Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.Guten Tag, liebe Kolleginnen und Kollegen!Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf:Befragung der BundesregierungDie Bundesregierung hat als Thema der heutigen Ka-binettssitzung mitgeteilt: Gesetzentwurf zur Umset-zung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien derEuropäischen Union.Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Berichthat der Bundesminister des Innern, Dr. WolfgangSchäuble.Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister des In-nern:Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Verehrte Kollegin-nen und Kollegen! Die Bundesregierung hat heute denEntwurf eines Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- undasylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union be-schlossen. Mit diesem Gesetzentwurf sollen elf EU-Richtlinien umgesetzt werden. Im Wesentlichen geht esum die Harmonisierung des Asylrechts auf EU-Ebene.ESLishnbagsdmsGgkdAw5DgdRedetDen Bundestag möchte ich schon jetzt bitten, die par-lamentarischen Beratungen möglichst zügig durchzufüh-ren, da wir bei der Umsetzung einiger EU-Richtlinienverfristet sind. Ich glaube, dass wir mit der heutigen Be-schlussfassung auf Regierungsebene einen wichtigenSchritt unternommen haben.Mit diesem Gesetzentwurf fördern wir die Integra-tion, und zwar vor allem, indem wir den Zugang zumArbeitsmarkt für die Menschen verbessern, die bereits inDeutschland leben. In Zukunft können Menschen, diekeinen rechtlichen Aufenthaltstitel haben, die sogenann-ten Geduldeten, ohne Vorrangprüfung eine Arbeit auf-nehmen, wenn sie vier Jahre in Deutschlandfördern die Integration, indem wir das Instruder Arbeitsmarktförderung und der Integratiosen Menschen zur Anwendung bringen.
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9066 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 90. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. März 2007
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Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Sehr geehrter Minis-
ter Schäuble, Sie sind in Ihrer Eingangsbemerkung auf
die Themen arrangierte Ehe und Zwangsheirat eingegan-
gen. Mich würde interessieren, wieso die in den ver-
schiedenen Vorentwürfen enthaltenen Regelungen jetzt
nicht mehr im Gesetzentwurf stehen, nach denen Frauen
ein eigenständiges Aufenthaltsrecht bekommen können
und eine Rückkehroption haben, wenn sie zum Beispiel
ins Ausland zwangsverheiratet werden, auch wenn eine
Frist von sechs Monaten überschritten wurde. Das wurde
in der Anhörung im zuständigen Familienausschuss von
allen Sachverständigen gefordert.
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ie haben bisher nur die Erhöhung der Hürden hinsicht-
ich der Sprache angesprochen. Aber über ein eigenstän-
iges Aufenthaltsrecht und eine Rückkehroption haben
ie nichts gesagt. Wie erklären Sie sich das?
Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister des In-
ern:
Erstens. Ich habe nicht zu allem etwas gesagt, Herr
inkler, weil die Regeln der Regierungsbefragung vor-
ehen, dass man einen fünfminütigen einleitenden Be-
icht gibt. Es überschreitet meine Fähigkeiten, Ihnen
iesen Gesetzentwurf im Detail in fünf Minuten vorzu-
tellen.
Zweitens. Ich habe nicht die Absicht, Ihnen alle Stu-
en der Beratung und die verschiedenen Entwürfe zu re-
apitulieren. Das kann ich in der Verantwortung als Mit-
lied der Regierung nicht tun. Ich lege Ihnen als
itglied der Regierung vor, was das Kabinett heute ein-
ernehmlich beschlossen hat. Dem sind gründliche Vor-
rbeiten vorausgegangen. Wir haben immer versucht,
abei eine richtige Linie zu finden; das ist in Koalitions-
erhandlungen notwendig. Von der Sache her ist es
ichtig, den Missbrauch zu verhindern. Wir möchten,
ass diejenigen, die hier leben, möglichst gute Chancen
aben, ihr Leben durch Arbeitsaufnahme zu gestalten.
Wir möchten die Missbrauchsmöglichkeiten bekämp-
en, weil die Bekämpfung der Missbrauchsmöglichkei-
en eine Voraussetzung dafür ist, dass die Mehrheitsge-
ellschaft in diesem Lande auch weiterhin bereit ist,
azu beizutragen, dass in Deutschland große Offenheit
nd Toleranz herrschen.
Man muss bei diesen Überlegungen immer im Hinter-
opf haben: 20 Prozent unserer Bevölkerung haben ei-
en Migrationshintergrund. Seit 20 Jahren sage ich in
iesen Debatten immer wieder: Deutschland ist ein aus-
änderfreundliches Land und muss es bleiben. Gerade
eswegen muss man bei der Bekämpfung der Miss-
rauchsmöglichkeiten behutsam vorgehen. Wir haben
ns bemüht, entsprechende Lösungen zu finden. Dies
ilt auch für die Frage, die Sie angesprochen haben. Wir
erden alle einzelnen Punkte in den parlamentarischen
eratungen intensiv erörtern.
Die nächste Frage stellt die Kollegin Dağdelen.
Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Minister,ie haben in Ihrem kurzen Bericht davon gesprochen,ass mit diesem Gesetzentwurf nicht nur mit Blick aufie elf EU-Richtlinien, die jetzt umgesetzt werden sol-en, die Harmonisierung gefördert werden soll, sondernuch im Wesentlichen die Integration. Das ist sehr inte-essant.Gestern wurde von den Teilnehmerinnen und Teilneh-ern des Integrationsgipfels ein offener Brief, der anrau Bundeskanzlerin Merkel gerichtet ist, veröffent-
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Sevim Daðdelenlicht. Die Verfasser kommen zu dem Schluss: Die auf-enthaltsrechtlichen Verschärfungen in dem Gesetzent-wurf, den Sie als integrationsfördernd dargestellt haben,stehen im krassen Gegensatz zu den Intentionen des vonIhnen initiierten Integrationsgipfels und stellen den Sinnund Zweck des Integrationsgipfels infrage. Darüber hi-naus gab es im März 2007 eine Stellungnahme von Am-nesty International, vom Deutschen Caritasverband, vonPro Asyl, vom Paritätischen Wohlfahrtsverband, vomDGB und vielen anderen Organisationen, in der dieserGesetzentwurf als rückwärtsgewandt, integrationshem-mend und flüchtlingsunfreundlich bezeichnet wurde.Wie erklären Sie sich diesen Widerspruch?Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister des In-nern:Erstens. Was den offenen Brief betrifft, so werte ichihn zunächst einmal als einen Ausdruck fortschreitenderIntegration. Denn die Teilhabe von Organisationen vonMigranten an unserem öffentlichen Diskurs und an einerpluralistisch streitigen öffentlichen Debatte ist genaudas, wozu wir immer einladen, im Rahmen des Integra-tionsgipfels wie auch im Rahmen der Islamkonferenz.Man kann und soll in einer pluralistischen Demokratiestreiten, allerdings mit Argumenten und nicht mit Dro-hungen und Gewalt. Deswegen ist das gut so.Zweitens. Wenn man sich mit einem so komplexenGesetzgebungsvorhaben befasst – ich habe versucht, dasin meinen kurzen einleitenden Bemerkungen zu erläu-tern –, muss man mehrere Aspekte gleichzeitig im Augehaben: die Lebenssituation von Betroffenen, auch dievon längerfristig Geduldeten, aber auch die Lebenssitua-tion der anderen Menschen, die in diesem Lande lebenund beispielsweise Sorge haben, weil Sozialleistungengekürzt werden oder weil als Folge aller möglichen Ent-wicklungen die Situation auf dem Arbeitsmarkt proble-matisch ist.Gelegentlich beschäftigen wir uns auch mit der Be-kämpfung des Extremismus, des Linksextremismus unddes Rechtsextremismus. In diesem Zusammenhang spre-chen wir darüber, was wir tun können, um Tendenzenzur Ausländerfeindlichkeit von Anfang an zu ersticken.Wir brauchen Regelungen, die all diesen Gesichtspunk-ten Rechnung tragen. Nur dann kann Integration wirk-lich gelingen. Ich bin überzeugt, dass wir mit diesem Ge-setzentwurf die Integration im Ergebnis fördern; darumhaben wir uns bei der Formulierung des Gesetzentwurfesbemüht.Allerdings kann damit nicht allen Erwartungen Rech-nung getragen werden, die von Migrantenorganisationenoder von Organisationen, die Ausländer betreuen – Siehaben einige genannt –, zum Beispiel von den beidenKirchen, vom Caritasverband oder von der Diakonie,formuliert werden.
– Ja, das gilt auch für die Gewerkschaften. – Das liegt inder Natur unserer pluralistischen Debatte und ist in derArt und Weise begründet, wie die Vertretung von Inte-rtegtehnaavtbdRaürswsniaeMtbPzvnnAbeIiwddkwInhSA
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as muss ich Ihnen wirklich sagen. Sie wissen das auch.
Wir sind in der Regierungsbefragung. Die Debatte
arüber bleibt uns ja erhalten. – Die nächste Frage stellt
er Kollege Volker Beck.
Falls Zeugenschaft zu diesem Punkt verlangt wird:ch stehe gerne als Zeuge zur Verfügung, um zu klären,n wem es gelegen hat. An der SPD-Fraktion hat es auch
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Volker Beck
nicht gelegen, aber unter anderem an einem Mitglied derSPD-Fraktion.Ich möchte Sie aber zu einem weiteren Punkt fragen:Mir macht die Einbürgerungsregelung für junge Erwach-sene, die Sie in diesem Entwurf geändert haben, ein we-nig Sorge. Bislang gab es für unter 23-Jährige ja Erleich-terungen bei der Einbürgerung. Diese Erleichterungenwerden jetzt gestrichen. Sie müssen bei der Einbürge-rung zukünftig nämlich auch nachweisen – so ist zumin-dest die Information; wenn Sie das richtigstellen können,würde ich mich freuen –, dass sie den Lebensunterhaltselbst bestreiten können.Das ist bei dieser Altersgruppe natürlich besondersunsinnig, weil diejenigen, die eine weitergehende Aus-bildung machen bzw. studieren, diesen Nachweis natür-lich gerade nicht erbringen können. Deshalb fände ich esbildungs- und integrationspolitisch verfehlt, wenn mandiese Ausnahme, diese erleichterte Einbürgerungsrege-lung, für diese Gruppe zurücknähme.Ich frage Sie nach der Begründung dafür. Falls Siemit mir übereinstimmen, dass das integrationspolitischkeinen Sinn macht, bitte ich Sie um den Hinweis, dassSie das genau so sehen wie die grüne Fraktion.
Bitte, Herr Minister.
Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister des In-
nern:
Wenn ich Sie richtig verstehe, Herr Kollege Beck,
dann haben Sie nach der Streichung der Regelung in
§ 10 Abs. 1 Satz 3 des Staatsangehörigkeitsgesetzes ge-
fragt, wonach Jugendliche bis zu ihrem 23. Lebensjahr
de lega lata eingebürgert werden können, wenn sie den
Lebensunterhalt ohne Inanspruchnahme staatlicher Leis-
tungen bestreiten können.
Darauf lautet die Antwort: Auch nach der neuen Re-
gelung können solche Jugendlichen eingebürgert wer-
den, obwohl sie Leistungen nach dem Zweiten oder
Zwölften Buch des SGB beziehen, wenn sie den Bezug
dieser Leistungen nicht zu vertreten haben; wenn sie
zum Beispiel trotz Bemühens keine Arbeits- oder Aus-
bildungsstelle finden. Lediglich die Verweigerung von
Arbeit oder Ausbildung soll nicht mehr privilegiert wer-
den.
Damit verwirklicht unser Vorschlag das Prinzip „För-
dern und Fordern“.
Kollege Beck, Sie haben im Moment nicht das Wort
zur Debatte und auch nicht zur Klarstellung. Wir sind in
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nd warum Sie an jeder rationalen Rechtssystematikorbei im Asylverfahrensgesetz die Frage des Asylstatusit dem Einbürgerungsverfahren verknüpfen.Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister des In-ern:Frau Kollegin Jelpke, wie Sie vielleicht wissen, ge-öre ich diesem Haus schon relativ lange an. Deshalbabe ich auch an die 70er-Jahre erinnert. Sie spielenuch bei der Antwort auf Ihre Frage eine große Rolle.ach Deutschland sind mehr Menschen gekommen alsn jedes andere europäische Land. In den 70er-Jahrenar die Regierung des Bundeskanzlers Schmidt – ichabe bereits darauf hingewiesen – mit einem starken An-rang von Asylbewerbern konfrontiert.Unser Land war aufnahmebereiter und hat mehr Asyl-ewerber aufgenommen als alle anderen europäischenänder zusammen. Wir haben uns immer bemüht, zuerhindern, dass daraus ein Agitationspotenzial für aus-änderfeindliche Bestrebungen bzw. für Rechts- oderinksextremisten wird. Von Ihrer Partei habe ich ausem Wahlkampf in Erinnerung, dass Sie von „Fremdar-eitern“ gesprochen haben. Diesen Sprachgebrauchenne ich, und den verabscheue ich.
s ist eine Versuchung, solche brisanten Situationenolitisch zu missbrauchen. Gegen diese Versuchung isthre Partei jedenfalls offenbar nicht gefeit.Wir haben beispielsweise Mitte der 90er-Jahre mehrlüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien aufgenom-en als der Rest der Welt; mehr als die Hälfte derlüchtlinge kamen nach Deutschland. Damals wurdenurnhallen belegt und vieles andere. Wenn Menschenier aufgenommen werden, muss man das der Bevölke-ung erklären. Wir haben gesagt: „Deutschland ist einusländerfreundliches Land und muss es auch bleiben.“
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9070 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 90. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. März 2007
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Bundesminister Dr. Wolfgang SchäubleWir haben der Bevölkerung gesagt: „Das sind armeMenschen, in deren Heimatland Krieg herrscht oder indem sie – wie in den 70er-Jahren – verfolgt werden; wirmüssen sie aufnehmen. Seid großzügig!“ Auch wirDeutschen haben in früheren Zeiten Großzügigkeit er-fahren, und wir wollen sie beibehalten. Wir haben aberauch darauf hingewiesen, dass die Flüchtlinge in ihr Hei-matland zurückkehren werden, wenn die Aufnahmevo-raussetzungen wegfallen.Die Asylbewerber aus dem Irak haben politischesAsyl bekommen, weil sie zu Zeiten Saddam Husseinspolitisch verfolgt wurden.
Inzwischen ist diese Voraussetzung weggefallen.
Infolgedessen ist es doch logisch: Wenn man die Auf-nahmebereitschaft der Bevölkerung erhalten und Aus-länderfeindlichkeit und Rechtsextremismus bekämpfenwill – und zwar nicht nur durch Akademieprogramme,an denen keiner der Betroffenen teilnimmt, sondern auchunter Einbeziehung ihrer Lebenswirklichkeit –, danndarf man die Menschen nicht belügen. Man muss ihnenvielmehr sagen: „Helft diesen armen Menschen undnehmt sie auf!“ Wenn sie nicht mehr verfolgt sind, kön-nen sie wieder nach Hause gehen. Wenn wir dieses Prin-zip aufgeben, fördern wir Rechtsextremismus und Aus-länderfeindlichkeit. Mit mir ist das nicht zu machen.
Liebe Kollegen, wir haben noch sieben Minuten. Mir
liegen noch fünf Wortmeldungen vor. Ich möchte sie alle
zulassen, appelliere aber, Fragen zu stellen und nicht mit
der Fragestellung schon Zeit für die Beantwortung weg-
zunehmen.
Das Wort hat der Kollege Winkler.
Wie der Zuwachs beim Rechtsextremismus im letzten
Jahr auf die Anzahl der Iraker in Deutschland zurückzu-
führen sein soll, die nun keinen Flüchtlingsstatus mehr
haben, können Sie vielleicht ein anderes Mal erklären.
Ich möchte auf die Frage zurückkommen, die ich Ih-
nen eben vielleicht nicht versiert genug gestellt habe.
