi- nelle und Drogendealer, aber auch durch die internatio- nalen Truppen selbst. Immerhin – die Grünen reden in ihrem Antrag die Er- gebnisse der von ihnen ansonsten unterstützten Militär- mission nicht schön und weisen auf die vielen damit ver- bundenen oder zumindest durch sie nicht gelösten P f n s z n f J i s b z l t S l O e d N g d i w b A – D d d „ d r g a B 5 d I d G t r m a u M w z U A 4 g b l a P e (C (D robleme hin. Ich kann da einen Fortschritt gegenüber rüheren Verlautbarungen erkennen. So stellen die Grü- en endlich auch den früher durch ihre eigenen Reprä- entanten vehement vertretenen Ansatz der sogenannten ivil-militärischen Zusammenarbeit und auch die Regio- alen Wiederaufbauteams – PRTs – in Afghanistan in- rage. Das ist mehr als angebracht. Bereits vor anderthalb ahren haben Fachleute von Entwicklungsorganisationen n einer Anhörung im Ausschuss für wirtschaftliche Zu- ammenarbeit und Entwicklung auf die massiven Pro- leme mit diesem Ansatz hingewiesen. In Afghanistan sind die negativen Konsequenzen des ivil-militärischen Ansatzes im Rahmen von ISAF deut- ich erkennbar. Aufgrund der engen Anbindung humani- ärer und ziviler Organisationen an die militärischen trukturen – Bereitstellung von Infrastruktur, Vermitt- ungstätigkeiten, Bereitstellung von Geldern – sind diese rganisationen für die Bevölkerung häufig nicht mehr indeutig von den militärischen Einheiten zu unterschei- en. Zivile Akteure büßen somit Anerkennung und ihre eutralität ein und werden selbst zum Ziel von Anschlä- en. Als Folge dieser „Infizierung“ ziviler Hilfsprojekte urch das Militär haben zahlreiche Hilfsorganisationen hre Arbeit nicht mehr oder nur noch stark eingeschränkt eiterführen können und sich aus Afghanistan bzw. der etreffenden Region zurückziehen müssen. Die Projekte zivil-militärischer Zusammenarbeit in fghanistan, die Provincial Reconstruction Teams PRT –, werden zudem in ihrem Impact überschätzt. as Ergebnis einer Auswertung von 40 Studien zu PRTs urch das Institut für Entwicklung und Frieden – INEF – er Universität Duisburg-Essen und andere attestiert eine schwache oder gar keine feststellbare Effizienz“ er PRTs im Hinblick auf die Ziele Sicherheit, Stabilisie- ung, Institutionenbildung und Wiederaufbau. Die Aus- aben für die zivile und militärische Komponente sind uch hier einseitig zugunsten des Militärs verteilt – zum eispiel beim PRT Kunduz in 2004 im Verhältnis von :1. Es gibt bisher keine Analysen, die den Erfolg, der en PRTs immer wieder unterstellt wird, untermauern. nsbesondere gibt es keine Evaluierung seitens der Bun- esregierung. Hier unterstützen wir die Forderung der rünen, eine solche vorzulegen. Je mehr Geld man in den militärischen Bereich inves- iert, desto weniger bleibt für die zivile Entwicklung üb- ig. Allein die USA haben für ihr militärisches Engage- ent in Afghanistan seit 2001 127 Milliarden US-Dollar usgegeben. Währenddessen warten die Afghaninnen nd Afghanen nach einem Bericht der ARD von Ende ärz auf die Auszahlung eines großen Teils der von den estlichen Gebern versprochenen zivilen Unterstüt- ungsleistungen. Von den versprochenen 25 Milliarden S-Dollar sind bislang nur 15 Milliarden tatsächlich in fghanistan angekommen, und davon flossen 0 Prozent unter anderem in Form von Unternehmens- ewinnen und Beratergehältern wieder zurück in die Ge- erländer. Zivile Krisenbearbeitung muss zivil formu- iert werden. Zivile Instrumente müssen entsprechend usgestattet, oft überhaupt erst entwickelt werden. Zivile rojekte müssen in zivile Hände gelegt werden, wo die ntsprechende Expertise und die langfristige Orientie- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 16657 (A) ) (B) ) rung für das Erreichen struktureller Veränderungen vor- handen sind und nicht tagesaktuelle Interessen und mili- tärstrategische Überlegungen dominieren. Für eine effektive Aufbauhilfe wäre wesentlich, dass lokale Akteurinnen und Akteure viel stärker einbezogen werden, als das im Rahmen der zivil-militärischen Zu- sammenarbeit praktiziert wird bzw. möglich ist. Die un- terschiedlichen vorhandenen Interessen müssen sich arti- kulieren und in einen Austausch gebracht werden. Mehr Partizipation muss organisiert werden. Viel mehr Men- schen müssen in die Suche nach Lösungen für eine zivile Krisenprävention einbezogen werden. Das ist erstens der Anspruch der UN-Resolution 1325 für eine stärkere Beteiligung von Frauen auf allen Ebe- nen der institutionellen Verhütung, Bewältigung und Beilegung von Konflikten, den es endlich einzulösen gilt, und das ist für Die Linke zweitens auch eine Schlussfolgerung aus der Oxfam-Studie, derzufolge die – potenziell – gewaltträchtigen Konfliktfelder in Afgha- nistan so unterschiedlicher Natur sind wie die Wahrneh- mung der Gewaltakteure durch die Bevölkerung. Großes Konfliktpotenzial wird solchen Auseinandersetzungen zugeschrieben, die auf der lokalen Ebene zum Beispiel um den Zugang zu Wasser und Land oder in bzw. zwi- schen familiären oder Clan-Strukturen ausgetragen wer- den. Zugleich weist Oxfam darauf hin, dass die Afgha- ninnen und Afghanen zur Schlichtung von Konflikten vorzugweise auf traditionelle Schlichtungsformen zu- rückgreifen und sich an ihre lokalen Autoritäten, wie die Ältestenräte, wenden. Hier müssen wir ansetzen. Entwicklung in Afghanistan kann nicht gegen die Af- ghaninnen und Afghanen durchgesetzt werden, sondern nur mit ihnen und vor allem durch sie. Das möchte ich abschließend anhand unseres Vorschlags erläutern, Chancen für einen lizenzierten Mohnanbau zu eröffnen. Angesichts immer neuer Rekordernten ist doch offen- sichtlich, dass die bisherigen Strategien der Drogenbe- kämpfung, die entweder ganz direkt repressiv ausgerich- tet waren – USA – oder Repression mit Substitution verbanden, wie die der EU, gescheitert sind. Aus dem il- legalen Drogenanbau speist sich der anhaltende Krieg. Deshalb schlägt Die Linke vor, Möglichkeiten zu prü- fen, den legalen lizenzierten und kontrollierten Anbau von Mohn zu medizinischen Zwecken zu fördern, und die- sen Anbau in eine Strategie zur diversifizierten regionalen Entwicklung des ländlichen Raums zu integrieren. Es gibt Vorbilder für eine solche Maßnahme; darauf verweisen wir in unserem Antrag. Ziel muss sein, die Bäuerinnen und Bau- ern aus der Abhängigkeit von Drogendealern und Warlords zu befreien, ohne sie ihrer wirtschaftlichen Grundlagen zu berauben. Wenn es stimmt, dass das größte Gewaltpotenzial in Konflikten um lokale ökonomische Ressourcen liegt und in besonderem Maße von den Drogenbaronen ausgeht, wäre der lizenzierte und kontrollierte Mohnanbau in meinen Augen eine lokal angepasste Maßnahme, eine friedliche und sozial nachhaltige Entwicklung in den ländlichen Räumen Afghanistans einzuleiten. f w – L E k A e t P n t n A E M k l a m v i u d g d g S b e g g t u d n D f l f B d z B 2 d f z f d u b d z (C (D Ute Koczy (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die öf- entliche Debatte zu Afghanistan verläuft erneut und iederholt in den typischen Bahnen: Die Unionsparteien vorneweg in bajuwarischer Wahlkampflaune CSU- andesgruppenchef Ramsauer – diskutieren über eine xit-Strategie am Hindukusch. Die SPD fordert im Ein- lang mit dem Bundeswehr-Verband mehr Soldaten für fghanistan. Parallel dazu gibt es Nachrichten, dass bei iner Anschlagsserie im Süden und Südosten Afghanis- ans viele Todesopfer zu beklagen sind, darunter viele olizisten. Die Meldung der Hilfsorganisation Care Internatio- al, dass der Mädchenanteil in den Schulen Afghanis- ans viel zu gering ist, geht dabei völlig unter. Care Inter- ational berichtet, dass zwar die Zahl der Schüler in fghanistan insgesamt steigt, was ich als ein positives rgebnis der zivilen Anstrengungen begrüße, jedoch der ädchenanteil nicht mitwächst, sondern bei 35 Prozent onstant verharrt. Hinzu kommt, dass nur 28 Prozent al- er Lehrer in Afghanistan weiblich sind und zumeist uch nur in Städten unterrichten. Viele Eltern in der Isla- ischen Republik Afghanistan zögern aber, ihre Töchter on einem Lehrer unterrichten zu lassen, oder schicken hre Töchter nicht in die Schule, da der Weg zu weit und nsicher ist. Bildungsarbeit und Capacity-Building unter em Aspekt der Geschlechtergerechtigkeit sind aber aus- esprochen wichtig für die Zukunft des Landes und be- ürfen größter Aufmerksamkeit bei unseren Anstrengun- en in Afghanistan. Wir brauchen mehr Mädchen in den chulklassen Afghanistans! Ich möchte drei Dinge feststellen: Erstens. Die De- atte um Afghanistan verengt sich immer wieder auf ine Debatte über militärische Kapazitäten und Mandats- renzen. Zweitens: Nur Schreckensmeldungen aus Af- hanistan werden in Deutschland wahrgenommen. Drit- ens. Eine Auseinandersetzung über die Ziele, Kriterien nd die strategische Ausrichtung der zivilen, insbeson- ere der entwicklungspolitischen Aufbauarbeit findet icht statt. Wir Grünen haben deswegen diesen Antrag in den eutschen Bundestag eingebracht. Wir fordern eine öf- entliche Auseinandersetzung über die entwicklungspo- itischen Möglichkeiten und Ziele und vor allem: Wir ordern einen Wechsel in der Afghanistan-Politik der undesregierung. Wir müssen weg von der Dominanz es militärischen – hin zu einer massiven Stärkung der ivilen Aufbau- und Friedensarbeit. Dazu gehört die sofortige Aufstockung der deutschen eiträge für die zivile Aufbauarbeit auf mindestens 00 Millionen Euro in diesem Jahr. Wir fordern die Bun- esregierung auf, dem Deutschen Bundestag einen Stu- enplan mit klaren, mess- und überprüfbaren Etappen- ielen für die deutsche Aufbauarbeit vorzulegen. Wir ordern auch, einen jährlichen Bericht über die Verwen- ung der entwicklungspolitischen Mittel vorzulegen, nd wir rufen die Bundesregierung auf, dem Parlament is Ende des Jahres eine Evaluierung der Arbeit der eutschen Provincial Reconstruction Teams, PRTs, vor- ulegen. Uns geht es nicht um eine rein quantitative Ver- 16658 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 157. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 (A) (C) (B) ) besserung der Aufbauarbeit. Im Zentrum steht für uns die qualitative Verbesserung. Lassen Sie uns über die Strategie und Ziele der Auf- bauarbeit in Afghanistan sprechen. Für uns ist es elementar, dass die afghanische Eigenverantwortung – Ownership – mit allen Maßnahmen gestärkt wird. Es darf nicht länger sein, dass ohne Abstimmung mit und ohne Beteiligung der Bevölkerung Aufbauarbeit durch- geführt wird. Es ist richtig und notwendig, bei allen ak- tuellen Problemen, dass die Afghanen in die Lage ge- bracht werden, selbstständig und eigenverantwortlich zu handeln. Dazu gehört auch, dass stärker als bisher Gel- der der internationalen Gemeinschaft über die afghani- sche Regierung umgesetzt werden. Die Stärkung der af- ghanischen Kapazitäten, der weitere systematische Aufbau effizienter Institutionen dürfen nicht vernachläs- sigt werden. Ich bin mir sehr wohl bewusst, dass dies vor dem Hintergrund mangelnder Kapazitäten und steigen- der Korruption eine schwierige und komplizierte Auf- gabe ist – und dennoch muss das Fernziel immer im Blick bleiben: der afghanischen Bevölkerung ihr Land wieder voll und ganz zurückzugeben. Viele Fehler sind in den letzten fünf Jahren gemacht worden, wertvolle Zeit ist verstrichen. Eine spürbare Verbesserung der Lebenssituation für weite Teile der Be- völkerung in allen Teilen des Landes ist bis heute ausge- Strategie zu bestimmen, eine Strategie, die kohärent, transparent und langfristig angelegt ist. Das heißt aber auch, dass wir nie nachlassen dürfen, den inneren Problemen und Schwierigkeiten in diesem Land unsere Aufmerksamkeit zu schenken. Wir müssen im entwicklungspolitischen Ausschuss ganz besonders darauf achten, uns regelmäßig über die Lage im Land und die Fortschritte zu informieren. Deswegen wollen wir auch den jährlichen Bericht, weil die Vergangenheit lehrt, dass es ein Trugschluss war, zu glauben, die Dinge in Afghanistan würden sich zum Guten wenden, auch ohne dass wir unsere eigenen Handlungsansätze immer und immer wieder überprüfen. Wenn ich an die Fehler und Mängel in der Polizeiausbildung denke, dann ist höchste Selbstkritik angesagt. Aber auch in anderen Be- reichen des zivilen Aufbaus muss die Lernkurve nach oben zeigen. Kernpunkte müssen aus unserer Sicht sein: erstens Bildung, Bildung und nochmals Bildung, zweitens lang- fristig angelegte Frauen- und Geschlechterpolitik, um Integration und Gleichstellung voranzubringen – hier ist hohe Sensibilität, aber auch Hartnäckigkeit angesagt –, drittens der ökonomische Aufbau des Landes. Deutsch- land hat hier eine Führungsrolle übernommen. Es gibt mit der Zuckerfabrik in Baghlan gute Ansätze, aber den- noch geschieht insgesamt zu wenig. Daher meine Frage: Welche Ziele sollen anvisiert werden, und wie können blieben. Warum? Weil die internationale Gemeinschaft ihr Engagement mit überzogenen Erwartungen, man- gelnder Einsicht in die afghanischen Strukturen und ohne eine einheitliche, kohärente Strategie begonnen hat. Wir stellen fest: Die internationale Staatengemein- schaft ist aufgerufen, aus ihren Fehlern zu lernen und jetzt mit Realismus eine neue entwicklungspolitische d d s k B m a (D ie Aufgaben der Zukunft gestaltet werden? Die Bun- esregierung lässt eine klare Linie für einen Kurswech- el in Afghanistan vermissen. Mit unserem Antrag wird lar: Wir Grüne sind die politische Kraft im Deutschen undestag, die den Kurswechsel hin zum zivilen Engage- ent einfordert, definiert und sich kritisch damit ausein- ndersetzt. 157. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 24. April 2008 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9 Anlage 10 Anlage 11 Anlage 12 Anlage 13 Anlage 14 Anlage 15 Anlage 16
Gesamtes Protokol
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1615700000

Die Sitzung ist eröffnet.

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich
begrüße Sie alle herzlich. Bevor wir in unsere heutige
Tagesordnung eintreten, gibt es einige wenige amtliche
Mitteilungen. Der Kollege Dr. Norman Paech feierte
am 12. April seinen 70. Geburtstag und die Kollegin Ina
Lenke am 18. April ihren 60. Im Namen des ganzen
Hauses gratuliere ich beiden nachträglich herzlich und
wünsche alles Gute.


(Beifall)


Bevor wir in die Beratungen unserer Tagesordnung
eintreten, müssen wir noch zwei Wahlen vornehmen.
Der Kollege Dr. Hans-Ulrich Krüger hat sein Amt als
Schriftführer niedergelegt. Als Nachfolgerin schlägt
die SPD-Fraktion die Kollegin Doris Barnett vor. Sind
Sie damit einverstanden? – Das scheint der Fall zu sein.
Dann ist die Kollegin Doris Barnett damit zur Schrift-
führerin gewählt.

Außerdem hat die CDU/CSU-Fraktion mitgeteilt,
dass der Kollege Michael Hennrich aus dem Beirat bei
der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Tele-
kommunikation, Post und Eisenbahnen ausscheidet.
Als Nachfolger wird der Kollege Thomas Bareiß als or-

Redet
dentliches Mitglied vorgeschlagen. Können wir uns auch
darauf einigen? – Das sieht so aus. Dann ist auch hier
einvernehmlich der Kollege Thomas Bareiß in den Bei-
rat der Bundesnetzagentur gewählt.

Interfraktionell ist vereinbart worden, die verbundene
Tagesordnung um die in der Zusatzpunktliste aufge-
führten Punkte zu erweitern:

ZP 1 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

Überfällige Strategien der Bundesregierung
zur Lösung der Welternährungskrise

(siehe 156. Sitzung)


ZP 2 Weitere Überweisungen im vereinfa
fahren

(Ergänzung zu TOP 35)


(C (D ung en 24. April 2008 0 Uhr a)

lika Brunkhorst, Michael Kauch, Horst Meierho-
fer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
FDP

Leitlinien für den internationalen Arten- und
Lebensraumschutz im Rahmen des Überein-
kommens über die biologische Vielfalt

– Drucksache 16/8878 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Jörg van
Essen, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger,
Mechthild Dyckmans, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der FDP

Gleiche Rechte gleiche Pflichten – Benachteili-
gungen von Lebenspartnerschaften abbauen

– Drucksache 16/8875 –

ext
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Sibylle
Laurischk, Ina Lenke, Miriam Gruß, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion der FDP

Forderung nach einem Bericht der Bundesre-
gierung über die Lage der Frauen- und Kin-
derschutzhäuser

sache 16/8889 –
ngsvorschlag:
für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

huss
chten Ver-
– Druck
Überweisu
Ausschuss
Innenaussc






(A) )



(B) )


Präsident Dr. Norbert Lammert
ZP 3 Beratung der Beschlussempfehlung des Aus-

(Vermittlungsausschuss)

lung des Statusrechts der Beamtinnen und

(Beamtenstatusgesetz – BeamtStG)

– Drucksachen 16/4027, 16/4038, 16/7508,
16/8189, 16/8910 –

ZP 4 Beratung des Antrags der Abgeordneten Birgitt
Bender, Elisabeth Scharfenberg, Dr. Harald
Terpe, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Gesundheitsfonds stoppen – Morbiditätsorien-
tierten Risikostrukturausgleich einführen
– Drucksache 16/8882 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales

ZP 5 Beratung des Antrags der Abgeordneten Ekin De-
ligöz, Markus Kurth, Brigitte Pothmer, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion BÜND-NIS 90/
DIE GRÜNEN
Kinderzuschlag weiterentwickeln – Fürsorge-
bedürftigkeit und verdeckte Armut von
Erwerbstätigen mit Kindern verhindern und
bekämpfen
– Drucksache 16/8883 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Ausschuss für Arbeit und Soziales

ZP 6 Beratung der Unterrichtung durch die Bundes-
regierung
Bericht über die Auswirkungen des § 6 a des
Bundeskindergeldgesetzes (Kinderzuschlag)

sowie über die gegebenenfalls notwendige Wei-
terentwicklung dieser Vorschrift
– Drucksache 16/4670 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Haushaltsausschuss

ZP 7 Beratung des Antrags der Abgeordneten Sibylle
Pfeiffer, Dr. Christian Ruck, Dr. Wolf Bauer, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/
CSU sowie der Abgeordneten Dr. Wolfgang Wo-
darg, Dr. Sascha Raabe, Gregor Amann, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der SPD
Deutschlands globale Verantwortung für die
Bekämpfung vernachlässigter Krankheiten –
Innovation fördern und Zugang zu Medika-
menten für alle sichern
– Drucksache 16/8884 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (f)

Auswärtiger Ausschuss

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(C (D Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Gesundheit Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Haushaltsausschuss P 8 Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe – zu dem Antrag der Abgeordneten Florian Toncar, Burkhardt Müller-Sönksen, Dr. Werner Hoyer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Für eine zügige Zeichnung, Ratifizierung und Umsetzung des Zusatzprotokolls zur Anti-Folter-Konvention der Vereinten Nationen – zu dem Antrag der Abgeordneten Volker Beck Dr. Uschi Eid, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Für eine unverzügliche Zeichnung und Ratifizierung des Zusatzprotokolls zur AntiFolter-Konvention der Vereinten Nationen – Drucksachen 16/455, 16/360, 16/8790 – Berichterstattung: Abgeordnete Holger Haibach Christoph Strässer Florian Toncar Michael Leutert Volker Beck Von der Frist für den Beginn der Beratungen soll, soeit erforderlich, abgewichen werden. Die Tagesordnungspunkte 5 b und 5 c sollen ohne ebatte an die Ausschüsse überwiesen werden. Der Taesordnungspunkt 13 – hier geht es um das Flächenererbsänderungsgesetz – wird abgesetzt. Die nachfolgenen Tagesordnungspunkte 15, 17, 19, 21 und 23 der oalitionsfraktionen rücken jeweils einen Platz vor. – ierzu höre ich keinen Widerspruch. Dann ist das so be chlossen. Nun rufe ich die Tagesordnungspunkte 3 a bis 3 f auf: b)

nen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes

(Art. 23, 45 und 93)


– Drucksache 16/8488 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenaus-
schusses (4. Ausschuss)


– Drucksache 16/8912 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Ingo Wellenreuther
Michael Roth (Heringen)

Gisela Piltz
Ulla Jelpke
Wolfgang Wieland






(A) )



(B) )


Präsident Dr. Norbert Lammert
d) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeord-
neten Dr. Diether Dehm, Monika Knoche, Hü-
seyin-Kenan Aydin, weiteren Abgeordneten und
der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Entwurfs
eines … Gesetzes zur Änderung des Grundge-
setzes

– Drucksache 16/7375 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenaus-
schusses (4. Ausschuss)


– Drucksache 16/8913 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Ingo Wellenreuther
Michael Roth (Heringen)

Gisela Piltz
Ulla Jelpke
Wolfgang Wieland

a) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des
von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zum Vertrag von Lissabon vom
13. Dezember 2007

– Drucksache 16/8300 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für die Angelegenheiten der Europäischen
Union (21. Ausschuss)


– Drucksache 16/8917 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Michael Stübgen
Michael Roth (Heringen)

Markus Löning
Dr. Diether Dehm
Rainder Steenblock

c) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio-
nen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Geset-
zes über die Ausweitung und Stärkung der
Rechte des Bundestages und des Bundesrates
in Angelegenheiten der Europäischen Union

– Drucksache 16/8489 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für die Angelegenheiten der Europäischen
Union (21. Ausschuss)


– Drucksache 16/8919 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Michael Stübgen
Michael Roth (Heringen)

Michael Link (Heilbronn)

Dr. Diether Dehm
Rainder Steenblock

e) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für die Angelegenheiten
der Europäischen Union (21. Ausschuss) zu dem
Antrag der Abgeordneten Dr. Diether Dehm, Ale-
xander Ulrich, Dr. Hakki Keskin, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion DIE LINKE

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(C (D Intransparenz beenden – Eine lesbare Fassung des Reformvertrags schaffen – Drucksachen 16/7446, 16/8920 – Berichterstattung: Abgeordnete Michael Stübgen Michael Roth Markus Löning Dr. Diether Dehm Rainder Steenblock f)

Dr. Diether Dehm, Monika Knoche, Hüseyin-
Kenan Aydin, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion DIE LINKE

Das Ratifizierungsverfahren zum Vertrag von
Lissabon aussetzen – Ein Sozialprotokoll ver-
einbaren

– Drucksache 16/8879 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Arbeit und Soziales

Ich weise darauf hin, dass wir später über drei Gesetz-
ntwürfe namentlich abstimmen werden. Außerdem ma-
he ich auf mehrere Änderungs- und Entschließungsan-
räge aufmerksam.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
iese Aussprache zwei Stunden vorgesehen. – Auch da-
über herrscht offenkundig Einvernehmen. Dann können
ir so verfahren.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Red-
erin der Bundeskanzlerin Frau Dr. Merkel das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Angela Merkel (CDU):
Rede ID: ID1615700100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
eine Damen und Herren! Ich möchte an diesem Tage
it einem Wort des Dankes beginnen. Ich danke allen

ür die vertrauensvolle Zusammenarbeit an einem – wie
ch glaube: großen – Projekt, einem Projekt, mit dem wir
ns nicht mehr und nicht weniger als eine neue Grund-
age für Europa schaffen. Ich bin mir sicher: Es ist eine
rundlage, die solide und von Bestand ist. Das ist eine
berzeugung, die ich nicht nur mit der gesamten Bun-
esregierung teile. Die bisherige Debatte über den Ver-
rag von Lissabon in diesem Haus hat nahezu über alle
raktionsgrenzen hinweg eine grundlegende Einigkeit
ffengelegt. Der neue Vertrag ist gut für Europa.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Er ist nicht nur gut für Europa, sondern er ist auch gut
ür die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes. Dies
ählt für uns in diesem Hause natürlich in ganz besonde-
er Weise. Diese Einigkeit in den Grundfragen der Euro-
apolitik in Deutschland ist ein hohes Gut. Einigkeit
acht stark. Sie stärkt auch die Stimme der Bundes-






(A) )



(B) )


Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel
republik Deutschland in der Europäischen Union. Das
wird sich in vielen Fällen zeigen; deshalb dieses herzli-
che Dankeschön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Meine Damen und Herren, zusammen mit vielen an-
deren ist es uns gelungen, unter unserem Ratsvorsitz und
dann unter der portugiesischen Präsidentschaft Europa
aus seinem Stillstand herauszuführen. Es ist uns gelun-
gen, die 27 Mitgliedstaaten zu einem Bekenntnis zusam-
menzubringen: Europa bekennt sich heute mit größerem
Nachdruck zu seinen unveräußerlichen Werten, die wir
in der Berliner Erklärung vom 25. März 2007 zum
Ausdruck gebracht haben. Der neue Vertrag macht die
Grundrechtecharta verbindlich. Die Europäische Union
ist jetzt nicht mehr nur eine Union von Frieden, Freiheit
und Sicherheit, sondern sie macht mit der Grund-
rechtecharta auch deutlich, dass sie sich zu einem euro-
päischen Wirtschafts- und Sozialmodell bekennt, in
dem wirtschaftlicher Erfolg und soziale Verantwortung
miteinander vereint werden. Für uns in Deutschland, die
wir in diesem Jahr den 60. Jahrestag der sozialen Markt-
wirtschaft begehen, ist dies eine ganz wichtige Bot-
schaft: Unsere Europäische Union ist den gleichen Wer-
ten verpflichtet, wie wir sie im deutschen Sozialmodell
kennen. Das ist eine Stärkung unserer Stimme auch in ei-
ner globalen Zeit.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Die Bürgerinnen und Bürger müssen natürlich spüren,
dass die Europäische Union ihnen persönlich in ihrem
Lebensumfeld und in der Familie zugutekommt. Das
macht den Zusammenhalt in Europa und natürlich
auch in unserer Gesellschaft aus. Ich bin sehr froh, dass
es uns gelungen ist, dieses fundamentale politische Be-
kenntnis Europas zu sich selber zu erreichen. Dies ist
nach meiner Auffassung die tiefe Bedeutung dieses Ver-
tragsabschlusses.

Wir haben in der Berliner Erklärung gesagt, wir Euro-
päer seien zu unserem Glück vereint. Die Bundesregie-
rung und dieses Parlament sehen heute in diesem neuen
Vertrag einen weiteren Schritt auf dem Wege zur Ausge-
staltung unserer gemeinsamen Zukunft. Wir sollten uns
ganz bewusst machen, was mit diesem Vertrag passiert
ist; denn anders als andere Verträge trägt dieser Vertrag
von Lissabon kein Verfallsdatum. Er hat anders als
seine unmittelbaren Vorgänger keine Revisionsklausel.
Eine weitere grundlegende Änderung der Verträge ist
heute nicht in Sicht. Wenn dieser Vertrag in Kraft tritt,
dann wird die Europäische Union auf sicheren Beinen
stehen. Dies ist meine Überzeugung und die vieler ande-
rer.

Schauen wir uns die Dinge im Einzelnen an, bringt
dieser Vertrag erhebliche Fortschritte:

Erstens. Er sichert die Entscheidungs- und Hand-
lungsfähigkeit der 27 Mitgliedstaaten. Künftig werden
wir im Rat überwiegend mit Mehrheit statt mit Einstim-
migkeit beschließen. Ich weiß, dass dies natürlich für
Deutschland auch bedeuten kann, dass es manchmal

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(C (D chwieriger wird, eigene Interessen zu 100 Prozent urchzusetzen. Umso wichtiger wird es sein, frühzeitig ür unsere Anliegen bei der Kommission, dem Europäichen Parlament und bei anderen Mitgliedstaaten zu erben. Aber insgesamt ist es von Vorteil auch für uns; enn Stillstand und Blockaden können so sehr viel beser überwunden werden. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Zweitens bekommen wir eine gerechtere Gewich-
ung der Stimmen. Bei Mehrheitsabstimmungen im Rat
ird die Bevölkerungsgröße der Mitgliedstaaten – dies

st für Deutschland natürlich wichtig – voll ins Gewicht
allen. Es ist in einer Gemeinschaft demokratischer Staa-
en nur recht und billig, dass jede einzelne Stimme zählt.

Drittens erhält die Europäische Union eine Kompe-
enzordnung, die die Kategorien der Zuständigkeit der

itgliedstaaten und der Union festlegt. Dies war eine
angjährige Forderung der Bundesregierung und der
eutschen Bundesländer. Außerdem wird zum ersten
al das Prinzip der Rückübertragbarkeit von Kompeten-

en festgeschrieben. Sie kommt dann infrage, wenn die
itgliedstaaten glauben, dass etwas besser national erle-

igt werden kann.

Viertens. Der neue Vertrag erleichtert die Zusammen-
rbeit in einem ganz wichtigen Feld der Politik, nämlich
n der Innen- und Justizpolitik. So können wir die Au-
engrenzen Europas besser sichern und illegale Einwan-
erung nach Europa und nach Deutschland weiter ein-
ämmen. In Zukunft werden auch gemeinsame operative
rmittlungsgruppen in Europa möglich, und damit sind
ir für den Kampf gegen grenzüberschreitende Krimina-

ität und gegen Terrorismus besser als bislang gerüstet.

Fünftens. Es werden die Grundlagen für einen ge-
einsamen Klimaschutz und für eine solidarische Zu-

ammenarbeit im Energiebereich geschaffen. Ich
enke, die Bürgerinnen und Bürger erwarten zu Recht,
ass wir bei diesen großen Zukunftsfragen in der Euro-
äischen Union tätig werden können.

Der Vertrag von Lissabon erfüllt schließlich viele
eitere, ganz speziell auch deutsche Forderungen, die

us Europa Schritt für Schritt stärker ein Europa der
enschen, ein Europa der Bürgerinnen und Bürger ma-

hen. Ich begrüße zum Beispiel ausdrücklich, dass die
chtung der regionalen und lokalen Selbstverwaltung
un der Europäischen Union vertraglich vorgeschrieben
ird. Das sichert unser Verständnis von Europa als einer

ngen politischen Gemeinschaft, die aber kein Staat ist
nd auch kein Staat sein wird, sondern ein Gebilde sui
eneris, ein einzigartiges Gebilde.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


ch begrüße insbesondere, dass der Status der Kirchen
n einem eigenen Artikel festgeschrieben werden konnte.
uch das ist für unser Werteverständnis von großer Be-
eutung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)







(A) )



(B) )


Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel
Schon diese wenigen Beispiele zeigen uns: Der Ver-
trag von Lissabon ist ein Gewinn für Deutschland. Er ist
in seiner Bedeutung nicht hoch genug einzuschätzen. Ich
sehe deshalb mit Freude, dass die Ratifizierungsverfah-
ren auch in den anderen Mitgliedstaaten zügig voran-
schreiten. Ich bin heute hier zuversichtlich, dass der Ver-
trag am 1. Januar in Kraft treten kann. Ich sage aber
auch: Es ist wirklich höchste Zeit für Europa. Wir haben
uns jahrelang mit uns selbst beschäftigt. Die Phase der
Ungewissheit und der Lähmung muss vorbei sein. Es ist
wichtig, dass wir jetzt wieder den Blick nach vorne rich-
ten.

Da ist auf der einen Seite natürlich die spannende
Frage, was denn nun dieser neue Vertrag für die Organe
der Union, für den Rat, für die Kommission, für das
Europäische Parlament, für die Zusammenarbeit und für
das Verhältnis zu den nationalen Parlamenten und Regie-
rungen bedeutet. Genau dafür werden wir im zweiten
Halbjahr dieses Jahres, nämlich unter der französischen
Präsidentschaft, die Weichen stellen; denn wir müssen
jetzt noch im Detail ausgestalten, wie das alles funktio-
niert. Wir wissen, dass das Europäische Parlament durch
diesen Vertrag gestärkt wird. Als gleichberechtigter Mit-
gesetzgeber wird es zum ersten und einzigen voll gülti-
gen supranationalen Parlament der Welt für die Kompe-
tenzen, die nach Europa übertragen werden. Die Arbeit
der Kommission wird an Effizienz und Konzentration
gewinnen. Die Kommission wird ab 2014 verkleinert.
Ich glaube, das ist richtig; denn wir haben immer wieder
erlebt: Je mehr Kommissare wir haben, desto mehr Zu-
ständigkeiten werden gefunden. Deshalb ist diese Be-
schränkung nach meiner festen Überzeugung richtig.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Zu einer der wichtigsten Neuerungen zählt das Amt
des Präsidenten des Europäischen Rates. Der Vertrag
sagt, dass der Präsident der Arbeit des Europäischen Ra-
tes Kontinuität verleihen soll. Damit wird ihm in beson-
derer Weise, so ist es beschrieben, die Aufgabe der Kon-
sensbildung unter den 27 Mitgliedstaaten zukommen,
genauso wie die Vertretung in der gemeinsamen Außen-
politik auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs.
Aber natürlich ist das in Bezug auf die bisher bekannte
Präsidentschaft, die ein halbes Jahr dauert und die es
auch weiter gibt, eine interessante Neuerung, die vieler-
lei Fragen aufwirft, die erst einmal geklärt werden müs-
sen.


(Dr. Peter Struck [SPD]: Das ist wahr!)


Außerdem wird natürlich das neugestaltete Amt des
Hohen Vertreters für Außenpolitik von großer Wich-
tigkeit sein. Der Hohe Vertreter für Außenpolitik wird
praktisch Vizepräsident der Kommission sein. Damit
steht er zwischen diesen beiden Organen. Es wird viel
Aufmerksamkeit erfordern, wenn wir den Aufbau des
neuen Europäischen Auswärtigen Dienstes in Angriff
nehmen. Der wird natürlich aus Menschen bestehen, die
aus den Mitgliedstaaten kommen – Deutschland wird
sich daran beteiligen –, aber gleichzeitig auch aus Ver-

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(C (D retern, die heute in der Kommission in diesen Bereichen rbeiten. Auch das wird eine spannende Sache werden. Die Beschreibungen dieser neuen Ämter werden nach er Konsultation der einzelnen Organe der Europäischen nion im zweiten Halbjahr vorliegen, damit wir zu Beinn des Jahres 2009 in die Arbeit einsteigen und effiient handeln können. Die Fundamente der Europäischen Union sind neu elegt. Sie müssen sich nun festigen, und das gibt Ruhe nd Kraft für die eigentlichen politischen Aufgaben. Ich ehe unsere nächste große Herausforderung in Europa arin, unsere eigenen, die europäischen Interessen in der elt deutlicher zu definieren und Strategien zu entickeln, um diese Interessen in der Welt wirklich durch usetzen. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten mit Recht Antorten auf die großen politischen Fragen, vor denen die itgliedstaaten und die Union insgesamt stehen. Ich will iese Aufgabe unter dem Begriff der politischen Gestalung der Globalisierung zusammenfassen. Die Menchen erwarten von uns, dass wir den ökonomischen Erignissen nicht hinterherlaufen, sondern dass wir für sie inen Ordnungsrahmen finden. Der Grundgedanke der ozialen Marktwirtschaft ist der Grundgedanke des gerdneten Wettbewerbs. Diesen Gedanken müssen wir uf die Europäische Union übertragen, weil wir als Naionalstaaten unsere Interessen in vielen Fragen allein icht mehr ausreichend durchsetzen können. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Was gehört dazu? Dazu gehört eine Wirtschaftsord-
ung mit menschlichem Gesicht. Dazu gehören gere-
elte und transparente Finanzmärkte. Dazu gehört eine
estärkte, wertegebundene gemeinsame Außenpolitik,
ie europäische Interessen und auch Standards durch-
etzt. Dazu gehört die Sicherung der Energieversorgung.
azu gehört ein moderner Klima- und Umweltschutz.
azu gehören eine geregelte Migrations- und Integra-

ionspolitik genauso wie der Schutz des geistigen Eigen-
ums. Das ist notwendig, wenn wir ein Kontinent der In-
ovation bleiben wollen.

Unter diesen großen Aufgaben sind nicht wenige, bei
enen die Europäische Union in Zukunft stärker tätig
erden muss, als sie das heute tut. Sie hat den Auftrag,
ies immer dort zu tun, wo wir eine geschlossene und
ntschlossene Gemeinschaft der 27 Mitgliedstaaten
rauchen, um ein Anliegen in der Welt durchzusetzen.
ir sind gemeinsam 500 Millionen Einwohner in Eu-

opa. Wenn wir uns zu gemeinsamen Positionen zusam-
enfinden, kann man in der Welt daran nicht einfach

orbeigehen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


Der Vertrag bietet auch eine Handhabe für den Fall,
ass wir uns einmal nicht einig sind, wenn wir gemein-
am handeln wollen. Deshalb gibt es das Instrument
er verstärkten Zusammenarbeit. Allerdings müssen






(A) )



(B) )


Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel
alle Mitgliedstaaten zustimmen, dass eine Gruppe dieses
Instrument nutzt. Ich sage allerdings auch: Es darf nicht
der normale Weg sein, dass wir in allen wichtigen Fra-
gen nur die verstärkte Zusammenarbeit suchen. Viel-
mehr müssen wir uns schon bemühen, gemeinsame Posi-
tionen auszuarbeiten.

Meine Damen und Herren, in den vergangenen Jah-
ren, man kann fast sagen: Jahrzehnten, war der Weg der
Europäischen Union ein Weg, der zu immer mehr Inte-
gration, zu immer mehr gemeinsamem Handeln geführt
hat. Dies war zu Beginn nötig, um das gemeinsame
Werk überhaupt einmal auf die Füße zu stellen und zum
Laufen zu bringen. Ich glaube, dass wir in Zukunft stär-
ker vor der Aufgabe stehen, zu entscheiden, wie das
richtige Gleichgewicht zwischen nationalen Aufgaben
und europäischen Aufgaben auszugestalten ist. Das
heißt, wir müssen überlegen, wo etwas am besten erle-
digt werden kann: in Brüssel, in Berlin, in Schwerin oder
in Mainz?


(Heiterkeit)


– Ich hätte auch „München“ sagen können. Das leuchtet
vielleicht mehr ein.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Da kann vieles besser erledigt werden!)


Nun kommt ein wichtiger Punkt: Der Vertrag macht
klar: Die Mitgliedstaaten sind Herren der Verträge. Das
heißt, wir, die Bundesregierung und der Deutsche Bun-
destag, entscheiden, wann wir eine Aufgabe der europäi-
schen Ebene geben und wann sie besser in der nationalen
Verantwortung bleibt. Hierfür ist in Deutschland der
Maßstab gesetzt, nämlich der Maßstab der Anwendung
des Subsidiaritätsprinzips, was nichts anderes heißt,
als dass die untere Ebene den Vorrang vor der oberen
hat, wann immer sie die Aufgabe richtig erledigen kann.

Es ist kein Geheimnis, dass dieser Grundsatz in der
Europäischen Union noch nicht immer zu hundert Pro-
zent befolgt wird. Deshalb ist es so wichtig, dass der
Vertrag von Lissabon uns hier völlig neue Möglichkeiten
gibt. Er räumt den nationalen Parlamenten zum ersten
Mal die Möglichkeit ein, sich früher, nämlich bevor Rat
und Europäisches Parlament mit den Verhandlungen be-
ginnen, mit den Vorschlägen zu befassen, sie zu prüfen
und zu fragen: Ist ein Tätigwerden der Union an dieser
Stelle überhaupt nötig? – Mit der Antwort auf diese
Frage können dann die nationalen Parlamente frühzeitig
klare Signale an die Europäische Union senden.

Natürlich wird es vorkommen, dass die Organe der
Europäischen Union einen Vorschlag weiterverfolgen,
obwohl er nach Auffassung eines nationalen Parlaments
gegen das Subsidiaritätsprinzip verstößt. Aber in diesem
Fall eröffnet der neue Vertrag dem nationalen Parlament
den Klageweg zum Europäischen Gerichtshof. Wenn wir
dieses Instrument nutzen – der Erfolg hängt natürlich da-
von ab, ob wir es vernünftig nutzen –, dann wird hier
sehr schnell deutlich werden, dass die Europäische
Union stärker als bisher dazu aufgefordert ist, zu begrün-

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(C (D en, warum sie denn welche Zuständigkeit für sich beanprucht. Ich glaube, dass wir gemeinsam – Bundesregierung, undestag und Bundesrat – sehr gut daran gearbeitet haen, dass diese Parlamentsrechte von Anfang an wirungsvoll angewandt werden können. Dass zum Beipiel die Klageerhebung vor dem Europäischen erichtshof bewusst als Minderheitenrecht ausgestaltet orden ist – das heißt: Bereits ein Viertel der Mitglieder ieses Hauses kann vom nächsten Jahr an eine Subsidiaitätsklage bewirken –, ist ein Teil dessen. Das zeigt, ass wir hier auch ein ganzes Stück näher an die Menchen herangerückt sind. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Wir sind gut beraten, von diesem neuen Recht auch
ebrauch zu machen, es anzuwenden und europäische
ebatten damit künftig viel früher, als das in der Vergan-
enheit der Fall war, zu deutschen Debatten zu machen.

Ich kann also nur sagen: Packen wir den Stier bei den
örnern! Lassen wir uns darauf ein, die Subsidiaritäts-
ultur in Europa wirklich weiterzuentwickeln! Deutsch-
and hat mit seinem föderalen System sehr gute Erfah-
ungen gemacht, und das sollten wir auch in Europa
eigen.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, nächstes Jahr – der Vertrag
ritt dann hoffentlich in Kraft – wird es 20 Jahre her sein,
ass Ungarn den Stacheldraht durchtrennte und in Berlin
ie Mauer fiel. Die Europäische Union hat sich in dieser
eit zu einer Union erweitert, die fast Gesamteuropa
mfasst – bestehend aus Staaten, die in Demokratie,
rieden und Freiheit leben können. Die Europäische
nion ist gewachsen, äußerlich durch die Erweiterungen
nd innerlich jetzt durch die Reform des Vertrages. Das
acht uns als Kontinent handlungsfähig. Deshalb sage

ch: Europa wird nächstes Jahr stärker und selbstbewuss-
er denn je sein. Wir Deutschen in seiner Mitte werden
avon großen Nutzen haben. Das ist jedenfalls, kurz ge-
agt, mein Verständnis von erfolgreicher Europapolitik
n Deutschland. Auf diesem Wege werden wir weiterge-
en. Ich danke noch einmal für Ihre Unterstützung.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1615700200

Das Wort erhält nun der Kollege Dr. Guido Wester-

elle, FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Guido Westerwelle (FDP):
Rede ID: ID1615700300

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

en! Frau Bundeskanzlerin, das ist eine der Debatten in






(A) )



(B) )


Dr. Guido Westerwelle
diesem Hohen Hause, bei der die Grenzen in Wahrheit
nicht zwischen Regierung und Opposition verlaufen.
Wir freuen uns darüber, und zwar gleich auf welcher
Seite dieses Hauses wir sitzen, dass mit der heutigen
Entscheidung eine Entwicklung einen guten Schluss-
punkt finden wird. Das ist ein guter Tag für Deutschland;
es ist ein guter Tag für Europa. Das Wichtigste dabei ist,
dass die Bürgerinnen und Bürger davon etwas haben.
Ausdrücklich erkennen wir als liberale Opposition auch
den Beitrag an, den die Regierung Merkel/Steinmeier
hier geleistet hat.


(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, wenn man in der Bevölke-
rung über Europa debattiert – der Vertrag ist ausführlich
dargestellt worden; ich muss nicht noch einmal alle De-
tailpunkte wiedergeben –, mit jungen Menschen oder
mit Bürgerinnen und Bürgern, die sich über Bürokratie
ärgern, die nicht nachvollziehen können, warum uns in
Deutschland bestimmte Dinge aus Brüssel erreichen,
dann stellt man häufig fest, dass der eigentliche Grund,
warum wir Europa machen, in den Hintergrund rückt.
Für mich ist das besonders deutlich geworden in einer
außerordentlich bewegenden Stunde, die wir vor weni-
gen Wochen hier erleben durften, nämlich bei der Ge-
denkstunde anlässlich des vor 75 Jahren erlassenen Er-
mächtigungsgesetzes. Es gab hier, wie ich ausdrücklich
erwähnen möchte, zwei großartige Reden, nämlich vom
Bundestagspräsidenten und von Hans-Jochen Vogel.
Das, was Hans-Jochen Vogel uns als denen, die heute
Verantwortung tragen, da gesagt hat, ist in meinen Au-
gen auch erhellend dafür, warum wir Europa machen
müssen.


(Dr. Peter Struck [SPD]: Ja!)


Hans-Jochen Vogel sagte damals hier von diesem Platz
aus: Für meine Generation war Krieg die Normalität. Für
euch ist Frieden die Normalität. – Wir, die wir im Frie-
den leben, sollten nicht vergessen, dass das das größte
Geschenk der europäischen Geschichte ist. Hätte Europa
nicht mehr gebracht als Frieden, es hätte sich schon ge-
lohnt, meine Damen und Herren!


(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich habe mir während der Rede der Bundeskanzlerin
– ihre Ausführungen unterstützen wir – ein bisschen die
Gesichter vor allen Dingen von den jungen Menschen
angesehen, die oben auf den Tribünen sitzen, die zu-
schauen und sich die Frage stellen, was diese europäi-
schen Institutionen und Techniken – Hoher Kommissar
für Außenpolitik, doppeltes Mehrheitsprinzip, Subsidia-
ritätsklage – mit ihnen zu tun haben. Natürlich ist das auf
den ersten Blick unglaublich kompliziert; natürlich ist
das auch das, was uns im täglichen Geschäft beschäftigt.
Aber in Wahrheit ist es ein unglaubliches Glück, dass
wir zum ersten Mal in unserer Geschichte in einem Zu-
stand leben, in dem um Deutschland herum nur befreun-
dete Länder und Staaten sind, die unter demselben Dach

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(C (D er Europäischen Union organisiert sind. Für einen Koninent, auf dem Krieg das Normale war, ist das eine mittere Sensation. Es ist großartig, was wir jetzt hier und eute erleben, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Deswegen kann ich nur denen sagen, die heute mit
aximalpositionen kommen – von Rechtsaußen und

on Linksaußen hört man ja Vieles, was man hätte bes-
er machen sollen –: Das ist leicht gesagt. Jeder wird es
o sehen, dass einiges, hätten wir den Vertrag alleine er-
tellt, ohne auf die anderen 26 Staaten Rücksicht zu neh-
en, anders gekommen wäre. Aber wir hätten auch fet-

ige Diskussionen erlebt. Erst recht erlebt man solche,
enn sich 27 Staaten einigen müssen. Deswegen gilt,
ie ich denke, die Erkenntnis von Konrad Adenauer:
enn man das Beste in der Europapolitik nicht erreichen

ann – das Beste wäre eine Verfassung gewesen, und
war durch eine Volksabstimmung bestätigt –, ist man
ut beraten, das Zweitbeste zu machen. Das, was heute
orliegt, ist das Zweitbeste. Es ist besser als alles andere,
as wir an Alternativen haben.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Ich ahne, dass es Stunden und Tage geben wird, wo
ir Deutsche die institutionellen Reformen, die die
undeskanzlerin hier zu Recht als Erfolg darstellt und
ie wir heute loben – mehr Mehrheitsentscheidungen,
leinere EU-Kommissionen –, verfluchen werden. Wir
erden nämlich erleben, dass es nicht für all unsere Auf-

assungen und Haltungen in Europa eine Mehrheit geben
ird. Wir werden unglaublich kräftige Diskussionen mit
ehr oder weniger lokalpatriotischer Ausprägung füh-

en. Wir werden all das erleben. So stimmt das, was Sie,
rau Bundeskanzlerin, sagten: Man kann Brüssel besser
achen, so wie man Mainz und München besser machen

ann.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Berlin kann man auch besser machen!)


Jetzt, wo Sie es sagen, Frau Künast. Auch die Grünen
ann man besser machen.


(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


ber, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir wer-
en noch einige sehr empfindliche Diskussionen darüber
ühren. Das wird vor allem in Bereichen sein, die wir
ns zurzeit nur zaghaft anzusprechen trauen. Ich meine
ie gesamte Entwicklung im Innen- und Rechtsbereich
owie das Selbstverständnis, auch das rechtsstaatliche
elbstverständnis. Das ist zum Glück in Deutschland au-
erordentlich sensibel ausgeprägt, wobei wir wissen,
ass dies in anderen Ländern nicht unbedingt zwingend
o der Fall ist.

Das, was wir heute beschließen, ist schlechter als eine
erfassung mit Volksabstimmung, aber besser als die
lternative, nämlich nichts zustande zu bringen. Vor al-

em ist es die Konsequenz aus der Erweiterung der






(A) )



(B) )


Dr. Guido Westerwelle
Europäischen Union. Natürlich fragen sich viele, ob ei-
nige Länder unbedingt dazukommen mussten, ob diese
Länder überhaupt schon die mitteleuropäischen Stan-
dards erfüllen. Aber die Erweiterung der Europäischen
Union liegt vor allem aufgrund unserer geografischen
Lage im deutschen Interesse, übrigens nicht nur im deut-
schen friedenspolitischen Interesse, sondern auch im
deutschen ökonomischen Interesse. Viele reden über die
Globalisierung. Dass wir einen Binnenmarkt mit etwa
500 Mil-lionen Bürgerinnen und Bürgern, also Teilneh-
mern dieses Binnenmarktes, bekommen, ist in Wahrheit
eine ausgezeichnete Antwort auf den wachsenden Wett-
bewerbsdruck in der Welt durch die Globalisierung.

Auch die ökonomischen Chancen steigen. Deutsch-
land ist der Gewinner der Europäischen Union, auch
wenn wir viel dafür zahlen. Wir sind der Gewinner der
Europäischen Union, weil kein Land so abhängig ist
vom Export und damit auch vom großen europäischen
Binnenmarkt wie wir Deutsche. Etwas anderes haben
wir nicht.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Europa wird mit diesem Vertrag besser funktionieren.
Mehr überzeugte Europäer schafft er noch nicht. Das
hätte aus unserer Sicht ein Verfassungsvertrag mit einer
Volksabstimmung leisten können. Aber wir müssen zur
Kenntnis nehmen, dass dies nicht erreichbar war. Wir
alle wissen, dass das in anderen Ländern per Volksab-
stimmung gescheitert ist. Jetzt gibt es diesen Vertrag.
Wir als FDP-Fraktion werden aus innerster Überzeu-
gung den Vorlagen einstimmig zustimmen.

Ich möchte nun noch zwei Bemerkungen machen,
von denen ich überzeugt bin, dass wir sie hier berück-
sichtigen sollten. Aus Sicht einer liberalen Partei, einer li-
beralen Fraktion ist es nicht erfreulich, dass sich beispiels-
weise der Gedanke eines freien und funktionierenden
Wettbewerbs, eines unverfälschten Wettbewerbs – das ist
eigentlich ein klassischer Gedanke der Gründer der sozia-
len Marktwirtschaft – in einer Protokollnotiz verstecken
muss. Das bedauern wir. Aus unserer Sicht hat dies einen
zu sehr wohlfahrtsstaatlichen Anstrich. Aber so ist es
nun einmal bei einem Kompromiss.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: So ist es!)


Dies hätten wir gerne anders gesehen. Aber das kommt
jetzt so und man muss es akzeptieren.

Natürlich ist aus unserer Sicht völlig klar – das wird
unsere Aufgabe sein, auch aufgrund unserer deutschen
Tradition der Währungsstabilität –, dass die Europäische
Zentralbank nicht irgendeine, sondern die entscheidende
Institution zur Wahrung der Stabilität des europäischen
Finanzmarktes ist. Von daher müssen wir mit Argus-
augen darauf achten, dass die Europäische Zentralbank
nicht zum politischen Spielball von gelegentlichen Stim-
mungen wird. Wir wissen, andere Länder gehen an diese
Sache anders heran. Umso wichtiger ist es, dass wir
Deutsche unsere Währungskultur in Brüssel nachdrück-
lich vertreten.

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(C (D (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Manfred Zöllmer [SPD])


Ich komme zum Schluss. Frau Bundeskanzlerin, Sie
aben völlig zu Recht auf die Chancen hingewiesen, die
etzt, jedenfalls theoretisch, durch eine besser koordi-
ierte Außenpolitik entstehen. Das beschäftigt und be-
egt natürlich schon seit langer Zeit auch den Außenmi-
ister. Wir hoffen, dass das mehr sein wird als eine
nstitution. Wir hoffen, dass das mehr sein wird als eine
trukturelle Beruhigung. Das muss mit Leben und Seele
efüllt werden. Nur dieses Amt eines europäischen
uasi-Außenministers zu schaffen, ohne die Bereit-

chaft, in Europa zu einer gemeinsam koordinierten Au-
en- und Sicherheitspolitik zu kommen, wäre zu wenig.
ahinter muss auch der Wille stehen, gemeinsam zu
andeln. Egal wer regiert, ob in Deutschland oder in an-
eren Ländern, es ist nicht gut, wenn wir in Europa, und
war noch in diesen Tagen, zulassen, dass andere außer-
alb von Europa es schaffen können, uns in Europa au-
enpolitisch und sicherheitspolitisch zu spalten.

Das ist übrigens etwas, was bei der Raketenstationie-
ung aus unserer Sicht zu kurz gekommen ist. Es ist
icht nur für die NATO eine Frage, ob die USA in Polen
nd in Tschechien Raketen stationieren, sondern es ist
uch eine europäische Frage; denn wenn wir es mit der
uropäischen Außen- und Sicherheitspolitik ernst mei-
en, können wir Zonen unterschiedlicher Sicherheit in
uropa nicht zulassen.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der SPD)


ir haben ein Interesse an einer gemeinsamen Europa-
nd Außenpolitik, das heißt an einer Außenpolitik, die
er Abrüstung verpflichtet ist und die nicht sehenden
uges eine neue Aufrüstungsspirale zulässt.

Das ist das, was ich dazu beitragen wollte. Wir wer-
en zustimmen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1615700400

Das Wort erhält nun der Ministerpräsident von Rhein-

and-Pfalz, Kurt Beck.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1615700500

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten

amen und Herren! Wer die Geschichte Europas kennt,
ird feststellen: Die europäische Einigung ist eine Er-

olgsgeschichte. Mit dem Lissabon-Vertrag, der heute
orliegt und der zum 1. Januar des kommenden Jahres in
raft treten wird, haben wir einen vorläufigen Abschluss
ieses Einigungsprozesses gefunden.

Freilich, es war ein langer Weg. Ich darf daran erin-
ern, dass Sozialdemokraten bereits im Jahr 1925 in ih-






(A) )



(B) )


Ministerpräsident Kurt Beck (Rheinland-Pfalz)

rem Heidelberger Programm beschlossen haben: Unser
Ziel ist, die vereinigten Staaten von Europa zu erreichen.
Wenn einige dieser Gedanken Eingang in die Politik ge-
funden hätten, wäre uns vieles erspart geblieben.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir sind uns sicher einig, dass es ein zäher Prozess
ist, mit 27 Staaten Regelungen zu finden und Entschei-
dungen herbeizuführen, die die Interessen der großen
Staaten wie Italien, Frankreich, Großbritannien und
Deutschland genauso berücksichtigen wie die der klei-
nen und kleinsten Staaten Europas. Aber wer die Kraft
zum Interessensausgleich nicht findet, wird den Kernge-
danken dieses Europas, das aus eigenständigen Staaten
zusammengesetzt ist und damit auch deren Geschichte
und besondere Bedürfnisse berücksichtigen muss, ver-
fehlen.

Entscheidend ist deshalb Kompromissbereitschaft,
die freilich auf dem Weg zu der jetzigen Entscheidung
auch viele Rückschläge erlebt hat. Wir empfinden es als
einen Rückschlag, dass die Arbeit des Konvents, eine
europäische Verfassung nicht nur vorzulegen, sondern
auch ratifiziert zu bekommen, letztendlich in dieser
Form nicht erfolgreich war. Aber es ist anerkennenswert
– ich will das, Frau Bundeskanzlerin, Herr Bundes-
außenminister, auch Ihnen gegenüber ausdrücklich un-
terstreichen –, dass dieser Rückschlag eben nicht zu ei-
ner dauerhaften Lähmung Europas geführt hat, sondern
dass es gerade unter deutscher Ratspräsidentschaft mög-
lich war, einen neuen Anlauf zu einem Prozess zu neh-
men, der dann unter portugiesischer Ratspräsidentschaft
seinen Abschluss gefunden hat.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Dabei müssen wir uns immer wieder in Erinnerung
rufen, dass dieser vorläufige Abschluss natürlich keine
Öffnung enthält, die es ermöglicht, sofort wieder neue
Verhandlungen über Verträge zu führen. Aber es wird
damit eine Idee transportiert, mit der uns die Aufgabe
gestellt wird, an dem Gedanken einer weiteren Festigung
und einer weiteren Zusammenführung entlang der ge-
meinsamen Werte und Ziele dieses Europas zu arbeiten.
Für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten
bleibt deshalb das Ziel, eine europäische Verfassung zu
erreichen, eine große Vision, die wir auch weiter verfol-
gen werden.


(Beifall bei der SPD)


Es ist zu Recht darauf hingewiesen worden, dass mit
den Lissabonner Verträgen die groß gewordene Europäi-
sche Gemeinschaft handlungsfähig gemacht worden ist.
Es ist wohl wahr, was der Kollege Westerwelle ange-
sprochen hat: Diese Handlungsfähigkeit setzt teilweise
sehr viel Insiderwissen voraus, wenn man die Mechanis-
men erkennen und durchschauen will. Dennoch gilt: Wir
haben eine Straffung der Kommission und eine Stärkung
der Parlamente erreicht – übrigens nicht nur des Europäi-
schen Parlamentes, sondern auch des Deutschen Bundes-
tages und der Landtage.

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(C (D (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


rau Bundeskanzlerin, ich finde das Beispiel Mainz – der
ollege Beckstein wird es mir verzeihen – schon gut ge-
ählt. Daran kann es überhaupt keinen Zweifel geben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


m Gebiet des heutigen Rheinland-Pfalz ist auf dem
ambacher Schloss der Gedanke eines gemeinsamen
uropas schon 1832 propagiert worden, zu einer Zeit, als

n Bayern noch Truppen gegen alles, was demokratisch
rschien, ausgesandt wurden.


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ch gebe zu, Herr Beckstein, das hat sich geändert.

Ich will auch unterstreichen, dass mit diesen Verträ-
en ausdrücklich betont worden ist, dass die Europäi-
che Grundrechtecharta Teil dieser Wertegemeinschaft
st. Aber an dieser Stelle muss man etwas Wasser in den

ein gießen und feststellen: Das Opting-out von Groß-
ritannien und Polen ist sicher keine sehr angenehme
egleiterscheinung.

Ich will auch den Ansatz hervorheben, dass europäi-
che Bürgerinnen und Bürger, wenn ihre Zahl mindes-
ens 1 Million beträgt, ihrerseits eine Initiative auf den

eg bringen können. Die Kommission wird sich dann
it ihrem Anliegen befassen. Ja, 1 Million ist sehr viel;

ie Hürden sind sehr hoch. Es ist aber ein neuer Ge-
anke, der die Idee der europäischen Bürgerschaft
ransportiert. Auch da wird das letzte Wort noch nicht
esprochen worden sein.


(Beifall bei der SPD)


Unterstreichen will ich, dass wir uns alle wünschen,
ie Europäische Gemeinschaft möge in ihrem außenpoli-
ischen Handeln und Wirken stärker werden. Sie kann
ur stärker werden, wenn wir im Inneren einiger werden.
eshalb gilt es, gemeinsame Werte immer wieder zu be-

onen und gemeinsame Haltungen zu den Konfliktsitua-
ionen dieser Welt im Rahmen vieler bilateraler Kon-
akte herbeizuführen. Mit dem Hohen Vertreter für den
ußenpolitischen Bereich – ich hätte ihn lieber „europäi-
cher Außenminister“ genannt – und seiner Verankerung
n der Spitze der Kommission ist auch dort ein Faktum
eschaffen worden. Ich bin davon überzeugt, dass sich
ie große Bedeutung dieses Amtes zeigen wird. Aber
uch dort sind wir noch nicht am Ende eines Prozesses.
ir haben diesen Prozess zunächst neu angestoßen und

eue Möglichkeiten eröffnet.

Dass dieser Vertrag für Europa und für die Menschen
ut ist, wurde uns in der Tat deutlich vor Augen geführt,
ls wir uns an den Gedenktagen in den letzten Wochen
ie Vergangenheit in Erinnerung zurückgerufen haben.

Uns ist deutlich geworden, was es bedeutet, wenn
an so eng miteinander lebt wie auf diesem Kontinent
it so vielen Nationen und statt Miteinander Gegen-

inander aufkommen lässt. Deshalb war es eine wirklich
ntscheidende Idee, angesichts des Nationalismus, des






(A) )



(B) )


Ministerpräsident Kurt Beck (Rheinland-Pfalz)

übertriebenen Interesses der einzelnen Staaten, was im-
mer wieder zu Kriegen und Auseinandersetzungen, ja zu
angeblichen Erbfeindschaften zwischen Völkern geführt
hat, diesem europäischen Einigungsprozess mit dem Ziel
eines friedlichen Zusammenlebens, mit dem Ziel, souve-
räne Staaten auf Gemeinsamkeit zu verpflichten, und
dem Recht und der Freiheit dabei unverbrüchliche Be-
deutung zukommen zu lassen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es war eine großartige Entscheidung, dass nach 1945
nicht das wieder getan worden ist, was 1871 und 1918
geschehen ist, nämlich dass man den jeweils Unterlege-
nen gedemütigt hat und damit eine neue Grundlage für
Auseinandersetzungen und jeweils am Ende, wie wir
wissen, auch für Krieg gelegt worden ist. Die großen
Ideen von Jean Monnet und Robert Schuman haben ge-
griffen. Wir Deutsche haben unsererseits verstanden,
dass wir ein gemeinsames Deutschland nur in einem ge-
meinsamen freien Europa erreichen können. Diese Idee
ist dann – es werden bald 20 Jahre her sein – Gott sei
Dank auch Wirklichkeit geworden. Diese Dimension
nicht immer wieder neu zu sehen und sie uns nicht in Er-
innerung zu rufen, würde bedeuten, eine Kernvorausset-
zung für die Gemeinsamkeit auf diesem Kontinent zu
vergessen, und das wäre sträflich.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Frieden und Freiheit sind ein Markenzeichen dieser
Gemeinschaft, ein Markenzeichen, von dem wir uns
wünschen, dass es auch ausstrahlt, dass deutlich wird,
dass dieses Beispiel Europas auch in anderen Teilen der
Welt nicht nur wahrgenommen werden sollte, sondern
dass es sich lohnt, auch bei scheinbar noch so unüber-
windbaren Konflikten den Weg zum Miteinander zu su-
chen. Denn weiter auseinander, als wir in Europa waren
oder scheinbar waren, sind andere auf dieser Welt, die
gegeneinanderstehen, auch nicht. Es lohnt sich, diesen
Weg zu gehen und dafür auch Geduld und Kraft aufzu-
wenden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich will auch auf die konkreten Erfolge dieses Euro-
pas eingehen. Zu Recht ist die wirtschaftliche Bedeu-
tung dieser Europäischen Gemeinschaft genannt worden –
von den Römischen Verträgen im Europa der Sechs bis
zur heutigen Situation. Nur wenige Zahlen unter-
streichen in der Tat die besondere Interessenlage der
Bundesrepublik Deutschland an diesem gemeinsamen
Wirtschaftsraum. Der Anteil Europas am gesamten deut-
schen Außenhandel lag 2007 bei 75 Prozent. 65 Prozent
davon entfielen auf die EU-Staaten. Auf die Länder der
Eurozone entfielen davon über 40 Prozent. Der dynami-
sche und sich auch weiter positiv entwickelnde Handel
und die wirtschaftlichen Beziehungen mit den neuen
Beitrittsstaaten haben die Handels- und Wirtschaftsbe-
ziehungen zu den Vereinigten Staaten von Amerika in
ihrer Größenordnung schon übertroffen. Ökonomisch
können wir gar keinen besseren Weg gehen, als diese of-

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(C (D ene Europäische Gemeinschaft für unsere exportorienierte Wirtschaft zu nutzen. Vielleicht erinnern wir uns für einen kleinen Moment n die Bedenken bei der Einführung des Euro. Natürlich issen wir um die Sorgen vieler Menschen, um Teue ungseffekte und Ähnliches mehr. Wir sollten uns aber uch in Erinnerung rufen, wie stabil diese Währung georden ist und was diese Stabilität derzeit bedeutet. Das ird uns klar, wenn wir zum Beispiel an die Rohstoffosten denken, die auf Dollarbasis abgerechnet werden. ie Einführung des Euro hat entscheidend dazu beige ragen, dass unsere Wirtschaft eben nicht aufgrund der ntwicklungen in jüngster Zeit in eine tiefe Rezessionshase geriet. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Freilich fehlt für uns an diesem Europa immer noch
in ganz entscheidender Teil, nämlich das, was wir
oziales Europa nennen.


(Beifall des Abg. Oskar Lafontaine [DIE LINKE])


ie Verträge von Lissabon bieten allerdings eine
hance, dieses zu erreichen.


(Beifall bei der SPD)


as ist ein Bewertungsunterschied zwischen uns und
enjenigen, die Ablehnung empfehlen. Sie geben uns
ine Chance, und wir müssen diese Chance nutzen. Ich
timme allen zu, die sagen, dass wir die wirkliche soziale
imension, den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Ar-
eitnehmer in Deutschland, nur durch gemeinschaftliche
nstrengung sicherstellen können. Ansonsten würden
ir ständig in einer Konfliktsituation leben. Wer die Si-

uation zwischen den USA und Mexiko betrachtet, weiß,
ass noch so hohe Zäune und noch so viele Polizisten
igrationswanderungen und Ausgleichsbestrebungen

egenüber sozialen Verwerfungen nicht aufhalten kön-
en.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Für uns gilt es, diese Chance zu nutzen, wenn dieser
ertrag ratifiziert ist, und in den kommenden Jahren ne-
en der ökonomischen die soziale Dimension dieses
uropas in den Mittelpunkt unserer Weiterentwicklungs-
emühungen zu stellen.


(Dr. Peter Struck [SPD]: Richtig!)


ir wollen keinen einheitlich organisierten Sozialraum,
ber einen Sozialraum, der von gleichen Ideen ausgeht:
ie Arbeitsbedingungen müssen anständig sein, und die
enschen müssen die Chance haben, durch ihre eigene
rbeit und Anstrengung für sich und ihre Familien zu

orgen. Dann werden wir eine hohe Zustimmung zu die-
em europäischen Prozess erlangen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)







(A) )



(B) )


Ministerpräsident Kurt Beck (Rheinland-Pfalz)

Wir sagen Ja zu einer sozialen Marktwirtschaft in
Europa, Ja zur Stärkung der Arbeitnehmerrechte im
europäischen Binnenmarkt und Ja zur Stärkung der Mit-
bestimmungsrechte. Bei der Bildung europäischer Un-
ternehmensstrukturen muss sichergestellt sein, dass die
Arbeit der Betriebsräte und die Mitbestimmungsabsiche-
rung auf diese Ebene gehoben werden. Ansätze dafür ha-
ben wir gefunden; sie müssen weiterentwickelt werden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Wer an Erfahrungen erinnert wird, die wir in jüngster
Zeit zum Beispiel mit Nokia gemacht haben, sieht
schnell ein, dass das nicht irgendwelche ideologischen
Forderungen sind, sondern Forderungen, die mit der
realen Situation von Millionen Menschen in dieser Ge-
meinschaft zu tun haben. Es darf nicht sein, dass heute
die Deutschen gegen die Rumänen und morgen die Ru-
mänen gegen wen auch immer ausgespielt werden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Ich will gar nicht verschweigen, dass es mir in beson-
derer Weise Sorge macht, wie sich die Rechtsprechung
des Europäischen Gerichtshofs entwickelt hat.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Dr. Peter Struck [SPD]: Sehr richtig!)


Ansätze, die man spürt, beispielsweise in dem Fall
Rüffert, wo es um die Frage der Gültigkeit des Tarif-
treuegesetzes des Landes Niedersachsen ging, sehe ich
mit Sorge. Hier wurden entgegen dem Plädoyer des Ge-
neralanwalts Entscheidungen über die Auslegung der
Verträge getroffen, die die ökonomische Betrachtung ab-
solut in den Vordergrund stellen, sodass der soziale Aus-
gleich dahinter deutlich zurücktritt. Solche Ansätze müs-
sen wir durch eine Weiterentwicklung der Verträge
verhindern. Lissabon bietet eine Chance dafür.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des Abg. Reinhard Grindel [CDU/CSU] und des Abg. Josef Göppel [CDU/CSU])


Als Vertreter des Landes Rheinland-Pfalz erlaube ich
mir, morgen im Bundesrat eine Initiative dazu vorzule-
gen.


(Beifall bei der SPD – Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Gesetzlicher Mindestlohn überall!)


– Ich danke Ihnen für den Zuruf. Genau darauf wollte
ich jetzt zu sprechen kommen.


(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Das ist doch schön!)


Sie können davon ausgehen, dass ein Sozialdemokrat
dieses Thema nie und nimmer vergessen wird.


(Beifall bei der SPD – Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Nicht „nicht vergessen“! Durchsetzen!)


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(C (D eshalb sage ich: Das, was in 22 Mitgliedstaaten Stanard ist, muss auch in Deutschland Standard werden. ir brauchen Regeln, um das Prinzip „Guter Lohn für ute Arbeit“ in ganz Europa durchzusetzen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Die SPD stimmt wohl dagegen!)


Das heißt unter diesem Gesichtspunkt: Wettbewerb
a. Aber es heißt auch, dass wir keinen Wettbewerb um
ie schnellere soziale Abwärtsspirale wollen, sondern ei-
en Wettbewerb um die Teilhabe der Bürgerinnen und
ürger von Malta bis Schweden erreichen wollen. Das

st unsere Vorstellung von einem sozial gerechten
uropa.


(Beifall bei der SPD – Hartmut Koschyk [CDU/ CSU]: Da haben wir nichts dagegen!)


Meine Damen und Herren, dieses Europa hat den
enschen Chancen gebracht, und es wird an uns sein,

en Bürgerinnen und Bürgern zu vermitteln und deutlich
u machen, dass Europa auch ihrer Unterstützung be-
arf: durch Teilhabe an der Europawahl, aber auch durch
nnahme der Entwicklungen auf dieser Ebene.

Deshalb sagen wir Ja zu einem Europa, das sich Frie-
en und Freiheit und dem Gebot der Subsidiarität ver-
flichtet weiß. Wir sagen Ja zu einem Europa, das öko-
omischen Erfolg mit ökologischer Gerechtigkeit und
ernunft, mit sozialem Ausgleich und mit sozialer Ge-

echtigkeit untrennbar verbindet.


(Beifall bei der SPD)


Dieses Europa will in Frieden und Freiheit und in
airness mit anderen Teilen dieser Welt zusammenleben
nd konkurrieren; ich glaube, das sollte unsere Zu-
unftsvision sein. Es sollte nicht der Versuchung erlie-
en, andere Kulturen und andere Kulturkreise zu kopie-
en. Vielmehr sollte dieses Europa eine eigene Identität
ntwickeln, die durch die Vielfalt der Kulturen immer
ieder lebendig gehalten und angetrieben wird, und auf
iese Art und Weise zeigen, dass eine menschliche, so-
iale, ökologisch vernünftig handelnde, friedliche Ge-
ellschaft erfolgreich mit anderen Teilen dieses Erdballs
onkurrieren kann.

Wenn es uns gelingt, daraus auch entlang konkreter
hemen eine Vision zu entwickeln – das ist, wie ich
laube, unsere gemeinsame Hoffnung –, dann werden
ir von Generation zu Generation die Zustimmung fin-
en, die notwendig ist, um diese europäische Idee unum-
ehrbar zu machen.

Vielen Dank.


(Anhaltender Beifall bei der SPD – Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Hakki Keskin [DIE LINKE])



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1615700600

Dr. Lothar Bisky ist der nächste Redner für die Frak-

ion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)







(A) )



(B) )


Dr. Lothar Bisky (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1615700700

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Linke

engagiert sich für ein Europa des Friedens, der Freiheit,
der Demokratie, der sozialen und ökologischen Sicher-
heit und der Solidarität.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir sind in diesem Hause die Einzigen, die dem Vertrag
von Lissabon die Zustimmung verweigern. In der Ge-
sellschaft und in Europa stehen wir mit unserer kriti-
schen Haltung keineswegs allein da.


(Beifall bei der LINKEN)


Auf der europäischen Ebene – auch in Deutschland –
haben Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter ihre
Bedenken gegen den neoliberalen Geist des Lissabon-
Vertrages deutlich gemacht. Die Arbeitsgemeinschaft für
Arbeitnehmerfragen in der SPD, AfA, lehnt den Lissa-
bon-Vertrag ab und fordert die SPD-Abgeordneten auf,
diesem Vertrag im Bundestag nicht zuzustimmen. Die
Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges
fordern, den EU-Vertrag nicht zu ratifizieren. Ob Pax
Christi oder Attac, sie alle weisen darauf hin, dass der
Lissabon-Vertrag nicht den Interessen der Mehrheit der
Menschen entspricht.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Wer also meint, nur die Linke habe Bedenken, irrt
gewaltig und sollte sich mit den Positionen von Gewerk-
schafterinnen und Gewerkschaftern und anderen Initiati-
ven und Verbänden auseinandersetzen.


(Beifall bei der LINKEN)


Wenn Herr Kollege Beck der Ansicht ist – das hat er
nicht hier, aber an anderer Stelle gesagt –, dass man mit
einer Partei, die diesen EU-Vertrag ablehnt, nicht koalie-
ren könne, dann sage ich als Antwort darauf ganz deut-
lich: Wenn sich Regierungsfähigkeit an der Akzeptanz
von Beihilfe zum Sozialdumping bemisst, dann wollen
wir nicht regierungsfähig sein.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos] – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da muss er ja selber lachen!)


Wieder liegt uns eine Vertragsänderung und keine
Verfassung für die Bürgerinnen und Bürger der Union
vor. Der Verfassungsentwurf wurde von der französi-
schen und der niederländischen Bevölkerung abgelehnt.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Internationale Solidarität der Arbeiterklasse! Da würde sich Karl Marx im Grabe umdrehen!)


Der französische Altpräsident Giscard d’Estaing sagt
über den heute auf dem Tisch liegenden Vertrag, er un-
terscheide sich nur unwesentlich vom Verfassungsent-
wurf. Man merkt die Absicht und ist verstimmt.

Von einer Vereinfachung der EU-Verträge und von
mehr Transparenz kann leider keine Rede sein. Wir hät-
ten dringend rechtzeitig eine lesbare Fassung gebraucht.

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(C (D (Dr. Andreas Schockenhoff [CDU/CSU]: Da muss man aber auch lesen können!)


lasnost auch für Europa! Einen Antrag dazu hat die
inksfraktion vorgelegt; denn das gesamte Vertragswerk

st für normale Menschen schwer verständlich. Europa-
olitik wird so zunehmend eine Auslegungssache für Ju-
istinnen und Juristen. Ich frage Sie: Wie sollen sich
enn so die Bürgerinnen und Bürger der Europäischen
nion mit Europa identifizieren können?

Die EU-Kommission finanziert Werbekampagnen,
m den Menschen, wie es heißt, Europa zu erklären. Ich
age Ihnen: Solange Sie eine Politik über die Köpfe der
ürgerinnen und Bürger hinweg machen und solange die
enschen nicht das Gefühl haben, am Bau des europäi-

chen Hauses beteiligt zu sein, so lange ist das herausge-
chmissenes Geld.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Die Art und Weise des Zustandekommens dieses Ver-
rages spricht Bände. Es ist ein Vertrag der Regierenden,
icht der Bürgerinnen und Bürger.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


ieder tagte eine Regierungskonferenz hinter verschlos-
enen Türen, wieder konnten sich die Bürgerinnen und
ürger nicht an der Gestaltung der vertraglichen Grund-

agen der Zukunft der Union beteiligen. Über das Ergeb-
is dürfen sie nicht mitentscheiden. Das Einzige, was sie
ürfen, ist, die Zeche zu bezahlen. Eine solche Politik
ehnen wir ab.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


uropapolitik darf nicht länger eine Politik von Eliten
ür Eliten sein. Die europäischen Bürgerinnen und Bür-
er wollen ihr Europa mitgestalten. Dafür müssen sie
ber die Grundausrichtung europäischer Politik mitent-
cheiden können.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen der Koalition,
ass Sie die Bevölkerung von der Entscheidung aus-
chließen, zeigt, dass Sie dem Vertrag von Lissabon sel-
er nicht über den Weg trauen;


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


onst hätten Sie doch nichts zu befürchten. Wir Linken
ollen eine Volksabstimmung. Hier sind wir nicht al-

ein.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In Berlin ziert ihr euch aber bei der Volksabstimmung! Was ist mit Tempelhof?)


In Berlin stimmen wir mit dem überein, was ich hier
age, Frau Künast. Das könnten Sie wissen.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, Frau Knake-Werner darf sich enthalten oder zustimmen! Für Tempelhof wollen Sie keinen Volksentscheid!)







(A) )



(B) )


Dr. Lothar Bisky
Alle in der Europäischen Linkspartei zusammenge-
schlossenen 28 Parteien fordern Volksabstimmungen
über das Fundament des europäischen Hauses. Wir ver-
weisen da auf Irland; das ist ein vernünftiger Weg.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Nicht nur die Linksparteien, auch die Friedenskoordi-
nation Berlin, die Initiative „Mehr Demokratie“ und
weitere Initiativen haben Unterschriften für ein Referen-
dum in Deutschland zum Vertrag von Lissabon gesam-
melt. Diese Unterschriften werden heute dem Bundestag
übergeben.

Wir Linken sind engagierte Internationalisten, und
wir sind proeuropäisch.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1615700800

Herr Kollege Bisky, gestatten Sie eine Zwischenfrage

des Kollegen Westerwelle?


Dr. Lothar Bisky (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1615700900

Ja.


Dr. Guido Westerwelle (FDP):
Rede ID: ID1615701000

Herr Kollege Bisky, Sie haben nachdrücklich für eine

Volksabstimmung geworben, Sie haben nochmals zum
Ausdruck gebracht, dass Sie eine Volksabstimmung für
die Legitimation des europäischen Hauses für nötig hal-
ten.

Aktuell steht ein Volksentscheid in Berlin an. Meine
Frage ist: Was ist davon zu halten, wenn Regierende an-
kündigen, dass sie sich um das Votum der Bürgerinnen
und Bürger nicht scheren werden?


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Auf den Punkt gefragt: Werden Sie für den Fall, dass
sich die Berlinerinnen und Berliner für den Weiterbe-
trieb des Flughafens Tempelhof aussprechen,


(Zurufe von der SPD und der LINKEN: Ach!)


zu dieser Entscheidung stehen und den Willen des Vol-
kes da, wo Sie regieren, umsetzen?


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Michael Roth [Heringen] [SPD]: Das ist jetzt Kreisliga, Herr Westerwelle! – Gegenruf der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, das ist richtig! Entweder ist er dafür oder dagegen!)



Dr. Lothar Bisky (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1615701100

Herr Westerwelle, das ist jetzt außerhalb dieser The-

matik.


(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D ch werbe dafür, sich dagegen auszusprechen, dass der lughafen Tempelhof weiter betrieben wird. ber eine Volksabstimmung ist eine Volksabstimmung, nd man hat sich daran zu halten. (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN, der CDU/CSU und der FDP – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Meine Frage hat sich gelohnt! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sonntagabend!)


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Warten Sie Sonntagabend ab!

Ich möchte jetzt zum Thema Europa zurückkehren.
ir Linken sind Internationalisten, und wir sind pro-

uropäisch.


(Zuruf des Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


ir leben und arbeiten wie Sie, Herr Trittin, in Europa
nd in Deutschland, und wir fühlen uns für die Entwick-
ung Europas mit verantwortlich.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Nach den wenig erfolgreichen und vor allem undemo-
ratischen und intransparenten Regierungskonferenzen
on Amsterdam und Nizza wurde ein Konvent einberu-
en. Das haben wir begrüßt. Wir haben aktiv an der Aus-
rbeitung des Verfassungsentwurfes mitgearbeitet,
benso an der Grundrechtecharta der EU. Sie sehen,
iebe Kolleginnen und Kollegen: Europa liegt auch uns
m Herzen. Die Linke ist für Europa. Es gibt aber genü-
end Gründe, heute mit Nein zu stimmen.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Dass wir als Linke den Vertrag von Lissabon in der
orgelegten Fassung ablehnen, hat einzig inhaltliche
ründe. Wir übersehen nicht, dass dieser Vertrag gegen-
ber dem Vertrag von Nizza durchaus Verbesserungen
ringt; das betrifft beispielsweise die Mitentschei-
ungsrechte des Europäischen Parlaments, die stark er-
eitert werden, und die Beteiligung der nationalen Par-

amente, erste Schritte zu mehr direkter Demokratie. Wir
erleugnen das Positive nicht.

Der Vertrag von Lissabon bringt aber leider vor allem
ravierende Nachteile. Von diesem Reformvertrag geht
ein Friedenssignal aus.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


ie Bestimmungen der gemeinsamen Sicherheits- und
erteidigungspolitik sind nun vor allem militärisch ge-
rägt. Wir halten diese Ausrichtung für falsch und auch
ür gefährlich.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])







(A) )



(B) )


Dr. Lothar Bisky
Die Verpflichtung der Mitgliedstaaten auf schrittweise
Verbesserung ihrer militärischen Fähigkeiten, Art. 42
Abs. 3, heißt doch im Klartext: ständige Aufrüstung.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos] – Michael Roth [Heringen] [SPD]: Nein, heißt es nicht!)


Im Sinne einer friedlichen, demokratischen, sozialen und
ökologischen Entwicklung brauchen wir aber mehr Ab-
rüstung.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos] – Michael Roth [Heringen] [SPD]: Da stimmen Sie Herrn Westerwelle zu?)


– Da stimme ich Herrn Westerwelle ausdrücklich zu.

Für ebenso kontraproduktiv wie überflüssig halten
wir die Battle-Groups. Zur Terrorismusbekämpfung
taugen sie nicht, und weltweite Militärinterventionen
sind der falsche Weg, um Frieden zu erhalten oder herzu-
stellen.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Wir bleiben dabei: Wir sagen Ja zur Selbstverteidigung,
aber außerhalb des Hoheitsgebietes der EU sollen militä-
rische Operationen der EU nicht stattfinden.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Aufrüstung ist ein falsches Signal. Es muss Schluss
sein mit dem historischen Völkergemetzel der vergange-
nen Jahrhunderte. Um die Probleme der Europäischen
Union und die globalen Probleme zu lösen, brauchen wir
politische Mittel.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Wir wollen keine völkerrechtswidrigen Kriege, sondern
friedliche Lösungen politischer und sozialer Konflikte.
Das heißt, wir wollen ein vertraglich zu verankerndes
Verbot von Angriffskriegen, eine strikte Bindung an die
UN-Charta und die Einhaltung der international aner-
kannten Völkerrechtsnormen.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos] – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum unterstützen Sie dann die UN-Einsätze nicht?)


Frieden hat für uns Linke absolute Priorität.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Man hört, dass die Linke wegen ihrer friedlichen Außen-
politik angeblich nicht salonfähig ist. Wenn die Meinung
der anderen Parteien darin besteht, dass weitere kriegeri-
sche Lösungen anzustreben sind, dann sind wir froh,
nicht salonfähig zu sein.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos] – Gerd Andres W d S s S g s v e d M d g H w n v b r U E L w d b V w d s n b d d L S r s t G r (C (D [SPD]: So ein gequirlter Unsinn! Wirklich wahr! – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: So etwas Verquastes bei so einem Thema!)


enn die Salonfähigkeit durch Krieg definiert wird,
ann heben wir uns gerne davon ab. Zu einem solchen
alon begehren wir keinen Einlass.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos] – Gerd Andres [SPD]: Das ist gequirlter Unsinn, den Sie hier erzählen!)


Mit der Einrichtung einer ständigen strukturierten Zu-
ammenarbeit für militärisch besonders anspruchsvolle
taaten wird ein militärisches Kerneuropa auf den Weg
ebracht. Im Vertrag von Nizza war eine verstärkte Zu-
ammenarbeit von Mitgliedstaaten in sicherheits- und
erteidigungspolitischen Fragen durch Art. 27 b noch
xplizit ausgeschlossen. Das hätte so bleiben müssen.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Liebe Kolleginnen und Kollegen, alle Regelungen,
ie Einfluss auf die Arbeits- und Lebensbedingungen der
enschen haben, sind uns sehr wichtig, weil durch sie in

as Leben von fast einer halben Milliarde Menschen ein-
egriffen wird. Ich habe wohl zur Kenntnis genommen,
err Beck, dass die soziale Frage auch bei Ihnen eine
ichtige Rolle spielt.

Ein neoliberaler europäischer Binnenmarkt und eine
eoliberale Wirtschafts- und Währungspolitik, mit denen
ornehmlich auf Wettbewerbsfähigkeit und Preissta-
ilität gesetzt wird, haben den meisten Menschen in Eu-
opa mehr geschadet als genutzt.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


nsichere Jobs und massenhaft niedrige Löhne sind das
rgebnis dieser Politik. Trotzdem ist der Vertrag von
issabon nicht grundlegend verändert worden. Zwar
urde in Art. 3 EUV die soziale Marktwirtschaft als Ziel
er EU definiert, gleichzeitig wurde sie aber an die Wett-
ewerbsfähigkeit gebunden. In den Art. 119 und 120 des
ertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union
ird das Ziel der sozialen Marktwirtschaft jedoch wie-
er zurückgenommen, indem von offener Marktwirt-
chaft und freiem Wettbewerb die Rede ist. Dies ist nicht
ur widersprüchlich. Nun kann sich jede und jeder belie-
ig aussuchen, was gebraucht wird. Letztlich entschei-
en die Gerichte. Wohin das führt, haben die jüngsten
rei Urteile des Europäischen Gerichtshofes zu Viking,
aval und Rüffert deutlich gezeigt: zu Lohndumping, zu
ozialdumping und zu einem eingeschränkten Streik-
echt.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Wir haben uns gefragt, wie der Vertrag wirtschaftlich,
ozial und politisch interpretiert wird. Unsere Befürch-
ungen sind durch die drei Urteile des Europäischen

erichtshofes bestärkt worden. Meine Damen und Her-
en, sagen Sie den Beschäftigten, was diese Urteile für






(A) )



(B) )


Dr. Lothar Bisky
sie bedeuten. Die Befürchtungen der Linken waren und
sind begründet. Sie werden durch die Rechtsprechung
des Europäischen Gerichtshofes vollauf bestätigt; denn
diese Urteile sind eindeutig gegen die Interessen der Ar-
beitnehmerinnen und Arbeitnehmer gerichtet. Diese Ent-
wicklung ist verhängnisvoll.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir lehnen eine solche neoliberale Politik ab.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 5,25 Euro Stundenlohn in Berlin!)


Wir können es nicht mit unserem Gewissen vereinbaren,
einer Politik Vorschub zu leisten, die den Unternehmen
Extraprofite sichert, den Beschäftigten aber nicht einmal
Mindestlöhne gönnt.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Unsere Vorstellung von Europa ist nicht, dass Sozialab-
bau Gesetzescharakter erhält.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition,
ich bin sicher, dass auch manch eine oder manch einer in
Ihren Reihen von den arbeitnehmerfeindlichen Urteilen
des Europäischen Gerichtshofes kalt erwischt wurde.
Der Europäische Gerichtshof hatte den Vertrag von
Nizza auszulegen. Um solche Urteile in Zukunft zu ver-
meiden, muss der Vertrag von Lissabon geändert wer-
den, zum Beispiel durch ein weiteres Protokoll zum Ver-
trag, das eine soziale Fortschrittsklausel beinhaltet.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1615701200

Herr Kollege, achten Sie bitte auf die Redezeit.


Dr. Lothar Bisky (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1615701300

Dazu haben wir einen entsprechenden Antrag vorge-

legt.

Wir Linken wollen eine Europäische Union, die sich
in ihren Werten zur Sozialstaatlichkeit bekennt, und
zwar nicht nur theoretisch, sondern auch im Detail.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1615701400

Nächster Redner ist der Kollege Jürgen Trittin, Bünd-

nis 90/Die Grünen.


Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615701500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber

Herr Bisky, ich zitiere aus dem Vertrag. Der Vertrag be-
kennt sich zu „Frieden, Sicherheit, globaler nachhaltiger
Entwicklung, Solidarität“ sowie – jetzt kommt eine Pas-
sage für Herrn Westerwelle – „zu freiem und gerechtem
Handel, zur Beseitigung der Armut und zum Schutz der
Menschenrechte“ und „zur Wahrung der Grundsätze der
Charta der Vereinten Nationen“. Das ist für mich der

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(C (D ern dieses Vertrages, und es ist der Grund, warum wir iesem Vertrag zustimmen werden. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


urch diesen Vertrag wird Europa demokratischer. Die
arlamente werden gestärkt. Die Bürger erhalten mehr
echte, und sie erhalten eine Charta von Grundrechten.

Man wundert sich gelegentlich, dass Europa dennoch
ft einen schlechten Ruf hat und so schlechte Reden wie
hre, Herr Bisky, eine solche Wirkung entfalten. Ich habe
arüber nachgedacht, wie es dazu kommen kann. Es gibt
in verblüffendes Zusammenspiel zwischen nationalisti-
chen Populisten auf der einen Seite und Neoliberalen
uf der anderen Seite.


(Zurufe von der FDP: Oh!)


onservatives und neoliberales Schlechtreden von Eu-
opa befördert die Glaubwürdigkeit von solchen Polemi-
en wie Ihren. Das ist das Problem.

Man kann zum Beispiel nicht, verehrte Frau Bundes-
anzlerin, zu Recht über die friedenstiftende Wirkung
ieses gemeinsamen Europas und darüber sprechen, wie
iel die Erweiterungsperspektive zur Friedensordnung
ieses Kontinents beigetragen hat, es aber gleichzeitig in
en eigenen Unionsparteien dulden, dass die Herren
eckstein und Huber den Beitritt und die Beitrittsper-

pektive der Türkei bei jeder Gelegenheit zum Anlass
ür innenpolitische Polemiken nehmen. Das diskreditiert
uropa.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Sie haben sich für einen geordneten Wettbewerb
usgesprochen, verehrte Frau Bundeskanzlerin. Aber
enn es um das Monopol von Eon, EnBW, RWE und
attenfall auf das Stromnetz geht, dann verteidigen Sie
ieses Monopol auch dann noch, wenn Eon es schon
elbst nicht mehr haben möchte.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Hakki Keskin [DIE LINKE])


Sie haben sich für mehr Klimaschutz eingesetzt.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Sie machen ja so weiter wie Herr Bisky!)


ber wenn in Europa der einfachen physikalischen Tat-
ache Rechnung getragen wird, dass bei einem großen,
chweren Auto mehr Sprit eingespart werden kann als
ei einem kleinen Auto, dann sprechen Sie von einer
Kriegserklärung“ an die deutsche Industrie.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das fasse ich mit den Worten zusammen: Sie reden
on Europa, blockieren aber national. Diese Doppel-
üngigkeit hat Ihnen in Newsweek zu Recht die Über-
chrift „Europe’s Worst Double Talkers“ eingetragen.

Wenn wir die Europaskepsis überwinden wollen,
üssen wir mit dieser Politik, europäisch zu reden und






(A) )



(B) )


Jürgen Trittin
national zu blockieren, aufhören. Wir, die Bundesrepu-
blik Deutschland, müssen unsere Hausaufgaben in
Europa machen. Der Lissabonner Vertrag fordert den
Kampf gegen „soziale Ausgrenzung und Diskriminie-
rung“ und verlangt die Förderung „sozialer Gerechtig-
keit und sozialen Schutzes, die Gleichstellung von
Frauen und Männern, die Solidarität zwischen den Ge-
nerationen“. Ich führe das an, um deutlich zu machen,
dass Ihre ewigen Polemiken gegen Europa – das zeigt
insbesondere Ihr Verhalten beim Antidiskriminierungs-
gesetz –, gegen den Geist und den Wortlaut genau dieses
Vertrages gerichtet sind, meine liebe Kolleginnen und
Kollegen von der CDU/CSU.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir müssen Deutschland endlich europakompatibel
machen. Herr Kollege Beck, Sie haben das Rüffert-
Urteil angesprochen. Nach meiner Auffassung haben
Sie das falsch interpretiert. Das ist keine schlechte
Rechtsprechung. Vielmehr ist diese Rechtsprechung
Folge des Versagens der Großen Koalition. Weil Sie es
nicht geschafft haben, bestimmte Tarifverträge für allge-
meinverbindlich zu erklären, ist dieses Urteil ergangen.
Klagen Sie also nicht über das Gericht, sondern sorgen
Sie dafür, dass in Deutschland mit einer Politik Schluss
gemacht wird, die dazu führt, dass Menschen, die Voll-
zeit arbeiten, unter Tarif bezahlt werden! Das ist Ihre
Hausaufgabe. Sie sollten nicht über das Gericht klagen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Weil es bisher nicht gelungen ist, den in Europa einmali-
gen Zustand zu beenden, dass es keinen gesetzlichen
Mindestlohn in Deutschland gibt, können die Gleichen,
die hier gegen Europa wettern, in Berlin, wo die Links-
partei regiert, für die Bewachung landeseigener Gebäude
weiterhin 5,30 Euro pro Stunde zahlen. Das ist die Situa-
tion, für die auch Sie von der Großen Koalition ein Stück
weit verantwortlich sind.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Lieber Herr Beck, Sie sind über Mainz und Malta auf
Europa zu sprechen gekommen. Ich möchte einen Punkt
ansprechen, der mich sehr interessiert. Sie haben zu
Recht darauf hingewiesen, dass die europäische Idee
gerade im Schoße der Sozialdemokratie entstanden ist
und dort sehr stark verankert ist. Sie haben den Be-
schluss von 1925 zitiert. Ich glaube, hier hat die Sozial-
demokratie eine große Tradition zu verteidigen. Wenn
das aber so ist, werter Herr Beck: Wie wird sich denn das
Land Berlin am 23. Mai dieses Jahres im Bundesrat ver-
halten? Ich habe gestern mit Erschütterung zur Kenntnis
genommen, dass im Berliner Abgeordnetenhaus der An-
trag meiner Fraktion, dass der Senat dem Vertrag von
Lissabon, für den Sie hier in aller Deutlichkeit gespro-
chen haben, zustimmen soll, von SPD und Linkspartei
gemeinschaftlich abgelehnt worden ist.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Skandalös!)


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(C (D a wir bei europäischen Inseln sind, kann ich dazu nur agen: Hic Rhodus, hic salta. Sie können nicht hier im undestag ein glühendes und, wie ich finde, glaubwürdies Bekenntnis zu Europa ablegen und sich dann von skar Lafontaine in Berlin am Nasenring durch die Maege führen lassen. Das geht nicht, Herr Kollege Beck. orgen Sie dafür, dass das nicht eintritt! Hier erwarte ich ührung. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Der Vertrag von Lissabon ist sicherlich nicht perfekt.
er Weg nach Europa wird noch lang sein. Aber in ei-
em Punkt sind wir alle oder ist zumindest die große
ehrheit einer Auffassung: Wenn es eine Antwort auf

ie Frage gibt, wie man die Globalisierung gerechter,
kologischer und demokratischer gestalten kann, dann
st es dieses gemeinsame Europa. Es ist eine Antwort auf
iese Herausforderung. Dieses Europa demokratischer
nd handlungsfähiger zu gestalten, ist der Kern des Ver-
rages von Lissabon. Deswegen stimmen wir Grünen
iesem Vertrag zu, auch die von uns mit gestellten Lan-
esregierungen, die rot-grüne ebenso wie die schwarz-
rüne.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1615701600

Das Wort erhält nun die Kollegin Angelica Schwall-

üren, SPD-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Angelica Schwall-Düren (SPD):
Rede ID: ID1615701700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!
it der Ratifizierung des Lissabonner Vertrages gewin-

en die Bürgerinnen und Bürger Europas. Mein Kollege
o Leinen hat das dieser Tage sehr nachdrücklich unter-
trichen: Es gewinnen die Parlamente, die Zivilgesell-
chaft, die Nationalstaaten, die Regionen und Europa
elbst. Deswegen bin ich froh, dass wir heute mit ganz
roßer Mehrheit diesen Vertrag ratifizieren werden, wie
s schon einige unserer Nachbarn getan haben. Insbe-
ondere freue ich mich, dass Frankreich bereits ratifiziert
at, aber auch Polen, wo nur noch die Unterschrift des
räsidenten aussteht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wir haben heute schon sehr viel über die Erfolge des
issabonner Vertrages gehört. Man kann es nicht genug
nterstreichen: Die Demokratie gewinnt. Wir haben als
ertreter der Bürger und Bürgerinnen sowohl im Euro-
äischen Parlament als auch im Deutschen Bundestag
nd in den Regionen eine Stärkung über diesen Vertrag
u erwarten. Aber auch die Bürgerinnen und Bürger sel-
er gewinnen durch die Möglichkeit, ein Bürgerbegeh-
en einzubringen und so die Agenda in der Europäischen
nion mitzubestimmen.


(Beifall bei der SPD)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, ganz besonders
ichtig ist mir die Stärkung der sozialen Dimension.






(A) )


)

Dr. Angelica Schwall-Düren
Sie ist in der Zielsetzung zu finden, die im Lissabonner
Vertrag festgeschrieben ist, aber auch ganz konkret in
der Grundrechtecharta, in der eine ganze Reihe sozialer
Grundrechte enthalten sind. Deswegen ist die Kritik von
links, wir hätten es hier mit der Festschreibung des Tur-
bokapitalismus zu tun und hier erfolge, wie im Antrag
der Linken zu lesen ist, die Festlegung auf die Grund-
sätze eines neoliberalen Finanzmarktkapitalismus und
den Verzicht auf Sozialstaatlichkeit, in keiner Weise
nachzuvollziehen. Was ist denn nun richtig? Auf der an-
deren Seite erklärt uns die FDP, dass in diesem Vertrag
zu viel Soziales enthalten sei und eine zu starke wohl-
fahrtsstaatliche Ausrichtung erfolge.

Nach meiner Überzeugung kommt es hier vor allen
Dingen darauf an, was wir mit den neuen Grundlagen
des Vertrags tun. Der Vertrag von Lissabon schreibt erst-
mals fest, dass das Prinzip des unverfälschten Wettbe-
werbs nicht mehr Ziel, sondern Instrument der EU ist
und den Zielen der Vollbeschäftigung, des sozialen Fort-
schritts und der Preisstabilität dienen soll. Die Regelun-
gen dieses Vertrages bieten beispielsweise für eine euro-
parechtliche Sicherung der öffentlichen Daseinsvorsorge
– ein Anliegen, das vielen Bürgern und, wie Sie sich vor-
stellen können, auch der SPD am Herzen liegt – eine
Grundlage. Die vier Freiheiten des europäischen Bin-
nenmarktes dürfen nicht zulasten der Verbraucherinnen
und Verbraucher sowie der Arbeitnehmerinnen und Ar-
beitnehmer gehen.


(Beifall bei der SPD)


Auch ich möchte gerne in diesem Zusammenhang auf
das jüngste EuGH-Urteil, das sogenannte Rüffert-
Urteil, zurückkommen. Wir sind nicht glücklich über
dieses Urteil. Wir müssen uns in der Tat Gedanken da-
rüber machen, ob nicht die Entsenderichtlinie nachge-
bessert werden muss. Was wir aber vor allen Dingen tun
müssen, ist, die Hausaufgaben bei uns zu erledigen.


(Beifall bei der SPD)


Der Vertrag von Lissabon bietet den notwendigen Spiel-
raum, um aus der Wirtschaftsunion eine soziale Union
zu machen, um die soziale Union der Wirtschaftsunion
an die Seite zu stellen. Das liegt an uns. Die wichtigste
Voraussetzung dafür in der ganz nahen Zukunft ist die
Einführung von Mindestlöhnen in allen Bereichen. Ich
bin sehr froh, dass Rheinland-Pfalz hierzu eine Geset-
zesinitiative in den Bundesrat eingebracht hat.


(Beifall bei der SPD)


Was sich an der Kritik der Linken am Lissabonner
Vertrag zeigt, ist nicht, Herr Bisky, linker Internationa-
lismus oder EU-Freundlichkeit, sondern es ist Links-
nationalismus und Schüren von Angst, was die Bürge-
rinnen und Bürger davon abhält, die Chancen dieses
Vertrages zu sehen und in Anspruch zu nehmen.


(Beifall bei der SPD)


Das Gleiche ist über Ihre völlig abstruse Behauptung zu
sagen, dass dieser Vertrag zu einer Militarisierung der
EU beitragen würde. Das Ziel der Abrüstung und ein
umfassender Sicherheitsbegriff mit den Komponenten
der zivilen Konfliktprävention sind hier ausdrücklich ge-

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(C (D annt. Aber es macht in der Tat Sinn, die militärischen ähigkeiten zu optimieren. (Zuruf des Abg. Dr. Diether Dehm [DIE LINKE])


as nützt es denn, wenn wir unglaublich viel Geld aus-
eben, aber Doppelstrukturen vorhalten und nicht die
ntsprechenden Fähigkeiten haben, wenn wir im Rah-
en unserer internationalen Verantwortung auch militä-

ische Sicherung vornehmen müssen? Deswegen, liebe
olleginnen und Kollegen, schauen Sie wirklich in den
ertrag! Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass die Berli-
er Kollegen der Linken sich doch dazu durchringen
önnen, der Ratifizierung des Vertrages zuzustimmen;
enn dieser Vertrag ist eine gute Grundlage für das Han-
eln der EU.

Europa gelingt gemeinsam, und auch Europa sozial
elingt gemeinsam. Lassen Sie es uns anpacken.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1615701800

Michael Link ist der nächste Redner für die FDP-

raktion.


(Beifall bei der FDP)



Michael Link (FDP):
Rede ID: ID1615701900

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und geehrte

ollegen! Der Bundestag ist heute zum zweiten Mal seit
005 zusammengekommen, um einen Vertrag zu ratifi-
ieren, der den misslungenen Vertrag von Nizza weiter-
ntwickeln soll. Wir beschäftigen uns heute mit der Ver-
iefung dessen, was wir immer angestrebt haben,
ämlich mit der Vertiefung der Zusammenarbeit in der
uropäischen Union.

Wir haben gemeinsam viele Fortschritte in diesem
ertrag erreicht. Auch von meiner Seite ausdrücklich ein
ompliment an die in mancher Situation wirklich sehr

chwierige, aber unter dem Strich doch gelungene Ver-
andlungsführung der Bundesregierung, bei der wir
ns im Detail, in den Ergebnissen oft etwas anderes er-
artet hätten, bei der aber doch Vieles gelungen ist.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Fortschritte im Einzelnen sind erwähnt worden;
ch will darauf nicht mehr eingehen. Ich will aber auf je-
en Fall – das muss angesprochen werden – etwas zu der
ilitarismuskeule sagen, die gerade von der PDS – Par-

on, von der Linkspartei – wieder ins Spiel gebracht
urde: Die EU, verehrte Kolleginnen und Kollegen von
er Linkspartei, erhält im neuen Vertrag die Aufgabe, die
rundsätze des Völkerrechts zu festigen und zu fördern.
ie erhält quasi die Verfassungsaufgabe, den Frieden zu
rhalten. Mit Fug und Recht kann man insoweit sogar
on einer friedenspolitischen Querschnittsklausel im
ertrag reden. – Das sind nicht meine Worte, sondern
as ist ein Zitat aus dem schönen Buch Die EU und ihre
erfassung. Linke Irrtümer und populäre Missverständ-
isse von Sylvia-Yvonne Kaufmann. Mit der Militaris-

(B)







(A) )



(B) )


Michael Link (Heilbronn)

muskeule muss Schluss sein. Das ist kein Punkt, mit
dem man Wahlkampf machen sollte. Hier geht es um ein
zu wichtiges Thema, als dass wir es im Vorgriff auf den
Europawahlkampf im nächsten Jahr instrumentalisieren
sollten.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die EU, wir alle erfüllen mit der Ratifizierung dieses
Vertrages quasi unsere Bringschuld, auch was die Stär-
kung der Rechte der nationalen Parlamente angeht. Die
nationalen Parlamente bekommen durch diesen Vertrag
die Rolle der Wächter der Subsidiarität zugewiesen.

Erfüllen wir aber auch unsere Holschuld, diese
Rechte ernst zu nehmen? Dazu gehört natürlich, dass wir
bei der Art und Weise, wie die Kompetenzen verteilt
sind – uns als FDP gefällt dieser ganze Bereich inhaltlich
nicht so gut –, gemeinsam sehr genau hinschauen. Die
Kompetenzen werden durch diesen Vertrag in vielen Be-
reichen nämlich nicht klarer. Im Gegenteil: Das in Art. 5
des Vertrages von Lissabon verankerte Subsidiaritäts-
prinzip ist schwächer als die bisher gültige Regelung im
Amsterdamer Subsidiaritätsprotokoll. Schon von vorn-
herein sind neue Konflikte zwischen den verschiedenen
Ebenen angelegt. Ich weise darauf hin: Auch das Subsi-
diaritätsprinzip selber wird völlig unterschiedlich ausge-
legt. Die deutsche Auslegung, wonach in der Regel auf
der „niederen“ Ebene entschieden wird und erst danach
die „höhere“ Ebene ins Spiel kommt, wird von vielen
Partnern in der EU so nicht geteilt.

Wir als FDP verbinden mit der heutigen Zustimmung
zu diesem Vertrag die eindeutige Erwartung, dass eine
Subsidiaritätsrechtsprechung durch den Europäischen
Gerichtshof entwickelt wird, durch die Kompetenzen
klarer abgegrenzt werden, als es durch den jetzigen Ver-
trag geschieht.

Heute erleben wir nur eine Zäsur. Kein Prozess geht
zu Ende; vielmehr beginnt ein neuer Prozess. Mit der
Ratifizierung dieses Vertrages beginnen wir mit einer
neuen Praxis. Wir wollen, dass diese neue Union eher
weniger als mehr reguliert.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir wollen, dass es zum Normalfall wird, dass dieses
Parlament sich mit den entsprechenden Fragen befasst
und politisch mandatiert, bevor die entscheidenden
Ministerratssitzungen stattfinden und im deutschen Na-
men abgestimmt wird.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Kolleginnen und Kollegen, dieses Parlament darf nicht
nur als Notar deutscher Ministerratsentscheidungen tätig
werden.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Wir als FDP fordern, dass der Deutsche Bundestag eine
Europafragestunde einführt, die diesem Teil der Ge-
setzgebung und damit unserer eigenen Gesetzgebung ge-
recht wird.

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(C (D Wir wollen eine EU, die die neuen Möglichkeiten der ehrheitsentscheidungen auch im Innenund Rechtsbe eich – im Prinzip begrüßen wir sie – nutzt. Wir wissen ber, dass Mehrheitsentscheidungen immer dann schnell n Grenzen stoßen müssen, wenn Grundrechte ins Spiel ommen. Wir wollen eine EU, die mit dem Verweis auf den ampf gegen den Terrorismus nicht in Datensammelwut erfällt. Wir wollen eine EU, die ihren Haushalt so umaut, dass nicht weit über die Hälfte des Haushalts in ubventionen vergraben wird und die nur 1 Prozent für ranseuropäische Verkehrsnetze ausgibt. Wenn es schon icht gelungen ist, eine Gemeinsame Außenund icherheitspolitik zu bekommen, wollen wir zumindest ine EU mit einem Europäischen Auswärtigen Dienst, in em unser nationaler auswärtiger Dienst auf Augenhöhe itwirkt. Gerade mit Blick auf unsere französischen reunde – Außenminister Kouchner nimmt an unserer eutigen Debatte teil – hoffe ich ganz besonders, dass ir gemeinsam mit der französischen Präsidentschaft im weiten Halbjahr Konkretes erreichen können. Wir weren die Bundesregierung gern unterstützen, wenn es daum geht, einen funktionsfähigen Europäischen Auswärigen Dienst zu schaffen. Kolleginnen und Kollegen, ich komme zum Schluss. assen Sie mich wiederholen: Wir wollen insbesondere ine Europäische Union, die das, was bisher für Erfolg esorgt hat, nicht riskiert. Ein wichtiges Erfolgsprinzip ar der freie und unverfälschte Wettbewerb. Wir haen vonseiten der Bundesregierung und eben auch von rau Schwall-Düren sehr deutlich gehört, dass man den reien und unverfälschten Wettbewerb, der jetzt nur noch ine Protokollnotiz ist, nur als Instrument, nicht aber als iel ansieht. Das ist ein gefährlicher Weg. Herr Kollege. Noch im Zukunftsprogramm der CDU von 1998 hieß s: Wettbewerb ist das entscheidende Ordnungsprinzip ür die Europäische Union. – Leider können wir bei der DU hier keine klare Linie in Richtung soziale Marktirtschaft mehr erkennen. (Beifall bei der FDP – Hartmut Koschyk [CDU/ CSU]: Ich habe es Ihnen doch erklärt!)


