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ID1610015400

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    Plenarprotokoll 16/100 Ausschusses für wirtschaftliche Zusam- menarbeit und Entwicklung – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Christian Ruck, Anette Hübinger, Dr. Wolf Bauer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Sascha Raabe, Gabriele Groneberg, Dr. Bärbel Kofler, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der SPD: Die deutsche G8- und EU-Präsidentschaft – Neue Impulse für die Entwicklungspolitik – zu dem Antrag der Abgeordneten Hellmut Königshaus, Dr. Karl Addicks, Jens Ackermann, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der FDP: Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft c) Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Hartwig Fischer (Göt- tingen), Eckart von Klaeden, Anke Eymer (Lübeck), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abge- ordneten Dr. Herta Däubler-Gmelin, Gert Weisskirchen (Wiesloch), Niels Annen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Für eine Politik der gleichbe- rechtigten Partnerschaft mit den afri- kanischen Ländern (Drucksachen 16/4414, 16/5311) . . . . . . . d) Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Winfried Nachtwei, Alexander Bonde, Dr. Uschi Eid, weiterer 10127 C Deutscher B Stenografisch 100. Sitz Berlin, Donnerstag, d I n h a l Gedenken an die in Afghanistan ums Leben gekommenen Angehörigen der Bundeswehr Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absetzung des Tagesordnungspunktes 33 . . . Nachträgliche Ausschussüberweisungen . . . . Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeord- neten Jörg-Otto Spiller und Wolfgang Gunkel Tagesordnungspunkt 4: a) Abgabe einer Erklärung durch die Bun- deskanzlerin: zum G8-Weltwirtschafts- gipfel vom 6. bis 8. Juni 2007 in Heili- gendamm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des 10125 A 10125 D 10127 A 10126 D 10127 A 10127 A 2007 zur Reform der Entwicklungs- zusammenarbeit der Europäischen Union nutzen undestag er Bericht ung en 24. Mai 2007 t : – zu dem Antrag der Abgeordneten Thilo Hoppe, Ute Koczy, Jürgen Trittin, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Reformen für eine gerechte Globali- sierung – Deutsche G8-Präsident- schaft für Klimaschutz und nachhal- tige Entwicklung nutzen – zu der Unterrichtung durch die Bundes- regierung: Mitteilung der Kommis- sion EU-Entwicklungszusammenar- beit: Mehr, besser und schneller helfen KOM (2006) 87 endg.; Rats- dok. 7067/06 (Drucksachen 16/4160, 16/2833, 16/4151, 16/1101 Nr. 2.16, 16/4880) . . . . . . . . . . . 10127 C Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Für eine Wiederbelebung des nuklearen Ab- II Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 rüstungsprozesses im Rahmen der deut- schen EU- und G8-Präsidentschaft (Drucksachen 16/3011, 16/4586) . . . . . . . e) Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Uschi Eid, Margareta Wolf (Frankfurt) und der Frak- tion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN: Reformpartnerschaften mit Afrika intensivieren – Afrika muss auf die Tagesordnung des G8-Gipfels in Deutschland 2007 (Drucksachen 16/2651, 16/5440) . . . . . . . f) Antrag der Abgeordneten Ulla Lötzer, Wolfgang Gehrcke, Heike Hänsel, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN: Menschen statt Profite – Nein zu G8 (Drucksache 16/5408) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin . . . . . . . Dr. Guido Westerwelle (FDP) . . . . . . . . . . . . Dr. Ditmar Staffelt (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Matthias Wissmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD) . . . . . . . . . . Hellmut Königshaus (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD) . . . . . . . . . . Dr. Christian Ruck (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Dr. Karl Addicks (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Erich G. Fritz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Ulla Lötzer (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Frank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 5: Erste Beratung des von den Abgeordneten Birgitt Bender, Volker Beck (Köln), Markus Kurth, weiteren Abgeordneten und der Frak- tion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über genetische Untersuchungen bei Menschen (Gendiagnostikgesetz – GenDG) (Drucksache 16/3233) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A D D F B H M R D D T a b c d e 10127 D 10127 D 10128 A 10128 A 10132 B 10134 B 10136 A 10138 D 10140 C 10141 A 10142 C 10144 A 10144 C 10144 D 10145 D 10146 D 10147 D 10149 B 10150 C 10151 C 10153 B 10153 C nnette Widmann-Mauz (CDU/CSU) . . . . . . r. Konrad Schily (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . r. Carola Reimann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . rank Spieth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . irgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ubert Hüppe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . ichael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . ené Röspel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . r. Wolfgang Wodarg (SPD) . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 38: ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 25. Juni 2005 zur Änderung des Partnerschafts- abkommens vom 23. Juni 2000 zwischen den Mitgliedern der Gruppe der Staaten in Afrika, im Karibischen Raum und im Pazifischen Ozean einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits (AKP-EG- Partnerschaftsabkommen) (Drucksache 16/4970) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Zwei- ten Gesetzes über die Bereinigung von Bundesrecht im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums der Justiz (Drucksache 16/5051) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Max Stadler, Gisela Piltz, Dr. Karl Addicks, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über eine Einmalzahlung für Versorgungsempfänger im Jahre 2007 (Versorgungsempfänger-Einmalzahlungs- gesetz 2007 – VEzG 2007) (Drucksache 16/5250) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 1. Juni 2006 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Georgien zur Vermei- dung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (Drucksache 16/5386) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Ablösung des Abfallverbrin- 10154 D 10157 B 10158 B 10160 B 10161 C 10162 D 10165 A 10165 D 10167 B 10168 A 10170 A 10170 A 10170 C 10170 C Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 III gungsgesetzes und zur Änderung weiterer Rechtsvorschriften (Drucksache 16/5384) . . . . . . . . . . . . . . . . f) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Drit- ten Gesetzes zur Änderung des Rind- fleischetikettierungsgesetzes (Drucksache 16/5338) . . . . . . . . . . . . . . . . g) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Umsetzung der Richtlinie 2005/ 36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Anerkennung von Berufsqualifikationen der Heilbe- rufe (Drucksache 16/5385) . . . . . . . . . . . . . . . . h) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu den Internationalen Gesundheits- vorschriften (2005) (IGV) vom 23. Mai 2005 (Drucksache 16/5387) . . . . . . . . . . . . . . . . i) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 12. Okto- ber 2006 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Re- publik zur Vermeidung der Doppelbe- steuerung der Nachlässe, Erbschaften und Schenkungen (Drucksache 16/5388) . . . . . . . . . . . . . . . . j) Antrag der Abgeordneten Dr. Norman Paech, Dr. Lothar Bisky, Monika Knoche, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN: Für die Beendigung des Pachtvertrages zwischen Kuba und den USA über Guantánamo Bay (Drucksache 16/4628) . . . . . . . . . . . . . . . . k) Antrag der Abgeordneten Dr. Gerhard Schick, Christine Scheel, Bärbel Höhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Schutz der Anlegerinnen und Anleger bei Zertifikaten stärken (Drucksache 16/5290) . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 2: a) Antrag der Abgeordneten Renate Blank, Dirk Fischer (Hamburg), Dr. Klaus W. Lippold, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abge- ordneten Annette Faße, Hans-Joachim Hacker, Sören Bartol, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der SPD: Attrakti- vität des Wassertourismus und des Wassersports stärken (Drucksache 16/5416) . . . . . . . . . . . . . . . . b c d T a b c d e 10170 C 10170 C 10170 C 10170 D 10170 D 10170 D 10171 A 10171 A ) Antrag der Abgeordneten Dr. Volker Wissing, Sibylle Laurischk, Frank Schäffler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Mehr Freiheit wagen – Zivilge- sellschaft stärken (Drucksache 16/5410) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Markus Löning, Florian Toncar, Michael Link (Heilbronn), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Todesstrafe weltweit abschaf- fen (Drucksache 16/5411) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Marieluise Beck (Bremen), Alexander Bonde, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN: Schutz für irakische Flüchtlinge gewährleisten (Drucksache 16/5414) . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 39: ) Zweite und dritte Beratung des von den Ab- geordneten Jerzy Montag, Markus Kurth und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs ei- nes Gesetzes zur Anhebung der Vergü- tung von Berufsbetreuern (Drucksachen 16/2649, 16/3935) . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Fi- nanzausschusses zu dem Antrag der Abge- ordneten Dr. Barbara Höll, Frank Spieth, Dr. Ilja Seifert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN: Ermäßigung des Mehrwertsteuersatzes für apothe- kenpflichtige Arzneimittel auf 7 Pro- zent (Drucksachen 16/732, 16/3014) . . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirt- schaft und Verbraucherschutz zu dem An- trag der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Dr. Kirsten Tackmann, Kersten Naumann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN: Überschuldung privater Haushalte wirksam bekämpfen (Drucksachen 16/1544, 16/3907) . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadt- entwicklung zu dem Antrag der Abgeord- neten Patrick Döring, Horst Friedrich (Bayreuth), Hans-Michael Goldmann, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Modellversuch für Wassertaxen in Berlin starten (Drucksachen 16/2519, 16/4268) . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadt- entwicklung zu der Unterrichtung durch 10171 B 10171 B 10171 B 10171 C 10171 C 10172 A 10172 B IV Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 die Bundesregierung: Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Nachrüstung von in der Gemeinschaft zugelassenen schweren Lastkraftwagen mit Spiegeln (inkl. 13869/06 ADD 1 und 13869/06 ADD 2) KOM (2006) 570 endg.; Ratsdok. 13869/06 (Drucksachen 16/3382 Nr. 2.16, 16/4542) f) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadt- entwicklung zu dem Antrag der Abgeord- neten Peter Götz, Dr. Joachim Pfeiffer, Dirk Fischer (Hamburg), weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Ernst Kranz, Sören Bartol, Uwe Beckmeyer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Bericht über die Wohnungs- und Immo- bilienwirtschaft in Deutschland (Drucksachen 16/4570, 16/4940) . . . . . . . g) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Ab- geordneten Hans-Josef Fell, Cornelia Behm, Ulrike Höfken, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN: Umgehend Kon- zept für eine ergebnisoffene Standort- auswahl für ein nationales Atommül- lendlager vorlegen (Drucksachen 16/2790, 16/4964) . . . . . . . h) – o) Beschlussempfehlungen des Petitionsaus- schusses: Sammelübersichten 218, 219, 220, 221, 222, 223, 224 und 225 zu Peti- tionen (Drucksachen 16/5260, 16/5261, 16/5262, 16/5263, 16/5264, 16/5265, 16/5266, 16/5267) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 3: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Die sogenannte Herdprämie als Hindernis für eine gute vorschulische Förderung für alle Kinder Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Cornelia Pieper (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christel Humme (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Diana Golze (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Johannes Singhammer (CDU/CSU) . . . . . . . . E K T E I C E T B s p d B s d ( R R M B D G T D T B s H – – – 10172 C 10172 C 10172 D 10172 B, 10172 D 10174 A 10175 C 10177 A 10178 C 10179 C 10180 D kin Deligöz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . erstin Griese (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . homas Dörflinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . lke Ferner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ngrid Fischbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . aren Marks (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . lisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU) . agesordnungspunkt 6: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- chusses für die Angelegenheiten der Euro- äischen Union zu dem Antrag der Fraktionen er CDU/CSU, der SPD, der FDP und des ÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Fort- chritte für Zypern – Eine Aufgabe für die eutsche EU-Ratspräsidentschaft Drucksachen 16/5259, 16/5453) . . . . . . . . . . ainder Steenblock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ainer Fornahl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . arkus Löning (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . ernhard Kaster (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . r. Diether Dehm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . ünter Gloser, Staatsminister für Europa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . homas Silberhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . r. Lale Akgün (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 7: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- chusses für Menschenrechte und Humanitäre ilfe zu dem Antrag der Abgeordneten Erika Steinbach, Holger Haibach, Carl-Eduard von Bismarck, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abge- ordneten Christel Riemann-Hanewinckel, Christoph Strässer, Klaus Brandner, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Solidarität mit verfolgten Chris- ten und anderen verfolgten religiösen Minderheiten zu dem Antrag der Abgeordneten Florian Toncar, Burkhardt Müller-Sönksen, Dr. Werner Hoyer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Für die weltweite Sicherstellung der Religionsfreiheit zu dem Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Josef Philip Winkler und der 10182 A 10183 B 10184 B 10185 C 10186 C 10188 B 10189 C 10190 B 10190 C 10191 C 10192 C 10193 D 10195 A 10196 A 10197 A 10198 B Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 V Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Glaubensfreiheit weltweit achten (Drucksachen 16/3608, 16/1998, 16/3614, 16/4498) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 4: Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Marieluise Beck (Bremen), Alexander Bonde, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Solidarität mit verfolgten Christen und an- deren religiösen Minderheiten durch Be- rücksichtigung der religiös Verfolgten beim Flüchtlingsschutz einlösen (Drucksache 16/5419) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christel Riemann-Hanewinckel (SPD) . . . . . Burkhardt Müller-Sönksen (FDP) . . . . . . . . . Erika Steinbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Bodo Ramelow (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Angelika Graf (Rosenheim) (SPD) . . . . . . . . Alois Karl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Bodo Ramelow (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 8: Antrag der Abgeordneten Rainer Brüderle, Martin Zeil, Gudrun Kopp, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der FDP: Mehr Dynamik und mehr Wettbewerb für die deutsche Volkswirtschaft – Entflechtungs- regelung in das Gesetz gegen Wettbewerbs- beschränkungen und europäisches Recht integrieren (Drucksache 16/4065) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rainer Brüderle (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Albert Rupprecht (Weiden) (CDU/CSU) . . . . Dr. Herbert Schui (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Christian Lange (Backnang) (SPD) . . . . . . . . Rainer Brüderle (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Rainer Brüderle (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . T a b c H D M D U D D G T B a R D u g ( W O 10199 C 10199 D 10200 A 10201 B 10202 C 10204 A 10205 B 10206 C 10207 D 10208 A 10209 D 10210 A 10211 A 10212 C 10213 C 10214 D 10215 C 10216 C 10217 B agesordnungspunkt 9: ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Ab- geordneten Marie-Luise Dött, Katherina Reiche (Potsdam), Dr. Christian Ruck, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Marco Bülow, Dirk Becker, Petra Bierwirth, weiterer Abgeordneter, und der Fraktion der SPD: Deutschlands Verant- wortung national und international mit einer umfassenden Strategie zur biolo- gischen Vielfalt wahrnehmen (Drucksachen 16/1996, 16/4275) . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirt- schaft und Verbraucherschutz zu dem An- trag der Abgeordneten Cornelia Behm, Ulrike Höfken, Bärbel Höhn, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN: Nachhaltige Ressourcennutzung durch Agroforst- wirtschaft (Drucksachen 16/2794, 16/5294) . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Cornelia Behm, Undine Kurth (Quedlinburg), Ulrike Höfken, Bärbel Höhn und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Dem Verlust an Agrobiodiversität entgegen- wirken (Drucksache 16/5413) . . . . . . . . . . . . . . . einz Schmitt (Landau) (SPD) . . . . . . . . . . . r. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . . arie-Luise Dött (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . r. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . ndine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Gerhard Botz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Max Lehmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . abriele Groneberg (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 10: eschlussempfehlung und Bericht des Innen- usschusses zu dem Antrag der Abgeordneten oland Claus, Dr. Gesine Lötzsch, r. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter nd der Fraktion der LINKEN: Beendigungs- esetz zum Berlin/Bonn-Gesetz Drucksachen 16/3284, 16/4461) . . . . . . . . . . olfgang Bosbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . tto Fricke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10218 B 10218 C 10218 C 10218 D 10219 D 10221 A 10222 D 10223 D 10224 D 10225 C 10226 C 10226 D 10228 A 10228 B 10229 D VI Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 Gabriele Fograscher (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Roland Claus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . . Otto Fricke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bettina Hagedorn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 11: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Pass- gesetzes und weiterer Vorschriften (Drucksachen 16/4138, 16/4456, 16/5445) b) Beschlussempfehlung und Bericht des In- nenausschusses – zu dem Antrag der Abgeordneten Gisela Piltz, Dr. Karl Addicks, Uwe Barth, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Sicherheitslücken bei biometrischen Pässen beseitigen – zu dem Antrag der Abgeordneten Gisela Piltz, Dr. Karl Addicks, Daniel Bahr (Münster), weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der FDP: Keine Einführung des elektronischen Per- sonalausweises – zu dem Antrag der Abgeordneten Wolfgang Wieland, Volker Beck (Köln) und der Fraktion des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN: Daten- schutz und Bürgerrecht bei der Ein- führung biometrischer Ausweise wahren (Drucksachen 16/854, 16/3046, 16/4159, 16/5445) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Clemens Binninger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Gisela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frank Hofmann (Volkach) (SPD) . . . . . . . . . . Jan Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . Gert Winkelmeier (fraktionslos) . . . . . . . . . . . Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Dieter Wiefelspütz (SPD) . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 12: Antrag der Abgeordneten Irmingard Schewe- Gerigk, Margareta Wolf (Frankfurt), Kerstin Andreae, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- N s ( M D M K D T B s l r T U E m s ( ( S P P H P T A ( t F s H c ( H D E H D T Z d 10231 A 10232 A 10233 A 10234 A 10234 D 10235 C 10237 A 10237 A 10237 C 10239 D 10240 D 10242 C 10243 C 10244 B 10245 A EN: Quote für Aufsichtsratsgremien bör- ennotierter Unternehmen einführen Drucksache 16/5279) . . . . . . . . . . . . . . . . . . argareta Wolf (Frankfurt) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aniela Raab (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . echthild Dyckmans (FDP) . . . . . . . . . . . . . laus Uwe Benneter (SPD) . . . . . . . . . . . . . . r. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . agesordnungspunkt 13: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- chusses für Verkehr, Bau und Stadtentwick- ung zu der Unterrichtung durch die Bundes- egierung: hematische Strategie für die städtische mwelt ntschließung des Europäischen Parla- ents zur thematischen Strategie für die tädtische Umwelt (2006/2061(INI)) EuB-EP 1400) Drucksachen 16/3573 Nr. 1.4, 16/4608) . . . . ören Bartol (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . atrick Döring (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . eter Götz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . eidrun Bluhm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . eter Hettlich (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 14: ntrag der Abgeordneten Horst Friedrich Bayreuth), Jan Mücke, Patrick Döring, wei- erer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: inanzierung des Transrapid jetzt sicher- tellen und alle Mittel auf die Strecke auptbahnhof München–Flughafen Mün- hen konzentrieren Drucksache 16/1165) . . . . . . . . . . . . . . . . . . orst Friedrich (Bayreuth) (FDP) . . . . . . . . . r. Hans-Peter Friedrich (Hof) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . va Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . einz Paula (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bartholomäus Kalb (CDU/CSU) . . . . . . . . agesordnungspunkt 15: weite und dritte Beratung des von der Bun- esregierung eingebrachten Entwurfs eines 10246 C 10246 D 10247 D 10249 C 10250 C 10252 A 10253 A 10253 B 10254 D 10255 D 10257 B 10258 B 10259 B 10259 C 10260 D 10262 B 10263 B 10265 A 10266 A Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 VII Gesetzes zur Neuordnung der ERP-Wirt- schaftsförderung (ERP-Wirtschaftsförde- rungsneuordnungsgesetz) (Drucksachen 16/4664, 16/5054, 16/5447, 16/5451) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. h. c. Hans Michelbach (CDU/CSU) . . . . . Martin Zeil (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christian Lange (Backnang) (SPD) . . . . . . . . Dr. Herbert Schui (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 16: – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Klaus Ernst, Hüseyin- Kenan Aydin, Karin Binder, weiteren Ab- geordneten und der Fraktion der LINKEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Jugendarbeitsschutz- gesetzes (Drucksachen 16/3016, 16/5316) . . . . . . . – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Ernst Burgbacher, Dr. Heinrich L. Kolb, Jens Ackermann, weite- ren Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung des Gesetzes zum Schutz der arbeitenden Jugend (Ju- gendarbeitsschutzgesetz – JArbSchG) (Drucksachen 16/2094, 16/5316) . . . . . . . Wolfgang Grotthaus (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Ernst Burgbacher (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Gitta Connemann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Diana Golze (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Renate Gradistanac (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 17: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Zollfahndungs- dienstgesetzes und anderer Gesetze (Drucksachen 16/4663, 16/5053, 16/5448) . . Tagesordnungspunkt 18: a) Antrag der Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter, Winfried Hermann, Peter Hettlich, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Einführung eines generellen b T Z d G m b ( T A D A m s ( T Z d G i r ( T A P d t ( T Z B n B ( ( T B s 10266 C 10266 D 10268 B 10269 B 10271 A 10272 A 10273 A 10273 B 10273 B 10274 D 10276 A 10277 C 10278 D 10279 D 10281 A Tempolimits von 120 km/h auf deut- schen Autobahnen (Drucksache 16/5420) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Dorothée Menzner, Dr. Gesine Lötzsch, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN: Einführung eines generellen Tempolimits von 130 Stun- denkilometern auf Bundesautobahnen (Drucksache 16/5145) . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 19: weite und dritte Beratung des von der Bun- esregierung eingebrachten Entwurfs eines esetzes über Qualität und Sicherheit von enschlichen Geweben und Zellen (Gewe- egesetz) Drucksachen 16/3146, 16/5443) . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 20: ntrag der Abgeordneten Marina Schuster, r. Werner Hoyer, Jens Ackermann, weiterer bgeordneter und der Fraktion der FDP: De- okratie, Rechtsstaatlichkeit und Zivilge- ellschaft in Ägypten fördern Drucksache 16/4458) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 21: weite und dritte Beratung des von der Bun- esregierung eingebrachten Entwurfs eines esetzes zur Anpassung des Dienstrechts n der Bundesagentur für Arbeit (Dienst- echtsanpassungsgesetz BA – DRAnpGBA) Drucksachen 16/5050, 16/5289) . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 22: ntrag der Abgeordneten Jan Korte, Petra au, Ulla Jelpke, weiterer Abgeordneter und er Fraktion der LINKEN: Unrecht des Kal- en Krieges wiedergutmachen Drucksache 16/3934) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 23: weite und dritte Beratung des von der undesregierung eingebrachten Entwurfs ei- es … Strafrechtsänderungsgesetzes zur ekämpfung der Computerkriminalität … StrÄndG) Drucksachen 16/3656, 16/5449) . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 24: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- chusses für Wirtschaft und Technologie 10281 C 10281 C 10281 D 10282 B 10282 C 10282 D 10283 A VIII Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 – zu dem Antrag der Abgeordneten Gudrun Kopp, Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Engpässe beim grenzüber- schreitenden Stromhandel abbauen – Wettbewerb auf dem Elektrizitätsmarkt intensivieren – zu dem Antrag der Abgeordneten Gudrun Kopp, Martin Zeil, Jens Ackermann, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Mehr Wettbewerb für die deut- schen und europäischen Energiemärkte – Europäischen Impuls aufnehmen – zu dem Antrag der Abgeordneten Bärbel Höhn, Dr. Thea Dückert, Hans-Josef Fell, Kerstin Andreae und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Wett- bewerb auf den Energiemärkten stär- ken, eigentumsrechtliche Entflechtung der Transportnetze umsetzen und Mög- lichkeiten zur Entflechtung bei markt- beherrschenden Stellungen schaffen (Drucksachen 16/3346, 16/4187, 16/4557, 16/5337) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 25: a) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Nationaler Bildungsbericht 2006 – Bil- dung in Deutschland und Stellungnahme der Bundesregierung (Drucksache 16/4100) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Marcus Weinberg, Ilse Aigner, Michael Kretschmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/ CSU sowie der Abgeordneten Dr. Ernst Dieter Rossmann, Jörg Tauss, Nicolette Kressl, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Bildungsbericht- erstattung fortführen und weiterentwi- ckeln (Drucksache 16/5415) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Priska Hinz (Herborn), Kai Gehring, Krista Sager, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Bildungsforschung und Bildungsbe- richterstattung stärken (Drucksache 16/5412) . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Antrag der Abgeordneten Cornelia Pieper, Patrick Meinhardt, Uwe Barth, weiterer Ab- g d u ( T B s H r ü A ( T B R – – ( T a b c 10283 C 10284 A 10284 B 10284 C eordneter und der Fraktion der FDP: Bil- ungsberichterstattung in Deutschland nd deren Weiterentwicklung Drucksache 16/5409) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 26: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- chusses für Menschenrechte und Humanitäre ilfe zu der Unterrichtung durch die Bundes- egierung: Bericht der Bundesregierung ber die deutsche humanitäre Hilfe im usland 2002 bis 2005 Drucksachen 16/3777, 16/5490) . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 27: eschlussempfehlung und Bericht des echtsausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Jürgen Gehb, Norbert Geis, Ute Granold, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Fritz Rudolf Körper, Joachim Stünker, Dr. Carl-Christian Dressel, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der SPD: Ächtung des Gesetzes zur Verhütung erbkran- ken Nachwuchses vom 14. Juli 1933 zu dem Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Markus Kurth, Britta Haßelmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Nichtigkeitserklärung des Erbgesundheitsgesetzes Drucksachen 16/3811, 16/1171, 16/5450) . . agesordnungspunkt 28: ) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Verbraucherinformation (Drucksache 16/5404) . . . . . . . . . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Gesine Lötzsch, Dr. Dietmar Bartsch, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN: Bund-Länder-Staatsvertrag – Qualitätsmanagement Lebensmittelqua- lität (Drucksachen 16/2744, 16/3906) . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirt- schaft und Verbraucherschutz – zu dem Antrag der Abgeordneten Hans- Michael Goldmann, Jens Ackermann, 10284 C 10284 D 10285 A 10285 C 10285 D Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 IX Dr. Karl Addicks, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der FDP: Verbrau- cherinformationsrechte stärken – Neues Verbraucherinformationsge- setz zügig vorlegen – zu dem Antrag der Abgeordneten Karin Binder, Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Gesine Lötzsch, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der LINKEN: Zweite Chance nutzen – Das Recht auf Verbraucherinformation grund- legend neu gestalten (Drucksachen 16/4447, 16/4544, 16/5165) Tagesordnungspunkt 29: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung eines Alkoholver- bots für Fahranfänger und Fahranfänge- rinnen (Drucksachen 16/5047, 16/5398) . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung (Drucksache 16/4880 Buchstabe d) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung (Drucksache 16/1101 Nr. 2.16) (Tagesord- nungspunkt 4 b) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Markus Löning (FDP) zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung zu dem Antrag: Be- endigungsgesetz zum Berlin/Bonn-Gesetz (Tagesordnungspunkt 10) . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Hellmut Königshaus (FDP) zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung zu dem An- trag: Beendigungsgesetz zum Berlin/Bonn- Gesetz (Tagesordnungspunkt 10) . . . . . . . . . . A E M A A r C o A E J S m ä C o A Z d d G S J S J H D A Z d – – ( G J J L D 10285 D 10286 C 10286 D 10287 A 10289 A 10289 C 10289 C 10290 A nlage 5 rklärung nach § 31 GO der Abgeordneten onika Griefahn, Christoph Pries und ngelika Graf (Rosenheim) (alle SPD) zur bstimmung über den Entwurf eines … Straf- echtsänderungsgesetzes zur Bekämpfung der omputerkriminalität (… StrÄndG) (Tages- rdnungspunkt 23) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 6 rklärung nach § 31 GO der Abgeordneten örg Tauss, Renate Schmidt (Nürnberg) und iegmund Ehrmann (alle SPD) zur Abstim- ung über den Entwurf eines … Strafrechts- nderungsgesetzes zur Bekämpfung der omputerkriminalität (… StrÄndG) (Tages- rdnungspunkt 23) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 7 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung es Zollfahndungsdienstgesetzes und anderer esetze (Tagesordnungspunkt 17) iegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . oachim Stünker (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . abine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . örn Wunderlich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . ans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin BMF . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 8 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung er Anträge: Einführung eines generellen Tempolimits von 120 km/h auf deutschen Autobahnen Einführung eines generellen Tempolimits von 130 Stundenkilometern auf Bundes- autobahnen Tagesordnungspunkt 18 a und b) ero Storjohann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . örg Vogelsänger (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . an Mücke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . utz Heilmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . r. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10290 C 10291 B 10292 B 10293 B 10293 D 10295 A 10296 A 10298 A 10299 A 10300 A 10300 D 10301 D 10302 C X Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Qualität und Sicherheit von menschlichen Geweben und Zellen (Gewebegesetz) (Tagesordnungs- punkt 19) Hubert Hüppe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Carola Reimann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Michael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frank Spieth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rolf Schwanitz, Parl. Staatssekretär BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Zivilgesellschaft in Ägypten fördern (Ta- gesordnungspunkt 20) Joachim Hörster (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Dr. Rolf Mützenich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Marina Schuster (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Norman Paech (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Dr. Uschi Eid (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung des Dienstrechts in der Bundesagentur für Ar- beit (Dienstrechtsanpassungsgesetz BA – DRAnpGBA) (Tagesordnungspunkt 21) Stefan Müller (Erlangen) (CDU/CSU) . . . . . . Klaus Brandner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg Rohde (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kornelia Möller (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 12 Zu Protokoll gegebene Reden zu Beratung des Antrags: Unrecht des Kalten Krieges wie- dergutmachen (Tagesordnungspunkt 22) Günter Baumann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Maik Reichel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Max Stadler (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . J W G A Z d g n S D S J J A A Z d d – – – ( D R G H K A Z – 10303 A 10304 C 10305 A 10305 D 10306 C 10307 A 10308 B 10310 A 10311 C 10313 A 10313 C 10314 C 10315 C 10317 A 10317 D 10318 B 10319 A 10319 D 10320 C an Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . olfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ert Winkelmeier (fraktionslos) . . . . . . . . . . . nlage 13 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Entwurfs eines … Strafrechtsänderungs- esetzes zur Bekämpfung der Computerkrimi- alität (… StrÄndG) (Tagesordnungspunkt 23) iegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . irk Manzewski (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . abine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . an Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . erzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . lfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 14 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung er Beschlussempfehlung und des Berichts zu en Anträgen: Engpässe beim grenzüberschreitenden Stromhandel abbauen – Wettbewerb auf dem Elektrizitätsmarkt intensivieren Mehr Wettbewerb für die deutschen und europäischen Energiemärkte – Europäi- schen Impuls aufnehmen Wettbewerb auf den Energiemärkten stär- ken, eigentumsrechtliche Entflechtung der Transportnetze umsetzen und Möglichkei- ten zur Entflechtung bei marktbeherr- schenden Stellungen schaffen Tagesordnungspunkt 24) r. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . olf Hempelmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . udrun Kopp (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ans-Kurt Hill (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . erstin Andreae (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 15 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Nationaler Bildungsbericht 2006 – Bil- 10321 B 10322 D 10323 C 10324 A 10325 B 10326 A 10327 B 10328 B 10329 B 10330 A 10332 A 10333 A 10333 D 10334 C Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 XI dung in Deutschland und Stellungnahme der Bundesregierung – Antrag: Bildungsberichterstattung fortfüh- ren und weiterentwickeln – Antrag: Bildungsforschung und Bildungs- berichterstattung stärken Dr. Carl-Christian Dressel (SPD) . . . . . . . . . Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörn Wunderlich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10347 D 10348 D 10349 C 10350 A – Antrag: Bildungsberichterstattung in Deutschland und deren Weiterentwicklung (Tagesordnungspunkt 25 a bis c und Zusatzta- gesordnungspunkt 5) Marcus Weinberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . Cornelia Pieper (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Cornelia Hirsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andreas Storm, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 16 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung über die deut- sche humanitäre Hilfe im Ausland 2002 bis 2005 (Tagesordnungspunkt 26) Ute Granold (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Christel Riemann-Hanewinckel (SPD) . . . . . . Burkhardt Müller-Sönksen (FDP) . . . . . . . . . Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . Anlage 17 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts zu den Anträgen: – Ächtung des Gesetzes zur Verhütung erb- kranken Nachwuchses vom 14. Juli 1933 – Nichtigkeitserklärung des Erbgesundheits- gesetzes (Tagesordnungspunkt 27) Dr. Jürgen Gehb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . A Z – – – – ( U E H K U A Z d e F G H P D D A 10335 C 10336 B 10338 C 10339 B 10339 D 10340 D 10341 D 10343 B 10344 A 10345 A 10345 B 10346 D nlage 18 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Verbraucherinformation Beschlussempfehlung und Bericht zu dem Antrag: Bund-Länder-Staatsvertrag – Qua- litätsmanagement Lebensmittelqualität Beschlussempfehlung und Bericht zu dem Antrag: Verbraucherinformationsrechte stär- ken – Neues Verbraucherinformationsge- setz zügig vorlegen Beschlussempfehlung und Bericht zu dem Antrag: Zweite Chance nutzen – Das Recht auf Verbraucherinformation grund- legend neu gestalten Tagesordnungspunkt 28 a bis c) rsula Heinen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . lvira Drobinski-Weiß (SPD) . . . . . . . . . . . . . ans-Michael Goldmann (FDP) . . . . . . . . . . arin Binder (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . lrike Höfken (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 19 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung ines Alkoholverbots für Fahranfänger und ahranfängerinnen (Tagesordnungspunkt 29) ero Storjohann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . eidi Wright (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . atrick Döring (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . orothée Menzner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . r. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . chim Großmann, Parl. Staatssekretär BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10350 D 10351 D 10352 B 10353 A 10354 B 10355 B 10356 B 10357 D 10358 D 10359 B 10359 D Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10125 (A) ) (B) ) 100. Sitz Berlin, Donnerstag, d Beginn: 9.0
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    Anlage 19 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10287 (A) (C) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt Berichtigung 99. Sitzung, Seite 10108, (B) 2. Absatz, der letzte Satz ist wie folgt zu lesen: „Deshalb ist es in der Tat wichtig, dass die Regierungspolitik – ich sage: auch die Regie- rungspraxis – so ausgestaltet wird, dass faire Wettbe- werbsbedingungen herrschen und Investitionen der Tele- kom gefördert und nicht behindert werden.“ (D) (B) Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10289 (A) ) (B) ) für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung der NATO ten. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten * A s A G z v b D u h k l 1 B d f d b e B d n F w Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Bartsch, Dietmar DIE LINKE 24.05.2007 Beckmeyer, Uwe SPD 24.05.2007 von Bismarck, Carl- Eduard CDU/CSU 24.05.2007 Brunkhorst, Angelika FDP 24.05.2007 Eichhorn, Maria CDU/CSU 24.05.2007 Haibach, Holger CDU/CSU 24.05.2007 Hoffmann (Wismar), Iris SPD 24.05.2007 Kasparick, Ulrich SPD 24.05.2007 Knoche, Monika DIE LINKE 24.05.2007 Koppelin, Jürgen FDP 24.05.2007 Kossendey, Thomas CDU/CSU 24.05.2007 Kunert, Katrin DIE LINKE 24.05.2007 Dr. Lamers, Karl CDU/CSU 25.05.2007* Merten, Ulrike SPD 24.05.2007 Mogg, Ursula SPD 24.05.2007* Pau, Petra DIE LINKE 24.05.2007 Raidel, Hans CDU/CSU 24.05.2007* Dr. Schäuble, Wolfgang CDU/CSU 24.05.2007 Schauerte, Hartmut CDU/CSU 24.05.2007 Dr. Schwanholz, Martin SPD 24.05.2007 Stübgen, Michael CDU/CSU 24.05.2007 Toncar, Florian FDP 24.05.2007 Dr. Uhl, Hans-Peter CDU/CSU 24.05.2007 Wellenreuther, Ingo CDU/CSU 24.05.2007 Zypries, Brigitte SPD 24.05.2007 (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht nlage 2 Erklärung des Abgeordneten Volker Beck (Köln) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung (Drucksache 16/4880 Buchstabe d) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung (Drucksache 16/1101 Nr. 2.16) (Tagesordnungspunkt 4 b) Ich erkläre im Namen der Fraktion des Bündnis- es 90/Die Grünen, dass unser Votum „Ja“ lautet. nlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Markus Löning (FDP) zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung zu dem Antrag: Beendigungsgesetz zum Berlin/ Bonn-Gesetz (Tagesordnungspunkt 10) Der Antrag „Beendigungsgesetz zum Berlin/Bonn- esetz“ enthält in Teilen nachvollziehbare und unterstüt- enswerte Forderungen und Begründungen. Im April 2007 hat das Innenministerium in einem om Haushaltsausschuss in Auftrag gegebenen Bericht estätigt, dass die Trennung der Ministerien zwischen iensteinheiten in Bonn und Berlin „schwierig sei, zu ngleiche[r] Arbeitsbelastung der Beschäftigten und er- öhte[n] Anforderungen an die Führungskräfte“ führen önne. Auch Kommunikationsdefizite und Reibungsver- uste werden als negative Auswirkungen beschrieben. Darüber hinaus belasten die im Jahr notwendigen 32 000 Flüge zwischen den Bundesstellen in Bonn und erlin durch Ausstoß von 17 000 Tonnen Kohlendioxid ie Umwelt. Die dem Berlin/Bonn-Gesetz zugrunde liegende Be- ürchtung, Bonn könne einen Komplettumzug der Bun- esregierung nach Berlin wirtschaftlich nicht verkraften, esteht aus heutiger Sicht nicht mehr. Bonn ist heute ine Wachstumsregion. Auf der Internetseite der Stadt onn www.bonn.de, heißt es dementsprechend: „Bonn hat heute mehr Einwohner als 1991 und sehr viel mehr Arbeitsplätze, eine modernere Wirt- schaftsstruktur, eine der geringsten Arbeitslosen- quoten in Nordrhein-Westfalen und nach wie vor eine weit überdurchschnittliche Kaufkraft.“ Eine Steigerung der Effizienz der Regierungsarbeit urch eine Verlagerung von weiteren Diensteinheiten ach Berlin ist deshalb anzustreben. Der Antrag der raktion Die Linke geht in einigen Forderungen aber zu eit. Daher werde ich mich bei der Abstimmung enthal- 10290 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Hellmut Königshaus (FDP) zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung zu dem Antrag: Beendigungsgesetz zum Berlin/ Bonn-Gesetz (Tagesordnungspunkt 10) Ich werde mich der Stimme enthalten. Ich lasse mich dabei von folgenden Überlegungen leiten: Der Antrag „Beendigungsgesetz zum Berlin/Bonn- Gesetz“ enthält, jedenfalls in Teilen, nachvollziehbare und unterstützenswerte Forderungen und Begründungen. Im April 2007 hat das Innenministerium in einem vom Haushaltsausschuss in Auftrag gegebenen Bericht bestä- tigt, dass die Trennung der Ministerien zwischen Dienst- einheiten in Bonn und Berlin schwierig sei, zu unglei- cher Arbeitsbelastung der Beschäftigten und erhöhten Anforderungen an die Führungskräfte führen könne. Auch Kommunikationsdefizite und Reibungsverluste werden als negative Auswirkungen beschrieben. Da- rüber hinaus belasteten die wegen der räumlichen Tren- nung veranlassten 132 000 Flüge pro Jahr zwischen den Bundesstellen in Bonn und Berlin die Umwelt durch den Ausstoß von 17 000 Tonnen Kohlendioxid. Die dem Berlin/Bonn-Gesetz zugrunde liegende Be- fürchtung, Bonn könne einen Komplettumzug der Bun- desregierung nach Berlin wirtschaftlich nicht verkraften, hat heute keine Grundlage mehr. Bonn ist heute eine Wachstumsregion. Auf der Internetseite der Stadt www.bonn.de, heißt es dementsprechend: Bonn hat heute mehr Einwohner als 1991 und sehr viel mehr Arbeitsplätze, eine modernere Wirt- schaftsstruktur, eine der geringsten Arbeitslosen- quoten in Nordrhein-Westfalen und nach wie vor eine weit überdurchschnittliche Kaufkraft. Umgekehrt haben sich die mit dem Umzug des Parla- ments und von Teilen der Bundesregierung verbundenen Erwartungen einer aufblühenden und boomenden Haupt- stadt nur zum geringen Teil erfüllt. Der zur Zeit der Be- schlussfassung über das Berlin/Bonn-Gesetz angenom- mene Schutzbedarf für die Region Bonn besteht mithin jedenfalls heute nicht mehr. Regionale Interessen sollten daher sachlich gebotene organisatorische Veränderungen der Bundesregierung bis hin zu einer Verlagerung weiterer Teile der Bundes- ministerien nicht länger blockieren. Dass zur Steigerung der Effizienz der Regierungsarbeit Veränderungen in der Organisation erforderlich sind, hat der Bericht der Bun- desregierung an den Haushaltsausschuss überzeugend dargelegt. Die Standortentscheidungen sollten daher auf Kosten-Nutzen-Überlegungen beruhen, die im Rahmen einer ergebnisoffenen Organisationsuntersuchung ge- klärt werden müssen. Ob dies zu einer Verlagerung der noch in Bonn angesiedelten Ministerien geschehen soll, ob dies insbesondere wirtschaftlich ist, mag allerdings zunächst die Bundesregierung im Rahmen ihrer Organi- sationszuständigkeit selbst klären. Einen Grund, dass der Gesetzgeber ihr hierzu weiterhin einengende Vorschrif- ten macht, gibt es nicht bzw. nicht mehr. A z S z S w m s f K w z d l g A g c s U C b 2 Ü c - e V n u s s V g e b f c u D d w f U (C (D Deshalb hat auch der Ministerpräsident von Sachsen- nhalt kürzlich in seiner „Hauptstadt-Rede“ zur Um- ugsfrage zutreffend darauf hingewiesen, dass auch der olidarpakt zeitlich befristet ist. Es ist nicht nachvoll- iehbar, weshalb der vom Berlin/Bonn-Gesetz gewährte chutz Bonns auf Ewigkeit Bestand haben muss, selbst enn sein Zweck längst erfüllt ist und er anderen legiti- en Zielen wie dem einer effizienten Regierungsorgani- ation entgegensteht. Dennoch kann ich dem Antrag nicht zustimmen. Er ordert zwingend eine Verlagerung, selbst wenn deren osten – was allerdings noch abschließend zu klären ist – irtschaftlich in keinem vertretbaren Verhältnis zu den u erwartenden Effizienzgewinnen stünden. Das wäre en Steuerzahlern nicht zu vermitteln und auch aus Ber- iner Sicht nicht zu begründen. Der Antrag ist daher we- en seiner überschießenden Tendenz kontraproduktiv. nlage 5 Erklärung nach § 31 GO-BT der Abgeordneten Monika Griefahn, Christoph Pries und Angelika Graf (Rosenheim) (alle SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines … Strafrechtsänderungsgesetzes zur Bekämp- fung der Computerkriminalität (… StrÄndG) (Tagesordnungspunkt 23) Zur Abstimmung des Gesetzentwurfes der Bundesre- ierung für ein Strafrechtsänderungsgesetz (Drucksa- he 16/3656) bei der Beratung in zweiter und dritter Le- ung gebe ich folgende Bedenken zu Protokoll: Der Gesetzentwurf der Bundesregierung dient der msetzung des Übereinkommens des Europarats über omputerkriminalität und der Umsetzung des Rahmen- eschlusses 2005/222/JI des Rates vom 24. Februar 005 über Angriffe auf Informationssysteme. Ziel des bereinkommens ist die Schaffung eines strafrechtli- hen Mindeststandards, um so Computersysteme und daten zu schützen und gleichzeitig ihrem Missbrauch ntgegenzuwirken. Sie sehen mit der Umsetzung der orgaben aus dem Europarat-Übereinkommen in natio- ales Recht eine Änderung und Ergänzung des § 202 a nd eine Einfügung der §§ 202 b und 202 c StGB vor. Das mit dem Gesetzentwurf verfolgte Ziel ist grund- ätzlich richtig und zu begrüßen. Angesichts der techni- chen Entwicklungen in den vergangenen Jahren ist eine erbesserung des geltenden Computerstrafrechts drin- end geboten. Mit dem heute zu beschließenden Gesetz- ntwurf kann allerdings eine solche Verbesserung nur edingt erreicht werden, und es steht vielmehr zu be- ürchten, dass das Gesetz massive Probleme und weitrei- hende und negative Auswirkungen für die IT-Sicherheit nd die Informations- und Kommunikationsbranche in eutschland sowie für die IT-Sicherheitsforschung und en Forschungsstandort Deutschland zur Folge haben ird. Bereits kurz nach Bekanntwerden des Gesetzentwur- es wurde dieser vonseiten der betroffenen Verbände, nternehmen und Organisationen zu Recht massiv kriti- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10291 (A) ) (B) ) siert. Stellvertretend seien hier der Bundesverband Infor- mationswirtschaft, Telekommunikation und neue Me- dien – BITKOM – und die SAP AG genannt. Ähnlich kritisch äußert sich im Übrigen auch der Bundesrat in seiner Stellungnahme vom 3. November 2006 und attes- tiert dem Gesetzentwurf der Bundesregierung Präzisie- rungsbedarf. Eindringlich wurde die Kritik dann sowohl im Expertengespräch im Unterausschuss Neue Medien des Deutschen Bundestages am 1. März 2007 als auch in der Sachverständigenanhörung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages am 21. März 2007 dargelegt und bestätigt. Als problematisch ist vor allem die Einfügung des § 202 c StGB zu sehen, mit dem typische Vorbereitungs- handlungen unter Strafe gestellt werden, wie es dem Strafrecht – bis auf wenige Ausnahmen, zum Beispiel Vorbereitung von Geldfälschung – sonst fremd ist. Die- ser Regelungsvorschlag ist vor allem deshalb problema- tisch, weil entsprechende Programme und Tools nicht nach ihrer Einsatzart, sondern vielmehr nach ihrem Auf- bau definiert werden und so eine Unterscheidung in Pro- gramme, die zur Begehung von Straftaten hergestellt werden und solche, die ausschließlich für legale Zwecke hergestellt werden, schlichtweg nicht möglich ist. Ledig- lich in der Verwendung lassen sie sich unterscheiden. Überdies führt der in § 202 c gewählte Wortlaut zu einer Kriminalisierung der heute millionenfach verwendeten Programme, welche auch für das Entdecken von Sicher- heitslücken in IT-Systemen notwendig sind. In der Sache kann der Gesetzentwurf in seiner jetzigen Form die IT- Sicherheit und die IT-Sicherheitsforschung in Deutsch- land konterkarieren. Offenbar ist dem federführenden Rechtsausschuss diese Tatsache auch bekannt, denn in der Beschlussemp- fehlung des Gesetzentwurfes vom 23. Mai 2007 heißt es wörtlich: „Der Gesetzgeber wird die Auswirkungen der neuen Strafvorschriften genau zu beobachten haben. Sollten doch Programmentwickler und Firmen, die nicht aus krimineller Energie heraus handeln, durch diese neuen Strafvorschriften in Ermittlungsverfahren einbe- zogen werden, wird auf solche Entwicklungen zeitnah reagiert werden müssen.“ Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Jörg Tauss, Renate Schmidt (Nürnberg) und Siegmund Ehrmann (alle SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines … Strafrechtsänderungsgesetzes zur Bekämpfung der Computerkriminalität (… StrÄndG) (Ta- gesordnungspunkt 23) Ich verweigere dem Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Strafrechtsänderungsgesetz (Drucksache 16/3656) bei der Beratung in zweiter und dritter Lesung meine Zu- stimmung. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung dient der Umsetzung des Übereinkommens des Europarats über Computerkriminalität und der Umsetzung des Rahmen- b ü e M z g a e f s s V g e b f c u D d w f U s m d k s t r i d d d u § h S V s t n b g w h l Ü K P h k j c d f (C (D eschlusses 2005/222/JI des Rates vom 24. Februar 2005 ber Angriffe auf Informationssysteme. Ziel des Über- inkommens ist die Schaffung eines strafrechtlichen indeststandards, um so Computersysteme und -daten u schützen und gleichzeitig ihrem Missbrauch entge- enzuwirken. Sie sehen mit der Umsetzung der Vorgaben us dem Europarat-Übereinkommen in nationales Recht ine Änderung und Ergänzung des § 202 a und eine Ein- ügung der §§ 202 b und 202 c StGB vor. Das mit dem Gesetzentwurf verfolgte Ziel ist grund- ätzlich richtig und zu begrüßen. Angesichts der techni- chen Entwicklungen in den vergangenen Jahren ist eine erbesserung des geltenden Computerstrafrechts drin- end geboten. Mit dem heute zu beschließenden Gesetz- ntwurf kann allerdings eine solche Verbesserung nur edingt erreicht werden und es steht vielmehr zu be- ürchten, dass das Gesetz massive Probleme und weitrei- hende und negative Auswirkungen für die IT-Sicherheit nd die Informations- und Kommunikationsbranche in eutschland sowie für die IT-Sicherheitsforschung und en Forschungsstandort Deutschland zur Folge haben ird. Bereits kurz nach Bekanntwerden des Gesetzentwur- es wurde dieser vonseiten der betroffenen Verbände, nternehmen und Organisationen zu Recht massiv kriti- iert. Stellvertretend seien hier der Bundesverband Infor- ationswirtschaft, Telekommunikation und neue Me- ien (BITKOM) und die SAP AG genannt. Ähnlich ritisch äußerte sich im Übrigen auch der Bundesrat in einer Stellungnahme vom 3. November 2006 und attes- ierte dem Gesetzentwurf der Bundesregierung Präzisie- ungsbedarf. Eindringlich wurde die Kritik dann sowohl m Expertengespräch im Unterausschuss Neue Medien es Deutschen Bundestages am 1. März 2007 als auch in er Sachverständigenanhörung des Rechtsausschusses es Deutschen Bundestages am 21. März 2007 dargelegt nd bestätigt. Als problematisch ist vor allem die Einfügung des 202 c StGB zu sehen, mit dem typische Vorbereitungs- andlungen unter Strafe gestellt werden, wie es dem trafrecht – bis auf wenige Ausnahmen, zum Beispiel orbereitung von Geldfälschung – sonst fremd ist. Die- er Regelungsvorschlag ist vor allem deshalb problema- isch, weil entsprechende Programme und Tools nicht ach ihrer Einsatzart, sondern vielmehr nach ihrem Auf- au definiert werden und so eine Unterscheidung in Pro- ramme, die zur Begehung von Straftaten hergestellt erden und solche, die ausschließlich für legale Zwecke ergestellt werden, schlichtweg nicht möglich ist. Ledig- ich in der Verwendung lassen sie sich unterscheiden. berdies führt der in § 202 c gewählte Wortlaut zu einer riminalisierung der heute millionenfach verwendeten rogramme, welche auch für das Entdecken von Sicher- eitslücken in IT-Systemen notwendig sind. In der Sache onterkariert und gefährdet der Gesetzentwurf in seiner etzigen Form massiv die lT-Sicherheit und die IT-Si- herheitsforschung in Deutschland. Offenbar ist dem federführenden Rechtsausschuss iese Tatsache auch bekannt, denn in der Beschlussemp- ehlung des Gesetzentwurfes vom 23. Mai 2007 heißt es 10292 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) wörtlich: „Der Gesetzgeber wird die Auswirkungen der neuen Strafvorschriften genau zu beobachten haben. Sollten doch Programmentwickler und Firmen, die nicht aus krimineller Energie heraus handeln, durch diese neuen Strafvorschriften in Ermittlungsverfahren einbe- zogen werden, wird auf solche Entwicklungen zeitnah reagiert werden müssen.“ Vor diesem Hintergrund ist es dann allerdings voll- kommen unverständlich, warum ebendiese vorgetrage- nen Bedenken bei der Beratung des Gesetzentwurfes in der Fraktion und in den Ausschüssen des Deutschen Bundestages – welche insgesamt als völlig unzureichend zu beschreiben ist – völlig ignoriert worden sind. Auch wurden Vereinbarungen, für alle Seiten vertretbare Kompromisse zu suchen, schlichtweg nicht eingehalten. So verwundert es auch nicht, dass bei der abschließen- den Beratung des Gesetzentwurfes der mitberatende Ausschuss für Bildung und Forschung einstimmig auf den noch immer bestehenden immensen Beratungsbe- darf verwiesen, den federführenden Rechtsausschuss um Absetzung von der Tagesordnung und Verschiebung ge- beten und die Abgabe eines mitberatenden Votums ver- weigert hat. Aus den genannten inhaltlichen Gründen und ange- sichts dieses völlig unzureichenden Beratungsverfahrens in den Gremien des Deutschen Bundestages ist eine Zu- stimmung zu dem Gesetzentwurf in seiner jetzigen Form nicht möglich. Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Zollfahndungsdienstgesetzes und anderer Gesetze (Tagesordnungspunkt 17) Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/ CSU): Um das Zollfahndungsdienstgesetz ranken sich drei Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes. Die erste erging am 3. März 2004 und befasste sich mit der präventiven Telekommunikationsüberwachung, die damals noch im Außenwirtschaftsgesetz angesiedelt war Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass es im Hinblick auf Art. 10 GG an Normenklarheit und Normenbe- stimmtheit fehlt. Der verfassungswidrige Zustand werde noch bis zum 31. Dezember 2004 geduldet. Der Gesetzgeber und die damalige rot-grüne Bundes- regierung standen mächtig unter Zeitdruck. Im Rahmen einer Notreparatur gelang es, im Gesetz zur Neuordnung der präventiven Telekommunikations- und Postüberwa- chung durch das Zollkriminalamt – NTPG – den dorti- gen §§ 23 a bis f die Vorgaben des Bundesverfassungs- gerichtes umzusetzen. Das Gesetz wurde auf den letzten Drücker am 27. Dezember 2004 verkündet. Am 3. März 2004 war aber eine zweite Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes verkündet worden. Diese befasste sich mit dem Lauschangriff zum Zweck der Strafverfolgung. Das Bundesverfassungsgericht sah in den Verfahrensvorschriften der Strafprozessordnung d t – s Z 2 g p c B e w d s n T r s d Z r k d u r z s – g W d w o b K g B t m v V d n b g m a s d i W f Z (C (D en unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestal- ung nicht berücksichtigt. Diese Entscheidung fand wohl aus Zeitgründen – im NTPG keinen Nieder- chlag. Dafür wurde aber die Geltung der §§ 23 a bis f des ollfahndungsdienstgesetzes bis zum 31. Dezember 005 befristet, um in dieser Zeit nachbessern zu können. Dabei ist zu erwähnen, dass das Zollfahndungsdienst- esetz sich in den vorerwähnten Vorschriften mit dem räventiven Bereich der Telekommunikationsüberwa- hung befasste. Es blieb fraglich, ob die Vorgaben des undesverfassungsgerichtes zu repressiven Zwecken ins zu eins in den präventiven Bereich übernommen erden könnten. Am 27. Juli 2005 erging dann eine weitere Entschei- ung des Bundesverfassungsgerichtes zum niedersächsi- chen Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ord- ung. Darin wurde klargestellt, dass auch bei der elekommunikationsüberwachung im präventiven Be- eich der unantastbare Kernbereich privater Lebensge- taltung zu berücksichtigen sei. Daraus ergab sich ein- eutig ein gesetzgeberischer Handlungsbedarf für das ollfahndungsdienstgesetz zum Schutz des Kernbe- eichs privater Lebensgestaltung sowohl bei der Tele- ommunikationsüberwachung unter dem Gesichtspunkt es Art. 10 GG als auch bei der Wohnraumüberwachung nter dem Gesichtspunkt des Art. 13 GG. Diesen Überhang regelt der Gesetzentwurf zur Ände- ung des Zollfahndungsdienstgesetzes, den wir heute in weiter und dritter Lesung beraten. Dabei muss man wis- en, dass zu Überwachungsmaßnahmen in Art. 10 GG Telekommunikationsüberwachung – eine größere Ein- riffstiefe zulässig ist als bei Eingriffen in Art. 13 GG ohnraumüberwachung. Die Schnittstelle zu Art. 10 GG ist in § 23 a Abs. 4 a es Gesetzentwurfs geregelt. Telekommunikationsüber- achungsmaßnahmen dürfen danach dann nicht ange- rdnet werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür estehen, dass allein Kommunikationsinhalte aus dem ernbereich privater Lebensgestaltung erlangt würden. Die mit dieser Formulierung zulässige große Ein- riffstiefe erklärt sich daraus, dass nach Vorgaben des undesverfassungsgerichtes bei der Telekommunika- ionsüberwachung eine Prognoseentscheidung darüber, it welcher Wahrscheinlichkeit in den Kernbereich pri- ater Lebensgestaltung eingegriffen werden wird, nicht oraussetzung ist, BVerfG vom 3. März 2004. Die Kritik er FDP an der Vorschrift des § 23 a Abs. 4 a ist dem- ach unberechtigt. Eine Schnittstelle zu Artikel 13 GG – Wohnraumü- erwachung – ergibt sich aus der Notwendigkeit der Ei- ensicherung von Beamten der Zollfahndung. Im Rah- en des Zollfahndungsdienstgesetzes werden unter nderem Verbrechen gegen das Kriegswaffenkontrollge- etz verhindert oder aufgeklärt. Dafür werden auch ver- eckte Ermittler als Scheinaufkäufer eingesetzt. Finden n diesem Zusammenhang Verkaufsgespräche in einer ohnung statt, begibt sich der Scheinaufkäufer in eine ür ihn außerordentlich gefährliche Situation. Zum weck der Eigensicherung muss sein Einsatz von außen Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10293 (A) ) (B) ) akustisch und gegebenenfalls auch visuell begleitet wer- den. Ist eine Enttarnung des Scheinaufkäufers zu be- fürchten, muss von außen ein Rettungsversuch möglich sein. Nun kann es aber geschehen, dass der Scheinauf- käufer in der Wohnung auch in Bereiche des Kernbe- reichs privater Lebensgestaltung eindringt. Nach der Vorgabe des Bundesverfassungsgerichtes ist dann die Wohnraumüberwachung sofort abzubrechen. Damit wäre aber der verdeckte Ermittler in höchster Gefahr und möglicherweise sogar in Lebensgefahr. Diesen Fall regelt § 22 a Abs. 2 des Gesetzentwurfes dahin gehend, dass der Beamte sich sofort zurückziehen muss, während des Rückzugs ist aber eine Fortsetzung der Wohnraumüberwachung aus Gründen der Eigensi- cherung zulässig. Ich halte dies in Form einer Güterab- wägung für verfassungsrechtlich vertretbar. Ein weiteres Problem im Zusammenhang mit der Ei- gensicherung und der Wohnraumüberwachung taucht auf bei der sogenannten Umwidmung, die in § 22 a Abs. 3 des Gesetzentwurfes geregelt ist. Wird im Rahmen des Scheinaufkaufes beispielsweise offenbart, dass die Ein- fuhr eines Raketenkopfes bevorsteht, muss diese Infor- mation im Interesse der Abwehr einer Gefahr für die öf- fentliche Sicherheit verwertbar sein. Hierfür macht Art. 13 Abs. 5 GG ebenso für die Verwertbarkeit von In- formationen aus der Wohnraumüberwachung zum Zwe- cke der Strafverfolgung entsprechende Vorgaben, die in diesem Gesetzentwurf berücksichtigt sind. Im präventiven Bereich ist eine Umwidmung nur zu- lässig, wenn eine dringende Gefahr für die öffentliche Sicherheit besteht. Im repressiven Bereich ist dies nur im Rahmen der Katalogtaten des § 100 c StPO zulässig. Hinzukommt, dass – den Vorgaben des Art. 13 GG ent- sprechend – die Verwertung umgewidmeter Informatio- nen eine Bestätigung der Rechtmäßigkeit der angeordne- ten Eigensicherungsmaßnahme durch einen Richter voraussetzt. Dies ist nach zutreffender Meinung in der Li- teratur nicht das Kollegialgericht nach Art. 13 Abs. 3 GG, sondern der Einzelrichter des Amtsgerichts nach Art. 13 Abs. 5 GG. Mit den Ergänzungen, die dieser Gesetzentwurf in das Zollfahndungsdienstgesetz einfügt, sind verfassungs- rechtliche Defizite behoben, so dass es einer erneuten Be- fristung des Gesetzes nicht mehr bedarf. Die mühevolle Arbeit aller Berichterstatter ist abgeschlossen. Ich danke den diesen Gesetzentwurf begleitenden Mitarbeitern des Bundesministeriums der Justiz und des Bundesministe- riums der Finanzen für ihre kooperative Unterstützung und bitte um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf. Joachim Stünker (SPD): Am 3. Dezember 2004 wurden wesentliche Bestimmungen des Außenwirt- schaftsgesetzes zum Zollfahndungsdienstgesetz verab- schiedet. Aufgrund einer Entscheidung des Bundesver- fassungsgerichts war diese Überarbeitung kurzfristig notwendig geworden. In meiner damaligen Rede habe ich gesagt: Mit der Neuregelung liefern wir einen guten Be- weis für die in diesem Fall wirklich fraktionsüber- greifende sachliche Zusammenarbeit im Rechtsaus- L u s t w b W b m m e g G g f v s h s l d w w F w t r u B ü n v l D p c d (C (D schuss. Wir liefern auch einen Beweis dafür, dass wir doch über Fraktionsgrenzen hinweg sehr pro- blemorientiert und streng am Rechtsstaatsgedanken ausgerichtet zusammenarbeiten können. Ich be- danke mich dafür ausdrücklich, insbesondere bei den Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU- Fraktion, aber auch bei den Kollegen von der Frak- tion der Grünen. Änderungsziele: Schutz des Kernbereichs privater ebensgestaltung bei Telefonüberwachungsmaßnahmen nd Maßnahmen zur Wohnraumüberwachung. Wesentliche Regelung: Bei der Telefonüberwachung oll die Erhebung von Daten, die den Kernbereich priva- er Lebensgestaltung betreffen, vermieden werden. So- eit sie dennoch erhoben werden, sind sie nicht verwert- ar. Bei Maßnahmen der Eigensicherung innerhalb von ohnungen müssen entsprechende Maßnahmen abge- rochen werden, soweit dies ohne Gefährdung der Er- ittlungsperson möglich ist. In beiden Konstellationen üssen die entsprechenden Daten gelöscht werden und s bestehen Dokumentations- und Berichtspflichten. Erkenntnisse aus der Wohnraumüberwachung zur Ei- ensicherung dürfen nur zur Abwehr einer dringenden efahr für die öffentliche Sicherheit, insbesondere einer emeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr und zur Ver- olgung einer in § 100 c StPO genannten Straftat, weiter- erwendet werden. Einige in diesem hohen Hause fordern weitere Ein- chränkungen für den präventiven Bereich. Ich wieder- ole hierzu wiederum das am 3. Dezember 2004 Ge- agte: Die Regelung muss einerseits den Schutz ganz überragender Gemeinschaftsgüter es könnte um das Leben von Millionen von Menschen gehen – ge- währleisten und andererseits individuelle Freiheits- rechte, wie das Recht auf informelle Selbstbestim- mung des Einzelnen, wahren. Diese Abgrenzung ist meines Erachtens mit der vor- iegenden Regelung verfassungskonform gelungen. Was hat sich seitdem geändert? Die Koalition, und amit sind es nur noch zwei Fraktionen, die die heutige eitere Novellierung mittragen. Bereits seinerzeit haben ir die Novellierung befristet – mit einer einmaligen ristverlängerung –, weil wir um weitere Änderungsnot- endigkeiten aufgrund einer sich immer weiter konkre- isierenden Rechtssprechung des Bundesverfassungsge- ichtes wussten. Deshalb die heutige Debatte mit zweiter nd dritter Lesung. