Protokoll:
16080

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 16

  • date_rangeSitzungsnummer: 80

  • date_rangeDatum: 2. Februar 2007

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  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 16:16 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 16/80 Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wett- bewerbsstärkungsgesetz – GKV- WSG) (Drucksachen 16/3950, 16/4020, 16/4200, 16/4247, 16/4222) . . . . . . . . . . . . . . . . – Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung von Fu- sionsprozessen von Krankenkassen (Drucksachen 16/1037, 16/4200, 16/4247, 16/4222) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit – zu dem Antrag der Abgeordneten 16/4200, 16/4247) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulla Schmidt, Bundesministerin BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Daniel Bahr (Münster) (FDP) . . . . . . . . . . . . Wolfgang Zöller (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Zöller (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elke Ferner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . Frank Spieth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 8005 B 8005 C 8005 D 8006 B 8009 B 8011 C 8014 A 8014 C 8014 C 8016 C 8018 C 8019 D 8021 D Deutscher B Stenografisch 80. Sitz Berlin, Freitag, den I n h a l Solidarität des Deutschen Bundestages mit dem Literaturnobelpreisträger Orhan Pamuk Begrüßung des Vizepräsidenten des spani- schen Parlaments, Herrn Gabriel Cisneros . . Tagesordnungspunkt 27: a) – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung des Wettbe- werbs in der gesetzlichen Kranken- versicherung (GKV-Wettbewerbs- stärkungsgesetz – GKV-WSG) (Drucksachen 16/3100, 16/4200, 16/4247, 16/4222) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Zweite und dritte Beratung des von der 8005 A 8009 B 8005 B Birgitt Bender, Matthias Berninger, Dr. Thea Dückert, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion des BÜNDNIS- undestag er Bericht ung 2. Februar 2007 t : SES 90/DIE GRÜNEN: Stärkung der Solidarität und Ausbau des Wettbe- werbs – Für eine leistungsfähige Krankenversicherung – zu dem Antrag der Abgeordneten Daniel Bahr (Münster), Heinz Lanfermann, Dr. Konrad Schily, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Für Nachhaltigkeit, Transpa- renz, Eigenverantwortung und Wettbewerb im Gesundheitswesen – zu dem Antrag der Abgeordneten Frank Spieth, Klaus Ernst, Dr. Martina Bunge, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN: Dem Gesund- heitswesen eine stabile Finanz- grundlage geben (Drucksachen 16/1928, 16/1997, 16/3096, Dr. Guido Westerwelle (FDP) . . . . . . . . . . . . Annette Widmann-Mauz (CDU/CSU) . . . . . . 8022 D 8024 D II Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 Dr. Martina Bunge (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Annette Widmann-Mauz (CDU/CSU) . . . . . . Heinz Lanfermann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Annette Widmann-Mauz (CDU/CSU) . . . . . . Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Guido Westerwelle (FDP) . . . . . . . . . . . . Annette Widmann-Mauz (CDU/CSU) . . . . . . Katrin Lompscher, Senatorin (Berlin) . . . . . . Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Zöller (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Dr. Karl Lauterbach (SPD) . . . . . . . . . . . . Dr. Carola Reimann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Guido Westerwelle (FDP) . . . . . . . . . . . . Dr. Carola Reimann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Konrad Schily (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Jens Spahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Martina Bunge (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Jens Spahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Frank Spieth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Hans Georg Faust (CDU/CSU) . . . . . . . . Peter Friedrich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Max Straubinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Namentliche Abstimmungen . . . . . . . . . . . . . Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 28: Antrag der Abgeordneten Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und der Fraktion der LIN- KEN: Wiedereinführung einer Börsen- umsatzsteuer (Drucksache 16/4029) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Leo Dautzenberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Frank Schäffler (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nina Hauer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Georg Fahrenschon (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Jörg-Otto Spiller (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . T U F r P s z u S ( i Z A G o S A ( D S A J B A I W C T B w g G o w L n d ( G H D D D M 8027 B 8027 D 8028 A 8028 C 8029 A 8029 B 8029 C 8029 D 8031 A 8032 B 8032 D 8033 B 8034 D 8035 A 8035 B 8036 A 8036 C 8038 B 8038 B 8038 C 8038 D 8040 A 8041 A 8042 C 8044 B 8045 A, 8049 B 8047 B 8047 D 8052 A 8053 D 8054 B 8055 A 8057 A 8058 B 8059 C agesordnungspunkt 29: nterrichtung durch die Bundesregierung: ünfter Bericht zur Lage der älteren Gene- ation in der Bundesrepublik Deutschland otenziale des Alters in Wirtschaft und Ge- ellschaft – Der Beitrag älterer Menschen um Zusammenhalt der Generationen nd tellungnahme der Bundesregierung Drucksache 16/2190) . . . . . . . . . . . . . . . . . . n Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 12: ntrag der Abgeordneten Britta Haßelmann, rietje Bettin, Ekin Deligöz, weiterer Abge- rdneter und der Fraktion des BÜNDNIS- ES 90/DIE GRÜNEN: Das neue Bild vom lter – Vielfalt und Potenziale anerkennen Drucksache 16/4163) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ibylle Laurischk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . ngelika Graf (Rosenheim) (SPD) . . . . . . . . örn Wunderlich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . ritta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ntje Blumenthal (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . na Lenke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . olfgang Spanier (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . hristel Humme (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 30: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- ärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Ab- eordneten Dr. Peter Gauweiler, Monika rütters, Eckart von Klaeden, weiterer Abge- rdneter und der Fraktion der CDU/CSU so- ie der Abgeordneten Monika Griefahn, othar Mark, Niels Annen, weiterer Abgeord- eter und der Fraktion der SPD: Stärkung es Goethe-Instituts durch neues Konzept Drucksachen 16/3502, 16/4132) . . . . . . . . . . ünter Gloser, Staatsminister für Europa . . . arald Leibrecht (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Peter Gauweiler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . r. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE) . . . . . r. Uschi Eid (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . onika Griefahn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 8060 D 8060 D 8061 A 8062 B 8063 B 8064 C 8066 A 8067 C 8069 A 8070 A 8071 B 8072 B 8072 C 8073 C 8074 B 8075 D 8076 C 8077 B Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 III Tagesordnungspunkt 31: Antrag der Abgeordneten Christine Scheel, Kerstin Andreae, Birgitt Bender, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN: Steuervereinfa- chung – Lohnsteuerklassen III, IV und V abschaffen (Drucksache 16/3023) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 24: Antrag der Abgeordneten Marieluise Beck (Bremen), Volker Beck (Köln), Dr. Uschi Eid, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Für ein Turkmenistan mit Zukunft (Drucksache 16/4049) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 33: Antrag der Abgeordneten Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine, Dr. Diether Dehm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN: Für eine demokratische, freiheitliche, so- ziale und Frieden sichernde Verfassung der Europäischen Union (Drucksache 16/3402) . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 13: Antrag der Abgeordneten Rainder Steenblock, Jürgen Trittin, Omid Nouripour, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN: Berliner Erklä- rung – Werte und Aufgaben der EU im 21. Jahrhundert (Drucksache 16/4171) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 14: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Er- neute Verschiebung der Reform der Pflege- versicherung – Auswirkungen auf die Pfle- gebedürftigen und ihre Angehörigen . . . . . Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Willi Zylajew (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Heinz Lanfermann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Margrit Spielmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Hermann-Josef Scharf (CDU/CSU) . . . . . . . . Ulla Schmidt, Bundesministerin BMG . . . . . B M N A L A E ü d v g p D D D L P D M T D R E D C M M G V K D D F M H D H P K 8078 C 8078 D 8079 A 8079 A 8079 B 8079 C 8080 C 8081 C 8082 B 8083 B 8084 B 8085 A irgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . echthild Rawert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . ächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 1 iste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . nlage 2 rklärung nach § 31 GO zur Abstimmung ber den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung es Wettbewerbs in der gesetzlichen Kranken- ersicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungs- esetz – GKV-WSG) (Tagesordnungs- unkt 27 a) r. Lale Akgün (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Hans-Peter Bartels (SPD) . . . . . . . . . . . . r. Axel Berg (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . othar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . eter Bleser (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . r. Martina Bunge (DIE LINKE) . . . . . . . . . . artin Burkert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . homas Dörflinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . agmar Freitag (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . obert Hochbaum (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . ike Hovermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Hans-Heinrich Jordan (CDU/CSU) . . . . . hristian Kleiminger (SPD) . . . . . . . . . . . . . onika Knoche (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . anfred Kolbe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . unther Krichbaum (CDU/CSU) . . . . . . . . . olker Kröning (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . atharina Landgraf (CDU/CSU) . . . . . . . . . r. Michael Luther (CDU/CSU) . . . . . . . . . . irk Manzewski (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . riedrich Merz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . aria Michalk (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . ans Michelbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . etlef Müller (Chemnitz) (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . enry Nitzsche (fraktionslos) . . . . . . . . . . . . eter Rauen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . atherina Reiche (Potsdam) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8086 C 8087 D 8088 D 8089 A 8089 C 8090 B 8090 B 8091 A 8092 A 8092 A 8093 A 8093 C 8094 A 8094 A 8094 D 8097 B 8097 C 8097 D 8098 D 8098 D 8099 A 8099 B 8099 C 8100 B 8100 C 8101 A 8101 C 8101 D 8102 B 8102 C 8102 D IV Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 Maik Reichel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Carsten Schneider (Erfurt) (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rolf Stöckel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörn Thießen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Marlies Volkmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wolfgang Wodarg (SPD) . . . . . . . . . . . . . Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Clemens Bollen, Dr. Michael Bürsch, Ulla Burchardt, Elvira Drobinski-Weiß, Gernot Erler, Monika Griefahn, Frank Hofmann (Volkach), Gabriele Hiller-Ohm, Reinhold Hemker, Christel Humme, Rolf Kramer, Anette Kramme, Jürgen Kucharczyk, Ute Kumpf, Christine Lambrecht, Waltraud Lehn, Dr. Sascha Raabe, Mechthild Rawert, Gerold Reichenbach, Christel Riemann-Hanewinckel, Sönke Rix, Dr. Ernst Dieter Rossmann, Michael Roth (Heringen), Ortwin Runde, Anton Schaaf, Axel Schäfer (Bochum), Dr. Frank Schmidt, Swen Schulz (Spandau), Frank Schwabe, Christoph Strässer, Dr. Rainer Tabillion, Dr. h. c. Wolfgang Thierse, Waltraud Wolff (Wolmirstedt) und Uta Zapf (alle SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Ge- setzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV- Wettbewerbsstärkungsgesetz – GKV-WSG) (Tagesordnungspunkt 27 a) . . . . . . . . . . . . . . Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Hilde Mattheis, Lothar Mark, Ewald Schurer, Klaus Barthel, Renate Gradistanac, Angelika Graf (Rosenheim), Dr. Bärbel Kofler und Ottmar Schreiner (alle SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Kranken- versicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungs- gesetz – GKV-WSG) (Tagesordnungspunkt 27 a) . . . . . . . . . . . . . . Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Renate Schmidt (Nürnberg), Petra Ernstberger, Marianne Schieder, Dr. Carl- Christian Dressel, Wolfgang Grotthaus, Nicolette Kressl und Klaus Brandner (alle SPD) zur Abstimmung über den Entwurf ei- nes Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV- Wettbewerbsstärkungsgesetz – GKV-WSG) (Tagesordnungspunkt 27 a) . . . . . . . . . . . . . . A E U u C n d W ( A E I B s z c w ( A E D N d W s s ( A E R S n d W ( A Z d s ( P G D D C 8103 A 8104 A 8104 B 8104 D 8105 A 8105 C 8105 D 8107 A 8108 A nlage 6 rklärung nach § 31 GO der Abgeordneten lrich Kelber und Ulrike Merten (beide SPD) nd Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/ SU) zur Abstimmung über den Entwurf ei- es Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in er gesetzlichen Krankenversicherung (GKV- ettbewerbsstärkungsgesetz – GKV-WSG) Tagesordnungspunkt 27 a) . . . . . . . . . . . . . . nlage 7 rklärung nach § 31 GO der Abgeordneten ris Hoffmann (Wismar) und Bernhard rinkmann (Hildesheim) (beide SPD) zur Ab- timmung über den Entwurf eines Gesetzes ur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzli- hen Krankenversicherung (GKV-Wettbe- erbsstärkungsgesetz – GKV-WSG) Tagesordnungspunkt 27 a) . . . . . . . . . . . . . . nlage 8 rklärung nach § 31 GO der Abgeordneten r. Karl Lauterbach, Andrea Nahles und iels Annen (alle SPD) zur Abstimmung über en Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des ettbewerbs in der gesetzlichen Krankenver- icherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsge- etz – GKV-WSG) Tagesordnungspunkt 27 a) . . . . . . . . . . . . . . nlage 9 rklärung nach § 31 GO der Abgeordneten ainer Fornahl und Gunter Weißgerber (beide PD) zur Abstimmung über den Entwurf ei- es Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in er gesetzlichen Krankenversicherung (GKV- ettbewerbsstärkungsgesetz – GKV-WSG) Tagesordnungspunkt 27 a) . . . . . . . . . . . . . . nlage 10 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Antrags: Steuervereinfachung – Lohn- teuerklassen III, IV und V abschaffen Tagesordnungspunkt 31) atricia Lips (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . abriele Frechen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . r. Volker Wissing (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . r. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . hristine Scheel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8108 B 8108 C 8109 B 8110 B 8111 A 8111 D 8112 D 8113 B 8114 A Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 V Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Für ein Turkmenistan mit Zu- kunft (Tagesordnungspunkt 24) Holger Haibach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Hedi Wegener (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Burkhardt Müller-Sönksen (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 12 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Für eine demokratische, freiheitliche, so- ziale und Frieden sichernde Verfassung der Europäischen Union – Berliner Erklärung _ Werte und Aufgaben der EU im 21. Jahrhundert (Tagesordnungspunkt 33 und Zusatztagesord- nungspunkt 13) Hans Peter Thul (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Michael Roth (Heringen) (SPD) . . . . . . . . . . Markus Löning (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alexander Ulrich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 13 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8115 B 8116 C 8117 D 8118 D 8119 C 8120 B 8121 D 8123 B 8123 D 8124 C 8125 B Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 8005 (A) ) (B) ) 80. Sitz Berlin, Freitag, den Beginn: 9.0
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    ) Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 8089 (A) ) (B) ) Peter Rauen (CDU/CSU), Katherina Reiche abhängt. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Lale Akgün (SPD), Dr. Hans-Peter Bartels (SPD), Dr. Axel Berg (SPD), Lothar Binding (Heidelberg) (SPD), Peter Bleser (CDU/CSU), Dr. Martina Bunge (DIE LINKE), Martin Burkert (SPD), Thomas Dörflinger (CDU/CSU), Dagmar Freitag (SPD), Robert Hochbaum (CDU/CSU), Eike Hovermann (SPD), Dr. Hans-Heinrich Jordan (CDU/CSU), Christian Kleiminger (SPD), Monika Knoche (DIE LINKE), Manfred Kolbe (CDU/CSU), Gunther Krichbaum (CDU/CSU), Volker Kröning (SPD), Katharina Landgraf (CDU/CSU), Dr. Michael Luther (CDU/CSU), Dirk Manzewski (SPD), Friedrich Merz (CDU/ CSU), Maria Michalk (CDU/CSU), Hans Michelbach (CDU/CSU), Detlef Müller (Chem- nitz) (SPD), Henry Nitzsche (fraktionslos), s n h z d K e b r r I K d i k d G d v c s k d z t b d z f d l u t s s l v k t v Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Barthle, Norbert CDU/CSU 02.02.2007 Bülow, Marco SPD 02.02.2007 Burchardt, Ulla SPD 02.02.2007 Eichel, Hans SPD 02.02.2007 Eymer (Lübeck), Anke CDU/CSU 02.02.2007 Frankenhauser, Herbert CDU/CSU 02.02.2007 Gabriel, Sigmar SPD 02.02.2007 Hempelmann, Rolf SPD 02.02.2007 Hilsberg, Stephan SPD 02.02.2007 Kasparick, Ulrich SPD 02.02.2007 Kröning, Volker SPD 02.02.2007 Lopez, Helga SPD 02.02.2007 Merten, Ulrike SPD 02.02.2007 Pflug, Johannes SPD 02.02.2007 Schultz (Everswinkel), Reinhard SPD 02.02.2007 (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht (Potsdam) (CDU/CSU), Maik Reichel (SPD), Carsten Schneider (Erfurt) (SPD), Rolf Stöckel (SPD), Jörn Thießen (SPD), Dr. Marlies Volkmer (SPD), Dr. Wolfgang Wodarg (SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wett- bewerbsstärkungsgesetz – GKV-WSG) (Tages- ordnungspunkt 27 a) Dr. Lale Akgün (SPD): Die große Koalition hatte ich zum Ziel gesetzt, mit der Gesundheitsreform eine achhaltige und gerechte Finanzierung eines leistungsfä- igen und solidarischen Gesundheitswesens zu sichern. Der jetzt vorliegende Gesetzentwurf beinhaltet ein- elne Strukturreformen, die positiv zu bewerten sind, azu gehören: die Pflicht der gesetzlichen und privaten rankenversicherung, ehemaligen Versicherten wieder inen Versicherungsschutz anzubieten, der Erhalt des isherigen Leistungskataloges der GKV und Verbesse- ungen durch die Aufnahme von Mutter-Vater-Kind-Ku- en, geriatrischer Rehabilitation, Palliativversorgung und mpfungen in den Pflichtleistungskatalog der GKV, die osten-Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln, die auch en therapeutischen Nutzen berücksichtigt, Ausbau der ntegrierten Versorgung und weitere Öffnung der Kran- enhäuser für die ambulante Versorgung, der Ausbau es steuerfinanzierten Anteils an der Finanzierung des esundheitswesens. Der vorliegende Gesetzentwurf führt jedoch auch azu, dass die Solidarität in der gesetzlichen Kranken- ersicherung geschwächt werden kann und eine zusätzli- he Belastung der gesetzlich Versicherten entsteht. Insbesondere folgende Punkte sind sehr kritisch zu ehen: Der Gesundheitsfonds bezieht die private Kran- enversicherung nicht in die solidarische Finanzierung es Gesundheitswesens mit ein. Die einheitliche Festset- ung des Beitragssatzes durch den Bund lässt befürch- en, dass viele GKVen den Wettbewerb nur über Zusatz- eiträge austragen können. Dazu kommt die Einführung er geplanten Wahlleistungs- und Selbstbehalttarife, die u einer weiteren Privatisierung der Krankheitskosten ühren. Den Trägern des Gesundheitswesens, insbeson- ere den Krankenhäusern, werden Einsparzwänge aufer- egt, die sie an der Rand ihrer Leistungsfähigkeit bringen nd letztlich zusätzlichen Druck auf die dort Beschäftig- en ausüben. Damit steht die Reform in Widerspruch zu den Be- chlüssen von SPD-Parteivorstand und Parteirat, „Pau- chalen jeder Art und Variante“ als unsolidarisch abzu- ehnen. Des Weiteren gibt es im Gesetzentwurf eine Vielzahl on Unwägbarkeiten, da in etlichen Bereichen die kon- rete Ausgestaltung der Regelungen erst in einem erneu- en Verfahren frühestens Ende 2008 geregelt wird oder on Bedingungen, Vorbehalten und noch offenen Fragen 8090 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 (A) ) (B) ) Ich stimme dem Gesetzentwurf daher nur mit großen Bedenken zu, im Wissen, dass unter den zurzeit gegebe- nen Mehrheitsverhältnissen kein weitergehender Gesetz- entwurf mit einer sozialdemokratischeren Handschrift erreichbar war. Ich stimme auch deshalb zu, weil sich meine Fraktion mit großer Mehrheit für die Annahme dieses Gesetzes ausgesprochen hat, und ich dieser demo- kratisch gefällten Mehrheitsentscheidung nicht in den Rücken fallen möchte. Ich erwarte, dass sich die gesamte Fraktion nach Ver- abschiedung des Gesetzes solidarisch und vehement da- für einsetzt, dass alle noch offenen bzw. bis 2009 noch zu klärenden Fragen mit dem Ziel größtmöglicher Soli- darität im Gesundheitswesen gelöst werden. Dazu gehören insbesondere: eine weitreichende Re- gelung des morbiditätsbezogenen Risikostrukturaus- gleichs (Morbi-RSA), der einen Kassenwettbewerb um die beste Qualität und nicht um die geringsten Risiken befördert, eine fachübergreifende und langfristig trag- bare Regelung für einen zukünftig steigenden Steuerzu- schuss des Gesundheitswesens und dessen Finanzierung, eine Insolvenzordnung der Krankenkassen, die die Inte- ressen der Beschäftigten ausreichend berücksichtigt. Ich betone ausdrücklich, dass meine Vorstellungen ei- nes solidarisch finanzierten Gesundheitswesens sich in vielen Punkten deutlich von den Inhalten des vorliegen- den Gesetzes unterscheiden bzw. weit darüber hinausge- hen. Ich werde mich daher künftig für parlamentarische Mehrheiten einsetzen, die es ermöglichen, Zusatzbei- träge in Form eines einkommensunabhängigen Pau- schalbeitrages wieder abzuschaffen, solidarische Struk- turen für den Bereich der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung auszubauen und die Finanzie- rungsbasis durch Heranziehung von über Lohn und Ge- halt hinausgehende Einkommensarten verbreitert (Stich- wort Bürgerversicherung). Ich sehe mich den Beschlüssen meiner Partei, beson- ders auf die oben genannten Ziele hinzuwirken, weiter- hin verpflichtet. Meine Zustimmung zu dem heute vorliegenden Ge- setzentwurf kann daher nur die Zustimmung zu einem vorläufigen Kompromiss sein, der den augenblicklichen parlamentarischen Mehrheiten geschuldet ist. Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ich stimme dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz trotz erheblicher Be- denken zu. Die Konsensbildung und die politische Handlungsfähigkeit der Koalition sind dabei für mich nicht unerheblich. Das Gesetz enthält zudem eine Reihe substanzieller Verbesserungen der gegenwärtigen Situa- tion. Bedenklich bleibt aber die ungeklärte künftige Finanzierung des Steuerzuschusses aus dem Bundes- haushalt ebenso wie die Verschiebung der Gewichte zwi- schen gesetzlicher und privater Krankenversicherung zu- gunsten der letzteren. Dr. Axel Berg (SPD): Die große Koalition hatte zum Ziel, mit der Gesundheitsreform eine nachhaltige und g c g s w L h t f B s s K a t i n G A g t h 1 2 3 4 5 (C (D erechte Finanzierung des Gesundheitswesens zu si- hern. Als Ergebnis der Reform sollte ein leistungsfähi- es, solidarisches und demografiefestes Gesundheitswe- en entstehen. Trotz einzelner Strukturreformen, die positiv bewertet erden können, wie den zunächst erreichten Erhalt des eistungskatalogs der GKV sowie die Umwandlung bis- eriger Ermessensleistungen und Verbesserungen (Mut- er-Vater-Kind-Kuren, geriatrische Rehabilitation; Imp- ungen) in Pflichtleistungen oder die Kosten-Nutzen- ewertung von Arzneimitteln, die auch den therapeuti- chen Nutzen berücksichtigt, ist das Ergebnis der Ge- undheitsreform als Kompromiss innerhalb der großen oalition enttäuschend und nicht zielführend. Aus Gründen der Staatsräson stimme ich zu, halte ber die Kritik aufrecht. Letztlich, so meine Befürch- ung, schwächt diese Gesundheitsreform die Solidarität n der gesetzlichen Krankenversicherung und führt zu ei- er einseitigen Belastung der gesetzlich Versicherten. leichzeitig ist zu befürchten, dass es als Folge der zur bstimmung stehenden Regelungen zu Leistungsaus- renzungen kommen wird und die Reform haushalts- echnisch mittelfristig nicht finanziert ist. Besonders folgende Gründe lassen mich an der Nach- altigkeit der Reform zweifeln: . Der Gesundheitsfonds lässt die private Krankenver- sicherung außen vor, anstatt sie in die solidarische Finanzierung des Gesundheitswesens einzubezie- hen. Das Fondsmodell führt zu einem Wettbewerb über die Zusatzbeiträge. Diese sind sozial ungerecht und belasten einseitig die Versicherten. . Es ist zu befürchten, dass die geplanten Neuregelun- gen zum Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA) un- zureichend sind. Die Morbiditäten der Versicherten in den einzelnen gesetzlichen Krankenkassen werden nur unzureichend abgebildet, sodass letztlich ein Kassenwettbewerb um die besten Risiken statt um die beste Qualität stattfinden wird. Es wird daher Kassen geben, die sofort einen Zusatzbeitrag erheben müssen, da der Betrag aus dem Fonds nicht ausreicht und der Morbi-RSA unzureichend ist. . Die geplanten Wahlleistungs- und Selbstbehalttarife führen zu einer weiteren Privatisierung der Krank- heitskosten. Die auf Druck der Privaten-Krankenver- sicherungs-Lobby und der CDU/CSU entschärften Regelungen beim Basistarif belasten die gesetzliche Krankenversicherung weiter, weil sie zu einer Ab- wanderung bisher freiwillig Versicherter in die pri- vate Krankenversicherung führen werden. . Die gesetzlichen Kassen haben für 2007 spürbare Beitragserhöhungen beschlossen. Diese Entwicklung ist im Zusammenhang steigender Lohnnebenkosten, die dem notwendigen Ziel einer Konjunkturstabili- sierung entgegenstehen, äußerst bedenklich. . Gravierend ist, dass ein konkreter Vorschlag zur Ge- genfinanzierung des Steuerzuschusses, den die GKV pauschal für gesellschaftliche Leistung erhält, fehlt. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 8091 (A) ) (B) ) 6. Die fehlende Gegenfinanzierung betrifft vor allen Dingen den in der Gesundheitsreform enthaltenen Aufwuchs der Steuermittel für die nächsten Jahre. Ab 2009 ist ein Aufwuchs um jährlich weitere 1,5 Milliarden Euro notwendig, sodass bereits 2011 7 Milliarden Euro fällig werden, 14 Milliarden Euro im Jahr 2016. Hinzu kommen weitere Risiken, die mit circa 2 Milliarden Euro zu beziffern sind, unge- achtet der Risiken, die in konjunkturellen Zyklen und der Zinsentwicklung möglich sind. Lothar Binding (Heidelberg) (SPD): Reformen der Gesundheitsversorgung und der Krankenversicherung berühren die Gesamtheit der Bevölkerung besonders stark. Gesundheit ist für jeden Menschen ein existenziel- les Anliegen. Das solidarische System der Krankenversi- cherung ist ein zentraler Bestandteil unseres Sozialstaa- tes. Das Gesundheitssystem benötigt heute jährlich über 250 Milliarden Euro und bildet den größten geschlosse- nen Arbeitssektor in unserem Land. Dem Grundverständnis sozialdemokratischer Ge- sundheitspolitik folgend ist es mit dem GKV-Wettbe- werbsstärkungsgesetz gelungen, zahlreiche strukturelle Verbesserungen insbesondere für die Patienten und de- ren Versorgung durchzusetzen: Erhalt des Leistungsan- gebotes der gesetzlichen Krankenversicherung, Verhin- derung einer weiteren Belastung der Versicherten durch Ausweitung der Eigenbeteiligung, Ausbau der Palliativ- medizin, Sicherung der häuslichen Krankenpflege für Pflegebedürftige und Behinderte, Absicherung der Re- habilitation in der Krankenversicherung, Stärkung der Prävention, Ausbau der integrierten Versorgung und weitere Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante Versorgung. Es ist anzuerkennen, dass es einige bedeutende struk- turelle – allerdings noch ausbaufähige – Veränderungen geben wird: durch Erhöhung der Wirtschaftlichkeit im Arzneimittelbereich, durch eine teilweise Stärkung der Verhandlungsposition der Krankenkassen, durch Einlei- tung von Reformen im Bereich der privaten Krankenver- sicherung mit einer strukturellen Stärkung der Rechte der Versicherten, wie Portabilität, Kontrahierungszwang und Basistarif. Insbesondere das gesundheitspolitische Ziel, dass je- der Mensch in Deutschland in der Pflicht zum Schutz durch eine Krankenversicherung steht, ist jetzt erreicht. Positiv hervorheben möchte ich auch die Zielstellung, die nachhaltige Finanzierung der gesetzlichen Kranken- versicherung einerseits durch strukturelle Maßnahmen, andererseits durch einen anwachsenden Bundeszuschuss zu sichern. Ich bedauere sehr, dass die Bundeskanzlerin im Juli 2006 unter dem Druck der CDU/CSU-Ministerpräsiden- ten von dem vereinbarten Einstieg in eine nachhaltige Steuerfinanzierung abgerückt ist. Es bleibt zukünftigen Reformen vorbehalten, die Finanzierung des Gesund- heitssystems von seiner fast ausschließlichen Anknüp- fung der Finanzierungsgrundlage an die Lohnsumme zu lösen, um sie anzuknüpfen an alle Einkommen aller M m m n g s F d h k 2 w u p d w s v d g E b s s K k u g r w s s d a n e z v m g p e S v n k L k f t v h (C (D enschen in unserer Gesellschaft. Dies kann naturge- äß nur mit einem Systemwechsel im Zusammenhang it der mittelfristigen Finanzplanung des Bundes und ei- er langfristigen Finanzplanung – hinsichtlich der Aus- aben und der Einnahmen – geschehen. Planungen, die ich in einer fundierten Finanzplanung in einem längeren inanzplanungszeitraum nicht abbilden lassen, schließen as Moment zukünftiger Kreditfinanzierung im Bundes- aushalt mit ein und bergen damit ein vermeidbares Zu- unftsrisiko. Damit ist mit dieser Reform, die zum Jahresanfang 007 im Bundestag verabschiedet wird, ein weiterer ichtiger Baustein in seiner konkreten Projektierung nd Realisierung mit allen Konsequenzen und in seiner räzisen Umsetzung auf künftige Jahre verschoben. Zu bedauern ist, dass hierin ein strukturelles Dilemma ieser Reform liegt. Mit Wirksamkeit zum 1. April 2007 erden viele konkrete positive Strukturreformen be- chlossen. Allerdings werden die zum 1. Januar 2009 orgesehenen Veränderungen in der Grundarchitektur er gesetzlichen Krankenversicherung mit vielen Bedin- ungen, Vorbehalten und noch offenen Fragen versehen. In dieser Situation kommt es mir darauf an, dass die inführung eines umfassenden zielgenauen morbiditäts- ezogenen Risikostrukturausgleiches verbindlich reali- iert wird und damit eine wirksame Solidarleistung zwi- chen den unterschiedlichen Patientenstrukturen der assen entsteht, der Fonds den Beitragssatz der Kran- enkassen zum 1. Januar 2009 zu 100 Prozent abdeckt nd es nur eine sehr begrenzte Zahl von Zusatzbeiträgen eben wird, die berechtigten Interessen der Mitarbeite- innen und Mitarbeiter der Krankenkassen bei den not- endigen noch offenen Gesetzesregelungen über die In- olvenzordnung ausreichend gewahrt bleiben. Auf die Einhaltung dieser Bedingungen und Voraus- etzungen wird im Vorfeld der Wirksamkeit des 2. Teils er Gesamtreform zum 1. Januar 2009 sehr genau zu chten sein. Von besonderer Bedeutung bleibt weiterhin, dass die eu geschaffene Möglichkeit, den Zusatzbeitrag in Form ines einkommensunabhängigen Pauschalbeitrages ein- uziehen, wieder abgeschafft wird und der Zusatzbeitrag on Arbeitnehmern und Arbeitgebern paritätisch ge- einsam finanziert wird, die Systeme der solidarischen esetzlichen Krankenversicherung und der privaten ka- italgedeckten Krankenversicherung nicht weiter gegen- inander abgeschottet werden, sondern solidarische trukturen auch für den Bereich der privaten Kranken- ersicherung aufgebaut werden und es insgesamt zu ei- er Verbreiterung der Finanzierungsbasis für die Kran- enversicherung durch eine Heranziehung von über den ohn und das Gehalt hinausgehenden Einkommensarten ommt, das medizinisch notwendige Leistungsangebot ür alle Versicherten in der Regelversicherung voll erhal- en bleibt. Mit meinem Abstimmungsverhalten im Bundestag erbinde ich die Erwartung, dass bei nächster Gelegen- eit ein solidarisches Krankenversicherungssystem 8092 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 (A) ) (B) ) orientiert am Leitbild einer Bürgerversicherung aufge- baut und ausgebaut wird. Peter Bleser (CDU/CSU): In dem GKV-Wettbewerbs- stärkungsgesetz ist die Landwirtschaftliche Krankenversi- cherung (LKV) bei der Verteilung der steuerfinanzierten so- genannten gesamtgesellschaftlichen Leistungen, welche ab 2009 in einen Gesundheitsfonds fließen sollen, nicht be- rücksichtigt. Dies ist gegenüber der heutigen Situation eine deutli- che Schlechterstellung. Damit sind die in der LKV versi- cherten landwirtschaftlichen Familien die einzige Gruppe, welche Mitglied in einer gesetzlichen Kranken- versicherung ist und auch zukünftig keine Wechselmög- lichkeiten hat, einseitig benachteiligt. Nur die Tatsache, dass in dem ebenfalls heute beschlossenen Entschlie- ßungsantrag, Bundestags-Drucksache 16/4220, ein Prüf- auftrag für eine Gleichbehandlung der LKV enthalten ist, ermöglicht mir, aufgrund der übrigen sinnvollen Re- gelungen des Gesamtwerkes dem Gesetz zuzustimmen. Dr. Martina Bunge (DIE LINKE): Dem heute vorge- legten Gesetzentwurf kann ich aus vier Gründen nicht zustimmen: Erstens. Der Gesetzentwurf löst die Probleme, des Gesundheitssystems nicht, im Gegenteil, es werden noch neue geschaffen. Zweitens. Die Finanzierungsgrundlagen und -aussich- ten sind völlig unsolide. Drittens. Die spezifischen Probleme Ost – drohende gesundheitliche Unterversorgung – werden unzulänglich angepackt. Viertens. Der Gesetzentwurf wurde von der Koalition in ein nach der Geschäftsordnung zwar zulässiges, dem komplexen Reformwerk jedoch nicht angemessenes par- lamentarisches Verfahren gedrückt. Ziel der Koalition war, eine bedarfsgerechte Versor- gung für alle – auch angesichts der großen Herausforde- rungen aus Alterung der Gesellschaft und medizini- schem Fortschritt – nachhaltig zu finanzieren. Dieses unterstützenswerte Ziel wurde mit dem vorgelegten Ge- setzentwurf nicht erfüllt. Auch die Vielzahl von Ände- rungen der letzten Tage kann das missglückte Grundkon- strukt des sogenannten Reformwerkes nicht mehr ändern. Das GKV-WSG zeigt exemplarisch: Diese Große Koalition vermag die anstehenden Probleme nicht zu lösen. Die Ausgangspositionen von CDU/CSU und SPD zur Weiterentwicklung des Gesundheitssystems waren so unterschiedlich – Kopfpauschale auf der einen Seite, Bürgerversicherung auf der anderen Seite –, dass ein vernünftiger Kompromiss der Quadratur des Kreises be- durft hätte. Wirkliche Größe hätte die Koalition gezeigt, wenn sie zu Ostern letzten Jahres nach der ersten Stufe der Gespräche in ausgesuchter Runde ehrlich die Unver- einbarkeit eingestanden hätte. Der Weg wäre dann frei gewesen, in der gesundheitlichen Versorgung den Status quo zu sichern und einen breiten gesellschaftlichen Dis- k t A C g d G E w a k w t h K g G A h l r e f e d S k k r d h g g s L f V m S o d f u v M W G w f b c s (C (D urs über die Zukunft des Gesundheitssystems zu star- en, bevor man gesetzgeberisch noch einmal neu startet. ber die Kanzlerin zog den Schluss, die Reform zur hefsache zu machen. So wurde ein Gesetz zusammen- ezimmert, das den Koalitionsfrieden sichert, aber nicht as Gesundheitssystem. Die Situationsanalyse blieb halbherzig. Wir haben im esundheitssystem keine Kostenexplosion, sondern eine innahmeerosion. Aber die Beitragsbemessungsgrenze ird nicht angehoben, die Finanzierungsbasis nicht auf lle Bürgerinnen und Bürger verbreitert, und andere Ein- ommensarten, wie Kapital-, Miet- und Zinseinkünfte, erden nicht einbezogen. Stattdessen steigen die Bei- räge unaufhörlich. Einziges Ventil des neuen Gesund- eitsfonds für benötigte Mehreinnahmen ist die kleine opfpauschale. Das ist zutiefst unsozial. Ein richtiger Schritt wurde gegangen, indem alle Bür- erinnen und Bürger – leider nicht konsequent in der KV – immerhin versicherungspflichtig werden. Den ntrag, dass niemand ohne Versicherungsschutz bleibt, abe ich bereits im Jahr 2000 als Sozialministerin Meck- enburg-Vorpommerns in der Gesundheitsministerkonfe- enz gefordert, es ist also ein überfälliger Schritt. Mit Wahltarifen, Selbstbehalten und Beitragsrück- rstattungen wird der Trend in Richtung Privatisierung ortgesetzt und die solidarische Krankenversicherung uroparechtlich fahrlässig aufs Spiel gesetzt. Es besteht ie Gefahr, dass die gesetzlichen Krankenkassen ihren tatus als Anstalten öffentlichen Rechts verlieren und ünftig als Unternehmen dem freien Spiel der Markt- räfte unterliegen. Damit ist für die Zukunft eine Bürge- innen- und Bürgerversicherung kaum noch möglich. Der Gesetzentwurf vollzieht nicht den dringend erfor- erlichen Kurswechsel: Weg von einnahmeorientierten, in zu einer aufgabenorientierten Ausgabenpolitik. Drin- end erforderliche Einzelmaßnahmen für Problemlösun- en und Leistungsverbesserungen werden finanziell un- olide untersetzt. So bringen die wünschenswerten eistungsverbesserungen – wie in der Palliativmedizin, ür ambulante und stationäre Hospizarbeit, geriatrische ersorgung – bisher unkalkulierte Kosten und setzen so- it die Krankenkassen unter Druck bei Ermessens- und atzungsleistungen, Kürzungen sind zu befürchten. Zu begrüßende Zuschläge für unterversorgte Gebiete hne Abschläge für überversorgte Gebiete – bei Aufgabe er Beitragsstabilität – sind ungedeckte Schecks. Fortge- ührt wird die Praxis der Verschiebebahnhöfe, wenn die nter Kritik geratenen Zusatzbeiträge nun nicht mehr on den Beschäftigten in Werkstätten für behinderte enschen verlangt werden; aber dafür einfach den erkstätten aufgebürdet werden. Für mich sind die finanziellen Konsequenzen des KV-WSG unwägbar. Ein fachlich und politisch verant- ortungsvolles Gesetz sieht anders aus. Obwohl der Ausschuss für Gesundheit sich im Vor- eld mit Experten und Praxisvertretern intensiv mit der esonderen Situation der Gefährdung der gesundheitli- hen Versorgung durch den Ärztemangel im Osten be- chäftigt hat, wird auf die Probleme halbherzig reagiert. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 8093 (A) ) (B) ) Allein mit Zuschlägen wird der massive Generationen- wechsel in der Ärzteschaft nicht zu bewältigen sein. Junge Ärztinnen und Ärzte werden sich erst für ein Ar- beiten und Leben in den neuen Bundesländern entschei- den, wenn sie für gleiche Arbeit die gleiche Vergütung erhalten. Das unermüdliche Engagement der heute dort agierenden Ärztinnen und Ärzte zur Sicherung der ge- sundheitlichen Versorgung der Bevölkerung hat längst die vollständige Angleichung der Vergütung verdient. Das dem Parlament aufgedrückte Verfahren setzt die parlamentarische Demokratie aufs Spiel. Ganze drei Monate Zeit wurden dem Parlament, dem eigentlichen Gesetzgeber, gegeben, nachdem ein Jahr in kleinsten Runden und über die Medien ewig diskutiert wurde. An- erkennenswert ist, dass die Koalition nach den 26-stün- digen Anhörungen die 600 Seiten Entwurf mit über 200 Änderungsanträgen auf 400 Seiten modifizierte. Aber die Erarbeitung fand wieder nur in elitären Runden statt. Parlamentarierinnen und Parlamentarier standen ständig unter unermesslichem Zeitdruck, das Ganze zu erfassen und zu bewerten. Dieses Verfahren werte ich als Entmündigung des Parlaments. Martin Burkert (SPD): Zur Abstimmung über das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der GKV in der zweiten und dritten Beratung erkläre ich: Die Große Ko- alition hatte zum Ziel, mit der Gesundheitsreform eine nachhaltige und gerechte Finanzierung des Gesundheits- wesens zu sichern. Als Ergebnis der Reform sollte ein leistungsfähiges, solidarisches und demografiefestes Ge- sundheitswesen entstehen. Dieses wurde aus meiner Sicht nicht erreicht. Die Bedenken derer, die wie ich eine Bürgerversicherung zum Ziel haben, sind für mich nach- vollziehbar. Ich teile sie. Aus Gründen der Staatsräson stimme ich dennoch zu, halte aber meine Kritik aufrecht. Letztlich – so meine Befürchtung – schwächt diese Gesundheitsreform die Solidarität in der gesetzlichen Krankenversicherung und führt zu einer einseitigen Belastung der gesetzlich Versi- cherten. Gleichzeitig ist zu befürchten, dass es als Folge der zur Abstimmung stehenden Regelungen zu Leis- tungsausgrenzungen kommen wird und die Reform haushaltstechnisch mittelfristig noch nicht gegenfinan- ziert ist. Nachdem die Mittel aus Steuereinnahmen im Zeitraum von 2008 bis 2011 auf insgesamt 19 Milliarden Euro auf- gestockt wurden und somit bis 2016 76 Milliarden Euro in den Gesundheitsbereich gehen, wird das System insge- samt sicherlich gestärkt. Welche Risiken sich allerdings daraus für den Haushalt ergeben, ist derzeit noch nicht ab- zuschätzen. Eine Gegenfinanzierung liegt hierzu noch nicht vor. Wie oben bereits dargestellt, ist zwar anzuerkennen, dass in vielen Punkten Gutes erreicht wurde – mit der allgemeinen Versicherungspflicht, bei der Beibehaltung der Chronikerregelung, bei den Behinderten, bei den Re- haleistungen, beim Hausarztmodell usw. –; dennoch ist grundsätzlich zu bemängeln, dass das Grundziel der Senkung der Lohnnebenkosten nicht erreicht worden ist. Das Fondsmodell ist bürokratisch. Die Fortführung des i h i „ v h d L w w W h e l G w d F A f e m k f d S f r v e v N h s v d A w d v d s u d e E z s v w A (C (D m Gegensatz zu einem Bürgerversicherungsmodell ste- enden Zweiklassenprinzips zwischen GKV und PKV st ein gravierender Fehler, ebenso die Einführung der kleinen Kopfpauschale“. Mit meinem Abstimmungsverhalten im Bundestag erbinde ich die Erwartung, dass bei nächster Gelegen- eit falsche Weichenstellungen korrigiert werden und as solidarische Krankenversicherungssystem mit dem eitbild der Bürgerversicherung gefestigt und ausgebaut ird. Thomas Dörflinger (CDU/CSU): Trotz Bedenken erde ich dem Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des ettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung eute meine Zustimmung erteilen. Der Gesetzentwurf nthält trotz Verbesserungen gegenüber dem ursprüng- ichen Entwurf eine Reihe von Problemen, die der esetzgeber noch lösen muss. Ich vermag nicht nachzuvollziehen, weshalb die land- irtschaftlichen Krankenkassen ab 2009 nicht mehr an en Bundesmitteln zur Finanzierung der beitragsfreien amilienversicherung beteiligt werden sollen. Der formale spekt, sie könnten ohne Beteiligung am Gesundheits- onds auch keine Gelder hieraus erhalten, könnte durch ine gesetzliche Regelung ausgeräumt werden. Diese üsste festlegen, dass die landwirtschaftlichen Kranken- assen ihren Anteil vor Einzahlung in den Gesundheits- onds vom Bundesversicherungsamt erhielten. So entsteht er Eindruck, die Kinder von Landwirten seien dem taat weniger wert als die anderer in der GKV Versicherten. Die Frage, ob die Steuerfinanzierung der beitrags- reien Kinderversicherung nicht auch aus verfassungs- echtlichen Gründen auf die in der privaten Kranken- ersicherung Versicherten angewendet werden müsste, rscheint geeignet, einer Prüfung durch das Bundes- erfassungsgericht unterzogen zu werden. Es sind meines Erachtens Zweifel erlaubt, ob die euregelungen in den §§ 111 a und 137 d GKV-WSG insichtlich einer bundeseinheitlichen Qualitäts- icherung im Kurwesen nicht zu einer Regionalisierung on Qualität und damit zu klaren Wettbewerbsnachteilen er deutschen Kurorte im Unterschied zu ausländischen nbietern führen. Wer Familien in ihrer Erziehungskompetenz stärken ill, muss nach meiner Auffassung den § 38 SGB V in en Pflichtleistungskatalog der gesetzlichen Kranken- ersicherung aufnehmen. Die heute gängige Praxis, dass ie GKV beispielsweise einem Ehemann bedeutet, er olle seine psychisch angeschlagene Ehefrau stationär nterbringen, um in den Genuss der Kostentragung für ie Haushaltshilfe seitens der GKV zu kommen, die bei iner ambulanten oder teilstationären Behandlung der hefrau nicht möglich sei, ist unangemessen und letztlich ynisch. Letztlich hätte mehr Wettbewerb dem Gesundheitswe- en insgesamt gutgetan. Mindestens ist jedoch mit dem orliegenden Gesetzentwurf ein Einstieg markiert – so- ohl was den Wettbewerb angeht, als auch was die bkopplung der Gesundheitskosten von den 8094 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 (A) ) (B) ) Lohnnebenkosten betrifft. Dies rechtfertigt unter dem Strich eine Zustimmung. Dagmar Freitag (SPD): Ich stimme dem GKV-WSG trotz grundsätzlicher Bedenken, die sich auf Teilbereiche des Gesetzentwurfs beziehen, nach gründlicher Abwä- gung zu. Meine Bedenken beziehen sich insbesondere auf die Ausgestaltung des geplanten Gesundheitsfonds und den Zeitpunkt seiner Einführung sowie die Einführung des Zusatzbeitrags. Hier sehe ich vor allem Probleme für die großen Versorgerkassen, denen durch die Erhebung ei- nes Zusatzbeitrages kaum zusätzlicher Spielraum entste- hen wird, die aber gleichzeitig Gefahr laufen, gut verdie- nende freiwillig Versicherte aufgrund der zu leistenden Zusatzbeiträge zu verlieren. Auch die zukünftig stärkere Steuerung des Gemeinsa- men Bundesausschusses (G-BA) durch das Bundesge- sundheitsministerium (BMG) halte ich nicht für zielfüh- rend. Aus einer aus meiner Sicht sinnvollen und bislang gewollten Selbstverwaltung wird in der Konsequenz eine von außen beeinflusste Auftragsverwaltung, die die Legitimation und Akzeptanz des G-BA infrage stellen wird. Entscheidend für meine Zustimmung sind die aus meiner Sicht überwiegenden Vorteile der Reform. Robert Hochbaum (CDU/CSU): Hiermit gebe ich folgende Erklärung zur Abstimmung gemäß § 31 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages zur dritten Lesung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbs- stärkungsgesetz) – Bundestagsdrucksachen 16/3100, 16/3950 – ab: Ziel des Gesetzentwurfes ist es, durch Veränderungen auf der Einnahme- wie der Ausgabenseite die Qualität der medizinischen Versorgung der Menschen unseres Landes zu verbessern, die Wirtschaftlichkeit durch mehr Transparenz und Wettbewerb zu stärken, Wahl- und Entscheidungsmöglichkeiten der Versicherten, das heißt Eigenverantwortung, zu erweitern und bürokratische Aufwendungen bei allen Beteiligten zu vermindern. Sowohl die demografischen Herausforderungen, die ver- sorgungstechnischen Gesichtspunkte, die Nutzung des wissenschaftlich-technischen Fortschritts im medizini- schen Bereich für alle wie auch die Notwendigkeit der Entkopplung der Kosten unseres sozialen Sicherungs- systems von den Arbeitskosten machen grundlegende Reformen insbesondere im Bereich der Krankenver- sicherung notwendig. Der Gesetzentwurf war ein Kompromiss der schwarz- roten Koalition, in dem wesentliche Ansätze der oben beschriebenen Zielstellung enthalten sind, wie zum Bei- spiel die beitragsfreie Mitversicherung von Kindern, die zunehmend aus Steuermitteln finanziert wird, die Ein- führung der gesamtdeutschen Gebührenordnung für die Honorierung der Ärzte ab 2009, die Pflichtversicherung von Mutter-Kind-Kuren sowie die Erweiterung der Wahlmöglichkeiten der Versicherten durch Selbstbehalt- u n o d a R d s d g j s k e s r k h a e A z E z d d n r Ü v E a e m s d K s d s ß n r L v s s s s d k g F a (C (D nd Kostenerstattungstarife. Positiv vor allem in den euen Ländern wird sich die Einführung des morbiditäts- rientierten Risikostrukturausgleiches auswirken, weil amit die Einnahmeseite gestärkt wird. Die Beitragserhöhungen der Krankenkassen zum Jahres- nfang sind nicht ein vorgezogenes Ergebnis dieser eform, sondern resultieren aus der Vergangenheit, in er unverantwortlich hohe Schulden aufgenommen worden ind. Die Entschuldungserwartung der Politik gegenüber en Krankenkassen ist ein Beitrag für mehr Generationen- erechtigkeit. Unberücksichtigt im Gesetzentwurf geblieben sind edoch – trotz der unverzichtbaren Regelungen zur Ent- chuldung der Krankenkassen innerhalb der Kranken- assenarten – die unterschiedlichen Anstrengungen der inzelnen Krankenkassen in der Vergangenheit, wirt- chaftlich zu arbeiten, den Beitragssatz trotz sehr diffe- enzierter Mitgliederstrukturen niedrig zu halten und eine Schulden aufzubauen. Auch der Start des Gesund- eitsfonds mit einer gesetzlichen Beitragserhöhung ist us Sicht der Unterzeichner nicht zielführend. Dennoch sind im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens ine Reihe von Verbesserungen und Klarstellungen in bstimmung mit allen Beteiligten erreicht worden. Dazu ählt der Erhalt des dualen Versicherungssystems, die inführung der Pflichtversicherung, die Klarstellungen ur Nutzung des Basistarifs in der PKV, der Verzicht auf ie 3-prozentige Kürzung der Rettungsdienstentgelte, er Verzicht auf die Einführung der Höchstpreisverord- ung in den Apotheken und die Reduzierung des Sanie- ungsbeitrages der Krankenhäuser auf 0,5 Prozent. berdies wurden Maßnahmen eingeleitet, die die Unter- ersorgung mit Ärzten in den neuen Ländern auch vor inführung der neuen ärztlichen Gebührenordnung bbauen, indem die Kassen Sicherstellungszuschläge in rforderlicher Höhe außerhalb des Budgets bereitstellen üssen. Positive Wirkungen für die neuen Länder ergeben ich auch aus der Aufstockung des Steuerzuschusses für ie GKV. Aus diesen Gründen stimme ich dem Gesetz zu. Eike Hovermann (SPD): Von der zweiten Großen oalition in Deutschland sind insbesondere in der Ge- undheitspolitik große Dinge erwartet worden. So wurden och zum Beispiel die umfassendsten Änderungen im Ge- undheitssystem im Jahr 1992 von einer informellen Gro- en Koalition in Lahnstein beschlossen. Auch ich hatte ach der letzten Bundestagswahl große Hoffnungen da- auf gesetzt, dass sich die Chancen für eine umfassendere ösung der Strukturprobleme der gesetzlichen Kranken- ersicherung, GKV, stark verbessert hätten. Doch statt ich der drängenden Strukturprobleme auf der Ausgaben- eite anzunehmen, konzentrierten sich die bisherigen Ge- etzesberatungen fast ausschließlich auf die Einnahme- eite des GKV-Systems – und das, obwohl sich hier mit er Bürgerversicherung und der Kopfpauschale zwei in- ompatible Reformmodelle gegenüberstanden. Das Er- ebnis ist ein neues Finanzierungsmodell, das viele neue ragen aufwirft, jedoch die entscheidende Frage nicht be- ntwortet, wie unser Gesundheitssystem auf Dauer finan- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 8095 (A) ) (B) ) zierbar bleiben kann. Die dringend notwendige Verstär- kung des Wettbewerbs auf der Ausgabenseite leistet das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz, GKV-WSG, trotz sei- nes verheißungsvollen Namens leider nicht. Mehr echter Wettbewerb unter den Leistungserbringern und unter den Kassen – nämlich um die beste Leistung und nicht um den niedrigsten Beitragssatz bzw. Zusatzbeitrag – sowie mehr Ehrlichkeit in Bezug auf die Grenzen der Leistungsfähig- keit der GKV anstatt verdeckter Rationierung sind immer noch ausgeblieben. Schon beim letzten „Jahrhundertge- setz“, dem GKV-Modernisierungsgesetz, GMG, wollte ich seinerzeit nicht zustimmen, weil unter anderem der Schul- denstand der Krankenkassen nicht seriös ermittelt war. Bei näherer Prüfung hätte man diesen jedoch mühelos feststellen können. Schon zu Beginn der damaligen Geset- zesberatung lag der Schuldenstand bei einem zweistelli- gen Milliardenbetrag und damit weit oberhalb der offiziell angegebenen rund 4,5 Milliarden Euro, die lange Zeit eine völlig falsche Berechnungsgrundlage für Folgeannahmen zu Be- und Entlastungsentwicklungen bildeten. Auch die spätere Korrektur dieser Schätzung auf acht Milliarden Euro erkannte das tatsächliche Ausmaß der Verschuldung nicht in vollem Umfang, da wiederum langfristige Ver- pflichtungen unberücksichtigt blieben. Diese realitätsfer- nen Annahmen haben viel dazu beigetragen, dass einige Kassen auch im Jahr 2006 noch mit einer eigentlich ge- setzlich verbotenen Verschuldung kämpfen. Hinzu kam, dass die Ankündigung, man werde mit dem GMG in 2006 einen Beitragssatz von 12,15 Prozent erreichen, keinen Bezug zur Versorgungswirklichkeit hatte. Zum einen wurde die negative Entwicklung der beitragspflichtigen Beschäftigung deutlich unterschätzt. Zum anderen gab das Gesetz aber auch keine Antworten auf die langfristigen Herausforderungen wie den demo- grafischen Wandel, den voranschreitenden medizinisch- technischen Fortschritt und die Auswirkungen der Europäischen Integration auf das nationale Gesundheits- system. Es ist daher nicht verwunderlich, dass wir trotz des GMG den Beitragssatz von 12,15 Prozent bislang nicht erreicht haben und stattdessen heute bei rund 14,2 Prozent liegen – und das trotz der Ausgliederung von Leistungen und der Erhöhung von Zuzahlungen. Handwerkliche Fehler bzw. Fehleinschätzungen hin- sichtlich § 140a SBG V –, integrierte Versorgung und anderes kamen hinzu. Außerdem wurde kein Beitrag ge- leistet, die wettbewerbsfeindliche Koppelung der Disease-Management-Programme, DMP, an den Risiko- strukturausgleich, RSA, zu korrigieren. Durch das Krite- rium „knappe Kanzlermehrheit“ bin ich seinerzeit zur Zustimmung zum GMG bewegt worden, obwohl das Gesetz mit all seinen Reparaturmechanismen insbeson- dere die finanziellen Strukturprobleme nicht nachhaltig lösen konnte. Dadurch sind viele Lasten entstanden, die gravierende Auswirkungen auf jede nachfolgende Ge- sundheitsreform haben. Die aktuellen Gesetzesberatungen zum GKV-WSG haben allerdings gezeigt, dass aus den Erfahrungen mit dem GMG keine Lehren gezogen wurden. Auf Bundes- ebene wie aufseiten der Länder fehlt weiterhin ein in sich geschlossenes Konzept zu einer ganzheitlichen und nachhaltig wirksamen Lösungsstrategie für die drängen- d m d z u n s s f s r d t g d l M u z l d B S t n l D g V s u T d s b s d tr s d b S b z d v b li s te d r d n g e A d (C (D en Probleme des Gesundheitssystems. Hier hätte ich ir gewünscht, dass den Worten des Bundespräsidenten, ie Politik dürfe nicht davor zurückschrecken, „kompli- ierte Sachverhalte zu erklären und Führung zu zeigen“ nd „Analysen und Konzepte zu erbringen, die über den ächsten Wahltermin hinausreichten“, mehr Aufmerk- amkeit geschenkt worden wäre. Mit dem Gesetz werden weiterhin die bekannten In- trumente und Regulierungstechniken zur Kostendämp- ung eingesetzt, die bisher schon erfolglos waren. So ind zum Beispiel die zusätzlich vorgesehenen Einspa- ungen im Krankenhausbereich schon allein aufgrund er wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den nächs- en Jahren kaum zu erwirtschaften. Der Beitragssatz der esetzlichen Krankenkassen soll künftig von der Bun- esregierung einheitlich festschrieben werden – erstma- ig im November 2008 für 2009. Das wird auf Dauer die echanismen der Selbstverwaltung ad absurdum führen nd „unechte“ Beitragssätze produzieren, die von Wahl u Wahl von der politischwirtschaftlichen Großwetter- age abhängen. Durch die vorgesehene straffere Anbin- ung des Gemeinsamen Bundesausschuss, G-BA, an das undesgesundheitsministerium, BMG, wird aus der elbstverwaltung zunehmend eine fremdgesteuerte Auf- ragsverwaltung – mit der Folge, dass der G-BA nach in- en wie nach außen zunehmend seine Legitimation ver- ieren wird. Dies wird Zug um Zug die Akzeptanz und urchsetzungsfähigkeit des G-BA bei seinen Bemühun- en um eine qualitativ hochwertige, flächendeckende ersorgung gegenüber seinen Mitgliedern und den Ver- icherten schwächen. Juristische Auseinandersetzungen nd/oder Ersatzvornahmen werden somit bald auf der agesordnung stehen. Auf Bundesebene soll ein neuer Spitzenverband Bund er Krankenkassen geschaffen werden, der als Körper- chaft des öffentlichen Rechts die bisherigen Bundesver- ände ablösen soll. Die Bundesverbände sollen in Gesell- chaften bürgerlichen Rechts umgewandelt werden. Auf ie Länderebene soll diese Gestaltung jedoch nicht über- agen werden; die Landesverbände bleiben als Körper- chaften weiterhin bestehen. Es ist daher zu erwarten, dass ie Kassen ihre Interessen zunehmend aus den Landesver- änden heraus und somit in Konkurrenz zu dem einen pitzenverband und dem G-BA artikulieren werden. Da- ei werden die einzelnen Kassen zunehmend den Kontakt u den Kassenärztlichen Vereinigungen, KVen, der Län- er suchen – und damit einen zunehmenden Bedeutungs- erlust der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, KBV, ewirken. Anstelle der gesetzlich intendierten Vereinheit- chung und Straffung des Entscheidungsprozesses wird o ein sich weiter verschärfender Zersetzungsprozess tre- n, der die Arbeit des G-BA bei der Aushandlung bun- esweit geltender einheitlicher Standards und Honorie- ungen massiv erschweren wird. Dies wird auch die Lage er ambulanten Versorgung gegenüber der stationären icht verbessern helfen. Und auch die gewünschte Inte- rierte Versorgung wird so zwangsläufig leiden. Die Ausgestaltung des Fonds inklusive des Beitrags- inzugs bleibt diffus. Der Beitragseinzug soll zwar – der rbeitsplätze wegen – bei den Krankenkassen bleiben, iese verlieren jedoch jeden gestalterischen Einfluss. Die 8096 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 (A) ) (B) ) Kassen sollen die Beiträge einsammeln, dann die einge- sammelten Gelder an den Fonds beim Bundesversiche- rungsamt, BVA, weiterleiten. Der Fonds verteilt die Gel- der wiederum zurück an die Kassen – in Form einer einheitlichen Grundpauschale pro Versichertem und risi- koadjustierten Zu- und Abschlägen. Über diese risikoad- justierten Abschläge wird der bisherige Risikostrukturaus- gleich, RSA, in das neue Finanzierungsmodell integriert und gleichzeitig massiv ausgeweitet. So soll der Fonds ne- ben den bisherigen Ausgleichskriterien Alter und Ge- schlecht auch erstmals die Morbidität der Versicherten, die durch 50 bis 80 kostenintensive chronische Krankhei- ten abgebildet werden soll, unter den Kassen ausgleichen. Zudem sollen die Krankenkassen aus dem Fonds auch Zu- weisungen für Satzungsleistungen und Verwaltungskosten erhalten. In der entscheidenden Frage, ob dies über die ri- sikoadjustierten Zu- und Abschläge oder über die Grund- pauschale erfolgen soll, besteht im Gesetz allerdings noch viel Interpretationsspielraum. Im RSA haben aber Sat- zungsleistungen und Verwaltungskosten nichts zu suchen. Um wichtige Wirtschaftlichkeitsanreize zu erhalten, gehö- ren sie als standardisierte Werte in die Grundpauschale. Insgesamt droht alsbald ein Transfervolumen von mögli- cherweise 20 Milliarden Euro jeden kreativen Wettbewerb der Kassen untereinander einzuebnen und den Weg zu ei- ner bundesweiten Einheitskasse vorzubereiten. Daran än- dert auch der verzerrte Wettbewerb um den niedrigsten Zusatzbeitrag bzw. die höchste Überschussauszahlung an die Mitglieder nichts. Hinzu kommt, dass die Kassen bis Ende 2007 und un- ter Nachweis besonderer Belastungen bis Ende 2008 in toto entschuldet sein müssen. Ob dies allerdings tatsäch- lich zu bewerkstelligen ist, bleibt trotz der vorab beschlos- senen „Entschuldungshilfen“ via Vertragsarztrechtsände- rungsgesetz, VAG, bislang fraglich. Common Sense der Anhörung zum VAG am 23. Oktober 2006 war, dass ei- nige Kassen die Entschuldung bis zum 31. Dezember 2007 überhaupt nicht schaffen können – auch nicht in der zugestandnen Verlängerungsfrist bis zum 31. Dezember 2008. Berücksichtigt man zudem die bereits bestehenden gesetzlichen Vorgaben der §§ 220, 222 und 261 SGB V, so wird deutlich, dass viele Kassen bislang weder ihre Beitragssätze noch ihre Sollrücklagen gesetzeskonform gebildet haben – und dies wohl offensichtlich mit Zustim- mung der Aufsichten. Das Gesetz erlaubt den Kassen zwar, einen Zusatzbei- trag von den Versicherten zu erheben. Die Begrenzung dieses Zusatzbeitrages auf 1 Prozent des beitragspflichti- gen Einkommens lässt den Kassen jedoch kaum zusätzli- chen Spielraum, ihre Finanzprobleme selbst zu lösen. Unabhängig von der Frage, ob diese Begrenzung denn nun überhaupt ohne enormen bürokratischen Mehrauf- wand umgesetzt werden kann, werden diese Regelungen insbesondere die großen Versorgerkassen vor massive Engpässe stellen. Viele von ihnen müssten dann, der Lo- gik des Gesetzes folgend, in Insolvenz gehen oder fusio- nieren, denn ab Start des Fonds soll ja der Weg in die Verschuldung kategorisch verboten sein. Es ist jedoch sehr wahrscheinlich, dass drohende „Pleiten“ mancher Kassen in der Politik Begehrlichkeiten nach weiterer Steuerzufinanzierung wecken werden, obwohl die Co- Finanzierungsspielräume des Bundes gegen null gehen. Die Verschuldung der öffentlichen Haushalte liegt der- z u E „ i c s t w c n p r w d W a e W L w t t „ z S E m G e h v F h G R d r D b G b l b d d a d (C (D eit bei etwa 1,5 Billionen Euro. Wenn wir dazu noch die nverbrieften Schulden von ungefähr 3 bis 4 Billionen uro rechnen, werden die Rahmenbedingungen für alle kreativen“ Umfinanzierungsmodelle schnell deutlich – nsbesondere wenn man die Entschuldung der öffentli- hen Hände, zu denen die Kassen derzeit gehören, ent- prechend Art. 115 GG und damit auch die Genera- ionengerechtigkeit ebenso dauerhaft ernst nehmen will ie das Maastrichtkriterium. Durch die neuen Insolvenzregelungen in den gesetzli- hen Krankenversicherungen – auch wenn die Details un im Zuge der Änderungsanträge später in einem se- araten Gesetz geregelt werden sollen – und die neuen echtlichen Ausgestaltungsmöglichkeiten des Vertrags- ettbewerbs geraten die Kassen zudem immer stärker in ie Nähe von „Unternehmen“ im Sinne der europäischen ettbewerbsordnung – mit der Folge, dass ihr im Sozi- lversicherungsrecht privilegierter Status noch früher als rwartet aufgehoben werden müsste. Die alles entscheidende Debatte über die Grenzen des achstums und damit die Frage nach den Grenzen der eistungsfähigkeit unseres Sozialstaates bleibt hingegen eiterhin außen vor. Somit mogeln wir uns an der wich- igen Debatte über Grundversorgung mit eigenfinanzier- en Zusatzpaketen und damit auch an dem Ziel der Compliance“ und der Eigenverantwortung vorbei, die um Beispiel deutlich im § l SGB V eingefordert wird. o heißt es in § l SGB V: Die Versicherten sind für ihre Gesundheit mitver- antwortlich; sie sollen durch eine gesundheitsbe- wusste Lebensführung, durch frühzeitige Beteili- gung an gesundheitlichen Vorsorgemaßnahmen sowie durch aktive Mitwirkung an Krankenbehand- lungen und Rehabilitation dazu beitragen, den Ein- tritt von Krankheit und Behinderung zu vermeiden oder ihre Folgen zu überwinden. Für die nachfolgenden Generationen ist damit eine ntwicklung zu erneuter Verschuldung vorgezeichnet. Die gesamte Debatte bleibt so im Grunde – wie im- er – auf eine einzige Frage reduziert: Wie kommt mehr eld ins System? Durch diese unselige Diskussionsver- ngung konzentriert sich die öffentliche Debatte weiter- in auf die inkompatiblen Finanzierungsmodelle Bürger- ersicherung und Gesundheitsprämie, die sich im ondsmodell treffen sollen. Genau diese Fokussierung at bisher die Einsicht verhindert, dass neu fließende elder, egal ob aus dem einen oder anderen Modell in einkultur oder aus einer Mischung beider, im bestehen- en System versickern und zu immer neuen Nachjustie- ungen in immer kürzeren Zeiträumen zwingen werden. as heißt auch: Die Frage des Einbezugs oder Nichtein- ezugs der privaten Krankenversicherung, PKV, in das KV-System bleibt ein Dauerthema. Unbeantwortet leibt dabei aber die Frage, wie die schrittweise wegfal- ende milliardenschwere Quersubventionierung der am- ulanten und stationären Versorgungsstrukturen durch ie PKV, zum Beispiel auch infolge des gesetzlich inten- ierten Basistarifes inklusive Überforderungsklausel) ufgefangen werden kann. Eine Kompensation wäre nur urch zusätzliche Steuergelder möglich (vergleiche bei- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 8097 (A) ) (B) ) tragsfreie Versicherung von Kindern). Hinzu kommt, dass einige gesetzgeberische Vorhaben in Bezug auf die PKV meines Erachtens verfassungsrechtlich höchst an- greifbar sind. Letztlich bleibt auf die Binsenweisheit hinzuweisen, dass allein mit dem Einbezug der PKV- Versicherten, die rund 10 Prozent des Versichertenpoten- zials ausmachen, die aufgewachsenen strukturellen Ver- werfungen im GKV-Bereich, wo rund 90 Prozent der Bevölkerung versichert sind, nicht gelöst werden kön- nen. Das wird zulasten von Planungssicherheit auf allen Ebenen gehen und damit auch zulasten von Transparenz und Qualität. Echten Wettbewerb wird das Gesetz so we- der bei den Kassen noch bei den Leistungserbringern be- fördern können. Und der Beitragszahler wird – schon allein im Rah- men der Lohnnebenkostendebatte – weiterhin in der Er- wartungshaltung bestärkt, sinkende Beiträge bei sich ausweitenden Leistungsvolumina als realisierbare Ziel- perspektive ansehen zu sollen, obwohl er selbst aus sei- nem konkreten Alltag weiß, dass diese Erwartungen bis- her immer enttäuscht worden sind. Anstelle einer wirklichen strukturellen Reform wird nun zudem ein Großteil der geplanten Regelungen auch noch auf 2009 verschoben, wodurch natürlich unablässig neue Spekula- tionen über eine weitere Verschiebung angesichts der im Jahr 2009 anstehenden Bundestagswahl geweckt wer- den. Aber an die Stelle dieser verschobenen Regelungen tritt nichts, was die sich anbahnende Beitragssatzent- wicklungen in Richtung 16 Prozent für das Jahr 2009 ab- fangen könnte, wenn man nur die Entschuldung und die gesetzlich vorgeschriebenen Rücklagen nach § 261 SGB V seriös einrechnen würde – mal ganz abge- sehen von den Kosten für Leistungsausweitungen, der Mehrwertsteuererhöhung und den intransparenten Kos- ten für die Einführung der elektronischen Gesundheits- karte. Ein Blick in unsere Nachbarländer würde hier nüt- zen. So steht man zum Beispiel in der Schweiz heute trotz Einführung einer lohnunabhängigen Gesundheits- prämie im Jahre 1996 vor ähnlichen Problemen wie in Deutschland. Die Gesundheitskosten sind nicht kontrol- lierbar, die Prämien steigen enorm und die öffentlichen Krankenhäuser sind stark verschuldet. Ursache des Pro- blems ist dort wie auch in Deutschland das übliche ver- breitete irrationale Denkmuster: Die Prämien bzw. die Beitragssätze sollen so niedrig wie möglich, die medizi- nische Versorgung im Krankheitsfall soll jedoch nur die allerbeste sein. Dr. Hans-Heinrich Jordan (CDU/CSU): In dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz ist die Landwirt- schaftliche Krankenversicherung (LKV) bei der Vertei- lung der steuerfinanzierten sogenannten gesamtgesell- schaftlichen Leistungen, welche ab 2009 in einen Gesundheitsfonds fließen sollen, nicht berücksichtigt. Dies ist gegenüber der heutigen Situation eine deutliche Schlechterstellung. Damit sind die in der LKV versi- cherten landwirtschaftlichen Familien die einzige Gruppe, welche Mitglied in einer gesetzlichen Kranken- versicherung ist und auch zukünftig keine Wechselmög- lichkeiten hat, einseitig benachteiligt. Nur die Tatsache, dass in dem ebenfalls heute beschlossenen Entschlie- ß a i g w n l g z g D t s m a v b d d P w w m z E d s s r q Ö g K a v d h r s S t t n b s d s E i i e G (C (D ungsantrag, Bundestagsdrucksache 16/4220, ein Prüf- uftrag für eine Gleichbehandlung der LKV enthalten st, ermöglicht mir, aufgrund der übrigen sinnvollen Re- elungen des Gesamtwerkes, dem Gesetz zuzustimmen. Christian Kleiminger (SPD): Dem GKV-Wettbe- erbsstärkungsgesetz kann ich aus folgenden Gründen icht zustimmen: Zentraler Bestandteil unseres Sozialstaates ist ein so- idarisches System der Krankenversicherung. In den ver- angenen Jahren haben sich die Gewichte immer mehr ulasten der gesetzlichen Krankenversicherung und zu- unsten der privaten Krankenversicherung verschoben. iese Entwicklung gefährdet tendenziell den Solidari- ätsgedanken. Reformen im Bereich der Gesundheitsver- orgung sind mit besonderer Verantwortung vorzuneh- en. Das vorliegende Gesetz hat diese Problematik ufgegriffen, begegnet der Entwicklung indes nicht mit oller Konsequenz. Die Finanzierungsprobleme werden durch die Reform edauerlicherweise nicht nachhaltig gelöst. Insbeson- ere die notwendige Öffnung der privaten Kassen – mit em Ziel, einen fairen Wettbewerb zwischen GKV und KV zu ermöglichen – wurde noch nicht in wünschens- ertem Umfang durchgesetzt. Der strukturelle Wettbe- erbsnachteil der gesetzlichen Krankenkassen bleibt da- it einstweilen erhalten. Auch ist bedauerlich, dass die u Beginn des Gesetzgebungsverfahrens vorgesehenen insparungen nicht in dem wünschenswerten Ausmaß urchgesetzt werden konnten. Indes ist anzuerkennen, dass es aus dem Grundver- tändnis sozialdemokratischer Gesundheitspolitik heraus ehr wohl gelungen ist, zahlreiche strukturelle Verbesse- ungen durchzusetzen. Dieses gilt beispielsweise für die ualitative Versorgung von Krebspatienten durch die ffnung der Krankenhäuser für die ambulante Versor- ung, im Bereich der Palliativmedizin/Hospiz, Eltern- ind-Kuren und der geriatrischen Rehabilitation. Aber uch der Kontrahierungszwang in der privaten Kranken- ersicherung stellt einen Schritt in die richtige Richtung ar. Es ist auch positiv hervorzuheben, dass eine nach- altige Finanzierung der gesetzlichen Krankenversiche- ung zukünftig durch einen anwachsenden Bundeszu- chuss erfolgen soll. Nach gründlicher Abwägung enthalte ich mich der timme und verbinde mit meinem Abstimmungsverhal- en die Erwartung, dass das Krankenversicherungssys- em in Deutschland mit dem Ziel einer solidarischen und achhaltig fair finanzierten Bürgerversicherung ausge- aut wird. Monika Knoche (DIE LINKE): Das deutsche Ge- undheitssystem hat seine überwiegende Finanzbasis in er gesetzlichen Krankenversicherung. Dieses Solidar- ystem hat sich als ein hochleistungsfähiges erwiesen. s ist aufgrund des solidarischen Sachleistungsprinzips n idealer Weise geeignet, Gleichheit und Gerechtigkeit m Krankheitsfalle sicherzustellen. Diese soziale und galitäre Grundlage wird mit dem heute verabschiedeten esetz fundamental angegriffen. 8098 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 (A) ) (B) ) Bereits die rot-grüne Bundesregierung hat tiefgrei- fende Einschnitte in die paritätische Finanzierung vorge- nommen sowie die Weichen für eine Privatisierungs- welle, insbesondere der öffentlichen Krankenhäuser, gestellt. Wettbewerb und Markt sind seither zu Versor- gungsstrukturelementen geworden und machen Krank- heit zu einer Ware, die mit Festpreisen behandelt wird. Qualitative Fortschritte in der Versorgungsstruktur und im Beschäftigungssektor Gesundheitswesen wurden nicht erzielt. Im Gegenteil. Die neue Durchökonomisie- rung der Daseinsvorsorge folgt einer fatalen ideologi- schen Fehleinschätzung, derzurfolge der Staat als Garant für Versorgungssicherheit und „Kontrolleur“ der Körper- schaften des öffentlichen Rechts im ambulanten Bereich seinen Aufgaben nicht mehr nachkommen kann. Eine durchgreifend antidemokratische Politik erfasst mit diesem Gesetz nunmehr auch die gesetzlichen Kranken- kassen, die in Insolvenz geraten können sollen. Der Wettbewerb unter den Krankenkassen um niedrige Bei- tragssätze, jedoch ohne leistungsgerechten Risikostruk- turausgleich, war schon unter der rot-grünen Regierung eine verantwortungslose Entscheidung. Keine der Ursa- chen für die Beitragssummeneinbrüche der GKV wurde behoben. Im Gegenteil, die arbeitsmarktpolitische Dere- gulierung führte zu einem wachsenden Sektor nicht ver- sicherungspflichtiger Beschäftigung bei weiterhin hoher Arbeitslosigkeit. Heute den Arbeitgeberbeitrag per Gesetz festzu- schreiben und in Zukunft den Gesundheitsfonds einzu- führen und dabei gleichzeitig den Beitragswettbewerb fortzuführen, ist unter Berücksichtigung der Tatsache, dass nunmehr den Kranken unter den Versicherten die größten Zusatzlasten der Finanzierung, wie die Zusatz- prämien es darstellen, aufgebürdet werden, gleichbedeu- tend mit dem sprichwörtlichen Axtanlegen an ein gesun- des System. Diese Reform zielt nicht auf eine nachhaltige Entwicklung, sondern auf das Ende des soli- darischen Krankenversicherung und des Sachleistungs- prinzips. Insbesondere die Bevorzugung der PKV durch das Gesetz wird eine weitere Abwanderung freiwillig Versi- cherter aus der GKV zur Folge haben. Mit einer Bürger- versicherung, wie die SPD dies in der Bundestagswahl versprach, hat dieses Gesetz nichts mehr zu tun. Eine Bürgerversicherung allerdings wäre als neu ausgestaltete gesetzliche Versicherungspflicht für alle die zeit- und zu- kunftsgemäße Antwort im gesellschaftlichen Gleichstel- lungssinne wie auch eine adäquate Reaktion auf die Ein- nahmedepression der GKV. Die nun eingeführten Elemente Beitragsrückerstat- tung, Bonusmodelle und Kostenerstattung bevorzugen die relativ gesunden Versicherten und diskriminieren die kranken, sachleistungsabhängigen Versicherten in der GKV. Das ist keine Wahlfreiheit, sondern Ungleichbe- handlung von Zwangsversicherten im System. Verfassungsrechtlich nicht geprüft ist der neu entstan- dene Sachverhalt, dass freiwillig Versicherte der GKV nunmehr in den Basistarifvertrag der PKV wechseln können zu Sachleistungskonditionen und fixiertem Höchstbetrag. Basistarifvertragversicherte sollen jedoch k b s z r d B d w Ü r r t g r u a a d v v S v K v f h W „ u s s s k L f t t e s s k w e A s (C (D eine Zusatzprämien zahlen müssen. Diese Vorteile ha- en die freiwillig in der GKV Versicherten nicht. Die ge- etzlich Pflichtversicherten haben ebenfalls keine Option ur Wahl und weiterhin nicht das Recht, in den Basista- ifvertrag der PKV zu wechseln. Diese Gesetzeskautelen iskriminieren einen großen Bevölkerungsteil. Da die eitragssatzautonomie der GKV genommen wird, ist iese Maßnahme als schwerer Eingriff in die Selbstver- altungsautonomie zu werten. Das halte ich für einen bergriff des Gesetzgebers. Insbesondere die nicht mehr rückholbaren Privatisie- ungs-, Risikoindividualisierungs- und Entdemokratisie- ungswirkungen dieses Gesetzes sind meinem parlamen- arischen Verständnis nach unvereinbar mit der esetzgeberischen Aufgabe, zum Wohle der Bevölke- ung zu wirken. Darüber hinaus werden alle Optionen, m künftig die ambulante und stationäre Versorgung wie uch die Pflege zu einem gestaltbaren und politisch ver- ntworteten Strukturierungsprozess zu machen, nunmehr en politischen Verantwortungsträgern und der Selbst- erwaltung weitgehend aus der Hand geschlagen. Inter- entionsfähig im Interesse der Daseinsvorsorge ist der taat damit nicht mehr. Im Zusammenwirken mit orausgegangenen Gesundheitsstrukturgesetzen können ommunen, Länder und der Bund ihren Gemeinwohl- erpflichtungen nicht mehr nachkommen. Das halte ich ür eine hochgradig verantwortungslose Politik, der ich iermit entschieden widerspreche. Ich lehne daher das ettbewerbsstärkungsgesetz GKV ab. Manfred Kolbe (CDU/CSU): Diese angeblich Große Gesundheitsreform“ ist gründlich misslungen nd wird keines der drängenden Zukunftsprobleme lö- en: Mehr Eigenverantwortung: Fehlanzeige. Vielmehr ind auch teure Freizeitunfälle – Pferdesport, Fall- chirmspringen – weiter mitversichert. Mehr Gesundheitsbewusstsein: Fehlanzeige. Es gibt eine Möglichkeiten, den eigenen Beitrag durch gesunde ebensweise – Nichtrauchen, Nichttrinken – zu beein- lussen. Mehr Transparenz: Fehlanzeige. Nach wie vor erhal- en gesetzlich Versicherte keine Rechnung, was das Kos- enbewusstsein sicherlich fördern würde. Mehr Wettbewerb: Fehlanzeige. Stattdessen wird ein inheitlicher Gesundheitsfonds geschaffen. Senkung Lohnnebenkosten: Fehlanzeige. Stattdessen tiegen die Beiträge zum 1. Januar 2007. Der einzige Grund, warum ich im Bundestag zu- timme, ist der, dass ich die Amtszeit der ersten Bundes- anzlerin aus dem Osten Deutschlands nicht beenden ill und Angela Merkel in Zukunft bessere Reform- rgebnisse wünsche. Gunther Krichbaum (CDU/CSU): Bei der heutigen bstimmung über das GKV-Wettbewerbsstärkungsge- etz (TOP 27 a) werde ich mich der Stimme enthalten. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 8099 (A) ) (B) ) Ungeachtet vieler Schritte in die richtige Richtung kann ich dem vorgelegten Gesetzesentwurf nicht zu- stimmen. Eine nachhaltige Gesundheitsreform hätte Lö- sungsansätze für den bevorstehenden demografischen Wandel aufzeigen müssen. Dies ist nach meiner festen Überzeugung das dringendste, oftmals aber nicht mit der notwendigen Schärfe erkannte Problem der nächs- ten Jahre. Somit wären entsprechende Maßnahmen ein Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit und Generationen- gerechtigkeit gewesen. Diese Chance wird durch das vorliegende Gesetz nicht genutzt. Gleichwohl verkenne ich nicht, dass dies mit dem Koalitionspartner nicht durchzusetzen war, da dieser im Wesentlichen auf der Beibehaltung des bisherigen Leistungskatalogs der gesetz- lichen Krankenversicherung beharrte. Die nunmehr in Kraft tretenden Regelungen, die zu mehr Wettbewerb zwischen den gesetzlichen Kranken- versicherungen führen, sind Beispiele, die grundsätzlich in die richtige Richtung weisen. Die mangelnde Demo- grafieresistenz bleibt jedoch ein kardinaler Webfehler des Gesetzes, der mir eine Zustimmung nicht ermöglicht. Volker Kröning (SPD): Mein Abstimmungsverhal- ten zu der „Gesundheitsreform“ stützt sich auf den Be- richt des Haushaltsausschusses nach § 96 Abs. 4 der Ge- schäftsordnung des Deutschen Bundestages, Drucksache 16/4222. Der Gesetzentwurf hat nach der Beschlussemp- fehlung des zuständigen Ausschusses auf Drucksache 16/4200 Auswirkungen auf den laufenden Haushalt und Auswirkungen auf die künftigen Haushalte im Sinne des Satzes 2 der Vorschrift. Die Auswirkungen sind sogar nach eigener Darstellung der Bundesregierung, die in den Bericht des Haushaltsausschusses aufgenommen worden ist, erheblich und vermutlich mittelfristig nur schätzbar und langfristig nicht absehbar. Möglichkeiten der Deckung der Mehrausgaben gibt es, und sie sind ebenso evident wie strittig. Deshalb ist im Haushaltsaus- schuss keine andere Wahl geblieben, zumal unter den Restriktionen zwischen der ersten und der zweiten Bera- tung, als die Anforderungen der Vorschrift dadurch zu erfüllen, die Bundesregierung, die das Recht und die Pflicht zur Haushaltsinitiative und zur mittelfristigen Fi- nanzplanung hat, aufzufordern, kurz- und mittelfristige Deckungsvorschläge noch in diesem Jahr zu entwickeln. Katharina Landgraf (CDU/CSU): Wesentliche Ziele dieses Gesetzentwurfes sind, die medizinische Versorgung der Bürgerinnen und Bürger zu stabilisieren sowie durch mehr Transparenz und Wettbewerb die Wirtschaftlichkeit zu stärken. Von besonderer Bedeutung ist ebenso, dass die Wahl- und Entscheidungsmöglichkeiten der Ver- sicherten auch durch mehr Eigenverantwortung erweitert werden. Grundsätzlich unterstütze ich die Entkopplung der Kosten unseres sozialen Sicherungssystems von den Arbeitskosten. Das kann nur mit durchgreifenden Refor- men auch im Bereich der Krankenversicherung erreicht werden. Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens konnte eine Reihe von Verbesserungen und Klarstellungen vereinbart werden, die zu begrüßen sind. Dazu zählen insbesondere der Erhalt des dualen Versicherungssystems, die Einführung der Pflichtversicherung, die Klarstellun- g v K V i b V e e D a im im s d d u f t s S v m z a a G b d d K d d d d n a K k S s n K h s s (C (D en zur Nutzung des Basistarifs in der privaten Kranken- ersicherung und der Verzicht auf die 3-prozentige ürzung der Rettungsdienstentgelte. Außerdem sind der erzicht auf die Einführung der Höchstpreisverordnung n den Apotheken und die Reduzierung des Sanierungs- eitrages der Krankenhäuser auf 0,5 Prozent wichtige eränderungen. Zugleich möchte ich darauf verweisen, dass der Gesetz- ntwurf einen Kompromiss darstellt, der allerdings in inigen Teilen unbefriedigende Regelungen enthält. eshalb betrachte ich das Gesetz nur als einen ersten, ber zugleich wichtigen Schritt für weitere Veränderungen deutschen Gesundheitssystem. Unberücksichtigt blieben Gesetzentwurf die Anstrengungen von Krankenkassen, o konkret von der AOK Sachsen, in den zurückliegen- en Jahren wirtschaftlich zu arbeiten, den Beitragssatz ifferenzierter Mitgliederstrukturen niedrig zu halten nd keine Schulden zuzulassen. Der vorliegende Gesetzentwurf weist wichtige Ansätze ür die Realisierung der wesentlichen eingangs erwähn- en Zielstellungen der Gesundheitsreform auf. Deshalb timme ich dem Gesetz grundsätzlich zu. Dr. Michael Luther (CDU/CSU): Dem Gesetz zur tärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Kranken- ersicherung – GKV-WSG – stimme ich zu. Es enthält aßgebliche Verbesserungen im Hinblick auf die medi- inische Versorgung der Menschen in Deutschland, vor llem in den neuen Ländern. Ich nenne hier insbesondere: Erstens. Die Einführung einer Pflichtversicherung für lle. Zweitens. Die Einführung einer Gebührenordnung für esamtdeutschland. Damit wird die Trennung Ost-West ei der Ärztevergütung beseitigt, das heißt, die Ärzte in en neuen Ländern erhalten künftig höhere Honorare für ie erbrachten Leistungen als bisher. Drittens. Die Ausweitung der Leistungen für Mutter- ind-Kuren. Viertens. Besonders hervorzuheben ist die Einführung es morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs, mit em die Einnahmeseite der GKV gestärkt wird. Gerade ie neuen Länder werden von der besseren Finanzierung er Krankenkassenleistungen profitieren. Problematisch sind für mich Regelungen zu den soge- annten Hilfen in besonderen Notlagen, die im Hinblick uf die Einführung des Gesundheitsfonds greifen sollen. onkret geht es hier um die Entschuldung von Kranken- assen innerhalb derselben Krankenkassenart – § 265 a GB V –. Diese Regelung trägt dem besonderen wirt- chaftlichen Handeln einiger Krankenkassen in Sachsen icht Rechnung, sondern konterkariert es. Die solventen rankenkassen sollen entsprechend ihrer Leistungsfä- igkeit Zahlungen zugunsten notleidender Krankenkas- en derselben Kassenart leisten. Die Definition des Ver- chuldungsbegriffs ist dabei viel zu weit gefasst. 8100 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 (A) ) (B) ) Hiervon speziell betroffen ist die AOK Sachsen: Die AOK Sachsen hat keine nennenswerten Schulden. Hinzu kommt, dass sie in den letzten Jahren wirtschaftlich ge- arbeitet hat. Eine strenge Landesaufsicht und eine spar- same Landespolitik haben dieses Verhalten gefördert. Deshalb lag der Beitragssatz trotz differenzierter Mit- gliederstrukturen auf niedrigem Niveau. Durch eine re- striktive Krankenhausplanung in Sachsen konnte ein wichtiger Kostenblock für die GKV gering gehalten werden. Laut Gesetz muss zukünftig eine wirtschaftlich gut geführte AOK für schlechtes Handeln anderer Kranken- kassen bezahlen. Dies widerspricht dem Grundgedanken des viel beachteten Verfassungsgerichtsurteils zur Ver- schuldung Berlins, in dem das Bundesverfassungsge- richt fordert, dass selbst verursachte Schulden aus eige- ner Kraft getilgt werden müssen. Hinzu kommt, dass, im Gegensatz zu anderen Krankenkassen in Deutschland, die AOK Sachsen kaum beamtenstatusähnliche DO-An- gestellte beschäftigt. Für diese müssen die Kassen jetzt Rücklagen für Pensionsleistungen bilden, da dies bislang von den Krankenkassen mit diesen Angestellten unter- lassen wurde. Dies muss jetzt aber im Rahmen des Schuldensausgleichs durch die AOK-Sachsen miter- bracht werden. Dennoch überwiegen für mich die Vorteile im Ver- gleich zu den beschrieben Nachteilen, sodass ich dem Gesetz zustimme. Dirk Manzewski (SPD): Das Gesundheitssystem in Deutschland gehört mit seiner solidarischen Ausrichtung und seiner Leistungsfähigkeit zu den besten in der Welt. Um es auch für die Zukunft zu sichern, bedurfte es einer gemeinsamen Kraftanstrengung der Großen Koalition. In den Verhandlungen zur Gesundheitsreform trafen zwei sehr unterschiedliche Modellvorstellungen aufein- ander. Zum Wohle des Landes mussten deshalb eigene Positionen aufgegeben und ein tragfähiger Kompromiss gefunden werden. Das Ergebnis dieser Verhandlungen liegt uns heute zur Abstimmung vor. Ich werde für den Gesetzentwurf stimmen. Ich hätte mir allerdings mit der Großen Koalition eine mutigere und vor allem nachhaltigere Reform ge- wünscht. Zudem muss ich mit Enttäuschung zur Kennt- nis nehmen, dass es offenbar nicht gelungen ist, die not- wendigen Belastungen gleichermaßen auf alle zu verteilen. Die zunächst angedachten Einsparungen bei den Lobbyisten wurden leider nur noch zu einem gerin- gen Teil umgesetzt. Zudem verfehlt der Gesetzentwurf sein Ziel beim Umbau der Strukturen in den gesetzlichen Krankenkassen. Zwar werden mit der Schaffung des Dachverbandes überflüssige Strukturen bei den einzel- nen Kassen abgebaut, jedoch wird die Zahl der Kassen dadurch nicht deutlich abnehmen. Hier hätte mehr er- reicht werden können. Dennoch sind vorteilhafte Entwicklungen für die Versicherten zu erkennen. Es ist ein Fortschritt, dass zu- künftig niemand mehr ohne Versicherungsschutz in D t t P k b d u g M V s s Ü i D s c R h s z b g G g W W e l z a g s t t u u k G n l K a r r B S h A u m v m (C (D eutschland leben wird. Auch der Ausbau des Leis- ungskataloges der GKV wird für die Versicherten Vor- eile bringen. Die Aufnahme von Rehabilitations- und alliativbehandlungen als Pflichtleistungen der Kran- enkassen ist deshalb sehr zu begrüßen. Auch die Ver- esserung bei Impfungen, Eltern-Kind-Kuren sowie bei er ambulanten Behandlung von Krebs, Mukoviszidose nd Aids waren dringend notwendige Anpassungen der esetzlich garantierten Pflichtleistungen. Für mich als ecklenburger waren zudem der Gesundheitsfonds, die erbesserung des Risikostrukturausgleiches und die Ver- orgungssicherstellung wichtig. Friedrich Merz (CDU/CSU): Ich stimme dem Ge- etzentwurf nicht zu. Das Gesetz wird nach meiner berzeugung den Wettbewerb bei den Dienstleistungen m Gesundheitssektor nicht stärken, sondern schwächen. as deutsche Gesundheitssystem wird durch dieses Ge- etz teurer und ineffizienter. Es bleiben zudem erhebli- he verfassungsrechtliche Bedenken gegen einzelne egelungen, die durch dieses Gesetz neu in das Gesund- eitssystem in Deutschland eingeführt werden. Ich verkenne nicht, dass durch das Gesetz einige be- tehende Missstände beseitigt werden. So wird die Be- ahlung der Ärzte von Punktwerten wieder auf kalkulier- are Geldleistungen umgestellt. Es soll auch für die esetzlichen Krankenversicherungen einige zusätzliche estaltungsmöglichkeiten bei Tarifen und Leistungen eben. Insgesamt aber überwiegen Regelungen, die den ettbewerb tendenziell eher einschränken und die den eg zu einer staatlichen Einheitskasse eröffnen. Die Koalitionspartner waren sich von Anfang an nicht inig, welchen Weg die Gesundheitspolitik in Deutsch- and nehmen soll. Herausgekommen ist ein Kompromiss wischen zwei schon im Grundsätzlichen nicht mitein- nder zu vereinbarenden politischen Konzepten. Die leichwohl herbeigeführte Einigung in der Koalition chafft allerdings auf Dauer Fakten, die spätere Korrek- uren hin zu einem freiheitlichen und wettbewerbsorien- ierten Gesundheitssystem erschweren, wenn nicht gar nmöglich machen. Dies gilt insbesondere für den Fonds nd für die nachhaltige Schwächung der privaten Kran- enversicherung. Meine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen dieses esetz beziehen sich vor allem auf die geplante Steuerfi- anzierung für die mitversicherten Kinder in der gesetz- ichen Krankenversicherung, die den privat versicherten indern vorenthalten werden soll. Verfassungsrechtlich ngreifbar sind auch die Bestimmungen über die Einfüh- ung eines Basistarifes in der privaten Krankenversiche- ung und die Einstandspflicht der Versicherten für den eitragsausfall durch privat versicherte Hilfsbedürftige. chließlich bestehen aus meiner Sicht unverändert er- ebliche europarechtliche Probleme durch die gewollte ufweichung der Systemgrenzen zwischen gesetzlicher nd privater Krankenversicherung. Das Gesetzgebungsverfahren selbst hat eine ange- essene Beratung und Beschlussfassung über ein Gesetz on solcher Tragweite im Deutschen Bundestag nicht er- öglicht. Insbesondere die noch in den letzten Tagen be- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 8101 (A) ) (B) ) schlossenen, umfangreichen Änderungen des Gesetzent- wurfs haben die Abgeordneten auch in den Ausschüssen des Deutschen Bundestages kaum noch beraten und in ihrer Wirkung beurteilen können. Maria Michalk (CDU/CSU): Ziel des Gesetzentwur- fes ist, durch Veränderungen auf der Einnahme- wie der Ausgabenseite die Qualität der Versorgung der Men- schen unseres Landes zu verbessern, die Wirtschaftlich- keit durch mehr Transparenz und intensiven Wettbewerb zu stärken, die Wahl- und Entscheidungsmöglichkeiten der Versicherten, also die Eigenverantwortung, zu erwei- tern und die bürokratischen Aufwendungen bei allen Beteiligten zu vermindern. Sowohl die demografischen Herausforderungen, die versorgungstechnischen Ge- sichtspunkte, die Nutzung des wissenschaftlich-techni- schen Fortschritts im medizinischen Bereich für alle wie auch die Notwendigkeit der Entkopplung der Kosten un- seres sozialen Sicherungssystems von den Arbeitskosten machen grundlegende Reformen notwendig. Der Gesetzentwurf war ein Kompromiss der Koali- tion, in dem wesentliche Ansätze der Zielstellung enthal- ten sind wie die Einführung der gesamtdeutschen Ge- bührenordnung für die Honorierung der Ärzte ab 2009 oder die Pflichtversicherung von Mutter-Kind-Kuren, die Erweiterung der Wahlmöglichkeiten der Versicherten durch Selbstbehalt- und Kostenerstattungstarife und Weiteres. Positiv wird sich vor allem in den neuen Län- dern die Einführung des morbiditätsorientierten Risiko- strukturausgleiches auswirken, weil damit die Einnah- meseite gestärkt ist. Die Beitragserhöhungen der Krankenkassen zum Jah- resanfang sind nicht ein vorgezogenes Ergebnis dieser Reform, sondern die Aufarbeitung der Vergangenheit, in der unverantwortlich hohe Schulden aufgenommen wor- den sind. Die Entschuldungserwartung der Politik ge- genüber den Krankenkassen ist ein Beitrag für mehr Ge- nerationengerechtigkeit. Unberücksichtigt geblieben sind aber zum Beispiel bei den notwendigen Regelungen zur Entschuldung der Krankenkassen innerhalb der Krankenkassenarten die unterschiedlichen Anstrengungen der einzelnen Kran- kenkassen in der Vergangenheit, wirtschaftlich zu arbei- ten, den Beitragssatz trotz sehr differenzierter Mitglie- derstrukturen niedrig zu halten und keine Schulden aufzubauen. Auch der Start des Gesundheitsfonds mit ei- ner gesetzlichen Beitragserhöhung ist aus sächsischer Sicht nicht zielführend. Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens ist eine Reihe von Verbesserungen und Klarstellungen in Abstimmung mit allen Beteiligten erreicht worden. Dazu zählen der Erhalt des dualen Versicherungssystems, die Einführung der Pflichtversicherung, die Klarstellungen zur Nutzung des Basistarifes in der GKV, der Verzicht auf die drei- prozentige Kürzung der Rettungsdienstentgelte, der Ver- zicht auf die Einführung der Höchstpreisverordnung in den Apotheken sowie die Reduzierung des Sanierungs- beitrages der Krankenhäuser auf 0,5 Prozent. s f b e m b f e d b A E L D w S w d d w V C K w g L w a v B A u 4 a g v A s e u d t s G G h (C (D Es wurden Maßnahmen eingeleitet, die die Unterver- orgung mit Ärzten in den neuen Ländern auch vor Ein- ührung der neuen ärztlichen Gebührenordnung ab- auen, indem die Kassen Sicherstellungszuschläge in rforderlicher Höhe außerhalb des Bugdets bereitstellen üssen. Positive Wirkungen für die neuen Länder erge- en sich auch aus der Aufstockung des Steuerzuschusses ür die GKV. Aus diesen Gründen stimme ich dem Gesetz zu. Hans Michelbach (CDU/CSU): Ich bedauere, dass s aufgrund des Widerstands der SPD nicht gelungen ist, en wirtschafts- und beschäftigungspolitisch unverzicht- aren Weg einer Abkopplung der Gesundheits- von den rbeitskosten noch deutlicher zu beschreiten. Durch diese Gesundheitsreform wird es deshalb im rgebnis nicht zu einer Senkung der Beitragslast und der ohnzusatzkosten in der Krankenversicherung kommen. as ist der größte Wermutstropfen. Dennoch sind der neue Zusatzbeitrag, neue Wettbe- erbselemente wie Wahltarife und der Einstieg in eine teuerfinanzierung gesamtgesellschaftlicher Aufgaben ie der Kindermitversicherung wichtige erste Schritte in ie richtige Richtung. Ich begrüße insbesondere, dass durch den Einstieg in ie Portabilität der Altersrückstellungen mehr Anbieter- ettbewerb in der PKV entstehen kann und durch die eränderung des neuen Basistarifs auf Intervention der DU/CSU die Rahmenbedingungen für die private rankenvollversicherung nicht über Gebühr geschwächt erden; die PKV als bewährte Institution erhalten bleibt. Positiv zu bewerten ist weiterhin, dass neue Vorkehrun- en gegen die befürchtete Verdrängung mittelständischer eistungserbringer und Arzneimittelhersteller geschaffen erden, eine kollektive Zwangshaftung der Apotheken usbleibt, das Honorar- und Vergütungssystem der Ärzte erbessert wird und eine Verstaatlichung des Gemeinsamen undesausschusses abgewendet werden konnte. Oberstes Ziel muss es allerdings bleiben, den Faktor rbeit weiter zu entlasten und das Ziel einer dauerhaften nd nachhaltigen Lohnzusatzkostensenkung auf unter 0 Prozent zu erreichen. Dies gilt insbesondere für die nstehenden Reformen der Pflegeversicherung und der esetzlichen Unfallversicherung sowie mit Blick auf die orhandenen weiteren Beitragssenkungspotenziale der rbeitslosenversicherung. Eine neue Steuererhöhung darf ich mit dieser Reform nicht entwickeln. Es ist deshalb ine Reform mit einer bürgerlichen Mehrheit anzustreben. Nur unter Zurückstellung größter persönlicher Bedenken nd in Anerkennung der positiven Reformelemente sowie er jetzt noch durch die Fraktion der CDU/CSU erreich- en Nachbesserungen im GKV-Wettbewerbsstärkungsge- etz stimme ich deshalb heute diesem Gesetzentwurf zu. Detlef Müller (Chemnitz) (SPD): Ich stimme dem esetzentwurf in der Drucksache zu, weil infolge des esetzes unter anderem mit der Einführung des Gesund- eitsfonds richtige Schritte hinsichtlich eines zukünftig 8102 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 (A) ) (B) ) starken Verwaltungsaufwandsabbaus im Bereich der ge- setzlichen Krankenkassen – Stichwort: Beitragseinzug von den Hunderten Kassen weg und zu 16 Zahlstellen des Gesundheitsfonds in den 16 Bundesländern hin –, ei- ner massiven Entbürokratisierung im Bereich der Wirt- schaft – Stichwort: lohnsummenbezogene Abführung der Beiträge an die im Bundesland ansässige Zahlstelle des Fonds –, die gesetzlichen Krankenkassen zur Ent- schuldung verpflichtet werden, erstmalig alle Einwohner in Deutschland krankenversichert sein werden, im priva- ten Krankenversicherungssystem ein Basistarif geschaf- fen wird, alle Kassen in der GKV den gleichen Grundbe- trag erhalten, unabhängig vom Sitz der jeweiligen Kasse, die Arzthonorare harmonisiert werden – Abschaffung der Budgetierung, Verlagerung des Gesundheitsrisikos von den Ärzten zu den Kassen –, ab 2010 unterversorgte Regionen über Zuschläge höhere Anreize zur Niederlas- sung bieten können, die Krankenhäuser für spezialisierte ambulante Leistungen in strukturschwachen Regionen geöffnet werden. Schwere Bedenken habe ich angesichts der ehrgeizi- gen, ursprünglichen Zielstellungen in Anbetracht der jet- zigen minimal erscheinenden Änderungen. Für mich bleibt leider der Eindruck, dass die großen außerparlamentarischen Kräfte wie gesetzliche Kranken- kassen, private Krankenkassen, Kassenärztliche Verei- nigungen, Pharmaindustrie, Apothekern und andere Lobbyisten, in trauter Einheit mit den föderalen Struktu- ren der Bundesrepublik Deutschland – Bundesländer – den engagierten Entwurf der Koalition vom Sommer 2006 aufgeweicht und entschärft haben. Beide Seiten der Großen Koalition knickten vor den privaten Krankenver- sicherungen, den gesetzlichen Krankenversicherungen, der Pharmaindustrie und den Apothekern ein. Eine dauerhaft sichere Finanzierung des Gesundheits- systems wurde ebenso wenig erreicht, wie eine nachhal- tige Senkung der Lohnnebenkosten. Statt der angestreb- ten Kostensenkung werden vorerst Beitragserhöhungen plus immenser Zuschüsse aus Steuermitteln auf uns, auf alle Bürger zukommen. Hierüber muss weiter diskutiert und in einem weiteren parlamentarischem Verfahren be- raten werden. Das Parlament ist die eigentliche Interessenvertretung aller Beitrags- und Steuerzahler. In diesem Sinn gehen wir mit dem GKV-WSG und dessen vielen Verbesserun- gen hinsichtlich der Interessen der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler in die richtige Richtung. Dies lässt mich letztlich, nach langem Abwägungs- prozess, zustimmen. Henry Nitzsche (fraktionslos): Am Freitag, dem 2. Februar, werde ich in namentlicher Abstimmung den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzli- chen Krankenversicherung ablehnen. Was angeblich im letzten Wahlkampf von CDU und SPD angekündigt war, nämlich eine wirksame und nach- haltige Reform des Gesundheitswesens, hat mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Großen Koalition n t s s b l G w g K a s w w w a m k e Z d p e r d s k Z f b n s s v s s v k K V h D d l g m w F d z f a (C (D ichts, aber auch gar nichts zu tun. Die Lohnnebenkos- en werden nicht, wie versprochen, reduziert, sondern teigen für die Arbeitnehmer. Die milliardenschwere Ge- undheitsbürokratie wird nicht, wie versprochen, abge- aut, sondern weiter aufgebläht. Dafür sorgt eine zusätz- iche staatliche Geldverteilungsmaschinerie namens esundheitsfonds. Die Zweiklassenmedizin wird nicht, ie versprochen, durch ein System optimaler Versor- ung für jeden Kranken, unabhängig vom jeweiligen ostenträger, abgelöst, sondern verewigt. Der Anspruch ls Wettbewerbsstärkungsgesetz steht im krassen Wider- pruch zur Rechtslage: § 69 SGB V nimmt die Kassen eiterhin vom Wettbewerbsrecht aus. In der Realität ird sich nur eines ändern: Alles wird teurer, nichts ird, wie versprochen, billiger. Deshalb ist das Gesetz ufs Schärfste abzulehnen. Peter Rauen (CDU/CSU): Dem Gesetzentwurf ge- äß der Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/4200 ann ich nicht zustimmen. Die bereits erfolgten und die zu erwartenden Beitrags- rhöhungen der Krankenkassen konterkarieren das große iel der Koalition, die Lohnzusatzkosten zu senken und adurch mehr sozialversicherungspflichtige Arbeits- lätze zu schaffen. Die Wahlkampfaussage der Union, die Mehrwertsteu- rerhöhung durch Beitragsentlastung der sozialversiche- ungspflichtig Beschäftigten zu kompensieren, wird da- urch weitestgehend verfehlt. Katherina Reiche (Potsdam) (CDU/CSU): Ich timme dem Gesetzentwurf zum GKV-Wettbewerbsstär- ungsgesetz nur mit Bedenken zu. Es bestehen massive weifel, ob das Gesetz den verfassungsrechtlichen An- orderungen standhält. Allein die Übertragung der Aufga- en der bisher sieben Kassenartenverbände auf einen euen Spitzenverband Bund könnte gegen das Grundge- etz verstoßen. Die Zentralisierung der bisher von den ieben Verbänden erledigten Aufgaben auf einen Spitzen- erband steht zudem im Widerspruch zum Ziel der Ge- undheitsreform, den Wettbewerb unter den Kassen zu tärken. Auch der geplante Steuerzuschuss zur Kindermit- ersicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung önnte verfassungswidrig sein, da die Kinder der privat rankenversicherten entgegen den Ankündigungen im orfeld der Verabschiedung der Eckpunkte zur Gesund- eitsreform nicht durch Steuermittel gefördert werden. ies führt zu einer Ungleichbehandlung vor allem auch er beihilfeberechtigten Beamten im einfachen und mitt- eren Dienst. Ein rechtfertigender Grund für diese Un- leichbehandlung ist nicht ersichtlich. Die Ausgestaltung des Gesundheitsfonds wird nach einer Auffassung zu mehr Bürokratie und höheren Ver- altungskosten führen. Allein die Einrichtung einer ondsverwaltung mit regionalen Einzugsstellen sowie ie Führung von Einzelbeitragskonten werden zu einem usätzlich überbordenden bürokratischen Mehraufwand ühren. Die starke staatliche Steuerung der Finanzmittel us dem Gesundheitsfond nimmt den Krankenkassen Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 8103 (A) ) (B) ) ihre Beitragsautonomie, führt nicht zu einer Senkung der Lohnnebenkosten, reagiert nicht auf die Probleme des demografischen Wandels und könnte zu einer Einheits- versicherung führen. Maik Reichel (SPD): Obwohl ich als Abgeordneter nicht unmittelbar fachlich mit den anstehenden grund- sätzlichen und speziellen Reformen im Gesundheitswe- sen befasst war, habe ich mich gleichwohl intensiv mit den Problemen, Lösungsvorschlägen und den ausgehan- delten Kompromissen auseinandergesetzt. Ich erkenne ausdrücklich an, dass es auch aus dem Grundverständnis einer sozialdemokratischen Gesund- heitspolitik heraus gelungen ist, zahlreiche strukturelle Verbesserungen insbesondere für die Patientinnen und Patienten durchzusetzen. Dazu gehören der Erhalt des Leistungsangebotes der gesetzlichen Krankenversiche- rung, die Verhinderung einer weiteren Belastung der Versicherten durch Ausweitung der Eigenbeteiligung, der Ausbau der Palliativmedizin, die Sicherung der häuslichen Krankenpflege für Pflegebedürftige und Be- hinderte, die Absicherung der Rehabilitation in der Krankenversicherung, die Stärkung der Prävention und der Ausbau der integrierten Versorgung und weitere Öff- nung der Krankenhäuser für die ambulante Versorgung. Ebenso erkenne ich an, dass es einige bedeutende strukturelle Veränderungen geben wird, die durch die Er- höhung der Wirtschaftlichkeit im Arzneimittelbereich, durch eine teilweise Stärkung der Verhandlungsposition der Krankenkassen, durch Einleitung von Reformen im Bereich der privaten Krankenversicherung mit einer strukturellen Stärkung der Rechte der Versicherten (Por- tabilität, Kontrahierungszwang, Basistarif) entstehen. Diese sind natürlich noch ausbaufähig. Insbesondere das gesundheitspolitische Ziel, dass jeder Mensch in Deutschland in der Pflicht zum Schutz durch eine Kran- kenversicherung steht, ist jetzt erreicht. Als positiv schätze ich die prinzipielle Absicht ein, die nachhaltige Finanzierung der gesetzlichen Kranken- versicherung durch einen anwachsenden Bundeszu- schuss zu sichern, der über die Jahre bis 2010 hinaus bis auf Weiteres zu einer Gesamthöhe von 14 Milliarden Euro anwachsen soll. In dieser Situation kommt es meines Erachtens insbe- sondere darauf an, dass der Fonds den Beitragsatz der Krankenkassen zum 1. Januar 2009 tatsächlich zu 100 Prozent abdeckt und es nur eine sehr begrenzte Zahl von Zusatzbeiträgen geben wird. Ebenso halte ich es für besonders wichtig, dass die neu geschaffene Möglichkeit, den Zusatzbeitrag in Form eines einkommensunabhängigen Pauschalbeitrages ein- zuziehen, wieder abgeschafft und der Zusatzbeitrag von Arbeitnehmern und Arbeitgebern paritätisch gemeinsam finanziert wird. Auch dürfen die Systeme der solidari- schen gesetzlichen Krankenversicherung und der priva- ten kapitalgedeckten Krankenversicherung nicht weiter gegeneinander abgeschottet werden, sondern es müssen solidarische Strukturen auch für den Bereich der priva- ten Krankenversicherung schrittweise aufgebaut werden, u r r h m c b G a Z w n s a b A s R s g s z v K K c L d m s l r K d r d r n V Ö L n c w r A g l d b A b b d k r g (C (D nd insgesamt muss eine Verbreiterung der Finanzie- ungsbasis für die Krankenversicherung durch eine He- anziehung von über den Lohn und das Gehalt hinausge- enden Einkommensarten erreicht werden. Das edizinisch notwendige Leistungsangebot für alle Versi- herungen in der Regelversicherung muss voll erhalten leiben, und es darf zu keiner Aufspaltung in eine rundversicherung einerseits und Zusatzversicherungen ndererseits kommen. Solchen Tendenzen zu einer weiklassenmedizin muss konsequent entgegengetreten erden. Ausdrücklich begrüße ich die Vorteile, die durch die euen Regelungen für die ostdeutschen Länder ent- tehen. Neben einem 100-prozentigen Einkommens- usgleich innerhalb des Gesundheitsfonds, einem ver- esserten Risikostrukturausgleich werden auch die rzthonorare harmonisiert. Darüber hinaus wird die Ver- orgungssicherheit, die gerade in den ländlich geprägten egionen von großer Relevanz ist, erheblich verbessert. Im Detail heißt das, dass es nach Einführung des Ge- undheitsfonds durch die Einführung eines 100-prozenti- en Einkommensausgleichs keine Rolle mehr spielt, wie ich das Einkommensgefälle zwischen Regionen oder wischen Ost und West darstellt oder wie viele Gering- erdiener oder auch Rentner oder Arbeitslose in einer asse versichert sind. Der Vorteil für die ostdeutschen assen: Sie bekommen für jeden Versicherten den glei- hen (Grund-)Betrag wie die Kassen der westdeutschen änder. Ein verbesserter Risikostrukturausgleich sorgt afür, dass die Kassen in den neuen Ländern tendenziell ehr Geld als bisher erhalten, da sie wegen einer im ge- amtdeutschen Vergleich veränderten Altersstruktur re- ativ betrachtet mehr chronisch Kranke versichern. Er- eicht wird dies, indem im RSA die 50 bis 80 häufigsten rankheiten berücksichtigt werden. Die Abschaffung er Budgetierung und die dadurch erfolgende Verlage- ung des Krankheitsrisikos eines jeden Versicherten von en Ärzten hin zu den Kassen sorgt für eine Harmonisie- ung der Arzthonorare. Der wichtigste Fortschritt für die euen Länder besteht jedoch in der Verbesserung der ersorgungssicherheit. Dazu trägt unter anderem die ffnung der Krankenhäuser für spezialisierte ambulante eistungen und seltene Erkrankungen bei – diese Maß- ahme erhöht die Versorgungsqualität in strukturschwa- hen Regionen, die leider häufiger in den ost- als in den estdeutschen Ländern zu finden sind, erheblich. Da- über hinaus werden zwischen 2007 und 2009 die nreize zur Tätigkeit und Niederlassung in solchen Re- ionen erheblich erhöht: durch flexiblere Sicherstel- ungszuschläge, die künftig schon bei „absehbar drohen- er Unterversorgung“ auch Ärzten, die bereits in der etroffenen Region tätig sind, gewährt werden sollen. b 2010 können solche Zuschläge dann generell verein- art werden. Ich verbinde mit meiner Befürwortung der Reformen ei der Abstimmung im Deutschen Bund die Erwartung, ass falsche Weichenstellungen bei nächster Gelegenheit orrigiert werden und das solidarische Krankenversiche- ungssystem mit dem Leitbild der Bürgerversicherung efestigt und ausgebaut wird. 8104 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 (A) ) (B) ) Carsten Schneider (Erfurt) (SPD): Ich stimme dem GKV-WSG trotz einiger inhaltlicher Bedenken zu. Mit dem Gesetz werden zahlreiche Verbesserungen für Ver- sicherte und Patienten erreicht, unter anderem mit einer Krankenversicherungsmöglichkeit für alle und einer Si- cherstellung der Gesundheitsversorgung auch in Gebie- ten mit abnehmender Bevölkerungszahl. Die gesetzliche Fixierung des Bundeszuschusses, der bis zu einer Höhe von 14 Milliarden Euro jährlich an- wachsen soll, entspricht jedoch nicht den Vorstellungen einer nachhaltigen und verantwortungsvollen Finanz- und Haushaltspolitik. Angesichts aktuell beschlossener oder angekündigter Krankenkassenbeitragserhöhungen ist ein gesetzlich fi- xierter Zuschuss des Bundes für ein wettbewerbsorien- tiertes Gesundheitssystem nicht das richtige Signal. Für eine stärkere Kostenentlastung müssten – bevor ein zu- sätzlicher Zuschuss des Bundes erwogen werden kann – zunächst die Leistungserbringer im Gesundheitssystem einen eigenen Beitrag leisten. Dies ist mit der vorliegen- den Reform nur unzureichend gelungen. Einige Ministerpräsidenten der Unionsparteien haben im Sommer letzten Jahres den Einstieg in ein aus Steu- ern finanziertes Gesundheitssystem nur verzögert. Ohne eine gesicherte wirkliche Steuermitfinanzierung wäre diese Regierunskoalition bei einer ihrer wichtigsten Zielstellungen, nämlich der Konsolidierung der Staatsfi- nanzen, gescheitert. Die notwendige Reduzierung des strukturellen Defizits und der weitere Abbau der Neu- verschuldung können dabei nicht allein durch Ausgaben- kürzungen erreicht werden. Eine nachhaltige Gegenfinanzierung für den steigenden Bundeszuschuss ist unerlässlich, wenn die Konsolidierung der Staatsfinanzen weiterhin Priorität haben soll. Ange- sichts steigender Kosten im Gesundheitsbereich auch vor dem Hintergrund der höheren Lebenserwartung – im Jahr 2030 werden allein 3 Prozent des BIP für Kosten des Al- terns aufgewendet werden – muss die Finanzierung dieser zusätzlichen Ausgaben für den Zuschuss aus dem Bundes- haushalt dringend geklärt werden. Rolf Stöckel (SPD): Ich habe dem Gesetzentwurf zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Kranken- versicherung – GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz – zu- gestimmt. In einem hochentwickelten Land mit einer hervorragen- den Medizininfrastruktur müssen die Rahmendingungen für die Akteure am Gesundheitsmarkt stets weiterentwi- ckelt und an die veränderten Bedingungen angepasst wer- den. Die Menschen werden in Deutschland immer älter, die Medizintechnik wird ständig weiterentwickelt. Dabei ist klar, dass es die eine, große Reform nicht geben kann. Vielmehr müssen in einem hochkomplexen System, das nun einmal so ist, wie es ist, eine Vielzahl von Einzelmaß- nahmen getroffen werden. Mit der vorliegenden Reform werden keine Leistungen gekürzt, sondern sogar ausgeweitet. Alle Menschen in D s V m F P w s R g v b m b r A w V K V V d v v s r b ü V g d w v t g d f t d z z n e z t m g p e S (C (D eutschland sind künftig versichert – ein großer Fort- chritt gerade für mich als Sozialdemokraten. Diese Reform enthält für die Versicherten zahlreiche erbesserungen: für Schwerstkranke wird die palliativ- edizinische Versorgung verbessert. Ein wesentlicher ortschritt ist, dass die geriatrische Rehabilitation eine flichtleistung der gesetzlichen Krankenversicherung ird. Das heißt, auch alte und pflegebedürftige sowie chwerbehinderte Menschen haben einen Anspruch auf ehabilitation. Für Behinderte wird dauerhaft sicher- estellt, dass sie auch dann individuell mit Hilfsmitteln ersorgt werden, wenn eine selbstbestimmte und gleich- erechtigte Teilhabe am Leben der Gemeinschaft nicht ehr vollständig möglich ist. Die Gesundheitsreform ringt zudem Erleichterungen für Menschen mit Behinde- ungen in Wohneinrichtungen: Sie haben zukünftig einen nspruch auf häusliche Krankenpflege. Die Wahlmöglichkeiten für die Versicherten werden er- eitert durch Selbstbehalt- und Kostenerstattungstarife. ersicherte können künftig besser vergleichen, ob ihre asse für den Zusatzbeitrag die bessere medizinische ersorgung anbietet. Der Gesundheitsfonds garantiert eine wirtschaftliche erwendung der Beitragsmittel. Der Wettbewerb zwischen en Kassen wird deutlich intensiviert. Der Zusatzbeitrag eranlasst die Kassen, sich im Wettbewerb mit anderen erstärkt um eine qualitätsgestützte und effiziente Ver- orgung zu bemühen und schlanke Verwaltungsstruktu- en zu etablieren. Versicherte verfügen mit dem Zusatz- eitrag über einen Indikator, der ihnen Informationen ber die Leistungsfähigkeit ihrer Kasse gibt. Nutznießer der Reform werden also vor allem die ersicherten sein; für diese Versicherten ist diese Reform emacht, nicht für die zahlreichen Interessengruppen, ie vor allem ihr eigenes Wohl im Sinn haben. Jörn Thießen (SPD): Ich stimme dem GKV-Wettbe- erbsstärkungsgesetz trotz erheblicher Bedenken zu. In ielen Bereichen haben sich durch die intensiven Debat- en der vergangenen Wochen substanzielle Verbesserun- en ergeben. Bei meinem Abstimmungsverhalten sind Konsensbil- ung und politische Handlungsfähigkeit der Koalition ür mich von großem Gewicht. Bedenklich bleibt aber die ungenügend geklärte künf- ige Finanzierung des Steuerzuschusses aus dem Bun- eshaushalt ebenso wie die Verschiebung der Gewichte wischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung ugunsten der letzteren. Von besonderer Bedeutung bleibt weiterhin, dass die eu geschaffene Möglichkeit, den Zusatzbeitrag in Form ines einkommensunabhängigen Pauschalbeitrages ein- uziehen, wieder abgeschafft wird, dass der Zusatzbei- rag von Arbeitnehmern und Arbeitgebern paritätisch ge- einsam finanziert wird, die Systeme der solidarischen esetzlichen Krankenversicherung und der privaten ka- italgedeckten Krankenversicherung nicht weiter gegen- inander abgeschottet werden, sondern solidarische trukturen auch für den Bereich der privaten Kranken- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 8105 (A) ) (B) ) versicherung aufgebaut werden und dass es insgesamt zu einer Verbreiterung der Finanzierungsbasis für die Kran- kenversicherung durch eine Heranziehung von über den Lohn und das Gehalt hinausgehenden Einkommensarten kommt, dass das medizinisch notwendige Leistungsan- gebot für alle Versicherungen in der Regelversicherung voll erhalten bleibt und es zu keiner Aufspaltung in eine Grundversicherung einerseits und Zusatzversicherungen andererseits kommt. Solchen Tendenzen zu einer Zwei- klassenmedizin muss konsequent entgegengetreten wer- den. Mit meinem Abstimmungsverhalten im Bundestag verbinde ich die Erwartung, dass bei nächster Gelegen- heit falsche Weichenstellungen korrigiert werden und das solidarische Krankenversicherungssystem mit dem Leitbild der Bürgerversicherung gefestigt und ausgebaut wird. Dr. Marlies Volkmer (SPD): Ich habe mich bei der namentlichen Abstimmung über die Gesundheitsreform enthalten und gebe hierzu folgende Erklärung ab: Ausdrücklich begrüße ich die durch diese Reform eingeführte allgemeine Versicherungspflicht, die neuen Instrumente zur Verbesserung der bedarfsgerechten Ver- sorgung der Patienten, die Stärkung der Prävention, den Ausbau des Leistungskatalogs der gesetzlichen Kran- kenversicherung, GKV, und die Erhöhung der Wirt- schaftlichkeit im Arzneimittelsektor. Leider ist es nicht gelungen, die Finanzierung der GKV auf eine breitere Basis zu stellen. Weder wurde die Zahl der gesetzlich Versicherten vergrößert, noch wur- den andere Einkommensarten als Erwerbseinkommen, Lohnersatzleistungen und Renten zur Finanzierung des Gesundheitswesens herangezogen. Eine grundsätzliche Lösung war durch die nicht zu vereinbarenden Konzepte von Bürgerversicherung und Kopfpauschale nicht zu er- reichen. Es wäre aber zumindest notwendig gewesen, mehr Steuermittel für die Finanzierung gesamtgesell- schaftlicher Aufgaben in der GKV zur Verfügung zu stellen. Es ist nicht akzeptabel, dass die Steuerfinanzie- rung der GKV 2009 geringer ausfallen wird als 2006. Stattdessen wird mit der Einführung der Zusatzprämie, die einseitig die Versicherten belastet, die paritätische und solidarische Finanzierung des Gesundheitssystems ausgehöhlt. Ursprünglich war das Ziel dieser Reform zu verhin- dern, dass die unausweichlich steigenden Kosten des medizinischen Fortschritts und der Alterung der Gesell- schaft zu drastischen Beitragssatzerhöhungen führen. Dieses Ziel wurde verfehlt. Darüber hinaus verursachen die neuen Pflichtleistungen der GKV und die neue Ho- norarordnung der Ärzte zusätzliche Kosten, die nicht ausreichend durch Einsparungen im System gegenfinan- ziert sind und somit zu einer noch stärkeren Belastung der Versicherten und der Arbeitgeber führen werden. Für circa 60 Prozent der Mitglieder der sächsischen Krankenkassen werden die Beitragssätze durch die Ein- führung des Gesundheitsfonds um mehr als zwei Pro- zentpunkte steigen. Dieser drastische Anstieg belastet die sächsischen Arbeitgeber und Versicherten und ver- teuert die Lohnnebenkosten im Freistaat erheblich. Zu- g z d W S w t n G e s e n d w u K d – z n 2 d d s s d k d A d v (C (D leich wird durch die Reform zuwenig getan, um bis um Jahr 2010 die ambulante medizinische Versorgung er Patienten in den neuen Ländern sicherzustellen. Aus den genannten Gründen kann ich dem GKV- SG nicht zustimmen, sondern enthalte mich der timme. Dr. Wolfgang Wodarg (SPD): Das GKV-Wettbe- erbsstärkungsgesetz belastet unser Solidarsystem. Es reibt gerade jene Kassen in die Pleite, die sich um chro- isch Kranke kümmern, und sorgt für Zulauf und gute eschäfte bei den Privatversicherungen. Weiterhin wird s keine Strukturverantwortung für eine effiziente Ver- orgung geben; denn jede Kasse muss vor allem an die igenen Versicherten denken. Was nützt es, wenn man eue Leistungen ins Gesetz schreibt, aber gleichzeitig iejenigen in den Ruin treibt, die diese Möglichkeiten irklich umsetzen? Alte, chronisch Kranke, Behinderte nd Sterbenskranke bleiben im verschärften Wettlauf der assen ums Überleben eine Last. Und wer darauf hofft, ass die Versprechen der CDU/CSU zum Morbi-RSA Krankheitslastenausgleich zwischen den Kassen – und um Basistarif für die privaten Krankenversicherungen ach der Wahl in Bayern und vor der Bundestagswahl 009 wirklich umgesetzt werden, der hat das Schicksal er Positivliste vergessen und setzt jetzt leichtfertig die urch die SPD hart erkämpften Errungenschaften einer olidarischen Gesundheitssicherung aufs Spiel. Ich timme deshalb gegen das Gesetz und werde weiter für en Erhalt unserer solidarischen Krankenversicherung ämpfen und möchte den Sozialdemokraten sehen, der as nicht will. nlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Clemens Bollen, Dr. Michael Bürsch, Ulla Burchardt, Elvira Drobinski-Weiß, Gernot Erler, Monika Griefahn, Frank Hofmann (Volkach), Gabriele Hiller-Ohm, Reinhold Hemker, Christel Humme, Rolf Kramer, Anette Kramme, Jürgen Kucharczyk, Ute Kumpf, Christine Lambrecht, Waltraud Lehn, Dr. Sascha Raabe, Mechthild Rawert, Gerold Reichenbach, Christel Riemann-Hanewinckel, Sönke Rix, Dr. Ernst Dieter Rossmann, Michael Roth (Heringen), Ortwin Runde, Anton Schaaf, Axel Schäfer (Bochum), Dr. Frank Schmidt, Swen Schulz (Spandau), Frank Schwabe, Christoph Strässer, Dr. Rainer Tabillion, Dr. h. c. Wolfgang Thierse, Waltraud Wolff (Wolmirstedt) und Uta Zapf (alle SPD) zur Ab- stimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstär- kungsgesetz – GKV-WSG) (Tagesordnungs- punkt 27 a) Erstens. Reformen der Gesundheitsversorgung und er Krankenversicherung berühren immer – mehr als iele andere Fragen – die Gesamtheit der Bevölkerung. 8106 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 (A) ) (B) ) Reformen in diesem Bereich sind deshalb mit besonde- rer Sorgfalt und Verantwortung anzugehen und zu ge- stalten. Gesundheit ist für jeden Menschen ein existen- zielles Anliegen. Das solidarische System der Krankenversicherung ist ein zentraler Bestandteil unse- res Sozialstaates. Das Gesundheitssystem bindet schließ- lich über 250 Milliarden Euro an Mitteln und bildet in sich den größten geschlossenen Arbeitssektor in unse- rem Land. Als Abgeordnete, die in ihrer Mehrzahl nicht direkt fachlich und unmittelbar in den Verhandlungen mit den anstehenden grundsätzlichen wie speziellen Reformen im Gesundheitswesen befasst gewesen sind, haben wir uns gleichwohl sehr intensiv mit den Problemen, den Lösungsvorschlägen und den getroffenen Kompromis- sen in der Großen Koalition auseinandergesetzt. Zweitens. Die Unterzeichnenden dieser Erklärung nach § 31 der Geschäftsordnung erkennen ausdrücklich an, dass es auch aus dem Grundverständnis einer sozial- demokratischen Gesundheitspolitik heraus gelungen ist, zahlreiche strukturelle Verbesserungen insbesondere für die Patienten und deren Versorgung durchzusetzen. Beispielhaft nennen wir: Erhalt des Leistungsangebo- tes der gesetzlichen Krankenversicherung, Verhinderung einer weiteren Belastung der Versicherten durch Aus- weitung der Eigenbeteiligung, – Ausbau der Palliativme- dizin, Sicherung der häuslichen Krankenpflege für Pfle- gebedürftige und Behinderte, Absicherung der Rehabilitation in der Krankenversicherung, Stärkung der Prävention und Ausbau der integrierten Versorgung und weitere Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante Versorgung. Auch erkennen wir an, dass es einige bedeutende strukturelle – allerdings auch noch ausbaufähige – Ver- änderungen geben wird durch Erhöhung der Wirtschaft- lichkeit im Arzneimittelbereich, durch eine teilweise Stärkung der Verhandlungsposition der Krankenkassen und durch Einleitung von Reformen im Bereich der privaten Krankenversicherung mit einer strukturellen Stärkung der Rechte der Versicherten (Portabilität, Kon- trahierungszwang, Basistarif). Insbesondere das gesundheitspolitische Ziel, dass je- der Mensch in Deutschland in der Pflicht zum Schutz durch eine Krankenversicherung steht, ist jetzt erreicht. Drittens. Positiv hervorheben möchten wir auch die prinzipielle Absicht, die nachhaltige Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung durch einen anwach- senden Bundeszuschuss zu sichern, der über die Jahre bis 2010 hinaus bis auf Weiteres zu einer Gesamthöhe von 14 Milliarden Euro anwachsen soll. Nach der wider- sinnigen Festlegung im Koalitionsvertrag, den gerade von SPD und Bündnis 90/Die Grünen erst eingeführten Steuerzuschuss wieder zurückzunehmen, und nach dem Einbruch der Bundeskanzlerin im Juli des letzten Jahres, die unter dem Druck der CDU/CSU-Ministerpräsidenten von dem fest verabredeten Einstieg in eine nachhaltige Steuerfinanzierung über Nacht kleinmütig abrücken musste, konstatieren wir also jetzt wieder einen Einstieg in eine stärkere und aufwachsende Steuerfinanzierung. D 2 j m z 2 s a p h d p g g v n z r g w d e z u g t w s s T z b d g w b S c s d B a r r d u a t v r Z w B (C (D iese soll für die Jahre 2007 und 2008 konstant bei ,5 Milliarden Euro jährlich liegen und dann ab 2009 ährlich um 1,5 Milliarden Euro anwachsen. Dieses Ele- ent wird allerdings bisher nicht durch eine klare Finan- ierungsgrundlage gesichert. Damit ist bei einer Reform, die wir zum Jahresanfang 007 im Bundestag verabschieden, ein weiterer ent- cheidender Baustein in seiner konkreten Realisierung uf das Jahr 2009 mit allen Konsequenzen und in seiner räzisen Umsetzung verschoben. Die Unterzeichnenden erklären ausdrücklich, dass sie ierin ein strukturelles Dilemma dieser Reform sehen, ass mit Wirksamkeit zum 1. April 2007 viele konkrete ositive Strukturreformen beschlossen werden und dem egenüber zum 1. Januar 2009 vorgesehene Veränderun- en in der Grundarchitektur der gesetzlichen Kranken- ersicherung mit vielen Bedingungen, Vorbehalten und och offenen Fragen versehen sind. Viertens. In dieser Situation kommt es für die Unter- eichnenden insbesondere darauf an, dass die Einfüh- ung eines umfassenden, zielgenauen, morbiditätsbezo- enen Risikostrukturausgleiches verbindlich realisiert ird und damit eine wirksame Solidarleistung zwischen en unterschiedlichen Patientenstrukturen der Kassen ntsteht, der Fonds den Beitragsatz der Krankenkassen um 1. Januar 2009 tatsächlich zu 100 Prozent abdeckt nd es nur eine sehr begrenzte Zahl von Zusatzbeiträgen eben wird und die berechtigten Interessen der Mitarbei- erinnen und Mitarbeiter der Krankenkassen bei den not- endigen noch offenen Gesetzesregelungen über die In- olvenzordnung ausreichend gewahrt bleiben. Auf die Einhaltung dieser Bedingungen und Voraus- etzungen wird im Vorfeld der Wirksamkeit des zweiten eils der Gesamtreform zum 1. Januar 2009 sehr genau u achten sein. Von besonderer Bedeutung für die Unterzeichnenden leibt weiterhin, dass die neugeschaffene Möglichkeit, en Zusatzbeitrag in Form eines einkommensunabhängi- en Pauschalbeitrages einzuziehen, wieder abgeschafft ird und der Zusatzbeitrag von Arbeitnehmern und Ar- eitgebern paritätisch gemeinsam finanziert wird, die ysteme der solidarischen gesetzlichen Krankenversi- herung und der privaten kapitalgedeckten Krankenver- icherung nicht weiter gegeneinander abgeschottet wer- en, sondern solidarische Strukturen auch für den ereich der privaten Krankenversicherung schrittweise ufgebaut werden und es insgesamt zu einer Verbreite- ung der Finanzierungsbasis für die Krankenversiche- ung durch eine Heranziehung von über den Lohn und as Gehalt hinausgehenden Einkommensarten kommt nd das medizinisch notwendige Leistungsangebot für lle Versicherungen in der Regelversicherung voll erhal- en bleibt und es zu keiner Aufspaltung in eine Grund- ersicherung einerseits und Zusatzversicherungen ande- erseits kommt. Solchen Tendenzen zu einer weiklassenmedizin muss konsequent entgegengetreten erden. Fünftens. Mit unserem Abstimmungsverhalten im undestag verbinden wir die Erwartung, dass bei nächs- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 8107 (A) ) (B) ) ter Gelegenheit falsche Weichenstellungen korrigiert werden und das solidarische Krankenversicherungssys- tem mit dem Leitbild der Bürgerversicherung gefestigt und ausgebaut wird. Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Hilde Mattheis, Lothar Mark, Ewald Schurer, Klaus Barthel, Renate Gradistanac, Angelika Graf (Rosenheim), Dr. Bärbel Kofler und Ottmar Schreiner (alle SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wett- bewerbsstärkungsgesetz – GKV-WSG) (Tages- ordnungspunkt 27 a) Die Große Koalition hat sich zum Ziel gesetzt, mit der Gesundheitsreform eine nachhaltige und gerechte Finan- zierung des Gesundheitswesens zu sichern. Als Ergebnis der Gesundheitsreform sollte ein leistungsfähiges, solida- risches und demografiefestes Gesundheitswesen stehen. Trotz einzelner Strukturreformen, die positiv bewertet werden können, wie erstens die Pflicht der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung, ehemaligen Versi- cherten wieder einen Versicherungsschutz anzubieten, zweitens den zunächst erreichten Erhalt des Leistungs- katalogs der GKV sowie die Umwandlung bisheriger Ermessensleistungen und Verbesserungen (Mutter-Vater- Kind-Kuren, geriatrische Rehabilitation; Impfungen) in Pflichtleistungen und drittens die Kosten-Nutzen- Bewertung von Arzneimitteln, die auch den therapeu- tischen Nutzen berücksichtigt, ist das Ergebnis der Gesundheitsreform als Kompromiss innerhalb der Großen Koalition enttäuschend und nicht zielführend. Diese Gesundheitsreform schwächt die Solidarität in der gesetzlichen Krankenversicherung und führt zu einer einseitigen Belastung der gesetzlich Versicherten. Gleichzeitig ist zu befürchten, dass es zu Leistungsaus- grenzungen für GKV-Versicherte kommen wird. Mittel- fristig sind Teile des Gesetzes haushaltstechnisch nicht abgesichert. Besonders aus folgenden acht Gründen kann den Reformplänen nicht zugestimmt werden: Erstens. Der Gesundheitsfonds lässt die private Kran- kenversicherung außen vor, anstatt sie in die solidarische Finanzierung des Gesundheitswesens einzubeziehen. Das Fondsmodell, in dem der Bund den einheitlichen Beitragssatz festlegt und sowohl Arbeitgeber- als auch Arbeitnehmerbeiträge fixiert sind, führt zu einem Wettbe- werb über die Zusatzbeiträge. Diese sind sozial ungerecht und belasten einseitig die Versicherten. Die Zusatzbei- träge widersprechen dem einstimmigen Beschluss von SPD-Parteivorstand und Parteirat vom 24. April 2006, der „Pauschalen jeder Art und Variante“ als unsolidarisch ablehnt. W d w r u d u w Q d B R b i r K s d w V w s w b s S s s s d h a w i E f m b r s I Z r g m B w w d r (C (D Zweitens. Der neue Spitzenverband Bund hemmt den ettbewerb der gesetzlichen Kassen um die beste Qualität er medizinischen Versorgung und drängt die Selbstver- altung in eine Statistenrolle. Drittens. Es ist zu befürchten, dass die geplanten Neu- egelungen zum Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA) nzureichend sind. Die Morbiditäten der Versicherten in en einzelnen gesetzlichen Krankenkassen werden nur nzureichend abgebildet, sodass letztlich ein Kassen- ettbewerb um die besten Risiken statt um die beste ualität stattfinden wird. Es wird daher Kassen geben, ie sofort einen Zusatzbeitrag erheben müssen, da der etrag aus dem Fonds nicht ausreicht und der Morbi- SA unzureichend ist. Viertens. Die geplanten Wahlleistungs- und Selbst- ehalttarife führen zu einer weiteren Entsolidarisierung m Gesundheitswesen hin zu einer weiteren Privatisie- ung der Krankheitskosten. Die auf Druck der privaten rankenversicherungslobby und der CDU/CSU ent- chärften Regelungen beim Basistarif belasten die Soli- argemeinschaft der gesetzlichen Krankenversicherung eiter, weil sie zu einer Abwanderung bisher freiwillig ersicherter in die private Krankenversicherung führen erden. Fünftens. Die gesetzlichen Kassen haben für 2007 pürbare Beitragserhöhungen beschlossen. Diese Ent- icklung ist im Zusammenhang mit steigenden Lohnne- enkosten, die dem notwendigen Ziel einer Konjunktur- tabilisierung entgegenstehen, äußerst bedenklich. Die tabilisierung des Bundeshaushalts ist auf ein weiteres, tabiles wirtschaftliches Wachstum unserer Volkswirt- chaft angewiesen. Sechstens. Gravierend ist, dass ein konkreter Vor- chlag zur Gegenfinanzierung des Steuerzuschusses, den ie GKV pauschal für gesellschaftliche Leistungen er- ält, fehlt. Siebtens. Die fehlende Gegenfinanzierung betrifft vor llem den in der Gesundheitsreform enthaltenden Auf- uchs der Steuermittel für die nächsten Jahre. Ab 2009 st ein Aufwuchs um jährlich weitere 1,5 Milliarden uro notwendig, sodass bereits 2011 7 Milliarden Euro ällig werden, 14 Milliarden im Jahr 2016. Hinzu kom- en weitere Risiken, die mit circa 2 Milliarden Euro zu eziffern sind, ungeachtet der Risiken, die in konjunktu- ellen Zyklen und durch die Zinsentwicklung möglich ind. Achtens. Das Gesetz verschärft die Armut von Hartz- V-Leistungsempfängerinnen und -empfängern, da der usatzbeitrag (Kopfpauschale), wenn das Kündigungs- echt aus unterschiedlichen Gründen nicht in Anspruch enommen wird, aus dem Regelsatz finanziert werden uss. Aufgrund der skizzierten Kritikpunkte und der großen edenken gegen das vorliegende Gesamtpaket stimmen ir heute im Deutschen Bundestag gegen den Gesetzent- urf der Fraktionen CDU/CSU und SPD zur Stärkung es Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversiche- ung. 8108 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 (A) ) (B) ) Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Renate Schmidt (Nürnberg), Petra Ernstberger, Marianne Schieder, Dr. Carl- Christian Dressel, Wolfgang Grotthaus, Nicolette Kressl und Klaus Brandner (alle SPD) zur Ab- stimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstär- kungsgesetz – GKV-WSG) (Tagesordnungs- punkt 27 a) Nachdem denen, die dem Entwurf des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Kranken- versicherung in zweiter und dritter Lesung zustimmen, öffentlich unterstellt wird, sie würden ihrem Gewissen nicht folgen und von ihren Fraktionen als „Stimmvieh“ missbraucht, erklären wir hiermit: Erstens. Wir stimmen dem oben genannten Gesetz im Sinne des Artikels 38 GG nach sorgfältiger Prüfung und ausführlichen Gesprächen mit Betroffenen vor Ort zu. Zweitens. Wir sind im Laufe des Gesetzgebungsver- fahrens nicht belogen, getäuscht oder ausgetrickst wor- den, haben im Gegenteil auf offene oder strittige Fragen umfassende Antworten erhalten. Konstruktive und fi- nanzierbare Vorschläge haben häufig zu Änderungen des ursprünglichen Gesetzentwurfs geführt. Drittens. Nicht wenige derer, die seitens der Unions- fraktion nicht zustimmen, tun dies, weil sie weiterhin das Modell einer Kopfpauschale und einer überwiegend pri- vaten Vorsorge durchsetzen wollen. Andere führen für ihr ablehnendes Stimmverhalten Sorgen von im Gesund- heitswesen Tätigen und Institutionen an, ohne sich selbst die Mühe gemacht zu haben, finanzierbare Änderungs- vorschläge vorzulegen. Wir dagegen halten den gefunde- nen Kompromiss für tragfähig und die Strukturreformen für zukunftsweisend. Es ist begrüßenswert, dass Leistun- gen nicht eingeschränkt werden. Wir halten es für notwendig, dass die Grundlagen für den Morbiditätsaus- gleich rechtzeitig vorliegen. Wir halten die Finanzie- rungsstruktur für verbesserungsfähig; denn auch dieses Gesetz ist keine „Jahrhundertreform“, wird verändert werden und verändert werden müssen. Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Ulrich Kelber und Ulrike Merten (beide SPD) und Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU) zur Abstim- mung über den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstär- kungsgesetz – GKV-WSG) (Tagesordnungs- punkt 27 a) Die Beschlussempfehlung zum GKV-Wettbewerbs- stärkungsgesetz enthält, anders als der ursprüngliche Ge- setzentwurf, eine Festlegung des Sitzes des neuen Spit- zenverbandes der Krankenkassen für Berlin. Dies w l d B d k d B z b i A s h Z K l s W a w z s z m b G A g s g h d t s s E n D H s d n n (C (D iderspricht nach unserer festen Überzeugung dem Ber- in/Bonn-Gesetz, in dem ausdrücklich festgehalten wird, ass zum Erhalt politischer Funktionen in der Region onn der Politikbereich Gesundheit dort gefördert wer- en soll. Der Sitz des neuen Spitzenverbandes der Kran- enkassen müsste deshalb in der Region Bonn angesie- elt sein. Trotz dieses Widerspruchs zum geltenden Berlin/ onn-Gesetz stimmen wir der Beschlussempfehlung um GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz zu, weil die Ver- esserungen im Gesundheitsbereich durch das Gesetz nsgesamt für uns stärker wiegen. nlage 7 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Iris Hoffmann (Wismar) und Bernhard Brinkmann (Hildesheim) (beide SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstär- kungsgesetz – GKV-WSG) (Tagesordnungspunkt 27 a) Das Gesundheitssystem in Deutschland gehört mit einer solidarischen Ausrichtung und seiner Leistungsfä- igkeit zu den besten in der Welt. Um es auch für die ukunft zu sichern, bedurfte es einer gemeinsamen raftanstrengung der Großen Koalition. In den Verhand- ungen zur Gesundheitsreform trafen zwei sehr unter- chiedliche Modellvorstellungen aufeinander. Zum ohle des Landes mussten deshalb eigene Positionen ufgegeben und ein tragfähiger Kompromiss gefunden erden. Das Ergebnis dieser Verhandlungen liegt uns heute ur Abstimmung vor. Ich werde für den Gesetzentwurf timmen. Vorteilhafte Entwicklungen für die Versicherten sind u erkennen. Es ist ein Fortschritt, dass zukünftig nie- and mehr ohne Versicherungsschutz in Deutschland le- en wird. Auch der Ausbau des Leistungskataloges der KV wird für die Versicherten Vorteile bringen. Die ufnahme von Rehabilitations- und Palliativbehandlun- en als Pflichtleistungen der Krankenkassen ist deshalb ehr zu begrüßen. Auch die Verbesserungen bei Impfun- en, Eltern-Kind-Kuren sowie bei der ambulanten Be- andlung von Krebs, Mukoviszidose und Aids waren ringend notwendige Anpassungen der gesetzlich garan- ierten Pflichtleistung. Ich stimme mit dem Inhalt des Reformpakets in we- entlichen Punkten aber nicht überein. Die Bundeszu- chüsse zur GKV werden jährlich um 1,5 Milliarden uro bis auf 14 Milliarden Euro steigen. Die Gegenfi- anzierung aus dem Bundeshaushalt ist nicht gesichert. ieser Zustand birgt enorme Risiken für die kommenden aushaltsjahre, weil eine Deckung alleine über wirt- chaftliches Wachstum nicht erreicht werden kann. Um ie Maastrichtkriterien einzuhalten, ist eine alleinige Fi- anzierung über die Erhöhung der Nettokreditaufnahme icht möglich. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 8109 (A) ) (B) ) Deshalb müssen im Bundeshaushalt selbst in den kommenden Jahren ausgabenseitig große Einsparungen vorgenommen werden. Einnahmeseitig wird dieses zwangsläufig zu weiteren Steuererhöhungen führen. In- sofern ist für mich die Finanzierung des Gesetzesvorha- bens mittel- und langfristig nicht gesichert. Die Gesundheitsreform sollte zu Kosteneinsparungen aufseiten der öffentlichen Hand führen. Das Ziel ist nicht erreicht worden. Darüber hinaus werden auch die priva- ten Haushalte über Beitragserhöhungen der gesetzlichen Krankenkassen höher belastet. Die privaten Krankenversicherungen sind ein wichti- ger Faktor für die Sicherung eines leistungsfähigen Ge- sundheitssystems. Die Einführung des Basistarifs wird wegen der Belastung im Leistungsbereich zu gravieren- den Beitragsanpassungen führen. Das belastet alle privat Krankenversicherten, sowohl Beamte im einfachen, mittleren und gehobenen Dienst als auch Selbstständige und Freiberufler. Das Gesundheitssystem in Deutschland beruht auf dem Solidaritätsprinzip. Dies bedeutet vor allem, dass sich alle Ebenen an der Sicherung und Verbesserung der Gesundheitsversorgung beteiligen müssen. Dies gilt auch für Krankenhäuser, Apotheken, Pharmaindustrie und andere Dienstleistern im Gesundheitsbereich. Im Gesetzentwurf waren deshalb auch Einsparziele für alle Beteiligten vorgesehen. Diese wurden in den Verhand- lungen – vor allem auch mit den Bundesländern – aufge- weicht und deutlich nach unten korrigiert. Damit schul- tern vor allem die Bürger und der Staat die Last der Reform. Diese Entwicklung ist mehr als enttäuschend. Zuletzt verfehlt das Gesetzespaket sein Ziel beim Umbau der Strukturen in den gesetzlichen Krankenkas- sen. Zwar werden mit der Schaffung des Dachverbandes überflüssige Strukturen bei den einzelnen Kassen abge- baut. Jedoch wird die Zahl der Kassen dadurch nicht deutlich abnehmen. Hier hätte mehr erreicht werden können. Ich werde aber heute dennoch dem Gesetz zustim- men, da ich das Mehrheitsvotum meiner Fraktion re- spektiere und es sich hierbei nicht um eine Gewissens- entscheidung handelt. Anlage 8 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Karl Lauterbach, Andrea Nahles und Niels Annen (alle SPD) zur Abstim- mung über den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstär- kungsgesetz – GKV-WSG) (Tagesordnungs- punkt 27 a) Dem Entwurf der Fraktionen von SPD und CDU/ CSU eines GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes können wir nicht zustimmen. Dieses Gesetz berührt die Gesund- heitsversorgung der deutschen Bevölkerung und die Le- bensschicksale einzelner Menschen so zentral, dass wir von der Fraktionsmehrheit abweichen. d v d w g s 9 s v t m s k t d s d a G w d i k g Z d p s B k c z S h E u K Q z d s v g t s K a k o u r m t G (C (D Es war vor Beginn der Verhandlungen klar, dass we- er die Einführung einer Bürgerversicherung noch eine on der CDU geforderten Gesundheitsprämie Ergebnis er Reform sein könne. Daher sollten die vier objektiv ichtigsten Probleme pragmatisch und im Kompromiss elöst werden: Erstens. Stabilisierung oder Senkung der Beitrags- ätze der gesetzlichen Krankenkassen, die mehr als 0 Prozent der Bevölkerung versichern. Zweitens. Verbreiterung der Einnahmebasis der ge- etzlichen Krankenkassen, da die einseitige Belastung on Löhnen und Gehältern den Arbeitsmarkt verschlech- ert und ungerecht ist. Drittens. Abbau der sich verstärkenden Zweiklassen- edizin. Viertens. Schaffung eines fairen Wettbewerbs zwi- chen gesetzlichen Krankenkassen und privaten Kran- enversicherungen. Keines dieser Ziele konnte erreicht werden. Die Bei- ragssätze steigen bereits im Vorfeld der Reform. Durch ie ständigen Verwässerungen der Strukturreform chrumpften die Einsparungen auf einen Betrag, der urch die Kostensteigerungen in nur wenigen Monaten ufgezehrt sein wird. Die Belastung von Löhnen und ehältern konnte kurz- und mittelfristig nicht reduziert erden. Eine stärkere Steuerfinanzierung wurde lange iskutiert, aber konnte nicht umgesetzt werden. Ergebnis st nur, dass der Steuerzuschuss der gesetzlichen Kran- enversicherung kurzfristig sinkt und langfristig ohne esicherte Gegenfinanzierung ist. Für den Abbau der weiklassenmedizin gibt es keine Impulse und es bleibt abei, dass die privaten Krankenversicherungen schwer- unktmäßig die einkommensstarken und gesunden Men- chen versichern werden, die aufgrund einer besseren ezahlung von Ärzten und Krankenhäusern auch in Zu- unft eine bessere Versorgung als der gesetzlich Versi- herte erwarten dürfen. Noch problematischer als die Tatsache, dass die vier entralen Ziele nicht erreicht werden konnten, ist die chaffung neuer Probleme für das deutsche Gesund- eitssystem. Das größte neu geschaffene Problem ist die inführung eines neuen und gefährlichen Wettbewerbs m einkommensstarke Mitglieder in der gesetzlichen rankenversicherung, der sich langfristig negativ auf die ualität der Versorgung auswirken muss. Die Unter- eichner haben einen Wettbewerb für bessere Qualität in er Vergangenheit immer unterstützt. Durch den Ge- undheitsfonds aber werden die Krankenkassen, die iele ältere und kranke Mitglieder versichern, gezwun- en, zusätzliche Kopfpauschalen zum allgemeinen Bei- ragssatz zu nehmen. Da Kopfpauschalen Einkommens- chwache aber schnell überfordern, werden die rankenkassen gezwungen sein, sich stärker als heute uf das Anwerben einkommenstarker Neumitglieder zu onzentrieren. Die Einführung von Kopfpauschalen hne Sozialausgleich ist von der SPD daher immer als ngerecht abgelehnt worden, weil davon Rentner, Ge- ingverdiener und Familien belastet und nur Einkom- ensstarke entlastet werden. Jetzt werden sie gleichzei- ig mit einem neuen Wettbewerb um Gutverdiener und esunde eingeführt. Die größten Verlierer sind dabei 8110 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 (A) ) (B) ) chronisch Kranke mit geringem Einkommen, besonders dann, wenn sie unter einer Krankheit leiden, die nicht zu den maximal 80 Krankheiten gehört, die in Zukunft im Risikostrukturausgleich berücksichtigt werden. Kran- kenkassen werden alles tun, solche Versicherte zu mei- den, weil sie weder hohe Kopfpauschaleneinkünfte noch Ausgleichszahlungen aus dem Risikostrukturausgleich bringen. Somit benachteiligt die Reform ausgerechnet die Gruppe von Menschen, die bereits am stärksten be- nachteiligt ist, Einkommensschwache mit seltenen chro- nischen Erkrankungen. Im Gegenzug wird für diejenigen, deren Einkommen oberhalb der Versicherungspflichtgrenze liegt, ein neuer Basistarif in der privaten Krankenversicherung geschaf- fen, der den Leistungskatalog der gesetzlichen Kranken- kassen abdeckt, für die Versicherten aber billiger ist als die Versicherung in der gesetzlichen Krankenkasse. Der Basistarif bietet einen starken Anreiz für bislang freiwil- lig gesetzlich Versicherte, das Solidarsystem zu verlas- sen. Ohne Risikoprüfung garantiert er eine Versorgung von hoher Qualität mit einer besseren Vergütung der Ärzte, wobei auch garantiert ist, dass der Beitrag nicht höher sein darf, als der für freiwillig Versicherte zu zah- lende Beitrag der gesetzlichen Krankenkasse. Weil ein Solidarbeitrag in den Gesundheitsfonds nicht anfällt, dürfte der Versicherte im Einzelfall bis zu 300 Euro im Monat beim Wechsel von der gesetzlichen Krankenkasse in den Basistarif einer privaten Krankenversicherung sparen. Nur derjenige, der mehr als die Versicherungs- pflichtgrenze verdient, erhält das Recht, sich aus dem Solidarsystem zu verabschieden und sich billiger und besser im neuen Basistarif zu versichern. Es handelt sich hier nicht um einen Einstieg, sondern um die Abkehr von der Bürgerversicherung. Dass weder die klassisch privat Versicherten noch die Mitglieder im neuen Basistarif in das Solidarsystem ein- zahlen, ist eine bittere Niederlage für die soziale Gerech- tigkeit in Deutschland genauso wie die Einführung von Kopfpauschalen ohne Arbeitgeberbeitrag oder Sozial- ausgleich. Das Solidarsystem wird geschwächt und nicht gestärkt. Die Einkommensschwachen müssen befürch- ten, dass die Obergrenze der Kopfpauschalen von 1 Prozent des Einkommens bald fallen wird, wie dies von der Union bereits jetzt gefordert wird. Alle Versuche der Unterzeichner, diese Verschlechterungen auf dem Verhandlungsweg abzuwenden, sind am Widerstand der Lobbyisten und an ideologischen Barrieren einzelner Verhandlungsteilnehmer gescheitert. Daher muss die konzeptionelle Vorbereitung einer echten Reform für eine bessere Versorgung und eine nachhaltige und ge- rechte Finanzierung sofort beginnen. Anlage 9 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Rainer Fornahl und Gunter Weißgerber (beide SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenver- z E s w B i E i g s K d p D K w e l s 8 A B d g s m z s d w w c s l R g z ß k g V d d 2 k r D P S w m z u r r I (C (D sicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz – GKV-WSG) (Tagesordnungspunkt 27 a) Wir stimmen dem Gesetzentwurf in der Drucksache u, weil infolge des Gesetzes unter anderem: mit der inführung des Gesundheitsfonds richtige Schritte hin- ichtlich einer zukünftig starken Reduzierung des Ver- altungsaufwands im Bereich der Kassen (Stichwort: eitragseinzug künftig durch 16 Zahlstellen des Fonds n den 16 Bundesländern statt wie bisher durch Hunderte inzelkassen) und einer massiven Entbürokratisierung m Bereich der Wirtschaft (Stichwort: lohnsummenbezo- ene Abführung der Beiträge an die im Bundesland an- ässige Zahlstelle des Fonds) erfolgen; die gesetzlichen rankenkassen zur Entschuldung verpflichtet werden; er Bundesrechnungshof ein umfassendes Kassenüber- rüfungsrecht erhält; erstmalig alle Einwohner in eutschland krankenversichert sein werden; im privaten rankenversicherungssystem ein Basistarif geschaffen ird; alle Kassen in der GKV den gleichen Grundbetrag rhalten, unabhängig vom geografischen Sitz der jewei- igen Kasse; die tatsächlichen Krankheiten im Risiko- trukturausgleich besser abgebildet, das heißt die 50 bis 0 häufigsten Krankheiten einbezogen werden; die rzthonorare harmonisiert werden (Abschaffung der udgetierung, Verlagerung des Gesundheitsrisikos von en Ärzten zu den Kassen); ab 2010 unterversorgte Re- ionen über Zuschläge höhere Anreize zur Niederlas- ung bieten können; Sicherstellungszuschläge nicht ehr hälftig zulasten der Ärzte, sondern zu 100 Prozent ulasten der Kassen gewährt werden; Sicherstellungszu- chläge nicht mehr durch eine Begrenzungsregelung ge- eckelt (bisher 1 vom Hundert der Gesamtvergütung) erden; Sicherstellungszuschläge auch an Ärzte gezahlt erden, die bereits im betroffenen Gebiet tätig sind; Si- herstellungszuschläge schon bei absehbarer Unterver- orgung gewährt werden; die Krankenhäuser für spezia- isierte ambulante Leistungen in strukturschwachen egionen geöffnet werden. Schwere Bedenken haben wir angesichts der ehrgeizi- en ursprünglichen Zielstellungen in Anbetracht der jet- igen, bescheiden erscheinenden Resultate. Für uns bleibt der fatale Eindruck, dass die großen au- erparlamentarischen Kräfte wie gesetzliche Kranken- assen, private Krankenkassen, Kassenärztliche Vereini- ungen, Pharmaindustrie und Apotheker in traurigem erbund mit den reformunfähigen föderalen Strukturen er Bundesrepublik Deutschland (Bundesländer) über en engagierten Entwurf der Koalition vom Sommer 006 „obsiegt“ haben. Es bleibt die Erkenntnis: Weder eine Große Koalition ann einen großen Wurf durchsetzen, noch hätte es eine ot-grüne oder eine schwarz-gelbe Koalition gekonnt. ie große Koalition knickte auf Unionsseite vor der KV, der Pharmaindustrie und den Apothekern ein, die PD brachte ihr Opfer der GKV und der Industrie. Beide urden zusätzlich vom Bundesrat düpiert. Andere parla- entarische Mehrheiten wären vor diesen massiven Ein- elinteressen ähnlich eingeknickt. Besonders fatal ist für ns darüber hinaus Folgendes: Die Kassen sollen Inte- essenvertreter ihrer Beitragszahler sein. Das ist in der ealen Welt absolut nicht zutreffend! Die Kassen sind die nteressenvertreter der Kassen, mehr nicht! Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 8111 (A) ) (B) ) Das Parlament ist die eigentliche Interessenvertretung aller Beitrags- und Steuerzahler. In diesem Sinn gehen wir mit dem GKV-WSG und dessen vielen Verbesserun- gen hinsichtlich der Interessen der Beitragszahler in die richtige Richtung. Dies lässt uns letztlich zustimmen, obwohl statt der angestrebten Kostensenkung vorerst Beitragserhöhungen plus immense Zuschüsse aus Steu- ermitteln auf uns zukommen. Hierüber kann das letzte Wort noch nicht gesprochen sein. Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Steuervereinfachung – Lohnsteuerklassen III, IV und V abschaffen (Tagesordnungspunkt 31) Patricia Lips (CDU/CSU): Der ganz offensichtlich zugrunde liegende Anlass des vorliegenden Antrages ist weitreichender, als es die Überschrift zunächst vermuten lässt: Diese spricht von einer „Steuervereinfachung“ – das klingt immer gut und könnte wohlmeinend als eine Art Lockmittel dienen –, und in diesem Zusammenhang fordern Sie die „Abschaffung einzelner Lohnsteuerklas- sen.“ Bevor ich auf die Hintergründe zu sprechen komme, lassen Sie mich noch eines anmerken: Eine Initiative, ein Ziel, das man verfolgt, wird nicht allein dadurch über- zeugender, indem man identische Anträge innerhalb kür- zester Zeit gleich zweimal stellt. Im April vergangenen Jahres lautete die Überschrift des identischen Antrages: „Individualbesteuerung mit übertragbarem Höchstbe- trag“. Es war ein Leichtes, zu erkennen, wie viele Text- passagen wortgleich übernommen wurden. Aber ob nun so oder so: Am Ende steht faktisch die Beerdigung des Ehegattensplittings. Einziger Unterschied: Sie konkreti- sieren diesmal die Vorgehensweise und schlagen für ein gesellschaftlich elementares Thema eine steuerliche Ein- zelmaßnahme vor. Es ist in der Tat im Koalitionsvertrag vereinbart, dass anstelle der Steuerklassen ein Anteilssystem eingeführt werden soll. Und wie einfach wäre es, würden wir uns heute tatsächlich ausschließlich über Lohnsteuerklassen unterhalten. Aber: Ihr Antrag soll unter einem steuer- rechtlichen Deckmantel auch bewusst zu einer nachhalti- gen gesellschaftspolitischen Veränderung führen, die eben mehr als Zahlen beinhaltet. Dabei – und lassen Sie mich auch das an dieser Stelle ausdrücklich erwähnen – werden unterschwellig zumeist mehrere unstreitbar populäre, wenn auch mit Zweifeln behaftete Begründungen gleich mitgeliefert: Erstens. Das Ehegattensplitting sei schon fast kinderfeindlich. Zweitens. Es sei ein steuerliches Privileg. Drittens. Es gebe keine Frauen mehr, die bewusst und freiwillig ihren Beruf zugunsten der Kindererziehung zumindest ausset- zen. Wir müssen uns schon sehr genau überlegen, ob wir tatsächlich quasi mit einem Federstrich den verfassungs- rechtlichen Schutz von Ehe und Familie infrage stellen w k g d f e m d m h D i K g d p E w g p d w d o W u s b i B r s O k A M s F r s s h n k d s i b s d u D E S (C (D ollen, welche steuerlichen bzw. gesellschaftlichen Len- ungswirkungen wir erzielen wollen und wo wir die ei- entlichen Ziele setzen, nämlich bei den Kindern sowie em Schutz von Ehe und Familie oder bei der Abschaf- ung eines vermeintlichen Privilegs, um die eigene Kli- ntel zu bedienen. Um dem Thema angemessen begegnen zu können, üssen wir die gesamte Familienförderung in Verbin- ung mit dem Einkommensteuerrecht in die Betrachtung it einbeziehen. Als Grundlage des Splittings in beste- ender Form dient die persönliche Leistungsfähigkeit: ieses Prinzip soll eine besondere Ausprägung erfahren, nsbesondere bei der Berücksichtigung der Familien mit indern. Es ist damit ausdrücklich keine Sonderver- ünstigung, sondern notwendiger steuerrechtlicher Aus- ruck einer Lebens- und Fürsorgegemeinschaft von Ehe- artnern, welche eigene Erziehungsleistung anerkennt. ine Streichung, Kürzung oder Umwandlung trifft in der eit überwiegenden Zahl Familien mit Kindern. Im Ge- enzug dazu: Welchen Vorteil haben kinderlose Ehe- aare, in welchen beide gleichermaßen zum Einkommen es Haushaltes beitragen? Keinen. Es wären mithin nicht enige Familien betroffen, in denen ein Elternteil wegen er Kindererziehung die Erwerbstätigkeit einschränkt der ganz darauf verzichtet. Das Ehegattensplitting bietet ein gesichertes Maß an ahlfreiheit in der Lebensgestaltung, und es ist am Ende nsere Entscheidung, ob wir dies auch weiterhin unter- tützen oder mit bestimmten steuerlichen Instrumenten ewusst andere Lenkungswirkungen erzielen wollen. Es st unbestreitbar, dass bei dem „Faktor“ Kind und bei etrachtung der demografischen Entwicklung in unse- em Land Maßnahmen und Komponenten zu entwickeln ind, die diese stärker als bisher berücksichtigen können. b dies jedoch mit der Abschaffung von Lohnsteuer- lassen zu erreichen ist, lasse ich einmal dahingestellt. m Ende jeder Diskussion ist es für uns wichtig, den enschen auch weiterhin eigenverantwortlich die Ent- cheidung zu überlassen, in welcher Weise sie Ehe und amilie auf der einen und Erwerbstätigkeit auf der ande- en Seite anteilig gestalten. Und genauso sollte sich die teuerliche Berücksichtigung im System widerspiegeln. Zum Schluss: Dass das System der Steuerklassen in ich eine neue Form finden kann und soll, dass dies ein- ergehen soll mit einer Steuervereinfachung – all dies ist ahezu unstreitig, wenn auch im Detail Raum für Dis- ussionen bleibt. Welches Gesellschaftsbild wir künftig damit verbin- en, wo die Schwerpunkte von Ehe, Familie und gesell- chaftlichen Werten ihre Ausprägung erfahren, hierfür st ein viel umfassenderer Prozess erforderlich. Gabriele Frechen (SPD): Der Antrag, den wir heute eraten, lautet: „Steuervereinfachung – Lohnsteuerklas- en III, IV und V abschaffen“. Die Überschrift erweckt amit den Eindruck, dass man durch diese Maßnahme nser Steuerrecht vereinfachen könnte. Das ist falsch. as Einzige, was dadurch vereinfacht würde, wäre die ntscheidung der steuerpflichtigen Ehegatten, welche teuerklassenkombination sie für sich als am besten 8112 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 (A) ) (B) ) geeignet halten. Das heißt, es würde nur die Entschei- dungsfreiheit der Steuerpflichtigen eingeschränkt. Mehr nicht. Vielleicht würde in der Finanzverwaltung die eine oder andere Steuererklärung entfallen. Dazu würde auch reichen, die Steuerklassen III und V zu streichen. Das hat aber nichts mit Steuervereinfachung zu tun. Sie schreiben in Ihrem Antrag, dass vor allem Frauen die Motivation zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit fehlen würde, weil sie unverhältnismäßig hohe Steuern bezahlen müssen. Im Weiteren gestehen Sie aber ein, dass diese Ungleichbehandlung am Ende des Jahres durch die Steuererklärung ausgeglichen würde. Wollen Sie allen Ernstes behaupten, die Motivation würde steigen, wenn die Eheleute am Jahresende insgesamt mehr Steuern bezahlen müssten als heute? Und genau das fordern Sie. Ich stimme Ihnen zu: Bei einer Kombination Steuer- klasse III und V bezahlt derjenige, der weniger verdient, unverhältnismäßig mehr Steuern und derjenige, der mehr verdient, unverhältnismäßig weniger. Ich stimme Ihnen auch zu, dass in der Regel die Frauen die ungünstigere Steuerklasse haben. Aber liegt das daran, dass sie Frauen sind, oder nicht eher daran, dass ihr Einkommen niedriger ist? Ich glaube, die Steuerpflichtigen sind sehr wohl in der Lage, zu erkennen, welche Steuerklassenkombination monatlich für sie die beste ist, zumal auch heute die Möglichkeit besteht, mit der Wahl der Steuerklassen IV, jeden Ehepartner bereits monatlich entsprechend dem Einkommen zu besteuern. Wie gesagt: Am Ende des Jahres spielt das eh keine Rolle, da die Einkommen addiert und die korrekte Steuer errechnet wird. Aber darauf kommt es Ihnen ja gar nicht an. Denn die Überschrift hat nichts mit dem Inhalt des Antrags zu tun. Es geht in dem Antrag nämlich nicht um die reine Abschaf- fung von Steuerklassen, sondern um die Abschaffung der Splittingtabelle für verheiratete Steuerpflichtige. Auch in meiner Fraktion wird offen über das Für und Wider der Splittingtabelle diskutiert, genauso wie bei den Kolleginnen und Kollegen der Union. Wir haben deshalb in den Koalitionsvertrag aufgenommen, dass wir eine Neuformulierung des Einkommensteuerrechts in diesem Punkt anstreben. Selbstverständlich spricht nichts dagegen, dass Sie unseren Koalitionsvertrag immer griffbereit haben und aus unseren Arbeitsaufträgen vorab fix Anträge formulieren. Wir brauchen Ihre Anträge aller- dings nicht wirklich, um unseren Koalitionsvertrag umzusetzen, schon gar keine Anträge, die die Realität ausblenden. Sie handeln ein bisschen wie Pippi Langstrumpf: 2 mal 3 macht 4 Widdewiddewitt und Drei macht Neune!! Ich mach’ mir die Welt Widdewidde wie sie mir gefällt. Sie tun so, als wäre die Wirklichkeit so, wie wir sie gerne hätten, und nicht so, wie sie nun mal ist. Das Geld in den Familien wird eben nicht zu gleichen Teilen von Vater und Mutter erwirtschaftet, und die Eheleute teilen auch nicht Erwerbs- und Familienarbeit gleichmäßig untereinander auf. Wir können uns jetzt fragen, ob unser Familienbild nicht den Wünschen der Menschen ent- s V l z n e d a b m M u I u h F G d N B a d S a e s d h g i g d N r F s d u E d w u d n a V E n m d t s s W (C (D pricht oder ob es nur daran liegt, dass sie unsere orstellungen, so sie denn auch die ihren sind, nicht aus- eben können. Ich glaube, Letzteres trifft zu. Es liegt um größten Teil daran, dass die Rahmenbedingungen icht so sind, wie sie unserem modernen Familienbild ntsprechen müssten. Ihr Antrag sagt: Wir erhöhen jetzt mal die Steuern für ie Familien, in denen nur ein Elternteil einer Erwerbs- rbeit nachgehen kann, weil zum Beispiel die Kinder- etreuung nicht gewährleistet ist, die Teilzeitarbeits- odelle sich noch nicht genug durchgesetzt haben oder die öglichkeiten für Telearbeit noch nicht genutzt werden, nd regeln mit diesem Geld dann die Kinderbetreuung. ch finde, wir müssten erst die Bedingungen schaffen nd danach die Konsequenzen ziehen. Nicht umgekehrt. Und was sagen Sie eigentlich einem Ehepaar, das eute um die 60 Jahre alt ist? Er hat als Facharbeiter die amilie ernährt, und sie hat drei Kinder großgezogen. enau das war das Familienmodell ihrer Gesellschaft in er Zeit, als die beiden eine Familie gegründet haben. och lange nicht alle Frauen in dem Alter haben eine erufsausbildung, auf die sie nach 20 Jahren Familien- rbeit – wenn die Kinder aus dem Gröbsten raus sind, wie as so schön hieß – zurückgreifen konnten. Vielleicht sind ie, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, lle so viel jünger als ich, dass Sie sich daran nicht mehr rinnern können, oder Sie kommen alle aus der Groß- tadt, wo alles vielleicht ein bisschen anders war als auf em Land. Ich kenne diese Ehepaare, die Sie heute mit öheren Steuern bestrafen wollen, nur weil sie sich nicht egen die ungeschriebene, von allen akzeptierte Norm in hrer Umgebung gestellt haben. Ich denke, diese beiden Beispiele reichen, um zu zei- en, dass man eine so gravierende Änderung nicht ver- eckt unter einer beschönigenden Überschrift mit heißer adel stricken darf. Mit Änderungen im Steuerrecht er- eichen wir keine Erhöhung der Berufstätigkeit von rauen. Das schaffen wir nur mit Verbesserung der ge- ellschaftlichen Rahmenbedingungen. Danach können wir ie steuerlichen Rahmenbedingungen anpassen. Dr. Volker Wissing (FDP): „Ehe und Familie stehen nter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung.“ s ist traurig, hier in diesem Hohen Hause immer wieder aran erinnern zu müssen. Es ist schon erstaunlich, wie enig präsent unsere Verfassung bei vielen Kolleginnen nd Kollegen ist. Der Bundespräsident muss die Bun- esregierung immer wieder an unser Grundgesetz erin- ern, und heute zeigt der Antrag der Grünen, dass man uch dort vergessen hat, vor der Antragstellung in die erfassung zu schauen. Das ist eine sehr bedenkliche ntwicklung. Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Grü- en, Ihre Ziele in Ehren. Die Förderung von Familien it Kindern ist ein hehres Ziel. Aber Sie können auf em Weg dorthin nicht über den Umweg des Steuerrech- es mal eben die Verfassung umgehen. Das Grundgesetz tellt Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der taatlichen Ordnung, und zwar unabhängig voneinander. enn Sie das so nicht wollen, müssen Sie die Verfas- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 8113 (A) ) (B) ) sung entsprechend ändern. So geht das in einem Rechts- staat und nicht anders. Solange Sie dazu keine Vor- schläge machen, bleibt nur eine Schlussfolgerung: Sie meinen das Ganze nicht ernst. Sie treiben ein merkwür- diges Spiel. Sie suggerieren, dass Sie sich engagieren, und tun es letztlich doch nicht. Ihr Antrag ist deshalb nicht seriös. Sie stellen einen Antrag, der von vornherein chancenlos ist, weil er gegen die Verfassung verstößt. Das ist typische Wohlfühlpolitik à la Grün. Große Ver- sprechungen, aber kleine Taten und schon gar keine Er- gebnisse. Das ist umso bedauerlicher, als wir durchaus bereit wären, einen Teil Ihrer Forderungen zu unterstützen. Auch die FDP fordert die Abschaffung der Steuerklasse V. Auch wir sehen die Auswirkungen der Steuerklasse V in der Praxis durchaus kritisch. Es ist unstrittig, dass es hier Fehlanreize gibt. Und wir wollen diese Fehlanreize beseitigen – gerne auch mit den Grünen. Aber was wir nicht wollen und auch keinesfalls mittragen können, ist der Versuch, die Verfassung beiseite zu legen und über das Steuerrecht Dinge zu regeln, die unser Grundgesetz ausdrücklich anders geregelt haben will. Ich weiß nicht, wie oft wir noch über Familiensplitting diskutieren müs- sen, bis alle verstanden haben, welche Vorgaben uns das Grundgesetz hier macht. Auch die Bundesregierung bringt das Familiensplitting immer aufs Neue ins Ge- spräch. Erst kürzlich hat Frau von der Leyen eine Einbe- ziehung der Kinder gefordert. Noch einmal: Verfassungsrechtlich ist die Ehe um ih- rer selbst willen geschützt. Es kommt dabei nicht darauf an, ob Kinder vorhanden sind. Herr Bernhardt von der CDU hat es im Prinzip wunderbar auf den Punkt ge- bracht. Ich zitiere: „Das Splitting ist eben keine beliebig gestaltbare Sondervergünstigung, sondern Ausdruck des verfassungsrechtlichen Schutzes von Ehe und Familie.“ Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist richtig, sich für Familien und Kinder in unserem Land zu enga- gieren. Ich halte es aber für sehr bedenklich, dieses auf Kosten der Ehe zu tun, die -– auch das muss man an die- ser Stelle deutlich sagen – alles andere als eine altmodi- sche Variante des Zusammenlebens ist. Und es ist auch nicht angebracht, Ehe und Familie gegeneinander auszu- spielen. Genau in diese Richtung gehen nämlich die Vor- schläge von Frau von der Leyen, und genau in diese Richtung geht der Antrag der Grünen. Die Familienpoli- tik darf nicht zu der Unterscheidung zwischen zwei Qua- litäten der Ehe führen. Das Grundgesetz kennt nicht die guten Ehen mit Kindern und die weniger guten ohne. Frau von der Leyen und die Grünen mögen so etwas gut- heißen. Das Verfassungsgericht wird so etwas bestimmt nicht akzeptieren. Dr. Barbara Höll (DIE LINKE): Es gibt einen nach- vollziehbaren Wunsch bei vielen Menschen für Steuer- vereinfachungen, das ist wahr. Genauso wahr ist auch, dass die Bürgerinnen und Bürger steuerliche Regelungen als schwer nachvollziehbar und auch als ungerecht emp- finden. So liegt dem Antrag der Grünen zweifelsohne eine gute Absicht zugrunde: die Vereinfachung durch d B s w g z A i u d K K l u W n L f v c D g n e g d w L u H o t g L g h n K b S h e n E r b w s M E e i w 1 g (C (D en Wegfall der Lohnsteuerklassen III, IV und V und die eseitigung von steuerlichen Benachteiligungen. In der Tat ist es so, dass die Zugehörigkeit zur Lohn- teuerklasse V hoch besteuert ist und im Fall von Er- erbslosigkeit und Elterngeld eine geringe Bemessungs- röße für Sozialtransfers zugrunde liegt. Dass dies umeist Frauen betrifft in diesem Land, wo weibliche rbeit noch immer weniger wert scheint als männliche, st eine bedenkliche Tatsache im Jahre 2007. Wenn es m Benachteiligungen im Steuer- und Lohnsystem geht, ann sind die jeweiligen Lohnsteuerklassen und ihre ombination Teil des Problems, aber eben nur Teil. Im ern geht es um die Gleichbehandlung aller steuerzah- enden Menschen, unabhängig von ihrer Lebensweise, nd es geht natürlich um mehr Verteilungsgerechtigkeit. eder das konservative lebensfremde Ehegattensplitting och der bloße Wegfall von Lohnsteuerklassen sind die ösung. 19 Milliarden Euro werden in unserem Land jährlich ür das Ehegattensplitting ausgegeben, das ein völlig eraltetes steuerliches Privileg darstellt. Die Untersu- hung des Statistischen Bundesamtes „Leben in eutschland; Haushalt, Familien und Gesundheit – Er- ebnisse des Mikrozensus 2005“ zeigt, dass die Zahl ichtehelicher Lebensgemeinschaften seit 1996 um rund in Drittel auf 2,4 Millionen in 2005 gestiegen ist. Im leichen Zeitraum stieg die Zahl der Ehepaare ohne Kin- er um 5 Prozent (West) bzw. 6 Prozent (Ost) an. Wie ir wissen, steigt auch die Zahl verschiedener anderer ebensformen permanent, wie die der Alleinerziehenden nd der Gemeinschaften mit Kindern. Entstanden ist das Ehegattensplitting, als Männer auptverdiener waren, Frauen etwas dazuverdienten der zu Hause blieben. Diesem Modell liegt eine tradi- ionelle, immer weniger gelebte Rollenverteilung zu- runde. Im vorliegenden Antrag wird die Abschaffung der ohnsteuerklassen II, IV und V vorgeschlagen. Die Re- ierung will uns gerade ein Familiensplitting schmack- aft machen, das teuer ist und wieder nur die Gutverdie- enden bevorzugt. Paare mit geringen Einkommen und indern wären wieder einmal die Verlierer. Wir halten eide Varianten für nicht alternativ zum bestehenden ystem. Im Kern muss es um die steuerliche Gleichbe- andlung aller Steuerpflichtigen gehen. Leider haben Sie s, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Bündnisgrü- en, in Ihrer Regierungszeit auch nicht vollbracht, das hegattensplitting in eine gerechte Individualbesteue- ung und eine kinderbezogene Förderung umzuwandeln. Die Lebensform der Ehe wird wider die realen Le- ensverhältnisse vieler Menschen privilegiert, damit erden gleichzeitig alleinerziehende Eltern und Men- chen in nichtehelichen Partnerschaften diskriminiert. eine Fraktion Die Linke ist für eine Umwandlung des hegattensplittings in eine Freibetragsregelung zur steu- rlichen Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen bis n Höhe des steuerfreien Existenzminimums. Diese Um- andlung der Ehegattenbesteuerung könnte mindestens 1 Milliarden Steuermehreinnahmen produzieren. Ge- en eine Individualisierung der Besteuerung gibt es kei- 8114 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 (A) ) (B) ) nerlei verfassungsrechtliche Einwände. Der einfache Wegfall von Steuerklassen ist zu kurz gegriffen, weil nur in der steuerlichen Gleichbehandlung aller Steuerpflich- tigen, unabhängig ob sie allein, in einer Ehe, mit Freun- din, Bruder, Opa oder Tante wohnen, die Lösung des Problems besteht. Das Leben in seiner einzigartigen Vielfalt und die Buntheit menschlicher Formen des Zusammenlebens ei- len der Gesetzgebung immer etwas voraus. Es wäre jetzt endlich an der Zeit, die Ehe zu entprivilegieren. Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Lohnsteuerklassen für verheiratete Paare sind anti- quiert. Sie wirken ungerecht, benachteiligen einseitig Frauen und sind leistungsfeindlich. Sie müssen deshalb dringend modernisiert und vereinfacht werden. Beim Elterngeld sind diese Wirkungen besonders drastisch sichtbar geworden. Pech haben diejenigen, die vor der Babypause Lohnsteuerklasse V gewählt hatten. Bei einem Monatsbrutto von 2 500 Euro bekommen sie bis zu 5 800 Euro im Jahr weniger Elterngeld als bei der Wahl der günstigeren Steuerklasse III. Ähnlich sieht es beim Arbeitslosengeld I aus. Denn auch bei der Berech- nung des Arbeitslosengeldes I springt bei Lohnsteuer- klasse V weniger heraus. Diese absurden Wirkungen kommen zustande, weil der Ehepartner mit Lohnsteuerklasse V von seinem Ein- kommen deutlich weniger netto ausbezahlt bekommt. Das Netto wiederum bildet die Basis für die Berechnung des Eltern- und Arbeitslosengeldes I. In der Regel nutzt der Ehepartner mit dem kleinen Einkommen die Steuerklasse V und das sind leider immer noch in neun von zehn Fällen Frauen. Vom Bruttoeinkommen bleibt so wenig übrig, dass sich das Arbeiten gehen finanziell kaum lohnt. Wenn die Frau dann noch die Kosten einer Kinderbetreuung hinzurechnet, kommt sie schnell auf die Idee, lieber zu Hause zu bleiben, zumindest bis die Kinder größer sind. So darf es in einer modernen Gesell- schaft nicht bleiben. Es bedarf generell einer verbesser- ten Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Mit unserem Antrag wollen wir eine gerechte, einfache und moderne Besteuerung von Ehepaaren und Lebenspartnerschaften erreichen. Die Lohnsteuerklassen III, IV und V dienen allein dazu, die steuerliche Wirkung des Ehegattensplittings vorwegzunehmen. Wir wollen weg vom Ehegattensplit- ting und wir wollen auch keine Familiensplittingmo- delle, weil sie überproportional besser verdienende Ein- kommen begünstigen. Diese Tatsache hat jetzt auch der Sozialflügel der Union erkannt und davor gewarnt, nur die obersten Einkommensschichten zusätzlich zu be- günstigen. Die CDU verschiebt ihre Splittingüberlegun- gen in den nächsten Bundestagswahlkampf und damit in die nächste Legislaturperiode. Für uns steht die Förde- rung von Kindern im Mittelpunkt. Unser Vorschlag der Individualbesteuerung mit übertragbarem Höchstbetrag für Unterhaltleistungen will erreichen, dass die Begüns- tigung hoher Einkommen abgeschmolzen und das mehr Mittel direkt für mehr Angebote zur Kinderbetreuung z r k u 2 n 8 – 1 Z l s d G e v v b e L B v L l E v z k d z k g z h s g m le g w D h V d a v k c S l k a a g s I (C (D ur Verfügung stehen. Die bessere Vereinbarkeit von Be- uf und Familie ist unser Ziel. Bisher ist es so: Bei Wahl der Lohnsteuerklassen- ombination III/V wird das höhere Einkommen niedrig nd das geringere Einkommen hoch besteuert. Im Jahr 001 waren von den in die Lohnsteuerklasse III – mit iedrigem Lohnsteuerabzug – eingestuften Personen 3,1 Prozent Männer und 16,9 Prozent Frauen. Gleichzeitig waren von den in Lohnsteuerklasse V mit höherem Lohnsteuerabzug – eingestuften Personen 0,4 Prozent Männer und 89,6 Prozent Frauen. Diese ahlen belegen die ungerechte Lohnbesteuerung vor al- em erwerbstätiger Ehefrauen, die sich aus der Lohn- teuerklassenkombination III/V ergibt. Erst später bei er Einkommensteuerveranlagung kommt es zu einer esamtberechnung der gemeinsamen Einkommensteu- rlast. Auch wegen der hohen Lohnsteuerabzüge geht ielen Frauen ihre positive Motivation zur Erwerbsarbeit erloren. Union und SPD haben im Koalitionsvertrag verein- art, statt der bisherigen Steuerklassen ein Anteilssystem inzuführen, mit dem jeder Ehegatte künftig so viel ohnsteuer zahlt, wie es seinem Anteil am gemeinsamen ruttolohn entspricht. Mit diesem Vorschlag wird nicht om Ehegattensplitting abgerückt, sondern ein neues ohnsteuerermäßigungsverfahren eingeführt, das zusätz- ichen Verwaltungsaufwand auslöst. Die kontinuierliche rfassung der anteiligen Bruttoeinkommen erfordert ein ollständig elektronisches Besteuerungsverfahren, um eitnah Veränderungen bei den monatlichen Bruttoein- ommen der Steuerpflichtigen erfassen zu können. Auf iesem Wege werden den Arbeitgebern die personenbe- ogenen Daten der Ehepartner ihrer Beschäftigten be- annt. Das ist problematisch hinsichtlich des im Grund- esetz verankerten Rechts auf Datenschutz. Im Vergleich u heute wird der geringer Verdienende weniger und der öher Verdienende mehr Lohnsteuer vorauszahlen müs- en. Wegen der ungleichen Be- und Entlastungswirkun- en vereinnahmt der Fiskus allerdings in der Summe ehr Lohnsteuern unmittelbar an den Einkommensquel- n. Erst nachträglich bei der Einkommensteuerveranla- ung kann dies zugunsten der Steuerpflichtigen korrigiert erden. Für den Fiskus entstehen so Liquiditätsvorteile. ie Steuerpflichtigen müssen dem Fiskus zinslose Darle- en gewähren. Verzichten die Steuerpflichtigen auf die eranlagung zur Einkommensteuer völlig, dann erzielt er Fiskus sogar nachhaltig höhere Steuereinnahmen. Wir fordern mit unserem Antrag die Bundesregierung uf, eine Individualbesteuerung anstelle der Zusammen- eranlagung von Ehegatten einzuführen. Die Steuer- lassen III, IV und V sollen als große Steuervereinfa- hung wegfallen. Für die Alleinerziehenden soll die teuerklasse II erhalten bleiben, um den Vorteil des Ent- astungsfreibetrags in die Steuerkarte eintragen lassen zu önnen. Für weitere Beschäftigungsverhältnisse soll uch die Lohnsteuerklasse VI erhalten bleiben. Für alle nderen Lohnsteuerpflichtigen soll die Steuerklasse I elten, sie werden nach der Grundtabelle versteuert. Das teuerliche Privileg des Ehegattensplittings soll in eine ndividualbesteuerung mit übertragbarem Höchstbetrag Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 8115 (A) ) (B) ) in Höhe von 10 000 Euro für Unterhaltspflichten unter Ehe- und Lebenspartnem umgewandelt werden. Die Neuregelung soll in gleicher Weise für Ehepaare und gleichgeschlechtliche Paare nach dem Lebenspart- nerschaftsgesetz gelten. Bei unterschiedlichen Einkom- men beider Ehegatten oder Lebenspartner soll ein Teil des Einkommens des einen Ehegatten oder Lebenspart- ners bis zu maximal 10 000 Euro auf den anderen Ehe- gatten oder Lebenspartner steuerfrei übertragbar sein. Alle einkommensteuerpflichtigen Personen werden an- sonsten in Höhe ihres individuell erzielten Einkommens besteuert. Damit sinkt für einkommensstarke Haushalte die bis- herige Ersparnis aus dem Ehegattensplitting. Wir wol- len, dass die steuerlichen Mehreinnahmen zum Ausbau und zur Finanzierung der Kinderbetreuung verwandt werden sollen. Durch den übertragbaren Höchstbetrag werden die Unterhaltspflichten zwischen Ehe- und Le- benspartnern steuerlich berücksichtigt und damit das verfassungsrechtliche Gebot der sozialrechtlichen Ein- standspflicht in der Ehe eingehalten. Im Ergebnis ergibt sich durch die Abschaffung der Lohnsteuerklassen III, IV und V für jede steuerpflichtige Person je nach Einkommenshöhe ein realistischeres Net- toeinkommen, was in vielen Fällen zu einer günstigeren Berechnungsgrundlage für das Elterngeld und im Fall von Arbeitslosigkeit beim Arbeitslosengeld I führen wird. Die rechtzeitige Wahl der Lohnsteuerklasse kann nicht mehr verpasst werden. Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Für ein Turkmenis- tan mit Zukunft (Tagesordnungspunkt 24) Holger Haibach (CDU/CSU): Turkmenistan ist mit Sicherheit das Land in der zentralasiatischen Region, dessen menschenrechtliche Situation am schwierigsten ist, und dies in einer Region, in der die Zahl der Muster- schüler im Bereich Menschenrechte überschaubar groß ist. Der überraschende Tod des bisherigen Staatspräsi- denten, des „Turkmenbaschi“, der das Land autokratisch und quasidiktatorisch regiert hat, und das, was danach geschehen oder besser nicht geschehen ist, zeigen deut- lich, dass man mit Voraussagen, wie sich die Situation in diesem Land entwickeln wird, sehr vorsichtig sein muss. Waren sich doch alle Beobachter einig, dass der Tod des Turkmenbaschi Diadochenkämpfe und länger anhal- tende Unruhen auslösen würde. Doch genau das ist nicht geschehen. Obwohl der verstorbene Präsident keinen Nachfolger benannt hat, ist der Machtübergang unter dem Übergangspräsidenten Berdymuchammedow erstaun- lich reibungslos verlaufen. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Diese Entwicklung ist nicht ein Gut an und für sich. Sie zeigt lediglich, dass die Zukunft Turkmenistans ganz offensichtlich sehr schwer vorher- sehbar ist. Deshalb sollte man sich davor hüten, so sehr ich die Einschätzung in dem uns vorliegenden Antrag d d Z P I z W p A s e V d n s ü R u v R h A t m a s n s u R n s w n D s O W n d g K a f T o n d S g s E s (C (D es Bündnisses 90/Die Grünen teile, allzu apodiktisch in ie Zukunft zu schauen. Jawohl, es stimmt: Es gibt nicht allzu viele ermutigende eichen. Der jetzt amtierende Übergangspräsident hat als räsidentschaftskandidat angekündigt, die Zensur des nternets lockern und Reformen im Bereich der Renten- ahlungen, der Landwirtschaft, Soziales, Bildung und irtschaft durchführen zu wollen. Das kann man als ositives Zeichen werten. Doch bisher sind es eben nur nkündigungen, keine Taten, und es wird abzuwarten ein, was davon nach der Wahl übrig bleiben wird. Aber s darf – hier liegen die deutsche und auch die europäische erantwortung – beim Abwarten nicht bleiben. Die Bun- esregierung hat zu Recht die Region Zentralasien nicht ur zu einem Schwerpunkt der EU-Ratspräsidentschaft, ondern auch der künftigen deutschen Außenpolitik berhaupt gemacht. Dafür gibt es viele Gründe: Die egion ist strategisch bedeutsam; sie verfügt über Öl- nd Erdölvorkommen; wir haben die Region zu lange ernachlässigt und zugelassen, dass andere Mächte wie ussland sie als ihre persönliche Einflusssphäre betrachtet aben; die Region grenzt direkt an die Krisenregion um fghanistan. Es ließen sich viele Gründe nennen. Daher un wir gut daran, Zentralasien und gerade Turkmenistan ehr in den Fokus unserer Aufmerksamkeit zu rücken. Das bedeutet aber nicht nur – das betont der Antrag uch richtigerweise –, dass wir unsere Interessen in wirt- chafts- und sicherheitspolitischer Hinsicht dort wahr- ehmen müssen. Nein, unser Interesse muss auch einer tabilen und an den Prinzipien von Menschenrechten nd Rechtsstaatlichkeit orientierten Entwicklung dieser egion gelten. Die vorsichtigen Zeichen der Öffnung, wenn es denn icht nur potemkinsche Dörfer für einen Wahlkampf ind, wie frei er auch immer geführt werden mag, sollten ir nutzen. Denn offensichtlich gibt es einen Wunsch ach Zusammenarbeit mit Europa und insbesondere eutschland. Zumindest was die Wahlen betrifft, hat ich die turkmenische Führung auch bereit erklärt, eine DIHR Election Needs Assessment Mission, also eine ahlvorbreitungsmission der OSZE, Anfang Januar ach Turkmenistan einreisen zu lassen. Dass allerdings offensichtlich keiner der Kandidaten er Opposition angehört, dass weiterhin die Verfassung eändert wurde, um dem Übergangspräsidenten eine andidatur zu ermöglichen, dass schließlich die Verfassung uch noch geändert wurde, indem als Voraussetzung ür die Wahl ein mindestens 15-jähriger Aufenthalt in urkmenistan erforderlich ist, was die Kandidatur eines ppositionellen Exilpolitikers ausschließt: Dies alles legt icht gerade die Vermutung nahe, dass die bevorstehen- en Wahlen so vonstattengehen werden, dass sie unseren tandards freier, demokratischer und unabhängig durch- eführter Wahlen entsprechen werden. Beides, die offensichtlichen Versuche, das System als olches zu erhalten und trotzdem die Öffnung hin zu uropa zu suchen, sind Entwicklungen, die nur sehr chwer miteinander in Einklang zu bringen sein werden. 8116 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 (A) ) (B) ) Deutschland und die EU sollten jedenfalls dieses Momentum, wenn es denn eines ist, nicht nur dazu nut- zen, um wirtschafts- und sicherheitspolitische Interessen wahrzunehmen. Es wird vielmehr eben auch wichtig sein, auf die notwendigen Veränderungen im Bereich Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte zu dringen. Dafür gibt es gute Gelegenheiten. Ich begrüße ausdrück- lich, dass es Überlegungen der Bundesregierung gibt, auf Ebene der EU neben einem Menschenrechtsdialog mit Usbekistan auch eine solche Institution mit anderen Staaten Zentralasiens, unter anderem Turkmenistan, einzurichten. Aber dieser Dialog muss zielgerichtet sein. Dialog um des Dialogs willen ist nicht das Mittel der Wahl. Dialog, Austausch und Zusammenarbeit müssen an klare Bedingungen geknüpft sein. Wir brauchen über- prüfbare Schritte und klare Verabredungen über das, was einen Austausch bedingt, was eine Zusammenarbeit erreichen soll und mit welchem Ziel ein Dialog geführt wird. Diesen aus meiner Sicht wichtigen Baustein sollte eine Zentralasienstrategie der Bundesregierung und der EU auf jeden Fall enthalten. Das ist nicht nur eine Frage der Glaubwürdigkeit und der Selbstachtung, sondern auch eine Notwendigkeit. Denn auch in dieser Region wird die EU nur dann ernst genommen werden, wenn sie mit deutlich erkennbaren Zielvorgaben und Absichten handelt. Ich möchte an dieser Stelle deutlich machen, dass ich die wirtschaftlichen Interessen im Übrigen nicht zwin- gend im Gegensatz zum Interesse an Durchsetzung von Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten sehe. Ja, es gibt ein Spannungsfeld, aber es gibt auch gemeinsame In- teressen. Der Kollege Beck, der als Vertreter von Bündnis 90/Die Grünen mit mir zusammen in Usbekistan war und der ausweislich des Antrags hier zu den Mitver- fassern gehört, hat doch auch wie ich gesehen, wie Fir- men, vor allem westliche, auf das Fehlen von Rechts- staatlichkeit reagieren. Wenn ein Unternehmen Interesse an einem langfristigen Engagement in einem Land hat, dann passt das nicht mit der Tatsache zusammen, dass im Erfolgsfalle ein Unternehmen aus vorgeschobenen Gründen quasi über Nacht enteignet werden kann. Es ist doch kein Zufall, dass in einem Land wie Usbekistan so gut wie keine westlichen Unternehmen tätig sind; das ist übrigens nicht nur eine Frage von Boykotten oder Sank- tionen, sondern auch der Vertretung von Interessen. Gleiches gilt für Turkmenistan. Fazit: Ohne Rechtsstaat- lichkeit und stabile Verhältnisse ist unternehmerisches Handeln auf die Dauer nicht erfolgreich zu gestalten. Diesen Zusammenhang müssen wir deutlich machen. Wenn ich gerade den Kollegen Beck angesprochen habe, will ich dann auch noch sagen, dass ich ein wenig verwundert bin, zu welchem Zeitpunkt dieser Antrag entstanden ist. Anfang April wird eine kleine Delegation des Menschenrechtsausschusses, zu der auch der Kollege Beck gehören wird, nach Turkmenistan reisen, um sich vor Ort ein Bild von der Situation zu machen. Warum also jetzt dieser Antrag? Weil Anfang Februar Wahlen stattfinden? Um die Delegation mit einem Rüstzeug an Forderungen auszustatten? Es bleibt abzuwarten, wie sich der Antrag auf das, was bevorsteht, auswirken wird. d F a s tä b Z g S d A a ta s d k g S „ t J S g d s L p u P D N g d z w s b R S P E n m s w S T S i b s P (C (D Wenn ich zum Schluss noch einen Blick auf den For- erungsteil ihres Antrags werfe, so denke ich, dass die orderungen im Wesentlichen diejenigen sind, die man n Turkmenistan und die internationale Gemeinschaft tellen muss. Was jedoch die Durchsetzbarkeit und Reali- tsnähe betrifft, so habe ich Zweifel. Wie zu Beginn ereits bemerkt: Turkmenistan ist die „härteste Nuss“ in entralasien, wenn es um die Frage der Menschenrechte eht. Ob es da tatsächlich gelingt, gleichsam auf einen chlag all diese Forderungen – so richtig sie sind – urchzusetzen, daran kann wahrlich gezweifelt werden. Nichtsdestoweniger sind nicht nur die turkmenischen utoritäten, die Bundesregierung, die EU, die OSZE und ndere gefordert. Es liegt eben auch an uns als Parlamen- rier, einen Beitrag zur Verbesserung der Zukunftsaus- ichten Turkmenistans zu leisten. Dafür braucht es eine eutliche Sprache, eine klare Haltung, aber eben auch lare Prioritäten und einen klaren Blick. Hedi Wegener (SPD): Wer kennt Turkmenistan? Es ibt Kenner, die sagen, nur Korea sei ein so abgeschotteter taat, wie Turkmenistan. Nun wollen wir hier den Antrag: Für ein Turkmenistan mit Zukunft“ beraten. In der Tat hat sich durch das plötzliche Ableben des urkmenischen Präsidenten im Dezember vergangenen ahres eine Tür einen Spalt breit geöffnet. Durch diesen palt könnte es für Turkmenistan eine andere Zukunft eben. Unter dem verstorbenen Staatspräsidenten Nijasow, em Turkmenbaschi, dem Vater aller Turkmenen, wie er ich selber genannt hat, war Turkmenistan ein bizarres and. Riesige goldene Statuen und Portraits des Diktators rägten das Bild der Stadt, aller Amtsstuben, öffentlichen nd nicht öffentlichen Gebäude. Wenn nicht schon otemkin für Katharina die Große ganze Städte und örfer als Silhouette hätte errichten lassen, hätte ijasow den Anspruch erheben können, einer der rößten Illusionisten zu sein. Ganze Stadtviertel wur- en niedergerissen, um Fassaden von Prunkgebäuden u errichten, die leer stehen. Die Namen von Monaten urden nach Familienangehörigen des Alleinherr- chers benannt. Die Schulzeit wurde auf acht Jahre egrenzt. Einziger Prüfungsinhalt war die sogenannte uhnama, das Werk des Präsidenten, in dem er seine icht der Welt darstellte. Die Krankenhäuser in den rovinzen wurden geschlossen, die Renten gestrichen. inen Zugang zu Internet oder eine freie Presse gab es icht. Opposition – ein Fremdwort. Wie uns der Parla- entspräsident im Herbst letzten Jahres mitteilte, eien verschiedene Parteien auch gar nicht notwendig, eil alle ja nur das Beste für das Volk wollen. Die Straßen sind zum Teil menschenleer, und wenige chritte hinter den Prachtfassaden herrscht bittere Armut. urkmenistan war auf dem besten Wege, neben der elbstisolierung auch die Bildung der Menschen von nternationalen Standards so weit abzukoppeln, dass ald eine ganze Generation verloren gewesen wäre. So tellte sich Turkmenistan im Dezember 2006 dar, als räsident Nijasow starb, nicht besonders hoffnungsvoll. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 8117 (A) ) (B) ) Gleichzeitig verfügt Turkmenistan über enorme Roh- stoffreserven, freundliche, neugierige Menschen, eine interessierte Jugend. Und: Turkmenistan ist ein direkter Nachbar Afghanistans. Ich brauche nicht zu betonen, was das für uns bedeutet. Ja, es ist richtig, dass Turkmenistan immer ein schwieriger Partner war, aber – da stimme ich mit unserer jetzigen Regierung und auch der vorherigen, der rot- grünen, liebe Kollegen von der grünen Fraktion überein –: Dialog, und sei er noch so schwierig, ist immer besser als Konfrontation. Eine zweite Erkenntnis aus dem jahrelangen Umgang mit schwierigen Ländern: Nichts kommt über Nacht und eine 180-Grad-Wende innerhalb kürzester Zeit gibt es nicht. Deswegen ist der unerwartete Wechsel an der Spitze Turkmenistans eine Chance für das Land und seine Menschen, die nicht von vornherein mit Maximal- forderungen erstickt werden sollten. Wir können nicht erwarten, dass in einem Land, dass 15 Jahre unter einem autoritären Regime gelitten hat, das zuvor eine sowjetische Provinz war, dessen Menschen und Politiker von diesem Regime geprägt wurden, über Nacht alle zu Demokraten erwachsen. Deswegen plädiere ich dafür, den eingeschlagenen deutschen Weg weiter zu verfolgen. Natürlich ist es unwahrscheinlich, dass die Präsidentenwahlen allen OSZE-Standards genügen, aber es ist ein Fortschritt, dass es immerhin sechs Kandidaten gibt, ein Novum für Turkmenistan. Ungewöhnlich, dass diese sechs Kandidaten vor 1 000 Menschen diskutiert haben. Erstmalig seit der Unabhängigkeit Turkmenistans ist die OSZE zur Wahl- beobachtung eingeladen und wird, wenn auch in bescheidenem Umfang, die Wahlen beobachten. Der amtierende Präsident hat angekündigt, dass die Schul- bildung wieder zehn Jahre dauern soll, dass die Kran- kenhäuser in den Provinzen wieder geöffnet werden sollen, wenn er gewählt werden sollte. Man möchte wieder junge Menschen mit den vom Ausland angebote- nen Stipendien im Ausland studieren lassen. Aus unserer Sicht sind es vielleicht nur Tropfen auf den heißen Stein. Aus turkmenischer Sicht ist das schon eine Kehrtwendung um 180 Grad. Das gibt den Men- schen Hoffnung und eine Perspektive, und die brauchen die Menschen am meisten. Die nächsten Wochen werden ein Lackmustest für die Haltung der turkmenischen Regierung werden. Wie schnell und wie viele Reformen werden nach der Wahl umgesetzt? Wird sich etwas im Bildungswesen ändern, wird es freien Zugang zum Internet geben? Oder waren es alles hohle Wahlversprechen, die das verfassungs- widrige und wenig demokratische Verfahren zur Bestim- mung des Nachfolgers überdecken sollen. Ein gutes Zeichen wäre es, wenn Turkmenistan Ende März an den Gesprächen der EU-Außenministertroika teilnimmt. Ich sagte es bereits, ich bin überzeugt, dass die Bundes- regierung hier in der Kontinuität den richtigen Weg einschlägt. Wir haben jetzt die Chance, während der EU- Ratspräsidentschaft mit dem neuen Zentralasienkonzept a h u d V E f e T s G T d h a n m t s d a d a t „ e f t A F S n d t l r g d s E a t d T t k E V o s E Z g g g (C (D uch Turkmenistan einzubeziehen und eine Entwicklung in zu Demokratie und Menschenrechten zu unterstützen. Ich führe regelmäßig Gespräche mit Oppositionellen nd Menschenrechtlern aus Turkmenistan und kenne eren zum Teil dramatische Schicksale, von Flucht, ertreibung und Inhaftierungen. Ich weiß, mit welchem ngagement gerade die Deutsche Botschaft vor Ort sich ür diese Menschen einsetzt, aber ich weiß auch, was für in dickes Brett es zu bohren gilt, will man etwas in urkmenistan erreichen. Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte ind für uns in Europa und Deutschland unveräußerliche rundwerte. Wir wünschen uns, dass die Menschen in urkmenistan eines Tages in einem Staat leben werden, er auf genau diesen Grundrechten basiert. Turkmenistan at die Chance eines neuen Anfangs. Wir sollten uns ber nicht der Illusion hingeben, als herrsche in Turkme- istan jetzt eine Stunde Null. Veränderungen und Refor- en werden nur langsam vonstatten gehen. Lassen Sie uns die neue Situation nutzen. Sollten sich atsächlich Reformen und Reformer abzeichnen, müs- en wir diese unterstützen. Die deutsche EU-Ratspräsi- entschaft und die Entwicklung einer neuen Zentral- sienstrategie für Europa bieten ein gutes Fundament afür. Noch herrscht kein Frühling in Turkmenistan, ber das Eis beginnt zu schmelzen. Burkhardt Müller-Sönksen (FDP): Die FPD-Frak- ion unterstützt den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen Für ein Turkmenistan mit Zukunft“, auch wenn bedau- rlicherweise geradezu ein Übermaß an Optimismus er- orderlich erscheint, um aus heutiger Sicht an eine unge- rübt positive Zukunft Turkmenistans zu glauben. llerdings hat der Tod des „großen Turkmenbaschi, des ührers aller Turkmenen“ – wie sich der turkmenische taatspräsident Saparmurad Nijasow von seinem Volk ennen ließ – zumindest eine kleine Chance eröffnet, ass sich die Entwicklung in Turkmenistan in die Rich- ung eines Staatsmodells entwickelt, das auf Rechtsstaat- ichkeit, Demokratie und der Achtung von Menschen- echten basiert. Denn ein Machtübergang wie der egenwärtige in Turkmenistan beinhaltet immer auch ie Möglichkeit für einen Neuanfang in den diplomati- chen Beziehungen, die Deutschland bilateral und auf U-Ebene zu Turkmenistan unterhält. Ein solcher Neu- nfang schließt denn auch die Möglichkeit ein, konstruk- iven Einfluss auf die weitere Entwicklung dieses Lan- es zu nehmen. Dies gilt in besonderem Maße für urkmenistan, das bisher eines der am stärksten isolier- en Länder der Welt war, vergleichbar nur mit Nord- orea. Die Bundesregierung trägt deshalb im Zuge der U-Ratspräsidentschaft Deutschlands eine besondere erantwortung, das gegenwärtig bestehende „window of pportunity“ zu nutzen, um vor allem auf EU-Ebene ent- prechende diplomatische Initiativen zu ergreifen und influss auf die neue turkmenische Führung auszuüben. udem kann die Bundesregierung in Turkmenistan zei- en, dass sie bereit ist, die EU-Zentralasienstrategie, die egenwärtig von ihr erarbeitet wird, auch durch tatkräfti- es Engagement für politische und wirtschaftliche Re- 8118 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 (A) ) (B) ) formen in Zentralasien zu untermauern. Denn was wäre eine Strategie wert, die nicht durch entsprechende Taten flankiert wird? Die Bedingungen, unter denen gegenwärtig der Über- gang zu einer neuen Führung in Turkmenistan erfolgt, sind jedoch alles andere als verheißungsvoll. Die vorüber- gehende Machtübernahme durch Übergangspräsident Gurbanguly Berdymuchammedow erfolgte nach dem Tod Nijasows am 21. Dezember 2006 unter Verletzung selbst der turkmenischen Verfassung. Diese sah bei Nijasows Tod für den Fall, dass der Präsident zur Ausübung seines Amtes nicht mehr in der Lage ist, die vorübergehende Amtsübernahme durch den Vorsitzenden des Mejlis, des turkmenischen Parlaments, vor. Der amtierende Vorsit- zende des turkmenischen Mejlis, Ovezgeldy Ataev, wurde allerdings nur einen Tag nach dem Tod Nijasows gewaltsam an der Wahrnehmung seiner verfassungsmäßi- gen Rechte in der Weise gehindert, dass er verhaftet wurde. Zudem wurde kurzerhand die Verfassung dahin gehend ge- ändert, dass fortan auch der vorübergehend amtierende Staatspräsident bei den Wahlen kandidieren kann, was die Verfassung bisher nicht erlaubte. Man kann deshalb mit Fug und Recht behaupten, dass sich die derzeit amtie- rende turkmenische Regierung unter Übergangspräsident Berdymuchammedow unter Missachtung der turkmeni- schen Verfassung an die Macht geputscht hat. Wie berich- tet wird, wurde übrigens der Vorsitzende des Obersten Gerichts in Turkmenistan, nachdem er die vorüberge- hende Amtsübernahme durch Berdymuchammedow als verfassungswidrig bezeichnete, unter Hausarrest gestellt. Leider gibt es keine Anzeichen dafür, dass die für den 11. Februar 2007 vorgesehenen Wahlen auch nur in An- sätzen frei und fair verlaufen werden, nachdem der offi- zielle Wahlleiter bereits angekündigt hat, alles zu unter- nehmen, um einen Sieg von Übergangspräsident Berdymuchammedow sicherzustellen. Um den Wahlen den Anschein der Legalität zu verleihen, treten neben Gurbanguly Berdymuchammedow fünf weitere Kandi- daten für die Wahl an. Keiner von ihnen ist jedoch der Opposition zuzurechnen. Der turkmenischen Opposi- tion im Exil wird die Einreise nach Turkmenistan ver- weigert, damit sie das Ergebnis der Wahl nicht beeinflus- sen kann. Es wird berichtet, dass diejenigen Kandidaten, die gegen Berdymuchammedow zur Wahl antreten, von diesem selbst Anweisungen erhalten, was sie bei ihren „Wahlkampfveranstaltungen“ sagen dürfen und wo sie diese abzuhalten haben. Zur Kontrolle werden Berichten zufolge alle Veranstaltungen unter Aufsicht von Mitar- beitern des turkmenischen Sicherheitsdienstes durchge- führt. Trotz dieser deprimierenden Aussicht auf die anste- hende Wahl fordere ich die Bundesregierung auf, alle Anstrengungen zu unternehmen, um die neue turkmeni- sche Führung zur Öffnung ihres Landes zu bewegen, auch wenn das nur in kleinen Schritten möglich ist. Als Angebot könnte aus meiner Sicht eine – nach Möglich- keit konditionierte – Unterstützung beim Wiederaufbau des Bildungs- und Gesundheitswesens dienen. Denn das Bildungs- und das Gesundheitssystem sind in Turkme- nistan unter Präsident Nijasow derart degeneriert wor- den, dass sie am ehesten noch mit dem Adjektiv „stein- z w b z i n „ s p s w w A D s c s G t T r s m d m n f s U m k z B a H f d d D p d z k Z z s t r b R t R n v f (C (D eitlich“ zu beschreiben sind. Die Schulausbildung urde unter Nijasow auf neun Jahre, die Hochschulaus- ildung auf zwei Jahre verkürzt. Dies führt dazu, dass um Beispiel turkmenische Studenten nicht außerhalb hres Landes studieren können. Zudem war das turkme- ische Bildungssystem bisher durch die Lehre der Ruhnama“ dominiert, ein vom „Turkmenbaschi“ für einen bizarren Führerkult verfasstes Werk mit religiös- hilosophischer Verbrämung. Das turkmenische Ge- undheitssystem ist dadurch zu charakterisieren, dass es eitgehend nicht existiert; denn unter Präsident Nijasow urden alle Krankenhäuser außerhalb der Hauptstadt schgabat geschlossen. Die Möglichkeit, die im Antrag von Bündnis 90/ ie Grünen geforderte Sperrung des Kontos zu veranlas- en, welches die turkmenische Regierung nach Recher- hen von Nichtregierungsorganisationen bei der Deut- chen Bank hält und auf das Gewinne aus dem asexport eingehen, beurteile ich allerdings eher skep- isch. Nichtsdestotrotz sollte die Bundesregierung in der at überprüfen, ob eine rechtliche Handhabe für eine vo- übergehende Sperrung des Kontos besteht und von die- er gegebenenfalls auch Gebrauch machen. Denn es üssen alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, damit as auf diesem Konto geparkte Vermögen für das turk- enische Volk als Staatsvermögen erkennbar bleibt und icht beliebig einem Machtclan als „Privateigentum“ zur reien Verfügung steht. Eine im Januar 2006 von der Organisation The Eura- ian Transition Group in Turkmenistan durchgeführte mfrage zeigt, dass sich 81 Prozent der Bevölkerung de- okratische Reformen in ihrem Land wünschen. Eine lare Mehrheit der Turkmenen bewertet dieser Umfrage ufolge die vorübergehende Machtübernahme durch erdymuchammedow als unrechtmäßig und erwartet uch keine faire und freie Durchführung der Wahlen. Die offnung des turkmenischen Volkes auf politische Re- ormen in ihrem Land ist also auch nach der verheeren- en Diktatur des „Turkmenbaschi“ ungebrochen. Ich fordere die Bundesregierung auf, diese Hoffnung es turkmenischen Volkes nicht zu enttäuschen und ruck auf die turkmenische Führung zur Umsetzung von olitischen Reformen auszuüben, auch wenn es viel Ge- uld und einen langen Atem erfordert. Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE): Turkmenistan ist weifellos eine Diktatur. Auch nach Auffassung der Lin- en müssen die besorgniserregenden Berichte über den ustand demokratischer und Menschenrechte in diesem entralasiatischen Land ernst genommen werden. Ob es ich um Berichte bzw. Beschlüsse von Amnesty Interna- ional, Human Rights Watch, OSZE oder der UN-Gene- alversammlung handelt – Zweifel scheinen nicht ange- racht, dass die Menschen in Turkmenistan, wenn sie ihr echt auf freie Meinungsäußerung, politischer Partizipa- ion und andere Bürgerrechte wahrnehmen wollen, mit epressionen, Inhaftierung bis hin zu Folterungen rech- en müssen. So verhielt es sich unter der Regierung des erstorbenen Präsidenten Nijasow, und – das ist zu be- ürchten – so wird es vermutlich auch unter dem neuen Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 8119 (A) ) (B) ) Präsidenten, der am 11. Februar 2007 gewählt werden soll, weitergehen. Verhältnisse, die denen in Turkmenistan ähneln, gibt es zweifellos in vielen Ländern der Erde. Die Frage ist, wie Deutschland mit solchen Staaten seine kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zum Nut- zen der Menschen gestalten soll. Sie formulieren im Falle Turkmenistans in 21 Punkten Forderungen, die die Bundesregierung an die turkmenische zu richten habe. Kein souveräner Staat wird so etwas akzeptieren und Diktaturen schon gar nicht. Im Interesse der Verbesse- rung der Menschenrechtssituation in Turkmenistan, an der uns gelegen sein muss, ist ein Vorgehen, das als Dik- tat angesehen werden kann, alles andere als produktiv. Natürlich würde ich mir für die Bevölkerung Turkme- nistans wünschen, dass sie in den Genuss aller dieser im Antrag eingeforderten bürgerlich-demokratischen Frei- heiten gelangt. So wie ich das auch für alle anderen Völ- ker wünsche, umso mehr, wenn die Bundesrepublik gute und umfassende Beziehungen zu ihren Regierungen un- terhält. Ökonomischen Druckmitteln, sofern sie nicht die Bevölkerung trifft, würde ich gern zustimmen. Aber: Wenn von Dritten Forderungen nach Einhaltung von de- mokratischen und Menschenrechten gestellt werden, möchte ich hinterfragen, ob und welche anderen Interes- sen mit solchen Forderungen – unter der Hand – mit- transportiert werden. Ich gebe Ihnen dafür ein Beispiel: Das Auswärtige Amt hat in seinen „Länderinformationen“ Turkmenistan zum Stichwort Religionsfreiheit folgendes notiert: Durch den Druck insbesondere der USA „sind mittler- weile folgende weitere Religionsgemeinschaften zuge- lassen: Baptisten, Sieben-Tage-Adventisten, Bahai, Hare Krishna, Greater Christchurch, Church of Christ, Light of East, Full Gospel Christian und New Apostolic Church“. Ich bin kein Experte, was religiöse Sekten anlangt, aber ein Blick ins Internet bestätigt meine Befürchtun- gen, dass es mehr als zweifelhaft ist, ob die Zulassung solcher Sekten bzw. Religionsgemeinschaften unter dem Markenzeichen „Religionsfreiheit“ den Turkmeninnen und Turkmenen einen echten Zugewinn an Freiheit bringt. Ich bin nicht so naiv zu ignorieren, dass unter dem Mantel von Forderungen zum Beispiel nach Pressefrei- heit oder Religionsfreiheit, der Freiheit der Meinungsäu- ßerung, freie Wahlen usw. ganz andere Interessen trans- portiert werden; Interessen, die zum Beispiel auf die Verbreitung von Bewusstseinsinhalten, Einstellungen und Wünschen gerichtet sind, die mit der Ausbreitung neoliberaler Ideen und Haltungen kompatibel sind. Die Forderung nach Freiheit von und für was auch immer bietet unter den Bedingungen wirtschaftlicher Ungleich- heit dem Stärkeren immer auch die Möglichkeit, den Schwächeren zu manipulieren, zu dominieren und auf indirektem Wege zu unterwerfen. Dieser Antrag ist ein Musterbeispiel für das Messen mit zweierlei Maß. Denn es ist ja keineswegs so, dass die Bundesregierung aufgefordert wird, ihre anderen P D g m t g i g d N g l s M C N a w r S D w s p K o H d N s D v R i n f k g t d S h 6 S h k m d d a k u (C (D artner, die ebenfalls grundlegende Defizite in Sachen emokratie und Menschenrechte aufweisen, nach den leichen Kriterien zu messen. Bei Turkmenistan traut an sich eben, was man sich bei Saudi-Arabien nicht raut. Messen mit zweierlei Maß macht nicht nur un- laubwürdig, sondern verstärkt auch den Verdacht, dass m Zweifelsfall wirtschaftliches Interesse und geostrate- ische Brauchbarkeit über Menschenrechte gestellt wer- en. Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- EN): Der Despot, im Westen zu trauriger Berühmtheit ekommen, ließ nicht nur die Monate nach seinen Fami- ienmitgliedern benennen und verbot Theater. Der Name teht vielmehr für Willkür, für Despotie und grausamste enschenverachtung. Umso mehr könnte sein Tod eine hance für das Land sein. Im November 2002 entging der Präsident Saparmurad ijasow knapp einem Attentat. Das Regime in Zentral- sien hatte einen Vorwand, um wieder einmal eine Welle illkürlicher Festnahmen und Verhaftungen zu initiie- en. Der ehemalige turkmenische Außenminister Boris ikkhmuradow sowie der Geschäftsmann Guvanch zumaew als angebliche Drahtzieher des Attentates urden verhaftet, und mit ihnen unzählige andere Be- chuldigte, deren Familienangehörige oder einfach nur olitisch unliebsame Personen. Ohne Aussicht auf faire Gerichtsverfahren, ohne ontakt zur Außenwelt wurden sie gefangen gehalten der nach zumeist geheimen Verfahren zu lebenslangen aftstrafen verurteilt. Obwohl Mitglied der OSZE, ließ as Regime keine unabhängigen Beobachter ins Land. ach Recherchen unter schwierigen Bedingungen prach der OSZE-Berichterstatter Professor Emmanuel ecaux in seinem im März 2003 erschienenen Bericht on „ungeheuren Verletzungen aller Prinzipien der echtsstaatlichkeit. Gefangene sterben wie die Fliegen n den Gefängnissen“. Laut dem Jahresbericht 2006 von amnesty internatio- al sind Folterungen und Misshandlungen in den Ge- ängnissen an der Tagesordnung. Infektionen mit Tuber- ulose und völlig ausgehungerte Insassen gehören zum rausamen Alltag. Zwangseinweisungen in die Psychia- rie sind ein weiteres perfides Mittel der Repression. In en letzen Jahren kürzte Nijasow die Sozialausgaben des taates drastisch. Das Bildungssystem ist in einem ver- eerenden Zustand. Die Arbeitslosenquote liegt bei 0 Prozent. 15 000 Ärzten wurde seit 2004 gekündigt. eit dem Frühling 2005 gibt es nur noch ein Kranken- aus in der Hauptstadt Aschgabat. Die Kindersterblich- eit ist eine der höchsten der Welt. Nach dem Tod von Nijasow ist die internationale Ge- einschaft in der politischen Verantwortung, mit Nach- ruck auf politische und wirtschaftliche Reformen zu rängen und dem Land so eine Chance auf Anbindung n die Moderne zu geben. Diktatorische Regime sind sicherheitspolitische Risi- ofälle. Aus sicherheitspolitischer Sicht muss die EU ein reigenstes Interesse an der Stabilität der Region haben. 8120 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 (A) ) (B) ) Hier spielt Turkmenistan eine zentrale Rolle, denn es grenzt an Afghanistan sowie den Iran und Russland. Auch unter der neuen Interimsregierung wird nach wie vor die Opposition unterdrückt, ihre Akteure be- droht und misshandelt, Presse und Internet strengstens kontrolliert. Zivilgesellschaftliches Engagement wird in der Wurzel erstickt, dem VN-Sonderberichterstatter für Folter der Zugang verwehrt. Im Exil lebenden Opposi- tionellen wird die Einreise verweigert. Opposition im Land existiert nicht. Der turkmenische Wahlleiter spricht vom vorrausicht- lichen Sieg des amtierenden Interimspräsidenten Berdymuchammedov. Zwar hat ODHIR, das innerhalb der OSZE für menschenrechtliche Fragen zuständige Gremium inzwischen eine sogenannte Unterstützer- gruppe zur Beobachtung der Wahlen geschickt an der auch Deutsche beteiligt sind. Es ist allerdings zu be- fürchten, dass mit den Wahlen am 11. Februar eine Dik- tatur abgesegnet werden wird. Die Bundesregierung hat die EU-Ratspräsidentschaft inne und will bis Mitte dieses Jahres eine Neue Ostpoli- tik mit Leben füllen. Einer der Schwerpunkte soll dabei Zentralasien sein: Deutschland zählt neben der Russi- schen Föderation, China, der Türkei, Iran und den USA zu den bevorzugten Wirtschaftpartnern Turkmenistans. Zu Recht gibt es wirtschaftliche und insbesondere ener- giewirtschaftliche Interessen an Turkmenistan, das be- deutende Öl- und Gasreserven besitzt. Für Deutsche und europäische Unternehmen muss es Rechtssicherheit geben. Dafür sind Rechtsstaatlichkeit und Wahrung der Menschenrechte aber eine Grundvo- rausetzung. In der Liste der Handelspartner Turkmenis- tans belegt Deutschland den siebenten Platz. In der Liste der Einschränkung der Pressefreiheit rangiert das Land an vorletzter Stelle, vor Nordkorea. Die Bundesregierung in ihrer Rolle als Ratspräsiden- tin ist aufgefordert, innerhalb der Zentralasienstrategie in den nächsten Wochen ein besonderes Augenmerk auf eine Entwicklung hin zu einem Turkmenistan legen, dass sich nach und nach von den diktatorischen Zuständen löst. Anlage 12 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Für eine demokratische, freiheitliche, soziale und Frieden sichernde Verfassung der Euro- päischen Union – Berliner Erklärung – Werte und Aufgaben der EU im 21. Jahrhundert (Tagesordnungspunkt 33 und Zusatztagesord- nungspunkt 13) Hans Peter Thul (CDU/CSU): Ich zitiere sinngemäß aus dem Antrag der Fraktion Die Linke: Die Europäi- sche Union sichert den Frieden seit mehr als 60 Jahren, s s W B G v G z H s in s n v e h S w m b i v r h s z d n n V e s n a J l d c m w r l a t W d s r t n W S h s p n (C (D ie vermeidet kriegerische Auseinandersetzungen zwi- chen den Mitgliedstaaten, sie ermöglicht einen freien arenverkehr bei offenen Grenzen zum Wohle ihrer ürgerinnen und Bürger und sie gibt Impulse zur leichstellung von Frauen und Männern, bietet Schutz or Diskriminierung und sichert die Einhaltung von rundrechten. – Hätten sie es bei diesen Feststellungen u Beginn Ihres Antrages belassen, geehrte Damen und erren der Linken, wäre Ihnen die Zustimmung des ge- amten Hohen Hauses sicher gewesen. Das haben Sie aber nicht getan. Vielmehr verfallen Sie der weiteren Formulierung Ihres Antrages in alte klas- enkämpferische Parolen, was zwar Ihren Wiedererken- ungswert, nicht aber Ihre Akzeptanz steigert. Sie geißeln erbal neoliberale Marktrigorismen und verkennen wieder inmal, dass es gerade die soziale Marktwirtschaft Ehr- ard’scher Prägung war, die Arbeitnehmerrechte, soziale icherheit, Produktvielfalt, Produktqualität und somit irtschaftlichen Erfolg im globalen Wettbewerb erst er- öglichte. Mit Europa und in Europa werden die Rechte der Ar- eitnehmerinnen und Arbeitnehmer mehr als anderswo n der Welt auf hohem Niveau gesichert und durch sehr erantwortungsvolle Tarifpartner weiterentwickelt. Ge- ade hier in der Bundesrepublik werden Chancengleich- eit zwischen den Generationen, zwischen den Ge- chlechtern, zwischen jungen und alten Menschen und wischen Arm und Reich mehr gelebt als anderswo in er Welt. Wir haben nach meiner Überzeugung nur in- erhalb dieser EU die Chance, dieses Erfolgsmodell ei- er freien und sozialen Marktwirtschaft den anderen olkswirtschaften der mit uns befreundeten Völker zu mpfehlen. Gott sei Dank haben die Väter und Mütter der Römi- chen Verträge vor etwa 50 Jahren bereits die Vision ei- es befriedeten und geeinten Europas vor Augen gehabt, ls sie sich nach einem der verheerendsten Kriege des ahrhunderts zusammenfanden, diesen Vertrag formu- ierten und letztendlich beschlossen. Europa hat sich seit ieser Zeit zu einem weltweit geachteten Modell entwi- kelt, um das wir glühend beneidet werden. Geehrte Da- en und Herren der Linksfraktion, nicht auszudenken, ie sich unser Land entwickelt hätte, wären Politiker Ih- er Überzeugung an der damaligen Entscheidung betei- igt gewesen. Die Geschichte des 20. Jahrhunderts hat uf fatale Weise verdeutlicht, dass sozialistische und to- alitäre Systeme mit abgeschotteten Märkten im globalen ettbewerb immer weiter zurückfallen – mit der Folge, ass es den Menschen und der Umwelt dort sehr viel chlechter geht und ging als hier in unserem Wirtschafts- aum. Die EU wird doch nach wie vor von Beitrittskandida- en umworben; sie wollen doch hinein in das System und icht hinaus. Wäre die Wirklichkeit innerhalb unserer irtschafts-, Währungs- und Wertegemeinschaft so, wie ie sie im ersten Abschnitt Ihres Antrages beschrieben aben, würden die Menschen in Scharen Europa verlas- en. Das Gegenteil ist der Fall. Wir leben dank der Euro- äischen Union in dem mittlerweile befriedetsten Konti- ent der Erde, in einer kulturell und religiös befriedeten Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 8121 (A) ) (B) ) Gemeinschaft, in einer auch sozial weitestgehend ausge- glichenen Gesellschaft, in Gebieten mit ausreichenden und sauberen Trinkwasservorkommen, mit stabilen Ver- sorgungsstrukturen, in einer intakten Natur. Dieses Eu- ropa wollen wir erhalten, sichern und als nachahmens- wertes Modell mit den Menschen weiterentwickeln. Sie reden von einem gefährlichen Weg der Militari- sierung. Sie verkennen, dass unsere Soldatinnen und Soldaten in friedenserhaltenden und humanitären Einsät- zen für die Menschen tätig sind, insbesondere da, wo die Menschenrechte buchstäblich mit Füßen getreten wur- den, etwa in Afrika, Afghanistan und in anderen Krisen- gebieten dieser Erde. Ich weiß, wovon ich rede. Unser Sohn ist gerade erst von einem solchen Einsatz wohlbe- halten zurückgekehrt. Wir sind froh und dankbar dafür, dankbar auch für die Erfahrungen, die die jungen Men- schen bei solchen Einsätzen machen. Ich bin ebenso der Meinung, dass wir eine Art Bringschuld für die benach- teiligten Regionen dieser Welt haben. Für die CDU/ CSU-Fraktion gilt: Das sind wir unserem christlichen Menschenbild und unserem Humanitätsgedanken schul- dig. Europa hat sich aus der griechisch-römischen Tradi- tion und der jüdisch-christlichen Ethik entwickelt. Spu- ren römischer Gesetzgebung sind bis heute in unseren Gesetzestexten zu finden. Wir sollten jetzt die EU-Präsi- dentschaft der kommenden sechs Monate nutzen – so wie es unsere Bundeskanzlerin, Frau Dr. Angela Merkel, in ihrer Rede am 17. Januar dieses Jahres vor dem Euro- päischen Parlament ausgeführt hat – und alle Anstren- gungen unternehmen, um den ins Stocken geratenen Prozess hin zu einem Verfassungsvertrag wieder zu bele- ben. Europa eine Seele geben und Europas Seele ist die Toleranz. Das ist eine der Kernaussagen in der Rede unserer Kanzlerin. Und: Europa gelingt nur gemeinsam – ge- meinsam mit den Menschen. Gemeinsamkeit setzt Vertrauen voraus. Vertrauen wiederum entsteht aus Verlässlichkeit, etwa dann, wenn Politik vorher ankündigt, was sie vorhat, es dann tut und sich dann auch noch herausstellt, dass die angedachten Konzepte funktionieren. Die Bundesregierung hat ange- kündigt, wo sie ihre Arbeitsschwerpunkte setzen will: Bei Klima- und Energiefragen und bei der Überzeu- gungsarbeit für einen gemeinsamen europäischen Ver- fassungsvertrag. Technologie, Talente und Toleranz sind Begriffe, die unsere Bundeskanzlerin in ihrer bereits zitierten Rede immer wieder zu recht verwendet. Sie hingegen zeich- nen ein Zerrbild von Europa, wenn Sie von Demokratie- abbau und mangelnder Bürgerbeteiligung sprechen und sogar die Vorteile einer einheitlichen Währungsunion bezweifeln. Gerade die einheitliche Währung, die, vor einiger Zeit – ausgerechnet von einem Niedersachsen – noch als „kränkelnde Frühgeburt“ bezeichnet wurde, er- weist sich als außerordentlich stabil und werthaltig, so- dass sie sogar als kommende Leitwährung diskutiert wird. w s g t H w R b V w z s v u s n v k d a R m N g I h s s d a w e r s B t D F l n e v d E ü i e V c s b v (C (D Sie haben recht, wenn Sie von einer hohen Verant- ortung der Bundesregierung sprechen, aber Sie können icher sein, dass diese Bundesregierung und die sie tra- enden Fraktionen von CDU/CSU und SPD alles dafür un werden, damit diese Prozesse erfolgreich verlaufen. Im Gegensatz dazu erscheint es vor dem politischen intergrund von Teilen Ihrer Fraktion geradezu absurd, enn Sie in Ihrem Antrag von mangelnder Demokratie, echtsstaatlichkeit und Sozialstaatlichkeit reden. Wir enötigen den von Ihnen vorgeschlagenen alternativen erfassungsvertrag nicht. Der vorliegende Vertragsent- urf ist eben nicht juristisch zweifelhaft, moralisch un- ulässig und erst recht nicht politisch verfehlt. Nach un- erer Überzeugung spricht alles für eine vertraglich ereinbarte Verfassung, die die erreichte demokratische nd soziale Ordnung auf der Grundlage der europäi- chen Wertegemeinschaft zum Ausdruck bringt. Bezeichnenderweise kommt ein Bekenntnis zur ge- annten Werteordnung an keiner Stelle Ihres Antrages or, stattdessen die altbekannten populistischen und lassenkämpferischen Begriffe. So wollen Sie unter an- erem kostenfreie Verfassungsbeschwerden, das Recht uf menschenwürdige und existenzsichernde Arbeit, ein echt auf soziale Sicherheit, einen Rechtsschutz vor Ar- ut und einen Rechtsschutz vor sozialer Ausgrenzung. ur: In keinem einzigen der – glücklicherweise – weni- en verbleibenden Staatsformen dieser Erde, die nach hren Vorstellungen geführt werden, wird auch nur annä- ernd eines dieser vorgenannten Ziele erreicht. Das ollte Ihnen zu denken geben. Wir glauben an die Fähigkeit jedes einzelnen Men- chen. Wir denken nicht in Kollektiven, und wir wollen ie Entfaltung des einzelnen Individuums in eigener Ver- ntwortung vor Gott und den Mitmenschen. Dieser Weg ird auch weiterhin zu Wohlstand und Wohlfahrt und zu iner Angleichung der Lebensverhältnisse in ganz Eu- opa führen. Auf dem Weg dahin sollten wir jeden Ver- uch wagen, diese Gesellschaft zu einen, statt zu spalten. egleiten Sie uns auf diesem Weg, ziehen Sie Ihren un- auglichen Antrag zurück, und geben Sie Ihre überholten enkschemata auf! Michael Roth (Heringen) (SPD): Der Antrag der raktion Die Linke ist populistisch und verantwortungs- os. Die Pose der vermeintlich großen Europäer steht Ih- en nicht: Ihr Vorschlag, einen neuen Verfassungstext zu rarbeiten, käme einer Lähmung der EU gleich. Ja, es stimmt: Die Unzufriedenheit mit Europa ist in ielen Mitgliedstaaten gewachsen. Die Kluft zwischen en Skeptikern und den Befürwortern eines politischen uropas ist größer geworden. Der politische Konsens ber Qualität und Ausrichtung des Integrationsprozesses st brüchiger geworden. Entsprechend schwieriger wäre ine Einigung auf einen grundlegend neuen Text. Die erhandlungen wären langwierig und das Ergebnis si- herlich weniger geeignet, Europa demokratischer, ent- cheidungs- und zukunftsfähiger zu machen. Die Pro- leme Europas blieben ungelöst, die Krise Europas erschärfte sich. 8122 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 (A) ) (B) ) Der Verfassungsvertrag wurde von allen Staats- und Regierungschefs der EU unterzeichnet. Er ist zwischen- zeitlich von 18 Mitgliedstaaten ratifiziert worden. Das sind zwei Drittel der 27 Mitgliedstaaten, die eine Mehr- heit der Bürgerinnen und Bürger der EU repräsentieren. Vier weitere Mitgliedstaaten haben signalisiert, dass sie die Verfassung ratifizieren wollen. Schon deswegen sollte er nicht ad acta gelegt werden. Der jetzige Vertragstext ist das Ergebnis umfangrei- cher und schwieriger Verhandlungen. Die Einigung auf diesen Text beruht auf einem fragilen Gleichgewicht zwischen den unterschiedlichen politischen, gesell- schaftlichen, wirtschaftlichen und rechtlichen Interessen der Mitgliedstaaten. Es geht dabei nicht nur um Ände- rungen technischer Details. Es geht darum, Europa nach innen und außen handlungsfähiger und demokratischer zu machen. Die Europäische Union verpflichtet sich und ihre Politik auf gesellschaftliche Werte, die in der Grundrechtecharta verbrieft sind. Die Bürger und Bürgerinnen wollen ein Europa, das Antworten geben kann auf ihre Sorgen angesichts der Globalisierung. Sie wollen ein besseres Europa, eines, das handlungsfähiger, transparenter und demokratischer ist. Dieses Europa ist im Verfassungsvertrag vorgesehen. Der Verfassungsvertrag wagt mehr Demokratie: Er be- kennt sich zu direkter Demokratie, er stärkt das Europäi- sche Parlament, er bindet den Kommissionspräsidenten stärker an die parlamentarische Mehrheit, er eröffnet den nationalen Parlamenten neue Chancen der Mitwirkung. Die EU braucht die im Verfassungsvertrag enthaltenen Reformen dringend. Sie sind längst überfällig. Der Verfassungskonvent war ein qualitativer Quan- tensprung für die EU. Mit seiner mehrheitlich parlamen- tarischen Zusammensetzung machte er Schluss mit der „Hinterzimmerdiplomatie“. Aber es stimmt, dass sich immer noch zu wenige Bürgerinnen und Bürger an der Diskussion über die Verfassung beteiligt haben, obwohl sie dazu eingeladen waren und ihnen zahlreiche Mög- lichkeiten der Teilhabe offenstanden. Es stimmt auch, dass die Berichterstattung über Entscheidungen auf EU- Ebene in den deutschen Medien noch zu wünschen übrig lässt. Offensichtlich hat die Öffentlichkeitsarbeit sowohl der EU- als auch der nationalen Stellen die Bevölkerung nicht wirklich erreicht. Hier muss in Zukunft mehr und besser kommuniziert werden. Eine breite gesellschaftli- che Unterstützung für das Projekt Europa ist eine we- sentliche Voraussetzung für seine Zukunftsfähigkeit. Das heißt aber nicht, dass wir einen neuen Verfassungstext brauchen. Vielmehr müssen wir den jetzigen Verfas- sungsvertrag so weit wie möglich erhalten und für seine zügige Ratifizierung in allen Mitgliedstaaten sorgen. Ihre Vorwürfe, die Verfassung sei unsozial, trüge zum Lohnverfall, zur Arbeitslosigkeit und zur Verarmung bei, ist nichts als billiger Populismus: Der EU-Verfassungsvertrag erwähnt explizit die Werte, auf denen die Union sich gründet und denen euro- päische Politik verpflichtet ist. Dazu gehören „Solidari- tät, Gerechtigkeit und Nichtdiskriminierung“. „Die Union strebt ein Europa der nachhaltigen Entwicklung auf der Grundlage eines ausgewogenen Wirtschafts- w s s w D s 1 h m t d d s D z R t b D r m „ w t B … d s z d v s h d E i t E g m d h d M z z d d g d w g u R g (C (D achstums an, eine in hohem Maße wettbewerbsfähige oziale Marktwirtschaft, die auf Vollbeschäftigung und ozialen Fortschritt abzielt, sowie ein hohes Maß an Um- eltqualität. … Sie bekämpft soziale Ausgrenzung und iskriminierungen und fördert soziale Gerechtigkeit und ozialen Schutz …“ Das alles können Sie in den Artikeln bis 3 des Verfassungsvertrages nachlesen. Was, bitte, at das mit neoliberalem Marktrigorismus zu tun? Ich glaube, ein Fehler den Sie, aber auch viele andere achen, ist, dass Sie zu viel von einer Verfassung erwar- en. Eine Verfassung allein schafft keine Politik der Soli- arität und Gerechtigkeit. Sie bietet nur den Rahmen, in em Politik gestaltet wird. Und dafür braucht man politi- che Mehrheiten, auf nationaler und europäischer Ebene. iese Mehrheiten fehlen Ihnen – zu unserem Glück. Es steht im Übrigen jedem Mitgliedstaat frei, Gesetze u verabschieden, die weitergehen als das EU-Recht. echtsvorschriften zur sozialen Sicherheit, zur Tarifpoli- ik, zum Streikrecht, zum Arbeitsmarkt waren und blei- en auf der nationalen Ebene verankert. Die EU war, ist und bleibt dem Frieden verpflichtet. ass Europa außen- und sicherheitspolitisch zur Förde- ung und Erhaltung des Friedens beitragen will und uss, ist in der Verfassung festgeschrieben. Die Union … trägt bei zu Frieden, Sicherheit, nachhaltiger Ent- icklung der Erde, Solidarität und gegenseitiger Ach- ung unter den Völkern, freiem und gerechtem Handel, eseitigung der Armut und Schutz der Menschenrechte sowie zur strikten Einhaltung und Weiterentwicklung es Völkerrechts, insbesondere zur Wahrung der Grund- ätze der Charta der Vereinten Nationen“. Diese Zielset- ung beinhaltet ein sehr umfassendes Konzept von Frie- en. Kein Mitgliedstaat kann zu militärischen Einsätzen erpflichtet werden. Diese bleiben in der nationalen Ent- cheidungshoheit; auch der deutsche Parlamentsvorbe- alt wird durch die Verfassung nicht angetastet. Aber je- es Land kann sich an europäischen Einsätzen beteiligen. ntscheidungen über solche Einsätze müssen einstimmig m Ministerrat getroffen werden. Die Verfassung verbie- et auch den Alleingang einzelner Staatengruppen der U: Sie müssen sich zumindest im Rahmen der „ständi- en strukturierten Zusammenarbeit“ und somit im Rah- en der EU-Institutionen bewegen. Die von Ihnen gefor- erten zivilen Einsatzkräfte gibt es bereits – sie werden ier in Berlin beim Zentrum für Internationale Frie- enseinsätze ausgebildet. Die Verfassung sieht außerdem issionen vor, „bei deren Durchführung die Union auf ivile und militärische Mittel zurückgreifen kann“. Die Verfassung beinhaltet auch keine Verpflichtung ur Aufrüstung, sie überlässt Rüstungsentscheidungen en jeweiligen Mitgliedstaaten. Sie sieht aber vor, dass ie militärischen Fähigkeiten der EU-Mitgliedsländer ebündelt und der neuen Sicherheitslage angepasst wer- en. Die „Rüstungsagentur“, die Sie abgeschafft sehen ollen, entwickelt sich gerade zum europäischen Vorzei- eprojekt. Sie heißt Europäische Verteidigungsagentur nd ist vor allem mit der Ausschreibung und Vergabe der üstungsaufträge beauftragt, die ohnehin von den Mit- liedstaaten getätigt werden. Dabei dient sie der Verrin- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 8123 (A) ) (B) ) gerung von Kosten, indem sie Forschungs- und Entwick- lungsbemühungen sowie Anschaffungskosten innerhalb Europas koordiniert und Verdoppelungen verhindert. Wenn wir die Welt sicherer und friedlicher machen wollen, kommen wir um eine stringente gemeinsame Außenpolitik nicht herum. Dazu gehört auch eine ge- meinsame Sicherheits-, Verteidigungs- und vor allem Entwicklungspolitik. Der Verfassungsvertrag sieht die hierfür erforderliche Kompetenzbündelung in der Person des gemeinsamen EU-Außenministers vor. Der Verfassungsvertrag steht keineswegs für Still- stand: er behebt den Stillstand. Den Stillstand hatten wir vor Nizza, und den hätten wir wieder 2009, wenn bis da- hin eine Einigung nicht zustande käme. Der Verfassungsvertrag ist nicht tot. Er ist die Basis für weitere Verhandlungen. Einen besseren Text bekom- men wir nicht. Es ist nun an den Mitgliedstaaten, die ihn abgelehnt haben, Vorschläge zu machen. Die Mitglied- staaten, die bereits ratifiziert haben, erklärten sich ver- gangenen Freitag in Madrid ausdrücklich bereit, Ände- rungsvorschläge zu prüfen und zu verhandeln. Wichtig ist, alle Mitglieder der EU unter das Dach dieses Vertra- ges zu bekommen. Die SPD-Fraktion wünscht der Bundesregierung allen Erfolg bei ihren diplomatischen Bemühungen, den Rati- fizierungsprozess wieder in Gang zu bringen und kon- krete Lösungsvorschläge zu erarbeiten. Der Deutsche Bundestag wird seinen Beitrag zum Gelingen dieses Pro- jektes leisten. Der Antrag der Fraktion Die Linke leistet allerdings nichts dergleichen. Er ist ein trauriger Beleg des Scheiterns und der Verantwortungslosigkeit. Die SPD-Fraktion lehnt ihre Vorschläge deshalb ab. Markus Löning (FDP): Beiden hier vorliegenden Anträgen ist eines gemeinsam: Sie stellen beide die Bedeutung einer Verfassung für Europa heraus. Auch die FDP sieht in einer europäischen Verfassung eine große Chance, die Handlungsfähigkeit der Union langfristig zu sichern und damit einen weiteren Schritt in der europäischen Entwicklung zu gehen. Von Anfang an, von Walter Scheel bis Klaus Kinkel, haben sich liberale deutsche Außenminister leidenschaftlich für die europäi- sche Idee eingesetzt. Europa ist bis zum heutigen Tag nicht zuletzt deshalb eine außerordentliche Erfolgsge- schichte. Auch die heutige FDP-Bundestagsfraktion fühlt sich mit der europäischen Idee und deren Werten verbunden und auch verpflichtet. Das befreit uns aber nicht davon, eine kritische Bestandsaufnahme vorzunehmen. Die vielfältigen Beiträge in den letzten Wochen, vom Altbundespräsidenten Roman Herzog bis hin zu Ihren und unseren Anträgen, zeigen, dass es erheblichen Bedarf an Diskussionen gibt. In meinen Augen ist diese aktuelle Diskussion nicht der Untergang der europäischen Idee oder der Beginn von Renationalisierungsbestrebun- gen, wie es einem manchmal von allzu glühenden Verfechtern entgegengeworfen wird. Nein, es ist der B E f g i D d H D u d F d I E m R z Z d A r n a w s f u I W d g d S a T j D s te M s h R I s H E D e d B (C (D eginn von Normalität in der politischen Diskussion um uropa – und das ist ein echter Fortschritt. Sie schlagen heute zwei mögliche Wege aus der Ver- assungsdiskussion vor. Die Linken fordern erwartungs- emäß den Abschied von Freiheit und Marktwirtschaft n Europa. Die Grünen fordern eine breite öffentliche ebatte, ohne jedoch den Verfassungsentwurf inhaltlich iskutieren zu wollen. Meine Damen und Herren auf der linken Seite des auses, beiden Anträgen wird die FDP nicht zustimmen. ie Bundesregierung geht den Weg der Konsultation nserer europäischen Partner. Nur so kann man auf Basis es Unstrittigen das noch Strittige diskutieren. Die FDP- raktion unterstützt diesen Weg und hat dies zu Beginn er Ratspräsidentschaft auch öffentlich deutlich gemacht. n den vorliegenden Anträgen soll nun praktisch das rgebnis dieses Konsultationsverfahrens vorweggenom- en werden. Das wäre nicht hilfreich. Ich möchte noch einmal daran erinnern – allen echenspielchen und Aufzählungen, wer nun schon alles ugestimmt hat, zum Trotz –: Am Ende werden wir die ustimmung aller Mitgliedstaaten brauchen, auch derer, ie bisher eine ablehnende Position eingenommen haben. lles, was man bisher von Tschechien, Polen, Frank- eich, den Niederlanden oder Großbritannien hört, klingt icht so, als ob Ihre Anträge dort Begeisterungsstürme uslösen würden. Deshalb lassen Sie uns vor allem hören, as unsere europäischen Partner zur Verfassung zu agen haben, und lassen Sie uns dann die Diskussion ühren. Am Ende werden wir die Menschen in Europa nd in der Welt nicht durch die Verfassung begeistern. nteressante Verfassungsprobleme gibt es überall auf der elt. Die Menschen überzeugen wir von Europa, indem wir ie EU zu einem Europa der Erfolge machen. Dazu ehört beispielsweise die Vollendung des Binnenmarktes, ie letztendlich jedem Verbraucher in Europa – sei er trom-, Gas-, Mobilfunkkunde oder sei es im Supermarkt, ls Fluggastpassagier oder als Tourist in Europa – jeden ag aufs Neue beweisen kann, dass sich Europa für eden Einzelnen lohnt. Dazu brauchen wir Wettbewerb. iesen herzustellen, wo er noch nicht vorhanden ist, wo ich Monopole gebildet haben, das ist eine der vornehms- n Aufgaben Europas. Hierzu brauchen wir aber mehr ut, als ihn die Bundesregierung zeigt. Hier hat die EU chon lange die Kompetenz, und genau an dieser Stelle aben wir Liberale uns wesentlich mehr Ehrgeiz von der atspräsidentschaft erhofft. Ermutigende Signale oder nitiativen sind an dieser Stelle nicht gekommen. Das, Frau Bundeskanzlerin, ist nicht nur schade, ondern es ist auch schädlich für das Ansehen Europas. ier könnten Sie für die Menschen in Deutschland und uropa ungleich mehr erreichen. Hier verschläft eutschland eine Riesenchance, wichtige Weichen für ine EU der Erfolge für die Bürger zu stellen. Alexander Ulrich (DIE LINKE): Auch wenn sich er Club der Ja-Sager kürzlich in Madrid traf und die undeskanzlerin einen geheimen Kreis zur Wiederbele- 8124 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 (A) ) (B) ) bung der EU-Verfassung zusammenruft: Die Verfassung ist gescheitert. Die Linke schließt sich der mehrheitlichen Kritik der Franzosen und Niederländer am Verfassungsvertrag an. In den Volksabstimmungen in Frankreich und den Nie- derlanden ist das Vorhaben aus gutem Grunde geschei- tert. Die jetzigen Debatten zeigen deutlich: Beide Länder lehnen es ab, darüber in unveränderter Form noch ein- mal abzustimmen. In Großbritannien, Polen oder Tsche- chien ist die Verfassung in ihrer jetzigen Form zum Un- thema geworden. Die jüngsten Äußerungen von Altbundespräsident Roman Herzog sind ein deutlicher Beweis dafür, dass die Kritik an der derzeitigen Verfasst- heit der Europäischen Union immer breiter wird. Grüne wie FDP fordern eine neue Verfassung. Die Staats- und Regierungschefs haben die Reflektionsphase nicht ge- nutzt. Stattdessen halten die 18 Befürworterländer an dem gescheiterten Verfassungsvertrag fest. Die Bundesregierung muss endlich zur Kenntnis neh- men, dass der Ratifikationsprozess wegen des anhängi- gen Verfahrens beim Bundesverfassungsgericht unter- brochen ist. Der Bundestag hat am 12. Mai 2005 fast ohne Aussprache den Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 29. Oktober 2004 über eine EU-Verfassung mit wenigen Gegenstimmen durchgewunken. Wir for- dern den Bundestag auf, diesen Beschluss aufzuheben. Erst dann hat die Bundesregierung wieder Handlungs- freiheit, um nach Alternativen zu suchen. Die Linke sagt Nein zu diesem neoliberalen und mili- taristischen Verfassungsvertrag der europäischen Regie- rungen. Diese Verfassung verfestigt das Demokratiedefi- zit in der EU und legt die EU auf einen wirtschafts- und währungspolitischen Kurs des rigorosen Neoliberalis- mus fest. Die EU präsentiert sich als „Binnenmarkt mit freiem und unverfälschtem Wettbewerb“. Zahlreiche Richtli- nien führen zur Privatisierung und Liberalisierung. Große Teile der Daseinsvorsorge wurden schon für Markt und Wettbewerb geöffnet. Lohn- und Sozialdum- ping sind die Folge. Die EU-Dienstleistungsrichtlinie ist zum Synonym dieser unsozialen Politik geworden. Die sozialen und demokratischen Lebensinteressen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen wie- der in den Vordergrund gerückt werden. In einer neuen europäischen Verfassung muss das Grundprinzip des eu- ropäischen Sozialmodells mit starker Sozial- und Wohl- fahrtsstaatlichkeit verankert sein. Die bisher rechtlich nicht verbindliche Grundrechtecharta ist zu präzisieren und zu ergänzen und in die Verfassung aufzunehmen. Darüber hinaus fordern wir die soziale Bindung des Ei- gentumsrechts. Solche Bestimmungen, die den Marktra- dikalismus einschränken, fehlen bisher völlig. Im Bereich der Sicherheitspolitik enthält die Verfas- sung die Verpflichtung, die militärischen Fähigkeiten der EU schrittweise zu verbessern. Man muss sich schon fra- gen, was eine Aufrüstungsverpflichtung überhaupt in der Verfassung zu suchen hat. Um diesen Auftrag noch zu erfüllen, sieht die Verfassung eine Rüstungsagentur vor, die bereits eingerichtet wurde. Die EU verkauft die zu- n d a c d d i K E d d m b E g d C E p g d s N f N W p V g g g h n e E k h g R i d r m g E s M (C (D ehmende Militarisierung der EU mit dem Argument es Antiterrorkampfs. Wie soll eine europäische Außenpolitik überhaupt ussehen? Wir fordern eine europäische Außen- und Si- herheitspolitik mit zivilem Charakter. Erste Schritte in iese Richtung sind der Aufbau eines europäischen Frie- ensdienstes und die Umwandlung der Rüstungsagentur n eine Agentur für Abrüstung, Rüstungskontrolle und onversion. Wir gehen mit unserem Antrag mit klar formulierten ckpunkten „Für eine demokratische, soziale und Frie- en sichernde Verfassung der Europäischen Union“ in ie Auseinandersetzung. Die Linke setzt auf einen de- okratischen Neustart in der Verfassungsfrage. Wir rauchen einen alternativen Verfassungsvertrag, der im uropawahljahr 2009 den EU-Bürgerinnen und -Bür- ern in Volksabstimmungen vorgelegt wird. Ich fordere den Deutschen Bundestag auf, das Nein er Franzosen und Niederländer zur Verfassung als hance für eine soziale, friedliche und demokratische uropäische Union zu nutzen. Nur so werden wir Euro- as Bürgerinnen und Bürger für die europäische Idee ewinnen. Die Linke, fordert die Bundesregierung wie- erholt auf, während der Ratspräsidentschaft die Voraus- etzungen für eine alternative Verfassung zu schaffen. ur durch einen Neuanfang ist Europa aus der Krise zu ühren. Europa muss sich verändern – damit es gelingt. Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- EN): Lassen Sie mich das Wichtigste vorweg sagen: ir Grüne wollen den Verfassungsvertrag für die Euro- äische Union, und die Europäische Union braucht den erfassungsvertrag. Denn der Vertrag von Nizza ist nicht emacht für eine EU, in der 27 Mitglieder Entscheidun- en treffen müssen. Die geltenden rechtlichen Grundla- en sind zu eng geworden für die erweiterte EU. Sie be- indern die Handlungsfähigkeit und sie entsprechen icht unseren Demokratievorstellungen. Für beides brauchen wir strukturelle Reformen. Die rreichen wir mit dem Verfassungsvertrag: Er macht die U demokratischer, effizienter und bürgernäher. Kriti- er, wie jüngst Altbundespräsident Roman Herzog, be- aupten das Gegenteil, aber das macht ihre Behauptun- en nicht zutreffend. Ich nenne Ihnen drei Beispiele: Erstens. Das Europäische Parlament erhält mehr echte zur Kontrolle des Ministerrats. Zweitens. Der Übergang zu Mehrheitsentscheidungen m Rat und das System der doppelten Mehrheit machen ie Entscheidungsfindung schneller und einfacher. Drittens. Das Bürgerbegehren als ein Instrument di- ekter Demokratie sichert den Bürgerinnen und Bürgern ehr Mitspracherechte. Es geht aber um mehr als die Strukturreformen. Es eht um die Europäische Union als politische Union. Die U ist kein statisches Gebilde. Vielmehr befindet sie ich in einem ständigen Prozess, Veränderung ist ihr erkmal. In ihrem dynamischen und kooperativen Cha- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 8125 (A) ) (B) ) rakter liegen ihre Einzigartigkeit, ihr Potenzial und ihre Strahlkraft. Wir wollen diesem dynamischen Projekt ei- nen Rahmen geben und es zukunftsfähig machen. Es ist viel von den Herausforderungen die Rede, die die Nationalstaaten nicht mehr alleine bewältigen kön- nen. Wenn wir die Aufgaben globaler Klimawandel, sozial gerechte Gestaltung der Globalisierung, Energie- versorgung, Proliferation, grenzüberschreitende Krimi- nalität – um nur einige Stichworte zu nennen – gemein- sam bewältigen wollen, brauchen wir eine ungefähre Vorstellung davon, nach welchen Leitlinien wir handeln wollen. Wir Grüne wollen eine politische Union, die sich an den Leitlinien nachhaltiger und ökologischer Politik, so- zial gerechter Gestaltung der Globalisierung, einer sozia- len und friedlichen Union, die als globale Akteurin mul- tilaterale Strukturen stärkt und mit einer Stimme spricht, orientiert. Wir müssen darüber reden, wie wir diese Leit- linien in konkrete Politik übersetzen wollen und uns fra- gen: Reicht der Verfassungsvertrag aus? Regelt er zu viel oder zu wenig? Helfen Abkommen über bestimmte Poli- tiken wie eine Energiestrategie oder eine Sozialcharta? Ein dritter Punkt ist, wie über ein solches Dokument mit den Bürgern und Bürgerinnen diskutiert wird und wie sie in die Entscheidung einbezogen werden. Wir brau- chen mehr Dialog mit den Bürgern und Bürgerinnen, die sich mit dem Projekt identifizieren sollen. Die deutsche Ratspräsidentschaft verhält sich hier äußerst unklug. Sie erarbeitet die Berliner Erklärung über die Ziele und Werte der EU in einem Closed Shop unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Selbst die Kritik der Europäischen Kom- mission beeindruckt die Kanzlerin nicht. Wir werden uns weiter für eine bürgernahe, demokra- tische, rechtsstaatliche, friedliche und ökologischen wie sozialen Standards verpflichtete EU einsetzen. Der Ver- tragsentwurf bietet dafür eine gute Grundlage. Darum wollen wir den Verfassungsvertrag, darum wollen wir eine breite Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger, und darum lehnen wir den Antrag der Linken ab. Anlage 13 Amtliche Mitteilungen Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuss – Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Parla- mentarischen Versammlung der OSZE Fünfzehnte Jahrestagung der Parlamentarischen Ver- sammlung der OSZE vom 3. bis 7. Juli 2006 in Brüssel, Belgien – Drucksachen 16/2491, 16/3563 Nr. 1.1 – m V P t (C (D Ausschuss für Arbeit und Soziales – Unterrichtung durch die Bundesregierung Lagebericht der Bundesregierung über die Alterssiche- rung der Landwirte 2005 – Drucksache 16/907 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die gesetzliche Ren- tenversicherung, insbesondere über die Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben, der Nachhaltigkeits- rücklage sowie des jeweils erforderlichen Beitragssatzes in den künftigen 15 Kalenderjahren (Rentenversiche- rungsbericht 2006) und Gutachten des Sozialbeirats zum Rentenversicherungs- bericht 2006 – Drucksache 16/3700 – Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben itgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden EU- orlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische arlament zur Kenntnis genommen oder von einer Bera- ung abgesehen hat. Innenausschuss Drucksache 16/2555 Nr. 2.120 Drucksache 16/3573 Nr. 1.7 Drucksache 16/3573 Nr. 2.25 Sportausschuss Drucksache 15/3403 Nr. 1.1 Drucksache 16/629 Nr. 1.3 Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Drucksache 16/150 Nr. 2.182 Drucksache 16/150 Nr. 2.222 Drucksache 16/288 Nr. 2.5 Drucksache 16/1748 Nr. 2.10 Drucksache 16/3382 Nr. 1.2 Drucksache 16/3382 Nr. 1.3 Drucksache 16/3382 Nr. 2.9 Drucksache 16/3382 Nr. 2.11 Drucksache 16/3573 Nr. 1.5 Drucksache 16/3573 Nr. 1.10 Drucksache 16/3573 Nr. 1.11 Drucksache 16/3897 Nr. 1.8 Drucksache 16/3897 Nr. 1.27 Drucksache 16/3897 Nr. 1.29 Ausschuss für Gesundheit Drucksache 16/3573 Nr. 1.13 Drucksache 16/3573 Nr. 1.14 Drucksache 16/3573 Nr. 1.15 Drucksache 16/3573 Nr. 2.26 Drucksache 16/3713 Nr. 1.13 Drucksache 16/3897 Nr. 1.23 Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Drucksache 16/3382 Nr. 2.24 Drucksache 16/3573 Nr. 1.16 Drucksache 16/3573 Nr. 1.17 Drucksache 16/3573 Nr. 1.18 Drucksache 16/3573 Nr. 1.19 8126 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 (A) (C) (B) (D) Drucksache 16/3573 Nr. 1.20 Drucksache 16/3573 Nr. 2.17 Drucksache 16/3573 Nr. 2.18 Drucksache 16/3573 Nr. 2.19 Drucksache 16/3897 Nr. 1.4 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 16/481 Nr. 1.8 Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 16/3713 Nr. 1.25 Ausschuss für Kultur und Medien Drucksache 16/1942 Nr. 1.11 91, 1 0, T 80. Sitzung Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9 Anlage 10 Anlage 11 Anlage 12 Anlage 13
Gesamtes Protokol
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1608000000

