Protokoll:
16104

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 16

  • date_rangeSitzungsnummer: 104

  • date_rangeDatum: 20. Juni 2007

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  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 17:36 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 16/104 BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10661 C Dr. Annette Schavan, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Annette Schavan, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Schneider (Saarbrücken) (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Annette Schavan, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrike Flach (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Annette Schavan, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/ Tagesordnungspunkt 2: Fragestunde (Drucksachen 16/5683, 16/5707) . . . . . . . . . . Dringliche Frage 1 Cornelia Hirsch (DIE LINKE) Bewertung der Ergebnisse der diesjährigen Sozialerhebung des Deutschen Studenten- werks durch die Bundesregierung Antwort Andreas Storm, Parl. Staatssekretär 10656 D 10657 B 10657 B 10657 D 10658 A 10658 C 10658 D 10661 D Deutscher B Stenografisc 104. Si Berlin, Mittwoch, d I n h a Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeord- neten Werner Dreibus . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 1: Befragung der Bundesregierung: Bericht zur technologischen Leistungsfähigkeit Deutsch- lands 2007 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Annette Schavan, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Johann-Henrich Krummacher (CDU/CSU) . . Dr. Annette Schavan, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 10655 A 10655 B 10655 B 10656 B 10656 B 10656 C DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Annette Schavan, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10659 B 10659 C undestag her Bericht tzung en 20. Juni 2007 l t : Jörg Tauss (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Annette Schavan, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Krista Sager (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Annette Schavan, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Cornelia Pieper (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Annette Schavan, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marcus Weinberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Dr. Annette Schavan, Bundesministerin 10660 A 10660 B 10660 D 10660 D 10661 A 10661 A 10661 B BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfragen Cornelia Hirsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 10661 D 10662 A II Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 104. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. Juni 2007 Dringliche Frage 2 Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Presseberichte über die angebliche Einwir- kung des Chefs des Bundeskanzleramtes auf den Ministerpräsidenten Sachsens an- gesichts der Unruhe in der sächsischen CDU Antwort Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfragen Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dringliche Frage 3 Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) Haltung der Bundesregierung zur weiteren Unterstützung der Operation Enduring Freedom vor dem Hintergrund der Tötung von sieben Kindern bei einem US-Luftan- griff in Afghanistan Antwort Gernot Erler, Staatsminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfragen Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . Dringliche Frage 5 Werner Dreibus (DIE LINKE) Eignung der im Koalitionsausschuss ver- einbarten Ausweitung des Arbeitnehmer- Entsendegesetzes bzw. der geplanten Rege- lung für tariffreie Branchen zur Lösung des Problems tariflicher Niedriglöhne Antwort Gerd Andres, Parl. Staatssekretär BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfragen Werner Dreibus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Dringliche Frage 6 Ulla Lötzer (DIE LINKE) Vorliegen eines bundesweit gültigen Tarif- vertrages als wichtige Voraussetzung für die Ausweitung des Arbeitnehmer-Entsen- degesetzes Antwort Gerd Andres, Parl. Staatssekretär BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfragen Ulla Lötzer (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . 10663 A 10663 B 10664 A 10664 B 10665 A 10665 A 10666 A 10666 A Dringliche Frage 7 Kornelia Möller (DIE LINKE) Haltung der Bundesregierung zur Einrich- tung eines Ausschusses für Mindestlohn für Branchen ohne tarifvertragliche Bin- dung vor dem Hintergrund seiner Abhän- gigkeit von wechselnden politischen Mehr- heiten Antwort Gerd Andres, Parl. Staatssekretär BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfragen Kornelia Möller (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Manfred Grund (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Dringliche Frage 8 Sabine Zimmermann (DIE LINKE) Haltung der Bundesregierung zu der Er- schwerung der Ausweitung des Arbeitneh- mer-Entsendegesetzes auf weitere Bran- chen angesichts des Erfordernisses einer tarifvertraglichen Deckung der jeweiligen Branche von mindestens 50 Prozent Antwort Gerd Andres, Parl. Staatssekretär BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfragen Sabine Zimmermann (DIE LINKE) . . . . . . . . Dringliche Frage 9 Sabine Zimmermann (DIE LINKE) Haltung der Bundesregierung zur Zu- nahme von Billigjobs im Briefdienst bei vollständiger Öffnung des Briefmarktes in Deutschland ab 2008 Antwort Hartmut Schauerte, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfragen Sabine Zimmermann (DIE LINKE) . . . . . . . . Mündliche Fragen 7 und 8 Jörg Rohde (FDP) Kenntnis der Bundesregierung über Ein- schränkungen contergangeschädigter Ohn- armer aufgrund von Parkproblemen sowie Maßnahmen zur Beseitigung dieser Ein- schränkungen, unter anderem durch Ertei- lung des Merkzeichens „aG“ zur Nutzung sogenannter Rollstuhlparkplätze Antwort Ulrich Kasparick, Parl. Staatssekretär BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfragen Jörg Rohde (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10667 A 10667 B 10667 D 10668 A 10668 B 10669 B 10669 C 10670 B 10670 D Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 104. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. Juni 2007 III Mündliche Fragen 10 und 11 Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Gründe für die Nichtveröffentlichung des Sicherheitskonzepts für das Transrapid- Projekt in München sowie für dessen Nichtaufnahme in die Planfeststellungsun- terlagen, Folgen für die rechtliche Anfecht- barkeit Antwort Achim Großmann, Parl. Staatssekretär BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfragen Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mündliche Frage 21 Wilhelm Josef Sebastian (CDU/CSU) Gründe der Bundesregierung für die Verweigerung eines Diplomatenpasses bzw. -ausweises für die Repräsentanten der Re- publik China auf Taiwan Antwort Gernot Erler, Staatsminister AA . . . . . . . . . . . Zusatzfragen Wilhelm Josef Sebastian (CDU/CSU) . . . . . . Mündliche Frage 22 Wilhelm Josef Sebastian (CDU/CSU) Gründe der Bundesregierung für die Ver- weigerung des Rechts auf ein Sonderkenn- zeichen für die Repräsentanten der Repu- blik China auf Taiwan Antwort Gernot Erler, Staatsminister AA . . . . . . . . . . . Zusatzfragen Wilhelm Josef Sebastian (CDU/CSU). . . . . . . Rita Pawelski (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Mündliche Frage 23 Angelika Krüger-Leißner (SPD) Haltung der Bundesregierung zur Erleich- terung der Ausländermeldepflicht und der Beantragung einer Aufenthaltsgenehmi- gung für Mitglieder der Vertretung von Taiwan in Deutschland Antwort Gernot Erler, Staatsminister AA . . . . . . . . . . . Zusatzfrage Angelika Krüger-Leißner (SPD) . . . . . . . . . . 10671 B 10671 C 10673 A 10673 B 10673 C 10673 D 10674 A 10674 C 10674 C Mündliche Frage 24 Angelika Krüger-Leißner (SPD) Haltung der Bundesregierung zur Befrei- ung taiwanesischer Bürger von der Visumpflicht bei einem Aufenthalt von bis zu 30 Tagen Antwort Gernot Erler, Staatsminister AA . . . . . . . . . . Zusatzfrage Angelika Krüger-Leißner (SPD) . . . . . . . . . . Mündliche Frage 25 Olav Gutting (CDU/CSU) Haltung der Bundesregierung zur Verwen- dung der Bezeichnung „Taiwan“ bei wirt- schaftlichen und kulturellen Veranstaltun- gen Antwort Gernot Erler, Staatsminister AA . . . . . . . . . . Zusatzfrage Olav Gutting (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Mündliche Frage 30 Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Kenntnisse der Bundesregierung über aus finanziellen Gründen geplante Einschrän- kungen der Qualität der Behandlung von Opiatabhängigen in den Städten sowie Auswirkungen der Einschränkungen auf die Ziele der Herointherapie Antwort Marion Caspers-Merk, Parl. Staatssekretärin BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mündliche Frage 31 Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Pläne der Bundesregierung zur Fortfüh- rung der finanziellen Unterstützung der Heroinambulanzen bzw. der Städte bei der Behandlung von Opiatabhängigen in den Städten Antwort Marion Caspers-Merk, Parl. Staatssekretärin BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mündliche Frage 32 Monika Knoche (DIE LINKE) Nichtzulassung von Diamorphin in die ärztliche Therapie trotz positiver Ergeb- nisse der Arzneimittelstudie zum Modell- 10675 A 10675 A 10675 B 10675 C 10675 D 10676 A IV Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 104. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. Juni 2007 projekt zur heroingestützten Behandlung Opiatabhängiger Antwort Marion Caspers-Merk, Parl. Staatssekretärin BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfragen Monika Knoche (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Mündliche Frage 33 Monika Knoche (DIE LINKE) Beurteilung der Bundesregierung hinsicht- lich der Ungleichbehandlung von Heroin- abhängigen bei der wohnortnahen Diamor- phinbehandlung Antwort Marion Caspers-Merk, Parl. Staatssekretärin BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfragen Monika Knoche (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Mündliche Frage 34 Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Maßnahmen der Bundesregierung zur Er- möglichung der Weiterführung der Hero- inbehandlung über den 30. Juni 2007 hi- naus Antwort Marion Caspers-Merk, Parl. Staatssekretärin BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzfragen Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Not- wendigkeit einer zukunftsfesten Pflegere- form im Verhältnis zu den pflegepoliti- schen Vorschlägen der Koalition Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Annette Widmann-Mauz (CDU/CSU) . . . . . . Heinz Lanfermann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Ulla Schmidt, Bundesministerin BMG . . . . . Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Willi Zylajew (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 10676 B 10676 C 10677 A 10677 B 10677 D 10678 A 10678 D 10680 A 10681 B 10683 A 10684 D 10685 C Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hilde Mattheis (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jens Spahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Margrit Spielmann (SPD) . . . . . . . . . . . . Maria Eichhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Dr. Carola Reimann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Elke Ferner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Gabriele Lösekrug-Möller (SPD) zur nament- lichen Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union (103. Sitzung, Tagesordnungspunkt 14 a) Anlage 3 Dringliche Frage 4 Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Etwaige Beteiligung von Tornado-Flugzeu- gen der Bundeswehr an der Vorbereitung oder Durchführung eines Luftangriffs auf ein Schulzentrum in Afghanistan Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 4 Mündliche Fragen 1 und 2 Monika Lazar (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Kenntnisse der Bundesregierung über die Häufung rechtsextrem motivierter Strafta- ten sowie Maßnahmen in Zusammenhang mit Ländern und Kommunen zur effizien- ten und zielorientierten Bekämpfung der- artiger Übergriffe Antwort Peter Altmaier, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10687 A 10688 A 10689 A 10690 A 10691 A 10692 A 10693 A 10694 C 10695 A 10695 B 10696 B 10696 C Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 104. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. Juni 2007 V Anlage 5 Mündliche Frage 3 Peter Hettlich (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Zielsetzung und Ergebnis des Gesprächs zwischen der Bundeskanzlerin und dem Kanzleramtsminister über die Korrup- tionsaffäre in Sachsen Antwort Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 6 Mündliche Frage 4 Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) Haltung der Bundesregierung zur Wer- bung des Parlamentarischen Staats- sekretärs beim Bundesministerium der Verteidigung Christian Schmidt für eine Rehabilitierung von General Werner Mölders Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 7 Mündliche Fragen 5 und 6 Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Gründe für die Auflösung des Referats 402 – Gender Mainstreaming, Gleichstellungs- gesetze, Antidiskriminierungsrecht – des Bundesministeriums für Familie, Senio- ren, Frauen und Jugend sowie Maßnah- men zur Wahrung der Kontinuität der Ar- beit Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 8 Mündliche Frage 9 Peter Hettlich (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Einführung von Energieausweisen erst zum 1. Juli 2008 und Gewährleistung der Wahlfreiheit zwischen bedarfs- und ver- brauchsorientierten Energieausweisen bis zum 1. Oktober 2008 Antwort Ulrich Kasparick, Parl. Staatssekretär BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10696 D 10697 A 10697 B 10697 D Anlage 9 Mündliche Fragen 12 und 13 Christoph Waitz (FDP) Einsparungen zur Erbringung der globa- len Minderausgaben im Haushalt 2007 des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien Antwort Dr. Hans Bernhard Beus, Staatssekretär BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 10 Mündliche Frage 14 Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Ablehnung der Akkreditierung von Jour- nalisten für die Berichterstattung über den G-8-Gipfel in Heiligendamm durch das Bundespresseamt in neun Fällen Antwort Dr. Hans Bernhard Beus, Staatssekretär BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 11 Mündliche Frage 15 Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) Einbeziehung der an den Verhandlungen zur UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen als Mitglie- der der deutschen Delegation in New York beteiligten Vertreter der Behindertenbewe- gung in die Erarbeitung deren offizieller deutscher Übersetzung Antwort Gerd Andres, Parl. Staatssekretär BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 12 Mündliche Fragen 16 und 17 Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Teilnahme des Parlamentarischen Staatsse- kretärs im Bundesministerium für Arbeit und Soziales Franz Thönnes bzw. weiterer Regierungsmitglieder an der Eon-Norwe- genreise im Jahr 2003 sowie Teilnahme von Regierungsvertretern an ähnlichen von In- dustriekonzernen bezahlten Reisen Antwort Gerd Andres, Parl. Staatssekretär BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10698 A 10698 B 10698 C 10698 D VI Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 104. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. Juni 2007 Anlage 13 Mündliche Frage 18 Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Fortschritte im Bereich der Sozialpolitik in der Europäischen Union während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft Antwort Gerd Andres, Parl. Staatssekretär BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 14 Mündliche Fragen 19 und 20 Hans-Joachim Otto (Frankfurt) (FDP) Einreiseverweigerung für führende demo- kratische Repräsentanten der Republik Anlage 16 Mündliche Frage 27 Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Haltung der Bundesregierung zur steuerli- chen Behandlung der taiwanesischen Ver- tretung in Deutschland Antwort Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 17 Mündliche Frage 28 Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) Konkrete Vorschläge von Unternehmer- seite oder Unternehmerverbänden zum Abbau gewerblicher Subventionen 10699 A 10700 A Taiwan sowie Status des Repräsentanten Taiwans in Deutschland Antwort Gernot Erler, Staatsminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 15 Mündliche Frage 26 Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Begründung der Bundesregierung für die Nichterteilung einer Berechtigung zum Er- werb von Grundstücken und Immobilien durch die taiwanesische Vertretung in Deutschland Antwort Gernot Erler, Staatsminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10699 C 10700 A Antwort Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 18 Mündliche Frage 29 Peter Rzepka (CDU/CSU) Reaktion der Bundesregierung auf die Ent- widmung des Flughafens Tempelhof durch den Berliner Senat unter Berücksichti- gung der wirtschaftlichsten Verwertung der überwiegend im Eigentum des Bundes stehenden Flughafenimmobilie gemäß den Grundsätzen ordnungsgemäßer Haushalts- führung Antwort Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10700 C 10700 D Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 104. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. Juni 2007 10655 (A) (C) (B) (D) 104. Si Berlin, Mittwoch, d Beginn: 1
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    (B) (D) Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 104. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. Juni 2007 10695 (A) (C) (B) (D) (SPD) zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung aufent- weise versagt werden können, wenn der Lebensunterhalt nicht gesichert ist. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten * für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates ** für die Teilnahme an den Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Gabriele Lösekrug-Möller Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Bisky, Lothar DIE LINKE 20.06.2007 Deligöz, Ekin BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 20.06.2007 Fischer (Karlsruhe- Land), Axel E. CDU/CSU 20.06.2007* Gloser, Günter SPD 20.06.2007 Hintze, Peter CDU/CSU 20.06.2007 Juratovic, Josip SPD 20.06.2007 Kuhn, Fritz BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 20.06.2007 Leutert, Michael DIE LINKE 20.06.2007 Lintner, Eduard CDU/CSU 20.06.2007** Merten, Ulrike SPD 20.06.2007 Nešković, Wolfgang DIE LINKE 20.06.2007 Rix, Sönke SPD 20.06.2007 Roth (Augsburg), Claudia BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 20.06.2007 Roth (Esslingen), Karin SPD 20.06.2007 Dr. Schick, Gerhard BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 20.06.2007 Schily, Otto SPD 20.06.2007 Schirmbeck, Georg CDU/CSU 20.06.2007 Tillmann, Antje CDU/CSU 20.06.2007 Ulrich, Alexander DIE LINKE 20.06.2007 Anlagen zum Stenografischen Bericht halts- und asylrechtlicher Richtlinien der Euro- päischen Union (103. Sitzung, Tagesordnungs- punkt 14 a) Erstens. Die Chancen und Möglichkeiten zur Umset- zung der elf EU-Richtlinien sind zugunsten der Betroffe- nen nicht im Entferntesten ausgeschöpft, sondern hart an der Grenze des nach EU-Recht gerade noch Zulässigen umgesetzt worden (das heißt, alle Optionsmöglichkeiten zur Einschränkung von Rechten wurden genutzt). Zweitens. Rund die Hälfte der Regelungen dieses Ge- setzentwurfes haben jedoch mit der Richtlinienumset- zung im engeren Sinne nichts zu tun, sondern beinhalten Rechtsänderungen aufgrund der Evaluierung des Zu- wanderungskompromisses, der Wünsche des Bundes- ministeriums des Innern, zahlreicher Länderinnenminis- ter und unseres Koalitionspartners. Insoweit haben die intensiven Koalitionsverhandlungen über mehr als ein Jahr zwar die gefundenen Kompromisse auch im Sinne der SPD-Fraktion beeinflussen können. Allein in unse- rem Interesse liegende Rechtsänderungen konnten dage- gen leider nur in sehr wenigen Punkten durchgesetzt werden. Zur Bewertung im Einzelnen – bei den folgenden Punkten handelt es sich keineswegs um eine vollständige Aufzählung, sondern nur um wenige ausgewählte Bei- spiele –: a) Vor allem um die sogenannten Kettenduldungen jetzt und auch für die Zukunft zu vermeiden – wie es schon einmal die ursprüngliche Absicht des Zuwande- rungsgesetzes war –, hatten wir vorgeschlagen, die § 25 Abs. 4 und Abs. 5 des Aufenthaltsgesetzes entsprechend zu ändern (§ 25 Abs. 4 Aufenthaltsgesetz sollte eine vo- rübergehende Aufenthaltserlaubnis für Ausländer er- möglichen, die bereits vollziehbar ausreisepflichtig sind, in § 25 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz sollte ausdrücklich klargestellt werden, dass eine Aufenthaltserlaubnis auch dann zu gewähren ist, wenn „das schutzwürdige private Interesse am Verbleib in der Bundesrepublik, insbeson- dere unter Berücksichtigung des Kindeswohls, das öf- fentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung über- wiegt“). Diese Vorschlage wurden von der CDU/CSU jedoch strikt abgelehnt. b) Leider ist es auch nicht gelungen, für die Opfer von Zwangsverheiratungen im Ausland eine verbesserte Möglichkeit der Wiederkehr nach Deutschland zu schaf- fen. c) Eindeutig negativ für die Betroffenen sind vor allem die in dem Gesetzentwurf enthaltenen Verschlech- terungen im Familiennachzug: Ehegatten von Auslän- dern und Deutschen sollen demnach in Zukunft vor ih- rem Zuzug zum in Deutschland lebenden Partner bereits im Heimatland erworbene Sprachkenntnisse zwingend (das heißt ohne allgemeine Härtefallregelung) nachwei- sen. Der Ehegattennachzug zu Deutschen soll ausnahms- 10696 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 104. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. Juni 2007 (A) (C) (B) (D) d) Die im EU-Richtlinienumsetzungsgesetz enthal- tene Absenkung der Leistungen nach dem Asylbewer- berleistungsgesetz auf nunmehr 48 Monate gegenüber bisherigen 36 Monaten ist ein weiterer Punkt unter einer Reihe von Verschlechterungen für die Betroffenen, die es insgesamt schwer machen, dem vorliegenden Gesetz- entwurf zuzustimmen. e) Obwohl die Anzahl der Einbürgerungen schon wieder auf einen Stand von vor der Reform 1999 zurück- gefallen ist, werden unter anderem durch die Einführung von Einbürgerungstests als Regelfall (§ 10 StAG) die Hürden für die Einbürgerung eher erhöht. Drittens. Dem Gesetzentwurf könnte also in der vor- liegenden Form als einem schwierigen und in vielen Tei- len eigentlich abzulehnenden Kompromiss nur unter einem einzigen Gesichtspunkt zugestimmt werden: Er enthält in den §§ 104 a und 104 b des Aufenthaltsgesetzes (neu) eine gesetzliche Altfall-/Bleiberechtsregelung. Diese ist zwar immer noch nicht umfassend genug an- gelegt (mit sechs bzw. acht Jahren Mindestaufenthalts- zeit beinhaltet sie zu lange Wartefristen, eine zu niedrige Grenze beim Ausschluss wegen Strafbarkeit, einen Re- gelausschluss aller Familienmitglieder, wenn nur ein Fa- milienmitglied solche Straftaten begannen hat), aber sie durchbricht – anders übrigens als bei der sogenannten IMK-Regelung – zumindest den bisherigen „Teufels- kreis“ für die Geduldeten, der da lautete: „Hast du keine Arbeit, bekommst du keine Aufenthaltserlaubnis, hast du keine Aufenthaltserlaubnis, darfst du gar nicht arbeiten.“ Danach werden von den insgesamt circa 180 000 ge- duldeten ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern, die derzeit in der Bundesrepublik leben, maximal circa 60 000 – darunter etwa ein Drittel Kinder und Jugend- liche – eine Aufenthaltserlaubnis erhalten können. Ihnen, die zum Teil schon seit vielen Jahren nicht abgeschoben werden konnten, würde damit eine Perspektive für ihren weiteren Aufenthalt, ihre weitere Integration und – jeden- falls für den größeren Teil von ihnen – Unabhängigkeit von staatlichen Transferleistungen ermöglicht werden. Für circa 120 000 der geduldeten ausländischen Mit- bürgerinnen und Mitbürger würde keinerlei Verbesse- rung eintreten. Bei Würdigung aller vorgenannten nachteiligen Rege- lungen komme ich jedoch zu dem Ergebnis, diesem Ge- setz meine Zustimmung versagen zu müssen. Ich werde mich der Stimme enthalten. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die dring- liche Frage des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 16/5707, dringliche Frage 4): Waren in Afghanistan eingesetzte Tornado-Flugzeuge der Bundeswehr an der Vorbereitung oder Durchführung des Luftangriffes vom 17. Juni 2007 auf die Gebäude und Perso- nen in einem Schulzentrum im Distrikt Sarghun Schah in der Provinz Paktika, bei dem mehrere Personen, darunter sieben Kinder, getötet wurden, durch Übermittlung von Fotoaufnah- men zur Zielerfassung und in irgendeiner sonstigen Weise be- teiligt? Nein. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Peter Altmaier auf die Fragen der Abgeordneten Monika Lazar (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 16/5683, Fragen 1 und 2): Welche Erkenntnisse besitzt die Bundesregierung bezüg- lich einer eventuellen Häufung von rechtsextrem motivierten Straftaten, die sich gegen anders Denkende oder anders Aus- sehende ohne Migrationshintergrund richten, wie es etwa bei dem jüngsten Neonazi-Überfall auf Mitglieder des Nordhar- zer Städtebundtheaters (Quelle unter anderem: Artikel Hal- berstadt: Polizei räumt Fehler ein, http://www.heute. de/ZDF- heute/inhalt/3/0,3672,5552355,00.html) der Fall war? Mit welchen Maßnahmen wird die Bundesregierung in Zusammenarbeit mit Ländern und Kommunen sicherstellen, dass die staatlichen Behörden in die Lage versetzt werden, bei derartigen Übergriffen effizienter einzugreifen und zielorien- tierter zu ermitteln? Zu Frage 1: Die Zahl der rechtsextremistischen Straftaten gegen Andersdenkende oder anders Aussehende ohne Migra- tionshintergrund ist im Jahre 2006 gegenüber dem Vor- jahr rund 11,1 Prozent gestiegen; demgegenüber betrug der Anstieg der Gesamtzahl der rechtsextremistischen Straftaten insgesamt 14, 6 Prozent und der Anstieg der fremdenfeindlich motivierten Straftaten mit rechtsextre- mistischem Hintergrund sogar rund 31,7 Prozent. Zu Frage 2: Die Frage zielt offensichtlich auf eine Zusammenar- beit im Rahmen der Ermittlungstätigkeit. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die unmittelbare polizeiliche Gefahrenabwehr ebenso wie die Strafverfolgung auch in den Fällen politisch motivierter Kriminalität nach der Zuständigkeitsverteilung des Grundgesetzes grundsätz- lich eine ausschließliche Angelegenheit der Länder ist. Nur im Ausnahmefall, insbesondere wenn eine Straftat aus dem Bereich der politisch motivierten Kriminalität die Deliktsqualität „Terrorismus“ aufweist, kann das Bundeskriminalamt gemäß § 4 Abs. 2 des Bundeskrimi- nalamtgesetzes auf Ersuchen oder im Auftrag des Gene- ralbundesanwalts die polizeilichen Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung wahrnehmen. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Alfred Hartenbach auf die Frage des Abgeordneten Peter Hettlich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 16/5683, Frage 3): Hat die Bundeskanzlerin, Dr. Angela Merkel, nachdem sie Pressemeldungen und Veröffentlichungen über die Korrup- tionsaffäre in Sachsen zur Kenntnis genommen hatte, mit Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 104. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. Juni 2007 10697 (A) (C) (B) (D) Bundesminister Dr. Thomas de Maizière über diese Vorgänge und seine Vorgehensweise gesprochen, und, wenn ja, mit wel- cher Zielsetzung bzw. mit welchem Ergebnis? Die Bundeskanzlerin wurde über die Pressemeldun- gen informiert – auch über die gemeinsame Pressemittei- lung des sächsischen Justizministers und des sächsischen Innenministers vom 15. Juni 2007. Interne Gespräche von Regierungsmitgliedern fallen in den „Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung“, über den in diesem Haus generell nicht berichtet wird. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) (Drucksache 16/5683, Frage 4): Teilt die Bundesregierung die verharmlosende Auffassung vom Parlamentarischen Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung, Christian Schmidt, dass General Werner Mölders nur vom NS-Regime instrumentalisiert wurde, und, wenn nein, welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Tat- sache, dass der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundes- minister der Verteidigung, Christian Schmidt, offensiv für eine Rehabilitierung General Werner Mölders in der Öffent- lichkeit wirbt (Quelle: Kontraste, Sendung vom 7. Juni 2007)? Der Traditionserlass des ehemaligen Bundesministers der Verteidigung Hans Apel aus dem Jahr 1982 formu- liert zur Rolle der Wehrmacht in der NS-Zeit in Ziffer 6: „In den Nationalsozialismus waren Streitkräfte teils schuldhaft verstrickt, teils wurden sie schuldlos miss- braucht. Ein Unrechtsregime, wie das Dritte Reich, kann Tradition nicht begründen.“ Im Sinne dieses Erlasses habe ich immer für eine dif- ferenzierte und historisch angemessene Auseinanderset- zung mit der Persönlichkeit von Oberst Werner Mölders plädiert. Der Beschluss des Deutschen Bundestages vom 24. April 1998 anlässlich des 60. Jahrestages der Bom- bardierung der Stadt Guernica durch die Legion Condor verlangt von der Bundeswehr, alle Benennungen nach Mitgliedern der Legion Condor aufzuheben. Der Aufhe- bung der Benennungen nach Mölders liegt demnach ein Bundestagsbeschluss zugrunde. Auch wenn Mölders nicht bei der Bombardierung Guernicas beteiligt war, so war er dennoch vom 14. April bis 5. Dezember 1938 An- gehöriger der Legion Condor. Daher geht und ging es auch nicht um eine Rehabilitierung von Oberst Werner Mölders als Persönlichkeit. Aus diesem Grund entbehrt auch die Frage nach Konsequenzen der Bundesregierung jeglicher Grundlage. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hermann Kues auf die Fra- gen der Abgeordneten Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 16/5683, Fragen 5 und 6): Trifft es zu, dass das Referat 402 – Gender Mainstreaming, Gleichstellungsgesetze, Antidiskriminierungsrecht – des Bun- desministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in unterschiedliche Bestandteile aufgelöst worden ist, und wenn ja, was ist der Grund dafür? In welchen Referaten sollen künftig die Aufgaben des Re- ferats 402 wahrgenommen werden, und wie soll die Kontinui- tät der Arbeit gewährleistet werden? Zu Frage 5: Es ist nicht zutreffend, dass das Referat 402 – Gender Mainstreaming, Gleichstellungsgesetze, Antidiskrimi- nierungsrecht – aufgelöst worden ist. Es existieren Pla- nungen zu organisatorischen Veränderungen in der Gleichstellungsabteilung, die derzeit aber noch nicht ab- geschlossen sind. Wir wollen Gleichstellungspolitik zu einer Erfolgsstrategie machen. Dem werden die anste- henden organisatorischen Veränderungen Rechnung tra- gen, die aktiv auf die Nutzung von Synergien gerichtet sind. Gender Mainstreaming – Gleichstellungspolitik als Querschnittsaufgabe – wäre dabei als Grundsatzfrage zu verorten. Bereits die gemeinsame (!) Beratung des ersten Erfahrungsberichts zum Bundesgleichstellungsgesetz mit den Anträgen der Koalitionsfraktionen und der Frak- tion der FDP zu Chancen von Frauen auf dem Arbeits- markt und des Bundesgremienberichts im Bundestags- ausschuss für Familie, Senioren Frauen und Jugend am 9. Mai hat gezeigt, dass die Frage der Gleichberechti- gung von Frauen im öffentlichen Dienst als Teilaspekt der generellen Frage von Chancengleichheit im Er- werbsleben anzusehen ist. Wenn wir zum Beispiel diese beiden Aspekte – Chancengleichheit in der Privatwirt- schaft und im öffentlichen Dienst – organisatorisch in ei- nem Referat zusammenführen, würden wir sinnvolle thematische Zusammenhänge schaffen und die Zielerrei- chung des BGIeiG effizienter unterstützen können: Die Teilhabe von Frauen am Erwerbsleben wird insgesamt mehr Aufmerksamkeit erfahren und die Wahrnehmbar- keit des Bundesgleichstellungsgesetzes als Baustein un- serer Gleichstellungspolitik wird weiter gesteigert. Der öffentliche Dienst kann dann – so ist zu hoffen – der Erwartung eher gerecht werden, Vorbild und Maßstab für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen am Er- werbsleben und die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu sein. In den Beratungen des Erfahrungs- berichts waren sich Bundesregierung und parteiübergrei- fend der Ausschuss einig, dass die Zielerreichung bis- lang ungenügend ist. Zu Frage 6: Einzelheiten über eine neue Organisationsstruktur der Abteilung Gleichstellung können – da hierzu noch keine abgestimmten Überlegungen vorliegen – noch nicht mit- geteilt werden. Im Übrigen verweise ich auf die Beant- wortung der Frage Nr. 1. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Ulrich Kasparick auf die Frage des Abgeordneten Peter Hettlich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 16/5683, Frage 9): 10698 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 104. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. Juni 2007 (A) (C) (B) (D) Wie bewertet die Bundesregierung die Forderungen des Bundesrates, die Fristen zur Einführung von Energieauswei- sen um sechs Monate zu verzögern, das heißt erst zum 1. Juli 2008 verpflichtend einzuführen und bis zum 1. Oktober 2008 die Wahlfreiheit zwischen bedarfs- und verbrauchsorientierten Energieausweisen zu gewährleisten? Die Bundesregierung wird ihre Position zu den in der Frage genannten Maßgaben des Bundesrates im Rahmen der Kabinettsentscheidung zu allen Änderungswünschen des Bundesrates festlegen. Anlage 9 Antwort des Staatssekretärs Dr. Hans Bernhard Beus auf die Fra- gen des Abgeordneten Christoph Waitz (FDP) (Druck- sache 16/5683, Fragen 12 und 13): In welcher Höhe und in welchen Haushaltstiteln wurden bisher Einsparungen zur Erbringung der globalen Minderaus- gabe im Haushalt 2007 des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) realisiert? In welcher Höhe und in welchen Haushaltstiteln sollen die noch erforderlichen Einsparungen der globalen Minderaus- gabe im Haushalt 2007 des BKM erbracht werden? Zu Frage 12: Die im Kabinettsentwurf vorgesehene globale Min- derausgabe in Höhe von 17 291 000 Euro wurde im par- lamentarischen Verfahren in Höhe von 8 896 000 Euro durch Einsparungen bei verschiedenen Ansätzen teil- weise aufgelöst. Die jetzt noch im Bundeshaushalt ver- anschlagte verbleibende globale Minderausgabe beträgt 8 395 000 Euro. Dieser Betrag wird am Ende des Jahres erbracht. Auf dieses Ziel wird flexibel im Laufe des Jah- res 2007 hingearbeitet. Verbindliche Aussagen zu Ein- sparstellen können daher erst mit Ablauf des Jahres 2007 getroffen werden. Zu Frage 12: Es ist das Ziel des BKM, die Kultureinrichtungen so wenig wie möglich mit der globalen Minderausgabe zu belasten. Aus diesem Grund ist beabsichtigt, die Einspa- rungen vorrangig bei den Behörden des Geschäftsbe- reichs zu erbringen. Anlage 10 Antwort des Staatssekretärs Dr. Hans Bernhard Beus auf die Frage des Abgeordneten Volker Beck (Köln) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 16/5683, Frage 14): Welche Kriterien und Erkenntnisse führten in neun Fällen (Antwort der Bundesregierung vom 8. Juni 2007 auf meine schriftliche Frage vom 1. Juni 2007) zur Ablehnung der Ak- kreditierung von Journalistinnen und Journalisten (bitte ein- zeln aufschlüsseln) für die Berichterstattung über den G-8- Gipfel in Heiligendamm durch das Bundespresseamt? Für den G-8-Gipfel in Heiligendamm wurden insge- samt rund 5 300 Akkreditierungsanträge positiv beschie- den. In den neun Fällen, in denen Antragstellerinnen und Antragstellern die Akkreditierung versagt wurde, haben die Sicherheitsbehörden dies wegen Sicherheitsbeden- ken empfohlen. Die für die Empfehlung der Sicherheits- behörden maßgeblichen Kriterien ergeben sich aus der Datenschutzerklärung, zu der die Antragstellerinnen und Antragsteller bei der Onlineakkreditierung ihr Einver- ständnis erklärt haben. Grundlage der Datenschutzerklä- rung ist ein Beschluss der Innenministerkonferenz vom 21. Dezember 2006 zur „Bewältigung des Polizeieinsat- zes anlässlich des Weltwirtschaftsgipfels G 8 im Jahr 2007 in Heiligendamm“. Dieser Beschluss wurde ge- stützt auf die Erfahrungen bei der Durchführung des Akkreditierungs- und Zuverlässigkeitsprüfungsverfah- ren im Zusammenhang mit der Fussball-WM 2006. Die Sicherheitsbehörden wurden beauftragt, Kriterien detail- liert festzulegen und auch das Verfahren formal zu klären. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich zu Einzelfällen aus Datenschutzgründen keine Angaben machen kann. Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gerd Andres auf die Frage des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) (Druck- sache 16/5683, Frage 15): Inwieweit werden die Vertreter und Vertreterinnen der Be- hindertenbewegung, zum Beispiel Klaus Lachwitz von der Bundesvereinigung der Lebenshilfe oder Prof. Dr. Theresia Degener von der Evangelischen Fachhochschule Bochum, welche an den Verhandlungen zur UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen als Mitglieder der deutschen Delegation in New York beteiligt waren, auch in die Erarbeitung der offiziellen deutschen Übersetzung (siehe schriftliche Fragen 16 und 17 auf Bundestagsdrucksache 16/5560 vom 6. Juni 2007) einbezogen? Die deutsche Übersetzung wird zurzeit mit den ande- ren deutschsprachigen Ländern Österreich, Schweiz und Liechtenstein mit dem Ziel einer einheitlichen amtlichen deutschen Übersetzung abgestimmt. Zu Fragen der deut- schen Übersetzung veranstaltet das Deutsche Institut für Menschenrechte in Abstimmung mit dem Bundesminis- terium für Arbeit und Soziales am 5. Juli 2007 eine Fachkonferenz. Diese Veranstaltung dient neben dem fachlichen Austausch auch der Einbindung der Organi- sationen behinderter Menschen in die Erarbeitung der Übersetzung. Neben Vertretern aus Ministerien wurde daher auch der Deutsche Behindertenrat eingeladen. Dem Deutschen Behindertenrat steht es offen, eine An- zahl von Vertreterinnen und Vertretern für die Teilnahme an der Konferenz zu benennen. Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gerd Andres auf die Fragen der Abgeordneten Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) (Drucksache 16/5683, Fragen 16 und 17): Wie sah das Programm der E.ON-Norwegenreise aus, an dem der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministe- rium für Arbeit und Soziales, Franz Thönnes, 2003 teilgenom- men hat, und nahmen an dieser Fahrt noch andere Regie- rungsmitglieder, Regierungsbeamte oder Parlamentarier teil? Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 104. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. Juni 2007 10699 (A) (C) (B) (D) Haben Regierungsvertreter oder Regierungsbeamte an ähn- lichen bezahlten Reisen von Industriekonzernen teilgenom- men, und hat der Parlamentarische Staatssekretär im Bundes- ministerium für Arbeit und Soziales, Franz Thönnes, die von E.ON bezahlten Reisekosten in Höhe von 4 619,93 Euro beim Finanzamt angegeben? Zu Frage 16: Der Bundesregierung ist weder das Programm der E.ON-Norwegenreise aus dem Jahr 2003 noch sind ihr deren Teilnehmer bekannt. In Bezug auf die Beteiligung des heutigen Parlamentarischen Staatssekretärs im Bun- desministerium für Arbeit und Soziales möchte ich auf dessen persönliche Erklärung vom 14. Juni 2007 verwei- sen. Zu Frage 17: Es handelt sich bei der Frage 17 eigentlich um zwei Teilfragen: Zu möglichen Teilnahmen von Regierungs- vertretern an ähnlichen Reisen von Industrieunternehmen liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. In Bezug auf die zweite Teilfrage zu Franz Thönnes möchte ich noch einmal auf die Antwort zur Frage 16 und die per- sönliche Erklärung von Herrn Thönnes verweisen. Da es sich hier um ein laufendes Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Köln handelt bitte ich um Verständnis, dass die Bundesregierung darüber hinaus keine Stellung- nahme abgibt. Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gerd Andres auf die Frage des Abgeordneten Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 16/5683, Frage 18): Welche legislativen Fortschritte hat die zu Ende gehende deutsche EU-Ratspräsidentschaft im Bereich der Sozialpolitik in der Europäischen Union erzielt? Unter deutscher Präsidentschaft wurde im Bereich der europäischen Sozialpolitik die Richtlinie zur Vereinfa- chung und Rationalisierung der Berichte beim Arbeits- schutz angenommen (Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 89/391/EWG des Rates und ihrer Einzel- richtlinien sowie der Richtlinien des Rates 83/477/EWG, 91/383/EWG, 92/29/EWG und 94/33/EG im Hinblick auf die Vereinfachung und Rationalisierung der Berichte über die praktische Durchführung). Ferner wurde eine Entschließung des Rates zur neuen Gemeinschaftsstra- tegie für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz 2007 bis 2012 verabschiedet, in der Grundsätze der „Guten Arbeit“ verankert wurden. Es sind dies: Arbeit- nehmerrechte, Mitwirkung der Arbeitnehmer, Chancen- gleichheit, Sicherheit und Gesundheitsschutz sowie eine familienfreundliche Arbeitsorganisation. In der Ratsent- schließung bekräftigen die Mitgliedstaaten das Ziel einer Reduzierung der Arbeitsunfälle in Europa um 25 Prozent bis zum Jahre 2012. Auf Initiative der deutschen Präsi- dentschaft hat der Rat darüber hinaus einen gemeinsa- men Bericht des Beschäftigungsausschusses unter Betei- ligung des Sozialschutzausschusses zum aktiven Altern beschlossen. Der Bericht enthält viele gute Beispiele und leistet einen Beitrag zum Voneinanderlernen. Bei der Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit für Wanderarbeitnehmer konnten im Rat die Durchfüh- rungsbestimmungen zum Kapitel Krankenversicherung und den dazugehörigen Finanzvorschriften verabschie- det werden (allgemeine Ausrichtung) sowie die jährlich notwendigen Anpassungen in der Verordnung 1408/71 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicher- heit auf Arbeitnehmer und Selbstständige sowie deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und ab- wandern. Aufbauend auf den Vorarbeiten der finnischen Präsi- dentschaft konnte der Richtlinienvorschlag zur Portabili- tät von Betriebsrenten entscheidend weiter entwickelt werden, sodass fachlich eine Einigung möglich gewesen wäre. Der niederländische Arbeitsminister sah sich im Ministerrat allerdings an seiner Zustimmung aufgrund der ablehnenden Beschlüsse des niederländischen Kabi- netts sowie des niederländischen Parlaments gehindert. Anlage 14 Antwort des Staatsministers Gernot Erler auf die Fragen des Ab- geordneten Hans-Joachim Otto (Frankfurt) (FDP) (Drucksache 16/5683, Fragen 19 und 20): Was hält die Bundesregierung davon ab, die Einreise füh- render demokratischer Repräsentanten der Republik Taiwan (Staatspräsident, Vizepräsident, Premierminister, Parlaments- präsident, Präsident des Justiz-Yuan, Außen- und Verteidi- gungsminister) nicht in gleichem Umfang zu gewähren wie einige europäische Nachbarländer, wie zum Beispiel Frank- reich, Italien, Österreich, Tschechien, Ungarn? Was hält die Bundesregierung davon ab, den Repräsentan- ten der Republik Taiwan in Deutschland nicht den gleichen Status zu gewähren, wie es einige europäische Nachbarländer, wie zum Beispiel Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Italien, tun? Zu Frage 19: Deutschland erkennt Taiwan nicht als unabhängigen Staat an und hält sich, wie seine Partner in der EU, an die Ein-China-Politik und den Gemeinsamen Standpunkt der EU vom 5. Juli 1988 (unveröffentlicht), der offizielle hochrangige Kontakte mit Taiwan nicht zulässt. Die Bundesregierung legt großen Wert darauf, diesen EU- Konsens zu wahren und ihre Chinapolitik im Einklang mit den EU-Partnern zu gestalten. Zu Frage 20: Deutschland erkennt Taiwan nicht als unabhängigen Staat an und unterhält, wie seine Partner in der EU, auf- grund der Ein-China-Politik keine offiziellen, und damit zugleich keine diplomatischen oder konsularischen Be- ziehungen zu Taiwan. Deshalb gibt es auch gegenüber den genannten EU-Mitgliedstaaten keine offiziellen Ver- treter Taiwans mit einem offiziellen Status. Die Bundes- regierung legt großen Wert darauf, in wichtigen Feldern der Außenpolitik, und dazu gehört die Chinapolitik, aktiv den Einklang mit den EU-Partnern zu verfolgen. (A) (C) (B) (D) Anlage 15 Antwort des Staatsministers Gernot Erler auf die Frage des Abge- ordneten Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) (Drucksache 16/5683, Frage 26): Wie begründet die Bundesregierung die seitens von ihr nicht erteilte Berechtigung gegenüber der taiwanischen Ver- tretung, Grundstücke und Immobilien auf ihren Namen zu er- werben, und unter welchen Bedingungen hält die Bundes- regierung die Erteilung einer solchen Berechtigung für möglich? Ob Taiwan oder eine Taipehvertretung Grundstücke oder Immobilien erwerben kann, hängt nicht von einer von der Bundesregierung zu erteilenden Berechtigung ab, sondern hat die Rechtsfähigkeit des Erwerbers zur Voraussetzung. Deren Beurteilung obliegt den jeweils befassten Organen, also zum Beispiel einem Notar oder dem das Grundbuch führenden Gericht. Anlage 16 Antwort der Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks auf die Frage des Abgeordneten Hans Josef Fell (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 16/5683, Frage 27): Wie begründet die Bundesregierung die steuerliche Be- handlung der taiwanischen Vertretung in Deutschland, insbe- sondere der Abführung von Zoll, Mehrwertsteuer und Kfz- Steuer für Dienstwagen, und unter welchen Bedingungen hält die Bundesregierung eine Befreiung von den oben genannten Abgaben für möglich? Eine Befreiung von Einfuhrabgaben gemäß Art. 133 Abs. 1a) VO (EWG) Nr. 918/83 (Zollbefreiungsver- ordnung) in Verbindung mit Art. 36 des Wiener Über- einkommens vom 18. April 1961 über diplomatische Beziehungen (WÜD) sowie mit Art. 50 des Wiener Übereinkommens vom 24. April 1963 über konsulari- sche Beziehungen (WÜK) kommt nicht in Betracht, weil die genannten Konventionen auf die taiwanischen Ver- tretungen nicht anwendbar sind. Die taiwanischen Ver- tretungen in Deutschland sind keine diplomatischen oder konsularischen Vertretungen und werden daher wie private Einrichtungen behandelt. Zoll und Einfuhrum- satzsteuer: Soweit Umzugsgut betroffen ist, kann dies unabhängig von diplomatischen oder konsularischen Pri- vilegien – also wie bei jedem Normalbürger auch, zoll- und einfuhrumsatzsteuerfrei (= abgabenfrei) nach den Vorschriften der Zollbefreiungsverordnung eingeführt werden. Private Kfz, die mindestens sechs Monate im Ausland gefahren wurden, dürfen von übersiedelnden Mitarbeitern der taiwanischen Vertretungen abgabenfrei als Gebrauchtwagen nach Deutschland eingeführt wer- den. Für diese Kfz gibt es eine Veräußerungsbeschrän- kungsfrist von einem Jahr. Umsatzsteuer: Eine umsatzsteuerliche Entlastung für die taiwanischen Vertretungen in Deutschland und ihre Mitglieder ist ebenfalls nicht möglich. Nach der Umsatz- steuererstattungsverordnung kann eine solche Entlastung nur ständigen ausländischen Missionen und berufskon- sularischen Vertretungen sowie deren Mitgliedern ge- währt werden. sellschaft mbH, Amsterdamer Str. 19 Kraftfahrzeugsteuer: Für eine Befreiung von der Kfz- Steuer gemäß § 3 Nr. 10 KraftStG ist ebenfalls Voraus- setzung, dass es sich um Mitglieder der diplomatischen bzw. konsularischen Vertretungen handelt. Daher kommt hierfür ebenfalls keine Steuerbefreiung in Betracht. Anlage 17 Antwort der Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks auf die Frage der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) (Drucksache 16/5683, Frage 28): Trifft es zu, dass der Bundesregierung keine konkreten Vor- schläge von Unternehmerseite zum Abbau von gewerblichen Subventionen bekannt sind, wie die Äußerung des Bundesprä- sidenten, Horst Köhler, bei der Verleihung des Friedrich- August-von-Hayek-Preises vermuten lässt, und wenn doch, welche konkreten Vorschläge von Unternehmerseite oder Un- ternehmerverbänden gibt es zum Abbau von gewerblichen Subventionen (DIE WELT, 14. Mai 2007)? Das Grußwort des Herrn Bundespräsidenten Horst Köhler ist auf der Homepage des Bundespräsidenten im Internet veröffentlicht. Der Bundespräsident hat sich demnach am 13. Mai 2007 wie folgt geäußert: „Kon- krete Vorschläge von Unternehmerseite zum Abbau von gewerblichen Subventionen höre ich jedoch noch immer zu selten“. Der Bundesregierung werden Vorschläge von Unternehmerseite zum Subventionsabbau gelegentlich bekannt. Diese beziehen sich jedoch in der Regel nicht gezielt auf den Abbau gewerblicher Subventionen. Anlage 18 Antwort der Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks auf die Frage des Abgeordneten Peter Rzepka (CDU/CSU) (Drucksache 16/5683, Frage 29): Wird die Bundesregierung in Anbetracht ihrer Beurtei- lung, dass die Möglichkeit einer fliegerischen Weiternutzung des Flughafens Tempelhof in reduziertem Umfang als weite- rer wertbildender Faktor die wirtschaftliche Verwertung des Gesamtareals unterstützen könnte, und in Anbetracht der Tat- sache, dass für die Verwertung von Bundesvermögen die Grundsätze ordnungsgemäßer Haushaltsführung gelten, gegen den Entwidmungsbeschluss des Berliner Senats im Klage- wege vorgehen, um mit Rücksicht auf die Steuerzahler die wirtschaftlichste Verwertung der überwiegend im Eigentum des Bundes stehenden Flughafenimmobilie sicherzustellen, und, wenn nein, warum nicht? Der Entwidmungsbescheid wurde der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bundesanstalt) am 18. Juni 2007 zugestellt. Die Bundesanstalt prüft derzeit die dem Bescheid zugrunde liegenden rechtlichen Bewertungen. Dies beinhaltet auch die Frage, welche prozessualen Möglichkeiten gegen den Bescheid offenstehen. Dies ge- schieht in enger Abstimmung mit dem Bundesministe- rium der Finanzen. Die Bundesrepublik Deutschland als Körperschaft des öffentlichen Rechts, vertreten durch das zuständige Ressort, wird – nach erster Einschätzung der Rechtslage – mangels eigener, klagbarer Rechte im Entwidmungsverfahren nicht klagebefugt sein. 10700 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 104. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. Juni 2007 nd 91, 1 2, 0, T 22 104. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 20. Juni 2007 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9 Anlage 10 Anlage 11 Anlage 12 Anlage 13 Anlage 14 Anlage 15 Anlage 16 Anlage 17 Anlage 18
Gesamtes Protokol
Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610400000

