Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet. Guten Tag, liebe Kolleginnen
und Kollegen!
Interfraktionell ist vereinbart worden, in der laufen-
den Sitzungswoche keine Befragung der Bundesregie-
rung durchzuführen. Stattdessen soll als erster Punkt der
heutigen Tagesordnung eine vereinbarte Debatte zur vor-
gesehenen Änderung der vertraglichen Grundlagen der
EU durchgeführt werden. Für die Beratung ist eine
Stunde vorgesehen. Dazu liegen Anträge der Fraktion
der FDP auf Drucksache 16/5882 und der Fraktion des
Bündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 16/5888 vor,
die an die Ausschüsse überwiesen werden sollen. An-
schließend folgen die Fragestunde und eine Aktuelle
Stunde. Sind Sie mit diesen Vereinbarungen einverstan-
den? – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist das so be-
schlossen.
Bevor wir in die Tagesordnung eintreten können,
müssen wir zwei Wahlen zu Gremien durchführen. Die
Fraktion der CDU/CSU hat mitgeteilt, dass die Kollegen
Dr. Reinhard Göhner und Thomas Kossendey als ordent-
liche Mitglieder aus dem Gemeinsamen Ausschuss nach
Art. 53 a des Grundgesetzes ausscheiden. Als Nachfol-
ger werden der Kollege Ruprecht Polenz, der bisher
stellvertretendes Mitglied war, und der Kollege Enak
Ferlemann vorgeschlagen. Neues stellvertretendes Mit-
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Redet
glied soll der Kollege Steffen Kampeter werden. Sind
Sie damit einverstanden? – Ich höre keinen Wider-
spruch. Dann sind die Kollegen Ruprecht Polenz und
Enak Ferlemann zu ordentlichen Mitgliedern und der
Kollege Steffen Kampeter zum stellvertretenden Mit-
glied des Gemeinsamen Ausschusses nach Art. 53 a des
Grundgesetzes gewählt.
Die Fraktion der SPD hat vorgeschlagen, den Vizeprä-
sidenten Dr. h. c. Wolfgang Thierse als Nachfolger des
Kollegen Eike Hovermann zum neuen stellvertretenden
Mitglied im Kuratorium der Stiftung „Haus der Ge-
schichte der Bundesrepublik Deutschland“ zu wählen.
Sind Sie damit einverstanden? – Ich höre auch dazu kei-
nen Widerspruch. Dann ist der Kollege Dr. h. c
Thierse zum stellvertretenden Mitglied im K
der Stiftung „Haus der Geschichte der Bund
Deutschland“ gewählt.
der FDP
EU-Regierungskonferenz schnell zum Erfolg
führen
– Drucksache 16/5882 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Auswärtiger Ausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
P 3 Beratung des Antrags der Abgeordneten Rainder
Steenblock, Jürgen Trittin, Omid Nouripour, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion des BÜND-
NISSES 90/DIE GRÜNEN
EU-Regierungskonferenz – Für eine hand-
lungsfähige und demokratische EU
– Drucksache 16/5888 –
ext
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich höre keinen
Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle-
gin Dr. Angelica Schwall-Düren für die SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle-ne ungewöhnliche Zeit für eine Debattehtiges Thema wie das Ergebnis des EU-tragsänderung. Ich freue mich deswegenass Sie, Frau Bundeskanzlerin, Herr. Wolfganguratoriumesrepublikgen! Das ist eiüber ein so wicGipfels zur Verumso mehr, d
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Dr. Angelica Schwall-DürenVizekanzler und Herr Außenminister, an dieser Debatteteilnehmen.
Das unterstreicht die Wichtigkeit des Themas, über daswir heute noch einmal sprechen wollen, obwohl die Er-gebnisse des Gipfels in der Öffentlichkeit offensichtlichschon wieder etwas in den Hintergrund getreten sind.Wir erinnern uns, dass die Aussprache zur Regie-rungserklärung vor dem Regierungsgipfel von Zweifelund Bangen geprägt war. Wir haben uns gefragt, ob die-ser Gipfel wirklich zum Erfolg führen kann. Natürlichhatten wir Hoffnung, aber die Gipfeldramatik hat unszwischendurch erneut zittern lassen.Eines müssen wir festhalten: In einer Hinsicht ist derGipfel gescheitert. Es gibt keine europäische Verfassung.Dies wussten wir allerdings schon vor dem Gipfel. Das,was wir mit einer Verfassung verbunden hätten, nämlichden Enthusiasmus für die Europäische Union zu stei-gern, den Zusammenhalt zu stärken und die politischeVertiefung in einer größeren EU zustande zu bringen,können wir jetzt nicht auf diesem Wege, also nicht mit-hilfe einer Verfassung, voranbringen. Dennoch dürfenwir sagen, dass dieser Gipfel ein großer Erfolg gewesenist. Denn er bedeutet Aufbruch. Die Blockade ist durchdas Mandat für die Regierungskonferenz zur Vertrags-änderung aufgelöst.Übrigens möchte ich daran erinnern, dass die gesamtedeutsche EU-Ratspräsidentschaft aus unserer Sicht eingroßer Erfolg gewesen ist.
Dafür möchten wir Ihnen, Frau Bundeskanzlerin, dan-ken, aber auch allen Ministern und Ministerinnen desKabinetts; ich kann sie nicht alle aufzählen.
Sie werden verstehen, dass ich nur ein paar Einzelnenenne.
– Ich meinte, ich kann nicht alle Minister und deren Er-folge, die sie im Rahmen der deutschen Ratspräsident-schaft erreicht haben, aufzählen.Mir ist es wichtig, an ein paar wenige Punkte zu erin-nern, zum Beispiel daran, dass die JustizministerinMaßnahmen zum Schutz der Verbraucher erreicht hat,beispielsweise in Fragen des grenzüberschreitendenSchadensersatzes. Es war wichtig, dass der Wirtschafts-minister die Senkung der Handygebühren erreicht hat.
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ie Thematisierung des europäischen Wirtschafts- undozialmodells, der guten Arbeit, der Teilhabe der Men-chen, vor allen Dingen auch der benachteiligten, ist hieranz besonders zu erwähnen. Nicht zuletzt möchte ichnseren Außenminister nennen, der unter anderem er-eicht hat, dass das Nahostquartett reaktiviert worden ist
nd dass die Zentralasienstrategie auf die Agenda ge-etzt wurde. Ich möchte hier jetzt nicht alles im Einzel-en schildern. Er hat auch sehr viel Arbeit im Hinter-rund dafür geleistet, dass dieser Gipfel letztendlich zumrfolg geführt hat.Damit will ich zur Vertragsreform zurückkommen.anz entscheidend ist – ich meine, wir müssen das nochinmal unterstreichen – die Stärkung der Handlungs-ähigkeit der Europäischen Union durch einen Rats-räsidenten, der über zweieinhalb Jahre die Leitung deruropäischen Union übernimmt. Es gibt eine weiteretärkung durch den EU-Außenminister; ich nenne ihno, auch wenn er diesen Namen nicht bekommt. Durcheinen Doppelhut stellt er eine enge Verbindung zwi-chen Rat und Kommission her und ist eine Vorausset-ung – keine Garantie, aber eine Voraussetzung – dafür,ass wir mit der Gemeinsamen Außen- und Sicherheits-olitik vorankommen.Selbstverständlich ist uns das Mehr an Demokratie,as wir durch diese Vertragsreform erreichen können,anz besonders wichtig. Das Europäische Parlamentird gestärkt, wir bekommen ein europäisches Bürger-egehren, und auch die nationalen Parlamente werdenestärkt. Das ist deshalb wichtig, weil durch die Ver-ragsreform die Transparenz eher gemindert worden ist;ie Komplexität des Textes schafft wenig Durchschau-arkeit. Deswegen brauchen wir die nationalen Parla-ente. Sie sind nicht nur als Frühwarnsysteme und zurubsidiaritätskontrolle wichtig, sondern sie können auchazu beitragen, dass die europäische Politik von der na-ionalen Ebene aus mitgestaltet wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, uns in der SPD-undestagsfraktion war besonders wichtig, auch formellas Einvernehmen mit der Regierung hinsichtlich derinberufung einer Regierungskonferenz festzustellen.
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Dr. Angelica Schwall-DürenNun müssen wir das auf eine Sitzung im Herbst ver-schieben. Aber wir wollen schon heute anmelden: Es istuns sehr wichtig, dass der Bundestag eingebunden wirdund dass wir unsere Rechte in Anspruch nehmen kön-nen.
Aufgabe des Bundestages und der nationalen Parla-mente insgesamt ist es, über jeden einzelnen Recht-setzungsakt und seine Auswirkungen einen Dialog bzw.eine Auseinandersetzung zu führen. Das bringt Europaden Bürgern näher und macht Europa greifbarer. Aberich glaube, dass wir auch in unseren eigenen Reihen undmit unseren Kollegen aus den anderen Parlamenten überdie Gesamtrichtung der Europäischen Union diskutierenmüssen. Wir brauchen eine größere Bereitschaft, Europazu gestalten. Erneute Versuche, unsere Gemeinsamkeitzu verhindern, brauchen wir nicht.Der Erfolg ist noch nicht gesichert. Aber ich denke,dass das enge Mandat für die portugiesische Ratspräsi-dentschaft eine gute Voraussetzung ist, um dafür zu sor-gen, dass der Text letztendlich beschlossen werden kann.Allerdings steht noch viel Detailarbeit an. Wir könnenuns nicht sicher sein, dass einzelne Mitgliedstaaten – obGroßbritannien oder Polen – nicht erneut den Versuchunternehmen werden, Veränderungen des Textes herbei-zuführen.Ich möchte insbesondere in Richtung unseres großenpolnischen Nachbarn sagen: Wir brauchen ein selbstbe-wusstes Polen, das zu konstruktiver Mitarbeit bereit undnicht von fortlaufendem Misstrauen gegenüber der Euro-päischen Union geprägt ist. Dieses Misstrauen stehtübrigens nicht im Einklang mit der Auffassung der pol-nischen Bevölkerung, die heute in einem Ausmaß wienie zuvor, nämlich zu fast 90 Prozent, hinter der Euro-päischen Union und ihrer vertraglichen Weiterentwick-lung steht.
Ich bin froh, dass viele dabei geholfen haben, diesesMandat über diese Hürde zu heben. An dieser Stellemöchte ich Italien, vor allen Dingen aber Frankreich er-wähnen, das auf der europäischen Bühne zurück ist. Ichhoffe, dass das Weimarer Dreieck auch in Zukunft einFormat sein wird, mit dem wir die EU in einem positivenSinne weiterentwickeln.Die Ratifizierung muss gelingen. Die kommendenMonate werden darüber entscheiden, welchen Weg dieEU gehen wird: ob es ein Europa der unterschiedlichenGeschwindigkeiten oder ob es ein gemeinsames undstarkes Europa geben wird, das einen positiven Beitragdazu leisten kann, dass die Konflikte in der Welt gelöstund die großen Herausforderungen, zum Beispiel im Be-reich des Klimaschutzes, wirklich angegangen werden.Europa kann und muss als Chance begriffen werden.In diesem Sinne wünschen wir der portugiesischen Rats-präsidentschaft von dieser Stelle aus alles Gute für dasGelingen der Regierungskonferenz und der Ratspräsi-dentschaft insgesamt.FgSBbsDSdEßrvAsd–b–dIFpbuImBebudI
n dieser Stelle rede ich von einer politischen Selbstver-tändlichkeit, noch nicht einmal von der Vereinbarung,ie wir getroffen haben.
Lieber Herr Kauder, es trifft sehr wohl auf die Verein-arung zu.
Ich bin in der Schlussphase an den Verhandlungen überiese Vereinbarung beteiligt gewesen. Herr Kauder, aushrer Fraktion kam das dringende Anliegen, dass in jederrage der Vertragsänderung und in jeder Frage der euro-äischen Erweiterung vorher der Deutsche Bundestagefasst wird,
nd er wird nicht befasst in diesem Fall.
ch verstehe das nicht. Ich verstehe auch nicht das Parla-entsverständnis, das dahinter steht, dass der Deutscheundestag vorher nicht damit befasst wird. Wir habenin Ergebnis der deutschen Ratspräsidentschaft, wir ha-en ein Mandat,
nd wir würden diesem Mandat zustimmen; wir sind jaafür, dass die Regierungskonferenz durchgeführt wird.ch verstehe nicht, warum die Vereinbarung, die mit viel
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Markus LöningMühe verhandelt worden ist und die dem DeutschenBundestag auf europäischer Ebene mehr als Informa-tionsrechte, nämlich echte Mitwirkungsrechte gegebenhätte, hier und heute in die Tonne getreten wird. Ich haltedas für inakzeptabel.
Diese Vereinbarung war dazu gedacht, die demokrati-schen Rechte der Abgeordneten zu stärken, die Mitspra-che des Deutschen Bundestages zu stärken; aber sie warauch dazu gedacht, dass mehr Transparenz in die euro-päische Debatte kommt, Herr Kauder,
dass wir hier öffentlich debattieren, was in Europa pas-siert, um zu verhindern, dass – wie sonst immer – inBrüssel hinter verschlossenen Türen debattiert wird unddie Bürger nicht nachvollziehen können, was passiert.Wir wollen die Debatten hier im Plenum führen, vor denAugen der deutschen Öffentlichkeit. An dieser Stelleverweigert die Bundesregierung die Erfüllung der Ver-einbarung. Das finde ich nicht nur schade, das ist eineSchande, das ist ein Schlag ins Gesicht des deutschenParlamentes.
Lassen Sie mich zu den Inhalten dessen, was der Eu-ropäische Rat vereinbart hat, einiges sagen: Wir begrü-ßen außerordentlich, dass diese Einigung erreicht wordenist. Es ist gut, dass es dieses Mandat gibt; das steht außerZweifel. Wir haben uns dadurch, dass wir mit unseren in-ternen Angelegenheiten nicht zu Potte gekommen sind,zum Gespött der Bürger und auch zum Gespött unsererPartner in Übersee gemacht. Frau Kanzlerin, ich möchtewiederholen, was ich gerade im Ausschuss gesagt habe:Ich finde es sehr wichtig, dass diese Einigung gemeinsamerreicht worden ist, mit allen 27 Mitgliedern; dass nie-mand von Bord gegangen ist; dass niemand am Randestehen gelassen wurde. Das ist immer der Geist gewesen,der die EU geprägt hat. Das war mit 6 oder 9 oder 12 ein-fach, das ist mit 27 selbstverständlich viel schwieriger.Aber wir erkennen an, dass es Ihnen und den anderen Re-gierungschefs gelungen ist, alle 27 an Bord zu halten.Das ist ein Wert an sich.
Ich möchte nun auf den einen oder anderen Wermuts-tropfen hinweisen. Der faire und unverfälschte Wett-bewerb ist auf Wunsch von Herrn Sarkozy aus den Zie-len der Europäischen Union gestrichen worden. Nun istja bekannt, dass Frankreich das sozialistischste aller so-zialistischen Länder ist, egal wer da regiert.
– Ja. Aber was das Staatsverständnis angeht, ist dasdurchaus so, Herr Trittin; da hilft keine Wortklauberei,der Wettbewerb sei nur ein Instrument zur SicherstellungurDnKuhnhsHvdrn–tgZardzePVtcWwvnmvRshfRDeehesVgtS
as Wort „Marktwirtschaft“ tauchte schon in der Berli-er Erklärung nicht auf. Doch die Marktwirtschaft ist einernelement der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaftnd der Europäischen Union gewesen. Der Wettbewerbat dafür gesorgt, dass immer mehr Bürger Zugang zueuen Dienstleistungen und neuem Wohlstand erlangtaben. Es war ein konstitutives Element der europäi-chen Einigung, dass wir unsere Märkte geöffnet haben.ätten wir die Kommission, die den Zielen der Unionerpflichtet ist, in den letzten Jahren nicht als Hüteriner Verträge gehabt, dann würden wir hier – auch da-über müssen wir uns klar sein – immer noch mit Telefo-en mit Drehscheiben telefonieren.
Sie vielleicht nicht. Ich weiß nicht, wie Sie zu Hauseelefonieren. Mir würde da einiges einfallen.Es ist aus unserer Sicht ein schwerer Fehler, dass dasestrichen worden ist. Wir wünschen uns und werden inukunft darauf dringen, dass die Europäische Unionuch weiterhin eine marktwirtschaftliche Union ist. Ge-ade in der Sicherstellung des Wettbewerbs zugunstener Verbraucher sehen wir ein wichtiges Element der so-ialen Dimension der Europäischen Union.Das Europäische Parlament wird einige Rechte mehrrhalten. Wir haben heute erlebt, dass sich die nationalenarlamente ihre Rechte werden erkämpfen müssen. Imergleich zum Verfassungsvertrag wird die Subsidiari-ätskontrolle künftig etwas anders aussehen. Wir brau-hen ein größeres Quorum. Statt wie vorgesehen sechsochen, haben wir jetzt zwar acht Wochen Zeit, aberir müssen die Hälfte der Parlamente – das sind 14 – da-on überzeugen, diese Einrede zu erheben. Ich weißicht, ob ich das als eine Stärkung der nationalen Parla-ente im Bereich der Subsidiarität ansehen kann.Auf jeden Fall müssen wir Parlamentarier – das istöllig unabhängig von diesem Reformvertrag – unsereegierung bei dem, was sie im Ministerrat tut, deutlichtrenger kontrollieren. Wir müssen der Regierung vonier aus mehr Berichte und klarere Stellungnahmen ab-ordern, ihr die Hände auch ein Stück weit binden undichtungen dafür vorgeben, wie verhandelt werden soll.as ist allerdings keine Frage des Vertrages, sondernine Frage des Selbstbewusstseins dieses Hauses.Das Prinzip der doppelten Mehrheit wird erst 2014ingeführt. Darüber kann man nun Tränen vergießen. Ichätte dies gerne früher erreicht; denn damit wird endlichin wichtiges Element in die Verträge eingeführt, das un-erem Demokratieverständnis entspricht, nämlich daserhältnis One Person, One Vote. Wir sind noch nichtanz am Ziel, aber wir gehen zumindest in diese Rich-ung. Wir sagen, dass die Union nicht nur eine Union dertaaten, sondern auch der Bürger ist. Deshalb ist es
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Markus Löningselbstverständlich, dass es zumindest annäherungsweisein diese Richtung geht.Es ist schade, dass das noch nicht erreicht wurde, aberich denke, es ist auch durchaus verständlich, dass Polenan dieser Stelle für sein eigenes Anliegen gekämpft hat.Das kann man hier mit Häme übergießen, man kann dasaber auch lassen. Ich glaube, es ist wichtig zu erkennen,dass die Polen für ihr Anliegen gekämpft haben. Überdie Mittel kann man streiten. Für uns Deutsche ist eswichtig, dass die Polen an Bord geblieben sind. AmEnde des Tages kommt es darauf an, dass wir unser Ver-hältnis zu Polen wieder auf die Reihe bekommen. Dassind unsere Nachbarn, und sie werden es auch noch sein,wenn die Kaczynskis längst nicht mehr an der Machtsind.Zum Schluss noch eine Bemerkung: Der Zeitplan istsehr ambitioniert, es ist aber unerlässlich, dass er einge-halten wird. Wir brauchen 2009, wenn das EuropäischeParlament gewählt wird, eine neue Grundlage. Dernächste Kommissionspräsident soll vom EuropäischenParlament gewählt werden. Das wäre ein sichtbares Zei-chen nach außen, dass es gelungen ist, Europa zu refor-mieren.Vielen Dank.
Für die Unionsfraktion hat nun der Kollege Gunther
Krichbaum das Wort.
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnenund Kollegen! Erlauben Sie mir, dass ich hier zunächsteinmal das aufgreife, was Herr Kollege Löning eingangsgesagt hat.Herr Kollege Löning, lassen Sie die Kirche doch ein-mal hübsch im Dorf. Wir wurden seitens der Bundesre-gierung beispielsweise dadurch unterrichtet, dass HerrAußenminister Steinmeier kürzlich – unmittelbar vor derRatssitzung – bei uns im Ausschuss war. Unmittelbar da-nach wurden wir ebenfalls von Herrn AußenministerSteinmeier durch einen Brief an Herrn Bundestagspräsi-denten Dr. Lammert informiert. Sie haben vorhin er-wähnt, was Sie im Ausschuss gesagt haben. Sie hättenaber ruhig hinzufügen können, dass auch unsere Bundes-kanzlerin an der Ausschusssitzung teilgenommen undauf alle Fragen Rede und Antwort gestanden hat.