Die Sitzung ist eröffnet.

Ich begrüße Sie alle herzlich, liebe Kolleginnen und
Kollegen, und wünsche Ihnen einen guten Morgen und
uns eine intensive Debatte.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, wir haben
zu Beginn dieser Woche gemeinsam mit dem ungari-
schen Schriftsteller und Literaturnobelpreisträger Imre
Kertész der Opfer des Nationalsozialismus gedacht.
Heute wollte und sollte der türkische Schriftsteller und
Literaturnobelpreisträger Orhan Pamuk nach Berlin
kommen, um die Ehrendoktorwürde der Freien Univer-
sität Berlin entgegenzunehmen. Orhan Pamuk hat nach
zahlreichen Drohungen der letzten Monate seinen Be-
such ebenso wie die damit verbundene vorgesehene Le-
sereise durch vier deutsche Städte abgesagt, nachdem er
Anlass hatte, diese Drohungen nach dem Mord an sei-
nem Freund und journalistischen Kollegen Dink beson-
ders ernst zu nehmen.

Ich nutze diesen Anlass, um Orhan Pamuk die Hoch-
achtung und die Solidarität des Deutschen Bundestages
auszudrücken


(Beifall im ganzen Hause)


und die türkischen Behörden aufzufordern, alles zu tun,

Redet
um seine persönliche Sicherheit wie seine künstlerische
Freiheit zu gewährleisten.


(Beifall im ganzen Hause)


Ich rufe nun unsere Tagesordnungspunkte 27 a und
27 b auf:

27 a) – Zweite und dritte Beratung des von den Frak-
tionen der CDU/CSU und der SPD eingebrach-
ten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung des
Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversi-

(GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz – GKV-WSG)


– Drucksache 16/3100 –

– Zweite und dritte Beratung des von
desregierung eingebrachten Entwurf

(C (D ung 2. Februar 2007 0 Uhr setzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz – GKV-WSG)


– Drucksachen 16/3950, 16/4020 –

– Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur
Verbesserung von Fusionsprozessen von
Krankenkassen

– Drucksache 16/1037 –

aa) Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-
schusses für Gesundheit (14. Ausschuss)


– Drucksachen 16/4200, 16/4247 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Annette Widmann-Mauz
Dr. Carola Reimann
Heinz Lanfermann
Frank Spieth
Birgitt Bender


(8. Ausschuss)


– Drucksache 16/4222 –

ext
Berichterstattung:
Abgeordnete Steffen Kampeter
Ewald Schurer
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Gesine Lötzsch
Anja Hajduk

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(14. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Birgitt Bender,
Matthias Berninger, Dr. Thea Dückert, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNIS-
SES 90/DIE GRÜNEN

g der Solidarität und Ausbau des
werbs – Für eine leistungsfähige Kran-
icherung
der Bun-
s eines Ge-

Stärkun
Wettbe
kenvers






(A) )



(B) )


Präsident Dr. Norbert Lammert
– zu dem Antrag der Abgeordneten Daniel Bahr

(Münster), Heinz Lanfermann, Dr. Konrad

Schily, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der FDP

Für Nachhaltigkeit, Transparenz, Eigenver-
antwortung und Wettbewerb im Gesundheits-
wesen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Frank Spieth,
Klaus Ernst, Dr. Martina Bunge, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion der LINKEN

Dem Gesundheitswesen eine stabile Finanz-
grundlage geben

– Drucksachen 16/1928, 16/1997, 16/3096,
16/4200, 16/4247 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Annette Widmann-Mauz
Dr. Carola Reimann
Heinz Lanfermann
Frank Spieth
Birgitt Bender

Zu dem Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen lie-
gen ein Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/
CSU und der SPD sowie je ein Entschließungsantrag der
Fraktion der FDP, der Fraktion Die Linke und der Frak-
tion des Bündnisses 90/Die Grünen vor. Über den Ge-
setzentwurf der Koalitionsfraktionen sowie über den
Entschließungsantrag der Fraktion Die Linke werden wir
später namentlich abstimmen.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache zweieinhalb Stunden vorgesehen. – Ich
höre dazu keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlos-
sen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort zu-
nächst der Bundesministerin für Gesundheit, Ulla
Schmidt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1608000100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Krankenversicherung ist unter allen sozialen Siche-
rungssystemen etwas Besonderes; denn für einen kran-
ken Menschen gibt es nichts Wichtigeres als die Sicher-
heit, dass ein gutes und bezahlbares Gesundheitswesen
für ihn da ist.


(Jürgen Koppelin [FDP]: Deswegen fehlt auch der Finanzminister!)


Das heute zu beschließende Gesetz wird diese Sicher-
heit für die Menschen auch in Zukunft bewahren. Wir
bauen das Gesundheitswesen um, damit es auch in Zu-
kunft gute Leistungen für alle Menschen zu bezahlbaren
Preisen erbringen kann. Niemand wird behaupten, dass
dies eine einfache Aufgabe ist. Denn wir unterwerfen ein
kompliziertes Geflecht aus teilweise schwer durchschau-
baren Zuständigkeiten und machtvollen Interessen dem
Zwang zur Veränderung.

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(C (D Nutznießer werden vor allem die Versicherten, die Paientinnen und Patienten, sein. Nutznießer sind aber auch iejenigen Ärztinnen und Ärzte, die sich Tag für Tag, oft is an die Grenzen der Leistungsfähigkeit, für Menschen insetzen. Die Ärzte erhalten mit diesem Gesetz eine auf uro und Cent genaue, transparente Gebührenordnung. ir leisten einen Beitrag, ihr Wirkungsfeld zu entbüro ratisieren. Wir verbessern die Versorgung. Wir stärken ie hausärztliche Versorgung. Drohender Unterversorung in einigen Teilen Deutschlands, vor allen Dingen in ändlichen Regionen, wirken wir entgegen, indem wir erbesserte Sicherstellungszuschläge vorsehen. So könen Anreize gesetzt werden, damit sich Ärztinnen und rzte in unterversorgten Gebieten niederlassen bzw. rztinnen und Ärzte nicht aus unterversorgten Gebieten bwandern. Das dient der Versorgung von kranken Menchen; deshalb ist es ein wichtiger Schritt, den wir mit iesem Gesetz gehen werden. Dieses Gesetz stärkt aber auch die Beschäftigung im esundheitswesen. Es bietet viele qualifizierte Arbeits lätze für unterschiedliche Tätigkeiten, übrigens insbeondere für Frauen. Wir werden neue Chancen eröffnen, ndem wir die nichtärztlichen Berufe stärker in die interative Versorgung einbeziehen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Das Gesundheitswesen ist ein Beschäftigungsfeld, in
em nach den neuesten statistischen Angaben immerhin
,3 Millionen Frauen und Männer in unserem Land Be-
chäftigung finden. Selbst in dem schwierigen Jahr 2005
ab es einen Zuwachs von 27 000 Arbeitsplätzen. Auch
iesen Gesichtspunkt müssen wir bei jeder Reform be-
enken. Dieses Gesetz ist gut für die Patientinnen und
atienten, aber auch für die Beschäftigung in unserem
and.

In den vergangenen Wochen und Monaten haben wir
ns intensiv mit kritischen Argumenten auseinanderge-
etzt und haben sie bewertet. Lassen Sie mich zusam-
enfassend drei Gründe nennen, warum diese Reform

ut ist:

Erstens. Jede und jeder ist künftig gegen das Krank-
eitsrisiko versichert. Für Menschen ohne Schutz heißt
s jetzt: Willkommen in der Solidarität! Auch ihr findet
ier einen Platz.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Zweitens. Die Gedanken „Prävention vor Behand-
ung“ und „Rehabilitation vor Pflege“ ziehen sich konse-
uent durch die gesamte Versorgung. So soll es auch
ein. Insbesondere für ältere Menschen bedeutet dies ein

ehr an Angeboten, um solange wie möglich selbststän-
ig leben zu können. Auch schwerstkranken Menschen
nd Menschen mit seltenen Erkrankungen wird mit die-
em Gesetz besser geholfen.

Drittens. Gesundheit muss immer bezahlbar bleiben.
ieses Gesetz durchforstet alle Bereiche des Gesund-
eitssystems, um zu sehen, wo es Ineffizienzen gibt und






(A) )



(B) )


Bundesministerin Ulla Schmidt
wo Geld ausgegeben wird, das nicht für die Versorgung
kranker Menschen erforderlich ist. Das ist notwendig,
damit wir das Gesundheitswesen so gestalten können,
dass jeder Euro zielgenau dort ankommt, wo er für die
Versorgung von kranken Menschen dringend gebraucht
wird.

Das sind drei Gründe, die allein schon ausreichen, um
für dieses Gesetz zu stimmen. Es fällt schwer, ein Argu-
ment zu finden, warum man es verhindern sollte.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich will hier nur einige Beispiele dafür nennen, was
wir verändern. Wir schaffen für schwerstkranke Men-
schen einen Rechtsanspruch auf palliativmedizinische
Versorgung, damit sie das tun können, was sie möchten,
nämlich zu Hause gut versorgt zu werden und zu Hause
auch sterben zu dürfen. Das ist ein riesiger Fortschritt in
der Qualität der Versorgung.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir stärken in diesem Zusammenhang die Hospize.
Denn die Hospize und die vielen ehrenamtlich arbeiten-
den Frauen und Männer, die Tag für Tag kranke und ster-
bende Menschen begleiten, brauchen Unterstützung, da-
mit sie diese Arbeit noch besser als bisher tun können,
und zwar ohne die Sorge, dass die nötigen Finanzen da-
für nicht vorhanden sind.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir öffnen die Krankenhäuser für die ambulante
Versorgung von Menschen mit seltenen und schweren
Erkrankungen. Bis heute war ihnen verwehrt, von Spezi-
alisten im Krankenhaus ambulant versorgt zu werden.
Damit machen wir Schluss. Auch Menschen, die gesetz-
lich versichert sind, sollen das Recht haben, sich ambu-
lant im Krankenhaus von Spezialisten versorgen zu las-
sen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir verbessern die Versorgung von behinderten Men-
schen, weil wir mehr auf ihre Belange eingehen. Wir
verwirklichen deren Ansprüche, zum Beispiel dass
Krankenhilfe auch in Heimen der Lebenshilfe gewährt
wird, weil das die Wohnung und die Heimat behinderter
Menschen ist. Wir können nicht so tun, als sei das nicht
mehr der Fall, wenn sie krank werden.

Die Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen wer-
den in Zukunft sehr genau wissen, wie es um ihre Kassen
wirtschaftlich bestellt ist. Sie werden gut darüber infor-
miert werden, was die Kassen mit dem Geld, das sie ein-
zahlen, machen. Sie werden mehr Möglichkeiten haben,
Tarife und spezielle Angebote zu nutzen, die passgenau
auf ihre Versorgung zugeschnitten sind. Sie werden An-
reize bekommen, sich kosten- und gesundheitsbewusst
zu verhalten. Das ist ein Fortschritt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D Angesichts mancher Kritik, zum Beispiel an möglihen Zusatzbeiträgen, auch aus den Reihen der Gewerkchaften oder mancher Sozialverbände, gestatten Sie mir inige Bemerkungen zum Thema Solidarität. Niemand ann plausibel begründen, warum heute zum Beispiel ine Rentnerin mit 1 000 Euro Rente in der Kasse A 1 Euro mehr Beitrag zahlt als eine Rentnerin mit 000 Euro Rente in der Kasse B, und das bei gleichem eistungsanspruch. Alle gehen zum gleichen Arzt, alle rhalten die gleichen Medikamente, und alle gehen ins leiche Krankenhaus. (Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Das ist ja Sozialismus!)


n einem System, in dem alle Menschen, die dort versi-
hert sind, den gleichen Anspruch auf Leistung haben,
nd zwar unabhängig von der Höhe der eingezahlten
eiträge, halte ich es für solidarisch, wenn auch alle den
leichen Prozentsatz von ihrem Einkommen aufbringen,
m die Versorgung sicherzustellen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – CarlLudwig Thiele [FDP]: Das ist Sozialismus pur!)


Es kann niemand begründen, warum wir 250 Kassen
rauchen, die durch sieben Spitzenverbände mit sieben
ahinterliegenden teuren Bürokratien geführt werden
üssen.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Am besten eine! – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Richtig! Eine Versicherung! Eine Partei! Ein Unternehmen! Ein Auto!)


as Gesetz ändert dies. Denn Einsparen heißt auch: in
er Organisation der Krankenkassen einsparen und alles
o optimal organisieren, damit wir mehr Geld haben, das
ür die Versorgung kranker Menschen eingesetzt wird.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Ich frage die, die gegen dieses Gesetz sind: Gibt es in
iesem Hause jemanden, der mit überzeugenden Argu-
enten die Auffassung vertreten kann, Kosten und Nut-

en von Medikamenten oder von neuen Therapien dürf-
en nicht wissenschaftlich bewertet werden? Das Gesetz
ührt die Kosten-Nutzen-Bewertung ein, damit sicher-
estellt wird, dass der Preis, der für ein Medikament
der eine Therapie verlangt wird, einen Bezug zum the-
apeutischen Nutzen im Vergleich zu bestehenden The-
apien hat. Wir machen das doch nicht aus Jux und Tol-
erei, sondern wir machen dies, damit sichergestellt
ird, dass auch in Zukunft alle Menschen unabhängig
on dem, was sie in ihrem Portemonnaie haben, an den
ortschritten in der Medizin teilhaben können, aber nur
n den Fortschritten, die tatsächlich etwas nutzen und
en Menschen mehr Versorgungsqualität bringen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Schließlich: Die private Krankenversicherung
leibt als Vollversicherung erhalten. Aber sie muss in
ukunft wie die gesetzliche Krankenversicherung Men-






(A) )



(B) )


Bundesministerin Ulla Schmidt
schen unabhängig von ihrem individuellen Krankheits-
risiko, unabhängig davon, ob sie behindert sind, unab-
hängig davon, oder ob sie jung oder alt sind, versichern,
und zwar zu den Bedingungen, in dem Umfang, wie dies
auch die gesetzliche Krankenversicherung macht. Das
ist gegenüber dem Status quo ein Stück mehr Solidarität,
das wir mit diesem Gesetz einführen.


(Beifall bei der SPD – Frank Spieth [DIE LINKE]: Da wird es schon abenteuerlich, liebe Kollegin!)


Nun zu dem neuen Finanzierungsinstrument, dem
Gesundheitsfonds. Erstaunlich einfach hat der einzige
deutsche Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaf-
ten, Professor Reinhard Selten, am 19. Januar im „Maga-
zin“ der „Süddeutschen Zeitung“ dazu ausgeführt – ich
zitiere –:

Der derzeit so heftig diskutierte Gesundheitsfonds
betrifft ja nur das Verhältnis von Zahlungen der
Versicherten und Einnahmen der Krankenkassen.

Wenige Zeilen weiter sagte er zu den Konsequenzen
– ich zitiere wieder –:

Es lohnt sich also gerade auch für die Versicherten
mit niedrigem Einkommen, eine ihren Bedürfnissen
entsprechende Kasse zu wählen. Daraus könnte ein
stärkerer Wettbewerb zwischen den Kassen entste-
hen, was sicher wünschenswert ist, weil dann Über-
aufwand abgebaut würde.

Deshalb ist bei vernünftiger Sicht der Dinge der Fonds
ein sehr nützliches Instrument, um die Solidarität und
die Leistungsfähigkeit der Krankenkassen zu stärken,
und zwar in Gesamtdeutschland. Das stärkt insbesondere
die Versorgung in den neuen Bundesländern und die
Ressourcen, die dort zur Verfügung stehen. Aber es dient
auch dazu, Wettbewerb zu organisieren. Denn das Geld
der Versicherten wird gebündelt und gerechter verteilt.
Erst auf dieser Basis kann echter Wettbewerb zwischen
den Kassen um gute Qualität entstehen, kann der Druck
auf die Kassen steigen, bessere Versorgungsangebote für
ihre Versicherten zu organisieren. Ich sage Ihnen voraus:
Die Kassen werden dies tun müssen. Ansonsten werden
die Versicherten mit den Füßen abstimmen und sich die
Kasse wählen, die ihnen für gutes Geld gute Versorgungs-
angebote und gute Tarife bietet.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Wie sollen die denn abstimmen können?)


Wir geben den Kassen viele neue Möglichkeiten, über
Rabatte und Preise zu verhandeln, Ausschreibungen vor-
zunehmen, vor allen Dingen aber, mehr Einzelverträge
zu schließen – für eine bessere Qualität der Versorgung
und für bessere Angebote für die Versicherten.

Gesamtgesellschaftliche Aufgaben werden künftig
Schritt für Schritt ordnungspolitisch sauber durch Steu-
ermittel finanziert.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Welche Steuermittel?)


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(C (D uch das ist ein richtiger Schritt, um die Lohnnebenkosen, die Kosten auf Arbeit, zu senken, damit Beschäftiung entsteht. Denn ein Mehr an Beschäftigung ist die oraussetzung dafür, dass wieder Geld in die Sozialkasen kommt, das zum Wohl der Menschen verteilt werden ann. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Vielfach wird beklagt, die Reform sei ein Kompro-
iss. Damit kann ich leben. Denn der Kompromiss ge-

ört zur Demokratie. Wo wären wir denn, wenn wir
eine Kompromisse schließen könnten? Mit diesem
ompromiss werden die verschiedenen Auffassungen
nd Ausgangspositionen zusammengefasst. Wenn der
ulverdampf der Lobbyisten sich verzogen hat, wird
ich zeigen, was in dieser Reform alles steckt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


och unterbewertet wird zum Beispiel der große sozial-
olitische Durchbruch, den wahrscheinlich nur eine
roße Koalition beschließen kann,


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Das glaube ich: Das kann nur eine Große Koalition!)


ämlich die Pflicht zur Versicherung in einer Kranken-
asse.

Ich will Ihnen abschließend etwas zu dieser Diskus-
ion sagen: Es grenzt an Zynismus,


(Lachen und Beifall bei der FDP und bei der LINKEN)


ie über diese Entscheidung vonseiten der Opposition
anchmal geredet wird.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


ie sagen, dass es nur um 200 000 oder 300 000 Men-
chen gehe. Dagegen spricht, dass sich die Mehrheit der
nrufe bei unserem Bürgertelefon mit diesen Fragen be-

chäftigt. Die Probleme des Einzelnen sind viel größer,
ls die Gesellschaft das lange hat wahrnehmen wollen.
as ist der erste Punkt.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Das ist ja das Problem!)


Zweitens geht es aber nicht nur um die bisher Unver-
icherten. Vielmehr muss sich der Bundestag mit einer
eränderten Erwerbswelt auseinandersetzen – die
roße Koalition tut das auch –, in der die sozialversiche-

ungspflichtige Beschäftigung nach der Ausbildung, die
uch gleichzeitig den Krankenversicherungsschutz be-
ründet hat, nicht mehr zum Alltag aller Menschen ge-
ört, die die Schule verlassen.

Heute berichtet eine Zeitung über Hochschulabgän-
er, die dreieinhalb Jahre nach ihrem Abschluss zum
rekariat zählen. Wir haben es inzwischen mit einer Ge-
eration Praktikum und einer Zunahme der Selbststän-
igkeit zu tun. Es ist eine Errungenschaft dieser Großen
oalition, dass wir in der Lage sind, die Krankenversi-






(A) )



(B) )


Bundesministerin Ulla Schmidt
cherung wie ein Band um diese vielen Eventualitäten des
Erwerbslebens herumzulegen. Das ist ein guter Schritt
für die Menschen in Deutschland, weil sie dadurch mehr
Schutz genießen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


All das spricht dafür, dass wir den Gesetzentwurf
heute mit großer Mehrheit verabschieden. Denn das Ge-
setz ist gut für die Versorgung der Menschen in Deutsch-
land und bietet eine klare und überzeugende Orientie-
rung für die Zukunft. Das Gesundheitswesen wird auch
weiterhin bezahlbar bleiben und mehr Qualität, Transpa-
renz und Effizienz aufweisen.

Ich möchte nicht versäumen, mich bei den beteiligten
Kolleginnen und Kollegen aus den Fraktionen und Län-
dern, ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, bei den
Mitarbeitern des Ministeriums und allen, die in den an-
deren Ministerien daran mitgearbeitet haben, zu bedan-
ken. Alle zusammen haben in den letzten Monaten viele
Tage und auch Nächte gearbeitet, um dieses Ergebnis zu-
stande zu bringen. Dafür bin ich dankbar. Denn es si-
chert eine gute Gesundheitsversorgung in Deutschland.

Danke schön.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1608000200

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auf der Ehrentri-

büne hat der Vizepräsident des spanischen Parlaments,
Herr Gabriel Cisneros, mit einer Delegation der
Spanisch-Deutschen Parlamentariergruppe, der Herr
Cisneros vorsteht, Platz genommen.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Dass er das erleben muss!)


Die Delegation hält sich seit Montagabend in Deutsch-
land auf. Sie hat in den vergangenen Tagen an Kollo-
quien und auch an einer Sitzung unseres Europaaus-
schusses teilgenommen.

Ich begrüße Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen des
spanischen Parlaments, sehr herzlich im Deutschen Bun-
destag. Es ist uns eine Freude, Sie in Deutschland begrü-
ßen zu können. Ich wünsche Ihnen einen schönen Auf-
enthalt.


(Beifall)


Wir freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit zwi-
schen unseren Ländern, insbesondere zwischen unseren
Parlamenten.

Das Wort erhält nun der Kollege Daniel Bahr für die
FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Daniel Bahr (FDP):
Rede ID: ID1608000300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Frau Ministerin Schmidt hat soeben festgestellt, eine sol-
che Gesundheitsreform könne nur von einer Großen Ko-
alition beschlossen werden.



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(C (D (Frank Spieth [DIE LINKE]: Das ist wohl wahr!)


Das ist wohl wahr.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


u einer Reform, die gegen den Rat aller Sachverständi-
en, aller im Gesundheitswesen Tätigen, ja sogar gegen
en Rat und die Überzeugung der eigenen Fachpolitiker
on Union und SPD in den letzten Tagen quasi durchge-
eitscht worden ist,


(Widerspruch bei der CDU/CSU und der SPD – Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Das stimmt doch nicht! Das ist die Unwahrheit, was Sie sagen!)


st in der Tat nur eine schwarz-rote Koalition in der
age, der es allein darum geht, die Macht zu sichern,
nd nicht darum, die Sachprobleme zu lösen.


(Beifall bei der FDP und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Interessant ist doch, was die Ministerin in ihrer Rede
erschwiegen hat. Aber dank des Finanzministers wis-
en wir, worüber die Damen und Herren von der Koali-
ion heute auch abstimmen. Es geht eben nicht nur um
ie Gesundheitsreform, über die heute abgestimmt wird,
ondern es soll auch eine Steuererhöhung beschlossen
erden. Im „Handelsblatt“ lässt Finanzminister
teinbrück lancieren, dass er weitere Steuererhöhungen
lant. Der Minister will damit die Mehreinnahmen für
en steigenden Bundeszuschuss für das Gesundheitssys-
em finanzieren.


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Der ist wenigstens ehrlich!)


ur Begründung wird das Finanzministerium zitiert:

Der Bundeszuschuss an die Krankenkassen ist nicht
allein durch Kürzungen von Ausgaben zu realisie-
ren. Das geht nur, wenn zusätzlich die Steuern stei-
gen.

s wird aber verschwiegen, welche Steuern erhöht wer-
en sollen. Dazu schweigt Herr Steinbrück vorerst. Um
4 Milliarden Steuerzuschuss gegenzufinanzieren,
üsste die Mehrwertsteuer um 2 Prozentpunkte erhöht

der ein Gesundheitssoli auf die Einkommensteuer in
öhe von etwa 7,5 Prozent erhoben werden.

Das ist die erste Gesundheitsreform, die mit einer Er-
öhung der Krankenkassenbeiträge beginnt und eine
teuererhöhung mit sich bringt.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ie Bürger in Deutschland werden zur Kasse gebeten,
eil die schwarz-rote Koalition nicht in der Lage war,

ine grundlegende Gesundheitsreform auf den Weg zu
ringen, die die Probleme anpackt.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: So ist es!)







(A) )



(B) )


Daniel Bahr (Münster)

Für die Versicherten jedenfalls wird es nur teurer, aber
nicht besser.


(Beifall bei der FDP)


Wofür soll eigentlich der Steuerzuschuss sein? Nach-
dem ich die Eckpunkte gelesen hatte, dachte ich, der
Steuerzuschuss sei für die Finanzierung der Kosten der
Kinder in der gesetzlichen Krankenversicherung. Jetzt
heißt es, der Steuerzuschuss diene dazu, die Beiträge in
der gesetzlichen Krankenversicherung zu senken. Sie
haben sich ja gar nicht getraut, das, was die Union hier
immer verkauft, der Zuschuss sei für die Finanzierung
der Kosten der Kinder, ins Gesetz zu schreiben. Dann
müssten Sie nämlich auch die Kosten für die Kinder der
Privatversicherten zahlen. Alles andere würde das Bun-
desverfassungsgericht nicht mitmachen. Dazu haben Sie
aber nicht den Mut.


(Beifall bei der FDP)


Jetzt wird der Zuschuss angeblich genutzt, um die
Krankenversicherungsbeiträge zu senken. Damit haben
wir doch schon Erfahrungen. Erinnern Sie sich nicht an
die Ökosteuer? Sie, die Union, haben die Einführung der
Ökosteuer – sie sollte zur Senkung der Rentenbeiträge
führen – damals zusammen mit uns kritisiert. Was haben
wir erlebt?


(Elke Ferner [SPD]: Sind sie niedriger als zu Ihrer Zeit, ja oder nein?)


Die Rentenbeiträge sind zuletzt in diesem Jahr deutlich
gestiegen. Das zeigt doch: Steuermittel für die sozialen
Sicherungssysteme lösen keine Strukturprobleme. Sie
verschieben die Lasten nur in die nächsten Jahre, des-
halb sollten Sie davon Abstand nehmen.


(Beifall bei der FDP)


Zum Thema Verlässlichkeit. Schauen Sie sich einmal
an, was aus dem Bundeszuschuss aus den Einnahmen
der Tabaksteuererhöhung geworden ist. Was ist aus den
gesetzlichen Vorgaben geworden? Sie haben ihn zu Be-
ginn der Legislaturperiode auf fast null reduziert, um ihn
anschließend ein wenig aufwachsen zu lassen. Wenn Sie
das für die gesamte Legislaturperiode berechnen, kom-
men Sie zu dem Ergebnis, dass Sie mit Ihren Maßnah-
men den gesetzlichen Krankenkassen fast 4 Milliarden
Euro entziehen. Es kann also mitnichten davon gespro-
chen werden, dass Sie die Finanzierung der gesetzlichen
Krankenversicherung stabil gestalten, im Gegenteil. Das
zeigt doch nur die Unzuverlässigkeit Ihres Handelns.
Die gesetzlichen Krankenkassen und die gesetzlich
Krankenversicherten können sich nicht auf die Zahlung
des Steuerzuschusses verlassen.


(Beifall bei der FDP)


Daran sehen wir doch, wie unzuverlässig diese Politik
ist. Demnächst werden wir sicher einen Streit zwischen
den Finanz- und den Gesundheitspolitikern erleben. Wir
werden doch immer wieder Streit darüber erleben, wie
viel Geld dem Gesundheitswesen für Verfügung gestellt
werden soll. Das wird Gesundheitspolitik nach Zutei-
lung und Kassenlage.

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(C (D Demnächst wird es einen bundesweit einheitlichen eitragssatz geben, den eine wie auch immer geartete egierung jährlich im Herbst für das Folgejahr be chließt. Welche Folgen hat das, wenn die Gesundheitsosten steigen? Es ist egal, wer an der Regierung ist, eine Regierung wird leichtfertig die Krankenkassenbeiräge par ordre du mufti erhöhen; denn das würde die ohnzusatzkosten erhöhen und den Arbeitsmarkt belas en. (Zuruf des Abg. Wolfgang Zöller [CDU/ CSU])


ir werden erleben, wie jedes Jahr kurzfristige Kosten-
ämpfungspolitik betrieben wird, um den Beitragsan-
tieg zu verhindern, Herr Zöller. Das ist keine nachhal-
ige und stabile Finanzierung des Gesundheitswesens.
as ist Gesundheit nach Zuteilung und Kassenlage.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wenn die Krankenkassen mit dem Geld, das ihnen
ufgrund des bundesweit einheitlichen Beitragssatzes
ur Verfügung steht, nicht auskommen, soll der Wettbe-
erb wirken. Das Wichtigste für die Krankenkassen, die
eitragsautonomie, dass sie nämlich den Beitrag im
ettbewerb mit den anderen Kassen festlegen können,
ird ihnen ja durch den bundesweit einheitlichen Bei-

ragssatz genommen.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Das stimmt doch überhaupt nicht!)


etzt sagt die Union: Dann kommt der Zusatzbeitrag.
as sollen die Kassen denn verlangen, wenn sie am
eldtropf hängen und der Zusatzbeitrag bei 1 Prozent-
unkt des Haushaltseinkommens gedeckelt ist? Es wird
einen Wettbewerb um gute Versorgung, gute Qualität,
nnovative Tarife, um Zusatzangebote und um günstige
erwaltungskosten geben, vielmehr wird es einzig und
llein einen Wettbewerb um die Streichung freiwilliger
eistungen geben. Es wird möglichst wenig zusätzlich
ngeboten werden, damit man nicht in die Gefahr gerät,
en Zusatzbeitrag erheben zu müssen. Das ist nicht der
ettbewerb um bessere Leistungen, den wir in Deutsch-

and haben wollen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das sind die Folgen des Gesundheitsfonds. Der Ge-
undheitsfonds ist nichts anderes als eine gigantische
eldsammelstelle. An dieser Feststellung ändert sich
ichts, da können Sie, Frau Schmidt, Herrn Selten so
iel zitieren, wie Sie wollen. Ich vermute, er hat den Ge-
etzentwurf überhaupt nicht gelesen; denn alle anderen,
ie in der Anhörung waren und den Gesetzentwurf gele-
en haben, haben den Gesundheitsfonds kritisiert. Er
ird kein einziges der Probleme, vor denen wir im Ge-

undheitswesen stehen, lösen, im Gegenteil:

Bei der privaten Krankenversicherung gehen Sie
ber den Basistarif natürlich den Weg der Vereinheit-
ichung von privater Krankenversicherung und gesetz-
icher Krankenversicherung. Immer weniger Menschen
erden die Möglichkeit haben, in eine private Kranken-






(A) )



(B) )


Daniel Bahr (Münster)

versicherung zu wechseln. Darunter wird das Gesund-
heitswesen leiden,


(Elke Ferner [SPD]: Das ist ja ganz was Neues!)


weil immer weniger Menschen Altersrückstellungen für
die Kosten, die durch eine alternde Bevölkerung noch
auf uns zukommen, aufbauen werden.


(Beifall bei der FDP)


Deshalb wird Ihre Reform dazu beitragen, dass die Finan-
zierung des Gesundheitswesens weniger nachhaltig und
noch unsicherer wird.

Nun zu dem wichtigsten Punkt, den Sie, meine Damen
und Herren, selbst in Ihre Koalitionsvereinbarung hinein-
geschrieben haben: die Senkung der Lohnzusatzkosten.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1608000400

Herr Kollege, Sie denken gleichwohl an die Zeit!


Daniel Bahr (FDP):
Rede ID: ID1608000500

Mein letzter Punkt, Herr Präsident. Danke. – Bei der

Senkung der Lohnzusatzkosten sind Sie kläglich
gescheitert. Die FDP hat mehrere Konzepte vorgelegt.
Wir haben vorgeschlagen, den Arbeitgeberbeitrag fest-
zuschreiben und als Lohnbestandteil auszuzahlen, damit
wir wirklich zu einer Abkoppelung der Finanzierung des
Gesundheitswesens von den Lohnkosten kommen, damit
wir nicht weiter den Arbeitsmarkt belasten. Wir haben
vorgeschlagen, die Versicherungspflichtgrenze abzuschaf-
fen, damit die Bürgerinnen und Bürger selbst die Wahl
haben, wo sie sich versichern. Das ist eine wirkliche
Pflicht zur Versicherung und nicht das, was Sie machen.


(Zurufe von der SPD)


Das, was Sie machen, ist die Bürgerversicherung durch
die Hintertür, indem Sie alle in ein staatlich reglemen-
tiertes und verwaltetes Krankenversicherungssystem
zwingen. Das ist nicht eine Pflicht zur Versicherung mit
größtmöglicher Wahlmöglichkeit, Eigenverantwortung,
Transparenz und Wettbewerb, für die wir Liberale stehen.


(Beifall bei der FDP – Elke Ferner [SPD]: Sie und Wettbewerb, das ist ja etwas ganz Neues!)


Dieses Gesetz löst die Probleme nicht, es schafft nur
neue. Ich sage Ihnen voraus: Wir werden im Jahr 2008
das nächste größere Gesundheitsgesetz beraten, um dieses
Gesetz zu korrigieren. Dann werden Sie die Leistungs-
kürzungen nachholen, die Sie heute vermieden haben,
um zu vermeiden, dass im Wahlkampfjahr 2009 die
Lohnzusatzkosten auf ein Rekordniveau steigen.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Anhaltender Beifall bei der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1608000600

Das Wort erhält nun der Kollege Wolfgang Zöller für

die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


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(C (D Herr Präsident! Grüß Gott, liebe Kolleginnen und ollegen! Nehmen Sie es mir bitte ab, dass ich froh bin, enn diese Debatte heute zu Ende ist. (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Das kann ich verstehen!)

Wolfgang Zöller (CSU):
Rede ID: ID1608000700

um einen bin ich ganz persönlich froh, aber, meine sehr
eehrten Damen und Herren, in erster Linie wegen der
eteiligten – ob Patienten, ob Ärzte, ob Mitarbeiter in
en Krankenkassen –, dass endlich Schluss ist mit den
erunsicherungen, die mit zum Teil unwahren Behaup-

ungen hier betrieben wurden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Herr Kollege Bahr, ich hätte sagen können: Es ist bar
eder Vernunft, was Sie hier wieder getan haben.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)


as mache ich an einem Beispiel fest. Sie haben hier ge-
agt, selbst die Fachpolitiker der Union hätten dagegen
estimmt.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Das habe ich nicht gesagt!)


ir haben einstimmig dafür gestimmt. Da müssen Sie
enigstens bei der Wahrheit bleiben, Herr Bahr.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – CarlLudwig Thiele [FDP]: Koalition hat er gesagt!)


Nein, er hat „Union“ gesagt. Ich höre schon zu.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie
ich eins feststellen: Die Gesundheitsreform ist wesentlich

esser als ihr Ruf. Adressat und Nutznießer der Reform
üssen nämlich in erster Linie die Versicherten und
atienten sein, und sie werden es sein. Dieses zentrale
nliegen unserer Reform scheint im Dickicht der jüngs-

en Diskussionen um Einzelfragen leider aus dem Blick
eraten zu sein.

Umso notwendiger ist es, allen Unkenrufen zum
rotz, zunächst einmal festzustellen: Unser Land verfügt
ach wie vor über ein modernes, leistungsfähiges Gesund-
eitssystem, um das wir international beneidet werden.
ei der Versorgungsqualität gehört Deutschland zur
bsoluten Weltspitze, und kaum ein Gesundheitssystem
ewährleistet einen besseren Zugang zu einer hochwerti-
en Gesundheitsversorgung für alle Bürgerinnen und
ürger, unabhängig von Alter, Geschlecht, sozialer Her-
unft oder finanzieller Leistungsfähigkeit. Dieses anerkannt
ohe Niveau werden wir mit dieser Gesundheitsreform
ichern. Diese Reform ist eine Reform für die Versicher-
en. Es wird immer gesagt, der Leistungsumfang werde
ekürzt. Das stimmt nicht. Der Leistungsumfang wurde
icht eingeschränkt. Vielmehr verbinden sich erstmals mit
iner Gesundheitsreform weder verschärfte Zuzahlungs-
egelungen noch Einschnitte in den Leistungskatalog.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)







(A) )



(B) )


Wolfgang Zöller
Im Gegenteil: Mit dieser Reform werden bestehende
Versorgungslücken zum Wohle der Versicherten geschlos-
sen. Künftig werden alle Nichtversicherten wieder von
der gesetzlichen oder der privaten Krankenversicherung
aufgenommen. Zur Krankheitsvorbeugung empfohlene
Impfungen oder Mutter-Kind-Kuren werden von Ermes-
sensleistungen zu Pflichtleistungen der Krankenkassen.
Ältere und pflegebedürftige Menschen erhalten einen
Rechtsanspruch auf Rehabilitation. Der gesamte Bereich
der medizinischen Rehabilitation wird deutlich auf-
gewertet. Schwerstkranke erhalten eine spezialisierte
Betreuung in ihrem vertrauten häuslichen Umfeld oder in
Hospizen. Eine Verbesserung der Versorgung Sterbender
nicht nur mit Schmerztherapie, sondern auch mit Sterbe-
begleitung ist eine wesentlich humanere und ethisch
vernünftige Antwort auf die Diskussion über die aktive
Sterbehilfe.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Weitere Verbesserungen ergeben sich durch eine engere
Verzahnung an der Nahtstelle zwischen ambulanter und
stationärer Versorgung sowie – auch das wird unter-
schätzt – an der zwischen Kranken- und Pflegeversiche-
rung. Die Versicherten erhalten zudem mehr Wahl- und
Entscheidungsmöglichkeiten. Die Versicherten werden
künftig zwischen deutlich mehr Versorgungsmodellen
und Versicherungstarifen bei den Krankenkassen wählen
können. Dies ist das krasse Gegenteil der Behauptung
staatlicher Einheitsmedizin. Ich will nur einige Stichpunkte
der Vielfalt aufzählen: Selbstbehalttarife, Tarife zur Kos-
tenerstattung, Hausarzttarife und Tarife für besondere
Behandlungsmethoden, zum Beispiel die Homöopathie.
All dies sind Maßnahmen zum Wohle der Patienten. Sie
haben es verdient, in der öffentlichen Diskussion deutlich
mehr Beachtung zu finden als bisher.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Weitere Schritte zur Entkopplung der Gesundheits-
kosten von den Arbeitskosten wurden eingeleitet. Ange-
sichts der Entwicklung in den letzten Jahren kommen
wir nicht umhin festzustellen: Die solidarisch finanzierte
gesetzliche Krankenversicherung als tragende Säule
unseres Gesundheitssystems stößt mehr und mehr an
ihre Leistungsgrenzen. Im Koalitionsvertrag von CDU/
CSU und SPD heißt es: Den Herausforderungen durch
den medizinischen Fortschritt und die demografische
Entwicklung „kann unser Gesundheitswesen nur dann
gerecht werden, wenn seine Finanzierungsbasis durch
wirtschaftliches Wachstum und insbesondere den Erhalt
und die Schaffung von sozialversicherungspflichtigen
Arbeitsplätzen gestärkt wird“. Hierzu muss und kann die
aktuelle Strukturreform selbst einen wesentlichen Bei-
trag leisten.

Die Finanzierung unseres Gesundheitswesens darf
nicht zum Hemmschuh für mehr Wachstum oder
Arbeitsplätze werden. Notwendig ist nach wie vor eine
Balance zwischen solidarischen und eigenverantwort-
lichen Finanzierungselementen. Wir brauchen Mecha-
nismen, die den Druck steigender Gesundheitskosten
nicht weiter ungebremst auf die Arbeitskosten entladen.
Der Gesundheitsfonds leistet einen Beitrag zu einer

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(C (D achhaltigen Finanzierung. Die drei Säulen lohnbezogener eitrag, die Steuersäule und der Zusatzbeitrag oder die usatzprämie sind weitere Schritte in die richtige Rich ung der Entkopplung der Gesundheitskosten von den rbeitskosten. Wahr ist auch: Mit der deutlichen Senkung des Beiragssatzes in der Arbeitslosenversicherung werden die eitragszahler, Arbeitgeber wie Arbeitnehmer, trotz rhöhung der Beitragssätze in der Rentenversicherung nd der Krankenversicherung unter dem Strich durchchnittlich mit mehr als einem Beitragssatzpunkt entlastet. uch diese Tatsache verdient durchaus etwas mehr eachtung. Dass diese positive Entwicklung auf dem Arbeitsarkt stattfinden kann, ist natürlich auch Ergebnis der olitik, die sich konsequent dem Dreiklang Sanieren, eformieren, Investieren – Sie kennen das – verpflichtet ühlt. Diese erfolgreiche Politik muss fortgeführt werden. ir können nämlich die Sozialsysteme zu Tode reforieren, wenn uns aber die Einnahmen wegbrechen, werden ir nie zu einem vernünftigen Ergebnis kommen können. Strukturelle Veränderungen sind notwendig. Wer ehauptet, strukturelle Veränderungen unseres Gesundeitswesens seien nicht notwendig, den straft die Enticklung der letzten Jahre Lügen. Trotz einer Vielfalt ostendämpfender Maßnahmen stieß die gesetzliche rankenversicherung mehr und mehr an ihre Leistungsrenzen. Ob die zu verzeichnenden Ausgabensteigerungen abei ausschließlich medizinisch bedingt waren, darf umindest in dem einen oder anderen Bereich bezweifelt erden. Die Vermutung ist berechtigt, dass es nach wie or in unserem Gesundheitssystem Effizienzreserven ibt. Ein Beispiel dafür sind die durchaus beachtlichen rfolge, die sich mit den Maßnahmen zur Erhöhung der irtschaftlichkeit im Arzneimittelbereich verbinden. arf ich an die Diskussion über dieses Gesetz erinnern, ie wir im Mai letzten Jahres hier geführt haben? (Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: So ist es!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


as ist das Ergebnis? Wenn wir heute genauso kritisch
ber diese Gesundheitsreform diskutieren und das
rgebnis genauso positiv wie das bei der Arzneimittel-

egelung ist, dann können wir mehr als zufrieden sein.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


ie Regelung hat doch dazu geführt, dass die Patienten von
glicher Zuzahlung zu Tausenden Medikamenten – inzwi-

chen sind es über 10 000 Medikamente –, deren Preis
nter 30 Prozent der Festbetragshöhe abgesenkt wurde,
efreit sind. Der Erfolg dieser Maßnahme unterstreicht
in weiteres Mal, dass Wettbewerb am ehesten Wirt-
chaftlichkeitsreserven erschließen kann.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )


Wolfgang Zöller
Der zweite wichtige Punkt – der erste betraf die Patien-
ten – ist der Wettbewerb. Wir wollen Reserven durch die
Verankerung von deutlich mehr Wettbewerbselementen
erschließen. Die Kassen erhalten eine Vielzahl von
Gestaltungsmöglichkeiten mit einzelnen Leistungser-
bringern, mit Gruppen von Leistungserbringern, und sie
haben die Möglichkeit, Verträge mit Arzneimittelherstel-
lern zu schließen und über Preise zu verhandeln. In dieses
System wird Bewegung kommen. Zur Vielfalt der neuen
Möglichkeiten hat ein Vorstandschef einer Krankenkasse
festgestellt: Die Chancen sind viel größer als die Risiken.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Einer!)


Ich würde mir wünschen, diese zutreffende Einschätzung
wäre unter den Akteuren unseres Gesundheitswesens
weiter verbreitet.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich sage Ihnen eines voraus: Wenn das Gesetz heute
beschlossen wird, werden spätestens morgen die Haupt-
kritiker versuchen, alle Chancen zu nutzen, um das Beste
zu erreichen. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Angesichts mancher Kritik muss ich mich schon wun-
dern. Über Jahre beklagen etliche Leistungserbringer
ihre allzu kleinen Handlungsspielräume. Jetzt, da sie
neue wettbewerblich strukturierte Möglichkeiten erhalten,
rufen manche schon wieder allzu ängstlich nach mög-
lichst dichten Schutzzäunen. Diese Widerstände waren
zum Teil zu erwarten. Es ist doch nicht verwunderlich.
Auf kaum einem anderen Feld wie dem der Gesundheit
sind die Reformanstrengungen so kontrovers diskutiert
worden. Das ist auch logisch. Gegensätzliche ökonomische
Interessen bei einem Verteilungsvolumen von 150 Milliar-
den Euro ergeben sich beinahe zwangsläufig, nicht nur
zwischen Leistungserbringern, Kassen und Versicherern,
sondern auch innerhalb der einzelnen Gruppen. Der er-
zeugte Gegenwind konnte und kann uns nicht davon ent-
binden, notwendige Entscheidungen zu treffen. Genau
hierum haben wir uns in der Großen Koalition gemein-
sam bemüht.

Wurden Änderungsvorschläge aufgegriffen, ja oder
nein? An der Bereitschaft zum Dialog hat es ebenfalls
nicht gefehlt.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Richtig!)


Wir haben unzählige Gespräche geführt: mit Ärzten, Kli-
niken, Pharmazievertretern, Apothekern, Heilhilfsmittel-
erbringern, Kassen, Versicherungen, Vertretern der
Rettungsdienste, Hospiz-/Palliativeinrichtungen sowie
Patienten und Selbsthilfegruppen.


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Hinterher, aber nicht vorher! Ihr hättet ein besseres Gesetz hingekriegt, wenn ihr es vorher gemacht hättet!)


Die Anregungen aus den mehrtägigen Expertenanhörun-
gen im Gesundheitsausschuss und die Änderungswün-
sche des Bundesrates wurden im Rahmen des Gesetzge-
bungsverfahrens aufgegriffen.

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(C (D Verwundert bin ich jetzt allerdings darüber, dass beängelt wird, dass so viele Änderungsanträge einge racht wurden. Hätte man keine Änderungsanträge getellt, hätte es geheißen: Die sind beratungsresistent. ringt man Änderungsanträge ein, heißt es: Triumph der obby. Sie müssen sich schon für eine Seite entscheiden. Ich darf mich an dieser Stelle für die Mitwirkung all erer bedanken, die sich in die Diskussion konstruktiv nd über ihre Einzelinteressen hinweg eingebracht haen. (Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stoiber zum Beispiel!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Lassen Sie mich zum Schluss noch etwas anderes an-
prechen.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1608000800

Herr Kollege Zöller, würden Sie vorher noch eine

wischenfrage des Kollegen Seifert zulassen?


Wolfgang Zöller (CSU):
Rede ID: ID1608000900

Herr Kollege Seifert, ich glaube, unser Verhältnis ist

o gut, dass wir das auch privat klären können.


(Lachen bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)


Wir haben der Bevölkerung den Blick für das Ganze
urch sehr viele Diskussionen über einzelne Punkte
icht so vermitteln können, wie es notwendig ist.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Bei allen vorrangig gesundheitspolitischen Überle-
ungen dürfen wir die wachstums- und beschäftigungs-
olitischen Dimensionen des Gesundheitswesens nicht
bersehen. Sie standen auch deshalb – zu Recht – im
ittelpunkt unserer Überlegungen. Schließlich ist unser
esundheitswesen kein missliebiger Kostenfaktor, son-
ern ein ökonomisch überaus bedeutsamer und dynami-
cher Wachstumsbereich. Im Gesundheitswesen arbei-
en über 4 Millionen Menschen in über 800 Berufen. Der
esundheitssektor erwirtschaftet inzwischen 11 Prozent
es Bruttoinlandproduktes – mehr als die Autoindustrie –,
endenz steigend. Deutschland ist hinter den USA Welt-
arktführer in der Medizintechnik,


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Noch!)


ie vorwiegend mittelständisch geprägt ist. Das Gesund-
eitswesen schafft Arbeitsplätze in Deutschland.

Ein wesentliches Ziel der Reformmaßnahmen ist die
tärkung dieser echten Wachstumsbranche. Wir brau-
hen verlässliche Rahmenbedingungen für die Beteilig-
en. Eine leistungsgerechte Vergütung ist Voraussetzung
ür Planungssicherheit und Perspektive im Gesundheits-
esen. Ich jedenfalls bin zuversichtlich und davon über-

eugt, dass dieses Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs
n der gesetzlichen Krankenversicherung beides leisten
ird:

Erstens. Die Gesundheitsreform sichert die Versor-
ungsqualität für die Versicherten und Patienten.






(A) )



(B) )


Wolfgang Zöller
Zweitens. Sie schafft verlässliche Zukunftsperspekti-
ven für alle Akteure im Gesundheitswesen.

Ich kann Ihnen deshalb mit gutem Gewissen Zustim-
mung empfehlen.


(Anhaltender Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1608001000

Für eine Kurzintervention erhält der Kollege Seifert

das Wort.


Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1608001100

Vielen Dank, Herr Präsident. – Ja, Herr Kollege

Zöller, es stimmt: Wir haben ein sehr gutes persönliches
Verhältnis. Das liegt daran, dass Sie es waren, der da-
mals den Mut hatte, einem Antrag der PDS zuzustim-
men, der die Verbesserung der Lage von behinderten
Menschen im Fokus hatte. Sie waren derjenige, der dem
Antrag im Ausschuss zugestimmt hat, was – weil alle
anderen sich enthalten haben – zur Folge hatte, dass dem
Antrag im Ausschuss stattgegeben wurde. Sie stehen
dazu genau wie ich, was ich nach wie vor würdige. Wir
haben also insofern ein gutes Verhältnis. Ich finde, die
Öffentlichkeit soll ruhig wissen, dass sowohl Sie als
auch ich dazu stehen: Man kann über die Fraktionsgren-
zen hinweg zusammenarbeiten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


– Ja, da könnt ihr ruhig klatschen. Das ist wichtig.

Aber Sie haben uns, die Opposition, dafür kritisiert,
dass wir entweder sagen, es seien zu wenig Änderungs-
anträge, oder dass wir sagen, es seien zu viele Ände-
rungsanträge. Geben Sie der Öffentlichkeit doch be-
kannt, dass 81 Änderungsanträge am Tag vor der
Abstimmung um 21 Uhr in die Büros geschickt wurden!


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Wer sollte sie dann noch lesen, geschweige denn mit sei-
nen Kolleginnen und Kollegen beraten oder ernsthaft
analysieren? Sie haben 81 Änderungsanträge, die nie-
mand ernsthaft behandeln konnte, im Ausschuss durch-
gepeitscht. Und dann präsentieren Sie uns das hier als et-
was toll Diskutiertes. Das ist es, was ich kritisiere: Noch
nicht einmal die Verfahrensregeln wurden ernsthaft ein-
gehalten.


(Beifall bei der LINKEN und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Sie nehmen uns als Parlamentarierinnen und Parlamen-
tarier gar nicht ernst. Wir müssen machen, was die Re-
gierung will, statt der Regierung zu sagen, was sie ma-
chen soll, wie es unsere Aufgabe wäre. Das kritisiere ich
und ich finde, dem sollten Sie auch zustimmen.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


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(C (D Zur Erwiderung, Herr Kollege Zöller. Herr Kollege Seifert, wenn Sie das Verfahren kritisie en, so müssen Sie eines zur Kenntnis nehmen: All die nderungsanträge waren Ergebnisse aus Anhörungen nd aus Anregungen. Das heißt, die wurden auch schon orher diskutiert und sind dann formuliert worden. ch glaube, wir beide sollten mit dem Ergebnis zufrieden ein, denn alle Änderungsanträge haben, speziell auch ür Behinderte, Verbesserungen gebracht. Das war mit nser Anliegen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1608001200
Wolfgang Zöller (CSU):
Rede ID: ID1608001300

(Widerspruch bei der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1608001400

Nächster Redner ist der Kollege Gregor Gysi für die

raktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1608001500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

rau Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt, ich
abe Ihnen sehr genau zugehört, und Sie waren ja auch
chon für die Gesundheitsreform 2003 zuständig. Ich
itiere einmal einen Satz, den Sie damals gesagt haben
für den Fall, dass Sie es vergessen haben sollten –: Die
eitragssätze in der gesetzlichen Krankenversicherung
erden bereits im nächsten Jahr von durchschnittlich
4,3 Prozent auf 13,6 Prozent und bis 2006 deutlich un-
er 13 Prozent sinken. –


(Zuruf von der LINKEN: Hört! Hört!)


ie paritätischen Beitragssätze liegen inzwischen bei
4,2 Prozent


(Zuruf von der FDP: Nein, 14,8 Prozent!)


nd werden durch Ihre Maßnahmen noch auf 14,8 Pro-
ent steigen.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Da sind sie jetzt schon!)


eswegen sage ich Ihnen: Der Wahrheitsgehalt Ihrer da-
aligen Prognosen stimmt überein mit dem Wahrheits-

ehalt Ihrer heutigen Prognosen.


(Beifall bei der LINKEN und der FDP)


Die Steigerung, die wir bei den Beiträgen erleben
erden, hängt damit zusammen, dass Sie entschieden
aben, dass alle gesetzlichen Krankenkassen bis
nde 2008 entschuldet sein müssen.


(Elke Ferner [SPD]: Sie müssen schon bis zum Ende dieses Jahres entschuldet sein! Keine Ahnung!)


as können Sie nur über Beitragserhöhungen hinbekom-
en. Darüber haben Sie hier so gut wie gar nicht gere-






(A) )



(B) )


Dr. Gregor Gysi
det. Denn das belastet die Unternehmen und die Versi-
cherten.

Dann machen Sie einen weiteren Schritt, der – was
die FDP zu wenig betont – das eigentliche Ziel dieser
Gesundheitsreform betrifft: der Wirtschaft zu dienen.
Denn ab 2009 gibt es ja diesen bürokratischen Fonds. Ab
diesem Zeitpunkt dürfen nur noch die Beiträge der Versi-
cherten erhöht werden. Die Sozialabgabe der Unterneh-
men darf prozentual dann nie wieder gesteigert werden.


(Elke Ferner [SPD]: Das stimmt überhaupt nicht! Schmeißen Sie mal Ihre Referenten raus, die Ihnen so einen Mist aufschreiben!)


Sie frieren die Beiträge der Wirtschaft zum Gesundheits-
wesen ein und sagen, dass die Versicherten das dann al-
leine bezahlen müssen. Das hat mit sozial und mit soli-
darisch gar nichts zu tun.


(Beifall bei der LINKEN)


Sie gehen davon aus: Wenn die Beitragssätze zu stark
erhöht werden, dann können die Leute aus ihrer Kran-
kenversicherung austreten und Mitglied einer anderen
Krankenversicherung werden. Aber auch Sie wissen,
dass keine gesetzliche Krankenkasse scharf darauf ist,
alle armen Schlucker der Republik aufzunehmen. Was
werden sie also machen? Wenn eine Krankenkasse ihren
Beitragssatz erhöht, dann erhöhen auch die anderen
Krankenkassen ihre Beitragssätze, damit nicht alle zu ih-
nen wechseln wollen. Das wird das Ergebnis Ihrer dies-
bezüglichen Politik sein.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Das sind doch alles Märchen, was Sie da erzählen!)


Sie führen in die Gesundheitsversicherung eine Ent-
solidarisierung ein. Ich will Ihnen erklären, warum. Das
liegt daran, dass Sie aus der Gesundheitsversicherung
eine Art Autoversicherung machen. Eine Autoversiche-
rung funktioniert aber nach anderen Kriterien. Sie führen
eine Beitragsrückerstattung und eine Teilkaskoversiche-
rung ein. Was heißt das?

Zunächst zur Beitragsrückerstattung. Wenn ein Ver-
sicherter im Laufe eines Jahres bei seiner Krankenver-
sicherung keine Rechnung einreicht und er seine Ge-
sundheitskosten selbst bezahlt, dann bekommt er im
nächsten Jahr einen bestimmten Teil seiner Beiträge er-
stattet.

Nun zur Teilkaskoversicherung. Ein Versicherter
kann sich dafür entscheiden, einen bestimmten Anteil
der ihm entstehenden Gesundheitskosten selbst zu be-
zahlen – zum Beispiel, wie Sie es vorsehen, bis zu einem
Betrag von 900 Euro pro Jahr – und nur die Kosten, die
diesen Betrag übersteigen, zu versichern. Dies hätte eine
Senkung seines Beitragssatzes zur Folge. Wenn es um
eine Autoversicherung geht, kann man das machen.
Aber hier geht es um eine Gesundheitsversicherung.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich frage Sie: Warum entsolidarisieren Sie diese Ver-
sicherung? Nur ein Besserverdienender, nur ein Junger,
nur ein Gesunder kann diese Möglichkeit nutzen, weil er
weiß, dass er relativ geringe Kosten verursacht. Wenn er
aber älter ist und krank wird, dann werden sich auch die-

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(C (D enigen so verhalten, die dann jung sind. Damit entsoliarisieren Sie diese Versicherung. eute ist es so, dass die Jungen und Gesunden für die ranken bezahlen. Dieses Solidarprinzip lösen Sie auf. Eines Ihrer Versprechen haben Sie gebrochen – es tut ir leid, dass ich das ansprechen muss –: Sie haben eine usätzliche Tabaksteuer eingeführt und angekündigt, ass sämtliche aus dieser Steuer erzielten Einnahmen in as Gesundheitswesen fließen werden. (Elke Ferner [SPD]: Die sind aber nicht gekommen!)


(Beifall bei der LINKEN)


m letzten Jahr betrugen die Einnahmen aus der Tabak-
teuer 4,2 Milliarden Euro. Was wollen Sie heute be-
chließen? Dass Sie dem Gesundheitswesen im nächsten
nd im übernächsten Jahr nur noch 2,5 Milliarden Euro
us diesen Einnahmen zukommen lassen werden. Den
est kratzen Sie einfach weg. Wenn Sie solche scheinpä-
agogischen Steuern wie die Tabaksteuer erhöhen, das
ingenommene Geld dann aber ganz anders verwenden,
ls Sie es versprochen haben, fordere ich Sie auf: Ma-
hen Sie keine Versprechen mehr!


(Beifall bei der LINKEN – Elke Ferner [SPD]: Sagen Sie lieber erst einmal die ganze Wahrheit, Herr Gysi!)


Jetzt will ich auf ein Thema zu sprechen kommen, das
ir wichtig ist, von dem bisher aber kaum gesprochen
orden ist: die Einführung des Verschuldensprinzips.
rstens wollen Sie die Zuzahlungen von chronisch Kran-
en erhöhen, falls sie eine mangelnde Vorbeugung prak-
izieren oder Therapien ausgelassen haben.


(Elke Ferner [SPD]: Das stimmt doch alles gar nicht! – Jens Spahn [CDU/CSU]: Nein! Nicht wahr!)


ie wollen also eine Art Strafgeld einführen.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Haben Sie den Gesetzentwurf überhaupt gelesen?)


weitens wollen Sie die Regelung einführen, dass die
atienten die Kosten bestimmter Erkrankungen selbst zu
egleichen haben. Das gilt zum Beispiel für Gesund-
eitskosten, die als Folge von Tätowierungen, Piercings
nd Schönheitsoperationen entstehen.


