Protokoll:
16100

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 16

  • date_rangeSitzungsnummer: 100

  • date_rangeDatum: 24. Mai 2007

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  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 23:22 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 16/100 Ausschusses für wirtschaftliche Zusam- menarbeit und Entwicklung – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Christian Ruck, Anette Hübinger, Dr. Wolf Bauer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Sascha Raabe, Gabriele Groneberg, Dr. Bärbel Kofler, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der SPD: Die deutsche G8- und EU-Präsidentschaft – Neue Impulse für die Entwicklungspolitik – zu dem Antrag der Abgeordneten Hellmut Königshaus, Dr. Karl Addicks, Jens Ackermann, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der FDP: Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft c) Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Hartwig Fischer (Göt- tingen), Eckart von Klaeden, Anke Eymer (Lübeck), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abge- ordneten Dr. Herta Däubler-Gmelin, Gert Weisskirchen (Wiesloch), Niels Annen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Für eine Politik der gleichbe- rechtigten Partnerschaft mit den afri- kanischen Ländern (Drucksachen 16/4414, 16/5311) . . . . . . . d) Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Winfried Nachtwei, Alexander Bonde, Dr. Uschi Eid, weiterer 10127 C Deutscher B Stenografisch 100. Sitz Berlin, Donnerstag, d I n h a l Gedenken an die in Afghanistan ums Leben gekommenen Angehörigen der Bundeswehr Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absetzung des Tagesordnungspunktes 33 . . . Nachträgliche Ausschussüberweisungen . . . . Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeord- neten Jörg-Otto Spiller und Wolfgang Gunkel Tagesordnungspunkt 4: a) Abgabe einer Erklärung durch die Bun- deskanzlerin: zum G8-Weltwirtschafts- gipfel vom 6. bis 8. Juni 2007 in Heili- gendamm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des 10125 A 10125 D 10127 A 10126 D 10127 A 10127 A 2007 zur Reform der Entwicklungs- zusammenarbeit der Europäischen Union nutzen undestag er Bericht ung en 24. Mai 2007 t : – zu dem Antrag der Abgeordneten Thilo Hoppe, Ute Koczy, Jürgen Trittin, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Reformen für eine gerechte Globali- sierung – Deutsche G8-Präsident- schaft für Klimaschutz und nachhal- tige Entwicklung nutzen – zu der Unterrichtung durch die Bundes- regierung: Mitteilung der Kommis- sion EU-Entwicklungszusammenar- beit: Mehr, besser und schneller helfen KOM (2006) 87 endg.; Rats- dok. 7067/06 (Drucksachen 16/4160, 16/2833, 16/4151, 16/1101 Nr. 2.16, 16/4880) . . . . . . . . . . . 10127 C Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Für eine Wiederbelebung des nuklearen Ab- II Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 rüstungsprozesses im Rahmen der deut- schen EU- und G8-Präsidentschaft (Drucksachen 16/3011, 16/4586) . . . . . . . e) Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Uschi Eid, Margareta Wolf (Frankfurt) und der Frak- tion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN: Reformpartnerschaften mit Afrika intensivieren – Afrika muss auf die Tagesordnung des G8-Gipfels in Deutschland 2007 (Drucksachen 16/2651, 16/5440) . . . . . . . f) Antrag der Abgeordneten Ulla Lötzer, Wolfgang Gehrcke, Heike Hänsel, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN: Menschen statt Profite – Nein zu G8 (Drucksache 16/5408) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin . . . . . . . Dr. Guido Westerwelle (FDP) . . . . . . . . . . . . Dr. Ditmar Staffelt (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Matthias Wissmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD) . . . . . . . . . . Hellmut Königshaus (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD) . . . . . . . . . . Dr. Christian Ruck (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Dr. Karl Addicks (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Erich G. Fritz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Ulla Lötzer (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Frank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 5: Erste Beratung des von den Abgeordneten Birgitt Bender, Volker Beck (Köln), Markus Kurth, weiteren Abgeordneten und der Frak- tion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über genetische Untersuchungen bei Menschen (Gendiagnostikgesetz – GenDG) (Drucksache 16/3233) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A D D F B H M R D D T a b c d e 10127 D 10127 D 10128 A 10128 A 10132 B 10134 B 10136 A 10138 D 10140 C 10141 A 10142 C 10144 A 10144 C 10144 D 10145 D 10146 D 10147 D 10149 B 10150 C 10151 C 10153 B 10153 C nnette Widmann-Mauz (CDU/CSU) . . . . . . r. Konrad Schily (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . r. Carola Reimann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . rank Spieth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . irgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ubert Hüppe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . ichael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . ené Röspel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . r. Wolfgang Wodarg (SPD) . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 38: ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 25. Juni 2005 zur Änderung des Partnerschafts- abkommens vom 23. Juni 2000 zwischen den Mitgliedern der Gruppe der Staaten in Afrika, im Karibischen Raum und im Pazifischen Ozean einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits (AKP-EG- Partnerschaftsabkommen) (Drucksache 16/4970) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Zwei- ten Gesetzes über die Bereinigung von Bundesrecht im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums der Justiz (Drucksache 16/5051) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Max Stadler, Gisela Piltz, Dr. Karl Addicks, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über eine Einmalzahlung für Versorgungsempfänger im Jahre 2007 (Versorgungsempfänger-Einmalzahlungs- gesetz 2007 – VEzG 2007) (Drucksache 16/5250) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 1. Juni 2006 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Georgien zur Vermei- dung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (Drucksache 16/5386) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Ablösung des Abfallverbrin- 10154 D 10157 B 10158 B 10160 B 10161 C 10162 D 10165 A 10165 D 10167 B 10168 A 10170 A 10170 A 10170 C 10170 C Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 III gungsgesetzes und zur Änderung weiterer Rechtsvorschriften (Drucksache 16/5384) . . . . . . . . . . . . . . . . f) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Drit- ten Gesetzes zur Änderung des Rind- fleischetikettierungsgesetzes (Drucksache 16/5338) . . . . . . . . . . . . . . . . g) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Umsetzung der Richtlinie 2005/ 36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Anerkennung von Berufsqualifikationen der Heilbe- rufe (Drucksache 16/5385) . . . . . . . . . . . . . . . . h) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu den Internationalen Gesundheits- vorschriften (2005) (IGV) vom 23. Mai 2005 (Drucksache 16/5387) . . . . . . . . . . . . . . . . i) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 12. Okto- ber 2006 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Re- publik zur Vermeidung der Doppelbe- steuerung der Nachlässe, Erbschaften und Schenkungen (Drucksache 16/5388) . . . . . . . . . . . . . . . . j) Antrag der Abgeordneten Dr. Norman Paech, Dr. Lothar Bisky, Monika Knoche, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN: Für die Beendigung des Pachtvertrages zwischen Kuba und den USA über Guantánamo Bay (Drucksache 16/4628) . . . . . . . . . . . . . . . . k) Antrag der Abgeordneten Dr. Gerhard Schick, Christine Scheel, Bärbel Höhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Schutz der Anlegerinnen und Anleger bei Zertifikaten stärken (Drucksache 16/5290) . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 2: a) Antrag der Abgeordneten Renate Blank, Dirk Fischer (Hamburg), Dr. Klaus W. Lippold, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abge- ordneten Annette Faße, Hans-Joachim Hacker, Sören Bartol, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der SPD: Attrakti- vität des Wassertourismus und des Wassersports stärken (Drucksache 16/5416) . . . . . . . . . . . . . . . . b c d T a b c d e 10170 C 10170 C 10170 C 10170 D 10170 D 10170 D 10171 A 10171 A ) Antrag der Abgeordneten Dr. Volker Wissing, Sibylle Laurischk, Frank Schäffler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Mehr Freiheit wagen – Zivilge- sellschaft stärken (Drucksache 16/5410) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Markus Löning, Florian Toncar, Michael Link (Heilbronn), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Todesstrafe weltweit abschaf- fen (Drucksache 16/5411) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Marieluise Beck (Bremen), Alexander Bonde, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN: Schutz für irakische Flüchtlinge gewährleisten (Drucksache 16/5414) . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 39: ) Zweite und dritte Beratung des von den Ab- geordneten Jerzy Montag, Markus Kurth und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs ei- nes Gesetzes zur Anhebung der Vergü- tung von Berufsbetreuern (Drucksachen 16/2649, 16/3935) . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Fi- nanzausschusses zu dem Antrag der Abge- ordneten Dr. Barbara Höll, Frank Spieth, Dr. Ilja Seifert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN: Ermäßigung des Mehrwertsteuersatzes für apothe- kenpflichtige Arzneimittel auf 7 Pro- zent (Drucksachen 16/732, 16/3014) . . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirt- schaft und Verbraucherschutz zu dem An- trag der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Dr. Kirsten Tackmann, Kersten Naumann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN: Überschuldung privater Haushalte wirksam bekämpfen (Drucksachen 16/1544, 16/3907) . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadt- entwicklung zu dem Antrag der Abgeord- neten Patrick Döring, Horst Friedrich (Bayreuth), Hans-Michael Goldmann, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Modellversuch für Wassertaxen in Berlin starten (Drucksachen 16/2519, 16/4268) . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadt- entwicklung zu der Unterrichtung durch 10171 B 10171 B 10171 B 10171 C 10171 C 10172 A 10172 B IV Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 die Bundesregierung: Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Nachrüstung von in der Gemeinschaft zugelassenen schweren Lastkraftwagen mit Spiegeln (inkl. 13869/06 ADD 1 und 13869/06 ADD 2) KOM (2006) 570 endg.; Ratsdok. 13869/06 (Drucksachen 16/3382 Nr. 2.16, 16/4542) f) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadt- entwicklung zu dem Antrag der Abgeord- neten Peter Götz, Dr. Joachim Pfeiffer, Dirk Fischer (Hamburg), weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Ernst Kranz, Sören Bartol, Uwe Beckmeyer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Bericht über die Wohnungs- und Immo- bilienwirtschaft in Deutschland (Drucksachen 16/4570, 16/4940) . . . . . . . g) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Ab- geordneten Hans-Josef Fell, Cornelia Behm, Ulrike Höfken, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN: Umgehend Kon- zept für eine ergebnisoffene Standort- auswahl für ein nationales Atommül- lendlager vorlegen (Drucksachen 16/2790, 16/4964) . . . . . . . h) – o) Beschlussempfehlungen des Petitionsaus- schusses: Sammelübersichten 218, 219, 220, 221, 222, 223, 224 und 225 zu Peti- tionen (Drucksachen 16/5260, 16/5261, 16/5262, 16/5263, 16/5264, 16/5265, 16/5266, 16/5267) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 3: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Die sogenannte Herdprämie als Hindernis für eine gute vorschulische Förderung für alle Kinder Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Cornelia Pieper (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christel Humme (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Diana Golze (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Johannes Singhammer (CDU/CSU) . . . . . . . . E K T E I C E T B s p d B s d ( R R M B D G T D T B s H – – – 10172 C 10172 C 10172 D 10172 B, 10172 D 10174 A 10175 C 10177 A 10178 C 10179 C 10180 D kin Deligöz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . erstin Griese (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . homas Dörflinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . lke Ferner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ngrid Fischbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . aren Marks (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . lisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU) . agesordnungspunkt 6: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- chusses für die Angelegenheiten der Euro- äischen Union zu dem Antrag der Fraktionen er CDU/CSU, der SPD, der FDP und des ÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Fort- chritte für Zypern – Eine Aufgabe für die eutsche EU-Ratspräsidentschaft Drucksachen 16/5259, 16/5453) . . . . . . . . . . ainder Steenblock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ainer Fornahl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . arkus Löning (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . ernhard Kaster (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . r. Diether Dehm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . ünter Gloser, Staatsminister für Europa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . homas Silberhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . r. Lale Akgün (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 7: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- chusses für Menschenrechte und Humanitäre ilfe zu dem Antrag der Abgeordneten Erika Steinbach, Holger Haibach, Carl-Eduard von Bismarck, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abge- ordneten Christel Riemann-Hanewinckel, Christoph Strässer, Klaus Brandner, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Solidarität mit verfolgten Chris- ten und anderen verfolgten religiösen Minderheiten zu dem Antrag der Abgeordneten Florian Toncar, Burkhardt Müller-Sönksen, Dr. Werner Hoyer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Für die weltweite Sicherstellung der Religionsfreiheit zu dem Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Josef Philip Winkler und der 10182 A 10183 B 10184 B 10185 C 10186 C 10188 B 10189 C 10190 B 10190 C 10191 C 10192 C 10193 D 10195 A 10196 A 10197 A 10198 B Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 V Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Glaubensfreiheit weltweit achten (Drucksachen 16/3608, 16/1998, 16/3614, 16/4498) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 4: Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Marieluise Beck (Bremen), Alexander Bonde, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Solidarität mit verfolgten Christen und an- deren religiösen Minderheiten durch Be- rücksichtigung der religiös Verfolgten beim Flüchtlingsschutz einlösen (Drucksache 16/5419) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christel Riemann-Hanewinckel (SPD) . . . . . Burkhardt Müller-Sönksen (FDP) . . . . . . . . . Erika Steinbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Bodo Ramelow (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Angelika Graf (Rosenheim) (SPD) . . . . . . . . Alois Karl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Bodo Ramelow (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 8: Antrag der Abgeordneten Rainer Brüderle, Martin Zeil, Gudrun Kopp, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der FDP: Mehr Dynamik und mehr Wettbewerb für die deutsche Volkswirtschaft – Entflechtungs- regelung in das Gesetz gegen Wettbewerbs- beschränkungen und europäisches Recht integrieren (Drucksache 16/4065) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rainer Brüderle (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Albert Rupprecht (Weiden) (CDU/CSU) . . . . Dr. Herbert Schui (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Christian Lange (Backnang) (SPD) . . . . . . . . Rainer Brüderle (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Rainer Brüderle (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . T a b c H D M D U D D G T B a R D u g ( W O 10199 C 10199 D 10200 A 10201 B 10202 C 10204 A 10205 B 10206 C 10207 D 10208 A 10209 D 10210 A 10211 A 10212 C 10213 C 10214 D 10215 C 10216 C 10217 B agesordnungspunkt 9: ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Ab- geordneten Marie-Luise Dött, Katherina Reiche (Potsdam), Dr. Christian Ruck, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Marco Bülow, Dirk Becker, Petra Bierwirth, weiterer Abgeordneter, und der Fraktion der SPD: Deutschlands Verant- wortung national und international mit einer umfassenden Strategie zur biolo- gischen Vielfalt wahrnehmen (Drucksachen 16/1996, 16/4275) . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirt- schaft und Verbraucherschutz zu dem An- trag der Abgeordneten Cornelia Behm, Ulrike Höfken, Bärbel Höhn, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN: Nachhaltige Ressourcennutzung durch Agroforst- wirtschaft (Drucksachen 16/2794, 16/5294) . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Cornelia Behm, Undine Kurth (Quedlinburg), Ulrike Höfken, Bärbel Höhn und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Dem Verlust an Agrobiodiversität entgegen- wirken (Drucksache 16/5413) . . . . . . . . . . . . . . . einz Schmitt (Landau) (SPD) . . . . . . . . . . . r. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . . arie-Luise Dött (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . r. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . ndine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Gerhard Botz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Max Lehmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . abriele Groneberg (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 10: eschlussempfehlung und Bericht des Innen- usschusses zu dem Antrag der Abgeordneten oland Claus, Dr. Gesine Lötzsch, r. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter nd der Fraktion der LINKEN: Beendigungs- esetz zum Berlin/Bonn-Gesetz Drucksachen 16/3284, 16/4461) . . . . . . . . . . olfgang Bosbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . tto Fricke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10218 B 10218 C 10218 C 10218 D 10219 D 10221 A 10222 D 10223 D 10224 D 10225 C 10226 C 10226 D 10228 A 10228 B 10229 D VI Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 Gabriele Fograscher (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Roland Claus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . . Otto Fricke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bettina Hagedorn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 11: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Pass- gesetzes und weiterer Vorschriften (Drucksachen 16/4138, 16/4456, 16/5445) b) Beschlussempfehlung und Bericht des In- nenausschusses – zu dem Antrag der Abgeordneten Gisela Piltz, Dr. Karl Addicks, Uwe Barth, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Sicherheitslücken bei biometrischen Pässen beseitigen – zu dem Antrag der Abgeordneten Gisela Piltz, Dr. Karl Addicks, Daniel Bahr (Münster), weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der FDP: Keine Einführung des elektronischen Per- sonalausweises – zu dem Antrag der Abgeordneten Wolfgang Wieland, Volker Beck (Köln) und der Fraktion des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN: Daten- schutz und Bürgerrecht bei der Ein- führung biometrischer Ausweise wahren (Drucksachen 16/854, 16/3046, 16/4159, 16/5445) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Clemens Binninger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Gisela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frank Hofmann (Volkach) (SPD) . . . . . . . . . . Jan Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . Gert Winkelmeier (fraktionslos) . . . . . . . . . . . Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Dieter Wiefelspütz (SPD) . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 12: Antrag der Abgeordneten Irmingard Schewe- Gerigk, Margareta Wolf (Frankfurt), Kerstin Andreae, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- N s ( M D M K D T B s l r T U E m s ( ( S P P H P T A ( t F s H c ( H D E H D T Z d 10231 A 10232 A 10233 A 10234 A 10234 D 10235 C 10237 A 10237 A 10237 C 10239 D 10240 D 10242 C 10243 C 10244 B 10245 A EN: Quote für Aufsichtsratsgremien bör- ennotierter Unternehmen einführen Drucksache 16/5279) . . . . . . . . . . . . . . . . . . argareta Wolf (Frankfurt) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aniela Raab (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . echthild Dyckmans (FDP) . . . . . . . . . . . . . laus Uwe Benneter (SPD) . . . . . . . . . . . . . . r. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . agesordnungspunkt 13: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- chusses für Verkehr, Bau und Stadtentwick- ung zu der Unterrichtung durch die Bundes- egierung: hematische Strategie für die städtische mwelt ntschließung des Europäischen Parla- ents zur thematischen Strategie für die tädtische Umwelt (2006/2061(INI)) EuB-EP 1400) Drucksachen 16/3573 Nr. 1.4, 16/4608) . . . . ören Bartol (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . atrick Döring (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . eter Götz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . eidrun Bluhm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . eter Hettlich (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 14: ntrag der Abgeordneten Horst Friedrich Bayreuth), Jan Mücke, Patrick Döring, wei- erer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: inanzierung des Transrapid jetzt sicher- tellen und alle Mittel auf die Strecke auptbahnhof München–Flughafen Mün- hen konzentrieren Drucksache 16/1165) . . . . . . . . . . . . . . . . . . orst Friedrich (Bayreuth) (FDP) . . . . . . . . . r. Hans-Peter Friedrich (Hof) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . va Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . einz Paula (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bartholomäus Kalb (CDU/CSU) . . . . . . . . agesordnungspunkt 15: weite und dritte Beratung des von der Bun- esregierung eingebrachten Entwurfs eines 10246 C 10246 D 10247 D 10249 C 10250 C 10252 A 10253 A 10253 B 10254 D 10255 D 10257 B 10258 B 10259 B 10259 C 10260 D 10262 B 10263 B 10265 A 10266 A Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 VII Gesetzes zur Neuordnung der ERP-Wirt- schaftsförderung (ERP-Wirtschaftsförde- rungsneuordnungsgesetz) (Drucksachen 16/4664, 16/5054, 16/5447, 16/5451) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. h. c. Hans Michelbach (CDU/CSU) . . . . . Martin Zeil (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christian Lange (Backnang) (SPD) . . . . . . . . Dr. Herbert Schui (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 16: – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Klaus Ernst, Hüseyin- Kenan Aydin, Karin Binder, weiteren Ab- geordneten und der Fraktion der LINKEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Jugendarbeitsschutz- gesetzes (Drucksachen 16/3016, 16/5316) . . . . . . . – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Ernst Burgbacher, Dr. Heinrich L. Kolb, Jens Ackermann, weite- ren Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung des Gesetzes zum Schutz der arbeitenden Jugend (Ju- gendarbeitsschutzgesetz – JArbSchG) (Drucksachen 16/2094, 16/5316) . . . . . . . Wolfgang Grotthaus (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Ernst Burgbacher (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Gitta Connemann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Diana Golze (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Renate Gradistanac (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 17: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Zollfahndungs- dienstgesetzes und anderer Gesetze (Drucksachen 16/4663, 16/5053, 16/5448) . . Tagesordnungspunkt 18: a) Antrag der Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter, Winfried Hermann, Peter Hettlich, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Einführung eines generellen b T Z d G m b ( T A D A m s ( T Z d G i r ( T A P d t ( T Z B n B ( ( T B s 10266 C 10266 D 10268 B 10269 B 10271 A 10272 A 10273 A 10273 B 10273 B 10274 D 10276 A 10277 C 10278 D 10279 D 10281 A Tempolimits von 120 km/h auf deut- schen Autobahnen (Drucksache 16/5420) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Dorothée Menzner, Dr. Gesine Lötzsch, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN: Einführung eines generellen Tempolimits von 130 Stun- denkilometern auf Bundesautobahnen (Drucksache 16/5145) . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 19: weite und dritte Beratung des von der Bun- esregierung eingebrachten Entwurfs eines esetzes über Qualität und Sicherheit von enschlichen Geweben und Zellen (Gewe- egesetz) Drucksachen 16/3146, 16/5443) . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 20: ntrag der Abgeordneten Marina Schuster, r. Werner Hoyer, Jens Ackermann, weiterer bgeordneter und der Fraktion der FDP: De- okratie, Rechtsstaatlichkeit und Zivilge- ellschaft in Ägypten fördern Drucksache 16/4458) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 21: weite und dritte Beratung des von der Bun- esregierung eingebrachten Entwurfs eines esetzes zur Anpassung des Dienstrechts n der Bundesagentur für Arbeit (Dienst- echtsanpassungsgesetz BA – DRAnpGBA) Drucksachen 16/5050, 16/5289) . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 22: ntrag der Abgeordneten Jan Korte, Petra au, Ulla Jelpke, weiterer Abgeordneter und er Fraktion der LINKEN: Unrecht des Kal- en Krieges wiedergutmachen Drucksache 16/3934) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 23: weite und dritte Beratung des von der undesregierung eingebrachten Entwurfs ei- es … Strafrechtsänderungsgesetzes zur ekämpfung der Computerkriminalität … StrÄndG) Drucksachen 16/3656, 16/5449) . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 24: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- chusses für Wirtschaft und Technologie 10281 C 10281 C 10281 D 10282 B 10282 C 10282 D 10283 A VIII Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 – zu dem Antrag der Abgeordneten Gudrun Kopp, Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Engpässe beim grenzüber- schreitenden Stromhandel abbauen – Wettbewerb auf dem Elektrizitätsmarkt intensivieren – zu dem Antrag der Abgeordneten Gudrun Kopp, Martin Zeil, Jens Ackermann, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Mehr Wettbewerb für die deut- schen und europäischen Energiemärkte – Europäischen Impuls aufnehmen – zu dem Antrag der Abgeordneten Bärbel Höhn, Dr. Thea Dückert, Hans-Josef Fell, Kerstin Andreae und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Wett- bewerb auf den Energiemärkten stär- ken, eigentumsrechtliche Entflechtung der Transportnetze umsetzen und Mög- lichkeiten zur Entflechtung bei markt- beherrschenden Stellungen schaffen (Drucksachen 16/3346, 16/4187, 16/4557, 16/5337) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 25: a) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Nationaler Bildungsbericht 2006 – Bil- dung in Deutschland und Stellungnahme der Bundesregierung (Drucksache 16/4100) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Marcus Weinberg, Ilse Aigner, Michael Kretschmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/ CSU sowie der Abgeordneten Dr. Ernst Dieter Rossmann, Jörg Tauss, Nicolette Kressl, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Bildungsbericht- erstattung fortführen und weiterentwi- ckeln (Drucksache 16/5415) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Priska Hinz (Herborn), Kai Gehring, Krista Sager, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Bildungsforschung und Bildungsbe- richterstattung stärken (Drucksache 16/5412) . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Antrag der Abgeordneten Cornelia Pieper, Patrick Meinhardt, Uwe Barth, weiterer Ab- g d u ( T B s H r ü A ( T B R – – ( T a b c 10283 C 10284 A 10284 B 10284 C eordneter und der Fraktion der FDP: Bil- ungsberichterstattung in Deutschland nd deren Weiterentwicklung Drucksache 16/5409) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 26: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- chusses für Menschenrechte und Humanitäre ilfe zu der Unterrichtung durch die Bundes- egierung: Bericht der Bundesregierung ber die deutsche humanitäre Hilfe im usland 2002 bis 2005 Drucksachen 16/3777, 16/5490) . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 27: eschlussempfehlung und Bericht des echtsausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Jürgen Gehb, Norbert Geis, Ute Granold, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Fritz Rudolf Körper, Joachim Stünker, Dr. Carl-Christian Dressel, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der SPD: Ächtung des Gesetzes zur Verhütung erbkran- ken Nachwuchses vom 14. Juli 1933 zu dem Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Markus Kurth, Britta Haßelmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Nichtigkeitserklärung des Erbgesundheitsgesetzes Drucksachen 16/3811, 16/1171, 16/5450) . . agesordnungspunkt 28: ) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Verbraucherinformation (Drucksache 16/5404) . . . . . . . . . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Gesine Lötzsch, Dr. Dietmar Bartsch, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN: Bund-Länder-Staatsvertrag – Qualitätsmanagement Lebensmittelqua- lität (Drucksachen 16/2744, 16/3906) . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirt- schaft und Verbraucherschutz – zu dem Antrag der Abgeordneten Hans- Michael Goldmann, Jens Ackermann, 10284 C 10284 D 10285 A 10285 C 10285 D Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 IX Dr. Karl Addicks, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der FDP: Verbrau- cherinformationsrechte stärken – Neues Verbraucherinformationsge- setz zügig vorlegen – zu dem Antrag der Abgeordneten Karin Binder, Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Gesine Lötzsch, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der LINKEN: Zweite Chance nutzen – Das Recht auf Verbraucherinformation grund- legend neu gestalten (Drucksachen 16/4447, 16/4544, 16/5165) Tagesordnungspunkt 29: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung eines Alkoholver- bots für Fahranfänger und Fahranfänge- rinnen (Drucksachen 16/5047, 16/5398) . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung (Drucksache 16/4880 Buchstabe d) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung (Drucksache 16/1101 Nr. 2.16) (Tagesord- nungspunkt 4 b) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Markus Löning (FDP) zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung zu dem Antrag: Be- endigungsgesetz zum Berlin/Bonn-Gesetz (Tagesordnungspunkt 10) . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Hellmut Königshaus (FDP) zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung zu dem An- trag: Beendigungsgesetz zum Berlin/Bonn- Gesetz (Tagesordnungspunkt 10) . . . . . . . . . . A E M A A r C o A E J S m ä C o A Z d d G S J S J H D A Z d – – ( G J J L D 10285 D 10286 C 10286 D 10287 A 10289 A 10289 C 10289 C 10290 A nlage 5 rklärung nach § 31 GO der Abgeordneten onika Griefahn, Christoph Pries und ngelika Graf (Rosenheim) (alle SPD) zur bstimmung über den Entwurf eines … Straf- echtsänderungsgesetzes zur Bekämpfung der omputerkriminalität (… StrÄndG) (Tages- rdnungspunkt 23) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 6 rklärung nach § 31 GO der Abgeordneten örg Tauss, Renate Schmidt (Nürnberg) und iegmund Ehrmann (alle SPD) zur Abstim- ung über den Entwurf eines … Strafrechts- nderungsgesetzes zur Bekämpfung der omputerkriminalität (… StrÄndG) (Tages- rdnungspunkt 23) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 7 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung es Zollfahndungsdienstgesetzes und anderer esetze (Tagesordnungspunkt 17) iegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . oachim Stünker (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . abine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . örn Wunderlich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . ans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin BMF . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 8 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung er Anträge: Einführung eines generellen Tempolimits von 120 km/h auf deutschen Autobahnen Einführung eines generellen Tempolimits von 130 Stundenkilometern auf Bundes- autobahnen Tagesordnungspunkt 18 a und b) ero Storjohann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . örg Vogelsänger (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . an Mücke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . utz Heilmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . r. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10290 C 10291 B 10292 B 10293 B 10293 D 10295 A 10296 A 10298 A 10299 A 10300 A 10300 D 10301 D 10302 C X Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Qualität und Sicherheit von menschlichen Geweben und Zellen (Gewebegesetz) (Tagesordnungs- punkt 19) Hubert Hüppe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Carola Reimann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Michael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frank Spieth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rolf Schwanitz, Parl. Staatssekretär BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Zivilgesellschaft in Ägypten fördern (Ta- gesordnungspunkt 20) Joachim Hörster (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Dr. Rolf Mützenich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Marina Schuster (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Norman Paech (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Dr. Uschi Eid (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung des Dienstrechts in der Bundesagentur für Ar- beit (Dienstrechtsanpassungsgesetz BA – DRAnpGBA) (Tagesordnungspunkt 21) Stefan Müller (Erlangen) (CDU/CSU) . . . . . . Klaus Brandner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg Rohde (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kornelia Möller (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 12 Zu Protokoll gegebene Reden zu Beratung des Antrags: Unrecht des Kalten Krieges wie- dergutmachen (Tagesordnungspunkt 22) Günter Baumann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Maik Reichel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Max Stadler (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . J W G A Z d g n S D S J J A A Z d d – – – ( D R G H K A Z – 10303 A 10304 C 10305 A 10305 D 10306 C 10307 A 10308 B 10310 A 10311 C 10313 A 10313 C 10314 C 10315 C 10317 A 10317 D 10318 B 10319 A 10319 D 10320 C an Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . olfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ert Winkelmeier (fraktionslos) . . . . . . . . . . . nlage 13 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Entwurfs eines … Strafrechtsänderungs- esetzes zur Bekämpfung der Computerkrimi- alität (… StrÄndG) (Tagesordnungspunkt 23) iegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . irk Manzewski (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . abine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . an Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . erzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . lfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 14 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung er Beschlussempfehlung und des Berichts zu en Anträgen: Engpässe beim grenzüberschreitenden Stromhandel abbauen – Wettbewerb auf dem Elektrizitätsmarkt intensivieren Mehr Wettbewerb für die deutschen und europäischen Energiemärkte – Europäi- schen Impuls aufnehmen Wettbewerb auf den Energiemärkten stär- ken, eigentumsrechtliche Entflechtung der Transportnetze umsetzen und Möglichkei- ten zur Entflechtung bei marktbeherr- schenden Stellungen schaffen Tagesordnungspunkt 24) r. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . olf Hempelmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . udrun Kopp (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ans-Kurt Hill (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . erstin Andreae (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 15 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Nationaler Bildungsbericht 2006 – Bil- 10321 B 10322 D 10323 C 10324 A 10325 B 10326 A 10327 B 10328 B 10329 B 10330 A 10332 A 10333 A 10333 D 10334 C Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 XI dung in Deutschland und Stellungnahme der Bundesregierung – Antrag: Bildungsberichterstattung fortfüh- ren und weiterentwickeln – Antrag: Bildungsforschung und Bildungs- berichterstattung stärken Dr. Carl-Christian Dressel (SPD) . . . . . . . . . Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörn Wunderlich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10347 D 10348 D 10349 C 10350 A – Antrag: Bildungsberichterstattung in Deutschland und deren Weiterentwicklung (Tagesordnungspunkt 25 a bis c und Zusatzta- gesordnungspunkt 5) Marcus Weinberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . Cornelia Pieper (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Cornelia Hirsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andreas Storm, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 16 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung über die deut- sche humanitäre Hilfe im Ausland 2002 bis 2005 (Tagesordnungspunkt 26) Ute Granold (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Christel Riemann-Hanewinckel (SPD) . . . . . . Burkhardt Müller-Sönksen (FDP) . . . . . . . . . Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . Anlage 17 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts zu den Anträgen: – Ächtung des Gesetzes zur Verhütung erb- kranken Nachwuchses vom 14. Juli 1933 – Nichtigkeitserklärung des Erbgesundheits- gesetzes (Tagesordnungspunkt 27) Dr. Jürgen Gehb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . A Z – – – – ( U E H K U A Z d e F G H P D D A 10335 C 10336 B 10338 C 10339 B 10339 D 10340 D 10341 D 10343 B 10344 A 10345 A 10345 B 10346 D nlage 18 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Verbraucherinformation Beschlussempfehlung und Bericht zu dem Antrag: Bund-Länder-Staatsvertrag – Qua- litätsmanagement Lebensmittelqualität Beschlussempfehlung und Bericht zu dem Antrag: Verbraucherinformationsrechte stär- ken – Neues Verbraucherinformationsge- setz zügig vorlegen Beschlussempfehlung und Bericht zu dem Antrag: Zweite Chance nutzen – Das Recht auf Verbraucherinformation grund- legend neu gestalten Tagesordnungspunkt 28 a bis c) rsula Heinen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . lvira Drobinski-Weiß (SPD) . . . . . . . . . . . . . ans-Michael Goldmann (FDP) . . . . . . . . . . arin Binder (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . lrike Höfken (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 19 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung ines Alkoholverbots für Fahranfänger und ahranfängerinnen (Tagesordnungspunkt 29) ero Storjohann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . eidi Wright (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . atrick Döring (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . orothée Menzner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . r. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . chim Großmann, Parl. Staatssekretär BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10350 D 10351 D 10352 B 10353 A 10354 B 10355 B 10356 B 10357 D 10358 D 10359 B 10359 D Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10125 (A) ) (B) ) 100. Sitz Berlin, Donnerstag, d Beginn: 9.0
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    Anlage 19 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10287 (A) (C) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt Berichtigung 99. Sitzung, Seite 10108, (B) 2. Absatz, der letzte Satz ist wie folgt zu lesen: „Deshalb ist es in der Tat wichtig, dass die Regierungspolitik – ich sage: auch die Regie- rungspraxis – so ausgestaltet wird, dass faire Wettbe- werbsbedingungen herrschen und Investitionen der Tele- kom gefördert und nicht behindert werden.“ (D) (B) Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10289 (A) ) (B) ) für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung der NATO ten. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten * A s A G z v b D u h k l 1 B d f d b e B d n F w Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Bartsch, Dietmar DIE LINKE 24.05.2007 Beckmeyer, Uwe SPD 24.05.2007 von Bismarck, Carl- Eduard CDU/CSU 24.05.2007 Brunkhorst, Angelika FDP 24.05.2007 Eichhorn, Maria CDU/CSU 24.05.2007 Haibach, Holger CDU/CSU 24.05.2007 Hoffmann (Wismar), Iris SPD 24.05.2007 Kasparick, Ulrich SPD 24.05.2007 Knoche, Monika DIE LINKE 24.05.2007 Koppelin, Jürgen FDP 24.05.2007 Kossendey, Thomas CDU/CSU 24.05.2007 Kunert, Katrin DIE LINKE 24.05.2007 Dr. Lamers, Karl CDU/CSU 25.05.2007* Merten, Ulrike SPD 24.05.2007 Mogg, Ursula SPD 24.05.2007* Pau, Petra DIE LINKE 24.05.2007 Raidel, Hans CDU/CSU 24.05.2007* Dr. Schäuble, Wolfgang CDU/CSU 24.05.2007 Schauerte, Hartmut CDU/CSU 24.05.2007 Dr. Schwanholz, Martin SPD 24.05.2007 Stübgen, Michael CDU/CSU 24.05.2007 Toncar, Florian FDP 24.05.2007 Dr. Uhl, Hans-Peter CDU/CSU 24.05.2007 Wellenreuther, Ingo CDU/CSU 24.05.2007 Zypries, Brigitte SPD 24.05.2007 (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht nlage 2 Erklärung des Abgeordneten Volker Beck (Köln) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung (Drucksache 16/4880 Buchstabe d) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung (Drucksache 16/1101 Nr. 2.16) (Tagesordnungspunkt 4 b) Ich erkläre im Namen der Fraktion des Bündnis- es 90/Die Grünen, dass unser Votum „Ja“ lautet. nlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Markus Löning (FDP) zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung zu dem Antrag: Beendigungsgesetz zum Berlin/ Bonn-Gesetz (Tagesordnungspunkt 10) Der Antrag „Beendigungsgesetz zum Berlin/Bonn- esetz“ enthält in Teilen nachvollziehbare und unterstüt- enswerte Forderungen und Begründungen. Im April 2007 hat das Innenministerium in einem om Haushaltsausschuss in Auftrag gegebenen Bericht estätigt, dass die Trennung der Ministerien zwischen iensteinheiten in Bonn und Berlin „schwierig sei, zu ngleiche[r] Arbeitsbelastung der Beschäftigten und er- öhte[n] Anforderungen an die Führungskräfte“ führen önne. Auch Kommunikationsdefizite und Reibungsver- uste werden als negative Auswirkungen beschrieben. Darüber hinaus belasten die im Jahr notwendigen 32 000 Flüge zwischen den Bundesstellen in Bonn und erlin durch Ausstoß von 17 000 Tonnen Kohlendioxid ie Umwelt. Die dem Berlin/Bonn-Gesetz zugrunde liegende Be- ürchtung, Bonn könne einen Komplettumzug der Bun- esregierung nach Berlin wirtschaftlich nicht verkraften, esteht aus heutiger Sicht nicht mehr. Bonn ist heute ine Wachstumsregion. Auf der Internetseite der Stadt onn www.bonn.de, heißt es dementsprechend: „Bonn hat heute mehr Einwohner als 1991 und sehr viel mehr Arbeitsplätze, eine modernere Wirt- schaftsstruktur, eine der geringsten Arbeitslosen- quoten in Nordrhein-Westfalen und nach wie vor eine weit überdurchschnittliche Kaufkraft.“ Eine Steigerung der Effizienz der Regierungsarbeit urch eine Verlagerung von weiteren Diensteinheiten ach Berlin ist deshalb anzustreben. Der Antrag der raktion Die Linke geht in einigen Forderungen aber zu eit. Daher werde ich mich bei der Abstimmung enthal- 10290 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Hellmut Königshaus (FDP) zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung zu dem Antrag: Beendigungsgesetz zum Berlin/ Bonn-Gesetz (Tagesordnungspunkt 10) Ich werde mich der Stimme enthalten. Ich lasse mich dabei von folgenden Überlegungen leiten: Der Antrag „Beendigungsgesetz zum Berlin/Bonn- Gesetz“ enthält, jedenfalls in Teilen, nachvollziehbare und unterstützenswerte Forderungen und Begründungen. Im April 2007 hat das Innenministerium in einem vom Haushaltsausschuss in Auftrag gegebenen Bericht bestä- tigt, dass die Trennung der Ministerien zwischen Dienst- einheiten in Bonn und Berlin schwierig sei, zu unglei- cher Arbeitsbelastung der Beschäftigten und erhöhten Anforderungen an die Führungskräfte führen könne. Auch Kommunikationsdefizite und Reibungsverluste werden als negative Auswirkungen beschrieben. Da- rüber hinaus belasteten die wegen der räumlichen Tren- nung veranlassten 132 000 Flüge pro Jahr zwischen den Bundesstellen in Bonn und Berlin die Umwelt durch den Ausstoß von 17 000 Tonnen Kohlendioxid. Die dem Berlin/Bonn-Gesetz zugrunde liegende Be- fürchtung, Bonn könne einen Komplettumzug der Bun- desregierung nach Berlin wirtschaftlich nicht verkraften, hat heute keine Grundlage mehr. Bonn ist heute eine Wachstumsregion. Auf der Internetseite der Stadt www.bonn.de, heißt es dementsprechend: Bonn hat heute mehr Einwohner als 1991 und sehr viel mehr Arbeitsplätze, eine modernere Wirt- schaftsstruktur, eine der geringsten Arbeitslosen- quoten in Nordrhein-Westfalen und nach wie vor eine weit überdurchschnittliche Kaufkraft. Umgekehrt haben sich die mit dem Umzug des Parla- ments und von Teilen der Bundesregierung verbundenen Erwartungen einer aufblühenden und boomenden Haupt- stadt nur zum geringen Teil erfüllt. Der zur Zeit der Be- schlussfassung über das Berlin/Bonn-Gesetz angenom- mene Schutzbedarf für die Region Bonn besteht mithin jedenfalls heute nicht mehr. Regionale Interessen sollten daher sachlich gebotene organisatorische Veränderungen der Bundesregierung bis hin zu einer Verlagerung weiterer Teile der Bundes- ministerien nicht länger blockieren. Dass zur Steigerung der Effizienz der Regierungsarbeit Veränderungen in der Organisation erforderlich sind, hat der Bericht der Bun- desregierung an den Haushaltsausschuss überzeugend dargelegt. Die Standortentscheidungen sollten daher auf Kosten-Nutzen-Überlegungen beruhen, die im Rahmen einer ergebnisoffenen Organisationsuntersuchung ge- klärt werden müssen. Ob dies zu einer Verlagerung der noch in Bonn angesiedelten Ministerien geschehen soll, ob dies insbesondere wirtschaftlich ist, mag allerdings zunächst die Bundesregierung im Rahmen ihrer Organi- sationszuständigkeit selbst klären. Einen Grund, dass der Gesetzgeber ihr hierzu weiterhin einengende Vorschrif- ten macht, gibt es nicht bzw. nicht mehr. A z S z S w m s f K w z d l g A g c s U C b 2 Ü c - e V n u s s V g e b f c u D d w f U (C (D Deshalb hat auch der Ministerpräsident von Sachsen- nhalt kürzlich in seiner „Hauptstadt-Rede“ zur Um- ugsfrage zutreffend darauf hingewiesen, dass auch der olidarpakt zeitlich befristet ist. Es ist nicht nachvoll- iehbar, weshalb der vom Berlin/Bonn-Gesetz gewährte chutz Bonns auf Ewigkeit Bestand haben muss, selbst enn sein Zweck längst erfüllt ist und er anderen legiti- en Zielen wie dem einer effizienten Regierungsorgani- ation entgegensteht. Dennoch kann ich dem Antrag nicht zustimmen. Er ordert zwingend eine Verlagerung, selbst wenn deren osten – was allerdings noch abschließend zu klären ist – irtschaftlich in keinem vertretbaren Verhältnis zu den u erwartenden Effizienzgewinnen stünden. Das wäre en Steuerzahlern nicht zu vermitteln und auch aus Ber- iner Sicht nicht zu begründen. Der Antrag ist daher we- en seiner überschießenden Tendenz kontraproduktiv. nlage 5 Erklärung nach § 31 GO-BT der Abgeordneten Monika Griefahn, Christoph Pries und Angelika Graf (Rosenheim) (alle SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines … Strafrechtsänderungsgesetzes zur Bekämp- fung der Computerkriminalität (… StrÄndG) (Tagesordnungspunkt 23) Zur Abstimmung des Gesetzentwurfes der Bundesre- ierung für ein Strafrechtsänderungsgesetz (Drucksa- he 16/3656) bei der Beratung in zweiter und dritter Le- ung gebe ich folgende Bedenken zu Protokoll: Der Gesetzentwurf der Bundesregierung dient der msetzung des Übereinkommens des Europarats über omputerkriminalität und der Umsetzung des Rahmen- eschlusses 2005/222/JI des Rates vom 24. Februar 005 über Angriffe auf Informationssysteme. Ziel des bereinkommens ist die Schaffung eines strafrechtli- hen Mindeststandards, um so Computersysteme und daten zu schützen und gleichzeitig ihrem Missbrauch ntgegenzuwirken. Sie sehen mit der Umsetzung der orgaben aus dem Europarat-Übereinkommen in natio- ales Recht eine Änderung und Ergänzung des § 202 a nd eine Einfügung der §§ 202 b und 202 c StGB vor. Das mit dem Gesetzentwurf verfolgte Ziel ist grund- ätzlich richtig und zu begrüßen. Angesichts der techni- chen Entwicklungen in den vergangenen Jahren ist eine erbesserung des geltenden Computerstrafrechts drin- end geboten. Mit dem heute zu beschließenden Gesetz- ntwurf kann allerdings eine solche Verbesserung nur edingt erreicht werden, und es steht vielmehr zu be- ürchten, dass das Gesetz massive Probleme und weitrei- hende und negative Auswirkungen für die IT-Sicherheit nd die Informations- und Kommunikationsbranche in eutschland sowie für die IT-Sicherheitsforschung und en Forschungsstandort Deutschland zur Folge haben ird. Bereits kurz nach Bekanntwerden des Gesetzentwur- es wurde dieser vonseiten der betroffenen Verbände, nternehmen und Organisationen zu Recht massiv kriti- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10291 (A) ) (B) ) siert. Stellvertretend seien hier der Bundesverband Infor- mationswirtschaft, Telekommunikation und neue Me- dien – BITKOM – und die SAP AG genannt. Ähnlich kritisch äußert sich im Übrigen auch der Bundesrat in seiner Stellungnahme vom 3. November 2006 und attes- tiert dem Gesetzentwurf der Bundesregierung Präzisie- rungsbedarf. Eindringlich wurde die Kritik dann sowohl im Expertengespräch im Unterausschuss Neue Medien des Deutschen Bundestages am 1. März 2007 als auch in der Sachverständigenanhörung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages am 21. März 2007 dargelegt und bestätigt. Als problematisch ist vor allem die Einfügung des § 202 c StGB zu sehen, mit dem typische Vorbereitungs- handlungen unter Strafe gestellt werden, wie es dem Strafrecht – bis auf wenige Ausnahmen, zum Beispiel Vorbereitung von Geldfälschung – sonst fremd ist. Die- ser Regelungsvorschlag ist vor allem deshalb problema- tisch, weil entsprechende Programme und Tools nicht nach ihrer Einsatzart, sondern vielmehr nach ihrem Auf- bau definiert werden und so eine Unterscheidung in Pro- gramme, die zur Begehung von Straftaten hergestellt werden und solche, die ausschließlich für legale Zwecke hergestellt werden, schlichtweg nicht möglich ist. Ledig- lich in der Verwendung lassen sie sich unterscheiden. Überdies führt der in § 202 c gewählte Wortlaut zu einer Kriminalisierung der heute millionenfach verwendeten Programme, welche auch für das Entdecken von Sicher- heitslücken in IT-Systemen notwendig sind. In der Sache kann der Gesetzentwurf in seiner jetzigen Form die IT- Sicherheit und die IT-Sicherheitsforschung in Deutsch- land konterkarieren. Offenbar ist dem federführenden Rechtsausschuss diese Tatsache auch bekannt, denn in der Beschlussemp- fehlung des Gesetzentwurfes vom 23. Mai 2007 heißt es wörtlich: „Der Gesetzgeber wird die Auswirkungen der neuen Strafvorschriften genau zu beobachten haben. Sollten doch Programmentwickler und Firmen, die nicht aus krimineller Energie heraus handeln, durch diese neuen Strafvorschriften in Ermittlungsverfahren einbe- zogen werden, wird auf solche Entwicklungen zeitnah reagiert werden müssen.“ Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Jörg Tauss, Renate Schmidt (Nürnberg) und Siegmund Ehrmann (alle SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines … Strafrechtsänderungsgesetzes zur Bekämpfung der Computerkriminalität (… StrÄndG) (Ta- gesordnungspunkt 23) Ich verweigere dem Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Strafrechtsänderungsgesetz (Drucksache 16/3656) bei der Beratung in zweiter und dritter Lesung meine Zu- stimmung. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung dient der Umsetzung des Übereinkommens des Europarats über Computerkriminalität und der Umsetzung des Rahmen- b ü e M z g a e f s s V g e b f c u D d w f U s m d k s t r i d d d u § h S V s t n b g w h l Ü K P h k j c d f (C (D eschlusses 2005/222/JI des Rates vom 24. Februar 2005 ber Angriffe auf Informationssysteme. Ziel des Über- inkommens ist die Schaffung eines strafrechtlichen indeststandards, um so Computersysteme und -daten u schützen und gleichzeitig ihrem Missbrauch entge- enzuwirken. Sie sehen mit der Umsetzung der Vorgaben us dem Europarat-Übereinkommen in nationales Recht ine Änderung und Ergänzung des § 202 a und eine Ein- ügung der §§ 202 b und 202 c StGB vor. Das mit dem Gesetzentwurf verfolgte Ziel ist grund- ätzlich richtig und zu begrüßen. Angesichts der techni- chen Entwicklungen in den vergangenen Jahren ist eine erbesserung des geltenden Computerstrafrechts drin- end geboten. Mit dem heute zu beschließenden Gesetz- ntwurf kann allerdings eine solche Verbesserung nur edingt erreicht werden und es steht vielmehr zu be- ürchten, dass das Gesetz massive Probleme und weitrei- hende und negative Auswirkungen für die IT-Sicherheit nd die Informations- und Kommunikationsbranche in eutschland sowie für die IT-Sicherheitsforschung und en Forschungsstandort Deutschland zur Folge haben ird. Bereits kurz nach Bekanntwerden des Gesetzentwur- es wurde dieser vonseiten der betroffenen Verbände, nternehmen und Organisationen zu Recht massiv kriti- iert. Stellvertretend seien hier der Bundesverband Infor- ationswirtschaft, Telekommunikation und neue Me- ien (BITKOM) und die SAP AG genannt. Ähnlich ritisch äußerte sich im Übrigen auch der Bundesrat in einer Stellungnahme vom 3. November 2006 und attes- ierte dem Gesetzentwurf der Bundesregierung Präzisie- ungsbedarf. Eindringlich wurde die Kritik dann sowohl m Expertengespräch im Unterausschuss Neue Medien es Deutschen Bundestages am 1. März 2007 als auch in er Sachverständigenanhörung des Rechtsausschusses es Deutschen Bundestages am 21. März 2007 dargelegt nd bestätigt. Als problematisch ist vor allem die Einfügung des 202 c StGB zu sehen, mit dem typische Vorbereitungs- andlungen unter Strafe gestellt werden, wie es dem trafrecht – bis auf wenige Ausnahmen, zum Beispiel orbereitung von Geldfälschung – sonst fremd ist. Die- er Regelungsvorschlag ist vor allem deshalb problema- isch, weil entsprechende Programme und Tools nicht ach ihrer Einsatzart, sondern vielmehr nach ihrem Auf- au definiert werden und so eine Unterscheidung in Pro- ramme, die zur Begehung von Straftaten hergestellt erden und solche, die ausschließlich für legale Zwecke ergestellt werden, schlichtweg nicht möglich ist. Ledig- ich in der Verwendung lassen sie sich unterscheiden. berdies führt der in § 202 c gewählte Wortlaut zu einer riminalisierung der heute millionenfach verwendeten rogramme, welche auch für das Entdecken von Sicher- eitslücken in IT-Systemen notwendig sind. In der Sache onterkariert und gefährdet der Gesetzentwurf in seiner etzigen Form massiv die lT-Sicherheit und die IT-Si- herheitsforschung in Deutschland. Offenbar ist dem federführenden Rechtsausschuss iese Tatsache auch bekannt, denn in der Beschlussemp- ehlung des Gesetzentwurfes vom 23. Mai 2007 heißt es 10292 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) wörtlich: „Der Gesetzgeber wird die Auswirkungen der neuen Strafvorschriften genau zu beobachten haben. Sollten doch Programmentwickler und Firmen, die nicht aus krimineller Energie heraus handeln, durch diese neuen Strafvorschriften in Ermittlungsverfahren einbe- zogen werden, wird auf solche Entwicklungen zeitnah reagiert werden müssen.“ Vor diesem Hintergrund ist es dann allerdings voll- kommen unverständlich, warum ebendiese vorgetrage- nen Bedenken bei der Beratung des Gesetzentwurfes in der Fraktion und in den Ausschüssen des Deutschen Bundestages – welche insgesamt als völlig unzureichend zu beschreiben ist – völlig ignoriert worden sind. Auch wurden Vereinbarungen, für alle Seiten vertretbare Kompromisse zu suchen, schlichtweg nicht eingehalten. So verwundert es auch nicht, dass bei der abschließen- den Beratung des Gesetzentwurfes der mitberatende Ausschuss für Bildung und Forschung einstimmig auf den noch immer bestehenden immensen Beratungsbe- darf verwiesen, den federführenden Rechtsausschuss um Absetzung von der Tagesordnung und Verschiebung ge- beten und die Abgabe eines mitberatenden Votums ver- weigert hat. Aus den genannten inhaltlichen Gründen und ange- sichts dieses völlig unzureichenden Beratungsverfahrens in den Gremien des Deutschen Bundestages ist eine Zu- stimmung zu dem Gesetzentwurf in seiner jetzigen Form nicht möglich. Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Zollfahndungsdienstgesetzes und anderer Gesetze (Tagesordnungspunkt 17) Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/ CSU): Um das Zollfahndungsdienstgesetz ranken sich drei Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes. Die erste erging am 3. März 2004 und befasste sich mit der präventiven Telekommunikationsüberwachung, die damals noch im Außenwirtschaftsgesetz angesiedelt war Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass es im Hinblick auf Art. 10 GG an Normenklarheit und Normenbe- stimmtheit fehlt. Der verfassungswidrige Zustand werde noch bis zum 31. Dezember 2004 geduldet. Der Gesetzgeber und die damalige rot-grüne Bundes- regierung standen mächtig unter Zeitdruck. Im Rahmen einer Notreparatur gelang es, im Gesetz zur Neuordnung der präventiven Telekommunikations- und Postüberwa- chung durch das Zollkriminalamt – NTPG – den dorti- gen §§ 23 a bis f die Vorgaben des Bundesverfassungs- gerichtes umzusetzen. Das Gesetz wurde auf den letzten Drücker am 27. Dezember 2004 verkündet. Am 3. März 2004 war aber eine zweite Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes verkündet worden. Diese befasste sich mit dem Lauschangriff zum Zweck der Strafverfolgung. Das Bundesverfassungsgericht sah in den Verfahrensvorschriften der Strafprozessordnung d t – s Z 2 g p c B e w d s n T r s d Z r k d u r z s – g W d w o b K g B t m v V d n b g m a s d i W f Z (C (D en unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestal- ung nicht berücksichtigt. Diese Entscheidung fand wohl aus Zeitgründen – im NTPG keinen Nieder- chlag. Dafür wurde aber die Geltung der §§ 23 a bis f des ollfahndungsdienstgesetzes bis zum 31. Dezember 005 befristet, um in dieser Zeit nachbessern zu können. Dabei ist zu erwähnen, dass das Zollfahndungsdienst- esetz sich in den vorerwähnten Vorschriften mit dem räventiven Bereich der Telekommunikationsüberwa- hung befasste. Es blieb fraglich, ob die Vorgaben des undesverfassungsgerichtes zu repressiven Zwecken ins zu eins in den präventiven Bereich übernommen erden könnten. Am 27. Juli 2005 erging dann eine weitere Entschei- ung des Bundesverfassungsgerichtes zum niedersächsi- chen Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ord- ung. Darin wurde klargestellt, dass auch bei der elekommunikationsüberwachung im präventiven Be- eich der unantastbare Kernbereich privater Lebensge- taltung zu berücksichtigen sei. Daraus ergab sich ein- eutig ein gesetzgeberischer Handlungsbedarf für das ollfahndungsdienstgesetz zum Schutz des Kernbe- eichs privater Lebensgestaltung sowohl bei der Tele- ommunikationsüberwachung unter dem Gesichtspunkt es Art. 10 GG als auch bei der Wohnraumüberwachung nter dem Gesichtspunkt des Art. 13 GG. Diesen Überhang regelt der Gesetzentwurf zur Ände- ung des Zollfahndungsdienstgesetzes, den wir heute in weiter und dritter Lesung beraten. Dabei muss man wis- en, dass zu Überwachungsmaßnahmen in Art. 10 GG Telekommunikationsüberwachung – eine größere Ein- riffstiefe zulässig ist als bei Eingriffen in Art. 13 GG ohnraumüberwachung. Die Schnittstelle zu Art. 10 GG ist in § 23 a Abs. 4 a es Gesetzentwurfs geregelt. Telekommunikationsüber- achungsmaßnahmen dürfen danach dann nicht ange- rdnet werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür estehen, dass allein Kommunikationsinhalte aus dem ernbereich privater Lebensgestaltung erlangt würden. Die mit dieser Formulierung zulässige große Ein- riffstiefe erklärt sich daraus, dass nach Vorgaben des undesverfassungsgerichtes bei der Telekommunika- ionsüberwachung eine Prognoseentscheidung darüber, it welcher Wahrscheinlichkeit in den Kernbereich pri- ater Lebensgestaltung eingegriffen werden wird, nicht oraussetzung ist, BVerfG vom 3. März 2004. Die Kritik er FDP an der Vorschrift des § 23 a Abs. 4 a ist dem- ach unberechtigt. Eine Schnittstelle zu Artikel 13 GG – Wohnraumü- erwachung – ergibt sich aus der Notwendigkeit der Ei- ensicherung von Beamten der Zollfahndung. Im Rah- en des Zollfahndungsdienstgesetzes werden unter nderem Verbrechen gegen das Kriegswaffenkontrollge- etz verhindert oder aufgeklärt. Dafür werden auch ver- eckte Ermittler als Scheinaufkäufer eingesetzt. Finden n diesem Zusammenhang Verkaufsgespräche in einer ohnung statt, begibt sich der Scheinaufkäufer in eine ür ihn außerordentlich gefährliche Situation. Zum weck der Eigensicherung muss sein Einsatz von außen Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10293 (A) ) (B) ) akustisch und gegebenenfalls auch visuell begleitet wer- den. Ist eine Enttarnung des Scheinaufkäufers zu be- fürchten, muss von außen ein Rettungsversuch möglich sein. Nun kann es aber geschehen, dass der Scheinauf- käufer in der Wohnung auch in Bereiche des Kernbe- reichs privater Lebensgestaltung eindringt. Nach der Vorgabe des Bundesverfassungsgerichtes ist dann die Wohnraumüberwachung sofort abzubrechen. Damit wäre aber der verdeckte Ermittler in höchster Gefahr und möglicherweise sogar in Lebensgefahr. Diesen Fall regelt § 22 a Abs. 2 des Gesetzentwurfes dahin gehend, dass der Beamte sich sofort zurückziehen muss, während des Rückzugs ist aber eine Fortsetzung der Wohnraumüberwachung aus Gründen der Eigensi- cherung zulässig. Ich halte dies in Form einer Güterab- wägung für verfassungsrechtlich vertretbar. Ein weiteres Problem im Zusammenhang mit der Ei- gensicherung und der Wohnraumüberwachung taucht auf bei der sogenannten Umwidmung, die in § 22 a Abs. 3 des Gesetzentwurfes geregelt ist. Wird im Rahmen des Scheinaufkaufes beispielsweise offenbart, dass die Ein- fuhr eines Raketenkopfes bevorsteht, muss diese Infor- mation im Interesse der Abwehr einer Gefahr für die öf- fentliche Sicherheit verwertbar sein. Hierfür macht Art. 13 Abs. 5 GG ebenso für die Verwertbarkeit von In- formationen aus der Wohnraumüberwachung zum Zwe- cke der Strafverfolgung entsprechende Vorgaben, die in diesem Gesetzentwurf berücksichtigt sind. Im präventiven Bereich ist eine Umwidmung nur zu- lässig, wenn eine dringende Gefahr für die öffentliche Sicherheit besteht. Im repressiven Bereich ist dies nur im Rahmen der Katalogtaten des § 100 c StPO zulässig. Hinzukommt, dass – den Vorgaben des Art. 13 GG ent- sprechend – die Verwertung umgewidmeter Informatio- nen eine Bestätigung der Rechtmäßigkeit der angeordne- ten Eigensicherungsmaßnahme durch einen Richter voraussetzt. Dies ist nach zutreffender Meinung in der Li- teratur nicht das Kollegialgericht nach Art. 13 Abs. 3 GG, sondern der Einzelrichter des Amtsgerichts nach Art. 13 Abs. 5 GG. Mit den Ergänzungen, die dieser Gesetzentwurf in das Zollfahndungsdienstgesetz einfügt, sind verfassungs- rechtliche Defizite behoben, so dass es einer erneuten Be- fristung des Gesetzes nicht mehr bedarf. Die mühevolle Arbeit aller Berichterstatter ist abgeschlossen. Ich danke den diesen Gesetzentwurf begleitenden Mitarbeitern des Bundesministeriums der Justiz und des Bundesministe- riums der Finanzen für ihre kooperative Unterstützung und bitte um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf. Joachim Stünker (SPD): Am 3. Dezember 2004 wurden wesentliche Bestimmungen des Außenwirt- schaftsgesetzes zum Zollfahndungsdienstgesetz verab- schiedet. Aufgrund einer Entscheidung des Bundesver- fassungsgerichts war diese Überarbeitung kurzfristig notwendig geworden. In meiner damaligen Rede habe ich gesagt: Mit der Neuregelung liefern wir einen guten Be- weis für die in diesem Fall wirklich fraktionsüber- greifende sachliche Zusammenarbeit im Rechtsaus- L u s t w b W b m m e g G g f v s h s l d w w F w t r u B ü n v l D p c d (C (D schuss. Wir liefern auch einen Beweis dafür, dass wir doch über Fraktionsgrenzen hinweg sehr pro- blemorientiert und streng am Rechtsstaatsgedanken ausgerichtet zusammenarbeiten können. Ich be- danke mich dafür ausdrücklich, insbesondere bei den Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU- Fraktion, aber auch bei den Kollegen von der Frak- tion der Grünen. Änderungsziele: Schutz des Kernbereichs privater ebensgestaltung bei Telefonüberwachungsmaßnahmen nd Maßnahmen zur Wohnraumüberwachung. Wesentliche Regelung: Bei der Telefonüberwachung oll die Erhebung von Daten, die den Kernbereich priva- er Lebensgestaltung betreffen, vermieden werden. So- eit sie dennoch erhoben werden, sind sie nicht verwert- ar. Bei Maßnahmen der Eigensicherung innerhalb von ohnungen müssen entsprechende Maßnahmen abge- rochen werden, soweit dies ohne Gefährdung der Er- ittlungsperson möglich ist. In beiden Konstellationen üssen die entsprechenden Daten gelöscht werden und s bestehen Dokumentations- und Berichtspflichten. Erkenntnisse aus der Wohnraumüberwachung zur Ei- ensicherung dürfen nur zur Abwehr einer dringenden efahr für die öffentliche Sicherheit, insbesondere einer emeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr und zur Ver- olgung einer in § 100 c StPO genannten Straftat, weiter- erwendet werden. Einige in diesem hohen Hause fordern weitere Ein- chränkungen für den präventiven Bereich. Ich wieder- ole hierzu wiederum das am 3. Dezember 2004 Ge- agte: Die Regelung muss einerseits den Schutz ganz überragender Gemeinschaftsgüter es könnte um das Leben von Millionen von Menschen gehen – ge- währleisten und andererseits individuelle Freiheits- rechte, wie das Recht auf informelle Selbstbestim- mung des Einzelnen, wahren. Diese Abgrenzung ist meines Erachtens mit der vor- iegenden Regelung verfassungskonform gelungen. Was hat sich seitdem geändert? Die Koalition, und amit sind es nur noch zwei Fraktionen, die die heutige eitere Novellierung mittragen. Bereits seinerzeit haben ir die Novellierung befristet – mit einer einmaligen ristverlängerung –, weil wir um weitere Änderungsnot- endigkeiten aufgrund einer sich immer weiter konkre- isierenden Rechtssprechung des Bundesverfassungsge- ichtes wussten. Deshalb die heutige Debatte mit zweiter nd dritter Lesung. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP): ereits zum dritten Mal berät der Deutsche Bundestag ber eine Änderung des Zollfahndungsdienstgesetzes in- erhalb weniger Jahre. Die Gesetzgebungsverfahren der ergangenen Jahre gehören leider nicht zu den Glanz- ichtern deutscher Rechtspolitik. Ende 2004 hat der eutsche Bundestag das Gesetz zur Neuregelung der räventiven Telekommunikations- und Postüberwa- hung durch das Zollkriminalamt verabschiedet, ohne en ausdrücklichen Auftrag des Bundesverfassungsge- 10294 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) richts zu befolgen, das Urteil zur akustischen Wohn- raumüberwachung entsprechend umzusetzen. Ein weite- res Jahr später hat die Koalition mit ihrer Mehrheit das bis zum 31. Dezember 2005 befristete Gesetz erneut ver- längert bis zum 30. Juni 2007, wieder ohne die vom Bundesverfassungsgericht vorgenommenen Änderungen vorzunehmen. Wir hatten damit anderthalb Jahre einen Zustand, der verfassungsrechtlich, um es vorsichtig zu sagen, auf sehr wackligen Beinen stand. Die FDP-Bundestagsfraktion hat diesen Zustand mehrfach gerügt. Um es deutlich zu sagen: Die FDP ist selbstverständlich der Auffassung, dass das Zollkriminalamt eine sehr wichtige Aufgabe er- füllt. Bei den Straftaten, bei denen das Zollkriminalamt tätig wird, handelt es sich um Taten im Zusammenhang mit der Lieferung von Gütern und Technologie zur Her- stellung von Massenvernichtungswaffen und für die konventionelle Rüstung. Die Befugnisse des Zollkrimi- nalamtes zur Verhinderung dieser schwerwiegenden Straftaten sind dringend geboten. Die Arbeit der Be- hörde muss jedoch auf eine verlässliche Rechtsgrund- lage gestellt werden. In diesem sensiblen Bereich der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung darf es keine rechtlichen Grauzonen geben. Der Gesetzentwurf, den wir heute beraten, versucht, die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts so- wohl zur akustischen Wohnraumüberwachung als auch zum niedersächsischen Polizeigesetz umzusetzen. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung hat zum Ziel, Re- gelungen zum Schutz des Kernbereichs der privaten Lebensgestaltung bei Befugnissen zu Eigensicherungs- maßnahmen innerhalb von Wohnungen und zur Tele- kommunikationsüberwachung zu schaffen. Ein Blick in den Gesetzentwurf ist jedoch ernüch- ternd. Die kernbereichsschützenden Regelungen, die der Gesetzentwurf enthält, entsprechen nicht in vollem Um- fang dem, was das Bundesverfassungsgericht als Anfor- derungen aufgestellt hat. So ist zum Beispiel bei Über- wachungsmaßnahmen innerhalb von Wohnungen kein absoluter Schutz des Kernbereichs der privaten Lebens- gestaltung vorgesehen. Vielmehr sieht der Gesetzent- wurf eine Abwägung vor, zwischen dem Schutz des Kernbereichs und den Interessen der Strafverfolgung. Dies wird den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in keiner Weise gerecht. Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu ausgeführt, dass der Schutz der Menschenwürde nicht durch Abwä- gung mit den Strafverfolgungsinteressen nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes relativiert werden darf. Auch an anderen Stellen ist der Schutz des Kern- bereichs der privaten Lebensgestaltung nur lückenhaft gewährleistet. So sind zum Beispiel vorbeugende Tele- kommunikationsüberwachungsmaßnahmen nur dann unzulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme vorliegen, dass durch sie „allein“ Kommuni- kationsinhalte aus dem Kernbereich privater Lebensge- staltung erlangt würden. Diese Regelung hat keinerlei kernbereichsschützende Wirkung. Diese Formulierung schafft vielmehr die Voraussetzung, dass zunächst im- mer erst eine Überwachungsmaßnahme angeordnet w f d h Ü r v a W d S n r g R k W w w r g c K D a e f d m K L t I m J c d B d n g k L s l e s f R v d z h g d f (C (D ird. Für andere verdeckte Überwachungsmaßnahmen ehlt ein Kernbereichsschutz gänzlich. Die Bundesregierung übersieht dabei, dass das Bun- esverfassungsgericht in seiner Entscheidung zum Ab- ören in Wohnungen darauf hingewiesen hat, dass bei berwachungen grundsätzlich ein unantastbarer Kernbe- eich privater Lebensgestaltung zu wahren ist, unabhängig on der konkreten Maßnahme. Völlig unzureichend sind uch die Schutzvorschriften für Berufsgeheimnisträger. ährend ein umfassender Schutz für Geistliche, Vertei- iger und Abgeordnete gewährleistet ist, ergibt sich der chutz für Rechtsanwälte, Ärzte und Journalisten nur ach Maßgabe verschiedener Verhältnismäßigkeitskrite- ien. Die in dem Gesetzentwurf gewählten Formulierun- en enthalten zudem eine Vielzahl von unbestimmten echtsbegriffen und lassen daher konkrete Abwägungs- riterien vermissen. Der Vertrauensschutz kann auf diese eise nicht gewährleistet werden. Die FDP-Bundestagsfraktion hat zu allen diesen und eiteren Punkten einen Änderungsantrag vorgelegt. Wir ollen, dass die Vorgaben des Bundesverfassungsge- ichts in vollem Umfang umgesetzt werden. Wir schla- en dazu vor, dass auch für die verdeckten Überwa- hungsmaßnahmen nach den §§ 18 ff. ein Schutz zum ernbereich der privaten Lebensgestaltung gelten soll. arüber hinaus fordern wir, dass der Kernbereichsschutz bsolut gilt und eine Abwägung mit anderen Rechtsgütern ntsprechend den eindeutigen Vorgaben des Bundesver- assungsgerichts nicht erfolgt. Wir fordern darüber hinaus, ass eine präventive Telekommunikationsüberwachungs- aßnahme immer dann abgebrochen wird, wenn auch ommunikationsinhalte aus dem Kernbereich privater ebensgestaltung erlangt werden. Ein zentraler Bestand- eil unseres Änderungsantrags ist die Verbesserung des nformantenschutzes. Wir verzichten auf die Verhältnis- äßigkeitsprüfung bei Überwachungsmaßnahmen von ournalisten. Wir fordern stattdessen einen umfangrei- hen Schutz für alle Berufsgeheimnisträger, der, insbeson- ere bei Journalisten, nicht hinter den bereits geltenden estimmungen der Strafprozessordnung zurückbleiben arf. Das Bundesverfassungsgericht hat in den vergange- en Jahren dem Gesetzgeber einen klaren Rahmen vor- egeben, in dem er sich bei seiner Gesetzgebungstätig- eit bewegen muss. Zum Kernbereich der privaten ebensgestaltung, zur Pressefreiheit und zu den Be- timmtheitsanforderungen an gesetzliche Regelungen iegen eindeutige Vorgaben aus Karlsruhe vor. Dennoch rleben wir immer wieder, dass die Bundesregierung Ge- etzentwürfe in das Parlament einbringt, die diesen An- orderungen nicht entsprechen. In den Anhörungen des echtsausschusses wird diese Auffassung von den Sach- erständigen regelmäßig bestätigt. Dennoch unterlässt es ie Bundesregierung, die notwendigen Änderungen vor- unehmen, damit die Gesetze den Anforderungen des öchsten deutschen Gerichts entsprechen. Bereits in der Sitzung des Rechtsausschusses am ver- angenen Mittwoch wurde von verschiedenen Kollegen ie Befürchtung geäußert, dass wir uns mit dem Zoll- ahndungsdienstgesetz nicht zum letzten Mal befassen. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10295 (A) ) (B) ) Es ist absehbar, dass auch dieses Gesetz, das die Koali- tion mit ihrer Mehrheit heute beschließen wird, das Bun- desverfassungsgericht erneut beschäftigen wird. Der Te- nor der Entscheidung lässt sich bereits heute erahnen. Ich fordere Sie auf, sich endlich von Ihrer Ignoranz hinsichtlich der Entscheidungen des Bundesverfassungs- gerichts zu verabschieden und den Auftrag des Bundes- verfassungsgerichts an uns als Gesetzgeber ernst zu neh- men. Es ist dieses Hauses und der Tradition deutscher Rechtspolitik in den vorangegangenen Jahrzehnten un- würdig, wenn der Gesetzgeber ständig sehenden Auges Gesetze verabschiedet, die das Bundesverfassungsge- richt regelmäßig an uns zur Korrektur zurückgibt. Jede Entscheidung aus Karlsruhe sollten wir als Mahnung und Auftrag zu einer besseren Rechtsetzung verstehen. Jörn Wunderlich (DIE LINKE): Für diesen Gesetz- entwurf kann es, wie schon mein Kollege Nešković am 22. März 2007 festgestellt hat, keinen Beifall geben. Im Zollfahndungsdienstgesetz wurden zunächst Re- gelungen geschaffen, welche aufgrund offener Fragen zur Notwendigkeit des Schutzes des Kernbereichs priva- ter Lebensgestaltung befristet wurden, um dem Gesetz- geber die Möglichkeit zu eröffnen, Regelungen zu schaf- fen, welche den Vorgaben der Verfassung entsprechen. Nach diversen Beratungen, Anhörungen von Sachver- ständigen und Berichterstattergesprächen stellt sich das Ergebnis mehr als dürftig dar. Die bisherigen verfas- sungswidrigen Regelungen sollen durch andere ebenfalls verfassungswidrige Normen ersetzt werden. Die Vorga- ben des Bundesverfassungsgerichts werden, wie schon die zuvor gesetzte Frist, offensichtlich ignoriert, weil sie nicht in das überzogene sicherheitspolitische Konzept der Regierung passen. Es ist schon äußerst bedenklich, dass nicht größtmöglicher Schutz von Freiheitsrechten im Blick der Gesetzgebung steht, sondern nur noch ge- schaut wird, was gerade noch als verfassungsgemäß durchgehen könnte. Und selbst dies misslingt der Koali- tion. Der gläserne Bürger wird zum Staatsziel erhoben, ohne Rücksicht auf die unantastbare Menschenwürde. Dabei sind der Koalition offenbar auch die Meinungen der Sachverständigen ziemlich egal. Die angesproche- nen Verfassungswidrigkeiten, die Kritik an der bloßen Scheinwahrung von Rechtsstaatlichkeit scheinen nicht zu beeindrucken – wohl in der Hoffnung, dass auch das Bundesverfassungsgericht einen schlechten Tag haben kann und dies übersieht. Ein solcher Tag würde aller- dings in die Annalen des hundertjährigen Kalenders ein- fließen; denn so schlecht kann kein Tag sein. Die Vorgaben, welche das Bundesverfassungsgericht nicht nur in seinem Urteil vom 3. März 2004 zur Unver- letzlichkeit des Kernbereichs privater Lebensgestaltung als Ausdruck der Menschenwürde darstellte, werden in diesem Gesetzentwurf nicht beachtet. Das Bundesver- fassungsgericht hat ausgeführt, dass es beim Schutz des absoluten Kernbereichs des Grundrechts auf Unverletz- lichkeit der Wohnung keine Abwägung von Interessen geben darf, aufgrund derer dann ein Eingriff möglich w w W a b z S s g b a l d e l a l w d s t D s w h n U t r d s d i h i d s m r s B w d t k r k w A G I t (C (D äre. Eine solche Abwägung ist und bleibt verfassungs- idrig. Hier bei der Datenerhebung zur Eigensicherung in ohnungen eine Abwägung vorzunehmen, ist vielleicht us Sicht der Fahndungsbehörden nachvollziehbar, leibt aber gleichwohl eine verfassungswidrige Verlet- ung der Menschenwürde entsprechend Art. 13 GG. chon aus diesem Grunde verbietet es sich, dieses Ge- etz zu verabschieden. Die im Gesetzentwurf enthaltene Definition zur Be- leit- und Kontaktperson ist derart weit gefasst, dass ein eliebiger Personenkreis planmäßiger Überwachung usgesetzt werden kann, was auch den verfassungsrecht- ichen Vorgaben bezüglich einer Konkretisierung zuwi- erläuft. Bei der Erhebung von Daten zur Eigensicherung wird s dem Zollkriminalamt ermöglicht, praktisch ohne jeg- iche zeitliche Begrenzung Wohnungen optisch und kustisch zu überwachen. Womit dies auch missbräuch- ich zur Verfolgung anderer unbestimmter Taten genutzt erden kann, zumal diese Überwachung auch ohne je- en Anfangsverdacht und ohne Konkretisierung hin- ichtlich eines Tatbestandes zur Aufdeckung unbekann- er Straftaten anwendbar sein soll. Diese Möglichkeit der atenerhebung zur primären Eigensicherung mit an- chließender Weiterverwendungsmöglichkeit der Daten ird von Fachleuten als „trojanisches Pferd für Datener- ebung“ bezeichnet. Aber auch das scheint die Koalition icht zu interessieren. Immerhin hat sie wenigstens die mwidmung der Daten mittlerweile eingeschränkt. Soweit eine Aufzeichnung von Daten nur dann zu un- erbleiben hat, wenn diese ausschließlich den Kernbe- eich privater Lebensgestaltung beinhalten, ist dies von en Sachverständigen als Placebo fürs Bundesverfas- ungsgericht bezeichnet worden, da diese Regelung in er Praxis nie zur Anwendung kommen dürfte. Denn es st von vornherein nicht auszuschließen, dass neben öchstprivaten Inhalten auch andere Themen Gesprächs- nhalt sind. Die Schutzfunktion des § 23 a Abs. 4 a läuft amit ins Leere. Ich denke nicht, dass das Bundesverfas- ungsgericht darauf hereinfällt. Die Differenzierung bei der Überwachung der Kom- unikation von Berufsgeheimnisträgern lässt sich echtssystematisch nicht halten – sie dürfte willkürlich ein. Eine große Gruppe der zur Zeugnisverweigerung erechtigten wird damit praktisch schutzlos der Über- achung ausgeliefert. Hierzu gehört unter anderem auch ie Presse, deren überragende Stellung für die Demokra- ie das Bundesverfassungsgericht im Cicero-Urteil erst ürzlich wieder konstatierte. Mit den Zeugnisverweige- ungsrechten kann dadurch auch die freiheitlich-demo- ratische Grundordnung ausgehöhlt werden. Leider lässt es die mir zugestanden Zeit nicht zu, auf eitere Einzelheiten, wie zum Beispiel die vollständige uslassung des Kernbereichsschutzes außerhalb des eltungsbereichs von Art. 10 und 13 GG, einzugehen. ch denke, den Auftrag aus Karlsruhe, auf den die Koali- ion hier wartet, wird sie noch bekommen. 10296 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) Solange Gesetze wie dieses hier mit. der bewussten Möglichkeit – man könnte schon von bedingtem Vorsatz sprechen – beschlossen werden, dass sie vor dem Bun- desverfassungsgericht scheitern – einmal reicht offen- sichtlich nicht –, wird das Vertrauen der Bevölkerung in den Rechtsstaat und auch die Sicherheit der Fahndungs- beamten bezüglich der Beständigkeit von Vorschriften weiter schwinden. Welcher Beamte fragt sich schon gerne vor jeder Diensthandlung, ob seine gesetzlich ge- rechtfertigte Handlung auch verfassungsgemäß ist. Ich hoffe, dass Sie sich Ihres verfassungsmäßigen Auftrags bewusst sind und dieses Gesetz ablehnen. Der Kollege Wolfgang Bosbach hat heute hier im Ple- num gesagt – ich zitiere –: Politik muss verlässlich und redlich sein. Auf die Abstimmung bin ich gespannt. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Seit nunmehr fast acht Jahren hat das Bundesver- fassungsgericht immer wieder aufgefordert, die präven- tive Telekommunikations- und Postüberwachung durch das Zollkriminalamt verfassungsfest zu gestalten und grundgesetzwidrige Regelungen zu entfernen. Insbeson- dere muss der unantastbare Kernbereich privater Le- bensgestaltung wirksam vor jeglicher heimlicher Aus- forschung geschützt werden. Dies folgt aus dem Schutz der Menschenwürde durch Art. l Abs. l des Grundgeset- zes. Schon mehrfach hat die Bundesregierung die fälligen Neuregelungen aufgeschoben, obwohl Eile geboten ist zum Schutz der betroffenen Bürgerinnen und Bürger. Dies haben die Grünen stets kritisiert. Deshalb haben wir uns schon innerhalb der rot-grünen Koalition im Herbst 2004 nachdrücklich für rasche substanzielle Schutzrege- lungen eingesetzt. Leider haben wir keine Mehrheit ge- funden. Folglich wurde das Gesetz weitgehend unverän- dert zunächst nur fortgeschrieben. Auch beim nächsten Anlauf des Gesetzgebers im Dezember 2005 – also vor eineinhalb Jahren – legten wir einen ausformulierten Än- derungsantrag mit allen gebotenen Schutzregelungen vor. Die Große Koalition hätte zugreifen müssen, statt die Neuregelung abermals aufzuschieben. Nun hat die Bundesregierung einen Novellierungsent- wurf vorgelegt, der abermals deutlich hinter den Vorga- ben des Bundesverfassungsgerichts zurückbleibt. Dieser Entwurf wurde folglich auf einer Sachverständigenanhö- rung des Rechtsausschusses Ende April „quer durch die Bank“ heftig kritisiert. Die verfassungsrechtlichen Defi- zite sind offensichtlich. Die Bundesregierung ist also ge- warnt. Nur in einem Punkt wurde nachgebessert. Im Übrigen wurde sogar draufgesattelt. Auf Verlangen des Bundes- rates hin sollen die Überwachungsanordnungen des Zolls statt für einen nun für je drei Monate erlassen wer- den dürfen – angeblieh wegen der Rechtseinheitlichkeit. Doch solche Einheitlichkeit wird gerade vereitelt, weil eine bemerkenswerte Diskrepanz zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neuregelung der Telefonüber- w § v d n H S z V s D b l g l c B U d h b k p b p w d v d d g t K r p s h d d t m v d s d S z r z a h (C (D achung im Strafverfahren besteht. Der neu gefasste 100 b Abs. l StPO sieht nur eine Überwachungsdauer on zwei Monaten vor. Weit wichtiger ist, dass die nächste Verfassungsklage roht. Und sie ist aussichtsreich. Und dann muss wieder achgebessert werden, denn die verfässungsrechtlichen ausaufgaben sind wieder nicht gemacht. Der gebotene chutz des Kernbereichs der Privatsphäre ist wieder un- ureichend geregelt. In den Beratungen haben Regierung und Koalition erbesserungen des Schutzniveaus abgewehrt, obwohl ie das Risiko kennen, in Karlsruhe wieder zu verlieren. ie Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts beschrei- en nur das Mindestmaß grundrechtlicher Schutzrege- ungen. Im freiheitlichen Staat wären sogar noch weiter ehende Schutzvorkehrungen wünschenswert und mög- ich, um die Balance zwischen Bürgerrechten und Si- herheitsbedürfnissen besser zu sichern. Die Bundesregierung wäre gut beraten, wenn sie den ericht über die bisherigen Erfahrungen im praktischen mgang mit den Überwachungsbefugnissen des Zolls, en sie dem Bundestag ohnehin demnächst vorzulegen at, vorgezogen und in die Ausschussberatungen einge- racht hätte. So hätten die Abgeordneten die Möglich- eit gehabt, vor einer bloßen Gesetzesfortschreibung zu rüfen, welche Überwachungsbefugnisse überhaupt ge- raucht und tatsächlich genutzt werden und wie deren raktische Anwendung sich auf die Bürgerrechte aus- irkt. Leider ist die Bundesregierung dem dahin gehen- en Rat der Grünen nicht nachgekommen. Im Regierungsentwurf sind weiterhin Regelungen erfassungsrechtlich unzureichend. Wir haben die nach er Expertenkritik aus der Ausschussanhörung notwen- igen Änderungen in unserem Entschließungsantrag auf- eschrieben. Erstens. Der Entwurf definiert die sogenannten „Kon- akt- und Begleitpersonen“ Verdächtiger entgegen den onkretionsanforderungen des Bundesverfassungsge- ichts so weitreichend, dass ein beliebiger Personenkreis lanmäßiger Überwachung ausgesetzt wäre. Auf diese Personen schlägt zudem ein abgeleitetes, chon für die Hauptverdächtigen bestehendes Bestimmt- eitsdefizit des geltenden Zollfahndungsdienstgesetzes urch, denn dort sind sie als verfassungsrechtlich be- enklich unkonturiert definiert, ohne konkrete Vorberei- ungshandlungen bestimmter Delikte begangen haben zu üssen. Genau wegen dieses Defizits hat das Bundes- erfassungsgericht in seiner Entscheidung vom Juli 2005 as niedersächsische Polizeigesetz teilweise für verfas- ungswidrig erklärt. Daraus müssen für das Zollfahn- ungsdienstgesetz Konsequenzen gezogen werden. onst ergeht es ihm absehbar ebenso. Zweitens. Die Befugnis des Zollkriminalamts, formal ur Eigensicherung seiner Bediensteten sowie zur Siche- ung von – bekanntlich oft zwielichtigen – V-Leuten eitlich praktisch unbegrenzt Wohnungen optisch und kustisch zu überwachen, ist hochproblematisch. Immer- in darf nicht nur gelauscht, sondern auch in Wohnungen Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10297 (A) ) (B) ) reingekuckt werden. Sogar Unverdächtige können dabei erfasst werden. Diese Befugnisse sind umso bedenklicher, als sie aus- drücklich ohne jeden Anfangsverdacht und damit ohne wirksame Tatbestandseingrenzung auch zur Verhütung und „Aufdeckung unbekannter Straftaten“ anwendbar sein sollen. Dass sie primär als Sicherungs- statt als ei- genständige Ermittlungsmaßnahme deklariert werden, ändert angesichts ihrer Eingriffsintensität nichts an der Verfassungswidrigkeit. Zudem sollen die daraus gewonnenen Erkenntnisse auch zur Verfolgung zahlreicher anderer Straftaten sowie zur Abwehr dringender Gefahren gleich welcher Art um- fangreich umgewidmet werden dürfen. Damit ist die Re- gel; Sachverständigen zufolge „wie ein trojanisches Pferd“ strukturell missbrauchbar. Zur Weiternutzung sol- cher Erkenntnisse kann der Überwachungseinsatz unge- achtet des realen Schutzbedarfs überhaupt erst angeord- net werden. Über eine solche Umwidmung dürfte entgegen dem Entwurf im Übrigen nicht allein ein Einzelrichter ent- scheiden, damit auch durch den Verfahrensweg das Grundrecht geschützt wird. Vielmehr müsste eine Spruchkammer des Landgerichts entscheiden, wie dies bei der vergleichbar tief eingriffsintensiven Wohnraum- überwachung zur Strafverfolgung gemäß § 100 d Abs. l S. l StPO vorgesehen ist. Drittens. Der Entwurf nimmt – abweichend von § 100 c Abs. 4 S. l StPO bei der Wohnraumüberwachung zur Strafverfolgung – lediglich die Kommunikation allein aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung voll von der Überwachung aus, nicht jedoch solche, deren Inhalte gemischt oder noch nicht genau absehbar sind. So droht dieser zentrale Schutz der Privatsphäre in der Praxis leerzulaufen. Denn selbst innerhalb höchstpersönlicher Kommunikation können weitere Informationsinhalte minderer Sensibilität nie vorab ausgeschlossen werden. Zu Recht ist der Regelungsvorschlag deswegen in der Sachverständigenanhörung als reines „Placebo“ bezeich- net worden, das einer Überprüfung vor dem Bundesver- fassungsgericht nicht standhalten würde. Viertens. Ferner nimmt der Entwurf – abweichend von § 100 c Abs. 6 S. 1 StPO bei der Wohnraumüberwa- chung zur Strafverfolgung – lediglich die Kommunika- tion von Geistlichen, Strafverteidigern und Abgeordne- ten im Rahmen ihres Zeugnisverweigerungsrechts grundsätzlich von der Überwachung aus, lässt jedoch alle anderen ebenso in § 53 StPO genannten Berufsge- heimnisträger – zum Beispiel Journalisten, Wirtschafts- prüfer, Rechtsanwälte, Notare, Suchtberater, etc. – und ihre Klienten praktisch ungeschützt. Solche Differenzie- rung in diesem zentralen Punkt widerspricht schon der Europäischen Menschenrechtskonvention und erscheint willkürlich. Die für letztere Gruppe mindergeschützter Berufsge- heimnisträger lediglich vorgesehene Verhältnismäßig- keitsprüfung läuft mangels Konkretion und objektiver Überprüfungskriterien praktisch leer und würde die be- treffende Kommunikation jederzeit überwachbar lassen. D a v v s d r d D p w n s d h E n d b r k t l K S l g u g n n n Z n d t v m o d B h d l d e d p d E (C (D ie notwendige Schutzregelung für die Kommunikation ller Berufsgeheimnisträger darf, anders als im Entwurf orgesehen, nicht nur deren zielgerichtete Ausforschung erhindern, sondern muss sie auch vor Maßnahmen chützen, die gegen Dritte gerichtet sind und immer ann gelten, wenn hierdurch zeugnisverweigerungsbe- echtigte Personen gleich wie mitbetroffen wären. Auf diese Anforderungen haben der Bundesverband er Freien Berufe, der Deutsche Anwaltsverein, der eutsche Journalisten-Verband, die Bundeswirtschafts- rüferkammer und weitere Verbände zutreffend hinge- iesen. Auch hier wird die Bundesregierung also später icht sagen können, sie sei nicht auch auf diese verfas- ungsrechtliche „Bruchstelle“ hingewiesen worden. Fünftens. Der Regierungsentwurf fordert – entgegen em vom Verfassungsgericht eingeforderten Bestimmt- eitsgebot – bei der Befugnis des Zollkriminalamts zur rhebung von Telekommunikations-Verkehrsdaten noch icht einmal deren genaue Bezeichnung und ermöglicht ie Nutzung solcher Daten selbst dann, wenn die Erhe- ungsanordnung richterlich nicht bestätigt wird. Das ist echtspolitisch inakzeptabel. Sechstens. Der Entwurf weitet die Befugnis des Zoll- riminalamts zur Übermittlung personenbezogener Da- en auf zahlreiche Aufgabengebiete aus, grenzt die mög- ichen Empfängerstellen nicht nach rechtsstaatlichen riterien ein und ermöglicht so eine Übermittlung in taaten, wo Betroffenen daraufhin Menschenrechtsver- etzungen drohen. Nicht vorgesehen ist die für derlei vom Verfassungs- ericht verlangte strenge Verhältnismäßigkeitsprüfung nter anderem, welche Nachteile den Grundrechtsträ- ern aufgrund der Maßnahmen drohen oder von ihnen icht ohne Grund befürchtet werden. Siebtens. Soweit außerhalb von Wohnungen zwar icht die Grundrechte auf Fernmeldefreiheit und Woh- ung aus Art. 10 und 13 GG berührt sind, jedoch der oll gleichwohl aufgrund der dann anwendbaren Befug- isse aus §§ 18 bis 22 des geltenden Zollfahndungs- ienstgesetzes in den Kembereich privater Lebensgestal- ung eingreifen dürfte – etwa bei der Überwachung ertraulicher Kontakte und Gespräche unter freiem Him- el –, unterlässt der Gesetzentwurf jede Schutzregelung, bwohl dieser Schutz für solche Situationen aufgrund er Verfassung ebenso geboten ist. Achtens. Der vorgesehene Weglall der derzeitigen efristung des Gesetzes ist nicht sachgerecht. Denn die ierfür maßgeblichen Gründe, die tatsächliche Anwen- ung und Auswirkungen in der Praxis verfolgen zu wol- en, bestehen fort, zumindest, bis der nach dem gelten- en § 23 c Abs. 2 Satz 2 Zollfahndungsdienstgesetz zu rstellende erste Evaluierungsbericht vorliegt. Neuntens. Auch danach sollte die Bundesregierung em Bundestag künftig weiterhin regelmäßig über die raktische Gesetzesanwendung berichten. Mit unserem Entschließungsantrag fordern wir Grüne ie Bundesregierung auf, umgehend einen geänderten ntwurf mit den verfassungsrechtlich gebotenen Ände- 10298 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) rungen dieser genannten Regelungen vorzulegen, die wir dort im Einzelnen aufgeführt haben. Dies wäre auch ohne Zeitverzug möglich, nicht zuletzt, weil wir, wie ge- sagt, schon vor langer Zeit konkrete Formulierungen vorgelegt haben. Außerdem legte meine Fraktion kürzlich einen Ge- setzentwurf zur Novelle der strafprozessualen Telekom- munikationsüberwachung vor. Die Regelungen insbe- sondere zum verfassungsfesten Schutz der Privatsphäre sowie zur Kommunikation mit Berufsgeheimnisträgern könnte die Koalition sofort aufgreifen und ohne Verzö- gerung auf den Zoll übertragen. Den Gesetzentwurf lehnen wir ab. Es wäre gut, wenn Sie dem grünen Entschließungsantrag zustimmen wür- den. Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister der Finanzen: Ihnen liegt heute ein Än- derungsentwurf zu einem Gesetz vor, das – wie in den Beratungen trefflich bemerkt wurde – wohl wie kaum ein anderes Spezialgesetz den Bundestag in den letzten Jahren beschäftigt hat: das Zollfahndungsdienstgesetz. Sie werden sich erinnern, dass mit dem Ersten Gesetz zur Änderung des Zollfahndungsdienstgesetzes die Be- fugnis des Zollkriminalamtes zur präventiven Telekom- munikations- und Postüberwachung im Außenwirt- schaftsbereich zuletzt bis zum 30. Juni 2007 befristet wurde. Vor Auslaufen dieser Befristung gilt es, unter Be- rücksichtigung der Vorgaben aus der jüngsten Recht- sprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung notwendige Anpassungen vorzunehmen. Die Bundesregierung hat ein stimmiges Konzept zur Umsetzung dieser Vorgaben, die Eingriffe in Art. 10 des Grundgesetzes in Form einer Telekommunikationsüber- wachung vorsehen, erarbeitet. Mit dem vorliegenden Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Zollfahndungsdienstgesetzes und anderer Gesetze wird dieses Konzept nun in einem ersten Schritt für den Bereich der präventiven Telekommunikations- und Postüberwachung im Außenwirtschaftsbereich für den Zollfahndungsdienst umgesetzt. Auf die Bedeutung der hier in Rede stehenden Rege- lungen des Zollfahndungsdienstgesetzes ist an dieser Stelle schon oft hingewiesen worden. Dieses Mal stehen wir vor der ernsten Situation, dass ohne eine fristge- rechte Anschlussregelung durch diesen Gesetzentwurf die Befugnis des Zollkriminalamtes zur präventiven Te- lekommunikations- und Postüberwachung im Außen- wirtschaftsbereich entfiele. Zu diesem Zeitpunkt lau- fende Überwachungsmaßnahmen müssten abgebrochen werden; neue Maßnahmen könnten vor Verabschiedung einer weiteren Gesetzesänderung nicht eingeleitet wer- den. Die präventive Telekommunikations- und Postüber- wachung im Außenwirtschaftsbereich hat sich in der V k u A s r m n n g d u m R z d d d w a E a r t g n R s r g z w R n Z t d d E g g W m ü t d z B n (C (D ergangenheit zur erfolgreichen Umsetzung der Export- ontrollpolitik der Bundesregierung vielfach bewährt nd dient letztlich auch dazu, den durch unzulässige usfuhren sensibler Güter entstehenden außenpoliti- chen Schaden für die Bundesrepublik Deutschland be- eits im Vorfeld abzuwenden, denn repressive Maßnah- en können in diesem Bereich präventives Einschreiten icht ersetzen. Für die präventive Telekommunikationsüberwachung ach § 23 a Zollfahndungsdienstgesetz gewährt die vor- eschlagene Regelung in verfassungskonformer Weise en Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung nd trägt zugleich den Besonderheiten einer Telekom- unikationsüberwachung Rechnung. Durch die gestufte egelungssystematik wird in der Anwendung auch bei ulässigen Maßnahmen dazu sensibilisiert, den Schutz es Kernbereichs zu achten. Neben diesem Schwerpunkt des Gesetzentwurfs wer- en weitere Regelungen an die Rechtsprechung des Bun- esverfassungsgerichts zur akustischen Wohnraumüber- achung angepasst. Beispielhaft sei hier auf die Befugnis des Zollkrimal- mts und der ihm unterstellten Zollfahndungsämter zu igensicherungsmaßnahmen mittels technischer Mittel uch innerhalb von Wohnungen hingewiesen. Dass es sich hierbei um eine sensible rechtliche Mate- ie handelt, haben nicht zuletzt auch die intensiven Bera- ungen im Rechtsausschuss verdeutlicht. Hier ist es uns elungen, sowohl beim Schutz der eingesetzten Perso- en als vor allem auch bei der Weiterverwendung von im ahmen der Eigensicherung erlangten Daten eine Lö- ung zu finden, die den verfassungsrechtlichen Anforde- ungen Rechnung trägt. Lassen Sie mich an dieser Stelle noch die Änderun- en des Zollverwaltungsgesetzes ansprechen, die sich war unspektakulär anhören, gleichwohl aber – ebenso ie das Zollfahndungsdienstgesetz – doch bedeutsame egelungen zum Gegenstand haben und mit internatio- al eingegangenen Verpflichtungen einhergehen. Bereits bestehende Aufgaben und Befugnisse der ollverwaltung zur Überwachung des grenzüberschrei- enden Bargeldverkehrs zum Zwecke der Bekämpfung er Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung wer- en an die einschlägige EG-Neuerung angepasst. Diese U-Verordnung gilt ab dem 15. Juni 2007 und führt eine enerelle Anmeldepflicht für das Verbringen von Bar- eld oder von gleichgestellten Zahlungsmitteln ab einem ert von 10 000 Euro ein. Eine Verletzung dieser An- eldepflicht ist bußgeldbewehrt. Durch die Regelungen zur Überwachung des grenz- berschreitenden Bargeldverkehrs wird die Zollverwal- ung künftig einen wichtigen Beitrag zur Verhinderung er Finanzierung des internationalen Terrorismus sowie ur Bekämpfung der Geldwäsche und damit auch zur ekämpfung der organisierten Kriminalität leisten kön- en. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10299 (A) ) (B) ) Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Einführung eines generellen Tempolimits von 120 km/h auf deutschen Autobahnen – Einführung eines generellen Tempolimits von 130 Stundenkilometern auf Bundesauto- bahnen (Tagesordnungspunkte 18 a und b) Gero Storjohann (CDU/CSU): Wir diskutieren heute einen Antrag der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen und einen Antrag der Fraktion der Linken zur Einführung eines generellen Tempolimits auf deutschen Autobahnen. Ziel der Anträge ist es, ein generelles Tem- polimit von 120 bzw. 130 Kilometern pro Stunde auf deutschen Autobahnen einzuführen. Beide Fraktionen begründen ihre Anträge unter ande- rem damit, dass Deutschland weltweit eines der ganz wenigen Länder sei, auf dessen Autobahnen keine gene- relle Geschwindigkeitgrenze gelte und dass ein generel- les Tempolimit die Umwelt zusätzlich erheblich entlas- ten könne. Argumentiert wird von beiden Fraktionen unter anderem ferner, ein allgemeines Tempolimit trage zu einer weiteren Reduzierung der Unfälle und damit zur Verbesserung der Verkehrssicherheit bei. Soweit die An- träge. Lassen Sie mich dazu Folgendes feststellen: Die CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag lehnt ein allgemeines Tempolimit, wie von Linken und Grünen gefordert, ab. Bereits heute ist ein Drittel des deutschen Autobahnnetzes mit Tempolimits belegt. Auch halten wir eine Harmonisierung von Geschwindigkeitsbe- schränkungen auf Autobahnen innerhalb der Europäi- schen Union für nicht erforderlich. Ein europäischer Vergleich hinsichtlich der Verkehrssicherheit zeigt, dass Deutschland hierbei zum Teil bessere Ergebnisse auf- weisen kann als Länder mit Geschwindigkeitsbegren- zungen auf ihren Autobahnen. Diese positive Entwick- lung der Verkehrssicherheit in Deutschland verdanken wir nicht zuletzt vielfaltigen Maßnahmen im Bereich der Kraftfahrzeugtechnik. So wurden insbesondere von deutschen Automobilherstellern passive und aktive Si- cherheitssyteme entwickelt; das Elektronische Stabili- tätsprogramm (ESP) und das Antiblockiersystem (ABS) zählen dazu. Wie auch in unserem Land schätzen die Kunden weltweit Faktoren wie Sicherheit, Leistung, Komfort, Design und Image an deutschen Autos. Beson- ders die Sicherheitseigenschaften stehen in engem Zu- sammenhang mit dem Gewicht eines Autos und somit seinem Kraftstoffverbrauch. Deshalb muss weiterhin die Gesamteffizienz der Fahrzeuge optimiert werden. Ein Tempolimit würde hingegen zu einem verminderten In- teresse der Kunden an Sicherheitstechnologie führen und Konsequenzen bei Unfallfolgen und der deutschen Wett- bewerbsfähigkeit hervorrufen. Die CDU/CSU-Fraktion sieht auch angesichts dieser Tatsache die Verbesserung der Fahrzeugsicherheit durch moderne Fahrzeugtechnik a k t d w n V T e g i w h v k D k a d t k k A h d D f b T t B ß d i B t E a d s h z A m b h d s i d ß L a V v b S k (C (D ls zwingend notwendig an, um zu einer weiteren Sen- ung der Unfallzahlen auf unseren Straßen zu gelangen. Auch Maßnahmen im Bereich der Straßenverkehrs- echnik haben einen großen Anteil an der Verbesserung er Verkehrssicherheit auf unseren Autobahnen. Leider erden Geschwindigkeitsübertretungen vielfach nicht ur von Autobahnrasern begangen, sondern häufig von erkehrsteilnehmern, die den Sinn eines angeordneten empolimits vielfach nicht erkennen. Dem kann mit lektronischen Streckenbeeinflussungsanlagen entge- engewirkt werden. So werden mit diesen Anlagen, die mmer häufiger entlang unserer Autobahnen installiert erden, bereits heute bei hoher Verkehrsdichte zur Erhö- ung der Kapazität Geschwindigkeitsbeschränkungen on 100 Stundenkilometern, bei weiter steigender Ver- ehrsdichte von 80 Stundenkilometern angeordnet. iese von der Verkehrsstärke abhängigen Geschwindig- eitsanordnungen treffen bei den Verkehrsteilnehmern uf eine hohe Akzeptanz. Durch den vermehrten Einsatz ieser rechnergestützten, intelligenten Verkehrsleitsys- eme, welche den Verkehr in Abhängigkeit von der Ver- ehrsdichte regeln, kann auf Veränderungen der Ver- ehrsdichte schnell und flexibel reagiert werden. Dem utofahrer wird dadurch die Notwendigkeit für die Ein- altung einer situationsangepassten Geschwindigkeit eutlich vor Augen geführt. Die CDU/CSU-Fraktion im eutschen Bundestag spricht sich daher nachdrücklich ür den vermehrten Einsatz der „elektronischen Schilder- rücken“ auf deutschen Autobahnen aus. Ein von Linken und Grünen befürwortetes starres empolimit hingegen würde wegen mangelnder Akzep- anz zu gravierenden Verkehrsverlagerungen von den undesautobahnen hin zu Landstraßen führen. Landstra- en jedoch zählen wegen des auf ihnen vorherrrschen- en Begegnungsverkehrs zu den gefährlichsten Straßen n Deutschland. Landstraßen werden im Gegensatz zu undesautobahnen von schwach motorisierten Verkehrs- eilnehmern, von Radfahrern und Fußgängern genutzt. ine Verlagerung des Verkehrs von Bundesautobahnen uf Landstraßen würde daher eine erhebliche Gefähr- ung aller Verkehrsteilnehmer auf Kosten der Verkehrs- icherheit nach sich ziehen. Zudem handelt es sich bei erkömmlichen Landstraßen im Gegensatz zu kreu- ungsfreien Autobahnen um Straßen, die ein häufiges nfahren und Abbremsen an Kreuzungen erforderlich achen. Dadurch würden zugleich der Spritverbrauch eziehungsweise die Kohlenstoffdioxidemissionen er- eblich steigen. Nebenbei würden dadurch Schäden an er schlechter ausgebauten Infrastruktur zunehmen. Noch immer führen viele Landstraßen durch Ort- chaften, da nicht immer eine Ortsumgehung vorhanden st. Durch ein erhöhtes Verkehrsaufkommen aufgrund es Ausweichens von Bundesautobahnen auf Landstra- en werden den Bewohnern dieser Ortschaften weiterer ärm und weitere CO2-Emmissionen zugemutet – dies lles zulasten der Lebensqualität. So kann vernünftige erkehrspolitik nicht aussehen! Im Gegensatz zu dem on Ihnen befürworteten starren Tempolimit von 120 zw. 130 Stundenkilometern liegt für CDU und CSU der chwerpunkt auf der Entwicklung einer flexiblen, zu- unftsweisenden Infrastruktur, die auf die Lebensquali- 10300 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) tät und vor allem Mobilität der Menschen im privaten und beruflichen Bereich Rücksicht nimmt. In den Ausschussberatungen werden wir hierüber noch zu sprechen haben. Die CDU/CSU-Bundestags- fraktion lehnt die Vorstellungen der Linksfraktion und der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen zur Einfüh- rung eines allgemeinen Tempolimits, wie sie in den uns jetzt vorliegenden Anträgen zum Ausdruck kommen, ab. Jörg Vogelsänger (SPD): Unsere leistungsfähige Infrastruktur ist ein wichtiger Standortvorteil. Deutsch- land hat mit Abstand das größte und dichteste Autobahn- netz in Europa. Bei Vergleichen mit anderen europäi- schen Ländern gilt es immer die besondere Situation in den Ländern zu berücksichtigen. Dazu ein Beispiel. Polen verfügt über ein Autobahnnetz von rund 500 Kilometer, in Deutschland sind es über 12 000 Kilo- meter. Das zeigt, hier sind Vergleiche schwierig. Von den Befürwortern eines generellen Tempolimits in Deutschland werden immer wieder die Tempolimits in anderen europäischen Staaten als Argument benutzt. Man muss dabei, nach meiner Auffassung, auch die Un- fallzahlen vergleichen. Für uns gilt es, die Situation und die Unfallentwick- lung im gesamten deutschen Straßenetz zu betrachten. Die Autobahnen sind die Hauptschlagadern im Straßen- netz mit über 30 Prozent der Fahrleistungen. Es ereignen sich auf den Autobahnen weniger als 6,5 Prozent der Unfälle mit Personenschäden. Die Autobahnen sind die sichersten Straßen in Deutschland. Die Horrorzahlen aus den 70er- und 80er- Jahren des vergangenen Jahrhunderts sind zum Glück Geschichte. Dazu beigetragen haben mit Sicherheit die umfangreichen Investitionen in Infrastruktur, in Ver- kehrssicherheit und selbstverständlich der technische Fortschritt in der Automobilindustrie. Ich will dies nicht unerwähnt lassen. Ingenieure und Fahrzeugbauer haben Hervorragendes geleistet. Hier braucht sich Deutschland nicht zu verstecken. Ich bin mir sicher, dass dies auch weiter geschieht. Hier sind unter anderem passive und aktive Sicherheitssysteme für Fahrzeuge, wie zum Bei- spiel Antiblockiersysteme zu nennen. Weitere Verbesserungen in der Fahrzeugtechnik sind auch ein entscheidender Ansatz zur Reduzierung von CO2-Minderung. Im Übrigen haben die USA und Schweden trotz Tempolimits seit Jahren den höchsten Durchschnittsverbrauch. Es gilt vielmehr Forschung und Entwicklung bei zukunftsweisenden Verkehrstechnolo- gien, unter anderem durch die Elektrifizierung der An- triebe voranzutreiben. Im Bereich der Verkehrsregelung muss ebenfalls wei- ter auf Innovation gesetzt werden. Die Unfallhäufigkeit ist nicht homogen über das gesamte Autobahnnetz ver- teilt. Das hängt auch damit zusammen, dass die Ver- kehrsbelastung mitunter sehr schwankt und natürlich es auch witterungsbedingt zu Gefahrensituationen kommt. Deshalb gilt es das Instrument rechnergeschützter Ver- kehrsbeeinflussungsanlagen noch breiter anzuwenden u p n z s k g e a i s s n G g m H T s A t n f G t d k t I n w d d d d k e g z V l V m z K d b D V w c r (C (D nd weiterzuentwickeln. Das hätte auch einen wichtigen sychologischen Aspekt. Wenn von den Verkehrsteil- ehmern die Begrenzung der Geschwindigkeit nachvoll- ogen werden kann, wird es zu weitaus weniger Über- chreitungen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ommen. Dazu ein Beispiel aus meinem Wahlkreis. Auf- rund von häufigen Stausituationen auf der A 12, die in rster Linie in der Grenzabfertigung begründet sind, ist uf circa zwölf Kilometer Tempo 80 ausgeschildert. Das st eine richtige Maßnahme. Gibt es keinerlei Stauer- cheinungen, wird diese Beschränkung jedoch nur chwer von den Verkehrsteilnehmern nachvollzogen. Mit der geplanten Verkehrsbeeinflussungsanlage, ach meiner Auffassung überfällig, kann flexibel auf efahrensituationen reagiert werden. Das wird den Är- er über den Stau nicht beseitigen. Es sorgt jedoch für ehr Verständnis zur Reduzierung der zulässigen öchstgeschwindigkeit. Ob dies bei einem allgemeinen empolimit auf Autobahnen so ist, möchte ich infrage tellen. Eine Einführung eines allgemeinen Tempolimits auf utobahnen würde zwingend die Ausweitung der Kon- rolltätigkeit erfordern. Das schon allein deshalb, weil es icht zu verantworten wäre, die Kontrolltätigkeit an Un- allschwerpunkten einzuschränken. Das wäre dann aus ründen der Verkehrssicherheit mehr als kontraproduk- iv. Wer ein allgemeines Tempolimit fordert, müsste ann konsequent auch eine Aufstockung der Polizei- räfte fordern. Dazu finde ich jedoch nichts in den An- rägen von Bündnis 90/Die Grünen und der Linkspartei. mmerhin müssten auf über 6 000 Kilometer Autobah- en zusätzlich Geschwindigkeitskontrollen durchgeführt erden. Die Diskussion zum allgemeinen Tempolimit darf zu- em nicht von dem Bereich mit größtem Handlungsbe- arf ablenken. Besondere Unfallschwerpunkte sind im eutschen Straßennetz die Landstraßen, das heißt Bun- es- und Landesstraßen. Hier haben wir bei Gegenver- ehr immerhin in der Regel Tempo 100. Dazu kommt ine weitaus unzureichendere Absicherung zum Beispiel egen Wildunfälle. Das Risiko, auf Landstraßen tödlich u verunglücken, ist besonders hoch. Hier muss weiter ein besonderer Schwerpunkt auf der erkehrssicherheitsarbeit liegen. Da sind selbstverständ- ich auch die Länder in der Verantwortung. Besondere erantwortung hat natürlich auch jeder Verkehrsteilneh- er. Wir dürfen dabei nicht allein auf Ristriktionen set- en. Wir brauchen weiterhin öffentlichkeitswirksame ampagnen für einen weiteren Mentalitätswandel bei en Verkehrsteilnehmern. Verkehrssicherheit ist und leibt ein vielschichtiges Thema. Deshalb ist eine breite iskussion von Maßnahmepaketen im Ausschuss für erkehr, Bauen und Stadtentwicklung und im Bundestag eitaus zielführender. Jan Mücke (FDP): Es ist schon bemerkenswert, wel- hes Bild Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke mit ih- en Anträgen vom deutschen Autofahrer zeichnen: Auf Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10301 (A) ) (B) ) der einen Seite steht der Raser, der gefährlich nah auf- fährt, drängelt und nichts anderes im Sinn hat, als so schnell wie möglich wieder für freie Fahrt im Renn- tempo zu sorgen. Auf der anderen Seite steht der beson- nene Verkehrsteilnehmer, der natürlich nur zum Überho- len die linke Fahrbahn benutzt, jedoch regelmäßig von der ungeheueren Dreistigkeit im Rückspiegel verunsi- chert wird. – Nein, so sieht es auf Deutschlands Auto- bahnen nicht aus. Grün-Dunkelrot sieht sich im Dienst der Verkehrssi- cherheit, und da ist jedes Mittel recht, auch wenn es noch so abwegig ist. Deutschlands Autobahnen sind die sichersten Straßen der Welt. Es gibt keine durchgreifen- den Argumente für die Annahme, dass die Verkehrs- sicherheit insgesamt durch die Einführung einer Geschwindigkeitsbegrenzung zunimmt. Obwohl Deutsch- land das einzige Land in der Europäischen Union ohne Tempolimit ist, sterben auf den hiesigen Straßen ein Viertel weniger Menschen als im europäischen Durch- schnitt und sogar nur halb so viel wie in Polen oder Un- garn, die nur über ein geringes Autobahnnetz verfügen. Auch der innerdeutsche Vergleich spricht gegen eine sol- che Annahme. Rund ein Drittel aller Unfälle auf Auto- bahnen außerhalb von Baustellen ereignet sich in Stre- ckenabschnitten mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung. Dieser Anteil entspricht dem Anteil aller Streckenab- schnitte mit einem Tempolimit. Eine erhöhte Unfallge- fahr auf Abschnitten ohne Geschwindigkeitsbegrenzung ist damit nicht nachweisbar. Von den Antragstellern unerwähnt geblieben ist auch die Tatsache, dass bereits auf 99 Prozent aller deutschen Straßen ein Tempolimit besteht. Das öffentliche Straßen- netz hat eine Länge von circa 644 000 Kilometer. Davon entfallen lediglich 12 200 Kilometer auf Autobahnen, von denen wiederum zwei Drittel tempobegrenzt sind. Hinzu kommt, dass sich 67 Prozent der Unfälle mit Personenschaden innerhalb geschlossener Ortschaften ereigneten. 96 Prozent aller Unfälle geschehen bei Ge- schwindigkeiten unter 100 Stundenkilometer. Auch sprechen die Erfahrungen der Dänen eine ganz andere Sprache. Dort wurde Ende April 2004 die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen von 110 auf 130 Stundenkilometer heraufgesetzt. Trotzdem sank die Zahl der Unfalltoten binnen Jahresfrist um ein Viertel. Deutschland braucht kein festes Tempolimit. Viel- mehr benötigt es ein intelligentes und – variables Ge- schwindigkeitsmanagement. Verkehrsregelanlagen er- fassen die aktuellen Verhältnisse vor Ort und können die jeweils erforderlichen Maßnahmen treffen. Sie können die Autofahrer nicht nur rechtzeitig vor Gefahren war- nen. Anders als ein generelles Tempolimit stoßen solche Anlagen auch auf eine hohe Akzeptenz. Deren Anord- nungen werden deutlich besser befolgt. Da verwundert es nicht, dass die Unfallzahlen nach Einführung von Streckenbeeinflussungsanlagen auf den betroffenen Ab- schnitten um durchschnittlich 30 Prozent gesunken sind. Das ist ein echter Beitrag zur Verkehrssicherheit. Verkehrsregelanlagen fördern darüber hinaus auch den Schutz der Umwelt. Das System setzt bedarfsge- recht und nahezu verzögerungsfrei die zulässige Höchst- g d W S e g h L d w t P s A E s s T a n k C g ü E s ü G u V r 6 t b t s i c D M m z d A w g b M d e w w a w (C (D eschwindigkeit fest – wenn nötig auch unter 120 Stun- enkilometer – und verhindert dadurch einen ständigen echsel zwischen Beschleunigungs- und Bremsphasen. taus werden auf ein Minimum reduziert. Ein unnötig rhöhter Kraftstoffverbrauch wird vermieden, Motoren- eräusche werden auf einem unvermeidbaren Niveau ge- alten. Die Annahme von Bündnis 90/Die Grünen und der inken, bei Einführung eines Tempolimits sei eine Re- uzierung der CO2-Emmissionen um 9 Prozent zu er- arten, entbehrt jeglicher Grundlage. Der genannte Be- rag bezieht sich auf die Emissionen ausschließlich von kw auf Autobahnen. Nach der Studie des UBA, auf die ich die Antragsteller beziehen, entspricht dies einem nteil von lediglich 0,3 Prozent der gesamten CO2- missionen in Deutschland. Dabei wurde in der Unter- uchung jedoch eine zu hohe tatsächlich gefahrene Ge- chwindigkeit angesetzt. Temporäre und konditionale empolimits fanden kaum Berücksichtigung. Nach einer ktuellen Berechnung des VDI ergibt sich bei einer ge- erellen Geschwindigkeitsbegrenzung von 120 Stunden- ilometer auf Autobahnen ein Rückgang der deutschen O2-Emissionen von höchstens 0,08 Prozent. Der Antrag der Linken zeigt wieder einmal, wie leichgültig sie den Realitäten auf den Märkten gegen- berstehen. Die Antragsteller gehen davon aus, dass mit inführung eines generellen Tempolimits der Bedarf an chnellen und PS-starken Pkw entfallen wird. Ein Blick ber den deutschen Tellerrand hinaus beweist jedoch das egenteil: Nirgends ist die Nachfrage nach schweren nd hochmotorisierten Fahrzeugen so groß wie in den ereinigten Staaten – trotz eines Tempolimits von umge- echnet 105 Stundenkilometer. Bereits heute werden 0 Prozent der in Deutschland produzierten Kfz expor- iert und somit in Ländern mit einer Geschwindigkeits- egrenzung zugelassen. Kritik der Käufer, dass die Au- os nicht auf die dortigen Gegebenheiten zugeschnitten eien, kommt indessen nicht dabei auf. Bündnis 90/Die Grünen und die Linken verfolgen mit hren Anträgen erstrebenswerte Ziele. Um diese zu errei- hen, bedienen sie sich jedoch der Mittel von vorgestern. ie FDP-Fraktion wird die Anträge daher ablehnen. Lutz Heilmann (DIE LINKE): Ich weiß, dass viele enschen gerne schnell mit ihrem Auto fahren; auch in einer Fraktion gibt es eine Bleifußfraktion, die aber um Glück deutlich in der Minderheit ist. Deswegen be- aure ich es, dass der Gruppenantrag gescheitert ist. usgerechnet eine Fraktion, die sich christlich nennt, hat ider bessere Vernunft die unchristliche Entscheidung etroffen, diesen Gruppenantrag abzulehnen. Ich sage ewusst „unchristlich“; denn ein Tempolimit würde enschenleben retten. Wie Sie die Inkaufnahme des To- es von Menschen mit Ihrem christlichen Gewissen ver- inbaren, müssen Sie wissen. Nachvollziehen kann und ill ich das nicht. Ein generelles Tempolimit von 130 auf Autobahnen ürde zu einem Rückgang des gesamten Kohlendioxid- usstoßes aller Pkw von 2 Prozent führen. Zusätzlich äre es ein wichtiger Innovationsanreiz für die Auto- 10302 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) industrie, die leider immer noch meint, „höher, schneller, weiter“ sei das Motto der Zukunft. Aber vielleicht hat die Krise der Autoindustrie, die Entlassung von Tausen- den, ja auch genau damit zu tun? Neben dem Kohlen- dioxidausstoß würde der Ausstoß anderer Luftschad- stoffe wie Feinstaub sogar noch deutlicher zurückgehen. Auch der Verkehrslärm ginge erheblich zurück. Klimaschutz und der Abbau menschlicher Gesund- heitsbelastungen sind christliche Ziele. Aber anstatt den Menschen zu helfen, verteidigen Sie das letzte Raser- paradies auf Erden. Raser dürfen aber nicht der Maßstab einer verantwortungsvollen Politik sein; denn das deut- sche Raserparadies ist leider ein Alptraum für die über- wiegende Mehrheit der Menschen. Nicht umsonst gibt es T-Shirts mit der Aufschrift „I Survived the German Au- tobahn.“ Lassen Sie uns gemeinsam diesen Krieg mit an- deren Mitteln beenden! Springen Sie von den Koali- tionsfraktionen über Ihren Schatten und stimmen Sie unserem Antrag zu! Der ist fast wortgleich mit dem Gruppenantrag, der bereits mit vielen Abgeordneten auch der Koalition abgestimmt war. Argumente führen Sie zwar einige ins Feld, nur lassen sich alle nicht halten. Sie haben doch nur Angst vor einer Kampagne des ADAC und der Automobilindustrie, die wiederum um den Absatz ihrer übermotorisierten Fahr- zeuge fürchtet. Angst, oder Feigheit, aber ist ein schlech- ter Ratgeber und zudem eine der sieben Todsünden. Sie sagen, auf der Hälfte der Autobahnen gelte ohne- hin ein Tempolimit. Spricht das gegen ein generelles Tempolimit? Nein. Denn wenn man auf der einen Hälfte langsamer fahren kann, warum dann nicht auch auf der anderen? Herr Tiefensee sagt, ein Tempolimit von 120 würde lediglich zu einer Reduktion von 0,3 Prozent führen. Herr Minister, das ist unredlich! Sie können die Reduk- tion von 9 Prozent der Pkw-Emissionen auf Autobahnen nicht dadurch kleinrechnen, dass Sie das auf die gesam- ten deutschen CO2-Emissionen hochrechnen. Außerdem führt das zur Resignation der Menschen. Wenn es näm- lich nicht einmal helfen würde, dass alle langsamer füh- ren, warum soll der oder die Einzelne dann ein sparsa- mes Fahrzeug kaufen? Warum soll er oder sie dann Energiesparlampen kaufen? Für die nationalen Emissionen ist das ohne Belang, aber dennoch eben nicht sinnlos; denn keine oder keiner allein kann das Klima retten, genauso wenig wie ein ein- zelner politischer Beschluss dies erreichen kann. So viele Menschen wie möglich müssen ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten, und eine Vielzahl politischer Be- schlüsse ist erforderlich. Auch der Verkehr muss seinen Beitrag zum Klimaschutz leisten – ob das Ministerium nun will oder nicht –; sonst kann Deutschland seine Kli- maziele nicht einhalten. Tatsächlich hat das Verkehrsministerium – nachdem es in sieben Jahren Rot-Grün nicht einen konstruktiven Beitrag zum Klimaschutz geleistet hat – zwei Vorschläge gemacht. Aber haben Sie sich einmal angeschaut, wel- che CO2-Einsparungen Sie damit erreichen? Natürlich sind auch wir für eine verbraucherfreundliche Kenn- z t d b s w s j n D w t z e w l d d W d A b g d S d W K F d e t A p m g m M e t g m h b G s l E u s w d g w (C (D eichnungspflicht des CO2-Ausstoßes von Pkw, und na- ürlich sind auch wir für eine Reform der Kfz-Steuer mit em CO2-Ausstoß als Bemessungsgrundlage. Aber glau- en Sie denn wirklich, dass Sie damit die Gesamtemis- ionen Deutschlands um mehr als 0,3 Prozent mindern erden? Ich nicht, schon gar nicht so, wie Sie das vor- chlagen. Ihre Kfz-Steuer soll die großen Spritschlucker a gar nicht belasten. Die Wirkung wird sich also null an- ähern – egal welchen Bezugsrahmen Sie da wählen. enken – oder rechnen – Sie doch noch einmal nach, omit Sie wirklich einen Beitrag zum Klimaschutz leis- en können. Ein Tempolimit ist eine wichtige Voraussetzung, die udem unglaublich billig ist, die ohne Weiteres sofort ingeführt werden kann und die niemandem wirklich eh tut, außer den Rasern – aber um die tut es mir nicht eid. Vielleicht laufen aus der Koalition ja einige mit em Button „Mein Herz schlägt auch für Raser“ durch ie Gegend. Ich werde in Zukunft darauf achten. Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): eltweit scheinen Sie von der CDU/CSU und der SPD ie einzigen zu sein, die den Wahnsinn auf deutschen utobahnen weiterhin zulassen. Die FDP nehme ich da- ei nicht aus. Sie wollen kein Tempolimit. Sie wollen die renzenlose Freiheit des Gaspedals ohne Rücksicht auf ie Gefahren für das Klima und die Verkehrsteilnehmer. ie ignorieren die Tatsachen und Erfahrungen aller In- ustrieländer weltweit, die mit einem Tempolimit leben. arum? Und warum haben Sie ihre Kritikerinnen und ritiker in den eigenen Reihen zurückgepfiffen? Die akten, die für ein Tempolimit sprechen, liegen doch auf em Tisch. Und die Bevölkerungsmehrheit akzeptiert in Tempolimit. Sind Sie, meine Damen und Herren von der Koali- ionsfraktion, gefangen im Griff der Autokonzerne? Die utokonzerne haben bekanntlich kein Interesse an Tem- olimits, weil sie befürchten, ihre Spritschlucker nicht ehr loszuwerden. Trotzdem exportieren Sie in die anze Welt. Sie wissen genau, dass Innovationen im Kli- aschutz gefragt sind, nicht aber spritschluckende PS- onster. Nur umweltfreundliche Innovationen sind dau- rhaft konkurrenzfähig. Aber nicht Wissen, sondern Ta- en zählen. Für Bündnis 90/Die Grünen hört der Spaß beim Gas- eben auf, wo das Leid anderer beginnt. Uns ist es ernst it Klimaschutz und Verkehrssicherheit. Wir haben eute diesen Antrag in den Deutschen Bundestag einge- racht und fordern eine moderate, an Europa angepasste eschwindigkeitsbegrenzung von 120 km/h auf deut- chen Autobahnen ab 2008. Tempo 120 würde sofort zur Einsparung von 3,3 Mil- ionen Tonnen CO2 pro Jahr führen. Das entspricht der mission aller Busse bzw. eines Steinkohlekraftwerkes nd ergibt bis 2020 etwa 40 Millionen Tonnen einge- partes CO2. Diese klimapolitische Sofortmaßnahme ürde keinen Cent kosten, keine Arbeitsplätze gefähr- en und dazu mehr Verkehrssicherheit bringen. Im Ge- enteil: Folgekosten durch Unfälle und Klimaschäden ürden reduziert. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10303 (A) ) (B) ) Zahlreiche Versuche auf deutschen Autobahnen in der Vergangenheit und Vorbilder aus dem Ausland beweisen es: Wer nicht rast, fährt sicherer. Es geht nicht um Durchschnittsgeschwindigkeiten, es geht um die Zäh- mung der gefährlichen Extremgeschwindigkeiten. Auto- bahnen in Deutschland gelten als die sichersten Straßen. Das kann nicht überraschen: Kein Gegenverkehr, keine Fußgänger und Radfahrer und keine Kreuzungen. Trotz- dem gehen 12,4 Prozent der im Straßenverkehr Getöte- ten auf das Konto der Autobahn. Wir wollen, dass lang- fristig niemand mehr auf deutschen Straßen zu Tode kommt oder schwer verletzt wird. Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Qualität und Sicherheit von menschlichen Ge- weben und Zellen (Gewebegesetz) (Tagesord- nungspunkt 19) Hubert Hüppe (CDU/CSU): Mit dem Gewebegesetz setzen wir die EU-Geweberichtlinie in deutsches Recht um. Die Ziele der EU-Geweberichtlinie haben wir alle bejaht. Die Richtlinie dient der Sicherheit von Patientin- nen und Patienten, denen Gewebe oder Zellen übertra- gen werden sollen. Damit die Übertragung von Krank- heiten vermieden wird, sollen Qualität und Sicherheit von Geweben und Gewebezubereitungen gewahrt wer- den. Großen Dissens gab es allerdings über den einge- schlagenen Weg des Entwurfes, der tiefe Eingriffe vor allem im Transplantationsgesetz und Arzneimittelgesetz vornimmt. Bereits im Vorfeld haben Bundesärztekam- mer und Fachverbände Kritik vorgebracht. Der Bundes- rat hat eine umfangreiche Stellungnahme zum Entwurf der Bundesregierung vorgelegt – und wir hatten im März eine sehr kontroverse Anhörung mit 50 Fachverbänden und sieben Einzelsachverständigen. Die Kritik richtete sich unter anderem auf den befürchteten Kosten- und Verwaltungsaufwand sowie die Gefahr der Kommerzia- lisierung. Aber auch unter ethischen Aspekten wurde Nachbesserungsbedarf angemahnt. Die Union hat von Anfang an zugesagt, dass wir im parlamentarischen Verfahren mit der Kritik der Sachver- ständigen, der Ärzteschaft, der Verbände, der Kirchen und der Industrie konstruktiv umgehen werden. Die CDU/CSU-Fraktion hat während der vergangenen Mo- nate intensiven Kontakt mit den Fachleuten und Verbän- den gehalten und gemeinsam mit ihnen nach Lösungen gesucht. Viele sind von sich aus auf uns zugekommen und haben ihre – teilweise unterschiedlichen – Vorstel- lungen und Wünsche eingebracht. Das ist nicht nur legi- tim, sondern es hat der Sache gedient – auch wenn das eine oder andere sich nicht im Gesetz wiederfinden konnte. Gerne möchte ich deshalb an dieser Stelle ein- mal Dank sagen an alle, die uns ihre Sachkenntnis und ihren fachlichen Rat zur Verfügung gestellt haben. m h d u W R z s k d u s n s G d s s d t g W k Ü d z s d E s G e z w e h m e g h b H w v e u d s d g Z g g b s U P (C (D Deutsche Gesetze, die eng verwandte Sachzusam- enhänge regeln, haben schon bisher Regelungen ent- alten, die die Geweberichtlinie vorgibt. Vor allem sind ies das Transplantationsgesetz, das Transfusionsgesetz nd das Arzneimittelgesetz. Der Gesetzentwurf hat den eg einer Umsetzung der Richtlinie innerhalb dieses ahmens eingeschlagen: Die technischen Regelungen ur Qualität und Sicherheit werden im Arzneimittelge- etz umgesetzt. Die ethischen Fragen wie Spenderauf- lärung und Einwilligung sowie die Aspekte der Mel- ung schwerwiegender Zwischenfälle und Reaktionen nd der Rückverfolgung werden im Transplantationsge- etz geregelt. Diesen Rahmen schreibt die Richtlinie icht notwendig vor. Aber hier haben wir langjährige ge- etzgeberische und Vollzugserfahrung. Ein Großteil der Kritik war mit der Unterstellung der ewebe unter das Arzneimittelrecht verbunden. Um iese Systematik beizubehalten, waren praktikable Lö- ungen zu finden, die die Versorgung der Patienten mit icheren Geweben gewährleisten, die aber gleichzeitig ifferenzieren zwischen den Anforderungen bei „tradi- ionellen“ Arzneimitteln einerseits und den Anforderun- en bei bestimmten Gewebezubereitungen andererseits. ir haben Lösungen gefunden, die diesen Kritikpunkt onstruktiv aufgreifen, die praktikabel sind, weil sie eine berbürokratisierung vermeiden, und die gleichzeitig ie Vorgaben der Geweberichtlinie „eins zu eins“ umset- en. Für die Gewinnung von Gewebe gilt nicht die klassi- che Herstellungserlaubnis des Arzneimittelrechts, son- ern eine den Besonderheiten der Gewebe angepasste rlaubnis. Ein besonders einfaches Verfahren gilt für olche Entnahmestellen, die mit einem Hersteller von ewebezubereitungen zusammenarbeiten. Hier bedarf s im Wesentlichen einer Anzeige des Herstellers bei der uständigen Behörde der Entnahmeeinrichtung. Diese ird in die Erlaubnis des Herstellers einbezogen, wenn ine Frist von einem Monat abgelaufen ist und die Be- örde sich nicht gemeldet hat. Die Entnahmestelle selbst uss dann nicht mehr tätig werden. Sie wird genauso ntlastet wie die zuständige Behörde, die keine Besichti- ung der Entnahmestelle durchführen muss. Solche Gewebezubereitungen, die nicht industriell ergestellt werden, werden gesondert behandelt. Dies etrifft zum Beispiel Herzklappen und Augenhornhäute. ier gelten künftig vereinfachte Regelungen für die Ge- innung oder Entnahme, Be- oder Verarbeitung, das In- erkehrbringen und die Einfuhr aus Drittstaaten. Dies ntspricht den Mindeststandards der Geweberichtlinie nd ihrer Durchführungsrichtlinien, wie zum Beispiel er guten fachlichen Praxis, aber nicht den Qualitäts- tandards der EG-Arzneimittelrichtlinien. Diese nicht in- ustriell hergestellten Gewebezubereitungen unterlie- en auch nicht dem bisherigen arzneimittelrechtlichen ulassungsverfahren, sondern einer eigenen Genehmi- ung. Diese Genehmigung ist eine Verfahrensgenehmi- ung, die sich auf die Be- oder Verarbeitung der Gewe- ezubereitungen bezieht. Im Gegensatz zur Zulassung ind keine aufwendigen Nachweise für Wirksamkeit und nbedenklichkeit der Produkte in Form von klinischen rüfungen oder pharmakologisch-toxikologischen Un- 10304 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) tersuchungen erforderlich. Damit haben wir eine Rege- lung gefunden, die den Gegebenheiten der Praxis ge- recht wird. Diese neue Genehmigung bedeutet auch, dass die so genehmigten Produkte dem Handelsverbot unterliegen. Damit greifen wird die Kritik auf, dass in diesem Bereich die Gefahr der Kommerzialisierung hätte entstehen können. Wir haben auch die Einfuhrvorschriften für Gewebe aus Drittstaaten vereinfacht. Die Länderbehörden müs- sen nicht in jedem Fall Drittlandsinspektionen in Ent- nahmeeinrichtungen durchführen, wenn sie aufgrund der eingereichten Unterlagen den Eindruck haben, dass diese Einrichtungen die auch innerhalb Deutschlands er- forderlichen Qualitätsstandards einhalten. Ein wichtiger Punkt war, dass der Vorrang der Organ- spende abgesichert wird. Entsprechend dem Votum des Bundesrates und der Mehrheit der Sachverständigen wird dieser Grundsatz im Transplantationsgesetz neu eingeführt. Diesen Vorrang der Organspende sichern wir durch entsprechende Dokumentationspflichten zusätz- lich ab: Die Entnahme von Geweben ist „erst dann zuläs- sig, wenn eine von der Koordinierungsstelle beauftragte Person dokumentiert hat, dass die Entnahme oder Über- tragung von vermittlungspflichtigen Organen nicht mög- lich ist oder durch die Gewebeentnahme nicht beein- trächtigt wird“. Hinsichtlich der Knochenmarkspende bei nicht ein- willigungsfähigen bzw. minderjährigen Menschen haben wir die ethisch begründeten Einwände aufgegriffen. Die lebensrettende Spende zugunsten des Bruders oder der Schwester ist der weitaus häufigste Fall. Zunächst haben wir eine Begrenzung der Spende auf Eltern und Ge- schwister vorgenommen. Damit werden die in der Anhö- rung erwähnten Großeltern als mögliche Empfänger von Knochenmark eines Kindes ausgeschlossen. Bei der äu- ßerst seltenen Knochenmarkspende eines Minderjähri- gen zugunsten eines Elternteils kann ein Interessenkon- flikt bestehen – wenn die für das Kind entscheidenden Eltern ein eigenes Interesse an der Übertragung des Kno- chenmarks haben. Wir wollen das Wohl des Kindes umfassend schützen. Deshalb sind die Eltern in diesen seltenen Fällen verpflichtet, die beabsichtigte Knochen- marksentnahme unverzüglich dem Familiengericht an- zuzeigen. Ein ethisches Problem ist die Knochenmarkspende ei- nes nicht einwilligungsfähigen Erwachsenen. Wir sind der Forderung von Behindertenverbänden und Kirchen, die ich auch persönlich unterstützt habe, gefolgt und ha- ben diesen Absatz gestrichen. Damit beugen wir dem möglichen Fehlverständnis vor, dass nicht einwilli- gungsfähige Erwachsene für fremdnützige Eingriffe ver- fügbarer sind als andere Menschen. Die medizinischen Fachleute haben uns zudem bestätigt, dass der Fall einer Knochenmarkspende eines nicht einwilligungsfähigen Erwachsenen in der Praxis so gut wie nie vorkommt. Einen weiteren ethisch wichtigen Punkt haben wir ausdrücklich klargestellt: Weder menschliche Ei- und Samenzellen noch menschliche Embryonen sind je Arz- neimittel. Bei Samenspende und Knochenmarkspende wird es eine Ausnahme vom Grundsatz der Anonymität d a s s z e n d r s g s s Q f l s d m r G l H B F h V h l l U W d m w Q G z A w m w A A d d s c e G s s (C (D er Gewebespende geben. Die Geweberichtlinie lässt usdrücklich solche Ausnahmen zu. Bei der Samen- pende hat das Kind ein Recht auf Kenntnis seiner Ab- tammung. Bei der Knochenmarkspende Erwachsener ugunsten lebensbedrohlich erkrankter Menschen muss s möglich sein, dass Spender und Empfänger sich ken- enlernen können, wenn sie dies wollen. Die Erfahrung er Fachleute zeigt, dass dies häufig der Fall ist. Die Frist zur Umsetzung der Geweberichtlinie ist be- eits verstrichen. Wir haben uns daher keine Zeit gelas- en, obwohl sich Deutschland im europaweiten Ver- leich bei der Umsetzung der Geweberichtlinie durchaus ehen lassen kann. Aber wir haben auch nicht zugelas- en, dass der Zeitdruck zulasten der Sorgfalt und der ualität geht. Mit dem heute vorliegenden Ergebnis er- üllen wir die europarechtlichen Anforderungen und eisten unseren Beitrag zur Versorgung von Patienten mit icheren Zellen und Geweben. Dr. Carola Reimann (SPD): Mit dem nun vorliegen- en Gesetzentwurf über Qualität und Sicherheit von enschlichen Geweben und Zellen, kurz Gewebegesetz, egeln wir den Umgang mit menschlichen Zellen und eweben. Grundlage hierfür ist die EG-Gewebericht- inie, die in nationales Recht umgesetzt werden muss. ierbei kam es insbesondere durch die vorgezogene undestagswahl 2005 zu Verzögerungen, sodass die rist zur Umsetzung im vergangenen Jahr nicht einge- alten werden konnte. Es geht hier aber nicht in erster Linie um Fristen und orgaben. Es geht hier vor allem darum, hohe Sicher- eitsstandards zu schaffen. Ziel des Gesetzes ist es, Qua- ität und Sicherheit von Geweben weiterhin zu gewähr- eisten und zu verbessern – das gilt für die Entnahme, die ntersuchung, die Verarbeitung und die Aufbewahrung. ir sprechen hier von einem hochsensiblen Bereich, bei em der Gesundheitsschutz oberste Priorität haben uss. Das wird mit dem nun vorliegenden Gesetzent- urf auch verwirklicht. Das Gewebegesetz sieht vor, die Regelungen zur ualität und Sicherheit beim Umgang mit Zellen und eweben im Arzneimittelgesetz (AMG) mit umzuset- en. Gerade hinsichtlich der Sicherheit hat sich das MG im Arzneimittelbereich über Jahre hinweg be- ährt. Insofern ist es sinnvoll und richtig, diese Syste- atik für den Bereich Gewebe zu übernehmen. Zugleich ird im Gesetzestext klargestellt: Die Anwendung des rzneimittelgesetzes bedeutet nicht, dass alle Gewebe rzneimittel sind. Fragen der Aufklärung und Einwilligung, der Mel- ung von Zwischenfällen und der Rückverfolgung wer- en hingegen im Transplantationsgesetz (TPG) geregelt. Wie bereits erwähnt, regelt das Gewebegesetz einen ensiblen Bereich. Das gilt nicht nur für Fragen der Si- herheit und Qualität, sondern es betrifft natürlich auch thische Aspekte. Der vorliegende Entwurf trägt diesen esichtspunkten Rechnung. Der Vorrang der Organ- pende vor der Gewebespende wird verstärkt. Selbstver- tändlich werden Spende und Entnahme von Geweben Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10305 (A) ) (B) ) auch künftig unentgeltlich erfolgen. Ein sachgerechtes Aufklärungsangebot muss Spender wie Angehörige in die Lage versetzen, eine freie und informierte Entschei- dung zu treffen – nur so können wir dauerhaft eine Be- reitschaft zur Spende bei den Menschen erreichen. Die Themen Information und Aufklärung der Bevöl- kerung, Spender und Angehörige nehmen auch im Ent- schließungsantrag der Regierungsfraktionen breiten Raum ein. Begrüßenswert ist auch der darin angeregte Bericht zur Situation der Transplantationsmedizin in Deutschland durch das Bundesministerium für Gesund- heit, der dem Bundestag im kommenden Jahr vorgelegt werden soll. Darin sollen die Erfahrungen mit dem Transplantationsgesetz aufgezeigt und insbesondere die Organ- und Gewebespende, die Vermittlung und das spezifische Aufklärungsangebot kritisch reflektiert wer- den. Die Veröffentlichung des Berichts ist meiner Mei- nung nach auch eine gute Gelegenheit, die erst kürzlich vorgestellte Stellungnahme des Nationalen Ethikrates zur Organspende erneut zu diskutieren. Ich finde, dass wir hier einen ausgewogenen Entwurf zum Gewebegesetz vorlegen, der ein hohes Sicherheits- und Qualitätsniveau gewährleistet und der Tatsache Rechnung trägt, dass Entnahme, Verarbeitung und Auf- bewahrung von menschlichen Geweben und Zellen sen- sible Bereiche darstellen, bei denen ethische Aspekte eine wichtige Rolle spielen. Zugleich ist es gelungen, Vorschriften und Verfahren praktikabel auszugestalten. Michael Kauch (FDP): Zunächst einmal möchte ich meinen Unmut zum Ausdruck bringen, dass die Verab- schiedung des Gewebegesetzes zu so nachtschlafener Zeit angesetzt ist, dass die Debatte darüber zu Protokoll gegeben wird. Dies wird der Bedeutung des Gesetzent- wurfes in keiner Weise gerecht und ist ein Negativbei- spiel für die Abläufe in diesem Parlament. Aber vielleicht will die Koalition ja auch der Öffent- lichkeit vorenthalten, was bei diesem Gesetzentwurf passiert ist. „Wie ein Gesetz total zerfleischt wird“, titelte heute Nachmittag der Internetdienst „Welt- Online“ zum Gewebegesetz. Und das ist nicht weit von der Realität entfernt. Nach dem vernichtenden Urteil nahezu aller Sachver- ständigen über den Regierungsentwurf zum Gewebege- setz hat der Gesundheitsausschuss gestern umfangreiche Änderungen beschlossen. Die Änderungen sind so weit- gehend, dass sie nur als Niederlage für Ulla Schmidt in- terpretiert werden können. Offenbar hat sie das Eigenle- ben mancher Referate ihres Hauses nicht im Griff. Die Änderungen der Koalitionsfraktionen stellen er- hebliche Verbesserungen dar, machen den Gesetzent- wurf für die FDP aber immer noch nicht zustimmungsfä- hig. Wir werden uns enthalten. Es bleibt bei der problematischen Grundkonzeption, die EU-Geweberichtlinie teilweise im Arzneimittelge- setz umzusetzen. Die Richtlinienkompetenz der Bundes- ärztekammer für Detailregelungen wird zwar entgegen den Regierungsplänen nicht abgeschafft, aber doch ein- geschränkt. Und ob alle Regelungen der Genehmigungs- v l G b e s t m g u k n g G i t a ß s d h l b d s l t d f h B b s B z s s m f I W l d K d e s S (C (D erfahren geringst mögliche Bürokratie und kürzestmög- iche Fristen enthalten, bleibt angesichts des hektischen esetzgebungsverfahrens offen. Erfreulich ist nach den Änderungen, dass Gewe- espenden für die Verwendung beim Spender selbst benso wie Keimzellen nun nicht dem Arzneimittelge- etz unterliegen werden. Bei reinen Gewebetransplanta- en ist es zu Verbesserungen durch vereinfachte Geneh- igungen und den Verzicht auf die Kommerzialisierung ekommen. Ebenfalls wichtig ist der FDP, dass bei Knochenmark- nd Samenspenden abweichend vom Regierungsentwurf eine Anonymität der Spende mehr vorgesehen ist. Die FDP hält die Verschärfungen für die Gewebeent- ahme bei Minderjährigen und Nicht-Einwilligungsfähi- en für überzogen. Es ist nicht einzusehen, warum eine ewebespende Minderjähriger für ihre Eltern zulässig st, für ihre Großeltern aber nicht. Hier liegt kein qualita- iver Unterschied vor. Kinder, die bei ihren Großeltern ufwachsen, haben zu ihnen mindestens ein ebenso gro- es Näheverhältnis wie zu ihren Eltern. Auch der völlige Ausschluss etwa der Knochenmark- pende von Nicht-Einwilligungsfähigen entspricht nicht er notwendigen Abwägung. So bleiben emotionale Nä- everhältnisse zum Beispiel von geistig Behinderten zu eukämiekranken Verwandten unberücksichtigt. Wir Li- erale hätten uns die Möglichkeit zu Einzelfallentschei- ungen in engen Grenzen gewünscht. Beobachtet werden muss nach Inkrafttreten des Ge- etzes, ob der von der Koalition richtigerweise formu- ierte Vorrang der Organspende vor der Gewebespende atsächlich durchgesetzt wird; denn die Koalition hat arauf verzichtet, Verstöße gegen das vorgesehene Ver- ahren mit Sanktionen zu belegen. Gegebenenfalls muss ier nachgebessert werden. Es ist erfreulich, dass die undesregierung im Ausschuss zugesagt hat, hierüber esonders aufmerksam zu berichten. Der Entschließungsantrag der Koalition, dem wir zu- timmen, beauftragt die Bundesregierung, in 2008 einen ericht über den Stand der Transplantationsmedizin ab- ugeben. Dieser Bericht muss dann Anlass sein, Verbes- erungen sowohl bei der Gewebe- als auch der Organ- pende zu diskutieren – und auch die ersten Erfahrungen it dem heute zu verabschiedenden Gesetz aufzugrei- en. Frank Spieth (DIE LINKE): Stellen Sie sich vor, hre Mutter ist krank und wartet auf eine Spenderniere. as würden Sie nicht alles unternehmen, um an dieses ebenswichtige Organ heranzukommen? Insbesondere ann, wenn Sie eine Wartezeit von bis zu sechs Jahren in auf nehmen müssten? Bereits heute machen sich viele Menschen auf, um in en ärmsten Ländern eine Spenderniere zu kaufen. Für in paar Dollar sind dort Menschen aus purer Not bereit, ich quasi ausschlachten zu lassen. Das ist für die Linke und mich einer der größten kandale der heutigen Zeit. Menschenrechte gelten für 10306 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) alle Menschen; Arm und Reich dürfen nicht weiter aus- einanderklaffen. Glücklicherweise verhindert das Transplantations- gesetz bei uns solchen Organhandel. Dennoch: Wir brauchen dringend mehr Organspenden, um die Schwerstkranken besser versorgen zu können. Die Spen- debereitschaft hängt aber maßgeblich davon ab, dass die Leute sich darauf verlassen können, durch ihre selbstlose Spende nicht in die Fänge von Geschäftemachern oder Mafiosi zu geraten. Diese Gefahr besteht zweifelsohne durch die Kommerzialisierung des internationalen Ge- webehandels. So sagten es auch die Experten bei der An- hörung im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bun- destags am 7. März 2007. Nach dieser deutlichen Kritik am ersten Gesetzent- wurf hat die Koalition viele handwerkliche Fehler korri- giert. Das will ich hier ausdrücklich loben. So können nun die Augenhornhautbanken und auch die Spezialab- teilungen für Brandopfer in Kliniken ohne Zulassung als „Arzneimittelhersteller“ ihre Arbeit verrichten. Die Knochenmarkspende“ von Nichteinwilligungsfähigen wurde fallen gelassen, Kinder können nur nach Ent- scheid des Familiengerichts zur Knochenmarkspende herangezogen werden. Ich finde es gut, dass jetzt die Re- gelung gilt, dass die Organspende der Gewebenutzung vorgeht. Ich finde es auch gut, dass Herzklappen und Augenhornhäute mit einem Handelsverbot belegt wer- den. Damit hat die Bundesregierung die weiteren Beden- ken der Experten ernst genommen und über die Ände- rungsanträge diese zumindest teilweise berücksichtigt. Meine Fraktion hätte es aber begrüßt, wenn Sie das Gewebegesetz noch einmal komplett neu aufgerollt hät- ten. Deshalb bleibt unsere bisherige Kritik weiter beste- hen, nämlich die Verknüpfung des Gewebegesetzes mit dem Arzneimittelgesetz. Dieses erlaubt den Handel mit den „industriell gefertigten“ Geweben und soll angeblich für die notwendige Sicherheit sorgen. So kann zum Bei- spiel aus gespendeten Knochen neues Knochengewebe hergestellt und so können Defekte aufgefüllt werden. Dass das Arzneimittelgesetz (AMG) der falsche Re- gelungsrahmen ist, zeigt zum Beispiel die „Produktzu- lassung“ nach § 21 a Abs. 2 Nr. 6 AMG: Was für die Produktionssicherheit bei einer Tablettenherstellung durchaus Sinn macht – denn auch die millionste Tablette muss die gleiche Qualität wie die erste haben –, kann auf Herzklappen oder Augenhornhäute nicht übertragen werden. Wir stehen mit dieser arzneimittelrechtlichen Lösung innerhalb der Europäischen Union allein da. Das wäre nicht nötig gewesen. Unsere österreichischen Nachbarn haben uns vorgemacht, dass auch ein eigenständiges Ge- setz für Gewebe möglich wäre. Warum können nicht die klassischen Gewebetransplantate wie Herzklappen, Au- genhornhäute, Knochengewebe oder Blutgefäße dem Transplantationsgesetz unterstellt werden? Auch wenn im Gesetz jetzt der Empfängerkreis ver- kleinert und die Bedingungen für die Knochenmarkent- nahme an die Familiengerichte delegiert wird, bleibt die M w d n r c m a d S ü l d S ö d F a d d i U ü k s y b z s n t n m w f b e s m I d d g d d k f m n r l g e w d (C (D öglichkeit, Kindern Knochenmark zu entnehmen, ob- ohl sie selbst nicht zustimmungsfähig sind. Die Hür- en für fremdnützige Spenden sollten höher gehängt und ur im absoluten Ausnahmefall nach Abfrage aller ande- en Spendenquellen möglich sein. Auch wenn wesentli- he Teile unserer Kritik am Gesetzentwurf aufgenom- en wurden, bleibt es bei der unglücklichen Kopplung n das Arzneimittelgesetz. Deshalb werden wir uns in er Abstimmung zu diesem Gesetz enthalten. Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): ie scheuen offenbar die öffentliche Auseinandersetzung ber die ethischen Folgen Ihres Gewebegesetzes. Anders ässt sich wohl kaum erklären, dass die Plenardebatte um ieses Gesetz zu so später Stunde aufgesetzt worden ist. ie wollen, dass dieser Gesetzentwurf ohne viel weitere ffentliche Aufmerksamkeit und Widerstand verabschie- et werden kann. Offenbar weil von den versammelten achleuten in der Anhörung zum Teil erhebliche Kritik n ihrem Gesetzentwurf kam. Dennoch zeugt es von einer ziemlichen Ignoranz, wie as zuständige Bundesministerium die einmütige Kritik ieser Verbände und Experten an sich abperlen ließ. Es st in erster Linie den Kolleginnen und Kollegen der nion zu verdanken, dass an dem vorgelegten Entwurf berhaupt noch etwas geändert wurde. Die SPD hat die ritischen Stimmen aus den eigenen Reihen – wie auch chon bei der Gesundheitsreform – verhallen lassen. Lo- alität zur eigenen Ministerin mag ja grundsätzlich eine egrüßenswerte Eigenschaft sein – aber sie sollte Gren- en haben. Zumal wenn es um so bedeutsame medizini- che und ethische Fragen geht. Auch wenn einige der aus Ihren Reihen in letzter Mi- ute vorgelegten Änderungsanträge in die richtige Rich- ung weisen, lehnen wir den Gesetzentwurf ab. Wir kön- en keinen Gesetzentwurf mittragen, der einen Handel it Gewebetransplantaten eben nicht grundsätzlich und irksam ausschließt. Aufgrund neuer Behandlungsver- ahren lassen sich heutzutage mit menschlichen Gewe- en erhebliche Gewinne erwirtschaften. Sowohl aus thischen Gründen wie auch aus Gründen des Patienten- chutzes müssen wir verhindern, dass sich der Umgang it Teilen des menschlichen Körpers an kommerziellen nteressen ausrichtet. Deshalb halten wir die Umsetzung er EU-Richtlinie im Rahmen des Arzneimittelrechts für en nicht zu heilenden Konstruktionsfehler des vorlie- enden Entwurfs. Dies führt auch dazu, dass nunmehr as Handelsverbot des Transplantationsgesetzes über en § 21 des Arzneimittelgesetzes ausgehebelt werden ann. Die unbestimmten Regelungen zur Entschädigung ür Spender tragen auch ihren Teil zur drohenden Kom- erzialisierung bei. Wir werden diesem Gesetzentwurf auch deswegen icht zustimmen, weil er keine gerechte und an den Inte- essen der Patientinnen und Patienten orientierte Vertei- ung von Gewebetransplantaten gewährleistet. Bei Or- anspenden haben wir so ein Verfahren und damit auch ine rechtliche Handhabe für Fälle wie jüngst in Essen, o ein Chefarzt im Verdacht steht, eine Patientin gegen ie Zahlung einer fünfstelligen Summe bei einer Leber- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10307 (A) ) (B) ) transplantation bevorzugt zu haben. Für Gewebe sieht der vorliegende Gesetzentwurf gar kein Verteilungsver- fahren vor. Das heißt, am Ende zählt nicht die Bedürftig- keit, sondern finanzielle Kriterien entscheiden darüber, wer ein Transplantat bekommt. Ich kann mir nicht vor- stellen, wie insbesondere die Sozialdemokraten dies ih- ren Wählerinnen und Wählern erklären wollen. Es ist erstaunlich, wie wenig das Bundesgesundheits- ministerium trotz gegenteiliger öffentlicher Bekennt- nisse wie zuletzt durch Ministerin Schmidt beim Deut- schen Ärztetag bereit war, sich den ethischen Bedenken am Gesetzentwurf zu öffnen. In der Frage der Knochen- markspende durch Nichteinwilligungsfähige haben Sie buchstäblich in letzter Sekunde zwar noch die Kurve ge- kriegt. Die Gewinnung von fötalem und embryonalem Gewebe ist aber weiterhin trotz der Kritik vor allem auch der Kirchen bedenklich unklar geregelt. Zusammenfassend finde ich es besonders erstaunlich, dass sich ausgerechnet ein sozialdemokratisch geführtes Gesundheitsministerium zum Vorreiter einer schleichen- den Kommerzialisierung des menschlichen Körpers macht. Sollten Sie sich der Tragweite der mit diesem Ge- setz vorgesehenen Regelungen bewusst sein, kann ich nur an Sie appellieren: Tun Sie es uns gleich, und lehnen Sie diesen Gesetzentwurf ab! Rolf Schwanitz, Parl. Staatssekretär bei der Bun- desministerin für Gesundheit: Das Gesetz über Qualität und Sicherheit von menschlichen Geweben und Zellen setzt abschließend Regelungen der europäischen Gewe- berichtlinie 2004/23/EG in nationales Recht um. Menschliche Gewebe und Zellen werden heute viel- fältig zu therapeutischen Zwecken eingesetzt. Das Ge- webegesetz enthält zum Schutz der Patientinnen und Pa- tienten die Vorgaben, die für die Qualität und Sicherheit der Arzneimittel aus menschlichen Geweben und Zellen notwendig sind. Dadurch sollen nicht nur die Übertra- gung von schwerwiegenden Krankheiten, sondern auch Schäden durch unsachgemäße Be- oder Verarbeitung der Gewebe vermieden werden. Dabei ist der Rechtsrahmen gewählt worden, den wir in Deutschland schon lange ha- ben: Die technischen Regelungen werden im Arzneimit- telgesetz umgesetzt. Die ethischen Fragen wie Spender- aufklärung und Einwilligung sowie die Aspekte der Meldung schwerwiegender Zwischenfälle und Reaktio- nen und der Rückverfolgung werden im Transplanta- tionsgesetz geregelt. Im Arzneimittelgesetz werden die Regelungen über die Gewinnung und die Be- oder Verarbeitung von Gewebe sowie über das Inverkehrbringen von Gewebe- zubereitungen jeweils in gesonderten Vorschriften zu- sammengefasst. Dadurch sind innerhalb des Arzneimit- telrechts übersichtliche Vorschriften geschaffen worden, die die Besonderheiten im Umgang mit Gewebe ange- messen berücksichtigen und die EG-Richtlinien exakt umsetzen. Im Rahmen dieses neuen Systems ist zunächst die Vorschrift des § 20 b AMG zu erwähnen, die künftig die Gewinnung jeder Art von Gewebe regelt. Sie gilt für die G m i d n o s f n d a b t k V s c P b V h o w c b e b t w a d s A v G u § s a m o g d u i a Z u G T g R O s V (C (D ewinnung von Gewebe einschließlich damit zusam- enhängender Maßnahmen zur Erhaltung des Gewebes n einem be- oder verarbeitungsfähigen Zustand, zur ein- eutigen Identifizierung sowie zum Transport. Für Ent- ahmeeinrichtungen, die mit einem Hersteller oder Be- der Verarbeiter von Geweben zusammenarbeiten, sieht ie zudem eine Erleichterung bei der Erwirkung der er- orderlichen Erlaubnis vor. Die Erlaubnis muss nämlich icht von der Entnahmeeinrichtung selbst beantragt wer- en, sondern ist vom Hersteller bzw. vom Be- oder Ver- rbeiter einzuholen. Die Vorschriften für die Be- oder Verarbeitung von ekannten Geweben werden ebenfalls in einer gesonder- en Regelung, dem § 20 c AMG, zusammengeführt. Be- annte Gewebe sind solche, die mit nicht industriellen erfahren be- oder verarbeitet werden und deren Her- tellungsverfahren in der Europäischen Union hinrei- hend bekannt sind. Diesen Geweben werden solche rodukte gleichgestellt, die zwar mit neuen Verfahren e- oder verarbeitet werden, welche aber mit bekannten erfahren vergleichbar sind. Für Gewebezubereitungen, die mit industriellen, das eißt anspruchsvollen technischen, auch biotechnischen der aufwendigen maschinellen Verfahren hergestellt erden, finden die jetzt geltenden arzneimittelrechtli- hen Regelungen des § 13 AMG weiter Anwendung. Das neue Genehmigungsverfahren für das Inverkehr- ringen von Gewebezubereitungen ist in § 21 a AMG nthalten und betrifft ebenfalls nur bekannte Gewebezu- ereitungen. Gewebeprodukte, die unter den Arzneimit- elbegriff der Richtlinie 2001/83/EG fallen oder die mit esentlich neuen Verfahren hergestellt werden, müssen us Gründen des Gesundheitsschutzes weiterhin nach em aufwendigeren Verfahren des § 21 AMG zugelas- en werden. Das Genehmigungsverfahren nach § 21 a MG ist im Vergleich zur Zulassung nach § 21 AMG ereinfacht und stellt ein selbstständiges Verfahren dar. emäß § 21 a AMG genehmigte Gewebezubereitungen nterliegen dem Organ- und Gewebehandelsverbot des 17 TPG, weshalb ihre Kommerzialisierung ausge- chlossen ist. Weiterhin sind großzügige Übergangsregelungen für lle Gewebeeinrichtungen vorgesehen, die entweder erst- als eine behördliche Genehmigung beantragen müssen der bisher nach geltendem Recht noch keine Anträge estellt haben. Diese Übergangsregelungen sorgen dafür, ass keine Einrichtung ihre Tätigkeiten einstellen muss nd die Versorgung mit Gewebezubereitungen gesichert st. Durch eine Regelung zur Besitzstandswahrung wird ußerdem klargestellt, dass bestehende Erlaubnisse und ulassungen nach dem AMG erhalten bleiben. Qualität nd Sicherheit sind in beiden Fällen der behördlichen enehmigung gewahrt. Zu den wesentlichen Änderungen im Bereich des ransplantationsgesetzes: Um den Befürchtungen entge- enzuwirken, die Organspende könne unter den neuen egelungen für die Gewebe leiden, ist der Vorrang der rganspende vor der Gewebeentnahme im Gewebege- etz ausdrücklich verankert worden. Entsprechend dem otum des Bundesrates und der Mehrheit der Sachver- 10308 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) ständigen ist dieser Grundsatz in einer eigenständigen Regelung den verfahrensrechtlichen Bestimmungen vo- rangestellt und wird zusätzlich durch entsprechende Do- kumentationspflichten abgesichert. Eine weitere Neuerung ist, dass das Transplantations- gesetz nunmehr die rechtlichen Vorgaben für die Kno- chenmarkspende regelt. An die Knochenmarkentnahme bei Kindern werden aber strenge Anforderungen gestellt. Bei Interessenkonflikten der gesetzlichen Vertreter ist das Familiengericht einzuschalten. Der Grundsatz der Anonymität der Gewebespende wird nur für die Samenspende und die Knochenmark- spende durchbrochen. Bei der Samenspende ist eine Aus- nahme zu machen, da dem Kind das Recht auf Kenntnis seiner Abstammung zusteht. Auch für die Knochenmark- spende muss der Grundsatz der Anonymität mit Einwilli- gung der Betroffenen aufgehoben werden können, um das Bewusstsein für die Notwendigkeit dieser wichtigen Gewebespende aufrechterhalten zu können. Wichtiges Beispiel hierfür sind die öffentlichen Aufrufe zur Kno- chenmarkspende, in denen namentlich die Empfänger bekannt werden und dadurch zu einer großen Resonanz führen. Auch die EG-Geweberichtlinie lässt ausdrücklich nationale Ausnahmen vom Grundsatz der Anonymität bei Gewebespenden zu. Das Gewebegesetz enthält die maßgeblichen Rege- lungen, um die Qualität und Sicherheit von Gewebezu- bereitungen zu wahren und zu verbessern. Damit sorgt der deutsche Gesetzgeber für ein hohes Gesundheits- schutzniveau. Die Transplantation von menschlichen Geweben gewinnt in der Medizin zunehmend an Bedeu- tung. Sie bietet große Chancen für die Behandlung von bisher unheilbaren Erkrankungen. Das Gewebegesetz schafft hierfür die erforderlichen Rahmenbedingungen und sichert dadurch den gesundheitlichen Schutz der Pa- tientinnen und Patienten. Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Demokratie, Rechts- staatlichkeit und Zivilgesellschaft in Ägypten fördern (Tagesordnungspunkt 20) Joachim Hörster (CDU/CSU): Der Antrag der FDP-Fraktion, über den wir heute reden, liest sich in Tei- len gut. Er enthält einige nachvollziehbare Überlegun- gen. Er hat allerdings ein gravierendes Manko: Er geht aus meiner Sicht in wichtigen Teilen an der Realität vor- bei. Ich lese in dem Antrag davon – ich darf zitieren –, dass „die jahrelangen intensiven Beziehungen zu Ägyp- ten für Deutschland von herausragender Bedeutung sind“ und dass „Ägypten einer unserer wichtigsten Part- ner in der Region des Nahen Ostens und Nordafrikas ist“. Des Weiteren lese ich dort, „dass Ägypten drittgröß- ter Handelspartner Deutschlands in der arabischen Welt und Schwerpunktland bilateraler deutscher Entwick- lungszusammenarbeit ist“. Dennoch glaubt die FDP, die Außenpolitik und die Entwicklungszusammenarbeit der j b t t E n r l d w s t B k l V d d 2 d e s s f n z p A U z u d W P K o d s s K u r g d d d r w B ä f A b g d m l l (C (D etzigen Bundesregierung in Bezug auf Ägypten in gro- er Form kritisieren zu müssen. Das ist meines Erach- ens unsachlich und nicht akzeptabel, auch vor dem Hin- ergrund, dass Ägypten Schwerpunktland deutscher ntwicklungszusammenarbeit im Rahmen des soge- annten „Aktionsprogramms 2015“ des Bundesministe- iums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick- ung (BMZ) ist. Ich möchte auf einige Vorwürfe eingehen und will iese anhand verschiedener Zahlen und Aussagen klar iderlegen. Sie werfen unserer Bundesregierung vor, sie chließe sich der wirtschaftlichen und kulturellen Orien- ierung der Vorgängerregierung an und lasse nur wenig ezug zum Aufbau zivilgesellschaftlicher Strukturen er- ennen. Richtig ist, dass sich das Volumen der Entwick- ungszusammenarbeit, das Deutschland Ägypten zur erfügung stellt, zwischen 2004 und 2006 nahezu ver- oppelt hat. Die Zusammenarbeit konzentriert sich auf rei Schwerpunktbereiche, die – zuletzt im September 006 – mit der ägyptischen Regierung verhandelt wur- en. Das sind im Einzelnen: erstens Wasserwirtschaft, inschließlich Wasserversorgung, Abwasserentsorgung owie Be- und Entwässerung; zweitens Umwelt, ein- chließlich erneuerbarer Energien (Windenergie), Ab- allwirtschaft, industrieller Umweltschutz, Schutz und achhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen; drittens so- iale Marktwirtschaft, einschließlich Entwicklung des rivaten Sektors, Finanzierungssysteme, Schaffung von rbeitsplätzen, informeller Sektor, kleine und mittlere nternehmen, Berufsausbildung. Daraus zu schließen, hier höre die deutsche Unterstüt- ung auf, ist schlichtweg falsch. Ich darf an den Besuch nserer Bundeskanzlerin in Ägypten Anfang Februar ieses Jahres erinnern. Beim „Deutsch-Ägyptischen irtschaftsforum“ am 4. Februar in Kairo hat sie klar osition bezogen, wie sie sich die deutsch-ägyptische ooperation vorstellt. Dabei ist sie nicht nur auf die ben genannten Schwerpunktbereiche eingegangen, son- ern hat auch ganz klar formuliert, dass sie bei ihren Ge- prächen in Ägypten festgestellt hat, dass auf ägypti- cher Seite ein großes Bedürfnis an einer engen ooperation in den Bereichen Bildung, Wissenschaft nd Technologie vorhanden ist – gerade auch in der Be- ufsausbildung; dies auch und gerade vor dem Hinter- rund steigender Bevölkerungszahlen in Ägypten und er noch nicht ausreichenden professionellen Ausbil- ungsmöglichkeiten für die jungen Leute. Diesem Be- ürfnis nachzukommen, sei man aus deutscher Sicht be- eit. Ich bin unserer Kanzlerin sehr dankbar für ihren Hin- eis auf die sogenannte Kohl-Mubarak-Initiative, die undeskanzler Helmut Kohl im Jahr 1991 mit dem gyptischen Staatspräsidenten Mubarak ins Leben geru- en hat, und die den Anstoß geben sollte für ein duales usbildungssystem für handwerkliche und Facharbeiter- erufe in Ägypten. Auf diese Initiative hätten die Kolle- innen und Kollegen von der FDP bei einer tiefer gehen- en Beschäftigung mit dem Thema übrigens auch stoßen üssen, wenn Sie mir den Hinweis an dieser Stelle er- auben. Das auf diese Initiative hin 1993 von Deutsch- and gemeinsam mit der ägyptischen Wirtschaft und dem Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10309 (A) ) (B) ) Bildungsministerium durchgeführte Programm zur Ein- führung der dualen beruflichen Bildung gilt heute als Referenzmodell sowohl für Ägypten als auch für andere Länder in der arabischen Welt. Unsere Bundeskanzlerin ist bei ihren Gesprächen im Februar mit Vertretern der Wirtschaft auch auf diese Initiative eingegangen, mit dem Ziel, Wege zu finden, wie man neben den staatlich zur Verfügung stehenden Mitteln auch Leben in private Initiativen hineinbringen kann. Sie vergessen auch, dass Deutschland im Rahmen ei- nes Entwicklungshilfe-Projekts der finanziellen Zusam- menarbeit mit 82,2 Millionen Euro – Stand Januar 2006 – beim Bau von Grundschulen in Ägypten hilft. Im Rah- men der Regierungsverhandlungen mit Ägypten im Sep- tember 2006 wurde ein Erlass von Schulden aus früheren Entwicklungskrediten in Höhe von 20 Millionen Euro vereinbart. Ägypten hat sich verpflichtet, diese Summe zusätzlich zum Bau von Schulen zu verwenden. Ich vermisse in Ihrem Antrag auch den Hinweis auf das „Deutsch-Ägyptische Jahr der Wissenschaften und Technologie“, das wir in diesem Jahr begehen. Im Juni treffen sich die europäischen Bildungsminister im Rah- men der EUROMED-Kooperation in Kairo. Auch un- sere Bundesbildungsministerin Annette Schavan wird dabei sein. Sie reist mit der ausdrücklichen Bitte unserer Bundeskanzlerin im Rücken, ein besonderes Augenmerk auf die Entwicklung der bilateralen Beziehungen in die- sem Bereich zu legen. Die FDP fordert in ihrem Antrag außerdem, man möge die Goethe-Institute in Kairo und Alexandria und die German University in Kairo, die erste deutsche Uni- versität außerhalb Deutschlands, stärker unterstützen, um so die Zivilgesellschaft in Ägypten zu stärken. Ich denke, dass wir dies schon tun. Es sei auch ein Hinweis auf die drei deutschen Schulen in Ägypten gestattet. Eine stärkere symbolische Unterstützung als die, dass sich unsere Bundeskanzlerin bei ihrer Reise von einem Absolventen einer deutschen Schule begleiten lässt, kann ich mir nicht denken. Inwieweit man das Goethe- Institut, die German University und die deutschen Aus- landsschulen zukünftig noch stärker als bisher finanziell unterstützen könnte, bin ich als stellvertretendes Mit- glied im Unterausschuss für Auswärtige Kulturpolitik gerne bereit im Rahmen der nächsten Haushaltsverhand- lungen mit zu diskutieren. Anders als die Kolleginnen und Kollegen von der FDP bin ich nicht der Auffassung, dass Deutschland sich zu wenig um die Themen Demokratieförderung, Förde- rung der Zivilgesellschaft und rechtsstaatlicher Struktu- ren in Ägypten kümmert. Wem dienen denn all die Be- mühungen, die Deutschland ergreift, um Ägypten in dieser Zeit des Umbruchs zu helfen? Dem Volk. Eine bessere Wasserwirtschaft ermöglicht gerade den Klein- bauern eine effizientere Wassernutzung und damit eine verbesserte Agrarproduktion. Saubereres Wasser kommt den Familien zugute. Vorhaben für sauberes Wasser und sauberere Luft helfen der Umwelt und damit denen, die am meisten unter der Umweltzerstörung zu leiden ha- ben, den Armen, gerade in Großstädten wie Kairo. h A s b U n j u t D h s v i p c h M E d s s s s S Z l n G g ä t m P n D v c d g R s s i f D t f u M B k Ä n h ä (C (D Der Grund für die Armut in Ägypten liegt in der ho- en Arbeitslosigkeit. Offizielle Zahlen gehen von einer rbeitslosenquote von 10 Prozent aus, Schätzungen prechen von 20 Prozent. Jugendliche und Frauen sind esonders von Arbeitslosigkeit betroffen. Mit unserer nterstützung – die Maßnahmen habe ich soeben ge- annt – kann es gelingen, die Bildungssituation für die ungen Menschen zu verbessern, durch bessere Schulen nd eine bessere Ausbildung. Für die Förderung der Be- eiligung von Frauen an der Entwicklung des Landes hat eutschland in den deutsch-ägyptischen Regierungsver- andlungen 2006 gesonderte Mittel zur Verfügung ge- tellt. Eine bessere Bildung bringt auch ein stärkeres zi- ilgesellschaftliches Engagement mit sich. Davon bin ch überzeugt. Jetzt höre ich schon die Einwände der FDP, dass das olitische System in Ägypten dieses zivilgesellschaftli- he Engagement gerade unterdrücke, das sei ja auch In- alt ihres Antrages. Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und enschenrechte und damit jedes zivilgesellschaftliche ngagement würden radikal verhindert. Dazu komme, ass die Muslimbruderschaft, die einflussreichste Oppo- itionsbewegung in Ägypten, inzwischen das fehlende taatliche Sicherungssystem mit Einrichtungen im Ge- undheitssektor und durch karitative Einrichtungen er- etze. Gerade aus gesellschaftlich schwächer gestellten chichten erfahre die Muslimbruderschaft daher regen ulauf und finde einen geeigneten Nährboden für ihre is- amistische Ideologie. Diese Argumentation ist nach meinem Dafürhalten icht ganz von der Hand zu weisen. Auch ich sehe die efahr, dass etwa das im März 2007 in Ägypten durch- eführte Referendum über weit reichende Verfassungs- nderungen, „grundlegende Menschenrechte beeinträch- igt“, wie „Human Rights Watch“ es formuliert. Ich hätte ir auch gewünscht, dass das seit der Ermordung von räsident Anwar el-Sadat 1981 geltende Ausnahmerecht icht in die Verfassung aufgenommen worden wäre. ass Behörden künftig ohne Gerichtsbeschluss „Terror- erdächtige“ festnehmen, deren Wohnungen durchsu- hen sowie Post und Telefone überwachen können, dass er Präsident „Terrorverdächtige“ eigenmächtig Militär- erichten überstellen kann und dass der Judikative das echt entzogen wird, Wahlen zu überwachen, sind alle- amt Maßnahmen, die die westliche Staatengemein- chaft aufhorchen lassen. Auch der Bericht von „amnesty nternational“ über den Anti-Terror-Kampf und die Ge- angenenrechte in Ägypten zeichnet ein düsteres Bild. er starke Zulauf, den die Muslimbruderschaft in Ägyp- en erfährt, ist eine nicht zu unterschätzende Bedrohung ür das Land. Darauf müssen wir reagieren – mit allen ns politisch und diplomatisch zur Verfügung stehenden itteln und auch mit wirtschaftlicher Unterstützung. Ich möchte an dieser Stelle ein letztes Mal auf den esuch unserer Bundeskanzlerin in Ägypten zurück- ommen. Sie hat den Bereich des Gesundheitswesens in gypten als einen Bereich der Kooperation, im dem och sehr große Marktchancen vorhanden sind, bewusst erausgehoben. Dies fasse ich auch als Hinweis an die gyptische Regierung auf, im Bereich der Gesundheits- 10310 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) fürsorge für das ägyptische Volk den Muslimbrüdern nicht kampflos das Feld zu überlassen. Ich habe auch die Hoffnung, dass mit unserer Hilfe – finanzieller, aber auch ideeller Art – der Weg zu mehr Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten in Ägypten geebnet wird. Zum Abschluss meiner heuti- gen Rede möchte ich daher den bekanntesten Verfechter demokratischer Freiheiten in Ägypten zitieren, Saad Eddin Ibrahim. Er war ob seiner Kritik an der ägypti- schen Regierung und ihrer Politik lange selber inhaftiert. Heute ist er vom längerfristigen Erfolg der Aktionen von zivilen Organisationen in Ägypten und anderswo über- zeugt. Er sagt: „Wir haben zahlreiche Beweise, dass die Bürger arabischer Länder weniger ängstlich geworden sind, dass ihr Mut wächst.“ Ich hoffe sehr, dass mit unse- rer Hilfe, durch verbesserte Bildungsmöglichkeiten und verbesserte Lebensbedingungen, die Menschen in Ägyp- ten mit der Zeit tatsächlich immer mutiger werden. Dr. Rolf Mützenich (SPD): Ägypten spielt in der Tat eine herausragende Rolle in der arabischen Welt und ist einer unserer wichtigsten Partner in der Region. Das Land hat ohne Zweifel erhebliche Defizite hinsichtlich Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten. Die Erhaltung der innenpolitischen Stabilität bleibt das oberste Ziel von Präsident Mubarak. Innenpolitische Re- formen zur Stärkung von Partizipation und Teilhabe der Bevölkerung sind offensichtlich nicht vorgesehen. Die Gruppen der zivilen Gesellschaft sind schwach. Das Pendel zwischen Stabilität und Demokratie hat sich wieder in Richtung Stabilität bewegt, eine Stabilität, die jedoch ihren Preis hat: Die Kluft zwischen Regierung und Volk hat sich vergrößert. Die Unzufriedenheit der großen Mehrheit der Bevölkerung mit der politischen, sozialen und wirtschaftlichen Situation bleibt weiterhin eine Konstante der ägyptischen Innenpolitik. Die Rechte auf freie Meinungsäußerung sowie auf die Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit bleiben einge- schränkt. Journalisten werden wegen ihrer Arbeit be- droht, mit Schlägen misshandelt und inhaftiert. Wieder- holt ging die Polizei mit exzessiver Gewalt gegen Demonstranten vor, die Kritik an der Politik der Regie- rung übten oder ihre Grundrechte einforderten. Die Menschenrechtslage in Ägypten ist unverändert ernst. Auch in diesem Jahr wurden von Menschenrechts- organisationen viele Überschreitungen registriert, ange- führt von Folter durch Polizei- und Sicherheitskräfte bis hin zur Behinderung der politischen Parteien und NGOs mittels einer Vielzahl von einschränkenden Gesetzen, die eine zivilgesellschaftliche Arbeit sehr erschweren. Weiterhin werden Oppositionelle und politische Aktivis- ten verfolgt, verhaftet und geschlagen. Tausende von Menschen sitzen jahre- und sogar jahrzehntelang ohne Verfahren in Haft. Obwohl Präsident Mubarak nun schon seit 25 Jahren an der Macht ist, ist es ihm jedoch nicht gelungen, alle staatlichen Organe auf seine politi- sche Linie einzuschwören. Dies zeigt sich besonders bei der Judikative, die traditionell in Ägypten auf ihre Unab- hängigkeit achtet. Die Judikative wurde durch polizeili- che Ausfälle gegen einige der Richter in ihrer Arbeits- m „ t g K e w k u w m r Z R d k s d G r d n e r d r g T d a r s s G d r A m z s Ä n N d d e v G m a m r S (C (D öglichkeit behindert und für ihre Unbeugsamkeit bestraft“. Gewerkschafts- und Studentenwahlen ende- en mit massiven polizeilichen Eingriffen und Verhaftun- en oder durch Ablehnung derjenigen Anträge, deren andidaten nicht genügend „regierungsnah“ sind. Auch im Bereich Presse- und Meinungsfreiheit ist ine Zuspitzung der Lage zu beobachten. Journalisten erden verhaftet, vor Gericht gestellt, und deren Publi- ationen konfisziert mit dem Vorwand der Verleumdung nd Gefährdung der nationalen Sicherheit. Das Komitee der Politischen Parteien verhindert nach ie vor erfolgreich die Gründung von Parteien. Das Ko- itee, welches mehrheitlich aus Mitgliedern der regie- enden NDP besteht, hat seit seiner Gründung 1977 die ulassung von 74 Parteien verhindert. Auch die 2004 erfolgte Einrichtung eines „Nationalen ats für Menschenrechte“ hat nicht dazu beigetragen, ass die Regierung diesem Thema größere Aufmerksam- eit widmet. Obwohl dieser Rat mit bekannten ägypti- chen Persönlichkeiten besetzt ist (der Vorsitzende ist er ehemalige UN-Generalsekretär Boutros Boutros hali), stießen seine Empfehlungen seitens der Regie- ung auf keinerlei Resonanz. Auch nach dem Referendum über die Verfassungsän- erung am 26. März dieses Jahres haben sich die Hoff- ungen auf wachsende Meinungsfreiheit vorerst nicht rfüllt. Immerhin wurden dadurch 27 Jahre Notstands- echt beendet. Doch nach der neuen Regelung können ie Behörden nun bei Terrorismusverdacht ohne Ge- ichtsbeschluss Verdächtige festnehmen, ihre Wohnun- en durchsuchen, den Briefverkehr überwachen und die elefone abhören. Zudem kann der Präsident jederzeit as Parlament auflösen. Amnesty International hat dies ls „schwerwiegendste Beeinträchtigung der Menschen- echte in Ägypten seit Mubaraks Amtsantritt 1981“ kriti- iert. Schon jetzt sitzen laut Amnesty rund 18 000 Men- chen ohne Anklage oder Prozess in ägyptischen efängnissen. Das Ergebnis des Verfassungsreferen- ums ist jedenfalls ambivalent, auch wenn die Regie- ung es durch die Aufhebung der Notstandsgesetze, der usweitung der Vollmachten von Regierung und Parla- ent und nicht zuletzt durch wesentliche Maßnahmen ur rechtlichen Gleichstellung der Frau als demokrati- chen Meilenstein zu verkaufen trachtet. Die konkreten nderungen der Verfassung bauen jedenfalls im Ergeb- is den Spielraum des Präsidenten und der regierenden ationaldemokratischen Partei (NPD) weiter aus. Auch außenpolitisch geht die ägyptische Regierung urch eine schwierige Phase. Der politische Grat, auf em das Regime wandelt, ist schmal: Einerseits versteht s sich als eines der engsten Verbündeten und Interessen- ertreter der USA in der Region und wird auf dieser rundlage entsprechend subventioniert; andererseits uss es sich innenpolitisch legitimieren und Rücksicht uf die politische Grundstimmung der Bevölkerung neh- en. Der Anspruch, in der arabischen Welt eine Führungs- olle zu spielen, entspricht nicht nur dem traditionellen elbstbild der Elite im bevölkerungsreichsten Land des Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10311 (A) ) (B) ) Nahen Ostens, sondern ist gleichzeitig einer der Pfeiler, auf dem das innenpolitische System Ägyptens und seine Stabilität ruhen. Ohne die Hilfsgelder aus den USA und Europa wäre das ägyptische Regime kaum in der Lage, die Subventionen auf Grundversorgungsgüter für die in Armut lebende Bevölkerungsmehrheit zu finanzieren. Ägypten erhält die Finanzhilfen aus dem Ausland wegen seiner geostrategischen Position und als Preis für seine moderate und eng mit den Interessen der USA verbun- dene Haltung in den großen Regionalkonflikten. Exemplarisch zeigte sich am Beispiel des Libanon- krieges, wie eng der Spielraum ist, der der ägyptischen Regierung zwischen der Legitimierung nach innen und ihrer Rolle als strategischer Verbündeter der USA bleibt. In der ersten Sitzung der Arabischen Liga nach Kriegs- beginn verurteilte Ägypten (zusammen mit Saudi-Ara- bien und Jordanien) die Haltung der Hizballah als aben- teuerlich und machte sie für den Kriegsausbruch verantwortlich. Als die Regierung den Druck der ägypti- schen Öffentlichkeit spürte, kam sie von dieser Position ab und erkannte in der zweiten Hälfte des Krieges die Aktionen der Hisbollah als gerechtfertigten Widerstand gegen die Besatzung an. Am 8. August letzten Jahres sandte Ägypten gar eine Delegation nach Beirut, um seine Solidarität mit dem libanesischen Volk auszudrü- cken. Zu Beginn der Auseinandersetzungen im Libanon übte Mubarak noch scharfe Kritik am Verhalten der mili- tanten Hisbollah und warf ihr die Schuld an der israeli- schen Intervention vor, die sie durch die Entführung der israelischen Soldaten ausgelöst habe. Zudem verurteilte er die Hisbollah, sie würde als Staat im Staat agieren und unkalkulierte Abenteuer wagen. Damit zieht die Regie- rung auch Parallelen zur Innenpolitik und versucht, eine analoge Entwicklung in Ägypten zu verhindern. Die ver- botene ägyptische Muslimbrüderschaft weist ganz ähnli- che, jedoch gewaltfreie Strukturen wie die Hisbollah auf und ist ebenfalls tief in der Gesellschaft verankert. Die Popularität der Hisbollah und ihres Führers Hassan Nasrallah in Ägypten, die mit deren Erfolgen gegen die übermächtige israelische Armee noch wuchs, zwang Mubarak, seine öffentlichen Meinungsäußerungen zu überdenken. Die wechselnde Haltung der ägyptischen Regierung zeigt das ganze Dilemma des ägyptischen Re- gimes. Der Versuch, einen Mittelweg zu finden, endete mit dem Resultat, dass Ägyptens Rolle im Libanonkon- flikt kaum wahrnehmbar war. Anders als bei früheren Konflikten in der Region zeichnete sich die ägyptische Führung durch Abwesenheit aus. Im Übrigen: Es entspricht einfach nicht der Wahrheit, dass die Bundesregierung keinen Wert auf die Entwick- lung rechtsstaatlicher und zivilgesellschaftlicher Struk- turen in Ägypten legt. Nachdem das Assoziierungsab- kommen mit Ägypten im Juni 2004 in Kraft getreten war, nahm die EU mit Ägypten Gespräche zum Aktions- plan auf. Eine erste Runde zwischen den Vertretern der Europäischen Kommission und der ägyptischen Regie- rung fand in Kairo im September 2005 statt; die nächste fand Anfang 2006 in Brüssel statt. Die Verhandlungen sind ins Stocken geraten, da es zwischen der europäi- schen und ägyptischen Seite Unstimmigkeiten darüber g t S v g g T a w P t d r s d R d u t z – L Ä t p w p i b d t k g i W g t P N is d t s b e R w v e g w a (C (D ibt, in welcher Form der Punkt Menschenrechte im Ak- ionsplan aufgenommen werden soll. Die ägyptische eite betrachtet den von der EU-Verhandlungsdelegation orgelegten Entwurf als Einmischung in die inneren An- elegenheiten Ägyptens. Bis heute sind die Verhandlun- en noch nicht abgeschlossen. Dies zeigt, dass das hema Menschrechte und Rechtsstaatlichkeit durchaus uf der europäischen und deutschen Agenda steht. Er- ähnenswert ist in diesem Zusammenhang auch das rogramm der EU-Partnerschaft für den Frieden zur Un- erstützung des Nahost-Friedensprozesses auf der Ebene er Zivilgesellschaft, in das neben Ägypten auch Alge- ien, Israel, Jordanien, Libanon, Marokko, Syrien, Tune- ien, die Türkei und Palästina eingebunden sind. Die SPD-Fraktion fordert die ägyptische Regierung azu auf, den Weg rechtsstaatlicher und demokratischer eformen konsequent zu verfolgen. Bis dahin ist es je- och noch ein weiter Weg. Marina Schuster (FDP): Den meisten Menschen in nserem Land ist Ägypten vor allen Dingen aus Reiseka- alogen bekannt. In der Tat gehört Ägypten zu den fas- inierendsten Ländern dieser Welt. Kaum jemand kann und sollte – sich der beeindruckende Kultur dieses andes sowohl vergangener Tage als auch im heutigen gypten entziehen. Es liegt in unserem Interesse, die gu- en Beziehungen, die sich nicht zuletzt aus den vielen ersönlichen Erfahrungen von Millionen Besuchern ent- ickelt haben, weiter zu vertiefen. Eine grundsätzlich ositive Einstellung zu einem Land der islamischen Welt st in diesen Tagen sehr viel Wert. Wir sollten das aus- auen. Damit sind wir auch schon beim Punkt des Antrages, en wir Ihnen hier heute vorlegen. Es geht meiner Frak- ion um zwei wesentliche Punkte. Einer betrifft die ganz onkreten Entwicklungen unserer bilateralen Beziehun- en. Der andere behandelt die Frage des Umgangs mit slamistischen Organisationen in grundsätzlicher Art und eise. Ägypten hat im Fokus unserer Außenpolitik seit lan- er Zeit einen festen und bedeutsamen Platz. Jenseits der ouristischen Fragen ist Ägypten für uns ein zentraler artner, ein Partner, dessen Lage zwischen Maghreb und ahem Osten, zwischen Afrika und Europa einzigartig t. Wir alle wissen, welche führende Rolle Ägypten in er Arabischen Liga spielt. Wir alle wissen, welche zen- rale Rolle Ägypten im Nahostkonflikt immer wieder ge- pielt hat. Um es an dieser Stelle vorab auf den Punkt zu ringen: Da wir uns im Nahostkonflikt selbst sämtlicher igener Kontakte zu großen Teilen der palästinensischen egierung beschnitten haben, sind wir auf Dritte ange- iesen. Ägypten ist gerade in dieser Hinsicht für uns on unschätzbarem Wert. Unser strategisches Ziel muss s sein, dass uns Ägypten als stabiler Partner in der Re- ion erhalten bleibt. Wer sich in der ägyptischen Innenpolitik auskennt, eiß, dass die innere Stabilität Ägyptens, und damit uch unsere Beziehungen, mittelfristig ernsthaft gefähr- 10312 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) det sind. Die Nachfolge von Präsident Mubarak ist nicht geregelt, demokratische und rechtsstaatliche Reformen haben in den letzten Jahren sehr ernste Rückschläge er- litten und zugleich gewinnt die islamistische Muslimbru- derschaft – in sich heterogen – mehr und mehr Anhän- ger. Eben jene ägyptische Muslimbruderschaft ist es, die als „Mutter aller Islamisten“ gilt. Vom Libanon und den palästinensischen Gebieten bis Marokko und Algerien lassen sich die Ursprünge vieler Organisationen bis in das Ägypten der 20er-Jahre zurückverfolgen. Hier be- gann der islamische Extremismus, und hier ist er auch heute noch aktiv. Auch wenn die Muslimbruderschaft heute der Gewalt abgeschworen hat und viele „gemä- ßigte Islamisten“ in ihren Reihen sind, sind Antisemitis- mus, das erklärte Ziel eines Gottesstaates und die Wie- dereinführung der Sharia und auch eine latente Gewaltbereitschaft in den Reihen ihrer Anhänger ver- breitet. Oder um es klarer auszudrücken: Ein von der Muslimbruderschaft geführter ägyptischer Staat könnte schwerlich noch jener Partner in der Region für uns sein, den wir so dringend benötigen. Nun gibt es jene, insbesondere in der ägyptischen Re- gierung, die mit Verweis auf die „islamistische Gefahr der Muslimbruderschaft“ für eine immer härtere Gangart eintreten, und umgekehrt die anderen, die wegen zuneh- mender staatlicher Repressalien den Gang in den Unter- grund wählen, bis hin zu terroristischen Anschlägen wie in den Jahren 1997, 2004, 2005 und zuletzt 2006. Nun brauchen wir an dieser Stelle nicht darüber zu streiten, ob erst „Henne oder Ei“ dagewesen ist. Fakt ist, dass die Islamisten in Ägypten immer mehr Zulauf er- halten. Fakt ist auch, dass dies nicht in unserem Interesse sein kann. Die Ursachen für die geschilderte Entwick- lung liegen zum einen in den immer neuen staatlichen Repressalien, zum anderen aber auch darin, dass der ägyptische Staat in vielen Politikbereichen nicht die Ver- antwortung für die eigene Bevölkerung übernimmt. Grundversorgung im Infrastrukturbereich, im Gesund- heitswesen oder im Bildungsbereich ist in weiten Teilen des Landes nur auf sehr niedrigem Niveau vorhanden. Genau das öffnet islamistischen Organisationen den Weg in die Köpfe und Herzen der Menschen. Islamisten wie die ägyptischen Muslimbrüder füllen die Lücken, die der Staat in den sozialen Bereichen offen lässt. Ein eigenes, informelles System der Gesundheitsversorgung und der Grundbildung, das von der Muslimbruderschaft gesteu- ert wird, ist heute in Ägypten längst Realität. Damit wächst die Unterstützung und der Einfluss der Muslim- brüder. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann sie sich so stark fühlen werden, dass sie ihren Machtanspruch auch entsprechend nachdrücklich artikulieren werden. Dem zu begegnen ist eine große und wichtige Auf- gabe. Ich sage an dieser Stelle zwei Dinge ganz deutlich: Erstens halten wir Repression und eine Einschrän- kung von Rechtsstaat und Demokratie bis hin zu staatli- chen Menschenrechtsverbrechen ganz klar und deutlich für den falschen Weg. Ein solches Vorgehen treibt der Muslimbruderschaft die Menschen scharenweise in die Arme und lässt die Eskalationsspirale weiter ansteigen, b h D I k a s r A l w s b p e o g c g s A B u b s e R w d z w a d c s s Z k i z m f m i g i I g w i e d (C (D is diese eines Tages auch durch noch so hartes Vorge- en der Behörden nicht mehr beherrschbar sein wird. ie ägyptische Regierung muss verstehen, dass sie den slamisten langfristig nur dann erfolgreich begegnen ann, wenn sie insbesondere in den sozialen Bereichen, ber auch im politischen Leben den Wettbewerb mit die- en erfolgreich aufnimmt. Das heißt demokratische und echtsstaatliche Reformen und eine offene politische useinandersetzung. Das bringt mich zu meinem zweiten Punkt. Deutsch- and hat im letzten Jahr über 100 Millionen Euro Ent- icklungshilfe an Ägypten geleistet, womit sich die Ge- amtzusagen deutscher EZ auf 4,7 Milliarden Euro elaufen. Das meiste dieser Gelder geht in Infrastruktur- rojekte, wie Wasserversorgung, Elektrizität und Müll- ntsorgung. Aber es gibt auch Projekte beim Schulbau der im Bereich der Slumsanierung. Nur sind wir stärker efordert, uns im Bereich der Entwicklungshilfe deutli- her bei der Unterstützung der Zivilgesellschaft zu enga- ieren, noch mehr den direkten Kontakt zu den Men- chen zu suchen, gerade im sozialen Bereich. Ich bin überzeugt, und wir bringen dies in unserem ntrag zum Ausdruck, dass wir in unseren politischen emühungen gegenüber Ägypten umsteuern müssen nd dass sich das auch in den Schwerpunkten in unserer ilateralen EZ zeigen sollte. Wir müssen gegenüber der ägyptischen Regierung tärker für demokratische und rechtsstaatliche Reformen intreten, zum Beispiel durch die Etablierung eines echtsstaatsdialoges nach dem Vorbild desjenigen, den ir bereits mit China führen. Wir müssen diese Fragen ann auch ganz konkret mit unseren Entwicklungshilfe- usagen verknüpfen. Statt Repressalien letztendlich hinzunehmen, müssen ir zum einen die ägyptische Regierung zur Rückkehr uf den Reformkurs drängen und uns zum anderen in en sozialen, aber auch in allen anderen gesellschaftli- hen Bereichen stärker engagieren. Hierzu zählt insbe- ondere auch die Zivilgesellschaft, zu der wir zum Bei- piel über unsere politischen Stiftungen einen guten ugang haben. Aber auch die Stiftungen müssen hier ein lein wenig mutiger werden. In Ägypten wird man dies als „Spiel mit dem Feuer“ nterpretieren, in Wahrheit scheint es langfristig der ein- ig sinnvolle Weg zu sein. Ich empfehle in dem Zusam- enhang auch eine aktuelle Studie der SWP, deren Emp- ehlungen genau in diese Richtung weisen. Das bringt mich zu einer letzten grundsätzlichen Be- erkung. Auch sechs Jahre nach den Terroranschlägen n den USA fehlt es uns an jeglicher Strategie im Um- ang mit Islamisten. Ich weiß, dass diese Frage eine ganz heikle Sache ist, nsbesondere dort, wo die Grenzen zwischen politischem slam, Islamismus und Terrorismus zu verwischen be- innen. Aber man muss sich schon die Frage stellen, elche Effekte wir erzielen, wenn wir Organisationen nsgesamt als „nicht dialogfähig“ einstufen, gerade wenn ine solche Organisation in sich heterogen ist. Zumin- est muss man sich dann die Frage stellen, ob wir gleich- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10313 (A) ) (B) ) zeitig die notwendigen Mittel aufbringen und die richti- gen Instrumente einsetzen, damit diese Organisationen nicht auch noch massenhaft Zulauf erhalten. Die Erfah- rungen im Libanon, in den palästinensischen Gebieten, in Ägypten und an anderen Orten dieser Welt lassen da zumindest viele Fragezeichen zu. Hierüber müssen wir eine offene Diskussion fuhren und gegebenenfalls die notwendigen Konsequenzen zie- hen. Dies ist das Ziel unseres Antrages und ich hoffe, dass wir in den Ausschüssen und in der zweiten und drit- ten Lesung hierzu in eine konstruktive Debatte zwischen den Fraktionen und mit der Bundesregierung werden eintreten können. Dr. Norman Paech (DIE LINKE): Die Förderung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Ägypten ist ein Anliegen, dem sich, daran habe ich keinerlei Zwei- fel, alle Fraktionen dieses Hauses anschließen können. Leider wird, da stimme ich der FDP zu, diesem Anliegen vonseiten der Bundesregierung nicht die nötige Auf- merksamkeit geschenkt. Ein Grund dafür mag sein, dass Ägypten als Verbündeter im „Krieg gegen den Terror“ eine wichtige Rolle im Nahen Osten einnimmt. Darüber hinaus wird Mubaraks Regierung für die Vermittlerrolle im Nahostkonflikt benötigt. Die guten Handelsbeziehun- gen mögen ein weiterer Grund dafür sein, dass man in Fragen der Menschen rechte und Demokratie nicht allzu genau hinschauen mag. Ich kann Ihnen nur empfehlen: Werfen Sie einen Blick in den aktuellen Jahresbericht von Amnesty Inter- national. Sie können ihn ab morgen im Buchhandel fin- den. Er bietet leider ein trübes Bild Auch wenn in Ägypten eine lebendige und vielfältige Presselandschaft ebenso wie verschiedene Menschen- rechtorganisationen zu finden sind, kann von Demokra- tie und Rechtsstattlichkeit kaum die Rede sein, da es nach wie vor massive Beschränkungen der Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit gibt. Staatsprä- sident Mubarak regiert das Land im Ausnahmezustand. Dieser wurde gerade im April um zwei Jahre verlängert. Noch immer wird Parteien von der Regierung der Antritt zu Wahlen verweigert. Noch immer sind willkürliche Verhaftungen gegen die politische Opposition und Jour- nalisten an der Tagesordnung. Tausende Menschen be- finden sich auf der Basis der Notstandsbestimmungen zum Teil schon seit mehr als zehn Jahren in Haft; ohne Anklage oder Gerichtsverfahren. Noch immer gehören Folter und Misshandlungen zur täglichen Praxis, und noch immer werden Frauen diskriminiert, religiöse Min- derheiten verfolgt und Homosexualität als Straftat ge- ahndet. Die Verfassungsänderung vor den Präsidentschafts- wahlen im September 2005, die erstmals auch andere Kandidaten als den Amtsinhaber zuließ, wurde interna- tional als Meilenstein in Richtung freier, demokratischer Wahlen interpretiert. Die gleichzeitig eingeleitete mas- sive Repressionswelle gegen oppositionelle Kräfte und die manipulierten Wahlen nahm die internationale Staa- tengemeinschaft kaum mehr wahr. s S l z W n b d w I n z a B d t w S n v D V g a a G P s l T r m w B g d i p p I s V G s l Ä q z d D v d m P (C (D Dennoch hat sich in Ägypten eine starke demokrati- che Opposition entwickelt. Die Welle unabhängiger treiks und Arbeitskampfandrohungen zeigen dies deut- ich. Auch sind sie bezeichnend für den Widerspruch wischen dem Bild im Ausland und der innenpolitischen irklichkeit des Landes. Während die Regierung inter- ational als Vermittler im Nahostkonflikt – wenn auch isher ohne sichtbaren Erfolg – benötigt wird, streiken ie Beschäftigten für höhere Löhne und gegen ihren Ge- erkschaftsbund, dem sie vorwerfen, dass er nicht ihre nteressen, sondern die der Regierung vertritt. So ist es icht verwunderlich, dass die Forderung nach der Abset- ung der offiziellen Gewerkschaftsvertreter die Streik- ktionen begleitetet. Die Streiks weiten sich aus. Neben eschäftigten der Textilbranche, des Baugewerbes und er verarbeitenden Industrie haben sich die Beschäftig- en des Personennahverkehrs angeschlossen und es ist ahrscheinlich, dass weitere hinzukommen. Diese treiks haben die Beschäftigten aus eigener Kraft orga- isiert, und sie erfahren breite Unterstützung in der Be- ölkerung. Ägypten hat eine starke demokratische Bewegung. iese gilt es zu fördern. Dr. Uschi Eid (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Als orsitzende der Deutsch-Ägyptischen Parlamentarier- ruppe begrüße ich es, dass das Thema Ägypten heute uf der Tagesordnung steht. In weiten Teilen kann ich uch den Antrag der FDP und die darin formulierten rundlinien unterstützen, die auf einen ganzheitlichen olitikansatz gegenüber Ägypten zielen. Denn das chließt ein, in den vielfältigen, durchweg freundschaft- ichen Beziehungen zu Ägypten auch die schwierigen hemen offen anzusprechen, darunter die teils gravie- enden Probleme im Bereich der Menschenrechte und angelnden Rechtsstaatlichkeit. In diesem Bereich ürde ich mir auch mehr Engagement vonseiten der undesregierung und eine klarer formulierte Strategie egenüber dem Partner Ägypten wünschen. Der vorliegende Antrag hält fest, dass Ägypten einer er wichtigsten Partner Deutschlands in der Region ist: n kultureller und wirtschaftlicher Hinsicht, als Schwer- unktland der Entwicklungszusammenarbeit und als olitisch und kulturell bedeutendes Land in der Region. nsbesondere im israelisch-palästinensischen Konflikt pielt Ägypten eine wichtige und konstruktive Rolle als ermittler. Gerade in Anbetracht der kürzlich auf dem ipfel in Riad bestätigten Friedensinitiative der Arabi- chen Liga, aber auch der negativen Entwicklungen der etzten Wochen ist die Notwendigkeit der Einbindung gyptens offensichtlich. Auch im Rahmen des Nahost- uartetts ist eine enge Abstimmung weiter notwendig. Diese guten und wichtigen partnerschaftlichen Be- iehungen dürfen allerdings nicht dazu führen, dass über ie innerägyptischen Probleme hinweggesehen wird. ie Kooperation sollte genutzt werden, um Standards on Rechtstaatlichkeit und Menschenrechten einzufor- ern und ihre Einhaltung zu unterstützen. Denn trotz der oderaten Haltung Ägyptens im Hinblick auf den Israel- alästina-Konflikt bestehen in der inneren – autokrati- 10314 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) schen – Staats- und Regierungsführung erhebliche Defi- zite. Wenig „moderat“ ist die Haltung der ägyptischen Regierung gegenüber ihren politischen Gegnern. Ein de- mokratischer Wettbewerb und Partizipationsmöglichkei- ten bestehen nur in Ansätzen. Präsidentschafts- wie Par- lamentswahlen werden gelenkt, Zivilgesellschaft und Menschenrechtsgruppen eingeschränkt. Die seit 1981 fortbestehende Notstandsgesetzgebung gibt dem Präsi- denten nahezu unbeschränkte Macht im Staate. Oftmals kommt es zu repressiven Maßnahmen seitens des Staa- tes, oder der Staat nimmt seine Schutzfunktion nicht wahr, zum Beispiel gegenüber Menschenrechtsaktivis- tinnen und -aktivisten oder Angehörigen von religiösen Minderheiten. Politische Gegner müssen mit willkürli- chen Verhaftungen und sogar Folter rechnen. Erst kürz- lich wurde Karim Abdel Nabil Suleiman ausschließlich aufgrund seines Internettagebuchs wegen „Beleidigung des Islam und des Präsidenten“ zu vier Jahren Haft ver- urteilt. Zugleich existiert eine in den letzten Jahren deut- lich offener und kritikfähiger gewordene Presseland- schaft, die durchaus bemerkenswert ist. Das politische System aber ist starr. Präsident Mubarak hat mit kürzlich im Parlament durchgesetzten Verfassungsänderungen seine Machtbefugnisse vergrö- ßert und den Spielraum der Opposition bei Wahlen ein- geschränkt; unabhängige Konkurrenten haben keine rea- listische Chance. Das Parlament selbst ist von Mubaraks Partei NDP dominiert, die Entwicklung von Opposi- tionsparteien wird gehemmt. Ayman Nour, einer der be- kanntesten Oppositionspolitiker, sitzt aufgrund eines zweifelhaften Verfahrens in Haft. Besonders von der Re- pression betroffen sind die ägyptischen Muslimbrüder, die offiziell verboten sind, aber als Unabhängige erst- mals ins Parlament eingezogen sind. Ihre Zahl ist mit 88 Abgeordneten nur deshalb relativ gering, weil sie in vielen Wahlkreisen nicht angetreten sind, um Spannun- gen zu vermeiden. Aber selbst massive Wahlfälschungen konnten ihre Popularität nicht verbergen. Der vorlie- gende Antrag beschreibt zutreffend, woran das liegt: an den Defiziten des ägyptischen Staates, dessen Aufgaben in zentralen Bereichen wie Gesundheit, Bildung und So- ziales von den Muslimbrüdern übernommen werden. Deshalb ist auch zutreffend, dass es dringend Strate- gien zum Umgang mit moderaten Islamisten bedarf – also jenen, die keine Gewalt anwenden, sondern als so- ziale Bewegungen agieren. Es muss genau ausgelotet werden, wo Dialog und Zusammenarbeit zu mehr Rechts- staatlichkeit und Partizipation führen können, denn ihre Popularität in der Bevölkerung ist in vielen Staaten der Region, darunter Ägypten, eine Realität. Andererseits müssen wir dafür klare Standards festlegen und dafür sorgen, dass nicht konservative und radikale Ideologien gestärkt werden, welche ihrerseits grundlegende Frei- heitsrechte einschränken. Das Dilemma zwischen De- mokratie und Stabilität in Ägypten wird sich nur durch politische Reformen und eine langsame Öffnung des politischen Systems auflösen lassen. Deutsche Politik sollte darauf mit nachhaltigen Maß- nahmen vor allem im Bereich der Rechtsstaatlichkeit und Stärkung der staatlichen Dienstleistungen reagieren. Eine besser abgestimmte Strategie auch im EU-Rahmen u s S U B s w u c A r s D v G b v A s A m w f b r B m n e D t d e v 1 P H M a t m t a P h (C (D nd mit dem Barcelonaprozess, die klare Schwerpunkte etzt und Rechtsstaatsdialoge, Institutionenaufbau, eine tärkung der Zivilgesellschaft und neue Konzepte zum mgang mit den moderaten Islamisten stärker in den lick nimmt, wäre dafür zu begrüßen. Anhaltende Men- chenrechtsverletzungen müssen offen angesprochen erden – auch und gerade weil Ägypten als wichtiges nd traditionsreiches Land in der Region ein verlässli- her Partner für uns bleiben soll. nlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung des Dienstrechts in der Bundesagen- tur für Arbeit (Dienstrechtsanpassungsgesetz BA – DRAnpGBA) (Tagesordnungspunkt 21) Stefan Müller (Erlangen) (CDU/CSU): Wir diskutie- en heute über den Entwurf eines Gesetzes zur Anpas- ung des Dienstrechts in der Bundesagentur für Arbeit. ass die BA noch flexibler, leistungsfähiger und ser- iceorientierter werden muss, als sie es durch das Dritte esetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt ereits geworden ist, ist im Hinblick auf die anderen, pri- aten Dienstleister immer noch als eine der wichtigsten ufgaben der BA anzusehen. Wir sollten uns nicht durch die gesunkenen Arbeitslo- enzahlen vom Weg abbringen lassen. Die Senkung der rbeitslosigkeit ist immer noch eines der großen The- en, an dem sich die Große Koalition messen lassen ill und muss. Aber um erfolgreich die Arbeitslosigkeit zu bekämp- en, bedarf es an einem komplexen und flexiblen Ar- eitsmarkt, wie demjenigen, den wir hier in der Bundes- epublik haben, auch einer flexiblen, sich den edürfnissen der Arbeitslosen und denen des Arbeits- arktes anpassenden Arbeitsagentur. In dem vorliegenden Gesetzentwurf sind meiner Mei- ung nach zwei wichtige Punkte angesprochen, die für in geschmeidiges Agieren der BA höchst wichtig sind. azu gehört ohne Zweifel eine Flexibilisierung der doch eilweise starren Strukturen des Berufsbeamtentums an en Stellen, an denen es sinnvoll ist. Zwar sollen nach inem Vorstandsbeschluss der BA keine neuen Beamten- erhältnisse begründet werden, dennoch besteht mit 9 000 Beamtinnen und Beamten ein großer Teil des ersonalkörpers der BA aus alten Beamtenverhältnissen. ier ist es entscheidend für die Arbeit der BA, diese enschen flexibel an den Stellen einsetzen zu können, n denen Bedarf herrscht. Beamten sollte es möglich sein, vorübergehende Tä- igkeiten in einem Arbeitnehmerverhältnis aufzuneh- en, um damit auch dem Haustarifvertrag der BA zu un- erfallen. Das Mittel der „In-Sich-Beurlaubung“, das uch schon zweckmäßig im Bereich der privatisierten ostnachfolgeunternehmen angewandt wurde, ist auch ier sinnvoll und zielführend. Nur durch dieses Werk- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10315 (A) ) (B) ) zeug ist es möglich, Beamte in die Flexibilisierung des Personaleinsatzes einzubinden. Wie das BAG auch schon 2005 bei der Privatisierung der Post festgestellt hat, steht die „In-Sich-Beurlaubung“ nicht im Widerspruch zu den Grundsätzen des Berufs- beamtentums. Ein Widerspruch zum Art. 33 IV Grund- gesetz, wie er vom Bundesrat vorgetragen wurde, ist nicht ersichtlich, da es sich hier um ein freiwilliges An- gebot handelt. Auch werden Beamtinnen und Beamte, die dies nicht in Anspruch nehmen wollen, nicht in ihrer beruflichen Fortentwicklung und Entfaltung gehemmt. Die kann natürlich vonseiten der Beamten nur auf frei- williger Basis geschehen. Schätzungen gehen davon aus, dass circa 20 bis 50 Prozent der Beamtinnen und Beam- ten dieses Angebot annehmen werden. Noch einmal klarzustellen ist, dass es sich hierbei nur um eine Beur- laubung handelt, währenddessen das Beamtenverhältnis lediglich suspendiert wird. Auch bleiben die Zeiten der Beurlaubung ruhegehaltfähig, und das Arbeitsverhältnis bleibt von der Sozialversicherung befreit. Die dadurch sofort eintretende Verbesserung des aktuellen Einkom- mens ist kein neuerliches Beamtenprivileg. Die Rege- lungen der „In-Sich-Beurlaubung“ ermöglichen nur, dass auch die Beamtinnen und Beamten an den wesentli- chen Elementen des Personalkonzepts ihres Dienstherrn teilhaben können. Die an der „In-Sich-Beurlaubung“ teilnehmenden Beamten erwerben dadurch keine gesetz- lichen Rentenansprüche. Der andere Punkt, der mit dem Dienstrechtsanpas- sungsgesetz angemessener als bisher geregelt werden soll, ist die bisher zwingend dreiköpfige Geschäftsfüh- rung. Eine solche starre unflexible Vorschrift wie die bisherige, die nicht einzelfallbezogen die Lage in den einzelnen Regionaldirektionen oder Agenturen für Ar- beit sieht, ist nach meinen Erfahrungen weder sinnvoll noch von den Agenturen vor Ort gewünscht. Das Prinzip der kollegialen Geschäftsführung mag grundsätzlich sinnvoll sein, jedoch nur an den Stellen, an denen eine entsprechend große Agentur bzw. Regional- direktion vorhanden ist. Hier, wie bisher, weiterhin selbst kleine Agenturen zwingend auf eine dreiköpfige Geschäftsführung festlegen zu wollen, trägt weder zu deren Aufgabenerfüllung bei, noch dient es dem Büro- kratieabbau. Als letzten Punkt spricht ebenfalls für das Dienst- rechtsanpassungsgesetz, dass es kostenneutral ist. Die anfänglichen Kostensteigerungen bei den Beurlaubun- gen werden jeweils im Rahmen des durch die Bundesre- gierung genehmigten Personalhaushalts der BA bzw. durch entsprechende Steuerungsmaßnahmen im Haus- haltsvollzug und in der Beurlaubungspraxis aufgefan- gen. Alles in allem haben wir hier folglich einen Gesetz- entwurf, der lediglich Verbesserungen für die Bundes- agentur und für ihre Arbeit bringt, ohne jedoch gestie- gene finanzielle Auswirkungen auf die öffentliche Hand vorzuweisen. Was ich aus meiner persönlichen Sicht noch zuletzt einmal als bemerkenswert angeführt haben möchte: B B D i r t d Ä c t V D w b d k ß L s u s f m b r k g B g f z s 3 a b a G H g d m n m E s t b d A P A (C (D eim Dienstrechtsanpassungsgesetz BA handelt die undesregierung ausnahmsweise mit Unterstützung von GB und Verdi, was ja in der Vergangenheit auch nicht mmer der Fall war. Lassen Sie mich abschließend noch auf eine Ände- ung eingehen, die wir im Rahmen der Ausschussbera- ung vorgenommen haben. Der Verwaltungsrat der Bun- esagentur hat im Dezember des letzten Jahres eine nderung der Förderpraxis bei benachteiligten Jugendli- hen beschlossen. Insbesondere sollen 7 500 außerbe- riebliche Ausbildungsplätze für junge Menschen zur erfügung gestellt und von der BA finanziert werden. ies ist nach geltender Rechtslage aber nur möglich, enn es eine Vorförderung im Rahmen einer berufsvor- ereitenden Bildungsmaßnahme gegeben hat. Diese engen Fördervoraussetzungen führen nun aber azu, dass die Plätze nicht vollständig besetzt werden önnen. Aus diesem Grund haben wir beantragt, dass au- erbetriebliche Ausbildungsplätze auch für die jungen eute zur Verfügung gestellt werden können, ohne dass ie vorher eine andere Maßnahme absolvieren müssen. Diese Änderung ist im Sinne der jungen Menschen nd daher unbedingt notwendig. Unser Interesse muss ein, dass alle ausbildungswilligen und alle ausbildungs- ähigen jungen Menschen eine Chance auf dem Arbeits- arkt bekommen. Mit dieser Änderung, die wir heute eschließen, leisten wir dazu einen wichtigen Beitrag. Klaus Brandner (SPD): Der Entwurf des Dienst- echtsanpassungsgesetzes BA sieht im Kern die Möglich- eit der sogenannten In-sich-Beurlaubung auf freiwilli- er Basis für die Beamtinnen und Beamten der undesagentur für Arbeit vor. In den Ausschussberatun- en wurde zudem ein Änderungsantrag der Koalitions- raktionen in den Entwurf aufgenommen, der den Zugang ur Förderung der außerbetrieblichen Berufsausbildung ozial benachteiligter Jugendlicher befristet bis zum 1. Dezember 2007 erleichtert. Die „In-sich-Beurlaubung“ für Beamtinnen und Be- mte der BA kann durch Wegfall der laufbahn- und esoldungsrechtlichen Bindungen unter finanziellen wie uch unter Karrieregesichtspunkten attraktiv sein. leichzeitig ermöglicht die „In-sich-Beurlaubung“ eine armonisierung der Beschäftigungsbedingungen und rößere Flexibilität beim Personaleinsatz in der BA, was ie Effizienz der BA als Dienstleisterin auf dem Arbeits- arkt insgesamt verbessert. Die Einführung der „In-sich-Beurlaubung“ steht in ei- em engen Zusammenhang mit den Arbeitsmarktrefor- en der letzten Jahre. Zu den wesentlichen Zielen dieser rneuerung gehörte es, die BA unabhängig vom Be- chäftigungsstatus ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbei- er als moderne kundenorientierte Dienstleisterin am Ar- eitsmarkt aufzustellen. Dabei wurde bereits im Rahmen es Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am rbeitsmarkt aus dem Jahre 2003 festgelegt, dass das ersonal der BA vorrangig aus Arbeitnehmerinnen und rbeitnehmern zu bestehen habe. 10316 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) Um den Ansprüchen an eine leistungsfähige Service- einrichtung mit Kundenorientierung gerecht zu werden, hat die BA zum 1. Januar 2006 ein neues Tarifvertrags- werk für ihre rund 79 000 Arbeitnehmerinnen und Ar- beitnehmer abgeschlossen. Das neue tarifliche Bezah- lungssystem fördert eine stärkere Leistungsorientierung, eine flexible und veränderbare Steuerung des Personal- einsatzes und eine größere Durchlässigkeit der Tätig- keitsebenen. Die Übertragung des Tarifergebnisses auf die rund 19 000 Beamtinnen und Beamten der BA ist im Rahmen der geltenden beamtenrechtlichen Vorgaben allerdings nicht möglich. Mit der „In-sich-Beurlaubung“ können jedoch die funktions- und leistungsbezogenen Regelun- gen des neuen Haus-Tarifvertrags der BA künftig auch für die in einem Beamtenverhältnis stehenden Beschäf- tigten der BA genutzt werden. Für die Dauer der Beur- laubung stehen die beurlaubten Beamtinnen und Beam- ten in einem Arbeitsverhältnis zur BA, für das die tarifvertraglichen und allgemeinen arbeitsrechtlichen Regelungen gelten. Das Beamtenverhältnis ruht also. Damit besteht kein Anspruch auf Besoldung und keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Die Zei- ten der Beurlaubung sind in der Beamtenversorgung ru- hegehaltfähig. Die Einführung der „In-sich-Beurlaubung“ ist mittel- und langfristig kostenneutral. Mehrausgaben, die durch die personelle Entwicklung beurlaubter Beamtinnen und Beamter entstehen können, werden nach vorliegenden Berechnungen durch Entlastungen in den Versorgungs- aufwendungen zumindest ausgeglichen. Die Versorgung richtet sich nämlich lediglich nach dem zuletzt im – akti- ven – Beamtenverhältnis ausgeübten Amt. Der Bundesrat hat die Bundesregierung gebeten, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob der Ge- setzentwurf, soweit er die Möglichkeit der „In-sich-Be- urlaubung“ für Beamtinnen und Beamte der BA ein- führt, den Vorgaben des Art. 33 Abs. 4 und 5 des Grundgesetzes gerecht wird. Verfassungsrechtliche Be- denken waren auch vom Deutschen Beamtenbund gel- tend gemacht worden. Nach Auffassung der Bundesre- gierung ist der Gesetzentwurf mit Art. 33 Abs. 4 und Abs. 5 des Grundgesetzes vereinbar. Die Möglichkeit der „ln-sich-Beurlaubung“ berührt als solche nicht den Grundsatz des Funktionsvorbehalts des Art. 33 Abs. 4 des Grundgesetzes, sondern stellt le- diglich ein Angebot an die Beamtinnen und Beamten dar, sich erstens auf freiwilliger Basis und zweitens be- fristet für eine Tätigkeit im Arbeitnehmerverhältnis bei der BA beurlauben zu lassen. Für hoheitliche Aufgaben werden in der BA weiterhin Beamtinnen und Beamte zur Verfügung stehen. Dabei besteht eine Steuerungsmöglichkeit bei der Bewilli- gungspraxis der „In-sich-Beurlaubung“. Die „In-sich- Beurlaubung“ präjudiziert in keiner Weise die Entschei- dung über den Einsatz von Beamtinnen und Beamten in möglichen hoheitlichen Aufgabenbereichen der BA. Die BA behält die Dienstherrnfähigkeit und ihre Stellung als o r „ b l m B Z l w u b G ü t g t a g G n d D s w b M B a d w n d Z d s 2 d b t n c 2 P a m g r z (C (D berste Dienstbehörde mit den entsprechenden beamten- echtlichen Befugnissen. Die Beamtinnen und Beamten der BA, die von der In-sich-Beurlaubung“ keinen Gebrauch machen, blei- en in ihrem beamtenrechtlichen Status und ihren Mög- ichkeiten der Personalentwicklung unberührt. Die allge- einen beamtenrechtlichen Regelungen gelten für diese eamtinnen und Beamten uneingeschränkt fort. Auch aus der Tatsache, dass der Gesetzentwurf die eitbeamtenverhältnisse für Führungsfunktionen aktua- isiert und ausweitet, wird deutlich, dass der Gesetzent- urf die berufliche Fortentwicklung der Beamtinnen nd Beamten, die sich nicht für die „In-sich-Beurlau- ung“ entscheiden, in keiner Weise beeinträchtigt. Neben der „In-sich-Beurlaubung“ als Kernstück des esetzentwurfs sollte eine weitere Neuregelung nicht bersehen werden. Die mit dem Dritten Gesetz für moderne Dienstleis- ungen am Arbeitsmarkt eingeführte Regelung zur kolle- ialen Geschäftsführung der Arbeits- und Regionalagen- uren schreibt vor, dass die Geschäftsführung zwingend us drei Mitgliedern zu bestehen habe. Eine solche Re- elung lässt mit Blick auf die sehr unterschiedlichen rößen der Dienststellen keinen Spielraum. Das hat sich icht bewährt. Künftig werden die Geschäftsführungen er Agenturen deshalb abhängig von der Größe der ienststelle aus einem oder bis zu drei Mitgliedern be- tehen können. In den Ausschussberatungen wurde der Gesetzent- urf um folgende Regelung im Bereich der Berufsaus- ildung ergänzt: Lernbeeinträchtigte und sozial benachteiligte junge enschen können derzeit durch eine außerbetriebliche erufsausbildung nur gefördert werden, wenn sie bereits n einer mindestens sechsmonatigen berufsvorbereiten- en Bildungsmaßnahme teilgenommen haben. Damit ird das Ziel verfolgt, die Chancen des Übergangs be- achteiligter junger Menschen in betriebliche Ausbil- ung zu erhöhen. Außerdem kann über einen längeren eitraum beobachtet werden, welchen spezifischen För- erbedarf der Jugendliche voraussichtlich bei einer an- chließenden Ausbildung hat. Der Verwaltungsrat der BA hat am 14. Dezember 006 ein Programm zur Verbesserung der Ausbil- ungschancen junger Menschen im Haushaltsjahr 2007 eschlossen. Hierfür werden aus dem Eingliederungsti- el des SGB III Ausgabemittel in Höhe von 220 Millio- en Euro zur Verfügung gestellt. Zur Erleichterung der Förderung von 7 500 zusätzli- hen außerbetrieblichen Ausbildungsplätzen im Herbst 007 soll befristet bis zum 31. Dezember 2007 für den ersonenkreis der sozial benachteiligten Jugendlichen uf eine zwingende Vorförderung verzichtet werden. Da- it wird vor allem ein Beitrag zur Verminderung der so- enannten Altbewerber geleistet. Außerdem kann vo- aussichtlich eine größere Anzahl Jugendlicher schneller u einem beruflichen Abschluss geführt werden. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10317 (A) ) (B) ) Die gesetzliche Regelung soll auf Eintritte im Jahr 2007 befristet werden, da die außerbetriebliche Berufs- ausbildung weiterhin nachrangig gegenüber der betrieb- lichen Berufsausbildung anzusehen ist und sich für die betroffenen Personen eine Vorförderung grundsätzlich als notwendig und sinnvoll herausgestellt hat. Der vorliegende Gesetzentwurf ermöglicht der BA, ihren Weg zu einer modernen Dienstleisterin auf dem Arbeitsmarkt fortzusetzen. Jörg Rohde (FDP): Die Arbeitsmarktpolitik der ver- gangenen Jahre ist hauptsächlich gekennzeichnet von Korrekturen der sogenannten Hartz-Gesetze. Diese Be- schäftigungstherapie setzen wir auf Initiative von Schwarz-Rot heute fort. Bereits 2003, während der Gesetzgebungsverfahren zu „Hartz III + IV“, haben wir Liberale uns immer wie- der dafür ausgesprochen, die Mammut-Behörde Bundes- anstalt bzw. -agentur aufzulösen. Bereits damals haben wir dem Deutschen Bundestag einen Antrag zur Auflö- sung der BA vorgelegt. Nicht nur Rot-Grün hat ihn ab- gelehnt, sondern auch die Kollegen von CDU und CSU. Wir bleiben bei unserer Auffassung und haben auch in dieser Legislatur dem Deutschen Bundestag wieder unseren Antrag zur Auflösung der Bundesagentur vorge- legt. Noch haben Sie die Möglichkeit, diesmal unserem Antrag auf Auflösung der BA und Neuordnung der Ar- beitsvermittlung zuzustimmen. Allerdings hege ich nicht besonders viel Hoffnung, dass bei Ihnen noch ein Er- kenntniswunder eintritt. Für eine andere Erkenntnis be- darf es allerdings keines Wunders: Die Hartz-Gesetze brauchen endlich einen neuen Namen. Wir sollten unse- ren Sprachgebrauch ändern und endlich aufhören, von „Hartz-Gesetzen“ zu sprechen. Ich nehme es vorweg: Wir werden Ihren Antrag nicht ablehnen, sondern uns der Stimme enthalten. Denn eine Anpassung des Dienstrechtes in der BA ist ein – wenn auch sehr kleiner – Schritt in die richtige Richtung. Ihm müssten aber viele weitere Schritte folgen, die Sie zu ge- hen wohl noch nicht bereit sind. Der Gesetzentwurf steht für die Möglichkeit ver- beamteter BA-Mitarbeiter, in leistungsorientierte, fle- xible und durchlässige Personalmodelle zu wechseln. Das ist gut. Die grundsätzlichen Organisationsprobleme der Bundesagentur wird das neue Gesetz aber nicht lö- sen. Die Arbeitsvermittlung und Förderung von Arbeitsu- chenden gehört in die Hände der Kommunen: unmittel- bar, direkt am lokalen Arbeitsmarkt und bürgernah. Erst nach der von uns vorgeschlagenen Auflösung der Be- hörde und der Gründung einer leistungs- und kunden- orientierten Versicherungsagentur, einer effektiven Ar- beitsmarktagentur für überregionale und internationale Aufgaben und kommunaler Job-Center kann man für eine vernünftige Personalstruktur sorgen: Das Personal folgt der Aufgabe. Die Mitarbeiter der BA werden entsprechend ihrem Tätigkeitsbereich und Know-how in den Job-Centern, d t o z B g b n g s D d d d t v n d k B v t a z w d s N a M d g v 1 t B G b b s k t n A a t d d d d l w w A (C (D er Arbeitsmarkt- und Versicherungsagentur sowie wei- eren Bundesbehörden eingesetzt. Je nach Beamten- der Angestelltenstatus sind Möglichkeiten von Verset- ungen, Änderungskündigungen und Übernahme der eschäftigungsverhältnisse im Wege des Betriebsüber- angs zu prüfen. Bei den Privatisierungen einzelner Teil- ereiche der BA sollten die Möglichkeiten der Über- ahme der Angestellten und Beistellung der Beamten eprüft werden. Auch sollte der Übergang in eine selbst- tändige Tätigkeit unterstützt werden. Der Gesetzentwurf schlägt neben der Anpassung des ienstrechtes für die BA-Mitarbeiter auch die Aufgabe er dreiköpfigen Geschäftsführungen bei den Regional- irektionen und Arbeitsagenturen vor; auch dies ist wie- er nur ein einzelner kleiner Schritt in die richtige Rich- ung. Für weitere notwendige Schritte aber fehlen Ihnen on Rot-Schwarz Mut und Entschlossenheit: Die Regio- aldirektionen gehören nämlich nicht reformiert, son- ern abgeschafft! Niemand benötigt heute dieses büro- ratische Monstrum der ehemaligen Landesarbeitsämter. esser wäre es, mehr Personal in der direkten Arbeits- ermittlung einzusetzen. Die Bundesagentur ist heute von Doppelzuständigkei- en, Kompetenzgerangel, Verwischung finanzieller Ver- ntwortlichkeiten und hohen Verwaltungskosten gekenn- eichnet. Reformen und Korrekturen in Trippelschritten erden diese Probleme nicht lösen. Haben Sie endlich en Mut zu einer konsequenten, grundlegenden und trukturellen Neuordnung der Arbeitsvermittlung. Ein eubeginn ist unerlässlich. Werden Sie also Ihrer Ver- ntwortung gerecht und warten Sie nicht mehr länger. illionen Arbeitsuchende werden es Ihnen danken. Kornelia Möller (DIE LINKE): Mit dem vorliegen- en Gesetzentwurf soll der Weg geebnet werden, die Er- ebnisse des Anfang 2006 abgeschlossenen Haustarif- ertrages in der Bundesagentur für Arbeit auch auf die 9 000 bei der BA beschäftigten Beamtinnen und Beam- en zu übertragen. Für die Beamtinnen und Beamten der A soll es künftig möglich sein, sich auf freiwilliger rundlage zur Wahrnehmung einer beruflichen Tätigkeit ei der BA in einem tariflichen oder außertariflichen Ar- eitsverhältnis beurlauben zu lassen. Wir haben diesem Vorhaben bereits in den Aus- chussberatungen zugestimmt, weil es dazu beitragen ann, dass die Bundesagentur ihrer großen Verantwor- ung gegenüber Millionen von Erwerbslosen besser achkommen kann. Dies ist für uns der übergreifende spekt. Möglich wird dies, indem künftig auch die Be- mtinnen und Beamten nach einem Bezahlsystem arbei- en, das unter anderem flexibleren Personaleinsatz und essen bessere Steuerung gestattet und nach dem bereits ie Angestellten und Arbeiter arbeiten und bezahlt wer- en. Ebenso wie der DGB und Verdi ist unsere Fraktion je- och der Auffassung, dass im Gesetzentwurf klarstel- ende Regelungen zur Teilzeitbeschäftigung wünschens- ert gewesen wären – insbesondere für den Fall, dass ährend der Beurlaubung Änderungen der regelmäßigen rbeitszeit erfolgen. DGB und Verdi fordern darüber 10318 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) hinaus, dass beurlaubten Beamtinnen und Beamten, die sich während der Zeit der Beurlaubung in ihrer Funktion bewährt haben, ein „bedingter“ Anspruch auf Verlänge- rung der Beurlaubung zugestanden wird. Leider konnten diese Forderungen, wie auch die nach einer Rückkehr auf den Dienstposten nach Beendigung der Beurlaubung bzw. zumindest ein Rückkehrrecht in die Heimatregion, gegen die Mehrheit der Koalitionsfraktionen nicht durchgesetzt werden. Wenn wir dem vorliegenden Gesetzentwurf der Bun- desregierung zustimmen, weil er letztlich darauf zielt, die Arbeits- und Funktionsfähigkeit der Bundesagentur zu stärken und auf diese Weise auch ein Beitrag zum Ab- bau der Langzeitarbeitslosigkeit geleistet werden kann, dann wollen wir nicht unerwähnt lassen, dass wir – und mit uns große Teile der Bevölkerung – auf diesem Ge- biet von Bundesregierung und Koalition natürlich weit mehr erwarten. Verbesserungen sind beispielsweise notwendig, um die geplanten Schlüssel für die Betreuung von Erwerbs- losen und besonders Langzeiterwerbslosen einzuhalten und weiter zu erhöhen. Erforderlich sind die weitere Ver- vollkommnung der Qualifikation und die Klärung der Perspektiven eines großen Teils der Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Arbeitsgemeinschaften sowie die Festigung der Zusammenarbeit mit Qualifikations- und Weiterbildungsträgern. Schließlich steht die gesetz- liche Klärung von Befugnissen, Verantwortlichkeiten und disziplinarischen Beziehungen innerhalb der Argen, also zwischen BA und den Kommunen, auf der Tages- ordnung. Wenn die Bundesregierung und die sie tragende Ko- alition mit ihrer großen Mehrheit bei den genannten Punkten genauso konsequent tätig werden würde, wie im Falle des heute hier zur Debatte stehenden Dienst- rechtsanpassungsgesetzes, dann wäre das ein wichtiger Beitrag zum Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit. Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Gut gedacht ist nicht gleich gut gemacht. Das trifft auch auf Ihren Gesetzentwurf zu. Der Idee nach geht es da- rum, einheitliche Beschäftigungsbedingen für die Ange- stellten und Beamten bei der Bundesagentur für Arbeit zu schaffen. Gut! Ich finde es richtig und wichtig, dass in der größten Behörde Deutschlands und bei einem der größten Arbeitgeber des Bundes alle Mitarbeiter gleiche Bezahlungsmöglichkeiten und Karrierechancen haben, egal ob sie angestellt oder verbeamtet sind. Wir Grünen haben stets diese „Zweiteilung“ des öffentlichen Diens- tes beklagt. Es kann nicht angehen, dass zwei Mitarbei- ter am selben Schreibtisch sitzen, dieselben Formulare ausfüllen und die gleichen Kunden bedienen, aber unter- schiedlich bezahlt werden! Durch die Hartz-Reformen hat die BA auch im Be- reich Personal viel getan, um effizienter und kunden- freundlicher zu werden. Statt strenger Laufbahngruppen für alle Mitarbeiter gibt es nun ein modernes Personal- managementkonzept. Seit dem 1. Januar 2006 gibt einen Haustarifvertrag für die BA. Darin wurden eine stärkere L s A d D g P u l n r l a h u T l V m B v W s D r u z R g g „ s g B N N s e U s m b l t t t G t c a K d d o l H (C (D eistungsorientierung der Bezahlung, größere Durchläs- igkeit der Tätigkeitsebenen und die Möglichkeit der npassung des Personaleinsatzes vereinbart. Er gilt je- och nur für knapp 80 Prozent der Beschäftigten der BA. ie rund 19 000 Beamten profitieren von den neuen Re- elungen bisher nicht. Und das ist auch für die BA ein roblem. Sie kann ihr Personalkonzept nicht wirklich msetzen, denn Beamte dürfen natürlich in ihren Mög- ichkeiten nicht benachteiligt werden. Warum gelten die euen Regelungen nicht für Beamte? Weil das Beamten- echt nicht vorsieht, dass Aufstiegschancen und Bezah- ung eng an Leistung geknüpft sind! Was also müsste getan werden? Man müsste das Be- mtenrecht reformieren. Bereits in der letzten Legislatur aben wir versucht, diesen Gleichklang zwischen Tarif- nd Beamtenbereich herzustellen. Wir wollten ein am arifvertrag orientiertes leistungsorientiertes Bezah- ungssystem im Beamtenbereich einführen und somit die oraussetzungen für ein modernes Personalmanage- ent und ein flexibilisiertes Laufbahnsystem schaffen. Wenn Sie schon nicht die Kraft für eine Änderung des eamtenrechts haben, meine Kolleginnen und Kollegen on der Regierung, hätten Sie durchaus auch andere ege beschreiten können. Beispielsweise hat der Deut- che Beamtenbund ein Pilotprojekt für ein flexibleres ienstrecht bei der BA vorgeschlagen. Man hätte Erfah- ungen für eine umfassende Reform sammeln können nd wäre gleichzeitig der BA und ihrem Personalkon- ept entgegengekommen. Aber welchen Weg geht die egierung mit ihrem Gesetzentwurf? Anstatt den Grund- edanken aufzugreifen und das Beamtenrecht grundle- end zu reformieren, wird jetzt im Bereich der BA auf In-Sich-Beurlaubungen“ zurückgegriffen. Beamte las- en sich vom Beamtentum beurlauben, um dann beim leichen Arbeitgeber angestellt zu werden. Die „In-Sich- eurlaubung“ ist zudem sehr umstritten. Sie ist aus der ot geboren und wurde bisher nur bei den privatisierten achfolgeunternehmen wie der Post angewandt. Ich ehe keine Notwendigkeit, dieses Instrument jetzt auf ine Bundesbehörde für Bundesbeamte zu übertragen. nd wie wird die BA dann mit Beamten umgehen, die ich nicht freiwillig beurlauben lassen wollen? Warum achen Sie eine solche verquaste Regelung, die das Pro- lem für die BA und die Beamten doch nicht wirklich öst? Wir alle wissen, dass die Änderung des Beamtensta- us schwierig ist, weil dafür eine Zweidrittelmehrheit nö- ig ist. Sie hätten als Große Koalition mit Ihrer Zweidrit- elmehrheit alle Voraussetzungen für eine Änderung des rundgesetzes. Und lassen sie ungenutzt! Sie sind ange- reten als „Koalition der neuen Möglichkeiten“ und ma- hen wieder nur Flickwerk. Auch hier scheint Große Ko- lition wieder einmal nur zu heißen, dass der große leingeist regiert. Im Jahr 2048 wird sich zumindest iese Angelegenheit allein gelöst haben, denn dann wer- en die letzte Beamtin und der letzte Beamte der BA hne leistungsgerechte Bezahlung ihre Stifte zur Seite egen und in Pension gehen. Es sei denn, Sie hören auf, aken zu schlagen, und ändern jetzt das Beamtenrecht! Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10319 (A) ) (B) ) Anlage 12 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Unrecht des Kalten Krieges wiedergutmachen (Tagesordnungs- punkt 22) Günter Baumann (CDU/CSU): Der vorliegende Antrag lenkt unseren Blick bereits zum wiederholten Male auf die Thematik des politischen Strafrechts in der Bundesrepublik zur Zeit des Kalten Krieges. Es ist – wie schon so oft – der Versuch, diejenigen, die erst einen freiheitlich demokratischen Rechtsstaat beseitigen woll- ten und einen Unrechtsstaat nach DDR-Vorbild etablie- ren wollten, von Kollaborateuren zu Opfern zu stilisie- ren, nicht zuletzt um das sozialistische Regime der DDR mit dem der Bundesrepublik auf eine Stufe zu stellen. Wie schon in der Debatte am 17. Juni 1992 oder erst kürzlich am 30. November 2006 wird die CDU/CSU- Fraktion die Anträge der Linken entschieden zurückwei- sen. Die sogenannten Opfer, die sie in ihrem Antrag an- sprechen, sind gerade keine Opfer einer Diktatur. Die KPD wurde 1956 durch das Bundesverfassungs- gericht verboten, weil sie nach ihren Zielen und dem Verhalten ihrer Anhänger darauf aus war, die freiheit- lich-demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen. Allein dem Bundesverfassungsgericht obliegt dieses Entscheidungsmonopol nach Art. 21 Abs. 2 GG. Solange es nicht entschieden hat, kann sich eine Partei in der Öf- fentlichkeit gegenüber der freiheitlichen-demokratischen Grundordnung noch so verfassungsfeindlich verhalten. Das Gericht kann aber im Gegenzug eine Partei auch dann für verfassungswidrig erklären, wenn nach menschlichem Ermessen keine Aussicht darauf besteht, dass sie ihre verfassungswidrige Absicht in absehbarer Zeit werde verwirklichen können. Damit spielte es aus damaliger Sicht gar keine Rolle, ob die KPD ihren Auf- ruf zum „revolutionären Sturz Adenauers“ je in die Tat umsetzen konnte. Diese Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum KPD-Verbot kann aus heutiger Sicht weder recht- lich noch politisch aufgehoben werden. Im Übrigen ist dies in einem demokratischen Rechtsstaat nach dem Prinzip der Gewaltenteilung auch nicht möglich. Denn eines darf man nicht vergessen, das damals zur Anwen- dung gekommene politische Strafrecht beruht auf einer rechtsstaatlichen Grundlage. Schon mit ihrem Antrag (Drucksache 16/3536) zum Ausschlussgrund des § 6 Abs. l Nr. 2 des Bundesent- schädigungsgesetzes hatte die Linkspartei keinen Erfolg. Jetzt versucht sie es erneut, indem die Bundesregierung aufgefordert wird, unverzüglich in einer geeigneten Form zu einer Rehabilitierung der Opfer des Kalten Krieges in Deutschland beizutragen. Auch mit diesem Antrag wird sie aus unserer Sicht keinen Erfolg haben; denn die Praxis zu § 6 Abs. l Nr. 2 BEG hat gezeigt, dass eine Entschädigungsleistung jedenfalls dann ausge- schlossen bleibt, wenn der Betroffene die freiheitlich-de- mokratische Grundordnung in strafrechtlich relevanter Art und Weise bekämpft hat. Mithin reichte allein die M s d n t p c b r U R r t p m e m F s t b n d d d d e d t g i f c u „ t 6 r f s r h v f A r Z d g H c e (C (D itgliedschaft in der KPD oder einer ihr nahen Organi- ation nicht aus, um die Betroffenen von einer Entschä- igungsleistung auszuschließen. Ich möchte es heute och einmal deutlich sagen, hier besteht keine Gerech- igkeitslücke. Zum Schluss möchte ich betonen, dass mir in meiner olitischen Arbeit die im Antrag der Linken angespro- hene Personengruppe – die Opfer der SED-Diktatur – esonders am Herzen liegen. Anders als in der Bundes- epublik waren die Richter und Staatsanwälte bei ihrer rteilsfindung innerhalb der DDR-Justiz nicht einem echtsstaat verpflichtet. Unter diesem Blickwinkel wa- en dies hochgradige Unrechtsurteile, die auf reine poli- ische Verfolgung und Unterdrückung aus waren. Die olitische Strafjustiz der DDR war verbrecherisch und arkantes Merkmal einer Diktatur. Diese Opfer müssen ndlich für ihren mutigen Einsatz für Freiheit und De- okratie Gerechtigkeit erfahren. Lassen Sie uns die estschreibung im Koalitionsvertrag für eine Opferpen- ion zügig umsetzen. Mit dem Gesetzentwurf der Koali- ion, der gestern in den Ausschüssen beraten wurde und is zum 17. Juni 2007 in Kraft treten soll, haben wir ei- en tragfähigen Kompromiss erreicht. Endlich werden amit die materiellen Folgen der Unterdrückung durch as SED-Regime sichtbar gelindert und das Schicksal er in der DDR aus politischen Gründen Inhaftierten urch eine regelmäßige Zahlung erleichtert. Wenn die Fraktion Die Linke nach Aufarbeitung ihrer igenen Geschichte in der Demokratie ankommen will, ann sollte sie nicht solche Anträge stellen. Maik Reichel (SPD): Der heute hier vorliegende An- rag der Fraktion Die Linke reiht sich ein in ähnlich gela- erte Anträge der letzten Zeit, wie den vor vier Monaten n diesem Hause debattierten Antrag zur Entschädigung ür Opfer nationalsozialistischer Verfolgung, Drucksa- he 16/3536. Der Antrag unterstellt wie der genannte nd manch anderer Antrag der Fraktion Die Linke, dass die politische Verfolgung von … aktiven Linksopposi- ionellen in der frühen Bundesrepublik der 50er- und 0er-Jahre durch bundesdeutsche Behörden und Ge- ichte aufgrund ihrer politischen Einstellung und gewalt- reien Betätigung“ generell ein „rechtsstaatliches, politi- ches und materielles Unrecht“ gewesen sei. Eine solch pauschale Sicht wird der damaligen histo- ischen Situation nicht gerecht. Es ist billig, im Nach- inein klüger sein zu wollen, ein rasches Urteil über eine ergangene Zeit zu fällen, und es ist unhistorisch verein- achend. Von diesem geringen Anspruch ist leider der ntrag der Linksfraktion getragen. Wenn wir von wirklicher Aufarbeitung der Geschichte eden wollen, kann es nur darum gehen, die Ereignisse der eit des Kalten Krieges, vor nunmehr fünfzig Jahren, und ie deutsche Geschichte – Ost wie West – aus der damali- en Situation heraus zu erkennen. Die 1950er-Jahre waren geprägt vom Kalten Krieg. eute können wir diesen vielleicht als Missverständnis harakterisieren. Das wäre eine einfache Deutung. Aber s war nicht nur Konrad Adenauer, der befürchtete, dass 10320 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) die Sowjetunion in einem günstigen Moment die Bun- desrepublik Deutschland überfallen könnte. Die BRD war von der Gefahr, die von jenseits des Eisernen Vor- hangs drohte, von der Aggressivität des Kommunismus und der damit einhergehenden Gefährdung der Demo- kratie überzeugt. Die Gesamtsituation war auf neue mögliche kriegerische Auseinandersetzungen ausgerich- tet, die politische Atmosphäre von diesem Gefühl der Gefahr geprägt – in Ost wie in West. Der bestmögliche Schutz der demokratischen Bundesrepublik sollte garan- tiert werden, die Demokratie sich effektiv verteidigen und streitbar sein. Diese Bedrohungslage war in den 50er-Jahren präsen- ter, als wir es heute vielleicht ahnen. Um darüber ein wirklich umfassendes und realistisches Bild zu gewin- nen, gerade aus historischer Sicht, müssten wir die bis heute immer noch verschlossenen Dokumente in ehe- mals sowjetischen Archiven einbeziehen können. Dies alles vorausgesetzt, lässt sich trefflich darüber streiten, ob man damals mit der Verfolgung kommunisti- scher Betätigung und insbesondere dem KPD-Verbot aus einer Mücke einen Elefanten gemacht hat – zumal die KPD bereits bei der zweiten Bundestagswahl mit nur 2 Prozent der Stimmen quasi in die Bedeutungslosigkeit unterwegs war. Im Übrigen: Zu behaupten, wer sich als Kommunist betätigte, wurde bestraft, ist eine grobe Vereinfachung. Wir wissen, dass nicht alle, die sich in der 1956 verbote- nen KPD betätigten, angeklagt oder verurteilt worden sind. Mit den von Ihnen genannten Zahlen bestätigen Sie dies ja ebenfalls. Die am Montagabend im RBB ausge- strahlte Dokumentation „Als der Staat rot sah … Jus- tizopfer im Kalten Krieg“ von Hermann G. Abmayr lässt neben Verurteilten auch einen ehemaligen Richter zu Wort kommen, der deutlich macht, dass es sich auch die Richter nicht leicht machten, entsprechende Fälle zu be- werten. Auch die von Ihnen zitierte Jutta Limbach geht auf diese vereinfachende Sicht ein. Sie zitieren ihre Ansicht, dass das KPD-Verbotsurteil „kein Ausdruck besonderer demokratischer Souveränität“ gewesen sei, offenbar aus der Eröffnungsrede von Dr. Rolf Gössner zur Verleihung der Carl-von-Ossietzky-Medaille 2004. Da dieser Zitat- auszug außerordentlich verkürzt geschieht, gestatten Sie mir, Frau Limbachs Position etwas genauer und differen- zierter zu zitieren. Jutta Limbach, „Politische Justiz im Kalten Krieg“, in: „Neue Justiz“, 2/94, Seite 49 ff.: Bei aller Kritikwürdigkeit jener strafrechtlichen Versuche, die befürchtete kommunistische Infiltra- tion zu bannen, bleibt jedoch zu konzedieren, dass die Justiz sich grundsätzlich rechtsstaatlichen An- sprüchen verpflichtet wusste. Die gerichtliche Kommunistenverfolgung hat ihre Sanktionen stets an nachzuweisende empirische Tatbe- stände geknüpft. Auch sind vor allem die rechtsstaatlichen Verfah- rensgarantien wie das Gebot des rechtlichen Ge- hörs, das Recht der Verteidigung, die Unschulds- r D t s w e k A w B g L s t g a V g h r O D w f n R s r F t Z d S p b s (C (D vermutung und das Schuldprinzip respektiert worden. Und Jutta Limbach stellt zusammenfassend fest: Die bundesrepublikanische Verfolgung von Kom- munisten durch die Justiz war grundsätzlich ge- setzesorientiert und hat nie die Lenkungspraxis durch die zweite Gewalt oder seitens einer Partei erfahren … Auch standen seinerzeit den Kommu- nisten gleichermaßen gute wie kämpferische Vertei- diger zur Seite, die die Strafrechtspraxis öffentlich- keitswirksam kritisiert und einen letztlich rechtspolitisch folgenreichen Diskurs ausgelöst ha- ben. Nicht zuletzt gilt es zu konzedieren, dass es nicht erst einer Revolution bedurfte, um dieser Strafrechtspraxis ein Ende zu bereiten. Eine auf Meinungsfreiheit und den Justizgrundrechten basie- rende Demokratie verfügt offenbar über die not- wendigen Selbstreinigungskräfte. Die SPD sperrt sich nicht, wenn es darum geht, Un- echt als solches aufzuzeigen und wiedergutzumachen. och dazu bedarf es mehr als eines oberflächlich gestell- en und wenig detailreichen Antrags. Dr. Max Stadler (FDP): Die Fraktion Die Linke ver- ucht mit ihrem Antrag „Unrecht des Kalten Krieges iedergutmachen“ eine Thematik aufzugreifen, die in rster Linie der zeitgeschichtlichen Forschung und Dis- ussion vorbehalten bleiben sollte. Im Kreis zielt der ntrag darauf ab, die politische Auseinandersetzung, ie sie in den 50er-Jahren und frühen 60er-Jahren in der undesrepublik Deutschland mit der KPD, deren Mit- liedern und Nachfolgeorganisationen und anderen inksoppositionellen geführt worden ist, zum Gegen- tand einer öffentlichen Debatte zu machen. Die konkre- en Forderungen, die in dem Antrag der Linksfraktion egenüber der Bundesregierung formuliert werden, sind ber sehr vage gehalten. Sie dienen offenkundig nur als ehikel dafür, eine politische Bewertung der Ära des so- enannten Kalten Krieges vorzunehmen und die Debatte ierüber ins Parlament zu tragen. Die Linksfraktion schweigt sich in ihrem Antrag da- über aus, wie sie sich genau die „Rehabilitierung der pfer des Kalten Krieges in Deutschland“ vorstellt. em Antrag ist nicht zu entnehmen, wem genau und in elchem Umfang eine „materielle Wiedergutmachung ür das erlittene Unrecht“ zukommen soll. Es wird auch icht näher ausgeführt, wie denn die „unverzüglichen egelungen“ aussehen sollen, mit denen nach Auffas- ung der Linksfraktion „betroffene Menschen politisch ehabilitiert“ werden sollen. Somit bleiben die konkreten olgerungen, die die Linksfraktion in ihrem Antrag un- er Ziffer II aus der Sachverhaltsfeststellung unter iffer l zu ziehen gedenkt, reichlich nebulös. Daraus ist unschwer der Schluss zu ziehen, dass es er Linksfraktion hauptsächlich darauf ankommt, ihre ichtweise der politischen Abläufe der 50er-Jahre zu räsentieren. Der damalige Umgang in der Bundesrepu- lik Deutschland mit Kommunisten kann aber selbstver- tändlich nicht aus dem historischen Kontext herausge- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10321 (A) ) (B) ) löst bewertet werden. Durch Deutschland verlief die Grenzlinie zwischen der westlichen Welt und dem Ost- block. Schon bald nach Beendigung des Zweiten Welt- krieges verschärfte sich die ideologische Auseinander- setzung zwischen den westlichen Demokratien und den Staaten des real existierenden Sozialismus. Der Ost- West-Konflikt führte auch zu militärischen Spannungen und damit zu einer Bedrohung für den Frieden in Mittel- europa. Demgemäß war die politische Lage in den 50er-Jah- ren nicht vergleichbar mit der Phase der Entspannungs- politik, wie sie 1969 durch die sozialliberale Koalition unter maßgeblicher Beteiligung der FDP und der Außen- minister Walter Scheel und Hans-Dietrich Genscher ein- geleitet worden ist. In dieser späteren Phase ist beispiels- weise kein Verbotsantrag gegen die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) gestellt worden. Ohnehin blieb die DKP politisch weitgehend bedeutungslos. Da- gegen hatte sich die frühere CDU/CSU-FDP-Bundesre- gierung in der spannungsgeladenen Situation der 50er- Jahre für einen Verbotsantrag gegen die KPD entschie- den, wie übrigens auch gegen die SRP. Das Verbotsverfahren gegen die KPD vor dem Bun- desverfassungsgericht ist einzuordnen in einer Zeit, die geprägt war durch die deutsche Teilung und unterschied- liche, einander diametral entgegengesetzte Gesell- schaftssysteme. Ähnliche Verfahren gab es in anderen westlichen Demokratien wie Frankreich, Österreich oder Italien nicht. Dort entwickelte sich aufgrund gänzlich anderer Ausgangsbedingungen eine andere Tradition im Umgang mit sozialistischen und kommunistischen Par- teien. Diese wenigen Überlegungen mögen genügen, um meine Ausgangsthese zu untermauern: Das von der Linksfraktion aufgeworfene Thema ist und bleibt ein Objekt politikwissenschaftlicher und zeithistorischer Forschung. Für eine juristische Aufarbeitung eignen sich die fünf Jahrzehnte zurückliegenden Vorgänge dagegen nicht. Es besteht kein Zweifel, dass das KPD-Verbot – unabhängig von der politischen Bewertung dieses Ver- fahrens – legal auf der Grundlage des Art. 21 Abs. 2 des Grundgesetzes zustande gekommen ist. Die Bestimmun- gen über strafbewehrte Verstöße gegen dieses Parteien- verbot waren ebenfalls Bestandteil der Rechtsordnung. Von juristischer Willkür kann daher keine Rede sein. Jan Korte (DIE LINKE): Wir debattieren heute er- neut über ein geschichtspolitisches Thema: über das jus- tizielle und politische Unrecht zur Zeit des Kalten Krie- ges, über Unrecht, das Menschen widerfahren ist, die sich politisch in einer freien demokratischen Gesell- schaft organisiert und engagiert haben und dafür verfolgt und verurteilt wurden. Dieses Unrecht und die Gescheh- nisse vor 50 Jahren wirken bis heute nach. Auch deshalb hat die Linksfraktion den Antrag „Unrecht des Kalten Krieges wiedergutmachen“ eingebracht und hofft, auch heute auf eine qualifizierte, ehrliche und vor allem redli- che Debatte. Ich betone dies, da in der vorausgegange- nen Debatte über die Rehabilitierung von sogenannten Kriegsverrätern eine faire Auseinandersetzung ausge- b u Z d r G e a c s H m K t K f s A F l g n s M g z F 1 J r d K w s g w A D d g e n b K b d a t m a b h l i B p (C (D lieben war und Äußerungen der Union Einstellungen nd geistige Haltungen zu Tage förderten, die uns in die eit des Kalten Krieges zurückversetzten. Dies ist nicht er Ansatz der Linksfraktion. Vielmehr geht es uns da- um, Unrecht aufzuarbeiten und Recht zu schaffen, das räben und den Kalten Krieg überwindet. Dass das Thema „Kalter Krieg“ nach wie vor zu aktu- llen Debatten auch außerhalb des Bundestages, also uch in Medien und Gesellschaft, führt, zeigt die Tatsa- he, dass vor zwei Tagen im öffentlich-rechtlichen Fern- ehen der Film „Als der Staat rot sah“ gesendet wurde. ermann G. Abmayr, der Autor und Journalist des 45- inütigen Streifens und selbst nicht Opfer des Kalten rieges, hat, wie ich meine, eine sehr gute Dokumenta- ion über die Ursachen und Folgen des Verbotes der ommunistischen Partei Deutschlands, KPD, abgelie- ert. Ich kann nur jedem raten, sich diesen Film anzu- chauen oder bei den jeweiligen Länderanstalten der RD anzurufen und als Konsument darum zu bitten, den ilm in allen dritten Programmen zu senden – und viel- eicht nicht erst um 22 Uhr, sondern direkt nach der Ta- esschau um 20.15 Uhr. Ausschlaggebend für unseren Antrag waren jedoch icht nur das Schauen von Fernsehdokumentationen, ondern zweierlei Tatsachen: zum einen, dass noch heute enschen unter der justiziellen und politischen Verfol- ung der 50er- und 60er-Jahre zu leiden haben. Zum weiten ist der Antrag Ergebnis einer Anhörung meiner raktion vor fast einem Jahr hier im Bundestag. Am . Juni 2006 lud die Linksfraktion zur Anhörung „50 ahre KPD-Verbot“ in das Reichstagsgebäude ein. Eine Geschichte am Rande: Wir hatten zu der Anhö- ung den letzten noch lebenden Bundestagsabgeordneten er ersten Bundestagslegislatur, Herrn Fritz Rische, PD, eingeladen. Im Zuge der Vorbereitungen stellten ir plötzlich fest, dass Herr Rische nie im Besitz eines ogenannten Ehemaligenausweises war, wie es für aus- eschiedene Bundestagsabgeordnete üblich ist. Der Aus- eis wurde ihm als Kommunist schlichtweg verweigert. lso haben wir Kontakt zum Bundestagspräsidenten r. Norbert Lammert aufgenommen und ihn gebeten, ieses „Versäumnis“ nachzuholen. Fritz Rische konnte esundheitsbedingt dann leider nicht nach Berlin reisen, rhielt aber doch, nach über 50 Jahren, den angesproche- en Ausweis. Dies ist ein Zeichen, wenn auch nur sym- olischer Natur, der Aufarbeitung der Geschichte des alten Krieges, und dafür möchte ich mich herzlich eim Bundestagspräsidenten bedanken. Doch zurück zum Antrag. Es ist an der Zeit, bundes- eutsche Geschichte aufzuarbeiten. Dazu gehört eben uch, ein Kapitel zu beleuchten, das bisher kaum Beach- ung gefunden hat: Die politische Verfolgung von Kom- unistinnen und Kommunisten und anderen politisch ktiven Linksoppositionellen in der frühen Bundesrepu- lik der 50er- und 60er-Jahre durch bundesdeutsche Be- örden und Gerichte aufgrund ihrer politischen Einstel- ungen und gewaltfreien Betätigung ist ein dunkler Fleck m Geschichtsbuch der Bundesrepublik. Ja, auch in der undesrepublik gab es in den ersten beiden Jahrzehnten olitische Verfolgung und politische Ungerechtigkeiten. 