Insofern sind wir alle zuversichtlich, dass diese vertrau-ensvolle Arbeit fortgesetzt werden kann. Alle gegentei-ligen Vermutungen sind, glaube ich, völlig fehl am Platz.Ich denke, dass gerade die jetzige Bundesregierung unterBeweis gestellt hat, wie eng das Verhältnis zwischen Re-gierung und Parlament sein kann. Ich hätte mir ge-wünscht, dass das auch in den vergangenen Jahren derFall gewesen wäre.rnslhswwÜzzsSwtdswrdzAdglsgdd8cR2sshafdswSwimHdh
Mit der heutigen Debatte zu den vorgesehenen Ände-ungen der vertraglichen Grundlagen der EU wird zu-ächst die Frage nach den Chancen, Ausblicken und Per-pektiven Europas insgesamt aufgeworfen. Verkürztieße sich feststellen, dass wir immer die Perspektivenaben, die wir uns selber geben und dass sich diese Per-pektiven aus Visionen entwickeln. Eine dieser Visionenar unzweifelhaft die einer europäischen Verfassung.Nach Monaten zäher Verhandlungen im Konventurde schließlich ein Kompromiss gefunden, den imbrigen damals alle Staats- und Regierungschefs unter-eichnet und mitgetragen haben, der aber in der Folge-eit mehr und mehr infrage gestellt wurde. Er wurde soehr infrage gestellt, dass wir letzten Endes erheblichechwierigkeiten hatten.An dieser Stelle müssen wir uns in Erinnerung rufen,o wir noch vor einem halben Jahr standen. Alle Posi-ionen gingen auseinander. Auf die deutsche Ratspräsi-entschaft kam eine Herkulesaufgabe zu. Ich denke, dasseitdem unglaublich viel gelungen ist, und zwar deshalb,eil die Bundesregierung – auch im Umgang mit kleine-en Mitgliedstaaten – konsequent, besonnen und mit Be-acht gehandelt hat. An dieser Stelle sei vor allem denahlreichen Mitarbeitern im Bundeskanzleramt und imuswärtigen Amt gedankt, die daran Anteil hatten.Die Bundesregierung hatte die Aufgabe – auch dasarf man in Erinnerung rufen –, einen Fahrplan vorzule-en. Sie hatte dabei den Ehrgeiz, sich sozusagen nicht al-eine mit den Abfahrtszeiten der Züge zufriedenzugeben;ie wollte vielmehr klären, wohin die Reise tatsächlicheht. So konnte am Ende der deutschen EU-Ratspräsi-entschaft ein Konzept vorgelegt werden, das die Hin-ernisse aus dem Weg geräumt hat. Ich würde sagen,0 Prozent der Aufgaben sind gelöst. Aber wir sind si-herlich alle zuversichtlich, dass die portugiesischeatspräsidentschaft mit Engagement auch die letzten0 Prozent – dabei wird der Teufel im Detail liegen – lö-en wird.Erlauben Sie mir, als Parlamentarier den Blick zurück-chweifen zu lassen. Ja, wir wollten eine Verfassung. Wiraben zwar letztlich keine Verfassung bekommen; es istber doch deutlich mehr als eine Gebrauchsanweisungür Europa. Denn ohne das Ergebnis, das wir letzten En-es erzielt haben, wäre Europa handlungsunfähig gewe-en. Es ist das Verdienst dieser Bundesregierung, dassir die Europäische Union, die in diesem Punkt auf dertelle trat, aus dieser Lähmung befreien konnten undieder eine Perspektive haben, wie es weitergehen soll.
Zu einer Verfassung hätte auch eine Präambel gehört,n der ein Wertekanon für die Europäische Union zusam-engefasst ist. Symbole wie eine Flagge und eineymne hätte ich persönlich ebenfalls sehr begrüßt, aberies scheiterte am Widerstand anderer, die die Entste-ung eines europäischen Superstaats befürchteten.
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Gunther KrichbaumLetztlich ist es aber gelungen, einen wesentlichen Teilzu integrieren, der zunächst auf der Kippe gestandenhatte. Wir konnten nämlich das Element der Grund-rechtecharta und damit die Substanz dessen, was wirfür unabdingbar halten, retten.Frau Bundeskanzlerin, ich denke, vieles ist Ihrem per-sönlichen Einsatz zu verdanken, ohne den wir es mit Si-cherheit nicht geschafft hätten.
An die Konsequenzen, die sich aus einem Scheitern er-geben hätten, wollen wir besser nicht denken.Lassen Sie mich auf einige Neuerungen eingehen,die der Kompromiss, der Grundlagenvertrag, wie erwahrscheinlich heißen wird, bringen wird. Wir bekom-men die doppelte Mehrheit. Es ist ein kluger Kompro-miss, dass in Zukunft 55 Prozent der Mitgliedstaaten, die65 Prozent der Bevölkerung repräsentieren müssen, aus-reichen, um eine Entscheidung zu treffen. Damit istEuropa handlungsfähiger geworden. Die Bürger wollennicht, dass Blockaden aufgebaut werden, sondern dasswir in der Behandlung ihrer Probleme weiterkommen.Wir haben Erfolge in den zentralen Bereichen Justiz undInneres erzielen können, eine Domäne nationaler Souve-ränität. Auch hier ist es gelungen, die übrigen Mitglied-staaten davon zu überzeugen, dass dann, wenn die Pro-bleme internationaler werden, auch die Lösungsansätzeinternationaler werden müssen, dass das Zeitalter derGlobalisierung, in dem wir leben, globalisierte Bedro-hungslagen zur Folge hat und dass wir auf Fragen betref-fend den internationalen Terrorismus nicht mehr nationalreagieren können.Das wird in Zukunft der Leitfaden in Europa sein:Europa wird sich mehr denn je um die Dinge kümmern,die über die Kraft der einzelnen Nationalstaaten hinaus-gehen – hier ist Europa mehr denn je gefordert. Aber ge-treu dem Subsidiaritätsprinzip müssen wir das, was dieMitgliedstaaten und die Regionen selbst lösen können,in deren Hand belassen. Das schafft Vertrauen bei denBürgern, aber auch die notwendige Handlungsfähigkeitbei unseren Institutionen.Auch die nationalen Parlamente wurden aufgewer-tet. Schließlich ist es in Zukunft möglich, dass dann,wenn 50 Prozent der nationalen Parlamente der Mit-gliedstaaten Kommissionsvorschläge, mit denen sienicht einverstanden sind, infrage stellen, die Kommis-sion ihren eigenen Vorschlag überprüfen, notfalls be-gründen oder sogar zurückziehen muss, wenn das Euro-päische Parlament einen entsprechenden Beschluss fasst.Das zeigt: Die Rechte der Parlamentarier insgesamt wer-den durch den neuen Grundlagenvertrag deutlich ge-stärkt; das ist das Erfreuliche. Das sollten wir nichtkleinreden; denn bei alledem, was nicht berücksichtigtwerden konnte, dürfen wir nicht in einen Minimalismusverfallen. Es ist viel gelungen, mehr, als wir zu träumengewagt haben.
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Einen solchen Umgang sollten wir als Parlamentariernicht durchgehen lassen. Mir erscheint es auch ein biss-chen merkwürdig, dass heute zwar die Mitglieder derBundesregierung sehr zahlreich hier erschienen sind,dass sich die Regierung aber einer Debatte verweigert,dass sie noch nicht einmal Stellung nimmt und auch jetztwieder in eine Regierungskonferenz gehen will, ohneden Bundestag zu beteiligen.–gaewVssgesLszmKMpaksngnzgssFsdmLsßhkDMnkPDdws
Hinsichtlich der Bewertung der deutschen Ratsprä-identschaft werden wir uns auch nicht den vielenobeshymnen anschließen, die heute Morgen im Aus-chuss angestimmt worden sind. Die Geschichte wirdeigen, dass die deutsche Ratspräsidentschaft einmalehr dafür steht, dass Europa auch weiterhin in derrise bleibt. Denn halten wir einmal fest: Der Gipfel imärz war von der Diskussion über den Klimaschutz ge-rägt. Wir wissen, dass nichts dabei herausgekommen istußer Absichtserklärungen. Es ist bis heute noch nichtlar, wie Europa und die einzelnen Staaten diese Klima-chutzziele erreichen wollen. Gerade Deutschland istegativ belastet. Wenn alle geplanten Kohlekraftwerkeebaut werden, kann Deutschland die Klimaschutzzieleicht erreichen. Somit ist die Aufgabe des Klimaschut-es auf zukünftige Generationen verschoben worden. Esibt nicht mehr als eine Absichtserklärung.
Wir stellen fest: Der EU-Russland-Gipfel ist ge-cheitert. Auch das bleibt zum Ende der Ratspräsident-chaft festzuhalten. Wir wissen, dass Europa in derrage der Raketenabwehrsysteme in den osteuropäi-chen Staaten auseinanderdriftet. Auch da hat es dieeutsche Bundesregierung nicht verstanden, deutlich zuachen, dass Europa mit einer Stimme sprechen muss.etztendlich ist man auch bei der Verfassungsfrage ge-cheitert. Man spricht von dem EU-Gipfel als einem gro-en Erfolg, während nahezu alle Medien davon berichtetaben, dass man einem Totalschaden gerade noch ent-ommen ist. Ich glaube, dass es nicht hilfreich ist, einearstellung zu wählen, die weit von der Wirklichkeit derenschen entfernt ist.Ich muss an dieser Stelle auch sagen: Die Bürgerin-en und Bürger Europas, die dieses Wochenende mitbe-ommen haben, haben eher resigniert und sich von derolitik entfernt.
ieses Geschachere um Stimmrechte und die Tatsache,ass gedroht worden ist, dass man in Europa ohne Poleneitermachen will, ist kein Fortschritt für die europäi-che Idee; man hat vielmehr einmal mehr versucht, die
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10994 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007
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Alexander UlrichPosition des Stärkeren gegenüber Schwächeren auszu-spielen.
Wir sollten auch nicht den Fehler begehen, Polen alleineverantwortlich zu machen. Es gibt genug Länder, dieauch dort waren und sich darüber gefreut haben, dassPolen diese Rolle übernommen hat. Gewisse Länder ha-ben ein Interesse daran, dass die Stimmrechte andersverteilt werden.
Wie oft sind schon Ausnahmen für England gemachtworden? Die Rhetorik der Polen ist sicherlich nicht ak-zeptabel, aber die Erpressungsversuche waren auch nichtakzeptabel; denn die Polen haben nichts anderes ge-macht, als ein Recht zu nutzen, das ihnen die bestehen-den Verträge lassen.
Deshalb, glaube ich, kann man so nicht mit Polen umge-hen. Es wäre die Aufgabe der Bundesregierung, für Ent-spannung zu sorgen.Einmal mehr muss man aber auch festhalten: Europahat Angst vor den Bürgerinnen und Bürgern. Die ge-scheiterte EU-Verfassung soll jetzt unter anderem Na-men als Vertrag in einer Regierungskonferenz beschlos-sen werden. Man hat den Ausdruck „Verfassung“gestrichen, um damit den Weg dafür freizumachen, dassin möglichst vielen Ländern diesem Vertrag nur noch perParlamentsabstimmung zugestimmt zu werden brauchtund er damit gerettet werden kann.
Es wird wenige Ausnahmen geben, wahrscheinlich einefür Irland. Ich glaube, dass das der falsche Weg ist.Wenn die Substanz einer gescheiterten Verfassung nunin einem Vertrag ihren Niederschlag finden soll, dannwird versucht, etwas Gescheitertes an den Bürgerinnenund Bürgern vorbei durchzusetzen. Deshalb bleiben wirdie einzige Fraktion im Deutschen Bundestag, die eineeuropäische Volksabstimmung fordert; denn nur so istEuropa den Bürgerinnen und Bürgern näherzubringen.
Herr Löning, auch wenn Sie der Auffassung sind,dass Frankreich ein sozialistisches Land ist,
würde ich das nicht unterschreiben, auch wenn wir nichtunglücklich darüber sind, dass Sarkozy teilweise Vor-schläge macht, die bedenkenswert sind, dass er zum Bei-spiel von einer Wirtschaftsregierung und einer Demo-kratisierung der EZB redet, dass er davon redet, dass diePolitik der EZB auf mehr Wachstum und Beschäftigungausgerichtet werden müsste. Ich glaube, diese Forderun-gen könnten wir unterschreiben. Die spannende Fragewird sein, wie die hochgepriesene deutsch-französischePartnerschaft damit umgeht; denn aus Deutschland ka-mdDgEuEwZngErZdhMwiMrwAtmZgmrgwgZnddwhlml
Kollege Ulrich, Sie haben die Möglichkeit zur Erwi-
erung.
Herr Krichbaum, ich habe sehr viel Respekt davor,ass Sie vor kurzem zum Ausschussvorsitzenden ge-ählt worden sind. Sicherlich spielt bei Ihrer Wortwahlier noch ein wenig Dankbarkeit mit.Auch Sie haben heute Morgen gesagt – Sie habenetzte Woche an einer Reise des Ausschusses teilgenom-en; wir haben darüber beim heutigen Treffen der Ob-eute geredet –, dass Sie an diesem Punkt ein bisschen
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007 10995
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Alexander Ulrichdiplomatisch sein müssen – das kann man nachvollzie-hen –, obwohl Sie eigentlich der Auffassung sind, dassdas nicht im Geiste der Vereinbarung ist. HerrKrichbaum, ich möchte noch einmal sagen: Ich erwartevon Ihnen als Ausschussvorsitzenden – es geht hier nichtum Fraktionen; es geht auch nicht um politische Rich-tungen; es geht hier um die Rechte des Parlaments –,der den Weg, der zu dieser Vereinbarung geführt hat, mitbeschritten hat, dass Sie gerade jetzt, wo es losgeht, da-rauf dringen, dass die Bundesregierung ihre Verpflich-tungen einhält.Ich sage an dieser Stelle noch einmal – die FDP undBündnis 90/Die Grünen sehen das ebenso; auch die SPDhat diesen Standpunkt heute Morgen geteilt –: Das, wasda gemacht worden ist, entspricht nicht dem Geiste die-ser Vereinbarung.
Ich appelliere an Sie als Ausschussvorsitzenden, sichals Parlamentarier zu begreifen und nicht als jemanden,dessen Aufgabe es ist, die Politik der Bundesregierungumzusetzen. Wenn Sie das nicht tun, dann sind Sie, wasden Ausschussvorsitz angeht, fehl am Platze.
Versuchen Sie nicht, die Rechte des Parlaments durchfalsche Aussagen zu schwächen! Unsere Einschätzungder Ergebnisse dieser Regierungskonferenz, für die eseine große Mehrheit geben könnte, wird von der Bun-desregierung leider falsch verstanden. In Zukunft wirdman wieder sagen: Der Bundestag ist erst am Schluss derDebatten zu beteiligen. Ich wiederhole: Man sollte vonAnfang an deutlich machen, dass das Parlament in euro-päische Angelegenheiten anders involviert werden muss,als es heute der Fall ist.
Notwendig wären diese Woche eine Regierungserklä-rung und eine Abstimmung über einen Entschließungs-antrag dazu. Aber so wie jetzt geht es nicht. Ich erwartevon Ihnen als Ausschussvorsitzenden, dass Sie entspre-chend handeln.Noch einmal: Einvernehmen bedeutet nach unsererAuffassung nicht, dass die Bundeskanzlerin an einerAusschusssitzung teilnimmt.Vielen Dank.
Das Wort hat der Kollege Jürgen Trittin für die Frak-
tion des Bündnisses 90/Die Grünen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wennman über die Präsidentschaft Deutschlands spricht, dannklBszgisüVzbzssUidzGlggcdmsErd–tDar
Es ist der Bundeskanzlerin jedoch gelungen, den Still-tand in der Frage der Verfassung der Europäischennion zu überwinden. Das wird bleiben – bei aller Kritikm Einzelnen.
Ich habe gesagt, dass ein Schritt dazu gelungen ist,ie sogenannte Denkpause zu beenden und Maßnahmenu ergreifen, um die Europäische Union auf eine neuerundlage zu stellen. Da muss ich umso mehr fragen,iebe Kolleginnen und Kollegen – ich schaue geradeanz intensiv in Richtung der Union –, was das Herum-ezicke soll, wenn es darum geht, darüber eine öffentli-he Debatte im Bundestag zu führen.
Wir haben Sie nachdrücklich dazu genötigt. Wir re-en hier über die gemeinsame Vereinbarung, die Sieit formuliert und mit unterschrieben haben. Darinteht: Verhandlungen zur Veränderung von Verträgen deruropäischen Union – damit auch die Regierungskonfe-enz – sind Vorhaben im Sinne dieser Vereinbarung. Inem Fall soll vor dem Beschluss des Rates
nein! – das Einvernehmen mit dem Deutschen Bundes-ag gesucht werden.
as Einvernehmen stellen Sie nicht durch eine Beratungusschließlich im Ausschuss her.
Wenn Sie das für zu spitzfindig halten, dann diskutie-en wir das doch einmal politisch durch! Wir haben als
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10996 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007
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Jürgen TrittinEuropapolitiker gemeinsam immer kritisiert, dassEuropa ein Legitimationsdefizit hat, weil dieses Europanicht hinreichend transparent ist. Sie sagen jetzt auch:Wir wollen die EU auf eine neue vertragliche Grundlagestellen. Wir wollen, dass dabei die nationalen Parla-mente gestärkt werden. – Das steht übrigens in demneuen Grundlagenvertrag. – Aber die Verabredung mitder Bundesregierung soll hinter den geschlossenen Tü-ren des Europaausschusses stattfinden. Europa ist mehr,als in der Kompetenz des Europaausschusses liegt. DerDeutsche Bundestag ist ein öffentliches Forum. Hier hatdie Bundesregierung das Einvernehmen herzustellen. –Das ist mein Verständnis von Europapolitik.
Das ist auch so unnötig gewesen; denn in der Sachesind wir doch gar nicht weit auseinander.
Es ist gelungen, Grundlagen dieses Verfassungsvertrageszu erhalten. Die Stärkung der Demokratie ist in diesemVertrag vorgesehen. Künftig gibt es weniger Einstim-migkeitsentscheidungen. Das heißt, künftig spielt das di-rekt gewählte Europäische Parlament eine größere Rolle.Es gibt verbesserte Möglichkeiten für die nationalen Par-lamente. All dies sind Dinge, von denen ich nichtmöchte, dass sie versteckt werden, wodurch solch fal-schen Anwürfen an die Verfassung, wie sie eben wiederzu hören waren, Raum gegeben wird. Es ist unklug, wiehier vorgegangen wird.
Selbstverständlich hat es dabei auch Kröten zu schlu-cken gegeben, etwa die Ausnahmeregelung für dieGrundrechtecharta. Aber wir müssen festhalten: DieGrundrechte bleiben, was europäisches Recht angeht,Bestandteil der Verfassung, und wir alle können uns da-rauf berufen.Natürlich ist es problematisch, dass die doppelteMehrheit erst ab einem späteren Zeitpunkt gilt.Genauso wie ich gesagt habe, die Frau Bundeskanzle-rin habe hier etwas erreicht, habe ich auch überhauptkein Problem damit, lieber Herr Löning, Herrn Sarkozyzu loben. Herr Sarkozy hat auf einen Fehler hingewie-sen, und der Fehler ist beseitigt worden. Es ist nicht so,dass unverfälschter Wettbewerb ein Ziel Europas ist.Das ist es nie gewesen.
Warum hat man damals als ersten Schritt die Montan-union gegründet? Doch nicht wegen des Wettbewerbs!Man hatte begriffen, dass wirtschaftliche Kooperationim Wettbewerb ein Mittel ist, den Frieden in Europa zusichern. Das war das Verständnis von Monnet und alldenjenigen, die in der Geburtsstunde der EuropäischenUnion dabei gewesen sind. Dass wir das wieder klarge-stellt haben, ist kein Fehler, sondern eine richtige Kor-rsgrdgwtdleri–BtmMTzsFsRtmerddrnFFrGhcnuDde
Das Wort hat der Kollege Michael Roth für die SPD-
raktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!rau Bundeskanzlerin, Sie sind eine gute Gipfelstürme-in. Ich richte meinen Dank an die Bundesregierung alsanzes, die eine hervorragende Teamarbeit abgeliefertat; das kann man gar nicht anders sagen. Es wäre si-herlich auch wert gewesen, diese gute Teamarbeit in ei-er Regierungserklärung zum Ausdruck zu bringennd darüber noch einmal gegenüber dem gesamteneutschen Bundestag Rechenschaft abzulegen, zumalie vier Erwartungen, die der Deutsche Bundestag ininem Entschließungsantrag formuliert hat, erfüllt wor-
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Michael Roth
den sind: die Rechtspersönlichkeit der EuropäischenUnion – erfüllt; die Überwindung der Pfeilerstruktur derEuropäischen Union – erfüllt; die Rechtsverbindlichkeitund Einklagbarkeit der Grundrechtecharta – erfüllt; dasweitgehende Festhalten am Institutionenkompromiss –erfüllt. Das verdient Lob und Anerkennung.