Finden Sie es richtig, dass in dem Gesetzentwurf – im
Gegensatz zu den allerersten Entwürfen, die Ihr Haus
vorgelegt hat – keinerlei aufenthaltsrechtliche Verbesse-
rungen für Opfer von Zwangsverheiratung, also für
Frauen, die in Deutschland zwangsverheiratet wurden
oder die ins Ausland zwangsverheiratet wurden, vorge-
sehen sind? Die von Ihnen für richtig gehaltenen Sprach-
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s ist aber nicht wider besseres Wissen. Insofern lautet
eine Antwort: Nein. Aber auf die Frage, ob ich es rich-
ig finde, was wir vorschlagen, lautet meine Antwort: Ja.
ch habe versucht, der Kollegin vorher zu erklären, dass
ir bei der Behandlung dieser Frage eine Abwägung im
inblick auf die Missbrauchsmöglichkeiten vorzuneh-
en hatten, Aufenthaltsrechte zu erwerben, für die es
nsonsten keinen gesetzlichen Grund gibt. Ich behaupte
icht, dass wir in 100 Prozent der Einzelfälle zielgenau
reffen. Das gelingt bei keiner Gesetzgebung. Aber ich
ehaupte – deswegen lautet meine Antwort: Ja –, dass
ir eine gute Regelung gefunden haben, die die ver-
chiedenen Gesichtspunkte berücksichtigt.
Das Wort hat die Kollegin Dağdelen.
Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. – Erlauben Sie
ir eine Anmerkung, weil Sie meine Partei so angegrif-
en haben, Herr Minister. Das Boot ist voll – diese Logik
nd Mentalität kommen nicht aus unserer Partei, ge-
auso wenig wie die von Abgeordneten Ihrer Fraktion
nd Ministern mitgetragenen Sprüche „Wir brauchen
usländer, die uns nutzen, und nicht Ausländer, die uns
usnutzen“ oder „eine durchrasste Gesellschaft“. Das
tammt nicht aus meiner Partei, sondern von Herrn
toiber und Herrn Beckstein. Ich hoffe, dass Sie sich
arüber im Klaren sind, dass das von der CDU/CSU
ommt und entsprechende Auswirkungen hat.
Jetzt stellen Sie eine Frage.
In dem Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung au-enthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäi-chen Union ist von einem „besonders integrationsfeind-ichen Charakter“ und einem „verwerflichen Verhalten“ie Rede. Damit begründen Sie Ihre Sanktionsverschär-ungen. Ich möchte fragen, ob darunter auch solcheenschen wie Herr Stoiber und Herr Beckstein fallen,ie mit der Willkommenskultur nichts anfangen könnennd mit ihren Äußerungen in der Öffentlichkeit nicht be-onders integrationsfördernd sind, und ob man diese, wies Herr Wiefelspütz so nett formuliert hat, mit einer Inte-rationspolizei im Lande verfolgt und dann sanktioniert?
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 90. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. März 2007 9071
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Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister des In-nern:Ich glaube, diese Frage beantworte ich am besten mitNein. Das ist so nicht gemeint. Ich habe ein bisschenMühe, die Art, wie Sie den Gesetzentwurf missverstehenund missinterpretieren,
nachzuvollziehen. Ich wollte Ihnen mit dem Hinweis aufdas Wort „Fremdarbeiter“ nur sagen: Die Versuchung,Ressentiments gegenüber Ausländern zu miesen politi-schen Zwecken auszubeuten, ist offensichtlich groß.Deswegen bemühen wir uns – weil wir die Integrationfördern wollen – –
– Ich dachte, ich soll Ihre Frage nach den Regeln der Re-gierungsbefragung beantworten.Ich sage Ihnen: Meine Überzeugung ist – diese liegtdem Gesetzentwurf zugrunde –, dass wir Integration nurerreichen, wenn wir nicht nur gute Absichten unterstel-len, sondern wenn wir auch an die Möglichkeit desMissbrauchs denken.Ich gebe zu – ich habe das auch gegenüber dem Kol-legen Winkler zugegeben –, dass wir nicht erreichenwerden, dass dies in 100 Prozent aller Einzelfälle treff-genau sein wird. Aber wir bemühen uns, in möglichstvielen Einzelfällen eine vernünftige Lösung in alle Rich-tungen zu erreichen. Sie ist Voraussetzung dafür, dass In-tegration, Ausländerfreundlichkeit und Toleranz in unse-rem Lande erhalten bleiben.
Das Wort hat der Kollege Burgbacher.
Herr Minister, ich komme auf meine vorhergehende
Frage zurück. Das Gesetz heißt „Gesetz zur Umsetzung
von Richtlinien der Europäischen Union“; Sie haben
auch bestätigt, dass es darum geht. Da heute vieles
– manches auch unberechtigterweise – auf Europa ge-
schoben wird, noch eine Nachfrage: Zu dem einzigen
von mir angesprochenen Punkt haben Sie gesagt, dass es
sich nicht um eine Umsetzung handele. Können Sie an-
dere Punkte nennen, die über die europarechtlichen Vor-
gaben hinausgehen? Es ist nämlich schon hochinteres-
sant, wo wir umsetzen und wo wir Dinge unter der
Vorspiegelung einer Umsetzung in Gesetze schreiben.
Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister des In-
nern:
Herr Kollege Burgbacher, ich bitte um Nachsicht,
falls ich mich nicht klar genug ausgedrückt haben sollte.
Dieser Gesetzentwurf setzt nicht nur elf EU-Richtlinien
um. Vielmehr ziehen wir auch Konsequenzen aus der
Evaluierung des Zuwanderungsgesetzes, die wir im letz-
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Das Wort hat die Kollegin Möller.
Vielen Dank. – Herr Minister, mit dem Gesetzentwurf
ird der Familiennachzug eines ausländischen zu sei-
em oder ihrem inländischen, deutschen Ehe- oder Le-
enspartner an den finanziellen Nachweis der Lebensun-
erhaltssicherung geknüpft. Dies bedeutet, dass einem
artz-IV-Beziehenden von Staats wegen verweigert
ird, mit dem Lebens- oder Ehepartner oder der Lebens-
der Ehepartnerin in Deutschland zusammenzuleben.
arum haben nach Ihrer Auffassung Menschen mit
inem Arbeitsplatz ein Recht auf Ehe und Familie,
artz-IV-Beziehende dagegen nicht?
Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister des In-
ern:
Frau Kollegin, wir wollen mit dem Gesetzentwurf er-
eichen, dass wir Instrumente zur missbräuchlichen Zu-
anderung in Sozialversicherungssysteme nicht auswei-
en, sondern sie nach Möglichkeit zurückführen. Das ist
er Sinn dieser von uns im Gesetzentwurf vorgeschlage-
en Regelung.
Herr Beck, Sie haben das Wort.
Nur eine Nachfrage zu meiner Grundfrage von vorhin es ging um den Begriff Bildung und Ausbildung –:usbildung im Sinne des Rechtes ist kein Studium aner Universität oder der Fachhochschule. Was gilt iminblick auf eine erleichterte Einbürgerung bei derruppe derjenigen, die studieren oder einen anderen Bil-
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9072 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 90. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. März 2007
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dungsweg als den eines Ausbildungsberufes eingeschla-gen haben? Dies bezieht sich auf Personen unter 23.Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister des In-nern:Es gilt das, was ich Ihnen vorgetragen habe, HerrKollege Beck.
– Soweit sie es nicht zu vertreten haben, dass sie Leis-tungen bezogen haben, können sie weiterhin von derAusnahme Gebrauch machen.
Herzlichen Dank, Herr Minister. – Ich lasse noch die
Frage der Kollegin Enkelmann zu den übrigen Themen
der Kabinettssitzung zu.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Minister, in
dieser Woche wurde bekannt, dass zwei der Regierung
zumindest nahestehende Organisationen, die SPD und
die CDA, gegenwärtig eine Unterschriftenkampagne
für den Mindestlohn gestartet haben. Sind Sie nicht mit
mir der Auffassung, dass zum Beispiel den vom Hunger-
lohn Betroffenen eher durch eine entsprechende Geset-
zesinitiative, über die wir hier abstimmen könnten und
zu der es eine klare Mehrheit geben könnte, geholfen
wäre?
Wer von der Bundesregierung möchte antworten? –
Bitte, Herr Minister.
Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister des In-
nern:
Da ich wachen Ohres und Verstandes an der Kabi-
nettssitzung teilgenommen habe, kann ich Ihnen wahr-
heitsgemäß versichern, dass über diesen Punkt in der
Kabinettssitzung heute nicht gesprochen worden ist.
Herzlichen Dank. – Damit beende ich die Befragung
der Bundesregierung.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:
Fragestunde
– Drucksache 16/4802 –
Ich rufe die Fragen auf Drucksache 16/4802 in der üb-
lichen Reihenfolge auf. Wir beginnen mit dem Ge-
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Hans-Kurt Hill– Doch, das macht wirklich Spaß. Vor allen Dingen ma-chen mir die Antworten sehr viel Spaß. – Es ist sehr inte-ressant, zu wissen, dass Sie etwas planen. Ich mag über-schaubare Schritte. Wir haben jetzt den Monat März,und es geht auf Ostern zu. Dann kommen beinahe schondie Sommerferien, und die Klimaprobleme häufen sich.Ich hätte gerne eine konkretere Antwort von Ihnen aufdie Frage, bis wann wir mit der Vorlage einer solchenNovelle zu rechnen haben.D
Lieber Herr Kollege, dass Sie sich immer auf meine
Antworten freuen, freut mich wiederum. Ich kann Ihnen
nur sagen: Wir befinden uns in der Osterzeit – Sie haben
es erwähnt –, und wir sprechen hier über ungelegte Eier.
Die Arbeiten sind noch nicht abgeschlossen. Wir erar-
beiten momentan im Hause eine Klimaschutzstrategie,
in die diese Arbeiten einfließen sollen. Die Arbeiten
werden zügig vorangebracht.
Noch einmal eine kurze Terminnachfrage. Können
wir noch vor der Sommerpause oder müssen wir nach
der Sommerpause damit rechnen?
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Lieber Kollege, schon durch meine vorhergehenden
Antworten habe ich darzustellen versucht, dass wir be-
müht sind, dieses Thema so schnell wie möglich anzuge-
hen. Ich verweise darauf, dass die EU-Richtlinie bis zum
7. August 2007 umgesetzt werden muss. Unsere Be-
richtspflicht haben wir inzwischen erfüllt: Wir haben das
Potenzial hocheffizienter Kraft-Wärme-Kopplungsanla-
gen untersucht. Wir haben noch eine Umsetzungspflicht
hinsichtlich des Herkunftsnachweises zu erfüllen. Daran
arbeiten wir im Moment. Die Ergebnisse dieser Arbeit
sollen natürlich einfließen.
Bevor der Kollege Hill seinen fröhlichen Austausch
mit der Frau Staatssekretärin fortsetzen kann, hat die
Kollegin Höhn eine Nachfrage.
Frau Staatssekretärin, Sie wissen, dass die
Kraft-Wärme-Kopplung einer der wichtigsten Wege ist,
um den CO2-Ausstoß zu verringern. Ungefähr
42 Prozent des CO2-Ausstoßes gehen auf die Energie-
produktion zurück. Nur wenn wir da effizienter werden,
werden Sie, die Bundesregierung, Ihr ehrgeiziges CO2-
Ziel erreichen. Wie hoch müsste der Anteil der
Kraft-Wärme-Kopplung an der Energieproduktion sein,
um das ehrgeizige Ziel, das Sie sich selber gesetzt haben
– unser Ziel geht darüber hinaus –, zu erreichen?
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Wir hatten uns schon vorher ein Ziel gesetzt: Wir
wollten erreichen, dass der CO2-Ausstoß bis zum Jahr
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Die Antwort steht der Bundesregierung frei, und Ih-
en steht es wiederum frei, daraus Ihre Schlüsse zu zie-
en.
Wir kommen jetzt zur Frage 7 des Kollegen Hans-
urt Hill:
Welche Maßnahmen müssen aus Sicht der Bundesregie-
rung eingeleitet werden, damit im Rahmen einer gezielten
KWK-Förderung das Klimagassenkungsziel von jährlich
20 Millionen Tonnen Kohlendioxid im Jahr 2010 erreicht
wird, und in welcher Höhe sollen dafür ab 2008 Mittel im
Haushalt bereitgestellt werden?
Bitte, Frau Staatssekretärin.
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Vielen herzlichen Dank. – Diese Frage zielt in eine
hnliche Richtung wie die der Kollegin Höhn. Die
raft-Wärme-Kopplung wird sowohl über das beste-
ende Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz und das EEG im
ege eines KWK-Bonus auf die Vergütungssätze für
iomasse als auch im Rahmen des Emissionshandels be-
onders begünstigt. Hier gilt es anzusetzen. Haushalts-
ittel stehen dafür nicht zur Verfügung; sie waren auch
n der Vergangenheit nicht vorgesehen.
Wir erwarten, dass die KWK-CO2-Vereinbarung, die
it der Wirtschaft geschlossen worden ist – das ist eine
elbstverpflichtung der Wirtschaft –, darüber hinaus ei-
en wesentlichen Beitrag zur Erreichung der Ziele leis-
et, nämlich durch einen marktgetriebenen KWK-Aus-
au. Die Wirtschaft hat sich dazu verpflichtet. Ein
onitoring-Bericht steht noch aus. Wenn dieser Bericht
orliegt, werden wir unsere Schlüsse daraus ziehen.
Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage.
Vielen Dank. – Sie haben gerade den Monitoring-ericht angesprochen. Das Ganze dauert schon sehrange. Ich hoffe, dass wir relativ kurzfristig zu einem Er-ebnis kommen. Wir wissen, dass wir 20 bis 23 Millio-en Tonnen CO2 pro Jahr einsparen können, was nichtnerheblich ist. In diesem Zusammenhang interessiertich natürlich auch, ob durch die Novellierung die-Megawatt-Grenze aufgehoben werden soll.
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9074 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 90. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. März 2007
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Wie ich Ihnen schon in meiner Antwort auf Ihre vor-
herige Frage gesagt habe, befinden wir uns momentan
im Prozess der Abstimmung. Uns ist natürlich bewusst,
dass der Emissionshandel zwar die großen Anlagen un-
terstützt, aber nicht die kleineren Anlagen, also die mit
weniger als 20 MW thermisch. Dieser Punkt wird bei der
Novellierung eine Rolle spielen.
Ihre zweite Nachfrage.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Ich habe noch eine
provokante Frage, von der ich nicht weiß, ob Sie mir sie
beantworten können oder wollen. Ich habe das Gefühl,
dass einer der beiden Koalitionspartner ein bisschen auf
die Bremse tritt. Ist dieser Eindruck, den ich da habe – er
bezieht sich mehr auf das konservative Lager –, falsch
oder richtig?
Da ich danach nicht mehr das Wort haben werde,
wünsche ich Ihnen schon jetzt ein schönes Osterfest.
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Auch ich wünsche Ihnen schon jetzt ein schönes
Osterfest und beantworte Ihre Frage mit Nein.
Danke schön.
Herzlichen Dank, Frau Staatssekretärin.
Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
braucherschutz. Zur Beantwortung steht der Parlamen-
tarische Staatssekretär Dr. Peter Paziorek zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 8 der Kollegin Cornelia Behm auf:
Welche Gründe veranlassen die Bundesregierung, bislang
FFH: Flora-Fauna-Habitat – im deutschen Pflanzenschutzge-
setz zu ignorieren, und wann ist mit einer Umsetzung zu rech-
nen?