(Elke Ferner [SPD]: So ein Unsinn!)


Sie wissen, dass sich die Bevölkerung für dieses Vor-
aben nicht so sehr interessieren wird, nach dem Motto:
iercings und Tätowierungen – was soll’s? Aber diese
egelung ist grundgesetzwidrig. Jemand, der als Folge
ines Piercings eine schwere Entzündung bekommt und
ie entstehenden Behandlungskosten selbst zahlen muss,
ird Ihnen die Frage stellen, warum ein Autofahrer, der,
eil er betrunken war, einen Unfall verursacht hat und

chwerverletzt ist, die Kosten seiner Behandlung nicht
elbst übernehmen muss. Verstehen Sie, was ich meine?
as, was Sie machen, geht nicht. Entweder führen Sie
as Verschuldensprinzip ein oder Sie führen es nicht ein.


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist allerdings wahr!)







(A) )



(B) )


Dr. Gregor Gysi
Der Stolz unserer Gesundheitsversicherung besteht
darin, dass es ein Sachleistungsprinzip gibt,


(Elke Ferner [SPD]: Ja! Das gilt auch immer noch!)


dass also jeder Kranke behandelt und nicht darauf geach-
tet wird, ob er seine Krankheit selbst verschuldet hat
oder nicht.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Indem Sie das Verschuldensprinzip einführen, lösen Sie
jetzt eine Diskussion aus, die auch die Raucher betreffen
wird.

Abgesehen davon, dass diese Regelung grundgesetz-
widrig ist – das sagte ich bereits –, machen Sie aber noch
etwas anderes: Sie verändern den Beruf der Ärztin bzw.
des Arztes. Durch Einführung der Kassengebühr von
10 Euro haben Sie aus den Ärztinnen und Ärzten Kas-
senwarte gemacht.


(Widerspruch bei der CDU/CSU und der SPD – Jens Spahn [CDU/CSU]: Und das sagt uns ausgerechnet einer von den Linken!)


Jetzt machen Sie aus den Ärztinnen und Ärzten Gesund-
heitspolizistinnen und Gesundheitspolizisten. Denn in
Zukunft müssen sie ermitteln, ob die notwendigen Vor-
aussetzungen erfüllt sind, um die Patienten stärker zur
Kasse bitten zu können. Wie Sie wissen, haben Ärztin-
nen und Ärzte den hippokratischen Eid geleistet. Der
Beruf des Polizisten ist etwas anderes als der Beruf des
Arztes. Den Beruf des Polizisten wollten die Ärzte nicht
ergreifen. Aber Sie sorgen dafür, dass sie solche Aufga-
ben übernehmen müssen.


(Beifall bei der LINKEN)


Lassen Sie mich noch kurz auf einen anderen Punkt
zu sprechen kommen. Herr Kollege Zöller, es liegen
über 80 Änderungsanträge vor. Lassen Sie uns doch
die Abgeordneten einmal fragen, ob sie wissen, welche
Änderungen vorgenommen worden sind. Die Abgeord-
neten sollen abstimmen, wissen aber gar nicht, worüber.
Das ist die Wahrheit. Dafür hätten sie nämlich mehr Zeit
gebraucht.


(Beifall bei der LINKEN und der FDP)


Zu den sechs Abgeordneten der SPD möchte ich nur
eine Bemerkung machen: Als sie diese Regelungen hät-
ten verhindern können, sind sie nicht hingegangen. Aber
heute stimmen sie dann ganz mutig mit Nein, da sie wis-
sen, dass es auf ihre Stimmen nicht ankommt. Das ist das
Gegenteil von Volksvertretung.


(Beifall bei der LINKEN und der FDP)


Sie beschließen hier heute nur Gemurkse. Aber Sie ha-
ben Recht, Frau Bundesgesundheitsministerin: Nur die
Große Koalition war in der Lage, einen Beschluss zu
fassen, der Gemurkse ist und durch den kein einziges
Problem gelöst wird, sondern nur neue Probleme ge-
schaffen werden.

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(C (D (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Volker Kauder [CDU/CSU]: Ich glaube, jetzt brauchen Sie einen Blutdrucksenker!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1608001600

Nächste Rednerin ist die Kollegin Renate Künast für

ie Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen.


Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1608001700

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir disku-

ieren heute über die Gesundheitsreform und damit ei-
entlich über eine Tragikomödie. So zumindest erleben
ir das.

Erinnern Sie sich einmal daran, wie es anfing. Im Juli
es letzten Jahres haben wir folgende Szene erlebt: Frau
erkel und Herr Beck waren strahlend zur Pressekonfe-

enz erschienen und haben mit einer gewissen Erleichte-
ung, wenn auch mit Rändern um die Augen, die Eck-
unkte der Gesundheitsreform vorgestellt. Frau Merkel
at damals gesagt: Das ist ein echter Durchbruch.


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Gehen Sie zum Arzt oder Apotheker!)


err Beck sagte, dies sei ein Kompromiss lang über den
ag hinaus. – Das war ein schönes Bild.

Wir alle wissen, dass das nicht der letzte Durchbruch
ar, den die Koalition in dieser Sache verkündete. Er
ielt auch nicht – da irrte Kurt Beck – lang über den Tag
inaus; diese Eckpunkte hatten nicht einmal eine Halb-
ertszeit von einigen Tagen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Zöller, ich verstehe ja, dass Sie bei der CDU/
SU eine gewisse Erleichterung darüber empfinden,
ass das Gesetz heute endlich durchgehen wird. Viele in
ieser Republik empfinden auch ein Stück Erleichte-
ung, aber schlicht und einfach deshalb, weil sie die
ase voll davon haben, dass alle vier Wochen wieder ein
urchbruch, ein Meisterstück verkündet wird, während

ie am Ende feststellen müssen, dass auch dieser keine
ünf Meter weit trägt, sondern dass diese neue Idee aus
iner weiteren Nachtsitzung allenfalls dazu führen wird,
ass die Beiträge der Versicherten erhöht werden. So
iel zu Ihren Durchbrüchen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sie haben immer wieder eine neue Sau durchs Dorf
etrieben und von Durchbrüchen gesprochen. Am Ende
st dabei die Illusion baden gegangen – mir kann es ja
echt sein –, dass eine sogenannte Große Koalition große
robleme lösen kann. Die Gesundheitsreform, die Sie
ier vorlegen, ist der Beweis des Gegenteils.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


eshalb kann man an dieser Stelle auch nur von einer
ragikomödie reden.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Ich nenne nur den Namen Andrea Fischer!)







(A) )



(B) )


Renate Künast
Wenn Sie sich als Koalitionspartner schon nicht da-
rüber einigen konnten, wie das System künftig finanziert
werden soll, dann hätten Sie sich wenigstens darum be-
mühen sollen, auf der Ausgabenseite massiv an den
Stellschrauben zu drehen. Es ist besonders enttäuschend,
dass auch das nicht passiert ist. Die letzten von Ihnen
verkündeten Durchbrüche waren keine Durchbrüche,
sondern Kniefälle vor den großen Lobbys im Bereich
des Gesundheitswesens.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Der letzte Akt des Dramas fand ja wohl im Gesund-
heitsausschuss statt. Die Große Koalition sprach von
großen Zielen: mehr Wettbewerb und Abbau von Büro-
kratie. Nichts davon wird erreicht. Das Einzige, was wir
gesehen haben, waren die wehenden Jackett- und Rock-
schöße der Gesundheitsexperten dieser Koalition, die
sich am Ende nicht mehr in den Ausschuss getraut ha-
ben, weil sie das Desaster von Hunderten von Seiten an
Änderungsanträgen nach dem x-ten Durchbruch nicht
mehr sehen wollten, und das sinkende Schiff deshalb
verließen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Das ist Ausdruck mangelnden Vertrauens in die eigene
Arbeit.

Heute sieht man – das gibt es selten –, wie die Koali-
tionspartner tatsächlich dazu stehen. In einer Zeitung
habe ich ein Interview mit Ihrem Gesundheitsexperten
Wolfgang Wodarg unter der Überschrift „Ich fühle mich
belogen und betrogen“ gelesen. Ich meine, er wird es ja
wohl wissen. Er macht an einigen Punkten klar, warum
er sich belogen und betrogen fühlt:

Meine Partei

– die SPD –

hebt als besondere Errungenschaft die allgemeine
Versicherungspflicht hervor. Dabei ist dies allein
ein Geschenk an die privaten Krankenversicherun-
gen.


(Frank Spieth [DIE LINKE]: So ist es!)


Die Pflicht betrifft vor allem Selbstständige, die
jetzt zu den Privaten getrieben werden.


(Dr. Carola Reimann [SPD]: So ein Unsinn!)


Meine Damen und Herren, ich weiß nicht, wie Sie das
nennen, aber Sozialdemokraten dürften hier nicht von
Gesundheitsreform mit dem Ziel von mehr Solidarität
sprechen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Dr. Carola Reimann [SPD]: Unsinn!)


Schauen wir uns einmal das Resultat auf der Finan-
zierungsseite an! Wie entwickelt sich das Ganze in der
nächsten Zeit?

Sie haben immer behauptet, es gebe den Einstieg in
eine stärkere Steuerfinanzierung – das ist hier schon
einmal gesagt worden –, um die Kinder beitragsfrei mit-

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(C (D uversichern. Um Ihren Haushalt zu sanieren und um in rüssel damit angeben zu können, dass man unter dem aastrichtkriterium bleibt, aben Sie die Steuerzuschüsse gesenkt nd sind mittlerweile so weit gekommen, dass für die ahre 2007 und 2008 faktisch eine kräftige Kürzung zu erzeichnen ist. Selbst wenn Sie mittlerweile wieder ückwärtsgehen – das sagen Sie ja, Frau Ferner – und an ieser Stelle wieder etwas „on top“ geben, bleibt festzutellen: Erst einmal haben Sie bei den Krankenkassen etas herausgeholt, um den Haushalt – scheinbar – komlett zu sanieren und in Brüssel durchzukommen. Jetzt essern Sie wieder nach. Aber alles, was Sie nachbesern, ist finanziell nicht unterlegt. Das ist ein Handel mit ngedeckten Schecks. Das wissen alle in dieser Repulik. Heute können wir wieder etwas von Herrn Steinbrück esen. Nachdem Sie sich gegenseitig düpiert haben und ie CDU/CSU die Kanzlerin düpiert hat – sie überlegen, m Ende die Steuerfinanzierung doch wieder zu erhöen; ein bisschen Ehrlichkeit ist noch da –, hat Herr teinbrück mit der Ankündigung, dann müssten die teuern ab 2010 erhöht werden, den Finger auf den wunen Punkt gelegt. Damit ist eines klar: Sie wissen, dass Sie mehr Steuerittel für die Krankenkassen brauchen. Sie wissen, dass ie die eigentlich vor 2009 brauchen. Aber aus Koali ionsräson oder weil Sie vor den Ministerpräsidenten nd deren Wahlkampf eingeknickt sind, packen Sie diees Thema nicht an und lassen die Krankenkassen und ie Versicherten damit allein. Dies ist kein Durchbruch. ies ist ein Stümperwerk. Am Ende ist das Resultat dieser nichtordentlichen Areit, dass Sie den Versicherten wieder in die Tasche greien. Das ist die übliche Geschichte. Wenn Sie miteinaner nächtliche Sitzungen veranstalten, denken draußen lle: Wir wissen schon, was kommt. – Wenn Sie sich icht einigen können und den Haushalt nicht sanieren önnen, erhöhen Sie die Mehrwertsteuer. Jetzt greifen ie den Bürgerinnen und Bürgern noch einmal in die Tache. Das rechnen sogar viele Gesundheitsexperten aus er SPD vor. In diesem Jahr muss man von 0,6 bis ,7 Beitragssatzpunkten mehr ausgehen. Im nächsten ahr muss man von 0,3 Prozentpunkten mehr ausgehen. m übernächsten Jahr, falls Ihr Gesundheitsfonds denn ommt und Sie nicht wieder einknicken, was man an der telle nur hoffen kann, würde noch etwas draufkommen. as heißt: Ausgehend von den heutigen knapp 4 Prozent stünden uns noch zwei bis drei Erhöhungen evor. Dann kämen wir auf einen Beitragssatz von unefähr 15,5 Prozent. (Elke Ferner [SPD]: So ein Unsinn! Das stimmt doch gar nicht!)


(Elke Ferner [SPD]: Umgekehrt, Frau Künast!)


(Elke Ferner [SPD]: Umgekehrt war das!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Renate Künast
Mit dem, was Sie hier immer verkauft haben – Lohnne-
benkosten senken –, hat das gar nichts zu tun. Sie fassen
dem kleinen Mann in die Tasche und verlängern die Pri-
vilegien der PKV.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sie haben behauptet – Frau Schmidt hat es ebenfalls
getan –, jetzt kämen die großen Strukturveränderungen.
Aber alle Fachleute sagen: Es gibt zu wenig Wettbe-
werb zwischen den Krankenkassen, vor allem keinen
Wettbewerb um Qualität, keinen Wettbewerb um Wirt-
schaftlichkeit. Sehen Sie sich einmal an, was jetzt kom-
men soll! Es bleibt im Wesentlichen bei den Kollektiv-
verträgen. Das heißt: Es gibt kaum Anreize für die
einzelne Kasse, kaum Anreize für den einzelnen Arzt,
wirklich mehr Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitswettbe-
werb zu praktizieren.

Dabei ist das gesamte Apothekenwesen immer noch
eine im Wesentlichen wettbewerbsfreie Zone. Das Wort
Apothekenpreise als Synonym für überzogene, nicht
faire Preise, mit denen die Verbraucher oder die Patien-
ten abgezockt werden, wird bestehen bleiben, weil es die
Realität im Apothekenwesen beschreibt. Das ändern Sie
nicht. Sie haben diesen Lobbybereich nicht angepackt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sehen wir uns den Einheitsbeitrag für die GKV an!
Es gibt kaum Wettbewerb um niedrigere Beitragssätze.
Stattdessen werden wir jährlich erleben, wie zwischen
Regierung, Arbeitgeberverbänden und Krankenkassen
ein Tauziehen der Lobbygruppen um die Höhe des Bei-
tragssatzes stattfinden wird. Sie haben eine Struktur ge-
wählt, die viel Bürokratie bedeutet, die die Politiker und
die Exekutiven beschäftigt, die aber auch ein Einfallstor
zum Beispiel für die Arbeitgeberverbände darstellt, die
sagen: Soll doch der Staat das Risiko tragen; holt mich
da weiter raus!

Mein letzter Punkt ist das Thema Bürokratieabbau –
Fehlanzeige an dieser Stelle. Der Gesundheitsfonds wird
den Kropf vergrößern. Die staatliche Beitragsfestsetzung
und die Gesundheitskartelle bleiben bestehen. Dieses
Breittreten der Bürokratie ist das Gegenteil von schlan-
ken Strukturen.

Sie sind vor den Lobbyisten eingeknickt, und die Ze-
che zahlen wieder die Versicherten. – Es gibt jede
Menge Zitate aus den Koalitionsfraktionen, gerade aus
der SPD-Fraktion, und von anderen aus der SPD, die das
treffend formulieren. – Durch Ihre fehlende Geschlos-
senheit und dadurch, dass Sie am Ende verschiedene
Ziele den Lobbyisten geopfert haben, haben allen voran
nun wieder die privaten Krankenkassen gewonnen – mit
massiver Lobbyarbeit, mit massiver Öffentlichkeitsar-
beit, mit Anzeigenschaltungen und mithilfe des für die
PKVen erprobten Schutzengels der Unionsfraktion und
der Bundesländer.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir können dazu nur sagen: Dies ist keine wirkliche Re-
form. Verzeihung, Frau Gesundheitsministerin Schmidt:
Sie haben sich hier noch groß gelobt. Sie haben gesagt,
die Welt sehe heute anders aus, die Probleme des Einzel-

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(C (D en seien größer als angenommen, zum Beispiel im Ererbsleben; das Prekariat, die Praktikanten, sie alle üsse man einbeziehen. Frau Schmidt, das haben wir, nter anderem unsere früheren Fraktionsvorsitzenden, hnen schon in der letzten Legislaturperiode wiederholt eschrieben, und Sie haben zurückgeschrieben, dafür sei ein Geld da. Wir sind ja dankbar, dass auch Sie mittlereile erkannt haben, dass die Menschen mit unsteten Ererbslebensläufen und Arbeitslosenzeiten Probleme haen. Aber Ihre sogenannte Reform ist keine. Der einzig ichtige Weg ist, ihr heute nicht zuzustimmen. Noch beser wäre es, wir gingen zurück auf null und fingen noch inmal ganz neu an, damit bei der Gesundheitsreform olidarität und Wettbewerb herauskommen. Das Wort erhält nun die Kollegin Elke Ferner für die PD-Fraktion. Herr Präsident! Liebe Kollegen und Kolleginnen! as wir hier zum Teil von der Opposition an Debatteneiträgen hatten, hat für meine Begriffe in etwa die gleihe Qualität wie angebliche Demonstrationen, die sich m Nachhinein als PR-Aktionen mit gemieteten und als rzte verkleideten Demonstranten herausgestellt haben, (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Das ist ja nicht wahr, was Sie sagen! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Als was sind Sie denn verkleidet, Frau Ferner? Als MdB?)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1608001800

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Elke Ferner (SPD):
Rede ID: ID1608001900

der wie die teilweise fingierten Briefe der PKV, die uns
lle hier erreicht haben. Von der Qualität her ist das
irklich das Gleiche.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Die können es doch nicht besser!)


Es ist richtig: Wir haben lange um die Gesundheitsre-
orm gerungen. Es war, glaube ich, auch richtig, sich die
eit zu nehmen, weil es um sehr viel geht. Gesundheit
eht alle an. Es ist ein Thema, das alle Menschen in die-
er Republik interessiert. Deshalb muss man gerade,
enn man mit so unterschiedlichen Grundpositionen an
as Thema herangeht, wie das ohne Zweifel hier der Fall
ewesen ist, auch darauf achten, dass man wirklich Lö-
ungen findet, die im Sinne der Versicherten und der Pa-
ienten und Patientinnen tragfähig sind.

Wir haben ein leistungsfähiges und medizinisch hoch-
tehendes Gesundheitswesen. Über 4 Millionen Men-
chen erbringen jeden Tag Dienstleistungen für andere

enschen. Das gilt für Ärzte und Ärztinnen genauso wie
ür Krankenschwestern, Krankenpfleger und andere
eilberufe. Ich glaube, dass das Solidarprinzip der ge-

etzlichen Krankenversicherung, nach dem die Jungen
ür die Älteren, die Gesunden für die Kranken und dieje-
igen mit mehr Einkommen für diejenigen mit weniger
inkommen einstehen, richtig ist. Es bedeutet seit Be-






(A) )



(B) )


Elke Ferner
ginn der gesetzlichen Krankenversicherung gelebte Soli-
darität, und das wird auch nach dieser Reform so blei-
ben.

Wir haben es erreicht, dass es eine Versicherungs-
pflicht für alle gibt. Sogar die FDP will jetzt eine Versi-
cherungspflicht für alle, allerdings auf eine andere
Weise.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Eine Pflicht zur Versicherung!)


Sie möchte nämlich, dass die guten Risiken, die heute in
der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert
sind, zur privaten Krankenversicherung abwandern. Es
könnte also noch mehr Rosinenpickerei betrieben wer-
den, und die Versicherten, die nicht abwandern, müssten
alleine die Kosten für die Behandlung der kranken Men-
schen tragen.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Wir können es Ihnen noch einmal zuschicken! Es ist ein bisschen anders!)


Die FDP will weiterhin nicht, dass es durch Verände-
rungen bei den Strukturen zu Einsparungen kommt. Für
einzelne Berufsgruppen im Gesundheitswesen sind Sie
geradezu ein „Verfechter“ des Wettbewerbs. Frau Künast
hat eben in diesem Zusammenhang die Apotheken er-
wähnt.

In Wahrheit wollen Sie – dazu sollten Sie dann auch
stehen – die Arbeitgeberbeiträge dauerhaft festschreiben.
Mit diesem Vorgehen wollen Sie die Versicherten mit
möglichen Kostensteigerungen in der Zukunft alleine
lassen. Wer die erhöhten Beiträge nicht bezahlen kann,
muss dann schauen, welche medizinische Versorgung er
noch bekommt. Das ist nicht nur unsolidarisch; das
würde unser Sozialsystem auf den Kopf stellen. Deshalb
glaube ich, dass Sie bei der nächsten Bundestagswahl
über 5 bis 8 Prozent Wählerzustimmung nicht hinaus-
kommen werden. Die Menschen möchten sich nämlich
im Falle einer Krankheit auf die Solidargemeinschaft
verlassen können.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Es ist wichtig, noch einmal herauszustellen, dass dies
die erste Gesundheitsreform seit langem ist, bei der es
keine Leistungsausgrenzung, sondern eine Leistungs-
ausweitung gibt. Ich bin froh, dass wir die Union davon
überzeugen konnten, dass die gesundheitlichen Folgen
von Unfällen auch weiterhin in der gesetzlichen Kran-
kenversicherung versichert bleiben und dass die Zuzah-
lungen nicht erhöht werden. Das gilt auch für die Zuzah-
lung bei Krankenhausaufenthalten. Wir stellen die
Prävention in den Vordergrund.

Nun zu dem, was Herr Gysi eben gesagt hat. Herr
Gysi, ich würde mich an Ihrer Stelle schon fragen, ob
diejenigen, die Ihnen einen solchen Unsinn aufschrei-
ben, ihrer Verpflichtung nachkommen, Sie ordentlich zu
informieren.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


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(C (D s ist nämlich nicht richtig, dass chronisch Kranke etzt 2 Prozent statt 1 Prozent zuzahlen sollen. Für diejeigen, die schon heute chronisch krank sind, wird sich berhaupt nichts ändern. Diejenigen, die in Zukunft Geundheits-Check-ups oder Vorsorgeuntersuchungen in nspruch nehmen, müssen nur 1 Prozent zuzahlen. Das ilt auch für diejenigen, die das nicht tun, sich aber in in Chronikerprogramm einschreiben. Insofern wird die rävention gestärkt, und es gibt keine Verlagerung der asten. (Dr. Gregor Gysi [DIE LINKE]: Und wer muss 2 Prozent zahlen?)


Nun zu dem Fall, dass Menschen chronisch krank
ind, aber nicht an einem Chronikerprogramm teilneh-
en.


(Dr. Gregor Gysi [DIE LINKE]: Die müssen 2 Prozent zahlen!)


ch glaube schon, dass, wenn chronisch Kranke nicht be-
eit sind, bei der Behandlung mitzuwirken, entspre-
hende Incentives gesetzt werden müssen.

Sie haben eben gesagt, die Selbstbehalte seien ein
kandal. Diese stehen aber schon heute im Gesetz. Sie
ind doch Jurist, Herr Gysi. Schauen Sie sich doch erst
inmal an, was im SGB V steht, bevor Sie hier solche
albwahrheiten erzählen!


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1608002000

Frau Kollegin Ferner, gestatten Sie eine Zwischen-

rage des Kollegen Gysi?


Elke Ferner (SPD):
Rede ID: ID1608002100

Gerne.


Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1608002200

Sie haben gerade erklärt, bei welchem Fehlverhalten

s höhere Zuzahlungen für die chronisch Kranken geben
ird. Ich frage Sie: Wurden nicht sogar bei Selbstver-

tümmelungen die Krankheitskosten immer vollständig
ezahlt? Dass derjenige, der sich selbst verstümmelt,
chuld ist, kann man überhaupt nicht leugnen.

Verstehen Sie: Wenn Sie ein Verschuldensprinzip
inführen – so wenig die Tür dafür jetzt auch geöffnet
ird –, dann verändern Sie den Charakter der gesetzli-

hen Krankenversicherung. Es ist außerdem schwer, die-
es Prinzip gerecht anzuwenden. Denn derjenige, der
ich etwas zuschulden kommen lässt, wird darauf hin-
eisen, dass sein Fehlverhalten im Vergleich zu dem ei-
es betrunkenen Autofahrers harmlos ist. Sie werden es
icht hinkriegen. Dieses Prinzip stimmt weder mit dem
rundgesetz überein, noch ist es überhaupt richtig, ein
erschuldensprinzip in die Krankenversicherung aufzu-
ehmen. Das deutlich zu machen, war mein Anliegen.


(Beifall bei der LINKEN)







(A) )



(B) )


Elke Ferner (SPD):
Rede ID: ID1608002300

Herr Gysi, ich empfehle Ihnen, einen Blick ins gel-

tende Gesetz zu werfen. Schauen Sie sich § 52 SGB V
an! Dort ist schon heute die Möglichkeit gegeben, dass
ein Versicherter an den Kosten beteiligt werden kann,
wenn er sich die Krankheit vorsätzlich zugezogen hat.
Die Regelung, die wir erarbeitet haben, soll ja nicht zur
Folge haben, dass jemand nicht mehr behandelt wird. Es
geht vielmehr darum, dass die Krankenkasse in be-
stimmten Fällen jemanden an den Kosten beteiligen
kann, wenn sie das für richtig hält. Das ist ein Unter-
schied zur Ihrer Auffassung.

Sie haben dies falsch dargestellt, und das ist das Po-
pulistische an all den Reden, die seitens Ihrer Fraktion
gehalten werden. Sie haben eben gesagt – das kann man
ja im Protokoll noch einmal nachlesen –, dass künftig
bestimmte Dinge von der Kasse nicht mehr bezahlt wer-
den. Das ist falsch.


(Dr. Gregor Gysi [DIE LINKE]: Ich habe gesagt, dass die Zuzahlung steigt!)


Es erfolgt nach wie vor eine Behandlung.


(Abg. Dr. Gregor Gysi [DIE LINKE] nimmt wieder Platz)


– Herr Gysi, ich bin noch nicht fertig. Sie müssen wieder
aufstehen, auch wenn Ihnen diese Antwort nicht gefällt. –
Die Kasse kann wie auch schon heute, allerdings jetzt
unter präziseren Bedingungen, eine Mitbeteiligung des
Versicherten einfordern.

Ich glaube aber, dass das überhaupt nicht der Punkt
ist. Das, was die Opposition und all diejenigen, die sich
gegen die Gesundheitsreform wenden, eint, ist das, was
sie nicht wollen. Aber es gibt überhaupt keine Einigkeit
– weder in der Opposition noch bei den vielen Interes-
senverbänden draußen – in dem, was sie wollen. Das ist
doch die eigentliche Wahrheit.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Wir werden mit dieser Reform die Leistungen für die
Versicherten verbessern. Wir stärken die Prävention, wir
stärken die Rehabilitation, und wir richten unser Ge-
sundheitswesen auf eine älter werdende Gesellschaft
aus. In diesem Zusammenhang möchte ich insbesondere
die Verbesserung bei der Palliativversorgung und den
Hospizen betonen. Wir stärken die finanzielle Ausstat-
tung und den integrativen Ansatz der Hospize. Ich
möchte an dieser Stelle den vielen Männern und Frauen,
die zum Teil ehrenamtlich jeden Tag in der Hospizbewe-
gung die sicherlich sehr schwierige Aufgabe haben
– diese Arbeit ist wahrscheinlich für sie persönlich nicht
immer einfach –, es sterbenden Menschen zu erleichtern,
ihren letzten Weg zu gehen, und deren Angehörige ad-
äquat zu betreuen, ein herzliches Dankeschön sagen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Ich hoffe, dass wir diese Möglichkeiten in Zukunft ver-
bessern können.

Wir werden auch die Versorgungsstrukturen effizien-
ter machen und mehr Wahlmöglichkeiten für die Ver-

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(C (D icherten schaffen; Herr Zöller hat eben schon einige Asekte angesprochen. Ich möchte an dieser Stelle deutlich machen: Es bleibt eim Sachleistungsprinzip in der gesetzlichen Kranenversicherung. Es wird keine einmalige Kostenerstatung geben, was bedeuten würde, dass man, wenn die lombe draußen ist, erst einmal etwas unterschreiben uss, bevor man eine neue Plombe bekommt. Diese Be andlungssituation wird es nicht geben. Zudem müssen ie Kassen ihre Versicherten über Vorund Nachteile der ahltarife umfassend informieren. Zur Öffnung der rankenhäuser hat Ulla Schmidt schon einiges gesagt. Ich möchte auf die Vorwürfe zurückkommen, wir häten die Einsparziele nicht erreicht. Es ist richtig: Es weren uns im Vergleich zu dem, was ursprünglich im Geetzentwurf stand, ungefähr 300 Millionen Euro fehlen. as hat aber nicht die Koalition in diesem Hause zu ver ntworten. (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: 300 Millionen? Um wie viele Milliarden geht es eigentlich?)


Es geht um 300 Millionen. Sie sollten zuhören.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Reden Sie lieber über die Milliarden! – Gegenruf des Abg. Dr. Peter Struck [SPD]: Quatsch!)


Ich bitte Sie: Hören Sie zu,


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Mache ich ja!)


ann können Sie es vielleicht auch verstehen.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Das kann Thiele nicht!)


ielleicht können Sie es aber auch nicht verstehen.

Wir haben das Einsparvolumen bei den Arzneimit-
eln beibehalten, wenn auch jetzt auf einem anderen

eg.


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Das stimmt doch gar nicht! Das sind Hoffnungen, durch nichts belegt!)


Natürlich stimmt das. – Wir werden den Kassen erst-
als die Möglichkeit bieten, dass Wirkstoff und Arznei-
ittel ausgeschrieben werden. Die Apotheken müssen

as für die Kasse jeweils günstigste Arzneimittel abge-
en. Der Apothekenrabatt wird dauerhaft erhöht, sodass
edes Jahr und nicht nur einmalig 130 Millionen Euro
ei den Kassen eingespart werden können.

Wir haben auch festgelegt, dass die Hilfsmittel ausge-
chrieben werden. Wir haben die Anregung aus der An-
örung aufgegriffen, dass in Bezug auf diejenigen Hilfs-
ittel, bei denen eine individuelle Anpassung notwendig

st, eine wohnortnahe Versorgung sichergestellt werden
uss.

Dass wir in bestimmten Bereichen die Einsparziele
icht erreichen – das sind die Bereiche Krankenhaus und
ettungsdienste –, lag – so muss man sagen – am Bun-
esrat, der nicht zu mehr Zugeständnissen in diesen Be-
eichen bereit war.






(A) )



(B) )


Elke Ferner
Ich glaube, zu einem wettbewerblich ausgerichteten
Gesundheitssystem gehören mündige und informierte
Patienten und Patientinnen sowie Versicherte. Mit der
Patientenbeauftragten und den Patientenberatungsstel-
len haben wir einen Anfang gemacht. Deren Finanzie-
rung wird jetzt auf eine bessere Grundlage gestellt. Ich
kann nur an die Kassen appellieren, dass sie, wenn sich
ihre Versicherten bei ihnen darüber beschweren, dass
teilweise Leistungserbringer – es sind Gott sei Dank we-
nige – ihren Versicherten, wie zumindest ich gehört
habe, Leistungen vorenthalten oder ihnen fälschlicher-
weise die Auskunft geben, dass die Kasse bestimmte
Leistungen nicht bezahle, dieser Sache im Interesse ihrer
Versicherten wirklich nachgehen.

Ich glaube, dass wir mit der Öffnung der privaten
Krankenversicherung zumindest einen kleinen Schritt in
Richtung mehr Wettbewerb gemacht haben. Wir haben
mehr gewollt; das weiß jeder. Ich bedauere sehr, dass die
Bestandsversicherten weniger Wechselmöglichkeiten
haben als diejenigen, die neu in der privaten Kranken-
versicherung versichert sind. Aber allein die Tatsache,
dass die private Krankenversicherung erstmals kranke
Menschen aufnehmen muss, was für eine Krankenver-
sicherung eigentlich das Normalste der Welt sein sollte
– sie versichert schließlich gegen Krankheit und nicht
gegen Gesundheit –, ist ein Schritt in die richtige Rich-
tung. In diesem Zusammenhang wird immer wieder mit
Verfassungswidrigkeit argumentiert. Dazu muss ich sa-
gen: Ich kann nicht erkennen, was daran verfassungs-
widrig sein soll, wenn die private Krankenversicherung
auch Kranke versichern muss. Die gesetzliche Kranken-
versicherung hat das von Anfang an gemacht. Ich
glaube, es ist richtig, dass das jetzt für alle Versicherun-
gen gilt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wider besseres Wissen wird auch hier im Hause im-
mer wieder gesagt, durch die Reform würden die Bei-
träge steigen. Das ist nicht der Fall. Die Beiträge sind
bereits gestiegen. Die Reform wird zum 1. April 2007 in
Kraft treten.


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Das ist doch Unsinn! Das kommt oben drauf! Das wissen Sie ganz genau!)


– Herr Spieth, das stimmt doch nicht. Sie müssten es
doch viel besser wissen, als alle anderen in diesem Haus.


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Natürlich! Genau deshalb!)


Erstens. Nach geltendem Recht müssten die Kassen
bis zum Ende dieses Jahres entschuldet sein. Stimmt das
oder stimmt das nicht? Es stimmt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Frank Spieth [DIE LINKE]: Mit der Ausnahme bis 2008!)


– Dann sagen Sie das bitte einmal den Landesaufsichten;
denn die bundesunmittelbaren Kassen sind voll im Ent-
schuldungsplan.

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(C (D Zweitens. Die Einsparungen, die wir durch diese Reorm erzielen, sind in den Wirtschaftsplänen der Kranenkassen noch gar nicht enthalten. Drittens. Glauben Sie, dass der Steuerzuschuss ohne eform nicht bei 2,5 Milliarden Euro liegen würde? lauben Sie, er wäre geringer? Glauben Sie ernsthaft, ass ohne Reform alles besser wäre, dass die Beiträge iedriger wären? Das können Sie doch unmöglich beaupten wollen. Sie wissen es doch besser. Frau Kollegin Ferner, ich vermute, dass Sie nach dem nformellen Disput eine förmliche Frage zulassen wolen. Ich verbinde das aber mit dem ausdrücklichen Hineis, dass die bei dem Gegenstand nahe liegende ausgerägte Neigung zu Zwischenfragen und Kurzinterventioen mit der Vereinbarung und Beschlusslage einer weieinhalbstündigen Debatte mit anschließenden naentlichen Abstimmungen im Ergebnis nur schwer zu ereinbaren ist. (Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Es geht um Deutschland, Herr Präsident!)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1608002400
eswegen bitte ich alle Beteiligten, die Redner wie die
icht als Redner gemeldeten, aber durch Zwischenfragen
m Protokoll interessierten Kolleginnen und Kollegen,
em Präsidium die Einhaltung der Beschlusslage des
lenums zu erleichtern.

Bitte schön.


Frank Spieth (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1608002500

Herzlichen Dank, dass mir trotz der Möglichkeit,

achher selber zu reden, eine Zwischenfrage gestattet
ird.
Kollegin Ferner, ich finde es abenteuerlich, dass Sie

etzt behaupten, dass es aufgrund des WSG keine Bei-
ragerhöhungen geben wird. Man könnte in diesem Zu-
ammenhang lange mit Zahlen operieren; im Ausschuss
aben wir das auch getan. Das BMG war trotzdem nicht
n der Lage, unsere Vorhaltungen zu entkräften.


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Was ist Ihre Frage?)


Das Gesetz enthält eine Regelung, nach der die ge-
etzlichen Krankenversicherungen unabhängig davon,
b sie bundes- oder landesunmittelbar beaufsichtigt wer-
en, aufgefordert sind, bis zum 31. Januar dieses Jahres
arzulegen, wie sie der Entschuldungsverpflichtung
achkommen wollen. Ist Ihnen bekannt, welche Rege-
ungen verfasst wurden? Sie waren bis vor 48 Stunden
orzulegen. Könnten Sie das Hohe Haus darüber aufklä-
en, ob alle Kassen in der Lage sind, sich bis zum
1. Dezember 2008 – diese Ausnahmeregelung existiert –
atsächlich zu entschuldigen,


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP – Olaf Scholz [SPD]: Das ist manchmal auch nötig!)


u entschulden?






(A) )



(B) )


Elke Ferner (SPD):
Rede ID: ID1608002600

Herr Spieth, die Entschuldungspläne sind nicht den

Abgeordneten, sondern dem Gesundheitsministerium
vorzulegen. Da ich dem Parlament und nicht dem Minis-
terium angehöre, kenne ich das, was vorgelegt worden
ist, nicht.

Richtig ist aber – das werden Sie mir bestätigen –,
dass die Regelung, dies bis zum 31. Januar dieses Jahres
vorzulegen, nicht Gegenstand dieses Gesetzgebungsver-
fahrens ist, sondern schon im letzten Jahr im Zusammen-
hang mit dem Vertragsarztrechtsänderungsgesetz beschlos-
sen wurde. Richtig ist auch, dass im SGB V, also in dem
Gesetz, über das wir heute beraten, steht, dass die Kassen
bis zum 31. Dezember 2007 entschuldet sein müssen.
Wir erweitern jetzt den Zeitraum bis 2008, wenn mit
Zustimmung des jeweiligen Bundesverbandes ein trag-
fähiger Entschuldungsplan vorliegt. Das heißt, wir geben
den Kassen mehr Spielraum. Ich bin sehr gespannt, wie
das umgesetzt wird.

Jedenfalls ist es bezeichnend, dass die bundesunmittel-
baren Kassen, die der Aufsicht des Bundesversicherungs-
amtes unterliegen, mit ihrem Schuldenabbau im Zeitplan
sind, während die landesunmittelbaren Kassen, die der
Länderaufsicht unterliegen, in Teilen so hoch verschuldet
sind, dass es schwierig werden könnte, bis zum 31. De-
zember 2008 eine Entschuldung zu schaffen. Aber wir
sind bereit, hier abzuwarten. Eines ist klar: Die Schulden
der Kassen sind – darüber sollte man ehrlich reden –
nichts anderes als die Konsequenz aus unterlassenen
Beitragssatzanhebungen in der Vergangenheit; nicht
mehr, aber auch nicht weniger.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Frank Spieth [DIE LINKE]: Oder fehlender Risikostrukturausgleich!)


Der neue Risikostrukturausgleich, der mit dem
Fonds in Kraft tritt und sicherstellt, dass die krankheits-
bezogenen Ausgaben besser und fairer ausgeglichen
werden, wird zu einer Besserstellung der Kassen führen,
die eine, bezogen auf den Grundlohn, schwache Mitglied-
schaft und gleichzeitig hohe Ausgaben für ihre Versicher-
ten haben. Unter dem Strich gesehen haben wir einen
tragfähigen Kompromiss erarbeitet.

Ich verhehle nicht, dass wir uns an einigen Stellen mehr
gewünscht hätten. Aber es gibt jetzt eine Versicherungs-
pflicht für alle. Wir werden bessere Versorgungsstrukturen
bekommen, und vor allen Dingen werden wir auch in
Zukunft in der Situation sein, dass alle Versicherten, und
zwar unabhängig davon, wo sie versichert sind, am
medizinischen Fortschritt teilhaben können und das, was
medizinisch notwendig ist, erhalten.

Sehr wichtig wird sein, zu gegebener Zeit noch einmal
über die Frage einer dauerhaft nachhaltigen Finanzierung
zu reden. Wir haben mit der Steuerfinanzierung einen
wichtigen Schritt in Richtung einer Verbesserung der
Finanzbasis gemacht. Allerdings wird das nicht reichen.

Erlauben Sie mir, Herr Präsident, in den letzten zehn
Sekunden meiner Redezeit noch einen Dank an die Mit-
arbeiter und Mitarbeiterinnen der Fraktionen und des
Ausschusssekretariats zu richten, die diese Woche und in

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(C (D en vergangenen Wochen relativ viel arbeiten mussten. atürlich geht mein Dank auch an die Mitarbeiterinnen nd Mitarbeiter im Ministerium, ohne die wir unsere rbeit wahrscheinlich nicht hätten fertigstellen können. Unter dem Strich ist es ein Kompromiss, dem man zutimmen kann. Ohne Reform würden die Beiträge höher teigen, und die Situation würde sich nicht verbessern. s würde zu viel Geld auf der Strecke bleiben. Insofern: assen Sie uns das Gesetz heute beschließen und dann ntensiv über das öffentlich berichten, was wirklich nhalt der Gesetzesänderungen ist, – Frau Kollegin Ferner! – und nicht über das, von dem manche meinen, es tehe so im Gesetz! Vielen Dank. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1608002700
Elke Ferner (SPD):
Rede ID: ID1608002800


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1608002900

Liebe Frau Kollegin Ferner, als Sie von den letzten

ehn Sekunden Redezeit gesprochen haben, hatten Sie
hre Redezeit schon überschritten.


(Elke Ferner [SPD]: Um zehn Sekunden!)


Ja, ich wollte nur noch einmal meine sprichwörtliche
roßzügigkeit ins Protokoll bringen.


(Heiterkeit)


Allerdings verbinde ich dies mit dem Hinweis, dass
ch, Ihr Einverständnis vorausgesetzt, in der weiteren
ebatte Zwischenfragen und Kurzinterventionen jeden-

alls dann nicht zulasse, wenn die sich meldenden Kollegen
hnehin als Redner in der weiteren Debatte vorgesehen
ind.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Nächster Redner ist der Kollege Dr. Guido Westerwelle
ür die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Guido Westerwelle (FDP):
Rede ID: ID1608003000

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

as ist heute keine Debatte über Gesundheitstechnik,
bwohl sie sich teilweise so anhört. Es geht auch nicht
m irgendeine spezielle Frage des Gesundheitssystems.
n Wahrheit geht es um eine grundsätzliche Weichenstel-
ung gesellschaftspolitischer und sozialpolitischer Natur.
s geht um die Frage: Wollen wir in unserem Land bei
eformen mehr Freiheit durchsetzen, oder gehen wir
en Weg in Richtung von noch mehr bürokratischer
taatswirtschaft? Sie haben sich für das Letztere ent-
chieden und werden das heute beschließen.


(Beifall bei der FDP)







(A) )



(B) )


Dr. Guido Westerwelle
Frau Bundeskanzlerin, deswegen, weil es nicht um eine
fachliche Frage alleine geht, wäre es das Allermindeste,
was man erwarten kann, dass sich die Regierungschefin
bei dieser für unsere Bürgerinnen und Bürger so heraus-
ragenden Frage nicht hinter der Gesundheitsministerin
versteckt, sondern selber im Parlament die Verantwor-
tung übernimmt für den Murks, den Sie hier anrichten!


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


An Sie gerichtet, meine Damen und Herren Kolleginnen
und Kollegen, will ich nur Folgendes sagen – denn wir
haben ja alle mitbekommen, wie kontrovers Sie auch in
Ihren eigenen Fraktionen darüber beraten haben –: Viele
von Ihnen handeln heute nach der Methode, die der Kollege
Zöller vorgegeben hat: Augen zu und durch, Hauptsache
es ist vorbei. – Nichts ist vorbei, wir werden Sie für
diese falsche Entscheidung in Ihren Wahlkreisen zur
Verantwortung ziehen.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Oh! – Elke Ferner [SPD]: Jetzt haben wir aber Angst, Herr Westerwelle!)


Sie werden sich nicht hinter Ulla Schmidt oder hinter einem
Koalitionskompromiss verstecken können. Sie sind
Ihrem Gewissen und dem Volk verantwortlich – und
nicht Angela Merkel und Franz Müntefering. Darum
geht es: um Ihr Selbstverständnis.


(Beifall bei der FDP und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Deswegen ist es erforderlich, dass wir auf das auf-
merksam machen, was natürlich noch kommen wird.
Denn es ist für Sie nicht vorbei, es kommt noch mehr,
Herr Kollege Kauder:


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Das hat der Kollege Bahr schon ausgeführt!)


„Steinbrück plant Steuererhöhungen“.


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Das ist Quatsch! Erzählen Sie doch nicht solchen Quatsch! Lauter Blödsinn!)


– Sie sagen, Herr Kollege, das sei Blödsinn?


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Seien Sie doch nicht so zickig!)


Dann will ich erwähnen, was eine andere Zeitung
schreibt – ziemlich das andere Ende des Spektrums der
Berichterstattung –: „Gesundheitsreform reißt Riesenetat-
loch“, und zitiere den haushaltspolitischen Sprecher der
SPD-Fraktion, Carsten Schneider: „Vielen in der Koali-
tion ist nicht bewusst, was dies für die Haushaltspolitik
bedeutet.“


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: So ist es!)


Er rechnet mit einem zweistelligen Milliardenbetrag, der
fehlt und der bereitgestellt werden muss. Er sagte der
„Frankfurter Rundschau“ wörtlich: „Dann können alle

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(C (D ünsche nach mehr Geld für Familien, für Forschung der Infrastruktur nicht mehr erfüllt werden.“ Was hier stattfindet, ist einmalig: Sie erhöhen die eiträge, Sie führen mit dem Gesundheitsfonds die Planirtschaft ein, Sie erhöhen die Steuern und Sie verringern ie Leistungen für die Versicherten, für die Patienten. ine so schlechte Reform verdient den Namen Reform n diesem Hohen Hause nicht! (Beifall bei der FDP und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN – Elke Ferner [SPD]: Das stimmt doch nicht!)


(Elke Ferner [SPD]: Das stimmt eben nicht!)


ntlarvend war doch, dass die Gesundheitsministerin
ier erklärt hat, es könne nicht richtig sein, dass es für
ieselbe Leistung bei zwei Versicherungen einen Beitrags-
nterschied von 21 Euro geben könne. Wenn es nicht
ichtig sein kann, dass für dieselbe Leistung unterschied-
iche Preise verlangt werden können, warum nennen Sie
hr Gesetz ausgerechnet „Wettbewerbsstärkungsgesetz“?


(Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP)


as ist ein Wettbewerbsverständnis, wie Sie es viel-
eicht bei den Jusos oder beim KBW gelernt haben.
och mit sozialer Marktwirtschaft hat das nichts zu tun.


(Beifall bei der FDP)


it derselben Argumentation kann dieser Deutsche
undestag demnächst den Brotpreis festsetzen! Das ist
lanwirtschaft und hat mit sozialer Marktwirtschaft
ichts zu tun.

Wenn Sie das mir nicht glauben, dann hören Sie sich
n, was der Vorsitzende der Mittelstands- und Wirt-
chaftsvereinigung der CDU/CSU, Professor Lauk, in
ieser Woche gesagt hat: Auf 500 Seiten Gesetzentwurf
teht kein einziger wirklich wirkungsvoller Ansatz zur
ostensenkung. – Er fügt hinzu: Das wäre mit dem Vater
er sozialen Marktwirtschaft und des Wirtschaftswunders,
udwig Erhard, nicht zu machen gewesen. – Das ist
ohl wahr. Spätestens jetzt hätte er Ihre Partei verlassen,
eine sehr geehrten Damen und Herren!


(Beifall bei der FDP – Elke Ferner [SPD]: Oh!)


ch muss hier gar nicht Friedrich Merz zitieren oder
ichael Glos oder Philipp Mißfelder. Wir können sogar

roße geschichtliche Gestalten der sozialdemokratischen
raktion anführen. Gerhard Schröder – ich hätte nicht
edacht, dass ich ihn jemals freiwillig zitieren würde –
at zur Gesundheitsreform festgestellt, das alles sei kein
roßer Wurf.


(Heiterkeit bei der LINKEN)


en Gesundheitsfonds hat er gar als bürokratisches
onstrum bezeichnet, das der Programmatik beider Par-

eien widerspreche und den Versicherten nicht helfe.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)







(A) )



(B) )


Dr. Guido Westerwelle
Dies macht doch die Kompromissfindung zwischen den
beiden Regierungsfraktionen deutlich, um die es sich in
Wahrheit handelt und die zu diesem Ergebnis geführt hat.

Das erinnert an ein schönes Bild: Zwei Wanderer wollen
gemeinsam einen Weg beschreiten und kommen an
einen Sumpf. Der eine will links vorbeigehen, der andere
rechts. Weil sie sich nicht einigen können, sagen sie:
Dann gehen wir halt glatt durch die Mitte. Als sie bis zur
Hüfte im Sumpf stehen, streiten sie sich, ob der Sumpf
2,80 Meter oder 3,40 Meter tief ist.

Zum ersten Mal, seit ich diesem Haus angehöre, be-
schließen zwei Regierungsfraktionen in einer fundamen-
talen Frage ein Vorhaben, von dem sie sich wünschen,
dass es in dieser Republik niemals Wirklichkeit wird.
Was haben Sie für ein Parlamentarismusverständnis?


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Herr Lauterbach – ich weiß nicht, ob man Ihnen gegen-
über den Namen noch erwähnen darf – war einst der
Heilsbringer der Sozialdemokraten. Davon ist nichts
geblieben. Sie haben sich entschieden, in einem parla-
mentarisch außerordentlich fragwürdigen Verfahren eine
Gesundheitsreform zu beschließen, die in Wahrheit mit
dem Gesundheitsfonds ein bürokratisches Monstrum
schafft, die Beiträge erhöht, die Versicherten nicht stärkt
und vor allem den Wettbewerb zwischen den Anbietern
zum Erliegen bringt.

Vor der Bundestagswahl haben wir gemeinsam das
glatte Gegenteil gefordert. Reden Sie sich nicht zu
Hause bei Ihren Wählerinnen und Wählern damit heraus,
dass Sie es mit der FDP anders gemacht hätten bzw.
anders machen werden!


(Elke Ferner [SPD]: Zum Glück werden sie nie in die Verlegenheit kommen!)


Sie stehen als Abgeordnete in der Verantwortung für das,
was Sie beschließen, und sollten auch gegenüber der
Regierung so viel Stärke aufbringen, dass Sie sagen:
Lieber keine Reform als diese vermurkste Reform!


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


„Mehr Freiheit wagen“, das wollten Sie mal. Heute
beschließen Sie mehr Planwirtschaft.

In den wenigen Minuten, die mir als Redezeit zur
Verfügung stehen,


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Sie Ärmster!)


möchte ich Sie noch darauf aufmerksam machen, dass
der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt München,
der der SPD angehört, sich mit dem dringlichen Anlie-
gen an den Fraktions- und Parteivorsitzenden der FDP
gewendet hat – was an sich schon ein bemerkenswerter
Vorgang ist –, kräftig gegen die Gesundheitsreform zu
Felde zu ziehen. Das sind spannende Zustände.


(Zuruf des Abg. Wolfgang Zöller [CDU/CSU])




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(C (D Zu Ihnen komme ich noch, Herr Kollege Zöller. Übrigens Sie gehören ja der CSU an, Herr Zöller –: Demnächst lebt die FDP in München ein Plakat mit der Aufschrift Freiheit statt Sozialismus“ – gerichtet an die CSU. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN – Lachen bei der SPD)


Der Oberbürgermeister von München also hat mir in
inem Brief geschrieben, die Gesundheitsreform sei ein
ückfall in eine konzeptionslose Kostendämpfung – er
egründet das auf mehreren Seiten –, und berichtet, der
ünchner Stadtrat habe sich einstimmig gegen das

ewendet, was Sie heute beschließen wollen, und zwar
us demselben Grund wie die Krankenhausbetreiber,


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Das ist ja beeindruckend!)


eil 30 000 Arbeitsplätze verloren gehen.

Das alles ist Ihnen nicht wichtig. Ihnen ist wichtig,
ass Sie Ihr Gesicht nicht verlieren. Aber für Deutsch-
and ist das so ziemlich das Unwichtigste.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Wenn Sie nur Ihren Kopf behalten!)


Abschließend will ich noch Folgendes zu Protokoll
eben – danach können Sie zu Ihrem Steh- und Sektemp-
ang gehen, Frau Schmidt, zu dem Sie auf die Fraktions-
bene eingeladen haben; ich werde übrigens nicht
ommen, um mitzufeiern; bitte entschuldigen Sie mich,
rau Schmidt! –: Wenn Sie in der Nacht vor der Sitzung
es Gesundheitsausschusses 81 Anträge einreichen und
s am nächsten Tag ablehnen, dass diese Anträge in einer
ngemessenen Zeit ordnungsgemäß beraten werden
önnen, dann ist auch das eine Verletzung des parlamen-
arischen Verfahrens.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN – Elke Ferner [SPD]: Das stimmt doch überhaupt nicht! Sie wollten doch keine Sitzungsunterbrechung mehr!)


ch gebe das hier amtlich zu Protokoll, weil Sie das noch
inholen und beschäftigen wird.

Unterm Strich stelle ich fest: So viel Unfug hat dieses
aus schon lange nicht mehr gesehen.


(Anhaltender Beifall bei der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1608003100

Das Wort erhält nun die Kollegin Annette Widmann-
auz für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1608003200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!

err Kollege Westerwelle, das, was Sie hier heute abge-
iefert haben, erinnert an das letzte Aufbäumen. Wäh-
end die Kassen und die Ärzte die Fahnen schon einge-






(A) )



(B) )


Annette Widmann-Mauz
zogen haben, erinnern Sie mich an die gemieteten
Demonstranten vor dem Reichstag. Sie sind hier ange-
treten, um noch einmal starke Sprüche zu klopfen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Für mich ist immer wieder erstaunlich, wie Sie das
Schreckgespenst der Verstaatlichung an die Wand malen.
Sie prangern verstaatlichte Institutionen an; wenn diese
verstaatlichten Institutionen jedoch in Ihren Wahlkreis
kommen sollen, sind Sie plötzlich dafür und bitten die
Ministerin, sich dafür einzusetzen, dass eine solche Insti-
tution in Ihrem Wahlkreis angesiedelt ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Das ist leider falsch, Frau Kollegin!)


Es ist auch interessant, dass Sie, Herr Kollege, kein
einziges Wort zu Ihrem Wahlkampfschlager, nämlich Ih-
rem Gesundheitskonzept, gesagt haben. Das haben Sie
heute wohlweislich unterlassen. Denn das, was Sie mit
Ihrem Konzept einführen wollten, ist eine allgemeine
Versicherungspflicht in Deutschland. Damit würden Sie
die Menschen in einen Basistarif in der privaten Kran-
kenversicherung zwingen, das Gesundheitsrisiko privati-
sieren und Risikozuschläge in der privaten Krankenver-
sicherung gestalten. Finanzieren wollen Sie das Ganze,
damit es einen sozialen Anstrich hat, aus Steuermitteln.
Sie bleiben der deutschen Öffentlichkeit bis zum heuti-
gen Tag die Auskunft darüber schuldig, woher Sie das
Geld dafür nehmen wollen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Zurufe von der CDU/CSU: Hört! Hört!)


Sie haben überhaupt kein Recht, hier auch nur die lei-
seste Kritik zu üben.

Ich habe mir auch angehört, was Sie zu den Beratun-
gen im Ausschuss gesagt haben. Bereits Anfang Januar
haben wir über 100 Änderungsanträge vorgelegt. Mehr-
fach haben wir dem Ausschuss das Angebot unterbreitet,
Sondersitzungen abzuhalten.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Haben wir gemacht! – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Wer hat denn die Mehrheit?)


Am Montag haben wir Unterbrechungen beantragt, da-
mit Sie genügend Zeit zum Lesen haben. Wer hat denn
dagegengestimmt? Die FDP-Fraktion!


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Ich kann nur sagen: Sie ziehen hier heute Morgen wirk-
lich eine Show ab.


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Unerhört!)


Wenn man die Berichterstattung der letzten Monate
und die vom heutigen Morgen zum Maßstab nimmt,
könnte man fast den Eindruck gewinnen, es gebe im
deutschen Gesundheitswesen paradiesische Zustände,
die Reform sei nicht nötig, alles sei besser als diese Re-
form. Ich will uns, vor allen Dingen aber den Menschen
in unserem Land erklären, warum wir diese Reform
brauchen. Haben Sie denn alle schon vergessen, wie die
Wirklichkeit im deutschen Gesundheitswesen aussieht?

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(C (D ch sage es Ihnen gern noch einmal: Wartelisten, überüllte Wartezimmer, zu wenig Ärzte im ländlichen aum, vor allem in den neuen Bundesländern, zu wenig achwuchs, Ärzte, die immer mehr Patienten behandeln üssen und dafür immer schlechter bezahlt werden, rzte, die immer mehr in Bürokratie ersticken und imer weniger Zeit für die Patientinnen und Patienten ha en. Die Ärzte verlieren die Freude am Beruf, sie verlasen unser Land und wandern aus. Folglich stehen sie den atientinnen und Patienten nicht mehr zur Verfügung. Das ist die Folge jahrelanger Budgetierung. Es gibt ei uns keine leistungsgerechte Honorierung, deshalb ieht die Rationierung schleichend in unser Gesundeitssystem ein. Ich sage Ihnen ganz deutlich: Das trifft mmer die Schwächsten zuerst, das sind die kranken enschen in unserem Land. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Frank Spieth [DIE LINKE]: Das macht ihr konsequent weiter!)


Haben Sie vergessen, lieber Herr Spieth, wie intrans-
arent unser Gesundheitssystem ist? Niemand weiß
och, welche Leistungen der Arzt abrechnet, was der
rzt von der Kasse für seine Leistungen erhält. Wer
eiß denn, wofür die Krankenkassen die Beitragsmittel

insetzen, wie viel für die Verwaltung und die Funktio-
äre draufgeht, wie viel für die medizinischen Leistun-
en und wie hoch die Zinslasten für die Verschuldung in
ahrheit sind?

Denken Sie an die Kartelle der Anbieter und auf der
assenseite. So kann doch kein Wettbewerb in diesem
and entstehen. Dort, wo Transparenz fehlt, fehlt auch
as Bewusstsein für Kosten und Leistungen. Da blühen
elbstbedienung und Verantwortungslosigkeit. Das hat
it informierten, mündigen Patienten und einem effi-

ienten System nichts zu tun. Deshalb müssen wir han-
eln.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Hat dieses Hohe Haus denn schon vergessen, wie we-
ig Eigenverantwortung und wie wenige Wahlmöglich-
eiten es in allen Bereichen und bei allen Beteiligten in
iesem Gesundheitswesen gibt? Haben wir denn schon
ergessen, dass wir neben Fortschritt auch noch nur
cheinbaren Fortschritt mitfinanzieren und teuer bezah-
en?

Liebe Kolleginnen und Kollegen, so wird Gesundheit
mmer nur teurer, und immer mehr Menschen können
ich das nicht mehr leisten. Es gibt immer mehr Nicht-
ersicherte in unserem Land. Damit dürfen wir uns doch
icht abfinden. In einer älter werdenden Gesellschaft mit
euen Möglichkeiten – dank medizinischen Fortschritts
nd gestiegenen Ansprüchen – führt dieses unweigerlich
azu, dass wir immer stärker die Entsolidarisierung in
nserer Gesellschaft erleben. Ich sage Ihnen: Das wollen
ir nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )


Annette Widmann-Mauz
Wir wollen medizinischen Fortschritt für alle auch in
Zukunft finanzierbar erhalten und deshalb heute im Inte-
resse künftiger Generationen handeln.

Haben wir schon vergessen, dass das Finanzierungs-
system mit seiner Abhängigkeit ausschließlich von den
Arbeitskosten nicht zukunftsfähig ist, eine Belastung für
die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft dar-
stellt und dann auch nicht ausreicht, um in einer älter
werdenden Gesellschaft mit immer mehr Rentnern die
Ausgaben zu finanzieren? Das ist doch die Situation,
und deshalb brauchen wir die Reform.

Heute bringt die Große Koalition nach einer zugege-
benermaßen nicht ganz komplikationsfreien Schwanger-
schaft ein gesundes, kräftiges Kind zu Welt.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Man weiß nur nicht, ob es Junge oder Mädchen ist!)


Auch wenn es nicht bei jedem das Wunschkind war und
auf den ersten Blick – man hört es ja – auch noch nicht
von jedem in seiner ganzen Schönheit erkannt wird,


(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


die Geschwister, die Verwandten, die Ärzte und die Kas-
sen, sie gewöhnen sich langsam an das Kind, und sie
fangen auch schon an, es immer mehr zu mögen. Und
ich sage Ihnen, so wie jedes Kind wird auch dieses Kind
die Gesundheitswelt ganz deutlich verändern.

Wir stellen die Finanzierung um. Mit dem Gesund-
heitsfonds schaffen wir den Einstieg in die Entkoppe-
lung der Gesundheitskosten von den Arbeitskosten, denn
wir schreiben zum ersten Mal den Arbeitgeberbeitrag
temporär fest. Wir finanzieren versicherungsfremde
Leistungen, gesamtgesellschaftliche Aufgaben, mit dem
Aufbau einer Steuersäule. Das ist doch die Vorausset-
zung dafür, dass jeder Versicherte für jede Kasse das
gleiche Risiko darstellt, egal ob jung oder alt, ob gesund
oder krank, ob arm oder reich. Jede Kasse erhält aus dem
allgemeinen, einheitlichen und einkommensabhängigen
Grundbeitrag die gleiche Pauschale pro Versicherten,
wobei wir die unterschiedliche Verteilung der Krank-
heitsrisiken in den Kassen durch einen vereinfachten und
zielgenauen Risikostrukturausgleich berücksichtigen.

Das ist die Grundlage dafür, dass Wettbewerb, dass
Transparenz und Gerechtigkeit überhaupt funktionieren
können, und das hat mit Verstaatlichung überhaupt
nichts zu tun.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Denn für die Kassen besteht jetzt zum ersten Mal nicht
mehr der Anreiz, Jagd auf junge, gesunde Gutverdiener
zu machen. Eine Kasse hat keine Nachteile mehr, wenn
sie Menschen in Regionen versichert, obwohl dort hohe
Arbeitslosigkeit herrscht. Auf der anderen Seite bieten
die Kassen individuelle Zusatzbeiträge an und können
einen Bonus an die Versicherten auszahlen, sodass die
Versicherten erkennen können, ob die Leistung der
Kasse ihren Preis auch wert ist. Erst jetzt hat das Werben

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(C (D er Kassen um die „guten Risiken“, das in der Verganenheit zu beobachten war, keine Chance mehr. Wir schaffen damit außerdem die Voraussetzung daür, dass sich die Kassen anstrengen, schlanke Verwalungsstrukturen zu entwickeln und ein gutes Versorungsmanagement auf den Weg zu bringen. Ich nenne as Beispiel der AOK Baden-Württemberg, die schon m Vorfeld dieser Reform klare, mutige Entscheidungen ugunsten von mehr Effizienz in der Verwaltung getrofen hat. Dies ist richtig, weil man so Beitragsgelder für ie Versorgung freischaufelt, anstatt sie für teure Geäude und Bürokratie zu verschwenden. Es kommt also Bewegung in unser Gesundheitssysem. Es gibt mehr Vielfalt durch versichertenbezogene ersorgungsangebote und kassenspezifische Tarife. elbst der Chef des AOK-Bundesverbandes sagt, das sei m Sinne der Versicherten. Voraussetzung ist aber die öglichkeit, einzelvertragliche Regelungen zu treffen. iese schaffen wir: mit Ärzten, Krankenhäusern, Arzeimittelherstellern und Apotheken. Wir schaffen mit ieser Reform mehr Wahlmöglichkeiten: Hausarzttarife, ntegrierte Versorgung, Kostenerstattungen und Selbstehalttarife zum ersten Mal für Pflichtversicherte. Wir rmöglichen zudem Tarife für Homöopathie und Anthroosophie. Wir stärken des Weiteren die Eigenverantworung; denn der geplante Zusatzbeitrag schafft gerade erst ie Preissensibilität und das notwendige Kostenbewusstein bei den Versicherten. Uns geht es aber nicht nur um die ökonomische Verntwortung, sondern auch um das persönliche Verhalten nd den Lebensstil. Früherkennungsuntersuchungen ind wichtig. Wir müssen die Menschen stärker motivieen, sie wahrzunehmen. Ich habe großes Verständnis daür, wenn Menschen sagen: Ich habe ein Recht auf ichtwissen. Aber dieses Recht auf Nichtwissen korresondiert nicht mit dem Recht auf Zuzahlungsreduzieung zulasten der Solidargemeinschaft. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir achten auch auf therapiegerechtes Verhalten. Das
st richtig; denn auch Ärzte haben gegenüber der Soli-
argemeinschaft die Verantwortung, dies mit ihren Pati-
nten zu besprechen. Voraussetzung ist aber, dass sie
ine leistungsgerechte Honorierung erhalten, damit sie
iese vielfach „sprechende Medizin“ anwenden können.
eshalb etablieren wir eine leistungsgerechte Honorie-

ung mit weniger Bürokratie bei den Chronikerprogram-
en und den vielfältigen Prüfungen, denen sich Ärzte

nterziehen müssen. Wir beenden die Budgetierung und
ühren stattdessen eine Vertragsgebührenordnung in
uro und Cent ein. Das Morbiditätsrisiko, also das Ri-
iko einer kränker werdenden Gesellschaft, geht auf die
rankenkassen über und muss nicht aus dem Topf für
ie Ärzte bezahlt werden. Wir etablieren zudem Zu-
chläge für Ärzte in unterversorgten Regionen und Ge-
ieten sowie dort, wo Unterversorgung erst in den
ächsten Jahren droht. Der Chef der Kassenärztlichen
undesvereinigung, Dr. Andreas Köhler, sagte gestern:
as hilft uns Ärzten. Und es kommt letztlich den Patien-

en zugute.






(A) )



(B) )


Annette Widmann-Mauz

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Wir leisten mit dieser Reform einen wichtigen Beitrag
zur Generationengerechtigkeit. Allein die Diskussion
über den Verschuldensbegriff und die Insolvenzfähigkeit
hat doch offenbart, wie groß das Ausmaß der Verschul-
dung und der nicht aufgebauten Altersrückstellungen in
diesem System ist: 2 Milliarden Euro Altschulden, die in
den nächsten beiden Jahren abgebaut werden müssen,
und 10 Milliarden Euro nicht getroffene Pensionsrück-
stellungen. Wir schaffen einen einheitlichen Verschul-
densbegriff und verpflichten die Krankenkassen, Rück-
stellungen aufzubauen. Ich kann nur sagen: Wer es mit
der Generationengerechtigkeit ernst meint, der muss
heute den Beitrag dazu leisten, dass diese Schulden nicht
zu Beitragssatzsteigerungen für künftige Generationen
werden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Reform am
heutigen Tag abzulehnen, heißt, den Lobbyisten im Ge-
sundheitswesen nachzugeben und den Menschen alle
Verbesserungen, die diese Reform bringt, vorzuenthal-
ten:


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


den Schwerstkranken die Palliativversorgung, den Be-
hinderten und Pflegebedürftigen die häusliche Kranken-
pflege und die Versorgung mit Hilfsmitteln, den Müttern
und Vätern Eltern-Kind-Kuren, den Versicherten Wahl-
möglichkeiten – so viel Kostenerstattung war nie in die-
sem Land – und den Nichtversicherten den Zugang zu
bezahlbarem Versicherungsschutz in der gesetzlichen
wie in der privaten Krankenversicherung. Diese Reform
abzulehnen, heißt, auf der einen Seite Budgetierung und
Rationierung und auf der anderen Seite Intransparenz
und die Verschwendung knapper Ressourcen zu dulden
und fortzusetzen. Diese Reform abzulehnen, heißt: wei-
ter keine Verbreiterung der Finanzierungsbasis durch
Steuern und damit weniger Gerechtigkeit und eine stär-
kere Belastung durch höhere Lohnnebenkosten.

Deshalb sagen wir heute Ja zu dieser Reform, und wir
nehmen unsere Verantwortung für die Menschen in un-
serem Land wahr.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1608003300

Zu einer Kurzintervention erhält die Kollegin Bunge

das Wort.


Dr. Martina Bunge (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1608003400

Frau Kollegin Widmann-Mauz, Sie haben zur Aus-

schussarbeit eine Bemerkung gemacht, die mich als
Ausschussvorsitzende zur Reaktion veranlasst. Wenn ich
es diplomatisch ausdrücke, so hat uns die Koalition hier
ein Verfahren aufgedrückt, das zwar nach der Geschäfts-

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(C (D rdnung zulässig, aber einem solch komplexen Reformerk nicht angemessen ist. (Beifall bei der LINKEN, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sie haben hier das Angebot von Sondersitzungen er-
ähnt.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)


rau Widmann-Mauz, Sondersitzungen ergeben keinen
inn, wenn sie ohne Vorlage der geplanten Änderungen
tattfinden sollen.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


as sollen wir denn dort beraten? Wir brauchen doch
icht unsere Zeit abzusitzen. Als die Vorlagen da waren,
ar nächtens nur noch einige Stunden Zeit. Das ganze
erfahren führte dazu, dass ich als Ausschussvorsit-
ende ständig – das ist bis heute so – auf die Einhaltung
er Geschäftsordnung achten musste.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist Ihr Job!)


och gestern Abend, nach Vorlage der Beschlussemp-
ehlung, bin ich bedrängt worden, Buchstaben und Zah-
en zu ändern, obwohl die Abstimmungen längst vorbei
aren. Das ist der parlamentarischen Demokratie sehr

bträglich. Das gehört sich einfach nicht für dieses deut-
che Parlament.


(Beifall bei der LINKEN, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Wolfgang Wodarg [SPD])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1608003500

Frau Kollegin Widmann-Mauz, Sie können antwor-

en.


(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Da sind wir gespannt!)



Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1608003600

Frau Kollegin Bunge, Sie wissen so gut wie ich, dass

ir intensive Diskussionen und vielfache Beratungen im
usschuss – auch in einer guten Atmosphäre – durchge-

ührt haben. Wir haben Ihnen viele Änderungsanträge in
erschiedenen Sitzungen und teilweise auch übers Wo-
henende zugeleitet und intensiv darüber beraten. Wir
aben jedem Parlamentarier die ausreichende Möglich-
eit gegeben, sich mit der Materie zu befassen. Alle Be-
ichterstatter, auch die der Oppositionsparteien, haben
owohl der Beschlussempfehlung als auch dem Bericht
ugestimmt.


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Warum denn?)


enn Ihr Fraktionskollege Spieth Briefe mit besonderen
ünschen, die er noch kurz vor Toresschluss hat, an Sie

chreibt, dann bitte ich, das in Ihrer Fraktion zu klären.


(Widerspruch bei der LINKEN)


er Deutsche Bundestag und der Gesundheitsausschuss
aben ein ordnungsgemäßes und kollegiales Verfah-
en durchgeführt. Sie wissen genau, dass Ihre Kritik






(A) )



(B) )


Annette Widmann-Mauz
erstens am heutigen Tag nicht angebracht ist und zwei-
tens nicht den Tatsachen in der Ausschussberatung ent-
spricht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der LINKEN: Es ist nicht zu fassen!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1608003700

Das Wort zu einer weiteren Kurzintervention gebe ich

dem Kollegen Lanfermann.


Heinz Lanfermann (FDP):
Rede ID: ID1608003800

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegin Widmann-

Mauz, als einer der angesprochenen Berichterstatter
möchte ich doch auf Folgendes hinweisen: Erstens. Die
Änderungsanträge, über die hier gesprochen worden
ist, sind uns gegen 21.40 Uhr am Dienstagabend zuge-
stellt worden.


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Na und?)


Ich als Obmann der FDP-Fraktion habe zu Beginn der
Ausschusssitzung am Mittwoch um 8.30 Uhr den Antrag
gestellt,


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Zwölf Stunden dazwischen!)


dass wir zwei Stunden Lesezeit bekommen, um wenigs-
tens festzustellen, was in den Änderungsanträgen steht.
Dieser Antrag ist mit den Stimmen der beiden Koali-
tionsfraktionen abgelehnt worden.


(Zuruf von der LINKEN: Typisch!)


Zweitens. Sie haben mit Ihrer Mehrheit durchgesetzt,
dass Beschlussempfehlung und Bericht an dieses Ple-
num getrennt wurden. Sie waren bei dem von Ihnen ver-
ursachten Chaos nicht in der Lage, beides gemeinsam so
fertigstellen zu lassen, dass die Frist Mittwochabend
24 Uhr hätte gewahrt werden können, damit wir heute
hier verhandeln können.

Die Beschlussempfehlung selbst ist mir erst am spä-
ten Mittwochabend – nach mehrfacher Ankündigung
und Verzögerung – zugestellt worden. Ich habe sie dann
unterschrieben, damit hier verhandelt werden kann.
Ansonsten hätte auf Ihren Druck hin das Plenum mit
entsprechenden Kosten zu einer Sondersitzung,
höchstwahrscheinlich in der nächsten Woche, zusam-
menkommen müssen. Das wollte ich nicht verantworten.
Die Kollegen Spieth von der Linken und Bender, Grüne,
haben genauso gehandelt.

Drittens. Der Bericht, der dazu dienen soll, dass die
Abgeordneten wissen, was eigentlich geschehen ist – er
war für einen späteren Zeitpunkt am Mittwoch oder für
Donnerstagmorgen angekündigt –, ist mir gestern Abend
um 19.30 Uhr zugestellt worden. Ich bekenne – das fällt
mir auch angesichts meiner beruflichen Vergangenheit
schwer –, dass ich den Satz „nicht gelesen“ leider nicht
hingeschrieben habe. Ich werde es nach Ihren soeben ge-
machten Ausführungen künftig anders machen. Beim
nächsten Mal würde ich mich trotz aller Folgen weigern,
ein Konvolut von über 100 Seiten zu unterschreiben, von

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(C (D em sich zumindest ein ganz wichtiger Teil auf diejenien Änderungen bezog, die in den letzten beiden Tagen icht ordentlich behandelt werden konnten. Wenn dem Plenum überhaupt ein Bericht vorliegt, ann deswegen, weil auch die Berichterstatter der Oppoition gestern Abend eine Unterschrift geleistet haben zu inem Gesetzgebungsverfahren, das wirklich jedem orentlichen Parlamentarismus hohnspricht. Nehmen Sie iese Fakten bitte endlich zur Kenntnis und behaupten ie nicht dauernd, es habe hier ein ordnungsgemäßes erfahren stattgefunden! (Beifall bei der FDP, dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1608003900

Frau Widmann-Mauz, Sie können antworten.


Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1608004000

Herr Kollege Lanfermann, es ist jetzt schon zwei

age her. Wahrscheinlich erinnern Sie sich nicht mehr
orrekt an den Verlauf der Ausschusssitzung. Ich erin-
ere mich daran sehr wohl.


(Zuruf von der LINKEN: Jetzt wird’s aber lustig! – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Eine Unverschämtheit ist das!)


Sie waren doch gar nicht dabei, Herr Kollege
esterwelle.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Ihre Bemerkung ist unverschämt, Frau Kollegin!)


Wir haben ausführlich, über mehrere Stunden, Ände-
ungsvorschlag für Änderungsvorschlag in die Ände-
ungsanträge eingefügt. Unser Obmann, Kollege Jens
pahn, hat eine Sitzungsunterbrechung beantragt, um
em Wunsch der FDP, eine längere Beratungszeit in An-
pruch zu nehmen, gerecht zu werden.


(Heinz Lanfermann [FDP]: Eine halbe Stunde am Nachmittag!)


ie FDP hat diesem Antrag nicht zugestimmt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Ich halte es zwar für politisch nachvollziehbar, Kol-
ege Lanfermann, dass Sie, nachdem Sie gemerkt haben,
ass Sie hier längst auf verlorenem Posten kämpfen,
robleme mit Formalitäten in den Raum stellen. Ich bin
ber der festen Überzeugung: Dieses Verfahren ist ord-
ungsgemäß gewesen. Sie alle haben diese Berichte un-
erschrieben. Diese Berichte haben in den Fächern und
ur Beratung fristgerecht vorgelegen.

Sie sollten jetzt, nachdem die politischen Schlachten
eschlagen sind, Ihre Fahne einziehen. Ich glaube, das
st an dieser Stelle in guter Kollegialität machbar. Ich
ehe keinen Grund, hier weiter ein korrektes Verfahren
on Ihnen infrage stellen zu lassen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)







(A) )



(B) )


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1608004100

Mir liegt ein weiterer Wunsch nach einer Kurzinter-

vention, nämlich der der Kollegin Haßelmann, vor.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Von mir auch noch eine!)


Ich bitte aber darum, dass das dann die letzte Kurzinter-
vention ist.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Nein, Frau Präsidentin! Ich melde mich zu Wort!)


– Herr Kollege Westerwelle, wenn Ihr Geschäftsführer
eine Kurzintervention Ihrerseits anmeldet, dann erhalten
Sie das Wort direkt nach Frau Haßelmann. Frau
Widmann-Mauz, wenn es Ihnen recht ist, antworten Sie
danach auf beide Kurzinterventionen.

Frau Haßelmann, bitte.


Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1608004200

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Frau Widmann-

Mauz, ich möchte hier in aller Deutlichkeit sagen – Ihre
Rede gerade war ein bisschen taumelig –: Ich empfinde
es als eine unglaubliche Frechheit, wie Sie gerade auf
die Kurzintervention des Kollegen von der FDP geant-
wortet haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der FDP und der LINKEN)


Sie können mit keiner einzigen noch so schnodderi-
gen Bemerkung – vielleicht werden Sie auch auf die
nächste Kurzintervention so erwidern – zurückweisen,
dass es ein unglaublich schlechtes parlamentarisches
Verfahren war, dass wir Parlamentarierinnen und Parla-
mentarier – ich selbst bin stellvertretendes Mitglied im
Gesundheitsausschuss –


(Zuruf von der CDU/CSU: Aber nie da gewesen!)


kaum die Chance hatten, Beratungen wirklich ordentlich
durchzuführen. Ich empfinde es auch als Frechheit, wie
Sie hier durch Ihre Zwischenrufe agieren. Ich glaube,
das kann ich hier im Interesse vieler Parlamentarierinnen
und Parlamentarier – egal, welcher Fraktion sie angehö-
ren – deutlich sagen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der FDP und der LINKEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1608004300

Jetzt der Herr Kollege Westerwelle. Dann, Frau

Widmann-Mauz, können Sie antworten. Ich gebe Ihnen
auch ausreichend Zeit zur Beantwortung von zwei Kurz-
interventionen.


Dr. Guido Westerwelle (FDP):
Rede ID: ID1608004400

Meine Kurzintervention wird sehr kurz sein; es ist

eine Mitteilung. Nachdem die Regierungsfraktionen un-
ter großem Beifall die Oppositionsfraktionen für eine
Unterschrift verhaften wollen, die sie abgegeben haben,
damit es in der nächsten Woche keine Sondersitzung des
Deutschen Bundestages auf Kosten der Steuerzahler ge-

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(C (D en muss, kündige ich hiermit an: Herr Kollege Kauder, err Kollege Struck, wir als Opposition werden solches ntgegenkommen bei derartigen Abreden, die bisher eientlich guter innerparlamentarischer Brauch waren, die ber nicht einen Verzicht auf die Sachargumentation beeutet haben, künftig nicht mehr zeigen. Wir werden foral auf die Einhaltung von Fristen – auf Punkt und omma, und wenn es eine Minute nach Zwölf ist – be tehen. (Beifall bei der FDP, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1608004500

Frau Kollegin Widmann-Mauz.


Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1608004600

Meine Kolleginnen und Kollegen, wir haben diese

eform seit September des letzten Jahres im Bundes-
agsausschuss für Gesundheit beraten – in vielen Wo-
hen, in vielen Sitzungen. Wir haben nicht alle Ände-
ungsanträge in der letzten Sitzung beraten, sondern
iele bereits vorher. Es war so viel Zeit gegeben, dass
m Ende sogar Oppositionsfraktionen einzelnen dieser
nträge zugestimmt haben.