Dennoch, wir wären nicht verantwortungsvoll, wennwir nicht auch den Finger in die europäische Wunde leg-ten. Ich beklage – das werfe ich Ihnen und der Bundes-regierung als Allerletztes vor –, dass das gemeinsameFundament an Überzeugungen innerhalb der Europäi-schen Union brüchig geworden ist. Dabei kritisiere ichnicht, dass man zockt. Ich kritisiere nicht, dass man kon-trovers verhandelt. Ich kritisiere auch nicht, dass manScheinkonflikte etwas aufbauscht. Ich kritisiere auchnicht, dass man noch einmal über die Institutionen redet.Ich kritisiere aber, dass beispielsweise bei der Grund-rechtecharta etwas, was selbstverständlich sein sollte,nicht mehr selbstverständlich ist: dass diese Grund-rechtecharta überall, für alle Bürgerinnen und Bürger derEuropäischen Union, gilt. Mit stolz geschwellter Brustziehen wir durch die Welt und sagen: Wir sind eine Wer-tegemeinschaft. Im Hinblick auf die Grundrechtechartamüssen wir jedoch sagen: Diese gilt für alle, mit Aus-nahme der Briten. Natürlich wird der Europäische Ge-richtshof das zu heilen versuchen, das können wir nurhoffen. Aber was für ein Symbol ist das, wenn wir mitden Staaten in einen kontroversen Dialog eintreten, indenen die Menschenrechte, die Grundrechte, die Frei-heitsrechte mit Füßen getreten werden? Das ist peinlichund beschämend. Das muss man auch an einem solchenTag ansprechen dürfen.
Ebenso ist das Mandat – auch das werfe ich Ihnennicht vor – von einem Geist der Abwehr geprägt. Wennman beispielsweise hineinschreibt, dass die Kompeten-zen, über die die Europäische Union gegenwärtig ver-fügt, wieder auf die nationale Ebene zurückgeholtwerden können, dann ist das nichts anderes als eineSelbstverständlichkeit. Aber wo wird deutlich, dass mitder Europäischen Union Chancen verbunden sind unddass wir gerade dann handeln wollen und müssen, wennder Nationalstaat alter Prägung nicht mehr so entschei-den kann, wie das die Bürgerinnen und Bürger von derPolitik erwarten? Dieses Modell der Einhegung, diesesKleinmachen des europäischen Integrationsgedankens,finde ich traurig.Mich hat auch enttäuscht, dass wir mit den Bürgerin-nen und Bürgern nicht ehrlich umgehen. Ein Vorteil desVerfassungsvertrages bestand ja gerade in seiner Klar-heit: Selbstverständlich setzt die Europäische UnionRecht. Deswegen wird eine Verordnung zukünftig nichtmehr Verordnung genannt, sondern Gesetz. Deswegenwird eine Richtlinie zukünftig nicht mehr Richtlinie ge-nannt, sondern Rahmengesetz. Das hätte auch deutlichgemacht: Die Europäische Union hat selbstverständlichetwas mit Staatlichkeit zu tun. Wir wollen das überhauptnesegauhtwZgBIaaDwErRnbwSanvvdLaaevwsgdZkr
Dass die Symbole wegfallen, wurde schon mehr odereniger häufig gesagt. Ich habe heute Morgen in dereitung gelesen, dass der Bundestagspräsident den Ab-eordneten genehmigt, auf Bundestagskosten in ihrenüros eine Nationalflagge aufzustellen.
ch würde mich darüber freuen, wenn es dem einen odernderen Kollegen ermöglicht würde, auch die Europafahneuf Kosten des Bundestages zu bekommen.
as wäre ein schönes Symbol in unseren Büros. Dasürde deutlich machen: Wir sind Europäerinnen unduropäer und stehen zu dieser Flagge.
Sicherlich ist auch Skepsis gegenüber der Regie-ungskonferenz erlaubt: Keine Tricksereien mehr aufegierungskonferenzen! Wir können nur den Kollegin-en und Kollegen in Portugal alles Gute wünschen. Ichin über die bisherigen Signale sehr erfreut. Portugalird unter Beweis stellen, dass sich die Größe einestaates in der Europäischen Union nicht ausschließlichm Bruttoinlandsprodukt und an der Zahl der Bürgerin-en und Bürger bemisst. Die Größe eines Staates kommtielmehr durch Haltung, durch Geist, durch konstrukti-es Miteinander und durch gelebte Solidarität zum Aus-ruck. Luxemburg ist deshalb ein großes europäischesand. Das ist ein Land, das Europa vorangebracht hat,uch wenn es nur etwa 500 000 Einwohner hat. Schlimmn den polnischen Forderungen fand ich es, dass hierine Hürde zwischen den vermeintlich kleinen und denermeintlich großen Staaten aufgebaut wurde. Nein, dieirklich großen Staaten sind auch die kleinen Mitglied-taaten der Europäischen Union. Deutschland ist stetsut damit gefahren, sich als Sachwalter der Interessener kleinen Mitgliedstaaten zu positionieren.
u dieser Tradition haben wir uns immer wieder be-annt. Auch das möchte ich hier bemerken.Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Bundeskanzle-in hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die verstärkte
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Michael Roth
Zusammenarbeit nicht das Allheilmittel ist, um Europavoranzubringen. Die mangelhafte parlamentarische Le-gitimation der Europäischen Union ist heute im Europa-Ausschuss angesprochen worden. Ich sehe das ähnlichwie die Kolleginnen und Kollegen. Angesichts des brü-chigen Fundaments an Gemeinsamkeiten frage ich michjedoch, wie die 27 Mitgliedstaaten gemeinsam voran-kommen können. Dabei wäre es wichtig, gegenüber derBevölkerung zum Ausdruck zu bringen: Wir sind hand-lungsfähig nach innen und nach außen. Ich habe dafür,wie das funktionieren könnte, noch kein Patentrezept.Aber wir werden uns hier im Bundestag noch einmal da-rüber zu unterhalten haben, wie wir der Entsolidarisie-rung auf der europäischen Ebene sinnvoll begegnen kön-nen.In diesem Zusammenhang, lieber Kollege Löning,halte ich es für absolut notwendig, zu einem Paradig-menwechsel bei der Europäischen Union zu kommen.Wir brauchen diesen Paradigmenwechsel: Wir müssenweg von der einseitigen Konzentration auf Wirtschafts-fragen. Wir brauchen mehr gelebte Solidarität und auchwieder mehr Gemeinsamkeit. Ich hoffe, dass mit derdeutschen Ratspräsidentschaft Anstöße hin zu einem sol-chen Paradigmenwechsel geliefert werden konnten.Der verfassungsgebende Prozess wird selbstver-ständlich auch mit der portugiesischen Präsidentschaftnicht zu einem Abschluss gebracht. Es wird weitergehenmüssen, weil – das spüren wir ja alle – die entscheiden-den Regelungen, die jetzt im Grundlagenvertrag veran-kert wurden, wahrscheinlich nicht ausreichen werden,um die EU zu demokratisieren und für die nächstenzehn, 15 bzw. 20 Jahre fit zu machen.Aber, Frau Bundeskanzlerin, Ihnen sollte stets klarsein, dass das Parlament mehr Verantwortung überneh-men will und wir Ihnen unsere Partnerschaft anbieten.Dabei ist es für mich weniger wichtig, ob die Parlamentedie Einhaltung der Subsidiarität auf EU-Ebene kontrol-lieren können. Für mich ist viel wichtiger, welche Rolledie nationalen Parlamente innerstaatlich wahrnehmen,wie wir uns in den europäischen Integrationsprozess ein-bringen. Ich hätte erwartet, dass man die Vereinbarungzwischen Bundesrat und Bundestag so interpretiert, wiewir das fraktions- und parteiübergreifend in dem Gre-mium, in dem auch Kolleginnen und Kollegen aus derBundesregierung vertreten waren, festgestellt haben. Ichhoffe, dass wir so schnell wie irgend möglich zu demfraktions- und parteiübergreifenden Konsens zurückfin-den.Ich wünsche der portugiesischen Präsidentschaft allesGute. – Die deutsche Präsidentschaft hat eine gute Ar-beit geleistet. Hoffentlich trägt uns dieser gute Geist inden nächsten Monaten.Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
UHudcuimpwtwnBMhdwdFdwaSkgUdDtßwh
Hierzu, meine Damen und Herren von der Fraktioner Grünen, hätte ich mir auch Ihnen Applaus ge-ünscht. Denn diese Worte stammen nicht von mir, son-ern von Ihrem ehemaligen Außenminister Josephischer, der das in einem Namensartikel in der „Süd-eutschen Zeitung“ vom 26. Juni so veröffentlicht hat.
Ich möchte aber doch nicht versäumen, darauf hinzu-eisen, dass bereits der Frühjahrsgipfel vom März einußerordentlicher Erfolg gewesen ist, nicht nur was dieenkung von Bürokratiekosten und die Ziele zur Stär-ung der Energiesicherheit, sondern auch was die ehr-eizige Klimaschutzpolitik angeht, die die Europäischenion dort vereinbart hat. Ich kann es nicht hinnehmen,ass das hier als bloße Absichtserklärung abgetan wird.ie Europäische Union hat damit eine weltweite Vorrei-errolle eingenommen, und die Fortschritte, die anschlie-end in der Klimaschutzpolitik beim G-8-Gipfel erzieltorden sind, wären ohne diesen Frühjahrsgipfel über-aupt nicht denkbar gewesen.
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Thomas SilberhornDie Europäische Union hat bereits bei diesem Früh-jahrsgipfel, für den auch unserem Bundeswirtschafts-minister Michael Glos ausdrücklich Dank gebührt, unterBeweis gestellt, dass sie die zentralen Fragen anpackt,auf die unsere Bürger auch europäische Antworten er-warten.Der Gipfel in Brüssel hat nun den Weg zu einemneuen Reformvertrag geebnet. Zu Beginn des Jahres2007 hat noch niemand erwartet, dass wir über einenbloßen Zeitplan hinauskommen werden. Nun haben wirein vollständiges Mandat für eine Regierungskonferenzvorliegen, das alle inhaltlichen Fragen bereits mitbehan-delt. Das ist deutlich mehr, als zu erwarten war. Die Bun-desregierung hat dieses enge Zeitfenster also optimal ge-nutzt.Ich begrüße insbesondere, dass die institutionellenReformen im Wesentlichen gelungen sind. Es gibt keinesubstanziellen Abstriche, allerdings einige zeitliche Ver-zögerungen. Dass der Rat nun im Regelfall mit qualifi-zierter Mehrheit entscheidet, dass das Prinzip der dop-pelten Mehrheit, also einer Mehrheit der Mitgliedstaatenund der Bevölkerungszahl, eingeführt wird, dass dieStellung des Kommissionspräsidenten gestärkt wird,dass der Hohe Vertreter für die Außen- und Sicherheits-politik mit einem Doppelhut, also als Mitglied des Ratesund als Vizepräsident der Kommission, agiert, das allesstärkt die Handlungsfähigkeit der Europäischen Unionnach innen und außen. Damit ist ein wesentliches Zieldieses Reformvertrages und des Verhandlungsprozessesder letzten Jahre erreicht worden.Ich halte es auch für begrüßenswert, dass die Zustän-digkeiten zwischen der Europäischen Union und denMitgliedstaaten noch besser abgegrenzt werden als bis-her. Allein die Klarstellung, dass die Europäische Unionausschließlich innerhalb der ihr übertragenen Kompeten-zen tätig werden darf, verdient Beachtung. Nach meinerEinschätzung wäre unter dieser Prämisse manche Recht-sprechung des Europäischen Gerichtshofs aus den letz-ten Jahren nicht mehr möglich.Hinzu kommt, dass die Mitgliedstaaten im Falle ge-teilter Zuständigkeiten ihre Kompetenzen wieder wahr-nehmen können, soweit die Europäische Union sie nichtmehr ausübt. Es kann gar nicht hoch genug eingeschätztwerden, dass die Flexibilitätsklausel, die in den zurück-liegenden Jahren immer wieder für unangemesseneKompetenzerweiterungen missbraucht worden ist, keineRechtsgrundlage für faktische Vertragsänderungen mehrdarstellen darf. Im Gegenteil: Vertragsänderungen müs-sen förmlich erfolgen. Wenn man das ernst nimmt – da-rum bitte ich auch die Bundesregierung –, dann müsstedie Kommission ihre Praxis im Vorschlagsrecht deutlichändern.All diese Vorschriften zur Kompetenzordnung ein-schließlich der ausdrücklich aufgeführten Möglichkeit,Kompetenzen wieder zurückverlagern zu können, schaf-fen insgesamt mehr Transparenz und damit auch mehrAkzeptanz bei den Bürgern, weil sie nun erkennen kön-nen, wer wofür zuständig ist und wer Verantwortungträgt.BdoüsduBsPdeinsMsdpbüwdselBDlvabtbdsdeanwn
Ich bitte also darum, dass die Bundesregierung denundestag aktiv mit einbezieht. Die parlamentarischeiplomatie ist bisweilen hilfreich, wenn es um Verhand-ungen im Europäischen Rat geht. Der Bundestag hatiele Kontakte gerade zu Abgeordneten aus Frankreich,us den Niederlanden, auch aus Tschechien und Groß-ritannien – also gerade aus den Ländern, die am stärks-en Kritik am europäischen Verfassungsvertrag geübt ha-en – in den letzten Jahren genutzt. Ich denke, das haten Verhandlungsprozess insgesamt erleichtert.
Diese Präsidentschaft ist ein glanzvoller Erfolg gewe-en. Es könnte jetzt so weitergehen. Aber zu meinem Be-auern wird erst mit dem Reformvertrag die Vorschriftingeführt, dass die Präsidentschaft im Europäischen Ratuf zweieinhalb Jahre verlängert wird. So bleibt unsichts anderes übrig, als den Stab an die Portugieseneiterzugeben, denen ich viel Erfolg und alles Gute imächsten halben Jahr wünsche.
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Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
den Drucksachen 16/5882 und 16/5888 an die in der Ta-
gesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann
sind die Überweisungen so beschlossen.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:
Fragestunde
– Drucksachen 16/5854, 16/5874 –
Zu Beginn der Fragestunde rufe ich gemäß Nr. 10
Abs. 2 der Richtlinien für die Fragestunde die dringli-
che Frage auf Drucksache 16/5874 auf.
Die dringliche Frage des Kollegen Hans-Christian
Ströbele an das Bundesministerium für Verteidigung soll
schriftlich beantwortet werden.
Damit rufe ich jetzt die Fragen auf Drucksache 16/5854
in der üblichen Reihenfolge auf.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Bildung und Forschung. Zur Beantwor-
tung steht der Parlamentarische Staatssekretär Andreas
Storm zur Verfügung.
Die Frage 1 des Kollegen Kai Gehring soll schriftlich
beantwortet werden.
Damit rufe ich die Frage 2 der Kollegin Cornelia
Hirsch auf:
Plant die Bundesregierung im Zuge der Verschiebung und
bei aktuell diskutierten Änderungen an der geplanten BAföG-
Novelle auch Änderungen bezüglich der bisher vorgesehenen
Verbesserungen bei der Förderung von Migrantinnen und Mi-
granten, und, wenn ja, welche?
Bitte, Herr Staatssekretär.
A
Frau Präsidentin, die Frage der Abgeordneten Hirsch
beantworte ich wie folgt: Nein, die Bundesregierung hat
nicht die Absicht, auf materielle Veränderungen der nach
dem Stand des Regierungsentwurfs für das 22. BAföG-
Änderungsgesetz vorgesehenen Neuregelungen zur För-
derung von Migrantinnen und Migranten nach § 8 BAföG
und § 63 SGB III im Verlaufe des parlamentarischen
Verfahrens hinzuwirken.
Sie haben die Möglichkeit zur ersten Nachfrage.
Danke schön, Herr Staatssekretär. – Nichtsdestotrotz
werden ja jetzt die schon für das kommende Winter-
semester vorgesehenen Regelungen, die den Zugang für
Migrantinnen und Migranten erleichtert hätten, auf jeden
Fall weiter nach hinten verschoben. Wir haben heute
Morgen auch im Ausschuss darüber diskutiert. Da mein-
ten Sie, dass eine Beschlussfassung frühestens im Herbst
in irgendeiner Form erfolgen könnte. Dann würde das
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und den Termin 30. Juni 2007 einzuhalten.
Ich darf Ihnen, obwohl Sie nicht danach gefragt ha-
ben, noch sagen, dass von den 27 Mitgliedstaaten der
Europäischen Union nur zwei diesen Termin eingehalten
haben. Aufgrund der Komplexität der Aufgabenstellung
waren am 2. Juni 24 andere Staaten in derselben Situa-
tion wie wir.
– Ich erläutere Ihnen das.
Liebe Kollegin, wir sind in der Fragestunde, nicht in
der Debatte.
P
Ich wollte der Kollegin den Gesamtzusammenhang
erläutern.
Selbstverständlich bemüht sich die Bundesregierung
immer, in Europa vereinbarte Zeitpunkte einzuhalten,
selbst wenn deren Verstreichung nicht sanktionsbewehrt
ist, wie es bei dem Termin 30. Juni und dieser Richtlinie
der Fall ist. Aber für uns – Frau Präsidentin, wenn ich
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Ich glaube, es ist ein wichtiges Signal, dass europa-
weit bei einer Stunde Verspätung 25 Prozent des Fahr-
preises erstattet werden sollen und bei zwei Stunden
50 Prozent. Unabhängig davon wird die Bundesregie-
rung mit der Deutschen Bahn AG in den nächsten Wo-
chen Gespräche über mögliche Ausnahmen von den Re-
gelungen der Verordnung führen – Termine dafür sind
bereits fixiert –, um national, auch was die Terminlage
anbetrifft, ein Stück weit vorauszugehen. Wir gehen da-
von aus, dass sich die Deutsche Bahn AG und die ande-
ren Anbieter in Deutschland diesen europäischen Kom-
promiss zu eigen machen und nicht auf die nationale
Umsetzung europäischen Rechts warten, sondern von
sich aus entsprechend reagieren.
Das Wort zu einer Nachfrage hat der Kollege Fuchtel.
Herr Staatssekretär, Sie haben hier eine Reihe von Er-
folgen der Bundesregierung aufgeführt. Können Sie et-
was zu der weiteren Entwicklung in den einzelnen Berei-
chen sagen? Was hat sich die Regierung vorgenommen,
um einerseits zu kontrollieren, dass die Beschlüsse auf
europäischer Ebene auch umgesetzt werden, und ande-
rerseits die Umsetzung im nationalen Rahmen zu betrei-
ben? Gibt es da ein Timing und Vorgaben?
Dr
Herr Abgeordneter Fuchtel, ich habe acht Punkte ge-
nannt. Ich glaube, die allerwenigsten waren der deut-
schen Öffentlichkeit bisher bekannt, vielleicht auch weil
wir manchmal zu viel arbeiten. Im Rahmen unserer
Ratspräsidentschaft war konkrete Gesetzesarbeit ange-
sagt und keine Pressearbeit.
Die konkreten Ergebnisse, die ich vorgestellt habe,
gelten zum Teil bereits jetzt, seit Anfang Juli, oder ab
August europaweit, und zwar in Form einer unmittelbar
geltenden Verordnung, die nicht erst in nationales Recht
umzusetzen ist; bei den Richtlinien ist es dagegen in der
Tat eine Frage der nationalen Umsetzung. Was uns in der
politischen Arbeit ein Stück weit stolz macht, ist, dass
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Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Staatssekretär,
ch möchte das Thema Roaming gern noch einmal auf-
reifen. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber normale
eutsche Verbraucherinnen und Verbraucher müssen
uch Mehrwertsteuer zahlen. Das heißt, dass sich die
on Ihnen genannten 49 Cent für die Verbraucherinnen
nd Verbraucher auf 58,3 Cent erhöhen. Sie haben ge-
agt, dass man für ein vierminütiges Gespräch aus
rankreich nach Deutschland mindestens 2,76 Euro zah-
en muss. Nach der neuen Regelung muss man ungefähr
,35 Euro zahlen. Ist der Erfolg, den Sie gerade prokla-
iert haben, vor dem Hintergrund dieser Zahlen nicht
usgesprochen bescheiden ausgefallen, und wäre es
icht im Interesse der Verbraucherinnen und Verbrau-
her, hier zu größeren Einsparungen zu kommen? Die
onzerne verdienen schließlich enorm viel durch die ho-
en Gebühren für Auslandsgespräche.