10322 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) Betroffen waren in erster Linie westdeutsche Kommu- nistinnen und Kommunisten, darunter viele Wider- standskämpfer, die unter der Nazidiktatur lange Jahre in KZ- und Zuchthaushaft zubrachten. Der Kreis der Ver- folgten ging aber weit über die benannten Personen hi- naus. Verfolgt wurden auch Menschen, die Post aus der DDR bekamen, deutsch-deutsche Kontakte pflegten, oder Menschen, die gegen die Wiederbewaffnung der BRD stritten. Ein paar Zahlen seien genannt, um das Ausmaß zu verdeutlichen. Diese sind im Übrigen durch Historiker und Juristen zusammengetragen worden und wurden nie angezweifelt – von keiner Seite. In der Zeit von 1951 bis 1968 gab es staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfah- ren gegen 200 000 Personen mit über 10 000 Verurtei- lungen, teils zu mehrmonatigen oder mehrjährigen Haft- strafen. Allein nach dem Verbot der KPD 1956 sind jährlich bis zu 14 000 staatsanwaltschaftliche Ermitt- lungsverfahren anhängig gewesen, in denen bis zu 500 Kommunisten und Sympathisanten verurteilt wur- den. Nach Haftverbüßung folgten Einschränkungen der staatsbürgerlichen Rechte, entwürdigende Polizeiauf- sicht, Pass- und Führerscheinentzug. Auch Berufsver- bote waren die Folge, was bis heute Auswirkungen auf die Rentenhöhe der betroffenen Personen hat. Die Illegalisierung der KPD 1956 auf Antrag der Bundesregierung Adenauer führte zu weiteren Krimina- lisierungswellen auch gegen Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter und Mitglieder der SPD, die alles an- dere, nur keine Kommunisten waren. So wurden etwa das „Friedenskomitee“ oder die „Aktion Frohe Ferien für alle Kinder“ als Ersatz- oder Tarnorganisationen der verbotenen KPD verfolgt. In sieben Jahren, zwischen 1951 und 1958, ergingen 80 Verbote gegen Organisatio- nen oder Bündnisgruppen, die nicht dem Parteienprivi- leg nach Art. 21 GG unterlagen, darunter auch – nur um das hier plastisch zu zeigen – der Demokratische Frauen- bund und der Demokratische Kulturbund. Dass diese Ermittlungsverfahren in einer Atmosphäre der antikommunistischen Hysterie geführt wurden, er- kennt auch Jutta Limbach, die ehemalige Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts an. Sie sagte, dass es „wahr- lich kein Ausdruck besonderer demokratischer Souverä- nität“ gewesen sei, die KPD zu verbieten. Praktisch die gesamte politische Betätigung der kommunistisch orien- tierten Linken und ihrer Bündnispartner wurde in jener Zeit kriminalisiert und aus dem öffentlichen Willensbil- dungsprozess weitgehend ausgeschaltet, so fasste es der Rechtswissenschaftler Alexander von Brünneck zusam- men. Besonders bedrückend ist in diesem Zusammen- hang, dass Menschen, die bereits unter den Nazis verur- teilt und verfolgt wurden, nun in der Bundesrepublik erneut verfolgt wurden und oftmals durch Richter, die schon vor 1945 Urteile sprachen, verurteilt oder durch Staatsanwälte, die bereits im Dritten Reich tätig waren, juristisch verfolgt wurden. Gleichzeitig – dies gehört eben auch zur Aufarbeitung der Geschichte – saßen viele der alten Nazieliten wieder in Amt und Würden – bis ins Kanzleramt. Ich nenne hier nur den Namen Hans Globke. Der Umgang mit den alten Eliten der national- sozialistischen Herrschaft und der Antikommunismus in D k k v e K s i r p a d a r K l m g R d f B n e N d c Q t r r d d s B v m (C (D eutschland sind bis heute eine europäische Einmalig- eit. Alexander von Brünneck schrieb hierzu: Mit dem Potsdamer Abkommen war eine be- stimmte Form der politischen Erneuerung Deutsch- lands zwischen den Siegermächten vereinbart wor- den, die eine antifaschistische Zielrichtung hatte und die Mitwirkung der Kommunisten einschloss. Dieser Ausgangspunkt der politischen Entwicklung im Nachkriegsdeutschland wurde in der Bundesre- publik mit Eliminierung der KPD aus dem legalen politischen Leben endgültig verlassen. Kritik am Antikommunismus und der Verfolgung lin- er Oppositioneller wurde aber nicht nur von links oder on Wissenschaftlern geäußert. Auch Personen wie der hemalige Bundespräsident Gustav Heinemann übten ritik. Er schrieb 1953 in der „Gesamtdeutschen Rund- chau“: Wenn wir den Frieden sichern wollen, müssen wir der antisowjetischen Hetze ebenso wehren wie der Hetze gegen irgendein westliches Volk, muss eine Bresche geschlagen werden in den blinden und pau- schalen Antikommunismus, diese kriegsträchtige Mentalität bürgerlich-pharisäischer Selbstgerech- tigkeit. Für ihn waren also der hysterische Antikommunismus n der BRD unter Adenauer und die Ermittlungsverfah- en gegen Tausende nicht vertretbar. Dieses Unrecht darf nie wieder in unserem Lande assieren. Die beste Prävention von erneuter Verfolgung ufgrund politischer Einstellung und Betätigung ist, dass as begangene Unrecht als solches gekennzeichnet und ufgehoben wird. Deshalb fordern wir die Bundesregie- ung auf, geeignete Formen zu finden, die Opfer des alten Krieges zu rehabilitieren und unverzüglich Rege- ungen zu treffen, die den betroffenen Menschen eine aterielle Wiedergutmachung für das erlittene Unrecht ewähren. Schließlich muss es auch um eine politische ehabilitierung gehen, gerade vor dem Hintergrund, ass die Betroffenen für ein friedliches Europa und eine riedliche Zukunft stritten und somit am Aufbau der undesrepublik aktiv mitwirken wollten. Dies kann icht weiter kriminalisiert werden, sondern verdient An- rkennung. Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): ach den Konservativen wirft nun auch die Linkspartei ie Zeitmaschine an. Nachdem wir in den letzten Wo- hen und Monaten viel über die RAF, ihre Taten und die ualität ihrer juristischen Aufarbeitung gehört haben, rägt uns dieser Antrag nun zwei weitere Jahrzehnte zu- ück. Wir erfahren darin Verschiedenes über die straf- echtlichen Maßnahmen gegen Kommunisten und an- ere, deren politische Einstellungen und Aktivitäten in er Adenauer-Zeit rigorose Aktivitäten des Staates nach ich zogen. Viele der Belangten hatten tatsächlich die eseitigung der westdeutschen Demokratie zum Ziel, iele andere hatten die Strafverfolgung, die sie erlitten, it keiner Tat und in keiner Weise verdient. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10323 (A) ) (B) ) All das wussten wir schon vorher. Denn auch wenn es die Linkspartei noch nicht wahrgenommen hat, ist diese Periode bundesdeutscher Geschichte sehr wohl aufgear- beitet worden. Es war diese Art von borniertem Anti- kommunismus, die in den 60er- und 70er-Jahren viele Jugendliche auf die Straße trieb. Und es war diese Art staatlicher Überreaktion, die eine neue Generation von Juristen und Politikern dazu brachte, ein der Demokratie gemäßes Verständnis von Rechtsstaat zu etablieren. Ge- nau das führte, wie der Antrag richtig feststellt, auch dazu, das politische Strafrecht Ende der 60er-Jahre zu li- beralisieren und Gesinnung weitgehend von strafrechtli- cher Verfolgung auszunehmen. Warum also heute ein Antrag zu diesem Thema? Und warum von dieser Fraktion? Nicht wenige Sozialdemo- kraten, Liberale und – in einem etwas anderen Kontext – auch Grüne hätten ebenfalls genügend Gründe, Formen des politischen Strafrechts in der bundesrepublikani- schen Vergangenheit anzuprangern. Den Abgeordneten der Linksfraktion geht es aber um etwas anderes. Die Argumentation des Antrags legt auch offen, um was: Da lesen wir, dass die Aufarbeitung der deutschen Nachkriegsgeschichte sich einseitig auf die Ermittlung der Verbrechen der Stasi in der ehemaligen DDR konzentriert habe. Das ist eine gewagte Behaup- tung, wie ein Blick in zeitgeschichtliche Publikationen und das Verzeichnis lieferbarer Bücher belegt. Wie schon in früheren Jahrzehnten haben Historiker und Journalisten auch in den 90er-Jahren die ganze Band- breite deutscher Vergangenheit bearbeitet. Ministerpräsi- dent Oettinger könnte sicherlich bezeugen, dass auch heute noch von politischer Relevanz ist, wer in den Na- zijahren was tat, und noch immer die Frage von Bedeu- tung ist, ob die steilen Karrieren mancher Mittäter und Mithelfer nicht eines der fragwürdigsten Kapitel in der Geschichte der Bundesrepublik sind. Die Linksfraktion interessiert all das nicht. Ihr geht es um den Umkehrschluss: Genau wie – in ihren Augen – die staatlichen Maßnahmen gegen Kommunisten in den 50er- und 60er-Jahren überzogen oder gar vollständig falsch waren, so ist die Aufarbeitung der Stasiaktivitäten in ihren Augen falsch: eine Hexenjagd auf Unschuldige, die nur das Pech hatten, vor 1989 auf der falschen Seite der Mauer gelebt zu haben. Die Diskussion der letzten Monate über die Entschädigung für Opfer des SED-Re- gimes hat das wieder und wieder bewiesen. Es ist in der Linkspartei, trotz Vereinigungsplänen und der dritten Namensänderung in 18 Jahren, nach wie vor unmöglich, Unrecht auch Unrecht zu nennen, ohne zu relativieren. Es gibt kaum ein Bekenntnis zu dem von SED und Stasi begangenen Unrecht, dem nicht ein Aber folgen würde. Wie alltäglich dieses Denken in der Partei nach wie vor ist, hat auch die jüngste Wahl von Verfassungsrich- tern in Berlin gezeigt. Die PDS stellte dort eine Reprä- sentantin dieser Aufrechnungskultur zur Wahl, ohne et- was dabei zu finden, dass besagte Frau Kenzler Amnestie und Haftentschädigung für Politbüromitglie- der, Mauerschützen und Folterknechte der Stasi fordert. Vielleicht sollten die Kolleginnen und Kollegen von der Linksfraktion lieber versuchen, selbst aus den Denk- m h t d W t G r d w K d d w s L w s d v D w v b t R m d G D K B t d B s d ü H s w h z A I b f d h d a s j d (C (D ustern des Kalten Krieges herauszufinden. Wenn auch eute noch die Vorstellung herrscht, dass alle Justiz par- eilich ist und alle Geschichtsschreibung die Geschichte er Sieger besingt, dann ist die Linkspartei mit dem ahlergebnis in Bremen vielleicht geografisch im Wes- en angekommen, aber mental noch weit entfernt von der egenwart. Gert Winkelmeier (fraktionslos): Die Bundesregie- ung muss die Opfer des Kalten Krieges rehabilitieren, as heißt auch, sie materiell zu entschädigen. Das sind ir unserer Demokratie schuldig. Zu den Opfern des alten Krieges gehören vor allem auch die Betroffenen es KPD-Verbotes. Als am 17. August 1956 die KPD urch die damalige Bundesregierung verboten wurde, ar die juristische Grundlage geschaffen, dass Men- chen mit einer anderen politischen Gesinnung in diesem and verfolgt werden können. Mit dem Parteiverbot ollte die Adenauer-Regierung vor allem dem politi- chen Widerstand gegen die Remilitarisierung West- eutschlands einen Schlag versetzen. Betroffen waren ornehmlich Menschen, die bereits in der faschistischen iktatur in die politische Illegalität gedrängt und teil- eise zu hohen KZ-, Zuchthaus- und Gefängnisstrafen erurteilt wurden. Wer in den 50er- und 60er-Jahren aktiv linke Politik etrieben hat, wer sich als Linksoppositioneller am poli- ischen Geschehen beteiligte, wer in dieser Zeit sein echt zur friedlichen Demonstration nutzen wollte, der usste mit erheblichen Repressalien rechnen. Viele wur- en Opfer einer politisch motivierten und durch den eist des Kalten Krieges geprägten Rechtsprechung. er Kreis der damals Verfolgten ging weit über die ommunisten hinaus: Betroffen waren Menschen in ündnissen gegen die Wiederbewaffnung der BRD. Be- roffen waren all jene, die sich für eine Normalisierung er Beziehungen beider deutschen Staaten einsetzten. etroffen waren all jene, die das legitime Recht in An- pruch nahmen, für parlamentarische Gremien zu kandi- ieren. Hunderttausende Ermittlungsverfahren führten zu ber 10 000 Verurteilungen mit teilweise mehrjährigen aftstrafen. 1963 wurde zum Beispiel ein Maschinen- chlosser zu neun Monaten Gefängnis verurteilt, nur eil er am 1. Mai rote Nelken getragen und verteilt atte. Josef Angenfort wurde als damaliger FDJ-Vorsit- ender zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt, obwohl er als bgeordneter des Landtages von Nordrhein-Westfalen mmunität besaß. Die Illegalisierung der Kommunisten und ihrer Ver- ündeten in Gewerkschaften und Landesparlamenten ührte zu weiteren Organisationsverboten, die weit über as Umfeld der KPD hinausgingen. Fast zwei Jahrzehnte errschte diese undemokratische Politikauffassung in iesem Land. Erst ab 1968 – zu Zeiten der Großen Ko- lition – erfolgte eine gewisse Liberalisierung des politi- chen Strafrechtes. Eine materielle Entschädigung gab es edoch nicht. Heute wäre die Chance, dieses damalige Unrecht wie- ergutzumachen. Wenn wir von der Aufarbeitung der 10324 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) deutschen Geschichte sprechen, dann ist es dringend notwendig, dieses vom Kalten Krieg geprägte Kapitel in der Bundesrepublik zu betrachten. Es erscheint mir not- wendig, den damaligen KPD-Verbotsprozess unter heu- tigen – rechtsstaatlichen – Gesichtspunkten ergebnisof- fen zu prüfen und, wenn möglich, eine Revision des Urteils durchzuführen. Dadurch könnte der Staat auch seinen Frieden mit den vielen Menschen machen, die ab den 70er-Jahren von Gesinnungsschnüffelei und vom Berufsverbot betroffen waren; denn das waren die politi- schen Spätfolgen des KPD-Verbotes. Nach der Deutschen Einheit ist es notwendig, Wie- dergutmachung all jenen zukommen zu lassen, die unter den Verhältnissen des Kalten Krieges der 50er- und 60er-Jahre gelitten haben. Daher fordere ich Sie auf: Zei- gen Sie politische Größe und Liberalität stimmen Sie dem Antrag der Fraktion Die Linke zu. Anlage 13 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines … Strafrechts- änderungsgesetzes zur Bekämpfung der Com- puterkriminalität (… StrÄndG) (Tagesord- nungspunkt 23) Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/ CSU): Wir befassen uns heute mit einem Gesetzentwurf, der deutsches materielles Computerstrafrecht in Teilbe- reichen an europarechtliche Vorgaben anpasst. Sowohl das Europarat-Übereinkommen über Computerkrimina- lität aus dem Jahr 2001 als auch der EU-Rahmenbe- schluss über Angriffe auf Informationssysteme aus 2005 haben zum Ziel, gemeinsame strafrechtliche Mindest- standards zu schaffen. Durch den rasanten technischen Fortschritt auf dem Gebiet der modernen Kommunika- tionsformen ergaben sich im Bereich der Computer- kriminalität Strafbarkeitslücken, die neue Tatbestände sowie Präzisierungen der geltenden Rechtslage erforder- lich machen. Dies geschieht mit dem vorliegenden Ge- setzentwurf der Bundesregierung in verantwortungsvol- ler Weise. Es geht um ein hohes Schutzgut, nämlich um den Schutz von Informationstechnologiesystemen. Kom- plexe Attacken auf Computersysteme können erhebliche Schäden verursachen, das Vertrauen der Bürger in die Sicherheit des Internets untergraben und sensible öffent- liche Informationsstrukturen gefährden. Daher werden zum Beispiel „Hacking“, die Verbreitung von „Hacker- Tools“ oder Angriffe auf Rechnersysteme durch soge- nannte „Denial-of-Service-Attacken“ mit dem Ziel, In- ternetseiten durch einen organisierten massenhaften Zu- griff zu blockieren oder total ausfallen zu lassen, künftig unter Strafe gestellt. Die Beratungen im Rechtsausschuss waren erkennt- nisreich und über die Fraktionsgrenzen hinweg sehr kon- struktiv. Kritik, die geäußert wurde, haben wir ernsthaft geprüft. Im Mittelpunkt der Diskussionen stand die vor allem aus der IT-Sicherheitsbranche vorgetragene Be- f d v f S f Z z l d g s w Z m P § b g § s s z d V r d B s S R B A g p m G b a s d N e s b s n f w g s g w v u h (C (D ürchtung, der neue § 202 c des Strafgesetzbuches, mit em die Vorbereitung des Ausspähens und Abfangens on Daten unter Strafe gestellt wird, könnte zu weit ge- asst sein. Befürchtet wird, dass auch das Testen von IT- ystemen mittels Computerprogrammen zur Überprü- ung auf Sicherheitslücken strafbar sein könnte. Dies ist aber nicht die Intention des Gesetzentwurfs. iel ist es, diejenigen strafrechtlich zur Verantwortung u ziehen, die vorsätzlich Computerprogramme herstel- en, sich verschaffen oder vertreiben, die in erster Linie afür ausgelegt sind, Daten auszuspähen oder abzufan- en. Dass es für solche Produkte einen Markt gibt, wis- en wir. Wer aber den Wortlaut des § 202 c genau liest, dem ird schnell klar, dass das Testen von IT-Systemen zum wecke der Sicherheitsüberprüfung nicht tatbestands- äßig ist. Der objektive Tatbestand erfasst nur solche rogramme, deren Zweck die Begehung einer Tat nach 202 a oder § 202 b des Strafgesetzbuches ist. Maßge- end ist die objektive Zweckbestimmung des Pro- ramms. Zugegebenermaßen hat mir die Formulierung des 202 c das größte Kopfzerbrechen bereitet. Mein Vor- chlag, das Wort „Zweck“ durch den Begriff „Zweckbe- timmung“, zu ersetzen, um so auch sprachlich deutlich u machen, dass nur die mit krimineller Absicht Han- elnden erfasst sein sollen, hätte bedingt, auch andere orschriften zu ändern. Denn die vorgesehene Formulie- ung in § 202 c Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzentwurfs, nach er es sich um „Computerprogramme, deren Zweck die egehung einer solchen Tat ist“, handeln muss, findet ich auch in § 263 a des Strafgesetzbuches und in § 22 b traßenverkehrsgesetz wieder. Vor dem Hintergrund der echtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das mit eschluss vom 9. Mai 2006 die Auslegung zu § 22 b bs. 1 Nr. 3 StVG bestätigt hat, wonach die in Bezug enommene Straftat objektiver Zweck des Computer- rogramms sein muss, bin ich zu dem Ergebnis gekom- en, dass wir die Formulierung in § 202 c so wie im esetzentwurf vorgeschlagen beibehalten können. Ich egrüße es daher sehr, dass in der Beschlussempfehlung usdrücklich darauf hingewiesen wird, dass es sich um o genannte „Schadsoftware“ handeln muss, hingegen er branchenübliche Einsatz von Hacker-Tools durch etzwerkadministratoren, die damit die Sicherheit des igenen Datennetzes überprüfen wollen, nicht kriminali- iert wird. Unter Strafe gestellt wird hingegen in Zukunft das isher – zumindest nach dem Willen des Gesetzgebers – traflose „Hacking“, also sich unbefugt Zugang zu ei- em Computer- oder Informationssystem zu verschaf- en. Mit der neuen Fassung des § 202 a Strafgesetzbuch ird diese Form der Computerkriminalität unter Strafe estellt. Es kommt künftig nicht mehr darauf an, dass ich der Täter unbefugt Daten verschafft, sondern der ei- entliche Unwertcharakter der Tat – sich unberechtigter- eise Zugang zu einem fremden Computersystem zu erschaffen – wird strafbar. Schließlich gefährdet das nbefugte Eindringen in einen Computer bereits das Ge- eimhaltungsinteresse des Berechtigten; denn wer ein- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10325 (A) ) (B) ) mal „drinnen“ ist, der wird sich auch für den Inhalt der geschützten Daten interessieren. Insofern schafft der Ge- setzentwurf in diesem Punkt – in Umsetzung von Art. 2 des Europarat-Übereinkommens – die erforderliche Klarheit. Eine mit dem Siegeszug des Internets neu entstandene Kriminalitätsform ist die Computersabotage in der Form des organisierten massenhaften Zugriffs auf eine Inter- netseite mit dem Ziel der Blockade. Vor diesem krimi- nellen Phänomen stehen die Gerichte bisher machtlos, da die bestehenden Straftatbestände wie zum Beispiel der der Nötigung nicht greifen, illustrativ ist in diesem Zusammenhang der Beschluss des OLG Frankfurt am Main vom 22. Mai 2006, abgedruckt in der Zeitschrift „Strafverteidiger“ 2007, Seite 244 ff. Das Gericht kam in dem Fall eines gezielten Angriffs auf die Homepage der Lufthansa am Tag ihrer Hauptversammlung im Jahr 2001 mangels einschlägiger Strafvorschriften zur Straflosigkeit des Angeklagten. Daher wird mit der Neufassung von § 303 b Abs. 1 Nr. 2 des Strafgesetzbu- ches eine solche Tathandlung, die in Schädigungsabsicht unternommen wird, künftig zu Recht unter Strafe ge- stellt. Es handelt sich hierbei nämlich nicht um eine zu billigende, womöglich sogar noch grundrechtlich ge- schützte „Internet-Demonstration“, sondern um straf- würdiges Unrecht, das nicht unerhebliche wirtschaftli- che Schäden verursachen kann. Sie sehen also: Der Gesetzentwurf trägt den Bedürf- nissen der Praxis Rechnung. Er schließt Strafbarkeitslü- cken, die schon länger als regelungsbedürftig angesehen wurden oder durch neuere technische Entwicklungen entstanden sind. Ich bitte daher um Ihre Zustimmung. Dirk Manzewski (SPD): Mit dem hier abschließend debattierten Gesetzentwurf wollen wir den entsprechen- den EU-Rahmenbeschluss zur Bekämpfung der Compu- terkriminalität umsetzen. Leider bereitet die Computerkriminalität mit ihren in- ternationalen Verflechtungen im In- und Ausland immer größere Probleme. Die stärkere Nutzung und Abhängig- keit unserer Gesellschaft von den neuen Informations- und Kommunikationstechnologien lädt verstärkt zum Missbrauch ein. Insbesondere komplexe Attacken gegen moderne Informationsstrukturen durch Viren, Würmer oder Trojaner verursachen dabei oft hohe Schäden. Daher ist es aufgrund der Intention des EU-Rahmen- beschlusses nur folgerichtig, dass zukünftig bereits der unbefugte Zugang zu einem Computer- und Informa- tionssystem als Ganzem oder zu einem Teil davon straf- bar sein soll. Ferner soll das Sichverschaffen von Daten aus einer nichtöffentlichen Computerdatenübermittlung und aus der elektromagnetischen Abstrahlung einer Da- tenverarbeitungsanlage unter Anwendung technischer Hilfsmittel unter Strafe gestellt werden. Zudem soll be- reits die Vorbereitung zu einer dieser beiden Taten durch Herstellen, Verschaffen, Verkaufen, Überlassen, Verbrei- ten oder sonst Zugänglichmachen von Passwörtern oder sonstigen Sicherungscodes sowie von Computerpro- grammen, deren Zweck die Begehung einer solchen Tat ist, unter Strafe gestellt werden. g Z B f n h l h k – n S v b n h s i I w v f C c d m A N i d e S t s H e c f z l s O a d U w s m w w d s d (C (D Da der EU-Rahmenbeschluss relativ wenig Spielraum elassen hat, ist der Gesetzentwurf auf überwiegende ustimmung gestoßen. Kritik gibt es vor allem aus dem ereich der IT-Sicherheitsbranche. Diese hat die Be- ürchtung, dass ihre Arbeit insbesondere durch den euen § 202 c StGB quasi unmöglich gemacht wird. Wir aben diese Befürchtung sehr ernst genommen; denn es iegt auch in unser aller Interesse, dass die IT-Sicher- eitsbranche ihre Arbeit zu unserem Schutz fortführen ann. Ich meine jedoch, dass die angemeldeten Bedenken soweit sie legale berechtigte Interessen vertreten – icht zutreffen. Für eine Strafbarkeit im vorgenannten inne müssen nämlich zwei zwingende Voraussetzungen orliegen. Zum einen müsste ein Computerprogramm enutzt werden, dessen Zweck gerade die Begehung ei- er Computerstraftat ist, und zum anderen muss die Tat- andlung zwingend zur Vorbereitung einer Computer- traftat erfolgen. Möchte also zum Beispiel eine Bank hr Sicherheitssystem überprüfen lassen und stellt dem T-Sicherheitsunternehmen einen Geldautomaten hin, ist eder das Eindringen in das Sicherheitssystem noch die orherige Herstellung der entsprechenden Software hier- ür strafbar, da dieses jeweils nicht zum Zwecke einer omputerstraftat, sondern eben zur Überprüfung des Si- herheitssystems diente. Gleiches würde gelten, wenn zum Beispiel Microsoft as Sicherheitssystem einer Firma überprüfen lassen öchte, welches mit ihrem Betriebssystem arbeitet. uch dies wäre aus den gleichen Gründen nicht strafbar. atürlich nur, wenn diese Überprüfung zuvor entweder ndividuell oder über den Lizenzvertrag vereinbart wor- en ist. Die Besorgnis der IT-Sicherheitsbranche ist – soweit s ihre legale Arbeit und den gutwilligen Umgang mit oftwareprogrammen zur Sicherheitsüberprüfung be- rifft – also nicht berechtigt. Nun wissen wir aber, dass ich die IT-Sicherheitsbranche gerne der Hinweise von ackern bedient, deren Kick es eben ist, illegal in Netze inzudringen und dann die aufgedeckten Sicherheitslü- ken publik zu machen. Auch wenn diese kostenlose In- ormation der Computercracks der Sicherheitsbranche ugegebenermaßen weiterhilft, ist dieses Interesse natür- ich nicht schutzwürdig. In Zeiten, in denen wir darüber debattieren, inwieweit taatliche Institutionen bei Verdacht von Straftaten nlinedurchsuchungen vornehmen dürfen, kann es nicht kzeptiert werden, dass das Just-for-Fun-Eindringen in ie Privatsphäre von Menschen oder in das Innerste von nternehmen und Institutionen legalisiert wird. Wir sind gleichwohl noch am überlegen gewesen, ob ir nicht durch eine Klarstellung im Gesetz, zumindest oweit es § 202 c StGB betrifft, noch einmal deutlicher achen, was der IT-Sicherheitsbranche erlaubt ist und as nicht. Wir sind dann aber davon abgekommen, da ir der Auffassung sind, dass das Gesetz insoweit eutlich genug ist und unsere Aufgabe nicht darin be- teht – wie es ein Sachverständiger so trefflich aus- rückte –, hier juristisches Feuilleton zu betreiben. 10326 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) Im Übrigen hätten dann auch Parallelvorschriften – na- mentlich § 263 a Abs. 3 StGB und § 22 b StVG – in an- deren Gesetzen entsprechend geändert werden müssen. Dieses verbietet sich aber bereits deshalb, weil sich diese Vorschriften in der Praxis trefflich bewährt haben und schon deshalb kein Korrekturbedarf besteht. Deshalb können wir auch dem Änderungsantrag der Linkspartei nicht folgen. Das vermeintliche Dual-Use-Tools-Problem sehen wir nämlich nicht. Man muss sich nur einmal genau den Straftatbestand anschauen, um festzustellen, unter wel- chen engen und eindeutigen Voraussetzungen eigentlich nur eine Strafbarkeit vorliegt. Gerade die §§ 263 a StGB und § 22 b StVG zeigen, dass insoweit eben kein Ab- grenzungsproblem besteht. Anders als der Linkspartei liegt uns auch daran, ins- besondere den mittlerweile schamlosen offenen Verkauf von zum offensichtlichen Zwecke der Computerkrimina- lität hergestellten Computerprogrammen zu sanktionie- ren. Dies würde, folgte man dem Änderungsantrag, je- doch herausfallen. Gemeinsam mit der FDP und dem Bündnis 90/Die Grünen hat die Koalition für die Be- schlussempfehlung im Übrigen noch eine Formulie- rungshilfe erarbeitet, die die Intention des § 202 c StGB unter Berücksichtigung von Art. 6 des Europaratsüber- einkommens noch einmal deutlich machen soll. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP): Die rasante technische Entwicklung der vergangenen Jahre stellt das Strafrecht vor neue Herausforderungen. „Phishing“ und „Hacking“ sind zwei neue Phänomene der Computerkriminalität. In der Bevölkerung herrscht zu Recht eine große Besorgnis davor, dass sich Krimi- nelle mit immer neuen technischen Mitteln Zugang zu Passwörtern und ID-Kennungen verschaffen und so Zu- gang haben zu Finanztransaktionen, die heute online ab- gewickelt werden. Bereits das geltende Strafrecht bietet Möglichkeiten, um diesem kriminellen Verhalten zu be- gegnen. Die Straftatbestände des Ausspähens von Daten, des Computerbetrugs, der Fälschung beweiserheblicher Da- ten und der unbefugten Datenerhebung und -verarbei- tung bieten schon heute einen großen Schutz vor dem Ausspionieren persönlicher Daten im Internet. Das Übereinkommen des Europarats über Computerkrimina- lität vom 23. November 2001 und der Rahmenbeschluss des Rates der Europäischen Union vom 24. Februar 2005 über Angriffe auf Informationssysteme verpflich- ten den nationalen Gesetzgeber, darüber hinaus weiter- gehende Straftatbestände im Bereich der Computerkri- minalität zu schaffen. Viele der geforderten Regelungen sind bereits im deutschen Recht umgesetzt. Der Gesetz- entwurf beschränkt sich daher auf die Schließung von wenigen Lücken im Strafrecht. Eine europaweite Har- monisierung dieser Straftaten zur Bekämpfung der Com- puterkriminalität ist grundsätzlich zu begrüßen. Das na- tionale Strafrecht kommt bei der Bekämpfung der Computerkriminalität oft an seine Grenzen. Nur grenz- überschreitend, basierend auf gemeinsamen Normen, wird es möglich sein, diesen neuen Phänomenen der Kri- m s d e w f b n c n j l d g c n e ü d g n o s m e F Ü w c a Z t I e z a s j Z e U m g r d d k s a B n t d (C (D inalität wirksam zu begegnen. Mit dem heutigen Be- chluss reagiert der Deutsche Bundestag angemessen auf ie berechtigten Sorgen der Bürgerinnen und Bürger vor iner Zunahme der Computerkriminalität, indem er ichtige Maßnahmen zur Sicherheit von modernen In- ormationssystemen ergreift. Bei den Beratungen im Ausschuss haben wir uns mit esonderer Sorgfalt dem § 202 c StGB gewidmet. Da- ach wird bestraft, wer Passworte, sonstige Zugangs- odes oder Programme, deren Zweck die Begehung ei- er Computerstraftat ist, herstellt. Dasselbe gilt, wenn emand sie sich oder anderen verschafft, verkauft, über- ässt, verbreitet oder sonst zugänglich macht. Frühzeitig haben Vertreter der IT-Sicherheitsbranche arauf aufmerksam gemacht, dass durch die vorgeschla- ene Formulierung die Gefahr besteht, dass ihr bran- henübliches Verhalten dadurch möglicherweise krimi- alisiert werden kann. Diese Bedenken haben wir sehr rnst genommen und sorgfältig diskutiert. Wir haben ber verschiedene Textvarianten gesprochen, mit denen as Anliegen des Gesetzgebers deutlicher zum Ausdruck ebracht werden kann, so beispielsweise durch die Auf- ahme von subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen der durch eine stärkere Ausrichtung auf die Zweckbe- timmung. Im Ergebnis und nach intensiven Beratungen it dem Bundesjustizministerium sind wir jedoch über- instimmend der Auffassung, dass die vorgeschlagene ormulierung in § 202 c StGB sachgerecht ist und eine berkriminalisierung nicht zu erwarten ist. In letzter Zeit hat sich eine Branche etabliert, die Soft- are anbietet, die allein den Zweck hat, bestimmte Si- herheits- und Zugangssperren zu knacken. Dafür wird uch in entsprechenden Publikationen offen geworben. iel der vorgeschlagenen Regelung ist es, dieses Verhal- en ausdrücklich unter Strafe zu stellen. Die berechtigten nteressen der IT-Sicherheitsbranche, die ihre Software insetzen zur Überprüfung der Sicherheit von Datennet- en, wird hiervon nicht erfasst. Dies ergibt sich auch klar us den europarechtlichen Vorgaben, die mit dem Ge- etzentwurf umgesetzt werden sollen. Art. 6 des Europarats-Übereinkommens sieht eine ob- ektive Beschränkung auf vorwiegend zu kriminellen wecken hergestellte oder angepasste Programme sowie ine subjektive Beschränkung dahingehend vor, dass der mgang mit dem direkten Vorsatz geschehen muss, dass it dem Programm eine der genannten Straftaten began- en wird. Art. 6 Abs. l betrifft darüber hinaus nur den „unbe- echtigten Erwerb“. Zudem verweist Art. 6 Abs. 2 des Übereinkommens arauf, dass die Vorschrift nicht so ausgelegt werden arf, als begründe er die strafrechtliche Verantwortlich- eit in Fällen, in denen das Herstellen, Verkaufen, Be- chaffen zwecks Gebrauchs, Einführen, Verbreiten oder nderweitiges Verfügbarmachen nicht zum Zweck der egehung einer Straftat, sondern beispielsweise zum ge- ehmigten Testen oder zum Schutz eines Computersys- ems erfolgt. In diesem Punkt ist die Gesetzesbegrün- ung widersprüchlich. Dort heißt es, dass das Programm Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10327 (A) ) (B) ) nicht ausschließlich für die Begehung einer Computer- straftat bestimmt sein muss. Es reiche aus, wenn die ob- jektive Zweckbestimmung des Tools auch die Begehung einer solchen Straftat ist. Ich begrüße sehr, dass sich die Fraktionen im Rechtsausschuss daher darauf geeinigt ha- ben, eine gemeinsame Erklärung in die Beschlussemp- fehlung einzufügen, die hier eine notwendige Klarstel- lung vornimmt. Der Rechtsausschuss stellt fest, dass es der Wille des Gesetzgebers ist, dass § 202 c StGB im Sinne des Europarats-Übereinkommens auszulegen ist. Eine Kriminalisierung von sicherheitsrelevanten Hand- lungen soll daher ausgeschlossen werden. Die bloße Ge- eignetheit zur Begehung solcher Straftaten begründet keine Strafbarkeit. Die geforderte Zweckbestimmung muss eine Eigenschaft des Computerprogramms in dem Sinne darstellen, dass es sich um sogenannte Schadsoft- ware handelt. Des Weiteren hat der Rechtsausschuss festgestellt, dass die sogenannten Massen-E-Mail-Proteste nicht den Tatbestand des § 303p StGB erfüllen, da sie von der Meinungsfreiheit nach Art. 5 GG gedeckt sind. Der Rechtsausschuss hat mit dieser Erklärung die berechtig- ten Interessen der IT-Branche angemessen berücksich- tigt. Es ist erfreulich, dass der Gesetzentwurf heute mit der großen Mehrheit des Deutschen Bundestages verab- schiedet wird. Es ist gut, dass die Vertraulichkeit und In- tegrität des privaten PC vor fremdem Zugriff besser ge- schützt werden soll. Dies ist ein wichtiges Signal und ein guter Tag für die Rechtspolitik. Jan Korte (DIE LINKE): Das vorliegende Straf- rechtsänderungsgesetz der Koalition ist sicher gut ge- meint. Meine Fraktion teilt das Ziel der Koalition, den Missbrauch von Telekommunikations- und Informa- tionssystemen wirkungsvoll zu bekämpfen und damit ei- nen Beitrag zur Sicherheit des IT-Standortes Deutsch- land zu leisten. Jedoch, so gut das Ansinnen ist, so problematisch stellt sich der Gesetzesentwurf dar. Ein wesentliches Problem des Entwurfes ist die Vorfeldkriminalisierung im Bereich von Straftaten nach den §§ 202 a oder 202 b. Durch den neuen § 202 c sollen Vorbereitungshandlun- gen wie das Herstellen von Programmen kriminalisiert werden, wenn diese Programme dem Zweck dienen, Da- ten auszuspähen oder abzufangen. Das Problem dabei ist, dass sich der Zweck einer Software, die zum Ausspä- hen oder Abfangen von Daten geeignet ist, nicht aus dem Funktionsumfang der Software heraus erklärt. Viel mehr ist es der Anwender, der den Zweck der Software setzt. Mit der beabsichtigten Regelung, die genau diese Differenzierung nicht leistet, stellen Sie Softwareent- wickler und IT-Sicherheitsexperten vor unlösbare Pro- bleme. Jene sind nämlich zwingend darauf angewiesen, auf Software zurückzugreifen, die dazu geeignet ist, in gesicherte Systeme einzudringen oder Passwörter zu cra- cken, um die Sicherheit von Telekommunikations- oder IT-Systemen unter realistischen Bedingungen zu prüfen. Ein IT-Sicherheitsberater, der beispielsweise von ei- ner großen Bank beauftragt wird, die Sicherheit der ver- w a G g w e a b u s G A d z h f m A z w e s U s s P z k g V g h w D e a z s s n z t v l t s v z a ( i s s S s b (C (D endeten Passworte mittels eines Passwort-Knackers uf Herz und Nieren zu testen, würde mit einem Fuß im efängnis stehen, wenn er zur Erfüllung seines Auftra- es eine entsprechende Software herstellen und testen ürde. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie auch nur inen Experten finden werden, der gewillt ist, das Risiko uf sich zu nehmen, sich auf diese Art und Weise straf- ar zu machen. Der Experte wird den Auftrag ablehnen nd die Bank müsste darauf verzichten, ihre System- icherheit einer Prüfung zu unterziehen. An diesem Beispiel wird das Risiko deutlich, das der esetzesentwurf in sich birgt. Weil Kriminelle, die die bsicht verfolgen, in ein System einzudringen, um sich ort illegal Daten zu beschaffen oder das System selbst u beschädigen, sich durch das Gesetz nicht davon ab- alten lassen werden, ihr kriminelles Ansinnen zu ver- olgen, die Bank in diesem Fall aber keine Möglichkeit ehr hat, ausreichende Abwehrmaßnahmen gegen einen ngriff zu treffen und unter realistischen Bedingungen u testen, wird die IT-Sicherheit durch den Gesetzesent- urf mehr gefährdet als geschützt. Der Geschäftsführer ines mittelständischen IT-Sicherheitsunternehmens agte mir in einem Gespräch, dass es das Aus für sein nternehmen bedeuten würde, sollte das Gesetz so be- chlossen werden. Die Linke hat einen Änderungsantrag vorgelegt, der ich mit klaren und verständlichen Maßnahmen dieses roblems annimmt, indem von einer expliziten Befugnis ur Straflosstellung des zugrunde liegenden Überein- ommens des Europarats Gebrauch macht. Wir beantra- en, den Umgang mit Computerprogrammen, die zur orbereitung von Straftaten nach den §§ 202 a oder b eeignet sind, nicht mit einer Strafandrohung zu verse- en, sondern die tatsächlichen Rechtsgutsverletzungen ie das widerrechtliche Ausspähen oder Abfangen von aten zu bestrafen. Diese kleine Änderung ermöglicht inen differenzierten Umgang mit Software, die auch, ber nicht nur zu Straftaten gebraucht werden kann. Ich finde es sehr befremdlich, dass die Linke die ein- ige Fraktion ist, die sich dieses Problems annimmt und ich damit auch noch als einzige Fraktion um die Interes- en des IT-Standortes kümmert. Also, geben Sie sich ei- en Ruck und stimmen Sie unserem Änderungsantrag u. Alles andere würde in logischer Konsequenz bedeu- en, dass wir auch den Besitz und das Inverkehrbringen on Küchenmessern verbieten müssen. Diese sind näm- ich, genau wie die beschriebene Software, dual use ools, die sowohl einem nützlichen Zweck – Zwiebeln chneiden – als auch kriminellen Zwecken – Erstechen on Personen – dienen können. Ich möchte noch auf einen weiteren Punkt der Kritik urückkommen, die wir in unserem Änderungsantrag ufgegriffen haben. Ich glaube, dass mit dem § 303 b Computersabotage), so wie Sie ihn vorgelegt haben, ein llegitimer Zweck verfolgt werden soll. Auch hier chießt der Entwurf über das Ziel hinaus, wenn die chlichte Eingabe und Übermittlung von Daten unter trafe gestellt werden soll. Die Formulierung erfasst bei- pielsweise auch sogenannte Onlinedemonstrationen, ei denen nach aktueller Rechtsprechung noch unklar 10328 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) ist, inwieweit sie vom Recht auf freie Meinungsäuße- rung und dem Recht auf Versammlungsfreiheit geschützt sind. Bei einer Onlinedemonstration werden massenhaft Anfragen an eine Website geschickt mit dem Ziel, diese zu blockieren. Sie können das auch gerne mit einer Sitz- blockade vergleichen, die das BVerfG ausdrücklich als nicht strafbar angesehen hat. Wir vertreten die Auffassung, dass diese Form der Meinungsäußerung und der Versammlungsfreiheit nicht – wie es der Gesetzesentwurf vorsieht – unter Strafe ge- stellt werden darf. Dieser Auffassung ist übrigens nicht nur die Linke, sondern auch der Kollege Jörg Tauss von der SPD oder der Richter Sierk Hamann, der auch Mit- glied der FDP ist. Selbst der ehemalige Innenminister Otto Schily hat ein mit der Onlinedemonstration ver- gleichbares Vorgehen in Erwägung gezogen, um Nazi- Websites zu blockieren. Jetzt will die Bundesregierung mit dem Passus zur Computersabotage vollendete Tatsa- chen schaffen und Onlinedemonstrationen unter Strafe stellen, ohne dass die Debatte um freie Meinungsäuße- rung im Internet auch nur annähernd abschließend ge- führt werden konnte, wie es unter anderem das Minister- komitee des Europarates empfohlen hat. Die Linke will das Demonstrationsrecht auch virtuell und hat in ihrem Änderungsantrag vorgeschlagen, dass Computersabotage nur dann unter Strafe gestellt wird, wenn es sich dabei tatsächlich um einen Sabotageakt, nicht aber um eine Form virtuellen Protestes handelt. Onlinedemonstrationen sind ein neues und legitimes Mittel, sich demokratisch zu engagieren und für viele Bürger sicher auch ein gutes Mittel gegen den Politfrust, den die Große Koalition erzeugt. Diese Bürger gehören nicht bestraft. Für die Zukunft wünsche ich mir, dass nicht solche Kollegen mit Rechtsfragen rund um Computer befasst werden, die wie Herr Glos das Internet von anderen Leuten bedienen lassen oder sich wie Herr Schäuble ihre E-Mails selbst ausdrucken. Womöglich bleiben uns dann derartige Patzer wie in dem Entwurf, den wir hier bera- ten, erspart. Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Informationstechnologie entwickelt sich rasant. Die vir- tuelle Welt schafft einen neuen Freiheitsraum für Men- schen, in kürzester Zeit und ohne großen Aufwand bis- her unerreichbare Informationen zu erhalten, sich mit Menschen und Institutionen auf der ganzen Welt zu ver- netzen und Informationen auszutauschen. Mit diesen neuen Möglichkeiten der IT-Technologie sind jedoch auch Gefahren gewachsen und ist eine Kriminalität ent- standen, auf die das Strafrecht eine sachgerechte und an- gemessene Antwort finden muss. Der vorliegende Ge- setzentwurf tut dies. Wir haben die in der Öffentlichkeit vielfach geäußer- ten Bedenken, der Entwurf führe zur Gefährdung und Verfolgung von Menschen und Firmen, die nichts Un- rechtes tun oder gar zu einer Überkriminalisierung, sehr sorgfältig geprüft. Unseres Erachtens sind jedoch die tat- bestandlichen Grenzen, wie in einigen schon bestehen- den Strafvorschriften, in denen Computerprogramme an- g B w f A n g E g s d R f z v f a a b h ü t S m d f o h v N t l f C f a B f d S c g d d n u g z J K k s d n d (C (D esprochen werden, ausreichend klar formuliert. Den edenken der Kritiker wurde durch Klarstellungen, die ir in der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses ormuliert haben, Rechnung getragen. Nun konkret zu den Änderungen. Der Tatbestand des usspähens von Daten – § 202 a StGB – erfasst bisher ach seinem Wortlaut das ,,Verschaffen von Daten, die egen unberechtigten Zugang besonders gesichert sind“. r wird jetzt als „Verschaffen des Zugangs zu Daten, die egen unberechtigten Zugang besonders gesichert sind“, prachlich erweitert. Damit ist jedoch keine Ausweitung er Strafbarkeit verbunden, weil schon bisher von der echtsprechung der Zugang zu Daten mit dem Verschaf- en von solchen gleichgesetzt wurde und eine Abgren- ung auch technisch schwer möglich ist. Neu geschaffen wird der Tatbestand des Abfangens on Daten in § 202 b StGB. Wer also unbefugt nichtöf- entliche – auch elektronische – Kommunikationsdaten bfängt, indem er sich für ihn nicht bestimmte E-Mails us WLAN-Netzen verschafft, macht sich künftig straf- ar. Was als Abhörverbot beim Telefonieren schon bis- er galt, wird nun also auf neue Kommunikationsformen bertragen. Die zentrale und von vielen kritisierte Neuerung be- rifft den neuen § 202 c StGB – das Vorbereiten der traftaten nach § 202 a oder § 202 b StGB. Künftig acht sich strafbar, wer vorsätzlich darauf hinarbeitet, ass unbefugt gesicherte Daten ausgespäht oder abge- angen werden können, indem er nämlich Passwörter der Computerprogramme, deren Zweck in der Bege- ung einer der oben genannten Taten besteht, herstellt, erkauft, sich verschafft oder verbreitet. Damit zielt die orm auf die zu unterbindende Verbreitung von Compu- erprogrammen, die aufgrund ihrer Bauart darauf ausge- egt sind, illegalen Zwecken zu dienen. Kritisiert wurde, die Strafnorm gehe zu weit: Sie er- asse angeblich auch sogenannte dual use tools, also omputerprogramme, die gleichermaßen für legale wie ür illegale Aktivitäten genutzt werden können. Diese uch in der Anhörung des Rechtsausschusses geäußerten edenken sind gewichtig, wir sind dem mit großer Sorg- alt nachgegangen. Im Ergebnis sind wir aber überzeugt, ass eine Änderung des Gesetzeswortlautes an dieser telle nicht erforderlich ist. Klar ist: Der branchenübli- he befugte und gewollte Einsatz von Computerpro- rammen durch Netzwerkadministratoren, mit denen iese zum Beispiel die Sicherheit von eigenen oder Kun- endatennetzen prüfen wollen, wird von der Strafnorm icht erfasst. In Zweifelsfällen wird helfen, dass es sich m Antragsdelikte handelt, es also ohne einen Kläger ar nicht zu Strafverfahren kommen wird. Deshalb fürchten wir Grünen nicht, dass das Gesetz u der befürchteten Überkriminalisierung führen wird. edoch haben wir uns – im Ergebnis erfolgreich – für larstellungen eingesetzt, die den vorgetragenen Beden- en Rechnung tragen. Der Bericht des Rechtsausschus- es stellt nun klar, dass § 202 c StGB im Sinne des Art. 6 es Europarats-Übereinkommens auszulegen ist, also ur solche Computerprogramme erfasst werden sollen, ie in erster Linie dafür hergestellt werden, um damit Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10329 (A) ) (B) ) Straftaten nach § 202 a oder b StGB zu begehen. Ist das Computerprogramm dazu lediglich geeignet, wird es von der Strafnorm nicht erfasst. Es muss also Schadsoft- ware sein, vergleichbar der „Verfälschungssoftware“ bei Tachometermanipulationen, wie es das Bundesverfas- sungsgericht in einer Entscheidung 2006 herausgearbei- tet hat. Der Bericht des Rechtsausschusses weist zudem ausdrücklich darauf hin, dass § 202 c StGB in erster Li- nie auf professionelle Anbieter zielt, die – unter Gewinn- erzielung – Computerprogramme bewerben und anbie- ten, die für die Begehung von Straftaten geschrieben werden. Als dritten – uns Grünen nicht minder wichtigen – Punkt haben wir die Pflicht des Gesetzgebers betont, die Auswirkungen der neuen Strafvorschriften genau zu be- obachten. Sollten also Programmentwickler und Firmen, die nicht aus krimineller Energie heraus handeln, durch die neue Strafnorm wider Erwarten doch in Ermittlungs- verfahren verwickelt werden, muss der Gesetzgeber zeit- nah reagieren und für Abhilfe sorgen. Den neugefassten § 303 b StGB – Computersabotage – möchte ich nur kurz ansprechen Auch hier konnten wir eine Klarstellung durchsetzen. Der Bericht des Rechts- ausschusses stellt klar, dass Massen-E-Mail-Proteste nicht unter § 303 b StGB fallen, weil es bei ihnen an der erforderlichen Nachteilszufügungsabsicht fehlt und sie von der Meinungsfreiheit nach Art. 5 GG geschützt sind. Angesichts dieser richtigen und wichtigen Klarstel- lungen, die wir noch in den Beratungen des Rechtsaus- schusses zum Gesetzentwurf „Computerkriminalität“ er- wirken konnten, werden wir dem Gesetz heute unsere Zustimmung nicht versagen. Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz: Die moderne Informa- tionstechnologie und vor allem das Internet sind heute aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Das Inter- net macht es möglich, weltweit Verbindung zu halten und zu kommunizieren, es erlaubt große Transaktionen per Mausklick und stellt uns eine schier unerschöpfliche Fülle von Informationen zur Verfügung. Das Netz ist aber auch verletzbar. Von Cyber-Angriffen ist in der Presse immer wieder zu lesen. Zuletzt hat der „Spiegel“ von anhaltenden sogenannten Denial-of-Service-Atta- cken auf die Websites der Regierung in Estland berich- tet. Dabei handelt es sich um einen Angriff, bei dem ein Computer gezielt mit Tausenden E-Mails bombardiert wird, die seine Rechenkapazität überlasten und das Sys- tem lahmlegen. Was das bedeutet, kann sich jeder leb- haft vorstellen. Denken Sie nur an Angriffe gegen die Server von Staatseinrichtungen oder gegen sogenannte kritische In- frastrukturen wie Banken oder Kernkraftwerke. Wir müssen hier für Sicherheit sorgen, und dazu gehören auch klare technische Rahmenbedingungen nicht zuletzt im Strafrecht. Dem dient der Ihnen heute vorliegende Gesetzent- wurf. Die Denial-of-Service-Attacken sind dafür ein gu- tes Beispiel. Sie fallen künftig unter den Straftatbestand der Computersabotage. Außerdem wird der Schutzbe- r t C s z a A r ü D s t P d t n n K s c u l s t s m is t b w t k w T S h b w R g d s a V s v d n s s f m a e s t d (C (D eich der Computersabotage auf private Datenverarbei- ungen ausgedehnt. Die besonders schweren Fälle der omputersabotage – wie der Angriff auf kritische Infra- trukturen – können künftig mit Freiheitsstrafe bis zu ehn Jahren bestraft werden. Das Gesetz dient dabei uch der Umsetzung des EU-Rahmenbeschlusses über ngriffe auf Informationssysteme und der materiell- echtlichen Vorgaben des Europaratübereinkommens ber Computerkriminalität in unser nationales Recht. iese internationalen Standards werden das Computer- trafrecht weiter verbessern. Neben der bereits genann- en vorgesehenen Änderung möchte ich drei weitere unkte herausgreifen. Erstens. Klargestellt werden soll, ass das „Hacking“, das heißt das Knacken von Compu- ersicherheitssystemen, strafbar ist. Es kann nicht hinge- ommen werden, dass ohne Einverständnis des Betroffe- en in seinen Datenbestand eingedrungen werden darf. ünftig soll daher bereits der unbefugte Zugang zu be- onders gesicherten Daten unter Überwindung von Si- herheitsvorkehrungen in § 202 a des Strafgesetzbuches nter Strafe gestellt werden. Zweitens. Besonders gefährliche Vorbereitungshand- ungen zu Computerstraftaten werden künftig strafbar ein. Sanktioniert wird die Vorbereitung einer Compu- erstraftat insbesondere durch das Herstellen, Überlas- en, Verbreiten oder Verschaffen von Computerprogram- en, deren Zweck die Begehung einer Computerstraftat t. Weil es durch teilweise unsachliche Kritik einige Irri- ationen in der Öffentlichkeit gab und weil auch die De- atten in den Fraktionen davon nicht immer ganz frei aren, möchte ich an dieser Stelle noch einmal festhal- en: Es geht nicht darum, die IT-Sicherheitsbranche zu riminalisieren. Diese kann sich selbstverständlich auch eiterhin zu Zwecken des genehmigten Testens Hacker- ools verschaffen. Auch Computerprogramme, die der icherheitsüberprüfung, der Entwicklung von Sicher- eitssoftware oder der Ausbildung in der IT-Sicherheits- ranche dienen, werden nicht erfasst. Diesem Anliegen ird mit einer engen Formulierung des Tatbestandes echnung getragen. Erfasst werden nur Schadpro- ramme, denen die illegale Verwendung immanent ist, ie also nach Art und Weise des Aufbaus oder ihrer Be- chaffenheit auf die Begehung von Computerstraftaten ngelegt sind. Dass solche Programme – hierzu gehören iren, Würmer, Trojaner und entsprechende Bausätze owie auch sogenannte Hacker-Tools – im Netz nichts erloren haben, ist eine Selbstverständlichkeit. Drittens. Es gibt keinen Grund, die Vertraulichkeit es immer wichtiger gewordenen E-Mail-Verkehrs we- iger zu schützen als den Briefverkehr oder Telefonge- präche. In einem neuen § 202 b des Strafgesetzbuches oll daher das Verschaffen von Daten aus einer nicht öf- entlichen Datenübermittlung oder aus der elektro- agnetischen Abstrahlung einer Datenverarbeitungs- nlage unter Strafe gestellt werden. Die Änderungen durch den Gesetzentwurf stellen ine sachgerechte Modernisierung unseres Computer- trafrechts dar. Sie ermöglichen Deutschland, seine in- ernationalen Verpflichtungen zu erfüllen. Ich bitte Sie aher um Zustimmung zu dem Gesetz. 10330 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) Anlage 14 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichtes zu den Anträgen: – Engpässe beim grenzüberschreitenden Stromhandel abbauen – Wettbewerb auf dem Elektrizitätsmarkt intensivieren – Mehr Wettbewerb für die deutschen und eu- ropäischen Energiemärkte – Europäischen Impuls aufnehmen – Wettbewerb auf den Energiemärkten stär- ken, eigentumsrechtliche Entflechtung der Transportnetze umsetzen und Möglichkeiten zur Entflechtung bei marktbeherrschenden Stellungen schaffen (Tagesordnungspunkt 24) Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU): Wir debattieren heute eine ganze Reihe von energiepolitischen Anträgen und Vorstellungen der Oppositionsfraktionen, die insbe- sondere mehr Wettbewerb einfordern. Damit rennen Sie bei uns offene Türen ein. Ich will gern versuchen, Ihnen darzulegen, dass für die Union ein Mehr an Wettbewerb zentrale Voraussetzung für einen funktionierenden Ener- giemarkt ist. An dieser Forderung richtet sich auch un- sere alltägliche politische Arbeit aus. Wie ist die Lage, und in welche Richtung weist unser Kompass bei der Umsetzung unserer Energiepolitik? Ich will beim Thema Strom und Gas beginnen. Dort sind es im Wesentlichen drei Faktoren, die die Preise und die Entwicklung beeinflussen. Zum Ersten sind das die staatlich administrierten Steuern und Abgaben, die bei den Preisen für Haushalts- strom mittlerweile über 40 Prozent ausmachen; beim Gas und auch beim Industrie- und Gewerbestrom liegt der Anteil etwas niedriger, ist aber immer noch einer der dominierenden Bestandteile. Zum Zweiten ist das natürliche Monopol der Netze zu nennen, das mit den Netzkosten zu Buche schlägt. Im Haushaltsbereich sind dies 35 Prozent. Allein diese beiden Faktoren machen fast 75 Prozent – also drei Viertel – der Kosten für Strom und Gas aus. Zum Dritten ist das der Wettbewerbsbereich, Strom und Gasbezug inklusive Erzeugung und Vertrieb. Was haben wir bisher getan? Bereits im Koalitions- vertrag haben wir festgehalten, dass wir die Erhöhungs- orgie beenden, die wir bei Abgaben und Steuern in den sieben Jahren von Rot-Grün erlebt haben. Nach einem Anstieg von 2 Milliarden auf über 13 Milliarden Euro staatlich administrierter Abgabenbelastung pro Jahr ha- ben wir gesagt: Das Ende der Belastbarkeit ist erreicht. Im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie, insbesondere der energieintensiven Industrie, haben wir im letzten Jahr mit der Härtefallregelung beim EEG die energieintensiven Industrien um über 80 Millio- nen Euro entlastet. Zur Sicherung der Wettbewerbsfähig- k B u w s d g g g b g h 2 w N d f u r 2 a d S c w e r e o d l k w d A r u a z s m a W g z e f D n K o p d (C (D eit deutscher Unternehmen haben wir weiterhin ganze ranchen im energieintensiven Bereich von der Strom- nd Mineralölsteuer – EU-konform! – befreit und so eitere 60 Millionen Euro wettbewerbsfördernd einge- etzt. Was das natürliche Monopol der Netze angeht – also en zweiten Bereich – leistet die Bundesnetzagentur ute Arbeit. Grundlage dafür ist das Energiewirtschafts- esetz, das wir noch Ende der letzten Legislaturperiode emeinsam im Vermittlungsausschuss verabschiedet ha- en. Diese Arbeit trägt jetzt erstmals Früchte. Vor weni- en Wochen meldete die Bundesnetzagentur, dass Haus- alte und Wirtschaft gleichermaßen im letzten Jahr um ,8 Milliarden Euro entlastet wurden. Dies war möglich, eil Erhöhungen der Netzentgelte nicht genehmigt bzw. etzentgelte gesenkt worden sind. In diesem Bereich es natürlichen Monopols, wo der Markt bisher nicht unktioniert, wo Marktversagen vorliegt, sparen wir mit nserem Ansatz der kostenorientierten Ex-ante-Regulie- ung 2006 und 2007 und übergangsweise, modifiziert, 008 2,8 Milliarden Euro ein. Ich will nicht zu optimistisch sein, aber es gibt durch- us realistische Prognosen, die besagen: Ausgehend von en etwas über 23 Milliarden Euro Netzentgelten im trombereich – so viel waren es im Jahr 2006 – errei- hen wir mit den Maßnahmen, die jetzt in Gang gesetzt orden sind, nicht nur eine Stabilisierung, sondern sogar ine Senkung der Netznutzungsentgelte. Über die An- eizregulierung eröffnen wir nämlich – ganz geplant – inen Erlöspfad nach unten, sodass wir in fünf, sechs der sieben Jahren im Ergebnis vielleicht bei 17 Milliar- en oder 18 Milliarden Euro Netzentgelte liegen. Durch die Anreizregulierung werden wir diesen Er- öspfad nach unten in den nächsten Wochen nicht nur onkretisieren – die Eckpunkte liegen ja vor –, sondern ir werden auch sicherstellen, dass die Investitionen in ie Netze auch zukünftig sichergestellt sind. Mit dieser nreiz- und einer Qualitätsregulierung werden wir unse- en hohen deutschen Standard, der einmalig in Europa nd in der Welt ist, dauerhaft etablieren, gleichzeitig ber auch die genannten Einsparungen erzielen. Das dritte Handlungsfeld gilt dem Wettbewerb bei Er- eugung, Vertrieb und Bezug von Strom und Gas. Hier ollte eigentlich seit der Liberalisierung des Energie- arkts 1998 ein Wettbewerb stattfinden. Wir müssen ber leider übereinstimmend feststellen, dass dieser ettbewerb nur eingeschränkt funktioniert, weil die vier roßen Unternehmen, die je nach Definition mit 80 Pro- ent bis 90 Prozent die Stromerzeugung dominieren, ine marktbeherrschende Stellung einnehmen. Um Wettbewerb im Bereich der Stromerzeugung zu ördern, brauchen wir wettbewerbliche Marktstrukturen. azu sind neue Kraftwerke möglichst neuer Anbieter ötig. Solche Strukturen sollen durch die kürzlich im abinett beschlossene Kraftwerks-Netzanschluss-Ver- rdnung gefördert werden. Neue Anbieter erhalten hier rivilegierten Zugang zum Netz. So kommt mehr Liqui- ität in den Markt, die preissenkend wirken wird. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10331 (A) ) (B) ) Diese strukturellen Maßnahmen wirken aber nicht so- fort. Daher hat das Bundeswirtschaftsministerium die GWB-Novelle auf den Weg gebracht, die wir als Uni- onsfraktion voll unterstützen. Ziel der Vorschrift ist es, die bestehende Missbrauchsaufsicht des Kartellamts vor- übergehend zu schärfen, bis die strukturellen Maßnah- men greifen. Die Vorschrift wird deshalb nur für eine Übergangszeit gelten; sie tritt bereits 2012 außer Kraft. Es handelt sich nicht, wie oft vorgeworfen, um die Wie- dereinführung einer staatlichen Preisregulierung. Weiter- hin gilt: Wer eine marktbeherrschende Stellung nicht missbräuchlich ausnutzt, hat nichts zu befürchten. Es bleibt eine nachträgliche Prüfung im Einzelfall. Auch stellt die Novelle kein Investitionshindernis dar. Wettbe- werbsanaloge Preise müssen ausreichend Anreize für In- vestitionen geben. Niemand wird ernsthaft behaupten, erst durch hohe Monopolpreise würden Kraftwerksin- vestitionen rentabel. Bereits im Vorfeld haben diese Maßnahmen positive wettbewerbliche Wirkung gezeigt, wie die Schaffung von bundesweiten Billiganbietern durch große Energie- versorgungsunternehmen beweist. Mit der GWB-No- velle sowie der Kraftwerksnetzanschlussverordnung wird die Netzregulierung durch Verbesserungen auf der Angebotsseite und bei der Kartellaufsicht ergänzt und zu einem konsistenten Wettbewerbspaket geschnürt. Sie sehen: Wir arbeiten mit einem durchdachten Kon- zept, das die entscheidenden Stellschrauben in die rich- tige Richtung dreht. Diese Maßnahmen werden durch unsere Bemühungen ergänzt, auch auf europäischer Ebene den Wettbewerb im Energiesektor zu stärken. Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft legt einen Schwerpunkt auf die Energiepolitik. Dabei spielt die Weiterentwicklung der Strom- und Gasbinnenmärkte eine zentrale Rolle. Entsprechend hat der Europäische Rat am 8./9. März die Annahme eines ambitionierten Energie-Aktionsplans beschlossen und Prüfaufträge an die Europäische Kommission vergeben. Beim Energie- ministerrat am 6. Juni 2007 wird Bundeswirtschaftsmi- nister Michael Glos das Thema aktiv voranbringen. Zum Stichwort „Verbesserung des grenzüberschrei- tenden Stromaustausches“: Die EG-Stromhandelsver- ordnung 1228/03 zeichnet den Weg für eine verstärkte grenzüberschreitende Integration von Stromhandel und Netzsteuerung vor. Netzbetreiber, Börsen und andere Marktteilnehmer sind auf dem Weg zu gemeinsamen Handelsverfahren und Handelsplattformen. Dies alles wird das grenzüberschreitende Funktionieren der Märkte verbessern. Ein ermutigendes Beispiel hierfür ist das pentalaterale Energieforum, an dem die Beneluxländer, Frankreich und Deutschland beteiligt sind. Die Grünen fordern in ihrem Antrag weitgehende Entflechtungsmaßnahmen. Auch hierauf möchte ich ein- gehen. Das Ziel ist klar: Die Netze müssen als neutrale Marktplätze funktionieren. Möglichkeiten der Diskrimi- nierung müssen ausgeschaltet werden. Hier besteht noch Nachbesserungsbedarf. Daher müssen wir alle Optionen gründlich prüfen und vorurteilsfrei diskutieren. c t b K d w n g h ü V d m A w E L m t s a r s l M m a A n t d V f l E g U b m d W v E l t E n w u v s (C (D Aber die Entflechtung ist kein Allheilmittel zur For- ierung der wettbewerblichen Dynamik, sie kann nur Ul- ima Ratio sein, falls alle anderen Maßnahmen zum Ab- au von Marktdefiziten versagen. Ob die von der EU- ommission geforderte eigentumsrechtliche Trennung er Netze vom restlichen Eigentum der Energiekonzerne irklich für eine Entspannung an der Preisfront sorgt, ist icht belegbar. In Großbritannien etwa, wo die Übertra- ungsnetze längst abgetrennt wurden, liegen die Groß- andelspreise für Strom seit Monaten kontinuierlich ber den deutschen. Briten und Niederländer konnten die Abtrennung der erteilnetze vergleichsweise leicht durchsetzen, befan- en sich diese doch in der öffentlichen Hand. In Deutschland dagegen würde ein solcher Schritt auf assive verfassungsrechtliche Bedenken stoßen. Der rt. 14 des Grundgesetzes bildet einen hohen Schutz- all um die Netze. Ich befürchte bei der Umsetzung einer tiefgreifenden ntflechtung eher eine erhebliche Verzögerung bei der iberalisierung. Jahrelanger Rechtsstreit ist vorprogram- iert. Rechtsunsicherheit behindert notwendige Investi- ionen. Sie würden auch kein neues Auto kaufen, wenn ie wüssten, dass der Staat es Ihnen in einem halben Jahr bnimmt. Es ist besser, wenn wir den bisherigen Weg erfolg- eich fortführen, statt das Kind mit dem Bade auszu- chütten. Der Umsetzung vorhandener Pläne und Richt- inien ist daher der Vorrang gegenüber neuen aßnahmen zu geben. Erst wenn das zweite Binnen- arktpaket vollständig umgesetzt wurde und eine nach ngemessener Zeit durchzuführende Evaluierung der uswirkungen weitere Defizite bei der Durchsetzung ei- es echten Energiebinnenmarktes ergibt, kann über wei- ere ordnungsrechtliche Maßnahmen entschieden wer- en. Daher lehne ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt die orschläge der Kommission betreffend eine weitere Ent- lechtung der Energiekonzerne bzw. den Ersatz nationa- er Regulierungsbehörden durch einen europäischen nergieregulator ab. Voraussetzung für einen derart weitreichenden Ein- riff in privates Eigentum ist, dass er geeignet und als ltima Ratio erforderlich ist, um funktionierenden Wett- ewerb im europäischen Strom- und Gasmarkt zu er- öglichen. Dies ist derzeit nicht erkennbar. Vergleichende Untersuchungen der Energiemärkte er Mitgliedstaaten ergeben, dass diskriminierungsfreier ettbewerb und niedrige Netzentgelte von einer effekti- en und dauerhaften Regulierung und nicht von den igentumsverhältnissen am Netz abhängen. Eine Regu- ierung der Netzentgelte wäre auch bei einem Eigen- umswechsel an den Netzen erforderlich, da sich neue igentümer bei gleichen Rahmenbedingungen insofern icht anders als die bisherigen Eigentümer verhalten ürden. Lassen Sie mich zusammenfassen: Die hohen Strom- nd Gaspreise stellen die Bürger und Unternehmen un- ermindert vor große Probleme. Energiepolitik muss für ozialverträgliche Energiepreise sorgen. Daher setzt die 10332 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) Union in der Regierung folgende Punkte um: Erstens keine weiteren Belastungen der Energiepreise durch staatlich induzierte Abgaben; zweitens Wettbewerbsför- derung und faire Energiepreise durch effektive Netzre- gulierung und Stärkung wettbewerblicher Marktstruktu- ren; drittens temporäre Verschärfung des Kartellrechts, bis die strukturellen Maßnahmen im Energiemarkt wir- ken; viertens die Schaffung eines funktionierenden Ener- giebinnenmarktes mit einheitlichen Regeln. Die deut- sche Politik muss darauf achten, dass europaweit nicht mit zweierlei Maß gemessen wird. Insbesondere beim Ownership-Unbundling sehe ich diese Gefahr. Mit- gliedsländer mit staatlichen Besitzstrukturen können die Entflechtung formal problemlos umsetzen, bauen aber gleichzeitig andere Wettbewerbshindernisse nicht ab. Frankreich ist dafür ein gutes Beispiel. Wenn man den Binnenmarkt ernst nimmt, müssen überall die gleichen Regeln gelten. Europäischer Binnenmarkt heißt nicht, dass einzelne große Akteure die Spielregeln missbrau- chen, um ihre Marktmacht auszudehnen. Zum Wohle al- ler Bürger und Verbraucher in Europa brauchen wir ein einheitliches level-playing-field im Energiebinnenmarkt. Rolf Hempelmann (SPD): Wir haben es heute mit drei Anträgen der Opposition zu tun, die allesamt für sich in Anspruch nehmen, einen Beitrag zur Verbesse- rung der Rahmenbedingungen für den Wettbewerb auf dem deutschen Energiemarkt zu leisten. Das ist ein heh- res Ziel. Die Intensivierung des Wettbewerbs ist ohne Frage ein wichtiges Thema. Die Maßnahmen, die von der FDP bzw. den Grünen vorgeschlagen werden, erwei- sen sich bei genauerem Hinsehen allerdings entweder als untauglich, das angestrebte Ziel zu erreichen, oder aber sie sind von der Bundesregierung bereits in Angriff ge- nommen worden. Insoweit sind die Vorschläge der Op- position verzichtbar, und es ist daher alles andere als überraschend, dass die Anträge in den Fachausschüssen abgelehnt worden sind. Die Schaffung eines verbesserten Wettbewerbsrah- mens beschäftigt uns nicht erst seit gestern. Unter Betei- ligung aller damals im Parlament vertretenen Parteien haben wir mit der Novelle des EnWG einen wichtigen Schritt in diese Richtung unternommen. Die Einrichtung der Bundesnetzagentur, die Regulierung der Netze und die Gewährleistung eines diskriminierungsfreien Netz- zugangs waren zentrale Elemente dieser Novelle. Den damit errichteten Wettbewerbsrahmen werden wir nun mit konkreten Maßnahmen weiterentwickeln. Ein Bei- spiel ist die Kraftwerksanschlussverordnung. Der ent- sprechende Entwurf aus dem federführenden Haus ist in- zwischen im Bundeskabinett beschlossen worden. Die Verordnung wird mehr Rechtssicherheit und Transpa- renz für alle Akteure und damit eine Grundvorausset- zung für einen effektiven Netzanschluss neuer Erzeu- gungskapazitäten schaffen. Verbunden mit Maßnahmen zum Netzausbau und für eine verbesserte Engpassbe- wirtschaftung wird diese Verordnung ein weiteres Ele- ment auf dem Weg zu mehr Wettbewerb, mehr Anbieter- vielfalt und damit auch zur Erhöhung der Liquidität im Markt sein. Und mehr Liquidität ist das beste Mittel, um preisdämpfende Effekte für die Verbraucher zu erzielen. N o s d b w z c a D w n s d A h h u r t h E – r r e t g d s d h t z s s g a r u b h n V g a A f D m t r 1 B „ p E t (C (D Zur Ehrlichkeit gehört aber auch, dass eine hohe etzqualität nicht zum Nulltarif zu haben ist. Die Ver- rdnung zur Anreizregulierung, deren Entwurf inzwi- chen seit einigen Wochen vorliegt, wird deshalb neben em Aspekt der Kosteneffizienz auch die Netzqualität erücksichtigen. Vor dem Start der Anreizregulierung erden wir aber mit hoher Wahrscheinlichkeit eine weite Entgeltgenehmigungsrunde erleben. Das ist si- her nicht das, was wir alle uns gewünscht hätten, jetzt ber müssen wir mit der Situation vernünftig umgehen. as heißt, dass die zweite Genehmigungsrunde genutzt erden muss, um das, was im ersten Durchgang noch icht gelungen ist, nachzuholen: nämlich die unter- chiedlichen Effizienzniveaus der Netzbetreiber einan- er anzunähern und Ausreißer bereits vor dem Start der nreizregulierung einzufangen. Notwendig wird des- alb sein, auch die Betriebskosten, die bislang weitge- end ausgeblendet blieben, stärker zu überprüfen. Für ns ist darüber hinaus klar, dass wir eine Anreizregulie- ung wollen, die ihrem Namen gerecht wird und Struk- ureffekte zulasten der kommunalen Netzbetreiber ver- indert. Wir werden deshalb darauf achten, dass die ffizienzvorgaben nicht zuletzt für die vielen Stadtwerke wie vom Gesetzgeber gefordert – auch tatsächlich er- eichbar und übertreffbar sein werden. Nur so ist die Plu- alität der deutschen Energieversorgungslandschaft dau- rhaft zu erhalten. Rahmenbedingungen für Wettbewerb und neue Inves- itionen werden auch innerhalb des Emissionshandels esetzt. Mit dem Zuteilungsgesetz für die nächste Han- elsperiode wird Deutschland vor allem drei Ziele um- etzen: Wir bringen den Klimaschutz voran und senken ie Gesamtmenge unserer CO2-Emissionen deutlich erab. Damit erhöhen wir den Druck auf die Abschal- ung der ältesten und ineffizientesten Anlagen und set- en zugleich Anreize für eine Modernisierung des ge- amten fossilen Kraftwerksparks. Diese Investitionen ind ein weiterer Bestandteil unserer Wettbewerbsstrate- ie, zumal rund die Hälfte von ihnen von Unternehmen ngekündigt worden ist, die bisher nicht oder nur in ge- ingem Maße auf dem deutschen Markt aktiv sind. So nd nicht durch Vorschläge wie die, die sich die Grünen eim hessischen Wirtschaftsminister Riehl abgeschaut aben und die auf die Zwangszerschlagung von Unter- ehmen hinauslaufen, erreichen wir eine nachhaltige erbesserung des Wettbewerbs auf dem deutschen Ener- iemarkt. Dass vor dem Hintergrund dieser Weichenstellungen uch das Thema Grenzkuppelstellen – auch wenn deren usbau kurzfristig nicht zwingend zu sinkenden Preisen ühren wird – seine Berechtigung hat, steht außer Frage. ie FDP kommt mit ihren Forderungen aber einmal ehr etwas spät. Deutschland ist schon heute Spitzenrei- er bei den Kuppelstellen innerhalb der UCTE. Die be- eits verfügbare Kuppelkapazität zum Ausland liegt bei 6 Prozent. Wir liegen also bereits deutlich über dem arcelonazielwert von 10 Prozent. Auch das Thema Verbesserung des Engpassmanagements für die Kup- elstellen“ ist angepackt. In enger Abstimmung mit der lectricity Regional Initiative der europäischen Regula- oren steht Deutschland mit allen angrenzenden Regio- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10333 (A) ) (B) ) nen über die Gestaltung eines effizienten Engpassma- nagements im Dialog. Eine Umgestaltung der Auktionierungsmodelle ist dabei ein Thema. Diese Ge- spräche zeigen Erfolg, wie ein Memorandum of Under- standing zwischen deutschen und dänischen Netzbetrei- bern sowie der EEX und Nordpool belegt. Die Verständigung beinhaltet, dass für den kurzfristigen Handel bis zum Herbst dieses Jahres ein voll funktions- fähiges System auf Basis impliziter Auktionen etabliert ist. Die FDP wird also zugestehen müssen, dass ihr An- liegen bei der Bundesregierung in guten Händen ist. Interessant ist in diesem Zusammenhang übrigens auch das, was von verschiedenen Unternehmen unter der Überschrift „länderübergreifende regionale Netzbetrei- ber“ ins Gespräch gebracht worden ist. Ein solches Mo- dell zum Beispiel für Frankreich, Deutschland und Be- nelux hätte womöglich den Charme, ein rascheres Zusammenwachsen regionaler Märkte zu ermöglichen und den Ausbau der Grenzkuppelstellen weiter zu be- schleunigen. Wir werden deshalb auch diese Option prü- fen. Gudrun Kopp (FDP): Nach wie vor ist die Situation auf den deutschen Energiemärkten nicht zufriedenstel- lend. Obgleich wir hier und auch auf europäischer Ebene seit vielen Jahren über die Probleme debattieren, sind viele der zugrunde liegenden Schwierigkeiten noch im- mer nicht gelöst. Das Bundeswirtschaftsministerium hat seit den letzten diesbezüglichen Debatten zwar einzelne Maßnahmen – wie die Anreizregulierungsverordnung, die Kraftwerksanschlussverordnung oder die GWB-No- velle – vorgelegt, jedoch ist ein konsistentes Programm noch immer nicht erkennbar. Und dies ist auch der Kern des Gesamtproblems: nämlich das vollständige Fehlen eines stimmigen ener- giepolitischen Programms für die Bundesrepublik Deutschland. Während die FDP-Bundestagsfraktion ein solches Programm für diese Legislaturperiode erneut be- schlossen hat, gefällt die Bundesregierung sich wahl- weise in losen Gesprächskreisen (wie den Energiegip- feln, an denen – wie man hört – einzelne Teilnehmer inzwischen das Interesse verloren haben, weil dort außer heißer Luft nichts herauskommt) oder in ausgewachse- nen Streitereien. Das kann so aber nicht weitergehen. Wenn es uns in Deutschland nicht gelingt, Einigkeit über die grundlegenden Weichenstellungen für die Energie- märkte herzustellen, werden wir auch keine sichere, preisgünstige und umweltverträgliche Energieerzeugung in Deutschland haben. Zwar begrüßt die FDP ausdrücklich, dass der Bundes- wirtschaftsminister mit der Anreizregulierungsverord- nung ein tragfähiges Konzept für diese nächste Stufe der Netzregulierung vorgelegt hat, allerdings kommt auch diese wieder einmal viel zu spät. Mit der Einführung ab 2009 geht uns erneut ein Jahr verloren, in dem die Regu- lierung des natürlichen Monopols „Netz“ nicht ihre volle Wirkung entfalten kann. Auch die Kraftwerksanschluss- verordnung wird von uns im Grundsatz begrüßt, aber auch sie kommt sehr spät. Die GWB-Novelle dagegen stellt einen Schritt zurück in die Monopolzeit dar, ze- m p w s g l k g d r r S d S h p a d d u e k s e k w d R s d W z i d e W s i v w c k w G z u E l T p g t A d (C (D entiert sie doch die staatliche Kontrolle von Energie- reisen, die wir eigentlich dem Wettbewerb überlassen ollten. Wie will der Bundeswirtschaftsminister mit die- em Gesetz mehr Wettbewerb schaffen, wenn er damit enau die trifft, die Wettbewerb schaffen sollten, näm- ich die neuen Energieanbieter?! Es bleibt wieder einmal bei Stückwerk, von einem laren Konzept keine Spur. So müsste dringend etwas etan werden, um auch die staatlichen Zusatzlasten auf ie Energiekosten (diese sind zum Beispiel im Strombe- eich seit 1998 um 91 Prozent gestiegen!) zurückzufüh- en. Hier ist Deutschland leider Europameister zum chaden unserer Unternehmen und Haushalte, die sich afür bei Rot-Grün bedanken können. Aber auch Rot- chwarz setzt diesen Kurs mit der Mehrwertsteuererhö- ung nahtlos fort. Und auch beim Ausbau der Grenzkup- elstellen (unser diesbezüglicher Vorschlag liegt heute uf dem Tisch) herrscht Stillstand. Das Thema scheint ie Bundesregierung nicht zu interessieren! Stattdessen wurschtelt sie unkoordiniert mit verschie- ensten Initiativen aus den Ressorts Wirtschaft, Umwelt nd Bau vor sich hin, ohne dass eine Abstimmung unter- inander zu erfolgen scheint. Für die FDP dagegen ist lar, dass wir in erster Linie Wettbewerb brauchen, der ich aber nicht einstellen wird, solange nur hier und da inzelne Maßnahmen ergriffen werden, die offenbar in einerlei Zusammenhang miteinander stehen. Wettbe- erb auf den deutschen Energiemärkten werden wir nur ann erleben, wenn die eingeleiteten Maßnahmen zur egulierung natürlicher Monopole konsequent umge- etzt werden und endlich auch verlässliche Rahmenbe- ingungen für die Unternehmen zur Verfügung stehen. ie kann es sein, dass das Hohe Haus vor nicht einmal wei Jahren ein Gesetz beschließt, in dem festgehalten st, wie die Netzmonopole reguliert werden sollen, und ann jetzt schon wieder über den nächsten Schritt – das igentumsrechtliche Unbundling – diskutiert wird? undert sich hier wirklich irgendjemand, wenn ange- ichts derartiger Sprunghaftigkeit die Unternehmen nicht nvestieren? Wir reden hier immerhin von einer Branche mit In- estitionszyklen von bis zu 40 Jahren! Deshalb brauchen ir endlich klare, verlässliche und wettbewerbsförderli- he Rahmenbedingungen, die über das beschlossene Pa- et zur Netzregulierung hinaus vor allem dort greifen, o noch Regelungslücken vorherrschen. Das sind die renzkuppelstellen, das ist die europäische Regulierer- usammenarbeit, das sind die staatlichen Belastungen, nd das ist die Frage der Förderung erneuerbarer nergien. In diesen Bereichen müsste die Bundesregierung end- ich handeln, unsere Vorschläge dazu liegen auf dem isch. Hans-Kurt Hill (DIE LINKE): Die hohen Strom- reise in Deutschland sind das Maß für das Marktversa- en in der Energiebranche. Die hier vorliegenden An- räge der FDP erkennen das Problem nicht einmal im nsatz. Vielmehr sollen nur Symptome behandelt wer- en. 10334 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) Auch mit Zutun der Liberalen wurde 1998 ein völlig regulierungsfreier Strommarkt geschaffen. Die Kräfte des sogenannten freien Marktes haben erwartungsgemäß zu Abzockerkartellen geführt Nun wird die FDP die Geister nicht mehr los, die sie einst rief. Die Bilanz für Stromkunden ist ernüchternd: An der Strombörse zahlten Industriekunden im letzten Jahr 650 Millionen Euro zu viel. Der Emissionshandel hat dem Oligopol 5,3 Milliarden Euro Extraprofite beschert. Die Kontrolle der Stromtarife war noch das einzige In- strument, um die Konzerne halbwegs im Zaum zu hal- ten. Aber was macht die Bundesregierung? Sie schafft auch die noch ab – und prompt verkündet Vattenfall Preiserhöhungen von über 7 Prozent. Natürlich bemän- geln die Liberalen auch die Entflechtungsbemühungen der EU-Kommission, wo eine Zerschlagung der Energie- kartelle nötig wäre. Die FDP setzt stattdessen auf neoli- berale Marktinstrumente, wo kein Markt vorhanden ist. Eines muss festgehalten werden: Die größten Preisan- stiege fallen auf die letzten Jahre, in denen Steuern und Abgaben nicht erhöht wurden. Dass die Bundesregie- rung mit der unsinnigen Erhöhung der Mehrwertsteuer jetzt noch mal, nachgelegt hat, ist deshalb unverantwort- lich. Aber die Abzocke betreiben RWE und Co. und nie- mand sonst. Die Kollegen von der FDP glauben leider auch, dass erneuerbare Energien zu höheren Stromkosten führen. Tatsache ist, dass sie Wertschöpfung in der Region er- zeugen, teure Gas- und Ölimporte zunehmend überflüs- sig machen und Klimafolgekosten einsparen. Im vergan- genen Jahr betrugen die EEG-Kosten 3,2 Milliarden Euro. Die durch sie vermiedenen Kosten für Gesund- heits- und Umweltschäden betrugen 3,4 Milliarden Euro. Volkswirtschaftlich wurden die EEG-Kosten damit voll- ständig neutralisiert. Es reicht nicht, den Wettbewerb auf den deutschen Energiemärkten intensivieren zu wollen, indem grenz- überschreitende Netzkapazitäten ausgebaut werden, denn dazu müssen erst einmal Wettbewerbsbedingungen hergestellt werden. Was den deutschen Stromsektor be- trifft, kann man nur von Marktversagen reden. Daran wird im Übrigen auch die Anreizregulierung nichts än- dern. Der jetzt vorliegende Verordnungsentwurf zwingt zu Dumpingpreisen im Netzbetrieb. Er ist bestenfalls dazu geeignet, die Tarifautonomie zu untergraben und Stadtwerke in die Hände der großen Energiekonzerne zu treiben. Wenn die Verbraucherinnen und Verbraucher Glück haben, sinken dadurch auch die Stromkosten – frühestens 2013 um dann 50 Euro im Jahr. In der jetzigen Situation führt ein bloßer Ausbau der Netzkuppelstellen dazu, dass RWE, Eon, Vattenfall und EnBW ihre marktbeherrschende Stellung ausbauen und mehr Strom ins Ausland verkaufen. Geplante fossile Kraftwerke und die Strombilanz belegen das deutlich: Während im Jahr 2002 noch rund 12 000 Megawattstun- den Strom importiert wurden, verkauften die Stromkon- zerne 2006 schon 22 000 Megawattstunden ins Ausland. Der Antrag der Grünen geht in die richtige Richtung, greift aber deutlich zu kurz. Indem die Bundesregierung ein Konzept zur Herstellung von Wettbewerb vorlegen und darüber entscheiden soll, wer Netzbetreiber sein d w S f t s w e a v g n z M f E n w h g f g n f k r n a S s L d d d W r w l g E k g m s t k g e r K g b n n (C (D arf, wird noch lange kein fairer Wettbewerb geschaffen, o Marktversagen vorliegt. Die Linke fordert deshalb eine Zerschlagung des tromkartells und eine Überführung der Netze in die öf- entliche Hand. Wir brauchen eine funktionierende und ransparente Preisaufsicht und ein wirksames Wider- pruchsrecht für Verbraucherschutzverbände. Nur so ird es uns gelingen, gerechte Bedingungen für einen uropäischen Strommarkt zu erreichen. Dann wäre es uch möglich, den grenzüberschreitenden Stromhandel ernünftig zu organisieren. Wir brauchen mehr Über- änge in Europa, um einen EU-weiten Verbund der er- euerbaren Energien zu schaffen; denn es geht um be- ahlbare Energie, Klimaschutz und Energiesicherheit. Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): ittlerweile führen wir hier im Deutschen Bundestag ast turnusgemäß Debatten über Wettbewerb auf den nergiemärkten. Bei der Zustandsbeschreibung herrscht och parteiübergreifende Einigkeit, nämlich darin, dass ir eine zu starke Konzentration auf allen Marktebenen aben und dass die steigenden Energiepreise zu einem roßen Teil auf vermachtete Marktstrukturen zurückzu- ühren sind. Einigkeit besteht auch darin, dass wir eine nachhalti- ere Energieversorgung brauchen. Das unter Rot-Grün ovellierte Erneuerbare-Energien-Gesetz und die Ein- ührung der Ökosteuer haben hier eine wichtige Len- ungswirkung entwickelt, die auch diese Bundesregie- ung anerkennt. Ich sehe zumindest weder bei der CDU och bei der SPD Tendenzen, diese beiden Instrumente bzuschaffen. Einigkeit besteht auch darin, dass der taat aufgefordert ist, die Rahmenbedingungen anzupas- en und wettbewerbsfreundlicher zu gestalten. Damit hört aber die Einigkeit auch schon auf. Bei den ösungsvorschlägen unterscheiden wir uns von der FDP, ie am liebsten alles dem Markt überlassen will, und von er Linken, die lieber das Pendel zurückschwingen und en Staat wieder voll in die Verantwortung nehmen will. ir unterscheiden uns aber auch von der Bundesregie- ung, die mit der GWB-Novelle keinem der Akteure irklich wehtun will und daher für die Außendarstellung ediglich ein wenig Kosmetik betreibt. Wir wollen uns keiner dieser vermeintlichen Lösun- en anschließen. Der mangelnde Wettbewerb auf den nergiemärkten hat seine Ursachen in den Strukturen. Er rankt an einer zu starken Konzentration mit nur weni- en Playern. Will die Politik hier zur Heilung beitragen, uss sie die Krankheit bei ihren Ursachen packen, an- tatt Placebos zu verteilen. Wir schlagen daher die eigentumsrechtliche Entflech- ung der Transportnetze vor. Die vier großen Energie- onzerne haben einen zu großen Informationsvorsprung egenüber potenziellen neuen Wettbewerbern. Es gibt in großes Diskriminierungspotenzial gegenüber ande- en potenziellen Stromerzeugern bei der Auswahl von raftwerksstandorten, beim Regelenergiemarkt, beim renzüberschreitenden Stromhandel und beim Netzaus- au. Die Verteilnetzebene mit eher geringerem Diskrimi- ierungspotenzial sollte jedoch in der Hand der Kommu- alversorger bleiben. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10335 (A) ) (B) ) Wir schlagen weiter eine Dekonzentration bei zu star- ker Marktmacht vor. Das bedeutet eigentlich nicht mehr, als die staatlichen Eingriffsrechte der Fusionskontrolle auch dann zuzulassen, wenn eine klare marktbeherr- schende Stellung erkennbar ist, die zulasten der Verbrau- cherinnen und Verbraucher geht. In den USA ist dies längst Praxis mit guten Effekten für den Markt, wie das Beispiel des amerikanischen Telekommunikationskon- zerns AT&T zeigt. Für diese Dekonzentration im Ener- giemarkt gibt es ja sogar Anhänger aus den Reihen der Union, wie zum Beispiel den hessischen Wirtschaftsmi- nister Dr. Alois Rhiel. Ich möchte auch noch erwähnen, dass wir alle Wett- bewerber stärken wollen, also auch die kommunalen. Dies findet sich nicht in unserem Antrag wieder, da es Sache der Lander ist, das zu regeln. Horizontale Koope- rationen müssen möglich sein, sonst wird über eine Netzregulierung in Kombination mit einer zu starken Marktbeschränkung durch die Länder einigen Stadtwer- ken wortwörtlich das Licht ausgeknipst. Die GWB-Novelle ist nicht mehr als eine Imagekam- pagne für den Wirtschaftsminister Glos. Sie täuscht Ak- tionismus vor, wird sich aber kaum positiv für die Ver- braucherinnen und Verbraucher auswirken. Vielmehr: Sie kann kontraproduktiv sein. Experten und potenzielle Wettbewerber warnen davor, dass kaum neue Akteure investieren werden, da sie nicht gegen staatlich verord- nete Preise von abgeschriebenen Kraftwerken konkurrie- ren können. Daher wirkt die GWB-Novelle eher negativ, als dass sie die Probleme löst. Aus eigener Erfahrung können wir Ihnen nur Folgen- des mit auf den Weg geben: Packen Sie das Problem an den Wurzeln. Als wir damals die Einrichtung einer Bun- desnetzagentur gefordert haben, waren nicht nur die Kolleginnen und Kollegen von Union und FDP entschie- dene Gegner. Auch die Energiewirtschaft hat das Ende des Abendlandes prophezeit. Heute ist die Agentur nicht mehr wegzudenken. Es wäre aber zu viel des Guten, sich auf diesem Teilerfolg auszuruhen. Es bedarf weiterer mutiger Schritte wie schon beschrieben. Übertragen Sie diese Debatte so weit möglich auch auf andere leitungsgebundene Wettbewerbssektoren. Wiederholen Sie nicht die Fehler der Energiemarktlibe- ralisierung bei der Bahnprivatisierung: Sorgen Sie hier im Vorhinein für eine klare eigentumsrechtliche Tren- nung von Netz und Betrieb! Anlage 15 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Unterrichtung durch die Bundesregierung: Nationaler Bildungsbericht 2006 – Bildung in Deutschland und Stellungnahme der Bun- desregierung – Antrag: Bildungsberichterstattung fortfüh- ren und weiterentwickeln – Antrag: Bildungsforschung und Bildungs- berichterstattung stärken s B J d e s f d l m k B u H g m d d A s B g s B S z n l e s r U s E d B n w z li T d d M r w g r m (C (D – Antrag: Bildungsberichterstattung in Deutschland und deren Weiterentwicklung (Tagesordnungspunkt 25 a bis c und Zusatz- tagesordnungspunkt 5) Marcus Weinberg (CDU/CSU): Der erste gemein- ame von Bund und Ländern herausgegebene nationale ildungsbericht „Bildung in Deutschland“ wurde im uni 2006 der Öffentlichkeit vorgestellt. Dieser Bil- ungsbericht, mit dem Schwerpunkt Migration, markiert inen hervorragenden Einstieg in eine kontinuierlich tattfindende nationale Bildungsberichterstattung. Er in- ormiert über die Bildungssituation in Deutschland, führt ie bisher in getrennten Berichten und Studien veröffent- ichten Daten über alle Bildungsbereiche hinweg zusam- en, verdeutlicht Entwicklungen und gibt Hinweise auf ünftige Herausforderungen. Der innovative Gehalt des erichtes liegt in der Zusammenschau der Informationen nd der damit verbundenen Möglichkeit, übergreifende andlungsfelder aufzuzeigen. Bund und Länder verfü- en damit über ein neues und fortschreibbares Instru- ent des Bildungsmonitorings. Durch die Föderalismusreform – die Modernisierung er bundesstaatlichen Ordnung – stehen Bund und Län- ern im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe nach rt. 91 b Abs. 2 des Grundgesetzes seit 2007 neue In- trumente zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit des ildungswesens zur Verfügung, in deren Mittelpunkt die emeinsame Bildungsberichterstattung steht. Gemein- am mit den Leistungsvergleichsstudien ist die ildungsberichterstattung daher Teil eines modernen teuerinstrumentariums, das Bund und Ländern eine ielgerichtete und effektive Kooperation bei der Wahr- ehmung der jeweiligen Zuständigkeitsbereiche ermög- icht. Der erste nationale Bildungsbericht ist somit auch in wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer neuen Zu- ammenarbeit von Bund und Ländern im Bildungsbe- eich. Die Länder haben die alleinige Verantwortung der msetzung und Ausführung und müssen somit Rechen- chaft über ihre bildungspolitischen Reformen ablegen. s haben also jetzt diejenigen die Verantwortung im Bil- ungsbereich, die die regionalen und sozialstrukturellen esonderheiten kennen und somit besser bewerten kön- en, welche Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt erden müssen. Nicht mehr von oben Reformen aufset- en, sondern von der Basis entwickeln lassen! Durch die klare Abgrenzung und Verteilung der jewei- gen Kompetenzen zwischen Bund und Ländern wird ransparenz geschaffen. Der Wettbewerb unter den Län- ern wird erhöht, es werden bessere Zukunftschancen urch ausgezeichnete Bildungssysteme hervorgerufen. an lernt von anderen Ländern. Für die Qualitätssiche- ung und Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Bildungs- esens werden die neuen Möglichkeiten der Länder zur emeinsamen Feststellung, zu gemeinsamer Bildungsbe- ichterstattung sowie die Möglichkeit der Abgabe ge- einsamer Empfehlungen wesentlich. 10336 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) Im Zuge der Föderalismusreform wird die Kultus- ministerkonferenz endlich an Bedeutung gewinnen und bewirken, dass die Länder einen engeren Abstimmungs- prozess zu entwickeln haben. Diesen Abstimmungspro- zess erwarten wir aber auch von den Ländern. Ebenso erwarten wir, dass festgestellte Defizite abgestellt wer- den. Die Bildungspolitik wird so im Landtagswahlkampf eine entscheidende Rolle einnehmen. Das haben wir Bil- dungspolitiker uns doch immer gewünscht! Vor diesem Hintergrund ist es sinnvoll, zusammen mit den Ländern die Bildungsberichterstattung als In- strument für eine neue Grundlage der bildungspoliti- schen Steuerung fortzuführen und in der Konzeption, Methodik etc. weiter auszugestalten. Dazu gehört auch die Weiterentwicklung von empiriegestützten Indikato- ren in Bereichen, die dieser Betrachtung bisher noch nicht so zugänglich waren, wie beispielsweise dem in- formellen Lernen oder der Weiterbildung. Über bestimmte ausgewählte Indikatoren im nationalen Bil- dungsbericht sollte weiterhin im internationalen Ver- gleich berichtet werden. Die Bildungsberichterstattung auch künftig durch ein unabhängiges Gremium von Wis- senschaftlern aus allen Bereichen der Bildungsforschung vornehmen zu lassen, sollte als selbstverständlich ange- sehen werden. Neben der analytischen und vergleichen- den Betrachtung von mittel- und langfristigen Bildungs- prozessen sollte beiliegend eine problemorientierte Darstellung, welche auf die Defizite und Schwachstellen hinweist, erfolgen. Zentrale Forderungen an die Bundesregierung sind zum einen, dem Deutschen Bundestag künftig alle zwei Jahre einen nationalen Bildungsbericht vorzulegen, und zum anderen, die empirische Bildungsforschung in Deutschland weiterzuentwickeln, strukturell und inhalt- lich zu stärken. Dazu könnte, wie auch zur mittel- bis langfristigen Verbesserung der Datenbasis für den natio- nalen Bildungsbericht, die Etablierung eines wissen- schaftsgetragenen nationalen Bildungspanels einen we- sentlichen Beitrag leisten. Darüber sind wir uns einig: Bildungsqualität muss si- chergestellt und verbessert werden. Zugleich sind ener- gische Anstrengungen erforderlich, um den Zusammen- hang zwischen Bildungserfolg und sozialer Herkunft abzubauen. Beides ist entscheidend für die Zukunft des Einzelnen sowie unserer Gesellschaft. Wir brauchen ein förderndes und forderndes Bildungssystem, das an die Stärken und Lernvoraussetzungen jedes Einzelnen an- knüpft. Die künftigen nationalen Bildungsberichte werden zeigen, worin die Stärken und Schwächen des föderalen Systems in Deutschland liegen und ob es gelingt, die Stärken voll zur Geltung zu bringen. Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD): Die Zeitregie dieses Debattentages hat es so gefügt, dass die Ausspra- che zum ersten Nationalen Bildungsbericht 2006 und zu den Anträgen von CDU/CSU und SPD sowie Grünen und FDP um 2.40 Uhr morgens im Bundestag aufgeru- fen werden soll. Damit war klar, dass es über das Schat- tenboxen von zu Protokoll gegebenen Reden hier keine e n N d u s r m s s ß b B g d z p u w z A e S n d S d B t A d d L B d B u d f u n B r l d n d ü t e m e s M t s u i (C (D rnsthafte Aussprache zu den Inhalten des ersten Natio- alen Bildungsberichtes für Deutschland geben würde. icht nur das Thema „Bildung in Deutschland“, auch er Anlass eines ersten Nationalen Bildungsberichtes nd die Qualität dieses Berichtes sind zu bedeutend, um ie an dieser Stelle und in dieser Form in der parlamenta- ischen Maschinerie abzuarbeiten. Auf diesem Wege öchte ich deshalb für die SPD-Fraktion den ganz mas- iven Wunsch und Willen ausdrücken, dass wir zu einem päteren Zeitpunkt, nämlich im Rahmen der abschlie- enden Beratung der Anträge zum Nationalen Bildungs- ericht, eine parlamentarische Beratungsform für diesen ericht selbst finden, die dem Ereignis und der Qualität erecht wird, die eine Beteiligung der Regierung durch ie Ministerin oder den Staatssekretär in dieser Debatte wingend einschließt und die uns auch eine gebührende arlamentarische Aussprache zu den zentralen Inhalten nd den Schwerpunktsetzungen und Folgerungen, die ir als Parlamentarierinnen und Parlamentarier hieraus iehen, ermöglicht. Dies sind wir dem Parlament, dem nlass und auch dem Gewicht der Bildungsbericht- rstattung für die Zukunft und in der Zukunft schuldig. chließlich ist dieser erste Nationale Bildungsbericht icht zuletzt auf parlamentarische Initiative hin entstan- en. Hierauf verweist die FDP, hierauf können aber auch PD und Bündnis 90/Die Grünen verweisen, denn in ieser Konstellation ist im Wesentlichen die nationale ildungsberichterstattung parlamentarisch mit vorange- rieben worden. Wir freuen uns, dass auch die CDU/CSU sich diesem nliegen nicht verschlossen hat. Durchgesetzt worden in em komplizierten Zusammenspiel von Bund und Län- ern, was Bildungsfragen im Sinne des lebenslangen ernens in allen ihren Phasen angeht, ist die nationale ildungsberichterstattung durch die vormalige Bil- ungs- und Forschungsministerin Frau Edelgard ulmahn. Sie hat hierfür hart und erfolgreich gekämpft; nd das vorliegende Werk ehrt denn auch die Meisterin. Dass wir als Sozialdemokraten diesen Nationalen Bil- ungsbericht von Bund und Ländern gerne in eine um- assendere gemeinsame Bildungskompetenz von Bund nd Ländern eingebunden gesehen hätten, will ich hier icht vergessen, noch einmal ausdrücklich zu betonen. ei allen Teilerfolgen, die wir hier im Rahmen der Föde- alismusreform I für die nationale Bildungskompetenz etztlich mit Macht doch noch erreichen konnten, bleibt ieses aus bildungspolitischer Sicht für uns leider den- och unbefriedigend. Umso wichtiger ist es, dass Bil- ungsberichterstattung und auch Bildungsforschung, ber die dann noch gesondert und ausführlich zu disku- ieren sein wird, jetzt auch von allen politischen Ebenen rnst genommen, optimiert und handlungsleitend ge- acht wird. Wir freuen uns, dieses mindestens für die Bundes- bene bereits feststellen zu können. Es hat nicht nur eine ehr profunde, ausführliche Anhörung zur Entstehung, ethodik und Verbesserungsmöglichkeiten für den Na- ionalen Bildungsbericht und die Folgeberichte im zu- tändigen Bildungsausschuss gegeben. Auch in Debatten nd in Sachverhandlungen des Ausschusses erleben wir mmer wieder, dass auf den Nationalen Bildungsbericht Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10337 (A) ) (B) ) als Referenzgröße und Bezugsquelle von Daten zurück- gegriffen wird. Auch in der nationalen Bildungsöffent- lichkeit spielt der Bildungsbericht zunehmend eine posi- tive Rolle. Für die SPD will ich ausdrücklich einen Wunsch aus- sprechen: So wie wir im Bundestag diesen Nationalen Bildungsbericht sehr ernsthaft und eingehend behandeln müssen, dürfen und können wir dieses auch von den Ländern erwarten. Wir sollten alle in unseren Parteien darauf dringen, dass das, was gemeinsame Kompetenz und gemeinsame Berichterstattung ist, auch in den 16 Landtagen und im Bundestag parallel aufgegriffen, behandelt und reflektiert wird. Ich bin nicht so naiv, dies kurzfristig zu erwarten, weil der Reflex – zumal auf Ebene der Landtage – eben doch ist, sich vor allem mit den regionalen, landesspezifischen Bildungsberichten auseinanderzusetzen. Aber die Erfahrung von PISA zeigt: Der Blick über die Landesgrenzen hinaus öffnet erst die Einsicht in die wirklichen Gegebenheiten. Was PISA an Debatten ausgelöst hat, kann im landesspezifi- schen Vergleich in Form des deutschen Nationalen Bil- dungsberichtes ähnlich befruchtend und hilfreich sein. In diesem Sinne möchte ich im Weiteren Stellung nehmen zu dem Konzept, zur Struktur des Bildungsbe- richtes und den Hinweisen, Anregungen und Forderun- gen zu seiner Weiterentwicklung, wie wir sie nicht nur im Ausschussanhörungsverfahren, sondern auch in An- trägen anderer Fraktionen und im eigenen Antrag von CDU/CSU und SPD zur Bildungsberichterstattung vor- finden. Dabei ist festzustellen: Alle Antragssteller spre- chen sich weiterhin ausdrücklich positiv für eine solche nationale Berichterstattung aus. Sie würdigen den vorlie- genden Bericht und haben Vorschläge zur Weiterent- wicklung zu machen. Zwischen den Koalitionsparteien konnten wir uns darauf verständigen, dass zur Weiterentwicklung insbe- sondere der Aufbau von empirisch gestützten Indikato- ren in Bereichen, die dieser Betrachtung bisher noch nicht sehr intensiv zugänglich waren, forciert werden muss, wie zum Beispiel dem informellen Lernen oder der Weiterbildung. Hierzu sollte man nicht nur interna- tionale Erfahrungen mit solchen Indikatoren aufgreifen, sondern entsprechende Ergebnisse dann auch in einen internationalen Vergleich stellen. Wir fordern weiterhin, dass das unabhängige Gre- mium von Wissenschaftlern aus allen Bereichen der Bildungsforschung neben der analytischen und verglei- chenden Betrachtung in Zukunft noch stärker eine pro- blemorientierte Darstellung, die auf Defizite und Schwachstellen hinweist, vornehmen kann, und noch stärker als bisher schon geschehen im Nationalen Bil- dungsbericht entwickelt und zur Diskussion stellt. Ein weiteres wichtiges Anliegen ist uns, dass zusam- men mit den Ländern der Nationale Bildungsbericht im Sinne des Art. 91 b Abs. 2 GG nun auch tatsächlich zu einem Instrument gemacht wird, um gemeinsame Ziele von Bund und Ländern für die Weiterentwicklung des Bildungswesens zu vereinbaren und durch koordinierte Maßnahmen in den jeweiligen Zuständigkeitsbereichen umzusetzen. Von der Einzelaktivität zu der Bündelung d d p v L s w w e l d o h t e D r t d b m i d n k g W g s B s d o z l g d s p h s h a w d H g w n r B d z b h a (C (D er Kräfte, vom Denken in Landeskategorien oder Bun- eskategorien zum Konzept mit gesamtstaatlicher Pers- ektive, vom Blick nach innen zum Blick von außen, on der Beschreibung der Probleme zur Orientierung auf ösungen; dieses müssen die zukünftigen Perspektiven ein, die durch den Nationalen Bildungsbericht gefördert erden. Die Qualität des Bildungsberichtes, aber auch die viel ichtigere Umsetzung in bildungspolitische Praxis wird ntscheidend davon abhängen, ob die Zuarbeit und Mög- ichkeit der Überprüfung und Reflexion durch die Bil- ungsforschung strukturell und inhaltlich ausgebaut und ptimiert werden kann. Die Koalitionsfraktionen stehen inter der Etablierung eines wissenschaftsgetragenen na- ionalen Bildungspanels. Dieses muss natürlich, um hier inen Einwand aus dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/ ie Grünen aufzugreifen, datenschutzrechtlichen Krite- ien voll genügen. Es muss aber vor allem die Perspek- ive des lebenslangen Lernens, sprich der Verbindung er einzelnen Lebenslernphasen von der frühkindlichen is in die Altersbildung zum Inhalt haben. Sein Ziel uss sein, Erkenntnisse zu liefern, an welchen Stellen, n welchen Formen Bildungspolitik im Kontext auch an- erer Politikfelder immer wieder dazu beitragen kann, eue Chancengleichheit und Entwicklung von Bildungs- ompetenz zu fördern. Denn dieses ist auch eine inhaltliche und wertebezo- ene Botschaft aus dem Nationalen Bildungsbericht: ir brauchen und wollen Chancen für alle, wir wollen leiche Chancen, niemanden aufgeben und alleine las- en, wir wollen nicht segregieren und selektieren, denn ildungsprivilegien haben wir in unserer Gesellschaft chon viel zu viele. Stattdessen kommt es darauf an, Bil- ungswege von Anfang an zu fördern, sie immer wieder ffen zu halten und immer wieder neue Chancen für alle u ermöglichen – und das effizient, zielgerichtet, persön- ichkeitsbildend und prägend. Deshalb haben wir von der SPD es auch aus als sehr utes Zeichen angesehen, dass im ersten Nationalen Bil- ungsbericht der Fokus auf das Thema Migration als be- onderes Problem und besonderen Aufgabenschwer- unkt in Deutschland gerichtet worden ist. Auch ierüber wird intensiver zu sprechen sein, wenn wir tat- ächlich in die vollwertige Parlamentsdebatte zu den In- alten des Bildungsberichtes eintreten. Nur so viel schon n dieser Stelle: Wenn im Bildungsbericht festgestellt erden muss, dass im Rahmen dieser Schwerpunktbil- ung zum ersten Mal der tatsächliche Umfang und die eterogenität der Bevölkerung mit Migrationshinter- rund auf der Basis des Mikrozensus 2005 dargestellt erden konnte und die Zahlen dieses Mikrozensus ein eues Licht auf die Größe und Differenziertheit der He- ausforderungen werfen, denen sich die Erziehungs- und ildungseinrichtungen bei ihrem Beitrag zur Integration er Migrantinnen und Migranten gegenüber sehen, so eigt dieses zugleich Nachholbedarf in Zukunftsaufga- en, denen wir uns noch sehr viel intensiver zu widmen aben. Auch wenn dieses in der Loyalität von Koalitionsver- bredungen von sozialdemokratischer Seite aus nicht so 10338 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) explizit in den Antrag hineingeschrieben werden konnte, möchte ich mir hier dennoch das Recht nehmen, über den gemeinsamen Beschluss hinaus eine Anregung und Forderung, ja gar einen Wunsch aus der Anhörung zur Bildungsberichterstattung seitens der beteiligten Wis- senschaftlerinnen und Wissenschaftler wie übrigen Ex- perten aufzugreifen, der sich auch in dem Antrag von Bündnis 90/Die Grünen wie FDP wiederfindet. Natür- lich muss dieses unabhängige Konsortium für die Erstel- lung des Nationalen Bildungsberichtes auch Handlungs- empfehlungen aussprechen können, natürlich müssen in der Auseinandersetzung mit diesen Handlungsempfeh- lungen Bundesregierung wie Kultusministerkonferenz sich der gemeinsamen politischen Bewertung stellen, und natürlich bedarf es auch in Zukunft der Konzentra- tion der jeweiligen Bildungsberichte auf klare Schwer- punktsetzungen, die möglichst gesellschaftliche Kon- fliktfelder und Handlungspunkte antizipieren, damit man sich in einer konzertierten Bildungspolitik rechtzeitig darauf einstellen und damit auch gegensteuern kann. Dieses sollte Anliegen von allen an Bildungspolitik Interessierten und Engagierten sein. Ich will deshalb gerne bekennen, dass bei Durchsicht der Anträge von FDP wie Bündnis 90/Die Grünen zahlreiche sehr kon- struktive Anregungen für die Weiterentwicklung der zu- künftigen Bildungsberichterstattung festzustellen sind, von denen wir uns aus sozialdemokratischer Sicht wün- schen, dass sie auch von der Bundesbildungsministerin wie der Kultusministerkonferenz mit aufgegriffen und in zukünftige Konzepte eingearbeitet werden. Dem Verlauf der bisherigen Debatten, der Anhörung wie den vorlie- genden Anträgen ist zu entnehmen, dass hierüber auch ein breiter inhaltlicher Konsens im Parlament besteht. Hierauf gilt es aufzubauen. Zum Abschluss möchte ich gerne zitieren aus der Zu- sammenfassung des Nationalen Bildungsberichtes, in der es auf der Seite 203 summierend heißt: „Die er- reichte schulische und berufliche Bildung hat in vielen Lebensbereichen positive Wirkungen für die Individuen, aber auch für die Gesellschaft als Ganzes. Mit höheren Bildungsabschlüssen steigen die individuellen Chancen auf eine dauerhafte und angemessene berufliche Tätig- keit. Auch außerberuflich lassen sich positive Wirkun- gen feststellen, etwa hinsichtlich der Gesundheit oder der Wahrnehmung der Möglichkeiten politischer Teil- habe. Diesen individuellen Chancen entsprechen Erträge für Unternehmen, Institutionen und die Gesellschaft. Er- gebnisse der neueren ökonomischen Forschung zeigen, dass Bildungsinvestitionen nicht nur positiv auf Wachs- tums- und Innovationsfähigkeit wirken, sondern sich auch sozialpolitisch auszahlen.“ Der Bildungsbericht formuliert danach in seinem überhaupt letzten Satz sehr defensiv: „Es kommt deshalb wesentlich darauf an, den Anteil der Bildungsverlierer so gering wie möglich zu halten.“ Darauf möchte ich für die Sozialdemokratie of- fensiv antworten: Das dauerhafte Ziel muss sein, alle Menschen zu Bildungsgewinnern zu machen. Mit dem Nationalen Bildungsbericht können wir hierzu für die Zukunft jetzt auf einen methodischen Baustein mehr als in der Vergangenheit vorhanden setzen. e k k n i r n u H f F 2 k d n b M n V H t d e G t n s B S s s v w d w p f n S w g h B M u s e f g u r p v B e (C (D Cornelia Pieper (FDP): Dass wir heute Nacht den rsten Nationalen Bildungsbericht im Plenum behandeln önnen, haben Sie meiner Fraktion und mir zu verdan- en. Insofern war ich schon erstaunt über die Zeitrech- ung meiner Kollegen aus CDU/CSU und SPD, die in hrem Antrag im Jahr 2002 die Geburtsstunde dieses Be- ichts sehen. Nach der Devise, dass nicht sein darf, was icht sein kann, wurde kurzerhand die wahre Geschichte nter den Tisch gekehrt. Ich kann Sie nur auffordern, den Antrag der FDP zur and zu nehmen. Sie werden nicht nur den Initiator aus- indig machen, nein, Sie werden auch sehen, dass die DP mit großer Weitsicht den Bildungsbericht bereits 001 auf den Weg gebracht hat. Aber Erfolg hat ja be- anntlich immer viele Mütter und Väter. Belassen wir es abei. Inzwischen haben wir uns zu Beginn des Jahres in ei- er Ausschussanhörung mit dem vorliegenden Bildungs- ericht, mit seinen Stärken und Schwächen, befasst. eine Damen und Herren von den Grünen, ich verstehe icht, warum Sie in Ihrem Antrag kritisieren, dass die erfasser Ihnen keine Handlungsempfehlungen an die and gegeben haben. Kennen Sie nicht den Arbeitsauf- rag des Konsortiums Bildungsberichterstattung? Genau as sollten die Damen und Herren nicht tun! Sie sollten ine problemorientierte Darstellung der Situation auf der rundlage bestimmter Indikatoren liefern und auf Wer- ungen und Empfehlungen verzichten. So muss es mei- er Auffassung nach auch bleiben. Oder trauen Sie die- em Hohen Hause nicht zu, die Ergebnisse der ildungsberichterstattung zu bewerten und die richtigen chlussfolgerungen daraus zu ziehen? Die Koalition ieht, und dieser Auffassung kann ich mich durchaus an- chließen, dass mit der Bildungsberichterstattung in der orliegenden Form ein neues Instrument geschaffen urde, mit dem Bund und Länder ihre jeweiligen bil- ungspolitischen Entscheidungen sowie ihr Zusammen- irken auf einer deutlich verbesserten Datengrundlage lanen können und die Wirkung ihrer Maßnahmen ver- olgen können. Die Stärke des uns vorliegenden Berichts liegt in sei- er belastbaren und weiter fortschreibbaren Datenbasis. ie wird, auch wenn sich die Schwerpunktsetzungen, ie in diesem Fall auf den sozioökonomischen Hinter- rund der Bildungsteilnehmer und auf einen Migrations- intergrund, verändern werden, das Bildungssystem und ildungsprozesse transparent und vergleichbar machen. it dem Bildungsbericht haben wir ein Zeichen gesetzt nd gezeigt, dass wir unseren Verfassungsauftrag, der ich aus dem neuen Art. 91 b Abs. 2 des Grundgesetzes rgibt, ernst nehmen. Ja, die Feststellung der Leistungs- ähigkeit des Bildungswesens im internationalen Ver- leich ist eine neue Gemeinschaftsaufgabe von Bund nd Ländern. Das Instrument „Nationaler Bildungsbe- icht“ wird uns künftig durch eine wechselnde Schwer- unktsetzung in die ausgesprochen komfortable Lage ersetzen, übergreifende Problemlagen oder besondere ildungsgebiete differenziert zu analysieren. Eine weitere Stärke des Berichts sehe ich darin, dass r öffentlich ist und die Ergebnisse jedem Interessierten Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10339 (A) ) (B) ) zugänglich sind. Und das ist wichtig, wenn wir die Zu- sammenhänge zwischen Bildung und Lebenslauf, begin- nend bei der bei der frühkindlichen Bildung, über die all- gemeinbildende Schule, die berufliche Ausbildung im dualen System, die Hochschule bis hin zur Weiterbil- dung im Prozess des lebenslangen Lernens besser verste- hen wollen. Der Bericht machte uns zum Beispiel auf die Situation der Weiterbildung in Deutschland aufmerksam. So mussten wir zur Kenntnis nehmen, dass die Ausga- ben der öffentlichen Hand für Weiterbildung zwischen 2000 und 2003 – das war die Regierungszeit von Rot- Grün – um über 20 Prozent gefallen sind. Den Erforder- nissen eines sich ständig verändernden Arbeitsmarktes in der Wissensgesellschaft wird das nicht gerecht. Wir sehen aber auch andere Defizite deutlich, wie den engen Zusammenhang zwischen Bildungserfolg und sozialer Herkunft oder zwischen Bildungserfolg und Migrations- hintergrund. Hier haben wir in der Bildungspolitik Handlungsdefizite. Nicht zuletzt möchte ich darauf hinweisen, dass sich Entscheidungen zur Weiterentwicklung des Bildungswe- sens künftig noch stärker auf die Ergebnisse der Bil- dungsforschung stützen müssen. Natürlich müssen wir hierfür zugleich die Voraussetzungen für eine exzellente empirische Bildungsforschung in Deutschland weiter verbessern. In künftig folgenden Berichten sollten wei- tere Indikatoren aufgenommen werden, die klare Aussa- gen zum Lernumfeld, zur Ausstattung und Organisation von Schule, dem Zahlenverhältnis Lehrer-Schüler und über die Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften ma- chen. Vergessen wir nicht: Der Bildungsbericht ist das wichtigste Zeugnis, wenn es darum geht, wie Deutsch- land im Wettbewerb um die besten Köpfe aufgestellt ist. Cornelia Hirsch (DIE LINKE): Die Linke hat in den Diskussionen über die Föderalismusreform vor einem Jahr immer wieder betont, dass es falsch ist, im Bil- dungsbereich auf quasi alle Bundeskompetenzen zu ver- zichten und die Verantwortung für das Bildungswesen zum größten Teil an die Länder abzugeben. Wir wollen stattdessen ein Bundesbildungsgesetz, das von der Kita bis zur Weiterbildung alle Bildungsphasen umfasst und bundesweit einen grundlegenden und einheitlichen Rah- men festlegt. Von der Bundesregierung wurden unsere Vorschläge mit Hinweis zurückgewiesen, dass mit der neuen gemeinsamen Verantwortung von Bund und Län- dern zur Bildungsberichterstattung ein sinnvolles Instru- ment geschaffen werde, um zu einer kooperativen Zu- sammenarbeit zu kommen. Inzwischen liegt seit mehr als einem Jahr der erste Nationale Bildungsbericht vor. Dieser wiederholt in vie- len Punkten, was uns schon durch andere Studien über unser Bildungssystem bekannt ist: Der größte Fehler des deutschen Bildungssystems ist die hohe Abhängigkeit des Bildungserfolgs von der sozialen Herkunft. Diese Korrelation wird im Verlauf der einzelnen Bildungsbio- grafien nicht abgebaut, sondern im Gegenteil weiter ver- schärft. Der UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Bildung hat deshalb zu Recht kritisiert, dass in Deutsch- land das Recht auf Bildung missachtet wird. B z g d u S l a E P b b f g c s k h e r r z a v h K F n i u s o v n ü B w u B s d V z s N d l n r ä d k l ß e B (C (D Wir stellen Ihnen nun die Frage, was sich durch den ildungsbericht an dieser Misere und der eklatanten so- ialen Ungerechtigkeit geändert hat. Die Antwort ist: so ut wie nichts. Wie immer, wenn Probleme des Bil- ungssystems angesprochen werden, schieben sich Bund nd Länder die Verantwortung dafür gegenseitig in die chuhe. Zu Lösungen führt dieser Verschiebebahnhof al- erdings nicht. Die bestehende Kompetenzverteilung ist ber kein unerwartetes Versehen, sondern die bewusste ntscheidung der Mehrheit der Abgeordneten in diesem arlament, den Wettbewerb in der Bildung voranzutrei- en. Die Bundesregierung ließ daran bei ihrer Gesetzes- egründung keinen Zweifel. Wir halten diesen Ansatz ür vollkommen falsch: Wettbewerb findet unter den ge- enwärtigen Bedingungen immer unter zutiefst unglei- hen Voraussetzungen statt. Denn wie soll ein struktur- chwaches Bundesland mit einem reichen Bundesland onkurrieren? Wettbewerb verschärft deshalb Ungleich- eit. Wettbewerb kann kein taugliches Instrument für ine soziale Entwicklung des Bildungssystems sein. Da- an lässt sich auch durch die gemeinsame Bildungsbe- ichterstattung von Bund und Ländern nichts ändern, umal die Expertinnen und Experten in ihrem Bericht us politischen Gründen auf konkrete Empfehlungen erzichten mussten. Durch Handlungsempfehlungen ätte der Bericht aber größeren Nutzen entfalten können. Die Linke fordert: Überdenken Sie die Bund-Länder- ompetenzverteilung im Bildungswesen! Ein föderaler lickenteppich wird den Herausforderungen der Bildung icht gerecht. Wettbewerb unter den Bundesländern, und nsbesondere in der Bildung, verschärft Ungleichheit nd produziert Verliererinnen und Verlierer, die aus un- erem Bildungssystem herausfallen und weitgehend hne Perspektive bleiben. Konkret für die Bildungsberichterstattung gilt: Sinn- oll kann dieses Instrument nur sein, wenn es dazu ge- utzt wird, eine bundesweite gesellschaftliche Debatte ber das Bildungssystem zu befördern. Dazu dürfen die erichte aber nicht im Geheimen verfasst und diskutiert erden. Notwendig sind stattdessen mehr Transparenz nd Mitgestaltung von Akteurinnen und Akteuren des ildungssystems. Außerdem muss die Möglichkeit be- tehen, konkrete Empfehlungen zu formulieren. Ein Bil- ungsbericht, der nur eine Istanalyse beitreibt und auf erbesserungsvorschläge aus politischen Gründen ver- ichten muss, ist für eine zielführende Debatte überflüs- ig. Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- EN): Große Berichte – wie der Familienbericht oder er Altenbericht – werden zu prominenter Zeit mit einer angen Debatte gewürdigt. Wir befassen uns heute zu achtschlafender Zeit mit dem Nationalen Bildungsbe- icht – 35 Minuten sind dafür vorgesehen. Dies zeigt den ußerst geringen Stellenwert, den die Große Koalition em Thema Bildung beimisst. Es wird außerdem offen- undig, dass beim Bildungsbericht das stille Kämmer- ein der bevorzugte Aktionsort von Regierung und Gro- er Koalition ist: Über Ausgestaltung und Schwerpunkt inigt man sich im Hinterzimmer, vorgestellt wird der ericht fern des politischen Zentrums in einer norddeut- 10340 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) schen Kleinstadt, vorgelegt wird er weder dem Bundes- tag noch den Länderparlamenten. Und nicht zuletzt zeigt die doch recht technische Debatte über Indikatoren und Ähnliches seitens der Koalition einen Konstruktionsfeh- ler des Nationalen Bildungsberichts: Empfehlungen wa- ren nicht erwünscht, Ergebnisse werden nicht debattiert. Geht es nach dem Willen der Großen Koalition, ist dies auch in Zukunft nicht vorgesehen. Doch wer wie die Bildungsministerin Schavan immer gerne das Wort der „wissensbasierten Steuerung“ vor sich her trägt, sollte sich anstrengen, den Nationalen Bil- dungsbericht zu einem echten Instrument der Steuerung zu machen. Dafür darf man aber den Wissenschaftlerin- nen und Wissenschaftlern nicht den Mund verbieten. Es ist schon ein bisschen seltsam, wie Union und SPD sich in ihrem Antrag um das Wort „Handlungsempfehlun- gen“ herumwinden. Da will man die „Weiterentwicklung des Bildungswesens über eine stärkere Output-orien- tierte Steuerung“, „einen konstruktiven Föderalismus“ und eine „problemorientierte Darstellung, die auf Defi- zite und Schwachstellen hinweist.“ Aber Empfehlungen, die will man nicht. Wir Grüne wollen, dass die Forsche- rinnen und Forscher für die Erstellung des Nationalen Bildungsberichts den klaren Auftrag erhalten, auf Grundlage ihrer empirischen Ergebnisse Handlungsemp- fehlungen auszusprechen. Auch setzen wir uns dafür ein, dass die Schwerpunktsetzung des jeweiligen Bildungs- berichts nicht im stillen Kämmerlein festgelegt wird, sondern aus der Debatte mit den Akteurinnen und Ak- teuren im Bildungsbereich – also aus Wissenschaft, Par- lamenten, Bildungsverwaltung und -einrichtungen etc. entsteht. Der Nationale Bildungsbericht muss außerdem dem Deutschen Bundestag zeitnah zur Auswertung vor- gelegt werden. Die Länder sollten dieses Verfahren ge- genüber den Landtagen ebenfalls anwenden, aber das können wir hier nicht beschließen. Bund und Länder sollten dann gemeinsam Umsetzungsstrategien zu den im Bericht gemachten bildungspolitischen Empfehlun- gen erarbeiten. Über den Bildungsbericht hinaus ist noch einiges zur Bildungsforschung insgesamt zu sagen. Seit der missra- tenen Föderalismusreform lobt die Bundesbildungs- ministerin die Bildungsforschung als Bundes(rest)kom- petenz in den Himmel. Dann erwarten wir aber, dass nicht nur darüber geredet wird, sondern endlich ein um- fassendes Konzept zur Bildungsforschung vorgelegt wird! Wir Grüne wollen die Bildungsforschung stärken und hierbei folgende Schwerpunkte setzen: Unterrichts- qualität an Schulen und pädagogische Konzepte bei der Entwicklung von Halbtags- zu Ganztagsschulen; Lehrer- aus- und -fortbildung sowie der Umgang mit heteroge- nen Lerngruppen. Mehr Forschung brauchen wir auch in den Bereichen informelles Lernen, Weiterbildung, Um- setzung des Bolognaprozesses sowie Bildungszugang und Bildungserfolg von Menschen mit Migrationshinter- grund und aus sozial benachteiligten Familien. Aus grüner Sicht sollte sich Deutschland auch auf je- den Fall an der großen OECD-Studie zum Lehrpersonal, dem sogenannten Lehrer-PISA beteiligen. Hier muss die Regierung auf die KMK einwirken. Die Teilnahme ist im Übrigen auch im Koalitionsvertrag vereinbart, bisher ist Deutschland aber nicht beim Lehrer-PISA dabei. Wir halten es daneben für notwendig, zu evaluieren, wie die n K w d F s f h d G N S d ß k d s k j S G t i G E r d i e t l M Z z s e o u s s d s n l D T d w A d o e s g d d i (C (D och nicht abgeschlossenen Projekte der Bund-Länder- ommission (BLK) in den Bundesländern weitergeführt urden. Die Länder haben als Ausgleich für den Wegfall er Gemeinschaftsaufgabe Bildungsplanung hohe inanzmittel erhalten und dazu erklärt, sie würden diese owohl für die noch nicht abgeschlossenen Versuche und ür neue Modellversuche einsetzen. Das wollen wir se- en! Nun noch ein paar Worte zu den anderen Anträgen, ie uns hier vorliegen. Wir freuen uns, dass auch die roße Koalition eingesehen hat, dass es nötig ist, den ationalen Bildungsbericht nicht erst im Rahmen einer elbstbefassung auf Antrag der Opposition zu behan- eln, sondern dem Bundestag vorzulegen. Bei regelmä- iger Befassung würde die Koalition vielleicht auch er- ennen, dass einige ihrer Behauptungen im Antrag nach en empirischen Ergebnissen nicht haltbar sind. So chreibt die Koalition, der Bildungsstand in der Bevöl- erung sei kontinuierlich gestiegen. Leider stimmt dies a für Deutschland nicht mehr, wie die aktuelle OECD- tudie „Bildung auf einen Blick“ zeigt: In der jüngeren eneration sinkt der Prozentsatz derjenigen, die einen ertiären Bildungsabschluss haben. Geradezu lächerlich st die Forderung der Koalitionsfraktionen, „die neue emeinschaftsaufgabe weiterentwickeln“ zu wollen. rst sorgen Sie mit Ihrer völlig verfehlten Föderalismus- eform dafür, dass dem Bund nahezu sämtliche Bil- ungskompetenzen entzogen wurden, dann wollen Sie m Nachhinein doch wieder mehr und die GA „weiter- ntwickeln“. Das ist unglaubwürdig! Auch im FDP-Antrag sind so einige Merkwürdigkei- en zu finden. Sie behaupten beispielsweise, im Nationa- en Ausbildungspakt würde so viel für Migrantinnen und igranten getan. Im Pakt ist jedoch mit keiner einzigen eile eine konkrete Zielvereinbarung zu diesem Thema u finden. Aber zurück zum Bildungsbericht. Hier chlägt die FDP gleich so viele Schwerpunkte vor, dass ntweder der nächste Bericht völlig überfrachtet und hne Schwerpunkt wäre oder es 20 Jahre dauern würde, m all die Schwerpunkte abzuarbeiten. Bildungsforschung und Bildungsberichterstattung ind wichtig – sowohl als Grundlage für bildungspoliti- che Entscheidungen als auch für die Weiterentwicklung er Praxis in den Bildungseinrichtungen. Bildungsfor- chung und -berichterstattung können aber nur im ge- annten Sinne wirken, wenn in ihrem Rahmen Hand- ungsoptionen aufgezeigt werden, eine öffentliche ebatte stattfindet und die Aufarbeitung sowie der ransfer der Forschungsergebnisse sichergestellt wer- en. Folglich: Wer Bildungsberichterstattung will, darf eder vor Handlungsempfehlungen noch vor Reformen ngst haben. Andreas Storm, Parl. Staatssekretär bei der Bun- esministerin für Bildung und Forschung: Mit dem nati- nalen Bildungsbericht „Bildung in Deutschland“ liegt rstmalig ein Überblick über das gesamte Bildungswe- en in Deutschland vor. Er wurde von einen unabhängi- en wissenschaftlichen Expertengremium im Auftrag es Bundesministeriums für Bildung und Forschung und er Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder n der Bundesrepublik Deutschland erarbeitet. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10341 (A) ) (B) ) Ich möchte die Gelegenheit nutzen, den Autoren, de- ren Arbeit durch einen wissenschaftlichen Beirat beglei- tet wurde, zu danken. Sie haben in mehrfacher Hinsicht Pionierarbeit geleistet. Die enge Kooperation von Statis- tikern, Jugend- und Bildungsforschern aus allen Bil- dungsbereichen ist schon für sich genommen etwas Neues. Neuland wurde auch im methodischen Bereich beschritten. So gab es in Deutschland kaum Erfahrungen mit einer indikatorengestützten Berichterstattung. Eine ganz entscheidende Neuerung ist aber vor allem darin zu sehen, dass mit dem nationalen Bildungsbericht erstmals eine Betrachtung entlang der gesamten Bildungsbiografie vorliegt, angefangen bei der frühkind- lichen Bildung, Betreuung und Erziehung über die allgemeinbildende Schule, die berufliche und Hoch- schulbildung bis zur Weiterbildung im Erwachsenenalter einschließlich des informellen Lernens. Mit dieser um- fassenden Darstellung des Bildungswesens über die je- weiligen Institutionen und Verantwortlichkeiten hinweg wird deutlich, dass den Nahtstellen und Übergängen im Bildungssystem besondere Bedeutung zukommt, wenn wir über das Lernen im Lebenslauf sprechen. Deshalb haben sich das Bundesbildungsministerium und die Kul- tusministerkonferenz der Länder darauf verständigt, den Schwerpunkt des nächsten Bildungsberichts, der im Jahre 2008 erscheint, dem Thema „Übergänge Schule – Berufsbildung/Hochschulbildung – Arbeitsmarkt“ zu widmen. Eine der zentralen Botschaften des ersten Berichtes ist, dass Bildung in Deutschland in den letzten Jahren besser geworden ist. So haben Bildungsbeteiligung und Bildungsstand der Bevölkerung zugenommen. Interna- tionale Vergleiche belegen aber, das andere Länder bei der Verbesserung ihres Bildungssystems schneller sind. Eine grundlegende gemeinsame Folgerung von Bund und Ländern ist deshalb, die Reformanstrengungen zu beschleunigen. Ein Hauptproblem in Deutschland ist nach wie vor der enge Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg. Die Bundesregierung hat deshalb in ihrer Stellung- nahme zum Bildungsbericht dem Thema „Migration“ besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Hervorzuheben sind das verstärkte Engagement der Partner im nationa- len Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs zur Verbesserung der Ausbildungssituation von jungen Mi- grantinnen und Migranten, Maßnahmen für Jugendliche mit Migrationshintergrund in Programmen der berufli- chen Bildung und Nachqualifizierung und die Unterstüt- zung der Länder bei der individuellen Sprachförderung durch Forschungsvorhaben. Darüber hinaus haben wir neben den bereits darge- stellten Verbesserungen in der Berufsausbildung – kon- krete Aktivitäten im Hochschul- und Weiterbildungsbe- reich in Angriff genommen. Beispiele dafür sind der mit den Ländern verabredete Hochschulpakt zur Sicherung der Ausbildungschancen der jungen Generation und die Entwicklung einer Gesamtstrategie „Lernen im Lebens- lauf“ mit Unterstützung des Innovationskreises „Weiter- bildung“. Der nationale Bildungsbericht und internationale Leistungsvergleiche sind zentrale Elemente der neuen Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern nach der F e e B g M l n 2 h d f M s c n e R d w n s E u u t m P B i r s A r n s k z z z s t d a A J (C (D öderalismusreform. Sie sind Teil eines modernen Steu- rungsinstrumentariums, das sich stärker als bisher auf mpirische Aussagen stützt. Darüber hinaus können und und Länder künftig Konsequenzen in Form von emeinsamen Empfehlungen ziehen. Sie geben uns die öglichkeit, gemeinsame Ziele für die Weiterentwick- ung des Bildungswesens festzulegen und diese koordi- iert in den jeweiligen Zuständigkeiten umzusetzen. Die bisherigen Erfahrungen sind ermutigend: Im Juni 006 wurde der erste nationale Bildungsbericht als unab- ängiger Expertenbericht veröffentlicht. Bund und Län- er haben noch im gleichen Jahr gemeinsame Schluss- olgerungen aus dieser Analyse gezogen, bei denen aßnahmen der Bildungsforschung eine wichtige Rolle pielen. Generell brauchen wir mehr Wissen über Ursa- hen und Wirkungen im Bildungswesen. Das Bundesmi- isterium für Bildung und Forschung wird deshalb die mpirische Bildungsforschung durch ein entsprechendes ahmenprogramm strukturell stärken und die verschie- enen Aktivitäten so bündeln, dass ein kontinuierlich achsendes Potenzial entsteht. Wir werden darüber hi- aus in enger Abstimmung mit den Ländern und der wis- enschaftlichen Community die Voraussetzungen für die tablierung eines nationalen Bildungspanels schaffen, m empirisch tragfähige Erkenntnisse über „Bildung nd Lebenslauf“ zu gewinnen. Mithilfe von Forschung entwickeln wir auch den na- ionalen Bildungsbericht weiter. So fördert das Bundes- inisterium für Bildung und Forschung ein begleitendes rojekt, mit dem insbesondere die Indikatorisierung von ildungsverläufen und die Darstellung der Übergänge m Bildungswesen verbessert werden sollen. Des Weite- en streben die Autoren für den kommenden Bericht eine tärkere Problemorientierung und eine Erhöhung der ktualität an. Sie greifen damit ein Ergebnis der Anhö- ung des Ausschusses für Bildung Forschung und Tech- ikfolgenabschätzung Anfang dieses Jahres auf. Der Bildungsbericht wird künftig alle zwei Jahre er- cheinen. Damit haben Bund und Länder die Möglich- eit, Entwicklungen im Bildungsbereich kontinuierlich u beobachten und entsprechende politische Konsequen- en für die Modernisierung von Bildung in Deutschland u ziehen. Das Bundesministerium für Bildung und For- chung wird sich dafür einsetzen, die neuen Koopera- ionsmöglichkeiten von Bund und Ländern im Rahmen er Gemeinschaftsaufgabe weiterzuentwickeln. Wir sind uf einem guten Weg! nlage 16 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts zu der Unterrichtung der Bundesregie- rung: Bericht der Bundesregierung über die deutsche humanitäre Hilfe im Ausland 2002 bis 2005 (Tagesordnungspunkt 26) Ute Granold (CDU/CSU): Seit Anfang der 1990er- ahre legt die Bundesregierung am Ende jeder Legisla- 10342 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) turperiode einen Bericht über die von ihr im Ausland ge- leistete humanitäre Hilfe vor. Heute debattieren wir über die Bilanz für den Zeitraum von 2002 bis 2005. Dazu hat am 28. Februar eine öffentliche Anhörung im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe des Deutschen Bundestages stattgefunden. Die Hilfsorganisationen hat- ten dabei Gelegenheit, den Bericht der Bundesregierung zu bewerten und Vorschläge zur Weiterentwicklung der humanitären Hilfe zu entwickeln. Die Hilfsorganisationen stehen im Zentrum der deut- schen Politik zur humanitären Hilfe. Mit ihnen leistet die Bundesregierung bei Naturkatastrophen, Kriegen und Konflikten humanitäre Hilfe. Sie unterstützt sie finan- ziell – nach ihrem humanitären Imperativ unabhängig von politischen, ethnischen oder religiösen Erwägungen. Innerhalb der Bundesregierung ist das Auswärtige Amt federführend für die humanitäre Hilfe zuständig. An die von dort gewährte Soforthilfe schließt sich die entwicklungsorientierte Not- und Übergangshilfe des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammen- arbeit und Entwicklung an. Sie leistet einen Beitrag dazu, die Lücke zwischen der kurzfristig angelegten hu- manitären Hilfe und langfristiger Entwicklungshilfe zu schließen. Diese Arbeitsteilung hat sich in der Vergan- genheit bewährt und sollte auf jeden Fall fortentwickelt werden. Bei der Koordinierung dieser Aktivitäten muss ein fließender Übergang von der Soforthilfe zur entwick- lungsorientierten Nothilfe sowie eine nahtlose An- schlussfinanzierung sichergestellt werden. In den Zeitraum des aktuellen Berichtes der Bundes- regierung fallen eine ganze Reihe humanitärer Katastro- phen. So ragt zweifellos der Tsunami vom 26. Dezember 2004 als eine der großen Naturkatastrophen der Mensch- heitsgeschichte hervor. Dazu kommt eine bedrückend lange Reihe von Krisen und Katastrophen, insbesondere die weiter ungelösten Konflikte im Sudan (Darfur) und im Kongo, die schweren Erdbeben im Iran 2003 und in Pakistan 2005, die Wirbelstürme in Mittel- und Norda- merika 2005 und nicht zuletzt der Krieg im Irak 2003. Auch die Terroranschläge vom 11. September 2001 und die Kriege in Afghanistan und Irak haben sich deutlich auf die Rahmenbedingungen der humanitären Hilfe aus- gewirkt. Die Erfahrungen im Umgang mit diesen Krisen zeigen die zentralen Zukunftstrends auf, auf die wir re- agieren müssen. So ist abzusehen, dass vor allem durch Auswirkungen des Klimawandels und die zunehmende Besiedelung kri- tischer geografischer Räume – etwa an den Küsten, ent- lang der großen Flüsse und im Gebirge – Naturkatastro- phen sowie die dadurch verursachten Schäden weiter zunehmen werden. Da solche Ereignisse überwiegend Länder treffen werden, die mit der Bewältigung der Notsituation orga- nisatorisch und finanziell überfordert sind, wird der Be- darf an humanitärer Hilfe anwachsen. Vor diesem Hin- tergrund kommt Konzepten zur Katastrophenvorsorge, mit denen den Risiken bereits im Vorfeld effektiv begeg- net werden kann, eine besondere Bedeutung zu. Deshalb sollten die in diesem Bereich von der Bundesregierung b f a l f l E z w l v t s s S s N m d d r O p r v k s k m d z n d t s P e z d g o E s S d g a N t ü e d k t (C (D ereits unternommenen Schritte auch intensiv weiterge- ührt werden. Dem absehbaren Anwachsen des Bedarfs müssen wir uch durch die Bereitstellung entsprechender finanziel- er Mittel Rechnung tragen. So sollte der Haushaltstitel ür humanitäre Hilfe mittel- bis langfristig auf 100 Mil- ionen Euro aufgestockt werden. Die im Rahmen des U-Stufenplans bis 2015 geforderte Erhöhung der finan- iellen Mittel macht eine Anhebung der deutschen Auf- endungen auf 100 Millionen Euro zwingend erforder- ich. Mit den für 2007 bereitgestellten Mitteln in Höhe on 50 Millionen Euro befindet sich Deutschland im in- ernationalen Vergleich bisher nur im Mittelfeld. Die Prinzipien der Subsidiarität und Diversität haben ich bei den deutschen Hilfsmaßnahmen bewährt und ollten deshalb auch bei der Reform des humanitären ystems der VN Berücksichtigung finden. Eine Zentrali- ierung der humanitären Hilfe zulasten der nationalen ichtregierungsorganisationen muss in jedem Fall ver- ieden werden. Gemäß dem Subsidiaritätsprinzip sollte ie staatliche Förderpolitik auch weiterhin sicherstellen, ass es zu keiner Konkurrenzsituation zwischen Nicht- egierungsorganisationen (NGOs) und staatlichen rganisationen kommt. Gleichzeitig sollte in der Förder- olitik eine Konkurrenz zwischen deutschen Nichtregie- ungsorganisationen und internationalen Organisationen ermieden werden. Es darf nicht passieren, dass die nappen Ressourcen in einer unnötigen Konkurrenz- ituation verpuffen und den Bedürftigen nicht zugute- ommen. Bei Auslandseinsätzen deutscher Streitkräfte im Rah- en humanitärer Hilfsmaßnahmen sollte darüber hinaus arauf geachtet werden, dass diese nur dann unterstüt- end zum Einsatz kommen, wenn zivile Kapazitäten icht ausreichen. Der Verantwortungsbereich von Bun- eswehr und Hilfsorganisationen sowie die Koordina- ion untereinander müssen dazu in jeder Phase des Ein- atzes klar definiert werden. Auch hier spiegelt sich das rinzip der Subsidiarität wieder. Ebenfalls dem Grundsatz der Subsidiarität entspricht s, auch zukünftig am Konzept der Fehlsbedarfsfinan- ierung festzuhalten. Danach sollen die Zuwendungen abei helfen, die mangelnden Eigenmittel der Empfän- er auszugleichen. Der von deutschen Nichtregierungs- rganisationen aus eigenen Mitteln aufzubringende igenanteil in Höhe von derzeit fünf Prozent orientiert ich an deren durchschnittlicher Leistungsfähigkeit. chwankungen im Spendenaufkommen wird bereits da- urch Rechnung getragen, dass in Einzelfällen als Ei- enanteil auch Eigenleistungen in nicht bezifferter Höhe kzeptiert werden. Um die Handlungsfähigkeit der GOs nicht zu gefährden, soll der geforderte Eigenan- eil auch in Zukunft einen Wert von fünf Prozent nicht berschreiten. Die Anhörung am 28. Februar hat auch gezeigt, dass s im Rahmen der Bemühungen zur Reform des Systems er Humanitären Hilfe der Vereinten Nationen Möglich- eiten für deutsche humanitäre Nichtregierungsorganisa- ionen geben sollte, neben den VN-Organisationen direkt Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10343 (A) ) (B) ) Mittel beim Central Emergency Response Fund (CERF) beantragen zu können. Die Erfahrungen der vergangen Jahre haben deutlich gezeigt, dass man die staatliche humanitäre Hilfe losge- löst von der Außen-, Entwicklungs-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik nicht sinnvoll betreiben kann. Die Verzahnung der Arbeit des Auswärtigen Amtes und des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammen- arbeit und Entwicklung ist eine wichtige nationale Schlussfolgerung. Auch die Aufbauarbeit in Afghanistan ist nur durch ein Ineinandergreifen von Sicherheitspoli- tik und humanitärer Hilfe möglich. Die nationale humanitäre Hilfe erfolgt eigentlich im- mer im internationalen Kontext. Daher sollte Deutsch- land innerhalb der EU verstärkt darauf hinarbeiten, die Vorgehensweise bei humanitären Katastrophen unter den Mitgliedstaaten abzustimmen. Nur so kann die humani- täre Hilfe auf europäischer Ebene stärker als bisher zu einem wichtigen Bestandteil einer gemeinsamen Außen-, Entwicklungs-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik weiterentwickelt werden. Zum Abschluss meiner Ausführungen will ich noch auf ein konkretes Problem hinweisen, dem wir uns in Zukunft verstärkt widmen müssen. In vielen Kriegsge- bieten wird der Wiederaufbau durch zahlreiche Minen und Blindgänger stark erschwert. Deshalb müssen Pro- jekte des humanitären Minenräumens konsequent fortge- setzt und ausreichend finanziert werden. Deutschland verfügt in diesem Bereich über umfangreiche Erfahrun- gen und auch einmaliges technologisches Know-how. Dieses sollten wir auch in Zukunft dafür einsetzen, den Menschen in Afghanistan, in Kolumbien oder in den von Bürgerkriegen erschütterten Regionen Afrikas den Wie- deraufbau zu erleichtern und neue Perspektiven zu eröff- nen. Christel Riemann-Hanewinckel (SPD): Durch Kriege, Naturereignisse oder Umweltkatastrophen über- all auf der Welt geraten Menschen in die Lage, sich nicht mehr selbst mit Nahrung versorgen zu können, kein Dach mehr über dem Kopf zu haben, von Krankheit und Tod bedroht zu sein. Sie können sich nicht aus eigener Kraft aus ihrer Notlage befreien, auch die Regierungen ihrer Länder sind dazu nicht in der Lage. Schnell und möglichst unbürokratisch muss Hilfe für diese Men- schen an den Ort des Geschehens gelangen. Vergleicht man eine humanitäre Katastrophe mit der Situation nach einem Verkehrsunfall, so wird klar, dass es bei humanitärer Hilfe um lebensrettende Maßnahmen geht, zu denen wir aus ethischer Verantwortung heraus verpflichtet sind – alles andere wäre unterlassene Hilfe- leistung. Humanitäre Hilfe wird unabhängig von politischen, ethischen oder religiösen Erwartungen geleistet, sie orientiert sich allein an der Bedürftigkeit der Menschen. Pragmatisch und schnell werden lebensrettende Maß- nahmen für die betroffenen Menschen ergriffen: Sie müssen mit Nahrung versorgt werden, sie brauchen Me- dikamente und ärztliche Betreuung, sie brauchen Klei- d K d Ü p a e a U d k e e H i A s s h w m d n c g d S t V h s E m N o t K d D Z z p s M e d 1 a w g w d t (C (D ung und zumindest ein provisorisches Dach über dem opf. Auf diese erste lebensrettende humanitäre Hilfe folgt urch Deutschland die entwicklungsorientierte Not- und bergangshilfe. Sie setzt unmittelbar nach der Katastro- he ein und bietet Unterstützung, bis die eher langfristig ngelegte Entwicklungszusammenarbeit ihre Wirkung ntfalten kann. Das Bild des Verkehrsunfalls macht dies nschaulich: Nach den lebensrettenden Maßnahmen am nfallort kann die stabilisierende Versorgung erfolgen, amit dann die Therapie ihre volle Wirkung entfalten ann. Die Unterscheidung zwischen humanitärer Hilfe und ntwicklungsorientierter Not- und Übergangshilfe sind ine deutsche Besonderheit. Während die humanitäre ilfe in die Zuständigkeit des Auswärtigen Amtes fällt, st die entwicklungsorientierte Not- und Übergangshilfe ufgabe des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zu- ammenarbeit und Entwicklung. Beide Ministerien müs- en eng zusammenarbeiten. Die Federführung für die umanitäre Hilfe der Bundesregierung liegt beim Aus- ärtigen Amt. Von hier aus wird die Zusammenarbeit it anderen Staaten, mit den Einrichtungen der EU und en Vereinten Nationen sowie mit Nichtregierungsorga- isationen koordiniert. Die Nichtregierungsorganisationen sind die eigentli- hen Akteure der humanitären Hilfe. Sie leisten den rößten Teil der wichtigen harten Arbeit vor Ort. Für ieses großartige Engagement möchte ich mich an dieser telle ganz herzlich bedanken. Das Geld für die Arbeit der Nichtregierungsorganisa- ionen wird zu einem Teil von der Bundesregierung zur erfügung gestellt. Den weitaus größeren Teil aber er- alten sie aus Spenden der Bürgerinnen und Bürger un- eres Landes. Jedes Jahr sind das mehrere Milliarden uro, die so der Hilfe für Menschen in Not zugute kom- en. Ich möchte denjenigen danken, die die Arbeit der ichtregierungsorganisationen durch Geld, Sachspenden der auch durch ihren persönlichen Einsatz vor Ort un- erstützen und damit viele Menschenleben retten. Humanitäre Hilfe greift nicht nur dann, wenn eine atastrophe bereits eingetreten ist. Sie beginnt schon ann, wenn es darum geht, Katastrophen zu verhindern: ie Gelder prophylaktisch einzusetzen bedeutet, dass in ukunft weniger humanitäre Hilfe nötig sein wird und ukünftige Ereignisse, wie zum Beispiel Naturkatastro- hen, weniger Menschenleben – im Idealfall keine Men- chenleben kosten. Die Mitglieder des Ausschusses für enschenrechte und humanitäre Hilfe sind sich deshalb inig, dass die Mittel für die humanitäre Hilfe der Bun- esregierung in den nächsten Jahren auf jährlich 00 Millionen Euro aufgestockt werden müssen. Humanitäre Hilfe ist immer auch eine Gemeinschafts- ufgabe vieler Staaten. Die Europäische Union ist welt- eit der größte Akteur in der humanitären Hilfe. Ich be- rüße es deshalb sehr, dass sich die deutsche Regierung ährend ihrer EU-Ratspräsidentschaft für eine aufeinan- er abgestimmte Vorgehensweise aller EU-Mitgliedstaa- en im Falle humanitärerer Katastrophen einsetzt. 10344 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) Ein besonders wichtiges Aufgabengebiet der humani- tären Hilfe der Bundesregierung ist das humanitäre Mi- nenräumen. Landminen bedeuten nach der Beendigung von Kriegen große Gefahr für das Leben aller, die dort leben, sowie das Leben derer, die am Wiederaufbau mit- wirken. Die finanziellen Mittel für das humanitäre Mi- nenräumen müssen unbedingt weiter zur Verfügung ge- stellt werden. Genauso wichtig ist es meiner Meinung nach aber, dass sich Deutschland auf diplomatischer Ebene dafür einsetzt, dass auch Russland, die USA und China dem Ottawaabkommen vom 1. März 1999 beitre- ten, das Antipersonenminen ächtet. Im Menschenrechstausschuss haben wir eine Emp- fehlung an die Bundesregierung zur Unterrichtung erar- beitet. Ich habe sehr gehofft, dass alle Fraktionen dieser Empfehlung zustimmen würden. Leider war dies aber nicht möglich. Die Mitglieder der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen in unserem Ausschuss haben den Text der Empfehlung von SPD und CDU/CSU zum größten Teil wörtlich übernommen und um wenige Punkte ergänzt. Leider haben sie dem gemeinsamen Text der Empfehlung daraufhin nicht zugestimmt. Burkhardt Müller-Sönksen (FDP): Die FDP-Bun- destagsfraktion kann der Beschlussempfehlung der Frak- tionen von CDU/CSU und SPD zum Bericht der Bun- desregierung über die deutsche humanitäre Hilfe im Ausland 2002 bis 2005 nicht zustimmen; denn die Be- schlussempfehlung kommt an einem sehr zentralen Punkt zu einer Bewertung, die wir nicht teilen können. Unter Punkt 10 heißt es: Die Zusammenarbeit des AA und des BMZ im Schnittpunktbereich zwischen humanitärer Hilfe und entwicklungspolitischer Not- und Übergangs- hilfe hat sich bewährt. Diese Feststellung steht in einem diametralen Gegen- satz zu den Feststellungen, die von der OECD im Rah- men des letzten DAC-Peer-Review aus dem Jahr 2005 zur Verbesserung der deutschen humanitären Hilfe ge- macht wurden. Dort heißt es zur humanitären Hilfe: Das deutsche System der humanitären Hilfe ist fragmentiert. Es fällt in die Zuständigkeit von zwei Ministerien, deren Kompetenzbereiche sich zum Teil überschneiden. Diese Zersplitterung wird durch ein detailliertes und relativ rigides Bud- getsystem noch verschärft. Auf der einen Seite ist das Auswärtige Amt für die Aktivitäten eines gro- ßen, unabhängigen Arbeitsstabs verantwortlich, der auf Soforthilfe spezialisiert ist. Auf der anderen Seite verfügt das BMZ über ein kleineres Referat für entwicklungsorientierte Not- und Übergangs- hilfe mit einem breiten, weniger präzise definierten Mandat. Diese zweigleisige Managementstruktur hat zur Folge, dass die Summe der Einzelelemente kleiner ist als der potenzielle Gesamteffekt. Die Konsequenz ist, dass die verschiedenen mit huma- nitärer Hilfe befassten Stellen sowohl untereinander als auch von den anderen Abteilungen der beiden Ministerien isoliert sind. Das schränkt deren Fähig- s n b h s l u i z k i r g i H v g b k h e s t M R s h k w w K m g o t n l t a i n s (C (D keit ein, der komplexen Natur der heutigen Krisen- situationen und Katastrophen gerecht zu werden, und beeinträchtigt somit die Effektivität der Hilfe. Auf diese Weise wird nicht nur die Synchronisie- rung von Aktionen im Rahmen der humanitären Hilfe, sondern auch deren Verknüpfung mit der Entwicklungszusammenarbeit erschwert. Diese He- rausforderung betrifft sämtliche Aspekte der Pla- nung und Umsetzung, des Follow-up wie des ent- wicklungspolitischen Lernprozesses. Besser als in diesem DAC-Peer-Review kann das Zu- tändigkeitsdilemma der deutschen humanitären Hilfe icht auf den Punkt gebracht werden. Meine Fraktion emängelt seit langem, dass Deutschland im Bereich der umanitären Hilfe ein zu komplexes, teilweise undurch- chaubares Zuständigkeitsgefüge hat. Die Fragmentierung des deutschen Systems ließe sich etztlich am besten durch eine Zusammenführung der nterschiedlichen Zuständigkeiten für humanitäre Hilfe n einem einzigen Ministerium überwinden. Dies wäre udem ein durchaus hilfreicher Beitrag zur Verschlan- ung der Bundesverwaltung. Kurzfristig ließe sich – wie m DAC-Peer-Review empfohlen – eine stärkere Kohä- enz aller Komponenten der humanitären Hilfe durch ein emeinsames Budget herstellen. Ferner empfiehlt der DAC-Peer-Review, eine Evalu- erung der Gesamtergebnisse der deutschen humanitären ilfe vorzunehmen. Auch diese Empfehlung hat in die orliegende Beschlussempfehlung leider keinen Eingang efunden. Die Koalitionsfraktionen verschließen hier ewusst die Augen, um von dem allgemeinen Zuständig- eitsdilemma abzulenken. Erforderlich ist eine Sofort- ilfe aus einem Guss, indem humanitäre Soforthilfe und ntwicklungsorientierte Not- und Übergangshilfe zu- ammengeführt werden. Durch die jetzige Doppelstruk- ur entsteht ein ineffizienter und zulasten der betroffenen enschen geführter Konkurrenzkampf zwischen den essorts – frei nach dem Motto: Wer das meiste und am chnellsten die Mittel zusagt, hat die beste Presse. Das ilft aber den Menschen wenig, vor allem, wenn dann eine Mittel mehr zur Verfügung stehen, um die allzu ichtige Übergangshilfe zu gewähren, die dringend not- endig wird, wenn die Öffentlichkeit nachlässt und neue atastrophen die Welt beschäftigen. Lassen Sie mich noch eines zur Ausgestaltung der hu- anitären Hilfe sagen: Wir müssen die Märkte der Re- ion stärker nutzen und wir müssen die Nichtregierungs- rganisationen besser unterstützen. Die Koalition hat die Chance verpasst, Doppelstruk- uren und Bürokratiehemmnisse abzubauen, nur um ei- en schon lange schwelenden Brand nicht ausbrechen zu assen – zulasten der betroffenen Menschen. Dem An- rag können wir deshalb so nicht zustimmen. Die Not- und Katastrophenhilfe ist und bleibt ein un- ntastbarer humanitärer Grundauftrag. Umso wichtiger st, dass diese Hilfe schnell, unbürokratisch, gut koordi- iert und effizient gewährt wird. Dafür setzt die FDP ich ein. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10345 (A) ) (B) ) Michael Leutert (DIE LINKE): Wenn man erwarten darf, dass in einem Bericht auch wirklich etwas berichtet wird, ist dieser Bericht der Bundesregierung ein guter Bericht. Darüber hinaus liefert er Stoff, der Anregungen für Nachfragen darstellt. Ich zitiere zwei Passagen. Zum einen sieht sich die Bundesregierung einem Moralprin- zip unterworfen, einem sogenannten humanitären Impe- rativ: Bundesregierung leistet humanitäre Hilfe unabhän- gig von politischen, ethnischen oder religiösen Er- wägungen, ein Grundsatz, der als humanitärer Im- perativ bezeichnet wird. Dann finden wir aber doch eine politische Erwägung, die zeigt, dass humanitäre Hilfe eben nicht ausschließ- lich dem sogenannten humanitären Imperativ folgen kann: Humanitäre Hilfe stößt an Grenzen, wo sie nicht willkommen ist, behindert oder instrumentalisiert wird. Auch unter schwierigen Rahmenbedingungen findet humanitäre Hilfe noch statt, solange es eine Gewähr dafür gibt, dass sie bei den bedürftigen Menschen ankommt. Diese Passagen zeigen meines Erachtens, dass huma- nitäre Hilfe zumindest für die Bundesregierung nicht klar definierbar ist. Aber das ist unser Problem. Uns stellen sich andere Fragen. Etwa hinsichtlich der Kostenrechnung für ClMIC-Maßnahmen, die ich für irreführend halte: Von 2002 bis 2005 hat die Bundeswehr fast 750 Maßnahmen mit einem Gesamtvolumen von ca. 10,5 Mio. Euro durchgeführt. Diese wurden zu 85 Prozent durch private Spenden, zu einem gerin- gen Prozentsatz auch aus Mitteln des BMZ finan- ziert. In eine derartige Kostenbetrachtung gehen offenbar nicht die Kostenanteile ein, die ein Militäreinsatz als sol- cher erst einmal erfordert. Das ist so, als würden in die Kostenrechnung pro Tonne Steinkohle nur die Arbeits- kosten und die Kosten anteilig vernutzter Arbeitsmittel eingehen, ohne Erschließungskosten zu berücksichtigen. Hier wäre zu fragen, ob CIM1C nicht durch traditio- nelle zivile Entwicklungsmaßnahmen auch unter Kos- tengesichtspunkten ersetzbar wäre. Es mag Sie ja er- schüttern, aber wir halten die Auslandseinsätze der Bundeswehr nicht für humanitäre Hilfsmaßnahmen. Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Um von vornherein eines klarzustellen: Die deutsche huma- nitäre Hilfe ist von einer hohen Qualität gekennzeichnet und erfreut sich in aller Welt einer großen Wertschät- zung. All den haupt- und ehrenamtlichen Akteuren der deutschen humanitären Hilfe zollen wir großen Respekt, besonders denjenigen, die ihren Einsatz unter großen Entbehrungen leisten und – wie aktuell zum Beispiel in Afghanistan – sogar Risiken für Leib und Leben auf sich nehmen. Doch die Einschätzung, dass etwas gut ist, ver- wehrt noch lange nicht die Möglichkeit, Vorschläge zu u k t w f d a l D s i e e d i g l z p u E g A s g K c s c d s f w z d n g a p o k 1 r z d E t K c s b s t s l (C (D nterbreiten, wie das Gute weiter verbessert werden ann. Die OECD-Staaten haben einen gegenseitigen Kon- roll- und Beratungsmechanismus für die Bereiche Ent- icklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe einge- ührt: den sogenannten DAC-Peer-Review. Im Rahmen ieses Prozesses haben in den letzten Jahren Experten us verschiedenen anderen OECD-Staaten die Entwick- ungszusammenarbeit und die humanitäre Hilfe eutschlands unter die Lupe genommen. In ihrem Ab- chlussbericht stellen sie Deutschland in diesen Sektoren nsgesamt ein gutes Zeugnis aus, aber sie stellen auch in paar kritische Fragen und machen Vorschläge, die rnsthaft geprüft werden sollten. Dabei geht es vor allem um eine bessere Verzahnung er Soforthilfe, für die das Auswärtige Amt zuständig st, mit der entwicklungsorientierten Not- und Über- angshilfe sowie der langfristig angelegten Entwick- ungszusammenarbeit, für die das BMZ verantwortlich eichnet. Damit ich nicht missverstanden werde: Wir lädieren für eine Verbesserung der Zusammenarbeit nd nicht etwa, wie die FDP, für die Abschaffung des ntwicklungsministeriums und Übertragung seiner Auf- abenbereiche in die Zuständigkeit des Auswärtigen mtes. Sowohl die Zuständigkeiten als auch die Budgets ind bei uns etwas kompliziert geregelt. Dafür gibt es ute Gründe. Aber in der Praxis führt das manchmal zu ompetenzgerangel und Reibungsverlusten. Die deutsche humanitäre Hilfe ist sowohl im staatli- hen wie auch im nichtstaatlichen Bereich sehr vielge- taltig. Das ist einerseits ein Vorteil, kann aber in man- hen Katastrophenfällen auch zum Problem werden. In er von den Koalitionsfraktionen ausgearbeiteten Be- chlussempfehlung zum Regierungsbericht wird mehr- ach gefordert, dass es keine Konkurrenz geben soll – eder zwischen staatlichen und nichtstaatlichen noch wischen nationalen und internationalen Organisationen, ie humanitäre Hilfe leisten. Das Wünschen verändert icht die Realität! Natürlich gibt es unter den vielen Or- anisationen Konkurrenz: um Medienpräsenz, Spenden- ufkommen, Aufträge. Die Vielzahl der Organisationen stellt in Katastro- henfällen die Empfängerländer der humanitären Hilfe ft vor große logistische Probleme. Nach der Tsunami- atastrophe haben sich allein in Sri Lanka mehr als 100 neue Hilfsorganisationen aus aller Welt akkreditie- en lassen und dabei viele personelle und Transportkapa- itäten beansprucht – um nicht zu sagen: blockiert. Auf er internationalen Bühne wird deshalb sowohl für die ntwicklungszusammenarbeit als auch für die humani- äre Hilfe viel von der Notwendigkeit einer besseren oordinierung, Abstimmung und Arbeitsteilung gespro- hen. Ohne das Prinzip der Subsidiarität in Frage zu stellen, ollte auch in Deutschland offen über eine bessere Ar- eitsteilung zwischen nationalen und internationalen, taatlichen und nichtstaatlichen Durchführungsorganisa- ionen der humanitären Hilfe und der Entwicklungszu- ammenarbeit diskutiert werden. Dabei darf es nicht al- ein darum gehen, wer die bessere Lobbyarbeit macht 10346 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) und deshalb ein größeres Stück vom Kuchen abbe- kommt. Vielmehr muss es um die Frage gehen, welche Organisation in welchem Land für welche Aufgabe bes- ser geeignet ist, mehr Fachkompetenz mitbringt und/ oder durch Partnerschaften mit regionalen Akteuren bes- ser vernetzt ist. Die Beschlussempfehlung, die aus den Koalitions- fraktionen kommt, wirkt zu defensiv, so als ob es nur da- rum gehen würde, die Existenzberechtigung vieler, vie- ler deutscher NGOs gegenüber den Begehrlichkeiten internationaler Organisationen – besonders aus dem Sys- tem der Vereinten Nationen – zu verteidigen. Auch viele kleine NGOs, die sich spezialisiert haben, leisten eine engagierte und effektive Arbeit und sollten auch weiter- hin Aufträge bekommen. Wichtig sind jedoch gute Ab- sprachen mit allen anderen Akteuren, sodass bei der Be- wältigung oder Verhütung einer Katastrophe alle Hilfsorganisationen und die Menschen vor Ort an einem Strang ziehen – und zwar in die selbe Richtung! Beim Koordinierungskreis für humanitäre Hilfe, zu dem das Auswärtige Amt regelmäßig einlädt, sollten alle Akteure an einem Tisch sitzen und ihre Arbeit gut koordinieren – auch die VN-Organisationen, die in Deutschland eine Niederlassung haben. Zum Schluss zu den Finanzen: Sowohl für die huma- nitäre Hilfe als auch für die Entwicklungszusammenar- beit brauchen wir mehr Geld. Eine Aufstockung der Mit- tel für die humanitäre Hilfe auf 100 Millionen Euro pro Jahr wird auch von uns unterstützt, ebenso wie ein ganz kräftiger Aufwuchs der Mittel für die Entwicklungszu- sammenarbeit. In der von den Koalitionsfraktionen erarbeiteten Be- schlussempfehlung wird jedoch eine unpassende Be- gründung für eine berechtigte Forderung gegeben: Der Anteil der von Deutschland geleisteten humanitären Hilfe an den gesamten deutschen ODA-Leistungen, die für humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit erbracht werden, sei im Vergleich zu anderen Staaten ziemlich gering. Das wäre so, als ob man die Qualität ei- nes Gesundheitssystems daran messen würde, wie hoch der Anteil der Kosten für chirurgische Eingriffe oder Krankenwagenfahrten am gesamten Gesundheitsbudget wäre! Dann würden Staaten, die mit Erfolg viel in Prä- vention und Rehabilitation investieren, schlechter ab- schneiden als Staaten, die sich nur auf Notfallmedizin konzentrieren. Entscheidend ist, dass Deutschland seiner Wirt- schaftskraft entsprechend sowohl quantitativ als auch qualitativ gute Beiträge leistet, um Katastrophen zu be- wältigen und sie zu verhüten. Bei Naturkatastrophen und in Kriegsfällen muss der notleidenden Bevölkerung so schnell und effektiv wie möglich Soforthilfe gewährt werden. Bei Katastrophen mit strukturellen Ursachen ist eine Verzahnung mit längerfristig angelegten Strategien der Entwicklungszusammenarbeit, die an die Ursachen geht, Hilfe zur Selbsthilfe bietet und eine Wiederholung der Katastrophe verhindert, ganz wichtig. Überzogene, entmündigende, fehlgeleitete humani- täre Hilfe – besonders in Form von planloser Verteilung von Nahrungsmitteln – kann bei strukturell bedingten N z r A s I a d a A n s u t w A ti K D g V – n k r g n d u A s d s f A g c p j A e (C (D otlagen sogar kontraproduktiv sein, regionale Märkte erstören und die Notleidenden noch tiefer in die Rolle einer Almosenempfänger hineindrücken. Ich bin froh, dass es jetzt Initiativen gibt, die Food- id-Konvention zu überarbeiten. Wir werden uns an die- en Bemühungen beteiligen und Vorschläge einbringen. n diesem Bereich ist Deutschland aber schon recht gut ufgestellt. Unter Reformdruck müssen hier vor allem ie USA gesetzt werden. Unser Beitrag muss es sein, sich sowohl national als uch international für eine bessere Koordinierung und rbeitsteilung in der humanitären Hilfe einzusetzen und atürlich in die Zukunft zu investieren – in den Klima- chutz, in die zivile Konfliktprävention, in Gerechtigkeit nd in die strukturelle Überwindung von Hunger und ex- remer Armut, damit die Zahl der Katastrophen geringer ird. nlage 17 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts zu den Anträgen – Ächtung des Gesetzes zur Verhütung erb- kranken Nachwuchses vom 14. Juli 1933 – Nichtigkeitserklärung des Erbgesundheits- gesetzes (Tagesordnungspunkt 27) Dr. Jürgen Gehb (CDU/CSU): Hintergrund der heu- gen abschließenden Beratung der beiden Anträge der oalitionsfraktionen und der Fraktion des Bündnisses 90/ ie Grünen ist ein Anliegen des Bundes der Euthanasie- eschädigten und Zwangssterilisierten, das Gesetz zur erhütung erbkranken Nachwuchses vom 14. Juli 1933 das sogenannte Erbgesundheitsgesetz – „endlich und ach über siebzig Jahren aufzuheben und für nichtig zu er- lären“. Das Erbgesundheitsgesetz war eines der ersten assistischen Gesetze des NS-Staates. Es besteht seit län- erer Zeit kein Zweifel mehr daran, dass es sich dabei um ationalsozialistisches Unrecht handelte. Die Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen hat sich as Anliegen des Bundes der Euthanasiegeschädigten nd Zwangssterilisierten zu eigen gemacht und in ihrem ntrag die Bundesregierung aufgefordert, „einen Vor- chlag vorzulegen, wie der Gesetzgeber dem Anliegen es Bundes der ‚Euthanasie‘-Geschädigten und Zwangs- terilisierten gerecht werden kann.“ Wir haben von An- ang an darauf hingewiesen, dass diese Forderung nach ufhebung und Nichtigerklärung des Erbgesundheits- esetzes aus Rechtsgründen nicht erfüllbar ist. Entspre- hende Forderungen der Grünen sind bereits in mehreren arlamentarischen Beratungsverfahren zu der Thematik eweils aus Rechtsgründen abgelehnt worden. Die Bundesregierung hat im vergangenen Jahr in ihrer ntwort auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke rneut auf diese Rechtslage hingewiesen. In der mit Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10347 (A) ) (B) ) Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit über- mittelten Antwort vom 10. August 2006, Bundestags- drucksache 16/2384, heißt es wörtlich: Nach Artikel 123 Abs. 1 GG gilt Recht aus der Zeit vor dem Zusammentritt des Deutschen Bundestages (7. September 1949) fort, soweit es dem Grundgesetz nicht widerspricht. Fortgelten können demnach nur vorkonstitutionelle Rechtsnormen, die an diesem Tag gültig waren (BVerfGE 4, 115, 138). Rechtsnormen, die im Widerspruch zum Grundgesetz stehen, sind bereits bei dessen Inkrafttreten am 24. Mai 1949 au- ßer Kraft getreten. Die Gültigkeit des Erbgesund- heitsgesetzes endete mit dem Inkrafttreten des Grundgesetzes, soweit es dem Grundgesetz – insbe- sondere dem Artikel 2 Abs. 2 GG – widersprach. Die wenigen als Bundesrecht fortgeltenden Regelungen über Unfruchtbarmachung und Schwangerschaftsab- brüche mit Einwilligung bei Lebens- und Gesund- heitsgefahr sind endgültig durch Art. 8 NR. 1 des Gesetzes vom 18. Juni 1974 (BGBI. l S. 1297) auf- gehoben worden. Das Erbgesundheitsgesetz existiert nicht mehr. Der Forderung, das Gesetz durch rück- wirkenden Akt für nichtig zu erklären, kann der Bun- desgesetzgeber nicht entsprechen. Diese Rechtslage ist natürlich auch den Grünen be- kannt. Bezeichnend ist ja, dass die Forderung in den sie- ben Jahren, in denen die Grünen in der Bundesregierung vertreten waren, von dort auch nicht mehr erhoben wor- den ist. In Anbetracht dessen, dass sie nunmehr, wo die Grünen in der Opposition sind, erneut gestellt wird, kann ich Ihnen den Vorwurf des Populismus wirklich nicht er- sparen. Das Unrecht und das Leid, das den Betroffenen mit dem Erbgesundheitsgesetz in der Zeit der national- sozialistischen Gewaltherrschaft zugefügt worden ist, vertragen aber keine populistischen Spielchen. Deshalb haben wir mit unserem Antrag einen Weg beschritten, mit dem erneut zum Ausdruck gebracht wird, dass das Erbgesundheitsgesetz in seiner Ausgestaltung und An- wendung typisches nationalsozialistisches Unrecht war und deshalb keinen Eingang in die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland gefunden hat. Ich sage „er- neut“, weil der Deutsche Bundestag bereits in mehreren Beschlüssen unzweideutig zum Ausdruck gebracht hat, dass er dieses Gesetz als mit rechtsstaatlichen Grundsät- zen absolut unvereinbar ansieht. Allerdings war die Frage des formalen Fortbestandes nach dem Kriege in der Tat leider lange Zeit unklar, weil sie ausschließlich unter Berufung auf die Entstehungsgeschichte und die Gesetzgebung anderer Staaten diskutiert wurde. Die meisten Regelungen des Gesetzes waren bereits deshalb gegenstandslos, weil die vorherigen Erbgesundheitsge- richte nicht wieder errichtet wurden. Hinsichtlich der Frage der Fortgeltung hat sich erst im Laufe der Zeit ein Bewertungswandel vollzogen, der auf neuere Forschungs- ergebnisse und eine vertiefte Auseinandersetzung mit der tatsächlichen Durchführung dieses Gesetzes zurückzu- führen war. Die Bundesregierung hat daher zu Recht darauf verwiesen, dass das Erbgesundheitsgesetz durch Art. 8 Nr. 1 des Strafrechtsreformgesetzes vom 18. Juni 1974, BGBI. I, S. 1297, auch förmlich außer Kraft ge- setzt wurde, soweit es als Bundesrecht fortgalt, was im H h e s s S h a s v I d d Z c W t r h g D i v z m d d s p N z a U g b th I d b L V g w (C (D inblick auf einige Vorschriften, die keinen Unrechtsge- alt aufwiesen, zunächst der Fall war. Die Sterilisations- ntscheidungen der damaligen Erbgesundheitsgerichte ind durch das Gesetz zur Aufhebung nationalsozialisti- cher Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege und von terilisationsentscheidungen der ehemaligen Erbgesund- eitsgerichte vom 25. August 1998, BGBI. I, S. 2501, ufgehoben worden. Der Bewertungswandel fand auch seinen Nieder- chlag in dem Beschluss des Deutschen Bundestages om 26. Januar 1988, Bundestagsdrucksache 11/1714. n diesem Beschluss wurde bereits eindeutig zum Aus- ruck gebracht, dass der Deutsche Bundestag nicht nur ie Durchführung von Zwangssterilisierungen in der eit des Nationalsozialismus, sondern auch ihre gesetzli- he Verankerung für nationalsozialistisches Unrecht hält. örtlich heißt es hierzu: l. Der Deutsche Bundestag stellt fest, daß die in dem Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses vom 14. Juli 1933 vorgesehenen und auf der Grundlage dieses Gesetzes während der Zeit von 1933 bis 1945 durchgeführten Zwangssterilisierungen national- sozialistisches Unrecht sind. 2. Der Deutsche Bundestag ächtet diese Maßnah- men, die ein Ausdruck der inhumanen nationalsozia- listischen Auffassung vom „lebensunwerten Leben“ sind. In dem Bericht zu der Beschlussempfehlung, Bundes- agsdrucksache 11/1714, wird, worauf auch die Bundes- egierung in ihrer oben erwähnten Antwort hingewiesen at, weiterhin ausdrücklich festgestellt, dass eine Fort- eltung des Erbgesundheitsgesetzes in der Bundesrepublik eutschland nach Art. 123 Abs. 1 GG ausgeschlossen st, weil dieses Gesetz mit dem Grundgesetz nicht zu ereinbaren ist. Die Bewertung des Erbgesundheitsgeset- es als nationalsozialistisches Unrecht ist danach noch in ehreren weiteren Entscheidungen des Deutschen Bun- estages bekräftigt worden, zuletzt in den Beratungen zu em bereits erwähnten Gesetz zur Aufhebung national- ozialistischer Unrechtsurteile im Jahre 1998. Anträge der Grünen, die im Zusammenhang mit diesen arlamentarischen Beratungen jeweils eine förmliche ichtigerklärung des sogenannten Erbgesundheitsgeset- es durch den Deutschen Bundestag forderten, fanden us den bereits genannten rechtlichen Gründen nicht die nterstützung der anderen Fraktionen. Der jetzt vorlie- ende Vorschlag der Koalition hat – und das ist besonders emerkenswert – auch die Billigung des Bundes der Eu- anasiegeschädigten und Zwangssterilisierten gefunden. n einem im Laufe der Beratungen des Rechtsausschusses urchgeführten erweiterten Berichtserstattergespräch ha- en die Vertreter dieser Organisation ausdrücklich den ösungsansatz der Koalition begrüßt. Dr. Carl-Christian Dressel (SPD): Das Gesetz zur erhütung erbkranken Nachwuchses war das erste Rasse- esetz der Nationalsozialisten. Die Idee des Gesetzes ar durch und durch rassistisch. Ich zitiere: 10348 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) Ziel der dem deutschen Volk artgemäßen Erb- und Rassenpflege ist: eine ausreichende Zahl Erbgesun- der, für das deutsche Volk rassisch wertvoller, kin- derreicher Familien zu allen Zeiten. Der Zucht- gedanke ist Kerngehalt des Rassegedankens. Die künftigen Rechtswahrer müssen sich über das Zuchtziel des deutschen Volkes klar sein. Ziel dieses Gesetzes war es, psychisch und physisch kranke Menschen zu sterilisieren. Später wurde die Unfruchtbarmachung auf sozial auffällige, nicht system- konforme und politisch andersdenkende Menschen aus- geweitet. Nach dem sogenannten Euthanasieerlass Hit- lers ermordete man sie zunächst durch Gas, später durch Injektionen und gezieltes Verhungernlassen. Dieses Gesetz wollen wir mit dem vorliegenden Antrag von SPD und CDU/CSU ächten! Der von uns einge- brachte Antrag umfasst fünf Punkte, in denen sich diese Ächtung manifestiert: Erstens. Eine klare und zweifelsfreie Erklärung, dass das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses nie- mals Bestandteil der materiellen Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland war. Ich werde auf diesen Sachverhalt später noch genauer eingehen. Zweitens. Eine erneute Bekräftigung, dass die in dem Gesetz vorgesehenen und auf der Grundlage dieses Ge- setzes durchgeführten Zwangssterilisierungen national- sozialistisches Unrecht sind. Drittens. Diese Feststellung und die Ächtung soll laut unserem Antrag ausdrücklich sowohl auf das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses vom 14. Juli 1933 selbst, soweit dieses Zwangssterilisierungen rechtlich absichern sollte, als auch auf die gesetzlich vorgegebene Handlungsanweisung und die aufgrund dieser Hand- lungsanweisung durchgeführten Zwangssterilisationen erstreckt werden. Viertens. In unserem Antrag wird festgestellt, dass mit dem Erbgesundheitsgesetz ein Weg beschritten wurde, der in das Massenmordprogramm der National- sozialisten führte. Fünftens. Mit unserem Antrag bezeugen wir den Opfern der Zwangssterilisierung und ihren Angehörigen erneut Achtung und Mitgefühl in der Absicht, durch die nun er- folgte Ächtung des Erbgesundheitsgesetzes selbst jegli- che Zweifel hinsichtlich einer umfassenden Genugtuung und Rehabilitierung der Betroffenen beseitigt zu haben. Ich bin fest davon überzeugt, dass unser Antrag in die- ser Form dazu geeignet ist, ein wichtiges und positives Si- gnal an die Opfer auszusenden. Zum Antrag der Grünen: Dieser Antrag, der den Vorschlag für eine Nichtigerklä- rung des Erbgesundheitsgesetzes zum Ziel hat, ist nach meiner Auffassung keinesfalls sachgerecht. Er verfolgt zweifellos ein richtiges Ziel, dass ich in seinem ideellen Sinne unbedingt unterstreichen möchte. Allerdings ist dieser Antrag tatsächlich aus verfassungsrechtlichen Gründen ungeeignet. Ich will dies begründen: Der Bundestag kann das soge- nannte Erbgesundheitsgesetz nicht für nichtig erklären: Gemäß Art. 123 Abs. 1 GG gilt vorkonstitutionelles R s d r w d A g m u g i I w w Z R A e d d P te i a m a r N e G D 1 d d d (C (D echt nur fort, „soweit es dem Grundgesetze nicht wider- pricht“. Die Teile des Erbgesundheitsgesetzes, welche ie Zwangsmaßnahmen legalisierten, sind dadurch be- eits mit Inkrafttreten des GG außer Kraft getreten. Ich ill vor diesem Hintergrund ausdrücklich unterstreichen, ass „außer Kraft getreten“ bedeutet, dass aufgrund des rt. 123 GG dieses Gesetz seit Inkrafttreten des Grund- esetzes in seinen verfassungswidrigen Teilen nicht ehr existiert. Daher nochmals die klare Botschaft an die Verbände nd die durch sie vertretenen Opfer: Unter dem Grund- esetz kann das Erbgesundheitsgesetz keinesfalls mehr n Kraft gesetzt werden. Unser Antrag ist in dieser Hinsicht unmissverständlich. ch möchte die betreffende Stelle aus dem Antrag des- egen zitieren: Die Gültigkeit des „Gesetzes zur Verhütung erb- kranken Nachwuchses“ vom 14. Juli 1933 (RGBI. I S. 529; geändert durch die Gesetze vorn 26. Juni 1935, RGBI. l S. 773, und 4. Februar 1936, RGBI. I S. 119) endete mit Inkraftreten des Grundgesetzes, soweit es dem Grundgesetz widersprach (Artikel 123 Abs. 1 GG). Die wenigen danach noch gültigen Vorschriften über Maßnahmen mit Einwilligung des Betroffenen wurden durch Artikel 8 Nr. 1 des Gesetzes vom 18. Juni 1974 (BGBI. I S. 1297) auf- gehoben. Das Gesetz ist damit definitiv in keiner Weise mehr existent. Die Besorgnis mancher Op- ferverbände, das Gesetz könne wieder in Kraft ge- setzt werden, ist unbegründet. Das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses ar seit dem Inkrafttreten des Grundgesetzes ohne weifel niemals Bestandteil der materiellen deutschen echtsordnung. Auf diese für die Opfer so wichtige ussage wird in der Beschlussempfehlung deshalb noch inmal explizit hingewiesen. Ich denke, wir sind uns über die Parteigrenzen hinweg arin einig, dass die Opfer ein Recht darauf haben, dass er Deutsche Bundestag eine eindeutige und einheitliche osition in dieser wichtigen Frage zum Ausdruck bringt. Die Position des Bundes der „Euthanasie“-Geschädig- n und Zwangssterilisierten zum Antrag der Koalition st eindeutig. In seiner Stellungnahme wirbt der BEZ usdrücklich für den Antrag von SPD und CDU/CSU. Ich finde es daher sehr bedauerlich, dass die Abstim- ung in der Ausschusssitzung nicht in diesem Sinne usgefallen ist, da sich die PDS enthalten hat. Der Ände- ungsantrag der PDS war in Nr. 1 widersprüchlich, in r. 2 widersinnig. Ich rufe das Hohe Haus hiermit auf, instimmig die Opfer zu achten und das verbrecherische esetz zu ächten. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP): er Deutsche Bundestag hat in den Jahren 1988 und 994 in seinen Entschließungen wiederholt an das Leid er Opfer erinnert und das Erbgesundheitsgesetz sowie ie auf dessen Grundlage gefällten Urteile geächtet. In ieser Bewertung ist sich der Deutsche Bundestag auch Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10349 (A) ) (B) ) heute einig. Im Rahmen dieser Debatte hat die FDP- Bundestagsfraktion betont, dass die Gültigkeit des Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses vom 14. Juli 1933 in weiten Teilen durch Inkrafttreten des Grundgesetzes 1949, insbesondere soweit es Art. 2 Abs. 2 GG widersprach, außer Kraft gesetzt und in den verbleibenden Teilen endgültig durch Art. 8 Nr. 1 des Gesetzes vom 18. Juni 1974 aufgehoben wurde. Es gibt keinen Grund zur Befürchtung, das Erbgesundheitsge- setz könnte wieder in Kraft gesetzt werden, und ein nicht existierendes Gesetz kann rechtssystematisch nicht für nichtig erklärt werden. Daran bestehen keine Zweifel. Die FDP-Bundestagfraktion unterstützt jedoch uneinge- schränkt das Ansinnen, die Erinnerung an das unsägliche Unrecht und Leid, das Menschen infolge des NS-Erbge- sundheitsgesetzes angetan wurde, wachzuhalten. Rund 350 000 bis 360 000 Menschen wurden seit 1933 auf der Grundlage des Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses zwangssterilisiert; 5 000 bis 6 000 Frauen und ungefähr 600 Männer starben nach diesen Eingriffen. Das Gesetz bildete zudem den Auftakt für die Verfol- gung behinderter Menschen, die schließlich zu der soge- nannten Euthanasie führte. Mit dem Gesetz vom 25. Au- gust 1998 wurden sämtliche eine Unfruchtbarmachung anordnenden und noch rechtskräftigen Beschlüsse der Erbgesundheitsgerichte aufgehoben. Entschädigungsansprüche hat es für die Opfer der Zwangssterilisation jedoch praktisch nicht gegeben. Diese waren davon abhängig, dass die Sterilisation ohne vorangegangenes Gerichtsverfahren erfolgte. Es darf in diesem Zusammenhang nicht vergessen werden, dass nicht zuletzt die deutsche Gerichtsbarkeit mit der Einrichtung sogenannter Erbgesundheitsgerichte an der Rassenpolitik des Dritten Reiches einen entschei- denden Anteil hatte. Bis heute ist auch in Juristenkreisen das Vorhandensein einer solchen Erbgesundheitsgerichts- barkeit relativ unbekannt. Ab 1980 konnten Geschädigte, das heißt zwangssterilisierte Personen, eine einmalige Entschädigungsleistung in Höhe von 5 000 DM beantra- gen. Bis zum Jahr 2000 erhielten rund 16 000 Betroffene diese Ausgleichszahlung. Ich habe bereits im Herbst letzten Jahres angemahnt, dass für parteipolitische Profi- lierungsversuche dieses Thema denkbar schlecht geeignet ist. Es ist jedoch ein legitimes und unterstützenswertes Interesse der Behinderten- und Opferverbände, die Erin- nerung an das NS-Erbgesundheitsgesetz und das durch dieses Gesetz ausgeübte Unrecht wachzuhalten und eine aktive Auseinandersetzung der Gesellschaft und der Poli- tik mit diesem Thema zu fordern. Bis in die 3. Generation haben die NS-Opfer und ihre Angehörigen von Zwangssterilisation und Euthanasie noch heute unter der sogenannten nationalsozialistischen Erbgesundheitspolitik zu leiden. Es gilt, diesen Opfern und ihren Angehörigen erneut Achtung und Mitgefühl zu bezeugen. Das Berichterstat- tergespräch mit Vertretern der Opferverbände hat mich in dieser Auffassung bestätigt. Die FDP-Bundestagsfraktion wird dem Antrag der Koalitionsfraktionen deshalb zustimmen. d a b R n e d u G d ß k h d – t d l f N d h s d R d c g a d v s e d i s K A e z B v e m F e b d t G z 1 l e i s a k (C (D Jörn Wunderlich (DIE LINKE): Es geht heute um ie Achtung nationalsozialistischen Unrechts. Und es ist n der Zeit. Endlich soll dem Ansinnen der Opferver- ände Rechnung getragen werden, um auch den Opfern echtssicherheit zu gewährleisten. Es geht hier immer och um nationalsozialistisches Unrecht, welches nun ndlich ein wirkliches Ende finden soll. Bedauerlich ist, ass es in der Bundesrepublik Jahrzehnte gedauert hat, m das abschließend in Angriff zu nehmen. Dass dieses esetz als nationalsozialistisches Unrecht zu werten ist, ürfte angesichts der Begründung zu diesem Gesetz au- er Frage stehen. Die menschenverachtenden Bemer- ungen aus der Gesetzesbegründung möchte ich mir des- alb an dieser Stelle ersparen. Es handelt sich hierbei um as erste Rassegesetz der NS-Diktatur. Dem steht auch wenn man die Biografien etlicher westdeutscher Juris- en aus dieser Zeit berücksichtigt – nicht entgegen, dass as OLG Hamm 1952 dieses Gesetz als „mit rechtsstaat- ichen Grundsätzen vereinbar“ bezeichnete und 1957 estgestellt wurde, dass es sich nicht um ein typisches S-Gesetz handele. Erst 1974 wurde das Gesetz, aller- ings auch nur halbherzig, außer Kraft gesetzt. Es geht ier und heute um die endgültige Feststellung, dass die- es Gesetz in seiner Gänze aufgrund der Bestimmung es Art. 23 Abs.1 Grundgesetz nie Bestandteil der echtsordnung der Bundesrepublik Deutschland gewor- en ist, da es menschenverachtend und mit rechtsstaatli- hen Grundsätzen unvereinbar war. Soweit es in weni- en Teilen als Bundesrecht fortbestand, wurde es zwar ußer Kraft gesetzt, ist gleichwohl aber noch Bestandteil er Rechtsordnung. Zwar geht die Bundesregierung da- on aus, dass das Gesetz nicht mehr existent sei, in die- em Punkt irrt die Regierung jedoch! Das Gesetz, soweit s als Bundesgesetz fortgalt, ist nach wie vor Bestandteil er Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland. Es st lediglich außer Kraft gesetzt. Es ist seinerzeit erlas- en und in Kraft gesetzt worden. 1974 wurde es außer raft gesetzt. Das Inkrafttreten betrifft jedoch nur die nwendbarkeit der Vorschriften. Es handelt sich hier um inen besonderen Fall, in dem allein das Außerkraftset- en der Vorschriften nicht ausreicht, da sie als früherer estandteil eines als solchen mit dem Grundgesetz un- ereinbaren Gesetzes vollständig aus der Rechtsordnung ntfernt werden müssen. Dies kann aber eindeutig nur it deren Aufhebung geschehen. Dies entspricht der orderung der Opferverbände. Von daher bedarf es der indeutigen Beschlussfassung über die Aufhebung der esagten Normen. Dies entspricht nicht nur der Ansicht es heutigen, sondern wohl auch der eigentlichen Inten- ion des damaligen Parlaments Von daher ist die Bundesregierung aufgefordert, einen esetzentwurf vorzulegen, nach welchem das „Gesetz ur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ vom 14. Juli 933, soweit es eben als Bundesrecht fortgalt und ledig- ich außer Kraft gesetzt worden ist, aufgehoben wird, um s endgültig aus der Rechtsordnung zu verbannen. Die Aussage der Koalition, das Gesetz zu ächten, ist n jedem Falle unterstützenswert, wobei der Wortlaut in- oweit missverständlich ist, dass in dem Wort „selbst“ ufgrund fehlender Interpunktion davor eine Einschrän- ung bezogen auf das Gesetz liegen könnte. Zur eindeu- 10350 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) tigen Klarstellung bedarf es weiterer Formulierungen im Antrag der Koalition, welche eindeutig den Unrechtsge- halt dieses gesamten verbrecherischen Gesetzes darstel- len, welche die Ächtung des Gesetzes in Gänze klar und ohne Einschränkungen ausspricht. Von daher kann ich nur um Unterstützung unseres Antrags bitten, um den Opfern, die bis heute unter den Folgen leiden, endlich Gerechtigkeit widerfahren zu lassen und nicht noch län- ger hinzuwarten, bis keines der Opfer mehr seine Stimme erheben kann. Ich denke, hier ist es an der Zeit, ideologische Vorbehalte zurückzustellen und an die Opfer zu denken: sowohl hinsichtlich der umfassenden Ächtung des Gesetzes als auch zur Prüfung einer Aufhe- bung. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Opfer des sogenannten Erbgesundheitsgesetzes, die Opfer von Zwangssterilisierungen, die Opfer des Mas- senmordprogrammes der sogenannten Euthanasie und deren hinterbliebene Angehörige erfuhren auch nach Ende des Nationalsozialismus lange Zeit kaum Anerken- nung und Würdigung. Erst sehr spät rückten diese Ver- brechen und damit das Schicksal der Opfer des „Erbge- sundheitsgesetzes“ ins gesellschaftliche Bewusstsein. Ab den 80er-Jahren sprach man von „vergessenen Op- fern“. Das war gut gemeint, aber auch nicht ganz richtig. In Wahrheit handelte es sich um ausgegrenzte Opfer, die auch nach 1945 statt Anerkennung weiterhin Demüti- gung und Diskriminierung erlebten. Das Leid dieser Menschen wurde lange nicht als typi- sches NS-Unrecht anerkannt. Dabei war das „Erbge- sundheitsgesetz“ das erste Rassegesetz des NS-Staates. Es wurde bereits am 14. Juli 1933 verabschiedet und trat im Januar 1934 in Kraft. Das Gesetz war durch und durch rassistisch und menschenverachtend. Auch von Entschädigung waren die Opfer des „Erb- gesundheitsgesetzes“ lange ausgegrenzt. Es sei noch- mals daran erinnert: Erst in den 80er-Jahren wurden Här- teregelungen eingeführt, die auch Zwangssterilisierten und „Euthanasie“-Geschädigten zugutekamen. In den Jahren 2004 und 2005 ist es gelungen, diese Härteleis- tungen erheblich auszubauen. So wurden beispielsweise die Leistungen für Personen, die Opfer von Zwangssteri- lisierungen wurden, fast verdoppelt. Dennoch können diese Härteleistungen kein wirklicher Ausgleich für das erlittene Unrecht sein. Sie sind eine Geste der Anerken- nung und Unterstützung. Erst 1988 und 1994 hat der Deutsche Bundestag in Entschließungen das Unrecht ausdrücklich anerkannt, das „Erbgesundheitsgesetz“ und seine Anwendung ge- ächtet. Mit dem „NS-Aufhebungsgesetz“ von 1998 wur- den die Entscheidungen der ehemaligen Erbgesundheits- gerichte pauschal aufgehoben. Die Betroffenen fühlen sich aber noch nicht ausrei- chend rehabilitiert: Der Bund der „Euthanasie“-Geschä- digten und Zwangssterilisierten e.V. ist mit einem Appell an den Deutschen Bundestag herangetreten, das „Erbge- sundheitsgesetz“ für nichtig zu erklären. Der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen hat dieses Anliegen aufgegriffen und in den Bundestag getragen. Wir haben uns für eine g z t s s R e d p „ t s a b t d g u l d i B A v m f N ( s 3 n a (C (D esetzliche Klarstellung eingesetzt. Denn es braucht eine weifelsfreie Klarstellung, dass das menschenverach- ende „Erbgesundheitsgesetz“ zutiefst nationalsozialisti- ches Unrecht war, als solches diametral dem Grundge- etz widersprach und somit nie Teil der bundesdeutschen echtsordnung war. Daraufhin haben die Koalitionsfraktionen ihrerseits inen Antrag eingebracht. Der Antrag der Koalition wür- igt in Form einer Entschließung die Verbrechen als ty- isches NS-Unrecht und bekräftigt die Ächtung des Erbgesundheitsgesetzes“. Das geht in die richtige Rich- ung, und daher kann dieser Entschließung selbstver- tändlich zugestimmt werden. Uns geht es darum, klare Signale zu setzen, damit uch die letzten Zweifel der Betroffenen an ihrer Reha- ilitierung und an der Anerkennung des ihnen zugefüg- en Unrechts ausgeräumt werden. Es ist von großer Be- eutung, dass dieses Anliegen vom ganzen Haus etragen wird. Wir unterstützen daher jeden Schritt, der ns diesem Ziel näherbringt. Es geht darum, verfolgten, geschundenen und auch ange Jahre nach Ende des Nationalsozialismus weiter iskriminierten Menschen – soweit wir das vermögen – hre Würde zurückzugeben. Das sind wir als Deutscher undestag den Opfern schuldig. nlage 18 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung – Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Verbraucherinformation – Beschlussempfehlung und Bericht zu dem Antrag: Bund-Länder-Staatsvertrag – Qua- litätsmanagement Lebensmittelqualität – Beschlussempfehlung und Bericht zu dem Antrag: Verbraucherinformationsrechte stärken – Neues Verbraucherinformations- gesetz zügig vorlegen – Beschlussempfehlung und Bericht zu dem Antrag: Zweite Chance nutzen – Das Recht auf Verbraucherinformation grundlegend neu gestalten (Tagesordnungspunkt 28 a bis c) Ursula Heinen (CDU/CSU): Die Bundesregierung erzögere die Neubefassung mit dem Verbraucherinfor- ationsgesetz, heißt es im Antrag der FDP-Bundestags- raktion „Verbraucherinformationsrechte stärken – eues Verbraucherinformationsgesetz zügig vorlegen“ Drucksache 16/4447). Weiterhin fordert die FDP in die- em Antrag die Bundesregierung auf, zügig, bis zum 0. Juni 2007 einen neuen Entwurf vorzulegen. Die Bundesregierung hat bereits am 4. April 2007 ei- en überarbeiteten Entwurf vorgelegt. Das ist wohl mehr ls zügig. Um das Verfahren der Verabschiedung des Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10351 (A) ) (B) ) Verbraucherinformationsgesetzes weiter zu verkürzen, haben die Bundestagsfraktionen von Union und SPD diesen Entwurf ins Parlament eingebracht, wo wir ihn heute in erster Lesung beraten. Unser Ziel ist es, das Ge- setz zum 1. Januar 2008 in Kraft treten zu lassen. Wenn ich mir jedoch die vorliegenden Anträge von FDP und der Faktion Die Linke anschaue, habe ich doch meine berechtigten Zweifel, dass den Antragstellern wirklich an einer schnellen Verabschiedung des Gesetzes und damit mehr Informationen für die Verbraucherinnen und Verbraucher gelegen ist – auch wenn zumindest der Titel des Antrages der FDP eine solche Motivation ver- muten ließe. Wir haben jetzt sechs lange Jahre Diskussion um mehr Verbraucherinformation hinter uns, in denen jedes einzelne Argument genügend diskutiert wurde. Im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher sollten wir nun endlich unser Vorhaben in die Tat umsetzen und nicht weiter über die Ausgestaltung des Gesetzes debattieren, wie Sie es durch Ihre zahlreichen – und darüber hinaus hinreichend diskutierten – Änderungsvorschläge tun. An dieser Stelle möchte ich lediglich kurz zwei der immer wiederkehrenden Einwände gegen den vorliegen- den Gesetzentwurf entkräften. Zum einen wird immer wieder der Auskunftsan- spruch gegenüber Unternehmen eingefordert. Ein ge- setzlicher Anspruch gegenüber privaten Unternehmen belastet vor allem kleine und mittlere Betriebe, die sich – anders als die „Großen“ –, ein aufwendiges Anfrage- management nicht leisten können. Daher würde die Um- setzung dieser Forderungen in eine gesetzliche Pflicht eine erhebliche Wettbewerbsverzerrung mit sich brin- gen. Außerdem bitte ich zu bedenken, dass es umfas- sende gesetzliche Informationsansprüche gegenüber Un- ternehmen im internationalen Vergleich bislang nur in Südafrika gibt – und dort auch nur, soweit es zur Gel- tendmachung eigener Ansprüche erforderlich ist. Ich möchte an dieser Stelle an die Unternehmen appellieren, dass sie ihrer Verantwortung nachkommen – im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher und in ihrem eigenen. Das ist in meinen Augen der bessere Weg, der den Interessen aller gerecht wird. Die Bundes- regierung ist aufgefordert, hier ein entsprechendes An- gebot der Unternehmen zu verfolgen. Zum anderen wird immer wieder angeführt, dass In- formationen unterhalb von Grenzwerten und sonstigen Gefahren, die von dem Produkt ausgehen, nicht abge- fragt werden können. Auch dies ist mit wenigen Ausnah- men, wenn es um tatsächlich Betriebs- und Geschäftge- heimnisse geht, nicht so. Informationen können künftig abgerufen werden bei Verstößen gegen das Lebensmittel- und Futtermittelge- setz – zum Beispiel über Verstöße gegen Grenzwerte –; falls es sich um Daten handelt, die Auskunft über Gefah- ren oder Risiken für die Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher geben, sowie über Überwachungsmaßnah- men der Behörden. o k f l l E b m f d m ü w e r f z g e N M d d E d z d b h n g I h n e p e u f ü t u m b z n u z (C (D Aber auch Informationen über verwendete Begriffe der Gütesiegel bei der Kennzeichnung von Produkten önnen zukünftig abgefragt werden. Gleiches gilt für In- ormationen über die Herkunft, Herstellung und Behand- ung von Produkten. In den letztgenannten Bereich fal- en Informationen über Verstöße gegen das Mess- und ichwesen; die Verbraucherinnen und Verbraucher ha- en somit die Möglichkeit zu erfahren, ob ein Unterneh- en regelmäßig weniger Inhalt in seine Verpackungen üllt, als es die Gewichtsangabe veranschlagt, sofern iese Informationen bei der Behörde vorhanden sind. Darüber hinaus erhalten die Verbraucher neben Infor- ationen über Produkte als Ganzes auch Informationen ber Stoffe oder Teile, mit denen das Produkt hergestellt urde – auch wenn sie im späteren Produkt nicht mehr nthalten sind. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat in ihrer Regie- ungserklärung 2005 zu mehr Mut in der Politik aufgeru- en. Diesen Mut fordere ich auch von Ihnen ein: Sagen ja u mehr Verbraucherinformation, geben Sie Ihre Verzö- erungshaltung auf. Fünf Jahre Diskussion sind genug. Sollten sich wider Erwarten in der Praxis Probleme instellen – schließlich betreten wir mit diesem Gesetz euland; denn das vorliegende Gesetz regelt zum ersten al überhaupt den Anspruch der Verbraucher auf bei en Behörden vorliegende Informationen über Produkte es täglichen Bedarfs –, können diese in der vorgesehen valuation nach zwei Jahren aufgefangen werden. Ich möchte Ihnen an zwei Beispielen verdeutlichen, ass die Erfordernis des Verbraucherinformationsgeset- es aktueller denn je ist. So wurden in jüngster Zeit wie- er 18 Tonnen Gammelfleisch gefunden. Außerdem ha- en, wie es in der Begründung des Gesetzes so schön eißt, „kampagneorientierte Verbraucherorganisatio- en“ anhand der Veröffentlichung von Rückstandsmen- en bei Obst und Gemüse gezeigt, dass ein erweiterter nformationszugang Auswirkungen auf das Einkaufsver- alten von qualitätsbewussten Verbrauchern hat. Diesem berechtigten Bedürfnis ach Informationen muss die Politik Rechnung tragen, ntsprechende Rahmenbedingungen müssen endlich im- lementiert werden. NRW hat dies mit der Einbringung ines eigenen Verbraucherinformationsgesetzes deutlich nterstrichen. Der vorliegende Gesetzentwurf ist vom Ministerium ür Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz berarbeitet worden. Die Bedenken des Bundespräsiden- en sind aus dem Weg geräumt worden. Ansonsten ist es nverändert geblieben – und das ist auch gut so! Verlieren wir im Interesse von Transparenz nicht noch ehr Zeit. Geben wir den Verbraucherinnen und Ver- rauchern endlich die Instrumente an die Hand, die sie u mündigen Marktteilnehmern machen – damit ist ih- en am meisten genutzt. Elvira Drobinski-Weiß (SPD): Verbraucherinnen nd Verbraucher haben ein Recht auf Information. Die ügige Verabschiedung des Verbraucherinformationsge- 10352 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) setzes ist uns sehr wichtig; denn damit wird erstmals in einem eigenständigen Gesetz den Verbraucherinteressen der Stellenwert eingeräumt, der ihnen gebührt. Die Mög- lichkeiten und Pflichten der Behörden zur Information der Öffentlichkeit über Missstände im Lebensmittel-, Futtermittel- und Bedarfsgegenständebereich werden ausgeweitet. Außerdem können sich Verbraucherinnen und Verbraucher künftig selbst bei den Behörden infor- mieren – auch wenn keine Rechtsverstöße vorliegen. Für die SPD ist dieses Gesetz ein wichtiger, erster Schritt auf dem Weg zum transparenten Markt. Wir wer- den dafür sorgen, dass weitere Schritte folgen. Das ha- ben wir in unserem Entschließungsantrag aufgezeigt, den wir bereits in der ersten Runde mit dem Verbraucher- informationsgesetz eingebracht haben: Wir wollen, dass auch die Wirtschaft ihre Verantwortung gegenüber den Verbraucherinnen und Verbrauchern wahrnimmt und sie informiert. Denn bei den Unternehmen liegen alle Daten vor, die eine bewusste Auswahl ermöglichen und eine eigenver- antwortliche Marktteilnahme gewährleisten. Und wir wollen auf Basis erster Erfahrungen mit dem Verbrau- cherinformationsgesetz die Aufnahme weiterer Produkte und Dienstleistungen in den Geltungsbereich erreichen. Der Entschließungsantrag sieht die Dokumentation und Auswertung der Erfahrungen mit dem Gesetz vor. Damit werden wir zum Beispiel beobachten können, ob und welche Ausschlussgründe zu nicht nachvollziehba- rer Informationsverweigerung führen, wie sich die Kos- ten entwickeln und wie lange die Bearbeitung der Aus- kunftsanliegen dauert. Diese Auswertung gibt uns dann die Möglichkeit, eventuellen Fehlentwicklungen mit ge- setzlichen Maßnahmen gegenzusteuern. Sollte sich sei- tens der Wirtschaft keine Bereitschaft zeigen, den Ver- brauchern Zugang zu den bei den Unternehmen vorhandenen Informationen zu gewähren, wird die SPD auf gesetzliche Maßnahmen dringen. Hans-Michael Goldmann (FDP): Nach liberalem Grundverständnis gehört das Recht auf Verbraucherin- formation zu den Kernelementen des Verbraucherschut- zes. Nur der informierte Verbraucher kann Konsument- scheidungen nach seinen Präferenzen treffen. Das Leitbild des mündigen und aufgeklärten Verbrauchers erfordert den Zugang zu allen wichtigen Informationen über die Qualität von Produkten und Dienstleistungen. Nur dann kann der Wettbewerb seine Auslesefunktion übernehmen und Anbieter von Waren schlechter Qualität durch Kaufentscheidungen der Konsumenten aus dem Markt entfernen. Von einem Verbraucherinformationsgesetz, das sei- nen Namen verdient, wäre also zu erwarten, dass es drei Mindestanforderungen erfüllt: klare und transparente Regelungen die für Bürgerinnen und Bürger einfach an- zuwenden sind, Informationsrechte, die das Vertrauen der Verbraucher in das Handeln der Behörden und die Qualität der Produkte stärken sowie Rechtssicherheit für Unternehmen, Verbraucher und Behörden bei der prakti- schen Anwendung. e t b p e v M a w f n s d b d t W l t n z P g d w s A n n B d i d w G c b s o s s t a g b a t s m f V ü w m Z (C (D Das Ergebnis von fünf Jahren Diskussion um einen ffektiveren Verbraucherschutz durch mehr Informa- ionsrechte ist mehr als ernüchternd. Der Gesetzge- ungsprozess ist eine Geschichte von Pannen und ver- assten Chancen. Der Gesetzentwurf beschränkt sich auf ine Reparatur der vom Bundespräsidenten gerügten erfassungsrechtlichen Mängel. Und das, obwohl die ängel des Gesetzentwurfs offenkundig sind und auch us den Reihen der Koalitionsfraktionen bereits benannt urden. Es ist ein Gesetz der Halbherzigkeiten. Nach ünf Jahren Diskussion soll der Verbraucher anstelle ei- er grundlegenden Stärkung seiner Rechte mit einem chmalbrüstigen Gesetz abgespeist werden. Warum ist er Anwendungsbereich auf Sachverhalte aus dem Le- ensmittel- und Futtermittelgesetz beschränkt? Haben ie Verbraucher nicht auch in anderen Bereichen ein In- eresse an Information und ein Recht auf Information? arum sollen Bürgern keine Informationen über gefähr- iche Stoffe in Baumaterialien oder Sicherheitsrisiken echnischer Produkte zustehen, wenn diese Informatio- en bei den Behörden vorhanden sind? Die FDP fordert daher den Zugang des Verbrauchers u den bei Behörden verfügbaren Informationen für alle rodukte und Dienstleistungen. Der ohnehin bereits ein- eschränkte Anwendungsbereich des Gesetzes wird urch unklare Ausnahme- und Ausschlussregelungen eiter durchlöchert. Diese praxisfernen und schwerver- tändlichen Tatbestände werden Behörden vor große uslegungsschwierigkeiten stellen. Die Folge werden eue Rechtsunsicherheiten bei den betroffenen Unter- ehmen, aber auch bei anfragenden Bürgerinnen und ürgern sein. Kritikwürdig ist auch die Vorgabe von kostendecken- en Gebühren. Hier hat es die Behörde praktisch selbst n der Hand, eine prohibitive Gebührenhöhe anzusetzen, ie das Instrument des Informationsanspruchs praktisch ertlos macht. Der Zugang zu Informationen, die für die esundheit und körperliche Unversehrtheit von Verbrau- hern relevant sind, darf nicht durch abschreckende Ge- ührenregelungen behindert werden. Unternehmen müs- en darauf vertrauen können, dass nicht Vermutungen der unbestätigte Untersuchungsergebnisse, die zwi- chen Behörde und Unternehmen streitig sind, vor- chnell an die Öffentlichkeit gelangen. Eine Verpflich- ung zur Überprüfung der Richtigkeit der Daten fehlt ber im Gesetzentwurf der Koalition – ein schwerwie- ender Fehler! Für einen bürgernahen und bürgerfreundlichen Ver- raucherschutz, für den sich die FDP einsetzt, ist aber uch das Wie der Informationsweitergabe von Bedeu- ung. Für den Verbraucher muss die Information ver- tändlich und verwertbar sein. Das heißt, die Behörden üssen gegebenenfalls Erläuterungen beifügen und In- ormationen in entsprechender Form aufbereiten. Dem erbraucher nützt es nichts, wenn er mit Informationen berschüttet wird. Genau das lässt aber der Gesetzent- urf zu, da er keine Pflicht zur Aufbereitung der Infor- ationen vorsieht. Zweifel bleiben auch bei der verfassungsrechtlichen ulässigkeit des Gesetzentwurfs. Ein Teil der Länder hat Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10353 (A) ) (B) ) bereits eigene Informationsfreiheitsgesetze verabschie- det. Die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes nach Art. 72 Abs. 2 Grundgesetz unterliegt nach der Föderalismusreform I deutlich strengeren Anforde- rungen, wenn es um die Begründung der Erforderlich- keit eines Bundesgesetzes geht. Auch hier würde eine breitere Anwendbarkeit des Verbraucherinformationsge- setzes auf alle Produktbereiche die Argumentation für eine bundeseinheitliche Regelung gerade im Bezug auf die Herstellung einer wirtschaftlichen Einheit und glei- cher Vermarktungschancen erheblich stärken. Im Interesse der Verbraucher und eines effektiven Ver- braucherschutzes sollten im Wege der weiteren parlamen- tarischen Beratungen die erheblichen Defizite und Schwä- chen des Gesetzentwurfs behoben werden. Die FDP hat dazu in einem eigenen Antrag (Drucksache 16/4447) be- reits die maßgeblichen Schwachpunkte aufgezeigt. Eine erneute Anhörung ist ein notwendiges Instru- ment, um den parteiübergreifenden Konsens für effekti- vere Verbraucherinformation mit Expertenhilfe zu einer Verbesserung des Entwurfs zu nutzen. Wir dürfen nicht zulassen, dass ein weiteres Mal die Chance für mehr Qualitätswettbewerb, der ein essenzieller Bestandteil un- serer Marktwirtschaft ist, leichtfertig vertan wird. Karin Binder (DIE LINKE): Das Trauerspiel Ver- braucherinformationsgesetz geht in die nächste Runde – fast könnte man inzwischen von einer „never ending story“ sprechen. Falls die Planungen der Bundesregie- rung diesmal aufgehen, dann tritt die Neuauflage des Gesetzes nach fünf Jahren Diskussion frühestens Anfang 2008 in Kraft. Nun ließe sich erwidern: Halb so schlimm, denn: Was lange währt, wird endlich gut!, doch bedauerlicherweise trifft dieser Spruch beim Verbraucherinformationsgesetz nicht zu. Die Regierungskoalition hätte die notwendig gewordenen Neuberatungen für eine Verbesserung des Entwurfes nutzen können, doch er blieb inhaltlich unver- ändert. Minister Seehofer hätte seinen ersten gescheiter- ten Versuch als Chance begreifen können, doch er hat nur die von Bundespräsident Köhler beanstandeten For- malien überarbeitet. Anstatt die vielfältige Kritik von Verbänden und Verbraucherschutzorganisationen ernst zu nehmen und deren konstruktive Anregungen zu be- rücksichtigen, liegt uns nun ein Verbraucherinforma- tionsgesetz vor, das diesen Namen nicht verdient. Herr Seehofer nennt es zwar effektiv und praktikabel, doch glaubt er offensichtlich seiner eigenen Propaganda nicht so recht, wenn er im gleichen Atemzug eventuell not- wendige Nachbesserungen in zwei Jahren ankündigt. Im Gegensatz zur Bundesregierung halten wir es nicht für sinnvoll, noch weitere zwei Jahre zu warten – zwei Jahre, in denen wie schon in der Vergangenheit Le- bensmittelskandale und Gammelfleischfunde bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern ein Gefühl der Hilf- losigkeit und des Ausgeliefertseins erzeugen. Denn trotz ausufernder Informationsflut existieren gerade in ver- braucherrelevanten Fragen teilweise erhebliche Informa- tionsdefizite. v g a n t G m d R s m c c n e w b d m g b ü d p a g t s k n U ü w L B k G s V g r U i V z g s a n n S m r v (C (D Wenn Bürgerinnen und Bürger aber ein aktives und erantwortungsbewusstes Marktverhalten an den Tag le- en möchten und sollen, das über eine reine Reaktion uf Skandale und Gefahrenabwehr hinausgeht, dann be- ötigen sie umfassende Informationen über die Produk- ion und Qualität der am Markt angebotenen Produkte. erade Herr Seehofer, der so gerne das Leitbild des ündigen Verbrauchers bemüht, müsste das wissen. Die Linke fordert eine grundlegende Neugestaltung es Verbraucherinformationsgesetzes. Darin muss das echt der Verbraucherinnen und Verbraucher auf umfas- ende Information und Transparenz verankert sein. Es uss die Interessen der Verbraucherinnen und Verbrau- her gegenüber der Wirtschaft stärken und die Schwä- heren gegenüber den Stärkeren schützen. Die Bürgerin- en und Bürger müssen die Wahl haben und sich frei ntscheiden können. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, brauchen ir ein Gesetz, dessen Geltungsbereich sich über das Le- ens- und Futtermittelgesetzbuch hinaus auf alle Pro- ukte und Dienstleistungen erstreckt. Und insbesondere uss es einen individuellen Auskunftsanspruch der Bür- erinnen und Bürger gegenüber privaten Unternehmen einhalten. Es liegt in der Natur der Sache, dass diese ber weit mehr Informationen verfügen als die Behör- en. An dieser Stelle geht es uns ausdrücklich um Trans- arenz für alle objektiven Verbraucherinteressen, also uch konsumrelevante Entscheidungsfaktoren der Bür- erinnen und Bürger. Denn ein verantwortungsbewuss- es Verhalten, das beispielsweise auf ökologische oder oziale Standards in der Produktion und der Zuliefer- ette achtet, ist ohne die entsprechenden Informationen icht möglich. Auch wegen der zunehmenden Zahl von Allergien und nverträglichkeiten muss ein Informationsanspruch auch ber Bestandteile und Substanzen unterhalb von Grenz- erten und Gefahrennachweisen bestehen. Vor allem bei ebensmitteln und Kleidung sollen die Bürgerinnen und ürger alle Inhaltsstoffe und Verunreinigungen erfahren önnen. Es gibt nicht „den Standardverbraucher“ – im egenteil: Verbraucherinnen und Verbraucher stellen eine ehr differenzierte und heterogene Gruppe dar. Ein gutes erbraucherinformationsgesetz sollte dies berücksichti- en. Nicht zuletzt werden durch eine offene und transpa- ente Informationspolitik auch die korrekt arbeitenden nternehmen belohnt: Indem sie sich an den Interessen hrer Kundinnen und Kunden orientieren, schaffen sie ertrauen für ihre Produkte und können von dem einset- enden Wettbewerb um Qualität profitieren. Leider zei- en die Unternehmen bisher wenig Bereitschaft, von ich aus aktiv zu werden und auch nur ansatzweise eine usreichende Informationspolitik zu betreiben. Der Verweis auf „Betriebs- und Geschäftsgeheim- isse oder sonstige wettbewerbsrelevante Informatio- en“ im Gesetzentwurf der Koalition stellt daher eine teilvorlage für Auskunftsverweigerung der Unterneh- en dar. Gegen die gerne praktizierte Geheimniskräme- ei ist es unseres Erachtens unerlässlich, die Ausnahmen om Informationsanspruch auf den notwendigen Kern- 10354 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) bereich zu reduzieren und den Begriff des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses gesetzlich genau zu definieren. Auch die Behörden sollten mehr zur Verbraucherin- formation beitragen als bisher von Herrn Seehofer ge- plant: Wir wollen sie zur Hilfeleistung bei der Informa- tionsbeschaffung und zur aktiven Information der Öffentlichkeit verpflichten. Letztere muss beispielsweise schon dann erfolgen, wenn hinreichende Anhaltspunkte vorliegen, dass von einem Produkt Risiken für die Ge- sundheit oder die Sicherheit ausgehen oder schützens- werte Verbraucherinteressen gefährdet werden. Weiter- hin halten wir es in diesem Zusammenhang für unerlässlich, den Zugang zu Verbraucherinformationen für die Bürgerinnen und Bürger einfach und grundsätz- lich kostenfrei zu gestalten, damit ihre Nutzung nicht vom sozialen Status abhängig ist. Unsere Vorschläge für eine grundlegende Neugestal- tung und Verbesserung des Rechtes auf Verbraucherin- formation liegen auf dem Tisch und das nicht erst seit gestern. Sollte der Gesetzesentwurf der Regierungskoalition in dieser Form in Kraft treten, ist er ein weiterer Aus- druck für die Halbherzigkeit der aktuellen Verbraucher- politik. Um den Verbraucherschutz nach vorn zu brin- gen, sind – statt rhetorischem Getöse und hektischer, aber folgenloser Betriebsamkeit nach den regelmäßig auftretenden Lebensmittelskandalen – deutliche und manchmal auch unkonventionelle Schritte nach vorn vonnöten. In diesem Sinn ist auch unser Vorschlag zum Bund-Länder-Staatsvertrag für ein Qualitätsmanagement der Lebensmittelqualität zu verstehen. Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vier Uhr morgens in Deutschland. Für diese Zeit ist das Ver- braucherinformationsgesetz auf die Tagesordnung des Bundestages gesetzt worden. Bei allem Verständnis für volle Tagesordnungen, aber hier handelt es sich um ein für Verbraucherinnen und Verbraucher, um ein für uns alle durchaus bedeutendes Gesetz. Das sollte wirklich nicht zu nachtschlafender Zeit, sondern im Lichte der Öffentlichkeit diskutiert werden. Ich kann mich des Ein- drucks nicht erwehren, dass die Große Koalition dieses heftig kritisierte Gesetz am liebsten ohne Debatte be- schließen würde. Minister Seehofer hat schon so oft so viel verspro- chen, und wieder ist nichts daraus geworden: Dieses Ge- setz sollte ein Aushängeschild werden, und was bleibt, ist nun doch nur wieder ein Etikettenschwindel. Die Ver- braucher sollen nach den Vorstellungen der Bundesre- gierung auch in Zukunft keinen schnellen und unbüro- kratischen Zugang zu den für sie interessanten und wichtigen Informationen erhalten. Das Gesetz, das bei Nacht und Nebel jetzt einfach durchgereicht werden soll, bleibt voller Anwendungslöcher und bürokratischer Hür- den, auch nachdem der Bundespräsident die Unterschrift verweigert hatte und die Bundesregierung minimal nach- gearbeitet hat. Die Chance zur Verbesserung wurde ver- tan: Schwarze Schafe dürfen sich weiter von der Bun- desregierung geschützt fühlen. g u t d d G c l w a n f E s h s S s n c k b z m w G s w b D p g d u b t a h d c G v t g U k e V o D B h c (C (D Wie wir wissen, hat auch das neue Gesetz keine Be- eisterung in der Gesellschaft ausgelöst. Verbraucher- nd Umweltverbände, Wirtschaft, Datenschutzbeauf- ragte und Journalistenverbände haben ihre Kritik sehr eutlich zum Ausdruck gebracht, zum Beispiel CorA, as Netzwerk für Unternehmensverantwortung, dem die ewerkschaft verdi ebenso angehört wie der Verbrau- herzentrale Bundesverband, der Evangelische Entwick- ungsdienst, terre des hommes, Greenpeace und viele eitere zivilgesellschaftliche Organisationen. Die Organisation foodwatch hatte vor einem Jahr mit chtzehn weiteren gesellschaftlichen Organisationen ei- en Verbändebrief veröffentlicht, der das Verbraucherin- ormationsgesetz der Bundesregierung heftig kritisiert. s ist nun an den Fraktionen von SPD und CDU, die be- tehenden Fehler und Mängel zu beheben, sonst wird ier eine weitere Ursache für Politikverdrossenheit ge- chaffen, wie sie die große Koalition derzeit an vielen tellen zu verantworten hat. Die Länder scheinen bereit für Nachbesserungen zu ein. Erste Signale des Vorsitzenden der Verbrauchermi- isterkonferenz, des Ministers für Ernährung und ländli- hen Raum aus Baden-Württemberg, Peter Hauk, der ritisiert, dass es bisher an einer zentralen Stelle fehlt, ei der Verbraucher Warnhinweise erhalten und sich um Beispiel über mögliche Gesundheitsgefahren infor- ieren können, sind ermutigend. Auch aus NRW kennen ir die weitergehenden Vorschläge beim Betriebs- und eschäftsgeheimnis und bei den Antragsverfahren. Über all diese Anmerkungen und Bemühungen setzt ich die Bundesregierung allerdings bisher einfach hin- eg. Die letzte Hoffnung der Öffentlichkeit und der Ver- raucherinnen und Verbraucher liegt nun bei Ihnen, den amen und Herren Volksvertretern. Lassen Sie uns das arlamentarische Verfahren dazu nutzen, die notwendi- en Korrekturen vorzunehmen. Beseitigen Sie die zahlreichen Ausnahmetatbestände, ie einen wirksamen Informationsanspruch verhindern nd weiten Sie den Anwendungsbereich auf alle Ver- raucherprodukte und Dienstleistungen aus. Vor allem darf der vorgeschobene Begriff des Be- riebs- und Geschäftsgeheimnisses das Verbraucherrecht uf Information nicht verhindern. Unternehmen und Be- örden dürfen nicht zu Geheimniskrämern werden, son- ern müssen die Bürgerinterressen an die erste Stelle rü- ken. Die generelle Ausnahme für „Betriebs- und eschäftsgeheimnisse oder sonstige wettbewerbsrele- ante Informationen, die in ihrer Bedeutung für den Be- rieb mit einem Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis ver- leichbar sind“, ist nicht hinnehmbar, da sie den nternehmen weitgehende Möglichkeiten zur Aus- unftsverweigerung einräumt. Wir brauchen mindestens ine Abwägung zwischen Informationsinteressen der erbraucher und den „schutzwürdigen Interessen der der des Dritten“, so wie sie bei den personenbezogenen aten vorgesehen ist. Der Geltungsbereich des Gesetzes muss sich über den ereich des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches inaus auf alle Produkte und Dienstleistungen erstre- ken. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10355 (A) ) (B) ) Es muss einen Informationsanspruch gegenüber Un- ternehmen geben und eine Informationspflicht aufseiten der Unternehmen. Es kann nicht angehen, dass eine in- formationspflichtige Behörde eines Bundeslandes in ei- nem konkreten Fall keine Auskunft geben kann, obwohl die Informationen im Unternehmen vorliegen. Unterneh- men arbeiten schließlich über die Landesgrenzen hin- weg. Es muss unbürokratische und kostenfreie Regeln zur Antragstellung geben. Verbraucher, die einen Antrag auf Informationsherausgabe stellen, und dann erstmal ein bürokratisches Wunder erleben müssen – 8 Wochen Be- arbeitungszeit, saftige Gebühren –: Das kann es nicht sein. Die Bezeichnung „Verbraucherinformationsgesetz“ ist Verbraucherirreführung. Dieses Verbraucherinforma- tionsgesetz bleibt hinter dem Informationsfreiheitsgesetz weit zurück. Nachdem Bundespräsident Köhler das Gesetz ge- stoppt hatte, hat die Bundesregierung für die rein for- melle Änderung vier Monate Zeit verschwendet. Die Zeit, Änderungsanträge zur Verbesserung zu machen und die Anhörung durchzuführen, haben wir aber nun auch noch. Dafür soll das Gesetz dann rasch an dem Tag der Verkündigung in Kraft treten – und nicht erst Monate später, wie die Koalition plant. Anlage 19 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung eines Alkoholverbots für Fahran- fänger und Fahranfängerinnen (Tagesord- nungspunkt 29) Gero Storjohann (CDU/CSU): Das Gesetz zur Ein- führung eines Alkoholverbots für Fahranfänger und Fahranfängerinnen, das wir heute in abschließender Le- sung beraten, leistet einen wichtigen Beitrag zur Erhö- hung der Verkehrssicherheit auf Deutschlands Straßen. Der ursprüngliche Gesetzentwurf der Bundesregie- rung, den wir am 9. Mai im Verkehrsausschuss des Deut- schen Bundestages beraten haben, enthält zwei Tatbe- stände. Er sah ein Verbot des Konsums alkoholischer Ge- tränke bei der Fahrt und Verbot des Antretens der Fahrt unter der Wirkung alkoholischer Getränke durch Fahr- anfängern vor. Fahranfänger, die dagegen verstoßen, müssen mit einem Bußgeld in Höhe von 125 Euro und zwei Punkten beim Kraftfahrtbundesamt in Flensburg, der Teilnahme an einem Aufbauseminar sowie der Ver- längerung der Probezeit von zwei auf vier Jahre rechnen. Der ursprüngliche Gesetzentwurf der Bundesregie- rung sah ein absolutes Alkoholverbot für Fahrer und Fahrerinnen während der Probezeit durch eine Ergän- zung des Straßcnverkehrsgesetzes, des Güterkraftver- kehrsgesetzes, der Fahrerlaubnis-Verordnung und der Bußgeldkatalog-Verordnung vor. Hierzu ist von den Re- g a A g s D c l i Ü r f a P 2 h S f A s g d a s h s c h D ih g t ß S 2 r n k C k S v V h s j h Z d d K e d d C (C (D ierungsfraktionen CDU/CSU und SPD ein Änderungs- ntrag eingebracht worden, mit dem Ziel, das absolute lkoholverbot neben der Probezeit auch an die Alters- renze von 21 Jahren zu binden. Warum haben wir diesen Änderungsantrag in die Aus- chussberatungen eingebracht? In der Bundesrepublik eutschland haben Jugendliche ein überdurchschnittli- hes Unfallrisiko im Straßenverkehr. Hauptverantwort- ich dafür sind zum einen eine hohe Risikobereitschaft nbesondere junger männlicher Fahranfänger sowie die berschätzung der eigenen Fähigkeiten und zum ande- en die noch mangelnde Fahrerfahrung. Gerade bei Fahranfängern erhöht das Zusammentref- en von Unerfahrenheit im Straßenverkehr und „Alkohol m Steuer“ das ohnehin schon hohe Unfallrisiko dieser ersonengruppe. Junge Fahrer und Fahrerinnen unter 1 Jahren sind überdurchschnittlich häufig unter Alko- oleinfluss an Unfällen mit Personenschäden beteiligt. o war im Jahr 2005 von jeweils 1 000 beteiligten Kraft- ahrzeugführern an Unfällen mit Personenschaden in der ltersgruppe der 18- bis 20-jährigen jeder 44. alkoholi- iert. Im Vergleich dazu war dies bei den über 24-jähri- en durchschnittlich nur jeder 27. Kraftfahrzeugführer. Diese Zahlen resultieren einerseits teilweise daraus, ass die Gruppe der unter 21-Jährigen die meisten Fahr- nfänger und Fahranfängerinnen stellt. Andererseits be- teht jedoch für junge Fahrer und Fahrerinnen darüber inaus entwicklungsbedingt und wegen der alterstypi- chen Freizeitgestaltung in besonderem Maße die Versu- hung von Fahrten unter Alkoholeinfluss – ich spreche ier insbesondere von den Fahrten nach Besuchen von iskotheken, die ein hohes Unfallrisiko bergen. Junge Fahranfänger unterscheiden sich damit aufgrund rer gesamten Lebenssituation von älteren Fahranfän- ern. Zudem sind junge Fahranfänger im Gegensatz zu äl- eren gruppendynamischen Aspekten unterworfen. Au- erdem werden die Gefahren von Alkohol im traßenverkehr in dem Lebensabschnitt vom 18. bis zum 1. Lebensjahr häufig verharmlost – wir sehen dies ge- ade aktuell bei der Diskussion um ein Verbot der soge- annten Flat-Rate-Partys, die mit einem erheblichen Al- oholkonsum einhergehen. Daher halten wir von der DU/CSU-Bundestagsfraktion die Einführung eines Al- oholverbots beim Führen eines Kraftfahrzeuges im traßenverkehr für Fahranfänger in der Probezeit und or Vollendung des 21. Lebensjahres im Interesse der erkehrssicherheit für sinnvoll. Es ist davon auszuge- en, dass nach einer mindestens dreijährigen Übung der trikten Trennung von Fahren und Alkoholkonsum bei ungen Fahranfängern und Fahranfängerinnen ein Erzie- ungs- und Gewohnheitseffekt eintritt, der sich auf diese ielgruppe positiv auswirkt. Ich begrüße es deshalb, ass in den Ausschussberatungen eine breite Mehrheit em Antrag der Regierungsfraktionen zugestimmt hat. Durch die Ausdehnung des Alkoholverbots auf den reis der Personen unter 21 Jahren wird zugleich eine inheitliche und nachvollziehbare Regelung geschaffen, ie nach Ansicht meiner Fraktion einen Fortschritt bei er Verbesserung der Verkehrssicherheit bringt. Die DU/CSU-Fraktion leistet damit nach der Einführung 10356 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) des Begleiteten Fahrens ab 17 erneut einen Beitrag zur Minimierung des Unfallrisikos junger Fahrerinnen und Fahrer. In Verbindung mit einem erhöhten Kontrolldruck durch die Polizeivollzugsdienste der Länder erwarte ich mir durch das Gesetz zur Einführung eines Alkoholver- bots für Fahranfänger und Fahranfängerinnen eine ver- kehrssicherheitsfördernde Wirkung. Ich plädiere an die- ser Stelle darüber hinaus für eine europaweite Einführung des Alkoholkonsumverbotes für Fahranfän- ger. Lassen Sie mich zusammenfassen: Durch vorliegende Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung zu dem Gesetzentwurf der Bun- desregierung wird ein absolutes Alkoholverbot für Fahr- anfänger innerhalb der zweijährigen Probezeit einge- führt; für junge Fahranfänger gilt dieses absolute Alkoholverbot in der Probezeit und vor Vollendung des 21. Lebensjahres. In den gesetzlich normierten Zeiträu- men ist es Fahranfängern mit Inkrafttreten des Gesetzes untersagt, als Führer eines Kraftfahrzeuges im Straßen- verkehr alkoholische Getränke zu sich zu nehmen oder die Fahrt anzutreten, obwohl sie unter der Wirkung eines solchen Getränkes stehen. Dies wird durch den neuen § 24 c Straßenverkehrsgesetz eindeutig geregelt. Für alle anderen Verkehrsteilnehmer verbleibt es bei den beste- henden gesetzlichen Regelungen. Mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Einführung eines Alkohol- verbots für Fahranfänger und Fahranfängerinnen in der Fassung der heute zur Abstimmung stehenden Be- schlussempfehlung des Verkehrsausschusses wird ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Verkehrssicher- heit in Deutschland getan. Die CDU/CSU-Fraktion wird dieser Beschlussempfehlung daher zustimmen. Heidi Wright (SPD): Der Gesetzentwurf zur Einfüh- rung eines Alkoholverbots für alle Fahranfänger und Fahranfängerinnen, mit dem § 24 StVG geändert wird, und über den wir heute in zweiter und dritter Lesung ab- stimmen, hat große Einigkeit bei den Fraktionen erzielt. Lediglich die FDP hat nun einen Schwenk vollzogen und entzieht der Gesetzesänderung ihre Gunst. Das Alkohol- verbot ist ein wichtiger Schritt, es ist ein Baustein zur Reduzierung von Alkoholunfällen, und es ist ein richti- ges Signal: Alkohol und Fahren sind absolut nicht ver- einbar. Wie unvereinbar, zeigen auch die Ergebnisse einer speziellen Erhebung des Statistischen Bundesamtes, auf die der ACE Auto Club Europa erst vor wenigen Tagen hingewiesen hat: Demnach stellt der Himmelfahrtstag – bundesweit auch bekannt als „Vatertag“ und gefeiert als feucht-fröhlicher Männerwandertag – seit Jahren traurige Rekordwerte auf: 2006 registrierte die Polizei bundesweit insgesamt 383 Unfälle, bei denen jeweils mindestens ein Beteiligter unter Alkoholeinfluss stand. Insgesamt gab es dabei 251 Unfallopfer, fünf Menschen starben, 246 wurden verletzt. An allen anderen Tagen in 2006 registrierte die Polizei im Schnitt „nur“ 140 Alko- holunfälle. Das ist ein Anstieg auf fast das Dreifache! Schon in den Jahren zuvor hatte sich „Himmelfahrt“ als E t 3 2 T F k h a ü g v G G k a N D w d r m d n n s P n w c w E a w n u u q r n U D T Z B A D s h A h k d (C (D reignis mit den meisten Verkehrsunfällen wegen be- runkener Fahrer erwiesen. So ereigneten sich 2005 81 Alkoholunfälle – „normaler“ Tagesdurchschnitt 146 –, 004 hatte es sogar noch 458 Alkoholunfälle gegeben, agesdurchschnitt 142. Ich wiederhole: Alkohol und ahren sind absolut nicht vereinbar. Das Alkoholverbot für Fahranfänger ist schlüssig und onsequent. Gerade bei Fahranfängern wird das ohnehin ohe Unfallrisiko durch einen oft verhängnisvollen Mix us mangelnder Erfahrung im Straßenverkehr, Selbst- berschätzung und Alkohol am Steuer noch erhöht. Es ist richtig, dass der Gesetzentwurf auf die Festle- ung einer Promillegrenze verzichtet hat, weil damit erhindert werden soll, dass sich Fahranfänger an diese renze „herantrinken“. Es ist auch richtig, dass der esetzgeber keine Promillezahl nennt, sondern den Al- oholgenuss während des Führens eines Kraftfahrzeuges bsolut untersagt. Einigkeit in den Beratungen bestand auch über die otwendigkeit verstärkter polizeilicher Kontrollen. enn ein neues, wenn auch gutes Gesetz ersetzt keines- egs die präventive Abschreckung durch flächen- eckende polizeiliche Kontrolle. Frankreich und Öster- eich sollten uns hier als Vorbilder dienen, denn sie achen uns vor, dass konsequentere Kontrollen und rastischere Bußgelder viele Fahrer davon abhalten kön- en, sich alkoholisiert ans Steuer zu setzen. Dies schützt icht nur potenzielle Verkehrsopfer, sondern auch sie elbst. Zu Recht weist bei uns die Gewerkschaft der olizei immer wieder darauf hin, dass ein Alkoholverbot ur dann Sinn macht, wenn es ausreichend kontrolliert ird. Das jahrelange personelle Ausbluten der polizeili- hen Verkehrsüberwachung lässt deshalb bei den Verant- ortlichen Zweifel aufkommen, ob sich der erwünschte ffekt einer Verringerung der Pkw-Unfälle junger Fahr- nfänger unter Alkoholeinfluss sehr schnell einstellen ird. Die Länder sind daher dringlich aufgefordert, die eue Gesetzesregelung durch erhöhten Kontrolldruck zu nterstützen. In den Beratungen wurde von einigen Kolleginnen nd Kollegen darauf hingewiesen, dass über eine konse- uentere polizeiliche Kontrolle hinaus weitere flankie- ende Maßnahmen zur Reduzierung der Alkoholunfälle otwendig seien. Dazu gehöre die Diskussion über den mgang mit Alkohol. Dem stimme ich voll und ganz zu. enn das Problem ist bereits so gravierend, dass eine abuisierung unverantwortlich wäre. Am 23. Mai 2007, also erst gestern, hat die „Berliner eitung“ auf die erschreckenden Ergebnisse einer egleitforschung des Prognos-lnstituts zu einem Anti- lkohol-Modellprojekt der Bundesregierung hingewiesen. iese Ergebnisse belegen den exzessiven Alkoholkon- um von Jugendlichen und Kindern. Dies muss uns auf- orchen lassen. Gewiss: Unser Thema ist hier nicht das „Komasaufen“. ber diese Ergebnisse fordern auch uns Verkehrspolitiker eraus, denen an einer weiteren Verbesserung der Ver- ehrssicherheit gelegen ist. Auch die Drogenbeauftragte er Bundesregierung sprach von einem wachsenden Pro- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10357 (A) ) (B) ) blem, dem man nicht tatenlos zusehen dürfe und verwies auf das 2003 von der Bundesregierung gestartete Projekt „Halt“, in dessen Rahmen Betroffene beraten und Präven- tionsaktionen organisiert werden. Mit Jugendlichen muss es an Schulen und Fahrschulen Gespräche geben. Betrof- fene Jugendliche dürfen nicht alleingelassen oder einer weitverbreiteten Gruppendynamik überlassen werden. Es geht hier nicht darum, Jugendliche und Kinder zu stigmatisieren. Alkoholmissbrauch ist ein Problem der ganzen Gesellschaft, also auch vieler erwachsener Ver- kehrsteilnehmer. Diesem Umstand hat der Gesetzent- wurf auch Rechnung getragen, indem bei dem Alkohol- verbot jegliche Altersbeschränkung entfallen ist. Denn auch ältere Fahranfänger sind häufig an Alkoholunfällen mit Personenschaden beteiligt. Immerhin beträgt ihr An- teil 11,7 Prozent der gesamten Gruppe der Fahranfänger. Weil aber junge Fahranfänger unter 21 Jahren über- durchschnittlich häufig unter Alkoholeinfluss an Unfällen mit Personenschäden beteiligt sind, haben wir eine Än- derung in das Gesetz aufgenommen: Das absolute Alko- holverbot wird sowohl an die Probezeit gebunden als auch an die Altersgrenze „bis zur Vollendung des 21. Le- bensjahres“. Damit verbindet sich die Hoffnung, dass nach einer mindestens dreijährigen Übung der strikten Trennung von Fahren und Alkoholkonsum bei den jungen Fahranfängern ein „Erziehungs- und Gewohnheitsef- fekt“ eintritt, der sich dann positiv auf diese Zielgruppe auswirkt. Der seit langem beobachtete Rückgang der Unfall- zahlen und insbesondere der Zahl der Unfalltoten im Straßenverkehr hat sich auch 2006 fortgesetzt – trotz verdreifachtem Fachzeugbestand und trotz verdreifach- ter Jahresfahrleistung. Diese positive Entwicklung ist Folge vieler Maßnahmen der letzten Jahre: Absenkung der Promillegrenze auf 0,5 Prozent, begleitetes Fahren, Aufklärungs- und Verkehrssicherheitskampagnen, Ein- führung umfassender Verkehrsregelungen, aber auch Op- timierung der Rettungsorganisationen, straßenbauliche Maßnahmen, Verbesserungen der passiven Sicherheit in Fahrzeugen und vieles mehr. Wenngleich historischer Tiefststand seit Einführung der Unfallstatistik: Jedes Todesopfer im Straßenverkehr ist ein Todesopfer zu viel; ganz bedrückend ist die hohe Anzahl der verletzten Verkehrsteilnehmer. Deshalb sind weiter reichende Maßnahmen angesagt. Die Entschei- dungen, die wir zur nachhaltigen Verbesserung des Ver- kehrsklimas und der Verkehrssicherheit treffen können, müssen mutiger sein. Ziel der Verkehrssicherheitsarbeit muss sein: Vision Zero, null Verkehrstote. Alkoholkonsum ist eine der Hauptursachen des Unfallgeschehens. Die absolute Hauptunfallursache ist jedoch unangepasste, also zu hohe Geschwindigkeit. Der Verkehrsminister hat diesen Aspekt genau vor vier Wochen, anlässlich der Eröffnung der Internationalen Woche der Verkehrssicherheit vom 23. bis 29. April 2007, selbst in den Vordergrund gestellt. Auch bei den von jungen Fahranfängern verursachten Unfällen steht an der Spitze die überhöhte, nicht ange- passte Geschwindigkeit. Das Statistische Bundesamt listet d N 9 g f z U „ e s A n S w b a a f m E m d s n M n e a f m d v a d F b e D u s d m E b g s d (C (D as Unfallgeschehen der 18- bis 24-Jährigen in 2005 auf: ach Feststellungen der Polizei fuhr fast jeder vierte der 0 313 unfallbeteiligten Pkw-Fahrer dieser Alters- ruppe, 22 Prozent, zu schnell. Mit weitem Abstand olgten die Unfallursachen „Abstandsfehler“, 11 Pro- ent, sowie „Vorfahrt-/Vorrangfehler“, 10 Prozent der nfallbeteiligten. Die weiteren Unfallursachen waren Abbiegefehler“, 6,2 Prozent. Erst dann folgt Alkohol- influss mit 4,7 Prozent der Unfallbeteiligten. Wie groß der Handlungsdruck angesichts des vorherr- chenden aggressiven Verkehrsklimas ist, zeigen die ussagen einer Pressemitteilung des Bundesverkehrsmi- isteriums vom 22. April 2007: Vor allem junge männliche Führerschein-Neulinge sind die größte Problemgruppe. Über 80 Prozent der Verkehrsteilnehmer empfinden das Verkehrs- klima generell als rücksichtslos und immer rauer. Deshalb müssen wir große Anstrengungen unter- nehmen, um das Klima auf unseren Straßen zu ver- bessern und das Miteinander im Straßenverkehr zu stärken. … Größe zeigt, wer auch mal den Fuß vom Gas nimmt … Keiner bestreitet, dass wir gute Entwicklungen der traßenverkehrssicherheit haben. Das ist aber kein Grund, eit unter unseren Möglichkeiten zu deren weiteren Ver- esserung zu bleiben. Vernünftig wäre die Ausschöpfung ller möglichen Optionen. Eine weitere Option wäre ein allgemeines Tempolimit uf Bundesautobahnen. Das Thema stand heute eben- alls auf der Tagesordnung des Deutschen Bundestages – it der Beratung von zwei Anträgen der Opposition zur inführung eines generellen Tempolimits von 120 Kilo- eter pro Stunde bzw. 130 Kilometer pro Stunde auf eutschen Autobahnen. Eine solche europäisch harmoni- ierte Regelung sucht in Deutschland wohl noch nach ei- er gesellschaftlichen und insbesondere politischen ehrheit und Akzeptanz. Deutschland, in der Mitte ei- es vereinigten Europa und als Transitland Nummer ins, muss mit klaren Regelungen im Straßenverkehr ufwarten. Eine davon ist das Alkoholverbot für Fahran- änger. Weitere werden folgen. Patrick Döring (FDP): Erlauben Sie mir eine Be- erkung vorab: Die Behandlung des Gesetzentwurfs urch das Parlament wird der Bedeutung dieses Alkohol- erbots für Fahranfängerinnen und Fahranfänger sowie lle Fahrer unter 21 Jahren nicht gerecht. Nach Auskunft es Kraftfahrtbundesamts sind jedes Jahr über 670 000 ahranfänger jünger als 24 Jahre. Viele von ihnen erwer- en den Führerschein bereits mit 18 Jahren. Bereits die rste Lesung im Plenum fand am späten Abend statt. ass die zweite und dritte Lesung auf der Tagesordnung m 4.45 Uhr platziert wurde, halte ich für nicht angemes- en. Das Thema ist zu wichtig, als dass jede Diskussion arüber außerhalb der Öffentlichkeit allein in Hinterzim- ern ausreichend wäre. Wer Akzeptanz für politische ntscheidungen – zumal für Einschränkungen und Ver- ote – erreichen will, der sollte diese auch öffentlich be- ründen können. Ein schweigendes Parlament stellt sich elbst in Frage und erzeugt bei den Betroffenen den Ein- ruck von Gleichgültigkeit. 10358 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) Nun zum Inhaltlichen: In den Ausschussberatungen hat die Koalition die Regelungen weiter verschärft. An- statt die Dauer des Alkoholverbotes an der Dauer der Probezeit zu orientieren, wie es die Bundesregierung vor- gesehen hatte, wurde ein weiteres Kriterium eingefügt: Nun sollen alle Fahranfänger unter 21 Jahren generell vom Alkoholverbot betroffen werden, egal wann sie die Fahrerlaubnis erworben haben. Schaut man sich den Hauptanwendungsbereich dieser Änderung an, stellt man fest, dass im Wesentlichen die 18-Jährigen von der Regelung betroffen sind. Denn sie haben danach zwei Jahre Probezeit und drei Jahre Alko- holprobezeit. Erwirbt ein 19-Jähriger dagegen den Füh- rerschein erstmalig, bleibt es beim Parallellauf von Pro- bezeit und Alkoholverbot. Dass der 20-jährige Fahranfänger nach zwei Jahren Probezeit grundsätzlich unvernünftiger ist als der 21-jährige, habe ich nirgendwo lesen können. Für den Fall, dass sich die Koalition an dem Alter von 21 Jahren orientiert haben sollte, weil die statistische Behandlung von Unfallzahlen bei Fahranfängern zu Dreijahresstufen neigt – was ich für sehr gut möglich halte – hätte ich es begrüßt, wenn sich die Koalition etwas mehr Mühe mit der Erforschung des statistischen Materials gegeben hätte, anstatt eigene Informationsdefizite mit Verboten zulasten der Bürger auszugleichen. Aus diesem Material des Kraftfahrt-Bundesamts er- gibt sich noch ein Hinweis: Die Probezeit für Fahranfän- ger gilt unabhängig von dessen Alter. Mehr als 100 000 Menschen erwerben jährlich erstmals ihren Führerschein im Alter von mehr als 24 Jahren. Diesen jetzt ebenfalls ein Alkoholverbot aufzuerlegen, ist aus Sicht der FDP weder sachgerecht noch vernünftig. Nicht übertrieben ist es jedenfalls, von einem Sonder- recht für 18-Jährige zu sprechen, das der in geänderter Fassung vorliegende Gesetzentwurf statuiert. Es wird eine Ungleichbehandlung geschaffen, von der ich nicht glaube, dass sie überhaupt zur Verkehrssicherheit beiträgt, sehr wohl aber zu einem Gefühl der Diskriminierung der Jugendlichen. Von wem Sie erwarten, dass er mit 18 Jahren – zum Teil auch schon mit 16 – wählen geht und andere staatsbürgerliche Pflichten übernimmt, dem sollte man auch die entsprechende Eigenverantwortung zubilligen. Dem ursprünglichen Entwurf hätte die FDP – wenn auch mit Bauchschmerzen – noch zustimmen können. Obwohl die Freiheit und Eigenverantwortung der Fahr- anfänger eingeschränkt wurde, war der Regierungs- entwurf ein Schritt in die richtige Richtung zu mehr Ver- kehrssicherheit. Nun überwiegen aber durch die Änderungen die Einschränkungen der Freiheit und vor allem der Gleichbehandlung der Menschen. Denn es kann nicht außer Acht bleiben, dass allein die Schaffung neuer Verbote nur ein minimaler Beitrag zu mehr Ver- kehrssicherheit bedeuten kann. Viel wichtiger wäre es, das bestehende Vollzugsdefizit anzugehen und die Kon- trolle der vorhandenen Gesetze so zu gestalten, dass es endlich unattraktiv wird, betrunken Auto zu fahren, weil man sowieso nicht unentdeckt zu Hause ankommt. Von diesem Zustand sind wir leider weit entfernt. i r S n w h h c A i a n G S A v b w z W V s e Ö A a w d f t K w w h T f s n d S g J s n a k m d P s l h l d (C (D Dafür spricht auch, dass das eigentliche Problem – das st nichts Neues – in einem ganz anderen Promillebe- eich irgendwo über 1,0 liegt und hier der Verdacht von ymbolpolitik aufkommt. Wie so oft, wenn man mit Ka- onen auf Spatzen schießt. In Zeiten, in denen sich Jugendliche zu Tode trinken, erden wir allein mit Verboten nicht weit kommen. Die ochprozentigen Alkoholika, die einige Jugendliche eute konsumieren, sind für sie auch verboten. Wir brau- hen ein Umdenken in der Gesellschaft – zum Thema lkohol insgesamt und besonders zum Thema Alkohol m Straßenverkehr. Wer mit seinen erfolgreichen oder uch missglückten Trunkenheitsfahrten prahlt und dafür och nicht einmal Widerspruch erntet, der lebt der jungen eneration einen leichtfertigen Umgang mit Alkohol im traßenverkehr vor. Deshalb ist es so viel wichtiger, die ufklärung und nicht die Verbote zu verbessern und den erantwortungsbewussten Umgang mit Alkohol vorzule- en. Zu beidem kann die Schule einen Beitrag leisten, ie die Führerschein AG an niedersächsischen Schulen eigt. Letztlich ist aber die Gesellschaft gefordert. Ich möchte abschließend noch einige grundsätzliche orte sagen: Es ist derzeit im Trend, an sich erlaubte erhaltensweisen mit Einzelverboten irgendwie einzu- chränken, gerade bei an sich legalen Drogen. Kaum ine Woche vergeht ohne eine neue Verbotsforderung in der ffentlichkeit. Manchmal kommen sie im Tagesrhythmus: lkoholverbote, Rauchverbote, Musikhörverbote und ndere Forderungen, über die man mal mehr und mal eniger – sagen wir vorsichtig – überrascht ist. Daher ist as „Alkoholverbot für Fahranfängerinnen und Fahran- änger sowie Autofahrer unter 21 Jahren“ symptoma- isch für die politische Aktivität nicht nur der Großen oalition. Allein mit Verboten werden wir die ge- ünschten und erwarteten Erfolge nicht haben. Daher ird die FDP-Fraktion das Gesetz ablehnen. Dorothée Menzner (DIE LINKE): Wir reden hier eute eigentlich über zweierlei, einerseits über das hema Alkohol, andererseits über das Thema Fahran- änger. Beides zusammen in Kombination ist kein Rie- enthema, sondern ein Riesenproblem, eines, bei dem es ur eine Lösung geben darf: Wir müssen es lösen. Und eshalb sagt die Linke uneingeschränkt Ja zu allen chritten, die geeignet sind, dem Alkoholproblem entge- enzusteuern. – Ja zu diesem Gesetz, und auch ein klares a zur Einschränkung der Rechte junger Erwachsener, peziell in diesem Falle, wozu ich erst am Schluss mei- es Beitrags ein paar Worte sagen möchte. Dem Alkoholproblem als psychologischem Problem llein mit Gesetzen beikommen zu wollen, greift zu urz. Die rechtlichen Einschränkungen, die vorgenom- en werden, sind politisch eine Beruhigungspille. Wer enkt, damit sei alles getan, irrt sich gewaltig. Um ein roblem zu lösen, bedarf es immer erst der Ursachenfor- chung. – Damit meine ich natürlich nicht, jenen im Par- ament so beliebten Hebel, Gutachten und Experten zu ören, um zu Lösungen zu kommen! Wir wissen näm- ich schon längst, wo die Ursachen des um sich greifen- en Alkoholkonsums liegen. Zunehmende Perspektivlo- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10359 (A) ) (B) ) sigkeit und zunehmender Leistungsdruck in einer Spaßgesellschaft – das sind die Ursachen! Anderen etwas vorzumachen, das treibt Menschen zu mehr Sein als Schein und dazu, den persönlichen Aus- nahmezustand im „Alkoholpegel“ zu ertränken. Beim jugendlichen Alkoholkonsum kommt aber noch etwas dazu: Hier wird der Notstand der einen in einer sich in Völlerei verlierenden Wohlstandsgesellschaft zur Zapf- säule. Die Getränkebranche und findige Gaststätten- betreiber nutzen den vermeintlichen Kult, Sinne zu vernebeln, für Renditezwecke. Beide machen damit Rie- sengeschäfte. Wir müssen gezielt etwas dagegen unter- nehmen! Vielleicht fällt uns allen noch etwas ein. Ich möchte fürs Erste hier nur eine Feststellung treffen: Bei vielen – und beileibe nicht nur bei Jugendlichen – führt die Su- che nach Wohlergehen mit Schwipps zum ersten Rausch. Und wenn später nur noch der Rausch gesucht wird, dann sind wir bei Sucht. Diesen Mechanismus, der in un- serer Gesellschaft ausgenutzt und zu einem inszenierten Spiel wird, gilt es zu durchbrechen. Nun zu den jungen Erwachsenen: Ob wir wollen oder nicht, wir behandeln hier die jungen Erwachsenen, also diejenigen zwischen 18 und 21, anders als die älteren. Die Bewährungsfrist, die für Fahranfänger ansonsten zwei Jahre dauert, ist damit nur für die jüngeren Erwach- senen, um eine kurze Zeitspanne verlängert. Ich sehe darin durchaus eine Beschneidung der Rechte von Menschen, die volljährig sind und uneinge- schränkte Freiheit haben. Mir fällt diese Freiheitsbe- schneidung nicht leicht! Aber angesichts der Freiheit, die es zulässt, durch Al- kohol und jugendlichen Übermut Leben aufs Spiel zu setzen und für immer zu vernichten, halte ich in diesem Falle eine Freiheitsbeschneidung für hinnehmbar. Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): „Alkohol hat am Steuer nichts zu suchen!“ Darin sind wir uns, was bei verkehrspolitischen Fragen selten vor- kommt, alle einig – mit Ausnahme der FDP. Das F in ih- rem Kürzel steht offenbar immer noch für „freie Fahrt für freie Bürger“. Des Deutschen liebstes Kind – oft zum Schaden unserer Menschenkinder – sind unsere Autos, und die müssen fahren, möglichst schnell, überall und ohne Einschränkungen. Denn das Fahren muss Spaß ma- chen. Nur bei Alkohol hört der Spaß auf. Das hat zumin- dest die Bundesregierung verstanden, weshalb sie zu- mindest Fahranfängern das Fahren im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss verbieten will. Die FDP-Fraktion sieht eher ein Vollzugsdefizit als ein Regelungsdefizit. Ich frage Sie, warum Sie das Voll- zugsdefizit nicht beseitigen. Schließlich regieren Sie in einigen Bundesländern mit. Vollzugsdefizite gehen an die Adresse der Länder. Wer beim Alkohol auf privatisierte Eigenverantwort- lichkeit setzt, der nimmt die Gefahren in Kauf, die allzu oft mit dem Leben anderer bezahlt werden. Schwere Un- fälle würden vor allem von Fahrern verursacht, deren B F s t m B d r a u e e v b w A s n r s r A z l w e v w g u a a d f L t r k S m h d s M W i a e g d w v – g s (C (D lutalkoholkonzentration bei 1,0 Promille liege, wie die DP feststellt. Sie übersehen, dass Unaufmerksamkeit chon bei 0,2 Promille je nach Körpergröße und Konsti- ution beginnt. Des Deutschen liebstes Kind ist zu zäh- en. Dazu gehören auch stärkere Kontrollen, höhere ußgelder und die Ausschöpfung des Strafrahmens, um ie Wirksamkeit des Alkoholverbotes für Fahranfänge- innen und Fahranfänger zu verstärken. Wir unterstützen uch die Einfügung der Altersgrenze „21. Lebensjahr“, m die Lücke, die beim Übergang vom Erwerb der Fahr- rlaubnis für Krafträder (A1) zur Pkw-Fahrerlaubnis (B) ntstehen kann, zu schließen. Gleiches gilt für Modell- ersuche des „begleiteten Fahrens“, wobei die Prüfungs- escheinigung meistens mit 17 Jahren ausgehändigt ird. Wir wollen jedoch mehr. Wir wollen ein generelles lkoholverbot für alle, damit die sogenannten Erwach- enen, die oft mit schlechten Beispielen vorangehen, icht weiterhin sich und Unbeteiligten unnötigen Gefah- en aussetzen. Das führt nicht nur zu mehr Verkehrs- icherheit; es beseitigt auch den Wirrwarr, der bei unse- en Bürgerinnen und Bürgern festzustellen ist: Wie viel lkohol darf’s denn sein, um keine Punkte in Flensburg u bekommen? Ab wann muss ich wie viel Bußgeld zah- en, auch wenn ich keinen Unfall verursacht habe? Und as ist, wenn ich bei 0,3 Promille fahrunsicher bin und inen Unfall verursache? Eine groteske Situation: Wie iel darf ich trinken, um leer auszugehen, wenn ich er- ischt werde? Darum geht es sicher nicht, sondern es eht um mehr Verkehrssicherheit auf deutschen Straßen, nd das für alle. Daher fordere ich die Bundesregierung uf, endlich zu handeln und ein Alkoholverbot für alle uf den Weg zu bringen. Achim Großmann, Parl. Staatssekretär beim Bun- esminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Ich reue mich, dass wir heute mit der zweiten und dritten esung des Gesetzentwurfs zur Einführung eines absolu- en Alkoholverbots für Fahranfänger und Fahranfänge- innen endlich das dringend benötigte Signal schaffen önnen: Du hast getrunken? Dann Hände weg vom teuer! Dies wird Fahranfängern und Fahranfängerinnen it dem Alkoholverbot, über dessen Einführung wir eute beraten, deutlich vermittelt. Das Signal ist notwen- ig. Denn bei mangelnder Erfahrung im Straßenverkehr ind Leistungsgrenzen rasch erreicht, und auch geringe engen Alkohol am Steuer sind damit schnell zu viel. enn Unerfahrenheit und Alkohol aufeinandertreffen, st die Folge ein gefährlicher Risikococktail. Dabei haben wir die Regelung bewusst auf alle Fahr- nfänger und Fahranfängerinnen – ob jung oder alt – rstreckt. Denn auch ältere Fahranfänger und Fahranfän- erinnen sind überdurchschnittlich häufig in alkoholbe- ingte Verkehrsunfälle verwickelt. Bei jungen Fahrern und Fahrerinnen kommt noch ein eiterer Risikofaktor hinzu: Entwicklungsbedingt und or allem wegen der alterstypischen Freizeitgestaltung Stichwort: nächtliche Diskobesuche – unterliegen jun- e Fahrer und Fahrerinnen in besonderem Maße der Ver- uchung von Fahrten unter Alkoholeinwirkung. Eine 10360 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) (C) (B) ) Ausweitung des absoluten Alkoholverbots auf alle Fah- rer und Fahrerinnen, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, ist daher durchaus sinnvoll und stützt dieses neue Instrument zur Verbesserung der Verkehrssi- cherheit. Das Vorhaben ist ein wichtiger Baustein unserer bun- desweiten Verkehrssicherheitskampagne, mit der wir uns unter dem Motto „Hast du die Größe? Fahr mit Verant- wortung“ direkt an die im Straßenverkehr besonders ge- fährdete Zielgruppe der jungen Fahrer und Fahrerinnen richten. Wir setzen auf zweierlei: Zum einen wollen wir in einer breitangelegten Kommunikationsstrategie junge Fahrer und Fahrerinnen stärker für die Gefahren von Leichtsinn, Selbstüberschätzung, Alkohol- und Drogen- missbrauch im Straßenverkehr sensibilisieren. Gleich- zeitig gilt es, jungen Fahrern und Fahrerinnen klare Re- geln zu setzen. Denn nur beides zusammen – Aufklärung und Orientierung – bewegen junge Fahrer und Fahrerin- nen dauerhaft zu einem verantwortungsvollen Fahren auf unseren Straßen. Was bedeutet das Alkoholverbot für die jungen sowie die unerfahrenen Fahrer und Fahrerinnen konkret? Nun, für sie ist es künftig absolut tabu, als Führer oder Führe- rin eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr alkoholische Getränke zu sich zu nehmen oder die Fahrt anzutreten, obwohl sie noch unter der Wirkung eines alkoholischen Getränks stehen. Denn zu einem verantwortungsvollen tränke vor und während der Fahrt. Um die Signalwir- kung zu erhöhen und ein Trinken an Grenzwerte heran auszuschließen, kommt es nicht darauf an, ob im Einzel- fall die Leistungsfähigkeit des Betroffenen konkret be- einträchtigt war. Dies gilt für beide Tatbestandsalternati- ven. Auch bei der zweiten Handlungsalternative gilt, dass schon die Zusichnahme einer geringen Alkoholmenge für eine Tatbestandsverwirklichung ausreicht, wenn sie so groß ist, dass die Alkoholkonzentration bei Fahrtan- tritt noch in nennenswertem Umfang, also nicht nur im Spurenbereich, im Körper der Betroffenen vorhanden ist. Dies kann durch Aussagen von Polizeibeamten oder anderen Zeugen nachgewiesen werden. Die vorgesehenen Rechtsfolgen wahren, wie wir mei- nen, das rechte Maß. So hat die einmalige Zuwiderhand- lung in der Regel eine Geldbuße in Höhe von 125 Euro und die Eintragung von zwei Punkten im Verkehrszen- tralregister zur Folge. Gegebenenfalls verlängert sich auch die Probezeit um weitere zwei Jahre, und es kann ein besonderes Aufbauseminar mit den entsprechenden Kosten, die über dem durchschnittlichen Bußgeld liegen, angeordnet werden. Die Sanktion verbleibt damit im un- teren, aber trotzdem spürbaren sanktionsrechtlichen Be- reich. Ich bin überzeugt, dass wir mit dem vorliegenden Ge- Fahren gehört für Fahranfänger und Fahranfängerinnen, nach einem Glas Alkohol deutlich Nein zu sagen, das heißt sich nicht ans Steuer zu setzen, auch wenn Freunde sie hierzu drängen. In der Regelung stellen wir ab auf den Konsum – das heißt: die Handlung des Trinkens – alkoholischer Ge- s F R b F c (D etzentwurf zur Einführung eines Alkoholverbots für ahranfänger und Fahranfängerinnen einen deutlichen ückgang alkoholbedingter Unfälle im Straßenverkehr ewirken können. Im Interesse der Fahranfänger und ahranfängerinnen wie auch im Interesse der Verkehrssi- herheit bitte ich Sie um Zustimmung zu diesem Gesetz. 91, 1 0, T 100. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9 Anlage 10 Anlage 11 Anlage 12 Anlage 13 Anlage 14 Anlage 15 Anlage 16 Anlage 17 Anlage 18 Anlage 19
Gesamtes Protokol
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1610000000