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Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Meine Antwort lau-
tet wie folgt:
Zur Umsetzung des EuGH-Urteils zur FFH-Richtlinie
ist neben einer Änderung des Bundesnaturschutzgeset-
zes auch eine Änderung des § 6 des Pflanzenschutz-
gesetzes erforderlich. In seinem Urteil hat der EuGH
gerügt, das in § 6 enthaltene Verbot der Anwendung von
Pflanzenschutzmitteln bei möglichen schädlichen Aus-
wirkungen auf den Naturhaushalt sei nicht ausreichend,
um die Artenschutzbestimmungen der FFH-Richtlinie
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Ich habe eine ganz konkrete Nachfrage: Sie haben ge-
sagt, Sie glauben und hoffen, dass es bei der Umsetzung
im Naturschutzrecht nicht weiterhin diese Probleme ge-
ben wird. Worauf gründen sich aufgrund all der negati-
ven Erfahrungen Ihr Glaube und Ihre Hoffnung?
Dr
Das gründet sich ganz einfach darauf, dass wir zum
Beispiel bei den Beratungen zu diesem Punkt auch
durchaus schwierige rechtliche Tatbestände verhältnis-
mäßig zügig einer Lösung zugeführt haben. Ich glaube,
das kann auch nach der neuen Zuständigkeitsverteilung
zwischen Bund und Ländern im Bereich des Natur-
schutzrechtes für zukünftige Beratungsabläufe Vorbild
sein.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 90. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. März 2007 9077
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Damit kommen wir zur Frage 12 der Kollegin Undine
Kurth:
Wie bewertet die Bundesregierung die Tatsache, dass
sechs Bundesländer noch immer nicht landesrechtliche Rege-
lungen zur Umsetzung des nationalen Biotopverbundes erlas-
sen haben, und wann wird nach ihrer Auffassung der nationale
Biotopverbund hergestellt sein?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Mi
Liebe Frau Kollegin, Sie fragen nach den landesrecht-
lichen Regelungen zur Umsetzung des nationalen Bio-
topverbunds. Die bundesrechtlichen Vorgaben zum Bio-
topverbund sind in drei Ländern noch nicht und in fünf
weiteren Ländern aus unserer Sicht noch nicht hinrei-
chend umgesetzt worden. Die Bundesregierung erwartet,
dass die Länder ihren Verpflichtungen zur Umsetzung
des geltenden Rahmenrechts auch nach der Föderalis-
musreform umfassend nachkommen. Eine landesweite
Biotopverbundplanung liegt inzwischen in den meisten
Ländern vor.
Hinsichtlich des Stands der praktischen Umsetzung
dieser Biotopverbunde in der Fläche und in den einzel-
nen Ländern liegen uns allerdings keine umfassenden,
also keine ausreichenden Informationen vor. Von daher
ist es leider nicht möglich, eine Aussage zum zeitlichen
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Vielen Dank, Herr Staatssekretär. – Meine erste Nach-
rage. Die Zahlen, die Sie eben vorgetragen haben, stim-
en nicht mit den Zahlen überein, die Ihre Kollegin
rau Klug im Februar in ihrer Antwort genannt hat. Ich
öchte daher nachfragen, ob es sich um neue Erkennt-
isse handelt. Damals hatte es geheißen, dass fünf Län-
er noch nicht zum Biotopverbund beitragen. Das würde
lso bedeuten, dass in den letzten zwei Monaten relativ
iel passiert ist.
Mic
Ich sage noch einmal: Es gibt drei Länder, die noch
icht zu diesem Biotopverbund beitragen, und es gibt
ünf Länder, die noch nicht hinreichend dazu beitragen.
s mag sein, dass es diesbezüglich unterschiedliche In-
erpretationen und Darlegungen gibt.
Undine Kurth (BÜNDNIS 90/DIE
RÜNEN):
Vielen Dank. – Meine zweite Nachfrage. Der Herr
undesminister hat heute in der Bundespressekonferenz
ehr eindrücklich unterstrichen, wie wichtig für die Auf-
aben des Biodiversitätsschutzes auch der Erhalt und der
chutz von Biotopen sowie die Herstellung eines Bio-
opverbundes sind. Da das ganz offensichtlich noch
icht hinlänglich realisiert worden ist, frage ich Sie, ob
ie ein nationales Monitoring-Zentrum für sinnvoll hal-
en und ob die Bundesregierung der Meinung ist, dass
ies für die Erreichung des Ziels, einen nationalen Bio-
opverbund herzustellen, hilfreich und dienlich wäre.
Mic
Ich glaube, das ist vor dem Hintergrund des Klima-
andels und der damit verbundenen Veränderung bioge-
er Faktoren notwendig. Wir werden aus meiner Sicht
m Zusammenhang mit dem Klimawandel diese Frage
ehr viel intensiver behandeln müssen, als es bisher der
all gewesen ist. Das Bundesamt für Naturschutz berei-
et für die folgende FFH-Berichtsperiode 2007 bis 2012
erzeit ein bundeseinheitliches Monitoringdesign vor.
Sie haben noch eine Nachfrage?Undine Kurth (BÜNDNIS 90/DIERÜNEN):Da diese Vorbereitungen von Ihnen angesprochenorden sind, möchte ich Sie fragen: Gibt es einen kon-
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9078 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 90. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. März 2007
)
)
Undine Kurth
kreten zeitlichen Horizont, wann man mit diesem Moni-toring wirklich beginnen will?Mi
Wenn ich es richtig im Kopf habe, dann soll dies An-
fang 2008 der Fall sein. Das genaue Datum werde ich Ih-
nen aber nachliefern.
Damit kommen wir zur Frage 13 der Kollegin Undine
Kurth:
Warum sieht die Bundesregierung im Ersten Gesetz zur
Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes nicht mehr den
Schutz der Lebensstätten für besonders geschützte und be-
stimmte andere Tier- und Pflanzenarten vor – § 42 –, sondern
streicht das bewährte Verbot, Nist-, Brut-, Wohn- und Zu-
fluchtsstätten zu zerstören, und warum werden streng ge-
schützte Arten nicht mehr räumlich, sondern nur noch zeit-
lich, nämlich während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-,
Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten, geschützt?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Mi
Die im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgese-
henen Änderungen in § 42 des Bundesnaturschutzgeset-
zes dienen der Anpassung an die entsprechenden Be-
stimmungen der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie und der
Vogelschutzrichtlinie. In diesem Rahmen werden auch
weiterhin die Fortpflanzungs- und Ruhestätten für be-
sonders geschützte Arten vor Entnahme, Beschädigung
und Zerstörung geschützt.
Es gibt allerdings eine etwas veränderte Logik auf-
grund der Übernahme der europäischen Rechtsbestim-
mung. Der Begriff der Fortpflanzungs- und Ruhestätte
umfasst alle Elemente des bisherigen Begriffs Nist-,
Brut-, Wohn- und Zufluchtsstätte. Die Anbindung des
Störungsverbots an bestimmte Zeiträume folgt unmittel-
bar aus der FFH-Richtlinie und der Vogelschutzrichtli-
nie. Dieses Störungsverbot gilt in den genannten Zeiten
überall. Es ist nicht mehr räumlich begrenzt; es bezieht
sich also nicht nur auf die Nist-, Brut-, Wohn- und Zu-
fluchtsstätte, sondern auch auf die Nahrungshabitate. Es
ist also im Kern sogar erweitert.
Ihre erste Nachfrage.
Undine Kurth (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN):
Danke, Herr Staatssekretär. – Da juristische Texte ei-
ner breiten Interpretationsvielfalt unterliegen, frage ich
ausdrücklich nach: Die von Ihnen eben vorgetragene In-
terpretation heißt, dass über den bisherigen Schutz hi-
naus inzwischen sogar ein erweiterter Schutz geltend ge-
macht werden kann, der sich nicht nur auf die genannten
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Ich komme noch einmal auf die heutige Pressekonfe-
enz des Bundesministers zurück. Um die Situation der
ote-Liste-Arten und der Biotope beurteilen zu können,
rauchen wir auch eine Kenntnis über die Situation in
er freien Natur. Deshalb frage ich Sie, wie Sie das
roße Engagement der Verbände und der Naturschützer
ewerten, die dafür sorgen, dass wir genaue Erkennt-
isse über die zu schützenden Arten und Biotope erhal-
en.
Mic
Es ist ganz entscheidend, dass Umweltschutz nicht nur
ls eine technologische Frage verstanden wird. Aus mei-
er Sicht muss er auch die Artenvielfalt und – damit ver-
unden – den Schutz der Arten umfassen. Insofern be-
rüßen wir es nicht nur, wenn bestimmte Verbände so
orgehen, sondern halten es auch für eine Notwendig-
eit, um überhaupt zu einem umfassenden Umweltschutz
u kommen. Gerade das Engagement von Umweltver-
änden, Naturschutzverbänden und Artenschutzverbän-
en ist also aus unserer Sicht eine wesentliche Vorausset-
ung für einen wirkungsvollen Umweltschutz. Dieses
ngagement sollte gestärkt und anerkannt werden.
Das Wort zu einer Nachfrage hat der Kolleger. Hofreiter.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Sehr geehrter Herrtaatssekretär, vielen Dank für die Beantwortung Ihrerragen zu diesem Thema. Ich hätte eine Nachfrage: Wierklären Sie sich und teilen Sie die Stellungnahme desuropäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu derMitteilung der Kommission: Eindämmung des Verlustser biologischen Vielfalt bis zum Jahr 2010 – und da-über hinaus“? In diesem Bericht steht wörtlich:Zwischen Anspruch und Wirklichkeit
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 90. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. März 2007 9079
)
)
Dr. Anton Hofreiter– dieser Bericht bezieht sich auch auf Deutschland –klaffen extreme Lücken, die geschlossen werdenmüssen, will man der drohenden Gefahr des Glaub-würdigkeitsverlustes entgegenwirken.Arbeitet der Wirtschafts- und Sozialausschuss an denTatsachen vorbei, oder wie erklären Sie sich diese Stel-lungnahme?M
Ich wüsste jetzt nicht, wieso Sie da einen Gegensatz zu
meinen Aussagen konstruieren könnten. Ich habe das
nicht gesagt. Ich sage nach wie vor: Ich finde, dass sich
der Umweltschutz vor allem in der Frage bewähren muss,
wie er zum Naturschutz und zum Artenschutz steht. Das
ist die eigentliche Frage. Dass Deutschland da noch eine
ganze Menge zu tun hat, ist sicher unbestritten.
Danke, Herr Staatssekretär. – Bevor wir zur Frage 14
kommen können, möchte der Kollege Beck völlig über-
raschend einen Geschäftsordnungsantrag stellen.
Ich beantrage nach § 106 und Anlage 5 unserer Ge-
schäftsordnung eine Aktuelle Stunde zu dem, glaube
ich, Thema „Anspruch und Wirklichkeit im Bereich
des Naturschutzes“. Die Tatsache, dass acht Länder eu-
ropapolitische Vorgaben gar nicht oder unvollständig
umgesetzt haben, erfordert es, dass das Hohe Haus über
dieses wichtige Thema debattiert. Ich bitte darum, diese
Aktuelle Stunde im Anschluss an die Fragestunde vorzu-
sehen.
Es ist Ihr gutes Recht, namens Ihrer Fraktion eine Ak-
tuelle Stunde zu beantragen. Aber ich bitte dann schon
um die genaue Bezeichnung der Frage, auf die sich Ihr
Geschäftsordnungsantrag bezieht; denn das, was Sie
glauben zu beantragen, können wir hier nicht beschlie-
ßen.
Ich beziehe meinen Geschäftsordnungsantrag auf die
Fragen 12 und 13 der Abgeordneten Undine Kurth.
Gut. – Die Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen hat
zu den Antworten der Bundesregierung auf die
Fragen 12 und 13 eine Aktuelle Stunde verlangt. Das ent-
spricht Nr. 1 b der Richtlinien für die Aktuelle Stunde.
Die Aussprache findet im Anschluss an die Fragestunde
statt.
Mit dieser fahren wir jetzt fort. Ich rufe die Frage 14
der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl auf:
Welche sind für die Bundesregierung die wichtigsten Er-
kenntnisse des Sondergutachtens „Umweltverwaltungen unter
Reformdruck“ des Sachverständigenrates für Umweltfragen,
SRU, und welche Schlussfolgerungen zieht sie aus diesen?
Bitte, Herr Staatssekretär.
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9080 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 90. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. März 2007
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)
Damit kommen wir zur Frage 15 der Kollegin
otting-Uhl:
Stimmt die Bundesregierung der Feststellung des SRU zu,
dass die deutschen Natur- und Umweltverwaltungen zuneh-
mend nicht mehr in der Lage sind, langfristige, kumulative,
indirekte und chronische Wirkungen von Eingriffen in den
Naturhaushalt zu beobachten und auf diese zu reagieren?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Mic
Die Frage knüpft in gewisser Weise an das an, was
ben gefragt wurde. Meine Antwort lautet: Der Sachver-
tändigenrat hat – wir haben schon darüber gesprochen –
m Gutachten darauf hingewiesen, dass im Bereich des
aturschutzes überproportional Ausgaben und Personal
ingespart werden und dass die Konsequenzen daraus in
er Tat ernst genommen werden müssen.
Das Bundesamt für Naturschutz hat bereits im Vorfeld
es Sachverständigenratsgutachtens – dadurch bekommt
s eine noch größere Bedeutung – an die Fernuniversität
agen ein Forschungsvorhaben mit der Fragestellung
ergeben, welche Auswirkungen die zunehmende Euro-
äisierung des Umwelt- und Naturschutzrechts und die
eränderten finanziellen und administrativen Rahmenbe-
ingungen auf spezielle Aufgabenbereiche des Natur-
chutzes, beispielsweise auf die Eingriffsregelung, auf
en Vertragsnaturschutz und auf Natura 2000, haben.
ir gehen davon aus, dass dieses Gutachten im Mai vor-
iegen wird. Dann können wir umfassend auf diese Fra-
en antworten.
Ihre erste Nachfrage.
Ich danke Ihnen. Trotzdem möchte ich jetzt nachfra-en und nicht bis Mai warten.Neben der zunehmenden Europäisierung in Umwelt-ragen – Sie haben sie gerade angesprochen – und derunehmenden Kommunalisierung beim Vollzug – da-über haben wir eben schon gesprochen – wurde im SRU-
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 90. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. März 2007 9081
)
)
Sylvia Kotting-UhlGutachten eine zunehmende Tendenz zur Privatisierungvon gesetzlichen Aufgaben im Umweltbereich festge-stellt. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass privateDienstleister im Bereich Natur- und Umweltschutz inder Lage sind, die notwendigen Aufgaben zu erfüllen?M
Der Sachverständigenrat hat diese Tendenzen aus-
drücklich kritisiert, weil er damit einen deutlichen Quali-
tätsverlust verbindet. Wir müssen sagen: Unbeschadet
der Frage, wie die Aufgabenverteilung zwischen priva-
ten und staatlichen Trägern ausgestaltet ist, müssen der
Erhalt der naturschutzrechtlichen Regelungen und die
Sicherstellung der Qualität der Maßnahmen unsere
obersten Ziele bleiben. Daran müssen wir uns orientie-
ren. Dementsprechend müssen wir das bewerten.
Sie haben das Wort zu einer zweiten Nachfrage.
Ich sehe, wir sind uns bei der Einschätzung in vielen
Punkten einig.
Beim Zusammenspiel privater, öffentlicher und ge-
sellschaftlicher Kräfte spielen die Umweltverbände – ich
möchte dieses Stichwort aufgreifen – als gesellschaftli-
cher Sachverstand eine große Rolle. Der SRU wider-
spricht der häufig geäußerten Einschätzung, dass die
Öffentlichkeitsbeteiligung die Genehmigungsverfahren
verlängere, und empfiehlt, die Öffentlichkeitsbeteili-
gung, die sich als effektiv erwiesen hat, bei der Einfüh-
rung der integrierten Vorhabengenehmigung zu erhalten,
eher sogar auszubauen. Er empfiehlt, die Öffentlich-
keitsbeteiligung erstens zu einem frühen Zeitpunkt und
zweitens in einer Form auszubauen, die die Öffentlich-
keit als ökologisch sinnvolle Begleitung bei der Planung,
der Genehmigung und dem Betrieb von Anlagen zulässt.