(Beifall bei der FDP)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1615702000
Michael Link (FDP):
Rede ID: ID1615702100

ür uns bleibt Wettbewerb das entscheidende Ordnungs-
rinzip, damit wir die Europäische Union auch in Zu-
unft auf einem Erfolgskurs halten können.

Vielen herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1615702200

Das Wort erhält nun der Ministerpräsident des Frei-

taates Bayern, Dr. Günther Beckstein.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Dr. Günther Beckstein (CSU):
Rede ID: ID1615702300

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Der Vertrag von Lissabon ist nach meiner Über-
zeugung ein Fortschritt für Europa. Europa wird ein
Stück weit handlungsfähiger und auch ein Stück weit
demokratischer. Die von vielen Seiten befürchtete Läh-
mung Europas – die Volksabstimmungen in einigen
Ländern sind gescheitert, und gleichzeitig ist die Erwei-
terung der EU erfolgt – ist vermieden worden. Die deut-
sche Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2007 hat ei-
nen entscheidenden Beitrag dazu geleistet, dass eine
Einigung erreicht worden ist. Die Einigung auf ein kon-
kretes und umfassendes Mandat für die Regierungskon-
ferenz beim EU-Gipfel im Juni 2007 hat die Grundlage
für einen raschen und erfolgreichen Abschluss der Ver-
handlungen über den Reformvertrag ermöglicht.

Ich stehe nicht an, der Bundesregierung Anerken-
nung für diesen großen Erfolg auszusprechen. Ich stehe
auch nicht an, Ihnen, Frau Bundeskanzlerin, hier ein öf-
fentliches Lob auszusprechen. Sie haben ganz persönlich
einen großen Anteil daran gehabt, dass dieser Durch-
bruch in Europa erzielt worden ist.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es wird gefährlich, Frau Merkel, wenn er Sie lobt!)


Es ist zwar ungewöhnlich, dass öffentliches Lob aus
Bayern kommt,


(Zurufe von der SPD: Ja!)


aber es war eine herausragende Leistung, und dann muss
sie auch anerkannt werden.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Weil der Freistaat den Vertrag von Lissabon insge-
samt positiv bewertet, werden wir am 23. Mai im Bun-
desrat diesem Vertragswerk auch zustimmen. Es geht da-
rum, die grundlegende Ordnung in der Europäischen
Union für Frieden, Freiheit und Sicherheit zu erweitern,
was die Geltung der Grundrechte und Grundwerte an-
geht, aber natürlich auch die Wettbewerbsordnung, die
durchaus soziale Werte aufweist.

Auch dass wir eine gemeinsame Währung haben, ist
ein Erfolg. Theo Waigel hat dafür gesorgt, dass die ent-
sprechenden Voraussetzungen geschaffen worden sind.
Wir können in der aktuellen Situation froh darüber sein,
dass wir in der EU einen so großen Anteil am Export in
die Eurozone haben.

Das will ich hier hervorheben: Diese Dinge sind posi-
tiv.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Aber ich will auch ganz deutlich machen, dass Europa
kein einheitlicher starker Staat werden darf. Die EU ist
kein Bundesstaat; sie soll und darf kein solcher werden.
Es darf nicht die Staatlichkeit der Bundesrepublik
Deutschland, aber auch nicht die Staatsqualität der Län-
der beeinträchtigt werden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D Ich empfehle jedermann, das Urteil des Bundesverassungsgerichts zum Maastricht-Vertrag nachzulesen, n dem das Bundesverfassungsgericht uns allen ins tammbuch geschrieben hat, was der Ewigkeitsgarantie es Grundgesetzes unterliegt. In ähnlicher Form gilt das uch für die Länder. Wir müssen ganz deutlich machen, dass nicht jedes roblem in Europa ein Problem für Europa ist, das der egelungskompetenz der Europäischen Union unter iegt. Es gibt aber ganz eindeutig Bereiche, in denen mehr uropa gut ist. Im Bereich der Außenund Sicherheitsolitik ist es gut, wenn Europa stark ist und mit einer timme sprechen kann, sodass wir auch in der Partnerchaft mit den Vereinigten Staaten von Amerika unserem artner gegenüber etwas selbstbewusster auftreten könen. Wenn Europa einheitlich spricht, hat es mehr Einluss auf die USA, und das kann der Politik für die ganze elt nur guttun; die vergangenen Jahre haben das geeigt. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Kurt Bodewig [SPD])


(Beifall bei der CDU/CSU)


Henry Kissinger hat immer gesagt, er vermisse die
ine Telefonnummer, die er anrufen könne, wenn er die
altung Europas wissen wolle. Dass es sie in der Zu-
unft geben wird, halten wir für einen Fortschritt; denn
n diesen Bereichen brauchen wir mehr Europa.

Dieses „Wir brauchen insoweit mehr Europa“ kann
ch auch für den Bereich der Menschenrechte nur bestä-
igen. Es wäre gut gewesen, wenn im Zusammenhang
it dem olympischen Fackellauf – Stichwort „Tibet“ –

ie Haltung in Paris nicht anders gewesen wäre als die in
eutschland. Wir hätten mehr Chancen auf die Durch-

etzung einheitlicher Menschenrechtsstandards, wenn
ie EU hier mit einer Stimme sprechen würde.


(Beifall bei der CDU/CSU)


arum ist es gut, wenn wir hier Fortschritte haben.

Wir brauchen auch mehr Europa im Kampf gegen den
error. Ich weiß, wovon ich rede. Ich war als Länder-
ertreter jahrelang Mitglied der europäischen Innen- und
ustizministerrates. Ich kann nur sagen: Wenn die Grenz-
ontrollen wegfallen, muss es im Bereich der Polizei
nd der Sicherheit eine stärkere Zusammenarbeit geben.
ir brauchen dann ein gemeinsames Vorgehen im
ampf gegen Kriminalität und Terrorismus. Darum wird
ie Frage der Polizei- und Justizzusammenarbeit immer
ichtiger. Dafür bietet der Vertrag den richtigen Rah-
en.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Meine Damen und Herren, wir brauchen auch – ich
timme Ihnen, Herr Kollege Beck, da durchaus zu –
ehr Europa bei der Gestaltung der Globalisierung.
ir Europäer haben ein Interesse daran, dass bei der

roduktion von Waren und Dienstleistungen möglichst
eltweit faire, das heißt auch vergleichbare Bedingun-
en herrschen, dass keine Ausbeutung von Kindern






(A) )



(B) )


Ministerpräsident Dr. Günther Beckstein (Bayern)

erfolgt, dass Mindeststandards für Arbeitnehmer nicht
nur in Europa, sondern auch in anderen Ländern und
Wirtschaftsräumen der Welt eingehalten werden, die mit
uns konkurrieren. Solche Fragen können in den interna-
tionalen Gremien sehr viel besser und nachdrücklicher
geregelt werden, wenn wir mit einer Stimme sprechen.
Das ist zum Beispiel in der WTO ganz offensichtlich.

Das gilt aber auch für den Umgang mit geistigem
Eigentum. Hier muss das Urheberrecht für Schutz und
Respekt sorgen. Copy-Products stellen ein erhebliches
Problem für die Wirtschaft und die Arbeitnehmer in
Deutschland dar. Hier kann ein gemeinsames Vorgehen
Europas nur nützlich und richtig sein.

Ich füge hinzu: Natürlich muss auch die Bändigung
der globalen Finanzmärkte ein Ziel sein. Dass es hier
Defizite gibt, hat ja selbst Herr Ackermann vor kurzer
Zeit überraschenderweise eingeräumt. Es ist völlig of-
fensichtlich, dass ein europäisches Land hierbei weniger
Möglichkeiten hat als ein Europa, das mit einer Stimme
spricht. All diese Fortschritte erkenne ich an.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Selbstverständlich erfordern auch globale Probleme
wie die Erderwärmung, also der Klimawandel, einheitli-
ches europäisches Handeln. Zugleich müssen wir aber
aufpassen, dass dieses einheitliche Handeln nicht einsei-
tige Belastungen für die deutsche Wirtschaft mit sich
bringt. Wir wissen, dass unsere französischen Freunde
ihre eigenen Interessen immer sehr massiv vertreten. Wir
wollen, dass der Wahrnehmung unserer Interessen zu-
mindest dieselbe Bedeutung zugemessen wird.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Es ist aber auch völlig eindeutig, dass nicht jedes Pro-
blem in Europa ein Problem für Europa sein darf. In die-
sem Zusammenhang habe ich einige kritische Anmer-
kungen zu machen. Es gibt viele Bereiche, für die es in
der Tat bei uns – davon bin ich überzeugt – ortsnähere
und bessere Lösungen gibt. Wir können gerne darüber
streiten, ob die in Mainz, Schwerin oder in München ge-
fundenen besser sind.

Sie, lieber Herr Kollege Beck, haben eben mit gro-
ßem Stolz vom Hambacher Fest gesprochen. Sie waren
allerdings außerordentlich fahrlässig im Umgang mit der
historischen Wahrheit. Sie haben versucht, einen Gegen-
satz zwischen den Ereignissen in Hambach und in Bay-
ern herzustellen. Zu jener Zeit war die Pfalz ein stolzer
Teil des Freistaates Bayern!


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Gerd Andres [SPD]: Königreich Bayern, nix Freistaat!)


Ich habe gerade noch einen Beitrag aus Wikipedia erhal-
ten – das sind die Vorteile moderner Kommunikations-
mittel –: Hier wird dargestellt, wie die Pfälzer ihre Son-
derrechte, die sie im Freistaat Bayern hatten, aus Angst,
sie in einem Land wie Rheinland-Pfalz zu verlieren, ver-
teidigen wollten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D ch habe den Eindruck, Herr Kollege Beck, dass noch eute mancher, der in der Pfalz lebt, der guten Zeit beim reistaat Bayern nachtrauert. (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


as gilt insbesondere, wenn man sich die Haushalts-
ituation in Rheinland-Pfalz und im Freistaat Bayern, die
ildungschancen oder die Erfolge im Exzellenzwettbe-
erb der Hochschulen vor Augen führt.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1615702400

Herr Ministerpräsident, möchten Sie diese wichtigen

istorischen Zusammenhänge durch die Antwort auf
ine Zwischenfrage weiter vertiefen?


Dr. Günther Beckstein (CSU):
Rede ID: ID1615702500

Ja.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1615702600

Bitte schön, Herr Kollege.


Dr. Carl-Christian Dressel (SPD):
Rede ID: ID1615702700

Danke, Herr Präsident. – Herr Ministerpräsident, sind

ie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass es zum Zeit-
unkt des Hambacher Festes noch keinen Freistaat Bay-
rn, sondern ein Königreich Bayern gab? Einen Freistaat
ayern gibt es erst seit 1918.


(Heiterkeit und Beifall bei CDU und FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Günther Beckstein (CSU):
Rede ID: ID1615702800

Geschätzter Herr Kollege, ich habe diese Zwischen-

rage längst erwartet.


(Heiterkeit bei der CDU)


Sie ermöglicht mir die weitere Bemerkung, dass im
önigreich Bayern die Pfalz nur als eine Provinz ange-

ehen worden ist.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU – Gerd Andres [SPD]: Was sagt uns das jetzt über das demokratische Königreich Bayern?)


Aber, meine Damen und Herren, lassen Sie mich auf
ie Kompetenzen – das war der ernste Hintergrund – zu-
ückkommen. Selbstverständlich müssen wir sehen, dass
er Vertrag von Lissabon die Kompetenzen leider nur
ehr schwammig regelt, woraus Gefahren entstehen kön-
en, nämlich dass die EU in manchen Bereichen äußerst
mfangreiche Regelungen vornehmen kann, die wir bes-
er auf nationaler Ebene oder auf der Ebene der Länder
eregelt sehen. Für bestimmte Bereiche ist meiner Mei-
ung nach zu Unrecht eine Kompetenz für die Europäi-
che Union vorgesehen. Warum muss die EU eine Kom-
etenz im Bereich des Sports, des Tourismus oder der
aseinsvorsorge haben? Ich finde, dass eine kommunale
asserversorgung nicht von Brüssel aus in Gefahr ge-

racht werden darf.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )


Ministerpräsident Dr. Günther Beckstein (Bayern)

Das Gleiche gilt für den Bereich Asyl oder Zuwande-
rung, wofür es in den verschiedenen Nationen in Europa
höchst unterschiedliche Interessen gibt. Aus meiner
Sicht ist es falsch, wenn das alles einheitlich von Brüssel
aus geregelt werden sollte. Von daher müssen wir auf
diese Fragen mehr achten.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Meine Damen und Herren, der Vertrag von Lissabon
hat auch in einem weiteren Bereich Fortschritte ge-
bracht, was ich für unabdingbar notwendig halte, näm-
lich dass rechtzeitig die Bürgerinnen und Bürger über
die nationalen Parlamente bei der Beantwortung der
Frage, was von Europa aus geregelt wird, eingebunden
werden. Wir alle haben doch in der Vergangenheit im-
mer wieder beklagt, dass das, was im Deutschen Bun-
destag und im Bundesrat nicht durchsetzbar war, über
die Seilschaften in Brüssel auf den Weg gebracht worden
ist. Wenn wir es dann umsetzen mussten, war der Zorn
der Bürger groß. Hier ist es notwendig, dass frühzeitig
eine große Transparenz erfolgt. Diese Transparenz wird
durch frühzeitige Information und Mitwirkungsmöglich-
keiten der nationalen Parlamente, auch des Bundesrats,
hergestellt. Dadurch sind wir an Gesetzgebungsvorhaben
und europäischen Vorhaben frühzeitig beteiligt. Das ist
ein Stück Fortschritt. Damit wird ein Stück mehr Trans-
parenz – Transparenz ist die Voraussetzung für Bürger-
nähe – erreicht.

Es gibt auch einen weiteren Fortschritt im Bereich der
Subsidiarität. Die Subsidiarität als Ordnungsprinzip ist
eine der entscheidenden Fragen; dies entspricht auch der
Mentalität Europas. Europa ist gekennzeichnet durch
eine ganz besondere Betonung der Individualität des
Menschen. Anders als zum Beispiel in der chinesischen
Kultur ist die Persönlichkeit des Einzelnen der Mittel-
punkt der staatlichen Ordnung. Dazu zählt auch, dass
ortsnahe Regelungen besser sind als zentrale Regelun-
gen. Dieses Prinzip der Subsidiarität wird in Europa je-
denfalls vom Prinzip her anerkannt. Aus diesem Grunde
gibt es Klagerechte für den Deutschen Bundestag, für den
Ausschuss der Regionen und für den Bundesrat. Ich halte
es für wichtig – das will ich hier öffentlich erklären –, dass
man im Bundesrat übereingekommen ist, dass, wenn ein
Land eine Klage einreichen will, diese Klage auch ein-
gereicht wird. Ursprünglich wollten wir ja das Klage-
recht für jedes Land als eigenes Recht. Das bedeutet: Im
Normalfall wird, wenn ein Land eine Klage wegen Ver-
stoßes gegen das Subsidiaritätsprinzip vor dem Europäi-
schen Gerichtshof einreichen will, Klage erhoben.

Ich sage hierzu: Bayern wird der Wächter der Subsi-
diarität sein


(Zurufe von der SPD: Hoi!)


und wird auch nicht zögern, beim Europäischen Ge-
richtshof Klagen einzureichen; denn wir wollen keinen
überbordenden Zentralismus in Europa haben.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Meine Damen und Herren, wir sind für diese grundle-
gende Friedensordnung und auch für diese Wirt-
schafts- und Sozialordnung in Europa. Der Lissabon-

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(C (D er Vertrag bietet hierfür einen geeigneten Rahmen. Es ird an uns allen liegen, dafür zu sorgen, dass dieser ahmen in einer bestmöglichen Weise ausgefüllt wird, m Transparenz, Bürgernähe, mehr Demokratie und ehr Respekt vor der Unterschiedlichkeit der verschie enen Nationen und Länder in Europa Realität werden u lassen. Das ist die Voraussetzung dafür, dass die uropäische Union bei den Bürgern ein Stück mehr anommt. Wir wollen Europa, aber nicht als eine überbordende ürokratie. Wir erleiden zu viel Bürokratie in Europa. enn über ein fußballfeldgroßes FFH-Gebiet nicht in ei em Landratsamt, in der Staatsregierung in München der im Bundesumweltministerium in Berlin, sondern in rüssel und Straßburg entschieden wird, von Leuten, die ieses Stück Landschaft niemals gesehen haben, dann ist as ein Fehler. Wir wollen die Friedensordnung in uropa; aber dafür müssen Subsidiarität und Eigenstaat ichkeit von Bund und Ländern die Grundlage sein. Unter diesen Umständen und Voraussetzungen stimen wir zu und werden in der Zukunft die Wächter der ubsidiarität sein. Liebe Kolleginnen und Kollegen, auf der Gästetri üne verfolgt der französische Außenminister Bernard ouchner diese Debatte und die Entscheidung des eutschen Bundestages zum Lissabonner Vertrag. Sehr eehrter Herr Minister, ich begrüße Sie und Ihre Delegaion herzlich im Deutschen Bundestag. ir freuen uns, dass Sie gerade heute in Berlin sind, und ehen im Übrigen, insbesondere mit Blick auf die bevortehende französische Präsidentschaft, der Fortführung er bewährt guten Zusammenarbeit zwischen unseren eiden Ländern mit Sympathie entgegen. Herzlich willommen! Nächster Redner ist der Kollege Rainder Steenblock, ündnis 90/Die Grünen. Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1615702900

(Beifall)


(Beifall)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ieber Herr Minister Kouchner, Sie sind gerade Zeuge
iner Debatte geworden, die den Unterhaltungswert des
eutschen Föderalismus gezeigt hat. Das hat man in
rankreich in dieser Form sicher nicht.


(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ie sind aber auch Zeuge eines historischen Moments
eworden. Denn dass ein bayerischer Ministerpräsident
ich aus München zu solch einer Debatte aufmacht, um
ie deutsche Bundesregierung zu loben, ist ein histori-
ches Ereignis, das den Integrationsgedanken in






(A) )



(B) )


Rainder Steenblock
Deutschland in seiner positiven Entwicklung ausgespro-
chen deutlich macht.


(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, in dieser Debatte ist
sehr deutlich geworden, warum der Vertrag von Lissa-
bon ein großer Fortschritt für die Handlungsfähigkeit
Europas ist, ein großer Fortschritt für die Demokratie in
Europa, für dieses Friedensprojekt, das wir alle im Deut-
schen Bundestag unterstützen, auch wenn wir zum Ver-
trag unterschiedliche Positionen haben.

Jetzt geht es darum, die Aufgaben, die aus diesem
Vertrag folgen, ernst zu nehmen. Der Vertrag ist ein
– das haben wir immer gesagt – wichtiger Schritt zur
Vertiefung der Handlungsfähigkeit. Aber mit diesem
Vertrag kommt natürlich sehr viel Arbeit auf das Parla-
ment, auf die Regierung und auch auf die Bürgerinnen
und Bürger zu; denn es geht darum, wie wir das neu zu
gestaltende Verhältnis zwischen den Nationalstaaten,
den nationalen Parlamenten und der Europäischen Union
konkret ausgestalten wollen.

Ich möchte gerne noch folgende Punkte ansprechen.

Erster Punkt. Für den Deutschen Bundestag – das
haben viele Kollegen schon gesagt – ist mit den Subsi-
diaritätsklagerechten eine neue Möglichkeit eröffnet
worden, europäische Politik mitzubestimmen. Wir hal-
ten es für richtig und gut, dass neben der Ausweitung der
Kontrolle durch das Europäische Parlament auch die na-
tionalen Parlamente Möglichkeiten haben, in stärkerem
Maße europäische Politik mitzugestalten. Das schafft
eine Verbreiterung der Legitimation und ist eine Mög-
lichkeit, die Bürgerinnen und Bürger auf nationaler
Ebene in diesem Prozess mitzunehmen.

Aber eines sage ich auch sehr deutlich: Wir müssen
uns diese neuen Rechte erarbeiten. In den Strukturen, in
denen wir bisher gearbeitet haben – ich erinnere in die-
sem Zusammenhang daran, wie wir zum Teil europäi-
sche Rechtsetzungsverfahren im Parlament durchgewun-
ken haben –, ist der Deutsche Bundestag noch nicht in
der Lage, seine Subsidiaritätsrechte wahrzunehmen. Die
heutige Abstimmung ist eine Verpflichtung für uns,
diese Rechte im Deutschen Bundestag wahrzunehmen
und dafür zu kämpfen, dass entsprechende Maßnahmen
umgesetzt werden können.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Zweiter Punkt. Dieser Bereich ist heute ebenfalls
schon angesprochen worden; aber ich möchte ihn noch
einmal aufgreifen. Die Frage ist, wie wir im Hinblick auf
das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in Deutsch-
land in das Projekt Europäische Union, das so erfolg-
reich war, einen Schritt vorankommen; denn an dieser
Stelle besteht durchaus noch Nachholbedarf. Die Frage
der sozialen Gerechtigkeit, die wir ernst nehmen müs-
sen, ist auf diesem Wege ein zentraler Punkt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, es geht
nicht an, dass man über diesen Punkt locker hinweg-

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(C (D ischt. Auf all diese Vorurteile, die gegen das angeblich eoliberale Europa geschürt werden – ich will gar nicht ehaupten, dass Sie diese Vorurteile mit Ihrer Politik imer bestärken –, muss man sehr sensibel und sehr poli isch reagieren. Das Wegwischen dieser Befürchtung chürt nur Ängste und vergrößert das Misstrauen. Wir erden das Vertrauen der Menschen nur gewinnen, enn sie Europa als Schutzmacht ihrer ganz persönli hen Interessen erleben. Die sozialen Grundrechte – sie sind im Grundrechteatalog enthalten – müssen der Rat, das Europäische arlament und die nationalen Parlamente in die Praxis msetzen. Ansonsten werden wir eine Haltung der Bürerinnen und Bürger zu Europa bekommen, wie sich in rankreich in dem Ergebnis der Volksabstimmung geeigt hat. Dort wurde der europäische Integrationsedanke von der rechten und der linken Ecke instruentalisiert und so Befürchtungen geweckt. Liebe olleginnen und Kollegen von der Linken, es war in rankreich eben nicht allein die versammelte Linke, die iesen Vertrag bekämpft hat, sondern es war zum großen eil die organisierte Rechte und die Rechtsextremen, die iesen Vertrag bekämpft haben. Das muss man deutlich agen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sie reden von Internationalismus. Aber wenn ich mir
nschaue, wie zum Beispiel der Internationalismus in Ir-
and gefeiert wird, und wenn ich sehe, dass unter der
ührung des „Sozialisten“ Rupert Murdoch eine Volks-
nion von Le Pen bis Lafontaine Veranstaltungen ma-
hen könnte, um den europäischen Integrationsgedanken
ür rechten und linken Populismus zu instrumentalisie-
en, dann muss ich sagen: Das ist genau der Internationa-
ismus, der Europa schadet.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1615703000

Herr Kollege Steenblock, Ihre Redezeit.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Eine Abschlussbemerkung, liebe Frau Präsidentin.

Wir sollten die Gesetzgebung der Europäischen
nion in Zukunft nicht mehr so darstellen – leider klang
as bei dem Kollegen Beckstein auch so an –, als seien
obbygruppen am Werke. Nein, der Rat, die nationalen
arlamente und das Europäische Parlament machen die
esetzgebung. Wir sollten ehrlich und offen mit diesen
ragen umgehen und es nicht zulassen, dass die Euro-
äische Union für einen regionalen Populismus miss-
raucht wird.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1615703100

Nächster Redner ist der Kollege Michael Roth, SPD-

Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Michael Roth (SPD):
Rede ID: ID1615703200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Es ist gut, dass in der heutigen Debatte deutlich wird:
Wir stimmen in wesentlichen europapolitischen Fragen
überein. Die Gemeinsamkeit zu suchen, ist zwar notwen-
dig; aber dennoch sollten wir dem Streit nicht aus dem
Weg gehen. Dann kann man auch immer wieder selbst-
kritisch überprüfen: Sind die eigenen Argumente über-
zeugend genug, auch wenn die Absurdität der Argu-
mente der anderen manchmal kaum noch zu unterbieten
ist? Gestern hat Kollege Wieland im Innenausschuss so
schön gesagt: Solange in einem europäischen Vertrag
nicht steht: „Hartz IV muss weg“, wird die Linkspartei
niemals zustimmen. – Das macht deutlich, wie verant-
wortungslos sie mit diesem Bereich umgeht.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Zwei kurze Anmerkungen zum Ministerpräsidenten
des Freistaats Bayern. Wenn ich zum einen historisch
richtig informiert bin, bedurfte es der Initiative der
Sozialdemokraten, dass der Freistaat, auf den die Bayern
zu Recht stolz sind, auf den Weg gebracht werden
konnte.


(Beifall bei der SPD)


Dies ist ein sozialdemokratischer Erfolg. Zum anderen
hat mich die Rede von Ministerpräsident Beckstein ein
wenig enttäuscht; denn er hat sehr lange erklärt, was die
Bayern und die CSU nicht wollen. Es ist aber sehr wenig
Zeit darauf verwandt worden, deutlich zu machen, was
man eigentlich mit dem Vertrag von Lissabon, mit dieser
neuen, stärker gewordenen Europäischen Union will.


(Beifall bei der SPD)


Wir sollten nicht beim Feiern bleiben, sondern einen
Blick in die Zukunft wagen. Wir brauchen neue Impulse,
damit dieser Integrationsprozess, den Ministerpräsident
Beck als offen dargestellt hat, auch erfolgreich weiterge-
hen kann. Wir haben den Frieden im Inneren Europas
erreicht. Das ist leider für allzu viele eine Selbstver-
ständlichkeit. Dass es aber keine Selbstverständlichkeit
ist, merken wir dann, wenn wir uns die Situation im
Westbalkan vor Augen halten. Wenn wir dieses europäi-
sche Friedensprojekt nicht vor Jahrzehnten auf den Weg
gebracht hätten, drohten vielleicht auch uns Verhältnisse
wie im Westbalkan. Aber es geht heute nicht mehr allein
darum, deutlich zu machen, was wir alles im Inneren er-
reicht haben. Die große Aufgabe muss vielmehr sein, zu
erklären: Wie können wir denn im globalen Maßstab
Frieden, Freiheit, Sicherheit und Solidarität erfolgreich
auf den Weg bringen? Welchen Beitrag können wir als
Europäerinnen und Europäer leisten?


(Beifall bei der SPD)


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(C (D Meines Erachtens muss Europa auch ein Gefühl von eimat, von Beheimatung, von Vertrauen entwickeln. ir brauchen also mehr europäisches Selbstbewusst ein. Wir sollten nicht nationale Abgrenzung pflegen nd die alten nationalen Forderungen in den Mittelpunkt ücken. Es geht nicht mehr allein um nationales Inteesse. Wir müssen unsere Werte offensiv vertreten und ürfen nicht in den globalen Mainstream von Ideen eintimmen, die von der Geschichte schon längst als überolt dargestellt worden sind. Ich darf an die neoliberale dee erinnern. Darüber redet heute keiner mehr; denn es at sich gezeigt: Dieses Projekt ist gescheitert, weil es ie Menschen nicht zu mehr sozialer Gerechtigkeit, Geeinsinn und Solidarität führen konnte. Wir als Europäerinnen und Europäer müssen deutlich achen: Es geht uns um Freiheit, es geht uns um Solida ität, es geht uns um noch stärkere ökologische Nachhaligkeit. Das ist der Dreiklang, für den wir stehen. as müssen wir im globalen Wettbewerb der Ideen elbstbewusster nach außen tragen. Eine Anmerkung in Richtung der jungen Mitgliedtaaten. Mit diesem Reformvertrag überwinden wir endültig die Teilung Europas, weil zum ersten Mal die taaten Mittelosteuropas gleichberechtigt dabei waren. ie haben mitberaten, sie haben mit abgestimmt, sie haen ihre Ideen eingebracht. Das macht deutlich: Wir sind in gemeinsames Europa – nord-, süd-, ostund westbergreifend. Dies ist ein großer Erfolg. Lassen Sie mich zum Schluss deutlich machen, was as für unser nationales Parlament bedeutet; denn es ist iel darüber geredet worden, dass der Bundestag getärkt wird. Das stimmt. Aber für viele ist das zu abtrakt. Deswegen ein kurzes Beispiel zum Schluss: Die rückenklausel hat es schon vor Jahren gegeben. Wo ar Bayern als Wächter, als wesentliche Bereiche der nnenund Justizpolitik, die Migrationsund Asylpoliik, von der Einstimmigkeit in das Mehrheitsprinzip bertragen worden sind? Der Bundestag war damals nie amit befasst. Jetzt haben wir die Chance, dass der Bunestag mit der Bundesregierung sowohl dann in der Verntwortung steht, wenn wir von der Einstimmigkeit auf as Mehrheitsprinzip übergehen, als auch dann, wenn eue Kompetenzen von der nationalen Ebene auf die euopäische Ebene übertragen werden. Ich erinnere in diesem Zusammenhang nur an den öchst sensiblen Bereich der justiziellen Zusammenrbeit bei Strafverfahren. Hier brauchen wir einen elbstbewussten Bundestag, der sich frühzeitig einbringt. as haben wir in einem Beschluss des Europaausschus es einmütig zum Ausdruck gebracht. Ich bedanke mich usdrücklich bei dem Kollegen Silberhorn, der dazu beietragen hat, dass wir das klären konnten. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)


Bei all dem Lob zum Vertrag von Lissabon muss ich
ennoch sagen: Dieser Vertrag wird nicht automatisch






(A) )



(B) )


Michael Roth (Heringen)

alles richten, was wir als notwendig erachten. Soziale
Gerechtigkeit, Solidarität und tragfähige soziale Stan-
dards kommen nicht von selbst. Der Klimaschutz kommt
nicht von selbst. Eine zukunftsfähige Landwirtschaft, die
bäuerliche Strukturen enthält, die natürliche und gen-
technikfreie Lebensmittel garantiert, kommt nicht von
selbst, und auch eine gerechte Handelsordnung sowie
faire Chancen für die Entwicklungsländer kommen nicht
von selbst. Dafür brauchen wir politische Mehrheiten.
Dafür müssen wir kämpfen. Dazu lädt uns der Vertrag
von Lissabon ein.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1615703300

Ich gebe das Wort dem Kollegen Henry Nitzsche,

fraktionslos.


Henry Nitzsche (Plos):
Rede ID: ID1615703400

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Weil wir

in Deutschland unserem eigenen Volk nicht mehr trauen,
sitzen die Abgeordneten des Deutschen Bundestages
heute hier, um über seine Zukunft zu entscheiden. Es ist
aber nicht nur so, dass wir unserem Volk nicht mehr zu-
trauen, selbst über seine Zukunft zu entscheiden, wir hal-
ten es anscheinend auch für dämlich und vergesslich.
Das scheint mittlerweile Konsens in Europa zu sein. Da
das Volk in Frankreich und in den Niederlanden die ge-
plante EU-Verfassung abgelehnt hat, fragt man es im
zweiten Durchgang einfach nicht mehr und winkt das
Kind unter einem anderen Namen durch: Reformvertrag.

So eine Verhöhnung des Volkswillens brauchen wir
uns zum Glück nicht vorwerfen zu lassen. Bei uns in
Deutschland werden die Bürger prinzipiell nicht gefragt,
schon gar nicht in Europaangelegenheiten – siehe Ein-
führung des Euros oder Erweiterung des Schengen-
Raums im vergangenen Dezember. Für beide Entschei-
dungen hätte es im Volk nie eine Mehrheit gegeben, und
das wissen Sie alle.

Dieser Vertrag von Lissabon, der in beschönigender
Weise Reformvertrag genannt wird, unterscheidet sich
im Wesentlichen nicht vom gescheiterten Verfassungs-
vertrag, von jenem Vertrag, der dank des aufrechten
Politikers Peter Gauweiler und seines Anwalts Professor
Schachtschneider


(Zurufe von der SPD: Oh!)


auch von Deutschland nicht ratifiziert wurde. Das Bun-
desverfassungsgericht untersagte es dem Bundespräsi-
denten nicht ohne Grund, diesen Vertrag zu unterschrei-
ben. Daher wird nun peinlichst genau das Wort
Verfassung gemieden.

Mit diesem Reformvertrag wird eine verbindliche
Verfassung für über 500 Millionen Menschen geschaf-
fen. Allerdings ist das eine Verfassung, die nicht demo-
kratisch legitimiert ist, die von einem europäischen Volk
ausgeht, das es gar nicht gibt, und deren Inhalte zutiefst
demokratiefeindlich sind. Der Europäische Rat wird
durch das vereinfachte Änderungsverfahren ermächtigt


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(C (D ermächtigt! –, fast das gesamte bestehende Unionsecht zu ändern. Davon betroffen sind Wirtschafts-, ährungs-, Sozial-, Landwirtschafts-, Umwelt-, Areits-, Steuer-, Justiz-, Verkehrsund Kulturpolitik. Eine ustimmung des Europäischen Parlaments ist nicht mehr otwendig. Wo bleibt die Mitsprache der nationalen Parlaente? Wo bleibt die Volkssouveränität? Ein angehäng es Protokoll gibt es bloß über die Anwendung der rundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigeit. Danach können der Bundestag usw. die Flut von ntwürfen von Europavorschriften dahin gehend prüfen, b diese Grundsätze verletzt wurden. Wenn ja, können ie innerhalb von acht Wochen, aber nicht später, eine tellungnahme abgeben. Dass in dieser Zeit auch die andtage die Vorlagen geprüft haben und der Bundesrat arüber beschlossen hat, ist wohl eher illusorisch. Wo wir das Europäische Parlament ansprechen: eutschland hat derzeit ein Sitzkontingent von 99. Das ird reduziert auf 96. Angesichts der Tatsache, dass eutschland 20 Prozent der Bevölkerung Europas stellt, tünden Deutschland mindestens 150 Abgeordnete zu. ieses Parlament wird aber nicht durch das Prinzip geählt, das Bismarck 1871 in Deutschland eingeführt hat: as gleiche Wahlrecht. Künftig wird die für Deutschland entscheidende Poliik von 27 Staatsund Regierungschefs bestimmt, von enen mindestens 26 nicht deutsch sind. Wie sich das it dem Leitsatz aus Art. 20 Abs. 2 des Grundgesetzes „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“ – verträgt, ist ir schleierhaft. Was wird noch verschwiegen? Zum Beispiel, dass der eformvertrag ermöglicht, europäische Steuern zu chaffen. Wenn ein Staat die Möglichkeit hat, Steuern zu rheben, dann tut er dies auch. Das Milliardengrab EU nd die finanzielle Belastung für uns Deutsche werden amit eine noch gewaltigere Dimension annehmen. Das ird ein neues Versailles für Deutschland. enau diese Tatsache verschweigen Sie dem deutschen olk. Durch diesen EU-Reformvertrag legitimieren Sie rüssel, allmächtig und ungehindert über deutsche Inte essen zu entscheiden. Dieser Vertrag ist ein neuerliches rmächtigungsgesetz. (Widerspruch bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Widerspruch bei der SPD)


erade wir in Deutschland sollten hier ganz vorsichtig
ein.


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Raus hier! – Mechthild Rawert [SPD]: Das ist unverschämt!)


Ich würde Ihnen empfehlen, einmal durch das Portal
ieses Gebäudes zu gehen. Dort steht in Stein gemeißelt
DEM DEUTSCHEN VOLKE“. Hören Sie auf diese In-
chrift!






(A) )



(B) )


Henry Nitzsche

(Zuruf von der SPD: Unerträglich! – Abg. Dr. Barbara Hendricks [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


Entscheiden Sie sich für Deutschland! Sichern wir die
Zukunft und die Souveränität Deutschlands! Nicht weni-
ger erwarten die Bürger heute von uns.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1615703500

Herr Kollege, die Kollegin Hendricks würde gerne

eine Zwischenfrage stellen.


Henry Nitzsche (Plos):
Rede ID: ID1615703600

Deutsche, Christen und Demokraten können diesem

Vertrag nicht zustimmen.


(Dr. Carl-Christian Dressel [SPD]: Gerade Sie müssen von Christen sprechen! Dass ich nicht lache! – Michael Roth [Heringen] [SPD]: Ach du Gütiger! Was sind denn deutsche Christen?)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1615703700

Ich gebe das Wort dem Kollegen Michael Stübgen,

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Michael Stübgen (CDU):
Rede ID: ID1615703800

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Ich möchte nur ganz kurz auf meinen Vorredner,
Herrn Kollegen Nitzsche, eingehen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das darf man nicht machen!)


– Doch.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Nein! Das darf man nicht! Jede Antwort auf seinen Vortrag würde ihn nur adeln!)


Auffällig ist für mich Folgendes: Sie bezeichnen sich als
rechtskonservativ oder was auch immer. Ihre Argumente
gegen den Reformvertrag sind allerdings in den meisten
Punkten nahezu identisch mit den Argumenten der Lin-
ken. Darüber sollten Sie und die Linken einmal nachden-
ken.


(Dr. Angelica Schwall-Düren [SPD]: Eine unheilige Allianz!)


Für Deutschland und für Europa ist heute ein beson-
derer Tag.


(Unruhe)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1615703900

Herr Kollege Stübgen, lassen Sie uns einen Augen-

blick warten. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte
Sie, dem Redner die Chance zu geben, durchzudringen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Nach langer Zeit nd nachdem der Verfassungsprozess längst totgesagt ar, haben wir es dank der Initiative der Bundeskanzle in Angela Merkel und der Bundesregierung im Rahmen er deutschen EU-Ratspräsidentschaft geschafft, die rundlagen dafür zu legen, dass wir diesen Reformver rag heute ratifizieren werden; das muss an dieser Stelle inmal gesagt werden. Wir haben die sehr große Chance, ass dieser Reformvertrag auf europäischer Ebene zum . Januar 2009 in Kraft treten wird. Herr Kollege Stübgen, die Kollegin Hendricks würde erne eine Zwischenfrage stellen. Ja. Bitte. Herr Kollege Stübgen, ich bin ganz sicher, dass Sie it mir einer Meinung sind, dass die Rede des Herrn itzsche eine ahistorische Beleidigung dieses demokra ischen Parlaments war. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Auch das noch! Jetzt kriegt er nur die Aufmerksamkeit, die er haben wollte! So ein Blödsinn! Genau das wollte er doch erreichen!)

Michael Stübgen (CDU):
Rede ID: ID1615704000
Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1615704100
Michael Stübgen (CDU):
Rede ID: ID1615704200
Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1615704300
Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1615704400


Michael Stübgen (CDU):
Rede ID: ID1615704500

Frau Kollegin, da sind wir völlig einer Meinung.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Jetzt ist es aber gut! Ignoriert ihn doch einfach! Meine Güte!)


ch will allerdings wiederholen, was ich zu Beginn ge-
agt habe: In den meisten inhaltlichen Punkten sind die
rgumente nahezu identisch. Ich habe die Äußerungen
er Linken aber nicht mit denen des Herrn Kollegen
itzsche gleichgesetzt.

Die Europäische Union gibt sich mit diesem Vertrag
as Rüstzeug, um die Herausforderungen der Zukunft
eistern zu können. Europa wird mit diesem Vertrag de-
okratischer, effizienter und transparenter.

Was bedeutet „demokratischer“? Wir bekommen in
er Europäischen Union – das ist für einen Völkerbund
ingulär – erstmalig ein Parlament mit vollwertigen par-
amentarischen Rechten.






(A) )



(B) )


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1615704600

Herr Kollege Stübgen, ich muss Sie noch einmal fra-

gen, ob Sie eine Zwischenfrage zulassen, diesmal des
Kollegen Dehm?


Michael Stübgen (CDU):
Rede ID: ID1615704700

Nein.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Bravo!)


Aber die Chance, die sich mit diesem Vertrag ergibt,
bedeutet in erster Linie eine Herausforderung und einen
Anspruch für das künftige Europäische Parlament. Jeder
von Ihnen kennt sicherlich mindestens eine Entschlie-
ßung des Europäischen Parlamentes, die man doch als
recht merkwürdig bezeichnen kann, nicht hinsichtlich
der politischen Zielsetzung, sondern hinsichtlich der Tat-
sache, wie weltfremd und abgehoben dort manchmal et-
was beschlossen wird. Wenn man sich aber anschaut,
dass dieses Europäische Parlament bisher so gesetzt war,
dass es zwischen Straßburg und Brüssel hin und her va-
gabundiert und ihm fundamentale parlamentarische
Rechte vorenthalten wurden, dann muss man sich nicht
wundern, wenn solch ein Parlament wundersame Be-
schlüsse fasst. Ich bin überzeugt, dass das Europäische
Parlament in der Lage sein wird, diese Herausforderun-
gen anzunehmen und seine Möglichkeiten als Machtzen-
trum der europäischen Politik voll auszufüllen.

Das europäische System wird mit diesem Vertrag effi-
zienter. Die Zahl der Kommissare wird reduziert. Der
Ratspräsident wird für mehrere Jahre gewählt, die
Rechte des Kommissionspräsidenten werden gestärkt
und vieles mehr. Das heißt, die Europäische Union, die
europäische Administration und die europäischen Insti-
tutionen werden in Zukunft in der Lage sein, Politik aus
einem Guss zu machen. Aber auch hier muss ich anmer-
ken: Auch hier sind die neuen Chancen, die sich durch
diesen Vertrag ergeben, für die europäischen Institutio-
nen in erster Linie Herausforderung und Anspruch.

Uns nützt es zum Beispiel in Zukunft nicht viel, wenn
wir auf der einen Seite einen Hohen Vertreter für
Außen- und Sicherheitspolitik haben werden – der
Volksmund wird ihn einfach den „europäischen Außen-
minister“ nennen, ob das nun im Vertrag steht oder nicht –
und wenn auf der anderen Seite die Regierungen in den
entscheidenden und wichtigen europapolitischen Fragen
trotzdem öffentlich munter durcheinanderreden werden.
Es wird wichtig sein, dass sich die Europäische Union
und die Regierungen in der Europäischen Union dahin
gehend entwickeln, dass sie weniger effektorientierte au-
ßenpolitische Aktionen starten, sondern mehr integra-
tive, sachorientierte europäische Aktionen. Aber auch
hier beginnt der Prozess erst, auch hier werden wir vo-
rankommen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Die europäische Politik wird mit diesem Vertrag
transparenter. Wir haben nicht nur horizontal, sondern
auch vertikal eine Demokratisierung der Europäischen

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(C (D nion erreicht; denn nach zaghaften Anfängen beim aastrichter Vertrag vor 17 Jahren wird erstmalig die esondere Rolle der nationalen Parlamente in der Euopäischen Union in diesem Vertrag festgeschrieben. ir als nationale Parlamente haben volle Informationsechte, also das Recht, zum frühestmöglichen Zeitpunkt nformiert zu werden. Wir als nationale Parlamente haen in der europäischen Politik in Zukunft auch Mitwirungsrechte. Ich will nur auf einen Punkt kurz eingehen. Es gibt um Beispiel die Möglichkeit, dass 50 Prozent der Parlaente innerhalb von acht Wochen eine Rüge für ein echtsetzungsvorhaben der Kommission äußern. Damit st die Kommission verpflichtet, sich mit diesem Vorhaen noch einmal zu beschäftigen. Jedes nationale Parlaent hat die Möglichkeit, gegen ein Rechtsetzungsvor aben der Europäischen Union Klage zu führen. Hier ist Folgendes wichtig: Ich glaube – das wird eine esondere Herausforderung für Deutschland und auch ür den Deutschen Bundestag sein –, dass wir der Wirung und der effektiven Kontrolle des Subsidiaritätsrinzips Vorschub leisten müssen. Das Subsidiaritätsrinzip steht seit 16 Jahren im Maastrichter Vertrag. enn wir aber einmal ernsthaft überprüfen, wie es denn ewirkt hat, ob und wieweit die Europäische Kommision, der Europäische Rat und auch der Europäische Geichtshof dieses Prinzip verinnerlicht haben und danach eben, dann müssen wir feststellen, dass dieser Prozess och nicht weit vorangekommen ist. Wenn nicht wir den rozess der Implementierung des Subsidiaritätsprinzips oranbringen, dann wird es niemand tun. Das wird in ukunft für uns als deutsches Parlament eine wichtige ufgabe sein. Meine Fraktion stimmt dem Vertrag zu. Heute ist ein uter Tag für Deutschland, für Europa und weit darüber inaus. Ich danke Ihnen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1615704800

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Kollege Nitz-

che hat in seiner Rede einen Vergleich gezogen zwi-
chen dem Vertrag von Lissabon und dem Ermächti-
ungsgesetz aus der NS-Zeit. Ich halte das für
ndemokratisch, für falsch und bitte Sie, Herr Kollege
itzsche, dies zu überdenken.


(Beifall im ganzen Hause)


Das Wort zu einer Kurzintervention hat der Kollege
iether Dehm.


Dr. Jörg-Diether Dehm-Desoi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1615704900

Frau Präsidentin! Herr Nitzsche darf den Vertrag von

issabon durchaus mit dem Ermächtigungsgesetz ver-
leichen; aber er darf den Vertrag von Lissabon mit dem
rmächtigungsgesetz nicht gleichsetzen. Denn wenn






(A) )



(B) )


Dr. Diether Dehm
man den Vertrag von Lissabon mit dem Ermächtigungs-
gesetz der Nazizeit vergleicht, stellt man fest, dass Wel-
ten dazwischen liegen.

Wir kritisieren den Lissabon-Vertrag, würden ihn aber
niemals in die Nähe von Nazigesetzgebung rücken. Ver-
gleichen und Gleichsetzen sind grundverschiedene
Dinge. Er hat Lissabon-Vertrag und Ermächtigungsge-
setz gleichgesetzt. Das ist das, wovon wir uns distanzie-
ren.

Er hat die Rechte und die Linke gleichgesetzt. Ich
möchte bei dieser Gelegenheit den Kollegen Stübgen
– wir kennen uns aus dem Ausschuss und wissen von-
einander eigentlich etwas mehr – ganz herzlich bitten,
zur Kenntnis zu nehmen: Wenn wir den Lissabon-Ver-
trag ablehnen, dann deshalb, weil wir mehr Grundgesetz,
mehr Sozialstaatlichkeit, mehr Verbot eines Angriffs-
krieges und mehr demokratischen Rechtsstaat wollen.
Dies, Kollege Stübgen, hat nichts, aber auch gar nichts
mit dem wirrköpfigen Chauvinismus des Kollegen Nitz-
sche zu tun, mit dem Sie uns bitte nicht gleichsetzen!


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Vergleichen können Sie uns; aber dann werden Sie fest-
stellen, dass es zwischen uns und Herrn Nitzsche, der
aus Ihrer Fraktion ausgesondert worden ist, keinerlei
Nähe gibt. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis, und ver-
schonen Sie uns bitte mit diesem „Rot gleich Braun“ und
„Links gleich Rechts“! Solche Gleichsetzungen haben
keinen Bestand.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1615705000

Nächster Redner ist der Kollege Axel Schäfer, SPD-

Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Axel Schäfer (SPD):
Rede ID: ID1615705100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Heute ist ein erfreulicher Tag für Europa. Das zeigt sich
an dem europäischen Geist, in dem die Debatte über die
Ratifizierung des Vertrages von Lissabon geführt wird.

Es ist allerdings eine beschämende Stunde, wenn
durch die Rede von Herrn Nitzsche in diesem Haus der
Geist von NPD-Gedankengut Einzug gehalten hat; das
müssen wir gemeinsam feststellen.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Wer den Begriff „deutsche Christen“ verwendet und
nicht weiß, dass die Deutschen Christen der Teil der
evangelischen Kirche waren, der sich bei den Nazis an-
gebiedert, sich ihnen unterworfen hat – im Gegensatz
zur Bekennenden Kirche, die Widerstand leistete –, der

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(C (D eigt nicht nur Geschichtslosigkeit, sondern ein gnadenoses Maß an Dummheit. (Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sa-
en: Heute ist ein guter Tag für Europa, weil wir die De-
okratisierung durch die Parlamentarisierung durchset-

en. Es ist erfreulich, dass einer der Väter dieses Werkes,
rofessor Jürgen Meyer, der den Bundestag in zwei
onventen vertreten hat, heute bei uns ist; er sitzt auf der
ribüne. Jürgen Meyer, herzlichen Dank für die Arbeit,
ie du geleistet hast!


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


as wir vollenden, wurde in der Regierungszeit von
erhard Schröder auf den Weg gebracht, und das ist

uch gut so.

Wir werden eine neue europäische Wahrhaftigkeit in
arteipolitik in diesem demokratisierten Europa erleben.
as heißt, dass wir weiterhin Kompromisse schließen
nd neue Konsense stiften müssen, über Partei- und Län-
ergrenzen hinweg. Ein Beispiel dafür ist, dass EVP und
PE für 2009 einen geschätzten polnischen Kollegen als
emeinsamen Kandidaten für das Amt des Präsidenten
es Europäischen Parlaments auf den Schild heben.
as sollte auch der Deutsche Bundestag begrüßen. Es

eigt auf der anderen Seite, dass es in Europa auch neue
onflikte zwischen den Parteien gibt. Ich zitiere mit Ge-
ehmigung der Frau Präsidentin. Der inoffizielle Vorsit-
ende der Europäischen Volkspartei, Elmar Brok, er-
lärte: Die Wiederwahl Berlusconis ist eine gute
achricht für die konservative Parteienfamilie in
uropa.


(Dr. Angelica Schwall-Düren [SPD]: Buh!)


ie Wiederwahl von Silvio Berlusconi ist eine schlechte
achricht für alle europäischen, föderalistischen Demo-
raten.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich habe bisher nicht geglaubt, dass es für europäi-
che Christdemokraten eine gute Nachricht sein kann,
ass wirtschaftliche und politische Macht in einem
achbarstaat in einer Hand vereint werden und dass eine
ressekonzentration im öffentlichen und privaten Be-
eich stattfindet, wie sie mit unserer Verfassung unver-
inbar wäre.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


ch habe mir auch nicht vorstellen können, dass die Be-
chimpfung und Delegitimierung von unabhängigen Ge-
ichten jetzt zu einer Partei gehört, die Mitglied der
hristdemokratischen Parteienfamilie in Europa ist. Das






(A) (C)



(B) )


Axel Schäfer (Bochum)


ist für die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in
diesem Hause schlichtweg inakzeptabel.


(Beifall bei der SPD – Dr. h. c. Hans Michelbach zeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung bei Enthaltung der Fraktion der Linken mit den restlichen Stimmen des Hauses angenommen. [CDU/CSU]: Völlig unnötig!)


Ich sage auch: Für uns ist heute – Kurt Beck hat zu
Recht darauf hingewiesen –, da wir den Vertrag von Lis-
sabon ratifizieren, ein stolzer Tag, weil ein Teil unserer
geschichtlichen Identität – besser: unserer Visionen – zur
Wirklichkeit wird. Fast auf den Tag genau vor 63 Jahren
haben amerikanische Soldaten das KZ Buchenwald in
der Nähe von Weimar befreit. In diesem KZ haben de-
mokratische Sozialisten, einige Liberale und fortschritt-
liche Konservative – auch die gab es – ein Manifest ver-
abschiedet, in dem sie gesagt haben: „Wir wollen die
Vereinigten Staaten von Europa. Für Deutschland ist es
nach diesem Krieg das Wichtigste, dass wir eine Freund-
schaft mit unseren französischen und polnischen Nach-
barn haben.“ Das gelingt ein Stück besser mit der Wirk-
lichkeit dieses Vertrages, den wir heute ratifizieren.


(Beifall bei der SPD)


Es ist gut, dass in dieser Woche zuerst der polnische
Sejmmarschall hier war und dass heute der französische
Außenminister, Bernard Kouchner, anwesend ist. Mit
ihm gemeinsam – ich freue mich, dass er hier ist – habe
ich fünf Jahre lang im Europäischen Parlament diese Ar-
beit leisten können. Herzlich willkommen!


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten
stimmen diesem Vertrag heute aus voller Überzeugung
zu, weil er die Staatsräson gemäß unserem Grundgesetz,
die in der Präambel niedergelegt ist, auf der europäi-
schen Ebene Wirklichkeit werden lässt, wonach wir
Deutsche gleichberechtigt in einem vereinten Europa
dem Frieden der Welt dienen.


(Beifall bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1615705200

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzent-

wurf der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP und
Bündnis 90/Die Grünen zur Änderung des Grundgeset-
zes, Art. 23, 45 und 93. Der Innenausschuss empfiehlt in
seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/8912,
den Gesetzentwurf auf Drucksache 16/8488 anzuneh-
men. Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion Die
Linke auf Drucksache 16/8924 vor, über den wir zuerst
abstimmen. Wer stimmt für diesen Änderungsantrag? –
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Ände-
rungsantrag ist bei Zustimmung der Linken mit den rest-
lichen Stimmen des Hauses abgelehnt.

Ich bitte nun diejenigen, die dem Gesetzentwurf in
der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Hand-

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(D Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich weise darauf hin, dass nach rt. 79 Abs. 2 des Grundgesetzes zur Annahme dieses esetzentwurfs die Zustimmung von zwei Dritteln der itglieder des Bundestages erforderlich ist. Das sind indestens 408 Stimmen. Es ist namentliche Abstimung verlangt. Ich bitte die Schriftführerinnen und chriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. – ch eröffne die Abstimmung. Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine timme noch nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der all. Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schriftührerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu eginnen. Das Ergebnis der namentlichen Abstimmung ird Ihnen später mitgeteilt. Wir setzen die Beratungen fort. Wir kommen nun zur bstimmung über den von der Fraktion Die Linke eingerachten Gesetzentwurf zur Änderung des Grundgesetzes. er Innenausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehng auf Drucksache 16/8913, den Gesetzentwurf der raktion Die Linke auf Drucksache 16/7375 abzulehnen. ie Fraktion Die Linke verlangt namentliche Abstimung. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, ie vorgesehenen Plätze einzunehmen. – Ich eröffne die bstimmung. Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine timme noch nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der all. Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schriftührerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu eginnen.1)


Bis zum Vorliegen der Ergebnisse der beiden bereits
urchgeführten namentlichen Abstimmungen unterbre-
he ich die Sitzung.


(Unterbrechung von 11.43 bis 11.51 Uhr)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1615705300

Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.

Ich gebe das von den Schriftführerinnen und Schrift-
ührern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstim-
ung über den Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/
SU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen zur Ände-

ung des Grundgesetzes bekannt, Drucksachen 16/8488
nd 16/8912: Abgegebene Stimmen 577. Mit Ja haben ge-
timmt 520, mit Nein haben gestimmt 8, Enthaltungen 49.

Ergebnis Seite 16479 C






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 576;
davon

ja: 519
nein: 8
enthalten: 49

Ja

CDU/CSU

Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Altmaier
Dorothee Bär
Thomas Bareiß
Norbert Barthle
Dr. Wolf Bauer
Günter Baumann
Ernst-Reinhard Beck


(Reutlingen)

Veronika Bellmann
Dr. Christoph Bergner
Clemens Binninger
Renate Blank
Peter Bleser
Antje Blumenthal
Jochen Borchert
Wolfgang Börnsen


(Bönstrup)

Wolfgang Bosbach
Michael Brand
Helmut Brandt
Dr. Ralf Brauksiepe
Monika Brüning
Georg Brunnhuber
Cajus Caesar
Gitta Connemann
Leo Dautzenberg
Hubert Deittert
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Maria Eichhorn
Dr. Stephan Eisel
Anke Eymer (Lübeck)

Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Hartwig Fischer (Göttingen)

Dirk Fischer (Hamburg)

Dr. Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Herbert Frankenhauser
Dr. Hans-Peter Friedrich


(Hof)

Erich G. Fritz
Jochen-Konrad Fromme
Dr. Michael Fuchs
Hans-Joachim Fuchtel
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis
Eberhard Gienger
Michael Glos
Ralf Göbel
Josef Göppel
Dr. Wolfgang Götzer
Ute Granold

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einhard Grindel
ermann Gröhe
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anfred Grund
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r. Karl-Theodor Freiherr zu
Guttenberg
olger Haibach
rsula Heinen
da Carmen Freia Heller
ichael Hennrich

ürgen Herrmann
ernd Heynemann
rnst Hinsken
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ranz-Josef Holzenkamp
oachim Hörster
nette Hübinger
ubert Hüppe
usanne Jaffke-Witt
r. Peter Jahr
r. Hans-Heinrich Jordan
r. Franz Josef Jung
ndreas Jung (Konstanz)

artholomäus Kalb
ans-Werner Kammer
teffen Kampeter
lois Karl
ernhard Kaster

(VillingenSchwenningen)


olker Kauder
ckart von Klaeden
ulia Klöckner
ens Koeppen
ristina Köhler (Wiesbaden)

anfred Kolbe
orbert Königshofen
r. Rolf Koschorrek
artmut Koschyk
homas Kossendey
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unther Krichbaum
r. Günter Krings
r. Martina Krogmann
r. Hermann Kues
r. Karl A. Lamers

(Heidelberg)

ndreas G. Lämmel
r. Norbert Lammert
elmut Lamp
atharina Landgraf
r. Max Lehmer
gbert Liebing
duard Lintner
r. Klaus W. Lippold
atricia Lips
r. Michael Luther
tephan Mayer (Altötting)

olfgang Meckelburg
r. Michael Meister
r. Angela Merkel
aurenz Meyer (Hamm)

aria Michalk
r. h. c. Hans Michelbach
hilipp Mißfelder

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r. Gerd Müller
ildegard Müller
arsten Müller

(Braunschweig)


tefan Müller (Erlangen)

ernward Müller (Gera)

ernd Neumann (Bremen)

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atherina Reiche (Potsdam)

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r. Norbert Röttgen
r. Christian Ruck
lbert Rupprecht (Weiden)

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nita Schäfer (Saalstadt)

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r. Wolfgang Schäuble
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ndreas Schmidt (Mülheim)


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r. Ole Schröder
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Gernot Erler etra Ernstberger arin Evers-Meyer nnette Faße lke Ferner abriele Fograscher ainer Fornahl Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner Gabriele Frechen Peter Friedrich Sigmar Gabriel Martin Gerster Günter Gloser Renate Gradistanac Angelika Graf Dieter Grasedieck Monika Griefahn Kerstin Griese Gabriele Groneberg Achim Großmann Wolfgang Grotthaus Wolfgang Gunkel Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Alfred Hartenbach Michael Hartmann Nina Hauer Hubertus Heil Dr. Reinhold Hemker Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Petra Heß Gabriele Hiller-Ohm Stephan Hilsberg Petra Hinz Gerd Höfer Iris Hoffmann Frank Hofmann Eike Hovermann Klaas Hübner Christel Humme Brunhilde Irber Johannes Jung Josip Juratovic Johannes Kahrs Ulrich Kasparick Dr. h. c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Christian Kleiminger Hans-Ulrich Klose Astrid Klug Dr. Bärbel Kofler Walter Kolbow Fritz Rudolf Körper Karin Kortmann Rolf Kramer Anette Kramme Ernst Kranz Nicolette Kressl Volker Kröning Dr. Hans-Ulrich Krüger Angelika Krüger-Leißner Jürgen Kucharczyk Helga Kühn-Mengel Ute Kumpf Dr. Uwe Küster Christine Lambrecht Christian Lange Dr. Karl Lauterbach Waltraud Lehn Helga Lopez Gabriele Lösekrug-Möller Dirk Manzewski L C K H M P U D U M D M G F D A T H H J J C D F D M S M G D C W S R D K M O M A A B M O D U S H O O S E F D D R R W D J D D A L R C othar Mark aren Marks atja Mast ilde Mattheis arkus Meckel etra Merkel lrike Merten r. Matthias Miersch rsula Mogg arko Mühlstein etlef Müller ichael Müller esine Multhaupt ranz Müntefering r. Rolf Mützenich ndrea Nahles homas Oppermann olger Ortel einz Paula ohannes Pflug oachim Poß hristoph Pries r. Wilhelm Priesmeier lorian Pronold r. Sascha Raabe echthild Rawert teffen Reiche aik Reichel erold Reichenbach r. 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Margrit Wetzel ndrea Wicklein eidemarie Wieczorek-Zeul r. Dieter Wiefelspütz ngelbert Wistuba r. Wolfgang Wodarg altraud Wolff eidi Wright ta Zapf anfred Zöllmer rigitte Zypries DP ens Ackermann r. Karl Addicks hristian Ahrendt aniel Bahr we Barth ainer Brüderle ngelika Brunkhorst rnst Burgbacher atrick Döring echthild Dyckmans örg van Essen lrike Flach tto Fricke aul K. Friedhoff orst Friedrich r. Edmund Peter Geisen ans-Michael Goldmann iriam Gruß oachim Günther r. Christel Happach-Kasan einz-Peter Haustein lke Hoff irgit Homburger r. Werner Hoyer ichael Kauch r. Heinrich L. 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Uschi Eid ans-Josef Fell ai Gehring atrin Göring-Eckardt ritta Haßelmann ettina Herlitzius infried Hermann eter Hettlich riska Hinz ärbel Höhn hilo Hoppe te Koczy ylvia Kotting-Uhl ritz Kuhn enate Künast arkus Kurth ndine Kurth onika Lazar nna Lührmann icole Maisch erzy Montag erstin Müller infried Nachtwei mid Nouripour rigitte Pothmer laudia Roth rista Sager hristine Scheel mingard Schewe-Gerigk r. Gerhard Schick rietje Staffelt ainder Steenblock Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner Gemäß § 48 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung stelle ich Das von den Schriftführerinnen und Schriftführern er Endgültiges Ergebnis Heike Hänsel Elke Reinke Nein davon ja: 53 nein: 515 enthalten: 4 Ja DIE LINKE Hüseyin-Kenan Aydin Dr. Dietmar Bartsch Karin Binder Dr. Lothar Bisky Heidrun Bluhm Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Dr. Diether Dehm Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Klaus Ernst Wolfgang Gehrcke H C In D U D D K M J K O M U D U K K W D P B ans-Kurt Hill ornelia Hirsch ge Höger r. Barbara Höll lla Jelpke r. Lukrezia Jochimsen r. Hakki Keskin atja Kipping onika Knoche an Korte atrin Kunert skar Lafontaine ichael Leutert lla Lötzer r. Gesine Lötzsch lrich Maurer ornelia Möller ersten Naumann olfgang Nešković r. Norman Paech etra Pau odo Ramelow V D D D F D D A J S B D S D F H G olker Schneider r. Herbert Schui r. Ilja Seifert r. Petra Sitte rank Spieth r. Kirsten Tackmann r. Axel Troost lexander Ulrich örn Wunderlich abine Zimmermann ÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN ylvia Kotting-Uhl r. Wolfgang StrengmannKuhn raktionslose Abgeordnete enry Nitzsche ert Winkelmeier C U Il P D T N D G E V D R P A J W W M H DU/CSU lrich Adam se Aigner eter Altmaier orothee Bär homas Bareiß orbert Barthle r. Wolf Bauer ünter Baumann rnst-Reinhard Beck eronika Bellmann r. Christoph Bergner enate Blank eter Bleser ntje Blumenthal ochen Borchert olfgang Börnsen olfgang Bosbach ichael Brand elmut Brandt Abgegebene Stimmen: 572; Lutz Heilmann Paul Schäfer forderliche Zweidrittelmehrheit, das heißt mindestens 408 Jastimmen, erreicht ist. Der Gesetzentwurf ist angenommen. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Hildesheim)





(A) )


(B) )


(Wackernheim)


(Tuchenbach)


(Wiesloch)


(Wolmirstedt)





(A) )


(B) )


(Saarbrücken)


(Reutlingen)


(Bönstrup)


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(D esetzentwurf der Fraktion Die Linke zur Änderung des rundgesetzes, Drucksachen 16/7375 und 16/8913, lautet: bgegebene Stimmen 572. Mit Ja haben gestimmt 53, mit ein haben gestimmt 515, Enthaltungen 4. Der Gesetzenturf ist damit in zweiter Beratung abgelehnt. Damit ent ällt nach unserer Geschäftsordnung die weitere Beratung. fest, dass die nach Art. 79 Abs. 2 des Grundgesetzes ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Silke Stokar von Neuforn Dr. Wolfgang Strengmann Kuhn Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Jürgen Trittin Wolfgang Wieland Josef Philip Winkler DIE LINKE Frank Spieth Nein CDU/CSU Alexander Dobrindt Dr. Peter Gauweiler Paul Lehrieder Dr. Georg Nüßlein Marion Seib Willy Wimmer D H fr H E D H D K D H E D R D W D K IE LINKE eike Hänsel aktionslos enry Nitzsche nthaltung IE LINKE üseyin-Kenan Aydin r. Dietmar Bartsch arin Binder r. Lothar Bisky eidrun Bluhm va Bulling-Schröter r. Martina Bunge oland Claus r. Diether Dehm erner Dreibus r. Dagmar Enkelmann laus Ernst W L H C I D U D D K M J K O M U D U K K W D P olfgang Gehrcke utz Heilmann ans-Kurt Hill ornelia Hirsch nge Höger r. Barbara Höll lla Jelpke r. Lukrezia Jochimsen r. Hakki Keskin atja Kipping onika Knoche an Korte atrin Kunert skar Lafontaine ichael Leutert lla Lötzer r. Gesine Lötzsch lrich Maurer ornelia Möller ersten Naumann olfgang Nešković r. Norman Paech etra Pau B E P V D D D D D A J S B D D fr G (Codo Ramelow lke Reinke aul Schäfer olker Schneider r. Herbert Schui r. Ilja Seifert r. Petra Sitte r. Kirsten Tackmann r. Axel Troost lexander Ulrich örn Wunderlich abine Zimmermann ÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN r. Anton Hofreiter aktionslos ert Winkelmeier Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner Dr. Ralf Brauksiepe Monika Brüning Georg Brunnhuber Cajus Caesar Gitta Connemann Leo Dautzenberg Hubert Deittert Alexander Dobrindt Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Maria Eichhorn Dr. Stephan Eisel Anke Eymer Ilse Falk Dr. Hans Georg Faust Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Hartwig Fischer Dirk Fischer Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Herbert Frankenhauser Dr. Hans-Peter Friedrich Erich G. Fritz Jochen-Konrad Fromme Dr. Michael Fuchs Hans-Joachim Fuchtel Dr. Jürgen Gehb Norbert Geis Eberhard Gienger Michael Glos Ralf Göbel Josef Göppel Dr. Wolfgang Götzer Ute Granold Reinhard Grindel Hermann Gröhe Michael Grosse-Brömer Markus Grübel Manfred Grund Monika Grütters Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg Holger Haibach Ursula Heinen Uda Carmen Freia Heller Michael Hennrich Jürgen Herrmann Bernd Heynemann Ernst Hinsken Peter Hintze Robert Hochbaum Franz-Josef Holzenkamp Joachim Hörster Anette Hübinger Hubert Hüppe Susanne Jaffke-Witt Dr. Peter Jahr Dr. Hans-Heinrich Jordan Dr. Franz Josef Jung Andreas Jung Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Alois Karl Bernhard Kaster S V E J J K M N D H T M G D D D D A D H D P In E D P D S W D D L M D P D M D H C S B B M D F E H R U D S B R R D T H D P E K K F J iegfried Kauder (VillingenSchwenningen)


(Saarbrücken)





(A) )


(B) )


(Hof)


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orbert Königshofen
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ichael Kretschmer
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r. Günter Krings
r. Martina Krogmann
r. Hermann Kues
r. Karl A. Lamers

(Heidelberg)

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r. Norbert Lammert
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r. Max Lehmer
aul Lehrieder
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duard Lintner
r. Klaus W. Lippold
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r. Michael Luther
tephan Mayer (Altötting)

olfgang Meckelburg
r. Michael Meister
r. Angela Merkel
aurenz Meyer (Hamm)

aria Michalk
r. h. c. Hans Michelbach
hilipp Mißfelder
r. Eva Möllring
arlene Mortler
r. Gerd Müller
ildegard Müller
arsten Müller

(Braunschweig)


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ernward Müller (Gera)

ernd Neumann (Bremen)

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r. Georg Nüßlein
ranz Obermeier
duard Oswald
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r. Joachim Pfeiffer
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onald Pofalla
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aniela Raab
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r. Peter Ramsauer
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r. Norbert Röttgen
r. Christian Ruck
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r. Wolfgang Schäuble
r. Annette Schavan
r. Andreas Scheuer
arl Schiewerling
orbert Schindler
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ernd Schmidbauer
hristian Schmidt (Fürth)

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r. Andreas Schockenhoff
r. Ole Schröder
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homas Silberhorn
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hristian Freiherr von Stetten
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r. Hans-Peter Uhl
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Barbara Hendricks ustav Herzog etra Heß abriele Hiller-Ohm tephan Hilsberg etra Hinz erd Höfer Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner Iris Hoffmann Frank Hofmann Eike Hovermann Klaas Hübner Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Christel Riemann Hanewinckel Engelbert Wistuba Dr. Wolfgang Wodarg Waltraud Wolff Christoph Waitz Dr. Guido Westerwelle Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Christel Humme Brunhilde Irber Johannes Jung Josip Juratovic Johannes Kahrs Ulrich Kasparick Dr. h. c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Christian Kleiminger Hans-Ulrich Klose Astrid Klug Dr. Bärbel Kofler Walter Kolbow Fritz Rudolf Körper Karin Kortmann Rolf Kramer Anette Kramme Ernst Kranz Nicolette Kressl Volker Kröning Dr. Hans-Ulrich Krüger Angelika Krüger-Leißner Jürgen Kucharczyk Helga Kühn-Mengel Ute Kumpf Dr. Uwe Küster Christine Lambrecht Christian Lange Dr. Karl Lauterbach Waltraud Lehn Helga Lopez Gabriele Lösekrug-Möller Dirk Manzewski Lothar Mark Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Markus Meckel Petra Merkel Ulrike Merten Dr. Matthias Miersch Ursula Mogg Marko Mühlstein Detlef Müller Michael Müller Gesine Multhaupt Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Andrea Nahles Thomas Oppermann Holger Ortel Heinz Paula Johannes Pflug Joachim Poß Christoph Pries Dr. Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Mechthild Rawert Steffen Reiche Maik Reichel W S R D K M O M A A B M O D U S H O O R S E F D D R R W D J D D A L R C D J D J D J F R S J D H A P G G D L D A H D alter Riester önke Rix ené Röspel r. Ernst Dieter Rossmann arin Roth ichael Roth rtwin Runde arlene Rupprecht nton Schaaf xel Schäfer ernd Scheelen arianne Schieder tto Schily r. Frank Schmidt lla Schmidt ilvia Schmidt einz Schmitt laf Scholz ttmar Schreiner einhard Schultz wen Schulz wald Schurer rank Schwabe r. Angelica Schwall-Düren r. Martin Schwanholz olf Schwanitz ita Schwarzelühr-Sutter olfgang Spanier r. Margrit Spielmann örg-Otto Spiller r. Ditmar Staffelt ieter Steinecke ndreas Steppuhn udwig Stiegler olf Stöckel hristoph Strässer r. Peter Struck oachim Stünker r. Rainer Tabillion örg Tauss r. h. c. Wolfgang Thierse örn Thießen ranz Thönnes üdiger Veit imone Violka örg Vogelsänger r. Marlies Volkmer edi Wegener ndreas Weigel etra Weis unter Weißgerber ert Weisskirchen r. Rainer Wend ydia Westrich r. Margrit Wetzel ndrea Wicklein eidemarie Wieczorek-Zeul r. Dieter Wiefelspütz H U M B F J D C D U R A E P M J U O P H D H M J D H E B D M D H G J H S H I S M M H P J B D D C G J F D M D D D C F eidi Wright ta Zapf anfred Zöllmer rigitte Zypries DP ens Ackermann r. Karl Addicks hristian Ahrendt aniel Bahr we Barth ainer Brüderle ngelika Brunkhorst rnst Burgbacher atrick Döring echthild Dyckmans örg van Essen lrike Flach tto Fricke aul K. Friedhoff orst Friedrich r. Edmund Peter Geisen ans-Michael Goldmann iriam Gruß oachim Günther r. Christel Happach-Kasan einz-Peter Haustein lke Hoff irgit Homburger r. Werner Hoyer ichael Kauch r. Heinrich L. Kolb ellmut Königshaus udrun Kopp ürgen Koppelin einz Lanfermann ibylle Laurischk arald Leibrecht na Lenke abine LeutheusserSchnarrenberger ichael Link arkus Löning orst Meierhofer atrick Meinhardt an Mücke urkhardt Müller-Sönksen irk Niebel etlef Parr ornelia Pieper isela Piltz örg Rohde rank Schäffler r. Konrad Schily arina Schuster r. Hermann Otto Solms r. Max Stadler r. Rainer Stinner arl-Ludwig Thiele lorian Toncar H M B D K M V C B A E D D H K K B B P P D B U F R M U M A N J K W O B C K C Ir D G R S D J W J E C D W B D W H (D artfrid Wolff artin Zeil ÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN erstin Andreae arieluise Beck olker Beck ornelia Behm irgitt Bender lexander Bonde kin Deligöz r. Thea Dückert r. Uschi Eid ans-Josef Fell ai Gehring atrin Göring-Eckardt ritta Haßelmann ettina Herlitzius eter Hettlich riska Hinz r. Anton Hofreiter ärbel Höhn te Koczy ritz Kuhn enate Künast arkus Kurth ndine Kurth onika Lazar nna Lührmann icole Maisch erzy Montag erstin Müller infried Nachtwei mid Nouripour rigitte Pothmer laudia Roth rista Sager hristine Scheel mingard Schewe-Gerigk r. Gerhard Schick rietje Staffelt ainder Steenblock ilke Stokar von Neuforn r. Harald Terpe ürgen Trittin olfgang Wieland osef Philip Winkler nthaltung DU/CSU r. Peter Gauweiler illy Wimmer ÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN infried Hermann ans-Christian Ströbele Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner Wir kommen nun zur Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf zu dem Vertrag von Lissabon vom 13. Dezember 2007. Ich weise darauf hin, dass uns einige Erklärungen nach § 31 der Geschäftsordnung vorliegen.1)


(Hildesheim)


(Wackernheim)





(A) (C)


(B) )


(Wolmirstedt)


(Tuchenbach)


(Everswinkel)


(Wiesloch)





(A) )


(B) )

Angelegenheiten der Europäischen Union empfiehlt un-
ter Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung auf Druck-
sache 16/8917, den Gesetzentwurf der Bundesregierung
auf Drucksache 16/8300 anzunehmen. Ich weise darauf
hin, dass nach Art. 23 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit
Art. 79 Abs. 2 des Grundgesetzes zur Annahme dieses
Gesetzentwurfs jetzt bei der zweiten Beratung und
Schlussabstimmung die Zustimmung von zwei Dritteln
der Mitglieder des Bundestages erforderlich ist. Das sind
mindestens 408 Stimmen.

Es ist namentliche Abstimmung verlangt. Ich bitte die
Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorgesehenen
Plätze einzunehmen. – Ich eröffne die Abstimmung.

Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine
Stimme nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der Fall. Ich
schließe die Abstimmung und bitte die Schriftführerin-
nen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen.
Das Ergebnis wird Ihnen später bekannt gegeben.

Wir setzen die Abstimmungen zu der Beschlussemp-
fehlung des Ausschusses für die Angelegenheiten der
Europäischen Union, Drucksache 16/8917, fort.

Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt
der Ausschuss, eine Entschließung anzunehmen. Wer
stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt
dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung
ist mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen
und CDU/CSU bei Enthaltung der FDP und Gegenstim-
men der Linken angenommen.2)

Wir kommen nun zur Abstimmung über drei Ent-
schließungsanträge.

Wer stimmt für den Entschließungsantrag der Frak-
tion der FDP auf Drucksache 16/8927? – Wer stimmt da-
gegen? – Enthaltungen? – Der Entschließungsantrag ist
bei Zustimmung der FDP mit den restlichen Stimmen
des Hauses abgelehnt.

Wer stimmt für den Entschließungsantrag der Fraktion
Die Linke auf Drucksache 16/8926? – Gegenprobe! –
Enthaltungen? – Dieser Entschließungsantrag ist bei Zu-
stimmung der Linken mit den restlichen Stimmen des
Hauses abgelehnt.

Wer stimmt für den Entschließungsantrag der Frak-
tion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 16/8925? –
Gegenprobe! – Enthaltungen? – Der Entschließungsan-
trag ist mit den Stimmen von SPD, CDU/CSU, FDP bei
Enthaltung der Fraktion Die Linke und Zustimmung der
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen abgelehnt.

Abstimmung über den von den Fraktionen CDU/
CSU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen eingebrachten
Gesetzentwurf über die Ausweitung und Stärkung der
Rechte des Bundestages und des Bundesrates in Angele-
genheiten der Europäischen Union. Der Ausschuss für

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1) Anlagen 3 und 4
2) Anlage 5

(C (D ie Angelegenheiten der Europäischen Union empfiehlt n seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/8919, en Gesetzentwurf auf Drucksache 16/8489 anzunehen. Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion Die inke vor, über den wir zuerst abstimmen. Wer stimmt ür den Änderungsantrag auf Drucksache 16/8921? – egenstimmen? – Enthaltungen? – Der Änderungsantrag st bei Zustimmung der Fraktion der Linken mit den restichen Stimmen des Hauses abgelehnt. Ich bitte nun diejenigen, die dem Gesetzentwurf zutimmen wollen, um das Handzeichen. – Gegenprobe! – nthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter eratung mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die rünen, CDU/CSU, FDP bei Enthaltung der Fraktion ie Linke angenommen. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – egenprobe! – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist benfalls mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die rünen, CDU/CSU, FDP bei Enthaltung der Fraktion ie Linke angenommen. Beschlussempfehlung des Ausschusses für die Angeegenheiten der Europäischen Union zu dem Antrag der raktion Die Linke mit dem Titel „Intransparenz beenen – Eine lesbare Fassung des Reformvertrags schafen“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussmpfehlung auf Drucksache 16/8920, den Antrag der raktion Die Linke auf Drucksache 16/7446 abzulehnen. er stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer timmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempehlung ist bei Gegenstimmen der Fraktion Die Linke it den restlichen Stimmen des Hauses angenommen. Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlage auf rucksache 16/8879 zur federführenden Beratung an en Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäichen Union und zur Mitberatung an den Rechtsauschuss sowie an den Ausschuss für Arbeit und Soziales u überweisen. Gibt es dazu anderweitige Vorschläge? – as ist nicht der Fall. Dann ist die Überweisung so be chlossen. Ich würde jetzt gerne noch das Ergebnis der namentlihen Abstimmung bekannt geben. (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es kommt! – Zuruf von der CDU/ CSU: Herr Fuchtel kommt! – Jörg Tauss [SPD]: Ein bisschen schneller, Herr Fuchtel!)


Ich gebe das von den Schriftführerinnen und Schrift-
ührern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstim-
ung über den Entwurf eines Gesetzes zum Vertrag von
issabon vom 13. Dezember 2007 bekannt: Abgegebene
timmen 574. Mit Ja haben gestimmt 515, mit Nein ha-
en gestimmt 58, Enthaltungen 1. Gemäß § 48 Abs. 3
nserer Geschäftsordnung stelle ich fest, dass die nach
rt. 23 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit Art. 79 Abs. 2
es Grundgesetzes erforderliche Zweidrittelmehrheit,
as heißt mindestens 408 Jastimmen, erreicht ist. Der
esetzentwurf ist damit angenommen.






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 574;
davon

ja: 515
nein: 58
enthalten: 1

Ja

CDU/CSU

Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Altmaier
Dorothee Bär
Thomas Bareiß
Norbert Barthle
Dr. Wolf Bauer
Günter Baumann
Ernst-Reinhard Beck


(Reutlingen)

Veronika Bellmann
Dr. Christoph Bergner
Clemens Binninger
Renate Blank
Peter Bleser
Antje Blumenthal
Jochen Borchert
Wolfgang Börnsen


(Bönstrup)

Michael Brand
Helmut Brandt
Dr. Ralf Brauksiepe
Monika Brüning
Georg Brunnhuber
Cajus Caesar
Gitta Connemann
Leo Dautzenberg
Hubert Deittert
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Maria Eichhorn
Dr. Stephan Eisel
Anke Eymer (Lübeck)

Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Hartwig Fischer (Göttingen)

Dirk Fischer (Hamburg)

Dr. Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Dr. Hans-Peter Friedrich


(Hof)

Erich G. Fritz
Jochen-Konrad Fromme
Dr. Michael Fuchs
Hans-Joachim Fuchtel
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis
Eberhard Gienger
Michael Glos
Ralf Göbel
Josef Göppel
Dr. Wolfgang Götzer
Ute Granold
Reinhard Grindel
Hermann Gröhe

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r. Franz Josef Jung
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ans-Werner Kammer
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ernhard Kaster

(VillingenSchwenningen)


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Susanne Kastner Ulrich Kelber Christian Kleiminger Hans-Ulrich Klose Astrid Klug Dr. Bärbel Kofler Walter Kolbow Fritz Rudolf Körper Karin Kortmann Rolf Kramer Anette Kramme Ernst Kranz Nicolette Kressl Volker Kröning Dr. Hans-Ulrich Krüger Angelika Krüger-Leißner Jürgen Kucharczyk Helga Kühn-Mengel Ute Kumpf Dr. Uwe Küster Christine Lambrecht Christian Lange Dr. Karl Lauterbach Waltraud Lehn Helga Lopez Gabriele Lösekrug-Möller Dirk Manzewski Lothar Mark Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis M P U D U M D M G F D A T H H J J C D F D M S M G D C W S R D K M O M A A B M O D U S H O O R S E F D D R R W D J D D A L R C D J arkus Meckel etra Merkel lrike Merten r. Matthias Miersch rsula Mogg arko Mühlstein etlef Müller ichael Müller esine Multhaupt ranz Müntefering r. Rolf Mützenich ndrea Nahles homas Oppermann olger Ortel einz Paula ohannes Pflug oachim Poß hristoph Pries r. Wilhelm Priesmeier lorian Pronold r. Sascha Raabe echthild Rawert teffen Reiche aik Reichel erold Reichenbach r. Carola Reimann hristel RiemannHanewinckel alter Riester önke Rix ené Röspel r. Ernst Dieter Rossmann arin Roth ichael Roth rtwin Runde arlene Rupprecht nton Schaaf xel Schäfer ernd Scheelen arianne Schieder tto Schily r. Frank Schmidt lla Schmidt ilvia Schmidt einz Schmitt laf Scholz ttmar Schreiner einhard Schultz wen Schulz wald Schurer rank Schwabe r. Angelica Schwall-Düren r. Martin Schwanholz olf Schwanitz ita Schwarzelühr-Sutter olfgang Spanier r. Margrit Spielmann örg-Otto Spiller r. Ditmar Staffelt ieter Steinecke ndreas Steppuhn udwig Stiegler olf Stöckel hristoph Strässer r. Peter Struck oachim Stünker D J D J F R S J D H A P G G D L D A H D E D W H U M B F J D C D U R A E P M J U O P H D H M J D H E B D M D H G J H S H I S M M r. Rainer Tabillion örg Tauss r. h. c. Wolfgang Thierse örn Thießen ranz Thönnes üdiger Veit imone Violka örg Vogelsänger r. Marlies Volkmer edi Wegener ndreas Weigel etra Weis unter Weißgerber ert Weisskirchen r. Rainer Wend ydia Westrich r. Margrit Wetzel ndrea Wicklein eidemarie Wieczorek-Zeul r. Dieter Wiefelspütz ngelbert Wistuba r. Wolfgang Wodarg altraud Wolff eidi Wright ta Zapf anfred Zöllmer rigitte Zypries DP ens Ackermann r. Karl Addicks hristian Ahrendt aniel Bahr we Barth ainer Brüderle ngelika Brunkhorst rnst Burgbacher atrick Döring echthild Dyckmans örg van Essen lrike Flach tto Fricke aul K. Friedhoff orst Friedrich r. Edmund Peter Geisen ans-Michael Goldmann iriam Gruß oachim Günther r. Christel Happach-Kasan einz-Peter Haustein lke Hoff irgit Homburger r. Werner Hoyer ichael Kauch r. Heinrich L. 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Uschi Eid ans-Josef Fell ai Gehring atrin Göring-Eckardt ritta Haßelmann ettina Herlitzius infried Hermann eter Hettlich riska Hinz ärbel Höhn hilo Hoppe te Koczy ylvia Kotting-Uhl ritz Kuhn enate Künast arkus Kurth ndine Kurth onika Lazar nna Lührmann icole Maisch erzy Montag erstin Müller infried Nachtwei mid Nouripour rigitte Pothmer laudia Roth rista Sager hristine Scheel mingard Schewe-Gerigk r. Gerhard Schick rietje Staffelt ainder Steenblock ilke Stokar von Neuforn Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die 29 100 gesunken. Widerspruch. Dann ist das so b (Jörg Tauss [SPD]: Wir kö Ich eröffne die Aussprache. D rin Dr. Annette Schavan. (Beifall bei der CDU/CSU neten der S Dr. Annette Schavan, Bu dung und Forschung: Frau Präsidentin! Liebe Ko Meine Damen und Herren! D 2008 zieht Bilanz über 2007. D mik in der Wirtschaft und Bew markt wirken sich positiv au aus. Mit rund 625 900 neu a dungsverträgen zum Stichta wurde nicht nur erstmals se eschlossen. nnten auch länger!)


(Hildesheim)





(A) )


(B) )


(Wackernheim)


(Tuchenbach)


(Everswinkel)


(Wiesloch)


(Wolmirstedt)





(A) )


(B) )


as Wort hat die Ministe-

sowie bei Abgeord-
PD)

ndesministerin für Bil-

lleginnen und Kollegen!
er Berufsbildungsbericht
iese Bilanz zeigt: Dyna-
egung auf dem Arbeits-

f den Ausbildungsmarkt
bgeschlossenen Ausbil-
g 30. September 2007
it 2001 die Marke von

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as sind die zentralen Zahlen.
er Zahl steckt ein junger Men
uch mit seiner Erwartung, am
ächste Phase seiner Bildung
önnen und von dieser Ges
hance zu bekommen. Deshalb
emeinsam mit den Sozialpar
chaft, den Ausbildungspakt u
ängert haben.


(Beifall bei der CDU/C Einher mit dieser positiven B timmung in den Unternehme ass man sich in den Unternehm er Frage beschäftigt, wie man chaffen kann, sondern längst er eigene Fachkräftebedarf en kann. Das betrifft vor alle ehmen, das betrifft aber a Ich füge hinzu: Hinter jesch mit seinen Talenten, Ende der Schulzeit in die sbiografie einsteigen zu ellschaft eine wirkliche war es richtig, dass wir tnern, speziell der Wirtm weitere drei Jahre ver SU und der SPD)


ilanz geht übrigens eine
n, die dafür gesorgt hat,

en nicht mehr allein mit
mehr Ausbildungsplätze
auch mit der Frage, wie
in Zukunft gedeckt wer-
m hochinnovative Unter-
uch das Handwerk in
Aussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich höre keinen (Willi Brase [SPD]: Das ist gut!)

Dr. Wolfgang Strengmann-
Kuhn

Hans-Christian Ströbele
Dr. Harald Terpe
Jürgen Trittin
Wolfgang Wieland
Josef Philip Winkler

Nein

CDU/CSU

Alexander Dobrindt
Herbert Frankenhauser
Dr. Peter Gauweiler
Paul Lehrieder
Dr. Georg Nüßlein
Marion Seib
Willy Wimmer (Neuss)


DIE LINKE

Hüseyin-Kenan Aydin
Dr. Dietmar Bartsch
Karin Binder
Dr. Lothar Bisky
Heidrun Bluhm
Eva Bulling-Schröter
Dr. Martina Bunge
Roland Claus
Dr. Diether Dehm
Werner Dreibus
Dr. Dagmar Enkelmann
Klaus Ernst
Wolfgang Gehrcke
Heike Hänsel
Lutz Heilmann
Hans-Kurt Hill
Cornelia Hirsch
Inge Höger
Dr. Barbara Höll
Ulla Jelpke

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(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich rufe den Tagesordnungspunkt 4 auf:

Unterrichtung durch die Bundesregierung

Berufsbildungsbericht 2008

– Drucksache 16/8750 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Sportausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Tourismus
Haushaltsausschuss

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(C (D r. Lukrezia Jochimsen r. Hakki Keskin atja Kipping onika Knoche an Korte atrin Kunert skar Lafontaine ichael Leutert lla Lötzer r. Gesine Lötzsch lrich Maurer ornelia Möller ersten Naumann olfgang Nešković r. Norman Paech etra Pau odo Ramelow lke Reinke aul Schäfer olker Schneider Dr. Herbert Schui Dr. Ilja Seifert Dr. Petra Sitte Frank Spieth Dr. Kirsten Tackmann Dr. Axel Troost Alexander Ulrich Jörn Wunderlich Sabine Zimmermann Fraktionslose Abgeordnete Henry Nitzsche Gert Winkelmeier Enthaltung BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Dr. Anton Hofreiter 00 000 wieder deutlich überschritten; es ist auch die weithöchste Vertragszahl seit der Wiedervereinigung. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Saarbrücken)


as ist auch das Ergebnis konsequenter Politik für
achstum und Beschäftigung.

Wer Wachstum und Beschäftigung fördert, fördert
ie Zukunftschancen der jungen Generation, kommt
u mehr Ausbildungsplätzen. Das ist die zentrale Bot-
chaft des Berufsbildungsberichts 2008.

Die Zahl der neuen Verträge ist somit in den letzten
wei Jahren um 75 800 gestiegen, die Zahl der zum
0. September unversorgten Bewerberinnen und Be-
erber gegenüber dem Vorjahr um 41 Prozent auf






(A) )



(B) )


Bundesministerin Dr. Annette Schavan
Deutschland. Alle spüren, wie wichtig es ist, jetzt wirk-
lich jedem Jugendlichen eine Chance zu geben und Aus-
bildung für alle zu ermöglichen, weil der Fachkräftebe-
darf schon in wenigen Jahren deutlich ansteigen wird.


(Zuruf von der SPD: Sehr richtig!)


Die Gründe hierfür sind: Eine hohe Zahl von Arbeitneh-
mern wird in Rente gehen. Darüber hinaus ist bereits
deutlich ein Rückgang der Zahl der Schulabsolventen er-
kennbar. Schon in diesem Jahr werden rund 33 000 we-
niger Schülerinnen und Schüler die Schule verlassen als
im vergangenen Jahr.

Die Bevölkerungsentwicklung und die anhaltende
Dynamik in der Wirtschaft führten zu erhöhtem Fach-
kräftebedarf. Das wird auch in diesem Jahr die Chancen
der Schulabsolventen weiter erhöhen, einen Ausbil-
dungsplatz zu bekommen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Klar ist aber auch, liebe Kolleginnen und Kollegen:
Es gibt nach wie vor Problembereiche, um die wir uns
mit unserer modernen Berufsbildungspolitik kümmern.

Erster Problembereich sind die Altbewerber. Bis ins
letzte Jahr hinein ist feststellbar: Die Hälfte, exakt
52 Prozent all derer, die sich um einen Ausbildungsplatz
bewerben, haben dies bereits mehrfach getan. Deshalb
ist es richtig gewesen, dass wir im Rahmen der Qualifi-
zierungsinitiative der Bundesregierung hier mit der Ein-
führung eines Ausbildungsbonus und der Erhöhung der
sozialpädagogischen Ausbildungshilfen einen besonde-
ren Akzent setzen. Wir tragen somit an dieser wichtigen
Schnittstelle Sorge dafür, dass bis zum Jahre 2010 – das
ist das Ziel der Bundesregierung – jeder dieser Jugendli-
chen eine Chance auf reguläre Ausbildung bekommt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Bereits in diesem Sommer können erste Verträge abge-
schlossen werden.

Der zweite Problembereich liegt an der Schnittstelle
Schule/Ausbildung. Wir kennen die immer wieder geäu-
ßerten Hinweise auf mangelnde Ausbildungsreife. Es
ist wichtig, an der Schnittstelle, am Übergang von der
Schule in die Ausbildung, Jugendliche über unsere ver-
schiedenen Institutionen und institutionellen Hilfen auch
ein Stück zu begleiten. Ich nenne das Stichwort Ausbil-
dungspaten. Diese tragen Sorge dafür, dass diejenigen,
die noch nicht genügend vorbereitet sind oder die sich
noch nicht darüber im Klaren sind, was auf sie zukommt,
davon überzeugt werden, dass Aufstieg durch Bildung
geschieht, vor dem Aufstieg der Einstieg steht und der
Einstieg eigene Anstrengungen verlangt. So muss die
Begleitung von Jugendlichen aussehen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Der dritte Problembereich ist die Durchlässigkeit.
Auch hier haben wir in der Qualifizierungsinitiative kon-
krete Initiativen ergriffen. Wir sagen aus Überzeugung:
Berufliche Bildung und Allgemeinbildung sind gleich-
wertig. Wir sagen aus Überzeugung vor allem mit Blick
auf andere europäische Länder: Berufliche Bildung, also

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(C (D uale Ausbildung, ist das Flaggschiff unseres Bildungsystems. ir haben in Deutschland eine im europäischen Verleich sehr niedrige Jugendarbeitslosigkeit, weil wir beufliche Bildung und diese Art der Fachkräfteausbildung aben. Das ist beste Vorbeugung gegen Jugendarbeitsloigkeit. Die Gleichwertigkeit muss sich auch im Zugang zu eiteren Phasen der Bildungsbiografie erweisen. Desalb gibt es ein Aufstiegsstipendium und eine Regelung es Hochschulzugangs für diejenigen, die qualifiziert us der beruflichen Bildung kommen, die Meister oder echniker sind. Das ist der nächste wichtige Schritt, um ie Gleichwertigkeit noch einmal deutlich zu konkretiieren. Jeder weiß, wir haben strukturschwache Regionen, n denen Ausbildungskapazitäten nicht in dem erforderichen Maße vorhanden sind. Dies mache ich an einer ahl deutlich: Alleine in den neuen Bundesländern sind eit 1998 150 000 Ausbildungsplätze seitens des Bunes finanziert worden. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Bedingung für duale Ausbildung ist natürlich, dass
ie strukturellen Voraussetzungen gegeben sind. Davon
önnen wir nicht überall ausgehen. Deshalb war es rich-
ig, Jobstarter und anderes auf den Weg zu bringen, um
larzumachen: Zukunftschancen der jungen Generation
üssen in allen Regionen Deutschlands vorhanden sein.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1615705400

Frau Ministerin, der Kollege Seifert würde gerne eine

wischenfrage stellen.

Dr. Annette Schavan, Bundesministerin für Bil-
ung und Forschung:

Bitte schön.


Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1615705500

Frau Ministerin, Sie haben vier Problemfelder be-

annt und nicht erwähnt, dass Menschen mit Behinde-
ungen und andere benachteiligte Gruppen sehr große
chwierigkeiten haben, einen Ausbildungsplatz zu fin-
en. Und wenn sie einen Ausbildungsplatz finden, dann
inden sie höchstens einen Sonderausbildungsplatz, was
azu führt, dass die Übernahmemöglichkeiten wesent-
ich geringer sind. Wieso sehen Sie es nicht als Schwer-
unkt Ihrer zukünftigen Arbeit an, dass dort etwas geän-
ert werden muss?

Dr. Annette Schavan, Bundesministerin für Bil-
ung und Forschung:

Ich war ja noch nicht fertig.






(A) )



(B) )


Bundesministerin Dr. Annette Schavan

(Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Sie haben gesagt, das wäre Ihr letzter Punkt!)


Ich hatte vier Punkte genannt und war bei den struktur-
schwachen Regionen. Natürlich gibt es daneben eine
Menge weiterer Einzelprobleme, zum Beispiel die Frage
des Übergangs von sonderpädagogischen Einrichtungen
in entsprechende Einrichtungen der beruflichen Bildung.
Hier gibt es vor allem im Bereich der freien Träger eine
Menge erfolgreiche Initiativen. Ich bin davon überzeugt,
dass in Bezug auf den Fachkräftebedarf alle Möglichkei-
ten ausgeschöpft werden müssen. Unsere Förderpro-
gramme schließen das ein. Es handelt sich also nicht um
einen Schwerpunkt, der neu gesetzt werden muss, son-
dern um einen, der, wenn Sie sich die Zuschusspolitik
anschauen, schon immer gesetzt war. Dies wurde natür-
lich regional unterschiedlich genutzt. Es ist unbestritten,
dass Menschen mit Behinderungen Probleme hinsicht-
lich ihrer beruflichen Perspektiven haben. In diesem Zu-
sammenhang erinnere ich an die Abgaben und die Abga-
benpolitik. Zahlt man eine Abgabe, wenn man eine
bestimmte Quote nicht erreicht, oder ist es nicht wichti-
ger, zu sagen, die Abgabe ist der leichtere Weg gegen-
über der tatsächlichen Bereitschaft, Menschen mit
Behinderungen einzustellen? Dazu steht die Bundes-
regierung. Es gibt eine Menge Initiativen, das zu fördern
und entsprechende Strukturen aufzubauen. Das ist unbe-
stritten, und da besteht sicherlich auch Konsens in die-
sem Hause.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Meine Damen und Herren, in der Berufsbildungspoli-
tik müssen wir neben dem, was wir national tun, was wir
jetzt in der Qualifizierungsinitiative umgesetzt haben
und was wir dabei sind, mit Blick auf „Dual mit Wahl“
umzusetzen, vor allem die europäische Arbeit – Berufs-
bildungs-PISA – in den Blick nehmen. Wir müssen in
den nächsten Jahren erreichen – das ist für den gemein-
samen Bildungsraum Europa wichtig –, dass das, wovon
wir hier überzeugt sind, in Europa entsprechend Aner-
kennung findet. Wir wollen, dass Auszubildende einen
Teil ihrer Ausbildung in einem anderen Land absolvie-
ren können. Wir wollen, dass das, was in Deutschland
Flaggschiff des Bildungssystems ist, auch im europäi-
schen Vergleich die Anerkennung findet, die es braucht.
Deshalb halte ich es für richtig, dass wir uns in Deutsch-
land auf das europäische Berufsbildungs-PISA einlassen
und uns aktiv und offensiv an dem europäischen Qualifi-
kationsrahmen und analog einem Qualifikationsrahmen
in Deutschland beteiligen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1615705600

Ich gebe das Wort dem Kollegen Patrick Meinhardt,

FDP-Fraktion.


Patrick Meinhardt (FDP):
Rede ID: ID1615705700

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Uns liegt wieder einmal ein Bericht vor, aller-
dings zum letzten Mal in dieser Form. In der Pressemit-

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(C (D eilung des Ministeriums heißt es: künftig nur noch Daen, Trends, Bewertungen – Schluss. Wir sind sehr froh arüber. Denn wir haben schon vor zwei Jahren hier anemerkt, dass es enorm wichtig ist, einen kurzen, präganten und knackigen Berufsbildungsbericht zu bekomen, und dass das ein wirklich guter Beitrag wäre. eswegen freuen wir uns, wenn das im Jahre 2009 auch als eine Maßnahme des Bürokratieabbaus – end ich Realität wird. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


an darf ja am Beginn seiner Rede auch einmal etwas
ositives sagen.


(Jörg Tauss [SPD]: Die ganze Zeit!)


Der Berufsbildungsbericht nämlich ist ein deutliches
larmsignal. Wenn Sie, Frau Ministerin, sagen, dass wir
it 626 000 Ausbildungsverhältnissen, einem Plus von

0 000, seit 2001 zum ersten Mal wieder die 600 000er-
renze überschritten haben, dann ist das von den Zahlen
er richtig. Aber man muss auch hinter die Zahlen
chauen.


(Jörg Tauss [SPD]: Klar!)


ir müssen uns klarmachen, dass in diesem Jahr zuerst
inmal ein Aufwuchs in Höhe von 29 000 bei den außer-
etrieblichen Ausbildungsplätzen stattgefunden hat. Das
eißt, kein Aufwuchs in unserer Hauptförderlinie, son-
ern ein Plus bei den außerbetrieblichen Ausbildungs-
lätzen. Der restliche Aufwuchs kommt in allererster
inie in den Ländern Nordrhein-Westfalen – plus 14 Pro-
ent –, Baden-Württemberg – plus 16 Prozent – und Nie-
ersachsen zustande; in der Summe sind das
8 000 Ausbildungsplätze. Der Aufwuchs ist also in den
ändern zu verzeichnen, in denen es bereits ein intelli-
entes Ausbildungsbonussystem gibt. Damit ist das
uch ein Erfolg der jeweiligen Landesregierung. Dem
eneigten Beobachter wird dabei wahrscheinlich nicht
ntgangen sein, dass in all diesen Ländern liberale Wirt-
chafts- oder Innovationsminister in der Verantwortung
tehen.


(Beifall bei der FDP – Lachen bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Aber, verehrte Kolleginnen und Kollegen, in allerers-
er Linie müssen wir der Wirtschaft und dem Handwerk
afür danken,


(Gudrun Kopp [FDP]: Richtig!)


ass trotz des Abbaus von Arbeitsplätzen ein deutlicher
ufwuchs bei den Ausbildungsplätzen erreicht werden
onnte. Dies ist ein dankenswerter Einsatz. Der Mittel-
tand steht zu seinem Wort.


(Beifall bei der FDP)


Handlungsnotwendigkeiten gibt es einige. Im dritten
ahr unserer Initiative steuern wir auf mehr als
0 Prozent Altbewerber zu, 385 000 in absoluten Zah-
en. Anders formuliert: Im dritten Jahr der Altbewerber-






(A) )



(B) )


Patrick Meinhardt
misere kommt jetzt der erste Akt der Bundesregierung
mit dem sogenannten Ausbildungsbonus.

Ich sage ausdrücklich: Der Ausbildungsbonus ist
grundsätzlich eine gute Idee. Er muss aber intelligent an-
gepackt werden. Wir alle haben gestern wieder die Kritik
des ZDH-Generalsekretärs vernehmen können, und zwar
in Bezug auf die Justierung der Zielgruppe der Altbe-
werber. Er sagt ganz klar: höchstens Realschulabschluss,
zwei Jahre ohne Ausbildungsplatz und lernbeeinträchtigt
oder sozial benachteiligt. In Baden-Württemberg haben
wir sogar gesagt: höchstens Hauptschulabschluss. Aber
was macht die Bundesregierung daraus?


(Jörg Tauss [SPD]: Was Besseres!)


Ich glaube nicht, dass das die richtige Zielrichtung ist;
vielmehr müssen wir näher justieren und besser bestim-
men. Sie machen daraus: ein Jahr ohne Ausbildungsplatz
und Realschulnote Vier; damit sei man ein schlechter
Schüler, wenn man diese Note in Deutsch oder in Mathe
hat. Das heißt, mit der Note Ausreichend ist man nach
dieser Definition jemand, der zu den Altbewerbern zäh-
len kann. Darüber hinaus stellt man die Entscheidung
vor Ort der Flexibilität der Arbeitsagenturen frei. Ich
glaube, dass das der falsche Weg ist.


(Jörg Tauss [SPD]: Was habt ihr denn gegen Flexibilität?)


– Nein, Herr Tauss, ich glaube, dass das wirklich der fal-
sche Weg ist. Denn wir müssen genau beschreiben, wen
wir mit einer solchen Maßnahme erreichen wollen.


(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Warum haben wir es denn in Baden-Württemberg – das
ist ja immerhin unser beider Land – von 2005 auf 2006
geschafft, die Zahl der Altbewerber von 2 700 auf 700
zu reduzieren?


(Jörg Tauss [SPD]: Rein konjunkturell!)


– Nein. Wir haben es geschafft, weil wir in Baden-
Württemberg einen Ausbildungsbonus eingeführt haben,
der genau dieser Justierung entspricht: ein Jahr Wartezeit
und maximal Hauptschulabschluss, aber nicht mit Note
Vier. Mit einer so festgelegten Zielgruppe kann man ef-
fektiv arbeiten. Wir brauchen eine genaue Zielgruppen-
definition. Gibt es sie nicht, können die entsprechenden
Maßnahmen die Betroffenen nicht erreichen.


(Beifall bei der FDP)


Nebenbei bemerkt: Die Bundesregierung braucht für
die Finanzierung dieses Ausbildungsbonus pro Bewer-
ber zwischen 4 000 und 6 000 Euro. In Niedersachsen
werden dafür zwischen 2 500 und 3 000 Euro benötigt.
Baden-Württemberg hat die Zahl der Altbewerber um
75 Prozent reduziert und zahlt 3 200 Euro aus. Ich weiß
wirklich nicht, warum die Bundesregierung fast den
doppelten Betrag pro Auszubildenden braucht. Zwei
Länder machen es vor, dass es mit ungefähr dem halben
Betrag funktionieren kann.

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(C (D Wir dürfen einen zweiten großen Block nicht aus dem okus verlieren, nämlich die vorbereitende Ausbilungsberatung, die unglaublich wichtig ist. Die Abbreherquote bei der Ausbildung beträgt im Moment 5 Prozent; sie ist in diesem Bereich eine der höchsten uoten. Deswegen ist es richtig und notwendig, dass wir u einer vorbereitenden und richtig justierenden Ausbilungsberatung kommen. Denn jeder Cent, der hier richig angelegt ist, wird am Schluss gespart. Mit einer guten eratung kann man den Jugendlichen eine gute Perspek ive geben. Es ist wichtig, die Flexibilisierung voranzutreiben. as bedeutet eine große Vielfalt von Ausbildungsberu en. Wir müssen es hinbekommen – das Modell „Dual it Wahl“ ist schon angesprochen worden –, dass wir im ahmen einer intelligenten Modularisierung – Grundodule, Kernmodule, Spezialmodule – zu einer flexible en Vorgehensweise kommen. Das heißt aber definitiv icht, dass wir eine Atomisierung der Ausbildung wolen. Wir wollen aber auch keine Zentralisierung auf Teuel komm raus in Richtung auf immer weniger Ausbilungsberufe. Wir brauchen hier eine gewisse andbreite. In dem Berichtszeitraum haben wir gemerkt, ass die Dynamik bei Berufen mit einer zweijährigen usbildungsdauer letztendlich dazu führt, dass es für iejenigen, die einen Hauptschulabschluss haben, wieder ine größere Perspektive gibt. Schauen wir uns einmal die Steigungsraten bei den erufen mit einer zweijährigen Ausbildungsdauer an: achlagerist plus 33 Prozent, Maschinenund Anlagenührer plus 33 Prozent, Teilezurichter plus 16 Prozent, erkäufer plus 15 Prozent. (René Röspel [SPD]: Alles keine Zukunftsberufe!)


(Beifall bei der FDP)


ll diese Berufe mit einer zweijährigen Ausbildungs-
auer bieten den Schülern mit einem Hauptschulab-
chluss eine Perspektive.


(René Röspel [SPD]: Keine Chancen in einer modernen Gießerei!)


as ist dringend notwendig.


(Beifall bei der FDP)


Wir Liberale sind der Überzeugung – dieser Punkt ist
ür uns wichtig –: Die Gleichwertigkeit von beruf-
icher und akademischer Ausbildung bedeutet, dass
ir alle zu einem Imagewechsel unseren Beitrag leisten
üssen. Eine Ausbildung zu machen, ist etwas Gutes.
iese Botschaft muss man an die jungen Menschen wei-

ergeben. Ein größerer Stellenwert der beruflichen Aus-
ildung tut unserem Land deswegen gut, weil diejeni-
en, die über die Ausbildung in das Berufsleben
intreten, etwas mitbringen, was unser Land dringend
raucht: eine Kultur der Selbstständigkeit.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP)







(A) )



(B) )


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1615705800

Für die SPD-Fraktion gebe ich dem Kollegen Willi

Brase das Wort.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Willi Brase (SPD):
Rede ID: ID1615705900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir diskutieren heute über den Berufsbildungsbericht.
Ich möchte aber zu Beginn eine Initiative von jungen
Menschen, von Landesschülervertretungen und von jun-
gen Gewerkschaftern erwähnen, die das Grundrecht
auf Ausbildung einfordern. Für die SPD-Fraktion ist
diese Initiative eine weitere Ermutigung, sich für die
Schaffung von qualifizierten Ausbildungsplätzen in aus-
reichender Zahl einzusetzen. Für uns ist diese Initiative
Handlungsauftrag; denn die jungen Leute drücken damit
aus, dass sie auch zukünftig eine qualifizierte Ausbil-
dung wollen. Deshalb werden wir uns weiterhin dafür
einsetzen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Ministerin, Frau Schavan, hat deutlich auf die
Zahlen und die Entwicklung hingewiesen. Ich will sie an
einer Stelle etwas ergänzen: Auch wir nehmen positiv
zur Kenntnis, dass es neben den neuen eingetragenen
Ausbildungsverhältnissen im Bereich BBiG und HwO
noch 120 000 junge Leute gibt, die in einer Ausbildung
nach Landesrecht – und nicht nur zwei Jahre, sondern
vielfach auch drei Jahre – tätig sind. Wer sich den Be-
rufsbildungsbericht genau anschaut, wird sehen, wie
viele hochqualifizierte Ausbildungen dort durchgeführt
werden. Das zählt mit dazu. Man könnte sagen: Wir bie-
ten jährlich in der Bundesrepublik weit über
700 000 gute und vernünftige Möglichkeiten für die jun-
gen Leute an. Das ist richtig so.