Die Sitzung ist eröffnet. Guten Tag, liebe Kolleginnen

und Kollegen!

Der Kollege Werner Dreibus feiert heute seinen
60. Geburtstag. Im Namen des ganzen Hauses gratuliere
ich dazu sehr herzlich und wünsche ihm alles Gute. Wie
ich höre, ist er auf dem Weg hierher. Ich hoffe, dass ihm
die Glückwünsche übermittelt werden.


(Beifall)


Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf:

Befragung der Bundesregierung

Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Ka-
binettssitzung mitgeteilt: Bericht zur technologischen
Leistungsfähigkeit Deutschlands 2007.

Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht
hat die Bundesministerin für Bildung und Forschung,
Frau Dr. Annette Schavan. – Bitte.

Dr. Annette Schavan, Bundesministerin für Bil-
dung und Forschung:

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen
und Kollegen! Meine Damen und Herren! Die Bundesre-

Rede
gierung hat in der heutigen Kabinettssitzung den Bericht
zur technologischen Leistungsfähigkeit Deutschlands 2007
beraten und verabschiedet. Das wird der letzte Bericht in
dieser Form sein. Er wird durch einen Bericht zum Stand
der Innovationskraft in Deutschland abgelöst werden.

Der Bericht 2007 zeigt, dass sich das Umfeld für In-
vestitionen in Forschung und Entwicklung in Deutsch-
land deutlich verbessert hat. Bereits die Plandaten für
2006 zeigten gegenüber 2005 einen Aufwuchs von 1,8 Mil-
liarden Euro in der Industrieforschung in Deutschland.
Das ist eine Steigerung um 4,7 Prozent. Es wird deutlich,
dass es nicht nur in den klassischen Branchen – ich
nenne die Automobilbranche –, sondern zunehmend
auch in anderen Branchen gute Prognosen
vestitionen gibt. Ich nenne als Beispiel
Industrie, die bis zum Ende des Jahrzehnt
jährlichen Zuwachs bei den Forschungsinv
Höhe von 9 Prozent ausgeht.
tzung

en 20. Juni 2007

3.00 Uhr

Ursache für diese Dynamik im Bereich von FuE ist
auf der einen Seite die allgemeine konjunkturelle Ent-
wicklung und auf der anderen Seite – von den Experten
wird das so bewertet – das erstmals vorliegende Konzept
einer integrierten Forschungs- und Innovationspolitik.
Die Hightechstrategie wird eigens als Beispiel dafür ge-
nannt, wie den Schwächen in der Wertschöpfungskette,
die in den vergangenen Jahren immer wieder festgestellt
worden sind, durch die Integration aller relevanten Fak-
toren begegnet wird.

Eine weitere wichtige Information ist, dass im Jahr
2006 erstmals der kontinuierliche Rückgang bei den
Gründungen junger Technologieunternehmen, der in der
ersten Hälfte dieses Jahrzehnts kontinuierlich war, ge-
stoppt werden konnte. Damit können wir noch nicht zu-
frieden sein. Die positiven Entwicklungen müssen für ei-
nen Anstieg genutzt werden. Der über Jahre andauernde
Rückgang ist aber auf jeden Fall gestoppt. Auch das ist
ein Erfolg.

In den Bereichen Technologieexport und Patente gibt
es positive Entwicklungen und damit eine weitere Ver-
besserung der Position Deutschlands im internationalen
Vergleich.

Wichtige Hinweise für die Zukunft:

text
Erstens. Fachkräftemangel. Wenn die jetzige Dynamik
anhält, werden – das wird uns vorhergesagt – bis zum Jahr
2014 jährlich zwischen 41 000 und 62 000 Akademike-
rinnen und Akademiker – das sind etwa 20 Prozent eines
Jahrgangs – fehlen. Das ist viel. Wenn wir aber – das wird
ein ganz wichtiger Punkt sein, an dem wir ansetzen müs-
sen – eine Halbierung der Studienabbrecherquoten in den
entsprechenden Studiengängen für Technik und Natur-
wissenschaften erreichen könnten – also eine Senkung
der Abbrecherquote von 50 auf 25 Prozent –, dann könn-
ten wir die Zahl der fehlenden Akademikerinnen und
Akademiker deutlich senken.

Verbesserung der Rahmenbedingungen für
titionen in FuE. Über das Thema diskutie-
de: Wagniskapital und Stabilisierung für
ehmen über einen ausreichend langen Zeit-
für FuE-In-
die optische
s von einem
estitionen in

Zweitens.
private Inves
ren wir gera
junge Untern

raum.






(A) (C)



(B) (D)


Bundesministerin Dr. Annette Schavan
Drittens. Steuerliche Förderung von Investitionen in
FuE. Dies wird uns mit Blick auf die nächste Legislatur-
periode in den nächsten Jahren ganz gewiss beschäfti-
gen. Die meisten Länder, mit denen wir im Wettbewerb
stehen, haben neben ihren Projektförderungen und neben
ihren Forschungsförderungsprogrammen klare Anreize
im Steuersystem. Das ist ein wichtiger Punkt: Wir brau-
chen eine Erweiterung des Instrumentenkastens mit
Blick auf diejenigen – das gilt vor allem für kleine und
mittlere Unternehmen –, die an den Förderprogrammen
jetzt nicht genügend partizipieren. Die Forschungsprä-
mie ist ein erstes Instrument, das wir zur Erreichung die-
ses Ziels schaffen.

Das sind die wesentlichen Stichworte mit Blick auf
Möglichkeiten der Weiterentwicklung: Steigerung der
Zahl von Fachkräften, verbesserte Rahmenbedingungen
– beispielsweise im Bereich Wagniskapital –, Erweite-
rung der Instrumente zur Förderung von FuE und konse-
quentes Festhalten am jetzt eingeschlagenen Kurs der
Bundesregierung. Dies bedeutet, am 3-Prozent-Ziel fest-
zuhalten und integrative Forschungs- und Innovations-
politik zu betreiben.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610400100

Ich danke herzlich für den Bericht und bitte, zunächst

Fragen zu dem Themenbereich zu stellen, über den so-
eben berichtet wurde.

Das Wort zur ersten Frage hat der Kollege Johann-
Henrich Krummacher.


Johann-Henrich Krummacher (CDU):
Rede ID: ID1610400200

Frau Ministerin, wer bei internationalen Wirtschafts-

begegnungen unterwegs ist, macht die Erfahrung, dass
über den Technologiestandort Bundesrepublik Deutsch-
land und auch über die Technologieförderung, die Ihr
Ministerium in Gang gebracht hat, äußerst positiv ge-
sprochen wird. Ich möchte den Blick auf Asien lenken,
auf die Aufholjagd der asiatischen Länder, insbesondere
China, Indien und die Länder Südostasiens. Diese Auf-
holjagd wird im Bericht als eine Chance für das Techno-
logieexportland Deutschland beschrieben.

Wie reagiert die Bundesrepublik auf diese Entwick-
lung? Gibt es Strategien zur Zusammenarbeit mit diesen
Ländern, die die Position unserer technologieorientierten
Unternehmen auf diesen Wachstumsmärkten unterstüt-
zen?

Dr. Annette Schavan, Bundesministerin für Bil-
dung und Forschung:

Ja, es gibt solche Kooperationen. Grundlage für die
von Ihnen genannte Feststellung sind die Tatsache, dass
65 Prozent der Unternehmen in Deutschland im interna-
tionalen Vergleich als innovative Unternehmen gelten,
und der eben schon erwähnte hohe Anteil der hochentwi-
ckelten Technologien am Export.
Deshalb streben wir in den internationalen Beziehun-
gen jetzt vor allen Dingen Vereinbarungen an, bei denen
auf beiden Seiten die Partner Wissenschaft und Wirt-
schaft miteinander kooperieren. Deutschland ist in der
Tat in einer Reihe von Bereichen – ich nenne nur die La-
sertechnik – Weltmarktführer, wodurch solche Koopera-
tionen für andere interessant sind.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610400300

Die nächste Frage stellt die Kollegin Dr. Petra Sitte.


Dr. Petra Sitte (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610400400

Danke schön. – Frau Ministerin, Sie selbst haben den

Fachkräftemangel angesprochen, der, wie schon im letz-
ten Bericht zu lesen war, bundesweit eine besondere
Rolle spielt. Ich möchte mich diesem Problem mit Blick
auf die neuen Bundesländer zuwenden.

Unlängst hat das Berlin-Institut für Bevölkerung und
Entwicklung eine Studie herausgegeben. In dieser Studie
mit dem Titel „Not am Mann“ – diesen Titel finde ich
sehr einfallsreich – kam man zu dem Ergebnis, dass vor
allem junge, qualifizierte Frauen aus den ostdeutschen
Ländern abwandern. Zurück bleibt – ich zitiere; ich
würde mich gar nicht trauen, das so zu sagen – „eine
neue, von Männern dominierte Unterschicht“. Die
„Frankfurter Allgemeine Zeitung“ hat das wie folgt
kommentiert: Ostdeutschland stehe mit Blick auf Aus-
wanderung schlechter da als Polarregionen.

Die Bundesregierung hat auf dieses Problem reagiert,
indem sie ein Pilotprojekt aufgelegt und dafür
4 Millionen Euro zur Verfügung gestellt hat; dieser Be-
trag würde übrigens bedeuten, dass jedes ostdeutsche
Bundesland noch nicht einmal 1 Million Euro erhält. Im
Rahmen dieses Pilotprojekts will man sich mit medizini-
schen und kulturellen Angeboten vor allem an junge
Frauen wenden. Das ist aber nicht das Problem der jun-
gen Frauen, sondern, wie die Ergebnisse sozialer Studien
belegen, eher das Problem der jungen Männer.

Wir glauben, dass es eines viel komplexeren Ansatzes
bedarf. Man braucht mehr Geld, mehr Personal und eine
konzertierte Aktion von Bundesregierung und Bundes-
ländern. Vor diesem Hintergrund frage ich Sie: Was hat
die Bundesregierung in ihrer heutigen Kabinettssitzung
besprochen bzw. konkret beschlossen, um dieses Pro-
blem zu lösen?

Dr. Annette Schavan, Bundesministerin für Bil-
dung und Forschung:

Die Bundesregierung hat sich nicht auf ein 4-Millio-
nen-Euro-Pilotprojekt geeinigt; das ist lediglich ein
neuer Vorschlag, den ein Kollege auf diese Meldung hin
im Kabinett gemacht hat.

Selbstverständlich gibt es allerdings eine umfassende
Innovationsstrategie für die neuen Länder. Dazu gehören
die verschiedenen Programme im Rahmen von Inno-Re-
gio. Dazu gehören zusätzliche Investitionen in Ausbil-
dung und hohe berufliche Qualifikation. Dazu gehören
Programme zur Stabilisierung der Situation der Unter-
nehmen durch Beratung des Managements und zur För-






(A) (C)



(B) (D)


Bundesministerin Dr. Annette Schavan
derung des innovativen Potenzials. Dazu gehört, dass in
einer ganzen Reihe von Regionen ein entsprechendes
Verständnis von Forschungspolitik entwickelt wird – das
ist unter dem Dach von Inno-Regio geschehen –, um re-
gionale Entwicklungen zu fördern.

Hier denke ich an Kooperationen zwischen Hoch-
schulen und Unternehmen, die es beispielsweise in Leip-
zig und Magdeburg, also an unterschiedlichen Orten, be-
reits gibt. Ich denke ferner an Programme, im Zuge derer
schon eine Reihe von Unternehmen gegründet und viele
Arbeitsplätze geschaffen wurden. Ich habe die genauen
Zahlen zu den entstandenen Arbeitsplätzen nicht alle im
Kopf. Aber ich kann sagen, dass die Bilanz der bisher
aufgelegten Programme sehr gut ist.

Vor einigen Monaten wurde in dem Bereich, für den
ich zuständig bin, ein institutionalisierter Dialog zwi-
schen den fünf neuen Bundesländern und der Bundesre-
gierung ins Leben gerufen, um auf der Grundlage der
dort gemachten Erfahrungen die Weiterentwicklung der
Innovationsstrategien zu fördern. Es reicht nämlich nicht
aus, zur Verhinderung der Abwanderung nur Projekte
punktuell an dieser oder jener Stelle durchzuführen.
Vielmehr muss in den Regionen eine innovative Ent-
wicklung in Gang gesetzt werden, an der nach Möglich-
keit diese fünf Länder teilhaben. Das wird in finanzieller
Hinsicht in großem Umfang gefördert.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610400500

Die nächste Frage kommt wieder aus der Unionsfrak-

tion. Der Kollege Müller hat das Wort.


Carsten Müller (CDU):
Rede ID: ID1610400600

Frau Ministerin, das Thema Fachkräftemangel ist

wichtig. Im Bericht der Bundesregierung wird dieses
Problem umfassend erörtert; darauf haben Sie in Ihren
einführenden Erläuterungen bereits hingewiesen. Im Be-
richt heißt es, dass bis zum Jahre 2014 mehr als 60 000
Akademikerinnen und Akademiker fehlen könnten. Die-
sem Problem kann, zumindest teilweise, durch eine Sen-
kung der Studienabbrecherquote begegnet werden. Wel-
che weiteren Möglichkeiten gibt es Ihrer Meinung nach,
dem Fachkräftemangel nicht nur in den neuen Bundes-
ländern, sondern darüber hinaus auch im gesamten Bun-
desgebiet entgegenzutreten?

Dr. Annette Schavan, Bundesministerin für Bil-
dung und Forschung:

Es gibt nach meinem Eindruck drei Schlüsselmaßnah-
men:

Der erste Punkt. Wir müssen nahe an das Ziel kom-
men – das ist im Koalitionsvertrag vereinbart –, dass ein
von Generation zu Generation höherer Anteil studiert,
und dies besonders im Bereich der Natur- und Technik-
wissenschaften. Um das zu erreichen, ist aber auch not-
wendig, dass von den Unternehmen in Deutschland das
Signal an die jungen Leute geht, dass es sich lohnt, in
diese Bereiche zu gehen. Denn Schulabsolventen orien-
tieren sich, wie wir wissen, in ihrer Studien- und Berufs-
wahl vor allem an den Perspektiven; sie haben die Zah-
len Tausender arbeitsloser Physiker und Ingenieure noch
in Erinnerung.

Wir müssen die Zahl derer, die sich hoch qualifizie-
ren, erhöhen und brauchen dazu die entsprechenden
Signale. Die Bundesregierung hat deshalb mit den Län-
dern den Hochschulpakt geschlossen, damit die zusätzli-
chen Bewerber, die es aufgrund der demografischen Ent-
wicklung einige Zeit geben wird – bis 2009 ein Zuwachs
von 90 000 Studienanfängern –, aufgenommen werden
können. Dafür haben Bund und Länder jetzt die finanzi-
ellen Voraussetzungen geschaffen, übrigens – wenn ich
einen Schlenker zurück zu den neuen Ländern machen
darf – mit klaren finanziellen Vereinbarungen über den
Erhalt von Studienplätzen. Denn natürlich werden in den
neuen Ländern nicht zusätzliche Studienplätze geschaf-
fen. Aufgrund der demografischen Entwicklung gab es
schon Pläne für den Abbau von Studienplätzen. Das
kann mit den Möglichkeiten des Hochschulpaktes ge-
stoppt werden.

Der zweite Punkt wurde von mir schon angesprochen.
Ich sage mit Blick auf die Biografien der jungen Leute
und mit Blick auf die Volkswirtschaft sehr deutlich, dass
es keine akzeptable Situation ist, dass wir in den Tech-
nik- und Naturwissenschaften 50 Prozent Studienabbre-
cher haben, an den Fachhochschulen immerhin noch
25 Prozent. Wenn wir die Zahl der Abbrecher überall auf
das Niveau der Fachhochschulen senken könnten, hätten
wir letztlich die Zahlen erreicht, die nötig sind.

Der dritte Punkt. Die demografische Entwicklung in
Deutschland wird mittel- bis langfristig so sein, dass wir
auch Signale an junge Leute aus dem Ausland senden
müssen. Das heißt, die Bedingungen nicht nur für Stu-
dieren und wissenschaftliches Arbeiten, sondern auch
für das Arbeiten in Deutschland ganz generell müssen
verbessert werden. Dazu gehört die Frage der Gehalts-
grenze. 85 000 Euro im Jahr sind zu hoch; das sind keine
Gehälter, wie man sie beim Einstieg in das Berufsleben
gezahlt bekommt. Wir wissen aus Gesprächen auf inter-
nationaler Ebene, es brauchte als Anreiz Pakete für Stu-
dium und Berufseinstieg. Dazu muss diese Bedingung
geändert werden.

Wir müssen erreichen, dass es für junge Leute, die
etwa aus China oder Indien zum Informatikstudium nach
Deutschland kommen, einfach ist, zu studieren und dann
hier zu bleiben, sodass sie, wenn sie die Lebensphase des
Studiums in Deutschland verbringen, von vornherein die
Gewähr dafür haben, dass sie hinterher bleiben können.
Das sind in meinen Augen die drei wichtigsten Punkte,
die wir angehen müssen.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610400700

Die nächste Frage stellt der Kollege Volker Schneider.


Volker Schneider (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610400800

Frau Ministerin, Sie haben angesprochen, dass ein

wesentliches Fundament der technologischen Leistungs-
fähigkeit die Bildung und Ausbildung von Fachkräften
ist. Ich denke, hier sind nicht nur Studium bzw. beruf-
liche Ausbildung als Erstausbildung zu sehen – enorme






(A) (C)



(B) (D)


Volker Schneider (Saarbrücken)

Bedeutung kommt auch der beruflichen Weiterbildung,
dem lebenslangen Lernen, zu.

Wenn man sich die Ländervergleiche einmal an-
schaut, stellt man fest, dass das bei uns schlecht aussieht:
Hinsichtlich der Weiterbildungsbeteiligung liegen wir
im letzten Drittel. Die Beteiligung älterer Arbeitnehmer
fällt bei uns überdurchschnittlich ab. Das gilt auch für
die Beteiligung der sogenannten bildungsfernen Schich-
ten.

Nun hat das Kabinett am 13. Juni Eckpunkte für das
Bildungssparen verabschiedet. Ich möchte Sie fragen, ob
Sie der Auffassung sind, dass das, was verabschiedet
worden ist, allein ausreicht, um durch eine hochqualifi-
zierte Weiterbildung die technologische Leistungsfähig-
keit zu sichern. Ketzerisch könnte ich darüber hinaus
fragen, ob Sie mir einmal erläutern könnten, was man
sich für 308 Euro an beruflicher Weiterbildung alles ein-
kaufen kann.

Dr. Annette Schavan, Bundesministerin für Bil-
dung und Forschung:

Ich bin selbstverständlich nicht der Meinung, dass das
das einzige Instrument zur Erhöhung der Zahl derer, die
an Weiterbildungen teilnehmen, sein kann. Aber das ist
ein Einstieg, den die Koalition vereinbart hat.

Daneben werden wir über das Vermögensbildungsge-
setz die Zahlung einer Prämie ermöglichen. Die Höhe
dieser Prämie orientiert sich schlicht an den uns vorlie-
genden statistischen Daten. Die Teilnehmerentgelte von
75 Prozent aller Weiterbildungsmaßnahmen bewegen
sich in dem zu fördernden Bereich. Damit sind also nicht
teure Aufbaustudien oder Ähnliches gemeint. In
75 Prozent der Fälle ist also der Eigenanteil damit abge-
deckt.

Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es im Bereich
des Bildungssparens noch weitere Möglichkeiten geben
wird. Jetzt muss der Einstieg erreicht werden. Danach
werden weitere Schritte abzuwägen sein.

Zum zweiten Punkt, der eine Rolle spielt. Bei der
Frage, warum jemand nicht an einer Weiterbildung teil-
nimmt, muss man bedenken, dass die Zeit immer eine
Rolle spielt. Man muss also über Lernzeitkonten nach-
denken. Das ist im Wesentlichen aber Angelegenheit der
Sozialpartner. Auch diese Diskussion wird im Innova-
tionskreis Weiterbildung des BMBF geführt.

Dritter Punkt. Natürlich gab es auch in der Vergan-
genheit zu viele Anreize für eine frühzeitige sogenannte
Freisetzung anstelle von Angeboten der Qualifizierung
zum Erhalt beruflicher Fähigkeiten. Auch hierzu hat es
beim IT-Gipfel der Bundeskanzlerin im Dezember letz-
ten Jahres eine wichtige Vereinbarung gegeben. Inner-
halb der Branche der Informations- und Kommunika-
tionstechnologien wurde zwischen dem Unternehmen
SAP, dem BITKOM – also dem entsprechenden Fach-
verband – und uns ein umfangreiches Programm zur
Weiterqualifizierung jetzt arbeitsloser Ingenieure mit
dem Ziel des Wiedereinstiegs in den Beruf vereinbart;
denn es gibt eine ganze Reihe von Ingenieuren im Alter
von bis zu 45 Jahren, zu denen man nicht sagen kann
– davon bin ich überzeugt –, dass es für sie keine Mög-
lichkeit mehr gibt.