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP): ereits zum dritten Mal berät der Deutsche Bundestag ber eine Änderung des Zollfahndungsdienstgesetzes in- erhalb weniger Jahre. Die Gesetzgebungsverfahren der ergangenen Jahre gehören leider nicht zu den Glanz- ichtern deutscher Rechtspolitik. Ende 2004 hat der eutsche Bundestag das Gesetz zur Neuregelung der räventiven Telekommunikations- und Postüberwa- hung durch das Zollkriminalamt verabschiedet, ohne en ausdrücklichen Auftrag des Bundesverfassungsge- 10294 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) richts zu befolgen, das Urteil zur akustischen Wohn- raumüberwachung entsprechend umzusetzen. Ein weite- res Jahr später hat die Koalition mit ihrer Mehrheit das bis zum 31. Dezember 2005 befristete Gesetz erneut ver- längert bis zum 30. Juni 2007, wieder ohne die vom Bundesverfassungsgericht vorgenommenen Änderungen vorzunehmen. Wir hatten damit anderthalb Jahre einen Zustand, der verfassungsrechtlich, um es vorsichtig zu sagen, auf sehr wackligen Beinen stand. Die FDP-Bundestagsfraktion hat diesen Zustand mehrfach gerügt. Um es deutlich zu sagen: Die FDP ist selbstverständlich der Auffassung, dass das Zollkriminalamt eine sehr wichtige Aufgabe er- füllt. Bei den Straftaten, bei denen das Zollkriminalamt tätig wird, handelt es sich um Taten im Zusammenhang mit der Lieferung von Gütern und Technologie zur Her- stellung von Massenvernichtungswaffen und für die konventionelle Rüstung. Die Befugnisse des Zollkrimi- nalamtes zur Verhinderung dieser schwerwiegenden Straftaten sind dringend geboten. Die Arbeit der Be- hörde muss jedoch auf eine verlässliche Rechtsgrund- lage gestellt werden. In diesem sensiblen Bereich der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung darf es keine rechtlichen Grauzonen geben. Der Gesetzentwurf, den wir heute beraten, versucht, die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts so- wohl zur akustischen Wohnraumüberwachung als auch zum niedersächsischen Polizeigesetz umzusetzen. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung hat zum Ziel, Re- gelungen zum Schutz des Kernbereichs der privaten Lebensgestaltung bei Befugnissen zu Eigensicherungs- maßnahmen innerhalb von Wohnungen und zur Tele- kommunikationsüberwachung zu schaffen. Ein Blick in den Gesetzentwurf ist jedoch ernüch- ternd. Die kernbereichsschützenden Regelungen, die der Gesetzentwurf enthält, entsprechen nicht in vollem Um- fang dem, was das Bundesverfassungsgericht als Anfor- derungen aufgestellt hat. So ist zum Beispiel bei Über- wachungsmaßnahmen innerhalb von Wohnungen kein absoluter Schutz des Kernbereichs der privaten Lebens- gestaltung vorgesehen. Vielmehr sieht der Gesetzent- wurf eine Abwägung vor, zwischen dem Schutz des Kernbereichs und den Interessen der Strafverfolgung. Dies wird den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in keiner Weise gerecht. Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu ausgeführt, dass der Schutz der Menschenwürde nicht durch Abwä- gung mit den Strafverfolgungsinteressen nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes relativiert werden darf. Auch an anderen Stellen ist der Schutz des Kern- bereichs der privaten Lebensgestaltung nur lückenhaft gewährleistet. So sind zum Beispiel vorbeugende Tele- kommunikationsüberwachungsmaßnahmen nur dann unzulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme vorliegen, dass durch sie „allein“ Kommuni- kationsinhalte aus dem Kernbereich privater Lebensge- staltung erlangt würden. Diese Regelung hat keinerlei kernbereichsschützende Wirkung. Diese Formulierung schafft vielmehr die Voraussetzung, dass zunächst im- mer erst eine Überwachungsmaßnahme angeordnet w f d h Ü r v a W d S n r g R k W w w r g c K D a e f d m K L t I m J c d B d n g k L s l e s f R v d z h g d f (C (D ird. Für andere verdeckte Überwachungsmaßnahmen ehlt ein Kernbereichsschutz gänzlich. Die Bundesregierung übersieht dabei, dass das Bun- esverfassungsgericht in seiner Entscheidung zum Ab- ören in Wohnungen darauf hingewiesen hat, dass bei berwachungen grundsätzlich ein unantastbarer Kernbe- eich privater Lebensgestaltung zu wahren ist, unabhängig on der konkreten Maßnahme. Völlig unzureichend sind uch die Schutzvorschriften für Berufsgeheimnisträger. ährend ein umfassender Schutz für Geistliche, Vertei- iger und Abgeordnete gewährleistet ist, ergibt sich der chutz für Rechtsanwälte, Ärzte und Journalisten nur ach Maßgabe verschiedener Verhältnismäßigkeitskrite- ien. Die in dem Gesetzentwurf gewählten Formulierun- en enthalten zudem eine Vielzahl von unbestimmten echtsbegriffen und lassen daher konkrete Abwägungs- riterien vermissen. Der Vertrauensschutz kann auf diese eise nicht gewährleistet werden. Die FDP-Bundestagsfraktion hat zu allen diesen und eiteren Punkten einen Änderungsantrag vorgelegt. Wir ollen, dass die Vorgaben des Bundesverfassungsge- ichts in vollem Umfang umgesetzt werden. Wir schla- en dazu vor, dass auch für die verdeckten Überwa- hungsmaßnahmen nach den §§ 18 ff. ein Schutz zum ernbereich der privaten Lebensgestaltung gelten soll. arüber hinaus fordern wir, dass der Kernbereichsschutz bsolut gilt und eine Abwägung mit anderen Rechtsgütern ntsprechend den eindeutigen Vorgaben des Bundesver- assungsgerichts nicht erfolgt. Wir fordern darüber hinaus, ass eine präventive Telekommunikationsüberwachungs- aßnahme immer dann abgebrochen wird, wenn auch ommunikationsinhalte aus dem Kernbereich privater ebensgestaltung erlangt werden. Ein zentraler Bestand- eil unseres Änderungsantrags ist die Verbesserung des nformantenschutzes. Wir verzichten auf die Verhältnis- äßigkeitsprüfung bei Überwachungsmaßnahmen von ournalisten. Wir fordern stattdessen einen umfangrei- hen Schutz für alle Berufsgeheimnisträger, der, insbeson- ere bei Journalisten, nicht hinter den bereits geltenden estimmungen der Strafprozessordnung zurückbleiben arf. Das Bundesverfassungsgericht hat in den vergange- en Jahren dem Gesetzgeber einen klaren Rahmen vor- egeben, in dem er sich bei seiner Gesetzgebungstätig- eit bewegen muss. Zum Kernbereich der privaten ebensgestaltung, zur Pressefreiheit und zu den Be- timmtheitsanforderungen an gesetzliche Regelungen iegen eindeutige Vorgaben aus Karlsruhe vor. Dennoch rleben wir immer wieder, dass die Bundesregierung Ge- etzentwürfe in das Parlament einbringt, die diesen An- orderungen nicht entsprechen. In den Anhörungen des echtsausschusses wird diese Auffassung von den Sach- erständigen regelmäßig bestätigt. Dennoch unterlässt es ie Bundesregierung, die notwendigen Änderungen vor- unehmen, damit die Gesetze den Anforderungen des öchsten deutschen Gerichts entsprechen. Bereits in der Sitzung des Rechtsausschusses am ver- angenen Mittwoch wurde von verschiedenen Kollegen ie Befürchtung geäußert, dass wir uns mit dem Zoll- ahndungsdienstgesetz nicht zum letzten Mal befassen. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10295 (A) ) (B) ) Es ist absehbar, dass auch dieses Gesetz, das die Koali- tion mit ihrer Mehrheit heute beschließen wird, das Bun- desverfassungsgericht erneut beschäftigen wird. Der Te- nor der Entscheidung lässt sich bereits heute erahnen. Ich fordere Sie auf, sich endlich von Ihrer Ignoranz hinsichtlich der Entscheidungen des Bundesverfassungs- gerichts zu verabschieden und den Auftrag des Bundes- verfassungsgerichts an uns als Gesetzgeber ernst zu neh- men. Es ist dieses Hauses und der Tradition deutscher Rechtspolitik in den vorangegangenen Jahrzehnten un- würdig, wenn der Gesetzgeber ständig sehenden Auges Gesetze verabschiedet, die das Bundesverfassungsge- richt regelmäßig an uns zur Korrektur zurückgibt. Jede Entscheidung aus Karlsruhe sollten wir als Mahnung und Auftrag zu einer besseren Rechtsetzung verstehen. Jörn Wunderlich (DIE LINKE): Für diesen Gesetz- entwurf kann es, wie schon mein Kollege Nešković am 22. März 2007 festgestellt hat, keinen Beifall geben. Im Zollfahndungsdienstgesetz wurden zunächst Re- gelungen geschaffen, welche aufgrund offener Fragen zur Notwendigkeit des Schutzes des Kernbereichs priva- ter Lebensgestaltung befristet wurden, um dem Gesetz- geber die Möglichkeit zu eröffnen, Regelungen zu schaf- fen, welche den Vorgaben der Verfassung entsprechen. Nach diversen Beratungen, Anhörungen von Sachver- ständigen und Berichterstattergesprächen stellt sich das Ergebnis mehr als dürftig dar. Die bisherigen verfas- sungswidrigen Regelungen sollen durch andere ebenfalls verfassungswidrige Normen ersetzt werden. Die Vorga- ben des Bundesverfassungsgerichts werden, wie schon die zuvor gesetzte Frist, offensichtlich ignoriert, weil sie nicht in das überzogene sicherheitspolitische Konzept der Regierung passen. Es ist schon äußerst bedenklich, dass nicht größtmöglicher Schutz von Freiheitsrechten im Blick der Gesetzgebung steht, sondern nur noch ge- schaut wird, was gerade noch als verfassungsgemäß durchgehen könnte. Und selbst dies misslingt der Koali- tion. Der gläserne Bürger wird zum Staatsziel erhoben, ohne Rücksicht auf die unantastbare Menschenwürde. Dabei sind der Koalition offenbar auch die Meinungen der Sachverständigen ziemlich egal. Die angesproche- nen Verfassungswidrigkeiten, die Kritik an der bloßen Scheinwahrung von Rechtsstaatlichkeit scheinen nicht zu beeindrucken – wohl in der Hoffnung, dass auch das Bundesverfassungsgericht einen schlechten Tag haben kann und dies übersieht. Ein solcher Tag würde aller- dings in die Annalen des hundertjährigen Kalenders ein- fließen; denn so schlecht kann kein Tag sein. Die Vorgaben, welche das Bundesverfassungsgericht nicht nur in seinem Urteil vom 3. März 2004 zur Unver- letzlichkeit des Kernbereichs privater Lebensgestaltung als Ausdruck der Menschenwürde darstellte, werden in diesem Gesetzentwurf nicht beachtet. Das Bundesver- fassungsgericht hat ausgeführt, dass es beim Schutz des absoluten Kernbereichs des Grundrechts auf Unverletz- lichkeit der Wohnung keine Abwägung von Interessen geben darf, aufgrund derer dann ein Eingriff möglich w w W a b z S s g b a l d e l a l w d s t D s w h n U t r d s d i h i d s m r s B w d t k r k w A G I t (C (D äre. Eine solche Abwägung ist und bleibt verfassungs- idrig. Hier bei der Datenerhebung zur Eigensicherung in ohnungen eine Abwägung vorzunehmen, ist vielleicht us Sicht der Fahndungsbehörden nachvollziehbar, leibt aber gleichwohl eine verfassungswidrige Verlet- ung der Menschenwürde entsprechend Art. 13 GG. chon aus diesem Grunde verbietet es sich, dieses Ge- etz zu verabschieden. Die im Gesetzentwurf enthaltene Definition zur Be- leit- und Kontaktperson ist derart weit gefasst, dass ein eliebiger Personenkreis planmäßiger Überwachung usgesetzt werden kann, was auch den verfassungsrecht- ichen Vorgaben bezüglich einer Konkretisierung zuwi- erläuft. Bei der Erhebung von Daten zur Eigensicherung wird s dem Zollkriminalamt ermöglicht, praktisch ohne jeg- iche zeitliche Begrenzung Wohnungen optisch und kustisch zu überwachen. Womit dies auch missbräuch- ich zur Verfolgung anderer unbestimmter Taten genutzt erden kann, zumal diese Überwachung auch ohne je- en Anfangsverdacht und ohne Konkretisierung hin- ichtlich eines Tatbestandes zur Aufdeckung unbekann- er Straftaten anwendbar sein soll. Diese Möglichkeit der atenerhebung zur primären Eigensicherung mit an- chließender Weiterverwendungsmöglichkeit der Daten ird von Fachleuten als „trojanisches Pferd für Datener- ebung“ bezeichnet. Aber auch das scheint die Koalition icht zu interessieren. Immerhin hat sie wenigstens die mwidmung der Daten mittlerweile eingeschränkt. Soweit eine Aufzeichnung von Daten nur dann zu un- erbleiben hat, wenn diese ausschließlich den Kernbe- eich privater Lebensgestaltung beinhalten, ist dies von en Sachverständigen als Placebo fürs Bundesverfas- ungsgericht bezeichnet worden, da diese Regelung in er Praxis nie zur Anwendung kommen dürfte. Denn es st von vornherein nicht auszuschließen, dass neben öchstprivaten Inhalten auch andere Themen Gesprächs- nhalt sind. Die Schutzfunktion des § 23 a Abs. 4 a läuft amit ins Leere. Ich denke nicht, dass das Bundesverfas- ungsgericht darauf hereinfällt. Die Differenzierung bei der Überwachung der Kom- unikation von Berufsgeheimnisträgern lässt sich echtssystematisch nicht halten – sie dürfte willkürlich ein. Eine große Gruppe der zur Zeugnisverweigerung erechtigten wird damit praktisch schutzlos der Über- achung ausgeliefert. Hierzu gehört unter anderem auch ie Presse, deren überragende Stellung für die Demokra- ie das Bundesverfassungsgericht im Cicero-Urteil erst ürzlich wieder konstatierte. Mit den Zeugnisverweige- ungsrechten kann dadurch auch die freiheitlich-demo- ratische Grundordnung ausgehöhlt werden. Leider lässt es die mir zugestanden Zeit nicht zu, auf eitere Einzelheiten, wie zum Beispiel die vollständige uslassung des Kernbereichsschutzes außerhalb des eltungsbereichs von Art. 10 und 13 GG, einzugehen. ch denke, den Auftrag aus Karlsruhe, auf den die Koali- ion hier wartet, wird sie noch bekommen. 10296 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) Solange Gesetze wie dieses hier mit. der bewussten Möglichkeit – man könnte schon von bedingtem Vorsatz sprechen – beschlossen werden, dass sie vor dem Bun- desverfassungsgericht scheitern – einmal reicht offen- sichtlich nicht –, wird das Vertrauen der Bevölkerung in den Rechtsstaat und auch die Sicherheit der Fahndungs- beamten bezüglich der Beständigkeit von Vorschriften weiter schwinden. Welcher Beamte fragt sich schon gerne vor jeder Diensthandlung, ob seine gesetzlich ge- rechtfertigte Handlung auch verfassungsgemäß ist. Ich hoffe, dass Sie sich Ihres verfassungsmäßigen Auftrags bewusst sind und dieses Gesetz ablehnen. Der Kollege Wolfgang Bosbach hat heute hier im Ple- num gesagt – ich zitiere –: Politik muss verlässlich und redlich sein. Auf die Abstimmung bin ich gespannt. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Seit nunmehr fast acht Jahren hat das Bundesver- fassungsgericht immer wieder aufgefordert, die präven- tive Telekommunikations- und Postüberwachung durch das Zollkriminalamt verfassungsfest zu gestalten und grundgesetzwidrige Regelungen zu entfernen. Insbeson- dere muss der unantastbare Kernbereich privater Le- bensgestaltung wirksam vor jeglicher heimlicher Aus- forschung geschützt werden. Dies folgt aus dem Schutz der Menschenwürde durch Art. l Abs. l des Grundgeset- zes. Schon mehrfach hat die Bundesregierung die fälligen Neuregelungen aufgeschoben, obwohl Eile geboten ist zum Schutz der betroffenen Bürgerinnen und Bürger. Dies haben die Grünen stets kritisiert. Deshalb haben wir uns schon innerhalb der rot-grünen Koalition im Herbst 2004 nachdrücklich für rasche substanzielle Schutzrege- lungen eingesetzt. Leider haben wir keine Mehrheit ge- funden. Folglich wurde das Gesetz weitgehend unverän- dert zunächst nur fortgeschrieben. Auch beim nächsten Anlauf des Gesetzgebers im Dezember 2005 – also vor eineinhalb Jahren – legten wir einen ausformulierten Än- derungsantrag mit allen gebotenen Schutzregelungen vor. Die Große Koalition hätte zugreifen müssen, statt die Neuregelung abermals aufzuschieben. Nun hat die Bundesregierung einen Novellierungsent- wurf vorgelegt, der abermals deutlich hinter den Vorga- ben des Bundesverfassungsgerichts zurückbleibt. Dieser Entwurf wurde folglich auf einer Sachverständigenanhö- rung des Rechtsausschusses Ende April „quer durch die Bank“ heftig kritisiert. Die verfassungsrechtlichen Defi- zite sind offensichtlich. Die Bundesregierung ist also ge- warnt. Nur in einem Punkt wurde nachgebessert. Im Übrigen wurde sogar draufgesattelt. Auf Verlangen des Bundes- rates hin sollen die Überwachungsanordnungen des Zolls statt für einen nun für je drei Monate erlassen wer- den dürfen – angeblieh wegen der Rechtseinheitlichkeit. Doch solche Einheitlichkeit wird gerade vereitelt, weil eine bemerkenswerte Diskrepanz zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neuregelung der Telefonüber- w § v d n H S z V s D b l g l c B U d h b k p b p w d v d d g t K r p s h d d t m v d s d S z r z a h (C (D achung im Strafverfahren besteht. Der neu gefasste 100 b Abs. l StPO sieht nur eine Überwachungsdauer on zwei Monaten vor. Weit wichtiger ist, dass die nächste Verfassungsklage roht. Und sie ist aussichtsreich. Und dann muss wieder achgebessert werden, denn die verfässungsrechtlichen ausaufgaben sind wieder nicht gemacht. Der gebotene chutz des Kernbereichs der Privatsphäre ist wieder un- ureichend geregelt. In den Beratungen haben Regierung und Koalition erbesserungen des Schutzniveaus abgewehrt, obwohl ie das Risiko kennen, in Karlsruhe wieder zu verlieren. ie Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts beschrei- en nur das Mindestmaß grundrechtlicher Schutzrege- ungen. Im freiheitlichen Staat wären sogar noch weiter ehende Schutzvorkehrungen wünschenswert und mög- ich, um die Balance zwischen Bürgerrechten und Si- herheitsbedürfnissen besser zu sichern. Die Bundesregierung wäre gut beraten, wenn sie den ericht über die bisherigen Erfahrungen im praktischen mgang mit den Überwachungsbefugnissen des Zolls, en sie dem Bundestag ohnehin demnächst vorzulegen at, vorgezogen und in die Ausschussberatungen einge- racht hätte. So hätten die Abgeordneten die Möglich- eit gehabt, vor einer bloßen Gesetzesfortschreibung zu rüfen, welche Überwachungsbefugnisse überhaupt ge- raucht und tatsächlich genutzt werden und wie deren raktische Anwendung sich auf die Bürgerrechte aus- irkt. Leider ist die Bundesregierung dem dahin gehen- en Rat der Grünen nicht nachgekommen. Im Regierungsentwurf sind weiterhin Regelungen erfassungsrechtlich unzureichend. Wir haben die nach er Expertenkritik aus der Ausschussanhörung notwen- igen Änderungen in unserem Entschließungsantrag auf- eschrieben. Erstens. Der Entwurf definiert die sogenannten „Kon- akt- und Begleitpersonen“ Verdächtiger entgegen den onkretionsanforderungen des Bundesverfassungsge- ichts so weitreichend, dass ein beliebiger Personenkreis lanmäßiger Überwachung ausgesetzt wäre. Auf diese Personen schlägt zudem ein abgeleitetes, chon für die Hauptverdächtigen bestehendes Bestimmt- eitsdefizit des geltenden Zollfahndungsdienstgesetzes urch, denn dort sind sie als verfassungsrechtlich be- enklich unkonturiert definiert, ohne konkrete Vorberei- ungshandlungen bestimmter Delikte begangen haben zu üssen. Genau wegen dieses Defizits hat das Bundes- erfassungsgericht in seiner Entscheidung vom Juli 2005 as niedersächsische Polizeigesetz teilweise für verfas- ungswidrig erklärt. Daraus müssen für das Zollfahn- ungsdienstgesetz Konsequenzen gezogen werden. onst ergeht es ihm absehbar ebenso. Zweitens. Die Befugnis des Zollkriminalamts, formal ur Eigensicherung seiner Bediensteten sowie zur Siche- ung von – bekanntlich oft zwielichtigen – V-Leuten eitlich praktisch unbegrenzt Wohnungen optisch und kustisch zu überwachen, ist hochproblematisch. Immer- in darf nicht nur gelauscht, sondern auch in Wohnungen Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10297 (A) ) (B) ) reingekuckt werden. Sogar Unverdächtige können dabei erfasst werden. Diese Befugnisse sind umso bedenklicher, als sie aus- drücklich ohne jeden Anfangsverdacht und damit ohne wirksame Tatbestandseingrenzung auch zur Verhütung und „Aufdeckung unbekannter Straftaten“ anwendbar sein sollen. Dass sie primär als Sicherungs- statt als ei- genständige Ermittlungsmaßnahme deklariert werden, ändert angesichts ihrer Eingriffsintensität nichts an der Verfassungswidrigkeit. Zudem sollen die daraus gewonnenen Erkenntnisse auch zur Verfolgung zahlreicher anderer Straftaten sowie zur Abwehr dringender Gefahren gleich welcher Art um- fangreich umgewidmet werden dürfen. Damit ist die Re- gel; Sachverständigen zufolge „wie ein trojanisches Pferd“ strukturell missbrauchbar. Zur Weiternutzung sol- cher Erkenntnisse kann der Überwachungseinsatz unge- achtet des realen Schutzbedarfs überhaupt erst angeord- net werden. Über eine solche Umwidmung dürfte entgegen dem Entwurf im Übrigen nicht allein ein Einzelrichter ent- scheiden, damit auch durch den Verfahrensweg das Grundrecht geschützt wird. Vielmehr müsste eine Spruchkammer des Landgerichts entscheiden, wie dies bei der vergleichbar tief eingriffsintensiven Wohnraum- überwachung zur Strafverfolgung gemäß § 100 d Abs. l S. l StPO vorgesehen ist. Drittens. Der Entwurf nimmt – abweichend von § 100 c Abs. 4 S. l StPO bei der Wohnraumüberwachung zur Strafverfolgung – lediglich die Kommunikation allein aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung voll von der Überwachung aus, nicht jedoch solche, deren Inhalte gemischt oder noch nicht genau absehbar sind. So droht dieser zentrale Schutz der Privatsphäre in der Praxis leerzulaufen. Denn selbst innerhalb höchstpersönlicher Kommunikation können weitere Informationsinhalte minderer Sensibilität nie vorab ausgeschlossen werden. Zu Recht ist der Regelungsvorschlag deswegen in der Sachverständigenanhörung als reines „Placebo“ bezeich- net worden, das einer Überprüfung vor dem Bundesver- fassungsgericht nicht standhalten würde. Viertens. Ferner nimmt der Entwurf – abweichend von § 100 c Abs. 6 S. 1 StPO bei der Wohnraumüberwa- chung zur Strafverfolgung – lediglich die Kommunika- tion von Geistlichen, Strafverteidigern und Abgeordne- ten im Rahmen ihres Zeugnisverweigerungsrechts grundsätzlich von der Überwachung aus, lässt jedoch alle anderen ebenso in § 53 StPO genannten Berufsge- heimnisträger – zum Beispiel Journalisten, Wirtschafts- prüfer, Rechtsanwälte, Notare, Suchtberater, etc. – und ihre Klienten praktisch ungeschützt. Solche Differenzie- rung in diesem zentralen Punkt widerspricht schon der Europäischen Menschenrechtskonvention und erscheint willkürlich. Die für letztere Gruppe mindergeschützter Berufsge- heimnisträger lediglich vorgesehene Verhältnismäßig- keitsprüfung läuft mangels Konkretion und objektiver Überprüfungskriterien praktisch leer und würde die be- treffende Kommunikation jederzeit überwachbar lassen. D a v v s d r d D p w n s d h E n d b r k t l K S l g u g n n n Z n d t v m o d B h d l d e d p d E (C (D ie notwendige Schutzregelung für die Kommunikation ller Berufsgeheimnisträger darf, anders als im Entwurf orgesehen, nicht nur deren zielgerichtete Ausforschung erhindern, sondern muss sie auch vor Maßnahmen chützen, die gegen Dritte gerichtet sind und immer ann gelten, wenn hierdurch zeugnisverweigerungsbe- echtigte Personen gleich wie mitbetroffen wären. Auf diese Anforderungen haben der Bundesverband er Freien Berufe, der Deutsche Anwaltsverein, der eutsche Journalisten-Verband, die Bundeswirtschafts- rüferkammer und weitere Verbände zutreffend hinge- iesen. Auch hier wird die Bundesregierung also später icht sagen können, sie sei nicht auch auf diese verfas- ungsrechtliche „Bruchstelle“ hingewiesen worden. Fünftens. Der Regierungsentwurf fordert – entgegen em vom Verfassungsgericht eingeforderten Bestimmt- eitsgebot – bei der Befugnis des Zollkriminalamts zur rhebung von Telekommunikations-Verkehrsdaten noch icht einmal deren genaue Bezeichnung und ermöglicht ie Nutzung solcher Daten selbst dann, wenn die Erhe- ungsanordnung richterlich nicht bestätigt wird. Das ist echtspolitisch inakzeptabel. Sechstens. Der Entwurf weitet die Befugnis des Zoll- riminalamts zur Übermittlung personenbezogener Da- en auf zahlreiche Aufgabengebiete aus, grenzt die mög- ichen Empfängerstellen nicht nach rechtsstaatlichen riterien ein und ermöglicht so eine Übermittlung in taaten, wo Betroffenen daraufhin Menschenrechtsver- etzungen drohen. Nicht vorgesehen ist die für derlei vom Verfassungs- ericht verlangte strenge Verhältnismäßigkeitsprüfung nter anderem, welche Nachteile den Grundrechtsträ- ern aufgrund der Maßnahmen drohen oder von ihnen icht ohne Grund befürchtet werden. Siebtens. Soweit außerhalb von Wohnungen zwar icht die Grundrechte auf Fernmeldefreiheit und Woh- ung aus Art. 10 und 13 GG berührt sind, jedoch der oll gleichwohl aufgrund der dann anwendbaren Befug- isse aus §§ 18 bis 22 des geltenden Zollfahndungs- ienstgesetzes in den Kembereich privater Lebensgestal- ung eingreifen dürfte – etwa bei der Überwachung ertraulicher Kontakte und Gespräche unter freiem Him- el –, unterlässt der Gesetzentwurf jede Schutzregelung, bwohl dieser Schutz für solche Situationen aufgrund er Verfassung ebenso geboten ist. Achtens. Der vorgesehene Weglall der derzeitigen efristung des Gesetzes ist nicht sachgerecht. Denn die ierfür maßgeblichen Gründe, die tatsächliche Anwen- ung und Auswirkungen in der Praxis verfolgen zu wol- en, bestehen fort, zumindest, bis der nach dem gelten- en § 23 c Abs. 2 Satz 2 Zollfahndungsdienstgesetz zu rstellende erste Evaluierungsbericht vorliegt. Neuntens. Auch danach sollte die Bundesregierung em Bundestag künftig weiterhin regelmäßig über die raktische Gesetzesanwendung berichten. Mit unserem Entschließungsantrag fordern wir Grüne ie Bundesregierung auf, umgehend einen geänderten ntwurf mit den verfassungsrechtlich gebotenen Ände- 10298 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) rungen dieser genannten Regelungen vorzulegen, die wir dort im Einzelnen aufgeführt haben. Dies wäre auch ohne Zeitverzug möglich, nicht zuletzt, weil wir, wie ge- sagt, schon vor langer Zeit konkrete Formulierungen vorgelegt haben. Außerdem legte meine Fraktion kürzlich einen Ge- setzentwurf zur Novelle der strafprozessualen Telekom- munikationsüberwachung vor. Die Regelungen insbe- sondere zum verfassungsfesten Schutz der Privatsphäre sowie zur Kommunikation mit Berufsgeheimnisträgern könnte die Koalition sofort aufgreifen und ohne Verzö- gerung auf den Zoll übertragen. Den Gesetzentwurf lehnen wir ab. Es wäre gut, wenn Sie dem grünen Entschließungsantrag zustimmen wür- den. Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister der Finanzen: Ihnen liegt heute ein Än- derungsentwurf zu einem Gesetz vor, das – wie in den Beratungen trefflich bemerkt wurde – wohl wie kaum ein anderes Spezialgesetz den Bundestag in den letzten Jahren beschäftigt hat: das Zollfahndungsdienstgesetz. Sie werden sich erinnern, dass mit dem Ersten Gesetz zur Änderung des Zollfahndungsdienstgesetzes die Be- fugnis des Zollkriminalamtes zur präventiven Telekom- munikations- und Postüberwachung im Außenwirt- schaftsbereich zuletzt bis zum 30. Juni 2007 befristet wurde. Vor Auslaufen dieser Befristung gilt es, unter Be- rücksichtigung der Vorgaben aus der jüngsten Recht- sprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung notwendige Anpassungen vorzunehmen. Die Bundesregierung hat ein stimmiges Konzept zur Umsetzung dieser Vorgaben, die Eingriffe in Art. 10 des Grundgesetzes in Form einer Telekommunikationsüber- wachung vorsehen, erarbeitet. Mit dem vorliegenden Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Zollfahndungsdienstgesetzes und anderer Gesetze wird dieses Konzept nun in einem ersten Schritt für den Bereich der präventiven Telekommunikations- und Postüberwachung im Außenwirtschaftsbereich für den Zollfahndungsdienst umgesetzt. Auf die Bedeutung der hier in Rede stehenden Rege- lungen des Zollfahndungsdienstgesetzes ist an dieser Stelle schon oft hingewiesen worden. Dieses Mal stehen wir vor der ernsten Situation, dass ohne eine fristge- rechte Anschlussregelung durch diesen Gesetzentwurf die Befugnis des Zollkriminalamtes zur präventiven Te- lekommunikations- und Postüberwachung im Außen- wirtschaftsbereich entfiele. Zu diesem Zeitpunkt lau- fende Überwachungsmaßnahmen müssten abgebrochen werden; neue Maßnahmen könnten vor Verabschiedung einer weiteren Gesetzesänderung nicht eingeleitet wer- den. Die präventive Telekommunikations- und Postüber- wachung im Außenwirtschaftsbereich hat sich in der V k u A s r m n n g d u m R z d d d w a E a r t g n R s r g z w R n Z t d d E g g W m ü t d z B n (C (D ergangenheit zur erfolgreichen Umsetzung der Export- ontrollpolitik der Bundesregierung vielfach bewährt nd dient letztlich auch dazu, den durch unzulässige usfuhren sensibler Güter entstehenden außenpoliti- chen Schaden für die Bundesrepublik Deutschland be- eits im Vorfeld abzuwenden, denn repressive Maßnah- en können in diesem Bereich präventives Einschreiten icht ersetzen. Für die präventive Telekommunikationsüberwachung ach § 23 a Zollfahndungsdienstgesetz gewährt die vor- eschlagene Regelung in verfassungskonformer Weise en Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung nd trägt zugleich den Besonderheiten einer Telekom- unikationsüberwachung Rechnung. Durch die gestufte egelungssystematik wird in der Anwendung auch bei ulässigen Maßnahmen dazu sensibilisiert, den Schutz es Kernbereichs zu achten. Neben diesem Schwerpunkt des Gesetzentwurfs wer- en weitere Regelungen an die Rechtsprechung des Bun- esverfassungsgerichts zur akustischen Wohnraumüber- achung angepasst. Beispielhaft sei hier auf die Befugnis des Zollkrimal- mts und der ihm unterstellten Zollfahndungsämter zu igensicherungsmaßnahmen mittels technischer Mittel uch innerhalb von Wohnungen hingewiesen. Dass es sich hierbei um eine sensible rechtliche Mate- ie handelt, haben nicht zuletzt auch die intensiven Bera- ungen im Rechtsausschuss verdeutlicht. Hier ist es uns elungen, sowohl beim Schutz der eingesetzten Perso- en als vor allem auch bei der Weiterverwendung von im ahmen der Eigensicherung erlangten Daten eine Lö- ung zu finden, die den verfassungsrechtlichen Anforde- ungen Rechnung trägt. Lassen Sie mich an dieser Stelle noch die Änderun- en des Zollverwaltungsgesetzes ansprechen, die sich war unspektakulär anhören, gleichwohl aber – ebenso ie das Zollfahndungsdienstgesetz – doch bedeutsame egelungen zum Gegenstand haben und mit internatio- al eingegangenen Verpflichtungen einhergehen. Bereits bestehende Aufgaben und Befugnisse der ollverwaltung zur Überwachung des grenzüberschrei- enden Bargeldverkehrs zum Zwecke der Bekämpfung er Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung wer- en an die einschlägige EG-Neuerung angepasst. Diese U-Verordnung gilt ab dem 15. Juni 2007 und führt eine enerelle Anmeldepflicht für das Verbringen von Bar- eld oder von gleichgestellten Zahlungsmitteln ab einem ert von 10 000 Euro ein. Eine Verletzung dieser An- eldepflicht ist bußgeldbewehrt. Durch die Regelungen zur Überwachung des grenz- berschreitenden Bargeldverkehrs wird die Zollverwal- ung künftig einen wichtigen Beitrag zur Verhinderung er Finanzierung des internationalen Terrorismus sowie ur Bekämpfung der Geldwäsche und damit auch zur ekämpfung der organisierten Kriminalität leisten kön- en. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10299 (A) ) (B) ) Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Einführung eines generellen Tempolimits von 120 km/h auf deutschen Autobahnen – Einführung eines generellen Tempolimits von 130 Stundenkilometern auf Bundesauto- bahnen (Tagesordnungspunkte 18 a und b) Gero Storjohann (CDU/CSU): Wir diskutieren heute einen Antrag der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen und einen Antrag der Fraktion der Linken zur Einführung eines generellen Tempolimits auf deutschen Autobahnen. Ziel der Anträge ist es, ein generelles Tem- polimit von 120 bzw. 130 Kilometern pro Stunde auf deutschen Autobahnen einzuführen. Beide Fraktionen begründen ihre Anträge unter ande- rem damit, dass Deutschland weltweit eines der ganz wenigen Länder sei, auf dessen Autobahnen keine gene- relle Geschwindigkeitgrenze gelte und dass ein generel- les Tempolimit die Umwelt zusätzlich erheblich entlas- ten könne. Argumentiert wird von beiden Fraktionen unter anderem ferner, ein allgemeines Tempolimit trage zu einer weiteren Reduzierung der Unfälle und damit zur Verbesserung der Verkehrssicherheit bei. Soweit die An- träge. Lassen Sie mich dazu Folgendes feststellen: Die CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag lehnt ein allgemeines Tempolimit, wie von Linken und Grünen gefordert, ab. Bereits heute ist ein Drittel des deutschen Autobahnnetzes mit Tempolimits belegt. Auch halten wir eine Harmonisierung von Geschwindigkeitsbe- schränkungen auf Autobahnen innerhalb der Europäi- schen Union für nicht erforderlich. Ein europäischer Vergleich hinsichtlich der Verkehrssicherheit zeigt, dass Deutschland hierbei zum Teil bessere Ergebnisse auf- weisen kann als Länder mit Geschwindigkeitsbegren- zungen auf ihren Autobahnen. Diese positive Entwick- lung der Verkehrssicherheit in Deutschland verdanken wir nicht zuletzt vielfaltigen Maßnahmen im Bereich der Kraftfahrzeugtechnik. So wurden insbesondere von deutschen Automobilherstellern passive und aktive Si- cherheitssyteme entwickelt; das Elektronische Stabili- tätsprogramm (ESP) und das Antiblockiersystem (ABS) zählen dazu. Wie auch in unserem Land schätzen die Kunden weltweit Faktoren wie Sicherheit, Leistung, Komfort, Design und Image an deutschen Autos. Beson- ders die Sicherheitseigenschaften stehen in engem Zu- sammenhang mit dem Gewicht eines Autos und somit seinem Kraftstoffverbrauch. Deshalb muss weiterhin die Gesamteffizienz der Fahrzeuge optimiert werden. Ein Tempolimit würde hingegen zu einem verminderten In- teresse der Kunden an Sicherheitstechnologie führen und Konsequenzen bei Unfallfolgen und der deutschen Wett- bewerbsfähigkeit hervorrufen. Die CDU/CSU-Fraktion sieht auch angesichts dieser Tatsache die Verbesserung der Fahrzeugsicherheit durch moderne Fahrzeugtechnik a k t d w n V T e g i w h v k D k a d t k k A h d D f b T t B ß d i B t E a d s h z A m b h d s i d ß L a V v b S k (C (D ls zwingend notwendig an, um zu einer weiteren Sen- ung der Unfallzahlen auf unseren Straßen zu gelangen. Auch Maßnahmen im Bereich der Straßenverkehrs- echnik haben einen großen Anteil an der Verbesserung er Verkehrssicherheit auf unseren Autobahnen. Leider erden Geschwindigkeitsübertretungen vielfach nicht ur von Autobahnrasern begangen, sondern häufig von erkehrsteilnehmern, die den Sinn eines angeordneten empolimits vielfach nicht erkennen. Dem kann mit lektronischen Streckenbeeinflussungsanlagen entge- engewirkt werden. So werden mit diesen Anlagen, die mmer häufiger entlang unserer Autobahnen installiert erden, bereits heute bei hoher Verkehrsdichte zur Erhö- ung der Kapazität Geschwindigkeitsbeschränkungen on 100 Stundenkilometern, bei weiter steigender Ver- ehrsdichte von 80 Stundenkilometern angeordnet. iese von der Verkehrsstärke abhängigen Geschwindig- eitsanordnungen treffen bei den Verkehrsteilnehmern uf eine hohe Akzeptanz. Durch den vermehrten Einsatz ieser rechnergestützten, intelligenten Verkehrsleitsys- eme, welche den Verkehr in Abhängigkeit von der Ver- ehrsdichte regeln, kann auf Veränderungen der Ver- ehrsdichte schnell und flexibel reagiert werden. Dem utofahrer wird dadurch die Notwendigkeit für die Ein- altung einer situationsangepassten Geschwindigkeit eutlich vor Augen geführt. Die CDU/CSU-Fraktion im eutschen Bundestag spricht sich daher nachdrücklich ür den vermehrten Einsatz der „elektronischen Schilder- rücken“ auf deutschen Autobahnen aus. Ein von Linken und Grünen befürwortetes starres empolimit hingegen würde wegen mangelnder Akzep- anz zu gravierenden Verkehrsverlagerungen von den undesautobahnen hin zu Landstraßen führen. Landstra- en jedoch zählen wegen des auf ihnen vorherrrschen- en Begegnungsverkehrs zu den gefährlichsten Straßen n Deutschland. Landstraßen werden im Gegensatz zu undesautobahnen von schwach motorisierten Verkehrs- eilnehmern, von Radfahrern und Fußgängern genutzt. ine Verlagerung des Verkehrs von Bundesautobahnen uf Landstraßen würde daher eine erhebliche Gefähr- ung aller Verkehrsteilnehmer auf Kosten der Verkehrs- icherheit nach sich ziehen. Zudem handelt es sich bei erkömmlichen Landstraßen im Gegensatz zu kreu- ungsfreien Autobahnen um Straßen, die ein häufiges nfahren und Abbremsen an Kreuzungen erforderlich achen. Dadurch würden zugleich der Spritverbrauch eziehungsweise die Kohlenstoffdioxidemissionen er- eblich steigen. Nebenbei würden dadurch Schäden an er schlechter ausgebauten Infrastruktur zunehmen. Noch immer führen viele Landstraßen durch Ort- chaften, da nicht immer eine Ortsumgehung vorhanden st. Durch ein erhöhtes Verkehrsaufkommen aufgrund es Ausweichens von Bundesautobahnen auf Landstra- en werden den Bewohnern dieser Ortschaften weiterer ärm und weitere CO2-Emmissionen zugemutet – dies lles zulasten der Lebensqualität. So kann vernünftige erkehrspolitik nicht aussehen! Im Gegensatz zu dem on Ihnen befürworteten starren Tempolimit von 120 zw. 130 Stundenkilometern liegt für CDU und CSU der chwerpunkt auf der Entwicklung einer flexiblen, zu- unftsweisenden Infrastruktur, die auf die Lebensquali- 10300 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) tät und vor allem Mobilität der Menschen im privaten und beruflichen Bereich Rücksicht nimmt. In den Ausschussberatungen werden wir hierüber noch zu sprechen haben. Die CDU/CSU-Bundestags- fraktion lehnt die Vorstellungen der Linksfraktion und der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen zur Einfüh- rung eines allgemeinen Tempolimits, wie sie in den uns jetzt vorliegenden Anträgen zum Ausdruck kommen, ab. Jörg Vogelsänger (SPD): Unsere leistungsfähige Infrastruktur ist ein wichtiger Standortvorteil. Deutsch- land hat mit Abstand das größte und dichteste Autobahn- netz in Europa. Bei Vergleichen mit anderen europäi- schen Ländern gilt es immer die besondere Situation in den Ländern zu berücksichtigen. Dazu ein Beispiel. Polen verfügt über ein Autobahnnetz von rund 500 Kilometer, in Deutschland sind es über 12 000 Kilo- meter. Das zeigt, hier sind Vergleiche schwierig. Von den Befürwortern eines generellen Tempolimits in Deutschland werden immer wieder die Tempolimits in anderen europäischen Staaten als Argument benutzt. Man muss dabei, nach meiner Auffassung, auch die Un- fallzahlen vergleichen. Für uns gilt es, die Situation und die Unfallentwick- lung im gesamten deutschen Straßenetz zu betrachten. Die Autobahnen sind die Hauptschlagadern im Straßen- netz mit über 30 Prozent der Fahrleistungen. Es ereignen sich auf den Autobahnen weniger als 6,5 Prozent der Unfälle mit Personenschäden. Die Autobahnen sind die sichersten Straßen in Deutschland. Die Horrorzahlen aus den 70er- und 80er- Jahren des vergangenen Jahrhunderts sind zum Glück Geschichte. Dazu beigetragen haben mit Sicherheit die umfangreichen Investitionen in Infrastruktur, in Ver- kehrssicherheit und selbstverständlich der technische Fortschritt in der Automobilindustrie. Ich will dies nicht unerwähnt lassen. Ingenieure und Fahrzeugbauer haben Hervorragendes geleistet. Hier braucht sich Deutschland nicht zu verstecken. Ich bin mir sicher, dass dies auch weiter geschieht. Hier sind unter anderem passive und aktive Sicherheitssysteme für Fahrzeuge, wie zum Bei- spiel Antiblockiersysteme zu nennen. Weitere Verbesserungen in der Fahrzeugtechnik sind auch ein entscheidender Ansatz zur Reduzierung von CO2-Minderung. Im Übrigen haben die USA und Schweden trotz Tempolimits seit Jahren den höchsten Durchschnittsverbrauch. Es gilt vielmehr Forschung und Entwicklung bei zukunftsweisenden Verkehrstechnolo- gien, unter anderem durch die Elektrifizierung der An- triebe voranzutreiben. Im Bereich der Verkehrsregelung muss ebenfalls wei- ter auf Innovation gesetzt werden. Die Unfallhäufigkeit ist nicht homogen über das gesamte Autobahnnetz ver- teilt. Das hängt auch damit zusammen, dass die Ver- kehrsbelastung mitunter sehr schwankt und natürlich es auch witterungsbedingt zu Gefahrensituationen kommt. Deshalb gilt es das Instrument rechnergeschützter Ver- kehrsbeeinflussungsanlagen noch breiter anzuwenden u p n z s k g e a i s s n G g m H T s A t n f G t d k t I n w d d d d k e g z V l V m z K d b D V w c r (C (D nd weiterzuentwickeln. Das hätte auch einen wichtigen sychologischen Aspekt. Wenn von den Verkehrsteil- ehmern die Begrenzung der Geschwindigkeit nachvoll- ogen werden kann, wird es zu weitaus weniger Über- chreitungen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ommen. Dazu ein Beispiel aus meinem Wahlkreis. Auf- rund von häufigen Stausituationen auf der A 12, die in rster Linie in der Grenzabfertigung begründet sind, ist uf circa zwölf Kilometer Tempo 80 ausgeschildert. Das st eine richtige Maßnahme. Gibt es keinerlei Stauer- cheinungen, wird diese Beschränkung jedoch nur chwer von den Verkehrsteilnehmern nachvollzogen. Mit der geplanten Verkehrsbeeinflussungsanlage, ach meiner Auffassung überfällig, kann flexibel auf efahrensituationen reagiert werden. Das wird den Är- er über den Stau nicht beseitigen. Es sorgt jedoch für ehr Verständnis zur Reduzierung der zulässigen öchstgeschwindigkeit. Ob dies bei einem allgemeinen empolimit auf Autobahnen so ist, möchte ich infrage tellen. Eine Einführung eines allgemeinen Tempolimits auf utobahnen würde zwingend die Ausweitung der Kon- rolltätigkeit erfordern. Das schon allein deshalb, weil es icht zu verantworten wäre, die Kontrolltätigkeit an Un- allschwerpunkten einzuschränken. Das wäre dann aus ründen der Verkehrssicherheit mehr als kontraproduk- iv. Wer ein allgemeines Tempolimit fordert, müsste ann konsequent auch eine Aufstockung der Polizei- räfte fordern. Dazu finde ich jedoch nichts in den An- rägen von Bündnis 90/Die Grünen und der Linkspartei. mmerhin müssten auf über 6 000 Kilometer Autobah- en zusätzlich Geschwindigkeitskontrollen durchgeführt erden. Die Diskussion zum allgemeinen Tempolimit darf zu- em nicht von dem Bereich mit größtem Handlungsbe- arf ablenken. Besondere Unfallschwerpunkte sind im eutschen Straßennetz die Landstraßen, das heißt Bun- es- und Landesstraßen. Hier haben wir bei Gegenver- ehr immerhin in der Regel Tempo 100. Dazu kommt ine weitaus unzureichendere Absicherung zum Beispiel egen Wildunfälle. Das Risiko, auf Landstraßen tödlich u verunglücken, ist besonders hoch. Hier muss weiter ein besonderer Schwerpunkt auf der erkehrssicherheitsarbeit liegen. Da sind selbstverständ- ich auch die Länder in der Verantwortung. Besondere erantwortung hat natürlich auch jeder Verkehrsteilneh- er. Wir dürfen dabei nicht allein auf Ristriktionen set- en. Wir brauchen weiterhin öffentlichkeitswirksame ampagnen für einen weiteren Mentalitätswandel bei en Verkehrsteilnehmern. Verkehrssicherheit ist und leibt ein vielschichtiges Thema. Deshalb ist eine breite iskussion von Maßnahmepaketen im Ausschuss für erkehr, Bauen und Stadtentwicklung und im Bundestag eitaus zielführender. Jan Mücke (FDP): Es ist schon bemerkenswert, wel- hes Bild Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke mit ih- en Anträgen vom deutschen Autofahrer zeichnen: Auf Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10301 (A) ) (B) ) der einen Seite steht der Raser, der gefährlich nah auf- fährt, drängelt und nichts anderes im Sinn hat, als so schnell wie möglich wieder für freie Fahrt im Renn- tempo zu sorgen. Auf der anderen Seite steht der beson- nene Verkehrsteilnehmer, der natürlich nur zum Überho- len die linke Fahrbahn benutzt, jedoch regelmäßig von der ungeheueren Dreistigkeit im Rückspiegel verunsi- chert wird. – Nein, so sieht es auf Deutschlands Auto- bahnen nicht aus. Grün-Dunkelrot sieht sich im Dienst der Verkehrssi- cherheit, und da ist jedes Mittel recht, auch wenn es noch so abwegig ist. Deutschlands Autobahnen sind die sichersten Straßen der Welt. Es gibt keine durchgreifen- den Argumente für die Annahme, dass die Verkehrs- sicherheit insgesamt durch die Einführung einer Geschwindigkeitsbegrenzung zunimmt. Obwohl Deutsch- land das einzige Land in der Europäischen Union ohne Tempolimit ist, sterben auf den hiesigen Straßen ein Viertel weniger Menschen als im europäischen Durch- schnitt und sogar nur halb so viel wie in Polen oder Un- garn, die nur über ein geringes Autobahnnetz verfügen. Auch der innerdeutsche Vergleich spricht gegen eine sol- che Annahme. Rund ein Drittel aller Unfälle auf Auto- bahnen außerhalb von Baustellen ereignet sich in Stre- ckenabschnitten mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung. Dieser Anteil entspricht dem Anteil aller Streckenab- schnitte mit einem Tempolimit. Eine erhöhte Unfallge- fahr auf Abschnitten ohne Geschwindigkeitsbegrenzung ist damit nicht nachweisbar. Von den Antragstellern unerwähnt geblieben ist auch die Tatsache, dass bereits auf 99 Prozent aller deutschen Straßen ein Tempolimit besteht. Das öffentliche Straßen- netz hat eine Länge von circa 644 000 Kilometer. Davon entfallen lediglich 12 200 Kilometer auf Autobahnen, von denen wiederum zwei Drittel tempobegrenzt sind. Hinzu kommt, dass sich 67 Prozent der Unfälle mit Personenschaden innerhalb geschlossener Ortschaften ereigneten. 96 Prozent aller Unfälle geschehen bei Ge- schwindigkeiten unter 100 Stundenkilometer. Auch sprechen die Erfahrungen der Dänen eine ganz andere Sprache. Dort wurde Ende April 2004 die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen von 110 auf 130 Stundenkilometer heraufgesetzt. Trotzdem sank die Zahl der Unfalltoten binnen Jahresfrist um ein Viertel. Deutschland braucht kein festes Tempolimit. Viel- mehr benötigt es ein intelligentes und – variables Ge- schwindigkeitsmanagement. Verkehrsregelanlagen er- fassen die aktuellen Verhältnisse vor Ort und können die jeweils erforderlichen Maßnahmen treffen. Sie können die Autofahrer nicht nur rechtzeitig vor Gefahren war- nen. Anders als ein generelles Tempolimit stoßen solche Anlagen auch auf eine hohe Akzeptenz. Deren Anord- nungen werden deutlich besser befolgt. Da verwundert es nicht, dass die Unfallzahlen nach Einführung von Streckenbeeinflussungsanlagen auf den betroffenen Ab- schnitten um durchschnittlich 30 Prozent gesunken sind. Das ist ein echter Beitrag zur Verkehrssicherheit. Verkehrsregelanlagen fördern darüber hinaus auch den Schutz der Umwelt. Das System setzt bedarfsge- recht und nahezu verzögerungsfrei die zulässige Höchst- g d W S e g h L d w t P s A E s s T a n k C g ü E s ü G u V r 6 t b t s i c D M m z d A w g b M d e w w a w (C (D eschwindigkeit fest – wenn nötig auch unter 120 Stun- enkilometer – und verhindert dadurch einen ständigen echsel zwischen Beschleunigungs- und Bremsphasen. taus werden auf ein Minimum reduziert. Ein unnötig rhöhter Kraftstoffverbrauch wird vermieden, Motoren- eräusche werden auf einem unvermeidbaren Niveau ge- alten. Die Annahme von Bündnis 90/Die Grünen und der inken, bei Einführung eines Tempolimits sei eine Re- uzierung der CO2-Emmissionen um 9 Prozent zu er- arten, entbehrt jeglicher Grundlage. Der genannte Be- rag bezieht sich auf die Emissionen ausschließlich von kw auf Autobahnen. Nach der Studie des UBA, auf die ich die Antragsteller beziehen, entspricht dies einem nteil von lediglich 0,3 Prozent der gesamten CO2- missionen in Deutschland. Dabei wurde in der Unter- uchung jedoch eine zu hohe tatsächlich gefahrene Ge- chwindigkeit angesetzt. Temporäre und konditionale empolimits fanden kaum Berücksichtigung. Nach einer ktuellen Berechnung des VDI ergibt sich bei einer ge- erellen Geschwindigkeitsbegrenzung von 120 Stunden- ilometer auf Autobahnen ein Rückgang der deutschen O2-Emissionen von höchstens 0,08 Prozent. Der Antrag der Linken zeigt wieder einmal, wie leichgültig sie den Realitäten auf den Märkten gegen- berstehen. Die Antragsteller gehen davon aus, dass mit inführung eines generellen Tempolimits der Bedarf an chnellen und PS-starken Pkw entfallen wird. Ein Blick ber den deutschen Tellerrand hinaus beweist jedoch das egenteil: Nirgends ist die Nachfrage nach schweren nd hochmotorisierten Fahrzeugen so groß wie in den ereinigten Staaten – trotz eines Tempolimits von umge- echnet 105 Stundenkilometer. Bereits heute werden 0 Prozent der in Deutschland produzierten Kfz expor- iert und somit in Ländern mit einer Geschwindigkeits- egrenzung zugelassen. Kritik der Käufer, dass die Au- os nicht auf die dortigen Gegebenheiten zugeschnitten eien, kommt indessen nicht dabei auf. Bündnis 90/Die Grünen und die Linken verfolgen mit hren Anträgen erstrebenswerte Ziele. Um diese zu errei- hen, bedienen sie sich jedoch der Mittel von vorgestern. ie FDP-Fraktion wird die Anträge daher ablehnen. Lutz Heilmann (DIE LINKE): Ich weiß, dass viele enschen gerne schnell mit ihrem Auto fahren; auch in einer Fraktion gibt es eine Bleifußfraktion, die aber um Glück deutlich in der Minderheit ist. Deswegen be- aure ich es, dass der Gruppenantrag gescheitert ist. usgerechnet eine Fraktion, die sich christlich nennt, hat ider bessere Vernunft die unchristliche Entscheidung etroffen, diesen Gruppenantrag abzulehnen. Ich sage ewusst „unchristlich“; denn ein Tempolimit würde enschenleben retten. Wie Sie die Inkaufnahme des To- es von Menschen mit Ihrem christlichen Gewissen ver- inbaren, müssen Sie wissen. Nachvollziehen kann und ill ich das nicht. Ein generelles Tempolimit von 130 auf Autobahnen ürde zu einem Rückgang des gesamten Kohlendioxid- usstoßes aller Pkw von 2 Prozent führen. Zusätzlich äre es ein wichtiger Innovationsanreiz für die Auto- 10302 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) industrie, die leider immer noch meint, „höher, schneller, weiter“ sei das Motto der Zukunft. Aber vielleicht hat die Krise der Autoindustrie, die Entlassung von Tausen- den, ja auch genau damit zu tun? Neben dem Kohlen- dioxidausstoß würde der Ausstoß anderer Luftschad- stoffe wie Feinstaub sogar noch deutlicher zurückgehen. Auch der Verkehrslärm ginge erheblich zurück. Klimaschutz und der Abbau menschlicher Gesund- heitsbelastungen sind christliche Ziele. Aber anstatt den Menschen zu helfen, verteidigen Sie das letzte Raser- paradies auf Erden. Raser dürfen aber nicht der Maßstab einer verantwortungsvollen Politik sein; denn das deut- sche Raserparadies ist leider ein Alptraum für die über- wiegende Mehrheit der Menschen. Nicht umsonst gibt es T-Shirts mit der Aufschrift „I Survived the German Au- tobahn.“ Lassen Sie uns gemeinsam diesen Krieg mit an- deren Mitteln beenden! Springen Sie von den Koali- tionsfraktionen über Ihren Schatten und stimmen Sie unserem Antrag zu! Der ist fast wortgleich mit dem Gruppenantrag, der bereits mit vielen Abgeordneten auch der Koalition abgestimmt war. Argumente führen Sie zwar einige ins Feld, nur lassen sich alle nicht halten. Sie haben doch nur Angst vor einer Kampagne des ADAC und der Automobilindustrie, die wiederum um den Absatz ihrer übermotorisierten Fahr- zeuge fürchtet. Angst, oder Feigheit, aber ist ein schlech- ter Ratgeber und zudem eine der sieben Todsünden. Sie sagen, auf der Hälfte der Autobahnen gelte ohne- hin ein Tempolimit. Spricht das gegen ein generelles Tempolimit? Nein. Denn wenn man auf der einen Hälfte langsamer fahren kann, warum dann nicht auch auf der anderen? Herr Tiefensee sagt, ein Tempolimit von 120 würde lediglich zu einer Reduktion von 0,3 Prozent führen. Herr Minister, das ist unredlich! Sie können die Reduk- tion von 9 Prozent der Pkw-Emissionen auf Autobahnen nicht dadurch kleinrechnen, dass Sie das auf die gesam- ten deutschen CO2-Emissionen hochrechnen. Außerdem führt das zur Resignation der Menschen. Wenn es näm- lich nicht einmal helfen würde, dass alle langsamer füh- ren, warum soll der oder die Einzelne dann ein sparsa- mes Fahrzeug kaufen? Warum soll er oder sie dann Energiesparlampen kaufen? Für die nationalen Emissionen ist das ohne Belang, aber dennoch eben nicht sinnlos; denn keine oder keiner allein kann das Klima retten, genauso wenig wie ein ein- zelner politischer Beschluss dies erreichen kann. So viele Menschen wie möglich müssen ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten, und eine Vielzahl politischer Be- schlüsse ist erforderlich. Auch der Verkehr muss seinen Beitrag zum Klimaschutz leisten – ob das Ministerium nun will oder nicht –; sonst kann Deutschland seine Kli- maziele nicht einhalten. Tatsächlich hat das Verkehrsministerium – nachdem es in sieben Jahren Rot-Grün nicht einen konstruktiven Beitrag zum Klimaschutz geleistet hat – zwei Vorschläge gemacht. Aber haben Sie sich einmal angeschaut, wel- che CO2-Einsparungen Sie damit erreichen? Natürlich sind auch wir für eine verbraucherfreundliche Kenn- z t d b s w s j n D w t z e w l d d W d A b g d S d W K F d e t A p m g m M e t g m h b G s l E u s w d g w (C (D eichnungspflicht des CO2-Ausstoßes von Pkw, und na- ürlich sind auch wir für eine Reform der Kfz-Steuer mit em CO2-Ausstoß als Bemessungsgrundlage. Aber glau- en Sie denn wirklich, dass Sie damit die Gesamtemis- ionen Deutschlands um mehr als 0,3 Prozent mindern erden? Ich nicht, schon gar nicht so, wie Sie das vor- chlagen. Ihre Kfz-Steuer soll die großen Spritschlucker a gar nicht belasten. Die Wirkung wird sich also null an- ähern – egal welchen Bezugsrahmen Sie da wählen. enken – oder rechnen – Sie doch noch einmal nach, omit Sie wirklich einen Beitrag zum Klimaschutz leis- en können. Ein Tempolimit ist eine wichtige Voraussetzung, die udem unglaublich billig ist, die ohne Weiteres sofort ingeführt werden kann und die niemandem wirklich eh tut, außer den Rasern – aber um die tut es mir nicht eid. Vielleicht laufen aus der Koalition ja einige mit em Button „Mein Herz schlägt auch für Raser“ durch ie Gegend. Ich werde in Zukunft darauf achten. Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): eltweit scheinen Sie von der CDU/CSU und der SPD ie einzigen zu sein, die den Wahnsinn auf deutschen utobahnen weiterhin zulassen. Die FDP nehme ich da- ei nicht aus. Sie wollen kein Tempolimit. Sie wollen die renzenlose Freiheit des Gaspedals ohne Rücksicht auf ie Gefahren für das Klima und die Verkehrsteilnehmer. ie ignorieren die Tatsachen und Erfahrungen aller In- ustrieländer weltweit, die mit einem Tempolimit leben. arum? Und warum haben Sie ihre Kritikerinnen und ritiker in den eigenen Reihen zurückgepfiffen? Die akten, die für ein Tempolimit sprechen, liegen doch auf em Tisch. Und die Bevölkerungsmehrheit akzeptiert in Tempolimit. Sind Sie, meine Damen und Herren von der Koali- ionsfraktion, gefangen im Griff der Autokonzerne? Die utokonzerne haben bekanntlich kein Interesse an Tem- olimits, weil sie befürchten, ihre Spritschlucker nicht ehr loszuwerden. Trotzdem exportieren Sie in die anze Welt. Sie wissen genau, dass Innovationen im Kli- aschutz gefragt sind, nicht aber spritschluckende PS- onster. Nur umweltfreundliche Innovationen sind dau- rhaft konkurrenzfähig. Aber nicht Wissen, sondern Ta- en zählen. Für Bündnis 90/Die Grünen hört der Spaß beim Gas- eben auf, wo das Leid anderer beginnt. Uns ist es ernst it Klimaschutz und Verkehrssicherheit. Wir haben eute diesen Antrag in den Deutschen Bundestag einge- racht und fordern eine moderate, an Europa angepasste eschwindigkeitsbegrenzung von 120 km/h auf deut- chen Autobahnen ab 2008. Tempo 120 würde sofort zur Einsparung von 3,3 Mil- ionen Tonnen CO2 pro Jahr führen. Das entspricht der mission aller Busse bzw. eines Steinkohlekraftwerkes nd ergibt bis 2020 etwa 40 Millionen Tonnen einge- partes CO2. Diese klimapolitische Sofortmaßnahme ürde keinen Cent kosten, keine Arbeitsplätze gefähr- en und dazu mehr Verkehrssicherheit bringen. Im Ge- enteil: Folgekosten durch Unfälle und Klimaschäden ürden reduziert. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10303 (A) ) (B) ) Zahlreiche Versuche auf deutschen Autobahnen in der Vergangenheit und Vorbilder aus dem Ausland beweisen es: Wer nicht rast, fährt sicherer. Es geht nicht um Durchschnittsgeschwindigkeiten, es geht um die Zäh- mung der gefährlichen Extremgeschwindigkeiten. Auto- bahnen in Deutschland gelten als die sichersten Straßen. Das kann nicht überraschen: Kein Gegenverkehr, keine Fußgänger und Radfahrer und keine Kreuzungen. Trotz- dem gehen 12,4 Prozent der im Straßenverkehr Getöte- ten auf das Konto der Autobahn. Wir wollen, dass lang- fristig niemand mehr auf deutschen Straßen zu Tode kommt oder schwer verletzt wird. Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Qualität und Sicherheit von menschlichen Ge- weben und Zellen (Gewebegesetz) (Tagesord- nungspunkt 19) Hubert Hüppe (CDU/CSU): Mit dem Gewebegesetz setzen wir die EU-Geweberichtlinie in deutsches Recht um. Die Ziele der EU-Geweberichtlinie haben wir alle bejaht. Die Richtlinie dient der Sicherheit von Patientin- nen und Patienten, denen Gewebe oder Zellen übertra- gen werden sollen. Damit die Übertragung von Krank- heiten vermieden wird, sollen Qualität und Sicherheit von Geweben und Gewebezubereitungen gewahrt wer- den. Großen Dissens gab es allerdings über den einge- schlagenen Weg des Entwurfes, der tiefe Eingriffe vor allem im Transplantationsgesetz und Arzneimittelgesetz vornimmt. Bereits im Vorfeld haben Bundesärztekam- mer und Fachverbände Kritik vorgebracht. Der Bundes- rat hat eine umfangreiche Stellungnahme zum Entwurf der Bundesregierung vorgelegt – und wir hatten im März eine sehr kontroverse Anhörung mit 50 Fachverbänden und sieben Einzelsachverständigen. Die Kritik richtete sich unter anderem auf den befürchteten Kosten- und Verwaltungsaufwand sowie die Gefahr der Kommerzia- lisierung. Aber auch unter ethischen Aspekten wurde Nachbesserungsbedarf angemahnt. Die Union hat von Anfang an zugesagt, dass wir im parlamentarischen Verfahren mit der Kritik der Sachver- ständigen, der Ärzteschaft, der Verbände, der Kirchen und der Industrie konstruktiv umgehen werden. Die CDU/CSU-Fraktion hat während der vergangenen Mo- nate intensiven Kontakt mit den Fachleuten und Verbän- den gehalten und gemeinsam mit ihnen nach Lösungen gesucht. Viele sind von sich aus auf uns zugekommen und haben ihre – teilweise unterschiedlichen – Vorstel- lungen und Wünsche eingebracht. Das ist nicht nur legi- tim, sondern es hat der Sache gedient – auch wenn das eine oder andere sich nicht im Gesetz wiederfinden konnte. Gerne möchte ich deshalb an dieser Stelle ein- mal Dank sagen an alle, die uns ihre Sachkenntnis und ihren fachlichen Rat zur Verfügung gestellt haben. m h d u W R z s k d u s n s G d s s d t g W k Ü d z s d E s G e z w e h m e g h b H w v e u d s d g Z g g b s U P (C (D Deutsche Gesetze, die eng verwandte Sachzusam- enhänge regeln, haben schon bisher Regelungen ent- alten, die die Geweberichtlinie vorgibt. Vor allem sind ies das Transplantationsgesetz, das Transfusionsgesetz nd das Arzneimittelgesetz. Der Gesetzentwurf hat den eg einer Umsetzung der Richtlinie innerhalb dieses ahmens eingeschlagen: Die technischen Regelungen ur Qualität und Sicherheit werden im Arzneimittelge- etz umgesetzt. Die ethischen Fragen wie Spenderauf- lärung und Einwilligung sowie die Aspekte der Mel- ung schwerwiegender Zwischenfälle und Reaktionen nd der Rückverfolgung werden im Transplantationsge- etz geregelt. Diesen Rahmen schreibt die Richtlinie icht notwendig vor. Aber hier haben wir langjährige ge- etzgeberische und Vollzugserfahrung. Ein Großteil der Kritik war mit der Unterstellung der ewebe unter das Arzneimittelrecht verbunden. Um iese Systematik beizubehalten, waren praktikable Lö- ungen zu finden, die die Versorgung der Patienten mit icheren Geweben gewährleisten, die aber gleichzeitig ifferenzieren zwischen den Anforderungen bei „tradi- ionellen“ Arzneimitteln einerseits und den Anforderun- en bei bestimmten Gewebezubereitungen andererseits. ir haben Lösungen gefunden, die diesen Kritikpunkt onstruktiv aufgreifen, die praktikabel sind, weil sie eine berbürokratisierung vermeiden, und die gleichzeitig ie Vorgaben der Geweberichtlinie „eins zu eins“ umset- en. Für die Gewinnung von Gewebe gilt nicht die klassi- che Herstellungserlaubnis des Arzneimittelrechts, son- ern eine den Besonderheiten der Gewebe angepasste rlaubnis. Ein besonders einfaches Verfahren gilt für olche Entnahmestellen, die mit einem Hersteller von ewebezubereitungen zusammenarbeiten. Hier bedarf s im Wesentlichen einer Anzeige des Herstellers bei der uständigen Behörde der Entnahmeeinrichtung. Diese ird in die Erlaubnis des Herstellers einbezogen, wenn ine Frist von einem Monat abgelaufen ist und die Be- örde sich nicht gemeldet hat. Die Entnahmestelle selbst uss dann nicht mehr tätig werden. Sie wird genauso ntlastet wie die zuständige Behörde, die keine Besichti- ung der Entnahmestelle durchführen muss. Solche Gewebezubereitungen, die nicht industriell ergestellt werden, werden gesondert behandelt. Dies etrifft zum Beispiel Herzklappen und Augenhornhäute. ier gelten künftig vereinfachte Regelungen für die Ge- innung oder Entnahme, Be- oder Verarbeitung, das In- erkehrbringen und die Einfuhr aus Drittstaaten. Dies ntspricht den Mindeststandards der Geweberichtlinie nd ihrer Durchführungsrichtlinien, wie zum Beispiel er guten fachlichen Praxis, aber nicht den Qualitäts- tandards der EG-Arzneimittelrichtlinien. Diese nicht in- ustriell hergestellten Gewebezubereitungen unterlie- en auch nicht dem bisherigen arzneimittelrechtlichen ulassungsverfahren, sondern einer eigenen Genehmi- ung. Diese Genehmigung ist eine Verfahrensgenehmi- ung, die sich auf die Be- oder Verarbeitung der Gewe- ezubereitungen bezieht. Im Gegensatz zur Zulassung ind keine aufwendigen Nachweise für Wirksamkeit und nbedenklichkeit der Produkte in Form von klinischen rüfungen oder pharmakologisch-toxikologischen Un- 10304 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) tersuchungen erforderlich. Damit haben wir eine Rege- lung gefunden, die den Gegebenheiten der Praxis ge- recht wird. Diese neue Genehmigung bedeutet auch, dass die so genehmigten Produkte dem Handelsverbot unterliegen. Damit greifen wird die Kritik auf, dass in diesem Bereich die Gefahr der Kommerzialisierung hätte entstehen können. Wir haben auch die Einfuhrvorschriften für Gewebe aus Drittstaaten vereinfacht. Die Länderbehörden müs- sen nicht in jedem Fall Drittlandsinspektionen in Ent- nahmeeinrichtungen durchführen, wenn sie aufgrund der eingereichten Unterlagen den Eindruck haben, dass diese Einrichtungen die auch innerhalb Deutschlands er- forderlichen Qualitätsstandards einhalten. Ein wichtiger Punkt war, dass der Vorrang der Organ- spende abgesichert wird. Entsprechend dem Votum des Bundesrates und der Mehrheit der Sachverständigen wird dieser Grundsatz im Transplantationsgesetz neu eingeführt. Diesen Vorrang der Organspende sichern wir durch entsprechende Dokumentationspflichten zusätz- lich ab: Die Entnahme von Geweben ist „erst dann zuläs- sig, wenn eine von der Koordinierungsstelle beauftragte Person dokumentiert hat, dass die Entnahme oder Über- tragung von vermittlungspflichtigen Organen nicht mög- lich ist oder durch die Gewebeentnahme nicht beein- trächtigt wird“. Hinsichtlich der Knochenmarkspende bei nicht ein- willigungsfähigen bzw. minderjährigen Menschen haben wir die ethisch begründeten Einwände aufgegriffen. Die lebensrettende Spende zugunsten des Bruders oder der Schwester ist der weitaus häufigste Fall. Zunächst haben wir eine Begrenzung der Spende auf Eltern und Ge- schwister vorgenommen. Damit werden die in der Anhö- rung erwähnten Großeltern als mögliche Empfänger von Knochenmark eines Kindes ausgeschlossen. Bei der äu- ßerst seltenen Knochenmarkspende eines Minderjähri- gen zugunsten eines Elternteils kann ein Interessenkon- flikt bestehen – wenn die für das Kind entscheidenden Eltern ein eigenes Interesse an der Übertragung des Kno- chenmarks haben. Wir wollen das Wohl des Kindes umfassend schützen. Deshalb sind die Eltern in diesen seltenen Fällen verpflichtet, die beabsichtigte Knochen- marksentnahme unverzüglich dem Familiengericht an- zuzeigen. Ein ethisches Problem ist die Knochenmarkspende ei- nes nicht einwilligungsfähigen Erwachsenen. Wir sind der Forderung von Behindertenverbänden und Kirchen, die ich auch persönlich unterstützt habe, gefolgt und ha- ben diesen Absatz gestrichen. Damit beugen wir dem möglichen Fehlverständnis vor, dass nicht einwilli- gungsfähige Erwachsene für fremdnützige Eingriffe ver- fügbarer sind als andere Menschen. Die medizinischen Fachleute haben uns zudem bestätigt, dass der Fall einer Knochenmarkspende eines nicht einwilligungsfähigen Erwachsenen in der Praxis so gut wie nie vorkommt. Einen weiteren ethisch wichtigen Punkt haben wir ausdrücklich klargestellt: Weder menschliche Ei- und Samenzellen noch menschliche Embryonen sind je Arz- neimittel. Bei Samenspende und Knochenmarkspende wird es eine Ausnahme vom Grundsatz der Anonymität d a s s z e n d r s g s s Q f l s d m r G l H B F h V h l l U W d m w Q G z A w m w A A d d s c e G s s (C (D er Gewebespende geben. Die Geweberichtlinie lässt usdrücklich solche Ausnahmen zu. Bei der Samen- pende hat das Kind ein Recht auf Kenntnis seiner Ab- tammung. Bei der Knochenmarkspende Erwachsener ugunsten lebensbedrohlich erkrankter Menschen muss s möglich sein, dass Spender und Empfänger sich ken- enlernen können, wenn sie dies wollen. Die Erfahrung er Fachleute zeigt, dass dies häufig der Fall ist. Die Frist zur Umsetzung der Geweberichtlinie ist be- eits verstrichen. Wir haben uns daher keine Zeit gelas- en, obwohl sich Deutschland im europaweiten Ver- leich bei der Umsetzung der Geweberichtlinie durchaus ehen lassen kann. Aber wir haben auch nicht zugelas- en, dass der Zeitdruck zulasten der Sorgfalt und der ualität geht. Mit dem heute vorliegenden Ergebnis er- üllen wir die europarechtlichen Anforderungen und eisten unseren Beitrag zur Versorgung von Patienten mit icheren Zellen und Geweben. Dr. Carola Reimann (SPD): Mit dem nun vorliegen- en Gesetzentwurf über Qualität und Sicherheit von enschlichen Geweben und Zellen, kurz Gewebegesetz, egeln wir den Umgang mit menschlichen Zellen und eweben. Grundlage hierfür ist die EG-Gewebericht- inie, die in nationales Recht umgesetzt werden muss. ierbei kam es insbesondere durch die vorgezogene undestagswahl 2005 zu Verzögerungen, sodass die rist zur Umsetzung im vergangenen Jahr nicht einge- alten werden konnte. Es geht hier aber nicht in erster Linie um Fristen und orgaben. Es geht hier vor allem darum, hohe Sicher- eitsstandards zu schaffen. Ziel des Gesetzes ist es, Qua- ität und Sicherheit von Geweben weiterhin zu gewähr- eisten und zu verbessern – das gilt für die Entnahme, die ntersuchung, die Verarbeitung und die Aufbewahrung. ir sprechen hier von einem hochsensiblen Bereich, bei em der Gesundheitsschutz oberste Priorität haben uss. Das wird mit dem nun vorliegenden Gesetzent- urf auch verwirklicht. Das Gewebegesetz sieht vor, die Regelungen zur ualität und Sicherheit beim Umgang mit Zellen und eweben im Arzneimittelgesetz (AMG) mit umzuset- en. Gerade hinsichtlich der Sicherheit hat sich das MG im Arzneimittelbereich über Jahre hinweg be- ährt. Insofern ist es sinnvoll und richtig, diese Syste- atik für den Bereich Gewebe zu übernehmen. Zugleich ird im Gesetzestext klargestellt: Die Anwendung des rzneimittelgesetzes bedeutet nicht, dass alle Gewebe rzneimittel sind. Fragen der Aufklärung und Einwilligung, der Mel- ung von Zwischenfällen und der Rückverfolgung wer- en hingegen im Transplantationsgesetz (TPG) geregelt. Wie bereits erwähnt, regelt das Gewebegesetz einen ensiblen Bereich. Das gilt nicht nur für Fragen der Si- herheit und Qualität, sondern es betrifft natürlich auch thische Aspekte. Der vorliegende Entwurf trägt diesen esichtspunkten Rechnung. Der Vorrang der Organ- pende vor der Gewebespende wird verstärkt. Selbstver- tändlich werden Spende und Entnahme von Geweben Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10305 (A) ) (B) ) auch künftig unentgeltlich erfolgen. Ein sachgerechtes Aufklärungsangebot muss Spender wie Angehörige in die Lage versetzen, eine freie und informierte Entschei- dung zu treffen – nur so können wir dauerhaft eine Be- reitschaft zur Spende bei den Menschen erreichen. Die Themen Information und Aufklärung der Bevöl- kerung, Spender und Angehörige nehmen auch im Ent- schließungsantrag der Regierungsfraktionen breiten Raum ein. Begrüßenswert ist auch der darin angeregte Bericht zur Situation der Transplantationsmedizin in Deutschland durch das Bundesministerium für Gesund- heit, der dem Bundestag im kommenden Jahr vorgelegt werden soll. Darin sollen die Erfahrungen mit dem Transplantationsgesetz aufgezeigt und insbesondere die Organ- und Gewebespende, die Vermittlung und das spezifische Aufklärungsangebot kritisch reflektiert wer- den. Die Veröffentlichung des Berichts ist meiner Mei- nung nach auch eine gute Gelegenheit, die erst kürzlich vorgestellte Stellungnahme des Nationalen Ethikrates zur Organspende erneut zu diskutieren. Ich finde, dass wir hier einen ausgewogenen Entwurf zum Gewebegesetz vorlegen, der ein hohes Sicherheits- und Qualitätsniveau gewährleistet und der Tatsache Rechnung trägt, dass Entnahme, Verarbeitung und Auf- bewahrung von menschlichen Geweben und Zellen sen- sible Bereiche darstellen, bei denen ethische Aspekte eine wichtige Rolle spielen. Zugleich ist es gelungen, Vorschriften und Verfahren praktikabel auszugestalten. Michael Kauch (FDP): Zunächst einmal möchte ich meinen Unmut zum Ausdruck bringen, dass die Verab- schiedung des Gewebegesetzes zu so nachtschlafener Zeit angesetzt ist, dass die Debatte darüber zu Protokoll gegeben wird. Dies wird der Bedeutung des Gesetzent- wurfes in keiner Weise gerecht und ist ein Negativbei- spiel für die Abläufe in diesem Parlament. Aber vielleicht will die Koalition ja auch der Öffent- lichkeit vorenthalten, was bei diesem Gesetzentwurf passiert ist. „Wie ein Gesetz total zerfleischt wird“, titelte heute Nachmittag der Internetdienst „Welt- Online“ zum Gewebegesetz. Und das ist nicht weit von der Realität entfernt. Nach dem vernichtenden Urteil nahezu aller Sachver- ständigen über den Regierungsentwurf zum Gewebege- setz hat der Gesundheitsausschuss gestern umfangreiche Änderungen beschlossen. Die Änderungen sind so weit- gehend, dass sie nur als Niederlage für Ulla Schmidt in- terpretiert werden können. Offenbar hat sie das Eigenle- ben mancher Referate ihres Hauses nicht im Griff. Die Änderungen der Koalitionsfraktionen stellen er- hebliche Verbesserungen dar, machen den Gesetzent- wurf für die FDP aber immer noch nicht zustimmungsfä- hig. Wir werden uns enthalten. Es bleibt bei der problematischen Grundkonzeption, die EU-Geweberichtlinie teilweise im Arzneimittelge- setz umzusetzen. Die Richtlinienkompetenz der Bundes- ärztekammer für Detailregelungen wird zwar entgegen den Regierungsplänen nicht abgeschafft, aber doch ein- geschränkt. Und ob alle Regelungen der Genehmigungs- v l G b e s t m g u k n g G i t a ß s d h l b d s l t d f h B b s B z s s m f I W l d K d e s S (C (D erfahren geringst mögliche Bürokratie und kürzestmög- iche Fristen enthalten, bleibt angesichts des hektischen esetzgebungsverfahrens offen. Erfreulich ist nach den Änderungen, dass Gewe- espenden für die Verwendung beim Spender selbst benso wie Keimzellen nun nicht dem Arzneimittelge- etz unterliegen werden. Bei reinen Gewebetransplanta- en ist es zu Verbesserungen durch vereinfachte Geneh- igungen und den Verzicht auf die Kommerzialisierung ekommen. Ebenfalls wichtig ist der FDP, dass bei Knochenmark- nd Samenspenden abweichend vom Regierungsentwurf eine Anonymität der Spende mehr vorgesehen ist. Die FDP hält die Verschärfungen für die Gewebeent- ahme bei Minderjährigen und Nicht-Einwilligungsfähi- en für überzogen. Es ist nicht einzusehen, warum eine ewebespende Minderjähriger für ihre Eltern zulässig st, für ihre Großeltern aber nicht. Hier liegt kein qualita- iver Unterschied vor. Kinder, die bei ihren Großeltern ufwachsen, haben zu ihnen mindestens ein ebenso gro- es Näheverhältnis wie zu ihren Eltern. Auch der völlige Ausschluss etwa der Knochenmark- pende von Nicht-Einwilligungsfähigen entspricht nicht er notwendigen Abwägung. So bleiben emotionale Nä- everhältnisse zum Beispiel von geistig Behinderten zu eukämiekranken Verwandten unberücksichtigt. Wir Li- erale hätten uns die Möglichkeit zu Einzelfallentschei- ungen in engen Grenzen gewünscht. Beobachtet werden muss nach Inkrafttreten des Ge- etzes, ob der von der Koalition richtigerweise formu- ierte Vorrang der Organspende vor der Gewebespende atsächlich durchgesetzt wird; denn die Koalition hat arauf verzichtet, Verstöße gegen das vorgesehene Ver- ahren mit Sanktionen zu belegen. Gegebenenfalls muss ier nachgebessert werden. Es ist erfreulich, dass die undesregierung im Ausschuss zugesagt hat, hierüber esonders aufmerksam zu berichten. Der Entschließungsantrag der Koalition, dem wir zu- timmen, beauftragt die Bundesregierung, in 2008 einen ericht über den Stand der Transplantationsmedizin ab- ugeben. Dieser Bericht muss dann Anlass sein, Verbes- erungen sowohl bei der Gewebe- als auch der Organ- pende zu diskutieren – und auch die ersten Erfahrungen it dem heute zu verabschiedenden Gesetz aufzugrei- en. Frank Spieth (DIE LINKE): Stellen Sie sich vor, hre Mutter ist krank und wartet auf eine Spenderniere. as würden Sie nicht alles unternehmen, um an dieses ebenswichtige Organ heranzukommen? Insbesondere ann, wenn Sie eine Wartezeit von bis zu sechs Jahren in auf nehmen müssten? Bereits heute machen sich viele Menschen auf, um in en ärmsten Ländern eine Spenderniere zu kaufen. Für in paar Dollar sind dort Menschen aus purer Not bereit, ich quasi ausschlachten zu lassen. Das ist für die Linke und mich einer der größten kandale der heutigen Zeit. Menschenrechte gelten für 10306 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) alle Menschen; Arm und Reich dürfen nicht weiter aus- einanderklaffen. Glücklicherweise verhindert das Transplantations- gesetz bei uns solchen Organhandel. Dennoch: Wir brauchen dringend mehr Organspenden, um die Schwerstkranken besser versorgen zu können. Die Spen- debereitschaft hängt aber maßgeblich davon ab, dass die Leute sich darauf verlassen können, durch ihre selbstlose Spende nicht in die Fänge von Geschäftemachern oder Mafiosi zu geraten. Diese Gefahr besteht zweifelsohne durch die Kommerzialisierung des internationalen Ge- webehandels. So sagten es auch die Experten bei der An- hörung im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bun- destags am 7. März 2007. Nach dieser deutlichen Kritik am ersten Gesetzent- wurf hat die Koalition viele handwerkliche Fehler korri- giert. Das will ich hier ausdrücklich loben. So können nun die Augenhornhautbanken und auch die Spezialab- teilungen für Brandopfer in Kliniken ohne Zulassung als „Arzneimittelhersteller“ ihre Arbeit verrichten. Die Knochenmarkspende“ von Nichteinwilligungsfähigen wurde fallen gelassen, Kinder können nur nach Ent- scheid des Familiengerichts zur Knochenmarkspende herangezogen werden. Ich finde es gut, dass jetzt die Re- gelung gilt, dass die Organspende der Gewebenutzung vorgeht. Ich finde es auch gut, dass Herzklappen und Augenhornhäute mit einem Handelsverbot belegt wer- den. Damit hat die Bundesregierung die weiteren Beden- ken der Experten ernst genommen und über die Ände- rungsanträge diese zumindest teilweise berücksichtigt. Meine Fraktion hätte es aber begrüßt, wenn Sie das Gewebegesetz noch einmal komplett neu aufgerollt hät- ten. Deshalb bleibt unsere bisherige Kritik weiter beste- hen, nämlich die Verknüpfung des Gewebegesetzes mit dem Arzneimittelgesetz. Dieses erlaubt den Handel mit den „industriell gefertigten“ Geweben und soll angeblich für die notwendige Sicherheit sorgen. So kann zum Bei- spiel aus gespendeten Knochen neues Knochengewebe hergestellt und so können Defekte aufgefüllt werden. Dass das Arzneimittelgesetz (AMG) der falsche Re- gelungsrahmen ist, zeigt zum Beispiel die „Produktzu- lassung“ nach § 21 a Abs. 2 Nr. 6 AMG: Was für die Produktionssicherheit bei einer Tablettenherstellung durchaus Sinn macht – denn auch die millionste Tablette muss die gleiche Qualität wie die erste haben –, kann auf Herzklappen oder Augenhornhäute nicht übertragen werden. Wir stehen mit dieser arzneimittelrechtlichen Lösung innerhalb der Europäischen Union allein da. Das wäre nicht nötig gewesen. Unsere österreichischen Nachbarn haben uns vorgemacht, dass auch ein eigenständiges Ge- setz für Gewebe möglich wäre. Warum können nicht die klassischen Gewebetransplantate wie Herzklappen, Au- genhornhäute, Knochengewebe oder Blutgefäße dem Transplantationsgesetz unterstellt werden? Auch wenn im Gesetz jetzt der Empfängerkreis ver- kleinert und die Bedingungen für die Knochenmarkent- nahme an die Familiengerichte delegiert wird, bleibt die M w d n r c m a d S ü l d S ö d F a d d i U ü k s y b z s n t n m w f b e s m I d d g d d k f m n r l g e w d (C (D öglichkeit, Kindern Knochenmark zu entnehmen, ob- ohl sie selbst nicht zustimmungsfähig sind. Die Hür- en für fremdnützige Spenden sollten höher gehängt und ur im absoluten Ausnahmefall nach Abfrage aller ande- en Spendenquellen möglich sein. Auch wenn wesentli- he Teile unserer Kritik am Gesetzentwurf aufgenom- en wurden, bleibt es bei der unglücklichen Kopplung n das Arzneimittelgesetz. Deshalb werden wir uns in er Abstimmung zu diesem Gesetz enthalten. Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): ie scheuen offenbar die öffentliche Auseinandersetzung ber die ethischen Folgen Ihres Gewebegesetzes. Anders ässt sich wohl kaum erklären, dass die Plenardebatte um ieses Gesetz zu so später Stunde aufgesetzt worden ist. ie wollen, dass dieser Gesetzentwurf ohne viel weitere ffentliche Aufmerksamkeit und Widerstand verabschie- et werden kann. Offenbar weil von den versammelten achleuten in der Anhörung zum Teil erhebliche Kritik n ihrem Gesetzentwurf kam. Dennoch zeugt es von einer ziemlichen Ignoranz, wie as zuständige Bundesministerium die einmütige Kritik ieser Verbände und Experten an sich abperlen ließ. Es st in erster Linie den Kolleginnen und Kollegen der nion zu verdanken, dass an dem vorgelegten Entwurf berhaupt noch etwas geändert wurde. Die SPD hat die ritischen Stimmen aus den eigenen Reihen – wie auch chon bei der Gesundheitsreform – verhallen lassen. Lo- alität zur eigenen Ministerin mag ja grundsätzlich eine egrüßenswerte Eigenschaft sein – aber sie sollte Gren- en haben. Zumal wenn es um so bedeutsame medizini- che und ethische Fragen geht. Auch wenn einige der aus Ihren Reihen in letzter Mi- ute vorgelegten Änderungsanträge in die richtige Rich- ung weisen, lehnen wir den Gesetzentwurf ab. Wir kön- en keinen Gesetzentwurf mittragen, der einen Handel it Gewebetransplantaten eben nicht grundsätzlich und irksam ausschließt. Aufgrund neuer Behandlungsver- ahren lassen sich heutzutage mit menschlichen Gewe- en erhebliche Gewinne erwirtschaften. Sowohl aus thischen Gründen wie auch aus Gründen des Patienten- chutzes müssen wir verhindern, dass sich der Umgang it Teilen des menschlichen Körpers an kommerziellen nteressen ausrichtet. Deshalb halten wir die Umsetzung er EU-Richtlinie im Rahmen des Arzneimittelrechts für en nicht zu heilenden Konstruktionsfehler des vorlie- enden Entwurfs. Dies führt auch dazu, dass nunmehr as Handelsverbot des Transplantationsgesetzes über en § 21 des Arzneimittelgesetzes ausgehebelt werden ann. Die unbestimmten Regelungen zur Entschädigung ür Spender tragen auch ihren Teil zur drohenden Kom- erzialisierung bei. Wir werden diesem Gesetzentwurf auch deswegen icht zustimmen, weil er keine gerechte und an den Inte- essen der Patientinnen und Patienten orientierte Vertei- ung von Gewebetransplantaten gewährleistet. Bei Or- anspenden haben wir so ein Verfahren und damit auch ine rechtliche Handhabe für Fälle wie jüngst in Essen, o ein Chefarzt im Verdacht steht, eine Patientin gegen ie Zahlung einer fünfstelligen Summe bei einer Leber- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10307 (A) ) (B) ) transplantation bevorzugt zu haben. Für Gewebe sieht der vorliegende Gesetzentwurf gar kein Verteilungsver- fahren vor. Das heißt, am Ende zählt nicht die Bedürftig- keit, sondern finanzielle Kriterien entscheiden darüber, wer ein Transplantat bekommt. Ich kann mir nicht vor- stellen, wie insbesondere die Sozialdemokraten dies ih- ren Wählerinnen und Wählern erklären wollen. Es ist erstaunlich, wie wenig das Bundesgesundheits- ministerium trotz gegenteiliger öffentlicher Bekennt- nisse wie zuletzt durch Ministerin Schmidt beim Deut- schen Ärztetag bereit war, sich den ethischen Bedenken am Gesetzentwurf zu öffnen. In der Frage der Knochen- markspende durch Nichteinwilligungsfähige haben Sie buchstäblich in letzter Sekunde zwar noch die Kurve ge- kriegt. Die Gewinnung von fötalem und embryonalem Gewebe ist aber weiterhin trotz der Kritik vor allem auch der Kirchen bedenklich unklar geregelt. Zusammenfassend finde ich es besonders erstaunlich, dass sich ausgerechnet ein sozialdemokratisch geführtes Gesundheitsministerium zum Vorreiter einer schleichen- den Kommerzialisierung des menschlichen Körpers macht. Sollten Sie sich der Tragweite der mit diesem Ge- setz vorgesehenen Regelungen bewusst sein, kann ich nur an Sie appellieren: Tun Sie es uns gleich, und lehnen Sie diesen Gesetzentwurf ab! Rolf Schwanitz, Parl. Staatssekretär bei der Bun- desministerin für Gesundheit: Das Gesetz über Qualität und Sicherheit von menschlichen Geweben und Zellen setzt abschließend Regelungen der europäischen Gewe- berichtlinie 2004/23/EG in nationales Recht um. Menschliche Gewebe und Zellen werden heute viel- fältig zu therapeutischen Zwecken eingesetzt. Das Ge- webegesetz enthält zum Schutz der Patientinnen und Pa- tienten die Vorgaben, die für die Qualität und Sicherheit der Arzneimittel aus menschlichen Geweben und Zellen notwendig sind. Dadurch sollen nicht nur die Übertra- gung von schwerwiegenden Krankheiten, sondern auch Schäden durch unsachgemäße Be- oder Verarbeitung der Gewebe vermieden werden. Dabei ist der Rechtsrahmen gewählt worden, den wir in Deutschland schon lange ha- ben: Die technischen Regelungen werden im Arzneimit- telgesetz umgesetzt. Die ethischen Fragen wie Spender- aufklärung und Einwilligung sowie die Aspekte der Meldung schwerwiegender Zwischenfälle und Reaktio- nen und der Rückverfolgung werden im Transplanta- tionsgesetz geregelt. Im Arzneimittelgesetz werden die Regelungen über die Gewinnung und die Be- oder Verarbeitung von Gewebe sowie über das Inverkehrbringen von Gewebe- zubereitungen jeweils in gesonderten Vorschriften zu- sammengefasst. Dadurch sind innerhalb des Arzneimit- telrechts übersichtliche Vorschriften geschaffen worden, die die Besonderheiten im Umgang mit Gewebe ange- messen berücksichtigen und die EG-Richtlinien exakt umsetzen. Im Rahmen dieses neuen Systems ist zunächst die Vorschrift des § 20 b AMG zu erwähnen, die künftig die Gewinnung jeder Art von Gewebe regelt. Sie gilt für die G m i d n o s f n d a b t k V s c P b V h o w c b e b t w a d s A v G u § s a m o g d u i a Z u G T g R O s V (C (D ewinnung von Gewebe einschließlich damit zusam- enhängender Maßnahmen zur Erhaltung des Gewebes n einem be- oder verarbeitungsfähigen Zustand, zur ein- eutigen Identifizierung sowie zum Transport. Für Ent- ahmeeinrichtungen, die mit einem Hersteller oder Be- der Verarbeiter von Geweben zusammenarbeiten, sieht ie zudem eine Erleichterung bei der Erwirkung der er- orderlichen Erlaubnis vor. Die Erlaubnis muss nämlich icht von der Entnahmeeinrichtung selbst beantragt wer- en, sondern ist vom Hersteller bzw. vom Be- oder Ver- rbeiter einzuholen. Die Vorschriften für die Be- oder Verarbeitung von ekannten Geweben werden ebenfalls in einer gesonder- en Regelung, dem § 20 c AMG, zusammengeführt. Be- annte Gewebe sind solche, die mit nicht industriellen erfahren be- oder verarbeitet werden und deren Her- tellungsverfahren in der Europäischen Union hinrei- hend bekannt sind. Diesen Geweben werden solche rodukte gleichgestellt, die zwar mit neuen Verfahren e- oder verarbeitet werden, welche aber mit bekannten erfahren vergleichbar sind. Für Gewebezubereitungen, die mit industriellen, das eißt anspruchsvollen technischen, auch biotechnischen der aufwendigen maschinellen Verfahren hergestellt erden, finden die jetzt geltenden arzneimittelrechtli- hen Regelungen des § 13 AMG weiter Anwendung. Das neue Genehmigungsverfahren für das Inverkehr- ringen von Gewebezubereitungen ist in § 21 a AMG nthalten und betrifft ebenfalls nur bekannte Gewebezu- ereitungen. Gewebeprodukte, die unter den Arzneimit- elbegriff der Richtlinie 2001/83/EG fallen oder die mit esentlich neuen Verfahren hergestellt werden, müssen us Gründen des Gesundheitsschutzes weiterhin nach em aufwendigeren Verfahren des § 21 AMG zugelas- en werden. Das Genehmigungsverfahren nach § 21 a MG ist im Vergleich zur Zulassung nach § 21 AMG ereinfacht und stellt ein selbstständiges Verfahren dar. emäß § 21 a AMG genehmigte Gewebezubereitungen nterliegen dem Organ- und Gewebehandelsverbot des 17 TPG, weshalb ihre Kommerzialisierung ausge- chlossen ist. Weiterhin sind großzügige Übergangsregelungen für lle Gewebeeinrichtungen vorgesehen, die entweder erst- als eine behördliche Genehmigung beantragen müssen der bisher nach geltendem Recht noch keine Anträge estellt haben. Diese Übergangsregelungen sorgen dafür, ass keine Einrichtung ihre Tätigkeiten einstellen muss nd die Versorgung mit Gewebezubereitungen gesichert st. Durch eine Regelung zur Besitzstandswahrung wird ußerdem klargestellt, dass bestehende Erlaubnisse und ulassungen nach dem AMG erhalten bleiben. Qualität nd Sicherheit sind in beiden Fällen der behördlichen enehmigung gewahrt. Zu den wesentlichen Änderungen im Bereich des ransplantationsgesetzes: Um den Befürchtungen entge- enzuwirken, die Organspende könne unter den neuen egelungen für die Gewebe leiden, ist der Vorrang der rganspende vor der Gewebeentnahme im Gewebege- etz ausdrücklich verankert worden. Entsprechend dem otum des Bundesrates und der Mehrheit der Sachver- 10308 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) ständigen ist dieser Grundsatz in einer eigenständigen Regelung den verfahrensrechtlichen Bestimmungen vo- rangestellt und wird zusätzlich durch entsprechende Do- kumentationspflichten abgesichert. Eine weitere Neuerung ist, dass das Transplantations- gesetz nunmehr die rechtlichen Vorgaben für die Kno- chenmarkspende regelt. An die Knochenmarkentnahme bei Kindern werden aber strenge Anforderungen gestellt. Bei Interessenkonflikten der gesetzlichen Vertreter ist das Familiengericht einzuschalten. Der Grundsatz der Anonymität der Gewebespende wird nur für die Samenspende und die Knochenmark- spende durchbrochen. Bei der Samenspende ist eine Aus- nahme zu machen, da dem Kind das Recht auf Kenntnis seiner Abstammung zusteht. Auch für die Knochenmark- spende muss der Grundsatz der Anonymität mit Einwilli- gung der Betroffenen aufgehoben werden können, um das Bewusstsein für die Notwendigkeit dieser wichtigen Gewebespende aufrechterhalten zu können. Wichtiges Beispiel hierfür sind die öffentlichen Aufrufe zur Kno- chenmarkspende, in denen namentlich die Empfänger bekannt werden und dadurch zu einer großen Resonanz führen. Auch die EG-Geweberichtlinie lässt ausdrücklich nationale Ausnahmen vom Grundsatz der Anonymität bei Gewebespenden zu. Das Gewebegesetz enthält die maßgeblichen Rege- lungen, um die Qualität und Sicherheit von Gewebezu- bereitungen zu wahren und zu verbessern. Damit sorgt der deutsche Gesetzgeber für ein hohes Gesundheits- schutzniveau. Die Transplantation von menschlichen Geweben gewinnt in der Medizin zunehmend an Bedeu- tung. Sie bietet große Chancen für die Behandlung von bisher unheilbaren Erkrankungen. Das Gewebegesetz schafft hierfür die erforderlichen Rahmenbedingungen und sichert dadurch den gesundheitlichen Schutz der Pa- tientinnen und Patienten. Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Demokratie, Rechts- staatlichkeit und Zivilgesellschaft in Ägypten fördern (Tagesordnungspunkt 20) Joachim Hörster (CDU/CSU): Der Antrag der FDP-Fraktion, über den wir heute reden, liest sich in Tei- len gut. Er enthält einige nachvollziehbare Überlegun- gen. Er hat allerdings ein gravierendes Manko: Er geht aus meiner Sicht in wichtigen Teilen an der Realität vor- bei. Ich lese in dem Antrag davon – ich darf zitieren –, dass „die jahrelangen intensiven Beziehungen zu Ägyp- ten für Deutschland von herausragender Bedeutung sind“ und dass „Ägypten einer unserer wichtigsten Part- ner in der Region des Nahen Ostens und Nordafrikas ist“. Des Weiteren lese ich dort, „dass Ägypten drittgröß- ter Handelspartner Deutschlands in der arabischen Welt und Schwerpunktland bilateraler deutscher Entwick- lungszusammenarbeit ist“. Dennoch glaubt die FDP, die Außenpolitik und die Entwicklungszusammenarbeit der j b t t E n r l d w s t B k l V d d 2 d e s s f n z p A U z u d W P K o d s s K u r g d d d r w B ä f A b g d m l l (C (D etzigen Bundesregierung in Bezug auf Ägypten in gro- er Form kritisieren zu müssen. Das ist meines Erach- ens unsachlich und nicht akzeptabel, auch vor dem Hin- ergrund, dass Ägypten Schwerpunktland deutscher ntwicklungszusammenarbeit im Rahmen des soge- annten „Aktionsprogramms 2015“ des Bundesministe- iums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick- ung (BMZ) ist. Ich möchte auf einige Vorwürfe eingehen und will iese anhand verschiedener Zahlen und Aussagen klar iderlegen. Sie werfen unserer Bundesregierung vor, sie chließe sich der wirtschaftlichen und kulturellen Orien- ierung der Vorgängerregierung an und lasse nur wenig ezug zum Aufbau zivilgesellschaftlicher Strukturen er- ennen. Richtig ist, dass sich das Volumen der Entwick- ungszusammenarbeit, das Deutschland Ägypten zur erfügung stellt, zwischen 2004 und 2006 nahezu ver- oppelt hat. Die Zusammenarbeit konzentriert sich auf rei Schwerpunktbereiche, die – zuletzt im September 006 – mit der ägyptischen Regierung verhandelt wur- en. Das sind im Einzelnen: erstens Wasserwirtschaft, inschließlich Wasserversorgung, Abwasserentsorgung owie Be- und Entwässerung; zweitens Umwelt, ein- chließlich erneuerbarer Energien (Windenergie), Ab- allwirtschaft, industrieller Umweltschutz, Schutz und achhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen; drittens so- iale Marktwirtschaft, einschließlich Entwicklung des rivaten Sektors, Finanzierungssysteme, Schaffung von rbeitsplätzen, informeller Sektor, kleine und mittlere nternehmen, Berufsausbildung. Daraus zu schließen, hier höre die deutsche Unterstüt- ung auf, ist schlichtweg falsch. Ich darf an den Besuch nserer Bundeskanzlerin in Ägypten Anfang Februar ieses Jahres erinnern. Beim „Deutsch-Ägyptischen irtschaftsforum“ am 4. Februar in Kairo hat sie klar osition bezogen, wie sie sich die deutsch-ägyptische ooperation vorstellt. Dabei ist sie nicht nur auf die ben genannten Schwerpunktbereiche eingegangen, son- ern hat auch ganz klar formuliert, dass sie bei ihren Ge- prächen in Ägypten festgestellt hat, dass auf ägypti- cher Seite ein großes Bedürfnis an einer engen ooperation in den Bereichen Bildung, Wissenschaft nd Technologie vorhanden ist – gerade auch in der Be- ufsausbildung; dies auch und gerade vor dem Hinter- rund steigender Bevölkerungszahlen in Ägypten und er noch nicht ausreichenden professionellen Ausbil- ungsmöglichkeiten für die jungen Leute. Diesem Be- ürfnis nachzukommen, sei man aus deutscher Sicht be- eit. Ich bin unserer Kanzlerin sehr dankbar für ihren Hin- eis auf die sogenannte Kohl-Mubarak-Initiative, die undeskanzler Helmut Kohl im Jahr 1991 mit dem gyptischen Staatspräsidenten Mubarak ins Leben geru- en hat, und die den Anstoß geben sollte für ein duales usbildungssystem für handwerkliche und Facharbeiter- erufe in Ägypten. Auf diese Initiative hätten die Kolle- innen und Kollegen von der FDP bei einer tiefer gehen- en Beschäftigung mit dem Thema übrigens auch stoßen üssen, wenn Sie mir den Hinweis an dieser Stelle er- auben. Das auf diese Initiative hin 1993 von Deutsch- and gemeinsam mit der ägyptischen Wirtschaft und dem Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10309 (A) ) (B) ) Bildungsministerium durchgeführte Programm zur Ein- führung der dualen beruflichen Bildung gilt heute als Referenzmodell sowohl für Ägypten als auch für andere Länder in der arabischen Welt. Unsere Bundeskanzlerin ist bei ihren Gesprächen im Februar mit Vertretern der Wirtschaft auch auf diese Initiative eingegangen, mit dem Ziel, Wege zu finden, wie man neben den staatlich zur Verfügung stehenden Mitteln auch Leben in private Initiativen hineinbringen kann. Sie vergessen auch, dass Deutschland im Rahmen ei- nes Entwicklungshilfe-Projekts der finanziellen Zusam- menarbeit mit 82,2 Millionen Euro – Stand Januar 2006 – beim Bau von Grundschulen in Ägypten hilft. Im Rah- men der Regierungsverhandlungen mit Ägypten im Sep- tember 2006 wurde ein Erlass von Schulden aus früheren Entwicklungskrediten in Höhe von 20 Millionen Euro vereinbart. Ägypten hat sich verpflichtet, diese Summe zusätzlich zum Bau von Schulen zu verwenden. Ich vermisse in Ihrem Antrag auch den Hinweis auf das „Deutsch-Ägyptische Jahr der Wissenschaften und Technologie“, das wir in diesem Jahr begehen. Im Juni treffen sich die europäischen Bildungsminister im Rah- men der EUROMED-Kooperation in Kairo. Auch un- sere Bundesbildungsministerin Annette Schavan wird dabei sein. Sie reist mit der ausdrücklichen Bitte unserer Bundeskanzlerin im Rücken, ein besonderes Augenmerk auf die Entwicklung der bilateralen Beziehungen in die- sem Bereich zu legen. Die FDP fordert in ihrem Antrag außerdem, man möge die Goethe-Institute in Kairo und Alexandria und die German University in Kairo, die erste deutsche Uni- versität außerhalb Deutschlands, stärker unterstützen, um so die Zivilgesellschaft in Ägypten zu stärken. Ich denke, dass wir dies schon tun. Es sei auch ein Hinweis auf die drei deutschen Schulen in Ägypten gestattet. Eine stärkere symbolische Unterstützung als die, dass sich unsere Bundeskanzlerin bei ihrer Reise von einem Absolventen einer deutschen Schule begleiten lässt, kann ich mir nicht denken. Inwieweit man das Goethe- Institut, die German University und die deutschen Aus- landsschulen zukünftig noch stärker als bisher finanziell unterstützen könnte, bin ich als stellvertretendes Mit- glied im Unterausschuss für Auswärtige Kulturpolitik gerne bereit im Rahmen der nächsten Haushaltsverhand- lungen mit zu diskutieren. Anders als die Kolleginnen und Kollegen von der FDP bin ich nicht der Auffassung, dass Deutschland sich zu wenig um die Themen Demokratieförderung, Förde- rung der Zivilgesellschaft und rechtsstaatlicher Struktu- ren in Ägypten kümmert. Wem dienen denn all die Be- mühungen, die Deutschland ergreift, um Ägypten in dieser Zeit des Umbruchs zu helfen? Dem Volk. Eine bessere Wasserwirtschaft ermöglicht gerade den Klein- bauern eine effizientere Wassernutzung und damit eine verbesserte Agrarproduktion. Saubereres Wasser kommt den Familien zugute. Vorhaben für sauberes Wasser und sauberere Luft helfen der Umwelt und damit denen, die am meisten unter der Umweltzerstörung zu leiden ha- ben, den Armen, gerade in Großstädten wie Kairo. h A s b U n j u t D h s v i p c h M E d s s s s S Z l n G g ä t m P n D v c d g R s s i f D t f u M B k Ä n h ä (C (D Der Grund für die Armut in Ägypten liegt in der ho- en Arbeitslosigkeit. Offizielle Zahlen gehen von einer rbeitslosenquote von 10 Prozent aus, Schätzungen prechen von 20 Prozent. Jugendliche und Frauen sind esonders von Arbeitslosigkeit betroffen. Mit unserer nterstützung – die Maßnahmen habe ich soeben ge- annt – kann es gelingen, die Bildungssituation für die ungen Menschen zu verbessern, durch bessere Schulen nd eine bessere Ausbildung. Für die Förderung der Be- eiligung von Frauen an der Entwicklung des Landes hat eutschland in den deutsch-ägyptischen Regierungsver- andlungen 2006 gesonderte Mittel zur Verfügung ge- tellt. Eine bessere Bildung bringt auch ein stärkeres zi- ilgesellschaftliches Engagement mit sich. Davon bin ch überzeugt. Jetzt höre ich schon die Einwände der FDP, dass das olitische System in Ägypten dieses zivilgesellschaftli- he Engagement gerade unterdrücke, das sei ja auch In- alt ihres Antrages. Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und enschenrechte und damit jedes zivilgesellschaftliche ngagement würden radikal verhindert. Dazu komme, ass die Muslimbruderschaft, die einflussreichste Oppo- itionsbewegung in Ägypten, inzwischen das fehlende taatliche Sicherungssystem mit Einrichtungen im Ge- undheitssektor und durch karitative Einrichtungen er- etze. Gerade aus gesellschaftlich schwächer gestellten chichten erfahre die Muslimbruderschaft daher regen ulauf und finde einen geeigneten Nährboden für ihre is- amistische Ideologie. Diese Argumentation ist nach meinem Dafürhalten icht ganz von der Hand zu weisen. Auch ich sehe die efahr, dass etwa das im März 2007 in Ägypten durch- eführte Referendum über weit reichende Verfassungs- nderungen, „grundlegende Menschenrechte beeinträch- igt“, wie „Human Rights Watch“ es formuliert. Ich hätte ir auch gewünscht, dass das seit der Ermordung von räsident Anwar el-Sadat 1981 geltende Ausnahmerecht icht in die Verfassung aufgenommen worden wäre. ass Behörden künftig ohne Gerichtsbeschluss „Terror- erdächtige“ festnehmen, deren Wohnungen durchsu- hen sowie Post und Telefone überwachen können, dass er Präsident „Terrorverdächtige“ eigenmächtig Militär- erichten überstellen kann und dass der Judikative das echt entzogen wird, Wahlen zu überwachen, sind alle- amt Maßnahmen, die die westliche Staatengemein- chaft aufhorchen lassen. Auch der Bericht von „amnesty nternational“ über den Anti-Terror-Kampf und die Ge- angenenrechte in Ägypten zeichnet ein düsteres Bild. er starke Zulauf, den die Muslimbruderschaft in Ägyp- en erfährt, ist eine nicht zu unterschätzende Bedrohung ür das Land. Darauf müssen wir reagieren – mit allen ns politisch und diplomatisch zur Verfügung stehenden itteln und auch mit wirtschaftlicher Unterstützung. Ich möchte an dieser Stelle ein letztes Mal auf den esuch unserer Bundeskanzlerin in Ägypten zurück- ommen. Sie hat den Bereich des Gesundheitswesens in gypten als einen Bereich der Kooperation, im dem och sehr große Marktchancen vorhanden sind, bewusst erausgehoben. Dies fasse ich auch als Hinweis an die gyptische Regierung auf, im Bereich der Gesundheits- 10310 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) fürsorge für das ägyptische Volk den Muslimbrüdern nicht kampflos das Feld zu überlassen. Ich habe auch die Hoffnung, dass mit unserer Hilfe – finanzieller, aber auch ideeller Art – der Weg zu mehr Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten in Ägypten geebnet wird. Zum Abschluss meiner heuti- gen Rede möchte ich daher den bekanntesten Verfechter demokratischer Freiheiten in Ägypten zitieren, Saad Eddin Ibrahim. Er war ob seiner Kritik an der ägypti- schen Regierung und ihrer Politik lange selber inhaftiert. Heute ist er vom längerfristigen Erfolg der Aktionen von zivilen Organisationen in Ägypten und anderswo über- zeugt. Er sagt: „Wir haben zahlreiche Beweise, dass die Bürger arabischer Länder weniger ängstlich geworden sind, dass ihr Mut wächst.“ Ich hoffe sehr, dass mit unse- rer Hilfe, durch verbesserte Bildungsmöglichkeiten und verbesserte Lebensbedingungen, die Menschen in Ägyp- ten mit der Zeit tatsächlich immer mutiger werden. Dr. Rolf Mützenich (SPD): Ägypten spielt in der Tat eine herausragende Rolle in der arabischen Welt und ist einer unserer wichtigsten Partner in der Region. Das Land hat ohne Zweifel erhebliche Defizite hinsichtlich Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten. Die Erhaltung der innenpolitischen Stabilität bleibt das oberste Ziel von Präsident Mubarak. Innenpolitische Re- formen zur Stärkung von Partizipation und Teilhabe der Bevölkerung sind offensichtlich nicht vorgesehen. Die Gruppen der zivilen Gesellschaft sind schwach. Das Pendel zwischen Stabilität und Demokratie hat sich wieder in Richtung Stabilität bewegt, eine Stabilität, die jedoch ihren Preis hat: Die Kluft zwischen Regierung und Volk hat sich vergrößert. Die Unzufriedenheit der großen Mehrheit der Bevölkerung mit der politischen, sozialen und wirtschaftlichen Situation bleibt weiterhin eine Konstante der ägyptischen Innenpolitik. Die Rechte auf freie Meinungsäußerung sowie auf die Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit bleiben einge- schränkt. Journalisten werden wegen ihrer Arbeit be- droht, mit Schlägen misshandelt und inhaftiert. Wieder- holt ging die Polizei mit exzessiver Gewalt gegen Demonstranten vor, die Kritik an der Politik der Regie- rung übten oder ihre Grundrechte einforderten. Die Menschenrechtslage in Ägypten ist unverändert ernst. Auch in diesem Jahr wurden von Menschenrechts- organisationen viele Überschreitungen registriert, ange- führt von Folter durch Polizei- und Sicherheitskräfte bis hin zur Behinderung der politischen Parteien und NGOs mittels einer Vielzahl von einschränkenden Gesetzen, die eine zivilgesellschaftliche Arbeit sehr erschweren. Weiterhin werden Oppositionelle und politische Aktivis- ten verfolgt, verhaftet und geschlagen. Tausende von Menschen sitzen jahre- und sogar jahrzehntelang ohne Verfahren in Haft. Obwohl Präsident Mubarak nun schon seit 25 Jahren an der Macht ist, ist es ihm jedoch nicht gelungen, alle staatlichen Organe auf seine politi- sche Linie einzuschwören. Dies zeigt sich besonders bei der Judikative, die traditionell in Ägypten auf ihre Unab- hängigkeit achtet. Die Judikative wurde durch polizeili- che Ausfälle gegen einige der Richter in ihrer Arbeits- m „ t g K e w k u w m r Z R d k s d G r d n e r d r g T d a r s s G d r A m z s Ä n N d d e v G m a m r S (C (D öglichkeit behindert und für ihre Unbeugsamkeit bestraft“. Gewerkschafts- und Studentenwahlen ende- en mit massiven polizeilichen Eingriffen und Verhaftun- en oder durch Ablehnung derjenigen Anträge, deren andidaten nicht genügend „regierungsnah“ sind. Auch im Bereich Presse- und Meinungsfreiheit ist ine Zuspitzung der Lage zu beobachten. Journalisten erden verhaftet, vor Gericht gestellt, und deren Publi- ationen konfisziert mit dem Vorwand der Verleumdung nd Gefährdung der nationalen Sicherheit. Das Komitee der Politischen Parteien verhindert nach ie vor erfolgreich die Gründung von Parteien. Das Ko- itee, welches mehrheitlich aus Mitgliedern der regie- enden NDP besteht, hat seit seiner Gründung 1977 die ulassung von 74 Parteien verhindert. Auch die 2004 erfolgte Einrichtung eines „Nationalen ats für Menschenrechte“ hat nicht dazu beigetragen, ass die Regierung diesem Thema größere Aufmerksam- eit widmet. Obwohl dieser Rat mit bekannten ägypti- chen Persönlichkeiten besetzt ist (der Vorsitzende ist er ehemalige UN-Generalsekretär Boutros Boutros hali), stießen seine Empfehlungen seitens der Regie- ung auf keinerlei Resonanz. Auch nach dem Referendum über die Verfassungsän- erung am 26. März dieses Jahres haben sich die Hoff- ungen auf wachsende Meinungsfreiheit vorerst nicht rfüllt. Immerhin wurden dadurch 27 Jahre Notstands- echt beendet. Doch nach der neuen Regelung können ie Behörden nun bei Terrorismusverdacht ohne Ge- ichtsbeschluss Verdächtige festnehmen, ihre Wohnun- en durchsuchen, den Briefverkehr überwachen und die elefone abhören. Zudem kann der Präsident jederzeit as Parlament auflösen. Amnesty International hat dies ls „schwerwiegendste Beeinträchtigung der Menschen- echte in Ägypten seit Mubaraks Amtsantritt 1981“ kriti- iert. Schon jetzt sitzen laut Amnesty rund 18 000 Men- chen ohne Anklage oder Prozess in ägyptischen efängnissen. Das Ergebnis des Verfassungsreferen- ums ist jedenfalls ambivalent, auch wenn die Regie- ung es durch die Aufhebung der Notstandsgesetze, der usweitung der Vollmachten von Regierung und Parla- ent und nicht zuletzt durch wesentliche Maßnahmen ur rechtlichen Gleichstellung der Frau als demokrati- chen Meilenstein zu verkaufen trachtet. Die konkreten nderungen der Verfassung bauen jedenfalls im Ergeb- is den Spielraum des Präsidenten und der regierenden ationaldemokratischen Partei (NPD) weiter aus. Auch außenpolitisch geht die ägyptische Regierung urch eine schwierige Phase. Der politische Grat, auf em das Regime wandelt, ist schmal: Einerseits versteht s sich als eines der engsten Verbündeten und Interessen- ertreter der USA in der Region und wird auf dieser rundlage entsprechend subventioniert; andererseits uss es sich innenpolitisch legitimieren und Rücksicht uf die politische Grundstimmung der Bevölkerung neh- en. Der Anspruch, in der arabischen Welt eine Führungs- olle zu spielen, entspricht nicht nur dem traditionellen elbstbild der Elite im bevölkerungsreichsten Land des Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10311 (A) ) (B) ) Nahen Ostens, sondern ist gleichzeitig einer der Pfeiler, auf dem das innenpolitische System Ägyptens und seine Stabilität ruhen. Ohne die Hilfsgelder aus den USA und Europa wäre das ägyptische Regime kaum in der Lage, die Subventionen auf Grundversorgungsgüter für die in Armut lebende Bevölkerungsmehrheit zu finanzieren. Ägypten erhält die Finanzhilfen aus dem Ausland wegen seiner geostrategischen Position und als Preis für seine moderate und eng mit den Interessen der USA verbun- dene Haltung in den großen Regionalkonflikten. Exemplarisch zeigte sich am Beispiel des Libanon- krieges, wie eng der Spielraum ist, der der ägyptischen Regierung zwischen der Legitimierung nach innen und ihrer Rolle als strategischer Verbündeter der USA bleibt. In der ersten Sitzung der Arabischen Liga nach Kriegs- beginn verurteilte Ägypten (zusammen mit Saudi-Ara- bien und Jordanien) die Haltung der Hizballah als aben- teuerlich und machte sie für den Kriegsausbruch verantwortlich. Als die Regierung den Druck der ägypti- schen Öffentlichkeit spürte, kam sie von dieser Position ab und erkannte in der zweiten Hälfte des Krieges die Aktionen der Hisbollah als gerechtfertigten Widerstand gegen die Besatzung an. Am 8. August letzten Jahres sandte Ägypten gar eine Delegation nach Beirut, um seine Solidarität mit dem libanesischen Volk auszudrü- cken. Zu Beginn der Auseinandersetzungen im Libanon übte Mubarak noch scharfe Kritik am Verhalten der mili- tanten Hisbollah und warf ihr die Schuld an der israeli- schen Intervention vor, die sie durch die Entführung der israelischen Soldaten ausgelöst habe. Zudem verurteilte er die Hisbollah, sie würde als Staat im Staat agieren und unkalkulierte Abenteuer wagen. Damit zieht die Regie- rung auch Parallelen zur Innenpolitik und versucht, eine analoge Entwicklung in Ägypten zu verhindern. Die ver- botene ägyptische Muslimbrüderschaft weist ganz ähnli- che, jedoch gewaltfreie Strukturen wie die Hisbollah auf und ist ebenfalls tief in der Gesellschaft verankert. Die Popularität der Hisbollah und ihres Führers Hassan Nasrallah in Ägypten, die mit deren Erfolgen gegen die übermächtige israelische Armee noch wuchs, zwang Mubarak, seine öffentlichen Meinungsäußerungen zu überdenken. Die wechselnde Haltung der ägyptischen Regierung zeigt das ganze Dilemma des ägyptischen Re- gimes. Der Versuch, einen Mittelweg zu finden, endete mit dem Resultat, dass Ägyptens Rolle im Libanonkon- flikt kaum wahrnehmbar war. Anders als bei früheren Konflikten in der Region zeichnete sich die ägyptische Führung durch Abwesenheit aus. Im Übrigen: Es entspricht einfach nicht der Wahrheit, dass die Bundesregierung keinen Wert auf die Entwick- lung rechtsstaatlicher und zivilgesellschaftlicher Struk- turen in Ägypten legt. Nachdem das Assoziierungsab- kommen mit Ägypten im Juni 2004 in Kraft getreten war, nahm die EU mit Ägypten Gespräche zum Aktions- plan auf. Eine erste Runde zwischen den Vertretern der Europäischen Kommission und der ägyptischen Regie- rung fand in Kairo im September 2005 statt; die nächste fand Anfang 2006 in Brüssel statt. Die Verhandlungen sind ins Stocken geraten, da es zwischen der europäi- schen und ägyptischen Seite Unstimmigkeiten darüber g t S v g g T a w P t d r s d R d u t z – L Ä t p w p i b d t k g i W g t P N is d t s b e R w v e g w a (C (D ibt, in welcher Form der Punkt Menschenrechte im Ak- ionsplan aufgenommen werden soll. Die ägyptische eite betrachtet den von der EU-Verhandlungsdelegation orgelegten Entwurf als Einmischung in die inneren An- elegenheiten Ägyptens. Bis heute sind die Verhandlun- en noch nicht abgeschlossen. Dies zeigt, dass das hema Menschrechte und Rechtsstaatlichkeit durchaus uf der europäischen und deutschen Agenda steht. Er- ähnenswert ist in diesem Zusammenhang auch das rogramm der EU-Partnerschaft für den Frieden zur Un- erstützung des Nahost-Friedensprozesses auf der Ebene er Zivilgesellschaft, in das neben Ägypten auch Alge- ien, Israel, Jordanien, Libanon, Marokko, Syrien, Tune- ien, die Türkei und Palästina eingebunden sind. Die SPD-Fraktion fordert die ägyptische Regierung azu auf, den Weg rechtsstaatlicher und demokratischer eformen konsequent zu verfolgen. Bis dahin ist es je- och noch ein weiter Weg. Marina Schuster (FDP): Den meisten Menschen in nserem Land ist Ägypten vor allen Dingen aus Reiseka- alogen bekannt. In der Tat gehört Ägypten zu den fas- inierendsten Ländern dieser Welt. Kaum jemand kann und sollte – sich der beeindruckende Kultur dieses andes sowohl vergangener Tage als auch im heutigen gypten entziehen. Es liegt in unserem Interesse, die gu- en Beziehungen, die sich nicht zuletzt aus den vielen ersönlichen Erfahrungen von Millionen Besuchern ent- ickelt haben, weiter zu vertiefen. Eine grundsätzlich ositive Einstellung zu einem Land der islamischen Welt st in diesen Tagen sehr viel Wert. Wir sollten das aus- auen. Damit sind wir auch schon beim Punkt des Antrages, en wir Ihnen hier heute vorlegen. Es geht meiner Frak- ion um zwei wesentliche Punkte. Einer betrifft die ganz onkreten Entwicklungen unserer bilateralen Beziehun- en. Der andere behandelt die Frage des Umgangs mit slamistischen Organisationen in grundsätzlicher Art und eise. Ägypten hat im Fokus unserer Außenpolitik seit lan- er Zeit einen festen und bedeutsamen Platz. Jenseits der ouristischen Fragen ist Ägypten für uns ein zentraler artner, ein Partner, dessen Lage zwischen Maghreb und ahem Osten, zwischen Afrika und Europa einzigartig t. Wir alle wissen, welche führende Rolle Ägypten in er Arabischen Liga spielt. Wir alle wissen, welche zen- rale Rolle Ägypten im Nahostkonflikt immer wieder ge- pielt hat. Um es an dieser Stelle vorab auf den Punkt zu ringen: Da wir uns im Nahostkonflikt selbst sämtlicher igener Kontakte zu großen Teilen der palästinensischen egierung beschnitten haben, sind wir auf Dritte ange- iesen. Ägypten ist gerade in dieser Hinsicht für uns on unschätzbarem Wert. Unser strategisches Ziel muss s sein, dass uns Ägypten als stabiler Partner in der Re- ion erhalten bleibt. Wer sich in der ägyptischen Innenpolitik auskennt, eiß, dass die innere Stabilität Ägyptens, und damit uch unsere Beziehungen, mittelfristig ernsthaft gefähr- 10312 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) det sind. Die Nachfolge von Präsident Mubarak ist nicht geregelt, demokratische und rechtsstaatliche Reformen haben in den letzten Jahren sehr ernste Rückschläge er- litten und zugleich gewinnt die islamistische Muslimbru- derschaft – in sich heterogen – mehr und mehr Anhän- ger. Eben jene ägyptische Muslimbruderschaft ist es, die als „Mutter aller Islamisten“ gilt. Vom Libanon und den palästinensischen Gebieten bis Marokko und Algerien lassen sich die Ursprünge vieler Organisationen bis in das Ägypten der 20er-Jahre zurückverfolgen. Hier be- gann der islamische Extremismus, und hier ist er auch heute noch aktiv. Auch wenn die Muslimbruderschaft heute der Gewalt abgeschworen hat und viele „gemä- ßigte Islamisten“ in ihren Reihen sind, sind Antisemitis- mus, das erklärte Ziel eines Gottesstaates und die Wie- dereinführung der Sharia und auch eine latente Gewaltbereitschaft in den Reihen ihrer Anhänger ver- breitet. Oder um es klarer auszudrücken: Ein von der Muslimbruderschaft geführter ägyptischer Staat könnte schwerlich noch jener Partner in der Region für uns sein, den wir so dringend benötigen. Nun gibt es jene, insbesondere in der ägyptischen Re- gierung, die mit Verweis auf die „islamistische Gefahr der Muslimbruderschaft“ für eine immer härtere Gangart eintreten, und umgekehrt die anderen, die wegen zuneh- mender staatlicher Repressalien den Gang in den Unter- grund wählen, bis hin zu terroristischen Anschlägen wie in den Jahren 1997, 2004, 2005 und zuletzt 2006. Nun brauchen wir an dieser Stelle nicht darüber zu streiten, ob erst „Henne oder Ei“ dagewesen ist. Fakt ist, dass die Islamisten in Ägypten immer mehr Zulauf er- halten. Fakt ist auch, dass dies nicht in unserem Interesse sein kann. Die Ursachen für die geschilderte Entwick- lung liegen zum einen in den immer neuen staatlichen Repressalien, zum anderen aber auch darin, dass der ägyptische Staat in vielen Politikbereichen nicht die Ver- antwortung für die eigene Bevölkerung übernimmt. Grundversorgung im Infrastrukturbereich, im Gesund- heitswesen oder im Bildungsbereich ist in weiten Teilen des Landes nur auf sehr niedrigem Niveau vorhanden. Genau das öffnet islamistischen Organisationen den Weg in die Köpfe und Herzen der Menschen. Islamisten wie die ägyptischen Muslimbrüder füllen die Lücken, die der Staat in den sozialen Bereichen offen lässt. Ein eigenes, informelles System der Gesundheitsversorgung und der Grundbildung, das von der Muslimbruderschaft gesteu- ert wird, ist heute in Ägypten längst Realität. Damit wächst die Unterstützung und der Einfluss der Muslim- brüder. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann sie sich so stark fühlen werden, dass sie ihren Machtanspruch auch entsprechend nachdrücklich artikulieren werden. Dem zu begegnen ist eine große und wichtige Auf- gabe. Ich sage an dieser Stelle zwei Dinge ganz deutlich: Erstens halten wir Repression und eine Einschrän- kung von Rechtsstaat und Demokratie bis hin zu staatli- chen Menschenrechtsverbrechen ganz klar und deutlich für den falschen Weg. Ein solches Vorgehen treibt der Muslimbruderschaft die Menschen scharenweise in die Arme und lässt die Eskalationsspirale weiter ansteigen, b h D I k a s r A l w s b p e o g c g s A B u b s e R w d z w a d c s s Z k i z m f m i g i I g w i e d (C (D is diese eines Tages auch durch noch so hartes Vorge- en der Behörden nicht mehr beherrschbar sein wird. ie ägyptische Regierung muss verstehen, dass sie den slamisten langfristig nur dann erfolgreich begegnen ann, wenn sie insbesondere in den sozialen Bereichen, ber auch im politischen Leben den Wettbewerb mit die- en erfolgreich aufnimmt. Das heißt demokratische und echtsstaatliche Reformen und eine offene politische useinandersetzung. Das bringt mich zu meinem zweiten Punkt. Deutsch- and hat im letzten Jahr über 100 Millionen Euro Ent- icklungshilfe an Ägypten geleistet, womit sich die Ge- amtzusagen deutscher EZ auf 4,7 Milliarden Euro elaufen. Das meiste dieser Gelder geht in Infrastruktur- rojekte, wie Wasserversorgung, Elektrizität und Müll- ntsorgung. Aber es gibt auch Projekte beim Schulbau der im Bereich der Slumsanierung. Nur sind wir stärker efordert, uns im Bereich der Entwicklungshilfe deutli- her bei der Unterstützung der Zivilgesellschaft zu enga- ieren, noch mehr den direkten Kontakt zu den Men- chen zu suchen, gerade im sozialen Bereich. Ich bin überzeugt, und wir bringen dies in unserem ntrag zum Ausdruck, dass wir in unseren politischen emühungen gegenüber Ägypten umsteuern müssen nd dass sich das auch in den Schwerpunkten in unserer ilateralen EZ zeigen sollte. Wir müssen gegenüber der ägyptischen Regierung tärker für demokratische und rechtsstaatliche Reformen intreten, zum Beispiel durch die Etablierung eines echtsstaatsdialoges nach dem Vorbild desjenigen, den ir bereits mit China führen. Wir müssen diese Fragen ann auch ganz konkret mit unseren Entwicklungshilfe- usagen verknüpfen. Statt Repressalien letztendlich hinzunehmen, müssen ir zum einen die ägyptische Regierung zur Rückkehr uf den Reformkurs drängen und uns zum anderen in en sozialen, aber auch in allen anderen gesellschaftli- hen Bereichen stärker engagieren. Hierzu zählt insbe- ondere auch die Zivilgesellschaft, zu der wir zum Bei- piel über unsere politischen Stiftungen einen guten ugang haben. Aber auch die Stiftungen müssen hier ein lein wenig mutiger werden. In Ägypten wird man dies als „Spiel mit dem Feuer“ nterpretieren, in Wahrheit scheint es langfristig der ein- ig sinnvolle Weg zu sein. Ich empfehle in dem Zusam- enhang auch eine aktuelle Studie der SWP, deren Emp- ehlungen genau in diese Richtung weisen. Das bringt mich zu einer letzten grundsätzlichen Be- erkung. Auch sechs Jahre nach den Terroranschlägen n den USA fehlt es uns an jeglicher Strategie im Um- ang mit Islamisten. Ich weiß, dass diese Frage eine ganz heikle Sache ist, nsbesondere dort, wo die Grenzen zwischen politischem slam, Islamismus und Terrorismus zu verwischen be- innen. Aber man muss sich schon die Frage stellen, elche Effekte wir erzielen, wenn wir Organisationen nsgesamt als „nicht dialogfähig“ einstufen, gerade wenn ine solche Organisation in sich heterogen ist. Zumin- est muss man sich dann die Frage stellen, ob wir gleich- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10313 (A) ) (B) ) zeitig die notwendigen Mittel aufbringen und die richti- gen Instrumente einsetzen, damit diese Organisationen nicht auch noch massenhaft Zulauf erhalten. Die Erfah- rungen im Libanon, in den palästinensischen Gebieten, in Ägypten und an anderen Orten dieser Welt lassen da zumindest viele Fragezeichen zu. Hierüber müssen wir eine offene Diskussion fuhren und gegebenenfalls die notwendigen Konsequenzen zie- hen. Dies ist das Ziel unseres Antrages und ich hoffe, dass wir in den Ausschüssen und in der zweiten und drit- ten Lesung hierzu in eine konstruktive Debatte zwischen den Fraktionen und mit der Bundesregierung werden eintreten können. Dr. Norman Paech (DIE LINKE): Die Förderung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Ägypten ist ein Anliegen, dem sich, daran habe ich keinerlei Zwei- fel, alle Fraktionen dieses Hauses anschließen können. Leider wird, da stimme ich der FDP zu, diesem Anliegen vonseiten der Bundesregierung nicht die nötige Auf- merksamkeit geschenkt. Ein Grund dafür mag sein, dass Ägypten als Verbündeter im „Krieg gegen den Terror“ eine wichtige Rolle im Nahen Osten einnimmt. Darüber hinaus wird Mubaraks Regierung für die Vermittlerrolle im Nahostkonflikt benötigt. Die guten Handelsbeziehun- gen mögen ein weiterer Grund dafür sein, dass man in Fragen der Menschen rechte und Demokratie nicht allzu genau hinschauen mag. Ich kann Ihnen nur empfehlen: Werfen Sie einen Blick in den aktuellen Jahresbericht von Amnesty Inter- national. Sie können ihn ab morgen im Buchhandel fin- den. Er bietet leider ein trübes Bild Auch wenn in Ägypten eine lebendige und vielfältige Presselandschaft ebenso wie verschiedene Menschen- rechtorganisationen zu finden sind, kann von Demokra- tie und Rechtsstattlichkeit kaum die Rede sein, da es nach wie vor massive Beschränkungen der Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit gibt. Staatsprä- sident Mubarak regiert das Land im Ausnahmezustand. Dieser wurde gerade im April um zwei Jahre verlängert. Noch immer wird Parteien von der Regierung der Antritt zu Wahlen verweigert. Noch immer sind willkürliche Verhaftungen gegen die politische Opposition und Jour- nalisten an der Tagesordnung. Tausende Menschen be- finden sich auf der Basis der Notstandsbestimmungen zum Teil schon seit mehr als zehn Jahren in Haft; ohne Anklage oder Gerichtsverfahren. Noch immer gehören Folter und Misshandlungen zur täglichen Praxis, und noch immer werden Frauen diskriminiert, religiöse Min- derheiten verfolgt und Homosexualität als Straftat ge- ahndet. Die Verfassungsänderung vor den Präsidentschafts- wahlen im September 2005, die erstmals auch andere Kandidaten als den Amtsinhaber zuließ, wurde interna- tional als Meilenstein in Richtung freier, demokratischer Wahlen interpretiert. Die gleichzeitig eingeleitete mas- sive Repressionswelle gegen oppositionelle Kräfte und die manipulierten Wahlen nahm die internationale Staa- tengemeinschaft kaum mehr wahr. s S l z W n b d w I n z a B d t w S n v D V g a a G P s l T r m w B g d i p p I s V G s l Ä q z d D v d m P (C (D Dennoch hat sich in Ägypten eine starke demokrati- che Opposition entwickelt. Die Welle unabhängiger treiks und Arbeitskampfandrohungen zeigen dies deut- ich. Auch sind sie bezeichnend für den Widerspruch wischen dem Bild im Ausland und der innenpolitischen irklichkeit des Landes. Während die Regierung inter- ational als Vermittler im Nahostkonflikt – wenn auch isher ohne sichtbaren Erfolg – benötigt wird, streiken ie Beschäftigten für höhere Löhne und gegen ihren Ge- erkschaftsbund, dem sie vorwerfen, dass er nicht ihre nteressen, sondern die der Regierung vertritt. So ist es icht verwunderlich, dass die Forderung nach der Abset- ung der offiziellen Gewerkschaftsvertreter die Streik- ktionen begleitetet. Die Streiks weiten sich aus. Neben eschäftigten der Textilbranche, des Baugewerbes und er verarbeitenden Industrie haben sich die Beschäftig- en des Personennahverkehrs angeschlossen und es ist ahrscheinlich, dass weitere hinzukommen. Diese treiks haben die Beschäftigten aus eigener Kraft orga- isiert, und sie erfahren breite Unterstützung in der Be- ölkerung. Ägypten hat eine starke demokratische Bewegung. iese gilt es zu fördern. Dr. Uschi Eid (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Als orsitzende der Deutsch-Ägyptischen Parlamentarier- ruppe begrüße ich es, dass das Thema Ägypten heute uf der Tagesordnung steht. In weiten Teilen kann ich uch den Antrag der FDP und die darin formulierten rundlinien unterstützen, die auf einen ganzheitlichen olitikansatz gegenüber Ägypten zielen. Denn das chließt ein, in den vielfältigen, durchweg freundschaft- ichen Beziehungen zu Ägypten auch die schwierigen hemen offen anzusprechen, darunter die teils gravie- enden Probleme im Bereich der Menschenrechte und angelnden Rechtsstaatlichkeit. In diesem Bereich ürde ich mir auch mehr Engagement vonseiten der undesregierung und eine klarer formulierte Strategie egenüber dem Partner Ägypten wünschen. Der vorliegende Antrag hält fest, dass Ägypten einer er wichtigsten Partner Deutschlands in der Region ist: n kultureller und wirtschaftlicher Hinsicht, als Schwer- unktland der Entwicklungszusammenarbeit und als olitisch und kulturell bedeutendes Land in der Region. nsbesondere im israelisch-palästinensischen Konflikt pielt Ägypten eine wichtige und konstruktive Rolle als ermittler. Gerade in Anbetracht der kürzlich auf dem ipfel in Riad bestätigten Friedensinitiative der Arabi- chen Liga, aber auch der negativen Entwicklungen der etzten Wochen ist die Notwendigkeit der Einbindung gyptens offensichtlich. Auch im Rahmen des Nahost- uartetts ist eine enge Abstimmung weiter notwendig. Diese guten und wichtigen partnerschaftlichen Be- iehungen dürfen allerdings nicht dazu führen, dass über ie innerägyptischen Probleme hinweggesehen wird. ie Kooperation sollte genutzt werden, um Standards on Rechtstaatlichkeit und Menschenrechten einzufor- ern und ihre Einhaltung zu unterstützen. Denn trotz der oderaten Haltung Ägyptens im Hinblick auf den Israel- alästina-Konflikt bestehen in der inneren – autokrati- 10314 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) schen – Staats- und Regierungsführung erhebliche Defi- zite. Wenig „moderat“ ist die Haltung der ägyptischen Regierung gegenüber ihren politischen Gegnern. Ein de- mokratischer Wettbewerb und Partizipationsmöglichkei- ten bestehen nur in Ansätzen. Präsidentschafts- wie Par- lamentswahlen werden gelenkt, Zivilgesellschaft und Menschenrechtsgruppen eingeschränkt. Die seit 1981 fortbestehende Notstandsgesetzgebung gibt dem Präsi- denten nahezu unbeschränkte Macht im Staate. Oftmals kommt es zu repressiven Maßnahmen seitens des Staa- tes, oder der Staat nimmt seine Schutzfunktion nicht wahr, zum Beispiel gegenüber Menschenrechtsaktivis- tinnen und -aktivisten oder Angehörigen von religiösen Minderheiten. Politische Gegner müssen mit willkürli- chen Verhaftungen und sogar Folter rechnen. Erst kürz- lich wurde Karim Abdel Nabil Suleiman ausschließlich aufgrund seines Internettagebuchs wegen „Beleidigung des Islam und des Präsidenten“ zu vier Jahren Haft ver- urteilt. Zugleich existiert eine in den letzten Jahren deut- lich offener und kritikfähiger gewordene Presseland- schaft, die durchaus bemerkenswert ist. Das politische System aber ist starr. Präsident Mubarak hat mit kürzlich im Parlament durchgesetzten Verfassungsänderungen seine Machtbefugnisse vergrö- ßert und den Spielraum der Opposition bei Wahlen ein- geschränkt; unabhängige Konkurrenten haben keine rea- listische Chance. Das Parlament selbst ist von Mubaraks Partei NDP dominiert, die Entwicklung von Opposi- tionsparteien wird gehemmt. Ayman Nour, einer der be- kanntesten Oppositionspolitiker, sitzt aufgrund eines zweifelhaften Verfahrens in Haft. Besonders von der Re- pression betroffen sind die ägyptischen Muslimbrüder, die offiziell verboten sind, aber als Unabhängige erst- mals ins Parlament eingezogen sind. Ihre Zahl ist mit 88 Abgeordneten nur deshalb relativ gering, weil sie in vielen Wahlkreisen nicht angetreten sind, um Spannun- gen zu vermeiden. Aber selbst massive Wahlfälschungen konnten ihre Popularität nicht verbergen. Der vorlie- gende Antrag beschreibt zutreffend, woran das liegt: an den Defiziten des ägyptischen Staates, dessen Aufgaben in zentralen Bereichen wie Gesundheit, Bildung und So- ziales von den Muslimbrüdern übernommen werden. Deshalb ist auch zutreffend, dass es dringend Strate- gien zum Umgang mit moderaten Islamisten bedarf – also jenen, die keine Gewalt anwenden, sondern als so- ziale Bewegungen agieren. Es muss genau ausgelotet werden, wo Dialog und Zusammenarbeit zu mehr Rechts- staatlichkeit und Partizipation führen können, denn ihre Popularität in der Bevölkerung ist in vielen Staaten der Region, darunter Ägypten, eine Realität. Andererseits müssen wir dafür klare Standards festlegen und dafür sorgen, dass nicht konservative und radikale Ideologien gestärkt werden, welche ihrerseits grundlegende Frei- heitsrechte einschränken. Das Dilemma zwischen De- mokratie und Stabilität in Ägypten wird sich nur durch politische Reformen und eine langsame Öffnung des politischen Systems auflösen lassen. Deutsche Politik sollte darauf mit nachhaltigen Maß- nahmen vor allem im Bereich der Rechtsstaatlichkeit und Stärkung der staatlichen Dienstleistungen reagieren. Eine besser abgestimmte Strategie auch im EU-Rahmen u s S U B s w u c A r s D v G b v A s A m w f b r B m n e D t d e v 1 P H M a t m t a P h (C (D nd mit dem Barcelonaprozess, die klare Schwerpunkte etzt und Rechtsstaatsdialoge, Institutionenaufbau, eine tärkung der Zivilgesellschaft und neue Konzepte zum mgang mit den moderaten Islamisten stärker in den lick nimmt, wäre dafür zu begrüßen. Anhaltende Men- chenrechtsverletzungen müssen offen angesprochen erden – auch und gerade weil Ägypten als wichtiges nd traditionsreiches Land in der Region ein verlässli- her Partner für uns bleiben soll. nlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung des Dienstrechts in der Bundesagen- tur für Arbeit (Dienstrechtsanpassungsgesetz BA – DRAnpGBA) (Tagesordnungspunkt 21) Stefan Müller (Erlangen) (CDU/CSU): Wir diskutie- en heute über den Entwurf eines Gesetzes zur Anpas- ung des Dienstrechts in der Bundesagentur für Arbeit. ass die BA noch flexibler, leistungsfähiger und ser- iceorientierter werden muss, als sie es durch das Dritte esetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt ereits geworden ist, ist im Hinblick auf die anderen, pri- aten Dienstleister immer noch als eine der wichtigsten ufgaben der BA anzusehen. Wir sollten uns nicht durch die gesunkenen Arbeitslo- enzahlen vom Weg abbringen lassen. Die Senkung der rbeitslosigkeit ist immer noch eines der großen The- en, an dem sich die Große Koalition messen lassen ill und muss. Aber um erfolgreich die Arbeitslosigkeit zu bekämp- en, bedarf es an einem komplexen und flexiblen Ar- eitsmarkt, wie demjenigen, den wir hier in der Bundes- epublik haben, auch einer flexiblen, sich den edürfnissen der Arbeitslosen und denen des Arbeits- arktes anpassenden Arbeitsagentur. In dem vorliegenden Gesetzentwurf sind meiner Mei- ung nach zwei wichtige Punkte angesprochen, die für in geschmeidiges Agieren der BA höchst wichtig sind. azu gehört ohne Zweifel eine Flexibilisierung der doch eilweise starren Strukturen des Berufsbeamtentums an en Stellen, an denen es sinnvoll ist. Zwar sollen nach inem Vorstandsbeschluss der BA keine neuen Beamten- erhältnisse begründet werden, dennoch besteht mit 9 000 Beamtinnen und Beamten ein großer Teil des ersonalkörpers der BA aus alten Beamtenverhältnissen. ier ist es entscheidend für die Arbeit der BA, diese enschen flexibel an den Stellen einsetzen zu können, n denen Bedarf herrscht. Beamten sollte es möglich sein, vorübergehende Tä- igkeiten in einem Arbeitnehmerverhältnis aufzuneh- en, um damit auch dem Haustarifvertrag der BA zu un- erfallen. Das Mittel der „In-Sich-Beurlaubung“, das uch schon zweckmäßig im Bereich der privatisierten ostnachfolgeunternehmen angewandt wurde, ist auch ier sinnvoll und zielführend. Nur durch dieses Werk- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10315 (A) ) (B) ) zeug ist es möglich, Beamte in die Flexibilisierung des Personaleinsatzes einzubinden. Wie das BAG auch schon 2005 bei der Privatisierung der Post festgestellt hat, steht die „In-Sich-Beurlaubung“ nicht im Widerspruch zu den Grundsätzen des Berufs- beamtentums. Ein Widerspruch zum Art. 33 IV Grund- gesetz, wie er vom Bundesrat vorgetragen wurde, ist nicht ersichtlich, da es sich hier um ein freiwilliges An- gebot handelt. Auch werden Beamtinnen und Beamte, die dies nicht in Anspruch nehmen wollen, nicht in ihrer beruflichen Fortentwicklung und Entfaltung gehemmt. Die kann natürlich vonseiten der Beamten nur auf frei- williger Basis geschehen. Schätzungen gehen davon aus, dass circa 20 bis 50 Prozent der Beamtinnen und Beam- ten dieses Angebot annehmen werden. Noch einmal klarzustellen ist, dass es sich hierbei nur um eine Beur- laubung handelt, währenddessen das Beamtenverhältnis lediglich suspendiert wird. Auch bleiben die Zeiten der Beurlaubung ruhegehaltfähig, und das Arbeitsverhältnis bleibt von der Sozialversicherung befreit. Die dadurch sofort eintretende Verbesserung des aktuellen Einkom- mens ist kein neuerliches Beamtenprivileg. Die Rege- lungen der „In-Sich-Beurlaubung“ ermöglichen nur, dass auch die Beamtinnen und Beamten an den wesentli- chen Elementen des Personalkonzepts ihres Dienstherrn teilhaben können. Die an der „In-Sich-Beurlaubung“ teilnehmenden Beamten erwerben dadurch keine gesetz- lichen Rentenansprüche. Der andere Punkt, der mit dem Dienstrechtsanpas- sungsgesetz angemessener als bisher geregelt werden soll, ist die bisher zwingend dreiköpfige Geschäftsfüh- rung. Eine solche starre unflexible Vorschrift wie die bisherige, die nicht einzelfallbezogen die Lage in den einzelnen Regionaldirektionen oder Agenturen für Ar- beit sieht, ist nach meinen Erfahrungen weder sinnvoll noch von den Agenturen vor Ort gewünscht. Das Prinzip der kollegialen Geschäftsführung mag grundsätzlich sinnvoll sein, jedoch nur an den Stellen, an denen eine entsprechend große Agentur bzw. Regional- direktion vorhanden ist. Hier, wie bisher, weiterhin selbst kleine Agenturen zwingend auf eine dreiköpfige Geschäftsführung festlegen zu wollen, trägt weder zu deren Aufgabenerfüllung bei, noch dient es dem Büro- kratieabbau. Als letzten Punkt spricht ebenfalls für das Dienst- rechtsanpassungsgesetz, dass es kostenneutral ist. Die anfänglichen Kostensteigerungen bei den Beurlaubun- gen werden jeweils im Rahmen des durch die Bundesre- gierung genehmigten Personalhaushalts der BA bzw. durch entsprechende Steuerungsmaßnahmen im Haus- haltsvollzug und in der Beurlaubungspraxis aufgefan- gen. Alles in allem haben wir hier folglich einen Gesetz- entwurf, der lediglich Verbesserungen für die Bundes- agentur und für ihre Arbeit bringt, ohne jedoch gestie- gene finanzielle Auswirkungen auf die öffentliche Hand vorzuweisen. Was ich aus meiner persönlichen Sicht noch zuletzt einmal als bemerkenswert angeführt haben möchte: B B D i r t d Ä c t V D w b d k ß L s u s f m b r k g B g f z s 3 a b a G H g d m n m E s t b d A P A (C (D eim Dienstrechtsanpassungsgesetz BA handelt die undesregierung ausnahmsweise mit Unterstützung von GB und Verdi, was ja in der Vergangenheit auch nicht mmer der Fall war. Lassen Sie mich abschließend noch auf eine Ände- ung eingehen, die wir im Rahmen der Ausschussbera- ung vorgenommen haben. Der Verwaltungsrat der Bun- esagentur hat im Dezember des letzten Jahres eine nderung der Förderpraxis bei benachteiligten Jugendli- hen beschlossen. Insbesondere sollen 7 500 außerbe- riebliche Ausbildungsplätze für junge Menschen zur erfügung gestellt und von der BA finanziert werden. ies ist nach geltender Rechtslage aber nur möglich, enn es eine Vorförderung im Rahmen einer berufsvor- ereitenden Bildungsmaßnahme gegeben hat. Diese engen Fördervoraussetzungen führen nun aber azu, dass die Plätze nicht vollständig besetzt werden önnen. Aus diesem Grund haben wir beantragt, dass au- erbetriebliche Ausbildungsplätze auch für die jungen eute zur Verfügung gestellt werden können, ohne dass ie vorher eine andere Maßnahme absolvieren müssen. Diese Änderung ist im Sinne der jungen Menschen nd daher unbedingt notwendig. Unser Interesse muss ein, dass alle ausbildungswilligen und alle ausbildungs- ähigen jungen Menschen eine Chance auf dem Arbeits- arkt bekommen. Mit dieser Änderung, die wir heute eschließen, leisten wir dazu einen wichtigen Beitrag. Klaus Brandner (SPD): Der Entwurf des Dienst- echtsanpassungsgesetzes BA sieht im Kern die Möglich- eit der sogenannten In-sich-Beurlaubung auf freiwilli- er Basis für die Beamtinnen und Beamten der undesagentur für Arbeit vor. In den Ausschussberatun- en wurde zudem ein Änderungsantrag der Koalitions- raktionen in den Entwurf aufgenommen, der den Zugang ur Förderung der außerbetrieblichen Berufsausbildung ozial benachteiligter Jugendlicher befristet bis zum 1. Dezember 2007 erleichtert. Die „In-sich-Beurlaubung“ für Beamtinnen und Be- mte der BA kann durch Wegfall der laufbahn- und esoldungsrechtlichen Bindungen unter finanziellen wie uch unter Karrieregesichtspunkten attraktiv sein. leichzeitig ermöglicht die „In-sich-Beurlaubung“ eine armonisierung der Beschäftigungsbedingungen und rößere Flexibilität beim Personaleinsatz in der BA, was ie Effizienz der BA als Dienstleisterin auf dem Arbeits- arkt insgesamt verbessert. Die Einführung der „In-sich-Beurlaubung“ steht in ei- em engen Zusammenhang mit den Arbeitsmarktrefor- en der letzten Jahre. Zu den wesentlichen Zielen dieser rneuerung gehörte es, die BA unabhängig vom Be- chäftigungsstatus ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbei- er als moderne kundenorientierte Dienstleisterin am Ar- eitsmarkt aufzustellen. Dabei wurde bereits im Rahmen es Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am rbeitsmarkt aus dem Jahre 2003 festgelegt, dass das ersonal der BA vorrangig aus Arbeitnehmerinnen und rbeitnehmern zu bestehen habe. 10316 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) Um den Ansprüchen an eine leistungsfähige Service- einrichtung mit Kundenorientierung gerecht zu werden, hat die BA zum 1. Januar 2006 ein neues Tarifvertrags- werk für ihre rund 79 000 Arbeitnehmerinnen und Ar- beitnehmer abgeschlossen. Das neue tarifliche Bezah- lungssystem fördert eine stärkere Leistungsorientierung, eine flexible und veränderbare Steuerung des Personal- einsatzes und eine größere Durchlässigkeit der Tätig- keitsebenen. Die Übertragung des Tarifergebnisses auf die rund 19 000 Beamtinnen und Beamten der BA ist im Rahmen der geltenden beamtenrechtlichen Vorgaben allerdings nicht möglich. Mit der „In-sich-Beurlaubung“ können jedoch die funktions- und leistungsbezogenen Regelun- gen des neuen Haus-Tarifvertrags der BA künftig auch für die in einem Beamtenverhältnis stehenden Beschäf- tigten der BA genutzt werden. Für die Dauer der Beur- laubung stehen die beurlaubten Beamtinnen und Beam- ten in einem Arbeitsverhältnis zur BA, für das die tarifvertraglichen und allgemeinen arbeitsrechtlichen Regelungen gelten. Das Beamtenverhältnis ruht also. Damit besteht kein Anspruch auf Besoldung und keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Die Zei- ten der Beurlaubung sind in der Beamtenversorgung ru- hegehaltfähig. Die Einführung der „In-sich-Beurlaubung“ ist mittel- und langfristig kostenneutral. Mehrausgaben, die durch die personelle Entwicklung beurlaubter Beamtinnen und Beamter entstehen können, werden nach vorliegenden Berechnungen durch Entlastungen in den Versorgungs- aufwendungen zumindest ausgeglichen. Die Versorgung richtet sich nämlich lediglich nach dem zuletzt im – akti- ven – Beamtenverhältnis ausgeübten Amt. Der Bundesrat hat die Bundesregierung gebeten, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob der Ge- setzentwurf, soweit er die Möglichkeit der „In-sich-Be- urlaubung“ für Beamtinnen und Beamte der BA ein- führt, den Vorgaben des Art. 33 Abs. 4 und 5 des Grundgesetzes gerecht wird. Verfassungsrechtliche Be- denken waren auch vom Deutschen Beamtenbund gel- tend gemacht worden. Nach Auffassung der Bundesre- gierung ist der Gesetzentwurf mit Art. 33 Abs. 4 und Abs. 5 des Grundgesetzes vereinbar. Die Möglichkeit der „ln-sich-Beurlaubung“ berührt als solche nicht den Grundsatz des Funktionsvorbehalts des Art. 33 Abs. 4 des Grundgesetzes, sondern stellt le- diglich ein Angebot an die Beamtinnen und Beamten dar, sich erstens auf freiwilliger Basis und zweitens be- fristet für eine Tätigkeit im Arbeitnehmerverhältnis bei der BA beurlauben zu lassen. Für hoheitliche Aufgaben werden in der BA weiterhin Beamtinnen und Beamte zur Verfügung stehen. Dabei besteht eine Steuerungsmöglichkeit bei der Bewilli- gungspraxis der „In-sich-Beurlaubung“. Die „In-sich- Beurlaubung“ präjudiziert in keiner Weise die Entschei- dung über den Einsatz von Beamtinnen und Beamten in möglichen hoheitlichen Aufgabenbereichen der BA. Die BA behält die Dienstherrnfähigkeit und ihre Stellung als o r „ b l m B Z l w u b G ü t g t a g G n d D s w b M B a d w n d Z d s 2 d b t n c 2 P a m g r z (C (D berste Dienstbehörde mit den entsprechenden beamten- echtlichen Befugnissen. Die Beamtinnen und Beamten der BA, die von der In-sich-Beurlaubung“ keinen Gebrauch machen, blei- en in ihrem beamtenrechtlichen Status und ihren Mög- ichkeiten der Personalentwicklung unberührt. Die allge- einen beamtenrechtlichen Regelungen gelten für diese eamtinnen und Beamten uneingeschränkt fort. Auch aus der Tatsache, dass der Gesetzentwurf die eitbeamtenverhältnisse für Führungsfunktionen aktua- isiert und ausweitet, wird deutlich, dass der Gesetzent- urf die berufliche Fortentwicklung der Beamtinnen nd Beamten, die sich nicht für die „In-sich-Beurlau- ung“ entscheiden, in keiner Weise beeinträchtigt. Neben der „In-sich-Beurlaubung“ als Kernstück des esetzentwurfs sollte eine weitere Neuregelung nicht bersehen werden. Die mit dem Dritten Gesetz für moderne Dienstleis- ungen am Arbeitsmarkt eingeführte Regelung zur kolle- ialen Geschäftsführung der Arbeits- und Regionalagen- uren schreibt vor, dass die Geschäftsführung zwingend us drei Mitgliedern zu bestehen habe. Eine solche Re- elung lässt mit Blick auf die sehr unterschiedlichen rößen der Dienststellen keinen Spielraum. Das hat sich icht bewährt. Künftig werden die Geschäftsführungen er Agenturen deshalb abhängig von der Größe der ienststelle aus einem oder bis zu drei Mitgliedern be- tehen können. In den Ausschussberatungen wurde der Gesetzent- urf um folgende Regelung im Bereich der Berufsaus- ildung ergänzt: Lernbeeinträchtigte und sozial benachteiligte junge enschen können derzeit durch eine außerbetriebliche erufsausbildung nur gefördert werden, wenn sie bereits n einer mindestens sechsmonatigen berufsvorbereiten- en Bildungsmaßnahme teilgenommen haben. Damit ird das Ziel verfolgt, die Chancen des Übergangs be- achteiligter junger Menschen in betriebliche Ausbil- ung zu erhöhen. Außerdem kann über einen längeren eitraum beobachtet werden, welchen spezifischen För- erbedarf der Jugendliche voraussichtlich bei einer an- chließenden Ausbildung hat. Der Verwaltungsrat der BA hat am 14. Dezember 006 ein Programm zur Verbesserung der Ausbil- ungschancen junger Menschen im Haushaltsjahr 2007 eschlossen. Hierfür werden aus dem Eingliederungsti- el des SGB III Ausgabemittel in Höhe von 220 Millio- en Euro zur Verfügung gestellt. Zur Erleichterung der Förderung von 7 500 zusätzli- hen außerbetrieblichen Ausbildungsplätzen im Herbst 007 soll befristet bis zum 31. Dezember 2007 für den ersonenkreis der sozial benachteiligten Jugendlichen uf eine zwingende Vorförderung verzichtet werden. Da- it wird vor allem ein Beitrag zur Verminderung der so- enannten Altbewerber geleistet. Außerdem kann vo- aussichtlich eine größere Anzahl Jugendlicher schneller u einem beruflichen Abschluss geführt werden. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10317 (A) ) (B) ) Die gesetzliche Regelung soll auf Eintritte im Jahr 2007 befristet werden, da die außerbetriebliche Berufs- ausbildung weiterhin nachrangig gegenüber der betrieb- lichen Berufsausbildung anzusehen ist und sich für die betroffenen Personen eine Vorförderung grundsätzlich als notwendig und sinnvoll herausgestellt hat. Der vorliegende Gesetzentwurf ermöglicht der BA, ihren Weg zu einer modernen Dienstleisterin auf dem Arbeitsmarkt fortzusetzen. Jörg Rohde (FDP): Die Arbeitsmarktpolitik der ver- gangenen Jahre ist hauptsächlich gekennzeichnet von Korrekturen der sogenannten Hartz-Gesetze. Diese Be- schäftigungstherapie setzen wir auf Initiative von Schwarz-Rot heute fort. Bereits 2003, während der Gesetzgebungsverfahren zu „Hartz III + IV“, haben wir Liberale uns immer wie- der dafür ausgesprochen, die Mammut-Behörde Bundes- anstalt bzw. -agentur aufzulösen. Bereits damals haben wir dem Deutschen Bundestag einen Antrag zur Auflö- sung der BA vorgelegt. Nicht nur Rot-Grün hat ihn ab- gelehnt, sondern auch die Kollegen von CDU und CSU. Wir bleiben bei unserer Auffassung und haben auch in dieser Legislatur dem Deutschen Bundestag wieder unseren Antrag zur Auflösung der Bundesagentur vorge- legt. Noch haben Sie die Möglichkeit, diesmal unserem Antrag auf Auflösung der BA und Neuordnung der Ar- beitsvermittlung zuzustimmen. Allerdings hege ich nicht besonders viel Hoffnung, dass bei Ihnen noch ein Er- kenntniswunder eintritt. Für eine andere Erkenntnis be- darf es allerdings keines Wunders: Die Hartz-Gesetze brauchen endlich einen neuen Namen. Wir sollten unse- ren Sprachgebrauch ändern und endlich aufhören, von „Hartz-Gesetzen“ zu sprechen. Ich nehme es vorweg: Wir werden Ihren Antrag nicht ablehnen, sondern uns der Stimme enthalten. Denn eine Anpassung des Dienstrechtes in der BA ist ein – wenn auch sehr kleiner – Schritt in die richtige Richtung. Ihm müssten aber viele weitere Schritte folgen, die Sie zu ge- hen wohl noch nicht bereit sind. Der Gesetzentwurf steht für die Möglichkeit ver- beamteter BA-Mitarbeiter, in leistungsorientierte, fle- xible und durchlässige Personalmodelle zu wechseln. Das ist gut. Die grundsätzlichen Organisationsprobleme der Bundesagentur wird das neue Gesetz aber nicht lö- sen. Die Arbeitsvermittlung und Förderung von Arbeitsu- chenden gehört in die Hände der Kommunen: unmittel- bar, direkt am lokalen Arbeitsmarkt und bürgernah. Erst nach der von uns vorgeschlagenen Auflösung der Be- hörde und der Gründung einer leistungs- und kunden- orientierten Versicherungsagentur, einer effektiven Ar- beitsmarktagentur für überregionale und internationale Aufgaben und kommunaler Job-Center kann man für eine vernünftige Personalstruktur sorgen: Das Personal folgt der Aufgabe. Die Mitarbeiter der BA werden entsprechend ihrem Tätigkeitsbereich und Know-how in den Job-Centern, d t o z B g b n g s D d d d t v n d k B v t a z w d s N a M d g v 1 t B G b b s k t n A a t d d d d l w w A (C (D er Arbeitsmarkt- und Versicherungsagentur sowie wei- eren Bundesbehörden eingesetzt. Je nach Beamten- der Angestelltenstatus sind Möglichkeiten von Verset- ungen, Änderungskündigungen und Übernahme der eschäftigungsverhältnisse im Wege des Betriebsüber- angs zu prüfen. Bei den Privatisierungen einzelner Teil- ereiche der BA sollten die Möglichkeiten der Über- ahme der Angestellten und Beistellung der Beamten eprüft werden. Auch sollte der Übergang in eine selbst- tändige Tätigkeit unterstützt werden. Der Gesetzentwurf schlägt neben der Anpassung des ienstrechtes für die BA-Mitarbeiter auch die Aufgabe er dreiköpfigen Geschäftsführungen bei den Regional- irektionen und Arbeitsagenturen vor; auch dies ist wie- er nur ein einzelner kleiner Schritt in die richtige Rich- ung. Für weitere notwendige Schritte aber fehlen Ihnen on Rot-Schwarz Mut und Entschlossenheit: Die Regio- aldirektionen gehören nämlich nicht reformiert, son- ern abgeschafft! Niemand benötigt heute dieses büro- ratische Monstrum der ehemaligen Landesarbeitsämter. esser wäre es, mehr Personal in der direkten Arbeits- ermittlung einzusetzen. Die Bundesagentur ist heute von Doppelzuständigkei- en, Kompetenzgerangel, Verwischung finanzieller Ver- ntwortlichkeiten und hohen Verwaltungskosten gekenn- eichnet. Reformen und Korrekturen in Trippelschritten erden diese Probleme nicht lösen. Haben Sie endlich en Mut zu einer konsequenten, grundlegenden und trukturellen Neuordnung der Arbeitsvermittlung. Ein eubeginn ist unerlässlich. Werden Sie also Ihrer Ver- ntwortung gerecht und warten Sie nicht mehr länger. illionen Arbeitsuchende werden es Ihnen danken. Kornelia Möller (DIE LINKE): Mit dem vorliegen- en Gesetzentwurf soll der Weg geebnet werden, die Er- ebnisse des Anfang 2006 abgeschlossenen Haustarif- ertrages in der Bundesagentur für Arbeit auch auf die 9 000 bei der BA beschäftigten Beamtinnen und Beam- en zu übertragen. Für die Beamtinnen und Beamten der A soll es künftig möglich sein, sich auf freiwilliger rundlage zur Wahrnehmung einer beruflichen Tätigkeit ei der BA in einem tariflichen oder außertariflichen Ar- eitsverhältnis beurlauben zu lassen. Wir haben diesem Vorhaben bereits in den Aus- chussberatungen zugestimmt, weil es dazu beitragen ann, dass die Bundesagentur ihrer großen Verantwor- ung gegenüber Millionen von Erwerbslosen besser achkommen kann. Dies ist für uns der übergreifende spekt. Möglich wird dies, indem künftig auch die Be- mtinnen und Beamten nach einem Bezahlsystem arbei- en, das unter anderem flexibleren Personaleinsatz und essen bessere Steuerung gestattet und nach dem bereits ie Angestellten und Arbeiter arbeiten und bezahlt wer- en. Ebenso wie der DGB und Verdi ist unsere Fraktion je- och der Auffassung, dass im Gesetzentwurf klarstel- ende Regelungen zur Teilzeitbeschäftigung wünschens- ert gewesen wären – insbesondere für den Fall, dass ährend der Beurlaubung Änderungen der regelmäßigen rbeitszeit erfolgen. DGB und Verdi fordern darüber 10318 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) hinaus, dass beurlaubten Beamtinnen und Beamten, die sich während der Zeit der Beurlaubung in ihrer Funktion bewährt haben, ein „bedingter“ Anspruch auf Verlänge- rung der Beurlaubung zugestanden wird. Leider konnten diese Forderungen, wie auch die nach einer Rückkehr auf den Dienstposten nach Beendigung der Beurlaubung bzw. zumindest ein Rückkehrrecht in die Heimatregion, gegen die Mehrheit der Koalitionsfraktionen nicht durchgesetzt werden. Wenn wir dem vorliegenden Gesetzentwurf der Bun- desregierung zustimmen, weil er letztlich darauf zielt, die Arbeits- und Funktionsfähigkeit der Bundesagentur zu stärken und auf diese Weise auch ein Beitrag zum Ab- bau der Langzeitarbeitslosigkeit geleistet werden kann, dann wollen wir nicht unerwähnt lassen, dass wir – und mit uns große Teile der Bevölkerung – auf diesem Ge- biet von Bundesregierung und Koalition natürlich weit mehr erwarten. Verbesserungen sind beispielsweise notwendig, um die geplanten Schlüssel für die Betreuung von Erwerbs- losen und besonders Langzeiterwerbslosen einzuhalten und weiter zu erhöhen. Erforderlich sind die weitere Ver- vollkommnung der Qualifikation und die Klärung der Perspektiven eines großen Teils der Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Arbeitsgemeinschaften sowie die Festigung der Zusammenarbeit mit Qualifikations- und Weiterbildungsträgern. Schließlich steht die gesetz- liche Klärung von Befugnissen, Verantwortlichkeiten und disziplinarischen Beziehungen innerhalb der Argen, also zwischen BA und den Kommunen, auf der Tages- ordnung. Wenn die Bundesregierung und die sie tragende Ko- alition mit ihrer großen Mehrheit bei den genannten Punkten genauso konsequent tätig werden würde, wie im Falle des heute hier zur Debatte stehenden Dienst- rechtsanpassungsgesetzes, dann wäre das ein wichtiger Beitrag zum Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit. Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Gut gedacht ist nicht gleich gut gemacht. Das trifft auch auf Ihren Gesetzentwurf zu. Der Idee nach geht es da- rum, einheitliche Beschäftigungsbedingen für die Ange- stellten und Beamten bei der Bundesagentur für Arbeit zu schaffen. Gut! Ich finde es richtig und wichtig, dass in der größten Behörde Deutschlands und bei einem der größten Arbeitgeber des Bundes alle Mitarbeiter gleiche Bezahlungsmöglichkeiten und Karrierechancen haben, egal ob sie angestellt oder verbeamtet sind. Wir Grünen haben stets diese „Zweiteilung“ des öffentlichen Diens- tes beklagt. Es kann nicht angehen, dass zwei Mitarbei- ter am selben Schreibtisch sitzen, dieselben Formulare ausfüllen und die gleichen Kunden bedienen, aber unter- schiedlich bezahlt werden! Durch die Hartz-Reformen hat die BA auch im Be- reich Personal viel getan, um effizienter und kunden- freundlicher zu werden. Statt strenger Laufbahngruppen für alle Mitarbeiter gibt es nun ein modernes Personal- managementkonzept. Seit dem 1. Januar 2006 gibt einen Haustarifvertrag für die BA. Darin wurden eine stärkere L s A d D g P u l n r l a h u T l V m B v W s D r u z R g g „ s g B N N s e U s m b l t t t G t c a K d d o l H (C (D eistungsorientierung der Bezahlung, größere Durchläs- igkeit der Tätigkeitsebenen und die Möglichkeit der npassung des Personaleinsatzes vereinbart. Er gilt je- och nur für knapp 80 Prozent der Beschäftigten der BA. ie rund 19 000 Beamten profitieren von den neuen Re- elungen bisher nicht. Und das ist auch für die BA ein roblem. Sie kann ihr Personalkonzept nicht wirklich msetzen, denn Beamte dürfen natürlich in ihren Mög- ichkeiten nicht benachteiligt werden. Warum gelten die euen Regelungen nicht für Beamte? Weil das Beamten- echt nicht vorsieht, dass Aufstiegschancen und Bezah- ung eng an Leistung geknüpft sind! Was also müsste getan werden? Man müsste das Be- mtenrecht reformieren. Bereits in der letzten Legislatur aben wir versucht, diesen Gleichklang zwischen Tarif- nd Beamtenbereich herzustellen. Wir wollten ein am arifvertrag orientiertes leistungsorientiertes Bezah- ungssystem im Beamtenbereich einführen und somit die oraussetzungen für ein modernes Personalmanage- ent und ein flexibilisiertes Laufbahnsystem schaffen. Wenn Sie schon nicht die Kraft für eine Änderung des eamtenrechts haben, meine Kolleginnen und Kollegen on der Regierung, hätten Sie durchaus auch andere ege beschreiten können. Beispielsweise hat der Deut- che Beamtenbund ein Pilotprojekt für ein flexibleres ienstrecht bei der BA vorgeschlagen. Man hätte Erfah- ungen für eine umfassende Reform sammeln können nd wäre gleichzeitig der BA und ihrem Personalkon- ept entgegengekommen. Aber welchen Weg geht die egierung mit ihrem Gesetzentwurf? Anstatt den Grund- edanken aufzugreifen und das Beamtenrecht grundle- end zu reformieren, wird jetzt im Bereich der BA auf In-Sich-Beurlaubungen“ zurückgegriffen. Beamte las- en sich vom Beamtentum beurlauben, um dann beim leichen Arbeitgeber angestellt zu werden. Die „In-Sich- eurlaubung“ ist zudem sehr umstritten. Sie ist aus der ot geboren und wurde bisher nur bei den privatisierten achfolgeunternehmen wie der Post angewandt. Ich ehe keine Notwendigkeit, dieses Instrument jetzt auf ine Bundesbehörde für Bundesbeamte zu übertragen. nd wie wird die BA dann mit Beamten umgehen, die ich nicht freiwillig beurlauben lassen wollen? Warum achen Sie eine solche verquaste Regelung, die das Pro- lem für die BA und die Beamten doch nicht wirklich öst? Wir alle wissen, dass die Änderung des Beamtensta- us schwierig ist, weil dafür eine Zweidrittelmehrheit nö- ig ist. Sie hätten als Große Koalition mit Ihrer Zweidrit- elmehrheit alle Voraussetzungen für eine Änderung des rundgesetzes. Und lassen sie ungenutzt! Sie sind ange- reten als „Koalition der neuen Möglichkeiten“ und ma- hen wieder nur Flickwerk. Auch hier scheint Große Ko- lition wieder einmal nur zu heißen, dass der große leingeist regiert. Im Jahr 2048 wird sich zumindest iese Angelegenheit allein gelöst haben, denn dann wer- en die letzte Beamtin und der letzte Beamte der BA hne leistungsgerechte Bezahlung ihre Stifte zur Seite egen und in Pension gehen. Es sei denn, Sie hören auf, aken zu schlagen, und ändern jetzt das Beamtenrecht! Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10319 (A) ) (B) ) Anlage 12 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Unrecht des Kalten Krieges wiedergutmachen (Tagesordnungs- punkt 22) Günter Baumann (CDU/CSU): Der vorliegende Antrag lenkt unseren Blick bereits zum wiederholten Male auf die Thematik des politischen Strafrechts in der Bundesrepublik zur Zeit des Kalten Krieges. Es ist – wie schon so oft – der Versuch, diejenigen, die erst einen freiheitlich demokratischen Rechtsstaat beseitigen woll- ten und einen Unrechtsstaat nach DDR-Vorbild etablie- ren wollten, von Kollaborateuren zu Opfern zu stilisie- ren, nicht zuletzt um das sozialistische Regime der DDR mit dem der Bundesrepublik auf eine Stufe zu stellen. Wie schon in der Debatte am 17. Juni 1992 oder erst kürzlich am 30. November 2006 wird die CDU/CSU- Fraktion die Anträge der Linken entschieden zurückwei- sen. Die sogenannten Opfer, die sie in ihrem Antrag an- sprechen, sind gerade keine Opfer einer Diktatur. Die KPD wurde 1956 durch das Bundesverfassungs- gericht verboten, weil sie nach ihren Zielen und dem Verhalten ihrer Anhänger darauf aus war, die freiheit- lich-demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen. Allein dem Bundesverfassungsgericht obliegt dieses Entscheidungsmonopol nach Art. 21 Abs. 2 GG. Solange es nicht entschieden hat, kann sich eine Partei in der Öf- fentlichkeit gegenüber der freiheitlichen-demokratischen Grundordnung noch so verfassungsfeindlich verhalten. Das Gericht kann aber im Gegenzug eine Partei auch dann für verfassungswidrig erklären, wenn nach menschlichem Ermessen keine Aussicht darauf besteht, dass sie ihre verfassungswidrige Absicht in absehbarer Zeit werde verwirklichen können. Damit spielte es aus damaliger Sicht gar keine Rolle, ob die KPD ihren Auf- ruf zum „revolutionären Sturz Adenauers“ je in die Tat umsetzen konnte. Diese Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum KPD-Verbot kann aus heutiger Sicht weder recht- lich noch politisch aufgehoben werden. Im Übrigen ist dies in einem demokratischen Rechtsstaat nach dem Prinzip der Gewaltenteilung auch nicht möglich. Denn eines darf man nicht vergessen, das damals zur Anwen- dung gekommene politische Strafrecht beruht auf einer rechtsstaatlichen Grundlage. Schon mit ihrem Antrag (Drucksache 16/3536) zum Ausschlussgrund des § 6 Abs. l Nr. 2 des Bundesent- schädigungsgesetzes hatte die Linkspartei keinen Erfolg. Jetzt versucht sie es erneut, indem die Bundesregierung aufgefordert wird, unverzüglich in einer geeigneten Form zu einer Rehabilitierung der Opfer des Kalten Krieges in Deutschland beizutragen. Auch mit diesem Antrag wird sie aus unserer Sicht keinen Erfolg haben; denn die Praxis zu § 6 Abs. l Nr. 2 BEG hat gezeigt, dass eine Entschädigungsleistung jedenfalls dann ausge- schlossen bleibt, wenn der Betroffene die freiheitlich-de- mokratische Grundordnung in strafrechtlich relevanter Art und Weise bekämpft hat. Mithin reichte allein die M s d n t p c b r U R r t p m e m F s t b n d d d d e d t g i f c u „ t 6 r f s r h v f A r Z d g H c e (C (D itgliedschaft in der KPD oder einer ihr nahen Organi- ation nicht aus, um die Betroffenen von einer Entschä- igungsleistung auszuschließen. Ich möchte es heute och einmal deutlich sagen, hier besteht keine Gerech- igkeitslücke. Zum Schluss möchte ich betonen, dass mir in meiner olitischen Arbeit die im Antrag der Linken angespro- hene Personengruppe – die Opfer der SED-Diktatur – esonders am Herzen liegen. Anders als in der Bundes- epublik waren die Richter und Staatsanwälte bei ihrer rteilsfindung innerhalb der DDR-Justiz nicht einem echtsstaat verpflichtet. Unter diesem Blickwinkel wa- en dies hochgradige Unrechtsurteile, die auf reine poli- ische Verfolgung und Unterdrückung aus waren. Die olitische Strafjustiz der DDR war verbrecherisch und arkantes Merkmal einer Diktatur. Diese Opfer müssen ndlich für ihren mutigen Einsatz für Freiheit und De- okratie Gerechtigkeit erfahren. Lassen Sie uns die estschreibung im Koalitionsvertrag für eine Opferpen- ion zügig umsetzen. Mit dem Gesetzentwurf der Koali- ion, der gestern in den Ausschüssen beraten wurde und is zum 17. Juni 2007 in Kraft treten soll, haben wir ei- en tragfähigen Kompromiss erreicht. Endlich werden amit die materiellen Folgen der Unterdrückung durch as SED-Regime sichtbar gelindert und das Schicksal er in der DDR aus politischen Gründen Inhaftierten urch eine regelmäßige Zahlung erleichtert. Wenn die Fraktion Die Linke nach Aufarbeitung ihrer igenen Geschichte in der Demokratie ankommen will, ann sollte sie nicht solche Anträge stellen. Maik Reichel (SPD): Der heute hier vorliegende An- rag der Fraktion Die Linke reiht sich ein in ähnlich gela- erte Anträge der letzten Zeit, wie den vor vier Monaten n diesem Hause debattierten Antrag zur Entschädigung ür Opfer nationalsozialistischer Verfolgung, Drucksa- he 16/3536. Der Antrag unterstellt wie der genannte nd manch anderer Antrag der Fraktion Die Linke, dass die politische Verfolgung von … aktiven Linksopposi- ionellen in der frühen Bundesrepublik der 50er- und 0er-Jahre durch bundesdeutsche Behörden und Ge- ichte aufgrund ihrer politischen Einstellung und gewalt- reien Betätigung“ generell ein „rechtsstaatliches, politi- ches und materielles Unrecht“ gewesen sei. Eine solch pauschale Sicht wird der damaligen histo- ischen Situation nicht gerecht. Es ist billig, im Nach- inein klüger sein zu wollen, ein rasches Urteil über eine ergangene Zeit zu fällen, und es ist unhistorisch verein- achend. Von diesem geringen Anspruch ist leider der ntrag der Linksfraktion getragen. Wenn wir von wirklicher Aufarbeitung der Geschichte eden wollen, kann es nur darum gehen, die Ereignisse der eit des Kalten Krieges, vor nunmehr fünfzig Jahren, und ie deutsche Geschichte – Ost wie West – aus der damali- en Situation heraus zu erkennen. Die 1950er-Jahre waren geprägt vom Kalten Krieg. eute können wir diesen vielleicht als Missverständnis harakterisieren. Das wäre eine einfache Deutung. Aber s war nicht nur Konrad Adenauer, der befürchtete, dass 10320 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) die Sowjetunion in einem günstigen Moment die Bun- desrepublik Deutschland überfallen könnte. Die BRD war von der Gefahr, die von jenseits des Eisernen Vor- hangs drohte, von der Aggressivität des Kommunismus und der damit einhergehenden Gefährdung der Demo- kratie überzeugt. Die Gesamtsituation war auf neue mögliche kriegerische Auseinandersetzungen ausgerich- tet, die politische Atmosphäre von diesem Gefühl der Gefahr geprägt – in Ost wie in West. Der bestmögliche Schutz der demokratischen Bundesrepublik sollte garan- tiert werden, die Demokratie sich effektiv verteidigen und streitbar sein. Diese Bedrohungslage war in den 50er-Jahren präsen- ter, als wir es heute vielleicht ahnen. Um darüber ein wirklich umfassendes und realistisches Bild zu gewin- nen, gerade aus historischer Sicht, müssten wir die bis heute immer noch verschlossenen Dokumente in ehe- mals sowjetischen Archiven einbeziehen können. Dies alles vorausgesetzt, lässt sich trefflich darüber streiten, ob man damals mit der Verfolgung kommunisti- scher Betätigung und insbesondere dem KPD-Verbot aus einer Mücke einen Elefanten gemacht hat – zumal die KPD bereits bei der zweiten Bundestagswahl mit nur 2 Prozent der Stimmen quasi in die Bedeutungslosigkeit unterwegs war. Im Übrigen: Zu behaupten, wer sich als Kommunist betätigte, wurde bestraft, ist eine grobe Vereinfachung. Wir wissen, dass nicht alle, die sich in der 1956 verbote- nen KPD betätigten, angeklagt oder verurteilt worden sind. Mit den von Ihnen genannten Zahlen bestätigen Sie dies ja ebenfalls. Die am Montagabend im RBB ausge- strahlte Dokumentation „Als der Staat rot sah … Jus- tizopfer im Kalten Krieg“ von Hermann G. Abmayr lässt neben Verurteilten auch einen ehemaligen Richter zu Wort kommen, der deutlich macht, dass es sich auch die Richter nicht leicht machten, entsprechende Fälle zu be- werten. Auch die von Ihnen zitierte Jutta Limbach geht auf diese vereinfachende Sicht ein. Sie zitieren ihre Ansicht, dass das KPD-Verbotsurteil „kein Ausdruck besonderer demokratischer Souveränität“ gewesen sei, offenbar aus der Eröffnungsrede von Dr. Rolf Gössner zur Verleihung der Carl-von-Ossietzky-Medaille 2004. Da dieser Zitat- auszug außerordentlich verkürzt geschieht, gestatten Sie mir, Frau Limbachs Position etwas genauer und differen- zierter zu zitieren. Jutta Limbach, „Politische Justiz im Kalten Krieg“, in: „Neue Justiz“, 2/94, Seite 49 ff.: Bei aller Kritikwürdigkeit jener strafrechtlichen Versuche, die befürchtete kommunistische Infiltra- tion zu bannen, bleibt jedoch zu konzedieren, dass die Justiz sich grundsätzlich rechtsstaatlichen An- sprüchen verpflichtet wusste. Die gerichtliche Kommunistenverfolgung hat ihre Sanktionen stets an nachzuweisende empirische Tatbe- stände geknüpft. Auch sind vor allem die rechtsstaatlichen Verfah- rensgarantien wie das Gebot des rechtlichen Ge- hörs, das Recht der Verteidigung, die Unschulds- r D t s w e k A w B g L s t g a V g h r O D w f n R s r F t Z d S p b s (C (D vermutung und das Schuldprinzip respektiert worden. Und Jutta Limbach stellt zusammenfassend fest: Die bundesrepublikanische Verfolgung von Kom- munisten durch die Justiz war grundsätzlich ge- setzesorientiert und hat nie die Lenkungspraxis durch die zweite Gewalt oder seitens einer Partei erfahren … Auch standen seinerzeit den Kommu- nisten gleichermaßen gute wie kämpferische Vertei- diger zur Seite, die die Strafrechtspraxis öffentlich- keitswirksam kritisiert und einen letztlich rechtspolitisch folgenreichen Diskurs ausgelöst ha- ben. Nicht zuletzt gilt es zu konzedieren, dass es nicht erst einer Revolution bedurfte, um dieser Strafrechtspraxis ein Ende zu bereiten. Eine auf Meinungsfreiheit und den Justizgrundrechten basie- rende Demokratie verfügt offenbar über die not- wendigen Selbstreinigungskräfte. Die SPD sperrt sich nicht, wenn es darum geht, Un- echt als solches aufzuzeigen und wiedergutzumachen. och dazu bedarf es mehr als eines oberflächlich gestell- en und wenig detailreichen Antrags. Dr. Max Stadler (FDP): Die Fraktion Die Linke ver- ucht mit ihrem Antrag „Unrecht des Kalten Krieges iedergutmachen“ eine Thematik aufzugreifen, die in rster Linie der zeitgeschichtlichen Forschung und Dis- ussion vorbehalten bleiben sollte. Im Kreis zielt der ntrag darauf ab, die politische Auseinandersetzung, ie sie in den 50er-Jahren und frühen 60er-Jahren in der undesrepublik Deutschland mit der KPD, deren Mit- liedern und Nachfolgeorganisationen und anderen inksoppositionellen geführt worden ist, zum Gegen- tand einer öffentlichen Debatte zu machen. Die konkre- en Forderungen, die in dem Antrag der Linksfraktion egenüber der Bundesregierung formuliert werden, sind ber sehr vage gehalten. Sie dienen offenkundig nur als ehikel dafür, eine politische Bewertung der Ära des so- enannten Kalten Krieges vorzunehmen und die Debatte ierüber ins Parlament zu tragen. Die Linksfraktion schweigt sich in ihrem Antrag da- über aus, wie sie sich genau die „Rehabilitierung der pfer des Kalten Krieges in Deutschland“ vorstellt. em Antrag ist nicht zu entnehmen, wem genau und in elchem Umfang eine „materielle Wiedergutmachung ür das erlittene Unrecht“ zukommen soll. Es wird auch icht näher ausgeführt, wie denn die „unverzüglichen egelungen“ aussehen sollen, mit denen nach Auffas- ung der Linksfraktion „betroffene Menschen politisch ehabilitiert“ werden sollen. Somit bleiben die konkreten olgerungen, die die Linksfraktion in ihrem Antrag un- er Ziffer II aus der Sachverhaltsfeststellung unter iffer l zu ziehen gedenkt, reichlich nebulös. Daraus ist unschwer der Schluss zu ziehen, dass es er Linksfraktion hauptsächlich darauf ankommt, ihre ichtweise der politischen Abläufe der 50er-Jahre zu räsentieren. Der damalige Umgang in der Bundesrepu- lik Deutschland mit Kommunisten kann aber selbstver- tändlich nicht aus dem historischen Kontext herausge- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10321 (A) ) (B) ) löst bewertet werden. Durch Deutschland verlief die Grenzlinie zwischen der westlichen Welt und dem Ost- block. Schon bald nach Beendigung des Zweiten Welt- krieges verschärfte sich die ideologische Auseinander- setzung zwischen den westlichen Demokratien und den Staaten des real existierenden Sozialismus. Der Ost- West-Konflikt führte auch zu militärischen Spannungen und damit zu einer Bedrohung für den Frieden in Mittel- europa. Demgemäß war die politische Lage in den 50er-Jah- ren nicht vergleichbar mit der Phase der Entspannungs- politik, wie sie 1969 durch die sozialliberale Koalition unter maßgeblicher Beteiligung der FDP und der Außen- minister Walter Scheel und Hans-Dietrich Genscher ein- geleitet worden ist. In dieser späteren Phase ist beispiels- weise kein Verbotsantrag gegen die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) gestellt worden. Ohnehin blieb die DKP politisch weitgehend bedeutungslos. Da- gegen hatte sich die frühere CDU/CSU-FDP-Bundesre- gierung in der spannungsgeladenen Situation der 50er- Jahre für einen Verbotsantrag gegen die KPD entschie- den, wie übrigens auch gegen die SRP. Das Verbotsverfahren gegen die KPD vor dem Bun- desverfassungsgericht ist einzuordnen in einer Zeit, die geprägt war durch die deutsche Teilung und unterschied- liche, einander diametral entgegengesetzte Gesell- schaftssysteme. Ähnliche Verfahren gab es in anderen westlichen Demokratien wie Frankreich, Österreich oder Italien nicht. Dort entwickelte sich aufgrund gänzlich anderer Ausgangsbedingungen eine andere Tradition im Umgang mit sozialistischen und kommunistischen Par- teien. Diese wenigen Überlegungen mögen genügen, um meine Ausgangsthese zu untermauern: Das von der Linksfraktion aufgeworfene Thema ist und bleibt ein Objekt politikwissenschaftlicher und zeithistorischer Forschung. Für eine juristische Aufarbeitung eignen sich die fünf Jahrzehnte zurückliegenden Vorgänge dagegen nicht. Es besteht kein Zweifel, dass das KPD-Verbot – unabhängig von der politischen Bewertung dieses Ver- fahrens – legal auf der Grundlage des Art. 21 Abs. 2 des Grundgesetzes zustande gekommen ist. Die Bestimmun- gen über strafbewehrte Verstöße gegen dieses Parteien- verbot waren ebenfalls Bestandteil der Rechtsordnung. Von juristischer Willkür kann daher keine Rede sein. Jan Korte (DIE LINKE): Wir debattieren heute er- neut über ein geschichtspolitisches Thema: über das jus- tizielle und politische Unrecht zur Zeit des Kalten Krie- ges, über Unrecht, das Menschen widerfahren ist, die sich politisch in einer freien demokratischen Gesell- schaft organisiert und engagiert haben und dafür verfolgt und verurteilt wurden. Dieses Unrecht und die Gescheh- nisse vor 50 Jahren wirken bis heute nach. Auch deshalb hat die Linksfraktion den Antrag „Unrecht des Kalten Krieges wiedergutmachen“ eingebracht und hofft, auch heute auf eine qualifizierte, ehrliche und vor allem redli- che Debatte. Ich betone dies, da in der vorausgegange- nen Debatte über die Rehabilitierung von sogenannten Kriegsverrätern eine faire Auseinandersetzung ausge- b u Z d r G e a c s H m K t K f s A F l g n s M g z F 1 J r d K w s g w A D d g e n b K b d a t m a b h l i B p (C (D lieben war und Äußerungen der Union Einstellungen nd geistige Haltungen zu Tage förderten, die uns in die eit des Kalten Krieges zurückversetzten. Dies ist nicht er Ansatz der Linksfraktion. Vielmehr geht es uns da- um, Unrecht aufzuarbeiten und Recht zu schaffen, das räben und den Kalten Krieg überwindet. Dass das Thema „Kalter Krieg“ nach wie vor zu aktu- llen Debatten auch außerhalb des Bundestages, also uch in Medien und Gesellschaft, führt, zeigt die Tatsa- he, dass vor zwei Tagen im öffentlich-rechtlichen Fern- ehen der Film „Als der Staat rot sah“ gesendet wurde. ermann G. Abmayr, der Autor und Journalist des 45- inütigen Streifens und selbst nicht Opfer des Kalten rieges, hat, wie ich meine, eine sehr gute Dokumenta- ion über die Ursachen und Folgen des Verbotes der ommunistischen Partei Deutschlands, KPD, abgelie- ert. Ich kann nur jedem raten, sich diesen Film anzu- chauen oder bei den jeweiligen Länderanstalten der RD anzurufen und als Konsument darum zu bitten, den ilm in allen dritten Programmen zu senden – und viel- eicht nicht erst um 22 Uhr, sondern direkt nach der Ta- esschau um 20.15 Uhr. Ausschlaggebend für unseren Antrag waren jedoch icht nur das Schauen von Fernsehdokumentationen, ondern zweierlei Tatsachen: zum einen, dass noch heute enschen unter der justiziellen und politischen Verfol- ung der 50er- und 60er-Jahre zu leiden haben. Zum weiten ist der Antrag Ergebnis einer Anhörung meiner raktion vor fast einem Jahr hier im Bundestag. Am . Juni 2006 lud die Linksfraktion zur Anhörung „50 ahre KPD-Verbot“ in das Reichstagsgebäude ein. Eine Geschichte am Rande: Wir hatten zu der Anhö- ung den letzten noch lebenden Bundestagsabgeordneten er ersten Bundestagslegislatur, Herrn Fritz Rische, PD, eingeladen. Im Zuge der Vorbereitungen stellten ir plötzlich fest, dass Herr Rische nie im Besitz eines ogenannten Ehemaligenausweises war, wie es für aus- eschiedene Bundestagsabgeordnete üblich ist. Der Aus- eis wurde ihm als Kommunist schlichtweg verweigert. lso haben wir Kontakt zum Bundestagspräsidenten r. Norbert Lammert aufgenommen und ihn gebeten, ieses „Versäumnis“ nachzuholen. Fritz Rische konnte esundheitsbedingt dann leider nicht nach Berlin reisen, rhielt aber doch, nach über 50 Jahren, den angesproche- en Ausweis. Dies ist ein Zeichen, wenn auch nur sym- olischer Natur, der Aufarbeitung der Geschichte des alten Krieges, und dafür möchte ich mich herzlich eim Bundestagspräsidenten bedanken. Doch zurück zum Antrag. Es ist an der Zeit, bundes- eutsche Geschichte aufzuarbeiten. Dazu gehört eben uch, ein Kapitel zu beleuchten, das bisher kaum Beach- ung gefunden hat: Die politische Verfolgung von Kom- unistinnen und Kommunisten und anderen politisch ktiven Linksoppositionellen in der frühen Bundesrepu- lik der 50er- und 60er-Jahre durch bundesdeutsche Be- örden und Gerichte aufgrund ihrer politischen Einstel- ungen und gewaltfreien Betätigung ist ein dunkler Fleck m Geschichtsbuch der Bundesrepublik. Ja, auch in der undesrepublik gab es in den ersten beiden Jahrzehnten olitische Verfolgung und politische Ungerechtigkeiten. 10322 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) Betroffen waren in erster Linie westdeutsche Kommu- nistinnen und Kommunisten, darunter viele Wider- standskämpfer, die unter der Nazidiktatur lange Jahre in KZ- und Zuchthaushaft zubrachten. Der Kreis der Ver- folgten ging aber weit über die benannten Personen hi- naus. Verfolgt wurden auch Menschen, die Post aus der DDR bekamen, deutsch-deutsche Kontakte pflegten, oder Menschen, die gegen die Wiederbewaffnung der BRD stritten. Ein paar Zahlen seien genannt, um das Ausmaß zu verdeutlichen. Diese sind im Übrigen durch Historiker und Juristen zusammengetragen worden und wurden nie angezweifelt – von keiner Seite. In der Zeit von 1951 bis 1968 gab es staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfah- ren gegen 200 000 Personen mit über 10 000 Verurtei- lungen, teils zu mehrmonatigen oder mehrjährigen Haft- strafen. Allein nach dem Verbot der KPD 1956 sind jährlich bis zu 14 000 staatsanwaltschaftliche Ermitt- lungsverfahren anhängig gewesen, in denen bis zu 500 Kommunisten und Sympathisanten verurteilt wur- den. Nach Haftverbüßung folgten Einschränkungen der staatsbürgerlichen Rechte, entwürdigende Polizeiauf- sicht, Pass- und Führerscheinentzug. Auch Berufsver- bote waren die Folge, was bis heute Auswirkungen auf die Rentenhöhe der betroffenen Personen hat. Die Illegalisierung der KPD 1956 auf Antrag der Bundesregierung Adenauer führte zu weiteren Krimina- lisierungswellen auch gegen Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter und Mitglieder der SPD, die alles an- dere, nur keine Kommunisten waren. So wurden etwa das „Friedenskomitee“ oder die „Aktion Frohe Ferien für alle Kinder“ als Ersatz- oder Tarnorganisationen der verbotenen KPD verfolgt. In sieben Jahren, zwischen 1951 und 1958, ergingen 80 Verbote gegen Organisatio- nen oder Bündnisgruppen, die nicht dem Parteienprivi- leg nach Art. 21 GG unterlagen, darunter auch – nur um das hier plastisch zu zeigen – der Demokratische Frauen- bund und der Demokratische Kulturbund. Dass diese Ermittlungsverfahren in einer Atmosphäre der antikommunistischen Hysterie geführt wurden, er- kennt auch Jutta Limbach, die ehemalige Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts an. Sie sagte, dass es „wahr- lich kein Ausdruck besonderer demokratischer Souverä- nität“ gewesen sei, die KPD zu verbieten. Praktisch die gesamte politische Betätigung der kommunistisch orien- tierten Linken und ihrer Bündnispartner wurde in jener Zeit kriminalisiert und aus dem öffentlichen Willensbil- dungsprozess weitgehend ausgeschaltet, so fasste es der Rechtswissenschaftler Alexander von Brünneck zusam- men. Besonders bedrückend ist in diesem Zusammen- hang, dass Menschen, die bereits unter den Nazis verur- teilt und verfolgt wurden, nun in der Bundesrepublik erneut verfolgt wurden und oftmals durch Richter, die schon vor 1945 Urteile sprachen, verurteilt oder durch Staatsanwälte, die bereits im Dritten Reich tätig waren, juristisch verfolgt wurden. Gleichzeitig – dies gehört eben auch zur Aufarbeitung der Geschichte – saßen viele der alten Nazieliten wieder in Amt und Würden – bis ins Kanzleramt. Ich nenne hier nur den Namen Hans Globke. Der Umgang mit den alten Eliten der national- sozialistischen Herrschaft und der Antikommunismus in D k k v e K s i r p a d a r K l m g R d f B n e N d c Q t r r d d s B v m (C (D eutschland sind bis heute eine europäische Einmalig- eit. Alexander von Brünneck schrieb hierzu: Mit dem Potsdamer Abkommen war eine be- stimmte Form der politischen Erneuerung Deutsch- lands zwischen den Siegermächten vereinbart wor- den, die eine antifaschistische Zielrichtung hatte und die Mitwirkung der Kommunisten einschloss. Dieser Ausgangspunkt der politischen Entwicklung im Nachkriegsdeutschland wurde in der Bundesre- publik mit Eliminierung der KPD aus dem legalen politischen Leben endgültig verlassen. Kritik am Antikommunismus und der Verfolgung lin- er Oppositioneller wurde aber nicht nur von links oder on Wissenschaftlern geäußert. Auch Personen wie der hemalige Bundespräsident Gustav Heinemann übten ritik. Er schrieb 1953 in der „Gesamtdeutschen Rund- chau“: Wenn wir den Frieden sichern wollen, müssen wir der antisowjetischen Hetze ebenso wehren wie der Hetze gegen irgendein westliches Volk, muss eine Bresche geschlagen werden in den blinden und pau- schalen Antikommunismus, diese kriegsträchtige Mentalität bürgerlich-pharisäischer Selbstgerech- tigkeit. Für ihn waren also der hysterische Antikommunismus n der BRD unter Adenauer und die Ermittlungsverfah- en gegen Tausende nicht vertretbar. Dieses Unrecht darf nie wieder in unserem Lande assieren. Die beste Prävention von erneuter Verfolgung ufgrund politischer Einstellung und Betätigung ist, dass as begangene Unrecht als solches gekennzeichnet und ufgehoben wird. Deshalb fordern wir die Bundesregie- ung auf, geeignete Formen zu finden, die Opfer des alten Krieges zu rehabilitieren und unverzüglich Rege- ungen zu treffen, die den betroffenen Menschen eine aterielle Wiedergutmachung für das erlittene Unrecht ewähren. Schließlich muss es auch um eine politische ehabilitierung gehen, gerade vor dem Hintergrund, ass die Betroffenen für ein friedliches Europa und eine riedliche Zukunft stritten und somit am Aufbau der undesrepublik aktiv mitwirken wollten. Dies kann icht weiter kriminalisiert werden, sondern verdient An- rkennung. Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): ach den Konservativen wirft nun auch die Linkspartei ie Zeitmaschine an. Nachdem wir in den letzten Wo- hen und Monaten viel über die RAF, ihre Taten und die ualität ihrer juristischen Aufarbeitung gehört haben, rägt uns dieser Antrag nun zwei weitere Jahrzehnte zu- ück. Wir erfahren darin Verschiedenes über die straf- echtlichen Maßnahmen gegen Kommunisten und an- ere, deren politische Einstellungen und Aktivitäten in er Adenauer-Zeit rigorose Aktivitäten des Staates nach ich zogen. Viele der Belangten hatten tatsächlich die eseitigung der westdeutschen Demokratie zum Ziel, iele andere hatten die Strafverfolgung, die sie erlitten, it keiner Tat und in keiner Weise verdient. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10323 (A) ) (B) ) All das wussten wir schon vorher. Denn auch wenn es die Linkspartei noch nicht wahrgenommen hat, ist diese Periode bundesdeutscher Geschichte sehr wohl aufgear- beitet worden. Es war diese Art von borniertem Anti- kommunismus, die in den 60er- und 70er-Jahren viele Jugendliche auf die Straße trieb. Und es war diese Art staatlicher Überreaktion, die eine neue Generation von Juristen und Politikern dazu brachte, ein der Demokratie gemäßes Verständnis von Rechtsstaat zu etablieren. Ge- nau das führte, wie der Antrag richtig feststellt, auch dazu, das politische Strafrecht Ende der 60er-Jahre zu li- beralisieren und Gesinnung weitgehend von strafrechtli- cher Verfolgung auszunehmen. Warum also heute ein Antrag zu diesem Thema? Und warum von dieser Fraktion? Nicht wenige Sozialdemo- kraten, Liberale und – in einem etwas anderen Kontext – auch Grüne hätten ebenfalls genügend Gründe, Formen des politischen Strafrechts in der bundesrepublikani- schen Vergangenheit anzuprangern. Den Abgeordneten der Linksfraktion geht es aber um etwas anderes. Die Argumentation des Antrags legt auch offen, um was: Da lesen wir, dass die Aufarbeitung der deutschen Nachkriegsgeschichte sich einseitig auf die Ermittlung der Verbrechen der Stasi in der ehemaligen DDR konzentriert habe. Das ist eine gewagte Behaup- tung, wie ein Blick in zeitgeschichtliche Publikationen und das Verzeichnis lieferbarer Bücher belegt. Wie schon in früheren Jahrzehnten haben Historiker und Journalisten auch in den 90er-Jahren die ganze Band- breite deutscher Vergangenheit bearbeitet. Ministerpräsi- dent Oettinger könnte sicherlich bezeugen, dass auch heute noch von politischer Relevanz ist, wer in den Na- zijahren was tat, und noch immer die Frage von Bedeu- tung ist, ob die steilen Karrieren mancher Mittäter und Mithelfer nicht eines der fragwürdigsten Kapitel in der Geschichte der Bundesrepublik sind. Die Linksfraktion interessiert all das nicht. Ihr geht es um den Umkehrschluss: Genau wie – in ihren Augen – die staatlichen Maßnahmen gegen Kommunisten in den 50er- und 60er-Jahren überzogen oder gar vollständig falsch waren, so ist die Aufarbeitung der Stasiaktivitäten in ihren Augen falsch: eine Hexenjagd auf Unschuldige, die nur das Pech hatten, vor 1989 auf der falschen Seite der Mauer gelebt zu haben. Die Diskussion der letzten Monate über die Entschädigung für Opfer des SED-Re- gimes hat das wieder und wieder bewiesen. Es ist in der Linkspartei, trotz Vereinigungsplänen und der dritten Namensänderung in 18 Jahren, nach wie vor unmöglich, Unrecht auch Unrecht zu nennen, ohne zu relativieren. Es gibt kaum ein Bekenntnis zu dem von SED und Stasi begangenen Unrecht, dem nicht ein Aber folgen würde. Wie alltäglich dieses Denken in der Partei nach wie vor ist, hat auch die jüngste Wahl von Verfassungsrich- tern in Berlin gezeigt. Die PDS stellte dort eine Reprä- sentantin dieser Aufrechnungskultur zur Wahl, ohne et- was dabei zu finden, dass besagte Frau Kenzler Amnestie und Haftentschädigung für Politbüromitglie- der, Mauerschützen und Folterknechte der Stasi fordert. Vielleicht sollten die Kolleginnen und Kollegen von der Linksfraktion lieber versuchen, selbst aus den Denk- m h t d W t G r d w K d d w s L w s d v D w v b t R m d G D K B t d B s d ü H s w h z A I b f d h d a s j d (C (D ustern des Kalten Krieges herauszufinden. Wenn auch eute noch die Vorstellung herrscht, dass alle Justiz par- eilich ist und alle Geschichtsschreibung die Geschichte er Sieger besingt, dann ist die Linkspartei mit dem ahlergebnis in Bremen vielleicht geografisch im Wes- en angekommen, aber mental noch weit entfernt von der egenwart. Gert Winkelmeier (fraktionslos): Die Bundesregie- ung muss die Opfer des Kalten Krieges rehabilitieren, as heißt auch, sie materiell zu entschädigen. Das sind ir unserer Demokratie schuldig. Zu den Opfern des alten Krieges gehören vor allem auch die Betroffenen es KPD-Verbotes. Als am 17. August 1956 die KPD urch die damalige Bundesregierung verboten wurde, ar die juristische Grundlage geschaffen, dass Men- chen mit einer anderen politischen Gesinnung in diesem and verfolgt werden können. Mit dem Parteiverbot ollte die Adenauer-Regierung vor allem dem politi- chen Widerstand gegen die Remilitarisierung West- eutschlands einen Schlag versetzen. Betroffen waren ornehmlich Menschen, die bereits in der faschistischen iktatur in die politische Illegalität gedrängt und teil- eise zu hohen KZ-, Zuchthaus- und Gefängnisstrafen erurteilt wurden. Wer in den 50er- und 60er-Jahren aktiv linke Politik etrieben hat, wer sich als Linksoppositioneller am poli- ischen Geschehen beteiligte, wer in dieser Zeit sein echt zur friedlichen Demonstration nutzen wollte, der usste mit erheblichen Repressalien rechnen. Viele wur- en Opfer einer politisch motivierten und durch den eist des Kalten Krieges geprägten Rechtsprechung. er Kreis der damals Verfolgten ging weit über die ommunisten hinaus: Betroffen waren Menschen in ündnissen gegen die Wiederbewaffnung der BRD. Be- roffen waren all jene, die sich für eine Normalisierung er Beziehungen beider deutschen Staaten einsetzten. etroffen waren all jene, die das legitime Recht in An- pruch nahmen, für parlamentarische Gremien zu kandi- ieren. Hunderttausende Ermittlungsverfahren führten zu ber 10 000 Verurteilungen mit teilweise mehrjährigen aftstrafen. 1963 wurde zum Beispiel ein Maschinen- chlosser zu neun Monaten Gefängnis verurteilt, nur eil er am 1. Mai rote Nelken getragen und verteilt atte. Josef Angenfort wurde als damaliger FDJ-Vorsit- ender zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt, obwohl er als bgeordneter des Landtages von Nordrhein-Westfalen mmunität besaß. Die Illegalisierung der Kommunisten und ihrer Ver- ündeten in Gewerkschaften und Landesparlamenten ührte zu weiteren Organisationsverboten, die weit über as Umfeld der KPD hinausgingen. Fast zwei Jahrzehnte errschte diese undemokratische Politikauffassung in iesem Land. Erst ab 1968 – zu Zeiten der Großen Ko- lition – erfolgte eine gewisse Liberalisierung des politi- chen Strafrechtes. Eine materielle Entschädigung gab es edoch nicht. Heute wäre die Chance, dieses damalige Unrecht wie- ergutzumachen. Wenn wir von der Aufarbeitung der 10324 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) deutschen Geschichte sprechen, dann ist es dringend notwendig, dieses vom Kalten Krieg geprägte Kapitel in der Bundesrepublik zu betrachten. Es erscheint mir not- wendig, den damaligen KPD-Verbotsprozess unter heu- tigen – rechtsstaatlichen – Gesichtspunkten ergebnisof- fen zu prüfen und, wenn möglich, eine Revision des Urteils durchzuführen. Dadurch könnte der Staat auch seinen Frieden mit den vielen Menschen machen, die ab den 70er-Jahren von Gesinnungsschnüffelei und vom Berufsverbot betroffen waren; denn das waren die politi- schen Spätfolgen des KPD-Verbotes. Nach der Deutschen Einheit ist es notwendig, Wie- dergutmachung all jenen zukommen zu lassen, die unter den Verhältnissen des Kalten Krieges der 50er- und 60er-Jahre gelitten haben. Daher fordere ich Sie auf: Zei- gen Sie politische Größe und Liberalität stimmen Sie dem Antrag der Fraktion Die Linke zu. Anlage 13 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines … Strafrechts- änderungsgesetzes zur Bekämpfung der Com- puterkriminalität (… StrÄndG) (Tagesord- nungspunkt 23) Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/ CSU): Wir befassen uns heute mit einem Gesetzentwurf, der deutsches materielles Computerstrafrecht in Teilbe- reichen an europarechtliche Vorgaben anpasst. Sowohl das Europarat-Übereinkommen über Computerkrimina- lität aus dem Jahr 2001 als auch der EU-Rahmenbe- schluss über Angriffe auf Informationssysteme aus 2005 haben zum Ziel, gemeinsame strafrechtliche Mindest- standards zu schaffen. Durch den rasanten technischen Fortschritt auf dem Gebiet der modernen Kommunika- tionsformen ergaben sich im Bereich der Computer- kriminalität Strafbarkeitslücken, die neue Tatbestände sowie Präzisierungen der geltenden Rechtslage erforder- lich machen. Dies geschieht mit dem vorliegenden Ge- setzentwurf der Bundesregierung in verantwortungsvol- ler Weise. Es geht um ein hohes Schutzgut, nämlich um den Schutz von Informationstechnologiesystemen. Kom- plexe Attacken auf Computersysteme können erhebliche Schäden verursachen, das Vertrauen der Bürger in die Sicherheit des Internets untergraben und sensible öffent- liche Informationsstrukturen gefährden. Daher werden zum Beispiel „Hacking“, die Verbreitung von „Hacker- Tools“ oder Angriffe auf Rechnersysteme durch soge- nannte „Denial-of-Service-Attacken“ mit dem Ziel, In- ternetseiten durch einen organisierten massenhaften Zu- griff zu blockieren oder total ausfallen zu lassen, künftig unter Strafe gestellt. Die Beratungen im Rechtsausschuss waren erkennt- nisreich und über die Fraktionsgrenzen hinweg sehr kon- struktiv. Kritik, die geäußert wurde, haben wir ernsthaft geprüft. Im Mittelpunkt der Diskussionen stand die vor allem aus der IT-Sicherheitsbranche vorgetragene Be- f d v f S f Z z l d g s w Z m P § b g § s s z d V r d B s S R B A g p m G b a s d N e s b s n f w g s g w v u h (C (D ürchtung, der neue § 202 c des Strafgesetzbuches, mit em die Vorbereitung des Ausspähens und Abfangens on Daten unter Strafe gestellt wird, könnte zu weit ge- asst sein. Befürchtet wird, dass auch das Testen von IT- ystemen mittels Computerprogrammen zur Überprü- ung auf Sicherheitslücken strafbar sein könnte. Dies ist aber nicht die Intention des Gesetzentwurfs. iel ist es, diejenigen strafrechtlich zur Verantwortung u ziehen, die vorsätzlich Computerprogramme herstel- en, sich verschaffen oder vertreiben, die in erster Linie afür ausgelegt sind, Daten auszuspähen oder abzufan- en. Dass es für solche Produkte einen Markt gibt, wis- en wir. Wer aber den Wortlaut des § 202 c genau liest, dem ird schnell klar, dass das Testen von IT-Systemen zum wecke der Sicherheitsüberprüfung nicht tatbestands- äßig ist. Der objektive Tatbestand erfasst nur solche rogramme, deren Zweck die Begehung einer Tat nach 202 a oder § 202 b des Strafgesetzbuches ist. Maßge- end ist die objektive Zweckbestimmung des Pro- ramms. Zugegebenermaßen hat mir die Formulierung des 202 c das größte Kopfzerbrechen bereitet. Mein Vor- chlag, das Wort „Zweck“ durch den Begriff „Zweckbe- timmung“, zu ersetzen, um so auch sprachlich deutlich u machen, dass nur die mit krimineller Absicht Han- elnden erfasst sein sollen, hätte bedingt, auch andere orschriften zu ändern. Denn die vorgesehene Formulie- ung in § 202 c Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzentwurfs, nach er es sich um „Computerprogramme, deren Zweck die egehung einer solchen Tat ist“, handeln muss, findet ich auch in § 263 a des Strafgesetzbuches und in § 22 b traßenverkehrsgesetz wieder. Vor dem Hintergrund der echtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das mit eschluss vom 9. Mai 2006 die Auslegung zu § 22 b bs. 1 Nr. 3 StVG bestätigt hat, wonach die in Bezug enommene Straftat objektiver Zweck des Computer- rogramms sein muss, bin ich zu dem Ergebnis gekom- en, dass wir die Formulierung in § 202 c so wie im esetzentwurf vorgeschlagen beibehalten können. Ich egrüße es daher sehr, dass in der Beschlussempfehlung usdrücklich darauf hingewiesen wird, dass es sich um o genannte „Schadsoftware“ handeln muss, hingegen er branchenübliche Einsatz von Hacker-Tools durch etzwerkadministratoren, die damit die Sicherheit des igenen Datennetzes überprüfen wollen, nicht kriminali- iert wird. Unter Strafe gestellt wird hingegen in Zukunft das isher – zumindest nach dem Willen des Gesetzgebers – traflose „Hacking“, also sich unbefugt Zugang zu ei- em Computer- oder Informationssystem zu verschaf- en. Mit der neuen Fassung des § 202 a Strafgesetzbuch ird diese Form der Computerkriminalität unter Strafe estellt. Es kommt künftig nicht mehr darauf an, dass ich der Täter unbefugt Daten verschafft, sondern der ei- entliche Unwertcharakter der Tat – sich unberechtigter- eise Zugang zu einem fremden Computersystem zu erschaffen – wird strafbar. Schließlich gefährdet das nbefugte Eindringen in einen Computer bereits das Ge- eimhaltungsinteresse des Berechtigten; denn wer ein- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10325 (A) ) (B) ) mal „drinnen“ ist, der wird sich auch für den Inhalt der geschützten Daten interessieren. Insofern schafft der Ge- setzentwurf in diesem Punkt – in Umsetzung von Art. 2 des Europarat-Übereinkommens – die erforderliche Klarheit. Eine mit dem Siegeszug des Internets neu entstandene Kriminalitätsform ist die Computersabotage in der Form des organisierten massenhaften Zugriffs auf eine Inter- netseite mit dem Ziel der Blockade. Vor diesem krimi- nellen Phänomen stehen die Gerichte bisher machtlos, da die bestehenden Straftatbestände wie zum Beispiel der der Nötigung nicht greifen, illustrativ ist in diesem Zusammenhang der Beschluss des OLG Frankfurt am Main vom 22. Mai 2006, abgedruckt in der Zeitschrift „Strafverteidiger“ 2007, Seite 244 ff. Das Gericht kam in dem Fall eines gezielten Angriffs auf die Homepage der Lufthansa am Tag ihrer Hauptversammlung im Jahr 2001 mangels einschlägiger Strafvorschriften zur Straflosigkeit des Angeklagten. Daher wird mit der Neufassung von § 303 b Abs. 1 Nr. 2 des Strafgesetzbu- ches eine solche Tathandlung, die in Schädigungsabsicht unternommen wird, künftig zu Recht unter Strafe ge- stellt. Es handelt sich hierbei nämlich nicht um eine zu billigende, womöglich sogar noch grundrechtlich ge- schützte „Internet-Demonstration“, sondern um straf- würdiges Unrecht, das nicht unerhebliche wirtschaftli- che Schäden verursachen kann. Sie sehen also: Der Gesetzentwurf trägt den Bedürf- nissen der Praxis Rechnung. Er schließt Strafbarkeitslü- cken, die schon länger als regelungsbedürftig angesehen wurden oder durch neuere technische Entwicklungen entstanden sind. Ich bitte daher um Ihre Zustimmung. Dirk Manzewski (SPD): Mit dem hier abschließend debattierten Gesetzentwurf wollen wir den entsprechen- den EU-Rahmenbeschluss zur Bekämpfung der Compu- terkriminalität umsetzen. Leider bereitet die Computerkriminalität mit ihren in- ternationalen Verflechtungen im In- und Ausland immer größere Probleme. Die stärkere Nutzung und Abhängig- keit unserer Gesellschaft von den neuen Informations- und Kommunikationstechnologien lädt verstärkt zum Missbrauch ein. Insbesondere komplexe Attacken gegen moderne Informationsstrukturen durch Viren, Würmer oder Trojaner verursachen dabei oft hohe Schäden. Daher ist es aufgrund der Intention des EU-Rahmen- beschlusses nur folgerichtig, dass zukünftig bereits der unbefugte Zugang zu einem Computer- und Informa- tionssystem als Ganzem oder zu einem Teil davon straf- bar sein soll. Ferner soll das Sichverschaffen von Daten aus einer nichtöffentlichen Computerdatenübermittlung und aus der elektromagnetischen Abstrahlung einer Da- tenverarbeitungsanlage unter Anwendung technischer Hilfsmittel unter Strafe gestellt werden. Zudem soll be- reits die Vorbereitung zu einer dieser beiden Taten durch Herstellen, Verschaffen, Verkaufen, Überlassen, Verbrei- ten oder sonst Zugänglichmachen von Passwörtern oder sonstigen Sicherungscodes sowie von Computerpro- grammen, deren Zweck die Begehung einer solchen Tat ist, unter Strafe gestellt werden. g Z B f n h l h k – n S v b n h s i I w v f C c d m A N i d e S t s H e c f z l s O a d U w s m w w d s d (C (D Da der EU-Rahmenbeschluss relativ wenig Spielraum elassen hat, ist der Gesetzentwurf auf überwiegende ustimmung gestoßen. Kritik gibt es vor allem aus dem ereich der IT-Sicherheitsbranche. Diese hat die Be- ürchtung, dass ihre Arbeit insbesondere durch den euen § 202 c StGB quasi unmöglich gemacht wird. Wir aben diese Befürchtung sehr ernst genommen; denn es iegt auch in unser aller Interesse, dass die IT-Sicher- eitsbranche ihre Arbeit zu unserem Schutz fortführen ann. Ich meine jedoch, dass die angemeldeten Bedenken soweit sie legale berechtigte Interessen vertreten – icht zutreffen. Für eine Strafbarkeit im vorgenannten inne müssen nämlich zwei zwingende Voraussetzungen orliegen. Zum einen müsste ein Computerprogramm enutzt werden, dessen Zweck gerade die Begehung ei- er Computerstraftat ist, und zum anderen muss die Tat- andlung zwingend zur Vorbereitung einer Computer- traftat erfolgen. Möchte also zum Beispiel eine Bank hr Sicherheitssystem überprüfen lassen und stellt dem T-Sicherheitsunternehmen einen Geldautomaten hin, ist eder das Eindringen in das Sicherheitssystem noch die orherige Herstellung der entsprechenden Software hier- ür strafbar, da dieses jeweils nicht zum Zwecke einer omputerstraftat, sondern eben zur Überprüfung des Si- herheitssystems diente. Gleiches würde gelten, wenn zum Beispiel Microsoft as Sicherheitssystem einer Firma überprüfen lassen öchte, welches mit ihrem Betriebssystem arbeitet. uch dies wäre aus den gleichen Gründen nicht strafbar. atürlich nur, wenn diese Überprüfung zuvor entweder ndividuell oder über den Lizenzvertrag vereinbart wor- en ist. Die Besorgnis der IT-Sicherheitsbranche ist – soweit s ihre legale Arbeit und den gutwilligen Umgang mit oftwareprogrammen zur Sicherheitsüberprüfung be- rifft – also nicht berechtigt. Nun wissen wir aber, dass ich die IT-Sicherheitsbranche gerne der Hinweise von ackern bedient, deren Kick es eben ist, illegal in Netze inzudringen und dann die aufgedeckten Sicherheitslü- ken publik zu machen. Auch wenn diese kostenlose In- ormation der Computercracks der Sicherheitsbranche ugegebenermaßen weiterhilft, ist dieses Interesse natür- ich nicht schutzwürdig. In Zeiten, in denen wir darüber debattieren, inwieweit taatliche Institutionen bei Verdacht von Straftaten nlinedurchsuchungen vornehmen dürfen, kann es nicht kzeptiert werden, dass das Just-for-Fun-Eindringen in ie Privatsphäre von Menschen oder in das Innerste von nternehmen und Institutionen legalisiert wird. Wir sind gleichwohl noch am überlegen gewesen, ob ir nicht durch eine Klarstellung im Gesetz, zumindest oweit es § 202 c StGB betrifft, noch einmal deutlicher achen, was der IT-Sicherheitsbranche erlaubt ist und as nicht. Wir sind dann aber davon abgekommen, da ir der Auffassung sind, dass das Gesetz insoweit eutlich genug ist und unsere Aufgabe nicht darin be- teht – wie es ein Sachverständiger so trefflich aus- rückte –, hier juristisches Feuilleton zu betreiben. 10326 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) Im Übrigen hätten dann auch Parallelvorschriften – na- mentlich § 263 a Abs. 3 StGB und § 22 b StVG – in an- deren Gesetzen entsprechend geändert werden müssen. Dieses verbietet sich aber bereits deshalb, weil sich diese Vorschriften in der Praxis trefflich bewährt haben und schon deshalb kein Korrekturbedarf besteht. Deshalb können wir auch dem Änderungsantrag der Linkspartei nicht folgen. Das vermeintliche Dual-Use-Tools-Problem sehen wir nämlich nicht. Man muss sich nur einmal genau den Straftatbestand anschauen, um festzustellen, unter wel- chen engen und eindeutigen Voraussetzungen eigentlich nur eine Strafbarkeit vorliegt. Gerade die §§ 263 a StGB und § 22 b StVG zeigen, dass insoweit eben kein Ab- grenzungsproblem besteht. Anders als der Linkspartei liegt uns auch daran, ins- besondere den mittlerweile schamlosen offenen Verkauf von zum offensichtlichen Zwecke der Computerkrimina- lität hergestellten Computerprogrammen zu sanktionie- ren. Dies würde, folgte man dem Änderungsantrag, je- doch herausfallen. Gemeinsam mit der FDP und dem Bündnis 90/Die Grünen hat die Koalition für die Be- schlussempfehlung im Übrigen noch eine Formulie- rungshilfe erarbeitet, die die Intention des § 202 c StGB unter Berücksichtigung von Art. 6 des Europaratsüber- einkommens noch einmal deutlich machen soll. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP): Die rasante technische Entwicklung der vergangenen Jahre stellt das Strafrecht vor neue Herausforderungen. „Phishing“ und „Hacking“ sind zwei neue Phänomene der Computerkriminalität. In der Bevölkerung herrscht zu Recht eine große Besorgnis davor, dass sich Krimi- nelle mit immer neuen technischen Mitteln Zugang zu Passwörtern und ID-Kennungen verschaffen und so Zu- gang haben zu Finanztransaktionen, die heute online ab- gewickelt werden. Bereits das geltende Strafrecht bietet Möglichkeiten, um diesem kriminellen Verhalten zu be- gegnen. Die Straftatbestände des Ausspähens von Daten, des Computerbetrugs, der Fälschung beweiserheblicher Da- ten und der unbefugten Datenerhebung und -verarbei- tung bieten schon heute einen großen Schutz vor dem Ausspionieren persönlicher Daten im Internet. Das Übereinkommen des Europarats über Computerkrimina- lität vom 23. November 2001 und der Rahmenbeschluss des Rates der Europäischen Union vom 24. Februar 2005 über Angriffe auf Informationssysteme verpflich- ten den nationalen Gesetzgeber, darüber hinaus weiter- gehende Straftatbestände im Bereich der Computerkri- minalität zu schaffen. Viele der geforderten Regelungen sind bereits im deutschen Recht umgesetzt. Der Gesetz- entwurf beschränkt sich daher auf die Schließung von wenigen Lücken im Strafrecht. Eine europaweite Har- monisierung dieser Straftaten zur Bekämpfung der Com- puterkriminalität ist grundsätzlich zu begrüßen. Das na- tionale Strafrecht kommt bei der Bekämpfung der Computerkriminalität oft an seine Grenzen. Nur grenz- überschreitend, basierend auf gemeinsamen Normen, wird es möglich sein, diesen neuen Phänomenen der Kri- m s d e w f b n c n j l d g c n e ü d g n o s m e F Ü w c a Z t I e z a s j Z e U m g r d d k s a B n t d (C (D inalität wirksam zu begegnen. Mit dem heutigen Be- chluss reagiert der Deutsche Bundestag angemessen auf ie berechtigten Sorgen der Bürgerinnen und Bürger vor iner Zunahme der Computerkriminalität, indem er ichtige Maßnahmen zur Sicherheit von modernen In- ormationssystemen ergreift. Bei den Beratungen im Ausschuss haben wir uns mit esonderer Sorgfalt dem § 202 c StGB gewidmet. Da- ach wird bestraft, wer Passworte, sonstige Zugangs- odes oder Programme, deren Zweck die Begehung ei- er Computerstraftat ist, herstellt. Dasselbe gilt, wenn emand sie sich oder anderen verschafft, verkauft, über- ässt, verbreitet oder sonst zugänglich macht. Frühzeitig haben Vertreter der IT-Sicherheitsbranche arauf aufmerksam gemacht, dass durch die vorgeschla- ene Formulierung die Gefahr besteht, dass ihr bran- henübliches Verhalten dadurch möglicherweise krimi- alisiert werden kann. Diese Bedenken haben wir sehr rnst genommen und sorgfältig diskutiert. Wir haben ber verschiedene Textvarianten gesprochen, mit denen as Anliegen des Gesetzgebers deutlicher zum Ausdruck ebracht werden kann, so beispielsweise durch die Auf- ahme von subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen der durch eine stärkere Ausrichtung auf die Zweckbe- timmung. Im Ergebnis und nach intensiven Beratungen it dem Bundesjustizministerium sind wir jedoch über- instimmend der Auffassung, dass die vorgeschlagene ormulierung in § 202 c StGB sachgerecht ist und eine berkriminalisierung nicht zu erwarten ist. In letzter Zeit hat sich eine Branche etabliert, die Soft- are anbietet, die allein den Zweck hat, bestimmte Si- herheits- und Zugangssperren zu knacken. Dafür wird uch in entsprechenden Publikationen offen geworben. iel der vorgeschlagenen Regelung ist es, dieses Verhal- en ausdrücklich unter Strafe zu stellen. Die berechtigten nteressen der IT-Sicherheitsbranche, die ihre Software insetzen zur Überprüfung der Sicherheit von Datennet- en, wird hiervon nicht erfasst. Dies ergibt sich auch klar us den europarechtlichen Vorgaben, die mit dem Ge- etzentwurf umgesetzt werden sollen. Art. 6 des Europarats-Übereinkommens sieht eine ob- ektive Beschränkung auf vorwiegend zu kriminellen wecken hergestellte oder angepasste Programme sowie ine subjektive Beschränkung dahingehend vor, dass der mgang mit dem direkten Vorsatz geschehen muss, dass it dem Programm eine der genannten Straftaten began- en wird. Art. 6 Abs. l betrifft darüber hinaus nur den „unbe- echtigten Erwerb“. Zudem verweist Art. 6 Abs. 2 des Übereinkommens arauf, dass die Vorschrift nicht so ausgelegt werden arf, als begründe er die strafrechtliche Verantwortlich- eit in Fällen, in denen das Herstellen, Verkaufen, Be- chaffen zwecks Gebrauchs, Einführen, Verbreiten oder nderweitiges Verfügbarmachen nicht zum Zweck der egehung einer Straftat, sondern beispielsweise zum ge- ehmigten Testen oder zum Schutz eines Computersys- ems erfolgt. In diesem Punkt ist die Gesetzesbegrün- ung widersprüchlich. Dort heißt es, dass das Programm Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10327 (A) ) (B) ) nicht ausschließlich für die Begehung einer Computer- straftat bestimmt sein muss. Es reiche aus, wenn die ob- jektive Zweckbestimmung des Tools auch die Begehung einer solchen Straftat ist. Ich begrüße sehr, dass sich die Fraktionen im Rechtsausschuss daher darauf geeinigt ha- ben, eine gemeinsame Erklärung in die Beschlussemp- fehlung einzufügen, die hier eine notwendige Klarstel- lung vornimmt. Der Rechtsausschuss stellt fest, dass es der Wille des Gesetzgebers ist, dass § 202 c StGB im Sinne des Europarats-Übereinkommens auszulegen ist. Eine Kriminalisierung von sicherheitsrelevanten Hand- lungen soll daher ausgeschlossen werden. Die bloße Ge- eignetheit zur Begehung solcher Straftaten begründet keine Strafbarkeit. Die geforderte Zweckbestimmung muss eine Eigenschaft des Computerprogramms in dem Sinne darstellen, dass es sich um sogenannte Schadsoft- ware handelt. Des Weiteren hat der Rechtsausschuss festgestellt, dass die sogenannten Massen-E-Mail-Proteste nicht den Tatbestand des § 303p StGB erfüllen, da sie von der Meinungsfreiheit nach Art. 5 GG gedeckt sind. Der Rechtsausschuss hat mit dieser Erklärung die berechtig- ten Interessen der IT-Branche angemessen berücksich- tigt. Es ist erfreulich, dass der Gesetzentwurf heute mit der großen Mehrheit des Deutschen Bundestages verab- schiedet wird. Es ist gut, dass die Vertraulichkeit und In- tegrität des privaten PC vor fremdem Zugriff besser ge- schützt werden soll. Dies ist ein wichtiges Signal und ein guter Tag für die Rechtspolitik. Jan Korte (DIE LINKE): Das vorliegende Straf- rechtsänderungsgesetz der Koalition ist sicher gut ge- meint. Meine Fraktion teilt das Ziel der Koalition, den Missbrauch von Telekommunikations- und Informa- tionssystemen wirkungsvoll zu bekämpfen und damit ei- nen Beitrag zur Sicherheit des IT-Standortes Deutsch- land zu leisten. Jedoch, so gut das Ansinnen ist, so problematisch stellt sich der Gesetzesentwurf dar. Ein wesentliches Problem des Entwurfes ist die Vorfeldkriminalisierung im Bereich von Straftaten nach den §§ 202 a oder 202 b. Durch den neuen § 202 c sollen Vorbereitungshandlun- gen wie das Herstellen von Programmen kriminalisiert werden, wenn diese Programme dem Zweck dienen, Da- ten auszuspähen oder abzufangen. Das Problem dabei ist, dass sich der Zweck einer Software, die zum Ausspä- hen oder Abfangen von Daten geeignet ist, nicht aus dem Funktionsumfang der Software heraus erklärt. Viel mehr ist es der Anwender, der den Zweck der Software setzt. Mit der beabsichtigten Regelung, die genau diese Differenzierung nicht leistet, stellen Sie Softwareent- wickler und IT-Sicherheitsexperten vor unlösbare Pro- bleme. Jene sind nämlich zwingend darauf angewiesen, auf Software zurückzugreifen, die dazu geeignet ist, in gesicherte Systeme einzudringen oder Passwörter zu cra- cken, um die Sicherheit von Telekommunikations- oder IT-Systemen unter realistischen Bedingungen zu prüfen. Ein IT-Sicherheitsberater, der beispielsweise von ei- ner großen Bank beauftragt wird, die Sicherheit der ver- w a G g w e a b u s G A d z h f m A z w e s U s s P z k g V g h w D e a z s s n z t v l t s v z a ( i s s S s b (C (D endeten Passworte mittels eines Passwort-Knackers uf Herz und Nieren zu testen, würde mit einem Fuß im efängnis stehen, wenn er zur Erfüllung seines Auftra- es eine entsprechende Software herstellen und testen ürde. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie auch nur inen Experten finden werden, der gewillt ist, das Risiko uf sich zu nehmen, sich auf diese Art und Weise straf- ar zu machen. Der Experte wird den Auftrag ablehnen nd die Bank müsste darauf verzichten, ihre System- icherheit einer Prüfung zu unterziehen. An diesem Beispiel wird das Risiko deutlich, das der esetzesentwurf in sich birgt. Weil Kriminelle, die die bsicht verfolgen, in ein System einzudringen, um sich ort illegal Daten zu beschaffen oder das System selbst u beschädigen, sich durch das Gesetz nicht davon ab- alten lassen werden, ihr kriminelles Ansinnen zu ver- olgen, die Bank in diesem Fall aber keine Möglichkeit ehr hat, ausreichende Abwehrmaßnahmen gegen einen ngriff zu treffen und unter realistischen Bedingungen u testen, wird die IT-Sicherheit durch den Gesetzesent- urf mehr gefährdet als geschützt. Der Geschäftsführer ines mittelständischen IT-Sicherheitsunternehmens agte mir in einem Gespräch, dass es das Aus für sein nternehmen bedeuten würde, sollte das Gesetz so be- chlossen werden. Die Linke hat einen Änderungsantrag vorgelegt, der ich mit klaren und verständlichen Maßnahmen dieses roblems annimmt, indem von einer expliziten Befugnis ur Straflosstellung des zugrunde liegenden Überein- ommens des Europarats Gebrauch macht. Wir beantra- en, den Umgang mit Computerprogrammen, die zur orbereitung von Straftaten nach den §§ 202 a oder b eeignet sind, nicht mit einer Strafandrohung zu verse- en, sondern die tatsächlichen Rechtsgutsverletzungen ie das widerrechtliche Ausspähen oder Abfangen von aten zu bestrafen. Diese kleine Änderung ermöglicht inen differenzierten Umgang mit Software, die auch, ber nicht nur zu Straftaten gebraucht werden kann. Ich finde es sehr befremdlich, dass die Linke die ein- ige Fraktion ist, die sich dieses Problems annimmt und ich damit auch noch als einzige Fraktion um die Interes- en des IT-Standortes kümmert. Also, geben Sie sich ei- en Ruck und stimmen Sie unserem Änderungsantrag u. Alles andere würde in logischer Konsequenz bedeu- en, dass wir auch den Besitz und das Inverkehrbringen on Küchenmessern verbieten müssen. Diese sind näm- ich, genau wie die beschriebene Software, dual use ools, die sowohl einem nützlichen Zweck – Zwiebeln chneiden – als auch kriminellen Zwecken – Erstechen on Personen – dienen können. Ich möchte noch auf einen weiteren Punkt der Kritik urückkommen, die wir in unserem Änderungsantrag ufgegriffen haben. Ich glaube, dass mit dem § 303 b Computersabotage), so wie Sie ihn vorgelegt haben, ein llegitimer Zweck verfolgt werden soll. Auch hier chießt der Entwurf über das Ziel hinaus, wenn die chlichte Eingabe und Übermittlung von Daten unter trafe gestellt werden soll. Die Formulierung erfasst bei- pielsweise auch sogenannte Onlinedemonstrationen, ei denen nach aktueller Rechtsprechung noch unklar 10328 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) ist, inwieweit sie vom Recht auf freie Meinungsäuße- rung und dem Recht auf Versammlungsfreiheit geschützt sind. Bei einer Onlinedemonstration werden massenhaft Anfragen an eine Website geschickt mit dem Ziel, diese zu blockieren. Sie können das auch gerne mit einer Sitz- blockade vergleichen, die das BVerfG ausdrücklich als nicht strafbar angesehen hat. Wir vertreten die Auffassung, dass diese Form der Meinungsäußerung und der Versammlungsfreiheit nicht – wie es der Gesetzesentwurf vorsieht – unter Strafe ge- stellt werden darf. Dieser Auffassung ist übrigens nicht nur die Linke, sondern auch der Kollege Jörg Tauss von der SPD oder der Richter Sierk Hamann, der auch Mit- glied der FDP ist. Selbst der ehemalige Innenminister Otto Schily hat ein mit der Onlinedemonstration ver- gleichbares Vorgehen in Erwägung gezogen, um Nazi- Websites zu blockieren. Jetzt will die Bundesregierung mit dem Passus zur Computersabotage vollendete Tatsa- chen schaffen und Onlinedemonstrationen unter Strafe stellen, ohne dass die Debatte um freie Meinungsäuße- rung im Internet auch nur annähernd abschließend ge- führt werden konnte, wie es unter anderem das Minister- komitee des Europarates empfohlen hat. Die Linke will das Demonstrationsrecht auch virtuell und hat in ihrem Änderungsantrag vorgeschlagen, dass Computersabotage nur dann unter Strafe gestellt wird, wenn es sich dabei tatsächlich um einen Sabotageakt, nicht aber um eine Form virtuellen Protestes handelt. Onlinedemonstrationen sind ein neues und legitimes Mittel, sich demokratisch zu engagieren und für viele Bürger sicher auch ein gutes Mittel gegen den Politfrust, den die Große Koalition erzeugt. Diese Bürger gehören nicht bestraft. Für die Zukunft wünsche ich mir, dass nicht solche Kollegen mit Rechtsfragen rund um Computer befasst werden, die wie Herr Glos das Internet von anderen Leuten bedienen lassen oder sich wie Herr Schäuble ihre E-Mails selbst ausdrucken. Womöglich bleiben uns dann derartige Patzer wie in dem Entwurf, den wir hier bera- ten, erspart. Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Informationstechnologie entwickelt sich rasant. Die vir- tuelle Welt schafft einen neuen Freiheitsraum für Men- schen, in kürzester Zeit und ohne großen Aufwand bis- her unerreichbare Informationen zu erhalten, sich mit Menschen und Institutionen auf der ganzen Welt zu ver- netzen und Informationen auszutauschen. Mit diesen neuen Möglichkeiten der IT-Technologie sind jedoch auch Gefahren gewachsen und ist eine Kriminalität ent- standen, auf die das Strafrecht eine sachgerechte und an- gemessene Antwort finden muss. Der vorliegende Ge- setzentwurf tut dies. Wir haben die in der Öffentlichkeit vielfach geäußer- ten Bedenken, der Entwurf führe zur Gefährdung und Verfolgung von Menschen und Firmen, die nichts Un- rechtes tun oder gar zu einer Überkriminalisierung, sehr sorgfältig geprüft. Unseres Erachtens sind jedoch die tat- bestandlichen Grenzen, wie in einigen schon bestehen- den Strafvorschriften, in denen Computerprogramme an- g B w f A n g E g s d R f z v f a a b h ü t S m d f o h v N t l f C f a B f d S c g d d n u g z J K k s d n d (C (D esprochen werden, ausreichend klar formuliert. Den edenken der Kritiker wurde durch Klarstellungen, die ir in der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses ormuliert haben, Rechnung getragen. Nun konkret zu den Änderungen. Der Tatbestand des usspähens von Daten – § 202 a StGB – erfasst bisher ach seinem Wortlaut das ,,Verschaffen von Daten, die egen unberechtigten Zugang besonders gesichert sind“. r wird jetzt als „Verschaffen des Zugangs zu Daten, die egen unberechtigten Zugang besonders gesichert sind“, prachlich erweitert. Damit ist jedoch keine Ausweitung er Strafbarkeit verbunden, weil schon bisher von der echtsprechung der Zugang zu Daten mit dem Verschaf- en von solchen gleichgesetzt wurde und eine Abgren- ung auch technisch schwer möglich ist. Neu geschaffen wird der Tatbestand des Abfangens on Daten in § 202 b StGB. Wer also unbefugt nichtöf- entliche – auch elektronische – Kommunikationsdaten bfängt, indem er sich für ihn nicht bestimmte E-Mails us WLAN-Netzen verschafft, macht sich künftig straf- ar. Was als Abhörverbot beim Telefonieren schon bis- er galt, wird nun also auf neue Kommunikationsformen bertragen. Die zentrale und von vielen kritisierte Neuerung be- rifft den neuen § 202 c StGB – das Vorbereiten der traftaten nach § 202 a oder § 202 b StGB. Künftig acht sich strafbar, wer vorsätzlich darauf hinarbeitet, ass unbefugt gesicherte Daten ausgespäht oder abge- angen werden können, indem er nämlich Passwörter der Computerprogramme, deren Zweck in der Bege- ung einer der oben genannten Taten besteht, herstellt, erkauft, sich verschafft oder verbreitet. Damit zielt die orm auf die zu unterbindende Verbreitung von Compu- erprogrammen, die aufgrund ihrer Bauart darauf ausge- egt sind, illegalen Zwecken zu dienen. Kritisiert wurde, die Strafnorm gehe zu weit: Sie er- asse angeblich auch sogenannte dual use tools, also omputerprogramme, die gleichermaßen für legale wie ür illegale Aktivitäten genutzt werden können. Diese uch in der Anhörung des Rechtsausschusses geäußerten edenken sind gewichtig, wir sind dem mit großer Sorg- alt nachgegangen. Im Ergebnis sind wir aber überzeugt, ass eine Änderung des Gesetzeswortlautes an dieser telle nicht erforderlich ist. Klar ist: Der branchenübli- he befugte und gewollte Einsatz von Computerpro- rammen durch Netzwerkadministratoren, mit denen iese zum Beispiel die Sicherheit von eigenen oder Kun- endatennetzen prüfen wollen, wird von der Strafnorm icht erfasst. In Zweifelsfällen wird helfen, dass es sich m Antragsdelikte handelt, es also ohne einen Kläger ar nicht zu Strafverfahren kommen wird. Deshalb fürchten wir Grünen nicht, dass das Gesetz u der befürchteten Überkriminalisierung führen wird. edoch haben wir uns – im Ergebnis erfolgreich – für larstellungen eingesetzt, die den vorgetragenen Beden- en Rechnung tragen. Der Bericht des Rechtsausschus- es stellt nun klar, dass § 202 c StGB im Sinne des Art. 6 es Europarats-Übereinkommens auszulegen ist, also ur solche Computerprogramme erfasst werden sollen, ie in erster Linie dafür hergestellt werden, um damit Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10329 (A) ) (B) ) Straftaten nach § 202 a oder b StGB zu begehen. Ist das Computerprogramm dazu lediglich geeignet, wird es von der Strafnorm nicht erfasst. Es muss also Schadsoft- ware sein, vergleichbar der „Verfälschungssoftware“ bei Tachometermanipulationen, wie es das Bundesverfas- sungsgericht in einer Entscheidung 2006 herausgearbei- tet hat. Der Bericht des Rechtsausschusses weist zudem ausdrücklich darauf hin, dass § 202 c StGB in erster Li- nie auf professionelle Anbieter zielt, die – unter Gewinn- erzielung – Computerprogramme bewerben und anbie- ten, die für die Begehung von Straftaten geschrieben werden. Als dritten – uns Grünen nicht minder wichtigen – Punkt haben wir die Pflicht des Gesetzgebers betont, die Auswirkungen der neuen Strafvorschriften genau zu be- obachten. Sollten also Programmentwickler und Firmen, die nicht aus krimineller Energie heraus handeln, durch die neue Strafnorm wider Erwarten doch in Ermittlungs- verfahren verwickelt werden, muss der Gesetzgeber zeit- nah reagieren und für Abhilfe sorgen. Den neugefassten § 303 b StGB – Computersabotage – möchte ich nur kurz ansprechen Auch hier konnten wir eine Klarstellung durchsetzen. Der Bericht des Rechts- ausschusses stellt klar, dass Massen-E-Mail-Proteste nicht unter § 303 b StGB fallen, weil es bei ihnen an der erforderlichen Nachteilszufügungsabsicht fehlt und sie von der Meinungsfreiheit nach Art. 5 GG geschützt sind. Angesichts dieser richtigen und wichtigen Klarstel- lungen, die wir noch in den Beratungen des Rechtsaus- schusses zum Gesetzentwurf „Computerkriminalität“ er- wirken konnten, werden wir dem Gesetz heute unsere Zustimmung nicht versagen. Alfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz: Die moderne Informa- tionstechnologie und vor allem das Internet sind heute aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Das Inter- net macht es möglich, weltweit Verbindung zu halten und zu kommunizieren, es erlaubt große Transaktionen per Mausklick und stellt uns eine schier unerschöpfliche Fülle von Informationen zur Verfügung. Das Netz ist aber auch verletzbar. Von Cyber-Angriffen ist in der Presse immer wieder zu lesen. Zuletzt hat der „Spiegel“ von anhaltenden sogenannten Denial-of-Service-Atta- cken auf die Websites der Regierung in Estland berich- tet. Dabei handelt es sich um einen Angriff, bei dem ein Computer gezielt mit Tausenden E-Mails bombardiert wird, die seine Rechenkapazität überlasten und das Sys- tem lahmlegen. Was das bedeutet, kann sich jeder leb- haft vorstellen. Denken Sie nur an Angriffe gegen die Server von Staatseinrichtungen oder gegen sogenannte kritische In- frastrukturen wie Banken oder Kernkraftwerke. Wir müssen hier für Sicherheit sorgen, und dazu gehören auch klare technische Rahmenbedingungen nicht zuletzt im Strafrecht. Dem dient der Ihnen heute vorliegende Gesetzent- wurf. Die Denial-of-Service-Attacken sind dafür ein gu- tes Beispiel. Sie fallen künftig unter den Straftatbestand der Computersabotage. Außerdem wird der Schutzbe- r t C s z a A r ü D s t P d t n n K s c u l s t s m is t b w t k w T S h b w R g d s a V s v d n s s f m a e s t d (C (D eich der Computersabotage auf private Datenverarbei- ungen ausgedehnt. Die besonders schweren Fälle der omputersabotage – wie der Angriff auf kritische Infra- trukturen – können künftig mit Freiheitsstrafe bis zu ehn Jahren bestraft werden. Das Gesetz dient dabei uch der Umsetzung des EU-Rahmenbeschlusses über ngriffe auf Informationssysteme und der materiell- echtlichen Vorgaben des Europaratübereinkommens ber Computerkriminalität in unser nationales Recht. iese internationalen Standards werden das Computer- trafrecht weiter verbessern. Neben der bereits genann- en vorgesehenen Änderung möchte ich drei weitere unkte herausgreifen. Erstens. Klargestellt werden soll, ass das „Hacking“, das heißt das Knacken von Compu- ersicherheitssystemen, strafbar ist. Es kann nicht hinge- ommen werden, dass ohne Einverständnis des Betroffe- en in seinen Datenbestand eingedrungen werden darf. ünftig soll daher bereits der unbefugte Zugang zu be- onders gesicherten Daten unter Überwindung von Si- herheitsvorkehrungen in § 202 a des Strafgesetzbuches nter Strafe gestellt werden. Zweitens. Besonders gefährliche Vorbereitungshand- ungen zu Computerstraftaten werden künftig strafbar ein. Sanktioniert wird die Vorbereitung einer Compu- erstraftat insbesondere durch das Herstellen, Überlas- en, Verbreiten oder Verschaffen von Computerprogram- en, deren Zweck die Begehung einer Computerstraftat t. Weil es durch teilweise unsachliche Kritik einige Irri- ationen in der Öffentlichkeit gab und weil auch die De- atten in den Fraktionen davon nicht immer ganz frei aren, möchte ich an dieser Stelle noch einmal festhal- en: Es geht nicht darum, die IT-Sicherheitsbranche zu riminalisieren. Diese kann sich selbstverständlich auch eiterhin zu Zwecken des genehmigten Testens Hacker- ools verschaffen. Auch Computerprogramme, die der icherheitsüberprüfung, der Entwicklung von Sicher- eitssoftware oder der Ausbildung in der IT-Sicherheits- ranche dienen, werden nicht erfasst. Diesem Anliegen ird mit einer engen Formulierung des Tatbestandes echnung getragen. Erfasst werden nur Schadpro- ramme, denen die illegale Verwendung immanent ist, ie also nach Art und Weise des Aufbaus oder ihrer Be- chaffenheit auf die Begehung von Computerstraftaten ngelegt sind. Dass solche Programme – hierzu gehören iren, Würmer, Trojaner und entsprechende Bausätze owie auch sogenannte Hacker-Tools – im Netz nichts erloren haben, ist eine Selbstverständlichkeit. Drittens. Es gibt keinen Grund, die Vertraulichkeit es immer wichtiger gewordenen E-Mail-Verkehrs we- iger zu schützen als den Briefverkehr oder Telefonge- präche. In einem neuen § 202 b des Strafgesetzbuches oll daher das Verschaffen von Daten aus einer nicht öf- entlichen Datenübermittlung oder aus der elektro- agnetischen Abstrahlung einer Datenverarbeitungs- nlage unter Strafe gestellt werden. Die Änderungen durch den Gesetzentwurf stellen ine sachgerechte Modernisierung unseres Computer- trafrechts dar. Sie ermöglichen Deutschland, seine in- ernationalen Verpflichtungen zu erfüllen. Ich bitte Sie aher um Zustimmung zu dem Gesetz. 10330 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) Anlage 14 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichtes zu den Anträgen: – Engpässe beim grenzüberschreitenden Stromhandel abbauen – Wettbewerb auf dem Elektrizitätsmarkt intensivieren – Mehr Wettbewerb für die deutschen und eu- ropäischen Energiemärkte – Europäischen Impuls aufnehmen – Wettbewerb auf den Energiemärkten stär- ken, eigentumsrechtliche Entflechtung der Transportnetze umsetzen und Möglichkeiten zur Entflechtung bei marktbeherrschenden Stellungen schaffen (Tagesordnungspunkt 24) Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU): Wir debattieren heute eine ganze Reihe von energiepolitischen Anträgen und Vorstellungen der Oppositionsfraktionen, die insbe- sondere mehr Wettbewerb einfordern. Damit rennen Sie bei uns offene Türen ein. Ich will gern versuchen, Ihnen darzulegen, dass für die Union ein Mehr an Wettbewerb zentrale Voraussetzung für einen funktionierenden Ener- giemarkt ist. An dieser Forderung richtet sich auch un- sere alltägliche politische Arbeit aus. Wie ist die Lage, und in welche Richtung weist unser Kompass bei der Umsetzung unserer Energiepolitik? Ich will beim Thema Strom und Gas beginnen. Dort sind es im Wesentlichen drei Faktoren, die die Preise und die Entwicklung beeinflussen. Zum Ersten sind das die staatlich administrierten Steuern und Abgaben, die bei den Preisen für Haushalts- strom mittlerweile über 40 Prozent ausmachen; beim Gas und auch beim Industrie- und Gewerbestrom liegt der Anteil etwas niedriger, ist aber immer noch einer der dominierenden Bestandteile. Zum Zweiten ist das natürliche Monopol der Netze zu nennen, das mit den Netzkosten zu Buche schlägt. Im Haushaltsbereich sind dies 35 Prozent. Allein diese beiden Faktoren machen fast 75 Prozent – also drei Viertel – der Kosten für Strom und Gas aus. Zum Dritten ist das der Wettbewerbsbereich, Strom und Gasbezug inklusive Erzeugung und Vertrieb. Was haben wir bisher getan? Bereits im Koalitions- vertrag haben wir festgehalten, dass wir die Erhöhungs- orgie beenden, die wir bei Abgaben und Steuern in den sieben Jahren von Rot-Grün erlebt haben. Nach einem Anstieg von 2 Milliarden auf über 13 Milliarden Euro staatlich administrierter Abgabenbelastung pro Jahr ha- ben wir gesagt: Das Ende der Belastbarkeit ist erreicht. Im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie, insbesondere der energieintensiven Industrie, haben wir im letzten Jahr mit der Härtefallregelung beim EEG die energieintensiven Industrien um über 80 Millio- nen Euro entlastet. Zur Sicherung der Wettbewerbsfähig- k B u w s d g g g b g h 2 w N d f u r 2 a d S c w e r e o d l k w d A r u a z s m a W g z e f D n K o p d (C (D eit deutscher Unternehmen haben wir weiterhin ganze ranchen im energieintensiven Bereich von der Strom- nd Mineralölsteuer – EU-konform! – befreit und so eitere 60 Millionen Euro wettbewerbsfördernd einge- etzt. Was das natürliche Monopol der Netze angeht – also en zweiten Bereich – leistet die Bundesnetzagentur ute Arbeit. Grundlage dafür ist das Energiewirtschafts- esetz, das wir noch Ende der letzten Legislaturperiode emeinsam im Vermittlungsausschuss verabschiedet ha- en. Diese Arbeit trägt jetzt erstmals Früchte. Vor weni- en Wochen meldete die Bundesnetzagentur, dass Haus- alte und Wirtschaft gleichermaßen im letzten Jahr um ,8 Milliarden Euro entlastet wurden. Dies war möglich, eil Erhöhungen der Netzentgelte nicht genehmigt bzw. etzentgelte gesenkt worden sind. In diesem Bereich es natürlichen Monopols, wo der Markt bisher nicht unktioniert, wo Marktversagen vorliegt, sparen wir mit nserem Ansatz der kostenorientierten Ex-ante-Regulie- ung 2006 und 2007 und übergangsweise, modifiziert, 008 2,8 Milliarden Euro ein. Ich will nicht zu optimistisch sein, aber es gibt durch- us realistische Prognosen, die besagen: Ausgehend von en etwas über 23 Milliarden Euro Netzentgelten im trombereich – so viel waren es im Jahr 2006 – errei- hen wir mit den Maßnahmen, die jetzt in Gang gesetzt orden sind, nicht nur eine Stabilisierung, sondern sogar ine Senkung der Netznutzungsentgelte. Über die An- eizregulierung eröffnen wir nämlich – ganz geplant – inen Erlöspfad nach unten, sodass wir in fünf, sechs der sieben Jahren im Ergebnis vielleicht bei 17 Milliar- en oder 18 Milliarden Euro Netzentgelte liegen. Durch die Anreizregulierung werden wir diesen Er- öspfad nach unten in den nächsten Wochen nicht nur onkretisieren – die Eckpunkte liegen ja vor –, sondern ir werden auch sicherstellen, dass die Investitionen in ie Netze auch zukünftig sichergestellt sind. Mit dieser nreiz- und einer Qualitätsregulierung werden wir unse- en hohen deutschen Standard, der einmalig in Europa nd in der Welt ist, dauerhaft etablieren, gleichzeitig ber auch die genannten Einsparungen erzielen. Das dritte Handlungsfeld gilt dem Wettbewerb bei Er- eugung, Vertrieb und Bezug von Strom und Gas. Hier ollte eigentlich seit der Liberalisierung des Energie- arkts 1998 ein Wettbewerb stattfinden. Wir müssen ber leider übereinstimmend feststellen, dass dieser ettbewerb nur eingeschränkt funktioniert, weil die vier roßen Unternehmen, die je nach Definition mit 80 Pro- ent bis 90 Prozent die Stromerzeugung dominieren, ine marktbeherrschende Stellung einnehmen. Um Wettbewerb im Bereich der Stromerzeugung zu ördern, brauchen wir wettbewerbliche Marktstrukturen. azu sind neue Kraftwerke möglichst neuer Anbieter ötig. Solche Strukturen sollen durch die kürzlich im abinett beschlossene Kraftwerks-Netzanschluss-Ver- rdnung gefördert werden. Neue Anbieter erhalten hier rivilegierten Zugang zum Netz. So kommt mehr Liqui- ität in den Markt, die preissenkend wirken wird. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10331 (A) ) (B) ) Diese strukturellen Maßnahmen wirken aber nicht so- fort. Daher hat das Bundeswirtschaftsministerium die GWB-Novelle auf den Weg gebracht, die wir als Uni- onsfraktion voll unterstützen. Ziel der Vorschrift ist es, die bestehende Missbrauchsaufsicht des Kartellamts vor- übergehend zu schärfen, bis die strukturellen Maßnah- men greifen. Die Vorschrift wird deshalb nur für eine Übergangszeit gelten; sie tritt bereits 2012 außer Kraft. Es handelt sich nicht, wie oft vorgeworfen, um die Wie- dereinführung einer staatlichen Preisregulierung. Weiter- hin gilt: Wer eine marktbeherrschende Stellung nicht missbräuchlich ausnutzt, hat nichts zu befürchten. Es bleibt eine nachträgliche Prüfung im Einzelfall. Auch stellt die Novelle kein Investitionshindernis dar. Wettbe- werbsanaloge Preise müssen ausreichend Anreize für In- vestitionen geben. Niemand wird ernsthaft behaupten, erst durch hohe Monopolpreise würden Kraftwerksin- vestitionen rentabel. Bereits im Vorfeld haben diese Maßnahmen positive wettbewerbliche Wirkung gezeigt, wie die Schaffung von bundesweiten Billiganbietern durch große Energie- versorgungsunternehmen beweist. Mit der GWB-No- velle sowie der Kraftwerksnetzanschlussverordnung wird die Netzregulierung durch Verbesserungen auf der Angebotsseite und bei der Kartellaufsicht ergänzt und zu einem konsistenten Wettbewerbspaket geschnürt. Sie sehen: Wir arbeiten mit einem durchdachten Kon- zept, das die entscheidenden Stellschrauben in die rich- tige Richtung dreht. Diese Maßnahmen werden durch unsere Bemühungen ergänzt, auch auf europäischer Ebene den Wettbewerb im Energiesektor zu stärken. Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft legt einen Schwerpunkt auf die Energiepolitik. Dabei spielt die Weiterentwicklung der Strom- und Gasbinnenmärkte eine zentrale Rolle. Entsprechend hat der Europäische Rat am 8./9. März die Annahme eines ambitionierten Energie-Aktionsplans beschlossen und Prüfaufträge an die Europäische Kommission vergeben. Beim Energie- ministerrat am 6. Juni 2007 wird Bundeswirtschaftsmi- nister Michael Glos das Thema aktiv voranbringen. Zum Stichwort „Verbesserung des grenzüberschrei- tenden Stromaustausches“: Die EG-Stromhandelsver- ordnung 1228/03 zeichnet den Weg für eine verstärkte grenzüberschreitende Integration von Stromhandel und Netzsteuerung vor. Netzbetreiber, Börsen und andere Marktteilnehmer sind auf dem Weg zu gemeinsamen Handelsverfahren und Handelsplattformen. Dies alles wird das grenzüberschreitende Funktionieren der Märkte verbessern. Ein ermutigendes Beispiel hierfür ist das pentalaterale Energieforum, an dem die Beneluxländer, Frankreich und Deutschland beteiligt sind. Die Grünen fordern in ihrem Antrag weitgehende Entflechtungsmaßnahmen. Auch hierauf möchte ich ein- gehen. Das Ziel ist klar: Die Netze müssen als neutrale Marktplätze funktionieren. Möglichkeiten der Diskrimi- nierung müssen ausgeschaltet werden. Hier besteht noch Nachbesserungsbedarf. Daher müssen wir alle Optionen gründlich prüfen und vorurteilsfrei diskutieren. c t b K d w n g h ü V d m A w E L m t s a r s l M m a A n t d V f l E g U b m d W v E l t E n w u v s (C (D Aber die Entflechtung ist kein Allheilmittel zur For- ierung der wettbewerblichen Dynamik, sie kann nur Ul- ima Ratio sein, falls alle anderen Maßnahmen zum Ab- au von Marktdefiziten versagen. Ob die von der EU- ommission geforderte eigentumsrechtliche Trennung er Netze vom restlichen Eigentum der Energiekonzerne irklich für eine Entspannung an der Preisfront sorgt, ist icht belegbar. In Großbritannien etwa, wo die Übertra- ungsnetze längst abgetrennt wurden, liegen die Groß- andelspreise für Strom seit Monaten kontinuierlich ber den deutschen. Briten und Niederländer konnten die Abtrennung der erteilnetze vergleichsweise leicht durchsetzen, befan- en sich diese doch in der öffentlichen Hand. In Deutschland dagegen würde ein solcher Schritt auf assive verfassungsrechtliche Bedenken stoßen. Der rt. 14 des Grundgesetzes bildet einen hohen Schutz- all um die Netze. Ich befürchte bei der Umsetzung einer tiefgreifenden ntflechtung eher eine erhebliche Verzögerung bei der iberalisierung. Jahrelanger Rechtsstreit ist vorprogram- iert. Rechtsunsicherheit behindert notwendige Investi- ionen. Sie würden auch kein neues Auto kaufen, wenn ie wüssten, dass der Staat es Ihnen in einem halben Jahr bnimmt. Es ist besser, wenn wir den bisherigen Weg erfolg- eich fortführen, statt das Kind mit dem Bade auszu- chütten. Der Umsetzung vorhandener Pläne und Richt- inien ist daher der Vorrang gegenüber neuen aßnahmen zu geben. Erst wenn das zweite Binnen- arktpaket vollständig umgesetzt wurde und eine nach ngemessener Zeit durchzuführende Evaluierung der uswirkungen weitere Defizite bei der Durchsetzung ei- es echten Energiebinnenmarktes ergibt, kann über wei- ere ordnungsrechtliche Maßnahmen entschieden wer- en. Daher lehne ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt die orschläge der Kommission betreffend eine weitere Ent- lechtung der Energiekonzerne bzw. den Ersatz nationa- er Regulierungsbehörden durch einen europäischen nergieregulator ab. Voraussetzung für einen derart weitreichenden Ein- riff in privates Eigentum ist, dass er geeignet und als ltima Ratio erforderlich ist, um funktionierenden Wett- ewerb im europäischen Strom- und Gasmarkt zu er- öglichen. Dies ist derzeit nicht erkennbar. Vergleichende Untersuchungen der Energiemärkte er Mitgliedstaaten ergeben, dass diskriminierungsfreier ettbewerb und niedrige Netzentgelte von einer effekti- en und dauerhaften Regulierung und nicht von den igentumsverhältnissen am Netz abhängen. Eine Regu- ierung der Netzentgelte wäre auch bei einem Eigen- umswechsel an den Netzen erforderlich, da sich neue igentümer bei gleichen Rahmenbedingungen insofern icht anders als die bisherigen Eigentümer verhalten ürden. Lassen Sie mich zusammenfassen: Die hohen Strom- nd Gaspreise stellen die Bürger und Unternehmen un- ermindert vor große Probleme. Energiepolitik muss für ozialverträgliche Energiepreise sorgen. Daher setzt die 10332 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) Union in der Regierung folgende Punkte um: Erstens keine weiteren Belastungen der Energiepreise durch staatlich induzierte Abgaben; zweitens Wettbewerbsför- derung und faire Energiepreise durch effektive Netzre- gulierung und Stärkung wettbewerblicher Marktstruktu- ren; drittens temporäre Verschärfung des Kartellrechts, bis die strukturellen Maßnahmen im Energiemarkt wir- ken; viertens die Schaffung eines funktionierenden Ener- giebinnenmarktes mit einheitlichen Regeln. Die deut- sche Politik muss darauf achten, dass europaweit nicht mit zweierlei Maß gemessen wird. Insbesondere beim Ownership-Unbundling sehe ich diese Gefahr. Mit- gliedsländer mit staatlichen Besitzstrukturen können die Entflechtung formal problemlos umsetzen, bauen aber gleichzeitig andere Wettbewerbshindernisse nicht ab. Frankreich ist dafür ein gutes Beispiel. Wenn man den Binnenmarkt ernst nimmt, müssen überall die gleichen Regeln gelten. Europäischer Binnenmarkt heißt nicht, dass einzelne große Akteure die Spielregeln missbrau- chen, um ihre Marktmacht auszudehnen. Zum Wohle al- ler Bürger und Verbraucher in Europa brauchen wir ein einheitliches level-playing-field im Energiebinnenmarkt. Rolf Hempelmann (SPD): Wir haben es heute mit drei Anträgen der Opposition zu tun, die allesamt für sich in Anspruch nehmen, einen Beitrag zur Verbesse- rung der Rahmenbedingungen für den Wettbewerb auf dem deutschen Energiemarkt zu leisten. Das ist ein heh- res Ziel. Die Intensivierung des Wettbewerbs ist ohne Frage ein wichtiges Thema. Die Maßnahmen, die von der FDP bzw. den Grünen vorgeschlagen werden, erwei- sen sich bei genauerem Hinsehen allerdings entweder als untauglich, das angestrebte Ziel zu erreichen, oder aber sie sind von der Bundesregierung bereits in Angriff ge- nommen worden. Insoweit sind die Vorschläge der Op- position verzichtbar, und es ist daher alles andere als überraschend, dass die Anträge in den Fachausschüssen abgelehnt worden sind. Die Schaffung eines verbesserten Wettbewerbsrah- mens beschäftigt uns nicht erst seit gestern. Unter Betei- ligung aller damals im Parlament vertretenen Parteien haben wir mit der Novelle des EnWG einen wichtigen Schritt in diese Richtung unternommen. Die Einrichtung der Bundesnetzagentur, die Regulierung der Netze und die Gewährleistung eines diskriminierungsfreien Netz- zugangs waren zentrale Elemente dieser Novelle. Den damit errichteten Wettbewerbsrahmen werden wir nun mit konkreten Maßnahmen weiterentwickeln. Ein Bei- spiel ist die Kraftwerksanschlussverordnung. Der ent- sprechende Entwurf aus dem federführenden Haus ist in- zwischen im Bundeskabinett beschlossen worden. Die Verordnung wird mehr Rechtssicherheit und Transpa- renz für alle Akteure und damit eine Grundvorausset- zung für einen effektiven Netzanschluss neuer Erzeu- gungskapazitäten schaffen. Verbunden mit Maßnahmen zum Netzausbau und für eine verbesserte Engpassbe- wirtschaftung wird diese Verordnung ein weiteres Ele- ment auf dem Weg zu mehr Wettbewerb, mehr Anbieter- vielfalt und damit auch zur Erhöhung der Liquidität im Markt sein. Und mehr Liquidität ist das beste Mittel, um preisdämpfende Effekte für die Verbraucher zu erzielen. N o s d b w z c a D w n s d A h h u r t h E – r r e t g d s d h t z s s g a r u b h n V g a A f D m t r 1 B „ p E t (C (D Zur Ehrlichkeit gehört aber auch, dass eine hohe etzqualität nicht zum Nulltarif zu haben ist. Die Ver- rdnung zur Anreizregulierung, deren Entwurf inzwi- chen seit einigen Wochen vorliegt, wird deshalb neben em Aspekt der Kosteneffizienz auch die Netzqualität erücksichtigen. Vor dem Start der Anreizregulierung erden wir aber mit hoher Wahrscheinlichkeit eine weite Entgeltgenehmigungsrunde erleben. Das ist si- her nicht das, was wir alle uns gewünscht hätten, jetzt ber müssen wir mit der Situation vernünftig umgehen. as heißt, dass die zweite Genehmigungsrunde genutzt erden muss, um das, was im ersten Durchgang noch icht gelungen ist, nachzuholen: nämlich die unter- chiedlichen Effizienzniveaus der Netzbetreiber einan- er anzunähern und Ausreißer bereits vor dem Start der nreizregulierung einzufangen. Notwendig wird des- alb sein, auch die Betriebskosten, die bislang weitge- end ausgeblendet blieben, stärker zu überprüfen. Für ns ist darüber hinaus klar, dass wir eine Anreizregulie- ung wollen, die ihrem Namen gerecht wird und Struk- ureffekte zulasten der kommunalen Netzbetreiber ver- indert. Wir werden deshalb darauf achten, dass die ffizienzvorgaben nicht zuletzt für die vielen Stadtwerke wie vom Gesetzgeber gefordert – auch tatsächlich er- eichbar und übertreffbar sein werden. Nur so ist die Plu- alität der deutschen Energieversorgungslandschaft dau- rhaft zu erhalten. Rahmenbedingungen für Wettbewerb und neue Inves- itionen werden auch innerhalb des Emissionshandels esetzt. Mit dem Zuteilungsgesetz für die nächste Han- elsperiode wird Deutschland vor allem drei Ziele um- etzen: Wir bringen den Klimaschutz voran und senken ie Gesamtmenge unserer CO2-Emissionen deutlich erab. Damit erhöhen wir den Druck auf die Abschal- ung der ältesten und ineffizientesten Anlagen und set- en zugleich Anreize für eine Modernisierung des ge- amten fossilen Kraftwerksparks. Diese Investitionen ind ein weiterer Bestandteil unserer Wettbewerbsstrate- ie, zumal rund die Hälfte von ihnen von Unternehmen ngekündigt worden ist, die bisher nicht oder nur in ge- ingem Maße auf dem deutschen Markt aktiv sind. So nd nicht durch Vorschläge wie die, die sich die Grünen eim hessischen Wirtschaftsminister Riehl abgeschaut aben und die auf die Zwangszerschlagung von Unter- ehmen hinauslaufen, erreichen wir eine nachhaltige erbesserung des Wettbewerbs auf dem deutschen Ener- iemarkt. Dass vor dem Hintergrund dieser Weichenstellungen uch das Thema Grenzkuppelstellen – auch wenn deren usbau kurzfristig nicht zwingend zu sinkenden Preisen ühren wird – seine Berechtigung hat, steht außer Frage. ie FDP kommt mit ihren Forderungen aber einmal ehr etwas spät. Deutschland ist schon heute Spitzenrei- er bei den Kuppelstellen innerhalb der UCTE. Die be- eits verfügbare Kuppelkapazität zum Ausland liegt bei 6 Prozent. Wir liegen also bereits deutlich über dem arcelonazielwert von 10 Prozent. Auch das Thema Verbesserung des Engpassmanagements für die Kup- elstellen“ ist angepackt. In enger Abstimmung mit der lectricity Regional Initiative der europäischen Regula- oren steht Deutschland mit allen angrenzenden Regio- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10333 (A) ) (B) ) nen über die Gestaltung eines effizienten Engpassma- nagements im Dialog. Eine Umgestaltung der Auktionierungsmodelle ist dabei ein Thema. Diese Ge- spräche zeigen Erfolg, wie ein Memorandum of Under- standing zwischen deutschen und dänischen Netzbetrei- bern sowie der EEX und Nordpool belegt. Die Verständigung beinhaltet, dass für den kurzfristigen Handel bis zum Herbst dieses Jahres ein voll funktions- fähiges System auf Basis impliziter Auktionen etabliert ist. Die FDP wird also zugestehen müssen, dass ihr An- liegen bei der Bundesregierung in guten Händen ist. Interessant ist in diesem Zusammenhang übrigens auch das, was von verschiedenen Unternehmen unter der Überschrift „länderübergreifende regionale Netzbetrei- ber“ ins Gespräch gebracht worden ist. Ein solches Mo- dell zum Beispiel für Frankreich, Deutschland und Be- nelux hätte womöglich den Charme, ein rascheres Zusammenwachsen regionaler Märkte zu ermöglichen und den Ausbau der Grenzkuppelstellen weiter zu be- schleunigen. Wir werden deshalb auch diese Option prü- fen. Gudrun Kopp (FDP): Nach wie vor ist die Situation auf den deutschen Energiemärkten nicht zufriedenstel- lend. Obgleich wir hier und auch auf europäischer Ebene seit vielen Jahren über die Probleme debattieren, sind viele der zugrunde liegenden Schwierigkeiten noch im- mer nicht gelöst. Das Bundeswirtschaftsministerium hat seit den letzten diesbezüglichen Debatten zwar einzelne Maßnahmen – wie die Anreizregulierungsverordnung, die Kraftwerksanschlussverordnung oder die GWB-No- velle – vorgelegt, jedoch ist ein konsistentes Programm noch immer nicht erkennbar. Und dies ist auch der Kern des Gesamtproblems: nämlich das vollständige Fehlen eines stimmigen ener- giepolitischen Programms für die Bundesrepublik Deutschland. Während die FDP-Bundestagsfraktion ein solches Programm für diese Legislaturperiode erneut be- schlossen hat, gefällt die Bundesregierung sich wahl- weise in losen Gesprächskreisen (wie den Energiegip- feln, an denen – wie man hört – einzelne Teilnehmer inzwischen das Interesse verloren haben, weil dort außer heißer Luft nichts herauskommt) oder in ausgewachse- nen Streitereien. Das kann so aber nicht weitergehen. Wenn es uns in Deutschland nicht gelingt, Einigkeit über die grundlegenden Weichenstellungen für die Energie- märkte herzustellen, werden wir auch keine sichere, preisgünstige und umweltverträgliche Energieerzeugung in Deutschland haben. Zwar begrüßt die FDP ausdrücklich, dass der Bundes- wirtschaftsminister mit der Anreizregulierungsverord- nung ein tragfähiges Konzept für diese nächste Stufe der Netzregulierung vorgelegt hat, allerdings kommt auch diese wieder einmal viel zu spät. Mit der Einführung ab 2009 geht uns erneut ein Jahr verloren, in dem die Regu- lierung des natürlichen Monopols „Netz“ nicht ihre volle Wirkung entfalten kann. Auch die Kraftwerksanschluss- verordnung wird von uns im Grundsatz begrüßt, aber auch sie kommt sehr spät. Die GWB-Novelle dagegen stellt einen Schritt zurück in die Monopolzeit dar, ze- m p w s g l k g d r r S d S h p a d d u e k s e k w d R s d W z i d e W s i v w c k w G z u E l T p g t A d (C (D entiert sie doch die staatliche Kontrolle von Energie- reisen, die wir eigentlich dem Wettbewerb überlassen ollten. Wie will der Bundeswirtschaftsminister mit die- em Gesetz mehr Wettbewerb schaffen, wenn er damit enau die trifft, die Wettbewerb schaffen sollten, näm- ich die neuen Energieanbieter?! Es bleibt wieder einmal bei Stückwerk, von einem laren Konzept keine Spur. So müsste dringend etwas etan werden, um auch die staatlichen Zusatzlasten auf ie Energiekosten (diese sind zum Beispiel im Strombe- eich seit 1998 um 91 Prozent gestiegen!) zurückzufüh- en. Hier ist Deutschland leider Europameister zum chaden unserer Unternehmen und Haushalte, die sich afür bei Rot-Grün bedanken können. Aber auch Rot- chwarz setzt diesen Kurs mit der Mehrwertsteuererhö- ung nahtlos fort. Und auch beim Ausbau der Grenzkup- elstellen (unser diesbezüglicher Vorschlag liegt heute uf dem Tisch) herrscht Stillstand. Das Thema scheint ie Bundesregierung nicht zu interessieren! Stattdessen wurschtelt sie unkoordiniert mit verschie- ensten Initiativen aus den Ressorts Wirtschaft, Umwelt nd Bau vor sich hin, ohne dass eine Abstimmung unter- inander zu erfolgen scheint. Für die FDP dagegen ist lar, dass wir in erster Linie Wettbewerb brauchen, der ich aber nicht einstellen wird, solange nur hier und da inzelne Maßnahmen ergriffen werden, die offenbar in einerlei Zusammenhang miteinander stehen. Wettbe- erb auf den deutschen Energiemärkten werden wir nur ann erleben, wenn die eingeleiteten Maßnahmen zur egulierung natürlicher Monopole konsequent umge- etzt werden und endlich auch verlässliche Rahmenbe- ingungen für die Unternehmen zur Verfügung stehen. ie kann es sein, dass das Hohe Haus vor nicht einmal wei Jahren ein Gesetz beschließt, in dem festgehalten st, wie die Netzmonopole reguliert werden sollen, und ann jetzt schon wieder über den nächsten Schritt – das igentumsrechtliche Unbundling – diskutiert wird? undert sich hier wirklich irgendjemand, wenn ange- ichts derartiger Sprunghaftigkeit die Unternehmen nicht nvestieren? Wir reden hier immerhin von einer Branche mit In- estitionszyklen von bis zu 40 Jahren! Deshalb brauchen ir endlich klare, verlässliche und wettbewerbsförderli- he Rahmenbedingungen, die über das beschlossene Pa- et zur Netzregulierung hinaus vor allem dort greifen, o noch Regelungslücken vorherrschen. Das sind die renzkuppelstellen, das ist die europäische Regulierer- usammenarbeit, das sind die staatlichen Belastungen, nd das ist die Frage der Förderung erneuerbarer nergien. In diesen Bereichen müsste die Bundesregierung end- ich handeln, unsere Vorschläge dazu liegen auf dem isch. Hans-Kurt Hill (DIE LINKE): Die hohen Strom- reise in Deutschland sind das Maß für das Marktversa- en in der Energiebranche. Die hier vorliegenden An- räge der FDP erkennen das Problem nicht einmal im nsatz. Vielmehr sollen nur Symptome behandelt wer- en. 10334 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) Auch mit Zutun der Liberalen wurde 1998 ein völlig regulierungsfreier Strommarkt geschaffen. Die Kräfte des sogenannten freien Marktes haben erwartungsgemäß zu Abzockerkartellen geführt Nun wird die FDP die Geister nicht mehr los, die sie einst rief. Die Bilanz für Stromkunden ist ernüchternd: An der Strombörse zahlten Industriekunden im letzten Jahr 650 Millionen Euro zu viel. Der Emissionshandel hat dem Oligopol 5,3 Milliarden Euro Extraprofite beschert. Die Kontrolle der Stromtarife war noch das einzige In- strument, um die Konzerne halbwegs im Zaum zu hal- ten. Aber was macht die Bundesregierung? Sie schafft auch die noch ab – und prompt verkündet Vattenfall Preiserhöhungen von über 7 Prozent. Natürlich bemän- geln die Liberalen auch die Entflechtungsbemühungen der EU-Kommission, wo eine Zerschlagung der Energie- kartelle nötig wäre. Die FDP setzt stattdessen auf neoli- berale Marktinstrumente, wo kein Markt vorhanden ist. Eines muss festgehalten werden: Die größten Preisan- stiege fallen auf die letzten Jahre, in denen Steuern und Abgaben nicht erhöht wurden. Dass die Bundesregie- rung mit der unsinnigen Erhöhung der Mehrwertsteuer jetzt noch mal, nachgelegt hat, ist deshalb unverantwort- lich. Aber die Abzocke betreiben RWE und Co. und nie- mand sonst. Die Kollegen von der FDP glauben leider auch, dass erneuerbare Energien zu höheren Stromkosten führen. Tatsache ist, dass sie Wertschöpfung in der Region er- zeugen, teure Gas- und Ölimporte zunehmend überflüs- sig machen und Klimafolgekosten einsparen. Im vergan- genen Jahr betrugen die EEG-Kosten 3,2 Milliarden Euro. Die durch sie vermiedenen Kosten für Gesund- heits- und Umweltschäden betrugen 3,4 Milliarden Euro. Volkswirtschaftlich wurden die EEG-Kosten damit voll- ständig neutralisiert. Es reicht nicht, den Wettbewerb auf den deutschen Energiemärkten intensivieren zu wollen, indem grenz- überschreitende Netzkapazitäten ausgebaut werden, denn dazu müssen erst einmal Wettbewerbsbedingungen hergestellt werden. Was den deutschen Stromsektor be- trifft, kann man nur von Marktversagen reden. Daran wird im Übrigen auch die Anreizregulierung nichts än- dern. Der jetzt vorliegende Verordnungsentwurf zwingt zu Dumpingpreisen im Netzbetrieb. Er ist bestenfalls dazu geeignet, die Tarifautonomie zu untergraben und Stadtwerke in die Hände der großen Energiekonzerne zu treiben. Wenn die Verbraucherinnen und Verbraucher Glück haben, sinken dadurch auch die Stromkosten – frühestens 2013 um dann 50 Euro im Jahr. In der jetzigen Situation führt ein bloßer Ausbau der Netzkuppelstellen dazu, dass RWE, Eon, Vattenfall und EnBW ihre marktbeherrschende Stellung ausbauen und mehr Strom ins Ausland verkaufen. Geplante fossile Kraftwerke und die Strombilanz belegen das deutlich: Während im Jahr 2002 noch rund 12 000 Megawattstun- den Strom importiert wurden, verkauften die Stromkon- zerne 2006 schon 22 000 Megawattstunden ins Ausland. Der Antrag der Grünen geht in die richtige Richtung, greift aber deutlich zu kurz. Indem die Bundesregierung ein Konzept zur Herstellung von Wettbewerb vorlegen und darüber entscheiden soll, wer Netzbetreiber sein d w S f t s w e a v g n z M f E n w h g f g n f k r n a S s L d d d W r w l g E k g m s t k g e r K g b n n (C (D arf, wird noch lange kein fairer Wettbewerb geschaffen, o Marktversagen vorliegt. Die Linke fordert deshalb eine Zerschlagung des tromkartells und eine Überführung der Netze in die öf- entliche Hand. Wir brauchen eine funktionierende und ransparente Preisaufsicht und ein wirksames Wider- pruchsrecht für Verbraucherschutzverbände. Nur so ird es uns gelingen, gerechte Bedingungen für einen uropäischen Strommarkt zu erreichen. Dann wäre es uch möglich, den grenzüberschreitenden Stromhandel ernünftig zu organisieren. Wir brauchen mehr Über- änge in Europa, um einen EU-weiten Verbund der er- euerbaren Energien zu schaffen; denn es geht um be- ahlbare Energie, Klimaschutz und Energiesicherheit. Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): ittlerweile führen wir hier im Deutschen Bundestag ast turnusgemäß Debatten über Wettbewerb auf den nergiemärkten. Bei der Zustandsbeschreibung herrscht och parteiübergreifende Einigkeit, nämlich darin, dass ir eine zu starke Konzentration auf allen Marktebenen aben und dass die steigenden Energiepreise zu einem roßen Teil auf vermachtete Marktstrukturen zurückzu- ühren sind. Einigkeit besteht auch darin, dass wir eine nachhalti- ere Energieversorgung brauchen. Das unter Rot-Grün ovellierte Erneuerbare-Energien-Gesetz und die Ein- ührung der Ökosteuer haben hier eine wichtige Len- ungswirkung entwickelt, die auch diese Bundesregie- ung anerkennt. Ich sehe zumindest weder bei der CDU och bei der SPD Tendenzen, diese beiden Instrumente bzuschaffen. Einigkeit besteht auch darin, dass der taat aufgefordert ist, die Rahmenbedingungen anzupas- en und wettbewerbsfreundlicher zu gestalten. Damit hört aber die Einigkeit auch schon auf. Bei den ösungsvorschlägen unterscheiden wir uns von der FDP, ie am liebsten alles dem Markt überlassen will, und von er Linken, die lieber das Pendel zurückschwingen und en Staat wieder voll in die Verantwortung nehmen will. ir unterscheiden uns aber auch von der Bundesregie- ung, die mit der GWB-Novelle keinem der Akteure irklich wehtun will und daher für die Außendarstellung ediglich ein wenig Kosmetik betreibt. Wir wollen uns keiner dieser vermeintlichen Lösun- en anschließen. Der mangelnde Wettbewerb auf den nergiemärkten hat seine Ursachen in den Strukturen. Er rankt an einer zu starken Konzentration mit nur weni- en Playern. Will die Politik hier zur Heilung beitragen, uss sie die Krankheit bei ihren Ursachen packen, an- tatt Placebos zu verteilen. Wir schlagen daher die eigentumsrechtliche Entflech- ung der Transportnetze vor. Die vier großen Energie- onzerne haben einen zu großen Informationsvorsprung egenüber potenziellen neuen Wettbewerbern. Es gibt in großes Diskriminierungspotenzial gegenüber ande- en potenziellen Stromerzeugern bei der Auswahl von raftwerksstandorten, beim Regelenergiemarkt, beim renzüberschreitenden Stromhandel und beim Netzaus- au. Die Verteilnetzebene mit eher geringerem Diskrimi- ierungspotenzial sollte jedoch in der Hand der Kommu- alversorger bleiben. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10335 (A) ) (B) ) Wir schlagen weiter eine Dekonzentration bei zu star- ker Marktmacht vor. Das bedeutet eigentlich nicht mehr, als die staatlichen Eingriffsrechte der Fusionskontrolle auch dann zuzulassen, wenn eine klare marktbeherr- schende Stellung erkennbar ist, die zulasten der Verbrau- cherinnen und Verbraucher geht. In den USA ist dies längst Praxis mit guten Effekten für den Markt, wie das Beispiel des amerikanischen Telekommunikationskon- zerns AT&T zeigt. Für diese Dekonzentration im Ener- giemarkt gibt es ja sogar Anhänger aus den Reihen der Union, wie zum Beispiel den hessischen Wirtschaftsmi- nister Dr. Alois Rhiel. Ich möchte auch noch erwähnen, dass wir alle Wett- bewerber stärken wollen, also auch die kommunalen. Dies findet sich nicht in unserem Antrag wieder, da es Sache der Lander ist, das zu regeln. Horizontale Koope- rationen müssen möglich sein, sonst wird über eine Netzregulierung in Kombination mit einer zu starken Marktbeschränkung durch die Länder einigen Stadtwer- ken wortwörtlich das Licht ausgeknipst. Die GWB-Novelle ist nicht mehr als eine Imagekam- pagne für den Wirtschaftsminister Glos. Sie täuscht Ak- tionismus vor, wird sich aber kaum positiv für die Ver- braucherinnen und Verbraucher auswirken. Vielmehr: Sie kann kontraproduktiv sein. Experten und potenzielle Wettbewerber warnen davor, dass kaum neue Akteure investieren werden, da sie nicht gegen staatlich verord- nete Preise von abgeschriebenen Kraftwerken konkurrie- ren können. Daher wirkt die GWB-Novelle eher negativ, als dass sie die Probleme löst. Aus eigener Erfahrung können wir Ihnen nur Folgen- des mit auf den Weg geben: Packen Sie das Problem an den Wurzeln. Als wir damals die Einrichtung einer Bun- desnetzagentur gefordert haben, waren nicht nur die Kolleginnen und Kollegen von Union und FDP entschie- dene Gegner. Auch die Energiewirtschaft hat das Ende des Abendlandes prophezeit. Heute ist die Agentur nicht mehr wegzudenken. Es wäre aber zu viel des Guten, sich auf diesem Teilerfolg auszuruhen. Es bedarf weiterer mutiger Schritte wie schon beschrieben. Übertragen Sie diese Debatte so weit möglich auch auf andere leitungsgebundene Wettbewerbssektoren. Wiederholen Sie nicht die Fehler der Energiemarktlibe- ralisierung bei der Bahnprivatisierung: Sorgen Sie hier im Vorhinein für eine klare eigentumsrechtliche Tren- nung von Netz und Betrieb! Anlage 15 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Unterrichtung durch die Bundesregierung: Nationaler Bildungsbericht 2006 – Bildung in Deutschland und Stellungnahme der Bun- desregierung – Antrag: Bildungsberichterstattung fortfüh- ren und weiterentwickeln – Antrag: Bildungsforschung und Bildungs- berichterstattung stärken s B J d e s f d l m k B u H g m d d A s B g s B S z n l e s r U s E d B n w z li T d d M r w g r m (C (D – Antrag: Bildungsberichterstattung in Deutschland und deren Weiterentwicklung (Tagesordnungspunkt 25 a bis c und Zusatz- tagesordnungspunkt 5) Marcus Weinberg (CDU/CSU): Der erste gemein- ame von Bund und Ländern herausgegebene nationale ildungsbericht „Bildung in Deutschland“ wurde im uni 2006 der Öffentlichkeit vorgestellt. Dieser Bil- ungsbericht, mit dem Schwerpunkt Migration, markiert inen hervorragenden Einstieg in eine kontinuierlich tattfindende nationale Bildungsberichterstattung. Er in- ormiert über die Bildungssituation in Deutschland, führt ie bisher in getrennten Berichten und Studien veröffent- ichten Daten über alle Bildungsbereiche hinweg zusam- en, verdeutlicht Entwicklungen und gibt Hinweise auf ünftige Herausforderungen. Der innovative Gehalt des erichtes liegt in der Zusammenschau der Informationen nd der damit verbundenen Möglichkeit, übergreifende andlungsfelder aufzuzeigen. Bund und Länder verfü- en damit über ein neues und fortschreibbares Instru- ent des Bildungsmonitorings. Durch die Föderalismusreform – die Modernisierung er bundesstaatlichen Ordnung – stehen Bund und Län- ern im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe nach rt. 91 b Abs. 2 des Grundgesetzes seit 2007 neue In- trumente zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit des ildungswesens zur Verfügung, in deren Mittelpunkt die emeinsame Bildungsberichterstattung steht. Gemein- am mit den Leistungsvergleichsstudien ist die ildungsberichterstattung daher Teil eines modernen teuerinstrumentariums, das Bund und Ländern eine ielgerichtete und effektive Kooperation bei der Wahr- ehmung der jeweiligen Zuständigkeitsbereiche ermög- icht. Der erste nationale Bildungsbericht ist somit auch in wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer neuen Zu- ammenarbeit von Bund und Ländern im Bildungsbe- eich. Die Länder haben die alleinige Verantwortung der msetzung und Ausführung und müssen somit Rechen- chaft über ihre bildungspolitischen Reformen ablegen. s haben also jetzt diejenigen die Verantwortung im Bil- ungsbereich, die die regionalen und sozialstrukturellen esonderheiten kennen und somit besser bewerten kön- en, welche Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt erden müssen. Nicht mehr von oben Reformen aufset- en, sondern von der Basis entwickeln lassen! Durch die klare Abgrenzung und Verteilung der jewei- gen Kompetenzen zwischen Bund und Ländern wird ransparenz geschaffen. Der Wettbewerb unter den Län- ern wird erhöht, es werden bessere Zukunftschancen urch ausgezeichnete Bildungssysteme hervorgerufen. an lernt von anderen Ländern. Für die Qualitätssiche- ung und Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Bildungs- esens werden die neuen Möglichkeiten der Länder zur emeinsamen Feststellung, zu gemeinsamer Bildungsbe- ichterstattung sowie die Möglichkeit der Abgabe ge- einsamer Empfehlungen wesentlich. 10336 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) Im Zuge der Föderalismusreform wird die Kultus- ministerkonferenz endlich an Bedeutung gewinnen und bewirken, dass die Länder einen engeren Abstimmungs- prozess zu entwickeln haben. Diesen Abstimmungspro- zess erwarten wir aber auch von den Ländern. Ebenso erwarten wir, dass festgestellte Defizite abgestellt wer- den. Die Bildungspolitik wird so im Landtagswahlkampf eine entscheidende Rolle einnehmen. Das haben wir Bil- dungspolitiker uns doch immer gewünscht! Vor diesem Hintergrund ist es sinnvoll, zusammen mit den Ländern die Bildungsberichterstattung als In- strument für eine neue Grundlage der bildungspoliti- schen Steuerung fortzuführen und in der Konzeption, Methodik etc. weiter auszugestalten. Dazu gehört auch die Weiterentwicklung von empiriegestützten Indikato- ren in Bereichen, die dieser Betrachtung bisher noch nicht so zugänglich waren, wie beispielsweise dem in- formellen Lernen oder der Weiterbildung. Über bestimmte ausgewählte Indikatoren im nationalen Bil- dungsbericht sollte weiterhin im internationalen Ver- gleich berichtet werden. Die Bildungsberichterstattung auch künftig durch ein unabhängiges Gremium von Wis- senschaftlern aus allen Bereichen der Bildungsforschung vornehmen zu lassen, sollte als selbstverständlich ange- sehen werden. Neben der analytischen und vergleichen- den Betrachtung von mittel- und langfristigen Bildungs- prozessen sollte beiliegend eine problemorientierte Darstellung, welche auf die Defizite und Schwachstellen hinweist, erfolgen. Zentrale Forderungen an die Bundesregierung sind zum einen, dem Deutschen Bundestag künftig alle zwei Jahre einen nationalen Bildungsbericht vorzulegen, und zum anderen, die empirische Bildungsforschung in Deutschland weiterzuentwickeln, strukturell und inhalt- lich zu stärken. Dazu könnte, wie auch zur mittel- bis langfristigen Verbesserung der Datenbasis für den natio- nalen Bildungsbericht, die Etablierung eines wissen- schaftsgetragenen nationalen Bildungspanels einen we- sentlichen Beitrag leisten. Darüber sind wir uns einig: Bildungsqualität muss si- chergestellt und verbessert werden. Zugleich sind ener- gische Anstrengungen erforderlich, um den Zusammen- hang zwischen Bildungserfolg und sozialer Herkunft abzubauen. Beides ist entscheidend für die Zukunft des Einzelnen sowie unserer Gesellschaft. Wir brauchen ein förderndes und forderndes Bildungssystem, das an die Stärken und Lernvoraussetzungen jedes Einzelnen an- knüpft. Die künftigen nationalen Bildungsberichte werden zeigen, worin die Stärken und Schwächen des föderalen Systems in Deutschland liegen und ob es gelingt, die Stärken voll zur Geltung zu bringen. Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD): Die Zeitregie dieses Debattentages hat es so gefügt, dass die Ausspra- che zum ersten Nationalen Bildungsbericht 2006 und zu den Anträgen von CDU/CSU und SPD sowie Grünen und FDP um 2.40 Uhr morgens im Bundestag aufgeru- fen werden soll. Damit war klar, dass es über das Schat- tenboxen von zu Protokoll gegebenen Reden hier keine e n N d u s r m s s ß b B g d z p u w z A e S n d S d B t A d d L B d B u d f u n B r l d n d ü t e m e s M t s u i (C (D rnsthafte Aussprache zu den Inhalten des ersten Natio- alen Bildungsberichtes für Deutschland geben würde. icht nur das Thema „Bildung in Deutschland“, auch er Anlass eines ersten Nationalen Bildungsberichtes nd die Qualität dieses Berichtes sind zu bedeutend, um ie an dieser Stelle und in dieser Form in der parlamenta- ischen Maschinerie abzuarbeiten. Auf diesem Wege öchte ich deshalb für die SPD-Fraktion den ganz mas- iven Wunsch und Willen ausdrücken, dass wir zu einem päteren Zeitpunkt, nämlich im Rahmen der abschlie- enden Beratung der Anträge zum Nationalen Bildungs- ericht, eine parlamentarische Beratungsform für diesen ericht selbst finden, die dem Ereignis und der Qualität erecht wird, die eine Beteiligung der Regierung durch ie Ministerin oder den Staatssekretär in dieser Debatte wingend einschließt und die uns auch eine gebührende arlamentarische Aussprache zu den zentralen Inhalten nd den Schwerpunktsetzungen und Folgerungen, die ir als Parlamentarierinnen und Parlamentarier hieraus iehen, ermöglicht. Dies sind wir dem Parlament, dem nlass und auch dem Gewicht der Bildungsbericht- rstattung für die Zukunft und in der Zukunft schuldig. chließlich ist dieser erste Nationale Bildungsbericht icht zuletzt auf parlamentarische Initiative hin entstan- en. Hierauf verweist die FDP, hierauf können aber auch PD und Bündnis 90/Die Grünen verweisen, denn in ieser Konstellation ist im Wesentlichen die nationale ildungsberichterstattung parlamentarisch mit vorange- rieben worden. Wir freuen uns, dass auch die CDU/CSU sich diesem nliegen nicht verschlossen hat. Durchgesetzt worden in em komplizierten Zusammenspiel von Bund und Län- ern, was Bildungsfragen im Sinne des lebenslangen ernens in allen ihren Phasen angeht, ist die nationale ildungsberichterstattung durch die vormalige Bil- ungs- und Forschungsministerin Frau Edelgard ulmahn. Sie hat hierfür hart und erfolgreich gekämpft; nd das vorliegende Werk ehrt denn auch die Meisterin. Dass wir als Sozialdemokraten diesen Nationalen Bil- ungsbericht von Bund und Ländern gerne in eine um- assendere gemeinsame Bildungskompetenz von Bund nd Ländern eingebunden gesehen hätten, will ich hier icht vergessen, noch einmal ausdrücklich zu betonen. ei allen Teilerfolgen, die wir hier im Rahmen der Föde- alismusreform I für die nationale Bildungskompetenz etztlich mit Macht doch noch erreichen konnten, bleibt ieses aus bildungspolitischer Sicht für uns leider den- och unbefriedigend. Umso wichtiger ist es, dass Bil- ungsberichterstattung und auch Bildungsforschung, ber die dann noch gesondert und ausführlich zu disku- ieren sein wird, jetzt auch von allen politischen Ebenen rnst genommen, optimiert und handlungsleitend ge- acht wird. Wir freuen uns, dieses mindestens für die Bundes- bene bereits feststellen zu können. Es hat nicht nur eine ehr profunde, ausführliche Anhörung zur Entstehung, ethodik und Verbesserungsmöglichkeiten für den Na- ionalen Bildungsbericht und die Folgeberichte im zu- tändigen Bildungsausschuss gegeben. Auch in Debatten nd in Sachverhandlungen des Ausschusses erleben wir mmer wieder, dass auf den Nationalen Bildungsbericht Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10337 (A) ) (B) ) als Referenzgröße und Bezugsquelle von Daten zurück- gegriffen wird. Auch in der nationalen Bildungsöffent- lichkeit spielt der Bildungsbericht zunehmend eine posi- tive Rolle. Für die SPD will ich ausdrücklich einen Wunsch aus- sprechen: So wie wir im Bundestag diesen Nationalen Bildungsbericht sehr ernsthaft und eingehend behandeln müssen, dürfen und können wir dieses auch von den Ländern erwarten. Wir sollten alle in unseren Parteien darauf dringen, dass das, was gemeinsame Kompetenz und gemeinsame Berichterstattung ist, auch in den 16 Landtagen und im Bundestag parallel aufgegriffen, behandelt und reflektiert wird. Ich bin nicht so naiv, dies kurzfristig zu erwarten, weil der Reflex – zumal auf Ebene der Landtage – eben doch ist, sich vor allem mit den regionalen, landesspezifischen Bildungsberichten auseinanderzusetzen. Aber die Erfahrung von PISA zeigt: Der Blick über die Landesgrenzen hinaus öffnet erst die Einsicht in die wirklichen Gegebenheiten. Was PISA an Debatten ausgelöst hat, kann im landesspezifi- schen Vergleich in Form des deutschen Nationalen Bil- dungsberichtes ähnlich befruchtend und hilfreich sein. In diesem Sinne möchte ich im Weiteren Stellung nehmen zu dem Konzept, zur Struktur des Bildungsbe- richtes und den Hinweisen, Anregungen und Forderun- gen zu seiner Weiterentwicklung, wie wir sie nicht nur im Ausschussanhörungsverfahren, sondern auch in An- trägen anderer Fraktionen und im eigenen Antrag von CDU/CSU und SPD zur Bildungsberichterstattung vor- finden. Dabei ist festzustellen: Alle Antragssteller spre- chen sich weiterhin ausdrücklich positiv für eine solche nationale Berichterstattung aus. Sie würdigen den vorlie- genden Bericht und haben Vorschläge zur Weiterent- wicklung zu machen. Zwischen den Koalitionsparteien konnten wir uns darauf verständigen, dass zur Weiterentwicklung insbe- sondere der Aufbau von empirisch gestützten Indikato- ren in Bereichen, die dieser Betrachtung bisher noch nicht sehr intensiv zugänglich waren, forciert werden muss, wie zum Beispiel dem informellen Lernen oder der Weiterbildung. Hierzu sollte man nicht nur interna- tionale Erfahrungen mit solchen Indikatoren aufgreifen, sondern entsprechende Ergebnisse dann auch in einen internationalen Vergleich stellen. Wir fordern weiterhin, dass das unabhängige Gre- mium von Wissenschaftlern aus allen Bereichen der Bildungsforschung neben der analytischen und verglei- chenden Betrachtung in Zukunft noch stärker eine pro- blemorientierte Darstellung, die auf Defizite und Schwachstellen hinweist, vornehmen kann, und noch stärker als bisher schon geschehen im Nationalen Bil- dungsbericht entwickelt und zur Diskussion stellt. Ein weiteres wichtiges Anliegen ist uns, dass zusam- men mit den Ländern der Nationale Bildungsbericht im Sinne des Art. 91 b Abs. 2 GG nun auch tatsächlich zu einem Instrument gemacht wird, um gemeinsame Ziele von Bund und Ländern für die Weiterentwicklung des Bildungswesens zu vereinbaren und durch koordinierte Maßnahmen in den jeweiligen Zuständigkeitsbereichen umzusetzen. Von der Einzelaktivität zu der Bündelung d d p v L s w w e l d o h t e D r t d b m i d n k g W g s B s d o z l g d s p h s h a w d H g w n r B d z b h a (C (D er Kräfte, vom Denken in Landeskategorien oder Bun- eskategorien zum Konzept mit gesamtstaatlicher Pers- ektive, vom Blick nach innen zum Blick von außen, on der Beschreibung der Probleme zur Orientierung auf ösungen; dieses müssen die zukünftigen Perspektiven ein, die durch den Nationalen Bildungsbericht gefördert erden. Die Qualität des Bildungsberichtes, aber auch die viel ichtigere Umsetzung in bildungspolitische Praxis wird ntscheidend davon abhängen, ob die Zuarbeit und Mög- ichkeit der Überprüfung und Reflexion durch die Bil- ungsforschung strukturell und inhaltlich ausgebaut und ptimiert werden kann. Die Koalitionsfraktionen stehen inter der Etablierung eines wissenschaftsgetragenen na- ionalen Bildungspanels. Dieses muss natürlich, um hier inen Einwand aus dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/ ie Grünen aufzugreifen, datenschutzrechtlichen Krite- ien voll genügen. Es muss aber vor allem die Perspek- ive des lebenslangen Lernens, sprich der Verbindung er einzelnen Lebenslernphasen von der frühkindlichen is in die Altersbildung zum Inhalt haben. Sein Ziel uss sein, Erkenntnisse zu liefern, an welchen Stellen, n welchen Formen Bildungspolitik im Kontext auch an- erer Politikfelder immer wieder dazu beitragen kann, eue Chancengleichheit und Entwicklung von Bildungs- ompetenz zu fördern. Denn dieses ist auch eine inhaltliche und wertebezo- ene Botschaft aus dem Nationalen Bildungsbericht: ir brauchen und wollen Chancen für alle, wir wollen leiche Chancen, niemanden aufgeben und alleine las- en, wir wollen nicht segregieren und selektieren, denn ildungsprivilegien haben wir in unserer Gesellschaft chon viel zu viele. Stattdessen kommt es darauf an, Bil- ungswege von Anfang an zu fördern, sie immer wieder ffen zu halten und immer wieder neue Chancen für alle u ermöglichen – und das effizient, zielgerichtet, persön- ichkeitsbildend und prägend. Deshalb haben wir von der SPD es auch aus als sehr utes Zeichen angesehen, dass im ersten Nationalen Bil- ungsbericht der Fokus auf das Thema Migration als be- onderes Problem und besonderen Aufgabenschwer- unkt in Deutschland gerichtet worden ist. Auch ierüber wird intensiver zu sprechen sein, wenn wir tat- ächlich in die vollwertige Parlamentsdebatte zu den In- alten des Bildungsberichtes eintreten. Nur so viel schon n dieser Stelle: Wenn im Bildungsbericht festgestellt erden muss, dass im Rahmen dieser Schwerpunktbil- ung zum ersten Mal der tatsächliche Umfang und die eterogenität der Bevölkerung mit Migrationshinter- rund auf der Basis des Mikrozensus 2005 dargestellt erden konnte und die Zahlen dieses Mikrozensus ein eues Licht auf die Größe und Differenziertheit der He- ausforderungen werfen, denen sich die Erziehungs- und ildungseinrichtungen bei ihrem Beitrag zur Integration er Migrantinnen und Migranten gegenüber sehen, so eigt dieses zugleich Nachholbedarf in Zukunftsaufga- en, denen wir uns noch sehr viel intensiver zu widmen aben. Auch wenn dieses in der Loyalität von Koalitionsver- bredungen von sozialdemokratischer Seite aus nicht so 10338 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) explizit in den Antrag hineingeschrieben werden konnte, möchte ich mir hier dennoch das Recht nehmen, über den gemeinsamen Beschluss hinaus eine Anregung und Forderung, ja gar einen Wunsch aus der Anhörung zur Bildungsberichterstattung seitens der beteiligten Wis- senschaftlerinnen und Wissenschaftler wie übrigen Ex- perten aufzugreifen, der sich auch in dem Antrag von Bündnis 90/Die Grünen wie FDP wiederfindet. Natür- lich muss dieses unabhängige Konsortium für die Erstel- lung des Nationalen Bildungsberichtes auch Handlungs- empfehlungen aussprechen können, natürlich müssen in der Auseinandersetzung mit diesen Handlungsempfeh- lungen Bundesregierung wie Kultusministerkonferenz sich der gemeinsamen politischen Bewertung stellen, und natürlich bedarf es auch in Zukunft der Konzentra- tion der jeweiligen Bildungsberichte auf klare Schwer- punktsetzungen, die möglichst gesellschaftliche Kon- fliktfelder und Handlungspunkte antizipieren, damit man sich in einer konzertierten Bildungspolitik rechtzeitig darauf einstellen und damit auch gegensteuern kann. Dieses sollte Anliegen von allen an Bildungspolitik Interessierten und Engagierten sein. Ich will deshalb gerne bekennen, dass bei Durchsicht der Anträge von FDP wie Bündnis 90/Die Grünen zahlreiche sehr kon- struktive Anregungen für die Weiterentwicklung der zu- künftigen Bildungsberichterstattung festzustellen sind, von denen wir uns aus sozialdemokratischer Sicht wün- schen, dass sie auch von der Bundesbildungsministerin wie der Kultusministerkonferenz mit aufgegriffen und in zukünftige Konzepte eingearbeitet werden. Dem Verlauf der bisherigen Debatten, der Anhörung wie den vorlie- genden Anträgen ist zu entnehmen, dass hierüber auch ein breiter inhaltlicher Konsens im Parlament besteht. Hierauf gilt es aufzubauen. Zum Abschluss möchte ich gerne zitieren aus der Zu- sammenfassung des Nationalen Bildungsberichtes, in der es auf der Seite 203 summierend heißt: „Die er- reichte schulische und berufliche Bildung hat in vielen Lebensbereichen positive Wirkungen für die Individuen, aber auch für die Gesellschaft als Ganzes. Mit höheren Bildungsabschlüssen steigen die individuellen Chancen auf eine dauerhafte und angemessene berufliche Tätig- keit. Auch außerberuflich lassen sich positive Wirkun- gen feststellen, etwa hinsichtlich der Gesundheit oder der Wahrnehmung der Möglichkeiten politischer Teil- habe. Diesen individuellen Chancen entsprechen Erträge für Unternehmen, Institutionen und die Gesellschaft. Er- gebnisse der neueren ökonomischen Forschung zeigen, dass Bildungsinvestitionen nicht nur positiv auf Wachs- tums- und Innovationsfähigkeit wirken, sondern sich auch sozialpolitisch auszahlen.