(Beifall bei der SPD)


In der Debatte wird häufig auch die Frage der Ausbil-
dungsreife angesprochen; das war hier immer Thema
und wird es auch zukünftig bleiben. Die SPD-Fraktion
sagt: Wir brauchen die Berufsorientierung und Berufs-
vorbereitung nicht nur für besonders betroffene Grup-
pen, wie das derzeit häufig noch der Fall ist, sondern
wollen sie für alle. Wir wollen keine Stigmatisierung
einzelner Gruppen mehr, die am Ausbildungsmarkt nicht
zurande kommen, sondern für alle in diesem Land eine
vernünftige Berufsorientierung.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Deshalb halten wir es auch für richtig, dass ein ent-
sprechendes Programm für Schülerinnen und Schüler
mit Mitteln in Höhe von 15 Millionen Euro in Zusam-
menhang mit den überbetrieblichen Ausbildungsstellen
des Handwerks und der Industrie auf den Weg gebracht
wird und dass die gesetzlich vorgesehene Finanzierung
von 50 : 50 geregelt ist. Ich sage hier sehr deutlich:
Wenn dieses Programm gut angenommen wird, wenn
jungen Menschen, Schülerinnen und Schülern nicht nur

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(C (D on der Hauptschule, sondern möglicherweise auch von nderen Schultypen 14 Tage lang eine Orientierung, was eruflichkeit, Branchenentwicklung in der Region und erspektiven angeht, gegeben wird und dieses Proramm gut umgesetzt wird, dann ist dies eine Auffordeung, das in Zukunft für alle auf den Weg zu bringen. In der letzten Sitzungswoche haben wir über den usbildungsbonus diskutiert. In diesem Zusammenang habe ich darauf hingewiesen, dass wir in der Beachteiligtenförderung, was die Berufsausbildungsvorereitung angeht, immer noch eine Vielfalt von aßnahmen haben. Wer sich den Berufsbildungsbericht enau ansieht, wird feststellen, dass es jede Menge Lanesprogramme gibt. Wir haben manche ESF-geförderten rogramme. Wir haben das BVJ und das BGJ bis hin zu en Programmen der Agentur für Arbeit. Wir halten den Beschluss des Hauptausschusses des undesinstituts für Berufsbildung, eine nationale Bilungsinitiative im Sinne eines Schulund Berufsabchlusses für alle zu starten, für absolut richtig; denn er nthält gute Vorschläge. Wir wollen den Lernort Betrieb tärker mit einbeziehen. Dazu gibt es gute konkrete Beipiele. Ich glaube, dass das der richtige Weg ist; denn it einer vernünftigen Berufsorientierung und einer ver ünftigen Berufsvorbereitung stärken wir das Selbstertgefühl der jungen Menschen. Wir brauchen ausbilungsbegleitende Hilfen. Diese weiten wir aus. Wir erden Abbrüche vermeiden. Die Antragsund Durch ührungsbestimmungen müssen entrümpelt werden. Ich laube, dieser Initiative gebührt der entsprechende Resekt. Die duale Ausbildung in der Bundesrepublik eutschland lebt davon, dass wir auf vielen Ebenen eine ute Zusammenarbeit zwischen den Beteiligten haben. s ist richtig, wenn wir sagen: Diese Zusammenarbeit zu egen und zu pflegen, ist nicht verkehrt. Gerade bei der euordnung von Ausbildungsordnungen haben wir über ahrzehnte von dieser guten Zusammenarbeit gelebt. enn die Fachverbände gemeinsam Ausbildungsord ungen entwickeln und sie dann im Konsens mit der undesregierung und dem Verordnungsgeber durchseten, dann war und ist das ein guter Weg. Es ist aber nicht o gut, wenn der Verordnungsgeber bei der einen oder nderen Ausbildungsordnung dieses Prinzip gegen den illen der Fachverbände verlässt. eshalb ist unsere Bitte an das Wirtschaftsministerium, ie Praxis an dieser Stelle etwas zu überprüfen. Die onsensbildung in der beruflichen Bildung ist ein so hoes Gut, dass wir es nicht leichtfertig aufs Spiel setzen ürfen. Das wäre der falsche Weg. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir, CDU/CSU, PD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP, haben in der etzten Legislaturperiode zu diesem Thema einen Entchließungsantrag eingebracht, in dem wir gefordert ha Willi Brase ben, dass da, wo es im Verfahren klemmt, möglicherweise ein Schlichtersystem eingeführt wird. Ich will das heute ausdrücklich anmahnen, weil ich glaube, das ist der bessere Weg. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)





(A) )


(B) )


Ausbildungsmärkte sind regionale Märkte. Unser Ziel
muss es sein, Partner und Strukturen vor Ort zu stärken
sowie das Berufsprinzip beizubehalten. Wir müssen da-
für sorgen, dass die jungen Leute das erhalten, was sie
wollen, nämlich eine qualifizierte Ausbildung, die ihre
Beschäftigungsfähigkeit fördert, die einen Einstieg in
den Beruf und eine Zukunftsperspektive bietet.

In diesem Zusammenhang führen wir auch eine De-
batte über die zweijährige Ausbildung. Wer sich den Be-
rufsbildungsbericht genau anschaut, wird feststellen,
dass einige dieser zweijährigen Ausbildungsgänge in-
zwischen nur noch gerade einmal 10, 15 oder 20 Aus-
bildungsverhältnisse vorweisen. Wenn wir in Richtung
„Berufsfamilie“ gehen wollen, was wir bejahen und für
richtig halten, dann sollten wir auch die zweijährigen
Ausbildungsordnungen überprüfen. Ich glaube, sie sind
fehl am Platz und bieten keine vernünftige Zukunftsper-
spektive für die jungen Leute.


(Beifall bei der SPD)


Wir begrüßen ausdrücklich, dass der Berufsbildungs-
bericht – das ist eben schon angesprochen worden – ein
Stück weit verändert wird. Wir gehen davon aus, dass
die Vorschläge des Hauptausschusses mit diesen Ände-
rungen in Einklang stehen. Der Ausschuss hat gefordert,
dass der Berufsbildungsbericht einen politischen Teil er-
hält, der auch klare politische Aussagen enthalten soll.
Das ist Aufgabe der Bundesregierung; daran sollte man
nicht vorbeigehen. Inhaltlich sollte er gestrafft und the-
matisch so aufgebaut werden, dass die Schwerpunkte
noch deutlicher und noch schneller zu erkennen sind.
Außerdem sollte die Präsentation verbessert und damit
die Nutzerfreundlichkeit gesteigert werden. In diesem
Sinne sollten wir tätig werden. Die SPD-Fraktion wird
diese Bemühungen unterstützen.


(Beifall bei der SPD)


Ich will einen weiteren Punkt ansprechen. Wir bitten
darum, dass man sich die Initiativen, die in den einzel-
nen Regionen im Bereich der beruflichen Bildung auf
den Weg gebracht wurden und als präventives Handeln
verstanden werden können, genau anschaut und unter-
stützt. Einige Initiativen führen zu einer Verbesserung.
Ich habe sie hier, im Plenum, schon mehrfach erwähnt.

In Nordrhein-Westfalen haben wir ein Projekt auf den
Weg gebracht, um die Vielfalt der eben angesprochenen
Maßnahmen im Übergangsbereich ein Stück weit in
den Griff zu bekommen. Häufig ist es so, dass den jun-
gen Leuten, die zur Berufsberatung in die Agentur für
Arbeit kommen, ein Angebot gemacht wird, das sie nicht
genau nachvollziehen können. Der eine wird in Richtung
Schule – BVJ oder BGJ, das ausläuft – geschickt, der an-
dere erhält eine Maßnahme der Agentur für Arbeit, und
der Dritte kommt in eine vom ESF geförderte Maß-

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(C (D ahme und erhält mehr Geld. Diese Zufälligkeit und iese Vielfalt der Maßnahmen haben wir in einem symolischen Projekt aufgelöst. Wir haben sozusagen alles n einen Topf geschüttet. Vor Ort soll nun geschaut weren, was der einzelne braucht. Das ist Individualisierung m positiven Sinne, um den Wünschen der jungen Leute esser gerecht werden zu können. ch glaube, dass dieses Projekt richtig ist. Es wird in drei egionen Nordrhein-Westfalens durchgeführt. Ich ürde mich freuen, wenn wir dieses Projekt bundesweit bernehmen, wenn die Ergebnisse gut sind. Die berufliche Bildung in Deutschland ist nicht nur azu da, Versorgung auf den Weg zu bringen. Die Weierentwicklung der beruflichen Bildung, vor allem die ualitative Weiterentwicklung, ist ein Aspekt von Innoation. Und weil das so ist, müssen wir die berufliche ildung nach vorne bringen. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. Nächste Rednerin ist die Kollegin Nele Hirsch, Frak ion Die Linke. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ehr geehrte Damen und Herren von der Bundesregieung! Mit Ihrer Berufsbildungspolitik schaffen Sie keine ukunft, wie Sie hier behauptet haben, Frau Ministerin, ondern zerstören sie. In erster Linie merken das die betroffenen Jugendlihen. Herr Brase, Sie haben zu Recht darauf hingewieen, dass sie sich das nicht länger gefallen lassen wollen nd deshalb eine Petition gestartet haben, mit der sie forern, dass das Recht auf Ausbildung im Grundgesetz erankert wird. m Dienstag wurde die Petition übergeben. Viele Koleginnen und Kollegen aus diesem Parlament waren daei. Mehr als 72 000 Unterschriften sind zusammengeommen. Quer durch alle Fraktionen – mit Ausnahme er FDP, die leider nicht vertreten war – wurde gesagt: a, das ist ein richtiges und wichtiges Anliegen. Heute diskutieren wir über den Berufsbildungsbericht 008. Dieser Bericht ist ein deutlicher Beleg dafür, wie ie Bundesregierung dieses von den Jugendlichen geforerte Grundrecht mit ihrer Politik mit Füßen tritt. Wenn ie, Herr Kollege Brase, Ihre schönen Worte vom Diens ag, die Sie hier wiederholt haben, ernst nehmen würden, ann dürften Sie nicht auf ein „Weiter so!“ setzen, sonern müssten für eine klare Abkehr von der bisherigen erufsbildungspolitik eintreten. Cornelia Hirsch (Beifall bei der LINKEN – Willi Brase [SPD]: Das wäre grundverkehrt! Es geht um die jungen Leute!)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1615706000

(Beifall bei der LINKEN)

Cornelia Hirsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1615706100

(Willi Brase [SPD]: Das ist Quatsch!)


(Beifall bei der LINKEN)





(A) )


(B) )


Stattdessen hören wir die üblichen hohlen Phrasen:
Die Lage auf dem Ausbildungsmarkt habe sich ent-
spannt, der Ausbildungspakt sei ein Erfolg, und die Bun-
desregierung habe im letzten Jahr neue, innovative Im-
pulse auf den Weg gebracht. Alle drei Behauptungen
sind falsch. Alle drei Behauptungen sind auch eine Ver-
alberung der jungen Menschen und der 72 000 Unter-
zeichnerinnen und Unterzeichner der Petition für ein
Grundrecht auf Ausbildung.


(Beifall bei der LINKEN)


Lassen Sie mich zunächst auf Ihre erste Behauptung
eingehen: auf die angebliche Entspannung auf dem
Ausbildungsmarkt. Ich kann nur wieder einmal an Sie
appellieren, sich den Berufsbildungsbericht jenseits der
Schönfärberei der Bundesregierung einmal genauer an-
zusehen und folgende Zahlen zur Kenntnis zu nehmen:
385 000 Jugendliche in diesem Land tragen den Stempel
Altbewerberin bzw. Altbewerber. Allein im letzten Jahr
konnten 100 000 Jugendliche ihren Ausbildungswunsch
nicht realisieren. Nur noch 24 Prozent der Betriebe bil-
den aus. Nicht einmal jeder dritte Jugendliche mit Mi-
grationshintergrund findet einen Ausbildungsplatz. Es
kommt zu zusätzlichen Benachteiligungen von Frauen
und – darauf hat mein Kollege Ilja Seifert hingewiesen –
von jungen Menschen mit Behinderung. Das ist wahrlich
keine Entspannung. Vor allem ist das alles andere als ein
Grundrecht auf Ausbildung.


(Beifall bei der LINKEN)


Herr Kollege Brase, wenn Sie die Forderung dieser
Petition unterstützen, dann müssen Sie für das politische
Ziel eintreten, das die Linke schon seit Jahren verfolgt:


(René Röspel [SPD]: Sie gibt es doch noch gar nicht seit Jahren! – Patrick Meinhardt [FDP]: Seit Jahren? Euch gibt es doch erst ein Jahr! Wie habt ihr eigentlich vorher geheißen?)


Alle jungen Menschen müssen das Recht auf ein aus-
wahlfähiges Angebot an Ausbildungsplätzen haben.


(Beifall bei der LINKEN – Willi Brase [SPD]: Ja, ja! Hättet ihr euch doch in MecklenburgVorpommern bloß besser durchgesetzt! In Berlin habt Ihr das übrigens auch nicht umgesetzt! Was erzählen Sie da eigentlich?)


Ihre zweite Behauptung lautet: Der Ausbildungspakt
ist ein Erfolg. Auch hierzu sagt die Linke deutlich Nein.
Richtig ist: Der Ausbildungspakt ist einer der Gründe für
die heutige Misere. Gerade durch diesen Pakt – Herr
Tauss, Sie brauchen gar nicht den Kopf zu schütteln –


(Jörg Tauss [SPD]: Doch!)


wurde den Betrieben die Legitimation verschafft, sich
aus ihrer Verantwortung für die Bereitstellung von Aus-
bildungsplätzen zurückzuziehen. Das wird daran deut-
lich, dass die Quote der betrieblichen Ausbildung Jahr
für Jahr gesunken ist.

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(C (D Frau Kollegin, der Kollege Hinsken würde gerne eine wischenfrage stellen. Nein, ich möchte sie nicht zulassen. Nein, sie möchte sie nicht zulassen. (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Wie schade! – Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Dann dürfen Sie bei mir nachher auch keine Zwischenfrage stellen!)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1615706200
Cornelia Hirsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1615706300
Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1615706400


Cornelia Hirsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1615706500

Ich möchte insbesondere an die Kolleginnen und Kol-

egen von SPD und Grünen appellieren – da der Ausbil-
ungspakt vor allem auf Sie zurückgeht –, endlich zuzu-
eben, dass der Ausbildungspakt für Sie in Wahrheit nur
er Vorwand war, damit Sie sich von Ihrer Forderung
ach einer gesetzlichen Ausbildungsplatzumlage verab-
chieden konnten.


(Beifall bei der LINKEN)


ie hatten nicht den Mut, sich den Unternehmen in den
eg zu stellen und ihre Verantwortung für die Bereit-

tellung von Ausbildungsplätzen einzufordern. Die Ge-
erkschaften beteiligen sich an diesem staatlich legiti-
ierten Ausbildungsabbau nach wie vor nicht. Sie

ordern wie die Linke: weg mit dem Ausbildungspakt
nd her mit einer gesetzlichen Ausbildungsplatzumlage!


(Beifall bei der LINKEN)


Ihre dritte Behauptung, die Bundesregierung habe im
etzten Jahr innovative Vorschläge zur Weiterentwick-
ung des Berufsbildungssystems vorgelegt, ist eben-
alls falsch. In Ihrer Qualifizierungsinitiative und in den
eitlinien des Innovationskreises sind erstens lediglich
nkündigungen ohne jedes Fundament enthalten. Da le-

en wir von einem Berufsbildungs-PISA, von einer bes-
eren Benachteiligtenförderung und von der Öffnung des
ugangs zu Hochschulen auch für die berufliche Bil-
ung. All diese Ziele sind richtig. Wie Sie konkret vor-
ehen wollen, das sagen Sie aber nicht.


(René Röspel [SPD]: Sie jedenfalls werden diese Ziele nie erreichen!)


Auf der anderen Seite machen Sie Vorschläge, die
indeutig unsozial sind. Das beste Beispiel ist hier der
usbildungsbonus, den Sie planen und über den wir in
er letzten Sitzungswoche diskutiert haben. Das Pro-
lem ist nicht allein, dass die Unternehmen damit für ih-
en jahrelangen Rückzug aus der Bereitstellung von
usbildungsplätzen auch noch belohnt werden.


(Willi Brase [SPD]: Sie machen das dort, wo Sie an der Landesregierung beteiligt sind, doch genauso! Das ist wirklich unglaublich! Was soll das denn? So ein Unsinn!)


ein, es kommt noch ein weiterer Punkt hinzu: Mit der
inführung eines Ausbildungsbonus unterstützen Sie die






(A) )



(B) )


Cornelia Hirsch
Schmalspurausbildung. Wenn ein Unternehmer für eine
dreijährige und für eine zweijährige Ausbildung die glei-
che Prämie erhält, dann wird er sich natürlich für eine
zweijährige Ausbildung entscheiden; das ist ganz klar.
Das ist Schmalspurausbildung per Gesetz. Auch dazu
sagt die Linke Nein.


(Beifall bei der LINKEN – Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Man kann wirklich viel Kritik am Ausbildungsbonus üben, wenn man das will! Aber das ist ganz sicher die falsche!)


Bei der Petitionsübergabe hat einer der Jugendlichen
etwas sehr Wichtiges gesagt. Ich möchte ihn hier deshalb
zitieren: Ein Recht auf Ausbildung ist für die Zukunft
von uns Jugendlichen sehr wichtig, und die große Mehr-
heit der Bevölkerung unterstützt diese Forderung. Ich
verstehe nicht, warum sich nicht auch im Bundestag da-
für eine Mehrheit findet. – Die ehrliche Antwort auf
diese Frage wäre, dass die Mehrheit im Bundestag die
Interessen der Unternehmen vertritt und eben nicht die
Interessen der Mehrheit der Gesellschaft und deshalb
auch nicht die Interessen der ausbildungsplatzsuchenden
Jugendlichen.


(Beifall bei der LINKEN)


Sie haben nicht den Mut, das zuzugeben. Die Linke
macht bei dieser Politik nicht mit. Wir sagen nicht „Wei-
ter so“ und instrumentalisieren die Petition für ein
Grundrecht auf Ausbildung als ein Ja zur bisherigen Be-
rufsbildungspolitik, sondern wir sehen sie als das, was
sie ist, als ein klares Nein zu dem, was bisher in der Be-
rufsbildungspolitik passiert ist, und ein klares Nein zu
Ihrer unsozialen Politik. Die Jugendlichen haben unsere
Unterstützung.

Besten Dank.


(Beifall bei der LINKEN – Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Wieder einmal sehr enttäuschend war das!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1615706600

Das Wort hat die Kollegin Priska Hinz, Bündnis 90/

Die Grünen.

Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es gibt
tatsächlich eine leichte Verbesserung auf dem Ausbil-
dungsmarkt,


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


die auch der Konjunktur geschuldet ist;


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Wie so vieles andere!)


das ist sicherlich richtig. Trotzdem dürfen wir uns und
die Jugendlichen nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir
noch lange nicht über dem Berg sind und dass wir in der
Berufsausbildung nach wie vor strukturelle Probleme
haben. Es sind nicht nur konjunkturelle Probleme, die
verhindern, dass Ausbildungsplätze geschaffen werden.

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(C (D rau Hirsch, es geht bei der Entscheidung, ob Betriebe usbilden oder nicht, nicht allein ums Geld. Vielmehr uss man sich die Strukturen anschauen. Aus diesem rund ist Ihr ewig gleicher Vorschlag einer Ausbilungsplatzumlage nicht das Allheilmittel. Deswegen haen wir uns damals anders entschieden. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Natürlich kann man den Ausbildungspakt kritisie-
en. Auch wir tun das, aber aus anderen Gründen. Es
timmt nicht, dass mit dem Pakt nichts erreicht wurde.
amit wurde etwas erreicht, aber die Ziele sind uns nicht

mbitioniert genug. Man muss nicht nur neue, sondern
uch zusätzliche Ausbildungsplätze vereinbaren, weil
isher nicht diejenigen gegengerechnet werden, die weg-
allen. Das ist unter anderem ein Problem.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Natürlich müssen in den Ausbildungspakt noch an-
ere Unternehmen als die kleinen und mittleren Unter-
ehmen aufgenommen werden, die auch in den letzten
ahren dankenswerterweise viele Ausbildungsplätze ge-
chaffen haben. Man muss auch sagen: Wir stehen des-
egen in diesem Jahr besser da, weil es viele außerbe-

riebliche Ausbildungsplätze gibt; Herr Meinhardt hat
arauf hingewiesen. Das heißt, auch die öffentliche
and ist eingestiegen. Das ist in diesem Fall nicht

chlecht. Trotzdem müssen wir sehen, dass es nicht nur
m dualen System neue Ausbildungsplätze gegeben hat,
ondern auch außerbetriebliche Ausbildungsplätze. Wir
tellen höhere Anforderungen an die Wirtschaft, die im-
er wieder den Fachkräftemangel beklagt. Ihr müssen
ir klar und deutlich sagen, dass sie ausbilden und für

hren Nachwuchs sorgen muss.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich jedenfalls lasse mir als einer Abgeordneten, die
chon seit 20 Jahren – zunächst in einem Landesparla-
ent – Berufsbildungspolitik für die Jugendlichen macht

nd die als eine der wenigen und auch im Gegensatz zu
hnen eine berufliche Ausbildung hat, nicht vorwerfen,
ass mich dieses Thema nicht kümmert. Das brauche ich
ir von Ihnen nicht sagen zu lassen, Frau Hirsch.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – René Röspel [SPD]: Da sitzt so mancher auf einem hohen Ross! Da haben Sie recht!)


Wir müssen über die Zukunft reden. Das künftige
ahr wird als schwierig prognostiziert. Im Berufsbil-
ungsbericht wird damit gerechnet, dass etwa 1 Million
unger Menschen inklusive Altbewerber und Schulab-
recher einen Ausbildungsplatz suchen werden. Ihnen
teht voraussichtlich ein Angebot von 620 000 Ausbil-
ungsplätzen gegenüber. Diese Lücke schließt man nicht
it einem Ausbildungsbonus, der auch noch Mitnahme-

ffekte produziert.






(A) )



(B) )


Priska Hinz (Herborn)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir müssen das Hauptproblem sehen: Wir haben zu we-
nig Ausbildungsplätze, und wir haben ein zu großes
Übergangssystem. 43 Prozent der Jugendlichen landen
in einem Schulberufssystem, das keinen Abschluss bie-
tet, oder in berufsvorbereitenden Maßnahmen und in
sonstigen Qualifizierungsmaßnahmen, die keinen Ab-
schluss bieten. Was antwortet uns die Regierung auf
unsere Anfrage, was sie gegen diesen Wildwuchs im
Übergangssystem macht? Sie hat uns geantwortet, dass
es sich im Übergangssystem um Jugendliche handelt,
deren Entwicklungsstand eine erfolgreiche Ausbildung
in einem anerkannten Ausbildungsberuf noch nicht er-
warten lässt.

Das ist entweder bare Unkenntnis oder Ignoranz oder
Zynismus.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Man kann doch nicht sagen, dass 43 Prozent der Jugend-
lichen nicht ausbildungsreif sind. Da müssten Sie eigent-
lich nacharbeiten, Frau Schavan.

Wir brauchen strukturelle Veränderungen. Das
Übergangssystem muss dahin gehend verändert werden,
dass jeder Ausbildungsschritt zu einer anerkannten Qua-
lifikation führt, die in einer Ausbildung angerechnet
wird. Nur dann werden wir das Problem verringern, dass
die jungen Menschen im Schnitt 20 Jahre alt sind, wenn
sie mit einer Ausbildung beginnen. 20 Jahre – und dann
reden wir über das G 8 und eine Verkürzung der Studien-
zeiten! Scheinbar interessiert es uns aber nicht, dass
junge Leute erst mit 20 eine Berufsausbildung beginnen.
Das ist eine Verschwendung von Lebenszeit, eine De-
qualifizierung von jungen Leuten, die wir uns sozial und
ökonomisch nicht leisten können.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir Grünen wollen integrierte Maßnahmen statt
immer nur eins drauf: Ausbildungsbonus, EQJ, neue Be-
rufsorientierungsprogramme in überbetrieblichen Aus-
bildungsstätten. Berufsvorbereitende Maßnahmen müs-
sen auf jene konzentriert werden, die sie wirklich nötig
haben, weil sie noch nicht ausbildungsreif sind. Dazu ge-
hört, dass das Dickicht der Vorbereitungs- und Qualifi-
zierungsmaßnahmen von Bund, Ländern, Kommunen
und BA gelichtet wird. Das, Frau Schavan, wäre eine
Aufgabe für die Nationale Qualifizierungsinitiative.

Zweitens. Die im Übergangssystem erworbenen
Kompetenzen müssen zertifiziert und anerkannt werden.
Keine Berufsfachschule darf ohne Abschluss enden.
BVJ, BGJ und wie sie alle heißen führen ins Nirwana,
sie machen die jungen Leute schulmüde und führen
dazu, dass die jungen Leute keine Lust mehr auf Ausbil-
dung haben.

Drittens. Alle ausbildungsreifen Jugendlichen müssen
eine vollwertige Ausbildung absolvieren können. Wir
schlagen vor, die duale Ausbildung um öffentlich bereit-
gestellte Ausbildungsplätze zu ergänzen, die in einer
stärkeren Kooperation von Berufsschulen, überbetriebli-
chen Zentren und Betrieben entstehen sollen. Das ist

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(C (D eine klassische duale Ausbildung; aber es ist nach em Prinzip der dualen Ausbildung – auf das es uns anommt – aufgebaut: starke Praxisverschränkung mit theretischer Ausbildung. Viertens. Wir brauchen mehr Produktionsschulen. amburg ist ein super Beispiel: In Hamburg sollen mehr roduktionsschulen eingerichtet werden, bei denen das VJ und das BGJ integriert werden, also die Berufsvorereitung in einen Abschluss mündet. Diese Schulen haen viel höhere Erfolgsquoten. Fünftens. Wir brauchen eine Berufsorientierung, die icht nur zwei Wochen in drei verschiedenen Berufsfelern bedeutet, wir brauchen eine Berufsorientierung an en allgemeinbildenden Schulen, von Anfang an und am heutigen Girls’ Day kann ich das deutlich sagen – enderorientiert; denn die Frauen haben immer noch das ingeengte Berufswahlspektrum ihrer Mütter und Großütter im Kopf. Das sind strukturelle Vorschläge, mit denen wir, wie ir glauben, Verbesserungen erreichen können. Spätesns wenn der nationale Bildungsbericht vorgelegt wird, – Frau Kollegin! – werden wir dieses Thema wieder auf der Tagesord ung haben. Danke schön. Nächster Redner ist der Kollege Uwe Schummer, DU/CSU-Fraktion. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1615706700
Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615706800

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1615706900


Uwe Schummer (CDU):
Rede ID: ID1615707000

Verehrtes Präsidium! Meine Damen! Meine Herren!

rundrecht auf Ausbildung ist ein interessantes
hema. In unserer Verfassung ist die freie Berufswahl

estgelegt. Die freie Berufswahl ist ein wirksames und
ichtiges Instrument. Ich denke, dass auch die jungen
enschen, die heute Teilnehmer an dieser Debatte sind,
issen: Es geht hier nicht um Worte, sondern um Taten.
ir müssen zwischen der Politik, den Akteuren in der
usbildung, den Sozialpartnern, der Wirtschaft und den
ewerkschaften eine Allianz für Bildung schmieden, da-
it Fakten gesetzt und nicht nur Worte gesprochen wer-

en.

Der Berufsbildungsbericht enthält drei Botschaften,
ie mir heute wichtig sind:

Erste Botschaft. Die Ausbildung folgt, wenn auch
eitversetzt, dem Arbeitsmarkt. Wenn man sich die Jahre
005 und 2008 anschaut, dann stellt man Folgendes fest:
m März 2005 hatten wir 5,2 Millionen Arbeitslose. Wir
aben darüber diskutiert, ob die 6 Millionen erreicht






(A) )



(B) )


Uwe Schummer
werden. Wie reagiert ein Land, Deutschland, das, wie in
der Weimarer Zeit, unweigerlich auf 6 Millionen Ar-
beitslosen zumarschiert? Kann man überhaupt noch
Vollbeschäftigung erreichen? Im März 2008 hatten wir
3,5 Millionen Arbeitslose. Das heißt, die Zahl der Ar-
beitslose ist von 2005 bis 2008 um 1,7 Millionen gesun-
ken.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Zum Vergleich: 2005 wurden jeden Tag 2 000 Ar-
beitsplätze vernichtet, heute werden unter dem Strich je-
den Tag 1 400 Arbeitsplätze neu geschaffen. Die Zahl
der Erwerbstätigen beträgt 40 Millionen. Das heißt, im
Vergleich zu 2005 ist die Zahl der Erwerbstätigen um
etwa 1 Million angestiegen. Wir können wieder realis-
tisch – wenn auch in die Zukunft gerichtet – über die
Vollbeschäftigung diskutieren. Das heißt, die Lage hat
sich insgesamt verbessert.

Auch die Zahl der Ausbildungsplätze entwickelt sich
so wie die Zahlen auf dem Arbeitsmarkt. Das erkennt
man an der Zahl der Arbeitslosen bis zu 25 Jahren. Auch
diese Zahl sank, nämlich von 665 000 auf 364 000. Das
ist ein Rückgang um 45 Prozent. Wenn man auch die
Ausbildungsplätze mitzählt, die nicht besetzt werden
können, haben wir ein Ausbildungsplatzangebot von
644 000. Auch das ist ein Spitzenstand seit der deut-
schen Einheit. Zwei von drei Jugendlichen absolvieren
eine duale Ausbildung. 1,5 Millionen Auszubildende be-
finden sich in 500 000 Ausbildungsbetrieben, die sich
verantwortlich im Sinne der Verfassung unserer Gesell-
schaft für junge Menschen engagieren. 85 Prozent dieser
Ausbildungsplätze stellt der Mittelstand; sie befinden
sich also bei den kleinen und mittleren Unternehmen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Patrick Meinhardt [FDP])


Kluge Unternehmer, die weiter denken als bis zum
nächsten Golfplatz, wissen, dass sie nicht nur in Maschi-
nen, sondern auch in Menschen investieren müssen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Zweite Botschaft des Berufsbildungsberichtes. Wir
schaffen Brücken statt Warteschleifen. Bis 2002 wur-
den im von uns kritisierten JUMP-Programm Ersatz-
maßnahmen finanziert – mit insgesamt 5,2 Milliarden
Euro. Durch Einstiegsqualifizierungen, wie das Sonder-
programm EQJ, haben wir jetzt erreicht, dass die Weiter-
vermittlung bei 75 Prozent liegt, während sie beim
JUMP-Programm bei 30 Prozent lag. Das heißt, wir ha-
ben eine erfolgreiche Brücke in den Arbeitsmarkt ge-
baut. Das spart Geld, aber auch Lebenszeit der jungen
Menschen.

Ähnlich wie das Sonderprogramm EQJ und andere
Einstiegsqualifizierungen wird auch der Ausbildungsbo-
nus seine Wirkung als Brücke in den ersten Arbeitsmarkt
mit Sicherheit erfüllen. Es gibt 385 000 Altbewerber.
Natürlich müssen mit dem Ausbildungsbonus klare Kri-
terien verbunden sein – darüber werden wir miteinander
sprechen, bevor er letztendlich verabschiedet wird –:
Man muss länger als zwölf Monate aus der Schule ent-

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(C (D assen sein und mehrere erfolglose Bewerbungen gechrieben haben, es muss ein zusätzlicher Ausbildungslatz sein, und ein Vermittlungshemmnis gehört auch azu. – Ich denke, dass auch eine Verrechnung von Eintiegsqualifizierung und Ausbildungsbonus – also kein ntweder-oder – möglich sein muss. Dies werden wir im parlamentarischen Verfahren entprechend den Kriterien der Arbeitergeber, der Kamern und des DGB gemeinsam verhandeln, um dann mit em Ausbildungsbonus ein gutes Konzept aufbauend auf em EQJ zu verabschieden. Dritte Botschaft. Wir sind noch nicht am Ziel. ,57 Millionen Schulabgänger bis 29 Jahre sind ohne ine berufliche Qualifizierung. Das ist allerdings eine ahl von 2005, die jetzt in den Berufsbildungsbericht ufgenommen worden ist. Jeder Dritte davon hat einen usländischen Hintergrund. Wir müssen auch einmal mit der mystischen Überhöung der Hartz-Arbeitsmarktreformen aufhören. Meine rfahrung ist, dass die Berufsberatung kurzund kleineschossen wurde. Es ist gut, dass wir gemeinsam in der roßen Koalition mit der Berufsberatung wieder einen ichtigen Punkt gesetzt haben. as hat die Konsequenz, dass dem aktuellen Berufsbilungsbericht zufolge die Abbrecherquote – anders, als s Kollege Meinhardt dem älteren Bericht entnommen at – in den letzten Jahren von 25 Prozent auf 9,8 Prozent gesunken ist. Das bedeutet in absoluten ahlen 45 000 weniger junge Menschen, die eine Ausildung abbrechen, als noch vor wenigen Jahren. Wir brauchen gerade auch für junge Menschen ausändischer Herkunft ein Gutscheinsystem für ausbilungsbegleitende Hilfen, damit sie bereits bei der Beerbung Gutscheine für die Sprachförderung und andere öglichkeiten vorlegen können. Dies wird auch die För erpraxis verbessern. Der Berufsbildungsbericht zeigt, dass Arbeitsmarkt nd Ausbildung in Bewegung sind. Die Große Koalition aut Brücken. Wir nähern uns dem Ziel: Arbeit und Ausildung für alle. Ich gebe das Wort dem Kollegen Dieter Grasedieck, PD-Fraktion. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten amen und Herren! Die Linke bemüht sich konsequent nd krampfhaft darum, die Fakten und die Realität zu erdrängen und möglichst schnell zu verwischen. Fakt ind 640 000 neue Ausbildungsplätze, Dieter Grasedieck von denen 76 000 in den letzten zwei Jahren entstanden sind. Das muss man berücksichtigen, und dafür muss man sich auch einmal bedanken. Daran waren die Handwerksbetriebe ebenso beteiligt wie die Industriebetriebe. Für Einstiegsqualifizierungen wurden 43 000 Plätze zur Verfügung gestellt. Damit werden von der Bundesregierung benachteiligte Jugendliche gefördert. Das ist ein optimales Programm. Die Ausbildung für Behinderte wurde bereits angesprochen. Es gibt Schulen für blinde Menschen, in denen in hervorragender Weise duale Ausbildungen vermittelt werden. Die eigentliche Botschaft des Berufsbildungsberichts 2008 lautet: Wir brauchen einen jeden Jugendlichen für die Entwicklung unserer Industrie und unseres Handwerks. Genau deshalb beschäftigt sich der Berufsbildungsbericht auch mit Problemen. So ist unter anderem festgestellt worden: Je schlechter das Zeugnis ausfällt und je älter die Jugendlichen sind, desto schlechter sind die Möglichkeiten des Einstiegs in einen Ausbildungsplatz oder am Ausbildungsmarkt. Wir wollen aber jedem ausbildungswilligen Jugendlichen eine Chance bieten. Die Große Koalition ermöglicht das durch 100 000 zusätzliche Ausbildungsplätze. Auch das muss berücksichtigt werden. Wir brauchen Qualifizierung, weil wir auch in den nächsten Jahren Exportweltmeister bleiben wollen. Schon heute ist in vielen Bereichen ein Facharbeitermangel zu verzeichnen. Herr Schleyer vom Zentralverband des Deutschen Handwerks hat in der vergangenen Woche darauf hingewiesen, dass in den Boombranchen Fachkräfte gesucht werden. Wie wir wissen, sinken die Geburtenraten in Europa. Darauf müssen wir reagieren. Notwendig ist eine langfristige Planung, wie sie der Berufsbildungsbericht bietet. In dem einen oder anderen Betrieb vermisse ich allerdings eine langfristige Planung. In der Industrie sind verstärkt langfristige Planungen notwendig. Es geht nicht an, dass im Januar Ingenieure, Techniker oder Facharbeiter entlassen werden und man im Mai wieder nach ihnen schreit. Einige Betriebe haben darauf reagiert und planen langfristig. Ein Jahr bevor ein älterer Kollege ausscheidet, wird ein neuer Facharbeiter oder Ingenieur eingestellt. Das kommt nicht nur dem Betrieb zugute, sondern auch demjenigen, der qualifiziert wird. Die Qualifizierung ist unbedingt notwendig, weil sich auch der Wissensstand verändert. Täglich werden neue Patente angemeldet. Unsere Facharbeiter beherrschen die komplizierte Regelungstechnik zum Beispiel unserer Heizungsanlage im Reichstag oder in Ihrem Auto. Im Zerspanungsbereich ist es ähnlich. Qualifizierte Zerspanungsmechaniker arbeiten an computergesteuerten Maschinen. Die Arbeit unserer Facharbeiter ist theoretischer, komplexer und k g r w s d m u r l n a b c H d l m w w e c d s r C M ü w m s r W f W s v e d s m e s s E h s (C (D omplizierter geworden. Deshalb brauchen unsere Juendlichen zusätzliche Hilfen. Genau das wird im Beufsbildungsbericht 2008 aufgezeigt. 200 neue Berater urden eingestellt. Das ist ein Wert! Die Ministerin prach davon, dass in Zukunft hauptamtliche Ausbilungspaten eingestellt werden sollen. Ich führe in einem Wahlkreis seit etwa anderthalb Jahren an drei nterschiedlichen Schulen mit circa 15 vorwiegend ehenamtlichen Paten wöchentliche Beratungen für Schüer und Schülerinnen durch. Es handelt sich um Pensioäre und Rentner, die Erfahrung haben. Diese Experten us unterschiedlichsten Gewerken helfen bei Bewerungsgesprächen und fahren im Rahmen der wöchentlihen Betreuung mit den Schülern zu den Betrieben, um ilfestellung zu geben; das ist wichtig. Im Berufsbilungsbericht wird ein Ausbau dieses Systems empfohen. Zusammenfassend halte ich fest: Erstens. Zukünftig üssen unsere Betriebe langfristiger planen; das ist ein ichtiger Punkt. Zweitens. Der demografische Wandel ird den Qualifikationsdruck natürlich noch weiter rhöhen. Drittens. Die jungen Männer und Frauen brauhen deshalb in den kommenden Jahren eine Ausbilungschance. Nur so können wir unseren Wissensvorprung erhalten. Mit unserem Bericht sind wir auf dem ichtigen Weg. Herzlichen Dank. Das Wort hat der Kollege Alexander Dobrindt von der DU/CSU-Fraktion. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! eine Damen und Herren! Als wir vor einigen Monaten ber die Ausbildungssituation diskutiert haben, mussten ir eine dramatische Entwicklung auf dem Ausbildungsarkt feststellen. Viele junge Menschen litten unter Per pektivlosigkeit. Es handelt sich hier nicht um eine theoetische Veranstaltung, bei der man Zahlen vergleicht. enn man damals junge Menschen im Bundestag empangen und gefragt hat: „Wie schaut es bei euch aus? er hat denn schon einen Ausbildungsvertrag in der Tache?“, dann musste man nicht selten feststellen, dass on 25 Jugendlichen vielleicht nur zwei, drei oder vier inen Ausbildungsvertrag vorweisen konnten. Alle aneren hatten kaum etwas vorzuweisen. Man konnte bei olchen Gelegenheiten hautnah miterleben, wie depriierend es für junge Menschen, die nach der Schule inen Platz in der Arbeitswelt suchen, ist, wenn sie festtellen müssen, dass ein solcher Platz in dieser Gesellchaft nicht vorhanden ist. Das ist eine schreckliche rfahrung und für junge Menschen nur schwer zu versteen. Wir können heute sagen – das ist die wichtigste Botchaft –, dass sich die Situation auf dem Ausbildungs Alexander Dobrindt markt deutlich entspannt hat. Die Gesichter der jungen Menschen, die wir heute empfangen, sind glücklicher, weil viele Erfolg hatten und in diesem Jahr eine Ausbildung beginnen konnten oder können, die ihnen einen Platz in der Arbeitswelt sichert. Liebe Kollegin Hirsch, deswegen habe ich umso weniger Verständnis für Ihre Anmerkungen. Sie haben mit keinem Wort erwähnt, was der Mittelstand und das Handwerk für die jungen Menschen leisten, genauso wenig wie das Engagement der Wirtschaft, auf das die Tatsache zurückgeht, dass wir uns heute über positive Zahlen – seit 2001 wurden erstmals wieder über 600 000 Ausbildungsverträge geschlossen, das beste Ergebnis seit der Wiedervereinigung – freuen können. Jedes Jahr geben die deutsche Wirtschaft und der Mittelstand 30 Milliarden Euro für die Ausbildung junger Menschen aus, so viel wie nie zuvor. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


(Patrick Meinhardt [FDP]: Aha!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1615707100
Dieter Grasedieck (SPD):
Rede ID: ID1615707200

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der SPD)


(Beifall des Abg. Willi Brase [SPD])


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1615707300

(Beifall bei der CDU/CSU)

Alexander Dobrindt (CSU):
Rede ID: ID1615707400




(A) )


(B) )


Wir sagen dazu: Gott sei Dank. Aber Sie haben das alles
nicht erwähnt. Ich danke an dieser Stelle all denjenigen,
die sich hier engagieren.

Die Hälfte der Ausbildungsplätze wird von Unterneh-
men zur Verfügung gestellt, die weniger als 50 Mitarbei-
ter haben. Das heißt, der klassische Mittelstand leistet
hier den höchsten Beitrag und übernimmt Verantwor-
tung; das ist notwendig.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Leider Gottes sind das genau diejenigen, die Sie eigent-
lich gar nicht haben wollen. Diese Leistungsträger in der
Gesellschaft, die dafür sorgen, dass junge Menschen
eine Ausbildung bekommen, sind diejenigen, die Ihnen
mit Ihrer Ideologie nicht in den Kram passen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Meine Damen und Herren, selbstverständlich brau-
chen wir weitere Anstrengungen. Um die Ausbildungs-
situation zu verbessern, brauchten wir bessere Rahmen-
bedingungen. Dazu gehörte als Erstes ein modernes
Berufsbildungsgesetz und als Zweites eine gemeinsame
Offensive, die Signale für den Aufschwung setzt. Die
erste Rahmenbedingung, ein Berufsbildungsgesetz, ha-
ben wir gemeinsam im Jahre 2005 geschaffen. In dieses
Gesetz haben wir wirkungsvolle Instrumente eingebaut,
etwa die Verbundausbildung, die es Unternehmen, die
aufgrund einer hohen Spezialisierung allein nicht in der
Lage sind, einen jungen Menschen umfassend auszubil-
den, erlaubt, diese Ausbildung zusammen mit anderen
Unternehmen zu leisten. Außerdem haben wir die Stu-
fenausbildung geschaffen, die für theorieschwache Leute
eine Ausbildung in zwei Schritten ermöglicht, sodass
auch sie eine Chance auf eine vollwertige Ausbildung
und damit auf einen vollwertigen Arbeitsplatz bekom-
men.

An dieser Stelle kann man etwas leicht kritisch an-
merken: Wir hatten gesagt, alle Ausbildungsberufe
müssten daraufhin überprüft werden, ob es eine zweistu-
fige Ausbildung geben kann und ob man nach zwei Jah-
ren schon einen Teilerfolg erreichen kann, der auch zu

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(C (D inem vollwertigen Arbeitsplatz führt. Wir haben leider is heute nicht alle Berufe überprüfen können. Leider ottes gibt es noch nicht für alle Berufe diese Stufenausildung. Daher rege ich an, dass wir gemeinsam dafür orgen, dass es hier schneller vorwärts geht und dass die irtschaft schneller an die Überprüfung herangeht, soass damit auch schneller mehr Ausbildungsplätze in eutschland geschaffen werden. Bevor ich auf die gemeinsame Offensive zu sprechen omme, mache ich hier noch einen Einschub: Frau irsch, Sie haben den Ausbildungspakt einen großen lop genannt. Nein, er ist ein großer Erfolg. 2004 ist er estartet, und 2007 wurde er von der Bundesregierung ott sei Dank verlängert. (Cornelia Hirsch [DIE LINKE]: Woher kommen die 385 000 Altbewerber?)


(Beifall bei der CDU/CSU)


nzwischen ist die Zahl der zugesagten neuen Ausbil-
ungsplätze von 30 000 auf 60 000 verdoppelt worden;
006 waren es sogar fast 70 000. Beim EQJ wurde die
ahl der Plätze von 25 000 auf 40 000 fast verdoppelt.
er einzige Fehler beim Ausbildungspakt ist, dass sich
ie Gewerkschaften bis heute verweigert haben, mitzu-
achen, wenn es darum geht, Ausbildungsplätze für die

ungen Menschen in Deutschland zu generieren,


(Cornelia Hirsch [DIE LINKE]: Gott sei Dank haben sie sich verweigert! – Willi Brase [SPD]: Haben sie nicht! Das stimmt so nicht!)


achdem Politik und Wirtschaft gemeinsam dazu beige-
ragen haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Abschließend zu der gemeinsamen Qualitätsoffensive
m Hinblick auf die überbetrieblichen Bildungsstätten:
etzt ist wichtig, dass wir die Förderung der frühzeitigen
erufsorientierung im Übergang von der Schule ins Be-

ufsleben etwas stärker ins Visier nehmen. Wir wissen,
ass es in jedem Ausbildungsjahr 20 Prozent Abbrecher
ibt, weil sich junge Leute leider Gottes mangels Wis-
ens für einen falschen Ausbildungsplatz entschieden
aben.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1615707500

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist abgelaufen.


Alexander Dobrindt (CSU):
Rede ID: ID1615707600

Ich komme sofort zum Ende, Herr Präsident. – In der

ahl der Altbewerber sind 40 000 Ausbildungsabbrecher
nthalten. Könnten wir diese Zahl deutlich verringern,
ndem wir mit dieser Qualitätsoffensive den Übergang
on der Schule ins Berufsleben besser gestalten, hätten
ir etwas Gutes für die jungen Menschen und für die
usbildungssituation in diesem Land geleistet.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1615707700

Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat

nun der Kollege Jörg Tauss von der SPD-Fraktion das
Wort.


(Beifall bei der SPD)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1615707800

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Auch ich hätte mir ein bisschen mehr Flexibili-
tät bei den Gewerkschaften gewünscht, was den Pakt an-
geht. Aber wir sollten es auch nicht geringschätzen. Bei
einer ganzen Reihe von Tarifverträgen etwa in Nord-
rhein-Westfalen und in Baden-Württemberg wurde mit
maßgeblicher Unterstützung beider Seiten der Sozial-
partner auch für Jugendliche mit schwierigem Hinter-
grund etwas getan. Ich denke hier nicht zuletzt an die
chemische Industrie. Insofern würde ich die Kritik nicht
so pauschal erheben.


(Beifall bei der SPD)


Ich komme nun auf das zu sprechen, was die Ministe-
rin als Flaggschiff der beruflichen Bildung bezeichnet
hat.


(Cornelia Hirsch [DIE LINKE]: Titanic!)


Die Titanic war ein Passagierdampfer und kein Flagg-
schiff. Über diesen Unterschied können wir uns nachher
noch einmal kurz unterhalten.


(Heiterkeit bei der SPD sowie des Abg. Paul Lehrieder [CDU/CSU])


Ein Flaggschiff muss in der Tat gewartet werden; es
kann sonst Rost ansetzen, und auch ein Flaggschiff kann
sinken. Das ist völlig klar. Aus diesem Grunde gibt es
selbstverständlich eine ganze Reihe von Herausforde-
rungen für dieses Flaggschiff namens berufliche Bil-
dung.

Ich möchte zunächst einmal eines hervorheben: die
Konjunkturanfälligkeit dieses Berufsbildungssystems.
Das ist einer der Hintergründe für die Zahl von 300 000,
liebe Kollegin Hirsch. In konjunkturell schwierigen Zei-
ten nimmt leider die Bereitschaft der Wirtschaft ab, für
die Jugendlichen etwas zu tun, in konjunkturell günsti-
gen Zeiten nimmt sie wieder zu. – Da dürfen Sie, Kol-
lege Meinhardt, nicht mit den Achseln zucken. Wir müs-
sen uns überlegen, wie wir das System zukunftsfest
machen. Wir müssen antizyklisch agieren und Fach-
kräfte zukunftsgerichtet ausbilden, aber wir dürfen nicht
kurzfristig nur im Rahmen eines Quartals denken und
einmal einen Ausbildungsplatz zur Verfügung stellen
und ein anderes Mal nicht.


(Beifall bei der SPD – Patrick Meinhardt [FDP]: Eine richtige Besteuerung machen!)


Der zweite Punkt betrifft die Europafestigkeit. Heute
Morgen haben wir über den Vertrag von Lissabon und
Europa geredet. Ich bin überzeugt, dass dieses deutsche
Berufsbildungssystem, das viele loben, aber leider welt-
weit nur wenige übernommen haben – auch das muss
man konstatieren –, europafest gemacht werden muss.
Ich glaube, dass wir dabei auf dem besten Wege sind. Ich

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(C (D enke an das Leistungspunktesystem. Es muss in Europa tärker anerkannt werden, was wir in der deutschen Beufsausbildung leisten. Diese Anerkennung beruht auf egenseitigkeit. Das halte ich für wichtig. Aus diesem runde warne ich davor, den Empfehlungen der FDP zu olgen, die Ansprüche an das Berufsbildungssystem imer weiter herunterzuschrauben. Nein, wir müssen die es System einer hohen Qualifikation aufrechterhalten, erade in Europa, (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


nd anschließend können wir uns über weniger qualifi-
ierte Berufsbilder und darüber unterhalten, wie wir in
em einen oder anderen Fall mit Jugendlichen, die die
erufsausbildung nicht bestehen, umgehen. So wird ein
chuh daraus, aber nicht dadurch, dass wir die Qualifi-
ation verringern.

Der dritte Punkt, den ich ansprechen will, ist die
urchlässigkeit der beruflichen Bildung in den akademi-

chen Bereich. Ich glaube, wir alle sollten uns hier einig
ein, dass wir gerade angesichts des demografischen
andels und der Konkurrenz – Ziel: 40 Prozent Abitu-

ienten und ähnliches – die Akzeptanz bei Jugendlichen
nd Eltern für dieses Berufsbildungssystem nur dann
teigern, wenn es uns gelingt, mehr Jugendliche mit ei-
er höheren Qualifikation für diesen Bereich zu interes-
ieren. Dazu muss die Leistung, die sie in der berufli-
hen Ausbildung erbracht haben – angefangen von der
esellenausbildung bis hin zum Meisterbrief –, aner-
annt werden, bei Bedarf auch im Hinblick auf eine
nschließende akademische Karriere. Das ist ein ent-
cheidender Punkt für die Zukunft des Berufsbildungs-
ystems.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ch glaube, das ist einer der Bereiche, bei dem wir eini-
es tun können. – Oh, Herr Präsident, ich habe nur noch
ine Minute und 37 Sekunden Redezeit; eigentlich hätte
ch Stoff für zehn Minuten. Also muss ich noch etwas
chneller reden.

Die Diskriminierung ist angesprochen worden,
benso die Hochschulen. Lassen wir das einmal weg.
ollege Meinhardt,


(Patrick Meinhardt [FDP]: Hier!)

ir haben jetzt die Frage des Bonus rauf- und runterdis-
utiert. Ich gebe Ihnen ein Privatissimum und erkläre es
hnen noch einmal. Ich weiß gar nicht, was Sie jetzt
lötzlich gegen Flexibilisierung haben. Wir wollen vor
rt Instrumente haben, um Jugendlichen, die in den letz-

en Jahren keinen Ausbildungsplatz gefunden haben, die
öglichkeit zu geben, einen zu finden. Da ist es mir im

rinzip völlig wurscht, welches Zeugnis derjenige oder
iejenige hat, es ist mir völlig wurscht, welchen Schul-
bschluss derjenige oder diejenige hat, und es ist mir
öllig wurscht, welcher Hintergrund ansonsten besteht.
ir müssen flexibel sein und für diese Jugendlichen, die

in, zwei Jahre und länger vergeblich gesucht haben, et-
as tun. Das ist die Herausforderung.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Jörg Tauss
Kollegin Hirsch, da hilft mir Ihr Wolkenkuckucksheim
der konservativ-reaktionären Linken überhaupt nicht
weiter. Sie lassen doch die Jugendlichen im Stich.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Cornelia Hirsch [DIE LINKE]: Das ist kein Wolkenkuckucksheim! Das steht in Ihrem Parteiprogramm!)


Sie warten, bis irgendwann das Paradies ausgebrochen
ist und wir alle für eine Umlage begeistert haben. Wun-
derbar, aber dann sind die Jugendlichen möglicherweise
schon in Rente.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zurufe von der LINKEN)


– Sie haben überhaupt noch nicht im Deutschen Bundes-
tag gesessen, als wir die Umlage beschlossen haben. –
Nur, sie ist zu meinem großen Bedauern damals an der
rechten Seite des Hauses gescheitert. So war es halt. Sie
hielten nichts davon. Ich halte das für falsch. So hätte
man Millionen in das System bekommen. Es ist aber so,
wie es ist. Jetzt kann ich das beweinen bis in das
Jahr 2050 und bis ich selber mit knapp 100 Jahren in
Rente bin, oder wir werden konkret und machen jetzt et-
was für die Jugendlichen. Letzteres ist für mich das
Wichtigere.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es ist wichtiger, etwas für Hunderttausende zu tun, als
zu labern, zu schwätzen und zu versuchen, Stimmung zu
erzeugen.

Herr Friedrich ist nicht mehr da. Dem habe ich
Schläge angedroht. Es war gar nicht so gemeint. Jetzt ist
er gegangen.


(Patrick Meinhardt [FDP]: Was? Schläge?)


– Ja, ja, ich habe so „watsch, watsch“ gemacht, schon
war er weg. – Lieber Kollege Friedrich, ich bedauere das
zutiefst. Er hat so auf der BA herumgehackt. Er hat so
getan, als ob zunächst einmal die Berufsberatung eine
Qualifikation brauche. Ich will an dieser Stelle sagen:
Auch ich kritisiere die BA, wir sollten aber die Berufs-
beratung und die Bemühungen der Bundesagentur für
Arbeit vor Ort nicht in dieser Form diskreditieren. Da
gibt es viele engagierte Menschen – auch das sollte man
an der Stelle einmal sagen –, im Übrigen gilt das auch
für die Ausbildungsberater der Kommunen.


(Beifall bei der SPD)


Dieser Berufsbildungsbericht zeigt: Wir haben noch
viel zu tun. Wir müssen das System zukunftsfest ma-
chen. Ansonsten sind wir auf einem guten Weg. Ich
freue mich, dass fast alle Fraktionen diese Auffassung
teilen. Die Mosernden lassen wir im Abseits. Wir tun et-
was für die Jugendlichen.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1615707900

Ich schließe die Aussprache.

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(C (D Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf rucksache 16/8750 an die in der Tagesordnung aufge ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einerstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung o beschlossen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 35 a bis 35 d, 5 b nd 5 c sowie die Zusatzpunkte 2 a bis 2 c auf: 35 a)

CSU, SPD, FDP, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines
Fünften Gesetzes zur Änderung des Gesetzes
zur Errichtung einer Stiftung „Erinnerung,
Verantwortung und Zukunft“

– Drucksache 16/8870 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Auswärtiger Ausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Haushaltsausschuss

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Renate
Künast, Undine Kurth (Quedlinburg), Ulrike
Höfken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Erhalten, was uns erhält – Die UN-Konferen-
zen zur biologischen Sicherheit und zum Über-
einkommen über die biologische Vielfalt zum
Erfolg machen

– Drucksache 16/8890 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Lukrezia Jochimsen, Dr. Petra Sitte, Sevim
Dağdelen, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion DIE LINKE

Konzepte der Vermittlung des Wissens zur
NS-Zeit überprüfen und den veränderten Be-
dingungen anpassen

– Drucksache 16/8880 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Monika
Knoche, Hans-Kurt Hill, Heike Hänsel, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Konsequente Energiewende statt Militarisie-
rung der Energieaußenpolitik

– Drucksache 16/8881 –






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Auswärtiger Ausschuss
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

5 b) Erste Beratung des von den Abgeordneten Wer-
ner Dreibus, Dr. Barbara Höll, Dr. Dagmar En-
kelmann, weiteren Abgeordneten und der Frak-
tion DIE LINKE eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Stärkung der Arbeitnehmermit-
bestimmung bei Betriebsänderungen

– Drucksache 16/7533 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Axel
Troost, Werner Dreibus, Dr. Barbara Höll, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Beschäftigte und Unternehmen vor Ausplün-
derung durch Finanzinvestoren schützen

– Drucksache 16/7526 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales

ZP 2 a)Beratung des Antrags der Abgeordneten Ange-
lika Brunkhorst, Michael Kauch, Horst Meierho-
fer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
FDP

Leitlinien für den internationalen Arten- und
Lebensraumschutz im Rahmen des Überein-
kommens über die biologische Vielfalt

– Drucksache 16/8878 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Jörg van
Essen, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger,
Mechthild Dyckmans, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der FDP

Gleiche Rechte gleiche Pflichten – Benachteili-
gungen von Lebenspartnerschaften abbauen

– Drucksache 16/8875 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

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(C (D c)

Laurischk, Ina Lenke, Miriam Gruß, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion der FDP

Forderung nach einem Bericht der Bundesre-
gierung über die Lage der Frauen- und Kin-
derschutzhäuser

– Drucksache 16/8889 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Innenausschuss

Es handelt sich um Überweisungen im vereinfachten
erfahren ohne Debatte.

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen an
ie in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu
berweisen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der
all. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 36 a bis 36 k auf.
s handelt sich um die Beschlussfassung zu Vorlagen, zu
enen keine Aussprache vorgesehen ist.

Tagesordnungspunkt 36 a:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Ernährung, Landwirt-
schaft und Verbraucherschutz (10. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Cornelia Behm,
Bärbel Höhn, Thilo Hoppe, weiterer Abgeordne-
ter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN

EU-Importverbot für illegales Holz durchset-
zen

– Drucksachen 16/8052, 16/8876 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Hans-Heinrich Jordan
Dr. Gerhard Botz
Dr. Christel Happach-Kasan
Dr. Kirsten Tackmann
Cornelia Behm

Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-
ung auf Drucksache 16/8876, den Antrag der Fraktion
ündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 16/8052 abzu-

ehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
egenstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussemp-

ehlung ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen
ei Gegenstimmen der Fraktionen Die Linke und
ündnis 90/Die Grünen und Enthaltung der FDP-Frak-

ion angenommen.

Tagesordnungspunkt 36 b:

Beratung der Beschlussempfehlung des Rechts-
ausschusses (6. Ausschuss)


Übersicht 10
über die dem Deutschen Bundestag zugeleite-
ten Streitsachen vor dem Bundesverfassungs-
gericht

– Drucksache 16/8791 –






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Ge-
genstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfeh-
lung ist mit den Stimmen aller Fraktionen bei Gegen-
stimmen von Bündnis 90/Die Grünen angenommen.1)

Tagesordnungspunkt 36 c:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)


zu der Streitsache vor dem Bundesverfas-
sungsgericht 2 BvE 1/08

– Drucksache 16/8911 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Andreas Schmidt (Mülheim)


Der Rechtsausschuss empfiehlt in seiner Beschluss-
empfehlung, in dem Verfahren 2 BvE 1/08 eine Stel-
lungnahme abzugeben und den Präsidenten zu bitten,
Professor Dr. Martin Morlok als Prozessbevollmächtig-
ten zu bestellen. Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? –
Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den
Stimmen der Koalitionsfraktionen und der FDP-Fraktion
bei Enthaltung der Fraktionen Die Linke und
Bündnis 90/Die Grünen angenommen.

Wir kommen zu den Beschlussempfehlungen des Pe-
titionsausschusses.

Tagesordnungspunkt 36 d:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 390 zu Petitionen

– Drucksache 16/8763 –

Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltun-
gen? – Sammelübersicht 390 ist einstimmig angenom-
men.

Tagesordnungspunkt 36 e:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 391 zu Petitionen

– Drucksache 16/8764 –

Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltun-
gen? – Sammelübersicht 391 ist bei Enthaltung der Frak-
tion Bündnis 90/Die Grünen mit den Stimmen des übri-
gen Hauses angenommen.

Tagesordnungspunkt 36 f:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 392 zu Petitionen

– Drucksache 16/8765 –

Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltun-
gen? – Sammelübersicht 392 ist einstimmig angenom-
men.

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t1) Anlage 6

(C (D Tagesordnungspunkt 36 g: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 393 zu Petitionen – Drucksache 16/8766 – Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltunen? – Sammelübersicht 393 ist mit den Stimmen aller raktionen bei Gegenstimmen der Fraktion Die Linke ngenommen. Tagesordnungspunkt 36 h: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 394 zu Petitionen – Drucksache 16/8767 – Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltunen? – Sammelübersicht 394 ist mit den Stimmen der oalitionsfraktionen, der FDP-Fraktion bei Gegenstimen der Fraktion Die Linke und der Fraktion ündnis 90/Die Grünen angenommen. Tagesordnungspunkt 36 i: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 395 zu Petitionen – Drucksache 16/8768 – Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltunen? – Sammelübersicht 395 ist mit den Stimmen der oalitionsfraktionen und der Fraktion Die Linke bei Geenstimmen der FDP-Fraktion und der Fraktion ündnis 90/Die Grünen angenommen. Tagesordnungspunkt 36 j: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 396 zu Petitionen – Drucksache 16/8769 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer entält sich? – Sammelübersicht 396 ist mit den Stimmen er Koalitionsfraktionen bei Gegenstimmen der Fraktion er FDP und Enthaltung der Fraktionen Die Linke und ündnis 90/Die Grünen angenommen. Tagesordnungspunkt 36 k: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 397 zu Petitionen – Drucksache 16/8770 – Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltunen? – Sammelübersicht 397 ist mit den Stimmen der oalitionsfraktionen bei Gegenstimmen der Opposi ionsfraktionen angenommen. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms Ich rufe den Zusatzpunkt 3 auf: Beratung der Beschlussempfehlung des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuss)





(A) )


(B) )

lung des Statusrechts der Beamtinnen und

(Beamtenstatusgesetz – BeamtStG)


– Drucksachen 16/4027, 16/4038, 16/7508, 16/8189,
16/8910 –

Berichterstatter ist der Abgeordnete Jörg van Essen.
Wird das Wort zur Berichterstattung gewünscht? – Das
ist nicht der Fall.

Wir kommen damit zur Abstimmung. Der Vermitt-
lungsausschuss hat gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 seiner Ge-
schäftsordnung beschlossen, dass im Deutschen Bundes-
tag über die Änderungen gemeinsam abzustimmen ist.

Wer stimmt für die Beschlussempfehlung des Ver-
mittlungsausschusses auf Drucksache 16/8910? – Ge-
genstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfeh-
lung ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und
der FDP-Fraktion bei Gegenstimmen der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen und Enthaltung der Fraktion Die
Linke angenommen.

Jetzt rufe ich den Tagesordnungspunkt 5 a auf:

Erste Beratung des von den Abgeordneten Wer-
ner Dreibus, Dr. Barbara Höll, Hüseyin-Kenan
Aydin, weiteren Abgeordneten und der Fraktion
DIE LINKE eingebrachten Entwurfs eines Geset-
zes zur Stärkung der Interessen der Beschäf-
tigten bei Massenentlassungen trotz Gewinn-
steigerungen

– Drucksache 16/8448 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich höre keinen
Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
ner das Wort dem Kollegen Oskar Lafontaine von der
Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Oskar Lafontaine (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1615708000

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Wir legen Ihnen einen Gesetzentwurf zu einem
Thema vor, das viele Menschen in Deutschland beschäf-
tigt. Die Frage, um die es geht, ist einfach zu formulie-
ren: „Wieso“, fragen sich viele Bürgerinnen und Bürger,
„ist es zulässig, Entlassungen auszusprechen, wenn in
dem Betrieb, in dem die Entlassungen ausgesprochen
werden, ordentliche Gewinne erwirtschaftet werden?“

Sie kennen viele Fälle dieser Art. Der letzte Fall, der
Deutschland bewegt hat, war der Fall Nokia. Da ging die
Belegschaft auf die Straße und musste wiederum erle-

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(C (D en, dass die Eigentumsordnung bzw. die Rechtsordung Deutschlands solche Fälle nicht verhindern kann. enn die Anteilseigner sagen: „Wir schließen den Be rieb, unabhängig von der Gewinnsituation“, dann ist das ben so beschlossen, dann werden die Entlassungen ausesprochen, und viele Menschen verlieren ihre Arbeitslätze. Für die Linke steht diese Wirtschaftsund echtsordnung nicht in Übereinstimmung mit dem rt. 14 des Grundgesetzes, der die Sozialpflichtigkeit es Eigentums verlangt. Eigentum ist nach dem Willen der Mütter und Väter es Grundgesetzes sozialpflichtig. Dabei haben die Väer und Mütter des Grundgesetzes nicht in erster Linie an in Häuschen gedacht, sicherlich auch nicht in erster inie an Grund und Boden – im Zusammenhang mit eubaumaßnahmen werden ab und zu solche Fragestel ungen aufgeworfen –; wir sind der Überzeugung, dass ie in erster Linie an das Betriebsvermögen gedacht haen, weil mit dem Besitz von Betriebsvermögen die Verügungsmacht über das Schicksal vieler Menschen verunden ist. Diese Verfügungsmacht muss im sozialen inne gehandhabt werden; sie darf nicht im Sinne von ewinnmaximierung und Maximierung des Aktienkur es gehandhabt werden. enau darum geht es bei unserem Gesetzentwurf. Ich wünsche mir, dass der Ministerpräsident des Lanes Nordrhein-Westfalen jetzt zuhört – vielleicht hört ja in Referent zu –; denn nachdem ich heute Morgen geleen habe, dass er den Spuren der Linksfraktion folgt – so ie Analyse aus den Kreisen der CDU –, (Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Das ist ein soziales Land!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


eshalb beim Arbeitslosengeld und bei der Rente Kor-
ekturen vorschlägt, würde ich es natürlich auch begrü-
en, wenn er erkennen würde, dass nach dem Fall Nokia
uch er verpflichtet wäre, eine Initiative zu ergreifen, da-
it nicht immer willkürlich über die Köpfe von Tausen-

en von Arbeitnehmern hinweg entschieden werden
ann.


(Beifall bei der LINKEN)


Auf diese Fragen muss man entweder Antworten ge-
en, oder man kann mit den Schultern zucken und sagen:
ich interessiert das alles nicht; solange ich meinen Ar-

eitsplatz habe, ist doch alles in Butter. – Wir sind der
uffassung, dass wir, nachdem sich die gesellschaftli-

hen Bedingungen gewandelt haben, verpflichtet sind,
ier etwas zu tun.

Im rheinischen Kapitalismus wäre all das noch nicht
öglich gewesen. Nach meinen Beobachtungen war es

o, dass zu der damaligen Zeit gesellschaftlicher Kon-
ens darüber bestand, dass, wenn ordentliche Gewinne
usgeschüttet werden, keine Massenentlassungen ausge-
prochen werden. Vielleicht gibt es das eine oder andere
egenbeispiel, aber der gesellschaftliche Konsens war
amals ein ganz, ganz anderer. Damals hat sich noch






(A) )



(B) )


Oskar Lafontaine
kein Manager hingestellt und gesagt: Profit, Profit, Profit –
das sei seine einzige Philosophie. Der Betreffende ist ja
hinterher auch kläglich gescheitert. Damals war es noch
klar, dass Unternehmerschaft auch soziale Verantwor-
tung voraussetzt.

Wenn heute mit dem Betriebsvermögen nicht mehr in
dem sozialen Sinn, den unser Grundgesetz vorschreibt,
umgegangen wird, dann sind wir verpflichtet, Regelun-
gen aufzustellen, um das Prinzip der Sozialpflichtigkeit
des Eigentums auch im Betrieb durchzusetzen.


(Beifall bei der LINKEN)


Das kann man nun auf dreierlei Wegen tun:

Erstens kann man das tun, indem man die individuel-
len Rechte der Arbeitnehmer stärkt. Dazu kann man Ja
oder Nein sagen. Die Vorschläge, die wir Ihnen hier un-
terbreiten, sind auch mit den Gewerkschaften abge-
stimmt. Das sage ich, um einer bestimmten Fraktion hier
im Hause das Nein etwas schwerer zu machen. Wir er-
warten natürlich dieses Nein, weil wir ja wissen, wie ab-
gestimmt wird. Ich hoffe auch, dass Herr Rüttgers zuhört
und dass noch einmal eine Initiative von seiner Seite
kommt. Wir fordern also eine Stärkung der individuellen
Rechte der Arbeitnehmer, die darauf hinausläuft, dass
dann, wenn Gewinne erwirtschaftet oder ausgewiesen
werden, Kündigungen nicht möglich, sondern rechtsun-
wirksam sind. Das ist der erste Vorschlag, den wir Ihnen
machen, um Art. 14 des Grundgesetzes endlich einmal
Wirklichkeit werden zu lassen.


(Beifall bei der LINKEN)


Eine zweite Möglichkeit ist natürlich, die Rechte des
Betriebsrates zu stärken. Er soll bei entsprechenden Vor-
haben der Betriebsführung ein größeres Mitwirkungs-
recht haben. Wir haben Ihnen dazu Vorschläge gemacht.
Wir hängen nicht an diesen Vorschlägen, falls sich der
eine oder andere daran festbeißt. Ich weiß ja, wie man
Entscheidungen ausweicht. Uns geht es vielmehr darum,
die Rechte des Betriebsrates zu stärken; denn der Be-
triebsrat kann in dem einen oder anderen Fall, wenn
seine Rechte durch den Gesetzgeber gestärkt werden,
entsprechende Entscheidungen von Betrieben verhin-
dern. Deshalb plädieren wir für die Stärkung der Rechte
des Betriebsrates.


(Beifall bei der LINKEN)


Dritte Möglichkeit: Da natürlich die wesentlichen
Entscheidungen, also auch die über Betriebsschließun-
gen, im Aufsichtsrat getroffen werden, haben wir – ich
will Ihnen jetzt nicht den ganzen Katalog vorlesen – Ih-
nen als Drittes vorgeschlagen, dass für den Fall einer
Stilllegung oder eines Verkaufs von Betrieben oder Be-
triebsteilen ein qualifiziertes Mitbestimmungsrecht der
Beschäftigten, also der Arbeitnehmerinnen und Arbeit-
nehmer, im Gesetz verankert werden muss. Der ent-
scheidende Punkt dabei ist, dass dann, wenn der Betrieb
Gewinne erwirtschaftet, nicht einfach gegen den Willen
der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Betriebsteile
verkauft oder Betriebe geschlossen werden können.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Dazu kann man Ja oder Nein sagen, meine sehr verhrten Damen und Herren. Wir werden mit Vergnügen eobachten – wahrscheinlich mit etwas traurigem Vernügen –, wie hier abgestimmt werden wird. Hier geht s ja um eine ganz entscheidende Frage, die viele Bürgeinnen und Bürger interessiert. Wir sagen: Betriebsigentum ist nicht nur Eigentum der Anteilseigner. etriebseigentum ist immer auch Eigentum der Beleg chaften; denn ohne die Belegschaften wäre dieses igentum überhaupt nicht entstanden. Diesen Standunkt vertreten wir im Unterschied zu den anderen Frakionen in diesem Hause. enn das Betriebseigentum letztendlich von den Arbeitehmerinnen und Arbeitnehmern erwirtschaftet und gechaffen worden ist, dann kann das Eigentumsrecht nicht o gehandhabt werden, dass die Existenzgrundlage der rbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit einem Feder trich ausgelöscht wird, indem sie in die Arbeitslosigkeit ntlassen werden. ir wollen deshalb, dass der Bundestag eine andere geetzliche Regelung erlässt. Meine sehr geehrten Damen und Herren, nun könnte er eine oder andere sagen – darauf möchte ich gerade och eingehen –: Ja, aber die Konstruktion, dass solche ntscheidungen gegen die Arbeitnehmerstimmen im ufsichtsrat nicht getroffen werden können, kann man or der jetzigen Rechtsprechung des Verfassungsgeriches angreifen, da sie nach unserer Wahrnehmung nicht ugleich die Eigentumsgarantie und die Sozialbindungsflicht des Eigentums im Grundgesetz reflektiert. Anonsten hätten ja alle Urteile zum Betriebsvermögen aners ausfallen müssen. – Das könnte man einwenden. ber damit solche Spitzfindigkeiten hier überhaupt nicht latz greifen, kündige ich an, dass meine Fraktion demächst einen Gesetzentwurf zur paritätischen Mitbestimung für Unternehmen, die regionale und überregionale esellschaftliche Bedeutung haben, einbringen wird. ann freuen wir uns wieder auf die namentliche Abstimung zu diesem wirklich strukturverändernden Gesetz ntwurf, den wir im Shareholder-Value-Kapitalismus für ringend geboten halten. Meine sehr geehrten Damen und Herren, für uns geht s hier um Sinn und Geist des Grundgesetzes. Nach unerer festen Überzeugung untersagt der Art. 14 des rundgesetzes, bei Gewinnen in einem Unternehmen so infach einmal Betriebsteile zu schließen oder ganze Beegschaften zu verkaufen. Das Wort hat der Kollege Franz Romer von der CDU/ SU-Fraktion. Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Katja Mast [SPD] – Dirk Niebel [FDP]: Du hast den Metzger ja doch aufgenommen!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Zuruf von der FDP: Volkseigentum!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1615708100




(A) )


(B) )



Franz Romer (CDU):
Rede ID: ID1615708200

Ich sage nichts dazu. – Sehr geehrter Herr Präsident!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind uns in
diesem Hause sicherlich einig, dass Arbeitsplatzabbau
stets zu bedauern ist und dass sich Fälle wie Nokia mög-
lichst nicht wiederholen dürfen. Nun kann man darüber
streiten, wie wir auf diese Fälle reagieren sollen und
welche Schlussfolgerungen wir ziehen. Über den Weg
der Linken sprechen wir heute, einen Weg, der rück-
wärtsgewandt ist, der alle Unternehmen unter General-
verdacht stellt und die Arbeitnehmermitbestimmung zur
Vertreibung von Investoren missbrauchen will.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren von den Linken, wir wer-

den mit unserer Mehrheit Ihren drei Gesetzentwürfen ein
Ende bereiten und damit wieder einmal eines Ihrer popu-
listischen Vorhaben entlarven.


(Zurufe von der Linken)

Deutschland ist nicht das Land des Turbokapitalis-

mus. Viele Unternehmen, Vorstände und Aufsichtsräte
nehmen ihre soziale Verantwortung wahr und sichern da-
mit den Erhalt der sozialen Marktwirtschaft und den
Wohlstand in unserem Land. Bei der Diskussion um die-
ses Thema muss der Grundsatz gelten: Nicht gegen die
Wirtschaft, sondern mit der Wirtschaft. Die Linken ver-
lassen mit ihren Vorschlägen diesen Weg.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wenn Unternehmen in Deutschland Entlassungen

verkünden, ist die Betroffenheit groß. Ich glaube, wir
können davon ausgehen, dass die übergroße Mehrheit al-
ler Unternehmer lieber ihre Arbeitskräfte behält, wert-
volle Fachkräfte nicht verlieren will und gerne neue hin-
zugewinnt. Leider muss man die Bedingungen, unter
denen deutsche Unternehmen arbeiten und ausländische
Unternehmen in Deutschland investieren, immer im in-
ternationalen Wettbewerb sehen. Dieser Realität sollten
sich auch die Linken stellen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Auf der einen Seite wollen wir ins Ausland exportie-

ren. Auf der anderen Seite müssen wir Investoren in un-
ser Land holen. Diese Investoren können auch Risiko-
und Beteiligungsfonds sein. Wir begrüßen diese Investo-
ren im Land, weil sie auch in zukunftsweisende und be-
sonders risikoreiche Projekte investieren. Bitte verstehen
Sie mich nicht falsch: Ich bin für Arbeitnehmerrechte
und Mitbestimmung.


(Widerspruch bei der Linken)

Ich selbst war jahrelang Betriebsrat und Betriebsratsvor-
sitzender.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU], zur LINKEN gewandt: Hört euch das mal an!)


Es kommt aber darauf an, bei der Wahrung realistischer
Arbeitnehmerrechte die positive Entwicklung von Un-

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(C (D ernehmen und die Sicherung von Arbeitsplätzen nicht inzuschränken. (Oskar Lafontaine [DIE LINKE]: Sehr deprimierend!)


Unsere Arbeiter und Angestellten sind auf Welt-
iveau. Aber soll denn in Zukunft jeder einzelne Mitar-
eiter festlegen, wo Millionenbeträge investiert werden
nd wo nicht? Sollen dann die Vorstände in der Wirt-
chaft ganz abgeschafft werden? Wie sollen Belegschaf-
en beurteilen, ob ein Geschäft langfristig ein Unterneh-
en schädigt oder sich an nur kurzfristig orientierten
nlegerinteressen ausrichtet? Wie soll der Arbeitneh-
ervertreter beurteilen, ob es sich um ein besonders ris-

antes und lediglich auf kurzfristigen Gewinn abzielen-
es Geschäft handelt? Die Wirtschaftswelt ist heute so
omplex, dass auch die gesamte Finanzwelt in Deutsch-
and mit all ihrem Fachwissen die Bankenkrise nicht
erhindern konnte. Und dann will die Linke den Arbeit-
ehmervertretern die Beurteilung von Unternehmens-
trategien aufbürden.


(Zurufe von der Linken)


Meine Damen und Herren, das bestehende Aktien-
echt und das Betriebsverfassungsgesetz haben sich be-
ährt.


(Beifall bei der CDU/CSU)


ine weitere Einschränkung der Unternehmer durch das
etriebsverfassungsgesetz, wie die Linke es vorschlägt,

st absurd. Eine Änderung des Aktienrechts in der Form,
ass der Aufsichtsrat in die Geschäftsführung des Vor-
tands eingreift, schießt weit über das Ziel hinaus. Wie
ollen bei einer derartigen Zusammensetzung deutscher
ufsichtsräte überhaupt ausländische Investoren ange-

ockt werden?

Eine Arbeitnehmerbeteiligung, die wesentliche Teile
er Geschäftsführung blockieren kann, fördert nicht ge-
ade die Bereitschaft, in deutsche Aktiengesellschaften
u investieren.


(Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: So ist es!)


Wir haben in Deutschland eine der besten Regelungen
ur Arbeitnehmermitbestimmung der Welt. Dies ist posi-
iv für unsere Arbeitnehmer und fördert in der Regel im-
er auch das Wohl der Unternehmen. Eine zu große
usweitung schadet dem Standort Deutschland im inter-
ationalen Vergleich und nützt gleichzeitig den Arbeit-
ehmern wenig. Außerdem sollten wir in Deutschland
ie unternehmerische Freiheit nicht so stark einschrän-
en, dass niemand mehr das Risiko und die Verantwor-
ung einer Unternehmensgründung auf sich nehmen will.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie bei der FDP)


Ich frage mich, was die Linke mit diesen Anträgen
ezweckt, außer einer Schlagzeile.


(Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Das können wir Ihnen sagen!)


rbeitsplätze sichert sie damit nicht; neue schafft sie mit
erlei Vorschlägen erst recht nicht.






(A) )



(B) )


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1615708300

Herr Kollege Romer, erlauben Sie eine Zwischen-

frage des Kollegen Ernst?


Franz Romer (CDU):
Rede ID: ID1615708400

Nein.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: So von Bayer zu Bayer!)


Ich habe Vertrauen in die deutschen Unternehmen
und ihre Beschäftigten. Ich habe selbst als Betriebsrats-
vorsitzender ein Unternehmen durch schwierige Zeiten
begleitet.


(Werner Dreibus [DIE LINKE]: Die können das doch gar nicht beurteilen, haben Sie gesagt!)


Sowohl die Investoren als auch die Mitarbeiter waren
immer bereit, miteinander am Erfolg des Unternehmens
zu arbeiten und in schweren Zeiten für das Unternehmen
und die Arbeitsplätze zusammenzustehen. Ich selbst
habe aber auch erlebt, wie überzogene Gewerkschafts-
forderungen gegen den erklärten Willen der Belegschaft
die Existenz ganzer Betriebe gefährdeten.


(Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU], zu Abg. Oskar Lafontaine [DIE LINKE] gewandt: Er ist IG-Metall-Mitglied, Herr Lafontaine!)


Verantwortungsvolles Handeln beider Seiten ist die Be-
dingung für das Fortbestehen der sozialen Marktwirt-
schaft und damit unseres Wohlstandes.

Wir bemühen uns ständig, die Bedingungen für Un-
ternehmen zu verbessern, damit sie dem internationalen
Druck standhalten und ihre Arbeitsplätze sichern kön-
nen. Die Unternehmensteuerreform war ein weiterer
Schritt.

Wir dürfen Investoren nicht abschrecken. Auch wenn
wir versuchen müssen, jeden Arbeitsplatz in Deutsch-
land zu halten, muss uns klar sein, dass zu unseren
Preisen im Bildungsland Deutschland langfristig nur
hochspezialisierte Arbeitsplätze mit hohen Ausbildungs-
standards zu halten sind. Nokia ist ein Beispiel dafür,
dass die Globalisierung uns zwar recht gute Exportzah-
len in der Hochtechnologie sichert, aber auch mit sich
bringt, dass einfachere Produkte nicht mehr in Deutsch-
land hergestellt werden können. Sie wissen alle, dass es
nach Nokia keinen weiteren Hersteller gibt, der Mobil-
telefone in Deutschland produziert.

Ich sage noch einmal: Die Schlussfolgerung aus der
Abwanderung eines Unternehmens kann nicht sein, für
alle anderen in Deutschland produzierenden Unterneh-
men die Bedingungen noch weiter zu verschärfen.


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Doch!)


Damit vernichten wir Arbeitsplätze, und die internatio-
nalen Investoren suchen sich günstigere Wirtschafts-
standorte.


(Zuruf von der LINKEN: Das ist doch Unsinn!)


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(C (D An der Ernsthaftigkeit der Vorschläge der Linken uss man immer wieder aufs Neue zweifeln, so auch ier. (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Katja Mast [SPD])

ie Linke zeigt uns hier wieder den konsequenten Weg

ur Verstaatlichung der Wirtschaft.

(Zurufe von der LINKEN: Oh!)


tatt auf die Wirtschaft zu schimpfen,

(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Wer hat denn auf die Wirtschaft geschimpft?)

ollten wir uns gemeinsam auf unsere Stärken konzen-
rieren.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Gut, dass es bei der IG Metall auch noch solche Leute gibt!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1615708500

Das Wort hat der Kollege Heinz-Peter Haustein von

er FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP)



Heinz-Peter Haustein (FDP):
Rede ID: ID1615708600

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten

amen und Herren! Was hat eine Fata Morgana mit ei-
em Antrag der Linken gemeinsam? Beide sind Luft-
chlösser.


(Beifall des Abg. Jörg Rohde [FDP])

s ist ein Trugschluss, was Sie von der Linken uns stän-
ig präsentieren.


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Na, na, na!)

ie nehmen nicht zur Kenntnis, dass wir eine globali-
ierte Welt haben


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Doch!)

nd dass wir mit dieser Globalisierung leben müssen, ob
s uns gefällt oder nicht. Das ist eine Tatsache.


(Beifall des Abg. Rolf Stöckel [SPD])

ir nutzen die Vorteile der Globalisierung. Aber wenn

s einmal nicht so gut läuft, dann wird sie verteufelt. So
ann man es nicht machen, liebe Kollegen von der Lin-
en.


(Beifall bei der FDP – Widerspruch bei der LINKEN)


Ein Blick nach China zeigt: Die Chinesen kupfern
en Transrapid ab und bauen sogar die Nussknacker aus
em Erzgebirge nach.


(Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Aber mit schlechteren Farben!)


afür bekommen sie von uns noch 167 Millionen Euro
ntwicklungshilfe.


(Jörg Rohde [FDP]: Pfui!)







(A) )



(B) )


Heinz-Peter Haustein
Wenn es nicht so traurig und ernst wäre, könnte man da-
rüber lachen.

Was wir machen können, ist, in diesem unserem Land
alles dafür zu tun, dass die Mittelschicht, die Handwer-
ker und die Gewerbetreibenden einen guten Nährboden
vorfinden, hier Arbeitsplätze schaffen und keine Entlas-
sungen durchführen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


So herum kann es nur gehen.

Liebe Freunde von der CDU/CSU, Sie haben leider
mit Ihrer Mittelstandspolitik dazu beigetragen, dass Ar-
beitsplätze vernichtet werden.


(Beifall bei der FDP – Paul Lehrieder [CDU/ CSU]: Nein!)


Sie sonnen sich in dem Argument, dass die Zahl der Ar-
beitslosen zurückgegangen ist. Ich sage Ihnen dazu: Hät-
ten Sie die sogenannten Reformen im Bereich der Mehr-
wertsteuer und der Unternehmensteuer sowie die
Kürzung der Pendlerpauschale – und was Sie sonst noch
angerichtet haben – nicht durchgeführt, dann hätten wir
vielleicht nur noch 2 Millionen Arbeitslose.


(Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Wir haben den Arbeitslosenversicherungsbeitrag gesenkt!)


Das müssen Sie sich schon sagen lassen.


(Beifall bei der FDP)


Das Schlimmste an der ganzen Sache ist aber, liebe
Freunde, dass Sie mit dieser Politik die Wähler der Lin-
ken zutreiben.


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Jetzt schießen Sie aber ein bisschen über das Ziel hinaus!)


Wenn Sie, Herr Lafontaine, sagen, dass Sie die Doktrin
des Kommunistischen Manifestes in Ihr Parteiprogramm
aufnehmen wollen – das wundert mich im Übrigen nicht –,
dann ist doch klar, wohin das führt.


(Jan Mücke [FDP]: Das ist wenigstens ehrlich!)


Man kann sich ausrechnen, dass das zu einer sozialis-
tischen Planwirtschaft und zur Staatswirtschaft führt.
Wir haben diese Politik im Osten erlebt. Ich will Ihnen
sagen, was das letzten Endes bedeutet. Eine Planwirt-
schaft kann nur dort existieren, wo sie abgeschottet wird,
wo man ringsherum Stacheldraht legt und eine Mauer
baut.


(Beifall bei der FDP – Jan Mücke [FDP]: Nicht einmal da hat es funktioniert!)


Planwirtschaft heißt auch Mangelwirtschaft. Jeder,
der in der DDR gelebt hat, kann sich daran erinnern:
Wenn es zwei- oder dreimal im Jahr Bananen gab, dann
hat man so viel bekommen, wie man Kinder hatte. Wenn
es eine Woche warm war, war das Bier ausverkauft.
Wenn im Winter eine Woche Kälte herrschte, dann
wurde der Strom knapp. Das bedeutet Planwirtschaft.
Wollen Sie das allen Ernstes, Herr Lafontaine?

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(C (D (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Oskar Lafontaine [DIE LINKE]: Wir wollen Bier!)


Letztendlich führt das, was Sie wollen, zur Planwirt-
chaft. Dagegen müssen wir uns wehren, liebe Freunde.
as von links gewollt wird, kann nicht das Ziel für un-

er Land sein.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Wir müssen aufpassen, dass diese Sandmännchenstra-
egie, nämlich den Menschen Sand in die Augen zu
treuen und immer nur Halbwahrheiten zu verbreiten,
icht langsam gefährlich wird. Zu diesem Schluss muss
an kommen, wenn man sich die Wahlergebnisse in
anchen Bundesländern anschaut.


(Beifall bei der FDP – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Sehr gefährlich!)


Sie haben eben von Massenentlassungen gesprochen.
ie Abwicklung der DDR war die größte Massenentlas-

ung der Geschichte. Sie war Folge der vorausgegange-
en Misswirtschaft und der sozialistischen Planwirt-
chaft.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Treuhand! – Gegenruf des Abg. Jan Mücke [FDP]: Immer alles auf die Treuhand schieben! Sie haben einen Misthaufen hinterlassen!)


o ist es gelaufen. Auch die Freiheit bedeutet uns sehr
iel.

Liebe Freunde, denken Sie immer daran: Fata
organa ist gleich Linke.

In diesem Sinne: Ein herzliches Glückauf aus dem
rzgebirge!


(Beifall bei der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1615708700

Das Wort hat die Kollegin Anette Kramme von der

PD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Anette Kramme (SPD):
Rede ID: ID1615708800

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Es ist ein Skandal, was bei Nokia passiert ist.
ch sage ganz klar: Es ist auch ein Skandal, was bei AEG
assiert ist. Man kann noch eine ganze Reihe von Unter-
ehmen aufzählen, die unsäglich gehandelt haben. Auch
ch wünsche mir, dass Arbeitgeber ihre Personalpolitik
it mehr sozialer Verantwortung betreiben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Es ist erforderlich, dass eine Rückbesinnung stattfin-
et. Da kann man als Sozialdemokrat bzw. Sozialdemo-
ratin sogar Alfred Herrhausen zitieren:

An dem Tag, an dem die Manager vergessen, dass
eine Unternehmung nicht weiter bestehen kann,
wenn die Gesellschaft ihre Nützlichkeit nicht mehr
empfindet oder ihr Gebaren als unmoralisch be-
trachtet, wird die Unternehmung zu sterben begin-
nen.






(A) )



(B) )


Anette Kramme
Mit Ihren Vorschlägen, die Sie da unterbreiten, lösen
Sie bei mir Mitleid für die Arbeitgeber aus. Sie lassen
nämlich die Regelungen, die Sie vorsehen, nicht nur für
solche Unternehmen gelten, sondern Sie wollen, dass
diese Regelungen schlechthin und generell gelten. Sie
haben einen Leitspruch für sich. Dieser Leitspruch heißt:
Veränderung beginnt mit Opposition. Ich finde diesen
Spruch nicht schlecht. Er bietet viele Auslegungsmög-
lichkeiten. Aber, meine sehr geehrten Damen und Her-
ren von der Linken, Träume kann man erst dann ver-
wirklichen, wenn man sich entschließt, aus ihnen
aufzuwachen. Sie landen wieder in den Zeiten der Kol-
lektivierung und der Verstaatlichung. Ich bin mir sicher,
Sie alle kennen den Dichter Majakowski. Der hätte Ih-
nen an den Kopf geworfen: Die Heimat des Sowjetvol-
kes soll auch die Heimat der Vernunft sein.


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD sowie der Abg. Undine Kurth [Quedlinburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Machen wir einen Beispielsfall! Überlegen wir uns
einfach, welche Folgen diese Regelungen beispielsweise
für ein fiktives Unternehmen mit 110 Beschäftigten ha-
ben, das 30 Kündigungen durchführen will. Nehmen wir
zunächst einmal § 92 a des Betriebsverfassungsgesetzes,
den Sie ändern wollen; § 92 a ist im Übrigen unter SPD-
Regierung, unter Rot-Grün, eingeführt worden. Es soll
möglich sein, dass Arbeitnehmer Vorschläge zur Be-
schäftigungssicherung unterbreiten. Es ist gesetzlich
festgelegt, dass der Arbeitgeber diese mit ihnen erörtern
muss. Es ist festgelegt, dass in einigen Fällen sogar
schriftliche Begründungen dafür abgegeben werden
müssen. Es ist möglich, mit Zustimmung des Arbeitge-
bers, die allerdings grundsätzlich erteilt werden muss, ei-
nen Sachverständigen hinzuziehen.

Was Sie jetzt vorschlagen, ist absurd. Jeder Betriebs-
rat hat ohne Einschaltung des Arbeitgebers das Recht,
ohne vorherige Kostenkontrolle ein Gutachten in Auf-
trag zu geben. Für solche Gutachten gibt es Standardkos-
ten. In Nordbayern würden sie sich auf etwa 5 000 bis
25 000 Euro belaufen. Dann besteht die Möglichkeit,
eine Einigungsstelle zu diesem Thema einzuberufen;
beispielsweise dazu: In den nächsten fünf Jahren dürfen
keine Kündigungen ausgesprochen werden. Eine solche
Einigungsstelle verursacht natürlich ihrerseits Kosten.
Die kann man für Nordbayern mit etwa 7 000 bis
10 000 Euro pro Tag beziffern. Unter Umständen muss
solch eine Einigungsstelle selber noch einmal einen wirt-
schaftlichen Sachverständigen, der neutral ist, einschal-
ten. Es kann zu völlig unkalkulierbaren Ergebnissen für
Unternehmen kommen.

Aber damit hört das Ganze nicht auf. Der Arbeitgeber
kommt mit seiner Planung auf den Betriebsrat zu, sagt
also: 30 Kündigungen soll es geben. – Dann greift der
Standard, der Betriebsräten viele Handlungsmöglichkei-
ten, aber auch Missbrauchsmöglichkeiten bietet, der aber
in dieser Form in Ordnung ist. Es erfolgt zunächst eine
Informationsphase. Dann gibt es den Interessenaus-
gleich. Dann gibt es den Sozialplan. Der Betriebsrat hat
das Recht, in jeder Phase des Verfahrens einen wirt-

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(C (D chaftlichen oder juristischen Sachverständigen hinzuzuiehen. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Nur mit Zustimmung des Arbeitgebers!)


Kann man sich dann nicht einigen, soll es nach gel-
endem Recht die Einigungsstelle geben. Da gibt es
pielereien. Man einigt sich nicht auf diejenigen, die die
inigungsstelle besetzen sollen. Man einigt sich nicht
arauf, wie groß die Einigungsstelle sein soll. Bis das
erichtliche Verfahren abgeschlossen ist, dauert es dann
m Schnitt drei bis sechs Monate.

Neu bei Ihnen ist: Im Interessenausgleich, der jetzt
ine Betriebsvereinbarung sein soll, soll es wiederum
uflagen geben können – mit ebenfalls relativ unkalku-

ierbaren Auswirkungen für den Arbeitgeber, beispiels-
eise ein Kündigungsverbot für ein, zwei Jahre oder
as auch immer. Damit hört das aber immer noch nicht

uf; wir befinden uns bereits in einem ziemlich langen
lanspiel. Der Arbeitgeber geht, wenn all das abge-
chlossen ist, auf den Betriebsrat zu und sagt: Jetzt höre
ch dich zu den Kündigungen an. – Der Betriebsrat nutzt
ein neues Widerspruchsrecht nach § 102 des Betriebs-
erfassungsgesetzes, nach dem die Kündigungen der Zu-
timmung des Betriebsrates bedürfen. Wieder fängt das
eplänkel von vorne an. Wieder wird es Streit über die
insetzung der Einigungsstelle geben. Ein monatelanges
erichtsverfahren wird folgen. Irgendwann gibt es dann

ine Einigungsstelle, die entscheidet.

Die Frage ist: Überstehen die Unternehmen das tat-
ächlich? Ist es nicht vielmehr so, dass ganz leicht eine
ituation entstehen kann, die dazu führt, dass das Unter-
ehmen letztlich in der Insolvenz landet?


(Zurufe von der LINKEN)


Meine Damen und Herren von der Linken, ich weiß,
ass die unternehmerische Freiheit nicht unbedingt eine
erzensangelegenheit von Ihnen ist. In gewissem Maße
ann man das sogar verstehen, aber man kann sie nun
inmal nicht vollständig ignorieren. Das, was Sie hier
orlegen, ist eine Ausgeburt, ist die Krönung des Popu-
ismus. Dieser Antrag ist für Ihre Klientel geschrieben.
ie rechnen gar nicht damit, dass es jemals zu einer Um-
etzung kommt.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1615708900

Frau Kollegin Kramme, würden Sie dem Herrn Ernst

etzt eine Zwischenfrage gewähren?


Anette Kramme (SPD):
Rede ID: ID1615709000

Nein, dem Herrn Ernst nicht.

Überlegen wir uns spannende Alternativen, über die
an diskutieren kann: Warum soll es nicht möglich sein,

m Bereich der Unternehmensmitbestimmung à la VW-
esetz erhöhte Grenzen für die Zustimmung festzuset-

en, beispielsweise wenn es um die Unternehmensverla-
erung geht? Oder: Nutzen wir die Möglichkeiten, die
ie Gewerkschaften selbst geschaffen haben – Beispiel:
ozialtarifverträge.






(A) )



(B) )


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1615709100

Frau Kollegin Kramme, jetzt würde der Kollege Drei-

bus gerne eine Zwischenfrage stellen.


Anette Kramme (SPD):
Rede ID: ID1615709200

Wenn es der Kollege Dreibus ist, gestatte ich das

selbstverständlich.


(Heiterkeit bei der SPD – Dirk Niebel [FDP]: Zuckerbrot und Peitsche, so lieben wird das! – Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Jetzt kriegt er aber Probleme in seinem Laden!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1615709300

Dann hat der Kollege Dreibus jetzt die Chance, eine

Zwischenfrage zu stellen.


Werner Dreibus (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1615709400

Frau Kollegin Kramme, ich habe nur eine kleine

Frage und möchte damit die Realität wenigstens ein
Stück weit wieder in diese Debatte holen. Können Sie
mir erklären, warum die Partei, der Sie angehören, in al-
len Programmen zwischen dem Godesberger Programm
und dem Wahlprogramm zur Bundestagwahl 2005 aus-
drücklich eine Ausweitung der Mitbestimmung auf
Ebene des Betriebsverfassungsgesetzes und auf Ebene
der Unternehmensverfassung gefordert hat? Wenn das,
was Sie hier vertreten, der Grundposition der SPD ent-
spricht, was ich mir nicht vorstellen kann, müsste man
eigentlich sagen: Wir haben nicht zu wenig Mitbestim-
mung, sondern offensichtlich jetzt schon zu viel. Jeden-
falls gäbe es dann keinen Grund, solche Beschlüsse zu
fassen, wie sie Ihre Partei gefasst hat.


(Beifall bei der LINKEN – Andrea Nahles [SPD]: Das ist eine Unterstellung!)



Anette Kramme (SPD):
Rede ID: ID1615709500

Herr Dreibus, Sie wissen, dass wir uneingeschränkt

hinter dem geltenden Betriebsverfassungsgesetz und den
Regelungen zur Unternehmensmitbestimmung stehen.
Wir haben die Unternehmensmitbestimmung erst kürz-
lich ausgeweitet.

Wie gesagt: Wir stehen nicht am Ende der Debatte.
Sie wissen vielleicht, dass der Hamburger Parteitag die
Einführung neuer Mitbestimmungsrechte für Betriebs-
räte bei der Leiharbeit beschlossen hat. Vielleicht haben
Sie vorhin nicht genau zugehört. Ich habe von Unterneh-
mensmitbestimmung und erhöhten Zustimmungserfor-
dernissen gesprochen. Was ist das anderes als das, was
Sie jetzt fordern?


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Und wo ist Ihr Vorschlag jetzt?)


– Ich habe gerade einen Vorschlag unterbreitet.


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Das kriegen die gar nicht mit!)


Kommen wir zur Sache zurück. Die Ideen, die ich
vorgetragen habe, sind spannend. Ich empfehle, darüber
nachzudenken. Wir sollten uns vor allen Dingen auf das

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(C (D onzentrieren, was wir zeitnah umsetzen können. Sie önnen uns in wunderbarer Weise unterstützen. Es ist erorderlich, dass wir einen Mindestlohn in Deutschland ekommen. Vor wenigen Tagen ist mir der Arbeitsverrag eines Leiharbeitnehmers vorgelegt worden. Er areitet in Bayern, im Umfeld der Großstädte Nürnberg nd Erlangen. In diesem Vertrag steht, dass der Leihrbeiter 3 Euro die Stunde bekommt. Ich habe auch seine ohnabrechnungen gesehen. Sein monatlicher Brutto ohn beträgt 538 Euro. Wir wissen: 15,7 Prozent aller rbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen würden davon rofitieren, wenn es einen Mindestlohn in Höhe von ,50 Euro gäbe. (Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Das hätten wir schon längst verabschieden können!)


ier können wir handeln, und das sollten wir auch tun.


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Haben Sie dem denn zugestimmt? Nein! Sie haben den Mindestlohn hier in diesem Hause abgelehnt!)


Vor wenigen Tagen wurde die Studie des BMAS zur
eneration Praktikum veröffentlicht. Es hat sich heraus-
estellt, dass dies nicht nur ein Problem der Hochschul-
bsolventen ist, sondern auch ein Problem der Absolven-
en von Berufsausbildungslehrgängen; bei ihnen ist diese
roblematik sogar noch stärker ausgeprägt. Hier müssen
ir handeln. Denn das, was hier stattfindet, ist ein Miss-
rauch der jungen Generation.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Ein anderer Beschluss des Hamburger SPD-Partei-
ags, den ich vorhin schon einmal am Rande erwähnt
abe, ist mir ebenfalls ein Herzensanliegen. Wir wissen,
ass es bei der Leiharbeit viele Missstände gibt. Wir wis-
en, dass Leiharbeit als Lohndumpinginstrument einge-
etzt wird und dass Tochterunternehmen gegründet wer-
en, die nur dazu dienen, geltende Tarifverträge zu
mgehen. Deshalb sollten wir auch in diesem Bereich
nbedingt tätig werden. Meine Damen und Herren, diese
hemen müssen für uns Priorität haben. Wir sollten vor
iesen Missständen nicht die Augen verschließen. Hier
önnen wir handeln, und das werden wir tun.

In diesem Sinne: Ganz herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1615709600

Zu einer Kurzintervention erteile ich das Wort dem

ollegen Klaus Ernst.


Klaus Ernst (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1615709700

Frau Kramme, da Sie einer Antwort auf meine Frage

usgewichen sind, indem Sie mich meine Frage gar nicht
rst stellen ließen,


(Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Stellen Sie Ihre Frage doch jetzt! Los!)


öchte ich jetzt auf den Interessenausgleich zu sprechen
ommen.






(A) )



(B) )


Klaus Ernst
Frau Kramme, Sie wissen ganz genau: Das gegenwär-
tige Recht ist so gestaltet, dass eine Einigungsstelle, die
sich um einen Interessenausgleich bemüht, letztendlich
keinen Spruch fällen kann, sodass nach gegenwärtigem
Recht immer der Arbeitgeber obsiegt, weil er einfach sa-
gen kann, dass er keinen Interessenausgleich abschließt.
Ein Spruch der Einigungsstelle ist nicht möglich. All die
Märchen, die Sie gerade zum Thema Mitbestimmung er-
zählt haben, sollten Sie woanders erzählen. Hier sitzt
nämlich der eine oder andere, der weiß, wovon er
spricht.

Frau Kramme, ich habe an Ihrem Vortrag vermisst,
dass Sie die Interessenlage der Arbeitnehmer nicht er-
wähnt haben. Sie haben sehr viel darüber gesprochen,
welche Nachteile die Arbeitgeber hätten, wenn das um-
gesetzt würde, was wir fordern. Diese Nachteile sind al-
lerdings gewollt. Wir wollen, dass die Arbeitgeber künf-
tig den Nachteil haben, eine Betriebsänderung bzw.
einen Interessenausgleich nicht mehr einfach beschlie-
ßen zu können, mit dem Ergebnis, das Tausende ihren
Job verlieren. Wir wollen, dass ein Betriebsrat eine wirk-
same Möglichkeit bekommt, gegen Entlassungen vorzu-
gehen. Ich weiß überhaupt nicht – das kann ich wirklich
nicht verstehen –, was aus sozialdemokratischer Sicht
dagegen spricht,


(Beifall bei der LINKEN)


zu sagen: Wenn im Rahmen eines Interessenausgleichs
Vorschläge des Betriebsrates behandelt werden, dann
kann die Einigungsstelle auch einen Spruch fällen und
zum Beispiel die Entscheidung treffen: Die Vorschläge
des Betriebsrates sind gut und berechtigt; daher sind Ent-
lassungen ausgeschlossen. – Nach gegenwärtigem Recht
ist das nicht möglich.

Frau Kramme, offensichtlich kann ich feststellen,
dass sich die Sozialdemokratie, für die Sie gesprochen
haben, mehr um die Interessen der Arbeitgeber als um
die Interessen der Arbeitnehmer kümmert. Das nehme
ich dankbar zur Kenntnis.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1615709800

Frau Kollegin Kramme zur Erwiderung, bitte schön.


Anette Kramme (SPD):
Rede ID: ID1615709900

Herr Ernst, jetzt haben Sie ja doch noch die Möglich-

keit bekommen, sich zu äußern.


(Zurufe von der LINKEN: Zum Glück! – Das war auch wichtig! – Stört Sie das etwa?)


– Darüber sind wir tieftraurig.

Beim Thema Interessenausgleich muss man differen-
zieren. Die derzeitige Rechtlage sieht wie folgt aus: Ein
Interessenausgleich regelt das Ob und das Wie einer Be-
triebsänderung.


(Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Ja!)


Der Arbeitgeber muss versuchen, einen Interessenaus-
gleich herbeizuführen. Das hat er erst dann getan, wenn
er die Einigungsstelle angerufen hat. In großen Teilen

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(C (D eutschlands besagt die Rechtsprechung sogar, dass ine Betriebsänderung bis zu diesem Zeitpunkt zu unterassen ist. Man kann durchaus darüber nachdenken, einen Interssenausgleich in Form einer Betriebsvereinbarung zu estalten. In viele Interessenausgleiche werden beipielsweise Regelungen über zusätzliche Informationen nd Beteiligungsrechte aufgenommen. Sie aber wollen, usgehend von der betrieblichen Mitbestimmung, tatächlich Eingriffe in das Unternehmensgeschehen vorehmen, die über die Unternehmensmitbestimmung weit inausgehen. Das Wort hat jetzt die Kollegin Brigitte Pothmer von er Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe rau Kramme, ich hätte gern einmal gewusst, an wen ier im Hause Sie Ihren Appell zur Einführung des Minestlohns gerichtet haben. (Beifall bei der LINKEN – Paul Lehrieder [CDU/CSU]: An die Grünen!)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1615710000
Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615710100

enn Sie ihn einführen wollen, dann kann ich Ihnen nur
agen: Sie haben dafür in diesem Hause die Mehrheit.


(Andreas Steppuhn [SPD]: Aber im Bundesrat nicht! – Anette Kramme [SPD]: Das Thema haben wir heute Abend noch! Sparen Sie sich Ihre Worte bis 19 Uhr auf!)


Liebe Frau Kramme, Sie haben das Thema in dieser
ebatte angesprochen, nicht ich.

Sie haben hier sehr umfänglich die – wie ich finde,
ichtigen – Regelungen dargestellt, die wir unter Rot-
rün eingeführt haben. Aber es lässt sich letztlich nicht

eugnen, dass diese Regelungen Fälle wie Nokia nicht
erhindern konnten. Ein anderer Fall, den ich nicht we-
iger skandalös finde, weil es sich dabei um ein wirklich
lorierendes Unternehmen gehandelt hat, das durch Pri-
ate-Equity-Gesellschaften ausgeplündert worden ist, ist
rohe.


(Frank Schäffler [FDP]: Das ist doch Quatsch! Sie haben keine Ahnung!)


as hat dazu geführt, dass jeweils Tausende von Ar-
eitsplätzen verloren gegangen sind, dass Tausende von
enschen von einem Tag auf den anderen ihre Perspek-

ive und ihre Sicherheit verloren haben. Sowohl bei
okia als auch bei Grohe hat nicht die wirtschaftliche
age diese Entlassungen erzwungen. Es ging um Inves-

itionen und um Profite, die in dieser Situation wichtiger
aren als soziales und wirtschaftliches Verantwortungs-
ewusstsein.

Ich habe Verständnis für die Wut, die dies hervorgeru-
en hat. Aber da kann Politik nicht stehen bleiben. Es
uss darum gehen, diesem Treiben Einhalt zu gebieten.
as fängt mit dem Versuch an, den Subventionswettbe-
erb, den es über Ländergrenzen hinweg gibt, zu been-






(A) )



(B) )


Brigitte Pothmer
den. Außerdem muss aufgrund von ehrlichen Analysen
darüber geredet werden, welche Auswirkungen die Aus-
lagerungen für die Unternehmen tatsächlich haben. Ich
finde wirklich interessant, was das Fraunhofer-Institut in
einem Gutachten herausgefunden hat. Es hat festgestellt:
Die Produktionskosten im Ausland sind häufig nicht ge-
ringer als am Standort Deutschland, wenn man alle Kos-
ten zusammenrechnet. Das Argument, es sei überall auf
der Welt ökonomisch attraktiver zu investieren als in
Deutschland, ist einfach falsch.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Dieses Gutachten muss zur Pflichtlektüre für jeden Un-
ternehmensführer werden. Das müssen sie auswendig
lernen. Wenn man sie nachts weckt, müssen sie das vor-
beten können.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jan Mücke [FDP]: Am besten per Gesetz verordnen, das auswendig zu lernen!)


Nun weiß auch ich, dass dies allein nicht reicht. Ich
will an dieser Stelle auch nicht alles abwehren, was von
linker Seite kommt. Ich finde es schade, dass Sie in Ih-
rem Gesetzentwurf das Kind mit dem Bade ausschütten.
Wenn Sie die Vorschläge, die Sie in diesem Gesetzent-
wurf formuliert haben, zu Ende denken, dann kann das
zugespitzt heißen: Arbeitsplätze werden dort gesichert,
wo die wirtschaftliche Grundlage dafür weggefallen ist.


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Nein!)


Auf der anderen Seite werden Investitionen dort verhin-
dert, wo neue Arbeitsplätze entstehen könnten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das kann nicht das Ziel einer dynamischen Wirtschafts-
politik sein. Nicht immer sind Maximaleingriffe im
Sinne der Beschäftigten wirtschaftspolitisch sinnvoll
und richtig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich will versuchen, die Vorschläge, die Sie machen, in
vier Kategorien einzuteilen, und ich betone noch einmal:
Ich lehne nicht alles ab.

Erste Kategorie: bloße Klarstellungen, die aus meiner
Sicht entbehrlich sind. Das betrifft zum Beispiel Ihren
Vorschlag zum Kündigungsschutz. Auch heute können
Kündigungen nicht ohne wirtschaftliche Begründung
ausgesprochen werden; Frau Kramme hat darauf hinge-
wiesen. Dass dies zum Teil trotzdem passiert, werden
Sie nicht dadurch verhindern, dass Sie eine rechtliche
Normierung einfach noch einmal normieren. Das ist Au-
genwischerei. Damit werden Sie das Problem nicht lö-
sen.

Zweite Kategorie: durchaus sinnvolle Vorschläge, die
wir unterstützen können, beispielsweise die Klarstel-
lung, wann die Übernahme von Unternehmensteilen eine
Betriebsänderung darstellt, die zur Folge haben muss,
dass der Betriebsrat einbezogen wird. Das scheint uns
eine durchaus sinnvolle Überlegung zu sein; darüber
werden wir im Ausschuss reden.

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(C (D Dritte Kategorie: Forderungen, über die wir uns im rundsatz einig sind, deren konkrete Ausgestaltung aber och diskutiert werden muss. Ein Beispiel dafür ist die rage: Sollten Hedgefonds oder Private-Equity-Fonds, enn sie Kredite anfordern, nicht ein Mindestmaß an igenkapital mitbringen müssen? Vierte Kategorie: Forderungen, die aus unserer Sicht icht gehen, übrigens nicht nur, weil sie eine Überbüroratisierung mit sich bringen. Ein Beispiel ist das Vetoecht, das der Betriebsrat im Aufsichtsrat bekommen oll, wenn eine Verlagerung oder ein Verkauf des Beriebs bzw. von Betriebsteilen ansteht. (Werner Dreibus [DIE LINKE]: Das steht nicht in unserem Gesetzentwurf!)