Ich muss schon sagen: Als Bundestagsabgeordnete
erden wir nicht schlecht bezahlt. Wenn wir wissen,
ass Beamtinnen und Beamte bei einem so großen Werk
is tief in die Nacht und bis in die letzte Stunde arbeiten
üssen, dann können wir, finde ich, uns das auch zumu-

en.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


ir haben das getan. In diesem Sinne würde ich vor-
chlagen, dass wir dieses Verfahren auch so zum Ab-
chluss bringen.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1608004700

Das Wort hat die Senatorin für Gesundheit, Umwelt

nd Verbraucherschutz des Landes Berlin, Katrin
ompscher.


(Beifall bei der LINKEN)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1608004800

Frau Präsidentin! Verehrte Abgeordnete! Meine Da-

en und Herren! Ich bin in Berlin seit dem
3. November des letzten Jahres Senatorin für Gesund-
eit, Umwelt und Verbraucherschutz. Eine Woche vor
einem Amtsantritt hat das Land Berlin einen umfas-

enden Entschließungsantrag in den Gesundheitsaus-
chuss des Bundesrates eingebracht, in dem ausführlich
egründet worden ist, warum wir dieses Gesetzespaket
urückweisen.


(Beifall bei der LINKEN)


Heute, nach monatelangen Verhandlungen zwischen
nion und SPD, bleiben die wesentlichen Defizite des
esetzentwurfes für eine Gesundheitsreform, die diesen
amen nicht verdient hat und die kaum noch jemand
achvollziehen kann, bestehen: Die Entsolidarisierung






(A) )



(B) )


Senatorin Katrin Lompscher (Berlin)

der Versicherten wird festgeschrieben, Krankheitsrisiken
werden privatisiert und die Selbstverwaltung der Kassen
wird beschnitten. Die Finanzierung der gesetzlichen
Krankenversicherung wird weder nachhaltig stabilisiert
noch gerechter gestaltet. Die Finanzierung wird nicht auf
alle Bürgerinnen und Bürger ausgedehnt. Weitere Ein-
kommensarten werden nicht in das Solidarsystem einbe-
zogen. Stattdessen werden Menschen mit geringem Ein-
kommen durch den Zusatzbeitrag überproportional
belastet.


(Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Richtig!)


Lassen Sie mich die Kritik aus Berliner Sicht verdeut-
lichen. Der Gesetzentwurf bringt extreme Nachteile ins-
besondere für diejenigen Krankenkassen, die Menschen
mit großen gesundheitlichen Risiken und geringen
Einkommen versichern – wie die Berliner AOK mit fast
einer Million Versicherten.


(Zuruf von der SPD: Und was macht dann der RSA?)


Ohne die Einführung eines wirklich krankheitsbezoge-
nen Risikostrukturausgleichs können diese Kassen die
gesundheitlichen Leistungen nur dann finanzieren, wenn
sie jetzt von ihren Versicherten höhere Beiträge erheben
als solche Kassen, deren Versicherte besser gestellt sind.

Nach Einführung des Gesundheitsfonds im
Jahre 2009 werden sie gezwungen sein, höhere Zusatz-
beiträge zu erheben.

Die AOK Berlin hat ohne Zweifel eine schlechte
Einnahme- und Ausgabenstruktur.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist in Berlin doch üblich, oder?)


Diese Situation wurde allerdings nicht durch Missma-
nagement und fehlende Aufsicht verursacht, wie in der
Bundestagsdebatte vom September 2006 vom Unionsab-
geordneten Jahr fälschlicherweise behauptet wurde. Die
AOK Berlin engagiert sich für eine wirtschaftliche Kran-
kenhausversorgung


(Zuruf von der CDU/CSU: Ha, ha!)


und für verbesserte Präventionsangebote in Berlin.


(Beifall bei der LINKEN)


Zwischen 1996 und 2004 wurden gegenüber der all-
gemeinen Entwicklung der Ausgaben der gesetzlichen
Krankenversicherung rund 304 Millionen Euro einge-
spart. Aber Sie dürfen nicht vergessen: 50 Prozent der
AOK-Mitglieder sind Rentner, und viele haben geringe
Einkommen. Daraus entstehen die Verluste.


(Frank Spieth [DIE LINKE]: So ist das!)


Der vorliegende Gesetzentwurf löst diese Probleme
nicht, sondern verschärft sie.


(Beifall bei der LINKEN)


Der Zusatzbeitrag führt dazu, dass der Wettbewerb
zwischen den Kassen künftig verstärkt um die gesunden
und einkommensstarken Versicherten geführt wird, nicht
um eine bessere Gesundheitsversorgung. Es ist zu be-

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(C (D ürchten, dass Krankenkassen durch diese Entwicklung ereits kurzfristig in ihrer Existenz bedroht werden. (Jens Spahn [CDU/CSU]: Dann hat aber die Aufsicht versagt!)


uch die notwendige Entlastung des Faktors Arbeit fin-
et nicht statt. Im Gegenteil, der Gesundheitsfonds und
eitere Maßnahmen führen zu weiteren Beitragserhö-
ungen.

Sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie mich kurz
uf die angestrebte Insolvenzfähigkeit der Kranken-
assen eingehen, auch wenn sie noch nicht in diesem
esetzentwurf geregelt werden soll. Hier bestehen of-

ensichtlich verfassungsrechtliche Probleme. Es kommt
icherlich nicht alle Tage vor, dass wir uns als rot-rote
oalition auf Herrn Professor Dr. Rupert Scholz bezie-
en.


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Ja! Das ist wahr!)


och seinem Gutachten ist vollkommen zuzustimmen.


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das nützt euch jetzt aber auch nichts mehr!)


arin heißt es: Eine isolierte Anordnung der Insolvenz-
ähigkeit für Krankenkassen dürfte verfassungswidrig
ein.


(Beifall bei der LINKEN)


er Bund würde sich damit seiner verfassungsrechtli-
hen Verantwortung zur Funktionsgewährleistung für
ie gesetzliche Krankenversicherung entziehen. Der
und ist aber aufgrund des Sozialstaatsprinzips und sei-
er Schutzpflicht für Leben und Gesundheit aller Bürge-
innen und Bürger verpflichtet, ein funktionierendes
ystem der Gesundheitsversorgung zu gewährleisten.

Die Große Koalition hat sich entschieden, die Höhe
es sogenannten Sonderopfers der Krankenhäuser zu
eduzieren. Der entstehende Schaden wird dadurch zwar
erringert, aber nicht beseitigt. In Berlin gibt es das
rößte städtische Krankenhausunternehmen Deutsch-
ands, die Vivantes GmbH, und das größte deutsche Uni-
ersitätsklinikum, die Charité.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Und die teuerste AOK!)


iese Unternehmen wollen wir als landeseigene Unter-
ehmen fortführen.


(Beifall bei der LINKEN)


ir widersetzen uns den Privatisierungsaufrufen und
ümmern uns stattdessen darum, dass diese unverzicht-
aren öffentlichen Unternehmen wirtschaftlich arbeiten.
o haben wir zur Sanierung von Vivantes 230 Millionen
uro aufgebracht. Die Beschäftigten haben Einkom-
ensverluste hingenommen. Zudem hat das Unterneh-
en die Kassen um 120 Millionen Euro entlastet.
nsere Sanierungserfolge werden durch Ihre Gesund-
eitsreform konterkariert.


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Na, na, na!)







(A) )



(B) )


Senatorin Katrin Lompscher (Berlin)

Die Bundesregierung erklärt einerseits vor dem Bun-
desverfassungsgericht in Karlsruhe, wir würden unsere
Hausaufgaben bei der Haushaltssanierung nicht machen,
und untergräbt andererseits unsere Anstrengungen, die
Handlungsfähigkeit der öffentlichen Hand in Berlin zu
sichern.


(Beifall bei der LINKEN)


„Das Gesetz soll Ausdruck des Willens aller sein“, so
die französische Schriftstellerin Marie Gouze. Diesem
Anspruch wird der vorliegende Gesetzentwurf nicht ge-
recht. Die Gesundheitsreform ist ein Gesetz gegen den
Willen vieler: gegen den der Patientinnen und Patienten,
gegen den der örtlichen Versorgerkassen und gegen den
der im Gesundheitswesen Tätigen. Deshalb sollte sie ab-
gelehnt werden.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1608004900

Das Wort hat die Kollegin Birgitt Bender,

Bündnis 90/Die Grünen.


Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1608005000

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau

Kollegin Widmann-Mauz, Sie haben die Abgeordneten
vorhin zur Nachtarbeit aufgefordert. Dazu bin ich gerne
bereit.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Allerdings! Ich auch!)


Aber diesen Bericht, den ich unterschreiben sollte, hat
man mir um 19.35 Uhr zugestellt, und bereits um
20.10 Uhr wurde mir über die parlamentarische Ge-
schäftsführung die – freundlich ausgedrückt – dringende
Bitte übermittelt, ich möge jetzt gefälligst unterschrei-
ben. Daher lasse ich mir nicht von Ihnen vorhalten, es
liege an meiner mangelnden Arbeitsbereitschaft, dass
ich den Bericht alsbald abgegeben habe. Das ist einfach
eine Unverschämtheit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der LINKEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Offensichtlich ist Ihnen heute ja keine Schublade zu
tief. Die Kollegin Ferner – jetzt ist sie nicht mehr da –
hat vorhin am Beginn ihres Redebeitrages die Abgeord-
neten der Opposition mit gemieteten Demonstranten ver-
glichen. Welches Verhältnis haben Sie eigentlich zum
Parlament und zur Demokratie? Ich kann nur sagen: Ich
weise das in aller Form zurück und fordere die Kollegin
auf, sich zu entschuldigen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der FDP und der LINKEN)


In Wirklichkeit ist es doch so, dass Sie schon mit der
Einhaltung der Geschäftsordnung Schwierigkeiten
haben und im Übrigen Widerspruch nicht ertragen. Das
liegt daran, dass dieser schlecht gezimmerte Kompro-
miss ungeheuer brüchig ist. Schauen Sie doch nur ein-
mal in die Reihen der SPD und der CDU/CSU. Wer ist

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(C (D a heute überhaupt anwesend? Die Opposition ist am esten vertreten. Wo sind denn diejenigen, die nicht nur inter vorgehaltener Hand kritisieren? Ich könnte ja von ollegen erzählen, deren müdes Grinsen ich schon enne, wenn sie mir auf dem Gang sagen: Na ja, jetzt timme ich halt auch zu. – Es gibt aber auch welche, die ffen gesagt haben, dass sie das nicht tun. Wo sind die enn heute? Darf man von denen hier irgendetwas höen? (Klaus Uwe Benneter [SPD]: Sie geben draußen Interviews!)


ein, auf der Rednerliste stehen nur diejenigen, von de-
en man weiß, dass sie eine Lobhudelei für diesen ver-
orksten Kompromiss ausspucken werden. Das ist doch
erkwürdig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der FDP und der LINKEN)


abei kann ich mit dem Kollegen Wodarg nur sagen:
ieses Gesetz ist Pfusch. – Recht hat er, der Kollege!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)


Es ging nur noch darum, irgendeine Reform durchzu-
iehen, weil die Großkopferten der Koalition Angst hat-
en, dass man ihnen sonst attestiert, dass diese soge-
annte Große Koalition gar nichts zustande bringt.
esundheitspolitischer Sachverstand wurde da nur noch

ls störend empfunden.

Was haben Sie nicht alles gebastelt? Sie haben be-
chlossen, dass in Zukunft die Regierung in ihrer uner-
indlichen Weisheit über das Geld der Kassen entschei-
et. Denen wird dabei nicht genügend Geld zugestanden.
en Rest sollen sie sich über Zusatzbeiträge der Ver-

icherten holen. Welches Ergebnis haben Sie dabei ver-
inbart? Leute mit einem Einkommen von weniger als
00 Euro zahlen am Ende mehr Zusatzbeiträge bei ge-
ingeren – –


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Nein, das stimmt nicht!)


Ja, ich bekomme das schon nicht mehr zusammen.
an kann es ja nicht auseinanderwirren. Jedenfalls ist es

o, dass Sie, je nachdem, ob Sie Mitglied einer teureren
der einer billigeren Kasse sind, froh sein müssen, be-
onders wenig Einkommen zu haben.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Da hat das Lesen bei Ihnen auch nichts genützt!)


Anders ausgedrückt: Sie haben zwei Sachverständige
Herrn Fiedler und Herrn Rürup – damit beauftragt, Ih-
en einmal auseinanderzufieseln, ob das so geht. Diese
amen zu dem Ergebnis, dass es mit diesen Zusatzbeiträ-
en nicht funktionieren wird, weil gerade die Kassen,
eren Mitglieder einkommensschwächer sind, die
öchsten Zusatzbeiträge erheben und gleichzeitig die
rößten Schwierigkeiten haben werden, real an das Geld
u kommen. Das heißt, das ist kein Wettbewerb, sondern
ettbewerbsverzerrung. Haben Sie das daraufhin






(A) )



(B) )


Birgitt Bender
zurückgenommen, wie man das normalerweise tun
würde? Nein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Antwort heißt einfach: So what, wir machen weiter.
Von diesen Beispielen könnte ich Dutzende aufzählen,
dazu reicht aber leider meine Redezeit nicht.

Herr Kollege Zöller, Sie feiern sich hier und sagen, es
gebe keine Einschnitte für Patienten. Ich bitte Sie! Was
ist das denn, wenn schwer Krebskranke in Zukunft zu
hören bekommen, dass sie leider mehr zuzahlen müssen
als nach den jetzt üblichen Regeln,


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: So ein Schwachsinn! Das stimmt überhaupt nicht! – Elke Ferner [SPD]: Das ist falsch!)


weil sie irgendwann nicht bei der Früherkennung – bei
Untersuchungen, die hochumstritten sind, Herr Kollege –
waren? So etwas setzt eine Koalition durch, bei der zu-
mindest in einem Teil immer von Eigenverantwortung
gesprochen wird! Das ist doch ein Rohrstock und
schwarze Pädagogik.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Ministerin feiert sich für die allgemeine Versi-
cherungspflicht. Das hört sich schön an. Was ist das
denn eigentlich? In der Sache ist das im Wesentlichen
ein Rückkehrrecht von ehemals Privatversicherten, die
von der privaten Krankenversicherung hinausgeworfen
wurden. Das ist überfällig, aber doch keine sozialpoliti-
sche Großtat.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Elke Ferner [SPD]: Stimmt doch nicht, Frau Bender! – Klaus Uwe Benneter [SPD]: Mit Ihnen haben wir diese Großtat nicht hinbekommen!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1608005100

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Zöller?


Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1608005200

Gern.


Wolfgang Zöller (CSU):
Rede ID: ID1608005300

Frau Kollegin Bender, gestehen Sie ein, dass in die-

sem Gesetz keine Verschlechterung für Krebskranke
vorgesehen ist? Wenn Sie es nicht tun, dann sagen Sie
mir die Stelle, wo das stehen soll!


Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1608005400

Sie haben in das Gesetz hineingeschrieben: Wer nicht

zu Früherkennungsuntersuchungen geht, die ein Gre-
mium, der Gemeinsame Bundesausschuss, festlegen
soll,


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Ich habe Sie nach Krebskranken gefragt!)


wird in Zukunft durch erhöhte Zuzahlung bestraft wer-
den.

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(C (D as ist eine Sonderbelastung von Schwerkranken, die einer Ratio entspricht. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Elke Ferner [SPD]: Quatsch!)


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Nein!)


Was haben Sie nicht alles versprochen? Reden wir
inmal über die private Krankenversicherung! Da
tand doch in den Eckpunkten, diesem schönen Kompro-
iss mit dem Durchbruch – Sie erinnern sich –, es solle

n Zukunft so sein, dass Versicherte ohne finanzielle
achteile von einer PKV in die andere wechseln könn-

en. Was ist dabei herausgekommen? Wenn man schon
rivat versichert ist, darf man sich innerhalb eines hal-
en Jahres entscheiden, ob man in einen Basistarif wech-
elt. Alles andere geht nicht. Ist das vielleicht Wettbe-
erb? Da kann ich nur wieder mit den Worten des
bgeordneten Wodarg sprechen, der sagte: Es ist uner-

räglich, wie zuvorkommend die PKV-Lobbyisten bei
er Ausarbeitung dieses Gesetzes bedient wurden


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


nd wie problematisch der Meinungsbildungsprozess
it den Abgeordneten gelaufen ist. – Ja, so ist es wohl

ewesen.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1608005500

Frau Kollegin, der Herr Kollege Lauterbach möchte

ern noch eine Zwischenfrage stellen.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ber Ihre Redezeit ist bereits überschritten. Ich bitte Sie,
ach der Beantwortung dann Schluss zu machen.


Dr. Karl Lauterbach (SPD):
Rede ID: ID1608005600

Ich bin nicht als uneingeschränkter Befürworter die-

es Gesetzes bekannt,


(Zuruf von der SPD: Allerdings! – Zuruf von der LINKEN: Hört! Hört!)


ber ich sage: Es ist ein Gebot der Ehrlichkeit und der
airness, darauf hinzuweisen, dass sich gerade für
rebskranke die Situation sowohl bei der Behandlung

ls auch bei der Vorsorge deutlich verbessert; das muss
ingeräumt werden.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


as haben wir immer durchgehalten. Es ist nicht fair, ei-
en der zentralen Verbesserungspunkte zu zerreden.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Jetzt darf er im Ausschuss bleiben! Scholz, jetzt darf er im Ausschuss bleiben!)


ürden Sie dieser Einschätzung zustimmen? Wenn
icht, dann muss die Verschlechterung ganz konkret be-
annt werden.

Bisher nehmen nur 18 Prozent der Männer und
5 Prozent der Frauen die Möglichkeit der Vorsorge
ahr. Meine Frage ist: Gehen Sie davon aus, dass durch






(A) )



(B) )


Dr. Karl Lauterbach
dieses Gesetz mehr Menschen die qualitativ hochwertige
Vorsorge in Anspruch nehmen werden, ja oder nein?


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Nein!)



Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1608005700

Ich gehe davon aus, Herr Kollege, dass weniger Men-

schen Gelegenheit haben werden, eine informierte Ent-
scheidung darüber zu treffen, ob sie zur Früherkennung
gehen wollen.


(Beifall des Abg. Dr. Konrad Schily [FDP] – Lachen bei der CDU/CSU und der SPD)


Das hat man Ihnen in der Anhörung gesagt. Hätten Sie
mal zugehört!

Im Übrigen: Wenn Sie in den Gesundheitsausschuss
gekommen wären, Herr Kollege – Sie sind Mitglied des
Gesundheitsausschusses –, hätten wir darüber beraten
können; das wäre vielleicht gescheiter gewesen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der FDP und der LINKEN)


Jetzt komme ich in der Tat zum Schluss und kann
mich nur noch der Einschätzung der „Badischen Neues-
ten Nachrichten“ anschließen, die heute schreibt: Die
nächste Reform kommt bestimmt. – Denn – so füge ich
hinzu, meine Damen und Herren – bei dieser kann es
ganz sicher nicht bleiben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1608005800

Das Wort hat die Kollegin Dr. Carola Reimann, SPD-

Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Carola Reimann (SPD):
Rede ID: ID1608005900

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Unser Gesundheitssystem, so wie wir es heute
kennen, ist das Ergebnis einer bis in die letzten Jahrhun-
derte zurückreichenden Entwicklung. Das zeigt sich bei-
spielsweise an den zentralen Institutionen, deren formale
Gründung inzwischen 120 Jahre zurückliegt.

Wir alle wissen, dass etwas, was über Jahrzehnte, ja
Jahrhunderte gewachsen ist, sich manchmal nur schwer
verändern lässt, vor allem in einem System, das so sehr
von unterschiedlichen, auch machtvollen Einzelinteres-
sen und gelegentlich vom Widerstand ganz allgemein
gegen Veränderungen geprägt ist.

Wir wissen aber, dass Veränderungen notwendig
sind, damit wir die Leistungsfähigkeit unseres solida-
rischen Gesundheitssystems erhalten können. In den
vergangenen Jahren haben wir bereits einige wichtige
Veränderungen eingeleitet, um mehr Qualität, mehr
Wirtschaftlichkeit und mehr Wettbewerb zu schaffen.

Mit dem jetzt zur Abstimmung vorliegenden Gesetz-
entwurf werden wir diesen Weg fortsetzen. Diese Re-
form ist ein wichtiger Schritt zur Anpassung unseres Ge-
sundheitssystems an neue Rahmenbedingungen, damit

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(C (D s auch in Zukunft solidarisch und zugleich leistungsfäig bleibt, insbesondere für diejenigen, die auf ein funkionierendes und solidarisches System angewiesen sind. olleginnen und Kollegen, um dies zu erreichen, müs en auch Veränderungen an lange gewohnten, aber eben uch überholten Strukturen vorgenommen werden. Geau das setzen wir mit der Gesundheitsreform 2007 um, uch gegen den Widerstand einiger Seiten. Wichtige euerungen wird es insbesondere im Bereich der Kranenkassen geben. Aus der langen historischen Entwickung heraus haben wir sieben verschiedene Kassenarten: llgemeine Ortskrankenkassen, die gerade schon geannt wurden, Betriebskrankenkassen, Innungskrankenassen, Ersatzkassen, die Seekrankenkasse, die Landirtschaftliche Krankenkasse und die Knappschaft. Wir erden die alte, aber nicht mehr zeitgemäße Aufteilung nd Abschottung dieser verschiedenen Kassenarten jetzt ndlich überwinden und erstmalig kassenartenüberreifende Fusionen ermöglichen. Zukünftig kann also ine Betriebskrankenkasse nicht nur mit einer anderen KK fusionieren, sondern auch mit Ortskrankenkassen, nnungskrankenkassen und Ersatzkassen. Das ist so geünscht. So machen wir den Weg frei für wettbewerbsnd leistungsfähigere Kassen, was letztlich den Versiherten zugutekommt. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Darüber hinaus werden wir – Stichwort: Effizienz –
ie Verbandsstrukturen der Krankenkassen straffen, um
ntscheidungswege zu verkürzen. Statt bisher sieben
ird künftig nur ein Spitzenverband Bund alle Kassen

n der gemeinsamen Selbstverwaltung für alle Belange
ertreten, die gemeinsam und einheitlich geregelt wer-
en. Für die Beschäftigten der bisherigen Spitzenver-
ände sind für den Übergang zum neuen Spitzenverband
und tragfähige Regelungen vorgesehen.

Kollege Westerwelle, es mutet schon merkwürdig an,
enn man auf der einen Seite hier die Staatsmedizin gei-
elt, sich auf der anderen Seite aber gleichzeitig im eige-
en Wahlkreis für den Sitz einer solchen Institution be-
irbt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Das stimmt doch einfach nicht, was Sie sagen! Was erzählen Sie denn da?)


Kolleginnen und Kollegen, mit der Einrichtung des
esundheitsfonds zum 1. Januar 2009 werden die Finan-

ierungsstrukturen neu organisiert. Von besonderer Be-
eutung ist hierbei, dass es nun mit dieser Reform einen
euen, zielgenauen morbiditätsorientierten, also krank-
eitsbezogenen Risikostrukturausgleich zwischen den
assen geben wird. Somit werden endlich auch die un-

erschiedlich verteilten Krankheitsrisiken der Kassen in
en Ausgleich mit einbezogen. Wir beenden damit den
ugegebenermaßen schädlichen Wettbewerb, den wir
etzt haben, allein um junge, gesunde und gutverdie-
ende Versicherte und schaffen einen Wettbewerb zwi-
chen den Kassen um den besten Service, um die beste
ersorgung und um die beste Betreuung der Versicher-

en.






(A) )



(B) )


Dr. Carola Reimann
Kolleginnen und Kollegen, das GKV-Wettbewerbs-
stärkungsgesetz beinhaltet eine ganze Reihe wichtiger
Organisationsreformen, aber nicht nur das. Wir müssen
bei unseren Reformbemühungen auch den demografi-
schen Wandel, die älter werdende Gesellschaft und den
medizinischen Fortschritt berücksichtigen. Genau das
tun wir mit dieser Reform. Wir werden gezielt Leistun-
gen ausbauen, die in einer älter werdenden Gesellschaft
benötigt werden, beispielsweise die palliativmedizini-
sche Versorgung. Damit haben Schwerstkranke künftig
erstmals einen Anspruch auf eine spezialisierte Schmerz-
behandlung in ihrer gewohnten häuslichen Umgebung.

Das Gleiche gilt für alle Rehabilitationsleistungen,
die in den Pflichtleistungskatalog aufgenommen werden.
Insbesondere älteren Menschen wird dies zugutekom-
men. Für uns gilt der Grundsatz Reha vor Pflege. Alte
Menschen sollen auch nach Krankheit oder Unfall so
lange wie möglich ihre Selbstständigkeit erhalten kön-
nen, und eine bessere Rehabilitation wird ihnen das er-
möglichen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wir werden die integrierte Versorgung fortführen
und weiter ausbauen. Ziel der integrierten Versorgung ist
es, die Kooperation unterschiedlicher Leistungserbringer
zu stärken und somit eine bessere Verzahnung zwischen
den verschiedenen Leistungsbereichen herzustellen.
Auch die Pflege wird in die integrierte Versorgung ein-
gebunden; denn sie spielt für den Behandlungserfolg ge-
rade bei älteren Menschen eine ganz zentrale Rolle.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Meine sehr geehrten Damen und Herren, neben der
Organisationsreform sowie den gerade genannten Maß-
nahmen, die den veränderten Rahmenbedingungen im
Bereich der Demografie und des medizinisch-techni-
schen Fortschritts Rechnung tragen, könnte ich noch
zahlreiche weitere Elemente der Reform nennen. Aber
ich will nur eines noch hervorheben, und zwar die allge-
meine Versicherungspflicht. Erstmals in der deutschen
Sozialversicherungsgeschichte werden wir einen dauer-
haften und bezahlbaren Versicherungsschutz für alle ha-
ben. Ich finde, das kann man gar nicht hoch genug ein-
schätzen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Natürlich hätte auch ich mir gewünscht, dass wir in
manchen Punkten weiter gegangen wären. Hierzu kann
ich aber nur sagen: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben.

Lassen Sie mich jetzt noch eine Bemerkung über die
Art und Weise der Debatte in den zurückliegenden Mo-
naten und auch heute in diesem Hause machen. Ich habe
nichts gegen eine kritische, lebendige und zuweilen auch
laute Opposition. Was wir aber nicht brauchen, ist eine
Opposition, die seit Monaten nichts weiter von sich gibt
als Destruktivrhetorik.


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Na, na! Sie haben unsere Vorschläge nicht zur Kenntnis genommen! Amnesie ist kein Ersatz für Intelligenz!)


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(C (D ritik ist gut und wichtig. Sie sollte aber konstruktiv und er Sache angemessen sein. Ihre platten und pauschalen urksund Kassensozialismussprüche sind fehl am latze und bringen uns in der Sache kein Stück weiter. Die Bürgerinnen und Bürger werden in den Monaten ach Inkrafttreten der Reform merken, dass Ihre Weltunergangsszenarien schlichtweg nicht eintreten werden. (Frank Spieth [DIE LINKE]: Das werden wir sehen!)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wenn es dann aber doch Argumente in der Sache gibt,
ind sie häufig falsch. Herr Lauterbach hat gerade klar-
estellt: Gerade für die Krebserkrankten wird es mehr
nd bessere Behandlungsmöglichkeiten geben als bisher.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Er darf also doch im Ausschuss bleiben?!)


Kolleginnen und Kollegen, mit dem GKV-Wettbe-
erbsstärkungsgesetz gehen wir einen wichtigen Schritt

n die richtige Richtung. Es wird natürlich nicht der
etzte Schritt gewesen sein. Denn wir werden unser Ge-
undheitssystem immer wieder an Neuentwicklungen
npassen müssen. Keiner von uns kann diese Entwick-
ungen vorhersagen. Unsere Aufgabe wird es dabei sein,
afür zu sorgen, dass unser Gesundheitssystem weiter
olidarisch finanziert bleibt und Schritt für Schritt auf
ine breitere finanzielle Basis gestellt wird.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Mit dem vorliegenden Gesetz gehen wir den ersten
erlässlichen Schritt. Deshalb kann ich Sie alle nur auf-
ufen, der nun vorliegenden Gesundheitsreform zuzu-
timmen und sich auf den Weg zu machen.

Danke.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1608006000

Zu einer Kurzintervention gebe ich dem Kollegen

esterwelle das Wort.


Dr. Guido Westerwelle (FDP):
Rede ID: ID1608006100

Ich will zur Sache nichts mehr sagen. Aber da Sie,

rau Kollegin Reimann, wie auch die Kollegin
idmann-Mauz wiederholt behauptet haben, ich hätte
ich einerseits gegen diese Gesundheitsreform gewen-

et, andererseits die von uns kritisierte Behörde nach
onn eingeklagt, möchte ich Sie auf Folgendes aufmerk-

am machen: Dies ist nicht richtig, auch wenn diese Be-
auptung in dieser Debatte mehrfach wiederholt wurde,
nd es ist von mir, als zum ersten Mal eine Zeitung da-
über berichtet hat, richtiggestellt worden. Ich wäre Ih-
en dankbar, wenn Sie dies zur Kenntnis nehmen wür-
en.

Dem Ganzen liegt folgender Sachverhalt zugrunde.
ls die Bundesregierung ihren Gesetzentwurf einge-
racht hat, haben sieben Abgeordnete dieses Hauses
sechs Abgeordnete der Koalitionsfraktionen, darunter






(A) )



(B) )


Dr. Guido Westerwelle
der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, Kelber,
und der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU/
CSU, Bosbach, und ich für die Freien Demokraten – als
Abgeordnete der Region an die Bundesregierung ge-
schrieben und darauf aufmerksam gemacht, dass nach
dem Berlin/Bonn-Gesetz der Gesundheitsstandort Bonn
ist.

Ich möchte nicht, dass eine falsche Darstellung wie-
derholt wird. Denn durch das Wiederholen wird sie nicht
richtiger.


(Beifall bei der FDP – Elke Ferner [SPD]: Was heißt das? Sie wollen den Spitzenverband nicht in Bonn haben?)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1608006200

Frau Kollegin Reimann, Sie können antworten.


Dr. Carola Reimann (SPD):
Rede ID: ID1608006300

Herr Kollege, ich nehme zur Kenntnis, dass sich

meine Kolleginnen und Kollegen in der Großen Koali-
tion intensiv darum bemüht haben, Sie aber das nicht ge-
tan haben. Das haben Sie ja jetzt klargestellt.

Danke.


(Elke Ferner [SPD]: Man muss sich schon entscheiden, was man will, Herr Westerwelle!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1608006400

Das Wort hat der Kollege Dr. Konrad Schily.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Konrad Schily (FDP):
Rede ID: ID1608006500

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es wäre

ein guter Tag für die Demokratie in unserem Land, wenn
dieses Gesetz heute in der nun folgenden namentlichen
Abstimmung keine Mehrheit gewinnen würde.


(Beifall bei der FDP und der LINKEN)


Denn wir wissen – auch diese Debatte hat es gezeigt –,
dass dieses Gesetz in diesem Hause, aber auch in der Be-
völkerung keine Mehrheit hat, auch wenn das hier ge-
leugnet wird.

Es ist eine machtmäßige Entscheidung. Deswegen
wird es wohl zu einer Zustimmung kommen. Die soge-
nannten Abweichler in den Reihen der großen Koalition
– Abweichler sind ausgerechnet die gewesen, die in der
Sache kundig waren und sind – wurden gedrängt, sich
der Fraktionsdisziplin zu fügen. Der ganze Prozess war
nicht dialogisch. Das kurzfristige Überschütten mit Än-
derungsanträgen ist dafür nur ein Beispiel gewesen. Wir
haben schon darüber gesprochen; ich will es nicht weiter
ausführen. Deshalb wird dieser Tag kein guter Tag für
die Demokratie werden.

Es ist kein guter Tag für die freien Berufe und kein
guter Tag für die Selbstverwaltung der Solidargemein-
schaften, die in Zukunft zentralisiert und gegängelt wer-
den sollen.

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(C (D (Beifall bei der FDP – Elke Ferner [SPD]: Unsinn, was Sie erzählen!)


Dies ist kein guter Tag für den Wettbewerb. Er wird
ufgelöst und durch zentrale politische Entscheidungen
rsetzt. Dies ist kein guter Tag für die Versicherten und
ür die Patientinnen und Patienten; denn es wird eine
ersorgung nach Kassenlage und nicht nach therapeuti-
chen Erwägungen geben.


(Beifall bei der FDP – Elke Ferner [SPD]: Das ist Unsinn, was Sie erzählen!)


as ist kein guter Tag für die Leistungserbringer im
esundheitswesen, auf deren Kosten und über deren
öpfe hinweg in Zukunft die Entscheidungen zentral ge-

roffen werden sollen.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Aber es ist, wenn Sie so wollen, auch ein guter Tag.
s ist ein guter Tag für die Vertreter einer gelenkten
irtschaft. Es ist ein guter Tag für den Bürokratieauf-

au und ein guter Tag für die zunehmende Unübersicht-
ichkeit und Entmündigung im Gesundheitswesen.


(Beifall bei der FDP)


Ein schlechter Tag ist es für die Sache des Sachver-
tandes. Mit aller Macht fährt die Regierung das Ge-
undheitswesen mit dieser sogenannten Reform in eine
ackgasse; aus Fehlern will sie nicht lernen. Es ist ein
unkler Tag für die Versorgung unserer Bevölkerung mit
esundheitsleistungen und auch ein dunkler Tag für den

ozialen Ausgleich, weil die Regierung glaubt, die Preise
nd Leistungen im Gesundheitswesen in Zukunft zentral
iktieren zu können.

Es ist ein dunkler Tag für die Freiheit


(Zurufe von der CDU/CSU und der SPD: Oh!)


nd das eigenverantwortliche Miteinander in unserer
esellschaft.


(Beifall bei der FDP)


offen wir, dass es für die Demokratie, den parlamenta-
ischen Dialog, die Solidarität und die Freiheit in unse-
em Land auch wieder bessere Tage geben wird.

Sie, die Abgeordneten der Großen Koalition, haben es
eute in der Hand, einem unwürdigen Verfahren und ei-
em unparlamentarischen Dialog eine mutige Abfuhr zu
rteilen, indem Sie diesem Gesetz nicht zustimmen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


edenken wir, was der Präsident dieses Hohen Hauses,
r. Lammert, auf der konstituierenden Sitzung dieses
arlamentes gesagt hat – dafür hat er von allen Fraktio-
en Beifall bekommen –, nämlich dass die Abgeordne-
en dem Volk und nicht der Regierung verpflichtet sind.

Wenn Sie diesem Gesetz Ihre Zustimmung verwei-
ern, wäre es ein guter Tag für die Demokratie, für den
arlamentarismus, für das Volk und auch für das Ge-
undheitswesen.


(Beifall bei der FDP)







(A) )



(B) )


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1608006600

Nächster Redner ist der Kollege Jens Spahn, CDU/

CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Jens Spahn (CDU):
Rede ID: ID1608006700

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Ich möchte zunächst auf das eine oder andere
von den Oppositionsrednern Gesagte eingehen. Frau
Kollegin Bunge, zum Ersten möchte ich betonen, dass
Sie selbst hier festgestellt haben, dass alles im Rahmen
der Geschäftsordnung abgelaufen und formal vollkom-
men korrekt ist.

Zum Zweiten stelle ich fest, dass wir nicht zuletzt auf
Wunsch der Opposition über drei Tage


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Vier Tage!)


– genau, es waren sogar über vier Tage; wir haben auf
Ihren Wunsch hin einen Tag angefügt – eine insgesamt
26 Stunden lange Anhörung durchgeführt und Sondersit-
zungen des Gesundheitsausschusses abgehalten haben,
um Änderungsanträge einzubringen. Es gab also ein hin-
reichendes Angebot, und es war im Ausschuss und im
Plenum, wo wir in Aktuellen Stunden und in vielen De-
batten mehrfach über das ganze Thema diskutiert haben,
genug Zeit vorhanden, den ursprünglichen Gesetzent-
wurf zu beraten und die Dinge zu ändern, die notwendig
waren.

Zum Dritten stelle ich fest, Frau Kollegin Künast:
Eine Fraktion, die von der pharmazeutischen Industrie
formulierte Änderungsanträge zu Tarifen von homöopa-
thischen Arzneimitteln wortwörtlich übernimmt und ein-
bringt,


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


darf mit den Vorwürfen, die Sie gerade vorgebracht ha-
ben, nicht arbeiten. Wir haben im Rahmen der Anhörung
viele Vorschläge erhalten, die wir, wenn sie konstruktiv
waren, eingearbeitet haben. Natürlich kamen diese Vor-
schläge auch zum Teil von Verbänden und anderen, die
im Gesundheitswesen tätig sind. Aber Ihr Antrag wie
auch der Umstand, dass Sie im Gesundheitsausschuss
sogar einzeln über solche Anträge haben abstimmen las-
sen, um dann dankenswerterweise zustimmen zu kön-
nen, machen deutlich, dass wir alle ein Stück weit auf
den Sach- und Fachverstand und die konstruktive Kritik
von außerhalb hören.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Zudem muss ich, Frau Kollegin Bender, sagen, dass
ich es für etwas unredlich halte, wie Sie vorhin die
Krebskranken ein Stück weit als Geisel für Ihre Argu-
mentation benutzt haben. In der Regelung, so wie sie im
Gesetzentwurf steht, ist vorgesehen, dass jemand dann,
wenn er die empfohlenen Vorsorge- und Früherken-
nungsuntersuchungen nicht wahrnimmt – dies gilt nur
für denjenigen, der von seinem Lebensalter her diese
Chance überhaupt hat –, nicht den vergünstigten Zuzah-
lungssatz erhält und bei dem regulären bleibt.

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(C (D (Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wird er also stärker belastet oder nicht?)


s handelt sich also nicht, wie Sie es fälschlicherweise
eit Wochen und Monaten nennen, um eine „Strafzah-
ung“. Es ist vielmehr so, dass man die entsprechende
ergünstigung nicht bekommt. Man kann aber dennoch
ine Vergünstigung erhalten, wenn man sich in ein ent-
prechendes Chronikerprogramm einschreibt. Sie sollten
as Gesetz diesbezüglich noch einmal lesen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1608006800

Herr Kollege, Frau Bender möchte eine Zwischen-

rage stellen.


Jens Spahn (CDU):
Rede ID: ID1608006900

Bitte schön.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1608007000

Bitte.


Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1608007100

Herr Kollege, stimmen Sie mir zu, dass die Regelung

um Beispiel für Krebskranke, die Sie gerade erwähnt
aben, bedeutet, dass diejenigen, die nicht bei einer
rüherkennungsuntersuchung waren, schlechter ge-
tellt werden als die anderen chronisch Kranken, weil sie
ehr zuzahlen müssen?


(Widerspruch bei der CDU/CSU)



Jens Spahn (CDU):
Rede ID: ID1608007200

Ich stimme Ihnen ausdrücklich nicht zu, Frau Kolle-

in Bender. Er erhält keine Vergünstigung, was etwas
nderes ist.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ein Witz!)


s mag erforderlich sein, nachzudenken, um das zu ver-
tehen. Es besteht kein Anspruch auf eine Vergünsti-
ung.

Wir müssen gemeinsam konstatieren – der Kollege
auterbach hat das gerade gesagt –, dass in diesem Land
icht einmal jeder fünfte Mann und nicht einmal jede
weite Frau ab einem bestimmten Alter Vorsorgeunter-
uchungen, zum Beispiel Krebsvorsorgeuntersuchun-
en, in Anspruch nimmt.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann müssen Sie die Leute aufklären!)


m Bereich der Zahnmedizin haben wir doch gesehen,
ass jährliche Vorsorgeuntersuchungen angenommen
erden, wenn man einen entsprechenden finanziellen
nreiz setzt. Ich finde, wir sollten dieses gute Instrument

n allen Bereichen, in denen das möglich ist, ausbauen.
as tun wir.






(A) )



(B) )


Jens Spahn

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Herr Kollege Gysi, Sie haben einmal mehr von Entso-
lidarisierung und Zweiklassenmedizin gesprochen. Ich
habe Ihnen schon in der letzten Debatte gesagt: Von ei-
ner Partei, die die Rechtsnachfolgerin einer Partei ist, die
für die Nomenklatura der DDR Westmedizin bezahlt hat,
während der Rest sie nicht bekommen hat – das müssten
Sie sehr genau wissen –, lasse ich mir hier nicht vorwer-
fen, dass wir eine Zweiklassenmedizin betreiben. Das
will ich Ihnen deutlich sagen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch bei der LINKEN)


Nun zu den Gründen, aus denen ich diesem Gesetz-
entwurf – im Übrigen guten Gewissens, Herr Kollege
Westerwelle – zustimmen kann. Es gibt ein Gutachten
des Wissenschaftlichen Beirates beim Bundesministe-
rium für Wirtschaft und Technologie aus dem Mai 2006,
das sich mit dem Wettbewerb im Gesundheitswesen be-
schäftigt. Dort heißt es:

Für einen funktionierenden Wettbewerb sind in den
Augen des Beirats daher fünf Leitlinien zentral:

Erste Leitlinie:

Vertragsfreiheit zwischen Krankenversicherungen
und Leistungserbringern mit der Möglichkeit, inef-
fiziente Leistungserbringer auszuschließen

Genau das machen wir an vielen Stellen möglich, indem
wir Ausschreibungen bei Hilfsmitteln einführen, zum
Teil monopolartige Kartelle aufbrechen, indem wir inte-
grierte Versorgung verstärkt möglich machen und den
Abschluss entsprechender Verträge ermöglichen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Zweite Leitlinie des Beirates:

Abschaffung des Zwangsvertragsmonopols der
Kassenärztlichen Vereinigungen

Dieser Leitlinie entsprechen wir, indem wir es ermögli-
chen, jenseits der Kassenärztlichen Vereinigung entspre-
chende Verträge mit Ärzten und Arztgruppen abzu-
schließen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Dritte Leitlinie des Beirates beim Bundesministerium
für Wirtschaft und Technologie aus dem Gutachten zum
Wettbewerb:

Kontrahierungszwang und Preisdiskriminierungs-
verbot seitens der Krankenversicherungen

Mit Einführung des Basistarifs in der privaten Kranken-
versicherung verbunden mit der Portabilität der Alters-
rückstellungen entsprechen wir auch dieser Leitlinie
des Beirates. Auch dort findet nunmehr Wettbewerb
statt.

Vierte Leitlinie:

Preiswettbewerb zwischen Krankenversicherungen
über einkommensunabhängige Versicherungsprä-
mien …

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(C (D enau das machen wir mit dem Zusatzbeitrag möglich. ie Ministerin hat das vorhin leider weggelassen, als sie ber einen einheitlichen Beitragssatz sprach. Durch den usatzbeitrag ermöglichen wir Preistransparenz und reiswettbewerb. Die Zusatzbeiträge betragen bei der eien Kasse 5 Euro, bei einer anderen 8 Euro und bei einer ritten 12 Euro, während ich bei einer anderen vielleicht Euro zurückerhalte. Dadurch erhalten wir Transparenz nd Wettbewerb, was in dem derzeitigen System mit rozentualen Beitragssätzen nicht gegeben ist. Fünfte Leitlinie: Verlagerung der Umverteilung von Reich nach Arm in das Steuerund Transfersystem ch will zugestehen, dass wir an dieser Stelle einen etwas leineren Schritt machen; aber immerhin machen wir eien ersten Schritt, damit wir in den nächsten Jahren geamtgesellschaftliche Aufgaben über die aufwachsenen Steuern finanzieren können. Sie haben das gerade eftig kritisiert, obwohl Ihr eigenes Wahlprogramm eine ntsprechende Umverteilung mit entsprechenden Steuerusgaben in Milliardenhöhe vorsieht. Damit kann ich feststellen, dass wir die fünf Leitliien, die der Wissenschaftliche Beirat beim Ministerium ür Wirtschaft und Technologie zum Wettbewerb in der rankenversicherung aufgestellt hat, erfüllen. Damit rägt dieses Gesetz seinen Titel zu Recht. Ich möchte als jüngerer Abgeordneter zudem auf die achhaltigkeit und Generationengerechtigkeit eingeen. Ich bin der festen Überzeugung, dass der erste chritt, den man machen muss, bevor man über Kapitalücklagen nachdenken kann, ist, über die Schulden im ystem – implizite wie explizite, ausgewiesene wie nicht usgewiesene –, nachzudenken und entsprechende Entcheidungen zu treffen. Zur AOK Berlin, Frau Senatoin: Die Aufsicht hat Ihr Haus. Die Aufsicht hat es zugeassen, dass dort solch hohe Schulden aufgebaut wurden. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das hat sie doch erklärt!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


Das macht es ja nicht besser. Mit Erklärung oder ohne,
s bleibt widerrechtlich, was da stattgefunden hat.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Wir werden durch dieses Gesetz Schulden bei den ge-
etzlichen Krankenversicherungen abbauen und sie
wingen, Pensionen für Angestellte – entsprechende
erpflichtungen bestehen – in Höhe von 10 bis
1 Milliarden Euro aufzubauen.

Von daher hätte ich mir hinsichtlich der Kapitalrück-
age sicherlich mehr gewünscht. Man muss aber auch

ich denke, das gehört für uns im Deutschen Bundestag
azu – gemeinsam anerkennen, dass wir beim Schul-
enabbau einen großen Schritt getan haben und eine
rste Voraussetzung für Nachhaltigkeit einführen. Ich
age aber genauso deutlich, Frau Präsidentin, dass es mir
ehr wichtig ist, dass wir in diesem Jahr bei der Pflege-






(A) )



(B) )


Jens Spahn
versicherung zu individualisierten Kapitalrücklagen
kommen.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Aha!)


Abschließend möchte ich sagen, dass dies keine histo-
rische, keine Jahrhundertreform ist; ich denke, diese rhe-
torische Fallhöhe sollten wir nicht aufbauen. Aber es ist
eine Reform, die an vielen Stellen in die richtige Rich-
tung geht.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1608007300

Herr Kollege.


Jens Spahn (CDU):
Rede ID: ID1608007400

Ich bin sofort fertig, Frau Präsidentin. – Herr Kollege

Schily, Sie haben so getan, als sei Weisheit nur bei denen
vorhanden, die mit Nein stimmen. Dazu sage ich Ihnen:
Ich kann mit bestem Wissen und Gewissen, mit der bes-
ten Überzeugung, dass kleine Schritte in die richtige
Richtung besser sind als keine,


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


diesem Gesetz zustimmen. Ich würde es schön finden,
wenn die Opposition das Gute, das wir tun, einmal jen-
seits von Sprechblasen anerkennen würde.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1608007500

Jetzt folgen zwei Kurzinterventionen. Herr Kollege

Spahn, ich gebe Ihnen danach ausreichend Zeit zur Be-
antwortung beider Kurzinterventionen.

Die erste Kurzintervention ist von Frau Dr. Bunge,
die zweite von Klaus Ernst.


Dr. Martina Bunge (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1608007600

Kollege Spahn, ich bitte Sie, zur Kenntnis zu nehmen,

dass ich davon gesprochen habe, dass es sich um ein
nach Geschäftsordnung zulässiges Verfahren gehandelt
hat. Dazu bin ich als Ausschussvorsitzende verpflichtet.
Als Linkspolitikerin sage ich Ihnen – das habe ich vorhin
schon gesagt –, dass ich es bei diesem Reformwerk für
nicht angemessen halte; dies gilt insbesondere für die
letzten 72 Stunden, also seit den Abmachungen am
Dienstag in der Obleuteberatung. Die Einzelheiten sind
von Kollege Lanfermann genannt worden.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1608007700

Herr Kollege Ernst, bitte.


Klaus Ernst (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1608007800

Herr Kollege Spahn, Sie haben bei Ihrem glänzenden

intellektuellen Auftritt


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


die Frage meines Kollegen Gysi nach der Klassenmedi-
zin mit dem Hinweis auf seine landsmännische Herkunft

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(C (D eantwortet. Ich stelle Ihnen die Frage – ich komme aus ayern –, ob Sie bereit wären, mir zu widerlegen, dass s sich bei diesem Gesetzentwurf um Klassenmedizin andelt. (Beifall bei der LINKEN – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Ha, ha, ha!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1608007900

Herr Kollege Spahn, bitte.


Jens Spahn (CDU):
Rede ID: ID1608008000

Frau Präsidentin! Frau Kollegin Bunge, ich nehme

as, was Sie gesagt haben, gern zur Kenntnis und unter-
treiche noch einmal, dass das Verfahren, das wir ge-
ählt haben, von der Geschäftsordnung her zulässig und
ollkommen okay ist.

Lieber Herr Kollege Ernst, ich finde es sehr schade,
ass Sie sich einer Partei anschließen, die eine solche
ergangenheit hat.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Heiterkeit bei der LINKEN – Frank Spieth [DIE LINKE]: Gilt das auch für die Blockflöten?)


ass Sie als Süddeutscher da eingetreten sind, ist beson-
ers schade.

Ich stelle fest, Herr Kollege Ernst, dass wir in diesem
and eine klasse Medizin haben. Nicht umsonst ist es so,
ass jeder Deutsche, der im Ausland erkrankt, nichts
iligeres zu tun hat, als in die Arme des deutschen Ge-
undheitswesens zurückzukehren. Das ist ein Zeichen
afür, wie klasse unser Gesundheitswesen ist.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1608008100

Nächster Redner ist der Kollege Frank Spieth, Frak-

ion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Frank Spieth (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1608008200

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-

egen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist
chon beeindruckend, die Diskussion hier zu verfolgen
nd die krampfhaften Verrenkungen zu sehen, mit der
ie Große Koalition versucht, ein Gesetz zu verteidigen,
as im Wesentlichen eine Verschlimmbesserung der Si-
uation der gesetzlichen Krankenversicherung bringen
ird.


(Beifall bei der LINKEN)


Es ist schon erstaunlich, wie hier der Versuch ge-
acht wird, in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwe-

ken, als finge heute alles an. Herr Spahn, Sie haben
echt: Sie sind einer der jüngeren Abgeordneten. Sie
önnen möglicherweise auf die Gnade der späten Geburt
erweisen. Aber Sie sollten nicht so tun, als ob die Da-
en und Herren, die heute in diesem Hohen Hause wie-

er entscheiden werden, nicht mit verantwortlich sind
ür die Probleme. Sie sind maßgeblich für sie verant-






(A) )



(B) )


Frank Spieth
wortlich. Denn die gesetzlichen Krankenkassen, insbe-
sondere die großen Versorgerkassen, sind schließlich
durch die Politik, die in diesem Haus fixiert worden ist,
das GKV-Modernisierungsgesetz, dazu gezwungen
worden, keine Beitragserhöhungen vorzunehmen.


(Beifall bei der LINKEN und der FDP)


Die Versorgerkassen sind gezwungen worden, die gro-
ßen gesundheitlichen Risiken zu tragen, ohne dass mit
einem Morbiditätsausgleich die besonderen Belastungen
durch bestimmte Erkrankungen ausgeglichen worden
wären. Gerade die Probleme der Versorgerkassen sind
darauf zurückzuführen. Die Schulden sind nicht aus der
Luft gekommen – sie hatten ihre Ursachen in unterlasse-
ner Politik der zurückliegenden Jahre. Das ist die Tatsa-
che.


(Beifall bei der LINKEN)


Es gäbe noch vieles zum Verfahren zu sagen; aber ich
will mich auf ein paar grundsätzliche Themen konzen-
trieren. Beginnen wollte ich meine Rede eigentlich mit
folgendem Beitrag: Gestern haben mich Schülerinnen
und Schüler einer Regelschule aus Weimar in diesem
Hause besucht und mit mir unter anderem die Frage dis-
kutiert, wie das denn funktioniere mit der Solidarität in
der gesetzlichen Krankenversicherung und warum wir
gegen dieses Reformgesetz seien. Ich habe versucht, das
mit einem Bild zu beschreiben. Ich habe gesagt: Ihr
müsst euch folgende Situation vorstellen: Eine Familie
besitzt ein Haus. Dieses Haus muss renoviert werden,
weil es schon relativ alt ist. Dafür sind erhebliche Mittel
aufzuwenden. Der Familienrat setzt sich zusammen und
beratschlagt, wie das Ganze bezahlt werden soll. Ent-
schieden wird, dass diejenigen in der Familie, die ein ge-
ringes Einkommen haben, die wesentlichen Kosten für
die Renovierung zu tragen haben. Der einzige Spitzen-
verdiener in der Familie wird von der Finanzierung frei-
gestellt. – Die Schüler haben mir gesagt: Die spinnen
doch, das kann doch nicht gehen! – Da habe ich gesagt:
Ich kann euch nicht widersprechen.


(Beifall bei der LINKEN)


Aber genau das ist das Problem, mit dem wir es bei
diesem Reformpaket zu tun haben.


(Elke Ferner [SPD]: Das stimmt doch nicht!)


Sie entlassen – das können Sie nicht verleugnen – die
Gutverdienenden, die Kapital- und Vermögensbesitzer,
aus der Finanzierung der gesamtgesellschaftlichen Auf-
gaben, der Finanzierung der Gesundheitsaufwendungen
und der Dienstleistungen im Gesundheitswesen. Dabei
wissen Sie ganz genau, dass 90 Prozent davon von den
gesetzlich Krankenversicherten finanziert werden. Die
Gesundheitsinfrastruktur, die wir in Deutschland ha-
ben, wäre ohne die GKV-Versicherten unmöglich zu fi-
nanzieren. Die privat Krankenversicherten hätten kein
Angebot. Das ist die Realität.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Wolfgang Wodarg [SPD])


Ein Punkt ärgert mich wahnsinnig – deshalb will ich
auf ihn eingehen –: Warum sollen die Aufgaben – auch

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(C (D ie wenigen in diesem Gesetz vorhandenen strukturellen ortschritte – wieder im Wesentlichen die Geringveriener finanzieren? Mich fragt doch die Kassiererin bei ldi: Warum zahle ich vor dieser Reform 14,8 Prozent nd nach dieser Reform wahrscheinlich über 15 Proent? Auch der Kollege in der Metallverarbeitung oder m Bau fragt mich: Warum muss ich das voll von meiem Einkommen bestreiten? Warum muss er 15 Prozent ahlen, und warum müssen Bundestagsabgeordnete icht 15 Prozent von ihrem Einkommen zahlen? Erzähen Sie in der Öffentlichkeit nicht, dass das der Fall ist! (Beifall bei der LINKEN – Widerspruch des Abg. Wolfgang Zöller [CDU/CSU])


Vielleicht zahlen Sie ebenso wie ich noch als einer der
enigen Beiträge in die gesetzliche Krankenversiche-

ung, Herr Zöller.


(Widerspruch bei der SPD)


ber Sie vergessen dabei, dass Ihre Beitragspflicht bei
iner Einkommensgrenze von 3 562 Euro endet.


(Lebhafter Beifall bei der LINKEN)


ie zahlen eben keine Beiträge in Höhe von 15 Prozent
hres Einkommens, sondern im höchsten Fall 7 Prozent.
as ist die Wahrheit, und das hat nichts mit Solidarität
nd Gerechtigkeit zu tun. Es ist eher so, als wollten Sie
en Menschen zumuten, morgens ihre Hose mit der
eißzange anzuziehen.


(Beifall bei der LINKEN)


Viele Menschen durchschauen aber, was Sie machen.


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Sie sind nur als Nestbeschmutzer geeignet!)


Mich haben – wie sicherlich auch Sie – ungeheuer
iele Schreiben erreicht. Ich will vor allem auf ein
chreiben eingehen, das ich von Sozialdemokraten er-
alten habe, meine lieben Kolleginnen und Kollegen der
ozialdemokratischen Fraktion in diesem Haus. Vor kur-
em haben mir Sozialdemokraten aus Köln und anderen
eilen Nordrhein-Westfalens einen offenen Brief mit ei-
er Unterschriftenliste geschickt, in dem gefragt wird,
ie wir dieses Gesundheitsdiktat verhindern können.
ie können wir das, was heute beschlossen werden soll,

ber von allen Sachverständigen, vielen Sozialdemokra-
en und nicht zuletzt von Ihrem früheren gesundheitspo-
itischen Sprecher, Klaus Kirschner, als Fehlentscheid
ezeichnet wird, verhindern? Ich habe geantwortet, dass
ir das nicht verhindern werden, weil es nämlich heute
icht darum geht, eine vernünftige Gesundheitsreform
urchzuführen; es geht vielmehr ausschließlich darum,
ie Große Koalition zu bestätigen, damit sie bis zum
ahr 2009 weiterwursteln kann.

Ich hoffe, Sie sind angezählt wie ein Boxer, damit Sie
009, wenn der Gong ertönt, endlich die Regierungsver-
ntwortung verlieren.


(Anhaltender Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])







(A) )



(B) )


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1608008300

Das Wort hat der Kollege Dr. Hans Georg Faust,

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Hans Georg Faust (CDU):
Rede ID: ID1608008400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Als Arzt zitiert man gern Hippokrates, der viel Beden-
kenswertes gesagt hat, unter anderem, dass es oberstes
Ziel ist, dem Patienten zu nützen, ihm aber in keinem
Fall zu schaden. In diesem Sinne hat die Regierungsko-
alition mit dem Reformgesetz ein gutes Gesetz gestaltet.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Daran, dass dieses Gesetz in erster Linie dem Patien-
ten nützt, kann kein ernsthafter Zweifel bestehen. Dass
die Patienten und Versicherten aber von vielen Gruppie-
rungen des Gesundheitswesens, die für sich wenig Nut-
zen in diesem Gesetz sehen, dazu benutzt werden, dage-
gen Stimmung zu machen, kann ebenfalls nicht ernsthaft
bezweifelt werden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Was diese Gruppierungen betrifft – seien es private
oder gesetzliche Krankenversicherungen, Leistungser-
bringer wie Ärzte und Krankenhäuser, Apotheker, Phy-
sio-, Ergo- und Psychotherapeuten oder gar die Pharma-
industrie –, so sind wir als Politiker zur Sorgfalt
verpflichtet. Wo die ernsthafte Sorge um den Patienten
im Vordergrund steht, sind die gewachsenen Strukturen
unseres Gesundheitswesens angemessen zu berücksich-
tigen. Das haben wir mit diesem Gesetzentwurf getan.

Wie wir wissen, ist der Beifall in der Öffentlichkeit
relativ gering und steigerungsfähig. Ich denke aber, dass
nach Inkrafttreten des Gesetzes seine Schätze von denen,
die das Gesetz umsetzen wollen – das werden täglich
mehr – gehoben werden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Es nützt dem Patienten, wenn in einer alternden Ge-
sellschaft geriatrische Rehabilitationsleistungen und spe-
zialisierte ambulante Palliativmedizin Pflichtleistungen
der Krankenkassen werden. Es nützt dem Menschen,
wenn er gar nicht erst zum Patienten wird, weil empfoh-
lene Schutzimpfungen ebenfalls zu den Pflichtleistungen
der Krankenkasse gehören. Es nützt dem Patienten,
wenn er in der hausarztzentrierten Versorgung wissen-
schaftlich begründet und praxiserprobt zugleich indivi-
duell versorgt wird. Es nützt ihm, wenn er mit einer sel-
tenen Erkrankung die Krankenhausambulanz, die sich
darauf spezialisiert hat, sofort aufsuchen kann. Es scha-
det nicht, vielmehr nützt es ihm und allen anderen Pa-
tienten, wenn die Patientenvertreter im Gemeinsamen
Bundesausschuss neue Rechte und Möglichkeiten be-
kommen. Zusammengefasst: Dieses Gesetz ist in erster
Linie ein Gesetz für die Patienten.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Doch alles nützt dem Patienten nichts, wenn er keinen
rzt hat, der ihn behandelt: 12 500 junge Ärzte im Aus-

and, drohende Überalterung bei den Hausärzten, dro-
ende Unterversorgung in den neuen Bundesländern,
rnstzunehmende Hinweise auf materielle Sorgen in
rztpraxen, auch da, wo gewiss nicht von Missmanage-
ent gesprochen werden kann. Diese Hinweise aus Ost

nd West haben uns betroffen gemacht und zu maßgebli-
hen Veränderungen im Gesetzgebungsverfahren ge-
ührt, die ich vor einem Vierteljahr kaum für möglich ge-
alten hätte.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Natürlich kann man sich immer mehr vorstellen.
anche Ärzte im Westen haben von einem durchgehen-

en Prinzip der Kostenerstattung, dem Patienten als Pri-
atpatienten, geträumt. Viele Ärzte im Osten hätten gern
uch für die nächsten zwei Jahre des Übergangs eine
ergütungsangleichung statt der von den Kassen zu be-
ahlenden Sicherstellungszuschläge gewollt. Das eine
ber hätte eine in der Großen Koalition nicht durchsetz-
are Systemänderung und das andere eine in der Großen
oalition nicht durchsetzbare Beitragssatzsteigerung be-
eutet.

Die Botschaft an die Ärzte jedoch lautet: statt Budgets
ich an der Zahl von Krankheitsfällen und Kostenent-
icklungen in Arztpraxen orientierende Vergütungen,

tatt des Muschelgeldes floatender Punktwerte feste Ver-
ütungen in Euro und Cent, statt der starren Anbindung
n die Grundlohnsummenentwicklung Freiheiten, die das
ystem atmen lassen.

Die Regelungen für die Umstellung und für den Um-
ang mit Leistungsmengen sind so gestaltet, dass die
elbstverwaltungspartner sie gut werden umsetzen
önnen. Sie sind einfacher, unbürokratischer und trans-
arenter geworden. Damit ist die Prognose für unser
ertragsarztsystem gut.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich bin sicher, meine lieben Kolleginnen und Kolle-
en, dass wir mit Blick auf das sensible Arzt-Patienten-
erhältnis hier zukunftsorientierte Regelungen geschaf-

en haben. Alles, was dazu führt, dass dieses empfindli-
he Vertrauensverhältnis nicht gestört wird, und Jung-
edizinern den Mut gibt, in zwei, drei oder vier Jahren
ieder optimistisch in ihre berufliche Zukunft zu blicken
nd für die Patienten da zu sein, nützt auch dem Patien-
en und rechtfertigt damit unser Gesetz.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1608008500

Das Wort hat der Kollege Peter Friedrich, SPD-Frak-

ion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )


Peter Friedrich (SPD):
Rede ID: ID1608008600

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-

legen! Frau Bender, Sie haben uns vorhin vorgeworfen,
wir könnten nicht mit Widerspruch umgehen.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das stimmt!)


Nun mag es sein, dass dies dem einen oder anderen
schwerfällt.

Uns fällt es besonders schwer, mit den Widersprüch-
lichkeiten umzugehen, die wir heute von der Opposition
zu hören bekommen haben. Herr Bahr kritisierte als Ers-
tes die Beitragserhöhungen, anschließend kritisierte er,
dass durch den gesetzlichen Beschluss zur Beitragshöhe
keine Erhöhungen mehr möglich seien. Frau Künast er-
wartet Massenabwanderungen in die PKV. Frau Bender
sagte, die PKV-Lobbyisten reüssierten. Herr Bahr und
Herr Schily, die das alles nicht anficht, fürchten den
schleichenden Tod der PKV und bangen um die Neuzu-
gänge, die dieses System doch bräuchte.


(Elke Ferner [SPD]: Was stimmt denn?)


Frau Künast sagte, es werde keinen Wettbewerb geben,
weil es Kollektivverträge gebe. Herr Westerwelle sprach
von Planwirtschaft. Herr Spieth erwähnt bei jeder Gele-
genheit, der Wettbewerb werde in diesem System gna-
denlos agieren. Sie kritisieren immer wieder Beitragser-
höhungen, aber auch, dass Steuergelder in das System
fließen sollen. Diese Widersprüchlichkeit spiegelt die
komplette Bandbreite der Lobbyistenszene wider, spie-
gelt aber nicht wider, was wirklich in diesem Gesetzent-
wurf steht.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Es mag Ihnen schwerfallen, das zu akzeptieren, aber
wir entscheiden uns in der Tat nicht zwischen dem Weg
links oder rechts um den Sumpf, den Herr Westerwelle
beschrieben hat, sondern wir entscheiden uns dafür, ei-
nen stabilen Damm durch diesen Sumpf hindurchzu-
bauen. Der ist nämlich auch nötig.

Zu den Widersprüchlichkeiten gehört vielleicht auch,
dass in der Frage des Sitzes des Spitzenverbandes vorhin
von Ihnen, Herr Westerwelle, in einer Kurzintervention
gesagt wurde, Sie hätten sich nur im Rahmen des Bonn/
Berlin-Gesetzes dafür eingesetzt. Mir liegt ein Schreiben
vor, in dem es heißt: „Frau Ministerin, wir wären Ihnen
daher sehr dankbar, wenn Sie sich in den laufenden Ver-
handlungen dafür einsetzten, dass der neue“ – ich be-
tone: neue – „Spitzenverband der gesetzlichen Kranken-
kassen seinen Sitz in Bonn nimmt.“


(Elke Ferner [SPD]: Aha!)


Das ist in der Wahlkreisarbeit legitim, aber dann sollten
Sie bitte schön auch dazu stehen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Meine Damen und Herren, mit dieser Reform schaf-
fen wir mehr Solidarität im Gesundheitswesen und nicht
weniger. Zum ersten Mal gilt für alle Menschen in
Deutschland eine Versicherungspflicht, aber auch ein
Versicherungsrecht. Es kann doch nicht ernsthaft ange-

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(C (D en, dass wir für Tausende akzeptieren, dass Krankheit it Armut gleichbedeutend ist. Das kann nicht unser In eresse sein. Das ist ein dringend gebotener Fortschritt. enn die Grünen glauben, das sei nur ein kleiner Schritt, rage ich mich – wenn dem denn so wäre –, warum der rst jetzt möglich ist. Diese Reform schafft aber auch mehr Solidarität urch den Risikostrukturausgleich, der kommt. Frau ompscher, wenn Sie sagen, es komme kein gescheiter isikostrukturausgleich: Wir erreichen über den Fonds nd den Morbiditäts-RSA, der jetzt kommt – ein schwieiges Wort, das keiner mag, gleichwohl eine wichtige inrichtung –, einen 100-prozentigen Einkommensausleich. Ich weiß gar nicht, ob Ihre Partei sich getraut hat, as in der Vergangenheit zu fordern. Wir erreichen das. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Frank Spieth [DIE LINKE]: Wir haben sogar einen Antrag vorgelegt!)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


ir vollenden dadurch die innere soziale Einheit
eutschlands, wenn Sie einmal ehrlich zu sich selber

ind. Da ziemt es sich wenig, hier in der Debatte genau
ies zu kritisieren.

Dieses Gesetz schafft auch mehr Wettbewerb und
icht weniger Wettbewerb. Es schafft nämlich Wettbe-
erb auf der richtigen Seite. Bisher haben wir einen
ampf der Versicherungen um den gesündesten Versi-

herten über den niedrigsten Beitragssatz. Worin liegen
enn die Unterschiede von bis zu einem Viertel bei den
eitragssätzen? Die Ursachen liegen darin, dass die eine
rankenversicherung, zum Beispiel in der BKK, einen
entneranteil von 6 Prozent hat, die AOK aber von
6 Prozent. Das ist kein Unterschied in den Verwal-
ungskosten, das ist kein Unterschied in der Fähigkeit
es Managements, das ist ein Unterschied in der Risiko-
truktur der Versicherten. Dafür schaffen wir einen Aus-
leich.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Deswegen führen wir auch den einheitlichen Bei-
ragssatz ein. Diesen Wettbewerb um die Gesunden wer-
en wir verändern. Wir werden ihn beenden und statt-
essen einen Wettbewerb um die beste Leistung
chaffen. Denn in Zukunft sind die Kassen in der Lage,
erträge abzuschließen.

Herr Schily, wenn Sie sagen, das sei ein dunkler Tag
ür die Freiheit: Wenn wir in den Märkten, in denen
uasi Monopole vorhanden sind – wo Mondpreise für
ilfsmittel genommen werden, für Dinge, derer Men-

chen dringend bedürfen –, endlich Ausschreibungen
inführen, damit wir in Deutschland vernünftige Preise
u Wettbewerbsbedingungen bekommen, ist das kein
chwarzer Tag für die Freiheit, Herr Schily, mit Verlaub.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das führt auch zu mehr Freiheit für die Versicherten.
ir bieten Wahltarife an, die von vielen schon lange






(A) )



(B) )


Peter Friedrich
gewollt wurden. Hausarzttarife sind drin, Kostenerstat-
tung – was Sie immer wünschen –, das können Men-
schen jetzt machen, wenn sie es wollen. Wir führen auch
Tarife ein, die die Kosten für Naturheilverfahren erstat-
ten. All dies machen wir möglich. Gleichzeitig verbes-
sern wir die Versorgung im Bereich Impfungen, Eltern-
Kind-Kuren, Rehabilitation und Öffnung der Kranken-
häuser – alles schon erwähnt. Das alles machen wir
gleichzeitig möglich.

Ich möchte noch auf das Thema Generationenge-
rechtigkeit eingehen. Es gibt eine ganze Reihe von kriti-
schen Stimmen, die dieser Reform vorwerfen, sie sei
nicht nachhaltig genug. Wir wissen alle miteinander,
dass sich der veränderte Altersaufbau im Gesundheits-
wesen massiv bemerkbar machen wird. Ich halte es aber
für wenig durchdacht, diesen Vorwurf damit zu verknüp-
fen, man werde jetzt nicht zustimmen, denn es gebe
keine Elemente von Kapitaldeckung. Die zentrale Bau-
stelle für Generationengerechtigkeit in der Krankenver-
sicherung ist nicht die Kapitaldeckung, sondern die Prä-
vention.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wer Kapitaldeckung im gesetzlichen Gesundheits-
system ernsthaft erwägt, der muss den Menschen sagen,
dass dafür tatsächlich nur drei Möglichkeiten zur Verfü-
gung stehen. Entweder wir machen das, indem wir mehr
Bundesschulden aufnehmen, um damit einen Stock in
der Versicherung zu finanzieren. Oder wir machen das,
indem wir die jüngere Generation heute doppelt belas-
ten, weil sie gleichzeitig für die jetzige Versorgung zah-
len müsste und für die Kapitalrückstellung, falls sie be-
dürftig wird. So etwas funktioniert in der Rente, wo sie
individuelle Konten bilden können, weil das Äquiva-
lenzprinzip gilt. Man bekommt raus, was man eingezahlt
hat. Im Gesundheitswesen funktioniert so etwas eben
nicht. Die dritte Möglichkeit: Wir bilden Rückstellun-
gen, indem wir Behandlungen nicht mehr erstatten.

Wer glaubt – das geht jetzt auch besonders an die
Adresse der jungen Kollegen in der Union –, durch Leis-
tungsausgrenzung, also durch das Vorenthalten von me-
dizinisch Notwendigem, Ersparnisse erwirtschaften zu
können, die dann künftigen Generationen zugutekom-
men sollen, der spielt die Generationen gegeneinander
aus.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Deshalb sage ich: Wer die Generationengerechtigkeit
ernst nimmt, der muss sich um Prävention kümmern. In
diese Richtung gehen wir mit der Reform einige wich-
tige Schritte; die Debatte hat es bereits gezeigt. Mit dem
Präventionsgesetz werden wir einen weiteren Beitrag
dazu leisten. Durch Prävention können wir ein Vielfa-
ches dessen einsparen, was wir an Kapitalrückstellungen
überhaupt bilden könnten. Nebenbei verbessern wir die
Lebensqualität der Menschen.

Diese Reform führt zu mehr Solidarität, mehr Wettbe-
werb an der richtigen Stelle, nämlich bei der Leistungs-
erbringung, und führt zu einer besseren Versorgung der
Patientinnen und Patienten. Mit dieser Reform gehen wir
den richtigen Weg der Nachhaltigkeit. Jeder kann aus

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(C (D einer Sicht diesem Gesetzentwurf zustimmen. Jeder, er die Menschen und nicht die Funktionäre oder Aktioäre in den Mittelpunkt der Gesundheitspolitik stellt, ollte diesem Gesetzentwurf auch zustimmen. Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Max traubinger, CDU/CSU-Fraktion. Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! ach einem langen – vielleicht für viele zu langen – Disussionsprozess werden wir heute in zweiter und dritter esung den Entwurf eines GKV-Wettbewerbsstärkungsesetzes im Hohen Haus verabschieden. Es ist allen Unenrufen zum Trotz ein gutes Gesetz. s stärkt die Wettbewerbsfähigkeit unseres Gesundheitsystems. Vor allen Dingen baut es unser erfolgreiches esundheitssystem für die Zukunft aus. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1608008700

(Beifall bei der CDU/CSU)

Max Straubinger (CSU):
Rede ID: ID1608008800

(Beifall bei der CDU/CSU)


Es wurde oft kritisiert, dass die Menschen im Land
as Gesetz – angeblich – nicht verstanden hätten. Man
arf aber nicht vergessen, dass der bisherige Diskus-
ionsprozess nur von denjenigen gestaltet wurde, die auf
rgendeine Art und Weise als Leistungserbringer an un-
erem Gesundheitssystem partizipieren. Die Belange der
ersicherten kamen letztendlich in der Öffentlichkeit zu
enig zur Sprache. Deshalb ist es, glaube ich, entschei-
end, darzulegen: Die Versicherten sowie die Patientin-
en und Patienten sind die Nutznießer dieser Reform.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir werden Leistungsausweitungen vornehmen. Der
ollege Friedrich hat darauf bereits hingewiesen. Ich
laube, vor allem die medizinische und die geriatrische
ehabilitation sind als zukünftige Pflichtleistungen eine
roße Errungenschaft für die Patientinnen und Patienten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


enn Mutter-Kind- bzw. Vater-Kind-Kuren zukünftig
flichtleistungen sind, stärkt das die Familien in unse-
em Land. Wenn wir Schutzimpfungen als Pflichtleistun-
en in den Leistungskatalog der Krankenkassen aufneh-
en, stärkt das die Vorsorge bei den Versicherten. Die
otschaft muss also lauten: Wir haben die Versicherten-

echte und vor allen Dingen die Leistungen für die Versi-
herten in großartiger Weise ausgeweitet. Dazu stehen
ir, die Große Koalition.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir werden zudem den Wettbewerb bei der Leis-
ungserbringung stärken. Wir ermöglichen die Gestal-






(A) )



(B) )


Max Straubinger
tung verschiedener Vertragsformen und den Zusammen-
schluss von Ärzten, um mit den Krankenkassen externe
Leistungsverträge abzuschließen. Ich bin überzeugt, dass
die Gestaltungsmöglichkeiten für mehr Wettbewerb zwi-
schen den Krankenkassen sorgen.

Vor allem wird der Wettbewerb zu schlankeren Ver-
waltungen führen. Der erste Erfolg dieser Gesundheitsre-
form ist bereits heute nachzulesen. Ich zitiere aus einer Zei-
tung aus Baden-Württemberg: AOK-Verwaltung schrumpft
auf 14 Direktionen; der Kunde wird nichts merken, hat Ge-
schäftsführer Stutz versprochen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das ist letztendlich ein Erfolg dieser Gesundheitsreform:
schlankere Verwaltungen. Den Versicherten ist nicht zu-
zumuten und auch nicht zu erklären, dass es Kranken-
kassen in unserem Lande gibt, die nur 80 Euro Verwal-
tungskosten pro Versicherten haben, während andere
Krankenkassen 180 Euro Verwaltungskosten pro Versi-
cherten haben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Peter Struck [SPD])


Ich bin der Meinung, dass die Differenz in Höhe von
100 Euro besser für die Erbringung von Leistungen für
die Patientinnen und Patienten und die Versicherten in
unserem Lande angelegt ist.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich glaube auch, dass vor allen Dingen der Fonds
vielfach von der Opposition falsch dargestellt wird.
Wenn er startet, wird er zu 100 Prozent aus Beitragsmit-
teln gespeist, nicht aus Zusatzbeiträgen. Es kann ge-
nauso gut aber auch umgekehrt kommen: Wenn Kassen
vernünftig arbeiten, dann können sie den Versicherten
Geldmittel zurückerstatten, anstatt einen Zusatzbeitrag
zu erheben.


(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Frank Spieth [DIE LINKE])


– Herr Kollege Spieth, so muss der Wettbewerb funktio-
nieren. Auch Sie haben dann auf Ihre eigene Kasse Ein-
flussmöglichkeiten.

Ich bin verwundert, dass sich Herr Kollege Gysi heute
gegen den Schuldenabbau gewandt hat. Ich glaube,
dass der Schuldenabbau eines der wichtigsten und zen-
tralen Elemente für die nachhaltige Finanzierung unseres
Gesundheitssystems ist.


(Beifall bei der CDU/CSU – Frank Spieth [DIE LINKE]: Es geht um die Frage, wie!)


Die Schulden müssen letztendlich die Beitragszahler be-
zahlen. Es handelt sich dabei auch um Leistungen aus
der Vergangenheit. Auch wenn Sie, Herr Gysi, zu be-
stimmen hätten, wäre das nicht anders möglich, es sei
denn, Sie führten wieder einmal einen Staatsuntergang
herbei, wie es in der Vergangenheit der Fall war, weil
nicht ordentlich finanziert worden ist. Auch das muss
man sehen. Wir haben eine fundierte Beitragsgestaltung,
die für die Versicherten auch nachvollziehbar sein wird,
wenn der Fonds in Zukunft eingerichtet wird.

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(C (D Wir müssen den Bürgerinnen und Bürgern verdeutlihen, dass Höchstleistungen in der Medizin ihren Preis aben. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


ir können den Bürgerinnen und Bürgern nicht immer
ur erklären, dass wir eine Höchstleistungsmedizin wol-
en, gleichzeitig aber nur den Preis für ein Goggomobil
ezahlen wollen. Das wird es nicht geben. Wer Höchst-
eistungsmedizin haben möchte, der muss auch bereit
ein, die entsprechenden Beitragsmittel aufzubringen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


as geschieht sowohl im System der gesetzlichen Kran-
enversicherung als auch im System der privaten Kran-
enversicherung.

Bei dem Fonds in der gesetzlichen Krankenversiche-
ung ist entscheidend – dafür haben wir als Union stark
ekämpft –, dass die Versorgung der Menschen in unse-
en Bundesländern weiterhin auf höchstem Niveau ge-
ährleistet ist. Wenn es Beitragsmittelverschiebungen

wischen den Bundesländern gibt, dann ist es notwen-
ig, dass es mit der Konvergenzklausel einen Ausgleich
ibt, damit es nicht zu Versorgungsengpässen in den ein-
elnen Bundesländern kommt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


azu stehen wir. Dazu hat auch unser bayerischer Minis-
erpräsident Dr. Edmund Stoiber seinen Beitrag geleistet.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Ein Hoch auf Stoiber! Danke, Edmund!)


as ist im Sinne der Versicherten und der Patientinnen
nd Patienten in den einzelnen Bundesländern.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Hören wir auf, immer zwischen gesetzlich Kranken-
ersicherten und privat Krankenversicherten zu unter-
cheiden und ständig zu behaupten, die privat Versicher-
en seien die Entsolidarisierer und die Privilegierten in
nserem Land. Gerade Sie, Herr Kollege Spieth, haben
as versucht, indem Sie so getan haben, als ob alle Ab-
eordneten privat versichert sind. Ich bin gesetzlich
rankenversichert und zahle den Höchstbeitrag meiner
esetzlichen Krankenversicherung wie viele andere Kol-
eginnen und Kollegen auch.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1608008900

Herr Kollege, könnten Sie ein Augenmerk auf die Uhr

or Ihnen richten?


Max Straubinger (CSU):
Rede ID: ID1608009000

In diesem Sinne wünsche ich, dass sich viele heute

ereitfinden, diesem Gesetz mit großer Überzeugung zu-
ustimmen. Ich kann es auf alle Fälle tun.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1608009100

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den von den
Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Ent-
wurf eines Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in
der gesetzlichen Krankenversicherung, Drucksache
16/3100.