Die Sitzung ist eröffnet.

Ich darf Sie bitten, sich von Ihren Plätzen zu erheben.


(Die Anwesenden erheben sich)


Gestern Abend ist in Köln bei einer Trauerfeier des
Bundesministeriums der Verteidigung unter Beteiligung
von Mitgliedern des Bundestages der drei im afghani-
schen Kunduz getöteten deutschen Soldaten gedacht
worden. Sie wurden durch einen entsetzlichen Selbst-
mordanschlag aus dem Leben gerissen. Die Bombe des
Attentäters hat neben ihm selbst noch acht afghanische
Zivilisten getötet. Fünf weitere Soldaten der Bundes-
wehr und mehrere unbeteiligte Personen wurden zum
Teil schwer verletzt.

Die deutschen Soldaten waren im Zentrum von Kun-
duz auf einer Routinepatrouille unterwegs. Soweit es die
Sicherheitslage zulässt, suchen die Soldaten außerhalb
ihrer gepanzerten Fahrzeuge den direkten Kontakt zu
den Menschen. Diese demonstrativ offene Präsenz trägt
zur Vertrauensbildung in der Bevölkerung bei und soll
deutlich machen, dass der Auftrag unserer Soldaten
nicht Kriegsführung, sondern Schutz des gesellschaftli-
chen und staatlichen Aufbaus ist.

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Beim Bundeswehreinsatz im Rahmen der internatio-
nalen ISAF-Friedensmission sind in den vergangenen
Jahren insgesamt 25 deutsche Soldaten ums Leben ge-
kommen, einige von ihnen ebenfalls durch Anschläge.
Sie alle folgten einem Auftrag, den wir den Soldaten er-
teilt haben. Der Deutsche Bundestag trifft die Entschei-
dung über die Einsätze der Bundeswehr und die Bedin-
gungen ihrer Einsätze. Wir tragen damit eine besondere
Verantwortung und werden ihr auch in Zukunft gerecht
werden müssen.

Mit ihrer Friedensmission im Auftrag der Vereinten
Nationen unterstützt die Bundeswehr die afghanische
Regierung dabei, die innere Sicherheit herzustellen und
zu wahren, Menschenrechte zu schützen, das
humanitären Hilfsgütern zu versorgen und di
Rückkehr von Flüchtlingen zu bewältigen. D
vor allem Mädchen, in Afghanistan heute wi

(C (D ung en 24. Mai 2007 0 Uhr en besuchen, dass Frauen verstärkt ihre Rechte wahrehmen und zunehmend am öffentlichen Leben teilhaen können, ist auch dem Engagement unserer Soldaten nd ihrer Kameraden aus anderen Staaten der internatioalen Gemeinschaft zu verdanken. Die getöteten Soldaten haben unter Einsatz ihres Leens daran mitgewirkt, für die Menschen in Afghanistan nd mit ihnen nach über zwei Jahrzehnten Krieg und ürgerkrieg eine Zukunft in Frieden und Freiheit zu eröglichen. Wir verneigen uns vor den Toten und bekun en den Hinterbliebenen, Angehörigen und Kameraden er Opfer unser tiefes Mitgefühl. Den Verletzten wünchen wir eine schnelle und vollständige Genesung. Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und ollegen, Sie haben sich zu Ehren der Verstorbenen von hren Plätzen erhoben; ich danke Ihnen. Interfraktionell ist vereinbart worden, die verbunene Tagesordnung um die in der Zusatzpunktliste aufeführten Punkte zu erweitern: ZP 1 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der LINKEN: Beschäftigungspolitische Verantwortung der Bundesregierung bei der Deutschen Telekom AG ZP 2 Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren ext a)


(siehe 99. Sitzung)


(Ergänzung zu TOP 38)

Dirk Fischer (Hamburg), Dr. Klaus W. Lippold, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der
Abgeordneten Annette Faße, Hans-Joachim Hacker,
Sören Bartol, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
SPD
Attraktivität des Wassertourismus und des Wasser-
sports stärken
– Drucksache 16/5416 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Innenausschuss
Sportausschuss
Rechtsausschuss

ausschuss
huss für Umwelt, Naturschutz und
orsicherheit
huss für Tourismus
altsausschuss
Land mit
e geregelte
ass Kinder,
eder Schu-

Finanz
Aussc
Reakt
Aussc
Haush






(A) )



(B) )


Präsident Dr. Norbert Lammert
b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Volker
Wissing, Sibylle Laurischk, Frank Schäffler, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion der FDP
Mehr Freiheit wagen – Zivilgesellschaft stärken
– Drucksache 16/5410 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Markus Löning,
Florian Toncar, Michael Link (Heilbronn), weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion der FDP
Todesstrafe weltweit abschaffen
– Drucksache 16/5411 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union (f)

Auswärtiger Ausschuss
Innenausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Volker Beck

(Köln), Marieluise Beck (Bremen), Alexander Bonde,

weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNIS-
SES 90/DIE GRÜNEN
Schutz für irakische Flüchtlinge gewährleisten
– Drucksache 16/5414 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

ZP 3 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion des BÜNDNIS-
SES 90/DIE GRÜNEN:
Die sogenannte Herdprämie als Hindernis für eine gute
vorschulische Förderung für alle Kinder

ZP 4 Beratung des Antrags der Abgeordneten Volker Beck (Köln),
Marieluise Beck (Bremen), Alexander Bonde, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-
NEN
Solidarität mit verfolgten Christen und anderen religiösen
Minderheiten durch Berücksichtigung der religiös Ver-
folgten beim Flüchtlingsschutz einlösen
– Drucksache 16/5419 –

ZP 5 Beratung des Antrags der Abgeordneten Cornelia Pieper,
Patrick Meinhardt, Uwe Barth, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der FDP
Bildungsberichterstattung in Deutschland und deren Wei-
terentwicklung
– Drucksache 16/5409 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Innenausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

ZP 6 a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung
des Unterhaltsrechts
– Drucksache 16/1830 –
Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses

(6. Ausschuss)

Berichterstattung:
Abgeordnete Ute Granold
Christine Lambrecht
Joachim Stünker
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Jörn Wunderlich
Jerzy Montag

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(C (D b)

Rechtsausschusses (6. Ausschuss) zu dem Antrag der Ab-
geordneten Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Sibylle
Laurischk, Jens Ackermann, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der FDP
Unterhaltsrecht ohne weiteres Zögern sozial und ver-
antwortungsbewusst den gesellschaftlichen Rahmen-
bedingungen anpassen
– Drucksache 16/891 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Ute Granold
Christine Lambrecht
Joachim Stünker
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Jörn Wunderlich
Jerzy Montag

c) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung
eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur
Änderung des Unterhaltsvorschussgesetzes
– Drucksache 16/1829 –
– Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für

Familie, Senioren, Frauen und Jugend (13. Ausschuss)

– Drucksache 16/5444 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Eva Möllring
Helga Lopez
Sibylle Laurischk
Jörn Wunderlich
Ekin Deligöz

– Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss) ge-
mäß § 96 der Geschäftsordnung
– Drucksache 16/5446 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Ole Schröder
Dr. Frank Schmidt
Otto Fricke
Roland Claus
Anna Lührmann

Von der Frist für den Beginn der Beratung soll, soweit
rforderlich, abgewichen werden.

Der in der 94. Sitzung des Deutschen Bundestages
berwiesene nachfolgende Gesetzentwurf der Bundes-
egierung soll zusätzlich dem Ausschuss für Ernährung,
andwirtschaft und Verbraucherschutz zur Mitberatung
berwiesen werden:

Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der
Durchsetzung von Rechten des geistigen
Eigentums

– Drucksache 16/5048 –
überwiesen:
Rechtsausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz

Der in der 94. Sitzung des Deutschen Bundestages
berwiesene nachfolgende Gesetzentwurf der Bundes-
egierung soll zusätzlich dem Ausschuss für Bildung,
orschung und Technikfolgenabschätzung zur Mitbera-
ung überwiesen werden.

Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung aufent-
halts- und asylrechtlicher Richtlinien der
Europäischen Union

– Drucksache 16/5065 –






(A) )



(B) )


Präsident Dr. Norbert Lammert
überwiesen:
Innenausschuss (f)

Auswärtiger Ausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Sind Sie mit diesen Vereinbarungen einverstanden? –
Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlos-
sen.

Der Tagesordnungspunkt 33 – dabei handelt es sich
um die Beratung von Vorlagen zum Familienbericht und
zur Kinderbetreuung – wird abgesetzt.

Bevor ich nun die Tagesordnung aufrufe, möchte ich
zwei Kollegen zum Geburtstag gratulieren: Der Kollege
Jörg-Otto Spiller feierte vor einigen Tagen seinen
65. Geburtstag und der Kollege Wolfgang Gunkel sei-
nen 60. Im Namen des Hauses gratuliere ich dazu nach-
träglich und wünsche alles Gute.


(Beifall)


Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 4 a bis 4 f auf:

a) Abgabe einer Erklärung durch die Bundeskanzle-
rin

zum G8-Weltwirtschaftsgipfel vom 6. bis
8. Juni 2007 in Heiligendamm

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für wirtschaftliche Zu-
sammenarbeit und Entwicklung (19. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Christian
Ruck, Anette Hübinger, Dr. Wolf Bauer, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/
CSU sowie der Abgeordneten Dr. Sascha
Raabe, Gabriele Groneberg, Dr. Bärbel Kofler,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
SPD

Die deutsche G8- und EU-Präsidentschaft –
Neue Impulse für die Entwicklungspolitik

– zu dem Antrag der Abgeordneten Hellmut
Königshaus, Dr. Karl Addicks, Jens
Ackermann, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der FDP

Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft 2007
zur Reform der Entwicklungszusammen-
arbeit der Europäischen Union nutzen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Thilo Hoppe,
Ute Koczy, Jürgen Trittin, weiterer Abgeordne-
ter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/
DIE GRÜNEN

Reformen für eine gerechte Globalisierung –
Deutsche G8-Präsidentschaft für Klima-
schutz und nachhaltige Entwicklung nutzen

(C (D – zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Mitteilung der Kommission EU-Entwicklungszusammenarbeit: Mehr, besser und schneller helfen KOM – Drucksachen 16/4160, 16/2833, 16/4151, 16/1101 Nr. 2.16, 16/4880 – Berichterstattung: Abgeordnete Anette Hübinger Dr. Sascha Raabe Hellmut Königshaus Heike Hänsel Thilo Hoppe c)

richts des Auswärtigen Ausschusses (3. Aus-
schuss) zu dem Antrag der Abgeordneten
Hartwig Fischer (Göttingen), Eckart von
Klaeden, Anke Eymer (Lübeck), weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie
der Abgeordneten Dr. Herta Däubler-Gmelin,
Gert Weisskirchen (Wiesloch), Niels Annen, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Für eine Politik der gleichberechtigten Part-
nerschaft mit den afrikanischen Ländern

– Drucksachen 16/4414, 16/5311 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Anke Eymer (Lübeck)

Brunhilde Irber
Marina Schuster
Wolfgang Gehrcke
Kerstin Müller (Köln)


d) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(3. Ausschuss)

Winfried Nachtwei, Alexander Bonde, Dr. Uschi
Eid, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Für eine Wiederbelebung des nuklearen Ab-
rüstungsprozesses im Rahmen der deutschen
EU- und G8-Präsidentschaft

– Drucksachen 16/3011, 16/4586 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Karl-Theodor Freiherr zu
Guttenberg
Uta Zapf
Dr. Werner Hoyer
Dr. Norman Paech
Jürgen Trittin

e) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(3. Ausschuss)

Dr. Uschi Eid, Margareta Wolf (Frankfurt) und
der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-
NEN






(A) )



(B) )


Präsident Dr. Norbert Lammert
Reformpartnerschaften mit Afrika intensivie-
ren – Afrika muss auf die Tagesordnung des
G8-Gipfels in Deutschland 2007

– Drucksachen 16/2651, 16/5440 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Anke Eymer (Lübeck)

Brunhilde Irber
Marina Schuster
Dr. Norman Paech
Dr. Uschi Eid

f) Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulla
Lötzer, Wolfgang Gehrcke, Heike Hänsel, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN

Menschen statt Profite – Nein zu G8

– Drucksache 16/5408 –

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll die
Aussprache im Anschluss an die Regierungserklärung
anderthalb Stunden dauern. – Ich höre auch dazu keinen
Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Das Wort zur Abgabe einer Regierungserklärung hat
die Bundeskanzlerin, Frau Dr. Angela Merkel.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Angela Merkel (CDU):
Rede ID: ID1610000100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

denke, Sie haben Verständnis, dass ich diese Regierungs-
erklärung nicht beginnen kann, ohne auch von meiner
Seite für die Bundesregierung der Opfer des Anschlags
vom vergangenen Samstag in Kunduz zu gedenken.
Drei deutsche Soldaten und mehrere afghanische Zivi-
listen verloren bei diesem feigen Anschlag ihr Leben.
Unsere Soldaten verloren ihr Leben bei der Unterstüt-
zung des Auftrages der internationalen Staatengemein-
schaft, den Menschen im geschundenen Afghanistan
bessere Lebensbedingungen zu bieten und den Terroris-
mus einzudämmen. Im Namen der Bundesregierung
spreche ich in dieser schweren Stunde den Hinterbliebe-
nen unser tiefes Mitgefühl aus. Den Verletzten wünsche
ich baldige Genesung.

Den Menschen in Afghanistan sage ich: Es wird den
Terroristen nicht gelingen, uns von unserem Einsatz für
Freiheit, Demokratie und die Achtung der Menschen-
rechte abzubringen. Deutschland steht an Ihrer Seite.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Frank Spieth [DIE LINKE])


Die deutschen Soldaten in Afghanistan und all die zivi-
len Helfer von Nichtregierungsorganisationen leisten
Herausragendes. Sie verdienen unser aller Unterstützung
und unseren herzlichen Dank. Ihr Einsatz ist unverzicht-
bar.

Meine Damen und Herren, auf Einladung des deut-
schen Vorsitzes wird der diesjährige G-8-Gipfel Anfang
Juni in Heiligendamm stattfinden. Er bietet uns ein ein-
maliges Forum, um gemeinsam mit den Staats- und Re-

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(C (D ierungschefs der Gruppe der G 8 und der wichtigsten chwellenländer über die politischen Antworten auf rängende globale Fragen unserer Zeit zu diskutieren. ie schon in Sankt Petersburg vor einem Jahr, so wer en uns auch in Heiligendamm aktuelle außenund icherheitspolitische Fragen beschäftigen, genauso wie ie an diesem Wochenende die G-8-Außenminister bechäftigen werden. Die blutigen Unruhen im Gazastreifen lassen uns icht ruhen. Der Raketenbeschuss aus den palästinensichen Gebieten auf Israel hat wieder zugenommen. Dieer Beschuss muss aufhören, er muss erneuten Versuhen zur Vertrauensbildung Platz machen. Gewalt führt u keiner Lösung der Probleme. Die Lösung liegt unverndert in der Vision von zwei Staaten in sicheren Grenen und in Frieden: für das jüdische Volk in Israel und ür das palästinensische in Palästina. Die Region insgeamt muss zur Ruhe kommen. Deshalb dürfen die anhalenden Versuche, die Regierung des Libanons zu schwähen, nicht zum Erfolg führen. Der Schlüssel dafür liegt arin, dass auch Syrien zu einer konstruktiven Haltung indet und den Libanon endlich diplomatisch anerkennt. Auch die gemeinsame Sorge um das Atomproramm des Iran wird in Heiligendamm Thema sein. ür uns ist klar: Wenn die Führung des Landes ihren in ernationalen Verpflichtungen nachkommt, sind wir zu iner weitreichenden Kooperation mit dem Iran bereit. enn das nicht der Fall ist, wird der Sicherheitsrat der ereinten Nationen weiter entschlossen reagieren. Die Erörterung außenpolitischer Fragen kam in den 0er-Jahren auf die Tagesordnung der Weltwirtschaftsipfel, wohingegen in den ersten Jahren ausschließlich irtschaftsthemen im Mittelpunkt der Beratungen tanden. Seit den 90er-Jahren schließlich werden auf den -8-Gipfeln regelmäßig auch umweltund entwick ungspolitische Themen beraten. Beim ersten Weltwirtschaftsgipfel, 1975 auf dem chloss Rambouillet, sprach noch niemand von Globaliierung. Heute steht die Globalisierung im Mittelpunkt nserer Beratungen. Wir wissen: Die Globalisierung bieet große Chancen, Chancen für Wachstum, für Beschäfigung, für Wohlstand und für Freiheit, und zwar für alle änder. Mehr noch: Sie bietet eindeutig mehr Chancen ls Risiken. Wir müssen diese Chancen allerdings erkenen, und wir müssen sie nutzen. Gerade Deutschland hat ls exportorientiertes Land in großem Maße von den reiheiten der Globalisierung profitiert. Über 8 Millioen Arbeitsplätze hängen heute vom Export ab. Das sind mmerhin 2,5 Millionen mehr als vor zehn Jahren. Der xportanteil an unserem Bruttoinlandsprodukt hat sich n den letzten zehn Jahren fast verdoppelt. In Deutschand beträgt er heute 45 Prozent. Aber auch andere Länder, allen voran unsere mittelnd osteuropäischen Nachbarn, verdanken ihren wachenden Wohlstand den Freiheiten der Globalisierung. icht zuletzt eröffnen Globalisierung und freier Weltandel auch und gerade den Entwicklungsländern große hancen. In vielen dieser Länder, nicht zuletzt in Afrika, at das Wachstum in den vergangenen Jahren deutlich ugenommen. Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel Und doch weckt die fortschreitende Globalisierung bei vielen Menschen in Deutschland wie in anderen Ländern erhebliche Ängste. Diese Ängste nimmt die Bundesregierung ernst. Viele Menschen stellen bohrende Fragen: Kann die Globalisierung überhaupt noch politisch gestaltet werden? Gibt es Alternativen zur Globalisierung, so wie sie abläuft? Wird Europa seinen Wohlstand in diesem Wettbewerb bewahren können? Diese Fragen wischen wir genauso wenig einfach vom Tisch wie den öffentlichen Protest, der sich daran anschließt. Natürlich muss sich dieser Protest an der Sache orientieren, und er muss friedlich sein. In der übergroßen Mehrheit ist er das auch. Denken wir an die unzähligen Initiativen von Schulen, Kirchen und Nichtregierungsorganisationen, die zum G-8-Gipfel in ganz Deutschland und ganz besonders in der Nähe des Austragungsortes geplant sind. Ich sage ganz klar: Wer zu Gewalt greift, der macht Dialog unmöglich. Diejenigen, die Sicherheitsmaßnahmen heute lautstark kritisieren, wären die ersten, die den Sicherheitsbehörden mangelnde Vorsicht vorwerfen würden, wenn Gewalt ausbrechen würde. Wir sollten mit unseren Worten behutsam umgehen. Umgekehrt gilt aber auch – ich sage das ganz unmissverständlich –: Wer friedlich demonstriert, dessen Anliegen ist nicht nur legitim, sondern der findet auch unser Gehör. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


(Zuruf von der LINKEN: Wohl wahr!)