Doch, das steht da. – Diese Regelung hätte zur Folge,
ass der Eigentümer nicht mehr derjenige wäre, der im
nternehmen entscheidet. Das ist letztlich eine Enteig-
ung auf kaltem Wege. Die Frage ist: Wer trägt eigent-
ich die Verantwortung, wenn eine solche Situation von
en Beschäftigten nicht akzeptiert wird und der Betrieb
m Anschluss in Konkurs geht? Darüber reden wir im
usschuss – das sichere ich Ihnen zu – gerne seriös.


(Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Heißt das, anders als heute?)


Lassen Sie mich zum Schluss sagen: Dem Statisti-
chen Bundesamt zufolge hat Deutschland in den Jahren
001 bis 2006 durch Auslagerung 188 000 Arbeitsplätze
erloren, im Gegenzug aber 105 000 neue Arbeitsplätze
ewonnen; das entspricht 56 Prozent. Interessant ist,
ass sich diese Arbeitsplätze nicht über alle Qualifika-
onsstufen gleich verteilen: Von den hochqualifizierten
rbeitsplätzen, die ausgelagert worden sind, sind 94 Pro-

ent an anderer Stelle wieder in Deutschland entstanden;
on den geringqualifizierten Arbeitsplätzen sind es nur
7 Prozent. Worauf weist das hin? Wir müssen uns Ge-
anken darüber machen, wie die Rahmenbedingungen
ür unternehmerisches Handeln zu gestalten sind. Min-
estens genauso wichtig ist es aber, dass wir die Betrof-
enen auf eine solche Situation – die wir nicht in jedem
all verhindern werden – besser vorbereiten. Das heißt:
ualifizierung, Qualifizierung und noch einmal Qualifi-

ierung. Das haben wir in der Hand, und darauf sollten
ir uns konzentrieren.

Ich danke Ihnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1615710200

Das Wort hat der Kollege Paul Lehrieder von der

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Paul Lehrieder (CSU):
Rede ID: ID1615710300

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und

erte Kollegen! Wir haben es heute einmal mehr mit ei-
er höchst populistischen Initiative der Linken zu tun.






(A) )



(B) )


Paul Lehrieder

(Widerspruch bei Abgeordneten der LINKEN – Oskar Lafontaine [DIE LINKE]: Rüttgers macht da mit! Pass auf!)


Ihre Welt, liebe Kolleginnen und Kollegen von der
Linkspartei, ist schwarz-weiß: hier die bösen Hedge-
fonds und Private-Equity-Fonds, dort die guten Betriebs-
räte, die, wenn es nach Ihnen ginge, bei jedem Betriebs-
verkauf das letzte Wort hätten. Wie immer schießen Sie
über das Ziel hinaus, können sich nicht von der Welt der
volkseigenen Betriebe verabschieden, die sich mit nor-
maler Unternehmensplanung einer sozialen Marktwirt-
schaft noch nie vertragen haben.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Volkseigene Hedgefonds! – Heiterkeit bei der LINKEN)


– Das schaffen Sie auch noch, Herr Ernst: volkseigene
Hedgefonds! Ihnen traue ich viel zu.

Unter den Bedingungen der Linkspartei werden Un-
ternehmen, die es sich leisten können, erst recht mit dem
Gedanken an Abwanderung spielen. Ein Unternehmer,
der unternehmerisches Risiko auf sich nimmt, kann und
wird sich in unternehmerische Entscheidungen nur in be-
grenztem Umfang hineinreden lassen; ansonsten wird er
in weniger regulierte Volkswirtschaften ausweichen. Es
gibt ja genügend traurige Beispiele dafür.

Herr Lafontaine, Sie haben vorhin Art. 14 zitiert und
sind zur Sozialpflichtigkeit des Eigentums gelangt. Mit
geneigter Zustimmung des Herrn Präsidenten möchte ich
zitieren. Art. 14 Grundgesetz besteht aus mehreren Ab-
sätzen. Abs. 2 beginnt mit dem Satz: „Eigentum ver-
pflichtet“. In Abs. 1 steht aber unter anderem: „Das
Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet.“ Als
vormaliger Finanzminister sollten Sie genug Ahnung
von unserer Verfassung haben, um zu wissen, dass das
Eigentum natürlich nicht nur aus dem Ertrag aufgrund
körperlicher und geistiger Leistung besteht, sondern
auch das Grundstück, die Betriebsstätten und die Ma-
schinen umfasst, die der Unternehmer gekauft hat. Auch
dieses Eigentum ist gewährleistet, Herr Lafontaine.


(Beifall bei der CDU/CSU – Oskar Lafontaine [DIE LINKE]: Es geht um das gesamte Betriebsvermögen! Das ist Ihr großer Irrtum! Es geht auch um das Vermögen, das die Belegschaft aufgebaut hat!)


– Herr Lafontaine, ich bin noch nicht ganz fertig. Hören
Sie doch einfach einmal geduldig zu! Vielleicht hilft Ih-
nen das etwas.

Herr Lafontaine, Sie haben vorhin die Forderung auf-
gestellt, dass gegen den Willen der Arbeitnehmer kein
Betriebsteil verkauft werden kann. So wünschen Sie es
sich.


(Oskar Lafontaine [DIE LINKE]: Ja!)


Sie haben ausgeführt: Der Betrieb ist das Eigentum der
Belegschaft. – Wem gehören denn dann die Maschinen,
das Grundstück und im Übrigen auch die Schulden?
Herr Lafontaine, ich weiß nicht, wie es bei Ihnen im
Saarland ausschaut. Ich kenne bei mir in der Region sehr
viele Unternehmen – gerade die KMUs, die kleinen und

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(C (D ittleren Unternehmen; Sie wollen Ihre Regelungen ja ereits ab 20 Beschäftige greifen lassen –, deren Beriebsinhaber ein hohes persönliches Risiko eingehen. m die Kredite für ihre Unternehmen bekommen zu önnen, haften sie mit ihrem privaten Häuschen. Mit alen Schulden unterwerfen sie sich der sofortigen Volltreckung in das gesamte Vermögen, um das Geld für die chaffung von Arbeitsplätzen zu bekommen. Mit dieem Geld, das sie sich bei den Banken holen, bieten sie rbeitsplätze an. ls Dankeschön dafür wollen Sie von der Linkspartei it Ihren jetzt vorgelegten Initiativen erreichen, dass iese Unternehmer keine weiteren Entscheidungen mehr reffen können. Herr Lafontaine, angenommen, ein Teil hrer Gesetzentwürfe würde Gesetzeskraft erlangen, räuchten wir in wenigen Jahren nicht mehr über das hema Arbeitsplatzabbau zu sprechen; denn dann hätten ir gar nicht mehr die Möglichkeit, neue Arbeitsplätze u schaffen, weil ein Großteil der potenziellen Arbeitgeer nicht mehr in Deutschland investieren, sondern das eld gleich in weniger regulierte Volkswirtschaften ste ken würde. Ein paar Sätze noch an Ihre Adresse, Herr Lafontaine: Kapital ist ein scheues Reh“. Ich habe befürchtet, dass Sie das kennen. – In einer lobalisierten Welt können Sie das Kapital nicht mit diriistischen Maßnahmen, die Sie hier vorschlagen, halten. Die Welt, in der wir leben, ist sehr viel komplizierter, ls Sie sie darstellen. Europas Wirtschaftsund Arbeitselt befindet sich mitten in einem tiefgreifenden Wanel, der auch Deutschlands Unternehmen seit geraumer eit erfasst hat. Internationalisierung ist das Stichwort. roßunternehmen fusionieren über die Grenzen hinweg. eutsche Unternehmen wie die MAN Diesel und die Al ianz wandeln sich in europäische Gesellschaften um. – rau Kollegin Pothmer hat darauf hingewiesen, dass wir in Stück weit Leidtragende, aber natürlich auch Gewiner dieser Umwandlung sind, nämlich im Hinblick auf ie hochqualifizierten Arbeitsplätze. – In den Sog der andlung gerät zwangsläufig auch die Mitbestimmung er Arbeitnehmer. Entwicklungen von solcher Dynamik nd Tragweite erfordern grenzübergreifende Beobachung und Regelungen, damit in vielen Jahren Erworbees nicht unter die Räder gerät. Es ist ganz natürlich, dass viele Bürger unter diesen mständen das Gefühl haben, von einer Entwicklung berrollt zu werden, die ihnen letztendlich die Kontrolle ber das eigene Leben entreißt. Die Angst, vielleicht orgen auf der Straße zu stehen oder zu sehr viel chlechteren Bedingungen weiterarbeiten zu müssen, ist erständlicherweise weit verbreitet. Ich kann diese Soren, die die Linksfraktion in diesem Gesetzentwurf anpricht, durchaus nachvollziehen. Gerade deshalb ist es ber äußerst unverantwortlich, diese Menschen populis Paul Lehrieder tisch aus durchsichtigem politischem Eigeninteresse weiterhin zu verunsichern. Hedgefonds und Private-Equity-Fonds werden gerade vonseiten der Linken immer wieder zu Schreckgespenstern aufgebaut. (Zuruf von der Linken: Zu Recht! – Jörg Rohde [FDP]: Es gibt auch nette Heuschrecken!)


(Zuruf von der FDP: So ist es!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Karl Marx!)





(A) )


(B) )


So wird aber gerade der Blick auf Lösungen vernebelt,
wie sie wirksam und auch im Interesse der Beschäftigten
in den Griff zu bekommen sind. Die deutsche Wirtschaft
wird auch in Zukunft ein Stück weit ausländische Kapi-
talgeber benötigen, um bei uns Arbeitsplätze zu schaf-
fen. Wir können das nicht alleine erreichen.

Liebe Freunde von der Linkspartei, Panik war schon
immer ein schlechter Ratgeber.


(Dirk Niebel [FDP]: Das sind Ihre Freunde?)


– In Anführungszeichen.


(Frank Schäffler [FDP]: Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde!)


Wir dagegen nehmen die Gefahren der zunehmenden
weltweiten Vernetzung ernst und sind tätig geworden.
Dem weltweiten Fortschritt können wir in Deutschland
nicht unbedacht zusehen – weder durch eine vollkom-
mene Abschottung des deutschen Finanzmarktes gegen-
über diesen Innovationen noch durch eine Überregulie-
rung noch durch eine vollkommene Laisser-faire-
Haltung, der der Glaube zugrunde liegt, der Kapital-
markt werde es schon richten.

Die deutsche Wirtschaft wird sich auf Dauer vermehrt
mit neuen Finanzierungsformen auseinandersetzen müs-
sen. Dazu gehört auch die Beteiligungsfinanzierung
durch Private Equity. Die Bundesregierung verfolgt da-
bei eine Strategie, die einerseits die positiven Effekte
von Beteiligungskapital fördern, aber andererseits die
Risiken durch neue innovative Finanzinstrumente be-
grenzen soll. Hierzu zählt auch das Risikobegrenzungs-
gesetz. Mit diesem Gesetz sollen die Rechte von Unter-
nehmen im Umgang mit Finanzinvestoren – also
Hedgefonds und Beteiligungsgesellschaften – gestärkt
werden. Zudem wird der Schutz der Belegschaften ent-
schieden verbessert. Ihnen gegenüber sind die Unterneh-
men ausdrücklich auch dann Rechenschaft schuldig,
wenn sich die Kontrolle über das betreffende Unterneh-
men ändert, soweit dadurch nicht Betriebs- und Ge-
schäftsgeheimnisse des Unternehmens gefährdet werden.
Um Gefahren für die Finanzmärkte entgegenzuwirken,
soll die laufende Beobachtung und Analyse der mit der
Tätigkeit von Finanzinvestoren verbundenen Risiken
durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsauf-
sicht und die Deutsche Bundesbank intensiviert werden.

Hedgefonds übernehmen zwar Risiken, die ansonsten
nicht oder nur schwer verteilt werden könnten, bergen
aber auch Gefahren, die wir ernst nehmen. Die Gipfeler-
klärung von Heiligendamm hat deshalb die Notwendig-
keit betont, hinsichtlich der weiteren Entwicklung dieser

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(C (D onds wachsam zu sein. Bundeskanzlerin Angela Merkel at deshalb angemahnt, Kontrollmechanismen – insbeondere für das Risikomanagement – zu überprüfen und egebenenfalls zu verbessern. Nach der Kabinettsklausur in Meseberg wurden Prüfufträge an das Finanzministerium und das Wirtschaftsinisterium vergeben, um geeignete Schutzvorkehrun en zu treffen. Nach einem Referentenentwurf des irtschaftsministeriums von Ende Oktober kann die undesregierung künftig ihr Veto einlegen, wenn ein uslandsinvestor ein deutsches Unternehmen zu mehr ls 25 Prozent übernehmen will oder dies bereits getan at. Geschieht der Kauf der Anteile heimlich und wird rst später öffentlich, erhält das Ministerium für die Prüung länger Zeit. Im Gesetzentwurf ist ein Zeitraum von rei Monaten vorgesehen. Die Union schlägt vor, die panne auf bis zu drei Jahre auszudehnen. Entscheidet ich die Regierung für ein Veto, kann sogar die Rückabicklung der Übernahme angeordnet werden. Wie Sie sehen, meine lieben Mitparlamentarier der inkspartei, tun wir bereits sehr viel, um die Transpa enz von neuen Anlagearten zu erhöhen, damit Banken, nleger und Aufsichtsbehörden bei Missständen früh eitig reagieren können. Sicherlich hat es diese in der ergangenheit gegeben. Aber sie sind längst nicht so assenhaft aufgetreten, dass wir Grundrechte der Unter ehmerfreiheit einschränken sollten. Die große Mehrheit der Unternehmensführer in eutschland ist sich ihrer Verantwortung bewusst und immt – das habe ich bereits eingangs ausgeführt – ein ohes persönliches finanzielles Risiko in Kauf, um Areitsplätze zu schaffen. An dieser Stelle wäre ein Aplaus gerechtfertigt, liebe Kolleginnen und Kollegen. ie sind nicht nur für Bilanzzahlen und Aktienkurse verntwortlich, sondern stehen auch für ihre Mitarbeiter nd deren Familien ein. Im Übrigen haben die Arbeitnehmervertreter bereits etzt weitgehende Mitspracherechte. Die betriebliche itbestimmung wird – wie schon die Biedenkopf-Komission 1972 in ihrem Sachverständigenbericht festge tellt hat – durch vier zentrale Zwecke gerechtfertigt: die enschenwürde, das Verhältnis von Kapital und Arbeit, ie Demokratisierung und die Machtbindung. Diese rundsätze gelten weiter und sind Teil unseres Sozial taatsprinzips. Herr Präsident, ich komme zum Ende meiner Ausfühungen. – Wir werden deshalb den Gesetzentwurf der inkspartei schweren Herzens ablehnen müssen, Herr afontaine. Das ist nicht der richtige Weg. Ich glaube, ir machen das in der Großen Koalition besser. Ich wün che weiterhin gute Beratungen. Danke schön. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Heiterkeit)







(A) )



(B) )


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1615710400

Zu einer Kurzintervention erteile ich dem Kollegen

Oskar Lafontaine das Wort.


Oskar Lafontaine (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1615710500

Herr Präsident, ich möchte lediglich klarstellen, dass

wir unterschiedliche Vorstellungen von dem Begriff Ent-
eignung haben, auf den sich mehrere Redner bezogen
haben. Die Redner, die nach mir gesprochen haben, ver-
stehen unter Enteignung, wenn die Belegschaft letztlich
über das Betriebsvermögen mitentscheidet und insoweit
die alleinige Verfügung des Anteilseigners über das Be-
triebsvermögen außer Kraft gesetzt wird. Wir verstehen
etwas anderes unter Enteignung. Wenn ein Unternehmer
eine Fabrik mit Hallen aufbaut und finanziert, dann ge-
hört sie ihm selbstverständlich. Wenn die Produktion an-
läuft und weitere Hallen dazukommen, dann ist dies
nach unserer Auffassung nicht mehr allein Betriebsver-
mögen des Unternehmers. Wir sind vielmehr der Auffas-
sung, dass hier die Enteignung beginnt, wenn man der
Belegschaft keine Eigentumsrechte einräumt. Das ist un-
sere Auffassung. Es ist völlig klar, dass dies für Sie denk-
unmöglich ist.


(Jörg Rohde [FDP]: Definitiv ist so etwas unmöglich!)


– Wir lachen jetzt auch über Sie, weil wir Ihre Position
lächerlich finden. – Das zusätzlich geschaffene Betriebs-
vermögen gehört nicht nur dem, der am Anfang eine
Halle finanziert hat, sondern auch der Belegschaft. Des-
halb muss sie an der Entscheidung über dieses Vermögen
beteiligt werden. Das ist unsere Position.


(Beifall bei der LINKEN)


Behalten Sie ruhig Ihre Position bei! Ich wünsche Ih-
nen, dass Sie sie noch lange beibehalten.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1615710600

Herr Kollege Lehrieder, zur Erwiderung.


Paul Lehrieder (CSU):
Rede ID: ID1615710700

Lieber Herr Lafontaine, jetzt staune ich aber. Die

erste Fabrik ist noch im Eigentum desjenigen, der das
Geld dafür gegeben hat. Wenn er aber sein Geld nicht
auf die Bank bringt oder in Aktien investiert, sondern im
Unternehmen arbeiten lässt und so die Voraussetzung
schafft, dass er eine zweite und dritte Fabrik aufbauen
kann, und gute und vernünftige Löhne an seine Mitarbei-
ter zahlt, soll er nach Ihren Vorstellungen von der Ren-
dite seines Vermögens nicht mehr bzw. nicht mehr aus-
schließlich selber profitieren und alles andere, was er mit
seinem Vermögen erwirtschaftet, automatisch teilen?
Das klingt sehr nach Sozialisierung. Das ist nichts ande-
res – das ist vielleicht der Wunschtraum der Talkshowso-
zialisten – als eine Planwirtschaft, die wir glücklicher-
weise nach 40 Jahren überwunden zu haben glaubten.
Gott bewahre uns, dass es so kommt, wie Sie es sich vor-
stellen!

Danke schön.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU – Oskar Lafontaine [DIE LINKE]: Sie wissen nicht mehr, was in der Christlichen Soziallehre steht! Selbst die FDP war weiter! Im Freiburger Programm stand das noch! Aber das kennt kein Mensch mehr bei euch!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1615710800

Das Wort hat jetzt der Kollege Frank Schäffler von

er FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Frank Schäffler (FDP):
Rede ID: ID1615710900

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und

erren! Ich finde, die Kurzintervention von Herrn La-
ontaine hat eines deutlich gemacht: Die Linke will eine
ndere Gesellschaft.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ie sind der Wolf im Schafspelz und wollen unser ge-
achsenes, marktwirtschaftlich orientiertes System in
eutschland beseitigen. Ihre Ausführungen zu den Ei-
entumsrechten sind aus meiner Sicht hanebüchen. Man
ann doch nicht argumentieren, dass man, wenn man ein
nternehmen gründet, nur die Eigentumsrechte für eine
erkhalle besitzt, und alle weiteren sind sozialisiert.
as ist der Einstieg in den Sozialismus; den wollen Sie.
ber wir wollen ihn nicht. Das sagen wir ganz deutlich.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Sie benutzen den schlimmen Fall Nokia, um Ihre Po-
itik quasi in Gesetzesform zu gießen. Das zeigt, dass Sie
atsächlich etwas ganz anderes wollen. Nokia ist ein Bei-
piel für das Versagen der Industriepolitik in Deutsch-
and; das ist das Entscheidende.


(Beifall des Abg. Dirk Niebel [FDP])


Sie, meine Damen und Herren von der Großen Koali-
ion, haben für schlechte steuerliche und arbeitsmarkt-
echtliche Bedingungen in Deutschland gesorgt. Die
olgen müssen leider die Nokia-Mitarbeiter ausbaden.
okia ist zwar im Fokus. Aber durch die Politik der

chwarz-roten Regierung sind an anderer Stelle sogar
693 Arbeitsplätze vernichtet worden. Mein Kollege
olker Wissing hat die Bundesregierung gefragt, wie
iele Arbeitsplätze durch die Einführung des Postmin-
estlohns vernichtet wurden. Die Bundesregierung hat
eantwortet: 5 693 Arbeitsplätze sind durch die Einfüh-
ung des Postmindestlohns vernichtet worden.


(Andrea Nahles [SPD]: Die waren doch vorher schon pleite! Was sagt die Bundesregierung denn für einen Mist? – Andreas Steppuhn [SPD]: Und um das zu verhindern, kaufen wir eine Gewerkschaft!)


as ist die Bilanz der Arbeitsmarktpolitik der Großen
oalition.


(Beifall bei der FDP)







(A) )



(B) )


Frank Schäffler
Davon betroffen sind auch Familien mit Kindern, die
heute auf der Straße stehen und keine Arbeit haben. Das
ist der Skandal, über den wir reden müssen.


(Beifall bei der FDP – Andreas Steppuhn [SPD]: Das ist doch Schwachsinn!)


Nach Einführung dieses Mindestlohns sind 30 Unter-
nehmen in die Insolvenz gegangen. 27 gaben ihre Lizenz
zurück. Sie haben das in der Antwort auf die Anfrage
meines Kollegen als Marktaustritt bezeichnet. Das ist
zynisch.


(Beifall bei der FDP – Andreas Steppuhn [SPD]: Dafür bleiben bei der Post die Arbeitsplätze erhalten!)


Sie haben die Geister gerufen und dürfen sich nun
nicht darüber wundern, dass ein solcher Gesetzentwurf
vorliegt. Sie tragen Mitverantwortung für diese Situa-
tion. Sie sollten sich an die eigene Nase fassen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615711000

Für die SPD-Fraktion spricht jetzt der Kollege An-

dreas Steppuhn.


(Beifall bei der SPD)



Andreas Steppuhn (SPD):
Rede ID: ID1615711100

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine liebe Kollegin-

nen und Kollegen! In den letzten Wochen und Monaten
hat es zu Recht eine sehr kritische Debatte über Stand-
ortverlegungen, Massenentlassungen und die Höhe der
Managergehälter in Deutschland gegeben. Sicherlich hat
niemand etwas dagegen, dass Managern gute Gehälter
gezahlt werden, wenn sie ihre Leistung erbringen. Aller-
dings ist zu hinterfragen, nach welchen Kriterien die
Leistung von Managern heute bemessen werden sollte.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Insbesondere die Menschen, deren Arbeitsplätze von
den gleichen Unternehmen und Konzernen gestrichen
wurden, die ihre Manager mit Millionengehältern und
Aktienoptionen versehen, haben es verdient, hierauf eine
Antwort zu bekommen. Das hat nichts mit Neid zu tun.
Hier stellt sich die Frage, ob es in Deutschland noch so-
zial gerecht zugeht.

Eine Bemessung der Leistung, die sich allein an Ge-
winnsteigerungen bzw. am Aktienkurs orientiert, ist je-
denfalls alles andere als gerecht. Wer so agiert, der han-
delt nicht im Sinne einer sozialen Marktwirtschaft.


(Andrea Nahles [SPD]: Richtig!)


Um gleich einem Missverständnis vorzubeugen, möchte
ich sagen: Niemand hat etwas dagegen, wenn Manager
für die von ihnen erbrachten Leistungen und ihre sicher-
lich verantwortungsvolle Arbeit ein entsprechendes Ge-
halt erhalten; daran hat kaum jemand etwas auszusetzen.


(Andrea Nahles [SPD]: Richtig!)


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(C (D ft sind es aber die gleichen Manager, über die wir hier eden – die FDP hört das nicht gerne –: Einerseits erkläen sie öffentlich, wie schädlich Mindestlöhne, aber auch ariferhöhungen für die deutsche Wirtschaft sind; Areitsplatzabbau, Massenentlassungen und Millionengeälter scheinen aber nicht als schädlich angesehen zu erden. Eine reine Fixierung auf den Shareholder-Value, urch die man das Wohl des Unternehmens aus den Auen verliert und die einzelnen Mitarbeiter nur noch als ostenfaktor wahrnimmt, ist höchst schädlich für Unterehmen; sie darf in Deutschland nicht Maß für unterneherisches Handeln werden. Es ist gut, wenn man auf persönliche Erfahrungen zuückgreifen kann. Ich selbst habe vor meiner Wahl in den eutschen Bundestag als Arbeitnehmervertreter einem ufsichtsrat angehört. Diese Tochtergesellschaft wurde n einen Finanzinvestor verkauft. Der Finanzinvestor hat ach dem Verkauf einen Kredit aufgenommen, um den aufpreis bezahlen zu können. Mittlerweile ist das Un ernehmen in der Hand eines dritten Finanzinvestors. arunter haben die Arbeitsplätze gelitten; das Unternehen ist ausgeblutet. Es gibt keine übertariflichen Leis ungen mehr. Die Anwendung des Tarifvertrages konnte erade noch gewahrt werden. Die Finanzinvestoren ollten hohe Renditen sehen, während den Beschäftig en alle Leistungen genommen wurden und die Tarifverräge infrage gestellt wurden. Das ist ein Beispiel, zu em ich sage: So etwas darf es in Deutschland nicht geen. Dabei geht es nicht nur um die Frage nach der Moral, ondern auch um die Frage des Anstandes. Offensichtich haben hier einige das Maß völlig aus den Augen erloren: Auf der einen Seite werden Rekordgewinne ermeldet; auf der anderen Seite werden ganze Standorte eschlossen, und das innerhalb weniger Wochen, und war bei ein und demselben Unternehmen. Für mich, für ns Sozialdemokraten ist es ein Widerspruch, wenn geade große Konzerne Höchstgewinne sowie steigende ktienkurse vermelden und zugleich zulasten der Areitsplätze und Arbeitsbedingungen agieren. Es kann auf auer nicht gutgehen, wenn man eine Erwartungshal ung einnimmt, bei der eine immer höhere Rendite und ine Gewinnmaximierung im Mittelpunkt stehen. Die enschen in den Unternehmen erwarten, dass Gewinne er Unternehmen in neue Produkte und somit auch in eue Arbeitsplätze reinvestiert werden. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD)


eshalb wäre es gut, wenn das pure Renditedenken von
iner Entwicklung abgelöst würde, bei der wieder mehr
n Forschung und Entwicklung und die Qualifizierung
on Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern investiert
ird.

Es ist gut und richtig, wenn wir in der Politik darüber
achdenken, wie wir der bisherigen Entwicklung entge-
entreten können. Es ist klar, dass dies nicht einfach ist;
ber die Menschen in den Betrieben und den Unterneh-
en erwarten von den Politikern, dass sie an dieser






(A) )



(B) )


Andreas Steppuhn
Stelle etwas tun. Gerade die Praxis der Bezahlung mit
Aktienoptionen könnte nach meiner Meinung begrenzt
werden. Ein Vorschlag wäre, die Spekulationsfrist zu
verlängern, um die Fixierung auf den Aktienkurs zu
bremsen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Dies würde nicht nur zu mehr Gerechtigkeit und Akzep-
tanz unter den Menschen in Deutschland führen. Es wäre
auch aus wirtschaftlichen Gründen richtig, wenn sich
Manager auf den langfristigen Erfolg und auf die Verant-
wortung ihres Unternehmens besännen, anstatt von Re-
kordgewinn zu Rekordgewinn zu eilen – koste es, was es
wolle.

Es ist aber auch ein Appell an die Betriebsräte und an
die Aufsichtsräte, im Zusammenhang mit Tarifverhand-
lungen – sie haben das Recht dazu – zu hinterfragen, wie
sich Managergehälter und Aktienoptionen zusammen-
setzen und welche Leistung dafür in dem jeweiligen Un-
ternehmen geboten wird. Arbeitnehmerinnen und Ar-
beitnehmer zu entlassen oder ihre Löhne zu drücken, ist
für mich jedenfalls keine Leistung, die honoriert werden
muss.


(Beifall bei der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615711200

Herr Kollege, der Applaus gibt mir Gelegenheit, Sie

zu fragen, ob Sie eine Zwischenfrage des Kollegen
Rohde zulassen.


Andreas Steppuhn (SPD):
Rede ID: ID1615711300

Ja, gerne.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615711400

Bitte schön.


Jörg Rohde (FDP):
Rede ID: ID1615711500

Herr Kollege Steppuhn, Sie haben mit Ihrer Rede für

genügend Verwirrung bei mir gesorgt,


(Andrea Nahles [SPD]: Das ist doch ein Dauerzustand bei der FDP!)


sodass ich zu einer Nachfrage nahezu genötigt werde.
Sie haben den Arbeitsplatzabbau usw. bemängelt. Ich
höre aber in anderen Debatten von Rednern der Koali-
tionsfraktionen, dass wir mehr Arbeitsplätze haben. Ich
erinnere mich daran, dass gesagt wurde, dass die Metall-
und Elektroindustrie so viele Arbeitsplätze hat wie lange
nicht mehr und in diesem Sektor steigende Arbeitsplatz-
zahlen zu verzeichnen sind. Das wird an anderer Stelle
als Erfolg Ihrer Regierungspolitik gefeiert. Daher kann
ich den Tenor Ihrer Rede nicht ganz nachvollziehen.

Sie haben einige konkrete Gesetzesinitiativen, die Sie
planen, zum Beispiel die Begrenzung von Aktienoptio-
nen, genannt. Ist das in der Koalition bereits Gegenstand
von Verhandlungen, zum Beispiel die Begrenzung in
dem Bereich, den Sie angesprochen haben, oder sind das
Ihre eigenen Vorstellungen?

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(C (D Auch weitere Äußerungen von Ihnen irritieren mich o sehr, dass ich Sie frage: Wie ist die Regierungspolitik n Zukunft? Kann man damit rechnen, dass Eigentumserhältnisse – wir hatten ja einen Disput mit Herrn Laontaine – in Deutschland zukünftig geschützt werden, odass Investoren nach Deutschland kommen und zuätzliche Arbeitsplätze entstehen können? Dass wir noch ohe Arbeitslosenzahlen haben und wir über diese ween der statistischen Bereinigungen, die vorgenommen orden sind, noch trefflich diskutieren könnten, ist unestritten. igentlich müsste Ihre Rede doch in eine andere Richung gehen. Stimmen Sie darin mit mir überein, Herr ollege? Nein, Herr Rohde, ich stimme nicht mit Ihnen überein nd will vorwegschicken, dass wir nichts gegen Finanznvestoren und auch nichts gegen andere Investoren haen, wenn sie nach Deutschland kommen und vernünftig it den Menschen und den Arbeitsplätzen umgehen. m Übrigen sind wir froh darüber, dass die arbeitsmarktolitische Entwicklung in Deutschland so gut ist, dass ie Probleme, die wir beispielsweise mit Nokia und aneren Firmen haben, nicht so groß sind, wie sie wären, enn wir eine schlechtere Arbeitsmarktentwicklung hät en, wenn auch Schaden angerichtet worden ist. Denoch ist es richtig, dass wir uns auch mit den Fehlenticklungen in der Wirtschaft, die Sie immer verteidigen, ier beschäftigen. Die Auseinandersetzung nicht nur um die Verlegung es Standorts von Nokia, weg von Bochum, sondern uch die von anderen Firmen macht deutlich, dass wir arüber nachdenken müssen, wie wir Betriebsräten und ufsichtsräten gerade hinsichtlich der Standortschlieungen und der damit verbundenen Massenentlassungen ehr Rechte zuteil werden lassen, damit diese Dinge icht so oft vorkommen wie in der Vergangenheit. Ich laube aber nicht, dass es, wie von der Linken gefordert, eicht, das Kündigungsschutzgesetz, das Betriebsverfasungsgesetz und das Aktienrecht zu verändern, um eiem global agierenden Unternehmen vorzuschreiben, as zu tun oder zu lassen ist. Wir werden in den Aus chüssen genügend Gelegenheit haben, gemeinsam daüber zu beraten, wie wir diesen negativen Beispielen er vergangenen Monate entgegentreten können. Herr afontaine, so oft Sie es auch gerade vor dem 1. Mai ersuchen: Es wird Ihnen und der Linkspartei nicht geingen, in diesen Fragen in Konkurrenz zur Sozialdemoratischen Partei zu treten. Meine Damen und Herren von der Linken, allerdings laube ich auch nicht, dass wir die Probleme allein naional regeln können; vielmehr müssen wir diese Proleme auch auf der europäischen und der internationalen Andreas Steppuhn Ebene angehen. Neben dem Bemühen, soziale Mindeststandards in Europa heute mehr denn je zu verankern, muss es das Ziel sein, die Rechte von Betriebsräten und von Mitbestimmungsorganen deutlich zu stärken. Deshalb ist für die Bundestagsfraktion der SPD klar, dass wir die Mitbestimmung von Betriebsräten, Gewerkschaften und Aufsichtsräten auch über nationale Grenzen hinaus erweitern müssen. Die Interessenvertretungen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern dürfen nicht nur national, sondern sie müssen insbesondere europäisch und global ausgerichtet werden. Wir sollten aber auch – das gehört zur Ehrlichkeit dazu – die Konzerne und mittelständischen Unternehmen herausheben, die bewusst am Standort Deutschland festhalten und sich zu qualifizierten Arbeitskräften bekennen. Manch ein Konzern hat, so habe ich mir sagen lassen, mit Standortverlagerungen bereits sehr schlechte Erfahrungen gesammelt. Der Tag der Arbeit, der 1. Mai 2008, steht vor der Tür. Ich hoffe, Sie beteiligen sich zahlreich daran. Es ist ein guter Anlass, um den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Deutschland zu signalisieren – die Sozialdemokraten tun dies –: Wir stehen bei diesen Fragen an eurer Seite und lassen euch nicht allein. Der Wunsch der Menschen in Deutschland nach mehr sozialer Gerechtigkeit ist größer als je zuvor. Die Menschen haben einen Anspruch darauf, dass wir ihnen Antworten geben, und wir wollen ihnen diese Antworten geben. Vielen Dank. Damit schließe ich die Aussprache. Es ist verabredet, den Gesetzentwurf auf Drucksache 16/8448 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu überweisen. – Wie ich sehe, sind Sie damit einverstanden. Dann ist so beschlossen. Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 6 auf: Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/ CSU und der SPD Das Recht auf Meinungsund Pressefreiheit weltweit durchsetzen und der Internet-Zensur entgegentreten – Drucksache 16/8871 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Auswärtiger Ausschuss Ausschuss für Kultur und Medien Es ist verabredet, hierzu eine Dreiviertelstunde zu debattieren. – Dazu höre ich keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und gebe das Wort dem Kollegen Christoph Strässer für die SPD-Fraktion. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der 3. Mai ist alljährlich der Internationale Tag der Pres s h E s b V m z g d z a S n I p d w a w t Z 1 a s S Ü S W p t P d h S g g k s s l f a n i P n c l V d d (C (D efreiheit. Die Achtung der Meinungsund Pressefreieit ist als Grundwert verankert in der Allgemeinen rklärung der Menschenrechte, der Europäischen Menchenrechtskonvention und im Internationalen Pakt über ürgerliche und politische Rechte. Zuletzt haben sich die N-Mitgliedstaaten anlässlich des Weltgipfels zur Inforationsgesellschaft in Tunis im Jahre 2005 zu den Prin ipien der Meinungsund Pressefreiheit bekannt. Zuleich sind das Recht auf freie Meinungsäußerung und as Recht auf freie Berichterstattung elementares Kenneichen zahlreicher nationalstaatlicher Gesetze, so auch n prominenter Stelle in Art. 5 unseres Grundgesetzes. Dennoch müssen wir feststellen, dass in zahlreichen taaten der Welt die Durchsetzung des Rechts auf Meiungsund Pressefreiheit akut bedroht ist. Aber auch die nternetzensur wird mehr und mehr Teil staatlicher Reressionen in autoritären Regimen. Rund einem Drittel er Weltbevölkerung, also etwa 2 Milliarden Menschen, erden das Recht auf Meinungsfreiheit und das Recht uf freien Zugang zu unabhängigen Informationen verehrt, so Amnesty International im September 2007. Die Situation für viele Journalistinnen und Journalisen weltweit verbessert sich nicht. Es sind erschreckende ahlen: 100 getötete Journalisten, 900 Verhaftungen, 500 physische Übergriffe und über 50 Entführungen llein im Jahr 2006; und für das Jahr 2007 ist keine Beserung in Sicht. Neben jedem einzelnen persönlichen chicksal, das wir beklagen, ist jeder dieser staatlichen bergriffe, wo auch immer sie geschehen, ein deutlicher chlag gegen elementare, verbindende und verbindliche erte, die in fast allen Staaten dieser Erde auf dem Pa ier Geltung haben. Dazu darf die internationale Staaengemeinschaft und dazu dürfen auch wir in diesem arlament nicht schweigen. In unserem Land hat die Pressefreiheit durch die in er Verfassung artikulierte Werteordnung einen – ich abe es schon gesagt – hohen, ja, einen überragenden tellenwert; und das ist gut so. Das Bundesverfassungsericht hat diesen Charakter in mehreren Entscheidunen immer wieder betont und der Pressefreiheit einen onstitutiven Beitrag zum Bestehen unserer Verfasungsordnung zugeschrieben. Darauf können wir stolz ein. Aber das enthebt uns natürlich nicht unserer alltägichen Verpflichtung, darüber zu wachen, dass die Verassungswirklichkeit in unserem Land diesem Anspruch uch gerecht wird. Da stimmt es mich immer wieder achdenklich, dass Eingriffe in dieses Grundrecht auch n unserem Land beklagt werden, Eingriffe gegenüber resseorganen, die im Rahmen ihrer gesetzlichen Befugisse arbeiten, die aufklären und damit einen wesentlihen Beitrag zum Funktionieren unseres Gemeinwesens eisten. Es darf deshalb kein Zweifel daran bestehen, dass alle orwürfe in dieser Richtung lückenlos aufgeklärt weren und dass nötigenfalls Konsequenzen gezogen weren müssen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Zurufe von der SPD: Frage!)

Andreas Steppuhn (SPD):
Rede ID: ID1615711600

(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der SPD)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615711700
Christoph Strässer (SPD):
Rede ID: ID1615711800






(A) )



(B) )


Christoph Strässer
Denn wir haben nur dann das Recht, bedrohliche Ent-
wicklungen in anderen Ländern zu kritisieren, wenn wir
unser eigenes Haus in Ordnung halten.


(Dr. Lukrezia Jochimsen [DIE LINKE]: Wohl wahr!)


Damit kein Missverständnis entsteht: Natürlich setze
ich solche Vorfälle in unserem Land nicht mit dem
gleich, was anderswo geschieht, wo dieses Grundrecht
insgesamt mit Füßen getreten und für politische Zwecke
missbraucht wird. Im Gegenteil: Der Umstand, dass sol-
che Vorfälle bei uns aufgegriffen, diskutiert und im poli-
tischen Raum erörtert werden, der Umstand, dass die
Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden
können, beweist das genaue Gegenteil. Er zeigt, dass die
Pressefreiheit funktioniert. Er zeigt, dass die Presse ihre
Kontrollfunktion wahrnimmt. Er zeigt, dass das rechts-
staatliche System in unserem Land an dieser Stelle kom-
plett in Ordnung ist. Auch darauf können wir nach
60 Jahren Bestehen der Bundesrepublik Deutschland
stolz sein.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Werner Hoyer [FDP] Ich möchte noch auf die zunehmende Bedeutung der neuen Medien eingehen, zu der sich unser Antrag ja auch verhält. Ich glaube, dass wir mit veränderten Wegen des Informationsund Meinungsaustauschs auch Hoffnungen auf die zunehmende Durchsetzung der Meinungsund Pressefreiheit verbinden dürfen. Mit dem Beginn der Internetkommunikation erwarteten viele, dass mit diesem Medium die klassische Zensur außer Kraft gesetzt werden könne, dass autoritäre und repressive Regime in dieser Welt durch das World Wide Web unter inneren und äußeren Druck gesetzt werden könnten. Ich glaube, das wird sich in Zukunft bestätigen. Wenn die Informationsund Pressefreiheit der klassischen Medien durch den Staat eingeschränkt wird oder Presse und Medien durch den Staat gesteuert werden, bietet das Internet eine unabhängige Informationsquelle. So erhalten die Bürgerinnen und Bürger ein differenziertes Bild ihres eigenen Staates und können dies unter Umständen auch infrage stellen. Zugleich eröffnet das Internet eine unabhängige Informationsquelle für die Weltöffentlichkeit. Durch E-Mails, durch Chatforen oder durch die sogenannten Blogs, also virtuelle Tagebücher, erfahren Menschen außerhalb solcher Regime von Ereignissen in diesen Staaten, die die Regime selbst der Öffentlichkeit vorenthalten. Ich darf nur erinnern an viele, auch sehr berührende Blogs aus den letzten Jahren aus Afghanistan, aus dem Irak, aber auch schon aus dem Bosnien-Konflikt. Sie haben vielen in dieser Welt die Augen für die Situation in diesen Ländern geöffnet. Es kann und darf nicht sein, dass Zensur solches unterdrückt. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


Aber bevor wir auf die Internetzensur in anderen Län-
dern eingehen, müssen wir – das möchte ich an dieser
Stelle betonen – in unserem eigenen Bereich schauen,
was an bestimmten Stellen geschieht. Ich tue das am

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(C (D eispiel China. Natürlich wissen wir, dass viele chinesiche Medien – auch im Internet – unterdrückt und zeniert werden. Wenn Weltunternehmen wie Yahoo oder oogle, die nicht im chinesischen, sondern in unserem estlichen Rechtskreis beheimatet sind, in vorauseilenem Gehorsam Zensurmaßnahmen der chinesischen Reierung nicht nur begleiten, sondern sogar unterstützen das sollten wir sehr deutlich ansprechen –, dann, finde ch, ist es unsere Pflicht, zu sagen: Liebe Leute, macht n dieser Stelle mal einen Punkt! – Wenn wir wollen, ass es eine offene Informationsgesellschaft gibt, dann üssen solche sozusagen vorbeugenden Zensurmaßnahen durch Firmen dieser Art beendet werden. Ich habe einmal etwas überlegt. Wir reden viel über oykott, und hier sind so viele junge Leute. Wenn Sie in Zeichen setzen wollen, dann boykottieren Sie mal wei Tage Yahoo oder Google! – Wir können dann chauen, ob wir es nicht gemeinsam hinbekommen, dass olche Zensurmaßnahmen irgendwann einmal der Verangenheit angehören. – Das wäre doch mal eine verünftige Idee. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Holger Haibach [CDU/CSU])


Es ist an dieser Stelle viel zu tun. Wir müssen auch
ei uns selbst noch eine Menge arbeiten, damit wir auf
en richtigen Weg kommen. Ich möchte mit einem Zitat
on Albert Camus schließen, dem aus meiner Sicht
ichts mehr hinzuzufügen ist. Es lautet:

Eine freie Presse kann gut oder schlecht sein, aber
eine Presse ohne Freiheit kann nur schlecht sein.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615711900

Der Kollege Florian Toncar spricht jetzt für die FDP-

raktion.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Florian Toncar (FDP):
Rede ID: ID1615712000

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

erren! Die Meinungs- und Pressefreiheit werden leider
n vielen Staaten der Welt eingeschränkt. Dadurch wer-
en kritische Stimmen brutal unterdrückt, autoritäre Re-
ierungen können ihre Macht behaupten. Dies verstößt
egen eines der elementaren Menschenrechte, den Kern
er bürgerlichen und politischen Freiheiten. Wo Mei-
ungs- und Pressefreiheit unterdrückt werden, herrscht
olitische Unfreiheit. Korruption, Machtmissbrauch und
nkompetenz werden vertuscht, Bürger werden bevor-
undet. Meinungs- und Pressefreiheit sind essenziell,

m Transparenz und eine kritische Öffentlichkeit zu
chaffen. Unfreiheit und Gängelung verstoßen nicht nur
egen die Menschenrechte, sondern sie behindern auch
en gesellschaftlichen Fortschritt.

Deswegen wird jedes Land, das sich Modernisierung
nd Öffnung auf seine Fahne geschrieben hat, nicht da-
um herumkommen, Modernisierung und Öffnung in al-






(A) )



(B) )


Florian Toncar
len Bereichen nicht nur wirtschaftlich umzusetzen, son-
dern auch bei den politischen und gesellschaftlichen
Strukturen und Rechten anzupacken; sonst wird das
nichts.


(Beifall bei der FDP)


Wenn Bürger nicht in der Lage sind, Kritik zu äußern
und auf Missstände hinzuweisen, dann wird man eine
Gesellschaft nicht modernisieren und verbessern kön-
nen. Das ist ein ganz pragmatischer Grund, nicht der ein-
zige, aber einer, auf den wir immer wieder hinweisen
sollten.

Gerade im Zusammenhang mit der Berichterstattung
über die Ereignisse jetzt in Tibet haben wir von der chi-
nesischen Regierung vorgehalten bekommen, die Be-
richterstattung in den westlichen Medien sei einseitig
und falsch gewesen. Darauf muss man schlicht und er-
greifend entgegnen: Es mag sein, dass Fehler vorkom-
men, aber das liegt hauptsächlich wohl daran, dass die
Journalisten nicht nach Tibet reisen können und sich die
Lage vor Ort nicht anschauen können. Woher sollen sie
es also wissen?


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Wenn das alles dort so abgelaufen ist, wie es die chinesi-
sche Seite darstellt, dann wäre es ja geradezu in ihrem
Interesse, das auch zu zeigen. Dann müsste sie Journalis-
ten und Berichterstatter in das Land hineinlassen, damit
sie es uns hier auch darstellen können.


(Zuruf von der FDP: Genau!)


Mit der Argumentation, die hier vorgebracht wird,
schneidet sich China, wie ich glaube, ins eigene Fleisch.
Deswegen wäre es mehr als angebracht und günstig,
wenn die Chinesen die Berichterstattung aus Tibet sofort
zulassen würden und nicht erst in absehbarer Zeit.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Christoph Strässer [SPD]: Wenn Bilder aus Nepal gezeigt werden und gesagt wird, die seien aus Tibet, ist das nicht in Ordnung!)


Neben repressiven Regierungen zählen Bürgerkriegs-
parteien zu den größten Feinden der Meinungs- und
Pressefreiheit. Länder wie beispielsweise Kolumbien,
Irak und Somalia sind ausgesprochen gefährliche Pflas-
ter für Journalisten. Wir erwarten, dass auch in diesen
Ländern die Regierungen alles dafür tun, dass Men-
schen, die von dort berichten wollen, dies angstfrei und
ohne Gefahren für das eigene Leben tun können.

Der Antrag legt zu Recht einen Schwerpunkt auf die
Rolle der modernen Medien. Kollege Strässer hat dazu
eigentlich schon das Nötige gesagt. Ich stimme Ihnen,
Herr Kollege Strässer, ausdrücklich zu, dass das, was bei
einigen westlichen IT-Unternehmen geschieht – Sie
haben das angesprochen –, die Missbilligung dieses
Hauses finden muss. Man kann das sogar noch konkreti-
sieren: So gibt es den Fall des chinesischen Internetblog-
gers Shi Tao, der, nachdem Yahoo seine Daten an die
chinesischen Behörden weitergegeben hat, zehn Jahre
Gefängnis bekommen hat. Solche Verhaltensweisen

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(C (D ünschen wir uns von Wirtschaftsunternehmen, die in en westlichen Ländern ihren Sitz haben und stärker als ast jede andere Körperschaft von der Freiheit des Interets leben, selbstverständlich nicht. Hier muss sich, wie ch glaube, noch einiges ändern. (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der SPD)


Der Antrag, den die Bundesregierung vorgelegt hat,
st im Großen und Ganzen konsensfähig und zeigt ein
reites Spektrum an Maßnahmen auf.


(Holger Haibach [CDU/CSU]: Das können wir schon selbst! Dazu brauchen wir nicht die Bundesregierung!)


err Kollege Haibach, bevor die Freude zu groß wird,
assen Sie mich sagen: Dass er so konsensfähig ist, liegt
atürlich auch daran, dass in ihm wichtige und entschei-
ende Punkte gar nicht angesprochen werden, insbeson-
ere nämlich die Rolle, die Deutschland im eigenen
and in Sachen Pressefreiheit einnimmt. Über die Beur-

eilung von Vorgehensweisen im Ausland herrscht meist
ehr schnell Einigkeit, aber die Fehlentwicklungen, die
ir im eigenen Lande in den letzten Jahren erlebt haben,
erden nicht angesprochen.


(Burkhardt Müller-Sönksen [FDP]: Ich sage nur: BND!)


as mag dazu beitragen, dass dieser Antrag konsensfä-
ig ist, aber er ist leider nicht vollständig, liebe Kolle-
innen und Kollegen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Auch in Deutschland ist nämlich in Sachen Presse-
reiheit einiges in Schieflage geraten. Ich möchte nur das
eispiel der Vorratsdatenspeicherung nennen. Durch das
ntsprechende Gesetz werden gerade Journalisten in be-
onderer Weise getroffen, weil sie darauf angewiesen
ind, mit bestimmten Informanten und Quellen vertrau-
ich kommunizieren zu können.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sagen Sie einmal dem Herrn Uhrlau!)


Zu dem komme ich auch noch, Herr Kollege Trittin. Er
st der Nächste.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und zu Herrn Wolf mit seinen Onlinedurchsuchungen!)


Die Vorratsdatenspeicherung ist mit Sicherheit ein
lassisches Beispiel dafür, dass in den letzten Monaten
ei der Gesetzgebungsarbeit viel in die falsche Richtung
elaufen ist. Es gab die Durchsuchung von Redaktions-
äumen, zum Beispiel im Fall Cicero. Es gab Vorwürfe
egen den BND, dass Journalisten abgehört würden. An-
esichts dessen, was wir heute lesen konnten, bin ich
berrascht und erschrocken darüber, wie wenig Finger-
pitzengefühl und wie wenig Sensibilität offensichtlich
uch Nachrichtendienste aus Rechtsstaaten haben, wenn






(A) )



(B) )


Florian Toncar
es um die Überwachung von Personen geht. Das hätte
ich nicht für möglich gehalten. Ich kann nur dazu raten,
in dieser Affäre so schnell wie möglich Klarheit zu
schaffen und gegebenenfalls auch personelle Konse-
quenzen zu ziehen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Wir müssen uns klarmachen, dass gewisse Einschrän-
kungen der Pressefreiheit, die wir bei uns hier vorneh-
men, von anderen Ländern, die ganz andere, zum Teil
sehr perfide Zielsetzungen haben und eigentlich über-
haupt keine freie Berichterstattung wollen, zum Anlass
genommen werden, sie uns vorzuhalten. Mit diesen
Maßnahmen, die in einem rechtsstaatlichen Rahmen na-
türlich noch einmal anders zu bewerten sind


(Christoph Strässer [SPD]: Aha!)


– selbstverständlich –, werden wir dann konfrontiert und
kommen dadurch in Argumentationsnot. Deswegen
glaube ich, um zu dem Antrag zurückzukommen, es
wäre notwendig gewesen, auch die Verantwortung der
deutschen Innenpolitik für die Pressefreiheit darzustel-
len; denn nur, wenn wir hier unser Feld bestellen, kön-
nen wir auch im Ausland glaubwürdig auftreten.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Christoph Strässer [SPD]: Da stimme ich zu!)


Ich erwarte natürlich auch – das will ich zum Schluss
noch bemerken –, dass die Presse selber Pressefreiheit
lebt. In einigen Fällen kam es in den letzten Monaten lei-
der zu einer Form von vorweggenommener Selbstzen-
sur. Ich finde es erstaunlich, wie in manchen europäi-
schen Ländern über den olympischen Fackellauf
berichtet worden ist. Wir hatten auch eine sehr einge-
schränkte Berichterstattung über den Karikaturenstreit.
Insbesondere in den frei zugänglichen Zeitungen haben
wir diese Karikaturen nicht zu Gesicht bekommen. Man
mag sich ja von dem Inhalt dieser Karikaturen distanzie-
ren; aber dass, wenn die Welt über so etwas streitet, der
deutsche Zeitungsleser nicht weiß und nicht sehen kann,
worüber gestritten wird, ist eine Form von Selbstzensur,
die kein besonders positives Bild auf die Redaktionen
geworfen hat.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Problem ist: Das ist bei uns strafbar!)


Dies muss meiner Meinung nach in den Zeitungen und
Redaktionen kritischer diskutiert werden.

Schützen wir die Pressefreiheit bei uns und auch an-
derswo; denn die Pressefreiheit und die Meinungsfrei-
heit sind die zwei gern gesehenen Patentanten der De-
mokratie.


(Christoph Strässer [SPD]: Ist auch ein Patenonkel dabei?)


– Das ist ein Bonmot des bekannten Philosophen Florian
Toncar,


(Heiterkeit)


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(C (D ber ein richtiges und wichtiges. Nehmen wir es uns zu erzen! Jetzt hat das Wort der Kollege Holger Haibach für die DU/CSU-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und erren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es spricht für en Deutschen Bundestag, dass man sogar bei solch eiem Thema noch etwas zu lachen findet. Ich erlaube mir zu dem, was der Kollege Toncar geagt hat (Christel Riemann-Hanewinckel [SPD]: Philosoph Toncar!)


(Beifall bei der FDP)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615712100

(Beifall bei der CDU/CSU)

Holger Haibach (CDU):
Rede ID: ID1615712200

Philosoph Toncar, genau –, den ich ansonsten sehr
chätze, zwei Bemerkungen. Erstens eine formale Be-
erkung: Es ist ein Irrtum, zu glauben, dass, wenn auf

inem Antrag „Antrag der Fraktionen der CDU/CSU
nd SPD“ steht, das ein Antrag der Bundesregierung sei.
ir sind durchaus in der Lage, unsere eigenen Anträge

u schreiben.


(Zuruf von der FDP: Das muss man dazusagen! – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Frage ist, was die Regierung davon übrig lässt!)


Zweitens. Ich glaube, niemand würde Ihre These be-
treiten, Herr Kollege Toncar, dass Glaubwürdigkeit sehr
tark davon abhängt, ob man im eigenen Land das Rich-
ige tut. Das ist nicht die Frage. Es ist auch sicherlich
iemand hier im Raum, der sagen würde, Deutschland
st ein Land, in dem alles in Ordnung ist. Der Unter-
chied – darauf hat der Kollege Christoph Strässer dan-
enswerterweise hingewiesen – ist jedoch, dass es hier
ine rechtsstaatlich funktionierende Rechtsprechung und
öglichkeiten gibt, Dinge einzuklagen und politisch zu

iskutieren. Ich kann uns nur raten, nicht in die Argu-
entationsfalle hineinzugehen und Dinge gleichzuset-

en, die nichts miteinander zu tun haben.

Das waren die Bemerkungen, die ich in diesem Zu-
ammenhang gerne vorwegschicken wollte.

Das Thema „Zensur von Presse und des Internets“
pielt ja in unseren Debatten nicht erst seit gestern eine
olle. Ich habe mich ein bisschen ins Archiv vergraben
nd festgestellt, dass der erste Antrag, den ich diesem
ohen Hause vorgelegt habe, lautete: „Presse- und Mei-
ungsfreiheit im Internet weltweit durchsetzen – Journa-
isten, Menschenrechtsverteidiger und private Internet-
utzer besser schützen“. Dieser Antrag stammt aus dem
ahre 2004. Das erzähle ich nicht, weil der Antrag so toll
st, da er von mir stammt – natürlich ist er gut; das ist gar
eine Frage –,


(Christoph Strässer [SPD]: Noch ein Philosoph!)







(A) )



(B) )


Holger Haibach
sondern weil heute der Antrag fast komplett wieder so
geschrieben werden könnte. Ich finde es wirklich bedau-
erlich, dass wir wenig Fortschritt sehen, was Meinungs-
und Pressefreiheit betrifft, und dass wir ausgerechnet da,
wo wir eigentlich keinen Fortschritt sehen wollen, näm-
lich bei der Zensur des Internets, wesentlich mehr Fort-
schritte sehen, als es gut und notwendig wäre.

Ich halte es gerade in diesem Zusammenhang für
wichtig, klarzumachen, dass es nicht nur darauf an-
kommt, dass in einer Verfassung eines Landes eine
Presse als frei dargestellt wird, dass sie formal unabhän-
gig ist. Es kommt vielmehr darauf an, dass der Geist ei-
ner Gesellschaft stimmt. An zwei sehr bedauerlichen
prominenten Beispielen des letzten und dieses Jahres
kann man das sehr deutlich feststellen. Ich erinnere an
die Ermordung von Hrant Dink und von Anna Polit-
kowskaja. Diese Ermordungen an sich sind schlimm ge-
nug, aber dass auf diese Ermordungen hin keine ad-
äquate Reaktion der jeweiligen Staaten gefolgt ist, dass
es eben keine unabhängige Justiz gibt, dass es keine
wirkliche Strafverfolgung gegeben hat, ist der eigentli-
che Skandal. Das müssen wir hier deutlich thematisie-
ren; denn das macht den Unterschied zwischen Ländern,
in denen Presse- und Meinungsfreiheit tatsächlich exis-
tieren, und Ländern, in denen Presse- und Meinungsfrei-
heit nur auf dem Papier existieren, aus.

Ein dritter Fall, den man davon sicherlich unterschei-
den muss, sind Länder, in denen Presse- und Meinungs-
freiheit von vornherein nicht vorgesehen sind. Auch das
gibt es sehr häufig auf dieser Welt. Aber wir erleben,
dass – das müssen wir deutlich sagen – in Ländern, in
denen das schon einmal etwas anders war, die Entwick-
lung leider negativ verläuft. Ich möchte noch einmal das
Beispiel Russland erwähnen. Dort hat es in den letzten
Jahren viele Entwicklungen in der Gesetzgebung gege-
ben, die leider dazu geführt haben, dass die freie russi-
sche Medienlandschaft, wie es sie während der 90er-
Jahre durchaus gegeben hat, heute nicht mehr in dem
Maße existiert. Es gibt noch freie Zeitungen; aber die
Monopolisierung des Fernsehens und die Situation zum
Beispiel bei den regionalen Radiostationen stellen ein
großes Problem dar.

Besonders betroffen sind natürlich die Gruppen, die
ohnehin am „Rande“ der Gesellschaft angesiedelt sind.
Damit meine ich Gruppen, die nicht von vornherein
hoch angesehen sind. Der Kollege Beck hat in Moskau
die Erfahrung machen können, wie es ist, wenn man ei-
ner Gruppe, die nicht die Mehrheit der Gesellschaft bil-
det, angehört und versucht, sich im Sinne dieser Gruppe
zu äußern. Das zeigt sehr deutlich, wie eine Gesellschaft
wie die russische tatsächlich aufgestellt ist. Dabei geht
es nicht nur um die Frage, ob man seine Meinung insge-
samt frei äußern kann. Wenn der russische Patriarch
Alexej II. in der Parlamentarischen Versammlung des
Europarats in Bezug auf eine Veranstaltung, in der für
die Rechte von Schwulen, Lesben und Transgender-
People geworben wird, sagt, das sei, wie Werbung für
Diebstahl zu machen, dann zeigt das sehr deutlich, dass
der Geist der Gesellschaft nicht stimmt. Ich glaube, das
ist das Schlimmste, was einer Gesellschaft passieren
kann.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir sehen, dass solche Staaten auch nicht davor zu-
ückschrecken, Druck auf andere Staaten und Institutio-
en anderer Staaten auszuüben. Wenn der Bundestags-
räsident für sich die Entscheidung trifft, den Dalai-
ama treffen zu wollen, wenn er kritisiert, dass einer der
rominentesten Menschenrechtskritiker in China zu
reieinhalb Jahren Haft verurteilt worden ist – was ich
ür besorgniserregend halte in einer Zeit, in der die
lympischen Spiele unmittelbar bevorstehen und in der

igentlich das Versprechen galt, Menschenrechte einzu-
alten und für mehr Menschenrechte zu sorgen –, dann
alte ich das für ein beachtliches Zeichen. Ich bin Herrn
ammert wirklich dankbar, dass er an dieser Stelle seine
einung über den Druck der chinesischen Botschaft ge-

tellt hat. Ich würde mir wünschen, dass wir alle das tä-
en.


(Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wenn wir uns ernsthaft fragen, was wir tun können,
eigt sich, dass wir durchaus nicht immer so machtlos
ind, wie es manchmal aussieht. Natürlich ist es wichtig,
n bilateralen Gesprächen auf diejenigen hinzuweisen,
ie sich für Presse- und Meinungsfreiheit einsetzen und
us diesem Grund im Gefängnis sitzen oder mit Drohun-
en überzogen werden. Aber es ist eben auch wichtig, in
nternationalen Gremien – sei es die UNO, der UN-Men-
chenrechtsrat oder auch der Europarat, in dem viele von
ns Mitglied sind – unseren Kollegen aus anderen Län-
ern deutlich zu machen, dass Presse- und Meinungs-
reiheit keine Gefahr für eine Demokratie sind, sondern
m Grunde genommen einer der wichtigsten Bausteine,
iner der wichtigsten Grundpfeiler einer Demokratie.
m das festzustellen, muss man übrigens nicht einmal

wingend Philosoph sein.


(Christoph Strässer [SPD]: Es schadet aber auch nicht!)


Insofern glaube ich, dass wir alle dort eine Aufgabe
aben. Ich denke, dass wir diese Aufgabe auch alle
ahrnehmen sollten.

Es gibt sicherlich viele Beispiele. Auf der Homepage
on „Reporter ohne Grenzen“ findet man zum Beispiel
in Ranking der Länder, in denen Journalisten von Re-
ressionen bedroht sind. Auch das Internet, das für uns
mmer eine Hoffnung bedeutet hat, weil wir dachten,
ass Menschen sich dort wirklich frei entfalten können
nd ihre Meinung sagen können – der Kollege Strässer
at viel dazu gesagt –, wird immer mehr bedroht. Des-
alb glaube ich, dass wir alle gemeinschaftlich aufgefor-
ert sind, hier Anstrengungen zu unternehmen.

Jeder hat hier mit einem Zitat geendet. Ich bin zuge-
ebenermaßen kein Philosoph; deswegen ende ich nicht
it einem eigenen Zitat. Aber wenn man den Geist der
reiheit einer Gesellschaft beschreiben will, gibt es, wie

ch finde, ein gutes Zitat, das fälschlicherweise meistens
oltaire zugeschrieben wird, in Wirklichkeit aber von
er sehr klugen englischen Schriftstellerin Evelyn






(A) )



(B) )


Holger Haibach
Beatrice Hall stammt, die von 1868 bis 1919 gelebt hat.
Sie lässt eine ihrer Romangestalten sagen:

Ich verachte Ihre Meinung, aber ich gäbe mein Le-
ben dafür, dass Sie sie sagen dürfen.

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615712300

Die Kollegin Dr. Lukrezia Jochimsen hat jetzt das

Wort für die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1615712400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Jeder hat bisher mit einem Zitat geendet; ich fange mit
einem Zitat an:

Nicht ungestraft ist man Journalist.

Das schrieb 1893 der Theodor Herzl, damals einer der
renommiertesten Zeitungskorrespondenten, aus Paris an
seine Chefredaktion nach Wien. Er spielte damit auf die
vielfältigen Sanktionen gegen inländische und ausländi-
sche Journalisten an, die in den europäischen Monar-
chien, aber auch in der Französischen Republik, die doch
die Presse- und Meinungsfreiheit zu ihrem Fundament
gemacht hatte, an der Tagesordnung waren.

„Nicht ungestraft ist man Journalist“, wenn man Jour-
nalist ist und nicht nur bunte Geschichten verkauft. Das
galt damals, und das gilt heute. Denn die Presse- und
Meinungsfreiheit, dieses hohe Gut, ist nicht den Mächti-
gen der Politik und der Wirtschaft ein für alle Mal abge-
rungen worden und damit für immer vorhanden, sondern
sie muss praktisch jeden Tag und immer wieder aufs
Neue erkämpft werden. Insofern ist heute ein exemplari-
scher Tag, an dem wir uns hier mit dem Thema „Presse-
freiheit weltweit“ befassen und sich gleichzeitig unser
Kontrollgremium mit der BND-Bespitzelung der Spie-
geljournalistin Susanne Koelbl befasst.

Diktaturen kontrollieren brutal, Demokratien sublim –
siehe auch jetzt und in Zukunft Berlusconis Italien. Da
werden wir noch einiges zu beobachten haben. Insofern
befasst sich der Antrag der Koalitionsfraktionen mit ei-
nem großen und wichtigen Thema.

Die Diagnose der weltweiten Unterdrückung der
Presse- und Meinungsfreiheit und der Verfolgung von
Journalistinnen und Journalisten ist erschreckend. Naiv
erscheint mir allerdings die Erkenntnis der Antragsteller,
dass die Methoden der Medienzensur durch staatliche
Organe nun auch das Internet erreicht hätten. Warum
sollte ausgerechnet das World Wide Web ein Medium
sein, das die politisch und wirtschaftlich Mächtigen
nicht für ihre Zwecke, ihre Propaganda, ihre Lügen, ihre
Manipulationen nutzen und unter Kontrolle bringen wol-
len?


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Jedes neue Medium wurde so in der Vergangenheit issbraucht: Zeitungen, Radio, Fernsehen. Wieso nicht leichermaßen das Internet? Der Blogger von heute ist ichts anderes als der Verteiler von Handzetteln und lugschriften aus dem 19. Jahrhundert. Was aber sollen wir, können wir tun gegen die welteite Zensur, die Einschränkung oder Nichtgewährung er Pressefreiheit und die Verfolgung derer, die journaistisch arbeiten? Neun Forderungen stellt der Antrag. ie sind sehr pauschal und äußerst deklamatorisch. Die undesregierung soll sich „einsetzen“, in Gesprächen darauf bestehen“ und „einfordern“. Aber ist damit etas zu erreichen? Unter Punkt 7 wird die Bundesregie ung aufgefordert, sich für die lückenlose Aufklärung von Überfällen und Morden an Journalisten in jenen Ländern einzusetzen, in denen eine innerstaatliche Strafverfolgung nicht gewährleistet ist … ch frage: Wie soll so etwas gehandhabt werden? Welhen politischen Wert in Bezug auf eine Realisierung beitzt eine solche Aussage? Wir halten das Thema für zu gewichtig, um es im rein ppellativen zu belassen und es allein mit pauschalen orderungen zu unterlegen. Aus diesem Grund werden ir im weiteren parlamentarischen Verfahren einen Änerungsantrag einbringen, in dem wir zusätzliche, konrete Forderungen zum Schutz journalistischer Berichtrstattung, gegen Zensur und für die Ausweitung der resseund Meinungsfreiheit formulieren wollen. Dazu oll auch vor der eigenen Haustür gekehrt werden. Beispiele sind – sie sind schon erwähnt worden – der all des Zeitungsmagazins Cicero, also die Untersuhungsverfahren gegen 17 Journalisten wegen angeblihen Geheimnisverrats, sowie – darauf hinzuweisen, iegt uns sehr am Herzen – die Umsetzung der EU-Richtinie zur Vorratsdatenspeicherung durch die Justizminiserin, die eben keinen besonderen Schutz für die journaistische Berichterstattung vorsieht. Das muss sich aus nserer Sicht wirklich ändern. Wenn man sich diese Punkte ansieht, dann muss man agen, dass es insgesamt gesehen keine besonders gute everenz für ein Land ist, das überall auf der Welt die chtung der Pressefreiheit einfordert. Ich danke Ihnen. Volker Beck spricht jetzt für Bündnis 90/Die Grünen. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Drei edner vor mir haben mit einem Zitat geendet, eine Rederin hat mit einem Zitat begonnen. Ich will es halten ie die Kollegin Luk Jochimsen: Volker Beck Eine freie Presse kann gut oder schlecht sein, aber eine Presse ohne Freiheit kann nur schlecht sein. (Holger Haibach [CDU/CSU]: Das hat der Kollege Strässer doch schon gesagt!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615712500
Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615712600




(A) )


(B) )


Das hat uns der Kollege Camus


(Heiterkeit bei der SPD)


bzw. der französische Philosoph Camus auf den Weg ge-
geben.

Dies berührt den Kern der Debatte, auch bei der
Frage: Was schulden wir uns selbst? Wenn wir die Pres-
sefreiheit in anderen Ländern anmahnen, dann bedeutet
das einerseits, dass wir unsere Journalisten ermahnen
müssen, die Verantwortung, die Pressefreiheit beinhaltet,
auch auszufüllen. Dies betrifft die Diskussion über
China. Es geht nicht an, dass eine freie Presse, obwohl
sie das sicher darf, falsche Bilder zu Texten über kon-
krete Vorfälle liefert. Dazu gehört auch Verantwortung.
Die Presse muss es mit sich selber ausmachen, dass so
etwas abgestellt wird.

Der zweite Punkt ist: Wenn wir die Pressefreiheit so
hoch achten, heißt das auch, dass wir in Deutschland
Pressefreiheit in vollem Umfang gewähren müssen. Es
wurde schon angesprochen: Die aktuelle Nachrichten-
lage sagt, dass es wahrscheinlich nicht nur eine einzelne
Journalistin war, die erneut – das ist ja nicht der erste
Fall – vom Bundesnachrichtendienst überwacht wurde.
Wir müssen klar sagen: Zur Pressefreiheit gehört auch
das Zeugnisverweigerungsrecht des Journalisten und da-
mit der daraus folgende Informantenschutz. Dieser darf
nicht durch technische Mittel unterlaufen werden. Des-
halb ist der Trojaner des Bundes auf dem Computer der
Spiegel-Redakteurin ein Skandal und ein direkter An-
griff auf die Pressefreiheit in unserem Land.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der FDP und der LINKEN)


Ich weiß nicht, was beim BND los ist, warum sich das
ständig wiederholt. Da braucht es dringend eine Struk-
turreform und vielleicht auch ein bisschen Nachhilfeun-
terricht in den Grundlagen von Demokratie und Rechts-
staatlichkeit, damit wir mit Fug und Recht auf andere
Länder zeigen und sagen können: Da muss sich einiges
ändern.

Wir sollten bei diesen Debatten im Ausschuss darüber
diskutieren – denn der vorliegende Antrag ist sehr allge-
mein –, an welchen Punkten uns konkret Verantwortung
zukommt und ob es tatsächliche Handlungsoptionen für
uns gibt. Ich finde es zum Beispiel ganz wichtig, dass
wir in einem Land wie Afghanistan, in dem wir militä-
risch präsent sind, darauf achten, dass unsere Koopera-
tionspartner, zum Beispiel die afghanische Regierung,
die Pressefreiheit einhalten. Dass ein 23-jähriger Stu-
dent – Sayed Pervez Kambaksh heißt er – aufgrund sei-
ner Artikel in einem Blog – er hat über Frauenrechte und
den Koran geschrieben – wegen Beleidigung des Pro-
pheten zum Tode verurteilt wird, ist ein Skandal. Ich for-
dere die Bundesregierung auf, nicht nachzulassen und
dafür zu sorgen, dass dieses Urteil ohne Wenn und Aber
aufgehoben wird.


(Beifall im ganzen Hause)


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(C (D enn wir sind dafür angetreten, dort Demokratie, echtsstaatlichkeit und die Menschenrechte zu schützen, nd wollen nicht das Gegenteil zu verantworten haben. Kollege Toncar hat vorhin die Mohammed-Karikatuen angesprochen. Ich finde, wir sollten ehrlich sein und arüber diskutieren, warum wir in unserem Strafrecht och § 166 StGB, den alten Blasphemieparagrafen, haen, der Meinungsäußerungen über Religionsgemeinchaften anders behandelt als solche über andere gesellchaftliche Gruppen. Ich denke, zu einer freien und luralistischen Gesellschaft gehört es, dass man keine oziale Gruppe beleidigen darf. Überall muss der gleiche echtliche Maßstab gelten. Da braucht es kein Sonderecht für Religionsgemeinschaften. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Mohammed-Karikaturen sind letztendlich eine
trafrechtliche Handlung im Sinne dieser Vorschriften;
aran besteht kein Zweifel. Der öffentliche Frieden ist
estört. Religiöse Inhalte werden verunglimpft. Ich
eine, das muss eine Demokratie aushalten und das
uss man gesellschaftlich zurückweisen, aber nicht mit

er Staatsanwaltschaft und dem Zensorinstrument, son-
ern liberal und als aufgeklärte Bürgergesellschaft.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Kollege Haibach hat Russland bzw. Moskau ange-
prochen. Die Versammlungsfreiheit ist so etwas wie die
ressefreiheit des kleinen Mannes. Wer keine Zeitung
rucken kann und kein Geld für Druckerpressen und
lugblätter hat, ist darauf angewiesen, dass er seine Mei-
ung durch Demonstrationen sagen kann.

Heute hat der Interreligiöse Rat der Russischen Föde-
ation Thomas Hammarberg, den Kommissar für Men-
chenrechte des Europarates, aufgefordert, nicht erneut
as Demonstrationsrecht für Lesben und Schwule in
ussland einzufordern, sondern zu akzeptieren, dass die
rdrückende Mehrheit der Menschen in Russland Homo-
exualität ablehnt. Das haben die Christen, die Muslime,
ie Juden und die Buddhisten in Russland gemeinsam
eäußert. Dazu muss ich sagen: Ich fordere die Führer
er Religionsgemeinschaften in Deutschland, die beiden
roßen Kirchen, den Zentralrat der Juden und den Koor-
inierungsrat der Muslime, auf, mit ihren Glaubens-
chwestern und -brüdern in Russland darüber zu disku-
ieren und ihnen klar zu machen: Wenn es darum geht,
ass sich jemand artikulieren möchte, darf es keine Rolle
pielen, ob ihm die Mehrheit oder nur eine Minderheit
ustimmt.


(Beifall des Abg. Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


emonstrationsfreiheit bedeutet ja gerade das Recht,
iderspruch zu äußern, und zwar ohne Einschränkung

urch andere. Das ist die Grundlage der Demokratie und
etztendlich die Grundlage aller bürgerlichen und politi-
chen Rechte, von der Meinungsfreiheit über die Ver-
ammlungsfreiheit bis hin zur Pressefreiheit.






(A) )



(B) )


Volker Beck (Köln)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Ich glaube, es wäre gut, wenn wir alle an unsere reli-
giösen Führer appellieren würden, sich mit ihren russi-
schen Kollegen auseinanderzusetzen und einen zivilge-
sellschaftlichen Dialog zu beginnen. In diesem Bereich
können wir nämlich nicht alles auf dem Wege von De-
klarationen und Appellen an die Regierung erledigen.
Wir müssen auch Dialoge führen, um zivilgesellschaft-
lich voranzukommen.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615712700

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Ende.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615712800

Vielen Dank, Frau Präsidentin.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Christoph Strässer [SPD]: Danke, dass du mich zitiert hast!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615712900

Angelika Graf hat jetzt das Wort für die SPD-Frak-

tion.


(Beifall des Abg. Christoph Strässer [SPD])



Angelika Graf (SPD):
Rede ID: ID1615713000

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Zunächst ein Wort zum Kollegen Beck: Der Kollege,
den Sie vorhin zitiert haben, hieß nicht Camus, sondern
Strässer.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Strässer hat bei Camus abgeschrieben!)


Ich kann mich gut daran erinnern, dass im Herbst
1962, als ich 15 Jahre alt war, die Spiegel-Affäre die Re-
publik beschäftigt hat. Wegen eines Artikels zur Atom-
strategie des Verteidigungsministeriums wurde auf Be-
treiben des damaligen Verteidigungsministers Franz
Josef Strauß das Büro des Spiegel besetzt und die Chef-
redakteure Jacobi und Engels, die verantwortlichen Re-
dakteure Conrad Ahlers und Hans Schmelz sowie der
Herausgeber Rudolf Augstein unter dem Vorwurf des
Landesverrates festgenommen. Dieses rigorose Vorge-
hen hat damals eine Welle der Empörung im In- und
Ausland ausgelöst. „Spiegel tot – Freiheit tot“ stand da-
mals auf den Plakaten; daran kann ich mich noch gut er-
innern.

Auf Antrag der SPD wurde vom 7. bis 9. November
1962 eine Bundestagsdebatte zur Aufklärung der Affäre
durchgesetzt. Die Verhafteten wurden entlassen, Aug-
stein allerdings erst nach 103 Tagen, Hans Schmelz nach
81 Tagen und Conrad Ahlers nach 56 Tagen. Im Novem-
ber 1962 trat Franz Josef Strauß zurück. Die Pressefrei-
heit hat damals einen großen Sieg in Deutschland errun-
gen.

Das ist meine erste persönliche Erinnerung an diesen
schwierigen und oft auch sehr widersprüchlichen The-
menbereich. Er ist widersprüchlich – damals wie heute –,

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(C (D eil eine real existierende oder fiktive Bedrohungslage azu benutzt wird, die Meinungsund Pressefreiheit als inder schützenswertes Gut einzustufen. Wie stellt sich die Situation heute dar? Rüttelt ein orgehen gegen Journalisten die Menschen heute noch enauso auf wie damals? Allein in diesem Jahr wurden eltweit 8 Journalisten getötet und 128 Journalisten, Medienassistenten und 63 Onlinedissidenten verhaftet; as ist auf dem aktuellen Barometer der Homepage von Reporter ohne Grenzen“ nachzulesen. Dort kann man uch nachlesen, dass die Zahl der Angriffe und Bedroungen mit etwa 1 500 so hoch wie nie zuvor ist. Ich möchte zwei Beispiele nennen, um aufzuzeigen, orum es den Staaten im Frühjahr 2008 geht, wenn sie ie Meinungsund Pressefreiheit einschränken: Am 22. Januar dieses Jahres – Herr Beck hat es schon rwähnt – wurde der 23-jährige Journalist Sayed Perwiz ambaksh in Afghanistan zum Tode verurteilt. Grund ar ein Artikel über die Rolle der Frau im Koran. Am . April 2008 – das ist der Fall, den Herr Haibach angeprochen hat – wurde in Peking ein Journalist wegen Antiftung zum Umsturz zu dreieinhalb Jahren Haft verureilt. Der Grund: Er hatte mit ausländischen Journalisten ber die Olympischen Spiele und die Menschenrechtsituation in China gesprochen. Es sind aber nicht nur Journalisten betroffen. Die Einchränkung der Meinungsfreiheit von Minderheiten bechäftigt uns bereits seit Jahren. Damit meine ich nicht ur ethnische Minderheiten, sondern auch Minderheiten ie Schwule und Lesben, die sich zurzeit in Teilen Euroas in einer schwierigen Situation befinden. Ich denke uch an die Situation in Vilnius, in Moldawien, wo der hristopher Street Day verboten ist, in Moskau und in iga. Auch die Sorge um die Presseund Meinungsfreieit in Russland treibt mich um. Als ich im Dezember etzten Jahres als Wahlbeobachterin in Russland tätig ar, habe ich gesehen, wie übermächtig dort Meinung emacht wird und wie heftig dort abweichende Meinunen unterdrückt werden. Einige Beispiele können deutlich machen, worum es eht: Es geht um Macht, es geht um Kontrolle, und es eht darum, Werte zu lenken. Meinungspluralismus und ie daraus entstehende Kritik am herrschenden System ollen bereits im Keim erstickt werden, weil freies Denen und Sprechen und die kritische Betrachtung der olitik an der Macht der Herrschenden rütteln und diese as staatliche Monopol auf die „eine“ Wahrheit verlieen. Meinungsund Pressefreiheit sind – das ist in den biserigen Beiträgen schon deutlich gemacht worden – ein ssenzielles Menschenrecht und eine Grundvoraussetung unserer Demokratie. Die Bundesregierung muss iese Themen in ihren Gesprächen mit menschenrechtserletzenden Regimen immer wieder ansprechen; das ist ichtig und unverzichtbar. Aber nicht nur sie sollte in die Pflicht genommen erden. Aktuell muss, wie ich denke, auch die Position es IOC scharf kritisiert werden, weil das IOC es immer och ablehnt, sich kritisch mit der schlechten Lage der Angelika Graf Menschenrechte in China im Allgemeinen, aber auch speziell bei den Tibetern und den Uiguren auseinanderzusetzen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und der LINKEN)





(A) )


(B) )


Die Pressefreiheit wird vom IOC nie thematisiert.

China liegt, was sie Pressefreiheit betrifft, auf
Platz 163 von insgesamt 169 Ländern, die in der Rang-
liste der Reporter ohne Grenzen aufgeführt sind. Außer-
dem sage ich an die Adresse des IOC ganz deutlich:
Auch Sportler sind keine meinungslosen Wesen, die ih-
ren demokratischen Background mit dem Überziehen ih-
res Trikots abgeben. Ich denke, das Recht auf freie Mei-
nungsäußerung gilt auch für sie, auch und erst recht bei
der Olympiade in Peking.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und der FDP)


Deutschland belegt auf der Pressefreiheitsskala der
Reporter ohne Grenzen übrigens nur Rang 20, direkt
nach Trinidad und Tobago. Das ist zwar nicht der
schlechteste Platz – die USA beispielsweise stehen auf
Platz 48 –, aber Sie werden mir wohl alle zustimmen,
wenn ich sage: Es könnte besser sein. Wir sollten uns
sehr intensiv mit den Gründen für dieses schlechte Ran-
king befassen. Das gilt insbesondere dann, wenn wir
gegenüber anderen Ländern mahnend den Zeigefinger
heben. Es ist ein Prinzip unseres Menschenrechtsaus-
schusses, dass wir dann, wenn wir andere kritisieren,
auch auf uns selbst schauen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Ich möchte eines deutlich machen: Bei uns gibt es im
Gegensatz zu anderen Ländern die Möglichkeit und das
Recht, sich gegen Einschränkungen und Übergriffe zur
Wehr zu setzen, vor Gericht, beispielsweise vor dem
Bundesverfassungsgericht, und auch überall sonst. Ich
muss sagen: Ich habe großes Vertrauen in unsere Ge-
richte. Denn gerade die Vorgänge, die in der Vergangen-
heit zu beobachten waren, haben gezeigt, dass die Pres-
sefreiheit in unserem Land ein hohes Gut ist.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich habe
meinen Redebeitrag mit einer Bemerkung zur Spiegel-
Affäre begonnen. Sicherlich werden Sie mir zugestehen,
diesen Kreis nun zu schließen. Aus aktuellem Anlass
sage ich ganz deutlich: Es reicht nicht aus, wenn sich
BND-Chef Uhrlau bei einer monatelang offensichtlich
illegal abgehörten und überwachten Spiegel-Journalistin
persönlich entschuldigt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


In Zukunft werden wir uns in diesem Hohen Hause
mit der Frage beschäftigen müssen, welche Konsequen-
zen aus diesem Vorfall zu ziehen sind. Ich bin zuver-
sichtlich, dass wir das gut meistern werden. Ich denke,
ein gutes Zeichen dafür, wie gut wir das meistern, ist,

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(C (D ass sich das Parlamentarische Kontrollgremium mit olchen Fällen sehr dezidiert und intensiv beschäftigt. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615713100

Das Wort hat Marco Wanderwitz für die CDU/CSU-

raktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Marco Wanderwitz (CDU):
Rede ID: ID1615713200

Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren!

iebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich hat man es
ls letzter Redner ein bisschen schwer, weil eine ganze
enge von dem, was man sagen wollte, schon erwähnt
orden ist. Heute fällt es mir ein bisschen leichter, weil

ich die Oppositionsfraktionen faktisch nur mit Themen
eschäftigt haben, die zumindest nicht direkt Thema des
ntrags sind. Ich hätte mir schon gewünscht, dass wir
on Ihnen ein bisschen mehr zum Kernthema des An-
rags hören, sprich: Wie geht man in anderen Staaten der

elt mit der Meinungs- und Pressefreiheit um?


(Burkhardt Müller-Sönksen [FDP]: Wir können hier sagen, was wir wollen!)


Es ist natürlich legitim, sich in diesem Zusammen-
ang auch mit Innenpolitik zu beschäftigen. Aber wenn
an hier Dinge miteinander vergleicht, die von ihrer
ualität her überhaupt nicht vergleichbar sind, dann
acht man es sich zumindest ein bisschen einfach. Da-

ei muss man sich auch den Vorwurf gefallen lassen,
ass man den Geist des Antrags, bei dem wir auch nach
er ersten Lesung noch die Hoffnung haben, dass ihm
ie Opposition beitritt, kaputt macht.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich komme nun zu dem, was der Inhalt des Antrages
st, nämlich die universelle Geltung des Grundrechts der

einungs- und Pressefreiheit in der Welt, insbesondere
m neuen Medium Internet. Das Internet ist ein Medium
on besonderer Bedeutung. So wie beispielsweise Flug-
lätter – das ist hier schon richtig gesagt worden – da-
als, als sie aufkamen, von besonderer Bedeutung wa-

en, ist das Internet jetzt von besonderer Bedeutung. Das
iegt nicht zuletzt daran, weil es schnell und kostengüns-
ig Informationen erreichbar und verbreitbar macht.

Die ungehinderte Verbreitung von unzensierten Infor-
ationen und der freie Zugang dazu ist so etwas wie ein

atürlicher Schutzmechanismus gegen Unterdrückung,
nfreiheit und Verfolgung, also gegen alles, was Dikta-

uren ausmacht. Medien werden beispielsweise von
GOs dazu genutzt, schlimme Schicksale, die in Dikta-

uren leider viel zu oft passieren, aus der Dunkelheit he-
auszuholen und sie ans Licht zu bringen. Medien ma-
hen es Staatsbürgern in diesen Ländern und natürlich
berall in der Welt möglich, sich mit diesen Sachverhal-
en auseinanderzusetzen und in einen politischen Wil-
ensbildungsprozess einzutreten, von dem Demokratie
ebt. Deshalb kann es den demokratischen Staaten nicht






(A) )



(B) )


Marco Wanderwitz
egal sein, wie in den Staaten, die nicht unseren demokra-
tischen Standards entsprechen, mit Meinungs- und Pres-
sefreiheit umgegangen wird. Daher ist es unser Auftrag,
dafür einzutreten, dafür zu kämpfen und dafür zu wer-
ben, dass Pressefreiheit international geachtet wird.

Kollege Haibach hat beschrieben, dass es Länder gab
und gibt, in denen die Presse- und Meinungsfreiheit kein
Thema ist, und solche, die sich zumindest formal, bei-
spielsweise in ihren Verfassungen, der Pressefreiheit
verschreiben. So etwa war das in der ehemaligen
DDR. In der Verfassung der ehemaligen DDR stand gar
nicht so viel anderes als in Art. 5 des Grundgesetzes.
Ohne dass ich das kleinreden will, was hier zu innenpoli-
tischen Themen gesagt worden ist: Das, was in der Ver-
fassung der DDR stand, und das, was in der DDR Reali-
tät war, war etwas ganz anderes als die Einzelfälle in
einer Demokratie, in der die parlamentarische Kontrolle
einerseits und die Kontrolle durch die Gerichte anderer-
seits funktionieren.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Florian Toncar [FDP])


Von den republikweiten Zeitungen bis zum be-
triebsinternen Blatt lagen in der DDR nahezu alle Publi-
kationen bei den Parteien oder waren an das sogenannte
Presseamt beim Vorsitzenden des Ministerrates ange-
hängt. Dieses Presseamt vergab – ich will es einmal so
nennen – eine Gesinnungsakkreditierung und entzog sie
auch wieder, und zwar willkürlich.


(Abg. Dr. Lukrezia Jochimsen [DIE LINKE] unterhält sich mit Abg. Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE] – Holger Haibach [CDU/CSU]: Das mag die Frau Jochimsen nicht hören!)


– Ich gebe das den Kollegen vom linken Rand, die sich
für das Thema nicht so sehr interessieren, gerne noch
einmal schriftlich.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Die SED besaß mit 90 Prozent der Druckkapazitäten
in der DDR das faktische Monopol über die Printme-
dien. Die sogenannte Postzeitungsliste der Deutschen
Post der DDR, die das Monopol über den gesamten Ver-
trieb von Presseerzeugnissen besaß, wurde genutzt. Un-
liebsame Publikationen wurden von dieser Liste einfach
gestrichen.

Sie wollen ein aktuelles Beispiel hören? Das können
Sie gern haben. Kommen wir doch einmal zu dem Land
Kuba, für das Sie sich regelmäßig besonders interessie-
ren. Die kubanische Regierung unterhält ähnlich wie in
der DDR das Medienmonopol des Staates, was sicher-
stellt, dass die freie Meinungsäußerung faktisch nicht
existiert. Die Berichterstattung muss „in Einklang mit
den Zielen der sozialistischen Gesellschaft stehen“. Da-
mit unterliegt jegliche Information der Kontrolle und
Zensur des Staates.

Kuba ist, wenn man das im Verhältnis zu seiner Be-
völkerung von 11 Millionen betrachtet, das größte Jour-

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(C (D alistengefängnis der Welt. Gerechtfertigt werden die Inaftierungen mit einem Artikel des kubanischen esetzbuches, mit dem die angeblich gefährdete Souve änität Kubas gegen angeblich vom Ausland organisierte imperialistische Unterwanderung“ des Systems gechützt werden soll. Tatsächlich wird dieser Artikel beutzt, um kubanische Dissidenten und Journalisten mit uslandskontakten grundlos einzusperren. Aktuell sit en 24 kubanische Journalisten unter unwürdigen, unenschlichen Bedingungen Haftstrafen zwischen 14 und 7 Jahren ab. Mit einer kritischen Berichterstattung muss sich uba, was das Internet betrifft, nicht auseinandersetzen, eil es faktisch unmöglich ist, einen frei zugänglichen -Mail-Account zu haben. Herr Kollege – – Ich habe es schon gesehen; ich bin gleich am Ende einer Rede. – Selbst die in den Postämtern zugänglihen E-Mail-Accounts – – (Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: Dann kommen Sie gar nicht mehr dazu, über den Antrag zu reden!)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615713300
Marco Wanderwitz (CDU):
Rede ID: ID1615713400

Herr Kollege, Sie wollen es offensichtlich nicht verste-
en.

Ich freue mich auf die parlamentarische Beratung
ich sage das insbesondere an die Adresse der Linken

erichtet –; denn eines ist aus meiner Sicht klar: Sie kön-
en Anträge stellen, wie Sie wollen – Sie werden sich
em Wesensgehalt unseres Antrages nicht verweigern
önnen.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615713500

Herr Kollege!


Marco Wanderwitz (CDU):
Rede ID: ID1615713600

Ausflüchte, sich zu verweigern, gibt es nämlich nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615713700

Ich schließe die Aussprache.

Es wird vorgeschlagen, die Vorlage auf Drucksa-
he 16/8871 zur federführenden Beratung an den Aus-
chuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe und
ur Mitberatung an den Auswärtigen Ausschuss sowie
n den Ausschuss für Kultur und Medien zu überweisen.
ibt es dazu andere Vorschläge? – Das ist nicht der Fall.
ann ist das so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 7 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Jürgen
Klimke, Dr. Christian Ruck, Maria Eichhorn,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Sascha






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
Raabe, Gregor Amann, Sabine Bätzing, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Nationale und internationale Maßnahmen für
einen verbesserten Kampf gegen Drogenhan-
del und -anbau in Entwicklungsländern

– Drucksache 16/8776 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (f)

Auswärtiger Ausschuss
Innenausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

Hierzu ist es verabredet, eine Dreiviertelstunde zu de-
battieren. – Dazu höre ich keinen Widerspruch. Dann ist
das so beschlossen.

Als erstem Redner erteile ich dem Kollegen
Dr. Sascha Raabe für die SPD-Fraktion das Wort.


Dr. Sascha Raabe (SPD):
Rede ID: ID1615713800

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Der Weltdrogenbericht 2008 der Vereinten Natio-
nen bestätigt, dass die massive Ausweitung des interna-
tionalen Drogenanbaus mit Ausnahme des Spezialfalls
Afghanistan eingedämmt werden konnte. Das ist an sich
eine gute Nachricht.

Die schlechte Nachricht ist, dass es insbesondere in
Schwellen- und Entwicklungsländern weiterhin zum
Drogenanbau und damit zu massiven, teilweise lebens-
bedrohlichen Problemen wie Krankheit, Nahrungsmit-
telknappheit und Kriminalität kommt. Nicht nur das: Die
Auswirkungen von Drogenanbau und -handel können
zur Destabilisierung ganzer Länder führen; Kolumbien
und Afghanistan sind zwei von vielen traurigen Beispie-
len dafür.

Drogen und Entwicklungsprobleme sind eng mit-
einander verknüpft. Armut und das Fehlen von Alterna-
tiven, den Lebensunterhalt zu bestreiten, zwingen Bau-
ern dazu, Drogen anzubauen. Das ist ein Teufelskreis,
aus dem es ohne Hilfe von außen keinen Ausweg gibt.

Der Weg der geschmuggelten Drogen endet nicht sel-
ten in Europa und damit auch in Deutschland. Insbeson-
dere junge Menschen werden durch Drogen suchtkrank
und gefährden ihr Leben. Deshalb freut es mich, dass die
Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Frau Sabine
Bätzing, in dieser Debatte reden wird.

Wir haben als deutsche Politiker, insbesondere als
deutsche Entwicklungspolitiker, nicht nur ein Interesse,
sondern auch eine große Verantwortung dafür, dem Dro-
genanbau den Nährboden zu entziehen. Wir müssen den
Menschen in den Entwicklungsländern aus ihrer schein-
bar ausweglosen Lage helfen. Wir müssen dabei am An-
fang der Drogenkette, bei der Produktion, ansetzen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wie vernetzt und umfangreich die internationale Dro-
genproblematik ist, zeigen die drei Hauptelemente, ge-

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(C (D en die es im Rahmen der Drogenpolitik vorzugehen gilt nd die wir in unserem Antrag aufgegriffen haben: illealer Anbau und Produktion von Drogen, illegaler Droenhandel und Drogenschmuggel sowie Drogenkonsum, missbrauch und -abhängigkeiten. Mit dieser Auflistung wird verdeutlicht, dass die Einämmung des Drogenproblems nur erreicht werden ann, wenn sich die internationale Staatengemeinschaft iesen Problemen gemeinsam stellt und mit dafür geeigeten Konzepten eine Lösung herbeiführt. Daher ist es otwendig, die Arbeit der multilateralen Organisationen u unterstützen. Besonders wichtig ist es in dieser Hinicht, dass der internationalen Entwicklungspolitik im ampf gegen den Drogenanbau endlich ein größeres Geicht und eine größere Verantwortung verliehen wird. Mit umfassenden Konzepten der Entwicklungspolitik aben wir Lösungspotenziale bei der Drogenbekämpung, die so noch nicht zur Entfaltung kamen. Nur damit önnen wir dem Drogenhandel und der Drogenprodukion dauerhaft einen Riegel vorschieben. Der heute deattierte Antrag beinhaltet sowohl nationale als auch inernationale Maßnahmen für einen verbesserten Kampf egen Drogenhandel und -anbau in Entwicklungslänern. Ich möchte Ihnen gerne einige dieser Maßnahmen rläutern. Im Zentrum der deutschen Entwicklungszusammenrbeit im Bereich der Drogenbekämpfung steht das „Proramm zur Förderung der entwicklungsorientierten Droenkontrolle in Entwicklungsländern“, abgekürzt EOD. ichtig wird es sein, dass wir in diesem ganzheitlichen ahmen weitere Alternativen erarbeiten und durchfüh en, durch die den Menschen vor Ort neue Chancen geoten werden, unabhängig vom Drogenhandel zu leben. Die schon in vielen Ländern erfolgreich erprobte Mirokreditfinanzierung könnte hierzu eine sinnvolle Vernüpfung darstellen; denn neben einer nachhaltigen irtschaftsförderung in Drogenanbauregionen ist es ichtig und notwendig, den Bauern in den betroffenen egionen die Chance zu geben, marktfähige Produkte erzustellen und abzusetzen. Nur so wird es möglich ein, den Drogenanbau zielstrebig und nachhaltig einzurenzen. Es ist in dem Zusammenhang notwendig, festzustelen, dass das Verbot des Drogenanbaus natürlich auch eiterhin wichtig ist. Das muss man auch verfolgen. ber nicht die alleinige Vernichtung von Drogenanbau lächen sollte im Mittelpunkt dieser Strategie stehen, ondern das sollte nur eine flankierende Maßnahme zu en alternativen Einkommensstrategien sein; denn geade die Vernichtung von Drogenanbauflächen, wie eispielsweise die Vernichtung der Kokapflanze aus der uft mit entsprechenden Giftstoffen, bringt auch verhee ende Nebeneffekte mit sich. Nicht selten werden in dieem Zusammenhang Ernten von Nahrungspflanzen zertört, guter Ackerboden unfruchtbar gemacht, und es ommt auch zur Vergiftung der dort lebenden Bauern nd anderen Menschen. Dr. Sascha Raabe Deswegen brauchen wir für eine grundlegende Ausrottung der Armut und damit auch der Drogenproduktion eine Wirtschaftsförderung, die den Bauern vor Ort die Möglichkeit gibt, Lebensmittel wie Kaffee oder Mais anzubauen. Damit würden wir zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Wir würden den Drogenanbau reduzieren und strukturschwache Staaten wieder in die Lage versetzen, unabhängig von Lebensmittelimporten zu werden. Diesen Punkt haben wir auch gestern hier in der Debatte behandelt. Die Entwicklungsländer müssen endlich wieder eine größere Chance haben, sich fair und gerecht am Welthandel beteiligen zu können. Wir haben gestern über die Hungeraufstände aufgrund der gestiegenen Nahrungsmittelpreise diskutiert. Beim Drogenanbau ist das Problem eigentlich das Gleiche; denn die Bauern produzieren die Drogen ja nicht, weil sie selbst Drogen konsumieren oder weil sie nicht wissen, dass das schädlich ist, sondern weil sie keine andere Möglichkeit haben, ihre Familien zu ernähren. Wir als Industriestaaten tragen mit die Hauptschuld an dieser Situation; denn wir haben unsere Lebensmittel durch unsere Agrarsubventionen zu Dumpingpreisen in die Lebensmittelregale in den Entwicklungsländern gebracht, sodass die Bauern dort ihre eigenen Produkte nicht mehr absetzen konnten, weil sie nicht genug Geld dafür bekommen haben. Sie hatten dann nur zwei Möglichkeiten: Entweder haben sie ihre Höfe verlassen und die Landwirtschaft aufgegeben, oder sie haben, wie in vielen Fällen, Drogen angebaut, weil sie dafür wenigstens etwas Geld bekommen haben, um ihre Familie zu ernähren. Dabei muss allerdings auch gesagt werden, dass die Drogenmafia immer noch am meisten daran verdient. Dieser Drogenmafia müssen wir das Handwerk legen, damit sie ihr böses Werk nicht mehr betreiben kann. Wir müssen die Zölle für Agrarprodukte aus Entwicklungsländern endlich senken und gleichzeitig unsere handelsverzerrenden Subventionen abschaffen. Das würde gegen Hunger, Armut und Drogenanbau gleichzeitig helfen. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie der Abg. Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Eine starke indirekte Auswirkung des Drogenpro-
blems ist auch im Bereich HIV/Aids zu verzeichnen. Wir
sehen mit großer Sorge, dass in Afrika der Anteil der in-
jizierten Drogen immer größer wird. Durch verunrei-
nigte Nadeln kommt es dort zu einem großen Problem
der HIV/Aids-Ausbreitung. Auch das ist sehr wichtig.

Ich möchte zum Schluss noch einen Punkt aufgreifen,
den ich schon anfangs erwähnt habe, nämlich die sicher-
heitspolitische Dimension. Afghanistan war schon oft
Gegenstand der Debatten. Auch heute steht die Entwick-
lung in Afghanistan noch auf der Tagesordnung. Die
Kollegin Christel Riemann-Hanewinckel wird zu diesem
Thema sprechen.

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(C (D Ich darf das Beispiel Kolumbien anführen, wo der rogenanbau zu einem blutigen Bürgerkrieg geführt hat, er Millionen Menschen zu Flüchtlingen gemacht und underttausenden das Leben gekostet hat. Kolumbien ilt weiterhin als größter Kokainproduzent der Welt. Wir haben mit der Linkspartei schon oft über den enezolanischen Präsidenten Chávez und auch über die olumbianische Politik gestritten. In den Augen vieler nnerhalb der Linkspartei ist Chávez immer noch ein neter Sozialpolitiker, der sich jetzt als Friedensengel aktiv n die Vermittlung einer Befreiung von Geiseln der ARC – einer Terrororganisation, die für die meisten orde und Entführungen in Kolumbien verantwortlich st – wie der ehemaligen Präsidentschaftskandidatin etancourt bemüht. Dabei hat die Linkspartei immer erne übersehen, dass Präsident Chávez nichts dagegen nternimmt, dass die FARC schon seit Jahren Drogen ber die Grenzen Venezuelas schmuggelt. (Holger Haibach [CDU/CSU]: Genau so ist es!)


Wenn sich bestätigt, was auf dem Computer eines
ARC-Kommandeurs gefunden wurde, dass nämlich die
enezolanische Regierung die FARC mit 300 Millionen
S-Dollar unterstützt und ihnen Beteiligungen am Öl-
eschäft und Waffen aus der eigenen Armee angeboten
at, dann ist es der Gipfel der Heuchelei, wenn sich
hávez als Befreier der Geiseln der FARC darstellt und
ls internationaler Friedensengel feiern lassen will.


(Sibylle Pfeiffer [CDU/CSU]: Aber so ist er!)


enn damit konterkariert er die Bemühungen der inter-
ationalen Gemeinschaft im Kampf gegen den Terroris-
us und auch die gute deutsche Entwicklungszusam-
enarbeit, die gerade in Kolumbien ihren Schwerpunkt

ewusst auf Krisenprävention, Friedensentwicklung und
lternativen zum Drogenanbau legt.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Hüseyin-Kenan Aydin [DIE LINKE]: Uribe auch!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615713900

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Ende.


Dr. Sascha Raabe (SPD):
Rede ID: ID1615714000

Lassen Sie uns deswegen den vorliegenden Antrag

eschließen und damit einen bescheidenen Beitrag ge-
en den Drogenanbau, -handel und -konsum auch bei
ns in Deutschland leisten.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615714100

Der Kollege Hellmut Königshaus spricht jetzt für die

DP-Fraktion.


Hellmut Königshaus (FDP):
Rede ID: ID1615714200

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Den An-

rag, den wir heute beraten, hat, wie ich weiß, unser Kol-






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(B) )


Hellmut Königshaus
lege Jürgen Klimke wesentlich mitgeprägt. Er hatte ei-
nen Unfall und kann heute nicht bei uns sein, aber ich
grüße ihn von hier aus herzlich, falls er unsere Debatte
verfolgt. Komm schnell wieder aufs Fahrrad, Jürgen!


(Beifall)


Ich will den Antrag aber nicht nur deshalb loben – zu-
mindest in Teilbereichen; es ist nicht alles gut –, weil er
mitgewirkt hat, sondern auch deshalb, weil er eine gute
Grundlage für die Diskussion zu diesem Thema ist. Er
ist vor allem eine Analyse und eine Fleißarbeit, die ei-
gentlich die Bundesregierung hätte vorlegen müssen. Sie
steckt bei diesem Thema eher den Kopf in den Sand.
Vielleicht wird aber Frau Bätzing noch näher darauf ein-
gehen.

Der Antrag enthält viel Wichtiges und Richtiges, aber
leider auch Unrichtiges. Unrichtig ist vor allem, dass die
Bundesregierung pflichtgemäß gelobt wird, und zwar
insbesondere für ihre kontinuierliche Arbeit.


(Sibylle Pfeiffer [CDU/CSU]: Ja!)


– Das ist hinsichtlich der Drogenproblematik wohl eher
Realsatire, Kollegin Pfeiffer.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Das kann man wohl sagen! – Sibylle Pfeiffer [CDU/CSU]: Oh nein! Hervorragende Arbeit!)


Kontinuierlich mag die Arbeit zwar sein, aber lobens-
wert ist das alleine nicht, insbesondere dann nicht, wenn
die Kontinuität im Wesentlichen aus Unterlassungen be-
steht.


(Sibylle Pfeiffer [CDU/CSU]: Verklärung der Tatsachen, lieber Kollege Königshaus!)


Bisher wurde, was dieses Thema angeht, insbesondere
den Entwicklungsländern gegenüber eher auf kleiner
Flamme gekocht, und dementsprechend nur mit gerin-
gem Erfolg. Wir müssen sehr viel mehr tun, um mit dem
internationalen Drogenhandel fertig zu werden. Das ist
hinreichend bekannt. Wir müssen endlich damit aufhö-
ren, in erster Linie nur zu analysieren und Konzepte zu
entwerfen. Vielmehr müssen wir endlich auch handeln
und die Konzepte umsetzen.


(Sabine Bätzing [SPD]: Das tun wir!)


– Das wollt ihr zwar, aber ihr tut es nicht. Daran fehlt es
– bisher jedenfalls – ersichtlich.


(Beifall bei der FDP)


Das beginnt bereits damit, dass der Schwerpunkt aller
Betrachtungen – übrigens auch im vorliegenden Antrag –
bei der Produktion und dem Handel mit Drogen und we-
niger beim Verbrauch liegt. Das ist aber der Kern des
Problems: Ohne Verbrauch und ohne Nachfrage gäbe es
keine Produktion und keinen Handel.


(Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)


Das ist eine Tatsache im Leben, die wir immer wieder
beobachten können.

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(C (D Deshalb müssen wir vor allem den Nachfragemarkt ustrocknen, sowohl hier bei uns als auch in der Euroäischen Union. Dafür haben die Bundesregierung und ie Bundesländer bisher kein wirksames Konzept. Auch hr Antrag zeigt insoweit keine weiterführenden Perpektiven auf. Vielleicht tut das Herr Ruck, der anschlieend 14 Minuten reden wird. Aber auch sonst fehlt es an egweisungen. Die Koalition stellt in ihrem Antrag urchaus zu Recht fest, dass in manchen Regionen die rogenproduktion zurückgedrängt werden konnte. Insesondere in Thailand und Kolumbien, die hier genannt erden, trifft das zu. Das sieht man, wenn man sich die ntwicklung des Mohnanbaus in diesen Ländern anchaut. Aber diese Länder sind nun auf die Produktion ynthetischer Drogen umgestiegen, weil sie den Wettbeerb mit Afghanistan nicht mehr durchhalten. Auch das ehört zur Wirklichkeit. Darüber sollte man sprechen. Die beiden Länder Thailand und Kolumbien stehen der Kollege Raabe hat das eben angesprochen – über aupt nicht mehr im Mittelpunkt unserer Betrachtungen. as ist nicht mehr notwendig; denn die ausufernde Droenindustrie in Afghanistan ist für uns das eigentliche, as strategische Problem. Dort wird mit 8 000 Tonnen m Jahr schon heute weit über den weltweiten Drogenedarf hinaus produziert. Am Ende der Herrschaft der aliban waren es gerade einmal 200 Tonnen. Mit der rogenindustrie in Afghanistan müssen wir uns befas en. Deshalb kann man nicht sagen: Wir befassen uns etzt mit dem Thema Drogen in den Entwicklungslänern und heute Abend mit Afghanistan. Beides gehört usammen und muss gemeinsam betrachtet werden. (Beifall bei der FDP – Sibylle Pfeiffer [CDU/ CSU]: Das eine tun und das andere nicht lassen!)


In Afghanistan sieht man das ganze Ausmaß der Ka-
astrophe deutlich. Hier ist die Drogenindustrie das zen-
rale Problem, nicht nur für die Sicherheit, sondern auch
ür die Entwicklung. Die Drogenmafia konterkariert alle
ntwicklungsbemühungen und hat alle Bereiche des
andes – wie wir wissen: bis hin zur Familie des Staats-
räsidenten – durchdrungen.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Leider wahr!)


as ist der Punkt, an dem wir deutlich werden müssen.


(Beifall der Abg. Monika Knoche [DIE LINKE])


Die Bauern sind im Übrigen von den Drogenbaronen
bhängig und werden unter Druck gesetzt. Der Terroris-
us finanziert sich aus dem Drogenhandel. Durch die
rogenwirtschaft und die Drogengelder wird jeder ver-
ünftige, korruptionsfreie Politiker verdrängt, weil er gar
eine Chance hat, sich in der Verwaltung und der Politik
u positionieren.


(Sibylle Pfeiffer [CDU/CSU]: Das stimmt leider!)


as sind Tatsachen, denen wir ins Auge sehen müssen.
ier müssen wir etwas tun.






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(B) )


Hellmut Königshaus
Seit 2001 ist die ISAF in Afghanistan und in der Dro-
genbekämpfung tätig. Trotzdem hat sich die Drogenpro-
duktion explosionsartig entwickelt. Militante Drogen-
banden sichern das Drogengeschäft ab. Wir haben von
Kollegen aus dem iranischen Parlament, beispielsweise
vom Vorsitzenden des Sicherheitsausschusses, der hier
zu Besuch war, gehört, dass allein die iranischen Grenz-
truppen bei dem Versuch, den Drogenhandel zu unter-
binden und den Transit durch den Iran zu stoppen, schon
mehrere Tausend Grenzsoldaten verloren haben. Das
zeigt, mit welchen Banden und welcher Militanz wir es
dort zu tun haben.

Deswegen ist es zwar sehr schön – das klingt auch
sehr gut –, wenn wir hier über Ersatzprodukte wie
Rosenöl sprechen. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass
wir repressiv handeln müssen, wenn wir dieses Übel bei
der Wurzel packen wollen. Wir können nicht nur zu-
schauen und den Briten alles überlassen. Wir müssen uns
etwas überlegen. Solche Überlegungen fehlen bislang
aber, auch in Ihrem Antrag. Sicherlich müssen wir alter-
native Einkommensquellen schaffen. Aber zuerst müs-
sen wir dafür sorgen, dass ein Bauer, der bereit ist, keine
Drogen mehr anzubauen, nicht unter den Druck der Dro-
genbarone gerät. Diese lassen sich doch nicht von einem
Entwicklungshelfer das Geschäft kaputt machen, nur
weil dieser schön redet. Sie setzen Waffen ein; so sieht
die Sache aus. Wir müssen hier endlich aktiv werden und
den Tatsachen ins Auge schauen.