Dies sind also die unterschiedlichen Baustellen. An-
reize, Unterstützung, attraktive Angebote bis hin zur
Entdeckung der Weiterbildung durch die Universitäten
bilden in etwa das Spektrum, an dem wir arbeiten.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610400900

Die nächste Frage stellt die Kollegin Ulrike Flach.


Ulrike Flach (FDP):
Rede ID: ID1610401000

Danke schön, Frau Präsidentin. – Frau Ministerin, wie

immer in solchen Fällen liegen Zahlen vor, die leider
nicht dem aktuellsten Stand entsprechen. Sie stammen
zum größten Teil auch aus Bereichen, für die Sie als
Ministerin nicht direkt verantwortlich waren.

Anders als Sie es eben dargestellt haben, ist der Anteil
der Spitzentechnologien am Export gemäß diesem Be-
richt nicht so berauschend. Es werden nur 30 Prozent an-
gegeben. Deswegen möchte ich von Ihnen gerne hören,
ob es in Ihrem Verantwortungsbereich in den unmittelbar
zurückliegenden Monaten bereits ein Anzeichen dafür
gab, dass dies besser wird.

Da wir Unternehmensgründungen in diesem Zusam-
menhang immer fördern wollen, bitte ich Sie gleichzei-
tig, uns Näheres über Ihre Überlegungen zur Förderung
von Wagniskapital und zu all den Punkten, über die wir
miteinander diskutieren, mitzuteilen.

Dr. Annette Schavan, Bundesministerin für Bil-
dung und Forschung:

Es ist in der Tat so: Alle Tabellen in dem Bericht be-
treffen den Zeitraum von 2003 bis 2005. Er enthält aller-
dings auch Prognosen darüber – diese ergeben sich aus
Umfragen bei Unternehmen –, wie sich bestimmte
Dinge weiterentwickeln werden. Deshalb habe ich eben
versucht, das ein wenig zu gewichten.

Zu dem von Ihnen angesprochenen Punkt liegt eine
Zahl aus dem Jahre 2005 vor, wonach der Wert der
exportierten forschungsintensiven Industriewaren
428,3 Milliarden Euro betrug. Damit waren wir größter
Technologieexporteur und lagen noch vor den USA und
vor Japan. In dieser Woche stand in irgendeiner Zeitung
eine weiter fortgeschriebene Zahl. Danach liegen wir
nach wie vor vor den USA und vor Japan.


(Ulrike Flach [FDP]: Ich meinte nicht allgemein, sondern hinsichtlich der Spitzentechnologien!)


– Aufsteigende Linie überall.

Ich weiß jetzt nicht, ob für das Jahr 2006 bereits eine
Zahl vorliegt. Aber beispielsweise für die optischen
Technologien mit ihren Spitzenprodukten werden – dazu
hat der Stifterverband gerade Zahlen vorgelegt – sowohl
im Bereich der Beschäftigung als auch bei den FuE-In-
vestitionen Entwicklungen prognostiziert, die die der
letzten fünf Jahre bei weitem übertreffen.






(A) (C)



(B) (D)


Bundesministerin Dr. Annette Schavan
Die Aktualität von Zahlen ist aber in der Tat ein Pro-
blem. Deshalb nehmen wir im Zusammenhang mit dem
Bericht eine Umstellung vor, indem wir zumindest bei
den Schlüsseltechnologien auf aktuelle Zahlen zurück-
greifen.

Es kann aber kein Zweifel daran bestehen: Die
Schlussfolgerungen der Experten sind eindeutig, dass es
auf der Grundlage der jetzt möglichen Investitionen sei-
tens der öffentlichen Hand gegenüber den Vorjahren zu
einem deutlichen Anstieg der Investitionen im FuE-Be-
reich kommen wird. Ich gehe davon aus, dass sich das
auch positiv auf den Anteil der Investitionen im Bereich
der Spitzentechnologien auswirken wird.

Was das Wagniskapital angeht, stehen wir derzeit in
Verhandlungen. Ich bin zuversichtlich, dass wir zu einer
Lösung kommen werden, die dem Ziel gerecht wird, jun-
gen Unternehmen Zugang zu Wagniskapital zu verschaf-
fen, und die – das ist ein weiterer wichtiger Punkt – die
tatsächlichen Unternehmensentwicklungen über einen
ausreichend langen Zeitraum berücksichtigt.

Die Häuser bewegen sich aufeinander zu. Das Eck-
punktepapier des BMF war nicht zureichend. Es war aus
der Perspektive des Wirtschafts- und des Forschungsmi-
nisteriums nicht akzeptabel. Beide Häuser haben ein ge-
meinsames Papier vorgelegt. Auf dieser Grundlage wer-
den die Gespräche geführt. Ich gehe davon aus, dass sie
in absehbarer Zeit positiv beendet werden.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610401100

Bevor die Kollegin Hinz ihre Frage stellt, sei mir ein

Hinweis gestattet. Wir haben den erfreulichen Umstand
zu verzeichnen, dass viele Kolleginnen und Kollegen zu
diesem Geschäftsbereich Fragen stellen wollen.


(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Es geht um wichtige Themen!)


Ich möchte in den verbleibenden zehn Minuten alle Fra-
gesteller aufrufen und bitte deshalb um kurze Fragen, die
es der Frau Ministerin ermöglichen, entsprechend kurz
zu antworten.


(Jörg Tauss [SPD]: Das ist aber bei komplexen Themen schwierig!)


Das Wort hat die Kollegin Priska Hinz.

Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Frau Ministerin, im zusammenfassenden Endbericht
zur technologischen Leistungsfähigkeit wird darauf hin-
gewiesen, dass wir in Deutschland einen grundlegenden
Wandel unserer Bildungsphilosophie – weg von der
Auslese der Kinder im Schulsystem – brauchen und dass
der Hochschulpakt unterfinanziert ist, was dazu führt,
dass an den einzelnen Hochschulen der Numerus clausus
fast flächendeckend eingeführt wird.

Ich frage Sie deshalb erstens, wie Sie der Auslese im
Bildungssystem entgegenwirken wollen, und zweitens
– der Hochschulpakt ist erst letzte Woche unterschrieben
worden –, ob Sie aufgrund dieses Berichtes in Nachver-
handlungen über den Hochschulpakt einsteigen, um ihn
so auszufinanzieren, dass die Zielzahl von 40 Prozent
Studienanfängern, die sich die Koalition selbst gesetzt
hat, tatsächlich erreicht werden kann.

Dr. Annette Schavan, Bundesministerin für Bil-
dung und Forschung:

Erstens bin ich davon überzeugt, dass der Hochschul-
pakt hinsichtlich der Studienanfängerplätze ein attrak-
tives Finanzierungsangebot an die Länder darstellt.
Zweitens obliegt es der Verantwortung der Länder, dafür
Sorge zu tragen, dass ihre Universitäten – übrigens auch
im Kontext des Bolognaprozesses – über die notwendi-
gen finanziellen Spielräume verfügen. Einige Länder ge-
hen vorbildlich voran. Die Bayerische Staatsregierung
hat gerade beschlossen, den Universitäten 1 Milliarde
Euro zusätzlich zur Verfügung zu stellen, um nicht nur
den Studienanfängern, sondern auch den Erfordernissen
des Bolognaprozesses gerecht zu werden. Gleiches kann
ich für Baden-Württemberg feststellen. In Nordrhein-
Westfahlen gibt es ebenfalls konkrete Strategien.

Wer sagt, das reicht im Hinblick darauf, was zuguns-
ten der Hochschulen getan werden muss, nicht aus, der
richtet diese Kritik vor allen Dingen an die Adresse der
Länder, die primär dafür verantwortlich sind, für leis-
tungsfähige Hochschulen zu sorgen. Dies zeigen die
Programme einiger Kabinette. Es gibt auch Länder, von
denen ich noch nichts höre; ich will sie jetzt nicht nen-
nen.

Ich füge hinzu: Im Wettbewerb der Hochschulen wird
dies eine große Rolle spielen. Hochschulen, die in zehn
Jahren für Studierende nicht attraktiv sind, werden von
ihnen auch nicht gewählt werden. Deshalb muss dies
eine Priorität der Landespolitik sein.

Der Bund wird, konkretisiert bis 2010 und festge-
schrieben bis 2020, einen erheblichen Beitrag dazu bei-
steuern. In einer Höhe wie nie zuvor stellt er den Hoch-
schulen Geld zur Verfügung. Dabei geht es nicht nur um
die Finanzierung der Studienplätze; allein bis 2010 wer-
den den Universitäten über 700 Millionen Euro für
Overheadkosten zur Verfügung gestellt. Dies bedeutet
eine erhebliche Verbesserung.

Ich komme nun auf Ihre Frage nach dem Bildungs-
system zu sprechen. Für ein gerechtes und leistungsfähi-
ges Bildungssystem gilt der Satz: kein Abschluss ohne
Anschluss. Zwei Drittel aller Jugendlichen durchlaufen
einen Weg in der beruflichen Bildung. In Deutschland
gibt es mit den höchsten Anteil an Sekundarabschlüs-
sen II. Dieser Weg verläuft in den 16 Ländern auf unter-
schiedliche Weise: Manche Länder tendieren jetzt zu
Gemeinschaftsschulen, andere Länder bevorzugen ein
zweigliedriges System, bei dem die Regionalschule stark
auf die berufliche Bildung vorbereitet. Von daher liegt
auch hier die Primärverantwortung für eine strukturelle
und konzeptionelle Weiterentwicklung ihrer Bildungs-
systeme bei den Ländern, wenn es darum geht, das ge-
meinsame Ziel zu erreichen.

Eine weitere Quelle für Verbesserungen ist in der
frühkindlichen Bildung zu sehen. Wie Sie wissen, ist die
Bundesregierung gerade in herausragender Weise tätig,






(A) (C)



(B) (D)


Bundesministerin Dr. Annette Schavan
um auch in diesem Bereich finanzielle Stabilisierung zu
ermöglichen.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610401200

Nun stellt der Kollege Jörg Tauss seine Frage. Ich bin

zuversichtlich, dass er zu diesem komplexen Zusam-
menhang präzise fragen kann.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1610401300

Frau Ministerin, ich wollte eigentlich ein bisschen in

Euphorie verfallen und auf Deutschland als Technolo-
gieexportweltmeister und Exporteur Nummer eins hin-
weisen. Aber nach dem Hinweis der Präsidentin lasse
ich es bleiben. Gleichwohl freut man sich nach Jahren
der Miesmacherei auch darüber.

Meine Frage, Frau Ministerin, bezieht sich zum einen
auf die steuerliche FuE-Förderung. Welche Initiativen
gibt es hier? Mir fehlt es hier – ich habe dies in den letz-
ten Tagen in einem Gespräch im BMF bemerkt – ein bis-
schen an der Vergleichbarkeit. Mir geht es also um steu-
erliche FuE-Förderung versus Projektförderung bei uns,
was sich nur schwer vergleichen lässt. Zum anderen
frage ich Sie, nachdem Herr Schäuble dieser Tage hier
über die Frage qualifizierter Kräfte geredet und über Ge-
spräche mit Ihnen berichtet hat, was ich außerordentlich
begrüße, ob es in diesem Punkt in nächster Zeit zu Fort-
schritten kommt.

Sowohl die steuerliche Seite als auch die Fachkräfte-
seite sind in diesem Zusammenhang wichtig. Hier frage
ich Sie nach Ihren weiteren Überlegungen ausgehend
vom Technologiebericht. – Schneller ging es nicht, Frau
Präsidentin, was auch meine Redegeschwindigkeit ein-
bezieht.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610401400

Nach jahrelanger Erfahrung erkenne ich Ihr Bemühen

an. – Jetzt hat aber die Frau Ministerin das Wort.

Dr. Annette Schavan, Bundesministerin für Bil-
dung und Forschung:

Ich versuche ebenfalls, mich kurz zu fassen. Herr
Tauss, die Kollegen Schäuble und Glos und ich, wir sind
uns einig, dass wir in der Frage der Gehaltsgrenzen et-
was tun müssen; an diesem Thema müssen wir in der
Großen Koalition noch arbeiten, damit alle Betroffenen
es richtig erkennen. Es geht, um es noch einmal zu sa-
gen, um Hochqualifizierte sowie darum, dass wir im
Hinblick auf die Lebensplanung junger Leute nicht at-
traktiv sind, wenn wir ihnen sagen, sie dürften zwar bei
uns studieren, müssten hinterher aber sofort das Land
verlassen, es sei denn, sie fänden einen Job, in dem sie
85 000 Euro verdienten. In dieser Frage werbe ich bei
Ihnen wegen Ihrer Sprecherrolle in Ihrer Fraktion dafür,
zu erkennen, dass dies nicht realistisch ist. Eine junge
Ärztin oder ein junger Informatiker beginnt nicht mit
85 000 Euro. Deswegen haben wir hier noch einen wich-
tigen Schritt vor uns.

Zu der von Ihnen angesprochenen Vergleichbarkeit
von FuE-Förderung gibt es internationale Studien. Das
ist analog zur Vergleichbarkeit von Steuersystemen zu
sehen. Uns geht es darum – genau deshalb richten wir
den Blick auf andere Systeme –, den Instrumentenkasten
so zu erweitern, dass wir das erreichen, was wir
wollen, nämlich 3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes
für FuE-Aufwendungen bis 2010. Es sollte aber
niemand meinen, dass dann Schluss sei. Wenn wir das
3-Prozent-Ziel in Europa erreicht haben, müssen wir das
nächste Ziel setzen; denn in Indien, China und Japan
schläft man nicht. Dort ist man längst auf dem Weg zu
den nächsten Zielen.

Vor diesem Hintergrund werden nun Fachgespräche
geführt. Die entscheidende Frage ist, was in welchem
systemischen Zusammenhang wie wirkt. Wie die Mehr-
heit der OECD-Länder, in denen man erfolgreich ist,
zeigt, ist der richtige Mix aus Projektförderung – die
Mittel dafür erhöhen wir mit unserem gemeinsamen In-
vestitionsprogramm à jour – und Anreizsystemen wich-
tig, die unter der Überschrift „Steuerpolitik ist Innova-
tionspolitik“ stehen und die sich vor allen Dingen auf die
Gruppen beziehen, die mit ihren Entwicklungen nicht
unmittelbar von den Förderprogrammen partizipieren.
Der gesunde Menschenverstand gebietet es, festzustel-
len: Es ist noch keine ausreichende Innovationspolitik,
wenn eine Bundesregierung versucht, vorab alle mögli-
chen innovativen Entwicklungen bei den Förderpro-
grammen zu berücksichtigen. Wir denken weiter.


(Jörg Tauss [SPD]: Sind Sie zufrieden, Frau Präsidentin?)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610401500

Wie weit ich mit Ihnen zufrieden bin, klären wir

nachher, Herr Kollege Tauss.

Die nächste Frage stellt die Kollegin Krista Sager.


Krista Sager (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610401600

Frau Ministerin, im Abschlussbericht wird deutlich

hervorgehoben, dass die Politik dem Mangel an akade-
mischen Fachkräften unter anderem durch verbesserte
Möglichkeiten für die Unternehmen entgegenwirken
muss, ausländische Fachkräfte zu beschäftigen und Bil-
dungsausländer, die in Deutschland einen Hochschulab-
schluss machen, im Land zu halten. Meinen Sie nicht,
dass es dafür notwendig ist, die gesetzlichen Rahmenbe-
dingungen zu verändern und zum Beispiel die nach wie
vor hohen Einkommensgrenzen für Hochqualifizierte zu
senken?

Dr. Annette Schavan, Bundesministerin für Bil-
dung und Forschung:

Ja, der Meinung bin ich. Wir haben mit der Novellie-
rung des Einwanderungsrechtes in der letzten Woche ei-
nen ersten wichtigen Schritt getan. Hier gibt es konkrete
Verbesserungen vor allen Dingen in den Bereichen Wis-
senschaft und Forschung. Die Verhandlungen mit dem
BMI waren gut. Das wird sich positiv auswirken.

Nun geht es um zwei weitere Punkte, die ich eben ge-
nannt habe. Wir wollen unter anderem den Übergang
vom Studium in den Beruf erleichtern. Dafür müssen die
Gehaltsgrenzen – ich meine aus Ihrer Frage herausgehört
zu haben, dass Sie ebenfalls dieser Meinung sind – redu-
ziert werden.






(A) (C)



(B) (D)


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610401700

Die nächste Frage stellt die Kollegin Pieper.


Cornelia Pieper (FDP):
Rede ID: ID1610401800

Frau Ministerin, die Gutachter haben im Bericht zur

technologischen Leistungsfähigkeit Deutschlands 2007
festgestellt, dass die Mehrzahl der OECD-Länder in den
letzten zehn Jahren ihr Förderspektrum durch eine steu-
erliche Förderung der FuE-Aufwendungen von Unter-
nehmen ergänzt hat. Dazu hat die Bundesregierung in ih-
rer Stellungnahme geäußert, dass sie die Möglichkeiten
der eigenständigen steuerlichen Förderung von FuE-
Ausgaben in Deutschland untersuchen wolle. Was ist da-
mit gemeint? Beabsichtigen Sie, die im Bundestag schon
beschlossene und nun im Bundesrat zur Abstimmung an-
stehende Unternehmensteuerreform noch zu stoppen und
zu ergänzen bzw. die Zinsschranke fallen zu lassen, weil
diese verhindert, dass insbesondere kleine und mittel-
ständische Unternehmen mehr Fremdkapital gewinnen
können, was eine geringere Forschungsintensität bei den
KMUs zur Folge hat?

Dr. Annette Schavan, Bundesministerin für Bil-
dung und Forschung:

Die Bundesregierung hat für diese Legislaturperiode
die Entscheidungen getroffen, die Teil der Hightechstra-
tegie sind. Dazu gehören die Einführung der For-
schungsprämie für KMUs, der Spitzenclusterwettbewerb
und anderes. Nun wird – das ist mit dem Wort „unter-
suchen“ gemeint – auf der Grundlage eines internationa-
len Vergleichs darüber nachgedacht, welche Instrumente
nach Ablauf der Hightechstrategie in Betracht kommen.
Ich sage ausdrücklich: Die Instrumente dürfen nicht als
Ersatz für die Projektförderung fungieren; das wäre ab-
surd. Vielmehr müssen die Instrumente so ausgestaltet
werden, wie ich es eben dargelegt habe.

Was die Unternehmensteuerreform angeht, so sind
wir, wie ich eben bereits gesagt habe, im Zusammen-
hang mit dem Wagniskapital und dem Unternehmensbe-
teiligungsgesetz jetzt dabei, die im Bereich der jungen
Unternehmen entstandenen Probleme aufzuarbeiten. Ich
will aber auch hier hinzufügen – das ist übrigens auch
Teil des Berichtes –, dass die Unternehmensteuerreform
natürlich insgesamt eine Entlastung der Unternehmen in
Deutschland bedeutet. Alle Experten sagen uns, dass sie
sich auf FuE-Investitionen sehr positiv auswirken wird.
Anders sind solche Zahlen wie ein jährlicher Zuwachs
von 9 Prozent bei den optischen Technologien nicht
denkbar.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610401900

Als letzte Frage in diesem Bereich lasse ich die Frage

des Kollegen Weinberg aus der Unionsfraktion zu.


Marcus Weinberg (CDU):
Rede ID: ID1610402000

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Ich will noch einmal

auf die 17 Innovationsfelder zurückkommen. Der Be-
richt hat ja ausdrücklich gelobt, dass die Hightechstrate-
gie der Bundesregierung diese 17 Innovationsfelder he-
rausgestellt hat. Meine Frage dazu ist: Können Sie nach
ungefähr zehn Monaten Laufzeit bereits feststellen, wel-
che Felder sich besonders positiv entwickelt haben, und
gibt es möglicherweise bei gewissen Innovationsfeldern
noch Bedarf, sie etwas stärker ins Rampenlicht zu
rücken?

Dr. Annette Schavan, Bundesministerin für Bil-
dung und Forschung:

Die Bundesregierung wird nach einem Jahr, also im
September, den ersten Bericht vorlegen. Im Moment
lässt sich aus dem Stand sagen: In dem eben genannten
Bereich der optischen Technologien gibt es eine wirklich
große Entwicklung. Im Bereich der chemischen Indus-
trie gibt es sehr dynamische Entwicklungen, ebenso im
Bereich von IKT. Die großen Felder, die auch in der
Hightechstrategie besonders ausgestattet sind, stoßen
also auf große Resonanz und in immer mehr Teilberei-
chen auch auf das Angebot aus der Wirtschaft, mit uns
zu konkreten Vereinbarungen zu kommen.

Natürlich hat das Thema Klimaschutz in einer Reihe
von technologischen Bereichen noch einmal eine Dyna-
mik ausgelöst – Energieeffizienz, erneuerbare Ener-
gien –, wozu dann ja auch die Hightechstrategie für den
Klimaschutz vorgelegt wird.

Salopp gesprochen sage ich: Die Rechnung geht auf.
Diese Hightechstrategie ist ein sehr wirksames Signal an
die Branchen in Deutschland, in denen ein hohes Poten-
zial für Innovation steckt.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610402100

Herzlichen Dank, Frau Ministerin. – Es gab noch

mehr Fragen zu diesem Bereich, aber – es tut mir leid –
wir sind über die Zeit. Ich beende deshalb die Befragung
der Bundesregierung und rufe Tagesordnungspunkt 2
auf:

Fragestunde

– Drucksachen 16/5683, 16/5707 –

Zu Beginn der Fragestunde rufe ich gemäß Ziff. 10
Abs. 2 der Richtlinien für die Fragestunde die dringli-
chen Fragen auf Drucksache 16/5707 auf. Wir beginnen
mit der dringlichen Frage 1 der Kollegin Cornelia
Hirsch.

Wie bewertet die Bundesregierung die Ergebnisse der
diesjährigen Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks,
DSW, die belegen, dass soziale Herkunft und Vorbildung der
Eltern bei einem jungen Menschen nach wie vor maßgeblich
über die Aufnahme eines Studiums entscheiden, und welche
Konsequenzen zieht sie daraus?

Es antwortet der Parlamentarische Staatssekretär
Andreas Storm.

A
Andreas Storm (CDU):
Rede ID: ID1610402200


Frau Präsidentin! Ich beantworte die Frage der Kolle-
gin Hirsch wie folgt:

Die Ergebnisse der 18. Sozialerhebung des Deutschen
Studentenwerkes zeigen, dass sich über den Zeitraum
der letzten zwei Jahrzehnte die Bildungsbeteiligungen
der Kinder aus den unterschiedlichen Herkunftsmilieus
tendenziell angenähert haben. Die Chancen für Kinder






(A) (C)



(B) (D)


Parl. Staatssekretär Andreas Storm
aus nicht akademischen Herkunftsfamilien konnten
spürbar gesteigert werden. Dennoch bleibt die Verwirkli-
chung der Chancengerechtigkeit eine vordringliche Auf-
gabe der Bildungspolitik in Deutschland.

Ziel der Bundesregierung ist es, die Studienanfänger-
quote auf 40 Prozent anzuheben. Dazu muss vor allem
das große Potenzial von jungen Menschen, deren Fami-
lien keinen akademischen Bildungshintergrund haben
oder als bildungsfern gelten, verstärkt berücksichtigt
werden. Hier ist aktives Handeln von Bund und Ländern
gefragt, und mit dem Hochschulpakt und der angestreb-
ten BAföG-Erhöhung stellt der Bund hier die richtigen
Weichen. Der Hochschulpakt versetzt Länder und Hoch-
schulen finanziell in die Lage, bis 2010 insgesamt
91 370 zusätzliche Studienanfänger aufzunehmen. Eine
spürbare Erhöhung der Bedarfssätze und Freibeträge
beim BAföG wird dazu führen, dass mehr Studierende
Anspruch auf BAföG erhalten und somit studieren kön-
nen.

Aufgabe der Länder ist es, durch frühe Fördermög-
lichkeiten im vorschulischen Bereich und insbesondere
in den Schulen auf Chancengerechtigkeit in den Bil-
dungsbiografien hinzuwirken.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610402300

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage.


Cornelia Hirsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610402400

Danke schön. – Herr Staatssekretär, meine Nachfrage

geht dahin, ob Ihnen bewusst ist, dass die Formulierung
des Deutschen Studentenwerks deutlich kritischer als
Ihre Einschätzung ist. Sie haben insbesondere darauf
hingewiesen, dass ein klarer Rückgang der Studieren-
denquote zu verzeichnen ist, die bei der letzten Erhe-
bung noch bei 39 Prozent lag, mittlerweile aber nur noch
bei 36 Prozent liegt. Sie haben als Zweites die Forderung
nach einer sozialen Öffnung der Hochschulen aufge-
stellt, wenn man wirklich die Studierendenquote steigern
will. Es muss der Schwerpunkt darauf gelegt werden,
dass den Gruppen, die bisher an den Hochschulen kaum
vertreten sind – das sind die Kinder aus den sogenannten
bildungsfernen Schichten –, der Weg an die Hochschu-
len geebnet wird. Ich habe Ihrer Antwort nicht entneh-
men können, ob Sie die Auffassung teilen, dass es wirk-
lich um eine soziale Öffnung geht. Das ist auch nicht in
Ihrer Pressemitteilung deutlich geworden, die gestern
vom BMBF verschickt wurde und in der die Frage der
sozialen Kriterien erst in den hinteren beiden Abschnit-
ten auftaucht. Deshalb meine Nachfrage, ob Sie die Auf-
fassung des Deutschen Studentenwerks in diesem Punkt
teilen, dass das die zentrale Aufgabe ist, oder ob Sie sich
in dieser Hinsicht anders positionieren.

A
Andreas Storm (CDU):
Rede ID: ID1610402500


Frau Abgeordnete Hirsch, ich teile Ihre Einschätzung
nicht. Ich habe gestern gemeinsam mit dem Präsidenten
des Deutschen Studentenwerks, Herrn Professor
Dobischat, eine Pressekonferenz veranstaltet. Bei dieser
etwa eine Stunde dauernden Pressekonferenz haben sehr
stark auch methodische Fragen eine Rolle gespielt. Da-
bei hat sich gezeigt, dass die Untersuchung zweierlei er-
gibt: Sie zeigt zum einen in der Tat eine Bestätigung des
von mir dargestellten Sachverhalts, dass sich die Schere
im Hinblick auf die Bildungschancen etwa von Arbeiter-
kindern im Vergleich zu Kindern aus Beamtenhaushalten
in den letzten beiden Jahrzehnten signifikant geschlos-
sen hat. Das Verhältnis von Arbeiterkindern zu Kindern
von Beamten, die eine Hochschule besuchten, lag im
Jahr 1985 bei 1 : 6. Mittlerweile liegt die Relation bei
1 : 3,6. Sie hat deutlich abgenommen. Zugleich ist mit
einem neuen Instrument, das erstmals in dieser Studie
angewendet worden ist, ein sogenannter Bildungstrichter
veröffentlicht worden, der deutlich macht, dass wir nach
wie vor signifikante Unterschiede bei den Bildungschan-
cen haben. Deshalb bleibt die Aufgabe, die Bil-
dungschancen gerade für Kinder aus sozial schwächeren
Familien zu erhöhen, eine wesentliche Aufgabe für die
Bildungspolitik.

Ich habe deshalb auch deutlich gemacht, dass wir vor
allen Dingen auf zwei Instrumente setzen: Zum einen
setzen wir mit dem Hochschulpakt auf die Bereitstellung
von Kapazitäten für zusätzliche Studienanfänger, zum
anderen auf gezielte Instrumente, die Jugendlichen und
Studienanfängern aus sozial schwächeren Familien ein
Studium ermöglichen. Dazu gehört neben einer allge-
meinen Anhebung der Bedarfssätze und der Einkom-
mensfreibeträge beim BAföG zum Beispiel auch die
Verbesserung von Studienbedingungen für Studierende,
die Kinder haben. Deshalb wollen wir bei der BAföG-
Novelle eine Kinderbetreuungskomponente einführen.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610402600

Sie haben das Wort zu einer zweiten Nachfrage.


Cornelia Hirsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610402700

Ich möchte den Punkt BAföG aufgreifen. Sie haben

davon gesprochen, dass Sie eine spürbare Erhöhung der
Bedarfssätze und Freibeträge anstreben. Meine Nach-
frage ist: Wann und um wie viel Prozent strebt das
BMBF an, solch eine Erhöhung vorzunehmen?

A
Andreas Storm (CDU):
Rede ID: ID1610402800


Frau Abgeordnete Hirsch, das BMBF strebt in der Tat
eine spürbare Erhöhung sowohl der BAföG-Leistungs-
sätze als auch der Einkommensgrenzen an. Wir wollen
hierzu eine Verständigung im Zusammenhang mit der
Entscheidung über den Bundeshaushalt für das Jahr
2008 erreichen. Der Bundeshaushalt wird am ersten
Mittwoch im Juli im Bundeskabinett behandelt. Ich gehe
davon aus, dass wir bis dahin eine solche Verständigung
haben werden. Das bedeutet, dass wir dann, wenn dieses
in die BAföG-Novelle integriert wird, im Herbst dieses
Jahres die Gesetzgebung zur BAföG-Novelle und zur
Anpassung der Leistungssätze abschließen können.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610402900

Danke, Herr Staatssekretär. – Wir kommen zum Ge-

schäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz. Zur
Beantwortung der Frage steht der Parlamentarische
Staatssekretär Alfred Hartenbach zur Verfügung.






(A) (C)



(B) (D)


Vizepräsidentin Petra Pau
Ich rufe die dringliche Frage 2 des Kollegen Volker
Beck (Köln) auf:


(„Der Spiegel“ vom 18. Juni 2007, Seite 51 bis 53)

Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramtes, Dr. Thomas
de Maizière, auf den sächsischen Ministerpräsidenten Georg
Milbradt eingewirkt habe, „er möge endlich Ruhe in die Rei-
hen seiner aufgeregten Christdemokraten bringen“, und haben
die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel oder andere Kabi-
nettsmitglieder Kenntnis von ähnlichen Initiativen?

Bitte, Herr Staatssekretär.

A
Alfred Hartenbach (SPD):
Rede ID: ID1610403000


Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-
legen! Sehr geehrter Herr Kollege Beck, Sie beziehen
sich in Ihrer Frage auf Presseberichte. Die Bundesregie-
rung kommentiert Presseberichte grundsätzlich nicht;
das wissen Sie.

Im Übrigen würde es sich bei dem in der Presse er-
wähnten Telefonat – sollte es tatsächlich stattgefunden
haben – um ein Gespräch unter ehemaligen sächsischen
Kabinettskollegen über eine Sachsen betreffende Ange-
legenheit handeln. Deshalb kann die Bundesregierung
über ein als virtuell oder wie auch immer zu bezeichnen-
des Gespräch hier keine Auskunft geben.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610403100

Herr Beck, Sie haben das Wort zur Nachfrage.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610403200

Ich möchte das Bundesjustizministerium jetzt nicht

bitten, uns eine ausführliche Darstellung darüber zu ge-
ben, wie die Rechtsfigur „ehemaliges sächsisches Kabi-
nettsmitglied“ zu definieren ist.

Ich frage die Bundesregierung danach, ob zwischen
dem Chef des Bundeskanzleramtes, Bundesminister
Thomas de Maizière, und dem Ministerpräsidenten
Georg Milbradt ein Telefongespräch darüber stattgefun-
den hat, dass man Ruhe in die Reihen der aufgeregten
Christdemokraten Sachsens bringen soll, und ob es
stimmt, dass ein solcher Anruf Folgen hat, wie der
„Spiegel“ schreibt:

Teubner wurde vom CDU-Fraktionschef ermahnt,
er solle abschwören – de Maizière müsse aus der
Schusslinie gehalten werden. Doch der Geheim-
dienstkontrolleur war nicht umzupolen: Sein Vor-
wurf bleibt in der Welt.

Das wird da behauptet. Ich möchte wissen, ob der
oberste Geheimdienstkoordinator der Bundesregierung
dahin gehend Druck ausübt, dass nicht bekannt wird, mit
welchem Amtsverständnis er in Sachsen eine ähnliche
Funktion bekleidet hat. Das ist für den Deutschen Bun-
destag von Relevanz. Wir wollen wissen, ob wir darauf
vertrauen können, dass der jetzige Geheimdienstkoordi-
nator seinen gesetzlichen Pflichten gegenüber dem Par-
lamentarischen Kontrollgremium nachkommt.

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610403300

Die Frage wurde formuliert, und die Intention wurde

erläutert. Herr Staatssekretär, bitte.

A
Alfred Hartenbach (SPD):
Rede ID: ID1610403400


Meine Antwort wird nicht ganz so lang sein wie das
Statement von Herrn Beck.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Verehrter Herr Kollege Beck, ich gehe davon aus,
dass Sie ein solches Gespräch, das angeblich stattgefun-
den hat, nicht persönlich mitgehört haben.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Woher wissen Sie das?)


Da ich auch davon überzeugt bin, dass der Redakteur
dieses Magazins, dieses Nachrichtenblattes oder wie
man dieses sehr wichtige Organ auch immer bezeichnen
will,


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)

ebenfalls nicht persönlich mitgehört hat, darf ich Sie nur
darauf verweisen, dass Sie sich hier in unglaublichen
Vermutungen ergehen, die Sie mit gar nichts belegen
können. Deswegen erwarten Sie von mir bitte nicht, dass
ich mich zu Ihren Vermutungen, die Sie mit gar nichts
belegen können, auch nur im Entferntesten äußere.


(Zustimmung bei Abgeordneten der CDU/ CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610403500

Ich gehe davon aus, dass der Kollege Beck eine

zweite Frage stellt. – Das ist der Fall.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610403600

Teilt die Bundesregierung die Ansicht, dass ein sol-

ches Gespräch mit dem Ziel des Ausübens von Druck
auf Parlamentarier und auf Mitglieder der sächsischen
Landesregierung, die Kritik an Herrn de Maizière einzu-
stellen, nicht zu dem Aufgabenbereich des Chefs des
Bundeskanzleramtes gehört und dass es zu kritisieren
wäre, wenn es so stattgefunden hätte, wie es im „Spie-
gel“ steht?


(Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/ CSU)


A
Alfred Hartenbach (SPD):
Rede ID: ID1610403700


Verehrter Kollege Beck, dies ist keine Quadratwurzel,
wie sie der polnische Ministerpräsident anwenden
wollte, sondern Hypothese hoch vier.


(Zuruf von der CDU/CSU: Aber ähnliche Qualität!)


Wenn ich den ersten Teil Ihrer Frage richtig verstan-
den habe, müsste diesen ersten Teil Ihrer Frage der säch-
sische Ministerpräsident beantworten.


(Jörg Tauss [SPD]: Herr Beck, haben Sie den schon angerufen?)







(A) (C)



(B) (D)


Parl. Staatssekretär Alfred Hartenbach
– Der Herr Tauss kann dabei behilflich sein. Der weiß,
wie man das macht.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU)


Was den zweiten Teil Ihrer Frage angeht, so kann ich
darauf keine Antwort geben, weil er so hypothetisch ist.
Zumindest ich als Vertreter der Bundesregierung darf
von einer ordnungsgemäßen Amtsführung des Kanzler-
amtsministers Dr. Thomas de Maizière ausgehen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Kein Beifall bei der SPD!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610403800

Weitere Nachfragen gibt es dazu nicht. – Danke, Herr

Staatssekretär.