“ Der Bildungsbericht formuliert danach in seinem überhaupt letzten Satz sehr defensiv: „Es kommt deshalb wesentlich darauf an, den Anteil der Bildungsverlierer so gering wie möglich zu halten.“ Darauf möchte ich für die Sozialdemokratie of- fensiv antworten: Das dauerhafte Ziel muss sein, alle Menschen zu Bildungsgewinnern zu machen. Mit dem Nationalen Bildungsbericht können wir hierzu für die Zukunft jetzt auf einen methodischen Baustein mehr als in der Vergangenheit vorhanden setzen. e k k n i r n u H f F 2 k d n b M n V H t d e G t n s B S s s v w d w p f n S w g h B M u s e f g u r p v B e (C (D Cornelia Pieper (FDP): Dass wir heute Nacht den rsten Nationalen Bildungsbericht im Plenum behandeln önnen, haben Sie meiner Fraktion und mir zu verdan- en. Insofern war ich schon erstaunt über die Zeitrech- ung meiner Kollegen aus CDU/CSU und SPD, die in hrem Antrag im Jahr 2002 die Geburtsstunde dieses Be- ichts sehen. Nach der Devise, dass nicht sein darf, was icht sein kann, wurde kurzerhand die wahre Geschichte nter den Tisch gekehrt. Ich kann Sie nur auffordern, den Antrag der FDP zur and zu nehmen. Sie werden nicht nur den Initiator aus- indig machen, nein, Sie werden auch sehen, dass die DP mit großer Weitsicht den Bildungsbericht bereits 001 auf den Weg gebracht hat. Aber Erfolg hat ja be- anntlich immer viele Mütter und Väter. Belassen wir es abei. Inzwischen haben wir uns zu Beginn des Jahres in ei- er Ausschussanhörung mit dem vorliegenden Bildungs- ericht, mit seinen Stärken und Schwächen, befasst. eine Damen und Herren von den Grünen, ich verstehe icht, warum Sie in Ihrem Antrag kritisieren, dass die erfasser Ihnen keine Handlungsempfehlungen an die and gegeben haben. Kennen Sie nicht den Arbeitsauf- rag des Konsortiums Bildungsberichterstattung? Genau as sollten die Damen und Herren nicht tun! Sie sollten ine problemorientierte Darstellung der Situation auf der rundlage bestimmter Indikatoren liefern und auf Wer- ungen und Empfehlungen verzichten. So muss es mei- er Auffassung nach auch bleiben. Oder trauen Sie die- em Hohen Hause nicht zu, die Ergebnisse der ildungsberichterstattung zu bewerten und die richtigen chlussfolgerungen daraus zu ziehen? Die Koalition ieht, und dieser Auffassung kann ich mich durchaus an- chließen, dass mit der Bildungsberichterstattung in der orliegenden Form ein neues Instrument geschaffen urde, mit dem Bund und Länder ihre jeweiligen bil- ungspolitischen Entscheidungen sowie ihr Zusammen- irken auf einer deutlich verbesserten Datengrundlage lanen können und die Wirkung ihrer Maßnahmen ver- olgen können. Die Stärke des uns vorliegenden Berichts liegt in sei- er belastbaren und weiter fortschreibbaren Datenbasis. ie wird, auch wenn sich die Schwerpunktsetzungen, ie in diesem Fall auf den sozioökonomischen Hinter- rund der Bildungsteilnehmer und auf einen Migrations- intergrund, verändern werden, das Bildungssystem und ildungsprozesse transparent und vergleichbar machen. it dem Bildungsbericht haben wir ein Zeichen gesetzt nd gezeigt, dass wir unseren Verfassungsauftrag, der ich aus dem neuen Art. 91 b Abs. 2 des Grundgesetzes rgibt, ernst nehmen. Ja, die Feststellung der Leistungs- ähigkeit des Bildungswesens im internationalen Ver- leich ist eine neue Gemeinschaftsaufgabe von Bund nd Ländern. Das Instrument „Nationaler Bildungsbe- icht“ wird uns künftig durch eine wechselnde Schwer- unktsetzung in die ausgesprochen komfortable Lage ersetzen, übergreifende Problemlagen oder besondere ildungsgebiete differenziert zu analysieren. Eine weitere Stärke des Berichts sehe ich darin, dass r öffentlich ist und die Ergebnisse jedem Interessierten Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10339 (A) ) (B) ) zugänglich sind. Und das ist wichtig, wenn wir die Zu- sammenhänge zwischen Bildung und Lebenslauf, begin- nend bei der bei der frühkindlichen Bildung, über die all- gemeinbildende Schule, die berufliche Ausbildung im dualen System, die Hochschule bis hin zur Weiterbil- dung im Prozess des lebenslangen Lernens besser verste- hen wollen. Der Bericht machte uns zum Beispiel auf die Situation der Weiterbildung in Deutschland aufmerksam. So mussten wir zur Kenntnis nehmen, dass die Ausga- ben der öffentlichen Hand für Weiterbildung zwischen 2000 und 2003 – das war die Regierungszeit von Rot- Grün – um über 20 Prozent gefallen sind. Den Erforder- nissen eines sich ständig verändernden Arbeitsmarktes in der Wissensgesellschaft wird das nicht gerecht. Wir sehen aber auch andere Defizite deutlich, wie den engen Zusammenhang zwischen Bildungserfolg und sozialer Herkunft oder zwischen Bildungserfolg und Migrations- hintergrund. Hier haben wir in der Bildungspolitik Handlungsdefizite. Nicht zuletzt möchte ich darauf hinweisen, dass sich Entscheidungen zur Weiterentwicklung des Bildungswe- sens künftig noch stärker auf die Ergebnisse der Bil- dungsforschung stützen müssen. Natürlich müssen wir hierfür zugleich die Voraussetzungen für eine exzellente empirische Bildungsforschung in Deutschland weiter verbessern. In künftig folgenden Berichten sollten wei- tere Indikatoren aufgenommen werden, die klare Aussa- gen zum Lernumfeld, zur Ausstattung und Organisation von Schule, dem Zahlenverhältnis Lehrer-Schüler und über die Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften ma- chen. Vergessen wir nicht: Der Bildungsbericht ist das wichtigste Zeugnis, wenn es darum geht, wie Deutsch- land im Wettbewerb um die besten Köpfe aufgestellt ist. Cornelia Hirsch (DIE LINKE): Die Linke hat in den Diskussionen über die Föderalismusreform vor einem Jahr immer wieder betont, dass es falsch ist, im Bil- dungsbereich auf quasi alle Bundeskompetenzen zu ver- zichten und die Verantwortung für das Bildungswesen zum größten Teil an die Länder abzugeben. Wir wollen stattdessen ein Bundesbildungsgesetz, das von der Kita bis zur Weiterbildung alle Bildungsphasen umfasst und bundesweit einen grundlegenden und einheitlichen Rah- men festlegt. Von der Bundesregierung wurden unsere Vorschläge mit Hinweis zurückgewiesen, dass mit der neuen gemeinsamen Verantwortung von Bund und Län- dern zur Bildungsberichterstattung ein sinnvolles Instru- ment geschaffen werde, um zu einer kooperativen Zu- sammenarbeit zu kommen. Inzwischen liegt seit mehr als einem Jahr der erste Nationale Bildungsbericht vor. Dieser wiederholt in vie- len Punkten, was uns schon durch andere Studien über unser Bildungssystem bekannt ist: Der größte Fehler des deutschen Bildungssystems ist die hohe Abhängigkeit des Bildungserfolgs von der sozialen Herkunft. Diese Korrelation wird im Verlauf der einzelnen Bildungsbio- grafien nicht abgebaut, sondern im Gegenteil weiter ver- schärft. Der UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Bildung hat deshalb zu Recht kritisiert, dass in Deutsch- land das Recht auf Bildung missachtet wird. B z g d u S l a E P b b f g c s k h e r r z a v h K F n i u s o v n ü B w u B s d V z s N d l n r ä d k l ß e B (C (D Wir stellen Ihnen nun die Frage, was sich durch den ildungsbericht an dieser Misere und der eklatanten so- ialen Ungerechtigkeit geändert hat. Die Antwort ist: so ut wie nichts. Wie immer, wenn Probleme des Bil- ungssystems angesprochen werden, schieben sich Bund nd Länder die Verantwortung dafür gegenseitig in die chuhe. Zu Lösungen führt dieser Verschiebebahnhof al- erdings nicht. Die bestehende Kompetenzverteilung ist ber kein unerwartetes Versehen, sondern die bewusste ntscheidung der Mehrheit der Abgeordneten in diesem arlament, den Wettbewerb in der Bildung voranzutrei- en. Die Bundesregierung ließ daran bei ihrer Gesetzes- egründung keinen Zweifel. Wir halten diesen Ansatz ür vollkommen falsch: Wettbewerb findet unter den ge- enwärtigen Bedingungen immer unter zutiefst unglei- hen Voraussetzungen statt. Denn wie soll ein struktur- chwaches Bundesland mit einem reichen Bundesland onkurrieren? Wettbewerb verschärft deshalb Ungleich- eit. Wettbewerb kann kein taugliches Instrument für ine soziale Entwicklung des Bildungssystems sein. Da- an lässt sich auch durch die gemeinsame Bildungsbe- ichterstattung von Bund und Ländern nichts ändern, umal die Expertinnen und Experten in ihrem Bericht us politischen Gründen auf konkrete Empfehlungen erzichten mussten. Durch Handlungsempfehlungen ätte der Bericht aber größeren Nutzen entfalten können. Die Linke fordert: Überdenken Sie die Bund-Länder- ompetenzverteilung im Bildungswesen! Ein föderaler lickenteppich wird den Herausforderungen der Bildung icht gerecht. Wettbewerb unter den Bundesländern, und nsbesondere in der Bildung, verschärft Ungleichheit nd produziert Verliererinnen und Verlierer, die aus un- erem Bildungssystem herausfallen und weitgehend hne Perspektive bleiben. Konkret für die Bildungsberichterstattung gilt: Sinn- oll kann dieses Instrument nur sein, wenn es dazu ge- utzt wird, eine bundesweite gesellschaftliche Debatte ber das Bildungssystem zu befördern. Dazu dürfen die erichte aber nicht im Geheimen verfasst und diskutiert erden. Notwendig sind stattdessen mehr Transparenz nd Mitgestaltung von Akteurinnen und Akteuren des ildungssystems. Außerdem muss die Möglichkeit be- tehen, konkrete Empfehlungen zu formulieren. Ein Bil- ungsbericht, der nur eine Istanalyse beitreibt und auf erbesserungsvorschläge aus politischen Gründen ver- ichten muss, ist für eine zielführende Debatte überflüs- ig. Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- EN): Große Berichte – wie der Familienbericht oder er Altenbericht – werden zu prominenter Zeit mit einer angen Debatte gewürdigt. Wir befassen uns heute zu achtschlafender Zeit mit dem Nationalen Bildungsbe- icht – 35 Minuten sind dafür vorgesehen. Dies zeigt den ußerst geringen Stellenwert, den die Große Koalition em Thema Bildung beimisst. Es wird außerdem offen- undig, dass beim Bildungsbericht das stille Kämmer- ein der bevorzugte Aktionsort von Regierung und Gro- er Koalition ist: Über Ausgestaltung und Schwerpunkt inigt man sich im Hinterzimmer, vorgestellt wird der ericht fern des politischen Zentrums in einer norddeut- 10340 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) schen Kleinstadt, vorgelegt wird er weder dem Bundes- tag noch den Länderparlamenten. Und nicht zuletzt zeigt die doch recht technische Debatte über Indikatoren und Ähnliches seitens der Koalition einen Konstruktionsfeh- ler des Nationalen Bildungsberichts: Empfehlungen wa- ren nicht erwünscht, Ergebnisse werden nicht debattiert. Geht es nach dem Willen der Großen Koalition, ist dies auch in Zukunft nicht vorgesehen. Doch wer wie die Bildungsministerin Schavan immer gerne das Wort der „wissensbasierten Steuerung“ vor sich her trägt, sollte sich anstrengen, den Nationalen Bil- dungsbericht zu einem echten Instrument der Steuerung zu machen. Dafür darf man aber den Wissenschaftlerin- nen und Wissenschaftlern nicht den Mund verbieten. Es ist schon ein bisschen seltsam, wie Union und SPD sich in ihrem Antrag um das Wort „Handlungsempfehlun- gen“ herumwinden. Da will man die „Weiterentwicklung des Bildungswesens über eine stärkere Output-orien- tierte Steuerung“, „einen konstruktiven Föderalismus“ und eine „problemorientierte Darstellung, die auf Defi- zite und Schwachstellen hinweist.“ Aber Empfehlungen, die will man nicht. Wir Grüne wollen, dass die Forsche- rinnen und Forscher für die Erstellung des Nationalen Bildungsberichts den klaren Auftrag erhalten, auf Grundlage ihrer empirischen Ergebnisse Handlungsemp- fehlungen auszusprechen. Auch setzen wir uns dafür ein, dass die Schwerpunktsetzung des jeweiligen Bildungs- berichts nicht im stillen Kämmerlein festgelegt wird, sondern aus der Debatte mit den Akteurinnen und Ak- teuren im Bildungsbereich – also aus Wissenschaft, Par- lamenten, Bildungsverwaltung und -einrichtungen etc. entsteht. Der Nationale Bildungsbericht muss außerdem dem Deutschen Bundestag zeitnah zur Auswertung vor- gelegt werden. Die Länder sollten dieses Verfahren ge- genüber den Landtagen ebenfalls anwenden, aber das können wir hier nicht beschließen. Bund und Länder sollten dann gemeinsam Umsetzungsstrategien zu den im Bericht gemachten bildungspolitischen Empfehlun- gen erarbeiten. Über den Bildungsbericht hinaus ist noch einiges zur Bildungsforschung insgesamt zu sagen. Seit der missra- tenen Föderalismusreform lobt die Bundesbildungs- ministerin die Bildungsforschung als Bundes(rest)kom- petenz in den Himmel. Dann erwarten wir aber, dass nicht nur darüber geredet wird, sondern endlich ein um- fassendes Konzept zur Bildungsforschung vorgelegt wird! Wir Grüne wollen die Bildungsforschung stärken und hierbei folgende Schwerpunkte setzen: Unterrichts- qualität an Schulen und pädagogische Konzepte bei der Entwicklung von Halbtags- zu Ganztagsschulen; Lehrer- aus- und -fortbildung sowie der Umgang mit heteroge- nen Lerngruppen. Mehr Forschung brauchen wir auch in den Bereichen informelles Lernen, Weiterbildung, Um- setzung des Bolognaprozesses sowie Bildungszugang und Bildungserfolg von Menschen mit Migrationshinter- grund und aus sozial benachteiligten Familien. Aus grüner Sicht sollte sich Deutschland auch auf je- den Fall an der großen OECD-Studie zum Lehrpersonal, dem sogenannten Lehrer-PISA beteiligen. Hier muss die Regierung auf die KMK einwirken. Die Teilnahme ist im Übrigen auch im Koalitionsvertrag vereinbart, bisher ist Deutschland aber nicht beim Lehrer-PISA dabei. Wir halten es daneben für notwendig, zu evaluieren, wie die n K w d F s f h d G N S d ß k d s k j S G t i G E r d i e t l M Z z s e o u s s d s n l D T d w A d o e s g d d i (C (D och nicht abgeschlossenen Projekte der Bund-Länder- ommission (BLK) in den Bundesländern weitergeführt urden. Die Länder haben als Ausgleich für den Wegfall er Gemeinschaftsaufgabe Bildungsplanung hohe inanzmittel erhalten und dazu erklärt, sie würden diese owohl für die noch nicht abgeschlossenen Versuche und ür neue Modellversuche einsetzen. Das wollen wir se- en! Nun noch ein paar Worte zu den anderen Anträgen, ie uns hier vorliegen. Wir freuen uns, dass auch die roße Koalition eingesehen hat, dass es nötig ist, den ationalen Bildungsbericht nicht erst im Rahmen einer elbstbefassung auf Antrag der Opposition zu behan- eln, sondern dem Bundestag vorzulegen. Bei regelmä- iger Befassung würde die Koalition vielleicht auch er- ennen, dass einige ihrer Behauptungen im Antrag nach en empirischen Ergebnissen nicht haltbar sind. So chreibt die Koalition, der Bildungsstand in der Bevöl- erung sei kontinuierlich gestiegen. Leider stimmt dies a für Deutschland nicht mehr, wie die aktuelle OECD- tudie „Bildung auf einen Blick“ zeigt: In der jüngeren eneration sinkt der Prozentsatz derjenigen, die einen ertiären Bildungsabschluss haben. Geradezu lächerlich st die Forderung der Koalitionsfraktionen, „die neue emeinschaftsaufgabe weiterentwickeln“ zu wollen. rst sorgen Sie mit Ihrer völlig verfehlten Föderalismus- eform dafür, dass dem Bund nahezu sämtliche Bil- ungskompetenzen entzogen wurden, dann wollen Sie m Nachhinein doch wieder mehr und die GA „weiter- ntwickeln“. Das ist unglaubwürdig! Auch im FDP-Antrag sind so einige Merkwürdigkei- en zu finden. Sie behaupten beispielsweise, im Nationa- en Ausbildungspakt würde so viel für Migrantinnen und igranten getan. Im Pakt ist jedoch mit keiner einzigen eile eine konkrete Zielvereinbarung zu diesem Thema u finden. Aber zurück zum Bildungsbericht. Hier chlägt die FDP gleich so viele Schwerpunkte vor, dass ntweder der nächste Bericht völlig überfrachtet und hne Schwerpunkt wäre oder es 20 Jahre dauern würde, m all die Schwerpunkte abzuarbeiten. Bildungsforschung und Bildungsberichterstattung ind wichtig – sowohl als Grundlage für bildungspoliti- che Entscheidungen als auch für die Weiterentwicklung er Praxis in den Bildungseinrichtungen. Bildungsfor- chung und -berichterstattung können aber nur im ge- annten Sinne wirken, wenn in ihrem Rahmen Hand- ungsoptionen aufgezeigt werden, eine öffentliche ebatte stattfindet und die Aufarbeitung sowie der ransfer der Forschungsergebnisse sichergestellt wer- en. Folglich: Wer Bildungsberichterstattung will, darf eder vor Handlungsempfehlungen noch vor Reformen ngst haben. Andreas Storm, Parl. Staatssekretär bei der Bun- esministerin für Bildung und Forschung: Mit dem nati- nalen Bildungsbericht „Bildung in Deutschland“ liegt rstmalig ein Überblick über das gesamte Bildungswe- en in Deutschland vor. Er wurde von einen unabhängi- en wissenschaftlichen Expertengremium im Auftrag es Bundesministeriums für Bildung und Forschung und er Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder n der Bundesrepublik Deutschland erarbeitet. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10341 (A) ) (B) ) Ich möchte die Gelegenheit nutzen, den Autoren, de- ren Arbeit durch einen wissenschaftlichen Beirat beglei- tet wurde, zu danken. Sie haben in mehrfacher Hinsicht Pionierarbeit geleistet. Die enge Kooperation von Statis- tikern, Jugend- und Bildungsforschern aus allen Bil- dungsbereichen ist schon für sich genommen etwas Neues. Neuland wurde auch im methodischen Bereich beschritten. So gab es in Deutschland kaum Erfahrungen mit einer indikatorengestützten Berichterstattung. Eine ganz entscheidende Neuerung ist aber vor allem darin zu sehen, dass mit dem nationalen Bildungsbericht erstmals eine Betrachtung entlang der gesamten Bildungsbiografie vorliegt, angefangen bei der frühkind- lichen Bildung, Betreuung und Erziehung über die allgemeinbildende Schule, die berufliche und Hoch- schulbildung bis zur Weiterbildung im Erwachsenenalter einschließlich des informellen Lernens. Mit dieser um- fassenden Darstellung des Bildungswesens über die je- weiligen Institutionen und Verantwortlichkeiten hinweg wird deutlich, dass den Nahtstellen und Übergängen im Bildungssystem besondere Bedeutung zukommt, wenn wir über das Lernen im Lebenslauf sprechen. Deshalb haben sich das Bundesbildungsministerium und die Kul- tusministerkonferenz der Länder darauf verständigt, den Schwerpunkt des nächsten Bildungsberichts, der im Jahre 2008 erscheint, dem Thema „Übergänge Schule – Berufsbildung/Hochschulbildung – Arbeitsmarkt“ zu widmen. Eine der zentralen Botschaften des ersten Berichtes ist, dass Bildung in Deutschland in den letzten Jahren besser geworden ist. So haben Bildungsbeteiligung und Bildungsstand der Bevölkerung zugenommen. Interna- tionale Vergleiche belegen aber, das andere Länder bei der Verbesserung ihres Bildungssystems schneller sind. Eine grundlegende gemeinsame Folgerung von Bund und Ländern ist deshalb, die Reformanstrengungen zu beschleunigen. Ein Hauptproblem in Deutschland ist nach wie vor der enge Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg. Die Bundesregierung hat deshalb in ihrer Stellung- nahme zum Bildungsbericht dem Thema „Migration“ besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Hervorzuheben sind das verstärkte Engagement der Partner im nationa- len Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs zur Verbesserung der Ausbildungssituation von jungen Mi- grantinnen und Migranten, Maßnahmen für Jugendliche mit Migrationshintergrund in Programmen der berufli- chen Bildung und Nachqualifizierung und die Unterstüt- zung der Länder bei der individuellen Sprachförderung durch Forschungsvorhaben. Darüber hinaus haben wir neben den bereits darge- stellten Verbesserungen in der Berufsausbildung – kon- krete Aktivitäten im Hochschul- und Weiterbildungsbe- reich in Angriff genommen. Beispiele dafür sind der mit den Ländern verabredete Hochschulpakt zur Sicherung der Ausbildungschancen der jungen Generation und die Entwicklung einer Gesamtstrategie „Lernen im Lebens- lauf“ mit Unterstützung des Innovationskreises „Weiter- bildung“. Der nationale Bildungsbericht und internationale Leistungsvergleiche sind zentrale Elemente der neuen Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern nach der F e e B g M l n 2 h d f M s c n e R d w n s E u u t m P B i r s A r n s k z z z s t d a A J (C (D öderalismusreform. Sie sind Teil eines modernen Steu- rungsinstrumentariums, das sich stärker als bisher auf mpirische Aussagen stützt. Darüber hinaus können und und Länder künftig Konsequenzen in Form von emeinsamen Empfehlungen ziehen. Sie geben uns die öglichkeit, gemeinsame Ziele für die Weiterentwick- ung des Bildungswesens festzulegen und diese koordi- iert in den jeweiligen Zuständigkeiten umzusetzen. Die bisherigen Erfahrungen sind ermutigend: Im Juni 006 wurde der erste nationale Bildungsbericht als unab- ängiger Expertenbericht veröffentlicht. Bund und Län- er haben noch im gleichen Jahr gemeinsame Schluss- olgerungen aus dieser Analyse gezogen, bei denen aßnahmen der Bildungsforschung eine wichtige Rolle pielen. Generell brauchen wir mehr Wissen über Ursa- hen und Wirkungen im Bildungswesen. Das Bundesmi- isterium für Bildung und Forschung wird deshalb die mpirische Bildungsforschung durch ein entsprechendes ahmenprogramm strukturell stärken und die verschie- enen Aktivitäten so bündeln, dass ein kontinuierlich achsendes Potenzial entsteht. Wir werden darüber hi- aus in enger Abstimmung mit den Ländern und der wis- enschaftlichen Community die Voraussetzungen für die tablierung eines nationalen Bildungspanels schaffen, m empirisch tragfähige Erkenntnisse über „Bildung nd Lebenslauf“ zu gewinnen. Mithilfe von Forschung entwickeln wir auch den na- ionalen Bildungsbericht weiter. So fördert das Bundes- inisterium für Bildung und Forschung ein begleitendes rojekt, mit dem insbesondere die Indikatorisierung von ildungsverläufen und die Darstellung der Übergänge m Bildungswesen verbessert werden sollen. Des Weite- en streben die Autoren für den kommenden Bericht eine tärkere Problemorientierung und eine Erhöhung der ktualität an. Sie greifen damit ein Ergebnis der Anhö- ung des Ausschusses für Bildung Forschung und Tech- ikfolgenabschätzung Anfang dieses Jahres auf. Der Bildungsbericht wird künftig alle zwei Jahre er- cheinen. Damit haben Bund und Länder die Möglich- eit, Entwicklungen im Bildungsbereich kontinuierlich u beobachten und entsprechende politische Konsequen- en für die Modernisierung von Bildung in Deutschland u ziehen. Das Bundesministerium für Bildung und For- chung wird sich dafür einsetzen, die neuen Koopera- ionsmöglichkeiten von Bund und Ländern im Rahmen er Gemeinschaftsaufgabe weiterzuentwickeln. Wir sind uf einem guten Weg! nlage 16 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts zu der Unterrichtung der Bundesregie- rung: Bericht der Bundesregierung über die deutsche humanitäre Hilfe im Ausland 2002 bis 2005 (Tagesordnungspunkt 26) Ute Granold (CDU/CSU): Seit Anfang der 1990er- ahre legt die Bundesregierung am Ende jeder Legisla- 10342 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) turperiode einen Bericht über die von ihr im Ausland ge- leistete humanitäre Hilfe vor. Heute debattieren wir über die Bilanz für den Zeitraum von 2002 bis 2005. Dazu hat am 28. Februar eine öffentliche Anhörung im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe des Deutschen Bundestages stattgefunden. Die Hilfsorganisationen hat- ten dabei Gelegenheit, den Bericht der Bundesregierung zu bewerten und Vorschläge zur Weiterentwicklung der humanitären Hilfe zu entwickeln. Die Hilfsorganisationen stehen im Zentrum der deut- schen Politik zur humanitären Hilfe. Mit ihnen leistet die Bundesregierung bei Naturkatastrophen, Kriegen und Konflikten humanitäre Hilfe. Sie unterstützt sie finan- ziell – nach ihrem humanitären Imperativ unabhängig von politischen, ethnischen oder religiösen Erwägungen. Innerhalb der Bundesregierung ist das Auswärtige Amt federführend für die humanitäre Hilfe zuständig. An die von dort gewährte Soforthilfe schließt sich die entwicklungsorientierte Not- und Übergangshilfe des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammen- arbeit und Entwicklung an. Sie leistet einen Beitrag dazu, die Lücke zwischen der kurzfristig angelegten hu- manitären Hilfe und langfristiger Entwicklungshilfe zu schließen. Diese Arbeitsteilung hat sich in der Vergan- genheit bewährt und sollte auf jeden Fall fortentwickelt werden. Bei der Koordinierung dieser Aktivitäten muss ein fließender Übergang von der Soforthilfe zur entwick- lungsorientierten Nothilfe sowie eine nahtlose An- schlussfinanzierung sichergestellt werden. In den Zeitraum des aktuellen Berichtes der Bundes- regierung fallen eine ganze Reihe humanitärer Katastro- phen. So ragt zweifellos der Tsunami vom 26. Dezember 2004 als eine der großen Naturkatastrophen der Mensch- heitsgeschichte hervor. Dazu kommt eine bedrückend lange Reihe von Krisen und Katastrophen, insbesondere die weiter ungelösten Konflikte im Sudan (Darfur) und im Kongo, die schweren Erdbeben im Iran 2003 und in Pakistan 2005, die Wirbelstürme in Mittel- und Norda- merika 2005 und nicht zuletzt der Krieg im Irak 2003. Auch die Terroranschläge vom 11. September 2001 und die Kriege in Afghanistan und Irak haben sich deutlich auf die Rahmenbedingungen der humanitären Hilfe aus- gewirkt. Die Erfahrungen im Umgang mit diesen Krisen zeigen die zentralen Zukunftstrends auf, auf die wir re- agieren müssen. So ist abzusehen, dass vor allem durch Auswirkungen des Klimawandels und die zunehmende Besiedelung kri- tischer geografischer Räume – etwa an den Küsten, ent- lang der großen Flüsse und im Gebirge – Naturkatastro- phen sowie die dadurch verursachten Schäden weiter zunehmen werden. Da solche Ereignisse überwiegend Länder treffen werden, die mit der Bewältigung der Notsituation orga- nisatorisch und finanziell überfordert sind, wird der Be- darf an humanitärer Hilfe anwachsen. Vor diesem Hin- tergrund kommt Konzepten zur Katastrophenvorsorge, mit denen den Risiken bereits im Vorfeld effektiv begeg- net werden kann, eine besondere Bedeutung zu. Deshalb sollten die in diesem Bereich von der Bundesregierung b f a l f l E z w l v t s s S s N m d d r O p r v k s k m d z n d t s P e z d g o E s S d g a N t ü e d k t (C (D ereits unternommenen Schritte auch intensiv weiterge- ührt werden. Dem absehbaren Anwachsen des Bedarfs müssen wir uch durch die Bereitstellung entsprechender finanziel- er Mittel Rechnung tragen. So sollte der Haushaltstitel ür humanitäre Hilfe mittel- bis langfristig auf 100 Mil- ionen Euro aufgestockt werden. Die im Rahmen des U-Stufenplans bis 2015 geforderte Erhöhung der finan- iellen Mittel macht eine Anhebung der deutschen Auf- endungen auf 100 Millionen Euro zwingend erforder- ich. Mit den für 2007 bereitgestellten Mitteln in Höhe on 50 Millionen Euro befindet sich Deutschland im in- ernationalen Vergleich bisher nur im Mittelfeld. Die Prinzipien der Subsidiarität und Diversität haben ich bei den deutschen Hilfsmaßnahmen bewährt und ollten deshalb auch bei der Reform des humanitären ystems der VN Berücksichtigung finden. Eine Zentrali- ierung der humanitären Hilfe zulasten der nationalen ichtregierungsorganisationen muss in jedem Fall ver- ieden werden. Gemäß dem Subsidiaritätsprinzip sollte ie staatliche Förderpolitik auch weiterhin sicherstellen, ass es zu keiner Konkurrenzsituation zwischen Nicht- egierungsorganisationen (NGOs) und staatlichen rganisationen kommt. Gleichzeitig sollte in der Förder- olitik eine Konkurrenz zwischen deutschen Nichtregie- ungsorganisationen und internationalen Organisationen ermieden werden. Es darf nicht passieren, dass die nappen Ressourcen in einer unnötigen Konkurrenz- ituation verpuffen und den Bedürftigen nicht zugute- ommen. Bei Auslandseinsätzen deutscher Streitkräfte im Rah- en humanitärer Hilfsmaßnahmen sollte darüber hinaus arauf geachtet werden, dass diese nur dann unterstüt- end zum Einsatz kommen, wenn zivile Kapazitäten icht ausreichen. Der Verantwortungsbereich von Bun- eswehr und Hilfsorganisationen sowie die Koordina- ion untereinander müssen dazu in jeder Phase des Ein- atzes klar definiert werden. Auch hier spiegelt sich das rinzip der Subsidiarität wieder. Ebenfalls dem Grundsatz der Subsidiarität entspricht s, auch zukünftig am Konzept der Fehlsbedarfsfinan- ierung festzuhalten. Danach sollen die Zuwendungen abei helfen, die mangelnden Eigenmittel der Empfän- er auszugleichen. Der von deutschen Nichtregierungs- rganisationen aus eigenen Mitteln aufzubringende igenanteil in Höhe von derzeit fünf Prozent orientiert ich an deren durchschnittlicher Leistungsfähigkeit. chwankungen im Spendenaufkommen wird bereits da- urch Rechnung getragen, dass in Einzelfällen als Ei- enanteil auch Eigenleistungen in nicht bezifferter Höhe kzeptiert werden. Um die Handlungsfähigkeit der GOs nicht zu gefährden, soll der geforderte Eigenan- eil auch in Zukunft einen Wert von fünf Prozent nicht berschreiten. Die Anhörung am 28. Februar hat auch gezeigt, dass s im Rahmen der Bemühungen zur Reform des Systems er Humanitären Hilfe der Vereinten Nationen Möglich- eiten für deutsche humanitäre Nichtregierungsorganisa- ionen geben sollte, neben den VN-Organisationen direkt Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10343 (A) ) (B) ) Mittel beim Central Emergency Response Fund (CERF) beantragen zu können. Die Erfahrungen der vergangen Jahre haben deutlich gezeigt, dass man die staatliche humanitäre Hilfe losge- löst von der Außen-, Entwicklungs-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik nicht sinnvoll betreiben kann. Die Verzahnung der Arbeit des Auswärtigen Amtes und des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammen- arbeit und Entwicklung ist eine wichtige nationale Schlussfolgerung. Auch die Aufbauarbeit in Afghanistan ist nur durch ein Ineinandergreifen von Sicherheitspoli- tik und humanitärer Hilfe möglich. Die nationale humanitäre Hilfe erfolgt eigentlich im- mer im internationalen Kontext. Daher sollte Deutsch- land innerhalb der EU verstärkt darauf hinarbeiten, die Vorgehensweise bei humanitären Katastrophen unter den Mitgliedstaaten abzustimmen. Nur so kann die humani- täre Hilfe auf europäischer Ebene stärker als bisher zu einem wichtigen Bestandteil einer gemeinsamen Außen-, Entwicklungs-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik weiterentwickelt werden. Zum Abschluss meiner Ausführungen will ich noch auf ein konkretes Problem hinweisen, dem wir uns in Zukunft verstärkt widmen müssen. In vielen Kriegsge- bieten wird der Wiederaufbau durch zahlreiche Minen und Blindgänger stark erschwert. Deshalb müssen Pro- jekte des humanitären Minenräumens konsequent fortge- setzt und ausreichend finanziert werden. Deutschland verfügt in diesem Bereich über umfangreiche Erfahrun- gen und auch einmaliges technologisches Know-how. Dieses sollten wir auch in Zukunft dafür einsetzen, den Menschen in Afghanistan, in Kolumbien oder in den von Bürgerkriegen erschütterten Regionen Afrikas den Wie- deraufbau zu erleichtern und neue Perspektiven zu eröff- nen. Christel Riemann-Hanewinckel (SPD): Durch Kriege, Naturereignisse oder Umweltkatastrophen über- all auf der Welt geraten Menschen in die Lage, sich nicht mehr selbst mit Nahrung versorgen zu können, kein Dach mehr über dem Kopf zu haben, von Krankheit und Tod bedroht zu sein. Sie können sich nicht aus eigener Kraft aus ihrer Notlage befreien, auch die Regierungen ihrer Länder sind dazu nicht in der Lage. Schnell und möglichst unbürokratisch muss Hilfe für diese Men- schen an den Ort des Geschehens gelangen. Vergleicht man eine humanitäre Katastrophe mit der Situation nach einem Verkehrsunfall, so wird klar, dass es bei humanitärer Hilfe um lebensrettende Maßnahmen geht, zu denen wir aus ethischer Verantwortung heraus verpflichtet sind – alles andere wäre unterlassene Hilfe- leistung. Humanitäre Hilfe wird unabhängig von politischen, ethischen oder religiösen Erwartungen geleistet, sie orientiert sich allein an der Bedürftigkeit der Menschen. Pragmatisch und schnell werden lebensrettende Maß- nahmen für die betroffenen Menschen ergriffen: Sie müssen mit Nahrung versorgt werden, sie brauchen Me- dikamente und ärztliche Betreuung, sie brauchen Klei- d K d Ü p a e a U d k e e H i A s s h w m d n c g d S t V h s E m N o t K d D Z z p s M e d 1 a w g w d t (C (D ung und zumindest ein provisorisches Dach über dem opf. Auf diese erste lebensrettende humanitäre Hilfe folgt urch Deutschland die entwicklungsorientierte Not- und bergangshilfe. Sie setzt unmittelbar nach der Katastro- he ein und bietet Unterstützung, bis die eher langfristig ngelegte Entwicklungszusammenarbeit ihre Wirkung ntfalten kann. Das Bild des Verkehrsunfalls macht dies nschaulich: Nach den lebensrettenden Maßnahmen am nfallort kann die stabilisierende Versorgung erfolgen, amit dann die Therapie ihre volle Wirkung entfalten ann. Die Unterscheidung zwischen humanitärer Hilfe und ntwicklungsorientierter Not- und Übergangshilfe sind ine deutsche Besonderheit. Während die humanitäre ilfe in die Zuständigkeit des Auswärtigen Amtes fällt, st die entwicklungsorientierte Not- und Übergangshilfe ufgabe des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zu- ammenarbeit und Entwicklung. Beide Ministerien müs- en eng zusammenarbeiten. Die Federführung für die umanitäre Hilfe der Bundesregierung liegt beim Aus- ärtigen Amt. Von hier aus wird die Zusammenarbeit it anderen Staaten, mit den Einrichtungen der EU und en Vereinten Nationen sowie mit Nichtregierungsorga- isationen koordiniert. Die Nichtregierungsorganisationen sind die eigentli- hen Akteure der humanitären Hilfe. Sie leisten den rößten Teil der wichtigen harten Arbeit vor Ort. Für ieses großartige Engagement möchte ich mich an dieser telle ganz herzlich bedanken. Das Geld für die Arbeit der Nichtregierungsorganisa- ionen wird zu einem Teil von der Bundesregierung zur erfügung gestellt. Den weitaus größeren Teil aber er- alten sie aus Spenden der Bürgerinnen und Bürger un- eres Landes. Jedes Jahr sind das mehrere Milliarden uro, die so der Hilfe für Menschen in Not zugute kom- en. Ich möchte denjenigen danken, die die Arbeit der ichtregierungsorganisationen durch Geld, Sachspenden der auch durch ihren persönlichen Einsatz vor Ort un- erstützen und damit viele Menschenleben retten. Humanitäre Hilfe greift nicht nur dann, wenn eine atastrophe bereits eingetreten ist. Sie beginnt schon ann, wenn es darum geht, Katastrophen zu verhindern: ie Gelder prophylaktisch einzusetzen bedeutet, dass in ukunft weniger humanitäre Hilfe nötig sein wird und ukünftige Ereignisse, wie zum Beispiel Naturkatastro- hen, weniger Menschenleben – im Idealfall keine Men- chenleben kosten. Die Mitglieder des Ausschusses für enschenrechte und humanitäre Hilfe sind sich deshalb inig, dass die Mittel für die humanitäre Hilfe der Bun- esregierung in den nächsten Jahren auf jährlich 00 Millionen Euro aufgestockt werden müssen. Humanitäre Hilfe ist immer auch eine Gemeinschafts- ufgabe vieler Staaten. Die Europäische Union ist welt- eit der größte Akteur in der humanitären Hilfe. Ich be- rüße es deshalb sehr, dass sich die deutsche Regierung ährend ihrer EU-Ratspräsidentschaft für eine aufeinan- er abgestimmte Vorgehensweise aller EU-Mitgliedstaa- en im Falle humanitärerer Katastrophen einsetzt. 10344 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) Ein besonders wichtiges Aufgabengebiet der humani- tären Hilfe der Bundesregierung ist das humanitäre Mi- nenräumen. Landminen bedeuten nach der Beendigung von Kriegen große Gefahr für das Leben aller, die dort leben, sowie das Leben derer, die am Wiederaufbau mit- wirken. Die finanziellen Mittel für das humanitäre Mi- nenräumen müssen unbedingt weiter zur Verfügung ge- stellt werden. Genauso wichtig ist es meiner Meinung nach aber, dass sich Deutschland auf diplomatischer Ebene dafür einsetzt, dass auch Russland, die USA und China dem Ottawaabkommen vom 1. März 1999 beitre- ten, das Antipersonenminen ächtet. Im Menschenrechstausschuss haben wir eine Emp- fehlung an die Bundesregierung zur Unterrichtung erar- beitet. Ich habe sehr gehofft, dass alle Fraktionen dieser Empfehlung zustimmen würden. Leider war dies aber nicht möglich. Die Mitglieder der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen in unserem Ausschuss haben den Text der Empfehlung von SPD und CDU/CSU zum größten Teil wörtlich übernommen und um wenige Punkte ergänzt. Leider haben sie dem gemeinsamen Text der Empfehlung daraufhin nicht zugestimmt. Burkhardt Müller-Sönksen (FDP): Die FDP-Bun- destagsfraktion kann der Beschlussempfehlung der Frak- tionen von CDU/CSU und SPD zum Bericht der Bun- desregierung über die deutsche humanitäre Hilfe im Ausland 2002 bis 2005 nicht zustimmen; denn die Be- schlussempfehlung kommt an einem sehr zentralen Punkt zu einer Bewertung, die wir nicht teilen können. Unter Punkt 10 heißt es: Die Zusammenarbeit des AA und des BMZ im Schnittpunktbereich zwischen humanitärer Hilfe und entwicklungspolitischer Not- und Übergangs- hilfe hat sich bewährt. Diese Feststellung steht in einem diametralen Gegen- satz zu den Feststellungen, die von der OECD im Rah- men des letzten DAC-Peer-Review aus dem Jahr 2005 zur Verbesserung der deutschen humanitären Hilfe ge- macht wurden. Dort heißt es zur humanitären Hilfe: Das deutsche System der humanitären Hilfe ist fragmentiert. Es fällt in die Zuständigkeit von zwei Ministerien, deren Kompetenzbereiche sich zum Teil überschneiden. Diese Zersplitterung wird durch ein detailliertes und relativ rigides Bud- getsystem noch verschärft. Auf der einen Seite ist das Auswärtige Amt für die Aktivitäten eines gro- ßen, unabhängigen Arbeitsstabs verantwortlich, der auf Soforthilfe spezialisiert ist. Auf der anderen Seite verfügt das BMZ über ein kleineres Referat für entwicklungsorientierte Not- und Übergangs- hilfe mit einem breiten, weniger präzise definierten Mandat. Diese zweigleisige Managementstruktur hat zur Folge, dass die Summe der Einzelelemente kleiner ist als der potenzielle Gesamteffekt. Die Konsequenz ist, dass die verschiedenen mit huma- nitärer Hilfe befassten Stellen sowohl untereinander als auch von den anderen Abteilungen der beiden Ministerien isoliert sind. Das schränkt deren Fähig- s n b h s l u i z k i r g i H v g b k h e s t M R s h k w w K m g o t n l t a i n s (C (D keit ein, der komplexen Natur der heutigen Krisen- situationen und Katastrophen gerecht zu werden, und beeinträchtigt somit die Effektivität der Hilfe. Auf diese Weise wird nicht nur die Synchronisie- rung von Aktionen im Rahmen der humanitären Hilfe, sondern auch deren Verknüpfung mit der Entwicklungszusammenarbeit erschwert. Diese He- rausforderung betrifft sämtliche Aspekte der Pla- nung und Umsetzung, des Follow-up wie des ent- wicklungspolitischen Lernprozesses. Besser als in diesem DAC-Peer-Review kann das Zu- tändigkeitsdilemma der deutschen humanitären Hilfe icht auf den Punkt gebracht werden. Meine Fraktion emängelt seit langem, dass Deutschland im Bereich der umanitären Hilfe ein zu komplexes, teilweise undurch- chaubares Zuständigkeitsgefüge hat. Die Fragmentierung des deutschen Systems ließe sich etztlich am besten durch eine Zusammenführung der nterschiedlichen Zuständigkeiten für humanitäre Hilfe n einem einzigen Ministerium überwinden. Dies wäre udem ein durchaus hilfreicher Beitrag zur Verschlan- ung der Bundesverwaltung. Kurzfristig ließe sich – wie m DAC-Peer-Review empfohlen – eine stärkere Kohä- enz aller Komponenten der humanitären Hilfe durch ein emeinsames Budget herstellen. Ferner empfiehlt der DAC-Peer-Review, eine Evalu- erung der Gesamtergebnisse der deutschen humanitären ilfe vorzunehmen. Auch diese Empfehlung hat in die orliegende Beschlussempfehlung leider keinen Eingang efunden. Die Koalitionsfraktionen verschließen hier ewusst die Augen, um von dem allgemeinen Zuständig- eitsdilemma abzulenken. Erforderlich ist eine Sofort- ilfe aus einem Guss, indem humanitäre Soforthilfe und ntwicklungsorientierte Not- und Übergangshilfe zu- ammengeführt werden. Durch die jetzige Doppelstruk- ur entsteht ein ineffizienter und zulasten der betroffenen enschen geführter Konkurrenzkampf zwischen den essorts – frei nach dem Motto: Wer das meiste und am chnellsten die Mittel zusagt, hat die beste Presse. Das ilft aber den Menschen wenig, vor allem, wenn dann eine Mittel mehr zur Verfügung stehen, um die allzu ichtige Übergangshilfe zu gewähren, die dringend not- endig wird, wenn die Öffentlichkeit nachlässt und neue atastrophen die Welt beschäftigen. Lassen Sie mich noch eines zur Ausgestaltung der hu- anitären Hilfe sagen: Wir müssen die Märkte der Re- ion stärker nutzen und wir müssen die Nichtregierungs- rganisationen besser unterstützen. Die Koalition hat die Chance verpasst, Doppelstruk- uren und Bürokratiehemmnisse abzubauen, nur um ei- en schon lange schwelenden Brand nicht ausbrechen zu assen – zulasten der betroffenen Menschen. Dem An- rag können wir deshalb so nicht zustimmen. Die Not- und Katastrophenhilfe ist und bleibt ein un- ntastbarer humanitärer Grundauftrag. Umso wichtiger st, dass diese Hilfe schnell, unbürokratisch, gut koordi- iert und effizient gewährt wird. Dafür setzt die FDP ich ein. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10345 (A) ) (B) ) Michael Leutert (DIE LINKE): Wenn man erwarten darf, dass in einem Bericht auch wirklich etwas berichtet wird, ist dieser Bericht der Bundesregierung ein guter Bericht. Darüber hinaus liefert er Stoff, der Anregungen für Nachfragen darstellt. Ich zitiere zwei Passagen. Zum einen sieht sich die Bundesregierung einem Moralprin- zip unterworfen, einem sogenannten humanitären Impe- rativ: Bundesregierung leistet humanitäre Hilfe unabhän- gig von politischen, ethnischen oder religiösen Er- wägungen, ein Grundsatz, der als humanitärer Im- perativ bezeichnet wird. Dann finden wir aber doch eine politische Erwägung, die zeigt, dass humanitäre Hilfe eben nicht ausschließ- lich dem sogenannten humanitären Imperativ folgen kann: Humanitäre Hilfe stößt an Grenzen, wo sie nicht willkommen ist, behindert oder instrumentalisiert wird. Auch unter schwierigen Rahmenbedingungen findet humanitäre Hilfe noch statt, solange es eine Gewähr dafür gibt, dass sie bei den bedürftigen Menschen ankommt. Diese Passagen zeigen meines Erachtens, dass huma- nitäre Hilfe zumindest für die Bundesregierung nicht klar definierbar ist. Aber das ist unser Problem. Uns stellen sich andere Fragen. Etwa hinsichtlich der Kostenrechnung für ClMIC-Maßnahmen, die ich für irreführend halte: Von 2002 bis 2005 hat die Bundeswehr fast 750 Maßnahmen mit einem Gesamtvolumen von ca. 10,5 Mio. Euro durchgeführt. Diese wurden zu 85 Prozent durch private Spenden, zu einem gerin- gen Prozentsatz auch aus Mitteln des BMZ finan- ziert. In eine derartige Kostenbetrachtung gehen offenbar nicht die Kostenanteile ein, die ein Militäreinsatz als sol- cher erst einmal erfordert. Das ist so, als würden in die Kostenrechnung pro Tonne Steinkohle nur die Arbeits- kosten und die Kosten anteilig vernutzter Arbeitsmittel eingehen, ohne Erschließungskosten zu berücksichtigen. Hier wäre zu fragen, ob CIM1C nicht durch traditio- nelle zivile Entwicklungsmaßnahmen auch unter Kos- tengesichtspunkten ersetzbar wäre. Es mag Sie ja er- schüttern, aber wir halten die Auslandseinsätze der Bundeswehr nicht für humanitäre Hilfsmaßnahmen. Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Um von vornherein eines klarzustellen: Die deutsche huma- nitäre Hilfe ist von einer hohen Qualität gekennzeichnet und erfreut sich in aller Welt einer großen Wertschät- zung. All den haupt- und ehrenamtlichen Akteuren der deutschen humanitären Hilfe zollen wir großen Respekt, besonders denjenigen, die ihren Einsatz unter großen Entbehrungen leisten und – wie aktuell zum Beispiel in Afghanistan – sogar Risiken für Leib und Leben auf sich nehmen. Doch die Einschätzung, dass etwas gut ist, ver- wehrt noch lange nicht die Möglichkeit, Vorschläge zu u k t w f d a l D s i e e d i g l z p u E g A s g K c s c d s f w z d n g a p o k 1 r z d E t K c s b s t s l (C (D nterbreiten, wie das Gute weiter verbessert werden ann. Die OECD-Staaten haben einen gegenseitigen Kon- roll- und Beratungsmechanismus für die Bereiche Ent- icklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe einge- ührt: den sogenannten DAC-Peer-Review. Im Rahmen ieses Prozesses haben in den letzten Jahren Experten us verschiedenen anderen OECD-Staaten die Entwick- ungszusammenarbeit und die humanitäre Hilfe eutschlands unter die Lupe genommen. In ihrem Ab- chlussbericht stellen sie Deutschland in diesen Sektoren nsgesamt ein gutes Zeugnis aus, aber sie stellen auch in paar kritische Fragen und machen Vorschläge, die rnsthaft geprüft werden sollten. Dabei geht es vor allem um eine bessere Verzahnung er Soforthilfe, für die das Auswärtige Amt zuständig st, mit der entwicklungsorientierten Not- und Über- angshilfe sowie der langfristig angelegten Entwick- ungszusammenarbeit, für die das BMZ verantwortlich eichnet. Damit ich nicht missverstanden werde: Wir lädieren für eine Verbesserung der Zusammenarbeit nd nicht etwa, wie die FDP, für die Abschaffung des ntwicklungsministeriums und Übertragung seiner Auf- abenbereiche in die Zuständigkeit des Auswärtigen mtes. Sowohl die Zuständigkeiten als auch die Budgets ind bei uns etwas kompliziert geregelt. Dafür gibt es ute Gründe. Aber in der Praxis führt das manchmal zu ompetenzgerangel und Reibungsverlusten. Die deutsche humanitäre Hilfe ist sowohl im staatli- hen wie auch im nichtstaatlichen Bereich sehr vielge- taltig. Das ist einerseits ein Vorteil, kann aber in man- hen Katastrophenfällen auch zum Problem werden. In er von den Koalitionsfraktionen ausgearbeiteten Be- chlussempfehlung zum Regierungsbericht wird mehr- ach gefordert, dass es keine Konkurrenz geben soll – eder zwischen staatlichen und nichtstaatlichen noch wischen nationalen und internationalen Organisationen, ie humanitäre Hilfe leisten. Das Wünschen verändert icht die Realität! Natürlich gibt es unter den vielen Or- anisationen Konkurrenz: um Medienpräsenz, Spenden- ufkommen, Aufträge. Die Vielzahl der Organisationen stellt in Katastro- henfällen die Empfängerländer der humanitären Hilfe ft vor große logistische Probleme. Nach der Tsunami- atastrophe haben sich allein in Sri Lanka mehr als 100 neue Hilfsorganisationen aus aller Welt akkreditie- en lassen und dabei viele personelle und Transportkapa- itäten beansprucht – um nicht zu sagen: blockiert. Auf er internationalen Bühne wird deshalb sowohl für die ntwicklungszusammenarbeit als auch für die humani- äre Hilfe viel von der Notwendigkeit einer besseren oordinierung, Abstimmung und Arbeitsteilung gespro- hen. Ohne das Prinzip der Subsidiarität in Frage zu stellen, ollte auch in Deutschland offen über eine bessere Ar- eitsteilung zwischen nationalen und internationalen, taatlichen und nichtstaatlichen Durchführungsorganisa- ionen der humanitären Hilfe und der Entwicklungszu- ammenarbeit diskutiert werden. Dabei darf es nicht al- ein darum gehen, wer die bessere Lobbyarbeit macht 10346 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) und deshalb ein größeres Stück vom Kuchen abbe- kommt. Vielmehr muss es um die Frage gehen, welche Organisation in welchem Land für welche Aufgabe bes- ser geeignet ist, mehr Fachkompetenz mitbringt und/ oder durch Partnerschaften mit regionalen Akteuren bes- ser vernetzt ist. Die Beschlussempfehlung, die aus den Koalitions- fraktionen kommt, wirkt zu defensiv, so als ob es nur da- rum gehen würde, die Existenzberechtigung vieler, vie- ler deutscher NGOs gegenüber den Begehrlichkeiten internationaler Organisationen – besonders aus dem Sys- tem der Vereinten Nationen – zu verteidigen. Auch viele kleine NGOs, die sich spezialisiert haben, leisten eine engagierte und effektive Arbeit und sollten auch weiter- hin Aufträge bekommen. Wichtig sind jedoch gute Ab- sprachen mit allen anderen Akteuren, sodass bei der Be- wältigung oder Verhütung einer Katastrophe alle Hilfsorganisationen und die Menschen vor Ort an einem Strang ziehen – und zwar in die selbe Richtung! Beim Koordinierungskreis für humanitäre Hilfe, zu dem das Auswärtige Amt regelmäßig einlädt, sollten alle Akteure an einem Tisch sitzen und ihre Arbeit gut koordinieren – auch die VN-Organisationen, die in Deutschland eine Niederlassung haben. Zum Schluss zu den Finanzen: Sowohl für die huma- nitäre Hilfe als auch für die Entwicklungszusammenar- beit brauchen wir mehr Geld. Eine Aufstockung der Mit- tel für die humanitäre Hilfe auf 100 Millionen Euro pro Jahr wird auch von uns unterstützt, ebenso wie ein ganz kräftiger Aufwuchs der Mittel für die Entwicklungszu- sammenarbeit. In der von den Koalitionsfraktionen erarbeiteten Be- schlussempfehlung wird jedoch eine unpassende Be- gründung für eine berechtigte Forderung gegeben: Der Anteil der von Deutschland geleisteten humanitären Hilfe an den gesamten deutschen ODA-Leistungen, die für humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit erbracht werden, sei im Vergleich zu anderen Staaten ziemlich gering. Das wäre so, als ob man die Qualität ei- nes Gesundheitssystems daran messen würde, wie hoch der Anteil der Kosten für chirurgische Eingriffe oder Krankenwagenfahrten am gesamten Gesundheitsbudget wäre! Dann würden Staaten, die mit Erfolg viel in Prä- vention und Rehabilitation investieren, schlechter ab- schneiden als Staaten, die sich nur auf Notfallmedizin konzentrieren. Entscheidend ist, dass Deutschland seiner Wirt- schaftskraft entsprechend sowohl quantitativ als auch qualitativ gute Beiträge leistet, um Katastrophen zu be- wältigen und sie zu verhüten. Bei Naturkatastrophen und in Kriegsfällen muss der notleidenden Bevölkerung so schnell und effektiv wie möglich Soforthilfe gewährt werden. Bei Katastrophen mit strukturellen Ursachen ist eine Verzahnung mit längerfristig angelegten Strategien der Entwicklungszusammenarbeit, die an die Ursachen geht, Hilfe zur Selbsthilfe bietet und eine Wiederholung der Katastrophe verhindert, ganz wichtig. Überzogene, entmündigende, fehlgeleitete humani- täre Hilfe – besonders in Form von planloser Verteilung von Nahrungsmitteln – kann bei strukturell bedingten N z r A s I a d a A n s u t w A ti K D g V – n k r g n d u A s d s f A g c p j A e (C (D otlagen sogar kontraproduktiv sein, regionale Märkte erstören und die Notleidenden noch tiefer in die Rolle einer Almosenempfänger hineindrücken. Ich bin froh, dass es jetzt Initiativen gibt, die Food- id-Konvention zu überarbeiten. Wir werden uns an die- en Bemühungen beteiligen und Vorschläge einbringen. n diesem Bereich ist Deutschland aber schon recht gut ufgestellt. Unter Reformdruck müssen hier vor allem ie USA gesetzt werden. Unser Beitrag muss es sein, sich sowohl national als uch international für eine bessere Koordinierung und rbeitsteilung in der humanitären Hilfe einzusetzen und atürlich in die Zukunft zu investieren – in den Klima- chutz, in die zivile Konfliktprävention, in Gerechtigkeit nd in die strukturelle Überwindung von Hunger und ex- remer Armut, damit die Zahl der Katastrophen geringer ird. nlage 17 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts zu den Anträgen – Ächtung des Gesetzes zur Verhütung erb- kranken Nachwuchses vom 14. Juli 1933 – Nichtigkeitserklärung des Erbgesundheits- gesetzes (Tagesordnungspunkt 27) Dr. Jürgen Gehb (CDU/CSU): Hintergrund der heu- gen abschließenden Beratung der beiden Anträge der oalitionsfraktionen und der Fraktion des Bündnisses 90/ ie Grünen ist ein Anliegen des Bundes der Euthanasie- eschädigten und Zwangssterilisierten, das Gesetz zur erhütung erbkranken Nachwuchses vom 14. Juli 1933 das sogenannte Erbgesundheitsgesetz – „endlich und ach über siebzig Jahren aufzuheben und für nichtig zu er- lären“. Das Erbgesundheitsgesetz war eines der ersten assistischen Gesetze des NS-Staates. Es besteht seit län- erer Zeit kein Zweifel mehr daran, dass es sich dabei um ationalsozialistisches Unrecht handelte. Die Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen hat sich as Anliegen des Bundes der Euthanasiegeschädigten nd Zwangssterilisierten zu eigen gemacht und in ihrem ntrag die Bundesregierung aufgefordert, „einen Vor- chlag vorzulegen, wie der Gesetzgeber dem Anliegen es Bundes der ‚Euthanasie‘-Geschädigten und Zwangs- terilisierten gerecht werden kann.“ Wir haben von An- ang an darauf hingewiesen, dass diese Forderung nach ufhebung und Nichtigerklärung des Erbgesundheits- esetzes aus Rechtsgründen nicht erfüllbar ist. Entspre- hende Forderungen der Grünen sind bereits in mehreren arlamentarischen Beratungsverfahren zu der Thematik eweils aus Rechtsgründen abgelehnt worden. Die Bundesregierung hat im vergangenen Jahr in ihrer ntwort auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke rneut auf diese Rechtslage hingewiesen. In der mit Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10347 (A) ) (B) ) Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit über- mittelten Antwort vom 10. August 2006, Bundestags- drucksache 16/2384, heißt es wörtlich: Nach Artikel 123 Abs. 1 GG gilt Recht aus der Zeit vor dem Zusammentritt des Deutschen Bundestages (7. September 1949) fort, soweit es dem Grundgesetz nicht widerspricht. Fortgelten können demnach nur vorkonstitutionelle Rechtsnormen, die an diesem Tag gültig waren (BVerfGE 4, 115, 138). Rechtsnormen, die im Widerspruch zum Grundgesetz stehen, sind bereits bei dessen Inkrafttreten am 24. Mai 1949 au- ßer Kraft getreten. Die Gültigkeit des Erbgesund- heitsgesetzes endete mit dem Inkrafttreten des Grundgesetzes, soweit es dem Grundgesetz – insbe- sondere dem Artikel 2 Abs. 2 GG – widersprach. Die wenigen als Bundesrecht fortgeltenden Regelungen über Unfruchtbarmachung und Schwangerschaftsab- brüche mit Einwilligung bei Lebens- und Gesund- heitsgefahr sind endgültig durch Art. 8 NR. 1 des Gesetzes vom 18. Juni 1974 (BGBI. l S. 1297) auf- gehoben worden. Das Erbgesundheitsgesetz existiert nicht mehr. Der Forderung, das Gesetz durch rück- wirkenden Akt für nichtig zu erklären, kann der Bun- desgesetzgeber nicht entsprechen. Diese Rechtslage ist natürlich auch den Grünen be- kannt. Bezeichnend ist ja, dass die Forderung in den sie- ben Jahren, in denen die Grünen in der Bundesregierung vertreten waren, von dort auch nicht mehr erhoben wor- den ist. In Anbetracht dessen, dass sie nunmehr, wo die Grünen in der Opposition sind, erneut gestellt wird, kann ich Ihnen den Vorwurf des Populismus wirklich nicht er- sparen. Das Unrecht und das Leid, das den Betroffenen mit dem Erbgesundheitsgesetz in der Zeit der national- sozialistischen Gewaltherrschaft zugefügt worden ist, vertragen aber keine populistischen Spielchen. Deshalb haben wir mit unserem Antrag einen Weg beschritten, mit dem erneut zum Ausdruck gebracht wird, dass das Erbgesundheitsgesetz in seiner Ausgestaltung und An- wendung typisches nationalsozialistisches Unrecht war und deshalb keinen Eingang in die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland gefunden hat. Ich sage „er- neut“, weil der Deutsche Bundestag bereits in mehreren Beschlüssen unzweideutig zum Ausdruck gebracht hat, dass er dieses Gesetz als mit rechtsstaatlichen Grundsät- zen absolut unvereinbar ansieht. Allerdings war die Frage des formalen Fortbestandes nach dem Kriege in der Tat leider lange Zeit unklar, weil sie ausschließlich unter Berufung auf die Entstehungsgeschichte und die Gesetzgebung anderer Staaten diskutiert wurde. Die meisten Regelungen des Gesetzes waren bereits deshalb gegenstandslos, weil die vorherigen Erbgesundheitsge- richte nicht wieder errichtet wurden. Hinsichtlich der Frage der Fortgeltung hat sich erst im Laufe der Zeit ein Bewertungswandel vollzogen, der auf neuere Forschungs- ergebnisse und eine vertiefte Auseinandersetzung mit der tatsächlichen Durchführung dieses Gesetzes zurückzu- führen war. Die Bundesregierung hat daher zu Recht darauf verwiesen, dass das Erbgesundheitsgesetz durch Art. 8 Nr. 1 des Strafrechtsreformgesetzes vom 18. Juni 1974, BGBI. I, S. 1297, auch förmlich außer Kraft ge- setzt wurde, soweit es als Bundesrecht fortgalt, was im H h e s s S h a s v I d d Z c W t r h g D i v z m d d s p N z a U g b th I d b L V g w (C (D inblick auf einige Vorschriften, die keinen Unrechtsge- alt aufwiesen, zunächst der Fall war. Die Sterilisations- ntscheidungen der damaligen Erbgesundheitsgerichte ind durch das Gesetz zur Aufhebung nationalsozialisti- cher Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege und von terilisationsentscheidungen der ehemaligen Erbgesund- eitsgerichte vom 25. August 1998, BGBI. I, S. 2501, ufgehoben worden. Der Bewertungswandel fand auch seinen Nieder- chlag in dem Beschluss des Deutschen Bundestages om 26. Januar 1988, Bundestagsdrucksache 11/1714. n diesem Beschluss wurde bereits eindeutig zum Aus- ruck gebracht, dass der Deutsche Bundestag nicht nur ie Durchführung von Zwangssterilisierungen in der eit des Nationalsozialismus, sondern auch ihre gesetzli- he Verankerung für nationalsozialistisches Unrecht hält. örtlich heißt es hierzu: l. Der Deutsche Bundestag stellt fest, daß die in dem Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses vom 14. Juli 1933 vorgesehenen und auf der Grundlage dieses Gesetzes während der Zeit von 1933 bis 1945 durchgeführten Zwangssterilisierungen national- sozialistisches Unrecht sind. 2. Der Deutsche Bundestag ächtet diese Maßnah- men, die ein Ausdruck der inhumanen nationalsozia- listischen Auffassung vom „lebensunwerten Leben“ sind. In dem Bericht zu der Beschlussempfehlung, Bundes- agsdrucksache 11/1714, wird, worauf auch die Bundes- egierung in ihrer oben erwähnten Antwort hingewiesen at, weiterhin ausdrücklich festgestellt, dass eine Fort- eltung des Erbgesundheitsgesetzes in der Bundesrepublik eutschland nach Art. 123 Abs. 1 GG ausgeschlossen st, weil dieses Gesetz mit dem Grundgesetz nicht zu ereinbaren ist. Die Bewertung des Erbgesundheitsgeset- es als nationalsozialistisches Unrecht ist danach noch in ehreren weiteren Entscheidungen des Deutschen Bun- estages bekräftigt worden, zuletzt in den Beratungen zu em bereits erwähnten Gesetz zur Aufhebung national- ozialistischer Unrechtsurteile im Jahre 1998. Anträge der Grünen, die im Zusammenhang mit diesen arlamentarischen Beratungen jeweils eine förmliche ichtigerklärung des sogenannten Erbgesundheitsgeset- es durch den Deutschen Bundestag forderten, fanden us den bereits genannten rechtlichen Gründen nicht die nterstützung der anderen Fraktionen. Der jetzt vorlie- ende Vorschlag der Koalition hat – und das ist besonders emerkenswert – auch die Billigung des Bundes der Eu- anasiegeschädigten und Zwangssterilisierten gefunden. n einem im Laufe der Beratungen des Rechtsausschusses urchgeführten erweiterten Berichtserstattergespräch ha- en die Vertreter dieser Organisation ausdrücklich den ösungsansatz der Koalition begrüßt. Dr. Carl-Christian Dressel (SPD): Das Gesetz zur erhütung erbkranken Nachwuchses war das erste Rasse- esetz der Nationalsozialisten. Die Idee des Gesetzes ar durch und durch rassistisch. Ich zitiere: 10348 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) Ziel der dem deutschen Volk artgemäßen Erb- und Rassenpflege ist: eine ausreichende Zahl Erbgesun- der, für das deutsche Volk rassisch wertvoller, kin- derreicher Familien zu allen Zeiten. Der Zucht- gedanke ist Kerngehalt des Rassegedankens. Die künftigen Rechtswahrer müssen sich über das Zuchtziel des deutschen Volkes klar sein. Ziel dieses Gesetzes war es, psychisch und physisch kranke Menschen zu sterilisieren. Später wurde die Unfruchtbarmachung auf sozial auffällige, nicht system- konforme und politisch andersdenkende Menschen aus- geweitet. Nach dem sogenannten Euthanasieerlass Hit- lers ermordete man sie zunächst durch Gas, später durch Injektionen und gezieltes Verhungernlassen. Dieses Gesetz wollen wir mit dem vorliegenden Antrag von SPD und CDU/CSU ächten! Der von uns einge- brachte Antrag umfasst fünf Punkte, in denen sich diese Ächtung manifestiert: Erstens. Eine klare und zweifelsfreie Erklärung, dass das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses nie- mals Bestandteil der materiellen Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland war. Ich werde auf diesen Sachverhalt später noch genauer eingehen. Zweitens. Eine erneute Bekräftigung, dass die in dem Gesetz vorgesehenen und auf der Grundlage dieses Ge- setzes durchgeführten Zwangssterilisierungen national- sozialistisches Unrecht sind. Drittens. Diese Feststellung und die Ächtung soll laut unserem Antrag ausdrücklich sowohl auf das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses vom 14. Juli 1933 selbst, soweit dieses Zwangssterilisierungen rechtlich absichern sollte, als auch auf die gesetzlich vorgegebene Handlungsanweisung und die aufgrund dieser Hand- lungsanweisung durchgeführten Zwangssterilisationen erstreckt werden. Viertens. In unserem Antrag wird festgestellt, dass mit dem Erbgesundheitsgesetz ein Weg beschritten wurde, der in das Massenmordprogramm der National- sozialisten führte. Fünftens. Mit unserem Antrag bezeugen wir den Opfern der Zwangssterilisierung und ihren Angehörigen erneut Achtung und Mitgefühl in der Absicht, durch die nun er- folgte Ächtung des Erbgesundheitsgesetzes selbst jegli- che Zweifel hinsichtlich einer umfassenden Genugtuung und Rehabilitierung der Betroffenen beseitigt zu haben. Ich bin fest davon überzeugt, dass unser Antrag in die- ser Form dazu geeignet ist, ein wichtiges und positives Si- gnal an die Opfer auszusenden. Zum Antrag der Grünen: Dieser Antrag, der den Vorschlag für eine Nichtigerklä- rung des Erbgesundheitsgesetzes zum Ziel hat, ist nach meiner Auffassung keinesfalls sachgerecht. Er verfolgt zweifellos ein richtiges Ziel, dass ich in seinem ideellen Sinne unbedingt unterstreichen möchte. Allerdings ist dieser Antrag tatsächlich aus verfassungsrechtlichen Gründen ungeeignet. Ich will dies begründen: Der Bundestag kann das soge- nannte Erbgesundheitsgesetz nicht für nichtig erklären: Gemäß Art. 123 Abs. 1 GG gilt vorkonstitutionelles R s d r w d A g m u g i I w w Z R A e d d P te i a m a r N e G D 1 d d d (C (D echt nur fort, „soweit es dem Grundgesetze nicht wider- pricht“. Die Teile des Erbgesundheitsgesetzes, welche ie Zwangsmaßnahmen legalisierten, sind dadurch be- eits mit Inkrafttreten des GG außer Kraft getreten. Ich ill vor diesem Hintergrund ausdrücklich unterstreichen, ass „außer Kraft getreten“ bedeutet, dass aufgrund des rt. 123 GG dieses Gesetz seit Inkrafttreten des Grund- esetzes in seinen verfassungswidrigen Teilen nicht ehr existiert. Daher nochmals die klare Botschaft an die Verbände nd die durch sie vertretenen Opfer: Unter dem Grund- esetz kann das Erbgesundheitsgesetz keinesfalls mehr n Kraft gesetzt werden. Unser Antrag ist in dieser Hinsicht unmissverständlich. ch möchte die betreffende Stelle aus dem Antrag des- egen zitieren: Die Gültigkeit des „Gesetzes zur Verhütung erb- kranken Nachwuchses“ vom 14. Juli 1933 (RGBI. I S. 529; geändert durch die Gesetze vorn 26. Juni 1935, RGBI. l S. 773, und 4. Februar 1936, RGBI. I S. 119) endete mit Inkraftreten des Grundgesetzes, soweit es dem Grundgesetz widersprach (Artikel 123 Abs. 1 GG). Die wenigen danach noch gültigen Vorschriften über Maßnahmen mit Einwilligung des Betroffenen wurden durch Artikel 8 Nr. 1 des Gesetzes vom 18. Juni 1974 (BGBI. I S. 1297) auf- gehoben. Das Gesetz ist damit definitiv in keiner Weise mehr existent. Die Besorgnis mancher Op- ferverbände, das Gesetz könne wieder in Kraft ge- setzt werden, ist unbegründet. Das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses ar seit dem Inkrafttreten des Grundgesetzes ohne weifel niemals Bestandteil der materiellen deutschen echtsordnung. Auf diese für die Opfer so wichtige ussage wird in der Beschlussempfehlung deshalb noch inmal explizit hingewiesen. Ich denke, wir sind uns über die Parteigrenzen hinweg arin einig, dass die Opfer ein Recht darauf haben, dass er Deutsche Bundestag eine eindeutige und einheitliche osition in dieser wichtigen Frage zum Ausdruck bringt. Die Position des Bundes der „Euthanasie“-Geschädig- n und Zwangssterilisierten zum Antrag der Koalition st eindeutig. In seiner Stellungnahme wirbt der BEZ usdrücklich für den Antrag von SPD und CDU/CSU. Ich finde es daher sehr bedauerlich, dass die Abstim- ung in der Ausschusssitzung nicht in diesem Sinne usgefallen ist, da sich die PDS enthalten hat. Der Ände- ungsantrag der PDS war in Nr. 1 widersprüchlich, in r. 2 widersinnig. Ich rufe das Hohe Haus hiermit auf, instimmig die Opfer zu achten und das verbrecherische esetz zu ächten. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP): er Deutsche Bundestag hat in den Jahren 1988 und 994 in seinen Entschließungen wiederholt an das Leid er Opfer erinnert und das Erbgesundheitsgesetz sowie ie auf dessen Grundlage gefällten Urteile geächtet. In ieser Bewertung ist sich der Deutsche Bundestag auch Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10349 (A) ) (B) ) heute einig. Im Rahmen dieser Debatte hat die FDP- Bundestagsfraktion betont, dass die Gültigkeit des Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses vom 14. Juli 1933 in weiten Teilen durch Inkrafttreten des Grundgesetzes 1949, insbesondere soweit es Art. 2 Abs. 2 GG widersprach, außer Kraft gesetzt und in den verbleibenden Teilen endgültig durch Art. 8 Nr. 1 des Gesetzes vom 18. Juni 1974 aufgehoben wurde. Es gibt keinen Grund zur Befürchtung, das Erbgesundheitsge- setz könnte wieder in Kraft gesetzt werden, und ein nicht existierendes Gesetz kann rechtssystematisch nicht für nichtig erklärt werden. Daran bestehen keine Zweifel. Die FDP-Bundestagfraktion unterstützt jedoch uneinge- schränkt das Ansinnen, die Erinnerung an das unsägliche Unrecht und Leid, das Menschen infolge des NS-Erbge- sundheitsgesetzes angetan wurde, wachzuhalten. Rund 350 000 bis 360 000 Menschen wurden seit 1933 auf der Grundlage des Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses zwangssterilisiert; 5 000 bis 6 000 Frauen und ungefähr 600 Männer starben nach diesen Eingriffen. Das Gesetz bildete zudem den Auftakt für die Verfol- gung behinderter Menschen, die schließlich zu der soge- nannten Euthanasie führte. Mit dem Gesetz vom 25. Au- gust 1998 wurden sämtliche eine Unfruchtbarmachung anordnenden und noch rechtskräftigen Beschlüsse der Erbgesundheitsgerichte aufgehoben. Entschädigungsansprüche hat es für die Opfer der Zwangssterilisation jedoch praktisch nicht gegeben. Diese waren davon abhängig, dass die Sterilisation ohne vorangegangenes Gerichtsverfahren erfolgte. Es darf in diesem Zusammenhang nicht vergessen werden, dass nicht zuletzt die deutsche Gerichtsbarkeit mit der Einrichtung sogenannter Erbgesundheitsgerichte an der Rassenpolitik des Dritten Reiches einen entschei- denden Anteil hatte. Bis heute ist auch in Juristenkreisen das Vorhandensein einer solchen Erbgesundheitsgerichts- barkeit relativ unbekannt. Ab 1980 konnten Geschädigte, das heißt zwangssterilisierte Personen, eine einmalige Entschädigungsleistung in Höhe von 5 000 DM beantra- gen. Bis zum Jahr 2000 erhielten rund 16 000 Betroffene diese Ausgleichszahlung. Ich habe bereits im Herbst letzten Jahres angemahnt, dass für parteipolitische Profi- lierungsversuche dieses Thema denkbar schlecht geeignet ist. Es ist jedoch ein legitimes und unterstützenswertes Interesse der Behinderten- und Opferverbände, die Erin- nerung an das NS-Erbgesundheitsgesetz und das durch dieses Gesetz ausgeübte Unrecht wachzuhalten und eine aktive Auseinandersetzung der Gesellschaft und der Poli- tik mit diesem Thema zu fordern. Bis in die 3. Generation haben die NS-Opfer und ihre Angehörigen von Zwangssterilisation und Euthanasie noch heute unter der sogenannten nationalsozialistischen Erbgesundheitspolitik zu leiden. Es gilt, diesen Opfern und ihren Angehörigen erneut Achtung und Mitgefühl zu bezeugen. Das Berichterstat- tergespräch mit Vertretern der Opferverbände hat mich in dieser Auffassung bestätigt. Die FDP-Bundestagsfraktion wird dem Antrag der Koalitionsfraktionen deshalb zustimmen. d a b R n e d u G d ß k h d – t d l f N d h s d R d c g a d v s e d i s K A e z B v e m F e b d t G z 1 l e i s a k (C (D Jörn Wunderlich (DIE LINKE): Es geht heute um ie Achtung nationalsozialistischen Unrechts. Und es ist n der Zeit. Endlich soll dem Ansinnen der Opferver- ände Rechnung getragen werden, um auch den Opfern echtssicherheit zu gewährleisten. Es geht hier immer och um nationalsozialistisches Unrecht, welches nun ndlich ein wirkliches Ende finden soll. Bedauerlich ist, ass es in der Bundesrepublik Jahrzehnte gedauert hat, m das abschließend in Angriff zu nehmen. Dass dieses esetz als nationalsozialistisches Unrecht zu werten ist, ürfte angesichts der Begründung zu diesem Gesetz au- er Frage stehen. Die menschenverachtenden Bemer- ungen aus der Gesetzesbegründung möchte ich mir des- alb an dieser Stelle ersparen. Es handelt sich hierbei um as erste Rassegesetz der NS-Diktatur. Dem steht auch wenn man die Biografien etlicher westdeutscher Juris- en aus dieser Zeit berücksichtigt – nicht entgegen, dass as OLG Hamm 1952 dieses Gesetz als „mit rechtsstaat- ichen Grundsätzen vereinbar“ bezeichnete und 1957 estgestellt wurde, dass es sich nicht um ein typisches S-Gesetz handele. Erst 1974 wurde das Gesetz, aller- ings auch nur halbherzig, außer Kraft gesetzt. Es geht ier und heute um die endgültige Feststellung, dass die- es Gesetz in seiner Gänze aufgrund der Bestimmung es Art. 23 Abs.1 Grundgesetz nie Bestandteil der echtsordnung der Bundesrepublik Deutschland gewor- en ist, da es menschenverachtend und mit rechtsstaatli- hen Grundsätzen unvereinbar war. Soweit es in weni- en Teilen als Bundesrecht fortbestand, wurde es zwar ußer Kraft gesetzt, ist gleichwohl aber noch Bestandteil er Rechtsordnung. Zwar geht die Bundesregierung da- on aus, dass das Gesetz nicht mehr existent sei, in die- em Punkt irrt die Regierung jedoch! Das Gesetz, soweit s als Bundesgesetz fortgalt, ist nach wie vor Bestandteil er Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland. Es st lediglich außer Kraft gesetzt. Es ist seinerzeit erlas- en und in Kraft gesetzt worden. 