Ich bin der Überzeugung, dass die Politik durch die
Globalisierung weder entbehrlich noch machtlos wird.
Ich schließe mich ausdrücklich nicht der weitverbreite-
ten Einschätzung an, dass die Politik keinen Einfluss auf
die Globalisierung nehmen kann und ihr daher nur hin-
terherläuft. Im Gegenteil: Wir können und wir müssen
Globalisierung nicht nur im jeweils eigenen Land, son-
dern auch auf internationaler Ebene politisch gestalten.
Hierfür ist die G 8 ein wertvolles Gremium. Das ist ganz
wesentlich und der Sinn dieser Treffen.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Es geht bei der G 8 nicht darum, spezifische Interes-
sen der führenden Industrieländer gegen den Rest der
Welt durchzusetzen. Das wäre der völlig falsche Ansatz.
Es geht vielmehr darum, bei Fragen, die die ganze Welt
betreffen, gemeinsam zu Fortschritten zu kommen und
die Verantwortung der führenden Industrieländer hierbei
deutlich zu machen. Deshalb hat die Bundesregierung
die G-8-Präsidentschaft unter das Motto „Wachstum und
Verantwortung“ gestellt. Denn wir wollen, dass die G-8-
Länder ihre Verantwortung für die globalen Entwicklun-
gen wirklich wahrnehmen.

Neu ist, dass wir dies wesentlich stärker als in der
Vergangenheit im Dialog mit wichtigen Schwellenlän-
dern anstreben. Daher werden wir schon beim G-8-Gip-

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(C (D el in Heiligendamm am 8. Juni mit den Staatsund Reierungschefs aus China, Indien, Brasilien, Mexiko und üdafrika zusammenkommen. Wir wollen die G 8 nicht u einer G-13-Gruppe erweitern. Aber wir wissen: Ohne ie Schwellenländer sind Fortschritte etwa beim Klimachutz, bei der Welthandelsrunde oder beim besseren chutz geistigen Eigentums heute nicht denkbar. Wir ollen bei diesen Fragen ein gemeinsames Verständnis ntwickeln, das über den kleinsten gemeinsamen Nenner in großes Stück hinausgeht. Ziel dabei ist der Aufbau iner neuen Kooperation der G 8 mit den großen chwellenländern in Form eines sachorientierten Dia ogs, der über das Treffen in Heiligendamm hinaus fortesetzt werden soll. Sieben Themen stehen im Mittelpunkt des Gipfels. Erstes Thema: der globale Aufschwung. Wir wollen ie Risiken für die Fortsetzung des Aufschwungs berenzen. Oder andersherum: Wir wollen alles tun, um en Aufschwung der weltweiten Wirtschaft zu verstetien. Dass sich die Weltwirtschaft in guter Verfassung beindet, haben IWF und Weltbank bei den Frühjahrsagungen noch einmal deutlich gemacht. Die deutsche irtschaft hat hieran maßgeblichen Anteil. In diesem nd im kommenden Jahr können wir mit einem Wachsum von deutlich mehr als 2 Prozent rechnen. Ich darf ier sagen: Die Politik der Bundesregierung, der Dreilang von Sanieren, Investieren und Reformieren, zeigt irkung. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Lassen Sie es mich hier noch einmal sagen: Was
urde uns nicht alles von der Opposition und von Sach-
erständigen vorhergesagt? Unsere Politik – so hieß es
as ganze letzte Jahr – werde den beginnenden Auf-
chwung zerstören. Keines dieser Untergangsszenarien
st eingetreten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


er Aufschwung ist stark. Das liegt wahrlich nicht al-
ein, aber auch an der Festigkeit der Großen Koalition,
ie sich nicht vom Kurs des Dreiklangs von Sanieren,
eformieren und Investieren abbringen lässt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir wissen: Die Finanzmärkte sind ein essenzieller
estandteil unserer globalen Wirtschaftsordnung. Ihre
tabilität verdient unsere besondere Aufmerksamkeit. In
en letzten Jahren haben sich mit den Hedgefonds neue
inanzinstrumente entwickelt, die einerseits die Markt-
ffizienz erhöhen, andererseits aber bisher keine ausrei-
hende Transparenz bieten. Transparenz ist nach unserer
uffassung dringend notwendig. Nur so lassen sich die
isiken verringern, die von Hedgefonds für die Stabilität
er Weltwirtschaft und mittelbar für das Vertrauen in un-
ere Wirtschaftsordnung ausgehen. Daher halte ich eine
rnsthafte Diskussion über mehr Transparenz bei den
edgefonds für unverzichtbar. Diese Diskussion erfor-
ert Geduld. Schnelle Ergebnisse können angesichts






(A) )



(B) )


Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel
auseinanderliegender Wahrnehmungen nicht erwartet
werden. Aber wir müssen diese Diskussion führen.

Ich bin sehr froh, dass es beim G-8-Finanzminister-
treffen am vergangenen Wochenende eine Annährung
gegeben hat. Die G-8-Finanzminister haben sich ein-
stimmig auf Empfehlungen verständigt, die sich an Auf-
sichtsbehörden, Geschäftspartner und Investoren in
Hedgefonds sowie an die Hedgefondsbranche selber
richten. Wichtig ist dabei, dass die Empfehlungen darauf
abzielen, insbesondere Standards für das Risikomanage-
ment zu entwickeln. Der Bundesregierung liegt sehr da-
ran, diese Standards zu einem Code of Conduct fortzu-
entwickeln. Wir wollen diesen Dialog deshalb über das
G-8-Treffen in Heiligendamm hinaus fortsetzen. Denn
diese Probleme – davon bin ich zutiefst überzeugt –
müssen gelöst werden. Ansonsten sind wir nicht kalku-
lierbaren Risiken ausgesetzt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Zweites Thema: Innovationen. Sie sind der Schlüssel
für Wachstum und Wohlstand. Einen besonderen Stel-
lenwert haben dabei Maßnahmen zum wirksameren
Schutz des geistigen Eigentums. Produktfälschung und
Markenpiraterie sind insbesondere für die innovativen
Industrien in Deutschland einen Riesenproblem. Immer-
hin 30 Prozent der weltweiten Patentanmeldungen im
Maschinenbau stammen aus Deutschland. Der effektive
Schutz dieser Erfindungen liegt ganz klar in unserem In-
teresse. Wenn das nicht gelingt, werden wir auf den in-
ternationalen Märkten erhebliche Wettbewerbsnachteile
haben.

Dieses Thema gewinnt – das merken wir – auch in
den Schwellenländern an Bedeutung. Es gibt daher ein
zunehmend gleichgerichtetes Interesse daran, den
Schutz von geistigem Eigentum und von Innovationen
zu fördern. Vor diesem Hintergrund streben wir gemein-
same Strategien bei der Bekämpfung von Produkt- und
Markenpiraterie an. Darüber hinaus wollen wir den Dia-
log mit den Schwellenländern über die Umsetzungs-
schwierigkeiten und die Verbesserungsmöglichkeiten
des internationalen Systems zum Schutz des geistigen
Eigentums voranbringen.

Drittes Thema: grenzüberschreitende Investitionen.
Grenzüberschreitende Investitionen sind eine zentrale
Antriebskraft für Wachstum und mehr Beschäftigung.
Dabei gewinnen alle Beteiligten, und die Weltwirtschaft
hat stets davon profitiert, dass ausländische Direktinves-
titionen in der Regel willkommen sind.

Aber wie wir sehen, gibt es mancherorts Anzeichen
dafür, dass ausländische Investoren auf neue protektio-
nistische Hindernisse stoßen. Dies gilt zum einen für die
Industrieländer selbst – hier hat es in jüngster Zeit immer
wieder solche Anzeichen gegeben, auch in Europa –,
und dies gilt zum anderen für Schwellenländer, die das
Engagement ausländischer Unternehmen oft nur mit
starken Einschränkungen zulassen, etwa in Form von
Minderheitsbeteiligungen.

Deshalb streben wir in Heiligendamm ein Bekenntnis
der G 8 zur Offenheit unserer Märkte für ausländische

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(C (D nvestoren an. Dabei ist mir aber Folgendes wichtig: Das aß an Offenheit, das ausländische Investoren auf unse en Märkten vorfinden, erwarten wir grundsätzlich auch on unseren Handelspartnern. Hier geht es um Gegeneitigkeit, um Reziprozität. Alles andere ist nicht akzepabel. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


Viertes Thema: die soziale Gestaltung der Globali-
ierung. Hier haben wir eine große Verantwortung. Of-
ene Märkte brauchen soziale Teilhabe und politische
kzeptanz. Ich danke Vizekanzler Franz Müntefering,
ass er sich insbesondere dieses Themas ganz intensiv
ngenommen hat. Fortschritte auf diesem wichtigen Ge-
iet wird es nur geben, wenn die G 8 über ihren eigenen
ellerrand schaut. Auch hier brauchen wir ganz dringend
en Dialog mit den Schwellenländern und mit den global
gierenden Unternehmen. Dieser Dialog ist unverzicht-
ar, und er ist im Vorfeld in vielfältiger Form geführt
orden.

Vom Gipfel in Heiligendamm soll ein starkes Signal
ür die Beachtung und Verbreitung sozialer Standards
usgehen: der ILO-Kernarbeitsnorm, der OECD-Leitli-
ien für multinationale Unternehmen und des UN Global
ompact für verantwortungsvolle Unternehmensfüh-

ung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Ich bin mir sicher: Ohne die Beachtung von sozialen
nd – ich füge hinzu – ökologischen Mindeststandards
ird es keinen fairen Wettbewerb in der Weltwirtschaft
eben. Gerade wir, die wir in Deutschland so gute Erfah-
ungen mit der sozialen Marktwirtschaft gemacht haben,
aben jetzt, in der Phase der Globalisierung, die Auf-
abe, diese Auffassung auch auf internationaler Ebene
it Nachdruck zu vertreten und alles dafür zu tun, dies

uch umzusetzen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Fünftes Thema: der Klimaschutz. Er ist ohne Zweifel
ine Herausforderung für die gesamte Menschheit; wir
aben oft darüber diskutiert. Dies haben uns die aktuel-
en wissenschaftlichen Erkenntnisse erneut und scho-
ungslos vor Augen geführt. Wir müssen die Treibhaus-
asemissionen deutlich und zügig verringern, um die
rderwärmung auf 2 Grad Celsius zu begrenzen.

Deutschland setzt sich deshalb mit aller Kraft für die
eiterentwicklung der internationalen Klimaschutzpoli-

ik für die Zeit nach 2012 ein. Beim Europäischen Rat
m Frühjahr unter unserer Präsidentschaft haben wir
ierfür auf europäischer Ebene ein ganz wichtiges Signal
egeben. Sie wissen aber: Auf internationaler Ebene ist
ie Interessenlage deutlich widersprüchlicher. Dies
urde durch die Erörterung des Themas auf dem G-8-
mweltministerrat und genauso auf dem EU-USA-Gip-

el Ende April 2007 sehr deutlich gemacht. Wesentlich
st deshalb zuerst, dass die G 8 ein gemeinsames Ver-
tändnis dafür entwickelt, wie der Klimawandel wir-
ungsvoll bekämpft werden kann und welche internatio-






(A) )



(B) )


Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel
nalen Übereinkommen über 2012 hinaus abzuschließen
sind.

Ich sage Ihnen ganz offen: Ich weiß heute noch nicht,
ob das in Heiligendamm gelingt. Für mich steht aber au-
ßer Frage: Die führenden Industrieländer müssen in die-
ser Frage voranschreiten. Ansonsten werden wir den
Klimawandel nicht bekämpfen können.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Nur wenn wir voranschreiten, können wir auch die wirt-
schaftlich fortgeschrittenen Schwellenländer überzeu-
gen, sich zu angemessenen Maßnahmen zu verpflichten,
natürlich ohne dass ihr Anspruch auf weiteres Wirt-
schaftswachstum damit vernichtet wird.

Ich bin froh, dass sich der Geist der Diskussion verän-
dert hat. Aus einem unversöhnlichen Gegensatz von
Ökonomie und Ökologie, der früher manchmal in den
Diskussionen hervortrat, ist heute eine Diskussion ge-
worden, durch die klargemacht wird: Beide Seiten – Um-
welt und Wirtschaft – können, wenn wir es richtig ma-
chen, davon profitieren.

Dabei spielt die Steigerung der Energieeffizienz eine
herausgehobene Rolle. Neue Technologien für Kraft-
werke, energiesparende Gebäudetechniken, umwelt-
freundliche Kraftstoffe und Antriebe – durch dies alles
wird gleichermaßen ein Beitrag zu einer vernünftigen Si-
cherheit der Energieversorgung und zum Schutz des Kli-
mas geleistet. Deshalb wollen wir mit den G-8-Ländern
darüber sprechen, wie wir hier konkrete Fortschritte er-
reichen können. Wir müssen das Treffen in Heiligen-
damm nutzen, um die technologische Zusammenarbeit
mit den Schwellenländern hinsichtlich der Energieeffi-
zienz auszubauen, wo immer dies möglich ist.

Sechstes Thema: die Liberalisierung des Welthan-
dels. Hier stehen wir vor wichtigen Weichenstellungen.

Deutschland hat sich von Anfang an mit allem Nach-
druck für einen erfolgreichen Abschluss der Doha-Welt-
handelsrunde eingesetzt. Ich gehe trotz des inzwischen
sehr klein gewordenen Zeitrahmens nach wie vor davon
aus, dass bei den Verhandlungen ein Durchbruch mög-
lich ist. Das heißt aber, dass alle Beteiligten ihre Verant-
wortung wahrnehmen müssen. Das tun sie, wenn sie
mehr Flexibilität zeigen und Kompromisse zum Abbau
von Handelshemmnissen und zum Wohle gerade auch
der ärmsten Länder auf dieser Welt eingehen.

Siebtes Thema: die Zukunft Afrikas. Sie wird neben
den weltwirtschaftlichen und klimaschutzpolitischen
Themen der große Schwerpunkt des Gipfels in Heiligen-
damm sein.

Wir wollen die Reformpartnerschaft mit Afrika fort-
setzen und ausbauen. Die afrikanischen Staats- und Re-
gierungschefs der fünf NEPAD-Gründerstaaten sowie
der Präsident der Afrikanischen Union, der ghanaische
Staatspräsident, werden am 8. Juni 2007 in Heiligen-
damm dabei sein. Wir wollen als G 8 die Unterstützung
für die Länder Afrikas betonen, die Verantwortung über-
nehmen und Reformen vorantreiben. Dies ist ein beson-
deres Anliegen der gesamten Bundesregierung und ins-
besondere auch unserer Entwicklungshilfeministerin.

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(C (D Meine Damen und Herren, wir haben in den letzten agen beim Africa Partnership Forum wieder gespürt, ie wichtig unser Engagement für unseren Nachbarkon inent ist. Wir sehen: Afrika ist in Bewegung. Es gibt beindruckende Persönlichkeiten. Mehr und mehr Staaten n Afrika werden demokratisch. Zahlreiche afrikanische taaten haben inzwischen ein stabiles Wirtschaftswachs um von über 5 Prozent, und die Zahl der bewaffneten onflikte in Afrika nimmt ab. Auf der anderen Seite bleibt aber noch sehr viel zu un. Wie schwierig der Prozess der Demokratisierung nd hin zur Rechtsstaatlichkeit ist, wurde jüngst durch ie Unregelmäßigkeiten bei den Wahlen in Nigeria wieer gezeigt. Mit allergrößter Sorge verfolgen wir auch ie Situation in Simbabwe. Die massive Einschüchteung und Verfolgung politischer Gegner und die landeseite Zerstörung von Armenvierteln sind durch nichts u rechtfertigen. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir unterstützen natürlich die Vereinten Nationen und
ie Afrikanische Union auch bei ihren Bemühungen um
in tragfähiges Friedensabkommen für die Region Dar-
ur. Die Menschen in der Region müssen endlich durch
ine gemeinsame Friedensmission von Afrikanischer
nion und UN geschützt werden. Es gibt zwar immer
ieder leichte Fortschritte, aber für die betroffenen Men-

chen geht dies alles viel zu langsam. Deshalb wird von
eiligendamm ein ganz klares Signal ausgehen.

Die Millenniumsziele für Afrika sind festgelegt. Die
hase der Zieldefinition in der internationalen Staaten-
emeinschaft ist vorbei. Jetzt geht es um die Umsetzung.
s steht dabei viel politische Glaubwürdigkeit auf dem
piel. Unsere weitreichenden Zusagen, die wir in den

etzten Jahren zur Steigerung unserer öffentlichen Ent-
icklungsleistung gemacht haben, können Früchte tra-
en. Wir werden diese Zusagen einhalten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


ch sage das ganz deutlich. Wir werden dazu auch neue
ege gehen müssen, indem wir zum Beispiel innovative

inanzinstrumente nutzen. Ich könnte mir vorstellen,
ass im Rahmen der parlamentarischen Beratungen zur
ersteigerung von CO2-Zertifikaten auch Projekte des
limaschutzes im Sinne der Entwicklungspolitik durch-
esetzt werden könnten. Das wäre ein neuer Weg. Ich
ürde das begrüßen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir erwarten aber zugleich von unseren afrikanischen
artnern, dass sie in ihren Reformbemühungen auch
nergisch voranschreiten. Wir brauchen effiziente Insti-
utionen und Strukturen. Ansonsten werden die Mittel,
ie wir seitens der entwickelten Länder einsetzen, nicht
ei den Menschen ankommen. Das wäre fatal.

Wir streben den kontinuierlichen Aufbau funktionsfä-
iger Gesundheitssysteme in Afrika an. Im Kampf gegen






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(B) )


Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel
HIV/Aids unterstützen wir – so wie es vereinbart ist –
den universellen Zugang zu Prävention, Therapie und
Versorgung bis 2010. Hier müssen alle Beteiligten – in-
ternationale Organisationen, die afrikanischen Staaten
und die Pharmaindustrie – noch erhebliche Anstrengun-
gen unternehmen.

Zur Bekämpfung von HIV/Aids, Tuberkulose und
Malaria hat die Bundesregierung ihre bilateralen Förder-
mittel in 2007 bereits um 400 Millionen Euro erhöht.
Als G-8-Vorsitz streben wir für Ende September auch
eine zufriedenstellende Wiederauffüllung des Global
Funds an.

Meine Damen und Herren, ich glaube, uns allen ist
klar, dass es in unserem eigenen Interesse an einer stabi-
len Weltordnung liegt, dass der afrikanische Kontinent
wirtschaftlich und politisch nachhaltige Fortschritte
macht. Unsere Agenda für den G-8-Gipfel – die sieben
Themen zu den Schwerpunkten Weltwirtschaft, Klima-
schutz und Zukunft Afrikas – zeigt insgesamt eines: Wir
wissen um Deutschlands Verantwortung in der Welt.

Gemeinsam mit den Staats- und Regierungschefs der
G-8-Länder und der wichtigsten Schwellenländer wollen
wir der Globalisierung ein menschliches Gesicht geben.
Dazu wollen wir die richtigen Rahmenbedingungen für
mehr Wachstum und Beschäftigung setzen, und wir wol-
len Lösungen für die großen gemeinsamen Herausforde-
rungen der Menschheit wie den Klimaschutz und die Zu-
kunft Afrikas finden.

Wachstum und Verantwortung: Das ist die große
Chance der deutschen G-8-Präsidentschaft. Wir danken
allen, die daran mitarbeiten, dass aus dieser Chance auch
eine Realität wird: den Organisationen, den Mitgliedern
dieses Parlaments und den vielen Bürgerinnen und Bür-
gern, die sich für eine zukunftsfähige, menschliche Welt
engagieren.

Herzlichen Dank.


(Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU – Beifall bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1610000200

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem

Kollegen Dr. Guido Westerwelle für die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Guido Westerwelle (FDP):
Rede ID: ID1610000300

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Frau Bundeskanzlerin, zunächst einmal möchte ich
mich an Sie wenden: Wir, die liberale Opposition, wün-
schen Ihnen bei Ihrer Präsidentschaft bei dem G-8-Gip-
fel Erfolg im Interesse der Sache, Erfolg im Interesse un-
seres Landes. Es ist im überparteilichen Interesse, dass
der G-8-Gipfel hier in Deutschland, in Heiligendamm,
insgesamt ein Erfolg wird.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Das, was Sie, Frau Bundeskanzlerin, in Ihrer Regie-
rungserklärung als Ziele und als Arbeitsprogramm ge-

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(C (D annt haben, findet – wenn man von den innenpolitichen Ausflügen Ihrer Erklärung absieht – ausdrücklich uch die Zustimmung und Unterstützung der liberalen raktion in diesem Hause. Wir sind der Überzeugung, ass es vor allen Dingen richtig ist, bei dem G-8-Gipfel n Heiligendamm die Chancen der Globalisierung zu utzen und zu unterstreichen; denn wer immer nur über ie Risiken der Globalisierung redet, verpasst auch alle hancen. eswegen ist Zuversicht bei dieser Debatte notwendig. Die Globalisierung ist nicht irgendetwas, was einige erren oder Damen Staatschefs in irgendwelchen Kon erenzen oder Tagungen verabredet hätten. Die Globaliierung ist in Wahrheit eine Zwangsläufigkeit, eine Ercheinung unserer Zeit. Sie ist – wenn man so will – die wingende Begleiterscheinung des technologischen ortschritts. Dass es einen internationalen Wettbewerb in der Wirtchaft und internationalen Handel gibt, ist ja nichts eues. In neuer Qualität hinzugekommen ist der Faktor eit. Deswegen spricht man auch zu Recht von einer ochgeschwindigkeitsglobalisierung. Wir haben eben icht mehr die Zeit, die wir vielleicht noch vor einigen ahren hatten, um uns auf das Neue einzustellen. Das iegt an den Informationstechnologien und auch an dem asant steigenden Wettbewerbsdruck aus anderen Länern. So wie es in den letzten 20 Jahren Staaten, die wir imer als klassische Entwicklungsländer betrachtet haben, eschafft haben, zu Schwellenländern zu werden, so wie s Schwellenländer geschafft haben, mehr und mehr zu ändern der Ersten Welt zu werden, so ist es auch keine elbstverständlichkeit, dass sich Länder, die heute in der rsten Liga sind, auch in 20 Jahren noch dort befinden erden. Mit anderen Worten: In Zeiten der Hochge chwindigkeitsglobalisierung können 20 Jahre über den ufstieg oder den Fall einer Nation entscheiden. Deswegen sind die derzeit in Deutschland zu vermelenden guten Wirtschaftsdaten kein Grund zu selbstzuriedenem Zurücklehnen, sondern ein Grund, jetzt erst echt die Strukturreformen anzupacken. Wenn wir die trukturreformen jetzt abermals vertagen, weil wir glauen, wir seien eigentlich aus dem Gröbsten heraus, dann ird uns die nächste Konjunkturkrise doppelt so hart reffen. Das ist keine verantwortliche Politik. Viele sprechen ausschließlich von der wirtschaftlihen Komponente der Globalisierung. Ich glaube, dass as zu kurz gegriffen ist. Bei der Globalisierung geht es ben nicht nur – weder ausschließlich noch überwiegend – m die Globalisierung der Wirtschaft. Es geht in weiten eilen auch um die Globalisierung von Wertevorstel ungen. Es geht zum Beispiel darum, dass der Rechtstaat global möglich wird. Es geht darum, dass Werte auch humanistische, menschliche Werte – im Rahmen er Globalisierung weltweit Gehör finden. Dr. Guido Westerwelle Das, was wir einst in Zeiten der neuen Ostpolitik in der damaligen sozialliberalen Koalition als Parole ausgegeben haben – „Wandel durch Handel“ –, ist etwas, was in Zeiten der Globalisierung natürlich auch stattfinden wird. Nur wenn wir wirtschaftlich vernetzt sind, haben wir die Chance, dass auch unsere Ideale und Werte in den Ländern Gehör finden, wo sie derzeit noch unterdrückt werden. Die Globalisierung ist deswegen nicht das Schreckgespenst eines bösen Kapitalismus, sondern eröffnet die Chance, dass Menschenrechte, Bürgerrechte und Werte weltweit Geltung finden. Die Globalisierung bietet so gesehen vor allen Dingen eine Chance für uns und das, was wir in Deutschland als wichtig und wertvoll ansehen. Die Entwicklungsländer haben – es ist gut, Frau Bundeskanzlerin, dass Sie insbesondere auf die Afrikapolitik hingewiesen haben – durch die Globalisierung vor allen Dingen Chancen bekommen. Kolleginnen und Kollegen von der politischen Linken in diesem Haus, Sie fordern in Ihrem Antrag „Armutsbekämpfung statt Freihandelspolitik“. Genau das ist der Denkfehler in Ihrer Politik. Wer den Welthandel fairer machen will, der muss ihn eben freier machen. (Beifall bei der FDP – Ulla Lötzer [DIE LINKE]: Nur für die Konzerne freier!)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der FDP)


Das gilt nicht nur für uns und unsere Exporte. Vielmehr
müssen wir uns als Europäer ein neues Denken aneig-
nen. Frau Bundeskanzlerin, Sie haben recht, wenn Sie
sagen, auch andere Länder müssten sich für europäische
Produkte öffnen. Aber wir müssen fairerweise hinzufü-
gen: Das gilt auch für Europa. Ich denke zum Beispiel an
die Agrarprodukte. Auch hier muss ein faires, wettbe-
werbliches Modell eingeführt werden, das es anderen
Ländern ermöglicht, ihre Produkte bei uns abzusetzen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Industrieländer müssen sich also öffnen. Das sind
positive Seiten der Globalisierung, die nun möglich sind.
Entwicklungspolitik ist auch zukunftsorientierte Han-
delspolitik, die zu mehr Wohlstand, Bildung, Gesundheit
und Rechtssicherheit führt.

Frau Bundeskanzlerin, Sie haben einen Ausflug in die
Innenpolitik gemacht. Ich habe nicht die Absicht, der
Versuchung zu widerstehen, das zu beantworten. Wenn
Sie hier allen Ernstes den Eindruck erwecken, als wären
die derzeit guten Wirtschaftswachstumszahlen in
Deutschland teilweise oder sogar überwiegend das Er-
gebnis Ihrer Arbeit in der Regierung oder der Koalition,
dann schmücken Sie sich nicht nur mit fremden Federn,
sondern Sie ruhen sich sogar auf gestohlenen Kissen re-
gelrecht aus.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Sascha Raabe [SPD]: Richtig! Das war die Agenda 2010! Jetzt haben Sie es endlich begriffen, Herr Westerwelle! – Fritz Kuhn W d s W D l D d U A m r g g s n u w g s G D f D g W n K s d t d s s i h k n h e d D s w E i M (C (D [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Darauf warten wir schon lange!)


enn Sie an dieser Stelle etwas nach vorne blickten,
ann müssten Sie meines Erachtens selbstkritisch fest-
tellen: Wenn nach fünf Jahren weltwirtschaftlichen
achstums der Aufschwung endlich im ersten Jahr in
eutschland wirklich ankommt, dann gibt das eher An-

ass zur Sorge als zur Selbstzufriedenheit.


(Beifall bei der FDP)


eswegen ist es eine Posse, wenn die SPD ruft: „Das ist
er Schröder-Aufschwung“, und dann kommt von der
nion: „Nein, das ist der Merkel-Aufschwung.“ Der
ufschwung hat mehr mit dem milden Winter zu tun als
it dieser Regierung.


(Beifall bei der FDP)


Frau Bundeskanzlerin, Sie haben mit Geschick die
ichtigen Thesen aufgestellt, was die Energiepolitik an-
eht. Sie haben vor allen Dingen Ihre Klimaschutzziele
enannt. Das, was wichtig wäre, haben Sie aber nicht ge-
agt, nämlich das, was streitig ist, und zwar nicht nur in-
erhalb der Regierung, sondern vor allen Dingen auch
nter den am G-8-Gipfel teilnehmenden Ländern. Wenn
ir in Deutschland ernsthaft der Überzeugung sind, dass
egen den Klimawandel gearbeitet werden muss, dann
ollten Sie – anders als alle anderen Länder – beim G-8-
ipfel nicht auf den Ausstieg aus der Kernenergie in
eutschland bestehen. Wer den Klimawandel bekämp-

en will, der darf nicht aus der Kerntechnologie in
eutschland aussteigen; denn es ist eine Illusion, zu
lauben, wir könnten den Klimawandel mit einigen
indgeneratoren aufhalten. Wir brauchen beides: rege-

erative Energien und – das sage ich ausdrücklich – die
erntechnologie. Beides gehört intelligenterweise zu-

ammen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Schließlich möchte ich eine Schlussbemerkung zu
en Protesten und den berechtigten Anliegen, die vorge-
ragen werden, machen. Es ist völlig selbstverständlich,
ass auch Staatschefs beim G-8-Gipfel es ertragen müs-
en, dass gegen sie demonstriert wird. Es ist völlig
elbstverständlich, dass das nicht mit dem vergleichbar
st, was beispielsweise Präsident Putin in Samara gesagt
at. Es soll übrigens ausdrücklich die Festigkeit aner-
annt werden, mit der Sie dort russische Defizite be-
annt haben. Ich finde es gut, dass dies geschieht. Ich
abe gar kein Problem damit, das anzuerkennen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Eines muss aber auch klar sein: Wer meint, er habe
in Recht auf Widerstand, das auch Gewalt einschließt,
er setzt sich ins Unrecht. Wer meint, er könne bei der
emonstration für noch so anerkannte Ziele Gewalt ein-

etzen, der wird ein Strafverfahren ernten; denn wenn
ir die Gewalt von links akzeptieren, dann wird es ein
cho auf der rechten Seite geben. Gewalt ist kein Mittel

n der Politik. Wir müssen auch über die staatlichen
aßnahmen reden, die wir ergreifen. Wenn man die






(A) )



(B) )


Dr. Guido Westerwelle
Bundeswehr und ihren Einsatz in Afghanistan in einen
Terrorismuszusammenhang stellt oder das Wirken der
deutschen rechtsstaatlichen Polizei mit der Stasi ver-
gleicht, dann tun wir unserem demokratischen Rechts-
staat keinen Gefallen, sondern wir provozieren eine
Fehlentwicklung, die nicht gut ist.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Deswegen: Viel Erfolg für Sie bei dem Gipfel. Wir
hoffen allerdings sehr, dass Sie dort auch das anspre-
chen, was Sie hier im Hause verschweigen, weil Ihnen
der Frieden in der Koalition wichtiger ist. Manches kann
man verstehen, aber wenn die Interessen unseres Landes
nicht ausreichend verfolgt werden, dann stößt das auf
Unverständnis und Kritik. Ich jedenfalls hoffe sehr, dass
Deutschland bei diesem G-8-Gipfel ein guter und würdi-
ger Gastgeber ist und Bilder des Friedens und nicht der
Gewalttaten in die Welt gesendet werden.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Volker Kauder [CDU/CSU]: Das wird so sein!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1610000400

Der Kollege Ditmar Staffelt ist der nächste Redner für

die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Ditmar Staffelt (SPD):
Rede ID: ID1610000500

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Wegen der Bedeutung des G-8-Gipfels wollte
ich mich eigentlich innenpolitischer Polemik enthalten;
ich will aber doch auf die von Herrn Westerwelle aufge-
worfene strittige Frage, wer nun für den Aufschwung
verantwortlich ist, wenigstens eine Antwort geben: Die
FDP ist es mit Sicherheit nicht gewesen. Deshalb sollten
Sie sich etwas zurückhalten.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Der G-8-Gipfel in Heiligendamm bietet eine hervorra-
gende Möglichkeit, von Deutschland aus wichtige Im-
pulse für die Zukunftsfragen unserer Welt zu setzen.
Jene, die in G 8 eine nicht legitimierte Weltregierung se-
hen, missverstehen G 8, so glaube ich, trefflich. Niemand
will G 8 etwa zu einem UNO-Ersatzinstrument entwi-
ckeln, wir Deutsche, die wir den Multilateralismus auf
unsere Fahnen gesetzt haben, schon gar nicht. Ich frage
also die Kritiker: Wie sollen wir Globalisierung gestalten,
die Klimakatastrophe abwenden, fairen Wettbewerb or-
ganisieren, menschenwürdige Arbeitsbedingungen ent-
wickeln und den armen Ländern eine Perspektive geben,
wenn nicht die Industrieländer gemeinsame Strategien
entwickeln und Initiativen vorbereiten? Wichtig ist also
nicht die Form, sondern der Inhalt.

Ich finde, dass dieser G-8-Gipfel eine Agenda hat, die
sich sehen lassen kann, die alle wichtigen Themen, die
die Welt bewegen und ihre Zukunft in ganz wesentlichen

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(C (D ragen bestimmen werden, enthält. Ich finde auch, dass ich die deutsche G-8-Präsidentschaft in dieser Frage isher hervorragend geschlagen hat. Der immer wieder geäußerte Vorwurf, die G 8 beühe sich nicht in ausreichender Weise um den Frieden n der Welt und die Entmilitarisierung, ist doch nichts als opulismus; das stimmt mit den Fakten doch in keiner eise überein. Die außenpolitische Agenda des G-8ipfels ist voll von Vorschlägen für Lösungen von Kon likten in dieser Welt. Auch hier muss man sagen: Die egierung der Bundesrepublik Deutschland ist ein wich iger Mediator, ein wichtiger Impulsgeber für mehr Frieen auf dieser Welt. Ich finde, auch das ist aller Anerennung wert. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


In einer Welt, die die alte Nachkriegsordnung sichtbar
inter sich gelassen hat, die sich multipolar entwickelt,
ie neue starke wirtschaftliche Zentren herausbildet, ist
er enge Dialog mit den Schwellenländern unerlässlich.
ir begrüßen deshalb, dass der Beginn eines strukturier-

en Dialogs zwischen G 8, China, Indien, Brasilien, Me-
iko und Südafrika von Heiligendamm ausgehen wird.

Der Prozess der Einbindung der Schwellenländer in
lobale Verantwortung muss eine der herausragenden
ielsetzungen der G-8-Aktivitäten werden. Global Go-
ernance wird ohne Schwellenländer nicht denkbar und
or allem nicht erfolgreich sein. Ohne ihre Einbindung
n ein System des effektiven Multilateralismus drohen
ns auf der Welt zusätzliche Instabilitäten, Konflikte und
auerturbulenzen. Vor allem würden wir an einem ge-
indert werden: die Schattenseiten der Globalisierung
Armut, Ausbeutung und Umweltschäden – gemeinsam

u bekämpfen. Wenn hier keine tragfähige Basis gefun-
en wird, dann wird es uns, glaube ich, sehr viel schwe-
er fallen, den Demokratie- und Wertedialog mit die-
en Ländern zu führen. Frau Bundeskanzlerin, wir halten
s deshalb für wünschenswert – das sage ich ausdrück-
ich –, diese neue Form des Dialogs unbedingt fortzufüh-
en und den G-8-Erweiterungsgedanken der britischen
egierung nicht völlig zu verwerfen.

Viele Entwicklungen in der Welt werden aber auch
on der Reformfähigkeit der Industriestaaten selbst
bhängen. Mit Sorge sehen wir den fortschreitenden
ertrauensverlust globaler Institutionen, die Zunahme
on Regionalismus und Protektionismus. Umso wichti-
er ist es, dass auch von Deutschland weitere Impulse
ür die Reform des IWF und der Weltbank ausgehen. Ihr
uftrag muss konzentriert werden, und vor allem muss
urchgesetzt werden, dass die Schwellenländer ein stär-
eres Mitspracherecht erhalten.

Es ist im Interesse des Ganzen, aber auch in unserem
nteresse: Wir brauchen Regeln und Standards in dieser

elt. Die freien Weltmärkte sind wichtig und alternativ-
os. Aber ohne Regeln, ohne Standards werden sie einen
chaden verursachen, den wir so nicht akzeptieren wol-

en und können.






(A) )



(B) )


Dr. Ditmar Staffelt

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Deshalb ist es außerordentlich wichtig, dass gerade mit
den Schwellenländern gemeinsam die uns bewegenden
Fragen einer Regelung zugeführt werden. Ich begrüße
ausdrücklich, dass es Finanzminister Steinbrück gelun-
gen ist, mehr Transparenz in die globalen Finanzmärkte
einzuführen. Es ist nicht hinnehmbar, dass Hedgefonds
Meldepflichten und aufsichtsrechtliche Vorschriften um-
gehen, denen alle anderen institutionellen Anleger unter-
worfen sind.


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist gescheitert!)


Ich glaube, dass hier keine schnellen Ergebnisse zu
erwarten sind. Aber es ist ein Anfang gemacht. Herr
Kollege Kuhn, ich muss Ihnen ganz offen sagen – Sie
wissen das genauso gut wie ich –: Da werden ganz dicke
Bretter gebohrt; aber wir sollten anerkennen, dass unsere
Bundesregierung einen Fuß in die Tür gesetzt und damit
einen ersten Schritt gemacht hat. Damit ist ein Weg vor-
gezeichnet, der zum Erfolg führen kann.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Ähnliches gilt doch auch für den Klimaschutz, der
Sie so bewegt. Selbstverständlich haben die G-8-Staaten
und auch die Schwellenländer äußerst unterschiedliche
Auffassungen über dieses Thema. Selbst wenn im Mo-
ment nicht zu erwarten ist, dass es unter der Bush-Regie-
rung in den USA zu Verpflichtungen entsprechend dem
Kiotoprotokoll kommen wird, müssen wir doch sehen:
Der Prozess des Dialogs hat in den Vereinigten Staaten
von Amerika zu erheblicher Bewegung geführt. Diese
Bewegung müssen wir aufnehmen. Wir müssen sie ka-
nalisieren. Hierbei kann Deutschland mit seinen Erfah-
rungen im Bereich des Umweltschutzes und des Klima-
schutzes eine herausragende Rolle spielen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich begrüße ganz ausdrücklich das Engagement der
Bundesregierung im Bereich der Arbeits- und Sozial-
standards. Es hat viele Jahre eine gewisse Reserviertheit
gegeben, die ILO-Kernarbeitsnormen auf der internatio-
nalen Ebene in den entsprechenden Gremien überhaupt
zu erörtern. Wir haben jetzt eine klare Linie. ILO-Kern-
arbeitsnormen und anderes wie OECD-Leitlinien für
multinationale Unternehmen oder auch Global Compact
sind das, was wir brauchen, um zum einen unsere Ar-
beitsplätze zu schützen und zum anderen menschenwür-
dige Arbeitsverhältnisse in den Ländern der Dritten Welt
und in den Schwellenländern zu ermöglichen. Deshalb
müssen wir uns vorbehaltlos dazu bekennen.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Christian Ruck [CDU/CSU])


Lassen Sie mich nur anmerken, Frau Bundeskanzle-
rin: Aus meiner Sicht ist es von Mindeststandards zu
Mindestlöhnen kein allzu weiter Weg. Vielleicht könn-
ten Sie auch das in dem Zusammenhang noch einmal
überdenken.

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(C (D (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


WTO und Doharunde. Wir streiten gemeinsam dafür,
ass die Dohaentwicklungsrunde doch noch ein Erfolg
ird. Die Industrieländer, die USA, aber auch Europa,
üssen sich bewegen – das ist schon zu Recht gesagt
orden –, weil ansonsten die Entwicklungsländer in die
efensive gedrängt werden und der Vorsprung der In-
ustrieländer und der Schwellenländer weiter wächst.
as kann nicht im Sinne einer vernünftigen Politik zur
estaltung einer menschenwürdigen Welt sein. Hier
uss es vonseiten der Industrieländer, vor allem der
SA, aber auch der Europäischen Union, noch ein Stück
ehr Bewegung geben. Darum bitten wir ganz aus-

rücklich.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Christian Ruck [CDU/CSU])


Dialog ist unbedingt erforderlich, weil es in diesem
and beim Thema Globalisierung Defizite und Ängste
ibt. Die Erfahrungen sind sehr unterschiedlich. Wir
üssen – da gebe ich den Vorrednern recht – sehr viel

ffensiver mit diesem Thema umgehen. Wir als Deut-
che müssen bei diesem Thema sehr viel mehr Gestal-
ungsbereitschaft an den Tag legen. Wir haben eine hohe
eputation in der Welt, die uns in die Lage versetzt, so
u verfahren. Also: Der G-8-Gipfel in Heiligendamm
arf keine Eintagsfliege bleiben. Die Diskussion der
hemen dieses G-8-Gipfels muss fortgeführt werden,
uch hier im Hause, mit entsprechender parlamentari-
cher Begleitung.

Noch ein kurzes Wort zum Thema Demonstrations-
echt. Für uns Sozialdemokraten steht außer Frage: Der
chutz der Gäste muss gewährleistet sein. Dennoch sa-
en wir unserem Verständnis entsprechend – wir gehen
avon aus, dass das im gesamten Haus so gesehen wird –
ehr deutlich: Das Prinzip der Verhältnismäßigkeit darf
uf gar keinen Fall verletzt werden.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


s darf nicht aus jedem friedlichen Demonstranten ein
otenzieller Gewalttäter werden. Deshalb kommt es sehr
arauf an, den bewährten Sicherheitskräften auch poli-
isch noch einmal diesen Rahmen klarzumachen, damit
m Ende in diesem Land und in der Welt über die The-
en des G-8-Gipfels und nicht über Auseinandersetzun-

en vor Ort diskutiert wird. Es wäre um die Themen und
m den G-8-Gipfel sicherlich mehr als schade.


(Beifall bei der SPD)


Meine Damen und Herren, ich bekenne mich ganz
usdrücklich dazu, dass wir als Deutsche eine wichtige
ufgabe bei den G 8 wahrnehmen. Ich sehe bei aller
ritik und allen Defiziten, die es auf diesem Globus na-

ürlich immer noch gibt, dass die Bundesregierung als
räsidentschaft einen richtigen Pfad beschritten hat. Ich
ünsche dem Gipfel, Ihnen allen guten Erfolg.

Schönen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1610000600

Dr. Gregor Gysi ist der nächste Redner für die Frak-

tion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610000700

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Frau Bundeskanzlerin, Sie wissen, ich versuche
immer, zu differenzieren.


(Lachen bei der CDU/CSU)


– Warten sie doch ab. – G 8 ist immer noch besser als
G 1, denn G 1 hieße, dass die USA ganz allein, ohne sich
überhaupt mit jemandem zu unterhalten, alles entschie-
den, was auf der Welt passiert. Das wollen wir nun auf
gar keinen Fall.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich füge aber hinzu: G 8 ist nicht legitimiert. G 8 spielt
sich als Weltregierung auf. Es gibt keinen einzigen Be-
schluss der Organisation der Vereinten Nationen, der das
legitimiert.


(Beifall bei der LINKEN)


Sie reden dort über Afrika; sie reden über Lateiname-
rika. Aber am G-8-Gipfel ist kein einziges afrikanisches
Land beteiligt; es ist kein einziges lateinamerikanisches
Land beteiligt. Große Teile der Welt sind ausgelassen.
So kann man nicht demokratisch legitimiert Weltpolitik
machen.


(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Das Ganze hat eine Struktur. Sie nennen sich Präsi-
dentin des G-8-Gipfels. Ja, was ist denn das? Gibt es hier
ein Statut? Gibt es hier irgendetwas? Das ist einfach so
entstanden, um Weltpolitik zu machen, und zwar ohne
Beteiligung der UNO. Das ist nicht legitim. Hier ist der
Protest legitim, der sagt: Wir wollen eine demokratisch
reformierte UNO, die Weltpolitik macht.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich weiß, an einem Tag haben Sie die afrikanischen
Staatschefs vorgeladen. Das macht das Ganze nicht legi-
timer, das sage ich hier ganz deutlich.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es stimmt, entscheidend ist der Inhalt. Darauf haben Sie
auch verwiesen. Worüber wird diskutiert? Es wird zum
Beispiel darüber diskutiert, dass China mehr exportiert
als importiert. Das stört die USA, das stört die EU, und
das stört Japan. Es ist interessant, dass dies auch
Deutschland stört. Wenn es ein Land gibt, das deutlich
mehr exportiert als importiert, dann ist das Deutschland.
Wieso erlauben wir das gerade den Chinesen nicht? Ich
kann das nicht begreifen.


(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der CDU/CSU: Das ist das Problem!)



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(C (D Ja, das ist das Problem. Sie aber haben viel größere robleme. Ihre Probleme möchte ich nicht haben. Dazu age ich noch etwas. ie wollen über Hedgefonds diskutieren. Hinsichtlich er Hedgefonds haben Sie selbst gesagt, dass es nur ein aar Empfehlungen gibt. Frau Bundeskanzlerin, ich bitte ie, wer einen Hedgefonds leitet, der kümmert sich nicht m solche albernen Empfehlungen. ntweder Sie greifen ein und verständigen sich auf Vernderungen in der Politik, die durchgreifen, oder Sie önnen es bleiben lassen. Das muss ich ganz deutlich saen. Die Hedgefonds agieren doch, wie sie wollen. Und berhaupt: Wieso loben Sie die so? Sie haben einen tellvertreter, der diese Fonds einmal Heuschrecken geannt hat. Was ist nun die Wahrheit? un bitten Sie die Hedgefonds um Transparenz. Dann önnen Sie die auch gleich bitten, sich aufzulösen. Das erden die aber nicht machen. Dann soll es um Klimaschutz gehen. Da sind wir uns inig, hier muss weltweit etwas passieren. Da haben Sie echt, Frau Bundeskanzlerin. Ich weiß auch, dass Sie ich diesbezüglich engagieren. Es wäre aber ehrlich, enn Sie hier sagten, die USA werden dem Kiotoabommen auch nach diesem Gipfel nicht beitreten. Da sie as nicht machen, kommen wir diesbezüglich nicht weier. Präsident Bush wird Ihnen jovial auf die Schulter lopfen. Das ist alles, was passiert. Das ist die Tragik. ier müssen Sie energischer werden, und zwar mit den nderen zusammen. Weil wir das Klima und die enschheit retten wollen, können die USA nicht so wei ermachen. Das gilt übrigens auch für China. Das muss an genauso deutlich sagen. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN)


Dann soll es um Afrika gehen. Schon im Jahr 2003
st auf dem G-8-Gipfel beschlossen worden, die Ent-
icklungshilfe für Afrika deutlich aufzustocken. Wenn
an den Schuldenerlass für Nigeria abzieht, dann hat

ich die Entwicklungshilfe seit 2003 um 2 Prozent ge-
teigert. Das ist alles, was passiert ist. Nun gibt es den
ata-Report der Sänger Bono, Bob Geldof und Herbert
rönemeyer. Sie haben festgestellt, dass nur Japan und
roßbritannien ihr Soll bezüglich der Entwicklungshilfe

rfüllt haben. Es werden auch die Länder aufgezählt, die
hr Soll nicht erfüllt haben. Dazu gehören die USA,
rankreich, Kanada und Deutschland. Sie spucken hier
roße moralische Töne. Das Erste wäre doch wohl, dass
an seine Pflichten diesbezüglich erfüllt. Das haben wir

icht gemacht.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Dr. Gregor Gysi
Das Problem beim G-8-Gipfel ist, dass es nicht um
eine gerechtere Weltwirtschaftsordnung geht. Ich nenne
Ihnen einmal zwei Beispiele – auch wenn wir andere
Auffassungen bezüglich des Freihandels haben als die
FDP –, wo das Gegenteil passiert:

Nehmen wir einmal das Beispiel Lebensmittel. Le-
bensmittel sind in Europa hoch subventioniert. Das kann
man in Europa hinnehmen; das hat etwas mit der Sicher-
heit von Arbeitsplätzen in der Landwirtschaft usw. zu
tun; das ist jetzt aber nicht mein Thema. Mein Thema ist:
Die subventionierten Lebensmittel nach Asien und
Afrika zu exportieren, ist eine Frechheit,


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


weil die Länder dort natürlich umgekehrt gar keine Mög-
lichkeit zu solchen Subventionen haben. Das ist dann
auch kein freier Handel, sondern subventionierter Han-
del.

Das zweite Beispiel sind Textilien. Bei Textilien ma-
chen wir Folgendes: Auf Importe aus Asien und Afrika
erheben wir hohe Zölle. Dadurch haben die natürlich gar
keine Chance, ihre Textilien hier zu verkaufen. Wenn
afrikanische und asiatische Länder solche Zölle auf un-
sere Textilien erhöben, würde die Weltbank ihnen die
Kredite streichen. Das ist die Wahrheit; darüber können
Sie einmal diskutieren.


(Beifall bei der LINKEN – Widerspruch bei der CDU/CSU und der FDP)


– Ich freue mich, dass Sie sich darüber aufregen. Wissen
Sie, wer das geistige Eigentum an diesen beiden Beispie-
len hat? Heiner Geißler, CDU; der hat das in der Zeitung
geschrieben.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Das ist doch eine Strafe!)


Da sollten Sie ab und zu einmal nachlesen.

Worüber könnte man beim G-8-Gipfel zum Beispiel
sprechen? Ich meine, über die Tobin-Steuer. Wenn Sie
politischen Einfluss auf die Weltwirtschaft nehmen wol-
len, dann bedarf es einer Börsenumsatzsteuer. Sie müs-
sen doch die Dinge lenken. Darf ich daran erinnern, Frau
Bundeskanzlerin, dass selbst Herr Bush nach den ent-
setzlichen Anschlägen von 2001 in New York und
Washington gesagt hat, dass man mehr Regulierung
braucht? Und wissen Sie auch, warum? Weil festgestellt
worden ist, dass die Hinterleute der Anschläge auch
noch reich geworden sind, weil sie wussten, wann die
Anschläge stattfinden, und rechtzeitig die richtigen
Aktien kaufen und verkaufen konnten. Nicht einmal da-
gegen ist bis heute irgendetwas unternommen worden.
Sie akzeptieren einfach das Primat der Wirtschaft über
die Politik, statt das Primat der Politik über die Wirt-
schaft wiederherzustellen.


(Beifall bei der LINKEN)


Worüber sollten Sie reden? Sie könnten über die Be-
endigung der Kriege im Irak und in Afghanistan reden.
Was soll denn die Theorie, die diesbezüglich aufgestellt

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(C (D orden ist, dass das ein wichtiger Krieg gegen den Teror sei? Die Zustände im Irak unter Hussein waren siherlich furchtbar. Aber sie sind doch heute noch viel urchtbarer! Der Krieg hat zu nichts anderem als zu einer rhöhten Bereitschaft zum Terror geführt. rieg ist die Höchstform von Terror, und mit der öchstform von Terror kann man Terror niemals wirk am bekämpfen. Das beweisen Afghanistan und der Irak. Diese Dinge sollte man beenden und zum Völkerrecht urückkehren. Ich sage das hier noch einmal ganz klar: er Krieg gegen Jugoslawien, der Krieg gegen Irak, die peration Enduring Freedom sind und waren völker echtswidrig. enn die führenden Industriegesellschaften das Völkerecht brechen, werden sie keine Chance mehr haben, bei en übrigen über 180 Staaten durchzusetzen, dass diese as Völkerrecht einhalten. Wir zerstören das Recht und etzen an dessen Stelle kein neues. Das ist nicht hinehmbar. Sie könnten und sollten auch über Rüstung reden. ährlich wird für Rüstung auf der Erde ein Betrag von Billion US-Dollar ausgegeben. 75 Prozent dieser Kos en tragen die acht Staaten, die sich zum Gipfel treffen. ie übrigen über 180 Staaten geben von diesem Betrag ur 25 Prozent aus. Was nutzt denn diese militärische berlegenheit? Sie bringt gar nichts. Der Ausweg derjeigen, die militärisch unterlegen sind, ist, dass sie zum error greifen. Das ist das Ergebnis. Lassen Sie uns doch inmal anders denken als in rein militärischen Kategoien! ush schreit immer sofort „Krieg!“, auch wenn der Iran icht so funktioniert. Das löst unsere Probleme nicht; es erschärft sie nur weltweit. Wir brauchen endlich einen nderen Ansatz, auch durch einen Beschluss der Mehreit des Bundestages. (Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


Dann, Frau Bundeskanzlerin, haben Sie gesagt, dass
as alles zum Aufschwung geführt habe, und Sie seien
tolz darauf, dass die ganzen furchtbaren Szenarios nicht
ahr geworden seien. Ich bitte Sie: Aufschwung für wen

igentlich? Ich weiß, die Gewinne der Deutschen Bank
teigen, und Hedgefonds freuen sich. Aber fragen Sie
och einmal die Arbeitslosen, die Rentnerinnen und
entner, diejenigen in Mini- und Midijobs oder in Leih-
rbeitsverhältnissen oder die Kranken, ob sie das Gefühl
aben, es gebe einen Aufschwung für sie.


(Dr. Sascha Raabe [SPD]: 1 Million weniger Arbeitslose!)







(A) )



(B) )


Dr. Gregor Gysi
Ich lese jeden Tag in der Zeitung, dass die Steuereinnah-
men sprudeln. Aber gab es auch nur einen Satz von Ih-
nen dazu, dass es dann endlich auch den Rentnerinnen
und Rentnern, den Kranken und Arbeitslosen besser ge-
hen müsse? Nicht einen Satz!


(Beifall bei der LINKEN)


Herr Staffelt, ich hatte gehofft, Sie würden jetzt nichts
sagen. Sie haben vorhin vom gesetzlichen Mindestlohn
gesprochen. Ich möchte Sie in diesem Zusammenhang
an zwei Punkte erinnern. Erstens. Sieben Jahre lang ha-
ben Sie die Regierung gestellt. Aber Sie sind nicht einen
Tag auf die Idee gekommen, einen gesetzlichen Min-
destlohn einzuführen, obwohl Sie dazu, wie gesagt, sie-
ben Jahre lang Zeit hatten.


(Beifall bei der LINKEN)


Zweitens. Als wir im Wahlkampf für den gesetzlichen
Mindestlohn gestritten haben, da wurde mir auch von
der SPD immer erzählt, dies sei Unsinn. Heute tun Sie
so, als sei es Ihre Idee gewesen. Das ist nicht wahr. Aber
Sie haben in Kürze die Möglichkeit, im Bundestag da-
rüber abzustimmen. Warten wir einmal ab, was dann
passiert.


(Beifall bei der LINKEN)


Es geht bei diesem G-8-Gipfel leider um die Durch-
setzung einseitiger wirtschaftlicher und politischer Inte-
ressen der Industriegesellschaften. Es ist deshalb legitim,
dagegen zu demonstrieren. Dieses Grundrecht ist im
Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verankert.


(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Was ich nicht verstehe und was mir wirklich Sorgen
bereitet, ist die Art der Herangehensweise. Noch bevor
ein Auto gebrannt hat – das Anzünden von Autos verur-
teilen wir genauso wie Sie alle hier –, waren es die Si-
cherheitsbehörden, die meinten, mit Razzien eine solche
Stimmung erst einmal provozieren zu müssen.


(Beifall bei der LINKEN – Jörg van Essen [FDP]: Autos brennen seit Monaten!)


Warum? Sie führen Razzien in der Hoffnung durch, eine
Gegenbewegung zu kriminalisieren.


(Jörg van Essen [FDP]: Die kriminalisiert sich doch selbst!)


Sie hoffen, dass viele sogenannte anständige Leute nicht
mehr zur Demonstration gehen. Aber diesmal passiert
das Gegenteil. Sie haben durch diese Maßnahme viele
aufgeweckt. Diese gehen jetzt zur Demonstration, ob-
wohl sie das ursprünglich gar nicht vorhatten.


(Beifall bei der LINKEN)


Ihr Bundesinnenminister spricht in diesem Zusam-
menhang von Vorbeugehaft. Ich kenne das geltende
Recht diesbezüglich, aber ich sage Ihnen: Ich halte das
für rechtsstaatlich unvertretbar und auch für grundge-
setzwidrig.


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(C (D (Zuruf des Abg. Clemens Binninger [CDU/ CSU])


Wissen Sie eigentlich, was Vorbeugehaft bedeutet? Je-
and wird in Haft genommen, obwohl ihm keine Straf-

at vorgeworfen werden kann. Sie nehmen ihm bis zu
4 Tagen die Freiheit für gar nichts, nur weil Sie sagen:
er könnte ja vielleicht einmal eine Straftat begehen. –

ch bitte Sie! Das ist überhaupt nicht hinnehmbar.


(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der CDU/CSU)


Wenn Sie sich als Entschuldigung auf die DDR beru-
en, dann zeigt das, wie weit es mit Ihnen gekommen ist.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1610000800

Herr Kollege Gysi.


Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610000900

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident.

Ich habe es heute leider zeitlich nicht mehr geschafft
das macht aber nichts –, Ihnen vorzulesen, was in der
Berliner Zeitung“ vom 19. Mai unter der Überschrift
Wie ein Grundrecht verdampft“ geschrieben wurde. Ich
mpfehle Ihnen, einmal nachzulesen, was da ein Mann,
er kein Linker ist, darüber schreibt, wie Sie mit den
rundrechten auf Demonstrations- und Versammlungs-

reiheit hier umgehen. Das ist nicht hinnehmbar.

Danke schön.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1610001000

Das Wort erhält nun der Kollege Matthias Wissmann,

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Matthias Wissmann (CDU):
Rede ID: ID1610001100

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe

olleginnen und Kollegen! Ich bin heute nicht auf Pole-
ik eingestimmt. Aber wenn durch Ihre gesamte Rede,

ieber Herr Kollege Gysi, und auch durch die Linienfüh-
ung der PDS immer wieder die große Skepsis gegen-
ber der Globalisierung durchscheint, dann muss ich
hnen ganz offen sagen: Globalisierung hat mehr Chan-
en als Risiken. Dort, wo Armut und Ungleichheit am
eisten wachsen, ist dies nicht eine Folge der Globali-

ierung, sondern eine Konsequenz abgeschotteter, ge-
chlossener und verstaatlichter Gesellschaften, in denen
orruption und Armut zwangsläufig gedeihen müssen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Ich nenne als Beispiele: Nordkorea, Simbabwe, die
rühere DDR und die frühere UdSSR. Dort geschah das
egenteil von Globalisierung, das Gegenteil von Offen-
eit und das Gegenteil dessen, wofür wir auch bei die-






(A) )



(B) )


Matthias Wissmann
sem G-8-Gipfel eintreten. Auf diesem Gipfel steht das
Thema Globalisierung zu Recht im Mittelpunkt.

Wenn wir uns die letzten Jahrzehnte anschauen, dann
können wir sagen, dass wir Deutsche von der Globalisie-
rung – 8 Millionen Arbeitsplätze sind vom Export ab-
hängig – unglaublich profitiert haben. Unsere Nation ist
nach wie vor die Nummer eins in der Welt in Sachen Ex-
port. Wir kritisieren auch nicht die Chinesen, wenn sie
im Export erfolgreich sind. Wir kritisieren nur fragwür-
dige Methoden, die es gelegentlich bei Exporterfolgen
gibt. Ich nenne beispielsweise Dumpingpraktiken und
Produktpiraterie. Einen Exporterfolg, der auf faire Weise
errungen wurde, gönnen wir jedem, nicht nur uns selbst.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir dürfen nicht vergessen, dass durch die Globalisie-
rung in den letzten Jahrzehnten große Teile der Erde,
große Teile Asiens die Chance hatten, Wohlstandsge-
winne zu erzielen: Malaysia, Singapur, Thailand, Viet-
nam, Indien und China. Sie sind nicht überall vorbild-
lich, aber sie haben enorme Wohlstandsgewinne, und
dies verdanken wir dem freien Welthandel.

Richtig ist aber auch – das ist vorhin schon einmal ge-
sagt worden –, dass wir die Fahne des freien Welthan-
dels nur dann glaubwürdig tragen können, wenn wir
auch vor der eigenen Tür kehren. Unser Konzept, das
Konzept der Bundesregierung, ist nicht das einer Fes-
tung Europa, sondern das eines offenen Europas. Freier
Welthandel ist die beste Entwicklungshilfe; dies gilt
auch für die Länder Afrikas. Deswegen müssen wir un-
sere Grenzen für die Halb- und Fertigwaren aus Afrika
stärker öffnen; deswegen sind wir zentral daran interes-
siert, dass die Doharunde doch noch zu einem Erfolg
wird. Wir hoffen auf ein baldiges Signal für den Erfolg
der Doharunde. Die Reduzierung von Agrarexportsub-
ventionen in Amerika, aber auch in Europa wäre dafür
ein geeignetes und notwendiges Signal. Die Subven-
tionierung von Agrarexporten ist auf Dauer keine gute
Weltwirtschaftspolitik.

Uns allen ist klar – deswegen sind wir froh, dass die
Bundesregierung dies auf die Tagesordnung des G-8-
Treffens in Heiligendamm gesetzt und sie afrikanische
Länder dazu eingeladen hat –, dass Afrika das größte
Sorgenkind der Weltwirtschaft bleibt. Dort gibt es in vie-
len Gegenden Hoffnungslosigkeit; aber es gibt auch Bei-
spiele des Aufbruchs, Hoffnungszeichen für eine wirt-
schaftliche und humanitäre Zukunft.

Ich nenne nur ein Land Afrikas, das dafür in besonde-
rem Maße steht: Botsuana, ein Land von der Größe
Frankreichs. Es hat sich mit seinen nur 1,6 Millionen
Einwohnern zu einem der Musterstaaten des Kontinents
entwickelt. Zwischen 1965 und 1998 stieg das Pro-
kopfeinkommen dort jährlich um durchschnittlich
7,7 Prozent. Auf der Entwicklungsskala des United Na-
tions Development Programme gehört das Land mittler-
weile zu den Spitzenreitern des Kontinents. Auf die
Frage nach dem Warum muss man registrieren, dass hier
– anders als etwa in den Nachbarstaaten Kongo, Sierra
Leone oder Angola – das reichhaltige Vorkommen von
Diamanten und anderen Rohstoffen nicht zu erbitterten

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(C (D erteilungskämpfen und grenzenloser Korruption geührt hat. Botsuana gibt seit vielen Jahren knapp ein rittel seines Haushalts für die Bildung seiner Bevölke ung aus, und dieser Prioritätensetzung ist es zu verdanen, dass heute rund 7 Prozent der jungen Generation eien Hochschulabschluss erreichen konnten. Der ugandische Publizist Andrew Mwenda hat vor enigen Tagen in einer großen deutschen Zeitung geäuert: Das Problem Afrikas ist der Mangel an Good overnance, ist der Mangel an sauberer und effizienter egierungsführung. (Beifall des Abg. Dr. Guido Westerwelle [FDP])


eswegen sollten wir all denen helfen, die eine solche
egierungsführung zu realisieren versuchen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


eiter heißt es: Das Problem Afrikas ist der Mangel an
ffenheit auch untereinander. – Wir Europäer und die
ordamerikaner und die anderen Industriegesellschaf-

en, auch die Schwellenländer, müssen, wenn sie das
rinzip vom freien Welthandel glaubwürdig im Munde
ühren wollen, ihre Grenzen öffnen. Aber auch in Afrika
önnten erhebliche Wohlstandsgewinne erreicht werden,
enn man untereinander den offenen Handel ermögli-

hen würde.

Weiter weist Andrew Mwenda zu Recht darauf hin,
ass ein großes Problem der Kampf gegen den Amts-
issbrauch, gegen den Nepotismus und gegen die Kor-

uption ist. Good Governance in Afrika zu unterstützen
nd zu ermutigen, trägt entscheidend zu einem hoffent-
ich künftigen Erfolg bei.

Es ist gut, dass die Bundeskanzlerin im Zusammen-
ang mit diesem G-8-Meeting die Vertreter Nigerias,
gyptens, Südafrikas, Algeriens und des Senegal sowie
hanas, das aktuell den Vorsitz der Afrikanischen Union
at, zu einem sogenannten Outreach eingeladen hat, also
u einem Strategietreffen über die Frage: Wie können
ir gemeinsam erfolgreicher werden? Denn klar ist na-

ürlich: Das Ringen um eine offene Weltwirtschaft – der
ern des deutschen Erfolgs der letzten Jahrzehnte – wird

uch die kommenden Jahre bestimmen. Für diese offene
eltwirtschaft lohnt sich der Einsatz.

Es ist gut, dass der Klimawandel bei diesem Treffen
n Heiligendamm ein weiteres großes Thema ist. Wir
issen, dass die Beschlüsse der europäischen Ratspräsi-
entschaft, die Reduzierung der Treibhausgase, die Ver-
esserung des Energiemixes und die Förderung erneuer-
arer Energien, ein Zeichen für die Welt sind. Es wäre
ut, wenn beim G-8-Treffen ein ähnliches Signal mög-
ich würde. Ein Beispiel wäre eine gemeinsame Festle-
ung der G-8-Staaten auf eine Effizienzverbesserung des
nergieeinsatzes um 20 Prozent bis zum Jahre 2020.
ünschenswert wäre auch die Konzeption eines CO2-
arkts, der sich global erstreckt, und in den der europäi-

che Emissionshandel eingebettet werden könnte.

Wir müssen ein großes gemeinsames Interesse daran
aben, dass nicht nur Europa um engagierte Ziele zur
ekämpfung der Erderwärmung ringt, kämpft und sich






(A) )



(B) )


Matthias Wissmann
darauf verpflichtet, sondern dass auch Nordamerika,
Asien und die ganze Welt sich diesen Anstrengungen an-
schließen. Denn nur gemeinsam können wir in diesem
Kampf erfolgreich sein.

Eines muss uns klar sein: Heute sind Europa und Nord-
amerika noch für 60 Prozent des Weltsozialproduktes
verantwortlich. Selbst wenn wir in Sachen Wachstum
und Abbau der Arbeitslosigkeit so erfolgreich bleiben,
wie wir es im Jahre 2007 sind: Die relative Größe Euro-
pas und Nordamerikas in der Weltwirtschaft wird in den
nächsten Jahrzehnten nicht zunehmen, sondern abneh-
men. Deswegen werden wir in der Weltwirtschaft des
21. Jahrhunderts um das Konzept der sozialen Markt-
wirtschaft, das uns in Europa bei allen unterschiedli-
chen Parteirichtungen mehr verbindet als vieles andere,
kämpfen müssen.

Ich fand es gut, dass die Bundeskanzlerin auf dem eu-
ropäisch-amerikanischen Gipfel zum ersten Mal eine
Verständigung darüber erreicht hat, dass sich Europa und
Nordamerika, also Europa, Kanada und die USA, in Sa-
chen Regulierungs- oder Ordnungsrahmen in Zukunft
bemühen werden, mehr als bisher gemeinsame Stan-
dards festzulegen. Denn klar ist doch: Gemeinsame
Buchhaltungsregeln, gemeinsame Wettbewerbsregeln,
gemeinsame Transparenzregeln, gemeinsame Regeln ge-
gen Produktpiraterie, gemeinsame Regeln gegen Kor-
ruption sind nicht nur für unsere eigenen Länder, für Eu-
ropa und Nordamerika, notwendig. Wenn wir uns jetzt
darauf verständigen, dann setzen wir damit auch Stan-
dards für andere Teile der Welt. Dann setzen wir, wenn
wir es gut machen, Standards für die ethischen Grundla-
gen einer sozialen Marktwirtschaft, die weit über Europa
hinaus Erfolg haben könnten. Deswegen, Frau Bundes-
kanzlerin, bin ich Ihnen dankbar, dass Sie diese Initiative
ergriffen haben. Jetzt kommt es natürlich darauf an, dass
wir daraus auch etwas machen.

Der G-8-Gipfel stellt die Themen der weltwirtschaft-
lichen Ordnung in den Mittelpunkt. Uns muss klar sein,
was unseren Erfolg in den letzten Jahrzehnten in
Deutschland ausgemacht hat: Export, Technologievor-
sprung, Innovationskraft, Fähigkeit zum Strukturwandel.
Ein Bewusstsein muss aber auch immer wieder dafür ge-
schaffen werden, dass wir diesen Zielen allein mit natio-
naler Wirtschaftspolitik nicht zum Durchbruch verhelfen
können. Deswegen, Frau Bundeskanzlerin, bin ich Ihnen
dankbar, dass Sie beim G-8-Gipfel zusammen mit der
Bundesregierung die richtigen Ziele in den Mittelpunkt
stellen. Wir wünschen Ihnen von Herzen Erfolg. Ich
wünsche mir für den Deutschen Bundestag, dass die Ein-
sicht, dass freier Welthandel die beste Entwicklungshilfe
ist, in allen Reihen noch selbstverständlicher wird – ei-
nes Tages vielleicht sogar bei Ihnen, lieber Herr Gysi.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stimmt ja nicht! – Abg. Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] begibt sich mit Gehhilfen zum Rednerpult)


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(C (D Einen kleinen Augenblick, Herr Kuhn. Ich wollte eine urzintervention zulassen. Aber Sie können gerne hier tehen bleiben; das erspart die unnötige Mühe einer weimaligen Anreise. (Abg. Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] wird ein Stuhl bereitgestellt)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1610001200

Das Wort zu einer Kurzintervention erhält die Kolle-
in Hänsel für die Fraktion Die Linke.


Heike Hänsel (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610001300

Danke schön, Herr Präsident. – Ich finde es schon in-

eressant, dass der Präsident des Verbandes der Autoin-
ustrie hier über Klimaschutz spricht. Das zeigt sehr gut,
n welcher Form hier Politik gemacht wird: dass die
obbyisten die Themen für den G-8-Gipfel vorgeben.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich habe eine konkrete Frage an Sie, Herr Wissmann.
ie haben gerade mehrmals wiederholt, Freihandel sei
ie beste Entwicklungshilfe. Wissen Sie eigentlich, dass
ie Länder des südlichen Afrikas für die Handelsliberali-
ierung in den letzten 20 Jahren 270 Milliarden Euro ge-
ahlt haben und dass das für viele tödlich geendet hat,
eil es ihre Lebensgrundlagen bedroht oder zerstört hat?
as ist die Realität von Freihandel.

Genau deswegen demonstrieren viele Menschen jetzt
ei dem G-8-Gipfel in Heiligendamm. Aus den afrikani-
chen Ländern werden viele Menschen kommen, um zu
agen, was Freihandel für die Menschen in den Ländern
es Südens konkret bedeutet. Deswegen ist es ein Un-
ing, dass sich Vertreter dieser G-8-Staaten abschotten,
inter einem Zaun verstecken. Frau Merkel hat gesagt,
ie möchten diesen Protest hören. Doch so wird das nicht
öglich sein. Das ist diese Form der Undemokratie, ge-

en die wir alle demonstrieren. Es gab heute Morgen
ine Demonstration von jungen Globalisierungskritike-
innen und -kritikern. Die mussten gleich ihre Persona-
ien angeben. Sie haben einige Botschaften mitgebracht.


(Abgeordnete der LINKEN halten Transparente hoch)


hr Verhalten zeigt auch: Das ist Ihr Verständnis von De-
okratie, das ist Ihr Verständnis von einem Austausch
it der Zivilgesellschaft.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Wie spontan!)


as lehnen wir ab.

Sie behaupten immer, sich für eine lebendige Zivilge-
ellschaft einzusetzen, Herr Wissmann.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1610001400

Also, Frau Kollegin – –


Heike Hänsel (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610001500

Ich frage mich: Wo ist Ihre Dialogbereitschaft, wenn

s um Ihre Behauptung geht, Freihandel sei die beste
ntwicklungshilfe?






(A) )



(B) )


Heike Hänsel

(Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1610001600

Frau Kollegin Hänsel, ich finde es ein bisschen unan-

gemessen,


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


die erwartete Großzügigkeit in der Geschäftsführung
durch den Präsidenten einmal mehr zur Inszenierung von
Mätzchen zu benutzen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Unparlamentarisch!)


Das karikiert im Übrigen den Anspruch auf Ernsthaftig-
keit, der in der Wortmeldung ausdrücklich erhoben wird.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Das Wort hat nun der Kollege Fritz Kuhn für die
Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen.


Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610001700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

will dennoch an dieser Kurzintervention anknüpfen.
Denn die Antwort auf die Frage, die hier, auch bei Herrn
Wissmann und in der Regierungserklärung, eine Rolle
gespielt hat – bringt die Globalisierung Chancen für die
ganze Welt, nutzt der Freihandel wirklich allen? –, ist
doch davon abhängig, welche Regeln wir dieser Globali-
sierung heute geben: im Sozialen, im Ökologischen und
auch in den verschiedenen Gerechtigkeitspunkten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN sowie des Abg. Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU])


Aus diesem Grund ist das, was in der Kurzintervention
anklingt, legitim, und es ist richtig, danach zu fragen.
Natürlich gibt es ein Legitimitätsproblem, Frau Merkel;
stellen sich viele Menschen in unserem Land und überall
auf der Welt die Frage: Wenn wir für die Globalisierung
gemeinsame Regeln brauchen, wie kann es dann sein,
dass die G 8, die nur 15 Prozent der Menschen auf dieser
Welt repräsentiert, aber über 60 Prozent des Brutto-
sozialproduktes dieser Welt – übrigens auch 64 Prozent
aller umweltschädlichen Klimagase –, auf ihren Treffen
alleine Entscheidungen oder Vorentscheidungen über die
Gestaltung der Globalisierung treffen soll? Da gibt es
ein Legitimitätsdefizit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Frau Bundeskanzlerin, ich hätte mich gefreut, wenn
Sie sich diesem Legitimitätsdefizit gestellt hätten. Sie
haben die politische Frage nicht aufgeworfen, wie es mit
der G 8 weitergeht. Eine G 13 haben Sie abgelehnt; gut.
Sie haben aber nichts zur Reform der Vereinten Nationen
unter dem Gesichtspunkt der Gestaltung der Regeln für
die Globalisierung gesagt.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


ie wundern sich, dass die Menschen Angst haben; denn
ie sehen in den Kritikern nur Leute, die Angst haben.
s sind aber auch Leute, die zu Recht fragen: Wie kann
s sein, dass eine kleine Minderheit auf der Welt die
anze Entwicklung bestimmen will? Von einer Kanzle-
in, die EU-Ratspräsidentin ist und den G-8-Gipfel führt,
ätte ich eigentlich mehr erwartet. Sie hätte hier etwas
ur Zukunft dieser Institution, die zunächst einmal nur
ine beratende Institution ist, sagen sollen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Meine Fraktion ist der Meinung, dass das deutsche In-
eresse in diesem Zusammenhang zu thematisieren ist.
eutschland hat nicht nur ein Interesse an der Export-
eltmeisterei, sondern vor allem daran, dass alle Länder
ieser Erde in fairer und gleicher Weise von der Globali-
ierung profitieren können. Das Motto der G-8-Tagung
ätte nicht „Wachstum und Verantwortung“ lauten sol-
en, sondern „Wachstum durch mehr Verantwortung für
lle“; denn darum geht es bei dem anstehenden Treffen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Verstärkt wird diese Legitimationsproblematik durch
ie Unverhältnismäßigkeit der angewandten Mittel.
as gilt sowohl für die Polizeirazzia als auch hinsicht-

ich des Umgangs mit der Versammlungsfreiheit. Das,
as da geschieht, ist nicht in Ordnung. Herr
esterwelle, es erstaunt mich, dass Sie als Vertreter ei-

er Partei des Rechtsstaatsliberalismus – das wollen Sie
o gerne sein – davon nichts mehr wissen wollen. Wir
inden, dass das Vorgehen unverhältnismäßig war, und
as wollen wir an dieser Stelle auch sagen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Frau Bundeskanzlerin, ich möchte zum springenden
unkt kommen: Sie haben zwar viele wichtige Themen
enannt, wir lassen Ihnen diese Orgie der Unverbind-
ichkeiten, die Ihre Regierungserklärung ausgezeichnet
at, aber nicht durchgehen. Das funktioniert im
ahr 2007 nicht mehr.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


ehmen wir das Beispiel Klimaschutz. Es ist zwar
roßartig, dass Sie auf dem Gipfel über Klimaschutz,
nergieeffizienz usw. reden wollen. Jetzt kommt es aber
arauf an, dass Sie als Präsidentin verbindliche Verein-
arungen und Anerkenntniserklärungen der G-8-Ge-
einschaft zustande bringen. Bekennen sich alle acht

um Zwei-Grad-Ziel? Bekennen sich alle acht zu den
eduktionsverpflichtungen bis 2050 bzw. konkret bis
um Jahr 2020? Werden Sie mit konkreten Ergebnissen,
twa zu den Emissionszertifikaten, aus dem Heiligen-
amm-Gipfel herausgehen oder nicht? Da hilft ein
chulterzucken – wenn ich das gerade richtig gesehen
abe – nicht. Entscheidend ist vielmehr, dass Sie als Prä-
identin in der Lage sind, gut zu koordinieren und Er-
ebnisse herbeizuführen.






(A) )



(B) )


Fritz Kuhn

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das gilt auch für die die Wirtschaft betreffenden Fra-
gen WTO-Handelsrunde, Doha usw. Bei den Hedge-
fonds lassen wir uns nichts vormachen. Finanzminister
Steinbrück hat einen Vorschlag gemacht, und mit diesem
Vorschlag ist er bei den Amerikanern und Engländern
abgeblitzt. Eine freiwillige Vereinbarung, über die jetzt
nebulös diskutiert wird, ist nicht das, was man sich sei-
tens der Bundesregierung ursprünglich vorgestellt hat.
Wir können doch Zeitung lesen; Sie brauchen keine
Märchenstunde mit uns abzuhalten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Zur Doharunde. Frau Kanzlerin, das hat mich am
meisten enttäuscht. Wir alle wissen, dass die Do-
harunde noch keine Entwicklungsrunde ist. Ich habe es
satt, dass dazu überall Erklärungen abgegeben werden.
Alle sagen nur: Man müsste einmal! Gibt es ein sub-
stanzielles Angebot der G 8, von Ihnen vorgeschlagen,
das den Entwicklungsländern gegenüber ein richtiges
Entgegenkommen ist, sodass die Doharunde zu einer
Entwicklungsrunde werden kann, oder nicht? Schlagen
Sie vor, schrittweise auf die Agrarsubventionen zu
verzichten und den Weltmarktzugang für landwirt-
schaftliche Produkte aus den Entwicklungsländern zu
ermöglichen?


(Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Haben wir doch schon!)


Ja oder Nein? Ein „Wir wollen einmal!“ hilft nicht wei-
ter. Jetzt sind konkrete Vorschläge und am Schluss kon-
krete Ergebnisse gefragt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das gilt natürlich auch für Afrika. Im Jahr 2006 wur-
den die G-8-Entwicklungshilfegelder zum ersten Mal
seit dem Jahr 1997 gekürzt. Wenn Sie sagen, dass Sie
Ihre Verpflichtungen einhalten werden, dann bin ich ge-
spannt, was „wir“ bedeutet. Meinen Sie Deutschland
oder die Zusage, die die G 8 auf dem Gipfel vor zwei
Jahren gemacht hat? Dafür sind Sie als Präsidentin die-
ses G-8-Gipfels verantwortlich.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Damit komme ich zum Schluss zu einem für mich
wichtigen Punkt. Frau Merkel, Sie werden am Ende der
G-8- und EU-Ratspräsidentschaft gefragt werden, ob Sie
nicht nur die richtigen Themen in netter Weise auf die
Agenda gesetzt haben, sondern diese wichtige Doppel-
rolle, die Sie innehaben, genutzt und Ergebnisse zu-
stande gebracht haben, die man verifizieren kann. Was
ist – jenseits aller Lyrik – in den Bereichen Klimaschutz
und Afrikahilfe konkret passiert?

Für mich ist eines wichtig: Sie haben sich zu Beginn
Ihrer Regierungszeit gerühmt, dass Sie gegenüber den
Vereinigten Staaten, der Regierung Bush, einen neuen
Stil beabsichtigen. Unsere Frage nach anderthalb Jahren
lautet: Zahlt sich Ihr nettes Auftreten eigentlich aus? Hat
sich Bush beim Klimaschutz bewegt? Hat er sich hin-
sichtlich des Iraks oder des Nahen Ostens bewegt? Hat

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(C (D r sich bezüglich der Reform der Vereinten Nationen beegt? Hat er sich hinsichtlich der WTO bewegt? Das ind die Fragen, an denen Sie gemessen werden. Meine raktion wünscht Ihnen viel Erfolg bei diesen Themen. ir werden es aber nicht durchgehen lassen, wenn Sie hne Ergebnisse aus Heiligendamm zurückkehren. Da üssen Sie schon mehr liefern als heute in Ihrer Regie ungserklärung. Vielen Dank. Nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Däubler melin für die SPD-Fraktion. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! wei Fragenkreise bestimmen die heutige Diskussion. er erste beinhaltet die Frage: Sind die Schwerpunkte uf dem G-8-Gipfel so gesetzt, dass Chancen zu Fortchritten hinsichtlich einer gerechteren Ausgestaltung nserer Welt – das ist es, was wir wollen – bestehen? Ich enke, dass wir uns dieser Frage sehr viel ernsthafter zuenden müssen, als dies bisher geschehen ist. Der G-8-Gipfel kann nicht allein mit Dominanzstreen gleichgesetzt werden, Herr Gysi. Meiner Ansicht ach ist es viel wichtiger, dass auf diesem Strategietrefen die Verantwortlichkeit gerade dieser Staaten im Rahen der globalen Ordnung, auch im Rahmen der UN-In titutionen, betont werden muss. Ich denke, man sollte it Dankbarkeit anerkennen, dass die Bundesregierung iese Verantwortlichkeit unterstreicht, und dies nicht heunterreden. Die zweite Frage lautet: Ist der Gipfel in Heiligenamm so vorbereitet, dass Deutschland diese Diskussioen in der Tat als guter Gastgeber ermöglichen kann, ass gleichzeitig aber auch die Personen, die gegen dieen Gipfel, seine Schwerpunkte oder die Politik sind, hre Forderungen nicht nur deutlich artikulieren, sondern uch öffentlich demonstrieren können? Ich spreche nicht on Gewalttätern. Aber Demonstranten müssen ihr rundrecht auf Meinungsfreiheit wahrnehmen können. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1610001800

(Beifall bei der SPD)

Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD):
Rede ID: ID1610001900

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der SPD)


Alles, was zur Balance zwischen Freiheit und Sicher-
eit gesagt wurde, ist richtig. Aber mein Rat lautet – ver-
hrter Herr Kollege Gysi, ich richte ihn auch an Sie –:
erbale Abrüstung ist auf allen Seiten notwendig, auch
ufseiten der Medien. Dazu kann auch dieses Haus einen
roßen Beitrag leisten.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Andreas Schockenhoff [CDU/CSU])







(A) )



(B) )


Dr. Herta Däubler-Gmelin
Ich möchte gerne zu einem der Schwerpunkte des
G-8-Gipfels Stellung nehmen, an dem deutlich wird, wie
wichtig dieses Strategietreffen ist, bei dem es auch da-
rum geht, die Globalisierung im Sinne unserer gemein-
samen Zukunft verantwortlich zu gestalten: Es ist gut,
dass der partnerschaftliche Umgang mit Afrika einen
Schwerpunkt dieses Gipfels darstellt. Das ist übrigens
zum wiederholten Male der Fall; denn die Beziehungen
zu Afrika wurden auch auf den vergangenen Strategie-
treffen thematisiert, sowohl in Genua – an diesen Gipfel
erinnern wir uns nur ungern, aber aus ganz anderen
Gründen – als auch in Gleneagles. Von der Entwicklung
in Afrika hängt zu einem essenziellen Teil die Antwort
auf die Frage ab, ob es gelingt, unsere Welt ein bisschen
gerechter zu gestalten.

Unsere Verantwortlichkeit habe ich bereits betont. Ich
möchte hinzufügen: Ich finde es verständlich, dass man
die Regierung kritisiert, wenn man in der Opposition ist.
Aber indem man davon spricht, der Präsident der Afrika-
nischen Union, der nach Heiligendamm eingeladen ist,
werde „vorgeladen“, verbindet man diese Kritik mit ei-
ner Verächtlichmachung unserer afrikanischen Partner.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Ich will nicht sagen, dass Sie das wollten. Aber das, was
Sie gesagt haben, ist völlig unangemessen.

Heute stellt sich die Frage, ob der Umgang mit Afrika
im Rahmen der G 8 eigentlich ständig neue Pläne, Ab-
sichtsbekundungen und Aktionsschritte seitens der deut-
schen Politik und der europäischen Politik als Partner
erfordert. Ganz sicher nicht. Jetzt muss es darum gehen
– diesen Aspekt können wir gar nicht deutlich genug un-
terstreichen, und das tun wir in diesem Hause auch –,
den Worten Taten folgen zu lassen und dafür zu sorgen,
dass die Zusagen erfüllt werden. Frau Bundeskanzlerin,
Sie haben gesagt, dass die Regierung ihre Zusagen ein-
halten wird; das haben wir gehört. Auf diese deutliche
Aussage werden wir zurückkommen. Wir werden genau
überprüfen, welche Fortschritte in den unterschiedlichen
Bereichen erzielt werden.

Wir wissen, dass es zum Beispiel in Gleneagles, aber
auch anderswo finanzielle Absprachen gegeben hat.
Aber es geht nicht nur um Geld, sondern auch darum,
dass Deutschland, die Europäische Union, die G-8-Staa-
ten und die Vereinten Nationen und ihre Institutionen mit
Afrika auf partnerschaftliche Weise umgehen. Das be-
trifft die Außenpolitik, die Sicherheitspolitik, die Wirt-
schaftspolitik und die Handelspolitik. Hier ist noch eine
Menge zu tun.

Es ist uns allen bekannt, dass es nach wie vor unend-
lich viele Defizite gibt. Die Schritte, die wir vom Gipfel
in Heiligendamm und von anderen Konferenzen erwar-
ten dürfen, werden eher klein sein; aber sie sind notwen-
dig. Immerhin wurden bereits einige Fortschritte erzielt,
indem Zusagen eingehalten und bestimmte Ziele erreicht
wurden; auch das muss deutlich gemacht werden. Wenn
das nicht der Fall wäre, würde die Aussage, dass wir mit
Afrika als Partner umgehen, nicht mehr zutreffen.

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(C (D Ich möchte einige dieser Fortschritte beschreiben, die llerdings nicht in erster Linie die Fachpolitik betreffen, ondern eher die Methode. Die Kolleginnen und Kolleen aller Fraktionen, die sich Gedanken über Afrika mahen, die schon seit längerer Zeit eine partnerschaftliche eziehung zu Afrika aufbauen wollten und eine überreifende Regierungspolitik anstreben, haben sich imer wieder darüber ärgern müssen, dass nur eine kleine inderheit dieses Randthema auf die Agenda des Hau es gebracht hat. Dann kam die große Unterstützung der ntwicklungspolitik, insbesondere von Frau Bundesmiisterin Wieczorek-Zeul und von Uschi Eid, die in der tzten Regierung Staatssekretärin war. Mittlerweile – und as ist der Fortschritt – stellen wir fest, dass jetzt die geamte Regierung die Partnerschaft mit Afrika zu ihrer olitik macht. Dieses Thema wird nun als Politik der geamten Regierung betrachtet. Das halte ich für außerorentlich wichtig. Wir wollen, dass das so bleibt. Heute liegen uns zahlreiche Anträge vor. Darunter beindet sich ein Antrag von CDU/CSU und SPD, in dem s auch um die besondere Verantwortung der Parlamente eht. Wir haben ganz konkrete Punkte zur Verbesserung er Zusammenarbeit, des Aufbaus und der Gestaltungsnd Kontrollfähigkeit der Parlamente in Afrika. Durch ie Unterstützung selbstbewusster und unabhängiger ertreter, die von ihrer Bevölkerung gewählt werden, önnen wir auch dabei helfen, dass entscheidende Eleente von Good Gouvernance wie die Einhaltung der enschenrechte, Bekämpfung von Korruption, mehr ransparenz und mehr Demokratie gestärkt werden. Lassen Sie es mich noch einmal sagen: Ich finde es ehr gut, dass wir dazu die Unterstützung des gesamten auses haben; das hoffe ich jedenfalls. Ich freue mich, ass viele auch persönlich mitmachen, und danke der undesregierung, dass sie in dieser Frage klar hinter uns teht. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Andreas Schockenhoff [CDU/CSU])


(Beifall bei der SPD)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, Afrika als Partner
st nicht der Drei-Katastrophen-Kontinent. Dort tut sich
ine ganze Menge.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1610002000

Frau Kollegin, denken Sie bitte an die Zeit.


Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD):
Rede ID: ID1610002100

Afrika wird in der globalen Politik eine Rolle spielen.

ie Frage ist nur, wann, wie und in welcher Weise. Wir
issen, dass die Bevölkerung Afrikas enorm zunimmt.

n manchen Ländern ist die Bevölkerung beinahe zur
älfte jünger als 15 Jahre. Es bedarf nicht viel Fantasie,
m nicht nur die Herausforderungen, sondern auch das
elbstbewusstsein und den Gestaltungsanspruch dieser
frikanischen Länder zu sehen.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1610002200

Frau Kollegin, Sie müssen jetzt zum Schluss kom-

en.






(A) )



(B) )


Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD):
Rede ID: ID1610002300

Vielen Dank, Herr Präsident, ich bin gerade bei mei-

nem letzten Satz. – Wenn wir es schaffen, die Zusage
einzuhalten, dass „Afrika als Partner“ Bestandteil der
Politik der gesamten Regierung ist, dann kommen wir
ein gutes Stück weiter. Das ist es, was wir wollen.

Ganz herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1610002400

Frau Kollegin Däubler-Gmelin, ich unterbreche im-

mer ganz besonders ungern beim letzten Satz. Mein Pro-
blem ist aber regelmäßig, dass der letzte Satz wesentlich
früher hätte kommen müssen.


(Heiterkeit – Dr. Herta Däubler-Gmelin [SPD]: Lassen Sie mich sagen, Herr Präsident: Ich bin reumütig!)


– Sehr schön.

Nun erhält der Kollege Königshaus zu einer Kurzin-
tervention das Wort.


Hellmut Königshaus (FDP):
Rede ID: ID1610002500

Vielen Dank, Herr Präsident. – Frau Däubler-Gmelin,

Sie haben Afrika völlig zu Recht wieder in den Mittel-
punkt gestellt und einige Kriterien benannt, die aus Ihrer
Sicht in diesem Zusammenhang beachtet werden sollten:
auf der einen Seite mehr Geld, auf der anderen Seite aber
Good Gouvernance, Strukturveränderungen und Ähnli-
ches. Da gebe ich Ihnen recht. Die Reihenfolge stimmte
aber nicht. Das Problem ist, dass Sie es bereits als Erfolg
ansehen, wenn wir die ODA-Quote für Afrika verdop-
peln und der Mittelabfluss gesichert ist. Darauf allein
kommt es aber nicht an. Quantität ist wichtig; es kommt
aber vor allem darauf an, dass wir die Qualität sicherstel-
len.

In Afrika – Sie selbst und viele andere vor Ihnen ha-
ben das bereits angesprochen – haben wir es teilweise
mit fragilen Staaten zu tun, mit korrupten Eliten und
Kleptokraten, die das Geld, das dort ankommt, versi-
ckern lassen. Das gilt übrigens auch für die Einnahmen
aus den Rohstoffverkäufen, die in die Schweiz, nach Lu-
xemburg oder sonst wohin transferiert werden. Es kann
also nicht richtig sein, zufrieden zu sein, wenn man die
Mittel für diese Länder verdoppelt. Wir müssen stattdes-
sen andersherum vorgehen. Wir müssen überlegen, wo
wir mehr Mittel brauchen, wo wir sie vernünftig einset-
zen können und ob wir die Zahlung auch wirklich ver-
antworten können. Das sind wir dem deutschen Steuer-
zahler schuldig.

Andernfalls geschieht Folgendes: Wir zahlen Geld an
ein Land, das überhaupt nicht absorptionsfähig ist, das
die Mittel gar nicht aufnehmen kann, und die Ministerin,
die Bundesregierung, die EU oder auch die Weltbank
flüchtet wieder zu dem fragwürdigen Instrument der
Budgethilfe. Dieses Geld geht dann irgendwohin; der
Weg ist nicht kontrollierbar. Zum Schluss erreichen wir
dieses: Anstatt Trinkwasser in den Brunnen der Dürrege-

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(C (D iete fließt Champagner in der Bahnhofstraße in Zürich. as ist das Problem, das wir haben. Deshalb muss es geau andersherum sein: erst vernünftige Programme und rdentliche Strukturen, dann der Einsatz der Mittel. Danke. Zur Beantwortung Frau Däubler-Gmelin. Vielen Dank, Herr Präsident. – Lieber Kollege önigshaus, Sie haben gerade wieder die klassische Relik eines Kollegen bzw. eines Politikers vorgetragen, er im Grunde genommen nicht viel Ahnung von Afrika at. Lassen Sie mich das noch einmal sehr deutlich saen. (Beifall bei der SPD – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Wollten Sie nicht verbal abrüsten?)


(Beifall bei der FDP)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1610002600
Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD):
Rede ID: ID1610002700

Ich habe gerade gesagt – das ist der einzige Punkt, in
em ich Ihnen voll und ganz recht geben kann –, dass
eld bzw. die Erhöhung der Mittel nicht das Entschei-
ende ist. Insofern stimmen wir völlig überein. Im Übri-
en geht es aber nicht allein darum, was wir für richtig
alten und von anderen verlangen. Partnerschaft bedeu-
et vielmehr, dass man gemeinsam auf vereinbarte Ziele
inarbeitet und dass diese partnerschaftliche Zusammen-
rbeit nicht nur zwischen Deutschland und den afrikani-
chen Staaten bilateral abgestimmt wird, sondern auch
wischen Europa und Afrika insgesamt und im Rahmen
er UN-Institutionen.

Ich möchte vielmehr nochmals die Menschen, die uns
eute zuhören und die unglaublich stark für Afrika enga-
iert sind – sei es in der Aidshilfe, in der Entwicklungs-
usammenarbeit, in der Hilfe zugunsten der Kinder dort –,
uf die Aufbruchsbemühungen, Ansätze und Anstrengun-
en in Afrika selber aufmerksam machen. Diese Men-
chen wollen die Ziele, die Sie als unsere Ziele definiert
nd als europäisch oder deutsch motiviert gesehen haben;
ie verfolgen sie schon längst; sie wollen auch weniger
orruption. Sie wollen Projekte im Dienst ihrer eigenen
evölkerung. Sie wollen Good Governance, und sie wol-

en Menschenrechte. Es geht darum, diese Menschen da-
in partnerschaftlich zu unterstützen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1610002800

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Christian Ruck,

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Christian Ruck (CSU):
Rede ID: ID1610002900

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der G-8-

ipfel in Heiligendamm findet zu einem wichtigen und






(A) )



(B) )


Dr. Christian Ruck
hoffnungsvollen Zeitpunkt statt. Im Gegensatz zu frühe-
ren Gipfeln geht es diesmal nicht darum, die Weltkon-
junktur zu stabilisieren; die Weltwirtschaft läuft auf
Hochtouren. Deutschland sitzt auch nicht mehr auf der
Anklagebank. Unter der neuen Regierung hat sich die
deutsche Wirtschaft von der Konjunkturbremse zur
Wachstumslokomotive entwickelt. Wem das zu schulden
ist, möchte ich jetzt nicht diskutieren, Herr Westerwelle.
Aber ich glaube, dass Ihre Ausführungen an der Wirk-
lichkeit vorbeigehen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Die Bundesregierung genießt unter Angela Merkel
wirtschaftspolitisch, innenpolitisch und auch außenpoli-
tisch ein hohes Ansehen. Auch die bisherige EU-Rats-
präsidentschaft hat gute Arbeit geleistet. Kanzleramt,
Kabinett und Koalitionäre haben sich hochkonzentriert
und engagiert auf den bevorstehenden Gipfel vorberei-
tet. Herr Kuhn, ich freue mich über das, was die Kanzle-
rin gesagt hat. Das war deutlich und zukunftsgerichtet


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was genau war deutlich?)


und wird zu der richtigen Weichenstellung auf dem G-8-
Gipfel beitragen. Dafür sind wir dankbar.

Es ist aber auch richtig – das haben die Bundeskanz-
lerin und viele meiner Vorredner deutlich gemacht –,
dass wir auf dem G-8-Gipfel dicke Bretter bohren müs-
sen. Herr Kuhn, Sie haben fast mit Schaum vor dem
Mund so getan, als wären Sie noch nie bei solchen Vor-
bereitungen dabei gewesen. Drei Wochen vor dem Gip-
fel alle Wunder zu verkünden, die zum Heil der Welt in
Heiligendamm vollbracht werden müssten, ist unsinnig.
Es geht darum, dass wir optimal vorbereitet sind. Sie
müssten eigentlich selber wissen, dass es bei dem Gipfel
auf alle Beteiligten ankommt.

Die Schwerpunkte der Tagesordnung zeigen, dass die
Risiken ohne Tabus angesprochen werden können. Diese
Risiken liegen vor allem in der rasanten und ungleichge-
wichtigen weltweiten ökonomischen Entwicklung, die
ökonomisch und politisch gefährlich werden könnte, und
zwar in Zeiten der Globalisierung uns allen, auch uns
Deutschen und Europäern.

Ich bin auch dankbar, dass das erhebliche Ungleich-
gewicht auf den Devisen- und Kapitalmärkten angespro-
chen wurde. Dass die Problematik der Hedgefonds auf
dem G-8-Gipfel vielleicht nicht gelöst werden wird,
kann keinen überraschen, Herr Kuhn. Aber dass das
Thema angesprochen wird und es den Einstieg zu einer
Lösung geben kann, erscheint mir sehr wichtig. Das gilt
auch für die Devisenüberschüsse Chinas oder das Au-
ßenhandelsdefizit der Vereinigten Staaten. Es gilt, wie
wir alle hoffen, auch für die Diskussion über eine Re-
form der internationalen Finanzinstitutionen. Auch das
ist etwas, was international überfällig ist.

Ein zweites Ungleichgewicht wurde schon breit dis-
kutiert, und zwar der verschärfte Wettbewerb um Res-
sourcen, der auch Afrika betrifft. Der phänomenale Auf-
stieg von Entwicklungsländern, zum Beispiel China, ist

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(C (D m Grunde genommen positiv. Das war das Ziel der Enticklungspolitik Deutschlands über all die Jahre hineg. Im Verbund mit dem schwelenden Pulverfass im ahen und Mittleren Osten hat der Wettlauf um die unst der Afrikaner aber nicht nur dazu geführt, dass nser Nachbarkontinent prosperiert. Vielmehr hat er uch zu einer gewissen Destabilisierung geführt. Es gehört zur Wahrheit, dass das, was für manche änder der sogenannten Zweiten und Dritten Welt gilt, uch für Afrika gilt: Die Rohstoffhausse und die Wachsumsraten haben in einigen Ländern nicht zur Vermindeung der Armut geführt. Es gibt nach wie vor Hunderte illionen Menschen, die in einer gefährlichen Perspekivlosigkeit verharren. Deswegen – das haben meine orredner Matthias Wissmann und Frau Däubler-Gmelin ngesprochen – war es unser Anliegen, dass nicht nur frika als solches, also die Hilfe beim Aufbau von Ge undheitssystemen und bei der Aidsbekämpfung und die rhöhung der zur Verfügung gestellten Mittel, auf die agesordnung gesetzt wird. Wir haben vielmehr darauf edrängt, dass auch die andere Seite der Medaille angeprochen wird, indem wir von den Afrikanern Good overnance einfordern, also eine gute Regierungsfüh ung, ein besseres Management ihrer eigenen Reichtüer und Rechtsund Investitionssicherheit für grenz berschreitende Investitionen. Das sind Dinge, die vor llem von den Afrikanern selbst kommen müssen. eswegen ist die Schwerpunktsetzung in doppelter Hinicht richtig: Afrika ja, aber in einer Partnerschaft auf ugenhöhe. Wir wollen auch etwas von den Afrikanern. onst kommt Afrika nicht voran. Ich freue mich, dass es gerade bei den NEPAD-Länern hoffnungsvolle Anzeichen gibt und dass es in vieen afrikanischen Ländern Wachstum gibt, das breit anelegt ist und allen zugutekommt. Das ist der Weg, den ir unterstützen sollten. Das gilt auch für die Korrupt onsbekämpfung; denn bei der Korruption gibt es imer zwei Seiten: einen Geber und einen Empfänger. Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des ollegen Addicks? Herr Addicks, was kann ich für Sie tun? Herr Kollege Ruck, über Good Governance ist heute chon viel gesprochen worden. Ich habe gestern die undesregierung gefragt, ob und was sie dagegen zu tun edenkt, dass in Afrika Milliardenbeträge aus Geldern er Entwicklungszusammenarbeit und den Ressourceninnahmen „versickern“. – Das ist mittlerweile schon ein erminus technicus geworden. Würden Sie uns heute ielleicht einmal berichten, was auf dem G-8-Gipfel azu gesagt werden soll? Da Sie davon ausgehen, dass ich das Abschlusskom muniqué des G-8-Gipfels schon kenne – das ehrt mich sehr, stimmt aber nicht ganz –, darf ich Ihnen sagen, dass ich glaube, dass wir in der Frage eines gemeinsamen Verhaltenskodexes für das Verhalten der Geberländer und der wichtigsten Wirtschaftsnationen gegenüber Afrika einen Schritt vorankommen und dabei auch die Chinesen einbeziehen werden. Nachdem ich jetzt durch Ihre Frage etwas Zeit gewonnen habe, kann ich Ihnen sagen, dass ich mich sehr freue, dass der chinesische Präsident, Hu Jintao, kommen wird. – Sie haben gefragt, was wir meiner Meinung nach auf dem G-8-Gipfel erreichen werden. Ich sage es Ihnen noch einmal: Die Frage, was man zu einem besseren ökonomischen Management der Afrikaner beitragen kann, richtet sich an die Schwellenländer. Die Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Auftreten Chinas wurden schon genannt. Ich erwarte auch, dass es uns gelingt, die Volksrepublik China für ein anderes Verhalten zu gewinnen. Jedenfalls gibt es Signale aus Peking, dass man in dieser Richtung auch mehr Verantwortung übernehmen möchte. Diese positiven Signale sollten wir nutzen. Das vielleicht größte Ungleichgewicht, das wir haben, ist – das wurde schon angesprochen – die Schieflage beim Weltklima. Die Reaktionen der Entscheidungsträger aus Politik und Wirtschaft auf diese Megaherausforderung sind bisher unangemessen. Die EU hat unter deutscher Ratspräsidentschaft ein Signal gesetzt. Nun brauchen wir dringend ein Signal aus Heiligendamm. Es gibt sehr viele, die fragen, welche Legitimation der G-8-Gipfel hat. Allein der Umstand, dass sich dort Vertreter von Ländern versammeln, die für 70 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich sind, ist eine Legitimation für diesen Gipfel. Wir brauchen ein Signal für mehr Energieeffizienz, eine bessere Energietechnologie und den Stopp der Waldzerstörung. Die Zerstörung der Wälder trägt zum Anstieg der CO2-Emissionen weltweit wesentlich mehr bei als zum Beispiel der Verkehrsbereich. Nirgendwo ist konkretes Handeln erforderlicher als hier. Nirgendwo ist die Einbeziehung der Schwellenländer nötiger als hier. Das gilt auch für China. Da die Vereinigten Staaten angesprochen wurden, möchte ich meiner Hoffnung Ausdruck verleihen, dass der G-8-Gipfel Anlass zu einer Vertiefung der transatlantischen Beziehungen bietet. Wir brauchen diese Beziehungen zum Beispiel in wichtigen Welthandelsfragen und in der Politik gegenüber der islamischen Welt, aber auch beim Umweltund Klimaschutz. Annäherung darf natürlich keine Einbahnstraße sein. Ich hoffe daher, d t w u i L C W w u k l t R w m G k d t F g c a S u S V h T F N A m w s S d d f s t T D v (C (D ass die Vereinigten Staaten mit einer konstruktiven Halung am G-8-Gipfel teilnehmen werden. Man kann sich über China – berechtigt – ärgern. Aber ir dürfen nicht vergessen, dass die Chinesen uns auch nseren Reformbedarf vor Augen führen, zum Beispiel n Bezug auf unseren bürokratischen Aufwand und die änge der Entscheidungswege. Dass die Volksrepublik hina wesentlich mehr jungen Menschen aus der ganzen elt, vor allem aus Afrika, ein Stipendium bietet, sollten ir nicht den Chinesen vorwerfen. Vielmehr sollten wir ns hier an die eigene Nase fassen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1610003000
Dr. Christian Ruck (CSU):
Rede ID: ID1610003100
Dr. Karl Addicks (FDP):
Rede ID: ID1610003200




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(B) )

Dr. Christian Ruck (CSU):
Rede ID: ID1610003300

(Heiterkeit)


(Zuruf des Abg. Dr. Karl Addicks [FDP])


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Vorsitz: Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt)


Attac und andere Globalisierungsgegner haben er-
annt, was vielleicht noch nicht allen bewusst ist, näm-
ich dass die Globalisierung und ihre Folgen uns alle be-
reffen. Aber die Folgerungen von Attac sind falsch. Ein
ückzug aus dieser Welt ist weder möglich noch verant-
ortbar. Es geht vielmehr darum, die Globalisierung
itzugestalten. Deutschland gehört nur dann zu den
ewinnern der Globalisierung, wenn es uns gelingt, dass
eine Verlierer auf der Strecke bleiben. Deswegen sind
ie Kernelemente unserer sozialen Marktwirtschaft na-
ional und international so aktuell wie nie zuvor: die
reiheit der wirtschaftlichen und der politischen Betäti-
ung des Einzelnen sowie gerechte und beste Startchan-
en für alle durch optimale Bildung und Ausbildung,
ber auch klare Spielregeln für alle – das gilt für den
chutz des geistigen Eigentums genauso wie für Sozial-
nd Umweltstandards – und die Rücksicht auf die
chwächeren der Gesellschaft.

Frau Bundeskanzlerin Angela Merkel, Wachstum und
erantwortung, genau das ist Ihr Leitmotiv. Beides ge-
ört zusammen. Dafür wünschen wir Ihnen und Ihrem
eam in Heiligendamm den bestmöglichen Erfolg.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610003400

Nächste Rednerin ist die Kollegin Claudia Roth,

raktion des Bündnisses 90/Die Grünen.

Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
EN):
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ls ich vor zwei Tagen in Heiligendamm an dem kilo-
eterlangen, einbetonierten und mit Stacheldraht be-
ehrten Zaun stand, habe ich mich gefragt: Ist das ein

tarker Staat, der sich so aufrüstet? Ist das ein starker
taat, der Politik hinter einem solchen Zaun verbarrika-
iert und sich vor den Bürgern, die die Konsequenzen
er Politik tragen, verstecken muss? Ich habe mich ge-
ragt, wovon unsere Demokratie lebt und was der Unter-
chied unseres Rechtsstaats zu einer prügelnden, gelenk-
en Demokratie eines Wladimir Putin ist. Das sind doch
ransparenz, Partizipation und Einmischung. Eine starke
emokratie lebt von Bewegung, von Protest, von Kritik,
on Widerstand, von Widerspruch, von Zivilcourage und






(A) )



(B) )


Claudia Roth (Augsburg)

auch von zivilem Ungehorsam. Sie lebt davon, dass ge-
rade in Gipfelzeiten Grundrechte nicht zur Disposition
gestellt werden und das Recht nicht entrechtet wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Selbstverständlich gehören zu einem G-8-Treffen be-
rechtigte Sicherheitsmaßnahmen, damit die Teilnehmer
geschützt werden. Selbstverständlich rufen wir zu fried-
lichen Demonstrationen auf. Aber diese Sicherheit recht-
fertigt nicht unverhältnismäßige, willkürliche Razzien,
sie rechtfertigt nicht die Kriminalisierung des gesamten
Protests mit der Keule des Terrorismusverdachts, sie
rechtfertigt nicht Einschüchterungen und Abschreckung,
sie rechtfertigt nicht Schnüffeleien und Geruchsproben,
die natürlich, Herr Westerwelle, an die Stasi erinnern
müssen, und sie rechtfertigt nicht, dass eine Bannmeile
um die Bannmeile errichtet wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Gestern hatte der Art. 8 des Grundgesetzes Geburtstag.
Das Demonstrationsrecht und die Versammlungsfreiheit
sind Grundnahrungsmittel in unserem Rechtsstaat. Diese
einzuschränken, macht aus dem starken Staat einen
schwachen Staat. Das wollen wir nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das Ansehen Deutschlands leidet doch nicht in den
nächsten Wochen darunter, dass es breiten Protest und
laute Kritik gibt. Es leidet, wenn Demonstrationen einen
Bogen um die G-8-Teilnehmer nach dem Motto machen
müssen: Demonstrieren ja, aber bitte so, dass man davon
nichts hört und nichts sieht. – Genau das ist die Entlee-
rung des Grundrechts auf Demonstrationsfreiheit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Wir wollen, dass Sie, Frau Merkel, und Ihre Gäste die
berechtigte Kritik an einer ungerechten Globalisierung
hören, wir wollen, dass Sie und Ihre Gäste das hören,
was so viele von den acht größten Klimasündern wollen,
die in Heiligendamm an einem Tisch sitzen. Lieber
Christian Ruck, wir wollen keine Wunder, sondern wir
wollen konkrete Beschlüsse, wir wollen verbindliche Ziele
und wir wollen konkrete Maßnahmen, wie das 2-Grad-Ziel
eingehalten werden kann. Wir wollen, dass niemand
Heiligendamm verlässt, ohne zugesagt zu haben, die
CO2-Emissionen um 30 Prozent zu senken. Wir wollen,
dass die Energiewende konkret angegangen wird. Wir
wollen nicht zulassen, dass solche konkreten Festlegun-
gen von Bush verwässert werden; denn dann können wir
die Klimakatastrophe nicht verhindern. Frau Merkel, wir
wollen auch keine schönen Reden und keinen Sonntags-
sprech, wenn es um die Millenniumsziele geht. Sie soll-
ten sie nicht nur beschreiben, sondern endlich konkret
umsetzen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Ich nenne als Stichwörter Entwicklungsfinanzierungs-
instrumente zur Bekämpfung der Armut, für die Bildung
und für die Gesundheit.

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(C (D (Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Schauen Sie doch einmal auf Ihre Regierungszeit!)


ie könnten das doch beschließen. Machen Sie es doch!


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Wir machen es doch!)


eschließen Sie die Devisenumsatzsteuer und die Ab-
abe auf Flugtickets, die Frankreich übrigens schon
ange hat, oder die Kerosinsteuer! Dann kommt wirklich
twas dabei heraus, und zwar mehr als Sonntagssprech.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Liebe Frau Merkel, ich möchte Sie wirklich bitten,
ass Sie auf die Tagesordnung setzen und die Verantwor-
ung dafür übernehmen, dass Abrüstung vorangebracht
ird. Es sitzen nicht nur die Klimasünder an einem
isch, es sitzen auch die an einem Tisch, die weltweit die
öchsten Militärausgaben, die größten Rüstungsarse-
ale und die größten Nuklear- und Rüstungsexporte zu
erantworten haben. Wir tragen Verantwortung dafür,
ass es zu mehr Abrüstung kommt und nicht zu einem
aketenabwehrschirm, der nicht mehr, sondern weniger
icherheit bedeutet. Das muss auf die Tagesordnung,

iebe, verehrte Frau Merkel.

Wenn Sie von Wachstum und Aufschwung reden,
ann muss doch ein Signal von Heiligendamm ausge-
en, dass dieses Wachstum endlich ökologisch, sozial
nd kulturell bestimmt wird. Nur dann ist es nachhaltig,
nd nur dann ist es die Voraussetzung für eine gerechte
lobalisierung. Wenn Sie von Wachstum reden, dann
üssen Sie auch sagen, dass dieses Wachstum ökologi-

che und soziale Leitplanken beispielsweise im Welt-
andelssystem braucht. Dafür muss der G-8-Gipfel ein
ignal setzen. Wir brauchen klare, verbindliche Verein-
arungen, eine starke UNO, die genau diese Ziele errei-
hen kann, und ein Deeskalationsprinzip, durch das der
rotest in friedliche Bahnen gelenkt wird.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610003500

Das Wort hat nun der Kollege Dr. Sascha Raabe für

ie SPD-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Sascha Raabe (SPD):
Rede ID: ID1610003600

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen

nd Kollegen! Liebe Frau Kollegin Roth, es ist immer
ichtig, auf den Schrei der Demonstranten zu hören. Hier
m Parlament wird man auch dann gehört, wenn man in
iner normalen Tonlage redet.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


anchmal ist es vernünftig, laut in der Sache zu sein.
enn man aber wie Sie und auch Herr Kollege Gysi
eutschlands angeblich zu geringe ODA-Quote kriti-

iert, sollte man angesichts der erheblichen Steigerungen






(A) )



(B) )


Dr. Sascha Raabe
etwas leiser sein und würdigen, was wir in den letzten
zwei Jahren geschafft haben. 2004 – damals war Ihre
Partei mit an der Regierung – lag die ODA-Quote bei
0,28 Prozent; jetzt liegt die ODA-Quote bei 0,36 Pro-
zent.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


In der Tat geht es aber nicht nur um Geld. Wir reden
heute unter anderem über Afrika, über die Entwick-
lungsländer und damit auch über uns; denn wir leben in
einer Welt. Die Diskussion über den Klimawandel zeigt:
Unabhängig davon, wo CO2 verursacht wird, sind wir
alle von diesem Problem betroffen. Ebenso betreffen uns
alle die mit Sicherheit, Frieden, Flüchtlingen und Migra-
tion verbundenen Probleme. Jeder Cent, den wir in die
Vermeidung der Klimaerwärmung in anderen Ländern
oder in die Überwindung von Hunger und Armut inves-
tieren, ist wichtig für unsere eigene Zukunft.

Wie wollen wir – auch in unserem eigenen Interesse –
erreichen, dass diese Probleme gelöst werden? Wir wol-
len Instrumente wie „Fördern und Fordern“ einsetzen.
Genauso wie bei der in Deutschland praktizierten Wie-
dereingliederung von Arbeitslosen in den Arbeitsmarkt
geht es darum, Menschen zu helfen, sich selbst zu hel-
fen, und gleichzeitig von ihnen zu fordern, dass sie selbst
einen Beitrag leisten. Diese Elemente enthält der Antrag
der Großen Koalition. Wir treten dafür ein, dass zum
Zwecke des Förderns Finanzmittel bereitgestellt werden
– Stichwort „Steigerung der ODA-Quote“ –, dass gute
weltwirtschaftliche Rahmenbedingungen geschaffen
werden und dass auf der anderen Seite eine gute Regie-
rungsführung eingefordert wird.

Ich bin dafür dankbar, dass sich unsere Bundeskanz-
lerin hier nochmals zur Steigerung der nationalen Ver-
pflichtungen im Zusammenhang mit der ODA-Quote be-
kannt hat. Mein Dank gilt natürlich auch unserer
Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul,
die für die Politik der Bundesregierung seit vielen Jahren
mitverantwortlich ist und im Jahr 2000 maßgeblich dazu
beigetragen hat, dass in der Europäischen Union ein ent-
sprechender Beschluss gefasst worden ist.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Um unsere Ziele zu erreichen, werden wir innovative
Finanzierungsinstrumente brauchen. Ich fand interes-
sant, dass unsere Bundeskanzlerin heute gesagt hat, sie
wolle die Einnahmen aus den Versteigerungen von
CO2-Zertifikaten dafür nehmen.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat das Kabinett aber nicht beschlossen!)


– Frau Künast, schenken Sie mir bitte Ihr Gehör.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich höre Ihnen ja zu! Das haben Sie ja gerade gemerkt!)


Ich denke, der Vorschlag der Bundeskanzlerin ist gut.
Die SPD-Bundestagsfraktion hat diese Woche die

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(C (D esteuerung von Kerosin und eine Flugticketabgabe ls mögliche innovative Finanzierungsinstrumente ausrücklich beschlossen. Ich glaube, dass wir auch mit olch einem Instrument, wie es in Frankreich übrigens ereits eingeführt wurde, mit relativ kleinen Beträgen, ie die Familien und den normalen Reisenden nicht beasten, der dann bei Interkontinentalflügen für ein Ecoomyticket zusätzlich 5 oder 10 Euro zahlen muss, Mitel generieren können. Wir sind dafür, die Businessclass tärker zu belasten. Über Mittel wie diese müssen wir it dem Koalitionspartner sicherlich noch reden. So önnen wir einen Mix schaffen, der dadurch gekenneichnet ist, dass wir unserer finanziellen Verantwortung ür die ärmsten Länder und somit auch für uns – das anze geschieht auch in unserem eigenen Interesse – ge echt werden. Wir haben vom Fördern geredet. Wir brauchen in der at auch Weltwirtschaftsbedingungen, durch die das icht wieder kaputtgemacht wird, was wir mit den Miteln der Entwicklungszusammenarbeit aufbauen. Die grarsubventionen sind hier schon zu Recht genannt orden. Die Industrienationen geben weltweit pro Jahr ast 300 Milliarden Dollar für Agrarsubventionen und ur einen wesentlich kleineren Teil für Entwicklungszuammenarbeit aus. An dieser Stelle ist schon zu hinterragen, was es bringt, wenn wir einem Landwirt in Afika zeigen, wie er sein Feld bestellen kann, wenn wir hm das Know-how vermitteln, wie man Getreide flanzt, Hühner züchtet oder Baumwolle anbaut, und ann aufgrund von Subventionen aus den USA oder aus uropa Hühnerfleisch zu Dumpingpreisen auf den Markt ommt. Der mit falscher Nahrungsmittelhilfe oder zum eispiel mit exportsubventioniertem Milchpulver kon rontierte Landwirt in Afrika kann seine Produkte auf en lokalen Märkten dann nicht verkaufen. Es ist wichig, dass wir zu einem Ende der Agrarexportsubventioen kommen. Da muss sich die Bundesregierung in uropa halt durchsetzen. Leider ist das mit den Franzoen manchmal ein bisschen schwierig. Wir werden weier dafür kämpfen; auch unsere Ministerin Heidemarie ieczorek-Zeul hat das bei den WTO-Verhandlungen mmer deutlich gemacht. Das werden wir als Fraktion nd als Koalition weiterverfolgen. An diese Stelle gehört natürlich auch das, was vorhin chon angesprochen wurde: die soziale Gestaltung der lobalisierung, die Frage von Arbeits-, Sozialund Umeltstandards sowie – wenn ich das einmal so sagen arf, Herr Kollege Westerwelle – die Frage von Werten. err Westerwelle, Sie haben vorhin zum Ausdruck geracht, Globalisierung sei aus Ihrer Sicht nicht rein ökoomisch, es gebe auch eine Globalisierung der Werte, es ebe Wandel durch Handel, man könne Werte transporieren. Aber das geht nicht nur mit moralischen Appelen. Dann müssen Sie und Ihre Partei schon über ihren chatten springen. Immer dann, wenn wir die Werte, die uch Sie einfordern, in konkreten Vereinbarungen umetzen wollen, sei es in der WTO, in der Welthandelsoranisation, oder sei es in Deutschland, zum Beispiel eim Thema Mindestlöhne, wenn wir also nicht nur moalische Appelle aussprechen wollen, Dr. Sascha Raabe (Gabriele Groneberg [SPD]: Dann kneifen Sie!)


(Beifall bei der SPD)





(A) )


(B) )


dann ist der Wert, den Sie transportieren wollen: Freie
Fahrt für freie Wirtschaft. – Das wollen wir nicht. Wir
wollen das konkret in der WTO verankern.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Unser Arbeitsminister hat dazu schon viele gute
Worte gefunden. Auch die Kanzlerin hat neulich auf ei-
ner Konferenz gesagt, dass sie diese Standards in der
WTO eingebunden sehen möchte.

Wenn wir Länder entschulden, werden wir nicht um-
hinkommen, darauf zu achten, dass die freiwerdenden
Mittel auch richtig verwendet werden. Herr Kollege
Gysi, Sie haben vorhin in Bezug auf unsere Verpflich-
tungen, die Mittel für Entwicklungsfinanzierung, die
ODA-Quote, zu steigern, gesagt, das sei alles nichts
wert, weil wir Länder nur entschuldet hätten. Den Effekt
dieser Entschuldung haben Sie kleingeredet. Dazu will
ich Ihnen einmal sagen: Durch die Entschuldung von
Ländern in Afrika können 20 Millionen Kinder mehr in
die Schule gehen. Deswegen finde ich es nicht fair, wenn
Sie sagen, das sei kein guter Beitrag gewesen. Für die
Länder ist es egal, ob sie frisches Geld bekommen oder
ob sie, weil sie den Schuldendienst nicht mehr bezahlen
müssen, Haushaltsmittel für Bildung und Gesundheit
verwenden können. 20 Millionen Kindern in Afrika geht
es durch die Entschuldung besser.

Herr Gysi, Sie haben vorhin auch gesagt, dass es in
Deutschland durch den Aufschwung niemandem besser
geht. Doch, 1 Million Menschen weniger ist arbeitslos,
und diesen Menschen geht es besser. Ich bitte Sie, das
einmal anzuerkennen. Wenn man die richtigen Dinge
macht, kann man vielen Menschen helfen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daran werden wir weiter arbeiten und in diesem
Sinne auch den G-8-Gipfel zu einem für die Entwick-
lungsländer und für die ärmsten Menschen auf der Welt
erfolgreichen Abschluss führen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610003700

Nächster Redner ist der Kollege Erich Fritz für CDU/

CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Erich G. Fritz (CDU):
Rede ID: ID1610003800

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich möchte eine Bemerkung machen, bevor ich mit mei-
ner eigentlichen Rede beginne. Die Kollegin von der
Linken hat in ihrer Kurzintervention gezeigt, dass sie
sich wirklich für keinen Gag zu schade ist. Herrn
Wissmann hier als Vertreter der Automobilwirtschaft
darzustellen


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(C (D Moment, lassen Sie mich doch wenigstens einen Satz ussprechen –, das ist wirklich zu billig. Dieser Mann at 30 Jahre im Parlament eine klare ordnungspolitische inie verfolgt, die er heute noch einmal deutlich dargetellt hat. Warum er heute gesprochen hat, wird auch Ihen nicht entgangen sein. Seien Sie doch froh, dass es in eutschland die Möglichkeit gibt, zwischen Politik und irtschaft zu wechseln. Herr Kuhn musste sich sehr anstrengen, so zu sprehen, wie er es getan hat. Frau Roth hatte einen richtigen drenalinfrühling. Sie konnte endlich wieder so spre hen wie vor 30 Jahren. (Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da hätten Sie mich einmal vor 30 Jahren kennen müssen!)


(Zurufe von der LINKEN: Ist er doch auch!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


as war doch sehr unterschiedlich zwischen den beiden.

Herr Gysi hat eine Rede gehalten, die nichts anderes
arstellt als den Versuch, die Ängste der Menschen aus-
ubeuten. Er hat sich auch nicht gescheut, an vielen Stel-
en nur die halbe Wahrheit zu sagen.


(Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Wenn überhaupt!)


ie halbe Wahrheit – das muss man wissen – ist eben
uch eine halbe Lüge, Herr Dr. Gysi.

Wenn Sie von den Agrarexporten und -importen
prechen, dann müssen Sie zumindest wissen, dass die
uropäische Union mit Vorgaben bereit ist, die Exporte
uf Null zu reduzieren. Das ist noch nicht abgeschlossen.
ir sind hier also auf einem guten Weg. Sie können

icht die Quellen von vorgestern zitieren. Das Welttextil-
bkommen ist ausgelaufen. Ist Ihnen das entgangen? Die
eispiele waren einfach nur falsch. Wir haben nicht

eagiert, weil Sie den falschen Menschen zitiert haben,
ondern weil Sie falsche Aussagen gemacht haben.

Mir kommt es in der Debatte manchmal so vor, dass
iejenigen, die in der Vergangenheit am deutlichsten ge-
agt haben, wir müssen den armen Ländern helfen, jetzt
icht damit fertig werden, dass sich diese Länder zu ei-
em guten und immer größeren Teil im Wettbewerb ih-
en Anteil nehmen und uns zu Veränderungen zwingen,
u denen wir innerlich gar nicht bereit sind.


(Matthias Wissmann [CDU/CSU]: So ist es!)


n dieser Auseinandersetzung gibt es natürlich viel zu re-
eln. Hier gibt es viele Missverhältnisse, über die wir re-
en müssen. Das ist aber der Kern der Geschichte.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie erzählen auch nur die halbe Wahrheit! Wir machen mit unseren Exporten die Entwicklungsländer kaputt!)


Sie können draußen nicht fordern, dass die Entwick-
ungsländer ihren Anteil bekommen, und den Menschen






(A) )



(B) )


Erich G. Fritz
gleichzeitig signalisieren, es dürfe sich im Vergleich zu
früher nichts ändern.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie der Abg. Dr. Herta Däubler-Gmelin [SPD])


Natürlich wird sich vieles ändern. Natürlich ist das eine
Herausforderung für die Industrieländer. Natürlich ist
das auch eine Herausforderung an unseren Lebensstil,
unseren Ressourcenverbrauch sowie alle Kriterien, die
man anlegen muss.

Nun zur Frage der Legitimation der G 8, die hier ver-
schiedentlich eine Rolle gespielt hat. Herr Kuhn, aller-
dings geschah dies zum Teil etwas verquer. Man kann
nicht auf der einen Seite sagen, es gebe keine Legitima-
tion für diese Einrichtung, und auf der anderen Seite sa-
gen: Liebe Frau Kanzlerin, komm ja nicht ohne konkrete
Beschlüsse nach Hause. Man kann nur das eine oder das
andere sagen, nicht aber beides gleichzeitig.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Die G 8 sind ein wichtiger Impulsgeber und ein wich-
tiges Dialogforum. Es braucht keine zusätzliche Legiti-
mation. Wenn jemand Verantwortung übernimmt und
sich mit anderen zusammensetzt, um Lösungen zu fin-
den und vorzubereiten, dann muss er dafür nicht zusätz-
lich legitimiert sein. Es handelt sich immerhin um Re-
gierungen, die – wenn die Schwellenländer dabei sind –
mehr als die Hälfte der Menschheit vertreten. Das sind
mindestens 3,5 Milliarden Menschen.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die sind doch nicht dabei!)


Zum größten Teil sind das Regierungen, die demokra-
tisch legitimiert sind. Die brauchen keinen internationa-
len Vertrag, um sich zusammenzusetzen und um sich
möglichst gute Gedanken zu machen. Diese Staaten ha-
ben die größte Wirtschaftsmacht. Sie haben die größten
Wachstumsreserven. Zusammengenommen verfügen sie
über die größten technologischen Möglichkeiten, um mit
den Herausforderungen klarzukommen. Sie verfügen in-
nerhalb der Vereinten Nationen über die größten Lö-
sungskompetenzen. Sie haben in dieser Zusammenset-
zung auch Möglichkeiten, dafür zu sorgen, dass
international anerkannte und durchsetzungsfähige Stan-
dards für den Handel, für die Ökologie, für das Soziale
und für die Entwicklung zustande kommen und auch
eingehalten werden. Wer denn sonst, wenn nicht diese
Gruppierung, nämlich die Mitglieder der G 8 und die
großen Schwellenländer, soll diese Verantwortung über-
nehmen? Wenn die Bundeskanzlerin diejenige ist, die
durch ihre Rolle jetzt die Übernahme von weltweiter
Verantwortung organisieren kann, dann muss sie unter-
stützt werden. Das täuscht freilich nicht darüber hinweg,
dass die Ausgangslage für die Diskussionen in Heiligen-
damm alles andere als komfortabel ist. Herr Kuhn, hier
geht es darum, dass man in der Frage der Bereitschaft,
sich auf Themen einzulassen, möglichst weit kommt.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610003900

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

Kollegin Lötzer?

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(C (D Sofort. Es wäre schön, wenn es in diesem Kreis die Möglicheit gäbe, zu sagen, wir reden über die Ausprägungen es Klimaschutzes und über die Ausgestaltung der Soialstandards. Das ist aber nicht der Fall. Bei diesen Theen geht es erst einmal darum, eine Gesprächsbasis her ustellen. Wenn das gelingt, dann ist schon sehr viel eschafft. Frau Kollegin Lötzer, bitte. Vielen Dank. – Kollege Fritz, ist Ihnen bekannt, dass um Beispiel Investitionsfreiheit durchzusetzen, was zu en Zielen des G-8-Gipfels gehört, gegen die „Charta ber die wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaen“ der Vereinten Nationen verstößt, in der es ausdrückich heißt, dass alle Staaten berechtigt sind, soziale und kologische Auflagen gegenüber Konzernen zu mahen? Ist das nicht gerade eine Schwächung von sozialen nd ökologischen Standards, die der hier heute vielitierten Pflicht, ökologische und soziale Standards zu ntwickeln, entgegensteht? Zweitens. Ist in diesem Zusammenhang nicht der Apell zum Beitritt zum Global Compact und zu der Verflichtung zur Wahrung des Code of Conduct als freiwilige Verhaltenskodices etwas, was inzwischen seit ahrzehnten nicht funktioniert, sondern zu mehr Menchenrechtsverletzungen geführt hat, zu mehr Verstößen egen gewerkschaftliche Rechte? Bedeutet nicht die iederholung der Appelle beim G-8-Gipfel die Schwä hung der sozialen und ökologischen Verpflichtung von onzernen im Rahmen der Globalisierung statt die Stärung einer Politik für eine soziale und ökologische imension? Liebe Frau Kollegin, die Frage der Investitionsfreiheit oder besser: die zukünftige Regelung der Investiionstätigkeit zwischen den Ländern – ist ein wichtiger eil einer zukünftigen globalen Ordnung. Sie muss na ürlich so ausgestaltet werden, dass jedes Land, das sich iner solchen Regelung unterwirft, nicht gezwungen ist, nbillig eigene Nachteile in Kauf zu nehmen. Aber Sie issen selbst, dass im multilateralen Bereich ein anderes bkommen gar nicht zustande kommen wird. Die afrianischen Länder erklären in der WTO seit Jahren ganz indeutig, dass es mit ihnen ein solches Abkommen icht geben wird, wenn nicht genau dieses Erfordernis rfüllt ist. Woher kommt also die Angst? Auf der anderen Seite haben wir gesehen, dass chwellenländer, die gut oder annähernd gut regiert woren sind und Systeme hatten, in denen in die Menschen nvestiert worden ist, in Bildung, Ausbildung, Gesundeit, schließlich in der Lage waren, einen Weg zu gehen, er allen etwas gebracht hat. Das müssen wir zur Voaussetzung machen. Diese Länder waren klug genug, ach einer bestimmten Zeit die Grenzen zu öffnen und Erich G. Fritz sich dem Wettbewerb zu stellen. Erst dadurch, dass sie wettbewerbsfähig geworden sind und auch Investitionen im eigenen Land ermöglicht haben, haben sie für immer größere Teile ihrer Bevölkerung Wohlstand erzielen können. Deshalb bleibt die Regelung der Investitionstätigkeit eine wichtige Frage. Aber sie kann so gestaltet werden, dass die negativen Effekte nicht eintreten. Zu dem zweiten Thema, liebe Frau Kollegin, muss ich eigentlich nichts sagen. Der Tenor der Debatte beantwortet diese Frage für meine Begriffe eigentlich ganz von alleine. Einverstanden? (Ulla Lötzer [DIE LINKE]: Das sehe ich völlig anders!)

Erich G. Fritz (CDU):
Rede ID: ID1610004000
Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610004100
Ursula Lötzer (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610004200
Erich G. Fritz (CDU):
Rede ID: ID1610004300




(A) )


(B) )


Meine Damen und Herren, mit Blick auf den G-8-
Gipfel in Heiligendamm kann von dieser Debatte nur der
Appell ausgehen, dass all diejenigen, denen globale Ent-
wicklung, Entwicklungspolitik, die Frage der Gestaltung
offener Märkte und internationaler Regeln ein echtes
Anliegen sind, sich hinter diese Bundesregierung und
die Bundeskanzlerin stellen, deren Bemühen es ist, auf
dem Gipfel wesentliche Aspekte einer internationalen
sozialen Marktwirtschaft zu diskutieren. Unsere Erfah-
rungen müssen dazu beitragen, dass deutlich wird, dass
man nachhaltige Politik, eine Politik einer sozialen und
ökologischen Entwicklung innerhalb der Weltwirtschaft
nur gestalten kann, wenn man alle drei Säulen ent-
wickelt. Da ist die Welt nun einmal sehr unterschiedlich
aufgestellt. Im Bereich des Handels gibt es die WTO; sie
hat immerhin Sanktionsmöglichkeiten. Der Umweltbe-
reich ist sehr zersplittert; es gibt auf jeden Fall keine Or-
ganisation als adäquaten Verhandlungspartner der ande-
ren Seite. Im sozialen Bereich gibt es zwar eine
altehrwürdige Tradition, die auch Gestaltungskraft be-
wiesen hat, indem sie aus der Vielzahl der Konventio-
nen, die in 50 Jahren entstanden sind, für das Wichtigste
Kernstandards entwickelt hat; aber sie hat keine wirkli-
che Durchsetzungskraft.

Deshalb wird es darauf ankommen, in einem multila-
teralen Prozess, in dem alle die gleichen Chancen der
Mitgestaltung haben, dafür zu sorgen, dass diese drei
Säulen der Nachhaltigkeit gleichgewichtig entwickelt
werden. Man darf aber nicht so tun, als wolle man mit
dieser Regelung den freien Handel ausschalten. Denn
man wird Instrumente zur Verbesserung des Wohlstan-
des der Menschen nur auf Grundlage des freien Handels
entwickeln können. Im Übrigen werden die meisten
Länder das dafür benötigte Geld nur aufbringen können,
wenn sie wirtschaftlich erfolgreich sind und Wachstum
haben.

Die Bundesregierung organisiert auf dem G-8-Gipfel
internationale Verantwortung. Es ist in dieser Zeit uner-
lässlich, dass die Schwellenländer einbezogen werden.
Sie selbst wollen übrigens nicht Mitglied der G 8 wer-
den. Aber nicht nur innerhalb der G 20, sondern auch an
vielen anderen Stellen beweisen sie, dass sie bereit sind,
vielfältige Verantwortung zu übernehmen. Wir sollten es
positiv aufnehmen, dass sie in Heiligendamm mit am
Tisch sitzen, und sollten dieser Veranstaltung keine un-

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(C (D autere Absicht unterstellen. Wir sollten vielmehr diesen iskussionsprozess stärken; denn weder in der UNO och in der WTO noch in anderen Organisationen, in deen wir auf eine funktionierende Zusammenarbeit angeiesen sind, können Lösungen gefunden werden, wenn icht Vertrauen und Gesprächsbereitschaft vorhanden ind und wenn nicht die Basis der Gemeinsamkeiten ächst. Ich wünsche der Bundeskanzlerin für den Gipfel viel rfolg, alles Gute und einen guten Verlauf. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610004400

Letzter Redner in dieser Debatte ist nun der Kollege

rank Schwabe für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Frank Schwabe (SPD):
Rede ID: ID1610004500

Frau Präsidentin! Verehrte Damen und Herren! Im

ahr 2007 ist der internationale Klimaschutz eines der
entralen Themen. Im Dezember findet in Indonesien
ie Weltklimakonferenz statt. Wir brauchen den Auftrag,
in Kiotonachfolgeabkommen auszuhandeln, für den
eginn der Verhandlungen.

In Nairobi ist deutlich geworden, dass die Konferen-
en, die jetzt stattfinden, allein nicht reichen. Der Klima-
chutz muss auf höchster Ebene behandelt werden. Des-
egen ist der G-8-Gipfel in Heiligendamm so wichtig.
s muss deutlich werden, dass die Industrieländer bereit
ind, Führerschaft zu übernehmen. Deutschland baut
eine Führungsrolle aus; andere machen mit. Es gibt sehr
ositive Signale aus Japan und aus anderen Ländern.

Es ist im Übrigen notwendig – auch das will ich an
ieser Stelle sagen –, dass wir unsere eigenen Maßnah-
en erfolgreich umsetzen. Es ist daher richtig, dass sich

ie Bundesregierung und der Deutsche Bundestag ambi-
ionierte Ziele gesetzt haben. Diese müssen jetzt aller-
ings durch Maßnahmen unterfüttert werden. Die SPD-
raktion wird die Bundesregierung und auch die CDU/
SU-Fraktion daran messen, ob wir in diesem Jahr noch
u substanziellen Ergebnissen kommen. Insbesondere
er Bundeswirtschaftsminister muss für den Bereich der
raft-Wärme-Kopplung, der erneuerbaren Energien und
es Top-Runner-Programms Gesetze vorlegen und auf
uropäischer Ebene aktiv werden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Es geht also in Heiligendamm darum, dass die Indus-
rieländer, die für den größten Teil der weltweiten CO2-
missionen verantwortlich sind, Führerschaft überneh-
en. Man muss in diesem Zusammenhang immer wie-

er an die Zahlen über den CO2-Ausstoß pro Kopf erin-
ern: In den USA beträgt er 20 Tonnen, in Deutschland
0 Tonnen und in den afrikanischen Ländern nur
,2 Tonnen. An diese Tatsache hat gestern Klaus Töpfer
n einer Anhörung des Deutschen Bundestages zum Kli-
awandel richtigerweise erinnert. Es ist daher wichtig,

ass die Zivilgesellschaft den Finger auf die Wunde legt.






(A) )



(B) )


Frank Schwabe
Deswegen ist der – hoffentlich friedliche – Protest in
Heiligendamm nicht nur legitim, sondern geradezu not-
wendig. Es ist auch notwendig, dass dieser Protest für
diejenigen sichtbar ist, die in Heiligendamm zusammen-
kommen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Die zentrale Frage in Heiligendamm, was den Klima-
wandel angeht, wird allerdings sein – darauf ist heute
schon hingewiesen worden –, ob man es schafft, die
USA mit ins Boot zu holen. Bei aller Skepsis sage ich:
Es ist notwendig, dass der Druck im Kessel bleibt. Was
in den letzten Tagen durch Aussagen der US-Unterhänd-
ler an Streichorgien bekannt geworden ist, stimmt nicht
sehr hoffnungsfroh; es ist inakzeptabel. Daher muss der
Druck bestehen bleiben. Wir brauchen in Heiligendamm
substanzielle Ziele; ohne Verbindlichkeiten funktioniert
internationaler Klimaschutz nicht. Deswegen muss es
bei aller gebotenen Diplomatie harte Auseinandersetzun-
gen geben, auch mit George W. Bush. Es geht nämlich
um die Glaubwürdigkeit unserer eigenen, um die Glaub-
würdigkeit der internationalen Klimaschutzpolitik, aber
auch um die Debatte in den USA. Es ist heute schon da-
rauf hingewiesen worden, dass diese Debatte geführt
wird. Es ist nicht nur Al Gore, es sind nicht nur die Bür-
germeister von 400 Städten, es sind nicht nur zehn Bun-
desstaaten, sondern auch sehr viele Mitglieder des US-
Kongresses, die sich mittlerweile sehr intensiv für einen
umfassenden Klimaschutz einsetzen.


(Beifall bei der SPD)


Ich weise darauf hin, dass am 3. und 4. Juni hier in
Berlin im Vorfeld von Heiligendamm eine G-8-plus-5-
Parlamentarierkonferenz stattfinden wird, bei der auch
viele Mitglieder des US-Kongresses anwesend sein wer-
den. Auch für sie ist es wichtig, die Art der Auseinander-
setzungen zu sehen, sodass der Druck auf die jetzige US-
Regierung international entsprechend erhöht wird.

Ich will heute hier keine Messlatte für Erfolg oder
Misserfolg auflegen. Man muss sich anschließend die
Dokumente ansehen. Das Ergebnis müssen diejenigen
verantworten, die die Verhandlungen führen werden. Al-
lerdings unterstütze ich ausdrücklich das, was Bundes-
minister Gabriel in den letzten Tagen gesagt hat: Ein be-
drucktes Stück Papier oder auch mehrere Seiten sind
kein Wert an sich; manchmal kann es auch notwendig
sein, am Ende zu sagen: Wir haben kein Ergebnis. Auch
das kann gelegentlich ein Ergebnis sein. Insofern ist
heute in der Debatte deutlich geworden: Es gibt viel Rü-
ckenwind im Deutschen Bundestag gerade für gute Ver-
handlungserfolge im Bereich des Klimaschutzes. Es gibt
hier aber ebenso einen hohen gemeinsamen Erwartungs-
druck. Deshalb wünsche ich der Bundeskanzlerin viel
Erfolg und gutes Geschick in Heiligendamm.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610004600

Ich schließe die Aussprache. Wir kommen nun zu ei-

ner Reihe von Abstimmungen.

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(C (D Tagesordnungspunkt 4 b. Abstimmung über die Bechlussempfehlung des Ausschusses für wirtschaftliche usammenarbeit und Entwicklung zu dem Antrag der raktionen der CDU/CSU und der SPD mit dem Titel Die deutsche G8und EU-Präsidentschaft – Neue Imulse für die Entwicklungspolitik“. Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe a seiner eschlussempfehlung auf Drucksache 16/4880, den geannten Antrag auf Drucksache 16/4160 anzunehmen. er stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer ist agegen? – Enthaltungen? – Dann ist diese Beschlussmpfehlung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen ei Gegenstimmen der Oppositionsfraktionen angenomen. Unter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung empiehlt der Ausschuss die Ablehnung des Antrags der raktion der FDP auf Drucksache 16/2833 mit dem Titel Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft 2007 zur Reform er Entwicklungszusammenarbeit der Europäischen nion nutzen“. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh ung? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Darf ich fraen, wie die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen hinichtlich dieser Beschlussempfehlung gestimmt hat? (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben zugestimmt!)


Sie haben zugestimmt. Somit ist diese Beschlussemp-
ehlung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen, der
raktion des Bündnisses 90/Die Grünen und der Frak-

ion Die Linke bei Gegenstimmen der FDP angenom-
en.

Weiterhin empfiehlt der Ausschuss unter Buchstabe c
einer Beschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags
er Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen auf Druck-
ache 16/4151 mit dem Titel „Reformen für eine ge-
echte Globalisierung – Deutsche G-8-Präsidentschaft
ür Klimaschutz und nachhaltige Entwicklung nutzen“.

er stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer ist
agegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung
st damit mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und
er Fraktion Die Linke bei Gegenstimmen der Fraktio-
en des Bündnisses 90/Die Grünen und der FDP ange-
ommen.

Schließlich empfiehlt der Ausschuss für wirtschaftliche
usammenarbeit und Entwicklung unter Buchstabe d sei-
er Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/4880, in
enntnis der Unterrichtung eine Entschließung anzuneh-
en. Wir stimmen über die Beschlussempfehlung ab.
er stimmt für die Beschlussempfehlung? – Wer ist da-

egen? – Enthaltungen? – Hat sich die FDP enthalten?


(Zuruf von der FDP: Wir haben zugestimmt!)


Sie haben zugestimmt. Somit ist die Beschlussempfeh-
ung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der
DP-Fraktion bei Enthaltung der Fraktion des Bündnis-
es 90/Die Grünen und der Fraktion Die Linke angenom-
en.1)

Anlage 2






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt
Tagesordnungspunkt 4 c. Beschlussempfehlung des
Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Fraktionen
der CDU/CSU und der SPD mit dem Titel „Für eine
Politik der gleichberechtigten Partnerschaft mit den afri-
kanischen Ländern“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner
Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/5311, den An-
trag der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD auf
Drucksache 16/4414 anzunehmen. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Wer ist dagegen? – Enthaltun-
gen? – Diese Beschlussempfehlung ist damit mit den
Stimmen der Koalitionsfraktionen bei Gegenstimmen
der Oppositionsfraktionen angenommen.

Tagesordnungspunkt 4 d. Beschlussempfehlung des
Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Fraktion
des Bündnisses 90/Die Grünen mit dem Titel „Für eine
Wiederbelebung des nuklearen Abrüstungsprozesses im
Rahmen der deutschen EU- und G8-Präsidentschaft“.
Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung
auf Drucksache 16/4586, den Antrag der Fraktion des
Bündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 16/3011 ab-
zulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Dann ist diese Be-
schlussempfehlung bei Gegenstimmen der Fraktion des
Bündnisses 90/Die Grünen und Enthaltung der Fraktion
der FDP angenommen.

Tagesordnungspunkt 4 e. Beschlussempfehlung des
Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Fraktion
des Bündnisses 90/Die Grünen mit dem Titel „Reform-
partnerschaften mit Afrika intensivieren – Afrika muss
auf die Tagesordnung des G8-Gipfels in Deutschland
2007“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschluss-
empfehlung auf Drucksache 16/5440, den Antrag der
Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen auf
Drucksache 16/2651 abzulehnen. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Wer ist dagegen? – Enthaltun-
gen? – Die Beschlussempfehlung ist damit mit den Stim-
men der Koalitionsfraktionen und der FDP-Fraktion bei
Gegenstimmen der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grü-
nen und Enthaltung der Fraktion Die Linke angenom-
men.

Tagesordnungspunkt 4 f. Abstimmung über den An-
trag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 16/5408 mit
dem Titel „Menschen statt Profite – Nein zu G8“. Wer
stimmt für diesen Antrag? – Wer ist dagegen? – Enthal-
tungen? – Der Antrag ist damit mit den Stimmen der Ko-
alitionsfraktionen, der Fraktion des Bündnisses 90/Die
Grünen und der Fraktion der FDP abgelehnt.

Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 5 auf:

Erste Beratung des von den Abgeordneten Birgitt
Bender, Volker Beck (Köln), Markus Kurth,
weiteren Abgeordneten und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes über genetische Unter-

(Gendiagnostikgesetz – GenDG)


– Drucksache 16/3233 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss

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(C (D Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für ie Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. – Ich ehe dazu keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlosen. Wenn diejenigen Kolleginnen und Kollegen, die der eiteren Aussprache und Debatte nicht folgen wollen, hre Gespräche bitte einstellen bzw. sie außerhalb des lenarsaals fortsetzen, wäre ich dankbar. Dann können wir mit der Aussprache beginnen. Ich röffne sie und erteile das Wort als erstem Redner dem ollegen Volker Beck von der Fraktion des ündnisses 90/Die Grünen. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die endiagnostik eröffnet für Patientinnen und Patienten, orscherinnen und Forscher sowie Medizinerinnen und ediziner viele neue Chancen auf Behandlung, Heilung nd die Stellung einer Diagnose. Aber diese Geniagnostik ist auch mit erheblichen gesellschaftlichen isiken verbunden. Wenn wir das Potenzial der Geniagnostik wirklich voll zum Wohle der Gesundheit nuten und Erfolge bei der Forschung nutzen wollen, dann üssen wir für alle Beteiligten Rechtssicherheit schaf en. Diese Rechtssicherheit will der von uns vorgelegte ntwurf eines Gesetzes zur Regelung der genetischen ntersuchungen beim Menschen erreichen. Auch in anderen Ländern gibt es entsprechende Disussionen. Die Schweiz hat gerade ein solches Gesetz, as unserem Gesetzentwurf ähnlich ist, verabschiedet. uch der amerikanische Präsident Bush hat inzwischen rkannt, dass die Forschung in diesem Bereich keine hance hat, wenn die Rechte der Bürgerinnen und Bürer an ihren Daten und Proben nicht nachhaltig gechützt werden. So hat der Leiter des National Human enome Research Institute, Herr Collins, dargelegt, hne Schutz vor Diskriminierung werde die Bevölkeung nicht bereit sein, ihr Erbgut der Forschung zur Verügung zu stellen oder es im Rahmen medizinischer Unersuchungen sequenzieren zu lassen. Deshalb wird im merikanischen Senat gerade über einen Genetic Inforation Nondiscrimination Act gesprochen. Inzwischen at Bush signalisiert, dass dieses Gesetz kommen soll. Auch in Deutschland sollte ein solches Gendiagnosikgesetz zu einem wichtigen Projekt dieser Wahleriode werden. a spöttelt die „Ärztezeitung“ heute zu Recht: Seit Dienstantritt der großen Koalition liegt … ein … Referentenentwurf in den Schubladen des Bundesgesundheitsministeriums. „Momentan hat die Reform der Pflegeversicherung Vorrang“, berichtet eine Ministeriumssprecherin auf Anfrage. Im vergangenen Jahr hatte die Gesundheitsreform Priorität. Volker Beck Unabhängig von Ihren sonstigen Prioritäten wird es Zeit, dass Sie diese Materie anpacken. Wenn Sie keine eigenen Ideen haben oder noch an den Details häkeln, dann nehmen Sie unseren Gesetzentwurf! Er ist eine gute Grundlage, um diese Fragen zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger und zum Wohle der Forschung zu regeln. Ein großes Problem ist die genetische Diskriminierung. Die Menschen wollen davor geschützt sein. Sie wollen, dass ihnen, wenn sie zum Arzt gehen und eine genetische Untersuchung machen lassen, daraus keine Nachteile erwachsen können. Dass dies keine hypothetischen Fragen sind, sieht man, wenn man in der Presse ein bisschen recherchiert. So berichtet eine Frau aus den USA, man habe ihr die Einstellung verweigert, weil sie Trägerin eines Allels für Sichelzellenanämie sei. Auch in Deutschland gibt es solche Fälle, selbst im öffentlichen Dienst. So erzählen uns Mitarbeiter von Selbsthilfeorganisationen der Menschen, die an Morbus Huntington leiden, dass einer Lehrerin, die im Rahmen der Einstellungsuntersuchung davon berichtete, die Einstellung verweigert wurde. Sie hat zwar später vor Gericht recht bekommen; doch dieses Beispiel zeigt: Wir brauchen hier klare rechtliche Regelungen, damit die Menschen vor entsprechenden Benachteiligungen geschützt werden. Wir sind der Meinung: Im Arbeitsleben, bei der Einstellung, bei der Beförderung darf der Arbeitgeber nicht nach genetischen Untersuchungen fragen. Solche Untersuchungen dürfen in bestimmten Fällen nachrangig angeboten werden, etwa im Bereich des Arbeitsschutzes. Doch wenn jemand diese Untersuchungen nicht machen lassen will oder seine Untersuchung positiv ausfällt, darf er daraufhin nicht den Arbeitsplatz verlieren. Er muss den gleichen Rechtsschutz des Arbeitsrechts genießen und muss seine Sicherheit behalten. Das Gleiche gilt für die Versicherungswirtschaft. Wir dürfen nicht zulassen, dass es bei einem privat organisierten Versicherungswesen – wir fordern die Menschen ja auf, in immer mehr Bereichen privat vorzusorgen – eine genetische Auslese gibt mit dem Ergebnis, dass bestimmte Menschen aufgrund ihrer Genanlagen ihre Lebensrisiken nicht mehr zu den gleichen Bedingungen wie andere finanziell absichern können. Deshalb reicht das gegenwärtige Moratorium der Versicherungswirtschaft nicht aus. Wir wollen hier eine gesetzliche Grenze ziehen: Die genetischen Dispositionen dürfen nicht über den Abschluss und den Tarif von Versicherungsverträgen entscheiden. Die Frage, an der dieses Projekt in der letzten Wahlperiode gescheitert ist, war: Was passiert mit den Forschungsdaten? Ich glaube, diese Frage müssen wir hier im Parlament sehr sorgfältig und ernsthaft diskutieren. Ich meine, die Diskussion über die Verwendung der Mautdaten muss doch bösgläubig machen. Da hat der G d k W n s W e w s F d P s i D s w M l – i v u c d A b d d d r t i g b M g d s (C (D esetzgeber gesagt: Diese Daten werden zur Erhebung er Maut und nur dazu erhoben. – Jetzt gibt es eine Disussion, angestoßen unter anderem von Herrn esterwelle, diese Daten auch zum Zwecke der Krimi alitätsbekämpfung zu verwenden. Die Bürger müssen ich auf gesetzgeberische Zusagen verlassen können. enn ich Daten freiwillig abgebe, dürfen sie nicht durch inen anderen gesetzgeberischen Akt zweckentfremdet erden; denn sonst würden wir das Vertrauen in die For chung zerstören. Deshalb sagen wir: Die Daten, die von orschungsdatenbanken benötigt und erhoben werden, ürfen nur nach Einwilligung des Patienten bzw. des robanden verwendet werden, und zwar nur für Forchungszwecke. Wenn wir das nicht garantieren, wird es n Deutschland keine Forschung mit diesen Daten geben. amit würden wir die Chance auf Heilungsund For chungsfortschritte verschenken. Beides wäre unverantortlich, weil es um das Wohl und die Gesundheit der enschen, um die Forschung und den Standort Deutsch and geht. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610004700

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)





(A) )


(B) )


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich hoffe, dass das Innenministerium definitiv erklärt
vielleicht nicht heute, sondern bei anderer Gelegenheit
m Ausschuss –, dass man solche Pläne in Zukunft nicht
erfolgen wird. Ansonsten können wir die Bürgerinnen
nd Bürger nämlich nicht zur Beteiligung an entspre-
henden Forschungsvorhaben aufrufen, auch wenn man
adurch die Möglichkeit hätte – indem man bestimmte
nlagen, Kohärenzen und Interdependenzen erkennt –,
estimmte Krebsarten besser zu verstehen und zu behan-
eln. Das wäre wirklich bedauerlich und schade.

Wir haben vorhin über die G 8 diskutiert. Ich glaube,
ass die Stärke eines Rechtsstaats auch darin zum Aus-
ruck kommt, dass er die Grundrechte seiner Bürger ga-
antiert und respektiert. Die Maßnahmen der Kriminali-
ätsbekämpfung und Strafverfolgung müssen hier auch
hre eindeutige Grenze finden.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610004800

Herr Kollege, denken Sie bitte an Ihre Redezeit.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610004900

Wir haben diese Grenzen eindeutig aufgezeigt. Ich

laube, das ist eine gute Grundlage für die weitere De-
atte.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610005000

Nächste Rednerin ist die Kollegin Annette Widmann-
auz für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1610005100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle-

en! Im Jahr 2000 wurde in den Medien verkündet, dass
as menschliche Erbgut vollständig sequenziert sei. Das
o gewonnene Wissen über die Erbanlagen des Men-






(A) )



(B) )


Annette Widmann-Mauz
schen soll unter anderem der verbesserten Krankheits-
diagnostik dienen.

Welche Krankheiten kann man schon heute, welche
wird man künftig mithilfe der Gentechnik diagnostizie-
ren können? Wie unterscheiden sich diese neuen von den
bisherigen Diagnosemöglichkeiten? Kann man die dia-
gnostizierten Krankheiten behandeln, vielleicht sogar
mithilfe der Gentherapie? Was bedeuten die erweiterten
Diagnosemöglichkeiten für die Betroffenen, zum Bei-
spiel für Eltern, die ein Kind erwarten? Wie kann man
die Potenziale der Gendiagnostik nutzen, und wo sollten
die Grenzen gesetzt werden? All das sind Fragen, die
sich uns stellen. Es sind keine einfachen Fragen, weil sie
von prinzipieller Natur sind.

Der Fortschritt bei der humangenetischen For-
schung lässt eine Fülle neuer diagnostischer und viel-
leicht auch therapeutischer Möglichkeiten erwarten. In
den letzten Jahren ist sowohl bei der Zahl der Anbieter
als auch bei der Inanspruchnahme genetischer Diagnose-
leistungen eine Zunahme zu verzeichnen. Im Internet
wird mittlerweile eine Vielzahl von Gentests angeboten.
Das reicht von A wie Tests auf Alkoholverträglichkeit
oder Alzheimererkrankungen bis zu W wie Wechsel-
jahre der Frau.

Im Koalitionsvertrag hat die Große Koalition verein-
bart – ich zitiere –:

Genetische Untersuchungen bei Menschen werden
in den Bereichen gesetzlich geregelt, die angesichts
der Erkenntnismöglichkeiten der Humangenetik ei-
nen besonderen Schutzstandard erfordern, um die
Persönlichkeitsrechte der Bürgerinnen und Bürger
zu schützen. Durch diese gesetzliche Regelung soll
zugleich die Qualität der genetischen Diagnostik
gewährleistet werden.

Genau das wollen und werden wir jetzt tun. Nachdem
wir in nur eineinhalb Jahren mit der großen Gesundheits-
reform, mit dem Gesetz zur Verbesserung der Wirt-
schaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung, mit den
Vorbereitungen zur Pflegereform, mit dem Gewebege-
setz und dem Gesetz zum Schutz vor Passivrauchen
wichtige gesundheitspolitische Weichen gestellt haben,


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Das ist alles ganz großartig! Große Erfolge!)


werden wir jetzt mit gleicher Sorgfalt ein Eckpunktepa-
pier zur Vorbereitung eines Gendiagnostikgesetzes aus-
arbeiten.

Die Grünen haben heute einen Gesetzentwurf vorge-
legt. Herr Beck, da wollte man in der Opposition die Zeit
nutzen und einmal schneller sein.


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht nur schneller, sondern auch besser!)


Doch es täuscht. Denn der grüne Text basiert auf einem
alten Text, der noch aus rot-grüner Zeit stammt und den
man sage und schreibe sieben Jahren lang hat einbringen
wollen, es aber nicht konnte – woran auch immer es ge-
legen haben mag.

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(C (D (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt haben wir die Probleme gelöst!)


Aber darum soll es mir jetzt nicht gehen. Wichtige
unkte für ein Gendiagnostikgesetz werden dort ge-
annt: Arztvorbehalt, die Aufklärung, kein Marktzugang
ür ungeprüfte Gentests, die Zulassung von DNA-Chips,
ewilligungen zur Durchführung zytogenetischer und
olekulargenetischer Tests, die Einrichtung einer Zen-

ralen Gendiagnostik-Kommission und Regelungen zur
erwendung von prädiktiven Testergebnissen in der Ar-
eitswelt oder im Versicherungswesen. Das alles sind
ichtige Punkte. Allerdings sind sie dem Antrag der
DU/CSU-Fraktion aus dem Jahr 2003 entnommen, in
em wir als die damalige Oppositionspartei bereits die
lementaren Inhalte eines Gesetzes bestimmt haben.
ieser Antrag wurde damals mit den Stimmen von
ündnis 90/Die Grünen abgelehnt. Lieber Herr Beck,
as verwundert dann doch.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


der zeigt es nicht vielmehr: Koalitionen sind bera-
ungsintensive Institutionen,


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Oder beratungsresistente!)


nd die Gendiagnostik ist kein einfaches Thema. Hier ist
ine differenzierte Betrachtung unbedingt erforderlich.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben damals aber keinen Gesetzentwurf vorgelegt! Forderungen aufschreiben kann jeder!)


Entscheiden unsere Gene, ob wir gesund bleiben oder
rank werden? Wie verlässlich ist eigentlich eine gen-
iagnostische Vorhersage von Krankheitsrisiken? Auch
n unserem Land sind Gendiagnostik und Gentherapie
ereits auf einem enorm hohen wissenschaftlichen Stan-
ard etabliert und in rasanter Weiterentwicklung begrif-
en. Wir wissen, dass die meisten Krankheiten durch ein
usammenspiel mehrerer Gene mit Umweltfaktoren ent-
tehen. Dabei ist der genetische Faktor selten allein aus-
chlaggebend. Aber wer eine genetische Veranlagung
ennt, kann sich vorbereiten und zum Beispiel durch ge-
ielte Verhaltens- und Ernährungsregeln die Wahr-
cheinlichkeit des Ausbruchs einer Krankheit reduzie-
en.

Aber macht eine genetische Untersuchung auf Risiko-
aktoren überhaupt Sinn, wenn es gar keine entspre-
hende Therapie oder Präventionsmaßnahme gibt? Wir
üssen also die Chancen und die Risiken in der Gen-

iagnostik sehen. Die Durchführung eines prädiktiven
enetischen Tests, also einer Untersuchung einer Person,
ie zum Zeitpunkt der Untersuchung keine Symptome
iner Erkrankung zeigt, kann unter Umständen sehr hilf-
eich sein, beispielsweise wenn auf diesem Weg die Dis-
osition für eine therapierbare Krankheit frühzeitig er-
annt werden kann.

Damit befasst sich zum Beispiel der erste Gentest-
roßversuch in Deutschland. Die Medizinische Hoch-
chule Hannover hat mit der Kaufmännischen Kranken-






(A) )



(B) )


Annette Widmann-Mauz
kasse einen Modellversuch zum genetischen Screening
durchgeführt. Es geht um die Eisenspeicherkrankheit,
die Hämochromatose. Das ist eine der häufigsten vererb-
baren Stoffwechselerkrankungen. Bei den Betroffenen
kann es durch eine erhöhte Aufnahme von Eisen aus der
Nahrung mit zunehmendem Lebensalter zu Eisenablage-
rungen in verschiedenen Geweben, wie zum Beispiel der
Leber oder dem Herzen, kommen. Unbehandelt kann es
zu starken, lebensverkürzenden Organschäden kommen.
Wird die Krankheit frühzeitig diagnostiziert, kann man
durch eine relativ einfache Therapie, zum Beispiel durch
regelmäßige Aderlässe, die Symptomatik der Erkran-
kung vollständig verhindern.

Die Erkennung der genetischen Disposition bei völlig
gesunden Personen ermöglicht also eine vollständige
Prophylaxe. Aber es erkranken nur 1 bis 2 Prozent derje-
nigen Personen, bei denen die Disposition für die Eisen-
speicherkrankheit diagnostiziert wurde, im Laufe ihres
Lebens tatsächlich. Das heißt, die überwiegende Mehr-
heit derjenigen, die mit dem entsprechenden Gen identi-
fiziert werden, bleibt gesund und muss mit dem Wissen,
eventuell zu erkranken, umgehen. Es gibt also Chancen
und Risiken.

Schauen wir uns die pharmakogenetischen Tests an.
Sie eröffnen vielfache Chancen. Wird zum Beispiel die
genetisch bedingte Empfindlichkeit gegenüber bestimm-
ten Arzneimittelwirkstoffen identifiziert, so ist eine indivi-
duell abgestimmte Medikamentendosierung und -auswahl
möglich. Es gibt beispielsweise ein phamakogenetisches
Testsystem, das bestimmte Genvarianten bei Patienten
abklärt, die die Verstoffwechselung vieler Arzneimittel
beeinflussen. Damit kann das Ansprechen eines Patien-
ten besonders auf weitverbreitete Medikamente zur The-
rapie bei Schmerzen und von psychiatrischen oder kar-
diovaskulären Erkrankungen überprüft werden.

Meine Damen, meine Herren, außer Frage steht: Die
Gendiagnostik bietet große Chancen, die wir nutzen
wollen. Aber wir können und dürfen auch die Risiken
nicht übersehen. Hier müssen wir sehr sorgfältig vorge-
hen. Die Schwierigkeit, zu bestimmen, welches Vorge-
hen nach dem positiven Ergebnis eines genetischen Tests
angemessen ist, lässt sich am erblichen Brustkrebs ver-
deutlichen. Es ist weiterhin umstritten, ob die Diagnose
einer Veranlagung, also die hohe Wahrscheinlichkeit, an
Brustkrebs zu erkranken, Anlass zu einer vorbeugenden
Brustamputation, der sogenannten prophylaktischen
Mastektomie, gibt. In einigen Studien heißt es zwar, dass
es sich dabei um eine effektive Präventionsmaßnahme
handelt. Eine verlässliche empirische Basis scheint es
dafür aber nicht zu geben.

Dies zeigt die Notwendigkeit umfassender Aufklä-
rung. Kompetente Beratung ist aus unserer Sicht so-
wohl vor der Durchführung eines Tests als auch bei der
Interpretation der Testergebnisse erforderlich. Fehlt sie,
dann kann ein Test für den Getesteten effektiv mehr
Schaden als Nutzen haben. Denn es ist nicht dasselbe,
die Wahrheit über sich zu wissen oder sie von anderen
hören zu müssen. Mit dem Wissen nehmen nämlich auch
die Zweifel, die Ungewissheit und die Sorgen zu. Es gibt
ein Recht auf Wissen, aber es gibt auch das Recht auf

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(C (D ichtwissen. Es gibt im Leben Situationen, in denen es icht genug ist, etwas zu wissen. Man muss es auch anenden können. Dann ist es nicht genug, nur zu wollen. an muss es auch tun können. Neben der Betrachtung der Chancen und Risiken ist ei der Erarbeitung des Entwurfs eines Gesetzes zur endiagnostik ein weiterer Aspekt zu berücksichtigen: ie gesellschaftliche Diskussion bzw. die Akzeptanz in er Bevölkerung. Unstrittig ist, dass solche Untersuhungen bestimmte Qualitätsstandards zu erfüllen haen. Dazu gehören auch die Aufklärung und Beratung er zu untersuchenden Personen. Die Entscheidung für der gegen einen Test unterliegt vielen Einflussfaktoren, o auch – Kollege Beck hat darauf hingewiesen – der instellung gegenüber genetischen Tests insgesamt. Eine Studie aus dem Jahr 2001 macht deutlich, dass ie Akzeptanz in der Bevölkerung sehr groß ist. Zwei rittel aller Bürger akzeptieren solche Tests. Bei errankten Personen ist die Akzeptanz noch größer. So prechen sich zum Beispiel 98 Prozent der befragten Paienten, die an koronarer Herzerkrankung leiden, dafür us, dass ein in Zukunft eventuell zur Verfügung stehener Test zur Disposition für Koronarsklerose angeboten erden sollte. Von der Bevölkerung werden aber auch ie möglichen Nachteile, zum Beispiel Schwangerchaftsabbrüche, Diskriminierung oder Missbrauch von aten, zur Kenntnis genommen und artikuliert. Die angeführten Beispiele verdeutlichen, dass an die endiagnostik hohe Anforderungen zu stellen sind und ir diese erfüllen müssen. In juristischen, psychologi chen, aber auch in ethischen Fragen müssen wir Antorten geben. Neben der Aufklärung gibt es weitere Anforderungen, ie an ein Gendiagnostikgesetz zu stellen sind. Geneische Reihenuntersuchungen sind im Unterschied zu ndividuellen Tests von weitreichender Bedeutung. Sie üssen in jedem Fall gesetzlich geregelt werden. Hier pielt die Freiwilligkeit für uns eine sehr große Rolle. arüber hinaus muss mit dem Test ein klar erkennbarer utzen für die getestete Person verbunden sein, indem uch präventive oder therapeutische Optionen vorhanen sind. Ungeprüfte Tests dürfen aus unserer Sicht icht auf den Markt kommen. Über die grundlegenden nforderungen an In-vitro-Diagnostika, wie Sicherheit nd Qualität, hinaus muss beispielsweise auch der Nacheis erbracht werden, dass der Test zuverlässige und lar interpretierbare Ergebnisse liefert. Im Internet wird derzeit zum Beispiel ein Gentest zur rkennung von erblichem Dickdarmkrebs angeboten. ei dieser Erkrankung sind mehrere betroffene Gene beannt, diagnostiziert werden mit einem solchen Test aber ediglich zwei Gene. Das darf es nicht geben, genauso enig wie ein Test nicht mehr Daten offenbaren darf als ersprochen. Wir brauchen Regelungen zur Zulassung von DNAhips. Wir müssen das Recht auf Nichtwissen beachten nd ihm auch in Gesetzen Geltung verschaffen. Wir üssen eine Zentrale Gendiagnostik-Kommission ein ichten. Denn wir brauchen verbindliche Standards für Annette Widmann-Mauz die Gestaltung der Angebote und die Durchführung von Gentests. Wir müssen klare Regelungen dazu treffen, in welcher Weise die aus Gentests gewonnenen Ergebnisse und Erkenntnisse im Versicherungswesen angewandt werden dürfen. Die Durchführung von Gentests darf nicht zur Voraussetzung eines Vertragsabschlusses gemacht werden. Hier dürfen solche Tests nicht zur Anwendung kommen, es sei denn in ganz spezifischen Ausnahmesituationen, wenn es zum Beispiel bei Lebensversicherungen um extrem hohe Abschlusssummen geht. Lassen Sie mich zum Schluss deutlich machen: Eine Investition in Wissen bringt immer noch die besten Zinsen. Wir dürfen aber nicht vergessen: Die Wissenschaft hat keine moralische Dimension. Sie ist wie ein Messer, das man zum Guten wie zum Bösen einsetzen kann. Letztendlich steht der Umgang mit solch grundsätzlichen Fragen wie „Was ist gesund?“, „Was ist vollkommen?“ und „Wer ist vollkommen?“ dahinter. Es darf aus unserer Sicht nicht sein, dass der Mensch auf mathematische Wahrscheinlichkeiten reduziert wird und als „gesunder Kranker“ ein Mensch zweiter Klasse wird. Der Mensch ist aus so krummem Holz geschnitzt, dass auch die modernste Technik und Medizin nichts daran ändern können. Wir sind und bleiben eben Geschöpfe Gottes. Das soll auch in Zukunft so bleiben. Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)





(A) )


(B) )



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610005200

Das Wort hat nun der Kollege Dr. Konrad Schily,

FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Konrad Schily (FDP):
Rede ID: ID1610005300

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen

Sie mich eine Vorbemerkung machen: Der Gegenstand
des Gesetzes ist offenbar schon längere Zeit hier im Ho-
hen Hause im Gespräch.


(Dr. Wolfgang Wodarg [SPD]: Das kann man wohl sagen!)


Verehrte Frau Widmann-Mauz, ich hoffe, dass bei die-
sem Gesetz etwas Besseres herauskommt als bei dem
Wettbewerbsstärkungsgesetz


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Ja, das wäre zu hoffen!)


und dass wir es hier auch gründlicher und einträchtiger
behandeln.


(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Sehr gut!)


Es ist sehr zu begrüßen, dass dieses Gesetz einge-
bracht worden ist; denn die Wissenschaft tastet sich ja
immer näher an den Menschen heran. Das hat Frau
Widmann-Mauz schon erwähnt. Die Wissenschaft sagt
sozusagen: „Wir kennen dein Schicksal!“ Je häufiger sie

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(C (D as tut und je mehr wir das marktfähig machen wollen, esto gefährlicher wird es natürlich. Deswegen vorneweg: Genanalytische Daten und encodes dürfen nicht in die Hände von Versicherunen gelangen. (Dr. Wolfgang Wodarg [SPD]: Das ist wohl wahr!)


Man muss den Versicherungen auch sagen: Die Wahr-
cheinlichkeit des Zutreffens ist bei einer orakelhaften
oraussage – so muss man das ja noch nennen – geringer
ls bei der bisherigen versicherungsmathematischen
orhersage, wonach in einem Kollektiv unter soundso
ielen Tausend Menschen ein bestimmter Prozentsatz
um Beispiel an Chorea Huntington, also an dem Veits-
anz erkrankt.

Im ganz sicheren Bereich, dem monogenetischen
ereich, ist nur ein Gen führend. Es ist also kein Pa-

allelgen – das sogenannte Allel – vorhanden. Wir wis-
en, dass Patienten, die Chorea Huntington haben, diese
onogenetische Struktur aufweisen. Wir können zwar

emanden untersuchen lassen – zum Beispiel ein Kind,
as in einer erbbelasteten Familie geboren worden ist –,
ufgrund der gentechnischen Untersuchung können wir
ber nicht vorhersagen, zu welchem Zeitpunkt und mit
elcher Schwere diese Krankheit auftreten wird.

Weil sich die Wissenschaft so nahe an den Menschen
erantastet, sie also sozusagen eine Art Persönlich-
eitsprofil bzw. Schicksalsprofil entwerfen will, bedarf
s ganz besonders des Schutzes durch den Gesetzgeber.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. René Röspel [SPD])


Es ist schon angesprochen worden: Auf der anderen
eite ist das auch eine große Herausforderung. Es darf
icht sein, dass wir die Wissenschaft behindern. Wir
üssen sie aber in die Schranken weisen, die für den
inzelnen verträglich sind. Es geht um den Schutz des
inzelnen gegenüber der Wissenschaft und in der Ge-
ellschaft, damit er nicht ausselektiert wird – egal aus
elchen Gründen. Das gilt auch für alle Arbeitgeber.
avon nehme ich den öffentlichen Dienst ausdrücklich
icht aus.


(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Sehr wahr!)


Wenn es um rein naturwissenschaftliche Feststellun-
en zu einem Patienten geht, dann ist das eigentlich
eine Beratung mehr, sondern eine wissenschaftliche
ntersuchung. Deswegen hat die Ärztekammer bereits
öllig zu Recht Richtlinien für die Beratung ausgearbei-
et und erlassen. In der Regel muss der Aspekt der Hilfe-
eistung mit der Beratung verbunden sein. Wenn bei-
pielsweise mehrere Schwangerschaften durch eine
ehlgeburt beendet wurden, ist zu klären, welche Struk-

uren gegeben sind, welche Möglichkeiten das Eltern-
aar hat und ob eine weitere Schwangerschaft sinnvoll
st.

Frau Widmann-Mauz hat bereits auf die Sequenzie-
ung des Gencodes hingewiesen. Aber es gibt nach wie
or sozusagen eine große Masse von Buchstaben. Wir






(A) )



(B) )


Dr. Konrad Schily
wissen zwar, dass es Buchstaben sein müssen, aber wir
kennen die einzelne Bedeutung der Buchstaben nicht.
Wir können sie allenfalls statistisch zuordnen. Wir ken-
nen die Worte, also die größeren zusammenfassenden
Einheiten nicht. Wir wissen zum Beispiel nicht, wer ei-
nem menschlichen Gen sagt, dass es zu einem bestimm-
ten Zeitpunkt das Wachstum einstellen soll. Das heißt,
wir kennen die übergeordneten Strukturen noch nicht.
Wir wissen schon gar nicht, unter welchen inneren
– psychischen – und äußeren Bedingungen – zum Bei-
spiel Umwelteinflüssen oder sozialen Faktoren – eine
Krankheit ausbricht. Das gilt auch für den bereits er-
wähnten Brustkrebs.

Ich denke, wir müssen diesen Gesetzentwurf sorgfäl-
tig erarbeiten. Man kann sicherlich darüber streiten, ob
von vornherein 5 Millionen Euro jährlich für die Unter-
richtung der Bevölkerung vorgesehen werden sollen. Ich
denke, das ist mit den ärztlichen Standesorganisationen
zu besprechen. Der Gesetzgeber muss aber meines Er-
achtens den klaren und eindeutigen Schutz der indivi-
duellen Rechte jedes Bürgers und jeder Bürgerin, und
zwar auch in der Wissenschaft, sicherstellen.

Heute Abend wird im Bundestag noch einmal das un-
selige Erbgesundheitsgesetz beraten. Man sollte dabei
berücksichtigen, was mit einem solchen Instrument der
Gendiagnostik geschehen könnte, wenn es in die fal-
schen Hände kommt. Das muss verhindert werden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Frank Spieth [DIE LINKE])


Ich möchte zusammenfassen: Wir brauchen einen
größtmöglichen Schutz vor unzulässiger Verwendung.
Unzulässig ist die Auskunft an den Arbeitgeber und an
Versicherungen. Wir brauchen eindeutige gesetzliche
Qualifikations- und Qualitätsmaßstäbe für Untersuchung
und Beratung. Dies muss – auch das ist schon angespro-
chen worden – so klug gestaltet werden, dass die For-
schung nicht verhindert wird.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Frank Spieth [DIE LINKE])



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610005400

Das Wort hat nun die Kollegin Dr. Carola Reimann

für die SPD-Fraktion.


Dr. Carola Reimann (SPD):
Rede ID: ID1610005500

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! In den letzten Jahren wurden große Fort-
schritte auf dem Gebiet der Humangenomforschung ver-
zeichnet. Das menschliche Genom – das wurde bereits
angesprochen – ist sequenziert. Mithilfe und auf Basis
dieser Erkenntnisse wird es in zunehmendem Maße ge-
lingen, diejenigen Erbgutveränderungen ausfindig zu
machen, die mit der Entstehung von Krankheiten ver-
bunden sind.

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(C (D Gleichzeitig ist das Verfahren der genetischen iagnostik längst nicht mehr nur auf den medizinischen ereich begrenzt und beschränkt. Die Bandbreite reicht on Testverfahren zur Feststellung der Identität – Stichort Forensik – über die Klärung historisch relevanter erwandtschaftsbeziehungen – ob in Königshäusern der anderswo – bis hin zu Abstammungstests, den soenannten – und nicht ganz unumstrittenen – Vaterchaftstests. Das größte Potenzial wird der Gendiagnostik aber ohl in der Medizin zukommen, einem Bereich, der ju istisch noch weitgehend ungeregelt ist. Deshalb ist in nserem Koalitionsvertrag die Schaffung einer gesetzlihen Regelung in all den Bereichen vorgesehen – ich ziiere –, die angesichts der Erkenntnismöglichkeiten der Humangenetik einen besonderen Schutzstandard erfordern, um die Persönlichkeitsrechte der Bürgerinnen und Bürger zu schützen. ie soll zugleich die Qualität der Gendiagnostik sichern. Hinter dem Begriff Gendiagnostik verbirgt sich eine anze Reihe von verschiedenen Testarten mit ganz unerschiedlichen Zielsetzungen. Diagnostische Tests öchte ich deshalb von prädiktiven Tests unterscheiden nd abheben. Diagnostische Tests unterscheiden sich grundsätzlich icht von anderen klinischen Untersuchungsbefunden. ie dienen der Diagnoseabsicherung bei der Abklärung iner bereits klinisch manifesten Erkrankung. Die Qualiät der Information ist somit auch keine andere als die ines biochemischen oder phänotypischen Tests. Prädiktive Tests dagegen zielen darauf ab, genetiche Veränderungen zu entdecken, die später mit erhöher oder an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu iner Erkrankung führen werden. Sie zielen zurzeit – das st auch gesagt worden – in erster Linie auf monogene rkrankungen ab. Das sind Erkrankungen, die auf den efekt eines einzigen Gens zurückzuführen sind; sie ind aber relativ selten. Insgesamt lassen sich etwa Prozent bis 3 Prozent aller Erkrankungen auf solche onogenetischen Veränderungen zurückführen. Zurzeit gibt es nur einen einzigen mir bekannten präiktiven Test mit einer hohen Vorhersagekraft, nämlich en auf Chorea Huntington; das ist der erbliche Veitsanz. Dieser Test ist mit einer sehr hohen Vorhersageahrscheinlichkeit und Vorhersagekraft ausgestattet. Einige Forscher erwarten, dass bis zum Jahre 2010 ür ein Dutzend Krankheiten vorhersagekräftige und in ie Zukunft blickende Tests existieren werden. Dabei ird nach wie vor bei allen Tests ein großer Interpreta ionsspielraum bleiben, der eine fachliche Beratung unrlässlich macht. In diesem Zusammenhang will ich auch auf Risiken nd Probleme bei der Durchführung prädiktiver Tests inweisen. Es lassen sich durchaus Genveränderungen dentifizieren, die mit Krankheiten assoziiert sind. Jeoch kann nicht sicher vorausgesagt werden, ob, wann nd in welcher Ausprägung eine Erkrankung später auf Dr. Carola Reimann tritt. Diese Problematik gewinnt an Brisanz, je größer der Unterschied zwischen wachsendem Wissen auf der einen Seite und den aktuell verfügbaren medizinischen Handlungsoptionen auf der anderen Seite ist. Soll heißen: Die Möglichkeit der Diagnostik bedeutet nicht auch immer die Möglichkeit der Behandlung. So stehen wir vor dem ethisch-moralischen Problem, dass viele Krankheiten, die jetzt oder in naher Zukunft erkannt und vorhergesagt werden können, in absehbarer Zeit nicht behandelt und schon gar nicht geheilt werden können. Genetische Informationen sind besondere und sensible Daten. Ihre Besonderheiten liegen darin, dass die Vorhersagekraft über sehr lange Zeit besteht, dass sie Implikationen für Familienangehörige haben können, dass sie auch von Bedeutung für die Familienund Lebensplanung einzelner Menschen sind und zu ganz erheblichen psychischen Belastungen und Verunsicherungen führen können. Aufgrund dieser speziellen Eigenschaften werden sie immer auch Risiken sozialer, ethnischer und eugenischer Diskriminierung darstellen. Diese besonderen Eigenschaften und ihr Potenzial erfordern ein sehr hohes Schutzniveau gegen möglichen Missbrauch. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Konrad Schily [FDP])





(A) )


(B) )


Deshalb ist den möglichen Gefahren, die mit der ge-
netischen Untersuchung des Menschen für den Schutz
und die Achtung der Menschenwürde, für seine Gesund-
heit und für seine informationelle Selbstbestimmung
verbunden sind, angemessen zu begegnen. Dieses
Schutzniveau muss aber – das sage ich gleichzeitig – die
Chancen des Einsatzes genetischer Untersuchungen für
den Einzelnen wahren.