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Auswärtigen
Amtes. Zur Beantwortung steht der Staatsminister
Gernot Erler zur Verfügung.

Ich rufe die dringliche Frage 3 des Kollegen
Wolfgang Gehrcke auf:

Ist die Bundesregierung bereit, vor dem Hintergrund, dass
am 18. Juni bei einem US-Luftangriff auf ein „mutmaßliches

(Reuters vom 18. Juni 2007, 13.06 Uhr)

Paktika, sieben Kinder getötet wurden, ihre Haltung zur wei-
teren Unterstützung der Operation Enduring Freedom zu ver-
ändern?


Dr. h.c. Gernot Erler (SPD):
Rede ID: ID1610403900

Herr Kollege Gehrcke, meine Antwort lautet: Die

Bundesregierung sieht keinen Grund, ihre Haltung zur
Operation Enduring Freedom zu verändern. Die Bundes-
regierung bedauert sehr, dass es bei Einsätzen in Afgha-
nistan zu zivilen Opfern kommt. Die Bundesregierung
setzt sich innerhalb der NATO sowie in Gesprächen mit
ihren Partnern dafür ein, dass alles getan wird, um zivile
Opfer so weit als möglich zu vermeiden.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610404000

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage, Kollege

Gehrcke.


Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610404100

Herr Staatsminister, das Bedauern ist aufrichtig, aber

beim Bedauern kann es nicht bleiben. Deswegen möchte
ich präzise nachfragen: Ist der Bundesregierung bekannt,
welche Aufklärungsergebnisse den USA, die diesen
Bombenangriff für die Operation Enduring Freedom ge-
flogen haben, vorlagen, wie sie das Ziel bestimmt ha-
ben?


Dr. h.c. Gernot Erler (SPD):
Rede ID: ID1610404200

Herr Kollege Gehrcke, über die Art und Weise, wie

die Aufklärung durch die amerikanische Seite stattge-
funden hat, liegen der Bundesregierung keine belastba-
ren Erkenntnisse vor. Aber wir haben in diesem Zusam-
menhang natürlich, genau wie Sie, Pressemeldungen zur
Kenntnis genommen, die unter anderem darauf hinaus-
laufen, dass die amerikanische Seite die fragliche Schule
einen ganzen Tag lang beobachtet hat und dabei, bevor
es zu diesem Angriff kam, weder Zivilisten allgemein
noch Kinder gesehen hat. Nachher tauchten Berichte auf,
dass offensichtlich Zivilisten einschließlich Kindern in
dieser Schule festgehalten wurden – ein sehr signifikan-
ter Vorgang einer Instrumentalisierung von Zivilisten
einschließlich Kindern als lebende Schutzschilde, was
die Bundesregierung auf das Schärfste verurteilt.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610404300

Ihre zweite Nachfrage, bitte.


Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610404400

Herr Staatsminister, ich bin immer davon ausgegan-

gen, dass die Bundesregierung mehr weiß als das, was in
der Presse steht. Wenn das nicht der Fall ist, habe ich
mich eben getäuscht. Das spricht aber nicht unbedingt
für die Bundesregierung.

Ich will dann zum direkten Handeln der Bundesregie-
rung nachfragen. Es ist bekannt, dass an diesem Tag
deutsche Tornados genau in dieser Region Aufklärungs-
flüge durchgeführt haben. Kann die Bundesregierung
verbindlich ausschließen, dass Luftaufnahmen der deut-
schen Tornados eine der Grundlagen für diesen Angriff
gewesen sind?


Dr. h.c. Gernot Erler (SPD):
Rede ID: ID1610404500

Herr Kollege Gehrcke, das ist Gegenstand einer wei-

teren dringlichen Frage. Ich würde jetzt ungern die Ant-
wort meines Fachkollegen auf diese Frage vorwegneh-
men. Die Antwort wird gleich erfolgen.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610404600

Wenn Sie die dringliche Frage des Kollegen Ströbele

meinen sollten: Die Antwort wird leider nicht gleich er-
folgen, weil die Frage schriftlich beantwortet wird.


Dr. h.c. Gernot Erler (SPD):
Rede ID: ID1610404700

Entschuldigung. Ich habe übersehen, dass diese

dringliche Frage schriftlich beantwortet werden soll.
Herr Kollege Gehrcke, dann bin ich natürlich frei, Ihnen
zu antworten.

An dem fraglichen Tag, dem 17. Juni, hat im Kom-
mandobereich East, wozu Paktika und damit auch der
Ort dieser Schule gehören, kein einziger Aufklärungs-
flug der Recce-Tornados stattgefunden. Auch an den
beiden Tagen vorher ist dieses Gebiet nicht aufgeklärt
worden, sodass ein Zusammenhang nicht herzustellen
ist.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610404800

Danke, Herr Staatsminister.

Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministe-
riums der Verteidigung auf. Die dringliche Frage 4 des
Kollegen Hans-Christian Ströbele soll schriftlich beant-
wortet werden.

Deshalb kommen wir nun zum Geschäftsbereich des
Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Zur Beant-
wortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Gerd
Andres zur Verfügung.






(A) (C)



(B) (D)


Vizepräsidentin Petra Pau
Ich rufe die dringliche Frage 5 des Kollegen Werner
Dreibus auf:

Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass weder mit
der im Koalitionsausschuss vereinbarten Ausweitung des Ar-
beitnehmer-Entsendegesetzes noch mit der geplanten Rege-
lung für tariffreie Branchen – Ausschuss für Mindestlohn –
das Problem tariflicher Niedriglöhne zu lösen ist?

Im Namen des ganzen Hauses gratuliere ich dem Kolle-
gen nochmals zu seinem heutigen 60. Geburtstag.


(Beifall)


G
Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1610404900


Herr Kollege Dreibus, herzlichen Glückwunsch. –
Für die Bundesregierung beantworte ich Ihre Frage wie
folgt: Die Bundesregierung sieht in dem vom Koalitions-
ausschuss vorgeschlagenen Maßnahmenpaket ein wirk-
sames Instrument zur Ordnung des Niedriglohnbereichs.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610405000

Sie haben die Möglichkeit zur ersten Nachfrage. –

Bitte.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Aha! Das haben wir aber auch schon anders gehört vom Kollegen Müntefering! Das ist aber komisch!)



Werner Dreibus (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610405100

Herr Staatssekretär, wie soll ich im Zusammenhang

mit den jetzt von Ihnen für die Bundesregierung getrof-
fenen Aussagen die von Ihrem Kollegen und verantwort-
lichen Minister gestern öffentlich getätigten Aussagen
interpretieren, die sich ja nun ganz anders anhörten?


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Für welche Teile der Regierung reden Sie gerade?)


G
Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1610405200


Auf den Zwischenruf, für welchen Teil ich spreche,
entgegne ich: Ich habe hier eben für die Bundesregie-
rung geantwortet. Das tue ich übrigens während der ge-
samten Fragestunde.

Ihnen, Herr Dreibus, möchte ich sagen: Das Maßnah-
menpaket, das verabredet worden ist, konzentriert sich
zunächst auf die Bereiche, bei denen von den beiden Ko-
alitionspartnern besonderer Handlungsbedarf gesehen
wurde. Dabei handelt es sich zum einen um Branchen, in
denen es keine Tarifverträge gibt oder bestehende Tarif-
verträge nur eine Minderheit von Arbeitgebern oder Ar-
beitnehmern erfassen. Zum anderen erhalten alle Bran-
chen mit einem Mindestmaß an Tarifbindung das
Angebot, ihre Aufnahme in das Arbeitnehmer-Entsende-
gesetz zu beantragen. Damit können sie zukünftig auf
dieses Instrument zurückgreifen.

Dieses Maßnahmenpaket berücksichtigt in besonde-
rem Maße den von den Tarifvertragsparteien in den be-
treffenden Branchen gesetzten Handlungsrahmen. Die
Bundesregierung und die Koalition haben also besonde-
ren Wert darauf gelegt, zunächst das, was im Rahmen
der Tarifautonomie entwickelt werden kann, zum Zuge
kommen zu lassen. Im zweiten Teil wurden Regelungen
für Bereiche getroffen – das steht ja in der Vereinbarung
auch drin –, die sozusagen weiße Flecken aufweisen
bzw. in denen es keine Entfaltung der Tarifautonomie
gibt.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610405300

Ihre zweite Nachfrage.


Werner Dreibus (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610405400

Da ja nun öffentlich bekannt geworden ist, dass ich

nicht zu den Jüngsten in diesem Hause gehöre, darf ich
Sie vielleicht in dem Zusammenhang mit der Frage kon-
frontieren, wie lange denn die Beschäftigten in den
Branchen, in denen es keine tariflichen Regelungen gibt
oder in denen es aufgrund tariflicher Regelungen bei-
spielsweise Löhne unter 4 Euro gibt, noch warten müs-
sen, bis durch eine Initiative dieser Bundesregierung ihre
Situation wirkungsvoll verbessert wird, also indem ihre
Armutslöhne per gesetzlicher Regelung auf ein vertret-
bares Mindestmaß angehoben werden.

G
Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1610405500


Herr Kollege Dreibus, ich bin davon überzeugt, dass
wir das in der Regierungskoalition verabredete Paket so
schnell wie möglich umsetzen werden. Für die Öffnung
des Entsendegesetzes steht ja ein Datum in der Verabre-
dung. Ich will Sie nur darauf hinweisen: Gegenwärtig er-
streckt sich das Entsendegesetz nur auf die Bereiche Bau
und Gebäudereinigung. Künftig erstreckt sich das Ent-
sendegesetz, wenn die Tarifvertragsparteien es wollen,
auf viele weitere Branchen. Das Instrument des aus dem
Jahr 1952 stammenden Gesetzes, des Mindestarbeitsbe-
dingungsgesetzes, stand für diesen Zusammenhang der-
zeit faktisch überhaupt nicht zur Verfügung.

Ich möchte einmal darauf hinweisen, dass es, wie ich
finde, eine Reihe sehr guter Regelungen gibt, die dazu
führen, dass für Sektoren, für die es bisher überhaupt
keine Regelungen gab, Regelungen verabredet werden
können. Ich fasse das einmal in einer Position zusammen
– wir kennen uns ja schon lange Zeit aus anderen Zusam-
menhängen –, die für Gewerkschaftler ziemlich wichtig
ist: Mit dem Entsendegesetz erreichen wir die Bereiche,
in denen die Tarifbindung mindestens 50 Prozent beträgt.

Mit dem zweiten Gesetz können wir nunmehr in Be-
reichen tätig werden, bei denen es bis jetzt keine Grund-
lage dafür gab. Deswegen halte ich das für die Bundesre-
gierung durchaus für ein bemerkenswertes Ergebnis.
Selbstverständlich kann nicht verschwiegen werden
– das ist ja öffentlich –, dass die Koalitionspartner dieser
Regierungskoalition naturgemäß unterschiedliche Vor-
stellungen haben, die sie, wie mein Minister öffentlich
erklärt hat, auch weiter verfolgen werden.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610405600

Ich rufe die dringliche Frage 6 der Kollegin Ulla

Lötzer auf:






(A) (C)



(B) (D)


Vizepräsidentin Petra Pau
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass nur in we-
nigen Branchen mit bundesweit gültigen Tarifverträgen eine
wichtige Voraussetzung für die vom Koalitionsausschuss vor-
geschlagene Ausweitung des Arbeitnehmer-Entsendegeset-
zes gegeben ist?

Bitte, Herr Staatssekretär.

G
Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1610405700


Frau Kollegin Lötzer, nach dem Vorschlag des Koali-
tionsausschusses wird allen Branchen mit einem be-
stimmten Mindestmaß an Tarifbindung bis zum Stichtag
31. März 2008 ein Angebot zur Aufnahme in das Arbeit-
nehmer-Entsendegesetz unterbreitet. Voraussetzung für
die Aufnahme ist ein gemeinsamer Antrag von Tarifver-
tragsparteien der betroffenen Branche. Um wie viele und
welche Branchen es sich dabei handeln wird, ist erst
nach Ablauf der Frist ersichtlich. Ich kann Ihnen aber
versichern – auch das ist öffentlich –, dass in den letzten
Wochen und Monaten eine Reihe von Branchen im Bun-
desarbeitsministerium vorstellig geworden sind und die
Aufnahme ins Entsendegesetz wollten.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610405800

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage.


Ursula Lötzer (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610405900

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Trotz Ihrer Antwort

habe ich konkrete Nachfragen. Erstens. Ist damit die Vo-
raussetzung eines bundesweiten Tarifvertrages – das
würde ja restriktiv wirken – hinfällig, weil sie durch
diese 50-Prozent-Klausel ersetzt wird?

Zweitens wüsste ich gern Folgendes von Ihnen: Bei
50 Prozent Tarifgebundenheit kann man in der Regel
nicht von einem Mindestmaß an Tarifbindung sprechen;
vielmehr ist dies schon ein relativ hohes Maß an Tarif-
bindung. Sind Sie nicht mit mir der Auffassung, dass in
diesen Branchen – das wüsste ich gern konkreter von Ih-
nen – in der Regel auch die Kraft der Gewerkschaften
ausreicht, Tariflöhne oberhalb eines Armutslohns durch-
zusetzen, dies also zumindest zur Lösung des Problems
nationaler Armutslöhne nichts beiträgt?

G
Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1610406000


Frau Abgeordnete, das Vorhandensein von bundes-
weiten Tarifstrukturen ist für die Aufnahme einer Bran-
che in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz nicht erforder-
lich. Stattdessen ist formuliert, dass man 50 Prozent der
in der Branche betroffenen Arbeitnehmerinnen und Ar-
beitnehmer erreichen muss. Das kann schon der Fall
sein, wenn ein Arbeitgeber diese 50 Prozent beschäftigt;
wird ein entsprechender Antrag gestellt, so ist nach un-
serer Auffassung die Voraussetzung erfüllt. Dann setzt
sich die Mechanik in Bewegung, deren weitere Etappen
in den Koalitionsbeschluss aufgenommen sind.

Ich will noch einmal ganz ausdrücklich sagen, was
dies bedeutet: Angesichts dessen, dass das Entsendege-
setz gegenwärtig ausschließlich für die Baubranche und
für die Branche der Gebäudereiniger gilt, halte ich dies
für einen außerordentlichen Fortschritt, und ich wäre
verrückt, wenn ich sagte, ich schlösse die Möglichkeit
aus, andere Branchen aufzunehmen, nur weil ich persön-
lich oder wir als Partei eine weitergehende Forderung als
Zielsetzung haben.

Zum zweiten Teil Ihrer Frage weise ich noch einmal
auf Folgendes hin: Man soll das Instrument des Gesetzes
von 1952, das wir überarbeiten, nicht unterschätzen.
Meines Erachtens bietet es eine ganze Menge Möglich-
keiten, auf alle Fälle solche, die es bisher gar nicht gab.


Ursula Lötzer (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610406100

Dann lassen Sie mich noch einmal gerade zu der Vo-

raussetzung einer 50-prozentigen Tarifbindung nachfra-
gen. Ihnen ist das Problem der Verbandsflucht von Ar-
beitgebern durchaus auch bekannt. Meinen Sie nicht,
dass sich viele Arbeitgeber, die die Absicht der Umge-
hung haben, sich nicht geradezu eingeladen fühlen, Ver-
bandsflucht zu begehen, um sich einer solchen Wirkung
des Entsendegesetzes zu entziehen?

G
Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1610406200


Das Problem der Verbandsflucht haben wir gegen-
wärtig schon. Immer mehr Arbeitgeber verlassen die
Verbände.


(Kornelia Möller [DIE LINKE]: Aber mit einer solchen Klausel laden Sie die Arbeitgeber ja geradezu dazu ein!)


– Darf ich noch einmal auf den Zusammenhang hinwei-
sen?


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610406300

Das Wort hat der Parlamentarische Staatssekretär. Wir

sind in der Fragestunde und nicht in der Debatte.

G
Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1610406400


Ich teile auch Ihre Meinung nicht, dass wir die Arbeit-
geber dazu einladen. Es geht um die Tarifbindung in der
gesamten Branche: Die Voraussetzung ist erfüllt, wenn
mindestens 50 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Ar-
beitnehmer einer Branche – das kann bei nur einem Ar-
beitgeber, aber natürlich auch bei mehreren sein – tarif-
gebunden beschäftigt sind. Ich nenne ein Beispiel: Eine
besonders wichtige Branche, die boomt, ist die Branche
der Zeitarbeit. Da gibt es zwei Verbände, die einen iden-
tischen Tarifabschluss für die Zeitarbeit getätigt haben
und die sich beide dringend für die Aufnahme ins Ent-
sendegesetz ausgesprochen haben. Angesichts dessen
und angesichts der zusätzlichen Bedingungen gehe ich
davon aus, dass die Möglichkeit, diese Verbände ins Ent-
sendegesetz aufzunehmen, aufgrund der getroffenen
Vereinbarungen gegeben ist.

Wenn jetzt das eintritt, was Sie befürchten, dass näm-
lich die Arbeitgeber reihenweise die Verbände verlassen,
gibt es die Möglichkeit Nummer zwei, die es bisher
nicht gab. Ich bitte, zur Kenntnis zu nehmen, dass wir
nun sowohl das Instrument des Arbeitnehmer-Entsende-
gesetzes als auch das Gesetz über die Mindestarbeitsbe-






(A) (C)



(B) (D)


Parl. Staatssekretär Gerd Andres
dingungen von 1952 haben. Ich spitze das einmal zu:
Das eine Gesetz gilt für die Branchen, die zu über
50 Prozent organisiert sind, und das andere Gesetz gilt
für den Rest. Das wäre wenigstens meine Interpretation.

Man muss sich das anschauen, und das werden wir im
Gesetzesverfahren machen. Ich glaube, dass es mit die-
ser Regelung einen deutlichen Fortschritt gibt.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610406500

Ich rufe die dringliche Frage 7 der Kollegin Kornelia

Möller auf:
Welche Position bezieht die Bundesregierung zur Auffas-

sung, dass die Realisierung des Vorschlags des Koalitionsaus-
schusses – ein Ausschuss für Mindestlohn solle für Branchen
ohne tarifvertragliche Bindung beim Bundesminister für Ar-
beit und Soziales einen Mindestlohnantrag stellen – von
wechselnden politischen Mehrheiten abhängig macht und da-
mit zu keinem zuverlässigen Modus für die Einführung von
Branchenmindestlöhnen führen kann?

Ich gratuliere der Kollegin zu ihrem Geburtstag.


(Beifall)


G
Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1610406600


Frau Möller, auch ich gratuliere Ihnen herzlich zum
Geburtstag.

Ich beantworte Ihre Frage wie folgt: Die Bundes-
regierung teilt diese Auffassung nicht. Gerade die vorge-
sehenen Ausschüsse und ihre Besetzung zielen auf von
politischen Mehrheiten unabhängigen Sachverstand.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610406700

Sie haben die Möglichkeit zur ersten Nachfrage.


Kornelia Möller (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610406800

Danke. – Herr Staatssekretär, wie stehen Sie zu der

Aussage, dass dieser Ausschuss für Mindestlohn ent-
sprechend dem englischen Vorbild als ein Mindestlohn-
rat gestaltet werden könnte, der dann für alle Bereiche
zuständig wäre?

G
Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1610406900


Nach der Regelung, die in der Koalitionsvereinbarung
getroffen ist, konstituieren wir zunächst einmal einen
Hauptausschuss. Dieser Hauptausschuss wird so besetzt,
wie es dort niedergelegt ist. Er hat zu prüfen, ob der
Mindestlohnantrag gestellt wird oder nicht. Der Fach-
ausschuss, der dann gebildet wird, ist für die Lohnfin-
dung in dem Bereich zuständig. Bei der Besetzung sol-
len die betroffenen Branchen berücksichtigt werden.
Folgende Konstruktion ist vorgesehen: Ein Hauptaus-
schuss wird in einer bestimmten Art und Weise gebildet.
Er ist ein ständiger Ausschuss, der prüft, ob ein Mindest-
lohnantrag gestellt wird oder nicht. Daneben werden die
Fachausschüsse gebildet. Diese legen für die Branche,
wenn die Notwendigkeit besteht, die Höhe des Lohnes
fest.

Nun möchte ich nicht fantasieren, was daraus zu-
künftig werden kann. Ich habe die Arbeit der Low Pay
Commission in Großbritannien immer mit großer Sym-
pathie verfolgt. Ob es so etwas wird, weiß ich nicht. Jetzt
wird das, was in der Koalitionsvereinbarung festgehalten
ist, umgesetzt.


Kornelia Möller (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610407000

Ich danke Ihnen und habe noch eine zweite Nach-

frage: Wer wird in diesem Ausschuss für Mindestlohn
einen Antrag stellen, wenn es keine einheitlichen Ver-
bandsstrukturen für die betroffene Branche gibt? Wer ist
dann Antragssteller oder Vertreter im Ausschuss?

G
Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1610407100


Darüber wird man noch reden müssen. Ich verstehe es
so: Der Hauptausschuss wird als ständiger Ausschuss
eingerichtet, wenn man das zugrunde legt, was in der
Vereinbarung formuliert ist. Ich will sie gerne noch ein-
mal zitieren:

Ziffer 1. Es gibt zunehmend Wirtschaftszweige
oder einzelne Regionen, in denen es entweder keine
Tarifverträge gibt oder eine Tarifbindung nur für
eine Minderheit der Arbeitnehmer oder der Arbeit-
geber besteht („weiße Flecken“). Um in diesen Be-
reichen Mindestlöhne zu setzen, wird das Gesetz
über die Festsetzung von Mindestarbeitsbedingun-
gen aus dem Jahr 1952 gangbar gemacht und auf
den aktuellen Stand gebracht.

Ziffer 2. Das Vorhandensein eines derartigen tarif-
losen Zustandes reicht als Anwendungsvorausset-
zung.

Wenn die Kommission also als Tatbestand feststellt,
dass es diesen tariflosen Zustand gibt, dann würde eine
entsprechende Festlegung stattfinden, und dann muss
sich damit der Fachausschuss im Einzelnen beschäfti-
gen. Ich finde, man kann daraus ordentlich etwas ma-
chen, wenn man das will.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610407200

Es gibt eine weitere Nachfrage, diesmal vom Kolle-

gen Grund.


Manfred Grund (CDU):
Rede ID: ID1610407300

Herr Staatssekretär, man kann zwar „ordentlich etwas

daraus machen.“ Letztendlich handelt es sich, wenn man
das Mindestarbeitsbedingungengesetz von 1952 moder-
nisiert und der entsprechende Ausschuss, den die Koali-
tion verabredet hat, eingerichtet wird, aber um eine staat-
lich festgesetzte Lohnfindung. Sehen Sie dabei nicht die
Gefahr des Eingriffes in die Tarifautonomie, die auch
vom Grundgesetz her ein schützenswertes Gut ist?

G
Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1610407400


Nein, das sehe ich nicht. Deswegen hat ja der Koali-
tionsausschuss über die Aktivierung dieses Gesetzes in
dem Zusammenhang nachgedacht, wie er hier dargelegt
ist.






(A) (C)



(B) (D)


P
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1610407500
Die Koalition sagt:
Für uns hat die Tarifautonomie absoluten Vorrang. Dort,
wo die Tarifvertragsparteien eine Regelung getroffen ha-
ben, ist das in Ordnung. Deswegen haben wir ja beim
Entsendegesetz die erwähnte 50-Prozent-Klausel und
Weiteres vorgesehen. Nun stellen wir aber fest, dass in
bestimmten Bereichen, Regionen und Branchen die Ta-
rifautonomie gar nicht mehr wirkt. Sie ist nämlich gar
nicht mehr vorhanden. Wenn das so ist, dann würde eine
staatliche Lohnsetzung greifen; da haben Sie recht. Das
ist dann aber keine Bedrohung der Tarifautonomie, son-
dern ersetzt die nicht mehr vorhandene Tarifautonomie.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610407600

Ich rufe die dringliche Frage 8 der Kollegin Sabine

Zimmermann auf:
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass der Koali-

tionsausschuss mit dem Vorschlag, die Ausweitung des Ar-
beitnehmer-Entsendegesetzes von einer tarifvertraglichen De-
ckung der jeweiligen Branche von mindestens 50 Prozent
abhängig zu machen, die Ausweitung des Arbeitnehmer-Ent-
sendegesetzes auf weitere Branchen erschweren wird?

G
Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1610407700


Frau Kollegin Zimmermann, Sie fragen nach der ta-
rifvertraglichen Deckung von 50 Prozent. Das habe ich
mehrfach erläutert. Auf Ihre Frage antworte ich jetzt
schlicht: Nein, wir teilen diese Auffassung nicht.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610407800

Ihre erste Nachfrage bitte.


Sabine Zimmermann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610407900

Danke, Herr Staatssekretär. Ihre Antwort war ja sehr

kurz und knapp.

Ich habe heute einmal im WSI angerufen und mich
dort mit der zuständigen Kollegin unterhalten. Das WSI
bezieht sich ja immer auf die Stichprobenerhebung des
IAB. Es wurde eindeutig gesagt: Es gibt keine Statisti-
ken für einzelne Branchen. Es gibt zwar zum Beispiel in
Ostdeutschland eine Tarifbindung von 41 Prozent und in
Westdeutschland eine Tarifbindung von soundso viel
Prozent. Aber für einzelne Branchen gibt es keine Statis-
tik.

Jetzt frage ich Sie: Wie wollen Sie zum einen prak-
tisch ermitteln, wie viele Branchen eine 50-prozentige
Tarifbindung haben? Zum anderen: Welche Branchen
würden aus Ihrer Sicht infrage kommen?

G
Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1610408000


Die Bestimmung, dass eine Tarifbindung von mindes-
tens 50 Prozent erreicht werden sollte, gibt es ja schon
heute in bestimmten Bereichen – wirksam im Tarifver-
tragsgesetz und in Allgemeinverbindlichkeitserklärun-
gen –, ohne dass das jemand im Einzelnen nachgezählt
hat. Wenn es Spitz auf Knopf steht, muss man es ermit-
teln; das ist doch völlig logisch.
Ich nenne Ihnen ein Beispiel: In der Zeitarbeitsbran-
che gibt es drei große Arbeitgeberverbände.


(Sabine Zimmermann [DIE LINKE]: Die einen wollen es nicht!)


Zwei haben einen identischen Tarifvertrag. Man kann ja
einfach die Beschäftigtenzahlen dieser Unternehmen ad-
dieren. Ich weiß, dass die Branche gegenwärtig – das ist
jetzt Pi mal Daumen – zwischen 500 000 und
600 000 Beschäftigte hat. Dann kann ich feststellen:
Reicht das, oder reicht das nicht?

Ich nenne Ihnen einen anderen, sehr spannenden Be-
reich. Denken Sie einmal über die Postdienstleistungen
nach.


(Sabine Zimmermann [DIE LINKE]: Da sind Sie bei mir richtig!)


Da gibt es ein ganz großes Unternehmen. Natürlich kann
man sagen, dass das statistisch nicht stimmt; das mag ja
auch sein. In der Praxis wird sich das relativ schnell he-
rausstellen.

Ich habe in der Antwort auf eine andere Frage vorhin
schon gesagt, dass ich nicht darüber spekulieren möchte,
welche Branchen aufgenommen werden. Ich kann Ihnen
aber folgende nennen: private Entsorger, Postdienstleis-
tungen, Zeitarbeit; es gibt noch einige andere. Einige
Branchen haben sogar Tarifvertragsklauseln oder Ab-
sichtserklärungen formuliert, in denen steht: Wenn das
Entsendegesetz geöffnet wird, werden wir einen Min-
destlohn festlegen und beantragen. – Lassen Sie uns mit
dem Geschäft einfach anfangen; dann werden wir sehen,
was dabei herauskommt.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610408100

Ihre zweite Nachfrage.


Sabine Zimmermann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610408200

Ich denke, Pi mal Daumen reicht nicht. Ich will fest-

halten, dass es dort Niedriglohnbereiche gibt, wo die Ge-
werkschaften sehr schwach sind. Das ist Fakt.

In einer Presseerklärung haben Sie gesagt, dass der
Einzelhandel aufgenommen werden soll. Es gibt aber
gar keinen bundesweiten Tarifvertrag für den Einzelhan-
del. In Sachsen zum Beispiel ist er an den Berliner Tarif-
vertrag gekoppelt. Dort wird ein ortsüblicher Lohn in
Höhe von 5 Euro gezahlt. Angesichts dessen frage ich
Sie: Wie wollen Sie das praktisch umsetzen? Ihre Rege-
lung ist im Einzelhandel, wo insbesondere die Frauen
betroffen sind, gar nicht umsetzbar.

G
Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1610408300


In einer anderen Antwort habe ich schon gesagt, dass
ein bundesweit gültiger Tarifabschluss gar nicht Voraus-
setzung ist. Als Voraussetzung ist vielmehr formuliert:
50 Prozent der Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer
einer Branche müssen bei Arbeitsgebern beschäftigt
sein, die tarifgebunden sind.






(A) (C)



(B) (D)


Parl. Staatssekretär Gerd Andres
Ich greife das Beispiel Einzelhandel auf. Im Zusam-
menhang mit anderen Entwicklungen – Arbeitszeit oder
Ähnliches – beklagen wir die ungeheure Monopolisie-
rung in diesem Sektor. Ich bemühe einmal die Fantasie:
Stellen wir uns vor, es gäbe ein, zwei, drei oder vier
große Unternehmen, die ein Interesse an ordentlichen
Verhältnissen in ihrer Branche hätten und einen solchen
Antrag stellen würden.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Lidl und Aldi!)


– Es gibt ja auch noch andere. Wir wollen hier jetzt keine
Schleichwerbung machen. Sonst müssen wir noch alle
aufzählen. Ich versuche nur, Ihre Frage kreativ zu beant-
worten.

Das ist die eine Sache. Die andere Sache betrifft das
zweite von mir genannte Gesetz: Es kann nur dort wirk-
sam werden, wo es keine Tarifverträge bzw. „weiße
Flecken“ gibt. Ich würde schon sagen, dass manche Ge-
werkschaft überlegen sollte – ich drehe das jetzt einmal
um –, ob sie aufgrund ihrer Schwäche jeden Tarifvertrag
unterschreibt und billigt oder nicht doch lieber sagt, dass
sie sich dazu nicht mehr hergibt, was dann entspre-
chende Folgen hätte.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610408400

Danke, Herr Staatssekretär. Wir sind damit am Ende

dieses Geschäftsbereichs.

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Wirtschaft und Technologie.

Ich rufe die dringliche Frage 9 der Kollegin Sabine
Zimmermann auf:

Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass – bleibt es
bei der Nichteinigung des Koalitionsausschusses bezüglich
der Verlängerung des sogenannten Briefmonopols – ab 2008
mit der vollständigen Öffnung des Briefmarktes in Deutsch-
land eine drastische Zunahme von Billigjobs im Briefdienst
droht, da bereits die bisherige Teilöffnung von 20 Prozent des
Briefaufkommens zu einem Niedriglohnwettbewerb geführt
hat, weshalb gegenwärtig etwa 10 000 Zustellerinnen und Zu-
steller ihr Niedrigeinkommen durch Arbeitslosengeld II auf-
stocken müssen?

Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssek-
retär Hartmut Schauerte zur Verfügung. – Sie haben das
Wort.

H
Hartmut Schauerte (CDU):
Rede ID: ID1610408500


Ich gebe für die Bundesregierung folgende Antwort:
Diese Auffassung teilen wir nicht. Die komplexe Pro-
blematik des Niedriglohnbereichs kann nur im Zusam-
menhang mit der generellen arbeitsmarkt- und sozial-
politischen Diskussion gesehen werden. Die im
Koalitionsausschuss beschlossene Ausweitung des Ar-
beitnehmer-Entsendegesetzes eröffnet die Möglichkeit,
dass auch für die angeführte Postbranche eine grundsätz-
liche Sicherung eines angemessen Lohnniveaus herbei-
geführt werden kann.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610408600

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage.

Sabine Zimmermann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610408700

Danke schön. – Wenn Sie die Auffassung nicht teilen,

muss ich Sie auf Folgendes hinweisen: 10 000 Zustelle-
rinnen und Zusteller erhalten in Deutschland aufsto-
ckende Löhne; das ist eine Masse. Sind Sie angesichts
dessen nicht mit mir einer Meinung, dass viele Men-
schen davon zutiefst betroffen sind und so wenig Lohn
bekommen, dass sie nicht davon leben können und sich
noch vom Amt Geld holen müssen, damit sie leben kön-
nen?

H
Hartmut Schauerte (CDU):
Rede ID: ID1610408800


Die von Ihnen genannte Zahl – wenn sie denn stimmt –


(Sabine Zimmermann [DIE LINKE]: Die ist aus einer Kleinen Anfrage!)


hat sich ja zu Zeiten der Geltung des Briefmonopols er-
geben. Also ist die Logik, dass es so etwas nicht gibt,
wenn man das Briefmonopol verlängert, irreführend.
Deswegen ist auch die Annahme, die man daran knüpfen
will, dass ein kausaler Zusammenhang besteht und es
daher durch eine Liberalisierung zu einer drastischen
Zunahme der Zahl der betroffenen Personen kommen
würde, falsch. Wir teilen diese Auffassung nicht.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610408900

Ihre zweite Nachfrage, bitte.


Sabine Zimmermann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610409000

Die Zahl ist aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage

an die Bundesregierung.

Ich habe noch eine Frage: Der Koalitionsausschuss
hat ja beschlossen, die Verlängerung bzw. die Nichtver-
längerung des Briefmonopols davon abhängig zu ma-
chen, wie man sich in der EU einigt. Hat die Bundes-
regierung vor, jetzt auf die Bedenken Frankreichs – von
dort wurden schon Bedenken angemeldet – und anderer
Länder einzugehen und nicht mehr eine Vorreiterrolle in
der Liberalisierung des europäischen Postmarktes zu
spielen? Welche Position vertritt die Regierung zum
Vorschlag der europäischen Postgewerkschaften, die
Öffnung der EU-Postmärkte bis 2012 zu verschieben?

H
Hartmut Schauerte (CDU):
Rede ID: ID1610409100


Wir halten an unseren bisherigen Bewertungen und
Einstellungen fest. Wir halten die Diskussion in Europa
für noch nicht abgeschlossen. Die Bundesregierung sieht
keine Notwendigkeit, von der bisherigen Beschlusslage,
wonach das Postmonopol zum 1. Januar 2008 ausläuft,
abzuweichen.

Unabhängig davon kann man konstruktiv über Lösun-
gen und Ansätze nachdenken, wie eventuell befürchtete
negative Auswirkungen gemildert werden können. Auch
darüber sind wir in einem intensiven Gespräch miteinan-
der.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610409200

Danke, Herr Staatssekretär.






(A) (C)



(B) (D)


Vizepräsidentin Petra Pau
Nachdem die dringlichen Fragen aufgerufen und be-
antwortet worden sind, rufe ich jetzt die Fragen auf
Drucksache 16/5683 in der üblichen Reihenfolge auf.

Die Fragen 1 und 2 der Kollegin Monika Lazar zum
Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern
werden schriftlich beantwortet.

Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums der Justiz. Die Frage 3 des Kollegen
Peter Hettlich soll ebenfalls schriftlich beantwortet wer-
den.