Dr.
Wir waren und sind mit Ihnen der Meinung, dass dieebühren für Auslandsgespräche im oberen Preissektorngesiedelt waren. Deshalb war dieses Thema in Europaängst regelungsbedürftig. Wirtschaftsminister Glos, derederführend verhandelt hat, hat hier einen Erfolg erzielt.ie haben gerade dargestellt, dass man, wenn man dieehrwertsteuer hinzurechnet, je nach Anbieter auf,10 Euro bis 3,15 Euro kommt. Im Augenblick zahlt
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Parl. Staatssekretär Dr. Gerd Müllerman bis zu 5,12 Euro; in anderen europäischen Staatengeht es sogar noch darüber hinaus. Das heißt: Wenn Sieheute einen günstigen Anbieter wählen – im Hinblickauf die Verbraucher muss ich sagen: Nutzen Sie die Be-ratung in den Verbraucherzentralen; es gibt entspre-chende Angebote und Programme! –, können Sie dieGebühren für Auslandsgespräche nach der neuen Rege-lung halbieren, wenn Sie vorher einen teuren Anbieterhatten.
Herzlichen Dank, Herr Staatssekretär.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staats-
sekretär Dr. Hermann Kues zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 5 der Kollegin Ina Lenke auf:
Welche Zwischenergebnisse liegen der Bundesregierung
hinsichtlich der Bewertung der 145 familienbezogenen Leis-
tungen und Maßnahmen, die mit 184 Milliarden Euro bezif-
fert werden, durch das Kompetenzzentrum vor, und zu wel-
chem Termin wird das Kompetenzzentrum den Endbericht
vorlegen?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Dr
Der Schwerpunkt der bisherigen Arbeit lag auf der
Analyse und Bewertung der Förderung von Familien mit
Kindern in der Kleinkindphase sowie der frühen Bildung
und Förderung von Kindern, also auf dem, worüber wir
auch in der Öffentlichkeit höchst intensiv diskutieren.
Die Ergebnisse dieser Schwerpunktarbeit sind unmittel-
bar in die Ermittlung des Bedarfs und der Kosten für den
Ausbau der Betreuungsangebote sowie in die Klärung
und Ausgestaltung der Finanzierung bzw. der Finanzie-
rungswege für den Ausbau der Betreuung eingegangen.
Das waren wichtige Informationen, um politische Ent-
scheidungen rational treffen zu können; denn es gab bis-
lang ein Erkenntnisdefizit. Man braucht gemeinsame
Einschätzungen der Ausgangssituation mit den unter-
schiedlichen Gesprächspartnern, um zu vernünftigen
politischen Ergebnissen zu kommen.
Beim zweiten Bereich, der bearbeitet worden ist, ging
es um die Klärung der Methodik zur Systematisierung
und Bilanzierung familienbezogener Leistungen. Das
war immer strittig und wird auch weiterhin erörtert wer-
den müssen. Hier sind Studien im nationalen und im in-
ternationalen Kontext angefertigt worden. Daneben
wurde eine Systematisierung zur Unterscheidung von
Familienförderung, verfassungsrechtlich gebundenen
Maßnahmen und allgemeinen Maßnahmen des Fami-
lienlastenausgleichs ausgearbeitet.
In der zweiten Hälfte dieses Jahres wird sich das
Kompetenzzentrum verstärkt mit der Förderung von Fa-
milien mit drei und mehr Kindern befassen. Es wird da-
rum gehen, ein Konzept für eine Wirkungsanalyse des
Gefüges familienbezogener Leistungen und Maßnahmen
zu erstellen, die sich am Lebensverlauf ausrichten und
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Könnte der Herr Staatssekretär meine zweite Frage
leich mitbeantworten, weil sie in einem engen System-
usammenhang mit der ersten steht?
Wenn auch der Herr Staatssekretär das so sieht.
A
Gerne.
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Dann rufe ich die Frage 9 des Kollegen Dr. Anton
Hofreiter auf:
Wie lange hält die Bundesregierung ihre Finanzierungszu-
sage für das Transrapidprojekt in München aufrecht, und kann
sich die Bundesregierung eine Umschichtung der im Haushalt
für das Transrapidprojekt in München veranschlagten Mittel
für eine Verbesserung der Schienenverbindung zwischen
München Hauptbahnhof und Flughafen München vorstellen?
Bitte, Herr Staatssekretär.
A
Die Bundesregierung geht davon aus, Herr Kollege
Hofreiter, dass die laufenden Gespräche mit dem Frei-
staat Bayern und der DB AG zeitnah zu einem Ab-
schluss gebracht werden können. Haushaltsrelevante
Schlussfolgerungen oder sogar haushaltsrechtliche Fest-
legungen sind nach Abschluss der Gespräche möglich.
Kollege Hofreiter, Sie haben die Möglichkeit zu ins-
gesamt vier Nachfragen.
Vielen Dank, Herr Staatssekretär, für die wortreiche
Nichtbeantwortung meiner Fragen. Ich habe in der
Frage 8 nach dem Aufgabenträger und nach den maxi-
malen Zuschüssen für das Konzept gefragt, die der Bund
für gerechtfertigt hält. Beide Fragen haben Sie gar nicht
beantwortet. Wer ist letztendlich der Aufgabenträger: der
Bund oder Bayern? Dabei geht es darum, wer die zu er-
wartenden Mehrkosten trägt. Eine weitere Frage ist, wie
viel der Bund maximal trägt. Hier geht es um Zahlen.
A
Herr Kollege Hofreiter, ich habe Ihre Fragen sehr
wohl beantwortet. Wenn man andere Antworten erwartet
hat, kann man sicherlich der Meinung sein, dass ich gar
nicht geantwortet habe.
Der Aufgabenträger, also derjenige, der das Projekt
plant, baut und betreibt, ist die DB Magnetbahn GmbH,
eine Tochter der Deutschen Bahn AG. Ich habe klarge-
macht, dass wir gemeinsam mit dem Freistaat Bayern
die Finanzierung sicherstellen wollen, weil das sowohl
für Bayern als auch für uns ein wichtiges Nahverkehrs-
projekt ist und daher eine gemeinsame Finanzverantwor-
tung besteht und weil wir darin einen industriepoliti-
schen Nutzen für den Bund sehen. Das ist die Grundlage
für die Gespräche, die wir zurzeit führen.
Wenn Gespräche noch laufen, kann ich Ihnen Fragen
zu genauen Summen schlechterdings nicht beantworten.
Das werden Sie sicherlich einsehen.
Ich gebe Ihnen die Möglichkeit, noch eine Frage zu
formulieren, Herr Hofreiter.
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Herr Staatssekretär, ich sehe selbstverständlich ein,
ass Sie mir keine Summe nennen können, die Sie zah-
en werden. Vielmehr ist die entscheidende Frage, wel-
hes maximale Angebot an Bayern Sie sich vorstellen
önnen. Darauf kann man durchaus mit einer Zahl ant-
orten, es sei denn, Sie wissen keine.
Herr Staatssekretär, Sie entscheiden, was Sie antwor-
en.
A
Ich antworte gerne. – Herr Dr. Hofreiter, Sie werden
ir in der Sommerpause fehlen, weil ich dann keine Fra-
en zum Transrapid beantworten darf. Sie kennen doch
lle Zahlen in- und auswendig. Ich weiß nicht, ob Sie da-
it rechnen, dass ich einen Blackout habe und andere
ahlen nenne. Wie Sie wissen, stehen 1,85 Milliarden
uro in Rede. Es gibt zudem einen Beschluss des Deut-
chen Bundestages – dieser manifestiert sich im Haus-
altsgesetz –, wonach wir uns mit maximal 50 Prozent
n den Kosten beteiligen. Ich weiß nicht, welche neuen
ahlen Sie aus mir herauslocken wollen. Es gibt jeden-
alls keine.
Ich befürchte, dass Sie Ihre Sommerplanungen koor-
inieren müssen, um sich zu begegnen und vielleicht
euigkeiten auszutauschen. Erst einmal herzlichen
ank für die Beantwortung dieser beiden Fragen.
Wir kommen zur Frage 10 der Kollegin Veronika
ellmann:
Welche Projekte beabsichtigt die Bundesregierung bezüg-
lich der TEN-Zuschüsse für den Mehrjahreszeitraum 2007 bis
2013 bzw. das Jahresprogramm 2008 bis zum 20. Juli 2007
bei der EU-Kommission anzumelden?
Bitte, Herr Staatssekretär.
A
Vielen Dank. – Frau Kollegin Bellmann, durch dieB Netz AG werden Anträge auf den höchstmöglichenEN-Zuschuss über das Bundesministerium für Verkehr,au und Stadtentwicklung für das Mehrjahresprogramm007 bis 2013 gestellt. Die Anträge der DB Netz AG lie-en jedoch noch nicht vor, sodass über die konkretenrojekte noch keine Aussagen getroffen werden können.m Rahmen des Mehrjahresprogramms werden Anträgeür die umweltfreundlichen Schienenprojekte gestellt.Für andere Verkehrsträger, wie zum Beispiel die Stra-en, können im Rahmen von Jahresprogrammen An-räge gestellt werden. Für das Jahresprogramm 2008önnen noch keine Anträge gestellt werden, lediglich füras Jahresprogramm 2007. Auch hier liegen Anträgeoch nicht vor.
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11008 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007
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Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage.
Sie haben gesagt, es liegen noch keine Anträge vor.
Gibt es denn einen Willensbildungsprozess aufseiten der
Bundesregierung, was die möglichen Anträge betrifft?
A
Ich will Ihnen noch etwas zur Datenlage sagen. Die
Verordnung datiert vom Mai. Das heißt, die Europäische
Kommission hat etwas länger gebraucht, um auch im
Kontakt mit dem Europaparlament die entsprechenden
Grundlagen zu schaffen. Wir haben gerade die Antrags-
formulare bekommen. Sie wissen, dass die Anträge, die
wir bei der EU stellen, zunächst von den Verkehrsträgern
bei uns gestellt werden müssen. Wir haben eine Frist bis
zum 10. Juli gesetzt, Abgabefrist in Brüssel ist der
20. Juli. Wir halten also den zeitlichen Rahmen ein.
Der Verkehrsausschuss wurde heute über eine ent-
sprechende Liste informiert. Wenn ich mich recht erin-
nere, sind Sie ordentliches Mitglied des Verkehrsaus-
schusses. Ich kann sie Ihnen noch einmal vorlesen. Falls
Sie die Liste nicht gelesen haben, könnten wir uns auch
darauf einigen, uns auf das Projekt zu beschränken, das
Sie meinen. – Wir haben den Ausschuss heute infor-
miert. Damit ist zumindest offenkundig, bei welchen
Projekten wir mit Anträgen rechnen. Aber wie viele An-
träge tatsächlich gestellt werden, kann ich Ihnen noch
nicht sagen.
Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage.
Ich muss Sie leider etwas korrigieren, Herr Staats-
sekretär: Ich bin nur stellvertretendes Mitglied im Ver-
kehrsausschuss und habe heute an der zeitgleich stattfin-
denden Sitzung des Europa-Ausschusses teilgenommen,
in dem ich ordentliches Mitglied bin. Deshalb wäre es
günstig, wenn Sie zu dem Projekt, zu dem ich meine
Frage gestellt habe, doch noch eine Aussage träfen. An-
dernfalls könnte ich die Liste sicherlich auch über den
Verkehrsausschuss erhalten.
A
In Ihrer nächsten Frage, der Frage 11, geht es um die
Achse Athen–Sofia–Budapest–Wien–Prag–Nürnberg–
Dresden. Wenn Sie einverstanden sind, würde ich zu-
nächst die Antwort auf diese Frage geben. Anschließend
können wir uns weiter darüber unterhalten.
Dann rufe ich nun die Frage 11 auf:
Gehört die Weiterentwicklung der Achse 22 Rostock–
Berlin–Dresden–Prag dazu, wenn nein, warum nicht?
Nach Ihrer Antwort kann die Kollegin Bellmann
exakt drei Nachfragen stellen.
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Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Staatssekretär,ch möchte Sie bitten, die Aussage zu den Projektenich habe ähnliche Fragen gestellt – zu präzisieren. Sieaben gerade die prioritären TEN-Projekte angespro-hen. Es sind 30. Soweit ich weiß, sind davon vier deut-che. Kann sich die Bundesregierung vorstellen – es isticht mehr so lange hin bis zum 20. Juli –, für diese vier
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007 11009
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)
Rainder SteenblockProjekte, die jetzt bei den TENs dabei sind, Zuschüssezu beantragen? Welche Projekte sind der Bundesregie-rung bekannt, die bis zum 20. Juli vielleicht doch nochin das Antragsverfahren kommen könnten?A
Herr Abgeordneter Steenblock, es gibt aus meiner
Sicht keine vorrangigen Projekte, sondern vorrangige
Vorhaben. Diese sind auf Achsen beschrieben. Wir ha-
ben heute Morgen im Ausschuss gehört, dass die Mittei-
lung, die ich dem Ausschussvorsitzenden, Herrn
Dr. Lippold, zugestellt habe, bei einem Teil der Abge-
ordneten schon angekommen ist, aber noch nicht bei al-
len. Wir rechnen damit, dass beispielsweise für das vor-
rangige Vorhaben Achse 1 – das ist die Eisenbahnachse
Berlin–Verona–Mailand–Bologna–Neapel–Messina–Pa-
lermo – Anträge für verschiedene Streckenabschnitte ge-
stellt werden. Dasselbe gilt für die vorrangige Achse 2
– das ist Aachen–Köln – und für das vorrangige Vorha-
ben Achse 4, das ist die Hochgeschwindigkeitsachse
Ost-West, also Saarbrücken–Ludwigshafen. Es geht fer-
ner um die Achse 17 – das ist die Eisenbahnachse
Paris–Straßburg–Stuttgart–Wien–Bratislava –, es geht
um Kehl–Appenweier, um Stuttgart 21, um Stutt-
gart–Ulm, um Augsburg–Mehring–Olching, um Mün-
chen–Mühldorf–Freilassing. Dann geht es um das vor-
rangige Vorhaben Achse 20 – das ist die Eisenbahnachse
Fehmarnbelt – und die Achse 24, die Eisenbahnachse
Lyon– Genua–Basel–Duisburg–Rotterdam–Antwerpen.
Es geht schließlich um das dritte und vierte Gleis der
Rheintalbahn – das wissen Sie – und Emmerich–Duis-
burg und Frankfurt–Mannheim.
Das sind mehr als vier Projekte. Wir rechnen damit,
dass zu allen vorrangigen Vorhaben Anträge vom Ver-
kehrsträger DB AG gestellt werden.
Eine weitere Frage hat der Kollege Heilmann.
Herr Staatssekretär, ich frage Sie, warum die Medien
schon von der Liste in Kenntnis gesetzt waren, offen-
sichtlich aber ein Teil der ordentlichen Ausschussmit-
glieder des Verkehrsausschusses, zu denen ich zähle, die
Liste noch nicht hat. Wie können Sie mir erklären, dass
es dazu kommt, dass ich als Parlamentarier davon aus
den Medien erfahren muss?
A
Das kann ich mir überhaupt nicht erklären, weil es
diese Liste nicht gibt. Ich zitiere einen Entwurf einer
Übersicht über Vorhaben. Ich habe Ihnen vorher erklärt,
dass wir den Verkehrsträgern eine Frist bis zum 10. Juli
gesetzt und noch keinen Antrag im Hause vorliegen ha-
ben. Ich habe allerdings im Ausschuss sehr offen da-
rüber gesprochen, dass die „üblichen Verdächtigen“ an-
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Herr Staatssekretär, Sie haben gerade die Liste der
öglichen Projekte für eine Bezuschussung angespro-
hen. Sind der Bundesregierung aus dem bisherigen An-
ragsverfahren Fälle bekannt, in denen der Maximalwert
ür Zuschüsse – 20 bzw. 30 Prozent, je nach Struktur –
ezahlt worden ist? Anders formuliert: Ist der Bundes-
egierung bekannt, in welcher Höhe Zuschüsse zu den
EN-Projekten zurzeit gezahlt werden?
A
Was die Vergangenheit angeht, muss ich die Antwortuf Ihre Frage schuldig bleiben, weil ich nicht im Detaileiß, ob jeweils die maximale Zuschusshöhe gezahltorden ist. Ich würde sie Ihnen gern schriftlich beant-orten.Die jetzige Lösung sieht vor, dass grenzüberschrei-ende TEN-Projekte mit bis zu 30 Prozent bezuschussterden sollen.
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11010 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007
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Parl. Staatssekretär Achim Großmann– „Können“, da haben Sie völlig recht. – Die anderenZuschusshöhen liegen bei 20 und bei 10 Prozent. Dort,wo es um Planung geht, liegen sie, glaube ich, bei bis zu50 Prozent.Angesichts der Fülle der angemeldeten Vorhaben ei-nerseits und der zur Verfügung stehenden Mittel anderer-seits gehe ich davon aus, dass die maximale Förderhöhenur bei ganz prioritären Maßnahmen erreicht wird. So-wohl das Europäische Parlament als auch die Europäi-sche Kommission müssen sie für sehr prioritär halten.
Haben Sie keine weitere Zusatzfrage? – Nein.
Dann rufe ich die Frage 13 des Kollegen Rainder
Steenblock auf:
Wie hoch ist im Falle der Beantragung des Verkehrspro-
jekts „feste Fehmarnbeltquerung“ für die Förderperiode 2007
bis 2013 der Finanzierungsanteil, den die Bundesregierung
bei der EU beantragt?
A
Deutschland und Dänemark wollen für das Querungs-
bauwerk der festen Fehmarnbeltquerung einen gemein-
samen Antrag und für die Hinterlandverbindungen
Anträge auf Zahlung von EU-Mitteln bis zur Höchstför-
derungsgrenze des TEN-Projekts der EU stellen.
Herr Kollege, eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist die Ratifizierung des Staats-
vertrags zwischen Deutschland und Dänemark über die-
ses Projekt Voraussetzung für eine Antragstellung?
A
Die Ratifizierung ist nicht Voraussetzung für eine An-
tragstellung.
Auch bei anderen Projekten, deren Realisierung wir
vor Augen haben, nehmen wir eine Anmeldung vor, ob-
wohl bestimmte Planungsschritte oder die Baureife feh-
len. Wie Sie wissen, sieht die Europäische Kommission
die Fehmarnbeltquerung – Herr Barrot hat das mehrfach
unterstrichen – als sehr prioritäres Projekt an. Ich gehe
davon aus, dass daraus keine Probleme resultieren.
Haben Sie eine weitere Zusatzfrage?
Ja, ich möchte eine zweite Zusatzfrage stellen. – Herr
Staatssekretär, Sie haben gerade gesagt, es werde einen
gemeinsamen Antrag zum Bau der Brücke geben. Für
die beiden Hinterlandanbindungen Deutschlands sind
Projekte in Höhe von ungefähr 800 Millionen Euro im
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Ich kann Ihnen an dieser Stelle gerne noch mehr sa-
gen. Sie haben es gestern ja auch verfolgt: DITIB hat
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Natürlich hat sie geantwortet.
Frau Kollegin Hirsch, bitte.
Es gab von über 20 Organisationen, die am Integra-
ionsgipfel beteiligt sind, einen offenen Protestbrief.
arin heißt es, dass mit dem EU-Richtlinien-Umset-
ungsgesetz – ich zitiere – „Sinn und Zweck des Integra-
ionsgipfels“ infrage stehen. Mich würde interessieren,
b aufgrund dieser scharfen Kritik in irgendeiner Form
onsequenzen gezogen wurden bzw. ob sie Auswirkun-
en hatte. Gab es also zum einen Organisationen oder
uch Einzelpersonen, die in irgendeiner Form im Rah-
en dieses Prozesses aus Arbeitsgruppen ausgestiegen
ind? Gibt es zum anderen dazu eine Stellungnahme von
hnen oder vielleicht sogar direkt von der Bundeskanzle-
in?
D
Es hat eine sehr erfreuliche, intensive Zusammenar-eit in allen Arbeitsgruppen stattgefunden. Höchst er-reulich, Frau Kollegin, ist, dass neben dieser intensivenusammenarbeit im Zuge dieses Prozesses gerade von-eiten der Migrantenorganisationen zahlreiche Selbst-erpflichtungen bei der Erarbeitung des Nationalen Inte-rationsplans eingegangen wurden. Dies ist hochnzuerkennen und zeigt, dass das gemeinsame Verständ-is von Integration, an dem wir arbeiten, wirklich tragfä-ig sein wird.Dass es Kritik an einzelnen Punkten des Richtlinien-msetzungsgesetzes gibt, ist uns bekannt. Wir sind hieruch im Gespräch. Die Sichtweise, die ich an diesertelle einnehme, ist ganz eindeutig: In diesem Gesetzind viele Punkte enthalten, die die Integration befördernerden.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007 11013
)
)
Eine weitere Nachfrage hat Frau Kollegin Jelpke.