Diese Thematik ist in den vergangenen Jahren im
Bundestag intensiv bearbeitet worden, unter anderem
auch von der Enquete-Kommission „Recht und Ethik der
modernen Medizin“, der ich – neben vielen Kollegen,
die an der Debatte teilnehmen – auch angehören durfte.
Viele Aspekte des Berichts der Enquete-Kommission
finden sich im vorliegenden Gesetzentwurf der Grünen
wieder.

Eine Konsequenz aus dem beschriebenen Spannungs-
feld war die Forderung der Enquete-Kommission, dass
genetische Tests nur freiwillig, begleitet von qualifizierter
fachlicher und psychosozialer Beratung, und von entspre-
chend qualifizierten Medizinern durchgeführt werden
dürfen. Das Recht des Einzelnen auf informationelle
Selbstbestimmung muss sichergestellt sein. Dazu gehö-
ren sowohl das Recht, die eigenen Befunde zu kennen,
also das Recht auf Wissen, als auch das Recht, es abzu-
lehnen und die Befunde nicht zu kennen, also das Recht
auf Nichtwissen. Die Patienten müssen informiert sein,
damit sie ihre Entscheidung für oder gegen einen Test
auf der Basis von Wissen fällen können. So etwas ist nur
mit einem differenzierten Beratungssystem realisierbar.

Gleichzeitig dürfen wir aber nicht die Chancen und
die Potenziale genetischer Untersuchungen verkennen.
Die Gendiagnostik kann helfen, neue Wege zur Heilung
oder Linderung von Krankheiten aufzuzeigen. Es gibt

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(C (D ereits genetische Tests, bei denen sich Menschen – Frau idmann-Mauz hat das bereits angesprochen – bei pielsweise auf die Eisenspeicherkrankheit testen lassen önnen. So startete im Jahr 2001 eine deutsche Krankenasse ein Modellprojekt mit einem Gentest zur Frührkennung dieser erblichen Erkrankung. Der Modellersuch ermöglicht es, noch vor Ausbruch der isenspeicherkrankheit gezielte Maßnahmen zu Frühiagnose, Prävention und Behandlung einzuleiten – in iesem Fall gelingt das schon mit einfachen Maßnahmen ie einer regelmäßigen Blutspende –, sodass sich chwerwiegende Spätschäden wie Herzschwäche, Diaetes und Leberkrebs verhindern lassen. Auch in anderen Bereichen können Gentests helfen, ezielt die richtige Therapie für die einzelne Patientin nd den einzelnen Patienten zu finden. Ein Beispiel ist er Brustkrebs-DNA-Chip. Hier kann pharmakogenetiche Diagnostik wesentlich dazu beitragen, dass die Theapie insgesamt sicherer, verträglicher und effizienter ird, wenn vorab mit molekulargenetischer Diagnostik eklärt werden kann, ob ein Therapieerfolg erreichbar ercheint. Ein Beispiel hierfür ist das Krebsmedikament erceptin, mit dem man vorab klären kann, ob die Frau as Target, also die Zielstruktur, für das Medikament beitzt. Diese Beispiele zeigen, dass die Forschung im Beeich der genetischen Untersuchung im Interesse des inzelnen Fortschritte gemacht hat und in Zukunft fortesetzt werden muss. Aber auch hier gilt das Selbstestimmungsrecht des Patienten oder Probanden. Der etroffene muss selbst über Weitergabe und Weiterverendung der persönlichen Daten bestimmen, die durch enetische Untersuchungen gewonnen wurden. Gleiches ilt natürlich auch für Aufbewahrung und Vernichtung enetischer Proben. Damit die notwendige Forschung und das hohe chutzniveau in Einklang zu bringen sind, ist darauf zu chten, dass die aus genetischen Untersuchungen geonnenen Daten nur unter strengen wie klaren Bedinungen für Forschungszwecke genutzt werden. Hierzu ählt als Voraussetzung unter anderem die Einwilligung es Betroffenen zur Nutzung der Daten. Die sensiblen aten müssen, wann immer es geht, anonymisiert weren und, falls nicht möglich, zumindest pseudonymisiert erden, um Rückschlüsse auf die untersuchte Person zu erhindern. Die enge Bindung der Forschung an diese oraussetzungen soll möglichen Missbrauch verhindern. leichzeitig glaube ich, dass sich eine klare rechtliche ahmensetzung für die Forschung positiv auf die Akeptanz der Forschungstätigkeit in diesen Bereichen ausirken wird. Kollege Schily, ich würde aber lieber von chutz in der Wissenschaft statt von Schutz vor der Wisenschaft (Frank Spieth [DIE LINKE]: Und mit der Wissenschaft!)


m Interesse der Probanden sprechen. Ich denke, sonst
ind wir uns einig.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Konrad Schily [FDP]: Okay!)







(A) )



(B) )


Dr. Carola Reimann
Die genetische Diagnostik, speziell die prädiktiven
Tests zeigen aber auch Auswirkungen in anderen Le-
bensbereichen; das ist hier angeklungen. So gibt es im-
mer wieder Vorschläge und Versuche, die gewonnenen
genetischen Daten in der Arbeitswelt und im Versiche-
rungswesen zu verwenden. Das nährt Befürchtungen.
Befürchtet wird, dass aufgrund vorliegender genetischer
Untersuchungsdaten ein vollständiger oder teilweiser
Ausschluss vom Versicherungsschutz erfolgt oder
Schwierigkeiten bei der Arbeitsfindung und im Arbeits-
verhältnis entstehen. Deshalb steht für uns fest: Wir
wollen keine Verwertung von Daten aus prädiktiven
Gentests bei Abschlüssen von Arbeits- und Versiche-
rungsverträgen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Hier sind allenfalls Ausnahmen unter sehr strengen Auf-
lagen denkbar, wenn es um die Gefährdung Dritter geht,
zum Beispiel bei Piloten.

Ich denke, es ist uns allen deutlich geworden, dass der
Bereich der genetischen Diagnostik gesetzlicher Rah-
menbedingungen bedarf. Wir müssen die berechtigten
Sorgen der Betroffenen und auch die berechtigten Inte-
ressen an besseren Diagnose- und Heilungsmöglichkei-
ten bzw. die Chancen, die diese bieten, sowie die
Möglichkeiten für die Forschung angemessen und aus-
gewogen berücksichtigen. Ich plädiere für eine gesetzli-
che Regelung mit Augenmaß, die ein hohes Schutz-
niveau der sensiblen Daten mit den Interessen der
Forschung – vor allem im Sinne der Betroffenen – an
neuen Optionen verbindet. Wir brauchen einen Gleich-
klang von verlässlichen gesetzlichen Rahmenbedingun-
gen – mit der Betonung auf dem Recht der informatio-
nellen Selbstbestimmung – und einer umfassenden
Aufklärung der Betroffenen über Potenziale wie Risiken
der genetischen Diagnostik. Auch diese Aspekte sind im
vorliegenden Gesetzentwurf enthalten, was ich durchaus
begrüße.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU])



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610005600

Nächster Redner ist der Kollege Frank Spieth für die

Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Frank Spieth (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610005700

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine Damen und Herren! Mit dem heute zur Debatte
stehenden Entwurf eines Gendiagnostikgesetzes soll vor
allem der Missbrauch von Daten verhindert werden, die
durch genetische Untersuchungen beim Menschen ge-
wonnen werden können, und es soll zusätzlich eine Qua-
litätssicherung erreicht werden. Es gibt viele Aspekte,
die in den Redebeiträgen hier schon zum Ausdruck ge-
bracht wurden.

Ich glaube – das hat die bisherige Debatte recht deut-
lich gezeigt –, dieses Gesetz ist erforderlich und längst

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(C (D berfällig. Ich habe nach diesen Debattenbeiträgen den indruck, dass wir auch bei Unterschieden in einzelnen ositionen und in Nuancen weitgehend in Übereinstimung sind. Ich hoffe, dass die unendliche Geschichte in ieser Legislaturperiode von uns gemeinsam zu Ende ebracht und mehr Sicherheit für die Betroffenen gechaffen werden kann; denn das wird schon sehr lange ebattiert. Unter Gendiagnostik versteht man die Untersuchung on menschlichen Erbgutveränderungen mit Schlussfolerungen für die Veranlagung für Krankheiten. Erkenntisse aus solchen Tests werden – das wurde schon dargetellt – bereits heute sowohl in der Forschung als auch in er Diagnostik und der medizinischen Behandlung zahleich eingesetzt. Mit dem technischen Fortschritt sind uf diesem Feld rapide Ausweitungen zu erwarten; die genetische Landkarte“ des Menschen wird immer deaillierter entschlüsselt – mit allen Folgen. So werden große Erwartungen bei vielen Menschen eweckt. Es besteht die Hoffnung, dass man mit der sich tändig weiterentwickelnden Gentechnik nicht mehr chicksalhaft an Erbleiden erkranken muss und dass iele Krankheiten schon entdeckt werden können, bevor ie überhaupt zum Ausbruch kommen. Durch den Einatz von Gentests kann zum Beispiel die vererbbare, chon mehrfach erwähnte Eisenspeicherkrankheit ämochromatose frühzeitig erkannt werden, die – das at Frau Widmann-Mauz schon gesagt – Leber, Bauchpeicheldrüse und Herz unter anderem schwer schädigen ann. Mit einer rechtzeitig einsetzenden Behandlung ässt sich der Erkrankungsverlauf positiv beeinflussen. och bei den allermeisten anderen Gentests ist ein sol her gesundheitlicher Nutzen – auch das wurde schon ngesprochen – für die Betroffenen derzeit nicht zu erennen, da es dazu kaum entsprechende Therapien gibt. Gentests sollten daher nach meiner Auffassung dann erwendet werden, wenn sie einen gesundheitlichen utzen bringen. (Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE])


(Beifall bei der LINKEN)


usätzlich müssen sie zuverlässig und aussagefähig sein
nd auf Freiwilligkeit beruhen. Damit die getesteten
enschen durch die Testergebnisse nicht in Ängste ge-

türzt werden, müssen umfassende Aufklärung, Bera-
ung und bei Bedarf auch psychosoziale Betreuung ge-
ährleistet sein.


(Beifall bei der LINKEN)


er im Gesetzentwurf enthaltene Vorschlag, dass da-
über eine Kommission befinden soll, ist nach unserer
uffassung der richtige Ansatz.

Ein weiteres Problem: Eine genetische Untersuchung
nformiert nicht nur über die getestete Person, sondern
ie gibt auch Hinweise über Krankheitsveranlagungen
on Eltern, von Geschwistern, von Kindern und von
eiteren Angehörigen, zum Beispiel über die Wahr-

cheinlichkeit, an Parkinson zu erkranken. Ich gehe da-
on aus, dass nicht jeder ohne vorherige Beratung seine






(A) )



(B) )


Frank Spieth
Zustimmung gibt, Informationen über seine möglichen
Erbgutveränderungen zu erhalten. Diese Informationen
können unter Umständen psychisch sehr belastend sein
und erhebliche Auswirkungen auf die Lebensplanung
des Einzelnen haben. Jeder Mensch besitzt – Frau
Widmann-Mauz hat dies richtigerweise gesagt – ein
Recht auf Nichtwissen. Das Recht auf informationelle
Selbstbestimmung wurde vom Bundesverfassungsge-
richt ausdrücklich verankert und könnte durch be-
stimmte Entwicklungen ausgehebelt werden, wenn ge-
setzliche Regelungen dem nicht entgegenstehen.

Ich möchte auf eine weitere Gefahr hinweisen: Ar-
beitgeber könnten genetische Tests einfordern und eine
mögliche Einstellung, Weiterbeschäftigung oder Ar-
beitsvertragslaufzeiten davon abhängig machen. Wer
erblich belastet ist und öfter oder schwer erkranken
könnte, erleidet dann unter Umständen berufliche
Nachteile. Auch dies wurde schon angesprochen.

Beispielsweise wurde der Fall einer Lehrerin in Hes-
sen bekannt, die erst über ein Gerichtsverfahren im
Jahre 2004 ihre Verbeamtung durchsetzen konnte. Ihr
wurde die Verbeamtung zunächst verweigert, weil ihr
Vater an der Nervenkrankheit Chorea Huntington litt, die
mit 50-prozentiger Wahrscheinlichkeit vom Vater auf die
Tochter vererbt werden kann. Die Lehrerin wollte sich
keinem Gentest unterziehen und auch nicht wissen, ob
sie in einigen Jahren an dieser nicht behandelbaren Er-
krankung leiden wird, und sie bekam vor Gericht recht.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Gut so!)


Auch private Krankenversicherungen und Lebensver-
sicherungen haben ein großes Interesse an der Gendia-
gnostik. Ich nehme an, dass alle Abgeordneten, die heute
hier und später in den Ausschüssen zu diesem Thema re-
den, genauso wie ich von den entsprechenden Lobbyis-
ten auf das heute zu beratende Gesetz angesprochen
wurden.


(Zuruf von der CDU/CSU: Nein!)


Es darf nicht rechtens sein, dass Versicherungen hö-
here Prämien kassieren können, wenn in der Familie ei-
ner Frau gehäuft Brustkrebs auftritt. Solche Erkenntnisse
über die Erbanlagen von Menschen, die nicht direkt über
genetische Testverfahren gewonnen wurden, müssen
ebenfalls diskriminierungsfrei bleiben und dürfen nicht
zu höheren Tarifen führen.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir brauchen also, erstens, ein Gesetz, das in klarer
Weise die Benachteiligung bzw. die Ausgrenzung von
Menschen unterbindet, die eine vererbte Veranlagung zu
Krankheiten haben.

Zweitens brauchen wir weitergehende Regelungen
zum Schutz vor Diskriminierung für diejenigen Men-
schen, über die auch ohne Gentests entsprechende medi-
zinische Informationen – dies ist etwa bei Frauen mit
Brustkrebshäufung in der Familie der Fall – vorliegen.

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(C (D Drittens müssen wir den Schutz bereits Erkrankter der Behinderter vor Benachteiligung ausbauen und tärken. Die Linke sagt: Dieses Gesetz muss verhindern, ass Menschen ausgegrenzt und diskriminiert werden. Ich danke Ihnen. Nächste Rednerin ist die Kollegin Birgitt Bender für ie Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es urde schon gesagt: Die Untersuchung des menschlihen Genoms bietet Chancen und Risiken. Ich will daauf hinweisen, dass man zum Beispiel durch die Kenntis bestimmter Genvarianten über die Dosierung von lutverdünnenden Mitteln entscheiden kann; so etwas ist ichtig. Die Eisenspeicherkrankheit – ich verweise auf ie Ambivalenz des Wissens, das man darüber gewinnt – urde bereits erwähnt. Angesichts der Chancen, aber auch der Risiken ist zu ehen, dass genetische Daten hochsensible Daten sind. arum? Weil sie zum Teil Aussagen über die Zukunft iefern, weil sich aus ihnen häufig statistische Wahrcheinlichkeiten ableiten lassen – was fängt ein Mensch um Beispiel mit der Aussage an, dass er mit einer ahrscheinlichkeit von 10 Prozent an Darmkrebs er ranken wird? – und weil sie Aussagen auch über Angeörige des Betroffenen ermöglichen. Deswegen ist es ichtig, dass Gentests nicht über das Internet vertrieben erden; gendiagnostische Methoden dürfen vielmehr ur von einem Arzt oder einer Ärztin angewendet weren. Es muss genaue Regelungen der Information und ufklärung der Betroffenen geben, damit eine inforierte Entscheidung möglich ist. Das müssen wir regeln. n der Praxis ist das bisher nicht selbstverständlich. Es gibt aber auch Bedarf für gesellschaftliche Grenziehung. Ein Beispiel: Was würde man mit der Aussage nfangen, dass man im Laufe des Lebens mit unterchiedlichen Wahrscheinlichkeiten von etwa 100 Krankeiten betroffen sein kann? So etwas wäre möglich, enn ein Genchip nach Art eines Rasenmähers alles un ersuchen könnte, was einem so einfällt. Wir sind uns ohl einig darüber, dass das auszuschließen ist. Ein anderes Beispiel. Neulich lautete eine Titelzeile: mbryo-Screening auf Brustkrebsgen. – Worum geht es? n Großbritannien wurde ein Antrag gestellt, nach dem s möglich sein soll, Embryonen im Reagenzglas zu unersuchen mit dem Ziel, die Wahrscheinlichkeit festzutellen, dass ein Mensch weiblichen Geschlechts später n Brustkrebs erkranken könnte. Dazu kann man nur saen: Es ist gut und richtig, dass wir in Deutschland das erbot solcher Methoden kennen. Es sollte beim Verbot er Untersuchung von Embryonen im Reagenzglas uf genetische Defekte bleiben. Birgitt Bender (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610005800
Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610005900

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)





(A) )


(B) )


Gentests zur Geschlechtsbestimmung werden be-
reits im Internet angeboten. Auf deutschen Internetseiten
wird immerhin noch auf Ärzte verwiesen und darauf,
dass sie das Ergebnis erst nach der zwölften Schwanger-
schaftswoche mitteilen dürfen. Woanders ist das schon
wieder anders. Es muss klar sein: Solche gendiagnosti-
schen Methoden dürfen nur medizinischen Zwecken die-
nen, und – das füge ich hinzu – sie sollten sich nur auf
Krankheiten beziehen dürfen, die nicht – wie Brustkrebs –
erst im Erwachsenenalter ausbrechen. Die Untersuchung
auf solche, wie man in der Fachsprache sagt, spätmani-
festierenden Krankheiten muss ausgeschlossen wer-
den; denn wir wissen – ich schaue Sie an, Herr Kollege
Hüppe –, dass es keine Therapie gibt, weswegen das nur
zu Abtreibungen führen würde. Ich glaube, das will nie-
mand von uns.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)


Ich komme zum Thema Forschung und zitiere ein
paar Daten aus dem TAB-Biobankenbericht. Demnach
gibt es in Deutschland etwa 40 kleinere und größere Bio-
banken mit genetischen Daten. Die größte davon
– 45 000 Proben – stammt aus dem nationalen Genom-
forschungsprojekt.

Es gibt aber auch etwa 3 Millionen Blutproben beim
Bayerischen Roten Kreuz. Davon werden 100 000 von
jeweils 5 000 Kranken und 5 000 Gesunden der Pharma-
industrie für kommerzielle Forschung zur Verfügung ge-
stellt. Welche Pharmaunternehmen das sind und was da-
für bezahlt wird, das bleibt das Geheimnis des
Bayerischen Roten Kreuzes.

Der Leiter der popgen-Biobank sagt selbst, er schätze,
dass in seinem Bereich 90 Prozent der Menschen, die
ihre Einwilligung für die Verwendung in der Forschung
geben, nicht wirklich wissen, worüber sie entscheiden.
Da ist immerhin noch von Einwilligung die Rede. Wir
wissen aus verschiedenen Berichten, dass es selbst an re-
nommierten Instituten nicht unbedingt üblich ist, über-
haupt die Einwilligung der Patienten einzuholen, wenn
man mit ihren Daten Forschung betreibt. Auch wir wis-
sen nicht, wo unsere Proben möglicherweise lagern und
was damit gemacht wird. Hier gibt es ganz dringenden
Regelungsbedarf.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Schließlich will ich darauf hinweisen, dass 3 Millio-
nen personenbezogene Blutproben die Neugier von Poli-
zei und Verfassungsschutz wecken könnten. Es ist gut,
dass gerade in diesen Tagen wieder eine große Sensibili-
tät für die Frage entstanden ist: Welche Daten sollen
diese Behörden erheben bzw. nutzen können? Es muss
klar sein, denke ich, dass wir ein Forschungsgeheimnis
brauchen. Das soll nicht bedeuten „Geheimnis um die
Forschung“, sondern soll heißen: Wenn Daten für die
Forschung erhoben wurden, dann müssen sie auch genau

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(C (D a bleiben. – Nach dem Mautgesetz dürfen die Daten der kw-Fahrten auch nicht an die Polizei weitergereicht erden. Frau Kollegin, denken Sie bitte an Ihre Redezeit. Ja. – Wir als Grüne haben auf Vorarbeiten aus der etzten Legislaturperiode zurückgegriffen; das ist kein eheimnis. Uns unterscheidet von anderen, Herr Kol ege Hüppe, dass wir nicht einfach einen Antrag gechrieben haben, in dem wir die Forderungen der nquete-Kommission, so richtig sie sind, nacheinander ufgelistet haben. Frau Kollegin, die Redezeit ist verbraucht. Wir haben einen ausgearbeiteten Gesetzentwurf vor elegt. Ihnen von der Koalition kann ich nur raten: Finen Sie nicht jede Woche eine neue Ausrede dafür, dass ie nichts tun. Die Eckpunkte sind schon lange angekünigt. Schieben Sie es nicht auf die lange Bank. Das wäre ier wirklich die falsche Handbewegung. Das Wort hat nun der Kollege Hubert Hüppe von der DU/CSU-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit dem orliegenden Antrag greift die Fraktion Bündnis 90/Die rünen ein Anliegen auf, mit dem wir uns in diesem ause in der Tat schon auf verschiedene Art und Weise eschäftigt haben. Schon die Enquete-Kommission Recht und Ethik der modernen Medizin“ hat sich es wurde gerade erwähnt – in der 14. Wahlperiode mit em Thema genetischer Tests befasst nd hat – in der Tat, Herr Kollege – gute Arbeit geleistet. ir hatten einen guten Vorsitzenden und auch einen gu en stellvertretenden Vorsitzenden. (René Röspel [SPD]: Das war eine Vorsitzende!)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610006000
Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610006100
Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610006200
Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610006300

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610006400
Hubert Hüppe (CDU):
Rede ID: ID1610006500

(René Röspel [SPD]: Gute Arbeit!)


ir haben entsprechende Empfehlungen bekommen.
rau Bender, auch die CDU/CSU hat diese Empfehlun-
en übernommen, weil sie richtig sind. Ich denke, sie
nterscheiden sich nicht wesentlich von den Empfehlun-
en in Ihrem Antrag.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann kann es ja losgehen!)


eshalb bedauern wir, dass wir unter den letzten beiden
ot-grünen Bundesregierungen im Bundestag leider kei-
en Gesetzentwurf vorgelegt bekommen haben. Es gab






(A) )



(B) )


Hubert Hüppe
einen Diskussionsentwurf vom damaligen Bundesminis-
terium für Gesundheit und Soziale Sicherung, der jedoch
nie ins parlamentarische Verfahren gekommen ist. Daher
wäre ich vorsichtig damit, uns vorzuwerfen, wir würden
dies verlängern. Wir mussten eine Menge aufräumen.
Ich denke auch an das Gewebegesetz, das wir heute
Abend beraten werden. Dieses Gesetz hätte schon längst
umgesetzt werden können. Lassen Sie uns ein wenig
Luft holen. Wir werden dieses Gesetz einbringen, denn
wir haben das Vorhaben in den Koalitionsvertrag hinein-
geschrieben, weil wir es für genauso wichtig halten wie
Sie, und nachdem ich heute die Reden gehört habe,
glaube ich, dass von keiner Fraktion und von keinem
Mitglied des Hauses bestritten wird, dass ein Gendia-
gnostikgesetz sinnvoll und notwendig ist.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Es geht darum, die Persönlichkeitsrechte von Bürge-
rinnen und Bürgern zu schützen. Gleichzeitig geht es in
einem solchen Gesetz auch darum, die Qualität der
genetischen Diagnostik zu gewährleisten. Es wurde
schon häufig angesprochen: Gentests tragen vor allem
das Potenzial von Diskriminierung, aber auch – was we-
niger thematisiert wurde – das Potenzial von Selektion in
sich. Beides könnte in vielen Lebensbereichen gesche-
hen. Einige Beispiele hat Frau Bender genannt. Die Prä-
implantationsdiagnostik ist in Deutschland Gott sei
Dank nicht zugelassen. Hier brauchen wir nicht nur ir-
gendwelche Regelungen ohne Konsequenzen, sondern
aus meiner Sicht klare Schranken und klare Verbote.

In den kommenden Beratungen können wir auf die
Erfahrungen anderer Länder zurückgreifen. Österreich
hat seit Jahren ein Gesetz. Es wäre gut, einmal zu hören,
was sich dort bewährt hat oder wo es möglicherweise
Lücken gibt. Wir könnten daraus lernen. Wenn das auch
in der Schweiz geschehen ist, dann könnte man sicher-
lich auch diese Erfahrungen in ein Gesetzesverfahren
einfließen lassen.

Wenn man sich in der Öffentlichkeit umhört, dann
wird über das Thema Gendiagnostik gar nicht so sehr
diskutiert. Das ist seltsam. Man spricht immer von der
Gentechnik, wobei die Gentechnik am Menschen kaum
eine Rolle spielt. Die Keimbahntherapie ist zum Glück
verboten. Sie würde nicht nur dazu führen, dass ein
Mensch mit neuen genetischen Möglichkeiten neu kre-
iert würde. Herr Schily, von diesen Möglichkeiten weiß
man allerdings wenig. Man kennt viele Buchstaben, aber
man weiß nicht, wie das Buch letztlich enden wird, wenn
man die Buchstaben verändert. Das würde möglicher-
weise nicht nur diesen Menschen verändern, sondern
auch alle nachfolgenden Generationen, ohne dass sie je
gefragt werden könnten. Heute weiß man zwar, dass
manche genetischen Eigenschaften, mit denen ein
Mensch lediglich Träger eines Krankheitsmerkmals ist,
die aber nicht zu einem Krankheitsausbruch geführt ha-
ben, dazu führen können, dass nachfolgende Generatio-
nen möglicherweise an einer Krankheit erkranken. Man
weiß aber auch, dass die Trägerschaft mancher Krank-
heitsmerkmale wahrscheinlich auch einen Schutz vor an-
deren Krankheiten mit sich bringt. Zum Beispiel vermu-

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(C (D et man bei der Sichelzellenanämie, dass sie gegen ndere Krankheiten einen Schutz darstellt. Meine Damen und Herren, bei der somatischen Genherapie haben wir sehr viele Hoffnungen gehabt; aber eider sind viele Hoffnungen geplatzt, obwohl ich sagen uss, dass das, wenn man bei den Versuchen das Risiko eherrschen und ausschließen kann, sicherlich ein Forchungsgebiet ist, bei dem eigentlich niemand ethische edenken haben kann. Allerdings gibt es eine Menge Fortschritte in der geetischen Forschung, die viele neue diagnostische und adurch möglicherweise auch therapeutische Möglicheiten eröffnen. Aber auch bei der Gendiagnose gab es ahlreiche Enttäuschungen. Ich denke an das Projekt in stland. Da hat man ein Humangenomprojekt durchfüh en wollen, das inzwischen eingestellt worden ist. Gleihes gilt für Island. Und wenn Sie sich noch erinnern, ie damals Craig Venter in Amerika gefeiert worden ist, er angeblich das menschliche Genom entschlüsselt hat, uss man sagen: Inzwischen spricht kein Mensch mehr arüber, weil man mit den Buchstaben nicht allzu viel nfangen kann, wenn man nicht weiß, welche Wörter an daraus bilden kann. Trotzdem können genetische Tests zur Absicherung iner Diagnose beitragen. Sogenannte pharmakogenetiche Tests können helfen, genetisch bedingte Empfindichkeiten für bestimmte Wirkstoffe abzuklären. Das ürde die individuell richtige Auswahl und Dosierung on Medikamenten erleichtern, und, was noch viel wichiger ist, schädliche, womöglich sogar tödliche Nebenirkungen könnten verhindert werden. Prädiktive, also vorhersagende, genetische Tests geen Anhaltspunkte über mögliche Risiken einer zukünfigen Erkrankung oder Behinderung. Diese prädiktiven ests können möglicherweise helfen, einer Krankheit orzubeugen, etwa durch Anpassung der Lebensgeohnheiten. Die Forschung entdeckt immer mehr Gene, die mit er Entstehung von Krankheiten in Verbindung gebracht erden. Aber leider liegen die heutigen therapeutischen öglichkeiten weit hinter dem zurück, was diagnostisch öglich ist. Man kann zwar eine Vielzahl von Krankhei en erkennen und diagnostizieren; aber sie können nicht eheilt werden. Das ist das Dilemma. In der Tat sind genetische Daten sensible, hochperönliche Gesundheitsdaten. Sie sind von dem Betroffeen nicht beeinflussbar. Genetische Daten bergen – ich laube, auch darüber sind wir uns hier einig – das Risiko ozialer, ethnischer und eugenischer Diskriminierung n sich. Wir wollen den wissenschaftlichen Fortschritt. ber gerade angesichts der positiven Chancen geneti cher Diagnostik müssen die Menschen sicher sein könen, dass ihre Daten nicht zu ihrem Nachteil genutzt erden. Sie müssen sicher sein können, dass es nicht ihr chaden ist, wenn sie genetische Diagnostik in Anpruch nehmen. Im Übrigen zeigt die gesamte bioethiche Debatte in Bezug auf Forschung in der Medizin, ass ein Gesetz, das Schranken aufstellt, die Forschung icht behindern muss, sondern sie auch befördern kann, Hubert Hüppe weil die Menschen keine Angst vor diesem Bereich haben, wenn sie wissen, dass ethische Standards eingehalten werden. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)





(A) )


(B) )


Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Recht auf
Selbstbestimmung im Bereich der Gendiagnostik muss
sichergestellt sein. Gentests sind grundsätzlich an die
freie und informierte Zustimmung des Betroffenen zu
binden. Dazu gehört sowohl das Recht auf Kenntnis ge-
netischer Befunde als auch das Recht auf Nichtwissen.
Allerdings kann das schon dann problematisch werden,
wenn nahe Verwandte einen Gentest durchführen lassen,
weil dieser nicht nur etwas über die getestete Person aus-
sagt, sondern möglicherweise auch über die Erbanlagen
der Eltern bzw. Kinder oder der Geschwister. Das Recht
auf Nichtwissen wird wahrscheinlich selbst bei Ihrem
Gesetzentwurf – aber auch mir fällt da nichts Besseres
ein – nicht in jedem Fall sicher gewährleistet werden
können.

Das Recht auf Nichtwissen bedeutet auch, dass Men-
schen vor jeder Form der Diskriminierung zu schützen
sind, wenn sie genetische Untersuchungen nicht in An-
spruch nehmen wollen. Gentests an Minderjährigen oder
nicht einwilligungsfähigen Menschen erfordern beson-
ders hohe Schutzstandards. Gentests, die nur im Interesse
Dritter an nicht einwilligungsfähigen Personen durchge-
führt werden, sind deshalb nicht akzeptabel und müssen
verboten werden.

Genauso unzulässig sind genetische Untersuchungen
an Minderjährigen auf Erkrankungen, die erst wesentlich
später im Leben des Betroffenen auftreten können. Wenn
sie nicht notwendig sind, um unmittelbare therapeuti-
sche oder präventive Konsequenzen ziehen zu können,
sind sie unzulässig.

Meine Damen und Herren, die heute am meisten ver-
breiteten genetischen Tests finden im Rahmen der Prä-
nataldiagnostik statt. Kein anderer Lebensabschnitt hat
heute so viel mit genetischer Diagnostik zu tun wie die
Schwangerschaft. Während eine schwangere Frau früher
im wahrsten Sinne des Wortes guter Hoffnung war, so
muss eine Schwangere heute ihre Gefühle gegenüber
dem Ungeborenen bis zum Testergebnis zurückstellen.
Die Enquete-Kommission „Recht und Ethik der moder-
nen Medizin“ hat sich 2005 in einer ganztägigen Exper-
tenanhörung mit dieser Problematik befasst. Es gibt tat-
sächlich die Tendenz, dass Diagnostik zur Selektion
führen kann.

Wir müssen heute davon ausgehen, dass über
90 Prozent der Kinder, bei denen Downsyndrom oder
Spina bifida diagnostiziert werden, abgetrieben werden.
Dabei birgt die Diagnostik selbst bereits das Risiko, dass
das Kind im Mutterleib stirbt.


(Zuruf von der SPD: Richtig!)


Der Enquete-Bericht spricht im Falle einer Fruchtwas-
seranalyse von einem Fehlgeburtsrisiko von 0,5 Prozent,
bei der Chorionzottenbiopsie sogar von 2 bis 4 Prozent.

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(C (D as heißt, dass möglicherweise bis zu vier von 100 Kinern deswegen sterben müssen, weil ein Test durchgeührt wurde. Im Übrigen ist dies nicht zuletzt ein Einriff, in den der Hauptbetroffene, also das Kind, nicht inwilligen kann. Hier stellt sich auch die Frage, ob solche Tests von en Krankenkassen zu finanzieren sind. Diese Frage tellt sich insbesondere dann, wenn ein diagnostischer efund nicht zur Einleitung einer Therapie führt, weil es ämlich gar keine Therapie gibt. Bei einem Menschen it Downsyndrom gibt es keine Therapie. Aber auch ies will ich sagen: Wer solche Menschen kennt, weiß, ass sie nicht, wie es immer heißt, am Downsyndrom eiden; sie haben Downsyndrom. Sie leiden höchstens an er Reaktion der Menschen, die damit nicht umgehen önnen. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie der Abg. Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Deswegen befürworte ich wie auch die Grünen im
orliegenden Antrag ein Verbot vorgeburtlicher prä-
iktiver Tests, wenn sie nicht zum Nutzen des Kindes
ährend der Schwangerschaft sind. Denn ein pränatal-
iagnostisch erhobener Befund wirft Probleme auf,
enn das Kind zur Welt kommt. Was machen wir eigent-

ich, wenn solche Untersuchungen von Kindern proble-
atische Ergebnisse zeigen? Wie gehen wir dann mit

iesen Daten um? Wie gehen das Kind und die Eltern
it diesen Daten um? Wie gehen die Lebensversiche-

ungen, die privaten Krankenversicherungen und die Ar-
eitgeber damit um?

Ich denke, viele Menschen werden erst durch ihr Wis-
en krank, dass sie ein Gen besitzen, das irgendwann zu
iner Krankheit führen kann. Das kann zwar so sein, es
uss aber – mit Ausnahme von ganz wenigen Fällen wie
horea Huntington – nicht so sein.


(Zuruf von der CDU/CSU: Auch da nicht!)


In der Tat. Ich habe heute Morgen einmal im Internet
achgeschaut, was unter Chorea Huntington zu verste-
en ist. Diese Krankheit, für die es vorgeburtliche Unter-
uchungen gibt, bricht in der Regel im Erwachsenenalter
on 30 bis 40 Jahren aus. Es gibt aber Fälle, in denen die
rankheit im Alter von drei Jahren oder erst im Alter
on 75 Jahren auftritt. Was soll man also mit der Infor-
ation, dass man davon möglicherweise betroffen ist,

nfangen? Bei unbehandelbaren Krankheiten ist es bes-
er, wenn die Menschen nicht wissen, was in ihren Ge-
en versteckt ist. Eine genaue Prognose kann man so-
ieso nicht abgeben.

Gerade bei der vorgeburtlichen Untersuchung ist es
anz wichtig, dass es eine qualifizierte Beratung gibt,
nd zwar nicht erst nach dem Test, sondern schon vor
em Test. Mir ist es sehr wichtig, dass man die Men-
chen, bei denen eine Behinderung festgestellt wurde,
icht vergisst. Es wäre sehr gut, wenn man die Betroffe-
en selbst und ihre Angehörigen in die Beratung einbe-
iehen würde. Sie könnten dann ihre Erfahrungen ein-
ringen. Man könnte dadurch außerdem deutlich






(A) )



(B) )


Hubert Hüppe
machen, dass nicht jede Behinderung gleichzeitig Leid
bedeuten muss.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Eines lehrt uns die Erfahrung: Hat sich eine Gesell-
schaft erst einmal an solche Tendenzen, denen wir vor-
beugen wollen, gewöhnt und hat sich erst einmal eine
entsprechende Praxis etabliert, dann ist eine Korrektur
kaum noch möglich. Die heutige Debatte hat deutlich
gemacht, dass wir uns über Koalitions- und Fraktions-
grenzen hinweg einig sind, das Gesetz noch in dieser
Wahlperiode zu verabschieden. Lasst uns also an die Ar-
beit gehen!

Vielen Dank fürs Zuhören.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie der Abg. Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610006600

Das Wort hat nun der Kollege Michael Kauch, FDP-

Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Michael Kauch (FDP):
Rede ID: ID1610006700

Meine Damen und Herren, es ist schon angesprochen

worden: Die Enquete-Kommission hat sich in der
14. Wahlperiode mit dem Thema beschäftigt, und auch
der Nationale Ethikrat hat sich mit der Problematik von
Gentests befasst und sich zumindest zu dem Bereich des
Arbeitsmarktes in einer Stellungnahme geäußert. Das
war im August 2005. Diese Stellungnahme sollte in der
weiteren Debatte beachtet werden. Hinsichtlich dieses
Punktes ist sie an einigen Stellen etwas differenzierter
als der Gesetzentwurf von Bündnis 90/Die Grünen.

Für uns Liberale ist klar: Schwächen und Fehler ge-
hören zum Menschsein, und deshalb dürfen Einstel-
lungsuntersuchungen mit Gentests eben nicht zur Selek-
tion führen. In diesem Punkt unterstütze ich Kollegen
Hüppe nachdrücklich. Das ist ein wichtiger Gesichts-
punkt, den wir hier beachten müssen, denn die Wahr-
scheinlichkeit, dass eine Krankheit ausbricht, ist keine
Rechtfertigung dafür, dass man jemanden heute schon
aus dem Arbeitsprozess aussondert, obwohl es nur eine
Wahrscheinlichkeit gibt, dass bei ihm eine Berufsunfä-
higkeit eintritt.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Deshalb muss man ganz klar den Fokus darauf legen,
Breitbandverfahren, mit deren Hilfe nach genetischen
Veranlagungen gesucht wird, bei Einstellungen auszu-
schließen. Hierzu ist eine gesetzliche Regelung not-
wendig. Eine Ausnahme möchte ich allerdings machen
– Kollegin Reimann hat sie in einem Nebensatz ange-
sprochen –, nämlich dann, wenn es um die Sicherheit
Dritter geht, also dann, wenn man möglicherweise wie
bei Piloten Gefährdungen aufgrund von Krankheiten
ausschließen will, die vorhersagbar sind, aber deren

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(C (D ymptome noch nicht eingetreten sind. Hier ist vielleicht ine andere Abwägung zu treffen; das ist zumindest zu iskutieren. Diese Haltung vertritt auch der Nationale thikrat in seiner Stellungnahme von 2005. Der Nationale Ethikrat hat einen weiteren Punkt anesprochen, nämlich die Frage des öffentlichen Dienstechts. Dabei geht der Arbeitgeber ein lebenslanges Fürorgeund Versorgungsverhältnis ein, aus dem er – anders ls beim Arbeitsvertrag eines privaten Arbeitgebers – icht aussteigen kann. Hinsichtlich dessen äußert der ationale Ethikrat, dass man hier unter gewissen Bedinungen abwägen müsse, ob man die Verwendung von nformationen aus Gentests zulässt. Das halte ich dann chon für einen schwierigeren Abwägungsprozess als in ällen, bei denen es um die Sicherheit Dritter geht, aber urchaus für eine Frage, über die man auch aufgrund der esonderen Situation im öffentlichen Dienst diskutieren uss: Will man das tatsächlich, oder sagt man, hier reffe man die Abwägung anders? Dieser Punkt muss egenstand der Debatte über den Gesetzentwurf sein. ch bin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dankbar, ass sie mit diesem Gesetzentwurf die Debatte hierzu nstößt; wir sollten sie sachlich und fraktionsübergreiend führen. Generell gilt für uns als FDP, dass Gentests immer reiwillig sein müssen. Der Betroffene muss seine ustimmung dazu geben, es muss zuvor Aufklärung nd eine Beratung gegeben haben, und der Datenchutz muss gesichert sein. Dazu gehört eben auch, dass ie ärztliche Schweigepflicht nicht weiter durchlöchert ird, sondern dass wir sie stärken. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das Recht auf Nichtwissen ist angesprochen wor-
en, aber hier bestehen natürlich auch Grenzen, nämlich
ie, die Kollege Hüppe angesprochen hat: Gentests in
er Familie sagen natürlich auch etwas über einen selbst
us. Aber wenn Sie kein Redeverbot in der Familie ver-
ängen wollen, werden Sie das wohl hinnehmen müssen.
s wird keine Möglichkeit geben, dies auszuschließen.

In diesem Sinne wünsche ich uns gute Beratungen zu
iesem Gesetzentwurf, damit wir hier zu einer Linie
ommen, die dann vielleicht auch zu einer fraktions-
bergreifenden Lösung führt.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610006800

Nächster Redner ist der Kollege René Röspel für die

PD-Fraktion.


René Röspel (SPD):
Rede ID: ID1610006900

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Es ist gerade einmal sechs Jahre her, dass die
achricht um die Welt ging, das menschliche Genom sei
un komplett entschlüsselt. Das heißt, die Erbinforma-
ion des Menschen ist fast bekannt.






(A) )



(B) )


René Röspel
Wenn man sich das an einem anderen Beispiel vor
Augen führt, stellt sich die Frage: Was bedeutet das? Wir
haben jetzt eine Bibliothek mit 3 000 Büchern, jedes
Buch hat 1 000 Seiten, und auf jeder Seite sind etwa
1 000 Buchstaben hintereinander in ihrer Abfolge zu le-
sen, allerdings in einer Sprache, die wir eigentlich noch
nicht verstehen, viel zu wenig verstehen oder noch nicht
richtig verstanden haben. Wir wissen viel weniger, als
wir technisch können. Von einer Reihe von Genen oder
Genveränderungen wissen wir, dass sie mit Sicherheit
zur Entstehung einer Krankheit führen. Wir kennen aber
nicht den Zeitpunkt des Ausbruchs dieser Krankheit. Wir
wissen nicht, ob das sofort, in zehn, 30 oder 40 Jahren
der Fall sein wird. Häufig kann auch nur vermutet wer-
den, dass ein Gen an der Entstehung einer Krankheit be-
teiligt ist. Es kann eine Wahrscheinlichkeit angegeben
werden, ob eine Krankheit überhaupt ausbricht; aber
letztlich wissen wir dies nicht.

Eine 18-jährige gesunde Frau ohne Symptome kann
im Internet einen Gentest bestellen und testen lassen, ob
sie etwa eine Veranlagung zu Brustkrebs hat. Sie be-
kommt dann möglicherweise die Antwort, dass sie mit
50-prozentiger Wahrscheinlichkeit an Brustkrebs erkran-
ken kann, vielleicht in 20, 30 oder 40 Jahren oder auch
gar nicht. Ist das eine sinnvolle Information? Ich glaube,
wir sind uns ziemlich einig, dass das keine sinnvolle In-
formation ist.

Nun zum Kernproblem von Gentests. Sie sind dann
nützlich, wenn es um eine Krankheit geht, die man thera-
pieren kann, bei der es eine Möglichkeit gibt, sie zu ver-
hindern. Gentests werden dann problematisch, schäd-
lich, zur Last oder Bürde eines Menschen, wenn man
zwar eine Auskunft darüber erhält, ob eine Krankheit
mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit – oder eben gar
nicht – ausbricht, man diese Krankheit aber nicht thera-
pieren kann, wenn es also auf die Antwort, die man
durch einen Gentest bekommt, keine sinnvolle Verhal-
tensweise gibt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Diese Information kann ein Leben verändern, manch-
mal sogar dramatisch. Sie kann – das ist schon gesagt
worden – nicht nur das eigene Leben verändern, sondern
auch das derjenigen Menschen, die um einen herum le-
ben. Wenn es um eine vererbbare Krankheit geht und ich
die Information bekomme, dass ich sie in mir trage und
sie vielleicht in 20 oder 30 Jahren ausbricht, dann bedeu-
tet das, dass sich auch meine Eltern, meine Geschwister
und meine Kinder Gedanken machen oder Gedanken
machen müssen, ob sie vielleicht Träger dieser Krank-
heit sind. Sie fragen sich: Haben der Test, den mein Va-
ter oder mein Bruder hat vornehmen lassen, und die
Auskunft, die er bekommen hat, auch für mich eine Aus-
wirkung? Das kann dazu führen, dass die Unsicherheit
über das Entstehen oder Ausbrechen einer Krankheit wie
ein Damoklesschwert über dem Leben eines Menschen
hängt.

Ich habe in der Debatte Folgendes gemerkt: Wir alle
sind uns einig: Wir brauchen in unserem Land im Zusam-
menhang mit Gentests eine Regelung, die unsinnige Gen-
tests vermeidet, die das informationelle Selbstbestim-

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(C (D ungsrecht des Menschen bzw. des Patienten ermöglicht. azu gehört – auch darüber sind wir uns einig – eine um assende Aufklärung über Zweck und Aussagekraft eines entests und über mögliche Therapien nach einem Genst. Zu dieser Regelung gehört auch das Recht auf Nichtissen. Wie gerade in meinem Beispiel angedeutet, muss an das Recht haben, die Mitteilung eines Befundes abzuhnen. Dazu gehört, dass niemand zu einem Gentest gezwunen werden darf nd dass niemand von einem Gentest Gebrauch machen arf, um einen Vorteil zu erlangen. Dazu gehört, dass iemandem ein Versicherungsschutz und der Abschluss iner Versicherung verwehrt werden dürfen; das ist ganz ichtig. Wir sehen, dass in anderen Ländern schon zum eispiel getestet wird, ob eine Veranlagung zu Morbus untington besteht, und man eine Lebensversicherung ur dann abschließen kann, wenn man dies ausschließen ann – mit fürchterlichen Konsequenzen, wenn das nicht er Fall ist: keine Lebensversicherung, kein Kredit, kein aus, keine Zukunft. Dazu gehört auch, dass niemand m Arbeitsplatz oder bei einer Einstellungsuntersuchung egen seiner genetischen Ausstattung diskriminiert weren darf. Die Probleme solcher Regelungen ergeben sich übriens im Detail. Natürlich sind wir alle froh, wenn bei eiem Elektriker mit einer einfachen Ishihara-Farbtafel ein ot-Grün-Farbtest durchgeführt wird – das ist im Prinzip it einem Gentest vergleichbar –, damit er keine Kabel ertauscht. Das bezieht sich auf das, was Kollegin eimann und Herr Kauch ansprachen: Es gibt eben auch ine besondere Verpflichtung gegenüber Dritten, was in er Detaildebatte eine besondere Rolle spielen wird und pielen muss. Es sei mir als Forschungsund Wissenschaftspolitiker rlaubt, einige weitere Punkte anzumerken. In der Unteruchung des menschlichen Genoms und der Erbinformaionen steckt ein gewaltiges Potenzial zur Bekämpfung on Krankheiten und zum besseren Verständnis von rankheiten. Allerdings werden wir eine solche For chung nur dann verantwortlich betreiben können, wenn ich Probanden, also Menschen, zur Verfügung stellen. iese brauchen einen besonderen Schutz, gerade wenn s um minderjährige oder nicht einwilligungsfähige enschen geht. Es muss aber vor allen Dingen das Ver rauen darauf geschaffen werden, dass ihre Daten nur zu issenschaftlichen Zwecken genutzt werden. Deswegen st es für uns als Forschungspolitiker eben auch wichtig, ass ein sogenanntes Forschungsprivileg oder Forchungsgeheimnis eingeführt wird; auch das ist schon rwähnt worden. Das heißt, dass der Staatsanwalt eben einen Zugriff auf die Daten bekommt, die jemand zu issenschaftlichen Zwecken zur Verfügung gestellt hat. Die Enquete-Kommission „Ethik und Recht der moernen Medizin“ hat 2002 einen in der Tat umfassenden ericht zu genetischen Daten vorgelegt, der Forderunen und Empfehlungen enthält. Wir haben in der rot-grüen Koalition im Jahr 2004 in langen Diskussionen be René Röspel gonnen, einen Gesetzentwurf auszuarbeiten. Wir haben es leider nicht geschafft, diesen in Gesetzesform zu gießen, weil die Neuwahl dazwischenkam. Wir bekommen heute eine fast unveränderte Fassung dieses rot-grünen Gesetzentwurfes zur Vorlage. Mein Dank geht nicht nur an Bündnis 90/Grüne, die die Initiative ergriffen haben, eigentlich geht er – die Frau Staatssekretärin ist da – an das Bundesministerium für Gesundheit, in dem dieser Entwurf erarbeitet worden ist. Ich glaube, dieser Entwurf ist eine gute Grundlage für die kommenden Diskussionen. (Vorsitz: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)


(Beifall bei der SPD)





(A) )


(B) )


Lassen Sie uns gemeinsam einen überzeugenden
rechtlichen Rahmen für genetische Daten und Gendia-
gnostik in diesem Land schaffen! Frau Präsidentin,


(Heiterkeit)


es ist alles gesagt. Ich habe noch anderthalb Minuten Re-
dezeit. Schreiben Sie mir die doch bitte für die nächste
Sitzungswoche gut!

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1610007000

Mit der Übertragung der Redezeit auf die nächste Wo-

che – so weit sind wir noch nicht.


(Zuruf von der SPD: Das ist ein Problem der Gendiagnostik!)


Wir kommen jetzt zu dem Redebeitrag des Kollegen
Dr. Ilja Seifert von der Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610007100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine Damen und Herren auf den Tribünen! Es ist ei-
nige Jahre her, da starb in meinem Wahlkreis eine Frau
an der Huntington-Krankheit. Das ist kein schöner
Tod. Ihr Sohn, der damals Anfang 20 war, hatte eine gute
Schulausbildung hinter sich und eine gute Lehre absol-
viert und fing an zu arbeiten. Weil seine Mutter an dieser
Krankheit gestorben war, ließ er sich auf die Huntington-
Krankheit testen. Solche Tests wurden damals ohne
große Vorbereitung und ohne große Aufklärung durch-
geführt. Der Test fiel positiv aus. Dies stürzte diesen
Mann ins Unglück: Er empfand diese Diagnose als
„sein Todesurteil“, wie er es bezeichnete. Es ist hier
schon x-mal gesagt worden, dass niemand weiß, wann
diese Krankheit ausbricht. Man weiß nur, dass sie mit
hoher Wahrscheinlichkeit ausbricht, und man weiß, dass
sie mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Tode führt – zu ei-
nem, wie gesagt, sehr qualvollen Tode. Der Mann hörte
auf zu arbeiten, er verlor seine Familie, fiel ins Boden-
lose.

Was will ich damit sagen? Es reicht nicht, solche
Tests anzubieten, man muss auch darüber aufklären, wie

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(C (D an mit einem positiven Testergebnis umgehen kann. ch bin den Kolleginnen und Kollegen von der Grünenraktion außerordentlich dankbar für die Einbringung ieses Gesetzentwurfs, weil wir damit heute die Geleenheit haben, darüber zu reden. Die Debatte ist, wie ich gezeigt hat, von hoher Ernsthaftigkeit geprägt. Herr chily, Ihr Beitrag hat mich sehr beeindruckt; das will ch ausdrücklich sagen, auch wenn wir von verschiedeen Fakultäten sind. Wir müssen also bedenken, dass es icht nur um die Aufklärung derjenigen geht, die einen olchen Test machen wollen. Es geht auch nicht nur um ie Aufklärung der Angehörigen; es ist ja bereits mehrach gesagt worden, dass die Verwandten immer mit beroffen sind. Ich glaube, wir brauchen darüber hinaus ine breite gesellschaftliche Aufklärung – im Vorfeld –, as die Ergebnisse solcher Tests sein können und wie ir damit umgehen sollen. Ich nenne noch ein Beispiel: Selbst wenn sich eine unge Frau darüber aufklären lässt, was ein Gentest auf ie Anlage für Brustkrebs aussagen kann und wie sie mit em Fall, dass der Test positiv ausfällt, umgehen kann, leibt die Frage, wie sich ihr Partner verhält, wie er dait umgeht, wenn er nicht mit aufgeklärt worden ist, und ie Kolleginnen und Kollegen damit umgehen. Da könen Dinge zerbrechen, die nicht kaputtgehen müssten. Wenn wir also nicht eine breite öffentliche Aufkläung darüber haben, was solche Tests aussagen können wie lange kann es dauern, bis die Vorhersagen eintref en, falls sie überhaupt eintreffen, und mit welcher Härte reffen sie ein –, dann richten wir mehr Schaden an, als ir Nutzen stiften können. Ich will noch eines hinzufügen: Wenn wir Aufklärung etreiben, müssen wir auch ernsthaft darüber reden, was s eigentlich bedeutet, mit einer genetischen Krankheit der der daraus folgenden Behinderung zu leben. Wir üssen klarmachen, dass eine erbliche Krankheit zwar icht wünschenswert ist, aber auch nicht das Todesurteil edeutet. Wenn man eine erbliche Krankheit hat, müssen chließlich Generationen vor einem ebenfalls diese rankheit gehabt haben. Wir müssen klarmachen, dass an auch mit solchen Krankheiten und den daraus fol enden Beeinträchtigungen und Behinderungen am geellschaftlichen Leben teilhaben kann, Freude empfinen kann und dass man auch unter diesen Vorzeichen ein rfülltes Leben führen kann. Wenn die Aufklärung nicht in dieser Form erfolgt, ird jeder Betroffene stigmatisiert sein. Das wäre – Kol ege Hüppe hat das angesprochen – eine Form von Seektion. Das wollen wir auf keinen Fall. Herr Schily, Sie aben auf die finstere Nazizeit hingewiesen, in der mit enetik furchtbare Verbrechen begründet wurden. Wenn ir in der breiten Öffentlichkeit keine allgemeine Disussion über Gentests führen, werden wir, wenn es um en konkreten Gentest und die individuelle Aufklärung eht, Schiffbruch erleiden. Deswegen danke ich für den Anlass zu dieser Diskusion. Ich hoffe – ich spreche auch die Besucher auf den ribünen an –, dass wir uns so lange über dieses Thema nterhalten werden, bis wir verstanden haben: Man kann Dr. Ilja Seifert auch mit Krankheit leben, und eine genetische Veranlagung zu einer sehr schlimmen Krankheit bedeutet nicht das Todesurteil. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)





(A) )


(B) )



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1610007200

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Wolfgang Wodarg

von der SPD-Fraktion.


Dr. Wolfgang Wodarg (SPD):
Rede ID: ID1610007300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Durch die

heutige Debatte ist mir vieles von dem in Erinnerung ge-
rufen worden, worüber wir seit zehn Jahren diskutieren.
Der Deutsche Bundestag beschäftigt sich seit zehn Jah-
ren mit dieser Thematik. Das Büro für Technikfolgenab-
schätzung hat mit einer Analyse für den Deutschen Bun-
destag begonnen. Eine Enquete-Kommission hat daran
weitergearbeitet. Rot-Grün hat dann angefangen, einen
gemeinsamen Gesetzentwurf zu basteln. Er war sehr um-
fangreich. Wir hätten das Gesetz fast zustande gebracht.
Herr Beck hat aber viele Dinge eingebracht, die das
Ganze verkompliziert haben.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch sonst gar nicht seine Art!)


Als er heute sagte: „Jetzt müssen wir es aber endlich
tun“, habe ich gedacht: Fasst euch einmal an die eigene
Nase; ihr hättet es schon längst haben können.

In der Tat besteht Regelungsbedarf, aber an anderer
Stelle, als meistens gesagt wird. Schauen wir uns einmal
an, was man am Menschen alles untersuchen kann: Man
kann Menschen anschauen und feststellen, was sie von
anderen unterscheidet. Man sieht zum Beispiel, dass ei-
nige Menschen eine blasse Hautfarbe und rötliche Haare
haben und dass andere dunkelbraun sind und dunkle
Haare haben. Man weiß, dass die blassen Menschen
leichter einen bestimmten Hautkrebs bekommen, den die
anderen fast nie bekommen. Das weiß man. Das kann
man vorhersagen. Entsprechend wird auch beraten.

Es ist die Pflicht von Krankenhäusern und Arztpraxen,
eine Familienanamnese zu erheben. Wenn man dem Pa-
tienten helfen will, muss man über ihn Bescheid wissen
und ihn fragen – das ist gutes ärztliches Handeln –: Gab es
Krebserkrankungen bei den Eltern? Gab es Bluthoch-
druckerkrankungen? Gab es Diabetes in der Familie? Das
macht man, um dem Patienten prädiktiv zu helfen, um zu
wissen, wo etwas vorliegen könnte. Es gibt prädiktive Da-
tenerhebungen.

Das Ganze kann man jetzt perfektionieren. Bei der
Zuckerkrankheit war es früher, als es die Labormedizin
noch gar nicht gab, so, dass der Arzt den Finger in den
Urin gesteckt hat und geschmeckt hat, ob er süß ist oder
nicht. Dann hat er gesagt: Das ist die Zuckerharnruhr.
Das ist Diabetes. Dann gab es die ersten Nachweisme-
thoden für Zucker im Harn und im Blut. Dann war das
Ganze ein bisschen appetitlicher. Der Arzt brauchte

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(C (D iese Opfer nicht mehr zu bringen. Später gab es sogar rädiktive Tests, das heißt Belastungstests. Man gab dem atienten eine bestimmte Menge Glukose und beobach ete, wie er darauf reagiert. Aufgrund des Ergebnisses onnte man sagen – zu dem Zeitpunkt hatte der Patient och keine Zuckerkrankheit –, ob er wahrscheinlich eine ntwickelt oder nicht. Wenn er Gewicht abnimmt, wenn r sich richtig verhält, dann entwickelt er keine, und enn er sich falsch verhält, entwickelt er vielleicht eine. uch das war unsicher. All das kennen wir schon. Das Gleiche haben wir jetzt in der Medizin auf moleularer Ebene perfektioniert. Das heißt, wenn man die trukturen in der Zelle analysiert, kann man mit einer estimmten Wahrscheinlichkeit sagen, dass der Mensch estimmte Risiken oder Stärken hat, die ihn von anderen nterscheiden. Das Ganze wird eigentlich nur dann geacht, wenn es dem Patienten nutzt. Es darf nur dann emacht werden. Der Versuch, Krankheiten zu erkenen, ihnen vorzubeugen oder sie zu heilen, ist in eutschland die Ausübung der Heilkunde. Hier gibt es anz feste Regeln. Es gibt die ärztliche Schweigepflicht. as ist ein zu Recht und zum Glück hoch strafbewehrtes chutzgut. Für den gesamten Bereich gilt die informatioelle Selbstbestimmung. Es gibt also ein Zweischranenrecht; der Bereich ist besonders gut geschützt. Desalb vertrauen Menschen Ärzten diese Informationen an. ehe den Ärzten, die das missbrauchen. Sie werden be traft, und das ist richtig so. Es gibt jetzt aber ein technisches Verfahren, welches nabhängig vom ärztlichen Können verkauft werden ann. Im Internet werden Sets angeboten. Hierfür raucht man nur einen Tropfen Blut oder Körpersubstrat. ann wird ein Ergebnis angezeigt. Dazu gibt es Interpre ationshilfen. Die Menschen bekommen diese Informaionen und werden dann damit alleingelassen von Leuen, die gar keine Verantwortung gegenüber denjenigen aben, die ihr Blut untersuchen lassen. Das ist das chlimme und Neue. Das heißt, hier werden unverantortlich und unverbindlich mit der Angst der Menschen eschäfte gemacht. Das erzeugt Panikreaktionen bei den etroffenen. Sie wissen nicht, was sie mit den Ergebnis en tun sollen. Sie werden alleingelassen. Das darf nicht assieren. Hier brauchen wir Schutzmechanismen. Viele chutzmechanismen gibt es schon. Ich habe die ärztliche erantwortung angesprochen. Wir haben die Ausübung er Heilkunde geregelt. Hier muss man noch einmal geauer schauen, was eigentlich schon geregelt ist, damit ir nicht durch ein neues Gesetz alles doppelt und drei ach regeln. Diese Bestandsaufnahme müssen wir durchühren. Es könnte sein, dass das Gesetz dadurch hinterer erheblich schlanker wird. Es gibt auch eine prädiktive Diskriminierung; so kann an es nennen. Das heißt, dass man Menschen diskrimi ieren kann, nicht weil sie sich jetzt irgendwie verhalten der bestimmte Eigenschaften haben, sondern weil man ufgrund statistischer Wahrscheinlichkeiten ahnt oder ermutet, dass sie einmal bestimmte Merkmale entwikeln werden. Das sind ganz klar Vorurteile. Möglichereise werden Lebenschancen von Menschen aufgrund Dr. Wolfgang Wodarg von Vorurteilen verbarrikadiert und verhindert. Hier müssen wir als Gesetzgeber handeln. Hier wird immer gesagt, dass das größte Problem bei den Versicherungen liegt. Das möchte ich ein bisschen relativieren. Die private Versicherungswirtschaft versucht schon immer, das Risiko zu analysieren. Auch sie will wissen, ob in der Familie schon einmal Erkrankungen vorgelegen haben, ob ich rauche oder nicht und ob ich Bluthochdruck habe oder nicht. Wenn ich das angebe, steigt die Prämie. Dieses Prinzip ist nicht neu. Man geht ein risikoadjustiertes Geschäft ein, wenn man so eine Versicherung abschließt. Ich will das Prinzip der unterschiedlichen Versicherungen einmal darstellen. Es gibt die Solidarversicherung. Die kümmert sich nicht um die individuellen Risiken. Sie sagt: Es gibt insgesamt soundso viele Menschen, davon werden soundso viele krank, dann müssen wir soundso viele Beiträge erheben, damit wir sie alle behandeln können. Sie kümmert sich nicht um den Einzelnen. Es gibt auch Privatversicherungen. Wenn man zum Beispiel eine Kaskoversicherung fürs Auto abschließen will – das ist ein ganz einfaches Beispiel, das viele von Ihnen kennen –, dann fragt die Versicherung, ob man eine Garage hat. Wenn man keine Garage hat, muss man mehr zahlen. Das ist eine Diskriminierung der Garagenlosen. Aber das machen wir so. Es kann sich ja nicht jeder eine Garage leisten. Das heißt, das Prinzip kennen wir längst. Wir müssen uns entscheiden: Wollen wir eine solidarische Sicherung? Ist es überhaupt gesellschaftspolitisch richtig, Menschen zu unterscheiden und zu diskriminieren, weil sie sich etwas leisten können oder nicht, weil sie so sind oder anders? Oder wollen wir das nicht beachten und bei allen gemeinsam das Sicherheitsrisiko abdecken? Darüber haben wir nicht in ausreichendem Maße diskutiert. In der Arbeitswelt ist das sehr differenziert zu betrachten. In der Tat gibt es Situationen, in denen wir Menschen aufgrund von Risiken diskriminieren müssen, weil das Leben vieler anderer Menschen von ihnen abhängt. Wenn zum Beispiel der Kapitän oder der Steuermann eines Schiffes nicht zwischen Backbord und Steuerbord bzw. zwischen Rot und Grün unterscheiden kann, dann gibt es Probleme, dann knirscht es unter dem Kiel. Jeder wird sagen, dass es richtig ist, solche Leute nicht ans Ruder zu lassen, sondern ihnen lieber andere Arbeiten zu geben. In diesem Fall ist das unstrittig. Wenn es allerdings darum geht, darüber zu entscheiden, ob wir diese Risiken im Rahmen von Gentests beurteilen wollen, muss ich sagen: Auch Gentests gewährleisten keine Sicherheit. Wir können niemandem aufgrund einer Wahrscheinlichkeit verwehren, einen bestimmten Beruf zu erlernen. So müssen zum Beispiel sehr viele Friseusen ihren Beruf abbrechen, weil sie mit allergisierenden Stoffen zu tun haben. In diesem Beruf beträgt die Abbrecherquote 30 bis 40 Prozent. Auch hier können wir nicht einfach einen Gentest verlangen und nur diejenigen für diesen Beruf zulassen, die diesem Test zufolge mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit nicht allergisch werden. Das geht nicht. Vielmehr müssen wir die A c n s m i W g w k r b s R h g d T – n d b m s s K d k i i s l m a b A (C (D rbeitsbedingungen verbessern und untersuchen, welhe Stoffe die Menschen krank machen. Es ist doch nicht ormal, dass man am Körper Stoffe benutzt, die Menchen krank machen. Es gibt also Alternativen, über die an diskutieren muss. Der Gesetzentwurf, den die Grünen vorgelegt haben, st sehr problematisch. Ich möchte nur darauf hinweisen: ir haben ein Antidiskriminierungsgesetz auf den Weg ebracht. Aber als wir dieses Gesetz erarbeitet haben, aren wir völlig blind, was diese wichtige Art des Disriminierungsschutzes betrifft. Die Aspekte Versicheungen und Arbeit hätte man dort nämlich sehr wohl einauen können. Eventuell haben wir bald ein Forschungsrahmengeetz zu erarbeiten, in dem man regeln könnte, wie im ahmen der Forschung mit genetischen Daten umzugeen ist. Darüber hinaus müssen wir nach wie vor die Fraen der Fortpflanzungsmedizin gesetzlich regeln. Auch ieses Problem haben wir noch nicht gelöst. Bestimmte hemen, um die es in diesem Zusammenhang geht Stichwort: prädiktive Diagnostik –, können wir in ei em solchen Gesetz aufgreifen; dieser Ansatz wurde in iesem Hause schon einmal verfolgt. Zudem gibt es das ewährte Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Herr Kollege Wodarg, kommen Sie bitte zum Schluss. Ich komme zum Schluss. Der Deutsche Bundestag hat schon einiges unternomen. Wir haben nämlich die europäische Verfassung be chlossen. Wir wollen ihr zustimmen. In der europäichen Verfassung steht – das hat die erste Enqueteommission des Deutschen Bundestages angeregt –, ass niemand wegen seiner genetischen Ausstattung disriminiert werden darf. Diese sehr moderne Verfassung st bisher leider nicht zur Geltung gekommen. Die Bundesregierung und wir alle sind aufgefordert, n diese Verfassung nicht nur die Kriterien Rasse, Gechlecht und Hautfarbe aufzunehmen – all das sind letztich genetisch bedingte Merkmale –, sondern das Diskriinierungsverbot auf die genetische Ausstattung uszudehnen: Niemand darf wegen seiner biologischen zw. genetischen Ausstattung diskriminiert werden. Herr Kollege Wodarg! Diese Regelung gehört ins Grundgesetz. Auch diese nregung sollte in dieser Diskussion eine Rolle spielen. Vielen Dank. Ich schließe die Aussprache. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzentwurfs auf Drucksache 16/3233 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 38 a bis 38 k sowie die Zusatzpunkte 2 a bis 2 d auf: 38 a)





(A) )


(B) )

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1610007400
Dr. Wolfgang Wodarg (SPD):
Rede ID: ID1610007500
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1610007600
Dr. Wolfgang Wodarg (SPD):
Rede ID: ID1610007700

(Beifall bei der SPD)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1610007800




(A) )


(B) )

gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab-
kommen vom 25. Juni 2005 zur Änderung des
Partnerschaftsabkommens vom 23. Juni 2000
zwischen den Mitgliedern der Gruppe der
Staaten in Afrika, im Karibischen Raum und
im Pazifischen Ozean einerseits und der Euro-
päischen Gemeinschaft und ihren Mitglied-

(AKP-EG-Partnerschaftsabkommen)


– Drucksache 16/4970 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (f)

Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO

b) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes
über die Bereinigung von Bundesrecht im Zu-
ständigkeitsbereich des Bundesministeriums
der Justiz

– Drucksache 16/5051 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

c) Erste Beratung des von den Abgeordneten
Dr. Max Stadler, Gisela Piltz, Dr. Karl Addicks,
weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über eine
Einmalzahlung für Versorgungsempfänger im

(Versorgungsempfänger-Einmalzahlungsgesetz 2007 – VEzG 2007)


– Drucksache 16/5250 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Verteidigungsausschuss
Haushaltsausschuss

d) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab-
kommen vom 1. Juni 2006 zwischen der Bun-
desrepublik Deutschland und Georgien zur
Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem
Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom
Vermögen

– Drucksache 16/5386 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss

(C (D e)

gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ablö-
sung des Abfallverbringungsgesetzes und zur
Änderung weiterer Rechtsvorschriften

– Drucksache 16/5384 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz

f) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur
Änderung des Rindfleischetikettierungsgesetzes

– Drucksache 16/5338 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Ausschuss für Gesundheit

g) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umset-
zung der Richtlinie 2005/36/EG des Europäi-
schen Parlaments und des Rates über die
Anerkennung von Berufsqualifikationen der
Heilberufe

– Drucksache 16/5385 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

h) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu den In-
ternationalen Gesundheitsvorschriften (2005)


(IGV) vom 23. Mai 2005


– Drucksache 16/5387 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit (f)

Innenausschuss

i) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab-
kommen vom 12. Oktober 2006 zwischen der
Bundesrepublik Deutschland und der Franzö-
sischen Republik zur Vermeidung der Doppel-
besteuerung der Nachlässe, Erbschaften und
Schenkungen

– Drucksache 16/5388 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss

j) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Norman Paech, Dr. Lothar Bisky, Monika
Knoche, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der LINKEN

Für die Beendigung des Pachtvertrages zwischen
Kuba und den USA über Guantánamo Bay

– Drucksache 16/4628 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
k) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Gerhard Schick, Christine Scheel, Bärbel
Höhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Schutz der Anlegerinnen und Anleger bei Zer-
tifikaten stärken
– Drucksache 16/5290 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz

ZP 2 a)Beratung des Antrags der Abgeordneten Renate
Blank, Dirk Fischer (Hamburg), Dr. Klaus W.
Lippold, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Annette
Faße, Hans-Joachim Hacker, Sören Bartol, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Attraktivität des Wassertourismus und des
Wassersports stärken
– Drucksache 16/5416 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Innenausschuss
Sportausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Tourismus
Haushaltsausschuss

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Volker Wissing, Sibylle Laurischk, Frank
Schäffler, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der FDP

Mehr Freiheit wagen – Zivilgesellschaft stärken
– Drucksache 16/5410 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Markus

(Heilbronn)

der FDP

Todesstrafe weltweit abschaffen
– Drucksache 16/5411 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union (f)

Auswärtiger Ausschuss
Innenausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Volker
Beck (Köln), Marieluise Beck (Bremen),
Alexander Bonde, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Schutz für irakische Flüchtlinge gewährleisten
– Drucksache 16/5414 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

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(C (D Es handelt sich um Überweisungen im vereinfachen Verfahren ohne Debatte. Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen an ie in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu berweisen. Sind Sie damit einverstanden? – Dann sind ie Überweisungen so beschlossen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 39 a bis 39 o auf. s handelt sich um die Beschlussfassung zu Vorlagen, u denen keine Aussprache vorgesehen ist. Tagesordnungspunkt 39 a: Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Jerzy Montag, Markus Kurth und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anhebung der Vergütung von Berufsbetreuern – Drucksache 16/2649 – Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses – Drucksache 16/3935 – Berichterstattung: Abgeordnete Ute Granold Christine Lambrecht Joachim Stünker Sabine Leutheusser-Schnarrenberger Wolfgang Nešković Jerzy Montag Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzenturf der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen zur nhebung der Vergütung von Berufsbetreuern. Der echtsausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh ung auf Drucksache 16/3935, den Gesetzentwurf der raktion des Bündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 6/2649 abzulehnen. Ich bitte diejenigen, die dem Geetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. – egenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf st in zweiter Beratung mit den Stimmen der Koalitionsraktionen und der Fraktion Die Linke bei Zustimmung er Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen und Enthalung der FDP-Fraktion abgelehnt. Damit entfällt nach nserer Geschäftsordnung die weitere Beratung. Tagesordnungspunkt 39 b: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses dem Antrag der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Frank Spieth, Dr. Ilja Seifert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN Ermäßigung des Mehrwertsteuersatzes für apothekenpflichtige Arzneimittel auf 7 Prozent – Drucksachen 16/732, 16/3014 – Berichterstattung: Abgeordnete Manfred Kolbe Dr. Barbara Höll Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehung auf Drucksache 16/3014, den Antrag der Fraktion Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms Die Linke auf Drucksache 16/732 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen bei Gegenstimmen der Fraktion Die Linke und Enthaltung der FDP-Fraktion angenommen. Tagesordnungspunkt 39 c: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz dem Antrag der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Dr. Kirsten Tackmann, Kersten Naumann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN Überschuldung privater Haushalte wirksam bekämpfen – Drucksachen 16/1544, 16/3907 – Berichterstattung: Abgeordnete Julia Klöckner Marianne Schieder Hans-Michael Goldmann Dr. Kirsten Tackmann Bärbel Höhn Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/3907, den Antrag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 16/1544 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen, der FDPFraktion und der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen bei Gegenstimmen der Fraktion Die Linke angenommen. Tagesordnungspunkt 39 d: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung der Abgeordneten Patrick Döring, Horst Friedrich weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Modellversuch für Wassertaxen in Berlin starten – Drucksachen 16/2519, 16/4268 – Berichterstattung: Abgeordneter Ingo Schmitt Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/4268, eine Entschließung anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen, der FDP-Fraktion und der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen bei Enthaltung der Fraktion Die Linke angenommen. Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/4268 empfiehlt der Ausschuss, den Antrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 16/2519 für erledigt zu erklären. Wer stimmt für diese Beschluss e B m t d h m L t n lu d z G f d h g (C (D mpfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die eschlussempfehlung ist damit einstimmig angenomen. Tagesordnungspunkt 39 e: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung richtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Nachrüstung von in der Gemeinschaft zugelassenen schweren Lastkraftwagen mit Spiegeln (inkl. 13869/06 ADD 1 und 13869/06 ADD 2)





(A) )


(B) )

KOM (2006) 570 endg.; Ratsdok. 13869/06

– Drucksachen 16/3382 Nr. 2.16, 16/4542 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Heidi Wright

Der Ausschuss empfiehlt, in Kenntnis der Unterrich-
ung eine Entschließung anzunehmen. Wer stimmt für
iese Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Ent-
altungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stim-
en der Koalitionsfraktionen und der Fraktion Die
inke bei Gegenstimmen der FDP-Fraktion und Enthal-

ung der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen ange-
ommen.

Tagesordnungspunkt 39 f:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Verkehr, Bau und
Stadtentwicklung (15. Ausschuss) zu dem Antrag
der Abgeordneten Peter Götz, Dr. Joachim
Pfeiffer, Dirk Fischer (Hamburg), weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie
der Abgeordneten Ernst Kranz, Sören Bartol,
Uwe Beckmeyer, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der SPD

Bericht über die Wohnungs- und Immobilien-
wirtschaft in Deutschland

– Drucksachen 16/4570, 16/4940 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Joachim Günther (Plauen)


Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-
ng auf Drucksache 16/4940, den Antrag der Fraktionen

er CDU/CSU und der SPD auf Drucksache 16/4570 an-
unehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
egenstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussemp-

ehlung ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen,
er FDP-Fraktion und der Fraktion Die Linke bei Ent-
altung der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen an-
enommen.

Tagesordnungspunkt 39 g:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit (16. Ausschuss) zu dem






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
Antrag der Abgeordneten Hans-Josef Fell,
Cornelia Behm, Ulrike Höfken, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/
DIE GRÜNEN

Umgehend Konzept für eine ergebnisoffene
Standortauswahl für ein nationales Atommüll-
endlager vorlegen

– Drucksachen 16/2790, 16/4964 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Maria Flachsbarth
Christoph Pries
Angelika Brunkhorst
Eva Bulling-Schröter
Hans-Josef Fell

Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-
lung auf Drucksache 16/4964, den Antrag der Fraktion
des Bündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 16/2790
abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
lung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Be-
schlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koalitions-
fraktionen und der FDP-Fraktion bei Gegenstimmen der
Fraktion Die Linke und der Fraktion des Bündnisses 90/
Die Grünen angenommen.

Jetzt kommen die Tagesordnungspunkte 39 h bis o.
Es handelt sich um die Beschlussempfehlungen des Peti-
tionsausschusses.

Tagesordnungspunkt: 39 h:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 218 zu Petitionen

– Drucksache 16/5260 –

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-
tungen? – Die Sammelübersicht 218 ist einstimmig an-
genommen.

Tagesordnungspunkt 39 i:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 219 zu Petitionen

– Drucksache 16/5261 –

Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltun-
gen? – Die Sammelübersicht 219 ist mit den Stimmen
der Koalitionsfraktionen und der FDP-Fraktion bei Ge-
genstimmen der Fraktion Die Linke und Enthaltung des
Bündnisses 90/Die Grünen angenommen.

Tagesordnungspunkt 39 j:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 220 zu Petitionen

– Drucksache 16/5262 –

Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltun-
gen? – Die Sammelübersicht 220 ist einstimmig ange-
nommen.

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(C (D Tagesordnungspunkt 39 k: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 221 zu Petitionen – Drucksache 16/5263 – Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltunen? – Die Sammelübersicht 221 ist ebenfalls einstimig angenommen. Tagesordnungspunkt 39 l: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 222 zu Petitionen – Drucksache 16/5264 – Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltunen? – Die Sammelübersicht 222 ist mit den Stimmen er Koalitionsfraktionen und der Fraktionen Die Linke nd des Bündnisses 90/Die Grünen gegen die Stimmen er FDP-Fraktion angenommen. Tagesordnungspunkt 39 m: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 223 zu Petitionen – Drucksache 16/5265 – Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltunen? – Die Sammelübersicht 223 ist mit den Stimmen er Koalitionsfraktionen und der FDP-Fraktion bei Geenstimmen der Fraktion Die Linke und der Fraktion des ündnisses 90/Die Grünen angenommen. Tagesordnungspunkt 39 n: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 224 zu Petitionen – Drucksache 16/5266 – Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltunen? – Die Sammelübersicht 224 ist mit den Stimmen er Koalitionsfraktionen und der Fraktion Die Linke bei egenstimmen der FDP-Fraktion und der Fraktion des ündnisses 90/Die Grünen angenommen. Tagesordnungspunkt 39 o: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 225 zu Petitionen – Drucksache 16/5267 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer entält sich? – Die Sammelübersicht 225 ist mit den Stimen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der ppositionsfraktionen angenommen. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms Jetzt rufe ich den Zusatzpunkt 3 auf: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Die sogenannte Herdprämie als Hindernis für eine gute vorschulische Förderung für alle Kinder Ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Rednerin der Kollegin Renate Künast, Bündnis 90/Die Grünen, das Wort. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach diesem Abstimmungsmarathon kehren wir wieder zu einer inhaltlichen Debatte zurück. Alle reden von Kinderbetreuung und darüber, dass wir etwas für die Kinder tun müssen. Die Regierungsfraktionen und die Bundesregierung überbieten sich gegenseitig mit Vorschlägen. Wir haben in den letzten Wochen und Monaten bei diesem Thema ein regelrechtes Wettrennen erlebt. Fakt ist aber – das zeigt ein Blick auf die Realität in Deutschland –: Bisher ist trotz allen Kampfes und Wettbewerbs gegeneinander kein einziger zusätzlicher Krippenplatz oder Kindergartenplatz in Deutschland geschaffen worden. (Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Doch! Jeden Tag entstehen neue!)





(A) )


(B) )

Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610007900

– Aber nicht durch Ihr Gerede!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich werde es Ihnen darlegen. Uns geht es eigentlich um
die Förderung von Kindern. Wir wollen die Kinder in
den Mittelpunkt stellen. Wir reden über die Förderung
von Kindern aus sozial und finanziell schwachen Fami-
lien und über die Defizite, die diese Kinder aufweisen.


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Wir handeln! – Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Jedes Kind ist gleich viel wert!)


– Ja, jedes Kind ist gleich viel wert. Aber nicht alle brau-
chen gleich viel Förderung.

Heutzutage hat ein immer größer werdender Anteil der
Kinder, die in die Schule kommen, ein Defizit. Immer
mehr Kinder sind in ihrer sprachlichen, kognitiven und
motorischen Entwicklung zurückgeblieben. Spätestens
durch PISA bekommen wir das um die Ohren gehauen.

Minister reden hier über die Innovationsfähigkeit die-
ses Landes und die Wissensgesellschaft. Das alles fängt
bei den Kindergartenplätzen an. Vor allem die Kinder
aus Migrantenfamilien und finanziell schwachen Fami-
lien müssen die Chance haben, ihre Ausbildung mit dem
Abitur oder einem Studium zu beenden, um in dieser
Gesellschaft mitmachen zu können. Genau darum muss
es uns gehen!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Jetzt schaue ich mir einmal an, was Sie so anbieten. it Ihrer Politik und den Beschlüssen, die Sie gerade in er Koalition gefasst haben, kommen wir auf diesem eg keinen Schritt weiter. In Wahrheit ist es nichts an eres als Wortgeklingel, was Sie da anzubieten haben. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)


Wir freuen uns ja, wenn Frau von der Leyen hilft, die
DU und die CSU – insbesondere den Südwesten – im

ahre 2007 ankommen zu lassen. Wir freuen uns, wenn
rau von der Leyen Türen durchbricht und Staub aufwir-
elt. Aber wenn sich der Staub dann legt, stellen wir fest,
ass es nichts als Chaos und immer noch keinen einzigen
euen Kindergartenplatz gibt. So wie Sie es angehen,
ird es auch in den nächsten drei bis vier Jahren viel zu
enige Kindergartenplätze geben.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Kindergartenplätze gibt es schon viel zu viele!)


In Bayern gibt es schon gar nicht zu viele. Fragen Sie
inmal die jungen Frauen!

Ich möchte Ihnen einmal ein paar Beispiele nennen:
hr Modell zur Finanzierung des Krippenausbaus – das
st mein erster Kritikpunkt – ist doch unseriös und wi-
ersprüchlich. Erst wollen Sie das Elterngeld. Sie wollen
en Eltern helfen, Beruf und Kinder miteinander zu ver-
inden, und hoffen, dass es dadurch mehr Kinder gibt.


(Widerspruch bei der CDU/CSU)


ann aber finanzieren Sie den Ausbau von Krippenplät-
en gedanklich mit Geldern, die aufgrund der demogra-
ischen Veränderung, also der Tatsache, dass es weniger
inder gibt, eingespart werden. Was denn nun? Soll es
un mehr Kinder geben oder soll es nicht mehr Kinder
eben?


(Widerspruch bei der CDU/CSU – Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Mehr Kinderfreundlichkeit!)


ieses Geld wird es nicht geben, wenn die Politik er-
olgreich ist. Es wird das Geld aber sowieso nicht geben,
eil die Kommunen es längst woanders angelegt haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ihr Finanzierungsmodell ist eine Veräppelung der Be-
ölkerung!


(Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Kennen Sie eigentlich den Unterschied zwischen Kinderkrippenund Kindergartenplätzen?)


amit werden Sie keine ausreichende Betreuung sicher-
tellen. Ich habe langsam den Eindruck, die CDU will
as auch gar nicht.


(Elke Ferner [SPD]: Das ist leider wahr!)


Was bieten Sie sonst noch an? – Sie bieten an, bis zu
,5 Milliarden Euro im Jahr für Frauen auszugeben, die
u Hause bleiben. Auch da bieten Sie der Republik et-






(A) )



(B) )


Renate Künast
was an, was sie gar nicht will. Wir wollen dieses quä-
lende Hin und Her nicht. Wir wollen Kinderbetreuung!

Herr Steinbrück hat dazu wichtige Dinge gesagt, die
aber zeigen, dass Sie sich immer noch nicht einig sind.
Herr Steinbrück sagt in der neuesten Ausgabe der „Zeit“
bezüglich der Herdprämie – ich zitiere –:

Es gibt keine derartige Festlegung aus dem Koali-
tionsausschuss.

Mit diesem Satz bin ich ja zufrieden.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


– Offensichtlich sind das einige SPDler auch.


(Caren Marks [SPD]: Alle!)


Herr Steinbrück sieht diese Herdprämie kritisch, ich zi-
tiere weiter:

Er scheint mir geradezu eine Prämie für Frauen zu
sein, die ihrem Beruf fernbleiben – und das, obwohl
wir in wenigen Jahren wahrscheinlich eine Qualifi-
kationslücke haben und die Frauen brauchen wer-
den, um innovationsfähig zu bleiben.

Neben der Finanzierungslüge bieten Sie mit der Herd-
prämie etwas an, das das absolute Gegenteil von dem ist,
was Sie sonst wollen, nämlich Deutschland innovations-
fähig zu machen und Frauen ins Erwerbsleben zu holen.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Haben Sie schon einmal etwas von Wahlfreiheit gehört?)


So geht es nicht! Das ist Irrsinn! Damit versündigen Sie
sich an den Kindern und auch an den jungen Frauen, de-
nen Sie suggerieren, sie könnten ihr Leben mit diesen
150 Euro bestreiten und finanzieren, indem sie zu Hause
bleiben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1610008000

Frau Kollegin Künast, kommen Sie bitte zum

Schluss.


Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610008100

Ihre Herdprämie führt dazu, dass jemand, der seine

Kinder in einen Kindergarten geben will, 150 Euro we-
niger im Monat hat. Das ist das Gegenteil von dem, was
Sie wollen. Sie zwingen gerade die ärmeren Leute dazu,
ihr Kind wegen 150 Euro nicht in den Kindergarten zu
geben. Sie erzwingen, dass viele Migrantenkinder doch
kein Deutsch lernen, weil viele die 150 Euro behalten
wollen.

Kommen Sie endlich im Jahr 2007 an! Geben Sie je-
dem Kind in dieser Republik eine Chance! Vergessen Sie
den Unsinn mit der Herdprämie! Garantieren Sie heute
und nicht erst 2013 einen Rechtsanspruch auf einen Kin-
dergartenplatz ab dem ersten Lebensjahr; denn nur ein
Rechtsanspruch bringt einen Platz.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


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(C (D Das Wort hat jetzt die Bundesministerin Ursula von er Leyen. Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin für amilie, Senioren, Frauen und Jugend: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau ünast, wir sind seit Februar große Schritte vorangeommen, und zwar schneller, als es mit Ihnen in der letzen Legislaturperiode gegangen ist. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Woran lag das, Frau von der Leyen?)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1610008200

(Beifall bei der CDU/CSU)


ir sind uns heute in dem Ziel einig, bis 2013 einen
rippenplatz oder einen Tagesmutterplatz für 35 Prozent
er Kinder zu schaffen. Dies ist mit 4 Milliarden Euro
urch den Bund mitfinanziert. Das ist bereits mit dem
inanzminister abgesprochen. Das heißt, wir sind große
chritte vorangekommen und haben gemeinsam Lösun-
en gefunden. Wir haben gehandelt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Sie haben gefragt, wie das finanziert werden solle. Ich
abe das bereits erklärt. Aber ich will es Ihnen gerne
och einmal erklären, Frau Künast.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Machen, nicht reden und lächeln!)


ie Kinder, die in den vergangenen 25 Jahren nicht ge-
oren wurden, werden in den kommenden 25 Jahren
ein Kindergeld beziehen. Das heißt, man weiß, wie viel
indergeld weniger ausgegeben wird, selbst wenn das
lterngeld – das hoffen wir; das zeichnet sich bereits ab –
in Erfolg wird. Aber das ist gar nicht das Thema der
on Ihnen beantragten Aktuellen Stunde. Sie verlangen
ine Debatte über die sogenannte Herdprämie. Ich will
n dieser Diskussion deutlich sagen: Ich halte es gera-
ezu für zynisch, solche diffamierenden und diskrimi-
ierenden Ausdrücke wie Herdprämie oder Gebärma-
chine zu benutzen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


as bringt den jungen Eltern nichts, sondern verletzt und
renzt aus.


(Elke Ferner [SPD]: Ausgrenzen tut das Betreuungsgeld!)


s ist ein unmögliches Verhalten gegenüber den jungen
amilien, solche Worte wie Herdprämie oder Gebärma-
chine – egal von welcher Seite – zu gebrauchen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir sollten uns dagegen wehren, solche polarisieren-
en Diskussionen zu führen, die suggerieren, dass die-






(A) )



(B) )


Bundesministerin Dr. Ursula von der Leyen
jenigen, die sich zu Hause ausschließlich um ihre Kinder
kümmern, keine wertvolle Tätigkeit ausüben.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sind doch die Polarisiererin der CDU!)


Wir sollten ebenfalls aufhören, zu suggerieren, dass die-
jenigen Eltern, die erwerbstätig sind und Beruf und Fa-
milie miteinander vereinbaren, ihre Kinder irgendwel-
chen Fremden anvertrauen. Wer Kinder erzieht, völlig
unabhängig davon, welches Lebensmodell gewählt wird
– hier sollten wir an der Spitze des Parlamentes eine
Sprache sprechen –, verdient unseren Respekt und un-
sere Anerkennung.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP – Elke Ferner [SPD]: Sagen Sie das Ihrer CSU!)


Deshalb sage ich allen, die das Gegenteil behaupten, klar
und deutlich: Die Mütter und die Väter, die sich bewusst
und verantwortungsvoll ausschließlich zu Hause um ihre
Kinder kümmern, haben meinen vollen Respekt und
meine Hochachtung. Die Mütter und die Väter, die sich
bewusst und verantwortungsvoll darum bemühen, die
Erziehung ihrer Kinder und ihren Beruf miteinander zu
vereinbaren, haben gleichermaßen meinen vollen Re-
spekt und meine Hochachtung.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Diese jungen Menschen haben es nicht verdient, zwi-
schen die Mühlsteine starrer Idealvorstellungen gepresst
zu werden. Wir sollten unsere Kraft besser darin inves-
tieren, Lösungen für diese jungen Menschen zu finden,
anstatt solche Wortkreationen zu schaffen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Der Koalitionsausschuss hat sich in der vergangenen
Woche über den Ausbau der Kinderbetreuung bei den
unter Dreijährigen verständigt. Wir haben noch ein ge-
höriges Stück Arbeit vor uns. Das sollten wir solide ma-
chen. Wir sind auf einem guten Weg. Das sind die greif-
bare Gegenwart und die nahe Zukunft; das zählt jetzt.
Zudem wurde ein Rechtsanspruch ab 2013 zusammen
mit einem Betreuungsgeld politisch beschlossen.


(Caren Marks [SPD]: Falsch!)


Der Grundgedanke, die Eltern selbst entscheiden zu las-
sen, welche Form der Betreuung und Förderung sie für
ihre Kinder wählen, ist absolut richtig und der Maßstab.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Es muss für uns aber auch unverzichtbarer Maßstab
sein, dass dieses Bundesgeld, das immerhin Geld der
Steuerzahler ist, egal ob für die Betreuung der Kinder in
einer Kita oder zu Hause, tatsächlich und sicher zum
Wohl der Kinder in ihre Bildung und in ihre Erziehung
fließt. Ich will ganz klar sagen: Die meisten Familien be-
wältigen diese Aufgabe hervorragend. Doch wenn es
richtig ist, was PISA oder auch in der jüngste Gesund-
heitssurvey des BMG, der gerade veröffentlicht worden
ist, zeigt, dass Bildung und Gesundheit der Kinder in

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(C (D eutschland maßgeblich von ihrer sozialen Situation abängen, dann haben wir die Verantwortung, klug zu haneln. Wenn es stimmt, dass Bildungsarmut, Übergeicht, früher Kontakt zu Nikotin und Alkohol, otorische Störungen, Sprachstörungen usw. häufiger ei Kindern aus sozial benachteiligten Familien vorkomen, (Caren Marks [SPD]: Die werden ihre Kinder demnächst alle zu Hause lassen!)


ann hilft diesen Kindern nicht mehr Geld, sondern sie
rauchen gute Angebote.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann sollten Sie aber gegen die Herdprämie sein!)


Hören Sie auf zu schreien, hören Sie mir erst einmal
u! – Deshalb bitte ich dieses Parlament und auch Sie
on der Opposition, dass wir uns mit Blick auf das Be-
reuungsgeld und einen Rechtsanspruch ab 2013 fragen,
ie wir sicherstellen können, dass frühe Förderung, ge-

unde Ernährung, Bewegung, musische Früherziehung
sw. zu allen Kindern kommen, sei es über gute Ange-
ote, die Kinder in der Kinderbetreuung bekommen, sei
s durch gute Angebote, die zu den Kindern nach Hause
ommen. Diese Angebote sollten allen Familien zur Ver-
ügung stehen, unabhängig davon, welches Lebensmo-
ell sie wählen. Das Entscheidende ist: Diese Angebote
ollten allen Kindern zur Verfügung stehen, unabhängig
avon, in welche soziale Situation sie hineingeboren
ind.


(Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie doch, wie das konkret aussieht!)


och einmal: Ob es Mutter zu Hause oder Tagesmutter,
ater zu Hause oder Familienbildung, Mehrgeneratio-
enhaus oder Kita ist, es muss am Ende unseres Bera-
ungsprozesses sichergestellt sein, dass das Geld des
undes tatsächlich in die frühe Förderung der Kinder

ließt und nicht in noch größere Flachbildschirme oder
laystations in den Kinderzimmern.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deshalb 150 Euro mehr für Eltern!)


Zwei Dinge noch: Ich denke, wenn eine solche Sub-
ektförderung klug ausgestaltet ist, geht sie nicht in die
inzelne Institution, sondern zu jedem einzelnen Kind.
ir wissen auch, dass bei einer klugen Ausgestaltung

ie Eltern als Nachfrager gestärkt werden und damit
ualität und Flexibilität der Angebote steigen. Unsere
ufgabe als Parlament – wir haben einen gewissen Zeit-

ahmen, dieses gut zu schaffen – ist es, Wege und Instru-
ente zu finden, damit jedes Kind unter drei Jahren, egal

b es zu Hause, in einer Kita oder bei einer Tagesmutter
etreut wird, von unserer Initiative profitiert. Meine
itte geht dahin, dass unsere Diskussion aus der Warte
es Kindes konsequent weitergeführt wird.

Vielen Dank.






(A) )



(B) )


Bundesministerin Dr. Ursula von der Leyen

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1610008300

Das Wort hat die Kollegin Cornelia Pieper von der

FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Cornelia Pieper (FDP):
Rede ID: ID1610008400

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Mi-

nisterin, Sie haben recht: Eltern, die in diesem Land Kin-
der erziehen, verdienen unsere volle Anerkennung, und
sie verdienen unsere volle Unterstützung, vor allen Din-
gen wenn man weiß, dass die jungen Menschen heute in
diesem Land eine ganz andere Vorstellung von Familie
haben, als sie Herr Stoiber gelegentlich beschreibt.


(Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das geht nämlich vollkommen an der Lebenswirklich-
keit vorbei. Wir konnten jüngst im ARD-Deutschland-
trend vom März lesen, dass 52 Prozent – also mehr als
die Hälfte – der Befragten glauben, dass der Ausbau von
Betreuungsplätzen mehr als bisher unterstützt werden
muss und wichtiger ist, als das Kindergeld zu erhöhen
oder die steuerlichen Vorteile auszuweiten. Ich finde, das
sollten wir ernst nehmen.

Das gilt auch für das, was die jüngste Studie des
Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung besagt:
dass Frauen gerade dann Kinder wollen, wenn sie einen
sicheren Vollzeitarbeitsplatz haben; die soziale Sicher-
heit, das Wirtschaftswachstum bewirken letztendlich,
dass junge Leute Kinder wollen. Das müssen wir einfach
einmal zur Kenntnis nehmen. Das bedeutet aber nicht,
dass der Staat ihnen vorzuschreiben hat, wie sie ihre
Kinder erziehen, ob sie sie zu Hause erziehen oder ob sie
sich einen freien bzw. einen kommunalen Träger der
Kinderbetreuung suchen.

Frau von der Leyen, an dieser Stelle teile ich die Posi-
tion der Regierungskoalition nicht.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Sie haben zwar gesagt, dass Sie die Wahlfreiheit für
diese Eltern wollen, aber Sie tun nichts dafür. Sie sind
die Beschlüsse, die im Koalitionsausschuss getroffen
worden sind, sowohl was die Stiftung als auch das Be-
treuungsgeld anbelangt, umgangen. Sie haben dazu hier
überhaupt nichts gesagt.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Ina Lenke [FDP]: Kein Wort über die Stiftung!)


Sie haben sich nicht zu dem geäußert, was die Regie-
rungskoalition beschlossen hat.

Wenn Sie echte Wahlfreiheit wollen, dann muss die
Regierung auch das umsetzen, was Sie hier propagieren.
Es reicht nicht aus, den jungen Leuten, die eine bessere
Kinderbetreuung wollen, Märchen zu erzählen. Ihre Re-
gierung muss auch handeln, und das tut sie nicht.

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(C (D (Beifall bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie sind sich uneinig. In der Regierungskoalition
errscht ein Durcheinander. Es fehlt die klare Linie. Sie
pringen wie Hasen aus der Furche, ständig hin und her.


(Zuruf von der CDU/CSU: Wer hat Ihnen denn das erzählt?)


ch zitiere aus der heutigen Tagespresse, was Herr Struck
esagt hat:

Das Gesetz zum Rechtsanspruch werden wir noch
in dieser Legislaturperiode verabschieden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Mit der Frage des Betreuungsgeldes, das aus unse-
rer Sicht unsinnig ist,

„unsinnig“ nennt er den Beschluss seiner eigenen Ko-
lition –

wird sich der Bundestag erst 2012/2013 befassen.

eine Damen und Herren von der Regierungskoalition,
ür wie blöd halten Sie eigentlich die Wählerinnen und

ähler in diesem Land? Sie haben noch nicht einmal die
rippenplatzfinanzierung etatisiert. Frau Ministerin, Sie

onglieren hier mit Zahlen, die von Ihrem Finanzminister
berhaupt nicht bestätigt werden.

Den Menschen gaukeln Sie etwas vor – das gilt insbe-
ondere für Herrn Stoiber –, wenn behauptet wird, Eltern
ekämen pro Kind 150 Euro Bonus, falls ein Kind wäh-
end der ersten drei Lebensjahre zu Hause betreut wird.
inmal davon abgesehen, dass das der Lebenswirklich-
eit der meisten jungen Leute nicht entspricht: Das ist
och einfach absurd. Das nimmt Ihnen im Land doch
berhaupt niemand ab. Notwendig ist, dass die jungen
eute in diesem Land, die Kinder bekommen wollen, Si-
herheit haben. Dafür hat die FDP ein klares Konzept
ufgestellt.


(Beifall bei der FDP – Elke Ferner [SPD]: Das stimmt allerdings nicht!)


Dieses klare Konzept vermisse ich bei Ihnen. Ich bin
icht umsonst heute hier am Rednerpult; das sage ich
anz klar als Bildungspolitikerin. Ich stehe hier zwar
uch als Familienfrau; aber ich spreche in erster Linie als
ildungspolitikerin. Für mich ist das Thema Kinderbe-

reuung in erster Linie ein Thema der vorschulischen
ildung.


(Elke Ferner [SPD]: Richtig!)


Schauen Sie sich einmal an, wie wir im internationa-
en und insbesondere im europäischen Vergleich in Be-
ug auf die Qualität von Kinderbetreuung dastehen: Ich
ann Deutschland diesbezüglich, zumindest was den
esten des Landes angeht, leider nur ein Armutszeugnis

usstellen.

Ich sage auch ganz klar: Nehmen wir uns doch einmal
ie Kommunen und die neuen Länder zum Vorbild. Dort
at sich seit der deutschen Einheit etwas bewegt. Dort
at man trotz der schwierigen finanziellen Lage ver-
ucht, die Qualität der Krippen, der Kindergärten und






(A) )



(B) )


Cornelia Pieper
der Ganztagsschulen aufrechtzuerhalten. Das muss man
einmal anerkennen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)


Ich meine, dass der Rechtsanspruch auf einen Kinder-
gartenplatz ab dem dritten Lebensjahr – wir Liberalen
haben ihn damals im Zuge der Verabschiedung des
Schwangeren- und Familienhilfegesetzes durchgesetzt –
letztendlich ein Ergebnis der deutschen Einheit war: Die
neuen Bundesländer haben gefordert, den Rechtsan-
spruch auf einen Kindergartenplatz durchzusetzen, und
daraufhin wurde er im Einigungsvertrag verankert. Also
lassen Sie uns dieses Thema im Interesse der Menschen
und im Interesse der Bildung diskutieren. Es geht näm-
lich um Chancengerechtigkeit, um Integration von
sprachlich benachteiligten Kindern, besonders von sol-
chen aus Migrantenfamilien, und es geht um die Zukunft
dieses Landes.

Ich sage noch einmal: Vorschulische Bildung ist ein
Thema, das für die zukünftige Stellung Deutschlands im
internationalen Wettbewerb von großer Bedeutung ist.
Ein hoher Standard auf diesem Gebiet trägt letztendlich
dazu bei, dass wir unsere Wohlstandsgesellschaft si-
chern, und er hilft vor allem den jungen Menschen,
Chancengerechtigkeit zu erwerben. Wir haben ein frei-
heitliches Menschenbild: Wir wollen, dass die Menschen
befähigt werden, ihre Chancen durch eine gute Bildung
und Ausbildung zu nutzen.


(Beifall bei der FDP)


Wir als Liberale – das zum Schluss – wollen den
Krippenplatzausbau vorantreiben, so wie Sie es vorge-
schlagen haben, Frau Ministerin. Aber wir wollen die
Kommunen nicht im Regen stehen lassen. Die müssen
dann nämlich die Lasten tragen. „Wer bestellt, bezahlt“,
das haben wir als Liberale immer gesagt. Wenn sich der
Bund zu Recht an der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe
„vorschulische Bildung“ beteiligt, müssen die Umsatz-
steueranteile der Kommunen erhöht werden.


(Elke Ferner [SPD]: Das haben wir im Schwangerenund Familienhilfegesetz schon gemacht!)


Das haben wir vorgeschlagen.

Wir wollen Wahlfreiheit für die Eltern. Deshalb halte
ich nichts davon, jetzt eine Stiftung einzurichten. Wir
schlagen Ihnen vor, stattdessen Bildungsgutscheine ein-
zuführen, diese den Eltern und nicht den Trägern in die
Hand zu geben. Dann bekommen wir echten Qualitäts-
wettbewerb, eine Qualitätsoffensive für vorschulische
Bildung,


(Ina Lenke [FDP]: Jawohl!)


und dann haben wir auch die Wahlfreiheit für die Eltern.
Darum geht es in Zukunft.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1610008500

Frau Pieper, kommen Sie bitte zum Schluss.

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(C (D Mein letzter Satz, Herr Präsident. – Frau Ministerin, ch höre Ihre Worte wohl. Wir sind auch bereit, Sie in Ihem Vorhaben zu unterstützen. Aber erzählen Sie uns ier nicht nur Märchen, sondern handeln Sie in der Reierungskoalition! or allen Dingen: Bringen Sie Herrn Stoiber und die SU von ihrem konservativen Familienbild ab! Wir erden das jedenfalls versuchen. Das Wort hat jetzt die Kollegin Christel Humme von er SPD-Fraktion. Herr Präsident! Liebe Kollegen! Liebe Kolleginnen! ie ersten drei Reden haben schon gezeigt: Wir führen eute eine typisch deutsche Debatte, die man in unseren achbarländern nicht verstehen würde; enn dort ist man uns bildungspolitisch um Jahre voraus. (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Diana Golze [DIE LINKE] und der Abg. Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Cornelia Pieper (FDP):
Rede ID: ID1610008600

(Beifall der Abg. Ina Lenke [FDP])


(Beifall bei der FDP und der SPD)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1610008700
Christel Humme (SPD):
Rede ID: ID1610008800

(Elke Ferner [SPD]: Richtig!)


Wir führen heute eine Debatte, die der Öffentlichkeit
eider auch offenbart: Sieben Jahre nach der Diskussion
ber die erste PISA-Studie tun sich einige Politiker im-
er noch schwer, die richtigen Konsequenzen zu ziehen.
chlimmer noch: Wir verlieren uns in ideologischen
useinandersetzungen. Das sollten wir tunlichst unter-

assen; Frau Ministerin, da gebe ich Ihnen vollkommen
echt.

Wir wollen endlich weg von der Frage: Was ist das
ptimale Familienmodell? Die Entscheidung darüber
reffen Gott sei Dank die Familien selber. Darüber haben
icht wir zu entscheiden. Die SPD-Position ist klar: Wir
ollen gute Rahmenbedingungen, um in der Bildungs-
nd natürlich auch in der Gleichstellungspolitik den An-
chluss an unsere Nachbarländer zu finden.

Wir haben gerade gehört: Die Kinder in den Mittel-
unkt stellen, das ist genau das Ziel. Wir wollen alle
inder so früh wie möglich ins Bildungsboot holen – für

ine bessere Integration, für einen besseren Sprach-
rwerb und für eine bessere Bildung unabhängig vom
eld der Eltern.


(Beifall bei der SPD)


Wir werden es nicht zulassen, dass Kinder nur des-
alb schlechtere Chancen erhalten, weil ihre Eltern mit
inem Betreuungsgeld dann bezahlt werden sollen, wenn
ie ihr Kind nicht in eine Krippe geben. Der Rechtsan-
pruch auf Krippenplätze für unter Dreijährige, so wie
un vereinbart, ist bildungs- und gleichstellungspolitisch
enau die richtige Antwort. Wir formulieren den Rechts-
nspruch jetzt für 2013 – das ist richtig, Frau Pieper –,
amit sich die Kommunen darauf einstellen können.






(A) )



(B) )


Christel Humme

(Ina Lenke [FDP]: Das ist viel zu weit weg!)


Ich freue mich, dass sich der Bund an der Finanzie-
rung beteiligt, nicht nur der Investitionen, sondern auch
– das ist wichtig – der Betriebskosten. Wir brauchen je-
den Euro zur Unterstützung der Kommunen bei dieser
Aufgabe. Keine Bürgermeisterin und kein Bürgermeister
verstünde es, wenn wir 2,5 Milliarden Euro für das Be-
treuungsgeld verschwenden würden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Politik hat meiner Ansicht nach auch etwas mit
Glaubwürdigkeit zu tun. Das heißt: Sagen, was man
meint, und tun, was man sagt. In den letzten Wochen sa-
gen einige Politikerinnen und Politiker „Wahlfreiheit“,
meinen aber in Wirklichkeit etwas ganz anderes.


(Elke Ferner [SPD]: Richtig!)


Ich habe festgestellt, dass gerade diejenigen, die sich im-
mer darauf berufen, der Staat dürfe den Familien nicht
vorschreiben, wie sie zu leben haben, so wie auch ich es
gerade formuliert habe, im gleichen Atemzuge sagen, sie
wollten staatliche Maßnahmen wie das Betreuungsgeld,
die aber nichts anderes signalisieren als: Frau, bleib du
doch zu Hause!

Ich bitte Sie herzlich: Sagen Sie es, wenn Sie dies
meinen! Sprechen Sie in diesem Zusammenhang aber
bitte nicht von Wahlfreiheit!


(Beifall bei der SPD)


Es gibt Politikerinnen und Politiker, die sagen: Wenn
mehr Geld für Krippenplätze ausgegeben wird, dann
muss auch ein Betreuungsgeld her. Sie sagen: Erst damit
schaffen wir eine finanzielle Balance. – Wahlfreiheit und
finanzielle Balance sind etwas völlig anderes.


(Elke Ferner [SPD]: Richtig!)


Echte Wahlfreiheit wäre es, wenn junge Frauen und
Männer Familie und Beruf vereinbaren könnten.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)


Solange es nicht genügend Krippenplätze gibt, gibt es
keine Wahlfreiheit. Solange der Staat die klassische Rol-
lenzuweisung mit dem Ehegattensplitting und der Steu-
erklasse V sowie der Mitversicherung in der Kranken-
kasse mit zweistelligen Milliardenbeträgen fördert, aber
nur unzureichend Geld für Krippenplätze zur Verfügung
stellt, gibt es keine Wahlfreiheit und auch keine finan-
zielle Balance für die Familien.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Cornelia Pieper [FDP])


Für die Zukunft bitte ich darum: Kehren wir zur Re-
alität zurück! Wir sagen es mit Renate Schmidt, die als
ehemalige Familienministerin dort sitzt, seit Jahren im-
mer wieder, und wir wissen es seit Jahren: 80 Prozent
der jungen Männer und Frauen wollen die Vereinbarkeit
von Familie und Beruf. Packen wir es an dieser Stelle
an! Mit dem Elterngeld haben wir angefangen. Der

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(C (D echtsanspruch auf einen Kindergartenplatz und auf eien Betreuungsplatz für unter Dreijährige ist die richtige ntwort. Ich verspreche Ihnen: Wir werden es nicht zu assen, dass uns das Betreuungsgeld auf unserem Weg m Jahre zurückwirft. Das ist ganz klar. Danke schön. Das Wort hat jetzt die Kollegin Diana Golze für die raktion die Linke. Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegin en und Kollegen! Frauen und Männer haben das unverußerliche Recht, Kind, Küche und Karriere gleichbeechtigt miteinander zu vereinbaren. Durch das fehlende lächendeckende Betreuungsangebot für Kinder entcheiden sich aber leider viel zu viele junge Frauen und hre Partner gegen ein Kind oder verschieben die Famiienplanung auf einen späteren Zeitpunkt – im 21. Jahrundert mitten in Deutschland. Die Initiative der Familienministerin war deshalb ichtig und wichtig. Wir brauchen mehr und bessere Kinertagesbetreuungsplätze – ohne Wenn und Aber. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der SPD)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1610008900

(Beifall bei der LINKEN)

Diana Golze (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610009000

Viel zu lange schon wurde nur gewartet und gehofft,
ass die Kommunen etwas unternehmen werden. Jetzt
ird über die bundespolitische Verantwortung zumin-
est diskutiert. Doch worin genau besteht diese Verant-
ortung? Ich sage, sie besteht darin, allen Kindern von
nfang an die besten Startbedingungen zu bieten, ihnen

in Aufwachsen mit anderen Kindern zu ermöglichen
nd sie so früh wie möglich umfassend zu fördern, auf
ohem Niveau, flächendeckend, ganztags und mittelfris-
ig beitragsfrei


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


nd natürlich unabhängig vom Erwerbsstatus der Eltern.
nderenfalls werden viele Kinder vom Besuch einer
inderkrippe ausgeschlossen, die eher mehr Förderung
rauchen.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


ine solche Betreuungslandschaft soll endlich nicht
ehr einen Bonuscharakter haben, den man obendrauf

etzt, sondern als selbstverständliche Pflichtaufgabe von
ommunen, Ländern und Bund verstanden werden.

Nun hat sich der Koalitionsausschuss darauf verstän-
igt, mehr Krippenplätze zu schaffen und vielleicht so-
ar ab 2013 einen Rechtsanspruch zu verankern.


(Kerstin Griese [SPD]: Ganz sicher!)


uch finanziell soll sich der Bund daran zumindest vor-
rst beteiligen.






(A) )



(B) )


Diana Golze

(Elke Ferner [SPD]: Nicht vorerst! – Caren Marks [SPD]: Das ist verlässlich!)


Doch was wurde der gespannten Öffentlichkeit in jener
Nacht medienwirksam im strömenden Regen unter Re-
genschirmen außerdem mitgeteilt? Das weitere Gegen-
einanderausspielen von Lebensentwürfen der Familien
in der Bundesrepublik. Das Spiel, weiterhin öffentliche
Kindertagesbetreuung und die Erziehung von Kindern
durch ihre Eltern als sich gegenseitig ausschließende
Pole auszumachen, ist ein Griff in die familienpolitische
Mottenkiste.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Öffentliche Kindertagesbetreuung ist kein Ersatz für das,
was Eltern gegenüber ihren Kindern leisten wollen, sol-
len und auch müssen. Sie ist eine Ergänzung der Erzie-
hungsleistung von Eltern, die man von der Seite der
Politik nicht durch eine solche Entweder-oder-Debatte
zu einer Ersatzhandlung degradieren darf.


(Elke Ferner [SPD]: Richtig!)


Erst dann, wenn eine flächendeckende Kindertages-
betreuung vorhanden ist, die dem Anspruch eines Bil-
dungsangebotes gerecht wird, den Bedürfnissen von
Kindern und den Lebensentwürfen von Eltern entspricht,
ist die freie Entscheidung von Eltern für ihre Kinder ge-
währleistet.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Linke hat unter anderem ein sozial gerechtes El-
terngeld vorgeschlagen, das beides schafft: die Sicher-
stellung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf genauso
wie die gleichberechtigte Förderung aller Familien mit
Kindern, unabhängig davon, ob das Kind in eine Kinder-
tagesstätte geht oder nicht. Eine Prämierung für den Ver-
zicht auf einen Betreuungsplatz wird es mit uns nicht ge-
ben.


(Beifall bei der LINKEN – Elke Ferner [SPD]: Mit uns auch nicht!)


Wem und wofür soll dieses Betreuungsgeld dienen?
Eltern, die finanziell bessergestellt sind, entscheiden sich
nicht wegen 150 Euro mehr dafür, ihr Kind nicht in die
Krippe zu geben. Sie tun dies entweder ganz bewusst
oder aber gezwungenermaßen, weil keine Kinderbetreu-
ungsplätze vorhanden sind. Was aber ist mit den Eltern,
die jeden Euro dreimal umdrehen müssen, wo aber der
Armutslohn oder der Regelsatz trotzdem nicht ausreicht?
Gerade diese Eltern werden gezwungen, ihre Kinder zu
Hause zu behalten, weil für sie 150 Euro mehr im Monat
die Entscheidung bedeutet, ob man in fünf oder schon in
drei Jahren das Geld für ein neues Fahrrad zusammenge-
spart hat.

Um das Wohl der Kinder geht es Ihnen nicht.


(Elke Ferner [SPD]: Genau!)


Auch um die stärkere Aufteilung von Erwerbs- und Er-
ziehungsarbeit zwischen Männern und Frauen geht es
Ihnen anscheinend nicht, und das, obwohl uns unsere eu-

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(C (D opäischen Nachbarn vormachen, dass eine höhere Ererbsquote von Frauen keinen Rückgang der Geburten ate zur Folge hat. Genau das Gegenteil ist der Fall. Sie ollen wieder einmal ein einziges Lebensmodell präieren und gegenüber anderen besserstellen. In Anbetracht der Tageszeit empfehle ich Ihnen, Herr inghammer – Sie sind ja gleich dran –: Richten Sie Ihen Blick über den bayerischen Tellerrand hinaus, und ffnen Sie ihn für die veränderten Familienbilder und die eränderten gesellschaftlichen Realitäten! (Beifall bei der LINKEN – Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Von den Bergen kommt die Rettung! – Gegenruf der Abg. Caren Marks [SPD]: Meistens kommt von da Unwetter!)


Nur weil man dieselbe Meinung hat wie Herr Stoiber,
at man noch lange nicht recht, Herr Singhammer.


(Beifall bei der LINKEN)


enn Sie Kinder fördern wollen, tun Sie das für die Kin-
er aller Eltern, tun Sie es sozial gerecht, und vor allem
un Sie es schnell!

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1610009100

Das Wort hat jetzt der Kollege Johannes Singhammer

on der CDU/CSU-Fraktion.


Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1610009200

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

en! Die Grünen haben jetzt in drei Sitzungswochen hin-
ereinander eine Aktuelle Stunde zum Thema Kinderbe-
reuung beantragt. Wir, die Koalition, haben in der
wischenzeit eine Verdreifachung der Kinderbetreu-
ngsmöglichkeiten tatkräftig auf den Weg gebracht.


(Beifall bei der CDU/CSU – Cornelia Pieper [FDP]: Aber Sie reden doch immer nur und handeln nicht!)


ntgegen allen Ihren Vermutungen in den Debatten zu-
or ist die Finanzierung gesichert, und das Projekt ist, im
ergleich zu ähnlichen Projekten, in erheblich kürzerer
eit auf den Weg gebracht worden.


(Ina Lenke [FDP]: Wie denn? – Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ohne Sie wäre es noch viel schneller gegangen, Herr Singhammer! Sie sind derjenige, der das Ganze hier aufhält, sonst niemand!)


ine neue finanzielle Ungerechtigkeit für Familien, die
uf ein Erwerbseinkommen verzichten, wird es nicht ge-
en, auch wenn die Kollegin Künast mit bemerkenswer-
er Stimme lauthals dagegen angeschrien hat.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Frauen können das!)







(A) )



(B) )


Johannes Singhammer
Wir wollen, dass die Familien mit Kindern es in
Deutschland leichter haben. Wir wollen eine gute Per-
spektive entwickeln. Sie mit Ihren Anträgen und Ihren
ständigen Zweifeln schaffen ein Klima der Unsicherheit


(Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie mal die Zeitung gelesen in der letzten Zeit? Sie sollten ab und zu mal die Zeitung lesen!)


und nehmen mit Ihren Debatten den Familien den Mut
und den Optimismus, den sie brauchen.

Dabei arbeiten Sie mit Unterstellungen, die innovativ,
aber gleichwohl schäbig sind. Wenn Sie nur einmal die
Formulierung des Themas dieser Aktuellen Stunde „Die
sogenannte Herdprämie als Hindernis für eine gute vor-
schulische Förderung für alle Kinder“ nehmen: Damit
unterstellen Sie Müttern und Vätern zweierlei: Sie unter-
stellen, dass Mütter und Väter, die ihre Kinder vor Be-
ginn der Schulzeit zu Hause erziehen und nicht in eine
Einrichtung geben, ein Hindernis aufbauen, sozusagen
einen Nachteil für den späteren schulischen Erfolg pro-
grammieren. Wir dagegen vertrauen den Eltern und sind
der Meinung, dass sie am besten wissen, wie sie ihre
Kinder erziehen müssen. Wir können darin keinesfalls
einen Hemmschuh sehen.


(Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: Dann geht es allen Kindern in Deutschland ja schon gut!)


Überdies verwenden Sie den Begriff „Herdprämie“
und stellen damit diejenigen Frauen – weniger die Män-
ner –, die ihre Kinder zu Hause erziehen, so hin, als wä-
ren sie rückständig und verzopft.


(Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht die Frauen! Die Männer!)


Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes – passen
Sie genau auf, Frau Deligöz – gibt es derzeit mindestens
5 Millionen Mütter und etwa 110 000 „Herdmänner“,
die ihre Kinder zu Hause erziehen. Nach Angaben der
Dresdner Bank sind es mindestens 10 Millionen junge
Mütter, die das tun. Diesen Millionen junger Frauen zu
unterstellen, sie hätten einen falschen Lebensentwurf ge-
wählt und eine falsche Lebensentscheidung getroffen,


(Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sagt doch keiner! – Elke Ferner [SPD]: Unsinn!)


ist weder politisch korrekt noch in die Zukunft gerichtet,
sondern rechthaberisch, engstirnig und falsch.


(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD)


Wir werden uns ernsthaft und ehrlich für die Wahl-
freiheit einsetzen.


(Elke Ferner [SPD]: Ehrlich ist das nicht, was Sie wollen, Herr Singhammer!)


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(C (D ur Wahlfreiheit gehört zunächst einmal, dass überhaupt inderbetreuungsplätze vorhanden sind. Nur dann kann an wählen. ahlfreiheit bedeutet aber auch, dass neue finanzielle ngerechtigkeiten verhindert werden müssen. Wir wol en es nicht beim Respekt für die Eltern und bei der veralen Anerkennung belassen, sondern wir wollen einen rziehungsbonus einführen. Ich denke, die allermeisten in diesem Hohen Hause ind mit mir der Meinung, dass es falsch ist, den Einruck zu vermitteln, Kindererziehung zu Hause sei eine ergleichsweise leichte Sache. Familienmanagerin zu ein, hat wenig mit Freizeit und Erholung, aber viel mit agtäglichem Stress zu tun. Das gilt genauso oder vieleicht noch mehr für die Frauen, die Familie und Beruf erbinden und beide Herausforderungen meistern müsen. (Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Und dann sollen die nur lausige 150 Euro pro Monat bekommen? – Caren Marks [SPD]: Das ist aber ein schlechter Stundenlohn!)


(Elke Ferner [SPD]: Ach!)


(Unruhe bei der SPD)


Es wird gesagt, das zusätzliche Geld in Form eines
rziehungsbonus werde nicht immer für die Kinder, son-
ern möglicherweise für andere Zwecke – bis hin zum
lkoholkonsum – ausgegeben. Richtig ist, dass es leider

ine Reihe von Eltern gibt, die diese für Kinder be-
timmten Mittel, wie auch andere Mittel, missbräuchlich
erwenden. Richtig ist aber auch, dass die große Mehr-
eit der Eltern in Deutschland sich krummlegt und eine
tunde länger arbeitet, um alles für das Wohl ihrer Kin-
er zu tun.


(Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da klatschen noch nicht einmal Ihre eigenen Leute!)


eshalb wehre ich mich dagegen, den Eindruck zu erwe-
ken, Eltern seien nicht in der Lage, für ihre Kinder best-
öglich zu sorgen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD und der LINKEN – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Was für einen Popanz bauen Sie auf!)


as tun sie aber.

Wir werden alles tun, das Risiko, dass das Geld nicht
ichtig eingesetzt wird, bei der Weiterentwicklung des
rziehungsbonus auszuschalten. Wir vertrauen den El-

ern und ihrer Erziehung.


(Beifall bei der CDU/CSU – Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Die können es! – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Sie haben Ihrer Ministerin nicht zugehört!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1610009300

Das Wort hat die Kollegin Ekin Deligöz vom Bünd-

is 90/Die Grünen.






(A) )



(B) )


Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610009400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das

Anliegen der CSU ist nicht neu und sorgt nicht zum ers-
ten Mal für Unmut in diesem Hause und vor allem in der
Koalition.

Worum geht es? Schon bei den Beratungen zum El-
terngeld hat die konservative Seite nebulös von der Be-
drohung des Alleinverdienermodells in Deutschland ge-
sprochen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Elke Ferner [SPD]: Richtig!)


Schon damals wollten Sie die Erhöhung der entspre-
chenden Transferleistungen, also im Anschluss an den
Elterngeldbezug. Herr Singhammer, Sie behaupten, das
Elterngeld sei schnell eingeführt worden. Dazu sage ich:
Ohne Sie wäre es viel schneller und besser gegangen.
Das wollen wir einmal festhalten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Zuruf von der CDU/CSU: Das glauben wohl doch nur Sie! – Caren Marks [SPD]: Das ist wohl wahr!)


Sie haben sich doch in den Debatten als Verhinderer dar-
gestellt.

Sie wollen ein Familienmodell, bei dem ein Elternteil
zu Hause bleibt. Genauer gesagt: Die Frau bleibt zu
Hause. Kein Mann auf der Welt lässt sich mit 150 Euro
überreden, Kinder zu erziehen, anstatt arbeiten zu gehen.


(Cornelia Pieper [FDP]: Richtig!)


Was Sie wollen, geht doch wieder zulasten der Frauen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD, der FDP und der LINKEN)


Wenn Sie sich hier über das Wort „Herdprämie“ so
aufregen, dann halte ich das für eine künstliche Aufre-
gung. Meines Erachtens müssen Sie das schon einmal
aushalten können. Ich erinnere in diesem Zusammen-
hang nur an die Debatte über das Elterngeld, als plötz-
lich in Bezug auf die Partnermonate von „Wickelvolon-
tariat“ die Rede war. Das sagt aus, was Sie von
Erziehungsarbeit halten, und zeigt die Wertigkeit, die Sie
der Erziehungsarbeit zuschreiben. Vor diesem Hinter-
grund müssen Sie auch diese Debatte und ebenso diesen
Begriff heute hier aushalten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)


Beim Elterngeld konnte sich der konservative Flügel,
auch die CSU, nicht durchsetzen. Das ist es doch, was
Sie so stört, und zwar zu Recht; denn das zentrale Anlie-
gen von Elterngeld ist, die Erwerbstätigkeit von Müttern
und Vätern zu fördern. Das steht übrigens auch in Ihrem
Gesetzentwurf. Werfen Sie einen Blick hinein! Da steht:

Das Elterngeld will dazu beitragen, dass es beiden
Elternteilen auf Dauer besser gelingt, ihre wirt-
schaftliche Existenz zu sichern.

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(C (D omit geht es natürlich um die Förderung. Jetzt versuhen Sie, hier perfiderweise zu suggerieren, es gebe in iesem Land überhaupt keine Förderung der Ehe, als tellten sich alle gegen das Alleinverdienermodell. Haen Sie dafür erst einmal den Boden bereitet, dann könen Sie ganz schnell sagen, Betreuungsausbau sei eine inseitige und damit ungerechte Investition; dies müsse an irgendwie verhindern, und wenn man es schon nicht erhindern könne, müsse man es zumindest neutralisieen. Aber die Realität ist doch ganz anders. Sie zeigt, dass as Ehegattensplitting nur beim Alleinverdienermodell u seiner maximalen Auswirkung kommt. ie Realität ist doch, dass wir kostenlose Mitfinanzieung in den Krankenkassen und Pflegekassen haben. ie Realität ist doch, dass das Steuerrecht – über die teuerklasse V sollten wir einmal reden – das Zuhauseleiben geradezu fördert und sich gegen die Erwerbstäigkeit von Frauen richtet. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD, der FDP und der LINKEN)


(Elke Ferner [SPD]: Richtig!)


(Ina Lenke [FDP]: Genau!)


ie Realität ist doch, dass unser gesamtes System auf
as Alleinverdienermodell ausgerichtet ist und die größ-
en Defizite in den Bereichen zu finden sind, in denen
uch bei den Kindern der größte Bedarf besteht: in der
rühförderung, in der Erziehung, in der Bildung und an
en Stellen, an denen es um Vereinbarkeit von Beruf und
amilie geht. Auch wenn Sie es nicht verstehen wollen:
ir hinken beim Betreuungsausbau gerade für unter
reijährige meilenweit hinterher. Das sollten Sie auch
icht unter den Teppich kehren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)


Außerdem ignorieren Sie bei dieser gesamten De-
atte, dass das, was Sie fordern, bildungspolitisch ein-
ach Unfug ist.


(Cornelia Pieper [FDP]: Richtig!)


ie ignorieren, dass die Kinder derjenigen, für die die
50 Euro am lukrativsten sind, auf die Frühförderung
urch Bildung und Betreuung am meisten angewiesen
ind. Es sind die sozial Benachteiligten, die Haushalte
it den niedrigen Einkommen; genau diese Kinder brau-

hen die frühe Förderung, um eine Startchance für die
chule zu bekommen.

Sie ignorieren einfach Folgendes: Sie haben zwar ein
odell, aber keine Idee davon, was es kostet, wie es fi-

anziert werden soll und wer es in Anspruch nehmen
oll. Gleichzeitig versprechen Sie mit dem Familien-
plitting ein Verfahren mit ungedecktem Scheck und set-
en ein Milliardenversprechen in die Welt, das nur einem
ient: der eigenen Profilierung für bevorstehende Wahl-
ämpfe. Sie haben nämlich Angst davor, überhaupt nicht
ehr wahrnehmbar zu sein. Sie haben Angst vor der
olitik Ihrer eigenen Ministerin.






(A) )



(B) )


Ekin Deligöz

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und der LINKEN)


Haben Sie doch einmal den Mut, zu Ihrer eigenen Minis-
terin zu stehen, anstatt ihr ständig Knüppel zwischen die
Beine zu werfen!

Noch eines, Frau von der Leyen: Ich unterstütze den
Ausbau der Kinderbetreuung. Aber wenn Sie hier be-
haupten, Rot-Grün habe nichts gemacht, halte ich Ihnen
eines entgegen: Das TAG war von Rot-Grün, es ist ef-
fektiv und kommt an. Das sagen sogar Sie in Ihren Be-
rechnungen. Wir wären um einiges weiter, hätten nicht
Ihre Partei und Ihre Fraktion uns im Bundestag und im
Bundesrat davon abgehalten, einen Rechtsanspruch ein-
zuführen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wir wären um einiges weiter, hätten Sie hier nicht stän-
dig die Bremser und die Kaputtmacher gespielt. Wir wä-
ren um einiges weiter, wenn Sie die gesellschaftlichen
Realitäten endlich zur Kenntnis nähmen.

Meine Herren von der CSU, auch wenn Sie es nicht
wahrhaben wollen: Die Erde ist keine Scheibe, und sie
dreht sich. Daran werden auch Ihre Drohungen nichts
ändern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1610009500

Das Wort hat jetzt die Kollegin Kerstin Griese von der

SPD-Fraktion.


Kerstin Griese (SPD):
Rede ID: ID1610009600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Manchmal ist es in einer hitzigen Debatte notwendig,
Selbstverständlichkeiten festzuhalten: Erstens. Alle El-
tern erziehen Kinder; auch die Eltern, die ihre Kinder
stundenweise in eine Kinderbetreuung geben, erziehen
Kinder. Es gibt noch ein paar Stunden mehr am Tag.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es geht nicht darum, Eltern oder Frauen gegeneinander
auszuspielen, sondern es geht darum, anzuerkennen,
dass Kinderbetreuung ein sinnvoller Beitrag zur Erzie-
hung sein kann.

Zweitens. Wir wollen eine Betreuung aller Kinder un-
ter drei Jahren. Dies sollte wegen der Bildungschancen
erfolgen. Wir wollen eine solche Betreuung natürlich
auch für sozial Schwache und Bildungsferne. Es ist sinn-
voll, wenn alle Kinder gemeinsam mit anderen Kindern
lernen und aufwachsen können.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN)


Es ist mir sehr wichtig zu betonen, dass es in dieser
Debatte um Bildungschancen für Kinder, um die Verbes-
serung ihrer Zukunftschancen geht.

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(C (D s geht um bessere Integration. Uns, der SPD, ist es sehr ichtig, dass Kinder mit anderen Kindern zusammenommen, früh die deutsche Sprache lernen – und zwar evor sie in die Schule kommen –, dass sie Lernchancen aben, Spiele kennenlernen und sprachlich, musisch und ünstlerisch vorankommen. Diese Chance sollte für alle inder früh vorhanden sein. Es geht uns genauso um die Vereinbarkeit von Famiie und Beruf und um etwas, was noch gar nicht angeprochen wurde, nämlich darum, nachhaltig Armut zu ermeiden. Armut von Familien und Eltern kann man m besten vermeiden, indem man den Eltern eine hance gibt, berufstätig zu sein. Wir sind mit dem Ausbau der Kinderbetreuung ein roßes Stück vorangekommen. Da das hier manchmal ergessen wird, will ich ausdrücklich feststellen: Noch or ein paar Wochen hätte es keiner gedacht – wir komen richtig voran. Wir werden einen Rechtsanspruch auf ie Betreuung von unter Dreijährigen verankern. Viele on uns – auch ich – sagen, wir hätten diesen gerne chneller und früher gehabt. Aber spätestens ab 2013 ird es einen solchen Rechtsanspruch geben. Ferner ird es eine Beteiligung des Bundes nicht nur an den Inestitionskosten, sondern auch an den Betriebskosten eben. Das ist uns ganz wichtig; denn es geht hierbei icht nur um die Bereitstellung neuer Räume, sondern uch um Qualität und die Menschen, die sich um die leinen Menschen kümmern. Da wir hier über Bildungsund Integrationschancen prechen, will ich aus der Bertelsmann-Studie zitieren, n der ausdrücklich gesagt wurde, dass beim Ausbau der eldleistung eine große Zurückhaltung erforderlich ist. as Schwergewicht sollte – so wird in der Studie formu iert – insbesondere auf Dienstleistungen in der Kinderetreuung liegen. Dem stimme ich ausdrücklich zu. ußerdem wurde in der Bertelsmann-Studie ausgeführt, ass es weitaus wichtiger ist, in die Kinderbetreuung zu nvestieren als Transferleistungen zu erhöhen und Steurn für Eltern zu senken. Es heißt dort weiter, dass Fianzierungsmöglichkeiten auch dadurch gefunden weren können, dass auf Transfers verzichtet und das hegattensplitting reformiert wird. Auch das ist eine ute Idee der Bertelsmann-Studie zur Vereinbarkeit von amilie und Beruf. Ich will noch einmal sagen, was unsere Ziele in dieser anzen Debatte sind. Unsere Ziele sind bessere Bilungschancen für Kinder und ein Ausbau der Betreuung. a unser Koalitionspartner heute schon sehr geschunden urde, will ich ihn einmal positiv zitieren. Die stellver retende Vorsitzende der Unionsfraktion Ilse Falk hat zu iesem Thema Ende April gesagt, dass, wenn es zusätziche finanzielle Hilfen gebe, nicht sichergestellt werden Kerstin Griese könne, dass das Geld den Kindern zugute komme. Statt weitere Milliarden für direkte Transfers auszugeben, müsse die Politik ihr Hauptaugenmerk auf Bildung und Betreuung richten. Dem stimme ich ausdrücklich zu. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Elke Ferner [SPD]: Recht hat die Frau! – Caren Marks [SPD]: Eine klare Position gegen das Betreuungsgeld!)


(Cornelia Pieper [FDP]: Richtig!)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der SPD)





(A) )


(B) )


Das heißt für uns, dass wir zu den Erfolgen des Koali-
tionsausschusses stehen. Es wird einen Ausbau der Kin-
derbetreuung und einen Rechtsanspruch auf die Betreu-
ung von unter Dreijährigen geben. Ich sage ausdrücklich:
Uns ist es wichtig, dass dieser Rechtsanspruch dazu
führt, dass Mütter und Väter arbeiten gehen können. Da-
bei geht es nicht um ein paar Stunden in der Woche, son-
dern um mindestens fünf Stunden am Tag. Wir stehen
zur Beteiligung des Bundes an den Betriebs- und Investi-
tionskosten und dazu, dass die ostdeutschen Länder da-
bei gesondert berücksichtigt werden.

Ich sage ausdrücklich: Man muss darüber nachden-
ken, ob man wirklich neue finanziellen Hilfen schafft.
Wir halten das Betreuungsgeld aus bildungspolitischer
und integrationspolitischer Sicht für falsch. Ich füge
hinzu: Auch die arbeitsmarktpolitische Frage ist in die-
sem Zusammenhang sehr schwer zu klären. Sie sollten
sich einmal anschauen, wie viel Geld man verdienen
muss, um erst einmal die Höhe der Transferleistungen zu
überschreiten, wie viel Geld man also verdienen muss,
damit es sich lohnt, arbeiten zu gehen. Dieses Betreu-
ungsgeld ist ein falscher Anreiz. Es geht in die falsche
Richtung. Es erzielt eine falsche Wirkung.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Wirkung, die wir erzielen sollten, ist die – ich
hoffe, dass der Koalitionspartner jetzt wieder klatschen
kann –,


(Heiterkeit bei der SPD und der FDP)


Armut zu vermeiden und bessere Bildungschancen zu
ermöglichen. Daran sollten wir zielgerichtet arbeiten.
Der beste Weg dahin führt über eine bessere Qualität und
eine höhere Quantität beim Ausbau der Kinderbetreu-
ung.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1610009700

Das Wort hat jetzt der Kollege Thomas Dörflinger

von der CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Thomas Dörflinger (CDU):
Rede ID: ID1610009800

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will eine
beruhigende Vorbemerkung machen an die Adresse de-
rer, die uns in dieser Debatte zugehört haben und die ins-

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(C (D esondere auf die Verteilung des Beifalls geachtet haen: Es gibt keinen Grund zur Besorgnis. Dieses Stück enaissance von Rot-Grün ist mit dem Ende dieser Deatte vorbei. (Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: Das war wichtig, dies jetzt festzuhalten!)


Ich will eine zweite Vorbemerkung machen – das ist
chon ein Kompliment an diejenigen, die diese Aktuelle
tunde beantragt haben –: Ich kenne wenige Titel von
ktuellen Stunden,


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die so treffend waren!)


ei denen mit so wenigen Worten so viele Vorurteile kol-
ortiert worden sind; das ist schon ein sprachliches
eisterstück.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenigstens merken Sie einmal, dass wir gut sind!)


er Beitrag, mit dem Sie, Frau Künast, diese Debatte er-
ffnet haben, hat einmal mehr die These bestärkt, dass
autstärke und Schnelligkeit Qualität nicht ersetzen.
ätten Sie einmal Frau Haßelmann reden lassen! Sie
ätte das vermutlich besser und qualitativ sinnvoller ge-
acht.


(Beifall bei der CDU/CSU – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was habe ich nur gesagt? – Renate Künast [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Nehmen Sie das sofort zurück!)


Der Begriff der „Herdprämie“ ist eine Wortschöpfung
it einer besonderen Semantik: Eine Prämie ist normaler-
eise eine Belohnung für denjenigen, der etwas besonders
ut gemacht hat, oder ein Anreiz, damit jemand etwas tut,
as andere nicht tun mögen. Offensichtlich – weil Sie
rsteres nicht meinen können – sind Sie der Auffassung,
ass das, was ein Koch oder jemand, der in der Hauswirt-
chaft beschäftigt ist, am Herd tut, etwas Minderwertiges
ein muss; denn ansonsten müsste man ihm keine Prämie
ahlen, dass er diese Tätigkeit aufnimmt.

Ich bin, was die Qualität dieser Arbeit angeht, anderer
uffassung: Das, was am Herd oder generell im Bereich
er Hauswirtschaft gearbeitet wird, ist genauso viel wert
ie das, was in einem Dienstleistungsunternehmen oder

n der gewerblichen Wirtschaft gemacht wird.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


s gibt allerdings einen Unterschied, meine Damen und
erren von den Grünen: Das, was am Herd hergestellt
ird, ist in aller Regel essbar – das, was Sie heute abge-

iefert haben, ist schwer verdaulich.


(Ina Lenke [FDP]: Kommen Sie zur Sache!)


Frau Lenke, ich bin bei der Sache. Sie müssen besser
uhören!


(Ina Lenke [FDP]: Ich höre sehr genau zu!)







(A) )



(B) )


Thomas Dörflinger
Was mich an dieser Debatte stört – da komme ich auf
das, was der Kollege Singhammer vorgetragen hat –, ist,
dass Sie mit Ihrem Titel dieser Aktuellen Stunde einen
Großteil der Familien unter den Generalverdacht stellen,
dass sie unter Wahl eines bestimmten Lebensmodells
nicht in der Lage wären, der Verantwortung für ihre Kin-
der gerecht zu werden.


(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Man muss erst einmal die Wahl haben!)


Ich stelle für die Unionsfraktion fest: Wir machen nie-
mandem einen Vorwurf dafür, für welches Familienmo-
dell, für welche Art und Weise der Erwerbstätigkeit – ei-
ner verdient, oder beide verdienen –, für welche Art und
Weise der Kindererziehung er oder sie sich entscheidet.


(Beifall bei der CDU/CSU – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich könnte da einmal ein paar Ihrer Begriffe herauskramen!)


Wir gehen davon aus, dass die weit überwiegende Zahl
der Familien in Deutschland ihrer Verantwortung bes-
tens gerecht wird, unabhängig davon, welches Modell
die einzelne Familie für sich gewählt hat.

Aber wir können nicht nur am Rednerpult des Deut-
schen Bundestages und in Sonntagsreden das Hohelied
derer singen, die in der Familienarbeit tätig sind. Dass
wir bereit sind, das zu fördern, muss auch einen Aus-
druck in dem finden, was wir konkret politisch tun.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie der Abg. Ina Lenke [FDP])


Deswegen ist der Ansatz des Betreuungsgeldes der rich-
tige Ansatz. Wir nehmen damit nämlich die Interessen
derer in den Fokus, die sich für ein bestimmtes Lebens-
modell entschieden haben. Das heißt nicht, dass wir das
andere nicht tun. Es geht nicht um „entweder oder“, es
geht um „sowohl als auch“.


(Caren Marks [SPD]: Aber die anderen werden doch schon genug belohnt! – Diana Golze [DIE LINKE]: Wofür haben Sie denn das Ehegattensplitting?)


Wenn ich sage, es ist der richtige Ansatz, dann lasse ich
durchaus mit mir darüber reden, in welcher Weise wir
das Betreuungsgeld ausgestalten. Sie kennen den Vor-
schlag des Gutscheinsystems, den der Bund katholischer
Unternehmer gemacht hat. Ich behaupte nicht, dass der
BKU mit diesem Vorschlag bereits der Weisheit letzten
Schluss gefunden hat. Aber solche Gutscheine, mit de-
nen die Eltern bestimmte familienbezogene Dienstleis-
tungen abrufen können, sind ein Schritt in die richtige
Richtung.


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schauen Sie sich einmal unser Modell an! – Elke Ferner [SPD]: Das ist aber etwas anderes als ein Betreuungsgeld!)


Wir können uns darüber unterhalten, wie wir das ge-
meinsam realisieren; dazu lade ich ausdrücklich ein.
Aber ich würde mir wünschen, dass wir uns der Sache
mit der notwendigen Ernsthaftigkeit annehmen und uns
die Vorschläge, die gemacht worden sind, genau ansehen

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(C (D nd sie in einer vernünftigen, sachlichen Debatte prüfen. ir sollten zusammen mit dem Ausbau der Kinderbe reuung für die unter Dreijährigen in öffentlicher Verantortung auch das in den Blick nehmen, was wir denjenien zugutekommen lassen können, die sich für die rivate Version entschieden haben. Dann werden wir unerer Verantwortung gerecht. (Miriam Gruß [FDP]: Denken Sie einmal an die Kinder!)


ie Beantragung dieser Aktuellen Stunde und Ihre Bei-
räge haben dazu wenig beigetragen.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1610009900

Das Wort hat jetzt die Kollegin Elke Ferner von der

PD-Fraktion.


Elke Ferner (SPD):
Rede ID: ID1610010000

Herr Präsident! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Ich

in recht dankbar dafür, dass wir heute noch einmal Ge-
egenheit haben, über die Betreuung von Kindern unter
rei Jahren zu diskutieren. Viele scheinen die Vorstel-
ung zu haben, dass diejenigen, die zu Hause bleiben,
hre Kinder erziehen, während diejenigen, die ihre Kin-
er irgendwo abgeben, keine Erziehungsleistung erbrin-
en. Das ist genauso falsch, wie zu sagen, man akzep-
iere nicht jedes Lebensmodell. Das ist überhaupt nicht
as Thema.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir glauben, dass wir eine echte Wahlfreiheit nur
urch einen Rechtsanspruch schaffen können. Wie sieht
ie Situation heute aus? Es besteht keine echte Wahlfrei-
eit. Das hängt mit verschiedenen Regelungen zusam-
en, beispielsweise damit, dass wir über das Ehegatten-

plitting insbesondere die Alleinverdienerehe und die
amilien, in denen die Einkommensunterschiede bei den
artnern sehr groß sind, mit über 19 Milliarden Euro im
ahr subventionieren. Das hängt ferner damit zusammen,
ass die beitragsfreie Mitversicherung der nicht erwerbs-
ätigen Ehegatten mit 10 Milliarden Euro subventioniert
ird. Man muss sich schon überlegen, was man an die
rankenkasse zu zahlen hat. Dadurch werden die Op-
ortunitätskosten nicht gerade gesenkt. Es gibt auch kein
edarfsgerechtes Angebot an Ganztagsbetreuungsein-
ichtungen. Das ist der eigentliche Punkt, warum keine

ahlfreiheit besteht. Deshalb ist es wichtig, dass die
PD den Rechtsanspruch durchgesetzt hat. Wir hätten

hn zwar lieber früher gehabt, aber er besteht jetzt ab
013.


(Beifall bei der SPD)


Man darf nicht vergessen, dass berufstätige Eltern zu-
ätzliche Kosten haben. Das bezieht sich nicht nur auf
hre Sozialversicherungsbeiträge. Sie müssen für die
inderbetreuung nicht wenig Geld hinlegen. Wer sein
ind in einer Betreuungseinrichtung untergebracht hat,
leich ob in einem Kindergarten oder einer Kindertages-
tätte, weiß, dass das nicht wenig Geld kostet. Das muss






(A) )



(B) )


Elke Ferner
erst einmal verdient sein, und zwar netto. Dass Steuer-
klasse V und Minijobs für Frauen Barrieren sind, die der
Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäf-
tigung entgegenstehen, ist, denke ich, zumindest bei der
Mehrheit der Mitglieder dieses Hauses kein Thema. Wir
wissen, dass das so ist und dass wir hier etwas tun müs-
sen.

Das Betreuungsgeld, das insbesondere die CSU will,
würde die traditionellen Rollenzuweisungen verfestigen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)


Die Menschen in diesem Land sind aber längst im
21. Jahrhundert angekommen. Das kann man von eini-
gen Unionspolitikern hingegen nicht unbedingt sagen.
Deshalb ist der Aspekt, den Frau Griese eben genannt
hat, wichtig: Die frühe Förderung würde durch ein sol-
ches Betreuungsgeld verhindert werden, zumindest in ei-
nigen Familien. Wir wissen, dass Kinder die frühe För-
derung brauchen. Man muss überlegen, welche Anreize
man mit einem Betreuungsgeld setzt. Für wen sind
150 Euro ein Anreiz, um nicht erwerbstätig zu sein und
zu Hause zu bleiben? Ich gebe Herrn Pflüger recht, der
– ich zitiere aus der „Süddeutschen Zeitung“ – gesagt
hat:

Gerade in großen Städten brauchten viele Kinder
aus sozial schwachen Schichten oder mit Migra-
tionshintergrund Hilfe beim Erlernen der deutschen
Sprache, beim Aufbau sozialer Kompetenz. „Genau
diese Hilfen bekommen sie in einer Kita“…


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Der NRW-Familienminister hat sich im Übrigen ähnlich
geäußert.

Wenn man sich internationale Studien zu diesem Be-
reich anschaut, findet man schnell heraus, dass die Er-
werbstätigkeit der Mütter das beste Mittel gegen Kinder-
armut ist und nicht die Zahlung von 150 Euro, von der
man weder leben noch sterben kann. Alleinerziehende
können mit dem Geld ohnehin nicht viel anfangen, weil
sie ihren Lebensunterhalt damit nicht bestreiten können.

Aus meiner Sicht ist ein weiteres Argument wichtig.
Für uns gehören Kinderbetreuungseinrichtungen zur öf-
fentlichen Daseinsvorsorge. Wenn man Ihren Vorschlag
richtig durchdenkt, muss man sich fragen, was er eigent-
lich in Bezug auf die öffentlichen Infrastrukturen bedeu-
tet. Sollen wir jetzt all denen, die nicht das Gymnasium
oder die Universität besuchen, die nicht ins Theater ge-
hen oder die Stadtbücherei nicht nutzen, einen Ausgleich
zahlen? Ist das gewollt?

Für uns ist wichtig, dass der Rechtsanspruch an erster
Stelle steht und spätestens bis zum Jahr 2013 umgesetzt
wird. Vielleicht, wenn sich alle Ebenen anstrengen, wird
er schon früher realisiert; in den neuen Ländern geht das
mit Sicherheit. Danach sollte aus meiner Sicht die Bei-
tragsfreiheit angegangen werden, damit die frühe Förde-
rung von Kindern, deren Eltern kein so hohes Einkom-
men haben, nicht aus finanziellen Gründen verhindert

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(C (D ird. Insofern ist das Betreuungsgeld für uns in dieser ahlperiode kein Thema. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Das Wort hat jetzt die Kollegin Ingrid Fischbach von er CDU/CSU-Fraktion. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man ich diese Debatte bis hierher angehört hat, versteht man ie Welt nicht mehr. Ich frage mich wirklich, ob wir ichts Besseres zu tun haben und über keine anderen hemen diskutieren können als über dieses. (Zuruf von der SPD: Wer hat denn den Vorschlag gemacht?)


(Beifall bei der SPD)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1610010100

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ingrid Fischbach (CDU):
Rede ID: ID1610010200

ie von den Grünen beantragte Aktuelle Stunde schlägt
em Fass den Boden aus.


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Keine Übertreibungen!)


as betrifft schon allein die Wortwahl. Ich glaube, wir
ind uns einig, Frau Haßelmann, dass das Wort „Raben-
ütter“ nicht in unseren Sprachgebrauch gehört.


(Elke Ferner [SPD]: Richtig!)


s heißt, es gebe diesen Begriff nur noch in Deutsch-
and, sonst nirgendwo in der Welt. Es gibt noch einen
egriff, den es nur in Deutschland gibt. Das ist der Be-
riff „Herdprämie“. Wir dürfen nicht damit anfangen,
olche Worte zu prägen und zu verbreiten. Hierfür tragen
ir die Verantwortung. Mit der Wortwahl, die Sie bei der
eantragung der Aktuellen Stunde gewählt haben, diffa-
ieren Sie Lebensentwürfe.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann machen Sie nicht solche Vorschläge!)


it welchem Recht diffamieren Sie Lebensentwürfe von
ltern, die diese frei gewählt haben? Meine Fraktion
aßt es sich nicht an, zu sagen, welcher Lebensentwurf

er richtige ist und welcher der falsche.


(Christel Humme [SPD]: Doch! – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich zeige Ihnen die Zitate aus der Elterngelddebatte! Da haben wir viele gesammelt!)


Frau Haßelmann, Sie haben jederzeit die Möglichkeit,
edezeit zu bekommen, wenn auch nicht in dieser Aktu-
llen Stunde. Lassen Sie uns doch einmal über einen ent-
prechenden Antrag debattieren.


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich wollte Sie nur erinnern!)


Wir werden es nicht zulassen, dass ein Familienmo-
ell gegen ein anderes ausgespielt wird. Unsere Aufgabe






(A) )



(B) )


Ingrid Fischbach
ist es, Rahmenbedingungen zu schaffen – an dieser
Stelle danke ich den Kolleginnen des Koalitionspartners;
Kollegen waren, glaube ich, nicht dabei –, die es den El-
tern ermöglichen, selber zu entscheiden, wie sie leben
wollen, wie und von wem ihr Kind betreut werden soll.
Wir können da keine Vorgabe machen und nichts ent-
scheiden. Wir wollen keine Lufthoheit über die Kinder-
betten. Wir wollen die Eltern stark machen und selber
entscheiden lassen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Mich hat gewundert, wen die Grünen als Spitze nach
vorne geschickt haben; denn leider musste ich in der
Diskussion feststellen, dass die Kollegin Künast den Un-
terschied zwischen Krippen- und Kindergartenplätzen
gar nicht kennt. Sie sprach immer von Kindergartenplät-
zen. Diese haben wir schon, und den Rechtsanspruch
darauf gibt es auch schon etwas länger. Vielleicht kön-
nen Sie ihr das mitteilen. Dann weiß sie das nächste Mal
wenigstens, worüber sie redet.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Kindergartenplätze sind da, Krippenplätze brauchen
wir. Wir machen überhaupt keinen Hehl daraus. Es ist
nicht so, wie Sie es jetzt darstellen, als sei das strittig, als
glaubten wir, dass das Angebot für unter Dreijährige
reicht. Es reicht nicht; darüber gibt es in diesem Lande
überhaupt keine Diskussion. Sie tun so, als wären wir
nicht in der Lage, zu erkennen, wo noch Bedarf besteht,
wo wir noch Angebote schaffen müssen. Wir wollen nur
nicht, dass der Fokus ausschließlich auf ein bestimmtes
Familienbild gerichtet ist.


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das machen Sie doch konsequent!)


Wir müssen den Fokus breit ausrichten; denn junge
Leute entscheiden sich für die Familie. Sie wollen Fami-
lie leben, und zwar aus einem ganz bestimmten Grund:
Sie empfinden die Familie als den Ort, der ihnen Glück,
Geborgenheit und Liebe gibt.

Damit bin ich bei dem Punkt, der heute viel zu kurz
gekommen ist, dem Wohl des Kindes. Kaum einer
spricht über das Wohl des Kindes.


(Miriam Gruß [FDP]: Doch, ich! Frau Pieper auch!)


Wer von uns sagt denn, was für das Wohl des Kindes am
besten ist? Brauchen wir nicht, gerade wenn wir das
Wohl des Kindes im Auge haben, eine vielfältige Land-
schaft an Betreuungsangeboten?


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Machen wir uns doch nichts vor! Warum ist denn das
Thema „Tagesmütter“ jetzt auf einmal in aller Munde?
Noch vor zehn Jahren bin ich hier fast ausgebuht wor-
den, als ich mich für mehr Tagesmütter eingesetzt habe.
Damals hieß es, das sei ein elitäres Betreuungssystem.


(Ina Lenke [FDP]: Ausgebuht? Aber nur von der SPD!)



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(C (D Ja, Frau Lenke, Sie haben sich dafür immer stark geacht. Das weiß ich heute noch zu schätzen. – Wir brau hen unterschiedliche Angebote. Nicht jedes Angebot rifft immer das Wohl des Kindes. (Miriam Gruß [FDP]: Ja! Und wir brauchen Qualität!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, ich
ann verstehen, dass Ihnen das nicht passt – insofern ist
uch die Aufgeregtheit, die Ihre Vorsitzende vorhin ge-
eigt hat, verständlich –,


(Zuruf von der FDP: Wo ist sie eigentlich?)


ber die Große Koalition hat in ihrer kurzen Regierungs-
eit schon eine ganze Menge geschafft. Ich möchte da-
auf hinweisen – das habe ich schon in der letzten De-
atte gesagt –, dass die vorherige Familienministerin,
rau Schmidt, die auch jetzt im Plenum sitzt, gute Vor-
rbeiten geleistet hat, die wir nun ausbauen.

Wir haben wirklich eine Menge geschafft. Ich erin-
ere nur daran, dass wir die Möglichkeit der steuerlichen
bsetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten geschaffen
aben.


(Miriam Gruß [FDP]: Ja, ja! In welcher Höhe denn?)


Sie von der FDP sind nie zufrieden; das weiß ich.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU – Miriam Gruß [FDP]: Ja, und zwar zu Recht!)


rgendwann haben Sie vielleicht einmal die Möglichkeit,
lles besser zu machen.


(Miriam Gruß [FDP]: Eine gute Idee! In unserem Programm sind dafür 12 000 Euro jährlich eingeplant!)


Die steuerliche Absetzbarkeit der Kinderbetreuungs-
osten ist ein Erfolg, den wir doch wohl einmal anspre-
hen dürfen. Darüber hinaus haben wir in den knapp an-
erthalb Jahren unserer Regierungszeit das Elterngeld
ingeführt, für das es vorher noch kein klares Konzept
ab. Das Konzept war nur ganz grob umrissen.


(Elke Ferner [SPD]: Wie bitte? Das stimmt aber nicht!)


Gut, dann gab es ein geheimes Konzept. Darüber lasse
ch mit mir reden. Öffentlich war es allerdings nicht.


(Elke Ferner [SPD]: Ohne uns wäre das doch gar nicht in den Koalitionsvertrag aufgenommen worden! Als wir damals zusammengesessen haben, haben Sie nicht gerade für das Elterngeld gestritten! Da muss ich wohl einmal ausplaudern, wie das bei den Koalitionsverhandlungen wirklich war!)


s war sehr nebulös, Frau Ferner. Sie kannten das Kon-
ept also; wahrscheinlich hatten Sie es in der Schublade.
ch zumindest kannte es nicht.

Nun ist die Bundesregierung, vor allen Dingen die
amilienministerin, damit beschäftigt, die Betreuungs-
ngebote insbesondere für die unter Dreijährigen






(A) )



(B) )


Ingrid Fischbach
auszubauen. Wir haben es geschafft – auch diesen Erfolg
darf man ruhig einmal erwähnen –, dafür zu sorgen, dass
alle Beteiligten dieses Projekt gemeinsam in Angriff
nehmen.

Zum Abschluss noch eine Bemerkung zum Rechtsan-
spruch auf einen Betreuungsplatz. Wir bestreiten nicht,
dass es richtig und wichtig ist, an der einen oder anderen
Stelle einen Rechtsanspruch zu formulieren. Aber an
dieser Stelle sollte man das nur dann tun, wenn man ers-
tens über die dafür notwendigen Mittel verfügt und wenn
man zweitens gewährleisten kann, dass die Qualität der
Betreuung gesichert ist. Das ist zurzeit aber nicht der
Fall; denn noch fehlt das nötige Fachpersonal, um diesen
Rechtsanspruch durchzusetzen.

Deswegen ist es richtig, dass wir zunächst die Anzahl
der Betreuungsplätze erhöhen, bis wir 35 Prozent der un-
ter Dreijährigen eine Betreuung anbieten können. Dann
müssen wir untersuchen, wie weit wir gekommen sind
und ob die Möglichkeit besteht, den nächsten Schritt zu
gehen. Das werden wir tun. Diese Regierung, dieses Mi-
nisterium und diese Familienministerin reden nicht nur,
sie handeln auch.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1610010300

Das Wort hat die Kollegin Caren Marks von der SPD-

Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Caren Marks (SPD):
Rede ID: ID1610010400

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

gen! Vorab: „Herdprämie“, „Wickelvolontariat“, „Ra-
benmütter“, „Gebärmaschinen“ – all das sind Begriffe,
die unangebracht sind und hier nichts zu suchen haben
sollten.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Mit Freude und Stolz nehme ich als sozialdemokra-
tische Familienpolitikerin die Einigung im Hinblick auf
den Ausbau der Zahl der Krippenplätze zur Kenntnis.
Die SPD hat sich in der Großen Koalition mit ihrer For-
derung nach einem Rechtsanspruch durchgesetzt. CDU/
CSU und Familienministerin von der Leyen hatten den
Rechtsanspruch wochenlang abgelehnt. Aber jetzt ist
klar: Ab 2013 wird es für Kinder ab dem ersten Geburts-
tag einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ge-
ben. Noch in dieser Legislaturperiode wird ein entspre-
chendes Gesetz verabschiedet. Wir haben beim Ausbau
der Kinderbetreuung keine Zeit zu verlieren.


(Beifall bei der SPD)


Entgegen allen Verlautbarungen aus der Union gibt es
kein Junktim zwischen dem Rechtsanspruch und dem
heute debattierten Betreuungsgeld.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Cornelia Pieper [FDP]: Hört! Hört!)


Das von der CSU ins Spiel gebrachte Betreuungsgeld ist
rückwärtsgewandt und ideologisch geleitet.

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(C (D (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der CDU/CSU)


ine Sonderprämie für Eltern, die für ihre Kinder keine
rippenplätze wollen, wäre in vielfacher Hinsicht mehr

ls kontraproduktiv. Mit dieser Prämie will die Union
ie seit Jahrzehnten in mehrfacher Hinsicht vom Staat fi-
anziell unterstützte Alleinverdienerehe noch mehr be-
orzugen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Bereits jetzt profitiert insbesondere diese Lebensform
on dem gesellschaftspolitisch längst überholten Ehegat-
ensplitting. Eltern hingegen, die sich die Erziehung ih-
er Kinder partnerschaftlich teilen und Familie und Be-
uf vereinbaren wollen, sind vom Staat über Jahre
enachteiligt und alleingelassen worden. Es war die rot-
rüne Koalition, die mit der Ministerin Schmidt eine
eue Ära in der Familienpolitik eingeleitet und die Ver-
inbarkeit von Beruf und Familie, den notwendigen
usbau frühkindlicher Bildungs- und Betreuungsange-
ote in den Fokus der Öffentlichkeit gestellt und voran-
ebracht hat.


(Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Und trotzdem brauchen Sie uns, um das Gesetz umzusetzen!)


Das reflexartige Gerede vonseiten der Union von
echter Wahlfreiheit für Familien“ ist an Scheinheilig-
eit nicht zu übertreffen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


eine Wahlfreiheit gibt es zurzeit ausschließlich für die-
enigen Eltern, die aufgrund fehlender Krippenplätze
icht berufstätig sein können. Meine Damen und Herren
on der Union, warum fällt es insbesondere den männli-
hen Unionspolitikern – wie Stoiber – so schwer, um-
udenken und veränderte Lebenswünsche von Eltern zu
espektieren und zu unterstützen?


(Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Frau Marks, Sie tragen doch Scheuklappen!)


ie Vermutung, Sie wollten damit im Nachhinein Ihr
ersönlich gewähltes Familienmodell verteidigen, liegt
ehr als nahe.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Eine Betreuungsprämie ist gleichstellungspolitisch
as falsche Signal. Sie trägt zur Ausgrenzung von
rauen auf dem Arbeitsmarkt bei und verfestigt Frauen-
rbeitslosigkeit. Berufstätigkeit ist und bleibt für Frauen
ie beste Armutsprävention. Eine Betreuungsprämie
ilft Frauen keineswegs; sie lockt sie vielmehr in eine
alle der Abhängigkeit und Armut.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)







(A) )



(B) )


Caren Marks
Eine Betreuungsprämie würde vor allem – dies wäre die
fatalste Auswirkung – jene Kinder von den frühkindli-
chen Bildungseinrichtungen fernhalten, die sie am nö-
tigsten brauchen.

Reden wir doch Klartext: Die Betreuungsprämie setzt
Anreize, Kinder nicht in eine Krippe zu geben. Das ist
bildungspolitisch kontraproduktiv.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Gerade die Kinder, die einer frühen Förderung außerhalb
des Elternhauses besonders bedürfen, bleiben dann ver-
mehrt zu Hause. Vor allem jene Kleinen, die von ihren
Eltern nicht genug Unterstützung erhalten und bei denen
manchmal leider der Fernsehapparat der beste Freund
ist, wären die großen Verlierer Ihrer Prämie.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Für viele Kinder ist die Kindertagesstätte das einzig sti-
mulierende Umfeld, das sie haben.

Die Weichen für Chancengleichheit werden früh ge-
stellt. Wir sollten endlich aus PISA lernen und Kindern
aus allen sozialen Schichten, mit und ohne Migrations-
hintergrund, die gleichen Bildungschancen mit auf den
Weg geben. Von einer qualitativ guten Betreuung profi-
tieren alle Kinder. Kinder brauchen Kinder. Dieser As-
pekt ist auch in Bezug auf den Erwerb der deutschen
Sprache und der Integration von Kindern mit Migra-
tionshintergrund von großer Bedeutung.

Fakt ist, eine Betreuungsprämie, für die die Union
kein Finanzierungskonzept hat, wäre in mehrfacher Hin-
sicht fatal: gleichstellungspolitisch, arbeitsmarktpoli-
tisch, integrationspolitisch und bildungspolitisch.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Deutschland hat im europäischen Vergleich noch viel
nachzuholen: beim Angebot an Krippenplätzen, bei der
frühkindlichen Bildung und auch bei der Gleichstel-
lungspolitik. Aus all diesen Gründen wird es mit uns, der
SPD, keine Betreuungsprämie geben. Der ganze Vor-
gang um das Betreuungsgeld zeigt, dass das Familien-
bild der Union antiquiert und überwiegend leider noch
ideologisch geleitet ist. Frau von der Leyen ist lediglich
das vermeintlich moderne Aushängeschild. Für moderne
und verlässliche Familienpolitik steht nur die SPD.


(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD – Cornelia Pieper [FDP]: In den Ländern, in denen Sie regieren, gibt es auch nicht ausreichend Krippenplätze!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1610010500

Als letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt

hat nun das Wort die Kollegin Elisabeth Winkelmeier-
Becker von der CDU/CSU-Fraktion. Ich hoffe, Sie
schmieden die Koalition jetzt wieder zusammen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


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(C (D Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! um Abschluss dieser unseligen Debatte möchte auch ch mir noch einige Bemerkungen erlauben, bevor ich ann endgültig den Herd abstelle und die hier herrchende Begriffsverwirrung damit hoffentlich beende. Erste Bemerkung. Ich finde es äußerst bemerkensert, dass wir als Familienpolitiker uns heute darüber nterhalten, ob wir mit einem Betreuungsbonus vieleicht zu viel an Familienleistungen geben würden. Vor inigen Wochen stand noch im Raum, den Ausbau der etreuung der unter Dreijährigen durch eine Kürzung es Kindergeldes gegenzufinanzieren. (Kerstin Griese [SPD]: Das stimmt doch gar nicht! Wir wollen es nicht kürzen!)

Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU):
Rede ID: ID1610010600

as ist inzwischen vom Tisch. Ich denke, das ist ein sehr
ositiver Ansatz, der die Perspektive stark verändert hat.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Zweite Bemerkung. Ein Betreuungsbonus passt
ruchlos in das System der Stärkung der jungen Fami-
ien, die im Fokus unserer Familienpolitik steht. Es gibt
ereits den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz
ach dem dritten Geburtstag und das neue Elterngeld für
ie ersten zwölf bis 14 Monate, das sehr gut angenom-
en wird. Jetzt brauchen wir den Lückenschluss zwi-

chen dem 12. bzw. 14. Lebensmonat und dem Eintritt
ns Kindergartenalter. Außerdem ist ein Ersatz für das
eggefallene Erziehungsgeld im zweiten Lebensjahr
otwendig.

Ganz ohne Ideologie und sachgerecht passt gut hin-
in, was wir hier anbieten wollen, nämlich einerseits den
etreuungsplatz in einer Einrichtung oder bei einer Ta-
esmutter, die die Eltern nach ihren persönlichen Krite-
ien frei auswählen können, oder andererseits – auch
em Elternwillen entsprechend, wenn ein anderes Le-
ensmodell gewählt wird – einen gewissen Ausgleich
ür den Betreuungsplatz zu Hause; denn auch da entste-
en Kosten,


(Beifall bei der CDU/CSU)


um Beispiel für ergänzende Bildungsangebote. Vor-
tellbar ist in diesem Zusammenhang auch, dass die

utter etwas für sich tut, um den Nachteil eines länge-
en Ausscheidens aus dem Berufsleben auszugleichen.

Dritte Bemerkung. Es geht völlig an der Sache vorbei,
enn hier die Absicht unterstellt wird, mit dem geplan-

en Betreuungsbonus ein altes, überkommenes Familien-
ild aus vergangenen Epochen wieder salonfähig ma-
hen zu wollen. Ich nehme dies zum Anlass, noch
inmal deutlich zu machen, mit welchem Tempo und mit
elcher Dynamik wir in den letzten Monaten gerade für
ie Familien Politik gemacht haben, die Beruf und Er-
iehung der eigenen Kinder vereinbaren wollen. Für be-
ufstätige Eltern haben wir deutlich bessere Möglichkei-
en geschaffen, Betreuungskosten steuerlich geltend zu
achen. Des Weiteren haben wir, wie schon erwähnt,

as Elterngeld eingeführt. Inzwischen arbeiten wir mit
em bedarfsgerechten Ausbau des Betreuungsangebots
ür unter Dreijährige im Hinblick auf einen mittelfristigen






(A) )



(B) )


Elisabeth Winkelmeier-Becker
Rechtsanspruch schon an der dritten Riesenbaustelle. Es
ist mir schleierhaft, wie man daraus auf die Festlegung auf
ein traditionelles Familienbild schließen kann.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Es geht im Übrigen an der Lebenswirklichkeit vorbei,
wenn man ein Familienbild abstrakt neben das andere
setzt, indem man eine Mutter, die sich für eine selbstge-
wählte Phase der Betreuung ihrer Kinder widmet, in die
eine Schublade steckt und eine Mutter, die Karrierefrau,
die schnell wieder in den Beruf zurückkehren will und
ihre anderen Aufgaben angeblich nicht richtig erfüllt, in
die andere. Das ist falsch und negiert auch die Tatsache,
dass häufig eine Frau zwischen den verschiedenen Mo-
dellen wechselt, und zwar ganz unideologisch daran
orientiert, wie es ihrer jeweiligen Situation am besten
entspricht. Ich denke zum Beispiel an eine Frau, die nach
ihrem ersten Kind drei Jahre zu Hause bleibt, weil das
zweite Kind schon unterwegs ist, aber nach dem zweiten
Kind, wenn sie schon vier oder fünf Jahre zu Hause war,
in den Beruf zurückkehren will und deshalb für dieses
Kind früher Betreuung in Anspruch nimmt.

Ich komme zu meiner letzten Bemerkung. Dass ein
Betreuungsbonus falsche Anreize bieten kann, wie in der
heutigen Debatte festgestellt wurde, ist nicht ganz von
der Hand zu weisen. Ich verspreche Ihnen, dass wir die
Lebenswirklichkeit von Kindern in unterschiedlichen
Familiensituationen berücksichtigen werden. Das spricht
aber nicht generell gegen einen Betreuungsbonus, mit
dem wir auch die Familienarbeit honorieren wollen. Ich
denke, es wird unsere Aufgabe sein, in der Detailarbeit
der Ausgestaltung des Gesetzentwurfs hinsichtlich der
Anspruchsvoraussetzungen und der Leistungsart sicher-
zustellen, dass das Geld den Kindern zugutekommt. Da-
rüber sollten wir gemeinsam konstruktiv nachdenken.
Wir sollten an dem Ziel festhalten, die Familien zu stär-
ken, und keinen ideologischen Streit führen, an dem vor
allem die Familien kein Interesse haben.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1610010700

Die Aktuelle Stunde ist beendet.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 6 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für die Angelegenheiten
der Europäischen Union (21. Ausschuss) zu dem
Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, der SPD,
der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-
NEN

Fortschritte für Zypern – Eine Aufgabe für die
deutsche EU-Ratspräsidentschaft

– Drucksachen 16/5259, 16/5453 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Bernhard Kaster
Rainer Fornahl
Markus Löning
Dr. Hakki Keskin
Rainder Steenblock

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(C (D Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich öre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Reder dem Kollegen Rainder Steenblock vom Bündnis 90/ ie Grünen das Wort. Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor

ngefähr drei Jahren, im Frühjahr des Jahres 2004, gab
s auf Zypern die Debatte um den Annan-Plan, gab es
ie bevorstehenden Referenden und den bevorstehenden
eitritt der Republik Zypern zur Europäischen Union.
amals hatten viele von uns die Hoffnung, dass wir eine
iedervereinigte Republik Zypern in der Europäischen
nion begrüßen können. Das hat leider nicht geklappt.
ie Referenden sind nicht so ausgegangen, wie wir es
ehofft haben. Seit dem 1. Mai 2004, seit dem Beitritt
er Republik Zypern, sind wir auf dem Weg zu einer
iedervereinigung der geteilten Insel leider kaum vo-

angekommen.

Die Europäische Union, der die Republik Zypern,
eigetreten ist, ist eine Friedensunion. Die Europäische
nion weiß, dass Frieden erst durch historische Versöh-
ungsleistungen entsteht. Deutschland und Frankreich
ind ein positives Symbol für die Versöhnung, die not-
endig ist, um zwischen Nationen oder Gruppen Frie-
en zu schaffen. Der Wille zur Versöhnung ist neben al-
en notwendigen technischen Schritten in Bezug auf
eue Verhandlungen das zentrale Element, um auf der
nsel tatsächlich eine Wiedervereinigung erreichen zu
önnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


er Zypernkonflikt ist eine europäische Herausforde-
ung, dessen Lösung nicht mehr auf sich warten lassen
ann. Wir dürfen diesen Prozess nicht mehr aufschieben.
ls Europäer, die wir so viel Erfahrung mit Teilung und
er Überwindung von Teilung haben, müssen wir kon-
ret und aktiv handeln.

Für mich ist eine der wichtigsten Lehren aus unserer
igenen Geschichte, dass wir in zentralen und existen-
iellen Fragen über Parteigrenzen hinweg in diesem
ause zusammenarbeiten müssen. Die Wiedervereini-
ung eines Landes ist ein solch zentrales Projekt. Des-
alb freue ich mich besonders, dass im Deutschen Bun-
estag ein solch breiter Konsens zwischen den
raktionen zu diesem Thema erzielt werden konnte. Ich
öchte mich bei all den Kolleginnen und Kollegen, die

n diesem Antrag mitgearbeitet haben, für die konstruk-
ive Zusammenarbeit bedanken. Wir haben damit ein
eichen gesetzt, dass wir nicht nur – wie gerade eben –
ehr kontrovers diskutieren können, sondern dass wir,
er Deutsche Bundestag, im Interesse von Menschen
uch gemeinsam handeln können.


(Beifall im ganzen Hause)







(A) )



(B) )


Rainder Steenblock
Viele Menschen in beiden Teilen Zyperns erwarten
ein stärkeres Engagement der Europäischen Union. Vor
diesem Hintergrund kommt der EU und insbesondere
Deutschland eine große Verantwortung zu, diese Ent-
wicklung konstruktiv zu begleiten und weitere Schritte
zur Wiederannäherung der beiden Teile Zyperns zu be-
fördern. Insbesondere Deutschland mit seinen Teilungs-
erfahrungen genießt auf beiden Seiten der Demarkations-
linie sowie in Griechenland und der Türkei einen hohen
Vertrauensvorschuss, was die Kompetenz zur Lösung
dieser Probleme und zur Überwindung dieser Gegen-
sätze angeht. Wir müssen das Vertrauen, das uns entge-
gengebracht wird, aktiv nutzen. Das wollen wir mit un-
serem Antrag tun.

Unser Antrag hat im Vorfeld eine Reihe von Irritatio-
nen bei befreundeten Staaten ausgelöst. Ich habe mit Be-
fremden einige Stellungnahmen zur Kenntnis genom-
men, die belegen, wie andere Parlamente auch aus der
Europäischen Union im Vorfeld versucht haben, Einfluss
auf die Entscheidung des Deutschen Bundestages zu
nehmen. Das weise ich zurück. So können wir als Parla-
mentarier nicht miteinander umgehen.


(Beifall im ganzen Hause)


Die Kritik kam aus sehr unterschiedlichen Richtun-
gen. Das zeigt mir, dass wir mit unserem fraktionsüber-
greifenden Antrag auf dem richtigen Weg sind, die De-
batte und den politischen Prozess zur Lösung des
Zypernproblems neu zu beginnen. Wir wollen diesen
Prozess auf der Grundlage des Völkerrechts und der
UN-Resolution anstoßen. Wir wissen, dass nur die Ver-
einten Nationen in der Lage sind, auf die zentralen Fra-
gen, die gelöst werden müssen – Zuwanderungspolitik,
Eigentumsfragen, Entmilitarisierung –, Antworten zu
geben. Wir wissen aber auch, dass eine Lösung dieses
Konfliktes nicht möglich ist, wenn wir die Fähigkeit zur
Zusammenarbeit der Bevölkerungsgruppen auf der Insel
nicht weiterentwickeln. Es hat in letzter Zeit eine Reihe
positiver Signale gegeben: der Abriss der Mauer auf bei-
den Seiten und die Überarbeitung der Schulbücher. All
das sind wichtige, ganz positive Schritte. Dieser Weg
muss weitergegangen werden. Aber es gibt auch viele
Blockaden in allen Bereichen.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)


Wir fordern die Türkei auf, die notwendigen Schritte
zur Umsetzung der internationalen Abkommen zu ge-
hen. Wir fordern aber auch die Republik Zypern auf, die
Schritte auf der Insel zu gehen, die vertrauensbildend
sind, und mit den Stellen in Nordzypern zusammenzuar-
beiten.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1610010800

Herr Kollege, darf ich Sie an Ihre Redezeit erinnern?


Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610010900

Mein letzter Satz.

Es geht nicht darum, den Norden der Insel als eigen-
ständigen Staat anzuerkennen. Wir wollen keine neuen
Mauern aufbauen, sondern Mauern einreißen. Es geht

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(C (D icht darum, den Status quo zu verteidigen, sondern daum, mutig aufeinander zuzugehen, um im Interesse der enschen auf der Insel Zypern eine Zukunft ohne Grenen zu gestalten. Herr Kollege, das waren mindestens zehn Sätze. Das ist das Ziel unseres fraktionsübergreifenden An rages. Vielen Dank. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie des Abg. Hüseyin-Kenan Aydin [DIE LINKE])

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1610011000
Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610011100


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1610011200

Nächster Redner ist der Kollege Rainer Fornahl,

PD-Fraktion.


Rainer Fornahl (SPD):
Rede ID: ID1610011300

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber
ainder Steenblock, Dir persönlich Dank für die Initia-

ive zu diesem fraktionsübergreifenden Antrag, den eine
reite Mehrheit dieses Hauses – es sind vier Fraktionen –
ktiv unterstützt und mitträgt, genauso wie allen anderen
olleginnen und Kollegen, die an der Formulierung die-

es Antrags in vielen Beratungen mitgewirkt haben!

Der Antrag trifft aber vermutlich nicht überall auf der
elt auf volle Zustimmung, auch nicht in Europa, insbe-

ondere nicht in Zypern und Griechenland. Der Bot-
chafter der Republik Zypern hat vor kurzem einen
rief geschrieben, in dem er deutliche Kritik an unserem
ntrag übt. Er vertritt die Linie von 1983 und betrachtet
nsere Bemühungen einseitig unter dem Gesichtspunkt
er indirekten Anerkennung Nordzyperns. Diese Hal-
ung führt in die Sackgasse und entspricht nicht der In-
ention unseres fraktionsübergreifenden Antrages; das
ill ich deutlich sagen.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Nun zur Rhetorik: Es ist nicht angebracht, wenn der
otschafter der Republik Zypern schreibt, dass

eine etwaige Annahme des Antrags in der vorlie-
genden Version nicht besonders förderlich für die
Kontinuität und Weiterentwicklung der auf allen
Ebenen ausgezeichneten deutsch-zyprischen Bezie-
hung wäre.

as ist schon der zweite Versuch, sich auf unzulässige
eise in die Angelegenheiten des Deutschen Bundesta-

es einzumischen. Es tut mir leid, das sagen zu müssen,
ber das weist meine Fraktion deutlich zurück.

Dass gerade der Deutsche Bundestag 17 Jahre nach
er Wiedervereinigung Deutschlands auf das Problem
ines geteilten Landes innerhalb der Europäischen






(A) )



(B) )


Rainer Fornahl
Gemeinschaft hinweist, ist gut und richtig, glaube ich.
Es geht hier um die große Mehrheit der Menschen auf
der Insel – egal ob sie griechisch- oder türkischstämmig
sind –, die sich eine Wiederannäherung und eine Wie-
dervereinigung wünschen. Eine Lösung ist lange über-
fällig.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Deshalb wäre es besser, wenn die Republik Zypern die
Intention unseres Antrages, im Rahmen der deutschen
EU-Ratspräsidentschaft zur Überwindung des Status quo
in der Zypernfrage beizutragen, aktiv unterstützte.
Selbstverständlich fordern wir diese Unterstützung auch
von den Nordzyprern, von Griechenland und von der
Türkei. Alle müssen sich bewegen – Rainder Steenblock
hat darauf hingewiesen –, auch wenn es nur viele kleine
Schritte auf diesem Wege sind, aber sie müssen gegan-
gen werden, und alle müssen diesen Weg mitgehen.