Ich komme zum Schluss. Wir müssen die Richtigen
bekämpfen und das Richtige tun. Hier hilft kein schönes
Reden. Vielmehr müssen wir Tacheles reden. Darum
bitte ich die nachfolgenden Redner von der Koalition.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der FDP – Sibylle Pfeiffer [CDU/ CSU]: Tacheles reden wir immer!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615714300

Für die CDU/CSU hat der Kollege Dr. Christian Ruck

das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Christian Ruck (CSU):
Rede ID: ID1615714400

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bevor

ich Tacheles rede, möchte ich an den Kollegen Klimke
erinnern, der hoffentlich bald wieder unter uns weilt. Er
hat zahlreiche Auslandsaufenthalte absolviert und maß-
geblich an der Erarbeitung des vorliegenden Antrages
mitgewirkt. Aufgrund seines Fehlens habe ich nun theo-
retisch 14 Minuten Redezeit, um all das zu erklären, was
der Kollege Königshaus nicht verstanden hat.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Richtig ist, dass der Drogenanbau in den Entwick-
lungsländern die Lebensgrundlage von Millionen Men-
schen zerstört; Krankheit, Kriminalität, Terrorismus und
eine verseuchte Umwelt sind die Folge eines jahrzehnte-
lang andauernden und noch nicht gelösten Problems.

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(C (D eswegen ist es richtig, dass wir den Kampf gegen den rogenhandel und den Drogenanbau verstärken. Es ist auch richtig, dass der Drogenkonsum weltweit unimmt. Zurzeit nehmen etwa 210 Millionen Menschen etwa 5 Prozent der Weltbevölkerung zwischen 15 und 4 Jahren – Drogen, die abhängig machen. 25 Millionen enschen nehmen Kokain und Heroin. Davon injizieren 3,1 Millionen ihren Drogenkonsum direkt mit Spritzen. on diesen 13,1 Millionen Menschen leben 78 Prozent n Entwicklungsländern. Das heißt, Drogenkonsum ist icht nur bei uns eine traurige Wirklichkeit, sondern pielt sich auch in den Entwicklungsländern selbst ab; in fghanistan sterben jährlich 100 000 Menschen an den olgen des Drogenkonsums. Es wurde völlig zu Recht darauf hingewiesen: Die rogenproduktion destabilisiert Länder und Regionen; olumbien wurde genannt. Ich nenne Mexiko, wo vor llem die Indianer sehr stark unter den brutalen Drogenartellen leiden. Ich nenne Myanmar, wo sich die Miliärjunta mit illegaler Abholzung und Drogenanbau fianziert. Ich nenne Afrika, das immer mehr von eänderten Drogenrouten in Mitleidenschaft gezogen ird. Guinea-Bissau ist inzwischen ein internationaler rogenumschlagsplatz. Auch das destabilisiert eine anze Region, nicht nur Teile der nationalen oder lokaen Bevölkerung. Afghanistan ist ein klassisches Beispiel für die Gefahr er Destabilisierung, die auch mit unserer Sicherheit etas zu tun hat. Eine Rekordernte folgt auf die andere. fghanistan ist auch ein typisches Beispiel für die Veruickung von politischen Radikalismen, kriminellen rogenkartellen und Terroristen. Das ist die eine Front, uf der wir unbedingt Erfolge erzielen müssen. Die andere Front – Herr Königshaus, da gebe ich Ihen recht – liegt bei uns selbst: 3 Prozent der Europäer onsumieren regelmäßig Kokain. In Ländern wie Spaien, die Einfallstor für Drogen aus Südamerika sind, teigt die Zahl der Drogenabhängigen rasant an, viel chneller als im europäischen Durchschnitt. In Deutschand gibt es 1 300 Drogentote im Jahr; das sind 1 300 zu iel. Dies ist in der Tat die andere Seite der Medaille. In unserem Antrag antworten wir mit den richtigen aßnahmen auf diese doppelte Verantwortung. In der rogenpolitik geht es darum, den illegalen Anbau und ie Produktion von Drogen zu bekämpfen; es geht um ie Bekämpfung des illegalen Drogenhandels und Droenschmuggels sowie um die Eindämmung des Drogenonsums und der Drogenabhängigkeit. Die Botschaft nseres Antrags lautet aber auch: Wir haben keinen rund, zu resignieren. Drogenkontrolle ist möglich; da ür gibt es genug Beispiele. Dafür müssen wir nicht nur nsere nationalen Strategien optimieren, sondern auch en Kampf gegen Drogen in der EU, der UNO und den nderen Organisationen. Wir haben in unserer EZ seit langem etwas Wichtiges tabliert – Kollege Raabe hat schon darauf hingewiesen; s ist der Kern unseres Ansatzes –: die entwicklungsrientierte Drogenkontrolle, im Folgenden EOD geannt. Herr Königshaus, die EOD-Strategie ist 1981 ent Dr. Christian Ruck standen; sie ist allmählich ausgebaut worden. Für die Umsetzung wurden seitdem immerhin 200 Millionen Euro ausgegeben. Die EOD beinhaltet im Kern, dass wir nicht nur auf Repression und Eradikation, also Vernichtung der Pflanzen, auf Saatgutverteilung für neue Produkte und auf neue Märkte, sondern auf alles setzen müssen. Es handelt sich um einen umfassenden Ansatz, der Bildungskonzeptionen, Sicherheitskonzeptionen, Gesundheitsmaßnahmen und die Schaffung neuer Märkte für neue Produkte umfasst. Ein umfassender Ansatz ist also das Einzige, was hilft. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)





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Ich weise auf unsere wirklich guten Erfolge in Thai-
land hin, was unser Hearing, das wir durchgeführt haben
und das Kollege Klimke – auch die Kollegen der ande-
ren Parteien waren eingeladen – mit organisiert hat, ge-
zeigt hat. Ich nenne die Bereiche Strafverfolgung und
Stärkung des Rechtssystems. Dort konnten wir die Pro-
duktion von Drogen in exorbitantem Maße senken. Das-
selbe gilt für Pakistan und auch für Peru. Bei diesen Län-
dern gibt es ganz konkrete Erfolge.

Jetzt geht es uns um Folgendes: Diesen EOD-Ansatz
müssen wir in zwei Richtungen ausbauen. Erstens müs-
sen wir ihn stärker international durchsetzen. Wir müs-
sen durchsetzen, dass die entwicklungsorientierte Dro-
genbekämpfung auch in den EU-Drogenaktionsplan von
2009 bis 2012 kommt. Das ist eines unserer Hauptanlie-
gen auf internationaler Ebene in diesem gemeinsamen
Antrag. Das gilt im Übrigen auch für die UNO, die in
diesen Tagen eine ganz wichtige Umstellung ihrer Dro-
genpolitik vornehmen möchte. Wir wollen uns da ent-
wicklungspolitisch einklinken.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Aber – da komme ich auf das, was Sascha Raabe
wegweisend gesagt hat – es gilt zweitens auch, den
EOD-Ansatz konzeptionell zu erweitern. Wir müssen
noch mehr Bereiche in diese Konzeption einbeziehen,
zum Beispiel die Außenwirtschaft und die Handelspoli-
tik. Ein gutes Beispiel dafür ist der Blumenanbau in Ko-
lumbien. Fragen der ländlichen Infrastruktur, Fragen des
Aufbaus der Verwaltung, des Landmanagements und des
Schutzes der natürlichen Ressourcen sind ebenfalls
wichtig. Wir haben auf unserem Kongress gesehen, wie
sehr der Drogenanbau auch mit Umweltzerstörung ver-
bunden ist und wie sehr die Bekämpfung des Drogenan-
baus mit der Urwaldzerstörung einhergeht. Weiterhin
verweise ich auf die Landreform und vieles mehr. Das
heißt, dass wir den EOD-Ansatz konzeptionell erweitern
müssen.

Da sind wir bei dem Thema von gestern, der ländli-
chen Entwicklung. Ländliche Entwicklung ist ein ent-
scheidender Punkt,


(Sibylle Pfeiffer [CDU/CSU]: Landbesitz!)


und zwar nicht nur zur Hunger- und Armutsbekämpfung,
nicht nur für den Kampf gegen die Umweltzerstörung,
sondern auch für einen vernünftigen und langfristig er-

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(C (D olgreichen Kampf gegen den Drogenanbau. Das ist, laube ich, das Entscheidende, worin wir uns alle einig ind. Lassen Sie mich auf Afghanistan zurückkommen. fghanistan ist eine besondere Herausforderung für uns. ir haben in Afghanistan besondere Probleme. Dort errscht eine besonders kritische Situation. Wir als Deutche sind in Afghanistan ganz besonders gefordert. Es ibt da nichts zu beschönigen. Die Opiumproduktion ist uch im Jahr 2007 wieder um 34 Prozent gestiegen. Der ewinn aus den Drogengeschäften beträgt 53 Prozent es afghanischen Bruttoinlandsprodukts. Wenn es nicht o traurig wäre, wäre das eine echte Erfolgsgeschichte. Diese drastischen Zahlen sind umso besorgniserreender, als wir wissen, dass sich Taliban und al-Qaida it Geschäftsleuten verbinden – ähnliche Entwicklun en gibt es in Kolumbien und anderswo –, um sich zu reinanzieren. Auf der anderen Seite steigt auch der private rogenkonsum in Afghanistan durch ein Überangebot n Opium drastisch an, sodass ganze Generationen im egriff sind, sich durch ihre Anbauflächen praktisch elbst zu vernichten. Nirgendwo ist es so kompliziert nd so facettenreich wie in Afghanistan, den Kampf geen diese wirklich erfolgreiche Produktion zu führen. Ich möchte aber doch darauf hinweisen, dass trotz all ieser Schreckensmeldungen inzwischen ganze Provinen wieder heroinbzw. opiumfrei sind, dass es gelunen ist, ganze Provinzen vom Opiumanbau zu befreien, nd zwar durch eine Kombination von drei wichtigen aßnahmen, die gleichzeitig durchgeführt werden müs en. Herr Königshaus, da sind wir nicht so weit ausinander. Erstens. Die Menschen brauchen wirkliche Alternaiven. Das kann Rosenöl sein, das kann Getreide sein Afghanistan war früher Getreideexporteur; wir haben ine sehr erfolgreiche Zuckerproduktion auf die Beine estellt –, das kann vieles sein. Aber es genügt nicht, infach zu sagen: Wir machen jetzt in Obst oder in Roenöl oder in Safran. Vielmehr müssen die Bauern davon usgehen können, dass sie für das, was sie produzieren, inen anständigen Preis bekommen, dass sie eine Infratruktur haben, die es ihnen ermöglicht, zu den Märkten u gelangen, und dass sie ein produktionsfreundliches, inigermaßen gesichertes Umfeld haben. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Zweitens. Wir müssen die Unterstützung der lokalen
utoritäten und der Menschen auf dem Lande bekom-
en. Das ist gerade in Afghanistan sehr wichtig, und

war deswegen, weil sich die Mullahs auch auf den Ko-
an beziehen können. Wir brauchen sie als wichtige, ent-
cheidende Bündnispartner im Kampf gegen die Versu-
he der Taliban, Gelände zurückzugewinnen.

Drittens: der Sicherheitssektor. Es ist in der Tat so,
ass man in vielen Gegenden ohne den Schutz vor Re-
ression oder Gegenrepression nicht auskommt. Dazu






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Dr. Christian Ruck
gehören nicht nur eine funktionierende Polizei und über-
haupt eine funktionierende Gesetzgebung, sondern auch
ein funktionierendes Rechtswesen. Es darf niemand un-
geschoren davonkommen, der hier verbrecherisch agiert.
Das ist mit die größte Herausforderung in Afghanistan.
Es ist wahr: Die Korruption erstreckt sich auf die höchs-
ten Kreise.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir müssen – auch von der afghanischen Regierung –
eine größere Entschlossenheit verlangen, auch in ihrem
eigenen Stall auszumisten, wenn die Drogenmafia im ei-
genen Kabinett vertreten ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Hellmut Königshaus [FDP]: Und was macht ihr jetzt dafür, dass die das tun?)


– Unser Beitrag dazu kann sein, dass wir in Afghanistan
nicht mit einem Flickenteppich von Ansätzen und Me-
thoden auftreten; vielmehr sollten wir uns noch stärker
als bisher absprechen, um mit einem einheitlichen Kon-
zept aufzutreten. Das gilt übrigens auch für ein Wirt-
schaftskonzept für ganz Afghanistan. Auch ein solches
Konzept muss einheitlich sein; sonst kann man keine al-
ternative Produktion zustande bringen.


(Hellmut Königshaus [FDP]: Ach so! Jetzt fangen wir bald an!)


Wir sollten in diesem Zusammenhang auch darauf
achten, die Beziehungen zu unseren Verbündeten noch
mehr zu pflegen. Das gilt für unsere Beziehungen zu Pa-
kistan, zum Iran und auch zu allen Ländern nördlich
Afghanistans.

Um auf das, was Sie, Herr Königshaus, gesagt haben,
zurückzukommen: Wir müssen natürlich auch die Defi-
zite in Deutschland sehen.


(Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist richtig!)


Ich war vor einer Woche in einem Heim für frisch entgif-
tete drogenabhängige Jugendliche. Ich habe die Chefin
des Hauses, eine Diplom-Psychologin, salopp gefragt:
Was bringt diese Jugendlichen von der Droge ab, was
können wir tun, damit diese Jugendlichen nicht in Dro-
genabhängigkeit geraten und womöglich schlimm en-
den? Die Antwort war ganz klar und einfach: Die Bio-
grafie dieser jungen Leute zeigt, dass sie in ihrer
Kindheit daran gelitten haben, zu wenig Zuneigung und
zu wenig Geborgenheit zu erhalten.

Ich möchte darauf verweisen, dass Drogenbekämp-
fung ein sehr breites Spektrum ist. Wir haben noch
schwierige Aufgaben im eigenen Lande zu bewältigen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da haben Sie recht!)


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(C (D Monika Knoche spricht jetzt für die Fraktion Die inke. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615714500


Monika Knoche (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1615714600

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr

uck und Herr Königshaus, ich darf sagen: Selten habe
ch Rednern Ihrer Fraktion so zustimmend zugehört wie
etzt. Sie haben klare Fakten über den tatsächlichen Zu-
tand des Drogenanbaus, des Drogenhandels und des
rogenkonsums benannt, die niemand vom Tisch wi-

chen kann. Insofern war das eine gute Voraussetzung
ür eine rationale Debatte über dieses Thema. Dennoch
uss ich sagen: Meine Schlussfolgerung daraus ist, dass

er Krieg gegen Drogen eben doch nicht erfolgreich ist,
ie in dem Antrag unterstellt wird.

Wichtig für die Herangehensweise ist: Es ist nicht aus
er Welt zu schaffen, dass es immer Menschen gibt, die
urch Prohibition nicht davon abzuhalten sind, illegale
rogen zu konsumieren, und dass das Verbot kriminali-

iert, stigmatisiert, ohne den Drang nach Rauschzustän-
en und das Verlangen nach psychotropen Substanzen zu
ehmen. Das ist ein Fakt, der bei Süchtigen ganz deut-
ich einen Verlust an Lebensqualität und Gesundheit be-
irkt, weil der „war on drugs“ ihnen in dieser Realität
icht hilft.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Das gilt ganz besonders für Heroin, weshalb diese Re-
ierung, um glaubwürdig zu sein, die Heroinsubstitution
ndlich auf rechtssichere Füße stellen muss. Das ist ihre
flicht.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Ich weiß, man stellt sich außerhalb des politischen
ainstreams, wenn man dem 30 Jahre währenden Krieg

egen Drogen das Scheitern attestiert. Doch auch die
eltdrogenorganisation, UNODC, hat 2007 klare Aus-

unft gegeben: Der weltweit Kokain- und Cannabiskon-
um ist nicht zurückgegangen. Die globale Heroinnach-
rage wird von Afghanistan befriedigt. Das Kosovo ist
in zentraler Umschlagplatz dafür. Afrika ist – das ist
chon seit zehn Jahren erkennbar – zum Transitknoten-
unkt für Kokain und Heroin geworden. Die Zahl der
üchtigen, die diese neuen Drogen dort konsumieren,
teigt beständig.

Wahr ist auch: Der traditionelle Eigenverbrauch durch
utzung von Kokablättern als Arbeitshilfe und für medi-

inische Zwecke – das muss man in diesem Kontext nen-
en – ist beispielsweise in den Andenländern schon im-
er verbreitet. In den Exportländern ist Drogenanbau

ber oftmals auch die einzig mögliche Existenzgrund-
age für die bäuerliche Bevölkerung. Sie müssen endlich
ür eine Abschaffung der EU-Agrarsubventionen eintre-
en, um Bäuerinnen und Bauern beim Ausstieg aus der
rogenwirtschaft tatsächlich hilfreich zu sein.


(Beifall bei der LINKEN)







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Monika Knoche
Völlig klar ist: Es sind heute die Drogenmafia, War-
lords und Paramilitärs, die den Anbau dieser Pflanzen
erzwingen, um Profite zu machen, politische Macht aus-
zuüben und militärische Operationen genauso wie Waf-
fenkäufe zu finanzieren. Es ist ein kriminelles Geflecht
entstanden, in dem harte Gewalt ausgeübt wird.

Das negativste Beispiel dafür ist der „Plan Colom-
bia“. Ich stimme den Ausführungen zu Kolumbien – ich
weiß nicht mehr, wer sie gemacht hat – nicht zu. Der
Plan bedeutet militärisch gestützte Agrarvernichtung
und geht mit schweren ökologischen Schäden einher.
Der Einsatz dieser Mittel verunmöglicht einen nachhalti-
gen ökologischen Anbau. Das ist ein großes Verbrechen
gegenüber der bäuerlichen Bevölkerung in diesen Län-
dern.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Erst die Prohibition – auch das ist historisch richtig –
hat die Kokainfabriken in den Dschungeln Lateinameri-
kas entstehen lassen. So ist eine Kulturpflanze zu einer
weltweit gehandelten Droge geworden.

Angesichts dieser Tatsachen und des Befundes, dass
400 bis 500 Milliarden Euro Gewinn erzielt werden, die
über Korruption und durch Geldwäsche in die Volkswirt-
schaften eindringen, kann keine Demokratin und kein
Demokrat dem Krieg gegen Drogen Erfolg bescheini-
gen, selbst beim besten Willen nicht.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Ich plädiere also für ein pragmatisches Handeln. Ich
weiß, ein Paradigmenwechsel in der Drogenpolitik ist
nicht in Sicht. Dennoch: Zum Beispiel der kontrollierte
Anbau von Mohn in Afghanistan – ich bin davon über-
zeugt, dass wir dieses Experiment wagen können –


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


kann dazu beitragen, den weltweiten Mangel an
Schmerzmitteln zu beheben.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Für Kolumbien gilt: Der Export von Tee und Kosmetika
aus Koka wäre ein großer Gewinn für die Volkswirt-
schaft dort.

Es gibt also Möglichkeiten, auf legaler Grundlage den
Anbau dieser Kulturpflanzen zu gestatten und so sinn-
volle Entwicklungen voranzutreiben. Man darf es nicht
als Teufelswerk abqualifizieren.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Deutschland sollte – das ist mir sehr wichtig – in
Russland und in den baltischen Staaten einen maßgebli-
chen Impuls für „harm reduction“ geben; denn dort sind
Spritzdrogenabhängige noch immer die absoluten Out-
laws der Gesellschaft. Sie müssen aus ihrem Elend he-
rausgeführt werden. Auch so etwas gehört in bilaterale
Verhandlungen zwischen Russland und Deutschland.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


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(C (D Ich nehme die Vorschläge in Ihrem Antrag sehr gern uf. Wir unterstützen eine ganze Reihe Ihrer Vorschläge, um Beispiel zu alternativen Entwicklungen in den Anauländern und zur Prävention des Drogenmissbrauchs. ch finde es auch gut, dass Sie es als eine Möglichkeit nsehen, Landtitel an Bauern zu vergeben, und dass Sie ildung im Rahmen der Präventionsstrategie erwähnen. as unterstützen wir ausdrücklich. Auch muss die deut che Entwicklungszusammenarbeit – das ist ein Prolem, das wir dieser Tage in den Medien verfolgen onnten – dafür Sorge tragen, dass Teppichknüpferinnen n Afghanistan nicht unter so miserablen Arbeitsbedinungen leiden, dass sie auf Mohnkonsum angewiesen ind, um ihre Arbeit verrichten zu können. Das muss eutsche Entwicklungshilfe leisten. Lassen Sie mich zum Schluss sagen: Infolge dieses ntrages wird es zu Ausschussberatungen kommen. assen Sie uns dort eine realistische Bilanz des Krieges egen die Drogen ziehen. Lassen Sie uns auch Expertinen und Experten anhören, die uns über die problematichen Auswirkungen der Prohibition – Frau Kollegin! – auf Rechtsstaatlichkeit insbesondere in Form von orruption in verschiedenen Ländern bis hin zu uns uskunft geben können, damit wir ein realistisches Bild avon bekommen, was die Prohibition alles anrichtet. Ute Koczy spricht jetzt für die Bündnis 90/Die Grü en. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und ollegen! Ich begrüße diese Debatte über Drogenanbau nd Drogenhandel. Ich halte sie für wichtig. Es ist beeichnend, dass hier aus den Reihen der Entwicklungsolitiker Vorschläge gemacht werden, die, wie ich laube, von allen geteilt werden. Uns allen ist ja klar, ass zahlreiche Entwicklungsprobleme mit dem Droenanbau und dem Drogenhandel einhergehen. Außerem müssen wir feststellen: Der internationale Drogenandel zählt analog zum Menschenhandel zu den xtremen Schattenseiten der Globalisierung. Hier muss an einmal einen Punkt machen und fordern, dass dage en auch global vorgegangen wird. Wir wissen doch nur zu gut: Gewinne aus dem Droenanbau finanzieren einerseits rivalisierende Gruppen, aramilitärische Organisationen oder kriminelle Banden; ie destabilisieren Staaten; sie bilden das finanzielle ückgrat für viele terroristische Anschläge. Durch den rogenanbau wird andererseits der Anbau von wirt chaftlichen Gütern in den betroffenen Ländern verhinert bzw. eine funktionierende Landwirtschaft ruiniert. Ute Koczy Bäuerinnen und Bauern haben kaum eine Chance, sich gegen die Machtpotenziale, die hinter dem Drogenanbau stecken, ein Einkommen zu sichern. Das ist der Grund für viele Konflikte. Wir sehen es so, dass die Verbindung von Drogenanbau und Konflikten eine ernstzunehmende Gefahr für die Entwicklung vieler Länder und natürlich auch für Entwicklungsprojekte in Ländern wie Afghanistan, Kolumbien, Bolivien und anderen darstellt. Wir dürfen aber auch nicht vergessen – das ist auch schon gesagt worden –: Entwicklungsländer sind nicht mehr nur Produzenten, sie sind inzwischen auch zunehmend Konsumenten. Wir haben uns, wie ich glaube, noch gar nicht richtig darauf eingestellt, was das bedeutet. Von den weltweit mehr als 200 Millionen Drogenkonsumenten kommt eine zunehmend größere Zahl aus Entwicklungsländern. Geschätzte 5 bis 10 Prozent der HIV/Aids-Erkrankungen sind Folge von Drogenabhängigkeit. Ich finde das alarmierend. Vergessen wird in der Diskussion aber häufig auch, dass durch den Aufbau von kriminellen Strukturen und Verkehrswegen für den Drogenhandel auch Nachbarregionen destabilisiert werden. Ich denke, darauf muss man mit regionalen Konzepten reagieren. Wenn man all das verändern will, braucht es eine Politik, die übergreifende Ansätze verfolgt. Benötigt wird vor allem Good Governance. Wir brauchen also gute Regierungen. Man muss einfach festhalten, dass im Augenblick keines der größeren Drogenanbauländer als eine stabile Demokratie betrachtet werden kann. Blicken wir jetzt einmal auf uns selber – das ist ja erfreulicherweise von Vertretern aller Fraktionen gemacht worden –: Bemerkenswert ist doch, dass die Nachfrage hier bei uns existiert. Solange es hier die Möglichkeit gibt, Geld zu verdienen, wird der Drogenanbau in den Entwicklungsländern weitergehen. Unsere Nachfrage ist die Ursache für den Drogenanbau in den Entwicklungsländern. Auch das meiste Geld aus diesem „Geschäft“ landet in den Industrieländern. Das muss man doch auch einmal ganz klar sagen. Jenseits der Diskussion, ob eine liberale oder eine repressive Drogenpolitik besser ist – dazu haben wir jetzt ja nicht die Zeit –, bleibt eines klar: Man muss hier vor Ort ansetzen. Man kann den Kampf dort nicht gewinnen, wenn hier nichts passiert. Das zusammenzuführen, ist eine Aufgabe der Zukunft. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der LINKEN)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615714700
Monika Knoche (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1615714800

(Beifall bei der LINKEN)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615714900
Ute Koczy (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615715000




(A) )


(B) )


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


In dem Antrag wird eine Reihe von Vorschlägen ge-
macht, die sehr genau diskutiert werden müssen, teil-
weise gute Vorschläge, teilweise weniger gute; teilweise
muss man hinterfragen, was gemeint ist. Fraglich ist
nämlich, wieso es dazu kommt, dass in vielen Staaten,
die von uns auch immer unterstützt werden, die Regie-
rung in den Drogenanbau so stark involviert ist. Dies
müssen wir doch zur Kenntnis nehmen. Ich meine, dass
man, wenn man hier ansetzen will, sehr genau hingucken

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(C (D uss, mit wem man zusammenarbeitet und wie man das useinanderdividiert. Der Antrag räumt richtigerweise ein, dass die Verichtung von Drogenanbauflächen nicht das Mittel erster ahl sein darf. Das ist schon einmal ein Fortschritt. Die egierungsfraktionen sagen, man wolle in alternative ntwicklungsstrategien investieren. Das ist richtig so. epressive Ansätze, wie sie in Kolumbien gefahren weren, also zero Tolerance, hätte man aber in dem Antrag eitaus schärfer kritisieren müssen, denn es hat zu keien Erfolgen geführt. Wenn man dies diskutieren will, ann muss man auch klar sagen, dass diese Politik in olumbien nicht dazu geführt hat, dass der Drogenanau abgeschafft wurde und es zu einer positiven Enticklung gekommen ist. Das muss man einmal klar festalten. Wenn man über die Probleme des Drogenanbaus reet, dann kommt man automatisch auch auf die Situation n Afghanistan zu sprechen. Hierzu ist bereits einiges geagt worden. Lassen Sie mich noch einen Punkt ergänen. Wir müssen auf die Situation in Afghanistan auch it unkonventionellen Methoden reagieren. Auf eine olche hat das Europäische Parlament hingewiesen. Es at sich im Oktober vergangenen Jahres für den Ankauf on Opium in Afghanistan zu medizinischen Zwecken usgesprochen und entsprechende Pilotprojekte angeegt. Ich schlage vor – hierum müssen wir uns alle kümern –, dass man solche innovativen Ansätze diskutiert nd gemeinsam voranbringt. Wir haben nämlich nur ann eine Chance, ein Ende des Drogenanbaus in Afghaistan zu erreichen, wenn es gelingt, auf innovative und oderne Art und Weise den Sumpf des Drogenanbaus rockenzulegen. Danke. Sabine Bätzing spricht jetzt für die SPD-Fraktion. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und ollegen! Meldungen über Entführungen von Politikern urch Drogenkartelle in Lateinamerika, über Rekordernen von Opium in Afghanistan oder neuerdings über rogenschmuggel in großem Umfang über Afrika ma hen jedem deutlich, wie unverändert gefährlich Droenhandel und Drogenkriminalität heute sind. Deshalb achen sich viele Deutsche zu Recht Sorgen. Und nicht ur wir Deutsche machen uns Gedanken. Diese welteite Bedrohung für die Sicherheit und Gesundheit der evölkerung beschäftigt auch die internationale Staatenemeinschaft und die internationalen Organisationen, in enen ich als Drogenbeauftragte der Bundesregierung ie deutsche Drogenpolitik vertreten darf. Das Büro der Vereinten Nationen zur Drogenund erbrechensbekämpfung, UNODC, beurteilt die Situa ion wie folgt – ich zitiere –: Sabine Bätzing Weltweit betrachtet konnte das Drogenproblem in den vergangenen zehn Jahren einigermaßen stabil gehalten werden. Es wurde aber bei weitem nicht gelöst. Liebe Kolleginnen und Kollegen, was heißt das konkret? – Von den weltweit geschätzt 13 Millionen intravenös Drogenkonsumierenden sind nach Angaben der Vereinten Nationen nur rund 40 bis 60 Prozent in Behandlung, dies übrigens überwiegend in methadongestützter Substitution. Asien steht mit 54 Prozent aller Heroinkonsumenten vor enormen Herausforderungen. Aber – auch dies haben wir in der Debatte bereits gehört – dringender Handlungsbedarf besteht auch in Afrika. Durch die Aktivitäten der Drogenmafia und der Drogenkartelle sind die afrikanischen Staaten zunehmend gefährdet. Der Grund dafür ist die Verlagerung der Schmuggelrouten für den Drogenhandel, für das Kokain auf Westafrika und für das Heroin auf Ostafrika. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir nicht gemeinsam mit der internationalen Gemeinschaft in diesen Ländern tätig werden, ist zu befürchten, dass die betroffenen afrikanischen Transitländer zu Staaten werden, in denen eine Drogenwirtschaft aus Geldwäsche und Korruption aufund ausgebaut wird, die staatliche Sicherheit gefährdet ist und die Menschen schnell zu Drogenabhängigen werden. (Hellmut Königshaus [FDP]: Genau! Und was macht ihr jetzt?)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615715100
Sabine Bätzing (SPD):
Rede ID: ID1615715200




(A) )


(B) )


Wie stellt sich die aktuelle Problematik dar? Lassen
Sie mich das noch einmal hervorheben:

Erstens. Entwicklungsprobleme schaffen Drogenpro-
bleme. Die Drogenprobleme wiederum hemmen massiv
die nachhaltige menschliche und gesellschaftliche Ent-
wicklung – ein Teufelskreis.

Zweitens. Die Produktion, der Handel und der Miss-
brauch von Drogen finden heute vor allem in Entwick-
lungs- und Transformationsländern statt.

Drittens. Die Trennung der Problematik in Produk-
tions-, Transit- und Konsumländer ist mehr und mehr
aufgehoben.

Viertens. Die Ursachen und Folgen des Drogenmiss-
brauchs, nämlich Armut, Konflikte, HIV/Aids, werden
immer brisanter.

Die vielleicht größte Herausforderung stellt sich
durch die zunehmende HIV-Epidemie unter Drogenkon-
sumenten, die mittlerweile zum größten Teil Heroin inji-
zieren und häufig gemeinsam Spritzbestecke benutzen.
Der intravenöse Konsum von Drogen hat erheblich zu-
genommen und damit die HIV-/Aidsgefahren drastisch
erhöht. Drogenkonsum kann auch zu einer erhöhten
sexuellen Risikobereitschaft führen und verschärft damit
noch die Gefahr einer HIV-Infektion.

Deshalb ist es dringend notwendig, dass wir als poli-
tisch Verantwortliche in Deutschland uns intensiv mit
dem weltweiten Drogenproblem beschäftigen und politi-
sche Konsequenzen für die Verbesserung des Kampfes

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(C (D egen Drogenhandel und -anbau in Entwicklungsländern iehen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Hellmut Königshaus [FDP]: Genau! Und wie sehen die jetzt aus?)


Als Drogenbeauftragte unterstütze ich die Anliegen
es vorliegenden gemeinsamen Antrags von daher voll
nd ganz. Wenn wir heute diesen Antrag beraten, bezie-
en wir als Parlament Stellung zu einem drängenden
lobalen Problem, über dessen Lösung es weltweit
urchaus unterschiedliche Vorstellungen gibt.

Zwei Herausforderungen müssen wir aber dabei an-
ehmen:

Erstens. Wie könnte ein verbesserter Kampf gegen
rogenhandel und -anbau in Entwicklungsländern aus-

ehen?

Zweitens. Wie kann dort ein angemessenes Hilfesys-
em für die wachsende Zahl von Abhängigen aufgebaut
erden?

Ich möchte von den 16 konkreten Vorschlägen in dem
orliegenden Antrag vor allem auf die Bedeutung der al-
ernativen Entwicklungspolitik eingehen; denn die alter-
ative Entwicklungspolitik steht an einem Scheideweg.
s wird zwar, weltweit betrachtet, viel dafür getan; aber
emessen am Ausmaß des Problems ist das noch viel zu
enig.

Für eine wirksame Bekämpfung des Drogenanbaus
edarf es einer umfassenden Strategie der alternativen
ntwicklung. Damit ist mehr als „eradication“, also die
ernichtung, angesprochen. Die Vernichtung von Dro-
enanbauflächen darf gerade nicht – wir haben es ge-
ört – das Mittel erster Wahl sein, insbesondere dann
icht, wenn das Besprühen aus der Luft mit giftigen
ubstanzen Menschen und Umwelt gefährdet. Die Ver-
ichtung kann vielmehr eine flankierende Maßnahme al-
ernativer Strategien sein.

Eine umfassende Strategie der alternativen Entwick-
ung muss im Wortsinne radikal sein, also die Wurzeln,
ie Ursachen des Drogenproblems beseitigen. Dazu ge-
ören die Förderung der guten Regierungsform, die
irtschaftsförderung, die Bildungspolitik, die Sozial-

olitik und die Bekämpfung der Drogenabhängigkeit so-
ie die Bekämpfung der organisierten Verbrechen.


(Beifall bei der SPD)


Der Exekutivdirektor der UNODC hat ein einprägsa-
es Bild gefunden. Er hat gesagt: Die Ausrottung der
rogenpflanzen funktioniert nur dann, wenn sie mit der
usrottung der Armut in den Anbauländern einhergeht.


(Beifall des Abg. Christian Lange [Backnang] [SPD])


ie deutsche Entwicklungszusammenarbeit verfolgte
ieses Ziel der Nachhaltigkeit schon, als Sustainability,
lso Nachhaltigkeit, noch kein Modebegriff war. So ver-
ügen wir über fast 30 Jahre reichhaltige und vielfältige
rfahrung in der Förderung von Alternativen zu






(A) )



(B) )


Sabine Bätzing
Drogenanbau und -konsum, die wir vor allem in Asien
und Lateinamerika erworben haben.

Neuerdings wird zunehmend unsere Unterstützung in
einem weiteren Handlungsfeld stark nachgefragt, unsere
Kompetenzen in der Prävention, der Beratung, der Be-
handlung, der sozialen Wiedereingliederung sowie im
Bereich der „harm reduction“, der Überlebenshilfen. Das
ist beispielsweise ein besonderer Wunsch unserer perua-
nischen Partner im Rahmen des bevorstehenden bilatera-
len Abkommens im Mai 2008. Der Grund dafür liegt in
der Arbeit der Gesellschaft für Technische Zusammenar-
beit und anderer Einrichtungen im Bereich der entwick-
lungsorientierten Drogenkontrolle, vor allem in Südost-
asien, aber auch in Osteuropa wie in der Ukraine oder
den baltischen Republiken.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, gerade die neueren
Projekte haben bewiesen, dass die Unterstützung im Prä-
ventions- und im Behandlungsbereich für dauerhafte Lö-
sungen unerlässlich ist. Von daher – damit komme ich
zum Schluss – müssen wir unsere Ansätze und unser
Know-how noch selbstbewusster vertreten. Gemäß dem
Grundsatz „Trial, not error“ sollten wir beim Transfer
unserer Erfahrungen und Kompetenzen in andere Länder
auch neue Wege erproben.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615715300

Frau Kollegin!


Sabine Bätzing (SPD):
Rede ID: ID1615715400

Ich komme zum Schluss.

Es ist deshalb mein Bemühen, bei der im März 2009
anstehenden Neuformulierung der drogenpolitischen
Grundsätze der Vereinten Nationen zwei Dinge zu errei-
chen: dass erstens dem umfassenden entwicklungspoliti-
schen Ansatz der Drogenkontrolle ein größeres Gewicht
eingeräumt wird und dass zweitens die für die deutsche
und die europäische entwicklungsorientierte Drogenkon-
trolle gültigen Prinzipien so weit wie möglich auch bei
den Vereinten Nationen Eingang finden.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Christian Ruck [CDU/CSU])



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615715500

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell ist verabredet, die Vorlage auf Druck-
sache 16/8776 an die in der Tagesordnung aufgeführten
Ausschüsse zu überweisen. – Damit sind Sie offensicht-
lich einverstanden. Dann ist so beschlossen.

Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 8 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Markus
Kurth, Ekin Deligöz, Britta Haßelmann, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Existenzsicherung und Teilhabechancen für
Kinder und Jugendliche durch bedarfsge-
rechte Kinderregelsätze gewährleisten
– Drucksache 16/8761 –

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(C (D Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Haushaltsausschuss Hierzu ist verabredet, eine halbe Stunde zu debattieen, wobei die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fünf inuten erhalten soll. – Ich höre keinen Widerspruch. ann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und gebe das Wort dem ollegen Markus Kurth für Bündnis 90/Die Grünen. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ir haben uns in diesem Haus in der letzten Zeit des Öf eren mit dem Thema bedarfsgerechter Regelsätze insbeondere für Kinder und Jugendliche beschäftigt. Ich eine, es liegen gewichtige Gründe vor, warum wir dies ieder tun sollten und warum vor allen Dingen die Reierungsfraktionen mit Nachdruck zum Handeln aufgeordert sind. Der erste Grund. Nach den jüngsten revidierten Daten er Bundesagentur für Arbeit lebten im Dezember 2007 n Deutschland 1,85 Millionen, also fast 2 Millionen inder unter 15 Jahren in Familien, in denen die Eltern GB-II-Leistungen bezogen. Dabei sind, wie gesagt, die ugendlichen im Alter zwischen 16 und 18 Jahren noch icht einmal berücksichtigt. Die Dimension des Prolems verharrt aber auf einem recht hohen Niveau von twa 1,9 Millionen. An dem Aufschwung haben demach Familien, die Leistungen nach SGB II beziehen, nd damit deren Kinder nicht nur nicht angemessen teil, ondern er geht vollständig an ihnen vorbei. Die Dimenion des Problems ist somit keineswegs geringer geworen. Das ist ein Skandal, der Sie zum Handeln veranlasen sollte. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zustimmung bei Abgeordneten der LINKEN)

Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615715600

Das Gleiche gilt insgesamt für die Armutsentwick-
ung. Die neuesten Daten, die jetzt aus dem Sozio-oeko-
omischen Panel durchgesickert sind – das ist die beste
atengrundlage, die man im Bereich der Armuts-

orschung in Deutschland hat –, legen nahe, dass offen-
ichtlich ein Viertel aller Familien mit Kindern unter der
rmutsschwelle lebt. Das ist eine für die Gesellschaft,
ie ich finde, bedrohliche Entwicklung, insbesondere
enn man bedenkt, dass die Geburtenraten sinken und
ass offensichtlich der Anteil der Kinder, die in Armut
eben, pro Jahrgang zunimmt.

Der zweite Grund, warum wir uns dringend mit dem
hema bedarfsgerechter Regelsätze beschäftigen müs-
en, ist der Preisauftrieb. Preisbereinigt sind die Leistun-
en beim Arbeitslosengeld II von 2003 bis 2007 ohnehin
m 7 Prozent gesunken. Allein im ersten Quartal 2008
aben wir einen weiteren Auftrieb um 1 Prozent zu ver-
eichnen. Dies ist umso besorgniserregender, als die
reise für die Warengruppen, die für die ärmeren Teile
er Bevölkerung besonders wichtig sind – zum Beispiel
ahrungsmittel –, überproportional gestiegen sind. In






(A) )



(B) )


Markus Kurth
dem Bereich haben wir eine noch höhere Inflationsrate
zu verzeichnen.

Angesichts der Tatsache – Sie stimmen dem ja auch
im Prinzip zu, wenn man mit Ihnen einzeln redet –, dass
die Regelsatzanteile, die für Ernährung vorgesehen sind,
keinesfalls ausreichen – für unter 14-Jährige beträgt die-
ser Anteil 2,64 Euro –, muss uns der aktuelle Preisauf-
trieb doppelt besorgt stimmen.

Nun ist mir selbstverständlich klar, dass allein die Er-
höhung von Regelsätzen bei weitem keine hinreichende
Maßnahme ist, um Kinderarmut dauerhaft zu verhin-
dern.

Meine Fraktion sieht die Verhinderung von Kinderarmut
in einem Zusammenspiel von Sozialpolitik, Bildungs-
politik, insbesondere frühkindlicher Bildung, und – auch
das ist eine notwendige Bedingung – Sicherung der ma-
teriellen Existenz.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Frage ist jetzt – damit komme ich zum dritten und
letzten Grund, warum wir uns damit beschäftigen müs-
sen –: Was tut die Bundesregierung? Sie tut nichts. Franz
Müntefering hat im November letzten Jahres in einem
Interview in der Süddeutschen Zeitung angekündigt:

Wir sammeln Erkenntnisse zu den Preisentwicklun-
gen. Ich meine, dass wir vor allem darauf achten
müssen, dass Kinder von Familien mit niedrigen
Einkommen in Kindertagesstätten und Schulen aus-
reichendes und gutes Essen bekommen. Das hilft
konkret.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Dem kann man nur zustimmen; da bekomme ich auch
Applaus von der SPD-Fraktion.

Er sagte dann aber auch noch:

Wir müssen schnell entscheiden – ich meine, bis
Mitte November.


(Jörg Rohde [FDP]: Welches Jahr?)


Jetzt haben wir Ende April und es ist noch überhaupt
nichts entschieden.

Gestern in der Fragestunde habe ich den zuständigen
Staatssekretär gefragt, wann die Bundesregierung die an-
gekündigten minimalen Maßnahmen – Einschulungs-
hilfe und Essen – angehen möchte. Darauf bekomme ich

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1615715700


Im Zusammenhang mit Leistungen für den Schul-
bedarf werden Überlegungen angestellt, ob und ge-
gebenenfalls wo zusätzliche Hilfen geleistet werden
können. Die Überlegungen sind noch nicht abge-
schlossen.

Was gibt es denn groß zu überlegen angesichts der Fak-
ten, die ich eingangs in meiner Rede dargelegt habe? Sie
brauchen nicht mehr zu überlegen; Sie müssen handeln,
und zwar sofort.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Zuruf von der SPD: Da könnt ihr in Hamburg anfangen!)


Auf welchem Niveau diese Debatte von den anderen
inistern im Kabinett der Bundesregierung geführt
ird, möchte ich abschließend mit einem kurzen Zitat
on unserem Ernährungsminister Horst Seehofer auch
om gestrigen Tage aufzeigen, der auf die Frage meiner
ollegin Ulrike Höfken nach den gestiegenen Lebens-
ittelpreisen und danach, ob man da nicht die Regel-

ätze erhöhen müsse, zum Besten gab:

Wir … haben eine ganze Menge getan – ich erin-
nere an den Kinderzuschlag, BAföG und die Ren-
tenerhöhung …

r fuhr fort:

… wissen Sie auch, dass die Bundesregierung das
Menschenmögliche auf diesem Feld getan hat.


(Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: So ist es! – Max Straubinger [CDU/CSU]: So ist es!)


Ich bitte Sie: Wenn das für Sie das Menschenmögliche
st, dann sieht es für die Leistungen der Großen Koali-
ion traurig aus.

Handeln Sie und versuchen Sie vor allen Dingen, den
rkenntnisgewinn in Ihrem eigenen Kabinett besser vo-

anzutreiben!

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615715800

Max Straubinger spricht jetzt für die CDU/CSU-Frak-

ion.


Max Straubinger (CSU):
Rede ID: ID1615715900

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!
ir beschäftigen uns heute mit einem Antrag der Grü-

en, der letztendlich zum Ziel hat, die Kinderregelsätze
nzuheben. Die Grünen meinen in ihrem Antrag – das
urde schon angesprochen –, dass sie zu gering sind.

Es ist wichtig, darzustellen, dass bei uns die Existenz-
icherung gewährleistet ist und dass die entsprechenden
ätze in einem bewährten Verfahren, das Sie, Herr Kol-

ege Kurth, und Ihre Partei mit beschlossen haben, über-
rüft und immer wieder angepasst werden.

Natürlich kann man sich über Verfahrensfragen strei-
en. Aber ich glaube, dass diese Bundesregierung einen
roßen Beitrag dazu leistet, zu überprüfen, ob es ange-
essen ist, Regelsätze neu zu bestimmen, oder darüber

inaus den Menschen in Deutschland mit vielen flankie-
enden Maßnahmen zu helfen, dass sie nicht in Armut
bgleiten, sondern im Gegenteil aus existenziellen Ängs-
en herausgeführt werden. Hier hat diese Bundesregie-
ung bisher eine großartige Arbeit geleistet.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )


Max Straubinger
Ich möchte in diesem Zusammenhang darauf hinwei-
sen, dass bei der Bekämpfung von Armutsfallen vor al-
len Dingen entscheidend ist, darauf zu achten, dass Ar-
beitsplätze in Deutschland entstehen und für die
Menschen verfügbar sind. Hier ist ein großer Erfolg die-
ser Bundesregierung zu verzeichnen. Der Abbau von
1,7 Millionen Arbeitslosen ist ein Beleg dafür.


(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Reden Sie doch mal über die Kinder!)


Ein Beleg dafür ist auch, dass viele Langzeitarbeitslose
wieder auf dem Arbeitsmarkt Zukunftsperspektiven ha-
ben. Damit sind auch für ihre Familien und Kinder bes-
sere Zukunftschancen erarbeitet worden. Auch das ist
ein Erfolg dieser Bundesregierung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU], zum BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gewandt: Die Fraktion mit den wenigsten Kindern hat hier die lauteste Klappe!)


Es muss verdeutlicht werden, dass sich nicht nur die
Situation der Langzeitarbeitslosen verbessert hat, son-
dern dass wir es im Rahmen der Hartz-IV-Regelungen
auch geschafft haben, Menschen über geringfügige Be-
schäftigungsverhältnisse Hinzuverdienstmöglichkeiten und
damit zukünftige finanzielle Chancen zu ermöglichen.
Auch das ist ein Erfolg unserer Bundestagsfraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Diese Bundesregierung hat einen großen Beitrag zur
Unterstützung der Familien geleistet, und zwar in vielen
Bereichen. Ich möchte auf die Familienpolitik eingehen:
Die Betreuungseinrichtungen in Deutschland werden
besser gefördert, wodurch mehr Betreuungsplätze für
Kinder angeboten werden können. Ich sage bewusst:
„Chancen für Kinder“ bedeutet nicht nur, einen relativ
hohen Regelsatz, also Geldleistungen zu gewähren, son-
dern in erster Linie bedeutet das, den Kindern Bil-
dungschancen zu eröffnen. So wird über die Förderung
der Betreuungseinrichtungen frühkindliche Bildung ge-
fördert. Die Bundesregierung stellt 4 Milliarden Euro
zur Verfügung, damit mehr Betreuungsplätze geschaffen
werden können, und stellt sicher, dass die Betreuung von
guten Fachkräften ausgeübt wird. Das ist ein Erfolg die-
ser Bundesregierung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Herr Kollege Kurth, ich möchte in diesem Zusam-
menhang betonen, dass es wichtig ist, ein Betreuungs-
geld einzuführen. Sie bekämpfen das Betreuungsgeld
normalerweise und sagen, dass das nichts Gutes sei. Ich
bedanke mich deshalb sehr herzlich für Ihren Antrag, in
dem Sie feststellen – ich darf mit Erlaubnis der Präsiden-
tin zitieren –:

Das weit verbreitete Vorurteil, die materiellen So-
zialleistungen würden nicht bei den Kindern an-
kommen, ist nach dieser – von der Bundesregierung
bisher unbeachtet gebliebenen – Untersuchung
nicht haltbar.

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(C (D ier wird dargelegt, dass Finanzleistungen von den Elern verantwortungsbewusst eingesetzt werden und für ie Kinder verwandt werden. Das führen Sie in Ihrem ntrag noch weiter aus. Ich begrüße es sehr, Herr Kol ege Kurth, dass Sie das so darlegen; denn damit bestätien Sie, dass diese Bundesregierung auf dem richtigen eg ist. Die Kollegen von den Grünen beantragen, die Regelätze neu zu gestalten. Herr Kollege Kurth, ich bin übereugt, dass den betroffenen Familien in keiner Weise geolfen wäre, wenn wir ein neues Verfahren einführen ürden. ies würde nämlich einen weitaus größeren Zeitraum in nspruch nehmen als die Erstellung der Erwerbsund erbrauchsstatistik, für die zurzeit die Daten erhoben erden. Ich bin davon überzeugt, dass sich der Regel atz, wenn ein neues Preisgefüge festgestellt würde, zuunsten der Familien und vor allem der Kinder veränern würde. Herr Kollege Kurth, natürlich kann man sich darüber treiten, ob die jetzige Einteilung – von 1 bis 14 Jahre nd von 15 bis 18 Jahre – gerechtfertigt ist. Man kann ich darüber unterhalten, diesbezüglich zu der Regelung, ie im früheren Sozialhilferecht galt – von 1 bis 6 Jahre, on 7 bis 12 Jahre und von 12 bis 18 Jahre –, zurückzuehren. Natürlich kann man sich immer wieder trefflich arüber streiten, ob diese Parameter richtig gesetzt sind der nicht. Wir sind zu einem Austausch darüber bereit. as Entscheidende ist aber, dass wir eine Politik ma hen, mit der wir die Familien und insbesondere die Kiner in großem Umfang unterstützen. Hier sind aber nicht nur die Bundesregierung und diees Parlament gefordert, sondern auch die Länder. Auch ie müssen ihren Beitrag leisten. ch kann nur alle auffordern, dem Beispiel Bayerns zu olgen: Die Lernmittelfreiheit ist in Bayern gesichert; as ist nicht überall so. Das ist schon längst wieder abgeschafft, Herr Kollege ohde. (Jörg Rohde [FDP]: Aber Sie haben es erfunden!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Rolf Stöckel [SPD]: So ist das!)


(Rolf Stöckel [SPD]: Genauso ist das!)


(Jörg Rohde [FDP]: Richtig!)


(Jörg Rohde [FDP]: Und das Büchergeld!)


ie Übernahme der Kosten für den Schulweg ist in Bay-
rn Selbstverständlichkeit. Das Mittagessen für bedürf-
ige Kinder wird in Bayern im Rahmen der Kinder- und
ugendhilfe geleistet; auch das ist gesichert. Im Bereich
er Sonderausstattungen – Taschenrechner und Atlanten
n Schulen – wurden Regelungen gefunden. Eltern zei-
en sich verantwortlich für Kinder, die unter finanziellen
esichtspunkten mit besonderen Benachteiligungen le-
en müssen.






(A) )



(B) )


Max Straubinger
Viele Kommunen in Bayern haben sich mittlerweile
unter dem Stichwort „Kinderfreundliche Kommune“
entschieden, den Eltern bei Schulbeginn 50 Euro zur
Verfügung zu stellen, damit sie zusätzliches Geld haben,
um den Schulgrundbedarf ihrer Kinder zu decken. Das
zeigt sehr deutlich, dass wir viele soziale Leistungen er-
bringen. Daran sollten sich einige Länder – das gilt ins-
besondere für ein bestimmtes rot-rot regiertes Land – ein
Beispiel nehmen und uns folgen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Ja! Nur Nordrhein-Westfalen ist noch besser!)


– Nordrhein-Westfalen mag noch besser sein. Aber das
ist ja das Schöne am föderalistischen Wettbewerb, dem
wir offen gegenüberstehen und den wir auch zu gestalten
wissen.

Ich glaube, dass die Bundesregierung in puncto Un-
terstützung der Familien und insbesondere der Kinder
bisher vorbildliche Leistungen erbracht hat.

Lassen Sie mich mit Blick auf Bayern noch auf einen
weiteren Aspekt zu sprechen kommen: Ich glaube, dass
es großen Vorbildcharakter hat, dass Bayern allen Mi-
grantenkindern, bei denen es notwendig ist, im vorschu-
lischen Bereich Sprachunterricht angedeihen lässt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Damit schaffen wir die Grundvoraussetzungen dafür,
dass Kinder, die aufgrund ihrer Herkunft oder aus ande-
ren Gründen sprachlich benachteiligt sind, eine beson-
dere Förderung bekommen, damit sie später, wenn sie
auf einer Grundschule oder einer weiterführenden
Schule sind, angemessene Leistungen erbringen können.
Das ist die Grundlage dafür, dass diese Kinder in ihrem
späteren beruflichen Leben gute Zukunftschancen ha-
ben.

In diesem Sinne werden sich die Bundesregierung
und die sie tragenden Fraktionen weiterhin dafür einset-
zen, dass Kinderarmut in Deutschland vermieden wird
und dass in Zusammenarbeit mit den Ländern auch zu-
künftig geeignete Unterstützungsleistungen gewährt
werden.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615716000

Für die FDP-Fraktion spricht jetzt der Kollege Jörg

Rohde.


(Beifall bei der FDP)



Jörg Rohde (FDP):
Rede ID: ID1615716100

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen

und Herren! Faire Chancen für jedes Kind – seit langem
ist dies das Credo der FDP. Denn wir alle wissen: Was in
den ersten Jahren schiefgeht, wird meistens nicht mehr
aufgeholt.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sehr richtig!)


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(C (D ie Qualität der schulischen Bildung, das gemeinsame ufwachsen mit anderen Kindern und die freie Wahl der erufsausbildung dürfen nicht von den Einkommensverältnissen der Eltern abhängig sein. In der Gesetzgebungstheorie haben wir diesen Zutand erreicht. In der gesellschaftlichen Realität sind wir avon in vielen Fällen leider noch sehr weit entfernt. Zu ft – nicht immer – kommt die finanzielle Unterstützung icht beim Kind an, und immer wieder fehlen Angebote er praktischen Hilfe vor Ort, durch die die Kinder und ie Eltern bei der Verwirklichung der Chancengleichheit nterstützt werden könnten. Im Namen der FDP begrüße ch ausdrücklich, dass die Kolleginnen und Kollegen on den Grünen diesen Handlungsbedarf in ihrem heute ur Beratung anstehenden Antrag unterstreichen. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der FDP)


en darin vorgeschlagenen Weg einer Regelsatzerhö-
ung begrüße ich dagegen ganz und gar nicht.


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Was? Warum denn das nicht?)


Um nicht falsch verstanden zu werden, liebe Kolle-
innen und Kollegen auf der linken Seite dieses Hauses:
ch teile Ihre Auffassung, dass mehr Geld in die Chan-
engleichheit unserer Kinder investiert werden muss.


(Beifall des Abg. Frank Spieth [DIE LINKE])


eine Fraktion und ich sind aber skeptisch, ob eine Er-
öhung des Regelsatzes für Kinder der richtige Weg da-
in ist. Wir leben in einem bürokratischen Dschungel et-
icher unterschiedlicher Ansprüche von Kindern und
nterschiedlicher Leistungen für Kinder. Es gibt zwei
erschiedene Sätze beim Kindergeld, je nach Anzahl der
inder, zwei verschiedene Sätze beim ALG II, je nach
lter des Kindes,


(Rolf Stöckel [SPD]: Früher waren es sogar vier!)


rei Sätze beim Mindestunterhalt, ebenso je nach Alter
es Kindes, und einen Kinderzuschlag, der auch nicht je-
em Kind zugutekommt. Dieses Leistungswirrwarr ist
ür die FDP keine Bedarfsgerechtigkeit, sondern nichts
nderes als eine Ungleichbehandlung unserer Kinder.


(Beifall bei der FDP – Rolf Stöckel [SPD]: Na ja! Wollen wir mal nicht übertreiben!)


Meine Damen und Herren, es macht wenig Sinn, die-
en Dschungel mithilfe einer Regelsatzerhöhung durch-
ueren zu wollen. Wir müssen diesen Leistungsdschun-
el lichten. Denn der Sozialstaat ist nur dann sozial,
enn sich seine Bestimmungen jeder Bürgerin und je-
em Bürger erschließen. Die Antwort der FDP auf die-
es Problem ist das liberale Bürgergeld.


(Frank Schäffler [FDP]: Richtig! – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Jetzt kommt das wieder! Ich habe es geahnt!)







(A) )



(B) )


Jörg Rohde
Das leistungsgerechte Bürgergeld fasst steuerfinan-
zierte Transferleistungen zu einem Universaltransfer zu-
sammen,


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Das nützt aber nur den Besserverdienenden!)


zum Beispiel Arbeitslosengeld II einschließlich der Leis-
tungen für Unterkunft und Heizung, Sozialgeld, Grund-
sicherung, Sozialhilfe – ohne die Hilfe in besonderen
Lebenslagen –, Kinderzuschlag und Wohngeld. Das be-
deutet mehr soziale Gerechtigkeit und weniger Sozialbü-
rokratie.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615716200

Herr Kollege Rohde, möchten Sie eine Zwischenfrage

des Kollegen Kurth zulassen?


Jörg Rohde (FDP):
Rede ID: ID1615716300

Sehr gerne.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615716400

Bitte schön.


Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615716500

Verehrter Kollege Rohde, beschleicht Sie nicht viel-

leicht das Gefühl, dass Sie am Thema vorbeireden?


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Man muss auch fragen, welche Höhe das Bürgergeld ha-
ben soll. Ich habe gar nicht in Abrede gestellt, dass früh-
kindliche Bildung die Voraussetzung für die langfristige
Armutsvermeidung ist.

Unser Antrag setzt sich aber mit der Frage auseinan-
der, ob der Betrag von 208 Euro ausreicht, um ein Kind
unter 13 Jahren über die Runden zu bringen.

Stimmen Sie mir zu, dass dieser Betrag nicht aus-
reicht, oder nicht?


Jörg Rohde (FDP):
Rede ID: ID1615716600

Ich komme zu einem späteren Zeitpunkt zu dem kon-

kreten Vorschlag, den die Grünen gemacht haben, zu-
rück.

Ich möchte Ihnen aber zur Kenntnis geben, dass ich
gerade die Vision der FDP darstelle und beschreibe, wie
es insgesamt besser gemacht werden könnte. Denn Sie
wissen: Bei jeder einzelnen der Sozialleistungen, die ich
aufgezählt habe, entsteht natürlich Verwaltungsaufwand.
Wenn wir diesen Verwaltungsaufwand reduzieren, steht
für die Leistungen an die Bürger selbstverständlich mehr
Geld zur Verfügung.

Der nächste Satz in meinem Redemanuskript, werter
Kollege Kurth, bezieht sich auf die von der FDP vorge-
schlagene Höhe des Bürgergeldes. Nun möchte ich das
Geheimnis lüften: Aus Sicht der FDP soll das Bürger-
geld 662 Euro im Monat betragen.


(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Was für eine Aufzählung!)


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(C (D s orientiert sich an der Grundsicherung im Alter und m derzeitigen Durchschnittssatz für die Langzeitareitslosen. Für Familien mit einem entsprechenden Failieneinkommen gibt es einen Freibetrag in Höhe von 000 Euro pro Haushaltsmitglied. Wenn man das durch echnet, kommt man im Hinblick auf die Bekämpfung er Kinderarmut zu einem ganz anderen Ergebnis. Tun ie das einmal, Herr Kollege Kurth. Das ist eine moderne Sozialpolitik, die für faire Chanen für jeden steht. Leider muss ich gestehen, dass ich icht daran glaube, die Koalition von diesem Modell berzeugen zu können. (Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Auf keinen Fall! – Zuruf von der FDP: Das ist bitter!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615716700

Herr Kollege, Sie haben die Gelegenheit, eine Zwi-

chenfrage des Kollegen Strengmann-Kuhn zuzulassen
nd vielleicht ihn zu überzeugen.


Jörg Rohde (FDP):
Rede ID: ID1615716800

Gern.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615716900

Bitte schön.


(BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN)

Herr Kollege, Sie haben gesagt, dass das Bürgergeld

ür Erwachsene 662 Euro betragen soll. Soll es Ihrer
uffassung nach auch für Kinder 662 Euro betragen,
der wie hoch sollte es sein? Sollte es höher sein als die
erzeitigen 208 Euro pro Kind? Welche Größenordnung
tellen Sie sich mit Blick auf das Bürgergeld für Kinder
or?


Jörg Rohde (FDP):
Rede ID: ID1615717000

Ich habe eben darauf hingewiesen, dass es für Fami-

ien mit einem entsprechenden Familieneinkommen ei-
en Freibetrag gibt. Wenn es nach mir ginge, sollte auch
ür jedes Kind ein Betrag von 662 Euro gelten. Man
uss jetzt die Einzelanforderungen gegenüberstellen.


(Zurufe von der CDU/CSU: Oh! Oh! – Abg. Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] nimmt Platz)


Herr Kollege Strengmann-Kuhn, bleiben Sie ruhig
och ein bisschen stehen, ich bin mit meiner Antwort
och nicht fertig. Mir fehlt schon ein wenig Redezeit,
as kann ich Ihnen versichern.

Die Kinder haben einen Bedarf, und der richtet sich
enau wie der für Erwachsene nach den heutigen Le-
ensumständen: Man muss gemeinsam das Heizöl be-
ahlen, und die Lebenshaltungskosten sind hoch; das ist
berhaupt keine Frage.

Können Sie denn im heutigen System einen Durch-
chnitt dessen, was an staatlichen Transferleistungen
öglich ist, für jedes Kind in Deutschland berechnen?

ch habe am Anfang meiner Rede ausgeführt, wie viele






(A) )


)

Jörg Rohde
verschiedene Leistungen es gibt. Es ist nahezu undurch-
schaubar. Deswegen wird es schwierig für Sie, nachzu-
weisen, ob das, was heute gezahlt wird, mehr oder weni-
ger ist. Ich denke, der von uns vorgeschlagene Betrag
liegt über dem, der heute gezahlt wird. Soweit meine
Antwort, Herr Dr. Strengmann-Kuhn.

Schwarz-Rot, aber auch jeder andere, der Vorschläge
zu Einzeltatbeständen macht, schmückt sich gerne mit
Wohltaten und Wahlgeschenken. Zahlreiche hübsche
Geschenke kommen bei den Leuten an. Sie können sich
feiern lassen. Wir wollen den großen Wurf.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615717100

Herr Rohde, Sie haben die Chance auf eine Zwischen-

frage des Kollegen Müller.


Jörg Rohde (FDP):
Rede ID: ID1615717200

Ich bedanke mich für das Interesse. Gern, Herr Kol-

lege Müller.


Stefan Müller (CSU):
Rede ID: ID1615717300

Vielen Dank, Herr Kollege Rohde, und vielen Dank

für Ihre Großzügigkeit, Frau Präsidentin.

Herr Kollege Rohde, könnten Sie uns eine ungefähre
Vorstellung davon verschaffen, was die von Ihnen vorge-
schlagenen Maßnahmen, inklusive eines entsprechenden
Bürgergeldes für die Kinder, kosten würden? Wenn Sie
den Betrag kennen, frage ich Sie: Können Sie uns erklä-
ren, wie sich das mit den ständigen Forderungen der
FDP nach einem ausgeglichenen Haushalt verträgt? Ih-
rer Meinung nach ist die Große Koalition ja schon jetzt
wenig ambitioniert, einen ausgeglichenen Haushalt vor-
zulegen.


Jörg Rohde (FDP):
Rede ID: ID1615717400

Herr Kollege Müller, lassen Sie mich zunächst einmal

sagen, dass ich von Ihnen enttäuscht bin: Sie waren doch
in der letzten Legislaturperiode im Finanzausschuss und
müssen dort mit dem Steuerkonzept der FDP-Bundes-
tagsfraktion bzw. von Herrn Solms zu tun gehabt haben.
Wir haben dieses Konzept – es hat die Form eines Ge-
setzentwurfes – in dieser Legislaturperiode aktualisiert.
Die FDP-Fraktion ist die einzige Fraktion, die einen Ge-
setzentwurf für ein einfaches und gerechtes Steuersys-
tem eingebracht hat.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sehr richtig! – Rolf Stöckel [SPD]: Einfach und gerecht, das passt nicht zusammen!)


Um Ihnen auf die Sprünge zu helfen: Unser Konzept ist
immer noch aktuell. Es wird derzeit im Zusammenhang
mit dem nächsten Bundesparteitag der FDP fortgeschrie-
ben. Wie wir im Wahlkampf 2005 erläutert haben, belau-
fen sich die Einnahmeausfälle durch die Steuersenkun-
gen auf circa 17 Milliarden Euro. Wir gehen davon aus,
dass die Wirtschaft dadurch so sehr in Schwung kommt,
dass diese nach kurzer Zeit gegenfinanziert sind.


(Lachen bei Abgeordneten der SPD)


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(C (D ir sind davon überzeugt, dass, wenn wir weniger Büroratie haben, Etliches davon wieder hereinkommt. Wir tehen zu diesem Konzept. Sie können gerne mit einem igenen Konzept aufwarten; aber bislang hat keine anere Fraktion ein Alternativkonzept vorgelegt. Wir weren bei der nächsten Bundestagswahl wieder mit unseem Konzept werben. (Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Bayern kommt mit einem eigenen Steuerkonzept!)


Zu einem anderen Punkt. Die Kinder können nicht
arten, bis die FDP im Herbst 2009 wieder den politi-

chen Kurs der Bundesregierung mitbestimmt.


(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


eshalb verschließen wir uns keiner vernünftigen Lö-
ung für eine neue Bedarfsfestsetzung bei den Regelsät-
en. Im Juni wird im Ausschuss für Arbeit und Soziales
ine Anhörung zur Höhe der Regelsätze durchgeführt.
assen Sie uns diese Anhörung abwarten; danach kön-
en wir gegebenenfalls eine Neufestsetzung vornehmen.

Die Grünen führen zur Begründung ihrer Forderung
ach höheren Regelsätzen für Kinder die Kosten von
us und Bahn, bildungsbedingte Ausgaben, Schulspei-

ung, Vereinsbeiträge, Lernmittel, Schulmaterial usw.
n. Werte Kolleginnen und Kollegen von den Grünen,
ch kann ja nachvollziehen, dass Sie als eine Partei, die
ur in einem einzigen Bundesland mitregiert – auch das
rst seit kurzem wieder – und die im Bundestag die
leinste Fraktion stellt, jedes Mittel nutzen, um Auf-
erksamkeit auf sich zu lenken. Der Bundestag ist für

iese Fragen allerdings der falsche Ansprechpartner.


(Rolf Stöckel [SPD]: Das stimmt!)


ildung ist Ländersache, und das sollte auch so bleiben.
achdem ich die Antworten der Bundesregierung mitbe-

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1615717500
Die-
er Hinweis gilt auch für die Bundesregierung. Es ist
ufgabe der Länder, allen Kindern einen gleichberech-

igten Zugang zu Bildung zu ermöglichen und diejenigen
u unterstützen, die zusätzliche Hilfe nötig haben. Belas-
en Sie diese Aufgabe bei den Ländern; sonst werden
ich die Länder aus ihrer Verantwortung schleichen. Für
ie Betroffenen würde das bedeuten, dass sie zwischen
en Behörden hin und her geschickt werden.

Ich fasse zusammen: Wir brauchen einen unbürokrati-
chen Sozialtransfer in Form des von den Liberalen vor-
eschlagenen Bürgergeldes, ein einfaches und gerechtes
teuersystem, bei dem die Familien im Vordergrund ste-
en, und finanzstarke Länder und Kommunen, die ihren
rundgesetzlichen Aufgaben im Bildungsbereich nach-
ommen können. Lassen Sie uns gemeinsam daran ar-
eiten! Die Vorschläge der FDP liegen auf dem Tisch.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP – Zuruf von der CDU/ CSU: Die werden nicht besser!)


(B)







(A) )



(B) )


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615717600

Jetzt hat der Kollege Rolf Stöckel für die SPD-Frak-

tion das Wort.


Rolf Stöckel (SPD):
Rede ID: ID1615717700

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Lieber Markus Kurth, das Grundanliegen Ihres Antrags
– die Kinderarmut besser zu bekämpfen – teilen wir So-
zialdemokraten ohne Zweifel. Es bleibt wahr: Sie kön-
nen nicht auf ewig für alles in Haft genommen werden,
was eine erfolgreiche rot-grüne Regierungskoalition in
den Jahren vor 2005 beschlossen hat.

Aber als ich Ihren Antrag gelesen habe, wurde mir ei-
nes klar: Sie machen nicht nur in Hamburg eine Koali-
tion mit der CDU – das steht jedem frei –, Sie machen
auch gemeinsame Sache mit dem Kollegen Laumann,
der in NRW Sozialminister ist und schon im Oktober
2007 behauptet hat, dass nie wissenschaftliche Erkennt-
nisse zur Bemessung des Regelsatzes für Kinder vorge-
legen hätten. Sie wissen das besser; denn Sie waren Mit-
glied der Koalitionsarbeitsgruppe, die das SGB XII
reformiert hat. Sie wollen wie Herr Laumann ein neues
Expertengremium einberufen, das den tatsächlichen Be-
darf von Kindern berechnen soll. Weiter stellen Sie fest,
die Regelsätze seien weder nachvollziehbar noch trans-
parent.

Ich empfehle Ihnen die Lektüre der Ausschussdruck-
sache 16(11)268 aus dem Juni 2006, in der das Bundes-
ministerium für Arbeit und Soziales eine dezidierte Aus-
wertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe
2003 und die Ableitung der Regelsätze dargelegt hat. Ich
bin anderer Auffassung als Sie, Herr Kollege Kurth, ich
bin ein entschiedener Gegner einer Rückkehr zum Wa-
renkorbmodell. Das würde das Problem normativer Set-
zungen nicht lösen, sondern es noch vergrößern. Das war
übrigens der Grund, warum das Warenkorbmodell da-
mals abgeschafft worden ist.

Im Rahmen der im Fünfjahresrhythmus stattfinden-
den Erhebung bei circa 80 000 Haushalten führt das Sta-
tistische Bundesamt für die Ermittlung der regelsatzrele-
vanten Verbrauchsausgaben eine Sonderauswertung der
Verbrauchsausgaben der Gruppe der unteren 20 Prozent
der Haushalte oberhalb der Gruppe der Sozialhilfebe-
rechtigten durch. Das ist die Basis der Regelsatzbemes-
sung; das wissen Sie.

In den Jahren ohne neue EVS wird der Regelsatz ent-
sprechend der aktuellen Rentenerhöhung fortgeschrie-
ben. Übrigens sollten Sie Ihre Haltung zum Rentenan-
passungsgesetz auch deshalb dringend überprüfen. Für
2008 bedeutet das nämlich eine Erhöhung der Regel-
sätze um 1,1 Prozent, und für das Jahr 2009 beträgt die
Erhöhung 2 Prozent, vorausgesetzt, dass es die Auswer-
tung der EVS noch nicht gibt.

Nach SGB XII ist bei Vorliegen der Ergebnisse einer
neuen EVS die Regelsatzbemessung zu überprüfen. Das
ist auch erfolgt. Für Menschen mit Kurzzeitgedächtnis:
Dies geschah nach der letzten EVS durch die Schaffung
eines gesamtdeutschen Regelsatzes. Gleichzeitig wurde

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(C (D uf eine Reihe von Abschlägen bei Einzelpositionen verichtet. Bei allen Empörungskampagnen zum Thema Kinderrmut – im Übrigen werden sie jetzt durch die Empörung ber die Altersarmut in 20 Jahren abgelöst –: Die Äußeungen von Herrn Laumann und die Auffassung Ihrer raktion sind im Hinblick auf die bedarfsgerechten Kinerregelsätze nicht sachgerecht und auch nicht seriös. ürde der spezifische Bedarf von Kindern so festgelegt, ie in Ihrem Antrag vorgesehen, dann wäre er ebenso ngreifbar wie die derzeitigen Regelsätze. Die OECD at herausgefunden, dass die Ableitungssätze für Kinder om Regelsatz für den Haushaltsvorstand im internatioalen Vergleich fast überall deutlich unter denjenigen in er aktuellen deutschen Regelsatzverordnung liegen. Eine Fortschreibung der Transfers anhand der Preisntwicklung lehnen wir klar ab, weil dies nicht nur zu eier ungerechtfertigten Besserstellung der Empfänger on Transferleistungen gegenüber den Erwerbstätigen nd Rentnern führen würde. Es würde nicht nur der leichklang der sozialen Leistungssysteme außer Kraft esetzt werden, es wäre auch aus ökonomischer Sicht rober Unfug, weil dadurch natürlich weitere Anreize ür Preissteigerungen gesetzt würden. Zu Ihrer Forderung, Lernmittel und Schulmaterial als achleistungen zu gewähren: Hierfür gibt es eine klare uständigkeit der Länder. Ich empfehle Ihnen, in Hamurg damit anzufangen. Wir Sozialdemokraten werden ie auf jeden Fall nicht daran hindern. Wir werden die Bedarfe an einmaligen Leistungen geau überprüfen. Wir müssen aber darauf bestehen – dies at auch der Kollege Rohde gerade gesagt –, dass die ommunalen Zuständigkeiten für Angebote wie Musikchulen, Sportvereine, Bibliotheken und Kosten der chülerbeförderung auch dort umgesetzt werden. Die ewährung zusätzlicher pauschalierter Leistungen als achleistungen wird zurzeit geprüft. Das ist hier gerade uch schon gesagt worden. Wir führen zurzeit unter anderem in der Regierung, ber vor allen Dingen auch unter uns Sozialdemokraten espräche darüber, wie Kinderarmut ganzheitlich und ielgerichtet entgegengewirkt werden kann und welche onzertierten Aktivitäten der staatlichen Ebene und der esellschaftlichen Akteure notwendig und realisierbar ind. Herr Kollege. Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. – Noch or der Sommerpause wird der Dritte Armutsund eichtumsbericht vorgelegt. Nach der Sommerpause er cheint der nächste Existenzminimumsbericht. Die Beiräge der Wohlfahrtsverbände und der Praktiker werden ntensiv geprüft. Herr Kollege. Wir in unserer Fraktion wollen allerdings eine solide, gerechte und stimmige Basis für die Weiterentwicklung unserer Grundsicherungssysteme und lehnen deshalb Ihren Antrag ab. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Frank Spieth [DIE LINKE]: Passgenau vor der Wahl wurde es erhöht!)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615717800
Rolf Stöckel (SPD):
Rede ID: ID1615717900
Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615718000




(A) )


(B) )

Rolf Stöckel (SPD):
Rede ID: ID1615718100


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615718200

Für die Fraktion Die Linke spricht jetzt die Kollegin

Elke Reinke.


(Beifall bei der LINKEN)



Elke Reinke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1615718300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Werte Gäste! Sie werden gehänselt, ausgelacht, gemie-
den: Kinder, die in Armut leben, Kinder, die mit knur-
rendem Magen und mit Büchern in Einkaufstüten zur
Schule müssen – arme Kinder, nicht irgendwo in der
Welt, sondern hier bei uns. Auch das ist Deutschland.
Ich weiß: Die Wahrheit nehmen Sie nur ungern zur
Kenntnis; denn ansonsten hätten Sie schon längst gehan-
delt und nicht immer nur neue Ankündigungen gemacht.


(Beifall bei der LINKEN)


Seit der Einführung von Hartz IV hat sich die Zahl
der armen Kinder auf mehr als 2,6 Millionen verdoppelt.
Das ist kein Wunder; denn der Regelsatz für Kinder un-
ter 14 Jahren liegt bei 208 Euro monatlich, während der
Regelsatz für Kinder ab 14 Jahren 278 Euro pro Monat
beträgt. Dieser wird pauschal aus dem Eckregelsatz von
347 Euro für erwachsene Erwerbslose abgeleitet. Basis
ist das Verbrauchsverhalten der unteren 20 Prozent der
Einpersonenhaushalte. Das sind meist Rentner, und
diese wachsen gewöhnlich nicht aus ihren Turnschuhen
heraus.


(Beifall bei der LINKEN)


Es ist verrückt, den Bedarf armer Kinder an dem ar-
mer Rentner zu messen. Das bedeutet für einen Sieben-
jährigen pro Tag 2,64 Euro für Frühstück, Mittagessen,
Abendbrot, Getränke und anderes. So will es das Gesetz.

Der Kinderregelsatz reicht weder für eine gesunde,
ausgewogene Ernährung noch für Kleidung, Schulmate-
rial, Bibliotheksausweis, Busfahrkarte, Zoobesuch, Teil-
nahme am Vereinsleben, Nachhilfe, Musikschule usw.
Einmalige Leistungen wie in der früheren Sozialhilfe
gibt es seit Hartz IV nicht mehr. So fiel auch die Ausstat-
tung für Schulanfänger weg.


(Rolf Stöckel [SPD]: Sie sind pauschalisiert, und es gibt einmalige Leistungen!)


Jetzt wissen Sie, warum Die Linke von Armut per Ge-
setz spricht. Es stellt sich einmal mehr die Frage, für
welche Kinder diese Regierung Politik macht.

Wir brauchen umgehend einen eigenständigen Kin-
derregelsatz, der die Bedarfe realitätsnah abbildet und

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(C (D omit zum Beispiel Bildungsmöglichkeiten, Schulspeiung und Einmalzahlungen für Einschulung oder Klasenfahrten mit abdeckt. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


ir fordern auch seit langem die Anhebung des Kinder-
egelsatzes im ersten Schritt auf mindestens 300 Euro,
ine Erhöhung des Kinderzuschlages sowie die Aufbes-
erung des Kindergeldes. Dies wäre eine Grundlage, um
u einer bedarfsgerechten und eigenständigen Kinder-
rundsicherung in Höhe von 420 Euro zu kommen.

Unsere Kinder haben das Recht – und dafür muss ein
ozialstaat sorgen –, gesund aufzuwachsen, freien Zu-
ang zu Bildung zu haben und gleichberechtigt am tägli-
hen Leben teilhaben zu können.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


ur so kann man der Benachteiligung vieler Kinder und
en Belastungen der Eltern wirksam entgegentreten.

Es ist interessant, dass die Grünen nun einiges aus der
ergangenheit zurücknehmen wollen.


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weiterentwickeln!)


eider haben sie bisher – wie alle anderen Fraktionen
uch – unsere Anträge mit den Forderungen nach einem
inderwarenkorb und zum kinderspezifischen Regelsatz

bgelehnt. Ich hoffe, dass ihre plötzliche Einsicht keine
intagsfliege bleibt.

Wir unterstützen die im Antrag der Grünen erhobe-
en Forderungen. Ich kann es Ihnen jedoch nicht erspa-
en, darauf hinzuweisen, dass das, was Sie als „bedarfs-
ern und bildungsfeindlich“ bezeichnen, genau seit dem
. Januar 2005 gilt: Es ist das von Ihnen gewollte
artz-IV-Gesetz.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


ie sind mitverantwortlich dafür, dass 2005 die Regel-
ätze für Schulkinder auf das Niveau von Säuglingen ge-
enkt wurden. Dass Kinder wachsen, wird seit Ihrem
artz-IV-Gesetz nicht mehr berücksichtigt.

Deshalb fordern wir: keine Steuergeschenke an Un-
ernehmen und Superreiche! Unsere Kinder brauchen
as Geld viel nötiger.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Wir werden im Kampf gegen Kinderarmut nicht lo-
kerlassen und gemeinsam mit Verbänden, Vereinen und
nitiativen in einem breiten Bündnis den Druck verstär-
en und Sie zum Handeln bewegen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])







(A) )



(B) )


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615718400

Die Kollegin Gabriele Hiller-Ohm hat jetzt das Wort

für die SPD-Fraktion.


Gabriele Hiller-Ohm (SPD):
Rede ID: ID1615718500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich finde es gut, dass wir so engagiert über das Thema
Kinderarmut debattieren. Es ist richtig, dass in Deutsch-
land zu viele Kinder davon betroffen sind. Mehr als zwei
Millionen erhalten Sozialleistungen, weil die Eltern ar-
beitslos sind oder nicht genug zum Leben verdienen.

Arme Kinder sind fast immer Kinder armer Eltern.
Aus armen Kindern werden dann allzu oft wieder arme
Eltern. Um diesen Teufelskreis aus Armut und mangeln-
den Chancen auf Bildung, gesellschaftliche Teilhabe und
gesunde Entwicklung zu durchbrechen, unternehmen
wir seit Jahren enorme Anstrengungen zur Bekämpfung
von Arbeitslosigkeit. Deshalb fordern wir gute Arbeit
und faire Löhne. Deshalb kämpfen wir gegen Lohndum-
ping und für Mindestlöhne.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wir haben dabei Erfolg: 1,5 Millionen Arbeitslose
weniger seit 2005. Das kommt auch den Kindern zugute.

Arbeitslosigkeit ist allerdings ungerecht verteilt.


(Lachen bei der LINKEN)


So bleiben alleinerziehende Eltern noch viel zu stark von
der positiven Arbeitsmarktentwicklung ausgeschlossen.
655 000 dieser Eltern sind zurzeit langzeitarbeitslos und
mit ihren über eine Million Kindern auf staatliche Unter-
stützung angewiesen. Wenn es uns gelänge, diesen El-
tern eine vernünftige Perspektive auf dem Arbeitsmarkt
zu bieten, wären wir ein gewaltiges Stück weiter. Hier
sind aber auch Länder und Kommunen gefordert. Sie
müssen endlich ordentliche Betreuungsstrukturen auf-
bauen, damit Eltern guten Gewissens arbeiten gehen
können. Der Bund hat zur Unterstützung der Länder ein
milliardenschweres Betreuungsausbauprogramm auf den
Weg gebracht. Das muss nun aber auch bundesweit um-
gesetzt werden.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Ich betone den Aspekt der Arbeitslosigkeit so aus-
drücklich, weil er, liebe Kolleginnen und Kollegen von
den Grünen, in Ihrem Antrag überhaupt keine Rolle
spielt. Kinderarmut bekämpfen heißt in Ihrem Antrag
vor allem die Einführung bedarfsgerechter Kinderregel-
sätze.


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben noch mehr Anträge, nicht nur einen! So ein Unsinn!)


Die wichtigsten Ursachen für Kinderarmut, nämlich Ar-
beitslosigkeit und Armutslöhne der Eltern, vor allem al-
leinerziehender Eltern, blenden Sie vollkommen aus.
Das halte ich für sehr bedenklich.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


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(C (D Zu Ihren Vorschlägen für die Einführung bedarfsgeechter Kinderregelsätze: Sie beschreiben die Situation ehr treffend. Es fehlt aber eine genaue Analyse, was inder brauchen und was Eltern für ihre Kinder ausgeen. Das ist nicht zufriedenstellend. Ich wünsche mir ein emessungssystem, das die Bedarfe von Kindern abbilet und die nötige Transparenz herstellt. Das ist wichtig, amit wir uns nicht regelmäßig darüber streiten, ob es, ie Sie es in Ihrem Antrag und hier am Rednerpult beaupten, tatsächlich nur 2,64 Euro pro Tag sind, die Kinern bis 14 Jahre für Nahrungsmittel und Getränke im egelsatz zugestanden werden. Das ist so natürlich nicht ichtig; denn wir leiten den Kinderregelsatz vom Regelatz für einen alleinstehenden Erwachsenen ab. Dadurch nthält der Kinderregelsatz Posten, die nicht jedes Kind enötigt, wie Verkehrsdienstleistungen oder Nachrichendienste. (Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Telefonieren Kinder nicht?)


ieses Geld kann natürlich auch für Nahrungsmittel und
etränke eingesetzt werden.

Richtig ist: Wir brauchen eine Überarbeitung der Kin-
erregelsätze. Die SPD wird in Kürze im Rahmen einer
ationalen Kinderkonferenz Vorschläge präsentieren. Ich
ann mir allerdings nicht vorstellen, dass es Überein-
timmung mit Ihren Forderungen unter Punkt 3 Ihres
ntrags geben wird. Eine Anpassung der Regelsätze an
ie laufende Preisentwicklung kommt für uns nicht in-
rage. Sie würde eine Ungleichbehandlung gegenüber al-
en anderen Einkommensbeziehern bedeuten; denn
eren Löhne und Renten sind nicht an die Preisentwick-
ung angepasst.


(Elke Reinke [DIE LINKE]: Das ist schlimm genug!)


ine Übernahme der Kosten für Lernmittel, Schülerbe-
örderung und vieles mehr durch den Bund, wie Sie es
ordern, würde die Länder aus ihrer Verantwortung ent-
assen. Das lehnen wir ab. Nur in gemeinsamer, gesamt-
esellschaftlicher Verantwortung von Bund, Ländern
nd Kommunen werden wir bei der Bekämpfung von
inderarmut weiter vorankommen.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1615718600

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 16/8761 an die in der Tagesordnung aufge-

ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
o beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 9 auf:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-
regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Erleichterung familiengerichtlicher Maß-
nahmen bei Gefährdung des Kindeswohls

– Drucksache 16/6815 –






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus-
schusses (6. Ausschuss)


– Drucksache 16/8914 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Ute Granold
Christine Lambrecht
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Jörn Wunderlich
Jerzy Montag

Hierzu liegt jeweils ein Entschließungsantrag der
Fraktion der FDP und der Fraktion Bündnis 90/Die Grü-
nen vor.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. Gibt es Wi-
derspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann ist so beschlos-
sen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Red-
nerin der Bundesministerin Brigitte Zypries das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Brigitte Zypries (SPD):
Rede ID: ID1615718700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Aufgrund zahlreicher Todesfälle bei Kindern, die auf
Misshandlung und Verwahrlosung zurückgehen, haben
wir im BMJ darüber nachgedacht, was wir tun können,
um in Zukunft Kinder besser zu schützen und solche Ta-
ten zu verhindern. Wir haben einen Kreis von Praktikern
aus den Familiengerichten, aus der Kinder- und Jugend-
hilfe und anderen Institutionen an einen Tisch geholt und
beraten, was wir tun können. Wir haben dem Hohen
Hause Vorschläge unterbreitet, die hier diskutiert wurden
und die heute verabschiedet werden sollen.

Das Ergebnis unserer Arbeit hat drei Ziele: Wir wol-
len erstens gerne, dass die Justiz in Zukunft früher einge-
schaltet werden kann, dass man nicht warten muss, bis
das Sorgerecht zu entziehen ist. Wir wollen zweitens
Richterinnen und Richtern künftig mehr Handlungsmög-
lichkeiten geben und ihnen die Chance eröffnen, breitere
Entscheidungen zu treffen. Wir wollen drittens für den
Fall vorsorgen, dass das Gericht auf Antrag der Jugend-
hilfe keine Anordnung erlässt.

Diese drei Ziele erreichen wir durch drei konkrete
Änderungen des Gesetzes:

Erstens. Wir senken die Voraussetzungen für ein Ein-
greifen des Gerichts. Das Gericht soll in Zukunft schon
dann handeln können, wenn das Wohl des Kindes ge-
fährdet ist und die Eltern diese Gefahr entweder nicht
abwenden können oder nicht abwenden wollen. Bislang
war es zusätzlich nötig, dass man den Eltern ein Erzie-
hungsversagen nachweist. Das war in der Praxis oft
schwierig und hat die Jugendämter häufig davon abge-
halten, die Justiz einzuschalten. Zukünftig soll also al-
lein der Schutz des Kindes Maßstab für das Eingreifen
der Gerichte sein.

Die zweite Gesetzesänderung betrifft die Handlungs-
möglichkeiten. Bislang spricht das Gesetz nur von erfor-
derlichen Maßnahmen. In der Praxis wurde darunter oft

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(C (D llein der Entzug des Sorgerechts verstanden. Wir stellen etzt durch eine gesetzliche Änderung klar, dass das Geicht sehr viel mehr Möglichkeiten hat und dass man uch mit sehr viel milderen Anordnungen etwas für das indeswohl tun kann. Wir listen konkret auf, was unteralb eines Entzugs des Sorgerechts geschehen kann. um Beispiel können Eltern verpflichtet werden, die eistungen der Kinderund Jugendhilfe zu nutzen. Für anche Eltern mag auch ein Antigewalttraining oder die nanspruchnahme einer Erziehungsberatung eine sinnolle Maßnahme sein. All das soll künftig möglich sein. Ich meine, dass iese Rechtsänderung nicht nur im Interesse der Kinder iegt; denn die Trennung von Kind und Eltern, der Entug des Sorgerechts, ist in der Regel die allerletzte Mögichkeit. Wir wissen, dass diese Möglichkeit unter erzieungspsychologischen Gesichtspunkten nicht die beste st; denn das Aufwachsen in einer „schlechten Familie“ st für Kinder oft besser als ein Leben im Heim. Ziel unerer Maßnahmen ist es, unterstützend zu wirken. Wir ollen nicht kontrollieren. Wir wollen keinesfalls, wie anche Zeitungen vermuteten, die Familie entmachten. ielmehr wollen wir eine konkrete, frühzeitige Hilfe eröglichen. Bei manchen ist es nötig, den mahnenden eigefinger der Justiz zu erheben und zu sagen: Ihr üsst euch jetzt bewegen und etwas für euer Kind tun; onst wird es kritisch. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


m nichts anderes geht es: Wir schützen die Kinder, wir
elfen den Eltern, wir wollen die Familien stärken.

Die dritte Rechtsänderung betrifft die Überprüfung
er gerichtlichen Entscheidung. Unser Ziel ist es, Fol-
endes zu erreichen: Wenn ein Antrag vom Jugendamt
estellt wurde und das Gericht eine Entscheidung abge-
ehnt hat, dann sollen die Richterinnen und Richter nach
rei Monaten noch einmal in die Akte schauen. Dadurch
oll das Verhältnis zwischen Gericht und Jugendhilfe ein
isschen besser werden. Es ist wichtig, deutlich zu ma-
hen, dass die Jugendhilfe ruhig Anträge stellen kann;
uch wenn den Anträgen nicht sofort nachgekommen
ird, mag das in der Folge geschehen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1615718800

Frau Zypries, erlauben Sie eine Zwischenfrage des

ollegen Jerzy Montag?


Brigitte Zypries (SPD):
Rede ID: ID1615718900

Bitte schön.


Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615719000

Herzlichen Dank, Frau Ministerin. – In Ihren Ausfüh-

ungen haben Sie gerade davon gesprochen, dass es not-
endig ist, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass

n Konfliktfällen vor Ort frühzeitig und effektiv einge-
riffen wird. Sind Sie bereit, in Ihren Ausführungen zum
usdruck zu bringen, dass Gesetzesänderungen des
undes nur wenig bewirken können, wenn die Jugend-
mter nicht gestärkt werden, wenn die Justiz vor Ort






(A) )



(B) )


Jerzy Montag
nicht besser ausgestattet wird und wenn die handelnden
Personen nicht besser ausgebildet werden, damit sie wis-
sen, wann sie eingreifen dürfen, sodass sie keine Angst
haben müssen, einzugreifen, wenn Verdachtsmomente
vorliegen?

Ich glaube, dass es wichtig wäre, wenn in dieser De-
batte auch von Ihnen der Appell ausgehen würde, dass
wir zwar das machen, was wir auf der Bundesebene ma-
chen können, dass aber der Erfolg für die Kinder nur ge-
währleistet ist, wenn unterhalb der Bundesebene etwas
geschieht.


(Beifall der Abg. Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Brigitte Zypries (SPD):
Rede ID: ID1615719100

Herr Montag, vielen Dank für die Frage. In der Tat ist

das meine Überzeugung, die ich schon mehrfach in In-
terviews oder in anderen öffentlichen Statements zum
Ausdruck gebracht habe. Wir ziehen da an einem Strang.
Sie haben völlig recht: Wir können im Moment und hier
nur die bundesgesetzlichen Voraussetzungen schaffen.
Aber es ist erforderlich, dass die Länder, die die Kompe-
tenz für den Vollzug der Jugendhilfe und die Einrichtung
neuer Gerichte haben, diese Kompetenz nutzen und
künftig die Voraussetzungen für eine bessere Zusam-
menarbeit der Jugendämter und der Familiengerichte
schaffen. Das ist ein wichtiger Punkt, um den es uns
geht; denn wir müssen eine bessere Verzahnung der Ar-
beit zwischen Gerichten und Jugendhilfe erreichen.


(Abg. Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] nimmt Platz)


– Die Zwischenfrage gibt mir die Gelegenheit, dazu et-
was zu sagen, ohne dass das auf meine Redezeit ange-
rechnet wird. Das ist ganz prima. –


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn Ihnen das hilft! – Abg. Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] erhebt sich wieder – Heiterkeit)


Wir hoffen sehr, dass das Gesetz, das Sie heute verab-
schieden werden, dazu beiträgt.

Man kann sehen, dass es in einigen Ländern schon
wirkt. Das Land Berlin nämlich hat diese Rechtsände-
rung zum Anlass genommen, um ein drittes Familienge-
richt in Berlin einzurichten. Das ist doch eine gute Nach-
richt, die deutlich macht, dass es funktionieren kann.
Bund und Länder, Jugendämter und Justiz, alle können
an einem Strang ziehen, und sie müssen an einem Strang
ziehen, wenn es darum geht, Kinder in Zukunft besser zu
schützen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1615719200

Das Wort hat jetzt die Kollegin Sabine Leutheusser-

Schnarrenberger von der FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)


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(C (D Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle en! Die FDP-Bundestagsfraktion stimmt dem Gesetzntwurf zu. Es gab eine intensive Beratung und ein sehr utes und zielorientiertes erweitertes Berichterstattergepräch, das uns deutlich vor Augen geführt hat, wo die atsächlichen Probleme in der Praxis liegen. Ich darf leich da anschließen, wo Sie, Frau Ministerin, geendet aben, nämlich bei der Notwendigkeit der Verzahnung er Tätigkeit der Familiengerichte, Jugendämter und Juendhilfe vor Ort. Genau das ist in dem Entschließungsntrag der FDP-Bundestagsfraktion angesprochen woren. Ich würde mich vor dem Hintergrund der usführungen der Ministerin doch freuen, wenn Sie die em Entschließungsantrag zustimmen könnten. Wir müssen deutlich machen: Die Änderung des maeriellen Rechts, des Bürgerlichen Gesetzbuchs, und der urchführung der Verfahren, wie sie jetzt im Gesetz ber die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbareit vorgenommen werden, ist eines; aber was tatsächich daraus wird, damit vielleicht künftig der eine oder ndere Fall von Vernachlässigung oder Missbrauch mit rheblicher Gefährdung kleinster Kinder bis vielleicht in zum Tod – Kevin und Lea-Sophie sind nur zwei älle und Namen, die uns in Erinnerung sind – vermieen wird, ist das andere. So etwas kann nur vermieden erden, wenn es tatsächlich zu einer erfolgreichen Anendung auch dieser materiell-rechtlichen Änderungen ommt. (Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP):
Rede ID: ID1615719300

Es sind einige wenige Schritte, die hier auf der Ebene
es Bundesgesetzgebers gegangen werden. Wir gehen
ie mit. Mir ist ganz wichtig, dass von der Debatte heute
ier im Bundestag ganz klar die Botschaft ausgeht, dass
s nicht darum geht und mit diesen Gesetzesänderungen
ichts dazu beigetragen wird, die Eltern in ihren Eltern-
echten zu schwächen und sie, wie manche Zeitungen
unter anderem die FAZ – schreiben, zu entmachten. Es

st eine ganz gefährliche Debatte, die hier in den Medien
eführt wird. Dieser müssen wir entgegentreten. Die
otschaft, dass hier im Bundestag ein Gesetz verab-

chiedet wird, das ein einziges Ziel hat, nämlich das Sor-
erecht leichter zu entziehen und das möglichst schnell,
äre nicht nur eine falsche Botschaft, sondern auch eine
efährliche. Dem möchte ich mit meinen Worten hier
anz klar entgegentreten.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


iese Debatte ist virtuell; denn diejenigen, die ihre
orge dadurch zum Ausdruck bringen, dass sie den Teu-
el an die Wand malen, haben sich die Gesetzesänderun-
en, die heute hier beschlossen werden, nicht ange-
chaut.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)







(A) )



(B) )


Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Wir greifen das auf, was in der Praxis schon in den
letzten Jahren gemacht wurde: Wenn eine Vernachlässi-
gung, eine Gefährdung des Kindeswohls vorliegt, dann
ist nicht entscheidend, unter welcher Voraussetzung das
Verschulden zu beweisen ist. Entscheidend ist vielmehr
Folgendes: Wenn die Eltern nicht gewillt sind, dieser
Gefährdung entgegenzutreten und ihr abzuhelfen, dann
muss etwas passieren. Dafür gibt es einen Katalog von
Maßnahmen.

Diese Maßnahmen werden in diesem Gesetz weder
abschließend noch in der zu ergreifenden Reihenfolge
aufgezählt. Das begründet eine gewisse Sorge, die im-
mer wieder geäußert wird, gerade seitens derjenigen, die
sich mit Betreuung, mit Verfahrenspflegschaft oder mit
Beratungen beschäftigen. Wichtig ist das Angebot an
Maßnahmen. Es muss in der jeweiligen Situation ent-
schieden werden, welche Maßnahme, welche Entschei-
dung richtig ist, um den Eltern zu helfen und der Gefähr-
dung des Kindeswohls entgegenzuwirken.

Wir haben die Gefahr gesehen, dass es nur zu einer
Debatte über das Verhältnis zwischen Rechten und
Pflichten der Eltern auf der einen und dem Wächteramt
des Staates auf der anderen Seite kommen wird. Daher
haben wir in die Beschlussempfehlung ausdrücklich auf-
genommen, dass dieses Gesetzesvorhaben nicht zu einer
Verschiebung des vom Grundgesetz vorgesehenen Ver-
hältnisses führen wird. In diesem Sinne sollten wir alle
gemeinsam die vielen Anfragen – eine Aktion standardi-
sierter Schreiben ist in Gang gesetzt worden – beantwor-
ten, damit sich keine anderen Eindrücke verfestigen.

Es ist gut, dass als Ergebnis des Berichterstatterge-
sprächs die besondere Problematik der häuslichen Ge-
walt in die Formulierungen des Gesetzentwurfs aufge-
nommen wurde.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Jetzt ist die Möglichkeit vorgesehen, dass sowohl das
Erziehungsgespräch als auch der erste Erörterungstermin
nur mit einem Elternteil durchgeführt wird. Die in der
Beschlussempfehlung vorgenommenen Klarstellungen,
wie der neue § 50 a des Gesetzes über die Angelegenhei-
ten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu lesen ist, ist für
die Praxis bestimmt hilfreich. Nach diesen Beratungen
und den noch erfolgten Veränderungen stimmen wir die-
sem Gesetzentwurf zu.

Es wäre sehr gut, wenn die große Reform der freiwil-
ligen Gerichtsbarkeit möglichst schnell käme. Einige
Teilaspekte sind in diesem Gesetzentwurf enthalten. Es
wäre gut, wenn wir ein Gesetz zur freiwilligen Gerichts-
barkeit „aus einem Guss“ hätten.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1615719400

Das Wort hat jetzt die Kollegin Ute Granold von der

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! ir entscheiden heute über ein Gesetz, das aufgrund der mfangreichen Beratungen und Abstimmungen im Voreld gut geworden ist. Wichtig ist auch, dass es in der raxis relativ zügig umgesetzt wird. Wenn es heute verbschiedet wird, dann können wir davon ausgehen, dass s noch vor der Sommerpause in Kraft tritt. Es ist erfreuich, dass der Rechtsausschuss einstimmig dafür votiert at, dieses Gesetz heute zu beschließen. Das kommt icht so oft vor. In der Bevölkerung gibt es eine – die Kollegen haben s schon angesprochen – breite, sehr emotional geführte iskussion. Man ist teilweise sehr uninformiert; dabei pielt die Presse keine unwichtige Rolle. Auf der einen eite heißt es in Überschriften „Entmachtung der Eltern“ nd auf der anderen Seite „Früher, schneller, präziser“. etzteres ist genau das, was das neue Gesetz regelt. Leier gibt es in Deutschland eine zunehmende Zahl von indesvernachlässigungen, Kindesmisshandlungen und odesfällen. Gerade in diesen Fällen – es sind nicht sehr iele im Verhältnis zu denjenigen, in denen Eltern ihre inder sehr liebevoll und verantwortungsbewusst erzieen – ist der Staat aufgrund seines Wächteramtes verflichtet, schnellstmöglich einzuschreiten. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner jüngsten ntscheidung – es ging um die zwangsweise Durchsetung des Umgangsrechts – sehr klar und deutlich hervorehoben, dass Eltern verpflichtet sind – Art. 6 Grundgeetz –, ihre Kinder verantwortungsvoll zu erziehen, dass ltern aber auch das Recht haben, sich um ihre Kinder u kümmern und frei zu entscheiden, wie sie ihrer Erzieungsverantwortung gerecht werden. Damit der Staat sein Wächteramt auch ausüben kann, aben wir – entsprechend auch der Vereinbarung im Kolitionsvertrag – eine Expertengruppe eingesetzt, die ich darum bemüht hat, Regelungen zur Kindeswohlgeährdung zu finden, die praxistauglich sind. Nach den orschlägen aus der Expertengruppe, in der Vertreter ieler Verbände und der Länder beteiligt waren, liegt uns un, auch nach Anhörung der Kirchen, ein Gesetzenturf zur Abstimmung vor, der sehr sachlich und sehr mfassend ist. Uns als Union ist sehr wichtig, noch einmal klar daauf hinzuweisen, dass in den allermeisten Fällen die Elern ihre Erziehungsverantwortung wahrnehmen und die inder liebevoll betreuen und versorgen. Dabei soll es uch bleiben. Diese Klarstellung ist uns sehr wichtig, enn der Staat wird nicht die Kontrolle über alle Famiien übernehmen. Ich gehe einmal von der bisherigen Praxis aus. Wir aben eine Vorschrift, nach der die Gerichte nur dann ingeschaltet werden, wenn es kein anderes Mittel mehr ibt als den Entzug der elterlichen Sorge. Das ist der chärfste Eingriff in eine Familie, den es überhaupt geen kann. Deshalb ist unser Anliegen, Möglichkeiten zu chaffen, um frühzeitig korrigierend einzuschreiten. Ute Granold Bisher sprach man von „Erziehungsversagen“. Das war eine Hemmschwelle, weil das dokumentierte: Die Eltern haben etwas falsch gemacht; sie haben versagt. – Damit blockiert man jedwede Kooperation mit den Ämtern. Um diese Hürde zu nehmen, haben wir gesagt: Die Kindeswohlgefährdung ist der Maßstab für ein Einschreiten. Es wird diskutiert: Was ist das Kindeswohl? Was ist eine Kindeswohlgefährdung? Das körperliche, geistige und seelische Wohl der Kinder steht für uns im Vordergrund. Die Kinder sollen zu verantwortungsvollen Menschen erzogen werden. Sie sollen Stabilität in ihrem Leben erhalten. Wenn die Gefahr besteht, dass das nicht gewährleistet ist und das zu einer erheblichen Schädigung des Kindes führt, soll eingeschritten werden. Wann ist ein Einschreiten erforderlich? Wie sieht das in der Praxis aus? Es werden die Behörden, die Jugendämter, die Gerichte damit befasst. Wenn es eine Trennungssituation in der Familie gibt, wenn Gewalt vorhanden ist, dann schreitet das Jugendamt ein. Wenn sich Nachbarn, Ärzte, Kindergarten, Schule, Erzieherinnen melden, dann erfolgt das Einschreiten. Man versucht in einem ersten Schritt, gemeinsam mit dem Jugendamt einen Weg zu finden, um die entstandenen Irritationen und die Fehlentwicklungen zu korrigieren. In vielen Fällen reicht es aus, dass in Kooperation mit dem Jugendamt die Fehler bereinigt werden. Es gibt aber auch Fälle, in denen die Eltern das nicht können oder nicht wollen. In diesen Fällen, so sagen wir, muss in einem zweiten Schritt das Familiengericht angerufen werden. Die Kollegin von der FDP hat im Einzelnen ausgeführt, wie das Gesetz aufgegliedert ist. In einem Maßnahmenkatalog, der nicht abschließend ist, wird aufgeführt, welche Möglichkeiten für das Gericht bestehen, niedrigschwellige Maßnahmen, also solche unterhalb eines Sorgerechtsentzugs, zu ergreifen oder anzubieten, um die Fehlentwicklung zu korrigieren, wobei das Gericht durchaus auch in einem Elterngespräch darauf hinweisen kann, was möglich ist. Wenn das funktioniert, wird keine Maßnahme angeordnet. Wenn das aber nicht möglich ist, muss das Gericht eine Maßnahme anordnen. Wir sollten auch einmal klarstellen, dass es zunächst ganz behutsam anfangen kann – bis hin zu dem letzten Mittel, der Herausnahme des Kindes aus der Familie. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ute Granold (CDU):
Rede ID: ID1615719500

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)





(A) )


(B) )


(Beifall der Abg. Sibylle Laurischk [FDP])


Was nutzt uns eine Vorschrift im materiellen Recht
des BGB, wenn wir nicht auch begleitend das Verfahren
im FGG ändern, also beschleunigen; früher erster Ter-
min, nämlich innerhalb eines Monats; sich mit allen Be-
teiligten an einen Tisch setzen? Sie haben völlig zu
Recht gesagt: Wir sind derzeit auf einer Großbaustelle,
was die Reform des Verfahrensrechts in Familiensachen
angeht. Das reformierte Gesetz wird sicherlich erst Ende
nächsten Jahres in Kraft treten. Das ist noch sehr lange
hin. Deshalb haben wir uns entschieden – auch das war

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(C (D etztlich einmütig –: Die wesentlichen Bausteine aus em neuen Gesetz wollen wir schon jetzt in das FGG mplantieren. So können die Gerichte frühzeitig reagieen und Maßnahmen ergreifen. Der frühe erste Termin bietet den Eltern und dem Juendamt die Möglichkeit, den Sachverhalt aufzuklären nd in einem Erörterungsgespräch herauszufinden, ob es öglichkeiten der Korrektur gibt. Was die Gewaltfälle angeht – das ist wichtig –, sind ach der FGG-Anhörung noch Änderungen aufgenomen worden: In Fällen der häuslichen Gewalt ist es si herlich sinnvoll, getrennt anzuhören, um es vor Gericht icht zu einer Eskalation oder Retraumatisierung komen zu lassen. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es gibt Entschließungsanträge von den Grünen und
uch von der FDP. Sie befassen sich mit der Umsetzung.
as ist natürlich Ländersache. Die Jugendhilfe muss
ersonell und sachlich besser ausgestattet sein.


(Beifall des Abg. Joachim Stünker [SPD])


as betrifft aber genauso auch die Familiengerichte. Wir
rauchen mehr Familienrichter. Sie müssen aufgrund der
peziellen und wichtigen Materie natürlich auch entspre-
hend aus- und fortgebildet werden. All das kostet Geld.
ir müssen in den Ländern dafür werben, dass das be-

ötigte Geld in das System kommt. Wir haben das Ge-
etz aber im Vorfeld mit den Ländern, wie ich denke, eng
bgestimmt. Der Bund macht die Gesetze ja nicht allein.
as Familienministerium hat im Bewusstsein der Ver-

ntwortung des Bundes im letzten Jahr das Bundespro-
ramm „Frühe Hilfen für Eltern und Kinder und soziale
rühwarnsysteme“ aufgelegt. Es wurde eine zentrale
telle eingerichtet. Hier gibt es länderübergreifende Ko-
perationen mit dem Bund. Es wurden Plattformen ge-
ildet und Anregungen zum Aufbau von Frühwarnsyste-
en und umfangreiche Informationen gegeben. Ich

enke, das ist der richtige Weg.

Wir gehen damit mit gutem Beispiel voran. So kann
as Gesetz auch wirksam umgesetzt werden und in der
raxis greifen. Das allein reicht aber nicht. Wir müssen
uch bei uns selbst anfangen. Jeder Einzelne von uns
uss sensibilisiert werden und den Kindern den ange-
essenen Raum im täglichen Leben vor Ort in der Ge-

ellschaft geben. Hier zitiere ich die Kanzlerin, die
üngst gesagt hat: Wir brauchen wieder eine „Kultur des
insehens“. Wir müssen schauen, was in der Nachbar-

chaft und in der Gemeinde geschieht. Wenn wir sehen,
ass Missstände da sind, müssen wir versuchen, zu hel-
en, nicht in Form von Anzeigen – das wäre ein schlech-
er Weg –, sondern in Form von konstruktiven Maßnah-

en, die dazu beitragen, dass wir auf einen besseren
eg kommen; denn die Kinder sind unsere Zukunft.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Ich bedanke mich an dieser Stelle abschließend für
ie sehr konstruktive Beratung. Ich würde mir wün-
chen, dass wir das Gesetz jetzt genauso einvernehmlich






(A) )



(B) )


Ute Granold
verabschieden, sodass es relativ zügig in Kraft treten
kann.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1615719600

Das Wort hat jetzt der Kollege Jörn Wunderlich von

der Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Jörn Wunderlich (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1615719700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der

Gesetzentwurf stärkt die Rechte von Kindern in prozess-
rechtlicher Sicht, beschleunigt das Verfahren und ge-
währleistet die Beteiligung von Kindern. Insoweit ist der
Gesetzentwurf überwiegend gut. Es bedarf aber – das ist
ja hier schon mehrfach gesagt worden – weiterer flankie-
render Maßnahmen, um den Schutz der Kinder zu ver-
bessern.

Insbesondere die Quantität und Qualität der Einrich-
tungen der Jugendhilfe müssen verbessert werden. Es
nützt wenig, die rechtlichen Möglichkeiten im Rahmen
der Jugendhilfe zu erweitern und auszubauen, wenn die
tatsächlichen Möglichkeiten aufgrund der Gegebenhei-
ten nicht auszuschöpfen sind.


(Beifall bei der LINKEN)


Das grundsätzliche Problem bleibt dabei die Überbe-
lastung der Familienrichterinnen und -richter und der Ju-
gendämter. Damit dem gesetzlich beabsichtigten Hand-
lungsprogramm ernsthafte Risiken für die Umsetzung in
der Praxis nicht entgegenstehen, müssen vor allen Din-
gen die Familiengerichte und Jugendämter personell so
ausgestattet werden, dass sie den zum Schutz des Kindes
erforderlichen Mehraufwand leisten und die übrigen
Verfahren, zum Beispiel zu Scheidung, Unterhalt usw.,
in angemessener Zeit erledigen können. Hier muss eine
Aufforderung vom Bund an die Länder gehen. Insoweit
sind die Entschließungsanträge der Grünen und der FDP
zu unterstützen, welche unseren Forderungen entspre-
chen, insbesondere auch hinsichtlich eines möglichen
Entschleunigungsgrundsatzes; denn es ist ja manchmal
doch zweifelhaft, ob in jedem Fall im ersten Termin
auch schon Entscheidungen getroffen werden können,
wenn möglicherweise noch Sachaufklärung geboten ist.
Es bringt ja nichts, einen ersten Termin zu machen, um
da nur den zweiten festzulegen.