Damit sind wir beim Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums der Verteidigung. Die Frage 4 der Kollegin
Dr. Gesine Lötzsch soll ebenfalls schriftlich beantwortet
werden.

Die Fragen 5 und 6 der Kollegin Irmingard Schewe-
Gerigk zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums
für Familie, Senioren, Frauen und Jugend werden eben-
falls schriftlich beantwortet.

Damit sind wir beim Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung.
Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatsse-
kretär Ulrich Kasparick zur Verfügung.

Ich rufe die Frage 7 des Kollegen Jörg Rohde auf:
Liegen der Bundesregierung Hinweise zu aus Parkproble-

men resultierenden Einschränkungen der Mobilität contergan-
geschädigter Ohnarmer vor, und, wenn ja, plant sie Maßnah-
men zur Beseitigung dieser Einschränkungen?

U
Ulrich Kasparick (SPD):
Rede ID: ID1610409300


Herr Kollege Rohde, wenn Sie gestatten, beantworte
ich die Fragen 7 und 8 zusammen, weil sie im Sachzu-
sammenhang stehen.


(Jörg Rohde [FDP]: Wenn ich dann auch vier Nachfragen habe!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610409400

Dann rufe ich auch die Frage 8 des Kollegen Rohde

auf:
Zählt zu den durch die Bundesregierung gegebenenfalls

geplanten Maßnahmen zur Beseitigung der aus Parkproble-
men resultierenden Einschränkungen contergangeschädigter
Ohnarmer auch die Schaffung der Voraussetzungen für die Er-
teilung des Merkzeichens „aG“ für diesen Personenkreis, da-
mit diese die sogenannten Rollstuhlparkplätze nutzen können,
und, wenn nein, warum nicht?

U
Ulrich Kasparick (SPD):
Rede ID: ID1610409500


Die gesetzliche Grundlage für die Antwort der Bun-
desregierung ist § 46 Abs. 1 Nr. 11 der Straßenverkehrs-
Ordnung und die dazu erlassenen Allgemeinen Verwal-
tungsvorschriften. Da ist geregelt, welche Personengrup-
pen Parkerleichterungen haben können. Wir haben eine
klare Definition. Wenn es um die Gestattung von Parker-
leichterungen geht, ist dabei insbesondere an Menschen
mit außergewöhnlichen Gehbehinderungen zu denken.
Die gesetzliche Grundlage dafür sind die vom Bundes-
ministerium für Arbeit und Soziales veröffentlichten
Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im
sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwer-
behindertenrecht, Teil II SGB IX.

Zusätzlich besteht die Situation, dass man diesen Per-
sonenkreis in besonders begründeten Fällen ausweiten
kann. Die Befreiung von der Benutzung von Parkuhren
und Parkscheinautomaten, auch die Befreiung von der
Verpflichtung, im Zonenhalteverbot und auf Parkplätzen
mit zeitlicher Begrenzung einen Parkschein ins Fenster
zu legen, ist für die Personengruppe, zu der Sie hier fra-
gen, jetzt schon möglich. Wenn man eine weitergehende
Parkerleichterung haben möchte, braucht man das Merk-
zeichen „aG“ oder die Gleichstellung mit diesem Merk-
zeichen; darüber entscheidet die Versorgungsverwal-
tung. Voraussetzung einer Gleichstellung ist, dass das
Gehvermögen auf das Schwerste eingeschränkt ist.

Wir haben nicht die Möglichkeit, die Personengruppe,
für die Sie sprechen, generell in die Freistellung aufzu-
nehmen, weil wir ein höchstrichterliches Urteil vom
17. Dezember 1997 zu beachten haben, wonach die Ver-
waltungsvorschrift zu § 46 Abs. 1 der Straßenverkehrs-
Ordnung eng auszulegen ist. Konsequenz dieses Ge-
richtsurteils ist, dass wir keine allgemeine Befreiung aus-
sprechen können. Eine Änderung des geltenden Rechts
ist vor diesem Hintergrund nicht geplant.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610409600

Sie haben das Wort zu Ihrer ersten von vier möglichen

Nachfragen.


Jörg Rohde (FDP):
Rede ID: ID1610409700

Herr Staatssekretär, wenn ich Sie richtig verstanden

habe, sieht die Bundesregierung im Moment keine ge-
setzliche Möglichkeit, Ohnarmern das Merkzeichen
„aG“ zu erteilen, um dadurch für eine bundesweit ein-
heitliche Regelung zu sorgen. Habe ich Sie richtig ver-
standen?

U
Ulrich Kasparick (SPD):
Rede ID: ID1610409800


Das ist die Situation.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610409900

Ihre zweite Nachfrage.


Jörg Rohde (FDP):
Rede ID: ID1610410000

Ist der Bundesregierung bewusst, dass Ohnarmer zum

Beispiel mehr Platz zum Öffnen von Autotüren benöti-
gen? Sie können zwar gehen, aber wenn sie etwas tragen
müssen – etwa vom Einkaufsladen zu ihrem Auto –, sind
lange Wege hinderlich. Daher wäre es sehr hilfreich,
wenn sie, auch ohne das Merkzeichen „aG“ erteilt zu be-
kommen, eine Parkerleichterung erhielten.

U
Ulrich Kasparick (SPD):
Rede ID: ID1610410100


Das ist der Grund, aus dem Ohnarmern bereits andere
Parkerleichterungen gewährt wurden; das habe ich schon
gesagt, und das dürfte Ihnen bekannt sein. Wir sind ver-






(A) (C)



(B) (D)


Parl. Staatssekretär Ulrich Kasparick
pflichtet, das Urteil des Verwaltungsgerichts eng auszu-
legen. Daran müssen wir uns halten.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610410200

Ihre dritte Nachfrage.


Jörg Rohde (FDP):
Rede ID: ID1610410300

Ich beschränke mich darauf, drei Nachfragen zu stel-

len; die vierte Nachfrage lasse ich entfallen.

Vor dem Hintergrund der Einführung des trägerüber-
greifenden persönlichen Budgets und der zunehmenden
Mobilität der Behinderten frage ich Sie: Kann man für
diese Personengruppe bis zum Jahreswechsel nicht doch
noch etwas tun?

U
Ulrich Kasparick (SPD):
Rede ID: ID1610410400


Ich verstehe Ihr Anliegen. Ich verstehe auch, dass die
Menschen, für die Sie sprechen, großes Interesse daran
haben. Bundesregierung und Parlament sind allerdings
an die geltenden Gesetze gebunden. Daran müssen wir
uns halten.


Jörg Rohde (FDP):
Rede ID: ID1610410500

Vielen Dank.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610410600

Die Frage 9 des Kollegen Peter Hettlich soll schrift-

lich beantwortet werden.

Herzlichen Dank, Herr Staatssekretär Kasparick.

Die weiteren Fragen zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
beantwortet der Parlamentarische Staatssekretär Achim
Großmann.

Ich rufe die Frage 10 des Kollegen Dr. Anton
Hofreiter auf:

Aus welchen Gründen wurde das Sicherheitskonzept für
das Transrapidprojekt in München nach § 23 Abs. 1 der
Magnetschwebebahn-Bau- und Betriebsordnung, MbBO,
noch nicht veröffentlicht, und wann rechnet die Bundesregie-
rung mit der Veröffentlichung desselben?

A
Achim Großmann (SPD):
Rede ID: ID1610410700


Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Kollege
Dr. Hofreiter, das Sicherheitskonzept ist im Auftrag der
DB Magnetbahn GmbH erstellt worden und befindet sich
in deren Eigentum. Das Eisenbahn-Bundesamt hat das Si-
cherheitskonzept nach § 23 Abs. 1 der Verordnung über
den Bau und Betrieb der Magnetschwebebahnen – die
Verordnung heißt konkret: Magnetschwebebahn-Bau-
und Betriebsordnung, kurz: MbBO – genehmigt. Eine
Veröffentlichung ist aufgrund der darin enthaltenen sen-
siblen Sicherheitsdaten nicht vorgesehen.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610410800

Ihre erste Nachfrage, bitte.

(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Könnten wir so vorgehen, dass der sehr geehrte Herr
Staatssekretär meine zweite Frage gleich mitbeantwortet
und ich meine Nachfragen anschließend stelle? Die bei-
den Fragen stehen nämlich in einem engen Zusammen-
hang.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610410900

Wenn der Herr Staatssekretär das möchte.

A
Achim Großmann (SPD):
Rede ID: ID1610411000


Ja, das mache ich gerne.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610411100

Dann rufe ich auch die Frage 11 des Kollegen

Dr. Anton Hofreiter auf:
Warum ist das Sicherheitskonzept nicht Bestandteil der

Planfeststellungsunterlagen für das laufende Planfeststel-
lungsverfahren für das Transrapidprojekt in München, und
welche Folgen für die rechtliche Anfechtbarkeit hat dies aus
Sicht der Bundesregierung?

Bitte, Herr Staatssekretär.

A
Achim Großmann (SPD):
Rede ID: ID1610411200


Die Antwort auf Ihre zweite Frage lautet: Bei der Ge-
nehmigung des Sicherheitskonzepts nach § 23 der von
mir gerade im genauen Wortlaut genannten Verordnung,
der MbBO, handelt es sich um ein gesondertes Verwal-
tungsverfahren. Somit ist es nicht in das Planfeststel-
lungsverfahren integriert. Dies wird auch durch die Ent-
scheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Juni
2007 gestützt.

Beide Verfahren verfolgen unterschiedliche Zielset-
zungen: Das Sicherheitskonzept enthält die Ermittlung
und Bewertung aller erkennbaren Sicherheitsrisiken
nach Art, Häufigkeit und Auswirkungen sowie die Fest-
stellung der daraus abgeleiteten baulichen, technischen,
betrieblichen und organisatorischen Sicherheitsmaßnah-
men. Das Planfeststellungsverfahren hingegen dient zur
Erlangung des Baurechts. Soweit Erkenntnisse des Si-
cherheitskonzepts auch bauliche Aspekte betreffen, sind
diese unmittelbar in die Planfeststellungsunterlagen ein-
geflossen. Dies gilt beispielsweise im Hinblick auf Ret-
tungswege, Schutzvorkehrungen oder Einfriedungen.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610411300

Zur ersten von vier möglichen Nachfragen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Vielen Dank für die
Antwort. Herr Staatssekretär, Sie sagten, dass die bauli-
chen Aspekte in das Planfeststellungsverfahren einge-
flossen sind und das Planfeststellungsverfahren zur
Erlangung des Baurechts dient. Im Rahmen des Planfest-
stellungsverfahrens kann sich aber auch herausstellen,
dass kein Baurecht erteilt wird. Die Kritiker bzw. Gegner






(A) (C)



(B) (D)


Dr. Anton Hofreiter
des Projekts könnten weitaus objektiver beurteilen, ob
das Projekt in der Form genehmigt werden kann, und
entsprechende vernünftige Einwände vorbringen, wenn
sie das gesamte Sicherheitskonzept beurteilen könnten;
so müssen sie sich auf die Behörden verlassen. Deshalb
meine Frage: Steht der Veröffentlichung dieses Konzep-
tes irgendetwas entgegen?

A
Achim Großmann (SPD):
Rede ID: ID1610411400


Herr Dr. Hofreiter, wir sind nicht der Veranlasser des
Sicherheitskonzeptes und daher nicht sein Eigentümer;
das Sicherheitskonzept befindet sich im Eigentum der
beauftragenden Firma. Ich habe in Beantwortung Ihrer
Frage schon gesagt: Eine Veröffentlichung ist aufgrund
der darin enthaltenen sensiblen Sicherheitsdaten nicht
vorgesehen. Ich glaube, es ist klar, was damit gemeint
ist: Der Bund hat gar nicht die Möglichkeit, das Konzept
zu veröffentlichen, weil wir dieses Konzept nicht erstellt
haben und es nicht in unserem Eigentum ist.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610411500

Ihre zweite Frage, bitte.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wenn ich es richtig verstanden habe, hat das Eisen-
bahn-Bundesamt das Sicherheitskonzept geprüft. Wäre
es möglich, vom Eisenbahn-Bundesamt zumindest einen
abgespeckten Bericht darüber zu bekommen, inwieweit
die Prüfung Probleme ergeben hat, inwieweit das Sicher-
heitskonzept die Zustimmung des Eisenbahn-Bundesam-
tes erhalten hat, welche Aspekte kritisch sind und wel-
che nicht, ohne dass auf die sensiblen Details
eingegangen wird?

A
Achim Großmann (SPD):
Rede ID: ID1610411600


Ich glaube, Sie wissen, dass das Eisenbahn-Bundes-
amt seiner Aufgabe unbeeinflusst vom Ministerium
nachgeht. Das EBA trägt hier auch die Verantwortung.
Diese Verantwortungsverteilung macht Sinn, da es an-
sonsten bei der Zuordnung von Verantwortung kunter-
bunt durcheinanderginge. In dieses Regelwerk, das nicht
nur für den Bau des Transrapids gilt, sondern auch für
andere Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen, bei denen Si-
cherheitskonzepte und Sicherheitsaspekte berücksich-
tigt werden, wollen wir nicht eingreifen. Das Verfahren
hat sich bewährt.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610411700

Ihre dritte Nachfrage.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich will auch nicht in das Verfahren eingreifen. Ich
habe nur gefragt, ob es einen abgespeckten Prüfbericht
des Eisenbahn-Bundesamtes gibt, den man veröffentli-
chen könnte. Das Eisenbahn-Bundesamt wird das Si-
cherheitskonzept ja nicht durchgelesen und festgestellt
haben: „Schön; was die DB AG gemacht hat, passt“; es
wird doch etwas schriftlich festgehalten haben.

A
Achim Großmann (SPD):
Rede ID: ID1610411800


Einen zusammenfassenden Bericht des EBA zu die-
sem Sicherheitskonzept gibt es, soweit mir bekannt ist,
nicht. Aber selbst wenn es ihn gäbe, würden für ihn die-
selben Bedenken zutreffen, die für das Sicherheitskon-
zept gelten.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610411900

Sie haben noch eine vierte Frage.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das heißt, letztendlich muss sich die kritische Öffent-
lichkeit darauf verlassen, dass das, was die
DB Magnetbahn GmbH da gemacht hat, schon passt und
das EBA das korrekt geprüft hat. Man kann das also
nicht selber überprüfen, sondern muss sich auf die Be-
hörden verlassen.

A
Achim Großmann (SPD):
Rede ID: ID1610412000


Das ist kein Willkürakt; es gibt ein vorgesehenes Ver-
fahren – das habe ich Ihnen geschildert –: Das EBA ist
bei der Planfeststellung beteiligt, was das Baurecht an-
betrifft. Bei den Fragen, die die Sicherheit betreffen, ist
auch die Behörde, die das Planfeststellungsverfahren
durchführt – das ist hier die Regierung Oberbayern – mit
im Boot. Sie wissen, dass wir wegen des Unfalls im
Emsland sogar einen unabhängigen Professor beauftragt
hatten, das Sicherheitskonzept noch einmal zu überprü-
fen. Das ist sozusagen ein doppeltes Sicherheitskonzept.

Ich glaube, dieses Verfahren ist nicht anders zu be-
werten als viele andere Genehmigungsverfahren. Es ist
geregelt, in welchen Bereichen die Bürgerinnen und
Bürger ein Recht auf weitergehende Informationen ha-
ben. Es gibt in diesem Sicherheitskonzept einen etwas
geschützteren Bereich, der so sensible Daten enthält,
dass deren Veröffentlichung eher zum Gegenteil von Si-
cherheit führte.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610412100

Danke, Herr Staatssekretär.

Wir kommen damit zum Geschäftsbereich der Bun-
deskanzlerin und des Bundeskanzleramtes. Die Fra-
gen 12 und 13 des Kollegen Christoph Waitz sollen
schriftlich beantwortet werden. Dies gilt ebenfalls für
die Frage 14 des Kollegen Volker Beck. Damit danke ich
dem Staatssekretär Beus für seine Bereitschaft, die Fra-
gen zu beantworten, und für die Übermittlung der Ant-
worten an die Kollegen.

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesmi-
nisteriums für Arbeit und Soziales. Die Frage 15 des
Kollegen Dr. Ilja Seifert wird schriftlich beantwortet.
Dies gilt auch für die Fragen 16 und 17 der Kollegin






(A) (C)



(B) (D)


Vizepräsidentin Petra Pau
Bärbel Höhn und die Frage 18 des Kollegen Omid
Nouripour.

Damit rufe ich den Geschäftsbereich des Auswärtigen
Amtes auf. Zur Beantwortung steht der Staatsminister
Gernot Erler zur Verfügung.

Die Fragen 19 und 20 des Kollegen Hans-Joachim
Otto sollen schriftlich beantwortet werden.

Ich rufe die Frage 21 des Kollegen Wilhelm Josef
Sebastian auf:

Was hält die Bundesregierung davon ab, den Repräsentan-
ten der Republik China auf Taiwan einen Diplomatenpass
bzw. Diplomatenausweis zuzugestehen, wie dies einige euro-
päische Nachbarländer tun, wie zum Beispiel Frankreich,
Großbritannien, Finnland, Italien, Polen, Schweden oder Ös-
terreich?

Bitte, Herr Staatsminister.


Dr. h.c. Gernot Erler (SPD):
Rede ID: ID1610412200

Herr Kollege Sebastian, taiwanische Diplomaten-

pässe werden nicht akzeptiert, weil ihre Visierung den
Anschein eines für Diplomaten üblichen Notifikations-
verfahrens erwecken würde. Der Bundesregierung liegt
daran, keinen solchen falschen Anschein zu erwecken.

Die Ausstellung von Diplomatenausweisen an Vertre-
ter Taiwans kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil
Deutschland keine diplomatischen Beziehungen zu Tai-
wan unterhält.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610412300

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage.


Wilhelm Josef Sebastian (CDU):
Rede ID: ID1610412400

Herr Staatsminister, warum wird dies in verschiede-

nen europäischen Ländern anders gehandhabt als bei
uns? Gibt es dazu keine einheitliche Linie in Europa?


Dr. h.c. Gernot Erler (SPD):
Rede ID: ID1610412500

Herr Kollege Sebastian, soweit uns bekannt ist, gibt

es keine unterschiedliche Behandlung hinsichtlich der
Diplomatenpässe bzw. Diplomatenausweise. Es gibt eine
Ausnahme in Wien. Die Beobachtermission aus Taiwan
bei der IAEO, der Internationalen Atomenergiebehörde,
besitzt gültige Diplomatenausweise, die vom österreichi-
schen Außenministerium ausgestellt werden, nicht aber
die Mitarbeiter des Instituts für Chinesische Kultur, das
dort die inoffizielle Vertretung Taiwans ist.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610412600

Ihre zweite Nachfrage, bitte.


Wilhelm Josef Sebastian (CDU):
Rede ID: ID1610412700

Herr Staatsminister, halten Sie es dem Land gegen-

über, das lange für Demokratie, Freiheit und Menschen-
rechte gekämpft hat, nicht für angebracht, ihm etwas
mehr Anerkennung zu zeigen, indem man auf europäi-
scher Ebene versucht, solche Kleinigkeiten – so will ich
das einmal nennen – gemeinsam Schritt für Schritt zu re-
geln, ohne unsere Ein-China-Politik zu verlassen?

Dr. h.c. Gernot Erler (SPD):
Rede ID: ID1610412800

Herr Kollege Sebastian, wir sind in völligem Konsens

hinsichtlich der Anerkennung der Bemühungen Taiwans
um Fortschritte. Darüber kann es keinen Streit geben.
Auf der anderen Seite stellen Diplomatenpässe bzw. Di-
plomatenausweise ein Signum von Staatlichkeit dar. Wir
betreiben in Europa gemeinsam die Ein-China-Politik,
die eben nicht mit einer Anerkennung von Taiwan ein-
hergeht. Gerade die Bundesregierung versucht, die Ein-
heitlichkeit dieser Politik zu wahren.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610412900

Wir kommen damit zur Frage 22 des Kollegen

Wilhelm Josef Sebastian:
Was hält die Bundesregierung davon ab, den Repräsentan-

ten der Republik China auf Taiwan das Recht eines Sonder-
kennzeichens einzuräumen, wie dies einige europäische
Nachbarländer tun, wie zum Beispiel Frankreich, Großbritan-
nien, Lettland oder die Niederlande?


Dr. h.c. Gernot Erler (SPD):
Rede ID: ID1610413000

Herr Kollege, die Republik China auf Taiwan wird

von der Bundesrepublik Deutschland nicht anerkannt
und daher in Deutschland auch nicht repräsentiert.

In Bezug auf die Kraftfahrzeuge inoffizieller Vertreter
Taiwans ist keine Voraussetzung erfüllt, die zur Ausgabe
eines Sonderkennzeichens führen könnte.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610413100

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage.


Wilhelm Josef Sebastian (CDU):
Rede ID: ID1610413200

Herr Staatsminister, mir liegen Informationen vor,

dass in einigen europäischen Ländern Sonderkennzei-
chen vergeben werden. Warum kann die Bundesrepublik
das nicht wie andere Länder handhaben?


Dr. h.c. Gernot Erler (SPD):
Rede ID: ID1610413300

Es geht hier um einen ähnlichen Punkt wie bei der

vorherigen Frage. Uns sind keine unterschiedlichen Auf-
fassungen der Partnerländer der EU bekannt, was die
Behandlung Taiwans als unabhängigen Staat angeht. Al-
lerdings wird die Vergabe der Sonderkennzeichen in den
verschiedenen europäischen Staaten unterschiedlich be-
handelt.

Ihre Information, dass solche Sonderkennzeichen in
Großbritannien ausgegeben werden, konnten wir nicht
verifizieren. Es gibt tatsächlich ein Land, das die übli-
chen CC-Sonderkennzeichen ausgibt, nämlich Lettland.
Lettland ist deswegen schon ins Visier chinesischer Pro-
teste geraten.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610413400

Damit haben Sie die Möglichkeit zu einer zweiten

Frage.


Wilhelm Josef Sebastian (CDU):
Rede ID: ID1610413500

Herr Staatsminister, mir liegen Informationen vor,

dass in Frankreich Sonderkennzeichen gewährt werden.






(A) (C)



(B) (D)


Wilhelm Josef Sebastian
Ich denke, in einem demokratischen Land dürfen wir
in solchen Fragen nicht einfach nachgeben, wenn ein
Land wie China protestiert, und darauf verzichten, einen
Fortschritt zu erreichen.


Dr. h.c. Gernot Erler (SPD):
Rede ID: ID1610413600

Ich möchte noch einmal festhalten, dass die Ausgabe

von Corps-diplomatique- und Corps-consulaire-Kenn-
zeichen wegen der Ein-China-Politik ausscheidet; da-
rüber gibt es unter den europäischen Staaten keine unter-
schiedlichen Auffassungen. Aber es gibt möglicherweise
bestimmte nationale Gepflogenheiten, was andere Son-
derkennzeichen angeht. Es mag sein, dass es da Abwei-
chungen gibt. Aber in der Politik selber bemühen wir
uns um Einheitlichkeit und sehen auch nicht, dass Unter-
schiede in der Handhabung bestehen.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610413700

Das Wort zu einer weiteren Nachfrage hat die Kolle-

gin Rita Pawelski.


Rita Pawelski (CDU):
Rede ID: ID1610413800

Herr Staatsminister, der gemeinsame Entschluss der

Europäischen Union zur Taiwanpolitik stammt aus dem
Jahr 1988. Damals war Taiwan kein demokratisch re-
giertes Land. Mittlerweile hat sich dort eine Demokratie
entwickelt. Das höchste Amt wird durch freie Wahlen
besetzt.

Meinen Sie nicht, dass es an der Zeit ist, dass die
Europäische Union wie auch die Bundesrepublik
Deutschland die Taiwanpolitik ändert, weil es sich bei
Taiwan um ein demokratisch regiertes Land handelt?


Dr. h.c. Gernot Erler (SPD):
Rede ID: ID1610413900

Frau Kollegin Pawelski, die Frage der Anerkennung

eines Landes richtet sich nicht danach, ob es ein demo-
kratisches Land ist – das war auch nicht der Fall, als es
um die Entscheidung in Sachen Taiwan ging –; wir
müssten sonst bei einer ganzen Reihe von Staaten die
Anerkennung zurückziehen, weil sie leider nicht demo-
kratisch regiert werden.

Insofern ist die Ein-China-Politik in keiner Weise mit
Kritik an den inneren Zuständen in Taiwan verbunden.
Unsere Entscheidung ist vielmehr Ausdruck der sehr
wohl begründeten Ein-China-Politik, die nicht nur in
Europa betrieben wird.


(Abg. Rita Pawelski [CDU/CSU] meldet sich zu einer weiteren Frage)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610414000

Es tut mir leid, Frau Pawelski, Sie haben leider nur

die Möglichkeit zu einer Nachfrage.

Damit rufe ich die Frage 23 der Kollegin Angelika
Krüger-Leißner auf:

Was hält die Bundesregierung davon ab, die Ausländer-
meldepflicht und die Beantragung einer Aufenthaltsgenehmi-
gung für Mitglieder der Vertretung von Taiwan in Deutsch-
land zu erleichtern, indem die Aufenthaltsgenehmigung direkt
durch die Protokollabteilung des Auswärtigen Amts beantragt
wird, wie dies auch für Mitglieder der deutschen Vertretung in
Taiwan üblich ist?


Dr. h.c. Gernot Erler (SPD):
Rede ID: ID1610414100

Frau Kollegin Krüger-Leißner, Mitarbeiter der Tai-

pehvertretungen unterliegen dem Ausländerrecht. Sie er-
halten ihre Aufenthaltstitel deshalb von den zuständigen
Ausländerbehörden der Länder oder der Gemeinden.
Grundlage ist jeweils eine Bescheinigung des Auswärti-
gen Amts, dass der Aufenthalt im öffentlichen Interesse
liegt. Die Bescheinigung stellt die Politische Abteilung
des Auswärtigen Amts aus. Eine Ausstellung durch das
Protokoll hätte demgegenüber keinen erkennbaren Vor-
teil. Auch das Einreichen des Antrags unmittelbar bei
der bearbeitenden Ausländerbehörde führt nach
Beobachtung des Auswärtigen Amts zu keiner Er-
schwernis, sondern erscheint im Hinblick auf eine zü-
gige Bearbeitung vorzuziehen.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610414200

Ihre erste Nachfrage, bitte.


Angelika Krüger-Leißner (SPD):
Rede ID: ID1610414300

Ich nehme erst einmal hin, dass es sich nicht um eine

Benachteiligung handelt und genauso schnell geht. Na-
türlich sind mir diesbezüglich andere Erfahrungsberichte
zu Ohren gekommen.

Ich frage mich aber: Warum ist es nicht möglich, wie
andere europäische Länder zu verfahren und bestimm-
ten Repräsentanten wie dem Botschafter einen beson-
deren Status zu geben, zum Beispiel eine diplomatische
ID-Card oder, wie es in Finnland, Österreich und Italien
gehandhabt wird, eine ID-Card vom Außenministerium?
Warum finden wir nicht solche Lösungen, die für die
Menschen, die aus Taiwan kommen und hier arbeiten,
eine Erleichterung darstellen?


Dr. h.c. Gernot Erler (SPD):
Rede ID: ID1610414400

Frau Kollegin, ich habe schon darauf hingewiesen,

dass wir uns bei dieser Praxis schlicht nach den rechtli-
chen Vorschriften des Ausländerrechts richten. Machten
wir hier Ausnahmen oder erlaubten wir Sonderbehand-
lungen, bewegte dies nach allen Erfahrungen viele an-
dere dazu, ähnliche Sonderregelungen zu wünschen. Ich
glaube, dass ich aufzeigen konnte, dass unsere Art der
Handhabung in Wirklichkeit für die Betroffenen der ver-
nünftigste Weg ist.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610414500

Sie haben die Möglichkeit zu einer zweiten Nach-

frage.


Angelika Krüger-Leißner (SPD):
Rede ID: ID1610414600

Ich nehme das erst einmal so hin und werde es noch

überprüfen.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610414700

Dann rufe ich die Frage 24 der Kollegin Krüger-

Leißner auf:






(A) (C)



(B) (D)


Vizepräsidentin Petra Pau
Was hält die Bundesregierung davon ab, einen touristi-
schen Aufenthalt von bis zu 30 Tagen für taiwanesische Bür-
gerinnen und Bürger von der Visumpflicht zu befreien, wie
dies auch für EU-Bürger in Taiwan der Fall ist?


Dr. h.c. Gernot Erler (SPD):
Rede ID: ID1610414800

Frau Kollegin Krüger-Leißner, die Entscheidung da-

rüber, welche Drittstaatsangehörigen für Kurzaufent-
halte von bis zu 90 Tagen pro Halbjahr in der Europäi-
schen Union der Visumpflicht unterliegen und welche
nicht, liegt nicht in der Hand der einzelnen Mitglied-
staaten. Es ist vielmehr Aufgabe der Europäischen Kom-
mission, in Abstimmung mit den Mitgliedstaaten dies
verbindlich festzulegen, und zwar im Rahmen der Euro-
päischen Verordnung (EG) Nr. 539/2001, der sogenann-
ten EU-Visumverordnung. Vor diesem rechtlichen Hin-
tergrund kann die Bundesregierung nicht einseitig die
Aufhebung der Visumpflicht für Taiwanerinnen und Tai-
waner beschließen.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610414900

Haben Sie noch eine Nachfrage? – Bitte schön.


Angelika Krüger-Leißner (SPD):
Rede ID: ID1610415000

Ich habe nun etwas dazugelernt und weiß, dass in die-

ser Frage im Grunde genommen die EU-Kommission
unser Ansprechpartner ist.


Dr. h.c. Gernot Erler (SPD):
Rede ID: ID1610415100

Das ist völlig korrekt. Ich kann Sie ergänzend darüber

informieren, dass dies Ende 2006 auf der Tagesordnung
der Ratsarbeitsgruppe „Visa“ stand. Dort hat eine grö-
ßere Zahl von Mitgliedstaaten der EU einer solchen Er-
leichterung in Form einer Aufhebung der Visumpflicht
nicht zugestimmt, sodass die Entscheidung darüber zu-
rückgestellt worden ist.


Angelika Krüger-Leißner (SPD):
Rede ID: ID1610415200

Ich danke.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610415300

Wir kommen nun zur Frage 25 des Kollegen Olav

Gutting:
Was hält die Bundesregierung davon ab, bezüglich der Be-

zeichnung für Taiwan bei wirtschaftlichen und kulturellen
Veranstaltungen eine pragmatische Haltung einzunehmen und
sich generell für die Bezeichnung „Taiwan“ auszusprechen?


Dr. h.c. Gernot Erler (SPD):
Rede ID: ID1610415400

Herr Kollege Gutting, wirtschaftliche und kulturelle

Veranstaltungen finden ganz überwiegend in privater
Regie statt, ohne dass es überhaupt einen Anlass für die
Bundesregierung gäbe, sich für die eine oder andere Be-
zeichnung auszusprechen. Wo die Bundesregierung Mit-
veranstalterin ist, erfordert es ihre Glaubwürdigkeit, ihre
außenpolitischen Positionen nicht selbst infrage zu stel-
len. Ihre Vertreter in den jeweiligen Gremien stimmten
also der Bezeichnung „Taiwan“ nur dann zu, wenn sie
nicht als Staatsname missverstanden würde.

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610415500

Sie haben die Möglichkeit zu zwei Nachfragen. –

Bitte.


Olav Gutting (CDU):
Rede ID: ID1610415600

Herr Staatsminister, ist Ihnen bekannt, wie in anderen

europäischen Ländern die Bezeichnung gehandhabt
wird?


Dr. h.c. Gernot Erler (SPD):
Rede ID: ID1610415700

Herr Kolleg Gutting, wie Sie meiner Antwort ent-

nommen haben, ist bei wirtschaftlichen und kulturellen
Veranstaltungen sehr selten eine eindeutige staatliche
Verantwortung gegeben. In Deutschland wird das eher
flexibel und unterschiedlich gehandhabt; dies ist auch in
den anderen europäischen Staaten der Fall.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610415800

Herr Gutting, Sie verzichten auf Ihre zweite Nach-

frage.

Die Frage 26 des Kollegen Hans-Josef Fell wird
schriftlich beantwortet.

Herzlichen Dank, Herr Staatsminister.

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums der Finanzen. Die Frage 27 des Kollegen
Hans-Josef Fell wird schriftlich beantwortet, ebenso die
Frage 28 der Kollegin Dr. Gesine Lötzsch und die
Frage 29 des Kollegen Peter Rzepka.

Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums für Gesundheit. Die Fragen beantwortet
die Parlamentarische Staatssekretärin Marion Caspers-
Merk.

Ich rufe die Frage 30 des Kollegen Dr. Harald Terpe
auf:

Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über aus fi-
nanziellen Gründen geplante Einschränkungen der Qualität
der Behandlung von Opiatabhängigen in den Städten, die nach
§ 3 Abs. 2 des Betäubungsmittelgesetzes, BtMG, eine Aus-
nahmegenehmigung zur Fortführung der Heroinbehandlung
beantragt haben, und wie bewertet sie diese Einschränkungen
im Hinblick auf die Ziele der Herointherapie?

Bitte, Frau Staatssekretärin.

M
Marion Caspers-Merk (SPD):
Rede ID: ID1610415900


Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkennt-
nisse vor, Herr Kollege Terpe. Es ist klar: Wenn die be-
treffenden Städte das Modellprojekt fortführen wollen
und einen Antrag an das BfArM stellen – diese Möglich-
keit besteht –, dann gehört zur Prüfung die Einhaltung
der Qualitätsstandards dazu, die bislang Voraussetzung
für das Modellvorhaben waren.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610416000

Sie haben keine Nachfrage dazu, Herr Terpe.

Ich rufe die Frage 31 des Kollegen Dr. Harald Terpe
auf:






(A) (C)



(B) (D)


Vizepräsidentin Petra Pau
Plant die Bundesregierung, die finanzielle Unterstützung
der beteiligten Heroinambulanzen bzw. Städte fortzuführen,
und, wenn nicht, auf welche andere Weise will die Bundes-
regierung sicherstellen, dass neue Patientinnen und Patienten
nicht aus finanziellen Gründen abgewiesen werden müssen
bzw. die Behandlungsqualität eingeschränkt werden muss?

Bitte, Frau Staatssekretärin.

M
Marion Caspers-Merk (SPD):
Rede ID: ID1610416100


Herr Kollege Terpe, die Bundesförderung für die am
Modellprojekt zur heroingestützten Behandlung Opiat-
abhängiger teilnehmenden Städte soll unter den bisheri-
gen Bedingungen bis Ende September 2007 verlängert
werden; denn wir wissen, dass einige Städte nach dem
Auslaufen der Modellphase einen Antrag an das BfArM
stellen und weitermachen wollen. Deswegen ist für uns
wichtig, dass die betreffenden Städte diese Möglichkeit
bekommen.

Darüber hinaus wird derzeit in intensiven Beratungen
und Verhandlungen versucht, eine rechtlich tragfähige
Lösung für die Fortführung zu finden. Aus diesem
Grund haben wir den beteiligten Städten ein Signal ge-
ben wollen, das deutlich macht, dass die derzeitige
Finanzierung bis Ende September 2007 fortgeführt wird.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610416200

Der Kollege Terpe hat keine Nachfrage.