Wie positioniert sich die Bundesregierung in diesem Be-
reich?
Mi
Es gibt in diesem Zusammenhang unterschiedliche
Studien. In der Mehrheit der Studien heißt es aber aus
meiner Sicht, dass eine erhöhte Öffentlichkeitsbeteili-
gung in der Regel zu größerer Rechtssicherheit, zu einer
intensiveren und besseren Prüfung und damit im Kern zu
einer Verkürzung der Verfahren führt, weil Klagen nicht
erhoben werden und gerichtliche Verfahren dementspre-
chend nicht stattfinden. Das ist auch mir bekannt. Aus
unserer Sicht kommt es darauf an, die Bürgerbeteiligung
so zu organisieren, dass vor allem die Rechtssicherheit
des Verfahrens und die Qualifizierung der Prozesse ver-
bessert werden.
Vielen Dank, Herr Staatssekretär. – Wir kommen da-
mit zur Frage 16 der Kollegin Nicole Maisch:
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9082 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 90. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. März 2007
)
)
Ihre erste Nachfrage, bitte.
Meine erste Nachfrage ist: Von welchen Laufzeiten ist
ei den geplanten Projekten auszugehen, und wie wer-
en sie evaluiert?
M
Sie werden vom Bundesamt für Naturschutz evalu-ert. Die Projekte sind zum Teil abgeschlossen, zum Teilaufen sie noch. Ich würde Ihnen vorschlagen, dass wirhnen eine kurze Übersicht senden.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 90. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. März 2007 9083
)
)
Ihre zweite Nachfrage, bitte.
Meine zweite Nachfrage ist: Im Zusammenhang mit
solchen Programmen, vor allem im Hinblick auf die
Wölfe, wird immer wieder von Konflikten mit der Be-
völkerung vor Ort gesprochen. Welche Erkenntnisse lie-
gen der Bundesregierung mit Blick auf Konflikte bei
Wiederansiedlungsprogrammen vor, und welchen Bei-
trag kann die Bundesregierung leisten, um vor Ort als
Mediatorin tätig zu werden?
Mi
Wenn man die gegenwärtigen Debatten über die Wie-
deransiedlung des Wolfes betrachtet, kann man feststel-
len, dass es dafür vor Ort mittlerweile sehr breite Unter-
stützung gibt. Man kann also sagen: Wenn man eine
solche Maßnahme vernünftig organisiert und die örtli-
chen Akteure mit einbezieht, dann findet sie durchaus
Akzeptanz.
Damit kommen wir zur Frage 18 der Kollegin Bärbel
Höhn:
Welchen konkreten Zeitplan für die Umsetzung der be-
schlossenen „Potsdam-Initiative zur biologischen Vielfalt
2010“ haben die Minister auf dem G-8-Umweltministertref-
fen – 15. bis 17. März 2007 in Potsdam – beschlossen, und
welche weiteren konkreten Maßnahmen und Umsetzungs-
beschlüsse zum Schutz und zur nachhaltigen Nutzung der bio-
logischen Vielfalt wird die Bundesregierung während ihrer
G-8-Präsidentschaft auf dem G-8-Gipfel in Heiligendamm
vorlegen?
Mi
Die Kollegin Höhn fragt nach dem konkreten Zeit-
plan für die Umsetzung der „Potsdam-Initiative zur bio-
logischen Vielfalt 2010“. Ich kann diese Frage wie folgt
beantworten: Das Bundesministerium wird die Ergeb-
nisse des Umweltministertreffens der G-8-Staaten – dabei
handelt es sich um die sogenannten Schlussfolgerungen
des Vorsitzenden; Sie wissen, dass es unterschiedliche
Kategorien gibt –, die unter anderem die in Potsdam be-
handelte Initiative einbeziehen, in den Vorbereitungspro-
zess des G-8-Gipfels einspeisen.
Unsere Ziele sind, erstens diese Initiative auf dem G-8-
Gipfel zu besprechen und zweitens zur Umsetzung ein-
zelner Aktivitäten nicht nur mit unseren G-8-Partnern,
sondern auch mit den G-5-Staaten – Brasilien, China, In-
dien, Mexiko und Südafrika – weitere Schritte zu be-
sprechen und vor allem gemeinsam mit Japan das wei-
tere Vorgehen im G-8-Rahmen zu diskutieren, weil
Japan die nächste Präsidentschaft haben wird.
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9084 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 90. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. März 2007
)
)
durch Änderung unserer Verfassung erreichbar.
Können Sie einmal erläutern, was für eine Zuständigkeit
Sie beim Transit haben?
Mi
Ich muss in dem Punkt sagen: Der Transit ist, wenn
ich das jetzt richtig interpretiere, nur für höchstproble-
matischen Abfall geregelt.
Darum geht es: Das ist einer der zwölf höchstproble-
matischen Abfälle.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 90. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. März 2007 9085
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)
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9086 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 90. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. März 2007
)
)
ch wäre ein bisschen vorsichtiger mit dieser pauschalen
ussage. Es ist keine Lösung des Problems, aber ich
äre ein bisschen zurückhaltender in meiner Bewertung.
Auf jeden Fall muss – das ist ein wichtiger Grundsatz;
s ist auch meine Grundlinie und sicherlich auch die die-
es Hauses – gefährlicher Abfall, wo immer dies mög-
ich ist, entweder vermieden oder zumindest möglichst
ezentral oder verbrauchsnah entsorgt werden. Leider ist
ies nicht in allen Fällen möglich.
Die Kollegin Höhn hat noch eine Nachfrage.
Das ist ein spannendes Thema. Ich habe noch eine
rage, Herr Staatssekretär. Ich habe eben den Brief des
taatssekretärs Machnig an die Landesregierung von
ordrhein-Westfalen erwähnt, in dem er seine Auffas-
ung dargelegt hat, wer für die Genehmigung zuständig
st. Nachdem dieser Brief der Landesregierung vorlag,
at der nordrhein-westfälische Umweltminister
hlenberg in der Landtagssitzung vom 7. März 2007 die
uffassung geäußert, dies sei Sache des Bundes, und ge-
agt – Zitat –:
Es kann daher keinesfalls Sache einzelner Bundes-
länder sein, Abfallimporten aus einem weit entfern-
ten hochindustrialisierten Vertragsstaat des Baseler
Übereinkommens entgegenzutreten.
eilen Sie diese Auffassung?
Mic
Ich wiederhole: Ich habe ein bisschen den Eindruck,
ass manche mit Blick auf andere versuchen, sich zu
ntlasten.
Es scheint angeraten, die wechselseitig vorhandenennformationen zu diesem Thema im Anschluss an dieragestunde zusammenzuführen. Es gibt sicherlich An-egungen für parlamentarische Initiativen, aber auch fürie Vorhaben, die der Staatssekretär angekündigt hat.ir sind auf jeden Fall am Ende dieses Geschäftsberei-hes.Wir kommen jetzt zum Geschäftsbereich des Bundes-inisteriums für Bildung und Forschung. Die Fragen be-ntwortet der Parlamentarische Staatssekretär Thomasachel.Ich rufe die Frage 22 des Kollegen Kai Gehring auf:Zu welchem Zeitpunkt plant die Bundesregierung eine Er-höhung der Fördersätze und Freibeträge im Bundesausbil-dungsförderungsgesetz, BAföG, und aufgrund welcher neuen
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 90. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. März 2007 9087
)
)
Vizepräsidentin Petra PauErkenntnisse hat die Bundesregierung in dieser Sache ihre Po-sition innerhalb der letzten Wochen geändert?T
Frau Präsidentin! Die Bundesregierung hat, wie Sie
wissen, sehr geehrter Herr Kollege Gehring, bereits im
17. Bericht nach § 35 des BAföG angekündigt, die fi-
nanzpolitische Situation, die sie bewogen hat, wegen der
dringend notwendigen Konsolidierung der öffentlichen
Haushalte keine sofortige Anpassung der BAföG-Sätze
vorzuschlagen, fortlaufend beobachten und gegebenen-
falls auch unabhängig von der Vorlage des nächsten Be-
richts mit geeigneten Vorschlägen reagieren zu wollen.
Dies gilt weiterhin.
Dass derzeit angesichts der immer deutlicheren An-
zeichen für eine sich verfestigende konjunkturelle Bele-
bung innerhalb der Bundesregierung über Spielräume ei-
ner BAföG-Anpassung in 2008 diskutiert wird, ist keine
Änderung, sondern eine konsequente Fortsetzung der
bereits geäußerten Position.
Ihre erste Nachfrage, bitte.
Vielen Dank. – Ich habe das als Positionswechsel
wahrgenommen, möchte aber eine Frage zur Problema-
tik des zweiten Bildungsweges stellen. Die SPD-Frak-
tion hat in ihrer Pressemitteilung vom 20. März erklärt,
eine Einschränkung, zum Beispiel die Begrenzung des
elternunabhängigen BAföG von Schülerinnen und Schü-
lern im zweiten Bildungsweg, „auf keinen Fall“ mitzu-
tragen. Macht sich die Bundesregierung diese Position
zu eigen?
Darüber hinaus möchte ich wissen, wie die Bundesre-
gierung zum Bundesratsvorstoß des Freistaates Bayern
steht, die von der Bundesregierung geplanten Einschrän-
kungen beim zweiten Bildungsweg ersatzlos aus der No-
velle zu streichen.
T
Die Bundesregierung hat einen Regierungsentwurf
eingebracht, der Gegenstand der Abstimmung innerhalb
der Bundesregierung ist. Alles andere wird sich im wei-
teren Verlauf zeigen.
Ihre zweite Nachfrage.
Sieht die Bundesregierung im BAföG eine zukunfts-
fähige Form der Ausbildungsförderung, oder hält sie es
– wie die Bundesministerin noch vor wenigen Monaten
deutlich gemacht hat – eher für ein Auslaufmodell? Plant
die Bundesregierung mittelfristig, noch in dieser Legis-
laturperiode, eine grundlegende Strukturreform beim
BAföG?
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
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9088 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 90. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. März 2007
)
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
Nein, dass muss ich gar nicht tun. Die Unternehmen-teuerreform ist mit Ausnahme von ein paar Punkten, dieir im Verfahren besprechen werden, gut. Das ist dochar keine Frage.Herr Staatssekretär, weil die Frage der Kolleginirsch intendierte, dass es hier Zusammenhänge gebe,rage ich Sie, ob Ihnen schon bekannt ist, dass die Kolle-in Hirsch vor wenigen Minuten an einer Beratung überine BAföG-Anhörung teilgenommen hat, die wir exaktnter dem Gesichtspunkt durchführen wollen, welcheöglichkeiten und Gestaltungsspielräume es gibt, um
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 90. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. März 2007 9089
)
)
Jörg Taussim Bereich des BAföG etwas zu tun, und ob Sie mir da-rin zustimmen, dass das, was das Deutsche Studenten-werk mit dem kommenden Sozialbericht der Studieren-den, der im Juni erwartet wird, vorlegen wird, sehr vielmehr mit der Politik der Bundesregierung und der sietragenden Koalition im Hinblick auf eine BAföG-Erhö-hung zu tun hat als die konstruierten Vorgänge, die Kol-legin Hirsch hier in den Raum stellt.T
Auch in diesem Fall vermag ich Ihnen nicht zu wider-
sprechen, Herr Kollege Tauss,
sondern ich kann dies nur unterstreichen. Im Übrigen
freue ich mich, zu hören, dass Sie zwischen der Beendi-
gung der Sitzung des Bildungs- und Forschungsaus-
schusses und dieser Fragestunde als Berichterstatter der
Fraktionen zusammengesessen und tatsächlich diese An-
hörung zum BAföG beschlossen haben. Sie wird einen
weiteren Beitrag dazu leisten, dass wir noch mehr Infor-
mationen für eine abgewogene Entscheidung erhalten.
Nachdem wir nun erfahren haben, dass dieser Gegen-
stand in einer öffentlichen Anhörung weiterhin erörtert
werden wird, kommen wir zur Frage 24 der Kollegin
Hirsch. Da wir uns im Plenum des Bundestages mit dem
Gegenstand der Frage in dieser Woche noch befassen
werden, wird die Frage gemäß Nr. 2 Abs. 2 der Richtli-
nien schriftlich beantwortet. – Damit danke ich Herrn
Staatssekretär Rachel.
Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Arbeit und Soziales. Zur Beantwortung
steht der Parlamentarische Staatssekretär Gerd Andres
zur Verfügung.
Die Frage 25 des Kollegen Jörg Rohde wird schrift-
lich beantwortet, ebenso die Frage 26 des Kollegen
Dr. Ilja Seifert.
Ich rufe die Frage 27 der Kollegin Kornelia Möller
auf:
Entspricht es den Tatsachen, dass die Bundesregierung be-
absichtigt, weitere Veränderungen an verschiedenen Instru-
menten der Arbeitsmarktpolitik vorzunehmen, so zum Bei-
spiel sogenannte Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen künftig zu
entfristen, und von welchen Überlegungen lässt sich die Bun-
desregierung dabei leiten?
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Frau Präsidentin, wenn Sie und die Fragestellerin da-
mit einverstanden sind, würde ich wegen des engen Zu-
sammenhangs die Fragen 27 und 28 zusammen beant-
worten.
Ja, natürlich. Dann rufe ich auch die Frage 28 auf:
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Im Koalitionsvertrag der Großen Koalition vom
1. November 2005 heißt es:
CDU, CSU und SPD werden … alle arbeitsmarkt-
politischen Maßnahmen auf den Prüfstand stellen.
Das, was sich als wirksam erweist und zur Verbes-
serung der Beschäftigungsfähigkeit oder zur Be-
schäftigung führt, wird fortgesetzt. Das, was un-
wirksam und ineffizient ist, wird abgeschafft. Diese
Überprüfung soll bis Ende kommenden Jahres ab-
geschlossen sein.
Auf der Grundlage dieser Wirksamkeitsanalyse
wird spätestens im Jahr 2007 die aktive Arbeits-
marktpolitik insgesamt grundlegend neu ausgerich-
tet und sichergestellt, dass die Mittel der Beitrags-
und Steuerzahler künftig so effektiv und effizient
wie möglich eingesetzt werden.
Die Überprüfung der arbeitsmarktpolitischen Maß-
ahmen wurde Ende 2006 abgeschlossen und die Ergeb-
isse im Bericht des Bundesministeriums für Arbeit und
oziales zur Wirksamkeit moderner Dienstleistungen am
rbeitsplatz zusammengefasst. Der Bericht ist dem
eutschen Bundestag als Drucksache 16/3982 zugeleitet
orden. Wir sind damit im Zeitplan des Koalitionsver-
rages. Eine Neuregelung der arbeitsmarktpolitischen In-
trumente muss sorgfältig vorbereitet werden, damit der
omplexität des Regelungsgegenstandes und der weit-
eichenden Auswirkungen, die mit einer Flexibilisierung
er arbeitsmarktpolitischen Instrumente verbunden sind,
echnung getragen werden kann. Diese Vorbereitung ist
erzeit im Gange. Festlegungen zur inhaltlichen Ausge-
taltung des Vorhabens gibt es noch nicht.
Nachfrage? – Bitte schön, Frau Kollegin Möller.
Ich habe keine Nachfragen, da diese keinen Sinn er-
eben, wenn Sie noch nicht so weit sind. Ich werde die
ragen bei Gelegenheit stellen. Ich danke Ihnen.
Vielen Dank. – Danke schön, Herr Staatssekretär.Wir kommen dann zum Geschäftsbereich des Aus-ärtigen Amtes. Zur Beantwortung steht der Staatsmi-ister Gernot Erler zur Verfügung.