Frau Staatsministerin, ich würde gerne wissen, ob sol-
che nichtstaatlichen Organisationen wie Flüchtlingsini-
tiativen und -verbände, die ja kritisieren, dass der Fokus
der Integrationsbemühungen auch auf die illegal in
Deutschland lebenden Menschen gerichtet werden
müsse, eingeladen waren und, wenn nicht, warum nicht.
D
Wir haben die gleichen Organisationen wie beim letz-
ten Mal eingeladen. Darüber hinaus konnten im Rahmen
der Integrationsforen auch weitere hinzukommen. Sie
wissen, dass das Thema Illegalität in der weiteren parla-
mentarischen Diskussion eine Rolle spielt. Wir haben
den Schwerpunkt auf die 15 Millionen Menschen mit
Migrationshintergrund gelegt, die in unserem Land le-
ben, daneben aber natürlich auch solche Fragen behan-
delt. Zugleich haben wir auch klare Verabredungen zwi-
schen gesetzlichen Initiativen und dem Nationalen
Integrationsplan getroffen. Wir müssen nämlich sehr
wohl sehen, dass Integration über weite Strecken eine
gesellschaftspolitische Aufgabe ist.
Nun hat das Wort zu einer weiteren Nachfrage der
Kollege Heilmann.
Frau Staatsministerin, Sie sagten, dass die Tickermel-
dung von gestern mittlerweile veraltet sei.
Deswegen frage ich Sie, ob Sie Kenntnis von der dpa-
Meldung von 13.48 Uhr haben, in der DITIB mit dem
Rückzug droht.
D
Ich habe die Meldung so verstanden – es wäre viel-
leicht ganz gut, wenn wir die im Raum stehenden Mel-
dungen einmal wechselseitig austauschten –, dass DITIB
noch überlegt, aber noch keine Entscheidung getroffen
ist.
Damit kommen wir zur Frage 20 der Kollegin Sevim
Dağdelen:
Auf welche Weise und in welchem Umfang flossen die in
den Abschlussberichten der nach dem ersten Integrationsgip-
fel eingesetzten Arbeitsgruppen bzw. deren Unterarbeitsgrup-
pen dokumentierten Feststellungen und Vorschläge in den Na-
tionalen Aktionsplan Integration ein, der am 12. Juli 2007
beim zweiten Integrationsgipfel vorgestellt werden wird?
Frau Staatsministerin, bitte.
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)
)
Zum anderen unterstützt dieses Gesetz in vielen Punkten
deutlich die Integration; der frühe Erwerb der deutschen
Sprache ist für eine schnelle Integration außerordentlich
hilfreich.
Das Wort zu einer weiteren Nachfrage hat nun die
Kollegin Höger.
Ich denke, dass mit dem Integrationsgipfel und dem
Nationalen Integrationsplan unterschiedliche Zielsetzun-
gen verfolgt werden. Wie kommen Sie auf die Idee, den
Nationalen Integrationsplan, welcher Ziele der Integra-
tionspolitik, konkrete Maßnahmen und Selbstverpflich-
tungen enthalten soll, mit der gesetzlich vorgesehenen
Vorlage eines Berichtes über die Lage von Ausländerin-
nen und Ausländern in Deutschland zu verbinden?
D
Frau Kollegin, Sie haben selbst einen Antrag gestellt,
der morgen im Deutschen Bundestag behandelt werden
wird. Wir werden uns dann dieser Thematik zuwenden.
Nächste Fragestellerin ist nun die Kollegin Jelpke.
Frau Staatsministerin, im Abschlussbericht der Ar-
beitsgruppe 4 heißt es einleitend, dass die Teilnehmerin-
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Staatsministerin Dr. Maria BöhmerDiese Einladung ist auch auf unterschiedliche Art undWeise wahrgenommen worden. Ich glaube, es bestandeine gute Möglichkeit, sich in diesen Prozess einzuklin-ken.
Ganz davon abgesehen, haben wir uns – das hat michsehr gefreut – wiederholt in verschiedenen Ausschüssendes Deutschen Bundestages zu diesen Themen verstän-digt. Ich bin davon überzeugt, dass der Bundestag derpassende Ort ist, an dem sich Bundesregierung und Ab-geordnete in diesen Fragen verständigen und zu Lösun-gen kommen müssen.
Frau Staatsministerin, ich danke Ihnen für die Beant-
wortung dieser Fragen.
Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Arbeit und Soziales. Für die Beantwor-
tung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekre-
tär Franz Thönnes zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 21 der Kollegin Cornelia Hirsch
auf:
Wie kommt die Bundesregierung vor dem Hintergrund,
dass Arbeitgeber für die Bereitstellung von Ausbildungsplät-
zen zuständig sind, zu einer Gesetzesinitiative, die Zuschüsse
aus Steuermitteln für die Bereitstellung von Ausbildungsplät-
zen verspricht, anstatt die Verantwortung der Unternehmen
einzufordern?
F
Werte Frau Hirsch, ich beantworte Ihre Frage wie
folgt: Der Deutsche Bundestag hat sich am 22. Juni 2007
auf Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD
– das ist die Drucksache 16/5730 – unter dem Titel
„Junge Menschen fördern – Ausbildung schaffen und
Qualifizierung sichern“ zur Situation und Zukunft der
betrieblichen Ausbildung geäußert. Die Bundesregie-
rung wurde unter anderem aufgefordert, zu prüfen, ob
Unternehmen begünstigt werden können, die über
Durchschnittsbedarf junge Menschen ausbilden.
Die Prüfung bezieht sich konkret auf die Frage, ob
diejenigen Unternehmen, die über Durchschnittsbedarf
ausbilden, eine Vergünstigung in Form einer Reduzie-
rung der Arbeitgeberbeiträge zur Arbeitslosenversiche-
rung erhalten können. Die Prüfung durch die Bundes-
regierung ist hierbei noch nicht abgeschlossen. Eine
Gesetzesinitiative liegt aus diesem Grund noch nicht vor.
Frau Kollegin, Ihre Nachfrage.
Besten Dank, Frau Präsidentin. – Herr Staatssekretär,
erst einmal ein Dankeschön an dieser Stelle für die aus-
führliche Beantwortung. Es ist richtig, dass es sich bis-
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
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)
)
Parl. Staatssekretär Franz ThönnesDie Bundesregierung wird sich dann zu diesem Themaverhalten, wenn es sich im Bundesrat im Verfahren be-findet.
Das Wort zu einer weiteren Frage hat die Kollegin
Hirsch.
Besten Dank, Frau Präsidentin. – Noch einmal zum
Entsendegesetz: Mich würde interessieren, wie Sie die
aktuellen Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten bewer-
ten und ob, wenn es zu einer Ausweitung des Entsende-
gesetzes kommt, geplant ist, in irgendeiner Form Ände-
rungen vorzunehmen, um es weiter zu verbessern.
F
Wir wollen die Kontrolle, wie es auch bisher der Fall
war, bei der Zollverwaltung belassen.
Eine weitere Frage hat die Kollegin Dağdelen.
Herr Staatssekretär, in Ihrer Antwort auf die erste
Nachfrage meiner Kollegin Enkelmann haben Sie auf
die Branchen hingewiesen. Ich möchte gerne wissen: In
welchen Branchen könnte es aus Ihrer Sicht zutreffen,
dass mindestens 50 Prozent der Beschäftigten tarifge-
bunden sind?
F
Es ist schwierig, das einzuschätzen. Das kann man
nicht auf die Zahl genau voneinander abgrenzen; hier
bitte ich um Verständnis.
– Nicht so ungeduldig. Ich versuche schlichtweg, zu be-
schreiben, dass man nicht sagen kann: Es sind so und so
viele Tausend.
Nach ersten Einschätzungen wird das wahrscheinlich
in den Bereichen des Bewachungsgewerbes, der Entsor-
gungswirtschaft, der Leiharbeit oder der Post der Fall
sein. In Grenzbereiche kommt man wahrscheinlich beim
Friseurhandwerk, beim Hotel- und Gaststättengewerbe
und beim Einzelhandel; hier wird das genauer zu unter-
suchen sein.
Zu einer weiteren Frage erteile ich nun das Wort der
Kollegin Höger.
Haben Sie bei den Planungen zur Ausweitung des Ar-
beitnehmer-Entsendegesetzes Vorstellungen, in welcher
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)
Parl. Staatssekretär Franz Thönnesfür die jeweilige Branche festlegt, wie hoch der Mindest-lohn im konkreten Fall sein soll. In diesem Fachaus-schuss wären die Experten, die Gewerkschaften und dieArbeitgeber des jeweiligen Bereiches – im Fall IhrerFrage: aus dem Pflegebereich – vertreten und könntenihren Erfahrungshintergrund einbringen.
Die Fragen 24 und 25 der Kollegin Brigitte Pothmer
werden schriftlich beantwortet.
Damit darf ich Ihnen, Herr Staatssekretär, für die Be-
antwortung der Fragen, die in Ihren Geschäftsbereich
fielen, herzlich danken.
Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Auswär-
tigen Amtes. Für die Beantwortung der Fragen sollte
Herr Staatsminister Gernot Erler zur Verfügung stehen.
– Die Fragen 26 und 27 des Kollegen Bonde und die
Frage 28 des Kollegen Trittin werden schriftlich beant-
wortet.
Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums des Innern. Zur Beantwortung der Fra-
gen steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Peter
Altmaier zur Verfügung.
Die Frage 29 des Kollegen Trittin und die Fragen 30
und 31 des Kollegen Fell werden schriftlich beantwortet.
Damit rufe ich die Frage 32 des Kollegen Wolfgang
Wieland auf:
In welcher Form war die Bundesregierung in die Planung
der Sicherheitsmaßnahmen für den G-8-Gipfel in Heiligen-
damm eingebunden, und wie waren Vertreter der Bundes-
regierung in die Zusammenarbeit während des Einsatzes, ins-
besondere in die Arbeit der Einsatzzentrale Kavala,
eingebunden?
P
Vielen Dank, Frau Präsidentin.
Herr Kollege Wieland, das Bundeskriminalamt und
die Bundespolizei haben zunächst einmal im Rahmen ih-
rer originären Zuständigkeiten, die es für Heiligendamm
ja gab, eigene Sicherheitskonzepte entwickelt. Diese
Konzepte sind dann zwischen den Stäben und den
besonderen Aufbauorganisationen aller beteiligten Si-
cherheitsbehörden und damit auch der BAO Kavala des
Landes Mecklenburg-Vorpommern erörtert und insbe-
sondere an den Schnittstellen der jeweils geplanten Maß-
nahmen angepasst worden.
Darüber hinaus waren auf Anforderungen des Landes
Mecklenburg-Vorpommern das BKA mit sechs und die
Bundespolizei mit drei Polizeivollzugsbeamten als Ver-
bindungsbeamten in dem Führungsstab der BAO Kavala
des Landes Mecklenburg-Vorpommern vertreten. Diese
Verbindungsbeamten haben beim Führungsstab der
BAO Kavala auf die Zusammenarbeit mit ihren Stamm-
dienststellen bezogene Informations- und Koordinie-
rungsaufgaben wahrgenommen.
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Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Da trotz der beant-
orteten Nachfragen unserer Meinung nach unsere
rage nicht hinlänglich beantwortet ist, beantragen wir
ach § 106 unserer Geschäftsordnung und Anlage 5
r. 1 b eine Aktuelle Stunde unter dem Titel „Bundes-
ehreinsatz beim G-8-Gipfel“.
Die Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen hat be-
üglich der Antwort auf die Frage 32 eine Aktuelle
tunde beantragt. Das entspricht auch der Nr. 1 b der
ichtlinien für Aussprachen zu Themen von allgemei-
em aktuellen Interesse. Die Aktuelle Stunde wird in un-
ittelbarem Anschluss an die Fragestunde stattfinden.
Die Frage 33 des Kollegen Volker Beck soll
chriftlich beantwortet werden.
Wir kommen dann zu Frage 34 der Kollegin Ulla
elpke:
Sieht sich die Bundesregierung als Einladerin des G-8-
Gipfels auch in der Verantwortung dafür, dass Polizeimaßnah-
men rechtsstaatskonform ablaufen, und wie bewertet sie vor
diesem Hintergrund die zum Teil über 24 Stunden andauernde
Unterbringung von Gefangenen in Käfigen, wie sie während
des Gipfels stattgefunden hat?
P
Ich kann auf die Frage antworten, dass die Einladunger Bundesregierung zu diesem Gipfel nichts an der in-erstaatlichen Verteilung der Zuständigkeiten und Ver-ntwortlichkeiten ändert, die im Bereich der allgemeinenolizeilichen Gefahrenabwehr nach der föderativenompetenzordnung des Grundgesetzes, wie Sie inzwi-chen auch wissen, bei den Ländern liegen.Zu den Sicherheitsmaßnahmen anlässlich des G-8-eltwirtschaftsgipfels in Heiligendamm, die in der Zu-tändigkeit des Landes Mecklenburg-Vorpommern lie-en, nimmt die Bundesregierung grundsätzlich keinetellung, da die parlamentarische Kontrolle dieser Maß-ahmen dem Landtag von Mecklenburg-Vorpommernbliegt.
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11022 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007
)
)
Parl. Staatssekretär Peter AltmaierIch kann allerdings hinzufügen, dass nach dem hiesi-gen Kenntnisstand – das können wir aber nicht aus eige-ner Zuständigkeit beurteilen – die Gefangenensammel-stellen, auf die Sie sich beziehen, auch von einer NGO,die im Menschenrechtsbereich tätig ist, begutachtet wur-den und für menschenrechtskonform befunden wurden,und zwar vor Beginn des Gipfels.
Ihre Nachfrage, bitte, Frau Kollegin.
Herr Staatssekretär, wir haben schon öfter gehört,
dass die Bundesregierung bzw. das Innenministerium al-
les auf Mecklenburg-Vorpommern schiebt. Aber es wa-
ren mehr als 2 000 Polizisten der Bundespolizei dort im
Einsatz. Daher sollte die Bundesregierung eine Meinung
zu den Vorwürfen haben, dass Menschen in Käfigen un-
tergebracht wurden, dass Anwälte nicht zu ihnen gelas-
sen wurden, dass die Menschen zum Teil die ganze
Nacht mit Neonlampen bestrahlt wurden und dass sich
mehr als 20 Menschen auf 25 Quadratmetern aufhalten
mussten.
P
Frau Kollegin Jelpke, ich gehe als Vertreter der Bun-
desregierung davon aus, dass polizeiliche Maßnahmen,
die in der Zuständigkeit von Bundesländern ergriffen
werden, den rechtsstaatlichen und den gesetzlichen An-
forderungen in unserem Land entsprechen. Sofern dies
bezweifelt oder bestritten wird, gibt es dafür Rechts-
wege. Diese Rechtswege müssen von den Betroffenen
beschritten werden. Dann liegt die Entscheidung bei den
zuständigen Verwaltungsinstanzen bzw. in letzter In-
stanz bei den Gerichten.
Ihre zweite Zusatzfrage.
Meine zweite Zusatzfrage bezieht sich darauf, dass
wir gemeinsam mit einigen Mitgliedern des Innenaus-
schusses zwei Wochen vor dem G-8-Gipfel unter Ihrer
Schirmherrschaft die Polizeibehörden vor Ort besucht
haben. Damals war immer davon die Rede, dass es einen
gemeinsamen Polizeistab aus Bundespolizei, Landespo-
lizeien und Bundeswehr geben wird. Wollen Sie mir al-
len Ernstes erzählen, dass dort nichts gemeinsam koordi-
niert und ausgewertet wurde?
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Ich habe auf die Frage des Kollegen Wieland genau
geschildert, wie es war. Es gab unter der Verantwortung
des Landes Mecklenburg-Vorpommern die BAO Ka-
vala; das ist hinlänglich bekannt.
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Nein.
Dann kommen wir zu Ihrer Frage 36:
Für welche Aufgaben wurden Feldjäger von der Landes-
regierung Mecklenburg-Vorpommern für den Einsatz im Rah-
men des G-8-Gipfels in Heiligendamm angefordert und einge-
setzt, und warum hätten diese Aufgaben nicht durch
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Nein.
Wir sind damit am Ende der Fragestunde, da wir deneitlichen Rahmen voll ausgeschöpft haben. Die nochicht beantworteten Fragen werden nach unserer Ge-chäftsordnung schriftlich beantwortet.Die Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen hat zurntwort der Bundesregierung auf die Frage 32, in der esm den Bundeswehreinsatz beim G-8-Gipfel ging, einektuelle Stunde verlangt. Das entspricht Nr. 1 b derichtlinien für die Aktuelle Stunde, wie wir vorhin fest-estellt haben.Ich rufe daher nun Zusatzpunkt 5 auf:Aktuelle Stundeauf Verlangen der Fraktion des BÜNDNIS-SES 90/DIE GRÜNENBundeswehreinsatz beim G-8-GipfelIch eröffne die Aussprache und erteile der Kolleginilke Stokar von Neuforn von der Fraktion desündnisses 90/Die Grünen das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Da don-ern Tornados über Protestcamps, in denen sich haupt-ächlich Jugendliche aufhalten – nicht einmal, nichtweimal. Wir wissen trotz zahlreicher Anfragen im In-enausschuss und im Verteidigungsausschuss bis heuteicht genau, wie viele Tornado-Flüge es gegeben hat, um
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11024 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007
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Silke Stokar von Neufornaufzuklären, was in diesen Protestcamps geschieht. Ges-tern haben wir erfahren, dass außer den Tornados auchEurofighter und Phantom-Jets über Heiligendamm ge-flogen sind. Der Staatssekretär des Bundesinnenministe-riums versucht ernsthaft, mir weiszumachen, dass dieFähigkeiten der Bundespolizei und der Polizeien derLänder nicht ausreichend sind, um Demonstrationsver-läufe aufzuklären. Spähpanzer mit Fennek-Technik undSatellitentelefonen werden im Rahmen des Versamm-lungsrechts eingesetzt, um militärische Lagebilder überDemonstrationen in Deutschland zu erstellen. Ein Späh-panzer – das haben Sie hier nicht ausdrücklich gesagt –wird als Objektschutz für einen Genacker abgestellt.Seit Tagen versucht diese Bundesregierung, uns weis-zumachen, dass das alles ganz normal in Deutschland ist.Ich sage Ihnen: Diese Form von militärischer Amtshilfe,
deren Ausmaß hier nur scheibchenweise in Form täglichneuer Meldungen an das Licht der Öffentlichkeit dringt,war verfassungswidrig. Das ist mein erster Vorwurf.Der zweite Vorwurf – deswegen habe ich in der Fra-gestunde keine weiteren Fragen gestellt – lautet: Bisheute, bis zu diesem Zeitpunkt der Aktuellen Stunde hatdie Bundesregierung das Parlament belogen. UnsereFragen sind nicht wahrheitsgemäß beantwortet worden.Man kann im Großen und Ganzen sagen: Zugegebenwurde im Laufe der letzten Tage immer nur das, wasvorher in den Magazinen und in den Onlinenachrichtenzu lesen war.Das sind die beiden Vorwürfe, die ich mache, nämlichden verfassungswidrigen Einsatz der Bundeswehr im In-nern angeordnet zu haben und gleichzeitig dem Parla-ment über diese Vorgänge nicht die Wahrheit zu sagen.
Mein Eindruck von diesen ganzen Abläufen in Heili-gendamm ist, dass Bundesinnenminister Schäuble, aufdessen Wunschliste der Einsatz der Bundeswehr im In-nern schon lange ganz oben steht, dem Land Mecklen-burg-Vorpommern ein Lockangebot gemacht hat. Er istzu seinem Parteifreund in Mecklenburg-Vorpommerngegangen und hat gesagt: Beantragt mal ordentlich dieAmtshilfe der Bundeswehr! –
Das war bisher überhaupt noch nie der Fall. Die Amts-hilfe der Bundeswehr wurde zum ersten Mal einem Bun-desland zum Nulltarif zur Verfügung gestellt.Das, was ich als weiteren politischen Skandal emp-finde – ich habe mir das Protokoll des Innenausschussesdes Landtages von Mecklenburg-Vorpommern angese-hen –, ist, dass sowohl die Bundesregierung als auch dasLand Mecklenburg-Vorpommern sich weigern, für die-sen skandalösen Einsatz der Bundeswehr im Innern diepolitische Verantwortung zu übernehmen.