Ich rufe die Frage 32 der Kollegin Monika Knoche
auf:

Wie rechtfertigt die Bundesregierung, dass die positiven
Ergebnisse der Arzneimittelstudie zum Modellprojekt zur he-
roingestützten Behandlung Opiatabhängiger nicht zu einer re-
gelgerechten Zulassung von Diamorphin in die ärztliche
Therapie führten, obwohl die Signifikanz dieser Therapieform
deutlich die der allgemeinen Arzneimittelzulassung über-
schreitet?

Bitte, Frau Staatssekretärin.

M
Marion Caspers-Merk (SPD):
Rede ID: ID1610416300


Frau Kollegin Knoche, wir haben ausdrücklich darauf
hingewiesen, dass mit den Diamorphinmodellprojekten
das Thema „Diamorphin versus klassische Methadonbe-
handlung“ im Rahmen einer Arzneimittelstudie unter-
sucht wird. Die Ergebnisse aus der Diamorphinbehand-
lung sind aus unserer Sicht signifikant besser gewesen.
Aus diesem Grund gibt es Bestrebungen, eine rechtliche
Grundlage für das Fortsetzen dieser Modellprojekte zu
schaffen. Da wir derzeit noch in Verhandlungen sind
– unter anderem gibt es Initiativen einiger Bundesländer
hierzu, wie man der Presse gestern entnehmen konnte –
und die Länder noch prüfen, prüfen wir rechtliche Mög-
lichkeiten zur Fortsetzung der Behandlung. Wie ich dem
Kollegen Terpe gerade erläutert habe, haben wir aus die-
sem Grund die Finanzierungsvereinbarung bis Ende
September 2007 verlängert.

Wir gehen jetzt daran, eine rechtlich tragfähige Lö-
sung zu erarbeiten. Unabhängig von rechtlichen Verän-
derungen ist es aber den Städten nach wie vor möglich,
Anträge auf Fortsetzung der Behandlung beim BfArM
zu stellen. Ich weiß, dass einige Städte bereits entspre-
chende Anträge gestellt haben und andere es planen,
meiner Kenntnis nach auch Karlsruhe.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610416400

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage.


Monika Knoche (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610416500

Frau Staatssekretärin Caspers-Merk, ich habe in der

Tat noch eine Nachfrage. Habe ich die Intention, die Sie
hier dargelegt haben, richtig verstanden, dass Sie durch-
aus erwägen, im September eine gesetzliche Änderung
in den Bundestag einzubringen, um die Zulassung des
Substitutionspräparates zu ermöglichen, oder wollen Sie
lediglich eine Fortführung der nach den bestehenden
Modellen derzeit laufenden Substitutionsbehandlungen
ermöglichen? Wie ist Ihre Antwort zu verstehen? Planen
Sie selbst eine gesetzliche Änderung?

M
Marion Caspers-Merk (SPD):
Rede ID: ID1610416600


Zunächst einmal, Frau Kollegin Knoche, haben die
Städte jetzt die Möglichkeit, die Vorhaben fortzusetzen,
indem sie einen Antrag beim BfArM stellen. Damit ist
die Befürchtung vieler Städte, die Patientinnen und Pa-
tienten in den jetzt laufenden Verfahren könnten nicht
mehr versorgt werden, ausgeräumt. Es können sogar
– das zeigt der positive Bescheid des Antrags der Stadt
Frankfurt – neue Patientinnen und Patienten in die Vor-
haben aufgenommen werden.

Darüber hinaus versuchen wir im Moment, über die
Möglichkeit des einfachen Antrags hinaus, der den Mo-
dellstädten schon jetzt freisteht, gesetzlich oder unterge-
setzlich eine Änderung zu verabreden. Wie Sie wissen,
haben wir in der Koalition über diese Frage noch keine
Einigkeit erzielt. Wir prüfen zurzeit die Alternativen ei-
ner gesetzlichen oder untergesetzlichen Neuregelung
und haben aus diesem Grunde die Geltung der Finanzie-
rung bis Ende September verlängert.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610416700

Frau Kollegin Knoche erhält Gelegenheit zu einer

zweiten Nachfrage.


Monika Knoche (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610416800

Frau Staatssekretärin, ich habe zu meiner ersten Frage

noch eine weitere Nachfrage. Sind Sie mit mir der Auf-
fassung, dass bezogen auf die klassischen Kriterien einer
Arzneimittelstudie die Studie zur Heroinsubstitution si-
gnifikant bessere Merkmale aufweist, als es bei der Zu-
lassung anderer Präparate, die nicht unter das Betäu-
bungsmittelgesetz fallen, der Fall ist, und schließen Sie
daraus nicht, dass im Sinne der Arzneimittelzulassungs-
gleichheit die Bundesregierung aufgefordert wäre, die
gesetzliche Grundlage für die allgemeine Zulassung die-
ses Substitutionspräparates vorzunehmen?






(A) (C)



(B) (D)

M
Marion Caspers-Merk (SPD):
Rede ID: ID1610416900


Den ersten Teil Ihrer Zusatzfrage beantworte ich mit
Ja. Wir haben signifikant bessere Ergebnisse. Deswegen
haben die Bundesregierung und auch die Drogenbeauf-
tragte der Bundesregierung den Modellversuch positiv
beurteilt. Um ein Modellvorhaben in eine Struktur der
Substitutionsbehandlung einzupassen, müssen wir aller-
dings gesetzlich oder untergesetzlich Veränderungen
vornehmen, und über diesen Punkt wird derzeit noch po-
litisch diskutiert.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610417000

Nun kommen wir zur Frage 33 der Kollegin Monika

Knoche:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Ungleichbehand-

lung von Schwerstheroinabhängigen bei der wohnortnahen
Diamorphinbehandlung, da es nur den ehemaligen Modell-
städten möglich erscheint, eine Ausnahmegenehmigung des
Amtes für Arzneimittelsicherheit zu erhalten?

Frau Staatssekretärin, bitte.

M
Marion Caspers-Merk (SPD):
Rede ID: ID1610417100


Frau Kollegin Knoche, Ihre Annahme in dieser Frage
ist unrichtig. Es ist grundsätzlich allen Schwerstopiat-
abhängigen, die in Einrichtungen in der Bundesrepublik
Deutschland versorgt werden, anheimgestellt, einen ent-
sprechenden Antrag gemäß § 3 Abs. 2 des Betäubungs-
mittelgesetzes auf der Basis des „öffentlichen Interes-
ses“ bei der Bundesopiumstelle des BfArM zu stellen.
Diese prüft, ob der Antragsteller die notwendigen Vo-
raussetzungen erfüllt. Ihre Annahme, dass dies nur auf
Modellstädte begrenzt bliebe, ist also nicht richtig. Es
könnten auch andere Städte einen solchen Antrag stel-
len. Sie müssen dann dieselben Prüf- und Qualitätskrite-
rien erfüllen wie die Städte, die bereits an dem Modell-
vorhaben beteiligt waren.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610417200

Ihre erste Nachfrage, bitte.


Monika Knoche (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610417300

Verstehe ich Sie richtig, dass es der Initiative weiterer

Städte bedürfte, um analog den Kriterien der bisher im
Modellprojekt befindlichen Städte verfahren zu können?
Die zweite Nachfrage dazu gleich hinterher: Wäre es ei-
nem individuellen Patienten oder einer Patientin, der
oder die mit Methadon nicht hinreichend versorgt wer-
den kann, möglich, beim BfArM eine Einzelzulassung
für eine Heroinsubstitution zu bekommen?

M
Marion Caspers-Merk (SPD):
Rede ID: ID1610417400


Das waren zwei Fragen, die ich als zwei Zusatzfragen
werte. Andere Städte – das hatte ich gerade gesagt –
könnten dieses Antragsverfahren aufgreifen. Die Initia-
tive muss von der Einrichtung ausgehen.

Die zweite Frage war, ob ein Individuum einen sol-
chen Antrag stellen kann. Auch in diesem Fall müssten
dieselben qualitativen Voraussetzungen erfüllt sein. Es
kann nicht ein Einzelner sagen, er möchte ab sofort mit
Diamorphin versorgt werden, sondern man müsste die-
selben Kriterien prüfen, die man auch in den Modellvor-
haben geprüft hat. Dazu gehören folgende Punkte: Wird
Diamorphin – das macht den Stoff so problematisch – si-
cher verwahrt? Wie ist das Arrangement mit den anderen
Substitutionseinrichtungen vor Ort? Es handelt sich um
ein hochschwelliges Projekt, kein niedrigschwelliges.
Man muss die Gesundheitsvoraussetzungen erfüllen,
und es müssen zwei Therapien abgebrochen worden
sein. Ferner gehören zu den Voraussetzungen das Min-
destalter, die Soziotherapie und das Casemanagement.

Es müssten alle Bedingungen erfüllt sein – die mit
sehr hohen Auflagen verbunden waren –, die auch die
am Modellversuch beteiligten Städte erfüllt haben. Es
darf also keine Abstriche bei der Sicherheit und der Qua-
lität geben. Ansonsten hat jede Einrichtung, jede Stadt
und auch jeder Einzelne den Anspruch, dass sein bzw.
ihr Antrag geprüft wird. Aber die Prüfkriterien sind sehr
hoch, weil sie die Bedingungen des Modellversuchs als
Prüfinhalt voraussetzen.


Monika Knoche (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610417500

Habe ich noch eine Nachfrage?


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610417600

Sie haben explizit zwei Fragen gestellt.


Monika Knoche (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610417700

Dann bedanke ich mich.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610417800

Wir kommen zur Frage 34 des Kollegen Omid

Nouripour:
Was hat die Bundesregierung bislang konkret unternom-

men bzw. was wird sie noch unternehmen, um dem Wunsch
der hessischen Landesregierung und der am Modellprojekt
der Heroinbehandlung beteiligten Städte für eine Weiterfüh-
rung der Heroinbehandlung über den 30. Juni 2007 hinaus zu
entsprechen?

M
Marion Caspers-Merk (SPD):
Rede ID: ID1610417900


Zunächst möchte ich sagen, dass wir in einem engen
Kontakt mit allen sieben Standorten des Modellvorha-
bens sind. Es finden regelmäßig Besprechungen und ein
Austausch über die Ergebnisse und über die Arbeiten
statt, die eine Fortsetzung ermöglichen. Sie wissen, dass
die Bundesregierung auf Wunsch der beteiligten Bun-
desländer eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Erarbei-
tung von Eckpunkten für ein Gesetzesvorhaben einge-
setzt hat. Das heißt, es wurde sehr wohl einiges
unternommen, um eine Fortsetzung zu ermöglichen.

Die Koalition diskutiert derzeit die Fortsetzung der
Modellvorhaben. Unabhängig davon hat insbesondere
die Stadt Frankfurt den Weg beschritten, die Antragstel-
lung beim BfArM vorzunehmen: Sie war die erste Stadt,
die beim BfArM einen entsprechenden Antrag gestellt
hat. Im öffentlichen Interesse ist die Fortsetzung des
Modellvorhabens in Frankfurt sichergestellt.






(A) (C)



(B) (D)


Parl. Staatssekretärin Marion Caspers-Merk
Darüber hinaus ist mir bekannt, dass sich die Hanse-
stadt Hamburg gestern dahin gehend geäußert hat, eine
Bundesratsinitiative starten zu wollen. Wir werden abzu-
warten haben, ob diese Bundesratsinitiative von den an-
deren beteiligten Ländern unterstützt wird. Wir bieten im
Haus nach wie vor Gespräche an; außerdem führen wir
zurzeit Gespräche. Wir haben die Geltung der Finanzie-
rungsstruktur nochmals verlängert, um Zeit für eine
rechtlich einwandfreie Lösung zu haben. Der Bundes-
regierung liegt daran, den Anforderungen an die Qualität
dieses Modellversuchs – ich verweise auf die Einschrän-
kungen, die damit verbunden waren – auch in Zukunft
voll und ganz gerecht zu werden.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610418000

Ihre erste Nachfrage, bitte.


Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610418100

Eine Bundesratsinitiative wurde nicht nur gestern von

der Landesregierung Hamburg, sondern auch vorgestern
von der Landesregierung Hessen unter Herrn Roland
Koch beschlossen. Welcher Umgang mit dieser Bundes-
ratsinitiative schwebt Ihrem Haus eigentlich vor?

M
Marion Caspers-Merk (SPD):
Rede ID: ID1610418200


Erstens. Wie ich bereits gesagt habe, sind alle Initiati-
ven, die die Länder über den Bundesrat gestartet haben,
auf die Vorarbeiten zurückzuführen, die die Bundes-
regierung gemeinsam mit den Ländern geleistet hat.

Zweitens. Natürlich sind die Länder frei, Gesetzent-
würfe über den Bundesrat einzubringen. Das legislative
Verfahren wird nicht geändert werden. Man muss
schauen, ob es im Bundesrat für dieses Ansinnen eine
Mehrheit gibt. Falls das der Fall ist, wird sich der Bun-
destag mit diesem Ansinnen auseinanderzusetzen haben.
Erst einmal haben wir es mit einer Ankündigung zu tun.
Wir haben Zeit, die weiteren Schritte in aller Ruhe abzu-
warten.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610418300

Eine zweite Nachfrage, bitte.


Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610418400

Ihr Hinweis darauf, dass Sie Zeit haben, die weiteren

Schritte abzuwarten, veranlasst mich, eine weitere Frage
zu stellen: Kann die Bundesregierung eigentlich zusi-
chern, dass alle Anträge – weitere werden gestellt wer-
den; davon kann man ausgehen – pünktlich mit Ablauf
der Studienphase beschieden werden, sodass die abhän-
gigen Patienten weiterhin ohne Verzögerung behandelt
werden können?

M
Marion Caspers-Merk (SPD):
Rede ID: ID1610418500


Herr Kollege, mir ist es ein sehr wichtiges Anliegen,
dass wir niemanden, der an einem Diamorphinmodell er-
folgreich teilgenommen hat, der vom Straßenheroin
weggekommen ist, der also dabei ist, seine Sucht zu
überwinden, alleinlassen. Wir möchten nicht, dass je-
mand in eine Situation kommt, in der die Fortsetzung
des Modells ungewiss ist.

Wie ich bereits zweimal erläutert habe, ist die finan-
zielle Beteiligung des Bundes fortgesetzt worden, um
den beteiligten Städten die Möglichkeit zu geben, ent-
sprechende Anträge zu stellen. Ich glaube, dass die
Kommunikation mit den Städten wichtig ist. Es ist nicht
so, dass die Städte jetzt alleingelassen werden oder dass
ein Modellvorhaben abgebrochen werden muss. Wenn
man weitermachen will, kann man selbst einen Antrag
stellen. Prüfkriterien sind die hohen Anforderungen des
Modellprojekts. Damit diese Beantragung und die Prü-
fung zeitlich parallelisiert werden – man will Luft
haben –, wurde das ganze Verfahren verlängert.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610418600

Frau Staatssekretärin, ich danke Ihnen für die Beant-

wortung der Fragen.

Alle Fragen, die heute gestellt worden sind, sind be-
antwortet. Wir sind damit am Ende der Fragestunde.

Bis zum Beginn der Aktuellen Stunde um 16.15 Uhr
unterbreche ich die Sitzung.


(Unterbrechung von 15.14 bis 16.15 Uhr)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610418700

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die unterbrochene

Sitzung ist wieder eröffnet.

Ich rufe nun den Zusatzpunkt 1 auf:

Aktuelle Stunde
auf Verlangen der Fraktion des BÜNDNIS-
SES 90/DIE GRÜNEN

Notwendigkeiten einer zukunftsfesten Pflege-
reform im Verhältnis zu den pflegepolitischen
Vorschlägen der Koalition

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Red-
nerin das Wort der Kollegin Elisabeth Scharfenberg für
die Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Sehr geehrte Kol-
leginnen und Kollegen! Ich kann verschiedene Bilder
bemühen, um diese Pflegereform der Großen Koalition
zu beschreiben, zum Beispiel: Der Berg kreißte und ge-
bar eine Maus; nein, ein Mäuschen. Der Geburtstermin
wurde mehrfach verschoben. Dann wurde ein Notkaiser-
schnitt gemacht. Bei den prominenten Geburtshelferin-
nen und -helfern haben wir alle, ehrlich gesagt, einen
Wonneproppen erwartet. Das war leider vergeblich.


(Heinz Lanfermann [FDP]: Das kann nicht überall gelingen!)


Wir können aber auch von ungedeckten Schecks re-
den, die diese Koalition ausstellt.

Nicht zuletzt fallen mir die Potemkinschen Dörfer
ein. Dieses Reförmchen ist tatsächlich nicht mehr als
eine schön gemalte Kulisse im Bühnenbild Ihres Koali-






(A) (C)



(B) (D)


Elisabeth Scharfenberg
tionsdramas. Ich bin sicher, dass dieses Bühnenbild beim
nächsten politischen Sturm zusammenfallen wird. Frau
Merkel ist auf anderer Ebene unterwegs.


(Zuruf von der SPD: Auf Wolke sieben!)


Die führt auf dem außenpolitischen Parkett Regie und
nicht hier.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen von Union und
SPD, nachhaltig sollte diese Pflegeversicherung werden.
Nun sehen wir, dass das, was Sie „nachhaltig“ nennen, in
keinem Fall nachhaltig ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Gemessen an der Zeit, die Sie sich für diese Reform neh-
men wollten und die Sie sich auch genommen haben
– schließlich warten wir seit 2006 auf diese Reform –,
haben wir schon eine etwas mutigere und auch eine
große Reform erwartet. Das Gegenteil ist der Fall.


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Sehr richtig!)


Auch die Medien sind sich da vollkommen einig.


(Hilde Mattheis [SPD]: Das ist nicht richtig!)


In einem Artikel wurde diese Pflegereform völlig zu
Recht als kaum verhüllte Fahnenflucht bezeichnet. Ges-
tern hieß es in der „taz“ auf der ersten Seite treffend: Die
Wirklichkeit ist der Politik weit voraus. – Genau das ist
der Punkt. Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen, flie-
hen vor der Verantwortung, die Sie so dringend haben
wollten. Faktisch haben Sie eine wirkliche Reform auf
die nächste Wahlperiode verschoben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Union und SPD reformieren erneut mit schwarzen
und roten ideologischen Scheuklappen – und das, weil
beide Seiten einfach auf die nächste Wahl warten. Das ist
Ihr Begriff von Nachhaltigkeit, verehrte Kolleginnen
und Kollegen: bis zur nächsten Wahl und keinen Schritt
weiter.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Das müsst ihr gerade sagen!)


Sie speisen Millionen von Pflegebedürftigen, Angehöri-
gen und Pflegekräften mit kleinen Häppchen ab, obwohl
Sie ganz genau wissen, dass von diesen Häppchen nie-
mand satt wird.

Frau Ministerin Schmidt, ich nörgele nicht nur herum.
Ich habe gegen einige Ihrer Leistungsverbesserungen
überhaupt nichts einzuwenden. Manche sind wirklich
durchaus sinnvoll.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Aha! – Hilde Mattheis [SPD]: Es ist gut, dass Sie das auch sagen!)


Aber ich frage mich: Soll das alles gewesen sein?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wie geht es weiter? Sie drücken sich vor den entschei-
denden Fragen, nämlich: Wie können wir im Zuge der
demografischen Veränderungen eine menschenwürdige
und nutzerorientierte Pflege sicherstellen? Wie kommen
wir weg vom Verrichtungsbezug der Pflegeversicherung
und hin zu einem umfassenden Begriff der Pflegebedürf-
tigkeit? Wie kommen wir zu einem Pflege- und Hilfe-
mix, der den Lebensentwürfen der Menschen, also auch
uns allen hier, entspricht? Diese Fragen werden uns alle
die nächsten Jahre begleiten. Alle diese Fragen sind be-
reits gestellt. Die Antworten können wir nicht erst in ein
paar Jahren geben, vielleicht erst nach der nächsten Bun-
destagswahl.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Jens Spahn [CDU/ CSU]: Ich weiß nicht, wie man nach sieben Jahren Rot-Grün das fragen kann! Die haben sieben Jahre lang nichts auf die Beine gestellt!)


Drücken Sie sich nicht, und stellen Sie sich endlich
ihrer Verantwortung! Wir brauchen eine umfassende Re-
form. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, Sie beru-
fen sich immer wieder auf Ihren Koalitionsvertrag, aber
schon bei Ihrem Koalitionsvertrag musste man sich fra-
gen, wohin dieses Abenteuer wohl führen wird. Was ist
denn nun mit der Demografiereserve? Was ist denn nun
mit dem Finanzausgleich zwischen sozialer und privater
Pflegeversicherung? Mit diesem Koalitionsvertrag nahm
das Chaos seinen Lauf. Mit der Föderalismusreform zum
Beispiel haben Sie das Heimrecht regelrecht an die Län-
der verhökert. Aber: „Schlimmer geht immer“ ist das
Motto dieser Großen Koalition.

Sie schieben die elementar wichtige Überarbeitung
des Begriffs der Pflegebedürftigkeit so weit vor sich her,
dass wir in dieser Legislatur ohnehin nicht mehr mit Er-
gebnissen rechnen. Stattdessen sollen demenziell Er-
krankte, und zwar nur demenziell Erkrankte, pauschale
Mehrleistungen bekommen.


(Elke Ferner [SPD]: Stimmt nicht, Frau Kollegin!)


Sie denken nicht an Behinderte, Sie denken nicht an psy-
chisch Kranke. Ich werfe das hier nur so ein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Elke Ferner [SPD]: Falsch! Lesen, dann reden! – Dr. Uwe Küster [SPD]: Wer lesen kann, ist – wie immer – im Vorteil!)


Das kann man so machen, aber ich sage Ihnen: Das löst
das dahinterstehende strukturelle Problem nicht. Das ist
uns zu wenig. Sie haben die wirkliche Dimension des
Themas Pflege nicht begriffen. Das wird deutlich, wenn
von führenden Vertretern der Koalitionsparteien zu hö-
ren ist, es bestehe derzeit kein unmittelbarer Handlungs-
druck, die Konjunktur laufe ja so gut. Dazu muss ich sa-
gen: So viel Dreistigkeit können Sie sich offenbar
aufgrund Ihrer Stimmenmehrheit zwar leisten, peinlich
bleiben solche Äußerungen trotz allem.

Politik soll sich an Menschen und nicht an machtver-
liebten oder – vielleicht sollte ich das besser sagen –
machtbesessenen Politikern orientieren. Ihre Pflegepoli-






(A) (C)



(B) (D)


Elisabeth Scharfenberg
tik hat mit Weitblick und Nachhaltigkeit überhaupt
nichts zu tun.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610418800

Nächste Rednerin ist nun die Kollegin Annette

Widmann-Mauz für die Fraktion CDU/CSU.


Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1610418900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle-

gen! Zunächst einmal herzlichen Dank, Frau
Scharfenberg, dass Sie uns heute die Möglichkeit geben,
die Beschlüsse der Großen Koalition bei erstbester Gele-
genheit im Parlament vor dem Hohen Hause auch darzu-
stellen. Das will ich sehr gerne tun.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Sehr gut!)


Gerade Sie als Vertreterin der Fraktion der Grünen
müssen sich ja schon fragen lassen, warum Sie unsere
Beschlüsse derart kritisieren, nachdem Sie selber wäh-
rend der sieben Jahre Rot-Grün nichts gemacht haben.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist wohl wahr! – Frank Spieth [DIE LINKE]: Da hat sie allerdings recht!)


Sie haben doch regiert. Warum beschreiben Sie hier ein
Koalitionstheater? Ihr Drama dauerte sieben Jahre lang,
und es ist nichts passiert. Die Kulissen können wir heute
noch in der Abstellkammer bewundern. Es wurde nichts
von dem Wirklichkeit, was Sie immer wieder hier im
Parlament anmahnen.

Was haben Sie denn getan, um den Pflegebegriff zu
erweitern?


(Elisabeth Scharfenberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie, was Sie tun wollen! – Zuruf der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


– Frau Künast, Sie sollten wissen: Politik wird immer
noch mit dem Kopf und nicht mit dem Kehlkopf ge-
macht. Also bitte erst einmal zuhören. – Sie haben doch
nichts für die Reform des Pflegebegriffs getan. Sie ha-
ben so gut wie nichts für die Demenzerkrankten bewirkt.
Wir, die Große Koalition, wir handeln. Mehr als
1 Million altersverwirrte Menschen werden ab dem
nächsten Jahr bis zu 2 400 Euro im Jahr an Unterstüt-
zung erhalten,


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Aber nicht alle! Das ist nur ein großes Überraschungsei mit wenig Inhalt!)


und zwar unabhängig, ob sie bereits heute in eine Pflege-
stufe eingestuft sind oder nicht. Sie haben immer nur
groß herumgeredet, aber an dieser Stelle haben Sie über-
haupt nichts gemacht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Frank Spieth [DIE LINKE]: Sie müssen aber zweieinhalb Milliarden bereitstellen, wenn das ernst gemeint ist!)


Wir machen Politik für die Menschen. Wir tun etwas
für die Demenzerkrankten und Altersverwirrten sowie
ihre Familien. Wir lassen sie mit ihrem schweren
Schicksal nicht im Regen stehen. Zugleich schaffen wir
dafür die Voraussetzung, dass dann, wenn die Arbeits-
gruppe zur Neudefinition des Pflegebegriffs ihre Arbeit
beendet hat, sofort in eine Reform eingestiegen werden
kann. Wir warten nicht ab, sondern handeln bereits in
der Zwischenzeit.

Sie müssen sich auch fragen lassen, was Sie getan ha-
ben, um den Wertverfall der Leistungen der Pflegeversi-
cherung seit ihrer Einführung zu bekämpfen. Ich habe
nichts wahrgenommen. Der Gegenwert wurde geringer
und geringer. Sie wissen, dass der Realwert um
13 Prozent gesunken ist und die Belastungen für die
Kommunen im selben Zeitraum kontinuierlich angestie-
gen sind.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Interessant, dass Sie zum eigenen Konzept nichts sagen können!)


Immer mehr Menschen sind nämlich wieder sozial be-
dürftig geworden und waren damit auf entsprechende
Hilfen angewiesen. Sie haben nichts dagegen getan.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie müssen regieren und nicht meckern!)


Wir lassen die Menschen nicht im Stich, sondern heben
die Pflegegeldleistungen für ambulante Pflege in allen
Stufen und für die Stufe III im stationären Bereich konti-
nuierlich an. Wir werden außerdem dafür sorgen, dass ab
dem Jahr 2015 ein Inflationsausgleich etabliert wird.

Was haben denn die Grünen während ihrer Regie-
rungszeit getan, damit zum Beispiel Familienangehörige
eine vorübergehende Auszeit bei der Erwerbsarbeit neh-
men können, um Angehörige zu pflegen? Sie haben
überhaupt gar nichts getan. Sie haben die Menschen wie
auch sonst so oft im Stich gelassen.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie regieren! Selber machen!)


Sie haben große Ankündigungen gemacht, aber erst die
Union hat im Rahmen der Großen Koalition Maßnah-
menpakete auf den Weg gebracht und verabschiedet, die
es Menschen ermöglichen, eine Auszeit vom Berufsle-
ben zu nehmen und sich bis zu sechs Monate um ihre
Angehörigen zu kümmern.


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Sie wecken Hoffnungen, die Sie an keiner Stelle halten!)


Das ist richtig, und die Große Koalition deckt hiermit
eine große Lücke ab, deren Schließung sehr wichtig ist.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Was haben denn die Grünen getan, um zum Beispiel
den Grundsätzen „ambulant vor stationär“ oder „Reha
vor Pflege“ gerecht zu werden? Wir gehen hier voran.






(A) (C)



(B) (D)


Annette Widmann-Mauz

(Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Ihr redet auch nur und macht nichts!)


Wir schaffen kommunale Pflegestützpunkte, wir wollen
integrierte, wohnortnahe Versorgungs- und Betreuungs-
angebote etablieren. Wir werden Fallmanager bei den
Kassen etablieren, damit die Menschen einen Ansprech-
partner haben, der ihnen hilft, genau die Pflege zu erhal-
ten, die notwendig ist. Wir werden Angebote und Vor-
schläge zum Abbau von Schwarzarbeit und Illegalität
vorlegen.

Vor allen Dingen gehen wir mit unseren Vorschlägen,
um die Rehabilitation zu stärken, erfolgsorientiert an
Pflege heran. Wir entlohnen nicht nur dafür, dass gear-
beitet wird, sondern wir belohnen, wenn erfolgreiche
Pflege zu einer Herabstufung führt. Das ist erfolgsorien-
tierte Pflege, das kommt bei den Menschen an, und da-
rum kümmern wir uns ganz besonders.

Die Grünen und Sie, Frau Verbraucherschutzministe-
rin a. D., haben doch immer große Töne gespuckt, wenn
es um Transparenz ging. Dabei denke ich an Gesetzent-
würfe, die Sie hier wortstark vertreten haben. Die Große
Koalition wird jetzt hier in diesem Haus die Ergebnisse
des Medizinischen Dienstes in Bezug auf ambulante und
stationäre Formen der Pflege in einer patientengerech-
ten, verbraucherfreundlichen Sprache veröffentlichen.
Das hilft den Menschen und bringt die Klarheit, die nö-
tig ist, um Missstände in der Pflege besser verhindern zu
können.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Zu dem letzten Vorwurf kann ich nur sagen: Sie ha-
ben immer gesagt, die Nachhaltigkeit fehle. Sie haben in
Ihrer Regierungszeit die Beiträge um 0,25 Beitrags-
punkte erhöht, aber den Menschen nicht wie die Große
Koalition gleichzeitig eine Entlastung bei der Arbeitslo-
senversicherung gegeben, überhaupt nichts davon. Sie
haben keine Verbesserung bei den Leistungen erreicht.
Es ist schon ziemlich mutig, hier die Backen so aufzu-
blasen, aber die Hausaufgaben in sieben Jahren nie erle-
digt zu haben.

Wir gehen die Pflegereform an, und wir kommen ei-
nen deutlichen Schritt voran. Wir nehmen die Verant-
wortung im Interesse der Menschen in unserem Land
wahr.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610419000

Nun hat der Kollege Heinz Lanfermann für die FDP-

Fraktion das Wort.


(Beifall bei der FDP)



Heinz Lanfermann (FDP):
Rede ID: ID1610419100

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Alle Versuche des Schönredens nützen nichts;
die Schlagzeilen sehen anders aus:


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


„Jungpolitiker verreißen Pflegereform“. Das sind welche
aus der Union, aber von ihr spricht ja nachher noch einer.
Eine Chance wurde kläglich verpasst, sagte Professor
Raffelhüschen,


(Elke Ferner [SPD]: Der, der von den Versicherungen dafür bezahlt wird!)


und tatsächlich ist die Finanzreform der Pflegeversiche-
rung kläglich gescheitert.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Gesundheitsministerin Schmidt ist gescheitert, und
dies ist auch der Anfang des Scheiterns dieser Koalition.

Meine Damen und Herren, vor einem Jahr, im Juli
2006, sagte die Kanzlerin:

Wir werden die Pflegeversicherung im nächsten
Jahr reformieren, aber Beitragserhöhungen stehen
nicht auf der Tagesordnung.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wie bei der Gesundheitsreform!)


O-Ton Merkel; versprochen, gebrochen.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern?“)


In der Koalitionsvereinbarung wurde Nachhaltigkeit
versprochen – keine Spur davon. Tatsächlich ist es so,
wie Ministerin Schmidt sagt:

Dieser Kompromiss ist wegweisend.

Das finde ich auch;


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Vorwärts, Leute, es geht zurück!)


allerdings führt der Weg in den finanziellen Abgrund.


(Beifall bei der FDP)


Eines ist doch klar: So schön es sich anhört und so
nett es für die Betroffenen auch ist, mehr Leistungen be-
deuten mehr Beitrag. Jetzt ist es so gerechnet, dass es
sich deckt. In 20, 30 Jahren deckt es sich im Umlagesys-
tem überhaupt nicht mehr, weil es dann viel mehr Leis-
tungsempfänger geben wird, übrigens insbesondere De-
menzkranke, aber viel weniger Menschen, die die
Beiträge dafür aufbringen. Deswegen darf ich ein weite-
res Zitat bringen, diesmal von Professor Rürup, auf den
Sie sonst eigentlich zu hören pflegen. Er hat gesagt:

Durch die jetzigen Beschlüsse wird die Finanzie-
rung der Pflegeversicherung nicht nachhaltiger, im
Gegenteil. Die Umverteilung zwischen den Genera-
tionen zulasten der Jungen nimmt noch zu.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Damit wird die Reform der Finanzierungsseite, die
auf jeden Fall kommen muss, schwieriger.

Die Finanzierungsfrage wird der Politik Ende der
nächsten Wahlperiode wieder vor die Füße fallen.
Mit der Verschiebung einer Finanzreform ver-
schenkt die Koalition wertvolle Jahre.






(A) (C)



(B) (D)


Heinz Lanfermann
Das wird aber die Hälfte von Ihnen nicht mehr betreffen.
Sie wissen nur noch nicht, welche.


(Beifall bei der FDP)


Meine Damen und Herren, wir sprechen hier nicht
über Kleinigkeiten. Nach den Berechnungen des For-
schungszentrums Generationenverträge, vor einigen Wo-
chen von der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft
veröffentlicht, wird vor Umsteigen auf Kapitaldeckung
bei durchschnittlicher Demografieentwicklung jeden
Tag ein Wert von 29 Millionen Euro verloren.


(Elke Ferner [SPD]: So ein Unsinn! Was waren denn da für Rechenkünstler am Werk?)


Das kann man gar nicht oft genug wiederholen. So viel
wird jetzt an zukünftigen Schulden aufgebaut, die dann
von den jungen Generationen bezahlt werden müssen.
Frau Ministerin, das können Sie im Kopf ausrechnen:
29 Millionen Euro pro Tag bedeuten über 10,5 Milliar-
den Euro im Jahr. Wenn Sie die Reform, die Sie verspro-
chen haben, nicht bis 2008 hinbekommen, dann kommt
sie frühestens 2011. Bis dahin vergehen noch drei Jahre;
das sind also 30 Milliarden Euro. Sie stehen jetzt auf Ih-
rem Konto als Schuld gegenüber der jüngeren Genera-
tion.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Elke Ferner [SPD]: So ein Schwachsinn! Das ist wirklich eine Milchbubenrechnung, Herr Lanfermann!)


Ihre Taktik, meine Damen und Herren von der SPD,
entspringt ideologischer Verklemmung.


(Hilde Mattheis [SPD]: Verklemmt sind wir nicht!)


Sie haben die junge Generation als Geisel genommen.
Sie haben den Aufbau von Kapitaldeckung verhindert;
Ihre geplante Finanzverschiebung von privater zu sozia-
ler Versicherung ist lediglich eine Fata Morgana und
funktioniert nicht.


(Elke Ferner [SPD]: Natürlich wird sie funktionieren!)


Sie funktioniert von Verfassungs wegen nicht;


(Elke Ferner [SPD]: Das stimmt nicht, Herr Lanfermann!)


das hat das Innenministerium Ihnen klar und deutlich
aufgeschrieben. Das Justizministerium hat es etwas ver-
brämter dargestellt.


(Elke Ferner [SPD]: Auch das stimmt nicht!)