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9090 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 90. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. März 2007
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Vizepräsident Dr. Hermann Otto SolmsIch rufe zunächst die Frage 29 des KollegenDr. Norman Paech auf:Beabsichtigt die Bundesregierung, auf die im Bericht vom29. Januar 2007 enthaltene Kritik des UN-Son-derberichterstatters über die Situation von Menschenrechtenin den palästinensischen Gebieten zu reagieren, wonach unteranderem die Europäische Union mitverantwortlich für die hu-
Herr Kollege Paech, Ihre Frage nach dem Bericht
vom 29. Januar 2007 des UN-Sonderberichterstatters
über die Situation der Menschenrechte in den palästinen-
sischen Gebieten beantworte ich folgendermaßen:
Die in der Fragestellung enthaltene Kritik, die Euro-
päische Union sei mitverantwortlich für die Krise im Ga-
zastreifen, weist die Bundesregierung zurück. Die Euro-
päische Union hat schnell auf die sich verschlechternde
humanitäre und sozioökonomische Lage im Gazastreifen
reagiert und bereits im Mai 2006 die Einrichtung eines
Übergangsmechanismus, der die Abkürzung TIM trägt,
zur Unterstützung der öffentlichen Versorgung im Ga-
zastreifen beschlossen und umgesetzt. Die Zahlung einer
zweiten deutschen Tranche für die Finanzierung des
durch das Nahostquartett um weitere drei Monate ver-
längerten TIM wird derzeit geprüft. Aus dem TIM wur-
den 2006 zeitweise die kompletten Ausgaben für Strom
und Wasser für den Gazastreifen bestritten. Insgesamt
betrug die Entwicklungshilfe aus der Europäischen
Union – Kommission und Mitgliedstaaten zusammenge-
nommen – im Jahr 2006 650 Millionen Euro. Im
Jahr 2005 waren es 565 Millionen Euro.
Nachfrage, Herr Kollege Paech? – Bitte schön.
Herr Staatsminister Erler, Sie haben gelesen, dass der
Berichterstatter John Dugard in seinem Bericht, der auch
diese Frage sehr detailliert behandelt hat, ausgeführt hat,
dass trotz der Überweisung der von Ihnen zitierten TIM
die Situation in der Westbank so ist, dass zwei Drittel der
Haushalte unter der offiziellen Armutsgrenze leben, und
dass in Gaza, das Sie eben erwähnt haben, 80 Prozent
der Menschen unterhalb der Armutsgrenze von 2 US-
Dollar pro Tag leben. Er sagt ausdrücklich, dass dies
eine unmittelbare Folge der Sanktionspolitik gegenüber
der palästinensischen Regierung ist. Das heißt, er macht
trotz der Überweisungen, die nicht an die Regierung ge-
hen, sondern an dritte Organisationen, die EU-Sank-
tionspolitik dafür verantwortlich, dass es eine humani-
täre Katastrophe in den besetzten Gebieten und in Gaza
gibt. Sind Sie angesichts dieser Kritik nicht bereit, Ihre
Sanktionspolitik zu überdenken?
Herr Kollege Dr. Paech, ich kann nur wiederholen,
dass wir die Fakten natürlich kennen, die Dugard aufge-
schrieben hat, aber seine Behauptung, dass die Europäi-
sche Union für die unbestreitbare Krise dort mitverant-
wortlich ist, von uns nicht geteilt wird. Ich habe darauf
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Weitere Nachfrage? – Bitte.
Wenn Sie meinen, dass Sie das nicht können – das ist
ur eine Frage der politischen Ansicht und nicht der ju-
istischen Unmöglichkeit –, möchte ich nur noch eines
agen. John Dugard hat auch darauf hingewiesen, dass
erade das System der Checkpoints und der Straßensper-
en etwas ist, was ihn an Südafrika erinnert, an das Sys-
em der Passgesetze, und dass das eigentlich das System
ewesen ist, was den Hass der Bevölkerung und die Ab-
ehnung des Systems am meisten forciert hat. Das steht
uch im vollständigen Gegensatz zu Ihren Bemühungen,
en Bemühungen der Bundesregierung, Ausgleich und
rieden zu schaffen.
Wenn Sie schon nicht meinen, dass der IGH hilfreich
st, ist die Frage: Was machen Sie stattdessen? Wir ha-
en zum Beispiel nie einen öffentlichen Protest gehört,
bwohl es den andernorts gibt. Sie wissen, dass dem Un-
erhaus in Großbritannien jetzt ein Antrag auf Suspen-
ion der EU-Assoziation vorliegt. Es gibt von anderen
egierungen durchaus öffentliche Proteste.
Vielleicht hätte ich bei meiner Antwort auf Ihre erste
usatzfrage noch anfügen sollen, Herr Kollege Paech,
ass wir nicht nur das Thema der Sperranlagen und die
atsache, dass sie nicht der „Grünen Linie“ folgen, son-
ern natürlich auch das der Straßenkontrollen und der
ehinderung praktisch der Freizügigkeit der palästinen-
ischen Bevölkerung – das stellt natürlich ein großes so-
iales, kulturelles, aber auch wirtschaftliches Problem
ar – in unseren Begegnungen mit der israelischen Seite
egelmäßig kritisch ansprechen. Das werden wir auch
ortführen.
Ich rufe die Frage 31 der Kollegin Heike Hänsel auf:Wie bewertet die Bundesregierung die Aussage im ViertenBericht des International Development Committee im briti-schen Unterhaus vom 31. Januar 2007, wonach jegliche in-ternationale Hilfe für die palästinensischen Gebiete von derisraelischen Regierung durch „unverhältnismäßige Maßnah-men“ wie die Errichtung der Mauer, die Grenzposten und dieEinschränkungen der palästinensischen Wirtschaft und des
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9092 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 90. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. März 2007
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Vizepräsident Dr. Hermann Otto SolmsHandels konterkariert werde , und über welche dies-bezüglichen Erfahrungen der deutschen Entwicklungszu-sammenarbeit, zum Beispiel im Zusammenhang mit der Ver-teuerung von Entwicklungsmaßnahmen durch derartigeMaßnahmen, verfügt sie?
Frau Kollegin Hänsel, Sie haben den Bericht des In-
ternational Development Committee im britischen Un-
terhaus von Ende Januar angesprochen. Meine Antwort
lautet folgendermaßen:
Die EU weist regelmäßig auf die besondere Verant-
wortung der Konfliktparteien hin sowie darauf, die Zer-
störung ziviler Infrastruktur zu unterlassen und die Ver-
hältnismäßigkeit der Mittel zu beachten. Der der Frage
zugrunde liegende Sachverhalt, dass die Entwicklungs-
maßnahmen in einem nicht gelösten bewaffneten Kon-
flikt besonderen Hemmnissen unterliegen, ist weithin
unbestritten. Es ist jedoch nicht möglich, die entstandenen
und noch entstehenden Erschwernisse zu quantifizieren.
Fest steht, dass sich die volkswirtschaftlichen Kosten
des Konflikts auch nachteilig auf die Durchführung und
die Zielerreichung der Entwicklungsmaßnahmen auswir-
ken. Maßnahmen der Entwicklungszusammenarbeit
werden durch Einschränkungen der Bewegungsfreiheit
verzögert, was zu zusätzlichen Kosten und einem erhöh-
ten Koordinierungsaufwand bei der Umsetzung von Pro-
jekten führt.
Nachfrage.
Danke schön. – Herr Staatsminister, ich habe eine
Nachfrage. Sie haben Kontakt zu den deutschen Durch-
führungsorganisationen, die uns bei der Reise vor Ort
schon aufgelistet haben, wie teuer Entwicklungsprojekte
aufgrund der erhöhten Sicherheitsauflagen plötzlich
werden und wie vieles nicht durchgeführt werden kann
oder sich verzögert. Dazu gibt es natürlich schon kon-
krete Erfahrungen. Meine Frage: Streben Sie an, einmal
aufzulisten, um wie viel solche Projekte aufgrund viel-
leicht unverhältnismäßig hoher Sicherheitsauflagen teu-
rer werden? Immerhin geht es hier um Gelder der Steu-
erzahler und Steuerzahlerinnen.
Frau Kollegin, ich habe ja eben schon bestätigt, dass
es solche Erschwernisse und dadurch auch erhöhte Kos-
ten gibt. Ich weiß bloß nicht, ob es irgendeinen Sinn
macht, das im Detail statistisch zu erheben. Wir setzen
politisch eigentlich auf eine andere Karte. Wie Sie sicher
beobachtet haben, setzt die Bundesregierung darauf, den
Nahostfriedensprozess wieder in Gang zu bekommen.
Sie hat sich in den letzten Monaten sehr intensiv darum
bemüht, und inzwischen hat es schon wieder zwei Sit-
zungen des Nahostquartetts gegeben. Es gibt also Hoff-
nung, dass sich hier wieder etwas bewegt. Ich glaube,
das ist die bessere politische Antwort, als statistische Er-
hebungen darüber durchzuführen, wie einzelne Entwick-
lungsmaßnahmen behindert werden.
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Ihre zweite Nachfrage, bitte.
Danke schön. – Meine zweite Nachfrage: Ich sehe das
icht so optimistisch. Ich sehe bisher eigentlich noch gar
eine konkreten Ergebnisse im Zusammenhang mit die-
en Sitzungen. Es stimmt: Es gab viele Sitzungen mit
ohem Sicherheitsaufwand, auch hier in Berlin. Aber ei-
entlich ist bisher wenig dabei herausgekommen. Es
urden auch bereits früher viele Abkommen unterzeich-
et.
Ich möchte noch einmal nachfragen: Was macht die
undesregierung? Die israelische Regierung hat zum
eispiel im November 2005 das Agreement on Move-
ent and Access unterschrieben, in dem es genau um die
ragen der Freizügigkeit von Palästinensern und Palästi-
enserinnen geht. Es geht um genau dieses ganze Sys-
em von Checkpoints und Roadblocks, das aufgehoben
erden muss, um zu einer Verbesserung der Situation zu
ommen. Es würde ja auch das Klima für Verhandlun-
en verbessern, wenn die Bevölkerung merkt: Es gibt
in Goodwill auf der anderen Seite.
Meine Frage: Was tun Sie, um zu erreichen, dass die
sraelische Regierung dieses Dokument, das sie unter-
eichnet hat, auch umsetzt?
Frau Kollegin Hänsel, Ihren nicht vorhandenen Opti-
ismus bedauere ich natürlich. Ich glaube, dass man
hne ein Mindestmaß an Optimismus mit einem Kon-
likt wie diesem eigentlich gar nicht umgehen kann. Ich
ann nicht nur auf irgendwelche Sitzungen verweisen,
ondern zum Beispiel auch darauf, dass jetzt konkret
ereinbart worden ist, dass alle 14 Tage Gespräche zwi-
chen Premierminister Olmert und Präsident Abbas statt-
inden sollen. Bis vor kurzem gab es überhaupt noch
eine Aktivitäten im lange unterbrochenen Nahostfrie-
ensprozess. Ich schließe daraus schon, dass ein biss-
hen Bewegung in den Prozess kommt.
Zu dem zweiten Teil Ihrer Nachfrage verweise ich
och einmal auf meine Antwort an Ihren Kollegen Herrn
r. Paech. Überall da, wo es sich anbietet und wo es not-
endig ist, fragen wir nach und sprechen die Behand-
ung der palästinensischen Bevölkerung durch die israe-
ische Seite in unseren Begegnungen an, und wir werden
as auch weiter tun.
Wir kommen nun zur Frage 32 der Kollegin Hänsel.Wie bewertet die Bundesregierung die Aussage im viertenBericht des International Development Committee im briti-schen Unterhaus vom 31. Januar 2007, wonach die Politik derinternationalen Gemeinschaft, die gewählte palästinensischeRegierung zu isolieren, zu nicht gewünschten Effekten wie ei-ner Annäherung der Hamas an den Iran führe und daher nichtdazu beitrage, den Konflikt zu lösen?
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Frau Kollegin Hänsel, die in dem Bericht des Interna-
tional Development Committee im Britischen Unterhaus
angesprochene Vermutung, durch das Ausbleiben von
Zahlungen an die palästinensche Regierung habe sich
die Hamas mehr dem Iran angenähert, teilt die Bundes-
regierung nicht. Es besteht nach Einschätzung der Bun-
desregierung kein unmittelbarer Zusammenhang zwi-
schen der Politik der internationalen Gemeinschaft
gegenüber der palästinensischen Regierung und der Be-
ziehung der Hamas zum Iran.
Eine Nachfrage. Bitte schön.
Danke schön, Herr Staatsminister. – Auch dazu noch
eine Nachfrage. Aber Sie können sich doch vorstellen,
dass sich die legitim gewählte Regierung bei der prekä-
ren Situation, in der sich die palästinensische Bevölke-
rung befindet – die Berichte des UN-OCHA sind ja dra-
matisch; mein Kollege hat es auch angesprochen –, auch
nach anderen Geldgebern und nach anderen Geldquellen
umschaut. Würden Sie mir dahin gehend recht geben,
dass diese Vermutung vielleicht stimmt?
Ich unterscheide hier zwischen persönlicher Vorstel-
lungskraft und Erkenntnis. Natürlich kann ich mir das
vorstellen, aber meine Kenntnis bezieht sich darauf, dass
Hamas schon lange intensive Beziehungen zum Iran un-
terhält. Der Iran ist übrigens auch von sich aus in Rich-
tung Hamas aktiv geworden. Es ist ja auch nicht ganz
unbekannt, dass hier schon in der Vergangenheit, längst
bevor Hamas Regierungsmitglied geworden ist, erhebli-
che Gelder geflossen sind. Deswegen teile ich eben nicht
die Einschätzung, das sei eine neue Entwicklung. Das ist
eine schon bekannte Tatsache, und deswegen brauche
ich auch meine Vorstellungskraft nicht zu bemühen.
Eine zweite Nachfrage.
Würden Sie mir nicht recht geben, dass die internatio-
nale Gemeinschaft dann umso mehr gefordert wäre, eine
alternative Politik zu entwickeln, um neue Optionen für
die palästinensische Regierung zu ermöglichen, dass es
dann umso wichtiger wäre, dass wir in der Region prä-
sent sind, statt zu boykottieren und zu sanktionieren?
Ähnlich handeln wir ja auch im Libanon: Wir stärken
eher „radikalere Kräfte“, indem wir Sanktionen, Boykott
und Abwesenheit vorziehen, statt in dieser Region prä-
sent zu sein und den Aufbau mitzugestalten. Diese Isola-
tionspolitik ist angesichts des Ziels, auch bei der palästi-
nensischen Regierung eine andere Richtung zu
befördern, doch völlig kontraproduktiv.
Frau Kollegin Hänsel, Ihre Beurteilung, dass die EU
boykottiert, isoliert und sanktioniert, teile ich nicht. Die
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Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen!Liebe Kollegen! Liebe Gäste auf den Rängen! Vor unge-fähr einem Jahr, am 30. Mai 2006, fand in Bonn derFestakt „100 Jahre Naturschutz als Staatsaufgabe“ statt.Die Bundeskanzlerin sagte damals den klugen Satz, demman nur zustimmen kann: Naturschutz ist kein Luxus,sondern zentraler Bestandteil von Umweltpolitik.