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an hat versucht, friedliche Demonstrationsteilnehmerit militärischen Mitteln einzuschüchtern, und das isterfassungswidrig.
Für die Bundesregierung erteile ich nun das Wort dem
arlamentarischen Staatssekretär Christian Schmidt.
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Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol-egen! Frau Kollegin Stokar von Neuforn, irgendwie binch nun versucht, Kraut und Rüben – Sie haben uns daserade auf den Tisch gelegt – zu sortieren.
Den Mitgliedern der Linkspartei, die so viel Unge-ach wittern – Ihre Kenntnis ist da in der Tat nur peri-her –, würde ich empfehlen, konsistent zu bleiben. Sieaben gerade in der Fragestunde eine Beteiligung derundeswehr an dieser Maßnahme im Rahmen einermtshilfe nach Art. 35 Abs. 1 des Grundgesetzes funda-entalistisch kritisiert, obwohl diese Anforderung voniner Landesregierung gestellt worden ist, der Sie ange-ört haben. Wie kann das sein?
b Sie dieser Landesregierung als Linkspartei, als PDSder was auch immer angehört haben, das weiß ich nichtehr; Sie wechseln Ihren Namen ja häufiger.
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Parl. Staatssekretär Christian Schmidt
– Frau Präsidentin, ich bitte Sie darum, für Ruhe zu sor-gen. Die sollen einmal zuhören.
– Ich habe im Internet nachgeschaut und gesehen: Siehaben dort einmal mitregiert.
– Doch.
– Die tumultartigen Szenen weisen nur darauf hin, dassdie Unkenntnis der PDS hier auf die Spitze getriebenwird. Es war die rot-rote Landesregierung, sehr geehrteDamen und Herren Kollegen, die am 21. März 2006 denBundesminister der Verteidigung unter Verweis auf eineZusage des ehemaligen Bundeskanzlers GerhardSchröder um Unterstützung durch die Bundeswehr gebe-ten hat – Punkt!
Ich wäre schon sehr dankbar, wenn Sie anders als IhrParteivorsitzender nicht anfangen würden, die Tätigkei-ten der Bundeswehr in die Nähe von Ungesetzlichkeitenzu rücken. Sie haben erst gestern aus Karlsruhe erfahren,wie weit man gehen kann und wie weit man nicht gehenkann.
Frau Kollegin Stokar von Neuforn, mir liegt der Be-richt vor, der die Grundlage für die dpa-, ddp- und sons-tigen Meldungen – Sie haben insinuiert, täglich kämenneue – ist. In diesem Bericht ist von den Eurofightersund den Phantom-Kampfjets die Rede. Sie haben mit derÜberwachung der Bodenbeschaffenheit aber gar nichtszu tun gehabt. Das fand im Rahmen des Normalen statt.
– Lesen Sie den Bericht bitte.Eine der wenigen Aufgaben, die die Bundeswehr zurWahrung der Sicherheit unseres Landes – verfassungs-mäßig abgesichert – seit langer Zeit erfüllt, ist, wie Siewissen, das Air-Policing. Diese Aufgabe hat die Bundes-wehr in diesem Fall wahrgenommen. Ich erinnere hierdaran, dass die NATO-AWACS-Flugzeuge beim Besuchdes Papstes, bei den Olympischen Spielen in Griechen-land und bei anderen Ereignissen eingesetzt wordensind.hwwsIwcg–sba–tSadSdwvzeimdw
m Namen derer, die diesen Einsatz durchgeführt haben,ehre ich mich dagegen, dass Sie den Eindruck erwe-ken, hier sei in irgendeiner Weise Ungesetzlichkeit ge-eben.
Wir reden nicht über Militär im Versammlungsrecht,ondern über Amtshilfeanträge des Landes Mecklen-urg-Vorpommern.
Nun wollen wir einmal miteinander reden, wie wir esuch im Innenausschuss getan haben.
Das hat mit Art. 87 a des Grundgesetzes gar nichts zuun, Herr Kollege Wieland.
ie haben leider die falsche Seite des Grundgesetztextesufgeschlagen; es geht nämlich um Art. 35 GG.
Das Land Mecklenburg-Vorpommern sah sich mitem G-8-Gipfel in Heiligendamm an die Grenze seinericherheitsfähigkeit gebracht.Es ist die schiere Pflicht aller Behörden dieses Lan-es, dann, wenn solch eine Situation auftritt und zu er-arten ist, dass man im Rahmen der gesetzlichen underfassungsmäßigen Vorgaben zur Amtshilfe Unterstüt-ung leisten kann, einem solchen Bedarf eines Landes zuntsprechen.Die Fennek-Fahrzeuge – der Kollege Altmaier hat dasn der Fragestunde bereits beantwortet – wurden nichtit hoheitlichem Anspruch eingesetzt, sondern sind le-iglich zur technischen Unterstützung der Polizei – über-iegend der mecklenburg-vorpommerschen Polizei,
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Parl. Staatssekretär Christian Schmidtverstärkt durch andere Polizeikräfte – herangezogenworden.Was die technisch-logistischen Unterstützungsleistun-gen durch Flüge, durch die Nutzung des Aufklärungssys-tems Tornado zum Zweck der Beobachtung der Boden-beschaffenheit angeht – die Bilder stehen zur Verfügung –,muss noch einmal gesagt werden, dass es diese Bilderund Überwachungen gegeben hat, dass diese aber in kei-ner Weise die Erkennung einzelner Personen zulassen.Tiefflüge von militärischem Gerät der Streitkräfteüber Camps von Bürgerinnen und Bürgern können dasGrundrecht der Versammlungsfreiheit nach Art. 8Grundgesetz beeinträchtigen,
wenn diese Überflüge – so das Bundesverfassungsge-richt in seiner Entscheidung im 69. Band Seite 315 undSeite 349 – das Merkmal exzessiver Observation undRegistrierung erfüllen bzw. wenn dadurch der staats-freie, unreglementierte Charakter der Versammlung ver-ändert würde.
Ein solcher Grundrechtseingriff liegt indessen beimEinsatz des Aufklärungssystems Tornado im Rahmendes G-8-Gipfels nicht vor.Allerdings wurden die Tiefflugbestimmungen in ei-nem Fall verletzt. Hierzu sind Untersuchungen eingeleitetworden. Für eine Minute und 22 Sekunden wurde dieMindesthöhe wetterbedingt unterschritten, aber sie wurdeunterschritten. Das ist unbestreitbar eine nicht unerhebli-che Lärmbelästigung für die in den betroffenen CampsVersammelten, die aber wegen ihrer Kurzzeitigkeit undEinmaligkeit noch keinen Eingriff in das Grundrecht derVersammlungsfreiheit begründet.
Dennoch möchte ich bei den Bürgerinnen und Bür-gern, auch bei denen, die friedlich demonstriert habenund ihr Grundrecht wahrgenommen haben, für die ent-standene Belästigung um Verständnis bitten und michfür diesen zu tiefen Flug entschuldigen.
Es ist die Frage, wie wir miteinander umgehen. Es istkein gesetzwidriger Angriff von irgendjemandem gegenirgendjemanden geführt worden. Es war ein äußerst er-folgreiches politisches Gipfeltreffen, das ein Stück Auf-merksamkeit der Weltöffentlichkeit auf unser Land ge-zddesGSBklFHgrunddLtmwhAtzdsdkwgIs
Vielleicht ist der größte Erfolg aller Sicherheitskräfte,ie da waren und sich beteiligt haben, der, dass wir, voninigen Hunderten leichteren Verletzungen und einigenchwereren Verletzungen abgesehen – letztere warenott sei Dank nicht so schwer, dass sie zu dauerhaftenchäden führen –, einen friedlichen Gipfel hatten. Dieundeswehr wird im Rahmen der Amtshilfe auch zu-ünftig auf Anforderung ihre entsprechenden Beiträgeeisten.
Nächster Redner ist der Kollege Christian Ahrendt für
DP-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen underren! Da mein Vorredner eben von Kraut und Rübenesprochen hat, möchte ich sagen: Angesichts des Be-ichtes, den das Verteidigungsministerium vorgelegt hat,nd angesichts dessen, was in der letzten Woche im In-enausschuss und was heute im Verteidigungsausschussargeboten worden ist, hat eigentlich Ihr Ministeriumie Aufgabe, Kraut und Rüben zu sortieren.
assen Sie mich das einmal ein Stück weit für Sie hierun.
In der Innenausschusssitzung am 23. Mai habe ichir erlaubt, den Staatssekretär Altmaier zu fragen, inelchem Umfang die Bundeswehr eingesetzt wird. Ichabe mir vorsorglich das Protokoll mitgebracht. Herrltmaier hat uns gesagt – ich zitiere –: „Einzig zu logis-ischen Zwecken, so wie Transporte von Delegationenum Veranstaltungsort.“ Das ist der Umfang des Bun-eswehreinsatzes, der uns geschildert worden ist.Die Kollegin Jelpke hat ebenfalls eine Anfrage ge-tellt, um diese Frage aufzuklären. Auch die Antwort aufiese Anfrage enthielt keinen Hinweis auf Tornados undeinen Hinweis auf Fennek-Panzer. Am 23. Mai habenir von Herrn Altmaier ebenfalls nichts zu dieser Frageehört.Angesichts dessen, dass Sie eben gesagt haben, dasnnenministerium von Mecklenburg-Vorpommern habechon im Jahr 2006 um Amtshilfe gebeten, müssen wir
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Christian Ahrendtalso feststellen, dass Sie das Parlament bis zum G-8-Gipfel vorsätzlich in Unkenntnis gelassen haben.
Ich habe auch heute Morgen in der Sitzung des Ver-teidigungsausschusses Ihren Kollegen Herrn Wichert ge-fragt, wann denn das Innenministerium vom Einsatz derBundeswehr und vom Einsatzumfang unterrichtet wor-den sei. Die Frage ist mir nicht beantwortet worden. DieKollegin Hoff hat die Frage noch einmal gestellt. Eswurde dann zugesagt, dass sie schriftlich beantwortetwird. Auch das zeigt – was ich verwunderlich finde –,dass es hier relativ viel aufzuklären gibt. Ich persönlichkann mir nicht vorstellen, dass bei den Informationsbe-dürfnissen, die im Innenministerium ansonsten in vieler-lei Dingen vorherrschen, ausgerechnet vergessen wird,sich über den Umfang des Bundeswehreinsatzes genauzu informieren.Das zweite Thema, das ich ansprechen will, ist dieAmtshilfe. Es gibt zwei Tornado-Flüge, die genehmigtworden sind, und es gibt vier Tornado-Flüge, die nichtgenehmigt worden sind.
Wenn man Ihren Bericht liest, wird man feststellen, dassdiese Tornado-Flüge auf Anforderung der Kavala, alsoder Einheit, die mit der Einsatzführung zum G-8-Gipfelbetraut war, im Grunde genommen per Anruf abgerufenwerden konnten.
Das hat meines Erachtens nichts mehr mit Amtshilfe zutun; denn Amtshilfe würde zumindest förmlich voraus-setzen, dass Sie eine konkrete Anfrage in Ihrem Ministe-rium haben, diese bearbeiten und dann entscheiden, obSie die Tornados zur Verfügung stellen.Drittens. Wenn ein Tornado im Tiefflug – auch wennSie sich entschuldigt haben – über ein Camp donnert,dann mag das für denjenigen, der unten steht, durchausden Eindruck erwecken, als ob eine gewisse militärischeQualität erreicht wird. Wir wissen seit der Verfassungs-gerichtsentscheidung aus dem letzten Jahr, dass sichBundeswehreinsätze im Inneren ausdrücklich einer mili-tärischen Bewaffnung zu enthalten haben. Ich glaube,dass man hier nicht feinsinnig damit argumentieren kann– wie Sie das in Ihrem Bericht getan haben –, dass mandie Flugzeuge wenigstens nicht aufmunitioniert habe.Ich glaube, es ist unstreitig, dass man vom Boden ausschwer erkennen kann, ob ein Flugzeug Munition trägtoder nicht.
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Es kann nämlich nicht sein – das ist das eigentlichehema, um das es hier geht –, dass die Bundeswehrein-ätze im Grunde genommen über die kalte Küche einge-ührt werden und die Bundeskanzlerin dann irgendwannagt: Nun stellen wir fest, dass innere und äußere Sicher-eit eng miteinander verwoben sind. Der Rest wird dannicht ausgesprochen: Die Bundeswehr hat ja schon iner Vergangenheit gezeigt, wie effektiv sie im Inlandingesetzt werden kann. Dann haben wir die Rechtferti-ungsgrundlage für die Einsätze der Bundeswehr im In-eren. Dieser Weg ist falsch, und diesen Weg werden wiricht mitgehen.
Es kann auch nicht sein, dass wir zunehmend erleben,ass die Innenminister der Länder ihre Polizeikräfte ab-auen und immer dann, wenn es Großveranstaltungenibt, die Forderung nach Einsätzen der Bundeswehr lautird. Die Bundeswehr ist keine Ersatzpolizei. Dieseufgabe hat sie nicht; auch die Fähigkeiten dazu hat sieicht. Man darf auch nicht das Ziel verfolgen, die Solda-innen und Soldaten der Bundeswehr zu Hilfssheriffson Innenministern zu machen.Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Nun hat das Wort der Kollege Rainer Arnold für die
PD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!er sozialdemokratische Bundeskanzler Helmut Schmidtat den G-8-Gipfel dereinst erfunden – ein herausragen-es Ereignis der Staatengemeinschaft und diesmal auchür unser Land. Natürlich ist es zunächst einmal richtig,ass alle Organe des Bundes und der Länder eng koope-ieren, um solch einen Gipfel zum Erfolg zu bringen.
as ist das eine.Das andere ist: Es wurden 25 Anträge auf Amtshilfeestellt, von denen 22 aus meiner Sicht völlig außerhalber Diskussion sind, weil sie richtig und notwendig
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Rainer Arnoldgewesen sind und sich exakt im Rahmen der Bestim-mungen des Art. 35 bewegt haben. Es gibt aber drei Vor-gänge, die wir, wie ich glaube, kritisch hinterfragensollten. Das Ministerium hat heute meiner Meinung nachsehr seriös und ausführlich informiert. Dafür danken wir.Das Ministerium hat sich heute auch für Versäumnisseentschuldigt. Auch das ist ein wichtiger Schritt. Die er-haltenen Informationen versetzen uns in die Lage, einepolitische Bewertung vorzunehmen. Lassen Sie michdeshalb zu den drei kritischen Vorgängen etwas sagen.Erster Vorgang: Der Minister hat zwei Tornado-Flügezur flächigen Aufklärung am Boden genehmigt, undzwar einen einige Zeit vor dem Gipfel und einen unmit-telbar vor dem Beginn des Gipfels. Spannend ist es, an-hand dieser Aufnahmen festzustellen, was sich in derZwischenzeit verändert hat. Das halte ich für einen kor-rekten Auftrag.
Aus diesem korrekten Auftrag mit zwei Flügen wurdendann allerdings sieben Flüge. Statt Aufklärung aus ver-nünftiger Höhe, die es der Bundeswehr gestattet, sich dis-kret zurückzuhalten, gab es einen Tiefflug, der außerdemauch noch luftrechtlich zu beanstanden ist. Und vor allenDingen gab es – das ist für mich das Gravierendste – nichtnur Aufklärung im breiten Gelände, sondern es wurdengezielt Aufnahmen der aufwachsenden Camps der De-monstranten gemacht. Das hat der Minister nicht geneh-migt; das wurde aber gemacht. Deshalb ist das nicht inOrdnung. Der Minister tut gut daran – das hat er auch an-gekündigt –, in seinem Haus dafür zu sorgen, dass sich soetwas nicht wiederholt.Der zweite Vorgang ist: Der Einsatz der Fennek-Spähpanzer bei internationalen Großereignissen besitztschon ein Stück weit eine neue Qualität. Ich halte ihndeshalb für problematisch, weil die Fenneks selbst janicht über Speichermedien für ihre Daten verfügen, son-dern ihre Aufklärung nur dann Sinn macht, wenn siezeitgleich mit den Aufklärungsmitteln der Polizei überFunk verknüpft wird.
Das heißt, die Fenneks sind in ein Aufklärungssystemder Polizei eingebunden. Ich glaube, dass diese Schnitt-stelle zu nahe bei der Polizei lag und es besser gewesenwäre, dieses Amtshilfeersuchen abzulehnen.
– Die Alternative? Das ist eine gute Frage, Herr Kollege.Heute Morgen hat ein Kollege von Ihnen im Verteidi-gungsausschuss gesagt: Die Fenneks waren nur deshalbso wichtig, weil sie 1 000 Polizisten ersetzt haben. Dasist keine ausreichende Legitimation für Amtshilfe. DieBundeswehr ist in der Tat nicht dafür da, Polizisten ein-zusparen.IRzEwchZhwdwDÖKszrddsSklWdScdgifSdokFHVfg
ch habe die Aussagen eines Fachpolitikers aus Ihreneihen, des Kollegen Hans Raidel, aus der heutigen Sit-ung des Verteidigungsausschusses zitiert.
Der dritte Vorgang, den wir kritisch bewerten, ist derinsatz der Feldjäger zum Objektschutz. Die Bundes-ehr darf Objektschutz im Bereich von militärischen Si-herheitszonen betreiben, und zwar aus diesen Sicher-eitszonen heraus. Das heißt, sie muss sich in diesenonen befinden. Für den Objektschutz eines Kranken-auses durch die Bundeswehr, in dem zwar die Bundes-ehr während des Gipfels teilweise das Hausrecht hatte,as aber nicht zur militärischen Sicherheitszone erklärturde, erkenne ich keine eindeutige Rechtsgrundlage.eshalb halte ich auch dies für einen Fehler.Lassen Sie mich zum Schluss sehr offen reden: Dieffentlichkeit und wir alle wissen ja, dass in der Großenoalition auch unterschiedliche Positionen vorhandenind. Das gilt verstärkt in der Frage, ob die Bundeswehrunehmend Polizeiaufgaben übernehmen soll, ob Inne-es und Äußeres verschmolzen werden sollen. Die Bun-eskanzlerin hat sich vor wenigen Tagen dazu geäußert,ass es normal ist, wenn es in einer Koalition unter-chiedliche Grundpositionen gibt. Aber gerade weil wirozialdemokraten dafür stehen, dass die Bundeswehreine Polizeiaufgaben übernimmt, ist das für uns natür-ich ein hochsensibles Thema. Um es deutlich zu sagen:ir wollen und werden auch in Zukunft nicht zulassen,ass Art. 35 Abs. 1 unserer Verfassung auch nur eintück weit gedehnt wird und möglicherweise schlei-hende Prozesse eintreten.Deshalb sollten wir miteinander in dieser Koalitionafür sorgen, dass die Spielregeln noch einmal deutlichemacht werden, auch für die Landesinnenminister, dien dieser Hinsicht erst gar keine Forderungen stellen dür-en, die wir nicht erfüllen wollen. Das Klarmachen derpielregeln kann dazu beitragen, dass einzelne Fehler,ie von einigen, die Entscheidungen getroffen haben,bjektiv gemacht wurden, in Zukunft vermieden werdenönnen.Herzlichen Dank.
Nächste Rednerin ist die Kollegin Ulla Jelpke für die
raktion Die Linke.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!err Staatssekretär Schmidt, wenn Sie hier schon denorwurf erheben, dass Die Linke angeblich ein Amtshil-eersuchen mit gestellt habe, dann hätten Sie auch dieanze Wahrheit sagen müssen. Das war nämlich ein
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Ulla JelpkeAlleingang des ehemaligen SPD-Innenministers vonMecklenburg-Vorpommern, Herrn Timm, der im Übri-gen zu einer heftigen Auseinandersetzung in der Koali-tion geführt hat. Um das noch einmal ganz deutlich zusagen: Wenn wir das gewusst hätten, wäre dieser Antragkeineswegs mit unseren Stimmen durchgekommen.
Ihr Vorwurf passt im Übrigen zu dem, was die Bun-desregierung hier seit Wochen tut, nämlich den Bundes-wehreinsatz beim Gipfel zu verschleiern. Es soll ver-tuscht werden, dass hier ein massiver Verfassungsbruchstattgefunden hat. Das ist in einigen Reden schon sehrdeutlich geworden.In der Antwort auf eine Kleine Anfrage von mir hatdie Bundesregierung noch Ende April den Eindruck er-weckt, sie werde nur in der zweiten Reihe stehen und un-auffällig Hilfeleistung erbringen, ähnlich wie bei derFußballweltmeisterschaft. Kein Wort von Spähpanzernoder Tornados, und das, obwohl die entsprechendenAmtshilfeersuchen bereits gestellt bzw. genehmigt wa-ren.Noch etwas: In den Antworten auf entsprechende An-fragen war immer die Rede davon, dass 1 100 Soldatenim Einsatz sein würden. Tatsächlich waren es 2 450, da-von 641 zum Teil schwerbewaffnete Feldjäger mit G36-Maschinengewehren, wie sie in Afghanistan benutztwerden. Die Kommandanten der Spähpanzer waren mitPistolen bewaffnet. Das können wir alles beweisen.