Zu den vorgesehenen Änderungen des § 1666 BGB
– dazu haben wir alle, wie ich denke, nahezu identische
Post bekommen – lässt sich Folgendes feststellen: Es hat
sich an der Konstellation – staatliches Wächteramt und
Elternrecht – nichts geändert. Es bleibt im Sinne des
Kindeswohls eine wechselseitige Verantwortung der El-
tern, des näheren sozialen Umfelds als auch des Staates.
Da hat sich nichts geändert. Der Verzicht auf die bisheri-
gen Tatbestandsvoraussetzungen, das heißt, dass die Ge-

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(C (D ährdung des Wohls des Kindes durch Erziehungsversaen der Eltern – durch missbräuchliche Ausübung der lterlichen Sorge, durch Vernachlässigung des Kindes sw. – oder durch das Verhalten eines Dritten verursacht st, ändert nichts an den Voraussetzungen, die notwendig ind, um in den geschützten Bereich der Familie einzureifen. Aus Sicht des Kindes ist es völlig unerheblich, wer der was die Ursache der Gefährdung ist und ob ein elerliches Erziehungsversagen zugrunde liegt. Hauptsahe ist, dass die Gefahr schnell und effektiv abgewendet ird, wobei nach wie vor die Kindeswohlgefährdung ositiv festgestellt werden muss. Materiellrechtlich hat ich da also nichts geändert. Gut ist einerseits, dass das Gericht seine Entscheiung des Absehens von Maßnahmen nach §§ 1666 bis 667 BGB überprüfen soll. So kann sichergestellt weren, dass bei Nichteinschreiten des Gerichts das Kind nd die Eltern nicht „unbeobachtet“ bleiben, sondern ine Warnsituation entsteht. Andererseits dürften sich ei der Umsetzung im Hinblick auf Arbeitsbelastung der amiliengerichte und bei der Frage der Zuständigkeit der erichte zum Beispiel bei Umzug der betroffenen Fami ien echte Probleme ergeben. Denn wer ist dann zustänig? Ist es ein neues Verfahren? Da wird es in der Praxis rhebliche Probleme geben, aber die Rückmeldungen ekommen wir sicherlich. Zu den einzelnen getrennten Anhörungen möchte ich etzt nichts mehr sagen. Es ist positiv, dass es sich auf lle Fälle auswirkt, damit Kinder geschützt werden könen. Fazit: Es ist ein Gesetzentwurf, welchem man zustimen kann, der allerdings auch angesichts des klaren Zu ammenhangs zwischen sozialen Ursachen und Kindesernachlässigung bzw. Misshandlung kein Allheilmittel st, der die materiellen Rechtsgrundlagen nicht ändert nd dessen Wirksamkeit maßgeblich von der angemesenen sachlichen und personellen Ausstattung der Juendämter und Gerichte abhängt. Das wird ja auch von ielen Verbänden – beispielhaft sei die Deutsche Kinderilfe genannt – gefordert. Insoweit ist meine Fraktion auf die Reaktion aus der raxis gespannt, die wir mit Sicherheit bis zur Verabchiedung der FGG-Reform vorliegen haben, damit die robleme, die sich aus der Umsetzung in der Praxis ereben, bei der großen Reform berücksichtigt und abgetellt werden können. Es wird sich zeigen, ob die Regieung Kindeswohl als Propagandamittel einsetzt oder ob ie es diesmal wirklich ernst meint. Vielen Dank. Das Wort hat die Kollegin Ekin Deligöz von Bünd is 90/Die Grünen. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kinderschutz ist ein brisantes Thema. Wenn es um das Wohl der Kinder und um das Verhältnis von Staat und Familie geht, gerät man sehr schnell in emotionale Debatten, in emotionale Kreisläufe, die schwer zu durchbrechen sind. Das ist zwar verständlich, aber in der Sache nicht hilfreich. Deswegen möchte ich vorab begrüßen, dass die parlamentarische Arbeit an dieser Gesetzesinitiative sehr sachlich und konstruktiv vorangegangen ist. Dies hat der Sache genutzt und sie weitergebracht. Wir Grünen halten die nun vorliegende Fassung insbesondere mit den schon angesprochenen Änderungen, an denen wir mit beteiligt waren, für einen vernünftigen Beitrag zum Kinderschutz. Das Grundanliegen einer zügigen und niedrigschwelligen Einschaltung der Familiengerichte ist sinnvoll. Auch eine engere Kooperation mit der Jugendhilfe wurde vonseiten der Fachleute längst angemahnt. Die Klarstellungen und Präzisierungen im Gesetz werden die Arbeit verbessern. Ein solcher Gesetzentwurf sollte jedoch Teil eines umfassenden Konzeptes sein. Jede Maßnahme in einem solchen Gesamtkonzept muss sorgfältig und nüchtern abgewogen werden. Bei diesem einen Punkt ist es uns gelungen. Bei vielen weiteren Punkten steht genau das noch aus. Auch ich möchte noch etwas zu der Presseberichterstattung vom gestrigen Tage sagen, in der von einer Entmachtung der Eltern und von einem übergriffigen Staat die Rede ist. Bei allem, was Recht ist: Diese Behauptungen gehen eindeutig zu weit. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger [FDP])


(Joachim Stünker [SPD]: Richtig!)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1615719800




(A) )


(B) )

Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615719900

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das geben dieser Gesetzentwurf und die Debatten hier
nicht her. Dies wurde auch von keinem einzigen Sach-
verständigen in der Öffentlichkeit bemängelt. Das zeigt
nur, dass die Leute, die das geschrieben haben, relativ
wenig Sachkenntnis von dieser rechtlichen Materie ha-
ben. Ganz dramatisch finde ich es, wenn dies mit dem
Krippenausbau und der Stärkung der Kinderrechte im
Grundgesetz in Verbindung gebracht wird. Da hat je-
mand ordentlich etwas durcheinandergebracht. Das
zeigt, dass gerade bei diesen Themen keine sachliche
Debatte geführt, sondern eine ideologische Schlacht ge-
schlagen werden soll.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Diese ideologische Schlacht geht auf Kosten der Kinder.
Genau das dürfen wir hier im Deutschen Bundestag
nicht zulassen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der LINKEN)


Frau Granold, Sie haben auch über das gesprochen,
was die Kanzlerin gemeint hat. Das, was zur Kultur des
Hinsehens gesagt worden ist, kann man ja nur unterstrei-

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(C (D hen. Aber nicht immer ist gut gemeint auch gut geacht. Am 19. Dezember 2007 fand hier ein Kindergip el statt. Wenn ich Sie frage, welche Ergebnisse dieser indergipfel gebracht hat, dann werden Sie alle stauend schauen; denn das weiß hier fast niemand. Dabei äre das eine Gelegenheit gewesen, verbindliche Maßahmen über die Zusammenarbeit der Familiengerichte it den Jugendämtern, besonders aber über die Ausstat ung der Jugendhilfe, über das, was wir alle gemeinsam ls Grundlage für die Umsetzung dieses Gesetzes für otwendig halten, zu vereinbaren. Diese Chance wurde ort vertan. Es wurde wenig Konkretes beschlossen. Das st sehr bedauerlich; denn wenn man Chancen schafft, ollte man sie nutzen. Daraus kann man eigentlich nur chließen: Schlecht gemacht, da Chance nicht genutzt. ier helfen Ihnen auch schöne Sonntagsreden nichts. Wir können dem Gesetzentwurf unter den genannten oraussetzungen und mit den Änderungen zustimmen. Ein Wermutstropfen ist, dass gerade die zentrale Heausforderung an dieser Stelle nicht angegangen worden st, nämlich Ausbau bzw. Stärkung der Familiengerichte nd der Jugendhilfe. Entgegen häufiger Meinung sage ch an dieser Stelle: Man muss immer wieder feststellen, ass die Jugendhilfeeinrichtungen unter den schwierigen edingungen, unter denen sie in Deutschland arbeiten, ersuchen, das Beste daraus zu machen. Deshalb möchte ch mich nicht der pauschalen Kritik an den Jugendhilfeinrichtungen anschließen. Was wir brauchen, wenn wir s mit dem Kinderschutz ernst meinen, ist eine angemesene personelle und finanzielle Ausstattung in diesem ereich. Deshalb haben wir heute einen Entschließungsantrag ingebracht. Ich wünschte mir von den Koalitionsfrakionen, dass sie genau an diesem Punkt ein Zeichen seten und unserem Antrag zustimmen. Danke schön. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1615720000

Als letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt

at die Kollegin Christine Lambrecht von der SPD-Frak-
ion das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Christine Lambrecht (SPD):
Rede ID: ID1615720100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das

esetz, das wir heute in zweiter und dritter Lesung be-
chließen, ist kein Gesetz, das sich an die Mehrheit der
evölkerung richtet. Es ist ein Gesetz, das sich an ganz
enige, ausgewählte – in dem Fall leider im negativen
inne – Personen richtet, nämlich an die Eltern, die sich
icht in angemessener Weise um ihre Kinder kümmern.
eswegen will ich hier, insbesondere vor dem Hinter-
rund der Kampagne, die in den letzten Tagen von eini-
en gefahren wurde, noch einmal in aller Deutlichkeit






(A) )



(B) )


Christine Lambrecht
sagen: Die absolut überwiegende Mehrheit der Eltern
kümmert sich fürsorglich, liebevoll und verantwortungs-
voll um ihre Kinder, und für diese Eltern ist das Gesetz
auch nicht gemacht.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Aber es gibt eben leider auch die anderen Eltern. Die
Namen der betroffenen Kinder sind zum Teil schon ge-
nannt worden. Viele sind leider namenlos, weil sie ir-
gendwo verscharrt werden und, wenn sie gefunden wer-
den, erst zugeordnet werden müssen. Es gibt eben viele
Eltern, die sich nicht angemessen um ihre Kinder küm-
mern. Die schlimmsten Fälle sind die, in denen die Kin-
der dadurch zu Tode kommen. Aber es gibt eben auch
Kinder, die misshandelt und körperlich oder seelisch
vernachlässigt werden. In diesen Fällen muss der Staat
– Art. 6 Abs. 2 Grundgesetz sieht vor, dass der Staat
über das Wohl der Kinder zu wachen hat – eingreifen.
Aus diesem Grund freut es mich, dass es uns gerade bei
einem so sensiblen Thema gelungen ist, alle Fraktionen
mit ins Boot zu bekommen und ein Gesetz zu schaffen,
das die Interessen der Kinder in den Vordergrund stellt.

Wenn ich lese, was viele Zeitungen schreiben oder
auch Initiativen, die uns zum Teil anschreiben, frage ich
mich, was daran verwerflich sein soll, wenn, nachdem
ein Kind grün und blau geschlagen in den Kindergarten
gekommen ist, in der Folge Eltern zu einem Erörterungs-
gespräch, einem Erziehungsgespräch beim Familienge-
richt eingeladen werden, bei dem ihnen zum Beispiel
vermittelt werden kann, dass es so etwas wie einen Anti-
aggressionskurs gibt. Was ist daran eine unzulässige Ein-
mischung des Staates in Erziehung?


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wenn im Falle eines Kindes, das über Wochen und
Monate hinweg nicht die Schule besucht und bei dem zu
befürchten steht, dass es den Anschluss verliert, verant-
wortungsbewusste Lehrer das melden, weil die Eltern
weder auf Briefe noch auf Anrufe der Schule reagieren,
und dann ein Gespräch stattfindet, in dem den Eltern
klargemacht wird, dass Schulpflicht besteht und sie ihr
Kind in die Schule schicken müssen und dass ihr Kind
auch ein Recht auf Bildung hat, was ist daran falsch?
Was soll daran falsch sein, wenn der Staat so eine Mög-
lichkeit aufzeigt? Was ist daran Einmischung?


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich könnte die Liste der Möglichkeiten, die ein sol-
ches Gespräch als Konsequenz hat, noch weiter verlän-
gern. Denn es muss nicht immer die elterliche Sorge ent-
zogen werden, was jetzt als die einzige Keule dargestellt
wird; vielmehr gibt es auch heute schon einen ganzen
Katalog von Maßnahmen, die ergriffen werden können,
was aber leider bisher noch nicht so der Fall ist. Aus dem

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(C (D rund sollen die Hürden gesenkt werden; dann können amiliengerichte, auch aufgrund ihrer Kompetenz und hrer Autorität, früher auf Eltern einwirken. Es soll nämich nicht abgewartet werden, bis das Kind so vernachässigt oder misshandelt ist, dass nur noch die elterliche orge entzogen werden kann, sondern es gilt, Eltern, die ielleicht überfordert sind, frühzeitig Hilfemöglichkeien aufzuzeigen, damit Kinder in ihren Familien, in ihrer ewohnten Umgebung bei ihren Eltern bleiben können. Das ist Sinn und Zweck dieses Gesetzes. Deswegen ann ich nur sagen: Ich finde die Kampagne, die moentan von einigen Zeitungen gefahren wird, nicht nur rreführend, sondern auch verantwortungslos. Uns allen eht es nicht darum, Eltern zu entmachten oder uns einumischen; vielmehr geht es uns darum, den Kindern, eren Eltern sich momentan noch nicht so sehr um ihr ohl kümmern, zu helfen, damit sie alle Chancen be ommen, die sie verdienen. Deswegen wird diese Kamagne keinen Erfolg haben; sie hat auch keinen Rückhalt n der Bevölkerung. Denn klar ist: Der Staat muss sich m Kinder kümmern, wenn die eigenen Eltern der Verflichtung nicht nachkommen. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und der LINKEN)


(Beifall der Abg. Sibylle Laurischk [FDP])



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1615720200

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-
esregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Erleich-
erung familiengerichtlicher Maßnahmen bei Gefähr-
ung des Kindeswohls. Der Rechtsausschuss empfiehlt
n seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/8914,
en Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache
6/6815 in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte
iejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfas-
ung zustimmen wollen, um ihr Handzeichen. – Gegen-
timmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist da-
it in zweiter Beratung einstimmig angenommen.

Dritte Beratung

nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die zu-
timmen wollen, sich zu erheben. – Gegenstimmen? –
nthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist einstimmig ange-
ommen.

Wir kommen zur Abstimmung über die Entschlie-
ungsanträge. Wer stimmt für den Entschließungsantrag
er Fraktion der FDP auf Drucksache 16/8930? – Ge-
enstimmen? – Enthaltungen? – Der Entschließungsan-
rag ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen
ie Stimmen der Oppositionsfraktionen abgelehnt.

Wer stimmt für den Entschließungsantrag der Frak-
ion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 16/8931? –
egenstimmen? – Der Entschließungsantrag ist mit dem
leichen Stimmenverhältnis ebenfalls abgelehnt.






(A) )



(B)


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 10 sowie Zusatz-
punkt 4 auf:

10 Beratung des Antrags der Abgeordneten Daniel
Bahr (Münster), Heinz Lanfermann, Dr. Konrad
Schily, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der FDP

Gesundheitsfonds stoppen – Beitragsautono-
mie der Krankenkassen bewahren

– Drucksache 16/7737 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales

ZP 4 Beratung des Antrags der Abgeordneten Birgitt
Bender, Elisabeth Scharfenberg, Dr. Harald
Terpe, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Gesundheitsfonds stoppen – Morbiditätsorien-
tierten Risikostrukturausgleich einführen

– Drucksache 16/8882 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die
FDP-Fraktion sechs Minuten erhalten soll. Gibt es Wi-
derspruch dagegen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist so
beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
ner dem Kollegen Daniel Bahr von der FDP-Fraktion
das Wort.


(Beifall bei der FDP)



Daniel Bahr (FDP):
Rede ID: ID1615720300

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kollegin-

nen und Kollegen! Es ist gut ein Jahr her, dass das GKV-
WSG vom Deutschen Bundestag beschlossen wurde.
Was haben wir damals im Deutschen Bundestag nicht al-
les für Lobeshymnen auf diese Gesundheitsreform ge-
hört! Der Gesundheitsfonds sollte das Herzstück dieser
Reform werden, die Transparenz verbessern sowie die
Effizienz und den Wettbewerb im Gesundheitswesen
stärken.

In Vorbereitung dieser Rede fiel es mir wirklich
schwer, solche Zitate heute noch von Koalitionsabgeord-
neten oder von Spitzen der Koalition zu finden. Es gibt
niemanden mehr, der den Gesundheitsfonds und die Ge-
sundheitsreform insgesamt mit Nachdruck verteidigt.
Man findet nur die schlichte Aussage: Der Gesundheits-
fonds kommt. – Warum er aber kommen soll, kann die
Koalition in diesen Tagen nicht mehr begründen.


(Beifall bei der FDP)


Mittlerweile ist auch Ernüchterung eingetreten. Nach
Umfragen will die Bevölkerung den Fonds nicht. Alle

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(C (D rankenkassen sowie Ärzte und Krankenhäuser wollen en Fonds nicht. Die Wissenschaftler halten ihn für eine issgeburt. Sie von der Koalition, Frau Widmann-Mauz nd Frau Reimann, werden wahrscheinlich gleich sagen, as sei alles Oppositionsgetöse; alles nehme seinen noralen Lauf und es werde alles so kommen, wie es im esetz steht. Aber was sagen denn die eigenen Koalitionsspitzen? err Ramsauer, der diese Reform im Spitzengespräch itverhandelt hat, sagt in einer AP-Meldung vom . April, dass im Hause Schmidt „bei manchem immer och der Geist des Klassenkampfes, der Staatsmedizin nd des Gesundheitssozialismus“ herrscht. (Beifall bei der FDP – Zurufe von der SPD: Oh!)


Herr Huber, CSU-Vorsitzender, wirft Frau Schmidt
or, die Umsetzung des Fonds sei eindeutig im Verzug
nd die Ministerin habe die Dinge nicht im Griff.


(Heinz Lanfermann [FDP]: Stimmt ja auch!)


err Beckstein sagt, man frage sich, was die Frau Minis-
erin Schmidt in den letzten eineinhalb Jahren eigentlich
etan habe. Frau Haderthauer macht den Vorwurf, bei
er Gesundheitsreform gebe es nur Pannen und Pleiten.
rau Schmidt wiederum wirft Bayern vor, die von Bay-
rn durchgesetzten Formulierungen des Gesundheitsre-
ormgesetzes seien Unsinn und könnten nicht funktio-
ieren.

Aber auch innerhalb der Koalition gibt es anschei-
end keinen mehr, der den Fonds will; außerhalb der
oalition will ihn ja sowieso keiner. Keine Partei in die-

em Bundestag kämpft dafür, dass der Fonds kommt.
enn ich die Äußerungen der Koalition richtig sehe,
ird der Schwarze Peter gegenseitig zugeschoben. Die
DU/CSU meint, verantwortlich für den Fonds sei die
PD. Die SPD sagt, verantwortlich für den Fonds sei die
nion.


(Christian Lange [Backnang] [SPD]: So ist das in einer Koalition!)


a sagt Frau Ferner von der SPD: Wir waren nicht dieje-
igen, die in den Verhandlungen darauf bestanden ha-
en, dass der Fonds kommt. Das war die Kanzlerin, das
ar auch Herr Stoiber. – Herr Beckstein von der CSU

agt allerdings: Der Gesundheitsfonds war nie ein Lieb-
ingskind der CSU. – Herr Lauterbach von der SPD sagt,
ie Einführung des Fonds sei nie ein Projekt der SPD ge-
esen.


(Heiterkeit bei der FDP – Heinz Lanfermann [FDP]: Ein Waisenkind ist das!)


Wer will denn bei Ihnen in der Koalition überhaupt
och den Fonds? Wenn keiner von Ihnen den Fonds will,
ann sollten Sie die Konsequenz daraus ziehen und sa-
en: Wir stampfen dieses unsinnige, verkorkste Projekt
infach ein. Sie sollten vor die Wählerinnen und Wähler,
or die Öffentlichkeit treten und sagen: Wir haben einen
ehler gemacht. Der Gesundheitsfonds löst die Pro-
leme nicht. Wir haben es erkannt und ersparen es der
)






(A) )



(B) )


Daniel Bahr (Münster)

Bevölkerung bzw. all denen, die davon abraten, dass wir
diese verkorkste Gesundheitsreform wirklich umsetzen.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Sie werden gleich sagen: Alles läuft nach Plan. – Fakt
ist, dass das Bundesgesundheitsministerium andauernd
hineinregiert und manipuliert. Der Beirat aus Wissen-
schaftlern beim Bundesversicherungsamt ist aus Protest
zurückgetreten. Die Wissenschaftler beklagten die politi-
sche Einflussnahme des Ministeriums. Die Wünsche, die
das Ministerium in Bezug auf die Ausgestaltung der
80 Krankheitsbilder hatte, die die Grundlage für die Um-
verteilung im Fonds sind, konnten sie wissenschaftlich
nicht mittragen. Ein Gutachten der beiden renommierten
Gesundheitsökonomen Professor Wille und Professor
Wasem zur Umsetzung der Bayern- bzw. Länderklausel
wurde vom Ministerium brüsk zurückgewiesen, weil
man mit den Ergebnissen dieses Gutachtens anscheinend
nicht zufrieden war.

Wie geht eigentlich das Ministerium angesichts dieser
beiden Beispiele mit wissenschaftlichen Erkenntnissen
von Gesundheitsökonomen oder anderen Wissenschaft-
lern um, die gute Ratschläge zur Umsetzung dieser
schlecht gemachten Reform geben? Wenn es Ihnen poli-
tisch nicht passt, weisen Sie sie einfach zurück. Das ist
ein Armutszeugnis. Ihnen scheint es wirklich nur noch
um die politische Durchsetzung und Umsetzung einer
verkorksten Reform zu gehen und nicht um eine brauch-
bare Lösung der Probleme, vor denen wir stehen.


(Beifall bei der FDP – Heinz Lanfermann [FDP]: Das haben sie mit den Abgeordneten der Union aber genauso gemacht!)


In den Ländern gibt es keinen mehr, der den Fonds
wirklich unterstützt. Die Landesregierungen von Bayern
und Baden-Württemberg sind dagegen. In Bayern hat
sogar die SPD einen Antrag in den Landtag eingebracht,
in dem sie sagt, dass sie den Fonds nicht will. In Baden-
Württemberg haben alle vier Fraktionen – CDU, FDP,
Grüne und SPD – eine gemeinsame Resolution beschlos-
sen, die Einführung des Fonds zu verschieben.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Dann haben Sie die aber nicht richtig gelesen, Herr Kollege! Das steht da nicht drin!)


Sachsen und Thüringen – sie dachten einmal, sie seien
Profiteure des Fonds – sagen mittlerweile: Der Fonds
darf so nicht kommen, weil er zu einer enormen Umver-
teilung und Belastung von Sachsen und Thüringen führt. –
NRW und Niedersachsen haben dieser Reform seinerzeit
im Bundesrat nicht zugestimmt. Auch der Bundesrat will
also diesen Fonds und diese Reform so nicht mehr.

Der Kompromiss sollte zwar eine Offenheit für beide
Richtungen zulassen; er sollte die Einführung einer Bür-
gerversicherung oder einer Gesundheitsprämie ermögli-
chen. Aber es hat sich doch mehr und mehr herausge-
stellt, dass das ein Trugschluss ist. Ein einheitlicher
Beitragssatz mit einheitlicher Vergütung in Kombination
mit einem Einheitsverband der Krankenkassen und ei-
nem Geldzuteilungssystem über den Fonds, all das ist

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(C (D er Weg in eine staatlich gelenkte Einheitskasse: die undesanstalt für Gesundheit. Sie von der Union haben das anscheinend erst jetzt er annt. Ich sage Ihnen voraus: Sie werden noch Ihr blaues under erleben, wie konkret das alles vom Gesundheitsinisterium ausgestaltet werden wird. Sie sollten jetzt ie Konsequenz daraus ziehen, anstatt hier Vorentscheiungen zu treffen, die es ganz schwer machen, eine Reorm in einer anderen Koalition wieder in eine andere ichtung zu bringen. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Das Wort hat jetzt die Kollegin Annette Widmannauz von der CDU/CSU-Fraktion. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! etzt haben wir von der FDP gerade gehört, warum der onds nicht kommen darf. Ich will Ihnen einmal ein paar ätze vorlesen, die wir in diesen Monaten lesen durften: Der Gesundheitsfonds muss kommen! Der für 2009 vorgesehene Gesundheitsfonds ist bei konsequenter Umsetzung ein wesentlicher Meilenstein auf dem Weg zur Sicherung der Finanzierung des Gesundheitswesens … Kommt der Gesundheitsfonds nicht, ist die flächendeckende, wohnortnahe ambulante medizinische Versorgung in der bisherigen hohen Qualität nicht mehr deutschlandweit zu gewährleisten. Dieser Gesundheitsfonds bietet die realistische Chance, die chronische Unterfinanzierung im System zu beenden und eine Verteilung der Gelder unter Berücksichtigung der tatsächlichen Versorgungssituation vorzunehmen. Nur wenn dieser zum 1. Januar 2009 wirksam wird, ist auch der Solidargedanke der gesetzlichen Krankenversicherung weiterhin aufrechtzuerhalten. (Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Das wird kei ner von der FDP gesagt haben!)


(Beifall bei der FDP)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1615720400

(Beifall bei der CDU/CSU)

Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1615720500
Hierzu gibt es derzeit keine umsetzbare sinnvolle
Alternative.

ch habe zitiert aus der gemeinsamen Erklärung der kas-
enärztlichen Vereinigungen Berlin, Brandenburg, Hes-
en, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Saar-
and, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1615720600

Frau Kollegin Widmann-Mauz, erlauben Sie eine

wischenfrage des Kollegen Daniel Bahr?


Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1615720700

Gerne.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Der hat doch gerade erst geredet!)







(A) )



(B) )


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1615720800

Bitte schön, Herr Bahr.


Daniel Bahr (FDP):
Rede ID: ID1615720900

Frau Kollegin Widmann-Mauz, stimmen Sie mir zu,

dass diese gemeinsame Erklärung von kassenärztlichen
Vereinigungen aus den neuen Bundesländern


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Und anderer! Saarland! Rheinland-Pfalz!)


– und anderer, westlicher Länder; d’accord – zu einem
Zeitpunkt verabschiedet wurde, als das Gutachten der
Professoren Wille und Wasem noch nicht bekannt war,
in dem die Auswirkungen auf die Verteilungswirkung
unter den Ländern deutlich wird? Stimmen Sie mir fer-
ner zu, dass beispielsweise die Länder Sachsen und Thü-
ringen, die dachten, Profiteure des Fonds zu sein, mitt-
lerweile erkannt haben, dass ihnen enorm viel Geld
entzogen wird? Diese Länder haben ihre Meinung an-
scheinend geändert. In den letzten Tagen haben wir Äu-
ßerungen der in Sachsen und Thüringen zuständigen
Fachminister vernehmen können, die darauf schließen
lassen, dass sie erkannt haben, dass der Fonds für Sach-
sen und Thüringen eine deutliche Verschlechterung der
Versorgung mit sich bringt.


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Die Konvergenzklausel war das!)



Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1615721000

Lieber Kollege Bahr, die Erklärung stammt vom

29. Januar dieses Jahres.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Aha!)


Zu diesem Zeitpunkt war ein Gutachten von Vertretern
der Wissenschaft in der Welt, aus dem die Verteilungs-
und Belastungswirkung für Baden-Württemberg und an-
dere Länder hervorgeht. Schon damals wurde eine De-
batte darüber begonnen, und genau auf diese Debatte hin
ist diese Erklärung im Übrigen verfasst worden. Diese
Bundesländer erkennen an, dass – trotz der Konvergenz-
klausel – aufgrund des bundeseinheitlichen Beitragssat-
zes mehr Mittel in ihre Länder fließen, als an anderer
Stelle abfließen. Von daher hat sich an dieser Position
nichts geändert.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Sachsen und Thüringen müssen zahlen!)


Da Sie grundsätzlich fragen, was der Fonds bewirken
soll, will ich die Chance nutzen, Sie an Folgendes zu er-
innern:


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Jetzt bin ich gespannt!)


Der bundeseinheitliche Beitragssatz mit der Möglichkeit
von Zuschlägen und Rückerstattungen bewirkt den vol-
len Finanzkraftausgleich zwischen den Bundesländern.
Damit führt er zu mehr Gerechtigkeit im System. Die
Beiträge fließen nämlich in unterversorgte, weil unter-
finanzierte Regionen in Deutschland. Der Status quo ist
doch, dass hohe Arbeitslosigkeit und Strukturschwäche
in den Regionen automatisch zu schlechterer medizini-

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(C (D cher Versorgung führen. Das ist doch heute Fakt. ranke und ihre Ärzte erhalten durch diesen Finanzraftausgleich eine bessere medizinische Perspektive, nd das wollen wir in unserem Land doch erreichen. Frau Kollegin Widmann-Mauz, gestatten Sie eine wischenfrage der Kollegin Birgitt Bender? (Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Das ist hier Teamarbeit! – Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Das dient der Erhellung!)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1615721100


Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1615721200

Gerne.


Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615721300

Frau Kollegin Mauz, Sie sagten, dass die Erklärung

ugunsten des Gesundheitsfonds seitens der kassenärzt-
ichen Vereinigungen dadurch motiviert sei, dass sie sich
ine bessere medizinische Versorgung durch mehr finan-
ielle Mittel, die in ihre Länder fließen, versprechen.
lauben Sie, dass den politisch Verantwortlichen in die-

en Ländern inzwischen klar ist, dass nur dann mehr
ittel fließen, wenn die Beitragssätze erhöht werden? In

achsen beispielsweise, wo der Beitragssatz der AOK
urzeit bei 12,9 Prozent liegt, werden sich die Beitrags-
ahler, Arbeitgeber und Versicherte, nach Einführung des
esundheitsfonds mit einem Beitragssatz von 15,5 Pro-

ent konfrontiert sehen. Glauben Sie, dass die Begeiste-
ung anhalten wird?


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Die Begeisterung ist überschäumend!)



Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1615721400

Liebe Kollegin Bender, auch diesen Ländern ist die
irkungsweise des neuen Systems bekannt. Sie wissen,

ass nicht nur ein einheitlicher prozentualer Beitragssatz
orgesehen ist. Sie wissen durchaus, dass die Möglich-
eit von Zu- und Abschlägen im Sinne von Zusatzbeiträ-
en und Rückzahlungen besteht. Insbesondere Kassen,
ie heute einen unterdurchschnittlichen Beitragssatz auf-
eisen, werden diese Möglichkeit nutzen. Genau das be-

ürchten andere Kassen. Der Wettbewerb wird dank der
rhöhten Transparenz hinsichtlich der Kosten und Leis-
ungen nachhaltig gestärkt. Genau das ist ein Aspekt, der

it diesem Fonds erreicht werden soll und auch erreicht
erden wird.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Deshalb sind Sachsen und Thüringen dagegen!)


Es ist doch völlig klar: Zusatzbeiträge sind weniger
ttraktiv und bei den Versicherten weniger leicht durch-
usetzen; es ist einfacher, den prozentualen Beitragssatz
u erhöhen. Es ist richtig, dass wir dieses neue System
inführen. Denn für die Versicherten bietet es mehr
ransparenz, größere Vergleichbarkeit und mehr Mög-

ichkeiten.

Führen Sie sich einmal vor Augen, wie genau der
ostendruck bei den Kassen zu Veränderungen führt: zu
mstrukturierungen in den Verwaltungen, zu mehr Ver-






(A) )



(B) )


Annette Widmann-Mauz
tragsvielfalt und mehr Wahlmöglichkeiten für Leistungs-
erbringer und Versicherte. Der Fonds bietet darüber hi-
naus die Möglichkeit zur temporären Festschreibung der
Lohnnebenkosten und damit auch des Arbeitgeber-
anteils. Das ist der Einstieg in die Möglichkeit zur teil-
weisen Entkoppelung der Gesundheits- von den Arbeits-
kosten. Die Vereinfachung des Beitragseinzugs wird im
Übrigen auch von der Bundesvereinigung der Deutschen
Arbeitgeberverbände begrüßt, weil dies in den Unter-
nehmen zur Entbürokratisierung beiträgt.

Ein weiterer Aspekt, der mit dem Fonds verbunden
ist, wurde bereits angesprochen: die Einführung des
morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs. Er
kann, was das Verhältnis von Krankenkassen und Versi-
cherten betrifft, zu mehr Gerechtigkeit führen. Kassen,
die viele ältere, multimorbide Kranke versorgen, erhal-
ten höhere Zuweisungen als Kassen, die viele Junge und
Gesunde, die keine hohen Kosten verursachen, versi-
chern. Diese Möglichkeit bietet der Fonds. Die Chance
dazu haben wir.

Was die Finanzierung gesamtgesellschaftlicher Auf-
gaben anbelangt: Eine Steuersäule im System eröffnet
Perspektiven für mehr Gerechtigkeit und eine zukunfts-
fähige Finanzierung.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Dafür brauchen Sie den Fonds aber nicht!)


Der Weg zu diesem neuen Finanzierungssystem ist lang
und, wie nicht anders zu erwarten war, schwierig.
Schließlich geht es in diesem System um 150 Milliarden
Euro. Da gibt es viele Interessen. Manche sind berech-
tigt, einige subjektiv verständlich, andere objektiv über-
zogen, und manches, was in dieser Diskussion vorge-
schlagen wird, ist schlichtweg nicht seriös.

Nun möchte ich auf etwas zu sprechen kommen, wo-
mit die FDP vor einigen Wochen begonnen hat und was
sie heute wirklich in Perfektion betreibt, nämlich Ihre
Rechenakrobatik. Zunächst haben Sie windige Zahlen
angeführt und Beitragssatzprognosen ins Parlament ge-
tragen. Ich frage mich, wie man ohne entsprechende Da-
tenbasis überhaupt solche Hochrechnungen durchführen
kann. Das, was Sie heute gemacht haben, hat aber alles
andere übertroffen. Heute mussten Sie sich so sehr ver-
renken, dass selbst die Bild-Zeitung Ihre akrobatischen
Vorführungen aufgegriffen hat. Sie haben die Dinge
nämlich wieder einmal falsch dargestellt, oder Sie sind
auf einem Auge blind.

Sie behaupten, in Zukunft würden 22 Millionen Ver-
sicherte höhere Beiträge zahlen müssen. Diese Zahl ist
zunächst einmal fragwürdig. Sie lässt sich allerdings
auch andersherum lesen. Denn diese 22 Millionen Versi-
cherten werden genau diejenigen sein, die in Zukunft die
Chance haben werden, von ihrer Krankenkasse eine
Auszahlung zu erhalten. Diesen Effekt berücksichtigen
Sie nicht. Sie stellen sich auf einem Auge blind. So ist
keine seriöse Gesundheitspolitik zu machen.

Außerdem sagen Sie, dass es darüber hinaus noch zu
Beitragssatzsteigerungen kommen könnte. Sie müssen
jedoch zugeben: Beitragssatzsteigerungen aufgrund hö-
herer Morbidität – die Menschen werden älter, und

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(C (D rankheiten entstehen –, aufgrund medizinischen Fortchritts und aufgrund neuer Leistungen und Kostensteierungen sind mit und ohne Fonds möglich. Machen Sie en Menschen nichts vor! Das hat mit dem Fonds nämich überhaupt nichts zu tun. Wichtige Etappenziele auf dem Weg zur Einführung es Fonds haben wir noch vor uns, und der Risikostrukurausgleich, der sich noch in der Diskussion befindet, ietet einige Chancen. Es hat doch niemand ernsthaft erartet, dass alle Vorschläge – egal, welcher wissen chaftliche Beirat oder wer auch immer sie einbringt –, elche Krankheiten in diesem System berücksichtiungsfähig sein sollen, auf allgemeine Zustimmung stoen würden; das war völlig klar. Unterschiedliche Inteessen bedingen unterschiedliche Reaktionen. Deshalb ommt es sehr darauf an, dass wir zu einer klugen und or allen Dingen zu einer am Gesetz orientierten Lösung ommen. Ich gebe offen zu: Ich finde nicht, dass alle Standunkte, die das Bundesversicherungsamt vertritt, und lle Vorschläge, die es in der Anhörung gemacht hat, ichtig sind. Ich kann zum Beispiel nicht nachvollziehen, arum eine Schwangerschaft eine ausgleichsfähige rankheit sein soll. Eine Schwangerschaft ist zwar chwerwiegend – das stimmt –, und ein Kind kann, auf as gesamte Leben hochgerechnet, durchaus kostenntensiv sein, aber eine Schwangerschaft ist keine rankheit und erst recht keine chronische Krankheit. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU)


eim Druckgeschwür, Dekubitus, kann man sicherlich
on einer Krankheit sprechen; aber diese Krankheit ist
urch gute Pflege vermeidbar. Ich will nicht, dass wir
chlechtes Pflegemanagement, offensichtliche Qualitäts-
ängel auch noch belohnen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Entscheidungen darüber müssen bis zum 1. Juli
etroffen sein. In wenigen Tagen bekommt das Bundes-
ersicherungsamt mit Josef Hecken, dem bisherigen
aarländischen Sozialminister, einen neuen Leiter. Er
ird – da bin ich mir ganz sicher, und da kann auch die
pposition beruhigt sein – dieses Verfahren zielgerichtet
orantreiben. Ich bin mir sicher, dass die Bearbeitung
tringent erfolgen wird.

Weitere Schritte liegen vor uns: Die Insolvenzfähig-
eit der Kassen muss hergestellt werden. Auch das ist
ine Folge des Fonds. Es ist doch richtig, auch bei Rech-
ungslegung und Buchführung endlich Transparenz ein-
uführen und dafür zu sorgen, dass die Kassen für Ver-
flichtungen, die sie gegenüber den Beschäftigten
ingegangen sind, endlich entsprechende Rückstellun-
en tätigen müssen. Das hat viel mit solider Haushalts-
olitik zu tun; die muss auch für die Krankenkassen gel-
en. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Opposition
ill, dass uns weiterhin Hinterhöfe als Beletage verkauft
nd Zusagen ohne Deckung gemacht werden. Unterstüt-






(A) )



(B) )


Annette Widmann-Mauz
zen Sie uns deshalb dabei, zu mehr Ehrlichkeit und mehr
Transparenz in den Kassenfinanzen zu kommen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wichtig auf dem Weg zur Etablierung des Fonds ist
auch die Verwirklichung der Konvergenzphase; diese
Phase ist ein nötiger Bestandteil des Übergangs zum
Fonds. Jeder von uns weiß, dass es nicht zumutbar wäre,
wenn die Länder, die ein Hochpreissystem haben, von
heute auf morgen sozusagen ins kalte Wasser geworfen
würden. Hierüber wird diskutiert. Die erste Anhörung
hat stattgefunden. Die weiteren Beratungen finden dieser
Tage statt. Ich bin mir sicher, dass sich auch an dieser
Stelle Lösungen finden lassen, die allen gerecht werden,
sodass diejenigen, die heute unterversorgt sind – ich
habe eingangs davon gesprochen –, gute, ausreichende
medizinische Versorgung erhalten, und diejenigen, die
aufgrund hoher Wirtschaftskraft und hohen Lebensstan-
dards andere Versorgungsstrukturen gewohnt sind, diese
auch in Zukunft vorfinden.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1615721500

Frau Kollegin, denken Sie an die Zeit!


Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1615721600

Ich komme zum Schluss. – Wir achten genau darauf,

dass die Regelungen, die im Gesetz vereinbart werden,
so umgesetzt werden, dass das, was gewollt ist, auch ge-
macht wird – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Das
gefällt nicht jedem; das können Sie sich denken. Aber es
hat sich noch immer ausgezahlt, sehr sorgfältig und
gründlich vorzugehen. Das gilt auch für den Weg zum
Fonds, der zum 1. Januar nächsten Jahres kommen soll.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU – Heinz Lanfermann [FDP]: Das war sehr tapfer, Frau Kollegin!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1615721700

Zu einer Kurzintervention erteile ich dem Kollegen

Daniel Bahr das Wort.


Daniel Bahr (FDP):
Rede ID: ID1615721800

Frau Kollegin Widmann-Mauz, Sie haben die Bei-

tragssatzentwicklung angesprochen und unterstellt, wir
würden nicht seriös argumentieren. Deswegen möchte
ich zuerst darauf hinweisen, dass zu Beginn der Legisla-
turperiode der durchschnittliche Beitragssatz bei
14,2 Prozent lag. Laut Koalitionsvereinbarung war es Ihr
Ziel, dass dieser Beitragssatz stabil bleibt oder sogar
sinkt. Er ist mittlerweile auf 14,9 Prozent gestiegen.

Von den 50 Millionen Mitgliedern der gesetzlichen
Krankenkassen, die Beiträge zahlen, sind 22 Millionen
bei einer Kasse versichert, deren Beitragssatz unterhalb
des durchschnittlichen Beitragssatzes von 14,9 Prozent
liegt. Wenn Sie jetzt mit dem Gesundheitsfonds einen
Einheitsbeitragssatz einführen, werden also zumindest
diese 22 Millionen Versicherten eine deutliche Beitrags-
satzsteigerung erleben. Angesichts des Zuteilungssys-
tems ist noch nicht klar und wird auch nächstes Jahr

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(C (D roße Unsicherheit darüber bestehen, wie viel Geld welhe Krankenkasse aus dem Fonds bekommt. Deswegen st es unsicher, ob die Krankenkassen überhaupt eine ückzahlung vornehmen werden – auch im Hinblick arauf, welche Versicherten sie damit anziehen. Weitere 2 Millionen sind bei einer Krankenkasse versichert, deen Beitragssatz heute zwischen 14,9 Prozent und 5,4 Prozent liegt. Zusammen sind das 44 Millionen ersicherte. Auf diese habe ich mich bezogen. Bisher gibt es lediglich Schätzungen, wie sich der eitragssatz entwickeln wird. Doch alle Schätzungen ehen davon aus, dass der Beitragssatz, den Sie für ächstes Jahr festlegen müssen, zwischen 15,0 Prozent nd 15,5 Prozent liegen muss. Dies schätzen die Initiaive Neue Soziale Marktwirtschaft, das Institut für Geundheitsökonomie, die Barmer Ersatzkasse, die Kaufännische Krankenkasse, der Verband der Angestelltenrankenkassen, die Techniker Krankenkasse. Viele haen sich damit auseinandergesetzt. Sogar Herr Kollege auterbach hat gerechnet und gesagt, dass wir einen Bei ragssatz von 15,5 Prozent haben werden. Darauf habe ch mich bezogen. Sie werden in diesem Herbst einen Beitragssatz bechließen müssen, der deutlich oberhalb von 4,9 Prozent liegen wird. Das wissen Sie in der Koaliion auch, weil im Gesundheitsministerium schon überegt wird, wie man diesen Beitragssatzanstieg verhinern kann. Die Ministerin hat doch den Vorschlag emacht, dass erstens der Beitrag für die Bezieher von rbeitslosengeld II aus Steuermitteln erhöht werden oll, damit mehr Geld in die Krankenkassen fließt, und ass zweitens ein Arzneimittelsparpaket geschnürt weren soll, um Einsparungen vorzunehmen, damit dieser eitragssatzanstieg verhindert wird. Das heißt, Sie wis en schon jetzt, dass der Beitragssatz deutlich steigen ird. Der Fonds wird also insgesamt für die Masse der ersicherten in Deutschland zu einer deutlichen Bei ragssteigerung führen. (Beifall bei der FDP – Jens Spahn [CDU/ CSU]: Das war so lang wie die Rede!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1615721900

Wenn Sie Zweifel haben: Das waren genau zwei Mi-

uten und 27 Sekunden.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Jetzt hat die Frau Kollegin Widmann-Mauz die
hance, drei Minuten lang zu erwidern.


Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1615722000

Herzlichen Dank, Herr Präsident. – Lieber Kollege

ahr, Sie müssen sich irgendwann einmal entscheiden.
ie können nicht auf der einen Seite sagen, dass wir hö-
ere Honorare brauchen, dass die Situation in den Kran-
enhäusern verbessert werden muss und dass mehr Geld
urückgezahlt werden muss, und auf der anderen Seite
larmachen, dass die Beiträge nicht steigen dürfen. Sie
önnen nicht auf zwei Hochzeiten gleichzeitig tanzen.






(A) )



(B) )


Annette Widmann-Mauz
Wenn die Honorierung der ambulant tätigen Ärzte
verbessert werden soll – dies wollen wir beide –, dann
wird dies auch zu Beitragssatzsteigerungen führen, ob es
einen Fonds gibt oder nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir können auch Beitragssatzprognosen innerhalb des
heutigen Systems abgeben – ohne Fonds. Es werden
dann genau die gleichen Zahlen herauskommen, wenn
Sie den Durchschnittsbeitrag festlegen. So haben Sie im
Übrigen auch Ihre Berechnungen durchgeführt.

Jetzt komme ich zu den Zahlen. Sie sagen, für
22 Millionen Mitglieder gilt heute ein unterdurchschnitt-
licher Beitragssatz, während sie nach Einführung des
Gesundheitsfonds einen höheren Beitragssatz, nämlich
den durchschnittlichen bezahlen würden. Es ist völlig
klar, dass die Versicherten, die heute einen unterdurch-
schnittlichen Beitragssatz zahlen, dann die Chance auf
eine Beitragsrückgewähr haben.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Das wollen wir einmal sehen!)


Sie sagen, das könnten wir noch nicht genau sagen,
weil noch keine Zahlen über die Höhe der Zuweisungen
vorliegen. Wie können Sie dann aber überhaupt sagen,
wie viele Millionen Versicherte mehr oder weniger be-
zahlen werden? Sie kennen doch auch keine Zahlen.

Das Gleiche gilt übrigens hinsichtlich der Frage, wel-
che Kassen die Chance und das Potenzial haben, Bei-
träge zurückzuzahlen.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Darüber sprechen wir noch einmal!)


Diese Chance ergibt sich ja nicht nur durch die Höhe des
Beitragssatzes. Sie können auch bessere Leistungen an-
bieten. Sie können zum Beispiel Verträge mit Ärzten ab-
schließen und höhere Honorare für bessere Qualität ver-
einbaren. Wollen wir dies den Menschen vorenthalten?
Die Menschen müssen anhand des Preises, anhand der
Zusatzpauschale oder auch anhand der Rückgewähr, ent-
scheiden können, welche Leistung sie für welches Geld
bekommen wollen. Das ist wahre Wahlfreiheit, und das
stärkt den Wettbewerb um die bessere Leistung, um die
bessere Qualität. Deshalb ist dieses System richtig. Wir
sollten alles tun, damit es funktionieren kann, und nicht
den Besitzstandswahrern ständig hinterherlaufen.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1615722100

Jetzt hat der Kollege Frank Spieth von der Fraktion

Die Linke das Wort.


(Beifall bei der LINKEN)



Frank Spieth (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1615722200

Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen!

Sehr geehrte Damen und Herren!


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Machen Sie es kurz!)



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(C (D Ich will es versuchen. – Hätten wir keinen Risikostrukurausgleich in der gesetzlichen Krankenversicherung, ann würden einige Krankenkassen einen Beitragssatz on 7 Prozent und andere einen Beitragssatz von 4 Prozent erheben. Wenn zukünftig ein umfassender orbiditätsorientierter Risikostrukturausgleich einge ührt wird – so hoffe ich es –, dann wird der dann gelende durchschnittliche Beitragssatz der gesetzlichen rankenversicherung selbstverständlich der Beitragssatz ein, der zu erheben ist. Sonst funktioniert das nicht. Das st eine ganz schlichte ökonomische Tatsache. Ob Sie in Saarbrücken, Lübeck, Regensburg, Münhen, am Bodensee oder in Dresden – egal in welcher egion in Deutschland – über die gesetzliche Krankenersicherung diskutieren: Die Bürgerinnen und Bürger aben überhaupt kein Verständnis dafür, dass sie bei dentischen Leistungen der Krankenkassen unterschiedich hohe Beiträge zahlen müssen. ir erklärte in Lübeck kürzlich eine Frau, die bei Aldi n der Kasse sitzt, dass sie wegen Arbeitslosigkeit vor iniger Zeit von Sachsen nach Lübeck gezogen ist und icht verstehen kann, warum sie bei der AOK Sachsen isher einen Beitragssatz von 13,8 Prozent zahlen usste, während es jetzt bei der AOK Schleswig-Hol tein 16,2 Prozent sind. Ein Bauarbeiter aus Erfurt äuerte mir gegenüber kürzlich Ähnliches. Er ist wegen es Arbeitsplatzes nach Hamburg gezogen. Auch er ann nicht verstehen, warum er jetzt bei der IKK in amburg 16,2 Prozent Beitrag zahlen muss, weil es vorer bei der IKK Thüringen nur 13,1 Prozent waren. Nieand kann begreifen, dass innerhalb der AOK und der KK derartige Beitragssatzunterschiede gelten. Erst echt kann niemand begreifen, warum solche Unterchiede von Bundesland zu Bundesland bestehen, obohl überall einheitliche Leistungen aus der gesetzli hen Krankenversicherung zur Verfügung gestellt erden. Die FDP will mit ihrem Antrag diese Situation der nterschiedlichen Beiträge zementieren (Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Wir wollen Wettbewerb!)


(Beifall bei der LINKEN)


nd damit einen der wenigen positiven Punkte der letz-
en Gesundheitsreform kaputtmachen,


(Beifall bei der LINKEN)


ämlich von allen gesetzlich Krankenversicherten in
eutschland den gleichen Beitragssatz zu erheben. Sie
ill mit der Wiederherstellung der Beitragsautonomie
er Krankenkassen im Kern den Erhalt der unterschiedli-
hen hohen Beiträge nach Kassenart und Region. Unter
er Hand hofft sie, auf diesem Weg auch den neuen Ba-
istarif in der privaten Krankenversicherung stoppen zu
önnen. Ein Schelm, der sich dabei etwas denkt.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir nehmen es der FDP nicht ab, dass ihre Absicht
ie Stärkung der gesetzlichen Krankenkassen ist.






(A) )



(B)


Frank Spieth

(Hüseyin-Kenan Aydin [DIE LINKE]: Genauso ist es!)


Wir gehen davon aus, dass es ihr im Wesentlichen um
die Absicherung der Privilegien der privaten Kranken-
versicherung geht.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Aber Ihre Einheitskasse ist der richtige Weg? Das ist Humbug!)


– Herr Bahr, Ihre Zwischenrufe sind sehr verräterisch. –
Das lehnt Die Linke ab.

Die Linke verfolgt ein anderes Ziel:


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Das glauben wir! Das staatlich gelenkte Einheitskonzept!)


Wir wollen die solidarische und soziale Bürgerinnen- und
Bürgerversicherung. Wir wollen, dass alle in Deutschland
lebenden Menschen von allen Einkunftsarten – also auch
von Kapital- und Vermögenseinkommen – den gleichen
prozentualen Beitrag zahlen.


(Beifall bei der LINKEN – Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Also Steuerfinanzierung!)


Wir wollen auch die Abschaffung der Beitragsbemes-
sungsgrenze,


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Das nennt sich dann Steuern!)


damit auch oberhalb von 3 600 Euro Einkommen Bei-
tragszahlungen erfolgen. Denn jetzt werden die Gutver-
dienenden – zum Beispiel Sie als Bundestagsabgeordne-
ter mit einem Einkommen von 7 300 Euro – nur bis zur
Hälfte ihres Einkommens, nämlich den 3 600 Euro, zur
Beitragszahlung herangezogen.


(Zuruf von der SPD: Das trifft alle gesetzlich Versicherten!)


Bei einem durchschnittlichen Beitrag von 15 Prozent
führt dies bei dem Abgeordneten zu einer prozentualen
Beitragsbelastung des Einkommens von 7,5 Prozent.
Das ist gegenüber den Beziehern kleiner und mittlerer
Einkommen nicht mehr zu rechtfertigen.


(Beifall bei der LINKEN)


Wenn wir eine Bürgerinnen- und Bürgerversicherung
auf dieser Grundlage beschließen, könnten wir rechne-
risch einen Beitragssatz von 8,6 Prozent ermöglichen.
Wir wollen damit unsoziale Zuzahlungen und Eintritts-
gebühren abschaffen und den medizinischen Fortschritt
für alle gewährleisten. Deshalb wollen wir die Bürgerin-
nen- und Bürgerversicherung mit einem Beitragssatz
von 10 Prozent für alle einführen.

Wenn Sie darauf achten, wer alles aufschreit, dann
merken Sie genau, worum es im Kern geht. Es geht um
die Zweiklassenmedizin.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1615722300

Herr Kollege Spieth, kommen Sie bitte zum Schluss.

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(C (D Ich komme zum Ende. – Ein Punkt ist mir wichtig: ir brauchen einen krankheitsorientierten Risikostruk urausgleich; denn ohne diesen Ausgleich werden die rankenkassen nicht in der Lage sein, gleiche Leistunen in der Krankenversicherung deutschlandweit auf auer zur Verfügung zu stellen. Sie müssen im Gegen eil erhebliche Zusatzbeiträge von den Versicherten verangen. Das ist unsozial und in keiner Weise akzeptabel. (Beifall bei der LINKEN – Jens Spahn [CDU/ CSU]: Erzählen Sie doch mal was über das Gesundheitssystem der DDR! Über die Zweiklassenmedizin und die DDR können Sie uns was erzählen!)

Frank Spieth (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1615722400

Dass Sie die DDR nicht kapiert haben, machen Sie mit
hren Zwischenrufen sehr deutlich.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1615722500

Ich darf eine Zwischenbemerkung machen, Herr Kol-

ege Spieth. Wenn Sie von den Bundestagsabgeordneten
prechen, dann sollten Sie „wir“ statt „Sie“ sagen. Sie
ind schließlich auch Bundestagsabgeordneter.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Das Wort hat jetzt die Kollegin Carola Reimann von
er SPD-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Carola Reimann (SPD):
Rede ID: ID1615722600

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Schon das

weite Mal in ganz kurzer Zeit haben wir hier im Haus
elegenheit, über den Gesundheitsfonds zu diskutieren.
as machen wir natürlich gerne. Allerdings muss ich
ich über so viel Aufmerksamkeit für ein rein techni-

ches Instrument einer bereits beschlossenen Reform
undern;


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Es ist eben nicht nur Technik!)


enn nicht mehr und nicht weniger ist der Gesundheits-
onds. Er ist ein technisches Element und Teil eines Ge-
amtpaketes „Gesundheitsreform“, die gut angelaufen
st. Vermutlich ist Letzteres der Grund, warum jetzt so
egen den Fonds geschossen wird. Die Gesundheits-
eform als Ganze ist Ihnen als Zielscheibe abhanden ge-
ommen, weil die Menschen merken, dass diese Reform
u zahlreichen Verbesserungen geführt hat und dass kei-
es der Weltuntergangsszenarien, die Sie skizziert ha-
en, eingetreten ist. Dann bleibt nur der Fonds als Objekt
ür wilde Spekulationen.

Dabei schreiben Sie dem Fonds immer wieder Wir-
ungen zu, die ursächlich überhaupt nicht mit ihm zu-
ammenhängen. Wir hatten gerade eine heiße Debatte
ber die Höhe des Beitragssatzes. Nur so viel dazu:
aßgeblich für die Beitragssätze sind die Entwicklung

er sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung und
ie Ausgabenentwicklung. Dies hängt wiederum von der
emografischen Entwicklung und vom medizinischen
ortschritt ab. Ein Gesundheitsfonds ändert an diesen
ußeren Faktoren nichts. Deshalb ist es schlichtweg un-
)






(A) )



(B) )


Dr. Carola Reimann
redlich, Entwicklungen, die ohnehin eingetreten wären,
dem Fonds zuzuschreiben. Dass ein Durchschnitt
berechnet wird, ohne den morbiditätsorientierten Risiko-
strukturausgleich und seine Auswirkungen zu berück-
sichtigen, ist mit Verlaub nichts anderes als eine unter-
komplexe Verschleierung der Tatsachen. Das hat Frau
Widmann-Mauz bereits ausgeführt.

Natürlich wird es einen einheitlichen Beitragssatz ge-
ben. Das hat aber nicht, wie immer behauptet wird, zur
Folge, dass alle Krankenkassen die Beitragssätze anhe-
ben werden und dass für alle Versicherten die Beitrags-
sätze steigen werden. Versicherte, die heute in einer
Kasse mit einem hohen Beitragssatz versichert sind
– darüber haben wir gerade einiges gehört –, können von
einem darunterliegenden einheitlichen Beitragssatz
durchaus profitieren. Aber dieser Fall wird immer ver-
schwiegen genauso wie die Möglichkeit, die Kranken-
kasse zu wechseln, wenn ein Zusatzbeitrag erhoben
wird.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, Sie
sprechen in Ihrem Antrag von einer „Einheitsversiche-
rung unter Ausschaltung des Wettbewerbs“.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Dahin lässt sich der Fonds sehr leicht entwickeln!)


Das klingt natürlich mächtig bedrohlich, hat aber leider
nichts mit der Wahrheit zu tun. Den einzigen Wettbe-
werb, den wir mit dem 100-prozentigen Ausgleich der
Einnahmen und dem Risikostrukturausgleich eindäm-
men, ist derjenige um junge, gesunde und gut verdie-
nende Versicherte.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Den haben Sie über den Zusatzbeitrag!)


Das ist auch gut so; denn dieser Wettbewerb ist schäd-
lich und geht auf Kosten kranker, älterer und sozial
schwacher Versicherter. Diesen schädlichen Wettbewerb
wollen wir nicht.


(Beifall bei der SPD)


Neben dem Thema Beitragssatz wurde auf die Kon-
vergenzklausel verwiesen. Leider ist auch hier einiges an
Verwirrung gestiftet worden, dieses Mal nicht vonseiten
der FDP, sondern vonseiten der wahlkämpfenden Kolle-
ginnen und Kollegen der CSU. Ich will die Gelegenheit
nutzen und zwei Punkte ganz deutlich machen. Erstens.
Das Gutachten von Wasem, Buchner und Wille bean-
standet lediglich die Konvergenzklausel und nicht den
Fonds an sich. Fonds und Klausel sind zwei verschie-
dene Paar Schuhe. Wer wegen der Kritik an der Klausel
den Fonds infrage stellt, übersieht oder verschweigt viel-
leicht absichtlich, dass dieser problemlos auch ohne
Klausel funktioniert.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Aha!)


Zweitens. Die beanstandete Klausel wurde von Herrn
Stoiber persönlich durchgesetzt und in seiner Staats-
kanzlei formuliert. Wenn jetzt die CSU-Generalsekretä-
rin meint, dafür das Bundesgesundheitsministerium ver-
antwortlich machen zu müssen, dann kommt mir

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(C (D nweigerlich das Sprichwort mit dem Glashaus und den teinen in den Sinn. Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich gut und gerne uf diese bayerische Extraklausel – oder sollte ich sagen Extrawurst“? – verzichten könnte. Nicht, dass ich den ayern das nicht gönnen würde! (Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Die bayerische SPD wird das freuen!)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


och wenn Versicherte in Sachsen, Thüringen und
ordrhein-Westfalen dafür zahlen müssen, dass in Bay-

rn beispielsweise die Ärzte höher vergütet werden als
nderswo, sehe ich ein Gerechtigkeitsproblem. Mit die-
er Meinung stehe ich nicht allein. Die Unionskollegen
us den betroffenen Ländern sehen das ähnlich. Unser
olidarisches Gesundheitssystem ist bundesweit ange-
egt. Da Ländergrenzen im Nachhinein einzuziehen, ist
nweigerlich mit Problemen behaftet. Ich hoffe, dass am
nde auch bei der Konvergenzklausel eine vernünftige
nd gerechte Lösung gefunden wird. Hierbei sind in ers-
er Linie die betroffenen unionsregierten Länder gefragt.
ch denke, gerade unter Parteifreunden sollte eine Eini-
ung in dieser Frage möglich sein, damit wir diese sehr
achspezifische, für die meisten sehr schwer zugängliche
iskussion erfolgreich abschließen können.

Danke.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1615722700

Das Wort hat die Kollegin Birgitt Bender von der

raktion Bündnis 90/Die Grünen.


Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615722800

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kol-

egin Reimann, Ihrer Verwunderung darüber, dass wir
ier über den Gesundheitsfonds diskutieren und die For-
erung nach seiner Abschaffung erheben, kann ich ab-
elfen. Als wir im Gesetzgebungsverfahren über den
esundheitsfonds gestritten haben, erschien der Fonds
or allem als eine überflüssige und unsinnige Konstruk-
ion, die keines der Probleme im Gesundheitswesen löst,
eder das Finanzierungsproblem noch das Gerechtig-
eitsproblem. Der überflüssige Fonds wurde von einer
errissenen Koalition beschlossen, die nicht in der Lage
ar, mehr als eine Reformattrappe hinzubekommen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Daniel Bahr [Münster] [FDP])


Liebe Kolleginnen und Kollegen von Union und SPD,
nzwischen zeigt sich aber, dass der Gesundheitsfonds
arüber hinaus eine ganze Reihe von Folgewirkungen
at, die nicht zu unterschätzen sind.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Davor haben wir aber immer gewarnt!)


e tiefer wir in das verkorkste Räderwerk schauen kön-
en, desto mehr Probleme werden deutlich.






(A) )



(B) )


Birgitt Bender

(Beifall der Abg. Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und des Abg. Daniel Bahr [Münster] [FDP])


Da ist zum einen die Konvergenzklausel: Hochmö-
gende Sachverständige legen uns allen dar, dass sie nicht
funktioniert. Wenn sie funktionierte, führte sie zu einer
massiven Unterfinanzierung des Gesundheitswesens.
Wenn man sie vom gröbsten Unsinn befreite, müssten
die Versicherten in Sachsen und Thüringen trotzdem für
das höhere Versorgungsniveau in Bayern und Baden-
Württemberg zahlen. Großartig! Da wird Freude auf-
kommen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es ist auch frühzeitig darauf hingewiesen worden,
dass der Zusatzbeitrag, über den sich Frau Widmann-
Mauz so freut, die Versicherten einseitig belasten wird;
zunehmend wird auch deutlich, dass dadurch Kassen mit
besonders vielen einkommensschwachen und kinderrei-
chen Mitgliedern in besonderer Weise benachteiligt wer-
den.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Richtig!)


Das führt nicht zu Wettbewerb, sondern zu Wettbe-
werbsverzerrung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Daniel Bahr [Münster] [FDP])


Beim Finanzausgleich haben Sie die Zahl der Krank-
heiten, die berücksichtigt werden sollen, unsinniger-
weise auf 50 bis 80 begrenzt. Jetzt zeigt sich, dass dies
zu keinen überzeugenden Ergebnissen führt und dass Sie
in heftige Auseinandersetzungen darüber geraten. Wir
haben es gerade wieder von Kollegin Widmann-Mauz
vorgeführt bekommen: Sie sagen sich gegenseitig, wie
es sein soll und wie es nicht sein soll. Sie streiten da-
rüber wie die Kesselflicker. Ich möchte gerne wissen,
wie Sie den Finanzausgleich zustande bekommen wol-
len.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Wir diskutieren über die Inhalte, Frau Kollegin!)


Meine Damen und Herren, Sie haben jetzt die Gele-
genheit, die Notbremse zu ziehen. Andernfalls wird Ih-
nen, wenn der Einheitsbeitrag festgesetzt werden soll,
ein heißer Herbst bevorstehen.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Ein Sommerlochthema!)


Die einen werden sagen, der Beitrag sei zu hoch; die an-
deren werden sagen, er sei zu niedrig. Die Beitragszah-
lenden werden ausrechnen können, wie viel mehr sie
zahlen müssen. Es ist schon ein paar Mal das Stichwort
Sachsen gefallen: Die Leute, die dort heute einen Beitrag
von 12,9 Prozent zahlen, werden in Zukunft mehr zahlen
müssen, wenn der Beitrag bei 15,5 Prozent liegt.

Frau Widmann-Mauz, Sie haben eben gesagt, die kas-
senärztlichen Vereinigungen freuten sich, dass mehr
Geld ins System komme. Als ich Ihnen vorhielt, das be-
deute, dass man in dem entsprechenden Bundesland hö-

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(C (D ere Beiträge zahlen müsse, sagten Sie: Das macht ichts; die Kassen können das Geld wieder ausschütten. as denn nun? (Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Sie haben das immer noch nicht verstanden!)


enn es dazu käme, dass der Beitragssatz beispielsweise
n Sachsen signifikant steigt und die Kassen anschlie-
end das Geld an die Versicherten zurückzahlen, dann
üssten die Arbeitgeber immer noch einen höheren Bei-

rag leisten. Das heißt, es käme zu einer Belastung des
aktors Arbeit auf der Arbeitgeberseite. Erörtern Sie
inmal mit den dortigen Verbänden, was das für die Ar-
eitsplätze in Sachsen bedeutet!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Daniel Bahr [Münster] [FDP] – Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Frau Bender wird mir immer sympathischer!)


ch würde diese Debatte an Ihrer Stelle schleunigst be-
nden.

Tatsächlich ist es doch so: Sie werden der vielen Pro-
leme nicht Herr und nicht Frau. Es geht Ihnen wie dem
auberlehrling, der die Geister, die er rief, nicht mehr

oswird. Ein alter Zaubermeister, der beistehen kann, ist
uch nicht in Sicht. Deswegen sollten Sie diesen Hokus-
okus einfach beenden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1615722900

Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat

etzt der Kollege Peter Friedrich von der SPD-Fraktion
as Wort.


(Beifall bei der SPD)



Peter Friedrich (SPD):
Rede ID: ID1615723000

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

en! Verehrte Gäste auf der Tribüne! Herr Bahr, Sie ha-
en vorhin auf eine ganze Reihe von illustren Leuten re-
urriert, die angeblich Ihrer Meinung sind. Ich gebe
hnen offen zu: Ich habe einen Dissens mit der Landtags-
raktion von Baden-Württemberg. Aber wo ist denn bitte
chön die mutige Bundesratsinitiative der schwarz-gel-
en Landesregierung von Baden-Württemberg, die den
onds endgültig zu Fall bringt? Wenn Sie den Mund in
ieser Richtung aufmachen, dann müssen Sie doch ge-
au an der Stelle ansetzen.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Wir sind hier im Bundestag!)


s ist Scheinmut, der hier vorgetragen wird, aber kein
andlungsmut.


(Beifall bei der SPD)


as ist genau die gleiche Form von Theaterdonner, die
ir auch in Bayern wegen der Konvergenzklausel erle-
en. Auch das ist ein Scheingefecht in den bayerischen
rbfolgekriegen, aber das ist nicht wirklich förderlich
ur Lösung der Frage.






(A) )



(B) )


Peter Friedrich

(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt erklären Sie uns mal, warum Sie für den Gesundheitsfonds sind! Wir sind ganz Ohr!)


In Wahrheit agitieren Sie übrigens nicht etwa gegen
den Fonds, weil Sie etwas gegen den Fonds als solchen
hätten,


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Da kann ich Sie beruhigen!)


Ihr Punkt ist ein ganz anderer. Sie agitieren in Wahrheit
gegen den Risikostrukturausgleich. Das ist der wahre
Grund, der dahintersteckt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Sie haben das Bild im Kopf, dass Gesundheit eine Ware
ist, deren Preis am Markt gebildet wird. Ihr Bild ist der
Wettbewerb, der regiert, aber nicht die Frage, wie es um
Solidarität bestellt ist und was wir machen können, um
die Versorgung der Patientinnen und Patienten zu opti-
mieren. Für Sie ist Risikoselektion ein Wettbewerbs-
instrument. Genau das wollen und werden wir mit
diesem Fonds unterbinden. Deswegen brauchen wir ihn
auch.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Der zweite Punkt ist folgender: Wir erleben eine Dis-
kussion darüber, wie weit die Solidarität im Gesund-
heitswesen eigentlich reicht. Die eigentliche Frage, die
dahintersteht, wenn wir uns einmal über die technische
Ebene der Finanzströme erheben, lautet: Wie ist denn die
Versorgungsrealität in Deutschland, und woher kommen
die Unterschiede? Ich sage Ihnen ganz offen: Ein solida-
risches Gesundheitswesen kann nicht akzeptieren, dass
wir Landstriche haben, in denen man 50, 60 Kilometer
fahren muss, um den ersten Hausarzt zu erreichen, und
dass wir andere Regionen haben, wo sich die Ärzte ge-
genseitig auf den Marktplätzen, insbesondere in Süd-
deutschland, auf den Füßen herumstehen. Das kann nicht
unser Bild von einem solidarischen Gesundheitswesen
sein.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Aber eine besondere Größe, so finde ich, haben die
Grünen mit ihrem Antrag an den Tag gelegt. Sie schrei-
ben, der Fonds löse keine Probleme. Als ob die Unter-
schiede in den Beitragssätzen kein Problem wären. Dazu
wurde schon einiges gesagt. Erst sagen Sie, Sie wollten
keinen Fonds und dieser müsse gestoppt werden, und
dann legen Sie uns einen Vorschlag für einen morbidi-
tätsorientierten Risikostrukturausgleich grüner Bauart
auf den Tisch, der faktisch den gleichen 100-prozentigen
Einkommensausgleich durch die Hintertür wieder ein-
führt. Sehr geehrte Frau Bender, Sie hätten das dann
vielleicht „grünes Töpfle“ genannt, aber es ist faktisch
exakt das Gleiche. Es ist ein 100-tprozentiger Einkom-
mensausgleich, den wir im Sinne der Solidarität in
Deutschland brauchen. Sehen Sie, Sie wünschen, und
wir handeln.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


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(C (D Herr Kollege Friedrich, erlauben Sie eine Zwischen rage der Kollegin Bender? Ja. Bitte schön. Herr Kollege Friedrich, da Sie gerade von Töpfen prechen: Sie haben neulich die Öffentlichkeit mit dem orschlag beschäftigt, alle Zuzahlungen im Gesundeitswesen abzuschaffen. Erklären Sie uns doch einmal, ie das mit dem Gesundheitsfonds geht und was es mit er Weinsteuer auf sich hat, die Sie dafür einführen wolen. Frau Bender, im Gegensatz zu Ihnen habe ich einen omplett gegenfinanzierten Vorschlag auf den Tisch geegt. Die Frage der Zuzahlung ist völlig unabhängig vom onds, genauso wie die Beitragshöhe mit dem Fonds ichts zu tun hat. Ich kann verstehen, dass man immer as gleiche Abziehbildchen nimmt, weil man gerne mit llen Wölfen im Gesundheitswesen heulen will; aber aktisch haben diese Fragen nichts miteinander zu tun. ch bin gegen Zuzahlungen im Gesundheitssystem, weil ie dann fällig werden, wenn die Menschen krank sind nd das System brauchen. Deswegen möchte ich, dass ir von den Zuzahlungen wieder wegkommen; denn das st keine Finanzierungsgrundlage. (Beifall bei der LINKEN – Jens Spahn [CDU/ CSU]: Sie sollten die Partei wechseln!)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1615723100
Peter Friedrich (SPD):
Rede ID: ID1615723200
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1615723300
Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615723400
Peter Friedrich (SPD):
Rede ID: ID1615723500

Auch Herr Bahr war sehr wahllos in der Auswahl sei-
er Verbündeten. – Ich habe einen komplett gegenfinan-
ierten Vorschlag vorgelegt.

Der Fonds ist nicht das Problem. Sie nutzen den
onds, um all die Kritik, die vorhanden ist, auf einen
unkt zu projizieren, der in Wahrheit nicht das Problem

st. Die Frage ist, wie wir eine vernünftige Versorgungs-
teuerung in Deutschland hinbekommen. Die Frage ist,
ie wir Solidarität in diesem System organisieren kön-
en. Das erreichen wir mit dieser Reform. Insofern kön-
en Sie weiter mit den Wölfen im Gesundheitssystem
eulen. Das Gesetz ist auf dem Weg, und ich warte im-
er noch gespannt auf die Gesetzesinitiative der vielen
andesregierungen im Bundesrat, die angeblich alle ge-
en den Fonds sind.

Danke.


(Beifall bei der SPD – Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Die Gesetzesinitiative liegt hier im Bundestag, wo sie hingehört! – Jens Spahn [CDU/CSU]: Er wandert schon Richtung Linkspartei!)







(A) )



(B) )


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1615723600

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf

den Drucksachen 16/7737 und 16/8882 an die in der Ta-
gesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann
sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 11 a und 11 b so-
wie die Zusatzpunkte 5 und 6 auf:
11 a) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/

CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Änderung des Bundeskindergeld-
gesetzes
– Drucksache 16/8867 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Haushaltsausschuss mitberatend und gemäß § 96 GO

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend (13. Ausschuss) zu dem An-
trag der Abgeordneten Diana Golze, Klaus Ernst,
Dr. Martina Bunge, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion DIE LINKE
Kinderarmut bekämpfen – Kinderzuschlag
ausbauen
– Drucksachen 16/6430, 16/8915 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Ingrid Fischbach
Wolfgang Spanier
Ina Lenke
Elke Reinke
Ekin Deligöz

ZP 5 Beratung des Antrags der Abgeordneten Ekin De-
ligöz, Markus Kurth, Brigitte Pothmer, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion BÜND-NIS 90/
DIE GRÜNEN
Kinderzuschlag weiterentwickeln – Fürsorge-
bedürftigkeit und verdeckte Armut von Er-
werbstätigen mit Kindern verhindern und be-
kämpfen
– Drucksache 16/8883 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Ausschuss für Arbeit und Soziales

ZP 6 Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-
gierung
Bericht über die Auswirkungen des § 6 a des
Bundeskindergeldgesetzes (Kinderzuschlag)

sowie über die gegebenenfalls notwendige Wei-
terentwicklung dieser Vorschrift
– Drucksache 16/4670 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Haushaltsausschuss

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(C (D Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Es gibt keien Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Reder das Wort dem Parlamentarischen Staatssekretär r. Hermann Kues für die Bundesregierung. Dr Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der inderzuschlag ist nicht nur ein gezieltes Instrument zur ekämpfung der Kinderarmut; er hilft auch und gerade enen Eltern, deren Einkommen für sie selbst reicht, die ber nicht genug verdienen, um auch ihre Kinder zu verorgen. Die Folge ist dann, dass diese Familien trotz Areit auf Hartz IV angewiesen sind. Der Kinderzuschlag st deshalb auch ein Signal an Mehrkinderfamilien, an lleinerziehende und an Familien im Niedriglohnbe eich: Arbeiten lohnt sich; man kann es selbst schaffen. Es hilft nicht, Kinderarmut allein zu beklagen; man uss sich im Kampf gegen die Kinderarmut auch über nstrumente unterhalten. Man darf nicht nur auf die Kiner schauen, sondern sollte auch die Eltern in den Blick ehmen. Wenn man das tut, dann stellt man im Wesentlihen zwei Ursachen für Kinderarmut fest. Erste Ursache: Kinder leben in Armut, weil ihre Elern keine Arbeit haben. Wir haben in dieser Legislatur iniges auf den Weg gebracht, Stichwort „Elterngeld“ nd „Ausbau der Kinderbetreuung“. Damit unterstützen ir insbesondere Eltern und Alleinerziehende, die in ih en verschiedenen Lebenslagen und -phasen mit Kind eiem besonderen Armutsrisiko ausgesetzt sind, und wir chaffen Rahmenbedingungen, die es ermöglichen, dass ie einem Beruf nachgehen. Zweite Ursache – sie ist für mich besonders bedrükend –: Kinder leben auch deshalb in Armut, weil sie in inderreichen Familien aufwachsen, in denen die Eltern ühe haben, mit knappem Einkommen über die Runden u kommen. Hier setzt der Kinderzuschlag an. Er ist eine er entscheidenden Leistungen, um Mehrkinderfamilien u erreichen. Den Kinderzuschlag gab es schon bislang; aber das erfahren zu seiner Beantragung war sehr kompliziert: s musste eine Mindesteinkommensgrenze individuell erechnet werden. Das Verfahren war dadurch wenig ransparent, auch und nicht zuletzt für die Antragsteller. ir setzen jetzt ganz klare Einkommensgrenzen: 00 Euro Mindesteinkommen für Alleinerziehende und 00 Euro für Paare. Die Eltern können so leicht rkennen, ob sie für den Kinderzuschlag in Betracht ommen oder nicht. Ein Paar, das 900 Euro zum Lebensnterhalt beiträgt, und eine Alleinerziehende oder ein lleinerziehender, der 600 Euro zum Lebensunterhalt eiträgt – man bezieht nur wegen der Kinder Arbeitsloengeld II –, werden durch den Kinderzuschlag unabängig vom Bezug von Arbeitslosengeld II. Eine zweite Änderung betrifft die Abschmelzrate. Neen der Einkommensgrenze wird auch die Abschmelz Parl. Staatssekretär Dr. Hermann Kues rate für Einkommen aus Erwerbstätigkeit von 70 auf 50 Prozent gesenkt. Die Eltern können auf diese Art und Weise mehr als bisher von dem selbst erwirtschafteten Einkommen behalten. Dadurch schaffen wir durchgehend einen Erwerbsanreiz. Das Beste: Im Zusammenspiel mit der Wohngeldreform erreichen wir mit dem neuentwickelten Kinderzuschlag eine Viertelmillion Kinder. Ab dem 1. Januar 2009 erhalten insgesamt 70 000 Familien mehr Unterstützung. Ich finde, das ist eine sehr positive Entwicklung. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Johannes Singhammer [CDU/ CSU]: Ein echter Fortschritt!)

Dr. Hermann Kues (CDU):
Rede ID: ID1615723700




(A) )


(B) )


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


– Das ist nicht nur ein familienpolitischer Fortschritt.
Wir erreichen damit gerade Familien im Niedriglohnbe-
reich. Sie werden auf diese Art und Weise entlastet.

Ich bin mir sicher, dass wir mit unserem Gesamtkon-
zept – angefangen bei der Einführung des Elterngeldes
und dem Ausbau der Kinderbetreuung für die unter Drei-
jährigen, fortgeführt mit der jetzt vorgelegten, vom Ka-
binett beschlossenen Weiterentwicklung des Kinderzu-
schlags und mit einer im Winter anstehenden klugen
Staffelung des Kindergeldes – auf dem richtigen Weg
sind, die Kinderarmut in Deutschland so gering wie
möglich zu halten. Wir geben damit das klare Signal an
alle: Arbeiten für die eigene Familie, das lohnt sich.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1615723800

Das Wort hat die Kollegin Ina Lenke von der FDP-

Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Ina Lenke (FDP):
Rede ID: ID1615723900

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich gebe

Herrn Dr. Kues recht: Grundsätzlich sind alle Maßnah-
men zu begrüßen, die Eltern und ihre Kinder vor
Hartz IV bewahren. Unserer Meinung nach eignet sich
der Kinderzuschlag in der jetzt vorliegenden Form nicht
dazu. Mein ehemaliger Kollege Klaus Haupt hat für die
FDP in Bezug auf den Vorgänger des rot-grünen Geset-
zes zum Kinderzuschlag 2005 erklärt – das ist schon drei
Jahre her –: Der Kinderzuschlag ist bürokratisch, seine
Effekte sind nicht zielgerichtet und verwirrend. Es ist
kaum nachzuvollziehen, wie ein derart schlampig kon-
struiertes Gesetz als Sozialleistung den Bundestag über-
haupt verlassen konnte.


(Beifall bei der FDP – Widerspruch bei der SPD)


Vor drei Jahren haben Sie genauso protestiert wie heute.
Das Gesetz war schon damals mit vielen Fehlern, Un-
klarheiten und viel Bürokratie behaftet; Sie hätten es
sonst nicht in vielerlei Hinsicht verbessert. Wir haben
also damals recht gehabt.

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(C (D Ich möchte auch etwas im Hinblick auf den antragtellenden Bürger sagen. Schauen Sie sich das einmal an. as ist die Mappe, die man als Bürger ausfüllen muss, m an den Kinderzuschlag zu kommen. Das Antragsforular allein ist über 30 Seiten lang. Die Bürger wurden, achdem sie diese Anträge abgegeben haben, bitter entäuscht. Die folgende Zahl müssen Sie sich leider anhöen: 12 Prozent der Antragsteller und Antragstellerinnen rhielten bisher den Kinderzuschlag. 88 Prozent der Anragsteller bekamen nichts. Das heißt, sie haben den Anrag ausgefüllt und bekamen eine Absage. Als FDP-Politikerin kritisiere ich ganz besonders, ass 18 Prozent der Gesamtausgaben für Bürokratie verendet werden. Herr Dr. Kues, in Ihrem Gesetzentwurf ich habe ihn natürlich genau durchgelesen – steht: Es teigen die Bürokratiekosten von 17 Millionen Euro auf 6 Millionen Euro. Sie erzählen uns also, dass alles einacher wird und die Leute alles besser verstehen. Die ürokratiekosten steigen aber. Bisher – das hat Herr Kues zugeben müssen – gab es eine Anreize, aus dem Zuschusssystem auszusteigen. enn Eltern mehr Geld verdienten, mussten sie für je en zusätzlich verdienten Euro 70 Prozent abgeben. Wer at das gemacht? Wo sind da eigentlich die Arbeitsaneize? Wir sind uns alle einig. Deshalb haben Sie gesagt: er Staat soll nicht 70 Prozent, sondern 50 Prozent von edem zusätzlich verdienten Euro bekommen. Die Aussage im Evaluierungsbericht des Gesetzes um Kinderzuschlag lautet – daran würde ich Sie gern rinnern –: In manchen Konstellationen führt zusätzliches Erwerbseinkommen sogar zu einem Rückgang des verfügbaren Einkommens der Familie. Sie haben also ein Gesetz gemacht, durch das die Failien noch weniger Geld haben als vorher; das hat Pro nos gesagt und nicht die FDP. Die FDP-Bundestagsfraktion bezweifelt, dass das onzept eine gute Balance von Unterstützung und Hilfe ur Selbsthilfe beinhaltet. Wir dürfen auch nicht vergessen, was Sie gemacht haen, als Sie die Regierung neu bildeten: Sie haben die alschen politischen Entscheidungen für die Eltern geroffen. Die Familien haben seit Jahren weniger Geld in er Tasche. Das ist auf Ihre Entscheidungen zurückzuühren: Sie haben die Mehrwertsteuer von 16 auf 9 Prozent erhöht. Sie haben die Haushaltskassen belaset. Jetzt plötzlich muss ein Kinderzuschlag kommen, amit die Familien einigermaßen bei Kasse sind. Pampers werden mit 19 Prozent besteuert, der Staat ekommt also 19 Prozent des Preises. Eine Packung ampers kostet 12 Euro. Das Produkt ist teurer geworen: Die Hersteller haben zwar den Preis nicht erhöht, ber eine Pampers-Windel weniger hineingetan. Daurch ist der Preis indirekt erhöht worden. Ina Lenke Von den vollmundigen Ankündigungen von Ronald Pofalla, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/ CSU, dass er die Besteuerung von all den Dingen, die mit Kindern zu tun haben – dazu gehören ja auch Pampers –, überprüfen und in der Koalition dafür sorgen will, dass sie nicht mehr mit 19, sondern mit 7 Prozent besteuert werden, habe ich nie wieder etwas gehört. (Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Wir haben eine Menge geschafft für die Kinder!)


(Die Rednerin hält ein Schriftstück hoch)


(Beifall bei der FDP)





(A) )


(B) )


– Von Ihnen, Herr Singhammer, habe ich auch nichts ge-
hört. Das heißt, Sie werden das in dieser Koalition nicht
zustande bekommen.

Zum Schluss, meine Damen und Herren, will ich
noch auf einen besonderen Punkt, der mich enorm är-
gert, eingehen. Ich bitte Sie, diese Kritik auch anzuneh-
men, weil es hier rein um die Sache geht. Ich kritisiere,
dass die Bundesregierung soziale Leistungen ausweiten
will, ohne das Ergebnis der Prüfung der 145 ehe- und fa-
milienbezogenen Leistungen abzuwarten. Seit Novem-
ber 2006 wird im Ministerium geprüft und geprüft und
geprüft. Die FDP will jetzt endlich wissen, welche der
historisch gewachsenen Leistungen für Ehe und Familie
– es handelt sich ja um insgesamt 185 Milliarden Euro
im Jahr – die Familien wirklich erreichen und ihnen hel-
fen. Erst dann, wenn das Ergebnis vorliegt, sollte man
neue Leistungsgesetze erlassen. Auch der Deutsche Ge-
werkschaftsbund ist von dem von Ihnen eingeführten
Kinderzuschlag überhaupt nicht begeistert.

Ich komme zum Schluss: Der Ausschuss für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend wird ja eine Anhörung
durchführen. Ich meine, es wäre klug von der Bundesre-
gierung, vor Verabschiedung des vorgelegten Gesetzes
erst das Ergebnis der Analyse der 145 ehe- und familien-
bezogenen Leistungen abzuwarten und dann gemeinsam
nach besseren Lösungen zu suchen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1615724000

Das Wort hat der Kollege Wolfgang Spanier von der

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Wolfgang Spanier (SPD):
Rede ID: ID1615724100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es

ist richtig: Kinderarmut ist Elternarmut. Es ist auch
richtig – das ist hier ebenfalls schon gesagt worden –:
Die beiden wichtigsten Ursachen für Armut der Eltern
sind Arbeitslosigkeit und die sich leider immer weiter
ausbreitenden Niedriglöhne. Dieser Punkt macht uns in
den letzten Jahren zunehmend Sorge. Bei den Eltern
muss man sicherlich auch noch eine Differenzierung
vornehmen: Besonders die Gruppe der Alleinerziehen-
den hat ein weit überdurchschnittliches Armutsrisiko.


(Ina Lenke [FDP]: Sie kriegen ja kein Ehegattensplitting!)


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(C (D amit sind auch deren Kinder in besonderer Weise von rmut betroffen. Es ist von Herrn Kues zu Recht gesagt orden: Das Ziel des Kinderzuschlags ist es, genau an ieser Stelle anzusetzen. Wir setzen damit genau an der ichtigen Stelle an, indem wir uns bemühen, die Ererbseinkommen von Eltern mit Kindern so aufzusto ken, dass sie nicht mehr auf Leistungen gemäß dem Soialgesetzbuch angewiesen sind. Den Kinderzuschlag gibt es nun in Deutschland schon inige Jahre. Im Jahr 2007 haben ihn immerhin 6 000 Familien mit rund 100 000 Kindern erhalten. Er at dort genau das bewirkt, was ich eben gesagt habe: ie haben keine Hilfen mehr gemäß SGB II nötig. Der erbesserte Kinderzuschlag wird 2009 – die Zahl ist ebenalls schon genannt worden – immerhin 106 000 Famien, also fast drei Mal so viele, erreichen. Auf diese eise werden 250 000 Kinder keine Leistungen mehr emäß SGB II nötig haben. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Summen, die gezahlt worden sind, lassen sich
urchaus sehen. Im Jahr 2007 waren es pro Familie
urchschnittlich immerhin 253 Euro und pro Kind
urchschnittlich immerhin 91 Euro. Ich glaube, dass da-
it erwiesen ist, dass der Kinderzuschlag wirklich ein
irksames Instrument ist.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Frau Lenke, Sie haben vorhin darauf hingewiesen,
ass wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf einige
eränderungen am bisherigen Kinderzuschlag vorneh-
en. Ich glaube, das Parlament ist insgesamt gut bera-

en, nicht zu glauben, dass die Gesetze, mit denen be-
timmte Ziele und bestimmte Wirkungen verfolgt
erden sollen, auf ewig und drei Tage gültig sind. Wir
üssen vielmehr immer überprüfen, ob die Ziele, die wir

ngestrebt haben, auch tatsächlich erreicht worden sind.
ir nennen das Evaluation. Das ist mittlerweile auch

ine Selbstverständlichkeit.


(Ina Lenke [FDP]: Das ist doch nicht neu!)


enn dann festgestellt wird, dass Dinge nicht so laufen,
ie wir uns das vorgestellt haben, dann ist es unsere

elbstverständliche Pflicht, Korrekturen vorzunehmen.
as als Fehler oder sonst etwas zu bezeichnen, bringt
ns nicht weiter, es sei denn, man ist im Zustand der All-
issenheit, aber das nehmen Sie sicherlich von sich auch
icht an.

Die entscheidende Hürde war das Mindesteinkom-
en. 53 Prozent der abschlägig beschiedenen Anträge

ind damit begründet worden. Also haben wir genau da
ie Korrektur vorgenommen und das Mindesteinkom-
en herabgesenkt. Das wird dazu führen, dass deutlich
ehr Familien in den Genuss des Kinderzuschlages

ommen.

Eine Hürde ist allerdings nach wie vor da. Mit dem
rwerbseinkommen, dem Kindergeld, dem Wohngeld
nd dem Kinderzuschlag muss die Hürde der SGB-II-
eistungen, die man sonst bekommen könnte, über-






(A) )



(B) )


Wolfgang Spanier
schritten werden. Hier möchte ich auf eine Gruppe hin-
weisen, die ich schon einmal erwähnt habe, nämlich die
Alleinerziehenden. Ein „Vorteil“, den sie haben, dass sie
nämlich bei den SGB-II-Leistungen 125 Euro aufgrund
ihres Mehrbedarfes bekommen, erweist sich hier als eine
Hürde. Sie müssen zusammen mit den Leistungen, die
ich gerade genannt habe, nachweisen, dass sie diese
125 Euro überschreiten. Damit erweist sich diese Rege-
lung als „Nachteil“. Wir sollten überprüfen, ob wir
hieran im Laufe der Beratungen noch etwas ändern kön-
nen.

Genauso sollten wir prüfen – das will ich an dieser
Stelle anmerken –, ob der Gedanke der Wahlfreiheit, der
ja in den vorbereitenden Diskussionen und Gesprächen
eine Rolle gespielt hat, nicht doch noch zum Tragen
kommen könnte. Das würde natürlich – das sage ich
ganz offen – beträchtliche Mehrkosten bedeuten.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1615724200

Herr Kollege Spanier, erlauben Sie eine Zwischen-

frage der Kollegin Ina Lenke?


Wolfgang Spanier (SPD):
Rede ID: ID1615724300

Sehr gerne, Frau Lenke.


Ina Lenke (FDP):
Rede ID: ID1615724400

Herr Spanier, Sie haben gerade für die Alleinerzie-

henden die verschiedenen Hilfen genannt, nämlich das
Kindergeld, den Kinderzuschlag, das Wohngeld und den
zusätzlichen Zuschlag für Alleinerziehende. Das sind
vier Leistungen. Wäre es nicht besser, wenn man das
Ganze nach der Evaluierung der 145 Leistungen bündeln
und keine Einzelleistungen mehr zahlen würde? Selbst
wir kommen ja schon kaum mit all den Einzelleistungen
zurecht. Wie soll man das von einer Bürgerin erwarten?
Sie kann natürlich zu einem Amt gehen, wo es ihr dann
erläutert wird. Nichtsdestotrotz halte ich das für ein sehr
undurchsichtiges System. Vonseiten der Bürger wird in
Richtung Politik kritisiert, den Alleinerziehenden werde
nicht geholfen. Deshalb wäre es wirklich besser, solche
Dinge zu bündeln. Von daher habe ich für die FDP da-
rum gebeten, erst einmal abzuwarten, wie im August die
Evaluierung der 145 Leistungen ausfällt. Können Sie
mir Ihre Meinung dazu sagen?


Wolfgang Spanier (SPD):
Rede ID: ID1615724500

Mittlerweile stehe ich den ganz einfachen Bierdeckel-

lösungen skeptisch gegenüber.


(Beifall von Abgeordneten der SPD – Ina Lenke [FDP]: Ist doch nicht einfach!)


Aber Sie haben bei Folgendem recht, Frau Lenke: Dass
die 145 Familienleistungen – wie viele sind es denn ge-
nau? –


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: 142!)


auf den Prüfstand gestellt werden und deren Wirksam-
keit nach einheitlichen Kriterien miteinander verglichen
wird, fordern auch wir ein. Hier schaue ich in Richtung
Regierungsbank.

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(C (D Eng verschränkt sind Kindergeld und Wohngeld. eswegen bin ich persönlich, aber sind sicherlich wir ozialdemokraten alle froh, dass wir morgen in diesem aus eine deutliche Verbesserung des Wohngeldes be chließen werden, weil Kindergeld und Wohngeld eng iteinander zusammenhängen. Eines ist aber klar: Wir wollen die Wirkung des Kinerzuschlages nicht überschätzen. Wenn wir sozusagen as Übel wirklich an der Wurzel packen wollen, wirklich twas gegen Niedrigeinkommen tun wollen – hier chaue ich in Richtung CDU/CSU –, dann werden wir m die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns nicht erumkommen. Wir sollten wenigstens bei den acht ranchen, die sich tarifvertraglich geeinigt haben, die llgemeinverbindlichkeit gemeinsam durchsetzen. Dait würden wir 1,5 Millionen Beschäftigten einen ver ünftigen Lohn verschaffen und somit viel mehr Famiien als beim Kinderzuschlag aus dem SGB-II-Bezug erausholen. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht Gefahr laufen, tückwerk zu machen. Geld ist wichtig, aber – das will ch an dieser Stelle ausdrücklich sagen – es ist nicht hineichend. Ein ganz entscheidender Faktor ist Bildung, enn man an ein Gesamtkonzept zur Bekämpfung von inderarmut geht. Damit komme ich zum Vorschlag der Linken. Die inke schlägt eigentlich keine Veränderung des Kinderuschlages vor, sondern im Grunde genommen eine Alernative. Frau Deligöz hat von diesem Pult aus schon inmal sehr deutlich und sehr kritisch angemerkt, dass in iesem Antrag offensichtlich etwas durcheinandergeht. – ch wollte Sie jetzt nicht wörtlich zitieren; (Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Danke schön!)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der SPD)


ber daran erinnern wollte ich doch.

Was die Linke hier vorschlägt, ist kein Kinderzu-
chlag, sondern eine Grundsicherung – so weit, so gut –
n Höhe von 420 Euro. Sie müssen dabei aber – das ist
in Gebot der Redlichkeit – folgenden Zusammenhang
ehen: Wenn Sie die Grundsicherung so erhöhen und
raktisch das Sozialgeld für Kinder verdoppeln, heben
ie das Existenzminimum an. Dann müssen Sie auch
en Steuerfreibetrag für Kinder – nicht eins zu eins, aber
n einer annähernd gleichen Größenordnung – erweitern.
as müssen Sie, weil das ein ausdrückliches Gebot des
undesverfassungsgerichts ist, ob einem das passt oder
icht.

Wenn Sie also für die armen Kinder etwas tun wollen,
üssen Sie gleichzeitig etwas für diejenigen Eltern tun,

ie über 60 000 Euro im Jahr verdienen; sie profitieren
ämlich in besonderer Weise vom Freibetrag. Konse-
uenterweise müssen Sie dann auch an die Eltern den-
en, die unter 60 000 Euro im Jahr verdienen, und eine
rhöhung des Kindergeldes in Betracht ziehen. Eine Er-
öhung des Kindergeldes um 10 Euro kostet 2 Milliar-
en Euro. Wenn Sie das Kindergeld – ich rede nicht






(A) )



(B) )


Wolfgang Spanier
einmal von einer Verdoppelung – nur um 50 Euro erhö-
hen würden, was Sie tun müssten, wären das schon
10 Milliarden Euro. Und damit werden Sie nicht aus-
kommen.

Diesen Zusammenhang muss man sehen, bei allem
guten Willen, der vielleicht – oder mit Sicherheit; das
will ich Ihnen zugestehen – dahintersteckt. Das müssen
Sie machen; darum kommen Sie nicht herum.

Das heißt, wenn Sie davon reden, eine Grundsiche-
rung von 420 Euro einführen zu wollen, dann reden Sie
in Wirklichkeit von einer Ausgabensteigerung um 20 und
mehr Milliarden Euro pro Jahr. Wie soll man einen sol-
chen Vorschlag nennen?


(Christel Humme [SPD]: Unlauter!)


Wie soll man einen solchen Vorschlag bewerten? Ich
enthalte mich.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben noch Ge-
legenheit, den Gesetzentwurf intensiv zu beraten. Es
wird auch eine Anhörung geben. Ich glaube, dass wir
über das eine oder andere Thema – ich habe die Allein-
erziehenden genannt, die wir besonders im Auge haben;
aber ich habe auch das Thema Wahlfreiheit genannt –
noch sprechen müssen. Ich bin niemand, der nicht auch
die finanziellen Rahmenbedingungen sieht, der sozusa-
gen großzügig zusätzliche Wohltaten verteilt. Aber wir
sind uns einig: Wir wollen an dieser Stelle ganz gezielt
Menschen helfen, die trotz Erwerbsarbeit für den Unter-
halt ihrer Kinder nicht aufkommen können. Deswegen
ist es der Mühe wert, in den anstehenden Gesprächen al-
les zu versuchen, die Regelungen möglichst optimal zu
gestalten.

Ich danke Ihnen fürs Zuhören.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1615724600

Das Wort hat jetzt die Kollegin Elke Reinke von der

Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Elke Reinke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1615724700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Werte Gäste! Es ist ein Hohn, dass die SPD, aber auch
die Grünen uns immer wieder erzählen wollen, sie hätten
mit Hartz IV nicht die Kinderarmut auf 2,6 Millionen
verdoppelt, sondern die verdeckte Armut sichtbar ge-
macht.


(Kerstin Griese [SPD]: Das haben wir auch!)


Auf diese Großtat von SPD und Co, endlich sichtbare
Armut erleben zu dürfen, hätten Millionen von Kindern
in Deutschland gern verzichtet.


(Beifall bei der LINKEN – Kerstin Griese [SPD]: Bei dem Thema ist Sarkasmus völlig unangebracht!)


Die Union und die FDP, vor allem diejenigen unter
Ihnen, die soziale Gerechtigkeit immer kurz vor Wahlen
wiederentdecken, möchte ich gerne daran erinnern, dass

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(C (D hnen damals noch nicht einmal Hartz IV weit genug ing. Frau Ministerin von der Leyen kündigte im Sommer etzten Jahres an, mindestens 500 000 Kinder mit dem inderzuschlag aus der Armut herausholen zu wollen. ittlerweile sind es nur noch maximal 250 000 Kinder. ie Bundesregierung will uns weismachen, dass diese bsenkung auf 250 000 an der guten Arbeitsmarktsitua ion liegt, wodurch viele Eltern wieder in Arbeit gekomen seien. (Johannes Singhammer [CDU/CSU]: 1,3 Millionen Arbeitsplätze mehr!)


Nein, das ist einfach Quatsch.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Das stimmt doch! Das kann jeder nachlesen!)


enn stärker als je zuvor boomt der Niedriglohnsektor.
as ist eine Tatsache. Ein flächendeckender gesetzlicher
indestlohn wird von Ihnen immer wieder blockiert.


(Beifall bei der LINKEN – Johannes Singhammer [CDU/CSU]: 1,3 Millionen Arbeitsplätze mehr!)


Im Niedriglohnsektor zum Teil.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Nein!)


Gleichzeitig beantragten mehr als 1 Million Men-
chen ergänzendes Arbeitslosengeld II, sogenannte Auf-
tocker. Trotz Arbeit kommen sie aus der Hartz-IV-Falle
icht heraus. Zudem wird der maximale Kinderzuschlag
icht über 140 Euro hinaus angehoben. So holen Sie die
inder aus der Bedürftigkeit nicht heraus.

Die Bundeskanzlerin hatte am 28. November 2007 im
undestag versprochen – ich zitiere aus dem Plenarpro-

okoll –:

Deshalb werden wir den Kinderzuschlag erhöhen
und vereinfachen.

ut zwei Wochen nach dem Versprechen der Kanzlerin
ieß es – ich zitiere aus der Antwort auf unsere Kleine
nfrage –:

Die Bundesregierung beabsichtigt nicht, den Kin-
derzuschlag zu erhöhen.

ricksereien und Rechenspielchen bringen keine Lösun-
en für die Betroffenen.


(Beifall bei der LINKEN)


Fast die Hälfte aller sogenannten Hartz-IV-Kinder
ebt in Alleinerziehenden-Haushalten. Sie gewinnen
urch dieses Gesetz fast nichts. Selbst mit dieser Ände-
ung werden von den zusätzlich erreichten Kindern
öchstens 9 Prozent aus Alleinerziehenden-Haushalten
tammen.

Vorgesehen ist auch eine Absenkung der Mindestein-
ommensgrenze für Alleinerziehende auf 600 Euro. Da-
it wird man Hartz IV nicht umgehen können. Denn der
nterhaltsvorschuss wird angerechnet, aber die Maxi-
alhöhe von 140 Euro nicht angehoben. Kurzum: Wie-

er einmal schauen Alleinerziehende in die Röhre.






(A) )



(B) )


Elke Reinke
Deshalb fordern wir eine deutliche Erhöhung des
Kinderzuschlags, um Hartz IV für erwerbstätige Eltern
und ihre Kinder zu vermeiden. Für unter 14-Jährige
muss der Zuschlag auf 200 Euro und für über 14-Jährige
auf 270 Euro erhöht werden. Meiner Fraktion ist es
wichtig, die Maximalhöhe nach dem Alter der Kinder
unterschiedlich zu gestalten. Über 14-Jährige dürfen
nicht in Armut rutschen, nur weil sie spezifische, alters-
bedingte Bedarfe haben. Das vermissen wir auch im ak-
tuellen Antrag der Grünen.

Des Weiteren müssen die Mindesteinkommensgren-
zen entfallen, damit mehr Familien von der Regelung
profitieren. Ergänzend ist das Wohngeld anzuheben, um
die steigenden Mieten einzubeziehen. Unsere Forderun-
gen sind ein erster Schritt hin zu einer bedarfsorientier-
ten eigenständigen Kindergrundsicherung von 420 Euro.
In Verbindung mit einem gesetzlichen Mindestlohn
könnten so Lebensniveau und Teilhabemöglichkeiten
von Kindern spürbar verbessert werden.


(Beifall bei der LINKEN)


Der uns vorliegende Gesetzentwurf bekämpft Kinder-
armut nicht wirklich. Betroffene Gesichter reichen zur
Bekämpfung der Kinderarmut nicht aus. Wie schon in
der Debatte um die Kinderregelsätze gilt: Alle Kinder
müssen unabhängig vom sozialen Status der Eltern die
gleichen Entwicklungs- und Teilhabechancen haben. So
ist und bleibt Ihre Reform des Kinderzuschlags im
wahrsten Sinne des Wortes ein Armutszeugnis.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1615724800

Das Wort hat jetzt die Kollegin Ekin Deligöz von

Bündnis 90/Die Grünen.


Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615724900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Liebe Frau Reinke, was Sie in Ihrem Antrag vorschlagen
– ich kann mich da nur wiederholen –, führt dazu, dass
mehr Kinder in ALG II landen, anstatt herausgeholt zu
werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Sie haben das Prinzip nicht verstanden. Auch wenn Sie
noch so oft falsche Argumente wiederholen, wird es
nicht richtiger. Es ist falsch und bleibt falsch. Deshalb
stimmen wir gegen Ihren Antrag.

Es freut mich aber – das muss ich trotzdem sagen –,
dass wir heute nach fast zweieinhalb Jahren des Ankün-
digens und des Wartens hier einen Gesetzentwurf der
Bundesregierung zum Kinderzuschlag vorliegen haben.


(Ina Lenke [FDP]: Zu eurem Kinderzuschlag!)


Diese Freude vergeht mir allerdings ziemlich schnell,
wenn ich mir den Gesetzentwurf genau anschaue. Das
Positive daran ist, dass es in die richtige Richtung geht.


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(C (D (Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Immerhin! – Wolfgang Spanier [SPD]: Das ist doch schon mal was!)


Ja, das ist schon mal was. – Das Negative daran ist
ber, dass Sie Hoffnungen geweckt haben, indem Sie
en Menschen versprochen haben, dass 530 000 Kinder
usätzlich mit dem Kinderzuschlag erreicht werden sol-
en. Jetzt kündigen Sie an, 150 000 Kinder damit zu er-
eichen. In Ihrem Gesetzentwurf ist aber nur von
20 000 Kindern die Rede, die vom Kinderzuschlag zu-
ätzlich profitieren werden. Zwischen dem, was Sie an-
ekündigt haben, und dem, was jetzt im Gesetzentwurf
teht, besteht noch einmal eine Differenz von 30 000.
ann kommen Sie und sagen: Wenn wir irgendwann

inmal eine Wohngeldreform dazu machen, dann wird
ie Zahl ja wieder steigen. – Aber wir machen doch hier
eine Politik von Wenn und Aber. Entweder wir machen
twas – dann jetzt gleich und sofort –, oder wir machen
s nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


as, was Sie machen, ist die Beschönigung der Tatsa-
hen, damit Ihre Bilanz, die übrigens sehr schlecht ist,
inen besseren Eindruck macht. Das nennt man Ver-
chleierung der Tatsachen. Und das ist keine ehrliche
olitik.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ersprochen gebrochen – das war eigentlich einmal ein
eitspruch einer anderen Fraktion hier im Bundestag.
iese muss ihn jetzt ernst nehmen; denn genau das ma-

hen Sie.

Frau von der Leyen sagte in der Regierungsbefragung
er letzten Sitzungswoche in ihren Antworten, dass sie
erne mehr gemacht hätte, dies aber leider nicht konnte,
eil aufgrund der aktuellen Haushaltslage nicht mehr
öglich war. Dieses Argument lasse ich hier nicht gel-

en. Wir haben zurzeit einen Entwurf vorliegen, in dem
ie, ohne mit der Wimper zu zucken und ohne intensiv
ber Sinn und Unsinn zu beraten, hoppladihopp
Milliarden Euro für eine Rentenerhöhung ausgeben.
enn es aber darum geht, den Anspruch auf den Kinder-

uschlag, der insbesondere Familien mit einem niedri-
en Einkommen betrifft und der darauf abzielt, Kinder
us der Armutsfalle herauszuholen, ein wenig auszuwei-
en, und Sie dann mit dem Argument der Haushaltslage
ommen, sollte man Ihnen das nicht durchgehen lassen.
ie sollten eine konsequente Armutspolitik machen. Das
rauchen wir. Dazu sollten Sie stehen und sich nicht hin-
er Argumenten verstecken, die Ihnen an anderer Stelle
nscheinend wenig bedeuten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Weiterhin hat die Ministerin betont, dass bei den El-
ern sehr wohl eine Erwerbsbereitschaft vorhanden ist
nd dass sie Unterstützung brauchen. Wenn das so ist,
ann könnten Sie durchaus den maximalen Kinderzu-
chlag erhöhen, damit die Familien deutlicher über dem
xistenzminimum landen. Außerdem: Wenn Sie wirk-

ich Menschen aus dem Bezug von ALG-II-Leistungen
erausholen wollen, dann richten Sie ein Wahlrecht ein.






(A) )



(B) )


Ekin Deligöz
Ein Wahlrecht würde das Ganze nicht nur entbürokrati-
sieren, sondern Chancen schaffen, sodass die Eltern sa-
gen könnten: Ich hätte zwar einen Anspruch; ich will
diesen ganzen Formularwust im Zusammenhang mit
dem ALG II aber nicht mitmachen. – Für sie würde man
die Möglichkeit der freien Wahl schaffen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es gibt noch weitere Stellschrauben, an denen wir
drehen und den Kindergzuschlag über Ihren Entwurf hi-
naus verbessern können. Dazu haben wir heute einen
Antrag vorgelegt. Darin machen wir Ihnen eine ganze
Menge Vorschläge. Den Agenturmeldungen habe ich
heute entnommen, dass sich die Koalition eigentlich
noch gar nicht einig ist und dass einzelne Vorschläge, die
in unserem Antrag stehen, schon jetzt in der Koalition
zur Verhandlungsgrundlage gemacht werden. Das finde
ich gut.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Übernehmen Sie einfach Vorschläge aus unserem An-
trag; dann hätten wir dieses Problem gelöst.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615725000

Als Nächster hat das Wort der Kollege Johannes Sing-

hammer für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1615725100

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Wir wollen, dass 150 000 Kinder und ihre Eltern
nicht länger arm sind. Wir wollen, dass ab dem
1. Oktober dieses Jahres bis zu 150 Euro mehr im Monat
an diese Familien und ihre Kinder gezahlt werden.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir freuen uns, dass dieses Projekt der Bundesfami-
lienministerin von nahezu allen gesellschaftlichen Grup-
pen in unserem Land begrüßt und erwartet wird. Die Ge-
werkschaften, die Arbeitnehmervertreter zum Beispiel
begrüßen die Zielrichtung des Kinderzuschlags eindeu-
tig, weil mehr Familien unabhängig von Hartz-IV-Leis-
tungen werden. Die Arbeitgeber befürworten den
Kinderzuschlag, weil er den Übergang in die Erwerbstä-
tigkeit erleichtert. Die betroffenen Familien mit ihren
Kindern – 150 000 an der Zahl – warten sehnsüchtig auf
den 1. Oktober, weil dann eine Familie nicht mehr des-
wegen, weil Kinder vorhanden sind, ein Hartz-IV-Fall
werden kann.

Das Wichtigste ist: Das Geld ist reserviert. Wir haben
es im Haushalt eingeplant. Die Steuergelder für die Aus-
zahlung ab dem 1. Oktober stehen bereit. Das sind Taten
statt Worte und keine hohlen Versprechungen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich freue mich, dass das Gesetzgebungsverfahren
jetzt rechtzeitig begonnen hat und dass alle ursprünglich

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(C (D orgesehenen Koppelungen, die die Angelegenheit häten verzögern können, erledigt sind. Ich stelle fest: Kinderzuschlag, Elterngeld und Ausau der Kinderbetreuung – Stück für Stück schließen wir ie Gerechtigkeitslücke bei Familien und Kindern. In einem anderen Politikbereich haben wir so viel chwung aufgenommen wie in der Familienpolitik, und as wird auch in Zukunft so bleiben. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Das nächste große Vorhaben wird die Erhöhung des
indergeldes im kommenden Jahr sein. Auch dieses
orhaben werden wir nicht nur anpacken, sondern auch
urchsetzen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Ina Lenke [FDP]: Ich denke, ihr wisst noch nicht, wie viel!)


All das, was wir für Familien ausgeben, muss aber
orher an Steuergeldern eingenommen werden.


(Ina Lenke [FDP]: Deshalb die Erhöhung der Mehrwertsteuer! Das ist logisch!)


ir streben nämlich einen ausgeglichenen Haushalt an.
ir streben ihn nicht nur an, sondern werden ihn auch

rreichen.