Ebenso ist die Europäische Union in der Verantwor-
tung, sich intensiv um die Lösung des Zypernproblems
zu bemühen; dies zum einen im Hinblick auf die EU-
Mitgliedschaft eines Staates, der immer noch geteilt ist,
und zum anderen mit Blick auf die Türkei; denn mit dem
Status quo werden sich außerordentliche Schwierigkei-
ten für die weiteren Verhandlungen zur Aufnahme der
Türkei in die Europäische Union ergeben. Es gilt, deut-
lich zu machen, dass die Europäische Union erwartet,
dass das Anpassungsprotokoll zum Assoziierungsab-
kommen vollständig implementiert wird, und zwar mög-
lichst bald. Auf der anderen Seite muss das EU-Mitglied
Republik Zypern überzeugt werden, die Verhandlungen
über die Sonderregelungen für den Handel der EU mit
Nordzypern rasch wieder aufzunehmen, um auch hier zu
einer konkreten Lösung zu kommen.

Unser Antrag enthält eine Reihe weiterer wichtiger
Punkte, die schon angesprochen worden sind, wie die
Belebung des Handels, die Förderung der schrittweisen
Anpassung an das Rechtssystem der Gemeinschaft in
Nordzypern, den Abzug der türkischen Truppen aus
Nordzypern – ein wichtiger Aspekt, den man immer
wieder deutlich machen muss –, die Erarbeitung eines
Konzepts zur Lösung der ungeklärten Eigentumsfragen
– da können wir mit den Erfahrungen im Osten Deutsch-
lands nützliche Hinweise liefern – und die Entspannung
in der Migrationsfrage. Letzteres ist ein wichtiger und
bedeutsamer Aspekt, den wir in Richtung Türkei anspre-
chen müssen.

In diesem Zusammenhang ist es sinnvoll, die Zypern-
frage nach dem Scheitern des Referendums von 2004
über den Annan-Plan durch die griechischen Zyprer wie-
der auf die Agenda der Vereinten Nationen zu setzen und
dafür zu werben, dass die VN mit neuen Initiativen nach
einer Lösung des Problems suchen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Als Bürger eines Landes, welches selbst Jahrzehnte
geteilt war, hoffe ich, dass sich die türkischen und grie-
chischen Zyprer, die Türkei, Griechenland, die EU und
die Vereinten Nationen dieser Verantwortung bewusst
sind, bzw. wenn sie es noch nicht sind, bewusst werden,

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(C (D nd nicht locker lassen, um eine endgültige Teilung der nsel zu verhindern und den Menschen auf beiden Seiten er grünen Linie eine Perspektive zu geben, in einem geinten Staat zu leben. 1961 wurde Deutschland durch ine Mauer geteilt, 28 Jahre später, 1989, fiel diese auer. Die „Mauer“, die Zypern teilt, ist, wenn man so ill, heute schon 44 Jahre alt. Dies macht deutlich: Es ist berfällig, dass wir eine Lösung des Problems finden. Lassen Sie mich eines noch zum Schluss sagen: Aus er Grenze zwischen Ostund Westdeutschland ist inwischen das längste Naturschutzgebiet Deutschlands eworden. Helfen wir mit der Verabschiedung unseres ntrages den Zyprern, uns darin nachzueifern. Es lohnt ich, die Green Line zu einer echten grünen Linie auf ypern zu machen. Dann haben wir das Problem gelöst. Vielen Dank meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie des Abg. Hüseyin-Kenan Aydin [DIE LINKE])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1610011400

Ich gebe das Wort dem Kollegen Markus Löning,

DP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Markus Löning (FDP):
Rede ID: ID1610011500

Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Liebe

olleginnen und Kollegen! Wir haben schon vieles über
ewegung gehört. Ich glaube, Bewegung ist das Schlüs-

elwort, über das wir hier zu reden haben. Alle Seiten
üssen sich in diesem Konflikt bewegen, wenn wir

berhaupt Fortschritte erzielen wollen. Von der türki-
chen Seite haben wir zurzeit nicht besonders viel Bewe-
ung zu erwarten. Dort finden Ende Juli Parlamentswah-
en statt. Solange diese Parlamentswahlen nicht
tattgefunden haben, wird sich dort nichts bewegen.
ber danach muss von der türkischen Seite deutlich Be-
egung in diesen Konflikt kommen. Die Türkei kann
icht über eine Mitgliedschaft in der EU verhandeln und
leichzeitig eines der Mitglieder der EU nicht anerken-
en. Das ist ein Unding. Das müssen wir an dieser Stelle
eutlich sagen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie des Abg. Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Die Herstellung der vollen Freizügigkeit, was
chiffe und Flugzeuge aus der Republik Zypern angeht,

st selbstverständlich ein Grundelement der Europäi-
chen Union. Jeder, der Mitglied werden will – die Tür-
ei ist schon Mitglied in der Zollunion –, muss die volle
reizügigkeit herstellen. Auch das ist eine Selbstver-
tändlichkeit.

Es kann auch nicht sein, dass ein Beitrittskandidat
ruppen auf dem Territorium eines Mitgliedstaates ge-
en dessen Willen stationiert hat. Auch das muss man an
ieser Stelle einmal deutlich sagen.






(A) )



(B) )


Markus Löning

(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das sind Zustände, die wir an dieser Stelle deutlich be-
nennen müssen. Auf der türkischen Seite muss es also
eindeutige Bewegungen geben. Diese Forderung werden
wir gegenüber der neuen türkischen Regierung zu erhe-
ben haben.

Aber auch die anderen müssen sich bewegen; auch
das muss man hier deutlich sagen. Auch die Republik
Zypern muss sich bewegen. Sie ist Mitglied in der EU;
sie gehört zur Familie. Wir haben gerade in einem ande-
ren Zusammenhang, nämlich beim EU-Russland-Gipfel,
erlebt, wie wichtig es ist, dass wir, die Europäische
Union, uns nicht auseinanderdividieren lassen. Wir ste-
hen zu jedem einzelnen unserer Mitgliedsländer. Die an-
dere Seite der Medaille ist natürlich: Wer Mitglied ist,
muss sich auch unionsfreundlich verhalten. Es kann
nicht sein, dass ein Einzelner auf die Dauer Fortschritte
blockiert. Auch das müssen wir in Richtung der Repu-
blik Zypern deutlich sagen.


(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Was den Brief des Botschafters angeht – die beiden
Kollegen haben es schon angesprochen –: Es ist selbst-
verständlich legitim, dass sich der Botschafter der Repu-
blik Zypern für die Sache seiner Regierung einsetzt. Da-
ran habe ich persönlich nichts auszusetzen. Mich hat
mehr der Ton gestört. Ich hätte mir mehr Verbindlichkeit
im Ton gewünscht. Ich hätte mir gewünscht, dass von
diesem Brief ein Signal der Verständigungsbereitschaft
ausgegangen wäre. Das habe ich in diesem Brief leider
nicht erkennen können, und das tut mir, ehrlich gesagt,
sehr leid; denn die Bereitschaft zur Verständigung auf al-
len beteiligten Seiten – das schließt die Republik Zypern
selbstverständlich ein – ist die wichtigste Voraussetzung
für Fortschritte in Zypern.

Ich möchte an dieser Stelle Folgendes einflechten
– Rainder Steenblock hat es hier schon erwähnt –: Wir
hatten gestern ein Gespräch mit Kollegen aus Nord-
zypern. Man war unterschiedlicher Meinung über ver-
schiedene inhaltliche Punkte. Was mich an diesem Ge-
spräch positiv überrascht hat, war der Ton: Im Ton kam
zum Ausdruck, dass Gesprächsbereitschaft und Ver-
handlungsbereitschaft da sind. Das ist die Grundvoraus-
setzung, die wir von allen Seiten an dieser Stelle einfor-
dern müssen.


(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir, die Europäische Union und insbesondere
Deutschland, das gegenwärtig die Ratspräsidentschaft
innehat, müssen eines sehr klar machen: Die Europäi-
sche Union hat hier Zusagen gegeben. Wir haben ver-
sprochen, dass wir die Handelsisolierung Nordzyperns
aufheben, und wir haben versprochen, dass wir Mittel
aus den Strukturfonds zur Verfügung stellen, um die In-
sel aufzubauen. Die Verteilung dieser Mittel wird von
der Republik Zypern zurzeit blockiert. Das ist ein An-
griff auf unser aller politische Glaubwürdigkeit. Das be-

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(C (D astet unser Verhältnis zur Türkei, und es belastet unsere laubwürdigkeit als Europäische Union insgesamt. Man kann solche politischen Mittel durchaus einmal nwenden – ich will das gar nicht prinzipiell in Abrede tellen –; aber auf die Dauer geht das nicht. Langfristig rwarten wir unionsfreundliches Verhalten. Es ist wichig, dass die Europäische Union glaubwürdig bleibt, und s ist auch wichtig, dass die Situation auf Zypern unsere eziehungen zur Türkei nicht auf Dauer beschädigt der belastet. Dazu sind gerade die Beziehungen eutschlands zur Türkei einfach viel zu wichtig. Ich möchte an dieser Stelle ein Beispiel anführen. Die ommission hat soeben gesagt, dass Zypern den Euro inführen kann. Niemand würde auf die Idee kommen, o etwas zu instrumentalisieren. Ich möchte, dass das als eispiel gilt, sodass man sagt: Jawohl, wir haben damals ypern aufgenommen. Es wird immer wieder darüber iskutiert, ob es ein Fehler war, Zypern aufzunehmen, hne die Lösung des Zypernkonflikts zur Bedingung zu achen. Jetzt ist Zypern Mitglied. Ich erwarte, dass der n dieser Stelle gegebene Kredit an anderer Stelle, nämich bei den Verhandlungen, zurückgezahlt wird. Ich erarte da einfach Bewegung auf allen Seiten. Ich be chränke meine Erwartungen nicht zu sehr auf die epublik Zypern. Lassen Sie mich zum Schluss noch eines sagen. Wir eutsche wissen – auch das ist hier schon mehrfach ge agt worden –, was Teilung und Wiedervereinigung heien. Gerade historische Situationen sind eigentlich nie iteinander vergleichbar. Sie sind immer unterschied ich. Aber es gibt immer Detailprobleme, die gleich oder hnlich sind; ich nenne hier zum Beispiel Fragen der estitution, Fragen des Eigentums. Ich glaube, dass wir ls Deutsche hier einiges beitragen können, auch einiges n Input, an Know-how liefern können. Wir sind gern ereit, das zu tun, wenn der politische Wille da ist, sich u bewegen. Das ist unser Appell von hier aus. Wir wolen gerade als Deutsche eine friedliche Wiedervereiniung Zyperns. Wir hoffen auf Fortschritte in diesem Proess. Dafür haben wir diesen Antrag eingebracht. Vielen Dank. (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1610011600

Ich gebe das Wort dem Kollegen Bernhard Kaster,

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Bernhard Kaster (CDU):
Rede ID: ID1610011700

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen

nd Kollegen! Seit dem 1. Mai 2004 ist Zypern Mitglied
er Europäischen Union – ganz Zypern, die gesamte In-
el, eine, wie viele wissen, wunderschöne Insel, gern
uch als „Insel der Aphrodite“ bezeichnet. Zypern ist ein
chönes Land, aber die politische Wirklichkeit unterteilt
ich seit Jahrzehnten – das ist auch jetzt noch so, wäh-
end der Mitgliedschaft in der Europäischen Union – in
ord und Süd. Zypern hat als Mitglied der Europäischen






(A) )



(B) )


Bernhard Kaster
Union unsere volle Unterstützung, wenn es darum geht,
seine Teilung zu überwinden.

Wir von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion begrüßen
es außerordentlich, dass aus der Mitte des Parlaments
fraktionsübergreifend dieser Antrag in großer Überein-
stimmung zustande kam. Er unterstützt auch das große
Engagement der Bundesregierung in der Zypernfrage,
übrigens nicht nur während der Ratspräsidentschaft. Vor
allem unsere Bundeskanzlerin hatte schon sehr frühzei-
tig, schon vor Beginn der Ratspräsidentschaft, darauf
hingewiesen, dass dieses europäische Problem ein Pro-
blem innerhalb der Europäischen Union und eben auch
ein Problem der Europäischen Union mit dem Nachbar-
land Türkei darstellt, und es auf die Arbeitsagenda ge-
setzt. Die Zypernfrage ist weder durch Deutschland noch
durch die Europäische Union allein lösbar. Dennoch se-
hen wir eine besondere Verpflichtung aufgrund der be-
sonders guten freundschaftlichen Beziehungen, auf die
schon viele der Vorredner bewusst hingewiesen haben.

Was ist der Grund für diesen Antrag? Was kann dieser
Antrag bewirken? Er soll insbesondere ein wichtiger An-
stoß sein, ein Appell an alle Beteiligten, die seit Jahr-
zehnten schwelende Zypernfrage endlich einer Lösung
näher zu bringen. Der letzte Punkt des Antrags – alle Be-
teiligten sollen sich konstruktiv bewegen, sollen etwas
einbringen – ist im Prinzip die Hauptbotschaft – neben
vielen anderen sinnvollen Impulsen und Handlungsan-
stößen, die wir im Antrag festgehalten haben.

Eines ist aber klar: Die Republik Zypern hat als EU-
Mitglied die volle Solidarität der Europäischen
Union. Die Europäische Union wird sich hier auch nicht
auseinanderdividieren lassen. Eine völkerrechtliche An-
erkennung quasistaatlicher Strukturen im Norden der In-
sel steht nicht zur Debatte.

Daneben ist es aus unserer Sicht aber genauso wichtig
und richtig, die wirtschaftliche Situation im Norden des
Landes Zug um Zug zu verbessern. Deshalb ist es rich-
tig, den Handel zwischen beiden Landesteilen weiter zu
beleben. Es ist richtig, Finanzhilfen für die Entwicklung
der Infrastruktur im Norden bereitzustellen. Es ist
ebenso richtig, Sonderregelungen für den direkten Han-
del der Europäischen Union mit dem Norden der Insel zu
ermöglichen. Diese Bemühungen – davon sind wir über-
zeugt – werden den Weg zu einem wiedervereinigten
Zypern sehr wohl fördern. Oft wird befürchtet, die Tren-
nung würde damit stabilisiert; das Gegenteil wird der
Fall sein.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir würdigen ausdrücklich das große Engagement
der Republik Zypern bei vielen Maßnahmen, die das
menschliche Zusammenleben sowie das gesellschaftli-
che und auch das wirtschaftliche Leben der Menschen in
ganz Zypern erleichtern. Sichtbarstes Zeichen dafür ist
der Abriss der Mauer an der Ledrastraße in Nikosia am
9. März dieses Jahres. Ein solches Zeichen ist auch die
Zustimmung der Republik Zypern zu den Finanzhilfen,
die seitens der Europäischen Union in den Norden flie-
ßen.

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(C (D Schon im kommenden Jahr kann der Euro in Zypern ingeführt werden; es wurde bereits darauf hingewiesen. ie Einführung des Euros ist nicht nur eine währungsolitische oder wirtschaftspolitische Maßnahme, sonern – da haben wir vielfältige Erfahrungen – der Euro ermittelt in besonderem Maße das Bewusstsein der Zuehörigkeit zum vereinten, auch zum gelebten Europa. on daher will ich die Einführung des Euros durchaus so ewerten: Es ist eine weitere Chance, den Weg zu einem iedervereinigten Zypern zu ebnen. Ich denke, dieser unkt kann noch mehr Perspektive hineinbringen. Das Misstrauen ist auf beiden Seiten der grünen Linie ach wie vor sehr groß. Wir sprechen hier nicht nur von inem Problem Zypern und von einem Problem in der uropäischen Union, sondern wir sprechen im Besonde en von einem Problem der Europäischen Union, nämich von einem Problem mit dem Nachbarn Türkei. Im orden der Insel steht seit nunmehr über 30 Jahren türisches Militär. Mit über 35 000 Soldaten besteht dort ine vollkommen unverhältnismäßige Drohkulisse. Man uss verstehen, wie dies vor Ort empfunden wird. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Diese Militärpräsenz erfüllt uns alle mit Sorge, denn
ewaltoptionen können niemals Optionen sein. Der An-

rag fordert es ausdrücklich: Deshalb wird die Türkei
ufgefordert, ihre vorhandenen militärischen Kräfte auf
er Insel zu reduzieren. Ziel muss der vollständige Ab-
ug sein. Das wäre in dieser Frage ein richtiges und Ver-
rauen schaffendes Signal, das von der Türkei ausgehen
önnte.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Gleiches gilt für das von der Türkei zwar unterschrie-
ene, aber nicht vollständig umgesetzte Anpassungs-
rotokoll zum Assoziierungsabkommen. Die Öffnung
er Häfen und Flughäfen für unseren EU-Partner Zypern
uss endlich erfolgen. Ich betone nochmals die Haupt-

otschaft dieses Antrags: Bewegung, Veränderung und
er Wille zu einem Lösungsweg müssen von allen Betei-
igten ausgehen. Vermeintliche innenpolitische Hemm-
isse oder – wie so häufig – bevorstehende Wahlen,
eien sie in Zypern, seien sie in der Türkei oder in Grie-
henland, können dabei nicht als Ausrede dienen. Wah-
en wird es letztlich immer auf irgendeiner Seite geben.
m Beispiele zu nennen: Was wäre, wenn die Türkei be-
innen würde, ihre Truppen ohne Vorleistung zurückzu-
iehen? Was wäre, wenn seitens der Republik Zypern die
emühungen der Europäischen Union um die Direkt-
andelsverordnung aktiv unterstützt würden? Ein sol-
hes Signal könnte auch ein Anstoß in Richtung der Ver-
inten Nationen sein, einen erneuten Anlauf zur Lösung
er Zypernfrage zu unternehmen.

Ich denke, es ist verständlich, dass auch die Vereinten
ationen von allen Beteiligten verlässliche Zeichen be-
ötigen und erwarten. Das gehört auf die Agenda der
ereinten Nationen, wie wir es auch im Antrag zum
usdruck gebracht haben. Ganz Zypern und die Men-

chen in Zypern sollten endlich die gleichen Chancen






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Bernhard Kaster
wie die übrigen neuen EU-Mitglieder bekommen, um
ohne Einschränkungen und ohne gravierende Hinder-
nisse als EU-Land, als ein politisch geeintes, wiederver-
einigtes Land in Europa an der positiven gesellschaftli-
chen, wirtschaftlichen und auch politischen Entwicklung
teilzunehmen.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1610011800

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Diether Dehm,

Fraktion die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Jörg-Diether Dehm-Desoi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610011900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die CDU/CSU-Fraktion und die anderen drei Antrag-
steller wissen, dass der vorliegende Antrag in seinem
Grundanliegen von allen Parteien hier geteilt wird. Ein-
zig Die Linke konnte im Vorfeld – nach einer anfängli-
chen kurzen Verständigung zwischen Hakki Keskin und
Rainder Steenblock – ihre notwendigen Präzisierungen
letztlich nicht einbringen. Warum? Weil die CDU/CSU
weder sich noch anderen erlaubt, mit den Linken einen
gemeinsamen Antrag zu unterzeichnen.

Ich frage mich nachträglich: Warum haben Sie von
der CDU/CSU eigentlich damals vor dem 28. September
2006 so großen Wert auf unsere Unterstützung bei Ihrer
Vereinbarung von Bundestag und Bundesregierung über
die Zusammenarbeit in EU-Angelegenheiten gelegt? Da-
mals wollten Sie die Unterschrift der Linken unter Ihrem
Antrag haben. Aber erwarten die Bürger nicht vom Par-
lament, dass das, was am 28. September möglich war,
auch jetzt beim Thema Zypern möglich wird?


(Beifall bei der LINKEN)


Erwarten sie nicht, dass die Argumente der zweitstärks-
ten Oppositionspartei ernst genommen werden, statt
diese arrogant auszugrenzen und dann – um einer ver-
größerten internationalen Wirkung willen – an die Ein-
stimmigkeit zu appellieren?


(Beifall bei der LINKEN – Hüseyin-Kenan Aydin [DIE LINKE]: Die Arroganz der Macht!)


Wir alle laborieren heute noch immer an dem Fehler,
der bei der Aufnahme der Republik Zypern in die EU ge-
macht wurde. Mit dem Tunnelblick auf einen konkreten
Aufnahmetermin wurde damals der Grundsatz achtlos
beiseitegeschoben, erst die innere Einheit des Inselstaa-
tes wiederherzustellen und danach die Aufnahme zu
vollziehen. Die richtige Reihenfolge hätte sich erfolg-
reich auch auf die Bemühungen um eine Einheit Zyperns
auswirken können.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Für uns sind zwei Grundsätze maßgeblich:

Erstens. Die nötige Überwindung der jetzigen Situa-
tion in Zypern muss nach vorn gerichtet erfolgen. Die
vergangenen Fehler, Versäumnisse und auch Verbrechen

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(C (D önnen nicht nachträglich ungeschehen gemacht weren. Zweitens. Das Völkerrecht steht in keiner Weise zur isposition. Es wirkt auch der realen Verbesserung der atsächlichen Situation für die betroffenen Menschen icht entgegen. Wir müssen also tatsächliche wirtschaftiche Verbesserung befördern, ohne die völkerrechtlihen Tatbestände anzutasten. In diesem Sinne begrüßen wir mit den anderen vier raktionen, dass es Anfang vorigen Jahres zur Schaffung es finanziellen Stützungsinstruments zur Förderung der irtschaftlichen Entwicklung der türkischen Gemein chaft Zyperns gekommen ist. Wir unterstützen auch die orderung, weiter an der Sonderhandelsverordnung für en nördlichen Teil der Insel zu arbeiten und diese mögichst bald zu verabschieden. Nun zu unseren notwendigen Änderungsanträgen: Erstens. In dem Antrag der vier Fraktionen fehlt eine nzweideutige Aussage zur völkerrechtlichen Situaion, die aber nötig ist, weil die Türkei eine angebliche ürkische Republik Nordzypern als Staat und Völkerechtssubjekt anerkannt hat. Um hier Missverständnisse ar nicht erst aufkommen zu lassen, sind Formulierunen, die als Anerkennung staatlicher Institutionen interretiert werden könnten, gänzlich zu unterlassen. Der Linken wurde gestern im EU-Ausschuss vorgealten, der Bundestag brauche das Völkerrecht nicht och einmal zu betonen. Aber dies sagen uns ausgerechet Parteien, die beim Angriffskrieg auf Jugoslawien das ölkerrecht einmal zu wenig beachtet haben. Wenn Sie nseren Antrag für völkerrechtlich selbstverständlich alten, warum haben Sie ihn dann nicht selbstverständich übernommen? Zweitens. Der Antrag stellt die eigene EU-Initiative leichberechtigt neben die Bemühungen der Vereinten ationen. Das ist mehr als ein falscher Zungenschlag. ichtig ist vielmehr, die EU-Aktivitäten in den Rahmen essen einzuordnen, was die UN tut. Die wirtschaftliche ilfe, die durch die Maßnahmen der EU gewährt werden ann, muss sich in die Bemühungen einordnen, die Verinbarung auszufüllen, die unter der Leitung des UNOntergeneralsekretärs Gambari zustande kam. Drittens. Es muss ganz deutlich werden, dass unser iel der Abzug aller ausländischen Streitkräfte sein uss, wie es bereits in der Resolution 3212/74 des icherheitsrats der Vereinten Nationen dargelegt ist. Das edeutet im Ergebnis auch die Auflösung des britischen tützpunkts auf der Insel. Wir hatten diese notwendigen Klarstellungen im EUusschuss beantragt. Besonders die CDU hat unsere berlegungen – weil ich, nach allem, was ich von Ihnen ehört habe, Ihre Argumente zu gewichten weiß, sage ch: wider besseres Wissen – ausgegrenzt, und zwar nur eshalb, weil sie von uns kamen. Sie werden sehen, dass hr Antrag ohne unsere Änderungen international, auch n Zypern, zu Missverständnissen und damit zu neuer Dr. Diether Dehm Zwietracht führen wird, wo neue Annäherung zwischen den Menschen unser gemeinsames Anliegen sein sollte. Deswegen werden wir dem Antrag der vier Fraktionen nicht zustimmen, sondern uns der Stimme enthalten. Das Wort hat der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Günter Gloser. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren heute den leider immer noch auf eine Lösung wartenden Zypernkonflikt. Wir tun dies aus Anlass eines Antrages aus den Reihen des Bundestages, der, wie ich feststellen kann, von einer breiten Mehrheit der Mitglieder dieses Hauses getragen wird. Ich begrüße das sehr und kann eine große sachliche Übereinstimmung der Position der Bundesregierung mit den zentralen Aussagen des Antrages feststellen. Lassen Sie mich dies erläutern: Die Bundesregierung hat den Beschluss der EU-Außenminister nach dem gescheiterten Referendum vom April 2004 mitgetragen, die wirtschaftliche Entwicklung des Teils Zyperns, für den der EU-Acquis noch nicht in Kraft trat, mit besonderen Maßnahmen zu unterstützen. Zu diesem Zweck wurde bereits im Mai 2004 die sogenannte GrüneLinie-Verordnung in Kraft gesetzt. Mit ihr wird primär die Durchlässigkeit der Trennungslinie für den türkischzyprischen Handel mit dem Süden der Republik und dem Personenverkehr gefördert. Sie eröffnet zugleich die Möglichkeit eines Handels türkisch-zyprischer Güter über die grüne Linie in andere Länder. Die Verordnung hat zu einer bedeutenden Zunahme des Warenund Personenverkehrs zwischen beiden Teilen des Landes geführt. Jedoch wäre bei entsprechendem politischem Willen eine noch umfassendere Nutzung dieses Handelsweges durchaus möglich. In den vor kurzem von der Republik Zypern verabschiedeten einseitigen Maßnahmen sehen wir ein interessantes zusätzliches Angebot zur Förderung des türkisch-zyprischen Handels. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Bernhard Kaster [CDU/CSU])


(Beifall bei der LINKEN)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1610012000
Günter Gloser (SPD):
Rede ID: ID1610012100

Mit der Verabschiedung der sogenannten Finanzhil-
feverordnung stellt die EU finanzielle Mittel in Höhe
von 259 Millionen Euro zugunsten der türkisch-zypri-
schen Gemeinschaft bereit. Um auch das zu erwähnen:
Das übersteigt die höchsten jährlichen Pro-Kopf-Vorbei-
trittshilfen für die neuen EU-Mitgliedstaaten um etwa
das Fünffache. Die Bundesregierung unterstützt die Pro-
jekte der Kommission wie die Vergabe von Stipendien
an türkisch-zyprische Studenten und Hochschullehrer
oder den Aufbau eines EU-Informationsbüros im nördli-
chen Teil Nikosias zur Verbesserung der EU-Kenntnisse
der türkisch-zyprischen Gemeinschaft.

Bisher war es leider nicht möglich, den ebenfalls in
diesem Kontext von der EU-Kommission vorgelegten

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(C (D ntwurf für die sogenannte Direkthandelsverordnung ugunsten der türkisch-zyprischen Gemeinschaft zu verbschieden. Der erste Rat der Außenminister unter deutcher Präsidentschaft formulierte im Januar 2007 den uftrag, die Arbeiten an diesem Entwurf unverzüglich ieder aufzunehmen. Als vorläufiges Fazit unserer sofort begonnenen Gepräche kann heute festgestellt werden – einige Vorreder haben es schon erwähnt –: Wir müssen zur Kenntnis ehmen, dass aufgrund der aktuellen gesamtpolitischen ahmenbedingungen mit anstehenden Wahlen in der ürkei und in Zypern die innenpolitischen Spielräume in ieser für alle Beteiligten höchstsensiblen Frage sehr lein sind. Wir setzen aber unsere Bemühungen, hier zu inem Konsens zu gelangen, unvermindert fort. In allen Gesprächen mit den Beteiligten werben wir ür einen pragmatischen und schrittweisen Politikansatz m Sinne einer Annäherung durch Zusammenarbeit. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Markus Löning [FDP] und des Abg. Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


ierzu gehört auch, dass sich Minister Steinmeier inten-
iv für die Öffnung des Übergangs über die grüne Linie
n der Ledra-Straße im Herzen Nikosias einsetzt. Die
ffnung dieses seit den ersten gewalttätigen Auseinan-
ersetzungen zwischen beiden Volksgruppen im Jahr
958 geschlossenen Übergangs wäre ein wahrhaft sym-
olträchtiger Akt.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Veronika Bellmann [CDU/CSU] und des Abg. Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Zum Engagement der Bundesregierung gehört es,
it Vertretern aller – ich unterstreiche: aller – Konflikt-

arteien zu sprechen. Die Bundesregierung begrüßt auch
ie entsprechenden Gesprächskontakte des Bundestages.
abei haben wir natürlich Verständnis für das Interesse
er Republik Zypern, dass solche Kontakte von Dritten
icht als Beitrag zu einer völkerrechtlichen Anerken-
ung der sogenannten Türkischen Republik Nordzypern
nterpretiert werden können. Wir teilen auch die eben er-
ähnte Auffassung des Bundestages, dass ein schrittwei-

er Abzug der in Nordzypern stationierten türkischen
oldaten eine in ihrer Bedeutung kaum zu überschät-
ende vertrauensbildende Maßnahme wäre.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Zu unserem pragmatischen Ansatz passt auch die Ini-
ative des ehemaligen VN-Untergeneralsekretärs
ambari vom Juli 2006, mit Arbeitsgruppen und techni-

chen Ausschüssen Lösungen für konkrete Probleme zu
rarbeiten. Leider sehen wir aber seit längerem keinen
ubstanziellen Fortschritt bei diesen Gesprächen. Dabei
önnen genau diese Gespräche eine gute Vorbereitung
ür die Wiederaufnahme umfassender Zyperngespräche
nter Führung der Vereinten Nationen sein.

Wir können nachvollziehen, dass der Generalsekretär
er Vereinten Nationen von allen Beteiligten klare






(A) )



(B) )


Staatsminister Günter Gloser
Signale der Verständigungsbereitschaft fordert, bevor er
eine umfassende Initiative ergreift. Solche Signale wären
wünschenswert; denn nach wie vor gilt auch für die Bun-
desregierung: Eine Lösung des Zypernproblems in all
seinen Facetten ist nur im Rahmen der VN denkbar.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Titel des vorlie-
genden Antrags des Deutschen Bundestages birgt ein
ehrgeiziges Ziel: Fortschritte auf dem Weg zu einer Lö-
sung der Zypernfrage zu erreichen. Die Bundesregierung
wird als EU-Ratspräsidentschaft, aber auch danach, ihre
Bemühungen in diesem Sinne unvermindert fortsetzen.

Ich möchte deutlich unterstreichen: Die Bundesregie-
rung will Vertrauen schaffen und Misstrauen abbauen.
Sie will zusammenführen und nicht spalten. Auch bei
diesem Punkt muss die Europäische Union berechenbar
bleiben.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Hakki Keskin [DIE LINKE])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1610012200

Ich gebe das Wort dem Kollegen Thomas Silberhorn,

CDU/CSU-Fraktion.


Thomas Silberhorn (CSU):
Rede ID: ID1610012300

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Wir diskutieren heute über Zypern, weil die Eu-
ropäische Union und mit ihr die deutsche Ratspräsident-
schaft in der Pflicht stehen. Mit der Aufnahme ganz Zy-
perns in die Europäische Union haben wir das ungelöste
Problem des Nordens der Insel in die Europäische Union
importiert. Wir müssen heute mit einiger Ernüchterung
feststellen, dass sich die hehre Hoffnung, die die Zyprio-
ten selbst mit dem EU-Beitritt verbunden hatten – näm-
lich die Hoffnung, dass damit die Lösung des Konfliktes
erleichtert werden könnte –, offenbar nicht erfüllt hat.

Gleichwohl haben wir heute ein gemeinsames Pro-
blem. Es ist mir wichtig zu betonen, dass wir auch auf
eine Konsenslösung innerhalb der Europäischen Union
und im Rahmen der Vereinten Nationen Wert legen müs-
sen. Die deutsche Ratspräsidentschaft hat eine Modera-
torenrolle, die sie nur dann wird erfolgreich wahrneh-
men können, wenn Gesprächsbereitschaft auf allen
Seiten besteht. Sie wird im Übrigen auch eine Vorausset-
zung dafür sein, dass der UN-Generalsekretär dieses
Thema wird erneut aufgreifen können.

Dies, meine Damen und Herren, ist auch das Ziel un-
seres Antrags. Wir wollen dazu beitragen, dass die
Gesprächsbereitschaft auf beiden Seiten wieder zum
Tragen kommt. Dafür gibt es positive Signale – ich
wende mich zunächst an die zypriotische Seite –: Wir
haben mit Interesse wahrgenommen, dass Zypern zuge-
stimmt hat, dass die Europäische Union die Finanzhilfen
für den Norden auszahlt. Gerade als Deutsche haben wir
mit großem Interesse zur Kenntnis genommen, dass die
Grenzmauer in der Ledra-Straße in Nikosia am 9. März
abgerissen worden ist. Als Angehörige eines Volkes, das

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(C (D elbst unter Mauer und Teilung gelitten hat, wissen wir ies besonders zu schätzen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Auch auf zypriotischer Seite sind weitere Schritte
otwendig. Die Vorschläge, die wir in unserem Antrag
nterbreiten, beziehen sich unter anderem darauf, die
ontaktsperre zu Parlament, Verwaltungen, öffentlichen

nstitutionen und Bildungseinrichtungen im Norden der
nsel aufzuheben, sowie darauf, die Anpassung des
echtssystems im Norden an die Europäische Union zu

ördern. Es liegt im gemeinsamen Interesse aller Mit-
liedstaaten der Europäischen Union, dass dies gelingt.

Ich füge aber eines sehr deutlich hinzu – auch dies ha-
en einige Vorredner schon angesprochen –: Alles, was
ir hier vorschlagen, darf nicht im Entferntesten in
ichtung einer völkerrechtlichen Anerkennung des
ördlichen Teils Zyperns interpretiert werden.


(Beifall des Abg. Rainer Fornahl [SPD])


ahin führt nach wie vor kein Weg. Ich sage sehr deut-
ich, dass hier eine offene Bringschuld der türkischen
eite gegenüber Zypern und gegenüber der Europäi-
chen Union insgesamt besteht, und unterstreiche unsere
ier ebenfalls wiederholt vorgetragenen Forderungen:
ir wünschen uns einen Abzug der türkischen Truppen

om Norden der Insel und bestehen darauf, dass das Zu-
atzprotokoll zum Ankaraabkommen vollständig umge-
etzt wird, insbesondere also Häfen und Flughäfen für
ypriotische Schiffe und Flugzeuge geöffnet werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, ich erinnere daran, dass
iese an die Türkei gerichteten Forderungen unsere Vor-
edingungen für die Aufnahme der Beitrittsverhand-
ungen der Türkei mit der Europäischen Union waren.
etzt aber sehen wir uns einer umgekehrten Entwicklung
usgesetzt: Die Türkei unternimmt den Versuch, weitere
orderungen ihrerseits, etwa den Abschluss der Direkt-
andelsverordnung, zu einer Vorbedingung dafür zu ma-
hen, dass sie ihre eigenen Verpflichtungen erfüllt. Auch
ahin kann kein Weg führen. Ich rate deshalb dazu, dass
ir erneut nachdenken und uns in Zurückhaltung üben,
as den Fortschritt der Beitrittsverhandlungen der EU
it der Türkei angeht. Dies beziehe ich, Herr Staats-
inister Gloser, auf die Öffnung weiterer Verhandlungs-

apitel. Wir müssen vorsichtig sein und dürfen keine
ignale aussenden, die auf türkischer Seite so verstanden
erden könnten, als könnte sie sich ihrer eigenen Ver-
flichtungen entledigen oder sie zumindest vernachlässi-
en.

Meine Damen und Herren, in gewisser Weise müssen
ir natürlich berücksichtigen, dass die türkischen Zypri-
ten dem Annan-Plan, also dem Plan des ehemaligen
N-Generalsekretärs zur Wiedervereinigung der Insel,

ugestimmt haben und dass wir als Europäische Union






(A) )



(B) )


Thomas Silberhorn
eine gewisse Verpflichtung eingegangen sind, die Isolie-
rung des Nordens zu beenden. Genau dies hat die Direkt-
handelsverordnung zum Ziel. Ich nehme mit Interesse
zur Kenntnis, dass es auch auf zyprischer Seite einige
Vorschläge gibt, den Handel mit türkischen Waren aus-
zuweiten, Joint Ventures zu gründen und Ähnliches.

Neben dieser Zusammenarbeit zwischen der offiziel-
len türkischen und der offiziellen zypriotischen Seite ist
es wichtig, dass auch die Bevölkerung auf beiden Seiten
– in der Nordhälfte der Insel und auf der griechisch-
zypriotischen Seite – einen engeren Austausch pflegt
und die Chance zu einer Annäherung erhält, sei es mit-
tels direkten Austauschs, sei es über Sprach- und Stipen-
dienprogramme, sei es im Rahmen von Nichtregierungs-
organisationen und Verbänden. Auch dies wäre ein
wichtiges Signal, um Fortschritte zu erzielen.

Ich darf zum Schluss kommen. Es verbleiben der
deutschen Ratspräsidentschaft 38 Tage – und das bei be-
grenzten innenpolitischen Spielräumen sowohl in der
Türkei als auch in Zypern. Gleichwohl ergreift die Bun-
desregierung die Initiative und übernimmt eine Modera-
torenrolle in diesem Konflikt. Dabei hat sie unsere volle
Rückendeckung. Ich freue mich, dass wir mit einem
fraktionsübergreifenden Antrag diese Unterstützung
zum Ausdruck bringen können.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1610012400

Letzte Rednerin in dieser Debatte ist die Kollegin

Dr. Lale Akgün, SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Lale Akgün (SPD):
Rede ID: ID1610012500

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten

Damen und Herren! Der Überwindung der Teilung und
der Wiederherstellung der vollen staatlichen Einheit und
Souveränität der Republik Zypern – diesem langfristigen
Ziel kommen wir heute mit unserem Antrag „Fort-
schritte für Zypern“ ein kleines Stückchen näher. Ich
denke, es ist ein großer Erfolg, dass wir uns auf diesen
Antrag über die Fraktionsgrenzen hinweg einigen konn-
ten. Damit gehen wir mit gutem Beispiel voran und zei-
gen, wie man sich auch über Parteien hinweg auf einen
gemeinsamen Standpunkt einigen kann.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Na ja!)


Mein besonderer Dank gilt dabei dem Kollegen Rainder
Steenblock von der Fraktion der Grünen im Deutschen
Bundestag, der diesen Antrag initiiert und vorangetrie-
ben hat.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Hakki Keskin [DIE LINKE])


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(C (D och einmal meinen ganz persönlichen Dank an dich, ainder, von dieser Stelle aus. Zunächst einmal möchte ich meiner Hoffnung Ausruck verleihen, dass wir, die Fraktionen der SPD, der DU/CSU, der FDP und der Grünen, mit diesem Antrag inen Beitrag dazu leisten können, dass die Insel wiederereinigt werden kann. Betonen möchte ich dabei auch, ass die Verantwortlichen im Norden der Insel allen Wierständen zum Trotz an der Wiedervereinigung festalten. Dabei gibt es von beiden Seiten ermutigende Zeihen wie – das wurde schon erwähnt – das Einreißen der auer an der Ledrabzw. Lokman-Straße. Im Dezember 005 hat die türkische Seite Schritte zum erleichterten bergang in den griechischen Teil unternommen. Im ärz 2007 wurde die Mauer an der Ledra-Straße von riechischer Seite aus eingerissen. Als Europapolitikerin ist mir das ein wichtiges Anlieen. Aber es ist mir auch ein persönliches Anliegen; enn wo auch immer ich handeln kann, handele ich nach em Grundsatz Johannes Raus „Versöhnen statt spalen“. ersöhnen statt spalten geht aber nur, wenn man Mauern inreißt. Für den europäischen Einigungsprozess ist die Wieervereinigung Zyperns unabdingbar. Der europäische inigungsprozess gründet sich auf die europäischen erte, zu denen auch das friedliche Zusammenleben, emokratie, Rechtsstaatlichkeit und damit Gewaltentei ung gehören. Gewaltenteilung beinhaltet unter anderem ie Unabhängigkeit des deutschen Parlamentes. Als Verretung des deutschen Volkes ist es frei von Versuchen er Einflussnahme von außen. Ich betone das deswegen, eil, wie schon erwähnt, von einigen Seiten Versuche nternommen worden sind, an diesem Antrag etwas zu erändern. Wir – das sind die beteiligten Fraktionen – ind aber der Meinung, dass dieser Antrag goldrichtig st. Deshalb bleiben wir bei unserem Antrag. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Markus Löning [FDP]: Das war schön gesagt!)


(Beifall des Abg. Rainer Fornahl [SPD])


Meine Damen und Herren, ich denke, vor allem die
erspektive, die wir einnehmen, ist wichtig. Wir haben
as große Ziel der Wiedervereinigung im Auge. Mit dem
chwerpunkt auf die Umsetzung der Direkthandelsver-
rdnung beschreiten wir den nun anstehenden Schritt,
m diesem Ziel näherzukommen.

An dieser Stelle möchte ich der Bundesregierung dan-
en, die bereits jetzt im Rahmen der Ratspräsidentschaft
iniges unternommen hat, damit eine Einigung zwischen
en 27 Mitgliedstaaten der EU erreicht werden kann. Ich
in zuversichtlich, dass diese Bemühungen von der deut-
chen Ratspräsidentschaft, aber auch von den nachfol-
enden Ratspräsidentschaften fortgesetzt werden.

Um welchen Streitpunkt es in diesem Konflikt auch
mmer gehen mag, um die Öffnung des Flughafens Er-
an, den Direkthandel oder um Besitz- und Grundstücks-
ragen, wichtig ist vor allem eines: dass wir nach vorne






(A) )



(B) )


Dr. Lale Akgün
schauen. Natürlich, die schmerzhafte und konfliktreiche
Vergangenheit kann und darf nicht vergessen werden.
Hier muss noch viel Versöhnung und Aufarbeitung statt-
finden. Weil wir, wenn wir nach vorne schauen, die Ju-
gend im Auge haben müssen, müssen auf beiden Seiten
vor allem die Schulbücher überarbeitet werden. Wir dür-
fen nicht beim Status quo stehen bleiben. Das gilt auch
für die internationalen Akteure, die um eine Beilegung
des Konfliktes bemüht sind. Sie müssen sich immer wie-
der fragen, worum es hier eigentlich geht. Ich sage es
noch einmal: Es geht um Zypern, vor allem jedoch um
die Menschen auf dieser Insel; das ist ein ganz zentraler
Punkt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Zypern darf nicht zur Begleichung alter Rechnungen
oder zur Durchsetzung der Interessen anderer Länder in-
strumentalisiert werden. Wenn wir das beherzigen wür-
den, wären wir ein ganzes Stück weiter, dann könnten
wir uns endlich in sachlicher Weise um die Probleme der
Menschen vor Ort kümmern.

Ein wichtiger Punkt – das hat viel mit dem Blick nach
vorne zu tun – ist der Dialog zwischen den Nord- und
den Südzyprioten. Im Moment wird noch zu viel aufge-
rechnet, und – ich sage das ganz offen – es wird zu klein-
kariert gedacht und gehandelt. Zypern braucht stattdes-
sen ein Wir-Gefühl, die Zyprioten brauchen das Gefühl,
dass sie zusammengehören. Die griechischen und die
türkischen Zyprioten müssen sagen können: Wir können
die Vergangenheit nicht ungeschehen machen, wir müs-
sen jetzt in die Zukunft blicken, und wir müssen zuein-
anderfinden. Es darf nicht länger heißen: hier die Grie-
chen, dort die Türken. Für die Zukunft eines friedlich
geeinten Zyperns muss es heißen: wir Zyprioten. Wenn
dieses Grundverständnis erst einmal geschaffen ist, wer-
den sich die technischen und die prozeduralen Fragen
der Wiedervereinigung endlich lösen lassen. Damit ist
der tiefere Beweggrund für unseren Antrag umschrie-
ben.

Ganz unbescheiden möchte ich sagen: Wir haben vor-
gemacht, wie es geht. Wir sind nicht nach dem Motto
„Hier die Koalitionsfraktionen, dort die Oppositions-
fraktionen“ vorgegangen, sondern haben als Abgeord-
nete des Deutschen Bundestages interfraktionell zusam-
mengefunden.


(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Na, na!)


– Sie haben wir draußen gelassen, stimmt. – Wir sind
über Parteigrenzen hinweg an der Wiedervereinigung
Zyperns interessiert. Wir wünschen uns ein wiederverei-
nigtes Zypern als Mitglied der Europäischen Union.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Hakki Keskin [DIE LINKE])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1610012600

Ich schließe die Aussprache.

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(C (D Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Auschusses für die Angelegenheiten der Europäischen nion zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, der PD, der FDP und des Bündnisses 90/Die Grünen mit em Titel „Fortschritte für Zypern – Eine Aufgabe für ie deutsche EU-Ratspräsidentschaft“. Der Ausschuss mpfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Druckache 16/5453, den Antrag auf Drucksache 16/5259 anunehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – er stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschluss mpfehlung ist mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/ ie Grünen, CDU/CSU und FDP bei Enthaltung der raktion Die Linke angenommen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 7 sowie Zusatzunkt 4 auf: 7 Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe – zu dem Antrag der Abgeordneten Erika Steinbach, Holger Haibach, Carl-Eduard von Bismarck, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Christel Riemann-Hanewinckel, Christoph Strässer, Klaus Brandner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Solidarität mit verfolgten Christen und anderen verfolgten religiösen Minderheiten – zu dem Antrag der Abgeordneten Florian Toncar, Burkhardt Müller-Sönksen, Dr. Werner Hoyer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Für die weltweite Sicherstellung der Religionsfreiheit – zu dem Antrag der Abgeordneten Volker Beck des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Glaubensfreiheit weltweit achten – Drucksachen 16/3608, 16/1998, 16/3614, 16/4498 – Berichterstattung: Abgeordnete Erika Steinbach Alois Karl Christel Riemann-Hanewinckel Florian Toncar Michael Leutert Volker Beck P 4 Beratung des Antrags der Abgeordneten Volker Beck Bonde, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Solidarität mit verfolgten Christen und anderen religiösen Minderheiten durch Berücksichtigung der religiös Verfolgten beim Flüchtlingsschutz einlösen – Drucksache 16/5419 – Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kollegin Christel Riemann-Hanewinckel, SPD-Fraktion. Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol legen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer auf den Tribünen! Religionsfreiheit ist das Recht, den Glauben oder die Weltanschauung der eigenen Wahl anzunehmen, auszuüben und zu bezeugen. Sie bedeutet auch, eine religiöse Anschauung oder Überzeugung zu wechseln oder abzulehnen. Das Menschenrecht auf Religionsfreiheit hat eine lange Entstehungsgeschichte, es war in Europa die Antwort auf eine Geschichte von unsäglichem Leid und zahllosen Opfern. Die grausamen Religionskriege im Europa des 16. und 17. Jahrhunderts – übrigens zwischen ein und derselben Religion: zwischen katholisch und evangelisch – ließen den Willen wachsen, diesen maßlosen Zerstörungen ein Ende zu setzen. Bis zum 18. Jahrhundert mussten die Menschen warten, um das politische Recht auf Religionsfreiheit in Ansätzen zu erleben. Hier hat der Wunsch, mit Andersgläubigen tolerant, offen und dialogbereit umzugehen, seine historischen Wurzeln. Die Leiden, die die Nazidiktatur durch Verfolgung, Tod, den Zweiten Weltkrieg und vor allem den Holocaust über die Menschen brachte, waren der letzte Anstoß für die Weltgemeinschaft, die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und später den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte zu erarbeiten. In Deutschland gelten daneben das europäische Recht und unser Grundgesetz. Doch trotz all dieser Regelungen und Vereinbarungen werden die Menschenrechte in vielen Ländern immer noch missachtet. Blutige Auseinandersetzungen um den richtigen Glauben nehmen zu, und Heilige Kriege werden immer noch ausgerufen. Vielfach werden Menschen wegen ihrer Religion diskriminiert, vertrieben, verletzt oder ermordet. Betroffen sind alle Religionsgemeinschaften: Christen, Muslime, Juden, Buddhisten und viele andere. Fast immer trifft es Minderheiten. Mit ihnen zeigen wir uns solidarisch. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Köln), Josef Philip Winkler und der Fraktion





(A) )


(B) )

Christel Hanewinckel (SPD):
Rede ID: ID1610012700

Ich möchte Ihnen an drei Beispielen deutlich machen,
was es bedeutet, für sich persönlich keine Religionsfrei-
heit in Anspruch nehmen zu können.

Stellen Sie sich vor, Sie wollen einen Personalausweis
beantragen und in dem Antragsformular müssen Sie An-
gaben zu Ihrem Glauben machen. Sie können nur zwi-
schen den drei staatlichen Religionen wählen: Islam, Ju-
dentum oder Christentum. In dem Antragsformular gibt
es keinen Freiraum, um eine andere Religion einzutra-
gen. Es ist auch nicht vorgesehen, dass man gar keine
Religion einträgt.

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(C (D In dieser Situation befinden sich die Bahai in Ägypen. Um einen Ausweis zu bekommen, müssen sie enteder ihre Religion verleugnen oder falsche Angaben achen. Tun sie es nicht, werden ihnen – das gilt auch ür andere religiöse Minderheiten in Ägypten – keine ersonenstandsdokumente ausgehändigt. Was das beeutet, können wir uns vielleicht nur annähernd vorstelen: Ohne einen gültigen Ausweis hat ein Ägypter oder ine Ägypterin keinen Zugang zu lebenswichtigen ienstleistungen und Einrichtungen. Menschen ohne ass gibt es eigentlich gar nicht. Sie sind illegal, quasi icht existent. Sie können jederzeit inhaftiert werden. ie sind äußerst schutzlos. Sie können sich auf keine echte berufen. In unseren Geschichtsbüchern wurde ieser Zustand als vogelfrei beschrieben; wir erinnern ns. Bevor jemand für vogelfrei erklärt wurde, gab es ber immerhin eine Art Rechtsakt. Mein zweites Beispiel: Vor wenigen Wochen war lavio Santi, Vertreter einer indigenen Gemeinde aus cuador, zu Gast im Deutschen Bundestag. Er berich ete sehr eindrücklich, wie vor allem der Verlust von andrechten zu zahlreichen Menschenrechtsverletzunen führt. Durch die Tätigkeiten internationaler, auch eutscher Firmen werden nicht nur die Umwelt, das lima, die Gesundheit und die Kultur indigener Völker n Mitleidenschaft gezogen, sondern auch die heiligen rte der Menschen zerstört, die dort seit Jahrtausenden eben. Für sie sind der Regenwald, die Berge und Flüsse eilige Orte, ein Landeplatz für ihre Götter. Wenn man iese heiligen Orte durch Rodung oder Rohstoffabbau ernichtet, nimmt man diesen Menschen nicht nur ihre urzeln und ihre religiösen Stätten, die an diese Orte ebunden sind, sondern auch die Freiheit, ihre Religion uszuüben; sie können sie ohne diese Orte nämlich nicht ehr ausüben. Das Menschenrecht auf Religionsaus bung wird verletzt. Ich möchte einen Vergleich anschließen, der nicht iroisch gemeint ist. Katholischen Christen würde dasselbe iderfahren, wenn man den Petersdom abreißen würde, eil man unter ihm eine Ölquelle vermutet. Wir machen ns nicht immer bewusst, dass es Religionen gibt, die eine heiligen Stätten aus Stein haben, sondern für die rte in der Natur heilige Stätten sind. Ein drittes Beispiel – das ist uns allen vermutlich och in Erinnerung –: Die Freiheit der Religion findet ort ihre Grenzen, wo der Glaube radikalisiert wird und ie Menschenrechte durch eine Religionsausübung auer Kraft gesetzt werden. Sie findet ihre Grenze, wenn undamentalistinnen und Fundamentalisten vor Gealt und Mord gegen Andersgläubige nicht zurückschre ken. Ich erinnere an den von Muslimen verübten Mord n drei Mitarbeitern eines christlichen Verlages in der ürkei. Wir haben heute über vier Anträge zu entscheiden über drei davon in zweiter Beratung –, in denen die eligionsfreiheit thematisiert wird. Über drei dieser An räge haben wir bereits in den Ausschüssen diskutiert. ch habe festgestellt, dass sich alle Fraktionen darin eiig sind, dass das Recht auf freie Religionsausübung in iner Reihe von Ländern noch immer massiv verletzt Christel Riemann-Hanewinckel wird. In allen Anträgen wird die Bundesregierung aufgefordert, sich in biund multilateralen Gesprächen für die Opfer einzusetzen und die Wahrung der Religionsfreiheit einzufordern. Für die SPD-Fraktion ist besonders wichtig, dass die Bundesregierung in den Ländern, die den Zivilpakt noch nicht gezeichnet haben, dafür wirbt, dass die Ratifizierung endlich vorgenommen wird. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)





(A) )


(B) )


In einem vierten Antrag der Fraktion des Bündnis-
ses 90/Die Grünen wird die Bundesregierung aufgefor-
dert, die EU-Richtlinie zum Aufenthalts- und Asylrecht
vollständig in nationales Recht umzusetzen.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wäre schön!)


Über diesen Antrag sollen wir heute sofort nach der De-
batte abstimmen. Sie alle wissen, dass uns der Gesetz-
entwurf der Bundesregierung vorliegt und dass er sich
zurzeit in der parlamentarischen Beratung in den Aus-
schüssen und in den Anhörungen befindet.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schlecht genug! Nicht nur reden, sondern auch handeln!)


In Deutschland wird Schutz vor religiöser Verfolgung
momentan nur gewährt, wenn die innere Glaubensüber-
zeugung betroffen ist. Die Religionsausübung im öffent-
lichen Raum ist dagegen nur sehr eingeschränkt ge-
schützt. Die umzusetzende EU-Richtlinie geht von
einem sehr weiten Religionsbegriff aus und sieht genau
diesen Schutz vor.

Ich gehe davon aus, dass wir als Parlament die euro-
päischen Vorgaben vollständig in nationales Recht um-
setzen


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann fragen Sie einmal Herrn Schäuble, was er davon hält!)


und wir uns dadurch solidarisch mit religiös verfolgten
Menschen zeigen werden. Ich bitte Sie um die Zustim-
mung zu unserem heute vorliegenden Antrag.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1610012800

Ich gebe das Wort dem Kollegen Burkhardt Müller-

Sönksen, FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Burkhardt Müller-Sönksen (FDP):
Rede ID: ID1610012900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die Verfolgung religiöser Minderheiten ist in allen Epo-
chen ein düsteres Kapitel der Menschheitsgeschichte ge-
wesen. Auch wenn sie kein Phänomen allein unserer

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(C (D eit ist, kommt der Verfolgung aufgrund religiöser Orintierung gerade zu Beginn des 21. Jahrhunderts eine anz besondere Bedeutung zu. Erstens deshalb, weil wir zu Recht versuchen, in einer ich globalisierenden Welt das Zusammenleben der enschen in den entscheidenden Zukunftsfragen zu ver echtlichen. Das gilt zum Beispiel für den Klimawandel; eute Morgen wurde im Hause darüber berichtet. Das ilt zum Beispiel auch für die Nichtverbreitung nukleaer Waffen. Das gilt ebenso für den Grundgedanken der oleranz zwischen den verschiedenen Religionen. Der Toleranzgedanke gegenüber anderen Religionen indet seinen Niederschlag in der Allgemeinen Erkläung der Menschenrechte ebenso wie im Internationalen akt über bürgerliche und politische Rechte. Allein die atsache, dass es gelungen ist, diese rechtliche Veranerung religiöser Toleranz festzuschreiben – die meis en Staaten dieser Welt haben sich dieser Vereinbarung ereits angeschlossen –, ist ein sehr hohes Gut. Ich bin est davon überzeugt, dass wir die gesellschaftliche omponente der Globalisierung nur dann in Frieden und icherheit bewältigen werden, wenn wir weiterhin auf ie Methode der Verrechtlichung der internationalen Beiehungen setzen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Zweitens ergibt sich die hohe Relevanz des Themas
us Veränderungen im Zuge des sogenannten Krieges
egen den Terror. Wir alle wissen, dass das, was sich
egen Terror richtet, von vielen als religiös motivierter
reuzzug interpretiert und instrumentalisiert wird. Es
ehört zu den ganz großen Aufgaben, diesem Eindruck
ntgegenzuwirken. Der Kampf gegen Terrorismus ist
ein Kampf der Kulturen und schon gar kein Kampf der
eligionen. Das Gegenteil ist der Fall. Auch wenn sich
ieses Gerücht seit dem Mittelalter beständig hält: Keine
er großen Weltreligionen rechtfertigt Gewalt oder for-
ert gar dazu auf.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)


In der usbekischen Stadt Andischan gab es über Hun-
erte Tote. Dies wurde von der Regierung mit dem Ar-
ument gerechtfertigt, dass dort religiöse Fanatiker ei-
en Staatsstreich durchführen wollten. Das ist bis heute
ngesühnt. Das muss man mit Blick auf die Menschen-
echte festhalten, auch wenn die Bundesregierung ge-
ade erst für vier Beteiligte den EU-Bann aufgehoben
at.

Ich komme zum Thema zurück. Es gibt Beispiele, die
eutlich machen, dass das Zusammenleben unterschied-
icher Ethnien und Religionen durchaus funktionieren
ann. Wenn man sich beispielsweise die Situation in
serbaidschan vor Augen führt, stellt man fest: Dieses
and ist alles andere als eine lebendige Demokratie, und
s weist alles andere als rechtsstaatliche Strukturen auf.
emokratie und Rechtsstaat sind dort eher rudimentär

usgeprägt. Aber das Zusammenleben der unterschiedli-
hen Religionen funktioniert dort. Die 60 Prozent Schii-
en, die 30 Prozent Sunniten, die Christen und die Juden






(A) )



(B) )


Burkhardt Müller-Sönksen
leben friedlich miteinander. Erst im Jahre 2003 wurde in
Baku eine neue Synagoge gebaut und eröffnet, die erste
seit langer Zeit in einem muslimischen Land.

Daran wird deutlich, dass es sich lohnt, langfristig an
diesem Ziel zu arbeiten und keinen kurzen Atem zu ha-
ben.


(Beifall bei der FDP)


Mehr denn je sind wir heute im Zuge der Globalisierung
gefordert, auf einen Dialog zwischen Kulturen, Ethnien
und Religionen zu setzen. Dialog ist das entscheidende
Stichwort; denn nur aus einem Dialog können Toleranz
und Verständnis erwachsen.

Was kann staatliches Handeln in diesem Zusammen-
hang leisten? Vor Jahren hat die Bundesregierung den
sogenannten Islamdialog ins Leben gerufen. Grundsätz-
lich ist dies eine unterstützenswerte Idee. Allerdings ha-
ben die Ausschreitungen im Rahmen des Karikaturen-
streits gezeigt, dass dieser Dialog noch keine belastbaren
Ergebnisse geliefert hat. Das liegt zum einen an der Aus-
stattung, zum anderen aber auch an der Struktur des Dia-
logs. Der Islamdialog muss mehr als ein neuer Haus-
haltstopf zur Finanzierung der Projekte unserer Goethe-
Institute sein.

Wir müssen auf politischer Ebene den Dialog mit den
wesentlichen Akteuren der Religionsgemeinschaften in
anderen Ländern suchen. Gleichzeitig müssen wir uns
mehr als bisher bemühen, den Dialog zwischen den Reli-
gionsgruppen untereinander zu fördern. Bei alldem geht
es nicht um kurzfristige Erfolge. Hier geht es um sehr
langfristige Ziele und um langfristige Bemühungen.

Von der Bundesregierung erwarten wir, dass sie sich,
wie anfangs erwähnt, dafür einsetzt, dass die internatio-
nal kodifizierten Maßstäbe zur Religionsfreiheit auch
praktisch umgesetzt werden. In circa 50 Staaten der Welt
werden nach wie vor täglich Gebetsstätten zerstört. Das
zeigt, welch große Defizite es in diesem Bereich noch
gibt.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sehr richtig!)


Lassen Sie mich abschließend noch eine Bemerkung
zu den vorliegenden Anträgen machen. Liebe Kollegin-
nen und Kollegen der „weisen“ Großen Koalition,


(Christoph Strässer [SPD]: Bravo!)


Sie lehnen heute unseren Antrag ab – durch den diese
Debatte überhaupt erst angestoßen wurde –, weil Sie
glauben, ein ganz kleines Haar in der Suppe gefunden zu
haben. Ich meine die Abgrenzung der Zuständigkeiten
zwischen Bund und Ländern. Das ist wenig überzeugend
und wird der Bedeutung dieses Themas meines Erach-
tens nicht gerecht. Die Alternative, die Sie anbieten, ist
ziemlich mager. Dabei handelt es sich um einen Antrag,
in dem es fast ausschließlich um die Verfolgung von
Christen geht.


(Bodo Ramelow [DIE LINKE]: Das stimmt!)


Ich selbst bin bekennender Christ und Mitglied der
evangelischen Kirche. Aber das spielt keine Rolle, weil
es auch um andere Minderheiten in anderen Ländern

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(C (D eht. In Ihrem Antrag vernachlässigen Sie, in welchem usmaß das Existenzrecht des jüdischen Staates von Is amisten – nicht nur vom Iran – infrage gestellt wird. ußerdem und vor allen Dingen betonen Sie das ent cheidende Instrument, den Dialog zwischen den Reliionen, viel zu wenig. Toleranz, insbesondere religiöse Toleranz kann man icht per Verordnung durchsetzen, sondern nur leben. eshalb ist für meine Fraktion der Dialoggedanke sehr ichtig. Unserer Einschätzung nach ist Ihr Antrag in seier Substanz sehr enttäuschend. Vielen Dank. (Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1610013000

Ich gebe das Wort der Kollegin Erika Steinbach,

DU/CSU-Fraktion.


Erika Steinbach-Hermann (Plos):
Rede ID: ID1610013100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

er Titel unseres Antrags lautet „Solidarität mit verfolg-
en Christen und anderen verfolgten religiösen Minder-
eiten“. Die Christen sind also schon im Titel erwähnt.

Es ist noch nicht lange her, dass wir im Deutschen
undestag über die religiöse Verfolgung von Christen
nd anderen religiösen Minderheiten und über Men-
chenrechtsverletzungen, die Christen weltweit aufgrund
hres Glaubens erleiden, gesprochen haben. Warum geht
s uns gerade um Christen? Die Situation der Christen in
eiten Teilen der Welt hat sich seit unserer letzten De-
atte nicht verbessert. Im Gegenteil: Noch immer wer-
en Menschen christlichen Glaubens in mindestens 50
on 200 Staaten diskriminiert oder verfolgt. Noch immer
ind 80 Prozent der weltweit religiös verfolgten Men-
chen Christen. Die Dramatik hat zugenommen; ich er-
nnere an wenige Beispiele.

Das Massaker von Malatya Ende April müsste nun
uch den letzten wachgerüttelt haben, der bislang noch
einte, die gegen Christen ausgeübten Repressionen

nd Gewalttätigkeiten einfach herunterspielen zu kön-
en. Im ostanatolischen Malatya stürmten – Sie werden
ich vielleicht erinnern – fünf Männer das Büro des
hristlichen Zirve-Verlags, überwältigten zwei türkische
itarbeiter und den Deutschen Tilmann Geske, fesselten

nd folterten ihre Opfer drei Stunden lang und schnitten
hnen am Ende die Kehle einfach durch. Die Täter wur-
en kurze Zeit später gefasst. Sie waren geständig und
agten aus, für das türkische Vaterland und den Islam ge-
andelt zu haben.

Wie sollen wir auf ein solch verabscheuungswürdiges
nd erschreckendes Verbrechen reagieren? Für mich war
s eigentlich selbstverständlich, dass sich die Kirche
insbesondere auch die türkischen Bischöfe – mit den in

iner Freikirche organisierten Familien der Opfer solida-
isieren und ihnen beistehen würde. Das aber war für
ich das eigentlich Erschreckende: Weit gefehlt! Am

9. April wandte sich der Pressesprecher der katholi-






(A) )



(B) )


Erika Steinbach
schen Bischöfe in der Türkei, Monsignore Georges
Marovitch, an die Presse und warf den Opfern – man
höre und staune – mangelnde Besonnenheit vor. Er be-
klagte, sie hätten die Tat provoziert, indem sie die Bibel
in Gegenden propagierten, wo es keine Christen gebe.
Sie hätten den Moslems Evangelien angeboten und ihre
Reaktion geradezu heraufbeschworen. Vorherige gegen
Christen gerichtete Gewaltausbrüche in der Türkei hät-
ten ihnen – also den Opfern – Warnung genug sein müs-
sen, sich zurückzuhalten.

Bei allem Verständnis für diplomatische Notwendig-
keiten des Vatikans, eine solche Begründung kann und
werde ich nicht akzeptieren.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Der Umkehrschluss wäre doch, dass in Deutschland
muslimische Frauen umgebracht werden und man am
Ende den Muslimen sagt: Ihr seid doch selber daran
schuld, weil ihr Kopftücher tragt. Das ist doch unmög-
lich, es ist unglaublich, es ist undenkbar. Damit machte
Monsignore Marovitch die Opfer schlicht und ergreifend
selbst für ihren Tod verantwortlich; die Opfer waren
selbst daran schuld. Hätten sie sich ruhig verhalten, ihren
Glauben nicht gelebt, wäre ihnen ja – so seine Lesart –
auch nichts zugestoßen. Diese Argumentation – das
muss ich schon sagen – hat mich zutiefst erschreckt. Ein
solches Denken, auch aus dem Mund von Kirchenmän-
nern, kann nicht Basis für ein friedliches Miteinander
von Religionen sein. Es widerspricht schlicht und ergrei-
fend den allgemeinen Menschenrechten.

Vergleichbar war seine Reaktion nach der Ermordung
des katholischen Priesters Andrea Santoro im Februar
letzten Jahres. Für diese grausame Tat wusste der Monsi-
gnore die alleinige Schuld den westlichen Medien zuzu-
weisen. Nur die Täter waren in seinen Augen niemals
die Schuldigen. Ich frage mich, wer tatsächlich wen
durch welches Verhalten am Ende provoziert hat. Es
kann doch nicht ernsthaft unser Rat an die betroffenen
Christen sein, sich möglichst unauffällig zu verhalten
und ihren Glauben nicht öffentlich zu leben. Wie Hohn
würde solch eine Empfehlung in den Ohren der Hinter-
bliebenen klingen.

An diesem Tage sollte man auch an die Ermordung
des türkisch-armenischen Journalisten Hrant Dink im
Januar dieses Jahres in Istanbul erinnern, wo dann er-
freulicherweise unzählige Türken spontan in Massende-
monstrationen auf der Straße ihr Beileid bekundet ha-
ben. Auch dieser Mord war ein Werk verblendeter
Nationalisten. Hätte nun Hrant Dink, um sie ruhigzustel-
len, seinen Journalistenberuf aufgeben und zum Schick-
sal des Genozids an den Armeniern einfach schweigen
sollen? Er wusste, es wäre der falsche Weg gewesen. Er
wusste auch, in welcher Gefahr er sich befand. Aber er
hat mutig seine Stimme erhoben. Dafür schulden wir
ihm Dank, weil es mutig ist, auch an Opfer zu erinnern,
die ermordet wurden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Die genannten Vorfälle mögen besonders drastisch
sein. Doch sie drohen inzwischen für viele Christen in

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(C (D ielen Teilen der Welt zum Alltag zu werden, wobei ihr lltag schon heute erschreckend genug ist. All das ist eider nur die sichtbare Spitze eines riesigen Eisberges. enige weitere Beispiele machen das erschreckend eutlich. Auf den Philippinen sind Mitte April junge christliche ilfsarbeiter während ihrer Arbeit an einer Baustelle üdlich von Manila von Mitgliedern der islamischen Terorgruppe Abu Sayyaf entführt und nach einer Lösegeldorderung einfach enthauptet worden. In zwei chinesichen Provinzen mussten mehr als 60 christliche Frauen hre Ungeborenen auf behördlichen Druck hin abtreiben assen. Die Familien gehörten zu Hauskirchen, die vom taat nicht anerkannt werden. Im Kaschmirtal wurde ein Christ von militanten Mudchaheddin enthauptet. Sein Kopf wurde in einer Plastiküte vor einer Moschee zur Schau gestellt. In Nigeria erden zunehmend Kinder aus christlichen Familien ntführt. Die Kinder werden, ohne dass die Behörden daegen einschreiten, in islamische Familien gegeben und um Übertritt zum Islam gezwungen, um sie gemäß den rinzipien des Islam aufwachsen zu lassen. In Pakistan urde Anfang April ein zwölfjähriges christliches Mäd hen vergewaltigt und festgehalten, bis die Angehörigen ie Täter ausfindig machen konnten. Von der Polizei erielt die Familie kaum Unterstützung. Vermutlich diente ie Vergewaltigung als Waffe zur Bestrafung und Demüigung der christlichen Familie. Die Gründe für die beängstigende Zunahme an Gealttätigkeiten gegen Christen lassen sich durchaus her eiten: Christen sind die weltweit am stärksten verfolgte eligionsgruppe. Sie stellen mit 2,1 Milliarden Anhänern aber auch die größte Weltreligion und knapp ein rittel der Weltbevölkerung dar. Zudem ist ein außerordentliches Wachstum der hristlichen Religion außerhalb Europas zu beobachten. n Asien und Afrika hat sich die Zahl der Christen seit 970 verdreifacht. Anscheinend ruft das in bestimmten esellschaften Ängste hervor. Hinzu kommt ein derzeit erade in nichtchristlichen Weltreligionen grassierender ationalismus. Die katholischen oder orthodoxen Kir hen verzichten gerade im arabischen Raum schon jetzt uf Missionsarbeit, um ihre Duldung durch die muslimiche Mehrheit nicht zu gefährden. Trotz dieser Zurückaltung kommt es zu Übergriffen. Dürfen wir im Interesse der Religionsfreiheit diese bergriffe zugunsten des Dialoges übersehen oder überehen? Ich sage Nein. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagt jemand Ja?)


Gerade in einem aufrichtigen Dialog zwischen den
eligionen muss es möglich sein, Probleme offen anzu-

prechen. Gewalt – von welcher Seite auch immer – ist
eine Lösung, schon gar nicht für Glaubensfragen.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1610013200

Frau Kollegin, ich darf Sie an Ihre Redezeit erinnern.






(A) )



(B) )


Erika Steinbach-Hermann (Plos):
Rede ID: ID1610013300

Danke schön. –

Aus Solidarität müssen wir uns der Verfolgten anneh-
men. Ich wiederhole, was ich schon einmal festgestellt
habe: Wir leben in Deutschland auf dem Fundament ei-
nes christlichen Abendlandes. Unsere Werte sind vom
christlichen Glauben, der Aufklärung und Toleranz ge-
prägt. Auf der Basis dieses Wertefundaments sollten wir
für einen vernünftigen Dialog der Religionen eintreten.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1610013400

Frau Kollegin!


Erika Steinbach-Hermann (Plos):
Rede ID: ID1610013500

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1610013600

Nächster Redner ist der Kollege Bodo Ramelow,

Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Bodo Ramelow (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610013700

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!

Mir wäre es lieber, wenn der Tagesordnungspunkt allge-
mein dem Thema Glaubensfreiheit gewidmet wäre. Es
geht um das Menschenrecht, dass jeder Mensch auf die-
ser Welt das glauben kann, was er möchte, und sich nach
eigenem Gutdünken einer Religionsgemeinschaft an-
schließen kann. Daran darf er nicht gehindert werden.
Am Glauben darf man – egal in welchem Namen; sei es
im Namen einer Religion oder einer Staatsideologie –
nicht gehindert werden. Ich halte das generell für falsch
und sage das als Vertreter meiner Partei mit besonderem
Nachdruck, weil auch auf uns Verantwortung lastet.


(Burkhardt Müller-Sönksen [FDP]: Das steht in unserem Antrag! Es geht um Religionsfreiheit!)


– Das ist völlig klar.

Insofern meine ich, Frau Kollegin Steinbach, dass
man die Liste Ihrer Beispiele noch erweitern kann; aber
sie beschränken sich nicht auf Christen. Im Übrigen fin-
den auch im Namen des Christentums noch heute
Morde statt. In einem europäischen Land nicht weit von
uns entfernt bekämpfen sich Protestanten und Katholi-
ken seit Jahrzehnten wechselseitig mit der Waffe in der
Hand und hindern die Kinder je nach ihrer Religionszu-
gehörigkeit regelmäßig am Schulgang.

Es gibt in den Südstaaten der USA immer wieder das
Verbrennen von Kirchen schwarzer Brüder und Schwes-
tern durch weiße Rassisten. Das halte ich für unerträg-
lich. Als evangelischer Christ sage ich: Auch das findet
im Namen unseres gemeinsamen Gottes statt. Auch das
ist zu verurteilen.

Ich will Ihnen aber erklären, warum ich meine, dass
der Kollege von der FDP recht hat, und warum ich den
FDP-Antrag ausdrücklich für unterstützenswert und

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(C (D ichtig halte. In Erfurt verbrannte sich vor wenigen Moaten ein evangelischer Pfarrer mit der Begründung, ass er Angst hat und ein Fanal setzen will gegen den Isam in Deutschland. Als es den ersten Islamgipfel in eutschland gab, zu dem Herr Schäuble eingeladen atte – was ich sehr begrüße –, riefen Mitarbeiter meines üros im Innenministerium an und baten um ein Ge präch. Von der Telefonzentrale bekamen sie die Antort, das gehe heute nicht, denn es finde der „Islamis engipfel“ statt. (Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Dass Herr Schäuble das gesagt hat, glaube ich!)


Wenn das die Übersetzung ist, sobald eine abrahami-
ische Großreligion mit angesprochen wird – ich will die
ollegin, die das gesagt hat, gar nicht öffentlich denun-

ieren –, dann halte ich das für symptomatisch. Mittler-
eile greift eine islamistische Phobie in diesem Land um

ich, und wir trennen nicht mehr zwischen dem Muslim,
en wir sehr begrüßen, und dem Fundamentalisten. Ich
ehne den Fundamentalisten in jedweder Form ab, in
essen Namen auch immer er daherkommt.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Ich komme noch einmal auf den Antrag der Großen
oalition zurück. Frau Steinbach, als Anlass für Ihren
ntrag benennen Sie ausdrücklich, dass in Afghanistan

in Muslim zum Christentum übergetreten ist. Sie er-
ähnen und beschreiben das zu Recht. Aber sind es
icht unsere und die NATO-Truppen, die dort für eine
echtsordnung eintreten, bei der sich die Frage stellt, ob

ie unserer Wertegemeinschaft standhält?


(Christoph Strässer [SPD]: Nein!)


Ist es das Ergebnis eines solchen Kriegseinsatzes,
ass zum Schluss jemand, der von der einen Religion zu
iner anderen übertreten will, sogar staatlicherseits mit
em Tod bedroht wird?


(Christoph Strässer [SPD]: Nein, genau das wird verhindert! – Zuruf von der CDU/CSU: Welcher Kriegseinsatz denn? Sie meinen wohl den internationalen Friedenseinsatz?)


Sie nennen das Friedenseinsatz. – Ich nenne das Er-
ebnis verwerflich – auf das Sie selber hinweisen –,
enn eine Rechtsordnung entsteht, in der die Glaubens-

reiheit nicht mehr akzeptiert wird und nicht mehr im
ittelpunkt steht.

Deswegen begrüße ich den Antrag der Grünen, wo-
ach solch ein Fluchtgrund auch als Asylgrund aner-
annt werden soll. Diesem Menschen müssten wir, weil
r in seinem Heimatland Afghanistan mit dem Tode be-
roht wird, als Konsequenz Asyl bei uns gewähren. Darf
ch Sie auf diesen Widerspruch einfach aufmerksam ma-
hen?

Wir begrüßen das Bekenntnis zur Glaubensfreiheit.
ie Maßstäbe müssen Toleranz und Respekt sein. Des-






(A) )



(B) )


Bodo Ramelow
wegen mahne ich im Hinblick auf die Verhandlungen
mit der Türkei an, dass es möglich sein muss, dort eine
christliche Kirche ohne Restriktionen zu bauen. Aber der
Maßstab muss dann in Heinersdorf genauso gelten. Es
ist aber Ihre Partei, die dort Wahlkampf und Propaganda
macht.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Der Maßstab muss überall gleich sein. Deswegen bin
ich sehr dafür, dass wir mit der türkischen Regierung bei
den Beitrittsverhandlungen darüber ernsthaft verhan-
deln. Aber der gleiche Maßstab muss bei uns auch gel-
ten. Wir können die Dinge nicht ungleich behandeln.
Das ist der Grund, weshalb ich den ausschließlich auf
das Christentum fokussierten Antrag der Großen Koali-
tion für zu kurz gegriffen halte.

Die Glaubens- und Religionsfreiheit ist ein Men-
schenrecht, das wir mit Toleranz und Respekt auf der
ganzen Welt durchsetzen müssen, und zwar in Kenntnis
der Verfolgung der Christen und all der Umstände, die
Sie zu Recht angesprochen haben. Das gilt auch für ver-
folgte Bahai und verfolgte Muslime. Der Trennstrich
muss dort sein, wo Intoleranz und Dogmatismus begin-
nen und der Glaube zu Fundamentalismus mutiert und
als Rechtfertigung für Mord herhalten muss. Das sollten
wir gemeinsam ablehnen.

Deswegen sind wir für den Antrag der FDP. Wir wür-
den es begrüßen, wenn das Hohe Haus diesen annimmt.
Wir machen uns auch dafür stark, dass der Antrag von
den Grünen heute angenommen wird.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
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Nächster Redner ist der Kollege Volker Beck für die

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610013900

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich

finde, die Diskussionslage, die in dieser Debatte
herrscht, ist ein Ärgernis; denn es geht eigentlich um die
Forderung – und da stellt sich ein sehr ernsthaftes Pro-
blem –, dass die Glaubensfreiheit weltweit geachtet
wird, wie wir es in der Überschrift unseres Antrags for-
muliert haben. Wer in seiner Religionsfreiheit einge-
schränkt wird, wer wegen seiner Religion verfolgt wird,
muss im Rahmen unserer Menschenrechtspolitik Unter-
stützung erfahren, unabhängig davon, woran er glaubt,
ob er an einen Gott glaubt, ob er an mehrere Götter
glaubt oder ob er an gar keinen Gott glaubt. Das ist
Glaubensfreiheit, und das müssen wir schützen. Wir dür-
fen nicht nur Solidarität mit Christen üben, wie Sie es in
Ihrem Antrag fordern, meine Damen und Herren von der
Großen Koalition.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])


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(C (D as ärgert mich, weil Sie damit die Verhältnisse in der elt falsch beschreiben. Wir waren mit dem Menschenrechtsausschuss kürzich in Turkmenistan. Dort gibt es mehrere anerkannte hristliche Religionsgemeinschaften. Die Katholiken ind nicht als Religionsgemeinschaft anerkannt, werden ber toleriert. Der maximalen Verfolgung sind die Juden, ie Bahai und die Zeugen Jehovas ausgesetzt. Diesen eht es richtig dreckig. Sie trauen sich noch nicht einal, zu sagen, dass sie gerne eine anerkannte Religions emeinschaft wären, weil schon das verfolgungsauslöend wäre. Das gilt für viele Länder. Selbstverständlich gehört das Gros der Verfolgten in ielen islamischen Ländern christlichen Gruppierunen an. Aber man kann doch nicht davon absehen – bloß eil sie kleine Minderheiten sind –, dass Juden und Baai in diesen Ländern oft noch einer viel stärkeren Verolgung ausgesetzt sind. Ich war im Januar mit meinem raktionsvorsitzenden im Iran. Dort sind die großen hristlichen Gemeinschaften im Parlament vertreten. Die ahai sind dagegen völlig rechtlos, weil es nach musliischem Glauben legitimerweise keinen Propheten und eligionsgründer nach Mohammed geben kann. Solche Hintergründe verschweigen Sie. Sie haben in hrem Antrag seitenweise aus dem Weltverfolgungsinex – das ist ein amerikanisch-christliches Institut – abeschrieben. Das alles ist richtig und wahr. Aus Anstänigkeit fügen Sie noch einen Absatz an, in dem Sie die uden erwähnen. Aber alle anderen Religionsgemeinchaften finden praktisch nicht statt. So erreichen Sie einen Respekt vor der Glaubensfreiheit in den Ländern, enen wir sagen: Unabhängig vom Bekenntnis setzen ir uns für das Prinzip ein. Sie führen diese Debatte kul uralistisch und verlogen. Das ist ein Ärgernis, weil Sie amit dem richtigen Anliegen, die Glaubensfreiheit zu erteidigen, in der Welt und in der Menschenrechtspoliik der Bundesrepublik Deutschland schaden. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie des Abg. HansMichael Goldmann [FDP])


Sie sind noch nicht einmal konsequent, wenn es um
hren eigenen Anspruch geht. Das erste Land, das im

eltverfolgungsindex aufgeführt wird und wo die Ver-
olgung der Christen in den letzten Jahren dramatisch
ugenommen hat, ist Usbekistan. Seit dem Aufstand
on Andischan leiden die Christen dort verstärkt unter
erfolgung. Was hat Ihre Regierung gemacht? Sie hat
ie Sanktionen gegen die Verbrecher von Andischan


(Burkhardt Müller-Sönksen [FDP]: Gelockert!)


elockert – die Bundesregierung war die treibende Kraft
n Brüssel –, ohne dass sich in den Menschenrechtsfra-
en etwas verändert hat.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie des Abg. Burkhardt Müller-Sönksen [FDP])







(A) )



(B) )


Volker Beck (Köln)

Ich sage Ihnen als Christ: „Eure Rede aber sei: Ja, ja;
nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Übel.“ Diese
Politik ist vom Übel.

Sie reden sehr viel darüber, was man international
machen muss und was im Rahmen des Menschenrechts-
dialogs zu besprechen ist. Das alles teile ich. Was die
diesbezüglichen Maßnahmen angeht, gibt es keine gro-
ßen Unterschiede zwischen unserem Antrag und den An-
trägen der Koalition und der FDP. Aber wir reden zurzeit
über das Zuwanderungsgesetz. Es gibt einen Abschnitt
in den EU-Richtlinien, der besagt: Religiöse Verfolgung
muss explizit als Verfolgungsgrund anerkannt werden.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Außer in Deutschland!)


Dieser Punkt fehlt bei der vom Minister vorgesehenen
Umsetzung. Wir beantragen eine den EU-Richtlinien ge-
mäße Umsetzung und verlangen entweder einen entspre-
chenden Änderungsantrag zu dem Gesetzentwurf, der
bereits in der nächsten Sitzungswoche verabschiedet
werden soll – heute ist also der letzte Tag, an dem wir
das im Parlament verlangen können –, oder einen neuen
Gesetzentwurf als Formulierungshilfe. So lieb scheinen
Ihnen die verfolgten Christen im Ausland dann doch
nicht zu sein, dass sie sich auf gesetzlich garantierten
Flüchtlingsschutz in Deutschland verlassen können.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Wenn wir über Religions- und Glaubensfreiheit re-
den, müssen wir auch darüber reden, wie es in Deutsch-
land aussieht. Jeder darf hier seinen Glauben leben und
sich zu Religionsgemeinschaften zusammenschließen.
Aber wir haben ein großes Problem bei der Gleichstel-
lung des Islam als Weltreligion mit der christlichen und
der jüdischen Glaubensgemeinschaft sowie anderen,
kleineren Gruppierungen, die bei uns anerkannt sind. Ich
glaube, wir müssen einen Fahrplan zur Gleichberechti-
gung des Islam entwickeln. Das könnte ein sinnvolles
Arbeitsergebnis der Islamkonferenz sein. Aber da höre
ich, dass man den Leuten nur Schwüre auf die Verfas-
sung abnehmen will. Das halte ich für eine Selbstver-
ständlichkeit. Aber es muss auch klar sein, dass die Mus-
lime dann, wenn sie die Voraussetzungen des deutschen
Religionsverfassungsrechts erfüllen, den Körperschafts-
status und das bekommen, was allen anderen Religions-
gemeinschaften gleichermaßen gewährt wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie des Abg. Burkhardt Müller-Sönksen [FDP])


Voraussetzung ist aber – auch darüber muss man in
der Islamkonferenz diskutieren –, dass die muslimischen
Organisationen und Verbände akzeptieren, dass die
Glaubensfreiheit der anderen Religionsgemeinschaften
zu respektieren ist. Da will ich mit Erlaubnis der Präsi-
dentin auf ein Beispiel hinweisen.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1610014000

Ein kurzes Beispiel.

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(C (D Ein Satz. – In Hamburg verhindert die Schura die Ein eziehung der Bahaireligion in den interreligiösen Diaog. (Burkhardt Müller-Sönksen [FDP]: Ein Skandal!)

Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610014100

ch meine: So etwas ist nicht zu akzeptieren. Muslime
önnen theologisch der Meinung sein, dass der Bahai-
laube ein völlig irriger Glaube ist, aber in dieser Gesell-
chaft müssen sie Andersgläubigen den gleichen Re-
pekt zollen, den sie für sich einfordern.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1610014200

Herr Kollege!


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610014300

So etwas kann man aber nur verlangen, wenn man

en einseitigen christlichen Blick beiseitelässt und auf
ie Gleichberechtigung aller Religionen Wert legt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1610014400

Ich gebe das Wort der Kollegin Angelika Graf, SPD-

raktion.


Angelika Graf (SPD):
Rede ID: ID1610014500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

eligionsfreiheit – das hat die Debatte sehr deutlich ge-
eigt – ist in einer freiheitlichen Demokratie ein hohes
ut. International ist sie leider ein Streitthema; denn in
nterschiedlichen Regionen unserer Welt gibt es unter-
chiedliche Vorstellungen darüber, was Religionsfrei-
eit eigentlich bedeutet.

Auf die Erklärung über die Beseitigung aller Formen
on Intoleranz und Diskriminierung aufgrund der Reli-
ion oder der Überzeugung konnten sich 1981 in der Ge-
eralversammlung der Vereinten Nationen die Staaten
ur um den Preis einigen, dass das Recht auf Religions-
echsel nicht aufgenommen wurde. Das war ein hoher
reis, kann doch Religionsfreiheit im eigentlichen Sinne
ur verwirklicht werden, wenn jeder und jede Einzelne
n der Entscheidung tatsächlich frei ist, zu wählen, ob er
der sie glaubt und, wenn ja, woran.

Von der tatsächlichen Verwirklichung der Religions-
reiheit sind wir also weit entfernt. Besonders schwierig
st es, wenn wir über unseren europäisch-westlichen Tel-
errand hinausschauen. Letztlich geht es in den interna-
ionalen Verhandlungen über Religionsfreiheit um zwei
iderstreitende Konzepte. Das eine betont das indivi-
uell verbriefte Menschenrecht auf Religionsfreiheit
darauf berufen wir uns –, das andere Konzept erhebt

ie Forderung nach staatlichem Schutz der Religion,
chutz vor Diffamierung und Schutz der Würde der Re-

igion. Letzteres ist das Modell, für das sich viele islami-
che Länder aussprechen, wobei unter dem Stichwort
er Religion oft nur der Islam gesehen wird, was dazu
ührt, dass andere Religionen wie Christentum, Hinduis-






(A) )



(B) )


Angelika Graf (Rosenheim)

mus, Bahaireligion und Judentum unterdrückt oder ver-
folgt werden.

Fakt ist, dass diese islamischen Länder selten ein sä-
kulares Staatssystem haben. Von daher ist der Wunsch
nach Schutz der Religion durch den Staat nachvollzieh-
bar. Dass es allerdings auch säkulare Staaten im islami-
schen Spektrum gibt, welche selbst den dort seit
Urzeiten verwurzelten Christen nicht das Recht auf
Priesterausbildung und freie Religionsausübung geben,
macht leider der Blick auf die laizistische Türkei und ihr
Umgang mit den aramäischen Christen deutlich. Dazu
ist schon viel gesagt worden. Der Mord in Malatya hat
ein weiteres Schlaglicht auf diese Situation geworfen.
Ich stimme allen zu, die gesagt haben, dass wir darüber
im Zusammenhang mit dem EU-Beitritt der Türkei dis-
kutieren müssen.

Die Verwirklichung von Religionsfreiheit ist ein kom-
plizierter Prozess. Ein gutes Beispiel dafür ist Afghanis-
tan. Dies ist in vielen Anträgen erwähnt. Dort ist der
Islam Staatsreligion. Die Glaubensfreiheit ist zwar in der
Verfassung verbrieft, aber nur für Nichtmuslime. Mus-
lime selbst genießen diese Freiheit nicht. In der Praxis
klagen zudem hinduistische Minderheiten und Christen
über Schwierigkeiten bei der Ausübung ihrer Religion.

Auf der anderen Seite hat Afghanistan zum Beispiel
den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische
Rechte sehr wohl ratifiziert. Das gewährt nun wiederum
einigen Spielraum, der im Zusammenhang mit der dro-
henden Verurteilung Abdul Rahmans in die Waagschale
geworfen worden ist.


(Zuruf von der SPD: Eben, genau umgekehrt!)


Der westliche Druck hat bewirkt, dass sich Afghanistan
besonnen hat.

Der afghanische Staat macht hier aber einen sehr
schwierigen Spagat. Wir können nur hoffen, dass er sich
für mehr Religionsfreiheit positiv auswirkt. Es ist ein
tiefsitzender Konflikt zwischen den Ansprüchen an Frei-
heit und Demokratie, die wir, die internationale Staaten-
gemeinschaft, für dieses Land fordern und unterstützen,
und dem Bedürfnis der Afghanen nach Sicherheit in alt-
hergebrachten Strukturen und nach Traditionen. Auch
damit müssen wir uns stärker beschäftigen, wenn wir
verstehen wollen, was in diesem Land passiert.

Wir trauern dieser Tage um drei deutsche Bundes-
wehrsoldaten, die in Afghanistan ermordet worden
sind. Heute ist ein finnischer ISAF-Soldat ums Leben
gekommen, ebenfalls im Norden Afghanistans. Herr
Ramelow, Sie haben gesagt, dass diese Soldaten diejeni-
gen, die dort Terror ausüben, provoziert haben. Diese
Aussage ist absurd. Diese Soldaten haben definitiv für
mehr Sicherheit und mehr Freiheit in diesem Land ge-
kämpft, und sie sind denen zum Opfer gefallen, die in
der Öffnung des Landes und in der Veränderung der Ge-
sellschaft eine Gefahr für ihre eigenen Machtstrukturen
sehen und die Religion menschenverachtend dazu benut-
zen, kriminelle, vom Koran in keiner Weise zugelassene
Gewaltakte – auch gegen die eigene Zivilbevölkerung –
zu legitimieren.

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(C (D (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Ein Staat kann die Freiheit der Religion nur dann
urchsetzen und gegen die Verfolgung religiöser Min-
erheiten nur dann wirksam vorgehen, wenn er über die
oraussetzungen eines legitimen staatlichen Gewalt-
onopols und über Rechtsstaatlichkeit verfügt. Dazu

raucht er auch eine starke Zivilgesellschaft. Gerade in
risensituationen und in Zeiten politischer Transforma-

ionen werden Menschenrechte und Freiheiten oft als
rstes als unnötiger Zierrat abgetan. Oftmals gibt es ei-
en Verweis, dass es gilt, zunächst bestimmte Konflikte
u lösen, die Infrastruktur zu stützen und Stabilisie-
ungsmaßnahmen durchzuführen, bevor es um die Ein-
altung der Menschenrechte geht.

Es geht definitiv darum, die Menschenrechte und
reiheiten mitzudenken und die Menschen in die Gestal-

ung einzubeziehen. Das gilt nicht nur für die Schaffung
er Voraussetzungen für Menschenrechte wie Religions-
reiheit, sondern auch für den interreligiösen Dialog,
en wir dringend brauchen. Wenn die heutige Debatte
azu beiträgt, dass wir nachdenklich werden und einen
olchen Prozess noch stärker unterstützen, als es in der
ergangenheit der Fall war, dann ist ihr Ergebnis richtig
ut. Dafür danke ich Ihnen allen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1610014600

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Alois

arl, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Alois Karl (CSU):
Rede ID: ID1610014700

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten

amen und Herren! Dieser Antrag hat den Titel „Solida-
ität mit verfolgten Christen und anderen verfolgten reli-
iösen Minderheiten“. Lieber Herr Ramelow, aus diesem
runde wird auch auf andere Religionsgemeinschaften

ingegangen. Es ist nicht so, dass über Glaubensfreiheit
llgemein gesprochen werden müsste. Ich glaube schon,
ass es richtig ist, dass wir hier über die Verfolgung von
hristen einmal dezidiert und ausführlich diskutieren
nd die Situation anderer Minderheiten einbeziehen. In
er Tat wollte niemand tolerieren oder kleinreden, dass
ahai, Juden oder andere Religionsgemeinschaften ter-

orisiert und in ihren Freiheiten beschränkt werden.

Sie haben hier aber den Einsatz der Bundeswehr in
fghanistan als Kriegseinsatz tituliert – auch Frau Kol-

egin Graf hat das angesprochen –; dann dürfen Sie sich
icht wundern, dass Sie nicht aufgefordert wurden, bei
raktionsübergreifenden Anträgen mitzumachen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Bodo Ramelow [DIE LINKE]: Das muss ich aushalten!)


Gestern konnten wir den Tag des Grundgesetzes
eiern. Vor exakt 58 Jahren wurde in Art. 4 des Grund-






(A) )



(B) )


Alois Karl
gesetzes die Freiheit des Glaubens, des Bekenntnisses,
des Gewissens eingefügt.

Der Staat soll die ungestörte Religionsausübung bei uns
garantieren. Die Väter des Grundgesetzes haben in der
Tat gute Lehren aus der Vergangenheit gezogen. Die
Glaubensfreiheit ist allgemeiner Kompass für das politi-
sche Handeln. Der Grundsatz reicht weit über die Innen-
politik hinaus.

Die Religionsfreiheit ist vierfach begründet – wir ha-
ben das gehört –: in der Charta der Vereinten Nationen,
in der Erklärung der Menschenrechte, in der Europäi-
schen Menschenrechtskonvention und im Internationa-
len Pakt über bürgerliche und politische Rechte. Den-
noch drängt sich oft der Verdacht auf, dass die
Religionsfreiheit dann zur Spielmasse der Regierungen
wird, wenn es um nationale Interessen, um ethnisch und
religiös begründete Politik im Innern des Staates geht.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1610014800

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Ramelow?


Alois Karl (CSU):
Rede ID: ID1610014900

Bitte schön.


Bodo Ramelow (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610015000

Herr Kollege Karl, ich möchte mit Ihnen nicht über

die Ausgrenzungsstrategie diskutieren. Die bin ich ge-
wöhnt. Das alles fällt auf Sie selber zurück. Das ist auch
gar nicht Anlass für meine Meldung.

Ich würde gern nachfragen. Ich habe es immer so ver-
standen, dass der Einsatz in Afghanistan nach dem Ter-
roranschlag auf die Twin-Towers in den USA mit dem
Völkerrecht begründet ist und dass das ein Kriegsein-
satz ist. So wurde immer argumentiert. Wieso darf man
den Einsatz gegen die Taliban nicht als solchen bezeich-
nen?

Ich habe das Wort „Terroreinsatz“, das Sie offenkun-
dig gehört haben, gar nicht benutzt. Ich habe von
„Krieg“ gesprochen.


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Sie reden von „Kriegseinsatz“! Das ist unglaublich!)


Mein Eindruck ist, dass die täglichen Bilder und die
nicht zu akzeptierenden Toten – Tote sind tatsächlich je-
den Tag zu beklagen, und zwar auf allen Seiten; das
schließt unsere Soldaten ein – das belegen. Wieso darf
man den Einsatz von Soldaten in einem Krieg gegen die
Taliban nicht als Kriegseinsatz bezeichnen?


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Es ist ein Friedenseinsatz!)


Das ist für mich nicht nachvollziehbar.


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Das ist pervers!)


Ich habe Ihre völkerrechtliche Argumentation zumindest
immer so verstanden.


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(C (D (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber es ist kein Angriffskrieg!)


Ich habe vorhin nicht von „Angriffskrieg“ gesprochen.
ch habe von „Kriegseinsatz“ gesprochen. Es geht um

ilitär.


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: An ihren Worten werdet ihr sie erkennen!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1610015100

Herr Kollege Ramelow, Sie machen keine Zwischen-

ntervention, sondern Sie stellen eine Zwischenfrage
der machen eine Zwischenbemerkung.


Bodo Ramelow (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610015200

Ich wollte eine Zwischenfrage stellen.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1610015300

Dann bitte.


Bodo Ramelow (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610015400

Der Kollege hat mich eben kritisiert. Ich möchte wis-

en, warum das aus seiner Sicht von mir nicht als
riegseinsatz bezeichnet werden darf.


Alois Karl (CSU):
Rede ID: ID1610015500

Sie haben den Einsatz in Afghanistan vorhin als

riegseinsatz bezeichnet. Dagegen verwahre ich mich
usdrücklich. Lieber Herr Ramelow,


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: „Lieber“?)


er Einsatz der westlichen Truppen in Afghanistan ist
eeignet, zu erreichen, dass die Menschen dort wieder in
rieden ihren täglichen Geschäften nachgehen können,
ass Kinder in die Schule geschickt werden können und
ass Frauen in den großen Städten keinen terroristischen
bergriffen ausgesetzt sind. Das alles hat mit „Kriegs-

insatz“ nichts zu tun; im Gegenteil: Unsere Leute dort
ind im Einsatz, um endlich wieder friedliche Verhält-
isse in Afghanistan herbeizuführen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


ber das haben Sie schon in den Diskussionen bis dato
o nicht akzeptiert.

Ich komme zu meiner eigentliche Rede zurück, Frau
räsidentin, und darf wie folgt fortfahren: Es ist nicht so,
ie vorhin der Kollege Beck gesagt hat, dass wir die
hristen herausstellen wollen. Tatsache ist: Etwa
0 Prozent derjenigen, die in den verschiedenen Ländern
er Welt verfolgt werden, bekennen sich zum christli-
hen Glauben. Weltweit werden zurzeit mehr als
00 Millionen Christen an der Ausübung ihres Glaubens
ehindert und werden in der Tat in einer der größten
hristenverfolgungen, die es in der Geschichte der
enschheit jemals gegeben hat, in ihren elementaren
enschenrechten beeinträchtigt.

Wir erleben große Fortschritte auf den Gebieten der
irtschaft, der Technik und der Forschung, aber was die
eligionsfreiheit anbelangt, meint man manchmal, man






(A) )



(B) )


Alois Karl
sei in das Mittelalter zurückversetzt. Insbesondere dort,
wo der Islam Staatsreligion ist, ist es mit der Religions-
freiheit häufig nicht sehr weit her. Das Rechtssystem
steht unter dem Vorbehalt der Scharia. Religionswechsel
wird häufig mit der Todesstrafe bedroht. Damit dürfen
wir uns in gar keinem Fall abfinden. Aus diesem Grunde
ist es wichtig, dass wir in unserem Antrag die Bundesre-
gierung auffordern, in den internationalen Konferenzen
und auch bilateral die Thematik der Glaubens- und Reli-
gionsfreiheit anzusprechen.

Viele Glaubensbeeinträchtigungen in den einzelnen
Ländern sind schon angesprochen worden; ich brauche
da nichts zu wiederholen. Ich möchte aber darauf hin-
weisen, dass wir immer Flagge zeigen müssen, wenn wir
von Glaubensbeeinträchtigungen oder von Beeinträchti-
gungen der Religionsfreiheit hören. Bundeskanzlerin
Angela Merkel hat das gemacht. Bei ihrem Besuch in
China hat sie zum Beispiel den greisen Bischof
Aloysius Jin in Shanghai besucht. Sie hat damit für die-
sen 27 Jahre lang inhaftierten Kämpfer für Glaubens-
und Religionsfreiheit offen Sympathie gezeigt. Das ver-
dient ausdrücklichen Respekt, und wir bitten darum,
dass dies die generelle Linie unserer Vertreter auch des
Bundestages wird, wenn wir andere Länder besuchen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


In den nächsten Tagen findet der EU-Afrika-Gipfel
statt. Wir bitten, dort auch das Thema Glaubens- und Re-
ligionsfreiheit anzusprechen. Alle eingeladenen afrika-
nischen Staaten haben die entsprechenden internationa-
len Konventionen unterschrieben. Dennoch sieht die
Realität anders aus. Frau Steinbach ist auf verschiedene
Beispiele eingegangen. Wir könnten weiter über Vorfälle
in Nigeria und in Tansania sprechen.

Ebenso wurde die Türkei angesprochen. Vor 100 Jah-
ren bekannten sich dort noch 20 Prozent der Bevölke-
rung zum Christentum. Heute sind es noch 0,2 Prozent.
Kirchen ist es dort fast unmöglich, Eigentum zu erwer-
ben. Gotteshäuser können nicht errichtet werden. In die-
sen Zusammenhang passt es nicht, dass die Türkei heute
an der Tür zur EU steht und dass sie die Schwelle zur
Europäischen Union überschreiten möchte.

Ohne Religionsfrieden kann es keinen Weltfrieden
geben. Das hat Hans Küng einmal formuliert. Ich
glaube, dass es unmittelbar nach dem Tag des deutschen
Grundgesetzes richtig ist, dass wir die Solidarität mit
den verfolgten religiösen Minderheiten, insbesondere
mit den verfolgten Christen, in dieser Deutlichkeit dar-
stellen. Aus diesem Grund bitte ich Sie, dem Antrag der
Koalitionsfraktionen zuzustimmen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1610015600

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-
schusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe zu
dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD
mit dem Titel „Solidarität mit verfolgten Christen und
anderen verfolgten religiösen Minderheiten“.

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(C (D Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe a seiner eschlussempfehlung auf Drucksache 16/4498, den An rag der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD auf rucksache 16/3608 anzunehmen. Wer stimmt für diese eschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Entaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimen der Koalition bei Gegenstimmen der Opposition an enommen. Unter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung empiehlt der Ausschuss die Ablehnung des Antrags der raktion der FDP auf Drucksache 16/1998 mit dem Titel Für die weltweite Sicherstellung der Religionsfreiheit“. er stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer timmt dagegen? – Enthaltungen? – Diese Beschlussmpfehlung ist ebenfalls mit den Stimmen der Koalition ei Gegenstimmen der Opposition angenommen. Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Buchstabe c einer Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/4498 die blehnung des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grüen auf Drucksache 16/3614 mit dem Titel „Glaubensfreieit weltweit achten“. Wer stimmt für diese Beschlussmpfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – ie Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen von SPD, DU/CSU und FDP bei Gegenstimmen der Fraktion ündnis 90/Die Grünen und bei Enthaltung der Fraktion ie Linke angenommen. Zusatzpunkt 4, Abstimmung über den Antrag der Frakion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 16/5419 it dem Titel „Solidarität mit verfolgten Christen und nderen religiösen Minderheiten durch Berücksichtiung der religiös Verfolgten beim Flüchtlingsschutz einösen“. Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt agegen? – Enthaltungen? – Der Antrag ist mit den timmen von SPD und CDU/CSU bei Enthaltung der DP und Gegenstimmen von Bündnis 90/Die Grünen nd der Fraktion die Linke abgelehnt. Ich rufe Tagesordnungspunkt 8 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Rainer Brüderle, Martin Zeil, Gudrun Kopp, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Mehr Dynamik und mehr Wettbewerb für die deutsche Volkswirtschaft – Entflechtungsregelung in das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen und europäisches Recht integrieren – Drucksache 16/4065 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Rechtsausschuss Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich öre keinen Widerspruch; dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege ainer Brüderle, FDP-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Benzinpreise steigen jetzt, vor Pfingsten, auf Rekordhöhe. Wir erleben das fast regelmäßig vor langen Wochenenden und Feiertagen. Der Bundeswirtschaftsminister spricht davon, dass offensichtlich, so wörtlich, der Wettbewerb nicht funktioniert. Wir haben ein Duopol auf dem Benzinmarkt, zwei große Gruppen, und eine Zahl freier Tankstellen, die gegen die Übermacht offenbar nicht ankommen können. Auch in anderen Bereichen verstärkt sich die Beurteilung, dass der Wettbewerb als Triebfeder für Innovationen und vernünftige Preise nicht richtig funktioniert. Wir erleben derzeit bei einem großen deutschen Konzern, dass die „Fusionitis“ revidiert wird, dass man sich wieder auf Deutschland konzentriert, nachdem man viele Milliarden versenkt hat. Der damalige Kartellamtspräsident Böge hat 2001 bei der Tankstellenfusion BP/Aral deutliche Bauchschmerzen gehabt. Niemand sehnt sich nach dem Telefonmonopol zurück: graue Einheitshörer und extrem hohe Inlandstelefonpreise. Deshalb muss der Wettbewerb funktionieren. Das Kartellamt hat sein Instrumentarium, aber das reicht nicht aus. Die Monopolkommission hat immer wieder beklagt, dass die Missbrauchsaufsicht der Kartellämter die Erwartungen nicht erfüllen kann. Deshalb besteht Handlungsbedarf. Wir brauchen eine klare Linie. Die Bundesregierung handelt widersprüchlich: Sinnvolle Anreizregulierung in der Energiewirtschaft steht einem sinnlosen Verbot von Verkäufen unter Einstandspreis gegenüber. Darüber hinaus diskutiert die Koalition darüber, für Zeitungen einen Ausnahmetatbestand im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen zu etablieren, um offenbar politisch gewollte Zusammenschlüsse zu ermöglichen. Wollen wir etwa eine Einheitszeitung für Deutschland auf den Weg bringen? Deshalb muss der Instrumentenkasten des Kartellamts um das Instrument der Entflechtung erweitert werden, das die Amerikaner jetzt seit über 100 Jahren kennen; dort ist es der sogenannte Sherman Act. Im Falle übertriebener Vorgehensweise kann gehandelt und entflochten werden. Die Entflechtung ist eine Ultima Ratio, „fleet in being“, die man sicherlich nur dann anwenden wird, wenn nichts anderes mehr geht. Rechtliche Bedenken dagegen, die es hier in dieser Debatte gibt, sind meines Erachtens nicht überzeugend. Schon bisher kann das Kartellamt bei Fusionen Auflagen machen, zum Beispiel die Auflage, Teile eines Unternehmens oder ein Unternehmen zu veräußern, um eine Genehmigung erst erwirken zu können. Leichtfertig darf das nicht geschehen; es soll auch nicht enteignet werden. Wenn Eingriffe erfolgen, wird das natürlich auch entsprechende Konsequenzen haben. Aber ich bin überzeugt, dass allein die Tatsa c u n k n w N l m c B Ä k e f d H t t f w I i g f – d G e B i f s K d g M e s W f t w k U e T m u (C (D he, dass eine Korrektur erfolgen kann, dämpfend wirkt nd die stärksten Auswüchse reduzieren wird. Dann besteht auch die Möglichkeit, Ministererlaubisse, die sich als falsch erweisen, zu korrigieren. Heute ann man das nicht. Ich halte – um konkret zu werden – ach wie vor die Fusion Eon/Ruhrgas für einen wettbeerbspolitischen Fehler. (Beifall bei der FDP sowie des Abg. Dr. Hakki Keskin [DIE LINKE])


(Beifall bei der FDP)





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Rainer Brüderle (FDP):
Rede ID: ID1610015700

(Zuruf von der CDU/CSU: Doch, die Linke!)


(Beifall bei der FDP)


iemand kann mir begründen, dass jemand in der sozia-
en Marktwirtschaft 87 Prozent Marktanteil braucht, da-
it die Marktwirtschaft funktionieren kann. Damit sol-

he Fehlentscheidungen mit unschönen politischen
egleitungen, personalpolitischen Belobigungen und
hnlichem, die damit verbunden sind, korrigiert werden
önnen, braucht man das Instrument der Entflechtung.

Man braucht das auch auf europäischer Ebene. Die
uropäische Wettbewerbskommissarin Kroes hat mehr-
ach eine Entflechtung in der Energiewirtschaft gefor-
ert.


(Burkhardt Müller-Sönksen [FDP]: Zu Recht!)


err Bundeswirtschaftsminister Glos hat große Sympa-
hie dafür bekundet. Offenbar auf Druck aus der Koali-
ion ist er später wieder zurückgerudert und hat seine öf-
entliche Äußerung relativiert, sodass man nicht weiß,
as er in Wirklichkeit darüber denkt.

All diese Elemente zeigen, dass es klug ist, den
nstrumentenkasten zu erweitern. Das Kartellamt muss
n der Lage sein, dramatischen Fehlentwicklungen ent-
egenzutreten. Die Amerikaner lassen ja manches lau-
en, mehr als wir; aber ich habe in Amerika Fälle erlebt
bei AT&T und auch bei IBM –, bei denen schließlich

och durchgegriffen worden ist. Wenn übergeordnete
esichtspunkte des Gemeinwohls gefährdet sind, kann

ingegriffen und eine Entscheidung revidiert werden.
ei uns geht das nicht. Deshalb lautet unsere Forderung,

n das nationale Kartellrecht das Instrument der Ent-
lechtung aufzunehmen und das Gleiche auf europäi-
cher Ebene auf den Weg zu bringen, wie es von der
ommissarin angemahnt wird. Wenn wir glaubwürdig
eutlich machen wollen, dass es uns mit dem Gesetz ge-
en Wettbewerbsbeschränkungen ernst ist – das ist die
agna Charta der sozialen Marktwirtschaft –, dann wäre

s ein Widerspruch, den Strukturen hilflos gegenüberzu-
tehen.

Man kann nicht auf der einen Seite sagen, man sei für
ettbewerb, und auf der anderen Seite tausend Aus-

lüchte haben und kneifen, wenn es um die Ausgestal-
ung eines entsprechenden Instrumentes geht. Wettbe-
erb muss auch unbequem sein, ansonsten erreichen wir
eine guten Ergebnisse und ansonsten haben kleinere
nternehmen keine Chance auf dem Markt. Wir haben

s bei der gestrigen Debatte wieder gehört: Wenn wir im
elekommunikationsbereich keinen Wettbewerb er-
öglicht hätten, dann wären wir in diesem Bereich noch

nendlich rückständig.


(Beifall bei der FDP)







(A) )



(B) )


Rainer Brüderle
Wir erleben Ähnliches auch bei Preisgestaltungen in
der Energiewirtschaft. Auch hier muss es andere Struk-
turen geben. Deshalb ist unsere herzliche Bitte, sich über
ideologische Scheuklappen hinwegzusetzen und Ja zu
sagen zu einer Erweiterung eines Instruments, das sorg-
sam geprüft werden muss, das aber in Extremfällen die
Möglichkeit zur Korrektur einräumt. Ansonsten kann
man nur wie der Bundeswirtschaftsminister sagen, alles
sei ganz schlimm, man könne nichts machen und der
Wettbewerb funktioniere nicht.

Wer A sagt, muss auch B sagen. Sie haben die
Chance, B zu sagen. Auch mein Name fängt mit B an;
das ist ein gutes Zeichen.

Herzlichen Dank.


(Heiterkeit und Beifall bei der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1610015800

Ich gebe das Wort dem Kollegen Albert Rupprecht,

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Albert Rupprecht (CSU):
Rede ID: ID1610015900

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Herr Brüderle, wir kämpfen wie Sie mit Leidenschaft
und aus tiefster Überzeugung für Wettbewerb; denn wir
glauben, dass nur Wettbewerb, Vielfalt, Kreativität und
das Sich-Anstrengen den Wohlstand in Deutschland si-
chern können.

Wir sind fest entschlossen, Vermachtungsstruktu-
ren wie zum Beispiel im Strombereich aufzubrechen.
Was wir derzeit im Strombereich machen, ist konzeptio-
nell durchdacht. Es handelt sich um ein Gesamtpaket.
Wir ziehen das auch gegen den massiven Widerstand
mancher Konzerne durch, weil wir an die zwingende
Notwendigkeit des Wettbewerbs glauben.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Es ist schon mehrfach hier gesagt worden, und es ist
richtig: Nur der Wettbewerb beschert den Verbrauchern
niedrige Strompreise. Die Bürger draußen im Lande ha-
ben es satt, dass die Stromrechnung inzwischen zu einer
zweiten Miete geworden ist.

Aber nun zu Ihrem Antrag. Die Frage ist doch in der
Tat, ob eine allgemeine Entflechtungsnorm eine wirk-
lich wirksame Waffe gegen Vermachtungsstrukturen in
der Wirtschaft ist. Das Thema ist nicht neu; darüber wird
seit 50 Jahren immer wieder diskutiert. Auch mehrere
FDP-Minister haben diese Debatte geführt. Aber letzt-
endlich wurde dieses Instrument bis dato nie eingeführt.
Warum nicht?

Erstens. Das Bundeskartellamt sagt uns, dass die Ent-
flechtung letztendlich nicht praktikabel ist, weil jedes
betroffene Unternehmen, das diesen tiefen Eingriff in
das Eigentum hinnehmen muss, natürlich versuchen
wird, dagegen gerichtlich vorzugehen. Dieser Streit
durch alle Instanzen dauert dann zehn Jahre. Wenn das
Kartellamt nach zehn Jahren gewinnen sollte, haben sich
aber der relevante Markt sowie die Organisationsstruk-

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(C (D ur, die Produktstruktur und die Unternehmensstruktur uf diesem Markt fundamental geändert. Wir leben in ynamischen Zeiten. Nach zehn Jahren besteht gar nicht ehr die Grundlage, auf der eine Entscheidung über die ntflechtung getroffen worden war. Was wird in diesen zehn Jahren passieren? Es ist vollommen klar, dass das betroffene Unternehmen nicht ehr in Deutschland, sondern woanders investieren ird. Warum sollten Vattenfall und RWE in Infrastruktur nd in Kraftwerke bei uns investieren, wenn ihnen die erschlagung am Standort Deutschland droht? Das weren sie natürlich nicht tun. Summa summarum werden diese juristischen Auseinndersetzungen harte gerichtliche Kämpfe sein; die eisten wird das Kartellamt verlieren. Außerdem wer en die dringend notwendigen Investitionen nicht in eutschland, sondern in Polen, in Frankreich und anerswo getätigt werden. ntflechtung, Herr Brüderle, ist eben nicht die große underwaffe. (Rainer Brüderle [FDP]: Warum geht es in Amerika?)


(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)


Sehr geehrte Damen und Herren, eine allgemeine Ent-
lechtungsnorm macht nur dann Sinn, wenn die Ent-
lechtung innerhalb weniger Monate durchgezogen und
bgeschlossen werden kann. Das schaffen Sie nur, wenn
ie sie im Paket mit Beweislastumkehr und Sofortvoll-
ug einführen. Aber genau dies lehnt die FDP bei der
erzeitigen Novelle des GWB ab. Herr Brüderle, das ist
icht stimmig, das ist widersprüchlich.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


ie brauchen ein Entflechtungsmodell, das verfas-
ungsrechtlich unbedenklich ist. Ihr Modell ist dem
hiel-Modell sehr ähnlich, das ich auf den ersten Blick
urchaus als sehr sympathisch empfunden habe. Aber
ir müssen zur Kenntnis nehmen, dass die Diskussion

uch über das Rhiel-Modell in den letzten Monaten letzt-
ndlich erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken auf-
ezeigt hat. Nach 50 Jahren Debatte gibt es bis dato noch
ein überzeugendes Modell.

Zweitens. Eine Entflechtung kann in einem freien
and, wie die FDP in ihrem Antrag zu Recht schreibt,

mmer nur die Ultima Ratio sein.


(Zuruf von der FDP: So ist es!)


ur wenn alle anderen Maßnahmen gescheitert sind,
arf der Staat in das Eigentumsrecht der Bürger eingrei-
en, um den Wettbewerb zu sichern. Nun gibt es Vor-
chläge vonseiten der Grünen sowie der Linken und den

unsch der Kommissarin Kroes, die Entflechtung in der
nergiewirtschaft zu vollziehen.


(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Genau!)


ber Ultima Ratio heißt auch für die Energiewirtschaft,
ass alle anderen Maßnahmen ergriffen worden und ge-
cheitert sein müssen. Davon kann jedoch bis heute






(A) )



(B) )


Albert Rupprecht (Weiden)

überhaupt nicht die Rede sein. Wir sind mitten in der
Umsetzung eines riesengroßen Energiepakets. Einiges
wurde bereits beschlossen, und einiges wird in den
nächsten Monaten sowohl im Deutschen Bundestag als
auch auf europäischer Ebene beschlossen werden. In der
Tat kann heute niemand abschließend sagen, ob dieses
Energiepaket das erreichen wird, was wir uns wünschen.
Aber es hat das Potenzial, den Wettbewerb auf dem deut-
schen Markt erheblich zu beleben und einen europäi-
schen Energiemarkt zu etablieren.

Gerade der Ausbau der Kuppelstellen und der europäi-
schen Netze ist die Voraussetzung für einen europäi-
schen Energiemarkt. Dies ist Bestandteil der derzeiti-
gen Verhandlungen auf europäischer Ebene. Aber auch
hier gilt: Nur dann, wenn der Ausbau der Kuppelstellen
und alle anderen Maßnahmen nicht ausreichten, könnte
ernsthaft an eine Entflechtung als Ultima Ratio gedacht
werden.

Drittens. Die FDP hat durchaus Recht, wenn sie in ih-
rem Antrag formuliert, dass eine Entflechtungsnorm
nicht nur in Deutschland, sondern auf jeden Fall parallel
auch auf europäischer Ebene eingeführt werden müsste,
weil es anderenfalls zur Abwanderung von Investitionen
ins Ausland sowie zum Verlust von Produktion und
Arbeitsplätzen in Deutschland käme. Der Deutsch-
land-Chef von Vattenfall sagt uns bereits jetzt, dass es
immer schwieriger werde, Investitionen in Deutschland
beim Mutterkonzern in Schweden zu rechtfertigen, weil
man ihn dort schlichtweg frage, wieso er Kraftwerke
nicht günstiger in Polen baue und dann den Strom von
Polen nach Deutschland transportiere.

Eine Entflechtung ausschließlich in Deutschland
führte dazu, dass mancher international tätige Konzern
nicht mehr in Deutschland investierte und produzierte.
Dies gilt natürlich insbesondere für marktmächtige Un-
ternehmen, die von einer Entflechtung bedroht wären.
Das Risiko, die Investitionen und das Eigentum zu ver-
lieren, wäre ihnen zu hoch. Deswegen brauchen wir in
einem solchen Fall einen Gleichklang von europäi-
schem und deutschem Recht. Heute weiß aber noch
niemand, welche Vorschläge die Kommissarin Kroes im
Herbst zur eigentumsrechtlichen Entflechtung vorlegen
wird. Auch deswegen ist heute nicht der Zeitpunkt, ei-
nem konkreten Modell der FDP zuzustimmen.

Unser Anliegen muss es aber sein, Minister Glos, der
im Juni im Energieministerrat über diese Themen ver-
handeln wird, ein Meinungsbild des Parlaments mit auf
den Weg zu geben, damit er dort die deutschen Interes-
sen vertreten kann. Er soll und muss wissen, was das
deutsche Parlament darüber denkt.

Ich fasse zusammen: Erstens. Ein funktionierender
Wettbewerb ist eine zentrale Voraussetzung für Wohl-
stand; dies ist die zentrale Errungenschaft seit Ludwig
Erhard.

Zweitens. Eine Entflechtung von Unternehmen, um
den Wettbewerb zum Wohle der Verbraucher zu sichern,
kann als Ultima Ratio nicht ausgeschlossen werden, aber
wirklich nur als Ultima Ratio!

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(C (D Drittens. Alle derzeit vorliegenden Modelle haben erebliche rechtliche und praktische Mängel und sind icht geeignet. Auch das FDP-Modell ist nicht geeignet. eswegen werden wir dem Antrag der FDP heute nicht ustimmen. Herzlichen Dank. Ich gebe das Wort dem Kollegen Dr. Herbert Schui, raktion Die Linke. (Beifall bei der LINKEN – Laurenz Meyer [Hamm] [CDU/CSU]: Jetzt bin ich mal gespannt! – Ute Kumpf [SPD]: Jetzt gibt es wieder eine Vorlesung!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1610016000


Dr. Herbert Schui (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610016100

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr

rüderle, ich bin Ihnen zunächst dankbar, dass Sie die
ributzahlungen an die Mineralölkonzerne anlässlich
oher christlicher Feste kritisieren. Das sollte an sich
icht sein. Vielleicht sollte man eher weltliche Feste zum
nlass nehmen und die christlichen davon ausnehmen.

Damit ist aber auch schon klar, was mit Entflechtung
ewirkt werden kann. Wenn die Kosten durch techni-
chen Fortschritt gesenkt werden, dann kann bei vielen
nbietern am Markt durchaus erreicht werden, dass die
reise den Kosten entsprechen. Dann besteht über Ent-
lechtung und Wettbewerb die Möglichkeit, auf die Ein-
ommensverteilung einzuwirken. Allerdings fördert
ntflechtung nicht notwendigerweise technische Innova-

ionen. Ebenso können wir nicht behaupten, dass Kon-
entration Innovationen verhindert. Denn immer dann,
enn kostensenkende Innovationen möglich sind, wird

in Unternehmen, auch wenn es eine Monopolstellung
innimmt und gut verdient, die Möglichkeit zur Steige-
ung der Gewinne nutzen. Denn es gibt bei einem Unter-
ehmen niemals eine Obergrenze der Gewinne.


(Beifall bei der LINKEN)


Es ist aber auf einige ungelöste Fragen hinsichtlich
er Entflechtung hinzuweisen. Durch Entflechtung al-
ein erzielen wir keinen technischen Fortschritt in der
mwelt. Ich erinnere an die Rußpartikelfilter oder die
ntwicklung von Kraftfahrzeugen mit geringem Kraft-
toffverbrauch. Einen solchen Fortschritt erreichen wir
ann nicht, wenn jener technische Fortschritt keinen or-
entlichen Gewinnschub verspricht. Ähnliches können
ir da und dort in der Forschung der Pharmaindustrie
erzeichnen, wenn es um Medikamente geht, die in den
berlegungen nicht den ersten Rang einnehmen.

Ein weiterer Punkt. Wir können durch Entflechtung
icht erreichen, dass der technische Fortschritt der
umanisierung der Arbeitswelt dient. Ob mit oder

hne Entflechtung: Technischer Fortschritt wird in die-
em Bereich immer nur das betreffen, was den größten
ewinn bringt. Wenn der Gewinn mit mehr Stress er-
auft wird, dann wird natürlich auch dem entsprochen.
it Entflechtung ist also nicht alles zu erreichen.






(A) )



(B) )


Dr. Herbert Schui
Nun zu einigen administrativen Fragen, wie Ihre Idee
durchzusetzen ist. Als Kriterium für Entflechtung nennt
die FDP – ich zitiere –:

Der kausale Zusammenhang zwischen der verursa-
chenden Markt- bzw. Unternehmensstruktur einer-
seits und der durch sie verursachten missbräuchli-
chen Verhaltensweise muss eindeutig sein.

Die Eingriffskriterien sollen „extrem hoch angesetzt
werden“.

Nun kann man notfalls noch den Marktanteil, bei dem
Missbrauch entsteht, nachweisen. Wenn aber aus dem
Antrag ein Gesetz wird, dann böte dies vielen Juristen
und Gutachtern eine Beschäftigung gegen gutes Hono-
rar. Denn Marktanteile usw. lassen sich noch nachwei-
sen. Aber bezüglich eines kausalen Zusammenhangs,
wie ihn die FDP in ihrem Antrag formuliert, bin ich
skeptisch. Es gibt genug verkorkste Wirtschaftstheorie
und Fachgutachter, die reichlich verwirrende Überlegun-
gen dazu anstellen werden. Ich vermute, dass solche
Rechtszüge lange dauern und kein Ergebnis bringen.


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse)


Ein wesentlicher Grund für Entflechtung und Maß-
nahmen, die darüber hinausgehen, wird im FDP-Antrag
nicht genannt: Das ist der kausale Zusammenhang – so
Ihr Terminus – zwischen Marktmacht und politischer
Macht. Vor allen Dingen deswegen, so meine ich, brau-
chen wir Entflechtung. Denn im Rahmen der Konzentra-
tion bestimmen

die Großunternehmen … nicht nur entscheidend die
Entwicklung der Wirtschaft …, sie verändern auch
die Struktur von Wirtschaft und Gesellschaft … Mit
ihrer durch Kartelle und Verbände noch gesteiger-
ten Macht …

gewinnt die Großwirtschaft

einen Einfluß auf Staat und Politik, der mit demo-
kratischen Grundsätzen nicht vereinbar ist.


(Beifall bei der LINKEN)


Sie usurpiert Staatsgewalt.

Wirtschaftliche Macht wird zu politischer Macht.
Diese Entwicklung ist eine Herausforderung an
alle, für die Freiheit und Menschenwürde, Gerech-
tigkeit und soziale Sicherheit die Grundlagen der
menschlichen Gesellschaft sind. …

Das zentrale Problem heißt heute: Wirtschaftliche
Macht. Wo mit anderen Mitteln eine gesunde Ord-
nung der wirtschaftlichen Machtverhältnisse nicht
gewährleistet werden kann, ist Gemeineigentum
zweckmäßig und notwendig.

– Also auch die Methode einer eigentumsrechtlichen
Entflechtung.

Nun, der emphatische Charakter der letzten Sätze
lässt erraten: Es handelt sich um Zitate aus einem Partei-
programm, nämlich aus dem Godesberger Programm der
SPD von 1959. Diese Passagen sind aktueller denn je.

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(C (D n die FDP richtet sich dieses Zitat sicherlich nicht; enn als Rechtsstaatspartei weiß die FDP ohnehin, dass irtschaftliche Macht oft genug Bürgerund Menschen echte beschränkt hat. Ich bin gespannt, ob die SPD die urve zu den Vorstellungen des Godesberger Proramms kriegt oder ob sie der neuen Tradition nachgibt, ass das alles nicht mehr zeitgemäß ist. Vielen Dank. Ich erteile das Wort Kollegen Christian Lange, SPD raktion. Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her en! In der Tat: Wettbewerb braucht Regeln. Ich denke, ieser Grundgedanke verbindet die FDP und die Sozialemokraten mit mehreren hier im Hause. Ich will allerings infrage stellen, Herr Kollege Brüderle, ob das Beipiel, das Sie gleich zu Anfang genannt haben – die nerfreuliche Entwicklung der Benzinpreise vor Pfingsen –, ein gutes Beispiel ist, verweist es doch auf die naionalen Steuerhöhen. Nach einem Blick auf die Übericht des Hamburger Energie-Informationsdienstes stelle ch fest, dass Deutschland bei den Benzinpreisen ohne teuern im Vergleich der 25 EU-Staaten auf Rang 14 iegt. Beim Diesel erreicht Deutschland Rang 20 und geört damit zu den billigsten Ländern Europas. Deshalb ommt das Institut in der Frage „Funktioniert der Wettewerb?“ zu dem Ergebnis, dass der Vorwurf an die onzerne, sie würden an den Tankstellen zu hohe Preise ehmen, zumindest aus diesem Grunde nicht zutrifft. Ich age das deshalb, weil ich finde, dass die ehrliche Deatte es gebietet, das hier zu erwähnen. Ganz so einfach st der Zusammenhang also nicht. Obwohl ich weiß, dass ie Aussage problematisch ist, glaube ich sagen zu düren: Das ist kein Beispiel dafür, dass wir eine solche Entlechtungsnorm bräuchten. Wir sind uns einig: Funktionierendem Wettbewerb ommt für eine freiheitliche Gesellschaftsund Privatechtsordnung eine zentrale Bedeutung zu. Das deutche Kartellrecht hat die Aufgabe, den Wettbewerb vor eschränkungen zu schützen. Deutsches und europäi ches Kartellrecht stützen sich dabei im Wesentlichen uf drei Instrumente, mit denen Wettbewerbsbeschränungen verhindert bzw. untersagt werden können: zum rsten das Kartellverbot, zum Zweiten die Missbrauchsontrolle über marktbeherrschende Unternehmen sowie um Dritten die Zusammenschlusskontrolle. Damit sind ir bisher einigermaßen gut gefahren. Ich sage das, obohl wir alle wissen – wir sind ja dabei, das GWB zu ovellieren –, dass es hier durchaus Verbesserungsbedarf ibt. Selbstverständlich können diese kartellrechtlichen nstrumente bzw. Vorschriften nicht jeden Einzelfall voreg ausdrücklich regeln; das liegt in der Natur der Sa he. Deshalb gibt es die im Kartellrecht weitverbreiteten ogenannten unbestimmten Rechtsbegriffe, zum Beispiel en der „marktbeherrschenden Stellung“ und den des relevanten Marktes“. Was bedeutet das nach der derzeiigen Rechtslage? Anknüpfungspunkt ist § 19 Abs. 1 WB. Da heißt es: Christian Lange Die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen ist verboten. Wie wird das nun angewandt? Ich will nur auf diese beiden unbestimmten Rechtsbegriffe hinweisen. Zum relevanten Markt. Die kartellrechtliche Missbrauchsaufsicht erfordert die marktbeherrschende Stellung eines Unternehmens. Eine marktbeherrschende Stellung wiederum gibt es nicht per se, sondern nur auf einem zuvor individuell ermittelten relevanten Markt, auf dem das Unternehmen über eine besondere Position verfügt. Der relevante Markt des Unternehmens wird grundsätzlich in einer sachlichen – bezogen auf das Produkt – und in einer räumlichen Hinsicht – bezogen auf das Gebiet – bestimmt und abgegrenzt. Damit kommen wir zum zweiten, zentralen unbestimmten Rechtsbegriff. Es stellt sich letztlich die Frage, ob diese Begriffe ausreichen, um das Marktgeschehen zu beherrschen. Hat man den relevanten Markt ermittelt, muss in einem weiteren Schritt geprüft werden, ob das Unternehmen auf diesem Markt eine marktbeherrschende Stellung innehat. Eine marktbeherrschende Stellung liegt dann vor, wenn das Unternehmen über eine wirtschaftliche Machtstellung verfügt, die es auf diesem relevanten Markt in die Lage versetzt, sich in nennenswertem Umfang unabhängig von seinen Wettbewerbern, seinen Abnehmern und/oder letztlich den Verbrauchern zu verhalten. Zum Nachweis dieser marktbeherrschenden Stellung wird in der Praxis auf die Marktund Unternehmensstruktur sowie auf das Marktverhalten des Unternehmens selbst abgestellt. Wichtige Kriterien dabei sind insbesondere der Marktanteil des Unternehmens, die Marktzutrittsmöglichkeiten für andere Unternehmen sowie der Zugang zu Absatzund Beschaffungsmärkten. Im deutschen Kartellrecht wird bei einem Marktanteil von einem Drittel die marktbeherrschende Stellung eines Unternehmens vermutet. Diese unbestimmten Rechtsbegriffe beschreiben abstrakt den Bereich, für den sie gelten sollen. Durch die Auslegung seitens der Kartellbehörden bzw. der Verwaltungsgerichte wird dabei eine Bewertung aller Umstände des Einzelfalls vorgenommen, in dem der Begriff konkret angewandt werden soll. Durch diese unbestimmten Rechtsbegriffe ist es dem Kartellrecht möglich, einen konstanten ordnungspolitischen Rahmen zu setzen. Mit dessen Hilfe wiederum können wir auf dynamische Entwicklungen reagieren und im Interesse eines gut funktionierenden Wettbewerbs handeln. Den Vorschlag der FDP, eine über die geltenden Regelungen des deutschen und europäischen Kartellrechts hinausgehende eigentumsrechtliche Entflechtungsregelung in die laufende Kartellrechtsnovelle aufzunehmen, halte ich für nicht angezeigt. Das gilt zumindest solange, wie nicht alle Möglichkeiten – damit sind wir wieder bei dem Ultima-Ratio-Argument –, die das deutsche bzw. das europäische Wettbewerbsrecht hergeben, auch angewandt werden. Das deutsche und das europäische Wettbewerbsrecht kennen eine allgemeine Entflechtungsregel über die Ansätze der Wiederauflösung vollzogener Unternehmenszusammenschlüsse nicht. Solche struktu r b g m n h t g d d d w s g i A l e a g M A g s D B z s a z g b g e v d h A t d d D z K d (C (D ellen Maßnahmen stellen – der Kollege Rupprecht hat ereits darauf hingewiesen – einen sehr erheblichen Einriff in die unternehmerische Betätigungsfreiheit dar und üssen deshalb im Einzelfall begründbar sein. Unterstellen wir einmal, wir kämen Ihrem Antrag ach. Es stellt sich schon die Frage: Bringt das überaupt etwas? Bei Ihrer Forderung nach einer Entflechungsnorm im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkunen bemühen Sie, wie ich meine, die USA als Vorbild. In en USA war der sogenannte Sherman Antitrust Act ie erste Rechtsquelle für das Wettbewerbsrecht gegen ie Beschränkung des Marktes durch Marktmacht. Er urde im Jahr 1890 erlassen. Lassen Sie uns einmal ein bisschen in die Rechtsgechichte der USA schauen, um festzustellen, ob der anestrebte Entflechtungsgewinn tatsächlich eingetreten st. Dieses Recht kam in den USA nur in Einzelfällen zur nwendung. American Tobacco wurde 1911 auf Grund age des Sherman Antitrust Acts entflochten. Das ist das rste Beispiel. Das zweite Beispiel: Standard Oil wurde m 8. November 1906 von der Regierung der USA aneklagt und am 5. Mai 1911 entflochten. Das nächste al kam das Gesetz erst sehr viel später zum Einsatz: T&T – Herr Brüderle, dieses Beispiel haben Sie selbst enannt – wurde am 8. Januar 1982 aufgrund dieses Geetzes entflochten, nachdem das Unternehmen 1974 vom epartment of Justice angeklagt worden war. Viertes eispiel: IBM wurde 1982 auf der Grundlage des Gesetes angeklagt; das Verfahren wurde allerdings eingetellt. Fünftes Beispiel: Microsoft wurde 1991 ebenfalls ngeklagt, gegen den Sherman Antitrust Act verstoßen u haben; das Verfahren endete 1994 mit einem Verleich. Die marktbeherrschende Stellung von Microsoft eklagen auch wir dann und wann. Zumindest aufgrund der Vorgänge in jüngster Verganenheit können wir erhebliche Zweifel daran haben, ob ine solche Entflechtungsregelung überhaupt zu dem on Ihnen erwünschten Erfolg führt. Die USA sind jeenfalls, so meine ich, kein gutes Beispiel dafür. Desalb halte ich es für falsch, auf den Sherman Antitrust ct abzustellen. Die FDP betont, dass solche erzwungenen Entflechungen nur in Betracht kommen, wenn der Wettbewerb urch ein Übermaß an Marktmacht beschränkt wird und iese Beschränkung mit herkömmlichen Mitteln auf auer nicht beseitigt werden kann. Sie ziehen also eine usätzliche Hürde ein. Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des ollegen Brüderle? Ja, gerne. Herr Kollege Lange, würden Sie mir zustimmen, dass ie Wirkung dieses Mechanismus nicht nur an den von Rainer Brüderle Ihnen angesprochenen Fällen abzulesen ist? Die „fleet in being“ ist deshalb so wirksam, weil viele Prozesse, die sonst angestrebt würden, nicht stattfinden, weil man sonst das Risiko eingehen würde, dass Entflechtungsmaßnahmen ergriffen werden. Deshalb kann man die Wirkung eines Instruments nicht nur an den vollzogenen Fällen beurteilen, sondern muss auch die Fälle berücksichtigen, die gar nicht aufgetreten sind; diese kann man natürlich nur schwer messen. Aber das ist einer der Effekte, die dabei erwünscht sind. Das ist durchaus ein Argument, das ich zugestehen will. Aber Sie müssen sehen: Der Sherman Antitrust Act ist seit 1890 in Kraft, also über einen Zeitraum von mehr als einem Jahrhundert. Daher behaupte ich, dass es auf das Ergebnis ankommt. Die Abschreckungswirkung kann ohne Zweifel auch ein Kriterium sein. Aber ich meine, gerade das Beispiel von Microsoft macht deutlich, dass wir es nach wie vor mit einer beträchtlichen Marktmacht zu tun haben und dass selbst die abschreckende Wirkung, auf die Sie mit Ihrer Zwischenfrage abstellen, nicht zum gewünschten Ergebnis geführt hat. Deshalb meine ich, dass es kein gutes Beispiel ist und wir den Sherman Antitrust Act nicht ins deutsche Recht übertragen sollten. Die FDP – damit möchte ich schließen – betont, dass solche erzwungenen Entflechtungen nur in Betracht kommen, wenn der Wettbewerb durch ein Übermaß an Marktmacht beschränkt wird und diese Beschränkungen mit herkömmlichen Mitteln nicht auf Dauer beseitigt werden können. Die Kriterien für eine erzwungene Entflechtung müssten – das schreiben Sie selbst – extrem hoch angesetzt werden. Bloße Marktmacht allein reiche ebenso wenig aus wie ein missbräuchliches Verhalten. Es müsse darauf ankommen, dass das Verhalten eines Unternehmens nur durch eine Entflechtung beseitigt werden kann. Sie heben also selbst hervor, dass eine Maßnahme wie eine Entflechtung nur in diesen absoluten Extremfällen zum Zuge kommen sollte. Insofern – auch da ist wieder der Abschreckungsgedanke; da wird sich jeder leicht herausreden können – kann ich den Bedarf nach einer solchen Regelung, die nur in Extremfällen greift und in den USA über hundert Jahre hinweg nicht zum gewünschten Erfolg geführt hat, nicht erkennen. Ich schließe mich dem Koalitionspartner, der CDU/CSU, an und sage: Das brauchen wir in Deutschland weiß Gott nicht. Deshalb lehnen wir den Antrag der FDP ab. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1610016200
Christian Lange (SPD):
Rede ID: ID1610016300




(A) )


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(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1610016400
Christian Lange (SPD):
Rede ID: ID1610016500
Rainer Brüderle (FDP):
Rede ID: ID1610016600




(A) )


(B) )

Christian Lange (SPD):
Rede ID: ID1610016700

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


(Martin Zeil [FDP]: Ja!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1610016800

Das Wort hat nun Kollegin Kerstin Andreae, Fraktion

des Bündnisses 90/Die Grünen.

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(C (D Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und erren! Wir überweisen den Antrag in die Ausschüsse nd haben dann die Möglichkeit, dort darüber zu diskuieren. Ich finde die Möglichkeit, in diesem Zusammenang über die Entflechtungsregel zu diskutieren, sehr pannend. Ich finde es sehr gut, dass wir die Möglichkeit azu haben und auch im Ausschuss haben werden. Denn ch teile nicht die Einschätzung der Großen Koalition, ass das amerikanische Beispiel des Sherman Antitrust ct deutlich gemacht hat, dass dieses Instrument nichts augt und wir uns deswegen die Diskussion hier sparen önnen. Es gab im Übrigen schon in der 10. Wahlperiode eien Antrag von der SPD-Fraktion, die die Entflechungsregel ins GWB aufnehmen wollte. Wir haben in der 3. Legislaturperiode einen Antrag der Grünen-Fraktion ebattiert, die die Entflechtungsregel ins GWB aufnehen wollte. Die Diskussion ging voran. Wir haben heute ine andere Struktur als in den Jahren, in denen diese nträge gestellt wurden. Wir sagen: Ja, es ist richtig, eine Entflechtungsregeung ins GWB aufzunehmen. Ein Monopol oder Oligopol ann, so wie die Regelungen jetzt sind, nicht aufgehoben erden. Aber wir brauchen einen funktionierenden Wettewerb. Deswegen müssen wir über solche Regeln diskuieren und uns überlegen, wie wir sie fassen müssen, da it wir wettbewerbliche Strukturen schaffen. Sie haben das Beispiel der Energiemärkte genannt. as ist das klassische Beispiel, an dem man derzeit über ie Frage des mangelnden Wettbewerbs diskutiert. Wir aben das massive Problem der verriegelten Märkte. Die ier Großen teilen sich 90 Prozent des Marktes. Fusioen spielen hier im Übrigen gar keine Rolle mehr. Desegen greift das Argument, die GWB-Novelle ermögli he Auflagen über die Fusionskontrolle, nicht. Die vier roßen teilen sich den Markt. Wir haben damit manelnde wettbewerbliche Strukturen, die wir alle – zuminest in den ersten Sätzen der Reden – immer kritisieren. Wir sagen: Mangelnder Wettbewerb hat seine Ursahe in der Struktur. Wo zu viel Konzentration und zu weige Player am Markt sind, haben wir keinen sinnvollen ettbewerb. Wir brauchen für diesen Wettbewerb Wett ewerber. Wir sehen Teile des Antrags der FDP aber sehr kriisch: Wir finden, dass Sie auf halber Strecke stehen bleien. Es ist schon angesprochen worden: Wir unterstüten ausdrücklich die Forderung der EU-Kommission nd der Kommissarin Neelie Kroes bezüglich der eigenumsrechtlichen Entflechtung bei den Transportnetzen m Energiebereich. Wir glauben, dass die Möglichkeit er Entflechtung bei den Konzernen nicht ausreichen ird, sondern dass wir genauso die Diskussion über die igentumsrechtliche Entflechtung bei den Transportneten führen müssen. Die Netze müssen neutralisiert weren. Wir brauchen diskriminierungsfreien Zugang. Die Bundesregierung hat die Initiative der EU-Komission im Rahmen ihrer Ratspräsidentschaft nicht auf egriffen. Das finden wir sehr schade. Denn es gab in Kerstin Andreae den verschiedenen europäischen Ländern, wie den Gesprächen mit der Kommissarin zu entnehmen war, deutlich andere Tendenzen. Bei der Erreichung des Ziels, auf den europäischen Energiemärkten mehr Wettbewerb zu schaffen, sind wir kein Stück vorangekommen. Parallel dazu müssen wir darüber diskutieren, die Möglichkeit der Zerlegung marktbeherrschender Konzerne ins GWB aufzunehmen. Herr Rupprecht von der Union hat die verfassungsrechtlichen Bedenken in diesem Zusammenhang thematisiert. Aber es gibt auch sehr ernst zu nehmende Verfassungsjuristen, die zu einer anderen Bewertung kommen. Es ist wichtig, darüber vor dem Hintergrund unserer Verfassung zu diskutieren. (Martin Zeil [FDP]: Ja! Das müssen wir sehr ernsthaft diskutieren!)

Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610016900




(A) )


(B) )


(Martin Zeil [FDP]: Ganz genau!)


Wir sind nicht der Auffassung, dass schon heute ab-
schließend bewertet werden kann, ob die verfassungs-
rechtlichen Bedenken so gravierend sind, dass dieses
Vorhaben nicht sinnvoll ist.

Nun möchte ich auf einen bestimmten Punkt im An-
trag der FDP zu sprechen kommen. Er enthält nämlich
einen Satz, über den ich gerne mit Ihnen diskutieren
möchte. In Ihrem Antrag heißt es:

Hierbei

– gemeint sind die Entflechtungsmaßnahmen –

ist auch die Wettbewerbsfähigkeit der beteiligten
Unternehmen auf Märkten außerhalb des Geltungs-
bereichs des GWB zu berücksichtigen.

Sie verfolgen im Kern die Strategie der nationalen
Champions und stellen die Frage der Monopolstellung
dieser Unternehmen auf Auslandsmärkten. Eine solche
Strategie hat aus unserer Sicht gravierende Nachteile.
Darüber hinaus entspricht das nicht unserer Vorstellung
von einem europäischen Binnenmarkt.

Der eigentliche Bezugsrahmen ist in immer größerem
Maße der europäische Binnenmarkt. Deswegen müssen
wir uns mehr und mehr die Frage stellen, wie die natio-
nal und international tätigen Unternehmen auf dem euro-
päischen Binnenmarkt aufgestellt sind. Wenn ich die
Formulierung in Ihrem Antrag lese, habe ich erhebliche
ordnungspolitische Bedenken. Aber wir werden die
Möglichkeit haben, darüber zu diskutieren. Diese De-
batte ist notwendig.

Ich würde mich sehr freuen, wenn die Große Koali-
tion von ihrer Aussage, wir bräuchten diese Debatte
nicht, Abstand nehmen würde. Ich glaube nämlich, dass
diese Debatte sehr wichtig ist. Dabei geht es um den
Wettbewerb, um all die Fragen im Zusammenhang mit
den großen Konzernen und um die netzabhängigen In-
frastrukturen. Im Mittelpunkt steht die Frage: Wie kön-
nen wir für mehr Wettbewerb, mehr Wettbewerber und
mehr Innovationen sorgen? Auf diese Diskussion bin ich
gespannt. Ich hoffe, dass wir den wichtigen ordnungspo-

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(C (D itischen Gedanken der Entflechtungsregelung auf einen uten Weg bringen. Vielen Dank. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1610017000

Ich erteile das Wort Kollegen Joachim Pfeiffer, CDU/

SU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Joachim Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1610017100

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

en! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist in der Tat
on zentraler Bedeutung, dass der Wettbewerb in den
erschiedenen Bereichen, insbesondere auf dem Energie-
ektor, funktioniert. Deshalb ist es gut, dass wir diesem
hema unsere Aufmerksamkeit widmen. Abgesehen von
en Linken, die auch heute wieder der Vergesellschaf-
ung das Wort geredet haben – das möchte ich aber nicht
esonders ernst nehmen –,


(Widerspruch bei der LINKEN)


ind sich in diesem Hause alle einig, dass wir auf dem
nergiesektor wettbewerbliche Rahmenbedingungen
chaffen müssen.

Herr Brüderle und Frau Andreae, ich warne davor, die
ntflechtung in diesem Zusammenhang als den ultimati-
en Heilsbringer zu betrachten.


(Martin Zeil [FDP]: Das tut doch niemand! Nur als Ergänzung!)


ielmehr brauchen wir einen Strauß von Maßnahmen
it verschiedenen Lösungsansätzen.

Das betrifft im Grunde drei Bereiche:

Erstens geht es um das natürliche Monopol der
etze. In einem natürlichen Monopol der Netze – das

agt schon der Name – funktioniert der Wettbewerb
icht. Zur Lösung dieses Problems brauchen wir geeig-
ete Ansätze. Damit haben wir in Deutschland leider ver-
pätet begonnen. Aber durch das auch mit Ihrer Unter-
tützung, Frau Kopp, im Vermittlungsausschuss zustande
ebrachte Ergebnis der Novellierung des Energiewirt-
chaftsgesetzes 2005 haben wir die richtigen Weichen
estellt. Jetzt funktioniert es.

Ich will einige Zahlen nennen: Die Bundesnetzagen-
ur hat eine Senkung der Netznutzungsentgelte in Höhe
on 2,8 Milliarden Euro angeordnet. Diese 2,8 Milliar-
en Euro kommen direkt der Schaffung von Wettbewerb
m Bereich des natürlichen Monopols der Netze zugute
nd entlasten den Haushalt und die Verbraucher.

Ich fordere uns alle auf, jetzt mit der Anreizregulie-
ung den nächsten Schritt zu tun. Hierbei handelt es sich
m eine Verordnung, die die Bundesregierung mit Zu-
timmung des Bundesrates und nicht mit Zustimmung
es Bundestages erlässt. Auch hierüber wird gegenwär-
ig diskutiert. Das ist in der Tat ein Lackmustest. Ich bin
inmal gespannt, ob alle hier im Haus, die heute dem






(A) )



(B) )


Dr. Joachim Pfeiffer
Wettbewerb das Wort reden, auch dabei sind, wenn es
darum geht, Liebgewonnenes abzuschaffen, indem wir
hier ein System implementieren, durch das Erlösvorga-
ben ambitioniert gesenkt werden. Dadurch werden wei-
tere Potenziale im natürlichen Monopol gehoben.

Wir sehen hinsichtlich der Anreizregulierung das
Potenzial, innerhalb von zwei Perioden zu einer Entlas-
tung in einer Größenordnung von mindestens 5 Mil-
liarden Euro zu kommen. Hier hilft uns die Entflech-
tung, die heute hier vorgeschlagen wird, gar nicht weiter,
sondern wir müssen jetzt den eingeschlagenen Weg wei-
tergehen. Was wäre das Ergebnis, wenn wir das nicht tun
würden? – Kollege Rupprecht hat das schon ausgeführt:
Wir würden noch mehr Zeit verlieren und das Gegenteil
dessen erreichen, was wir alle eigentlich wollen.

Das zweite Thema ist der Wettbewerb. Wir sind uns
einig, dass der Wettbewerb aufgrund der marktbeherr-
schenden Stellung einzelner Unternehmen gerade im
Strombereich noch nicht im notwendigen Umfang funk-
tioniert. Herr Brüderle, Sie haben auch die Themen
Transport und anderes mehr angesprochen. Hinsichtlich
dieses Übergangsbereichs sind wir unter anderem mit
der GWB-Novelle, die wir jetzt zügig – eigentlich noch
vor der Sommerpause – verabschieden wollen, auf dem
richtigen Weg und können, solange der Wettbewerb dort
noch nicht in dem notwendigen Umfang funktioniert, die
Dinge dort so einfahren, wie wir wollen.

Herr Brüderle, eines muss ich Ihnen auch noch sagen:
Sie fordern das für den europäischen Bereich ein. Ich
weiß nicht, ob Ihnen das bekannt ist: Bereits heute gibt
es für die EU-Kommission die Möglichkeit – das ist aus
dem allgemeinen Wettbewerbsrecht abgeleitet –, bei
Einzelunternehmen als Ultima Ratio eine Entflechtung
durchzuführen, wenn eine marktbeherrschende Stellung
und ein Marktmissbrauch vorliegen. Dieses Instrument
gibt es heute schon, es steht seit 2003 zur Verfügung. Es
ist bisher nur noch nicht angewendet worden.

Vor knapp zwei Wochen hat die EU-Kommission
– das ist hier in Deutschland bisher ein bisschen unterge-
gangen – im Gasbereich unter anderem ein Verfahren ge-
gen RWE und Eni eingeleitet. Es gibt dieses Instrument
also. Im nächsten Jahr wird sich zeigen, ob das, was hier
vorgetragen wurde, wirklich zutrifft. Wenn das so zu-
trifft, dann kann es bereits einzelbetrieblich durchgeführt
werden.


(Rainer Brüderle [FDP]: Darf ich eine Zwischenfrage stellen?)


– Womit kann ich Ihnen helfen, Herr Brüderle?


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1610017200

Sie dürfen also.


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Abgekürztes Verfahren!)



Rainer Brüderle (FDP):
Rede ID: ID1610017300

Herr Kollege Pfeiffer, es ist ein Unterschied – deshalb

fordere ich ja auch ein europäisches Kartellamt –, ob ein
solches Instrument von einem unabhängigen Kartellamt

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(C (D ngewendet wird oder ob das ein Instrument einer politichen Institution wie der Europäischen Kommission ist. as hat ganz andere Dimensionen. (Laurenz Meyer [Hamm] [CDU/CSU]: War das eine Frage?)


Stimmen Sie mir darin zu? Natürlich war das eine
rage. Herr Dr. Pfeiffer ist einer der Schlauesten der
DU/CSU-Fraktion. Deshalb weiß er, dass das eine
rage ist.


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Einer der wenigen, der Ihnen folgen kann! – Laurenz Meyer [Hamm] [CDU/CSU]: Einer der wenigen, der aus Feststellungen Fragen heraushören kann! – Dr. Rainer Wend [SPD]: Selten hat Ihnen jemand so viel Schaden zugefügt!)



Dr. Joachim Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1610017400

Lieber Herr Brüderle, in der Tat vereint uns der

ampf für die Freiheit und die Förderung des Wettbe-
erbs. Insofern habe ich verstanden, was Sie zum Aus-
ruck bringen wollen.

Ich habe nur gesagt, dass es dieses Instrument einzel-
etrieblich bereits gibt. Im dritten Liberalisierungspaket
er EU wird das mit Sicherheit vorgeschlagen werden.
ie haben das im Januar ja vorgelegt, und ich gehe fest
avon aus, dass das Thema Ownership Unbundling
on der EU-Kommission im Herbst dieses Jahres auf das
apet gebracht wird. Dann stehen wir vor der entschei-
enden Frage, ob es im Strombereich Transportnetze
der auch nachgelagerte Netze gibt.

Hier stellt sich dann schon auch die Frage, ob Europa
it einem falsch verstandenen Aktionismus hinsichtlich

es Wettbewerbs das Gegenteil dessen erreicht, was ge-
ollt ist. Wenn die EU nämlich ein Ownership Unbund-

ing einführen sollte, dann würde das dazu führen, dass
ir in Deutschland eine Entflechtung durchführen müss-

en. Bei uns befinden sich die Netze – zumindest die
bertragungsnetze – vorwiegend im Privateigentum. In
rankreich dagegen ist der Staat Mehrheitsgesellschafter
zw. Alleingesellschafter der Unternehmen, er ist einer-
eits Eigentümer des Netzes und andererseits Eigentü-
er des Erzeugungs- und Betriebsapparates. Deshalb

rage ich mich schon, ob sich der eine zu Pferd und der
ndere zu Fuß fortbewegt.

Sie sehen also, dass man diese Fragen nicht nur unter
em Schlagwort Entflechtung auf europäischer Ebene
nd mit der Forderung nach einer Regulierungsbehörde
der einer europäischen Kartellbehörde regeln kann. Wir
erden aber sicherlich noch Gelegenheit haben, dieses
hema im Ausschuss zu vertiefen. Ich will Sie deshalb
icht länger im Plenum stehen lassen,


(Rainer Brüderle [FDP]: Ich schaffe das!)


bwohl mir viel einfallen würde, Herr Brüderle, wie wir
emeinsam weiterkommen können. Im zweiten Bereich,
em Wettbewerbsbereich, haben wir mit dem Kartell-
echt in der Tat ein Instrument, um den Wettbewerb auf
uropäischer wie auch auf nationaler Ebene zu imple-
entieren.






(A) )



(B) )


Dr. Joachim Pfeiffer
Ich will uns aber nicht ersparen, auch den dritten Be-
reich anzusprechen. Kollege Lange hat vorhin, als es um
Benzin ging, die Frage angesprochen, wo sich die Stell-
schrauben befinden. Es wird immer wieder festgestellt,
dass der Wettbewerb funktioniert. Tatsächlich ist der
Staat einer der größten Kostentreiber im gesamten Ener-
giebereich. Das gilt nicht nur für Benzin, sondern auch
im Stromsektor. Über 40 Prozent der Stromkosten, die
der einzelne Haushalt zu zahlen hat, sind staatlich indu-
ziert. In diesem Zusammenhang kann ich uns nur ermun-
tern, das, was wir in den Sonntagsreden gegenüber dem
Mittelstand immer wieder vortragen, ernst zu nehmen,
wenn es um die Frage geht, wie mögliche Entgelterlöse
beim Emissionshandel, die durch Marktmissbrauch und
damit unrechtmäßig entstanden sind – die sogenannten
Windfall-Profits – zu verwenden sind: Lassen wir sie de-
nen zugutekommen, denen sie abgezockt wurden, oder
greifen wir den Bürgern und dem Mittelstand weiter in
die Tasche?

Das wird der Lackmustest der nächsten Wochen sein.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich bin sehr gespannt und hoffe auf eine möglichst große
Koalition – gerne auch mit der FDP und den Grünen – in
dieser Frage.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1610017500

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 16/4065 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 9 a bis 9 c auf:

a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit (16. Ausschuss) zu dem
Antrag der Abgeordneten Marie-Luise Dött,
Katherina Reiche (Potsdam), Dr. Christian Ruck,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
CDU/CSU sowie der Abgeordneten Marco
Bülow, Dirk Becker, Petra Bierwirth, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Deutschlands Verantwortung national und in-
ternational mit einer umfassenden Strategie
zur biologischen Vielfalt wahrnehmen

– Drucksachen 16/1996, 16/4275 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Josef Göppel
Dirk Becker
Angelika Brunkhorst
Lutz Heilmann
Undine Kurth (Quedlinburg)


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richts des Ausschusses für Ernährung, Landwirt-
schaft und Verbraucherschutz (10. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Cornelia Behm,
Ulrike Höfken, Bärbel Höhn, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/
DIE GRÜNEN

Nachhaltige Ressourcennutzung durch Agro-
forstwirtschaft

– Drucksachen 16/2794, 16/5294 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Uda Carmen Freia Heller
Dr. Gerhard Botz
Dr. Christel Happach-Kasan
Dr. Kirsten Tackmann
Cornelia Behm

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Cornelia
Behm, Undine Kurth (Quedlinburg), Ulrike
Höfken, Bärbel Höhn und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Dem Verlust an Agrobiodiversität entgegen-
wirken

– Drucksache 16/5413 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich
öre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Kollegen
einz Schmitt, SPD-Fraktion, das Wort.


Heinz Schmitt (SPD):
Rede ID: ID1610017600

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen

nd Herren! Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Bio-
iversität – unser heutiges Thema – ist ein Begriff, den
an beim Bäcker um die Ecke sicherlich noch nicht je-

en Tag zu hören bekommt. Mit der wörtlichen Überset-
ung allein – nämlich Vielfalt des Lebens oder Arten-
ielfalt unserer Erde – ist er noch nicht vollständig
eschrieben.

Die Schönheit der Erde und die Vielfalt der Tiere und
flanzen sind schon unabhängig vom wirtschaftlichen
utzen atemberaubend und ein kaum zu überschätzen-
er Wert an sich. Biodiversität meint aber mehr als Ar-
enschutz. Es geht um die Vielfalt von Lebensräumen
it fein aufeinander abgestimmten Funktionsweisen und

ie Vielfalt der Arten, die sich an verschiedene Lebens-
äume angepasst haben und sich immer wieder von
euem anpassen können.

Es geht auch um genetische Informationen, die inner-
alb der Arten vorhanden sind und diese zur Anpassung






(A) )



(B) )


Heinz Schmitt (Landau)

befähigen. Schließlich geht es auch darum, wie wir Men-
schen diese biologische Vielfalt nutzen.

Uns Deutschen sagt man oftmals einen Hang zur Ro-
mantik und einen eher verklärten Blick auf die Natur
nach. Bei der Biodiversität geht es aber weniger um Ro-
mantik. Die Schätzungen über die Anzahl der Arten
schwanken. Fachleute gehen von weltweit ungefähr
14 Millionen verschiedenen Arten aus. Diese Vielfalt ist
jedoch extrem bedroht.

Wir erleben derzeit ein dramatisches Artensterben.
Die Zahl der Arten hat sich von 1970 bis zum Jahr 2000
um 40 Prozent reduziert. Auf der Roten Liste der Welt-
naturschutzunion sind 15 000 Arten erfasst, darunter
23 Prozent aller Säugetiere, 12 Prozent der Vögel und
31 Prozent der Amphibien, die akut vom Aussterben be-
droht sind.

Bereits 1990 waren 42 Prozent der tropischen Regen-
wälder vernichtet. Jedes Jahr erhöht sich der Verlust
noch um einen halben oder ganzen Prozentpunkt. Nur
noch 30 Getreidearten liefern heute 35 Prozent unserer
Nahrungsmittel. All diese Zahlen sind mehr als alarmie-
rend. Wir bewegen uns auf immer dünner werdendem
Eis.

Experten halten den Schutz der Biodiversität bereits
für genauso wichtig wie den Klimaschutz. Dafür gibt es
gute Gründe. Verlust an biologischer Vielfalt bedeutet,
dass Arten und Ökosysteme immer weniger Möglichkei-
ten haben, sich an geänderte Bedingungen anzupassen;
man spricht von genetischer Erosion. Gerade diese
Anpassungsfähigkeit der Arten haben wir aber bitter
nötig. Denn parallel zur Zerstörung der Ökosysteme mu-
ten wir unserem Planeten noch eine Klimaveränderung
zu – von anderen zerstörerischen Aktivitäten einmal ab-
gesehen.

Wir alle nutzen sogenannte Dienstleistungen der
Ökosysteme und profitieren davon. Wälder als grüne
Lungen, Felder und Meere als Lieferanten von Nah-
rungsmitteln oder Rohstoffe und Arzneimittel aus Pflan-
zen sind Beispiele dafür. Neben dem Verlust der biologi-
schen Vielfalt sind auch diese Leistungen der Natur
vielerorts in Gefahr. Eine Ursache dafür ist eine zu hohe
Beanspruchung. Hinzu kommen die Zerschneidung von
Lebensräumen, intensive Landwirtschaft und zerstöreri-
sche Fischfangmethoden. Dies ist der Raubbau, den wir
uns leisten. Es ist also höchste Zeit, umzusteuern!


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das glauben Sie selbst nicht!)


– Wir können ja einmal über die Zahlen reden, Herr Kol-
lege.

Wir brauchen dringend einen nachhaltigen und ange-
messenen Umgang mit unseren Ökosystemen, und zwar
weltweit. Besonders dort, wo diese als Nahrungsquelle
genutzt werden, müssen wir uns die Biodiversität ganz
groß auf die Fahnen schreiben. Ich denke etwa an Fi-
scherei und Landwirtschaft. Es muss auch überlegt wer-
den, ob Subventionen, die Anreize für eine Übernutzung

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(C (D on Ressourcen schaffen, noch immer zeitgemäß sind. ir brauchen mehr Schutzgebiete, insbesondere auf em Meer. Bisher ist nur 1 Prozent der Meere weltweit nter Schutz gestellt. Somit steht nur 1 Prozent der Flähe zur Verfügung, damit sich zum Beispiel Fischbetände erholen können. Da gibt es enormen Handlungsedarf. Mit dem Vorsitz innerhalb der G 8 und der Präsidentchaft in der Europäischen Union kann Deutschland die eichen in Sachen Biodiversität neu und besser stellen. as Thema gehört ganz oben auf die Tagesordnung. eshalb begrüßen wir den Entwurf der Bundesregierung u einer nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir begrüßen auch, dass die Bundesregierung die
. Vertragsstaatenkonferenz des Übereinkommens über
ie biologische Vielfalt nach Deutschland, nach Bonn,
ingeladen hat. Besonders am Tag der biologischen Viel-
alt gibt es gute Voraussetzungen, um den Schutz der Ar-
en und Ökosysteme entschlossen voranzubringen. Wir
üssen diese Möglichkeiten zugunsten der Natur und

icht zuletzt zugunsten unserer selbst und unserer Nach-
ommen nutzen.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und freue
ich auf eine weitere, interessante Debatte.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1610017700

Ich erteile das Wort Kollegin Christel Happach-

asan, FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Christel Happach-Kasan (FDP):
Rede ID: ID1610017800

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Es gibt in Deutschland wunderschöne Bei-
piele für biologische Vielfalt. Es gibt Orchideenwiesen,
as geschützte Wattenmeer und wunderschöne Wälder.
s gibt in jedem Bundesland erstaunliche Beispiele für
iologische Diversität. Aber wir müssen feststellen, dass
n den Ländern der Dritten Welt ein zunehmender Raub-
au stattfindet. Deswegen ist die biologische Vielfalt ein
nternationales Thema mit hoher Priorität, das wir ver-
tärkt angehen müssen.


(Beifall bei der FDP)


Als Beispiel für die biologische Vielfalt habe ich ei-
ige naturnahe Flächen genannt. Daneben gibt es in
eutschland aber auch – darüber müssen wir uns im
laren sein – Landwirtschaft. Weltweit gesehen brau-

hen wir beides: Wir brauchen den Naturschutz, den
chutz von biologisch bedeutsamen Flächen, Biotopen
nd Nationalparks. Wir brauchen aber auch die Land-
irtschaft zur Produktion unserer Nahrungsmittel sowie

ur Produktion nachwachsender Rohstoffe für die stoff-
iche und inzwischen insbesondere für die energetische
roduktion.






(A) )



(B) )


Dr. Christel Happach-Kasan
Im Natur- und Artenschutz engagieren sich in
Deutschland sehr viele Menschen in sehr unterschiedli-
chen Verbänden. Sie alle eint das gemeinsame Ziel des
Erhalts unserer Natur und ihrer Vielfalt. Diesem Ziel
sind auch die FDP-Bundestagsfraktion und die FDP ins-
gesamt verpflichtet. Im vergangenen Jahr haben wir auf
unserem Bundesparteitag in einem Antrag formuliert,
dass es im Interesse unserer Kinder und Enkel gilt, die
biologische Vielfalt an Tier- und Pflanzenarten und
Landschaftsformen zu erhalten.


(Beifall bei der FDP)


Jede Strategie zum Erhalt der biologischen Vielfalt
muss die Ursachen für das Aussterben von Arten be-
kämpfen und artenreiche Regionen schützen. 3 Prozent
der weltweit beschriebenen Arten kommen in Deutsch-
land vor. Das klingt sehr wenig, ist aber sehr viel. Es ist
eine große Aufgabe, diesen Schatz zu schützen. Arten-
vielfalt bedeutet – das hat mein Vorredner gesagt – Infor-
mationsvielfalt. Die in den Genomen von Tieren und
Pflanzen enthaltenen Informationen werden von Züch-
tern genutzt, um landwirtschaftlich genutzte Tierrassen
und Kulturpflanzensorten weiter zu verbessern.

Das Aussterben des Mammut in Europa war eine
Folge des Klimawandels. Es war unvermeidlich. Der
Klimawandel ist allgegenwärtig und ist keine Erfindung
des 21. Jahrhunderts. Der vom Menschen verursachte
Anteil des Klimawandels muss weiter bekämpft werden,
muss gemindert werden. Aber die durch den Klimawan-
del hervorgerufene Veränderung des Artenspektrums
werden wir nicht aufhalten können.

Ich will daran erinnern, dass es einen Artenrück-
gang gibt, der nicht durch den Klimawandel verursacht
wird. Wir haben in Deutschland 48 000 Tierarten und
28 000 Pflanzenarten. 520 Tierarten sowie 512 Pflan-
zen- und Pilzarten sind ausgestorben. Der Präsident des
Umweltbundesamtes hat recht: Der Wandel des Arten-
spektrums in Deutschland ist nicht dramatisch. Für
Deutschland können wir verzeichnen, dass wir bei
dichter Besiedlung und hoher Intensität der landwirt-
schaftlichen Bewirtschaftung keinen großen Arten-
schwund haben. Dies sollten wir feiern; denn das ist
eine Leistung dieses Landes.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Zerstörung von Lebensräumen ist Hauptursache
für den Rückgang der Artenzahl. Angesichts der Tatsa-
che, dass die Weltbevölkerung 1800 bei 1 Milliarde
Menschen lag und nun 6 Milliarden beträgt, ist es nor-
mal und richtig, dass wir Flächen verstärkt landwirt-
schaftlich nutzen und die Intensität der landwirtschaftli-
chen Nutzung erhöht haben. 1800 wurden in
Deutschland sieben Doppelzentner Weizen auf einem
Hektar geerntet. Nun sind es über 90 Doppelzentner. Auf
diese Intensivierung der Landwirtschaft könnten wir
nicht verzichten.

Lebensräume werden auch durch Schadeinträge aus
der Luft, zum Beispiel durch den immensen Eintrag von
Stickstoffverbindungen über den Luftpfad – die Verhun-
dertfachung des Säuregehalts von Waldböden ist hier als

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(C (D eispiel zu nennen –, beeinträchtigt und in ihrem Chaakter verändert. Eine Folge ist die Minderung der Arenvielfalt, weil Biotope verloren gehen. Die Übernutung wildlebender Tierund Pflanzenarten trägt ebenso um Artenrückgang bei wie das Eindringen gebietsfremer Arten. Sie verdrängen heimische Arten, verändern iotope in ihrem Charakter und verursachen teilweise esundheitsprobleme. Ich will als Beispiele nur Bei ußambrosie und Herkulesstaude nennen. Dramatisch ist die Tatsache, dass wir noch immer reativ wenig über die Natur wissen. Einmal im Jahr, am ag der Artenvielfalt, erkennen wir, dass es in Deutsch and Arten gibt, von denen wir glaubten, dass sie ausgetorben sind. An diesem Tag werden sie regelmäßig geunden. Der öffentliche Eindruck eines Artenrückgangs eht mit der Entfremdung der Menschen von der Natur inher. Wer nur Unter den Linden oder in der Mönckeergstraße spazieren geht, weiß eben nicht, wie arteneich unsere Wälder sind. Die nächste Vertragsstaatenkonferenz der Konvenion über die biologische Vielfalt findet im Jahr 2008 in eutschland statt; das ist gut. Die Konvention enthält ine ganze Reihe von messbaren direkten und indirekten ndikatoren für die Biodiversität: Häufigkeit und Verteiung von Arten, Waldfläche, Fläche geschützter Gebiete, asserqualität und Stickstoffeintrag. Auf Deutschland ezogen, können wir sagen: Vieles ist auf einem guten eg. Probleme bereiten die zunehmende Flächeninan pruchnahme, das Zerschneiden von Naturräumen und as Eindringen fremder Arten. Aber weltweit betrachtet st die Situation dramatisch anders. Die Bedrohung der rtenvielfalt wächst. Ich will einige Punkte nennen. Das nhaltende Bevölkerungswachstum erfordert verehrte Anstrengungen bei der Armutsbekämpfung und amit auch eine vermehrte und intensivere Flächennutung. Zunehmend mehr Menschen haben keinen Zugang u gesundem Trinkwasser. Die Übernutzung der Fischestände bedroht die Biodiversität in den Meeren. Wir ollten nicht vergessen, dass wir es noch nicht einmal chaffen, den illegalen Fischfang in der Ostsee einzuchränken. Ich finde, das ist ein Armutszeugnis, auch für ie Europäische Union. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Der weitere Verlust von Wäldern, unter anderem be-
ingt durch den fortgesetzten illegalen Holzeinschlag,
at Auswirkungen auf das Klima.

Das gilt auch für die zunehmende Flächenkonkurrenz
wischen Nahrungsmittelproduktion und Erzeugung von
iomasse für die energetische Nutzung.

Wie diesen Herausforderungen international begegnet
erden kann, ist noch weitgehend offen. Auch der von
er Koalition vorgelegte Antrag zeigt keine wirklichen
ösungen auf. Wenn es aber der Konferenz in Deutsch-

and gelänge, auch nur Lösungsansätze aufzuzeigen,
äre viel erreicht. Wir als FDP-Fraktion stimmen dem
ntrag der Koalition gleichwohl zu, auch wenn wir ihn

ls sehr technokratisch empfinden und die Forderung






(A) )



(B) )


Dr. Christel Happach-Kasan
nach einer Verstärkung der Forschung gerade auf diesem
Gebiet völlig fehlt. Bei der Abstimmung über den An-
trag der Grünen mit dem Titel „Nachhaltige Ressourcen-
nutzung durch Agroforstwirtschaft“ werden wir uns ent-
halten. Wir teilen die Zielrichtung – das ist bekannt –,
wir sind allerdings mit einigen Formulierungen absolut
nicht einverstanden. Den Antrag mit dem Titel „Dem
Verlust an Agrobiodiversität entgegenwirken“ müssen
wir ablehnen. Er ist unstimmig, enthält viel heiße Luft
und keine realistischen Lösungsansätze. Damit ist er
überflüssig.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1610017900

Ich erteile das Wort Kollegin Marie-Luise Dött, CDU/

CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Marie-Luise Dött (CDU):
Rede ID: ID1610018000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Zeit-

schrift „natur + kosmos“ titelt in ihrer Juniausgabe mit
den Worten: „Artenvielfalt: Was kostet die Welt?“ In
dieser journalistisch prägnanten Verkürzung bringt der
Titel das Thema unserer heutigen Debatte auf den Punkt.
Was ist die biologische Vielfalt wert? Welche politischen
und auch finanziellen Anstrengungen müssen wir natio-
nal, auf europäischer Ebene und global zum Schutz der
biologischen Vielfalt unternehmen? Was verlieren wir
auch ökonomisch, wenn die Natur ihre Dienstleistungen
nicht mehr erfüllt? Meine Antwort auf diese Fragen ist
denkbar kurz: Wir müssen alles in unserer Macht Ste-
hende tun, um unsere natürlichen Lebensgrundlagen zu
erhalten.

Man braucht gar nicht Katastrophenszenarien nach
dem Motto zu entwerfen: Was würde geschehen, wenn
wir nicht rasch und angemessen handeln würden? – Es
ist unmittelbar einleuchtend, dass wir von unseren natür-
lichen Lebensgrundlagen abhängig sind, dass wir von
den Dienstleistungen der Natur in Form von sauberer
Luft, reinem Trinkwasser, fruchtbaren Böden, gesunder
Nahrung, vielfältigen Rohstoffen und natürlichen Heil-
mitteln leben. Diese Dienstleistungen dauerhaft auf-
rechtzuerhalten, ist unser ureigenes Lebens- und Überle-
bensinteresse. Ich betone dies deshalb so deutlich, weil
es für den Schutz der Natur und der biologischen Vielfalt
verschiedene Begründungen geben kann. Ethisch-mora-
lische, religiöse und auch kulturelle Begründungen ste-
hen neben Argumenten, die mehr den ökologisch-wis-
senschaftlichen Zusammenhang hervorheben. Diese
Begründungen haben alle ihre Berechtigung. Gerade in
christlichen Parteien wie CDU und CSU ist der Respekt
vor der Schöpfung Gottes wichtig. Ich möchte mich aber
auf diese Diskussion hier und heute nicht einlassen, son-
dern die schlichte und für jedermann unmittelbar einseh-
bare Notwendigkeit hervorheben: Wir müssen unsere
natürlichen Lebensgrundlagen und die Dienstleistun-
gen, die die Natur uns kostenlos zur Verfügung stellt, be-
wahren. Ohne diese Basis ist menschenwürdiges Leben
auf unserem Planeten nicht möglich.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Es ist jedoch ohne Frage so, dass die Fähigkeit von
atur und Umwelt, diese Dienstleistungen zu erbringen,

nsbesondere durch menschliche Einflüsse in zuneh-
endem Maße beeinträchtigt ist. Dies gilt für Deutsch-

and, dies gilt für die europäische Ebene und erst recht
m globalen Maßstab. Hier ist dringend mit allen Kräften
inhalt geboten.

Der nun auch für den Letzten sichtbare Klimawandel
ird die Situation noch weiter verschärfen und hat sie in
eiten Teilen der Erde bereits verschärft. Eine ganz be-

onders große Herausforderung ist jedoch das Wachstum
er Weltbevölkerung. Bis zum Jahr 2050 wollen schät-
ungsweise 50 Prozent mehr Menschen als heute min-
estens mit Trinkwasser, Nahrung, menschenwürdigen
ohnverhältnissen und anderen Dienstleistungen der
atur versorgt sein. Der Druck auf die Natur wird weiter
achsen. Ein wesentlicher Faktor für dieses Bevölke-

ungswachstum ist die Armut. Der Bekämpfung der Ar-
ut in den Entwicklungsländern und damit der Über-
indung dieses Faktors für das Bevölkerungswachstum
ommt deshalb eine zentrale Bedeutung zu, auch im
inblick auf den Schutz und Erhalt unserer natürlichen
ebensgrundlagen.

Für eine entschlossene Politik zum Schutz der Natur
ibt es auch schlagende ökonomische Gründe. Eine
rste umfassende Studie aus den 80er-Jahren des letzten
ahrhunderts beziffert den Wert der Leistungen, die die
atur in Form von Trinkwasser, fruchtbaren Böden, Re-
elung des Klimas, Selbstreinigung der Gewässer usw.
rbringt, auf 16 bis 54 Billionen US-Dollar jährlich. An
er großen Spannweite dieser Zahlen sieht man, dass die
mweltökonomen noch viel zu forschen haben, bis wir
ns der tatsächlichen Werte bewusst sind. Das ändert
ber nichts daran, dass die Natur uns kostenlos Dienst-
eistungen von offenbar gigantischem Wert zur Verfü-
ung stellt und dass wir mit jeder Naturzerstörung gigan-
ische Werte vernichten. Es ist dringend geboten, dass
ie Werte der Natur in die volkswirtschaftlichen Ge-
amtrechnungen einbezogen werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich halte es für selbstverständlich, dass alle Instru-
ente und Maßnahmen, die wir zum Schutz der Natur

rgreifen, den jeweiligen lokalen und regionalen Gege-
enheiten sowie den politischen, ökonomischen, ökolo-
ischen und sozialen Bedingungen angepasst sein müs-
en. Alle Maßnahmen müssen von den Menschen vor
rt akzeptiert und schöpferisch weitergeführt werden.
as heißt: Naturschutz mit den Menschen und nicht ge-
en sie.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Meiner Ansicht nach ist es selbstverständlich – wenn
uch in den Köpfen vieler Handelnder offensichtlich
och nicht angekommen –, dass Natur und Umwelt dy-
amische Prozesse sind, dass ständige Veränderungen zu






(A) )



(B) )


Marie-Luise Dött
ihrem Wesen gehören. Die Natur braucht eine hohe Viel-
falt, damit sie genügend Potenzial hat, sich an Verände-
rungen auch tatsächlich anzupassen. Wir müssen der
Natur den Raum geben, sich weiterzuentwickeln. Ein
statisches Naturbild entspricht nicht der Realität.

Von zentraler Bedeutung für einen sinnvollen Um-
gang mit der Natur und eigentlich genauso selbstver-
ständlich ist ausreichendes Wissen wenigstens um die
Grundlagen der Funktionsweise der Ökosysteme und um
Methoden einer nachhaltigen Nutzung. Dieses Wissen
zu vermitteln und entsprechend einzuüben, muss Inhalt
jeder Erziehung und damit auch der schulischen Erzie-
hung sein – genauso wie Lesen, Schreiben und Rechnen.

Der von der Bundesregierung erarbeitete Entwurf für
eine nationale Strategie zur biologischen Vielfalt ent-
hält einen reichen Katalog von Instrumenten und Maß-
nahmen zum Schutz und Erhalt der biologischen Vielfalt
in Deutschland und für entsprechende Schritte auf euro-
päischer und globaler Ebene. Ich möchte mit Blick auf
unsere nationalen Hausaufgaben nur einige wenige
Punkte aufgreifen, die mir besonders am Herzen liegen.

Obwohl das Problem seit Jahren bekannt ist, hält die
Flächenversiegelung in Deutschland weiter an. Flä-
cheninanspruchnahme für Verkehrs- und Siedlungszwe-
cke und die Zerschneidung von Lebensräumen gehören
in Deutschland zu den wesentlichen Faktoren, die zur
Abnahme der biologischen Vielfalt führen. Die bisher
gegen diesen Trend ergriffenen Maßnahmen sind unzu-
reichend.