1974 wurde es außer raft gesetzt. Das Inkrafttreten betrifft jedoch nur die nwendbarkeit der Vorschriften. Es handelt sich hier um inen besonderen Fall, in dem allein das Außerkraftset- en der Vorschriften nicht ausreicht, da sie als früherer estandteil eines als solchen mit dem Grundgesetz un- ereinbaren Gesetzes vollständig aus der Rechtsordnung ntfernt werden müssen. Dies kann aber eindeutig nur it deren Aufhebung geschehen. Dies entspricht der orderung der Opferverbände. Von daher bedarf es der indeutigen Beschlussfassung über die Aufhebung der esagten Normen. Dies entspricht nicht nur der Ansicht es heutigen, sondern wohl auch der eigentlichen Inten- ion des damaligen Parlaments Von daher ist die Bundesregierung aufgefordert, einen esetzentwurf vorzulegen, nach welchem das „Gesetz ur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ vom 14. Juli 933, soweit es eben als Bundesrecht fortgalt und ledig- ich außer Kraft gesetzt worden ist, aufgehoben wird, um s endgültig aus der Rechtsordnung zu verbannen. Die Aussage der Koalition, das Gesetz zu ächten, ist n jedem Falle unterstützenswert, wobei der Wortlaut in- oweit missverständlich ist, dass in dem Wort „selbst“ ufgrund fehlender Interpunktion davor eine Einschrän- ung bezogen auf das Gesetz liegen könnte. Zur eindeu- 10350 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) tigen Klarstellung bedarf es weiterer Formulierungen im Antrag der Koalition, welche eindeutig den Unrechtsge- halt dieses gesamten verbrecherischen Gesetzes darstel- len, welche die Ächtung des Gesetzes in Gänze klar und ohne Einschränkungen ausspricht. Von daher kann ich nur um Unterstützung unseres Antrags bitten, um den Opfern, die bis heute unter den Folgen leiden, endlich Gerechtigkeit widerfahren zu lassen und nicht noch län- ger hinzuwarten, bis keines der Opfer mehr seine Stimme erheben kann. Ich denke, hier ist es an der Zeit, ideologische Vorbehalte zurückzustellen und an die Opfer zu denken: sowohl hinsichtlich der umfassenden Ächtung des Gesetzes als auch zur Prüfung einer Aufhe- bung. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Opfer des sogenannten Erbgesundheitsgesetzes, die Opfer von Zwangssterilisierungen, die Opfer des Mas- senmordprogrammes der sogenannten Euthanasie und deren hinterbliebene Angehörige erfuhren auch nach Ende des Nationalsozialismus lange Zeit kaum Anerken- nung und Würdigung. Erst sehr spät rückten diese Ver- brechen und damit das Schicksal der Opfer des „Erbge- sundheitsgesetzes“ ins gesellschaftliche Bewusstsein. Ab den 80er-Jahren sprach man von „vergessenen Op- fern“. Das war gut gemeint, aber auch nicht ganz richtig. In Wahrheit handelte es sich um ausgegrenzte Opfer, die auch nach 1945 statt Anerkennung weiterhin Demüti- gung und Diskriminierung erlebten. Das Leid dieser Menschen wurde lange nicht als typi- sches NS-Unrecht anerkannt. Dabei war das „Erbge- sundheitsgesetz“ das erste Rassegesetz des NS-Staates. Es wurde bereits am 14. Juli 1933 verabschiedet und trat im Januar 1934 in Kraft. Das Gesetz war durch und durch rassistisch und menschenverachtend. Auch von Entschädigung waren die Opfer des „Erb- gesundheitsgesetzes“ lange ausgegrenzt. Es sei noch- mals daran erinnert: Erst in den 80er-Jahren wurden Här- teregelungen eingeführt, die auch Zwangssterilisierten und „Euthanasie“-Geschädigten zugutekamen. In den Jahren 2004 und 2005 ist es gelungen, diese Härteleis- tungen erheblich auszubauen. So wurden beispielsweise die Leistungen für Personen, die Opfer von Zwangssteri- lisierungen wurden, fast verdoppelt. Dennoch können diese Härteleistungen kein wirklicher Ausgleich für das erlittene Unrecht sein. Sie sind eine Geste der Anerken- nung und Unterstützung. Erst 1988 und 1994 hat der Deutsche Bundestag in Entschließungen das Unrecht ausdrücklich anerkannt, das „Erbgesundheitsgesetz“ und seine Anwendung ge- ächtet. Mit dem „NS-Aufhebungsgesetz“ von 1998 wur- den die Entscheidungen der ehemaligen Erbgesundheits- gerichte pauschal aufgehoben. Die Betroffenen fühlen sich aber noch nicht ausrei- chend rehabilitiert: Der Bund der „Euthanasie“-Geschä- digten und Zwangssterilisierten e.V. ist mit einem Appell an den Deutschen Bundestag herangetreten, das „Erbge- sundheitsgesetz“ für nichtig zu erklären. Der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen hat dieses Anliegen aufgegriffen und in den Bundestag getragen. Wir haben uns für eine g z t s s R e d p „ t s a b t d g u l d i B A v m f N ( s 3 n a (C (D esetzliche Klarstellung eingesetzt. Denn es braucht eine weifelsfreie Klarstellung, dass das menschenverach- ende „Erbgesundheitsgesetz“ zutiefst nationalsozialisti- ches Unrecht war, als solches diametral dem Grundge- etz widersprach und somit nie Teil der bundesdeutschen echtsordnung war. Daraufhin haben die Koalitionsfraktionen ihrerseits inen Antrag eingebracht. Der Antrag der Koalition wür- igt in Form einer Entschließung die Verbrechen als ty- isches NS-Unrecht und bekräftigt die Ächtung des Erbgesundheitsgesetzes“. Das geht in die richtige Rich- ung, und daher kann dieser Entschließung selbstver- tändlich zugestimmt werden. Uns geht es darum, klare Signale zu setzen, damit uch die letzten Zweifel der Betroffenen an ihrer Reha- ilitierung und an der Anerkennung des ihnen zugefüg- en Unrechts ausgeräumt werden. Es ist von großer Be- eutung, dass dieses Anliegen vom ganzen Haus etragen wird. Wir unterstützen daher jeden Schritt, der ns diesem Ziel näherbringt. Es geht darum, verfolgten, geschundenen und auch ange Jahre nach Ende des Nationalsozialismus weiter iskriminierten Menschen – soweit wir das vermögen – hre Würde zurückzugeben. Das sind wir als Deutscher undestag den Opfern schuldig. nlage 18 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung – Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Verbraucherinformation – Beschlussempfehlung und Bericht zu dem Antrag: Bund-Länder-Staatsvertrag – Qua- litätsmanagement Lebensmittelqualität – Beschlussempfehlung und Bericht zu dem Antrag: Verbraucherinformationsrechte stärken – Neues Verbraucherinformations- gesetz zügig vorlegen – Beschlussempfehlung und Bericht zu dem Antrag: Zweite Chance nutzen – Das Recht auf Verbraucherinformation grundlegend neu gestalten (Tagesordnungspunkt 28 a bis c) Ursula Heinen (CDU/CSU): Die Bundesregierung erzögere die Neubefassung mit dem Verbraucherinfor- ationsgesetz, heißt es im Antrag der FDP-Bundestags- raktion „Verbraucherinformationsrechte stärken – eues Verbraucherinformationsgesetz zügig vorlegen“ Drucksache 16/4447). Weiterhin fordert die FDP in die- em Antrag die Bundesregierung auf, zügig, bis zum 0. Juni 2007 einen neuen Entwurf vorzulegen. Die Bundesregierung hat bereits am 4. April 2007 ei- en überarbeiteten Entwurf vorgelegt. Das ist wohl mehr ls zügig. Um das Verfahren der Verabschiedung des Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10351 (A) ) (B) ) Verbraucherinformationsgesetzes weiter zu verkürzen, haben die Bundestagsfraktionen von Union und SPD diesen Entwurf ins Parlament eingebracht, wo wir ihn heute in erster Lesung beraten. Unser Ziel ist es, das Ge- setz zum 1. Januar 2008 in Kraft treten zu lassen. Wenn ich mir jedoch die vorliegenden Anträge von FDP und der Faktion Die Linke anschaue, habe ich doch meine berechtigten Zweifel, dass den Antragstellern wirklich an einer schnellen Verabschiedung des Gesetzes und damit mehr Informationen für die Verbraucherinnen und Verbraucher gelegen ist – auch wenn zumindest der Titel des Antrages der FDP eine solche Motivation ver- muten ließe. Wir haben jetzt sechs lange Jahre Diskussion um mehr Verbraucherinformation hinter uns, in denen jedes einzelne Argument genügend diskutiert wurde. Im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher sollten wir nun endlich unser Vorhaben in die Tat umsetzen und nicht weiter über die Ausgestaltung des Gesetzes debattieren, wie Sie es durch Ihre zahlreichen – und darüber hinaus hinreichend diskutierten – Änderungsvorschläge tun. An dieser Stelle möchte ich lediglich kurz zwei der immer wiederkehrenden Einwände gegen den vorliegen- den Gesetzentwurf entkräften. Zum einen wird immer wieder der Auskunftsan- spruch gegenüber Unternehmen eingefordert. Ein ge- setzlicher Anspruch gegenüber privaten Unternehmen belastet vor allem kleine und mittlere Betriebe, die sich – anders als die „Großen“ –, ein aufwendiges Anfrage- management nicht leisten können. Daher würde die Um- setzung dieser Forderungen in eine gesetzliche Pflicht eine erhebliche Wettbewerbsverzerrung mit sich brin- gen. Außerdem bitte ich zu bedenken, dass es umfas- sende gesetzliche Informationsansprüche gegenüber Un- ternehmen im internationalen Vergleich bislang nur in Südafrika gibt – und dort auch nur, soweit es zur Gel- tendmachung eigener Ansprüche erforderlich ist. Ich möchte an dieser Stelle an die Unternehmen appellieren, dass sie ihrer Verantwortung nachkommen – im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher und in ihrem eigenen. Das ist in meinen Augen der bessere Weg, der den Interessen aller gerecht wird. Die Bundes- regierung ist aufgefordert, hier ein entsprechendes An- gebot der Unternehmen zu verfolgen. Zum anderen wird immer wieder angeführt, dass In- formationen unterhalb von Grenzwerten und sonstigen Gefahren, die von dem Produkt ausgehen, nicht abge- fragt werden können. Auch dies ist mit wenigen Ausnah- men, wenn es um tatsächlich Betriebs- und Geschäftge- heimnisse geht, nicht so. Informationen können künftig abgerufen werden bei Verstößen gegen das Lebensmittel- und Futtermittelge- setz – zum Beispiel über Verstöße gegen Grenzwerte –; falls es sich um Daten handelt, die Auskunft über Gefah- ren oder Risiken für die Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher geben, sowie über Überwachungsmaßnah- men der Behörden. o k f l l E b m f d m ü w e r f z g e N M d d E d z d b h n g I h n e p e u f ü t u m b z n u z (C (D Aber auch Informationen über verwendete Begriffe der Gütesiegel bei der Kennzeichnung von Produkten önnen zukünftig abgefragt werden. Gleiches gilt für In- ormationen über die Herkunft, Herstellung und Behand- ung von Produkten. In den letztgenannten Bereich fal- en Informationen über Verstöße gegen das Mess- und ichwesen; die Verbraucherinnen und Verbraucher ha- en somit die Möglichkeit zu erfahren, ob ein Unterneh- en regelmäßig weniger Inhalt in seine Verpackungen üllt, als es die Gewichtsangabe veranschlagt, sofern iese Informationen bei der Behörde vorhanden sind. Darüber hinaus erhalten die Verbraucher neben Infor- ationen über Produkte als Ganzes auch Informationen ber Stoffe oder Teile, mit denen das Produkt hergestellt urde – auch wenn sie im späteren Produkt nicht mehr nthalten sind. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat in ihrer Regie- ungserklärung 2005 zu mehr Mut in der Politik aufgeru- en. Diesen Mut fordere ich auch von Ihnen ein: Sagen ja u mehr Verbraucherinformation, geben Sie Ihre Verzö- erungshaltung auf. Fünf Jahre Diskussion sind genug. Sollten sich wider Erwarten in der Praxis Probleme instellen – schließlich betreten wir mit diesem Gesetz euland; denn das vorliegende Gesetz regelt zum ersten al überhaupt den Anspruch der Verbraucher auf bei en Behörden vorliegende Informationen über Produkte es täglichen Bedarfs –, können diese in der vorgesehen valuation nach zwei Jahren aufgefangen werden. Ich möchte Ihnen an zwei Beispielen verdeutlichen, ass die Erfordernis des Verbraucherinformationsgeset- es aktueller denn je ist. So wurden in jüngster Zeit wie- er 18 Tonnen Gammelfleisch gefunden. Außerdem ha- en, wie es in der Begründung des Gesetzes so schön eißt, „kampagneorientierte Verbraucherorganisatio- en“ anhand der Veröffentlichung von Rückstandsmen- en bei Obst und Gemüse gezeigt, dass ein erweiterter nformationszugang Auswirkungen auf das Einkaufsver- alten von qualitätsbewussten Verbrauchern hat. Diesem berechtigten Bedürfnis ach Informationen muss die Politik Rechnung tragen, ntsprechende Rahmenbedingungen müssen endlich im- lementiert werden. NRW hat dies mit der Einbringung ines eigenen Verbraucherinformationsgesetzes deutlich nterstrichen. Der vorliegende Gesetzentwurf ist vom Ministerium ür Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz berarbeitet worden. Die Bedenken des Bundespräsiden- en sind aus dem Weg geräumt worden. Ansonsten ist es nverändert geblieben – und das ist auch gut so! Verlieren wir im Interesse von Transparenz nicht noch ehr Zeit. Geben wir den Verbraucherinnen und Ver- rauchern endlich die Instrumente an die Hand, die sie u mündigen Marktteilnehmern machen – damit ist ih- en am meisten genutzt. Elvira Drobinski-Weiß (SPD): Verbraucherinnen nd Verbraucher haben ein Recht auf Information. Die ügige Verabschiedung des Verbraucherinformationsge- 10352 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) setzes ist uns sehr wichtig; denn damit wird erstmals in einem eigenständigen Gesetz den Verbraucherinteressen der Stellenwert eingeräumt, der ihnen gebührt. Die Mög- lichkeiten und Pflichten der Behörden zur Information der Öffentlichkeit über Missstände im Lebensmittel-, Futtermittel- und Bedarfsgegenständebereich werden ausgeweitet. Außerdem können sich Verbraucherinnen und Verbraucher künftig selbst bei den Behörden infor- mieren – auch wenn keine Rechtsverstöße vorliegen. Für die SPD ist dieses Gesetz ein wichtiger, erster Schritt auf dem Weg zum transparenten Markt. Wir wer- den dafür sorgen, dass weitere Schritte folgen. Das ha- ben wir in unserem Entschließungsantrag aufgezeigt, den wir bereits in der ersten Runde mit dem Verbraucher- informationsgesetz eingebracht haben: Wir wollen, dass auch die Wirtschaft ihre Verantwortung gegenüber den Verbraucherinnen und Verbrauchern wahrnimmt und sie informiert. Denn bei den Unternehmen liegen alle Daten vor, die eine bewusste Auswahl ermöglichen und eine eigenver- antwortliche Marktteilnahme gewährleisten. Und wir wollen auf Basis erster Erfahrungen mit dem Verbrau- cherinformationsgesetz die Aufnahme weiterer Produkte und Dienstleistungen in den Geltungsbereich erreichen. Der Entschließungsantrag sieht die Dokumentation und Auswertung der Erfahrungen mit dem Gesetz vor. Damit werden wir zum Beispiel beobachten können, ob und welche Ausschlussgründe zu nicht nachvollziehba- rer Informationsverweigerung führen, wie sich die Kos- ten entwickeln und wie lange die Bearbeitung der Aus- kunftsanliegen dauert. Diese Auswertung gibt uns dann die Möglichkeit, eventuellen Fehlentwicklungen mit ge- setzlichen Maßnahmen gegenzusteuern. Sollte sich sei- tens der Wirtschaft keine Bereitschaft zeigen, den Ver- brauchern Zugang zu den bei den Unternehmen vorhandenen Informationen zu gewähren, wird die SPD auf gesetzliche Maßnahmen dringen. Hans-Michael Goldmann (FDP): Nach liberalem Grundverständnis gehört das Recht auf Verbraucherin- formation zu den Kernelementen des Verbraucherschut- zes. Nur der informierte Verbraucher kann Konsument- scheidungen nach seinen Präferenzen treffen. Das Leitbild des mündigen und aufgeklärten Verbrauchers erfordert den Zugang zu allen wichtigen Informationen über die Qualität von Produkten und Dienstleistungen. Nur dann kann der Wettbewerb seine Auslesefunktion übernehmen und Anbieter von Waren schlechter Qualität durch Kaufentscheidungen der Konsumenten aus dem Markt entfernen. Von einem Verbraucherinformationsgesetz, das sei- nen Namen verdient, wäre also zu erwarten, dass es drei Mindestanforderungen erfüllt: klare und transparente Regelungen die für Bürgerinnen und Bürger einfach an- zuwenden sind, Informationsrechte, die das Vertrauen der Verbraucher in das Handeln der Behörden und die Qualität der Produkte stärken sowie Rechtssicherheit für Unternehmen, Verbraucher und Behörden bei der prakti- schen Anwendung. e t b p e v M a w f n s d b d t W l t n z P g d w s A n n B d i d w G c b s o s s t a g b a t s m f V ü w m Z (C (D Das Ergebnis von fünf Jahren Diskussion um einen ffektiveren Verbraucherschutz durch mehr Informa- ionsrechte ist mehr als ernüchternd. Der Gesetzge- ungsprozess ist eine Geschichte von Pannen und ver- assten Chancen. Der Gesetzentwurf beschränkt sich auf ine Reparatur der vom Bundespräsidenten gerügten erfassungsrechtlichen Mängel. Und das, obwohl die ängel des Gesetzentwurfs offenkundig sind und auch us den Reihen der Koalitionsfraktionen bereits benannt urden. Es ist ein Gesetz der Halbherzigkeiten. Nach ünf Jahren Diskussion soll der Verbraucher anstelle ei- er grundlegenden Stärkung seiner Rechte mit einem chmalbrüstigen Gesetz abgespeist werden. Warum ist er Anwendungsbereich auf Sachverhalte aus dem Le- ensmittel- und Futtermittelgesetz beschränkt? Haben ie Verbraucher nicht auch in anderen Bereichen ein In- eresse an Information und ein Recht auf Information? arum sollen Bürgern keine Informationen über gefähr- iche Stoffe in Baumaterialien oder Sicherheitsrisiken echnischer Produkte zustehen, wenn diese Informatio- en bei den Behörden vorhanden sind? Die FDP fordert daher den Zugang des Verbrauchers u den bei Behörden verfügbaren Informationen für alle rodukte und Dienstleistungen. Der ohnehin bereits ein- eschränkte Anwendungsbereich des Gesetzes wird urch unklare Ausnahme- und Ausschlussregelungen eiter durchlöchert. Diese praxisfernen und schwerver- tändlichen Tatbestände werden Behörden vor große uslegungsschwierigkeiten stellen. Die Folge werden eue Rechtsunsicherheiten bei den betroffenen Unter- ehmen, aber auch bei anfragenden Bürgerinnen und ürgern sein. Kritikwürdig ist auch die Vorgabe von kostendecken- en Gebühren. Hier hat es die Behörde praktisch selbst n der Hand, eine prohibitive Gebührenhöhe anzusetzen, ie das Instrument des Informationsanspruchs praktisch ertlos macht. Der Zugang zu Informationen, die für die esundheit und körperliche Unversehrtheit von Verbrau- hern relevant sind, darf nicht durch abschreckende Ge- ührenregelungen behindert werden. Unternehmen müs- en darauf vertrauen können, dass nicht Vermutungen der unbestätigte Untersuchungsergebnisse, die zwi- chen Behörde und Unternehmen streitig sind, vor- chnell an die Öffentlichkeit gelangen. Eine Verpflich- ung zur Überprüfung der Richtigkeit der Daten fehlt ber im Gesetzentwurf der Koalition – ein schwerwie- ender Fehler! Für einen bürgernahen und bürgerfreundlichen Ver- raucherschutz, für den sich die FDP einsetzt, ist aber uch das Wie der Informationsweitergabe von Bedeu- ung. Für den Verbraucher muss die Information ver- tändlich und verwertbar sein. Das heißt, die Behörden üssen gegebenenfalls Erläuterungen beifügen und In- ormationen in entsprechender Form aufbereiten. Dem erbraucher nützt es nichts, wenn er mit Informationen berschüttet wird. Genau das lässt aber der Gesetzent- urf zu, da er keine Pflicht zur Aufbereitung der Infor- ationen vorsieht. Zweifel bleiben auch bei der verfassungsrechtlichen ulässigkeit des Gesetzentwurfs. Ein Teil der Länder hat Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10353 (A) ) (B) ) bereits eigene Informationsfreiheitsgesetze verabschie- det. Die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes nach Art. 72 Abs. 2 Grundgesetz unterliegt nach der Föderalismusreform I deutlich strengeren Anforde- rungen, wenn es um die Begründung der Erforderlich- keit eines Bundesgesetzes geht. Auch hier würde eine breitere Anwendbarkeit des Verbraucherinformationsge- setzes auf alle Produktbereiche die Argumentation für eine bundeseinheitliche Regelung gerade im Bezug auf die Herstellung einer wirtschaftlichen Einheit und glei- cher Vermarktungschancen erheblich stärken. Im Interesse der Verbraucher und eines effektiven Ver- braucherschutzes sollten im Wege der weiteren parlamen- tarischen Beratungen die erheblichen Defizite und Schwä- chen des Gesetzentwurfs behoben werden. Die FDP hat dazu in einem eigenen Antrag (Drucksache 16/4447) be- reits die maßgeblichen Schwachpunkte aufgezeigt. Eine erneute Anhörung ist ein notwendiges Instru- ment, um den parteiübergreifenden Konsens für effekti- vere Verbraucherinformation mit Expertenhilfe zu einer Verbesserung des Entwurfs zu nutzen. Wir dürfen nicht zulassen, dass ein weiteres Mal die Chance für mehr Qualitätswettbewerb, der ein essenzieller Bestandteil un- serer Marktwirtschaft ist, leichtfertig vertan wird. Karin Binder (DIE LINKE): Das Trauerspiel Ver- braucherinformationsgesetz geht in die nächste Runde – fast könnte man inzwischen von einer „never ending story“ sprechen. Falls die Planungen der Bundesregie- rung diesmal aufgehen, dann tritt die Neuauflage des Gesetzes nach fünf Jahren Diskussion frühestens Anfang 2008 in Kraft. Nun ließe sich erwidern: Halb so schlimm, denn: Was lange währt, wird endlich gut!, doch bedauerlicherweise trifft dieser Spruch beim Verbraucherinformationsgesetz nicht zu. Die Regierungskoalition hätte die notwendig gewordenen Neuberatungen für eine Verbesserung des Entwurfes nutzen können, doch er blieb inhaltlich unver- ändert. Minister Seehofer hätte seinen ersten gescheiter- ten Versuch als Chance begreifen können, doch er hat nur die von Bundespräsident Köhler beanstandeten For- malien überarbeitet. Anstatt die vielfältige Kritik von Verbänden und Verbraucherschutzorganisationen ernst zu nehmen und deren konstruktive Anregungen zu be- rücksichtigen, liegt uns nun ein Verbraucherinforma- tionsgesetz vor, das diesen Namen nicht verdient. Herr Seehofer nennt es zwar effektiv und praktikabel, doch glaubt er offensichtlich seiner eigenen Propaganda nicht so recht, wenn er im gleichen Atemzug eventuell not- wendige Nachbesserungen in zwei Jahren ankündigt. Im Gegensatz zur Bundesregierung halten wir es nicht für sinnvoll, noch weitere zwei Jahre zu warten – zwei Jahre, in denen wie schon in der Vergangenheit Le- bensmittelskandale und Gammelfleischfunde bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern ein Gefühl der Hilf- losigkeit und des Ausgeliefertseins erzeugen. Denn trotz ausufernder Informationsflut existieren gerade in ver- braucherrelevanten Fragen teilweise erhebliche Informa- tionsdefizite. v g a n t G m d R s m c c n e w b d m g b ü d p a g t s k n U ü w L B k G s V g r U i V z g s a n n S m r v (C (D Wenn Bürgerinnen und Bürger aber ein aktives und erantwortungsbewusstes Marktverhalten an den Tag le- en möchten und sollen, das über eine reine Reaktion uf Skandale und Gefahrenabwehr hinausgeht, dann be- ötigen sie umfassende Informationen über die Produk- ion und Qualität der am Markt angebotenen Produkte. erade Herr Seehofer, der so gerne das Leitbild des ündigen Verbrauchers bemüht, müsste das wissen. Die Linke fordert eine grundlegende Neugestaltung es Verbraucherinformationsgesetzes. Darin muss das echt der Verbraucherinnen und Verbraucher auf umfas- ende Information und Transparenz verankert sein. Es uss die Interessen der Verbraucherinnen und Verbrau- her gegenüber der Wirtschaft stärken und die Schwä- heren gegenüber den Stärkeren schützen. Die Bürgerin- en und Bürger müssen die Wahl haben und sich frei ntscheiden können. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, brauchen ir ein Gesetz, dessen Geltungsbereich sich über das Le- ens- und Futtermittelgesetzbuch hinaus auf alle Pro- ukte und Dienstleistungen erstreckt. Und insbesondere uss es einen individuellen Auskunftsanspruch der Bür- erinnen und Bürger gegenüber privaten Unternehmen einhalten. Es liegt in der Natur der Sache, dass diese ber weit mehr Informationen verfügen als die Behör- en. An dieser Stelle geht es uns ausdrücklich um Trans- arenz für alle objektiven Verbraucherinteressen, also uch konsumrelevante Entscheidungsfaktoren der Bür- erinnen und Bürger. Denn ein verantwortungsbewuss- es Verhalten, das beispielsweise auf ökologische oder oziale Standards in der Produktion und der Zuliefer- ette achtet, ist ohne die entsprechenden Informationen icht möglich. Auch wegen der zunehmenden Zahl von Allergien und nverträglichkeiten muss ein Informationsanspruch auch ber Bestandteile und Substanzen unterhalb von Grenz- erten und Gefahrennachweisen bestehen. Vor allem bei ebensmitteln und Kleidung sollen die Bürgerinnen und ürger alle Inhaltsstoffe und Verunreinigungen erfahren önnen. Es gibt nicht „den Standardverbraucher“ – im egenteil: Verbraucherinnen und Verbraucher stellen eine ehr differenzierte und heterogene Gruppe dar. Ein gutes erbraucherinformationsgesetz sollte dies berücksichti- en. Nicht zuletzt werden durch eine offene und transpa- ente Informationspolitik auch die korrekt arbeitenden nternehmen belohnt: Indem sie sich an den Interessen hrer Kundinnen und Kunden orientieren, schaffen sie ertrauen für ihre Produkte und können von dem einset- enden Wettbewerb um Qualität profitieren. Leider zei- en die Unternehmen bisher wenig Bereitschaft, von ich aus aktiv zu werden und auch nur ansatzweise eine usreichende Informationspolitik zu betreiben. Der Verweis auf „Betriebs- und Geschäftsgeheim- isse oder sonstige wettbewerbsrelevante Informatio- en“ im Gesetzentwurf der Koalition stellt daher eine teilvorlage für Auskunftsverweigerung der Unterneh- en dar. Gegen die gerne praktizierte Geheimniskräme- ei ist es unseres Erachtens unerlässlich, die Ausnahmen om Informationsanspruch auf den notwendigen Kern- 10354 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) bereich zu reduzieren und den Begriff des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses gesetzlich genau zu definieren. Auch die Behörden sollten mehr zur Verbraucherin- formation beitragen als bisher von Herrn Seehofer ge- plant: Wir wollen sie zur Hilfeleistung bei der Informa- tionsbeschaffung und zur aktiven Information der Öffentlichkeit verpflichten. Letztere muss beispielsweise schon dann erfolgen, wenn hinreichende Anhaltspunkte vorliegen, dass von einem Produkt Risiken für die Ge- sundheit oder die Sicherheit ausgehen oder schützens- werte Verbraucherinteressen gefährdet werden. Weiter- hin halten wir es in diesem Zusammenhang für unerlässlich, den Zugang zu Verbraucherinformationen für die Bürgerinnen und Bürger einfach und grundsätz- lich kostenfrei zu gestalten, damit ihre Nutzung nicht vom sozialen Status abhängig ist. Unsere Vorschläge für eine grundlegende Neugestal- tung und Verbesserung des Rechtes auf Verbraucherin- formation liegen auf dem Tisch und das nicht erst seit gestern. Sollte der Gesetzesentwurf der Regierungskoalition in dieser Form in Kraft treten, ist er ein weiterer Aus- druck für die Halbherzigkeit der aktuellen Verbraucher- politik. Um den Verbraucherschutz nach vorn zu brin- gen, sind – statt rhetorischem Getöse und hektischer, aber folgenloser Betriebsamkeit nach den regelmäßig auftretenden Lebensmittelskandalen – deutliche und manchmal auch unkonventionelle Schritte nach vorn vonnöten. In diesem Sinn ist auch unser Vorschlag zum Bund-Länder-Staatsvertrag für ein Qualitätsmanagement der Lebensmittelqualität zu verstehen. Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vier Uhr morgens in Deutschland. Für diese Zeit ist das Ver- braucherinformationsgesetz auf die Tagesordnung des Bundestages gesetzt worden. Bei allem Verständnis für volle Tagesordnungen, aber hier handelt es sich um ein für Verbraucherinnen und Verbraucher, um ein für uns alle durchaus bedeutendes Gesetz. Das sollte wirklich nicht zu nachtschlafender Zeit, sondern im Lichte der Öffentlichkeit diskutiert werden. Ich kann mich des Ein- drucks nicht erwehren, dass die Große Koalition dieses heftig kritisierte Gesetz am liebsten ohne Debatte be- schließen würde. Minister Seehofer hat schon so oft so viel verspro- chen, und wieder ist nichts daraus geworden: Dieses Ge- setz sollte ein Aushängeschild werden, und was bleibt, ist nun doch nur wieder ein Etikettenschwindel. Die Ver- braucher sollen nach den Vorstellungen der Bundesre- gierung auch in Zukunft keinen schnellen und unbüro- kratischen Zugang zu den für sie interessanten und wichtigen Informationen erhalten. Das Gesetz, das bei Nacht und Nebel jetzt einfach durchgereicht werden soll, bleibt voller Anwendungslöcher und bürokratischer Hür- den, auch nachdem der Bundespräsident die Unterschrift verweigert hatte und die Bundesregierung minimal nach- gearbeitet hat. Die Chance zur Verbesserung wurde ver- tan: Schwarze Schafe dürfen sich weiter von der Bun- desregierung geschützt fühlen. g u t d d G c l w a n f E s h s S s n c k b z m w G s w b D p g d u b t a h d c G v t g U k e V o D B h c (C (D Wie wir wissen, hat auch das neue Gesetz keine Be- eisterung in der Gesellschaft ausgelöst. Verbraucher- nd Umweltverbände, Wirtschaft, Datenschutzbeauf- ragte und Journalistenverbände haben ihre Kritik sehr eutlich zum Ausdruck gebracht, zum Beispiel CorA, as Netzwerk für Unternehmensverantwortung, dem die ewerkschaft verdi ebenso angehört wie der Verbrau- herzentrale Bundesverband, der Evangelische Entwick- ungsdienst, terre des hommes, Greenpeace und viele eitere zivilgesellschaftliche Organisationen. Die Organisation foodwatch hatte vor einem Jahr mit chtzehn weiteren gesellschaftlichen Organisationen ei- en Verbändebrief veröffentlicht, der das Verbraucherin- ormationsgesetz der Bundesregierung heftig kritisiert. s ist nun an den Fraktionen von SPD und CDU, die be- tehenden Fehler und Mängel zu beheben, sonst wird ier eine weitere Ursache für Politikverdrossenheit ge- chaffen, wie sie die große Koalition derzeit an vielen tellen zu verantworten hat. Die Länder scheinen bereit für Nachbesserungen zu ein. Erste Signale des Vorsitzenden der Verbrauchermi- isterkonferenz, des Ministers für Ernährung und ländli- hen Raum aus Baden-Württemberg, Peter Hauk, der ritisiert, dass es bisher an einer zentralen Stelle fehlt, ei der Verbraucher Warnhinweise erhalten und sich um Beispiel über mögliche Gesundheitsgefahren infor- ieren können, sind ermutigend. Auch aus NRW kennen ir die weitergehenden Vorschläge beim Betriebs- und eschäftsgeheimnis und bei den Antragsverfahren. Über all diese Anmerkungen und Bemühungen setzt ich die Bundesregierung allerdings bisher einfach hin- eg. Die letzte Hoffnung der Öffentlichkeit und der Ver- raucherinnen und Verbraucher liegt nun bei Ihnen, den amen und Herren Volksvertretern. Lassen Sie uns das arlamentarische Verfahren dazu nutzen, die notwendi- en Korrekturen vorzunehmen. Beseitigen Sie die zahlreichen Ausnahmetatbestände, ie einen wirksamen Informationsanspruch verhindern nd weiten Sie den Anwendungsbereich auf alle Ver- raucherprodukte und Dienstleistungen aus. Vor allem darf der vorgeschobene Begriff des Be- riebs- und Geschäftsgeheimnisses das Verbraucherrecht uf Information nicht verhindern. Unternehmen und Be- örden dürfen nicht zu Geheimniskrämern werden, son- ern müssen die Bürgerinterressen an die erste Stelle rü- ken. Die generelle Ausnahme für „Betriebs- und eschäftsgeheimnisse oder sonstige wettbewerbsrele- ante Informationen, die in ihrer Bedeutung für den Be- rieb mit einem Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis ver- leichbar sind“, ist nicht hinnehmbar, da sie den nternehmen weitgehende Möglichkeiten zur Aus- unftsverweigerung einräumt. Wir brauchen mindestens ine Abwägung zwischen Informationsinteressen der erbraucher und den „schutzwürdigen Interessen der der des Dritten“, so wie sie bei den personenbezogenen aten vorgesehen ist. Der Geltungsbereich des Gesetzes muss sich über den ereich des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches inaus auf alle Produkte und Dienstleistungen erstre- ken. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10355 (A) ) (B) ) Es muss einen Informationsanspruch gegenüber Un- ternehmen geben und eine Informationspflicht aufseiten der Unternehmen. Es kann nicht angehen, dass eine in- formationspflichtige Behörde eines Bundeslandes in ei- nem konkreten Fall keine Auskunft geben kann, obwohl die Informationen im Unternehmen vorliegen. Unterneh- men arbeiten schließlich über die Landesgrenzen hin- weg. Es muss unbürokratische und kostenfreie Regeln zur Antragstellung geben. Verbraucher, die einen Antrag auf Informationsherausgabe stellen, und dann erstmal ein bürokratisches Wunder erleben müssen – 8 Wochen Be- arbeitungszeit, saftige Gebühren –: Das kann es nicht sein. Die Bezeichnung „Verbraucherinformationsgesetz“ ist Verbraucherirreführung. Dieses Verbraucherinforma- tionsgesetz bleibt hinter dem Informationsfreiheitsgesetz weit zurück. Nachdem Bundespräsident Köhler das Gesetz ge- stoppt hatte, hat die Bundesregierung für die rein for- melle Änderung vier Monate Zeit verschwendet. Die Zeit, Änderungsanträge zur Verbesserung zu machen und die Anhörung durchzuführen, haben wir aber nun auch noch. Dafür soll das Gesetz dann rasch an dem Tag der Verkündigung in Kraft treten – und nicht erst Monate später, wie die Koalition plant. Anlage 19 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung eines Alkoholverbots für Fahran- fänger und Fahranfängerinnen (Tagesord- nungspunkt 29) Gero Storjohann (CDU/CSU): Das Gesetz zur Ein- führung eines Alkoholverbots für Fahranfänger und Fahranfängerinnen, das wir heute in abschließender Le- sung beraten, leistet einen wichtigen Beitrag zur Erhö- hung der Verkehrssicherheit auf Deutschlands Straßen. Der ursprüngliche Gesetzentwurf der Bundesregie- rung, den wir am 9. Mai im Verkehrsausschuss des Deut- schen Bundestages beraten haben, enthält zwei Tatbe- stände. Er sah ein Verbot des Konsums alkoholischer Ge- tränke bei der Fahrt und Verbot des Antretens der Fahrt unter der Wirkung alkoholischer Getränke durch Fahr- anfängern vor. Fahranfänger, die dagegen verstoßen, müssen mit einem Bußgeld in Höhe von 125 Euro und zwei Punkten beim Kraftfahrtbundesamt in Flensburg, der Teilnahme an einem Aufbauseminar sowie der Ver- längerung der Probezeit von zwei auf vier Jahre rechnen. Der ursprüngliche Gesetzentwurf der Bundesregie- rung sah ein absolutes Alkoholverbot für Fahrer und Fahrerinnen während der Probezeit durch eine Ergän- zung des Straßcnverkehrsgesetzes, des Güterkraftver- kehrsgesetzes, der Fahrerlaubnis-Verordnung und der Bußgeldkatalog-Verordnung vor. Hierzu ist von den Re- g a A g s D c l i Ü r f a P 2 h S f A s g d a s h s c h D ih g t ß S 2 r n k C k S v V h s j h Z d d K e d d C (C (D ierungsfraktionen CDU/CSU und SPD ein Änderungs- ntrag eingebracht worden, mit dem Ziel, das absolute lkoholverbot neben der Probezeit auch an die Alters- renze von 21 Jahren zu binden. Warum haben wir diesen Änderungsantrag in die Aus- chussberatungen eingebracht? In der Bundesrepublik eutschland haben Jugendliche ein überdurchschnittli- hes Unfallrisiko im Straßenverkehr. Hauptverantwort- ich dafür sind zum einen eine hohe Risikobereitschaft nbesondere junger männlicher Fahranfänger sowie die berschätzung der eigenen Fähigkeiten und zum ande- en die noch mangelnde Fahrerfahrung. Gerade bei Fahranfängern erhöht das Zusammentref- en von Unerfahrenheit im Straßenverkehr und „Alkohol m Steuer“ das ohnehin schon hohe Unfallrisiko dieser ersonengruppe. Junge Fahrer und Fahrerinnen unter 1 Jahren sind überdurchschnittlich häufig unter Alko- oleinfluss an Unfällen mit Personenschäden beteiligt. o war im Jahr 2005 von jeweils 1 000 beteiligten Kraft- ahrzeugführern an Unfällen mit Personenschaden in der ltersgruppe der 18- bis 20-jährigen jeder 44. alkoholi- iert. Im Vergleich dazu war dies bei den über 24-jähri- en durchschnittlich nur jeder 27. Kraftfahrzeugführer. Diese Zahlen resultieren einerseits teilweise daraus, ass die Gruppe der unter 21-Jährigen die meisten Fahr- nfänger und Fahranfängerinnen stellt. Andererseits be- teht jedoch für junge Fahrer und Fahrerinnen darüber inaus entwicklungsbedingt und wegen der alterstypi- chen Freizeitgestaltung in besonderem Maße die Versu- hung von Fahrten unter Alkoholeinfluss – ich spreche ier insbesondere von den Fahrten nach Besuchen von iskotheken, die ein hohes Unfallrisiko bergen. Junge Fahranfänger unterscheiden sich damit aufgrund rer gesamten Lebenssituation von älteren Fahranfän- ern. Zudem sind junge Fahranfänger im Gegensatz zu äl- eren gruppendynamischen Aspekten unterworfen. Au- erdem werden die Gefahren von Alkohol im traßenverkehr in dem Lebensabschnitt vom 18. bis zum 1. Lebensjahr häufig verharmlost – wir sehen dies ge- ade aktuell bei der Diskussion um ein Verbot der soge- annten Flat-Rate-Partys, die mit einem erheblichen Al- oholkonsum einhergehen. Daher halten wir von der DU/CSU-Bundestagsfraktion die Einführung eines Al- oholverbots beim Führen eines Kraftfahrzeuges im traßenverkehr für Fahranfänger in der Probezeit und or Vollendung des 21. Lebensjahres im Interesse der erkehrssicherheit für sinnvoll. Es ist davon auszuge- en, dass nach einer mindestens dreijährigen Übung der trikten Trennung von Fahren und Alkoholkonsum bei ungen Fahranfängern und Fahranfängerinnen ein Erzie- ungs- und Gewohnheitseffekt eintritt, der sich auf diese ielgruppe positiv auswirkt. Ich begrüße es deshalb, ass in den Ausschussberatungen eine breite Mehrheit em Antrag der Regierungsfraktionen zugestimmt hat. Durch die Ausdehnung des Alkoholverbots auf den reis der Personen unter 21 Jahren wird zugleich eine inheitliche und nachvollziehbare Regelung geschaffen, ie nach Ansicht meiner Fraktion einen Fortschritt bei er Verbesserung der Verkehrssicherheit bringt. Die DU/CSU-Fraktion leistet damit nach der Einführung 10356 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) des Begleiteten Fahrens ab 17 erneut einen Beitrag zur Minimierung des Unfallrisikos junger Fahrerinnen und Fahrer. In Verbindung mit einem erhöhten Kontrolldruck durch die Polizeivollzugsdienste der Länder erwarte ich mir durch das Gesetz zur Einführung eines Alkoholver- bots für Fahranfänger und Fahranfängerinnen eine ver- kehrssicherheitsfördernde Wirkung. Ich plädiere an die- ser Stelle darüber hinaus für eine europaweite Einführung des Alkoholkonsumverbotes für Fahranfän- ger. Lassen Sie mich zusammenfassen: Durch vorliegende Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung zu dem Gesetzentwurf der Bun- desregierung wird ein absolutes Alkoholverbot für Fahr- anfänger innerhalb der zweijährigen Probezeit einge- führt; für junge Fahranfänger gilt dieses absolute Alkoholverbot in der Probezeit und vor Vollendung des 21. Lebensjahres. In den gesetzlich normierten Zeiträu- men ist es Fahranfängern mit Inkrafttreten des Gesetzes untersagt, als Führer eines Kraftfahrzeuges im Straßen- verkehr alkoholische Getränke zu sich zu nehmen oder die Fahrt anzutreten, obwohl sie unter der Wirkung eines solchen Getränkes stehen. Dies wird durch den neuen § 24 c Straßenverkehrsgesetz eindeutig geregelt. Für alle anderen Verkehrsteilnehmer verbleibt es bei den beste- henden gesetzlichen Regelungen. Mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Einführung eines Alkohol- verbots für Fahranfänger und Fahranfängerinnen in der Fassung der heute zur Abstimmung stehenden Be- schlussempfehlung des Verkehrsausschusses wird ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Verkehrssicher- heit in Deutschland getan. Die CDU/CSU-Fraktion wird dieser Beschlussempfehlung daher zustimmen. Heidi Wright (SPD): Der Gesetzentwurf zur Einfüh- rung eines Alkoholverbots für alle Fahranfänger und Fahranfängerinnen, mit dem § 24 StVG geändert wird, und über den wir heute in zweiter und dritter Lesung ab- stimmen, hat große Einigkeit bei den Fraktionen erzielt. Lediglich die FDP hat nun einen Schwenk vollzogen und entzieht der Gesetzesänderung ihre Gunst. Das Alkohol- verbot ist ein wichtiger Schritt, es ist ein Baustein zur Reduzierung von Alkoholunfällen, und es ist ein richti- ges Signal: Alkohol und Fahren sind absolut nicht ver- einbar. Wie unvereinbar, zeigen auch die Ergebnisse einer speziellen Erhebung des Statistischen Bundesamtes, auf die der ACE Auto Club Europa erst vor wenigen Tagen hingewiesen hat: Demnach stellt der Himmelfahrtstag – bundesweit auch bekannt als „Vatertag“ und gefeiert als feucht-fröhlicher Männerwandertag – seit Jahren traurige Rekordwerte auf: 2006 registrierte die Polizei bundesweit insgesamt 383 Unfälle, bei denen jeweils mindestens ein Beteiligter unter Alkoholeinfluss stand. Insgesamt gab es dabei 251 Unfallopfer, fünf Menschen starben, 246 wurden verletzt. An allen anderen Tagen in 2006 registrierte die Polizei im Schnitt „nur“ 140 Alko- holunfälle. Das ist ein Anstieg auf fast das Dreifache! Schon in den Jahren zuvor hatte sich „Himmelfahrt“ als E t 3 2 T F k h a ü g v G G k a N D w d r m d n n s P n w c w E a w n u u q r n U D T Z B A D s h A h k d (C (D reignis mit den meisten Verkehrsunfällen wegen be- runkener Fahrer erwiesen. So ereigneten sich 2005 81 Alkoholunfälle – „normaler“ Tagesdurchschnitt 146 –, 004 hatte es sogar noch 458 Alkoholunfälle gegeben, agesdurchschnitt 142. Ich wiederhole: Alkohol und ahren sind absolut nicht vereinbar. Das Alkoholverbot für Fahranfänger ist schlüssig und onsequent. Gerade bei Fahranfängern wird das ohnehin ohe Unfallrisiko durch einen oft verhängnisvollen Mix us mangelnder Erfahrung im Straßenverkehr, Selbst- berschätzung und Alkohol am Steuer noch erhöht. Es ist richtig, dass der Gesetzentwurf auf die Festle- ung einer Promillegrenze verzichtet hat, weil damit erhindert werden soll, dass sich Fahranfänger an diese renze „herantrinken“. Es ist auch richtig, dass der esetzgeber keine Promillezahl nennt, sondern den Al- oholgenuss während des Führens eines Kraftfahrzeuges bsolut untersagt. Einigkeit in den Beratungen bestand auch über die otwendigkeit verstärkter polizeilicher Kontrollen. enn ein neues, wenn auch gutes Gesetz ersetzt keines- egs die präventive Abschreckung durch flächen- eckende polizeiliche Kontrolle. Frankreich und Öster- eich sollten uns hier als Vorbilder dienen, denn sie achen uns vor, dass konsequentere Kontrollen und rastischere Bußgelder viele Fahrer davon abhalten kön- en, sich alkoholisiert ans Steuer zu setzen. Dies schützt icht nur potenzielle Verkehrsopfer, sondern auch sie elbst. Zu Recht weist bei uns die Gewerkschaft der olizei immer wieder darauf hin, dass ein Alkoholverbot ur dann Sinn macht, wenn es ausreichend kontrolliert ird. Das jahrelange personelle Ausbluten der polizeili- hen Verkehrsüberwachung lässt deshalb bei den Verant- ortlichen Zweifel aufkommen, ob sich der erwünschte ffekt einer Verringerung der Pkw-Unfälle junger Fahr- nfänger unter Alkoholeinfluss sehr schnell einstellen ird. Die Länder sind daher dringlich aufgefordert, die eue Gesetzesregelung durch erhöhten Kontrolldruck zu nterstützen. In den Beratungen wurde von einigen Kolleginnen nd Kollegen darauf hingewiesen, dass über eine konse- uentere polizeiliche Kontrolle hinaus weitere flankie- ende Maßnahmen zur Reduzierung der Alkoholunfälle otwendig seien. Dazu gehöre die Diskussion über den mgang mit Alkohol. Dem stimme ich voll und ganz zu. enn das Problem ist bereits so gravierend, dass eine abuisierung unverantwortlich wäre. Am 23. Mai 2007, also erst gestern, hat die „Berliner eitung“ auf die erschreckenden Ergebnisse einer egleitforschung des Prognos-lnstituts zu einem Anti- lkohol-Modellprojekt der Bundesregierung hingewiesen. iese Ergebnisse belegen den exzessiven Alkoholkon- um von Jugendlichen und Kindern. Dies muss uns auf- orchen lassen. Gewiss: Unser Thema ist hier nicht das „Komasaufen“. ber diese Ergebnisse fordern auch uns Verkehrspolitiker eraus, denen an einer weiteren Verbesserung der Ver- ehrssicherheit gelegen ist. Auch die Drogenbeauftragte er Bundesregierung sprach von einem wachsenden Pro- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10357 (A) ) (B) ) blem, dem man nicht tatenlos zusehen dürfe und verwies auf das 2003 von der Bundesregierung gestartete Projekt „Halt“, in dessen Rahmen Betroffene beraten und Präven- tionsaktionen organisiert werden. Mit Jugendlichen muss es an Schulen und Fahrschulen Gespräche geben. Betrof- fene Jugendliche dürfen nicht alleingelassen oder einer weitverbreiteten Gruppendynamik überlassen werden. Es geht hier nicht darum, Jugendliche und Kinder zu stigmatisieren. Alkoholmissbrauch ist ein Problem der ganzen Gesellschaft, also auch vieler erwachsener Ver- kehrsteilnehmer. Diesem Umstand hat der Gesetzent- wurf auch Rechnung getragen, indem bei dem Alkohol- verbot jegliche Altersbeschränkung entfallen ist. Denn auch ältere Fahranfänger sind häufig an Alkoholunfällen mit Personenschaden beteiligt. Immerhin beträgt ihr An- teil 11,7 Prozent der gesamten Gruppe der Fahranfänger. Weil aber junge Fahranfänger unter 21 Jahren über- durchschnittlich häufig unter Alkoholeinfluss an Unfällen mit Personenschäden beteiligt sind, haben wir eine Än- derung in das Gesetz aufgenommen: Das absolute Alko- holverbot wird sowohl an die Probezeit gebunden als auch an die Altersgrenze „bis zur Vollendung des 21. Le- bensjahres“. Damit verbindet sich die Hoffnung, dass nach einer mindestens dreijährigen Übung der strikten Trennung von Fahren und Alkoholkonsum bei den jungen Fahranfängern ein „Erziehungs- und Gewohnheitsef- fekt“ eintritt, der sich dann positiv auf diese Zielgruppe auswirkt. Der seit langem beobachtete Rückgang der Unfall- zahlen und insbesondere der Zahl der Unfalltoten im Straßenverkehr hat sich auch 2006 fortgesetzt – trotz verdreifachtem Fachzeugbestand und trotz verdreifach- ter Jahresfahrleistung. Diese positive Entwicklung ist Folge vieler Maßnahmen der letzten Jahre: Absenkung der Promillegrenze auf 0,5 Prozent, begleitetes Fahren, Aufklärungs- und Verkehrssicherheitskampagnen, Ein- führung umfassender Verkehrsregelungen, aber auch Op- timierung der Rettungsorganisationen, straßenbauliche Maßnahmen, Verbesserungen der passiven Sicherheit in Fahrzeugen und vieles mehr. Wenngleich historischer Tiefststand seit Einführung der Unfallstatistik: Jedes Todesopfer im Straßenverkehr ist ein Todesopfer zu viel; ganz bedrückend ist die hohe Anzahl der verletzten Verkehrsteilnehmer. Deshalb sind weiter reichende Maßnahmen angesagt. Die Entschei- dungen, die wir zur nachhaltigen Verbesserung des Ver- kehrsklimas und der Verkehrssicherheit treffen können, müssen mutiger sein. Ziel der Verkehrssicherheitsarbeit muss sein: Vision Zero, null Verkehrstote. Alkoholkonsum ist eine der Hauptursachen des Unfallgeschehens. Die absolute Hauptunfallursache ist jedoch unangepasste, also zu hohe Geschwindigkeit. Der Verkehrsminister hat diesen Aspekt genau vor vier Wochen, anlässlich der Eröffnung der Internationalen Woche der Verkehrssicherheit vom 23. bis 29. April 2007, selbst in den Vordergrund gestellt. Auch bei den von jungen Fahranfängern verursachten Unfällen steht an der Spitze die überhöhte, nicht ange- passte Geschwindigkeit. Das Statistische Bundesamt listet d N 9 g f z U „ e s A n S w b a a f m E m d s n M n e a f m d v a d F b e D u s d m E b g s d (C (D as Unfallgeschehen der 18- bis 24-Jährigen in 2005 auf: ach Feststellungen der Polizei fuhr fast jeder vierte der 0 313 unfallbeteiligten Pkw-Fahrer dieser Alters- ruppe, 22 Prozent, zu schnell. Mit weitem Abstand olgten die Unfallursachen „Abstandsfehler“, 11 Pro- ent, sowie „Vorfahrt-/Vorrangfehler“, 10 Prozent der nfallbeteiligten. Die weiteren Unfallursachen waren Abbiegefehler“, 6,2 Prozent. Erst dann folgt Alkohol- influss mit 4,7 Prozent der Unfallbeteiligten. Wie groß der Handlungsdruck angesichts des vorherr- chenden aggressiven Verkehrsklimas ist, zeigen die ussagen einer Pressemitteilung des Bundesverkehrsmi- isteriums vom 22. April 2007: Vor allem junge männliche Führerschein-Neulinge sind die größte Problemgruppe. Über 80 Prozent der Verkehrsteilnehmer empfinden das Verkehrs- klima generell als rücksichtslos und immer rauer. Deshalb müssen wir große Anstrengungen unter- nehmen, um das Klima auf unseren Straßen zu ver- bessern und das Miteinander im Straßenverkehr zu stärken. … Größe zeigt, wer auch mal den Fuß vom Gas nimmt … Keiner bestreitet, dass wir gute Entwicklungen der traßenverkehrssicherheit haben. Das ist aber kein Grund, eit unter unseren Möglichkeiten zu deren weiteren Ver- esserung zu bleiben. Vernünftig wäre die Ausschöpfung ller möglichen Optionen. Eine weitere Option wäre ein allgemeines Tempolimit uf Bundesautobahnen. Das Thema stand heute eben- alls auf der Tagesordnung des Deutschen Bundestages – it der Beratung von zwei Anträgen der Opposition zur inführung eines generellen Tempolimits von 120 Kilo- eter pro Stunde bzw. 130 Kilometer pro Stunde auf eutschen Autobahnen. Eine solche europäisch harmoni- ierte Regelung sucht in Deutschland wohl noch nach ei- er gesellschaftlichen und insbesondere politischen ehrheit und Akzeptanz. Deutschland, in der Mitte ei- es vereinigten Europa und als Transitland Nummer ins, muss mit klaren Regelungen im Straßenverkehr ufwarten. Eine davon ist das Alkoholverbot für Fahran- änger. Weitere werden folgen. Patrick Döring (FDP): Erlauben Sie mir eine Be- erkung vorab: Die Behandlung des Gesetzentwurfs urch das Parlament wird der Bedeutung dieses Alkohol- erbots für Fahranfängerinnen und Fahranfänger sowie lle Fahrer unter 21 Jahren nicht gerecht. Nach Auskunft es Kraftfahrtbundesamts sind jedes Jahr über 670 000 ahranfänger jünger als 24 Jahre. Viele von ihnen erwer- en den Führerschein bereits mit 18 Jahren. Bereits die rste Lesung im Plenum fand am späten Abend statt. ass die zweite und dritte Lesung auf der Tagesordnung m 4.45 Uhr platziert wurde, halte ich für nicht angemes- en. Das Thema ist zu wichtig, als dass jede Diskussion arüber außerhalb der Öffentlichkeit allein in Hinterzim- ern ausreichend wäre. Wer Akzeptanz für politische ntscheidungen – zumal für Einschränkungen und Ver- ote – erreichen will, der sollte diese auch öffentlich be- ründen können. Ein schweigendes Parlament stellt sich elbst in Frage und erzeugt bei den Betroffenen den Ein- ruck von Gleichgültigkeit. 10358 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) ) (B) ) Nun zum Inhaltlichen: In den Ausschussberatungen hat die Koalition die Regelungen weiter verschärft. An- statt die Dauer des Alkoholverbotes an der Dauer der Probezeit zu orientieren, wie es die Bundesregierung vor- gesehen hatte, wurde ein weiteres Kriterium eingefügt: Nun sollen alle Fahranfänger unter 21 Jahren generell vom Alkoholverbot betroffen werden, egal wann sie die Fahrerlaubnis erworben haben. Schaut man sich den Hauptanwendungsbereich dieser Änderung an, stellt man fest, dass im Wesentlichen die 18-Jährigen von der Regelung betroffen sind. Denn sie haben danach zwei Jahre Probezeit und drei Jahre Alko- holprobezeit. Erwirbt ein 19-Jähriger dagegen den Füh- rerschein erstmalig, bleibt es beim Parallellauf von Pro- bezeit und Alkoholverbot. Dass der 20-jährige Fahranfänger nach zwei Jahren Probezeit grundsätzlich unvernünftiger ist als der 21-jährige, habe ich nirgendwo lesen können. Für den Fall, dass sich die Koalition an dem Alter von 21 Jahren orientiert haben sollte, weil die statistische Behandlung von Unfallzahlen bei Fahranfängern zu Dreijahresstufen neigt – was ich für sehr gut möglich halte – hätte ich es begrüßt, wenn sich die Koalition etwas mehr Mühe mit der Erforschung des statistischen Materials gegeben hätte, anstatt eigene Informationsdefizite mit Verboten zulasten der Bürger auszugleichen. Aus diesem Material des Kraftfahrt-Bundesamts er- gibt sich noch ein Hinweis: Die Probezeit für Fahranfän- ger gilt unabhängig von dessen Alter. Mehr als 100 000 Menschen erwerben jährlich erstmals ihren Führerschein im Alter von mehr als 24 Jahren. Diesen jetzt ebenfalls ein Alkoholverbot aufzuerlegen, ist aus Sicht der FDP weder sachgerecht noch vernünftig. Nicht übertrieben ist es jedenfalls, von einem Sonder- recht für 18-Jährige zu sprechen, das der in geänderter Fassung vorliegende Gesetzentwurf statuiert. Es wird eine Ungleichbehandlung geschaffen, von der ich nicht glaube, dass sie überhaupt zur Verkehrssicherheit beiträgt, sehr wohl aber zu einem Gefühl der Diskriminierung der Jugendlichen. Von wem Sie erwarten, dass er mit 18 Jahren – zum Teil auch schon mit 16 – wählen geht und andere staatsbürgerliche Pflichten übernimmt, dem sollte man auch die entsprechende Eigenverantwortung zubilligen. Dem ursprünglichen Entwurf hätte die FDP – wenn auch mit Bauchschmerzen – noch zustimmen können. Obwohl die Freiheit und Eigenverantwortung der Fahr- anfänger eingeschränkt wurde, war der Regierungs- entwurf ein Schritt in die richtige Richtung zu mehr Ver- kehrssicherheit. Nun überwiegen aber durch die Änderungen die Einschränkungen der Freiheit und vor allem der Gleichbehandlung der Menschen. Denn es kann nicht außer Acht bleiben, dass allein die Schaffung neuer Verbote nur ein minimaler Beitrag zu mehr Ver- kehrssicherheit bedeuten kann. Viel wichtiger wäre es, das bestehende Vollzugsdefizit anzugehen und die Kon- trolle der vorhandenen Gesetze so zu gestalten, dass es endlich unattraktiv wird, betrunken Auto zu fahren, weil man sowieso nicht unentdeckt zu Hause ankommt. Von diesem Zustand sind wir leider weit entfernt. i r S n w h h c A i a n G S A v b w z W V s e Ö A a w d f t K w w h T f s n d S g J s n a k m d P s l h l d (C (D Dafür spricht auch, dass das eigentliche Problem – das st nichts Neues – in einem ganz anderen Promillebe- eich irgendwo über 1,0 liegt und hier der Verdacht von ymbolpolitik aufkommt. Wie so oft, wenn man mit Ka- onen auf Spatzen schießt. In Zeiten, in denen sich Jugendliche zu Tode trinken, erden wir allein mit Verboten nicht weit kommen. Die ochprozentigen Alkoholika, die einige Jugendliche eute konsumieren, sind für sie auch verboten. Wir brau- hen ein Umdenken in der Gesellschaft – zum Thema lkohol insgesamt und besonders zum Thema Alkohol m Straßenverkehr. Wer mit seinen erfolgreichen oder uch missglückten Trunkenheitsfahrten prahlt und dafür och nicht einmal Widerspruch erntet, der lebt der jungen eneration einen leichtfertigen Umgang mit Alkohol im traßenverkehr vor. Deshalb ist es so viel wichtiger, die ufklärung und nicht die Verbote zu verbessern und den erantwortungsbewussten Umgang mit Alkohol vorzule- en. Zu beidem kann die Schule einen Beitrag leisten, ie die Führerschein AG an niedersächsischen Schulen eigt. Letztlich ist aber die Gesellschaft gefordert. Ich möchte abschließend noch einige grundsätzliche orte sagen: Es ist derzeit im Trend, an sich erlaubte erhaltensweisen mit Einzelverboten irgendwie einzu- chränken, gerade bei an sich legalen Drogen. Kaum ine Woche vergeht ohne eine neue Verbotsforderung in der ffentlichkeit. Manchmal kommen sie im Tagesrhythmus: lkoholverbote, Rauchverbote, Musikhörverbote und ndere Forderungen, über die man mal mehr und mal eniger – sagen wir vorsichtig – überrascht ist. Daher ist as „Alkoholverbot für Fahranfängerinnen und Fahran- änger sowie Autofahrer unter 21 Jahren“ symptoma- isch für die politische Aktivität nicht nur der Großen oalition. Allein mit Verboten werden wir die ge- ünschten und erwarteten Erfolge nicht haben. Daher ird die FDP-Fraktion das Gesetz ablehnen. Dorothée Menzner (DIE LINKE): Wir reden hier eute eigentlich über zweierlei, einerseits über das hema Alkohol, andererseits über das Thema Fahran- änger. Beides zusammen in Kombination ist kein Rie- enthema, sondern ein Riesenproblem, eines, bei dem es ur eine Lösung geben darf: Wir müssen es lösen. Und eshalb sagt die Linke uneingeschränkt Ja zu allen chritten, die geeignet sind, dem Alkoholproblem entge- enzusteuern. – Ja zu diesem Gesetz, und auch ein klares a zur Einschränkung der Rechte junger Erwachsener, peziell in diesem Falle, wozu ich erst am Schluss mei- es Beitrags ein paar Worte sagen möchte. Dem Alkoholproblem als psychologischem Problem llein mit Gesetzen beikommen zu wollen, greift zu urz. Die rechtlichen Einschränkungen, die vorgenom- en werden, sind politisch eine Beruhigungspille. Wer enkt, damit sei alles getan, irrt sich gewaltig. Um ein roblem zu lösen, bedarf es immer erst der Ursachenfor- chung. – Damit meine ich natürlich nicht, jenen im Par- ament so beliebten Hebel, Gutachten und Experten zu ören, um zu Lösungen zu kommen! Wir wissen näm- ich schon längst, wo die Ursachen des um sich greifen- en Alkoholkonsums liegen. Zunehmende Perspektivlo- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 10359 (A) ) (B) ) sigkeit und zunehmender Leistungsdruck in einer Spaßgesellschaft – das sind die Ursachen! Anderen etwas vorzumachen, das treibt Menschen zu mehr Sein als Schein und dazu, den persönlichen Aus- nahmezustand im „Alkoholpegel“ zu ertränken. Beim jugendlichen Alkoholkonsum kommt aber noch etwas dazu: Hier wird der Notstand der einen in einer sich in Völlerei verlierenden Wohlstandsgesellschaft zur Zapf- säule. Die Getränkebranche und findige Gaststätten- betreiber nutzen den vermeintlichen Kult, Sinne zu vernebeln, für Renditezwecke. Beide machen damit Rie- sengeschäfte. Wir müssen gezielt etwas dagegen unter- nehmen! Vielleicht fällt uns allen noch etwas ein. Ich möchte fürs Erste hier nur eine Feststellung treffen: Bei vielen – und beileibe nicht nur bei Jugendlichen – führt die Su- che nach Wohlergehen mit Schwipps zum ersten Rausch. Und wenn später nur noch der Rausch gesucht wird, dann sind wir bei Sucht. Diesen Mechanismus, der in un- serer Gesellschaft ausgenutzt und zu einem inszenierten Spiel wird, gilt es zu durchbrechen. Nun zu den jungen Erwachsenen: Ob wir wollen oder nicht, wir behandeln hier die jungen Erwachsenen, also diejenigen zwischen 18 und 21, anders als die älteren. Die Bewährungsfrist, die für Fahranfänger ansonsten zwei Jahre dauert, ist damit nur für die jüngeren Erwach- senen, um eine kurze Zeitspanne verlängert. Ich sehe darin durchaus eine Beschneidung der Rechte von Menschen, die volljährig sind und uneinge- schränkte Freiheit haben. Mir fällt diese Freiheitsbe- schneidung nicht leicht! Aber angesichts der Freiheit, die es zulässt, durch Al- kohol und jugendlichen Übermut Leben aufs Spiel zu setzen und für immer zu vernichten, halte ich in diesem Falle eine Freiheitsbeschneidung für hinnehmbar. Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): „Alkohol hat am Steuer nichts zu suchen!“ Darin sind wir uns, was bei verkehrspolitischen Fragen selten vor- kommt, alle einig – mit Ausnahme der FDP. Das F in ih- rem Kürzel steht offenbar immer noch für „freie Fahrt für freie Bürger“. Des Deutschen liebstes Kind – oft zum Schaden unserer Menschenkinder – sind unsere Autos, und die müssen fahren, möglichst schnell, überall und ohne Einschränkungen. Denn das Fahren muss Spaß ma- chen. Nur bei Alkohol hört der Spaß auf. Das hat zumin- dest die Bundesregierung verstanden, weshalb sie zu- mindest Fahranfängern das Fahren im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss verbieten will. Die FDP-Fraktion sieht eher ein Vollzugsdefizit als ein Regelungsdefizit. Ich frage Sie, warum Sie das Voll- zugsdefizit nicht beseitigen. Schließlich regieren Sie in einigen Bundesländern mit. Vollzugsdefizite gehen an die Adresse der Länder. Wer beim Alkohol auf privatisierte Eigenverantwort- lichkeit setzt, der nimmt die Gefahren in Kauf, die allzu oft mit dem Leben anderer bezahlt werden. Schwere Un- fälle würden vor allem von Fahrern verursacht, deren B F s t m B d r a u e e v b w A s n r s r A z l w e v w g u a a d f L t r k S m h d s M W i a e g d w v – g s (C (D lutalkoholkonzentration bei 1,0 Promille liege, wie die DP feststellt. Sie übersehen, dass Unaufmerksamkeit chon bei 0,2 Promille je nach Körpergröße und Konsti- ution beginnt. Des Deutschen liebstes Kind ist zu zäh- en. Dazu gehören auch stärkere Kontrollen, höhere ußgelder und die Ausschöpfung des Strafrahmens, um ie Wirksamkeit des Alkoholverbotes für Fahranfänge- innen und Fahranfänger zu verstärken. Wir unterstützen uch die Einfügung der Altersgrenze „21. Lebensjahr“, m die Lücke, die beim Übergang vom Erwerb der Fahr- rlaubnis für Krafträder (A1) zur Pkw-Fahrerlaubnis (B) ntstehen kann, zu schließen. Gleiches gilt für Modell- ersuche des „begleiteten Fahrens“, wobei die Prüfungs- escheinigung meistens mit 17 Jahren ausgehändigt ird. Wir wollen jedoch mehr. Wir wollen ein generelles lkoholverbot für alle, damit die sogenannten Erwach- enen, die oft mit schlechten Beispielen vorangehen, icht weiterhin sich und Unbeteiligten unnötigen Gefah- en aussetzen. Das führt nicht nur zu mehr Verkehrs- icherheit; es beseitigt auch den Wirrwarr, der bei unse- en Bürgerinnen und Bürgern festzustellen ist: Wie viel lkohol darf’s denn sein, um keine Punkte in Flensburg u bekommen? Ab wann muss ich wie viel Bußgeld zah- en, auch wenn ich keinen Unfall verursacht habe? Und as ist, wenn ich bei 0,3 Promille fahrunsicher bin und inen Unfall verursache? Eine groteske Situation: Wie iel darf ich trinken, um leer auszugehen, wenn ich er- ischt werde? Darum geht es sicher nicht, sondern es eht um mehr Verkehrssicherheit auf deutschen Straßen, nd das für alle. Daher fordere ich die Bundesregierung uf, endlich zu handeln und ein Alkoholverbot für alle uf den Weg zu bringen. Achim Großmann, Parl. Staatssekretär beim Bun- esminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Ich reue mich, dass wir heute mit der zweiten und dritten esung des Gesetzentwurfs zur Einführung eines absolu- en Alkoholverbots für Fahranfänger und Fahranfänge- innen endlich das dringend benötigte Signal schaffen önnen: Du hast getrunken? Dann Hände weg vom teuer! Dies wird Fahranfängern und Fahranfängerinnen it dem Alkoholverbot, über dessen Einführung wir eute beraten, deutlich vermittelt. Das Signal ist notwen- ig. Denn bei mangelnder Erfahrung im Straßenverkehr ind Leistungsgrenzen rasch erreicht, und auch geringe engen Alkohol am Steuer sind damit schnell zu viel. enn Unerfahrenheit und Alkohol aufeinandertreffen, st die Folge ein gefährlicher Risikococktail. Dabei haben wir die Regelung bewusst auf alle Fahr- nfänger und Fahranfängerinnen – ob jung oder alt – rstreckt. Denn auch ältere Fahranfänger und Fahranfän- erinnen sind überdurchschnittlich häufig in alkoholbe- ingte Verkehrsunfälle verwickelt. Bei jungen Fahrern und Fahrerinnen kommt noch ein eiterer Risikofaktor hinzu: Entwicklungsbedingt und or allem wegen der alterstypischen Freizeitgestaltung Stichwort: nächtliche Diskobesuche – unterliegen jun- e Fahrer und Fahrerinnen in besonderem Maße der Ver- uchung von Fahrten unter Alkoholeinwirkung. Eine 10360 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 100. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 (A) (C) (B) ) Ausweitung des absoluten Alkoholverbots auf alle Fah- rer und Fahrerinnen, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, ist daher durchaus sinnvoll und stützt dieses neue Instrument zur Verbesserung der Verkehrssi- cherheit. Das Vorhaben ist ein wichtiger Baustein unserer bun- desweiten Verkehrssicherheitskampagne, mit der wir uns unter dem Motto „Hast du die Größe? Fahr mit Verant- wortung“ direkt an die im Straßenverkehr besonders ge- fährdete Zielgruppe der jungen Fahrer und Fahrerinnen richten. Wir setzen auf zweierlei: Zum einen wollen wir in einer breitangelegten Kommunikationsstrategie junge Fahrer und Fahrerinnen stärker für die Gefahren von Leichtsinn, Selbstüberschätzung, Alkohol- und Drogen- missbrauch im Straßenverkehr sensibilisieren. Gleich- zeitig gilt es, jungen Fahrern und Fahrerinnen klare Re- geln zu setzen. Denn nur beides zusammen – Aufklärung und Orientierung – bewegen junge Fahrer und Fahrerin- nen dauerhaft zu einem verantwortungsvollen Fahren auf unseren Straßen. Was bedeutet das Alkoholverbot für die jungen sowie die unerfahrenen Fahrer und Fahrerinnen konkret? Nun, für sie ist es künftig absolut tabu, als Führer oder Führe- rin eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr alkoholische Getränke zu sich zu nehmen oder die Fahrt anzutreten, obwohl sie noch unter der Wirkung eines alkoholischen Getränks stehen. Denn zu einem verantwortungsvollen tränke vor und während der Fahrt. Um die Signalwir- kung zu erhöhen und ein Trinken an Grenzwerte heran auszuschließen, kommt es nicht darauf an, ob im Einzel- fall die Leistungsfähigkeit des Betroffenen konkret be- einträchtigt war. Dies gilt für beide Tatbestandsalternati- ven. Auch bei der zweiten Handlungsalternative gilt, dass schon die Zusichnahme einer geringen Alkoholmenge für eine Tatbestandsverwirklichung ausreicht, wenn sie so groß ist, dass die Alkoholkonzentration bei Fahrtan- tritt noch in nennenswertem Umfang, also nicht nur im Spurenbereich, im Körper der Betroffenen vorhanden ist. Dies kann durch Aussagen von Polizeibeamten oder anderen Zeugen nachgewiesen werden. Die vorgesehenen Rechtsfolgen wahren, wie wir mei- nen, das rechte Maß. So hat die einmalige Zuwiderhand- lung in der Regel eine Geldbuße in Höhe von 125 Euro und die Eintragung von zwei Punkten im Verkehrszen- tralregister zur Folge. Gegebenenfalls verlängert sich auch die Probezeit um weitere zwei Jahre, und es kann ein besonderes Aufbauseminar mit den entsprechenden Kosten, die über dem durchschnittlichen Bußgeld liegen, angeordnet werden. Die Sanktion verbleibt damit im un- teren, aber trotzdem spürbaren sanktionsrechtlichen Be- reich. Ich bin überzeugt, dass wir mit dem vorliegenden Ge- Fahren gehört für Fahranfänger und Fahranfängerinnen, nach einem Glas Alkohol deutlich Nein zu sagen, das heißt sich nicht ans Steuer zu setzen, auch wenn Freunde sie hierzu drängen. In der Regelung stellen wir ab auf den Konsum – das heißt: die Handlung des Trinkens – alkoholischer Ge- s F R b F c (D etzentwurf zur Einführung eines Alkoholverbots für ahranfänger und Fahranfängerinnen einen deutlichen ückgang alkoholbedingter Unfälle im Straßenverkehr ewirken können. Im Interesse der Fahranfänger und ahranfängerinnen wie auch im Interesse der Verkehrssi- herheit bitte ich Sie um Zustimmung zu diesem Gesetz. 91, 1 0, T 100. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2007 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9 Anlage 10 Anlage 11 Anlage 12 Anlage 13 Anlage 14 Anlage 15 Anlage 16 Anlage 17 Anlage 18 Anlage 19
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. h.c. Susanne Kastner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Dann bitte.