Professor Klaus Töpfer hat auf der gleichen Veranstal-tung gesagt: Naturschutz ist nicht emotionale Neigung,sondern ökonomisches Denken. – Auch das verdient ei-gentlich Applaus. Der Staatssekretär hat in den Antwor-tewtEdftIhnEnhibnDddbdrwhgk–dDrdgrdGsdwFßBwbEVhzwsFwg
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ch habe angenommen, dass die Grünen die schönenernsehbilder der vergangenen Wochen von und mitnut noch einmal bei uns hier im Plenum des Bundesta-es Revue passieren lassen wollen. Aber das wäre zuchön gewesen, um wahr zu sein.
un ist aus dieser Aktuellen Stunde leider eine Trauer-tunde geworden. Denn mit dem Pandabärenweibchenan Yan hat uns wenige Tage nach den schönen Fern-ehbildern vom putzigen Knut eine Sympathieträgeriner deutschen Biodiversität verlassen müssen. Wir trau-rn um Yan Yan und wünschen ihr ein angenehmes Le-en im Pandabärenhimmel.Jetzt aber einmal im Ernst. Ich kann den Kolleginnennd Kollegen von der Grünenfraktion, genauso aber de-en von der FDP hinsichtlich des Klimawandels – wiratten vor vier Wochen eine Aktuelle Stunde zu diesemhema – den Vorwurf nicht ersparen, bei einem wichti-en Thema wieder einmal zu kurz zu springen. Mit einerktuellen grünen Stunde leistet man der Biodiversität ei-en Bärendienst. Knut, Yan Yan und der selige Brunoögen mir verzeihen.Bemüht versuchen die Grünen mit ihrer Presseerklä-ung vom vergangenen Montag, ein paar Themen zuonstruieren, die sie dann zu einer Bundestagsdebatteochstilisieren. Es führt kein Weg daran vorbei, festzu-tellen: Diese Aktuelle Stunde ist wieder einmal die ver-rampfte Suche nach einer weiteren Schlagzeile in denedien und damit so überflüssig wie ein Kropf.
Gleichwohl möchte ich den Anlass nutzen, zu einemhema Stellung zu nehmen,
uch wenn Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen vonen Grünen, dieses Thema möglicherweise überhaupticht in den Kram passt. Im Zusammenhang mit demlimawandel und dem notwendigen verstärkten Einsatzrneuerbarer Energien wird die Nutzung der Biomassemmer häufiger und intensiver in die Diskussion einge-racht. Ich sehe diese Entwicklung mit wachsenderorge.Landnutzung und Landnutzungsänderungen bergenmmer die Gefahr in sich, die Vielfalt der Lebensräume,ie Vielfalt der Arten und die genetische Vielfalt inner-alb der Arten zu beeinträchtigen.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 90. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. März 2007 9099
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Marie-Luise Dött
Das ist aktuell an den Palmölplantagen zu beobachten.Dabei sind Palmölplantagen auf brandgerodeten Regen-waldflächen in Südostasien nur ein Teil des Problems,das in diesem Fall auch noch sehr weit weg liegt.Die Gefährdungen für die Biodiversität haben wirauch im eigenen Haus. Großflächige Monokulturen miteigens für die Energiegewinnung gezüchteten Energie-pflanzen, Nutzung auch des letzten Quadratmeters land-wirtschaftlich bebaubarer Fläche, Walddüngung – diessind mögliche Zukunftsszenarien für die Nutzung derBiomasse zur Energiegewinnung, die der Biodiversitätin unserem eigenen Lande gewiss nicht zuträglich wä-ren.Ich bin deshalb sehr dafür, dass in enger Kooperationmit den betroffenen Menschen – das sind ganz besondersdie Landwirte und die Waldbesitzer – rasch klare Regelnfür eine tatsächlich nachhaltige Biomassegewinnungaufgestellt werden. Es darf nicht so weit kommen, dasswir den Teufel des Klimawandels mit dem Beelzebub ei-ner verarmten Natur auszutreiben versuchen.
Ich möchte in diesem Zusammenhang über einen be-merkenswerten Vorgang berichten, der sich in der ver-gangenen Woche zugetragen hat: Der Gemeinderat derSamtgemeinde Schwarmstedt hat sich auf Antrag derCDU gegen die Nutzung von Palmöl für das geplanteBlockheizkraftwerk ausgesprochen. Die Vorsitzende derCDU-Gemeinderatsfraktion hat dies damit begründet,dass es keine garantierte Zertifizierung für eine nachhal-tige Gewinnung von Palmöl gibt. Brandrodungen fürPalmölplantagen seien unakzeptabel, lieber setze manauf heimische regenerative Energien.
Ich halte diese Ausführungen und den Beschluss desGemeinderates für mutige Zeichen wider den wachsen-den Zeitgeist, die wirklich unseren Applaus verdienen.
Umso wichtiger ist es, jetzt für die Nutzung der Bio-masse in unserem eigenen Land Nachhaltigkeitsregelnaufzustellen – der Biodiversität zuliebe.Vielen Dank.
Das Wort hat jetzt die Kollegin Angelika Brunkhorst
von der FDP-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In Anbe-tracht der vom Bündnis 90/Die Grünen zum Ausdruckgebrachten Dringlichkeit dieses Themas stellt sich mirdie Frage, welches zeitnahe Ziel mit der vorangegange-ndmTdgvtnwsesJkgbAdFllvtfaeRktskwtlSufskdn–zswDafwSncd
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ir brauchen deshalb eine Kombination aus konkretenrtenschutzmaßnahmen und ein verstärktes globales En-agement im Klimaschutz. Genau dies ist die Politik derundesregierung.
Mit den Beschlüssen des Europäischen Rates über-immt die Europäische Union eine Vorreiterrolle beimnternationalen Klimaschutz. Mit der „Potsdam Initiativeur biologischen Vielfalt 2010“ nutzen wir unsere G-8-räsidentschaft, um gemeinsam mit den führenden In-ustrienationen und den Schwellenländern den Verlustn biologischer Vielfalt zu reduzieren.Im Rahmen der anstehenden Konferenzen der Inter-ationalen Walfangkommission sowie hinsichtlich desashingtoner Artenschutzabkommens und der Konven-ion über die biologische Vielfalt wird Deutschland wie-er eine aktive Rolle übernehmen. Das war in der Ver-angenheit so, und das wird in Zukunft auch so bleiben.
ie Regierungskoalition unterstützt dieses Engagement.ch möchte hier nur unsere Anträge zur biologischenielfalt und zum Schutz sensibler Ökosysteme der Tief-ee erwähnen. Darüber hinaus bringen wir in dieser Wo-he einen Antrag zum Walschutz ein. Darin sprechen wirns gegen eine Aufhebung des internationalen Walfang-oratoriums aus.Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind uns be-usst, dass wir die Schwellen- und Entwicklungsländerur dann für ein stärkeres Engagement im Bereich desmwelt- und Klimaschutzes gewinnen können, wennir selbst mutig vorangehen. Nur wenn es uns gelingt,mweltpolitik als Fortschrittspolitik im Bewusstsein derenschen zu verankern, haben wir eine Chance, das Ru-er herumzureißen.Wirtschaftliches Wachstum, Wohlstand und Umwelt-chutz schließen sich nicht aus. Sie sind zwei Seiten der-elben Medaille. Dass dies so ist, wurde unlängst imN-Weltwaldbericht festgestellt. Wenn der Bericht auchu dem Ergebnis kommt, dass die Entwaldung weltweitoranschreitet, so enthält er doch auch eine positive Bot-chaft: Wo es den Menschen wirtschaftlich gut geht, gehts auch dem Wald besser. Genau hier müssen wir anset-en.Die Bundesregierung tut dies auch auf nationalerbene durch eine Vielzahl von Maßnahmen. Beispiel-aft seien hier nur drei erwähnt: Erstens. Die Bundesre-ierung erarbeitet zurzeit eine nationale Strategie zuriologischen Vielfalt.
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Christoph Pries
Unser Ziel ist es, den Rückgang der biologischen Viel-falt zu stoppen und gleichzeitig deren nachhaltige Nut-zung zu ermöglichen.Zweitens. Die Regierungskoalition hat vereinbart,125 000 Hektar Naturschutzflächen des Bundes unent-geltlich in eine Bundesstiftung oder an die Länder zuübertragen. Damit leisten wir einen wichtigen Beitragzur Sicherung des nationalen Naturerbes.
Drittens. Wir werden ein modernes Naturschutzrechtschaffen, wodurch sowohl der Schutz als auch die nach-haltige Nutzung der Natur verbessert wird.Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Das Wort hat jetzt der Kollege Lutz Heilmann von der
Fraktion Die Linke.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ar-
tenschutz fristet in Deutschland ein Schattendasein. Die
Gelder im Bundesetat werden von Jahr zu Jahr gekürzt.
Dafür werden im nächsten Jahr mal eben über
2,5 Millionen Euro für die 9. Vertragsstaatenkonferenz
der Biodiversitätskonvention lockergemacht.
Wie ernst Sie den Artenschutz nehmen, sieht man
auch daran, dass Sie eine Bürgschaft über 100 Mil-
lionen Euro für den Ilisu-Staudamm in der Türkei über-
nehmen. Dieser wird eine beispiellose Vernichtung der
Artenvielfalt in der Region zur Folge haben. Ich war am
Freitag vergangener Woche dort und habe mir ein Bild
davon gemacht. Vielleicht hätten Sie das auch einmal
tun sollen.
So viel dazu, dass Sie immer davon sprechen, dass
wir den internationalen Artenschutz fördern müssen
usw. usf. Die reale Politik, insbesondere auch die der
Großen Koalition, spricht eine ganz andere Sprache.
Auch mit der sogenannten kleinen Novelle zum Bun-
desnaturschutzgesetz zeigen Sie, wie ernst Sie es mit
dem Artenschutz meinen: Statt 2 600 Arten stehen dem-
nächst nur noch 600 Arten unter Schutz. Auf eine natio-
nale Strategie zur biologischen Vielfalt – der Kollege
Pries sprach es gerade an – warten wir nun schon seit
15 Jahren. Sieben Jahre davon waren übrigens mit Re-
gierungsbeteiligung der Grünen.
Nichts als leere Worte. Da kann ich Herrn Gabriel nur
zustimmen, der heute sagte: Wir müssen zur Kenntnis
nehmen, dass es nach wie vor eine Vielzahl von Bio-
topen gibt, die hochgradig gefährdet sind und auch wei-
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
Naturschutz muss Kernthema jederUsgmwVkSWsRSdtdsssgbcBaUsgedvwsloDddNfdszm
abei ist die Novelle zum Naturschutzgesetz doch nureshalb notwendig, weil Sie es 2002 versäumt haben,as Bundesnaturschutzgesetz vernünftig auszugestalten.
Ihre heute gestellten Fragen sind fast wörtlich derABU-Stellungnahme entnommen. Dabei haben Sie ge-lissentlich die Feststellung unter den Tisch fallen lassen,ass die generelle Freistellung der Land-, Forst- und Fi-chereiwirtschaft im Bundesnaturschutzgesetz nicht ak-eptabel war. Seien Sie doch wenigstens so ehrlich, dasit aufzunehmen!
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Lutz HeilmannSagen Sie jetzt nicht, dass Sie es damals nicht gewussthaben! Denn erstens ist die FFH-Richtlinie eindeutigformuliert, und zweitens haben die Verbände seinerzeitsehr deutlich darauf hingewiesen.
Insofern fällt alles, was Sie an der jetzigen Regierungkritisieren, auf Sie selbst zurück.Auch wir Linken sagen: Die Grünen reden viel, wennder Tag lang ist, handeln aber nicht entsprechend.Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Das Wort hat der Kollege Ulrich Petzold von der
CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-ren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Heilmann,seitdem die Partei, deren Nachfolgepartei Sie angehören,keine Verantwortung mehr für die Elbe trägt, ist wiedereine ganze Reihe von Fischarten dorthin zurückgekehrt.Ich glaube, die Natur hat sich wieder erholt.
In Ihrer Pressemitteilung, in der die Grünen die heu-tige Aktuelle Stunde begründen, behaupten Sie, dass dieBundesregierung infolge eines auf den ersten Blick sehrhohen Personalabbaus in den Naturschutzverwaltungen
als Gastgeberin für die 9. Vertragsstaatenkonferenz schlechtaufgestellt ist, und machen die Bundesregierung für denPersonalabbau in diesem Bereich verantwortlich. Diesgrenzt an Schaumschlägerei. Die Beantragung der Aktu-ellen Stunde zeigt, wie weit sich die Grünen von der Fö-deralismusrealität entfernt haben.
Naturschutzverwaltungen sind Landesverwaltungen.Das weiß eigentlich jeder von uns. Ein Blick in die Pra-xis hätte Sie von der unsinnigen Formulierung der Pres-semitteilung zu der heutigen Aktuellen Stunde abgehal-ten.
Insofern zeigt sich immer wieder: Die Praxis ist dasKriterium der Wahrheit.EIbwwPwwwwdsiMKnsgMthhNdAddmLIUkSoLtzgwsueJdsmgn–sb
in Blick auf das Biosphärenreservat Mittlere Elbe hättehnen für die heutige Diskussion sicherlich einiges ge-racht, verehrte Kollegin Kurth.Die intensive Holzwirtschaft in der staatlichen Forst-irtschaft der DDR wurde nach der Wende durch eineeit extensivere Nutzung ersetzt, die natürlich wenigerersonal benötigte. Forstflächen wurden nach der Wendeieder den privaten Eigentümern zur Nutzung und Be-irtschaftung übertragen und fielen dadurch aus der Be-irtschaftung durch die Forstämter heraus. Nicht zuletzturden in relevanten Größenordnungen Forstflächenen Naturschutzverwaltungen übertragen. Dadurch ent-tanden bei den Forstverwaltungen Personalüberhängensbesondere von Forstfacharbeitern, die natürlich alsitarbeiter des öffentlichen Dienstes ein Anrecht aufündigungsschutz hatten. Für dieses überzählige Perso-al in den Forstverwaltungen der Bundesländer wurdenehr oft die Naturschutzverwaltungen als Auffangbeckenenutzt. Leider nutzten einige Forstverwaltungen dieöglichkeiten der Personalübertragung auch dazu, äl-ere und nach ihrer Meinung nicht mehr so leistungsfä-ige Mitarbeiter loszuwerden. Darüber, dass dies keinaltbarer Zustand ist, sind wir uns alle einig, glaube ich.
Diese erfahrenen Forstleute waren natürlich in denaturschutzverwaltungen willkommen, hatten jedochas Handicap, dass anschließend keine ausgeglicheneltersstruktur in den Naturschutzverwaltungen vorhan-en war und dass sie die Personalvoraussetzungen fürie Naturschutzverwaltungen nicht mitbrachten. Es ka-en Forstfacharbeiter, aber eigentlich wäre mittlereseitungspersonal an dieser Stelle erforderlich gewesen.m Ergebnis wurde gerade in Verantwortung von Fraumweltministerin Heidecke, die Ihnen ja nicht unbe-annt sein dürfte, Frau Kurth, dieses Personal auf kw-tellen gesetzt. Ein richtiges Personalkonzept mit einemrdentlichen Stellenplan wurde nicht erarbeitet. Erst dieandesregierung nach 2002 hat gemeinsam mit den Na-urschutzverwaltungen klare Personalentwicklungskon-epte erarbeitet. Natürlich saß in dieser Zeit das übertra-ene Personal nicht untätig herum. Viele Projekteurden auf den Weg gebracht.Ganz wichtig war dabei der Vertragsnaturschutz, derich gerade in den Randbereichen, den Schutzzonen IIInd IV des Biosphärenreservats Mittlere Elbe, sehr gutntwickelt hat.
etzt ist der Vertragsnaturschutz zum Selbstläufer gewor-en. Viele Arbeiten, die bis vor kurzem noch durch Per-onal der Naturschutzverwaltung ausgeführt werdenussten, werden jetzt durch die Agrarbetriebe der Re-ion erledigt. Damit war es natürlich möglich, das Perso-al auf den kw-Stellen sozialverträglich zu reduzierendarauf lege ich Wert – und bei altersbedingtem Aus-cheiden die Stellen nicht wieder zu besetzen. Damit ha-en die Bundesländer nicht anders gehandelt als Ihre
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Ulrich PetzoldBundesregierung damals. Wenn Sie sich die Personalent-wicklung in den Bundesbehörden UBA und BfN in denletzten Jahren Ihrer Regierungszeit ansehen, stellen Siefest, dass auch dort Personal in beträchtlichem Umfangabgebaut wurde. Man sollte nicht mit Steinen schmei-ßen, wenn man selbst im Glashaus sitzt.Danke schön.