Auch das wurde bisher verschwiegen. Was wäre wohlpassiert, wenn sich Demonstranten diesen Panzern genä-hert hätten?Die Tornado-Flüge wurden wochenlang geleugnet.Heute ist klar – Entschuldigung hin oder her –: Die Pro-testcamps wurden systematisch ausspioniert. Die Bun-desregierung behauptet, diese Bilder seien nicht zu iden-tifizieren. Aber ich habe Kopien von diesen Bilderngesehen. Es fehlt nicht viel, dass man auf diesen Kopiensehr deutlich einzelne Gesichter voneinander unterschei-den kann. Dass Personen auf den Bildern nicht identifi-ziert werden könnten, ist also eine weitere Unwahrheit,die sich in viele Unwahrheiten einreiht, die wir hier be-reits gehört haben
und die von der Bundesregierung in Antworten auf An-fragen niedergeschrieben wurden. Ich glaube der Regie-rung einfach nicht, wenn sie sagt, dass diese ominösenTiefflüge, zum Beispiel über den Camps, rein zufälligstattgefunden haben.Liebe Kolleginnen und Kollegen, im offiziellen Be-richt steht, die Luftbilder des Camps Reddelich undWichmannsdorf wurden ausschließlich im Auftrag derBAO Kavala gefertigt. Die Bundesregierung behauptetnun, von den zusätzlichen Flügen nichts gewusst zu ha-bfmPWdddsSsgümdBshzugmewrDKMssItwmdl
Nun erteile ich für die CDU/CSU-Fraktion das Wort
em Kollegen Ulrich Adam.
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-egen! Meine Damen und Herren! Die von den Grünen
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Ulrich Adamverlangte Aktuelle Stunde geht völlig an den Tatsachenvorbei.
Die von der Bundeswehr erbrachten Leistungen währenddes Gipfels sind und waren nach Art. 35 Abs. 1 desGrundgesetzes rechtmäßig. Dies hat insbesondere derschon erwähnte detaillierte Bericht am heutigen Morgenim Verteidigungsausschuss gezeigt.Die Bundeskanzlerin und die Bundesregierung kön-nen neben der erfolgreichen Ratspräsidentschaft auch ei-nen ebenso erfolgreichen G-8-Gipfel in Heiligendammverbuchen. Die Ministerin Wieczorek-Zeul hat das Er-gebnis als Erfolg für die Menschen in Afrika bezeichnet.Im Bereich der Klimapolitik wird der Kollege Gabrielauf die Einsichten der USA, dass eine aktive Klimapoli-tik notwendig ist, aufbauen können. Die Einigung derwichtigsten Industriestaaten ist ein richtungsweisendesSignal für die Stärkung der Klimapolitik im Rahmen derVereinten Nationen, so der Umweltminister nach demGipfel.Wir sind uns doch sicherlich alle dessen bewusst, dassein derartiger Gipfel mit seiner notwendigen Logistikund Sicherheit nicht binnen weniger Wochen geplantund durchgeführt werden kann.
Es wurde schon erwähnt, dass es die ehemalige rot-roteLandesregierung von Mecklenburg-Vorpommern war,die das Amtshilfeersuchen gestellt hat.
Die Behauptung, dass die Linke, die damals noch PDShieß, davon nichts gewusst habe, ist schlicht Unsinn.Denn die damalige Landesregierung hat finanzielle Mit-tel für den Gipfel eingestellt; das ist nun einmal erwie-sen. Deswegen kann man sich jetzt nicht hier hinstellenund so tun, als hätte man nichts gewusst.
Natürlich haben die Planer auch die Erfahrungen ver-gangener Gipfel einfließen lassen. Zu den notwendigenVorbereitungen gehörten die sanitätsdienstliche Versor-gung der eingesetzten Polizisten und Helfer sowie dieGewinnung von Aufklärungsdaten durch die Polizei.Angesichts der Tatsache, dass die benötigten Mittel inDeutschland und Europa bei keiner Polizei vorhandensind, lag es natürlich nahe, ein Amtshilfeersuchen in gro-ßem Umfang an das Verteidigungsministerium zu rich-ten.Angefragt und bereitgestellt wurden: Unterbringungund Verpflegung, Personentransport mit Hubschraubernund Seetransport, medizinische Betreuung, Aufklärungs-und Radartechnik sowie Aufklärungsflüge, die NutzungdtBBhggltaFM2WumudksvhmzbWHrKifdHiDSvffW
ereits bei den vergangenen Flutkatastrophen wurdenierzu Tornados erfolgreich eingesetzt. Um Veränderun-en festzustellen, musste man mindestens zweimal flie-en. Von den sieben durchgeführten Flügen waren ledig-ich drei erfolgreich. Die anderen wurden wegenechnischer Schwierigkeiten abgebrochen bzw. warenufgrund der Witterung nicht möglich. Lediglich beimlug am 5. Juni – das wurde schon gesagt – wurde dieindestflughöhe von 500 Fuß für eine Minute und2 Sekunden unterschritten – auch dies nur aufgrund deritterung. Dennoch wird diese Abweichung natürlichntersucht und gegebenenfalls zu Disziplinarmaßnah-en führen.Aufgrund der massiven Gewalt zu Beginn des Gipfelsnd der fortgesetzten Störungen hat sich das Konzept je-och nicht nur als notwendig erwiesen; es war auch ineiner Weise überzogen. Der professionelle Einsatz deschwarzen Blocks hat gezeigt, dass eine große Anzahlon Polizeibeamten erforderlich war. Diese Gewalttäteratten systematisch Steine und anderes Material gesam-elt. Ihr Ziel waren Gewalt und die Verletzung von Poli-isten. Selbst vor friedlichen Demonstranten machten sieei ihren Gewaltexzessen keinen Halt.
ie positiv der Gipfel von den Menschen in und umeiligendamm aufgenommen wurde, zeigt unter ande-em die spontane Versorgung von Polizeieinheiten mituchen.Abschließend möchte ich der Bundeskanzlerin fürhre unermüdlichen Bemühungen, diesen Gipfel zum Er-olg zu führen, danken. Landesinnenminister Caffieranke ich für die gute Vorbereitung und das konsequenteandeln zur Erhaltung des sicheren Ablaufs des Gipfelsn Heiligendamm.
en vielen ungenannten Polizistinnen und Polizisten,oldatinnen und Soldaten, Helfern vom DRK, THW undon der Feuerwehr sowie allen zivilen Helfern danke ichür die geleistete Arbeit. Ohne sie wäre dieser G-8-Gip-el weder möglich noch ein Erfolg geworden.Vielen Dank.
Nächster Redner ist nun der Kollege Wolfgangieland für die Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen.
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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich weißnicht, ob jemand hier im Saal noch weiß, wer WilliWeyer war – vielleicht Frau Piltz. Er war einmal Innen-minister in Nordrhein-Westfalen. Von ihm ist der schöneSatz überliefert – das war zu Beginn der Zeit des Terrorsder RAF –: „Wir müssen die Bürger an Polizisten mitMaschinenpistolen so wie an das Steuernzahlen gewöh-nen.“ Was jetzt in Heiligendamm geschehen ist, erinnertmich an diese Melodie: Wir müssen die Bürgerinnen undBürger insbesondere bei Großereignissen an den Einsatzder Bundeswehr so wie an das Steuernzahlen gewöhnen.Was insbesondere der Bundesinnenminister, der unsalle seit Monaten mit seiner – wie Kollege Edathy sagte –Obsession hinsichtlich des Einsatzes der Bundeswehr imInneren genervt hat, bisher nicht durch eine Grund-gesetzänderung oder einzelgesetzlich erreicht hat, solljetzt offenbar durch die normative Kraft des Faktischenerzielt werden.
Von uns erwartet man, dass wir das alles, was hier ge-schehen ist, für Zufall halten, geboren aus einem Amts-hilfebedürfnis des Innenministers von Mecklenburg-Vorpommern, den – bei allem Respekt – vor dem Gipfelin Heiligendamm nun wahrlich niemand kannte. Hier isteine gezielte Strategie angewendet worden.
Kollege Arnold hat die kritischen Punkte aufgezählt.Auch der Hubschraubereinsatz gehört nach unserer Mei-nung zu den klärungsbedürftigen Punkten. Man musswirklich deutlich sagen: Wenn die Bundeswehr bisherbei Großereignissen eingesetzt wurde, haben wir von ei-nem Agieren hinter den Kulissen gesprochen. Wir Grü-nen haben zur Fußballweltmeisterschaft gesagt: Wirschlucken sogar den Einsatz der AWACS, wenn diesdenn einen Sinn macht, wenn mit ihnen aufgeklärt wer-den kann, ob Raketen auf Stadien gerichtet sind. Das waraber etwas anderes als das, was in Heiligendamm ge-schehen ist. Hier war die Bundeswehr integraler Be-standteil der staatlichen Machtausübung. So ist sie auf-getreten. Das sollte so sein, und das lehnen wir auf dasSchärfste ab.
Wir fragen auch hier nach der Beteiligung des Bun-destages. Wenn die Bundeswehr zehn Militärbeobachternach Afrika entsendet, dann wird im Bundestag zu Rechtdarüber debattiert und zu Recht in der Regel namentlichdarüber abgestimmt. Aber was ist, wenn die Bundeswehrim Inneren eingesetzt wird? Und das war ohne jedeFrage ein Einsatz!
Ich fand es sehr ehrenwert, dass sich der Herr Staats-sekretär hier für das eine Flugzeug, das zu tief geflogenist, entschuldigt hat. Für uns ist das aber nur ein Teil desPga4rbfFvnm–ZIDd–sFddLsnntsidRtnWdpShuB
Herr Schäuble hat gestern im Rahmen der vom „Han-elsblatt“ veranstalteten Sicherheitskonferenz gesagtich habe meinen Augen nicht getraut, als ich das gele-en habe –, die Unterscheidung zwischen Völkerrecht imrieden und Völkerrecht im Krieg passe nicht mehr aufie neuen Bedrohungen. Man müsse auch die Frage nacher Eliminierung von Topterroristen wie Osama Binaden stellen. Wörtlich sagte er: „Alte Formen der klas-ischen Unterscheidungen“ von Krieg und Frieden seienicht länger haltbar. – Was soll denn das heißen? Er willicht nur – wie bisher – den Unterschied zwischen Mili-är und Polizei einebnen; er will auch gleich den Unter-chied zwischen Krieg und Frieden einebnen. Dazu sagech ganz bewusst: Einen solchen Quatsch habe ich iniesem Land das letzte Mal von Gefangenen aus derAF gehört, die uns erzählen wollten, dass in den Me-ropolen Krieg herrsche, sie Kriegsgefangene seien undach der Genfer Konvention zu behandeln seien.
o soll das denn hinführen? Dann haben wir permanenten Kriegszustand, Herr Binninger. Gerade Sie als Ex-olizist müssten am schärfsten widersprechen.
chwarze Blöcke, von denen Ihr Kollege gesprochenat, sind eine Aufgabe für eine professionelle Polizeind nicht für das Militär. Ein solches Denken, das alleegriffe verwischt und alle Grenzen einreißt, führt nach
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11032 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007
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Wolfgang WielandGuantánamo. Das wollen wir aber nicht. Dazu muss manscharf Nein sagen.
Nun hat das Wort der Kollege Hans-Peter Bartels für
die SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Damitwir nicht die Maßstäbe verlieren, will ich nicht beiGuantánamo anknüpfen. Ich will eine Vorbemerkungmachen: Dass alles gut gegangen ist – unter Sicherheits-aspekten ist der Gipfel letztlich gut abgelaufen; die Pro-bleme, die man im Vorfeld erkannt hat, konnte man imGriff behalten –, ist auch denjenigen zu verdanken, diefür die innere Sicherheit verantwortlich waren. Das wa-ren in erster Linie die Polizeibeamtinnen und Polizei-beamten,
aber auch diejenigen, die diese Arbeit im Wege derAmtshilfe – das war nicht nur die Bundeswehr – unter-stützt haben.
Das Problem ist doch, dass Sicherheit nicht selbstver-ständlich ist in einer Zeit, in der Terroristen jeden Bürgerbedrohen können – das haben wir jetzt wieder in Eng-land gesehen –, sie selbstverständlich auch solche Ereig-nisse stören können und es gewaltbereite Autonomegibt, wie sie sich auch in Heiligendamm bemerkbar ge-macht haben. Insofern war nicht alles paletti und ganzeinfach. Diese schwierige Lage musste man im Griff ha-ben.Nun komme ich zu dem, über das wir als Parlamentdiskutieren müssen. Wo sonst sollen wir darüber reden,wie die staatlichen Instrumente eingesetzt werden und inwelchem Verhältnis sie zueinander stehen? Amtshilfe istprinzipiell absolut richtig. Rainer Arnold hat darauf hin-gewiesen, dass wir in fast allen Fällen kein Problem da-mit haben. Aber wir haben ein Problem damit, dass zurAbsicherung des Hausrechts Feldjäger eingesetzt wer-den. Das ist nicht deren Job. Feldjäger sind zur Absiche-rung militärischer Sicherheitsbereiche da. Für das Haus-recht ist zunächst einmal der Hausherr zuständig unddann, wenn das nicht reicht, die Polizei. Das kann nichtdie Bundeswehr machen.Zwei Tornado-Einsätze wurden beantragt und sind ge-nehmigt worden. Das ist korrekt; das finden wir in Ord-nung. Mit den Aufklärungsmitteln, die die Bundeswehrhat, also mit den Tornados, kann man Veränderungen imStraßenbild erkennen und daraus Schlüsse ziehen, ob esManipulationen gegeben hat, die möglicherweise Ge-fährdungen mit sich bringen. Dass dann sieben Flügestattgefunden haben, mag ja erklärlich sein. Aber manmuss diese beantragen, sie müssen genehmigt werden,umnnwwrwFEhMWmdbsrhwdZ–drsDciegpdwEgdiimEaenfDmnEDuhw
Das hat nichts mit der Verfassung zu tun, sondern miter konkreten Ausgestaltung von Abläufen im Ministe-ium.Hier wurde angesprochen, Eurofighter und Phantomeien eingesetzt worden. Das ist ein ganz anderer Punkt.abei handelt es sich um die Dauereinsatzaufgabe „Si-herung des deutschen Luftraums“, den die Luftwaffemmer hat. Wenn solche Großereignisse stattfinden, wirdtwas mehr getan als im Normalfall. Aber es sind dieleichen Alarmrotten; es ist die gleiche Einsatzphiloso-hie. Es fliegen Flugzeuge über den deutschen Luftraum,ie die Sicherheit – das Airpolicing, wie man sagt – ge-ährleisten sollen; natürlich auch in einem solchen Fall.s wäre aberwitzig, wenn die Luftwaffe diese Aufgabeerade dann nicht übernehmen würde oder könnte.Zum Tornado-Überflug über das Camp, unabhängigavon, ob er gemeldet war oder nicht: Dass ein Tornadom Tiefflug über ein Camp mit Demonstranten brettert,st nicht akzeptabel. Das hätte sicher auch nicht geneh-igt werden können, wenn es so beantragt worden wäre.s ist ja nicht genehmigt worden. Offenbar geschah diesuf dem kleinen Dienstweg. Dann gab es vielleicht nochin besonderes Engagement des Piloten, das aber soicht akzeptabel ist. Demonstrationscamps müssen nichtotografiert werden, und man muss sie auch nicht zuremonstration möglicher Macht überfliegen. Das kannan einfach abstellen. Ich habe dem Bericht auch ent-ommen, dass in diesem Zusammenhang disziplinärermittlungen eingeleitet worden sind.
as ist richtig. Genau so muss man mit solchen Fällenmgehen, wenn sie bekannt werden. Das Ministeriumat jetzt die Entscheidung getroffen, dass es bekanntird.
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Dr. Hans-Peter BartelsLetzter Punkt. Wir können diese Debatte nicht imluftleeren Raum führen, sondern es geht immer darum,dass wir klarmachen, wo die Grenzen sind. Wir wollennicht, dass Fakten geschaffen werden, dass schleichendetwas verändert wird, das sich bewährt hat. Bewährt hatsich die Arbeitsteilung bezüglich der Aufgaben der Poli-zei im Inland und der Aufgaben, die die Bundeswehr inanderen Fällen im Ausland und in Amtshilfe – das istklar definiert – im Inland ausüben kann. An dieser klarenAufgabenteilung halten wir fest.Schönen Dank.
Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun das Wort der
Kollege Helmut Brandt.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnenund Kollegen! Über den G-8-Gipfel zu diskutieren,heißt, zunächst herauszustellen, dass der Gipfel erstensdurch den außerordentlichen Einsatz und das Geschickder Bundeskanzlerin zum Erfolg geführt wurde und dasszweitens den Chaoten, die die friedlichen Demonstratio-nen für ihre Zwecke missbraucht haben, durch den er-folgreichen Einsatz der Polizei Einhalt geboten wurde.
Unser Dank dafür gilt an erster Stelle der Bundeskanzle-rin bzw. der Bundesregierung insgesamt, aber auch allenwährend des Gipfels eingesetzten Sicherheitskräften.Nun wurde vonseiten der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen eine Aktuelle Stunde mit den Behauptungenverlangt, es sei Kritik am Fehlen der verfassungsrechtli-chen Grundlagen für den Einsatz der Bundeswehr gegendie Demonstrantinnen und Demonstranten zu üben, undes gebe hierzu widersprüchliche Aussagen der Bundes-regierung gegenüber dem Bundestag.
Zunächst weise ich die Formulierung, der Einsatzhabe sich gegen die Demonstrantinnen und Demonstran-ten gerichtet, entschieden zurück.
– Frau Jelpke, der Einsatz aller Sicherheitskräfte ein-schließlich der in Amtshilfe handelnden Bundeswehrdiente allein der Sicherheit des Gipfels und der Sicher-heit der Demonstrantinnen und Demonstranten. Erdiente ausschließlich der Gewährleistung des Versamm-lungsrechts sowie des Demonstrationsrechts und richtetesich gegen die Rechtsbrecher, die sich unter die De-monstrantinnen und Demonstranten gemischt hatten –sonst gar nichts.–bGllvfAAgdpARVsgAtUdaismgbkgAdbtntJDvcrsdsmdMSn
Möglicherweise waren Sie dabei, Frau Jelpke; das ha-en Sie selbst zu verantworten.Eine Bemerkung am Rande: Die Veranstalter solcherroßdemonstrationen – Frau Jelpke, das sollten Sie viel-eicht weitergeben – sollten aus den Vorkommnissen ge-ernt haben, sich künftig inhaltlich wie räumlich deutlichon den Chaoten zu distanzieren.Vom Fehlen einer verfassungsrechtlichen Grundlageür den Bundeswehreinsatz kann keine Rede sein.rt. 35 Abs. 1 des Grundgesetzes ist insoweit eindeutig.lle Behörden des Bundes und der Länder leisten sichegenseitig Rechts- und Amtshilfe. Das allein zustän-ige Innenministerium des Landes Mecklenburg-Vor-ommern hat diese Amtshilfe auf der Grundlage vonrt. 35 Abs. 1 des Grundgesetzes erbeten und sie imahmen der vom Bundesverfassungsgericht gemachtenorgaben erhalten. Dies gilt nicht nur für die logisti-chen Hilfestellungen, sondern auch für den Einsatz desepanzerten Aufklärungssystems Fennek sowie für dieufklärungsflüge mit Tornado-Flugzeugen. Beide Sys-eme waren unbewaffnet. Sie wurden ausschließlich zurnterstützung der polizeilichen Arbeit vor Ort genutzt,a die technische Ausstattung der Polizei insoweit nichtusreicht bzw. eine solche Ausstattung nicht vorhandent.Zudem kamen Tornado-Flugzeuge auch in Gleneaglesit dem gleichen Auftrag zum Einsatz. Die damalsewonnenen Erkenntnisse wurden vom Land Mecklen-urg-Vorpommern zum Anlass genommen, diese Auf-lärungsmittel zur Sicherung des G-8-Gipfels in Heili-endamm ebenfalls in Anspruch zu nehmen. Eine solchemtshilfe ist von Art. 35 Abs. 1 des Grundgesetzes ein-eutig gedeckt.