Auch in einem dichtbesiedelten Industrieland wie
Deutschland muss es Gebiete geben, in denen sich die
Natur so weit wie möglich unabhängig von menschli-
chen Einflüssen mit ihrer gesamten Vielfalt und ihrer
vollen Dynamik frei entwickeln kann. Dies erfordert
auch die Vernetzung solcher ökologisch besonders wert-
vollen Gebiete in einem Verbundsystem, auf das Sied-
lungs- und Infrastrukturmaßnahmen Rücksicht nehmen
müssen. Auf jeden Fall sollte eine weitere Zersiedelung
der Landschaft und ihre Zerschneidung vermieden wer-
den.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Ich könnte mir vorstellen, dass Infrastrukturstraßen
möglichst gebündelt mehrfach genutzt werden. Ich kann
mir auch vorstellen, dass Anreize für die Versiegelung
von Flächen, zum Beispiel im Bau- und Steuerrecht,
identifiziert und abgebaut werden. Außerdem kann ich
mir vorstellen, dass ein Rückbau von Straßen stattfindet,
um zerschnittene Lebensräume wieder zu vernetzen.

Die Landwirtschaft als der mit Abstand größte Flä-
chennutzer hat eine große Verantwortung für die Auf-
rechterhaltung der Dienstleistungen der Natur und der
Umwelt. Sie muss sich auch ihrer Verantwortung zur
Vermeidung der flächendeckenden Nährstoffanreiche-
rung in Ökosystemen bewusst sein. Neben dem Klima-
wandel und der Landschaftszerschneidung gehören die
Nährstoffanreicherungen zu den Hauptproblemen für die
biologische Vielfalt. Die Beschränkung der Nutzung von
Bioziden auf das unbedingt notwendige Maß und eine

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(C (D eitere Verringerung des Stickstoffdüngerüberschusses ind insbesondere zum Schutz der Oberflächengewässer, es Grundwassers und damit unserer Trinkwasserversorung wichtig. Auch darf die für die Bekämpfung des Klimawandels achsende Nachfrage nach Biomasse nicht dazu führen, ass wieder mehr großflächige Monokulturen auf den eldern und in den Wäldern entstehen. Es müssen rasch irksame Regeln gefunden und durchgesetzt werden, amit die Nutzung der Biomasse zur regenerativen nergiegewinnung nicht zu einer Schädigung der Natur nd ihrer Dienstleistungen führt. Die Förderung der ereuerbaren Energien durch das Erneuerbare-Energienesetz sollte an die Einhaltung solcher Regeln geknüpft erden. Mit Blick auf die UN-Vertragsstaatenkonferenz zur iologischen Vielfalt, CBD, im kommenden Jahr in eutschland möchte ich hier klipp und klar betonen: Wir üssen in puncto Naturschutz unsere Hausaufgaben ma hen, wenn wir als Gastgeber bei dieser Konferenz übereugend auftreten wollen. Vielen Dank. Das Wort hat nun Kollegin Kirsten Tackmann, Frak ion Die Linke. Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Gäste! Liebe olleginnen und Kollegen! Über die drei vorliegenden nträge könnten wir eigentlich auch einen ganzen Tag iskutieren. Leider haben wir dazu nicht die Zeit. Bereits 1992 wurde in Rio de Janeiro die Biodiversiätskonvention verabschiedet. Die Bundesrepublik hat 5 Jahre gebraucht, um die nationale Strategie zur Erhalung der biologischen Vielfalt zu erarbeiten. Das ist anesichts der drängenden Probleme wirklich ein Armutseugnis. Gerade wurde eine neue Studie zur Situation der äugetiere in Europa veröffentlicht, die im Auftrag der U-Kommission erarbeitet wurde. Danach gehen die estände von 27 Prozent der Säugetierarten in Europa urück. Bei einem weiteren Drittel ist die Bestandsntwicklung offen. Bei gerade mal 8 Prozent aller euroäischen Säugetierarten gibt es einen Bestandszuwachs. as zeigt: Auch in Europa sind die Arten in Gefahr. Weltweit sterben sogar 160 Arten pro Tag aus. Mit jeer Verzögerung des politischen Handelns verlängert ich die Liste der verlorenen Arten. Jede aussterbende rt lässt zudem andere Arten aussterben. Daran werden ir durch die großen Plakate auf dem Weg zur Friedrich traße erinnert. Der vorliegende Koalitionsantrag darf angesichts dieer Situation nicht zu einer Werbebroschüre für die Dr. Kirsten Tackmann 9. Vertragsstaatenkonferenz im nächsten Jahr in Bonn – sie wurde bereits genannt – verkommen. So unvollkommen und inkonsequent der Antrag ist: Wir brauchen ihn dringend. Wir brauchen dringend diese verlässliche Handlungsbasis. Bis zur Vertragsstaatenkonferenz sollten Regierung und Koalition – das ist gerade schon gesagt worden – endlich ihre Hausaufgaben machen – und wenn es nur deshalb wäre, um uns international nicht zu blamieren. Die Ausweisung von Natura-2000-Schutzgebieten muss vervollständigt werden. Im Pflanzenschutzgesetz sind einige Dinge zu ändern; das Umweltbundesamt hat dazu gerade Hinweise gegeben. Zur Agrobiodiversität. Auf die Frage „Welche Farbe hat ein Schwein?“ antworten Kinder heute meist: „Rosa“; Erwachsene übrigens auch. (Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Marzipanschweine!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1610018100

(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610018200

(Beifall bei der LINKEN)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der LINKEN)


– Ich meine schon die Haustiere. – Aber wer mit offenen
Augen durchs Land fährt, begegnet auch ganz anderen
Schweinen: braunen, schwarzen, Woll- und Minischwei-
nen. Das heißt, wir haben noch eine große Vielfalt bei
den Nutztierrassen. Auf der Brandenburger Landwirt-
schaftsausstellung vergangene Woche in Paaren im
Glien wurden Rassen des Jahres gekürt, zum Beispiel
das Sattelschwein, das Uckermärker Rind oder die
Skudde, ein kleines, sehr widerstandsfähiges Schaf.

Diese Vielfalt der Nutztierrassen ist kaum noch be-
kannt, und sie ist bedroht. Weltweit stirbt jede Woche
eine Nutztierrasse aus. In unseren Nutztierbeständen
sind zunehmend Hochleistungsrassen vertreten. Der
ökonomische Druck des globalen Wettbewerbs ist Ursa-
che für diese Tendenz.

Damit wird gleichzeitig die genetische Vielfalt unse-
rer Nutztierrassen zerstört – mit weitreichenden Folgen;
denn damit gehen auch genetische Optionen verloren,
die wir vielleicht einmal dringend brauchen würden.

Das Gleiche gilt übrigens für die Verarmungstendenz
bei Ackerkulturen. Der internationale Saatgutmarkt
wird nur noch von fünf großen Multis beherrscht. Die
Konzerne strecken unterdessen auch die Fühler nach den
Nutztieren aus. Gerade ist der Versuch des amerikani-
schen Konzerns Monsanto, ein Patent auf Schweine zu
bekommen, gescheitert.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Für die Linke ist ganz klar: Patente auf natürliche
Ressourcen sind absurd. Der öffentliche Zugang muss
gewährleistet bleiben – auch zum Schutz der Artenviel-
falt in Natur und Landwirtschaft. Der Erhalt der Agro-
biodiversität ist keine Spinnerei von irgendwelchen
Hinterwäldlern, sondern im Interesse der gesamten Ge-
sellschaft.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Zu den Agroforstsystemen. Die Verbindung von ckerund Gehölznutzung ist gar nicht neu. Eigentlich st das nur das Aufgreifen von uralten Nutzungstraditioen und die Anpassung an die aktuellen ökonomischen edingungen. Agroforstsysteme können zum Erhalt und zur Verbeserung der Biodiversität beitragen, und sie können Einommensquellen für landwirtschaftliche Betriebe erchließen. Das haben verschiedene Studien gezeigt. ber diese positiven Effekte sind wir uns wahrscheinlich inig. Der Tatsache, dass die Koalitionsfraktionen dem orliegenden Antrag im Ausschuss trotzdem nicht zugetimmt haben, mögen sachfremde Erwägungen zugrunde iegen. Wir wären aber sehr interessiert an Ihren Vorchlägen dazu, wie wir die Probleme lösen können. Es äre schon ein erster Schritt, wenn Agroforstsysteme enigstens nicht verhindert würden. Dazu brauchen wir um Beispiel die Überarbeitung des Bundeswaldgesetes, damit Gehölzstreifen nicht weiter als Wald gelten nd somit genutzt werden können. Liebe Kolleginnen und Kollegen insbesondere von er Koalition, es vergeht kein Tag, an dem wir nicht vom limawandel reden. Wenn die Koalition schon beim O2 nicht wirklich weiterkommt, dann lassen Sie uns och wenigstens die Vorteile der Agroforstwirtschaft für as Mikroklima und den Wasserhaushalt nutzen. Die inke stimmt dem Antrag jedenfalls zu. Vielen Dank. Ich erteile das Wort Kollegin Undine Kurth, Fraktion ündnis 90/Die Grünen. Undine Kurth RÜNEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1610018300
Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen

nd Kollegen! Liebe Gäste auf den Tribünen! Jeder Vor-
edner hat bisher versichert, wie ungeheuer wichtig der
chutz der Artenvielfalt ist. Darin stimmen wir alle
berein. Das ist ganz sicher richtig. Gestern im Aus-
chuss ist sogar gesagt worden, das sei eine der wichtigs-
en Menschheitsherausforderungen, die wir momentan
u bewältigen hätten. Das ist sicher auch richtig. Die im
ächsten Jahr stattfindende 9. Vertragsstaatenkonferenz
um Schutz der biologischen Vielfalt in Bonn ist
ebenso wie die G-8-Verhandlungen – sicherlich ein gu-

er Hintergrund, um diesem Thema politisches Gewicht
u geben.

Wenn das aber so ist und wenn wir uns alle darin ei-
ig sind, dass der Schutz der natürlichen Artenvielfalt
ür uns lebensnotwendig und eine große Herausforde-
ung ist, dann, glaube ich, müssen wir wesentlich konse-
uenter handeln, als das bisher der Fall gewesen ist. Las-
en Sie uns bitte nicht den Fehler, den wir beim Thema
limawandel schon einmal gemacht haben, wiederho-

en. Jetzt, nachdem uns jemand vorgerechnet hat, wie
euer das werden könnte, wenn wir nicht reagieren, ist
as Thema plötzlich in aller Munde. Dabei sind die






(A) )



(B) )


Undine Kurth (Quedlinburg)

Daten und die Fakten längst bekannt. Wir hätten längst
handeln können, wenn wir die bekannten Fakten ernst
genommen hätten und wenn wir das, was wir wissen,
auch in Handeln umsetzen würden.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Genau das ist notwendig, um dieser Herausforderung,
die Sie alle gleichermaßen beschrieben haben, auch
wirklich zu begegnen.

Wir haben uns in Europa vorgenommen, das Arten-
sterben bis 2010 zu stoppen. Hier kann man nur sagen:
Herzlichen Glückwunsch! Dann müssen wir aber lang-
sam anfangen, konsequenter zu handeln. Deshalb glaube
ich, dass es sehr wichtig ist, dass wir uns bei allem be-
wusst machen, was die ganze Zeit über passiert. In die-
sen 45 Minuten, die wir hier haben, um über dieses
Thema zu reden, werden drei bis vier Arten für immer
und unwiderruflich diese Welt verlassen haben, und
zwar mit all den Potenzialen, die ihnen innewohnen und
die wir vielleicht hätten nutzen können, zu deren Nut-
zung wir jetzt aber nicht mehr die Möglichkeit haben
werden.

Minister Gabriel redet immer von diesem sehr schö-
nen Bild von den Daten, die wir auf unserer Festplatte
Natur unwiederbringlich löschen. Das ist so. Uns muss
klar sein: Wir ersetzen sie durch keine neuen. Demzu-
folge ist es wirklich wichtig, dass Deutschland seine
Verantwortung wahrnimmt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


– Ja, das ist sehr wichtig. – Es ist wichtig, dass wir jetzt
einen Entwurf zu einer nationalen Biodiversitätsstrategie
vorliegen haben, über den wir heute auch reden. Wir be-
grüßen es, dass es diesen Entwurf gibt. – Im Jahr 2005
lag dazu der erste Entwurf einer Strategieempfehlung vor.
Diese Regierung musste also nicht bei null anfangen. –
Wir sind der Meinung, dass dort wesentlich mehr drin-
stehen könnte. Trotzdem glauben wir, dass dieser erste
Schritt wichtig ist. Wir werden ihm auch zustimmen.
Wir sagen aber auch: Jetzt ist der Punkt erreicht, an dem
man nicht mehr sagen kann: Es gibt verschiedene Maß-
nahmen, und ich suche mir nur die Maßnahme heraus,
die mir passt. – Entweder nutzen wir alle Möglichkeiten,
etwas gegen den ständigen Artenverlust zu tun, oder wir
werden scheitern.

Deshalb, glaube ich, ist es sehr wichtig, noch einmal
darauf einzugehen, in welchen Bereichen dies so ist. Wir
wissen, dass Biodiversität eine Querschnittsaufgabe ist.
Das kann aber nicht heißen: Jeder ist zuständig und kei-
ner macht etwas. Frau Dött, ich hätte es sehr gern, wenn
Sie Herrn Tiefensee dies mitteilen würden: Einer der
Gründe für den fortschreitenden Artenverlust ist die Zer-
schneidung von Lebensräumen und Flächen. Das stimmt
völlig. Wir müssen in der Verkehrspolitik umsteuern.
Es wäre wunderbar, wenn Sie Ihren Kollegen Tiefensee
davon überzeugen könnten, das bitte schön ernst zu neh-
men und darauf zu reagieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Wir wissen, dass die Waldbewirtschaftung eines der robleme darstellt. Wir wissen, dass wir im Wasserbau ehr viel falsch machen. Wir wissen, dass der Eintrag on Schadund Nährstoffen zu groß ist. Wir wissen, ass die Fischerei falsch betrieben wird. (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das können Sie jetzt alles in Bremen machen!)


Wir werden in Bremen ganz sicher dazu beitragen,
ass sich manches ändert. Keiner von uns wird behaup-
en, dass wir alles auf einmal regeln können. Ich wäre
ur dafür, dass das ernsthaft angegangen wird. Das ist
nsere Aufgabe.

Frau Tackmann, Sie wiesen eben darauf hin, dass wir
andwirtschaft und Biodiversitätsschutz brauchen.
ieso soll das eigentlich ein Gegensatz sein? Ich glaube,

ass es sehr wichtig ist, Landwirtschaft so zu betreiben,
ass Agrobiodiversität für uns alle und für die Zukunft
rhalten bleibt. Wir haben einen entsprechenden Antrag
orgelegt, der heute mitbehandelt wird. Wenn man es
it dem Schutz der biologischen Vielfalt ernst meint,

ann ist eigentlich nicht zu verstehen, dass man diesem
ntrag nicht zustimmen kann. Bitte nennen Sie mir ei-
en Punkt in diesem Antrag, bei dem Sie sagen, der sei
icht zu verantworten, der sei nicht richtig, der führe
icht zu dem von allen hier als richtig erkannten Ziel!

Ich glaube, dass es sehr stark darum geht, dass wir
ns darauf verständigen, das, was wir als Ziel erklärt ha-
en, durchzusetzen, gemeinsam zu handeln und auch
ort, wo es unbequem ist, wo es eine Auseinanderset-
ung mit Nutzungsinteressen gibt, immer wieder dafür
u sorgen, dass konsequent etwas geschieht. Sonst sind
ie Reden, die wir immer wieder halten, nur Sonntags-
eden und offensichtlich nur dazu gut, sie zu zitieren.
ber wir müssen handeln und dürfen nicht nur reden.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1610018400

Ich erteile das Wort Kollegen Gerhard Botz, SPD-

raktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Gerhard Botz (SPD):
Rede ID: ID1610018500

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

en! Was die modernen Agroforstsysteme betrifft – diesem
hema möchte ich mich in meinem Beitrag hauptsächlich
idmen –, so greifen wir mit neuen Wortschöpfungen an

ich eine uralte Tradition der Flächenbewirtschaftung
uf. Streuobstwiesen und Ackerraine sind die wohl be-
anntesten Formen der traditionellen Agroforstnutzung.
ie gehören nicht nur ins Kulturlandschaftsbild früherer
eiten, sondern prägen auch heute noch in einigen Re-
ionen unsere ländlichen Räume. Die Nutzung von Ge-
ölzen und/oder Bäumen auf oder am Rande landwirt-
chaftlicher Flächen – darum geht es – ist eine wertvolle






(A) )



(B) )


Dr. Gerhard Botz
ökologische Bereicherung. Das ist sicher für uns alle un-
strittig.

Dafür gibt es ganz einfache Gründe: Neben der Er-
weiterung der biologischen Vielfalt der Flora bieten
diese Gehölzstrukturen Lebensraum für zahlreiche Tier-
arten und leisten einen großen Beitrag zum Artenschutz
und nicht zuletzt zum Schutz der Bodenfruchtbarkeit.
Gehölze tragen dazu bei, Bodenerosion durch Wind und
Wasser zu mindern. Sie halten das Grundwasser im Bo-
den und schützen vor zu starker Auswaschungsgefahr
bezüglich Düngemitteln. Das gilt nicht nur in der vegeta-
tionsarmen Jahreszeit. In den zurückliegenden Jahrzehn-
ten wurden – da sind wir uns sicher einig – Bäume und
Sträucher nicht mehr als ein Teil der Feldbewirtschaf-
tung verstanden. Man kann es so auf den Punkt bringen:
Die Vernichtung unserer traditionellen Agroforstsysteme
in großen Teilen Europas und auch Deutschlands – das
müssen wir hier selbstkritisch feststellen – führte auch
zu einem Verlust von Wissen bei unseren Landwirten,
zur Standardisierung von Landschaften, zu Umweltpro-
blemen, zur Verminderung der Biodiversität und schließ-
lich zum Verlust von alternativen Einkommensquellen
für die Landwirte. Kurz gesagt haben wir aus einer sehr
kurzsichtigen ökonomischen Betrachtungsweise heraus
unsere Flächen in erster Linie den vorhandenen Techno-
logien angepasst.

Heute sind wir klüger geworden, und wir verfügen
über neuere, modernere Technologien, die es uns erlau-
ben, verantwortungsbewusster mit unserer Umwelt um-
zugehen, ohne – das ist und bleibt wichtig – ökonomi-
sche Belange aus den Augen zu verlieren.

Zu den Forderungen des Bündnisses 90/Die Grünen
in ihrem Antrag möchte ich jetzt, im zweiten Teil meiner
Rede, in aller Kürze einige Bemerkungen machen.

Erstens: Finanzierung der Forschungsarbeiten. Neben
den laufenden Forschungsprogrammen des Bundesmi-
nisteriums für Bildung und Forschung halte ich eine stär-
kere Berücksichtigung dieser Themen – das möchte ich
an die Adresse des anwesenden Staatssekretärs sagen –
in der Ressortforschung des zuständigen Bundesministe-
riums für angebracht.


(Beifall der Abg. Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Auch der jetzt laufende Umbau ist kein Widerspruch
dazu. Ich sehe sehr große Chancen, beide Dinge mit-
einander zu vereinbaren.

Im Übrigen vertrete ich die Auffassung, dass die Tat-
sache, dass im Moment noch Kenntnisse fehlen – diese
Kenntnisse brauchen wir aber in der Zukunft –, kein
Grund sein sollte, mit derartigen Systemen in der Praxis
nicht schon zu beginnen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Zweitens. Was zwingend erforderlich wird, ist die
Schaffung eindeutiger rechtlicher Rahmenbedingun-
gen für potenzielle Anwender derartiger Systeme in der
Praxis. Wir brauchen nicht nur eine klare Abgrenzung
zum Waldbegriff, wir brauchen auch eine klare rechtli-

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(C (D he Zuordnung zu dann entstehenden geschützten Landchaftselementen. Wir brauchen nicht zuletzt auch eine lärung der Frage, welche Art von Pflanzoder Saatgut ie Landwirte zu diesem Zweck verwenden können. Ich komme zum Schluss. Ich halte es auch für sinnoll – an dieser Stelle möchte ich den Antrag der Grünen nterstützen –, dass die Gemeinschaftsaufgabe gestützt uf Art. 44 der ELER-Verordnung so geöffnet wird, dass ir eine Förderung dieser Systeme vor allen Dinge in er Phase ihrer Etablierung unterstützen können. Von eier dauerhaften Subventionierung dieser Systeme rate ch aus Gründen, die ich jetzt aus Zeitgründen nicht ehr darlegen kann, dringend ab. Es muss auch ohne ine solche Subventionierung gehen. Ich glaube, wir sind gut beraten, mittelund langfrisig diese wertvollen ökonomischen und ökologischen irkungen so hoch anzusiedeln, dass wir zu der Bewerung kommen, dass es in Zukunft auch ohne dauerhafte ubventionen auf diesem Gebiet gehen kann. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. HansMichael Goldmann [FDP])



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1610018600

Ich erteile das Wort Kollegen Max Lehmer, CDU/

SU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Max Lehmer (CSU):
Rede ID: ID1610018700

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten

amen und Herren! Verehrte Gäste! Die dauerhafte
icherstellung der biologischen Vielfalt ist das unum-
trittene Ziel, und zwar national und international. Dies
ommt auch in dem Übereinkommen über die Biologi-
che Vielfalt zum Ausdruck, dem 188 Länder als Ver-
ragsparteien zugestimmt haben. Deutschland gehört zu
en Erstunterzeichnern und hat von Anfang an eine ak-
ive Rolle gespielt. Und das ist gut so.

Mit dem Entwurf einer nationalen Strategie zur Biodi-
ersität sollen die Verluste biologischer Vielfalt bis zum
ahre 2010 deutlich reduziert bzw. gestoppt werden. Es
st dabei unverzichtbar, nationale oder zumindest regio-
ale Aktionspläne zu erstellen, da sich – wie Sie wissen –
ie Situation weltweit sehr unterschiedlich darstellt.
0 Prozent der biologischen Vielfalt finden sich in nur
5 Entwicklungsländern wieder.

In diesem Zusammenhang möchte ich eine globale
etrachtung vornehmen. Die drei weltweit großen
erausforderungen der Zukunft sind: erstens die Ernäh-

ungssicherung, zweitens die Sicherung der Energie-
ersorgung und drittens der nachhaltige Schutz der na-
ürlichen Ressourcen. Der Zielkonflikt liegt in der
onkurrenz um die begrenzte und unvermehrbare Flä-

he für das Pflanzenwachstum.

Lediglich 11 Prozent der Erdoberfläche sind landwirt-
chaftlich nutzbar. Gleichzeitig wird die Bevölkerung
is zum Jahr 2050 auf über 9 Milliarden Menschen an-
achsen. Die für den Lebensmittel- und Energiebedarf






(A) )



(B) )


Dr. Max Lehmer
verfügbare Fläche pro Mensch wird sich demzufolge
rechnerisch erheblich verringern. Dies erzeugt erhebli-
chen Druck auf die verbleibenden Naturschutzflächen.
Je mehr Fläche für Nahrung und Energie gebraucht wird,
desto kleiner werden folglich die naturbelassenen Flä-
chen. Darauf wurde im Übrigen schon 1992 bei der Kon-
ferenz in Rio ausdrücklich hingewiesen. Diese Situation
erfordert daher eine sehr verantwortungsvolle Landnut-
zung. Aktiver Natur- und Artenschutz hängt also auch
unmittelbar mit der Art, der Intensität und der Qualität
der Nutzung von Nahrungs- und Energieflächen zusam-
men.


(Beifall bei der CDU/CSU)


So kommt insbesondere flächenschonenden und
damit leistungsfähigen, aber trotzdem ökologisch ver-
träglichen und nachhaltigen Nutzungsformen für den
landschaftlichen Pflanzenbau eine ganz besondere Be-
deutung zu. Auf diesen Zusammenhang hat auch Um-
weltminister Gabriel im Oktober 2006 bei der Debatte
zum gleichen Thema ausführlich hingewiesen. Wir müs-
sen uns mithilfe moderner Technologien die Intelligenz
der Natur nutzbar machen und die Natur gleichzeitig
schützen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Um diesen Zielen gerecht zu werden, ist eine Effi-
zienzsteigerung pro Flächeneinheit unumgänglich. Die
neueren Erkenntnisse über die möglichen Auswirkungen
des Klimawandels auf das Pflanzenwachstum müssen
selbstverständlich in diese Überlegungen einbezogen
werden. Vorgänge in der Natur sind äußerst komplex,
weshalb die Auswirkungen menschlicher Eingriffe in
diese Systeme dauerhaft durch wissenschaftliche For-
schung zu begleiten sind. Ökologische Forschung muss
ein fester Bestandteil der nationalen Strategie sein.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Im gleichen Zusammenhang steht die Agroforst-
wirtschaft, die Nutzung einer Anbaufläche durch die
Kombination von Elementen der Landwirtschaft und der
Forstwirtschaft. Im Hinblick auf die Notwendigkeit,
landwirtschaftlichen Boden auch für die Erzeugung von
Biomasse für die Energiegewinnung zu nutzen, sollte
der Anbau schnell wachsender Holzarten ins Auge ge-
fasst werden.


(Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann stimmen Sie doch unserem Antrag zu!)


Für diese Nutzungsform liegen bereits erste wissen-
schaftliche Erkenntnisse vor, die interessante ökologi-
sche und ökonomische Vorteile gleichermaßen belegen.
Es ist möglich, 5 000 Liter Heizöl durch die Verbren-
nung von Holz zu ersetzen, das pro Jahr auf 1 Hektar
Energiewald wächst. Gleichzeitig findet man laut Unter-
suchungsergebnissen dabei bis zu zehnmal mehr Arten
als auf den angrenzenden Äckern.

Die Bundesregierung sieht deshalb Agroforstsysteme
zu Recht als eine mögliche geeignete Landnutzungsform
für sogenannte Grenzstandorte und stillgelegte Flächen.

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(C (D Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin appach-Kasan? Ja, bitte schön, Frau Kollegin. Herr Kollege Lehmer, ich danke Ihnen für Ihre Aus ührungen insbesondere zu den Agroforstsystemen. Alerdings können wir bekanntlich mit dem jetzigen Buneswaldgesetz ein solches System nicht einführen. eswegen meine Frage: Wie ist der Stand der Überleungen zur Änderung des Bundeswaldgesetzes, damit er rechtliche Rahmen geschaffen wird, um Agroforstysteme tatsächlich einsetzen zu können? Ich bestätige Ihre Bedenken in dieser Hinsicht; ich abe sie auch. Daher rege ich an, dass wir uns mit dieser hematik noch eingehend befassen. Auch aus diesem runde kann der Antrag der Grünen nicht angenommen erden. Da dieser Punkt noch offen ist, bedarf er zuächst einer Klärung. (Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch eine Forderung von uns!)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1610018800
Dr. Max Lehmer (CSU):
Rede ID: ID1610018900
Dr. Christel Happach-Kasan (FDP):
Rede ID: ID1610019000
Dr. Max Lehmer (CSU):
Rede ID: ID1610019100

Der Antrag der Grünen fordert die Schaffung einer In-
ormations- und Koordinationsstelle Agroforstwirt-
chaft. Der Informationsbedarf ist aber durch Beratungs-
ngebote der Privatwirtschaft und vor allen Dingen der
mter für Landwirtschaft und Forsten in diesem Bereich
ach meiner Information bereits gut gedeckt. Eine sol-
he Stelle ist somit überflüssig. Des Weiteren machte der
ntrag eine Änderung des Pachtrechts notwendig, die

ber im Hinblick auf Art. 14 Grundgesetz verfassungs-
echtlich problematisch wäre. Der Antrag kann folglich
icht unsere Zustimmung finden.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1610019200

Ich erteile Kollegin Gabriele Groneberg, SPD-Frak-

ion, das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Gabriele Groneberg (SPD):
Rede ID: ID1610019300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ehr geehrte Damen und Herren! Auch ich werde nicht
as sperrige Wort „Biodiversität“ benutzen; auch ich
age hierzu viel lieber „Artenvielfalt“ und „biologische
ielfalt“. Letztendlich drückt dies viel mehr aus, und das
ersteht dann auch jeder.

Der Schutz und die Erhaltung der biologischen Viel-
alt ist in der Tat eine globale Herausforderung, die nur
urch gemeinsame internationale Anstrengungen bewäl-
igt werden kann; das haben meine Vorrednerinnen und
orredner schon geschildert. Wir in Deutschland leisten






(A) )



(B) )


Gabriele Groneberg
unseren Beitrag dazu. Der Entwurf einer nationalen Stra-
tegie zur biologischen Vielfalt ist umfangreich und wird
– gar keine Frage – sicherlich ausgiebig beraten werden.

Aber wir sind eben nur ein kleiner Teil in dieser gro-
ßen Welt. Rund 80 Prozent der weltweiten natürlichen
Vorkommen an genetischen und biologischen Ressour-
cen ist – das wurde gerade gesagt – in den Entwick-
lungsländern zu finden. Die dramatische Zerstörung
der natürlichen Lebensgrundlagen ist die größte He-
rausforderung unseres Jahrhunderts. Besonders die länd-
liche und vor allen Dingen die arme Bevölkerung in den
Entwicklungsländern ist hiervon doppelt und dreifach
betroffen. Sie leidet darunter, dass sie kein Trinkwasser,
keine Nahrung, keine Energie und keine fruchtbaren Bö-
den hat. Wenn ich das Wenige, das noch vorhanden ist,
zum Überleben brauche, dann schert mich, ehrlich ge-
sagt, die biologische Vielfalt verflixt wenig. Dann
nehme ich das wenige Vorhandene erst einmal, um
meine eigene Lebensgrundlage zu sichern.

Wir bekennen uns nicht nur im eigenen Land zu unse-
rer Verantwortung zum Schutz der biologischen Vielfalt,
vielmehr wollen wir natürlich auch den armen Ländern
helfen, die dazu allein nicht in der Lage sind.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Auch dazu werden im Entwurf einer nationalen Strategie
Aussagen gemacht.

Was bedeutet das jetzt konkret? Es ist nicht erst jetzt,
sondern schon seit Jahren so, dass wir den Schutz der
biologischen Vielfalt in der deutschen Entwicklungs-
zusammenarbeit als Querschnittsthema und zugleich als
eigenständigen Sektor unterstützen und in unsere Pro-
gramme aufgenommen haben. Wir führen zurzeit rund
150 Projekte in unseren Partnerländern durch. 300 Mil-
lionen Euro haben wir dafür eingesetzt. Auf multilatera-
ler Ebene ist Deutschland der drittgrößte Geber bei der
Finanzierung der globalen Umweltfazilität.

Was heißt das eigentlich, wenn wir das machen? Was
sind konkrete Projekte? Ich möchte Ihnen ein Beispiel
nennen: den Pendjari-Nationalpark in Benin. Dieser Na-
tionalpark mit seinen anschließenden Jagdzonen ist ein
wichtiges Schutzgebiet von hoher regionaler Bedeutung
für den Erhalt der Artenvielfalt. Die Bevölkerung wird
zum Erhalt dieses Ökosystems beitragen und dies auch
akzeptieren, wenn es gelingt, ihre Interessen direkt zu
berücksichtigen und über an den Park gebundene Ent-
wicklungsmaßnahmen zur Bekämpfung der Armut der
Bevölkerung beizutragen.

In einem gemeinsamen Ansatz – das ist das wirklich
Interessante – von KfW, GTZ, von Holland und Frank-
reich, aber auch von der Globalen Umweltfazilität wird
dieses Projekt zwei Zielen dienen können: Einerseits
wird ein einmaliges Naturschutzgebiet bewahrt und an-
dererseits ein Beitrag zur Armutsreduzierung geleistet.
Die Anrainerbevölkerung bekommt Pläne zur nachhalti-
gen Erschließung an die Hand. Aber eine nachhaltige Er-
schließung ist natürlich nicht das, was letztendlich hilft.
Sie ist vielmehr gleichzeitig damit verbunden, dass Ma-
nagementkenntnisse zur Führung eines solchen Parks

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(C (D ntwickelt und Ressourcen, die in diesem Park bestehen, rkannt werden. Damit erreichen wir, dass die biologiche Vielfalt für diese Menschen auch eine Bedeutung ls Einkommensquelle bekommt, die von daher gesehen en Schutz der Bevölkerung verdient. Dies wird die Beölkerung dann auch tun. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Halten wir noch einmal fest: Der Schutz der biologi-
chen Vielfalt gerade in ärmeren Ländern wird sicherlich
ur dann umgesetzt, wenn sich daraus ein Einkommen
rzielen lässt. In unserem Koalitionsantrag verfolgen wir
ine Strategie, in der die Bezüge zur Armutsbekämpfung
nd Gerechtigkeit betont werden.

Noch ein Wort zu Ihnen, Frau Happach-Kasan: Der
ntrag der Grünen ist wirklich nicht nur heiße Luft. Das

ollte man hier einmal deutlich sagen; alles andere wäre
nfair. Er enthält sehr wohl gute Aspekte, die es eigent-
ich verdienen, dass man ihm zustimmt. Nur leider haben
ir einen eigenen Koalitionsantrag. Insofern werden wir
atürlich diesem zustimmen und den Antrag der Grünen
blehnen. Ich kann Ihnen sagen: Wir bedauern das. Viel-
eicht finden wir demnächst eine gemeinsame Grund-
age, auf der wir dann einen Antrag einbringen können.
ch weiß, dass wir uns hinsichtlich der Wechselwirkun-
en, die sich aus der Biodiversität und der Armutsbe-
ämpfung ergeben, generell einig sind.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1610019400

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-
chusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
u dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und der
PD mit dem Titel „Deutschlands Verantwortung natio-
al und international mit einer umfassenden Strategie
ur biologischen Vielfalt wahrnehmen“. Der Ausschuss
mpfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa-
he 16/4275, den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU
nd SPD auf Drucksache 16/1996 anzunehmen. Wer
timmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt
agegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung
st mit den Stimmen des ganzen Hauses bei Stimmenent-
altung der Fraktion Die Linke angenommen.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-
chusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau-
herschutz zu dem Antrag der Fraktion des Bündnis-
es 90/Die Grünen mit dem Titel „Nachhaltige Ressour-
ennutzung durch Agroforstwirtschaft“. Der Ausschuss
mpfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Druck-
ache 16/5294, den Antrag der Fraktion des Bündnis-
es 90/Die Grünen auf Drucksache 16/2794 abzulehnen.
er stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegen-

robe! – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist
it den Stimmen von CDU/CSU und SPD gegen die
timmen von Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke bei
nthaltung der FDP angenommen.






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 16/5413 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist so beschlossen.

Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 10 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Innenausschusses (4. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Roland Claus,
Dr. Gesine Lötzsch, Dr. Dietmar Bartsch, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN

Beendigungsgesetz zum Berlin/Bonn-Gesetz

– Drucksachen 16/3284, 16/4461 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Stephan Mayer (Altötting)

Siegmund Ehrmann
Ernst Burgbacher
Jan Korte
Wolfgang Wieland

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat Kollege Wolfgang Bosbach, CDU/CSU-
Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Wolfgang Bosbach (CDU):
Rede ID: ID1610019500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Alle Jahre

wieder kommt nicht nur das Christuskind, sondern auch
die Debatte über den Beschluss des Deutschen Bundes-
tages, dass Parlament und Regierung nach Berlin umzie-
hen. Heute haben wir diesen Punkt wieder auf der Tages-
ordnung, und ich ahne, er wird auch in den nächsten
Jahren immer wieder auf die Tagesordnung gesetzt wer-
den,


(Beifall des Abg. Roland Claus [DIE LINKE])


vielleicht in einem neuen Gewande, immer in der Hoff-
nung: Steter Tropfen höhlt den Stein.

Das ist aus der Sicht von Berlin und Umgebung auch
verständlich; denn das bedeutet Milliardeninvestitionen
hier in Berlin, Zehntausende neuer, sicherer Arbeits-
plätze – dass die dann woanders verloren gehen, wird
gerne ausgeblendet. Aber ich sage noch einmal: Aus der
Sicht von Berlin ist mir der Wunsch durchaus verständ-
lich. Allerdings müssen wir im Deutschen Bundestag die
Interessen der gesamten Bundesrepublik Deutschland
wahren. Bei dieser Gelegenheit der kleine Hinweis:
Nicht nur das Land/die Stadt Berlin hat legitime Interes-
sen; legitime Interessen haben auch andere Städte und
Regionen in unserem Land.

Es wird gerne mit Kosten argumentiert, insbesondere
mit den Kosten der Pendelei. Ich habe Verständnis für
dieses Thema, dazu sage ich später auch noch etwas.
Wer aber die Kosten in den Mittelpunkt der Argumenta-
tion stellt, sollte bedenken, dass Kosten bei der Entschei-

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(C (D ung für Berlin nicht nur keine Rolle gespielt haben, sie urften – aus politischen Gründen – überhaupt keine olle spielen. Damals hieß es, es gehe um die Glaubwürigkeit der Politik, sie müsse verlässlich und berechenar sein. Diese Argumentation greife ich gerne auf: Was amals für Berlin galt, muss heute auch für Bonn gelten. Ich zitiere Willy Brandt – der ist zitierfähig – nicht immer, aber immer öfter –: Mein Interesse ist es aber, an etwas mitzuwirken, das Berlin nicht außen vor lässt, was aber auch nicht eine Lösung ist, die überwiegend und einseitig zulasten von Bonn ginge. Denn wir haben Platz für mehr als einen Ort, für die Regierung und die anderen Instanzen, ganz abgesehen davon, dass natürlich in Bonn eine Menge investiert worden ist, was nicht einfach in den Sand geschrieben werden darf. ita Süssmuth: Es ist mir beim Gesetz wichtig, daran zu erinnern: Das alles war ein Kompromiss. Ohne den Plan, Ministerien in Bonn zu belassen, wäre nicht auszuschließen gewesen, dass die Entscheidung auch anders hätte ausfallen können. m Klartext: für Bonn. Am Ende dieser kleinen Zitatsammlung der große hilosoph Gregor Gysi: Mein entscheidendes Argument für Berlin ist eigentlich eine Frage nicht nur der nationalen Glaubwürdigkeit, sondern auch der internationalen Glaubwürdigkeit … an kann Glaubwürdigkeit aber nicht nur für Berlin relamieren; das Glaubwürdigkeitsargument muss auch ür Bonn gelten. Es gibt einen untrennbaren politischen Sachzusamenhang zwischen der Entscheidung des Deutschen undestages, mit dem Parlament und einem Teil der Bunesregierung einschließlich der politischen Führung aller inisterien nach Berlin umzuziehen, und dem Berlin/ onn-Gesetz. Das Berlin/Bonn-Gesetz ist die politische eschäftsgrundlage für diese Umzugsentscheidung. So ichtig die Entscheidung für Berlin war, so falsch wäre es, iese politische Grundsatzentscheidung des Deutschen undestages von damals, wenn auch nur in Teilen, in rage zu stellen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


(Zurufe von der SPD: Immer!)


(Beifall bei der LINKEN)


Es kommt im Übrigen ganz selten vor, dass ein An-
ragsteller im Antrag die Argumente für die Ablehnung
es Antrages gleich mitliefert. Im Antrag heißt es wört-
ich:

„Sicherstellung einer dauerhaften und fairen Ar-
beitsteilung zwischen der Bundeshauptstadt Berlin
und der Bundesstadt Bonn“ …






(A) )



(B) )


Wolfgang Bosbach
So ist es. Wer das aber zitiert, muss doch zu der Erkennt-
nis gelangen, dass man diese gesetzgeberische Grund-
satzentscheidung nicht nach wenigen Jahren wieder auf-
heben kann. Das wäre nämlich nicht „dauerhaft“,
sondern das Gegenteil von „dauerhaft“. Außerdem wäre
es gegenüber Bonn und der Region nicht fair.

Ein geradezu kurioses Argument findet sich auf
Seite 3 des Antrages. Dort wird ausführlich beschrieben,
dass Bonn und die Region Bonn nach der Umzugsent-
scheidung und den Umzügen eine überaus positive Ent-
wicklung genommen haben. Damit haben Sie recht.
Dass Bonn und die Region Bonn wirtschaftlich erfolg-
reich waren, kann doch aber kein Argument dafür sein,
Tausende von Arbeitsplätzen nach Berlin zu verlagern.
Berlin sollte sich vielmehr anstrengen, um wirtschaftlich
mindestens ebenso erfolgreich zu sein wie die Region
Bonn.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben die Staatsbetriebe in Bonn gelassen!)


Das größte Investitionshindernis in Berlin ist doch nicht
der fehlende zweite Umzug. Das größte Investitionshin-
dernis in Berlin ist der rot-rote Senat. Das ist der eigent-
liche Grund.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie des Abg. Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN] – Lachen bei der SPD und der LINKEN – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Nur ein Grüner klatscht!)


Ich darf darum bitten, nicht gegen die Gesetze der Lo-
gik zu argumentieren. Liebe Leute, man kann doch nicht
ernsthaft eine Zweiteilung der Regierungsfunktionen
beschließen und sich anschließend wundern, dass man
eine Zweiteilung der Regierungsfunktionen hat. Wer
eine Zweiteilung beschließt, muss doch wissen, dass sie
danach auch kommt. Hier wird ja gelegentlich der Ein-
druck erweckt, der damalige Gesetzgeber hätte im Zu-
stand der Bewusstlosigkeit eine Entscheidung getroffen,
und nachdem er aufgewacht ist, erst gesehen, was er ent-
schieden hat. Diese Entscheidung war gewollt.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war doch Nötigung! – Gegenruf des Abg. Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Freie Abgeordnete waren das damals!)


Sie wurde bewusst herbeigeführt, vermutlich um eine
Reihe von Bonnbefürwortern auf die Seite Berlins zu
ziehen. Sind sie aber auf dieser Seite angekommen, sagt
man ihnen: Ätsch, das war gar nicht ernst gemeint. In
Wahrheit wollten wir ja den Komplettumzug. – Das hat
mit einer verlässlichen, mit einer redlichen Politik nichts
zu tun. Politik muss verlässlich und berechenbar sein.
Das, was Berlin für sich reklamiert, reklamieren Bonn
und Umgebung mit genauso guten Gründen für sich.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Zu den Kosten der Pendelei. Ich habe Verständnis
dafür, dass man fragt, ob es wirklich nötig ist, dass so

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(C (D iele Euros für die Pendelei ausgegeben werden. Dahiner setze auch ich ein Fragezeichen. (Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Was ist mit dem Klimaschutz?)


n der parlamentarischen Arbeit, in den Fraktionen, den
rbeitsgruppen und den Ausschüssen, erleben wir, ganz

gal, von wo die Bataillone anreisen, Folgendes: Es er-
cheint der Abteilungsleiter, im Gefolge der Unterabtei-
ungsleiter, der Referatsleiter und jemand, der Ahnung
at. Da darf man schon einmal fragen: Genügt nicht der,
er sich zu dem Thema auskennt? Muss ein ganzes Ba-
aillon anreisen? – Man muss auch nicht unbedingt ins
lugzeug steigen. Ab und zu genügt der Griff zum Tele-
onhörer. Nichts spricht dagegen, die Reiserei zu redu-
ieren. Wenn man sich aber den Zeitraum von 1999 bis
006 ansieht, stellt man fest, dass in der ersten Hälfte
ieser Zeitspanne 70 Prozent der Kosten angefallen sind
nd in der zweiten Hälfte nur noch 30 Prozent. Die Kos-
en sind also rückläufig.

Geradezu ein Stück aus dem Tollhaus ist es, den Ein-
ruck zu erwecken, als sei ein Umzug nach Berlin für
en deutschen Steuerzahler besonders kostengünstig. Ich
asse jetzt einmal dahingestellt, ob ein Komplettumzug
oder 5 Milliarden Euro kostet.


(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Das stimmt nicht! Die Zahlen sind ausgedacht!)


edenfalls haben wir das Geld nicht.


(Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Woher haben Sie solche Zahlen?)


ir müssten Kredite aufnehmen. Wenn die Kosten
Milliarden Euro betrügen, müssten wir jedes Jahr etwa

50 Millionen Euro Zinsen zahlen. Dieser Betrag läge
m ein Vielfaches höher als die Kosten der Pendelei.
as Kostenargument ist also nicht tragfähig.

Zum Schluss, Herr Präsident, möchte ich noch ein Zi-
at des ehemaligen Kollegen Dr. Möller aus der damali-
en Debatte anführen:

Deutschland verfügt über zwei politische Schwer-
gewichte: Berlin und Bonn. Die mit dem Namen
Bonn verbundenen Grundentscheidungen deutscher
Politik bleiben das Fundament deutscher Politik.

nd Fundamente müssen stabil und dauerhaft sein.

Danke fürs Zuhören.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1610019600

Ich erteile das Wort Kollegen Otto Fricke, FDP-Frak-

ion.


Otto Fricke (FDP):
Rede ID: ID1610019700

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

en! Zu Anfang gestehe ich etwas: Ich bin befangen;
enn ich bin wie mein Vorredner Rheinländer.






(A) )



(B) )


Otto Fricke

(Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber Du lässt es nicht so raushängen!)


Aber ich gestehe ein Zweites: Als damals die Entschei-
dung fiel, die übrigens nicht mit der Mehrheit der beiden
großen Fraktionen, sondern mit wesentlicher Unterstüt-
zung der FDP-Fraktion und der heutigen Linksfraktion
– ich weiß nicht, wie sie damals hieß – getroffen wurde


(Zurufe von der LINKEN)


– jetzt weiß ich, wie sie heißt –, befand ich mich im Stu-
dium in Freiburg. Damals aber habe ich als Rheinländer
gesagt: Es ist richtig, dass das Parlament umzieht und
das Regieren in Berlin stattfindet.

Man hat ein Gesetz verabschiedet und – das wird völ-
lig vergessen – einen Vertrag mit einer Stadt, letztlich
mit einer Region, geschlossen, aus dem man nicht so
einfach heraus kann. Gesetze könnten wir ändern; das ist
sicherlich möglich. Wenn wir den Vertrag nicht einhalten
würden – das ist bei einem Parlament schon fast nicht
möglich –, wären wir schadensersatzpflichtig. Dieses Ri-
siko müssen wir bedenken.


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Verträge kann man kündigen!)


– Nein, das ist es ja, Herr Kollege: Diesen Vertrag kön-
nen Sie nicht kündigen, und wenn Sie es täten, würde die
Geschäftsgrundlage wegfallen, und das müssten Sie be-
gründen.


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Schauen Sie ins BGB!)


Wir merken aufgrund dieser Debatte, dass das Thema
wahnsinnig interessant ist. Fast jeder bekommt die An-
fragen: Wie stehen Sie dazu? Was halten Sie davon? Fin-
den Sie nicht auch, dass dieses oder jenes falsch ist? –
Egal was Sie sagen, es heißt immer: Der ist auf der einen
oder auf der anderen Seite. Dabei haben wir als Parla-
ment doch eine ganz andere Aufgabe. Wir haben die
Aufgabe, für den Steuerzahler die beste Lösung zu fin-
den: ein Parlament, das mit der Regierung effektiv arbei-
tet und dafür sorgt, dass die Regierung ihr Regierungs-
handeln gestalten kann. Dabei vergessen wir, dass das
Regieren nicht nur in diesem Parlament erfolgt. Ich kann
nur bestätigen, was Kollege Bosbach eben gesagt hat:
Wir müssen uns wirklich fragen, warum Luftwaffe, Heer
und Marine vertreten sind, wenn es im Haushaltaus-
schuss um die Beschaffung eines neuen Flugzeuges
geht.

Wir haben sehr viele Möglichkeiten, etwas zu tun.
Die Kosten des Pendelns sind zu hoch. Aber um was
für ein Pendeln handelt es sich? Pendelt man nach Ber-
lin, weil man ins Parlament muss oder etwas mit der Re-
gierung zu besprechen hat? Es gibt viele Gründe fürs
Pendeln. Hier müssen wir genau differenzieren. Wenn es
um den Teil des Pendelns geht, der darin begründet ist,
dass hier die Gesetzgebung stattfindet, dann muss man
das hinterfragen und im Interesse des Steuerzahlers
möglichst schnell abstellen. Wenn es aber um Pendeln
im Sinne von Verwaltungshandeln geht und wir auch das
nicht wollen, dann kann ich den Freunden aus dem Süd-
osten unseres Landes nur sagen, dass man vielleicht

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(C (D berlegen sollte, das Patentund Markenamt nach Berlin u bringen, und den Freunden aus dem Südwesten, dass an auch das Verfassungsgericht oder den BHG nach erlin umsiedeln lässt. Ich kann nur sagen: Das sollten ir nicht tun. Wir leben in einem föderalen Staat. Ich bin roh, dass wir keinen Zentralismus à la Frankreich haen; den wollen wir auf keinen Fall. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Zu den Kosten des Restumzuges gibt es – Kollege
onde und Kollege Claus, das ist Ihr Spezialthema –
eine konkreten Zahlen. Aber wenn man behauptet – das
ill ich am Rande sagen –, dass der Umzug leicht sei und
an ihn ohne Probleme hinbekomme, dann weise ich

arauf hin, dass die Große Koalition beabsichtigt, für ei-
en sehr hohen Betrag den Umzug des Innenministe-
iums zu ermöglichen, weil es im alten Gebäude unter
nderem aus Sicherheitsgründen nicht bleiben kann. Viel
paß, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie das Ver-

eidigungsministerium nach Berlin holen wollen, weil
ie glauben, es gebe genügend freie Büroräume, und Sie
ann jemand fragt: Wollen Sie es wirklich riskieren, das
erteidigungsministerium in Berlin, zum Beispiel in
renzlauer Berg, anzusiedeln? Dann werden Sie erleben,
ass auf einmal alle sagen: Jetzt müssen wir leider beson-
ers teure Gebäude bauen.

Der Haushaltsausschuss, von dem manche meinen,
r würde nur darüber entscheiden, dass Geld ausgegeben
ird, hat aufgrund der hohen Komplexität dieses The-
as eine Arbeitsgruppe gebildet, in der untersucht wird,
elche Forderungen das Parlament zukünftig an die Re-
ierung stellt, damit die Effizienz verbessert und der
teuerzahler entlastet wird. Unsere Hauptaufgabe ist
icht etwa die Erfüllung von Wünschen, sondern die Re-
lisierung vernünftiger Vorschläge. Dafür wurden wir
arlamentarier gewählt.

Eines ist dabei wichtig: Die gegenwärtig regierenden
raktionen haben einen Koalitionsvertrag geschlossen,

n dem es heißt, dass das Gesetz nicht geändert wird.
uf dieser Basis handelt die FDP. Wenn die Koalition
as Gesetz dennoch ändern will, dann muss sie das sa-
en. Solange sie das nicht tut, gilt für uns gegenüber der
xekutive, dass das die Grenzen sind, innerhalb derer
ir uns bewegen.

Ich komme zum Schluss. Liebe Kolleginnen und Kol-
egen, ich glaube, dass wir nur dann zu einer Lösung
ommen, wenn wir dieses Thema entemotionalisieren
nd deutlich machen, dass weder die eine noch die an-
ere Lösung die einzig richtige ist. Wer glaubt, in der
olitik sei entweder Schwarz oder Weiß richtig, der irrt.
ch würde vorschlagen, dass wir uns die Zahlen genau
nsehen. Ich garantiere Ihnen, dass die Arbeitsgruppe
es Haushaltsausschusses eine Lösung finden wird.
ennoch wird es immer wieder Einzelne geben – hier

ollte man sich nichts vormachen –, die lieber eine an-
ere Lösung gehabt hätten. Aber auch das gehört zur po-
itischen Debatte. Ich bitte alle Beteiligten und die Be-
ölkerung: Lassen Sie sich nicht ins Bockshorn jagen!
er Ihnen vormachen will, dass entweder Schwarz oder
eiß richtig ist, der nimmt nicht zur Kenntnis, dass es





)


(B) )


Otto Fricke
auch ein helles Grau, ein dunkles Grau und sogar dun-
kelstes Grau gibt.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1610019800

Ich erteile das Wort Kollegin Gabriele Fograscher,

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Gabriele Fograscher (SPD):
Rede ID: ID1610019900

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Seit 1994, seit Inkrafttreten des Berlin/Bonn-Gesetzes,
finden in regelmäßigen Abständen mit mehr oder weni-
ger seriösen Argumenten gespickte Debatten statt. Diese
Diskussionen werden immer sehr emotional geführt. Das
Berlin/Bonn-Gesetz ist Gegenstand zahlreicher Berichte,
Anfragen und Gutachten. Es ist immer populär – um
nicht zu sagen: populistisch –, die Posten für Dienststel-
len und Dienstreisen zu addieren und so zu tun, als ent-
stünden durch einen Komplettumzug keine Kosten und
als würden in diesem Fall keine Dienstreisen mehr anfal-
len. Auch das Argument, eine Zusammenlegung der Mi-
nisterien am Sitz Berlin hätte automatisch mehr Effizienz
zur Folge, ist bei näherer Betrachtung nicht stichhaltig.

Die Linke ist mit ihrem heute vorliegenden Antrag
wieder einmal auf diesen Zug aufgesprungen. Die in die-
sem Antrag aufgestellte Forderung, das Kanzleramt bis
2009 und die anderen Ministerien bis spätestens 2012
vollständig in Berlin anzusiedeln, ist nicht nur unrealis-
tisch, sondern auch sozial unzumutbar. Deshalb lehnen
wir diesen Antrag heute ab.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU])


Bei allen Diskussionen um Dienstposten und Plan-
stellen muss man berücksichtigen, dass es immer auch
um Menschen und Familien geht, die ein Recht und ei-
nen Anspruch auf eine verlässliche Perspektive haben.

Auf der anderen Seite geht es aber auch um eine spar-
same und effiziente Verwendung von Steuermitteln. Als
vermeidbare Kosten werden immer wieder die Dienstrei-
sen zwischen Bonn und Berlin angeführt. Die Zahl der
Reisen ist allerdings rückläufig. Dazu trägt in entschei-
dendem Maße die Verwendung neuer Kommunikations-
medien wie E-Mail oder Videokonferenzen bei. Das
Bundesinnenministerium rechnet damit – das hat es in
seinem Bericht an den Haushaltsausschuss deutlich ge-
macht –, dass es aufgrund des Einsatzes moderner Tech-
niken zu einer weiteren Reduzierung der Zahl der
Dienstreisen kommen wird. Dienstreisen zwischen
Bonn und Berlin sind aber auch im Rahmen der Fachauf-
sicht oder zum Besuch von Weiterbildungseinrichtungen
des Bundes im Raum Köln-Bonn-Koblenz notwendig.
Dienstreisen sind also nicht ausschließlich auf die Tei-
lung der Ministerien zurückzuführen. Ich darf aus dem

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(C (D ericht des Bundesinnenministeriums vom 5. April 007 zitieren: … zu berücksichtigen ist, dass die Dienstreisen zwischen den Regionen Bonn und Berlin nicht nur Folge der Aufteilung der Bundesregierung auf die beiden Standorte sind, sondern z. B. auch aus Gründen der Fachaufsicht bei den dislozierten Geschäftsbereichsbehörden im Raum Köln-Bonn erfolgen. Um das Ziel der effizienten Regierungsarbeit und erwaltung zu erreichen, braucht es mehr als die popu istische Forderung nach Zusammenlegung der Ministeien an einem Sitz. Effizienzgewinne lassen sich zum eispiel durch die konsequente Umsetzung des Regie ungsprogramms „Zukunftsorientierte Verwaltung durch nnovation“ einschließlich des Programms „E-Governent 2.0“ erreichen. Im Rahmen der Verwaltungsmoder isierung gibt es bereits heute eine ressortund behörenübergreifende Bündelung interner Dienstleistungen. Mit der Verstärkung politisch bedeutsamer ministeieller Kernaufgaben in Berlin und der zunehmenden erlagerung vorwiegend verwaltender Aufgaben auf achgeordnete Behörden in Bonn lassen sich weitere Efizienzgewinne unter Beibehaltung der Arbeitsteilung wischen Bonn und Berlin erzielen. Ein Beispiel dafür st das Bundesjustizministerium: Die Dienststelle Bonn es BMJ hat administrative Aufgaben auf das zum . Januar 2007 gegründete Bundesamt für Justiz übertraen. Im Bundesamt für Justiz werden moderne und effiiente Verwaltungsstrukturen geschaffen. Ich darf nochmals aus dem Bericht des BMI zitieren: Durch die Verlagerung von Aufgaben, deren Verbleib in ministerieller Zuständigkeit nicht geboten ist, konzentriert sich das Ministerium … auf seine politisch-konzeptionellen Kernaufgaben. Der Haushaltsausschuss hat eine Arbeitsgruppe mit er Prüfung und Auswertung der Berichte des BMI beuftragt. Sie wird die notwendigen Schritte und Maßnahen erarbeiten, um mehr Flexibilität und mehr Effizienz nter Beachtung der sozialen Belange der Mitarbeiterinen und Mitarbeiter und der Interessen der Regionen zu rreichen. Wir als Große Koalition befassen uns ernsthaft und eriös mit diesem Thema. Wir werden das Notwendige nd das, was sinnvoll ist, umsetzen. Ihren Antrag lehnen ir ab. Danke schön. Ich erteile das Wort Kollegen Roland Claus, Fraktion ie Linke. Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kol legen insbesondere aus dem Rheinland! Am 9. November des vergangenen Jahres hat Ihnen die Linksfraktion den Vorschlag auf den Tisch gelegt, einen Komplettumzug der Ministerien nach Berlin vorzusehen und dafür folgerichtig die Geltungsdauer des Berlin/Bonn-Gesetzes nach einem auch von uns konstatierten erfolgreichen Verlauf zu beenden. Wir haben den Antrag mit Augenmaß gestellt; es ist auch kein Anti-Bonn-Antrag. Wir sagen aber: 17 Jahre nach der Vollendung der deutschen Einheit ist es mit dieser Teilung genug. Unser Antrag hat einiges in Bewegung gesetzt: Die Medien haben aktiv informiert, es hat Umfragen gegeben, und die Ausschüsse haben sich mit diesem Thema befasst. Herr Kollege Bosbach, Sie verkennen offenbar völlig die in der Bundesregierung und auch in Ihrer Fraktion anzutreffende große Sympathie für diesen Antrag. Sie sollten sie gelegentlich zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei der LINKEN – Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Der Antrag ist sehr arbeitnehmerfreundlich!)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1610020000

(Beifall bei der LINKEN)


(A)





(A) )


(B) )

Roland Claus (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610020100

(Beifall bei der LINKEN)


Auch wenn Sie den Antrag heute ablehnen: Sie werden
um die Lösung dieses Problems nicht umhinkommen,
und das ist auch gut so. Ich darf Sie im Übrigen darauf
hinweisen, dass Sie heute als Mehrheit im Bundestag
einmal mehr gegen die Mehrheit der Bevölkerung zu
entscheiden gedenken.


(Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Was sagen denn die Beschäftigten, für die Sie sonst immer eintreten? Haben Sie mit denen auch über Ihren Antrag geredet?)


Wir wissen durch die gute Aufklärungsarbeit der Me-
dien inzwischen, dass über die Hälfte der Beschäftigten
nach wie vor am Standort Bonn tätig ist, dass
120 Millionen Euro für Neubauten in Bonn vorgesehen
sind, dass an Arbeitstagen ständig 170 Beamte in der
Luft sind und dass in 2006 66 000 Flüge zu konstatieren
waren. Auf der anderen Seite ist uns regierungsamtlich
bestätigt worden, dass der von Ihnen genannte Betrag
von 5 Milliarden Euro für einen Komplettumzug jegli-
cher Grundlage entbehrt. Das haben wir schriftlich.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Otto Fricke [FDP]: Ist er höher oder niedriger?)


Ich glaube auch, dass es notwendig ist, diese Debatte
hier anzustoßen, weil sich der Bundestag ein wenig an
den Zustand gewöhnt hat. Ich behaupte einmal: Ohne
Linksfraktion im Bundestag wäre das auch so geblieben.


(Jörg Tauss [SPD]: Ach, du lieber Gott!)


– Sie waren doch schon dabei, sich daran zu gewöhnen,
dass die Linksfraktion nicht mehr im Bundestag ist. Wir
waren doch kein Wunschkind dieses Parlaments. Das
wollen wir doch nicht vergessen.


(Ulrich Kelber [SPD]: Wir werden auch nicht traurig sein, wenn Sie wieder weg sind! – j n F f e s W V w s s s P r R z s g M d n l m p e B m i m d t w h w I L d (C (D Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Zur Sache!)


Unser Hauptvorwurf bezieht sich darauf, dass Sie
etzt eine große Chance vertun, die Regierung zu moder-
isieren und damit zukunftsfähig zu gestalten. Alle
achleute, die sich mit dem Antrag befasst haben, haben
estgestellt, dass damit eine Riesenchance verbunden ist,
in paar alte Zöpfe abzuschneiden und neue Wege zu be-
chreiten.


(Beifall bei der LINKEN –Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Wer waren denn Ihre Fachleute? – Ulrich Kelber [SPD]: Nennen Sie doch mal ein paar Namen!)


ir meinen: So kann man nicht gut regieren. Über die
erschwendung von Zeit und Geld ist schon gesprochen
orden.

Klaus Töpfer, der einst Umzugsbeauftragter war, hat
ich in einer selbstkritischen Reflexion die Frage ge-
tellt: Warum haben wir seinerzeit eigentlich nicht ge-
agt, nur die Besten dürfen nach Berlin? Dann wäre das
roblem vielleicht gelöst gewesen. – Ich finde, er hat
echt gehabt.


(Beifall bei der LINKEN)


Nun erreicht uns aus der Großen Koalition eine ganze
eihe von Vorwürfen nach dem Motto „Das Anliegen ist
war in Ordnung, aber müsst ihr – gerade ihr – das denn
o laut fordern?“ Ich kann den Kolleginnen und Kolle-
en der Großen Koalition nur die Gegenfrage stellen:
erkt ihr denn nichts mehr? Ihr leistet euch innerhalb

er Großen Koalition eine knallharte Opposition unterei-
ander, aber von uns erwartet ihr einen Kuschelkurs. So
äuft das nicht.


(Beifall bei der LINKEN – Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Jetzt mal zur Sache!)


Es gibt eine ganze Reihe weiterer unredlicher Argu-
ente, zum Beispiel den Vergleich mit dem Solidar-
akt. Erstens ist der Solidarpakt befristet und zweitens
in Nachteilsausgleich. Beides trifft auf die Berlin/
onn-Gesetzgebung nicht zu. Wir wissen auch, dass die
it dem Berlin/Bonn-Vertrag avisierte Summe bereits

m Jahr 2005 erreicht wurde. Was das Argument der Zu-
utbarkeit anbetrifft, muss ich Sie fragen: Wer hat nach

er Zumutbarkeit gefragt, als in den letzten Jahren Zehn-
ausende oder gar Hunderttausende von Menschen vor-
iegend in den neuen Bundesländern der Arbeit hinter-
errennen mussten?


(Beifall bei der LINKEN – Ulrich Kelber [SPD]: Deshalb sollen es jetzt ein paar mehr tun! Das ist ja ein sehr gutes Argument!)


Ich werde den Eindruck nicht los, dass wir uns alsbald
ieder über dieses Thema unterhalten werden.


(Wolfgang Bosbach [CDU/CSU]: Schon sind wir uns einig!)


ch will auch daran erinnern, dass der Bund und das
and Berlin eine Verantwortung für die Nachnutzung
es Flughafens Berlin-Tempelhof haben.






(A) )



(B) )


Roland Claus

(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Keine Nachnutzung! Er bleibt in Betrieb!)


Dort ist bekanntlich sehr viel Platz. Insofern ließe sich
der Neubau eines Innenministeriums vermeiden.

Wir haben uns ein gutes halbes Jahr mit unserem
Antrag beschäftigt. Die Debatte ist angestoßen. Daran
ändert auch Ihre Ablehnung nichts. Das Berlin/Bonn-
Gesetz hatte seine Zeit. Die Zeit läuft jetzt ab.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1610020200

Ich erteile das Wort Kollegen Alexander Bonde, Frak-

tion des Bündnisses 90/Die Grünen.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Bei Anwesenheit von neun Abgeordneten der PDS!)



Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610020300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

diskutieren heute über einen Antrag der Linksfraktion.
Es geht nicht um eine grundsätzliche Entscheidung, die
zu treffen ist. Die Frage, ob unser Regierungshandeln
mit der konkret existierenden Situation der Aufgabentei-
lung zwischen zwei Standorten effizient ist, steht heute
nicht zur Abstimmung. Dafür wären eine offene und ehr-
liche Debatte und ein mehrheitsfähiger Vorschlag not-
wendig. Das ist der vorliegende Antrag auch aus unserer
Sicht nicht, weil der Vorschlag, den Umzug sofort, kom-
plett und bitte de luxe in Verbindung mit einem Liegen-
schaftsmanagement in Berlin durchzuführen, das beste-
hende Problem nicht lösen würde. Deshalb können wir
den Antrag nur ablehnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Gleichzeitig führen wir zu Recht im Haushaltsaus-
schuss eine intensive Diskussion über die Frage, ob die
gegenwärtige Situation in Auslegung des Berlin/Bonn-
Gesetzes effizient ist. Dabei wurden viele Problemlagen
identifiziert, die deutlich machen, dass das nicht der Fall
ist. Die Zahlen sind bekannt: 751 Tonnen Post werden
jährlich zwischen den beiden Dienstorten hin- und her-
geschickt; das sind mehr als 2 Tonnen pro Tag. Es gibt
132 000 Pendelflüge von Bundesbediensteten zwischen
Bonn und Berlin. Durch die Pendelei geht die Dienstzeit
von 680 Stellen verloren. All das wird von den Steuer-
zahlern finanziert, ohne dass sich dadurch die Regie-
rungsführung verbessert. Das Innenministerium redet
von Effizienzverlusten. Wir alle kennen die Doppel-
strukturen in den Ministerien.

Meiner Fraktion und mir geht es nicht um die Frage
„Pro oder kontra Bonn bzw. Berlin“. Vielmehr geht es
im Kern um die Frage, wie wir unter Anerkennung der
Entscheidung, dass die Region Bonn ein wichtiger Be-
hördenstandort bleibt, und der Tatsache, dass die Bun-
desrepublik bei dem Strukturwandel, den man dieser Re-
gion abverlangt hat, Verantwortung gegenüber der
Region trägt, zu einer Lösung kommen, bei der unter
Wahrung des Vertrauensschutzes für Bonn, aber auch für

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(C (D ie Steuerzahlerinnen und Steuerzahler diese Situation eendet wird. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


azu müssen wir uns das Gesetz anschauen. Es gibt gute
eispiele dafür, dass regierungsnahes Handeln in Bonn

tattfindet, obwohl es in Berlin besser aufgehoben wäre,
eil es dort keine so hohen Kosten verursachen würde.
leichzeitig wissen wir, dass ein großer Teil des Verwal-

ungshandelns in den Ministerien nicht in der Hauptstadt
tattfinden muss.

Das Umweltbundesamt soll in Dessau bleiben; es
uss nicht nach Berlin. Das Bundesamt für Justiz soll in
onn bleiben; es muss nicht nach Berlin. Auch Neu-
ründungen wie die IT-Gesellschaft der Bundeswehr im
roßraum Bonn sind doch bewusst dorthin verlagert
orden, weil wir sie nicht in Berlin brauchen. Sie stehen
icht im Zentrum des Regierungshandelns. Deshalb
ann man bei diesem Thema der föderalen Struktur ge-
echt werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ein gutes Beispiel ist hier das Justizministerium. Es
berträgt Verwaltungsarbeiten auf das in Bonn neu ge-
ründete Bundesamt für Justiz. Herr Bosbach, manch-
al weiß ich gar nicht, auf welcher Basis Sie sich be-

chweren. Gleichzeitig zwingt das Berlin/Bonn-Gesetz
as Bundesministerium der Justiz aber, einen Zweitsitz
n Bonn zu erhalten mit, glaube ich, 37 Mitarbeiterinnen
nd Mitarbeitern, deren einzige Funktion es noch sein
ann, die Fahne morgens hoch und abends wieder herun-
er zu ziehen.

Das sind genau die Punkte, bei denen wir eine ernst-
afte Lösung gemeinsam besprechen müssen. Da nutzt
eder die Schimäre, es ginge um einen Komplettumzug
on Zehntausenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
er Bundestagsverwaltung, etwas. Noch nutzt die Schi-
äre, dass es um das Ende der Stadt Bonn ginge. Wir
issen doch alle, dass die Wahrheit eine andere ist. Un-

ere Aufgabe liegt darin, Effizienz zu schaffen. Das ist
ine Aufgabe, bei der Anträge wie der heute vorliegende
icht helfen, weil sie Verunsicherung in Bonn schaffen
nd Vertrauen zerstören.

Ich lobe deshalb die gemeinsame, sehr konstruktive
erangehensweise im Haushaltsausschuss des Bundes-

ags. Im täglichen Leben können wir mit der Aufteilung
uf zwei Standorte leben, aber man muss sie richtig und
lug gestalten. Die aktuelle Aufgabenverteilung ist eben
icht klug.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich möchte an uns alle appellieren, solche Debatten
icht zur parteipolitischen Profilierung stattfinden zu
assen. Der eine oder andere muss in solchen Diskussio-
en zudem bereit sein, über den Kirchturmhorizont sei-
es Wahlkreises hinauszublicken. Wir tragen hier Ver-
ntwortung. Jeder Euro, der für unnötige Verwaltung,
nnötige Bürokratie, Pendelei und unnötig verschickte






(A) )



(B) )


Alexander Bonde
Post ausgegeben wird, stellt Kosten für die Steuerzahle-
rinnen und Steuerzahler dar, für die wir geradestehen
müssen. Es geht auch um Umweltbelastungen wie den
CO2-Ausstoß sowie um Frustration von Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern. Ich kenne keinen in Bonn stationierten
leitenden Beamten, der dauernd zwischen Berlin, Bonn
und Brüssel hin- und herfliegen muss, der zufrieden ist,
dass er mehr Flugstunden hat als der Pilot, der ihn fliegt.
Genau das müssen wir beenden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1610020400

Ich erteile das Wort Kollegen Stephan Mayer, CDU/

CSU-Fraktion.


Stephan Mayer (CSU):
Rede ID: ID1610020500

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine werten Kollegin-

nen und Kollegen! Ich fühle mich bei dieser Debatte an
den US-Spielfilm „Und täglich grüßt das Murmeltier“
erinnert.


(Otto Fricke [FDP]: Aber Andie McDowell sitzt hier nicht!)


So ansehnlich und nett der US-Spielfilm ist, so überflüs-
sig ist diese Debatte; denn die stetig und regelmäßig wie-
derholten Forderungen von verschiedener parteipoliti-
scher Seite, das Berlin/Bonn-Gesetz zu kippen und den
Komplettumzug der Bundesregierung von Bonn nach
Berlin zu vollziehen, machen dieses Ansinnen nicht
richtiger und unterstützenswerter.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt)


Der Deutsche Bundestag hat mit der Verabschiedung
des Berlin/Bonn-Gesetzes im Jahre 1994 zum Ausdruck
gebracht, worum es bei der Verlagerung des Parlaments-
sitzes und von Teilen der Institutionen der Bundesregie-
rung geht. Es geht zum einen um die Schaffung eines
verlässlichen rechtlichen Rahmens, aber es geht zum an-
deren vor allem um die Schaffung von Planungssicher-
heit. Nicht zuletzt geht es um die Umsetzung des Be-
schlusses des Deutschen Bundestages vom 20. Juni 1991
zur Vollendung der deutschen Einheit.

Planungssicherheit und Verlässlichkeit waren die
entscheidenden Geschäftsgrundlagen für das Berlin/
Bonn-Gesetz. Dies kommt nicht zuletzt in § 1 Abs. 1 des
Berlin/Bonn-Gesetzes klar zum Ausdruck. Dort geht es
darum, „Grundsätze für die Verlagerung der Verfas-
sungsorgane Bundestag und Bundesregierung in die
Bundeshauptstadt Berlin zu bestimmen …“ Hinzu
kommt ein weiterer wichtiger Aspekt, der ebenfalls in
§ 1 Abs. 1 des Berlin/Bonn-Gesetzes zum Ausdruck
kommt, nämlich „die Wahrnehmung von Regierungstä-
tigkeiten in der Bundeshauptstadt Berlin und in der Bun-
desstadt Bonn zu sichern und einen Ausgleich für die
Region Bonn zu gewährleisten“. Planungssicherheit und
Kontinuität für die Region Bonn sollten für uns alle nach
wie vor Leitlinie sein und sind für die Regierungstätig-
keit sowohl in Berlin als auch in Bonn entscheidend.

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(C (D Das heißt aber nicht, dass damit alles bis in das letzte etail, beispielsweise bis zu den Stellenplänen der Miisterien, geregelt ist und keine Veränderungen möglich ind. Das heißt nicht, dass der Status quo, der bei der erabschiedung des Entwurfs eines Berlin/Bonn-Gesetes 1994 vorhanden war, auf immer und ewig zementiert ein muss. Aber ein wichtiger Grundsatz nicht nur im echt, sondern vor allem auch in der Politik sollte für ns sein: Pacta sunt servanda. Dies ist eine wichtige rundvoraussetzung für eine verlässliche und berechenare Politik. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion fühlt ich in diesem Zusammenhang apodiktisch an unseren oalitionsvertrag vom 11. November 2005 gebunden. s freut mich, mein lieber Kollege Fricke, dass Sie deut ich zum Ausdruck gebracht haben, dass unser Koaliionsvertrag Richtschnur Ihres Handelns ist. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Heiterkeit bei der LINKEN)


Es geht aber bei dem Thema eines potenziellen Um-
ugs der Bundesregierung von Bonn nach Berlin vor al-
em um die Glaubwürdigkeit des Deutschen Bundes-
ages und damit der Vertreter des deutschen Volkes
egenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des
undes, gegenüber der ehemaligen Bundeshauptstadt
onn und der Region Bonn sowie gegenüber allen Bür-
erinnen und Bürgern in der Bundesrepublik Deutsch-
and.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610020600

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

ollegen Fricke?


Stephan Mayer (CSU):
Rede ID: ID1610020700

Sehr gerne.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610020800

Bitte, Herr Fricke.


Otto Fricke (FDP):
Rede ID: ID1610020900

Lieber Kollege Mayer, es ist durchaus vernünftig,

enn sich das Parlament an einem guten Teil einer
oalitionsvereinbarung orientiert. Aber kann ich aus
em, was Sie sagen, auch schließen, dass diese Verein-
arung des Koalitionsvertrages weiterhin Gültigkeit hat?


Stephan Mayer (CSU):
Rede ID: ID1610021000

Wie ich zum Ausdruck gebracht habe, sehr geehrter

err Kollege Fricke, fühlen wir uns an den Koalitions-
ertrag vom 11. November 2005 nicht nur in diesem
unkt, sondern in Gänze gebunden.


(Otto Fricke [FDP]: Aha! Das hat man beim GKV-Zuschuss gemerkt!)


Ein Teilaspekt des Antrags der Linken ist die Födera-
ismusreform. Es wird argumentiert, mit dieser seien
eue Tatsachen geschaffen worden. Schon in der Anti-
ipierung dieser Entwicklung und der Verabschiedung
er Föderalismusreform haben wir uns im Koalitionsver-






(A) )



(B) )


Stephan Mayer (Altötting)

trag klipp und klar darauf festgelegt, dass am Berlin/
Bonn-Gesetz aus dem Jahr 1994 nicht gerüttelt wird.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Wenn wir das Berlin/Bonn-Gesetz kippten und dem An-
trag der Linken auf Erlass eines Beendigungsgesetzes
zustimmten, erlitten wir einen eklatanten Vertrauensver-
lust in Deutschland.

Dies alles bedeutet aber nicht, dass es verboten ist,
über weitere Optimierungsmöglichkeiten nachzudenken,
wenn es darum geht – dies möchte ich zur obersten Ma-
xime unseres Handelns deklarieren –, die volle Funk-
tionsfähigkeit der Bundesregierung zu sichern. In den
nächsten Wochen und Monaten wird es darum gehen,
nach Effizienzreserven zu suchen und Rationalisie-
rungsspielräume aufzustöbern und diesen nachzugehen,
um letztendlich die Kosten zu reduzieren. Wir sind hier
dem deutschen Steuerzahler verpflichtet. Deswegen
muss insbesondere der Bericht des Bundesinnenminis-
teriums vom 2. April dieses Jahres an den Haushaltsaus-
schuss für uns eine stete Mahnung sein, nach Kostenein-
sparpotenzialen zu suchen. Diese sind meines Erachtens
durchaus vorhanden. Ich kann mir durchaus vorstellen,
dass man klar differenziert und die Verwaltungsaufgaben
in Bonn belässt und die ministeriellen Aufgaben ver-
stärkt in Berlin konzentriert.

Ich bin wie einige Vorredner sehr wohl der Auffas-
sung, dass es möglich sein muss, die Dienstreisen zu re-
duzieren. Da möchte ich uns am eigenen Revers packen;
denn wir legen in den Ausschüssen bei diversen An-
tragsberatungen immer peinlichst genau Wert darauf,
dass das gesamte Bataillon der Experten aus Bonn anwe-
send ist. Hier sollten wir alle parteiübergreifend innehal-
ten und vielleicht auf den einen oder anderen Ministeria-
len, der den beschwerlichen Weg von Bonn nach Berlin
gehen müsste, verzichten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Es muss auch möglich sein, in Zukunft zu evaluieren, ob
und wie der Doppelsitz der Bundesregierung in Bonn
und Berlin zu Reibungsverlusten und Nichtnutzung von
Synergieeffekten führt.

Ein wichtiger Aspekt ist folgender: Wenn dem gefolgt
würde, was Die Linke fordert, nämlich einem Komplett-
umzug bis zum Jahr 2012, dann würden unschätzbares
und außerordentlich wertvolles Know-how und ein
wichtiger Erfahrungsschatz von Beamtinnen und Be-
amten mit Sitz in Bonn verlorengehen. Es wäre nicht zu
erwarten, dass alle, die jetzt ihre Arbeit in Bonn haben,
den Umzug vollziehen würden. Schon aufgrund der Re-
gierungsfähigkeit ist es wichtig, daran festzuhalten, dass
dieser wichtige Erfahrungsschatz und dieses wichtige
Know-how weiterhin in Bonn gehalten werden.

Der Antrag der Linken ist nicht wie Sie, sehr geehrter
Herr Kollege Claus, behauptet haben, ein Antrag mit
Augenmaß. Er ist genau das Gegenteil. Er ist ein einsei-
tiger Antrag, der nicht wohl austariert und ausgewogen
ist und nicht das Interesse aller Bundesbürger, nicht nur
das der Bürger in und um Berlin, berücksichtigt. Deswe-

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(C (D en kann man meines Erachtens diesem populistischen ntrag in dieser Form nur ganz klar die Ablehnung ertei en. Letzte Rednerin in dieser Debatte ist nun die Kollegin ettina Hagedorn für die SPD-Fraktion. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Liebe olleginnen! Eingangs will ich mich all denjenigen vortellen, die mich nicht kennen: Ich bin im Gegensatz zu anch anderem Redner weder Rheinländerin noch aus erlin. Außerdem bin ich Haushälterin. Damit bin ich, o glaube ich, eigentlich prädestiniert, zu diesem Thema ier zu reden; denn wir Haushälter sind es gewohnt, auf ie Fakten zu schauen. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Otto Fricke [FDP])


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610021100

(Beifall bei der SPD)

Bettina Hagedorn (SPD):
Rede ID: ID1610021200

amit meine ich jetzt nicht die Fakten des Antrags, son-
ern die Fakten von Unterlagen, die in den Redebeiträ-
en schon mehrfach angeführt worden sind und die der
aushaltsausschuss des Deutschen Bundestages im No-
ember letzten Jahres angefordert hat, und zwar, Kollege
osbach, auf gemeinsame Initiative der Haushälter von
PD und CDU/CSU.

Der Antrag der Linkspartei, der heute auf der Tages-
rdnung steht, ist, um es kurz zu machen – meine Kolle-
en haben es schon gesagt –, nicht mehrheitsfähig, er ist
opulistisch, er ist unrealistisch, er ist nicht sozial ver-
räglich, und er wird deswegen abgelehnt. Was mich an
hm ein bisschen betrübt, ist, dass er zu keinem Zeit-
unkt darauf abgezielt hat, hier mehrheitsfähig zu sein.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Wir reden hier über ein ernstes und wichtiges Thema,
as viele Menschen in der Bundesrepublik bewegt, und
war nicht nur Menschen im Raum Berlin und im Raum
onn. Die meisten Menschen erwarten von uns Politi-
ern in Berlin selbstverständlich, dass wir gerade in Zei-
en, in denen wir ihnen sagen, dass wir mit dem Geld
orgfältig umgehen müssen, alle den Gürtel enger
chnallen müssen, und ihnen Reformen zumuten, unser
erwaltungshandeln kostengünstig und effizient organi-
ieren und bei uns keine anderen Maßstäbe anlegen als
ie, die wir anlegen, wenn wir Gesetze machen, die für
ie Lebensbereiche der Bürgerinnen und Bürger wichtig
ind. Darum ist es wichtig, dass wir bei diesem wichti-
en Thema auf die Grundlagen zurückkommen.

Die Linkspartei hat mit ihrem Antrag überhaupt nicht
arauf abgezielt. Was hier vorgelegt worden ist, ist nicht
ehrheitsfähig. Das ist sehr bedauerlich.

Aber der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundes-
ages hat sich des Themas Berlin/Bonn-Gesetz sehr wohl






(A) )



(B)


Bettina Hagedorn
angenommen. Das ist kein Geheimnis geblieben: Dieser
Vorgang ist in sehr vielen Zeitungsartikeln behandelt
worden. Ich möchte einmal zeigen, wie umfangreich die
von uns angeforderten Berichte sind.


(Ulrich Kelber [SPD]: Die sind vertraulich!)


Ich habe sie mitgebracht. Es sind zwei Berichte: der Be-
richt des Innenministeriums und der Bericht des Wissen-
schaftlichen Dienstes. Der Haushaltsausschuss hat sich
damit Ende April ungefähr zwei Stunden lang zum ers-
ten Mal beschäftigt, Herr Vorsitzender.


(Otto Fricke [FDP]: Ich stimme zu!)


Selten wurde in Debatten fraktionsübergreifend, in so
großer Ernsthaftigkeit und mit Würdigung der Fakten,
um die es eigentlich geht, miteinander gerungen. Nicht
zu Unrecht haben wir dann gesagt: Wir debattieren das
nicht zu Ende; das war nur eine erste Debatte; wir müs-
sen diese Berichte ernst nehmen; endlich liegen sie auf
dem Tisch; nach so vielen Jahren ist es wichtig, dass Be-
richte ausgewertet werden, die die Fragen behandeln,
was das Gesetz, das in der damaligen Zeit – zu Recht –
verabschiedet worden ist, eigentlich gebracht hat, wie
das Ganze unter den heutigen Voraussetzungen zu be-
werten ist und wie das Regierungshandeln auf der
Grundlage dieses Gesetzes eigentlich funktioniert.

Wenn man diese Berichte liest, dann stellt man fest,
dass es – das ist unstrittig – Absurditäten gibt. Manches
ist in den letzten Wochen durch die Medien gegangen.
Hier sind schon die 132 000 Flüge pro Jahr und die
751 Tonnen Papier, die hin- und hergekarrt werden, an-
gesprochen worden. Einiges andere ließe sich hier auf-
zählen.

Es geht aber nicht nur darum, das zu beklagen, und es
geht schon gar nicht darum, dies zu skandalisieren. Wir
wollen unsere eigene Arbeit und schon gar nicht die un-
serer Ministerien und die ihrer Mitarbeiter schlecht-
reden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es geht darum, sehr genau zu schauen, wie sich das, was
an diesen Zuständen inakzeptabel ist, eigentlich verän-
dern lässt. Wer sich damit näher beschäftigt hat, der teilt
sicherlich meine Auffassung: Mancher Effizienzgewinn
lässt sich – Vorredner haben darauf hingewiesen – ohne
eine Gesetzesänderung herausholen.

Hier wurde der Gedanke geäußert, dass sämtliche
Ministerien schwerpunktmäßig in Berlin tätig sind und
dass nachgeordnete Behörden ihre Verwaltungstätig-
keit in Bonn ausüben. Dazu muss man sagen: Das sieht
schon das Berlin/Bonn-Gesetz vor; aber offensichtlich
ist es an der Praxis gescheitert. Wenn unsere Regierun-
gen das seit 1994 nicht so umgesetzt haben, wie es theo-
retisch hätte geschehen sollen, lag das sicherlich nicht
nur daran, dass sie schlecht oder unwillig waren, sondern
auch daran, dass in der Praxis manches anders ist, als
man es sich damals bei der Verabschiedung des Gesetz-
entwurfs gedacht hat.

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(C (D Es gehört zur Ehrlichkeit, zu sagen: Dieses Gesetz uss evaluiert werden. Andere Gesetze werden 5 Jahre nach ihrem Inkrafttreten ebenfalls evaluiert. ie Steuerzahler erwarten von uns zu Recht, dass wir icht mit unterschiedlichen Maßstäben messen und dass ir den Mut haben, gemeinsam festzustellen, was ange ichts der geltenden Rechtslage möglich ist und an welher Schraube man eventuell drehen muss. Diejenigen, ie dann gleich mit dem Holzhammer kommen und von inem von heute auf morgen durchzuführenden Komlettumzug reden, machen eine vernünftige, eine parteibergreifende Debatte in Wahrheit kaputt. Bei solch eiem Verhalten blutet mir das Herz. Wir brauchen diese ebatte. Gerade die jungen Menschen in diesem Land rwarten von uns, dass wir sie führen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich muss zum Schluss kommen. Ich wünsche mir,
ass wir diese Berichte so auswerten, wie wir es uns ge-
einsam vorgenommen haben. Kollege Bosbach, ich

abe hier schon so manche Rede von meinem haushalts-
olitischen Kollegen Fromme gehört, zum Beispiel in
aushaltsberatungen. Darin hat er sich zu dieser Proble-
atik so ähnlich wie ich gerade eben geäußert. Dies gilt

uch für viele andere Kollegen der CDU/CSU im Haus-
altsausschuss. Wir sind inhaltlich durchaus auf einer
bene. Wir sind eben nicht nur für Berlin oder nur für
onn, und wir sind nicht nur gegen Berlin und nicht nur
egen Bonn, sondern wir versuchen, die Dinge sachlich,
bergeordnet und an der Arbeit orientiert zu sehen. Die
ollegen Haushälter von der Union


(Otto Fricke [FDP]: Die sind nicht da! Die trauen sich nicht!)


ind zwar heute nicht da, aber das ändert nichts daran, so
offe ich, dass wir in Zukunft genauso intensiv wie bis-
er an diesem Thema arbeiten und hoffentlich zu guten
rgebnissen kommen, die dem Land dienen; das erwar-

en die Menschen von uns.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610021300

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des In-
enausschusses zu dem Antrag der Fraktion Die Linke
it dem Titel „Beendigungsgesetz zum Berlin/Bonn-
esetz“. Dazu liegen zwei Erklärungen nach § 31 un-

erer Geschäftsordnung vor, die zu Protokoll genommen
erden, und zwar von den Kollegen Markus Löning und
ellmut Königshaus.1)

Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-
ung auf Drucksache 16/4461, den Antrag der Fraktion
ie Linke auf Drucksache 16/3284 abzulehnen. Wer

timmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer ist dage-

Anlagen 3 und 4
)






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt
gen? – Enthaltungen? Dann ist die Beschlussempfehlung
bei Gegenstimmen der Fraktion Die Linke angenom-
men.


(Zurufe von der CDU/CSU und der FDP: Und einigen Enthaltungen!)


– Und einigen Enthaltungen. Entschuldigung, das habe
ich nicht registriert.

Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 11 a und 11 b
auf:

a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Änderung des Passgesetzes und weiterer
Vorschriften

– Drucksachen 16/4138, 16/4456 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenaus-
schusses (4. Ausschuss)


– Drucksache 16/5445 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Clemens Binninger
Frank Hofmann (Volkach)

Gisela Piltz
Jan Korte
Wolfgang Wieland

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Innenausschusses (4. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Gisela Piltz,
Dr. Karl Addicks, Uwe Barth, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion der FDP

Sicherheitslücken bei biometrischen Pässen
beseitigen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Gisela Piltz,
Dr. Karl Addicks, Daniel Bahr (Münster), wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Keine Einführung des elektronischen Perso-
nalausweises

– zu dem Antrag der Abgeordneten Wolfgang
Wieland, Volker Beck (Köln) und der Fraktion
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Datenschutz und Bürgerrecht bei der Ein-
führung biometrischer Ausweise wahren

– Drucksachen 16/854, 16/3046, 16/4159,
16/5445 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Clemens Binninger
Frank Hofmann (Volkach)

Gisela Piltz
Jan Korte
Wolfgang Wieland

Zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung liegen
ein Änderungsantrag sowie ein Entschließungsantrag der
Fraktion der FDP vor.

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(C (D Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre azu keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Bevor wir fortfahren, bitte ich die Kolleginnen und ollegen, die der Aussprache nicht folgen wollen, ruhig u sein oder den Saal zu verlassen. – Danke. Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort als rstem Redner dem Kollegen Clemens Binninger. Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen nd Kollegen! Wenn man die öffentliche Diskussion der, besser gesagt, die mediale Diskussion oder parteiolitische Diskussion der letzten Wochen zum Thema biometrische Pässe“ verfolgt hat, weiß man, dass vier ragen im Mittelpunkt dieser Diskussion gestanden haen: Erstens. Worin liegen überhaupt die Vorteile der iometrischen Pässe? (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unbeantwortet!)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Clemens Binninger (CDU):
Rede ID: ID1610021400

weitens. Sind die Daten der biometrischen Pässe über-
aupt sicher? Drittens. Gibt es eine zentrale Datenbank?
iertens. Unter welchen Bedingungen darf die Polizei
uf die Daten der Passbehörden zugreifen?


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was wollen die denn noch haben?)


ch will gerne zu allen vier Fragen etwas sagen und auch
ür Klarheit sorgen.


(Jörg Tauss [SPD]: Da bin ich aber gespannt!)


Gestatten Sie mir aber vorneweg eine Bemerkung zu
er Art und Weise, wie die Oppositionsparteien und ver-
eintliche Datenschützer diese Diskussion in den letzten
ochen geführt haben.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben Ihren Entwurf aufgrund dieser Diskussion in letzter Minute noch ändern müssen!)


as sind das für Beiträge, die den Eindruck erwecken,
ls ob in unserem Land die Sicherheitsbehörden, die
assbehörden und die Polizeibehörden für den Daten-
chutz die größere Gefahr sind als die unbefugte Nut-
ung durch Dritte? Das Bild, das Sie hier erzeugen, ist
och absurd.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


nsere Sicherheitsbehörden arbeiten auf einem so hohen
atenschutzniveau, dass von dem Klima, das Sie hier

rzeugen wollen, keine Rede sein kann. Das ist der Ge-
eralverdacht, den Sie erheben, wir aber nicht.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Klima erzeugen Sie! Das ist unglaublich! Im Grundgesetz steht was von Freiheit! Freiheit statt Schäuble!)







(A) )



(B) )


Clemens Binninger
Zur ersten Frage: Worin liegt der Nutzen der bio-
metrischen Pässe? Wir werden mit der Speicherung des
Fingerabdrucks und des Gesichtsbildes im Chip der bio-
metrischen Pässe eine erhöhte Fälschungssicherheit ha-
ben. Missbrauch wird de facto ausgeschlossen sein. Wir
werden bei der Kontrolle eine verbesserte Qualität ha-
ben. Das wird den Reise- und Personenverkehr erleich-
tern.


(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Wir sehen auch besser aus!)


Da wir die biometrischen Pässe innerhalb der Europäi-
schen Union einführen, wird es auch zu einem Sicher-
heitsgewinn führen.

Gleichzeitig – das ist ein Aspekt, den man sicherlich
nennen darf – ist die Biometrie ein Standortfaktor für
unser Land. In Bezug auf die biometrischen Pässe kann
man also nicht nur sagen, dass sie einen Gewinn an Si-
cherheit und Qualität und Erleichterung bei der Kon-
trolle bringen, sondern auch, dass sie ein Vorteil für den
Standort Deutschland sind.


(Beifall bei der CDU/CSU – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist vielleicht eine Argumentation! Aber an dieser Stelle jedenfalls ehrlich!)


Zur zweiten Frage: Sind die Daten denn sicher? Was
hier an Horrorszenarien oder Schauergeschichten – an-
geblich kann man ganz schnell im Vorbeigehen die Da-
ten aus dem Chip herauslesen – in Umlauf gesetzt
wurde, spottet eigentlich jeder Beschreibung. Ich bitte
Sie, im Protokoll der Anhörung nachzulesen. Spätestens
seit der Sachverständigenanhörung dürfte jedem klar ge-
worden sein, dass dieser Chip mit einer derart erhöhten
Sicherheit ausgestattet ist, die sogar bei Geheimschutz-
dokumenten angewandt wird, und dass die Technologie
eine Garantie für die nächsten 20 Jahre bietet. Es wird
immer das Beispiel genannt, man könnte das Foto von
dem Chip quasi im Vorbeigehen auslesen. Dieses Bei-
spiel wurde in allen Einzelheiten zerpflückt.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum dann die Hülle um den Pass?)


Dieses Auslesen ginge nur, wenn Sie schon über alle Da-
ten, die im Pass vorhanden sind, also über den Namen,
den Vornamen und die Passnummer, verfügen. Dann
könnten Sie vielleicht das Foto herauslesen. Dann könn-
ten Sie aber auch ein Foto mit der Digitalkamera ma-
chen. Wozu wollen Sie das dann noch auslesen?


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine Leichtigkeit! – Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben sie in den Niederlanden auch gesagt, und dann konnte man das im Fernsehen sehen!)


Haben Sie diese Daten nicht, was das Wahrscheinli-
che sein wird, und versuchen Sie, diese Daten aus dem
Chip herauszulesen, dann bräuchten Sie dafür zwölf
Tage, und zwar zwölf Tage, an denen sich der Pass nicht
von der Stelle bewegen darf.

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(C (D (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Man kann sie kopieren und dann in Ruhe auslesen!)


as ist doch kein realistisches Szenario, sodass man
irklich sagen kann, wir haben hier eine Technik, die

uf höchstem Standard Sicherheit produziert. Es gibt
einen Zweifel an der Sicherheit der biometrischen
ässe.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Da haben Sie nicht zugehört!)


Der dritte Punkt, der immer etwas vorschnell und in
nkenntnis der Gesetzesmaterie ins Feld geführt wurde,

st der, es werde eine zentrale bundesweite Datenbank
rrichtet. Da hilft ein Blick in das Gesetz. Im neuen § 4
es Passgesetzes steht klipp und klar: „Eine bundesweite
atei … wird nicht errichtet.“


(Jan Korte [DIE LINKE]: Noch nicht!)


abei bleibt es auch. Es gab nie einen anderen Vor-
chlag.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zu Ihrem Leidwesen!)


Nicht zu unserem Leidwesen. Darauf komme ich nach-
er noch zurück, keine Sorge, Herr Wieland. – Eine bun-
esweite zentrale Datei wird nicht errichtet, obwohl die
ppositionsparteien dies immer wieder vereinzelt be-
auptet haben.


(Jan Korte [DIE LINKE]: De facto ist es doch so!)


as ist Irreführung der Bürger, aber keine sachliche Dis-
ussion.

Der vierte Punkt lautet: Unter welchen Bedingungen
arf die Polizei zukünftig auf die Daten der Passbehör-
en zugreifen? Auch da wurde das Szenario in die Welt
esetzt, dass die Polizei jetzt auf 82 Millionen Passfotos
ugreifen darf. Das ist falsch und absurd. Die Polizei
arf, worauf wir bestanden haben, bei Straf- und Buß-
eldverfahren – also bei Ermittlungsverfahren –, bei de-
en es einen konkreten Verdacht gibt, man aber nicht
eiß, wie der Verdächtige aussieht, völlig zu Recht das
oto von der Passbehörde erhalten.

Weil niemand ernsthaft erwarten kann, dass die Poli-
ei am Wochenende, wenn Gefahr im Verzug ist, sagt,
ir warten, bis die Passbehörde am Montag wieder ge-
ffnet hat, darf die Polizei in diesen Eilfällen online auf
en Datenbestand der jeweiligen Passbehörde zugreifen.
abei haben wir eine Sorge der Datenschützer ausräu-
en können, weil uns dies selber wichtig war. Wir haben

esagt, das soll auf eine regionale Zuständigkeit be-
renzt sein. Die Polizei in München greift auf den Da-
enbestand der Passbehörden im Raum München zurück.

enn die Kollegen in Hamburg etwas brauchen, dann
önnen sie das dort anfordern. Das hat auch der Bundes-
atenschutzbeauftragte gestern anerkannt. Er hat seine
edenken, die er ursprünglich hatte, zurückgezogen. In-

ofern muss man anerkennen, dass wir hier ein Gesetz






(A) )



(B) )


Clemens Binninger
gemacht haben, das höchsten Sicherheitsanforderungen
und höchsten Qualitätsansprüchen genügt und auch den
Datenschutz umfassend berücksichtigt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kein Wunder, dass einem das Wort Satire einfällt!)


Ich will noch einen Punkt ansprechen, der nicht im
Gesetz steht und bei dem die Union eine andere Position
hatte als unser Koalitionspartner. Es geht um die dezen-
trale Speicherung der Fingerabdrücke, die im Chip
sind, auch bei der Passbehörde. Es steht nicht im Gesetz.
Wir hatten es gefordert, aber im Interesse der Einigung
blieb es dann bei der Forderung und kam nicht in den
Gesetzestext.


(Jörg Tauss [SPD]: Sehr vernünftig!)


– Ob das vernünftig war, werden Sie vielleicht gleich an-
ders beurteilen.

Schauen wir uns den Status quo an. Heute ist im Pass-
register geregelt, dass alle Daten, die im Pass enthalten
sind, wie Name, Vorname, Größe, Augenfarbe und das
Lichtbild, aus gutem Grund als Doppel bei der Passbe-
hörde hinterlegt sind. Dies bietet Nachvollziehbarkeit
des Verwaltungshandelns und Rechtssicherheit, auch im
Interesse des Passinhabers. Zu diesen Daten, die heute
schon als Doppel vorhanden sind, kommen zwei neue
hinzu: das biometrische Lichtbild und der biometrische
Fingerabdruck. Das biometrische Lichtbild speichern
wir – wie heute – ebenfalls im Passregister. Da haben Sie
keine Bedenken. Zum biometrischen Fingerabdruck sa-
gen Sie: Das geht verfassungsrechtlich nicht. – Das ist
nicht haltbar.

Wir sagen: Es wäre sinnvoller, besser und sicherer,
wenn die Passbehörde – aus gutem Grund – über eine
Kopie aller Daten verfügen würde, die im Pass enthalten
sind, weil so Qualität und Sicherheit – auch im Interesse
der Bürger – besser gewährleistet werden könnten als
heute; wir vernichten quasi die Daten, nachdem der Pass
ausgehändigt ist.


(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Jetzt übertreiben Sie nicht!)


Das halten wir nicht für sinnvoll.

Schauen wir einmal, wie es in Europa gehandhabt
wird; Deutschland ist ja nicht das einzige Land, das ei-
nen biometrischen Pass einführt.


(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Aber wir sind die Besten, Herr Binninger! – Wolfgang Bosbach [CDU/CSU]: Wir sind die Besten!)


– Sie sind sicherlich der Beste, Herr Kollege
Wiefelspütz. – Schauen wir einmal, wie es in den Län-
dern Europas gemacht wird, in denen biometrische Pässe
eingeführt werden: Frankreich sieht eine zentrale Spei-
cherung der Fingerabdrücke vor; wir vernichten sie.
Holland sieht eine zentrale Speicherung der Fingerab-
drücke vor; wir vernichten sie. Österreich sieht eine zen-
trale Speicherung der Fingerabdrücke vor; wir vernich-
ten sie.

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(C (D Ich halte das nicht für den richtigen Weg. Vielleicht ollten wir in einigen Jahren, wenn wir praktische Erfahungen gesammelt haben, noch einmal über dieses hema nachdenken. Es ist übrigens ein Thema, bei dem ie Mehrheit der Bevölkerung auf unserer Seite steht. (Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Auch meine Frau!)


wei Drittel der Befragten – wie wir in der Innenaus-
chusssitzung erfahren haben, ist darunter auch Frau

iefelspütz –, die Mehrheit der Menschen in diesem
and, sind dafür, die Fingerabdrücke dezentral, bei den
assbehörden, zu speichern. Unser Gesetzentwurf sieht
as nicht vor; das ist ein Fehler.

Die Union sagt aber: Wir orientieren uns bei unserer
olitik auch an der Mehrheit der Bevölkerung, im Inte-
esse der Sicherheit unseres Landes. Der biometrische
ass leistet einen Beitrag zu mehr Sicherheit. Sicherlich
erden wir in einigen Jahren, vielleicht auch früher,
och einmal über unsere Forderung diskutieren, eine
opie der Fingerabdrücke zu hinterlegen.


(Sebastian Edathy [SPD]: In der Opposition vielleicht!)


Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610021500

Das Wort hat nun die Kollegin Gisela Piltz für die

DP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Gisela Piltz (FDP):
Rede ID: ID1610021600

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ugen zu und durch, das ist offensichtlich die Devise
er Koalition bei diesem Thema. Dabei haben die Sach-
erständigen bei der Anhörung vor gut vier Wochen ein-
rucksvoll die Risiken geschildert, die mit diesen neuen
ässen auf uns zukommen. Viele Sicherheitsexperten

rauen der Sicherheit des E-Passes offensichtlich nicht
ber den Weg, weshalb sie den neuen E-Pass in Alufolie
inhüllen, damit er nicht ausgelesen werden kann.


(Zuruf von der FDP: Sogar der BKA-Präsident!)


ogar der Chef des Bundeskriminalamtes, der mir eine
oche zuvor noch persönlich versichert hat, wie sicher

as alles sei, und mich fragte, warum ich mir Sorgen
achte, trägt seinen Pass in einer Schutzhülle. Warum

ut er das eigentlich, wenn er sagt, dass die neuen Pässe
icher sind? Mit gutem Beispiel vorangehen, darunter
atte ich mir immer etwas anderes vorgestellt.


(Beifall bei der FDP)


Früher gab es eine Schutzhülle, damit der Pass nicht
erkratzte oder unschöne Knicke bekam. Heute braucht
an eine Schutzhülle, damit der Pass sicher ist. Ich kann

icht ganz nachvollziehen, warum das sein muss. Die
achverständigen haben auch eindrucksvoll geschildert,






(A) )



(B) )


Gisela Piltz
welche neuen Möglichkeiten für Kriminelle mit dem
E-Pass geschaffen werden.

Das Verfahren der sogenannten zweidimensionalen
Gesichtserkennung ist nicht technisch ausgereift. Man-
che Sachverständige warnen sogar, dass ein RFID-Chip,
auf dem das alles gespeichert ist, längstens fünf Jahre
hält. Dabei soll der Pass doch zehn Jahre halten! Wer
sich daran erinnert, wie die Entwicklung bei Handys
oder bei Computern in den letzten zehn Jahren vorange-
gangen ist, der kann sich vorstellen, wie die Entwicklung
bei den RFID-Chips sein kann. Schließlich telefoniert
niemand von uns mehr mit einem zehn Jahre alten
Handy.

Herr Binninger, ich gebe Ihnen zu bedenken: Sie soll-
ten vielleicht auch einmal den Mut haben, in die Zukunft
zu blicken und nicht beim Status quo zu verharren.


(Jörg Tauss [SPD]: Das ist aber viel verlangt von Herrn Binninger!)


Ihre Rede hat sich nur auf den Status quo bezogen. Alles,
was gesagt worden ist, hat Sie nicht beeindruckt. Es gibt
allerdings ein paar Änderungen, die man loben muss
– Herr Bosbach ist jetzt weg; er wird es leider nicht hö-
ren –: Der Doktortitel wird wieder auf dem Pass stehen;
das macht sicherlich viele glücklich. Es wird auch eine
Pflicht zur Aufzeichnung der abgefragten Passbehörde
geben; auch das begrüßen wir. Darüber hinaus haben Sie
die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zum Trans-
sexuellengesetz umgesetzt, mehr aber auch nicht.

Dennoch lautet Ihre Devise: Augen zu und durch. Aus
Ihrer Sicht wird damit die Sicherheit erhöht. Ist das denn
wirklich so? Deutsche Ausweise galten auch vor der
Einführung der biometrischen Pässe als die fälschungs-
sichersten und besten der Welt. Die Zahl der gefälschten
Pässe ist absolut gesehen gering. Es gab im Jahr 2004
nur 228 gefälschte Pässe. Ist das den ganzen Aufwand
wert?


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Nicht nur den Status quo sehen, sondern auch in die Zukunft blicken, Frau Kollegin!)


Ein echter Zugewinn an Sicherheit ergäbe sich erst
dann, wenn es an der Grenze eine Eins-zu-eins-
Kontrolle gäbe. Eine Kamera müsste quasi den Grenzbe-
amten ersetzen. Dafür ist aber erst jetzt ein Pilotprojekt
geplant. Vielleicht gibt es ab dem Jahre 2009 die ersten
Kameras an der Grenze. Wenn das so weitergeht, sind
die ersten Pässe abgelaufen, bevor wir ein umfassendes
Sicherheitskonzept haben. Verstehen Sie das unter Si-
cherheit? Wir tun das jedenfalls nicht.


(Beifall bei der FDP)


Augen zu und durch gilt auch für die Einreise in die
USA, wie Sie immer wieder betonen. Die USA stellen
allerdings gerade ihr System bei der Einreise von „Zwei
Finger lesen“ auf – dies hat nichts mit Rouladen, son-
dern mit dem System zu tun – „Zehn Finger gerollt“ um.
Der Rechnungshof in den USA hat nämlich erkannt,
dass mit nur zwei Fingern kein Beitrag zur Sicherheit ge-
leistet werden kann.

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(C (D Es ist völlig offen, welche Konsequenzen das für uns at. Es ist sogar so, dass der Vertreter des Innenministeiums, der uns am Mittwoch im Innenausschuss zu dieem Thema berichtet hat, nicht einmal wusste, dass die SA ihr System umgestellt hatten. So stelle ich mir den insatz für Sicherheit im Innenministerium nicht vor. arüber hinaus möchte ich darauf hinweisen, dass die SA bis heute keine biometrischen Daten auf RFIDhips in ihren Pässen haben. Warum nicht? Sie haben atenschutzund Sicherheitsbedenken. Das sollte uns in Vorbild sein. Augen zu und durch: Vermutlich machen Sie das desalb, weil es Ihnen um etwas ganz anderes geht. Es geht hnen darum, möglichst viele Daten der Bürger zu sameln, damit man sie möglicherweise für andere Zwecke erwenden kann. (Jörg Tauss [SPD]: Reden Sie einmal mit Ihrem Innenminister in Niedersachsen!)


Dass wir einen Innenminister in Niedersachsen stellen,
st mir neu, Herr Tauss.


(Jörg Tauss [SPD]: Die Koalition!)


err Tauss, dass Sie nicht auf der Höhe der Zeit sind, ist
ür das Parlament wirklich nichts Neues.

Herr Binninger hat schon gesagt, worum es ihm in der
ächsten Zeit wirklich geht, nämlich um die Speiche-
ung weiterer Daten. Das ist sehr verräterisch. Wenn Sie
aten anderweitig nutzen wollen, dann möchte ich Sie
itten, offen und ehrlich damit umzugehen und mit uns
arüber zu diskutieren. Benutzen Sie die Bürger nicht
eiter als Versuchskaninchen für die Einführung eines
asses, der mehr als doppelt so teuer ist wie früher.

Für uns gilt jedenfalls nicht Augen zu und durch. Für
ns gilt: Wir sind eine wachsame und aufmerksame Op-
osition. Deshalb werden wir diesem Gesetz nicht zu-
timmen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610021700

Nächster Redner ist der Kollege Frank Hofmann für

ie SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Frank Hofmann (SPD):
Rede ID: ID1610021800

Liebe Frau Piltz, hätte ich einen Hut getragen, dann

äre er mir sicherlich hochgegangen.


(Otto Fricke [FDP]: Sie hätten ihn gezogen! – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gezogen vor Anerkennung!)


ch kann Ihnen nur sagen: Ohren auf und mitdenken, das
ird notwendig sein.


(Gisela Piltz [FDP]: Ich tue das!)







(A) )



(B) )


Frank Hofmann (Volkach)

– Nein. Denn was Sie heute vorgestellt haben, geht an
der Realität, über die wir die letzten Tage geredet haben,
völlig vorbei.


(Beifall des Abg. Sebastian Edathy [SPD] und des Abg. Clemens Binninger [CDU/CSU] – Gisela Piltz [FDP]: Der Beifall von Ihren Kollegen ist sehr mager!)


Ich möchte auf der sachlichen Ebene bleiben und auf
die teilweise bewusst geschürte Terrorhysterie eingehen,
die auch in der Diskussion um die Pässe eine Rolle
spielte. Ich will in diesem Zusammenhang daran erin-
nern, dass wir die Pflicht haben, die EU-Richtlinie in
nationales Recht umzusetzen. Ich teile in diesem Fall die
Kritik des Bundesbeauftragten für den Datenschutz,
Peter Schaar, der die mangelnde Einflussmöglichkeit des
Bundestages und des Europäischen Parlamentes bean-
standet hat.


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])


In Zukunft sollte die Bundesregierung bei der Umset-
zung ihrer Brüsseler Vorhaben den Bundestag im Vor-
feld stärker beteiligen.

Wenn wir uns die Änderungsvorschriften des Passge-
setzes anschauen, die die Koalitionsfraktionen erarbeitet
haben, können wir von der SPD mit dem Erreichten sehr
zufrieden sein. Ich möchte nicht verhehlen, dass dies
nicht immer so aussah im Verlauf der Diskussion um die
Speicherung des elektronischen Fingerabdrucks: Auf der
einen Seite äußerten sich regelmäßig Hardliner, die den
Terrorismus nicht effizient genug bekämpft sahen. Auf
der anderen Seite bremsten FDP und Grüne – bei der
FDP konnten wir es vorhin wieder hören –, die bei jeder
technischen Innovation den direkten Weg in den Über-
wachungsstaat an die Wand malen. Die PDS nimmt aus
meiner Sicht an einer zielführenden Diskussion über-
haupt nicht teil.

Die Kritik von FDP und Grünen, die in ihren Anträ-
gen zum Ausdruck kommt, geht an der Realität vorbei.
So können zum Beispiel im elektronischen Pass gespei-
cherte Daten nicht mit einfachen Mitteln aus- und mitge-
lesen werden. Ich wiederhole deshalb mit anderen Wor-
ten das, was mein Kollege Berichterstatter von der CDU/
CSU, Clemens Binninger, gesagt hat. Damit ein Lesege-
rät die digitalen Daten auf dem Chip auslesen kann,
muss es über einen geheimen Signaturschlüssel verfü-
gen, dessen Gültigkeit durch ein elektronisches Zertifi-
kat des Landes, das den Reisepass ausgestellt hat, bestä-
tigt wird. Ein aktives Auslesen des Chips ist unter
optimalen Bedingungen nur bis zu maximal 20 Zentime-
ter möglich. Hierfür muss ein Lesegerät bis auf diese ge-
ringe Entfernung an den Pass kommen. Pass und Lese-
gerät müssen sich mehrere Sekunden in Ruhe befinden.
Außerdem müssen die Passnummer, das Geburtsdatum
des Inhabers und das Ablaufdatum des Passes bekannt
sein.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das steht doch drin im Pass! Das ist doch kein Geheimnis!)


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(C (D Was wäre nun der Gewinn bzw. die Erkenntnis eines olchen Spionageangriffs? Neben allen bereits bekannen Daten bleibt als einziger Ertrag des Angreifers das assfoto des Passinhabers, das digitalisierte Bild. An die ingerabdruckdaten kommt er immer noch nicht heran. ie ganze Debatte um derartige Sicherheitsrisiken ist ab urd und sollte von der Opposition nicht weiterverfolgt erden. Man muss schon, Frau Piltz, eine Überdosis James Bond“ genossen haben, wenn man dies weiterhin ritisiert. (Beifall des Abg. Sebastian Edathy [SPD] und des Abg. Clemens Binninger [CDU/CSU] – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach was!)


Sie, Herr Wieland, drei Überdosen „James Bond“.

Für uns in der SPD-Fraktion ist klar: Wir wollen nicht
lles tun, was technisch möglich ist; wir wollen aber al-
es tun, was technisch nötig ist, um dem Bürger ein
rößtmögliches Maß an Sicherheit zu gewährleisten.


(Beifall bei der SPD)


ies ist uns mit dem vorliegenden Gesetz gelungen. Wir
aben ein höheres Maß an Sicherheit gewonnen und es
rotzdem gleichzeitig geschafft, die rechtsstaatliche Ba-
ance zwischen Freiheit und Sicherheit zu wahren. Wir
onnten die von Herrn Binninger beschriebene verfas-
ungsrechtlich problematische Forderung der Union
ach der dauerhaften Speicherung der Fingerabdrücke
ller Passinhaber im Passamt auch nach Aushändigung
es Passes verhindern. Es bleibt dabei: Die Fingerabdrü-
ke werden nur im Pass gespeichert.


(Beifall bei der SPD – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vorerst! – Gegenruf des Abg. Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Ja, was denn sonst?)


Eine Vorratsdatenspeicherung von Fingerabdrü-
ken ohne konkreten Zweck, quasi eine Volksdaktylo-
kopie, wird es mit der SPD nicht geben. Ich erinnere
errn Binninger, der gesagt hat, in der Verwaltung sei so

twas immer schon gemacht worden, an Folgendes: Bei
ns gilt nicht der Grundsatz, dass Verwaltungsrecht vor
erfassungsrecht geht. Umgekehrt, Verfassungsrecht
eht vor Verwaltungsrecht! Deswegen bleibt es auch da-
ei, dass eine Vorratsdatenspeicherung nicht kommen
arf.


(Beifall bei der SPD)


s wird also immer nur – dies sage ich auch den Bürge-
innen und Bürgern noch einmal – ein Vergleich von
ass und Passinhaber anhand der gespeicherten Finger-
bdruckdaten stattfinden. Diese Daten sind im Pass und
irgendwo anders gespeichert.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vorerst!)


Was heißt „vorerst“? Wir machen dieses Gesetz und
ichts anderes. Ich kann nur über dieses Gesetz spre-
hen.






(A) )



(B) )


Frank Hofmann (Volkach)


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wiefelspütz, Binninger, der ganze Chor sagt das schon: Wir wollen die Daten haben!)


– Wer ist in diesem Fall Binninger? Der Gesetzgeber
sind wir alle. Was jetzt herausgekommen ist, habe ich Ih-
nen gesagt.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Also hat der Binninger nichts mehr zu sagen!)


Meine sehr verehrten Damen und Herren, der soge-
nannte Onlineabruf von Passbildern zur Verfolgung von
Verkehrsordnungswidrigkeiten und Straftaten darf nur
unter engsten Voraussetzungen stattfinden: bei der Uner-
reichbarkeit der Passbehörde und bei einer Gefährdung
des Ermittlungserfolges. Außerdem ist die Möglichkeit
des Abrufs auf die für den Landkreis zuständige Polizei-
behörde beschränkt. So haben wir in der Koalition ge-
meinsam eine zentrale Datenbank verhindert sowie Si-
cherheit und Vertrauen bei den Bürgern geschaffen.
Ursprünglich sah das Bundesinnenministerium – Herr
Wieland, hören Sie zu – vor, die Landeskriminalämter
als Zentralstellen für den Onlineabruf einzurichten.
Hierdurch hätte ein Einfallstor für eine zentrale Licht-
bilddatenbank entstehen können. Aber Clemens
Binninger und ich, die CDU/CSU und die SPD, waren
sich einig, dass wir dies nicht wollten. Deshalb ist es
auch nicht dazu gekommen. Daraus brauchen Sie nie-
mandem einen Vorwurf zu stricken.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vorerst! Schäuble hat es in seiner Schublade!)


Was soll die Kritik am Onlineabruf im Eilfall? Ich
erinnere daran, dass der Kabinettsentwurf den Onlineab-
ruf für Verkehrsordnungswidrigkeiten als Regelfall ent-
hielt. Der Bundesrat hat vorgeschlagen, diesen Abruf auf
Straftaten zu erweitern. Die bisherige Praxis war, dass
die Passämter die Lichtbilder den Polizeibehörden im
Rahmen der Amtshilfe zufaxten. Das heißt, es gab die
Übermittlung von Lichtbildern an die Polizeibehörden
bei Straftaten schon immer. Wir haben nun den Online-
abruf nicht für den Regelfall, sondern nur für den Eilfall
zugelassen. Dies ist keineswegs ein Anlass, über einen
übermäßigen Eingriff in die Bürgerrechte zu klagen;
vielmehr ist dies notwendig, sinnvoll und verhältnismä-
ßig.


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Der Abruf ist weiterhin umfassend zu dokumentieren,
um möglichem Missbrauch vorzubeugen. Damit wird
der Vorgang auch für den Datenschutzbeauftragten über-
prüfbar. Neben dem Datenschutz haben wir dem techni-
schen Fortschritt Rechnung getragen, indem wir die
Voraussetzungen für ein durchgängig elektronisches
Verfahren zur Passbeantragung geschaffen haben.

Auf besonderen Wunsch der CDU/CSU und des Bun-
desrates bleibt der Doktorgrad entgegen dem ursprüng-
lichen Gesetzentwurf der Bundesregierung weiterhin in
den Pässen und Personalausweisen eingetragen, selbst

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(C (D enn dies international unüblich ist, zu Irritationen im eiseverkehr führt und eine Gelegenheit zum Bürokra ieabbau verschenkt wird. Ich sage hierzu nur: Habemus octores. Insgesamt bleibt festzuhalten: Wir erzielen für den ürger einen konkreten Sicherheitsgewinn, indem wir ie beim Reisepass bestehenden Fälschungsmöglichkeien weiterhin reduzieren und die Kontrollen beschleunien. Für den Passbewerber entstehen außer der Passgeühr keine Zusatzkosten. Wir haben ein modernes assgesetz mit dem größtmöglichen technischen Sichereitsstandard, ohne die Freiheit des Bürgers zu beeinrächtigen. Das ist Sicherheitspolitik mit Augenmaß. Danke. Das Wort hat nun der Kollege Jan Korte für die Frak ion Die Linke. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610021900


Jan Korte (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610022000

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ei der CDU/CSU ist es relativ klar: Sie hat Orwell’sche
berwachungsfantasien. Bei der SPD ist es natürlich nur

ragisch, dass sie hier mitteilen muss, das Ganze sei ir-
endwie nicht ganz so toll, aber man müsse es eben ma-
hen. Dann kommt die Ausrede, dass für all das die
uropäische Union verantwortlich ist.

Das Entscheidende bei diesem Punkt ist, dass in die-
er Angelegenheit insbesondere Otto Schily und mittler-
eile Wolfgang Schäuble die treibende Kraft waren bzw.

ind, die diese Maßnahmen auf europäischer Ebene
urchdrücken wollten bzw. wollen. Diese übten bzw.
ben dort nämlich Druck aus.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Was der Kollege Binninger sagte, stimmt so einfach
icht. Wir hatten doch eine Sachverständigenanhö-
ung. Es gibt keinen konkreten praktischen Grund für
ieses und keinen Nutzen aus diesem Passgesetz. Denn
ein einziger Sachverständiger konnte sagen, dass die
etzigen Pässe unsicher sind. Im Gegenteil: Es wurde ge-
agt, das seien die sichersten Pässe, die es weltweit gibt.
as war die Aussage aller Sachverständigen, auch die
er von Ihnen benannten. Also brauchen wir ein solches
esetz überhaupt nicht.

Die Kollegin Piltz hat angesprochen, dass selbst der
KA-Chef Ziercke nach ungefähr sechs- bis siebenfa-
her Nachfrage eingeräumt hat, dass es in zwei Jahren
ngefähr 100 Fälschungen gegeben hat, also de facto
eine. Er konnte noch nicht einmal konkret sagen, ob es
ich um wirkliche Fälschungen handelte, die für krimi-
elle Zwecke benutzt worden sind. So sieht nämlich die
ahrheit aus.






(A) )



(B) )


Jan Korte
Es gibt weitere Gründe, warum die Linksfraktion ein
solches Passgesetz ablehnt. Es hat nämlich nicht nur kei-
nen Sinn, sondern ist auch – das ist noch schlimmer – ein
großes Sicherheitsrisiko. Das sagen nicht nur wir, son-
dern zunehmend mehr Sachverständige, wie wir alle, die
wir an der Anhörung teilgenommen haben, hören konn-
ten.

Erstens. Die RFID-Technik – das ist eine Funktechnik –
ist unsicher und unausgereift. Auch das haben die Sach-
verständigen festgestellt.

Zweitens. Biometrische Merkmale, insbesondere Fin-
gerabdrücke – auch das haben die Sachverständigen ein-
drucksvoll dargestellt –, verändern sich im Laufe eines
Lebens. Bei hart arbeitenden Leuten verändern sie sich
schneller. Auch deswegen ist das Ganze anfällig.

Drittens. Die Sachverständigen haben festgestellt,
dass das Passgesetz, das Sie vorhaben, eine gigantische
Fälschungsindustrie hervorrufen wird. Diese Kritik
kommt nicht nur von uns, sondern wird auch von Sach-
verständigen geteilt, die sich damit lange beschäftigt ha-
ben.

Im Kern geht es um den Sicherheitsstaat, der
Schäuble vorschwebt. Herr Binninger hat es gesagt: Na-
türlich greift man bei einem Onlinezugriff auf eine zen-
trale Datei zu. Das ist doch völlig klar; das ist völlig ein-
deutig. Denn auch wenn man dezentral online abrufen
kann, kann man daraus heutzutage über Nacht technisch
eine Zentraldatei machen. All das ist technisch möglich.
Das ist das, was Sie wirklich wollen.


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Das Gesetz schließt das aus!)


Davor graut es uns.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Es ist schon ein Skandal, wenn man sich überlegt,
dass die Abnahme von Fingerabdrücken, also eine er-
kennungsdienstliche Methode für Verdächtige, auf die
gesamte Bevölkerung ausgedehnt werden soll. Das sollte
man sich einmal konkret vorstellen. Es ist nicht nur ab-
surd, sondern ein Skandal, dass man eine ganze Bevöl-
kerung erkennungsdienstlich behandelt. Das kann in ei-
nem Rechtsstaat, in einer Demokratie doch wohl nicht
wahr sein.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Das reiht sich im Übrigen wunderbar in die Schnüffel-
proben und alle möglichen anderen – ich muss vorsichtig
sein – Fehlgriffe ein, die sich Herr Schäuble und diese
Bundesregierung in letzter Zeit leisten.

Ich fasse also zusammen: Es gibt keinen wirklichen
Grund für dieses Passgesetz. Lehnen Sie es bitte ab!
Auch wenn es Otto Schily finanzielle Einbußen besche-
ren mag, muss man es ablehnen. Es gibt keine wirkliche
Notwendigkeit für dieses Gesetz. Es ist ein weiterer
Schritt in Richtung Kontrolle und Überwachung. Im
Kern bringt es weniger Freiheit, vor allem bringt es in
diesem Punkte nachweislich weniger Sicherheit. Deswe-
gen wird die Linksfraktion dieses Gesetz ablehnen.

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(C (D Danke. Nächster Redner ist nun der Kollege Gert inkelmeier. Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! uf meine schriftliche Anfrage nach der Sicherheit der FID-Chips antwortete das Innenministerium am 0. April lapidar, dass die Sicherheit der in den Chips er elektronischen Reisepässe gespeicherten Daten geährleistet sei. Man habe dies zudem bereits auf eine leine Anfrage der FDP-Fraktion erwidert. Die Bundesregierung hatte diese Kleine Anfrage beeits Mitte Dezember beantwortet. Doch in der Zwichenzeit ist einiges geschehen: Dem Sicherheitsexperen Lukas Grunwald aus Hildesheim, so berichtet der Tagesspiegel“ vom 10. Februar 2007, ist es in der Zwichenzeit gelungen, den Code des biometrischen Passes ines Freundes zu knacken. (Clemens Binninger [CDU/CSU]: Weil er vorher alle Daten hatte!)


(Beifall bei der LINKEN)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610022100
Gert Winkelmeier (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610022200

a muss es ja wohl erlaubt sein, die Frage nach der Si-
herheit erneut zu stellen, zumal bei der öffentlichen
nhörung im Innenausschuss knapp zwei Wochen nach
er Antwort auf meine schriftliche Frage immer wieder
as Argument der Sicherheit als Begründung für den
lektronischen Pass herhalten musste.

Waren denn die herkömmlichen bundesdeutschen
ässe so unsicher? Nein, sie sind sicher, so die Meinung
er Experten, sie genießen einen hervorragenden Ruf.
arum also die biometrische Variante im Eiltempo ein-

ühren? Sie ist nicht so sicher, wie die Regierung das im-
er wieder anpreist.

Die Anhörung im Innenausschuss erbrachte bemer-
enswerte Zweifel an einer pauschalen Unbedenklich-
eitserklärung.


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Sie waren gar nicht dabei!)


xperten wie Professor Pfitzmann aus Dresden und
ukas Grunwald hegen erhebliches Misstrauen gegen-
ber der technischen Sicherheit der Chips. Der oberste
atenschützer der Republik, Peter Schaar, warnte vor ei-
er Vernetzung der Passregister. Zwar hat sich die SPD
rfolgreich gegen die Speicherung der Fingerabdrücke
ewehrt; aber die Sicherheitsbehörden sollen die Mög-
ichkeit erhalten, in Eilfällen Passfotos der Meldeämter
nline abzurufen.


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Nicht die Sicherheitsbehörden!)


Da muss einem der Bundesdatenschutzbeauftragte
ie einer, der gegen Windmühlen kämpft, erscheinen.
eider sind diese Windmühlen alles andere als Einbil-
ungen.






(A) )



(B) )


Gert Winkelmeier

(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Er hat uns für diese Regelung sogar gelobt!)


George Orwell hatte nicht ausreichend Fantasie, um das
zu beschreiben, was auf uns zukommen wird. Seit Jahren
werden Freiheiten durch Pflichten ersetzt: Es wird kon-
trolliert, überwacht, registriert, erfasst, gesammelt und
abgeglichen, zentral gemeldet und national abgerufen.
Diese Daten werden verkauft, getauscht, belauscht in ei-
nem weltweiten Datensumpf. Das ist die Realität; das
kann man nicht leugnen.

Die Bundesregierung kann in keiner Weise garantie-
ren, dass die auf den RFID-Chips gespeicherten Daten
nicht doch an Kriminelle gelangen können. Professor
Pfitzmann warnte ausdrücklich vor einem Missbrauch
von Fingerabdrücken zu kriminellen Zwecken. Die
Bundesregierung kann zudem nicht kontrollieren, wie
die biometrischen Merkmale in Drittländern verwendet
werden.

Warum also, frage ich Sie noch einmal, gehen Sie die-
ses Sicherheitsrisiko ein?


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Ihre drei Minuten sind vorbei!)


Weil es Ihnen um einen anderen Begriff der Sicherheit
geht. Das, was Sie Sicherheit nennen, ist in Wirklichkeit
eine umfassende Kontrolle und ein Meilenstein auf dem
weiteren Weg in den Überwachungsstaat: Sie wollen
wissen, was wir wann tun, und das bis in alle Ewigkeit
speichern.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN – Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Bei Ihnen wissen wir, was los ist!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610022300

Letzter Redner in dieser Debatte ist nun der Kollege

Wolfgang Wieland für die Fraktion des Bündnisses 90/
Die Grünen.


(Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Herr Wieland, geben Sie Ihrem Herzen einen Stoß! Machen Sie mit! – Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Stimmen Sie zu! – Weiterer Zuruf von der SPD: Geben Sie auf!)



Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610022400

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Was soll

ich nun tun: Aufgeben? Oder meinem Herz einen Stoß
geben? Meine Herren von der Sozialdemokratie, hätten
Sie hier gesagt: „Eine EU-Verordnung zwingt uns,


(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: So einfach machen wir uns das nicht! – Dr. Uwe Küster [SPD]: Warum schimpft er schon wieder auf die EU? Was soll denn das?)


etwas völlig Unnötiges zu machen und den Bundesbür-
ger mit Fingerabdrücken in seinem Pass zu beglücken,
es tut uns leid“, dann hätte ich ja mit Ihnen gelitten.

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(C (D (Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: So haben die Grünen früher argumentiert!)


ie, insbesondere der Kollege Hofmann, haben sich aber
ier hingestellt und das als großen zivilisatorischen Fort-
chritt in Sachen Sicherheit verkauft.


(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Ja!)


Es geht um ein Reisedokument. Das ist kein Zug nach
irgendwo, sondern ein Zug nach Absurdistan.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Gisela Piltz [FDP] – Zuruf des Abg. Frank Hofmann [Volkach] [SPD])


Herr Mitarbeiter des BKA außer Diensten, ich kann
ich noch gut erinnern, dass Ihre Behörde vor gut

0 Jahren gesagt hat – ich kann mich so gut daran erin-
ern, weil ich meinen alten Pass in die Waschmaschine
esteckt habe, um noch einmal ein altes Dokument zu
rhalten und für mich eine Frist von zehn Jahren heraus-
uschlagen, was auch geklappt hat –: Sie bekommen ei-
en neuen Pass. Er ist fälschungssicher und maschinen-
esbar. Er ist wunderbar.

Der Kollege Korte und die Kollegin Piltz haben zu
echt auf das hingewiesen, was der BKA-Chef auf un-

ere ständigen Fragen, ob das nicht mehr gelte, ob wir
ine Fälschungswelle hätten, geantwortet hat.


(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Nein!)


Kinder und Wiefelspütz sagen die Wahrheit! Das muss
ch hier einmal feststellen. Leider sind Sie aber der Ein-
ige in Reihe eins der SPD. – Ziercke, der BKA-Chef,
at gesagt: Kein Problem. Wir haben – das wissen Sie –
robleme mit Banküberweisungen, Checkkarten und
ielem anderen, aber nicht mit unserem Reisepass.

Nun sagt man einfach: internationaler Terrorismus.
tto Schily kam seinerzeit mit diesem Argument daher.
itte schön, kommen die Terroristen denn mit deutschen
eisepässen angereist? Können wir denn irgendetwas an
en Pässen in diesen etwas dubiosen Herkunftsstaaten
ndern? Nein. Man folgt folgender Logik: Der Bundes-
ürger ist, mit wenigen Ausnahmen, okay. Sein Pass ist
kay. Der internationale Terrorist ist natürlich nicht
kay. An dessen Papiere kommen wir aber nicht heran.
ie lösen wir das Problem? Indem wir alle Bundesbür-

er zwingen, ihre Fingerabdrücke im Pass aufnehmen zu
assen. Ich sage noch einmal: Gegen dieses Vorhaben
ar der Bau des Rathauses von Schilda geradezu eine ra-

ionale Maßnahme.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610022500

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

ollegen Wiefelspütz?


Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610022600

Nur, weil sie meine Redezeit verlängert. Bitte schön.






(A) )



(B) )


Dr. Dieter Wiefelspütz (SPD):
Rede ID: ID1610022700

Lieber Herr Kollege Wieland, sind Sie in der Lage, zu

begreifen, dass es bei der Einführung dieses wunderba-
ren neuen Passes nicht um Terrorismus oder Fälschungs-
fragen geht, sondern darum, dass man an der Grenze,
wenn Sie einen solchen Pass eines Tages haben, blitz-
schnell feststellen kann: „Wieland ist derjenige, der in
dem Pass steht, und umgekehrt.“?


(Gisela Piltz [FDP]: Haben Sie denn Angst vor deutschen Bürgern?)


Das ging bislang nicht. Das ist der geniale Fortschritt.
Sind Sie nicht der Meinung, dass dieses Hightechinstru-
ment, dieser Pass, den es weltweit nur in Europa gibt,
das wert ist, weil er den Bürgern in der Tat mehr Sicher-
heit verschafft? Mit Terrorismus hat das alles nichts zu
tun, lieber Herr Wieland.


(Beifall des Abg. Clemens Binninger [CDU/ CSU])



Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610022800

Herr Kollege Wiefelspütz, anders als möglicherweise

Sie, weiß ich immer noch, dass ich Wieland bin.


(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und der LINKEN und des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Ich hatte noch nie an irgendeiner Grenze ein Problem,
das klarzumachen. Das wurde noch nie bestritten. Der
Gebrauchswert dieses neuen Passes – es tut mir leid –
leuchtet mir nicht ein.

Die Risiken, die Sie mit diesem Pass neu schaffen,
wurden von der Kollegin Piltz schon angesprochen. Den
Pass brauche ich doch nicht, wenn ich mich in der Bun-
desrepublik aufhalte. Dann ist er in der Schublade.


(Birgit Homburger [FDP]: Was? Das ist aber rechtswidrig!)


Wenn ich in einen Drittstaat oder gar einen Schurken-
staat reise, brauche ich ihn aber. Von Herrn Binninger
werde ich getröstet: Um Ihren neuen Pass auszulesen,
müssen die dichter als 10 Zentimeter herankommen. Soll
ich denn an der Hotelrezeption in Zukunft sagen: „Ge-
hen Sie an diesen Pass, den Sie von mir haben wollen,
nicht dichter als 10 Zentimeter heran.“? Wenn ich mit
diesem Ansinnen komme, holen die doch gleich die Po-
lizei.


(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, bei der FDP und der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Und dann haben sie alle Zeit der Welt, meinen Pass aus-
zulesen und zu kopieren. Sie haben meine Daten. Eine
große Sicherheitsvorkehrung! Sie müssen meinen Na-
men und mein Geburtsdatum haben. All das steht doch
in dem Pass drin. Die Daten haben sie doch dann. Sie ha-
ben alle Zeit der Welt, den Pass auszulesen.

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(C (D Nun sagen Sie bitte nicht, das sei harmlos. Das wurde uch schon gesagt. Da saßen sieben Sachverständige. Sie aben immer nur gehört, die Möglichkeit des Auslesens ei theoretisch, das wolle niemand machen? Warum haen dann zwei der sieben, der Sachverständige für Daensicherheit und der BKA-Chef, ihren Pass in einer ülle, wenn es die Gefahr des Auslesens nicht gibt? Hat hr Chef schon Paranoia, oder was ist da los, lieber Herr ofmann? (Clemens Binninger [CDU/CSU]: Das war eine Dokumentenhülle!)


as alles können Sie uns nicht erzählen. Es ist wirklich
o.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Herr Binninger hat an einer Stelle die Wahrheit ge-
agt.


(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


an will damit offenbar Geld verdienen. Aber dafür ist
och der Bundesbürger nicht da. Gleichzeitig wurde ge-
agt, dass die Lebensdauer dieser Chips drei bis fünf
ahre beträgt. Man wird sich nun nicht mehr nach zehn
ahren, sondern schon nach fünf Jahren einen neuen Pass
usstellen lassen müssen. Das alles prallt an Ihnen ab.


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Ja!)


Sie haben eine Nachbesserung vorgenommen. Das
ill ich gar nicht verkennen. Nun kommt ein großes
ber: Wir haben im Moment noch keine Referenzdatei,
eine Lichtbilderdatei und keine Fingerabdruckdatei,
ber die Seite des Saales, auf der die Regierung sitzt,
nd der nicht anwesende Innenminister werden Tag und
acht rödeln, damit wir sie bekommen.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610022900

Herr Kollege.


Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610023000

Das haben wir doch bei den Mautdaten und bei den

ntiterrorgesetzen gesehen. Es gibt immer nur einen
orläufigen Waffenstillstand. Die nächsten Schritte sind
eplant.


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Qualität setzt sich durch!)


eswegen sind wir wie die FDP gegen den Onlinezu-
riff, der jetzt geschaffen wird. Es ist ein weiterer Keks.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610023100

Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen.


Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610023200

Wie das Krümelmonster nach Keksen ruft, ruft die

DU/CSU nach Gesetzen. Wenn sie eins hat, ruft sie
ach dem nächsten und dann nach dem übernächsten.
azu sagen wir Nein.






(A) )



(B) )


Wolfgang Wieland

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN – Clemens Binninger [CDU/CSU]: Ernie und Bert!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610023300

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen nun zu den Abstimmungen.

Tagesordnungspunkt 11 a. Abstimmung über den von
der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur
Änderung des Passgesetzes und weiterer Vorschriften. Der
Innenausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschluss-
empfehlung auf Drucksache 16/5445, den Gesetzent-
wurf der Bundesregierung auf Drucksachen 16/4138 und
16/4456 in der Ausschussfassung anzunehmen.

Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der
FDP vor, über den wir zuerst abstimmen. Wer stimmt für
den Änderungsantrag auf Drucksache 16/5484? – Wer
ist dagegen? – Enthaltungen? – Dann ist dieser Ände-
rungsantrag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen
abgelehnt.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir können einmal die Beschlussfähigkeit feststellen lassen!)


Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der
Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzei-
chen. – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Dann ist der
Gesetzentwurf in zweiter Beratung mit den Stimmen der
Koalitionsfraktionen bei Gegenstimmen der Oppositions-
fraktionen angenommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Dann ist der
Gesetzentwurf mit der gleichen Mehrheit angenommen.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der
Fraktion der FDP auf Drucksache 16/5474. Wer stimmt
für diesen Entschließungsantrag? – Wer ist dagegen? –
Enthaltungen? – Der Entschließungsantrag ist damit mit
den Stimmen der Koalitionsfraktionen abgelehnt.

Tagesordnungspunkt 11 b. Wir setzen die Abstim-
mungen zu der Beschlussempfehlung des Innenaus-
schusses auf Drucksache 16/5445 fort. Der Ausschuss
empfiehlt unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 16/5445 die Ablehnung des Antrags der
Fraktion der FDP auf Drucksache 16/854 mit dem Titel
„Sicherheitslücken bei biometrischen Pässen beiseiti-
gen“. Wer stimmt für die Beschlussempfehlung? – Wer
ist dagegen? – Enthaltungen? – Dann ist diese Be-
schlussempfehlung mit den Stimmen der Koalitionsfrak-
tionen bei Gegenstimmen der Oppositionsfraktionen an-
genommen.

Unter Nr. 3 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt
der Ausschuss die Ablehnung des Antrags der Fraktion
der FDP auf Drucksache 16/3046 mit dem Titel „Keine
Einführung des elektronischen Personalausweises“. Wer

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(C (D timmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer ist dageen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist it den Stimmen der Koalitionsfraktionen bei Gegen timmen der Oppositionsfraktionen angenommen. Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Nr. 4 seier Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/5445 die blehnung des Antrags der Fraktion des Bündnisses 90/ ie Grünen auf Drucksache 16/4159 mit dem Titel „Da enschutz und Bürgerrecht bei der Einführung biometricher Ausweise wahren“. Wer stimmt für diese eschlussempfehlung? – Wer ist dagegen? – Enthaltunen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen er Koalitionsfraktionen bei Gegenstimmen der Opposiionsfraktionen angenommen. Damit kommen wir zum Tagesordnungspunkt 12: Beratung des Antrags der Abgeordneten Irmingard Schewe-Gerigk, Margareta Wolf Kerstin Andreae, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Quote für Aufsichtsratsgremien börsennotierter Unternehmen einführen – Drucksache 16/5279 – Überweisungsvorschlag: Rechtsausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vereinbart, wobei für die raktion des Bündnisses 90/Die Grünen fünf Minuten orgesehen sind. – Ich höre keinen Widerspruch. Damit st das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort der ollegin Margareta Wolf für die Fraktion des Bündnis es 90/Die Grünen. Margareta Wolf EN)

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-

egen! Wir diskutieren zu dieser späten Stunde über ei-
en Antrag meiner Fraktion, in dem wir die Einführung
iner Quote im Hinblick auf die Besetzung von Auf-
ichtsräten fordern. Wir sehen dafür eine Frist bis zum
ahre 2012 vor. Bis dahin sollen die Aufsichtsräte zu
0 Prozent mit Frauen besetzt sein. Wir führen in unse-
em Antrag aus, dass § 100 des Aktiengesetzes dahin ge-
end geändert werden soll, dass maximal fünf Aufsichts-
atsmandate durch eine Person übernommen werden
ürfen.


(Joachim Stünker [SPD]: Ein überflüssiger Antrag!)


Warum machen wir das? Wie Sie wissen, sind
rauen in den Aufsichtsräten der deutschen Unterneh-
en gegenwärtig zu 7,5 Prozent vertreten. Sie sind aber

ur deshalb dort, weil sie in maßgeblichem Umfang von
er Arbeitnehmerbank gestellt werden. In den Vorstän-
en deutscher Unternehmen sind Frauen nur zu knapp
,5 Prozent vertreten,






(A) )



(B) )


Margareta Wolf (Frankfurt)


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Viel zu wenig!)


und dies trotz der Tatsache, dass wir in Deutschland,
wenn auch nur langsam, einen Generationenwechsel in
den Vorständen und in den Aufsichtsräten beobachten
können. Man könnte hinzufügen: nicht immer mit gro-
ßem Erfolg. Ich nenne an dieser Stelle nur die Namen
Telekom und Siemens.

Ich möchte Ihnen sagen, dass wir uns mit der Erarbei-
tung dieses Antrags sehr schwergetan haben. Wir sind
nicht prinzipiell, wie es der Kollege Wieland vorhin
sagte, für neue Gesetze und neue Quoten. Nein, wir ha-
ben uns unter anderem mit Gertrud Höhler beraten und
verschiedene Unternehmensberaterinnen angehört und
uns dann für die Forderung nach Einführung der Quote
entschieden, die auch eine gesellschaftspolitische De-
batte auslösen soll.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Warum? Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor sechs
Jahren hat sich der Deutsche Bundestag darauf verstän-
digt, mit der deutschen Industrie eine freiwillige Verein-
barung zu schließen, um das Potenzial der Frauen in
Führungspositionen drastisch zu erhöhen. In diesen
sechs Jahren wurden zwei Berichte der Industrie vorge-
legt, in denen lediglich festgestellt wurde, dass sich der
Status quo gegenüber 2001 nicht verändert hat. In der
letzten Woche hat sogar der tschechische Sozialkommis-
sar Spidla in Bad Pyrmont gesagt: Bekanntlich werden
in Deutschland die drei Ks – Kinder, Küche, Kirche –
hochgehalten. Dabei ist Karriere auch ein schönes K.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Bücher mit Titeln wie „Das dämliche Geschlecht“ oder
„Oben ohne“ befinden sich in den Bestsellerlisten und
werden auch von Frauen gelesen.

Wie ist die Situation? Im Durchschnitt sind Frauen im
Studiengang BWL zu 44,1 Prozent vertreten, in Physik
zu über 60 Prozent, in Mathematik zu über 50 Prozent,
in Chemie zu über 50 Prozent etc. Dass sie bessere Ab-
schlüsse machen, brauche ich hier nicht zu erwähnen.


(Jörg Tauss [SPD]: Das war auch zu meiner Zeit schon so!)


Die Bundesregierungen sind in der Vergangenheit
nicht untätig gewesen. Das gilt auch für die gegenwär-
tige Regierung. Aber leider funktionieren die angewand-
ten Instrumente nicht. Es gibt zum Beispiel die Plattform
„genderdax“, die Initiative „ChanGe“ und verschiedene
Netzwerke innerhalb des Ministeriums von Frau von der
Leyen. Gleichwohl passiert gar nichts.

Wir haben uns für dieses Instrument der Quote ent-
schieden, weil der VdU – der Verband deutscher Unter-
nehmerinnen – eine Umfrage bei 2 000 weiblichen Füh-
rungskräften in seinem Verband durchgeführt hat, von
denen 1 500 gesagt haben, sie hätten die Qualifikation
und sie würden gerne in einen Vorstand oder einen Auf-
sichtsrat gehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Die Zeitschrift „Brigitte“ unterhält seit Anfang dieses ahres ein Forum, in dem sie die Frage stellt, ob wir eine eue Frauenbewegung brauchen. Die Zeitschrift „Capial“, deren Redaktion übrigens kein weibliches Mitglied at und die uns auch nicht nahesteht, hat eine Umfrage ei 500 weiblichen Führungskräften gemacht und sie geragt, warum sie nur im mittleren Management und nicht n einem Aufsichtsrat oder Vorstand sind. 70 Prozent saen – hören Sie gut zu –, dass das an der Dominanz ännlicher Netzwerke liegt. 63 Prozent sagen, die orge der Vorgesetzten vor familienbedingten Auszeiten nd eingeschränkter Verfügbarkeit der Frauen sei der rund. Diese These hat uns übrigens Frau Höhler bestä igt, und auch junge Führungskräfte bestätigen sie. Sie agen, dass sie deshalb nicht hochkommen, weil sie chon Kinder haben oder weil befürchtet wird, dass sie inder bekommen. Aus diesem Grunde haben wir diesen Antrag eingeracht. Ich finde, dass niemand die Augen vor dieser essourcenvergeudung, die wir in unserem Land betreien, verschließen kann. Ich bitte Sie herzlich: Wenn Sie iese Quote nicht unterstützen, dann sind Sie gefordert, in anderes Instrument zu benennen, weil die freiwillige ereinbarung mit der deutschen Industrie – sie wurde on der deutschen Industrie konzediert – gescheitert ist. as ist ein Nachteil für den Standort Deutschland und ür die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes. Wir mahen uns gegenüber den Norwegern, den Spaniern, die erade ein solches Gesetz eingeführt haben, den Dänen nd den Franzosen, die auch darüber nachdenken, läherlich. (Joachim Stünker [SPD]: Warten wir einmal ab, was die Franzosen machen!)


Lassen Sie uns in die Richtung denken, den Anteil der
rauen in den Aufsichtsräten und Vorständen mit ver-
chiedenen Instrumenten zu erhöhen. Sie haben die not-
endige Qualifikation, die sogar noch besser ist als Ihre,
eine sehr verehrten Herren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das wissen wir schon lange!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610023400

Nächste Rednerin ist die Kollegin Daniela Raab,

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Daniela Raab (CSU):
Rede ID: ID1610023500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ine kluge Frau hat einmal gesagt: Wir haben die
leichberechtigung erst dann erreicht, wenn es überall

o viele mittelmäßige Frauen wie mittelmäßige Männer
ibt. Nichts für ungut.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ie hat wohl recht.

Richtig ist aber auch, dass die Frauen auf dem
ormarsch sind. Anfang der 60er-Jahre gab es an






(A) )



(B) )


Daniela Raab
Gymnasien zwei Fünftel Mädchen und drei Fünftel Jun-
gen. Heute sind über die Hälfte der Abiturienten weib-
lich, und den besseren Notendurchschnitt haben sie auch
noch. Hinzu kommt: Quer durch alle Fachrichtungen
brauchen Studentinnen bei einem gleich guten Ab-
schluss weniger Semester als ihre männlichen Kollegen
und absolvieren dabei zusätzlich noch mehr Praktika und
Auslandsaufenthalte. Zunächst einmal ist also festzuhal-
ten: Sie haben einen erheblichen Bildungsvorsprung.

Die schlechte Nachricht kommt aber direkt hinten-
dran: Trotz alldem gibt es immer noch erhebliche Lohn-
unterschiede zwischen Männern und Frauen gleicher
Qualifikation. Daneben stoßen Frauen bei ihrem Auf-
stieg in Führungspositionen relativ schnell an die viel zi-
tierte gläserne Decke. Irgendwann geht es einfach nicht
mehr weiter nach oben. Ein Beispiel: In den Vorständen
der 30 DAX-Unternehmen – Sie wissen es alle – sitzt
seit Anfang 2007 gerade einmal eine Frau. Die übrigen
192 Spitzenmanager sind männlich.

Im Antrag der Grünen können wir lesen – das haben
wir gerade auch gehört –: Die Quote muss her.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)


Ich meine, das ist arg kurz gehüpft. Ich empfehle deshalb
ganz dringend – das ist sozusagen eine Anleitung, wie
man es besser machen kann – den Antrag der Koali-
tionsfraktionen von SPD und CDU/CSU auf Druck-
sache 16/4558 mit dem Titel „Chancen von Frauen auf
dem Arbeitsmarkt stärken“ aus dem März 2007.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ach du liebe Zeit! – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was macht denn die Quote in der CDU/ CSU, Frau Kollegin?)


Er besticht vor allem durch eine scharfe Analyse der
Situation von Frauen in der Erwerbstätigkeit.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Er besticht durch Unverbindlichkeit!)


Es wird vieles zum Bildungsniveau, das sehr hoch ist,
und auch zur Einkommenssituation, die weniger schön
ist, ausgesagt.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610023600

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

Kollegin Wolf?


Daniela Raab (CSU):
Rede ID: ID1610023700

Nein danke.


(Joachim Stünker [SPD]: Wir wollen noch nach Hause!)


Im Gegensatz zu Ihnen, verehrte Kolleginnen und
Kollegen der Grünen, sagen wir nun aber nicht einfach,
dass die Quote es bringt. Für mich persönlich ist eine
Frauenquote – egal wo sie zum Einsatz kommt – immer
nur das letzte Mittel, wenn gar nichts anderes hilft.

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(C (D (Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Es geht aber nicht anders! Das sehen Sie doch!)


Ich möchte keine Quotenfrau sein. Gott sei dank bin
ch auch keine. Die Frauen haben die Frauenquote gar
icht nötig.


(Jörg Tauss [SPD]: In der Union habt ihr aber ohne Quote wenig Frauen!)


Ich bitte Sie, Herr Tauss. Es geht aufwärts mit uns, und
war freiwillig.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU und der SPD – Jörg Tauss [SPD]: Langsam!)


ir sind auf einem sehr guten Weg.

Ich bin der festen Überzeugung, dass in einer globali-
ierten Wirtschaft ohnehin automatisch und stetig der
ruck auf die Unternehmen wächst, auf allen Führungs-

benen das weibliche Potenzial stärker zu nutzen. Denn
er wird in Zukunft schon auf die uns nachgesagten ver-
eintlich typisch weiblichen Fähigkeiten verzichten

önnen und wollen?


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Was sind denn die weiblichen Fähigkeiten? – Margareta Wolf [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt bin ich aber gespannt!)


Der Bewusstseinswandel hat auch schon eingesetzt.
as müssen Sie doch wissen. Sie fordern eine neue
rauenbewegung;


(Margareta Wolf [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Die „Brigitte“ fordert das! Das haben Sie nicht mitbekommen!)


ann müssten Sie auch wissen, was weibliche Fähigkei-
en sind.

Denken Sie zum Beispiel an die „Women’s Initiative“
on McKinsey. Individuelle Arbeitszeitmodelle und
entoringprogramme werden entwickelt und von den

nteressierten Frauen hervorragend angenommen. Auch
as schlagen wir als Regierungsfraktionen ebenso wie
ehr Teilzeitmöglichkeiten auch in Führungspositionen

n unserem breit aufgestellten Antrag vor.


(Margareta Wolf [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Teilzeit im Aufsichtsrat? – Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: In den Aufsichtsräten brauchen Sie keine flexiblen Arbeitszeiten!)


Wenn Unternehmen dann noch flexible Arbeitszeiten
der sogenannte Vertrauensarbeitszeiten anbieten, sind
ir meiner Meinung nach auf einem sehr richtigen Weg.

Damit sind wir beim Thema familienfreundliche
rbeitswelt angelangt. Auch wenn Sie das nicht gerne
ören, befindet sich die Große Koalition auf dem allerbes-
n Weg, was den Ausbau der Kinderbetreuungsmöglich-
eiten angeht.


(Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU]: Sehr richtig!)







(A) )



(B) )


Daniela Raab
Auch das ist eine unverzichtbare Rahmenbedingung für
Mütter, die beruflich aktiv sein und bleiben wollen, ganz
zu schweigen von der von uns eingeführten steuerlichen
Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten und haus-
haltsnahen Dienstleistungen. Davon haben Frauen kon-
kret etwas in der Praxis, nicht aber von Einzelmaßnah-
men wie Ihrer Forderung einer Quote für
Aufsichtsratgremien.

Zu Ihrem Beispiel Norwegen: Grundsätzlich klingt
der Ansatz einer vom Staat verordneten Frauenquote für
börsennotierte Unternehmen verlockend. Garniert wird
das Ganze noch mit der Androhung von Sanktionen ge-
genüber den Unternehmen, die die Quote nicht erfüllen.
Die Sanktionen reichen bis zum Entzug der Börsennotie-
rung, wenn die Welt bis Ende 2007 sozusagen doch nicht
so rosa aussieht, wie wir uns das vorstellen.

Bevor wir allerdings blind einem solchen Modell hin-
terherlaufen, sollten wir erst einmal abwarten, wie es
sich in der Praxis auswirkt.


(Margareta Wolf [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wir sind die Letzten in Europa!)


Wenn dort die Quote erfüllt wird, wäre das erfreulich.
Wenn sie nicht erfüllt wird, dann kann das sehr unter-
schiedliche Gründe haben; es muss nicht immer – wie
hier gerne klischeehaft verbreitet wird – an der angebli-
chen Frauenfeindlichkeit der Unternehmen liegen. Auch
auf einer Liste mit Tausenden Bewerberinnen, wie sie in
Norwegen angelegt wird, muss nicht unbedingt die pas-
sende Frau für das jeweilige Unternehmen dabei sein.
Dem dürfen wir uns nicht verschließen. Deshalb wird es
mit uns eine solche Quote nicht geben.

Erlauben Sie mir noch einige Bemerkungen zu Ihren
sonstigen Anregungen wie der Obergrenze von Auf-
sichtsratsmandaten für eine einzelne Person und dem
Wechsel vom Vorstandsvorsitz in den Aufsichtsrat.
Sie begründen das insbesondere mit den Finanz- und
Korruptionsskandalen der letzten Jahre in Deutschland.
Zum einen muss man fragen, ob überhaupt ein kausaler
Zusammenhang besteht. Zum anderen halte ich solche
Pauschalierungen für den Standort Deutschland für
schwierig und gefährlich, da der Eindruck entsteht, dass
die deutsche Wirtschaft grundsätzlich korrupt ist. Dabei
wissen Sie so gut wie ich, dass das Gegenteil richtig ist.
Ein paar schwarze Schafe machen noch lange keine
Herde. Deswegen können wir Ihren Antrag leider Gottes
nur ablehnen.

Ich habe einmal auf die Besetzung im Plenarsaal ge-
achtet. Im Gegensatz zu anderen Sitzungen, bei denen
wir für Frauenthemen eine Männerquote einführen
müssten, brauchen wir das heute erfreulicherweise nicht.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ein Wirtschaftsthema, Frau Raab!)


Respekt, meine Herren! Schön, dass Sie da sind. Wir
kommen also auch hier voran. Auch hier brauchen wir
keine Quote.

Herzlichen Dank.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610023800

Das Wort hat nun die Kollegin Mechthild Dyckmans

ür die Fraktion der FDP.


(Beifall bei der FDP)



Mechthild Dyckmans (FDP):
Rede ID: ID1610023900

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-

egen! In zwei Punkten stimme ich Ihnen – wie wahr-
cheinlich jeder und jede im Saal – zu, Frau Kollegin
olf: Erstens gibt es in Deutschland zu wenige Frauen

n Führungspositionen.


(Rita Pawelski [CDU/CSU]: Ja!)


s fehlen aber nicht nur weibliche Aufsichtsräte, son-
ern auch weibliche Vorstandsmitglieder, Abteilungslei-
erinnen, Professorinnen, Bundesministerinnen, Abge-
rdnete usw.


(Beifall bei der FDP)


Zweitens. Die Investitionen in Bildung, Ausbildung,
tudium und Wissenschaft kosten den Staat viel Geld.
ieses Geld ist vergeudet, wenn gut ausgebildete und
ualifizierte Frauen nicht in Führungspositionen vor-
ringen können.


(Joachim Stünker [SPD]: Das stimmt!)


Aber das war es auch schon mit den Übereinstimmun-
en. Denn das eine ist die Wirklichkeit, und das andere
st Ihr Antrag. Dieser ist mehr als realitätsfern.


(Beifall bei der FDP)


Es muss sich natürlich auch in deutschen Aufsichtsrä-
en etwas tun. Aber der Gesetzgeber ist da zuletzt ge-
ragt. Sie beziehen sich in Ihrem Antrag auf eine Rege-
ung in Norwegen. Frau Kollegin Raab hat schon gesagt,
ass jedes Land unterschiedliche Rahmenbedingungen
itbringt. So dürfte auch Ihnen bekannt sein, dass Kin-

erbetreuung und Vereinbarkeit von Familie und Beruf
n den skandinavischen Ländern deutlich besser organi-
iert sind. Dort gehört es zum Alltag, dass Frauen ge-
auso wie Männer Karriere machen können, ohne dabei
roße Einbußen im Privatleben hinnehmen zu müssen.

Zum anderen ist es interessant, dass Norwegen zwar
n der Spitze liegt bei dem Anteil von Frauen in Auf-
ichtsräten. Sie haben in Ihrem Antrag aber vergessen,
u erwähnen, dass auch andere skandinavische Länder
nd osteuropäische EU-Mitgliedstaaten in dieser Hin-
icht weit über dem Durchschnitt liegen, und zwar ohne
rauenquote. Es lohnt sich also, einmal nach den wirkli-
hen Gründen zu fragen.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, welche sind das denn?)


Sie haben auch schon erwähnt, dass Forsa in diesem
rühjahr 501 Frauen in Führungspositionen dazu befragt
at, was die Karriere von Frauen ausbremst. Die Ant-
orten – Sie haben es schon gesagt – sind nicht gerade
berraschend. 70 Prozent der Befragten sehen als






(A) )



(B) )


Mechthild Dyckmans
größtes Hemmnis die Dominanz der männlichen Netz-
werke an. An zweiter Stelle stand mit 63 Prozent die
Sorge der Vorgesetzten vor familienbedingten Auszei-
ten. Die Ellbogenmentalität war auch eine häufige Ant-
wort. Wir sollten aber auch nicht vergessen, dass ein
zwar geringerer Teil, aber immerhin noch 22 Prozent der
befragten Frauen den mangelnden Ehrgeiz von Frauen
als Hindernis ansahen.

Ich frage Sie: Was kann Ihr Antrag an diesen Dingen
ändern? Nichts.


(Beifall bei der FDP – Irmingard ScheweGerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann sagen Sie einmal, was Sie ändern wollen!)


Wollen Sie mit gesetzgeberischem Druck, der den
Frauen unter solchen Voraussetzungen nur schadet,
wirklich Frauen in den obersten Führungsetagen erzwin-
gen? Haben Sie sich weiterhin gefragt, wie die Frauen,
die Sie mit Ihrem Antrag beglücken wollen, Ihre Frauen-
quote sehen? Die Umfrage von Forsa hat das nicht aus-
gelassen: Die meisten der 501 befragten Frauen lehnen
eine Quote kategorisch ab. Nur 16 Prozent der Befragten
wünschen sich eine Frauenquote.

Was wollen die Frauen stattdessen? Mehr Akzeptanz
im eigenen Unternehmen, persönliches Karrierecoa-
ching und gezielte Förderung bei Einstellung und Beför-
derung. Orientieren Sie sich doch bitte an diesen Wün-
schen der betroffenen Frauen! Dann ist Ihr Antrag
überflüssig.


(Beifall bei der FDP)


Notwendig ist ein Wandel in den Köpfen; das ist ganz
klar. Jeder muss sich bewusst machen, dass Frauen in
Führungspositionen notwendig sind. Auch diesbezüglich
tut sich mittlerweile etwas. Wir brauchen qualifizierte
Frauen. Norwegen ist dabei schon an eine Grenze gesto-
ßen. Man findet in Norwegen nicht mehr genügend qua-
lifizierte Frauen, die bereit sind, diese Position einzuneh-
men. Denn – so ist es zumindest in Norwegen – der
weitaus überwiegende Teil der jungen Frauen ist lieber
in der Mode- und Gesundheitsbranche tätig als in Karrie-
regebieten wie Technik und Ingenieurwesen. Diesbezüg-
lich muss ein Umdenken einsetzen, auch bei den Frauen.

Ich möchte noch etwas zu der Datenbank sagen, die
Sie vorschlagen. Frau Schewe-Gerigk behauptet im „Ta-
gesspiegel“, dass es in Deutschland genügend qualifi-
zierte Frauen gibt.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ja!)


Wo nehmen Sie dieses Wissen her? Haben Sie
dazu eine Studie?


(Margareta Wolf [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ich habe Unterlagen!)


Haben Sie deutschlandweit Headhunter befragt? Wie
kommen Sie zu dieser These?


(Margareta Wolf [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das ist ja unterirdisch!)


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(C (D aben Sie die Frauen befragt, ob sie bereit sind, das zu un? All dies ist meines Erachtens überhaupt nicht dargean und erwiesen. Ich habe vorhin gesagt, was sich Frauen als Unterstütung wirklich wünschen. Gerade was das Coaching etrifft, gibt es gute Ansätze in der Wirtschaft. Ich vereise nur auf die Initiative „Generation CEO“. Das ollten wir weiterverfolgen. Die Forderung nach einer 0-prozentigen Frauenquote hält Kollege Benneter – er ird nachher noch sprechen – laut „Tagesspiegel“ für lebensfremd“. Ich halte Ihren gesamten Antrag für skuril und kann nur hoffen, dass er keine Mehrheit findet. Danke schön. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610024000

Das Wort hat nun der Kollege Klaus Uwe Benneter

ür die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Klaus Uwe Benneter (SPD):
Rede ID: ID1610024100

Meine Damen und Herren! Kolleginnen und Kolle-

en! Ich bin heute offensichtlich quotiert.

Frau Kollegin Wolf, das ist ein typischer Oppositions-
ntrag.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was?)


ie waren Parlamentarische Staatssekretärin im Wirt-
chaftsministerium. Sie hätten sieben Jahre Zeit gehabt,
as mit uns auf den Weg zu bringen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Mechthild Dyckmans [FDP])


as ist passiert? Wie ernst nehmen Sie eigentlich die
rauenförderung? Es ist wohlfeil, sich mit der PDS in
antasieforderungen zu überbieten. Aber Sie hätten die
hance gehabt, während unserer gemeinsamen Regie-

ungszeit etwas zu verändern.


(Beifall der Abg. Birgit Homburger [FDP])


Nehmen Sie sich ein Beispiel an uns! Wo wir Politik
achen und regieren, wird nicht geträumt, sondern ge-

andelt. Der erste rot-grüne Senat in Berlin mit Walter
omper war paritätisch mustergültig besetzt.


(Beifall bei der SPD)


ir sind sogar so weit gegangen, unseren guten und
eitsichtigen Kanzler in den Ruhestand zu schicken, um

ndlich eine Kanzlerin ans Ruder zu lassen.


(Heiterkeit im ganzen Hause)


Okay, trotzdem finde ich es gut, dass sich die Grünen
ieses Themas angenommen haben.


(Anhaltende Heiterkeit des Redners – Heiterkeit und Beifall im ganzen Hause)







(A) )



(B) )


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610024200

Herr Kollege, ich will nur darauf hinweisen, dass die

Redezeit noch läuft.


(Heiterkeit im ganzen Hause)



Klaus Uwe Benneter (SPD):
Rede ID: ID1610024300

Die Frau Kollegin Dyckmans hat viel Richtiges ge-

sagt. Auch der Kollegin Raab kann ich in vielen Punkten
zustimmen. Richtig ist, dass es sich um eine nicht zu
rechtfertigende Verschwendung von wertvollen Ressour-
cen handelt.


(Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


– Ich meine damit, dass in den Aufsichtsräten zu wenige
Frauen vertreten sind.


(Anhaltende Heiterkeit des Redners – Heiterkeit im ganzen Hause – Jörg Tauss [SPD]: Frau Präsidentin, halten Sie einmal die Redezeit an!)


Meine Kolleginnen Raab und Dyckmans haben je-
denfalls den richtigen Ansatz in der Gleichstellungspoli-
tik genannt. Wir brauchen erst einmal einen Unterbau für
eine solche Spitzenquote; den haben wir bislang nicht.


(Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt wird es richtig peinlich, Herr Benneter!)


Das belegt insbesondere Ihr Beispiel Norwegen. Ent-
scheidend ist – das müssen wir erkennen –: Familien-
politik ist Infrastrukturpolitik, Arbeitsmarktpolitik und
Bildungspolitik. Das alles gehört zusammen. Nicht sepa-
rat, sondern nur gemeinsam bestimmen sie unsere Le-
bensentwürfe. Norwegen hat die Fragen, bei denen es
um die Vereinbarkeit von Familien/Frauen und Beruf
geht, längst beantwortet.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Tatsache, dass Frauen arbeiten, gilt dort schon lange
als Selbstverständlichkeit.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die haben dort schon vor den Männern gearbeitet!)


Norwegen bietet seinen Familien umfangreiche Zeit-
rechte


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ich glaube, Sie machen hier den Kleinert! Kann das sein?)


in Form von sozial abgesicherter Teilzeitarbeit und groß-
zügiger Urlaubsregelung. Außerdem hat das Land ein
gut ausgebautes Netz außerfamiliärer Kinderbetreuungs-
angebote. Der dichte Ausbau staatlicher Unterstützungs-
leistungen für Familien mit Kindern gilt gerade in
Norwegen als ganz zentrales Merkmal eines Wohlfahrts-
staates. Die gezielte Förderung der Beteiligung auch von
Vätern an der Kindererziehung stellt einen wesentlichen
Schwerpunkt der dortigen Familienpolitik dar.

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(C (D (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Gerade im Zentrum einer Vielfalt von bewusstseins-
ildenden Kampagnen steht hier nicht nur die Notwen-
igkeit einer gerechten Aufteilung der Arbeit zwischen
en Geschlechtern; viel entscheidender ist der große Ge-
inn, den Väter durch eine stärkere Beschäftigung mit
nd der Bindung zu ihren Kindern haben.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zu welchem Thema reden Sie gerade?)


iese Politik ist erfolgreich. Bereits 2003 nahmen
3 Prozent der Väter in Norwegen das Angebot einer
uszeit wahr.

Wichtig ist auch, dass der norwegische Arbeitsmarkt
eutlich flexibler als der deutsche ist. Eine einjährige
arenz gilt dort nicht als Karrierebruch.

Leider sind Deutschland und Norwegen noch lange
icht vergleichbar. Wir müssen uns auf einen eigenen
eg machen und uns erst einmal an das norwegische Ni-

eau heranrobben. Dieser Weg beginnt nicht bei einer
rauenquote von 40 Prozent in Aufsichtsräten. Wenn wir
amit anfangen wollten, müssten wir unsere Frauen
och lange vertrösten oder gleich auffordern, nach Nor-
egen auszuwandern.


(Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE])


Zu guter Letzt habe ich noch einen ernsthaften recht-
ichen Einwand gegen das Antragsbegehren, den Frau-
nanteil von 7,5 Prozent auf 40 Prozent im Jahr 2012 zu
rhöhen. Das ist naturgemäß nur so zu schaffen, dass wir
b sofort alle freiwerdenden Aufsichtsratsstellen nur
och mit Frauen besetzen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN sowie der Abg. Irmingard ScheweGerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


ine solch rigide Vorgabe ist logischerweise eine mas-
ive Einschränkung des Rechts, bei der Wahl von Auf-
ichtsräten die Möglichkeit zu haben, eine genügende
uswahl treffen zu können. Deshalb kann es nicht rech-

ens sein, für den Fall mit Sanktionen zu drohen, dass
ieses Ziel nicht erreicht wird.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Eine gleichberechtigte Teilhabe an Führungspositio-
en ist nicht mit der Brechstange zu erreichen. Um end-
ich auch in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen
usreichend Qualität vorweisen zu können – was nur mit
iel mehr Frauen möglich sein wird; da sind wir uns si-
her alle einig –, brauchen wir einen langen Atem. Das
usste auch schon Rosa Luxemburg.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP sowie der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE])







(A) )



(B) )


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610024400

Letzte Rednerin in dieser Debatte ist nun die Kollegin

Dr. Kirsten Tackmann für die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610024500

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Gäste! Liebe

Kolleginnen und Kollegen! Den Spaßfaktor kann ich
jetzt natürlich nicht mehr toppen, aber das Thema ist ei-
gentlich sehr ernst.

Es gibt mindestens ein sehr bestechendes Argument
für eine Quotierung in Aufsichtsgremien börsennotierter
Unternehmen: die bundesdeutsche Realität. Frauen kom-
men dort kaum vor. Gerade einmal 11 Prozent Frauen
– die Zahl ist genannt worden – sind gegenwärtig in
Aufsichtsräten der DAX-Unternehmen tätig. Zum Ver-
gleich: Dass in Norwegen dieser Anteil 34 Prozent be-
trägt, verwundert vielleicht nicht. Aber auch in Lettland
und Slowenien beträgt dieser Anteil 21 Prozent, und das
sind nun nicht die Musterstaaten.

Die Repräsentanz von Frauen in Aufsichtsräten ist
zwar für uns Linke nicht die oberste Priorität, aber auch
diese Vertretungslücke symbolisiert ein deutliches
Gerechtigkeitsdefizit in dieser Gesellschaft. Dabei ist
es eine zentrale Aufgabe von Demokratie, die tatsächli-
che Gleichstellung von Frauen und Männern herzustel-
len. Zum Anspruch auf gleiche Teilhabe von Frauen und
Männern an allen gesellschaftlichen Entscheidungspro-
zessen gehören selbstverständlich auch Aufsichtsräte.
Sie sind ein wichtiges Mitbestimmungsgremium inner-
halb der Privatwirtschaft. Deswegen brauchen wir dort
auch Frauen. Frauen sollten daher dort prinzipiell rele-
vant vertreten sein, übrigens unabhängig davon, ob sie
effizienter arbeiten – denn diese Frage stellt man auch
bei Männern nicht –,


(Beifall bei der LINKEN)


und auch unabhängig davon, dass natürlich auch wir
wissen, dass die Unternehmenspolitik dadurch nicht au-
tomatisch besser und vernünftiger wird.

Aber beim Weg dorthin unterscheiden sich unsere
Vorstellungen schon vom vorliegenden Antrag. Für uns
Linke ist es etwas bizarr, über welche Irrwege die Grü-
nen weiter versuchen, der störrischen deutschen Wirt-
schaft zu ihrem Glück zu verhelfen. Als ob wir nicht
längst wüssten, dass die Heilsversprechen des Diver-
sity-Managements nichts bringen. Die Erfahrungen zei-
gen doch, dass die Wirtschaft in Bezug auf die Gleich-
stellung der Geschlechter nur tut, wozu sie vom Markt
oder durch ein Gesetz gezwungen wird.

Dafür gibt es ein wichtiges weiteres Indiz: 80 Prozent
der ohnehin verschwindend geringen Anzahl an Frauen,
die in einem Aufsichtsrat sitzen, haben ihr Mandat über
die Vertretung der Arbeitnehmenden in diesen Gremien
erhalten. „Schöner wirtschaften in deutschen DAX-Un-
ternehmen mit Frauenquote“ ist also ein Mythos.

Aber auch über diese neoliberale Quotenmotivation
hinaus hat der Antrag der Grünen einen faden Beige-

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(C (D chmack – es hat schon etwas von kollektivem Gedächtisverlust –; enn Sie hätten Ihre sieben Jahre in der rot-grünen Bunesregierung zur Durchsetzung Ihrer Vorschläge durchus effektiver nutzen können. Außerdem darf ich daran rinnern, dass die PDS bereits in der 14. Legislatureriode den Entwurf eines Gleichstellungsgesetzes für ie Privatwirtschaft vorgelegt hat. Sie hätten ihn aufgreien oder ihm sogar zustimmen können. Stattdessen haben Sie 2002 für eine Vereinbarung wischen Bundesregierung und Arbeitgeberverbänden estimmt. Diese Vereinbarung hat nicht funktioniert, und ie kritisieren sie heute zu Recht. Es mag sein, dass Sie u beschäftigt waren mit den Arbeitsmarktreformgeseten, die Sie mitgetragen haben und die für Frauen sehr iele Benachteiligungen bedeuten. Aber zurück zur Frauenquote in Aufsichtsräten. Die orderung selbst ist durchaus in unserem Sinne. Wir elbst haben einen Antrag mit dem Titel „Gleichstelungsgebot des Grundgesetzes auf dem Arbeitsmarkt urchsetzen“ gestellt. Mit diesem Antrag haben wir die undesregierung im vergangenen Jahr dazu aufgeforert, umgehend den Entwurf eines Gesetzes zur Gleichtellung von Frauen und Männern in der Privatwirtschaft orzulegen. Ein solches Gesetz muss die Wirtschaft verindlich verpflichten, den Anteil von Frauen in verantortlichen Positionen und in Führungsebenen systema isch zu erhöhen. Das darf allerdings nicht nur für deren Anteil in Spitenpositionen und nicht nur für börsennotierte Unternehen gelten. Um Frauen und Männer im Bereich der Ererbstätigkeit wirklich gleichzustellen, brauchen wir ußerdem eine aktive, systematische Frauenförderung – uch in den unteren und mittleren Betriebsebenen. Das st der Unterbau, von dem Herr Kollege Benneter sprach. ber die passenden Instrumente zu diskutieren, wäre aus einer Sicht mindestens genauso wichtig wie eine Dis ussion über die Quote. Dem sollten wir im Ausschuss achkommen. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf rucksache 16/5279 an die in der Tagesordnung aufge ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Strittig ist allerdings, elcher Ausschuss sich mit dieser Materie federführend eschäftigen darf. Die Fraktionen der CDU/CSU, der PD, der FDP und der Linken wünschen nach meinen nformationen die Federführung beim Rechtsausschuss, ie Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen wünscht die ederführung beim Ausschuss für Wirtschaft und Techologie. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt Ich lasse zunächst einmal über den Überweisungsvorschlag der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen abstimmen, also über den Antrag, die Federführung beim Ausschuss für Wirtschaft und Technologie anzusiedeln. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Damit ist dieser Überweisungsvorschlag abgelehnt. Ich lasse nun über den Überweisungsvorschlag der Fraktionen der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der Linken abstimmen, die Federführung beim Rechtsausschuss anzusiedeln. Wer ist für diesen Überweisungsvorschlag? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Der Überweisungsvorschlag ist damit angenommen. Ich gehe davon aus, dass Sie alle dies akzeptieren. Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 13 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung richtung durch die Bundesregierung Thematische Strategie für die städtische Umwelt Entschließung des Europäischen Parlaments zur thematischen Strategie für die städtische Umwelt – Drucksachen 16/3573 Nr. 1.4, 16/4608 – Berichterstattung: Abgeordneter Peter Götz Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre dazu keinen Widerspruch. Dann verfahren wir so. Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort als erstem Redner dem Kollegen Sören Bartol von der SPDFraktion. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610024600




(A) )


(B) )


(EuB-EP 1400)



Sören Bartol (SPD):
Rede ID: ID1610024700

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Europa braucht starke und lebenswerte Städte und
Regionen.