Das Wort hat der Kollege Dr. Anton Hofreiter von
Bündnis 90/Die Grünen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegin-
nen und Kollegen! Die Debatte in diesem Haus verläuft
wie so viele Debatten über die Biodiversität und Arten-
schutz zuvor: Man ist sich insgesamt einig, dass mehr
Schutz notwendig ist und dass sowohl international als
auch europaweit, überall, viel getan werden muss. Wenn
es aber konkret werden soll, schaut es meistens sehr mau
aus.
Dann wird nicht darauf eingegangen bzw. nicht begrün-
det, wo die Novelle zum Bundesnaturschutzgesetz bes-
ser oder schlechter ist. Es wird letztendlich allgemein
besprochen.
Schauen wir uns doch einmal die Realität in der Bun-
desrepublik an! Man muss anerkennen: Nicht nur in den
Tropen, sondern auch in der Bundesrepublik befinden
wir uns mitten in der Aussterbekatastrophe; das muss ei-
nem klar sein.
Das ist keine politische Aussage, sondern eine wis-
senschaftliche Erkenntnis. Schauen wir uns einmal die
Aussagen zur momentanen Lage in Europa an! Wenn Sie
gestatten, zitiere ich ganz kurz aus dem Bericht des Wirt-
schafts- und Sozialrates.
Zwischen Anspruch und Wirklichkeit klaffen ex-
treme Lücken, die geschlossen werden müssen, will
man der drohenden Gefahr des Glaubwürdigkeits-
verlustes entgegenwirken.
Mit dieser Novelle machen Sie aus der klaffenden Lücke
einen tiefen Graben.
Um das Problem der Novelle klarzumachen, muss
man sich vergegenwärtigen, welches die Hauptursachen
für das bereits stattfindende Artensterben in der Bundes-
republik sind. Es sind Landwirtschaft, Forstwirtschaft
und Jagd. Wie gehen Sie denn jetzt mit den Problemen
um? Sie schreiben in die Novelle zum Bundesnatur-
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Im Bundesrat wird es noch schlimmer: Aus „lokalen
opulationen“ will der Bundesrat allgemeine Populatio-
en machen. Es gibt Arten, die europaweit vorkommen,
s gibt Arten, die zirkumpolar vorkommen, es gibt Ar-
en, die sehr weit verbreitet sind. Wer definiert das dann?
ürfen wir sie in der Bundesrepublik ausrotten, weil es
och woanders eine Population gibt?
as ist wieder ganz typisch für die Gesetzesarbeit der
roßen Koalition: Auf den ersten Blick schaut es harm-
os aus. Schauen wir uns dann die Wörter in ihrer prakti-
chen Konsequenz an, dann wird daraus ein Skandal.
Diejenigen, die hier jetzt schreien, verstehen schlicht-
eg nicht, was das Wort Population bedeutet,
as das Wort lokal bedeutet und was in diesem Zusam-
enhang Individuum bedeutet. Befassen Sie sich vorab
amit; dann wird es Ihnen im Detail klar.
Das Wort hat nun der Kollege Dirk Becker von der
PD-Fraktion.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!ir sind zu einer Aktuellen Stunde zusammengekom-
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Dirk Beckermen, die den Titel „Schutz der Biodiversität in der EUohne Deutschland“ trägt. Ich habe selbst in den Beiträ-gen der Grünen dazu bisher recht wenig gehört; sie ver-steifen sich auf einige wenige Punkte.
Ich vermisse ein bisschen die sogenannte ganzheitli-che Betrachtung, wenn man von der Rolle und der Ver-antwortung Deutschlands in der Europäischen Unionspricht.
– Sie sollten von der Aktuellen Stunde sprechen, die Sieselber beantragt haben, oder sich die Fragestellung vor-her besser überlegen, Herr Hofreiter.
Kollege Pries hat auf die Bedeutung des Verlusts derbiologischen Vielfalt hingewiesen. Wir sind uns alle hin-sichtlich dieser Bedeutung einig und wissen, dass im öf-fentlichen Bewusstsein diese Bedeutung nicht hinrei-chend verankert ist. Das ist eine Herausforderung anPolitiker aller Parteien und dürfte im Deutschen Bundes-tag nicht zum Streit führen.Dies gilt ebenso für das gemeinsame Ziel, bis 2010den Verlust der Biodiversität signifikant einzuschränkenund auf europäischer Ebene ganz zu stoppen. Ich sageganz deutlich, dass wir von diesem Ziel noch ein ganzesStück entfernt sind. Dies muss man deutlich sagen; dagibt es nichts schönzureden. Bevor man diesbezüglichauf andere Nationen zeigt, muss man natürlich vor dereigenen Haustür kehren und feststellen, was wir selbernoch mehr tun können, um diesem Ziel nahe zu kom-men. Ich will selbst durchaus kritisch mit den Fragenmöglicher nationaler Missstände umgehen.Sie haben heute Mittag in der Fragestunde beispiels-weise die Tatsache angesprochen, dass in einigen Bun-desländern die Umsetzung der FFH- und der Vogel-schutzrichtlinie zumindest schleppend, wenn nichtunvollständig ist. Dies muss man als Umweltpolitikerdeutlich missbilligen; das ist doch völlig klar. Ebensomüssen wir deutlich machen, dass ein nationaler Biotop-verbund für den Bereich der Biodiversität von herausra-gender Bedeutung ist. Der Bundesumweltminister undauch der Parlamentarische Staatssekretär – der eine beider Pressekonferenz, der andere hier im Parlament – ha-ben das sehr deutlich unterstrichen und die Position derBundesregierung, die wir voll und ganz teilen, klarge-stellt.
Aus der Benennung einiger Defizite – ich könnte denandauernden Flächenverbrauch in Deutschland hinzufü-gen; es gibt, wie gesagt, Missstände – eine AktuelleStunde mit dem Thema „Schutz der Biodiversität in derEU ohne Deutschland“zlwSPsmRlbdtdsBDsWbEgdEsBf1dlddgDkvGPrsdtwcVDKD
u beantragen, ist nach meiner Einschätzung abenteuer-ich, unbegründet und geht am Thema weit vorbei. Ichill das sehr deutlich machen; denn Sie stellen auch eintück Ihrer eigenen Politik der Vergangenheit und dieolitik des Bundestages und der Bundesregierung insge-amt in Frage.
Ich möchte daher an dieser Stelle Achim Steiner be-ühen. Achim Steiner ist Chef der UNEP und hat zurolle Deutschlands im Rahmen der G-8-Politik anläss-ich der Unterzeichnung der „Potsdam-Initiative“ zuriologischen Vielfalt Folgendes gesagt: Mit der „Pots-am-Initiative“ erleben wir einen Wendepunkt in der in-ernationalen Politik im Rahmen des Schutzes der Bio-iversität. Nie zuvor ist im Rahmen eines G-8-Vorsitzeso früh und weitreichend ein Beschluss zum Schutz deriodiversität gefasst worden. –
as basiert auf dem Engagement des BMU und der deut-chen Politik. Darauf können wir ein Stück stolz sein.ir sagen dem BMU ausdrücklich Dank für diese vor-ereitenden Arbeiten.
Ich könnte dies fortführen. Sie haben die Rolle derU angesprochen. Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dasserade der Schwerpunkt Biodiversität ein entscheiden-es Kriterium der EU-Ratspräsidentschaft sein wird.rstmalig hat eine Nation im Rahmen der Ratspräsident-chaft die beiden folgenden Präsidentschaften mit insoot genommen, um politische Akzente – in diesem Fallür die Biodiversität – für einen Zeitraum von8 Monaten zu setzen, das heißt Kontinuität zum Schutzer Biodiversität zu erreichen. Ich finde, auch dies ist einohnenswerter Beitrag und macht die Verantwortung dereutschen Politik zum Schutz der Biodiversität mehr alseutlich.Die Rolle Deutschlands im Rahmen der CBD ist an-eklungen. Ich möchte sehr deutlich machen, dasseutschland als Gastgeber der nächsten Vertragsstaaten-onferenz mit vielen Vorschusslorbeeren, aber auch mitielen Erwartungen bedacht wird. Das hat einen gutenrund. Diese Erwartungshaltung hat sich die deutscheolitik erarbeitet. Wer schon einmal mit Vertretern ande-er Nationen gesprochen hat, der weiß, wie hoch das An-ehen Deutschlands aufgrund des Wirkens im Rahmener Konvention für die biologische Vielfalt ist. Die Staa-en setzen eine sehr hohe Erwartung in Deutschland,eil sie wissen, dass Deutschland Motor und verlässli-her Partner im Bereich des Schutzes der biologischenielfalt ist.
ie Mitarbeiter des BMU arbeiten aufklärend hinter denulissen und versuchen, andere Nationen mitzunehmen.ie deutsche Politik, insbesondere die Arbeit des deut-
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Dirk Beckerschen Umweltministeriums, ist wirklich hoch geschätztund anerkannt.Ich finde, Defizite zu benennen ist das eine, aber zusagen, Schutz der Biodiversität finde in Europa ohneDeutschland statt,
geht völlig am Thema vorbei. Wir haben auch in Zukunfteinen verantwortungsvollen Umgang mit der Umwelt.Wir wollen diese Verantwortung wahrnehmen. Ichwürde mich freuen, wenn auch die Opposition zu einemverantwortungsvollen Umgang mit diesem Thema zu-rückfinden würde.Vielen Dank.
Das Wort hat jetzt der Kollege Ingbert Liebing von
der CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen undKollegen! Die Fraktion der Grünen hat ihren Antrag aufDurchführung dieser Aktuellen Stunde mit dem Vorwurfverbunden, Deutschland würde den Natur- und Arten-schutz eher schwächen als stärken. In der Debatte istdeutlich geworden, dass diese Vorwürfe ins Leere gehenund diese Debatte eigentlich an den Haaren herbeigezo-gen ist.
Dennoch bin ich Ihnen in gewisser Hinsicht sogardankbar dafür, dass wir diese Debatte führen, weil siedie Gelegenheit gibt, Ihre falschen Vorwürfe zurückzu-weisen und auf die Leistungen und das EngagementDeutschlands bei diesem wichtigen Thema – auch dasEngagement der Bundesregierung in diesem Bereich –hinzuweisen. Deutschland nimmt seine Verpflichtungfür den Naturschutz, für den Artenschutz wahr, insbe-sondere im internationalen Rahmen. Die Erwartungengegenüber Deutschland sind sehr hoch. Der KollegeBecker hat dies gerade zum Ausdruck gebracht.Deutschland, das derzeit eine Führungsrolle in derEuropäischen Union einnimmt – es hat die Ratspräsi-dentschaft inne –, hat in dieser Funktion einen Schwer-punkt auf die Vorbereitung der 9. Vertragsstaatenkon-ferenz gesetzt, die im kommenden Jahr in Bonn stattfin-den wird. Ich bin sehr sicher, dass diese Konferenz zu ei-nem guten Erfolg führen wird. Genauso sicher bin ich,dass manche Kritiker und Skeptiker von heute nochüberrascht sein werden, so wie manche Kritiker der Bun-desregierung in den letzten Wochen über die erfolgrei-che Politik der Bundesregierung und unserer Bundes-kürAwüsdttv1ne1nAsWeVdggsSlfmbsfSMnzgdduWWddADüv
Ich darf gern daran erinnern, dass im Juni dieses Jah-es die 14. Vertragsstaatenkonferenz des Washingtonerrtenschutzübereinkommens in Den Haag stattfindenird. Hier hat Deutschland ebenfalls die Verantwortungbernommen, einen wesentlichen Schwerpunkt, insbe-ondere zum Schutz der marinen Arten, zu setzen.Ich möchte einen konkreten Lebensraum ansprechen,er gerade für die Biodiversität eine besondere Bedeu-ung hat, nämlich die Weltmeere. Dies ist eines der ar-enreichsten Ökosysteme überhaupt. Man ist bisher da-on ausgegangen, dass es auf unserem Planeten etwa,4 Millionen unterschiedliche Arten gibt. Erst seit we-igen Jahren wissen wir aufgrund neuer Forschungs-rgebnisse, dass in den Tiefen der Meere über diese,4 Millionen Arten hinaus noch etwa 10 bis 30 Millio-en weitere, bisher völlig unbekannte und unerforschterten existieren. Insofern ist dies sicherlich einer derensibelsten Lebensräume, der gefährdet ist.Der Klimawandel macht vor den Meeren nicht halt.ir kennen die Folgen der Erderwärmung, der Meeres-rwärmung. Die Versauerung und natürlich auch dieerschmutzung durch menschliches Handeln machenen Meeren zu schaffen. Die Meere beherbergen zu-leich die größten Tiere, die Wale, die wegen ihrer gerin-en Vermehrungsrate ebenfalls besonders gefährdetind. All diese Themen gehen wir an, und wir setzenignale, insbesondere für die internationalen Verhand-ungen.Ich darf an den Antrag erinnern, den die Koalitions-raktionen im vergangenen Jahr im Plenum zur Abstim-ung gestellt haben; er wurde verabschiedet. Mit ihmekennen wir uns zum Schutz der Ökosysteme der Tief-ee und schlagen konkrete Maßnahmen vor. Wir tretenür die Ausweisung von Meeresschutzgebieten auf hoheree und für die Ausweisung eines globalen Netzes voneeresschutzgebieten ein. Wir treten für eine konkreteachhaltige Fischerei ein, und wir engagieren uns gegenerstörerische und illegale Fischereipraktiken sowie ge-en Überfischung.Gern darf ich auch an den Koalitionsantrag erinnern,er morgen im Plenum auf der Tagesordnung steht. Mitiesem Antrag bekennen wir uns zum Schutz der Walend treten für konkrete Maßnahmen zum Schutz derale ein. Damit machen wir gegen den kommerziellenalfang Front.
Dennoch kommen wir nicht an der Tatsache vorbei,ass der Klimawandel natürlich auch Auswirkungen aufie Meere und die Biodiversität dort hat. Es gibt invasiverten, die selber aggressiv gegen andere Arten auftreten:ie Pazifische Auster legt sich wie Beton in der Nordseeber andere Arten, und die Rippenqualle in der Ostseeerdrängt dort andere Fischarten, wie wir es vom
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Ingbert LiebingSchwarzen Meer kennen. Wir können über Problemewie Ballastwasser reden: An dem Thema Klimawandelund seinen Auswirkungen auf die Biodiversität kommenwir nicht vorbei. Deswegen ist auch dies ein Gegenstandder „Potsdam-Initiative“ zum G-8-Gipfel.Dies alles zeigt: Deutschland handelt. Deutschlandnimmt seine Verantwortung ernst, international wie imeigenen Land. Wir, die CDU/CSU-Fraktion, unterstützendie Bundesregierung bei ihrer Arbeit.Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Das Wort hat jetzt der Parlamentarische Staatssekretär
Michael Müller.
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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir habenvorhin in der Fragestunde schon ziemlich ausführlichüber manche der jetzt anstehenden Aspekte gesprochen.Aber es ist wichtig, das noch einmal im Zusammenhangdarzustellen; da ist, glaube ich, auch etwas falsch ver-standen worden.
Man kommt dadurch aus meiner Sicht zu Schlussfolge-rungen, die sich – wenn man genauer hinschaut, erkenntman das – eigentlich ein bisschen auf die eigene Ge-schichte beziehen.Klaus Töpfer hat in seiner Zeit als Umweltministergesagt, dass die klaffende Wunde der deutschen Um-weltpolitik das fehlende Naturschutzgesetz war. Damuss man, was die eigene Geschichte angeht, auch wennwir sicherlich erst ein Stück des Weges gegangen sind,froh sein, dass wir in Deutschland in den letzten Jahrenein gutes Naturschutzgesetz geschaffen haben. Ich kannnicht verstehen, warum man das jetzt hier kleinmachenwill.