Aber Sie wollen immer noch Rücklagen wegnehmen,
die in der Pflegeversicherung gebildet werden, damit die
Menschen, die dort versichert sind, ihre Pflegeleistungen
im Alter mit Sicherheit bekommen, ohne überhöhte Bei-
träge zu zahlen. Damit wollen Sie die kranke Pflegever-
sicherung sanieren. Sie ist aber deswegen krank, weil
das Umlagesystem zu Beiträgen von 4, 5 oder mehr Pro-
zent führt. Sie wissen ganz genau, dass Sie diesen Pro-
zess noch verstärken. Sie haben die finanzielle Katastro-
phe jetzt noch vergrößert.

(Lachen der Abg. Elke Ferner [SPD])


Die Pflegeversicherung ist ein Haus, das auf Sand ge-
baut ist.


(Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Das haben Sie mitgebaut!)


Statt ihm jetzt ein neues Fundament zu geben, machen
Sie einen Anstrich, setzen noch ein Stockwerk drauf und
verkaufen das als große soziale Leistung und Reform.

Eines sage ich Ihnen, auch den Grünen: Auch die
Bürgerversicherung ist keine nachhaltige Lösung. Da
sind die Finanzierungswege zwar andere – Sie wollen ja
auch auf Zinsen und Mieten, die vielleicht nebenbei mit
einem Häuschen eingenommen werden, zugreifen –;


(Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


aber es ist und bleibt ein Umlagesystem, und das Ver-
hältnis von Jungen zu Älteren verändert sich nicht, nur
weil Sie vielleicht eine Bürgerversicherung einführen.
Das wird Ihnen – Gott sei Dank – auch nicht gelingen;
da sind auch wir davor.


(Lachen bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da haben wir aber Angst!)


Diese Bürgerversicherung ist ein Umlagesystem und
deswegen genauso schädlich und nicht zukunftssicher.


(Beifall des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP])


Deswegen empfehle ich Ihnen zum Abschluss dieser
Rede dringend: Lesen Sie den Beschluss des FDP-Bun-
desparteitags in Stuttgart am letzten Wochenende.


(Elke Ferner [SPD]: Da kommt einem das Grauen, Herr Lanfermann! Das Grauen!)


Der Antrag war so gut, dass er sogar einstimmig ange-
nommen wurde. Das ist bei uns sehr selten; das ge-
schieht nur, wenn wirklich alles stimmt. In diesem Be-
schluss ist der Übergang auf ein prämienfinanziertes,
kapitalgedecktes System vorgesehen, mit dem die Ab-
hängigkeit von den Löhnen und von Konjunktur besei-
tigt wird und durch das den jungen Leuten die Chance
gegeben wird, für ihre eigenen Pflegekosten, die sie
eventuell im Alter haben, vorzusorgen.

Das ist der Weg der Zukunft. Sie haben jetzt dafür ge-
sorgt, dass es einige Jahre länger dauert, bis wir das ver-
wirklichen können. Wir werden trotzdem weiter daran
arbeiten.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP – Elke Ferner [SPD]: Sie finden hier im Haus niemanden, der das mit Ihnen verwirklicht!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610419200

Für die Bundesregierung hat nun die Bundesministe-

rin Frau Ulla Schmidt das Wort.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) (C)



(B) (D)


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1610419300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Kollege Lanfermann, während Ihrer Rede war ich
sehr froh darüber, dass nicht die überwiegende Mehrheit
in diesem Land die Auseinandersetzung zwischen den
Generationen so betreibt, wie Sie es hier dargestellt ha-
ben.


(Beifall bei der SPD – Heinz Lanfermann [FDP]: Sie treiben das ja dahin!)


Man darf die junge Generation nicht vergessen. Nur, bei
aller Diskussion – auch ich bin sehr für Nachhaltigkeit –
bitte ich, dass nicht vergessen wird, dass die Jungen da-
von profitieren, dass die Alten dieses Land aufgebaut ha-
ben.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Vor dem Hintergrund der Generationengerechtigkeit und
damit die jüngere Generation die Belastungen in Zukunft
tragen kann, müssen wir – zum Beispiel durch Investi-
tionen in Prävention, in Rehabilitation, durch bessere
Strukturen und Effizienz in den Bereichen des Gesund-
heitswesens, aber auch der Pflege – dafür sorgen, dass
möglichst jeder Euro zielgenau ausgegeben wird.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wo sind diese Investitionen in Prävention denn festgeschrieben? Wo ist denn das Präventionsgesetz?)


– Das kommt. – Die Frage ist, wohin man gehen muss.
Aber hier so zu tun, als ob wir eine Politik in der Form
machen, dass die Älteren auf Kosten der Jungen leben,
weise ich zurück; denn dies wird den älteren Menschen,
die in diesem Lande leben, überhaupt nicht gerecht. Das
ist nicht unsere Politik.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Uwe Küster [SPD]: Unanständig, der Mann!)


Dies ist Gott sei Dank auch nicht die Auffassung der
Mehrheit der jüngeren Generation, wenn solche Diskus-
sionen geführt werden. Die Reform der Pflegeversiche-
rung, das, was wir auf den Tisch legen, ist sogar ein
Thema sowohl der jüngeren als auch der älteren Genera-
tion; denn die ältere Generation hat ein erhöhtes Risiko,
pflegebedürftig zu werden.

Frau Kollegin Scharfenberg, noch vor zwei Wochen
haben Sie gesagt: Es geht nicht um Ökonomie, sondern
um die Menschen und die Versorgung. Da gebe ich Ih-
nen recht. Aber man muss auch dabei bleiben, wenn man
sich darüber auseinandersetzt, was getan werden muss.

Wir wollen für diejenigen, die einen erhöhten Hilfe-
bedarf haben, die Leistungen dort ergänzen, wo wir auf-
grund der Diskussionen der letzten Jahre wissen, dass sie
nicht ausreichend sind. Wir wissen, dass es bei vielen
einfachen Dingen Probleme gibt: An wen wendet man
sich eigentlich, wenn jemand in der Familie pflegebe-
dürftig wird? Wo finde ich Ansprechpartner? Diese sind
nicht in allen Kommunen so ohne Weiteres zu finden.
Wo gibt es Menschen, die mich beraten, was ich vom
Krankenhaus bis dahin mache, wo die Pflege zu organi-
sieren ist? Wir wollen dazu quartiersnah Pflegestütz-
punkte aufbauen. Wir wollen, dass dort wirklich Pflege-
management betrieben wird. Wir wollen, dass dort
Fallmanager oder Fallmanagerinnen angesiedelt sind,
die sowohl denjenigen, der gepflegt werden muss, als
auch die Angehörigen sehr eng begleiten. Auch die
junge Generation ist darauf angewiesen, dass sie diese
Ansprechpartner und Ansprechpartnerinnen findet,
wenn sie – das wünscht niemand – für ihre Eltern oder
im Verwandtenkreis Pflege organisieren müssen. Wir
wollen, dass es keine Schnittstellenprobleme mehr gibt,
sondern dass wir Unterstützung zu Prävention und Reha-
bilitation gewähren.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das hat ja schon bei den Schwerbehinderten nicht geklappt!)


Weil wir wollen, dass so viel wie möglich in die Rehabi-
litation eines älteren Menschen, der pflegebedürftig ist,
investiert wird, haben wir schon mit der Gesundheitsre-
form unabhängig vom Alter einen Rechtsanspruch auf
Rehabilitation eingeführt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Mit der Pflegeversicherungsreform werden wir Me-
chanismen einbauen, sodass die Ansprüche auf Rehabili-
tation auch umgesetzt werden, weil sonst die Kranken-
kassen an die Pflegekassen einen Ausgleich zahlen
müssen, damit es dort organisiert wird. Wir wollen, dass
diejenigen im professionellen Sektor, die durch gute Re-
habilitation Menschen dazu bringen, dass für sie viel-
leicht eine Pflegestufe niedriger notwendig ist, nicht
noch finanziell bestraft werden, sondern Übergänge or-
ganisiert werden. Da sind viele weitere Dinge zu nennen.

Wer sagt: „Es geht um die Menschen“, sollte sich das
Eckpunktepapier ansehen. Ich sage Ihnen: Ich habe mir
vieles angeschaut und viele Diskussionen mit den So-
zialverbänden, mit Vertretern von Einrichtungen, mit
denjenigen, die an Modellversuchen teilnehmen, und Fa-
milien geführt, die einen demenziell Erkrankten zu
Hause haben, bis an die Grenze ihrer Belastbarkeit ge-
hen und im Grunde genommen selber krank werden,
weil sie zu wenig Unterstützung und Hilfe haben. Jetzt
kann man darüber reden, dass bis zu 2 400 Euro im Jahr
für Demenzkranke zu wenig sind. Sie finden immer ei-
nen Grund dafür, dass man auch doppelt so viel Geld ge-
ben kann. Aber der Weg, den wir hier gehen, nämlich
dass wir nicht nur für altersverwirrte Menschen, sondern
auch für psychisch kranke Menschen und geistig behin-
derte Menschen – Gott sei Dank gibt es eine solche erste
Generation in diesem Lande; im Nationalsozialismus
wurden sie noch brutal ermordet – bis zu 2 400 Euro,
wenn keine Eingruppierung in eine Pflegestufe notwen-
dig ist, vorsehen,


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Dann müsst ihr zweieinhalb Milliarden bereitstellen, wenn eure Zahlen stimmen!)


um eine Betreuung zu organisieren, ist richtig. Wir sagen
aber auch:






(A) (C)



(B) (D)


Bundesministerin Ulla Schmidt

(Frank Spieth [DIE LINKE]: Nur ein Bruchteil davon wird bereitgestellt! Das ist das Problem? Ihr macht den Leuten etwas vor!)


Dort, wo körperliche Pflege und Betreuung zusammen-
treffen, wird dieses Geld additiv zur Pflegestufe hinzu-
gefügt. Auch diese Leistungen werden wir anheben.


(Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Um 10 Euro!)


Wir werden noch etwas tun, um Familien, die diese
schwere Arbeit zu Hause verrichten, zu entlasten: Die
Kombination aus häuslicher Pflege und Inanspruch-
nahme von Tagespflege wird gestärkt. Die Menschen,
die zu Hause pflegen, brauchen manchmal Zeit, um
Kraft zu tanken, um sich zu erholen, damit sie diese
schwere Aufgabe erfüllen können. Wir fördern die Ta-
gespflege, indem wir bei häuslicher Pflege plus Tages-
pflege 150 Prozent der Leistungen geben.

Sie sagen, das seien alles kleine Mäuse. Ich sage Ih-
nen einmal etwas: Für die Betroffenen sind es keine klei-
nen Mäuse, wenn sie in ihrem Wohnviertel Beratung er-
halten, dort Menschen finden, die ihnen helfen, ihre
Ansprüche durchzusetzen, die wissen, wann die häusli-
che Krankenpflege kommt und wann die Pflegeversiche-
rung eintreten muss, die dafür sorgen, dass eine verord-
nete Rehabilitation auch wirklich in Anspruch
genommen werden kann, wenn Menschen das ehrenamt-
liche Engagement unterstützen und Kurse angeboten
werden, damit denen, die zu Hause betreuen, die not-
wendige Hilfe angeboten werden kann. Das hat nichts
mit „Mäuschen“ zu tun, sondern ist gelebte Hilfe und
Unterstützung, damit die Menschen die Aufgaben, die
sie heute erfüllen, auch künftig wahrnehmen können.
Davon lebt diese Gesellschaft; um das einmal zu sagen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Wir verbinden das mit unseren Berichten über Quali-
tätssicherung, Transparenz und Einzelkräfte. Wir wollen
die Möglichkeit schaffen, das Geld quasi in einem Pool
zusammenzufassen, damit Schluss damit ist, dass, wenn
in einem Haus vier Pflegebedürftige leben, aus allen vier
Richtungen jeweils ein Pflegedienst kommt. So wird
nämlich nur viel Geld für Fahrtkosten ausgegeben, aber
es bleibt zu wenig Zeit für Zuwendung. Wir müssen
neue Angebote schaffen. Die ambulanten Pflegedienste
müssen besser kooperieren, weil das zu einer besseren
Qualität der Pflege führt: mehr Zeit, mehr Gesicht, mehr
Zuwendung. Diese Dinge kosten zwar nicht viel Geld,
haben aber viel mit Umstrukturierung zu tun. Geld kos-
ten die Leistungen für Demenzkranke und die Dynami-
sierung, die wir erreichen wollen, damit die Arbeit der
Menschen, die in diesem Bereich arbeiten, auf Dauer
finanziert werden kann.

Deswegen haben wir zwei weitere Entscheidungen
getroffen: Erstens. Die Mittel für Leistungen im ambu-
lanten Bereich werden angehoben, ohne dass die Mittel
für die Leistungen im stationären Bereich gesenkt wer-
den; wir brauchen nämlich in beiden Bereichen Verbes-
serungen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Zweitens. Die Beitragssatzerhöhung um 0,25 Prozent-
punkte. Auf 1 000 Euro sind das 2,50 Euro. Das ist gut
angelegtes Geld. Mit diesem Geld können wir die Leis-
tungen bis 2014 finanzieren.

Wir arbeiten an einer Neudefinition des Pflegebe-
griffs. Mit der Betreuung unternehmen wir den ersten
Schritt. Auch die anderen Fragen, zum Beispiel, wie
man zu einem gerechteren Finanzausgleich zwischen
privater und gesetzlicher Versicherung kommen kann,
bleiben auf unserer Tagesordnung, auch auf meiner per-
sönlichen. Es ist aber nicht entscheidend, diese Fragen
jetzt zu lösen. Jetzt müssen wir uns darum kümmern,
dass es den Menschen, die gepflegt werden müssen, bes-
ser geht und diejenigen, die pflegen, unterstützt werden.
Wir müssen dafür sorgen, dass die Struktur erhalten
bleibt, damit wir auch in zehn, 20 und 30 Jahren ein An-
gebot haben.

Das sind die Aufgaben, denen sich die Große Koali-
tion stellt. Sie sollten sich unsere Vorschläge einmal ge-
nauer anschauen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Heinz Lanfermann [FDP]: Und was ist mit der Nachhaltigkeit?)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610419400

Nächster Redner ist nun der Kollege Dr. Ilja Seifert

für die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610419500

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-

legen! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Ministerin,
ich würde Sie für Ihre kleinen Schritte furchtbar gern lo-
ben – auch kleine Schritte können gut sein –, aber ich
kann nicht erkennen, in welche Richtung es geht. Das ist
das Problem. Es bleibt doch alles beim Alten. Sie sagen
nicht und Sie schreiben es auch in kein Gesetz hinein,
dass es um die Ermöglichung von Teilhabe gehen muss
und nicht um „satt und sauber“. Das bleibt doch alles un-
verändert.

Sie sagen: Nachdem wir alles gemacht haben, wollen
wir einen neuen Pflegebegriff einführen. Gerade das ist
aber falsch. Dann erzählen Sie hier voller Inbrunst, dass
durch Prävention und Rehabilitation Pflegbedürftigkeit
vermieden bzw. hinausgezögert werden kann. Ja gerne,
prima! Dafür bin auch ich. Aber wo ist denn Ihr Präven-
tionsgesetz? Es ist ja nicht einmal vorgesehen, eines vor-
zulegen.


(Beifall bei der LINKEN)


In welche Richtung wollen Sie gehen? Das ist nicht zu
erkennen.

Ich freue mich über jede Verbesserung, selbst über die
mickrigen 10 Euro, die Sie den Menschen pro Pflege-
stufe drauflegen wollen. Denn ich weiß: Die Betroffenen
brauchen das dringend. Aber damit lösen Sie nicht ein
einziges Problem. Sie gleichen ja nicht einmal den Infla-
tionsverlust aus, der in den letzten zwölf Jahren eingetre-






(A) (C)



(B) (D)


Dr. Ilja Seifert
ten ist, geschweige denn, dass irgendeine Verbesserung
möglich wäre.

Dann das Tollste: Jetzt haben wir endlich die demen-
ten Menschen einbezogen. Na, prima! Aber wie denn,
bitte schön? Ich will Ihnen einmal Folgendes sagen: Wer
mit dementen Menschen in seiner Familie zu tun hat, der
weiß, dass das Allerwichtigste Kontinuität ist. Sie müs-
sen immer wieder die gleichen Handlungen durchführen
können. Man muss sie immer wieder anleiten, diese sel-
ber zu machen, damit sie sich in ihrer Lebenswelt zu-
rechtfinden.

Jetzt geben Sie den Menschen maximal 2 400 Euro.
Das klingt ja richtig gut, aber das sind pro Tag 7 Euro.
Sie geben den Menschen pro Tag maximal 7 Euro in die
Hand. Was kann ich dafür an Erleichterung – das war ja
Ihr Ziel – für die Angehörigen schaffen? Nichts. Im Ge-
genteil: Wenn wirklich jemand ambulante oder teilstatio-
näre Leistungen in Anspruch nimmt, also seinen demen-
ten oder psychisch kranken Angehörigen für einen
halben Tag oder vielleicht auch für einen Dreivierteltag
– so weit reicht das Geld vielleicht mit Mühe und Not –
in eine tagesstrukturierende Einrichtung gibt, ist das Er-
gebnis, dass er verwirrter zurückkommt, als er hingegan-
gen ist. Mit anderen Worten: Die sich gerade erholt ha-
benden Angehörigen haben es anschließend noch
schwerer, dem Dementen die Handlungen, die er sich
gerade vorher angewöhnt hat, wieder beizubringen.
Wenn es schlecht kommt, schaden diese 7 Euro mehr, als
sie nutzen. Das Allerbeste, was passieren kann, ist, dass
die Leute sozusagen wenigstens 200 Euro mehr in ihrer
Familienkasse haben. Aber das ist nicht der Sinn der
Pflegeversicherung. Deswegen ist die Richtung falsch.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich will noch ein Wort zur Finanzierung sagen. Da-
rüber rede ich immer als Letztes. Erst muss man sagen,
wofür man das Geld eigentlich braucht. Wenn Sie, Herr
Lanfermann, die Generationen hier so gegeneinander
aufhetzen, dann müssten Sie zumindest hinzufügen, dass
die Alten diejenigen sind, die die 0,25 Prozent hundert-
prozentig zahlen; die Jungen kriegen wenigstens die
Hälfte abgezogen. Mindestens das müssten Sie sagen.
Die jetzigen Rentnerinnen und Rentner sind am meisten
in den Hintern gekniffen. – Entschuldigung, Frau Präsi-
dentin, dass ich dieses Wort benutzt habe.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Margrit Spielmann [SPD]: Das ist kein parlamentarischer Begriff!)


– Ich habe ja sofort um Entschuldigung dafür gebeten.

Ich möchte noch etwas sagen. Wir tun hier immer so,
als ob es sich bei der Pflege – ich spreche lieber von As-
sistenz –, die die Menschen brauchen, um am gesell-
schaftlichen Leben teilhaben zu können, immer um
Pflege für Menschen handelt, die bald sterben. Ja, das ist
ein wichtiger Teil. Ich finde, es ist sehr wichtig, dass an
dieser Stelle gute Hilfe zur Verfügung steht, entweder
aus der Familie oder von anderer Seite. Aber es gibt
viele Menschen, zum Beispiel mit Behinderungen oder
psychischen Krankheiten, die in jungen Jahren durchaus
berufstätig sein wollen, obwohl sie inkontinent sind, ob-
wohl sie Pflege bzw. Assistenz brauchen. Sie kommen in
diesem Denken überhaupt nicht vor.


(Widerspruch bei der SPD)


– Moment, das ist ja nun das Allerletzte. Dafür braucht
man ein Nachteilausgleichsgesetz; das weiß ich auch.

Aber wenn wir diese Menschen schon in die Pflege-
versicherung einbeziehen, dann müssen wir es richtig
machen. Deswegen sage ich Ihnen ausdrücklich: Lassen
Sie uns den Zweck benennen! Die UNO-Konvention für
die Rechte behinderter Menschen gibt den Weg vor. In
ihr steht, was die Staaten zu tun haben, damit Menschen
mit Behinderungen in ihrem Lande am öffentlichen Le-
ben teilhaben können. Die behinderten Menschen sollen
sich nicht den öffentlichen Einrichtungen anpassen müs-
sen, sondern umgekehrt. Tun Sie das bitte schön. Darum
geht es.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. Zu tun bleibt
noch vieles.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610419600

Nun hat das Wort der Kollege Willi Zylajew für die

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Willi Zylajew (CDU):
Rede ID: ID1610419700

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und

Herren! Die Grünen werden nicht müde, uns das abzu-
verlangen, was sie selbst nicht geleistet haben. Frau
Scharfenberg, wenn man das Bühnenbild der letzten, der
15. Wahlperiode betrachtet, muss man sagen: Die Grü-
nen waren nicht einmal Kulissenschieber. Das müssen
Sie zur Kenntnis nehmen.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Darum geht es nicht! Es geht darum, was Sie jetzt zu verantworten haben! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben jahrelang rumgemeckert, und jetzt sind Sie feige!)


Auf der Tribüne saßen vorhin einige Besucher – wie
ich sehe, sind sie jetzt nicht mehr anwesend –,


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau! Dann müssen Sie jetzt auch keine Schaufensterrede halten!)


die sich hoffentlich noch an die Antworten erinnern, die
Sie in den sieben Jahren Ihrer Regierungszeit gegeben
haben. Ich stelle fest, dass die Grünen offensichtlich
nicht einmal den Unterschied zwischen der Eingliede-
rungshilfe und der Pflegeversicherung kennen.


(Frank Schäffler [FDP]: Bei dem Thema machen Sie auch nichts! Sie machen gar nichts!)


– Verehrter Herr Kollege, wir haben die Eingliederungs-
hilfe entwickelt, um den Behinderten eine gute Unter-
stützung zu bieten. Ich formuliere es einmal sehr dras-






(A) (C)



(B) (D)


Willi Zylajew
tisch: Grundsätzlich sind Behinderte nicht im
klassischen Sinne pflegebedürftig. Vielmehr benötigen
sie eine gute Eingliederungshilfe. Den Umfang dieser
Leistungen werden wir nicht schmälern.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Uwe Küster [SPD] – Elke Ferner [SPD]: Genau! Die FDP will die Pflegeversicherung ja sogar abschaffen!)


– Es mag sein, dass die FDP das gerne tun würde. Dazu
sage ich nur: Nicht mit uns.

Herr Kollege Seifert, ich lege Wert darauf, dass sich
die Behinderten und die Pflegebedürftigen auf uns ver-
lassen können. Wir geben Antworten auf ihre Fragen.
Derzeit geben wir für den ambulanten Bereich 6,4 Mil-
liarden Euro aus; das ist die größte Verbesserung. Den
Umfang der Geldleistungen erhöhen wir je nach Pflege-
stufe um bis zu 15 Prozent – Frau Künast, wenn Sie
nicht so laut plappern würden, könnten Sie die Zahlen,
die ich nenne, hören –, den der Sachleistungen um fast
20 Prozent. Sie sagen, das sei nur eine Kleinigkeit und
nicht sehr bedeutend, da es nur ein paar Euro pro Tag
ausmache. Natürlich geht es nur um ein paar Euro. Aber
ich bin sicher, dass die Menschen das zu schätzen wis-
sen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Um den Zuruf von Frau Künast aufzugreifen, sage
ich: Wir sind nicht feige, sondern wir handeln. Wir ge-
ben den Menschen das Geld, das sie benötigen. Wir
bauen die Bürokratie ab. Wir wollen gegen den durch die
Bürokratie verursachten Arbeitszeitdiebstahl vorgehen.
Wir wollen mehr unangemeldete Kontrollen als lange
vorbereitete Kontrollen. Wir wollen die zum Teil völlig
unsinnigen Hürden zwischen ambulant und stationär ab-
bauen; das werden wir mit dieser Reform tun. Wir wer-
den dafür sorgen, dass die Menschen, die in ihrer Fami-
lie helfen müssen, einen Rechtsanspruch auf Pflegezeit
bekommen; das ist uns wichtig.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na, dann macht mal!)


Zu den Regelungen zur Kurzzeit- und Tagespflege.
Verehrter Herr Dr. Seifert, ich verstehe nicht, dass Sie
sagen, ein Tagespflegeangebot für Demente sei keine
Hilfe. Sie leben offensichtlich in einer anderen Welt als
ich. Die Angehörigen der Dementen, die ich kenne, hät-
ten gerne die Möglichkeit, Tagespflege in Anspruch zu
nehmen, um selbst eine Entlastung zu erfahren. Das An-
gebot der Tagespflege für Demente ist für Sie nichts?
Bei all Ihrem Engagement muss ich sagen: An dieser
Stelle verstehe ich Sie wirklich nicht.

Wir werden uns mit dem Thema neue Wohnformen
beschäftigen.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nach der nächsten Wahl oder wann?)


Da sie von allen Seiten propagiert werden, möchte ich
mich dazu äußern, wie die neuen Wohnformen aussehen
könnten.

(Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Da bin ich aber sehr gespannt!)


– Wir sind auch auf Ihre Vorschläge gespannt. Bringen
Sie Ihren Sachverstand doch ein! Versuchen Sie einmal,
auf vernünftige Weise mit uns zu diskutieren, statt im-
mer nur dazwischenzurufen!


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Ja, genau! Aber das kann man vergessen!)


In jedem Wohnquartier wird es in Zukunft wohnortnahe
Stützpunkte geben; die Ministerin hat das angesprochen.
Darum werden wir uns kümmern.

Herr Lanfermann, das ist ein wegweisender Kompro-
miss.


(Heinz Lanfermann [FDP]: Ja!)


Wir tun exakt das, was Sie in vielen Veranstaltungen, an
denen auch ich teilgenommen habe, gefordert haben:
Wir geben für den Bereich Demenz etwa 1,5 Milliarden
Euro mehr aus, wir stellen eine halbe Milliarde Euro für
die Verbesserung der Leistungen zur Verfügung – in un-
seren Veranstaltungen waren wir uns noch einig, heute
sind wir es offensichtlich nicht mehr –, und wir geben je
nach Pflegestufe bis zu 20 Prozent mehr aus. Das ist
großartig.

Natürlich wissen wir alle, dass wir uns mit einem
wichtigen Aspekt noch befassen müssen: mit der Frage
der Zukunftsfestigkeit. Da müssen wir noch ein Stück
weiterkommen, und darüber werden wir uns in der
Koalition irgendwann verständigen können.


(Heinz Lanfermann [FDP]: Das wollen wir mal sehen!)


Da sollten wir linksrheinisch-hoffnungsfroh sein. Ich
sage Ihnen: In dieser Koalition ist es uns gelungen, das
zu machen,


(Elisabeth Scharfenberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was möglich war! – Heinz Lanfermann [FDP]: Es ist noch immer gut gegangen! – Frank Spieth [DIE LINKE]: Das ist der Tunnel am Ende des Lichtes!)


was in der früheren Koalition nicht möglich war, näm-
lich für die Pflegenden bessere Leistungen sicherzustel-
len.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da könnt ihr ja 2009 gleich weitermachen!)


Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit. Ich bin
fertig; jetzt können Sie weiter dazwischenrufen, Frau
Künast.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610419800

Für die Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen hat

nun das Wort die Kollegin Birgitt Bender.






(A) (C)



(B) (D)


Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610419900

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es

besteht Einigkeit in diesem Hause, dass die Pflegeversi-
cherung reformbedürftig ist. Die Leistungen sind re-
formbedürftig, die Organisation ist reformbedürftig, das
Angebot von Pflege- und Betreuungsleistungen ist zu re-
formieren, auszubauen und in der Qualität zu verbessern.
Das wissen wir alle. Wir wissen auch, dass wir in der
letzten Legislaturperiode eine Reform machen wollten.
Herr Kollege Zylajew, Sie wissen, dass es jedenfalls an
den Grünen nicht gelegen hat.

Jetzt verspricht diese Koalition Leistungsverbesse-
rungen, auf die viele Angehörige und Pflegebedürftige
dringend warten und über die sie sich auch freuen; das
will ich Ihnen zugestehen. Denn wir wissen, dass seit
zwölf Jahren nichts verändert worden ist. Wir wissen,
dass die Kaufkraft der Leistungen aus der Pflegeversi-
cherung entsprechend um 15 Prozent abgenommen hat.
Wir wissen, dass die Betreuung dementer Menschen in
der Pflegeversicherung nicht hinreichend abgebildet ist.
Sie versuchen, in all diesen Punkten etwas zu verbes-
sern; das will ich Ihnen zugestehen.

Natürlich werden sich die Angehörigen von dementen
Menschen freuen, wenn jetzt der Betreuungsbetrag er-
höht wird.


(Hilde Mattheis [SPD]: Es ist gut, dass das mal jemand sagt!)


Besser wäre es allerdings gewesen, Sie hätten es ge-
schafft – Sie hatten ja genügend Zeit dazu –, den Pflege-
bedürftigkeitsbegriff zu überarbeiten,


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


damit es eben nicht mehr nur auf körperliche Verrichtun-
gen ankommt, sondern damit der Pflege- und Betreu-
ungsbedarf alter Menschen insgesamt berücksichtigt
wird. Da sind Sie zu kurz gesprungen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Nichtsdestotrotz schafft mehr Geld Erleichterungen,
auch bei den ambulanten Leistungen. Deswegen begrü-
ßen auch die Verbände, was da kommt. Aber wenn man
einmal näher hinsieht, sieht man doch: Sie versprechen
jetzt Leistungsverbesserungen und verbinden das mit
– durchaus überschaubaren – Beitragserhöhungen, be-
haupten aber, das koste niemanden etwas, weil gleich-
zeitig der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung reduziert
werde,


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist eine neue Variante des Hütchenspiels, Frau Bender!)


und auch die Rentnerinnen und Rentner koste es nichts,
weil ja eine Rentenerhöhung in Aussicht stehe.

Überlegen Sie einmal, was das für eine Botschaft ist!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Die Botschaft lautet: Seht her, liebe Menschen in diesem
Lande, Reform im Sozialsystem heißt, es gibt bessere
Leistungen, und niemand muss das bezahlen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Was glauben Sie, was der politische Preis dafür sein
wird? Sie wissen genau, dass diese Rechnung bereits bei
der Pflege nicht stimmt; denn die Rechnung werden die,
die künftig die Beiträge zahlen, bekommen. Und mit der
politischen Rechnung für die nicht gemachten Hausauf-
gaben wird sich die nächste Regierung herumschlagen
dürfen.


(Hubert Hüppe [CDU/CSU]: Dann trifft es uns ja trotzdem!)


Die Politik und die Experten diskutieren seit Jahren
über die demografische Entwicklung und erklären, dass
Nachhaltigkeit in den Sozialsystemen notwendig ist,
dass man in den Umbau, den das mit sich bringt, schon
heute zu investieren bereit sein muss, dass man den
Menschen etwas abzuverlangen bereit sein muss. Doch
Ihre übergeordnete Botschaft lautet: Was kümmert uns
unser Geschwätz von gestern, wir machen bessere Leis-
tungen, und das kostet auch nichts.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das wird uns allen noch auf die Füße fallen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wenn man dann keine Sicherheitsschuhe anhat, ist das besonders schmerzhaft!)


Sie wissen genau, wir bräuchten in der Pflegeversi-
cherung eine Demografiereserve. Sie haben sich darüber
gestritten, ob das in Form eines privaten Kapitelstocks
oder innerhalb des Solidarsystems aufgebaut werden
soll. Ich will Ihnen zugestehen, dass es schwierig ist,
sich darüber zu einigen. Aber der Vorsitzende der Jun-
gen Union in Bayern hat recht, wenn er Ihnen sagt: Na-
türlich wäre auch bei der Kapitalreserve mit etwas gutem
Willen ein Kompromiss möglich gewesen.


(Maria Eichhorn [CDU/CSU]: Sie wollten es ja auch schon immer machen und haben es nicht getan!)


Sie haben sich aber davor gedrückt, Kompromisse zu
finden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Jens Spahn [CDU/CSU]: Mit etwas gutem Willen hätten Sie es 2004 schon schaffen müssen!)


Es hat immer geheißen: Die Große Koalition löst
große Probleme. Wie ist das hier? Von der Großen Ko-
alition gibt es eine kleine Lösung für den schnellen Bei-
fall, aber mit kurzer politischer Halbwertzeit. Nachhal-
tigkeit in den Sozialsystemen ist für diese Koalition
offensichtlich ein Fremdwort.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ja!)


Damit haben Sie politisch versagt, meine Damen und
Herren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)







(A) (C)



(B) (D)


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610420000

Nächste Rednerin ist die Kollegin Hilde Mattheis für

die SPD-Fraktion.


Hilde Mattheis (SPD):
Rede ID: ID1610420100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wenn man die Vertreterinnen und Vertreter der Opposi-
tionsfraktionen bisher gehört hat, dann könnte man mei-
nen, dass Sie die Leistungsverbesserungen, die wir jetzt
zu bieten haben, gar nicht wollen.

Ich erinnere mich, dass wir gemeinsam auf Podien sa-
ßen und uns eigentlich darin einig waren, dass wir im
Bereich der Demenz, im Bereich ambulant vor stationär
und auch im Bereich der Dynamisierung Verbesserungen
für die Menschen wollen. Jetzt realisieren wir sie, und
Sie sitzen hier bzw. stehen am Rednerpult und agitieren
in Richtung Regierungskoalition, anstatt zu sagen: Ja,
das ist der richtige Schritt in die richtige Richtung.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Widerspruch des Abg. Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE])


Wenn ich daran denke, dass wir in der letzten Legis-
laturperiode gemeinsam mit den Grünen einen wunder-
baren Antrag zum Thema Demenz eingebracht haben, in
dem genau das steht, was wir jetzt umsetzen, dass es dort
nämlich eine Unterstützung gibt, dann frage ich mich, ob
Sie das vergessen haben. Das sollten Sie aber nicht ver-
gessen haben; denn die Verbesserung kommt bei den
Leuten richtig an. Verbesserungen für Menschen mit De-
menz zu erreichen, ist genau der richtige Ansatzpunkt,
den wir immer gewollt haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Sie sagen jetzt, dass 200 Euro pro Monat nicht bei
den Menschen ankommen, weil die Ausgestaltung des
Pflegebegriffs noch nicht steht. Das verwundert mich,
weil Sie genau wissen, dass der Pflegebegriff in einem
längeren Prozess erarbeitet werden muss. Hier gilt näm-
lich: Qualität und Sorgsamkeit vor Schnelligkeit. Mit der
Ausgestaltung dieses neuen Pflegebegriffs werden wir
genau das erreichen, was Sie hier zu Recht fordern.


(Heinz Lanfermann [FDP]: Fünf Jahre lang ist nicht an dem Begriff gearbeitet worden! Sie haben fünf Jahre lang nichts getan! – Gegenruf der Abg. Elke Ferner [SPD]: Hätten Sie das damals gleich alles richtig gemacht, dann bräuchten wir jetzt nicht daran zu arbeiten! – Gegenruf des Abg. Heinz Lanfermann [FDP]: Fünf Jahre lang nichts daran getan, Frau Ferner!)


Hier liegen unsere Ansichten ja nicht auseinander.