Rede von Bodo Ramelow
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)

Der Kollege hat mich eben kritisiert. Ich möchte wis-

en, warum das aus seiner Sicht von mir nicht als
riegseinsatz bezeichnet werden darf.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Alois Karl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)


    Sie haben den Einsatz in Afghanistan vorhin als

    riegseinsatz bezeichnet. Dagegen verwahre ich mich
    usdrücklich. Lieber Herr Ramelow,


    (Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: „Lieber“?)


    er Einsatz der westlichen Truppen in Afghanistan ist
    eeignet, zu erreichen, dass die Menschen dort wieder in
    rieden ihren täglichen Geschäften nachgehen können,
    ass Kinder in die Schule geschickt werden können und
    ass Frauen in den großen Städten keinen terroristischen
    bergriffen ausgesetzt sind. Das alles hat mit „Kriegs-

    insatz“ nichts zu tun; im Gegenteil: Unsere Leute dort
    ind im Einsatz, um endlich wieder friedliche Verhält-
    isse in Afghanistan herbeizuführen.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    ber das haben Sie schon in den Diskussionen bis dato
    o nicht akzeptiert.

    Ich komme zu meiner eigentliche Rede zurück, Frau
    räsidentin, und darf wie folgt fortfahren: Es ist nicht so,
    ie vorhin der Kollege Beck gesagt hat, dass wir die
    hristen herausstellen wollen. Tatsache ist: Etwa
    0 Prozent derjenigen, die in den verschiedenen Ländern
    er Welt verfolgt werden, bekennen sich zum christli-
    hen Glauben. Weltweit werden zurzeit mehr als
    00 Millionen Christen an der Ausübung ihres Glaubens
    ehindert und werden in der Tat in einer der größten
    hristenverfolgungen, die es in der Geschichte der
    enschheit jemals gegeben hat, in ihren elementaren
    enschenrechten beeinträchtigt.

    Wir erleben große Fortschritte auf den Gebieten der
    irtschaft, der Technik und der Forschung, aber was die
    eligionsfreiheit anbelangt, meint man manchmal, man






    (A) )



    (B) )


    Alois Karl
    sei in das Mittelalter zurückversetzt. Insbesondere dort,
    wo der Islam Staatsreligion ist, ist es mit der Religions-
    freiheit häufig nicht sehr weit her. Das Rechtssystem
    steht unter dem Vorbehalt der Scharia. Religionswechsel
    wird häufig mit der Todesstrafe bedroht. Damit dürfen
    wir uns in gar keinem Fall abfinden. Aus diesem Grunde
    ist es wichtig, dass wir in unserem Antrag die Bundesre-
    gierung auffordern, in den internationalen Konferenzen
    und auch bilateral die Thematik der Glaubens- und Reli-
    gionsfreiheit anzusprechen.

    Viele Glaubensbeeinträchtigungen in den einzelnen
    Ländern sind schon angesprochen worden; ich brauche
    da nichts zu wiederholen. Ich möchte aber darauf hin-
    weisen, dass wir immer Flagge zeigen müssen, wenn wir
    von Glaubensbeeinträchtigungen oder von Beeinträchti-
    gungen der Religionsfreiheit hören. Bundeskanzlerin
    Angela Merkel hat das gemacht. Bei ihrem Besuch in
    China hat sie zum Beispiel den greisen Bischof
    Aloysius Jin in Shanghai besucht. Sie hat damit für die-
    sen 27 Jahre lang inhaftierten Kämpfer für Glaubens-
    und Religionsfreiheit offen Sympathie gezeigt. Das ver-
    dient ausdrücklichen Respekt, und wir bitten darum,
    dass dies die generelle Linie unserer Vertreter auch des
    Bundestages wird, wenn wir andere Länder besuchen.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    In den nächsten Tagen findet der EU-Afrika-Gipfel
    statt. Wir bitten, dort auch das Thema Glaubens- und Re-
    ligionsfreiheit anzusprechen. Alle eingeladenen afrika-
    nischen Staaten haben die entsprechenden internationa-
    len Konventionen unterschrieben. Dennoch sieht die
    Realität anders aus. Frau Steinbach ist auf verschiedene
    Beispiele eingegangen. Wir könnten weiter über Vorfälle
    in Nigeria und in Tansania sprechen.

    Ebenso wurde die Türkei angesprochen. Vor 100 Jah-
    ren bekannten sich dort noch 20 Prozent der Bevölke-
    rung zum Christentum. Heute sind es noch 0,2 Prozent.
    Kirchen ist es dort fast unmöglich, Eigentum zu erwer-
    ben. Gotteshäuser können nicht errichtet werden. In die-
    sen Zusammenhang passt es nicht, dass die Türkei heute
    an der Tür zur EU steht und dass sie die Schwelle zur
    Europäischen Union überschreiten möchte.

    Ohne Religionsfrieden kann es keinen Weltfrieden
    geben. Das hat Hans Küng einmal formuliert. Ich
    glaube, dass es unmittelbar nach dem Tag des deutschen
    Grundgesetzes richtig ist, dass wir die Solidarität mit
    den verfolgten religiösen Minderheiten, insbesondere
    mit den verfolgten Christen, in dieser Deutlichkeit dar-
    stellen. Aus diesem Grund bitte ich Sie, dem Antrag der
    Koalitionsfraktionen zuzustimmen.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)