Meine Damen und Herren, bei vielen Großeinsätzen,eispielsweise beim Papstbesuch oder beim Weltjugend-ag, werden vergleichbare Amtshilfen in Anspruch ge-ommen. In diesen Fällen würde niemand die Behaup-ung aufstellen wollen, dass von den dort versammeltenugendlichen oder gar vom Papst eine Gefahr ausginge.ie Aufklärung ist in diesen Fällen nur erforderlich, umon außen einwirkende Störer zu erkennen und entspre-hende Handlungen zu unterbinden. Wenn diese Aufklä-ungsarbeit bei Veranstaltungen rechtens ist, von denenelbst keine Gefahr ausgeht, dann müssen diese Einsätzeoch erst recht gerechtfertigt sein, wenn von der Veran-taltung selbst, beispielsweise durch Missbrauch des De-onstrationsrechts, Gefahren ausgehen. Dann muss dasoch erst recht gelten.
ithin frage ich die Antragsteller dieser Aktuellentunde, weshalb dies ihrer Auffassung nach ausgerech-et in diesem Fall nicht so sein sollte.
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Helmut BrandtAnders als sich der Kollege Wiefelspütz – leider ist erheute nicht da – im Innenausschusse geäußert hat, binich nicht der Auffassung, dass der eine Tiefflug eineZwangswirkung auf die Demonstranten hatte. Jedenfallswar eine solche Wirkung nicht beabsichtigt. Heute istdieser Vorfall auch entschuldigt worden.Mithin gilt: Veranlasser des Bundeswehreinsatzes wardas Land Mecklenburg-Vorpommern. Der Einsatz findetseine verfassungsrechtliche Grundlage in Art. 35 Abs. 1des Grundgesetzes. Er war rechtens, notwendig und an-gemessen.
Zum Schluss möchte ich noch auf die Behauptungeingehen, die Bundesregierung habe unterschiedlicheAuskünfte erteilt. Heute ist mehrfach deutlich geworden,dass die Bundesregierung stets offen und vollständig in-formiert hat, sogar noch in der heutigen Sitzung des Ver-teidigungsausschusses. Es ist bedauerlich, dass dieDurchführung eines Treffens von demokratisch gewähl-ten Staatsführern heutzutage offensichtlich nur noch mitsolch immensem personellen und sachlichen Aufwandgewährleistet werden kann. Der Erfolg des G-8-Gipfelsund der Beweis dafür, dass unser demokratischerRechtsstaat nicht erpressbar ist, haben diesen Einsatz ge-rechtfertigt.Ich danke Ihnen.
Das Wort hat nun der Kollege Wolfgang Gunkel für
die SPD-Fraktion.
Meine Damen und Herren! Nachdem hier über denEinsatz der Bundeswehr beim G-8-Gipfel schon reich-lich debattiert worden ist, will ich doch noch einmal ei-nen Blick darauf richten, welche Möglichkeiten die Poli-zeikräfte haben. Ich will damit darstellen, dass hierkeineswegs ein polizeilicher Notstand oder Ähnlichesvorlag.
– Ich will ja gerade darstellen, was für Möglichkeiten esgibt. Lassen Sie mich das bitte in aller Ruhe machen,Frau Stokar; dann kommen wir vielleicht zu dem, wasSie gerne hören möchten!
Zunächst einmal ist festzustellen, dass die Polizei beiGroßeinsätzen aller Art – die Fußballweltmeisterschafthat das bewiesen – zu Wasser, zu Lande und in der LuftjHDvkNdkdnAmziszFnÄCswzznLsadgnvdIdrEmftvnieE
azu ist die Bundespolizei sehr wohl in der Lage: Sieerfügt über Hubschrauber, die sogar mit Wärmebild-ameras ausgerüstet sind und jederzeit, bei Tage und beiacht, Aufklärungsergebnisse liefern können. Auch an-ere Aufklärung, auf dem Lande nämlich, durch Polizei-räfte, die man mit Nachtsichtgeräten ausrüsten kann, isturchaus möglich und erbringt beste Aufklärungsergeb-isse, die in die polizeiliche Lagebeurteilung einfließen.
ll das hätte man machen können und aus meiner Sichtachen müssen. Ich kann nicht verstehen, weshalb extrau diesem Zwecke die Bundeswehr eingesetzt wordenst. Da liegt natürlich eines nahe: dass man es in gewis-er Weise testen wollte, die Bundeswehr mit ihren Flug-eugen die Aufklärungsarbeit machen zu lassen.
Soweit ich aus den Berichten weiß, sind die beidenlüge vor Beginn des Gipfels beantragt und auch so ge-ehmigt worden, wegen der Geländebeschaffenheit undhnlichem. Die Dinge, die geschehen sind, als dasamp belegt war, sind keineswegs genehmigt worden,ondern in eigener Zuständigkeit durchgeführt worden –er das im Einzelnen zu verantworten hatte, wird nochu prüfen sein; derjenige wird sich dafür sicherlich nochu verantworten haben. Insgesamt war dieser Einsatzach meiner Einschätzung nicht erforderlich, und dasand Mecklenburg-Vorpommern hätte – das hat eschließlich und endlich auch bewiesen – diesen Einsatzuch ohne die Hilfe der Bundeswehr in dieser Formurchführen können.Wer hier immer wieder Amtshilfe reklamiert, weißenau, dass es bei der Amtshilfe rechtlich so ist, dass sieicht nur vom Anfordernden zu prüfen ist, sondern auchon demjenigen, der sie leistet. Da spielt der Grundsatzer Verhältnismäßigkeit eine wesentliche Rolle.
m Polizeirecht und in den rechtlichen Gegebenheiten,ie für derartige Einsätze gelten, hat das Verfassungs-ang. Ich glaube, das ist bei der Durchführung diesesinsatzes vergessen worden; denn es ist nicht verhältnis-äßig, wenn man im Tiefflug über Menschen hinweg-liegt zu einem Zweck, der für denjenigen, der davon be-roffen ist, nicht ohne Weiteres zu erkennen ist. Das wäreermeidbar gewesen; insofern glaube ich nicht, dass esotwendig war.Zu dem Einsatz, den Sie immer wieder beschreiben,st zu sagen: Ich danke natürlich den Polizeibeamten, dies trotz der Schwierigkeiten ermöglicht haben, dieseninsatz zu einem Erfolg zu machen. Das wäre aber auch
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Wolfgang Gunkelohne Unterstützung der Bundeswehr möglich gewesen.Angesichts dessen, was heute in der Presse steht, undwenn das Gespräch jetzt wiederum auf diesen Einsatzkommt und er – jetzt auch von der Bundeskanzlerin – alsAnlass genommen wird, erneut zu fordern, die Bundes-wehr künftig auch im Innern einzusetzen und die klassi-sche Trennung zwischen innerer und äußerer Sicherheitaufzuheben – das sei nicht mehr modern –, müssen wirden Schluss ziehen: Diese Trennung ist hochmodern.
Das ist in der Verfassung so vorgeschrieben, und unserGrundgesetz ist kein Gemischtwarenladen, kein Ge-müseladen, den man ständig neu bestücken kann.
– Herr Kollege Binninger, es ist doch vollkommen klar,dass das, was im Grundgesetz vorgesehen ist, durch dieBundeswehr geleistet werden muss; das haben wir nieinfrage gestellt.
Aber das, was hier gemacht wird, ist Einsatzunterstüt-zung für die Polizei, hilfsweise für die Polizei tätig wer-den; das ist eben nicht durch Art. 35 Abs. 1 des Grund-gesetzes abgedeckt.
Sie wissen ganz genau – aus der Diskussion über dasLuftsicherheitsgesetz –, dass wir deutlich gesagt haben:Selbstverständlich muss nach dem Urteil des Bundesver-fassungsgerichts darüber nachgedacht werden, wie maneinen solchen Fall in der Verfassung absichert. Auchdarüber diskutieren wir mit Ihnen schon lange. Wir sindauch bereit, mit Ihnen darüber weiter zu sprechen. Wirsind aber nicht bereit, zu akzeptieren, dass hier eine Sa-che unterlaufen wird, was Sie mit Amtshilfe verbrämenund letztendlich darauf hinausläuft, dass die Bundes-wehr im Innern eingesetzt werden kann.
Das ist auch nicht für den Objektschutz notwendig,der heute wieder eingefordert wurde. Die armen Bundes-wehrsoldaten sollen als Hiwis vor irgendwelche Objektegestellt werden. Ich sage einmal: Man muss auch dieSoldaten verstehen. Einige müssten sich dafür zu schadesein. Wenn Sie die Soldaten einmal fragen, dann werdenSie erfahren, dass sie sich dafür auch zu schade sind. DieBundeswehr selbst lässt ihre Objekte, die ebenfalls be-droht sind, durch den zivilen Objektschutz, also durchPrivatfirmen, schützen. Andererseits soll sie aber vor öf-fentlichen Gebäuden stehen und dort Objektschutz be-treiben. Ich glaube nicht, dass man das vermitteln kann.Das kann auch nicht Sinn und Zweck sein.
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Sicher. Ich bin aber der Auffassung, dass dies in die-em Fall überzogen worden ist. – Ich bin der Letzte, deriesen Gipfel gefährden wollte; das wissen Sie ganz ge-au. Sie wissen genau, dass ich eher bereit bin, Dinge zuolerieren, die vielleicht gerade noch am Rande der Le-alität sind.
as, was Sie uns verkaufen wollen, hat mit dem Rander Legalität aber nichts zu tun; das ist rechtswidrig.
Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen.
Ich komme zum Schluss. – Diese kurze Retrospek-
ive, die ich gebracht habe, dient einzig und allein dazu,
ines für meine Fraktion noch einmal festzustellen: Wir
erden die innere und die äußere Sicherheit weiterhin
rennen. Die innere Sicherheit ist Aufgabe der Polizei,
ie äußere Sicherheit ist Aufgabe der Bundeswehr. Da-
ei soll es bleiben.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Nächster Redner ist der Kollege Gert Winkelmeier.
Frau Präsidentin! Sehr geehrten Damen und Herren!ch möchte hier einmal dem Gebrauch des Begriffsmtshilfe klar widersprechen.
s handelt sich hier nicht um Amtshilfe. Die Bundes-ehr wurde im Innern eingesetzt, und das war grundge-etzwidrig.Sie können nicht mit Art. 35 Abs. 1 Grundgesetz ar-umentieren.
Herr Kollege, Sie müssen weiterlesen. Sie müssen sichuch den Abs. 2 durchlesen. Dies sage ich auch an diedresse der Zuschauer, die das zu Hause im Grundge-etz einmal nachlesen können. In Abs. 2 wird nämlichlar geregelt, was Amtshilfe bedeutet. Amtshilfe bedeu-et – ich zitiere aus dem Grundgesetz –:Zur Hilfe bei einer Naturkatastrophe oder bei einembesonders schweren Unglücksfall kann ein Land
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Gert WinkelmeierPolizeikräfte anderer Länder, Kräfte und Einrich-tungen anderer Verwaltungen sowie des Bundes-grenzschutzes und der Streitkräfte anfordern.Herr Kollege, das ist hier klar geregelt. Sie hätten sichdas vorher durchlesen müssen.Von daher komme ich zu ganz anderen Schlüssen. Beidiesem Einsatz ging es darum, auszutesten, inwieweitdie Bundeswehr heute schon im Innern eingesetzt wer-den kann; denn die Demonstrationen zum G-8-Gipfelwaren weder eine Naturkatastrophe noch ein besondersschwerer Unglücksfall. Es ging um das Austesten derMöglichkeiten.Das passt auch genau in folgende Situation: Nachdemwir jahrelang über die Militarisierung der Außenpolitikgeredet haben, geht es jetzt darum, eine Diskussion überdie Militarisierung der Innenpolitik zu führen, die Siemit Ihrem Herrn Schäuble ja scheinbar erreichen wollen.Es ist verhängnisvoll, dass auch die Bundeskanzlerin ingenau dieselbe Kerbe schlägt und befürwortet, dass sichdie Grenzen verwischen und die Bundeswehr im Innerneingesetzt werden kann. Die Linke wird hier entschei-denden Widerstand leisten, damit dies nicht passierenwird.Nun noch ein Gedanke zu den Tiefflügen. Man musssich das einmal vorstellen – das sage ich an die Adresseder Zuschauer –: Ein Tornado jagte in Mindestflughöhe,das heißt, in 500 Fuß – das sind 150 Meter –, über dieKöpfe der Leute hinweg. Diese Mindestflughöhe wurdeum noch einmal 119 Fuß unterschritten. Das heißt, wirreden über 120 Meter. Der Tacho des Tornados zeigteeine Geschwindigkeit von ungefähr 1 000 Stundenkilo-metern an, und davon fühlten sich die Demonstrantenbedroht. Das ist der Anfang der Einschüchterung wieauch einer Einschränkung der Demonstrationsfreiheit.
Das ist der Dissens, der zwischen uns besteht: Wäh-rend Sie alles verharmlosen wollen, zeigen wir klar auf,wohin nach Ihrer Ansicht die Reise gehen soll, nämlichhin zu einer Militarisierung der Innenpolitik. Dagegenwerden wir Widerstand leisten.Vielen Dank.
Nächste Rednerin ist die Kollegin Gabriele
Fograscher für die SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-gen! Wer immer wieder gebetsmühlenartig und stereotypden Bundeswehreinsatz im Inneren fordert, der musssich auch gefallen lassen, dass man sorgfältig daraufachtet, was die Bundeswehr im Einsatz – zum Beispielbeim G-8-Gipfel – tut.
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22 der 25 angeforderten Amtshilfeleistungen derundeswehr sind völlig unstrittig. Die drei Elementeieser Amtshilfe, die heute schon genannt wurden – derinsatz der Tornados, die Ausweitung der Flüge auf dieamps und der Tiefflug –, werden aufgearbeitet. Wirerlassen uns dabei auf die Aussagen des BMVg.Es geht um die gepanzerten Fahrzeuge, deren Fähig-eiten nur in sehr enger Kooperation mit der Polizei zuiner Lagebewertung führen können. Auch das sehenir kritisch. Es geht des Weiteren um die hohe Zahl deringesetzten Feldjäger, aber auch um den Objektschutzines Krankenhauses, in dem die Bundeswehr zwarausrecht hatte, das aber keine militärische Sicherheits-one war.Ich glaube, dass die heutige Diskussion gezeigt hat,ass wir die Einsätze im Hinblick auf die Notwendigkeitnd Verhältnismäßigkeit dieser Amtshilfeleistungen be-erten müssen.
eshalb müssen wir mit dem Koalitionspartner an dieufgabe herangehen, Art. 35 des Grundgesetzes, der diemtshilfe regelt, eventuell zu konkretisieren, aber auchie Grenzen aufzuzeigen.Für die SPD-Bundestagsfraktion sage ich: Wir wolleneinen Bundeswehreinsatz im Inneren. Wir werdenrt. 87 a des Grundgesetzes, der den Verteidigungsfallegelt, nicht angehen.
Das habe ich gerade gesagt. Wir sind bereit, Art. 35 zuonkretisieren, aber auch die Grenzen deutlich zu ma-hen. Wir sind aber nicht bereit, über die Ausweitunges Verteidigungsfalls und den generellen Einsatz derundeswehr im Inneren zu reden.Wir glauben, dass sich die Sicherheitsarchitektur innserem Land bewährt hat. Die Polizei ist gut ausgebil-et. Dort, wo sie nicht mehr den Erfordernissen entspre-hend ausgestattet ist, ist es Sache der Länder, eine ange-essene Ausstattung zu gewährleisten. Die Bundeswehrst für andere Aufgaben ausgebildet und ausgestattet.ir sehen keine Notwendigkeit, die Aufgaben der Poli-ei und der Bundeswehr zu vermischen.Ich glaube, dass wir gut daran tun, die Bundeswehricht zu einer Hilfspolizei in unserem Land werden zuassen. Die Diskussionen und die Aussagen vonseitener Bundeswehr und der Polizei zeigen, dass die CDU/SU mit ihren Forderungen zu diesem Thema ziemlichsoliert ist.
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Gabriele Fograscher
Deshalb ist es, glaube ich, an der Zeit, über die wirkli-chen Erfordernisse unter den bestehenden Bedrohungs-szenarien zu diskutieren und uns darauf einzustellen,aber ohne das provokative Wiederholen der Forderungnach dem Bundeswehreinsatz im Inneren.Danke schön.
Letzter Redner in dieser Debatte ist nun der Kollege
Clemens Binninger für die CDU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnenund Kollegen! Gestatten Sie mir vor meinem Beitrag,mich auf die Ausführungen des Kollegen Wieland zu be-ziehen.
Bei aller Wertschätzung, Herr Kollege Wieland, einesgeht nicht: dass Sie sich hierherstellen und eine Inter-viewaussage des Innenministers mit einer Aussage derRAF gleichsetzen; das ist eine Entgleisung. Ich bitte Sie,das zurückzunehmen.
Wenn Sie die Debatte sachgerecht führen wollen, emp-fehle ich Ihnen, verbal deutlich abzurüsten.Wenn wir heute Nachmittag über G 8 gesprochen ha-ben, kann man eindeutig sagen, es war technische Amts-hilfe, und sie war umfassend von Art. 35 Abs. 1 desGrundgesetzes gedeckt. Dort heißt es:Alle Behörden des Bundes und der Länder leistensich gegenseitig Rechts- und Amtshilfe.Diese ist sowohl in personeller als auch in technischerHinsicht möglich. So gab es personelle Amtshilfe im Be-reich des Sanitätswesens. Aber hier war vor allem tech-nische Amtshilfe notwendig. Sie wurde übrigens – umdie Scheinheiligkeit mancher Beiträge zu entlarven –von einer rot-roten Landesregierung angefordert. DieSPD würde in Teilen bis an die Grenze der Legalität ge-hen, haben wir gehört. Und die Ausführungen der Grü-nen habe ich schon kommentiert. Ich bitte doch sehr da-rum, dass wir uns an der Verfassungslage orientieren.Das heißt, dieser Einsatz war von der Verfassung ge-deckt.
Es war klassische technische Amtshilfe. Man solltesich vor Augen führen, weshalb sie notwendig war. DiePolizei wäre technisch gar nicht in der Lage gewesen,mnzhFnnHDdald„dteusmbBmbAwdfsEwMeIssaumtrgGe
Auch in Heiligendamm ging es um Aufklärung auser Luft mit einer Technik, die der Polizei nicht zur Ver-ügung steht. Deshalb ist es von Art. 35 Abs. 1 Grundge-etz gedeckt. Es mag Ihnen nicht gefallen, aber derinsatz ist verfassungsrechtlich auf einer stabilen, ein-andfreien Grundlage.Etwas anderes ist es, wenn man sich einmal die wahreotivation der Grünen für die Beantragung dieser Aktu-llen Stunde ansieht. Es fällt auf, dass die Flüge, die vonhnen so vehement beanstandet werden – Sie versuchen,ie zu dramatisieren –, am 5. Juni von niemandem bean-tandet wurden, genauso wenig wie am Tag danach. Erstls Sie auf der verzweifelten Suche nach Argumenten,m etwas an dem G-8-Einsatz schlechtzureden, nichtsehr gefunden haben, fiel Ihnen mit fünf Tagen Verspä-ung ein, dass Sie diesen Einsatz noch einmal thematisie-en könnten. Was Sie hier gemacht haben, ist weniglaubwürdig.
enauso war es. Am Tag selber und am Tag danach gabs gar keine Kritikpunkte.
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(C)
(D)
Clemens BinningerErst mit fünf Tagen Verspätung haben Sie erkannt, dassman hier etwas kritisieren könnte. Deshalb ist Ihr Antragwenig glaubhaft.
Nach den Krawallen in Rostock werden Sie dochnicht ernsthaft infrage stellen, dass die Polizei eines Lan-des wie Mecklenburg-Vorpommern und der Innenminis-ter von Mecklenburg-Vorpommern, der alles dafür tunmuss, dass diese Veranstaltung und die Demonstrationensicher ablaufen können, auch technische Möglichkeitenausschöpfen müssen, wenn gesagt wird, dass sonst dieSicherheit nicht gewährleistet werden kann. Deshalb wares notwendig.
Sie versuchen hier, mit der Sicherheit unseres Landeszu spielen, um ein paar Aufmerksamkeitspunkte auf derpolitischen Richterskala einzuheimsen. Das ist das Ein-zige, Sie werden kein Beben auslösen, Sie werden bes-tenfalls etwas heiße Luft produzieren – aber mehr amEnde nicht –, weil der Einsatz rechtlich und technischeinwandfrei war.Herzlichen Dank.
Die Aktuelle Stunde ist damit beendet.
Wir sind am Schluss unserer heutigen Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf morgen, Donnerstag, den 5. Juli 2007,
9 Uhr, ein.
Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.
Die Sitzung ist geschlossen.