Mit diesem Appell endet die Leipzigcharta, die die für
Stadtentwicklung zuständigen Minister und Ministerin-
nen der EU-Mitgliedsländer heute in Leipzig beschlos-
sen haben. Dieses Bekenntnis zu den Städten als Motor
von Wachstum und Beschäftigung, als Träger gesell-
schaftlichen Fortschritts und als Orte sozialer und ethni-
scher Integration in Europa ist ein großer Erfolg der
deutschen Ratspräsidentschaft.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Drei von fünf Europäern leben in Städten mit über
50 000 Einwohnern. Die Städte sind die Kraftzentren
Europas. Sie sind die Kristallisationspunkte wirtschaft-
licher und gesellschaftlicher Dynamik – einerseits.
Andererseits – das ist die Kehrseite der Medaille – kon-

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(C (D entrieren sich hier auch wirtschaftliche, soziale und mweltprobleme. Die Städte sehen sich konfrontiert mit rbeitsplatzverlusten, mit dem Auseinanderdriften rosperierender und niedergehender Stadtteile, mit ethischen Konflikten, Umweltund Verkehrsproblemen, uftund Wasserverschmutzung, Lärmbelästigung, steiender Flächeninanspruchnahme in Verbindung mit eiem Funktionsverlust der Innenstädte. Das Bekenntnis der Leipzigcharta zu einer nachhaligen und integrierten Stadtentwicklungspolitik ist die ichtige Antwort auf diese Herausforderungen. ie Städte brauchen Unterstützung von allen politischen benen, um die Herausforderungen bewältigen und ihre hancen realisieren zu können. Die Qualität der städtischen Umwelt – unser heutiges hema – ist ein wichtiger Teilaspekt einer solchen nachaltigen und integrierten Stadtentwicklungspolitik. Gute mweltbedingungen erhöhen nicht nur lokal die Leensqualität für die Menschen in den Städten und damit uch deren Attraktivität für Unternehmen und qualifiierte Arbeitskräfte; gute Umweltbedingungen in den tädten können darüber hinaus einen wesentlichen Bei rag zum Umweltund Klimaschutz leisten. Blicken wir zurück: Die Europäische Kommission hat 004 den Konsultationsprozess zur thematischen Strateie für die städtische Umwelt als Teil des sechsten mweltaktionsprogramms der EU eröffnet. Die Mitliedstaaten lehnten jedoch die erste Mitteilung der ommission ab. Die Vorschläge für gesetzliche Vor chriften, die in die kommunale Planungshoheit eingrifen, fanden keine Zustimmung. Auch der Bundestag prach sich in seiner damals noch von Rot-Grün eingerachten Entschließung vom 27. Januar 2005 gegen zuätzliche Rechtsvorschriften aus. Die Kommission trug dem Rechnung und legte im Jauar 2006 einen neuen Vorschlag für die thematische trategie für die städtische Umwelt vor. Deren zentrales nliegen ist es, die Mitgliedstaaten, vor allem aber die egionen, die Städte und die Kommunen darin zu unter tützen, die städtische Umweltsituation zu verbessern. Die von der Kommission vorgeschlagene Strategie eht – aus unserer Sicht ganz richtig – davon aus, dass en kommunalen Behörden eine entscheidende Rolle bei er Verbesserung der Umweltqualität in den Städten zuommt. Sie geht weiterhin ganz richtig davon aus, dass ntegrierte Konzepte und langfristige strategische Akionspläne nötig sind, um die komplexen Probleme der tädte zu bewältigen. Mit einem Bündel weicher Maßahmen will die EU Unterstützung leisten, insbesondere ndem sie den Austausch bewährter Praktiken durch den ufbau von Netzwerken fördert, Kompetenzen durch ortbildung in den städtischen Verwaltungen stärkt und ukunftsweisende Projekte fördert. Der Kommissionsvorschlag berücksichtigt, was der undestag Ende 2004 in einer Entschließung zum Ausruck gebracht hat. Mit ihrer thematischen Strategie darf ie EU nicht in die Planungshoheit der Kommunen ein Sören Bartol greifen; das Subsidiaritätsprinzip muss gewahrt bleiben. Zusätzliche verbindliche Maßnahmen sind nicht der richtige Weg zu einem effektiven und bürgernahen Umweltschutz. Darin sind wir uns auch mit den kommunalen Spitzenverbänden einig. Das Europäische Parlament fällt mit seiner Entschließung vom November 2006 nun wieder dahinter zurück. Es greift die erste Mitteilung der Kommission von 2004 wieder auf. Das Europäische Parlament fordert – zwei Beispiele – EU-Leitlinien zur Umsetzung der Luftqualitätsrichtlinie und deren Überprüfung anhand von Kernindikatoren und EU-Zielvorgaben für Grünflächen pro Einwohner. Wir sind aber nach wie vor der Auffassung, dass den Städten in der gegenwärtigen Situation mit weiteren ordnungspolitischen Maßnahmen und Kontrollen von der EU-Ebene nicht geholfen ist, zumal sie noch an der Umsetzung der Feinstaubrichtlinie und der Lärmrichtlinie zu knacken haben. Die vom Europäischen Parlament geforderten weiteren rechtlich verbindlichen Vorgaben und Fristen für die Umsetzung lehnen wir ab. Ganz im Sinne der Leipzigcharta verstehen wir integrierte Stadtentwicklungspolitik als einen Prozess, der nur durch Einbindung der regionalen und lokalen Behörden und durch Einbeziehung von wirtschaftlichen Akteuren, Interessengruppen und Bürgerinnen und Bürgern vor Ort gelingen kann. Ohne den lokalen Sachverstand geht es nicht, denn es gibt in Europa kein einheitliches Stadtmodell. Rahmenbedingungen, Probleme und Potenziale unterscheiden sich von Land zu Land und auch von Stadt zu Stadt. Die Leipzigcharta formuliert das so: Integrierte Stadtentwicklungspolitik ist eine zentrale Voraussetzung für die Umsetzung der europäischen Nachhaltigkeitsstrategie. Ihre Umsetzung ist eine Aufgabe von europäischer Dimension, in der jedoch die örtlichen Besonderheiten berücksichtigt und das Subsidiaritätsprinzip gewahrt werden muss. Es ist gut und richtig, dass die deutsche EU-Ratspräsidentschaft, namentlich ganz vorneweg Minister Wolfgang Tiefensee, die europäische Dimension einer nachhaltigen Stadtentwicklungspolitik in das Blickfeld gerückt hat. Der neue Stellenwert der Städte in der europäischen Politik schlägt sich auch in Schwerpunktsetzungen der neuen Strukturfondsförderperiode ab 2007 nieder. Aus dem EFRE werden zum Beispiel partizipative, integrierte und nachhaltige Stadtentwicklungsstrategien gefördert, mit denen der starken Konzentration auch ökologischer Probleme in den Städten begegnet werden soll. Die stärkere Ausrichtung der deutschen Städtebauförderung auf die Innenentwicklung der Städte ist auch ein Beitrag zum Umweltschutz. Mit der Änderung des Baugesetzbuches haben wir bereits den rechtlichen Rahmen dafür verbessert. Mit einem neuen finanziellen Instrumentarium wollen wir nun die Innenstädte und Orts k Z ß k e t d w M S B b u U b S a t W p b S w g Z 4 c u u s a o p p f s F Z d h a u (C (D erne auch als Wohnorte wieder attraktiver machen und ersiedelung stoppen. Diese Orientierung „innen vor auen“ bietet gute Chancen, Flächenverbrauch und Verehr zu reduzieren. Ein umweltverträglicher städtischer Nahverkehr und nergieeffiziente Gebäude können ein großer Aktivposen in der Ökobilanz der Städte sein. Das CO2-Gebäuesanierungsprogramm ist ein großer Erfolg. Hieran ollen wir mit einem Investitionspakt zur energetischen odernisierung sozialer Infrastruktur – sprich: Kitas, chulen und Turnhallen – anknüpfen. Auch das ist ein eitrag zu einer Stadtentwicklungspolitik, die soziale, auliche, bildungspolitische, wirtschaftspolitische und mweltpolitische Ziele integriert. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Peter Götz [CDU/CSU])


(Beifall bei der SPD)





(A) )


(B) )


(Beifall des Abg. Christian Carstensen [SPD])


Gerade für benachteiligte Stadtteile ist eine gesunde
mwelt von großer Bedeutung. Die Menschen hier sind
esonders von den gesundheitsschädlichen Lärm- und
chadstoffemissionen an großen Straßen und Verkehrs-
nlagen betroffen. Sie leben teilweise in schlecht sanier-
en Wohnungen. Grün- und Freiflächen fehlen in ihrem

ohnumfeld. Insofern ist auch eine städtische Umwelt-
olitik, die die Lebensqualität in diesen Stadtteilen ver-
essert, ein Beitrag zum sozialen Zusammenhalt in den
tädten.

Viele Städte nehmen ihre umweltpolitische Verant-
ortung ernst. Das Klimabündnis mit seinen ehrgeizi-
en Zielen zur CO2-Minderung, die weit über die EU-
iele hinausgehen, hat allein in Deutschland fast
00 Mitglieder. Bei der Umsetzung dieser Ziele brau-
hen die Städte aber Unterstützung von Ländern, Bund
nd EU durch gezielte Förderung, Erfahrungsaustausch
nd auch Fortbildung in den Verwaltungen.

Ich bin sicher, dass von der heute in Leipzig beschlos-
enen Charta weitere wichtige Impulse für unsere Städte
usgehen. Ihr integrierter bildungs- und beteiligungs-
rientierter Ansatz ist auch in der städtischen Umwelt-
olitik der richtige; denn er ermöglicht örtlich ange-
asste Lösungen, die – so hoffen wir alle – Akzeptanz
inden.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit und wün-
che irgendwann einen schönen Abend.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610024800

Das Wort hat nun der Kollege Patrick Döring, FDP-

raktion.


(Beifall bei der FDP)



Patrick Döring (FDP):
Rede ID: ID1610024900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

unächst einmal kann man, glaube ich, festhalten, dass
ie Beratung der Beschlussempfehlung, die wir hier
eute vornehmen, ein gutes Beispiel dafür ist, wie man
uch als nationales Parlament manches, was in Brüssel
nausgegoren aufgeschrieben wird, machtvoll zurück-






(A) )



(B) )


Patrick Döring
weisen kann. Ich glaube, es ist ein gutes Signal, dass wir
das weitestgehend gemeinsam tun.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Sören Bartol [SPD])


Wenn man sich das, was die Kollegen dort beschlos-
sen haben, durchliest, dann kommt man schon ins Grü-
beln darüber, ob diese Kollegen niemals in einem kom-
munalen Parlament gesessen oder gar keine Vorstellung
davon haben, wie unterschiedlich die Städte von Athen
bis Stockholm oder von Bukarest bis Lissabon sich ent-
wickelt haben. Deshalb ist es gut, dass wir auch beim
Thema städtische Umwelt auf die Einhaltung des Subsi-
diaritätsprinzips pochen. Vieles von dem, was in der
Leipzigcharta steht, ist – der Kollege Bartol hat das an-
gesprochen – gut und richtig. Auch wir als FDP unter-
stützen die in breitem Umfang getragene Politik des
Ministers, mehr für innerstädtische Kerne und für
Reurbanisierung zu tun und weg von Zersiedelung und
der grünen Wiese zu gehen.

Die Leipzigcharta ist zunächst einmal jedoch ein von
allen Mitgliedstaaten ziemlich weich formuliertes Pa-
pier, das jetzt für die Stadtentwicklungsprogramme, die
hier national aufgelegt werden, umgesetzt werden muss.
Davon sind wir noch ein ganzes Stück entfernt.

Wenn das aber so ist, dann müssen wir über die Ziele
sprechen. Dann müssen wir auch schauen, womit wir
uns beim Thema städtische Umwelt befassen. Ich hatte
fast gedacht, der Kollege Bartol schafft es, das Thema
Feinstaub in seiner neunminütigen Rede ganz auszublen-
den. Er hat aber fairerweise auf die Schwierigkeiten hin-
gewiesen. Die Schwierigkeiten sind da. Wir sind – was
die Wirtschaftssituation des örtlichen Gewerbes, den
Städtetourismus und viele weitere Fragen angeht – mit
einer Richtlinie und einem Umsetzungsprogramm in
ganz schwierigen kommunalpolitischen Entscheidungs-
prozessen. Deshalb darf man jetzt nicht auf europäischer
Ebene Anforderungen stellen, die unsere Städte, unsere
kommunalen Verwaltungen und Parlamente nicht erfül-
len können.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Gefahr, dass hierbei in Brüssel überdreht wird, ist
noch nicht gebannt.

Man kann sagen: Wir haben in Deutschland bewährte
Standards in der Abfallwirtschaft und beim Umgang mit
Abwasser; wir haben meistens auch einen funktionieren-
den Nahverkehr. Da sind wir in Europa von einheitlichen
Standards sehr weit entfernt. Deshalb sehe ich mit gro-
ßer Sorge, dass jetzt, nach den Konsultationen zum
Grünbuch zum städtischen Nahverkehr, erneut von
der Kommission und vom Parlament massiv versucht
wird, konkrete Handlungsanweisungen für unsere
Kommunen in Europa festzuzurren: wie Nahverkehr or-
ganisiert werden muss, wie man Fahrradfahrer und Fuß-
gänger fördert, wie man den motorisierten Individual-
verkehr ausgrenzt, wie man mithilfe einer Citymaut und
durch die Behinderung von Parkmöglichkeiten all das
konterkariert, was wir mit dem innenstadtfördernden

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(C (D tadtentwicklungsprogramm, das wir gerade neu aufseten, zu erreichen versuchen. Wir müssen sehr wachsam sein, damit uns nach Verffentlichung dieses Grünbuchs nicht wieder Handungsanweisungen auf den Tisch gelegt werden. Wir üssen dann genauso reagieren, wie wir es jetzt tun: mit iner Entschließung unseres Parlamentes in dem Sinne, ass die Subsidiarität Vorrang hat, dass also unsere ommunen darüber entscheiden, wie sie mit ihren inner tädtischen Verkehren, ihrer innerstädtischen Industrie nd ihrem Gewerbe umgehen. Ich muss ehrlich sagen: Die Entwicklung auf europäicher Ebene steht im Gegensatz zu dem, was sich gerade insichtlich der Schaffung von mehr Möglichkeiten für ie Städte, mehr Freiraum für die Planerinnen und Plaer und mehr Eigenverantwortung für die Bauherren tut. ch glaube deshalb, dass wir noch mehr Wert darauf leen müssen, dass die Regierung nicht nur Förderungsöglichkeiten schafft, sondern auch Sorge dafür trägt, ass diejenigen, die Privateigentum in den Städten haen, die ihre Immobilien meistens schneller, preiswerter nd vorbildlicher als die kommunalen Wohnungsgesellchaften saniert haben, die die Hauptlast der bisherigen olitik getragen haben, in Zukunft nicht mit noch mehr asten befrachtet werden. Weitere Belastungen sind jeenfalls aus Sicht der FDP nicht mitzutragen. Abschließend möchte ich zu der Frage, welche Ausirkungen die demografische Entwicklung – darüber prechen wir morgen – auf die Struktur unserer Städte at, eines ehrlich sagen: Man kann keine Wohnung in er Innenstadt haben, in der es so ruhig wie auf dem ande ist; das wird nicht funktionieren. Deswegen geört es zu einer ehrlichen Diskussion, darauf hinzuweien, dass bestimmte liebgewonnene Privilegien des ohnens auf dem Land in Innenstädten nicht zu haben ind. Auch das müssen wir berücksichtigen, wenn wir ie Städte mit neuen Grenzwerten und neuen belastenen Richtlinien konfrontieren. Herzlichen Dank. Nächster Redner ist der Kollege Peter Götz für die DU/CSU-Fraktion. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! s ist gut, dass wir die Debatte über die thematische trategie für die städtische Umwelt heute führen, an eiem Tag, an dem die europäischen Bauminister in Leipig über die Leipzigcharta nicht nur beraten, sondern wie wir alle wissen – vor wenigen Stunden auch ent chieden haben. Peter Götz Auf diesem Gebiet herrscht auch in diesem Haus überwiegend Konsens darüber, dass wir mehr ganzheitliche Strategien und ein besser abgestimmtes Handeln aller am Prozess der Stadtentwicklung beteiligten Personen und Institutionen brauchen. Dies gilt über die Grenzen der einzelnen Städte und Gemeinden hinaus; es gilt auch für den Wettbewerb zwischen den Städten und dem ländlichen Raum. Ob lokal, regional, national oder europäisch: Jede Ebene trägt Verantwortung für die Zukunft unserer Kommunen. Deshalb ist es nur konsequent, wenn wir uns auch im Deutschen Bundestag Gedanken darüber machen, wie es gelingt, auf der einen Seite durch ein neues Verantwortungsbewusstsein Rahmenbedingungen für eine verbesserte integrierte Stadtentwicklungspolitik zu schaffen und auf der anderen Seite das wertvolle Gut der kommunalen Selbstverwaltung und der kommunalen Planungshoheit zu sichern. Deutsche Städte und Gemeinden haben durch ihre hohe Baukultur sowie durch die kulturelle und soziale Vielfalt wirklich etwas zu bieten. Wir müssen den Kommunen die Chance geben, diese gute Grundlage weiter auszubauen und negativen Entwicklungen frühzeitig entgegenzusteuern. Dazu gehört auch eine angemessene Finanzausstattung. Es ist unsere Aufgabe als Gesetzgeber, finanziell dafür zu sorgen, dass die Städte und Gemeinden ihre Angelegenheiten eigenverantwortlich wahrnehmen können. Es ist aber auch unsere Aufgabe, darauf zu achten, dass die Europäische Union nicht ständig ureigene kommunale Angelegenheiten in ihre Zuständigkeit holt. Mit der thematischen Strategie für die städtische Umwelt, über die wir heute debattieren, erleben wir erneut ein Musterbeispiel, wie vonseiten der Europäischen Union versucht wird, in die kommunale Planungshoheit einzugreifen. Das politische Ziel im Sinne der Lissabonstrategie, die Umweltsituation in Städten zu verbessern und sie so als Orte für Leben, Arbeit und Investitionen attraktiver zu machen, ist unbestritten richtig. Es ist auch in Ordnung, wenn sich die Europäische Kommission und das Europäische Parlament mit dem Leitbild einer nachhaltigen und integrierten Stadtentwicklungspolitik auseinandersetzen. Ich sage aber auch ganz deutlich: Wir wollen keinen Eingriff in die Planungshoheit der Kommunen durch Europa. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610025000

(Beifall bei der CDU/CSU)

Peter Götz (CDU):
Rede ID: ID1610025100




(A) )


(B) )


Wir sind dankbar, dass die Europäische Kommission
– das wurde vorhin bereits gesagt – nach unserer Debatte
vor zwei Jahren zum gleichen Thema aufgrund unseres
parlamentarischen Widerstandes und auch des Wider-
standes vieler anderer nationaler Parlamente ihre Ein-
griffe in das kommunale Planungsrecht aufgegeben hat
und nun nur noch von Empfehlungen und Hinweisen zur
Wahrnehmung des Subsidiaritätsprinzips spricht.

Es erstaunt aber schon, wenn nun das Europäische
Parlament uns in den Rücken fällt. Wir finden es nicht
gut, wenn unter Federführung des dafür zuständigen so-
zialistischen Berichterstatters das Europaparlament für

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(C (D ede städtische Siedlung mit über 100 000 Einwohnern inen Plan für nachhaltiges Stadtmanagement und einen lan für nachhaltigen städtischen Verkehr mit den dazuehörenden Berichten fordert. Diese zentralistische endenz lehnen wir entschieden ab. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Patrick Döring [FDP])


Städte sind sehr wohl auch ohne europäische Vorga-
en in der Lage, selbst zu beurteilen, ob, wo und wann
andlungsbedarf besteht.


(Renate Blank [CDU/CSU]: Richtig!)


nabhängig davon wird kaum jemand behaupten, dass
ir in Deutschland einen Mangel an Plänen oder einen
angel an Berichten hätten. Dies gilt vor allem im Um-
eltbereich. Wir haben vielmehr eher ein Anwendungs-
nd ein Durchsetzungsproblem in unserem Land.

Um das Übel, über das wir diskutieren, konkret beim
amen zu nennen: Wir brauchen keinen durch die EU

egulierten zusätzlichen Plan für städtisches Umwelt-
anagement. Auch für einen nachhaltigen städtischen
erkehr brauchen wir keine neue EU-Vorschrift.


(Patrick Döring [FDP]: So ist es!)


chon gar nicht brauchen wir eine Berichtspflicht der
ommunen gegenüber Brüssel.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Lassen Sie es mich so zusammenfassen:

Erstens. Niemand hat ein Problem damit, wenn sich
ie Europäische Kommission und das Europäische Par-
ament mit einer thematischen Strategie für die städti-
che Umwelt befassen.

Zweitens. Deutsche Städte und Gemeinden können
abei eine Vorbildfunktion übernehmen.

Drittens. Die vom Europäischen Parlament geforder-
en verbindlichen und zusätzlichen europäischen Rege-
ungen widersprechen eindeutig dem Subsidiaritätsprin-
ip.

Viertens. Eingriffe der Europäischen Union in die
ommunale Planungshoheit und neue bürokratische Vor-
aben sind das falsche Signal. Wir lehnen sie deshalb ge-
auso wie bereits vor zwei Jahren erneut ab.

Wir wollen ein Europa, in dem die Menschen ihre na-
ionale, regionale und lokale Identität bewahren können.
as ist möglich, wenn den gewählten Bürgervertretern

uf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene eigenstän-
ige Gestaltungsspielräume erhalten bleiben.

Wir wollen ein Europa, das in der Bevölkerung eine
ohe Akzeptanz genießt. Das ist umso leichter erreich-
ar, wenn sich die Europäische Union auf die internatio-
al wichtigen Zukunftsthemen der Gemeinschaft kon-
entriert. Alles, was auf der unteren politischen Ebene,
lso auf der kommunalen Ebene vor Ort, geregelt wer-
en kann, soll dort nahe an den Menschen entschieden
erden.






(A) )



(B) )


Peter Götz
Das Thema Stadt ist unter vielerlei Gesichtspunkten
ein wichtiges Zukunftsthema. Die Europäische Union
darf nicht nur, sie muss sich damit befassen. Aber sie
soll Zukunftsperspektiven entwickeln: in der Energie-
politik, in Klimafragen oder im Umgang mit der zuneh-
menden Erderwärmung, zum Beispiel mit den damit
verbundenen Hitzewellen, die vor allem in den Bal-
lungsräumen die großen Städte schnell zu politischem
Handeln zwingen werden. Auch kann und soll sie einen
Erfahrungs- und Informationsaustausch zwischen den
Mitgliedstaaten und den Kommunen über die Ziele einer
nachhaltigen Stadtentwicklungspolitik organisieren. Das
alles ist zu begrüßen; es ist richtig und notwendig. Aber
dazu bedarf es weder einer europäischen Rechtsetzung
noch einer neuen Bürokratie aus Brüssel.

Wichtig ist uns in diesem Zusammenhang, dass der
europäische Diskussionsprozess über die strategische
Ausrichtung der Stadtentwicklungspolitik auch in unse-
rem Land auf nationaler Ebene fortgesetzt wird. In die-
sen dringend notwendigen Dialog müssen die Länder,
die Kommunen, aber auch die Wohnungs- und Immobi-
lienwirtschaft genauso wie die Stadtplaner und Architek-
ten sowie viele andere auf diesem Gebiet handelnde Ak-
teure einbezogen werden. Wir bitten deshalb die
Bundesregierung, für diesen aus meiner Sicht notwendi-
gen Dialog ein geeignetes Forum zu schaffen. Wir als
Parlamentarier sind bereit und gewillt, daran aktiv mit-
zuwirken.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610025200

Das Wort hat nun die Kollegin Heidrun Bluhm, Frak-

tion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Heidrun Bluhm (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610025300

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! In Tokio, Shanghai und vielen anderen explo-
dierenden Städten der Welt tragen viele Menschen be-
reits heute rund um die Uhr Atemschutzmasken. Mit
dem europäischen Siedlungstrend, Metropol- und Bal-
lungsräume weiter auszubauen und zu fördern, entwi-
ckeln wir uns genau in die gleiche Richtung. In den
Städten ist der Verbrauch von Umweltressourcen am
größten, und die Siedlungsbelastungen sind am höchs-
ten. Der Nettobodenverbrauch in Deutschland beträgt
täglich mehr als 11 Hektar Fläche. Wir brauchen eine
ausgewogene Flächenbilanz und Freiräume, in denen
sich Schadstoffbelastungen dort ausgleichen lassen, wo
sie entstehen, also in den Städten.

Nun schlägt das Europäische Parlament – eigentlich
längst überfällig – vor, für Europa thematische Strate-
gien für die städtische Umwelt vorzugeben. Es liegt
schon allein im Namen klar auf der Hand, dass es sich
um die Umweltverbesserung in den Städten handeln soll.
Jetzt aber kommen Sie, meine Damen und Herren Koali-
tionäre, mit einer Beschlussempfehlung, in der es heißt
– ich zitiere –:

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(C (D Eingriffe in die Planungshoheit der Kommunen werden abgelehnt. leichzeitig befürworten Sie allerdings – das haben Sie n Ihren Redebeiträgen eben auch dargestellt – in derselen Drucksache, dass Sie sich den inhaltlichen Strateien fast vollständig anschließen. Das heißt übersetzt für ich: Wasch mich, aber mach mich bitte nicht nass. Sollen die Umweltstrategien wie eine Art Ehrenkodex er Kommunen verstanden werden? Meinen Sie, dass ich die Städte in Europa, die sich im harten Konkurenzkampf um Wirtschaftsansiedlung und Arbeitsplätze chon heute gegenseitig mit Lockangeboten überbieten, n einen solchen Ehrenkodex halten werden? Umweltfragen sind keine lokalen, sondern nationale nd globale Fragen, die auch nur auf diesen Ebenen lösar sind. Dazu ist es erforderlich, dass sich jeder in gleiher Weise an Vereinbarungen halten muss. Ausgerechet da wollen Sie auf die kommunale Planungshoheit ochen? Diese Konsequenz wünschte sich die Linke in ielen anderen politischen Fragen von Ihnen. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])


Die Linke unterstützt die in der Entschließung des
uropäischen Parlaments vorgeschlagenen Maßnah-
en, die die Umwelt und die Menschen schützen und für

ine nachhaltige Stadtentwicklung sorgen sollen. Von
er Bundesregierung erwarten wir daher, dass sie sich in
ragen der Umweltpolitik an EU-Maßstäben orientiert.
ir erwarten gerade im Sinne einer nachhaltigen Stadt-

lanung im europäischen Maßstab, dass ganzheitliche
tadtentwicklungskonzepte als Grundlage der Weiterent-
icklung der städtischen Lebensqualität erarbeitet wer-
en, welche die soziale, kulturelle und ökologische Di-
ension der Stadtentwicklung berücksichtigen. Wir

rwarten mehr Engagement für den ÖPNV statt eine
ürzung der dafür notwendigen Regionalisierungsmit-

el. Das Prinzip der Mobilität für alle ist ein soziales
rinzip, dem Rechnung getragen werden muss. Die

üngste Debatte um den CO2-Ausstoß bei Pkws zeigt,
elch lobbyistisches Verhältnis die Bundesregierung
nd deutsche EU-Kommissare zu wirkungsvollen Maß-
ahmen für den Umweltschutz haben, wenn es ganz
onkret wird.

Wir erwarten, zum Erhalt historischer Zentren und
atürlicher Lebensräume die Sanierung von Siedlungs-
ernen zu fördern und dem Bebauungsdruck durch
chutzgebiete in Städten und Siedlungsrandgebieten zu
egegnen. Wir erwarten, dass in der Stadtplanung bei der
usweisung neuer städtischer Siedlungen der Auswei-

ung von Grünflächen stärker Beachtung geschenkt
ird, um Naturflächen zu erhalten und den Bezug der
enschen zur Natur zu fördern, und nicht, wie jüngst

on Ihnen hier beschlossen, eine Bebauung im inner-
tädtischen Bereich ohne Umweltprüfung. Wir erwarten,
n der öffentlichen Auftragsvergabe etwa zum Zwecke
er energetischen Gebäudesanierung und der Nutzung
rneuerbarer Energien regelmäßig auf Nachhaltigkeits-
riterien Bezug zu nehmen, anstatt immer dem billigsten
ebot den Vorrang zu geben.






(A) )



(B) )


Heidrun Bluhm
Ich sage es noch einmal: Die Linke begrüßt, dass das
EU-Parlament das Leitbild einer nachhaltigen und inte-
grierten Stadtentwicklung verfolgt. Allerdings misstraut
die Linke aus den eben genannten Gründen der Umwelt-
politik der Bundesregierung und glaubt nicht, dass die
gegenwärtigen nationalen Rechtsvorschriften ausrei-
chen werden, einen Beitrag zu einer nachhaltigen und in-
tegrierten Stadtentwicklungspolitik zu leisten. Da müs-
sen wir schon noch etwas nachlegen. Daher werden wir
die vorgeschlagene Entschließung nicht mittragen.


(Patrick Döring [FDP]: Wie man das als frühere Stadtbaurätin vortragen kann, ist bemerkenswert!)


Heute und morgen findet das Treffen der für Regio-
nalentwicklung zuständigen EU-Minister in Leipzig
statt, das mit der Verabschiedung einer Leipzigcharta
schließen soll. Wir begrüßen die Leipzigcharta als eine
Form der Auseinandersetzung mit dringenden, ja exis-
tenziellen Problemen unserer Zeit, die ihre Ursachen in
der städtischen Entwicklung haben. Allerdings darf man
von den Fachministern der Mitgliedstaaten der EU mehr
als einen Problemaufriss und unverbindliche sowie ver-
schwommene Leitlinien erwarten. Da ist das Europäi-
sche Parlament bereits weiter.

Danke schön.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610025400

Letzter Redner in dieser Debatte ist nun der Kollege

Peter Hettlich für die Fraktion des Bündnisses 90/Die
Grünen.


Peter Hettlich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610025500

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Wir haben über dieses Thema schon vor weni-
gen Wochen im Ausschuss ausführlich debattiert. Das
vorliegende Dokument des Europäischen Parlaments hat
durchaus sehr viele positive Anregungen; das hat Kol-
lege Bartol eben hervorgehoben. Es legt an vielen Stel-
len die Finger in die Wunden, auch wenn manche For-
mulierungen etwas originell sind. Wenn ich zum
Beispiel unter Punkt 17 von der Förderung der Kompos-
tierung lese, dann frage ich mich: Was hat das eigentlich
in einem solchen Papier zu suchen? Für uns besteht hier
schon lange Handlungsbedarf.

Ich halte es aber für durchaus rührend, wie sehr sich
das Parlament bemüht hat. Es ist in diesem Dokument
eine Reihe wichtiger Forderungen enthalten, zum Bei-
spiel die Forderung nach einem nachhaltigen Stadtma-
nagement, einem nachhaltigen städtischen Verkehr und
einer nachhaltigen Stadtplanung. Ich glaube, das können
alle Kollegen aus allen Fraktionen unterschreiben.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Aber es wird nicht besser, dass darin „nachhaltig“ steht!)


Lieber Horst Friedrich, wir vertreten zwar, was die
kommunale Planungshoheit und die kommunale Selbst-
verwaltung angeht, den gleichen Standpunkt wie die
meisten Redner heute Abend hier. Daran möchten wir

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(C (D uch nichts ändern. Aber wir sehen natürlich, dass betimmte Dinge nicht unbedingt so gut laufen, wie wir ns das manchmal wünschen. Das kennen wir aus unseen eigenen Kommunen. Insofern sollte man nicht imer so tun, als ob wir, was die Vorschläge des Europäi chen Parlamentes angeht, über jeden Zweifel erhaben ind. Schauen wir es uns einmal realistisch an: Wie steht es enn mit der städtischen Umwelt tatsächlich? Wir haben och eine ganze Menge Probleme. Wenn ich einmal anz ehrlich bin, muss ich feststellen, dass es uns in den etzten Jahren trotz vielfältiger Anstrengungen eigentlich icht gelungen ist, wirklich signifikante Verbesserungen erbeizuführen. Schauen wir uns einfach nur die Fakten n. Warum gibt es eine Suburbanisierung? Warum gibt s nach wie vor eine ungebremste Stadtflucht der Menchen mit all ihren weitreichenden Konsequenzen: Zeriedelung, Flächenverbrauch – das hat die Kollegin luhm eben angesprochen –, einem Zuwachs an beheiz en Flächen? Ich habe es heute einmal ausgerechnet: In en letzten 15 Jahren sind allein über 600 Millionen uadratmeter an Wohnflächen hinzugekommen – mit eitreichenden Konsequenzen im Hinblick auf eventu lle CO2-Einsparungen. Das heißt, es gibt hier kontraroduktive Entwicklungen. Wir müssen etwas dagegen un. Das Gleiche gilt für den zusätzlichen Verkehr, der in iesem Bereich induziert wird. Hier haben wir erheblich twas zu tun. Lieber Kollege Döring, wenn Sie es nicht ernst nehen, dass städtische Umwelt mehr ist als einfach nur ine Hülle, in der man ein Gewerbe oder Geschäfte bereibt, dann sollten Sie sich einmal anschauen, was pasiert, wenn sich diese Städte einfach entleeren. Sie brauhen dazu nicht zu uns nach Sachsen zu kommen. Gehen ie nach Nordrhein-Westfalen und schauen Sie sich einal an, wie die Innenstädte von Höxter und Iserlohn allählich ausbluten. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Wenn as so weitergeht, dann gibt es dort kein Gewerbe mehr. ann können Sie dort keine Geschäfte mehr machen, nd dann gibt es das, was Sie eben beschworen haben: en Wertverlust von Immobilien. Sie sollten sich fragen: o ist hier Ursache und Wirkung? Ich sage an dieser Stelle: Wenn wir die Förderung der tädtischen Umwelt nicht energischer angehen und dafür orgen, dass die Menschen in den Städten bleiben, dann leibt im Prinzip alles andere weit hinter dem zurück, as wir uns vorstellen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Patrick Döring [FDP]: „Wir“, aber nicht Brüssel!)


Ich spreche hier gar nicht über Brüssel – das habe ich
anz am Anfang abgehakt –, mir geht es darum, an die-
er Stelle noch einmal ausdrücklich zu sagen, dass wir
ns auf die Fahnen schreiben müssen, dass wir bei der
tädtischen Umwelt etwas machen müssen.

Die Feinstaubrichtlinie – der Kollege Bartol hat es
nklingen lassen – ist ein Beispiel dafür,


(Patrick Döring [FDP]: Wie man’s nicht macht!)







(A) )



(B) )


Peter Hettlich
wie gut gemeinte Sachen nicht funktionieren. Ich
stimme mit dem Kollegen überein, dass wir bestimmte
Aspekte der Umsetzung völlig unterschätzt haben. Was
machen wir jetzt eigentlich, wenn wir die EU-Richtlinie
für andere Luftschadstoffe umsetzen müssen? Beispiels-
weise ist Benzol ein Stoff, der in 1,20 Metern Höhe be-
sonders unsere Jüngsten belastet. Ein Desaster wie bei
der Umsetzung der Feinstaubrichtlinie können wir uns
nicht erlauben.


(Birgit Homburger [FDP]: Gute Erkenntnis!)


Last, but not least will ich ein Hohelied auf die Kom-
munalpolitiker singen. Sie haben einen verdammt harten
Job, sie arbeiten in weiten Teilen ehrenamtlich. Wir for-
dern immer mehr von ihnen. Ich sage Ihnen: Das, was in
den nächsten Jahren und Jahrzehnten auf uns zukommt,
vor allen Dingen auf die Kommunen, wird für die Kom-
munalpolitiker noch einmal eine deutliche Arbeitssteige-
rung bedeuten. Gerade der demografische Wandel kann
nicht von uns, vom Bundestag aus, bewältigt werden, son-
dern muss lokal, vor Ort, angegangen werden. Wir müs-
sen dafür sorgen, dass die Kommunen gestärkt werden,
und wir müssen dafür sorgen, dass die Kommunalpoliti-
kerinnen und Kommunalpolitiker gestärkt werden, vor al-
len Dingen in ihren demokratischen Mitwirkungsrechten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Da haben wir noch eine Menge zu tun. Ich bitte die Kol-
legen und Kolleginnen aus den Landesparlamenten, mit
ihren Ministern und mit ihren Ministerpräsidenten zu
sprechen. Hier liegt nämlich noch einiges im Argen.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1610025600

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-
schusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung auf
Drucksache 16/4608 zu der Unterrichtung durch die
Bundesregierung über die Entschließung des Europäi-
schen Parlaments zur thematischen Strategie für die
städtische Umwelt. Der Ausschuss empfiehlt, in Kennt-
nis der Unterrichtung eine Entschließung anzunehmen.
Wir stimmen über die Beschlussempfehlung ab. Wer
stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer ist dage-
gen? – Enthaltungen? – Dann ist die Beschlussempfeh-
lung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der
FDP-Fraktion bei Gegenstimmen der Fraktion Die Linke
und Enthaltung der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grü-
nen angenommen.

Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 14 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Horst
Friedrich (Bayreuth), Jan Mücke, Patrick Döring,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Finanzierung des Transrapid jetzt sicherstel-
len und alle Mittel auf die Strecke Hauptbahn-
hof München–Flughafen München konzen-
trieren
– Drucksache 16/1165 –

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(C (D Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Finanzausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Haushaltsausschuss Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die raktion der FDP sechs Minuten erhalten soll. – Ich höre azu keinen Widerspruch. Dann werden wir so verfahen. Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem ollegen Horst Friedrich für die FDP-Fraktion. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! … der Transrapid ist unter technologischen Aspekten eine sehr interessante und anspruchsvolle Entwicklung, ein Vorhaben, das insoweit durchaus einer zukunftsorientierten Technologiepolitik entspricht. Es ist richtig, daß man einem derartigen technologischen Sprung nicht mit den Maßstäben oder gar Ideologien von vorgestern gerecht werden kann. ies schrieb der damalige SPD-Vorsitzende Rudolf charping 1995 an den Betriebsratsvorsitzenden der hyssen Henschel GmbH in Kassel, der sich schon daals aus Angst um die Arbeitsplätze in Kassel an die PD gewandt hatte mit der Bitte, diese Technik endlich mzusetzen. ir warten heute noch darauf. Wer den Bereich „Clusterbildung und hochinnovative euchtturmprojekte“ der Koalitionsvereinbarung der roßen Koalition studiert hat, konnte den Glauben beommen, dass jetzt endlich kräftig angepackt wird. Denn a steht zu lesen: Der Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Technologiestandorts Deutschland dienen ausgewählte innovative Leuchtturmprojekte, wie zum Beispiel … der Ausbau von Bahnschnellsystemen, unter anderem mindestens einer Transrapid-Referenzstrecke in Deutschland. o weit, so schlecht. amit bin ich wieder bei der SPD. Der ehemalige Kolege Klaus Daubertshäuser hat in einem seiner wenigen ücher geschrieben, der Transrapid sei eine hervorraende Technik für den Fernverkehr. 1999 hat die erste Regierung Schröder die Strecke amburg–Berlin unter anderem mit dem Argument geippt, man könne die Technik zwar durchaus in Deutschand umsetzen, aber bitte nicht im Fernverkehr, sondern m Nahverkehr. Man hat der Industrie damals zugesagt, it dem Ende des Projektes Hamburg–Berlin würden ie im Bundeshaushalt noch vorhandenen 2,2 Milliarden Horst Friedrich für die Ansetzung wenigstens einer Strecke umgesetzt werden. Man hat sich dann auf die Suche nach einer Strecke im Nahverkehr gemacht. Man hat zunächst einmal fünf Strecken ausgewählt und untersucht. Im ersten Screening blieben zwei Strecken übrig, eine in NRW und eine in Bayern. Die Strecke in NRW ist aus Gründen, die ich hier nicht näher erläutern muss, von NRW zurückgezogen worden. Die Strecke in Bayern blieb übrig. Die Deutsche Bahn, die das Projekt mittlerweile plant, hat mehrfach erklärt – zum letzten Mal am 9. Mai dieses Jahres gegenüber der FDP-Fraktion in Gestalt ihres Vorsitzenden Hartmut Mehdorn –, dass die Deutsche Bahn dieses Projekt in München nicht nur plant, sondern auch bauen und betreiben will, weil sie es für notwendig hält. Er hat deutlich gemacht, dass eine S-Bahn, egal wie sie ausgestaltet ist, das Problem in München nicht lösen wird. Ganz abgesehen davon, hat Hartmut Mehdorn deutlich gemacht: Wenn der Transrapid in München nicht kommt, gibt es auch keine S-Bahn; denn das Geld steht nur für den Transrapid zur Verfügung. So weit ist die Deutsche Bahn. (Beifall bei der FDP, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU/CSU – Lachen bei der SPD – Sören Bartol [SPD]: Da beruft sich ja der Richtige auf Mehdorn!)


(Beifall bei der FDP)

Horst Friedrich (FDP):
Rede ID: ID1610025700

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: … so gut!)





(A) )


(B) )


– Herr Kollege Bartol, wo Hartmut Mehdorn recht hat,
da gebe ich ihm auch recht.


(Lachen bei der SPD – Iris Gleicke [SPD]: Wenn er das hört!)


Die rot-grüne Bundesregierung hat die Finanzie-
rungs- und Planungsgrundlagen für den Transrapid in
Deutschland ab 1999 durch einen Kunstgriff entschei-
dend verschlechtert. Man ist von einem Bundesprojekt
mit bundespolitischer Planungskompetenz dazu überge-
gangen, zu sagen: Der Transrapid im Nahverkehr ist
zwar ein wichtiges Technologieprojekt, aber es ist ein re-
gionales Projekt; daher müssen die Länder mit ins Boot.
Nirgendwo steht, dass man das wie eine Monstranz auf
Dauer vor sich hertragen muss. Was hindert uns, den Ge-
setzgeber, eigentlich daran, das wieder aufzuheben?

Eines ist klar: Sehr viel Zeit für die Umsetzung der
Technologie in Deutschland haben wir nicht mehr. Am
Ende des letzten Jahres hat es ja schon ein bisschen ge-
kriselt. Da ging es darum, auf welcher Grundlage Pla-
nungsmittel für die Deutsche Bahn, die im Haushalt des
Bundes schon eingestellt waren – wohlgemerkt: vom
Haushaltsausschuss eingestellt –, ausgezahlt werden
könnten. Der Finanzminister hat gesagt, der Beschluss
des Bundestages reiche ihm nicht aus. Da hat man sich
famos darüber gestritten, auf welcher Basis das erfolgen
könnte. Das hätte fast dazu geführt, dass die Planungsge-
sellschaft der Deutschen Bahn aufgelöst und die Leute
entlassen worden wären.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Katrin GöringEckardt)


Fakt ist, dass Thyssen als einer der wesentlichen
Technologieträger in der Industrie die entscheidenden

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(C (D eute in diesem Bereich mittlerweile woanders beschäfigt. Es handelt sich um eine Aktiengesellschaft. Da fraen die Aktionäre, wie viel Zeitund Geldaufwand, wie iel Energie man noch in ein Projekt steckt, von dem an nicht sicher sagen kann, dass es in Deutschland tat ächlich umgesetzt wird. Eine Aktiengesellschaft muss ie Technologie, die sie entwickelt hat und auf die sie as Patent hat, verkaufen, solange ein potenzieller Käuer – das kann eigentlich nur einer sein – das Ganze noch icht geschenkt bekommen muss, weil er weiß, dass die nderen keinen Entscheidungsspielraum mehr haben. Es uss noch ein bisschen Werthaltigkeit dahinterstecken. as ist die eigentliche politische Führungsaufgabe. Deswegen sage ich noch einmal: Natürlich können ie diesen Antrag mit Ihrer Mehrheit ablehnen. Sie haen ja schon seine Aufsetzung lange verzögert. Ihr entcheidendes Problem ist aber, dass Sie daran gemessen erden, ob Sie das, was Sie in der Koalitionsvereinba ung festgeschrieben haben, das, was Sie der Industrie m laufenden Band versprochen haben, auch umsetzen. ieses Problem werden Sie nicht los. Daran werden wir ie messen. Daran werden Sie sicherlich auch die Be riebsräte von Thyssen Henschel messen. Ich bin gepannt, was Sie denen erklären. Der Kollege Berg hat un, wo man bei der Nahverkehrsstrecke München vieleicht einen Durchbruch erzielen könnte, erklärt – das abe ich heute gelesen; das ist spannend –, dass man den ransrapid im Nahverkehr nicht akzeptieren könne, er m Fernverkehr aber eine gute Lösung wäre. Was wollen ie eigentlich tatsächlich? Wissen Sie eigentlich noch, as Sie erklären? In diesem Sinne freue ich mich auf die Diskussion im usschuss. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610025800

Der Kollege Dr. Hans-Peter Friedrich hat das Wort für

ie CDU/CSU-Fraktion.


Dr. Hans-Peter Friedrich (CSU):
Rede ID: ID1610025900

Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Lieber Kollege Horst Friedrich, dieser Antrag
st nicht unsachgemäß verzögert worden, sondern genau
um richtigen Zeitpunkt aufgesetzt worden, nämlich
etzt, wo wir in die entscheidende Phase um die Zukunft
es Transrapid kommen. Ich bin sehr dankbar, dass wir
eute darüber reden können. Ich finde es ein bisschen
chade, dass es 21.15 Uhr ist und wir nicht ein bisschen
rüher darüber reden konnten. Denn es ist ein wichtiges
hema, bei dem dieses Hohe Haus eine große Verant-
ortung hat.

Wir sind in München hinsichtlich der Planungen in
er Endphase. Die Anhörungen laufen seit Februar die-
es Jahres. Wir erwarten eine Stellungnahme der Be-
irksregierung und werden noch in diesem Jahr Baurecht
aben. Jetzt ist es Zeit, den Leuchtturm aufzustellen, an-
umalen und in Betrieb zu setzen, von dem in unserer
oalitionsvereinbarung die Rede ist.






(A) )



(B) )


Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof)


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Es handelt sich hierbei auch um ein Symbolthema.
Warum haben die Chinesen den Transrapid gebaut?


(Renate Blank [CDU/CSU]: Weil sie das können!)


Sie haben es nicht nur deshalb getan, weil sie einen Zu-
bringer zu ihrem Flughafen brauchten, sondern auch
weil sie eine Demonstration abliefern wollten: Wir wa-
gen den Aufbruch in eine neue Technologie, um die Zu-
kunft zu gewinnen. Umgekehrt wäre unser Versagen,
den Transrapid in Deutschland nicht bauen zu können,
ein ganz besorgniserregendes Signal hinsichtlich der Zu-
kunftsfähigkeit dieses Landes.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Wenn man die Zukunft gewinnen will, reicht es nicht
aus, den Globalisierungsgegnern eine Thermoskanne
Kaffee zu bringen. Man muss die Chancen der Globali-
sierung ergreifen, indem man die Möglichkeiten, die
man hat, weltweit mit einem solchen Projekt nutzt. Es
gibt genügend Anstrengungen. Bis 1999 ist viel Geld
aufgewendet worden. Bedauerlicherweise fiel dann die
Entscheidung, die Strecke Hamburg–Berlin nicht zu
bauen. Fünf Strecken – Kollege Friedrich hat es gesagt –
sind untersucht worden. Ich sage: In München ist die
letzte Chance. Wenn wir in München nicht bauen, wird
es keine Transrapidstrecke in Deutschland geben.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Sehr richtig!)


Im Übrigen sind die Chinesen entschlossen – sie ma-
chen keinen Hehl daraus –, den Transrapid weiterzuent-
wickeln. Sie sagen: Wir wollen den Transrapid nicht nur
weiterhin bauen – sie sind ja in einer Art Planfeststel-
lung –, sondern auch weiterentwickeln. Ich sage Ihnen:
In zehn Jahren wird niemand mehr davon reden, dass
deutsche Ingenieure dieses Projekt unter anderem mit
deutschen Steuergeldern entwickelt haben. Wenn wir
nicht aufpassen, wird es ein chinesisches Projekt sein.
Deswegen ist es Zeit, dass wir Nägel mit Köpfen ma-
chen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Im Übrigen möchte ich auf Folgendes hinweisen
– das geht in der öffentlichen Diskussion in Deutschland
viel zu sehr unter –: Es gibt überall in der Welt Überle-
gungen, den Transrapid – man ist bei den Projekten un-
terschiedlich weit – in die Realität umzusetzen.


(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ein Unsinn!)


Die USA haben inzwischen viel Geld in die Hand ge-
nommen, um ihre möglichen Strecken auszuwählen. Wir
werden voraussichtlich eine an der Ostküste und eine an
der Westküste sehen. Auf der britischen Insel denkt man
über ein Projekt nach. In anderen Teilen der Welt wird
man diese Technologie anwenden wollen.

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(C (D Insofern, denke ich, muss man die Exportchance, die n diesem Projekt liegt, sehen: Wertschöpfung, Arbeitslätze, auch bei den Dienstleistungen, die sich um die ealisierung des Projekts ranken. Da ist einiges zu ho en. Es ist insbesondere ein Symbol für das Innovationslima, das wir in diesem Land haben. Ich kann an die inanzpolitiker, Haushälter und Finanzminister nur apellieren, jede buchhalterische Kleinkrämerei beiseiteulegen und sich zu vergegenwärtigen, dass die Gutachen sagen: Jeder Euro, den wir in dieses Projekt stecken, ommt in vierfacher Weise zurück oder zumindest – je achdem, welchem Gutachten man mehr Vertrauen chenkt – in zweieinhalbfacher Weise. Lassen Sie mich ein Wort zum Thema München saen: Ja, es ist in München ein Nahverkehrsprojekt, weil an leider – ich habe es heute in einer Presseerklärung er Grünen oder der SPD gelesen – einen Geburtsfehler eim Bau des Flughafens München zu beklagen hat, eil man, als er damals geplant wurde, die Zukunft des erkehrsträgers Schiene unterschätzt hat. Ich rate dazu, as im Zusammenhang mit einer anderen Entscheidung, ie wir zu treffen haben, nicht noch einmal zu tun. Ich glaube aber auch, dass das eine Riesenchance für ie Stadt München ist, sich als Technologieund Inforationshauptstadt in Europa zu beweisen. eswegen ist mir völlig unbegreiflich, wieso der Oberürgermeister von München glaubt, dass er das nicht nöig hat. (Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Ein reiner Populist!)


(Beifall des Abg. Martin Zeil [FDP])


ch kann nur sagen: Hochmut kommt vor dem Fall.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


er glaubt, dass er es nicht mehr nötig hat, um die Zu-
unft zu kämpfen, der hat die Zukunft verloren. Deswe-
en bedaure ich außerordentlich, dass die Chancen die-
es Projekts in der Münchner Kommunalpolitik
ffensichtlich nicht in ausreichendem Maße zur Kennt-
is genommen werden.

Ja, das ist auch ein Nahverkehrsprojekt. Deswegen
st die Forderung gerechtfertigt, dass sich Bayern an den
osten beteiligen soll. Bayern hat sich großzügig ge-

eigt. 300 Millionen Euro wurden zugesagt, und sie lie-
en bereits auf dem Tisch. Darüber lässt sich reden.


(Sören Bartol [SPD]: Das ist aber ein bisschen wenig, Herr Kollege!)


Entschuldigung. Wenn ich mich richtig erinnere,
achte die Zusage für den Metrorapid in Nordrhein-
estfalen 2 Milliarden aus. Das entspricht, umgerechnet

uf das Projekt in Nordrhein-Westfalen, 62,5 Prozent.
as ist der Maßstab, mit dem wir auch das Projekt in
ayern beurteilen sollten.

Letzten Endes geht es nicht darum, ob Bayern
00 Millionen Euro oder 320 Millionen Euro zahlt, son-
ern um die Frage: Handelt es sich um ein Landespro-
ekt, nur weil es eine Nahverkehrsfunktion hat? Nein, es






(A) )



(B) )


Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof)

handelt sich um ein Bundesprojekt. Es wird nicht da-
durch zum Landesprojekt, dass es eine Zubringerfunk-
tion in Richtung Münchner Flughafen umfasst.

Dieses Hohe Haus hat eine große Verantwortung. Wir
müssen im Deutschen Bundestag möglichst schnell eine
Grundsatzentscheidung treffen. Das kann im Grunde nur
geschehen, indem vonseiten der Bundesregierung umge-
hend ein entsprechendes Bundesgesetz vorbereitet wird,
in dem geklärt wird, wie man mit diesem Bundesprojekt
fortfahren will und wer wie beteiligt werden soll.

Es ist zum Beispiel die Rede von der Flughafengesell-
schaft München. Das ist vernünftig; denn die Flughafen-
gesellschaft München profitiert vom Transrapid. Es ist
auch die Rede von der Deutschen Bahn; es ist erfreulich,
dass sie sich beteiligen will. Aber die Grundlage all des-
sen muss ein Bundesgesetz sein, das in diesem Hohen
Hause beraten und beschlossen werden muss.

Hier haben wir eine große Verantwortung. Ich warne
davor, zu glauben, man könne sich sozusagen auf kaltem
Wege vor dieser Entscheidung drücken, indem man sagt:
Die Bayern zahlen zu wenig, das Geld reicht nicht aus.


(Zuruf von der SPD: Ja! Das ist aber das Problem!)


Es kommt auf die politische Grundsatzentscheidung an.
Es geht darum, ob dieses Hohe Haus den Willen und die
Durchsetzungskraft hat, das Transrapidprojekt als Zu-
kunftsprojekt zu realisieren oder nicht. Das ist die grund-
legende Entscheidung, die zu treffen ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wenn diese Entscheidung getroffen wurde, reden wir
darüber, ob wir von dem einen oder anderen noch die
eine oder andere Million brauchen. Aber das kommt spä-
ter. Ich jedenfalls glaube, dass hier Ja oder Nein gesagt
werden muss. Jeder von uns hat eine Verantwortung da-
für, ob der Transrapid in Deutschland zu einer Erfolgs-
story wird. Er hat das Zeug dazu. Jetzt liegt es an uns.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Beifall bei der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610026000

Die Kollegin Eva Bulling-Schröter hat jetzt das Wort

für die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Eva-Maria Bulling-Schröter (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610026100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Heute liegt uns ein Antrag vor, in dem nach milliarden-
schweren Subventionen gerufen wird. Verfasst hat ihn
ausgerechnet der Gralshüter der Marktwirtschaft in die-
sem Haus: die FDP. Sie wollen Staatsknete für ein ver-
kehrspolitisch wie wirtschaftlich sinnloses Projekt: für
den Transrapid vom Münchner Hauptbahnhof zum Flug-
hafen.

Natürlich haben die Liberalen Verbündete in der Re-
gierungskoalition; das haben wir gerade feststellen kön-

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(C (D en. Vom Sparen ist keine Spur. Sonst sind sie nicht so imperlich. Wenn es darum geht, den Ärmsten der Geellschaft Zuwendungen zu streichen, wird natürlich icht so lange diskutiert. Die Firmen Siemens – sie ist sehr bekannt und in letzer Zeit in den Schlagzeilen –, Thyssen-Krupp und eiige andere haben sich gerade aus jeglicher Finanzieung und jeglicher Risikoübernahme verabschiedet. Sie reuen sich natürlich über den Berliner Geldregen. (Franz Obermeier [CDU/CSU]: Keine Ahnung! Wer hat Ihnen das denn wieder aufgeschrieben?)


ür sie ist das Projekt ein Milliardengeschäft, vor allem
ann, wenn sich später ein paar Züge ins Ausland ver-
aufen lassen. Darüber haben wir ja schon etwas gehört.
as ist ja auch das Ziel der FDP.


(Franz Obermeier [CDU/CSU]: Haben Sie das vorher gelesen?)


Was hat das Projekt die Steuerzahlerinnen und Steuer-
ahler bis jetzt gekostet? Das muss man den Leuten ein-
al sagen: Seit 1990 hat die Weiterentwicklung der
echnik 560 Millionen Euro gekostet. Hinzu kommen
9 Millionen Euro für die Versuchsanlage im Emsland,
6 Millionen Euro für die Planungen der Route Ber-
in–Hamburg und der Metrorapid-Strecke in Nordrhein-

estfalen sowie 11,1 Millionen Euro für Machbarkeits-
tudien hinsichtlich der Trasse in Nordrhein-Westfalen
nd einer geplanten Linie in Bayern.


(Franz Obermeier [CDU/CSU]: Minus Zukunft! – Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Das ist noch lange nicht alles, sondern nur seit 1990!)


Wir bezweifeln, dass der Transrapid überhaupt ir-
endwo wirtschaftlich zu betreiben ist. Die Chinesen
erkeln an einem eigenen System, und auch sonst

cheint das Interesse im Ausland eher zurückhaltend zu
ein. Kein Wunder: Der Transrapid ist viel zu teuer, um
irtschaftlich betrieben zu werden. Vielleicht ist das ein
rund, warum die FDP potenzielle Investoren nicht
ach Schanghai zur Begutachtung des deutschen Wun-
erwerks schicken will. Schließlich ist die Strecke dort
ochdefizitär. Nicht umsonst steht die ursprünglich ge-
lante Verlängerung der Flughafenanbindung nach
angzhou auf dem Prüfstand.


(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Das, was Sie da erzählen, ist doch völlig falsch! – Franz Obermeier [CDU/CSU]: Keine Ahnung!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, wie
tehen Sie eigentlich zu einem Nutzen-Kosten-Verhält-
is der Münchner Stecke von 0,6? Volkswirtschaftlich
ürden wir also mit jedem investierten Euro 40 Cent
iese machen.


(Franz Obermeier [CDU/CSU]: Nichts verstanden!)


ch halte das für ein kaufmännisches Fiasko. So sieht das
uch der Bundesrechnungshof. Das sind keine Zahlen
on mir, sie stammen vom Bundesrechnungshof. Wir






(A) )



(B) )


Eva Bulling-Schröter
halten die teure Magnetschwebebahn für überflüssig. In
München gibt es günstigere und ökologisch bessere Al-
ternativen. Das wissen auch Sie.


(Beifall bei der LINKEN – Franz Obermeier [CDU/CSU]: Das ist überhaupt nicht wahr!)


Dass es seit jeher auch Sicherheitsbedenken bezüglich
der Technik gibt – Hagelschlag, Terroranschläge, Wild-
wechsel bei Bodenführung usw. –, kommt noch hinzu.

Die Bundesregierung hat bislang zudem nie eine Ant-
wort auf die Frage gegeben, warum die Industrie bei der
Finanzierung völlig außen vor gelassen wird. Herr
Tiefensee will trotzdem die Hälfte der Investitionskosten
von 1,85 Milliarden Euro übernehmen, die Deutsche
Bahn macht sich schlauerweise selbst Konkurrenz und
legt 185 Millionen Euro auf den Tisch, und der Münch-
ner Mobilitätsexperte Edmund Stoiber steuert für Bayern
noch einmal 300 Millionen Euro bei, weil durch die
Schwebebahn, wie wir von ihm inzwischen wissen,

der Hauptbahnhof im Grunde genommen näher an
Bayern, an die bayerischen Städte heranwächst,
weil das ja klar ist, weil aus dem Hauptbahnhof
viele Linien aus Bayern zusammenlaufen.

Genau so ist es auch.


(Beifall bei der LINKEN – Franz Obermeier [CDU/CSU]: Das ist das einzige, was richtig war!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610026200

Ich erteile Heinz Paula das Wort für die SPD-Frak-

tion.


(Beifall bei der SPD)



Heinz Paula (SPD):
Rede ID: ID1610026300

Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Ich

glaube, wir sind uns über alle Fraktionen hinweg einig,
dass die Erfindung der Magnetschwebetechnologie
zweifelsohne eine Meisterleistung ist. Der Transrapid ist
nachgewiesenermaßen das schnellste bodengebundene
Verkehrssystem mit einem enormen Beschleunigungs-
potenzial. Dies ist auch ein zentraler Vorteil.

In Zukunft gilt: in zehn Minuten vom Münchner
Hauptbahnhof zum Flughafen. Im Gegensatz dazu die
jetzige Situation – ich kann aus eigener Erfahrung be-
richten –: Von Augsburg zum Münchner Hauptbahnhof
dauert es 20 Minuten. Danach wird es richtig gemütlich;
denn dann dauert es fast 50 Minuten, um zum Flughafen
zu gelangen.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Ja, aber nur, wenn es gut klappt!)


Der Transrapid hat gegenüber den konventionellen
Schienenfahrzeugen zweifelsohne eine Vielzahl von
Vorteilen: Der Flächenbedarf ist geringer, die Steigungs-
fähigkeit ist besser und die Instandhaltung von Weg und
Fahrzeug kommt gegenüber dem Rad-Schienen-System
außerordentlich gut weg. Untersuchungen haben gezeigt,
dass die Instandhaltungskosten beim Fahrzeug um 55 bis

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(C (D 0 Prozent niedriger sind. Beim Fahrweg sind sie sogar m bis zu 70 Prozent geringer als bei der konventionelen Schiene. Ein weiterer Vorteil des Transrapids sind zweifelshne seine geringeren Geräuschemissionen. Bei einer eschwindigkeit von circa 300 km/h sind die Lärmemis ionen um 50 Prozent geringer als die eines Hochgechwindigkeitszuges. Bei Testfahrten konnte festgestellt erden, dass bei dieser Geschwindigkeit ein Unter chied von über 10 dB – also eine Halbierung des wahrenommenen Lärms – besteht. (Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das sollte man mal der Kollegin Bulling-Schröter erklären!)


as ist gerade in der jetzigen Zeit, in der wir uns sehr in-
ensiv mit dem Thema „Belästigung durch Lärm“ be-
chäftigen, ein nicht zu gering zu achtender Vorteil.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


Insbesondere an den Kollegen Horst Friedrich gerich-
et


(Ernst Burgbacher [FDP]: Guter Mann!)


st festzustellen, dass es der Diskussion zweifelsohne
ehr gedient hätte, wenn Sie auf diese pauschalen Vor-

altungen verzichtet hätten, die uns nicht weiterbringen,
nd stattdessen den Blick mit mir gemeinsam auf die
atsachen gerichtet hätten.

Tatsache ist zum Beispiel, dass sich die Bundesregie-
ung – das haben Sie richtigerweise zitiert – die Förde-
ung neuer, innovativer Technologien zum Ziel gesetzt
at. Ich kann darauf verzichten, aus Kap. 1. „Wirtschaft
nd Technologie“, insbesondere Kap. 1.7. „Clusterbil-
ung und innovative Leuchtturmprojekte“ des Koali-
ionsvertrages zu zitieren. Das hat dankenswerterweise
er Kollege Horst Friedrich bereits übernommen.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: So bin ich halt!)


ie politische Grundsatzentscheidung unseres Koali-
ionspartners ist mit dieser klaren Koalitionsaussage im
runde gegeben, Kollege Friedrich.

Tatsache ist darüber hinaus – das haben Sie bereits
ngesprochen –, dass die Technologie im Ausland bzw.
n China hohe Anerkennung findet. Die Strecke in
changhai beweist uns täglich die Ausgereiftheit dieses
ystems. Inzwischen hat sie sich zu einer Touristenat-

raktion entwickelt.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Man höre und staune!)


An die Adresse der Linken gerichtet, ist eine weitere
atsache festzuhalten. Der industriepolitische und
olkswirtschaftliche Nutzen einer solchen Strecke – das
st übrigens eine Voraussetzung für die Mitfinanzierung
urch den Bund – wurde in einem im Herbst 2006 er-
tellten Gutachten der Universitäten Köln und Hamburg
ehr hoch bewertet.






(A) )



(B) )


Heinz Paula
Tatsache ist des Weiteren, dass für die in München
geplante Strecke das Sicherheitskonzept genehmigt
wurde. Wenn es ein Sicherheitsdefizit gäbe, dann wäre
die Genehmigung sicherlich nicht erteilt worden. Somit
betrachte ich auch das kürzlich vorgelegte Gutachten als
nicht besonders aussagekräftig, zeichnen sich doch die
Gutachter bisher nicht unbedingt dadurch aus, dass sie
sich mit der Transrapidtechnologie näher befasst hätten.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Haben Sie schon jemals was in die Praxis umgesetzt?)


Sie sind vielmehr Fachleute für die Wirtschaftlichkeit
der Infrastruktur und die Optimierung von Fahrplänen,
die sie hervorragend beurteilen können.

Mein Vertrauen gilt daher klar dem Urteil der aner-
kannten Fachleute des EBA.

Tatsache ist darüber hinaus – auch das ist ein zentraler
Punkt, Kollege Friedrich –, dass es bereits im November
letzten Jahres zu einer Vereinbarung zwischen dem
Bund, dem Freistaat Bayern und der DB AG gekommen
ist, das Vorhaben als gemeinsames Projekt mit einer ge-
meinsamen Finanzierung zu handhaben. Ich bin insofern
etwas überrascht, dass das Ganze Ihrerseits nur mit Blick
auf dem Bund betrachtet wird, wie es in dem Antrag der
FDP der Fall ist.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Guter Antrag!)


Tatsache ist die klare Ansage im Bundeshaus-
halt 2007. Ich darf zitieren:

Die Planung und Realisierung von Anwendungs-
strecken für die Magnetschwebebahntechnik dient
der Sicherung der Magnetschwebebahntechnik
und liegt im Interesse des Technologievorsprungs,
des Erhalts der Arbeitsplätze und der Sicherung
des Industriestandortes Deutschland. Die Zuwei-
sungen …dürfen

– das bitte ich genau zu registrieren, Kollege Horst
Friedrich –

insgesamt 50 Prozent der Investitionskosten nicht
übersteigen.

Das heißt, der Bund trägt nach einer Zusage von Minis-
ter Tiefensee insgesamt 925 Millionen Euro der Gesamt-
investitionskosten von 1,85 Milliarden Euro.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Steht das schon im Haushalt?)


Die Deutsche Bahn finanziert einen weiteren Teil. Der
Freistaat Bayern hat 300 Millionen Euro verbindlich zu-
gesagt.

Jetzt kommen wir zu einer spannenden Frage. Es gibt
eine Finanzierungslücke in Höhe von 375 Millionen
Euro, die geschlossen werden muss. Ich richte insbeson-
dere an die Kollegen aus Bayern den dringenden Appell:
Intervenieren Sie bei den zuständigen Stellen, damit sich
der Freistaat deutlich bewegt! Es geht hier nicht um
Kleinkrämerei, Kollege Friedrich.


(Beifall bei der SPD)


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(C (D An der Stelle darf ich einen klaren Hinweis an unseen Wirtschaftsminister Glos richten. Der Punkt wird icht von ungefähr unter dem Kapitel Wirtschaft behanelt. Der Transrapid ist insbesondere ein wirtschaftsnd technologiepolitisches Projekt und obliegt somit anz zentral der Mitverantwortung des Ministers Glos. ch weise darauf hin, dass wir dringend eine Entscheiung brauchen, um die Exportchancen, die zweifelshne vorhanden sind – zum Beispiel nach England, in ie USA oder in die Golfstaaten –, nicht zu gefährden nd – das ist ein Hinweis an die Linken – zur Sicherung on Arbeitsplätzen beizutragen. Es nützt nichts, immer it der gleichen Platte – Hartz IV – durch die Lande zu iehen und das bei jedem Thema anzubringen. Es geht onkret um die Sicherung von Arbeitsplätzen. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


Allerdings überrascht mich der Antrag der FDP.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Ja?)


ie Sie mit der Finanzierung umgehen, ist wirklich ha-
ebüchen.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Warum?)


Sie verlangen permanent neue milliardenschwere Aus-
aben. Vor kurzem erst wieder, als es im Ausschuss um
ie Gigaliner ging, verlangten Sie Zusatzinvestitionen in
öhe von 8 Milliarden Euro, um einige Brücken zu ver-

tärken.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Quatsch!)


Gleichzeitig sieht die Partei folgende Finanzierungs-
öglichkeiten: Ich würde Sie einmal bitten, auf der
DP-Homepage nach dem Stichwort „Steuersenkung“
u suchen. Sie kommen nicht auf die Anzahl der Ein-
räge. Es gibt sage und schreibe 387 Einträge. Wie Sie
illiardenschwere Zusatzausgaben und zur gleichen Zeit

ewaltige Steuersenkungen bewerkstelligen wollen,
üssen Sie mir bitte einmal erklären.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Ja! – Sören Bartol [SPD]: Das weiß die FDP bis heute nicht!)


laubwürdig ist das Ganze jedenfalls nicht mehr.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie stellen wirklich märchenhafte finanzielle Forde-
ungen, ohne sich auch nur im Ansatz um die Verfügbar-
eit der Mittel zu kümmern.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Wer hat denn die 2,2 Milliarden Euro zugesagt?)


as, Kollege Horst Friedrich, würde sich keine Privat-
erson leisten. Das würde sich kein Unternehmen leis-
en. Das wird sich erst recht unsere Regierungskoalition
icht leisten.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Ihr habt doch die 2,2 Milliarden Euro zugesagt, nicht wir!)







(A) )



(B) )


Heinz Paula
Wir handeln verantwortungsvoll.

Ich bedanke mich.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Wenn einer etwas vergisst, seid das doch ihr!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610026400

Jetzt hat der Kollege Dr. Anton Hofreiter das Wort für

Bündnis 90/Die Grünen.


Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610026500

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Transrapid – das klingt irgendwie modern.
Verkehrs- und industriepolitisch soll er sinnvoll sein.
Seit den 70er-Jahren des letzten Jahrhunderts haben sich
manche Dinge geändert – leider nicht in den Köpfen vie-
ler Kollegen, aber in der Realität.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Sie haben offensichtlich noch nicht mitbekommen,
dass ein Rad-Schiene-System im Normalbetrieb inzwi-
schen 320 Stundenkilometer fahren kann, zumindest
teilweise und in Deutschland und Frankreich auch auf
relativ vielen Strecken.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Zwischen Münchner Innenstadt und Flughafen? Da wünsche ich viel Spaß!)


– Schreien Sie doch nicht, dadurch werden Ihre Argu-
mente auch nicht besser!


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Schwache Replik!)


Auf der Strecke zum Münchner Flughafen bringt Ihnen
der Transrapid im Vergleich zu einer Express-S-Bahn
zehn Minuten Zeitersparnis. Wunderschön! Herr Stoiber
hat das in seiner wirren Art ja darzulegen versucht.


(Heiterkeit bei der SPD)


Aber was kostet dieses Projekt? Offiziell werden
1,85 Milliarden Euro angegeben. Das sind die üblichen
Zahlen der Bahn. Kollege Horst Friedrich, Du solltest
wissen, dass diese Zahlen der Bahn nie stimmen!


(Christian Carstensen [SPD]: Horst Friedrich glaubt immer alles!)


Seit wann glaubst Du den Unsinn von der Bahn? Das
wäre ja ganz neu!


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Setzen wir also reale Zahlen an. Nehmen wir eine
wahrscheinliche Zahl: 3 Milliarden Euro. Damit kostet
uns eine Minute Zeitersparnis 300 Millionen Euro. Das
mag die FDP für effektiven und effizienten Steuermittel-
einsatz halten. Die Grünen denken so nicht.

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(C (D (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


n Zeiten des Klimawandels ist das Geld sinnvoll einzu-
etzen, und zwar in einen vernünftigen Ausbau des
PNV.

Die Industrie gibt kein Geld dazu, die Bahn gibt wi-
erwillig 185 Millionen Euro und Bayern gibt – wenn es
hrlich ist – auch kein Geld dazu. Denn im Wirtschafts-
inisterium in Bayern ist man auch nicht ganz dumm.
ie können dort sogar ein bisschen rechnen. Deswegen
issen sie ganz genau, dass das Projekt viel teurer wird.
ayern will unbedingt, dass es ein Bundesprojekt wird,
amit das Land maximal 300 Millionen Euro zahlen
uss und nicht noch 1 Milliarde Euro zusätzlich. Das ist

er Kernpunkt.

Es ist amüsant, dass ausgerechnet die FDP glaubt, per
taatsorder festlegen zu können, was eine Zukunfts-
echnologie ist.


(Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: Liberalsozialisten!)


as sich auf dem Markt nicht bewährt, wird nun einmal
icht gekauft. Der Transrapid wird nicht gekauft, ob-
ohl es eine Anwendungsstrecke gibt. Man kann natür-

ich vermuten, dass die FDP, die CDU/CSU und Teile
er SPD provinziell sind und deshalb sagen: Der Trans-
apid darf nicht nur in China, sondern muss auch in
eutschland fahren. Eine solche Argumentation ist in ei-
er globalisierten Welt sehr kindisch.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


s gibt weltweit keine einzige ernsthafte Bestellung.

Zukunftsorientiert wäre es, wenn Sie sich entschie-
en, das Projekt sterben zu lassen; denn die Technologie
at sich überholt. Die Nische ist durch die Weiterent-
icklung


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Des Fahrrads! – Lachen bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


das wäre auch eine Alternative – untergegangen. So
raurig es ist, aber Sie wollen den Transrapid tatsächlich

Nahverkehr einsetzen. Sie haben anscheinend noch
ar nicht verstanden, auf welcher Strecke Sie ihn einset-
en wollen; das ist bitter.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das habt ihr beschlossen! Ihr wollt ihn im Nahverkehr haben!)


Wir haben das beschlossen, weil wir gewusst haben,
ass dann eine Transrapidstrecke nicht gebaut wird.


(Lachen bei der CDU/CSU und der FDP)


ir sind nämlich trickreich, und die SPD fällt auf man-
hes herein. Im Fernverkehr wird er nie fahren, weil er
ort viel zu teuer ist. Für ein paar Kilometer zahlen Sie
ereits 2 Milliarden Euro. – Herr Kalb, Sie wollen eine
wischenfrage stellen; das ist schön. Dann habe ich
ehr Redezeit.






(A) )



(B) )


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610026600

Möchten Sie die Zwischenfrage zulassen, Herr

Hofreiter?


Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610026700

Ja, mit Vergnügen, von der CDU/CSU immer gerne.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610026800

Bitte, Herr Kalb.


Bartholomäus Kalb (CSU):
Rede ID: ID1610026900

Herr Kollege, wenn Sie das, was Sie gerade gesagt

haben, ernst meinen, nämlich dass Sie der Entscheidung
1999 zugestimmt haben in der Absicht, das Projekt da-
mit scheitern zu lassen, frage ich Sie: Sind Sie mit mir
einig, dass Sie dann die Beteiligten – die Industrie, die
Wirtschaft und die Arbeitnehmerschaft – wissentlich in
die Irre geführt haben und dass Sie darüber hinaus in
Kauf genommen haben, dass unnötigerweise Geld aus-
gegeben wird?


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610027000

Herr Kollege Hofreiter, ich möchte Sie darauf hinwei-

sen, dass Ihre Antwort auf diese Zwischenfrage zugleich
das Ende Ihrer Rede beinhalten muss.


Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610027100

Deswegen war ich für die Zwischenfrage so dank-

bar. – Herr Kollege Kalb, erstens war ich persönlich
nicht beteiligt.


(Lachen bei der CDU/CSU)


Zweitens wissen alle hier im Haus, dass das Projekt un-
sinnig ist.


(Christian Carstensen [SPD]: Jawohl!)


Das Projekt Hamburg–Berlin hätte sich rentiert, wenn
jeder Hamburger einmal in der Woche mit dem Transra-
pid nach Berlin gefahren wäre.


(Christian Carstensen [SPD]: Auch sonst!)


Das heißt, alle hieran Beteiligten – die Bahn, das Wirt-
schaftsministerium und das Verkehrsministerium – wis-
sen, dass dieses Projekt unsinnig ist.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das ist keine Antwort auf die Frage!)


Es ist das übliche Spiel: Niemand traut sich, ein unsinni-
ges Projekt sterben zu lassen.

Seien Sie mutig und geben Sie das Geld für etwas
Sinnvolles aus! Lassen Sie dieses Projekt sterben! Es
wäre eine Zukunftsinvestition.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Ortwin Runde [SPD]: Wo ist die Antwort auf die Frage?)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610027200

Ich beende die Aussprache.

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(C (D Es wird vorgeschlagen, die Vorlage auf Drucksache 6/1165 an die in der Tagesordnung aufgeführten Auschüsse zu überweisen. Sind Sie damit einverstanden? – as ist der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlos en. Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 15 auf: – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung der ERP-Wirtschaftsförderung (ERP-Wirtschaftsförderungsneuordnunggesetz)


– Drucksachen 16/4664, 16/5054 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-
schusses für Wirtschaft und Technologie

(9. Ausschuss)


– Drucksache 16/5447 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Christian Lange (Backnang)



(8. Ausschuss)


– Drucksache 16/5451 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Kurt J. Rossmanith
Volker Kröning
Ulrike Flach
Roland Claus
Anna Lührmann

Hierzu liegen ein Entschließungsantrag der Fraktion
er FDP und des Bündnisses 90/Die Grünen sowie ein
ntschließungsantrag der Fraktion Die Linke vor.

Die Fraktionen haben vereinbart, hierüber eine halbe
tunde zu debattieren. – Dazu höre ich keinen Wider-
pruch. Dann ist es so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem
ollegen Dr. Hans Michelbach für die CDU/CSU-Frak-

ion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Hans Michelbach (CSU):
Rede ID: ID1610027300

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kol-

egen! Auch diese heutige zweite und dritte Lesung des
RP-Wirtschaftsförderungsneuordnungsgesetzes muss
an im politischen Zusammenhang sehen, und zwar ers-

ens im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Ent-
icklung, zweitens der notwendigen Haushaltskonsoli-
ierung, drittens der langfristigen Wirtschaftsförderung
nd viertens der Erhaltung unseres ERP-Sondervermö-
ens. Tatsache ist: Die deutsche Wirtschaft ist wieder auf
larem Wachstumskurs. Dafür verantwortlich ist in aller-
rster Linie der deutsche Mittelstand; denn die Arbeits-
lätze, die zusätzlich geschaffen worden sind, sind vor
llem in den kleinen und mittleren Unternehmen entstan-
en. Bis 2009 könnte die Zahl der Arbeitslosen nach An-
icht der Experten sogar auf 3 Millionen sinken. Wir hal-
en am Ziel der Vollbeschäftigung fest.






(A) )



(B) )


Dr. h. c. Hans Michelbach
Die deutsche Wirtschaft wird schon in diesem Jahr
kräftiger wachsen als angenommen. Wir hatten solche
Prognosen über ein Wirtschaftswachstum von bis zu
3 Prozent lange nicht mehr. Es zeigt sich, dass Reformen
Früchte tragen, und es wird deutlich, was in unserem
Land und in unserer Wirtschaft steckt, wenn Kräfte frei-
gesetzt werden. Um den Aufschwung weiter zu versteti-
gen und um kontinuierlich Wachstum und Beschäftigung
zu erzielen, brauchen wir vor allem die Stärkung des
Mittelstandes. Das ERP-Wirtschaftsförderungsneuord-
nungsgesetz, das wir heute behandeln, und das Unter-
nehmensteuerreformgesetz, das wir morgen beraten,
sind zwei wichtige Eckpunkte, um diesem Ziel näher zu
kommen.

Der Schwerpunkt unserer Politik in dieser Legislatur-
periode muss nach wie vor eine Politik zur Stärkung des
Mittelstandes sein. Dazu gehört natürlich die Verbesse-
rung der Finanzierungsbedingungen; denn nach wie
vor haben vor allem kleine und mittelständische Unter-
nehmen, aber auch Unternehmerpersönlichkeiten, die
den ersten Schritt in die Selbstständigkeit wagen, ein zu
geringes Eigenkapitalpolster oder Probleme bei der
Fremdfinanzierung. Der Innovations- und Mittelstands-
förderung kommt somit höchste Bedeutung zu. Im ERP-
Sondervermögen stehen besonders Finanzierungsmittel
für diese kleinen und mittleren innovativen Unterneh-
men und technologieorientierten Existenzgründer bereit.

Im Koalitionsvertrag wurde deshalb festgeschrieben
– das sollten wir immer wieder in Erinnerung rufen –,
dass die Förderung durch das auf den Marshallplan zu-
rückgehende ERP-Sondervermögen vollständig erhalten
bleiben soll.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Darüber hinaus sollten auch die haushaltswirksamen Be-
schlüsse von Genshagen zur Haushaltskonsolidierung
umgesetzt werden. Man darf dies nur im Zusammenhang
sehen, nicht isoliert. Diese Aufgabe wird mit dem vorlie-
genden und heute zu beschließenden ERP-Wirtschafts-
förderungsneuordnungsgesetz umgesetzt werden.

Der Unterausschuss hat sich mit dem Gesetz, dem
Vertrag und der Verwaltungsvereinbarung intensiv be-
fasst und mit Mehrheit eine Empfehlung ausgesprochen.
Der Unterausschuss hat nach der Anhörung Korrekturen
des Gesetzentwurfs durchgeführt. Diese betreffen eine
Klarstellung zum besseren Verständnis des Gesetzes, die
Erhaltung der Förderungssubstanz, die Erhaltung der
Vermögenssubstanz, die korrekte Regelung der Vermö-
genstransfers und die Verdeutlichung des weiter gelten-
den Parlamentseinflusses mit dem Zustimmungsvorbe-
halt des Deutschen Bundestages.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Zuruf von der CDU/CSU: Das ist der wichtigste Punkt!)


Ich glaube, auf dieses Selbstverständnis sollten wir heute
besonders hinweisen,


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


weil das nicht von vornherein vorgesehen wurde. Dem
wurde durch einen von den Koalitionsfraktionen einge-

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(C (D rachten und angenommenen Änderungsantrag Rechung getragen. Ich möchte mich bei allen Kolleginnen und Kollegen es Unterausschusses für die intensiven mehrmonatigen eratungen sehr herzlich bedanken. Ich möchte mich uch bei allen Kolleginnen und Kollegen des federfühenden Wirtschaftsausschusses bedanken. Ich glaube, ass selten so lange und intensive Beratungen über einen ereich, der nicht im Fokus der Öffentlichkeit steht dennoch ist er für den Mittelstand wichtig –, stattge unden haben. Herzlich bedanken möchte ich mich auch eim Bundesrechnungshof. Er hat einen wesentlichen eitrag zur Klarheit geleistet und wichtige Korrekturen ngeregt. Das möchte ich noch einmal betonen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Was ist geschehen? Mit dem vorgelegten Artikelge-
etz wird die aus dem ERP-Sondervermögen finanzierte

irtschaftsförderung gemäß den Vorgaben des von
ir zitierten Koalitionsvertrages und den haushaltswirk-

amen Beschlüssen von Genshagen neu geordnet. Mit
er gefundenen Lösung werden Teile des Sondervermö-
ens in Höhe von 4,65 Milliarden Euro auf die KfW als
igenkapital übertragen bzw. werden sie ihr in Höhe von
,15 Milliarden Euro als Nachrangdarlehen gewährt.

Circa 14 Milliarden Euro an Forderungen und Schul-
en werden aus dem Sondervermögen zum Buchwert
uf den Bund übertragen, und das Sondervermögen wird
amit entschuldet.

Der Bundeshaushalt erhält aus dem Sondervermögen
Milliarden Euro. Im Gegenzug erhält das ERP-Sonder-

ermögen einen vollständigen Ausgleich und bleibt da-
urch in seiner heutigen Substanz erhalten. Dazu über-
rägt der Bund die Rechte an Rücklagen, die ihm in der
fW zustehen, in Höhe von 1 Milliarde Euro auf das
ondervermögen.

Das Sondervermögen löst zudem Rückstellungen, die
ür Risiken und Lasten in der Vermögensrechnung des
RP-Sondervermögens gebildet worden sind, in Höhe
on 1 Milliarde Euro auf. Das ist möglich, weil der Bund
leichzeitig die Lasten übernimmt, die der Rückstel-
ungsbildung zugrunde liegen.

Das ERP-Sondervermögen erhält von der KfW eine
apitalvergütung in Höhe von jährlich 4,8 Prozent und

ine Nachrangdarlehensverzinsung in Höhe von
,5 Prozent per annum. Für beides gibt es Klauseln – das
uss man immer wieder betonen –, die eine Anpassung

n die weitere Kapitalmarktentwicklung regeln. Das war
in besonderes Anliegen, dessen Umsetzung wir immer
ieder gefordert haben.

Diese Vergütung und weitere Erträge, die dem ERP-
ondervermögen innerhalb, aber auch außerhalb der
fW zufließen werden, sind dazu geeignet, notwendige
rträge in Höhe von derzeit 590 Millionen Euro zu lie-

ern. Das ist der wesentliche Punkt. Damit lässt sich die
isherige Förderung unter Wahrung der realen Substanz
ortführen. Am wichtigsten ist, dass die Mittelstands-
örderung nicht geschmälert wird.






(A) )



(B) )


Dr. h. c. Hans Michelbach

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Wir sollten noch einmal betonen, dass wir uns hier
durchgesetzt haben: Die Mittelstandsförderung wird
nicht geschmälert; vielmehr bleibt die Substanz dieser
Förderung voll und ganz erhalten. Die Hoffnung bleibt,
dass auch darüber hinaus Erträge erwirtschaftet werden,
die dem Fördervolumen zusätzlich zugute kommen.

Die bisherige ERP-Wirtschaftsförderung kann somit
in Bezug auf Volumen und Intensität erhalten werden.
Wir sollten die Öffentlichkeit nicht falsch informieren;
vielmehr sollten wir dafür sorgen, dass die Perspektive
der Mittelständler, der Unternehmer erhalten bleibt, die
für sie mit diesem Sondervermögen verbunden war. Ge-
rade die Unternehmen brauchen eine Vertrauensbasis.
Diese Vertrauensbasis darf nicht geschmälert werden.
Dieses Vertrauen, dass die Finanzierungsbedingungen
auch in Zukunft günstig sind, ist ein ganz wichtiges
Feld. Ich glaube, dass wir mit dem Bundeswirtschaftsmi-
nister, mit dem Bundeswirtschaftsministerium, mit dem
Parlament, mit der KfW und dem Bundesfinanzministe-
rium einen tragbaren Kompromiss geschlossen haben.
Der Gewinner dabei ist der Mittelstand. Das bedeutet In-
vestitionen und Arbeitsplätze in der Zukunft. Deswegen
stimmen wir diesem Gesetz heute zu.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610027400

Martin Zeil hat jetzt das Wort für die FDP-Fraktion.


Martin Zeil (FDP):
Rede ID: ID1610027500

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der

Kollege Michelbach hat versucht, hier um Vertrauen zu
werben und ein Gesetz zu vertreten, von dem ich weiß,
dass er es innerlich eigentlich ablehnt.


(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Wir haben konstruktiv mitgearbeitet, die FDP nur destruktiv!)


Es geht heute Abend um wirklich viel Geld. Es geht
noch um mehr. Es ist das Ende des bisher selbstständi-
gen ERP-Vermögens und zugleich der Kniefall der Par-
lamentsmehrheit vor der Exekutive in Gestalt des Fi-
nanzministers.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Rainer Wend [SPD]: Das stimmt doch nicht, Herr Michelbach, oder?)


Die Koalition bricht heute mit einem Konsens, Herr
Kollege Wend, der 53 Jahre lang fraktionsübergreifend
gehalten hat.

Ich darf zitieren:

Die Bundesregierung tritt mit ihrem Entwurf nicht
nur deutsches Recht mit Füßen, sondern verstößt
gegen deutsch-amerikanische Abkommen zur Wirt-
schaftsförderung. Wenn die Koalition ihre Zer-
schlagungspläne weiterverfolgt, befindet sich die

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(C (D Bundesregierung geradewegs auf dem Weg in die Bananenrepublik. (Laurenz Meyer [Hamm] [CDU/CSU]: Was? – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Und das um 21.55 Uhr! Das ist nicht zu fassen! Gott sei Dank hört das keiner mehr!)


Geht es nach ihrem Willen, werden die Marshall-
Gelder dem Parlament künftig dauerhaft entzogen.
Wir halten die Regierungspläne daher für verfas-
sungsrechtlich unseriös und wirtschaftsfeindlich.

o die jetzige Staatssekretärin Dagmar Wöhrl und der
ollege Bernhardt in einer Presseerklärung der Unions-

raktion vom Oktober 2004.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Laurenz Meyer [Hamm] [CDU/CSU]: Das können Sie doch nicht einfach falsch zitieren!)


eider hat der Wechsel von der Oppositions- auf die Re-
ierungsbank den klaren Blick von damals getrübt.


(Gerd Andres, Parl. Staatssekretär: Nein, das ist heilsam!)


Der Koalitionsvertrag wird exekutiert, obwohl der Fi-
anzminister auf diese 2 Milliarden Euro überhaupt
icht angewiesen ist.

Das Herausbrechen der 2 Milliarden Euro ist die eine
eite. Die andere Seite ist, dass auch das Restvermögen
uf die KfW übertragen wird, obwohl diese, wie sie sagt,
ie Eigenkapitalspritze gar nicht braucht.

Mit diesem Gesetz werden die Mittelstandsgelder der
erfügungsgewalt des KfW-Vorstands unterstellt. Die
echte des Parlaments werden nur noch pro forma ge-
ahrt und in Wirklichkeit an andere abgegeben. Es ist

iemlich einmalig in der Parlamentsgeschichte, liebe
olleginnen und Kollegen, dass sich eine Mehrheit von
bgeordneten bei so viel Geld selbst entmündigt.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Trotz aller Änderungen und trotz aller Kosmetik, die
ie in letzter Minute natürlich noch versucht haben, ist
ieles ungeklärt, offen und fragwürdig geblieben.


(Laurenz Meyer [Hamm] [CDU/CSU]: Was?)


s wird ohne ersichtlichen Mehrwert mit einer bewähr-
en Tradition gebrochen. Die Gefahr eines Substanzver-
ustes ist, auch wenn uns die Bundesregierung gern an-
eres weismachen würde, alles andere als gebannt; der
undesrechnungshof hat darauf hingewiesen. Er hat
uch kritisch angemerkt, dass die Bundesregierung es
is zum heutigen Tage versäumt hat, den Bestand des
ermögens zum gegenwärtigen Zeitpunkt zu ermitteln.
ie kann man glaubhaft die Substanz erhalten wollen,
enn man den Ausgangswert dafür überhaupt nicht ge-
au kennt?


(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Sehr wahr!)


Wenn man behauptet, man wolle das ERP-Sonderver-
ögen auf keinen Fall schmälern, stellt sich doch auch






(A) )



(B) )


Martin Zeil
die Frage: Warum in aller Welt macht man ein Gesetz, in
das man hineinschreibt, dass die Kosten für die Verwal-
tung des ERP-Sondervermögens, die bislang der Bund
getragen hat, künftig vom Sondervermögen zu tragen
sind?

Wir haben heute keine akzeptable Antwort auf die
Frage bekommen, warum die künftige Anlage des ERP-
Sondervermögens nicht öffentlich ausgeschrieben wor-
den ist, was sowohl aus ordnungspolitischen als auch aus
Ertragsgründen geboten gewesen wäre.


(Dr. Rainer Wend [SPD]: Herr Lange wird ja noch reden!)


Wir wissen nicht, ob die Kapitalverzinsung in Höhe von
590 Millionen Euro ausreicht, um die Förderleistung
dauerhaft zu garantieren.

Auch das Verfahren selbst spricht Bände. Nicht sel-
ten wurden wichtige Unterlagen erst in letzter Minute
vorgelegt – zu spät, um sich eingehend damit befassen
zu können. Der Bundesrechnungshof hat noch in seiner
Stellungnahme vom 21. Mai erklärt – Herr Kollege
Meyer, hören Sie zu; auch dies dürfte ziemlich einmalig
sein –, dass die Bundesregierung mit ihrem Verhalten
eine qualifizierte Beratung des Parlaments durch den
Bundesrechnungshof behindert.


(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Wo er recht hat, hat er recht! – Dr. Rainer Wend [SPD]: Was?)


Auch der Umgang mit den Amerikanern als den
Geldgebern ist alles andere als ein diplomatisches
Glanzstück. Kürzlich wollte die Regierung noch abwar-
ten, bis sich die USA endgültig positioniert haben. Jetzt
stellt man sie doch vor vollendete Tatsachen.


(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Außenpolitisches Desaster!)


Die Freien Demokraten dieses Hauses beteiligen sich
im Gegensatz zu den Kollegen von Schwarz-Rot nicht
an der Zerschlagung des ERP-Vermögens und an seiner
Entdemokratisierung. Wir fühlen uns der Tradition und
der Zweckbestimmung dieses Treuhandvermögens für
den Mittelstand verpflichtet und lehnen dieses Gesetz
ab.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Rainer Wend [SPD]: Stimmt das wirklich? – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Überraschung! – Laurenz Meyer [Hamm] [CDU/CSU]: Das hätte ich von der FDP nicht erwartet!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610027600

Jetzt spricht Christian Lange für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Christian Lange (SPD):
Rede ID: ID1610027700

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Wir haben heute Abend um 22 Uhr wieder ein-
mal ein Schauspiel klassischen Oppositionsgebarens
erleben dürfen. Ich bedaure es, dass das Marshallplan-

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(C (D ermögen und die Verbesserungen, die wir im Unterauschuss gemeinsam durchgesetzt haben, in Ihrer Rede icht gewürdigt worden sind; (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Martin Zeil [FDP]: Kosmetik!)


enn die wichtigste Botschaft des heutigen späten
bends ist: Alle Unternehmer und alle Existenzgründer

n Deutschland können sich auch weiterhin auf die Mit-
elstandsförderung des Bundes verlassen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Wenn die FDP nicht dabei sein will, dann tut mir das
eid. Sie hätten die Chance, sich das gleich bei der Ab-
timmung noch einmal zu überlegen. Dass wir es schaf-
en, Haushaltskonsolidierung und Mittelstandsförde-
ung unter einen Hut zu bringen, ist in der Tat der
harme des Konstrukts, das wir heute Abend beschlie-
en werden. Lassen Sie uns schauen, wie wir das ma-
hen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Zunächst zu Ihrem Argument der Wettbewerbsver-
errung: Meine Damen und Herren von der Opposition
nd insbesondere von der FDP, Sie wissen, die Bundes-
egierung hat die Frage möglicher Wettbewerbsverzer-
ungen durch Kapitalverstärkung der KfW im Hinblick
uf das EU-Beihilferecht prüfen lassen. Aus beihilfe-
echtlicher Sicht der EU ist gegen die Neuordnung des
ondervermögens nichts einzuwenden, da das der KfW
ur Verfügung gestellte Kapital des ERP-Sondervermö-
ens ausschließlich dem Fördergeschäft der KfW zugu-
ekommt. Dies betrifft auch die von deutschen Banken
orgetragenen Bedenken gegenüber einer möglichen
ettbewerbsverzerrung aufgrund der Kapitalerhöhung.

Auch das macht deutlich: Die Konstruktion ist so ge-
ählt, dass neue Geschäftsfelder und neue Kundengrup-
en für die KfW nicht entstehen können. Es können ins-
esondere auch keine Industriebeteiligungen gekauft
erden. Das war uns ein Anliegen. Deshalb haben wir
ies im Vertrag und im Gesetz festgeschrieben. Nehmen
ie bitte zur Kenntnis, dass diese Wettbewerbsverzerrun-
en vielleicht etwas für die Märchenstunde um 22 Uhr
ind, jedoch nichts für die Wirklichkeit in Deutschland.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Ich sage Ihnen noch etwas: Wir ändern auch nichts
m Hausbankenprinzip; denn das wäre die Vorausset-
ung dafür, dass Ihre Befürchtungen eintreten. Es ist
uch weiterhin so, dass die Hausbanken bestehen blei-
en werden und dass es entsprechende Förderungen
eben wird, die wir dem Mittelstand über die KfW zugu-
ekommen lassen und die über diese abgewickelt
erden – ein weiteres Indiz dafür sind, dass Ihre Be-

ürchtungen nicht stimmen können.

Ein zweiter Punkt, den Sie angesprochen haben, wa-
en die Konsultationen mit den Vereinigten Staaten von
merika. Sie wissen, die Vertretung der Bundesrepublik
eutschland gegenüber dem Ausland ist Aufgabe der
undesregierung und nicht des Parlaments. Trotzdem
erhält es sich so, dass wir als Parlament die Vereinigten






(A) )



(B) )


Christian Lange (Backnang)

Staaten von Amerika weit über das Maß hinaus beteiligt
haben. In nichtöffentlichen Sitzungen dieses Unteraus-
schusses waren Vertreter der Botschaft anwesend. Ich
lege Wert darauf, dass die Bundesrepublik Deutschland
ein souveräner Staat ist. Eigentlich wären wir dazu nicht
verpflichtet gewesen. Wir haben es dennoch getan, weil
wir entsprechende Befürchtungen ausräumen wollten.
Deshalb können Sie doch nicht sagen, dass die Vereinig-
ten Staaten von Amerika mit ihren Argumenten dieses
Konzept torpedieren würden. Im Gegenteil: Sie waren
von Anfang an beteiligt. Die Bundesregierung hat dies
vor der Entscheidung des Kabinetts in gleicher Form
noch einmal sichergestellt. Nehmen Sie bitte zur Kennt-
nis, dass wir das Maximum an Beteiligung gewährt ha-
ben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wir haben auch, was unsere eigenen Angelegenheiten
– den Vertrag und die entsprechende Verwaltungsverord-
nungen – anbelangt, das Maximum geleistet. Ja, wir
mussten ein wenig Druck ausüben, das ist richtig. Das
haben wir alle gemeinsam getan. Es sind alle Fraktionen
vor den Beratungen informiert gewesen.


(Martin Zeil [FDP]: Zwei Tage vorher!)


Ein großes Anliegen der SPD-Bundestagsfraktion
– und auch von den Kolleginnen und Kollegen von der
CDU/CSU und letztlich auch von Ihnen – war und ist es,
dass die Beteiligung des Deutschen Bundestags auch in
Zukunft sichergestellt ist. Wir haben dies – ich sage das
ganz klar – gemeinsam durchgeboxt. Es ist ein großer
Erfolg, dass der Parlamentsvorbehalt im Hinblick auf
das Gesetz und auf den Vertrag heute und in Zukunft si-
chergestellt ist. Das ist das Ergebnis unseres gemeinsa-
men Kampfes. Deshalb bitte ich Sie: Tun Sie nicht so,
als wenn Sie sich anders positionieren wollten!


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Gemeinsam haben wir dafür Sorge getragen, dass auch
in Zukunft das Parlament das Sagen hat, und das ist gut
so. Deshalb will ich es hier entsprechend würdigen.

Damit die Mittelstandsförderung auch in Zukunft
sichergestellt ist, muss allerdings die Vorraussetzung er-
füllt sein, dass die entsprechenden Gelder tatsächlich zur
Verfügung stehen. Sie wissen, dass die Bundesregierung
seinerzeit ein Gutachten in Auftrag gegeben hat, das zu
zwei Ergebnissen führte:

Erstens. Ein dauerhafter Erhalt des ERP-Wirtschafts-
vermögens ist nur möglich, wenn neben der laufenden
Förderung auch der Substanzerhalt gewährleistet ist.

Zweitens. Für Förderung und Substanzerhalt werden
jährliche Erträge von mindestens 590 Millionen Euro
benötigt, davon 300 Millionen Euro für die Finanzierung
neuer Förderleistungen und 290 Millionen Euro, um den
Substanzerhalt sicherzustellen.

Wir haben in den entsprechenden Beratungen dafür
Sorge getragen, dass diese Bedingungen erfüllt werden.

Auf der Basis dessen, was wir nach der Anhörung ge-
meinsam beschlossen haben, wurde noch einmal nach-
justiert. Ich möchte an die Kleinigkeit in Art. 1 § 7

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(C (D bs. 2 des Gesetzentwurfs erinnern: Dort wird die Anreung des Bundesrechnungshofes aufgegriffen, für den all eines kurzfristigen Liquiditätsbedarfs dem Sonderermögen über die KfW vorübergehend Mittel zur Verügung zu stellen. Damit besteht kein Bedarf mehr für ine Kreditaufnahme am Markt. Gleichzeitig wird der undeshaushalt entlastet. Durch eine stärkere Einbeziehung des Know-hows er KfW wird außerdem eine Effizienzsteigerung eröglicht. Wir sind nämlich davon überzeugt, dass wir urch die Zusammenlegung der Strukturen eine ökonoische Situation erreichen, bei der beide Seiten gewin en. as ERP erhält langfristige Planungssicherheit und deutich höhere Erträge als bisher. Die KfW erhält als Förerbank des Bundes zusätzliches Eigenkapital. Letztlich rreichen wir dadurch eine Stärkung der Mittelstandsförerung. Genau das ist der Sinn und Zweck unseres Vorehens. Die KfW wird im Gegenzug dazu verpflichtet, jährich über die Verwendung des eingebrachten Sonderverögens zu berichten. Auch dies entkräftet Ihre Beden en. Darüber hinaus erteilt die KfW auf Anfrage alle enötigten Auskünfte. Sollten die zur Verfügung stehenen Mittel für die Wirtschaftsförderung zeitweise nicht usreichen, stellt die KfW dem ERP-Sondervermögen orübergehend Mittel in Höhe von bis zu 600 Millionen uro bereit. Auf Vorschlag des Bundesrechnungshofes wurden em Parlament weitere Kontrollrechte eingeräumt: Das undesministerium für Wirtschaft und Technologie uss am Schluss eines jeden Rechnungsjahres – auch as war ein Vorschlag aus der Anhörung – die Jahresechnung für das Sondervermögen aufstellen; zudem uss es zum 31. Dezember jedes Jahres einen Jahresab chluss – eine Bilanz mit Gewinnund Verlustrechnung – orlegen. Der Jahresabschluss ist im Rahmen des jährlihen Gesetzes über den Wirtschaftsplan zu veröffentlihen. Wir können damit sicher sein, dass die Rechte des arlaments in bester Weise gewahrt werden. Ich möchte ein weiteres Ergebnis festhalten: Mit dem bergang von Verbindlichkeiten des Sondervermögens uf den Bund führen wir die Politik der Eingliederung on Schulden der Sondervermögen in die Bundesschuld onsequent fort. Das erhöht die Transparenz und vereinacht so das Kreditmanagement und die Bundesschulenverwaltung. Eine eigene Kreditaufnahme des ERPondervermögens wird künftig nicht mehr notwendig ein. Es wurde klargestellt, dass das Gesetz zur Neuordung der ERP-Wirtschaftsförderung lediglich die Erächtigung für die Einbringung weiterer Teile des Son ervermögens als Nachrangkapital schafft. Durch Zusatz es Wortes „befristet“ – darauf haben auch Sie Wert geegt – wird zudem deutlich gemacht, dass das Sonderver ögen nach Ablauf der vertraglich vereinbarten Darle Christian Lange henszeit frei darin ist, das Vermögen anderweitig anzulegen. Auch hiermit wurde einer Anregung aus der Anhörung Rechnung getragen. Ich denke, es ist gelungen, in hohem Maße sicherzustellen, dass die Mittelstandsförderung in Deutschland auch in Zukunft auf sicheren Beinen steht. Folgendes war uns, der SPD-Fraktion, besonders wichtig: Es ist sichergestellt, dass wir hier im Parlament das letzte Wort haben, wie es in Zukunft mit der Mittelstandsförderung weitergeht. So war es in den vergangenen mehr als 50 Jahren; so wird es auch in Zukunft sein. Das ist eine gute Botschaft. Deshalb würde ich mir wünschen, dass alle hier im Hause zustimmen. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Es spricht nun der Kollege Dr. Herbert Schui für Die Linke. (Beifall bei der LINKEN – Laurenz Meyer [Hamm] [CDU/CSU]: Mal sehen, ob er jetzt noch die Kurve kriegt!)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der SPD)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610027800


Dr. Herbert Schui (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610027900

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr

Kollege Lange, Ihre Rede war zwar sehr emphatisch,
aber nicht ganz überzeugend. Warum eigentlich das
ERP-Sondervermögen letztendlich neu geordnet werden
soll, wissen wir nun immer noch nicht.


(Christian Lange [Backnang] [SPD]: Das habe ich schon viermal gesagt!)


Natürlich werden dem Bund 2 Milliarden Euro zuge-
führt. Aber angesichts der doch außerordentlich günsti-
gen Konjunkturlage – Sie haben schließlich den ewigen
Frühling ausgerufen – kann ich die Begründung der Re-
gierung, es handele sich um eine enorme Effizienzstei-
gerung, nicht einsehen.

Es ist vielmehr deutlich geworden, dass die Neuord-
nung das Verfügungsrecht des Parlamentes einschränkt,
das ERP-Sondervermögen schwächt und die KfW
stärkt. Daran hat sich auch nach den genannten Neufor-
mulierungen substanziell nichts geändert. Alles läuft
darauf hinaus, dass die Fördermöglichkeiten durch das
ERP-Sondervermögen eingeschränkt werden. Der Rech-
nungshof geht davon aus, dass der Anteil der liquiden
Mittel am Vermögen abnimmt. Damit wird das Vermö-
gen, was die Fördermöglichkeiten angeht, sozusagen
versteinert.

Die Bundesregierung hingegen – das scheint mir das
interessantere Phänomen zu sein – gewinnt an Spielraum
hinzu. Es geht nicht allein um die 2 Milliarden Euro, die
dem Bundeshaushalt definitiv zugeführt werden. Es geht
auch darum, dass Forderungen in Höhe von 14 Milliar-
den Euro, die ursprünglich zum ERP-Sondervermögen
gehörten, nun auf die KfW übergehen. Die KfW hat
dann die Möglichkeit, diese 14 Milliarden Euro zu ver-

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(C (D riefen und zu liquidieren. Sie kann also zusätzliche taatsschulden erwirken, ohne dass damit ein Verstoß egen die Maastrichtkriterien einhergehen würde. Dieses Arrangement stammt eigentlich aus der chröder/Clement-Ära. In dieser Zeit hatte die Bundesegierung erhebliche Probleme, die Maastrichtkriterien inzuhalten. So kam man auf diese Idee. In der Genshaener Kabinettsklausur vom 10. Januar 2006 ist das noch inmal bekräftigt worden. Was ich aber nicht verstehen kann, ist, dass CDU und SU diesem Gesetz zustimmen. Es ist deswegen merkürdig, weil beide Parteien doch betonen, wie sehr ihen an Waigels Maastrichtkriterien gelegen ist. Wenn em so ist, dann sollte eigentlich nicht der Verdacht enttehen können, dass hier ein Schattenhaushalt geschaffen ird, der dem Bund, wenn es „brennt“, die Möglichkeit ibt, sich zu verschulden, ohne dass das gleich Kontroersen mit Brüssel auslöst. Auf der anderen Seite kann ich natürlich verstehen, ass man sich diese diskrete Möglichkeit der Staatsverchuldung eröffnen möchte. Es ist mir klar, dass die Reierung dies tun muss, weil sie aufgrund der Senkung ei den Unternehmensteuern und der Steuern auf Vermöensund Unternehmenseinkommen allgemein schließich künftig wieder mit Haushaltsdefiziten rechnen uss – dies umso mehr, als hohes Wachstum und höhere teuereinnahmen zwar einstweilen zu verzeichnen sind, ber kein Dauerzustand sein werden. Letzte Bemerkung. Notwendig wäre eine klarere Oranisation der KfW. Unsere Position ist eindeutig: Es önnte so bleiben, wie es ist. Das ERP-Sondervermögen at sich in vielen Jahren bewährt. Es gibt unter den gegeenen Bedingungen kein Erfordernis, daran herumzuasteln. Notwendig wären allerdings klarere Auflagen für die fW, damit § 2 des Gesetzes über die Kreditanstalt für iederaufbau eingehalten wird. Die KfW nimmt, was hre Aufgaben angeht, einen zu großen Spielraum wahr. as liegt daran, dass der Verwaltungsrat seiner Aufgabe, ie KfW zu überwachen, nicht in geeigneter Weise nachommen kann. Denn er ist zum einen nicht richtig usammengesetzt, und zum anderen ist er zur Verchwiegenheit verpflichtet, was dazu führt, dass die Gechäftspolitik der KfW nicht in der Öffentlichkeit diskuiert wird. Es wäre besser, wenn man mittelfristige Pläne für die fW machen würde – dies gilt auch nach der neuen Reelung, die eine Mehrheit finden wird –, mit denen die eschäftspolitik der KfW in einem engeren Sinne von eiten des Parlaments festgelegt werden könnte. Vielen Dank. Jetzt hat das Wort der Kollege Hans-Josef Fell für die raktion Bündnis 90/Die Grünen. Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ERP-Sondervermögen hat 60 Jahre lang den Mittelstand sowie Innovation und Umweltschutz in Unternehmen gefördert und unterstützt. Dies war eine Erfolgsgeschichte, nicht zuletzt für den Aufbau Ost. Gemeinsam haben alle Fraktionen über Jahrzehnte hinweg die Begehrlichkeiten der Finanzminister abgewehrt, das Vermögen zur Haushaltskonsolidierung zu verwenden. Der Unterausschuss ERP-Sondervermögen hat über Fraktionsgrenzen hinweg ebendieses Vermögen verteidigt. Substanzerhalt und Verfügungsgewalt durch das Parlament waren diesem Unterausschuss immer sehr wichtig. Doch das ERP-Sondervermögen erlebt heute den schwärzesten Tag in seiner Geschichte. Die Vertreter von Union und SPD verweisen zwar darauf, dass es noch schlimmer hätte kommen können. Das ist wohl wahr. Bundesfinanzministerium und KfW hatten vorgehabt, das ERP-Sondervermögen zwischen sich aufzuteilen. Dies konnte durch den Widerstand des Bundestages verhindert werden. Dennoch haben das ERP-Sondervermögen und der Bundestag erheblich Federn lassen müssen. In der Vergangenheit war der Bundestag der Souverän über das Vermögen. Zukünftig muss er seine Macht und seine politische Gestaltungsmöglichkeit mit dem KfWVorstand teilen. Die Verfügungsgewalt über das Kapital ist sogar gänzlich an den KfW-Vorstand übergegangen. Herr Lange, ein Parlamentsvorbehalt war bisher nicht notwendig, weil das Parlament eben der Souverän war. Die Tatsache, dass es nun einen Parlamentsvorbehalt benötigt, zeigt doch auch den Verlust der Parlamentsrechte auf. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Das ist unlogisch!)


(Beifall bei der LINKEN)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610028000




(A) )


(B) )

Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610028100

Dies ist nichts anderes als Demokratieabbau. Ich halte es
für bedauerlich, dass die Bundesregierung Parlamenta-
rier dazu gebracht hat, dem Abbau der eigenen Souverä-
nitätsrechte auch noch zuzustimmen.

Die Haltung der Bundesregierung ist auch sonst sehr
fragwürdig. Sie hat immer verhindert, dass optimale An-
lagemöglichkeiten für das Vermögen überhaupt unter-
sucht wurden, und sie hat sogar den Bundesrechnungs-
hof an seiner Beratungstätigkeit für den Bundestag
gehindert. So wurden zugesagte Entwürfe sehr spät und
manchmal zu spät geliefert oder überhaupt nicht vorge-
legt, wie das Beispiel der fehlenden Planungsrechnun-
gen zeigte.

Die Bundesregierung hatte auch guten Grund für ihre
Verschleierungstaktik. Die Neuordnung des ERP-Son-
dervermögens hat mehr den Interessen des Finanzminis-
ters und der KfW gedient, kaum aber dem Interesse des
Landes, des Parlaments, der Wirtschaft oder des Vermö-
gens selbst.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)


Die Bundesregierung hat mittlerweile eine Verwal-
tungsvereinbarung beschlossen, die im Widerspruch

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(C (D um ERP-Neuordnungsgesetz steht. Trotz aller Verchleierungsversuche wissen wir jetzt, dass dem Vermöen gesetzeswidrig real Substanz entzogen wird. Als olge des Substanzentzugs und der Reduzierung der liuiden Mittel wird die Förderkraft des Vermögens in den ächsten Jahren deutlich abnehmen. Die Aufgabenverteilung in der Großen Koalition ist ffensichtlich ganz klar: Die Parlamentarier dürfen Reen über Mittelstandsund Innovationspolitik halten, der inanzminister missbraucht das ERP-Sondervermögen nd damit das wichtigste Förderinstrument für den Mitelstand zur Haushaltskonsolidierung, und der Wirtchaftsminister lässt dies einfach geschehen. Früher atte die SPD gemeinsam mit den anderen Fraktionen as ERP-Sondervermögen mit Zähnen und Klauen vereidigt. Heute stellt sich die Frage: Wer schützt das ERPondervermögen noch vor den SPD-Finanzministern? ch weiß, dass einzelne Parlamentarier in den Regieungsfraktionen noch versucht haben, das Schlimmste zu erhindern. Das ist ihnen hoch anzurechnen. Nichtsdesotrotz müssen wir festhalten, dass 60 Jahre nach der arshallrede dem ERP-Sondervermögen großer Schaen zugefügt wird. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)


(Dr. Rainer Wend [SPD]: Fell!)


Wir hätten uns wohl alle einen schöneren Jahrestag in
wei Wochen zur Feier des ERP-Sondervermögens ge-
ünscht. Ich jedenfalls bin gespannt, was der Kongress
er USA zu dieser unilateralen Maßnahme Deutschlands
agen wird.

Herzlichen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610028200

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-
esregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur
euordnung der ERP-Wirtschaftsförderung. Der Aus-

chuss für Wirtschaft und Technologie empfiehlt unter
uchstabe a seiner Beschlussempfehlung auf Druck-

ache 16/5447, den Gesetzentwurf der Bundesregierung
uf den Drucksachen 16/4664 und 16/5054 in der Aus-
chussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die
em Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen
ollen, um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Ent-
altungen? – Damit ist der Gesetzentwurf in zweiter Be-
atung mit den Stimmen der Koalition gegen die Stim-
en der Opposition angenommen.

Dritte Beratung

nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
egenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist der Gesetz-

ntwurf in dritter Beratung mit dem gleichen Stimmen-
erhältnis wie vorher angenommen.






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
Unter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 16/5447 empfiehlt der Ausschuss, dem von
der Bundesregierung mit der Bitte um Zustimmung vor-
gelegten Vertrag gemäß Art. 1 § 6 des Gesetzes zur Neu-
ordnung der ERP-Wirtschaftsförderung zuzustimmen.
Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegen-
probe! – Enthaltungen? – Damit ist die Beschlussemp-
fehlung mit den Stimmen der Koalition gegen die Stim-
men der Opposition angenommen.

Wer stimmt für den Entschließungsantrag der Fraktio-
nen der FDP und des Bündnisses 90/Die Grünen auf
Drucksache 16/5476? – Gegenstimmen? – Enthaltun-
gen? – Der Entschließungsantrag ist bei Zustimmung
durch die Fraktionen des Bündnisses 90/Die Grünen und
der FDP, bei Gegenstimmen der Koalitionsfraktionen
und einiger Abgeordneter der Linken sowie bei Enthal-
tung eines Abgeordneten der Linken abgelehnt.

Wer stimmt dem Entschließungsantrag der Fraktion
Die Linke auf Drucksache 16/5475 zu? – Gegenstim-
men? – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag der Frak-
tion Die Linke bei Zustimmung des Großteils der Frak-
tion Die Linke und Gegenstimmen des übrigen Hauses
abgelehnt.

Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 16 auf:

– Zweite und dritte Beratung des von den Abge-
ordneten Klaus Ernst, Hüseyin-Kenan Aydin,
Karin Binder, weiteren Abgeordneten und der
Fraktion der LINKEN eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zur Änderung des Jugendar-
beitsschutzgesetzes

– Drucksache 16/3016 –

– Zweite und dritte Beratung des von den Abge-
ordneten Ernst Burgbacher, Dr. Heinrich L.
Kolb, Jens Ackermann, weiteren Abgeordneten
und der Fraktion der FDP eingebrachten Ent-
wurfs eines Gesetzes zur Änderung des Ge-
setzes zum Schutz der arbeitenden Jugend

(Jugendarbeitsschutzgesetz – JArbSchG)


– Drucksache 16/2094 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)


– Drucksache 16/5316 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Wolfgang Grotthaus

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem
Kollegen Wolfgang Grotthaus für die SPD.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Wolfgang Grotthaus (SPD):
Rede ID: ID1610028300

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Das Thema, das wir jetzt behandeln, scheint aus meiner
Sicht unerschöpflich zu sein. Gegen die hier wieder zu

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(C (D eratenden Entwürfe eines Gesetzes zur Änderung des ugendarbeitsschutzgesetzes, insbesondere gegen den DP-Entwurf, hat sich die SPD-Fraktion bereits mehrach ausgesprochen – und dies nicht nur in dieser Wahleriode, sondern in den vorhergehenden beiden Wahlerioden. (Ernst Burgbacher [FDP]: Das ist leider richtig! – Jörg Tauss [SPD]: Das ist deren Running Gag!)


enn wir sind der Auffassung, dass Änderungen nicht
ur einer eingehenden fachlichen Diskussion bedürfen,
ondern dass auch eine Abstimmung mit den Bundeslän-
ern notwendig ist, die ihre Erfahrungen aus dem Voll-
ug mit in die Beratungen einbringen müssen.

Ihnen ist somit aus den zurückliegenden Diskussio-
en hinlänglich bekannt, dass das BMAS auf der Fach-
bene eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Überprü-
ung des Jugendarbeitsschutzgesetzes eingerichtet hat.
abei wird natürlicherweise auch die Verkürzung der
achtruhe eine Rolle spielen. Sollte die Bund-Länder-
rbeitsgruppe zu gegebener Zeit entsprechende Vor-

chläge zu gesetzlichen Änderungen empfehlen, werden
ir diese bewerten und im Rahmen eines vernünftigen
rbeitsschutzes – ich betone noch einmal: eines ver-
ünftigen Arbeitsschutzes – für junge Menschen ge-
ichten. Dabei sei schon an dieser Stelle angemerkt,
ass die Gesundheit der jungen Menschen und nicht der
usätzliche Nutzen von Arbeitspotenzial im Mittelpunkt
tehen wird.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Nun zu den Anträgen. Was will die FDP? Im Gesetz-
ntwurf der FDP ist vorgesehen, den Beginn der Nacht-
uhe für im Hotel- und Gaststättengewerbe sowie im
chaustellergewerbe beschäftigte Jugendliche von
isher 22 auf 24 Uhr heraufzusetzen und an den Berufs-
chultagen von bisher 20 auf 21 Uhr. Mit diesen Ände-
ungen soll eine bessere Ausschöpfung des Ausbildungs-
otenzials in diesen Branchen ermöglicht und so der
ugendarbeitslosigkeit entgegengewirkt werden. Zwei
tunden mehr in den Nachtstunden bedeuten also Verrin-
erung der Jugendarbeitslosigkeit.

Zudem sollen die Möglichkeiten von Haupt- und Re-
lschülern für eine Ausbildung verbessert werden. Die
rüheren Reifeprozesse und veränderten persönlichen
achtruhezeiten der über 16-Jährigen ließen diese Ände-

ungen zu, ohne den Schutz der arbeitenden Jugendli-
hen zu gefährden. Das hört sich erst einmal gut an.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Ist auch gut!)


och betrachten wir den Sachverhalt ein wenig näher.
ie der Bewertung zugrunde liegenden Zahlen sprechen

ine ganz andere Sprache. Mit den FDP-Maßnahmen
ird keine Steigerung der Zahl der Ausbildungsplätze

rreicht.


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])


llerdings werden die Grundwerte des Jugendarbeits-
chutzes über Bord geworfen.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Ach Gott!)







(A) )



(B) )


Wolfgang Grotthaus
Die FDP spricht von Lockerung, ich spreche von Aus-
höhlung des Jugendarbeitsschutzgesetzes.


(Beifall bei der SPD)


Eine ausreichende Nachtruhe ist insbesondere für junge,
in der Entwicklung stehende Menschen wichtig. Das Ju-
gendarbeitsschutzgesetz trägt schon heute durch Aus-
nahmeregelungen den Besonderheiten des Gaststätten-
und Schaustellergewerbes Rechnung.


(Beifall bei der SPD – Martin Zeil [FDP]: Weit von der Realität entfernt!)


Was sagen die Zahlen? Im Gegensatz zu anderen
Branchen, wo mehrheitlich ein Rückgang der Zahl der
Ausbildungsplätze feststellbar war, kann im Hotel- und
Gaststättengewerbe ein Plus von neu abgeschlossenen
Ausbildungsverträgen verzeichnet werden. Allerdings
fällt die Übernahme in reguläre Arbeitsverhältnisse in
keiner Branche geringer aus. Ein Schelm, wer Böses da-
bei denkt! Die geltenden Ausnahmeregelungen sind
nach unserer Auffassung allemal ausreichend. Wesentli-
che Ausbildungsinhalte können nach Einschätzung der
Gewerkschaft NGG auch innerhalb der bisherigen Ar-
beitszeiten vermittelt werden.


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])


Uns liegt als Zweites ein Antrag der Fraktion Die
Linke vor.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


In ihrem Antrag hebt Die Linke darauf ab, dass sich die
Lebenswirklichkeit junger Menschen, insbesondere
der Zeitpunkt der Aufnahme der ersten Erwerbstätigkeit,
deutlich nach hinten verschoben habe. Die überwie-
gende Mehrheit der Jugendlichen, die heute eine Ausbil-
dung beginne, sei 18 Jahre und älter, für sie gelte das
Jugendarbeitsschutzgesetz nicht mehr, weshalb sein Gel-
tungsbereich auf Jugendliche unter 21 Jahren auszuwei-
ten sei. Man muss sich das einmal vor Augen führen:
Die Linke möchte gerne das Wahlalter – auch für die
Bundestagswahl – auf 16 Jahre senken,


(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Das ist wenig vernünftig!)


will aber gleichzeitig die Bestimmungen des Jugendar-
beitsschutzgesetzes auf unter 21-Jährige ausdehnen.


(Diana Golze [DIE LINKE]: Die Wahllokale machen um 18 Uhr zu! – Weitere Zurufe von der LINKEN)


– Ihre Reaktion zeigt deutlich, dass ich Sie getroffen zu
haben scheine.

Der Antrag Ihrer Fraktion zeigt deutlich, dass hier in
keiner Weise zielführend gearbeitet wird. Denn das Ju-
gendarbeitsschutzgesetz zielt auf den Schutz junger, in
der Entwicklung stehender Menschen, es schützt Kinder
und Jugendliche vor Arbeit, die sie gefährdet oder die
für sie ungeeignet ist.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Gitta Connemann [CDU/CSU], an die LINKE gewandt: Man muss die Jugendlichen vor Ih D d g A u s b g a t s V E n g V p k b l B c u w B L l 2 z b D W (C (D nen schützen! – Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Lesen und verstehen sind zweierlei!)


as entscheidende Kriterium ist hierbei das Alter, nicht
er Beginn des Arbeitslebens. Das Jugendarbeitsschutz-
esetz knüpft nicht wie das Berufsbildungsgesetz an ein
usbildungsverhältnis an. Erwachsene Arbeitnehmer
nterliegen den allgemeinen Regelungen des Arbeits-
chutzes. Ein weiter gehender, für erwachsene Auszu-
ildende nötiger Schutz ist im Berufsbildungsgesetz
eregelt. Deshalb ist eine Ausweitung des Jugend-
rbeitsschutzgesetzes nicht erforderlich. Die Auswei-
ung des Begriffs „Jugendliche“ auf unter 21-Jährige er-
cheint vor dem Hintergrund des deutschen
olljährigkeitsalters und einschlägiger Vorschriften der
U und der ILO rechtssystematisch zweifelhaft.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610028400

Herr Kollege, kommen Sie zum Ende, bitte.


Wolfgang Grotthaus (SPD):
Rede ID: ID1610028500

Ich komme zum Schluss. – Es erscheint mir wichtig,

ochmals auf die Existenz der Bund-Länder-Arbeits-
ruppe hinzuweisen und die dort zu entwickelnden
orschläge einer Novelle abzuwarten, um dann in die
arlamentarische Beratung einzutreten. Dabei – dies
ündigen wir hier und heute schon an – sollte weder die
esondere Schutzbedürftigkeit Jugendlicher im Erwerbs-
eben noch der Schutzzweck des Gesetzes aus dem
lickfeld fallen. Wir werden uns für die gesundheitli-
hen Belange der jungen Menschen weiterhin einsetzen,


(Martin Zeil [FDP]: Auch wenn sie später keine Arbeit finden!)


nd wir werden das Jugendarbeitsschutzgesetz nicht auf-
eichen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610028600

Für die FDP-Fraktion spricht der Kollege Ernst

urgbacher.


(Beifall bei der FDP)



Ernst Burgbacher (FDP):
Rede ID: ID1610028700

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ieber Kollege Grotthaus, manchmal hilft es, Anträge zu
esen. In unserem Antrag steht nicht die Ausweitung von
2 Uhr auf 24 Uhr, sondern auf 23 Uhr. Das müssen Sie
ur Kenntnis nehmen. Wenn Sie es vortragen, dann doch
itte richtig.


(Wolfgang Grotthaus [SPD]: Die Anträge häufen sich, sodass man nicht mehr die Zeit hat! – Renate Gradistanac [SPD]: Das stand im vorletzten Antrag!)


as ist zwar eine Kleinigkeit, aber wir sollten bei der
ahrheit bleiben.






(A) )



(B) )


Ernst Burgbacher
Die Welt beneidet uns um unser duales Ausbildungs-
system. Duales Ausbildungssystem bedeutet, dass ein
Teil der Ausbildung in der Berufsschule stattfindet und
der andere Teil im Betrieb. Der große Vorteil dieses Sys-
tems ist, dass die jungen Leute nicht nur mit theoreti-
schen Kenntnissen in den Beruf einsteigen, sondern den
Arbeitsalltag bereits aus eigener Erfahrung kennen.


(Wolfgang Grotthaus [SPD]: Also Nachtschichten!)


Das ist jedoch nur dann der Fall, wenn sie arbeiten dür-
fen.

Ich verstehe wirklich nicht, warum Sie nicht zur
Kenntnis nehmen wollen, dass sich in den letzten 30,
40 Jahren in unserer Gesellschaft etwas verändert hat.
Herr Grotthaus, Sie sprachen von Kindern, die man
schützen muss. Als ich Jugendlicher war, musste ich ge-
gen 22 Uhr zu Hause sein. Zur selben Zeit haben sich
später meine Kinder fertiggemacht, um wegzugehen. Da
hat sich doch etwas geändert. Jugendliche haben ein völ-
lig anderes Ausgehverhalten. Davor kann ich doch
nicht die Augen verschließen.


(Martin Zeil [FDP]: Das hat die SPD nicht mitbekommen! – Jörg Tauss [SPD]: Die müssen ausschlafen können, Herr Burgbacher!)


Beim Ausgehverhalten hat sich viel verändert. Die Gast-
stätten waren früher um 18 Uhr gut gefüllt. Heute ist das
viel später der Fall. Wir haben uns ein Stück weit an süd-
liche Gebräuche angepasst.

Wie sieht die Realität denn aus? Wenn der Laden
brummt, müssen die unter 18-Jährigen aufhören. Dieje-
nigen, die sich für diese Ausbildung entschieden haben,
wollen das überhaupt nicht. Fast alle, mit denen ich ge-
sprochen habe, sagen: Wir würden gerne arbeiten. Wir
wollen überhaupt nicht aufhören, aber wir müssen. –
Wozu soll es gut sein, dass der Gesetzgeber das vor-
schreibt?


(Beifall bei der FDP – Wolfgang Grotthaus [SPD]: Das waren die Jugendlichen, die da geklatscht haben! – Gegenruf des Abg. Martin Zeil [FDP]: Wir kennen uns im Gegensatz zu Ihnen aus!)


Ich weiß, Sie wollen mit der Realität nichts zu tun ha-
ben; das haben wir in vielen Diskussionen gemerkt.
Doch was ist die Folge davon? Jugendliche unter
18 Jahren haben eindeutig weniger Chancen auf einen
Ausbildungsplatz.


(Diana Golze [DIE LINKE]: Gähn! – Renate Gradistanac [SPD]: Du kennst die Zahlen!)


Das lässt sich nachweisen. In den großen Hotels, zum
Beispiel in Berlin, haben fast nur Abiturienten Ausbil-
dungsplätze bekommen. Einem Haupt- oder Realschüler
sagt man: Warte, bis du 18 bist; dann bewirbst du dich
wieder. – Es ist abstrus, wenn man nicht erkennen will,
was sich in unserer Gesellschaft verändert hat. Mit die-
ser Starrköpfigkeit und diesem Scheuklappendenken

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(C (D erden die Jugendlichen in Wirklichkeit nicht geschützt, adurch werden ihnen ihre Chancen genommen. (Beifall bei der FDP – Wolfgang Grotthaus [SPD]: Doch! Wir schützen sie vor Ihrem Antrag!)


Zum Antrag der Linken muss ich sagen – da stimme
ch Ihnen, Herr Grotthaus, zu –:


(Wolfgang Grotthaus [SPD]: Danke!)


as ist nicht mehr ernst zu nehmen. Bei den Rechten
ill man von 18 auf 16 Jahre herunter, sagt aber, dass
ie Jugendlichen bis zum 21. Lebensjahr nicht vernünf-
ig arbeiten dürfen.


(Diana Golze [DIE LINKE]: Es geht um den Schutz, nicht um die Rechte!)


Das ist kein Schutz. Sie schützen die Jugendlichen
icht, sondern berauben sie ihrer Chancen auf einen
usbildungs- und Arbeitsplatz. Das ist Ihr System; das
aben wir schon in der vorangegangenen Debatte gese-
en.


(Beifall bei der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Warum werden dann nicht die über 18-Jährigen eingestellt, die arbeitslos sind, wenn das Ihre These ist, Kollege Burgbacher?)


Die über 18-Jährigen werden ja eingestellt. Wir haben
erade gehört, dass nirgends so viel ausgebildet wird wie
n diesem Bereich. Sie wissen aber auch, dass sich die
ahmenbedingungen dieser Branche – daran ist auch

hre Politik schuld – ständig verschlechtert haben. Es
ibt jetzt zum ersten Mal Anzeichen dafür, dass es ein
isschen aufwärts geht. Die Politik muss die richtigen
ahmenbedingungen setzen. Dann haben wir weit mehr
hancen.

Lassen Sie mich zum Schluss noch ein Wort zur
nion sagen. Heute Abend ist eine Ablehnung wahr-

cheinlich; das ist bedauerlich. Ihre Tourismuspolitiker
reten in der Öffentlichkeit hingegen für eine Änderung
es Jugendarbeitsschutzgesetzes ein; das haben wir bei
er Debatte über das ERP-Sondervermögen gehört. Bis-
er haben Sie genau das Gegenteil gesagt. Sie kuschen
or der SPD, machen das mit. Zur Änderung des Jugend-
rbeitsschutzgesetzes haben Sie während Ihrer Opposi-
ionszeit unzählige Anträge gestellt. Nun kuschen Sie,
iebe Kolleginnen und Kollegen von der Union. Irgend-
ann müssen Sie zeigen, dass auch Sie Mitglied dieser
roßen Koalition sind, dass nicht immer die linke Seite
es Hauses sagt, was gemacht wird, sondern dass auch
ie sich einmal durchsetzen. Das müssen Sie beweisen.
as gehört zur Ehrlichkeit in der Politik.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Ich weiß, dass unser Gesetzentwurf wieder abgelehnt
erden wird. Wir werden Sie mit der Frage wieder kon-

rontieren. Wir wollen Jugendlichen mehr Chancen ge-
en. Wir werden auf dem Weg weitermachen, bis wir
ine Mehrheit haben.


(Beifall bei der FDP)







(A) )



(B) )


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610028800

Jetzt spricht die Kollegin Gitta Connemann für die

CDU/CSU.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Gitta Connemann (CDU):
Rede ID: ID1610028900

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Ich

liebe es“,


(Jörg Tauss [SPD]: Wir nicht! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU und der FDP: Oh!)


so heißt die Werbung einer bekannten Schnellrestaurant-
kette. Diese hat mit der Bundesagentur für Arbeit und
der Jugendzeitschrift „Bravo“ eine Jobattacke entwi-
ckelt. Jugendliche werden hier über die Chancen nach
der Schule informiert. Als Plus der Ausbildung wird die
flexible Gestaltung der Arbeitszeit angeführt. Die Wer-
bung zeigt Erfolg: Über 2 000 junge Leute machen be-
reits eine Ausbildung als Fachfrau bzw. Fachmann für
Systemgastronomie. In Restaurants dieser Kette dürfen
Jugendliche über 16 Jahren bis 23 Uhr arbeiten. Sie be-
ginnen dafür später am Tag. Alle Beteiligten profitieren
von dieser Flexibilität: das Unternehmen, das dem Gast
längere Öffnungszeiten bieten kann, der Gast, der später
essen kann, und der Jugendliche, der bereits zu Beginn
seines Berufslebens Flexibilität lebt; denn diese wird
ihm auch später abverlangt.

Ganz anders sieht dagegen die Situation beim Hotel
um die Ecke aus. Hier darf ein Jugendlicher nur bis
22 Uhr beschäftigt werden. Es ist jetzt 22.36 Uhr. Da-
nach dürfte er dort nicht mehr arbeiten und sicherlich
auch hier der eine oder andere jugendliche PDS-Abge-
ordnete nicht mehr. Von Flexibilität also keine Spur.

Worauf beruht dieser Unterschied? Auf § 14 des Ju-
gendarbeitsschutzgesetzes, der unter anderem für Mehr-
schichtbetriebe eine Ausnahmeregelung vorsieht. Ist
das logisch? Wohl kaum, wenn es um den Zweck des
Gesetzes geht, nämlich den Schutz der arbeitenden Ju-
gend; denn entweder gefährdet eine Beschäftigung um
23 Uhr die Gesundheit, oder sie tut es nicht.


(Beifall des Abg. Ernst Burgbacher [FDP])


Da kann es auf den Betrieb nicht ankommen.

Die Fraktion der Linken will mit ihrem Antrag den
Geltungsbereich des Gesetzes auf Jugendliche auswei-
ten, die noch nicht 21 Jahre alt sind. Damit wäre es
Mehrschichtbetrieben aber immer noch möglich, Ju-
gendliche zu anderen Zeiten zu beschäftigen als das
kleine Hotel um die Ecke. Jetzt frage ich Sie, meine Da-
men und Herren von der Linken: Was bewegt Sie,
Schnellrestaurants gesetzlich anders zu behandeln als
Hotels? Meine Damen und Herren von der Linken, ist es
Ihre Liebe zu Ronald McDonald oder zu den „schicken
Chicken“? Wohl kaum, wenn ich sehe, dass Sie dieses
Unternehmen auf Ihrer Internetseite abfällig als amerika-
nischen Frikadellenbrater diskreditieren.

Meine Damen und Herren von der Linken, Ihr Antrag
offenbart, dass Sie sich mit den Details der gesetzlichen
Regelung gar nicht auseinandergesetzt haben. Ihre juris-

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(C (D ische Unkenntnis bzw. Ihr Desinteresse zeigt sich übriens auch an anderer Stelle Ihres Antrages. So schreiben ie in der Gesetzesbegründung, dass die überwiegende ehrheit der Jugendlichen heute erst mit 18 oder später ine Ausbildung beginnt. Es ist Ihnen entgangen, dass er Schutz von Auszubildenden bereits heute besonders eregelt ist, aber nicht durch das Jugendarbeitsschutzgeetz, sondern durch das Berufsbildungsgesetz. Ich gebe hnen den bewährten juristischen Rat: Ein Blick ins Geetz erleichtert die Rechtsfindung. Leider haben Sie dieen Blick nicht riskiert. Dies zeigt, dass es Ihnen um eines nicht geht: den chutz von Kindern und Jugendlichen. Sonst hätten Sie ich juristisch kundiger mit dem Gegenstand Ihres Anrages auseinandergesetzt, nämlich dem Jugendarbeitschutzgesetz. Ziel dieses Gesetzes ist es, Kinder und Juendliche vor Überforderung, Überbeanspruchung und en Gefahren am Arbeitsplatz entsprechend ihres Enticklungsstandes zu schützen, unabhängig davon, ob sie uszubildende oder Arbeitnehmer sind. Dieses Ziel hat ich auch 30 Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes nicht eändert. Aber in den letzten 30 Jahren haben sich soiale, wirtschaftliche, gesellschaftliche und bildungsmäige Entwicklungen vollzogen, die einer Überprüfung edürfen. Deshalb ist eine Bund-Länder-Arbeitsruppe eingesetzt worden. Sie soll die Frage beantworen, ob Änderungen erforderlich sind, um die Ausbilungsund Beschäftigungschancen junger Menschen zu erbessern, übrigens immer unter Gewährleistung der icherheit und der Gesundheit der Jugendlichen, die an rster Stelle stehen müssen. Es findet eine Gesamtprüfung statt. Die Betonung iegt auf „gesamt“. Hier richte ich meine Kritik an Sie, err Burgbacher; denn Sie fordern nur eine punktuelle berprüfung des Gesetzes. Wir brauchen aber eine Ge amtbetrachtung. Das hat nichts mit Kuschen zu tun, ondern mit Kundigkeit. Hier greift Ihr Gesetzentwurf u kurz. Daher lehnen wir ihn ab. (Beifall bei der CDU/CSU – Ernst Burgbacher [FDP]: Sie haben Ihren Gesetzentwurf sieben Jahre lang geparkt!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Ernst Burgbacher [FDP]: Doch!)


Es geht nicht nur um die Nachtruhe, aber es geht
uch um sie. Schließlich müssen Jugendliche die Chance
rhalten, ein Berufsfeld genau kennenzulernen. Im Gast-
ewerbe gehören dazu auch die atypischen Arbeitszei-
en. Heute gehen die Menschen später essen. Kein Gast
ässt mehr um 22 Uhr die Gabel fallen. Auf diese Reali-
ät hat Österreich reagiert. Dort beginnt die Nachtruhe
rst um 23 Uhr. Die Rechte und die Gesundheit der Ju-
endlichen sind dadurch nicht nachteilig betroffen.

Die Linken interessiert das allerdings nicht. Sie haben
ie erste Lesung dieses Gesetzentwurfs dazu miss-
raucht, die gesamte Branche des Hotel- und Gaststät-
engewerbes zu diffamieren. Ihre Pauschalvorwürfe
eichten von Ausbildungsverweigerung bis hin zu Aus-
eutung. Ausbildungsverweigerung? Davon kann ange-






(A) )



(B) )


Gitta Connemann
sichts von 100 000 Auszubildenden in sechs gastge-
werblichen Berufen nun wirklich keine Rede sein. Allein
im Jahr 2006 konnte die Ausbildungsquote um
7,4 Prozent gesteigert werden. Diese Branche bietet an,
sogar noch mehr junge Menschen auszubilden, wenn es
nicht die bekannten Probleme gäbe.

Ich habe in den letzten Wochen im Rahmen von
Schulbesuchen mehrfach Schüler nach ihren Perspekti-
ven gefragt, unter anderem in der letzten Woche in einer
Hauptschule in Haren, einer Stadt in meinem Wahlkreis.
Von zwei Mädchen erhielt ich die Antwort, dass sie ei-
gentlich eine Ausbildungsstelle bekommen hätten, wenn
sie nicht zu jung gewesen wären. Sie sind 16 Jahre alt.
Nun werden sie in Maßnahmen abgeschoben. Sie wer-
den geparkt, bis sie 18 Jahre alt sind.


(Ernst Burgbacher [FDP]: So ist es!)


Nach Ihrem Willen, meine Damen und Herren von den
Linken, müssten sie dort verharren, bis sie das
21. Lebensjahr erreicht haben. Das zeigt die Absurdität
Ihres Gesetzentwurfs. Ohne jeden Zweifel müssen Ju-
gendliche an ihrem Arbeits- bzw. Ausbildungsplatz ge-
schützt werden. Aber sie müssen an ihrem Arbeitsplatz
geschützt werden, nicht vor einem Arbeitsplatz.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ausbeutung? Schwarze Schafe gibt es sicherlich in
jeder Branche. Sie müssen mit aller Härte verfolgt wer-
den. Aber ein solcher Verstoß ist keine Frage der Be-
schäftigungszeit. Wer ausbeuten will, kann dies nach,
aber auch vor 22 Uhr tun. Außerdem handelt es sich nur
um Ausnahmen. Die Ausbildung eines jungen Menschen
erfordert von seinem Ausbilder großen persönlichen und
finanziellen Einsatz. Diesen Einsatz pauschal als Aus-
beutung zu verleumden, finde ich persönlich ungeheuer-
lich.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Zur Klarstellung: Es geht lediglich um eine andere
Verteilung der Beschäftigungszeiten. Eine Verlängerung
der Arbeitszeiten von Jugendlichen wird nicht gefordert.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Richtig!)


Aber das würde Sie offensichtlich weniger tangieren.
Diesen Eindruck habe ich gewonnen, nachdem ich die
letzte Rede der Kollegin Golze gehört habe. Sie wies
darauf hin, dass zentrale Abweichungstatbestände im
Rahmen von Tarifverträgen mit den Gewerkschaften
ausgehandelt werden können. Wenn man aber einen
Blick in das Tarifabkommen über die Ausbildungs-
vergütungen im Gaststätten- und Hotelgewerbe der
Freien und Hansestadt Hamburg wirft, stellt man fest:
Dort können jugendliche Auszubildende bis zu neun
Stunden täglich, bis zu 44 Stunden wöchentlich und bis
zu 5,5 Tage in der Woche beschäftigt werden. Es geht
also weit über die Vorgaben des Jugendarbeitsschutzge-
setzes hinaus; das geschieht mit Ihrer Billigung. Interes-
sant! Schon deshalb ist Ihr Gesetzentwurf abzulehnen.

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(C (D Beachte immer, dass nichts bleibt, wie es ist, und denke daran, dass die Natur immer wieder ihre Formen wechselt. arc Aurel sagte diesen Satz. Es ist an der Zeit, das Juendarbeitsschutzgesetz den veränderten Realitäten anupassen, (Ernst Burgbacher [FDP]: Genau! Stimmen Sie zu!)


nd zwar auf der Grundlage der Vorschläge der Bund-
änder-Arbeitsgruppe. Dann kann es heißen: Wollen
önnen ist eben besser als Müssen dürfen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610029000

Jetzt spricht die Kollegin Diana Golze für die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Diana Golze (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1610029100

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegin-

en und Kollegen! Wir diskutieren heute zum zweiten
al über diese beiden Gesetzentwürfe zum Jugendar-

eitsschutz. Sie werden unseren nachher sicherlich
flichtgemäß, aber, wie ich hoffe, wenigstens teilweise
egen Ihre Überzeugung ablehnen. So ist das leider im-
er, und das ist schlecht.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


ch weiß: Jugendarbeitsschutz ist einigen von Ihnen ein
raus. Wir wollen ihn aus Überzeugung.

Ich erinnere mich noch gut an die heftige Debatte, die
ir hier im Parlament geführt haben. Die FDP hatte ein-
al mehr mit dankenswerter Offenheit ein Bekenntnis

ur Schleifung des gesetzlichen Jugendarbeitsschutzge-
etzes abgelegt. Den Kolleginnen und Kollegen sage ich
anz deutlich: Sie haben sich schon lange aus der seriö-
en Debatte um die Reform des Jugendarbeitsschutzge-
etzes verabschiedet.


(Wolfgang Grotthaus [SPD]: Genau!)


ie haben hier nichts anderes als eine Auftragsarbeit der
irtschaftsverbände vorgelegt.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


ch empfehle Ihnen: Verlegen Sie Ihre Parteizentrale
och gleich ins Haus der Deutschen Wirtschaft. Das
part Miete und schafft kürzere Auftragswege.


(Beifall bei der LINKEN – Ernst Burgbacher [FDP]: Wollen Sie eigentlich etwas für Jugendliche tun? So ein blöder Quatsch! Und die SPD klatscht auch noch dazu und schämt sich nicht!)


Ich erinnere mich auch an die Vertreterinnen und Ver-
reter der Unionsfraktion. Sie haben hier mit Ausnahme






(A) )



(B) )


Diana Golze
des unbelehrbaren Tourismuslobbyisten Ernst Hinsken
einen bemerkenswerten Kurswechsel hingelegt.


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Was?)


Noch im Wahlkampf 2005 stand die Schleifung des Ju-
gendarbeitsschutzgesetzes ganz oben auf dem Wunsch-
zettel für die erhofften schwarz-gelben Weihnachten.
Nun kann man sehen, dass die Große Koalition doch ein
wenig zivilisierend auf die Union wirkt – zumindest zeit-
weise; denn leider haben Sie Ihr Bekenntnis zum Erhalt
des Jugendarbeitsschutzgesetzes im Fachausschuss
schon wieder etwas abgeschwächt.

Ich erinnere mich auch an die Grünen, die uns einmal
mehr Populismus für Dinge, die sie einst auch auf ihrer
Agenda hatten, vorgeworfen haben.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, das stimmt nicht! Können Sie das einmal zitieren?)


Aber sei es drum: Ein Bekenntnis zum uneingeschränk-
ten Erhalt des Jugendarbeitsschutzes haben auch Sie ab-
gelegt. Aufgrund der neu errungenen Regierungsverant-
wortung in Bremen hoffe ich, dass dieses Bekenntnis
auch dazu führt, dass sich das Land Bremen in den Bera-
tungen der zuständigen Bund-Länder-Arbeitsgruppe
offensiv gegen jede Verschlechterung im Jugendarbeits-
schutzgesetz einsetzt. Ich darf Ihnen an dieser Stelle ver-
sprechen, dass die Linke im rot-roten Senat von Berlin
dafür eintreten wird, dass Sie in dieser Frage einen
Bündnispartner haben.


(Beifall bei der LINKEN)


Nun zur SPD.


(Wolfgang Grotthaus [SPD]: Gott sei Dank werden wir auch erwähnt! – Gegenruf des Abg. Ernst Burgbacher [FDP]: Aber Sie haben denen gerade zugejubelt!)


Sie nannten uns Träumer, weil wir den Geltungsbereich
des Jugendarbeitsschutzgesetzes auf alle Jugendlichen
moderat bis zum 21. Lebensjahr ausweiten wollen.


(Jörg Tauss [SPD]: Dann dürften Sie jetzt nicht mehr reden, Frau Golze!)


Sie selbst – damit meine ich Sie selbst, Herr Staatssekre-
tär Andres – haben 1992 in der Opposition noch eine
Ausweitung auf das 25. Lebensjahr vorgeschlagen.


(Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: So was!)


Die Jugend der IG Metall fordert auch heute noch, dass
das Jugendarbeitsschutzgesetz für alle Auszubildenden
bis zum 25. Lebensjahr gelten soll.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Bis 40 Jahre! – Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Ich schlage vor: direkt in die Rente!)


Aber sei es drum: Solange Sie in der Bundesregierung
durch unsere Initiative gezwungen werden, eine Ver-
schlechterung im Jugendarbeitsschutzgesetz nicht zuzu-
lassen, werde ich mir Ihre Vorwürfe geduldig anhören.

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(C (D (Beifall bei der LINKEN – Jörg Tauss [SPD]: Ohne Antrag kein Vorwurf!)


Im Moment sieht es ja so aus, dass die Pläne der Bun-
esregierung zur Novellierung des Jugendarbeitsschutz-
esetzes auf Eis liegen. Der versprochene Bericht der
und-Länder-Arbeitsgruppe liegt nicht vor. Weitere Be-

atungen stehen an. Das heißt nichts anderes, als dass der
ußerparlamentarische und der parlamentarische Wider-
tand gegen die Aushöhlung Erfolg hatten.


(Beifall bei der LINKEN)


amit haben wir schon eines unserer Ziele erreicht, auch
enn Sie unsere Initiative heute ablehnen werden.

Ich hoffe, dass sich diejenigen, die sich bei der Ge-
erkschaftsjugend selbst zum Schutzpaten erklärt ha-
en, im weiteren Verfahren daran erinnern werden. Für
ns geht es freilich um mehr: Wir wollen nicht nur den
rhalt, sondern den Ausbau des gesetzlichen Jugend-
rbeitsschutzes.

Sollte die Bundesregierung nach allem, was bis jetzt
assiert ist, tatsächlich einen Reformvorschlag vorlegen,
er als Auftragsarbeit für die Wirtschaftsverbände zu
dentifizieren ist, dann dürfen Sie sich ganz sicher sein,
ass wir hier im Parlament einen Gegenentwurf einbrin-
en werden, der die Handschrift all derjenigen trägt, die
n den Betrieben als Gewerkschafter und Jugendvertreter
ie Rechte von Auszubildenden verteidigen. Sie alle
damit meine ich vor allem die SPD – werden sich dann

ntscheiden müssen, auf welcher Seite Sie stehen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610029200

Jetzt spricht die Kollegin Brigitte Pothmer für Bünd-

is 90/Die Grünen.


Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610029300

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr

urgbacher, das Jugendarbeitsschutzgesetz wird wieder
inmal zum Sündenbock für die Ausbildungsplatzmisere
emacht. So einfach ist die Welt nur noch für die FDP.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Nehmen Sie doch mal die Tatsachen zur Kenntnis!)


Eine Ihrer Behauptungen ist richtig, nämlich dass es
mmer weniger Hauptschüler gibt, die einen Ausbil-
ungsplatz in der Gastronomie finden.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Die würden sie aber gerne nehmen!)


uch dass immer mehr Gymnasiasten in dieser Branche
rbeiten, ist richtig. Das liegt aber wahrlich nicht am Al-
er der Jugendlichen.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Doch! Es liegt am Alter!)


Nein, es liegt an den gewachsenen Anforderungen
uch in diesem Bereich. Der DEHOGA selbst sagt, dass
ur noch knapp die Hälfte der Ausbildungsberufe in die-






(A) )



(B) )


Brigitte Pothmer
sem Bereich für Hauptschüler angeboten wird, weil in-
zwischen die Anforderungen erheblich gestiegen sind.
Das Problem besteht darin, dass die Hauptschüler nicht
gut genug qualifiziert werden, um diesen Anforderungen
zu entsprechen.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Das stimmt doch nicht!)


Das hat in erster Linie nichts mit dem Alter der jungen
Leute, sondern mit dem schlechten Bildungssystem zu
tun.

Ich finde es langsam peinlich, dass Sie Debatte um
Debatte auf das Ausgehverhalten der Jugendlichen abhe-
ben, um Ihre Forderung durchzusetzen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Wenn Sie im jugendlichen Alter selber in einer Kneipe
gekellnert hätten,


(Ernst Burgbacher [FDP]: Das habe ich gemacht!)


dann würden Sie auch den Unterschied zwischen Arbei-
ten und Feiern kennen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Schade, dass Sie solche Erfahrungen nicht mitbringen.
Dann würden Sie zumindest dieses Argument nicht mehr
vorbringen.

Das Jugendarbeitsschutzgesetz ist richtig und not-
wendig, weil Jugendliche, die sich in einem psychischen
und physischen Entwicklungsprozess befinden, einen
gewissen Schutz brauchen. Deswegen gibt es, glaube
ich, keine Notwendigkeit, das Jugendarbeitsschutzgesetz
an dieser Stelle zu ändern.

Aber, Frau Golze, es gibt auch keine Notwendigkeit,
den Schutz der Jugendlichen weiter auszudehnen.
Junge Leute wollen irgendwann gefordert werden.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Richtig!)


Sie wollen ernst genommen und als Erwachsene behan-
delt werden.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Dazu gehört auch, dass sie versuchen, unter den Bedin-
gungen der Erwachsenenwelt zurechtzukommen.


(Diana Golze [DIE LINKE]: Deshalb dürfen Arbeitslose bis 25 Jahren auch zu Hause wohnen!)


– Das haben wir nicht vorgeschlagen. So wenig wir wol-
len, dass junge Leute bis 25 am Rockzipfel ihrer Mutter
hängen, so wenig wollen wir sie unter eine Käseglocke
packen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Ich halte das für falsch, weil es die Jugendlichen in ihrer
Entwicklung behindert.

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(C (D (Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Da haben Sie mal recht!)


Wenn wir wirklich etwas für die Jugendlichen tun
ollen, dann müssen wir woanders ansetzen. Dann müs-

en wir das Ausbildungssystem strukturell verändern
nd verbessern. Dann ist eine modulare Ausbildung not-
endig. Außerdem muss endlich das Berufsbildungsge-

etz umgesetzt werden, das zwar schon seit mehreren
ahren in Kraft ist, aber erst in vier von 16 Bundeslän-
ern umgesetzt worden ist.

Wir müssen vor allen Dingen die schulische Ausbil-
ung verbessern. Es ist ein Skandal, dass Jahr für Jahr
0 Prozent bis 25 Prozent der Jugendlichen mit dem Eti-
ett „nicht ausbildungsfähig“ versehen die Schulen ver-
assen. Diese Jugendlichen werden wir in den nächsten
ahren brauchen. Wenn wir sie jetzt nicht qualifizieren,
ann werden wir sie ein Leben lang alimentieren müs-
en.


(Ernst Burgbacher [FDP]: Darin sind wir uns einig!)


arin besteht das Problem, nicht im Jugendarbeits-
chutzgesetz, Herr Burgbacher.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


s wäre schön, wenn Sie Ihre Rolle nicht als parlamenta-
ischer Arm des DEHOGA verstehen würden, sondern
atsächlich übergeordnete Interessen verfolgen würden.
as wäre gut für Sie und auch für die Jugendlichen.

Ich danke Ihnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610029400

Renate Gradistanac redet jetzt für die SPD.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Renate Gradistanac (SPD):
Rede ID: ID1610029500

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Wie immer – ich glaube, das ist jedes Jahr so –
ehnen wir den Antrag der FDP zur Lockerung des Ju-
endarbeitsschutzgesetzes ab.


(Widerspruch bei der FDP)


ach dem Entwurf der Linken soll das Schutzalter auf
1 Jahre angehoben werden. Auch das lehnen wir ab.

Das Jugendarbeitsschutzgesetz hat die Aufgabe,
unge Menschen unter 18 Jahren entsprechend ihrem
ntwicklungsstand vor Überforderung, Überanspru-
hung und Gefahren am Arbeitsplatz zu schützen. Allge-
ein gilt, dass ungünstige und lange Arbeitszeiten

esundheitliche Beeinträchtigungen begünstigen und
as Unfallrisiko erhöhen. Überträgt man diese Erkennt-
isse auf Jugendliche, dann sollten für uns alle zwei
inge selbstverständlich sein: Erstens. Junge Menschen
ürfen nicht den gleichen Belastungen ausgesetzt wer-
en wie Erwachsene. Zweitens. Eine Verlängerung der






(A) )



(B) )


Renate Gradistanac
Jugendarbeitszeit ist vor allem aus gesundheitlichen
Gründen abzulehnen.

Bereits heute scheiden zahlreiche Menschen aus ge-
sundheitlichen Gründen vorzeitig aus dem Arbeitsleben
aus. Wenn Menschen aber länger arbeiten sollen – Stich-
wort „Rente mit 67“ –, dann ist dies nur möglich, wenn
wir uns für eine starke Präventionskultur einsetzen.


(Beifall bei der SPD)


Die SPD-Fraktion will ein Präventionsgesetz. Im Koali-
tionsvertrag haben wir vereinbart, dass wir die Präven-
tion zu einer eigenständigen Säule der gesundheitlichen
Versorgung ausbauen wollen. Zur Prävention gehören
auch die Erhaltung der Gesundheit und Leistungsfähig-
keit am Arbeitsplatz und die Vermeidung von krank-
heitsbedingten Frühverrentungen. Dem widerspricht
eine Lockerung des Jugendarbeitsschutzes.

Seit langem gibt es das fadenscheinige Argument,
dass der Jugendarbeitsschutz ein Ausbildungshindernis
für Haupt- und Realschüler im Hotel- und Gaststätten-
gewerbe sei. Dennoch will ich es kurz beleuchten: Es
gibt keinen Verdrängungseffekt durch volljährige Abitu-
rienten und Abiturientinnen, meine sehr verehrten Her-
ren von der FDP.


(Beifall bei der SPD)


Ich glaube, einige in der CDU wackeln auch. Im Gegen-
teil: In keiner anderen Branche ist der Anteil der Auszu-
bildenden mit Hochschulreife von 1996 bis 2002 stärker
gesunken als im Hotel- und Gaststättengewerbe; da ist er
nämlich von 13,4 Prozent auf 9,7 Prozent gesunken. Es
gilt eben, manchmal genauer hinzuschauen, die Zahlen
genau zu lesen und nicht immer Falsches vorzutragen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Fakt ist doch, dass das Jugendarbeitsschutzgesetz
schon jetzt auf die Bedürfnisse, die im Besonderen im
Hotel- und Gaststättengewerbe bestehen, eingeht. Nor-
malerweise liegt die Beschäftigungszeit zwischen 6 und
20 Uhr. Die Ausnahme für diese Branche sieht eine Be-
schäftigung bis 22 Uhr, im Schichtbetrieb sogar bis
23 Uhr vor. Was, Herr Burgbacher, sollen Auszubil-
dende eigentlich zwischen 22 und 23 Uhr noch lernen?


(Jörg Tauss [SPD]: Nachtschicht!)


Spülen, Stühle hochstellen und dann das Licht ausma-
chen? – Ich glaube nicht, dass diese späte Stunde der Er-
reichung der Ausbildungsziele dient.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Ernst Burgbacher [FDP]: In welche Kneipen gehst Du denn? Das ist doch lebensfremd!)


Da stellt sich mir doch die Frage, ob nicht andere Inte-
ressen – –


(Abg. Ernst Burgbacher [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


– Sie brauchen sich gar nicht zu melden. Ich antworte
ohnehin nicht auf Ihre Frage.


(Heiterkeit bei der SPD)


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(C (D Sie möchten die Zwischenfrage also nicht zulassen, rau Kollegin? Nein. Ich kenne ihn; da kommt nichts Gescheites he aus. Es stellt sich mir die Frage, ob hier nicht andere, nämich wirtschaftliche Interessen im Vordergrund stehen, err Burgbacher, und nicht die von Ihnen immer vorge chobenen. Der DEHOGA-Geschäftsführer – jetzt wird es spanend – äußerte sich erst kürzlich zum Thema „Alkoholissbrauch“, zum sogenannten Flatrate-Trinken. Ich zi iere: Jugendschutz muss in der Gastronomie oberste Priorität haben. amit hat Herr Büttner meine und unsere volle Untertützung. ies gilt im Besonderen für den Schutz von Jugendlihen bei der Arbeit. (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Diana Golze [DIE LINKE])

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610029600
Renate Gradistanac (SPD):
Rede ID: ID1610029700

(Heiterkeit bei der SPD)


(Ernst Burgbacher [FDP]: Meine auch!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610029800

Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Schluss.


Renate Gradistanac (SPD):
Rede ID: ID1610029900

Mein letzter Satz: Was fehlt, sind verschärfte Kontrol-

en, damit der Jugendarbeitsschutz endlich eingehalten
ird und Jugendliche vor Überforderung durch die Ar-
eitgeber geschützt werden.

Vielen Dank fürs Zuhören.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1610030000

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den von der Frak-
ion Die Linke eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur
nderung des Jugendarbeitsschutzgesetzes. Der Ausschuss

ür Arbeit und Soziales empfiehlt unter Buchstabe a sei-
er Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/5316, den
esetzentwurf auf Drucksache 16/3016 abzulehnen. Ich
itte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wol-
en, um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Ent-
altungen? – Damit ist der Gesetzentwurf in zweiter Be-
atung bei Zustimmung durch die Fraktion Die Linke und
egenstimmen aus dem Rest des Hauses abgelehnt. Da-
it entfällt die dritte Beratung.

Wir stimmen jetzt über den von der Fraktion der FDP
ingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des
esetzes zum Schutz der arbeitenden Jugend ab. Der
usschuss für Arbeit und Soziales empfiehlt unter
uchstabe b seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa-






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
che 16/5316, den Gesetzentwurf der Fraktion der FDP
auf Drucksache 16/2094 abzulehnen. Ich bitte diejeni-
gen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das
Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der
Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung bei Zustimmung
der FDP und Gegenstimmen aus dem übrigen Hause ab-
gelehnt. Damit entfällt die dritte Beratung.

Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 17 auf:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Änderung des Zollfahndungsdienstgeset-
zes und anderer Gesetze

– Drucksachen 16/4663, 16/5053 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus-
schusses (6. Ausschuss)


– Drucksache 16/5448 –

Berichterstattung:

(VillingenSchwenningen)

Joachim Stünker
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Wolfgang Nešković
Jerzy Montag

Zu Protokoll gegeben haben ihre Reden der Kollege
Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen), der Kol-
lege Joachim Stünker, die Kollegin Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger, die Kollegen Jörn Wunderlich und
Hans-Christian Ströbele sowie die Kollegin Dr. Barbara
Hendricks.1)

Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-
desregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur
Änderung des Zollfahndungsdienstgesetzes und anderer
Gesetze. Der Rechtsausschuss empfiehlt in seiner Be-
schlussempfehlung auf Drucksache 16/5448, den Ge-
setzentwurf der Bundesregierung auf den Drucksachen
16/4663 und 16/5053 in der Ausschussfassung anzuneh-
men. Hierzu liegt ein Änderungsantrag der FDP vor,
über den wir zuerst abstimmen. Wer stimmt für den Än-
derungsantrag auf Drucksache 16/5485? – Wer stimmt
dagegen? – Enthaltungen? – Der Änderungsantrag ist bei
Zustimmung durch die FDP und Die Linke, Enthaltung
durch Bündnis 90/Die Grünen und Ablehnung durch die
Koalition abgelehnt.

Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der
Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzei-
chen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist der
Gesetzentwurf in zweiter Beratung mit den Stimmen der
Koalition gegen die Stimmen der Opposition angenom-
men.

Wir kommen zur

dritten Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen aufzuste-
hen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen. – Gegen-
stimmen? – Enthaltungen? – Damit ist der Gesetzentwurf

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1) Anlage 7

(C (D n dritter Beratung mit dem gleichen Stimmenverhältnis ie zuvor angenommen. Wir kommen zur Abstimmung über die Entschlieungsanträge. Wer stimmt für den Entschließungsantrag er Fraktion der FDP auf Drucksache 16/5477? – Geenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist der Entschlieungsantrag bei Zustimmung durch die gesamte Opposiion und Ablehnung durch die Koalition abgelehnt. Wir kommen zur Abstimmung über den Entschlieungsantrag der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen uf Drucksache 16/5478. Wer stimmt für den Entschlieungsantrag? – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Damit st auch dieser Entschließungsantrag bei Zustimmung er Opposition und Ablehnung durch die Koalition abelehnt. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 18 a und 18 b auf: a)

Dr. Anton Hofreiter, Winfried Hermann, Peter
Hettlich, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Einführung eines generellen Tempolimits von
120 km/h auf deutschen Autobahnen

– Drucksache 16/5420 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dorothée
Menzner, Dr. Gesine Lötzsch, Dr. Dietmar Bartsch,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LIN-
KEN

Einführung eines generellen Tempolimits von
130 Stundenkilometern auf Bundesautobah-
nen

– Drucksache 16/5145 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Hier haben ihre Reden zu Protokoll gegeben Gero
torjohann, Jörg Vogelsänger, Jan Mücke, Lutz Heilmann
nd Dr. Anton Hofreiter.

Interfraktionell ist Überweisung der Vorlage auf
rucksache 16/5145 an die in der Tagesordnung aufge-

ührten Ausschüsse sowie an den Ausschuss für Gesund-
eit vorgeschlagen. Die Vorlage auf Drucksache 16/5420
oll an dieselben Ausschüsse überwiesen werden. Sind
ie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann sind
ie Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 19 auf:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung Verabschiedung eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes über Qualität und Sicherheit

(Gewebegesetz)


– Drucksache 16/3146 –






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Gesundheit (14. Ausschuss)


– Drucksache 16/5443 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Hubert Huppe

Hierzu gibt es einen Entschließungsantrag der Frak-
tion des Bündnisses 90/Die Grünen. Ihre Reden zu Proto-
koll gegeben haben Hubert Hüppe, Dr. Carola Reimann,
Michael Kauch, Frank Spieth, Dr. Harald Terpe und Rolf
Schwanitz.1)

Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-
desregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über
Qualität und Sicherheit von menschlichen Geweben und
Zellen. Der Ausschuss für Gesundheit empfiehlt unter
Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa-
che 16/5443, den Gesetzentwurf der Bundesregierung
auf Drucksache 16/3146 in der Ausschussfassung anzu-
nehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf so
zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt
dagegen? – Enthaltungen? – Damit ist der Gesetzentwurf
in zweiter Beratung mit den Stimmen der Koalition ge-
gen die Stimmen des Bündnisses 90/Die Grünen und bei
Enthaltung der FDP und der Linken angenommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist der Gesetz-
entwurf in dritter Beratung mit dem gleichen Stimmver-
halten wie vorher angenommen.

Unter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 16/5443 empfiehlt der Ausschuss, eine Ent-
schließung anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschluss-
empfehlung? – Die Gegenprobe! – Enthaltungen? – Die
Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen des ganzen
Hauses angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Ent-
schließungsantrag der Fraktion des Bündnisses 90/Die
Grünen auf Drucksache 16/5479. Wer stimmt dafür? –
Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Dieser Antrag ist bei
Zustimmung der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen
und der Fraktion Die Linke und Ablehnung durch die üb-
rigen Abgeordneten abgelehnt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 20 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Marina
Schuster, Dr. Werner Hoyer, Jens Ackermann,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Zivilge-
sellschaft in Ägypten fördern

– Drucksache 16/4458 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung

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1) Anlage 9
2)

3)

(C (D Ihre Reden zu Protokoll gaben Joachim Hörster, Dr. olf Mützenich, Marina Schuster, Dr. Norman Paech nd Dr. Uschi Eid2)

er Vorlage auf Drucksache 16/4458 an die Ausschüsse
orgeschlagen, die in der Tagesordnung stehen. – Damit
ind Sie einverstanden. Dann ist so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 21 auf:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung Verabschiedung eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zur Anpassung des Dienstrechts

(Dienstrechtsanpassungsgesetz BA – DRAnpGBA)


– Drucksache 16/5050 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)


– Drucksache 16/5289 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Jörg Rohde

Ihre Reden zu Protokoll gegeben haben die Kollegen
tefan Müller (Erlangen) Klaus Brandner, Jörg Rohde,
ornelia Möller und Brigitte Pothmer.3)

Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-
esregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur
npassung des Dienstrechts in der Bundesagentur für
rbeit. Der Ausschuss für Arbeit und Soziales empfiehlt

n seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/5289,
en Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Druck-
ache 16/5050 in der Ausschussfassung anzunehmen.
ch bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen
ollen, um ihr Handzeichen. – Gegenstimmen? – Ent-
altungen? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung
ei Zustimmung durch die Koalition und Die Linke und
nthaltung des Bündnisses 90/Die Grünen und der FDP
ngenommen.

Dritte Beratung

nd Schlussabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf zustim-
en will, der möge sich erheben. – Gegenstimmen? –
nthaltungen? – Damit ist der Gesetzentwurf in dritter
eratung mit dem gleichen Ergebnis wie vorher ange-
ommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 22 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Jan
Körte, Petra Pau, Ulla Jelpke, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion der LINKEN

Unrecht des Kalten Krieges wiedergutmachen

– Drucksache 16/3934 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss

Ihre Reden zu Protokoll gegeben haben Günter
aumann, Maik Reichel, Max Stadier, Jan Korte und

Anlage 10
Anlage 11






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
Wolfgang Wieland sowie der Kollege Gert
Winkelmeier1)

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 16/3934 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. – Sie sind damit ein-
verstanden. Dann ist so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 23 auf:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung Verabschiedung eingebrachten Entwurfs
eines … Strafrechtsänderungsgesetzes zur Be-
kämpfung der Computerkriminalität (… StrÄndG)


– Drucksache 16/3656 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus-
schusses (6. Ausschuss)


– Drucksache 16/5449 –

Berichterstattung:

(VillingenSchwenningen)

Dirk Manzewski
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Wolfgang Nešković
Jerzy Montag

Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion Die
Linke vor.

Zu Protokoll gegebene Reden liegen von den Kolle-
gen Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen), Dirk
Manzewski, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Jan
Korte, Jerzy Montag und Alfred Hartenbach vor.2)

Erklärungen zur Abstimmung nach § 31 unserer Ge-
schäftsordnung haben abgegeben die Kolleginnen und
Kollegen Angelika Graf (Rosenheim), Monika Griefahn,
Christoph Pries, Jörg Tauss, Siegmund Ehrmann und
Renate Schmidt (Nürnberg).3)

Wir kommen zur Abstimmung über den von der
Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Straf-
rechtsänderungsgesetzes zur Bekämpfung der Compu-
terkriminalität. Der Rechtsausschuss empfiehlt in seiner
Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/5449, den Ge-
setzentwurf der Bundesregierung auf der Druck-
sache 16/3656 anzunehmen. Hierzu liegt ein Änderungs-
antrag der Fraktion Die Linke vor, über den wir zuerst
abstimmen. Wer stimmt für den Änderungsantrag auf
Drucksache 16/5486? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-
tungen? – Damit ist der Änderungsantrag bei Zustim-
mung durch die Linke und Gegenstimmen der übrigen
Abgeordneten abgelehnt.

Ich bitte jetzt diejenigen, die dem Gesetzentwurf zu-
stimmen wollen, um das Handzeichen. – Gegenstim-
men? – Enthaltungen? – Damit ist der Gesetzentwurf in
zweiter Beratung bei Ablehnung durch Die Linke und ei-
nen Abgeordneten der SPD-Fraktion und Zustimmung
des übrigen Hauses angenommen.

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F

1) Anlage 12
2) Anlage 13
3) Anlagen 5 und 6 4)

(C (D Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die zustimen wollen, sich zu erheben. – Gegenstimmen? – Ent altungen? – Damit ist der Gesetzentwurf in dritter Beraung mit dem gleichen Stimmenverhältnis wie zuvor ngenommen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 24 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie – zu dem Antrag der Abgeordneten Gudrun Kopp, Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Engpässe beim grenzüberschreitenden Stromhandel abbauen – Wettbewerb auf dem Elektrizitätsmarkt intensivieren – zu dem Antrag der Abgeordneten Gudrun Kopp, Martin Zeil, Jens Ackermann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Mehr Wettbewerb für die deutschen und europäischen Energiemärkte – Europäischen Impuls aufnehmen – zu dem Antrag der Abgeordneten Bärbel Höhn, Dr. Thea Dückert, Hans-Josef Fell, Kerstin Andreae und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Wettbewerb auf den Energiemärkten stärken, eigentumsrechtliche Entflechtung der Transportnetze umsetzen und Möglichkeiten zur Entflechtung bei marktbeherrschenden Stellungen schaffen – Drucksachen 16/3346, 16/4187, 16/4557, 16/5337 – Berichterstattung: Abgeordneter Rolf Hempelmann Die zu Protokoll gegebenen Reden stammen von den ollegen Dr. Joachim Pfeiffer, Rolf Hempelmann, udrun Kopp, Kerstin Andreae und Hans-Kurt Hill.4)


(Beifall auf der Besuchertribüne)


Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-
chusses für Wirtschaft und Technologie zu dem Antrag
er Fraktion der FDP mit dem Titel „Engpässe beim
renzüberschreitenden Stromhandel abbauen – Wettbe-
erb auf dem Elektrizitätsmarkt intensivieren“.

Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Be-
chlussempfehlung auf Drucksache 16/5337, den Antrag
er Fraktion der FDP auf Drucksache 16/3346 abzuleh-
en. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Ge-
enstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfeh-
ung ist mit den Stimmen der Koalition und der Linken
egen die Stimmen der FDP und bei Enthaltung der
raktion des Bündnisses 90/Die Grünen angenommen.

Anlage 14






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt
der Ausschuss die Ablehnung des Antrags der Fraktion
der FDP auf Drucksache 16/4187 mit dem Titel „Mehr
Wettbewerb für die deutschen und europäischen Ener-
giemärkte – Europäischen Impuls aufnehmen“. Wer
stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenstim-
men? – Enthaltungen? – Damit ist die Beschlussempfeh-
lung bei Zustimmung durch die Koalition und Die
Linke, Gegenstimmen der FDP und bei Enthaltung von
Bündnis 90/Die Grünen angenommen.

Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Nr. 3 sei-
ner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/5337 die
Ablehnung des Antrags der Fraktion des Bündnisses 90/
Die Grünen auf Drucksache 16/4557 mit dem Titel
„Wettbewerb auf den Energiemärkten stärken, eigen-
tumsrechtliche Entflechtung der Transportnetze umset-
zen und Möglichkeiten zur Entflechtung bei marktbe-
herrschenden Stellungen schaffen“. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltun-
gen? – Diese Beschlussempfehlung ist angenommen bei
Zustimmung durch die Koalition, Gegenstimmen von
Bündnis 90/Die Grünen und bei Enthaltung von FDP
und der Linken.

Jetzt rufe ich die Tagesordnungspunkte 25 a bis c so-
wie den Zusatzpunkt 5 auf:

25 a) Beratung der Unterrichtung durch die Bundes-
regierung

Nationaler Bildungsbericht 2006 – Bildung in
Deutschland
und
Stellungnahme der Bundesregierung

– Drucksache 16/4100 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Innenausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Marcus
Weinberg, Ilse Aigner, Michael Kretschmer, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/
CSU sowie der Abgeordneten Dr. Ernst Dieter
Rossmann, Jörg Tauss, Nicolette Kressl, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Bildungsberichterstattung fortführen und wei-
terentwickeln

– Drucksache 16/5415 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Innenausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

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(C (D c)

Hinz (Herborn), Kai Gehring, Krista Sager, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion des BÜND-
NISSES 90/DIE GRÜNEN

Bildungsforschung und Bildungsberichterstat-
tung stärken

– Drucksache 16/5412 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Innenausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

P 5 Beratung des Antrags der Abgeordneten Cornelia
Pieper, Patrick Meinhardt, Uwe Barth, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Bildungsberichterstattung in Deutschland und
deren Weiterentwicklung

– Drucksache 16/5409 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Innenausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

Zu Protokoll gegeben haben ihre Rede die Kollegen
arcus Weinberg, Dr. Ernst Dieter Rossmann, Cornelia

ieper, Cornelia Hirsch, Priska Hinz (Herborn) und der
arlamentarische Staatssekretär Andreas Storm.1)

Verabredet ist, die Drucksache 16/4100 an die in der
agesordnung aufgeführten Ausschüsse sowie an den In-
enausschuss, an den Ausschuss für Angelegenheiten
er Europäischen Union sowie an den Haushaltsaus-
chuss zu überweisen. Die Vorlagen auf den Druck-
achen 16/5415, 16/5412 und 16/5409 sollen an diesel-
en Ausschüsse überwiesen werden. Sind Sie damit ein-
erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 26 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Menschenrechte und
Humanitäre Hilfe (17. Ausschuss) zu der Unter-
richtung durch die Bundesregierung

Bericht der Bundesregierung über die deut-
sche humanitäre Hilfe im Ausland 2002 bis
2005

– Drucksachen 16/3777, 16/5490 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Ute Granold
Christel Riemann-Hanewinckel

Anlage 15






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
Burkhardt Müller-Sönksen
Michael Leutert
Volker Beck (Köln)


Uns liegen die Reden der Kolleginnen und Kollegen
Ute Granold, Christel Riemann-Hanewinckel, Burkhardt
Müller-Sönsken, Michael Leutert und Thilo Hoppe vor.1)

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-
schusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe zu
dem Bericht der Bundesregierung über die deutsche Hu-
manitäre Hilfe im Ausland von 2002 bis 2005 auf den
Drucksachen 16/3777 und 16/5490. Der Ausschuss emp-
fiehlt, in Kenntnis der Unterrichtung eine Entschließung
anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
lung? – Die Gegenprobe! – Die Enthaltungen! – Die Be-
schlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koalition
und der Grünen bei Enthaltung der Fraktion der FDP und
der Fraktion Die Linke angenommen.

Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 27 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Jürgen
Gehb, Norbert Geis, Ute Granold, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion der CDU/CSU so-
wie der Abgeordneten Fritz Rudolf Körper,
Joachim Stünker, Dr. Carl-Christian Dressel,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
SPD

Ächtung des Gesetzes zur Verhütung erb-
kranken Nachwuchses vom 14. Juli 1933

– zu dem Antrag der Abgeordneten Volker Beck

(Köln), Markus Kurth, Britta Haßelmann, wei-

terer Abgeordneter und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Nichtigkeitserklärung des Erbgesundheits-
gesetzes

– Drucksachen 16/3811, 16/1171, 16/5450 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Jürgen Gehb
Dr. Carl-Christian Dressel
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Wolfgang Nešković
Jerzy Montag

Zu Protokoll gegeben haben ihre Reden der Kollege
Dr. Jürgen Gehb, der Kollege Dr. Carl-Christian Dressel,
die Kollegin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sowie
die Kollegen Jörn Wunderlich und Volker Beck (Köln). 2)

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Rechts-
ausschusses zu dem Antrag der Fraktion der CDU/CSU
und der Fraktion der SPD mit dem Titel „Ächtung des
Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses vom
14. Juli 1933“. Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe a

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1) Anlage 16
2) Anlage 17

(C (D einer Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/5450, en Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD uf Drucksache 16/3811 anzunehmen. Wer stimmt für iese Beschlussempfehlung? – Die Gegenstimmen! – ie Enthaltungen! – Die Beschlussempfehlung ist mit en Stimmen der Koalition und der FDP gegen die Stimen vom Bündnis 90/Die Grünen und bei Enthaltung er Linken angenommen. Unter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung auf rucksache 16/5450 empfiehlt der Ausschuss die Ab ehnung des Antrags der Fraktion des Bündnisses 90/Die rünen auf Drucksache 16/1171 mit dem Titel „Nichtigeitserklärung des Erbgesundheitsgesetzes“. Wer stimmt ür diese Beschlussempfehlung? – Die Gegenstimmen! – ie Enthaltungen! – Damit ist die Beschlussempfehlung ei Zustimmung der Koalition, Gegenstimmen von ündnis 90/Die Grünen und der Linken sowie Enthal ung der FDP angenommen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 28 a bis 28 c auf: a)

CSU und SPD eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Ver-
braucherinformation

– Drucksache 16/5404 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Ernährung, Landwirt-
schaft und Verbraucherschutz (10. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Dr. Kirsten
Tackmann, Dr. Gesine Lötzsch, Dr. Dietmar
Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der LINKEN

Bund-Länder-Staatsvertrag – Qualitätsma-
nagement Lebensmittelqualität

– Drucksachen 16/2744, 16/3906 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Ursula Heinen
Elvira Drobinski-Weiß
Hans-Michael Goldmann
Dr. Kirsten Tackmann
Ulrike Höfken

c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Ernährung, Landwirt-
schaft und Verbraucherschutz (10. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Hans-
Michael Goldmann, Jens Ackermann, Dr. Karl
Addicks, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der FDP






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
Verbraucherinformationsrechte stärken –
Neues Verbraucherinformationsgesetz zü-
gig vorlegen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Karin Binder,
Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Gesine Lötzsch,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
LINKEN

Zweite Chance nutzen – Das Recht auf Ver-
braucherinformation grundlegend neu ge-
stalten

– Drucksachen 16/4447, 16/4544, 16/5165 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Ursula Heinen
Elvira Drobinski-Weiß
Hans-Michael Goldmann
Karin Binder
Ulrike Höfken

Hier liegen uns Reden der Kolleginnen und Kollegen
Ursula Heinen, Elvira Drobinski-Weiß, Hans-Michael
Goldmann, Karin Binder und Ulrike Höfken vor.1)

Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
wurfs auf Drucksache 16/5404 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es
dazu andere Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann
ist die Überweisung so beschlossen.

Tagesordnungspunkt 28 b. Abstimmung über die Be-
schlussempfehlung des Ausschusses für Ernährung,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz zu dem Antrag
der Fraktion Die Linke mit dem Titel „Bund-Länder-
Staatsvertrag – Qualitätsmanagement Lebensmittelquali-
tät“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussemp-
fehlung auf Drucksache 16/3906, den Antrag der Frak-
tion Die Linke auf Drucksache 16/2744 abzulehnen. Wer
stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenstim-
men? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist
mit den Stimmen der Koalition und der FDP gegen die
Stimmen der Linken bei Enthaltung von Bündnis 90/Die
Grünen angenommen.

Tagesordnungspunkt 28 c. Abstimmung über die Be-
schlussempfehlung des Ausschusses für Ernährung,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz zu dem Antrag
der Fraktion der FDP mit dem Titel „Verbraucherinfor-
mationsrechte stärken – Neues Verbraucherinforma-
tionsgesetz zügig vorlegen“. Der Ausschuss empfiehlt
unter Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 16/5165, den Antrag der Fraktion der FDP
auf Drucksache 16/4447 abzulehnen. Wer stimmt für
diese Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Ent-
haltungen? – Die Beschlussempfehlung ist bei Zustim-
mung von der Koalition und von Bündnis 90/Die Grü-
nen, Gegenstimmen der FDP und Enthaltung der Linken
angenommen.

Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 16/5165 empfiehlt der Ausschuss für Ernäh-
rung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz die Ableh-

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1) Anlage 18 2)

(C (D ung des Antrags der Fraktion Die Linke auf rucksache 16/4544 mit dem Titel „Zweite Chance utzen – Das Recht auf Verbraucherinformation grundegend neu gestalten“. Wer stimmt für diese Beschlussmpfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die eschlussempfehlung ist angenommen bei Zustimmung urch die Koalition und Gegenstimmen der Fraktion Die inke und Enthaltung von Bündnis 90/Die Grünen und DP. Ich rufe auf Tagesordnungspunkt 29: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung eines Alkoholverbots für Fahranfänger und Fahranfängerinnen – Drucksache 16/5047 – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung – Drucksache 16/5398 – Berichterstattung: Abgeordneter Patrick Döring Wir haben zu Protokoll gegebene Reden der Kolleinnen und Kollegen Gero Storjohann, Heidi Wright, atrick Döring, Dorothée Menzner, Dr. Anton Hofreiter nd Achim Großmann.2)


(15. Ausschuss)


Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-
esregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Einfüh-
ung eines Alkoholverbots für Fahranfänger und Fahran-
ängerinnen.

Der Ausschuss für Verkehr, Bau- und Stadtentwick-
ung empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf
rucksache 16/5398, den Gesetzentwurf der Bundesre-
ierung auf Drucksache 16/5047 in der Ausschussfas-
ung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetz-
ntwurf in der Ausschussfassung zustimmen möchten,
m das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Enthal-
ungen? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung mit
en Stimmen der Koalition, Bündnis 90/Die Grünen und
er Linken gegen die Stimmen der FDP angenommen.

Dritte Beratung

nd Schlussabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf
ustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. – Gegen-
timmen? – Enthaltungen? – Damit ist der Gesetzent-
urf in dritter Beratung mit dem gleichen Stimm-

rgebnis wie vorher angenommen.

Wir sind am Schluss unserer heutigen Tagesordnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
estags auf morgen, Freitag, den 25. Mai, 9 Uhr, ein.

Genießen Sie die gewonnenen Einsichten und den
estlichen Abend.

Die Sitzung ist geschlossen.