(Beifall der Abg. Kerstin Griese [SPD])


An dieser Stelle möchte ich auf diejenigen eingehen,
ie in dem Überbietungswettkampf, was die Ausgaben
ür Familien und Kinder betrifft, zu geradezu weltmeis-
erlicher Form aufgelaufen sind: die Linken. Was haben
ie in den letzten Tagen nicht alles gefordert? Im Zusam-
enhang mit dem 7. Familienbericht haben sie allein im
amiliensektor 19 Milliarden Euro mehr verlangt. In ih-
em jetzt vorliegenden Antrag fordern sie die Erhöhung
es Kinderzuschlages. Alle Kinder und Jugendlichen un-
er 18 Jahren von Eltern mit geringem Einkommen sol-
en 420 Euro – dieser Betrag wird als soziokulturelles
xistenzminimum betrachtet – erhalten; der Kollege
panier ist darauf schon eingegangen. Wenn man diese
usgaben hochrechnet, kommt man auf etwa 10 Milliar-
en Euro; das ist ja eine kleine Summe. Ferner wird ein
tufenprogramm zur weiteren Ausdehnung öffentlich fi-
anzierter Beschäftigung gefordert: 8,4 Milliarden Euro
ehr. Hartz IV soll geändert werden – auch hier geht es

m eine kleinere Summe –: 18 Milliarden Euro mehr.
enn man alle Forderungen zusammenzählt, die Sie in

en letzten Tagen, Wochen und Monaten aufgestellt ha-
en, kommt man summa summarum auf die runde
umme von 150 Milliarden Euro jährlich.

Nun sagen Sie: Es gibt so viele Reiche in Deutsch-
and. Denen könnte man dieses Geld in Form von Steu-
rn abnehmen. Ich sage Ihnen: So viele Reiche gibt es in
eutschland nicht, und die wenigen, die es gibt, sind

chneller aus Deutschland weg, als Sie glauben.


(Paul Lehrieder [CDU/CSU]: So ist es! Jawohl!)


iejenigen, die infolge dieser Steuererhöhungsorgien
luten müssten, wären die Familien mit Kindern, obwohl






(A) )



(B) )


Johannes Singhammer
Sie vorgeben, dass sie mehr bekommen sollen. Das Ge-
genteil wird der Fall sein: Diejenigen, die draufzahlen,
sind Familien mit Kindern. Das wollen wir nicht. Wir
machen eine solide Politik, auf die sich die Familien ver-
lassen können.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615725200

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf

den Drucksachen 16/8867, 16/8883 und 16/4670 an die
in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge-
schlagen. – Damit sind Sie einverstanden. Dann ist das
so beschlossen.

Tagesordnungspunkt 11 b: Beschlussempfehlung des
Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
zu dem Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel
„Kinderarmut bekämpfen – Kinderzuschlag ausbauen“.
Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung
auf Drucksache 16/8915, den Antrag der Fraktion Die
Linke auf Drucksache 16/6430 abzulehnen. Wer stimmt
für diese Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? –
Enthaltungen? – Damit ist die Beschlussempfehlung mit
den Stimmen von CDU/CSU, SPD, FDP und Bünd-
nis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der Fraktion Die
Linke angenommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 12 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Monika
Knoche, Paul Schäfer (Köln), Inge Höger, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Unverzüglicher Rückzug der Bundeswehr aus
dem Kosovo

– Drucksache 16/8779 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Rechtsausschuss
Verteidigungsausschuss

Hierzu soll eine halbe Stunde debattiert werden. –
Dazu höre ich keinen Widerspruch. Dann ist so be-
schlossen.

Ich eröffne die Aussprache und gebe das Wort der
Kollegin Monika Knoche für die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Monika Knoche (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1615725300

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Herren und

Damen! Die Linke im Deutschen Bundestag legt hiermit
den Antrag vor, deutsche Bundeswehrsoldaten unver-
züglich aus dem Kosovo abzuziehen.

Wie begründen wir das? Nach der Unabhängigkeits-
erklärung des Kosovo kann man bei realistischer Be-
trachtung der Völkerrechtslage nur einen Schluss ziehen:
Die Truppen haben für ihre Präsenz dort kein tragfähiges
Bundestagsmandat mehr. In der den Krieg beendenden
Resolution des UN-Sicherheitsrates aus dem Jahre 1999
wurden die Souveränität und die territoriale Integrität
der Bundesrepublik Jugoslawien bestätigt.

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(C (D Auf dieser klaren Völkerrechtsgrundlage hat der eutsche Bundestag zuletzt am 21. Juni 2007 den Be chluss gefasst, die Bundeswehr für ein weiteres Jahr als eil der KFOR in das Kosovo zu entsenden. Darin urde festgestellt, dass die Kräfte im Rahmen der Reso ution 1244 eingesetzt werden können, wenn die konstiutive Zustimmung des Bundestages vorliegt. Diese kontitutive Zustimmung sehen wir als nicht mehr gegeben n. Entgegen dem eindeutigen Gebot, dass Separationen ur in beiderseitiger Übereinstimmung geschehen düren, hat die kosovo-albanische Seite einseitig die staatlihe Unabhängigkeit erklärt. Sie wurde von den deutchen und den US-amerikanischen politischen Kräften nterstützt, diesen Völkerrechtsbruch zu vollziehen. Am 0. Februar dieses Jahres hat die Bundesregierung den osovo als selbstständigen Staat anerkannt und diploatische Beziehungen aufgenommen; dagegen haben ir Linke unseren deutlichen Widerspruch zum Ausruck gebracht. Die Voraussetzungen für die UN-getraene KFOR-Präsenz sind de facto entfallen. Ging es bisher um die Sicherung der Statusverhandungen und die Regelung einer Übergangszeit, so geht es etzt um die Sicherung eines neuen Staates. Das wäre ein öllig anderer und neuer Auftrag. Das Kosovo ist aus em Gesamtterritorium Serbiens herausgelöst worden, hne dass dieses Gebilde international oder gesamteuroäisch anerkannt wird, geschweige denn Mitglied der N ist. Zwar gilt die UN-Resolution 1244 formal fort, soange der Sicherheitsrat keine neue Resolution bechließt. Es ist aber allgemein bekannt, dass es nach dem ölkerrecht inhaltlich keine andere Resolution geben ann als eine, durch die die territoriale Integrität Seriens gewahrt wird. Damit ist zwar nicht die Resoluion 1244 hinfällig geworden, wohl aber der Schutzuftrag, den die KFOR-Truppen unter UN-Mandat zu rfüllen haben. Mit der einseitigen Staatsgründung des Kosovo sind er Verhandlungsprozess und die Statusfrage obsolet georden. Genau dies galt es aber militärisch abzusichern. ürde die KFOR weiterhin dem UN-Mandat auf Grund age der Resolution 1244 folgen, wie die Regierung beauptet, hätte sie den völkerrechtswidrigen Akt der Searation nicht hinnehmen dürfen. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und was hätte sie dann gemacht?)


ine derartige Eskalation kann aber niemand gewollt ha-
en. Mithin kann aber nicht mehr die Rede davon sein,
ass die KFOR-Truppen heute trotz einer völlig verän-
erten Realität noch ihren ursprünglichen Auftrag erfül-
en.

Demnach gibt es gute Argumente, um einen neuen
icherheitsratsbeschluss und einen neuen Bundestags-
eschluss herbeizuführen.


(Beifall bei der LINKEN)


ies strebt die Bundesregierung jedoch ganz bewusst
icht an, weiß sie doch zu genau, dass die UN keine






(A) )



(B) )


Monika Knoche
völkerrechtswidrige Separation legitimieren kann und
damit kein UN-Mandat für eine Truppenentsendung vor-
läge.

Im Ergebnis setzt die Bundesregierung die deutschen
Soldaten im Kosovo einer nicht gesicherten Rechtslage
aus. Das darf aber unter keinen Umständen der Fall sein.
Der Deutsche Bundestag hat die Pflicht, diesen Zustand
zu beenden. Wir bestehen darauf, dass das Parlament
diesem Auftrag nachkommt.


(Beifall bei der LINKEN)


Der Bundesregierung ist unsere rechtliche Argumen-
tation aufgrund der Ausschussberatungen und der
Plenardebatten bekannt. Bislang weigerte sie sich aber,
ihre rechtliche Argumentation in Gänze offenzulegen,
mit dem Hinweis, sie gehe von einer Klage der Linken
vor dem Bundesverfassungsgericht aus, weshalb sie un-
serem Auskunftsbegehren nicht nachkommen wolle.

Tatsächlich, meine sehr geehrten Herren und Damen,
wollen wir in dieser Frage alle uns zur Verfügung ste-
henden politischen und rechtlichen Möglichkeiten aus-
schöpfen. Darüber hinaus hat es die Bundesregierung
verabsäumt, dem Bundestag eine Beschlussvorlage zu
unterbreiten, mit der der Bundeswehr auf eindeutig völ-
kerrechtskonforme Weise ein neues Mandat erteilt wird.
Wir sehen daher nur einen gangbaren Weg, nämlich den,
die deutschen Soldaten unverzüglich abzuziehen.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615725400

Es spricht jetzt für die CDU/CSU-Fraktion der Kol-

lege Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg.


(CDU/ CSU)


Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Die Union – überraschend ist das wohl nicht –
lehnt den Antrag der Linken ab. Auch die enthusiastisch
vorgetragene Begründung des Antrags hat bei der Union
nicht zu einer gegenteiligen Meinungsbildung geführt.

Wir teilen weder die Grundvoraussetzungen, von de-
nen Sie in Ihrem Antrag ausgehen, noch – das darf man
schon so nennen – die doch sehr schlichten Folgen, die
entstehen würden. Wir erachten das, was die Linke mit
diesem Antrag bezweckt, sogar für außerordentlich
schädlich für die Region.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Man muss einmal zu Ende denken, was es bedeuten
würde, wenn durchgeführt würde, was in diesem Antrag
gefordert wird. Dann kämen wir plötzlich in eine ganz
bittere Ironie Ihrer eigenen Überzeugungen. Glauben Sie
denn, dass, würden wir abziehen, in der derzeitigen Si-
tuation auch nur der Ansatz von Stabilität erreicht wer-
den könnte? Man würde sich mit einem solchen Vorge-
hen in die Nähe von Konflikttreiberei begeben. Für
jemanden wie die Linke, die Pazifismus auf ihre Flagge

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(C (D chreibt, dürfte das nichts als bittere Ironie sein. Insofern st Ihr Antrag bereits gescheitert. Mit der Schlichtheit dessen, wie Sie sich mit diesem omplexen Themenbereich befassen, brüskieren Sie icht nur die Soldaten vor Ort und diejenigen, die militäisch die Verantwortung tragen – die sind Ihnen ja egal –, ie brüskieren auch die zivilen Helfer vor Ort, Sie brüsieren die Polizisten vor Ort, Sie brüskieren die Richter or Ort, Sie brüskieren die Verwaltungsbeamten vor Ort und in der Konsequenz die Menschen im Kosovo, und war egal welcher Ethnie. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


Sie sind – das muss man Ihnen zugestehen – in Ihrer
erweigerungshaltung, in Ihrer Ablehnung, international
erantwortung zu übernehmen, konsequent, aber zy-
isch-konsequent und verantwortungslos. Steht irgendet-
as Konstruktives in Ihrem Antrag? Fehlanzeige. Haben
ie Vorschläge für eine plausible Nachkriegsordnung?
ehlanzeige. Zeigen Sie eine europäische Perspektive
uf? Fehlanzeige. Vor dem Hintergrund Ihres Auftrittes
eute Morgen war so etwas freilich nicht zu erwarten.
aben Sie irgendwelche Vorschläge für die soziale, wirt-

chaftliche, gesellschaftliche Zukunft des Kosovo? Fehl-
nzeige. Auch darum ist Ihr Antrag eine Ohrfeige für die
enschen vor Ort.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Worum geht es im Kosovo? Es geht darum, einen
echtsstaat aufzubauen, die Infrastruktur aufzubauen.
nsere Präsenz in Form der EU-Mission ist sinnvoll;
enn es ist wichtig, dass Sicherheit und Stabilität ge-
ährleistet werden. Dafür trägt die internationale Ge-
einschaft Verantwortung, und dafür tragen auch die
oldaten der KFOR Verantwortung. Für uns ist das eine
us der Verantwortung gewachsene Konsequenz.

Über die Resolution 1244 haben wir im Plenum und
n den Ausschüssen oft genug diskutiert; es wäre müßig,
eiter zu diskutieren. Wir sind – das ist richtig – zu un-

erschiedlichen Auffassungen gekommen. Ihre heutige
egründung hat eine neue Drehung gebracht; sie hat sich
ber letztlich nicht als besonders logisch erwiesen. In der
esolution 1244 sind keine Aussagen über den endgülti-
en Status des Kosovo getroffen. Die Verpflichtung zur
ahrung der territorialen Integrität, die Sie in Ihrem An-

rag ansprechen, bezieht sich auf das Übergangsregime,
as durch die Resolution 1244 eingesetzt wurde. Die Re-
olution 1244 verbietet nicht die Unabhängigkeitserklä-
ung. Die Resolution 1244 verbietet auch nicht die Aner-
ennung. Wenn man ernsthaft an diese Fragestellung
erangeht, dann muss man das einbeziehen, um dann
uch zu der entsprechenden Rechtsgrundlage zu kom-
en. Durch die Resolution 1244 werden ein politischer
rozess und eine politische Entscheidung gefordert. Das

st für uns alle ein Prozess gewesen, der auch mit viel
itternis verbunden war.

Hier hat sich die Bundesregierung intensiv einge-
racht – wir müssen konstatieren: in der Konsequenz
hne Erfolg. Gleichzeitig sei aber auch noch einmal da-






(A) )



(B) )


Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg
ran erinnert, dass sich insbesondere Wolfgang Ischinger
in besonderer Weise eingebracht hat.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615725500

Herr zu Guttenberg, wollen Sie eine Zwischenfrage

des Kollegen Gehrcke zulassen?


(CDU/ CSU)


Von Herrn Gehrcke immer mit Vergnügen.


(Detlef Dzembritzki [SPD]: Sie sollen nicht lügen!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615725600

Bitte schön, Herr Gehrcke.


Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1615725700

Nein, das meint Kollege von Guttenberg wirklich so,

wie er es gesagt hat. Wir haben kein anderes Verhältnis
zueinander.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Jetzt schaden Sie ihm aber nicht!)


– Man kann ja auch anständig miteinander umgehen,
wenn man unterschiedlicher Auffassung ist. Das sollte
man auch einmal hinnehmen.

Würden Sie mir erklären, welchen völkerrechtlichen
Status die Schlussakte der Konferenz für Sicherheit und
Zusammenarbeit in Europa in Helsinki gemäß Ihrer Ar-
gumentation hat, in der es wörtlich heißt, dass Verände-
rungen der Grenzen in Europa nur im gegenseitigen Ein-
vernehmen und Einverständnis vorzunehmen sind?

Das steht in der Schlussakte. Das ist Völkerrecht.
Jetzt bin ich gespannt auf Ihre Antwort.


(Beifall bei der LINKEN)



(CDU/ CSU)


Die Resolution 1244 ist gesetztes Völkerrecht. Sie
kann lediglich durch eine neue Resolution ausgehebelt
werden. Herr Kollege Gehrcke, es steht nirgends ge-
schrieben, dass die Resolution 1244 an eine auflösende
Bedingung gebunden ist. Es steht auch nirgends ge-
schrieben, dass sie sich von selbst erschöpfen wird. Von
daher ist die Resolution 1244 nach unserer Auffassung
Völkerrecht und keine völkerrechtswidrige Grundlage
für das, was derzeit passiert.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Das ist die Grundlage, die wir sehen müssen, und das ist
der Ansatz, den wir auch verfolgen.

Es ist aber noch einmal hervorzuheben: Dadurch wer-
den ein politischer Prozess und eine politische Entschei-
dung gefordert. Dazu ist es nicht gekommen, weil die
Positionen verhärtet waren. Auch auf kosovarischer
Seite waren die Positionen natürlich nicht immer nur
leicht darzustellen und insbesondere Serbien hat in den

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(C (D ergangenen Monaten kein Entgegenkommen gezeigt, rgendetwas zu machen. Von daher bedurfte es auch einer Klärung für die enschen innerhalb der Region – Herr Gehrcke, das ann durch eine abgehobene völkerrechtliche Diskusion allein nicht gelöst werden –, die gesellschaftlich, soial und auch sonst in vielerlei Hinsicht mit dem Rücken ur Wand stehen. Diese Klärung war notwendig und urde in meinen Augen durch die Bundesregierung ge ade im Rahmen des Völkerrechts herbeigeführt. Desween bleibt die Resolution 1244 für uns auch als Rechtsrundlage für den Einsatz von KFOR entscheidend und estehen. Wie ich es gerade schon gesagt habe: Sie verliert ja icht ihre Gültigkeit. Manchmal kann man jenen, die eiem offensichtlich auch politisch etwas näher stehen, uch abverlangen, dass sie sich im Sicherheitsrat kontruktiv für eine Folgeresolution einbringen, wenn sie ine solche konsequenterweise wollen. Das kann man elegentlich auch an die Adresse unserer Partner in Mosau anbringen. Trotzdem darf eines konstatiert werden: Wir haben ine völkerrechtliche Grundlage, und es liegt eben kein ölkerrechtswidriges Verhalten vor, aber jede völkerechtliche Grundlage kann noch stabiler sein, als sie ist. emzufolge rufe ich die Bundesregierung auf, hier alle reativität einzusetzen, damit dies wirklich auf ein so tarkes Fundament gestellt wird, dass wir uns solche halen Stunden wie heute Abend, während derer man völlig ns Absurde abdriftet, ersparen können. Hier wäre sicherlich noch mehr zu leisten. Man kann ber völkerrechtliche Verträge nachdenken und über hnliche Dinge lang diskutieren, ohne hier noch tiefer zu ehen. Worum geht es uns? Es geht uns darum, dass wir in er Situation, in der wir uns befinden, nicht in eine Kulur des Verharrens geraten. Im Kosovo wurden Entscheiungen getroffen. Jetzt droht die Gefahr, dass man mit inem ruhigen Blick meint, die Dinge würden sich schon ntsprechend entwickeln. Mit Erklärungen allein kann an aber jahrhundertelang gewachsene Friktionsfelder it Sicherheit nicht auflösen. Das gelingt nicht. Dazu edarf es mehr. Es bedarf letztlich aller Anstrengungen, eine tragfäige europäische Friedensordnung zu etablieren. Es bearf der Zielsetzung, einen lebensfähigen demokratichen Staat Kosovo zu etablieren. Auch dabei war die ntsendung von EULEX ein richtiger Ansatz, um echtsstaatlichkeit und damit ein Fundament zu schaf en, dem immense Bedeutung zukommen wird. Ein weiterer Punkt sind die Sicherheit und das Selbstestimmungsrecht aller – ich betone: aller – Bevölkeungsgruppen. Dabei ist auch die Führung des Kosovo in er Pflicht. In diesem Punkt sind wir manchmal zu leise. ir haben sie in die Pflicht zu nehmen mit Blick auf rganisierte Kriminalität, Minderheitenrechte, die Aufrbeitung der eigenen Vergangenheit und die Zusamenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof. etzteres gilt auch und in diesen Tagen besonders Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg virulent für Serbien. Ich persönlich glaube, dass es falsch wäre, ohne Konditionierung Belgrad jetzt das Stabilisierungsund Assoziierungsabkommen zur Unterzeichnung vorzulegen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)





(A) )


(B) )


Die Konditionierung ist auch weiterhin notwendig. Wir
würden einen ohnehin zähen Prozess weiter aushöhlen,
wenn wir das Ganze lediglich an die Ratifizierung bin-
den würden.

Was bleibt uns noch an glaubwürdigen Argumenten,
wenn wir in Europa letztlich nur noch Pappfassaden auf-
bauen und keine Hürden mehr aufrechterhalten, die für
die Gestaltung einer europäischen Zukunft entscheidend
wären?

Vor diesem Hintergrund geht es nicht um einen Ab-
zug, wie ihn die Linken fordern, sondern um Stabilität
und Sicherheit, die durch unsere Soldaten gewährleistet
werden, und um eine entsprechende Zukunft für das Ko-
sovo.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615725800

Der Kollege Dr. Rainer Stinner hat jetzt das Wort für

die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Rainer Stinner (FDP):
Rede ID: ID1615725900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Heute – am 24. April 2008 – findet im Kosovo zum ers-
ten Mal ein Girls’ Day statt. Auch in Zusammenarbeit
mit der GTZ werden Schülerinnen von 20 Schulen ein-
gewiesen. Sie bekommen Einblick in handwerkliche,
technische und naturwissenschaftliche Arbeitsfelder.
Das ist ein kleiner Beitrag zur Normalität in diesem ge-
schundenen und zerrissenen Land.


(Beifall bei der FDP)


Die zarte Pflanze der Normalität kann aber nur gedei-
hen, wenn in diesem Land ein Mindestmaß an Sicherheit
und Stabilität vorhanden ist. Dafür sorgt seit einigen Jah-
ren erfolgreich KFOR. Aus diesem Grunde müssen wir
den Antrag der Linken ablehnen. Ein Rückzug zu die-
sem Zeitpunkt in dieser fragilen Phase wäre völlig ver-
antwortungslos.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der CDU/ CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Im Kosovo will das auch niemand: weder Serben noch
Kosovaren.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen der Linken, die-
ses Beispiel zeigt leider ein weiteres Mal, dass Ihnen an
dem konkreten Wohlergehen der Leute in dieser Region
nichts gelegen ist.


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(C (D (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Widerspruch bei der LINKEN)


Das ist meine Meinung, die ich hier zum Ausdruck
ringe. – Ob allerdings solche zivilgesellschaftlichen In-
tiativen wie der Girls’ Day langfristig Erfolg haben,
ängt im Kosovo sehr stark von uns bzw. von der EU ab.
ier kommen wir durchaus in eine Grauzone, bei der wir
enau aufpassen müssen. Es hängt nämlich davon ab, ob
ie Rechtsstaatsmission EULEX tatsächlich jetzt im Ko-
ovo durchgeführt werden kann und ob sie zeitnah um-
esetzt werden kann. In diesem Zusammenhang gibt es
inige Fragen, und es sieht insgesamt leider nicht gut
us.

Kann die EULEX in diesen Tagen im Norden ihre
orbereitungen fortführen, die unterbrochen worden
ind? Werden die Zollstationen in Richtung Serbien wie-
er besetzt sein? Wie ist der Übergang von UNMIK zu
ULEX gedacht? Wird es überhaupt eine Ablösung von
NMIK durch EULEX geben können, oder werden wir

us völkerrechtlichen Gründen auf Dauer damit leben
üssen, dass ad infinitum oder jedenfalls auf absehbare
eit EULEX unter dem Dach von UNMIK erfolgen
uss?

Das alles sind offene Fragen. Dazu gehört auch die
ufgabenteilung zwischen UNMIK und EULEX. Wir
issen auch nicht, ob der Generalsekretär der Vereinten
ationen in absehbarer Zeit EULEX den Auftrag ertei-

en wird.

Leider muss ich aber auch feststellen, dass ebenso of-
en ist, mit welcher Intensität sich die Europäische
nion wie auch die Bundesrepublik Deutschland in den

etzten Wochen für die Lösung dieser Fragen eingesetzt
at. Ich weiß, dass sich vieles in diesem Verhandlungs-
rozess der Öffentlichkeit entzieht. Es ist vollkommen
ichtig, dass über vieles hinter verschlossenen Türen
erhandelt wird. Meine Damen und Herren von der Bun-
esregierung, ich frage Sie aber: Was ist seit dem
7. Februar, dem Tag der Unabhängigkeitserklärung, im
inblick auf die Vorbereitung wirklich geschehen? Die

nformationen, die wir im Ausschuss bekommen haben,
timmen uns eher bedenklich und lassen uns nicht hof-
en, dass hier alles auf einem guten Weg ist. Wir haben
her das Gefühl, dass sich die EU im Klein-Klein der
rganisationsfragen ergeht und dass eine große Linie
icht vorhanden ist. Meine Damen und Herren von der
undesregierung, sind Sie eigentlich mit der EULEX-Vor-
ereitung zufrieden? Ich sage: EULEX und die EU sind
ir und niemand anderes. Daher fordern wir, dass die
undesregierung weiter vorangeht.

Wir werden in diesen Tagen eine weitere Nagelprobe
rleben; denn die Serben haben das Ansinnen geäußert,
ine Kommunalwahl – das ist keine serbische Wahl – im
osovo durchführen. Das lehnen wir ab. Das wider-

pricht eindeutig der Sicherheitsratsresolution 1244 und
uss daher unterbunden werden.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Die Bundesrepublik Deutschland hat – dem haben wir
ugestimmt – das Kosovo anerkannt. Weder wir noch die






(A) )



(B) )


Dr. Rainer Stinner
Öffentlichkeit haben erwartet, dass damit die Probleme
des Kosovo sofort gelöst sind. Nein, wir haben noch ei-
nen weiten Weg vor uns. Diesen Weg müssen wir gehen.
Wir wissen, dass die Umsetzung des Ahtisaari-Plans aus
völkerrechtlicher Sicht sehr schwierig ist. Herr Kollege,
Sie haben das völlig richtig dargelegt. Wir erwarten, dass
die Bundesregierung bei der Legitimation etwas nach-
legt, damit wir nicht in der Defensive sind. Wir wollen
gemeinsam das Richtige, aber es muss unterfüttert wer-
den.

Vieles war absehbar. Ich habe seit 18 Monaten einen
Plan B gefordert. Aber die Bundesregierung hat 18 Mo-
nate eher beschwichtigend auf uns eingeredet. Ich kam
mir vor wie bei Nina Ruge: Alles wird gut. Aber es ist
nicht gut geworden. Nun müssen wir weitergehen. Wir
Liberale sehen zum heutigen Zeitpunkt keine Alternative
zu einer zivilen und militärischen Präsenz zur Unterstüt-
zung des Kosovo. Uns wäre aber wesentlich wohler,
wenn wir eine klarere europäische Strategie erkennen
könnten.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615726000

Für die SPD spricht der Kollege Detlef Dzembritzki.


(Beifall bei der SPD)



Detlef Dzembritzki (SPD):
Rede ID: ID1615726100

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Reden von

Herrn Dr. Stinner und Herrn Guttenberg machen deut-
lich, dass wir uns mit einer komplizierten Situation aus-
einanderzusetzen haben, die nicht einfach zu lösen ist.
Man muss hier den Zusammenhang mit dem auseinan-
dergefallenen Jugoslawien nach dem Ende des Kalten
Krieges sehen. Die Tragödie, das Bedauerliche und Be-
drückende bestehen darin, dass ein Land, dem man wäh-
rend der Zeit des Kalten Krieges Respekt entgegen-
brachte und das seinen Bürgern im Vergleich zu anderen
Ostblockstaaten eine gewisse Unabhängigkeit, Wohl-
stand und Freizügigkeit erhalten konnte, in eine solche
Situation gekommen ist.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die slowenische Präsidentschaft hat darauf hingewie-
sen, dass man auf dem Balkan und insbesondere im ehe-
maligen Jugoslawien dabei ist, endgültig die Probleme,
die seit dem Ende des Kalten Krieges entstanden sind, zu
lösen. Ich finde, es ist durchaus legitim – das tun auch
renommierte Völkerrechtler –, zu fragen, inwieweit das
Völkerrecht hier beachtet wird. Aber es ist demaskie-
rend, dass Sie, meine Damen und Herren von der Lin-
ken, in Ihrem Antrag nicht einmal den Versuch machen,
bei diesem Diskurs auf die verbrecherische Politik
Miloševićs hinzuweisen.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Herr Kollege Gehrcke, Sie haben die Akte von Helinki angesprochen. Haben Sie vergessen, dass Herr ilošević diese Akte regelrecht verbogen und eine groß erbische Politik betrieben hat mit dem Ziel, die Autonoie des Kosovo kaputt zu machen? Er hat ganz bewusst ertreibungspolitik betrieben. Ich will das hier nicht verefen, aber das gehört zu diesem Diskurs und erlaubt, den eg zu gehen, den der Generalsekretär der UNO mit Hineis auf die Gültigkeit der Sicherheitsratsresolution 1244 ufgezeigt hat. Das ist doch die Kernaussage. Ich möchte ie Behauptung, diese Aussage sei fragil, nicht wegräuen. Unter Berücksichtigung der Situation im Kosovo leibe ich aber trotzdem bei der fragilen Aussage, dass ies Völkerrecht ist. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es ist bereits gesagt worden: Natürlich brauchen wir
ie zivile Mission; sie ist dringend notwendig. An ande-
er Stelle habe ich schon häufig Vergleiche gezogen, wie
roß unsere Bereitschaft ist, dort materielle und perso-
elle Leistungen zu erbringen. Herr Dr. Stinner, Sie ha-
en völlig recht: Wir müssen darauf bestehen, dass diese
eistungen wirklich erbracht werden, damit der Prozess
orangeht.

Entscheidend ist es, die Chancen des Wiederaufbaus
n diesem Land zu nutzen. Ich habe gerade mit einer
unde von Kolleginnen und Kollegen zusammengeses-

en, die aus Priština zurückgekommen sind. Sie sagten,
m Kosovo herrsche Aufbruchstimmung.

Vermittelt vom Bundestag und vom Auswärtigen Amt
atten wir eine hochkarätige Delegation von vier Minis-
ern und drei Abgeordneten zu Besuch. Bei einem Tref-
en habe ich erfreulicherweise die Feststellung machen
önnen – es hat zumindest eine große Symbolwirkung –,
ass ein Minister aus dieser Delegation der türkischen
inderheit, ein anderer der serbischen Minderheit und

in Kollege aus dem Parlament der serbischen Minder-
eit angehörte. Mir ist klar – ich möchte nicht in Eupho-
ie verfallen –, dass die serbische Minderheit eine Min-
erheit in der Minderheit ist; ich habe aber vollen
espekt dafür, dass die Leistung vollbracht wurde, zu
eigen, dass man bereit ist, multiethnisch vertreten zu
ein. Ich habe vollen Respekt davor, dass die Minderheit
n der Minderheit diesen Schritt macht, über den im ei-
enen Land und in Serbien sicherlich viel diskutiert
ird.


(Beifall bei der SPD)


Das sind zumindest Ansätze der Versöhnung. Darauf
ollten wir den Schwerpunkt unserer Diskussion legen;
ir brauchen in der Europäischen Union keine aggres-

ive Auseinandersetzung, die eine ethnische Trennung
efördert, sondern Versöhnung. Wir Deutsche können
it unserer Stellung mitten in Europa einiges einbrin-

en. Wir werden immer wieder gefragt: Wie habt ihr das
it Frankreich und mit Polen gemacht? Es muss doch

ei den Potenzialen, die zur Verfügung stehen, möglich
ein, dass wir diesen Prozess in der Region selbst und in
er Europäischen Union begleiten.






(A) )



(B) )


Detlef Dzembritzki
Sie hätten den serbischen Nachbarn in Europa einen
viel größeren Dienst erwiesen, wenn Sie hier im Bundes-
tag betont hätten – ich tue das gerne –, dass die Europäi-
sche Union am 28. April durch die Unterzeichnung des
Assoziierungsabkommens der serbischen Bevölkerung
signalisiert: Ihr gehört zu Europa, wir möchten euch in
Europa haben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dies widerspricht natürlich nicht unserer Forderung,
dass Mladic vor das Kriegsverbrechertribunal in Den
Haag geführt werden soll. Das eine ist doch durch das
andere überhaupt nicht zu erreichen.

Wir sollten die Kräfte unterstützen, die bereit sind,
den europäischen Weg zu gehen. Liberalisiert das Visa-
regime, damit die jungen Leute kommen und sehen kön-
nen, wie Freiheit und Demokratie aussehen! Das ist viel
wichtiger als die Diskussion, die Sie uns hier heute
Abend beschert haben.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615726200

Jürgen Trittin hat jetzt das Wort für Bündnis 90/Die

Grünen.


Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615726300

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich

finde, wenn man aus Resolutionen des Sicherheitsrats zi-
tiert, sollte man vollständig zitieren. Die Resolu-
tion 1244 enthält mit Absicht einen Satz, der besagt,
dass diese Resolution gilt, bis eine politische Regelung
gefunden ist. Jetzt kommen Sie in eine schwierige Situa-
tion.

Herr Gehrcke, Sie haben eben die Schlussakte von
Helsinki zitiert. Stellen Sie sich vor – Ihre Auffassung in
Rechnung gestellt –, die Kosovaren erklärten gegen die
Schlussakte von Helsinki ihre Unabhängigkeit. Damit
hätte – das ist Ihre Logik, nicht meine – die Resolu-
tion 1244 ihre Existenzberechtigung verloren. Was hieße
das? Es hieße, dass ein Verstoß gegen die Schlussakte
von Helsinki eine Resolution des Sicherheitsrates ein-
fach aushebeln könnte.


(Monika Knoche [DIE LINKE]: So naiv sind wir nicht!)


Man muss nicht Völkerrechtler sein, um zu erkennen,
dass das juristisch äußerst fragwürdig ist. Ich bleibe da-
bei: Solange der Sicherheitsrat sie nicht aufgehoben hat,
gilt diese Resolution und damit auch die zu Recht von
Ihnen zitierte Ermächtigungsgrundlage des Deutschen
Bundestages für die Präsenz der KFOR vor Ort.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD)


Zweite Bemerkung: Sie könnten sagen – Sie merken,
ich versuche, mich in Sie hineinzudenken –,

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(C (D (Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Schwierige Aufgabe!)


s geht aber nicht, dass sich ein Staat, der wie die Bun-
esrepublik Deutschland das Kosovo anerkannt hat, wei-
er an einer solchen UN-Mission beteiligt. Das wäre ein
nteressanter Standpunkt. Aber dann müssen Sie sich die
rage gefallen lassen, wie es kommt, dass die Republik
erbien mit aller Macht gegen die Unabhängigkeitser-
lärung des Kosovo wettert – sie wettert auch gegen die
räsenz von EULEX; das ist leider so –, aber zwei Insti-

utionen nicht infrage stellt: UNMIK und KFOR. Es ist
m Gegenteil sogar so, dass es regelmäßige gemeinsame
esprechungen, teilweise sogar gemeinsame Patrouillen
on der serbischen Armee und KFOR gibt. Ich glaube,
ir sollten die Serben vor Ihrem antiserbischen Antrag

n Schutz nehmen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Dritte Bemerkung zur Sache selber: Was ist der Kern
er derzeitigen internationalen Präsenz im Kosovo, der
ilitärischen, der polizeilichen, der zivilen und der justi-

iellen? Es ist nichts anderes als der Versuch, ein Neu-
ufflammen von Gewalt durch politische Kompromisse
nd den Bau von Brücken zu verhindern. Um nichts an-
eres geht es. Es geht unter anderem darum, Gewalt im
osovo – natürlich sind das nicht alles Heilige auf der

inen und Böse auf der anderen Seite; wir haben noch
ehr genau in Erinnerung, wer 2004 serbische orthodoxe
löster angegriffen hat und wie es zu Pogromen gegen
erben gekommen ist – zu verhindern.

Gewalt zu unterbinden, das ist das Kernanliegen des
lans von Ahtisaari gewesen, und zwar mit der Fest-
chreibung von dezidierten Minderheitenrechten, die
mzusetzen sind, wenn es eine Unabhängigkeit gibt. Das
at die Staatengemeinschaft vom Kosovo verlangt. Sie
at verlangt, diese Rechte in der Verfassung als Preis für
ie eingeschränkte Souveränität, die die Staatengemein-
chaft anerkannt hat, festzuschreiben. Es ging darum, die

enschen abzusichern. Die große Mehrheit der Serbin-
en und Serben wohnt nicht im Norden von Mitrovica,
ondern sie wohnt über das ganze Gebiet des Kosovo
erstreut. Die Serben betreiben dort Landwirtschaft, sie
aben verschiedene Kriege überstanden, sind dort ge-
lieben, und sie wollen da bleiben.

Die Rechte dieser Menschen dauerhaft institutionell
bzusichern, ist das Anliegen der internationalen Ge-
einschaft. Das deckt sich nicht nur mit den Grundsät-

en des Völkerrechts, sondern das findet auch seine Be-
ründung in der UN-Resolution 1244, die nach wie vor
ilt, bis wir etwas Besseres haben. Auch ich kann mir
esseres vorstellen, aber solange arbeiten wir damit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615726400

Zu einer Kurzintervention erteile ich das Wort dem

ollegen Gehrcke.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Herr Gehrcke, muss das sein?)







(A) )



(B) )


Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1615726500

Ich bitte um Entschuldigung ob der Zeit, aber das,

was Kollege Trittin ausgeführt hat, möchte ich natürlich
so nicht stehen lassen.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das „antiserbisch“ hat gesessen!)


Zum ersten Punkt. Sowohl die UN-Resolution 1244
als auch die Schlussakte von Helsinki gehen davon aus,
dass Grenzen im gegenseitigen Einvernehmen verändert
werden können. Sonst hätte die Resolution 1244 nicht
auf einen notwendigen Verhandlungsprozess Bezug ge-
nommen. Dieses gegenseitige Einvernehmen der Betei-
ligten ist nicht hergestellt worden. Deswegen ist meine
Argumentation in Bezug auf die Resolution 1244 und
die Schlussakte von Helsinki in sich schlüssig. Sie ste-
hen nicht gegeneinander. Es bleibt die Tatsache, dass die
Resolution 1244 durch einen einseitigen Akt gefährdet
worden ist.

Zum zweiten Punkt. Die Resolution 1244 ist nicht
vom Sicherheitsrat der UNO aufgehoben worden. Des-
wegen gilt die Resolution 1244 fort. Das ist doch lo-
gisch. Nur der Sicherheitsrat kann seine Beschlüsse auf-
heben oder verändern. Das hat er nicht gemacht. Aber
der Kerngehalt der Aufgabe für KFOR, einen Über-
gangsstatus abzusichern, ist nicht mehr gegeben. Das
war unsere Argumentation.

Drittens. Ich habe mit großem Interesse und Vergnü-
gen zur Kenntnis genommen, dass Kollege Guttenberg,
Kollege Stinner und andere die Bundesregierung aufge-
fordert haben, nachzubessern, was die völkerrechtliche
Argumentation angeht. Ich freue mich, dass Sie selber
einsehen, auf welch dünnem Eis Sie sich bewegen.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich bin ganz gespannt, was die Bundesregierung schließ-
lich vorlegt. Erst wenn das geschehen ist, kann man sich
in der Substanz auseinandersetzen. Wir müssen das ja
nicht erst vor dem Verfassungsgericht austragen. Wenn
Sie sich der Richtigkeit Ihrer völkerrechtlichen Argu-
mentation so sicher sind, dann geben Sie ein Gutachten
heraus! Damit kann man sich dann auseinandersetzen.

Letzter Punkt, damit das endlich einmal abgehakt ist:
Meine Fraktion, ich selber und wir alle haben nie etwas
mit Milošević am Hut gehabt.


(Detlef Dzembritzki [SPD]: Doch, doch!)


– Nein, das haben wir nicht. – Ich finde es einfach unan-
ständig, wenn man wider besseres Wissen immer wieder
versucht, diesen Vergleich zu ziehen. Milošević verant-
wortet in einem hohen Maße – das sei noch einmal deut-
lich unterstrichen – die Tragik des serbischen Volkes und
die Katastrophe in Jugoslawien. Aber auch diejenigen,
die zu einem Zeitpunkt, an dem alle es nicht wollten, ge-
zündelt haben, um Jugoslawien aufzulösen – da schaue
ich auf die FDP –, tragen ebenfalls Verantwortung für
diese Situation.

Danke sehr.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Zur Erwiderung auf die Kurzintervention hat Jürgen rittin das Wort. Lieber Kollege Gehrcke, Sie sollten einmal in Ihren ntrag schauen. Sie zitieren in Ihrem Antrag die Bunesregierung: Die Kräfte können eingesetzt werden, solange ein Mandat des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen und ein entsprechender Beschluss des NATO-Rates … vorliegen. uf der Rückseite Ihres Antrags schreiben Sie: Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, von einer weiteren Beteiligung der Bundeswehr als Teil der K-FOR im Kosovo abzusehen, solange nicht die im Beschluss des Bundestages … genannten Voraussetzungen … vorliegen. as ist der Kern Ihrer Argumentation. Warum diese Voraussetzungen nicht vorliegen, sagen ie in der Begründung Ihres Antrags: Mit der Anerkenung der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo ist der icherheitsratsresolution 1244 die Grundlage entzogen orden. Sie bestätigen also genau das, was ich gesagt abe. Sie haben gesagt, die Anerkennung der einseitigen nabhängigkeitserklärung des Kosovo sei ein Verstoß egen die Schlussakte von Helsinki. Darüber, ob Sie da echt haben oder nicht, habe ich jetzt gar nichts gesagt; as habe ich im Raum stehen gelassen. Ich habe nur eines gesagt: Wenn es so weit ist, dass inseitige Verstöße gegen die Schlussakte von Helsinki nach unserer allgemeinen Auffassung also Verstöße egen das Völkerrecht – ausreichen, einer Sicherheitsatsresolution den Boden zu entziehen, dann muss ich eststellen, dass ich ein ganz anderes Verständnis von ölkerrecht habe. Das, was Sie behaupten, kann nicht ein. Der Sicherheitsrat steht über solchen einseitigen, nilateralen Aktionen. Solange der Sicherheitsrat als err des Verfahrens seine Resolution nicht aufgehoben at, so lange gilt diese Resolution. Da nützt auch eine raulistische Interpretation nach Sinn und Verstand gegen en Wortlaut der Resolution, die Sie hier vorgelegt haen, gar nichts. Nächste Bemerkung. Denken Sie bitte noch einmal ber Folgendes nach: Wie kommt es, dass Sie an dieser telle das bestreiten, was Kernbestandteil der Argumen ation sowohl einer wichtigen Kraft im Sicherheitsrat, ämlich Russlands, als auch der Serben ist? Sie sagen, iese Resolution gilt weiter, wir akzeptieren KFOR, wir kzeptieren die Präsenz von UNMIK, und wir wollen, ass diese Mission dort weiterhin präsent ist. Ich bringe das nicht zusammen. Ich bezeichne Sie ja icht als fünfte Kolonne Moskaus. Ich habe nicht vertanden, warum jemand, der sich für die territoriale Interität Serbiens starkmacht und sagt, da könne es nur eine oslösung im gegenseitigen Einvernehmen geben, auserechnet in dieser Frage das zentrale Argument der serischen Seite – diese Resolution gilt weiter; nur das, was Jürgen Trittin darüber hinaus von Europa gemacht worden ist, ist von Übel – nicht mitträgt. Darauf habe ich hingewiesen. Ich finde, Sie sollten sich damit in einer stillen Stunde ganz ruhig, ganz sachlich noch einmal auseinandersetzen. Vielleicht haben die Serben doch recht? Jetzt gebe ich das Wort dem Kollegen Gert Winkel meier. Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Für den Vorgesetzten in der Bundeswehr gilt die begrüßenswerte Verpflichtung, in Haltung und Pflichterfüllung ein Beispiel zu geben. Dies klingt vielleicht ein wenig altväterlich; gleichwohl ist diese Bestimmung des Soldatengesetzes eine Grundvoraussetzung, um persönliche und nicht nur formale Autorität zu erwerben. Im Prinzip hat dieser Grundsatz in allen Lebensbereichen Gültigkeit, in denen es darauf ankommt, zu überzeugen und Menschen zu gewinnen. Messe ich hieran nun die rechtswidrige Anerkennung des Kosovo – unter Bruch der UN-Resolution 1244 – als unabhängigen Staat durch die Bundesregierung, kann ich nur konstatieren: Diese Regierung hat vollständig versagt. Vollständig! Sie gibt den Soldaten alles andere als ein Beispiel. Mit der von der UNO nicht mandatierten EULEX-Mission setzen Sie noch eins drauf. Sie wollen erklärtermaßen Fakten vor Ort schaffen, damit UNMIK ausgebremst werden kann. Das ist nichts anderes als eine Nötigung des UNO-Generalsekretärs. Damit begeben Sie sich auf das Niveau der derzeitigen Regierung in Priština. Wie diese einzuschätzen ist, daran lässt die für das BMVg erstellte Analyse vom Januar 2007 ja wohl keinerlei Zweifel. Deren Überschrift könnte auch „Der Mafiastaat“ lauten. Ist Ihnen eigentlich klar, in welche Situation Sie die KFOR-Soldaten der Bundeswehr gebracht haben, für deren Auftrag jetzt keinerlei Rechtsgrundlage und auch kein gültiges Bundestagsmandat mehr existiert? Befehle dürfen nur unter Beachtung der Regeln des Völkerrechts und der Gesetze erteilt werden. Sie dürfen nicht befolgt werden, wenn dadurch eine Straftat begangen würde. So steht es in den §§ 10 und 11 des Soldatengesetzes. § 10 gilt auch für den Inhaber der Befehlsund Kommandogewalt, Herrn Minister Jung. Mit welcher Autorität und Legitimität sollen denn unsere Soldaten einem rechtswidrig erteilten Auftrag nachkommen, und wie fühlen sie sich wohl dabei, wenn sie damit rechnen müssen, sich dereinst vor Gericht dafür verantworten zu müssen? Dies ist keineswegs eine hypothetische Frage. KFOR handelt bisher auf der Grundlage von Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen, das bekanntlich militärische Zwangsmaßnahmen einschließt. Wir alle wissen, dass es selbst unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit bei der Anwendung von Gewalt zu schweren Körperverletzungen bis hin zu Todesfällen kommen kann. Straffrei kann in diesem Zusammenhang ein Soldat der KFOR nur ausgehen, wenn er auf einer gesicherten Rechtsgrundlage gehandelt hat. u t d g w B G z U K d l h b u H L e S S d k M S n w f t M h g d s g d i s s l n d d m d s (C (D Bereits am 11. Mai, bei den serbischen Parlamentsnd Gemeindewahlen, könnten sich also deutsche Soldaen im Norden des Kosovo strafbar machen, weil sie ann unter Umständen aufgrund eines nicht mehr rechtsültigen Mandates des Deutschen Bundestages tätig erden. Die Verantwortung dafür liegt jedoch bei der undesregierung und der Mehrheit dieses Parlaments. enau deswegen müssen die deutschen Soldaten abge ogen werden. Vielen Dank. Das Wort für die SPD-Fraktion hat jetzt die Kollegin rsula Mogg. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und ollegen! Ich habe jetzt die Ehre und das Vergnügen, as letzte Wort zu haben. Zunächst gehe ich auf die Koleginnen und Kollegen der Fraktion der Linken ein. Sie aben es heute geschafft, zweimal sehr eindrucksvoll zu elegen, dass Sie nicht dazu in der Lage sind, außennd sicherheitspolitische Verantwortung zu tragen. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615726600
Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615726700




(A) )


(B) )

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615726800
Gert Winkelmeier (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1615726900

(Beifall bei der LINKEN)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615727000
Ursula Mogg (SPD):
Rede ID: ID1615727100

eute Morgen haben wir es bei der Diskussion über den
issabon-Vertrag erlebt, und Sie zeigen es gerade jetzt
inmal mehr bei der Frage der Stationierung deutscher
oldaten im Kosovo.

Erlauben Sie mir bitte einen kurzen Rückblick auf die
ituation auf dem Balkan seit Mitte der 90er-Jahre, da
ieser Aspekt in der Debatte nur sehr verkürzt vorge-
ommen ist. Zunächst gab es eine äußerst schwierige
enschenrechtssituation mit Vertreibungen, ethnischen

äuberungen und Tausenden von Flüchtlingen. Ich erin-
ere mich daran, dass wir mit Unterstützung der Bundes-
ehr im Frühjahr 1999 ein Flüchtlingslager mit Zelten

ür 42 000 Menschen aufgebaut haben, die nicht wuss-
en, wohin sie aufgrund der Vertreibungspolitik von

ilošević gehen sollten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wo stehen wir
eute? Slowenien ist ein unabhängiger Staat und Mit-
lied der EU. Kroatien ist ein unabhängiger Staat, ist auf
em Weg in die EU und hat die Karte für die Mitglied-
chaft der NATO in der Hand. Montenegro ist unabhän-
ig. Albanien hat eine Einladung bekommen, Mitglied
er NATO zu werden, Mazedonien leider noch nicht; das
st aber nicht den Fähigkeiten Mazedoniens geschuldet,
ondern das hat, wie wir alle wissen, andere Gründe. Ko-
ovo ist unabhängig, aber wir wissen, dass es noch einen
angen und steinigen Weg zurücklegen muss, bis es eine
achhaltige Stabilität erreicht; das ist unbestritten. In
iesem Zusammenhang bedarf es auch des Hinweises,
ass wir weiterhin mit Serbien im Gespräch bleiben
üssen. Wir hatten gerade heute Nachmittag auf Einla-

ung der Friedrich-Ebert-Stiftung ein Gespräch mit dem
erbischen Außenminister. Da kamen auch all die Fragen






(A) )



(B)


Ursula Mogg
auf den Tisch, die sich darum drehen, was noch zu tun
ist.

Dies zeigt, liebe Kolleginnen und Kollegen von den
Linken, dass Ihr Antrag nicht nur unwürdig, sondern
auch ausgesprochen statisch ist. Es handelt sich um eine
reine Betrachtung von Rechtsfragen. Viele Kolleginnen
und Kollegen haben dazu etwas gesagt. Ich möchte des-
halb festhalten, dass Ihr Antrag ausgesprochen unpoli-
tisch ist.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Trotzdem vielleicht noch einige kurze Anmerkungen
zu den völkerrechtlichen Fragen, auch wenn sie schon
angesprochen worden sind. Die UN-Resolution 1244
sagt nichts über den endgültigen Status des Kosovo. Das
sagt nicht nur dieses Parlament, das sagt nicht nur unsere
Regierung, das sagen auch namhafte Völkerrechtler.

Der Sicherheitsrat bleibt für die Friedenssicherung in
einer Region im Zweifel auch dann verantwortlich,
wenn sich eine angestrebte Übergangslösung nicht hat
erreichen lassen. Die Resolution 1244 hat die internatio-
nale Zivil- und Sicherheitspräsenz für eine sich immer
automatisch verlängernde Periode eingerichtet, soweit
der Sicherheitsrat nicht anders entscheidet. Das steht un-
ter Ziffer 19 der Resolution. Im Original heißt es: „…un-
less the Security Council decides otherwise“. Dies bedeu-
tet mit anderen Worten, dass nur der UN-Sicherheitsrat
selbst der erwähnten Zivil- und Sicherheitspräsenz die
Legitimation entziehen kann.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und nicht Monika Knoche!)


Ich will nicht verschweigen, dass man auch anderer
Meinung sein kann. Auch dazu ist hier viel gesagt wor-
den. Dass wir uns noch bessere Lösungen vorstellen
können, sei auch unbestritten.

Lassen Sie uns trotzdem den Versuch unternehmen,
gemeinsam das zu tun, was die Resolution 1244 von uns
fordert, nämlich an einer nachhaltigen Befriedung der
gesamten Region zu arbeiten. Dazu gehört, dass wir die
militärische Mission nicht zu einem Zeitpunkt beenden,
zu dem sie am meisten gebraucht wird. Das ist ganz si-
cher nicht im Interesse des Sicherheitsrates und nicht im
Interesse der Menschen im Kosovo. Vielleicht sehen
dies ja auch Russland und China so, sonst hätten sie dem
Sicherheitsrat vermutlich anderslautende Anträge vorge-
legt.


(Beifall des Abg. Detlef Dzembritzki [SPD])


Der Kollege Trittin hat ja in eine ähnliche Richtung ar-
gumentiert.

Lassen Sie uns – darum bitte ich Sie herzlich – ge-
meinsam an der Eröffnung von europäischen Perspekti-
ven für den jungen europäischen Staat und seine Nach-
barn arbeiten.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Ich schließe die Aussprache. Es ist verabredet, die Vorlage auf Drucksache 16/8779 n die Ausschüsse zu überweisen, die in der Tagesordung vorgesehen sind. – Damit sind Sie einverstanden. ann ist die Überweisung so beschlossen. Jetzt rufe ich den Tagesordnungspunkt 15 auf: Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Dritter Bericht der Bundesregierung über Erfahrungen mit dem Gentechnikgesetz – Drucksache 16/8155 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Rechtsausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Gesundheit Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Es ist vereinbart, hierüber eine halbe Stunde zu diskuieren. – Dazu höre ich keinen Widerspruch. Dann ist so eschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem ollegen Dr. Max Lehmer für die CDU/CSU-Fraktion. Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten amen und Herren! Der vorliegende Dritte Bericht der undesregierung über Erfahrungen mit dem Gentechikgesetz betrachtet den Zeitraum ab der Vorlage des weiten Berichts im Juli 2001 bis zum Mai 2007. Das nfang dieses Jahres verabschiedete Vierte Gesetz zur nderung des Gentechnikgesetzes mit seinen Regelunen ist in diesem Bericht ausführlich beschrieben. Nach dem Bericht ist auf allen drei Gebieten des Einatzes der Biotechnologie, nämlich der Weißen, der Roen und der Grünen Gentechnik, ein enormes Wachstum u verzeichnen. m Jahre 2006 waren mehr als 14 000 Beschäftigte in 95 Firmen tätig, die sich wesentlich oder ausschließlich it dem Verfahren der Biotechnologie befassen. Heute ind bereits 30 Prozent der jährlich neu eingeführten harmazeutischen Wirkstoffe gentechnischen Urprungs. Gar 75 Prozent der Unternehmensgründungen ntfallen auf den Bereich der Roten Biotechnologie. eutschland bewegt sich bei der Zahl der Freisetzungs nträge im Bereich der Grünen Gentechnik im EU-Verleich im oberen Drittel. 2007 wurden weltweit GVO von 12 Millionen Landirten in 23 Ländern auf rund 115 Millionen Hektar ckerfläche angebaut. Das ist eine Steigerung innerhalb ines Jahres, nämlich gegenüber 2006, um 12 Prozent. ie EU-Länder zusammen haben inzwischen die )

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615727200

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Max Lehmer (CSU):
Rede ID: ID1615727300

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Dr. Max Lehmer
100 000-Hektar-Grenze überschritten. Schätzungen zu-
folge wird sich die weltweite Anbaufläche von GVO bis
2015 auf bis zu 200 Millionen Hektar ausdehnen.

Laut dem Bericht werden die einzelnen Bereiche der
Gentechnologie von der Bevölkerung sehr unterschied-
lich bewertet. Während die gesellschaftliche Akzeptanz
bei der Roten Gentechnik, also dem Einsatz in der Medi-
zin, sehr hoch ist, lehnt eine Mehrheit der Bevölkerung
den Einsatz bei der Produktion von Lebensmitteln und in
der Landwirtschaft derzeit ab. Warum ist das so, meine
Damen und Herren? – Ich denke, es wäre Aufgabe der
Biotechnikindustrie, der Forschung, aber auch der Poli-
tik gewesen, die Menschen rechtzeitig über diese neue
Technologie zu informieren und aufzuklären, und zwar
objektiv und wissenschaftlich fundiert.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dies wurde in der Vergangenheit eindeutig versäumt
und wird leider auch heute noch nicht ausreichend getan.
Stattdessen hat man das Feld den selbsterklärten Geg-
nern der Grünen Gentechnik überlassen. Die öffentliche
Meinungsbildung wird leider oft durch ideologische
Angstmacherei bestimmt und meist unter Missachtung
wissenschaftlicher Erkenntnisse betrieben. Hier rede ich
aus persönlicher Erfahrung in meiner Region.


(Peter Bleser [CDU/CSU]: Sehr leidvoll!)


Das ist auch der Hintergrund für die Ablehnung von
Freilandversuchen. Diese sind aber gerade für Fragen
der Sicherheit und für mögliche Auswirkungen auf die
Umwelt unverzichtbar. Ich danke in diesem Zusammen-
hang Herrn Bundesminister Seehofer ausdrücklich für
die deutliche Stellungnahme zu den gehäuften Feldzer-
störungen. Sie ist heute in der Presse erschienen. Darin
hat er diese Zerstörungen ganz klar als inakzeptabel und
strafbar verurteilt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich fordere Industrie und auch die amtlichen Fachstel-
len des Bundes und der Länder auf, eine sachliche Infor-
mationsarbeit zu leisten. Ich weiß, dass diese Institutio-
nen seit vielen Jahren valide und hervorragende
wissenschaftsbasierte Daten haben. Es liegt eine Viel-
zahl von wissenschaftlichen Erkenntnissen aus dem
gesamten Forschungsbereich der Grünen Gentechnik
einschließlich der wichtigen sicherheitsrelevanten Fra-
gestellungen vor, die dazu beitragen könnten, die oft
emotional begründeten Bedenken vieler Menschen zu
entkräften und einen sachlichen Umgang mit dieser, wie
ich meine, sehr erfolgversprechenden Technologie zu er-
möglichen.

Aufklärung und wissenschaftlich basierte Informatio-
nen sind die Voraussetzung für einen angstfreien Um-
gang mit modernen, zugegebenermaßen komplexen
Technologien. Das gilt für alle Technologien, die in die
Zukunft gerichtet sind. Im Übrigen darf wohl auch da-
rauf hingewiesen werden, dass bis heute weltweit kein
einziger Schadenfall aufgetreten ist.


(Beifall des Abg. Peter Bleser [CDU/CSU] und der Abg. Dr. Christel Happach-Kasan [FDP])


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(C (D ch denke, das ist auch einem umfassenden Prüfungs-, ontrollund Zulassungsverfahren geschuldet. Leider st festzustellen, dass viele Bürger gar nicht wissen, dass or einer Zulassung für die Freisetzung der Nachweis eier völligen Unbedenklichkeit in Bezug auf einen Schaen oder ein Sicherheitsrisiko für Mensch, Tier und Umelt erbracht werden muss. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das geht ja gar nicht!)


Für eine verantwortungsvolle Beurteilung einer neuen
echnologie müssen wir uns auch mit den Potenzialen
eschäftigen. Ich weiß, dass die Potenziale unterschied-
ich beurteilt werden. Aber ich stütze mich hier auf eine
reite wissenschaftliche Übereinstimmung in Europa;
as kann man uneingeschränkt so sagen. Breite Wissen-
chaftskreise in Deutschland und Europa sprechen bei
er Biotechnologie von der Schlüsseltechnologie des
1. Jahrhunderts. Ich darf erinnern: Vor Einführung der
oten Gentechnik hatten wir eine entsprechende Diskus-

ion. Wer würde heute noch auf Insulin, Impfstoffe und
ine weitere große Zahl von modernen Medikamenten
erzichten wollen, die wir inzwischen selbstverständlich
utzen?

Die Grüne Gentechnik bietet die Möglichkeit der Ver-
esserung von Pflanzeneigenschaften für die Produktion
on Lebensmitteln, Rohstoffen und Bioenergie. Ich
enne als Stichworte: verbesserte Nährstoffgehalte, hö-
ere Energiedichte bei Energiepflanzen, erhöhte Wider-
tandsfähigkeit gegen klimatischen Stress, Eignung für
asserarme Standorte – gerade vor dem Hintergrund der
limaveränderungen ein sehr wichtiges Merkmal –, Wi-
erstandsfähigkeit gegenüber Schädlingen und Krank-
eiten und damit die Möglichkeit der Vermeidung großer
rtrags- und Qualitätsverluste.

Aber auch die ökologischen Vorteile sind zu nennen:
eniger chemischer Pflanzenschutz, geringerer Energie-
edarf bei modernen Produktionsmethoden und mehr
rosionsschutz. Insbesondere im Hinblick auf die aktu-
lle Diskussion über die Welternährungssituation und
en enorm wachsenden Energiebedarf gewinnen die
öglichkeiten dieser Technologie täglich an Bedeutung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja richtig zynisch, was Sie da sagen!)


Die Pflanze als zentraler Organismus – ich arbeite seit
5 Jahren wissenschaftlich und praktisch mit Pflanzen –
ird damit mehr als bisher in den Fokus von ökologisch

usgerichteter Nahrungs- und Energieerzeugung ge-
ückt. Gerade Landwirte in Entwicklungs- und Schwel-
enländern profitieren – das wird oft negiert, obwohl es
timmt – von den sozioökonomischen Vorteilen des An-
aus genveränderter Pflanzen in großem Maße.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Großgrundbesitzer!)


ie Zuwachsrate lag hier – auch wenn Sie es nicht wahr-
aben wollen – in 2007 bei 21 Prozent, gerade in
chwierig strukturierten Regionen, in Regionen mit aus-






(A) )



(B) )


Dr. Max Lehmer
geprägter Kleinlandwirtestruktur. In Indien beispiels-
weise können die Landwirte, die Bt-Baumwolle anbauen


(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Wie viel Opfer hat es gegeben? – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie die Selbstmorde mitgerechnet? Das ist so zynisch!)


– lesen Sie es nach und regen Sie sich nicht auf; schauen
Sie sich die Fakten an –,


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


ihre Erträge um bis zu 50 Prozent steigern.


(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Das ist aber eine selektive Wahrnehmung!)


Wir haben uns mit indischen Landwirten ausgiebig da-
rüber unterhalten. Ihr Einkommen liegt im Durchschnitt
um 250 US-Dollar höher als beim Anbau konventionel-
ler Sorten. Die Zahlen in China sind ähnlich.


(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Ich glaube nur, was ich selbst gefälscht habe!)


– Vielleicht gibt es auch sachlichere Kritik.

Bundesminister Seehofer hat in den vergangenen Ta-
gen darauf hingewiesen: Die Weltbevölkerung wächst
jährlich um 80 Millionen Menschen.


(Elvira Drobinski-Weiß [SPD]: Dazu brauchen wir keine Gentechnik!)


Laut Welternährungsorganisation wird der Bedarf an Le-
bensmitteln bis 2030 um 60 Prozent steigen. Geradezu
dramatisch ist die Prognose, dass die verfügbare Anbau-
fläche für Nahrungs- und Energiepflanzen pro Erdenbür-
ger sich bis zum Jahre 2040 exakt halbieren wird.

Wir können also gar nicht umhin, die Leistungsfähig-
keit unserer Kulturpflanzen und damit die Effizienz der
Landwirtschaft insgesamt entscheidend zu steigern.
Hierzu kann die Grüne Gentechnik nicht alles leisten,
aber einen wesentlichen Beitrag.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Die weltweite Entwicklung verläuft rasant. Wir müs-
sen uns in Zukunft noch intensiver als bisher mit Pflan-
zenzüchtung und Pflanzenforschung beschäftigen, vor
allem um in einem so wichtigen Bereich nicht den An-
schluss zu verlieren und damit abhängig von anderen
Ländern zu werden. Es ist geradezu ein Widersinn, gen-
technisch veränderte Pflanzen hierzulande nicht verfüt-
tern zu dürfen, das importierte Fleisch von derart gefüt-
terten Tieren aber hier zu verspeisen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hätten Sie doch dafür gesorgt, dass das gekennzeichnet wird!)


– Hören Sie doch bitte zu!


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615727400

Herr Kollege, Sie müssen zum Ende kommen.

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(C (D Ich komme zum Ende. Oft wird im Zusammenhang mit der Grünen Gentechik vor der Gefahr einer Monopolisierung gewarnt. iese Tendenz ist nicht von der Hand zu weisen. Die rage ist nur, wie wir dieser Tendenz begegnen. Ich eine, dass nur mit einer eigenen, starken nationalen nd staatlichen Forschung und einer konsequenten Unerstützung unserer überwiegend mittelständisch geprägen Pflanzenzucht in Deutschland dieser unerwünschten ntwicklung entgegengewirkt werden kann. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Dr. Max Lehmer (CSU):
Rede ID: ID1615727500


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615727600

Das Wort hat Dr. Christel Happach-Kasan für die

DP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Christel Happach-Kasan (FDP):
Rede ID: ID1615727700

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

u meiner ganz großen Überraschung habe ich einen
nterschied im Handeln von Minister Seehofer im Ver-
leich zu seiner Vorgängerin festgestellt. Er hat heute
usdrücklich die Zerstörung von Feldern mit gentech-
isch veränderten Pflanzen verurteilt.


(Elvira Drobinski-Weiß [SPD]: Das haben wir auch! – Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Das hat Frau Künast auch immer gemacht!)


r hat gesagt:

Solche Zerstörungen fremden Eigentums sind nicht
akzeptabel und als Sachbeschädigung und Haus-
friedensbruch strafbar.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


o der Minister recht hat, hat er recht. Ich bedaure, dass
eder bei der SPD noch bei den Grünen, noch bei der
inkspartei ein solches Verständnis von Rechtsstaat vor-
anden ist.


(Beifall bei der FDP – Widerspruch bei der SPD – Dr. Matthias Miersch [SPD]: Das ist eine Frechheit!)


einer Vorgängerin sind im Übrigen diese Worte nicht
ber die Lippen gekommen.

Der von der Bundesregierung vorgelegte Bericht über
ie Erfahrungen mit dem Gentechnikgesetz zeigt, dass
m Bereich der Weißen Biotechnologie entsprechend
em Bericht „Innovationsstandort Deutschland – quo
adis?“ Deutschland eine Führungsrolle einnimmt. Das
st gut so.


(Elvira Drobinski-Weiß [SPD]: Wohl wahr!)


Die Grüne Gentechnik nutzt dasselbe Züchtungsver-
ahren. Dennoch kämpft sie mit Akzeptanzproblemen in
er Gesellschaft und auch bei dem zuständigen Minister,






(A) )



(B) )


Dr. Christel Happach-Kasan
der jetzt immerhin dem widerrechtlichen Zerstören von
Feldern entgegentritt.

Heute war zu lesen: Wir brauchen die Revolution auf
dem Acker. – Das fordert Arend Oetker, der Präsident
des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft. Wir
brauchen eine neue grüne Revolution, sagt Professor
Joachim von Braun. Er ist Gründungsdirektor des Zen-
trums für Entwicklungsforschung der Universität Bonn
und jetzt Direktor des International Food Policy Re-
search Institutes in Washington. Dies ist ein führendes
Forschungs- und Beratungsinstitut, das auch von der
GTZ unterstützt wird. Er erinnert in seinem Beitrag da-
ran, dass auch der grünen Revolution mit Widerstand be-
gegnet wurde. Ich glaube, wir sollten auf diese Erfah-
rung zurückgreifen.

Die grüne Revolution hat viel erreicht. Wir sollten
uns daran erinnern. 1950 lebten etwa 2 Milliarden Men-
schen auf der Erde, fast die Hälfte hungerte. Heute leben
auf der Erde mehr als 6 Milliarden Menschen, über
860 Millionen Menschen hungern. Das sind zu viele,
aber weniger als 15 Prozent. Es werden 4 Milliarden
Menschen mehr ernährt als 1950. Wer will diesen Erfolg
kleinreden? Wer hat ein anderes Modell? Wer kann sa-
gen, wie man es anders hätte besser machen können?
Niemand von Ihnen kann es. Ich finde es absolut zy-
nisch, in welcher Weise Sie auf solche Zahlen reagieren.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sind zynisch!)


– Frau Höhn, das gilt für Sie genauso.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sie sind zynisch!)


Die Lebensmittelpreise sind weltweit dramatisch ge-
stiegen. Die Ursachen sind unterschiedlich – das wissen
wir –: Missernten, beispielsweise infolge des Klimawan-
dels, und teilweise die energetische Nutzung von Bio-
masse. Aber insbesondere ist der erhöhte Lebensstan-
dard beispielsweise in China eine Ursache. Wir können
den Chinesen jedoch nicht sagen, beim Reis zu bleiben
und auf das Schnitzel zu verzichten. Sie werden mit dem
Finger auf unsere Teller zeigen. Wir müssen akzeptieren,
dass ihr Wohlstand auch ihre Ernährungsgewohnheiten
ändert. Das erhöht den Bedarf insbesondere an Futter-
mitteln.


(Jörg Rohde [FDP]: Und die Preise!)


Dies bedeutet, dass – wie es die FAO gefordert hat –
verstärkt in die Landwirtschaft und in die Züchtung in-
vestiert werden muss. Was in der Weißen Gentechnik ge-
lungen ist, sollte auch in der Grünen Gentechnik gelin-
gen. Kollege Lehmer hat die entsprechenden Zahlen hier
genannt. Wir haben in Deutschland eine gut aufgestellte
Grundlagenforschung in Instituten und in Unternehmen.
Sie könnte wichtige Beiträge leisten. Sie wird aber aus-
gebremst – so Arend Oetker – von gesellschaftlichen
Gruppierungen wie auch von dieser Regierung durch das
restriktive Gentechnikgesetz und durch das konkrete Re-
gierungshandeln. Es gibt zahlreiche Beispiele, die ich
aber jetzt nicht aufführen möchte.

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(C (D Minister Seehofer verurteilt die Zerstörung von genechnisch veränderten Feldern. Ich habe das von Ihnen, Frau Drobinski-Weiß, noch ie gehört. (Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wurde doch im Ausschuss behandelt!)


(Elvira Drobinski-Weiß [SPD]: Wir auch!)


s gibt Gruppierungen in Deutschland, die das Standort-
egister als Einladung für solche Zerstörungen ansehen.
eswegen müssen wir die Öffentlichkeit von der Kennt-
is dieses Registers ausschließen.


(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Genau! Die Menschen wegsperren!)


nsonsten können wir die Zerstörungen nicht verhin-
ern. Es wäre ein Schritt zu einer glaubwürdigen Ausge-
taltung der gesetzlichen Rahmenbedingungen für die
ightech-Strategie der Bundesregierung gewesen, hätte

ie sich von der Öffentlichkeit des Standortregisters ver-
bschiedet.

Inzwischen haben zwei Universitäten vor dem Mob
apituliert, der ihre Versuchsfelder zerstört hat.


(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Das ist ja übelst! – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie werden immer schlimmer!)


Es ist ein einmaliger Vorgang, dass der Rektor einer
niversität seinem Bauchempfinden den Vorrang gibt
or der Verteidigung der grundgesetzlich geschützten
orschungsfreiheit; so geschehen in Nürtingen-Geislin-
en. Wo kommen wir hin, wenn die Straße bestimmt,
elche Forschung gemacht wird? Wozu ist das Recht

uf Forschungsfreiheit bei uns im Grundgesetz veran-
ert?


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Überlegen Sie sich, was Sie sagen!)


Ich überlege mir sehr gut, was ich sage. Ich habe mit
ehr vielen Gentechnikgegnern diskutiert und festge-
tellt, dass bei sehr vielen von ihnen schlicht keine
rundkenntnisse der Biologie und Botanik vorhanden

ind.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja unglaublich!)


In fast jedem Jahr diskutieren wir darüber, dass Mais
der Reis geringfügige Spuren einer gentechnisch verän-
erten Sorte enthält, die in der EU nicht zugelassen ist.
elbst wenn eine Sicherheitsprüfung der zuständigen
ehörden der USA vorliegt, fordert die in der EU gel-

ende Nulltoleranz, dass diese Partien hier nicht verkauft
erden. Sie werden in der Regel vernichtet. Es geht da-
ei nicht um Sicherheit; es geht um Prinzipienreiterei.

Ich frage zum Abschluss: Ist das angesichts des Hun-
ers in der Welt verantwortbar?


(Jörg Rohde [FDP]: Nein! – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist unglaublich! – Zurufe von der SPD)







(A) )



(B) )


Dr. Christel Happach-Kasan
Entspricht diese Vorgehensweise dem Gebot christlicher
Nächstenliebe?


(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Das ist jetzt keine Ansprache, oder wie?)


Müssen wir nicht dringend Schwellenwerte für solche
Beimengungen definieren, sodass das Vernichten hoch-
wertiger Nahrungsmittel beendet wird? Ich weiß, dass
die Bevölkerung so empfindet. Schauen Sie sich die neu-
esten Umfragen an!


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615727800

Frau Kollegin, wegen Ablaufs Ihrer Zeit müssen Sie

bitte zum Ende kommen.


Dr. Christel Happach-Kasan (FDP):
Rede ID: ID1615727900

Ich komme zum Ende. – Die Menschen wollen nicht,

dass solche Lebensmittel vernichtet werden.


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wollen keine Gentechnik!)


Darauf müssen wir reagieren.


(Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Die Redezeit ist vorbei!)


Wir müssen uns in der EU für Schwellenwerte einsetzen,
damit so etwas nicht wieder passiert.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Unglaublich!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615728000

Die Kollegin Elvira Drobinski-Weiß hat jetzt das

Wort für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD – Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Stell das mal richtig, Elvira!)



Elvira Drobinski-Weiß (SPD):
Rede ID: ID1615728100

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol-

legen! Liebe Mitglieder der Arbeitsgruppe!


(Zurufe von der SPD: Oh!)


„Gentechnik macht nicht satt“, titelt heute die Süddeut-
sche Zeitung. Wir haben über dieses Thema gestern dis-
kutiert, und nicht einmal die Biotechindustrie behauptet
mehr, sie könne das Welthungerproblem lösen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Mythen sind doch so schön!)


Mir scheint, die Grüne Gentechnik, die einmal vorgab,
als Tiger zu starten, ist auf dem besten Wege, als Bett-
vorleger zu landen.

Bei Minister Seehofer möchte ich mich für die offe-
nen Worte bedanken, die er am Wochenende und auch
gestern in der Ernährungsdebatte zur Rolle der Grünen
Gentechnik und zu den Interessen gewisser Saatgutgroß-

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(C (D onzerne gefunden hat. Ich erlaube mir allerdings, ein oethe-Zitat anzuschließen: Es reicht nicht, zu wollen, man muss auch tun. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


ir sind nach wie vor der Meinung, dass der von
onsanto vorgelegte Beobachtungsplan für MON810

icht ausreicht. Deshalb muss der Anbau ausgesetzt wer-
en, bis ein effektiver Monitoringplan vorliegt.


(Beifall der Abg. Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE])


Der dritte Bericht zum Gentechnikgesetz, über den
ir heute debattieren, basiert auf den vor der Novellie-

ung des Gesetzes geltenden Regelungen. Im Bereich
rüne Gentechnik sind die Erfahrungen recht dürftig.
as liegt nicht nur daran, dass bisher nur der gentech-
isch veränderte Mais MON810 in nennenswertem Um-
ang landwirtschaftlich genutzt wird, sondern das liegt
uch daran, dass wir vielleicht darüber nachdenken müs-
en, ob wir die passenden Instrumente haben, um wirk-
ich alle relevanten Erfahrungen zu sammeln und auszu-
erten.


(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Das ist wohl war!)


Der Bericht offenbart Handlungsbedarf. Unbefriedi-
end ist es zum Beispiel, dass mit den bisherigen Unter-
uchungen die wirtschaftliche Entwicklung bei der Grü-
en Gentechnik nicht bewertet werden kann, da diese
mmer auf den gesamten Bereich der Biotechnologie ab-
ielen; zu der Roten und der Weißen Gentechnologie
ind ja schon Ausführungen gemacht worden.

Sozioökonomische Daten werden derzeit überhaupt
icht gesammelt, obwohl dies dringend nottäte.


(Beifall der Abg. Mechthild Rawert [SPD])


Der Bedarf an einer Gegenüberstellung des gesell-
chaftlichen Nutzens und der Kosten wurde bereits vor
wei Jahren festgestellt, nämlich im Bericht des Büros
ür Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundes-
ag: „Grüne Gentechnik – transgene Pflanzen der 2. und
. Generation“. So eine Analyse könnte die öffentliche
ebatte endlich auf eine sachliche Basis stellen, und sie
önnte dafür sorgen, angesichts knapper Kassen die fi-
anziellen Mittel effektiv einzusetzen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Auch das EU-Zulassungsverfahren für GVO-Pflan-
en muss überarbeitet und um sozioökonomische As-
ekte erweitert werden. Das Verfahren muss transparent
nd demokratisch gestaltet werden. Es geht nicht nur um
ie Unbedenklichkeit für Gesundheit und Umwelt, son-
ern es geht auch um die Möglichkeiten und Kosten der
ontrolle neuer GVO-Konstrukte. Entscheidungen auf

usschließlich naturwissenschaftlicher Basis blenden
olitische bzw. demokratische Aspekte aus und tragen






(A) )



(B) )


Elvira Drobinski-Weiß
wirtschaftlichen Auswirkungen, Akzeptanz und Kon-
trollmöglichkeiten kaum Rechnung. In diesem Sinne
werden wir uns für eine Überarbeitung einsetzen. Ein
transparentes und allgemein anerkanntes Zulassungsver-
fahren trägt nicht nur zu einer stärkeren Akzeptanz der
Grünen Gentechnik bei, sondern vermeidet auch jahre-
lange Diskussionen.

Ebenso wie an volkswirtschaftlichen Analysen man-
gelt es bisher an einem Biodiversitätsmonotoring für den
GVO-Anbau. Ein solches Monitoring ist einfach unver-
zichtbar. Als Gastgeber der Biodiversitätskonferenz im
nächsten Monat in Bonn sollten wir mit gutem Beispiel
vorangehen. Dafür werden wir uns einsetzen. Ich bin si-
cher, dass wir unseren Koalitionspartner dabei an unse-
rer Seite haben.


(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Da passen wir auf!)


Ich zitiere:

Die Zusammenhänge und Wechselwirkungen in
Flora und Fauna sind ein hochkomplexes System.
Die Erfahrungen im Natur- und Umweltschutz zei-
gen uns, dass Auswirkungen menschlicher Ein-
griffe oft erst nach erheblicher zeitlicher Verzöge-
rung spürbar werden. Diese Erfahrung machen wir
z. B. lokal im Gewässerschutz und erleben wir glo-
bal im Klimawandel. Viele Entscheidungen haben
den Charakter der Abwägung zwischen Chancen/
Nutzen und Risiken. Im Risikomanagement gilt: Je
höher die Risiken, umso größer die Vorsorge.

Das ist eine Passage aus der Presseerklärung des Kreis-
verbandes der CSU Traunstein vom 10. April 2008, die
ich zitiere, weil ich finde, dass sie die Problematik auf
den Punkt bringt.


(Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Und sie hat recht!)


Wir werden uns also gemeinsam für effektives Monito-
ring, für eine Überarbeitung der EU-Zulassungsverfah-
ren und größtmögliche Vorsorge einsetzen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615728200

Die Kollegin Kirsten Tackmann ist jetzt an der Reihe

für die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])



Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1615728300

Frau Präsidentin! Liebe Gäste! Liebe Kolleginnen

und Kollegen! Solche Berichte wie der jetzt vorliegende
Dritte Bericht der Bundesregierung über Erfahrungen
mit dem Gentechnikgesetz sind sicherlich sinnvoll. Sie
geben Regierung wie Parlament die Gelegenheit, noch
einmal über die tatsächlichen Wirkungen von politischen
Entscheidungen nachzudenken, sich mit der eigenen Ar-
gumentation auseinanderzusetzen, sie noch einmal zu
prüfen und gegebenenfalls zu korrigieren, wenn man

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(C (D eststellt, dass man sich geirrt oder unpräzise argumeniert hat. So gesehen bin ich mit dem vorliegenden Bericht zurieden; denn er begründet in vielen Passagen die kritichen Positionen der Linken zur Agro-Gentechnik. Anererseits ist er aber ein Beleg dafür, dass solche erichte sinnlos sind; denn er stellt Probleme fest, die orhersehbar waren und wahrscheinlich ungelöst bleien, weil Einwände wenig Einfluss auf die politischen ntscheidungen haben. Ich fange mit etwas Positivem an: Auf Seite 16 geht s um den Schwellenwert für gentechnische Verunreiniungen im Saatgut. Die Bundesregierung formuliert die bsicht, einen möglichst niedrigen Schwellenwert für entechnische Verunreinigungen einzuführen. Das berüßt die Linke. Null Toleranz ist uns gerade beim Saatut besonders wichtig, weil ökologische Risiken und die usbreitungsgefahr hier noch höher sind als beim Ernteut. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Deshalb gilt erst recht beim Saatgut: keine konzern-
reundlichen Kompromisse.


(Dr. Karl Addicks [FDP]: Es geht um menschenfreundliche Kompromisse! Lassen Sie Ihren Konzernwahn hinter sich!)


er Vorsorgegedanke muss Vorrang vor allen ökonomi-
chen Interessen haben. Deshalb muss der Schwellen-
ert mit der technisch möglichen Nachweisgrenze iden-

isch sein. Das bedeutet, dass gentechnikfreies Saatgut
uch wirklich kein gentechnisch verändertes Material
nthält. Die Kosten für diese Untersuchung auf Gentech-
ikfreiheit dürfen natürlich nicht der gentechnikfrei pro-
uzierenden Landwirtschaft aufgehalst werden.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


in Fonds der Agro-Gentechnik-Konzerne zum Risiko-
usgleich wäre nach dem Verursacherprinzip aus unserer
icht mehr als gerechtfertigt.

Auf den Seiten 20 bis 22 beschäftigt sich der Bericht
it der Arbeit der Zentralen Kommission für Biologi-

che Sicherheit. Hier gilt unsere Kritik vor allen Dingen
er Zusammensetzung der Kommission. Uns ist die Ver-
retung der Interessen der gentechnikfrei produzierenden
andwirtschaft besonders wichtig. Sie vertritt nämlich
ie Interessen der überwiegenden Mehrheit der Bevölke-
ung, die der Agro-Gentechnik entweder kritisch gegen-
bersteht oder sie ablehnt.

Das gilt auch für die Umwelt- und Verbraucherver-
ände und für die Imkereien. Ihre Position muss aus un-
erer Sicht in einem breiten gesellschaftlichen Dialog
iel größeres Gewicht bekommen. In der Diskussion
ber potenzielle Risiken muss diese Stimme viel deutli-
her zu hören sein.

Verwundert hat mich folgender Befund des Berichts:
wischen 2001 und 2007 wurden fast 60 Prozent der
reisetzungsanträge von staatlichen Einrichtungen und






(A) )



(B) )


Dr. Kirsten Tackmann
Universitäten gestellt. – Ich möchte zumindest die Frage
in den Raum werfen, ob dieser Umfang des Engage-
ments staatlicher Einrichtungen wirklich in jedem Fall
durch gesellschaftliches Interesse gedeckt ist. Oder: In
welchem Maße werden so Töpfe mit Forschungsgeldern
im Interesse der Saatgutkonzerne gefüllt? Wie werden in
solchen Fällen eigentlich die Objektivität und die Unab-
hängigkeit der Forschung gesichert?

Besonders spannend wird es auf Seite 27. Dort heißt
es – Zitat –:

Zugleich ist aber anzuerkennen, dass die vollstän-
dige Verhinderung der Auskreuzung aus Freiset-
zungsflächen praktisch nicht möglich ist.

Ich würde dem Ministerium für diese ungewohnte Of-
fenheit gerne ein Lob aussprechen; denn das ist genau
unsere Position. Aber Minister Seehofer betont immer
weiter, unablässig, eine Koexistenz, also der störungs-
freie parallele Anbau von gentechnisch veränderten
Pflanzen und gentechnisch nicht veränderten Pflanzen,
sei möglich, wenn man nur bestimmte Abstände einhält.
Dabei ist längst klar, dass die Vielzahl der Ausbreitungs-
wege, die das gentechnisch veränderte Pflanzengut neh-
men kann, überhaupt nicht kontrollierbar ist. Das wird
auch im Bericht eingeräumt.

Was die fehlenden Konsequenzen angeht, geht es aber
noch weiter. Offensichtlich haben die Bundesländer auf
Probleme bei der Umsetzung des sogenannten verein-
fachten Verfahrens aufmerksam gemacht. Auch hier
werden aber keine Konsequenzen gezogen. Im Gegen-
teil, mit dem neuen Gesetz werden sie sogar noch ver-
schärft.

Auf Seite 36 geht es um in der EU nicht zugelassene
genetisch veränderte Pflanzen. Treffend wird die Nullto-
leranz für Verunreinigungen mit solchen Pflanzen im
Bericht als – Zitat – „Importverbot für die betreffende
Lieferung“ bezeichnet. Wir finden, das ist genau richtig,
weil das eine Risikovorsorge ist.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615728400

Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Ende.


Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1615728500

Ich komme sofort zum Ende.

Im Hinblick auf die Rede meines Kollegen Lehmer
möchte ich noch darauf hinweisen, dass gerade der Welt-
agrarrat, als er die Welternährungsprobleme behandelt
hat, festgestellt hat: Diese Probleme können durch die
Agro-Gentechnik nicht gelöst werden.


(Dr. Max Lehmer [CDU/CSU]: Wissen Sie, wer da drin sitzt?)


Er hat sich zur Agro-Gentechnik sehr kritisch geäußert.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615728600

Frau Kollegin!

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(C (D Ich finde, auch diese Tatsache muss man zur Kenntnis ehmen. Vielen Dank. (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])

Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1615728700


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615728800

Jetzt spricht Bärbel Höhn für das Bündnis 90/Die

rünen.


Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615728900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
ir reden heute über den Dritten Bericht der Bundesre-

ierung über Erfahrungen mit dem Gentechnikgesetz.
ines ist in der Rede von Herrn Lehmer deutlich gewor-
en – das geht aber auch aus dem Bericht der Bundesre-
ierung hervor –: Die CDU/CSU treibt die Gentechnik
n der Landwirtschaft gegen den Willen der Menschen in
iesem Land voran. – Das ist nicht in Ordnung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Da hilft es auch nicht, dass sich der Minister seit eini-
er Zeit kritisch zur Gentechnik äußert. Vielleicht hat er
ogar seine persönliche Meinung geändert; das mag sein.
ntscheidend ist aber, was er für eine Politik macht.
eine Politik hat sich überhaupt nicht geändert.


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Gott sei Dank!)


r bereitet der Gentechnik den Weg. Das ist das Pro-
lem, meine Damen und Herren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Genau diese Politik hat Minister Seehofer in der
resse den Spitznamen „Genhofer“ eingebracht. Viel-

eicht ist er wider Willen ein „Genhofer“. Dennoch ist er
in „Genhofer“, weil er diese Politik macht. Deshalb
erden wir ihn weiter kritisieren.


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Macht doch!)


Sehen wir uns einmal die Zahlen an: Im Jahre 2004,
em letzten vollen Regierungsjahr von Rot-Grün, wur-
en an 13 Orten in Deutschland gentechnisch veränderte
flanzen freigesetzt. Diese Zahl ist mittlerweile drama-

isch nach oben geschossen. 2007 fanden schon
8 Freisetzungsversuche statt.


(Peter Bleser wir auch! as ist die Folge der Politik von Seehofer. Das ist nicht ut. (Beifall des Abg. Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Der Widerstand der Bevölkerung gegen den Gentech-
ikanbau wird immer größer, und zwar zu Recht. Die
ahl der Einwendungen ist seit 2005 dramatisch gestie-
en.






(A) )



(B) )


Bärbel Höhn

(Dr. Karl Addicks [FDP]: Kein Wunder! Weil Sie den Menschen Angst machen! Sie spielen mit der Angst der Leute!)


Sie hat sich von 2 000 auf 11 000 mehr als verfünffacht.


(Dr. Karl Addicks [FDP]: Nichts als Panikmache!)


Es gilt aber Folgendes, Frau Happach-Kasan: Es
stimmt nicht, dass die Zahl der Zerstörungen zugenom-
men hat. Insbesondere nach der Einführung des Stand-
ortregisters, die unter Rot-Grün stattgefunden hat, ist sie
zurückgegangen. Betrug die Zahl der Zerstörungen in
den Jahren 1999 und 2000 noch 15 bzw. 19, so ist sie
nach Einführung des Standortregisters auf weniger als 5
zurückgegangen. Das sollten Sie endlich zur Kenntnis
nehmen!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Dass es Widerstand aus der Bevölkerung gibt, liegt auch
daran, dass die Bevölkerung das Gefühl hat, dass die
Gentechnik schleichend eingeführt wird; so wird es ja
gemacht: immer ein bisschen mehr. Renate Künast hat
sich gegen die Einführung von MON 810 – das war der
erste Genmais, der hier in wirtschaftlichem Maßstab an-
gebaut werden sollte – immer gewehrt. Minister Seeho-
fer hat einen schweren Fehler gemacht, als er die Tür
dazu geöffnet hat. 2006 wurde auf 1 000 Hektar Gen-
mais angebaut. 2007 waren es schon fast 3 000 Hektar.
2008 wird es wahrscheinlich eine Steigerung um
70 Prozent geben.


(Zuruf von der CDU/CSU: Na und?)


Es gibt eine Möglichkeit, das zu verhindern – andere
Länder machen es vor –: Frankreich verbietet MON 810,
Polen verbietet MON 810, Österreich verbietet MON 810.
Wir in Deutschland täten gut daran, MON 810 ebenfalls
zu verbieten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Schauen wir uns Seehofers Heimat Bayern an: Im
Großraum Würzburg wird auf 90 Hektar Genmais ange-
baut, in Kitzingen werden neue Genmaissorten freige-
setzt. Ich finde es interessant, was Minister Seehofer im
Kampf um den CSU-Vorsitz gesagt hat: Er hat den Bür-
gern in Bayern geschrieben, er stehe dem Genmaisanbau
mit Zurückhaltung gegenüber, er bezweifle seine Sinn-
haftigkeit, und es bestehe Anlass zur Sorge, dass insbe-
sondere in Gebieten mit einer klein strukturierten Land-
wirtschaft wie in Bayern der Anbau von gentechnisch
veränderten Pflanzen zu einer Beeinträchtigung der übri-
gen Landwirtschaft führt.

Der Minister lässt die Landwirte im Stich, lässt die
Verbraucher im Stich, lässt die Menschen vor Ort, die
sich gegen den Anbau von Genmais zu Recht wehren,
im Stich. Das ist nicht gut.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Gerade deshalb ist es zynisch, wenn jetzt Kauder – der raktionsvorsitzende der CDU/CSU – oder Happachasan (Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU]: Herr Kauder! Frau Happach-Kasan!)


ür die Gentechnik mit dem Argument werben, mit ihr
önne man den Hunger auf dieser Erde in den Griff be-
ommen. Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren:
urch Monsanto werden die Bauern in mehr Abhängig-
eit getrieben.


(Peter Bleser [CDU/CSU]: Alte Feindbilder!)


entechnik ist kein Mittel gegen den Hunger; Gentech-
ik verschärft das Problem des Hungers.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Gehen Sie deshalb in sich, meine Damen und Herren!
chauen Sie, was die Bevölkerung in Bayern will: Sie
ill keine Gentechnik. Entsprechend sollten Sie Politik
achen! Momentan bewegen Sie sich in die falsche
ichtung.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615729000

Matthias Miersch spricht jetzt für die SPD-Fraktion.


Dr. Matthias Miersch (SPD):
Rede ID: ID1615729100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ls Mitglied des Rechtsausschusses will ich das Thema
on einer anderen Seite beleuchten. Wir Juristen neigen
a zur Nüchternheit; Frau Happach-Kasan, ich kann Ih-
en allerdings sagen, dass Ihr Redebeitrag meinen Puls
urchaus erhöht hat.


(Dr. Christel Happach-Kasan [FDP]: Das freut mich!)


Das Niveau, das Sie an den Tag gelegt haben, ist einer
ebatte im Deutschen Bundestag nicht würdig.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


em politischen Gegner zu unterstellen, dass er nicht
uf dem Boden des Rechtsstaates steht, ist ein starkes
tück; ich weise das für meine Fraktion in aller Ent-
chiedenheit zurück.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Markus Löning [FDP]: Wer hat denn die Felder kaputtgemacht?)


iebe Frau Happach-Kasan, Sie haben schon bei Ihrer
etzten Rede einen Fehlgriff gemacht, als Sie versucht
aben, den Träger des Alternativen Nobelpreises zu kri-
inalisieren. Auch das zeigt, wie Sie argumentieren.






(A) )



(B) )


Dr. Matthias Miersch
Schauen wir uns doch die Fakten an! Dann stellen wir
fest: Die blühenden Landschaften, die heilbringenden
Saatgutkonzerne, von denen Sie sprechen, gibt es nicht.
Wenn wir auf andere Kontinente, auf andere Länder bli-
cken, können wir sehen, dass das Gegenteil der Fall ist.
Minister Seehofer hat in seiner Analyse dezidiert nicht
nur von der Macht der Saatgutkonzerne gesprochen,
sondern auch von den Erpressungsversuchen und davon,
dass zum Beispiel in den USA ein einziger Konzern na-
hezu das gesamte Saatgutgeschäft beherrscht, und er hat
von der Vernichtung kleinbäuerlicher Existenzen gespro-
chen. Sie sollten in Ihrer Fraktion noch einmal ausführ-
lich darüber diskutieren.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615729200

Herr Kollege, Frau Happach-Kasan würde Ihnen

gerne eine Zwischenfrage stellen.


Dr. Matthias Miersch (SPD):
Rede ID: ID1615729300

Nein, Frau Kollegin Happach-Kasan. Wenn Sie sich

hier am Ende für Ihren Ausspruch entschuldigen, dann
lasse ich zukünftig gerne wieder Zwischenfragen von Ih-
nen zu. Dies machen wir aber nicht mit.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, es ist
sinnvoll, das zu betrachten, was wir in den einzelnen
Ländern, in denen GVO konventionell angebaut wird,
feststellen können: Das Saatgut ist extrem teuer. Das Ur-
recht der Landwirtschaft, die Wiederverwendung des
Saatgutes, der sogenannte Nachbau, wird elementar be-
schnitten, was gerade für Kleinbauern in Staaten der
Dritten Welt teilweise existenzvernichtend ist, was man
daran sieht, dass es beispielsweise in Indien eine durch-
aus nicht geringe Selbstmordquote gibt.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig! – Dr. Max Lehmer [CDU/CSU]: Aber nicht deswegen!)


– Sehr wohl deswegen. Wir können uns darüber durch-
aus auch einmal intensiver austauschen.


(Dr. Max Lehmer [CDU/CSU]: Aber gerne!)


Wir stellen ferner fest, dass diese Saatgutkonzerne da-
ran forschen, die Pflanzen so zu verändern, dass sie nicht
mehr reproduzierbar sind und dass Landwirte darauf an-
gewiesen sind, jedes Jahr wieder neues Saatgut zu kau-
fen. Daneben stellen wir fest, dass die Abhängigkeit von
der Saatgutindustrie, dem Pflanzmitteleinsatz und allem,
was daranhängt, zunimmt, weil weltweit eben nur we-
nige Konzerne diesen Bereich beherrschen.

Lieber Kollege Lehmer,


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Guter Mann!)


zum Abschluss noch eine Bemerkung, weil ich nicht viel
Redezeit habe. Schauen Sie sich an, welches Werkzeug
der Gentechnikindustrie zur Verfügung steht – das sage
ich als Jurist –, nämlich das Patentrecht, das viel weiter-
gehender als der nationale bzw. der europäische Sorten-
schutz ist. Ich glaube, wir müssen uns auch in dieser

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(C (D roßen Koalition noch einmal überlegen, ob wir wirungsvoll etwas dagegen tun können. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wenn wir uns anschauen, welche Verfahren beispiels-
eise vor dem Europäischen Patentamt anhängig sind
ich nenne das Stichwort Brokkoli-Patent –, dann stel-

en wir fest, dass diese Industrie immer weiter danach
trebt, das zu verwirklichen, was ein Konzernsprecher
inmal so formuliert hat: Wir wollen die Ernährung der
evölkerung vom Ackerbau bis zum Tellerrand steuern. –
ies muss im Sinne der Landwirtschaft und im Sinne
er Verbraucherinnen und Verbraucher verhindert wer-
en.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615729400

Herr Kollege, es gibt den Wunsch des Kollegen Leh-

er, eine Zwischenfrage zu stellen.


Dr. Matthias Miersch (SPD):
Rede ID: ID1615729500

Herr Lehmer, selbstverständlich.


Dr. Max Lehmer (CSU):
Rede ID: ID1615729600

Würden Sie zum Ersten bitte attestieren, dass in der

orliegenden Biopatentrichtlinie genau zwischen einer
rfindung aufgrund einer Erkenntnis aus der Natur und
iner Entdeckung getrennt wird? Wir haben das über das
MBF nachprüfen lassen. Ich habe den Antrag gestellt,
ass das noch einmal festgestellt wird. Würden Sie bitte
en Unterschied, der in der jetzt gültigen Biopatentricht-
inie festgelegt ist, attestieren?

Würden Sie zum Zweiten attestieren, dass schon jetzt
in Nachbau nur unter besonderen Regeln gemäß dem
eutschen Saatgutverkehrsgesetz und der Züchterverord-
ung möglich ist? Würden Sie bitte auch bestätigen, dass
ierdurch das geistige Eigentum geschützt ist, dass jeder
achbau einer Regelung unterliegt und dass das nichts
it einer Monopolisierung zu tun hat?


Dr. Matthias Miersch (SPD):
Rede ID: ID1615729700

Sehr verehrter Herr Kollege Lehmer, Sie haben mir

reundlicherweise meine Redezeit verlängert.

Zum Ersten. Der Nachbau wird nicht durch das Saat-
utverkehrsgesetz beschränkt, sondern durch das deut-
che Sortenschutzgesetz bzw. das europäische Sorten-
chutzrecht.


(Dr. Max Lehmer [CDU/CSU]: Das weiß ich!)


as steht in dem Kontext, über den wir hier reden. Ich
eine die ewige Erweiterung der Züchterrechte, die

azu führt, dass beispielsweise das Landwirteprivileg,
as jahrhundertlang unbeschränkt galt, im Jahre 1991
urch ein internationales Übereinkommen erstmalig ein-
eschränkt wurde.

Die Gentechnik geht aber einen Schritt weiter. Es
ird nämlich gesagt, dass es nicht mehr erlaubnisfrei ist,






(A) )



(B) )


Dr. Matthias Miersch
Nachbau zu betreiben, sondern man darf das letztlich
nicht mehr. Schauen Sie sich die Anbauverträge an. Hier
können wir, so glaube ich, nicht mehr von einfachen
Verträgen sprechen, sondern das sind Knebelungsver-
träge. Das ist jedenfalls meine Würdigung.

Zum zweiten von Ihnen angesprochenen Punkt, zur
Trennschärfe. Schauen wir uns die Verfahren beim Euro-
päischen und beim Deutschen Patentamt an. Hinsichtlich
der Patentierbarkeit dieser Pflanzen hat die von Ihnen
beschriebene Trennschärfe aus meiner Sicht keine Gül-
tigkeit.


(Dr. Max Lehmer [CDU/CSU]: Ihre Sicht!)


– Hier geht es um Recht und um Rechtsauslegung. Wenn
Sie die Verfahren betrachten, dann werden Sie feststel-
len, dass sich das, was Sie im Moment als Wahrheit vor
sich hertreiben, in der Praxis der Patentierbarkeit bzw.
der Patentabgabe gerade nicht widerspiegelt. Insofern
glaube ich, dass wir alle gut beraten sind, wenn wir uns
noch einmal sehr genau mit dem Feld befassen. Der
Grundsatz „Keine Patente auf Leben“ muss in Deutsch-
land und in Europa gelten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615729800

Das war eigentlich schon fast ein schönes Schluss-

wort, Herr Kollege.


Dr. Matthias Miersch (SPD):
Rede ID: ID1615729900

Ja, Frau Präsidentin, aber ich möchte dem Kollegen

Lehmer abschließend noch eines mit auf den Weg geben,
weil er mich so freundlich gefragt hat. Er hat festgestellt,
dass häufig mangelnde Aufklärung eine Rolle spielt. Ich
habe neulich bei einem Besuch in Ihrem Wahlkreis fest-
gestellt, dass eine sehr aktive Bauernschaft gerade für
gentechnikfreie Regionen kämpft. Gerade im Freistaat
Bayern ist mit die größte Zahl gentechnikfreier Regio-
nen zu finden.

All den Menschen, mit denen ich gesprochen habe, zu
unterstellen, dass sie sich nicht richtig informiert haben,
bevor sie sich für eine gentechnikfreie Region ausge-
sprochen haben, finde ich nicht richtig. Wie ich die Men-
schen in Ihrem Wahlkreis erlebt habe, hätten sie, glaube
ich, verdient, dass auch Sie die Argumente sehr sorgsam
abwägen. Wenn uns das gelingt, dann schaffen wir auch
die nächsten Schritte. Wir haben in diesem Bereich noch
sehr viel zu tun, und ich glaube, wir sollten das gemein-
sam angehen im Sinne der Landwirtschaft, und zwar
hoffentlich einer kleinbäuerlichen Landwirtschaft, die
wir hier und in den Ländern der Dritten Welt dringend
brauchen.

Danke.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615730000

Zu einer Kurzintervention gebe ich das Wort der Kol-

legin Happach-Kasan.

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(C (D Verehrter Kollege Miersch, ich hätte von einem Juris en – Sie haben betont, dass Sie Jurist sind – schon erartet, dass Sie sich darüber im Klaren sind, dass man ie Macht von Konzernen in aller Regel über das Karellrecht begrenzt statt über das Verbot einer Züchtungsethode oder ihrer Schikanierung. Ich hätte von Ihnen auch erwartet, Herr Kollege iersch, dass Sie sich darüber im Klaren sind, dass die iopatentrichtlinie beschlossen ist. Die Tatsache, dass nzwischen auch Pflanzensorten unter das Patentrecht allen, hat auch etwas damit zu tun, dass wir in Europa chlicht nicht schnell genug waren. Auch ich bin der Meinung, dass unser deutsches Sorenschutzrecht ein sehr viel besseres Instrument für die ulassung von Sorten, Genehmigungsverfahren und hnliches wäre. Wir müssen aber feststellen, dass ein nternehmen in den USA, wo es kein entsprechend gu es Sortenschutzrecht gibt, den Weg des Patentrechts bechritten hat. Wir müssen uns dem beugen, weil wir dem ichts entgegenzusetzen haben. Wir werden das Patentecht in der Beziehung nicht aushebeln können. Im Übrigen wissen Sie, dass das Patentrecht nichts nderes ist als der Schutz geistigen Eigentums. Ich kann ir nicht vorstellen, dass die SPD auf einmal nicht mehr ür den Schutz des geistigen Eigentums eintritt. Ich möchte Ihnen außerdem empfehlen, die Universiät Hohenheim zu besuchen und mit Professor Martin aim zu sprechen, der in verschiedenen Erdteilen unter ucht hat, wer davon profitiert, dass eine Sorte einen höeren Ertrag erbringt. Er hat festgestellt, dass dies auf en einzelnen Erdteilen unterschiedlich ist, dass aber imer ein Teil des Mehrwertes den Landwirten zugute ommt. Insofern sind diese Sorten erfolgreich, sodass inwischen auf 114 Millionen Hektar von 12 Millionen andwirten weltweit gentechnisch veränderte Sorten anebaut werden. Allein diese Zahlen machen deutlich, ass das nicht alles Großbauern sind. Ich finde es nett, dass Sie sich für die kleinbäuerliche andwirtschaft einsetzen, aber wir müssen auch zur enntnis nehmen, dass es in Deutschland nur noch an enigen Orten kleinbäuerliche Landwirtschaft gibt. Wir aben eine bäuerliche Landwirtschaft, je nach Ausbilungsgrad dieser Landwirte. In Schleswig-Holstein zum eispiel gibt es sehr gut ausgebildete Landwirte, die uch den entsprechenden wirtschaftlichen Erfolg haben, en wir allen unseren Landwirten wünschen. Von daher sollte man die Vision kleinstbäuerlicher etriebe à la 19. Jahrhundert nicht zurückbeschwören. iese können nämlich den Aufgaben der Welternährung icht gerecht werden. Danke schön. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dr. Christel Happach-Kasan (FDP):
Rede ID: ID1615730100


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615730200

Herr Miersch hat das Wort zur Antwort.






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt

(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Das dauert!)



Dr. Matthias Miersch (SPD):
Rede ID: ID1615730300

– Das dauert nicht lange, weil ich nicht in ein juristi-

sches Proseminar mit Ihnen einsteige, liebe Kollegin
Happach-Kasan. Aber gestatten Sie mir den Hinweis,
dass man im internationalen Verkehr bzw. auch in den
nationalen Regelungen feststellen kann, dass das Kar-
tellrecht kein ausreichendes Instrumentarium bietet.


(Dr. Christel Happach-Kasan [FDP]: Verbessern Sie es!)


Wenn Sie sich die Rechtsprechung bei der WTO zum
Import von gentechnisch verändertem Material nach
Europa anschauen, dann sehen Sie, dass die Regel-
mechanismen nicht ausreichend sind. Der Minister hat
– aus meiner Sicht: zu Recht – angeprangert, dass sich
hier ein elementares Mittel der Menschheit, nämlich die
Nahrung, in den Händen weniger befindet. Wir sind auf-
gerufen, dem Einhalt zu gebieten.

Sie haben mir unterstellt, dass ich mich beispiels-
weise mit den Züchtungsbetrieben nicht auseinanderge-
setzt habe. Ich befasse mich damit seit neun Jahren in
meiner beruflichen Praxis und stelle fest, dass es hier
große Meinungsunterschiede innerhalb der Züchtungsin-
dustrie gibt. Viele mittelständische Züchter sehen in der
Gentechnologie ein großes Risiko für ihre Existenz. Ich
finde, gerade Sie sind als Vertreterin der FDP dazu auf-
gerufen, sich die Struktur der Züchtungsindustrie in
Deutschland sehr genau anzuschauen. Wollen Sie tat-
sächlich auf das Feld der Gentechnik setzen, auf dem
sich augenblicklich weltweit nur wenige Großbetriebe
tummeln?

Der letzte Punkt, den Sie angesprochen haben, betrifft
die Kleinbauern. Die Kleinbauernfrage ist sicherlich von
elementarer Bedeutung für die Entwicklungsländer; das
wollte ich zum Ausdruck bringen. Im Übrigen wünsche
ich mir, dass wir in Deutschland eine viel stärker bäuer-
lich geprägte Landwirtschaft bekommen, keine klein-
bäuerliche, aber wieder eine bäuerliche; denn ich glaube,
dass dann das Verhältnis zwischen Verbraucher und bäu-
erlichem Betrieb viel intensiver wird. Das wäre ein
Schritt hin zu mehr Nachhaltigkeit und Transparenz bei
den Produkten. Man könnte leichter erkennen, was ange-
baut wird. Mir ging es bei den Kleinbauern tatsächlich
um die Landwirte in den Entwicklungsländern. Schauen
Sie sich die Länder an, in denen konventionell GVO an-
gebaut werden! Sie werden feststellen, dass genau die
Struktur, die der Weltagrarrat als Lösung der Hungersnot
gefordert hat, durch die Gentechnikindustrie zerstört
wird.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615730400

Die Aussprache ist geschlossen.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 16/8155 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

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1)

(C (D Ich komme jetzt zu den Tagesordnungspunkten 14 a nd 14 b: a)

gitte Pothmer, Birgitt Bender, Dr. Thea Dückert,
weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zur Gewährleistung angemesse-
ner Arbeitsbedingungen für grenzüberschrei-
tend entsandte und für regelmäßig im Inland
beschäftigte Arbeitnehmer und Arbeitnehme-

(Arbeitnehmer-Entsendegesetz – AEntG)


– Drucksache 16/8758 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

b) Erste Beratung des von den Abgeordneten Brigitte
Pothmer, Birgitt Bender, Dr. Gerhard Schick, wei-
teren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines
Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes
über die Festsetzung von Mindestarbeitsbedin-

(Erstes MindestarbeitsbedingungenÄnderungsgesetz – 1. MiArbGÄndG)


– Drucksache 16/8757 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

Zu Protokoll gegeben haben ihre Reden der Kollege
erald Weiß, die Kollegin Anette Kramme, der Kollege
irk Niebel, der Kollege Werner Dreibus und die Kolle-
in Brigitte Pothmer.1)

Hier wird vorgeschlagen, die Gesetzentwürfe auf den
rucksachen 16/8758 und 16/8757 an die in der Tages-
rdnung aufgeführten Ausschüsse und zusätzlich an den
echtsausschuss zu überweisen. Sind Sie damit einver-

tanden? – Das ist der Fall. Dann sind die Überweisun-
en so beschlossen.

Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 17 auf:

Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/
CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes über das Verbot der Einfuhr, der
Verarbeitung und des Inverkehrbringens von

(Robbenerzeugnisse-Verbotsgesetz – RobErzVerbG)


– Drucksache 16/8868 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Auswärtiger Ausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Anlage 7






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
Hier haben ihre Reden zu Protokoll gegeben die Kol-
leginnen und Kollegen Peter Jahr, Wilhelm Priesmeier,
Mechthild Rawert, Christoph Pries, Hans-Michael Gold-
mann, Eva Bulling-Schröter und Cornelia Behm.1)

Hier wird vorgeschlagen, den Gesetzentwurf auf
Drucksache 16/8868 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse zu überweisen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 16 sowie den Zu-
satzpunkt 7 auf:

16 Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten
Dr. Karl Addicks, Hellmut Königshaus,
Dr. Werner Hoyer, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der FDP

Gesundheit in Entwicklungsländern
– Drucksachen 16/3209, 16/5378 –

ZP 7 Beratung des Antrags der Abgeordneten Sibylle
Pfeiffer, Dr. Christian Ruck, Dr. Wolf Bauer, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/
CSU sowie der Abgeordneten Dr. Wolfgang Wo-
darg, Dr. Sascha Raabe, Gregor Amann, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Deutschlands globale Verantwortung für die
Bekämpfung vernachlässigter Krankheiten –
Innovation fördern und Zugang zu Medika-
menten für alle sichern
– Drucksache 16/8884 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (f)

Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Haushaltsausschuss

Hier ist verabredet, eine halbe Stunde zu debattieren,
wobei vorgesehen ist, dass die FDP sechs Minuten er-
hält. – Ich höre keinen Widerspruch. Dann verfahren wir
so.

Ich eröffne die Aussprache und gebe das Wort dem
Kollegen Dr. Karl Addicks für die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Karl Addicks (FDP):
Rede ID: ID1615730500

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sprechen
heute Abend über Gesundheit in Entwicklungsländern.
Dazu haben wir, die FDP-Fraktion, Ende 2006 – da war
die Legislaturperiode noch relativ jung – eine Große An-
frage gestellt. Die Antwort der Bundesregierung haben
wir im Mai 2007 erhalten, mit Zahlen aus dem Jahr
2005. Heute – etwa anderthalb Jahre, nachdem wir die
Anfrage gestellt haben – sprechen wir zu einer späten

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s1) Anlage 8

(C (D ageszeit über diesen sehr wichtigen Punkt in der Enticklungszusammenarbeit mit unseren Partnerländern, nd das, obwohl in dieser Woche der Weltmalariatag tattfindet. Ich hätte mich wirklich gefreut, wenn wir arüber zu einer Tageszeit debattiert hätten, zu der man in bisschen mehr öffentliche Aufmerksamkeit erweckt; hoenix sendet leider nur bis 18 Uhr. Wenn wir früher ebattiert hätten, wäre das der Bedeutung, die diesem hema zukommt, besser gerecht geworden. (Beifall bei der FDP – Dr. Sascha Raabe [SPD]: Ihr wolltet doch zu Protokoll geben!)