Das wurde durch diese Regierungskoalition ange-
packt. Der Beirat arbeitet daran. Wir haben das hinbe-
kommen. Ich sage: Es ist gut, dass das Ministerium das
hinbekommen hat; denn die Neujustierung der Pflege-
stufen ist wichtig, damit all die Leistungsverbesserun-
gen, die wir erreichen wollen, auch greifbar werden. Der
individuelle Pflegebedarf muss nämlich ermittelt werden
können. Die Teilhabe entspricht genau dem Perspekti-
venwechsel, den wir wollen. Aber jetzt zu sagen, wir
werden die Pauschale nicht einführen, weil der Pflegebe-
griff erst sehr viel später greift, finde ich absurd.


(Beifall bei der SPD)


Von daher meine ich, dass Sie bei aller Kritik, die
auch wir an Teilen dieses Kompromisses haben – –


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha!)


– Uns wäre es auch lieber gewesen, wenn die privaten
Pflegeversicherungen ins Solidarsystem hineingekom-
men wären,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


weil wir dieses Geld von den Privaten sehr gut hätten an-
legen können. Das war immer unser Ansatz.


(Heinz Lanfermann [FDP]: Fremdes Geld kann man immer gut anlegen, Frau Kollegin!)


– Es geht um Solidarität, Herr Lanfermann,


(Heinz Lanfermann [FDP]: Die ist da vorhanden!)


nämlich um die Solidarität, die Sie unter dem Stichwort
Generationengerechtigkeit vermissen lassen. Die Solida-
rität in dieser Gesellschaft und die Solidarität zwischen
den Generationen stehen für uns ganz oben.


(Heinz Lanfermann [FDP]: Das vermisse ich bei Ihnen!)


Ich bin überzeugt, dass wir mit unserem Vorhaben,
eine Bürgerversicherung einzuführen, genau das richtige
Ziel verfolgen und dass mit diesen Eckpunkten jetzt klar
ist, dass Leistungsverbesserungen und Strukturreformen
in dieser Großen Koalition ganz oben stehen. Wir haben
es hinbekommen, dass die Finanzierung bis 2014 gesi-
chert ist und dass die Lebensqualität der Menschen, auf
die es uns ankommt, nämlich derjenigen, die zu Hause
zu pflegen sind, und derjenigen, die zu Hause pflegen,
durch die Geldleistungen ein Stück verbessert wird.

Ich glaube, mit diesen Maßnahmen – wie der durch
die Pauschale von bis zu 200 Euro monatlich erzielten
Verbesserung für Menschen, die an Demenz erkrankt
sind – können wir eine Entlastung der Familien in den
alltäglichen Angelegenheiten bewirken. Dieses Ziel ha-
ben wir in den letzten Jahren immer verfolgt, sodass zum
Beispiel jemand, der eine an Demenz erkrankte Person
betreut, auch einmal selber den Arzt oder Friseur aufsu-
chen kann. Solche kleinen Alltäglichkeiten sind nämlich
häufig fast unmöglich. Das wissen wir doch alle. Man
darf auch nicht kleinreden, dass wir durch die Anhebung
der Beträge für ambulante Sachleistungen zum Beispiel
auf 450 Euro in der Pflegestufe I Verbesserungen er-
reicht haben.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich fordere Sie auf, all das, was Sie in unseren ge-
meinsamen Diskussionen mitgetragen haben, jetzt auch
mitzutragen. Das, was in den Eckpunkten festgehalten






(A) (C)



(B) (D)


Hilde Mattheis
ist – sicherlich muss man beim Referentenentwurf und
im Gesetzgebungsverfahren genau auf die Einzelheiten
achten –, ist der richtige Schritt in die richtige Richtung!

Danke.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610420200

Nächster Redner ist nun der Kollege Jens Spahn für

die CDU/CSU-Fraktion.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt kommt die junge Generation!)



Jens Spahn (CDU):
Rede ID: ID1610420300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Frau Kollegin Bender – Sie haben die Aktuelle Stunde
beantragt –, gestatten Sie mir einige Anmerkungen zu
dem, was in sieben Jahren Rot-Grün stattgefunden hat.
Ich bin niemand, der immer wieder nachkartet und den
anderen vorhält, was sie damals hätten tun sollen. Aber
wenn man Ihre Ausführungen verfolgt hat und bedenkt,
dass zum Zeitpunkt Ihrer Regierungsübernahme 1998 in
der Pflegeversicherung eine Reserve in Höhe von
5 Milliarden Euro vorhanden war, die dann über die vie-
len Jahre langsam abgebaut wurde,


(Elke Ferner [SPD]: Die Frage ist, warum, Herr Spahn!)


und Ihnen in dieser Situation nur Beitragserhöhungen für
Rentner und Kinderlose eingefallen sind, meine ich, dass
Sie zwar in der Sache jederzeit gerne mit uns diskutieren
können; es wäre aber angebracht, dafür eine andere Ton-
lage zu wählen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich möchte kurz drei Punkte aufgreifen, die wir im
Gesetzgebungsverfahren vorschlagen wollen. Erstens
geht es um mehr Transparenz. In einer Anhörung zur
Pflege und Entbürokratisierung, die wir soeben durchge-
führt haben,


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Der FDP sei Dank!)


ist sehr deutlich geworden, dass gerade Angehörige wie
auch Pflegebedürftige mehr Transparenz hinsichtlich der
Qualität von Einrichtungen und entsprechende Indikato-
ren in allen Punkten – seien es so banale wie Zufrieden-
heit, Essen oder Sauberkeit, seien es Krankheitsfragen
oder bestehende Pflegeprobleme – wollen. Das wollen
wir auf Grundlage der Heimprüfungsberichte, aber auch
möglicher anderer Daten erreichen.

Zweitens geht es um die Frage der Flexibilität. In der
Debatte darüber, wie wir in einer älter werdenden Ge-
sellschaft leben und über die derzeit übliche Unterschei-
dung zwischen ambulanter und stationärer Pflege hinaus
flexiblere Angebote schaffen können, wie wir entspre-
chende Zwischenschritte einbauen können, spielt die
Generationengerechtigkeit eine mindestens genauso
große Rolle wie die Frage, wie wir in Zukunft in diesem
Land gemeinsam alt werden wollen. Zu diesem Zweck
wollen wir bei der Förderung betreuter Wohnformen,
beim Fallmanagement und beim Schnittstellenmanage-
ment viele Schritte, wie ich meine, in die richtige Rich-
tung gehen.

Der dritte wichtige Punkt betrifft


(Heinz Lanfermann [FDP]: Die Nachhaltigkeit!)


– das wurde im Grunde auch immer von allen unter-
stützt – die Verstärkung der ambulanten Pflegeleistun-
gen,


(Heinz Lanfermann [FDP]: Ach so! Ich dachte, Sie sprechen über die Nachhaltigkeit!)


notwendige Verbesserungen bei der Berücksichtigung
demenzieller Erkrankungen und die Erhöhung der Leis-
tungen.

Klar ist aber auch, Herr Kollege Seifert – Sie haben
die Zahlen angesprochen –, dass die Pflegeversicherung
immer eine Teilkostenversicherung gewesen ist. Das
sollten wir immer wieder deutlich machen; denn es ist
nicht allen bewusst.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch des Abg. Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE])


Sie ist anders als die gesetzliche Krankenversicherung
nie dazu gedacht gewesen, alle Kosten zu decken; sie
soll vielmehr den Menschen Unterstützung bieten. Des-
wegen sollten wir gemeinsam dafür werben und kämp-
fen, dass zusätzlich privat Vorsorge betrieben wird. Wer
in meinem Alter, also frühzeitig anfängt, vorzusorgen,
wird auch die Chance haben, mit relativ geringen Beiträ-
gen über ein langes Leben entsprechende Vorsorge zu
treffen.

Nun komme ich, wie ich zugeben muss, zu einem
Wermutstropfen für die jüngeren Abgeordneten, auch in
der Union. Dabei geht es mir, Frau Ministerin, nicht um
einen Kampf von Jung gegen Alt, sondern um die Frage,
ob diejenigen, die heute die Beiträge zahlen, dies im Ver-
trauen darauf tun können, dass sie dann, wenn sie alt
sind, tatsächlich noch entsprechende Leistungen bekom-
men werden. Es darf nicht dazu kommen, dass sie zwar
Beiträge zahlen, aber dann, wenn sie selbst pflege-
bedürftig werden – das mag im Jahre 2030 oder 2040
oder wie bei mir vielleicht erst im Jahre 2050 sein –,
keine angemessene Leistungen erhalten werden. Es wäre
der richtige Schritt gewesen – so war unsere Idee –, da-
für eine Kapitalrücklage zu bilden. Ich bedaure es sehr,
dass es ein Junktim zwischen einer zumindest verfas-
sungsrechtlich bedenklichen und grundsätzliche Pro-
bleme nicht lösenden Maßnahme wie dem Ausgleich
zwischen privater und gesetzlicher Pflegeversicherung
und einer zukunftsweisenden, zukunftsfesteren und den
Menschen gegenüber ehrlicheren und generationenge-
rechten Kapitalrücklage gegeben hat.

Umso wichtiger ist es, liebe Kolleginnen und Kolle-
gen, zum einen anzuerkennen, dass das, was die große
Koalition vorlegt, eine sehr gute und den Bedürfnissen
der Menschen angepasste Lösung für aktuelle Probleme
ist,


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)







(A) (C)



(B) (D)


Jens Spahn
nicht weniger, aber – das ist nun einmal koalitionsbe-
dingt – am Ende leider auch nicht mehr. Damit es mehr
wird und wir nicht nur aktuelle, sondern durch den Auf-
bau einer Kapitalrücklage auch zukünftige Probleme lö-
sen, kann ich Sie alle nur herzlich einladen, für ein sol-
ches Modell zu werben. Je früher wir damit beginnen,
eine Kapitalrücklage aufzubauen, desto besser wird es
am Ende sein. Dann werden auch die heute Jungen,
wenn sie im Jahre 2040 oder im Jahre 2050 alt sein wer-
den, noch auf gute Pflegeleistungen hoffen können.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Heinz Lanfermann [FDP]: Sie haben mir gut zugehört! Am Ende wurde es dann besser!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610420400

Das Wort hat nun die Kollegin Dr. Margrit Spielmann

für die SPD-Fraktion.


Dr. Margrit Spielmann (SPD):
Rede ID: ID1610420500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Über viele wichtige Punkte, konkrete Maßnahmen und
zukunftsfähige Strukturen haben sowohl die Ministerin
als auch meine Kolleginnen und Kollegen schon gespro-
chen. Ich möchte noch auf einen für mich wichtigen
Punkt hinweisen, bei dem es darum geht, die Pflege zu-
kunftsfähig zu machen: auf die Stärkung der ambulanten
Pflegestrukturen, auf ambulante Pflegeformen durch die
von uns jetzt verabredete integrierte wohnortnahe und
quartierbezogene Versorgung und die damit verbundene
Bildung eines Pflegestützpunktes bzw. eines Pflegekom-
petenzzentrums.

Aus unseren Wahlkreisen wissen wir alle, welcher
Odyssee manche Angehörigen und Betroffenen ausge-
setzt sind, wenn sie ein entsprechendes Angebot suchen.
Deshalb findet es meine volle Unterstützung, dass
Pflege, Betreuung, Beratung und Information oder, Herr
Dr. Seifert, auch Assistenz aus einer Hand zu erhalten
sein sollen.

Wo liegen die Vorteile eines solchen Pflegestützpunk-
tes bzw. Pflegekompetenzzentrums für die Angehörigen
und Betroffenen? Von diesem Pflegestützpunkt sollen
Beratungen, Informationen und der Pflegebedarf auf
kommunaler Ebene wohnortnah und quartierbezogen,
wie ich bereits sagte, und unter Berücksichtigung der
Träger und der öffentlichen Verwaltungen aufeinander
abgestimmt und realisiert werden. Dieser Dialog, diese
Zusammenarbeit findet, wie wir alle wissen, zurzeit
nicht statt. Von den Pflegestützpunkten sollen Verträge
zur integrierten wohnortnahen Versorgung und Betreu-
ung mit Krankenkassen, Pflegekassen, Kommunen und
Leistungserbringern geschlossen werden. Dabei soll den
Pflegestützpunkten von der Pflegeversicherung eine An-
schubfinanzierung für zwei Jahre gewährt werden. Ein
Pflegestützpunkt soll demnach für 20 000 Einwohner da
sein und mit 15 000 Euro gefördert werden. Dies ist, wie
ich denke, ein guter Anfang.
Mir ist wichtig, noch darauf hinzuweisen, dass ein
Pflegestützpunkt nicht im vierten Stock liegen darf, son-
dern behindertengerecht ausgestaltet werden sollte.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Ich wünsche mir außerdem sehr, dass ein solcher Stütz-
punkt ein Ort der Begegnung, der Information, der Bera-
tung und vielleicht auch des geselligen Lebens in einem
wohnortnahen Quartier ist.

Der Pflegestützpunkt wird durch die Pflegekassen
verpflichtet, den pflegebedürftigen Versicherten ein
Pflegemanagement anzubieten, welches eine zielgenaue
Unterstützung für jeden Einzelnen zu gewährleisten hat.
Dazu gehört, dass künftig eine Fallmanagerin oder ein
Fallmanager als Ansprechpartner für jeweils bis zu
100 pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen
da sein wird.

Durch einen solchen Stützpunkt werden nach meiner
Meinung des Weiteren die Prävention und die Rehabili-
tation gestärkt. Das ist unter Nachhaltigkeitsgesichts-
punkten besonders wichtig und soll künftig mit finan-
ziellen Anreizen gefördert werden. Durch aktivierende
Pflege und Rehabilitation sollten wir Verbesserungen am
Gesundheitszustand der Pflegebedürftigen erzielen.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass ein solcher Pfle-
gestützpunkt generationenübergreifendes und bürgerli-
ches Engagement zu unterstützen hat; denn künftig wer-
den die Pflegekassen verpflichtet, gemeinsam mit den
Bundesländern und den übrigen Vertragspartnern darauf
hinzuwirken, dass bürgerlich Engagierte noch besser in
ambulante vernetzte Versorgungsstrukturen auf kommu-
naler Ebene einbezogen werden. Ich denke hier an Be-
treuungsgruppen für demenziell Erkrankte, Helferkreise,
Selbsthilfegruppen, Agenturen für die Vermittlung von
Betreuungsleistungen, Dienstleistungen und Teilhabe.
Es sollen begleitende Schulungen bürgerlich engagierten
Helfern für Organisation und Planung ein entsprechen-
des Betätigungsfeld bieten.

Der Pflegestützpunkt ist deshalb ein absolut richtiger
Schritt in die richtige Richtung.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dadurch wird erreicht, dass Information, Beratung und
Unterstützung vor Ort stattfinden, dass das Prinzip der
Pflege aus einer Hand umgesetzt wird, dass in der Pflege
auf die individuellen Bedürfnisse der Menschen durch
sachgerechtes Fallmanagement eingegangen werden kann
und dass eine solche Pflege finanziert werden kann.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610420600

Nächste Rednerin ist nun die Kollegin Maria

Eichhorn für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) (C)



(B) (D)


Maria Eichhorn (CSU):
Rede ID: ID1610420700

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die beschlossenen Eckpunkte für eine Qualitätsreform
der sozialen Pflegeversicherung sind eine gute Botschaft
für Millionen Pflegebedürftige und ihre Angehörigen. Es
besteht keinerlei Anlass, die Reform kleinzureden. Mit
den beschlossenen Verbesserungen im Leistungsspek-
trum dieses Sozialversicherungszweigs erfüllt die Große
Koalition eine zentrale Zusage: Die Leistungsfähigkeit
der Pflegeversicherung wird erhalten und weiterentwi-
ckelt. Das ist nicht selbstverständlich. An die Grünen als
Antragsteller dieser Aktuellen Stunde und an alle Kriti-
ker der jüngsten Koalitionsbeschlüsse richte ich den Ap-
pell: Messen Sie unsere Beschlüsse an den künftigen
umfassenden Leistungsverbesserungen und nicht an Ih-
ren ideologischen Vorstellungen!


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Reform wird den Grundsatz „ambulant vor statio-
när“ stärken. Damit entsprechen wir dem Bedürfnis der
Pflegebedürftigen, so lange wie möglich in ihrer ge-
wohnten Umgebung zu bleiben sowie im Kreis ihrer
Verwandten und Freunde zu sein.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die Reform bringt die Hilfe näher an die Pflegebedürfti-
gen und ihre Angehörigen. Ich nenne als Beispiele nur
die Einrichtung der wohnortnahen Pflegestützpunkte
und die Fallmanager. Diese qualitativen Neuerungen be-
deuten eine wichtige Entlastung der Angehörigen, indem
sie beratende Unterstützung beim Umgang mit den ver-
schiedenen Instrumenten des Pflegesystems leisten. Es
ist nicht einfach, zu durchschauen, was für den einzelnen
Pflegebedürftigen das Beste ist.

Mit der Reform werden auch die Rehabilitations- und
Präventionsanstrengungen verstärkt. Es ist sehr zu be-
grüßen, dass die Anstrengungen in Zukunft mehr darauf
gerichtet werden, den Gesundheitszustand der Pflegebe-
dürftigen wieder zu verbessern bzw. zumindest eine Ver-
schlechterung zu vermeiden.

Die meisten Menschen erhoffen sich, zu Hause ge-
pflegt zu werden. Die Einführung der Pflegezeit ist in
vielen Fällen Voraussetzung dafür, dass dieser Wunsch
erfüllt werden kann, und ich begrüße diesen Schritt auch
aus familienpolitischer Sicht ganz besonders. Mein Ap-
pell geht jetzt an die Wirtschaft, nicht gegen diese Ein-
führung zu wettern, sondern konstruktive Lösungen zur
Umsetzung zu erarbeiten.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die Leistungsverbesserungen sind vor allem auch ein
wichtiges frauenpolitisches Signal. 80 Prozent der pfle-
genden Angehörigen sind Töchter, Schwiegertöchter,
Mütter oder sonst nahestehende Frauen. Ihnen und all
den Helferinnen und Helfern in der ambulanten und sta-
tionären Pflege gilt unser Dank. Die gesellschaftlich oft-
mals viel zu gering erachtete aufopferungsvolle Arbeit
verdient unsere volle Unterstützung.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Unseren Dank und unsere Anerkennung verdienen
aber auch die vielen ehrenamtlichen Helferinnen und
Helfer. Oft geht es nur darum, dem Pflegebedürftigen
zusätzliche Zeit zu schenken, die das Pflegepersonal we-
gen des Zeitdrucks nicht aufbringen kann. Das hilft dem
Pflegebedürftigen und bringt Lebensqualität.

Damit den Pflegekräften wieder mehr Zeit für die
Versorgung und Betreuung zur Verfügung steht, müssen
sie von unnötiger Bürokratie entlastet werden. Bereits in
der letzten Legislaturperiode hat die CDU/CSU-Fraktion
unter Federführung der Arbeitsgruppe Familie dazu Vor-
schläge vorgelegt. Als Folge der Föderalismusreform ist
das Heimgesetz, um das es hier vor allem geht, jetzt al-
lerdings Aufgabe der Länder.


(Elke Ferner [SPD]: Leider wahr! – Frank Spieth [DIE LINKE]: Leider!)


Aber auch der Bund wird, soweit notwendig, seine
Hausaufgaben machen.

Die beschlossenen Leistungsverbesserungen bedeu-
ten vor allem eine Qualitätssteigerung im Bereich der
Pflege. Richtig ist, dass diese Verbesserungen schon
lange gefordert werden. Richtig ist aber auch, dass erst
diese Große Koalition die Kraft hatte, diese Verbesse-
rungen in der Praxis umzusetzen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Wer sich jetzt davon überrascht zeigt, dass die beschlos-
senen Maßnahmen zu einem Mehrbedarf an Beitragsmit-
teln führen, argumentiert unredlich. Wenn jetzt ausge-
rechnet Sie von den Grünen in der Aktuellen Stunde das
Erreichte kleinreden wollen, dann seien Sie daran erin-
nert:


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das tut der Vorsitzende der Jungen Union Bayern auch! – Gegenruf des Abg. Jens Spahn [CDU/CSU]: Seit wann sagt ihr denn, was die Junge Union sagt? – Hubert Hüppe [CDU/CSU], zu Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN] gewandt: Dass Sie sich mit der Jungen Union beschäftigen, ist schön!)


Mit dem aktuellen Reformvorhaben arbeitet die Große
Koalition Versäumnisse auf, für die Sie mitverantwort-
lich sind.

Über die Bedeutung der Pflegereform, vor allem im
qualitativen Bereich, ist bereits vieles gesagt worden.
Darüber hinaus ist aber eines zu berücksichtigen: Die
Zahl der Pflegebedürftigen hat seit 1997 um 17,5 Pro-
zent zugenommen. Rechnet man die demenziell Er-
krankten dazu, liegt die Zahl der Pflegebedürftigen weit
über der 2-Millionen-Marke. Für all diese Betroffenen
und ihre Angehörigen ist die erzielte Verständigung über
diese Reform eine gute Botschaft.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Diese Reform dient den Menschen, und darauf kommt es
an.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)







(A) (C)



(B) (D)


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610420800

Nächste Rednerin ist nun die Kollegin Dr. Carola

Reimann für die SPD-Fraktion.


Dr. Carola Reimann (SPD):
Rede ID: ID1610420900

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Auch ich begrüße sehr, dass wir jetzt eine
Aktuelle Stunde zu diesem Thema haben. Das gibt uns
Gelegenheit, die Eckpunkte sofort darzustellen – das hat
die Kollegin Widmann-Mauz auch schon gesagt – und
auch gleich aufkeimenden Legendenbildungen vorzu-
beugen; Stichwort: Behinderte sind nicht dabei und ähn-
liche Dinge.

Ich weiß ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass Sie
wahrscheinlich gedacht haben, Sie könnten jetzt ein
Feuerwerk der Kritik zünden,


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Leider haben wir nur sehr wenig Redezeit!)


aber Sie verfallen hier natürlich in die alten Verhaltens-
muster, die wir schon aus den Beratungen zur Gesund-
heitsreform kennen.


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Hätten wir so viel Redezeit wie Sie, könnten wir das auch darlegen!)


Jedenfalls erinnert mich das daran. Auch bei der Ge-
sundheitsreform wurden die vielen und umfangreichen
Verbesserungen, die wir jetzt umsetzen, verschwiegen
und kleingeredet, und bei der Pflege reden Sie jetzt von
einer Minireform. Bei allem Respekt: Das ist maximaler
Unsinn;


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


denn wir haben zahlreiche Veränderungen im Leistungs-
und Strukturbereich. Das wird die Lebenssituation von
ganz vielen Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen
spürbar verbessern. Diese Einschätzung teilen auch die
Verbände. Das sieht man am Presseecho, das anders ist,
als es hier immer dargestellt worden ist.

Ich erinnere mich auch noch ganz gut an die letzte
Aktuelle Stunde zu diesem Thema im vergangenen No-
vember. Da hatten wir Gelegenheit, die Ziele der damals
noch zukünftigen Reform darzulegen. Ich nenne gern
noch einmal die Ziele, die wir damals aufgelistet haben.
Wir wollten die Leistungen der Pflegeversicherung, die
seit 1995 unverändert geblieben sind, dynamisieren, die
ambulante Pflege stärken und vor allem die Situation de-
menzerkrankter Menschen mit ihrem besonderen Hilfe-
bedarf verbessern.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wollten Sie auch eine nachhaltige Finanzierung?)


Wenn man jetzt einen Blick in die Eckpunkte wirft,
Frau Kollegin Bender, dann sieht man klar: Ziel erreicht.
Gerade im Bereich der ambulanten Pflege sind wir einen
ganz wichtigen Schritt vorangekommen. Die Kollegin
Spielmann hat gerade die Bildung der quartierbezogenen
Pflegestützpunkte erwähnt. Sie sollen wohnortnahe An-
laufstellen für Pflegebedürftige und vor allen Dingen für
deren Angehörige werden, die Rat und Orientierung ge-
ben, um die möglichen Hilfeangebote, die es schon gibt,
besser aufeinander abzustimmen und miteinander zu
vernetzen. Das ist eine große Hilfe gerade für die Ange-
hörigen, die durch eine – auch das geschieht sehr häufig –
plötzlich eintretende Pflegebedürftigkeit oft überfordert
werden. Sie hat von Odyssee gesprochen. Das wird uns
oft so berichtet, und es wird so empfunden.


(Beifall bei der SPD)


Zugleich kann so den Pflegebedürftigen schneller und
zielgerichteter geholfen werden. Das soll durch die Un-
terstützung eines Fallmanagements ergänzt werden, das
im Rahmen dieser Pflegestützpunkte angeboten werden
kann. So schaffen wir neue, ergänzende Strukturen, die
die ambulante Pflege stärken und die den Zugang zu ei-
ner passgenauen Hilfe für den jeweiligen Pflegebedürfti-
gen und seine individuell-persönlichen Pflegebedürf-
nisse und -erfordernisse erleichtern. Ich denke, Frau
Scharfenberg, das ist nutzerorientierte Pflege. So nennen
Sie das dann.

Neben der Stärkung der ambulanten Versorgung ent-
hält das vorliegende Paket noch weitere wichtige Maß-
nahmen. Ich will die Einführung der Pflegezeit nennen.
Die war von ganz vielen gewünscht. Ich bedaure, dass es
nur Menschen in größeren Betrieben und nicht in Klein-
betrieben ermöglicht wird, diese Pflegezeit für sich in
Anspruch zu nehmen. Ich glaube, dass Familien sich das
wünschen. Wir haben Anreize zu aktivierender Pflege
– die Ministerin hat es genannt –, Rehabilitation in den
Pflegeeinrichtungen und den Abbau von Schnittstellen-
problemen vorgesehen. Nicht zuletzt werden wir mit der
Pflegereform das bürgerschaftliche Engagement stärker
unterstützen; denn – ich kann es nicht oft genug sagen –
gerade vor dem Hintergrund einer älter werdenden Ge-
sellschaft ist die Bedeutung des ehrenamtlichen Engage-
ments gar nicht hoch genug einzuschätzen. Da wird
großartige Arbeit geleistet. Die gilt es noch mehr zu un-
terstützen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Die Anhebung der Sachleistungen im ambulanten Be-
reich sowie des Pflegegeldes, die Strukturreformen und
weitere Leistungsverbesserungen sind nicht zum Nullta-
rif zu haben. Ich muss hier in aller Deutlichkeit und auch
für die jüngere Generation sagen: Es muss uns etwas
wert sein, dass pflegebedürftige Menschen ein möglichst
selbstbestimmtes und würdevolles Leben führen können.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Für uns Sozialdemokraten ist bei der Finanzierung
entscheidend – das ist hier immer ein wichtiges The-
ma –, dass jeder entsprechend seiner Leistungsfähigkeit
beteiligt wird und dass die paritätische Finanzierung von
Arbeitnehmern und Arbeitgebern erhalten bleibt. Das ist
uns gelungen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wieso erhalten? Die gibt es bei der Pflege eigentlich nicht!)







(A) (C)



(B) (D)


Dr. Carola Reimann
Natürlich hätten wir, gerade was das Verhältnis von pri-
vater und gesetzlicher Pflegeversicherung anbelangt,
gerne mehr umgesetzt, und natürlich – die Kollegin
Mattheis hat es schon gesagt – bleibt für die SPD auch in
der Pflege die solidarische Bürgerversicherung das Ziel.
Aber mit den jetzt erzielten Strukturreformen und Leis-
tungsausweitungen bringen wir spürbare Verbesserun-
gen und zusätzliche Unterstützung für zahlreiche Pflege-
bedürftige auf den Weg. Die Dementen sind hier
angesprochen worden. Für sie haben wir wichtige Hilfen
auf den Weg gebracht. Man sollte auch als Opposition
– an sie möchte ich appellieren – gerade im Hinblick auf
die Betroffenen keine Zweifel und Verunsicherung we-
cken.

Danke schön.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610421000

Letzte Rednerin in dieser Debatte ist nun die Kollegin

Elke Ferner für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Elke Ferner (SPD):
Rede ID: ID1610421100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Auch wenn die Opposition versucht hat, diese Reform
kleinzureden, sage ich: Diese Reform ist ein Riesenfort-
schritt für die fast 2 Millionen Pflegebedürftigen und de-
ren Angehörige. Wer die in dieser Aktuellen Stunde von
vielen Rednerinnen und Rednern der Koalition darge-
stellten Leistungsverbesserungen kleinreden will, der
lebt nicht mehr in dieser Welt und hat überhaupt keine
Ahnung von den Problemen der Pflegebedürftigen und
ihrer Angehörigen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Ich finde, dass diese Reform, was die Leistungsver-
besserungen und die Strukturverbesserungen anbelangt,
auch nachhaltig ist. Bezüglich der Finanzierung kann
man sicherlich geteilter Meinung sein – ich komme da-
rauf nachher noch zu sprechen –; wie bekannt ist, gab es
zwischen der Union und uns unterschiedliche Auffas-
sungen. Ich frage Sie jetzt aber allen Ernstes: Sollen wir
Ihrer Auffassung nach nur deswegen warten, demenz-
kranken Menschen schon jetzt, also im Vorfeld, be-
stimmte Leistungen zukommen zu lassen, weil der Pfle-
gebegriff noch nicht neu definiert ist?


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Sollen wir damit warten, den Umfang der ambulanten
Leistungen schrittweise in Richtung stationäre Leistun-
gen zu erweitern? Sollen wir damit wirklich warten?


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Sollen wir damit warten, die Strukturen ambulanter Be-
handlung vor Ort – sie sind bei weitem noch nicht so,
wie wir sie brauchen werden, wenn meine Jahrgänge
womöglich pflegebedürftig sind – zu verbessern? Sollen
wir diese Strukturreformen noch weiter aufschieben?
Ich finde, wir dürfen damit nicht warten, auch wenn
wir den Pflegebegriff noch nicht abschließend definiert
haben – wir haben auf diesem Gebiet noch etwas zu tun;
das bestreiten wir überhaupt nicht –, auch wenn wir über
die Frage der nachhaltigen Finanzierung weiter diskutie-
ren müssen, um Mehrheiten zu finden und so eine nach-
haltige Finanzierung zustande zu bringen. Dass auch in
diesem Bereich noch etwas zu tun ist, bestreiten wir
ebenfalls nicht. Aber hätten wir diesen Schritt jetzt nicht
vollziehen sollen? Hätten wir ernsthaft damit warten sol-
len? Ich hätte dann gern einmal Ihre Reden zu diesem
Thema in einer Aktuellen Stunde gehört.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dazu gehört, dass man Konzepte erarbeitet und Kompromisse schließt!)


Ich glaube, dass wir gut daran tun, diese Maßnahmen
jetzt durchzuführen.

Ich möchte noch auf einige Punkte eingehen.

Herr Lanfermann hat etwas zur Generationengerech-
tigkeit gesagt und auf den Präsidiumsbeschluss der FDP
Bezug genommen.


(Heinz Lanfermann [FDP]: Das heißt bei uns „Parteitagsbeschluss“, Frau Ferner!)


– Nein, oben auf meinem Papier steht „Präsidiums-
beschluss der FDP“.


(Heinz Lanfermann [FDP]: Dann haben Sie das falsche!)


Es mag sein, dass Ihr Parteitag das beschlossen hat. Das
ist umso schlimmer; denn dieser Beschluss bedeutet
nichts anderes, als dass Sie die solidarische gesetzliche
Pflegeversicherung auf Sicht gesehen abschaffen wollen.
Wie mir der Kollege gerade bestätigt, stimmt das. Ich
kann Ihnen nur viel Vergnügen dabei wünschen, damit in
den nächsten Bundestagswahlkampf zu ziehen. Die
Menschen werden begeistert sein, wenn die FDP die
Pflegeversicherung und die Hilfen, die damit verbunden
sind, abschaffen will.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Heinz Lanfermann [FDP]: Die Hilfen wollen wir nicht abschaffen! Erzählen Sie mal nichts Falsches, Frau Ferner, auch nicht zum Abschluss dieser schönen Stunde!)


– Ihr Kollege hat doch eben genickt.


(Zuruf von der FDP: Die Hilfen abschaffen wollen wir eben nicht!)


Der zweite Punkt ist der – für meine Begriffe herbei-
geredete – Generationenkonflikt. Unser größtes Problem
mit der Finanzierung der gesetzlichen Pflegeversiche-
rung ist, dass diese Finanzierung höchst unsolidarisch
und höchst ungerecht erfolgt. Manchmal machen es ein-
fache Zahlen deutlich: Wenn man den Umfang der Leis-
tungsausgaben der gesetzlichen Pflegeversicherung
durch die Anzahl der Versicherten teilt, dann lautet das
Ergebnis 240,36 Euro. Stellt man die gleiche Rechnung
für die private Pflegeversicherung an, dann lautet das Er-






(A) (C)

Elke Ferner

gebnis 60,42 Euro. Ich muss einmal folgende Frage stel-
len: Was ist daran gerecht, dass in der einen Versiche-
rung jeder Versicherte im Jahr im Durchschnitt etwa
240 Euro aufbringen muss, während in der anderen Ver-
sicherung jeder Versicherte im Jahr im Durchschnitt nur
etwa 60 Euro aufbringen muss, obwohl beide Versiche-
rungen exakt die gleichen Leistungen erbringen?


(Beifall des Abg. Frank Spieth [DIE LINKE])


Das ist nicht gerecht.


(Heinz Lanfermann [FDP]: Sie können nicht in die Zukunft schauen, Frau Ferner!)


– Ach, Herr Lanfermann, wenn man laut schreit, hat man
noch lange nicht recht, und in diesem Falle haben Sie
wirklich unrecht. Ihnen geht es eigentlich nur um die
Gewinnmaximierung der privaten Versicherer, aber nicht
um die Frage, wie Menschen, wenn sie pflegebedürftig
sind, versorgt werden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Heinz Lanfermann [FDP]: Das sind keine Gewinne, das sind Rücklagen!)


Der letzte Punkt, den ich ansprechen möchte, ist: Wir
als SPD werden weiter für eine solidarisch finanzierte
Pflegeversicherung kämpfen. Unser Ziel ist die Bürger-
versicherung bei der Pflege, in die alle einbezogen wer-
den und an deren Finanzierung sich alle vor allen Dingen
solidarisch, gerecht und nach ihrer jeweiligen Leistungs-
fähigkeit beteiligen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Dieser erste Schritt der Reform, den wir jetzt vor uns
haben, ist ein guter Schritt. Er ist im Sinne der Pflegebe-
dürftigen und ihrer Angehörigen. Was die Frage der
Finanzstrukturen anbelangt – das ist der nächste Schritt –,
werden wir im Bundestagswahlkampf unsere Konzepte
austauschen.


(Elisabeth Scharfenberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das glaube ich Ihnen!)


Dann werden die Menschen entscheiden, ob sie ein Prä-
mienmodell, ein Abschaffungsmodell oder das Modell
einer solidarischen Bürgerversicherung wollen.


(Beifall bei der SPD – Frank Spieth [DIE LINKE]: Aber das müsst ihr dann anschließend auch machen! – Heinz Lanfermann [FDP]: Aber ein paar wirtschaftliche Grundkenntnisse müssen dabei sein!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610421200

Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.

Wir sind am Schluss unserer heutigen Tagesordnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf morgen, Donnerstag, den 21. Juni 2007,
9 Uhr, ein.

Die Sitzung ist geschlossen