Bevor wir zur Abstimmung kommen, weise ich da-
rauf hin, dass es 83 persönliche Erklärungen von Kolle-
ginnen und Kollegen nach § 31 der Geschäftsordnung
gibt. 1)

Der Ausschuss für Gesundheit empfiehlt unter Nr. 1
seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/4200,
den Gesetzentwurf in der Ausschussfassung anzuneh-
men. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der
Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzei-
chen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? –


(Zuruf von der Linken: Auszählen!)


Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den
Stimmen von SPD und CDU/CSU bei Gegenstimmen
der Fraktionen Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen, FDP
und einigen Gegenstimmen aus der SPD-Fraktion und
aus der CDU/CSU-Fraktion angenommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Es ist namentliche Abstim-
mung verlangt. Ich bitte die Schriftführerinnen und
Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. –
Sind die Plätze an den Urnen besetzt? – Das ist der Fall.
Ich eröffne die Abstimmung.

Ich weise darauf hin, dass wir im Anschluss an diese
namentliche Abstimmung noch eine weitere namentliche
Abstimmung durchführen.

Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine
Stimme nicht abgegeben hat? – Nachdem jedes Mitglied
des Hauses seine Stimme abgegeben hat, schließe ich die
Abstimmung und bitte die Schriftführerinnen und
Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Das Er-
gebnis der Abstimmung wird Ihnen später bekannt gege-
ben.2)

Wir kommen nun zu den Abstimmungen über die
Entschließungsanträge. Ich gehe davon aus, dass Sie da-
mit einverstanden sind, wenn wir mit dem Entschlie-
ßungsantrag der Fraktion Die Linke, über den nament-
lich abzustimmen ist, fortfahren. – Ich sehe keinen
Widerspruch.

Wir kommen damit zu dem Entschließungsantrag der
Fraktion Die Linke auf Drucksache 16/4221. Ich bitte
die Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorgesehe-
nen Plätze einzunehmen. – Sind die Plätze an den Urnen
besetzt? – Das ist der Fall. Ich eröffne die Abstimmung
zum Antrag der Fraktion Die Linke.

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1) Anlagen 2 bis 9
2) Seite 8045 A 3)

(C (D Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine arte noch nicht abgegeben hat? – Ja, dann würde ich agen: Schnell zur Urne! Ich frage noch einmal: Ist ein Mitglied des Hauses anesend, das seine Stimme noch nicht abgegeben hat? – as ist nicht der Fall. Ich schließe die Abstimmung und itte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der uszählung zu beginnen. Das Ergebnis der Abstimmung ird Ihnen später bekannt gegeben.3)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, sich zu
hren Plätzen zu begeben, da wir jetzt noch über eine
eihe weiterer Vorlagen abstimmen müssen.

Wir kommen nun zum Entschließungsantrag der
raktionen der CDU/CSU und der SPD auf Druck-
ache 16/4220. Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dage-
en? – Enthaltungen? – Der Entschließungsantrag ist mit
en Stimmen der Regierungsfraktionen bei Gegenstim-
en der Oppositionsfraktionen angenommen.

Wer stimmt für den Entschließungsantrag der Frak-
ion der FDP auf Drucksache 16/4217? – Wer stimmt da-
egen? – Enthaltungen? – Der Entschließungsantrag ist
it den Stimmen der Fraktionen Die Linke, der SPD,

es Bündnisses 90/Die Grünen und der CDU/CSU bei
egenstimmen der FDP abgelehnt.

Wer stimmt für den Entschließungsantrag der Frak-
ion des Bündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache
6/4218? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der
ntschließungsantrag ist mit den Stimmen von SPD,
DU/CSU und FDP bei Enthaltung der Fraktion Die
inke und Gegenstimmen des Bündnisses 90/Die Grü-
en abgelehnt.

Wir setzen die Abstimmungen über die Beschluss-
mpfehlungen des Ausschusses für Gesundheit auf
rucksache 16/4200 fort.

Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt
er Ausschuss, den Gesetzentwurf der Bundesregierung
ur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Kran-
enversicherung auf Drucksachen 16/3950 und 16/4020
ür erledigt zu erklären. Wer stimmt für diese Beschluss-
mpfehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Die Be-
chlussempfehlung ist mit den Stimmen des ganzen
auses angenommen.

Unter Nr. 3 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der
usschuss für Gesundheit, den vom Bundesrat einge-
rachten Gesetzentwurf zur Verbesserung von Fusions-
rozessen von Krankenkassen für erledigt zu erklären.
er stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer

timmt dagegen? – Enthaltungen? – Auch diese Be-
chlussempfehlung ist mit den Stimmen des ganzen Hau-
es angenommen.

Unter Nr. 4 seiner Beschlussempfehlung auf Druck-
ache 16/4200 empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung
es Antrags der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen
uf Drucksache 16/1928 mit dem Titel „Stärkung der
olidarität und Ausbau des Wettbewerbs – Für eine leis-

ungsfähige Krankenversicherung“. Wer stimmt für

Seite 8049 B






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner

Renate Blank
Peter Bleser

Hermann Gröhe Dr. Karl Lamers (Heidelberg) Dr. Norbert Röttgen
Dr. Maria Böhmer
Wolfgang Börnsen


(Bönstrup)

Wolfgang Bosbach
Klaus Brähmig
Michael Brand
Helmut Brandt
Dr. Ralf Brauksiepe
Monika Brüning
Georg Brunnhuber
Gitta Connemann
Leo Dautzenberg
Hubert Deittert
Alexander Dobrindt
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Maria Eichhorn
Georg Fahrenschon
Ilse Falk

Markus Grübel
Manfred Grund
Monika Grütters
Holger Haibach
Gerda Hasselfeldt
Ursula Heinen
Uda Carmen Freia Heller
Michael Hennrich
Jürgen Herrmann
Bernd Heynemann
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Robert Hochbaum
Klaus Hofbauer
Franz-Josef Holzenkamp
Joachim Hörster
Anette Hübinger
Hubert Hüppe
Susanne Jaffke
Dr. Peter Jahr

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r. Norbert Lammert
atharina Landgraf
r. Max Lehmer
aul Lehrieder
ngbert Liebing
duard Lintner
atricia Lips
r. Michael Luther
tephan Mayer (Altötting)

olfgang Meckelburg
r. Michael Meister
r. Angela Merkel
aurenz Meyer (Hamm)

aria Michalk
ans Michelbach
r. Eva Möllring
arlene Mortler
arsten Müller

(Braunschweig)


ernward Müller (Gera)


Peter Rzepka
Hermann-Josef Scharf
Dr. Wolfgang Schäuble
Hartmut Schauerte
Dr. Annette Schavan
Dr. Andreas Scheuer
Karl Schiewerling
Norbert Schindler
Georg Schirmbeck
Bernd Schmidbauer
Christian Schmidt (Fürth)

Andreas Schmidt (Mülheim)

Ingo Schmitt (Berlin)

Dr. Andreas Schockenhoff
Bernhard Schulte-Drüggelte
Uwe Schummer
Wilhelm Josef Sebastian
Horst Seehofer
Kurt Segner
Bernd Siebert
Antje Blumenthal
Michael Grosse-Brömer Andreas G. Lämmel Dr. Christian Ruck
diese Beschlussempfehlung? –
Enthaltungen? – Die Beschlus
Stimmen von SPD, CDU/CSU
men des Bündnisses 90/Die Gr
der Fraktion Die Linke angenom

Unter Nr. 5 seiner Beschlu
der Ausschuss die Ablehnung
der FDP auf Drucksache 16/1
Nachhaltigkeit, Transparenz,
Wettbewerb im Gesundheitsw
diese Beschlussempfehlung? –
Enthaltungen? – Die Beschlus
Stimmen der Fraktionen Die
Bündnisses 90/Die Grünen und
genstimmen der FDP angenom

Schließlich empfiehlt der A
ner Beschlussempfehlung auf

Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 592
davon

ja: 378
nein: 206
enthalten: 8

Ja

CDU/CSU

Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Albach
Peter Altmaier
Dr. Wolf Bauer
Günter Baumann
Ernst-Reinhard Beck


(Reutlingen)

Dr. Christoph Bergner
Otto Bernhardt
Clemens Binninger

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Wer stimmt dagegen? –
sempfehlung ist mit den
und FDP bei Gegenstim-
ünen und bei Enthaltung
men.

ssempfehlung empfiehlt
des Antrags der Fraktion
997 mit dem Titel „Für
Eigenverantwortung und
esen“. Wer stimmt für

Wer stimmt dagegen? –
sempfehlung ist mit den
Linke, der SPD, des
der CDU/CSU bei Ge-

men.

usschuss unter Nr. 6 sei-
Drucksache 16/4200 die

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r. Hans Georg Faust
nak Ferlemann
artwig Fischer (Göttingen)

irk Fischer (Hamburg)


(KarlsruheLand)

r. Maria Flachsbarth
r. Hans-Peter Friedrich

(Hof)


ochen-Konrad Fromme
r. Michael Fuchs
ans-Joachim Fuchtel
r. Peter Gauweiler
r. Jürgen Gehb
orbert Geis
berhard Gienger
ichael Glos
alf Göbel

osef Göppel
eter Götz
r. Wolfgang Götzer
te Granold
einhard Grindel

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blehnung des Antrags der
rucksache 16/3096 mit dem
esen eine stabile Finanzgrund

ür diese Beschlussempfehlung?
nthaltungen? – Die Beschlus
timmen von SPD, CDU/CSU
er Grünen und Gegenstimmen
ngenommen.

Ich komme zurück zum
nd gebe das von den Schriftfü
ern ermittelte Ergebnis der
ung über den Gesetzentwurf
SU und der SPD zur Stärkun
esetzlichen Krankenversicheru
nd 16/4200, bekannt: Abgegeb
aben gestimmt 378, mit Nein h
altungen 8. Der Gesetzentwur

r. Hans-Heinrich Jordan
r. Franz Josef Jung
artholomäus Kalb
ans-Werner Kammer
teffen Kampeter
lois Karl
ernhard Kaster

(VillingenSchwenningen)


olker Kauder
ckart von Klaeden
ürgen Klimke
ens Koeppen

anfred Kolbe
orbert Königshofen
r. Rolf Koschorrek
artmut Koschyk
homas Kossendey
r. Günter Krings
r. Martina Krogmann

ohann-Henrich
Krummacher
r. Hermann Kues

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(C (D Fraktion Die Linke auf Titel „Dem Gesundheitslage geben“. Wer stimmt – Wer stimmt dagegen? – sempfehlung ist mit den und FDP bei Enthaltung der Fraktion Die Linke Tagesordnungspunkt 27 a hrerinnen und Schriftfühnamentlichen Abstim der Fraktionen der CDU/ g des Wettbewerbs in der ng, Drucksachen 16/3100 ene Stimmen 593. Mit Ja aben gestimmt 207, Ent f ist damit angenommen. r. Gerd Müller ildegard Müller ernd Neumann ranz Obermeier duard Oswald enning Otte ita Pawelski r. Peter Paziorek lrich Petzold r. Joachim Pfeiffer ibylle Pfeiffer onald Pofalla uprecht Polenz aniela Raab homas Rachel ans Raidel r. Peter Ramsauer ckhardt Rehberg atherina Reiche laus Riegert r. Heinz Riesenhuber ranz Romer ohannes Röring Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Jens Spahn Erika Steinbach Christian Freiherr von Stetten Gero Storjohann Andreas Storm Max Straubinger Thomas Strobl Lena Strothmann Michael Stübgen Hans Peter Thul Antje Tillmann Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Uwe Vogel Andrea Astrid Voßhoff Gerhard Wächter Kai Wegner Marcus Weinberg Peter Weiß Gerald Weiß Karl-Georg Wellmann Anette Widmann-Mauz Willy Wimmer Elisabeth Winkelmeier Becker Matthias Wissmann Dagmar Wöhrl Wolfgang Zöller Willi Zylajew SPD Dr. Lale Akgün Gregor Amann Gerd Andres Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Ernst Bahr Doris Barnett Dr. Hans-Peter Bartels Sören Bartol Sabine Bätzing Dirk Becker Uwe Beckmeyer Klaus Uwe Benneter Dr. Axel Berg Ute Berg Petra Bierwirth Lothar Binding Volker Blumentritt Kurt Bodewig Clemens Bollen Gerd Bollmann Dr. Gerhard Botz Klaus Brandner Bernhard Brinkmann Edelgard Bulmahn Martin Burkert Dr. Michael Bürsch Christian Carstensen Marion Caspers-Merk Dr. Peter Danckert Dr. Herta Däubler-Gmelin Karl Diller Martin Dörmann Dr. Carl-Christian Dressel Elvira Drobinski-Weiß G D S S P K A E G R G D P M Ir G D M K G A W W H K A M N H R R D G P G P G Ir F K C L B J J J D U A W F K R A E N V A D J H U D C C W G D arrelt Duin etlef Dzembritzki ebastian Edathy iegmund Ehrmann etra Ernstberger arin Evers-Meyer nnette Faße lke Ferner abriele Fograscher ainer Fornahl abriele Frechen agmar Freitag eter Friedrich artin Gerster is Gleicke ünter Gloser ieter Grasedieck onika Griefahn erstin Griese abriele Groneberg chim Großmann olfgang Grotthaus olfgang Gunkel ans-Joachim Hacker laus Hagemann lfred Hartenbach ichael Hartmann ina Hauer ubertus Heil einhold Hemker olf Hempelmann r. Barbara Hendricks ustav Herzog etra Heß abriele Hiller-Ohm etra Hinz erd Höfer is Hoffmann rank Hofmann laas Hübner hristel Humme othar Ibrügger runhilde Irber ohannes Jung osip Juratovic ohannes Kahrs r. h. c. Susanne Kastner lrich Kelber strid Klug alter Kolbow ritz Rudolf Körper arin Kortmann olf Kramer nette Kramme rnst Kranz icolette Kressl olker Kröning ngelika Krüger-Leißner r. Hans-Ulrich Krüger ürgen Kucharczyk elga Kühn-Mengel te Kumpf r. Uwe Küster hristine Lambrecht hristian Lange altraud Lehn abriele Lösekrug-Möller irk Manzewski C K M P D U M D M G F D T H H J C D F D M S M G D C W S D K M O M A A B M O U S R D H C O S F D D R R W D J D L R C D J D J D J F H S aren Marks atja Mast arkus Meckel etra Merkel r. Matthias Miersch rsula Mogg arko Mühlstein etlef Müller ichael Müller esine Multhaupt ranz Müntefering r. Rolf Mützenich homas Oppermann olger Ortel einz Paula oachim Poß hristoph Pries r. Wilhelm Priesmeier lorian Pronold r. Sascha Raabe echthild Rawert teffen Reiche aik Reichel erold Reichenbach r. Carola Reimann hristel RiemannHanewinckel alter Riester önke Rix r. Ernst Dieter Rossmann arin Roth ichael Roth rtwin Runde arlene Rupprecht nton Schaaf xel Schäfer ernd Scheelen arianne Schieder tto Schily lla Schmidt ilvia Schmidt enate Schmidt r. Frank Schmidt einz Schmitt arsten Schneider laf Scholz wen Schulz rank Schwabe r. Angelica Schwall-Düren r. Martin Schwanholz olf Schwanitz ita Schwarzelühr-Sutter olfgang Spanier r. Margrit Spielmann örg-Otto Spiller r. Ditmar Staffelt udwig Stiegler olf Stöckel hristoph Strässer r. Peter Struck oachim Stünker r. Rainer Tabillion örg Tauss r. h. c. Wolfgang Thierse örn Thießen ranz Thönnes ans-Jürgen Uhl imone Violka J H A P G D L D A H D E W H U M B N C D T J In K E D K O A J M F P S M B P A A M In K S N K W R A B E H D D L H A R O E A J R D (C (D örg Vogelsänger edi Wegener ndreas Weigel etra Weis unter Weißgerber r. Rainer Wend ydia Westrich r. Margrit Wetzel ndrea Wicklein eidemarie Wieczorek-Zeul r. Dieter Wiefelspütz ngelbert Wistuba altraud Wolff eidi Wright ta Zapf anfred Zöllmer rigitte Zypries ein DU/CSU orothee Bär homas Bareiß ochen Borchert grid Fischbach laus-Peter Flosbach rich G. Fritz r. Reinhard Göhner arl-Theodor Frhr. zu Guttenberg lav Gutting ndreas Jung ulia Klöckner ichael Kretschmer riedrich Merz hilipp Mißfelder tefan Müller ichaela Noll eatrix Philipp eter Rauen lbert Rupprecht nita Schäfer arco Wanderwitz go Wellenreuther laus-Peter Willsch PD iels Annen laus Barthel illi Brase enate Gradistanac ngelika Graf ettina Hagedorn ike Hovermann ans-Ulrich Klose r. Bärbel Kofler r. Karl Lauterbach othar Mark ilde Mattheis ndrea Nahles ené Röspel ttmar Schreiner wald Schurer ndreas Steppuhn ella Teuchner üdiger Veit r. Wolfgang Wodarg Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner Miriam Gruß Karin Binder Jörn Wunderlich Silke Stokar von Neuforn Dr. Christel Happach-Kasan Heinz-Peter Haustein Elke Hoff Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Michael Kauch Dr. Heinrich L. Kolb Hellmut Königshaus Gudrun Kopp Jürgen Koppelin Heinz Lanfermann Sibylle Laurischk Harald Leibrecht Ina Lenke Sabine Leutheusser Schnarrenberger Michael Link Markus Löning Horst Meierhofer Patrick Meinhardt Jan Mücke Dirk Niebel Hans-Joachim Otto Detlef Parr Cornelia Pieper Gisela Piltz E D R S D W D K W D D H L H C In D U D D K M J K O M U (Volker Beck [Köln] [BÜN NEN]: Man glaubt gar Große Koalition gibt! – Jörg Tauss [SPD]: Doch! G chen bei der FDP)





(A) )


(B) )


(Hildesheim)


(Wackernheim)


(Tuchenbach)


(Wolmirstedt)





(A) )


(B) )


(Frankfurt)


Ich rufe Tagesordnungspunk

Beratung des Antra
Dr. Gregor Gysi, Oskar
tion der LINKEN

Wiedereinführung eine

– Drucksache 16/4029 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und
va Bulling-Schröter
r. Martina Bunge
oland Claus
evim Dağdelen
r. Diether Dehm
erner Dreibus
r. Dagmar Enkelmann
laus Ernst
olfgang Gehrcke
iana Golze
r. Gregor Gysi
eike Hänsel
utz Heilmann
ans-Kurt Hill
ornelia Hirsch
ge Höger
r. Barbara Höll
lla Jelpke
r. Lukrezia Jochimsen
r. Hakki Keskin
atja Kipping
onika Knoche

an Korte
atrin Kunert
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ichael Leutert
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DNIS 90/DIE GRÜ-
nicht, dass es eine
Gegenruf des Abg.
ute Mehrheit! – La-

t 28 auf:

gs der Abgeordneten
Lafontaine und der Frak-

r Börsenumsatzsteuer

Technologie

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ÜNDNIS 90/
IE GRÜNEN
arieluise Beck (Bremen)


olker Beck (Köln)

ornelia Behm
irgitt Bender
atthias Berninger
rietje Bettin
lexander Bonde
kin Deligöz
r. Thea Dückert
r. Uschi Eid
ans Josef Fell
ai Gehring
atrin Göring-Eckardt
nja Hajduk
ritta Haßelmann
infried Hermann

eter Hettlich
riska Hinz (Herborn)

lrike Höfken
r. Anton Hofreiter
ärbel Höhn
hilo Hoppe
te Koczy

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Nach einer interfraktionellen
ussprache eine Stunde vorge
iderspruch. Dann ist das so b

Ich eröffne die Aussprache.
in Dr. Barbara Höll, Fraktion D


(Beifall bei der Dr. Barbara Höll (DIE LIN Frau Präsidentin! Liebe Ko ch finde es schade, dass die F ade den Saal verlässt; denn si uch in Davos, wo sich 24 Sta nd über 900 führende Indust ustriemanager trafen. (D r. Harald Terpe ürgen Trittin olfgang Wieland osef Philip Winkler argareta Wolf aktionslos enry Nitzsche ert Winkelmeier nthalten DU/CSU eronika Bellmann ristina Köhler unther Krichbaum r. Ole Schröder PD hristian Kleiminger r. Hermann Scheer r. Marlies Volkmer ert Weisskirchen Vereinbarung ist für die sehen. – Ich höre keinen eschlossen. Das Wort hat die Kolleie Linke. LINKEN)


(Wiesloch)


KE):
lleginnen und Kollegen!
rau Bundeskanzlerin ge-

e war vergangene Woche
ats- und Regierungschefs
riemanagerinnen und In-
Joachim Günther (Plauen) Dr. Lothar Bisky Sabine Zimmermann Hans-Christian Ströbele
FDP

Jens Ackermann
Dr. Karl Addicks
Christian Ahrendt
Daniel Bahr (Münster)

Uwe Barth
Rainer Brüderle
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Patrick Döring
Mechthild Dyckmans
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Paul K. Friedhoff
Horst Friedrich (Bayreuth)

Dr. Edmund Peter Geisen
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann

Jörg Rohde
Frank Schäffler
Dr. Konrad Schily
Marina Schuster
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Max Stadler
Dr. Rainer Stinner
Carl-Ludwig Thiele
Florian Toncar
Christoph Waitz
Dr. Guido Westerwelle
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Volker Wissing
Hartfrid Wolff (Rems-Murr)

Martin Zeil

DIE LINKE
Hüseyin-Kenan Aydin
Dr. Dietmar Bartsch

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(Cr. Gesine Lötzsch lrich Maurer orothée Menzner ornelia Möller ersten Naumann olfgang Nešković r. Norman Paech etra Pau odo Ramelow lke Reinke aul Schäfer olker Schneider r. Herbert Schui r. Ilja Seifert r. Petra Sitte rank Spieth r. Kirsten Tackmann r. Axel Troost lexander Ulrich Sylvia Kotting-Uhl Fritz Kuhn Renate Künast Undine Kurth Markus Kurth Monika Lazar Dr. Reinhard Loske Anna Lührmann Jerzy Montag Kerstin Müller Winfried Nachtwei Omid Nouripour Brigitte Pothmer Krista Sager Elisabeth Scharfenberg Christine Scheel Irmingard Schewe-Gerigk Dr. Gerhard Schick Rainder Steenblock Dr. Barbara Höll Der Ruf, der aus den Schweizer Bergen erscholl und den mir Frau Kanzlerin bestätigen könnte, war schon interessant. Von den Mächtigen dieser Welt erscholl nämlich der Ruf nach mehr staatlicher Kontrolle und einer höheren Besteuerung von Privilegierten. (Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Daraus haben Sie aber die falschen Konsequenzen gezogen!)


(Saarbrücken)





(A) )


(B) )


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Aha!)


Sie können davon ausgehen, dass wir nicht eingela-
den waren und nicht schuld daran sind, dass solche Töne
von den Mächtigen dieser Welt kamen. Sie waren näm-
lich einfach gezwungen, die Realität zur Kenntnis zu
nehmen, dass durch die Globalisierung nach neolibera-
lem Strickmuster weltweit Millionen von Menschen in
Armut gestürzt werden und ihnen jegliche Lebensper-
spektive genommen wird.

Die immer größer werdende Kluft zwischen Arm
und Reich wurde von den führenden Ökonomen der
Welt als gefährlich für den Gesamtprozess der Globali-
sierung eingeschätzt. Insbesondere bemerkten sie, dass
ein Absturz der Mittelklasse zu befürchten ist und dass
die einseitige Einkommenskonzentration dramatisch ist,
so dramatisch wie zuletzt vor dem Ersten Weltkrieg.

Der US-Ökonom Roubini äußerte, dass die Menschen
weltweit qualifiziert werden müssen. Dieser Forderung
müssten auch wir uns annehmen – auch für die Bürgerin-
nen und Bürger hier –, um überhaupt wieder mithalten
zu können. Wir brauchen ein soziales Netz und eine stär-
kere öffentliche Hand. Eine stärkere Besteuerung der
Reichen wurde in diesem Zusammenhang vom Finanz-
experten Robert Shiller gefordert – ich zitiere –:

Wenn die Einkommen einmal sehr ungleich sind, ist
es schwer, das zu korrigieren.

Recht hat er.

Was hat dies nun mit unserem Antrag zur Wiederein-
führung einer Börsenumsatzsteuer zu tun?


(Frank Schäffler [FDP]: Das frage ich mich auch!)


Nun, sehr viel, weil genau diese Nichterhebung von
Steuern auf die Umsätze des Kapitalverkehrs hier in
Deutschland ein Teil des Problems ist.


(Beifall bei der LINKEN)


Ein sehr kleiner Teil der Bevölkerung Deutschlands ist
ein Hauptgewinner der Globalisierung. Die Umvertei-
lung von unten nach oben wird hier massiv betrieben.

Aufgrund unserer Wirtschaftskraft könnten wir natür-
lich zu einem wirklichen Motor einer gerechteren Um-
verteilung werden, indem wir hier Zeichen setzen. Das
Gegenteil ist aber der Fall. Gestern gab es hier ja eine
große Debatte zum Jahreswirtschaftsbericht. Auch dort
hat sich wieder manifestiert: In Deutschland gibt es die
Entwicklung, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeit-
nehmer immer geringer am gesellschaftlichen Reichtum
beteiligt sind.

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(C (D (Frank Schäffler [FDP]: Klar, weil Sie ihnen alles wegnehmen!)


ies ist das Ergebnis einer Politik – auch der Politik von
ot-Grün –, die die Mehrheit der Großen Koalition fort-

ührt. Steigende Gesundheitskosten – eben verabschie-
et –,


(Frank Schäffler [FDP]: Das stimmt!)


teigende Lebenshaltungskosten, Belastungen durch die
teuerpolitik – Mehrwertsteuererhöhung, Veränderung
ei der Entfernungspauschale – treffen die Mehrheit der
evölkerung. Die Masse der Bürgerinnen und Bürger
ird permanent zur Kasse gebeten. Das verunsichert na-

ürlich, und es erzeugt Demokratiefrust.

Die Börsenumsatzsteuer wurde bereits 1885 als eine
rt Wertpapierumsatzsteuer eingeführt. Zum 1. Ja-
uar 1991 wurde sie wieder abgeschafft. Als Gründe
urden genannt: Wettbewerbsnachteile, Schwächung
es Finanzmarkts Deutschland, Verhinderung kurzfristi-
er Transaktionen und, wie immer in solchen Zusam-
enhängen, technische Schwierigkeiten der Erhebung.

Als Ergebnis dessen haben wir eine absurde steuerli-
he Ungleichbehandlung der Umsätze. Waren und
ienstleistungen werden besteuert – seit dem 1. Januar
ieses Jahres sogar mit 19 Prozent –, während die Um-
ätze am Kapitalmarkt hier nicht besteuert werden, we-
er mit 0,1 noch mit 0,5, noch mit 1 Prozent.


(Frank Schäffler [FDP]: Wieso fordern Sie dann nur 1 Prozent und nicht 19 Prozent? Seien Sie doch konsequent!)


as ist ein klarer Fall steuerlicher Ungleichbehandlung.
s kommt auch zu enormen Einnahmeausfällen.

Als Ergebnis Ihrer gesamten Steuerpolitik, als Ergeb-
is all dessen, was Sie machen, mutiert Deutschland zu
inem Lohn- und Steuerdumpingland in der EU. Zu nen-
en ist auch Ihre Verweigerung zur Einführung des Min-
estlohns; das gehört zusammen. Deutschland mutiert
lso zu einem Dumpingland in der Steuer- und Lohnpo-
itik.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir haben einen klaren Antrag vorgelegt. Erheben Sie
ie Börsenumsatzsteuer! Führen wir sie wieder ein!


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Um Gottes willen!)


ei einem Steuersatz von 1 Prozent kommt man bei den
örsenumsätzen von 2005 auf Einnahmen von 38 Mil-

iarden Euro.


(Frank Schäffler [FDP]: Das ist aber eine Milchmädchenrechnung!)


echnet man konservativ – bei einer Besteuerung fällt
atürlich ein Teil der spekulativen Geschäfte weg –,
önnten wir immer noch Einnahmen von 30 Milliarden
uro pro Jahr erzielen.

Ständig wird bejammert, es sei kein Geld da. Wo Geld
a ist, sind Sie zu feige, es zu nehmen. Sie sind einfach






(A) )



(B) )


Dr. Barbara Höll

nicht leisten können. Zufälligerweise gibt es in Großbri-

(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Nein, das ist der größte!)


und Börsenstandort; ich nenne nur die Londoner Börse –
eine Börsenumsatzsteuer in Höhe von 0,5 Prozent.


(Frank Schäffler [FDP]: Aber mit der haben Sie sich nicht richtig beschäftigt!)


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Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 589
davon

ja: 53
nein: 489
enthalten: 47

Ja

DIE LINKE

Hüseyin-Kenan Aydin
Dr. Dietmar Bartsch
Karin Binder
Dr. Lothar Bisky
Eva Bulling-Schröter
Dr. Martina Bunge
Roland Claus
Sevim Dağdelen
Dr. Diether Dehm
Werner Dreibus
Dr. Dagmar Enkelmann
Klaus Ernst
Wolfgang Gehrcke
Diana Golze

Dr. Gregor Gysi
Heike Hänsel
Lutz Heilmann
Hans-Kurt Hill
Cornelia Hirsch
Inge Höger
Dr. Barbara Höll
Ulla Jelpke
Dr. Lukrezia Jochimsen
Dr. Hakki Keskin
Katja Kipping
Monika Knoche
Jan Korte
Katrin Kunert
Oskar Lafontaine
Michael Leutert
Ulla Lötzer
Dr. Gesine Lötzsch
Ulrich Maurer
Dorothée Menzner
Kornelia Möller
Kersten Naumann
Wolfgang Nešković
Dr. Norman Paech
Petra Pau
Bodo Ramelow

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(D Das von den Schriftführerinnen und Schriftführern erittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung über en Entschließungsantrag der Fraktion Die Linke auf rucksache 16/4221 lautet: Abgegebene Stimmen 589. it Ja haben gestimmt 53, mit Nein haben gestimmt 89, Enthaltungen 47. Der Entschließungsantrag ist dait abgelehnt. lke Reinke aul Schäfer olker Schneider r. Herbert Schui r. Ilja Seifert r. Petra Sitte rank Spieth r. Kirsten Tackmann r. Axel Troost lexander Ulrich örn Wunderlich abine Zimmermann raktionslos ert Winkelmeier ein DU/CSU lrich Adam lse Aigner eter Albach eter Altmaier Dorothee Bär Thomas Bareiß Dr. Wolf Bauer Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck Veronika Bellmann Dr. Christoph Bergner Otto Bernhardt Clemens Binninger Renate Blank Peter Bleser Antje Blumenthal Dr. Maria Böhmer Jochen Borchert Wolfgang Börnsen Wolfgang Bosbach Klaus Brähmig Michael Brand Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Monika Brüning Georg Brunnhuber Gitta Connemann Leo Dautzenberg tannien – vielleicht nicht der kleinste Finanzstandort Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: nicht gewillt, das Geld dort ei Realität. (Beifall bei der LINKEN der CDU/C 19 Prozent Mehrwertsteuer, tung, das trauen Sie sich, weil d ger sich in der Allgemeinheit s nen. Dafür, tatsächlich an Vermögenden in dieser Gesells nen der Mut. (Beifall bei der Mit diesen 30 Milliarden Eu öffentlich geförderten Beschäf 500 000 Arbeitsplätze schaffen helfen Sie den Bürgerinnen un würde gleichzeitig der Effekt e märkte entschleunigt würden (Leo Dautzenberg [CDU/C aha!)


(Saarbrücken)


(Reutlingen)


(Bönstrup)


und die Börsenspekulationen zu

Sie werden in der Debatte si
bewerbsnachteile anführen un
nzusammeln. Das ist die

– Widerspruch bei
SU)

eine allgemeine Belas-
ie Bürgerinnen und Bür-

ehr schlecht wehren kön-
die Reichen, an die

chaft zu gehen, fehlt Ih-

LINKEN)

ro könnten Sie in einem
tigungssektor sofort etwa
. Machen Sie das! Damit
d Bürgern tatsächlich. Es
intreten, dass die Finanz-

SU]: Entschleunigt,

rückgingen.

cherlich wieder die Wett-
d sagen, dass wir uns das

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n Finnland gibt es eine Börs
on 1,6 Prozent. In Indien gibt
sterreich hatte einst verkünd
achdenkt, eine solche Steuer
inmal, was die neue Regierun
a konservativen Land tun wird


(Frank Schäffler [FDP]: D neuen Kan Damit wird klar: Man kann en, dass ein Wettbewerbsnach ur endlich den Mut aufbringen u holen, wo es ist, um dann i er Bevölkerung, der Mehrhe ürger in diesem Lande etwas (Leo Dautzenberg [CDU Sozialisten das in allen gemacht haben! – Frank S heit statt Sozialismus!)


eshalb unser Antrag. Ich bin
azu verhalten werden.

Danke.


(Beifall bei der (Cenumsatzsteuer in Höhe es eine. Herr Schüssel in et, dass er auch darüber einzuführen. Warten wir g in dem finanzpolitisch . ie haben jetzt einen zler!)


nicht damit argumentie-
teil entsteht. Sie müssen
, das Geld tatsächlich da

m Interesse der Mehrheit
it der Bürgerinnen und

zu tun.

/CSU]: So wie die
Ländern erfolgreich
chäffler [FDP]: Frei-

gespannt, wie Sie sich

LINKEN)






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
Hubert Deittert
Alexander Dobrindt
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Maria Eichhorn
Georg Fahrenschon
Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Hartwig Fischer (Göttingen)

Dirk Fischer (Hamburg)


(Karlsruhe Land)

Dr. Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Dr. Hans-Peter Friedrich


(Hof)

Erich G. Fritz
Jochen-Konrad Fromme
Dr. Michael Fuchs
Hans-Joachim Fuchtel
Dr. Peter Gauweiler
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis
Eberhard Gienger
Michael Glos
Ralf Göbel
Dr. Reinhard Göhner
Josef Göppel
Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer
Ute Granold
Reinhard Grindel
Hermann Gröhe
Michael Grosse-Brömer
Markus Grübel
Manfred Grund
Monika Grütters
Karl-Theodor Freiherr zu

Guttenberg
Olav Gutting
Holger Haibach
Gerda Hasselfeldt
Ursula Heinen
Uda Carmen Freia Heller
Michael Hennrich
Jürgen Herrmann
Bernd Heynemann
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Robert Hochbaum
Klaus Hofbauer
Franz-Josef Holzenkamp
Joachim Hörster
Anette Hübinger
Hubert Hüppe
Susanne Jaffke
Dr. Peter Jahr
Dr. Hans-Heinrich Jordan
Dr. Franz Josef Jung
Andreas Jung (Konstanz)

Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Steffen Kampeter
Alois Karl
Bernhard Kaster

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(VillingenSchwenningen)


olker Kauder
ckart von Klaeden
ürgen Klimke
ulia Klöckner
ens Koeppen
ristina Köhler (Wiesbaden)

anfred Kolbe
orbert Königshofen
r. Rolf Koschorrek
artmut Koschyk
homas Kossendey
ichael Kretschmer
unther Krichbaum
r. Günter Krings
r. Martina Krogmann

ohann-Henrich
Krummacher
r. Hermann Kues
r. Karl A. Lamers

(Heidelberg)

ndreas G. Lämmel
r. Norbert Lammert
atharina Landgraf
r. Max Lehmer
aul Lehrieder
gbert Liebing
duard Lintner
atricia Lips
r. Michael Luther
tephan Mayer (Altötting)

olfgang Meckelburg
r. Michael Meister
r. Angela Merkel
riedrich Merz
aurenz Meyer (Hamm)

aria Michalk
ans Michelbach
hilipp Mißfelder
r. Eva Möllring
arlene Mortler
r. Gerd Müller
ildegard Müller
arsten Müller

(Braunschweig)


tefan Müller (Erlangen)

ernward Müller (Gera)

ernd Neumann (Bremen)

ichaela Noll

ranz Obermeier
duard Oswald
enning Otte
ita Pawelski
r. Peter Paziorek
lrich Petzold
r. Joachim Pfeiffer
ibylle Pfeiffer
eatrix Philipp
onald Pofalla
uprecht Polenz
aniela Raab
homas Rachel
ans Raidel
r. Peter Ramsauer
eter Rauen
ckhardt Rehberg
atherina Reiche (Potsdam)


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laus Riegert
r. Heinz Riesenhuber
ranz Romer
ohannes Röring
r. Norbert Röttgen
r. Christian Ruck
lbert Rupprecht (Weiden)

eter Rzepka
nita Schäfer (Saalstadt)

ermann-Josef Scharf
r. Wolfgang Schäuble
artmut Schauerte
r. Annette Schavan
r. Andreas Scheuer
arl Schiewerling
orbert Schindler
eorg Schirmbeck
ernd Schmidbauer
hristian Schmidt (Fürth)

ndreas Schmidt (Mülheim)


ngo Schmitt (Berlin)

r. Andreas Schockenhoff
r. Ole Schröder
ernhard Schulte-Drüggelte
we Schummer
ilhelm Josef Sebastian
orst Seehofer
urt Segner
ernd Siebert
homas Silberhorn
ohannes Singhammer
ens Spahn
rika Steinbach
hristian Freiherr von Stetten
ero Storjohann
ndreas Storm
ax Straubinger

homas Strobl (Heilbronn)

ena Strothmann
ichael Stübgen
ans Peter Thul
ntje Tillmann
r. Hans-Peter Uhl
rnold Vaatz
olkmar Uwe Vogel
ndrea Astrid Voßhoff
erhard Wächter
arco Wanderwitz
ai Wegner
arcus Weinberg

eter Weiß (Emmendingen)

erald Weiß (Groß-Gerau)


ngo Wellenreuther
arl-Georg Wellmann
nnette Widmann-Mauz
laus-Peter Willsch
illy Wimmer (Neuss)


lisabeth Winkelmeier-
Becker
atthias Wissmann
agmar Wöhrl
olfgang Zöller
illi Zylajew

PD

r. Lale Akgün
regor Amann
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(C (D iels Annen grid Arndt-Brauer ainer Arnold rnst Bahr oris Barnett r. Hans-Peter Bartels laus Barthel ören Bartol abine Bätzing irk Becker we Beckmeyer laus Uwe Benneter r. Axel Berg te Berg etra Bierwirth othar Binding olker Blumentritt urt Bodewig lemens Bollen erd Bollmann r. Gerhard Botz laus Brandner illi Brase ernhard Brinkmann delgard Bulmahn artin Burkert r. Michael Bürsch hristian Carstensen arion Caspers-Merk r. Peter Danckert r. Herta Däubler-Gmelin arl Diller artin Dörmann r. Carl-Christian Dressel lvira Drobinski-Weiß arrelt Duin etlef Dzembritzki ebastian Edathy iegmund Ehrmann etra Ernstberger arin Evers-Meyer nnette Faße lke Ferner abriele Fograscher ainer Fornahl abriele Frechen agmar Freitag eter Friedrich artin Gerster is Gleicke ünter Gloser enate Gradistanac ngelika Graf ieter Grasedieck onika Griefahn erstin Griese abriele Groneberg chim Großmann olfgang Grotthaus olfgang Gunkel ans-Joachim Hacker ettina Hagedorn laus Hagemann lfred Hartenbach ichael Hartmann ina Hauer Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner Hubertus Heil Reinhold Hemker Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Gustav Herzog Petra Heß Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz Gerd Höfer Iris Hoffmann Frank Hofmann Eike Hovermann Klaas Hübner Christel Humme Lothar Ibrügger Brunhilde Irber Johannes Jung Josip Juratovic Johannes Kahrs Dr. h. c. Susanne Kastner Ulrich Kelber Christian Kleiminger Hans-Ulrich Klose Astrid Klug Dr. Bärbel Kofler Walter Kolbow Fritz Rudolf Körper Karin Kortmann Rolf Kramer Anette Kramme Ernst Kranz Nicolette Kressl Volker Kröning Dr. Hans-Ulrich Krüger Angelika Krüger-Leißner Helga Kühn-Mengel Ute Kumpf Dr. Uwe Küster Christine Lambrecht Christian Lange Dr. Karl Lauterbach Waltraud Lehn Gabriele Lösekrug-Möller Dirk Manzewski Lothar Mark Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Markus Meckel Petra Merkel Dr. Matthias Miersch Ursula Mogg Marko Mühlstein Detlef Müller Michael Müller Gesine Multhaupt Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Andrea Nahles Thomas Oppermann Holger Ortel Heinz Paula Christoph Pries Dr. Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Mechthild Rawert Steffen Reiche M G D C W S R D K M O M A A B D M O D U S R H C O O S E D D R R W D J D A L R C D J D J J D J F H R S J D H A G G D L D A H D E D aik Reichel erold Reichenbach r. Carola Reimann hristel RiemannHanewinckel alter Riester önke Rix ené Röspel r. Ernst Dieter Rossmann arin Roth ichael Roth rtwin Runde arlene Rupprecht nton Schaaf xel Schäfer ernd Scheelen r. Hermann Scheer arianne Schieder tto Schily r. Frank Schmidt lla Schmidt ilvia Schmidt enate Schmidt einz Schmitt arsten Schneider laf Scholz ttmar Schreiner wen Schulz wald Schurer r. Angelica Schwall-Düren r. Martin Schwanholz olf Schwanitz ita Schwarzelühr-Sutter olfgang Spanier r. Margrit Spielmann örg-Otto Spiller r. Ditmar Staffelt ndreas Steppuhn udwig Stiegler olf Stöckel hristoph Strässer r. Peter Struck oachim Stünker r. Rainer Tabillion örg Tauss ella Teuchner r. h. c. Wolfgang Thierse örn Thießen ranz Thönnes ans-Jürgen Uhl üdiger Veit imone Violka örg Vogelsänger r. Marlies Volkmer edi Wegener ndreas Weigel unter Weißgerber ert Weisskirchen r. Rainer Wend ydia Westrich r. Margrit Wetzel ndrea Wicklein eidemarie Wieczorek-Zeul r. Dieter Wiefelspütz ngelbert Wistuba r. Wolfgang Wodarg W H U M B F J D C D U R A E P M J U O P H D D H M J D H E B D M D H G J H S H I S M M H P J B D H D C G J F D M D D D C F C D altraud Wolff eidi Wright ta Zapf anfred Zöllmer rigitte Zypries DP ens Ackermann r. Karl Addicks hristian Ahrendt aniel Bahr we Barth ainer Brüderle ngelika Brunkhorst rnst Burgbacher atrick Döring echthild Dyckmans örg van Essen lrike Flach tto Fricke aul K. Friedhoff orst Friedrich r. Edmund Peter Geisen r. Wolfgang Gerhardt ans-Michael Goldmann iriam Gruß oachim Günther r. Christel Happach-Kasan einz-Peter Haustein lke Hoff irgit Homburger r. Werner Hoyer ichael Kauch r. Heinrich L. Kolb ellmut Königshaus udrun Kopp ürgen Koppelin einz Lanfermann ibylle Laurischk arald Leibrecht na Lenke abine LeutheusserSchnarrenberger ichael Link arkus Löning orst Meierhofer atrick Meinhardt an Mücke urkhardt Müller-Sönksen irk Niebel ans-Joachim Otto etlef Parr ornelia Pieper isela Piltz örg Rohde rank Schäffler r. Konrad Schily arina Schuster r. Hermann Otto Solms r. Max Stadler r. Rainer Stinner arl-Ludwig Thiele lorian Toncar hristoph Waitz r. Guido Westerwelle D D H M B D M D fr H E B D M V C B G A E D H K K A B W P P U D B T U S F R M U M D A J K W O B K E C Ir D R S H D J W J M (C (D r. Claudia Winterstein r. Volker Wissing artfrid Wolff artin Zeil ÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN atthias Berninger r. Uschi Eid aktionslos enry Nitzsche nthalten ÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN arieluise Beck olker Beck ornelia Behm irgitt Bender rietje Bettin lexander Bonde kin Deligöz r. Thea Dückert ans-Josef Fell ai Gehring atrin Göring-Eckardt nja Hajduk ritta Haßelmann infried Hermann eter Hettlich riska Hinz lrike Höfken r. Anton Hofreiter ärbel Höhn hilo Hoppe te Koczy ylvia Kotting-Uhl ritz Kuhn enate Künast arkus Kurth ndine Kurth onika Lazar r. Reinhard Loske nna Lührmann erzy Montag erstin Müller infried Nachtwei mid Nouripour rigitte Pothmer rista Sager lisabeth Scharfenberg hristine Scheel mingard Schewe-Gerigk r. Gerhard Schick ainder Steenblock ilke Stokar von Neuforn ans-Christian Ströbele r. Harald Terpe ürgen Trittin olfgang Wieland osef Philip Winkler argareta Wolf Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner Nächster Redner in der Debatte ist der Kollege Leo Dautzenberg, CDU/CSU-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestern haben wir hier im Plenum anlässlich des Jahreswirtschaftsberichtes 2007 über die aktuellen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Wachstum und Beschäftigung gesprochen. Wir waren weitgehend einig, dass trotz erfreulichem Aufschwung in den letzten Monaten die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit eine große Herausforderung für Politik und Wirtschaft bleibt. Besonders problematisch ist die Arbeitslosigkeit unter jungen Menschen und die große Anzahl langzeitarbeitsloser Menschen. Über die Problematik der älteren arbeitslosen Menschen werden wir gleich bei unserer Debatte über den fünften Altenbericht noch mehr hören. Die Große Koalition hat bereits verschiedene Maßnahmen gerade zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit ergriffen, und die Diskussion über weitere mögliche politische Ansatzpunkte geht innerhalb der Koalitionsfraktionen weiter. Jeder ist herzlich dazu eingeladen, sich an dieser Diskussion konstruktiv zu beteiligen. Die Betonung liegt dabei auf „konstruktiv“. Das Arbeitsmarktkonzept, das Sie, meine Damen und Herren der Fraktion Die Linke, Anfang Januar bei Ihrer Klausurtagung der Öffentlichkeit präsentiert haben, verdient dieses Attribut mit Sicherheit nicht. Im Gegenteil: Ihr jüngster arbeitsmarktpolitischer Beitrag ist leider wieder einmal nicht mehr als der Griff in die ideologische Mottenkiste, wie auch bei diesem Antrag zu sehen ist. Ihr Konzept lautet: Wir schaffen 500 000 Arbeitsplätze durch Wiedereinführung der Börsenumsatzsteuer. Sie gaukeln der Bevölkerung allen Ernstes vor, dass der Staat aktiv Arbeitsplätze schaffen könne. Dabei schwebt Ihnen vor, dass der Staat in einer Art Robin-HoodManier von den bösen vermögenden Menschen die Börsenumsatzsteuer kassiert, um damit Arbeitsplätze im gemeinwohlorientierten Bereich zu schaffen und zu finanzieren. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Dazu sind Steuern doch da!)


(Hildesheim)


(Wackernheim)





(A) )


(B) )


(Tuchenbach)


(Wiesloch)


(Wolmirstedt)


(Frankfurt)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der CDU/CSU)

Leo Dautzenberg (CDU):
Rede ID: ID1608009200

(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Doch!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: 1 Prozent!)


Diesmal ist es der Ansatz der Wiedereinführung der
Börsenumsatzsteuer. Ich warte auf die Wiedervorlage Ih-
rer Anträge zur Tobin-Steuer, mit der Sie ja auch be-
stimmte internationale Spekulationen belegen wollten,
und darauf, dass Sie die Plenarzeit sinnvoll mit einem
solchen Thema ausfüllen.


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Das kommt noch! Darauf können Sie sich verlassen!)


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(C (D Ich erspare uns allen jetzt einen volkswirtschaftlichen xkurs darüber, wie Arbeitsplätze mit Perspektive enttehen und welche Rolle der Staat dabei spielen soll. icht ersparen kann ich Ihnen, meine Damen und Heren der Linken, aber eine Auseinandersetzung mit Ihren ohlfeilen Thesen zur Börsenumsatzsteuer, die wir seler im Jahre 1990 in Deutschland abgeschafft haben. (Frank Schäffler [FDP]: Das war ein gutes Jahr!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


n Ihrem heute zur Beratung anstehenden Antrag führen
ie im Wesentlichen drei Argumente für die Wiederein-
ührung der Börsenumsatzsteuer in Deutschland an. Auf
iese drei Thesen möchte ich im Folgenden kurz einge-
en.

Zunächst behaupten Sie, dass sich der deutsche Fi-
anzplatz eine Börsenumsatzsteuer leisten könne, ohne
adurch im internationalen Vergleich signifikante
ettbewerbsnachteile zu erleiden. Ihr vermeintlicher
eleg: Auch andere EU-Länder, wie beispielsweise
roßbritannien, hätten eine Börsenumsatzsteuer. Es ist

ichtig, dass es heute noch in elf von vormals 25 EU-
taaten eine Börsenumsatzsteuer gibt. Das ist aber nur
ie halbe Wahrheit. Ebenso wahr ist auch, dass in kei-
em der EU-Staaten in den letzten 20 Jahren eine Börsen-
msatzsteuer neu eingeführt wurde. Lediglich die
chweden haben im Jahre 1983 eine entsprechende
teuer eingeführt, diese aber bereits acht Jahre später
ieder abgeschafft, und zwar aus einem Grund, der sehr
eutlich macht, dass eine Börsenumsatzsteuer schädlich
ür den Finanzplatz ist: Ein großer Anteil des schwedi-
chen Börsenumsatzes verlagerte sich damals an auslän-
ische Handelsplätze.

Der Trend sowohl in den EU-Mitgliedstaaten als auch
nternational geht eindeutig in Richtung Abschaffung
er Börsenumsatzsteuer. In den USA, Frau Kollegin
öll, gibt es bereits seit 1966 keine Börsenumsatzsteuer
ehr, in Japan seit 1999. Aber Großbritannien, werden
ie, meine Damen und Herren der Linken, einwerfen,
abe doch die Börsenumsatzsteuer, und der Börsenum-
atz dort wachse trotzdem. Ja; die Betonung liegt hier
ber eindeutig auf „trotzdem“.


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Aber er wächst!)


Wenn wir einmal von der isolierten Betrachtung der
örsenumsatzsteuer abrücken und uns die eigentlich in-

eressante Gesamtsteuerbelastung in diesem Bereich auf
en Finanzmärkten ansehen – denn das ist der Maßstab
nd nicht, ob ein Teil dieser Belastung in Form der Bör-
enumsatzsteuer besteht –, dann stellen wir fest, dass der
eutsche Finanzplatz bereits jetzt steuerliche Nachteile
egenüber den Briten hat. Diese Nachteile sollten wir
icht durch eine Börsenumsatzsteuer noch weiter ver-
tärken.

Kommen wir nun zu Ihrer zweiten These, meine Da-
en und Herren der Fraktion Die Linke. Diese läuft un-

er einem Gerechtigkeitsbegriff, der wieder einmal Ihr
ehlendes Verständnis für die volkswirtschaftliche Be-






(A) )



(B) )


Leo Dautzenberg
deutung des Finanzmarktes erkennen lässt. Sie argumen-
tieren, dass die Mehrwertsteuererhöhung vor allem die
Menschen mit niedrigen Einkommen belastet, und
folgern daraus, dass zur Konsolidierung des Staatshaus-
haltes nun auch die Vermögenden in besonderer Weise
herangezogen werden müssten. Als Steuer für die Ver-
mögenden schlagen Sie die Börsenumsatzsteuer vor.

Meine Damen und Herren von der Linken, Sie ver-
gessen bei dieser Argumentation, dass die Börse nicht
nur ein Thema für die Vermögenden ist, sondern dass
eine Börsenumsatzsteuer auch jeden einzelnen Sparer,
der in Wertpapiere investiert, treffen würde. Unsere Ziel-
vorstellung ist, dass die Beteiligung am Produktivver-
mögen für breite Kreise der Bevölkerung weiter er-
schlossen werden soll und dass wir unsere Aktienkultur
weiterentwickeln.


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Dazu muss man erst einmal Einkommen haben!)


Daher ist Ihr Ansatz kontraproduktiv. Mit dieser Steuer
würden gerade die Bereiche belastet werden, die eigent-
lich nicht belastet werden sollten.

Ein weiterer Punkt kommt hinzu. Angesichts der vor-
handenen Systeme des Aktienhandels auf den internatio-
nalen Finanzmärkten muss man sagen, dass Sie mit Ih-
ren Vorschlägen an der Gruppe der Besserverdienenden,
die Sie erfassen wollen, vorbeigehen. Außerdem würden
Sie dem normalen Anleger Liquidität entziehen, wo-
durch ein liquiditätsorientierter Kurs verhindert wird. Ihr
Vorschlag würde also auf kontraproduktive Weise wir-
ken.


(Widerspruch der Abg. Dr. Barbara Höll [DIE LINKE])


Ihre dritte These lautet, die Börsenumsatzsteuer sei
ein geeignetes Instrument gegen die übertriebene Speku-
lation mit Wertpapieren, die sich verheerend auf Investi-
tionen, Wachstum und Beschäftigung auswirke. Auch
diese These verdeutlicht wieder einmal mehr Ihr tiefes
Misstrauen in den Finanzmarkt. Allem, was Sie nicht
selber kontrollieren können, begegnen Sie sofort mit
Misstrauen. Wohin das führt, konnten wir vor der Wie-
dervereinigung Deutschlands sehen.


(Frank Schäffler [FDP]: Sehr richtig!)


Sie versprechen sich von einer Börsenumsatzsteuer
volkswirtschaftlich positive Lenkungseffekte. Dabei
überwiegen ganz eindeutig die negativen Auswirkun-
gen. Ich möchte hier nur einige kurz skizzieren. Was Sie,
isoliert betrachtet, als erstrebenswerte Verminderung der
spekulativen Käufe und Verkäufe beschreiben, könnte in
Wahrheit eine Verminderung der Handelsumsätze be-
deuten. Eine Verminderung der Handelsumsätze ist kei-
nesfalls erstrebenswert, weil sich dadurch die Liquidität
des Handels verringern und damit die Kursfeststellung
an den Börsen verschlechtern würde.

Damit einher geht ein weiteres volkswirtschaftliches
Argument gegen die Börsenumsatzsteuer, nämlich die
Beeinträchtigung der Kapitalproduktivität. Eine Börsen-
umsatzsteuer würde eine optimale Kapitalallokation in-
sofern erschweren, als die Investoren und Sparer ihre

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(C (D nlageentscheidung nicht mehr rein renditeorientiert, ondern vermehrt steuerinduziert treffen würden. Außerem würden wir mit einer Börsenumsatzsteuer einen eiteren Anreiz zur Steuerflucht geben. Diese Erfahrunen haben, wie gesagt, die Schweden in den 80er-Jahren emacht. Nachher haben sie die Börsensteuer wieder abeschafft. Lassen Sie mich abschließend noch einige Worte zu en mutmaßlichen staatlichen Einnahmen durch eine örsenumsatzsteuer sagen. Sie haben sie in Ihrem An rag und auch in Ihrer Rede quantifiziert. Die Linke führt ns Feld, das Ergebnis könnten 38 Milliarden Euro Steureinnahmen sein. Das ist eine absurde Zahl, Frau Kollein Höll. Das zeigt schon ein Blick auf die Länder, in deen es gegenwärtig noch eine Börsenumsatzsteuer gibt. elbst in Großbritannien, einem der größten Finanzlätze der Welt, liegen die Einnahmen aus der Börsenmsatzsteuer mit durchschnittlich 4,5 Milliarden Euro ährlich weit unter den von Ihnen proklamierten Zahlen. Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der ollegin Höll? Frau Präsidentin, ich bitte um Verständnis, dass ich iese Frage nicht zulasse. Wenn meine bisherigen Ausührungen nicht zur Erhellung beigetragen haben, dann ird es die Beantwortung der Zwischenfrage ebenfalls icht tun. (Beifall des Abg. Manfred Grund [CDU/CSU] und des Abg. Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1608009300
Leo Dautzenberg (CDU):
Rede ID: ID1608009400

Um es kurz zu machen: Ihr Antrag zur Wiedereinfüh-
ung der Börsenumsatzsteuer, meine Damen und Herren
er Fraktion Die Linke, ist finanzmarktschädlich und
äuft von seiner Intention her, nämlich Staatseinnahmen
n zweistelliger Milliardenhöhe zu erzielen, vollkommen
ns Leere. Für meine Fraktion lehne ich diesen Antrag
b.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Frank Schäffler [FDP])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1608009500

Ich gebe das Wort der Kollegin Höll zu einer Kurzin-

ervention.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach nein, Frau Höll!)



Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1608009600

Nur kurz, Herr Kollege Dautzenberg. Erstens möchte

ch Sie fragen, ob ich Sie richtig verstanden habe, dass
ie – denn Sie haben argumentiert, dass die Börsenum-
atzsteuer von 1 Prozent insbesondere die kleinen Anle-
er belasten würde – in einem nächsten Schritt einen Ge-
etzentwurf vorlegen werden, in dem Sie die Halbierung






(A) )



(B) )


Dr. Barbara Höll
des Sparerfreibetrages zurücknehmen; denn damit haben
Sie die kleinen Sparer nun wirklich getroffen.


(Beifall bei der LINKEN)


Zweitens möchte ich Sie fragen, ob Sie bereit wären,
zur Kenntnis zu nehmen, dass die Börsenumsätze 2005
einen Umfang von 38 Milliarden Euro hatten und wir in
unserem Antrag von einer konservativen Rechnung,
nämlich von 30 Milliarden Euro, ausgegangen sind.


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)


Dass die Börse nicht wegen einer 1-prozentigen Belas-
tung zusammenbrechen wird, darin sind wir uns doch
wohl sicher einig. Das geschieht ja auch nicht bei einer
Mehrwertsteuer von 19 Prozent.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1608009700

Herr Dautzenberg, wollen Sie erwidern?


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Nein! Der Erkenntnisprozess ist nicht eingetreten!)


Dann erteile ich das Wort dem Kollegen Frank
Schäffler von der FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Frank Schäffler (FDP):
Rede ID: ID1608009800

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her-

ren! Der Antrag der Fraktion Die Linke geht in die völlig
falsche Richtung. Er ist aber heute ganz gut platziert;
denn auch die eben beschlossene sogenannte Gesund-
heitsreform geht in die völlig falsche Richtung.


(Zuruf von der CDU/CSU: Jetzt hat er so gut angefangen!)


Der einzig richtige Punkt in Ihrem Antrag ist, dass Sie
die Mehrwertsteuererhöhung kritisieren. Aber Ihre Ant-
wort darauf ist eine immer neue Steuererhöhung an an-
derer Stelle, in diesem Fall sogar die Wiedereinführung
einer Steuer, die die Union und die FDP 1990 abge-
schafft haben. Wir haben damals übrigens in einem Ge-
setz die Börsenumsatzsteuer, die Gesellschaftsteuer und
die Wechselsteuer abgeschafft. Es ist schön, dass wir uns
heute noch einmal an diese Bürokratiebeseitigungsge-
setze erinnern.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es geht in der Politik also auch anders, meine Damen
und Herren von der Union.

Für eine Fraktion wie Die Linke ist die Börse natür-
lich der Hort des unbändigen Kapitalismus. Daher passt
der Antrag zur Wiedereinführung der Börsenumsatz-
steuer zu Ihrer Ablehnung der sozialen Marktwirtschaft.


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Wir verteidigen sie hier! Wir sind für ein solidarisches Gesundheitssystem! Wir verteidigen es hier noch gegen diese Mehrheit!)


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(C (D atsächlich ist der Antrag aber eine Schmalspurversion iner von Ihnen geforderten Tobin-Steuer auf Geldtransers. Schon dieser Vorschlag gehört in die Mottenkiste er Wirtschaftswissenschaften. Aber dann in Ihrem Antrag Keynes zu zitieren, zeigt ir, wie weltfremd die Linke ist. Dass die Umsetzung er Theorien von Keynes erst zu der gigantischen Staatserschuldung geführt hat, die wir heute mühsam bedieen müssen, (Florian Pronold [SPD]: Keynes war ein Liberaler! Hätten Sie das gewusst?)


assen Sie völlig außer Acht.


(Florian Pronold [SPD]: Gegen liberale Wirtschaftswissenschaften! Ich bin entsetzt!)


Es ist nicht nur in Zeiten der EU-Ratspräsidentschaft
ichtig, davon zu lernen, was unsere europäischen
achbarn machen. Herr Dautzenberg hat es gesagt: Die
chweden haben 1985 eine Börsenumsatzsteuer, wie Sie
ie fordern, eingeführt, jedoch schon 1992 wieder abge-
chafft. Die Steuereinnahmen waren nämlich viel gerin-
er als erwartet. 165 Millionen Euro pro Jahr wurden er-
artet; 9 Millionen Euro pro Jahr waren es tatsächlich

m Maximum. Der Finanzplatz wurde trotz geringer Ein-
ahmen jedoch erheblich beschädigt. Der Handel mit
onds ging bereits eine Woche nach Einführung dieser
teuer um 85 Prozent zurück. Das Handelsvolumen von
utures und Optionen sank sogar um 98 Prozent. Der
andel verlagerte sich in ganz erheblichem Umfang
ach London.

Das Beispiel Schweden zeigt, dass Ihre Einnahmeer-
artungen reine Spekulation sind. Sie glauben immer
och, dass möglichst hohe Steuern zu besonders hohen
innahmen führen. Die enormen Steuererhebungskosten
üssten Sie natürlich gegenrechnen. Sie wollen die

eutsche Steuerbürokratie und damit die Staatswirtschaft
usweiten. Wir wollen das Gegenteil.

Unser Ziel sollten gleiche Wettbewerbsbedingungen
n Europa sein. Der Trend in der EU und auch die Be-
trebungen der Kommission gehen aber gerade weg von
er Börsenumsatzsteuer. In Großbritannien, das Sie als
eispiel anführen, gibt es übrigens eine Reihe von Aus-
ahmen. Es werden nur Transaktionen in Aktien von
nternehmen herangezogen, die ihren Rechtssitz in
roßbritannien haben. Renten und Derivate werden von
er dortigen Stempelsteuer gar nicht erfasst. Die Diskus-
ionen in Großbritannien zeigen, dass die Börsenumsatz-
teuer inzwischen kritisch gesehen wird. Studien für die
ondon Stock Exchange haben klar nachgewiesen, dass
ie Steuer die Börsenumsätze senkt und das gesamtwirt-
chaftliche Wachstum hemmt. Eine Wiedereinführung
er Börsenumsatzsteuer wäre also das Schlechteste, was
ir unserem Finanzplatz antun könnten.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Leo Dautzenberg [CDU/CSU])


s würde ferner unsere Bemühungen zur Integration des
uropäischen Finanzdienstleistungsmarktes unglaubwür-
ig machen.






(A) )



(B) )


Frank Schäffler
Union und FDP haben die Börsenumsatzsteuer 1990
gemeinsam abgeschafft. Das waren keine schlechten
Zeiten für unser Land.


(Florian Pronold [SPD]: Das kam Ihnen jetzt schwer über die Lippen! Beim Lügen wird es schwer, gell?)


Wir haben gemeinsam Steuersenkungs- und Steuerver-
einfachungspolitik betrieben. Daran sollte die Union,
dieses Parlament insgesamt, wieder anknüpfen. Dann
gäbe es am Ende dieses schlechten Tages für Deutsch-
land mit dem Einstieg in die sozialistische Einheitskasse
doch noch einen kleinen Hoffnungsschimmer.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1608009900

Das Wort hat jetzt die Kollegin Nina Hauer von der

SPD-Fraktion.


Nina Hauer (SPD):
Rede ID: ID1608010000

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Frau Dr. Höll, bei einer Sozialdemokratin brauchen Sie
nicht für die Idee zu werben, dass große Vermögen ihren
Anteil zur Finanzierung gesellschaftlicher Aufgaben
leisten. Bei uns brauchen Sie auch nicht für die Idee zu
werben, dass Investoren sich ihrer wirtschaftlichen und
gesellschaftlichen Verantwortung stellen müssen.


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Leider doch!)


Das Instrument, das Sie vorschlagen, ist aber nicht ge-
eignet, um das zu erreichen, was Sie erreichen wollen.


(Beifall des Abg. Leo Dautzenberg [CDU/ CSU] – Frank Spieth [DIE LINKE]: Das ist halt konkret!)


Ihren Vergleich mit der Mehrwertsteuer finde ich re-
gelrecht abenteuerlich. Frau Dr. Höll, wenn Sie ein Paar
Socken kaufen,


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Rote Socken! – Gegenruf des Abg. Frank Spieth [DIE LINKE]: Selbstverständlich auch rote Socken! Wir sind nicht blind!)


dann zahlen Sie Mehrwertsteuer. Wenn die Mehrwert-
steuer erhöht wird, zahlen Sie mehr Mehrwertsteuer.
Wenn Sie aber den Kaufvorgang besteuern – das verbirgt
sich hinter der Börsenumsatzsteuer –, dann müssen Sie
damit rechnen, dass die Leute sagen: Ich drücke mich
um den Kaufvorgang, auf den die Steuer erhoben wird,
herum. Ich bekomme, was ich will, und spare beide
Steuern. – Die großen Investoren, die auf dem Finanz-
markt mit Millionen arbeiten, werden genau das tun. Sie
treffen mit der Börsenumsatzsteuer nur die kleinen Spa-
rer, die ihr erarbeitetes Vermögen oder ihre erwirtschaf-
teten Gewinne, ihre Altersversorgung an der Börse anle-
gen. Das werden nämlich diejenigen sein, die sich um
die Kaufsteuer nicht herumdrücken können.

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(C (D Bei den Socken ist es anders als bei den Finanzproukten. Die Socken kaufen Sie, um sie zu besitzen. Ein inanzprodukt hingegen kaufen Sie, um einen Zinsund inseszinsgewinn zu erhalten. Wenn Sie ein Finanzproukt mit einer durchschnittlichen Rendite von 4 Prozent aufen, für das ihre Bank inklusive Börsenumsatzsteuer inen Aufschlag von 1,25 Prozent verlangt – Sie müssen afür schon eine gute Kundin sein; Sie müssen viel Geld ngelegt haben –, dann zahlen Sie, wenn Sie das Produkt aufen, 1,25 Prozent, und wenn Sie das Produkt wieder erkaufen, um den Zinsgewinn zu erhalten, zahlen Sie rneut 1,25 Prozent. Das bedeutet: 2,5 Prozent Kosten ei 4 Prozent Gewinn. Damit schränken Sie die Mögichkeiten derjenigen, die sich für diese Produkte interesieren, ein. Am Ende bleiben 1,5 Prozent übrig. Auch Ihr Vergleich mit den Steuerfreibeträgen und en Sparerfreibeträgen hilft nicht weiter, weil davon eine ruppe betroffen ist, die schon einiges angelegt hat, die edenfalls den Gewinn schon hat. Sie wollen ja überaupt eine Zugangsbarriere aufbauen. Das hätte zur olge, dass Leute ihre Gelder für die Altersversorgung der ihr über Jahre aufgebautes Vermögen nicht am Kaitalmarkt anlegen können. Das finde ich nicht gerecht. ir wollen, dass die Leute ihr Geld auf dem Kapitalarkt anlegen. Wir wollen, dass diejenigen, die nur ein leines Vermögen angespart haben, ieses Geld sicher anlegen können. Sie sagen: Wenn ich einen großen Gewinn machen ill, dann muss ich mehr Risiko eingehen. Das ist am inanzmarkt so. – Das können die millionenschweren nvestoren, aber diejenigen, die von dieser Steuer am eisten betroffen wären, können das nicht. Sie müssten ann in Anlagen gehen, die entweder ganz wenig brinen, oder sie gehen woanders hin, zum Beispiel auf benteuertour mit Finanzmarktprodukten, die für die ltersversorgung eigentlich nicht geeignet sind. Sie treffen damit auch kleine Unternehmen, also dieenigen, die wir am Finanzmarkt haben wollen, damit sie ich dort Kapital holen können. Sie drängen sie im Endffekt auf abenteuerliche Finanzierungswege. Mir ist eu, dass Ihnen die Börse weniger lieb ist als die dunken Finanzierungswege von Private Equity. Aber das äre das Ergebnis dessen, was Sie hier vorschlagen. (Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Die stellen sich der Diskussion nicht, Frau Kollegin!)


(Frank Schäffler [FDP]: Das werden immer mehr!)


(Frank Schäffler [FDP]: Das regelt alles der Staat!)


Ich muss sagen: Sie haben einige große Weltökono-
en in Ihrer Fraktion. Daher bin ich verwundert, dass
ie überhaupt nicht beachten, was Sie am Kapitalmarkt
nrichten. Denn die Börsenumsatzsteuer ist, theoretisch
esehen, ein prozyklisches Instrument. Sie führt dazu,
ass Börsenkurse am Ende volatiler werden, das heißt,
ass sie stärker nach oben und unten ausschlagen.


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Die Engländer haben diese Sorge nicht, die anderen Nationen auch nicht!)







(A) )



(B) )


Nina Hauer
Auch das ist gerade für kleine Anleger ein höheres Ri-
siko, weil sie das nicht ausgleichen können. Sie sorgen
dafür, dass Anleger steuergelenkt und nicht mehr rendi-
tegelenkt investieren. Es mag Ihnen unmoralisch vor-
kommen,


(Florian Pronold [SPD]: Unromantisch!)


wenn jemand renditegelenkte Anlage betreibt; unroman-
tisch ist es wahrscheinlich auch.


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Warum haben andere Nationen nicht diese Bedenken?)


Aber am Ende würde dies dazu führen, dass sich Kapital
verteuert und dass die Falschen unser Geld, das wir den
Unternehmen zur Verfügung stellen wollen, bekommen,
weil Unternehmer, Investoren und kleine Anleger da-
nach entscheiden, wo sie besser Steuern sparen, und
nicht danach, wo ihr Geld am besten aufgehoben ist. Das
wäre das genaue Gegenteil eines Finanzmarktes, der da-
für sorgt, dass wir mehr Wachstum und am Ende mehr
Beschäftigung haben.

Sie sagen, dass die anderen Finanzmärkte das auch
machen. Die Mutter aller Finanzmärkte in Großbritan-
nien hat eine Börsenumsatzsteuer von 0,5 Prozent auf
die Aktien von inländischen Unternehmen. Wenn Sie
sich den Finanzplatz London ansehen, dann erkennen
Sie, dass seine Stärke vor allen Dingen im Handel mit
internationalen Wertpapieren besteht. Diese Steuer führt
letztendlich dazu, dass britische Papiere weniger kon-
kurrenzfähig sind. Das ist der Grund, warum beide Par-
teien in jedem Wahlkampf darüber diskutieren, ob diese
Steuer eigentlich Sinn macht.


(Frank Schäffler [FDP]: Es gibt drei Parteien! Es gibt auch die Liberalen!)


Das Beispiel Schweden wurde schon genannt. Die
Schweden haben 1983 die Umsatzsteuer für die Börse
eingeführt. Sie haben Einnahmen in Höhe von
165 Millionen Euro erwartet. Sie haben nur 9 Millionen
Euro eingenommen – so viel dazu, dass Ihre Rechnun-
gen der Realität standhalten können –,


(Beifall des Abg. Leo Dautzenberg [CDU/CSU])


weil das Handelsvolumen bei den Bonds um 85 Prozent
eingebrochen ist. Das ist kein Anlageprodukt, dem man
nachsagen kann, es sei hochspekulativ. 50 Prozent aller
Werte, die vorher in Schweden gehandelt wurden, sind
dann in London über die Theke gegangen.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: So ist das!)


Das kann nicht Ihr Ernst sein; das würde unseren Finanz-
markt kaputtmachen. Das war auch nicht die Absicht in
Schweden. Sie haben die Steuer 1992 abgeschafft.

Andere Staaten, die diese Steuer haben – das sind we-
nige –, nehmen börsengehandelte Wertpapiere aus, also
gerade das, von dem Sie sagen, dass es die vielverspre-
chendsten Einnahmen bringt. Oder diese Staaten gewäh-
ren andere Steuervorteile. Dazu sage ich Ihnen als Sozi-
aldemokratin: Das finde ich übertrieben. Es sind das
nämlich Steuervorteile, die wir hier in Deutschland nicht
haben wollen. In der Europäischen Union gibt es kein

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(C (D and, das in den letzten 20 Jahren eine Börsenumsatzteuer eingeführt hat. Die meisten haben sie abgeschafft. Wir würden durch Einführung dieser Steuer Kleinanegern schaden und Investoren ins Dunkle treiben, in die inanzierung von Unternehmungen, bei denen es nicht m die Börsennotierung und die Öffentlichkeit geht, ondern um den Weg weg von der Öffentlichkeit ins unkle. Unser Finanzplatz wäre nicht mehr wettbeerbsfähig. Sie mögen denken, dass dies bedeutet, dass die mit em ganz feinen weißen Kragen sich einen neuen Job uchen müssen. Ich lade Sie gerne einmal nach Hessen in. In meinem Wahlkreis und an den Grenzen meines ahlkreises zur Stadt Frankfurt verdienen viele Men chen ihr Geld mit dem Finanzmarkt. Sie verdienen es icht nur, indem sie jeden Tag Millionen umsetzen, von enen ihnen die Hälfte gehört, sondern indem sie bei Fianzmarktunternehmen beschäftigt sind, (Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Da sind mehr beschäftigt als in der Immobilienindustrie!)


nd zwar in vielen verschiedenen Tätigkeiten mit ganz
nterschiedlichen Qualifikationen. Der Finanzmarkt ist
ur Jobmaschine geworden, nicht nur bei uns in der Re-
ion, in Hessen, sondern auch in anderen Bundeslän-
ern. Mit einer solchen Steuer würden wir dafür sorgen,
ass die Leute, die dort arbeiten, ihren Arbeitsplatz ver-
ieren werden. Sie stellen Forderungen, überlegen aber
icht, welche Konsequenzen diese für unser Land und
ür die Menschen, die in diesem Bereich arbeiten, haben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Ich hätte gerne gehört, was Ihr Kollege, der ehema-
ige Ministerpräsident des Saarlandes, zur Börsenum-
atzsteuer, die Sie fordern, sagt.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Wie hieß der noch?)


enn ich habe mit Überraschung festgestellt, dass er bei
bschaffung der Kapitalverkehrsteuer im Bundesrat
wo leider nicht festzustellen ist, wer wie abgestimmt

at – nichts gesagt hat; so wild scheint die Aufregung
amals also nicht gewesen zu sein.


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Das ist schon ein paar Tage her!)


afür können Sie natürlich nichts. Doch Sie versuchen
etzt, mit Ihrem Antrag eine so alte Idee wiederzubele-
en. Zugegeben: Diese Idee hört sich gut an, und es gibt
estimmt viele, die so etwas als gerecht empfinden. Aber
enn man sich näher mit der Sache befasst, muss man

eststellen: Das schadet unserem Standort, das schadet
en Menschen, die ihr Geld dem Finanzplatz anver-
rauen, das schadet denen, die am Finanzplatz arbeiten,
nd das schadet am Ende unserem Wachstum. Außer-
em wollen wir doch, dass die Menschen nicht nur Geld
ür die Altersvorsorge dem Finanzplatz anvertrauen,
ondern dass sie auch in die Unternehmen in Deutsch-
and investieren und sie damit finanzieren.

Vielen Dank.






(A) )



(B) )


Nina Hauer

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1608010100

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Gerhard Schick

von Bündnis 90/Die Grünen.


Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1608010200

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die

Linksfraktion hat wieder einmal einen Dreizeiler vorge-
legt. Ich habe nichts gegen Dreizeiler; doch wenn sie
schon so kurz sind, dann sollten sie wenigstens gereimt
sein.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP)


Es ist zwar nicht so, dass sich Inhalt und Länge von An-
trägen immer genau entsprechen. Aber man merkt an
den dürren, kurzen Worten Ihres Antrags schon, dass Sie
sich verschiedene Aspekte des Themas noch nicht genau
angeschaut haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich habe den Eindruck, Sie haben das „Statistische Jahr-
buch“ genommen, nach großen Summen Ausschau ge-
halten und dann den Stift fallen lassen, und auf das, wo
er gelandet ist, wollen Sie jetzt eine Steuer erheben. So
kann man soziale Gerechtigkeit nicht formulieren; da
muss man schon früher aufstehen!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Ein paar Punkte sind schon angesprochen worden.
Der erste ist der Vergleich mit Großbritannien. Wollen
Sie wirklich das Steuersystem am Finanzplatz London
als Vorbild für Deutschland nehmen und die Privilegien
für Spitzenverdiener in den Banken eins zu eins auf
Deutschland übertragen? – In Hessen ist das übrigens
konkret vorgeschlagen worden. – Man kann doch nicht
einen Einzelpunkt herausgreifen, aber das Umfeld außen
vor lassen!


(Frank Schäffler [FDP]: Reine Ideologie!)


Also: Wollen wir es vergleichen, oder wollen wir es
nicht vergleichen? Ich bin jedenfalls nicht dafür, London
insgesamt zum Vorbild zu nehmen.


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Das wollen wir auch nicht!)


Wenn Sie allerdings nur diesen einen Aspekt herausgrei-
fen wollen, müssen Sie sich damit auseinandersetzen,
wie sich das auf die Wettbewerbsfähigkeit auswirkt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Der zweite Punkt. Sie behaupten, Spekulation werde
dadurch eingeschränkt. Wissen Sie, Derivate – der spe-
kulativere Teil der Finanzgeschäfte – sind in London von
dieser Steuer ausgenommen. Das Londoner Modell zu
übertragen, heißt also nicht, Spekulation zu unterbinden.
Wenn Sie aber die spekulativen, die derivativen Finanz-
instrumente einbeziehen wollen, müssen Sie sich genau
anschauen, was das für den Wettbewerb zwischen den

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(C (D tandorten bedeutet. Ihr einfacher Vergleich funktioniert lso nicht. Für unsere Seite, für die Grünen, möchte ich noch das erbraucherpolitische Argument hervorheben. Wenn wir ine reine Börsenumsatzsteuer einführen, dann heißt das, ass wir die Umsätze entweder in die weniger transpaente Internalisierung drängen oder in die Over-theounter-Geschäfte, also die, die nicht an geregelten Pläten stattfinden. Das ist das Gegenteil dessen, was wir ollen. Wir wollen, dass die Geschäfte transparent und ichtbar für die Verbraucher stattfinden. Man müsste ich also überlegen, wie eine Besteuerung auszusehen ätte, damit der Handel weiter an den geregelten Finanzlätzen stattfindet. as sind verschiedene Punkte, bei denen sichtbar wird, ass Sie das Vorhaben nicht zu Ende gedacht haben und ass der Impetus, etwas für soziale Gerechtigkeit tun zu ollen, nicht zu konkreten und machbaren Vorschlägen ührt. Wenn Sie über Finanztransaktionen sprechen wollen, ann möchte ich Ihnen eine Bitte mit auf den Weg geen: Beachten Sie das bitte bei der nächsten großen Fianztransaktion in Berlin, die Sie mitverantworten weren! Das wird wichtige Auswirkungen auf den inanzplatz haben. Ich möchte noch einige Gegenargumente aufgreifen nd kommentieren. Frau Hauer, Sie haben gesagt, man üsse den Sozialdemokraten nicht viel über Soziales er ählen. Ich glaube aber, dass man ständig an seinem Ruf rbeiten muss. nsofern meine ich nicht, dass dieses Argument auseicht. Ich würde mir vielmehr konkrete Vorschläge ünschen. Die verkorkste Reichensteuer, die Sie mitver ntwortet haben, kann nicht der Weisheit letzter Schluss ein, wenn es um eine soziale Steuerpolitik geht. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Lachen des Abg. Hartmut Koschyk [CDU/CSU])


Das Argument der Jobmaschine kann immer herange-
ogen werden, auch wenn es um die Sockenindustrie
eht. Den Hinweis auf die Mehrwertsteuer halte ich als
enerelles Argument ebenfalls nicht für tragfähig. Bei
iesem Thema ist eine andere, spezifische Argumenta-
ion notwendig.