Nein, das haben wir nie gesagt. Sie haben das gefor-
ert; aber wir halten das Thema für wichtig genug, um es
ben nicht zu Protokoll zu geben.

Herr Raabe, gut, dass Sie mich gerade ansprechen.
estern haben Sie sich anlässlich der Aktuellen Stunde
ier noch einmal heftig darüber beklagt, dass wir andau-
rnd darauf herumreiten, dass die Gründung eines Unter-
usschusses gescheitert ist. Ob es Ihnen Verdruss berei-
et oder nicht: Ich werde noch einmal darauf
erumreiten; gestern wären mir nämlich fast die Tränen
ekommen. Ich bin wirklich der Auffassung, dass die
ründung eines Unterausschusses ein sehr wichtiges
nd richtiges Signal gewesen wäre.


(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


ch denke, als Abgeordneter hätten Sie die Pflicht ge-
abt, zu kritisieren, dass Ihr Fraktionskollege Scholz und
ollege Röttgen die Gründung dieses Unterausschusses
it einem Federstrich zunichte gemacht haben.


(Hüseyin-Kenan Aydin [DIE LINKE]: Jawohl!)


Zu meinem Bedauern haben Sie gestern noch einmal
as Argument vorgebracht, es gebe schon so viele Unter-
usschüsse. Wissen Sie, ich rufe die Feuerwehr, wenn es
rennt; ich sage nicht nur: Da hinten brennt es ja auch,
nd da ist ja schon die Feuerwehr. Ich bin der Auffas-
ung: Man muss die Feuerwehr immer dann rufen, wenn
s gerade brennt. Was das Thema Gesundheit in Ent-
icklungsländern anbelangt, brennt es, wie ich meine,
anz schön.

So sind wertvolle Jahre vergangen, in denen wir deut-
ich mehr hätten tun können. Die Legislaturperiode ist
chon wieder angegraut; wir bewegen uns schon wieder
angsam auf Wahlkampfzeiten zu. Ich spreche Sie als
bgeordneten an: Wir müssen deutlich souveräner wer-
en. Wer ist denn der Vertreter des Souveräns: wir oder
ie Bundesregierung?


(Beifall bei der FDP)


Lassen Sie mich zum Thema zurückkommen. Wir
lle wissen, dass Entwicklung ohne Gesundheit nicht
öglich ist.


(Stephan Hilsberg [SPD]: Ja, er kommt zum Thema zurück!)


Ja, ich komme darauf zurück; das ist heute Abend un-
er Thema.






(A) )



(B) )


Dr. Karl Addicks

(Stephan Hilsberg [SPD]: Drei Minuten sind schon rum!)


Wir kennen den Teufelskreis aus Arbeit und Krank-
heit: Krankheit macht arm, und Armut macht krank; das
haben eigentlich alle erkannt. Deswegen beziehen sich
drei von acht der Millennium Development Goals auf
die Gesundheit. Damit kommt sehr gut zum Ausdruck,
wie wichtig dieses Thema ist.

Lassen Sie mich im Folgenden kurz auf die Antwor-
ten auf die Anfrage eingehen. Wenn man die Antworten
durchliest, dann denkt man: Es gibt überhaupt keine Pro-
bleme; die Bundesregierung eilt von einem Erfolg zum
anderen, sie hat alles richtig gemacht, Malaria, Aids und
Tuberkulose sind unter Kontrolle. An manchen Stellen
scheint aber durch, dass wir nicht so weit sind, wie wir
kommen wollten: Bis 2015 erreichen wir keines der
MDGs; Gott sei Dank ist das inzwischen hinreichend be-
kannt.

Ich möchte eine Frage im Detail ansprechen. Wir hat-
ten nach Veränderungen bei der Zahl der Infektionen mit
Aids, Malaria, Tuberkulose und Parasitosen gefragt. Die
Bundesregierung geht nur auf die drei großen Krankhei-
ten ein; das finde ich nett. Gestatten Sie mir, ein wenig
fachlich zu sprechen: Die Parasitosen werden nach mei-
ner Ansicht grob unterschätzt; Kollege Wodarg wird sich
meiner Meinung sicherlich anschließen. Auch im ge-
meinsamen Antrag von CDU/CSU und SPD werden die
Parasitosen angesprochen. Wurmerkrankungen, Amö-
benerkrankungen und andere parasitäre Erkrankungen
sind vor allen Dingen für die Kinder in den Entwick-
lungsländern eine ganz schlimme Sache; sie sind zusam-
men mit Aids und Malaria die Haupttodesursache bei
Kindern.

Ich möchte diesen Punkt verlassen und mich einem an-
deren Thema zuwenden. Wir haben heute Morgen – Frau
Groneberg ist nicht da – über ein weiteres wichtiges
Thema bei der GTZ gesprochen: sanitäre Hygiene in den
Entwicklungsländern. Ich wünsche mir, dass wir dazu
demnächst auch einmal ein Expertengespräch im Aus-
schuss führen, so wie das, das wir gestern mit Herrn
Kilian über Malaria geführt haben. Das fand ich richtig
toll und informativ. Ich wünsche mir, dass wir viel öfter
solche Expertengespräche anstatt der ewig langen Anhö-
rungen durchführen, für die wir zweieinhalb bis drei
Stunden brauchen. Ich halte die Expertengespräche für
effektiver.

Wir haben in der Anfrage auch nach dem Golden Rice
gefragt. Wir haben gerade eine sehr interessante Debatte
zur Grünen Gentechnik gehabt. Das BMZ hat übrigens
damals keinen Bedarf für die Grüne Gentechnik gese-
hen. Gestern haben wir hier die Bundesministerin ge-
hört. Sie hat von der „grünen Biotechnologie“ gespro-
chen.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Ich finde es interessant, dass das Kind jetzt unter diesem
neuen Namen wieder erscheint. Die Nahrungsmittel-
krise, die wir jetzt haben – auch die Grünen sollten da-
rüber noch einmal nachdenken; aber für sie ist das dog-
matisch besetzt –,

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(C (D (Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das denkst du dir so!)


onnten wir vor zwei Jahren nicht vorhersehen. Allein
ie Diktion, die wir gestern gehört haben, finde ich gut.
ch glaube nämlich, dass vielleicht wir uns hier den Lu-
us eines Verzichts auf Gentechnologie leisten können,
ie Menschen in den Entwicklungsländern aber vor dem
intergrund der Nahrungsmittelkrise überhaupt nicht.


(Beifall bei der FDP)


as, was in diesem Bereich vertretbar ist, muss gemacht
erden.

Herr Kollege Wodarg, ich komme kurz auf den An-
rag zu sprechen.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615730600

Sie müssten kurz zum Schluss kommen.


Dr. Karl Addicks (FDP):
Rede ID: ID1615730700

Okay, ich komme zum Schluss. – Lassen Sie mich nur

urz sagen: Den Antrag, den Sie hier stellen, finde ich
ut. Der Titel – „Deutschlands globale Verantwortung
ür die Bekämpfung vernachlässigter Krankheiten“ – ist
llerdings etwas überzogen. Deutschland hat eine große
erantwortung. Deutschland war gerade in diesem Be-

eich ein bedeutender Forschungsstandort. Das ist
eutschland nicht mehr. Aber gleich die globale Verant-
ortung zu bemühen, ist mir zu viel.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615730800

Herr Kollege.


Dr. Karl Addicks (FDP):
Rede ID: ID1615730900

Lassen Sie uns im Ausschuss mit einigen Experten

och häufig über dieses Thema sprechen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615731000

Sibylle Pfeiffer hat das Wort für die CDU/CSU-Frak-

ion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Sibylle Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1615731100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ntwicklungspolitik ist ein Querschnittsthema. Dies ist
pätestens jetzt den Initiatoren des vorliegenden Antrags
ewusst geworden. Es war nicht strittig, dass etwas un-
ernommen werden muss. Es ging um verschiedene An-
ichten, wie das Problem der vernachlässigten Krankhei-
en angegangen werden kann, und zwar im Sinne der

enschen in den Entwicklungsländern. Berücksichti-
ung finden mussten die Anmerkungen der Bereiche
orschung, Gesundheit und vor allen Dingen Haushalt.
etztendlich ist es doch gelungen, rechtzeitig im Vorfeld
er Tagung der Intergovernmental Working Group on
ublic Health, Innovation and Intellectual Property, die






(A) )



(B) )


Sibylle Pfeiffer
in den nächsten Tagen in Genf stattfindet, diesen Antrag
zur Debatte hier im Plenum zu stellen.

Heute weiß man, dass in Entwicklungsländern Krank-
heiten nicht nur die Folge der Armut sind, sondern auch
deren Ursache. Es besteht ein regelrechter Teufelskreis.
Menschen werden krank, weil sie arm sind, und kranke
Menschen werden arm. Wir dürfen unser Augenmerk
nicht nur auf HIV/Aids richten. Die Entwicklungsländer
leiden unter den sogenannten vernachlässigten Armuts-
krankheiten wie zum Beispiel Schlafkrankheit, Lepra,
Flussblindheit usw. „Vernachlässigt“ werden diese
Krankheiten deshalb genannt, weil es keine oder nicht
ausreichend Medikamente für deren Bekämpfung gibt.
Eine Milliarde Menschen, also ein Sechstel der Mensch-
heit, leidet an armutsbedingten Tropenkrankheiten. Für
diese Krankheiten gibt es keine oder nur veraltete Medi-
kamente. Ich finde es nicht hinnehmbar, dass gängige
Medikamente zum Beispiel gegen Tuberkulose 50 Jahre
alt sind. Das Beispiel Tuberkulose steht stellvertretend
für die Grundproblematik. Nur 10 Prozent der Investitio-
nen für Gesundheit fließen in die Bekämpfung von
Krankheiten, unter denen 90 Prozent der Menschen lei-
den. Diese 90 Prozent leben nun einmal in Entwick-
lungsländern.

Das beantwortet auch die Frage, warum wir – das Par-
lament, die Entwicklungspolitiker – gefordert sind. Wir
können in diesem Fall nicht sagen, der Markt werde das
schon regulieren. Die Armen verfügen nicht über die nö-
tige Kaufkraft. Übrigens haben auch wir in Deutschland
dafür gesorgt, dass es nicht primär vom Geldbeutel ab-
hängt, ob jemand sein Medikament bekommt oder nicht.
In diesem Zusammenhang verweise ich auch darauf,
dass wir die Entwicklungsländer beraten, wie sie ihre ei-
genen sozialen Sicherungssysteme aufbauen können.
Dies ist für die politische Stabilität in diesen Ländern un-
abdingbar.

Ich halte nichts davon, in Kategorien von zwei feind-
lichen Lagern zu denken oder diese gar gegeneinander
auszuspielen – auf der einen Seite die Pharmaindustrie
und auf der anderen Seite die verschiedenen nationalen
und internationalen Organisationen. Die Pharmaseite
sieht die Notwendigkeit des Handelns. Es gibt Spenden-
programme der forschenden Pharmaindustrie, die einen
anerkanntermaßen positiven Einfluss auf die Medika-
mentenversorgung bei Krankheiten in den Entwick-
lungsländern haben. Aber Forschung ist teuer, und es ist
legitim, dass wirtschaftlich gedacht und gehandelt wird,
zum einen, um die Kosten zu decken, und zum anderen,
um Geld für weitere Forschung zu verdienen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Man produziert zunächst für den Markt, wo man et-
was verdienen kann. Es ist nun einmal eine Tatsache,
dass nur ein geringer Prozentsatz von den Entwicklun-
gen der Pharmaindustrie am Ende tatsächlich auf den
Markt kommt. Selbstverständlich sind das wirtschaftli-
che Risiken, und selbstverständlich hängen daran auch
zahlreiche Arbeitsplätze.

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(C (D Andererseits können die Menschen in den Entwickungsländern nicht warten; die Medikamente sind für sie ebensnotwendig. Diese Menschen brauchen sie sofort. ier kommt die Frage der Patentrechte ins Spiel. Das iesbezügliche Dilemma hat die ehemalige Hohe Komissarin der Vereinten Nationen Mary Robinson, die im brigen auch in unserem Ausschuss war, treffend be chrieben – ich zitiere –: Die Patentrechte der pharmazeutischen Industrie, die unerlässlich sind für die Forschung und Entwicklung neuer Wirkstoffe, und die Rechte von Menschen mit lebensbedrohenden Krankheiten auf angemessene Behandlung können in Konflikt geraten. Das TRIPS-Abkommen war ein wichtiges Zeichen, dass zwischen dem Schutz des geistigen Eigentums und den Erfordernissen der Gesundheitsfürsorge in den Entwicklungsländern ein Ausgleich gesucht werden muss. In der Verantwortung stehen also mehrere Akteure. ie Pharmaindustrie ist aufgefordert, ihren Beitrag zu eisten, dass neue und bessere Medikamente zur Beämpfung dieser Krankheiten auf den Markt kommen. ationale und internationale Maßnahmen sind nötig. Die eltgesundheitsorganisation WHO weist darauf hin, ass nach Möglichkeiten gesucht werden muss, wie für iese Medikamente die Kosten für Forschung und Enticklung vom Produktionspreis für Entwicklungsländer bgekoppelt werden können. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Und wieder: Die Entwicklungsländer selbst stehen in
er Verantwortung, damit die Bevölkerung ausreichend
it Medikamenten versorgt werden kann. Laut Welt-

ank gelangen von 100 US-Dollar, die von öffentlicher
and für Medikamente ausgegeben werden, nur Medi-
amente im Wert von 12 US-Dollar tatsächlich zu den
atienten. Der Grund: Ineffizienz und Korruption.

Ein weiteres großes Problem, das ich hier nur an-
chneiden kann, ist das fehlende medizinische Personal
n den Entwicklungsländern. Dieses Problem haben wir
n dieser Stelle schon des Öfteren diskutiert.

Auf einen Punkt möchte ich noch besonders einge-
en: Gesundheit ist mehr als nur Medikamente. Gesund-
eit hat etwas mit Bildung, mit Ernährung, mit Tradition
nd vor allem mit Gleichberechtigung zu tun. Die Beant-
ortung der Großen Anfrage der FDP-Fraktion macht
eutlich: Das Thema Gesundheit ist für die derzeitige
egierung ein Schwerpunktthema.


(Dr. Karl Addicks [FDP]: War es für uns vor zwei Jahren schon!)


ir Entwicklungspolitiker unterstützen diese dabei nach
nseren Möglichkeiten, im Übrigen ohne Unteraus-
chuss, lieber Kollege Addicks.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Dr. Karl Addicks [FDP]: Was sagen die Haushälter?)







(A) )



(B) )


Sibylle Pfeiffer
– Die machen mit; die machen immer mit. – Die deut-
sche Entwicklungszusammenarbeit hat im Gesundheits-
bereich – auch dank der Bundeskanzlerin Angela Merkel –
zu wesentlichen Erfolgen beigetragen. In Heiligendamm
wurden die Bekämpfung von HIV/Aids, Tuberkulose
und Malaria sowie die Stärkung der Gesundheitssysteme
auf die Agenda gesetzt.


(Dr. Karl Addicks [FDP]: Und der Finanzminister? Was sagt der dazu?)


– Der wird dem folgen, weil wir diese Verpflichtungen
eingegangen sind. Schon der letzte Haushalt war ein Be-
weis dafür, dass wir diesen Verpflichtungen nachkom-
men – logischerweise sehr zum Erstaunen vor allen Din-
gen der Opposition.

Die G-8-Staaten haben – liebe Kollegen, lassen Sie
mich das zuletzt noch erwähnen – 44 Milliarden Euro
zur Bekämpfung von HIV/Aids, Tuberkulose und Mala-
ria sowie zur Stärkung der Gesundheitssysteme zuge-
sagt. Deutschland wird hierzu bis 2015 insgesamt
4 Milliarden Euro zur Verfügung stellen. Auf diese Tat-
sache, liebe Kolleginnen und Kollegen und vor allen
Dingen lieber Karl Addicks, wollte ich noch einmal hin-
gewiesen haben.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1615731200

Nächster Redner ist der Kollege Hüseyin Aydin für

die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Hüseyin-Kenan Aydin (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1615731300

Frau Präsidentin! Liebe Kollegen und Kolleginnen!

Im letzten Jahr starben rund 5 Millionen Menschen an
Aids, Tuberkulose oder Malaria, die große Mehrzahl da-
von in der Dritten Welt. Es ist deshalb begrüßenswert,
dass die Bundesregierung die Mittel für den Globalen
Fonds zur Bekämpfung dieser Krankheiten aufgestockt
hat.


(Zuruf von der FDP: Es ist begrüßenswert, dass wir die Anfrage gestellt haben!)


Ich füge hinzu: Sie werden nicht ausreichen, um sämtli-
che Probleme in den kommenden Jahren zu bewältigen.
Deswegen müssen mehr Mittel organisiert werden.

Was ist zu tun, damit dieses Geld zu einer nachhalti-
gen Verbesserung der Gesundheitslage in den Entwick-
lungsländern beiträgt? Das Kernproblem ist der Zugang
zu erschwinglichen Medikamenten. Mehr als
33 Millionen Menschen haben den tödlichen HI-Virus
im Körper. Doch nicht einmal ein Drittel von ihnen hat
Zugang zu lebensnotwendigen Medikamenten. Der
Hauptgrund: Sie haben nicht genug Geld.

Es ist unerträglich, dass viele Firmen aus Profitgier
diesen Zustand fortschreiben wollen. Die Pharmagigan-
ten haben in Indien Patentanträge auf wichtige Aidsme-
dikamente gestellt, um den Export preisgünstiger Nach-

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(C (D hmerpräparate zu verhindern. Millionen von Indern und nderinnen und Afrikanern und Afrikanerinnen wären um Tode verurteilt! Unfassbar ist, dass EU-Handelskommissar Manelson diese menschenverachtende Politik auch noch akiv vorantreibt. Im vergangenen Herbst drohte er im Paentstreit offen dem thailändischen Ministerpräsidenten it Konsequenzen, um die Interessen der Pharmagiganen durchzudrücken. Das ist völlig inakzeptabel. Das Aktionsbündnis gegen Aids“ fordert deshalb vollkomen zu Recht: Leben vor Pharmaprofit! Wir von der Linken erwarten, dass die Bundesregieung die in ihrer Antwort auf die vorliegende Große Anrage angedeutete Kritik an dem Vorgehen der Pharmaonzerne wesentlich deutlicher als bisher zum Ausdruck ringt. Das zweite Problem: Die auf lukrative Märkte ausgeichtete Pharmaforschung kümmert sich völlig unzureihend um die Krankheiten der Armen. Laut Oxfam sind wischen 1999 und 2004 nur drei neue Medikamente zur ekämpfung der „armen“ Infektionskrankheiten auf den arkt gekommen. (Sibylle Pfeiffer [CDU/CSU]: Der hat mir nicht zugehört!)


eshalb wollen wir, dass die Industrienationen konzen-
riert und steuernd tätig werden, damit endlich auch Me-
ikamente gegen Ebola oder die Flusskrankheit entwi-
kelt werden.

Drittes Problem: kein funktionsfähiges Gesundheits-
ystem. In vielen Ländern fehlt es an Anlaufstellen für
ie Kranken. In weiten Bereichen gibt es keine Kranken-
äuser, Polikliniken oder Praxen. Deshalb kommt die
ilfe schlicht nicht bei den Betroffenen und Bedürftigen

n. Wenn der Bundestag, wie im vergangenen Monat
instimmig beschlossen, die Stärkung der sozialen Si-
herungssysteme in den Vordergrund rücken will, muss
ie Etablierung tragfähiger Gesundheitssysteme in die-
es Vorhaben eingebunden werden.

Viertes Problem: die Abwanderung medizinischer
achkräfte. Seit 1980 sind rund 60 Prozent der in Ghana
usgebildeten Ärzte und Ärztinnen sowie Pflegekräfte
ns Ausland gegangen. Hauptgrund ist die schlechte Be-
ahlung im Heimatland. Die Organisation Ärzte ohne
renzen fordert deshalb finanzielle Unterstützung, ins-
esondere wegen der Lohnkosten für das medizinische
ersonal in den Partnerländern der Entwicklungszusam-
enarbeit. Das wäre über eine entsprechende Budget-

ilfe problemlos zu machen. Gleichzeitig müssen die
ndustrienationen endlich damit aufhören, die qualifi-
ierten Fachkräfte aus ihren Heimatländern abzuwerben.
iese Fachkräfte werden händeringend im eigenen Land
enötigt!


(Dr. Karl Addicks [FDP]: Illusionisten!)


Lassen Sie mich noch eines anmerken. Natürlich ist
ie Verbesserung der Gesundheitslage auch eine Frage
es Massenbewusstseins. Jeden Tag infizieren sich
000 Menschen aufs Neue mit Aids, zumeist auf

exuellem Wege. Es ist gut, dass die Bundesregierung in






(A) )



(B) )


Hüseyin-Kenan Aydin
ihrer vorliegenden Antwort die Prüderie der katholi-
schen Kirche als ein „hohes Risiko“ kritisiert. Hoffen
wir, dass der Vatikan endlich zur gleichen Einsicht
kommt.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1615731400

Herr Kollege, ich muss Sie auf Ihre Redezeit auf-

merksam machen.


Hüseyin-Kenan Aydin (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1615731500

Zum vorliegenden Antrag der Koalition ist zu sagen,

dass in ihm sehr viele gut gemeinte Forderungen aufge-
stellt sind. Aber es fehlt weitgehend eine Konkretisie-
rung. Deshalb werden wir uns im Rahmen der Aus-
schussberatungen konstruktiv in die Debatte einbringen
und hoffen, dass einige unserer Vorschläge in Ihren An-
trag Eingang finden.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1615731600

Nun hat der Kollege Dr. Wolfgang Wodarg für die

SPD-Fraktion das Wort.


(Hellmut Königshaus [FDP]: Jetzt geht es wieder um die Gesundheit und weniger um die Revolution!)



Dr. Wolfgang Wodarg (SPD):
Rede ID: ID1615731700

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In den

letzten 30 Jahren ist viel geforscht worden und viel
Neues entdeckt worden. So sind etwa eineinhalbtausend
neue Wirkstoffe entdeckt worden; das sind sehr viele.
Davon entfielen auf tropische Erkrankungen und auf die
Tuberkulose ganze 21 Wirkstoffe. Wenn man sich nun
die Verteilung der Krankheitslast auf der Welt ansieht,
dann stellt man fest, dass etwa eine Milliarde Menschen
an tropischen Erkrankungen wie Malaria sowie an Tu-
berkulose leiden. HIV/Aids-Erkrankungen sind bei die-
ser Zahl noch gar nicht dabei. Die genannten Erkrankun-
gen verlaufen zum größten Teil tödlich. Jedes Jahr
sterben nur an Tuberkulose und Malaria etwa drei Mil-
lionen Menschen. Auch bei dieser Zahl sind die Aids-
Toten nicht dabei.

Die Tuberkulosemedikamente wurden in der Tat nicht
verändert. Es gibt kaum neue Medikamente, aber es gibt
eine wachsende Zahl von Resistenzen. Tuberkulose ist
überwiegend eine Erkrankung der armen Menschen. Es
verhält sich hierbei genau wie bei den anderen Erkran-
kungen, um die es hier geht. Ich nenne zum Beispiel die
Chagas-Krankheit, Wurmerkrankungen, die Leish-
maniose, das Dengue-Fieber, aber auch die Schlafkrank-
heit und verschiedene Trypanosom-Erkrankungen. Diese
Erkrankungen sind bei uns völlig unbekannt, bei den
meisten jedenfalls. Aber sie sind das tägliche Leid der
Menschen in den warmen Ländern, in den armen Län-
dern, in den Entwicklungsländern. Es kommen Krank-
heiten dazu, die wir kennen, bei denen allerdings den
Menschen kaum Heilungsmöglichkeiten angeboten wer-
den; sie werden vielmehr damit allein gelassen.


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(C (D Die Situation sieht so aus, dass die Forschung bei uns das kann man an den Zahlen, die ich zu Anfang annte, erkennen – natürlich in den Bereichen besonders ntensiv betrieben wird, wo Ergebnisse, die wirtschaftich verwertbar sind, herauskommen. (Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Geschäft ist Geschäft!)


ir müssen Anreize für Forscher und für diejenigen, die
edikamente herstellen, schaffen. Es geht hier nicht um

in reines Spendengeschäft, sondern hier soll und muss
atürlich Geld verdient werden. Die Frage ist allerdings,
elche Anreize wir setzen. Nachdem wir laufend neue
edikamente entwickeln, zum Beispiel gegen Haaraus-

all, der als Krankheit angesehen wird, oder sogar
otenzsteigernde Mittel für Frauen erforschen,


(Zuruf von der CDU/CSU: Das gibt es auch schon?)


eil es bei den entsprechenden Medikamenten für Män-
er schon einen heftigen Konkurrenzkampf auf dem
arkt gibt, müssen wir uns nun endlich einmal auf den
eg machen und neue Anreize setzen, die dazu führen,

ass den Menschen geholfen wird, von denen ich gerade
esprochen habe.


(Beifall bei der SPD)


Wir haben neben dem Patentrecht durchaus die Mög-
ichkeit, andere Instrumente zu installieren. Erst einmal
önnen wir dafür sorgen, dass schon existierende Arz-
eimittel dorthin gelangen, wo sie gebraucht werden.
ür viele Erkrankungen gibt es ja schon Medikamente.
iese sind aber zu teuer. Bei den Medikamenten gegen
IV/Aids haben wir gesehen, dass wir es, wenn wir uns

inig sind und ein weltweiter Proteststurm entsteht, da-
ür sorgen können, dass die Pharmaindustrie ihre Preise
enkt. Die Pharmaindustrie musste hier mitmachen, weil
ie es psychologisch gar nicht vertreten konnte, anders
u handeln. Die Pharmavertreter wären rausgeschmissen
orden, wenn die Firmen die frühere Preispolitik bei
IV/Aids-Medikamenten weitergeführt hätten. Wir
üssen diesen Druck weiterhin aufrechterhalten.

In den Gebieten, wo die Patienten kein Geld haben
nd sich teure Medikamente nicht leisten können, müs-
en die Preise niedriger liegen. Hier soll und darf nicht
ersucht werden, das große Geld zu verdienen.


(Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau so ist es!)


agegen können bei uns der Wettbewerb und die Preise
anz anders gestaltet werden. Hier bieten sich vielfältige
öglichkeiten.

In der Vergangenheit hat es schon gute Beispiele ge-
eben: So wurden in den letzten Jahren neu entwickelte
edikamente gegen Malaria mit großem Erfolg verfüg-

ar gemacht. Daher ist bei Malaria in vielen Ländern
ine deutlich rückläufige Zahl an Erkrankungen zu ver-
eichnen. In vielen Ländern gibt es sehr gute Strategien.
an verteilt zum Beispiel Moskitonetze, die imprägniert

ind, aber auch günstige neue Malariamedikamente. Das
st durch Public-Private Partnerships oder durch Ent-






(A) )



(B) )


Dr. Wolfgang Wodarg
wicklungsgemeinschaften möglich geworden. Nichtregie-
rungsorganisationen haben sich engagiert und gemeinsam
mit pharmazeutischen Unternehmen und Forschungs-
instituten Verbünde gegründet haben, um zu günstigen
Produkten zu kommen, die patentfrei sind und damit
nachgebaut werden können. Eine Malariatherapie in
Ghana kostet 1 Euro. Bei uns kosten allein die Medika-
mente für eine Malariatherapie etwa 60 bis 70 Euro. Das
ist ein Unterschied. Dies ist die Differenz, um die es uns
geht! Wir müssen uns anstrengen, dass so etwas nicht
nur bei Malaria der Fall ist.


(Sibylle Pfeiffer [CDU/CSU]: Aber Malariamedikamente werden schon in Afrika hergestellt!)


Wir brauchen gute Preissysteme. Dazu gehört auch,
dass das, was die Welthandelsorganisation durch das
TRIPS-Abkommen möglich gemacht hat, ausgenutzt
werden darf, dass arme Länder auch patentgeschützte
Medikamente nachbauen dürfen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es kann nicht sein, dass Menschen sterben, weil Patent-
monopole ihnen die Medikamente vorenthalten.

Das geschieht auch; das ist aber immer wieder sehr
schwer. In Thailand haben wir einen monatelangen
Kampf gesehen. Thailand hat zum ersten Mal von die-
sem Recht Gebrauch gemacht. Ich meine, damit muss
man vernünftiger umgehen, und die Möglichkeiten der
Ausnahmeregelungen nach dem TRIPS müssen mehr
genutzt werden. Es gibt außerdem die Möglichkeit, dass
der Abschluss von Lizenzverträgen erleichtert wird. Es
gibt Organisationen, die an bedürftige Länder Lizenzver-
träge vermitteln. Hierzu wurden bereits Vorschläge von
der pharmazeutischen Industrie vorgelegt. Man muss se-
hen, wie das konkret umgesetzt wird. Hierüber können
wir uns ja unterhalten und entsprechende Fragen in den
Ausschusssitzungen stellen.

Wir brauchen aber auch Anreize für die Erforschung
von neuen Medikamenten. Es gibt viele schwere tropi-
sche Erkrankungen. Einige habe ich bereits genannt.
Auch gegen das Dengue-Fieber, das sich in vielen Teilen
dieser Welt epidemisch ausbreitet, haben wir keine Me-
dikamente. Es gibt keine Impfung, keinen Schutz, keine
Medikamente. Die Menschen sterben daran. Ich meine,
dass wir hier sehr viel intensiver forschen müssen. For-
schungsanreize dürfen nicht nur über Patente gegeben
werden. Wir brauchen Geld, einen Fonds als Finanzie-
rungsinstrument, für den die Staaten dieser Welt Geld
zusammensammeln, damit zum Beispiel nach Maßgabe
der WHO bedarfsgerecht geforscht werden kann. So ge-
schieht es beim Global Fund, um Therapien zu finanzie-
ren.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN)


Die WHO stellt fest, wo Forschung nötig ist. Um
diese Forschung können sich dann Forschungsunterneh-
men oder aber auch Pharmaunternehmen bewerben.
Diese Forschung soll öffentlich finanziert werden mit

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(C (D er Maßgabe, dass die Ergebnisse von allen Ländern hne Patente, ohne Monopole frei genutzt werden könen. Nach dem Gutachten, das die Regierungsverhandungsgruppe mit dem komplizierten Namen – Frau Pfeifer hat das sehr schön ausgesprochen – im Mai in Genf erhandeln wird, belaufen sich die Kosten für die Forchung etwa auf ein Fünftel dessen, was wir bezahlen, enn wir Forschung und Entwicklung indirekt über Pa ente und über hohe Monopolpreise finanzieren würden. as heißt, es geht erheblich günstiger, und es nimmt nieand Schaden. Im Gegenteil: Die Forschungsergebnisse ommen vielen Menschen schneller zugute. Von daher äre ein solcher Forschungsfonds das Richtige. Da haen die Haushälter bei uns im Haus gemeckert. Sie haen gefragt, woher sie das Geld nehmen sollten. Aber, iebe Haushälter – falls hier welche unter uns sind –, as ist kurzsichtig. Wir müssen es schaffen, kostengünsig Medikamente zu entwickeln und sie zur Verfügung u stellen. Es kann sein, dass wir erst einmal in Forchung investieren müssen, dass es anfangs ein bisschen ehr kostet. Aber wir sparen doch hinterher dadurch, ass wir die Medikamente – das Beispiel Malaria habe ch genannt – sehr viel billiger zur Verfügung stellen önnen. Das heißt, es ist ein kostengünstiger Weg. Mein ppell an die Haushälter lautet, hier mitzumachen. (Beifall bei der SPD und der LINKEN – Sibylle Pfeiffer [CDU/CSU]: Da wirst du scheitern!)


(Sibylle Pfeiffer [CDU/CSU]: Keiner!)


Wir wollen, dass sich die Forschung in Deutschland
it diesem Thema intensiver befasst. Mit den Instituten,

ie wir in Deutschland haben, auch den Regierungsinsti-
uten und den Instituten, die sich mit tropischen Krank-
eiten beschäftigen, werden wir in einen Dialog treten
nd mit ihnen bereden, was sie tun können, um in der
orschung weiterzukommen. Ich habe schon vernom-
en, dass es dort ein großes Interesse gibt. Natürlich
ollen Forscher sinnvolle Dinge erforschen. Natürlich
ollen sie helfen. Natürlich wollen sie Fragen beantwor-

en, welche die Menschen bewegen. Von daher bin ich
ehr zuversichtlich, dass wir da gute Voraussetzungen
aben.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1615731800

Herr Kollege, darf ich Sie an die Redezeit erinnern.


Dr. Wolfgang Wodarg (SPD):
Rede ID: ID1615731900

Wir müssen klare Pläne machen. Wir müssen festle-

en, was wir priorisieren wollen, und dann sehen, was
ir schaffen können. Das werden wir im Dialog klären.

ch freue mich auf die zahlreichen Gespräche, die wir in
en befassten Ausschüssen – das sind ja sehr viele – zu
iesem Thema führen werden.

Herzlichen Dank für die gute Zusammenarbeit bei der
rstellung dieses Antrags. Ich hoffe, er nutzt den Men-
chen, für die er gedacht ist.

Danke schön.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Dr. Wolfgang Wodarg

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1615732000

Letzte Rednerin in dieser Debatte ist nun die Kollegin

Ute Koczy für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Ute Koczy (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615732100

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Dies ist eine Woche, in der Krankheiten und
Gesundheit in Entwicklungsländern ein echtes Thema
sind. Am Dienstag gab es den Report „Forschungszwerg
Deutschland“ von Ärzte ohne Grenzen. Gestern gab es
einen parlamentarischen Abend zum Thema der ver-
nachlässigten Krankheiten. Heute haben wir die Diskus-
sion über die Kleine Anfrage der FDP


(Zurufe von der FDP: Große!)


– oh, Entschuldigung, stimmt; darauf haben Sie lange
gewartet –, also über die Große Anfrage der FDP; außer-
dem liegt ein Antrag der schwarz-roten Koalition vor.
Morgen ist der Weltmalariatag. Da muss es doch gelin-
gen, den vernachlässigten Krankheiten und der Situation
in Entwicklungsländern größte Aufmerksamkeit zu ver-
schaffen.

Das ist auch notwendig. Denn in dem Report „For-
schungszwerg Deutschland“ kann man nachlesen, dass
sich die öffentliche Forschung in Deutschland kaum für
tropische Armutskrankheiten engagiert hat. 2007 – das
war ja erst letztes Jahr – wurden nur 9 Millionen Euro in
die Malariaforschung investiert.


(Hellmut Königshaus [FDP]: Unglaublich!)


Das ist ein Witz angesichts der Größe des Problems und
der finanziellen Möglichkeiten Deutschlands, und zwar
ein schlechter Witz.

Vernachlässigte Krankheiten wie Malaria und Tuber-
kulose tragen wesentlich zur Armut in Entwicklungslän-
dern bei. Den großen Ankündigungen hier müssen jetzt
auch Taten folgen.


(Hellmut Königshaus [FDP]: Finde ich auch!)


Die Bundesregierung sollte den morgigen Weltmalaria-
tag zum Anlass nehmen, mit mehr Geld und mehr For-
schung zu Malaria die Entwicklungsländer im Kampf
gegen Armut zu unterstützen.


(Dr. Karl Addicks [FDP]: Und die Verwendung zu kontrollieren!)


– Auch das.

Die Pharmaunternehmen haben – das wurde bereits
vom Kollegen Wodarg angesprochen – aus wirtschaftli-
chen Erwägungen heraus nämlich kaum Interesse, Geld
in die Erforschung von Impfstoffen gegen Armutskrank-
heiten zu stecken. Das ist ein klares Versagen der Phar-
maindustrie. Aber dass sich die öffentliche Forschung in
den reichen Gebernationen ebenso wenig darum schert,
ist, gelinde gesagt, ein Skandal.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


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(C (D Da bedarf es schon Initiativen aus der Zivilgesellchaft in Form von Product-Development-Partnerships ie zum Beispiel der „Drugs for Neglected Diseases Ini iative“, die das Thema auf die Agenda bringt. (Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Kann man das mal auf Deutsch sagen?)


Ein bisschen Übung, Herr Kollege Fischer! Denn wir
erden dieses Thema in den Ausschüssen haben. Da
önnen wir schon einmal üben, wie man mit Initiativen
mgeht, die global arbeiten und Medikamente gegen
ernachlässigte Krankheiten auf den Markt bringen. –
ieser Initiative haben wir zwei Malariamedikamente zu
erdanken, die alle wichtigen Parameter erfüllen: Sie
ind hitzebeständig, einfach zu dosieren und nicht paten-
iert. Ich denke, das muss man den Privatinitiativen als
rfolg attestieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie der Abg. Sibylle Pfeiffer [CDU/CSU])


Liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsfrak-
ionen, Sie haben in Ihrem Antrag „Deutschlands glo-
ale Verantwortung für die Bekämpfung vernachlässig-
er Krankheiten“ den wichtigen Beitrag der Product-
evelopment-Partnerships betont. Das unterstütze ich
oll und ganz. Es ist aber trotzdem verwunderlich, dass
an in der Großen Anfrage nachlesen kann, dass in die-

em Bereich nur wenig getan wird. Kollege Addicks hat
chon darauf hingewiesen: Wenn man nachfragt, was ge-
en Aids, Malaria, Tuberkulose und andere seltene In-
ektionskrankheiten getan wird, stellt man fest, dass es
eine Antworten zu den anderen Krankheiten als den
rei großen gibt. Das zeigt doch ganz deutlich, dass hier
iel zu wenig Engagement vorherrscht.

Die Antwort auf Frage 53, in der es um mögliche An-
eize für die Forschung geht, ist nichtssagend und dürf-
ig. Da muss ich mich schon fragen, ob die Bundesregie-
ung die neuen Ideen und die neuen Modelle zur
orschungsförderung überhaupt zur Kenntnis genom-
en hat. Da besteht ein klarer Widerspruch zwischen

em vorliegenden Antrag


(Dr. Sascha Raabe [SPD]: Der Antrag ist noch nicht beschlossen!)


nd den Antworten der Bundesregierung auf die Große
nfrage. Wenn es gelingt, diese Diskrepanz zu schlie-
en, dann ist es ein Fortschritt.


(Dr. Sascha Raabe [SPD]: Stimmen Sie zu! Dann ist es gut!)


enn dies aber nicht passiert und es nur bei hohlen Re-
en bleibt, dann ist das eindeutig zu wenig.

Wir Grüne treten dafür ein, dass der Zugang zu Medi-
amenten möglichst frei gestaltet werden muss. Open
ccess ist hier das Stichwort. Es geht darum, dass die
ntwicklungsländer Zugang zu Informationen haben,
ie sie benötigen, um ihre Armutskrankheiten wirksam
ekämpfen zu können.

Danke.






(A) )



(B) )


Ute Koczy

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1615732200

Ich schließe nun die Aussprache.

Zum Zusatzpunkt 7 wird interfraktionell die Überwei-
sung der Vorlage auf Drucksache 16/8884 an die in der
Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
Sind Sie damit einverstanden? – Ich sehe, das ist der
Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 19 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Klaus
Brähmig, Bernward Müller (Gera), Dr. Hans-Pe-
ter Friedrich (Hof), weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeord-
neten Annette Faße, Renate Gradistanac, Bettina
Hagedorn, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der SPD

Chancen des demographischen Wandels im
Tourismus nutzen

– Drucksache 16/8777 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Tourismus (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
dazu keinen Widerspruch. Dann werden wir so verfah-
ren.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
ner dem Beauftragten der Bundesregierung für Touris-
mus, dem Kollegen Ernst Hinsken, das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ernst Hinsken, Beauftragter der Bundesregierung
für Tourismus:

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der demogra-
fische Wandel gehört zu den wichtigsten strategischen
Herausforderungen für die Tourismuspolitik der kom-
menden Jahre. Das haben wir bereits im Tourismuspoli-
tischen Bericht der Bundesregierung vom 13. Februar
dieses Jahres deutlich gemacht. Das wird auch ein
Schwerpunkt der tourismuspolitischen Leitlinien der
Bundesregierung sein, die wir demnächst auflegen wol-
len.

Mit einem ganzen Bündel von Maßnahmen wollen
wir uns dieser Aufgabe stellen und die Chancen nutzen.
Wir müssen dies deswegen tun, weil die ältere Genera-
tion über eine enorme Nachfragekraft verfügt. Jeder
dritte Euro, der heute in Deutschland ausgegeben wird,
stammt aus dem Portemonnaie eines Menschen über
60 Jahren.

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(C (D Unabhängig davon, welches Szenario man zugrunde egt, kann man sagen: Über die Bevölkerungsentwickung besteht ziemliche Klarheit. Bis zum Jahre 2050 ird der Anteil der unter 20-Jährigen an der deutschen evölkerung von heute 20 Prozent auf 15 Prozent sinen. Der Anteil der über 60-Jährigen wird von heute 5 Prozent auf 40 Prozent steigen. Die Gesamtbevölkeung wird von 82,4 Millionen auf etwa 75 Millionen zuückgehen. Bereits 2030 werden 29 Prozent der Bevölerung älter als 65 Jahre sein. Das ist eine Steigerung im ergleich zu heute um fast 40 Prozent: von 16 Millionen uf 22,1 Millionen Menschen. Diese Entwicklung betrifft nicht nur die Bundesrepulik Deutschland, sondern ganz Europa. Die Gruppe der ber 55-Jährigen wird 2020 die größte Altersgruppe ein, und die Ruhestandsphase wird dank einer längeren ebenserwartung durchschnittlich 20 Jahre betragen. Ich muss auf noch folgende Tatsache verweisen: Die ltersgruppe der 49bis 74-Jährigen hat einen Anteil an er bundesrepublikanischen Bevölkerung von 29 Proent. Im Tourismusbereich macht der Anteil dieser Alersgruppe jedoch 48 Prozent aus. Ich meine, dass es eshalb angebracht ist, gerade diese Herausforderungen, ie ich vorhin angesprochen habe, zu sehen und ihnen zu egegnen. Frau Bundesministerin von der Leyen hat bereits vor napp einem Jahr, als sie ihre Studie „Wirtschaftsfaktor lter“ vorgestellt hat, deutlich gemacht, dass der Tourisus zu den Wachstumsbereichen dieser Entwicklung ge ören wird. Danach sollen die Konsumausgaben für Reien von heute anteilig 13 Prozent auf 16 Prozent steigen. as sind Chancen, die es zu nutzen gilt. Die Bundesini iative „Wirtschaftsfaktor Alter“ verbindet die Senioren-, ie Wirtschaftsund die Verbraucherpolitik miteinander. ie zielt auf die Verbesserung der Lebensqualität älterer enschen wie auch auf die Stärkung von Wirtschaftsachstum und Beschäftigung. Zur Lebensqualität gehört heute selbstverständlich as Reisen. Zu Wirtschaftswachstum und Beschäftigung rägt die Tourismuswirtschaft immer mehr bei. 2,8 Milionen Mitbürgerinnen und Mitbürger sind in der Bunesrepublik Deutschland im vorund nachgelagerten ereich der Tourismuswirtschaft beschäftigt. Über Millionen können es in den kommenden Jahren wer en. Ich bin fest davon überzeugt: Wenn die Rahmenbeingungen stimmen, werden wir das auch erreichen. Der Tourismus ist – auch so sollte man es sehen und rkennen – auf vielen Gebieten Vorreiter. Ältere Menchen sind als Pauschalreisekunden schon heute überroportional vertreten. Die deutschen Seniorinnen und enioren gehören zu den reisefreudigsten der ganzen elt. ch bin glücklich und froh darüber. Die wirtschaftliche age und vor allen Dingen das über das ganze Leben Erparte sind die Grundlage dafür, dass man dem nachommen kann. Beauftragter der Bundesregierung Ernst Hinsken Die 50bis 75-Jährigen buchen bereits heute fast die Hälfte aller Pauschalreisen, obwohl, wie ich schon sagte, ihr Bevölkerungsanteil unter 30 Prozent liegt. Die Urlaubsund Reiseintensität der 60bis 69-Jährigen ist in den vergangenen Jahren am stärksten gewachsen. Sie liegt heute bei 75 Prozent, das heißt über dem Durchschnitt der Bevölkerung der Erwachsenen in Deutschland. Ein Vergleich dazu: 1972 machten nur rund 41 Prozent dieser Altersgruppe eine Urlaubsreise. Wie hat sich das alles in den letzten 35, 36 Jahren zum Positiven gewandelt und verändert! Ich meine, bei dieser Gelegenheit auch sagen zu müssen, dass es bei den über 70-Jährigen immerhin bereits 60 Prozent sind, die noch jedes Jahr eine Urlaubsreise von mindestens fünf Tagen Dauer unternehmen. Dieser Trend wird sich fortsetzen. Eine wichtige Zielgruppe und ein Trendthema ist: Großeltern reisen mit Enkeln. Die Zahl der Reisen von älteren Personen mit Kindern – das ist besonders wichtig; das betone ich gerne, weil ich selbst mehrere Enkel zu Hause habe – (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Renate Gradistanac [SPD]: Dafür kann er doch nichts!)


(Kurt Segner [CDU/CSU]: Sehr gut!)


(Beifall bei der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


– selbstverständlich kann ich dafür etwas; denn ich
musste selbst Kinder zeugen, damit ich überhaupt Opa
werden konnte, verehrte Frau Gradistanac; damit Sie das
wissen –


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


steigt laut F.U.R.-Reiseanalyse von 13 Prozent im Jahr
2006 auf 18 Prozent im Jahr 2015. Fast die Hälfte aller
mit Enkeln reisenden Großeltern wählten im Jahr 2006
ein Reiseziel in Deutschland und gaben mit durch-
schnittlich 719 Euro fast 200 Euro mehr als die Familie
im Allgemeinen aus.

Es gibt schon heute viele Angebote der Tourismus-
branche für die „Best Ager“. Das Projekt „Alpine Well-
ness“ identifiziert die Generation 50 plus als Hauptziel-
gruppe für Gesundheits- und Wellnesskonzepte im
Alpenraum. Ausgeglichenheit und innere Harmonie
heißt das übergeordnete Ziel.

Meine Damen und Herren, bei dieser Gelegenheit
möchte ich natürlich einige wenige Worte zum Thema
Barrierefreiheit sagen, obwohl uns dieses Thema so-
wieso im Laufe dieses Jahres im Tourismusausschuss
des Bundestages oder auch im Bundeswirtschaftsminis-
terium mehr und mehr auf den Nägeln brennen wird.
Aus Untersuchungen ist bekannt: Barrierefreiheit ist für
10 Prozent der Bevölkerung unentbehrlich, für
40 Prozent der Bevölkerung notwendig und für
100 Prozent der Bevölkerung komfortabel.


(Kurt Segner [CDU/CSU]: So ist es!)


Barrierefreie Tourismusangebote sind für alle Menschen
mit einer höheren Qualität und höherem Komfort ver-
bunden. Als Tourismusbeauftragter der Bundesregierung
möchte ich darauf verweisen, dass die Tourismusbran-
che ein Vorreiter sein sollte, wenn es darum geht, festzu-

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(C (D tellen, was die künftig größere Zahl älterer Reisender ünscht und braucht. Wie es im Eckpunktepapier zur gestern vom Bundesabinett beschlossenen Initiative „Wirtschaftsfaktor Aler“ heißt, gehören die Tourismusbranche, die Gesundeitsbranche wie auch die Bereiche Freizeit, Kultur und nterhaltung zu den Wirtschaftsbereichen, für die der emografische Wandel in besonderem Maße zusätzliche otenziale, aber auch neue Herausforderungen bereitält. (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Renate Gradistanac [SPD])


Deshalb haben wir vonseiten des Bundeswirtschafts-
inisteriums einen Forschungsauftrag ausgeschrieben.

n den kommenden Monaten werden die Auswirkungen
es demografischen Wandels auf den Tourismus konkret
ntersucht und aus den Ergebnissen Schlussfolgerungen
ür die Tourismuspolitik gezogen. Es gilt, aus den verän-
erten Kundenstrukturen Konsequenzen zu ziehen.

Ich möchte darauf verweisen, dass die Potenziale
das gilt vor allem für den Inlandstourismus – nur er-

chlossen werden können, wenn sich das Angebot auf
ie Vielfalt einstellt, die mit der generellen Individuali-
ierung der Reisewünsche einhergeht; denn mit zuneh-
endem Alter werden die Menschen nicht gesünder.
em gilt es, soweit irgendwie möglich, Rechnung zu tra-
en.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1615732300

Herr Kollege, ich muss Sie an Ihre Redezeit erinnern.

Ernst Hinsken, Beauftragter der Bundesregierung
ür Tourismus:

Wir sind auf dem richtigen Weg. Ich bin der festen
berzeugung: Wenn es uns gelingt, alle mitzunehmen,
ann wird für die Zielgruppe Senioren, älter werdende
enschen in der Bundesrepublik Deutschland auf dem

ektor Tourismus viel getan. Wir sind dazu bereit. Wir
aben schon einige Weichenstellungen vorgenommen.
uf diesem Weg wollen wir weiter vorangehen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1615732400

Nächster Redner ist der Kollege Jens Ackermann für

ie FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Uda Carmen Freia Heller [CDU/CSU])



Jens Ackermann (FDP):
Rede ID: ID1615732500

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen

nd Kollegen! Wir behandeln heute ein in der Tat wichti-
es Thema. Ich bin sehr froh, dass die Große Koalition
it einem positiven Ansatz an die Herausforderungen

erangeht. Das ist bei der Großen Koalition nicht immer
o.






(A) )



(B) )


Jens Ackermann

(Beifall bei der FDP – Widerspruch bei der CDU/CSU)


Auch die FDP stellt in ihrem Tourismuskonzept die
Chancen des Tourismus in einer älter werdenden Gesell-
schaft in den Mittelpunkt. Wir leben in einem wunder-
schönen Land mit wunderschönen Regionen, mit kultu-
rellen Höhepunkten und netten Menschen. Heute
Morgen haben wir gehört, was das Wichtigste ist: Wir le-
ben in einem geeinten und freien Europa seit 60 Jahren
in Frieden. Das sind gute Aussichten für den Tourismus
in unserer Heimat.

Drei Herausforderungen des demografischen Wandels
lassen sich benennen:

Erstens. Ältere Menschen werden immer agiler. Sie
sind es gewohnt, zu reisen, und sie wollen reisen. Wir
stellen schon heute fest, dass Deutschland gerade für äl-
tere Touristen eine beliebte Urlaubsregion ist. Die Nach-
frage bei älteren Menschen wird steigen, und die Ange-
bote werden nachziehen.

Zweitens. Ältere Menschen haben ein stetig wachsen-
des Bedürfnis nach Kultur und dem Besuch schöner Re-
gionen. Insbesondere Nahdestinationen bieten sich für
viele kleine Reisen an. Mitteldeutschland oder der
Schwarzwald werden davon sicherlich profitieren.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Schwarzwald ist gut! – Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU]: Und die Küste!)


Drittens. Ältere Menschen achten auf ihre Gesund-
heit. Sie wollen fit und mobil bleiben. Das ist eine
Chance für den Gesundheitstourismus. Auch er wird
profitieren.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Richtig!)


Gleichwohl sollten wir nicht nur die agilen und fitten
Rentnerinnen und Rentner im Auge haben. Wir müssen
uns auch auf die konzentrieren, die nicht ohne Ein-
schränkungen reisen können, weil sie körperlich benach-
teiligt sind. Barrierefreiheit ist eine Selbstverständlich-
keit und wird auch in Zukunft notwendig sein.

Meine Damen und Herren, ich möchte einen, wie ich
finde, wichtigen Satz aus dem Antrag zitieren. Auf
Seite 2 in der Mitte steht: Es wird – Zitat –

wesentlich davon abhängen, wie sich die frei ver-
fügbaren Einkommen von Seniorinnen und Senio-
ren in Zukunft entwickeln.

Es wird also darauf ankommen, was unsere Rentnerin-
nen und Rentner im Portemonnaie haben.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Ernst Burgbacher [FDP]: Sehr richtig! Mehr netto vom Brutto!)


Die Große Koalition hat die Renten erhöht. Für die
jetzigen Rentner ist das Plus von 1,1 Prozent gut. Aber
mit dieser Rentenerhöhung gibt man zu wenig und
nimmt zu viel.


(Beifall bei der FDP)


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(C (D ufgrund der Mehrwertsteuererhöhung und der gestieenen Energiekosten haben unsere Rentnerinnen und entner jetzt weniger in der Tasche als vorher. Das wirkt ich natürlich auch auf ihr Reiseverhalten aus. Was die zukünftige Rentnergeneration betrifft, mache ch mir auch um unsere ostdeutschen Mitbürger Sorgen. enn gerade nach der Wiedervereinigung kam es zu eiem Bruch, auch in der Erwerbstätigkeit. Sie konnten icht mehr in die Rentenkassen einzahlen. In Zukunft erden wir vor dem Problem stehen, dass das Renteniveau auch im Osten niedriger sein wird. Diese Herausorderungen müssen wir bewältigen. Meine Damen und Herren, früher galt der Satz Wohlstand für alle!“ von Ludwig Erhard. Heute ist es eider so, dass unsere Rentnerinnen und Rentner aufrund der Politik der Großen Koalition in Zukunft wenier Geld in der Tasche haben werden. Die FDP-Fraktion edauert das sehr. Einen Aspekt, um den es auch gestern in der sehr inteessanten Anhörung im Tourismusausschuss ging, öchte ich noch ansprechen: den grenzüberschreitenden ourismus. Das ist ein Punkt, der Touristen interessiert, enn sie grenzüberschreitend in Hotels oder Gaststätten inkehren. Im vereinten Europa brauchen wir natürlich uch eine einheitliche Besteuerung. Sonst wäre das ein achteil für unsere heimische Wirtschaft und insbesonere für den Mittelstand. Wenn die Mehrwertsteuersätze nterschiedlich hoch sind, ist das ein Nachteil. Dann geen die Leute natürlich ein paar Kilometer über die renze, um Geld zu sparen. Das dürfen wir dieser Bran he, die Ausbildungsplätze und Arbeitsplätze schafft, atürlich nicht antun. Liebe Kolleginnen und Kollegen, der demografische andel wird kommen, und er wird neue Impulse setzen. arauf wird die Tourismuswirtschaft reagieren. Aber uch die Politik ist gefordert. Wir müssen die Rahmenedingungen richtig setzen. Ich freue mich auf die Beraungen im Ausschuss. Nun hat die Kollegin Renate Gradistanac für die PD-Fraktion das Wort. Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen nd Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! or zwei Wochen warnte der frühere Bundespräsident oman Herzog in der Bild-Zeitung vor der sogenannten entnerdemokratie. Er sagte unter anderem – ich zitiere hn –: Das könnte am Ende in die Richtung gehen, dass die Älteren die Jüngeren ausplündern. Renate Gradistanac Damit hat er eine skurrile Debatte neu entfacht. Zum wiederholten Male wurde schlagzeilenträchtig die greise Republik heraufbeschworen. Auf einmal war wieder von der Altenrepublik die Rede, so Meinhard Miegel, und Roman Herzog sprach von verfassungswidrigen Staatsquoten als möglicher Konsequenz des demografischen Wandels. Meine sehr verehrten Damen und Herren, solche Debatten spalten unsere Gesellschaft. Sie schüren Angst und Generationenneid. Sie bringen uns nicht wirklich voran. Solche Äußerungen sind auch falsch. Gerade wir Tourismuspolitikerinnen und Tourismuspolitiker wissen um die Chancen, die der demografische Wandel für den Tourismus bringt. Der TAB-Bericht „Zukunftstrends im Tourismus“ belegt dies nachdrücklich. Die Branche muss die Chancen allerdings nutzen. In einer Studie des Deutschen Seminars für Tourismus wird von einem gegenwärtigen Reisepotenzial der Generation 50 plus von rund 28 Millionen ausgegangen, Tendenz steigend. Nicht nur das: Personen über 50 sind vor allem mobiler, gesünder und reiselustiger als die Generation unserer Eltern. Seit Jahren steigt die Quote der über 55-Jährigen, die erwerbstätig sind. Im Jahr 2004 lag sie bei 45 Prozent. Dadurch haben manche auch mehr Geld. So ist zu erwarten, dass die Reiseintensität der Bevölkerung insgesamt nicht abnehmen wird, ganz im Gegenteil. Die Studie des Familienministeriums – Sie haben sie erwähnt, Herr Tourismusbeauftragter – mit dem Titel „Wirtschaftsmotor Alter“ hat vergangenen Sommer zutage gebracht: Im Jahr 2035 werden die über 50-Jährigen knapp 60 Prozent der Ausgaben am Gesamtkonsum tätigen. Der Anteil der über 65-Jährigen wird von 18 Prozent auf 26 Prozent steigen. Fazit: Die über 50-Jährigen sind die Zielgruppe der Zukunft. Neben den Gesundheitsausgaben werden sich die Tourismusausgaben der Älteren erheblich erhöhen. Wir können schon heute beobachten, dass die sogenannten Best Agers – es gibt ja wunderbare Namen – zunehmend mit ihren Enkeln reisen. So wird aus der neuen Reisegeneration schnell ein neues Modell des Generationenreisens. Die Alten leben also nicht, wie Roman Herzog gesagt hat, gegen die Jungen, sondern mit ihnen. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Kurt Segner [CDU/CSU])


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1615732600

(Beifall bei der SPD)

Renate Gradistanac (SPD):
Rede ID: ID1615732700




(A) )


(B) )


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Deutschland ist kein Mikrokosmos, in dem die älter
werdende Gesellschaft isoliert auftritt. Bis zum Jahr
2030 wird sich die Zahl der über 65-Jährigen in der
Europäischen Union um circa 40 Millionen erhöhen.
Nicht zuletzt die Nachfrage nach Wellness- und Gesund-
heitsreisen wird in die Höhe schnellen. Der demografi-
sche Wandel ist ein Phänomen, das auch den Deutsch-
landtourismus ganz schön auf Trab bringen wird.

Wir müssen dieses enorme Potenzial allerdings nut-
zen, dürfen die Chancen nicht verstreichen lassen.
Schließlich sind wir Deutschen mehrsprachig orientiert,
wir sind Reiseweltmeister, wir verbringen unseren Ur-

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(C (D aub in fast allen Teilen der Welt. Das kann auch für das eisen im Alter bedeuten, dass wir uns sowohl für In andsreisen als auch für weltweites Reisen entscheiden. er internationale Wettbewerb um die jungen Alten ist n vollem Gange. Die Chancen annehmen und gestalten, so lautet, wie ir im Tourismusausschuss immer sagen, die Devise der ukunft. Wir verkennen nicht, dass die Herausforderunen für die Branche groß sind: Je kleiner der Betrieb, esto schwieriger wird es, die eigene Nische bei den sich unehmend ausdifferenzierenden Bedürfnissen der Reienden zu finden und sie marktgerecht zu besetzen. Naürlich macht die Ausrichtung auf neue Zielgruppen weer vor den Reiseunternehmen noch vor Hotelwirtschaft nd Gastronomie halt. Viele Firmen müssen investieren, m altersgerechtes Komfortreisen zu ermöglichen. s ist nötig, die Qualifikation der Arbeitnehmerinnen nd Arbeitnehmer zu stärken, vor allem sie gerecht zu ezahlen. Da haben wir einen Dissens mit dem Tourisusbeauftragten. Wir plädieren ja für Mindestlöhne, eil gerade die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in ieser Branche bei der Bezahlung sehr zu leiden haben. (Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Kurt Segner [CDU/CSU]: So ist es!)


Unser guter Antrag – ich habe den Eindruck, dass es
arüber in diesem Hause keinen Dissens gibt – ist als
nsporn gedacht, offensiv und vor allem gemeinsam zu
andeln. Für die Bundespolitik bedeutet das – das ist der
rste Punkt in unserem Antrag –, dass wir ein Leitbild
ür den Deutschlandtourismus brauchen. Ich bin froh,
ass sich unser Koalitionspartner auf die Festschreibung
ieses Leitbildes eingelassen hat.


(Beifall der Abg. Uda Carmen Freia Heller [CDU/CSU])


Für uns in der SPD ist es selbstverständlich, dass sich
er Bund strategisch festlegen muss. Dass die Länder
nd Kommunen dann mitmachen, halten wir für selbst-
erständlich. Dieses Leitbild ist die Grundlage, anhand
erer man sich weiter prozesshaft entwickeln kann.


(Abgeordnete der CDU/CSU betreten den Plenarsaal)


Es ist ja toll, dass die CDU/CSU jetzt noch so viel Zu-
achs bekommt.


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Zu dieser Zeit schicken wir nur die Besten! – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Wir sind die Niedersachsen!)


Es ist bekannt: Der Tourismus ist sowohl Querschnitts-
ema als auch Querschnittsaufgabe. Unterschiedliche
olitikbereiche müssen sich einbringen. Beispielhaft
enne ich die Wirtschaftspolitik, die Verkehrspolitik, die
mweltpolitik, die Verbraucherschutzpolitik und die Ar-
eitsmarktpolitik. Es ist für uns selbstverständlich, dass
ie Ministerin für Senioren bei einem Programm zur
irtschaftskraft von Senioren auch die Tourismusbran-






(A) )



(B) )


Renate Gradistanac
che berücksichtigt. Das ist so selbstverständlich, dass ich
das hier eigentlich kaum zu erwähnen brauche.

Eine weitere wichtige Forderung in unserem Antrag
bezieht sich auf die Forschung. Wir wollen qualifizierte
Daten zum demografischen Wandel, bei denen es um die
zukünftige Vermögens- und Einkommensentwicklung
geht, da diese natürlich Auswirkungen auf den Touris-
mus hat. Ich stelle heute fest: Wir fordern, und Herr Hin-
sken marschiert. Das Forschungsvorhaben ist schon auf
dem Weg.

Die Anforderungen an alle Akteure lassen sich auf
den Punkt bringen: gute qualifizierte und zielgruppen-
spezifische Angebote unterbreiten und diese in Deutsch-
land, aber auch in Europa, in Asien und trotz des schwa-
chen Dollars auch in den USA bewerben. Wir wollen
alle Seniorinnen und Senioren für den Deutschlandtou-
rismus begeistern. Die Deutsche Zentrale für Tourismus
ist unser nationaler und internationaler Botschafter. Frau
Hedorfer und ihr Team leisten eine hervorragende Ar-
beit. Ich möchte mich an dieser Stelle bei allen bedan-
ken.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, zwei Aspekte haben
wir in unserem vorliegenden Antrag aus gutem Grund
ausgelassen.

Barrierefreier Tourismus ist nicht nur an das Alter
und an den Strukturwandel in unserer Gesellschaft ge-
bunden; Barrierefreiheit bedeutet Teilhabe. Diese He-
rausforderung ist so groß und von so großer Bedeutung,
dass wir uns ihr in einem zweiten Antrag widmen wol-
len, den wir im Laufe des Jahres einbringen.

Beim zweiten Aspekt geht es um die Bedürfnisse und
wachsenden Ansprüche pflegebedürftiger Menschen und
ihrer pflegenden Angehörigen. Auch hier muss es spe-
zielle Angebote geben. Die Tourismusunternehmen ha-
ben sich darauf einzustellen. Es gibt schon gute Bei-
spiele dafür. Jetzt will ich einfach einmal lobend das
Hotel am Kurpark in Bad Herrenalb im Schwarzwald er-
wähnen.

Meine Damen und Herren, es passiert viel Richtiges
und Gutes im Tourismus. Viele Akteure haben sich auf
die neuen Alten eingestellt. Denjenigen, die sich auf den
Weg gemacht haben, danke ich. Sie dienen uns als posi-
tive Pioniere.

Allen anderen möchte ich als ehemalige Sportlehrerin
den Satz aus dem Volksmund zurufen: Gehe keinen Me-
ter zurück, allenfalls, um Anlauf für weitere Ziele zu
nehmen.

Vielen Dank für Ihr Zuhören.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Das mit den Pionieren sollte man streichen!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1615732800

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun die

Kollegin Bettina Herlitzius das Wort.

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(C (D (Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Bettina ist wirklich ein schöner Name! Vor 30 Jahren hatte ich auch mal so schöne dunkle Haare!)



Bettina Herlitzius (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615732900

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen

nd Herren! Neben dem Klimawandel ist der demografi-
che Wandel eines unserer großen Zukunftsthemen.

Was bedeutet der demografische Wandel für den Tou-
ismus und für die Tourismuswirtschaft? Wie in dem An-
rag der Koalitionsfraktionen richtig dargestellt, steigt
er Anteil der älteren Reisenden. Aber auch ihre An-
prüche und ihre Bedürfnisse werden sich ändern. Durch
iesen Wandel sind Weichenstellungen der Politik, aber
uch der Akteure der Tourismuswirtschaft erforderlich.

Grundlage des Reisens ist die Mobilität, und zwar die
igene körperliche Mobilität, aber auch die Mobilität,
ie unsere Gesellschaft und unsere Umwelt zulassen.
avon wird abhängen, wer zukünftig noch reisen kann.

Welche Anforderungen muss eine umweltschonende
ouristische Infrastruktur erfüllen? Sind die Leistungsträ-
er der Transportsysteme und der touristischen Zielge-
iete darauf vorbereitet? Diese Themen kommen in Ih-
em Antrag nur unter „ferner liefen“ vor. Aber genau das
ind die Fragen, mit denen wir uns beschäftigen müssen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die demografischen Veränderungen unserer Gesell-
chaft werden die touristischen Märkte der Zukunft er-
eblich beeinflussen. Das ist offensichtlich. Es ist auch
ffensichtlich, dass viele Leistungsträger der Branche
as bisher nicht erkannt haben. Die Studie, die Ihrem
ntrag zugrunde liegt, weist darauf hin, dass die zukünf-

ig reisende Seniorengeneration eine andere ist als die
eutige. Sie sind reiseerfahren, haben einen hohen Mobi-
itätsanspruch und nicht unerhebliche Konsumerwartun-
en. Diese Reisegeneration für den Deutschlandtouris-
us zu gewinnen, ist nicht ganz einfach.

Wenn unsere Tourismuswirtschaft weiterhin expan-
ieren will, dann muss noch viel passieren. Die Senioren
on heute fragen besonders nach Angeboten mit Ent-
pannung, Natur und Kultur. Auch gesundheitsfördernde
ktivitäten und Wellness bekommen einen immer höhe-

en Stellenwert. Fernreisen werden heute auch wegen
esundheitlicher Risiken von Senioren weniger nachge-
ragt. Gerade diese Chance für den Deutschlandtouris-
us gilt es zu erkennen und vor allen Dingen auszu-

auen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Vermarktung und Produktherstellung müssen deshalb
uf alle Altersgruppen abgestimmt werden. Kenntnisse
ber Bedürfnisse, Ansprüche und Wünsche der Senioren
ilt es zu erkunden und bei der Angebotsgestaltung zu
erücksichtigen. Mit der zunehmenden Alterung der Ge-
ellschaft wird die Zahl der Menschen, die nicht mehr
uto fahren können und wollen, zunehmen. Auch wer-
en Reiseregionen, um die Natur und damit auch ihren
rholungswert zu schützen, zukünftig den Pkw-Verkehr






(A) )



(B) )


Bettina Herlitzius
stärker einschränken. Die heutigen Umweltzonen sind
ein Anfang.

Dabei gilt es, die richtigen politischen Weichen zu
stellen, damit touristische Regionen mehr Hilfestellung
zur Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs anbieten und
eine zufriedenstellende nachhaltige Mobilität für Men-
schen aller Altersstufen gewährleisten.

Aber auch der Aspekt der Barrierefreiheit ist wichtig
und muss berücksichtigt werden. Bei Barrierefreiheit
geht es nicht nur um Mobilität und Unterbringung; sie
muss sich vielmehr auf alle Dienstleistungen des Touris-
musbereiches erstrecken. Unkomplizierter Gepäcktrans-
port, lesbare Reiseinformationen und vieles mehr gehö-
ren dazu. Es muss eine komplette Reisekette von Tür zu
Tür sein, die für jeden nutzbar ist.

Wir haben ein großes Thema vor uns. Es ist wichtig,
dass wir es richtig angehen. Denn der Seniorenreise-
markt kann ein Wachstumsmotor und ein Hoffnungsträ-
ger der Tourismuswirtschaft werden. Er hat aber nur
dann eine Zukunft, wenn er nachhaltig und barrierefrei
gestaltet wird. Lassen Sie uns daran arbeiten.

Danke.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1615733000

Der Kollege Ilja Seifert hat seine Rede zu Protokoll

gegeben.1) Damit schließe ich die Aussprache zu diesem
Tagesordnungspunkt.

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 16/8777 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Ich sehe, das ist der Fall. Dann ist die
Überweisung so beschlossen.

Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 18 auf:

Erste Beratung des von den Abgeordneten
Dorothée Menzner, Dr. Diether Dehm,
Dr. Barbara Höll, weiteren Abgeordneten und der
Fraktion DIE LINKE eingebrachten Entwurfs ei-
nes Gesetzes zur Änderung des VW-Gesetzes

– Drucksache 16/8449 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales

Auch hier ist nach einer interfraktionellen Vereinbarung
für die Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei
die Fraktion Die Linke fünf Minuten erhalten soll. – Ich
höre dazu keinen Widerspruch. Dann werden wir so ver-
fahren.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Red-
nerin der Kollegin Dorothée Menzner für die Fraktion
Die Linke das Wort.

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V1) Anlage 9

(C (D Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol egen! Es handelt sich hier um einen Präzedenzfall. Der uropäische Gerichtshof hat am 23. Oktober 2007 das W-Gesetz beanstandet, in dem für den Volkswagenonzern ein besonderes Mitspracherecht der Belegschaft estgeschrieben ist. Nach unserer Auffassung wird durch dieses EuGHrteil das Recht der Mitgliedstaaten auf die Gestaltung er Sozialordnung hinsichtlich Unternehmensverfassung nd Mitbestimmung in rechtlich nicht akzeptabler Weise ingeschränkt, und zwar unter Berufung auf die Kapitalerkehrsfreiheit. Aber das steht hier leider nicht zur Deatte. Die Bundesregierung hat das Urteil einfach hingeommen. Doch all jene, denen die Befreiung des Kapials von jedweder Einschränkung über alles geht, haben ofort reagiert und die Losung „Der EuGH hat das W-Gesetz gekippt“ ausgegeben. Die Porsche-Familie, ie im VW-Konzern die Aktienmehrheit übernehmen ill, ließ umgehend erklären, nichts sei überflüssiger als in VW-Gesetz. Das liegt sicherlich im Interesse ihres neingeschränkten Schaltens und Waltens im Konzern. ie Belegschaften der VW-Standorte, die IG Metall und ie meisten Menschen in Niedersachsen sehen das allerings anders. Delegationen aus allen Werken haben das eute in Hamburg vor der Hauptversammlung sehr deutich gemacht. In Niedersachsen hängen von den Arbeitsplätzen im onzern und bei den Zulieferern rund 1 Million Men chen ab. Mit großer Sorge verfolgen die, wie Entscheiungen der Eigner frei verkehrenden Kapitals um sich reifen, Werke zu schließen, Arbeitsplätze in Niedrigohnländer zu verlegen und mit diesem Druckmittel Taifverträge auszuhöhlen. Um die Interessen der Beschäfigten zu wahren und denen, die das VW-Gesetz ganz ekippt sehen wollen, ein „So nicht“ zuzurufen, legen ir diesen Gesetzentwurf vor, nd zwar ungeachtet unserer grundsätzlichen Kritik am uGH-Urteil. Es handelt sich um ein Gesetz, das die Mitbestimungsrechte der Belegschaft und den öffentlichen Ein luss so weit, wie es nach dem Urteil möglich ist, aufechterhält. Dementsprechend wird in unserem Entwurf n Übereinstimmung mit dem Urteil des EuGH die timmrechtsbeschränkung aufgehoben, § 2. Es bleibt ber bei dem Quorum von über vier Fünfteln bei besoners bedeutenden Beschlüssen der Hauptversammlung er Aktionäre, § 4 Abs. 3. Dieses Quorum hatte der uGH nur im Zusammenhang mit der Stimmrechtsbechränkung infrage gestellt. Diese soll aber nach unseem Gesetzentwurf aufgehoben werden. Außerdem leibt es bei der Mehrheit von zwei Dritteln im Aufichtsrat bei der Entscheidung über Betriebsgründungen nd -verlegungen. Hinsichtlich der Entsendung von Vertreterinnen und ertretern der öffentlichen Eigentümer in den Aufsichts Dorothée Menzner rat hat der EuGH nicht die aktuelle Zahl beanstandet. Er hat allein darauf abgestellt, dass es nach dem Wortlaut des Gesetzes möglich wäre, dass die Bundesrepublik Deutschland im Falle, dass sie wieder Aktien hielte – und sei es nur eine einzige –, Aufsichtsratsmitglieder entsenden könnte. Dann wären es vier Personen. Auch im VWGesetz dürfe nämlich die allgemeine aktienrechtliche Höchstgrenze für den Umfang der Delegierung nicht überschritten werden. Außerdem müsse innerhalb der Delegationsregelung nach dem gehaltenen Kapitalanteil differenziert werden. Das wird durch den geänderten § 4 Abs. 1 unseres Gesetzentwurfs eingehalten. Bei der von uns gewählten differenzierten Ausgestaltung des Delegationsrechts ergäbe sich, dass das Land Niedersachsen mit seinem gegenwärtigen Kapitalanteil sogar drei Personen in den Aufsichtsrat delegieren könnte. Frau Zypries hat angekündigt – das begrüßen wir –, im Laufe des Jahres ebenfalls den Entwurf eines neuen VW-Gesetzes einzubringen. Nicht wenige setzen darauf große Hoffnungen. Aber die heutige Hauptversammlung in Hamburg hat gezeigt: Die Zeit drängt. Deshalb ist unser Gesetzentwurf auch als Signal an die Ministerin zu verstehen. Oder müssen wir ihre Ankündigung als Wahlkampfgeklingel verstehen? Die weitergehenden Ziele der Ausgestaltung der Unternehmensverfassung sowie des Schutzes vor Betriebsverlagerungen und Unternehmensübernahmen durch Finanzinvestoren und andere Heuschrecken müssten nach unserer Auffassung allerdings generell und nicht in einem speziellen Gesetz für ein Unternehmen geregelt werden. Das ist nur ein Hilfsmittel. Da fast alle Fraktionen ihr Entsetzen im Fall Nokia geäußert haben, bin ich guten Mutes, dass wir hier zu einem gemeinsamen Ansatz kommen. Unseren Ansatz legen wir heute vor. Nicht zuletzt sollten wir uns hin und wieder an die Gründe für die Schaffung des VW-Gesetzes erinnern. Sie sind heute so aktuell wie damals. Das KdF-Wagenwerk wurde aus den von den Nazis geraubten Geldern der Gewerkschaften und der kleinen KdF-Wagensparer finanziert sowie von Zwangsarbeitern unter großen Opfern aufgebaut. Nach dem Krieg wurde Volkswagen ursächlich durch die harte Arbeit der Beschäftigten schnell zu dem, was wir heute kennen, nämlich zum größten Automobilkonzern in Europa und zu einem der führenden Konzerne weltweit. Auch die heutige Erfolgsgeschichte beruht auf der Leistung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Weder die öffentliche Mitbestimmung noch die betriebliche Mitbestimmung haben ein Hindernis dargestellt, sondern waren hilfreich für die Entwicklung des Konzerns. Danke. Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun der Kollege Mi chael Grosse-Brömer das Wort. F I d t j s G s V s p J t W s D G s A G e n m d s D s – M d w v J b d (C (D (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der LINKEN)

Dorothee Menzner (DIE LINKE.):
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(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)





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(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1615733200


Michael Grosse-Brömer (CDU):
Rede ID: ID1615733300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

rau Kollegin Menzner, das Problem beginnt schon mit
hrer Präsenz hier im Plenum: Alle Anwesenden außer
ie Vertreter Ihrer Fraktion sind Niedersachsen. Ich un-
erstelle Ihnen keinen schlechten Willen; aber VW hat
ahrzehntelang extrem gut ohne die Linken gelebt und
ich positiv entwickelt. Wenn Sie hier über das Trabi-
esetz gesprochen hätten, wäre das okay gewesen. Las-

en Sie sich aber bitte nicht allzu sehr auf das Thema
W ein!


(Beifall bei der CDU/CSU – Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Von VW verstehen wir mehr!)


Ihr Entwurf hat wie so häufig zwei besondere Eigen-
chaften: Erstens. Er ist überflüssig. Zweitens. Er ist po-
ulistisch. Sie haben sich fast verplappert: Passend zur
ahreshauptversammlung bringen Sie einen Schaufens-
erantrag ein. Eventuell hat das auch mit irgendwelchen

ahlkampfvorbereitungen zu tun.

Ihr Entwurf ist überflüssig, weil Frau Zypries, wie Sie
elbst sagten, schon lange einen Entwurf in Arbeit hat.
ie Bundeskanzlerin hat klar gesagt: Das bisherige VW-
esetz wird nicht ersatzlos gestrichen; es wird eine ge-

etzliche Anschlussregelung geben.


(Beifall bei der CDU/CSU)


lle, auch Sie, wissen: Es wird eine Neuregelung auf
rundlage des EuGH-Urteils geben. Trotzdem legen Sie

inen Gesetzentwurf vor und behaupten, es geschehe
ichts, jedenfalls werde nicht schnell genug gehandelt.

Neben der Überflüssigkeit kommt ein wenig Populis-
us durch, auch wenn Ihre beiden Fraktionsvorsitzen-

en, die das noch viel besser verkörpern, nicht anwesend
ind.


(Beifall des Abg. Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU])


er Entwurf spielt nämlich mit den Sorgen der Men-
chen.


(Dorothée Menzner [DIE LINKE]: Können wir uns mal über die Sache unterhalten?)


Ja, gerne. Ich komme noch darauf; ich habe noch acht
inuten Redezeit. Bleiben Sie ganz ruhig!


(Heiterkeit bei der CDU/CSU und der SPD – Dorothée Menzner [DIE LINKE]: Ich habe Zeit!)


Es ist schon ein starkes Stück, dass Sie in der Begrün-
ung Ihres Antrags ein Szenario erfinden, in dem Volks-
agen in Wolfsburg mit dem „Nokia-Werk in Bochum“
erglichen wird. Damit beleidigen Sie alle, die über
ahrzehnte dieses Unternehmen erfolgreich gemacht ha-
en, insbesondere das Land Niedersachsen, das – auch in
en letzten Jahren – dafür gesorgt hat, dass die Stabilität






(A) )



(B) )


Michael Grosse-Brömer
bei VW sehr groß ist. Überlegen Sie also ein wenig, was
Sie in der Begründung Ihrer Anträge schreiben!


(Beifall bei der CDU/CSU)


Immer wieder – wir haben das heute Morgen kurz
nach 9 Uhr gehört – scheint Ihre verblendete, linke Euro-
pafeindlichkeit durch. Wir haben das bei der Ratifikation
des Lissabon-Vertrages erleben müssen.


(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Das ist nicht wahr! Das wird auch nicht wahrer, wenn Sie es wiederholen!)


– Ich erkläre Ihnen das gleich; vielleicht haben Sie es
nicht verstanden.


(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Vielleicht haben Sie es nicht verstanden!)


Ich könnte sagen: Ich würde mich gern intellektuell mit
Ihnen duellieren; aber ich sehe, dass Sie unbewaffnet
sind.


(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Der Punkt ist folgender: Auch mich hat das EuGH-
Urteil nicht fasziniert. Trotzdem kann man nicht behaup-
ten – wie Sie dies tun –, hier gehe es um das Urteil eines
Gerichts, das man nicht ernst nehmen könne. Unqualifi-
zierte Schelte europäischer Gerichte ist nicht die richtige
Antwort auf das von Ihnen zitierte Urteil. Es ist üble Po-
lemik, wenn Sie das EuGH quasi als Rechtsbrecher und
die Mitgliedstaaten als dessen haltlose Vasallen darstel-
len. Es bleibt nur die spannende Frage, ob Sie das aus
Dummheit tun oder ob Sie sich bewusst wahrheitswidrig
äußern.


(Beifall bei der CDU/CSU – Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Sie sollten sich entschuldigen, und zwar sofort!)


Sie beziehen sich auf Art. 295 EG-Vertrag. Wenn Sie
ehrlich wären und ein wenig mit dem europarechtswis-
senschaftlichen Diskurs vertraut wären, wüssten Sie,
dass es dazu sehr unterschiedliche Auffassungen gibt.
Auch in diesem Punkt ist Ihre Argumentation unschlüs-
sig. So eindeutig, wie Sie behaupten, ist der Aussagege-
halt des Art. 295 EG-Vertrag nicht. Es gibt eine Menge
anderer Punkte, die dabei zu berücksichtigen sind. Allein
Ihre europafeindliche Argumentation und die bei diesem
Punkt deutlich werdende Ahnungslosigkeit machen es
uns unmöglich, diesem Entwurf zuzustimmen.

Es geht – Sie haben es angesprochen – um das Urteil
vom 23. Oktober. Der Bundesgesetzgeber hat dadurch
den Auftrag, das VW-Gesetz anzupassen. Der Gerichts-
hof hat nämlich zum einen erklärt, dass die Stimmrechts-
beschränkung nach § 2 Abs. 1 VW-Gesetz in Verbin-
dung mit den besonderen Mehrheitserfordernissen nach
§ 4 Abs. 3 VW-Gesetz mit dem Grundsatz der Freiheit
des Kapitalverkehrs nach Art. 56 EG-Vertrag unverein-
bar ist. Zum anderen sollen auch die Entsenderechte eu-
roparechtswidrig sein.

Genau da sollten wir uns am EuGH orientieren; das
ist doch gar keine Frage. Da sind wir wahrscheinlich
auch nicht auseinander. Ich sage Ihnen nur: Das wird oh-
nehin passieren, ohne dass Sie etwas dazu tun. Der Res-

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(C (D ekt vor dem höchsten europäischen Gericht gebietet es eines Erachtens, die von der Bundesjustizministerin chon angekündigte Umsetzung des Urteils zu vollzieen. Dabei sollten erstens die Entscheidung des EuGH nd zweitens die besondere Entstehungsgeschichte und edeutung von Volkswagen beachten werden. Das Justizministerium hat das EuGH-Urteil sorgfältig nalysiert. Nach Ansicht des BMJ ist es nicht erforderich, die seit 1960 verbriefte Sperrminorität von 20 Proent für Niedersachsen zu verändern. Ein nach den rundsätzen des EuGH-Urteils abgespecktes, neues W-Gesetz ist nach Ansicht der Justizministerin auch it dieser 20-Prozent-Klausel europafest. Dazu gibt es m Übrigen auch eine Patronatserklärung des Bundes geenüber dem Land Niedersachsen, die schon aus dem ahr 1960 datiert. Mit der Novelle soll nun ausdrücklich ur das vom EuGH beanstandete Zusammenspiel aus öchststimmrechten und Mehrheitserfordernis abge chafft werden. Es besteht also kein Anlass, die Kompeenz des Ministeriums in dieser Hinsicht in Zweifel zu iehen, jedenfalls nach meiner Auffassung. Wenn ich Sie echt verstanden habe, machen selbst Sie das nicht. Angesichts der aktuellen Erfolge von Volkswagen ollte man auch über die berühmte Devise „never change winning team“ nachdenken. Man kann auch sagen: asst uns doch nicht in ein funktionierendes, erfolgreihes Unternehmen eingreifen. Ich habe mir die Zahlen eraussuchen lassen: 2007 hat Volkswagen 6,2 Millioen Kraftfahrzeuge ausgeliefert. Weltweit wurden im rsten Quartal 2008 1,57 Millionen Autos verkauft. Das st ein Rekord in der Firmengeschichte. Der Marktanteil n Deutschland liegt bei 32,2 Prozent. Das ist ein tolles rgebnis für VW, und das alles ist bislang ohne die inke zustande gekommen. Hiervon profitieren nicht nur ie jetzigen bei VW angestellten Arbeitnehmer, die siherlich Sorgen haben – darauf komme ich gleich noch –, ondern auch die, die in den nächsten Jahren direkt bei W oder bei der Zulieferindustrie hinzukommen weren. Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der ollegin Menzner? Ja, gerne. Herr Kollege, Sie haben eben gesagt: Never change a inning team. ie haben die Zahlen genannt. Sie waren so weit korrekt. hnen – Sie sind aus Niedersachsen – ist sicherlich nicht erborgen geblieben, dass es im Moment Versuche gibt, n diesem winning team etwas zu verändern: Porsche hat ngekündigt, die Mehrheit zu übernehmen, es gab heute n der Hauptversammlung Satzungsänderungsanträge. (Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Wo ist denn die Frage?)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1615733400
Michael Grosse-Brömer (CDU):
Rede ID: ID1615733500
Dorothee Menzner (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1615733600

(Zuruf von der FDP: Er hat nicht Sie gemeint!)







(A) )



(B) )


Dorothée Menzner
Natürlich ist einiges im Gange. Deshalb könnte eine
schnelle Vorlage eines angepassten VW-Gesetzes sicher-
lich manche Unruhe, die dem Konzern und Niedersach-
sen nicht guttut, vermeiden.


Michael Grosse-Brömer (CDU):
Rede ID: ID1615733700

Liebe Frau Kollegin, wir sind uns darin einig, dass es

Unsicherheiten gibt und dass man die Sorgen der Mitar-
beiter von VW ernst nehmen soll. Im Übrigen gibt es
keine Bestrebungen, die Mehrheit zu bekommen, son-
dern soweit ich weiß, gibt es ein Unternehmen, das
schon die Mehrheit hat. Es geht im vorliegenden Fall
auch ein Stück weit um Niedersachsen.

Wenn es um die Menschen geht, dann muss ich Sie
zumindest in der Hinsicht enttäuschen, wenn Sie der
Auffassung sein sollten, dass Ihr Antrag, den Sie hier
vorgelegt haben, mit der darin enthaltenen Begründung
die Sorgen der Menschen minimiert. Ich nehme gerne
zur Kenntnis, dass das Ihr Anliegen war, aber der Inhalt
dieses Antrags ist dafür völlig ungeeignet.


(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Thema verfehlt!)


Ich will gleich noch nähere Auskunft dazu geben. Ich
glaube, es ist klüger, wenn wir rechtlich fundiert Wert
darauf legen, dass das Land Niedersachsen weiterhin in
erheblichem Maße für die Stabilität des Unternehmens
und damit auch für die Mitarbeiter sorgen kann, zum
Wohle Niedersachsens und damit im Prinzip auch zum
Wohle Deutschlands und Europas; denn es gibt auch
noch einige andere Standorte, wo VW ebenso erfolg-
reich ist.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Deswegen möchte ich gerne mit Ihnen daran arbeiten,
dass die Ängste und die Sorgen der Mitarbeiter von VW
abgebaut werden können. Ich bestreite nur, dass das mit
Ihrem Antrag möglich ist.

Ich will zum letzten Punkt kommen. Die Entschei-
dung des EuGH hat das Gefühl der Unsicherheit hinter-
lassen; Sie haben das angesprochen. Die Demonstratio-
nen heute in Hamburg sind ein Beleg dafür; das ist gar
keine Frage. Wir müssen die Menschen mit ihren Sorgen
ernst nehmen und sie davon überzeugen, dass Volkswa-
gen mit einem angepassten VW-Gesetz Garant für Be-
schäftigung und Wachstum bleiben wird. Die Ängste aus
politisch durchsichtigen Motiven aber noch zu schüren,
ist der falsche Weg. Ich weiß gar nicht, ob Sie das woll-
ten, aber lesen Sie sich Ihren Antrag durch. Wenn Sie
Horrorszenarien an die Wand malen, dann sagen wir:
Die lange Erfolgsgeschichte von Volkswagen ist direkt
mit dem VW-Gesetz verknüpft, das die AG seit 1960 be-
gleitet hat. Im Übrigen ist Volkswagen deshalb – jeden-
falls aus meiner Sicht – mit BMW oder mit Mercedes-
Benz nicht vergleichbar. Bei Volkswagen wollte man
stets keine so große Dominanz und weniger Aktionäre;
vielmehr wollte man eine Art Volksaktie.

Die unzähligen Arbeitnehmer, die die Stabilität des
Konzerns mit erarbeitet haben, und auch unzählige Ak-
tionäre haben von der guten Entwicklung dieses Unter-
nehmens profitiert. Ich halte deshalb eine eng an der

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(C (D ntscheidung des EuGH orientierte Anpassung des VWesetzes für vorzugswürdig. Einer solchen Umsetzung äre durch die Streichung der Regelung über die Stimm echtsbeschränkung in § 2 VW-Gesetz sowie der Regeung hinsichtlich der Entsenderechte Genüge getan. Aus einer Sicht könnten die übrigen Bestimmungen des W-Gesetzes dann unverändert bestehen bleiben. Ich will zum Abschluss darauf hinweisen: Das VWesetz wird es wohl weiterhin geben; das ist jedenfalls ein Wunsch. Die Bundesregierung hat die Absicht, ieses Gesetz in abgespeckter Form bestehen zu lassen. eswegen ist Ihr Gesetzentwurf in der Sache überflüssig nd in den weitesten Teilen der Begründung falsch. Im rgebnis kann ich den von der Linksfraktion vorgelegten ntwurf eines Gesetzes zur Änderung des VW-Gesetzes it voller Überzeugung ablehnen. Ich empfehle das uch dem Rest des Hauses. Ich erwarte hoffnungsfroh en fundierten Entwurf der Bundesjustizministerin. Ich danke sehr herzlich für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1615733800

Nun hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die

ollegin Thea Dückert das Wort.


Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1615733900

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Wir, Bündnis 90/Die Grünen, unterstützen das
nliegen, hier ein europakonformes VW-Gesetz zu dis-
utieren, vorzubereiten und umzusetzen. Ich hätte mir
ei dem Beitrag des Kollegen aus Niedersachsen schon
ewünscht, dass weniger juristische Arroganz zur Auf-
ührung gebracht wird.


(Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/ CSU)


as muss ich ehrlich sagen.

Sie von der Bundesregierung haben es bisher nicht
ustande gebracht, einen Vorschlag zu machen, weil na-
ürlich juristische Fragen zu klären sind. Das muss man
orgfältig tun. Wir können es uns nicht leisten, noch ein-
al so etwas vom EuGH ins Stammbuch geschrieben zu

ekommen, wie es beim VW-Gesetz der Fall gewesen
st. Das ist völlig klar.


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Ich habe den EuGH nicht beschimpft!)


Dass Sie einen solchen Vorschlag noch nicht gemacht
aben, liegt auch daran, dass Sie in der Bundesregierung
it sich selber noch längst nicht im Reinen sind. Um das

u erkennen, müssen wir uns nur einmal anschauen, was
ns die Union hier tagtäglich vorführt: Herr Glos ist ge-
en ein VW-Gesetz. Herr Oettinger ist gegen ein
W-Gesetz. Herr Wulff ist natürlich für ein VW-Gesetz;

chließlich will er sich als Industriekapitän in Nieder-
achsen herausstellen. Sie wissen doch überhaupt noch
icht, in welche Richtung Sie wollen. Dennoch verbrei-
en Sie sich hier in Arroganz. Das ist diesem Thema
icht angemessen.






(A) )



(B) )


Dr. Thea Dückert
In der Diskussion hat sich ein anderes Problem offen-
bart. Das Ganze ist ebenfalls eine sehr bizarre Auffüh-
rung; sie wird uns von der FDP präsentiert. Auf der
einen Seite unterstützt der niedersächsische Wirtschafts-
minister Hirche, FDP, ein solches Vorhaben; jedenfalls
hat das Ministerpräsident Wulff, CDU, in der Debatte
zum Ausdruck gebracht, als er für Herrn Hirche gespro-
chen hat. Auf der anderen Seite hat Herr Brüderle in der
letzten Woche in der Welt eine große ordnungspolitische
Philippika geschrieben. Seine Qualifizierung dort lau-
tete: gewissenlose Klientelpolitik. Diese will er offenbar
seinem Parteikollegen Minister Hirche anlasten. Auch
das sorgt für viel Verwirrung in der politischen Debatte.

Unter dem Strich ist eines klar – das wissen alle; es ist
vorhin deutlich dargestellt worden –: VW in Niedersach-
sen hat eine besondere Historie. Davon abgeleitet, gibt
es eine besondere politische Verantwortung, die die Re-
gierungen ernst nehmen müssen. Das ist ein Grund da-
für, dass es für Niedersachsen sinnvoll ist, eine – natür-
lich EuGH-konforme – Fortführung dieses Gesetzes
vorzubereiten. Aber Sie stehen in der Pflicht, diesen Ent-
wurf dann hier auch zur Debatte zu stellen, damit wir
uns damit auseinandersetzen können. – Das ist der eine
Punkt.

Der andere Punkt: Wir diskutieren hier vor dem Hin-
tergrund einer aktuellen politischen Diskussion – deswe-
gen halte ich den Vergleich mit Nokia nicht für an den
Haaren herbeigezogen – und wissen, dass Standortverla-
gerungen, die über die Interessen der Beschäftigten und
der Standorte hinweggehen, nicht weiterhin zugelassen
werden können. Man wäre doch, ehrlich gesagt, etwas
dumm, wenn man in Niedersachsen so etwas zuließe, zu-
mal andere Möglichkeiten bestehen.


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Dafür sorgt doch das Land!)


Noch ein Wort zu Porsche und der Unruhe, die ent-
standen ist: Ich teile nicht das Feindbild, das dort gegen-
über Porsche aufgebaut wird, weil Porsche letzten Endes
den Heuschrecken, vor denen Angst bestand, die Tür vor
der Nase zugeschlagen hat.


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: VW freut sich über Porsches Beteiligung!)


Porsche hat hier Sicherheit hineingebracht. Aber das
Verhalten der Porsche AG hat im letzten Jahr auch Un-
ruhe in die Belegschaft hineingebracht, die sich die
Frage stellen musste, wie es mit VW weitergehen werde.
In diesem Zusammenhang brächte natürlich ein VW-Ge-
setz für Niedersachsen mehr Sicherheit.

Ich komme zum Schluss und sage hier ganz deutlich
an die Adresse der Bundesregierung und vor allem der
Regierungsfraktionen: Klären Sie das Problem miteinan-
der und agieren Sie hier nicht so populistisch, wie es
Herr Wulff in Niedersachsen auch gern tut.


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Die Kanzlerin hat ein klares Wort gesprochen!)


Wir sind ganz dicht bei Ihnen. Wir wollen eine europa-
konforme Lösung, auch wenn sie nicht ganz einfach ist.
Wir werden uns zu gegebener Zeit damit auseinanderset-

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(C (D en. Jetzt aber sind Sie erst einmal in der Pflicht, dem arlament etwas vorzulegen und nicht nur zu reden. Danke schön. Letzter Redner in dieser Debatte ist nun der Kollege arrelt Duin für die SPD-Fraktion. (Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Sturmfest und erdverwachsen! Er ist ein ordentlicher Niedersachse!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1615734000


Garrelt Duin (SPD):
Rede ID: ID1615734100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ch beginne mit einem Zitat aus der Zeit, das vom VW-
esamtbetriebsratsvorsitzenden Bernd Osterloh stammt:

Beim Zeitunglesen beschleicht mich oft das Gefühl,
dass es zwei Volkswagen-Konzerne geben müsse:
hier den modernen Global Player, der im Jahr 2007
die Marke von 6 Millionen Fahrzeugen geknackt
und einen Vorsteuer-Gewinn von über 6,5 Milliar-
den Euro erwirtschaftet hat, da einen rückständigen,
in der niedersächsischen Provinz gefangenen Ko-
loss, der sich mühsam über Wasser hält. Aber

so Osterloh weiter –

es gibt nur einen Volkswagen-Konzern – und der ist
anders, als die medialen Zerrbilder ihn darstellen.
VW ist heute ein hochprofitabler und erfolgreicher
Fahrzeughersteller, der enorme Flexibilität mit ho-
her Stabilität verbindet.

ch glaube, dass Osterloh mit den Worten Flexibilität
nd Stabilität genau das beschreibt, was den VW-Kon-
ern bis heute ausmacht und auch in Zukunft ausmachen
uss.

Dass dies so ist, ist in der Tat das Ergebnis eines VW-
esetzes aus dem Jahr 1960, das sich bewährt hat. Kon-

ernführung und Belegschaft konnten auf dieser Grund-
age erfolgreich arbeiten und in sehr kritischen Situatio-
en Alternativen zu Massenentlassungen entwickeln. Im
aufe der Jahre haben sich sehr zukunftsfähige, von an-
eren sehr aufmerksam beobachtete und zum Teil ko-
ierte Arbeits- und Tarifmodelle sowie eine beständige
ukunftssicherung des Unternehmens entwickelt. Es
ar immer eine Balance zwischen Wettbewerbsfähigkeit
nd ausreichend viel Beschäftigung.

Im Übrigen bin ich der Meinung – dies habe ich seiner-
eit auch schon im Europäischen Parlament vertreten –,
ass der freie Kapitalverkehr durch das VW-Gesetz nie
irklich behindert worden ist. Die Realität zeigt sehr
eutlich, dass dies nicht der Fall gewesen ist.


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Genau!)


llein, der EuGH ist aus zumindest juristisch nachvoll-
iehbaren Gründen zu seiner Entscheidung gekommen.

Bezüglich der Frage, ob man den EuGH kritisieren
arf oder nicht, will ich mich schlichtweg den Worten
nschließen, die heute Morgen der Ministerpräsident von






(A) )



(B) )


Garrelt Duin
Rheinland-Pfalz zu diesem Thema gefunden hat. Natür-
lich hat man Respekt vor der Entscheidung des höchsten
europäischen Gerichts. Das steht gar nicht zur Diskus-
sion. Ich glaube aber, es ist schon erlaubt, über manche
Entscheidungen, die dort getroffen werden, zu debattie-
ren, insbesondere dann, wenn dort eine Abwägung zwi-
schen Bürgerrechten und Kapitalfreiheit vorgenommen
wird. Das sollten wir schon in aller Deutlichkeit kritisie-
ren; wir sollten klarmachen, dass das nicht in unserem
Sinne ist.

Man darf nicht vergessen – das ist schon von meinen
Vorrednern gesagt worden –, dass Gegenstand des Ur-
teils des EuGH nicht das VW-Gesetz insgesamt war,
sondern dass es hier um einzelne Regelungen wie Ent-
senderechte, Stimmrechtsbeschränkungen und das er-
höhte Mehrheitserfordernis ging. Nach dem EuGH ver-
stoßen also das Entsenderecht sowie das Zusammenspiel
von Stimmrechtsbeschränkungen und erhöhtem Mehr-
heitserfordernis gegen den im europäischen Recht veran-
kerten freien Kapitalverkehr. Es ist jetzt unsere Aufgabe,
ein neues, EU-konformes VW-Gesetz auf den Weg zu
bringen und somit die Entscheidung des EuGH in natio-
nales Recht umzusetzen.

Ich schließe mich den Worten von Herrn Grosse-Brö-
mer, dass der Entwurf der Linkspartei dem von mir ge-
rade formulierten Anspruch nur unzureichend gerecht
wird, innerlich an. Ich bin davon überzeugt, dass der
Entwurf, der im Hause von Brigitte Zypries, unserer
Bundesjustizministerin, ausgearbeitet worden ist und
jetzt auf den Weg gebracht werden wird, der Entschei-
dung des EuGH gerecht wird und wir dieser Lösung fol-
gen sollten.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Im Übrigen – das ist ja zumal aus sozialdemokratischer
Sicht nicht ganz unwichtig – findet dieser Entwurf auch
die Zustimmung des VW-Gesamtbetriebsrates.

Die Sicherung von Standorten und Arbeitsplätzen bei
VW ist von großer Bedeutung. An der Produktion dort
hängen zahlreiche Arbeitsplätze, nicht nur in den Wer-
ken – das ist schon gesagt worden –, sondern auch bei
den Zulieferern.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei der heutigen
Hauptversammlung ist eines deutlich geworden: Die Be-
schäftigten bei VW erwarten ein klares Bekenntnis der
Politik zu den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.
Ich bin davon überzeugt, dass der Gesetzentwurf, der
sich auf dem Weg befindet, dieses Bekenntnis zum Aus-
druck bringt. Ich würde mir wünschen, dass die Bundes-
kanzlerin und die gesamte CDU/CSU-Fraktion


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Die gesamte Landesgruppe Niedersachsen!)


– nicht nur die Landesgruppe, sondern die gesamte
CDU/CSU-Fraktion – diesem Entwurf uneingeschränkt
zustimmen; der Redner von der CDU/CSU hat diese Ab-
sicht ja heute zum Ausdruck gebracht. Dann können wir
nämlich sehr schnell zur Tat schreiten und wieder die Si-
cherheit und Stabilität schaffen, die die Beschäftigten zu
Recht von uns erwarten.

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(C (D etzen Sie sich also in Ihrer Fraktion durch! (Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Das machen wir!)


(Beifall bei der SPD)


agen Sie dem Kollegen Glos, dass er nicht auf Zeit
pielen soll, sondern dass wir Klarheit brauchen. Dann
önnen wir gemeinsam an einem Strang ziehen. Das ist
as Entscheidende.

Ich glaube in der Tat, dass wir auf dem richtigen Weg
ind, indem wir ein EU-konformes Gesetz erarbeiten.
leichwohl ist und bleibt es Bestandteil dieses VW-Ge-

etzes – als Niedersachse will ich darauf noch einmal
inweisen –, dass das Land seine Mitwirkungsrechte si-
hern muss. Das Land Niedersachsen hätte nun aber sei-
en Anteil, wie wir das immer wieder gefordert haben,
chon vor zwei Jahren deutlich erhöhen müssen. Damals
osteten VW-Aktien nicht einmal ein Drittel des heuti-
en Kurswertes. Dieses Versäumnis rächt sich jetzt. Das
ngagement des Ministerpräsidenten steht insbesondere
or dem Hintergrund, dass sein Wirtschaftsminister von
en Liberalen mehrfach den Verkauf der Landesanteile
efordert hat, auf tönernen Füßen.


(Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU]: Das ist jetzt ja Kleinkram! – Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Aber Herr Duin, wir Niedersachsen müssen doch zusammenhalten! Sie können uns doch jetzt nicht auseinanderreden!)


Wenn Sie sich da einig sind, ist ja alles wunderbar.


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Sagen Sie einfach: Die Linie stimmt!)


ch werde jedenfalls mit Interesse die zu Protokoll gege-
ene Rede von Herrn Brüderle zu diesem Thema lesen.
ch bin mir nicht sicher, ob die FDP mit uns Niedersach-
en wirklich an einem Strang ziehen wird.


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Wir gemeinsam!)


ch glaube – ich will es noch einmal betonen –, der Ge-
etzentwurf, der auf dem Weg ist, ist die richtige Ant-
ort auf die Entscheidung des EuGH. Lassen Sie uns ge-
einsam daran arbeiten, dass er so schnell wie möglich

m Interesse der Beschäftigten von Volkswagen und des
esamten Konzerns Realität wird. Die Zeiten, die VW
or sich hat – das hat man heute in Hamburg wieder
eutlich gesehen –, werden schwierig genug. Deswegen
st es aus unserer Sicht dringend notwendig, dass ein
U-konformes Gesetz Realität wird. Lassen Sie es uns
emeinsam machen. Der Gesetzentwurf der Linkspartei
st noch nicht der Weisheit letzter Schluss. Der Gesetz-
ntwurf der Bundesjustizministerin wird ein solcher
ein.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Georg Schirmbeck [CDU/ CSU]: Bis auf kleine Schwächen war es eine gute Rede!)







(A) )



(B) )


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1615734200

Der Kollege Rainer Brüderle hat seine Rede zu Pro-

tokoll gegeben.1) Damit schließe ich die Aussprache zu
diesem Tagesordnungspunkt.

Interfraktionell wird die Überweisung des Gesetzent-
wurfs auf Drucksache 16/8449 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie
damit einverstanden? – Ich sehe, das ist der Fall. Dann
ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 21 auf:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-
regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zu dem Abkommen vom 15. Dezember 2003
über Politischen Dialog und Zusammenarbeit
zwischen der Europäischen Gemeinschaft und
ihren Mitgliedstaaten einerseits und der An-
dengemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten

(Bolivien, Ecuador, Kolumbien, Peru und Venezuela)


– Drucksache 16/8654 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärti-
gen Ausschusses (3. Ausschuss)


– Drucksache 16/8908 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Eduard Lintner
Lothar Mark
Dr. Werner Hoyer
Wolfgang Gehrcke
Kerstin Müller (Köln)


Es ist vereinbart, dass die Reden der folgenden Kol-
leginnen und Kollegen zu Protokoll gegeben werden:
Eduard Lintner, Lothar Mark, Marina Schuster, Heike
Hänsel und Thilo Hoppe.2)

Damit kommen wir gleich zur Abstimmung. Der Aus-
wärtige Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-
lung auf Drucksache 16/8908, den Gesetzentwurf der
Bundesregierung auf Drucksache 16/8654 anzunehmen.
Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen
wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? –
Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter
Beratung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen, der
FDP-Fraktion, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bei
Gegenstimmen der Fraktion Die Linke angenommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
ist mit dem gleichen Stimmenverhältnis wie in der zwei-
ten Beratung angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 20 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Hans-Jo-
sef Fell, Dr. Gerhard Schick, Sylvia Kotting-Uhl,

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1) Anlage 10
2) Anlage 11

3)

4)

(C (D weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Fonds Ökowandel – Neues Wirtschaften mit altem Geld – Der grüne Fonds aus den Rückstellungen der Atomwirtschaft – Drucksache 16/8220 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Finanzausschuss Haushaltsausschuss Auch hier haben folgende Kolleginnen und Kollegen hre Reden zu Protokoll gegeben: Dr. Joachim Pfeiffer, olf Hempelmann, Christoph Pries, Gudrun Kopp, ans-Kurt Hill und Hans-Josef Fell.3)


Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf
rucksache 16/8220 an die in der Tagesordnung aufge-

ührten Ausschüsse vorgeschlagen, wobei die Vorlage
ederführend beim Ausschuss für Wirtschaft und Tech-
ologie beraten werden soll. Sind Sie damit einverstan-
en? – Ich sehe, das ist der Fall. Dann ist die Überwei-
ung so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 23 auf:

Beratung des Berichts des Ausschusses für Bil-
dung, Forschung und Technikfolgenabschätzung

(18. Ausschuss) gemäß § 56 a der Geschäftsord-

nung

Technikfolgenabschätzung (TA)


Industrielle stoffliche Nutzung nachwachsen-
der Rohstoffe
Sachstandsbericht zum Monitoring „Nach-
wachsende Rohstoffe“

– Drucksache 16/7247 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung

Folgende Kolleginnen und Kollegen haben ihre Re-
en zu Protokoll gegeben: Professor Dr. Heinz Riesen-
uber, Andrea Wicklein, Waltraud Wolff, Dr. Christel
appach-Kasan, Ulla Lötzer und Sylvia Kotting-Uhl.4)

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf
rucksache 16/7247 an die in der Tagesordnung aufge-

ührten Ausschüsse vorgeschlagen. – Ich sehe auch dazu
einen Widerspruch. Dann ist die Überweisung so be-
chlossen.

Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 22 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz

Anlage 12
Anlage 13






(A) (C)



(B) )


Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt

und Reaktorsicherheit (16. Ausschuss) zu dem
Antrag der Abgeordneten Dr. Christel Happach-
Kasan, Hans-Michael Goldmann, Jens Acker-
mann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion

Damit kommen wir zu den Tagesordnungspunk-
ten 25 a und 25 b:

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Ute

der FDP

Fischartenschutz fördern – vordringliche
Maßnahmen für ein Kormoranmanagement

– Drucksachen 16/3098, 16/8218 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Josef Göppel
Christoph Pries
Angelika Brunkhorst
Eva Bulling-Schröter
Undine Kurth (Quedlinburg)


Die Kolleginnen und Kollegen Josef Göppel, Chris-
toph Pries, Dr. Christel Happach-Kasan, Eva Bulling-
Schröter und Undine Kurth haben ihre Reden zu Proto-
koll gegeben.1)

Damit kommen wir zur Abstimmung. Der Ausschuss
für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit empfiehlt
in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/8218,
den Antrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 16/3098
abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
lung? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Die Be-
schlussempfehlung ist damit mit den Stimmen der Frak-
tionen CDU/CSU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen
gegen die Stimmen der Fraktion der FDP bei Enthaltung
der Fraktion Die Linke angenommen.

Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 24 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulla Jel-
pke, Diana Golze, Jörn Wunderlich, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion DIE LINKE

Für die Rücknahme der Vorbehaltserklärung
zur UN-Kinderrechtskonvention und eine – hier-
von unabhängige – effektive Umsetzung der
Kinderrechte im Asyl- und Aufenthaltsrecht

– Drucksache 16/8885 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

Die Kolleginnen und Kollegen Johannes Singham-
mer, Marlene Rupprecht (Tuchenbach), Miriam Gruß,
Ulla Jelpke und Ekin Deligöz haben ihre Reden zu Pro-
tokoll gegeben.2)

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 16/8885 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

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1) Anlage 14
2) Anlage 15 3)

(D Koczy, Marieluise Beck BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Entwicklung in Afghanistan – Strategien für eine wirkungsvolle Aufbauarbeit kohärent umsetzen – Drucksache 16/8887 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Auswärtiger Ausschuss Verteidigungsausschuss Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe b)


(Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion

Knoche, Hüseyin-Kenan Aydin, Dr. Diether
Dehm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
DIE LINKE

Afghanistan eine Chance für legalen lizenzier-
ten Mohnanbau geben – Drogenmafia wirk-
sam bekämpfen

– Drucksache 16/7525 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Innenausschuss
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung

Auch hier wurde vereinbart, dass die Reden folgender
olleginnen und Kollegen zu Protokoll gegeben werden:
ckart von Klaeden, Detlef Dzembritzki, Harald Leib-

echt, Heike Hänsel und Ute Koczy.3)

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlagen
uf den Drucksachen 16/8887 und 16/7525 an die in der
agesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
ind Sie damit einverstanden? – Jawohl. Dann sind die
berweisungen so beschlossen.

Damit sind wir am Ende unserer heutigen Tagesord-
ung. – Ich sehe, Sie sind erleichtert ob der späten Zeit.


(Peter Hintze [CDU/CSU]: Nein, enttäuscht, Frau Präsidentin!)


ch wünsche Ihnen deshalb einen schönen Abend.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
estages auf morgen, Freitag, 25. April 2008, 9 Uhr, ein.

Die Sitzung ist geschlossen.