– Ich komme auf Sie zurück. Sie haben wirklich etwaseklatant missverstanden. Ich will versuchen, das zu er-klären.Da wird ein Titel wie „Biodiversitätsschutz in der EUohne deutsche Beteiligung“ formuliert. Dahinter wirdnicht einmal ein Fragezeichen gesetzt. Da ist man dochirgendwo in einer anderen Welt. Ich kann das nicht nach-vollziehen; es tut mir leid.
Ich beziehe das jetzt einmal auf die EU. Die Dreier-präsidentschaft, also Slowenien, Portugal und Deutsch-land, wird ein sehr anspruchsvolles Biodiversitätspro-gramm für die EU vorlegen. Das ist vorbereitet, und daswissen Sie auch. Zum ersten Mal überhaupt findet mitazaDzvsmgwhdVzGhaJNmtdMngeFddpdhNwseTs3wesnAggs
Ich bin auf Ihrer Seite, wenn Sie sagen, dass man beiiesem Thema ernsthaft diskutieren muss, weil unsererständnis von Natur sehr viel mit europäischer Kulturu tun hat. Es ist leider so, dass es in der europäischeneschichte immer eine Art Naturvergessenheit gegebenat. Das geht sehr tief. Fast alle großen Philosophen,uch der europäischen Moderne, der Aufklärung, vonohn Locke über Newton bis hin zu Descartes, habenatur immer so verstanden, dass man sie beherrschenuss. Es galt das Verständnis: Wir sind Meister der Na-ur, Herrscher über die Natur. – Selbst Kant hat noch iner „Kritik der Urteilskraft“ geschrieben: Nur derensch ist alles, und die Natur hat sich dem unterzuord-en. – Das ist eine tiefe Prägung im europäischen Geist.Wir wissen auch, dass beispielsweise die Naturver-essenheit, die Entsinnlichung im Verhältnis zur Naturigentlich eines der tragenden Elemente der modernenortschrittsgeschichte war, die wir erst im 20. Jahrhun-ert zu überwinden begonnen haben. Insofern kann manas nicht aus einem, wie ich finde, überheblichen Stand-unkt heraus behandeln, sondern muss schon versuchen,iese europäische Geschichte aufzugreifen und – dasalte ich für wichtig – zu einem anderen Verständnis vonatur zu kommen.
Drei zentrale Themen gibt es, bei denen sich die Um-eltpolitik auszeichnen muss; sie gehören sehr stark zu-ammen:Erstens. Zunehmende Ressourcenknappheit.Zweitens. Klimawandel. Der Klimawandel ist auchin zentrales Problem für den Artenschutz, also für dieier- und Pflanzenwelt. Ich habe die Zahlen vorhinchon zitiert. In den nächsten Jahrzehnten sind 5 bis0 Prozent der Pflanzen- und Tierarten durch den Klima-andel gefährdet. In Deutschland werden wir vor allemrleben, dass sich die Standorte von Tieren und Pflanzenehr nach Norden bzw. Nordosten verlagern, dass in ei-igen Gebieten zum Teil dramatische Zuspitzungen mitussterbeprozessen stattfinden, insbesondere dort, wo esrößere Trockenheit geben wird. Das ist in der Tat einanz großes Problem.Drittens. Biodiversität.Wenn wir das alles wissen, dann müssen wir daschon in den richtigen Zusammenhang stellen.
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Parl. Staatssekretär Michael MüllerWir kommen zu einer Novelle, weil im deutschen Na-turschutzrecht das europäische Recht nur unzureichendumgesetzt wurde. Das ist der Kern. Ich will hier nichtbesserwisserisch sein, aber zweifellos war das Natur-schutzgesetz ein Produkt rot-grüner Politik. Insofernmüssen wir uns ein bisschen selbstkritisch fragen, wa-rum wir es nicht in der Form umgesetzt haben, wie es dieEuropäische Union jetzt verlangt. Das gilt dann auch füruns; da kann man sich nicht hinstellen und auf anderezeigen. Das finde ich, ehrlich gesagt, unangemessen.
Herr Hofreiter, ich muss schon sagen, dass Sie einpaar Punkte wohl falsch verstanden haben. Denn die No-vellierung ist in der Regel eine Verschärfung. Der Popu-lationsbegriff ist beispielsweise im Gegensatz zum heu-tigen Zustand ein schärferer Anspruch.
– Doch. Entschuldigung, lassen Sie mich das einmal er-klären. In der Land- und Forstwirtschaft, wo wir bisherden Bezug nur auf die Einhaltung der guten fachlichenPraxis hatten, gilt jetzt der Populationsbezug. Den gab esbisher nicht. Es ist eine Verschärfung. Sie können natür-lich sagen, das reiche Ihnen nicht aus. Das finde ich inOrdnung, aber gegenüber dem heutigen Zustand ist eseine Verstärkung.Bisher galt, wenn es nicht einen willkürlichen Verstoßgab, die Einhaltung der guten fachlichen Praxis als Ga-rantie für die Freistellung von den artenschutzrechtli-chen Verboten. Jetzt fordert man etwas mehr, nämlichden Erhalt der Population bzw. der ökologischen Stabili-tät. Das ist mehr, und deshalb ist das, was Sie sagen, ob-jektiv falsch, wie uns auch alle an diesem Prozess Betei-ligten bestätigen.Sie haben das Problem aus meiner Sicht auf die allge-meine Ebene gesetzt, aber es geht nicht um die allge-meine Ebene. Es geht um die speziellen Bereiche, in de-nen Siedlung und Landwirtschaft sich bisherausschließlich an der fachlichen Praxis zu orientieren ha-ben. Da fordern wir jetzt ein Kriterium mehr. Das müs-sen Sie schon akzeptieren. Sie können sagen – das findeich ja in Ordnung –: Das reicht nicht aus, wir wollen vielmehr. – Nur muss ich dann sagen: Das ist bisher im Bun-desnaturschutzgesetz nicht enthalten. Das, was wir jetztmachen, ist zumindest eine Stufe mehr als das bisherigeNaturschutzgesetz. Wir sollten bitte immer noch bei denFakten bleiben.
Zweiter Punkt: Wir verschärfen eindeutig den Pro-jektbegriff. Der Projektbegriff wird jetzt deutlicher ge-fasst. Wir unterscheiden nicht mehr zwischen Flächeninnerhalb und außerhalb von Schutzgebieten, sondern esgilt jetzt eine gewisse Generalisierung in den Vorschrif-ten. Auch das ist eine Verschärfung. Sie kommen an demPunkt nicht vorbei. Auch in dem Bereich korrigieren wirein Defizit im bisherigen Gesetz und verschärfen dieKcvfmSmbrsawSdLdIcShzmdSwgUimwvRTgNFCZw
nter taktischen Gesichtspunkten verstehe ich das, abern der Sache sind Ihre Vorwürfe nicht gerechtfertigt. Dasuss man schon einmal zur Kenntnis nehmen.
Meine Damen und Herren, ich finde es richtig, dassir im nächsten Jahr einen Schwerpunkt bei der Biodi-ersität setzen, die in der Tat neben Klimaschutz undessourcenknappheit das dritte große ökologischehema ist. Wir werden uns in Umweltfragen nur dannlaubwürdig rechtfertigen können, wenn wir auch denaturschutz sehr viel ernster nehmen, als das bisher derall ist.
Das Wort hat der Kollege Josef Göppel von der CDU/
SU-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!urzeit sorgen sich viele Deutsche um die Urwälder,eil zur Gewinnung von Palmöl Wälder abgeholzt wer-
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Josef Göppelden. Ich finde diese Sorgen gut und richtig, aber wir sel-ber sind nur dann glaubwürdig, wenn wir den Arten-schutz und den Naturschutz in unserem Land ernstnehmen. Deswegen ist das jetzige Urteil des Europäi-schen Gerichtshofes ein Anlass, sich wieder zu fragen:Tun wir genug, und sind wir bisher den richtigen Weggegangen?Eines ist sicher: Durch mehr Anbau von nachwach-senden Rohstoffen und Biomasse in Deutschland be-kommen wir wieder mehr Nutzungsdruck. Als ich in den60er-Jahren meine Ausbildung als Förster begonnenhabe, war es noch so, dass möglichst jeder Quadratmetergenutzt wurde. Dieser Nutzungsdruck steht uns nun wie-der bevor. Das ist natürlich eine besondere Herausforde-rung für den Artenschutz. Ich bin deshalb froh, dass wirdie europäischen Schutzgebiete haben, Natura 2000. Dashebt die Qualität unseres Landes mit Blick auf den Tou-rismus, aber natürlich auch die Attraktivität insgesamt.Regionale Wirtschaftsentwicklung hängt in vielen Teilenunseres Landes eng mit einer intakten Naturqualität zu-sammen. Das gilt immer mehr.Wenn man nun aber wissen will, warum diese euro-päischen Schutzgebiete eine so geringe Akzeptanz habenund warum es so viele Widerstände gibt, dann muss mansich mit der traditionellen Nutzung beschäftigen. DieseGebiete sind ja deshalb in den großen europäischen Ver-bund aufgenommen worden, weil sie durch die traditio-nelle Nutzung eine bestimmte Qualität behalten haben.Werte Kolleginnen und Kollegen von den Grünen,nehmen Sie einmal folgendes Beispiel: Da ist ein alterBaumbestand, ein Buchenbestand; die Bäume sind120 oder 130 Jahre alt und sollen nun genutzt werden. Ineinigen Bäumen gibt es eine Spechthöhle. Diese Bäumedarf der betreffende Waldbesitzer, obwohl es in diesemWald auch viele andere alte Bäume mit Spechthöhlengibt, nicht umschneiden. Das ist in meinen Augen einezu enge Auslegung der europäischen Vorschrift.Ich glaube, dass die Novellierung des Gesetzes, dieauf die lokale Population abzielt, genau richtig ist.
Denn damit schaffen wir mehr Akzeptanz; die Zustim-mung zu solchen Gebieten wächst.Das gilt auch für die Arten, deren Bestand sich erfreu-lich entwickelt. Ein typisches Beispiel in Süddeutsch-land ist der Biber. Der Biber steht für eine sehr erfolgrei-che Wiedereinbürgerung einer Art in Deutschland. Aberwir müssen sehen, dass er sich so erfolgreich vermehrt,dass es an einigen Stellen Probleme gibt. Deshalb plä-diere ich auch hier für Flexibilität. Wenn er den Dammvon Kläranlagen durchlöchert oder an Straßen heran-geht, dann muss es möglich sein, einzelne Exemplare imSinn der Gesamtpopulation wegzunehmen.
Deswegen, Herr Kollege Hofreiter, brauchen wir eineflexiblere Handhabung des Begriffes „erhebliche Schä-den“. Glauben Sie mir: Im Ergebnis werden Sie dann fürdwwBvdtEzmadWutgmSwrBzglftWlVESaS3Atersbm
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnennd Kollegen! Nachdem wir hier jetzt viel über den Na-urschutz in Deutschland gesprochen haben und die Ar-umente dazu eigentlich schon ausgetauscht sind,öchte ich die Gelegenheit nutzen, in einer Aktuellentunde, die den Begriff „Biodiversität“ im Titel trägt, et-as zum Engagement der Bundesregierung sowie unse-er Fraktion, der SPD, gemeinsam mit der CDU/CSU imereich der Entwicklungsländer zu sagen; denn 80 Pro-ent aller genetischen und biologischen Ressourcen lie-en nun einmal in den Entwicklungsländern.Deswegen ist es gut, dass wir Maßnahmen, die sicher-ich auch schon die Vorgängerregierung getroffen hat,ortführen und 180 Projekte in den Partnerländern be-reiben.Ich nenne einmal schlagwortartig ein paar Zahlen.ir geben im Augenblick 300 Millionen Euro für dieaufenden Biodiversitätsprojekte aus, um die biologischeielfalt zu schützen. Wir geben allein 125 Millionenuro für den Schutz des Waldes und vor allem für denchutz des Tropenwaldes aus. Ich nenne beispielsweiseuch das PP-G7-Programm in Brasilien – es dient demchutz des Amazonas-Regenwaldes –, in das bereits60 Millionen US-Dollar geflossen sind. Der deutschenteil betrug 45 Prozent. Das ist eines der erfolgreichs-en Projekte von GTZ und KfW. Dieses Projekt findetine große Akzeptanz in der brasilianischen Bevölke-ung. An der globalen Umweltfazilität, GEF genannt, hatich Deutschland bisher mit 365 Millionen US-Dollareteiligt und ist damit der drittgrößte Geber.Was verbirgt sich hinter diesen Zahlen? Ich will ein-al im Bereich Tropenwaldschutz bleiben. Dieser ist für
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Dr. Sascha Raabedie Biodiversität von großer Bedeutung. In den Regen-wäldern kann man auf jedem Meter die Vielfalt sozusa-gen greifen; viele Arten sind noch gar nicht entdecktworden. Aber auch für den Klimaschutz ist diesesThema ganz wichtig; denn die Brandrodungen und dieAbholzungen haben einen Anteil von etwa 20 Prozent ander durch den CO2-Ausstoß verursachten Erwärmung.Deswegen ist es ganz wichtig, dass sich Deutschland indiesem Bereich international engagiert.
Nicht nur mit Geld, sondern auch durch Armutsbe-kämpfung muss die Biodiversität erhalten und der Waldgeschützt werden. Deswegen hängt Entwicklungszusam-menarbeit ganz eng mit dem Thema Biodiversität zu-sammen. Wenn Menschen kein Land haben, dann wer-den sie eher gezwungen sein, Waldflächen zu roden.Wenn Menschen keinen Zugang zu moderner Energie-versorgung haben – in Afrika beispielsweise decken diezung ermöglichen – das tun wir mit unseren Waldschutz-programmen –, damit die Bevölkerung mittels derErzeugung von Pflanzenprodukten oder mittels FSC– das ist ein Gütesiegel für Holz – den Tropenwald auchin den Randzonen nutzen kann.Wir wissen, dass allein der Welthandel mit Heilpflan-zen 800 Million US-Dollar ausmacht. Das Schlagwortvom gerechten Vorteilsausgleich, der auch in den inter-nationalen Verhandlungen thematisiert wird, ist wichtig.Nicht nur die Pharmaziebetriebe und Konzerne in denIndustrieländern dürfen von der Biovielfalt profitieren.Vor allem muss sie den Menschen vor Ort zugutekom-men.Lassen Sie mich enden mit dem Satz „Global denkenund lokal handeln“. Wer möchte, dass im Sinne der Bio-vielfalt zum Beispiel die Löwen in Afrika geschützt wer-den, der darf in Deutschland nicht Bruno, den Problem-bären, abschießen, nur weil er ein paar Schafe gerissenMenschen zu 70 bis 80 Prozent ihren Energiebedarfdurch Holz –, dann ist es eine wichtige Aufgabe für uns,dass wir mit erneuerbaren Energien wie Windkraft oderPhotovoltaik den Menschen eine Energieversorgung er-möglichen, sodass sie nicht auf Holzressourcen zurück-greifen müssen.
Natürlich müssen wir auch schauen, dass die Ent-wicklungsländer einen Ausgleich dafür bekommen, dasssie auch für uns ihre Biodiversität sozusagen zur Verfü-gung stellen. Angesichts der Tatsache, dass wir inEuropa in der Vergangenheit zum großen Teil unsereWälder genutzt haben, fragen sich Länder wie Brasilienund Indonesien, warum sie die grüne Lunge der Weltsein sollen und warum sie Naturschutzparks einrichtensollen. Gleichzeitig müssen diese Länder ihre Bevölke-rung ernähren.Ich glaube, darauf müssen wir zwei Antworten geben.Zum einen müssen wir Schutzprogramme in Kernzonenweiterhin durchführen und den Regierungen die Mittelgeben, der Bevölkerung vor Ort einen Ausgleich zu ge-währen. Zum anderen müssen wir eine nachhaltige Nut-hWhllkod9
Die Aktuelle Stunde ist beendet.
Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
rdnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
estages auf morgen, Donnerstag, den 29. März 2007,
Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.