Ich möchte noch ein weiteres Argument aufgreifen.
err Schäffler hat bemerkt, das Vorhaben passe gut zur
esundheitsreform. Ich habe den Eindruck: Die Große
oalition geht häufig so vor, dass sie erst etwas ab-

chafft und es dann wieder einführt. Vielleicht bietet es
ich auch bei der Börsenumsatzsteuer an, diese Richtung
inzuschlagen.

Sie haben zuerst die Abschreibungsbedingungen er-
eichtert; jetzt werden sie wieder eingeschränkt. Sie ha-
en zuerst den Steuerzuschuss zur Krankenversicherung
esenkt; jetzt soll er wieder erhöht werden. Zu diesem






(A) )



(B) )


Dr. Gerhard Schick
Kurs würde es sehr gut passen, die Börsenumsatzsteuer,
die Sie seinerzeit abgeschafft haben, wieder einzuführen.

Aber zurück zum Ernst der Lage: Sie haben heute im
Zusammenhang mit der Gesundheitsreform Steuererhö-
hungen angekündigt.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Wer?)


– Der Finanzminister der von Ihnen getragenen Regie-
rung hat Steuererhöhungen angekündigt. – Wenn Sie alle
steuerpolitischen Vorschläge – so dünn sie auch sein mö-
gen – ablehnen, dann müssen Sie auch sagen, was Sie
konkret vorhaben und an welchen steuerpolitischen Vor-
schlägen Sie arbeiten.

Das Argument, dass Finanztransaktionen in
Deutschland keiner wie auch immer gearteten Umsatz-
steuer unterliegen und dass es insofern eine Sonderrege-
lung gibt, ist nicht zurückzuweisen. Ich kann deshalb für
unsere Fraktion feststellen, dass wir uns mit den Vor-
schlägen gründlich befassen werden. Sie können sich
darauf verlassen: Wenn die Grünen einen Vorschlag zu
einer sozial gerechteren Steuerpolitik vorlegen, dann
wird er mehr als drei Zeilen umfassen und etwas besser
durchdacht sein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Florian Pronold [SPD]: Er wird aber nicht sehr sozial sein, wie man die Grünen mittlerweile kennt!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1608010300

Das Wort hat jetzt der Kollege Georg Fahrenschon

von der CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Georg Fahrenschon (CSU):
Rede ID: ID1608010400

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Wir vermissen den Weltkökonomen Oskar
Lafontaine in dieser Debatte.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Auch Herr Ernst hat uns schon verlassen. Angesichts der
durchschlagenden Argumentation, mit der der Antrag
begründet wird, kann die deutsche Öffentlichkeit sehr
froh sein, dass Oskar Lafontaine in den Jahren 1998 und
1999 nicht länger als knapp fünf Monate Finanzminister
dieses Landes war.

Sie rechnen in Ihrem Antrag zur Wiedereinführung
einer Börsenumsatzsteuer mit sagenhaften 38 Milliarden
Euro Steuermehreinnahmen. In der Debatte haben Sie
diesen Betrag auf immerhin 30 Milliarden Euro redu-
ziert. Die Summe erklärt sich mit einer klassischen
Milchmädchenrechnung: Bei einem Börsenumsatz von
3,8 Billionen Euro in Deutschland entspricht 1 Prozent
38 Milliarden Euro. Das ist rechnerisch richtig und
klingt auf den ersten Blick auch logisch. Auf den zwei-
ten Blick jedoch stellt sich der Antrag als völliger Unfug
heraus,


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D it dem die Linksfraktion ihren alten Schlager „Wir sind ie sozialste Partei, greifen den Großkapitalisten in die asche und verteilen das Geld an die armen Leute“ in eicht veränderter Melodie neu aufführen möchte. (Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Wir wollen Arbeitsplätze damit schaffen!)


Dabei übersehen Sie leider zwei maßgebliche Punkte.
rstens geht Ihre Rechnung nicht auf. 38 Milliarden
uro bzw. 30 Milliarden Euro Einnahmen sind eine völ-

ige Utopie. Das von Ihnen gerne angeführte Beispiel
roßbritannien – immerhin einer der größten Finanz-
ärkte der Welt – nimmt durch die Stamp Duty im
chnitt 4,6 Milliarden Euro ein.

Sie übersehen zweitens, dass inzwischen nicht mehr
ur der klassische Großkapitalist mit Aktien handelt,
ondern durchaus auch der sogenannte kleine Mann,


(Florian Pronold [SPD]: Der Hartz-IV-Empfänger, oder wie?)


er damit zum Beispiel seine private Altersversorgung
etreibt.


(Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Börsenumsatzsteuer ist ein Relikt aus dem
9. Jahrhundert. Sie ist ursprünglich aus der fiskalischen
elastung von Urkunden des Börsenverkehrs hervorge-
angen, für die früher behördlich gestempeltes Papier zu
erwenden war. 1881 wurden erstmals Schlussnoten
ber gewisse Wertpapieranschaffungen mit einer fixen
tempelabgabe belegt. Die Börsenumsatzsteuer, die ih-
en Ursprung, wie gesagt, im vorvergangenen Jahrhun-
ert hat, wurde nicht zuletzt nach klaren Einlassungen
er damaligen unionsgeführten Bundesregierung 1991
urch das Finanzmarktförderungsgesetz abgeschafft.

Die Begründungen für diesen Schritt sind heute noch
o aktuell wie damals.

Erstens. Kapitalverkehrsteuern behindern die Kapital-
eschaffung zur Stärkung des Eigenkapitals.

Zweitens. Kapitalverkehrsteuern behindern die Mobi-
ität des Finanzkapitals.

Drittens. Kapitalverkehrsteuern laufen dem Gedanken
iner EU-weiten Integration der Märkte völlig zuwider.

Viertens. Kapitalverkehrsteuern stellen einen Wettbe-
erbsnachteil für den Finanzplatz Deutschland dar.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Gemessen an ihrem fiskalischen Nutzen sind ihre
achteile für Wettbewerb, Wachstum und Arbeitsplätze
roß. Ich weiß, jetzt kommt das Argument, dass andere
taaten ebenfalls eine Börsenumsatzsteuer haben und wir
it anderen Staaten im Wettbewerb stehen. Das ist richtig,
elf Ländern der Europäischen Union gibt es eine soge-

annte Transaction Tax. Ihre Höhe liegt zwischen 0,005
nd 1 Prozent. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass in ei-
em Großteil der Länder, die die Transaction Tax erheben,
anz wesentliche Ausnahmeregelungen zugrunde liegen.






(A) )



(B) )


Georg Fahrenschon
So wird in Finnland, Italien, Malta, Polen, Portugal
und Slowenien – immerhin in sechs von den elf Staaten –
keine Transaction Tax auf an der Börse gehandelte Wert-
papiere erhoben, sondern lediglich auf außerbörsliche
Geschäfte sowie auf Immobilien und Grundbesitz.


(Frank Schäffler [FDP]: Man muss sich vorher schlaumachen!)


Das ist genau im Gegensatz zu dem, was Sie in Ihrem
Antrag verlangen.

In dem immer wieder gern angeführten Großbritan-
nien gilt die Stamp Duty Reverse Tax nur auf inländi-
sche Transaktionen. Zudem sind weitere Finanzprodukte
wie Renten, Derivate, Exchange Traded Funds und aus-
ländische Aktien ausgenommen.

Nebenbei bemerkt: Die Höhe der Einnahmen aus der
Stamp Duty in Großbritannien erklärt sich unter ande-
rem dadurch, dass in Großbritannien auch sehr starke
Anlageprodukte wie beispielsweise die Immobilien-AG
– Stichwort REITs – gehandelt werden dürfen. Das wol-
len Sie ja unter allen Umständen verhindern. Wir erwar-
ten eine spannende Debatte.

Festzuhalten ist auch, dass in keinem EU-Mitglied-
staat in den letzten 20 Jahren eine Transaction Tax für
Börsengeschäfte eingeführt wurde. Über Schweden
wurde bereits gesprochen. Schauen Sie sich die Realität
an. Schweden hat 1983 mit 165 Millionen Euro pro Jahr
gerechnet, es sind aber durchschnittlich nur 9 Millionen
Euro geworden. Schweden hat dieses Projekt schnellst-
möglich wieder eingestellt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Das Gegenteil ist richtig. Die meisten Staaten in der
Europäischen Union haben die Börsenumsatzsteuer ab-
geschafft: Spanien 1988, die Niederlande 1990, Däne-
mark 1999 und Österreich 2000. In anderen nichteuro-
päischen Finanzplätzen wie zum Beispiel den USA und
Japan ist die Börsenumsatzsteuer ebenfalls abgeschafft
worden, in den Vereinigten Staaten 1966 und in Japan
1999.

Sie, meine Damen und Herren von der Linksfraktion,
sehen: Die Entwicklung hinsichtlich der Börsenumsatz-
steuer in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union
zeigt deutlich einen Trend hin zur Abschaffung. Selbst
Länder, die die Steuer erheben, haben in den letzten Jah-
ren Anpassungen vorgenommen.

Vor kurzem ist in Großbritannien wieder eine Diskus-
sion darüber entbrannt, ob die Stamp Duty vor dem Hin-
tergrund der aktuellen MiFID-Umsetzung, also der euro-
paweiten Richtlinie zur Regulierung der Finanzmärkte,
überhaupt noch gerechtfertigt ist. Denn derzeit ist noch
vollkommen unklar, inwieweit die europaweite Umset-
zung der Finanzmarktrichtlinie nicht auch generell zu ei-
ner Abschaffung der Börsenumsatzsteuer in der EU füh-
ren wird; denn sie stellt für ausländische Anleger ein
Marktzugangshindernis dar.

Genau solche Hindernisse wollen wir jetzt aber im
Zuge der geplanten Finanzmarktintegration abbauen. Sie

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(C (D ollen sie mit einer Wiedereinführung der Börsenumatzsteuer mittelfristig wieder einbauen. Meine Damen und Herren, das passt dann auch zum olitischen Ansatz Ihres Weltökonomen: heute so, moren so und übermorgen wieder ganz anders. Ich kann Sie nur bitten: Tun Sie uns allen einen Gefalen, bleiben Sie mit solchen Vorschlägen zu Hause, kümern Sie sich um Haus und Hof, sparen Sie dem deut chen Steuerzahler Geld und uns Zeit und Nerven. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1608010500

Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat

un der Kollege Jörg-Otto Spiller das Wort.


Jörg-Otto Spiller (SPD):
Rede ID: ID1608010600

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Gäbe es die begründete Aussicht – wie uns die
DS Glauben machen will –,


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Linke!)


ass man mit der Wiedereinführung der Börsenumsatz-
teuer jährlich Steuermehreinnahmen in der Größen-
rdnung von 30 Milliarden Euro erzielen könnte,


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Da würdet ihr schwach! – Ute Kumpf [SPD]: Das wäre schön!)


ekämen viele von uns in allen Fraktionen große Augen.
nd ich bin ganz sicher, alle Finanzminister, die nach
er Abschaffung der Börsenumsatzsteuer diese Erwar-
ung hätten haben dürfen, hätten sofort gesagt: Das ma-
hen wir! – Ob sie nun Waigel, Eichel, Steinbrück oder
skar Lafontaine heißen.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Ich wollte gerade sagen: Da fehlt noch einer in der Reihenfolge!)


ber Oskar Lafontaine hat das natürlich nicht gemacht.
er dachte überhaupt nicht daran,


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Zu arbeiten!)


enn das ist ein richtig intelligenter Mann,


(Zuruf von der SPD: Manchmal!)


enn auch etwas unstet.


(Heiterkeit bei der SPD)


ie werden das wahrscheinlich wissen, Frau Dr. Höll.
ber es war jedenfalls so: Als Lafontaine in der Verant-
ortung für die Bundesfinanzen war,


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Hat er die Flucht ergriffen!)


a ist er nie auf die Idee gekommen, die Börsenumsatz-
teuer wieder einzuführen. Wir in der Fraktion hätten
ns das sehr ruhig angehört, aber Oskar Lafontaine hat
atürlich auch die wahrscheinlichen Auswirkungen ge-
eneinander abgewogen: Wie hätte sich das am Finanz-






(A) )



(B) )


Jörg-Otto Spiller
platz Deutschland, insbesondere auf Frankfurt, ausge-
wirkt, und wie viel Einnahmen hätte man tatsächlich
erzielen oder erwarten können?

Nebenbei bemerkt: Die Börsenumsatzsteuer hat in
Deutschland im letzten Jahr ihrer Erhebung umgerechnet
ungefähr 400 Millionen Euro gebracht.


(Frank Schäffler [FDP]: D-Mark! Das waren damals noch D-Mark!)


– Ja, D-Mark, aber umgerechnet etwa 400 Millionen
Euro. Das ist ein bisschen weniger als 38 Milliarden
Euro. Aber Lafontaine ist eben nie auf die Idee gekom-
men, einen solchen Schritt zu gehen. Als der Bundesrat
– es war ja eine Idee von Hessen, die Börsenumsatz-
steuer abzuschaffen – darüber beraten hat, hat sich das
Saarland auch gar nicht zu Wort gemeldet. Das war de-
nen nicht sonderlich wichtig.

Sie können ihn ja gelegentlich einmal fragen, warum
er so spät auf diese Idee gekommen ist. Er weiß aber
natürlich auch, dass diese 38 oder auch nur 30 Milliar-
den Euro eine gänzliche Luftnummer sind. Alle Kolle-
gen – mit Ausnahme von Ihnen –, die vorher gesprochen
haben, haben schon darauf hingewiesen, zu welchen Be-
lastungen dies in London, aber auch woanders führen
würde und welche Ausnahmen es geben würde. Zum
Beispiel unterlägen alle deutschen Aktien, die in London
gehandelt würden, keiner Besteuerung, und in Luxem-
burg wäre das genauso. Das war auch der Grund dafür,
weshalb damals gesagt worden ist: Das lassen wir lieber,
wir schwächen nur unseren Finanzplatz, aber auf Dauer
Geld einnehmen, das werden wir nicht.

Also, das müssen Sie einmal mit Ihrem Kollegen
Fraktionsvorsitzenden besprechen. Das ist eine Luft-
nummer.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Deshalb ist er auch nicht da!)


Es schadet eigentlich auch Ihrer Partei, dass Sie solche
Dinge fordern, zu denen jeder, der sich damit ernsthaft
befasst, sagt: Das hat der Lafontaine nie gewollt. Und
wenn der irgendwo wieder in der Verantwortung wäre,


(Frank Schäffler [FDP]: Keine Drohungen! – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Um Gottes willen!)


würde er solchen Unfug auch gar nicht machen. Aber
dazu kommt es ja wahrscheinlich nicht.

Nun zu der Frage, was wir im Bereich der Besteue-
rung von in diesem Fall nicht Börsenumsätzen, sondern
von Veräußerungsgewinnen tun werden. Was haben
wir gemacht und was werden wir tun? Ich finde, das ist
eine sehr viel seriösere Fragestellung. Wir haben in der
letzen Legislaturperiode – damals zusammen mit den
Grünen – durchgesetzt, dass die Erfassung von Veräuße-
rungsgewinnen innerhalb der sogenannten Spekulations-
frist von einem Jahr bei den Banken korrekt erfolgt und
dass jeder Kunde eine Erträgnisaufstellung bekommt,
die er zusammen mit seiner Steuererklärung abgeben
muss.

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(C (D Wir werden darüber hinaus – das haben wir in der roßen Koalition vereinbart – mit der Einführung einer bgeltungsteuer auf Kapitalerträge, aber auch auf Ver ußerungsgewinne die Spekulationsfrist abschaffen. Das st nicht selbstverständlich. Darüber haben wir debatiert. Ich weiß, dass das insbesondere den Kollegen von er Union nicht leichtfiel. Aber ich finde, dieser Weg ist ehr viel vernünftiger und gerechter. Meine Damen und Herren von der Linksfraktion, Ihr ntrag liefe darauf hinaus, dass beispielsweise ein Renter, der sich von Bundesobligationen im Wert von 000 Euro trennt, weil er größere Anschaffungen vor ehmen will, Börsenumsatzsteuer zahlen muss. Wenn ich jemand aus Enttäuschung über die Kursentwicklung on seinen Telekom-Aktien trennt, zahlt er nach Ihrem orschlag ebenfalls Börsenumsatzsteuer. Wir wollen daegen Veräußerungsgewinne fair besteuern. Das halten ir für vernünftig. Im Übrigen wünsche ich mir, dass Sie, wenn Sie Anräge einbringen, einmal darüber nachdenken, ob die Auoren, deren Namen oben auf dem Antrag stehen, überaupt dahinterstehen. Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf rucksache 16/4029 an die in der Tagesordnung aufge ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einerstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung o beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 29 sowie Zusatzunkt 12 auf: 29 Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Fünfter Bericht zur Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland Potenziale des Alters in Wirtschaft und Gesellschaft – Der Beitrag älterer Menschen zum Zusammenhalt der Generationen und Stellungnahme der Bundesregierung – Drucksache 16/2190 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Gesundheit Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Ausschuss für Tourismus Ausschuss für Kultur und Medien P 12 Beratung des Antrags der Abgeordneten Britta Haßelmann, Grietje Bettin, Ekin Deligöz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms Das neue Bild vom Alter – Vielfalt und Potenziale anerkennen – Drucksache 16/4163 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Zu dem Bericht zur Lage der älteren Generation liegt ein Entschließungsantrag der Fraktion der FDP vor. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die Aussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Rednerin das Wort der Bundesministerin Dr. Ursula von der Leyen. Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die zentrale Aussage des fünften Altenberichts ist: Ältere Menschen verfügen über Potenziale, die wir als Gesellschaft noch längst nicht ausgeschöpft haben. Wir werden in Zukunft viel mehr ältere Menschen unter uns haben. Laut Statistik wird es in 40 Jahren etwa doppelt so viele 60-Jährige wie Neugeborene geben. Aber es gab noch nie eine ältere Generation – das ist das Entscheidende –, die so gut ausgebildet und so gesund war wie die Älteren heute. Die Lebenserwartung eines heute geborenen Mädchens liegt bei rund 81 Jahren und die eines kleinen Jungen bei über 75 Jahren. Das sind nicht nur zusätzliche Jahre, sondern gewonnene Jahre, wenn es uns gelingt, sie aktiv zu nutzen. Entscheidend ist: Wer heute zum Beispiel 60 Jahre ist, der ist biologisch gesehen fünf oder sechs Jahre jünger, als es ein 60-Jähriger vor 30 Jahren war. Das heißt, diese Jahre können tatsächlich als gewonnene Jahre für diese Generation angesehen werden. Natürlich können wir die demografische Entwicklung nicht wegdiskutieren. Das möchten wir auch nicht. Aber – auch das halte ich für wichtig – wenn wir heute über Szenarien im Jahr 2030 oder 2050 sprechen, dann haben wir heute auch die Zeit und die Pflicht, die Weichen dafür zu stellen, damit wir keine vergreisende Gesellschaft werden, sondern – ein schöner Begriff – eine Gesellschaft des langen Lebens. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1608010700




(A) )


(B) )


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Das sind die Potenziale des Alters, von denen der fünfte
Altenbericht spricht.

Der Altenbericht betont auch – das halte ich für be-
sonders wichtig –, dass die Potenziale des Alters Poten-
ziale für die ganze Gesellschaft sind, also nicht nur für
diese Altersgruppe. Wir müssen ein neues Bild des Al-

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(C (D ers zeichnen. Es gibt eine schöne Geschichte von Paul altes, dem Altersforscher, der sagte: Wissen Sie, es ist, ie wenn man zu einem Klassentreffen geladen hat und iejenigen kommen, die vor 60 Jahren Abitur gemacht aben. Man denkt, die einen hätten ihre Kinder mitgeracht und die anderen ihre Eltern. – Mit anderen Woren: Es kommt darauf an, wie wir uns in der Zeit vor dem lter verhalten. Wir werden anders arbeiten, und wir werden länger rbeiten. Wenn wir uns überlegen, dass heute nur Prozent der Weiterbildungsmaßnahmen von über 5-Jährigen wahrgenommen werden, dann müssen wir u dem Schluss kommen, dass das nicht richtig sein ann. Das müssen mehr werden. Genau in diesem Alter eigt sich nämlich, ob wir es mit dem Begriff des ebenslangen Lernens ernst meinen. Wenn heute nur 5 Prozent der 55bis 65-Jährigen in Deutschland arbeien, dann lassen wir Potenziale des Alters brachliegen. enn wir sehen, dass in Schweden rund 70 Prozent und n Dänemark rund 60 Prozent dieser Altersgruppe ererbstätig sind, dann muss das für uns ein Ansporn sein. ass es geht, zeigt das Beispiel Finnland. Dort stieg die rwerbsquote der 55bis 65-Jährigen von 1997 bis 2005 m jährlich annähernd 2 Prozentpunkte, nämlich von 7 Prozent auf 53 Prozent. Mit anderen Worten: Es geht; ir können besser werden, und wir müssen besser weren. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Jawohl!)


m Alter sind Innovationen und Fortschritt möglich. Es
ibt eine schöne Antwort von dem Cellospieler Pablo
asals, der gefragt wurde, warum er als 93-Jähriger im-
er noch täglich stundenlang Cello übe: Weil ich das
efühl habe, immer noch besser zu werden. – Diese Ein-

tellung wünsche ich mir.

Das neue Bild des Alters betrifft auch die Frage, ob
ir eigentlich angemessen auf die Bedürfnisse der Älte-

en eingehen. In der Europäischen Union ist der schöne
egriff der Silver Economy geprägt worden, der sil-
erne Markt. Schon heute bestreiten die über 60-Jähri-
en ein Drittel des privaten Konsums in Deutschland.
as sind allein 316 Milliarden Euro. Wenn wir uns die
aushalte der 75-Jährigen und Älteren in Deutschland

nschauen, dann stellen wir fest, dass diese Gruppe in
en letzten zehn Jahren ihren Gesamtkonsum von
0 Milliarden Euro auf 80 Milliarden Euro erhöht hat.
a ist ein ganzes Segment von Produkten und Dienst-

eistungen, das wir besser ausschöpfen können. Wir soll-
en uns sputen, dies zu tun, ehe andere Länder erkennen,
elches Potenzial in diesem silbernen Marktsegment

iegt.

Schließlich wird es in einer Gesellschaft des langen
ebens zwei Währungen geben: nicht nur die des Euro,
ondern auch die der sozialen und zwischenmenschli-
hen Beziehungen. Angesichts der Tatsache, dass sich in
en nächsten 40 Jahren die Anzahl der über 80-Jährigen
erdreifachen wird und viele davon kinderlos sein wer-






(A) )



(B) )


Bundesministerin Dr. Ursula von der Leyen
den, müssen wir heute über soziale Netze nachdenken.
In der Pflege gilt auch das, was für Kinder gilt. Eine mo-
derne Gesellschaft mit einem menschlichen Gesicht
muss Zeit für gute Arbeit, aber auch Zeit für Fürsorge
gleichmäßig auf alle verteilen. Das heißt, die Pflege der
älteren Generation wird nicht allein auf den Schultern
der Töchter bleiben können. Söhne werden sich Zeit für
Pflege nehmen, und junge Alte werden sich verstärkt um
hochbetagte Alte kümmern.

Wir werden ein neues Dreieck der Pflege zwischen
Familie, Ehrenamtlichen und Fachkräften bilden müssen.
Deshalb haben wir heute bei der Verabschiedung der Ge-
sundheitsreform – das begrüße ich gerade als Senioren-
ministerin – bewusst mehr Leistungen für Palliativmedizin,
für Schmerztherapie und für Hospize beschlossen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Der Gedanke des zivilgesellschaftlichen Einsatzes
der älteren Generation liegt den generationenüber-
greifenden Freiwilligendiensten zugrunde, die nach dem
Prinzip des freiwilligen sozialen und ökologischen
Jahres gestrickt sind. Das ist ursprünglich ein Angebot
für junge Menschen, das auf die ältere Generation über-
tragen wird. Wir dürfen nicht mehr erwarten, dass man
sich nach dem Arbeitsleben in das Privatleben zurück-
zieht; vielmehr sollte man sich dann in eine andere aktive
Phase aufmachen. Ich denke zum Beispiel an ehrenamt-
lichen Einsatz.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Sehr gut!)


Im Altenbericht ist von Netzwerken die Rede, und
gemeint sind damit die Familien, in denen ältere An-
gehörige nicht nur gepflegt werden, sondern vorher selbst
vielerlei Unterstützung erfahren und leisten. Gemeint sind
aber auch neue Netzwerke: in der Nachbarschaft, im
Freundeskreis oder in der Kommune. Unsere Aufgabe ist
es heute, die Strukturen dafür zu schaffen, zum Beispiel
durch die Bildung von Mehrgenerationenhäusern. Der
fünfte Altenbericht macht deutlich: Das Alter hat Potenzial.
Unsere Aufgabe ist es, dieses Potenzial zu entwickeln.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1608010800

Das Wort hat jetzt die Kollegin Sibylle Laurischk von

der FDP-Fraktion.


Sibylle Laurischk (FDP):
Rede ID: ID1608010900

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die demo-

grafische Entwicklung ist die zentrale politische Heraus-
forderung der nächsten Jahrzehnte, weil sie in sämtliche
Lebensbereiche der Bürger eingreift. Weder lässt sich
diese Entwicklung verhindern noch wesentlich abschwä-
chen.

Die FDP begrüßt es außerordentlich, dass die Bundesre-
gierung sich nach langem Zögern mit dem seit August 2005
vorliegenden Bericht befasst hat. Wir begrüßen es noch
mehr, dass sich der Deutsche Bundestag nun endlich

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(C (D uch mit dem fünften Altenbericht beschäftigt. Leider ird es zur Gewohnheit, dass die Altenberichte erst jahreng anstauben, bevor sie diskutiert werden, was weder em Inhalt der Berichte noch der Bedeutung des Themas erecht wird. Schwerpunkt des Berichts sind die speziellen Herausorderungen, mit denen sich die alternde Gesellschaft beassen muss. Wir diskutieren bereits die Auswirkungen, tichwort „Rente mit 67“. Es ist aber zu kurz gegriffen, enn die Regierung auf der einen Seite Einschnitte in ie sozialen Sicherungssysteme mit dem demografischen andel begründet, (Beifall bei der FDP sowie des Abg. Jörn Wunderlich [DIE LINKE])


uf der anderen Seite Denkansätze im fünften Alten-
ericht, die Perspektiven für die Gestaltung des demo-
rafischen Wandels bieten, nicht diskutiert.

Lassen Sie es mich ganz deutlich sagen: Es ist unglaub-
ürdig, wenn Arbeitgeber und Wirtschaftsverbände den
enteneintritt mit 67 begrüßen und es gleichzeitig in
en Managementetagen eine generalistische Vorgehens-
eise gibt, Ältere noch nicht einmal zu Vorstellungs-
esprächen einzuladen.


(Beifall des Abg. Ernst Burgbacher [FDP] sowie des Abg. Jörn Wunderlich [DIE LINKE])


Die Anerkennung und Akzeptanz des Leistungsver-
ögens der älteren Generation ist eine gemeinsame
ufgabe von Politik, Medien, Verbänden, und sie ist ins-
esondere eine Aufgabe jedes einzelnen Bürgers. Wir
lle sind gefordert, uns auf ein höheres Lebensalter, als
s frühere Generationen erwarten konnten, einzustellen.

Das Schlüsselwort für unsere Zukunft ist meiner An-
icht nach lebenslange Bildung. Wir können nicht erst
it Erreichen des 50. Lebensjahres anfangen, darüber

achzudenken, wie es weitergehen könnte. Schon in
ehr jungen Jahren muss die Erziehung zur körperlichen
eistungsfähigkeit und gesunden Lebensführung eine
elbstverständlichkeit werden. Der Sportunterricht als
parbüchse der Bildungspolitik muss einen neuen
tellenwert bekommen. Körperliche Betätigung von
ugend an führt zu körperlicher Leistungsfähigkeit auch
m höheren und hohen Alter.

Aber auch das lebenslange Lernen als Selbstverständ-
ichkeit in einer lebendigen Gesellschaft muss unser Ziel
ein. Hier leisten beispielsweise die Volkshochschulen
ervorragendes. Aber auch die Tatsache, dass immer
ehr Rentner studieren, zeigt, dass Bildung ein Anspruch

es Alters sein kann.

Eine besondere Bedeutung kommt hier dem bürger-
chaftlichen Engagement zu, das geradezu ein Lebens-
odell für die ältere Generation sein wird. Es ist gerade

ann sinnvoll, wenn es den Kontakt zu jüngeren Genera-
ionen herstellt. An dieser Stelle wird auch das Konzept
on Mehrgenerationenhäusern ansetzen, die ja gerade
en Zweck haben, eine Begegnungsstätte für Alt und
ung zu sein und beispielsweise Bildungsaktivitäten zu
ernetzen.






(A) )



(B) )


Sibylle Laurischk
Das von der Kommission geforderte neue Leitbild des
produktiven Alterns umzusetzen, ist dringend nötig.
Erst wenn das Altersbild in den Köpfen wieder der Reali-
tät entspricht, wird es möglich sein, den demografischen
Wandel positiv zu gestalten. Besonders die Medien
müssen sich mit mehr Fingerspitzengefühl dem demo-
grafischen Wandel nähern. Schreckensszenarien, es käme
zu einem „Aufstand der Alten“ oder zu einem „Generatio-
nenkrieg“, sind nach meinem Dafürhalten absurd.


(Beifall der Abg. Angelika Graf [Rosenheim] [SPD])


Wichtig ist die Erkenntnis, dass der demografische
Wandel Veränderungen mit sich bringen wird, von denen
alle Bereiche der Gesellschaft betroffen sind und denen
wir uns stellen müssen. Der FDP kommt es nicht nur
darauf an, Risiken und Gefahren einer Überalterung zu
erkennen, sondern auch darauf, die Potenziale des Alters
zu benennen und Visionen für die spätere Lebenszeit zu
entwickeln. Hierzu gehören sowohl im Dienstleistungs-
als auch im Konsumbereich neue Angebote, die auf die
spezifischen Bedürfnisse einer älteren Generation ausge-
richtet sind und neue wirtschaftliche Perspektiven eröffnen.
Wenn wir im demografischen Wandel bestehen wollen,
müssen wir akzeptieren, dass Kompetenz, Kreativität
und Innovationskraft auch jenseits der Lebensmitte vor-
handen sind


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


und dass Lernfähigkeit und persönliche Weiterentwick-
lung nicht mit 50 enden.


(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1608011000

Das Wort hat jetzt die Kollegin Angelika Graf von der

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Angelika Graf (SPD):
Rede ID: ID1608011100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

rot-grüne Bundesregierung hat den fünften Altenbericht
in der letzten Legislaturperiode richtigerweise unter das
Motto „Potenziale des Alters in Wirtschaft und Gesell-
schaft“ gestellt. Dies eröffnet endlich eine neue, eine
positive Perspektive auf das Alter. Der Bericht gibt uns
wegweisende Handlungsempfehlungen und bietet damit
eine gute Grundlage, den demografischen Wandel aktiv
anzugehen und die Gesellschaft für neue Altersbilder – weg
von der Gebrechlichkeit, hin zum vollen Leben – zu sensi-
bilisieren.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Vieles in diesem Altenbericht war und ist neu – auch
die Informationspolitik im Vorfeld. Unsere ehemalige
Ministerin Renate Schmidt hat erstmals dafür gesorgt,
dass nicht nur die Fachöffentlichkeit, sondern alle interes-
sierten Seniorinnen und Senioren schon frühzeitig über
die Themenfelder informiert wurden und mitdiskutieren

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(C (D onnten. Der Bericht hat dadurch bereits im Vorfeld ein ielfaches der Aufmerksamkeit erfahren, die bisherige, icht minder wichtige und gute Berichte hatten. Als Landesvorsitzende der bayerischen SPD-Seniorenrbeitsgemeinschaft 60 plus bin ich mir dessen sehr ewusst, dass das finanzielle Auskommen der Senioren benso wie ihre soziale Absicherung und die Gesundeitsversorgung von zentraler Bedeutung sind. Dennoch in ich der festen Überzeugung, dass es dem Thema icht zuträglich ist, die Diskussion der Situation Älterer um Beispiel auf das Renteneinstiegsalter zu reduzieren. enn der Bericht zeigt, dass es hierzu sehr unterschied iche Stellungnahmen gibt. Der fünfte Altenbericht macht deutlich, dass die Integraon Älterer in den Arbeitsmarkt eine logische Konseuenz des demografischen Wandels ist und bisher sträflich ernachlässigt wurde. abei ist – wie das Grünbuch der EU zum demografischen andel zeigt – die Alterung der Gesellschaft ein Thema ganz Europa. Ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeit ehmer sind unverzichtbar für die Gestaltung einer humaen Arbeitswelt, aber auch für wirtschaftlichen Erfolg. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der SPD)


eider beschäftigen aber zurzeit 41 Prozent der Betriebe
eine Menschen mehr, die älter als 50 Jahre sind. Sie tun
as, weil es sich für sie über Jahre hinweg gelohnt hat,
ltere Mitarbeiter frühzeitig in die Rente oder in die Ar-
eitslosigkeit zu schicken.


(Ina Lenke [FDP]: Aber daran sind Sie doch selbst schuld! Frühverrentung!)


Diese Praxis, liebe Frau Lenke, hat in einer schwarz-
elben Koalition ihren Ursprung und ist nicht zukunfts-
auglich.

Mit der Forderung in Ihrem Entschließungsantrag
auch das betrifft Sie, Frau Lenke –, den Kündigungs-

chutz für Ältere zu reduzieren, setzen Sie sich, meine
ehr verehrten Kolleginnen und Kollegen von der FDP,
ber eine gegenteilig lautende Handlungsempfehlung
es fünften Altenberichts hinweg. Zudem kann ich Ihnen
ei der Behauptung, dass ein Schutz eine Benachteili-
ung sei, schon rein logisch nicht folgen.

Bildung ist übrigens die Schlüsselkategorie, auch im
ohen Lebensalter.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Was hat den größten Einfluss auf Gesundheit?“, fragte uns
err Professor Kruse, der Vorsitzende der Altenberichts-
ommission, im Ausschuss. „Bildung“ war die Antwort.
m fünften Altenbericht wird eindrucksvoll aufgezeigt
Stichwort: lebenslanges Lernen –, dass Investitionen

eitens der Betriebe in die Weiterbildung auch älterer
enschen in höchstem Maße effektiv sind. Durch die

ezielte Weiterbildung älterer Arbeitnehmer wird die
ahl der Frühverrentungen gesenkt, eine bessere Ruhe-






(A) )



(B) )


Angelika Graf (Rosenheim)

standsfähigkeit bewirkt und der ökonomische Output
erhöht.

Der fünfte Altenbericht macht deutlich: Die Investi-
tionen kommen dreifach zurück. Ich begrüße deshalb
außerordentlich, dass der Bundesminister für Arbeit,
Franz Müntefering, diese Bevölkerungsgruppe mit der
Initiative „50 plus“ und weiteren Beschäftigungsprogram-
men verstärkt auf die Agenda des Ministeriums setzt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Zudem wurden im fünften Altenbericht zum ersten
Mal bislang eher vernachlässigte Bevölkerungsgruppen
ins Auge genommen. Neben älteren Homosexuellen, die
sich vielfach aufgrund ihrer Verfolgungsgeschichte und
der Tatsache, dass sie selten Kinder haben, in einer
speziellen Lebenslage befinden, sind in diesem Alten-
bericht erstmals auch ältere Migrantinnen und Migranten
berücksichtigt worden. Beide Bevölkerungsgruppen geben
der sogenannten Bevölkerungsmehrheit interessante Hin-
weise auf das eigene Altern. Kinderlose ältere Menschen
wissen um die Bedeutung, auch das nichtfamiliäre soziale
Netzwerk über die Lebensspanne hinweg zu pflegen.
Die Perspektive älterer Migrantinnen und Migranten ist
für eine realistische Altenhilfe- und Zuwanderungspolitik
wertvoll.

Dadurch, dass in den Berichtsauftrag zum ersten Mal
das Altwerden in der Fremde aufgenommen wurde,
haben wir für unsere politische Arbeit sehr wichtige
Erkenntnisse darüber gewonnen, dass unsere auslän-
dischen Mitbürger zum Teil unter schwierigeren oder zu-
mindest spezifischen Bedingungen altern, die dringend
noch weiter erforscht werden müssen.

Der fünfte Altenbericht ist ein Sprachrohr von bislang
ungehörten älteren Menschen. Er macht deutlich, dass
Seniorinnen und Senioren nicht nur einfach Alte sind,
die angeblich überdurchschnittlich reich oder unterdurch-
schnittlich gesund sind. Er ruft uns auf, zu differenzieren:
bei der Einkommenslage, beim ehrenamtlichen En-
gagement, bei der Wirtschaftskraft und beim Rentenein-
trittsalter.

Das Alter und das Altern sind individuell und haben
viele Gesichter. Für ein individuelles Altern müssen wir
auf allen Gebieten der Seniorenpolitik wie auf allen an-
deren betroffenen Politikfeldern die entsprechenden
Rahmenbedingungen schaffen.


(Beifall bei der SPD)


Für mich heißt dies auch, den älteren Menschen viel-
fache und vielleicht bislang noch nicht bedachte Mög-
lichkeiten der Teilhabe zu ermöglichen. Neues soziales
Engagement, neue Teilzeitarbeitstätigkeiten und neue
Bildungsmaßnahmen müssen geschaffen werden, um die
Potenziale der Älteren heben zu können. Lebenslanges
Lernen ist eines der wichtigen Stichworte, das aber
noch mit Fleisch gefüllt werden muss.

Das verstärkte Nutzen der Chancen und Potenziale
erfordert allerdings eine gezielte Zusammenarbeit der
Älteren mit allen ihnen nützlichen Akteuren. Ich fordere
deshalb insbesondere die ältere Generation auf, sich

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(C (D tärker in das öffentliche Geschehen einzubringen. Die ntwicklung seniorengerechter Produkte, die Etablie ung der Seniorenwirtschaft und andere Potenziale des lters gelingen, wie im fünften Altenbericht beschrieben ird, nicht ohne die gezielte Thematisierung durch die ltere Generation. Wie sagte Marcus Tullius Cicero im ahre 73 vor Christi Geburt – ich zitiere selten, aber dieser atz ist wirklich schön –: Nicht das Alter ist das Problem, sondern unsere Einstellung dazu. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP – Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Sehr gut! Cicero hat recht!)


Cicero hat immer recht.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1608011200

Das Wort hat jetzt der Kollege Jörn Wunderlich von

er Fraktion Die Linke.


Jörn Wunderlich (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1608011300

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her-

en! Die wachsende Zahl der älteren Menschen und die
eränderten Vorstellungen vom Alter, die sich von Ver-
orgung und Pflege bis hin zu Selbstbestimmung und Ei-
eninitiative wandeln, bedürfen neuer Bilder vom Alter
nd ein Umdenken in der Politik. Nicht die ältere Gene-
ation hat ein Problem mit dieser Gesellschaft und der
olitik. Nein, Ihre Politik – wir reden heute über den Be-
icht der Bundesregierung – hat ein Problem im Umgang
it einer stark wachsenden, sehr selbstbewussten und

ktiven älteren Generation.

Allein die Vielfalt der Namen für diese Generation ist
in Beleg dafür, wie hilflos Politik und Wirtschaft letzt-
ich sind. Sie heißen Golden Oldies oder Generation
old, Silver Consumer, Best Ager, Master Consumer,
oopies – Abkürzung für Well-off older People – oder

ar Selpies, die Second Life People. Das ist eine tolle
reativität, die jedoch ein ganz abruptes Ende findet,
enn es in der Politik um konkrete Alternativen für
iese älteren Menschen gehen soll.

Frau von der Leyen, Sie haben hier von Haushaltszah-
en in Milliardenhöhe gesprochen. Nun frage ich Sie:

ie viel Unverfrorenheit muss man als Sozialdemokrat
nd als Christlich-Sozialer, die sich, wie ich gestern ge-
ört habe, angeblich auf ihre Werte beziehen, eigentlich
esitzen, um, wie es seit geraumer Zeit geschieht, den
üngeren und den älteren Menschen in diesem Lande ein
chlechtes Gewissen einzureden, indem man sie für eine
erfehlte Sozial- und Arbeitsmarktpolitik verantwortlich
eichnen will?


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Wer tut denn das?)


Vor gut drei Stunden – das Wort schwebt in der Ma-
ienkirche noch in der Luft – hat Bischof Huber gesagt:

Gemeinwesen und Gemeinwohl sind uns Christen
als Auftrag mit auf den Weg gegeben.

arüber sollten Sie einmal nachdenken.






(A) )



(B) )


Jörn Wunderlich

(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Wir haben 700 000 Arbeitsplätze geschaffen!)


– Ich weiß, Herr Singhammer, Bischof Huber ist ein Pro-
testant. Sie als Katholik halten nicht so viel davon.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Was sagen Sie zu 700 000 Arbeitsplätzen in einem Jahr?)


Sie tolerieren Horrorszenarien, schüren Angst mit
Blick auf das Leben in der Zukunft und wollen bei über
4 Millionen Arbeitslosen – von der Zahl der verdeckten
Arbeitslosigkeit ganz zu schweigen – glauben machen,
dass mit der Erhöhung des Renteneintrittsalters auf
67 Jahre viele Probleme gelöst werden, obwohl das völ-
lig an der Realität vorbeigeht. Welch ein Zynismus!


(Beifall bei der LINKEN)


Eiskalt kehren Sie unter den Teppich, was Sie von Ih-
ren ehemals gemachten Wahlversprechungen einhalten,
dass Sie von diesen meilenweit entfernt sind. Sie schä-
men sich auch nicht, einzugestehen, dass Ihnen die Cou-
rage fehlt, politischen Willen für wirkliche Reformen im
Interesse der Menschen aufzubringen. Aus Ihrem Munde
kommend werden Begriffe wie „Demokratie“ und „Soli-
darität der Generationen“ zur Farce.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Das ist doch eine Frechheit!)


– Das ist die Realität. – Sie haben keine Beziehung mehr
zur wahren Demokratie. Sie handeln als Volksvertreter
eigenverantwortlich im Sinne des Wortes „eigen“ und
ohne Eingriffsmöglichkeiten durch das Volk.

Sie alleine, meine Damen und Herren der Koalition
und der Regierung, tragen die politische Verantwortung
für den von Ihnen produzierten Zeitgeist. Das Resultat
werden Sie irgendwann bekommen, wenn die
70 Prozent, die Sie gewählt haben, merken, dass sie zu
über 92 Prozent belogen wurden und werden.


(Christel Humme [SPD]: Die Zukunft gehört nicht Ihnen!)


Sie schüren mit Ihrer Politik offensichtlich und bewusst
– das hat die heutige Debatte über die Gesundheitsre-
form auch gezeigt – Angst, Sorge, Unsicherheit und Ver-
zweiflung.


(Angelika Graf [Rosenheim] [SPD]: Kommen Sie einmal zum Bericht!)


Menschen, vor allem Kinder und Ältere, brauchen für
eine gesunde Entwicklung Sicherheit und Geborgenheit.
Wenn sie Sicherheit und Geborgenheit haben, dann er-
füllen sich junge Familien auch Kinderwünsche. Ohne
mit der Wimper zu zucken, setzen Sie allerdings, der
Tradition folgend, Ihre unsoziale Politik und eine bereits
gescheiterte Rentenpolitik fort.

Der Perversitäten nicht genug: Heute Morgen haben
Sie mit Ihrer Gesundheitspolitik noch einen draufge-
setzt. Sie missbrauchen und instrumentalisieren die So-
zial-, Gesundheits- und Arbeitsmarktpolitik für eine Po-
litik gegen die Menschen, weil Sie einzig und allein der
Logik der Finanzmärkte folgen. Es ist Ihnen auch nicht zu
schade, die vorhandenen Sicherungssysteme wissentlich

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(C (D ufzuweichen, indem Sie sich nach und nach von der öfentlichen Daseinsvorsorge verabschieden und an das ürgerschaftliche Engagement sowie an die Eigeninitiaive der Einzelnen, insbesondere der Älteren, appellieen. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass Sie ine Politik verfechten, die vor allem wirtschaftspoliisch und interessengeleitet ist und zum Nutzen des gloalen Wettbewerbs allein die private Vorsorge als Alterative anbietet. (Christel Humme [SPD]: Herr Wunderlich, wir debattieren über den fünften Altenbericht! Wo bleibt das? – Angelika Graf [Rosenheim] [SPD]: Sie sollten zum Thema kommen!)


ir lehnen eine solche Entsolidarisierung in der Gesell-
chaft genauso ab wie eine Dramatisierung der demo-
rafischen Entwicklung und eine Stigmatisierung des
lters als Katastrophenfall.


(Angelika Graf [Rosenheim] [SPD]: Machen wir das?)


ch zitiere einmal den Präsidenten des Hamburgischen
eltwirtschaftsinstituts und Professor für Volkswirt-

chaft an der Uni Hamburg, der im „Rheinischen Mer-
ur“ gesagt hat:

Es ist lebensverachtend, die demografische Alte-
rung als gesellschaftliches Problem zu bezeichnen.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Das ist das SED-Grundsatzprogramm!)


Es macht schon Mühe, politische Ansätze und Alter-
ativen zu entwickeln, durch die die Erfahrungen, Kom-
etenzen und Ansprüche auch und besonders der älteren
eneration eingebunden werden. Deshalb ist es für mich
mso verwerflicher, dass die Bundesregierung die Vor-
chläge der Altenberichtskommission in großen Teilen
gnoriert. Das ist ein weiteres Beispiel dafür, wie Sie
ich als Koalition und Regierung immer mehr von dem
ußerparlamentarischen Sachverstand und der Meinung
us dem Volk entfernen.

Für meine Fraktion kann ich mit Blick auf den fünften
ltenbericht nur fordern: Eine vorausschauende Senio-

enpolitik braucht ein realistisches Altenbild. Das Alten-
ild der Linkspartei ist davon bestimmt, dass heute Men-
chen nach ihrem Ausscheiden aus dem Arbeitsleben
änger als früher aktiv und gesund sind. Trotz möglicher
inschränkungen bleibt eine höhere Lebenserwartung
in großer zivilisatorischer Wert; sie ist erstrebenswert.


(Markus Grübel [CDU/CSU]: Wo ist da der Widerspruch?)


lter ist für uns ein Lebensabschnitt mit eigenen An-
prüchen und Bedürfnissen, der nicht auf Begriffe wie
ente, Pflege oder Kosten reduziert werden darf und an
essen Mitgestaltung Seniorinnen und Senioren aktiv
eilhaben sollen.


(Markus Grübel [CDU/CSU]: Die Ministerin hat die ganze Zeit vom Potenzial des Alters geredet!)







(A) )



(B) )


Jörn Wunderlich
Selbstbestimmtes Altern in Würde ist ein unveräu-
ßerliches Menschenrecht. Schutz der Menschenwürde,
Recht auf Selbstbestimmung, Verbot der Altersdiskrimi-
nierung – diese Prämissen sind längst festgeschrieben:


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Das ist eine Debatte und keine Vorlesung!)


im Grundgesetz, in verbindlichen Richtlinien der Euro-
päischen Union und in zahlreichen Erklärungen nationa-
ler und weltweit agierender Seniorenverbände. Es erfüllt
mich deshalb mit Sorge, dass die Bundesregierung fort-
fährt, durch ihre unsoziale Politik die Grundlagen dafür
zu untergraben und die Altersarmut zu einer ernst zu
nehmenden Gefahr für die Zukunft zu machen. Aber ir-
gendwann – da bin ich mir sicher – wird auch hier die
Realität Sie einholen.

Da Frau Graf schon so schön zitiert hat, spare ich mir
das heute.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1608011400

Das Wort hat jetzt die Kollegin Britta Haßelmann

vom Bündnis 90/Die Grünen.


Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1608011500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr ge-

ehrte Frau Ministerin, Herr Staatssekretär Thönnes
– auch Ihr Ministerium ist ja berührt, wenn wir über das
Thema „ältere Menschen“ und über die Potenziale der
Menschen im Alter reden –, ich beginne mit dem, was
uns sicherlich eint. Aus meiner Sicht ist es höchste Zeit,
sich mit der Vielfalt des Alters zu beschäftigen und sich
gerade mit den Potenzialen und den Chancen des Alters
auseinanderzusetzen. Die jüngsten Medienberichterstat-
tungen haben gezeigt, dass wir hier alle gefordert sind,
die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen und auch die
anderen Fraktionen im Hause.

Es ist jetzt anderthalb Jahre her, dass der Altenbericht
fertiggestellt und der Bundesregierung übergeben wurde.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1608011600

Warum hat es eigentlich so lange Zeit gedauert, bis Sie
dem Parlament und den entsprechenden Ausschüssen die
Ergebnisse des fünften Altenberichts vorgelegt haben?
Fehlt Ihnen der Mut für eine konsequente Umsetzung
der Erkenntnisse, die im Altenbericht von allen Exper-
tinnen und Experten eindeutig formuliert worden sind,
oder wissen Sie nicht, wie Sie die notwendigen Verände-
rungen in Politik und Gesellschaft bewirken sollen?

Gerade vor dem Hintergrund so mancher öffentlichen
Diskussion und Medienberichterstattung, die ein Bild
vom Alter zeigen, das von Düsterkeit, Krankheit und
Einsamkeit geprägt ist, ist es umso wichtiger, dass wir
als Deutscher Bundestag – damit auch die die Bundesre-
gierung tragenden Fraktionen – diesem Bild endlich et-
was entgegensetzen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D s muss uns doch zu denken geben, dass nach Umfragen nd Studien gerade die Menschen hier bei uns in eutschland diejenigen sind, die am meisten Angst vor em Alter haben. In einer kürzlich erschienen Umfrage rklärte sogar jede dritte bzw. jeder dritte Befragte, lieer den Freitod wählen als zum Pflegefall werden zu ollen. Das ist – das gebe ich zu – ein absolut drasti ches Beispiel, aber es zeigt eben einen Aspekt des Alers. Es ist dringend geboten, dass wir uns damit auseinndersetzen, vor allem auch damit, wie weit verbreitet ie Unsicherheit beim Thema Älterwerden in dieser Geellschaft ist. Ein Blick auf den Arbeitsmarkt reicht völlig aus, um um Teil zu verstehen, warum das so ist. Hier wie in Unernehmen glaubt man immer noch, mit 50 Jahren veriere man schlagartig die Leistungsbereitschaft und die nnovationskraft. Denn anders ist es doch nicht zu erkläen, dass jemand, der mit 55 Jahren zum Arbeitsamt eht, eigentlich überhaupt keine Chance auf Vermittlung ehr hat und jemand, der mit 50 oder 55 Jahren eine eiterbildungsmaßnahme beginnen will, eher fragend ngesehen als unterstützt wird. Die unglaubliche Jugendzentriertheit der Unternehen hält nach wie vor an, auch wenn wir seit längerer eit darüber diskutieren und diesen Zustand beklagen. s ist eine unglaubliche gesellschaftliche Ausgrenzung lterer Menschen, die besonders unverständlich ist angeichts des demografischen Wandels und der eigentlich öllig klar auf der Hand liegenden Notwendigkeit, dass uch ältere Menschen als Fachkräfte gebraucht werden. Gerade vor dem Hintergrund der demografischen ntwicklung werden in Zukunft immer weniger junge enschen mit immer mehr älteren Menschen zusamenleben. Darauf werden wir uns einzustellen haben. n dieser Stelle sind wir nicht mehr einer Meinung. Ich inde, es reicht nicht, dass Sie in Bezug auf notwendige esellschaftliche Veränderungen in diesem Bereich seit nderthalb Jahren immer, wenn wir über dieses Thema prechen, die Initiative „50 plus“, die schon in der letzen Legislaturperiode auf den Weg gebracht wurde, oder ie Mehrgenerationenhäuser zum Allheilmittel erklären. ier ist aus meiner Sicht die Bundesregierung gefordert, ystematisch alle Politikfelder daraufhin durchzugehen, o Diskriminierung von alten Menschen wirksam entgeengewirkt werden kann, mit unterschiedlichen Maßahmen, die wir in diesem Haus auf den Weg bringen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)


Meine Damen und Herren, der Auftrag, den die rot-
rüne Bundesregierung noch in der letzten Legislaturpe-
iode an die Kommission zur Erstellung des Altenbe-
ichts stellte, lautete, ausdrücklich die sogenannte Ha-
enseite des Alters zu betrachten: Was ist möglich, wo
iegen Stärken und Potenziale alter und älterer Men-
chen? – Wir reden ja nicht über eine homogene Gruppe.

ir reden über Menschen ab 60, die vielleicht 90 Jahre
lt werden, und sprechen mittlerweile längst über einen
ritten und vierten Lebensabschnitt. Wir reden nicht
ber eine Gruppe von Menschen, die einfach alt ist und
inem bestimmten stereotypen Bild entspricht.






(A) )



(B) )


Britta Haßelmann
Was stellt sich heraus – und verwundert eigentlich
niemanden, wenn man einmal links und rechts von sich
schaut? Ältere Menschen sind wichtige Stützen familiä-
rer Netzwerke und sozialer Netze. Ihr bürgerschaftli-
ches Engagement in dieser Gesellschaft ist kennzeich-
nend. Ihr Erfahrungswissen und Innovationspotenzial
nicht nur am Arbeitsmarkt sind unerlässlich für diese
Gesellschaft.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ihr Einfluss als Konsumenten und Konsumentinnen ist
schon jetzt prägend. Sie sind – das ist völlig klar – ein
aktiver Bestandteil dieser Gesellschaft.

Dabei spielen für das Leben im Alter viele Faktoren
eine Rolle. Hierzu gehören etwa ein über die Jahre ge-
führter gesunder Lebensstil, aber auch das Interesse oder
die Verpflichtung – auch darüber werden wir diskutieren
müssen – zur Weiterbildung, Qualifikation und Bil-
dungspotenzialentwicklung. Die geringste Rolle in der
Wahrnehmung älterer Menschen in dieser Gesellschaft
spielt heutzutage eigentlich das Erreichen der Alters-
grenze. Menschen mit sozialen Kontakten, sei es über
Familie oder andere Netzwerke, sind und bleiben aktiv
eingebunden in dieser Gesellschaft und werden das auch
nicht aufgeben wollen, nur weil sie eine bestimmte Al-
tersgrenze erreicht haben.

Die Chance auf Teilhabe am kulturellen, gesellschaft-
lichen und sozialen Leben beanspruchen wir alle ganz
selbstverständlich für uns. Das sollten wir natürlich auch
allen anderen Menschen ermöglichen, egal wie alt sie
sind.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Deshalb ist es umso bedeutender, dass wir uns endlich
mit der Vielfalt des Alters, mit den Potenzialen und
Chancen beschäftigen.


(Markus Grübel [CDU/CSU]: Richtig!)


Wir werden gleich in der Aktuellen Stunde auch noch
die andere Seite des Alters, nämlich die Pflegebedürftig-
keit und die Hilfe und Unterstützung, die Menschen in
dem Lebensabschnitt des Alters brauchen, diskutieren.
Aber ich fordere Sie an dieser Stelle auf, mit konkreten
Maßnahmen über die Initiative „50 plus“ und die Mehr-
generationenhäuser hinaus jetzt endlich aktiv zu werden
und deutlich zu machen, dass wir die Potenziale alter
Menschen in dieser Gesellschaft brauchen.Ich glaube, es
muss Schluss sein mit den Sonntagsreden. Wir müssen
endlich etwas tun. Deshalb haben wir heute einen Antrag
vorgelegt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1608011700

Das Wort hat jetzt die Kollegin Antje Blumenthal von

der CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Markus Grübel [CDU/CSU]: Jetzt sehen wir mal, welches Potenzial „60 plus“ hat!)


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(C (D Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau aßelmann, Sie sprachen Ihren Antrag an. Ich habe ihn ir sehr aufmerksam durchgelesen. Ihre wegweisenden orte – das muss ich deutlich sagen – habe ich dort icht wiedergefunden. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Christel Humme [SPD]: Wo sie recht hat, hat sie recht!)

Antje Blumenthal (CDU):
Rede ID: ID1608011800

ch freue mich, dass wir im Ausschuss gemeinsam darü-
er diskutieren können. Vielleicht kommen wir dann zu
emeinsamen Erkenntnissen. Ich verstehe die Einbrin-
ung des Berichtes heute als eine Aufforderung, uns da-
it hinterher ganz intensiv auseinanderzusetzen.

In der letzten Legislaturperiode, als die Fraktion der
rünen der Regierungskoalition angehörte, gab es lange
iskussionen. Ich erinnere mich auch an Gemeinsam-
eiten; das sollten wir hier nicht einfach so beiseiteschie-
en. Das Thema ist viel zu wichtig, als dass wir uns da-
über nur streiten sollten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


an kann unterschiedliche Sichtweisen haben, aber man
ollte doch versuchen, einen gemeinsamen Weg zu fin-
en.

Auf Herrn Wunderlich möchte ich gar nicht eingehen.
ch hatte den Eindruck, er hat heute die falsche Rede, je-
enfalls keine zum fünften Altenbericht, herausgezogen.


(Widerspruch bei der LINKEN)


Ganz ruhig! Hören Sie erst einmal zu.

Der fünfte Altenbericht verfolgt das Ziel, die von fi-
anziellen und gesundheitlichen Argumenten geprägte
iskussion des demografischen Wandels neu zu justie-

en und sie, anders als bisher, an den Chancen und Mög-
chkeiten dieses Wandels auszurichten. Auf wissenschaft-
ch fundierter Basis hat die Altenberichtskommission die
Potenziale des Alters in Wirtschaft und Gesellschaft“
ufgezeigt. Sie gibt uns, der Politik, Handlungsempfeh-
ngen mit auf den Weg, damit diese Potenziale genutzt

nd unterstützt werden können. Vor dem Hintergrund des
emografischen Wandels geht der fünfte Altenbericht den
rundlegenden Fragen nach, welche Rolle ältere Men-
chen im solidarischen Miteinander der Generationen der-
eit spielen, und vor allem, welche Rolle sie in Zukunft
pielen können.

Allein diese Fragestellung sollte uns deutlich vor Au-
en führen, welchen tiefgreifenden gesellschaftlichen
eränderungen wir uns gegenübersehen, und zwar nicht
ur aus demografischer Sicht. Weil aber der Anteil derje-
igen, die 60 Jahre und älter sind, im Jahr 2050 bei etwa
0 Prozent liegen wird, tun wir gut daran, bis dahin un-
ere Hausaufgaben gemacht zu haben. Dann müssen wir
ämlich Antworten auf die Frage haben, wie wir errei-
hen können, dass die Erfahrungen, das Wissen und
ngagement älterer Menschen wieder ganz selbstver-

tändlich zum Arbeits- und Familienleben gehören. In
eutschland sind heute gerade noch vier von zehn Men-






(A) )



(B) )


Antje Blumenthal
schen im Alter von 55 bis 64 Jahren erwerbstätig. In vie-
len Betrieben gibt es keine Beschäftigten, die älter als
50 Jahre sind. Die Zahl der älteren Langzeitarbeitslosen,
aber auch die der Vorruheständler sprechen eine deutli-
che Sprache. Ich denke, hier sind wir uns einig: Das
kann nicht der richtige Weg sein.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wenn der Anteil der Menschen mit höherem Lebens-
alter steigt und der Anteil jüngerer Menschen gleichzei-
tig rückläufig ist, dann kommen wir nicht umhin, dass
ältere Menschen zu einer gesellschaftlichen Kompo-
nente werden. Die Lebensphase des Alters kann und darf
deshalb keinesfalls länger mit Unproduktivität und
Krankheit gleichgesetzt werden. Wir können es uns aus
vielfältigen Gründen schlichtweg nicht leisten, auf die
Potenziale des Alters zu verzichten; aber genau das tun
wir zurzeit.

Der fünfte Altenbericht hält fest, dass die Potenziale
noch viel zu wenig erkannt und genutzt werden. Solange
ältere Menschen lediglich als eine Belastung der sozia-
len Sicherungssysteme wahrgenommen werden, solange
sich die übrige Gesellschaft vor allem auf ihre Schwä-
chen und auf körperliche Alternsprozesse konzentriert
und solange die Fähigkeiten, die Wünsche und das En-
gagement Älterer nicht angemessen berücksichtigt wer-
den, müssen wir daran arbeiten, ein neues Bild des Al-
terns nicht nur zu entwerfen, sondern es auch in den
Köpfen der Menschen zu verankern.

Ich denke, der fünfte Altenbericht leistet einen her-
vorragenden Beitrag dazu, ein neues Altersbild in der
Gesellschaft zu verankern. Der Bericht konzentriert sich
auf die Analyse der zentralen altersrelevanten Themen
und gibt uns ganz konkrete Handlungsempfehlungen.
Als eine Grundlage der besseren Nutzung der Potenziale
des Alters sehen wir die Erkenntnis an, dass die aller-
meisten Beiträge, die ältere Menschen zum Gemeinwohl
leisten und in Zukunft leisten werden, auf freiwilliger
Basis geschehen.

Wenn wir von einer besseren Nutzung der Potenziale
sprechen, müssen wir uns vor Augen führen, dass ältere
Menschen in der Regel schon ein arbeitsreiches Leben
hinter sich haben. Wie bereits während des Arbeitsle-
bens leisten sie auch nach der Erwerbszeit in erhebli-
chem Umfang freiwillige und vor allem gemeinwohlori-
entierte Tätigkeiten. Sie engagieren sich in den
traditionellen Ehrenamtsfeldern Sport, Kirche und sozi-
ale Organisationen. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass
zukunftsweisende Formen des Engagements erprobt und
entwickelt werden, Formen, die innovative Antworten
auf die Herausforderungen der Zeit und der demografi-
schen Alterung geben. Denn nicht nur in Deutschland
festigt freiwilliges Engagement den Zusammenhalt der
Generationen.

Diese Freiwilligkeit ist für uns ein zentraler Baustein
des neuen Altersbildes. Deshalb werden wir uns für eine
weitergehende Förderung des Ehrenamtes einsetzen.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Jawohl!)


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(C (D m generationenübergreifenden Engagement können Beegnungsmöglichkeiten geschaffen werden, in denen die enerationen die Rollen der Wissensvermittler und der ernenden einnehmen – und das in beide Richtungen der, besser gesagt, wechselseitig. Dabei ist es besonders ichtig, dass die bislang bildungsund engagementferen Gruppen näher an das bürgerliche Engagement heangeführt werden. Ein weiterer zentraler Aspekt des fünften Altenbeichtes ist das lebenslange Lernen. Durch lebenslang nhaltende Bildungsprozesse können wir nicht nur die irtschaftliche Entwicklung und Wettbewerbsfähigkeit erbessern, sondern gleichzeitig die individuelle Bechäftigungsfähigkeit der Menschen erhalten. Außerdem ragen lebenslanges Lernen bzw. Bildung ganz allgeein zu mehr Freiheiten und zum gesellschaftlichen Zu ammenhalt bei, und zwar ganz besonders im Alter. Wir erden uns deshalb dafür einsetzen, die Erwachsenenildung – vor allem die von geringer qualifizierten Menchen – besser als bisher zu fördern. Lassen Sie mich zu einem weiteren Punkt kommen. ir sind der Ansicht, dass eine Schwierigkeit hinsicht ich der heute geltenden gesetzlich festgeschriebenen der tariflich festgesetzten Altersgrenzen besteht und ir diese beseitigen müssen. enn wir können nicht sagen, dass Menschen, die ein estimmtes Alter erreichen, ganz bestimmte Berufe icht mehr ausüben dürfen, obwohl sie nach wie vor azu in der Lage sind. ir sind der Meinung, dass solche Altersgrenzen unzeitemäß und diskriminierend sind. Deswegen werden wir ns im Ausschuss ganz intensiv damit auseinandersetzen üssen. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Richtig!)


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Genau!)


Der fünfte Altenbericht macht aber auch deutlich,
ass der demografische Wandel in absehbarer Zeit zu ei-
er deutlichen Verschiebung der Nachfrage nach Gü-
ern und Dienstleistungen führen wird. Bis heute tut sich
ie Wirtschaft leider noch relativ schwer, ältere Men-
chen als eigenständige Zielgruppe anzusprechen. Die

irtschaftskraft und die Konsumwünsche älterer Men-
chen werden bislang kaum berücksichtigt. Glücklicher-
eise fangen die Unternehmen mittlerweile an, zu er-
ennen, dass die Märkte für ältere Menschen, die
ogenannten Silbermärkte, ein ganz enormer Wirt-
chaftsfaktor sind. Die Erschließung dieser Silbermärkte
ann nicht nur zu mehr Wirtschaftswachstum und einer
esseren Befriedigung der Nachfrage führen, sondern er-
öht auch die Chancen der Schaffung neuer Arbeits-
lätze für jüngere und ältere Menschen. Deshalb müssen
ie Zukunftsmärkte der Generation 60 plus erschlossen
nd die Unternehmen dafür sensibilisiert werden.

Meine Damen und Herren, wenn man sich den fünf-
en Altenbericht anschaut, sieht man sich einer Vielzahl






(A) )



(B) )


Antje Blumenthal
von Ergebnissen und Handlungsempfehlungen gegen-
über, die der Politik einen klaren Weg aufzeigen. Ich per-
sönlich nehme aus diesem Bericht vor allem eine
Schlussfolgerung mit: Solange sich das Bild des Alters,
das wir alle noch in den Köpfen haben, nicht verändert,
werden alle Vorhaben nur mit halber Kraft ausgeführt.
Deshalb sollten wir alle gemeinsam anfangen, nicht nach
dem Motto „Alt sind nur die anderen“ zu denken, son-
dern uns den Problemen zu stellen und die Chancen und
Potenziale des Alters zu nutzen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1608011900

Das Wort hat jetzt die Kollegin Ina Lenke von der

FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Ina Lenke (FDP):
Rede ID: ID1608012000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Graf,

ich würde Sie gerne ansprechen, weil ich mit dem, was
Sie zur Frühverrentung ausgeführt haben, nicht einver-
standen bin. Die rot-grüne Bundesregierung hat das
Ende der Frühverrentungsregelung auf das Jahr 2010
verschoben. Wenn Sie nun beklagen, dass die Unterneh-
men Ältere nicht in ihren Unternehmen belassen, dann
müssen Sie ehrlicherweise sagen, dass die Politik der
Großen Koalition dazu beiträgt.


(Nicolette Kressl [SPD]: Aber die FDP hat es mit eingeführt!)


– Ich will ja nur meine Meinung dazu sagen.


(Nicolette Kressl [SPD]: Aber sie muss wahr sein!)


– Ich will Sie aufklären, warum ich gerade dazwischen-
gerufen habe.

Ihnen ist sicherlich bekannt, dass aufgrund der Ver-
längerung der Frühverrentungsmöglichkeit im Jahr 2005
Hunderttausende Menschen in der Bundesrepublik
Deutschland diese Möglichkeit in Anspruch genommen
haben. Das hat 1 Milliarde Euro gekostet. Frau von der
Leyen, es wäre besser gewesen, wenn wir diese
1 Milliarde Euro in Krippenplätze in den Städten und
Gemeinden investiert hätten, anstatt ältere Menschen
von der Arbeit fernzuhalten.


(Beifall bei der FDP)


Hierin ist – das müssen wir ganz selbstkritisch sagen –
eine Ursache zu sehen.

Der Altenbericht belegt, dass der Ruhestand zum Un-
ruhestand werden soll. Als Bürgerin hätte ich angesichts
dieser Reden den Eindruck, dass man die Menschen wie-
der in die Beschäftigung treiben will. Wir müssen immer
wieder sagen, dass jeder, der sein Erwerbsleben hinter
sich hat, die Freiheit hat, zu entscheiden, was er macht.
Wir Politiker müssen ihn vom bürgerschaftlichen En-
gagement überzeugen; wir dürfen den Älteren kein

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(C (D chlechtes Gewissen machen. Es ist wichtig, dass wir die irche im Dorf lassen. Ich möchte zum Gender-Mainstreaming kommen. In nserer Gesellschaft herrscht eine starre Rollenverteiung vor. Die Männer arbeiten in der Regel bis zum Ruestand sehr intensiv, vielleicht auch, um die Familie zu rnähren. Im Alter stellt sich dann die Frage, welche orm bürgerschaftlichen Engagements jemand, der 60 is 70 Stunden in der Woche gearbeitet hat, in seinem ohnumfeld erbringen kann. Ich muss sagen: Ein 0-Jähriger kann kein Fußballtrainer in einem Verein ehr sein. (Thomas Dörflinger [CDU/CSU]: Otto Rehhagel zum Beispiel!)


(Beifall bei der FDP)


Ehrenamtlich!


(Markus Grübel [CDU/CSU]: Ich sage immer: Turne bis zur Urne!)


Mit 70 Jahren suchen die Männer in unserer Gesell-
chaft, so denke ich, eine andere Form bürgerschaftlichen
ngagements. Es ist die Aufgabe von Kommunalpoliti-
ern, diese Veränderungen zu erkennen. Wir können hier
eden, soviel wir wollen; wenn die Kommunalpolitiker
icht mitziehen, ändert sich nichts.


(Beifall bei der FDP)


Die Rolle der Frau in unserer Gesellschaft sieht an-
ers aus. Frauen – wir alle bedauern das, aber es ist nun
inmal so – pflegen nach der Erziehung der Kinder im
lter die hochbetagten Eltern und Schwiegereltern. Ich
edanke mich bei Frau von der Leyen, die sehr deutlich
esagt hat, dass sich diese Aufgabenteilung ändern
uss. Wir brauchen professionelle Pflege, familiäre Un-

erstützung, bürgerschaftliches Engagement und neue
etzwerke. Frau von der Leyen, es bedarf eines neuen
onzeptes. Es wäre gut, wenn Sie entsprechende Initiati-
en in den Bundestag einbringen würden.

Die FDP wird ihre Ideen dazu genauso wie alle ande-
en Fraktionen in den Bundestag einbringen. Ebenso wie
ie Grünen haben wir einen Antrag eingebracht.

Ich komme zum Schluss. Der fünfte Altenbericht ist
s wert, nicht nur im Bundestag, sondern auch in den
tädten, Gemeinden und Landkreisen beraten zu wer-
en. Sonst bleibt alles, was wir heute gesagt haben, eine
orthülse. In meiner Heimatregion will ich gerne dazu

eitragen, dass diese Diskussion weitergeführt wird. Es
äre gut, wenn wir alle das machen würden; denn das
äre ein Schritt auf dem Weg in eine fröhliche alternde
esellschaft.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1608012100

Das Wort hat jetzt der Kollege Wolfgang Spanier von

er SPD-Fraktion.






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(B) )


Wolfgang Spanier (SPD):
Rede ID: ID1608012200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

heutige Debatte hat gezeigt, dass Frau Blumenthal recht
hat. Es gibt offensichtlich eine ganze Menge Gemein-
samkeiten. Was die Analyse des demografischen Wan-
dels und seine Auswirkungen betrifft, stimmen wir abso-
lut überein. Lediglich bei den Instrumenten gibt es hier
und da unterschiedliche Auffassungen. Ich glaube, es ist
nicht unwichtig, dass wir diese Gemeinsamkeiten bei der
Pflege aller Unterschiedlichkeiten hier, im Deutschen
Bundestag, herausarbeiten.

Es gibt aber auch Grenzen der Gemeinsamkeiten.
Herr Wunderlich, ich gestehe Ihnen gerne zu, dass Sie
durchaus sympathische Züge haben. Aber ein Auftritt
wie Ihrer heute im Deutschen Bundestag ist nahezu un-
erträglich.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wenn Sie uns bescheinigen, keine Beziehungen mehr
zur wahren Demokratie zu haben, dann haben Sie die
Grenze des Tolerierbaren eindeutig überschritten.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Lesen Sie bitte einmal Ihre Rede im Protokoll nach. Sie
enthält eine Aneinanderreihung von wüsten Unterstel-
lungen und eine Polemik, die man, wenn man sie wort-
wörtlich und ernst nehmen würde, nicht dulden könnte.

Das große Verdienst des Altenberichtes ist – darauf
wurde heute schon mehrfach hingewiesen –, dass er ei-
nen Schwerpunkt auf die Potenziale des Alters und auf
den Beitrag älterer Menschen zum Zusammenhalt der
Generationen gesetzt hat. Das ist ein wichtiger Akzent
angesichts – darauf hat Frau Laurischk hingewiesen – ei-
ner Medienberichterstattung mit Katastrophenszenarios,
wie wir sie vor kurzem erlebt haben, aber auch ange-
sichts der gegenteiligen Tendenz, bei der unterstellt
wird, der demografische Wandel sei nur ein Vorwand,
um ganz bestimmte politische Maßnahmen durchsetzen
zu können, er sei sozusagen eine Art gesellschaftspoliti-
scher Popanz. Das wird der tatsächlichen Entwicklung
genauso wenig gerecht wie das Katastrophenszenario.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es ist eindeutig: Wir werden älter, wir werden bunter,
und wir werden weniger. Natürlich gibt es große regio-
nale Unterschiede. Das wird allzu häufig vergessen.
Ganz entscheidend – das ist mehrfach unterstrichen wor-
den; deswegen kann ich das relativ kurz fassen – ist das
Bild, das wir vom Alter haben. Frau Ministerin, dass
sich die Kommission demnächst mit den Bildern vom
Alter auseinandersetzen soll, ist ein guter Ansatz, weil er
das, was hier vorgelegt wird, vertieft.

Manchmal – ich sage Ihnen das ganz offen – finde ich
es ja putzig, wie in diesem Haus über meine Generation
gesprochen wird, vor allen Dingen, wenn sich jemand
zum Anwalt meiner Generation erhebt. Diesen Anwalt
wollen wir nicht. Manches ist schon merkwürdig, aber
wir sind uns einig: Das Alter ist differenziert zu betrach-
ten. Die Vielfalt ist bereits betont worden. So sehr wir

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(C (D ns hier als Fürsprecher meiner Generation fühlen – ich age bewusst: meiner Generation –, so überzeugt bin ich avon, dass viele von uns eine politische Sozialisation inter uns haben und dass wir uns schon um uns selbst ümmern werden. Keine Sorge! (Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


iele von Ihnen sind von diesem Alter gar nicht so weit
eg. Ich denke, auch Sie werden das dann tun.


(Markus Grübel [CDU/CSU]: Ein positives Versprechen!)


Wir müssen aufpassen: Sicherlich müssen wir die Po-
enziale, die Stärken der älteren Generation betonen. Al-
erdings dürfen wir die, wie Professor Kruse im Aus-
chuss sagte – dieser Begriff hat mir gut gefallen –,
erletzlichkeit der älteren Menschen bis hin zur Pfle-
ebedürftigkeit der Hochbetagten nicht aus dem Auge
erlieren. Das gehört zusammen. Ich glaube, wenn wir
ur auf die Potenziale, nur auf die Stärken schauen, lau-
en wir Gefahr, dass wir die Zerrbilder des Jugendwahns
uf die ältere Generation übertragen. So etwas gibt es ja
uch: der ewig Fitte, der ewig Dynamische usw.

Zusammenhalt der Generationen und Generationen-
olidarität: Eigentlich erfährt das – das muss man gar
icht im Altenbericht nachlesen – jeder von uns bei sich
elbst. Wir sind die Kinder von Eltern, viele von uns ha-
en Kinder und Enkelkinder. Wir selbst, jeder einzelne
on uns, sind in der Generationenkette verortet. Das ist
ns allen klar. Nur ist es etwas anderes, das gesellschaft-
ich zu verdeutlichen und umzusetzen.

Ich habe einmal den fünften Altenbericht, den zwölf-
en Kinder- und Jugendbericht und den siebten Familien-
ericht nebeneinandergelegt. Das ist spannend, und ich
mpfehle es uns allen für die kommenden Beratungen.
or allen Dingen der siebte Familienbericht, dessen
euer Ansatz – Perspektiven einer lebenslaufbezogenen
amilienpolitik – uns alle so fasziniert hat, könnte dabei
elfen, das im Zusammenhang zu sehen, was in diesen
rei Berichten separat beschrieben wird. Für Ihr Ministe-
ium, Frau von der Leyen, und den Familienausschuss
er ist ein Querschnittsausschuss, der diese Möglichkeit

at – besteht die Notwendigkeit, diese Zusammenschau
orzunehmen. Vielleicht gelingt es uns ja, auszuloten, ob
an aus diesen Berichten und aus der öffentlichen De-

atte so etwas wie eine „gesellschaftspolitische Gesamt-
rientierung“ ableiten kann. Oder man nennt es „Strate-
ie“; die Mutigen unter uns nennen es vielleicht
Vision“. Die Berichte – davon bin ich überzeugt – kön-
en bei dieser gesellschaftspolitischen Gesamtorientie-
ung überaus hilfreich sein.

Entscheidend ist nicht die heutige erste Debatte – das
aben mehrere gesagt –, entscheidend ist, welche Kon-
equenzen wir ziehen. Wir sind gut beraten, die konkre-
en Empfehlungen, die im Bericht stehen, Punkt für
unkt durchzugehen und abzuklopfen. Wir sollten uns
iese Mühe machen. Sonst loben wir diesen Bericht,
ehmen ihn aber nicht ernst. Damit will ich nicht sagen,
ass wir die Empfehlungen nicht eins zu eins umsetzen
ollen bzw. können, auch wenn so etwas natürlich vor-






(A) )



(B) )


Wolfgang Spanier
kommt: So hat die Bundesregierung in ihrer Stellung-
nahme zum Bereich Erwerbsarbeit eine Reihe von Vor-
schlägen nicht akzeptiert, nicht übernommen.

Ich denke, wir alle wären froh, wenn diese Debatte
nicht nur hier im Bundestag stattfände. Die Entstehungs-
geschichte des Altenberichts zeigt, dass er schon damals
eine breite gesellschaftliche Debatte ausgelöst hat. Eine
solche breite gesellschaftliche Debatte, die den Zusam-
menhalt der Generationen betont, die die Alten nicht zu
Kostgängern macht und die Jungen nicht zu einer armen,
verfolgten Minderheit, sondern die Generationensolida-
rität in den Mittelpunkt stellt, ist dringend notwendig.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dann haben diese Fehlinterpretationen – die Katastro-
phenszenarios einerseits und die Abqualifizierung des
demografischen Wandels als Popanz andererseits – keine
Chance.

Ich bedanke mich.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1608012300

Als letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt

hat das Wort die Kollegin Christel Humme von der SPD-
Fraktion.


Christel Humme (SPD):
Rede ID: ID1608012400

Herr Präsident! Liebe Kollegen! Liebe Kolleginnen!

Ich freue mich, dass heute mit der ersten Debatte über
den fünften Altenbericht der Startschuss gelungen ist.
Wir sind weg von diesen Horrorszenarien, weg von den
schrecklichen Bildern in den Medien, und kommen zu
einem ganz neuen Bild des Alters. Ich glaube, es ist
wichtig, wie Herr Spanier und Frau Lenke gesagt haben,
eine breite öffentliche Diskussion anzuzetteln, damit
das, was in diesem Bericht festgehalten ist, in allen Gre-
mien diskutiert werden kann.

Von Henning Scherf – er ist prominenter Rentner, ein
Betroffener! – stammt der Ausspruch „Grau ist bunt“.
Dem kann man nur zustimmen; viele haben das in ihren
Reden heute auch gesagt. Gehen Sie doch einmal auf die
Internetseite www.senioren.de! Was finden Sie da? Sie
finden fitte Senioren, die sich ihr Leben im Alter mit
Reisen versüßen, Sie finden Angebote von hervorragen-
den Wohnformen, von Wohnen auf hohem Niveau – und
Sie finden Partnerbörsen für ein zukunftsorientiertes Le-
ben zu zweit.


(Markus Grübel [CDU/CSU]: Das lässt hoffen!)


Das sind ganz andere Dimensionen für die lange Zeit
nach der Arbeit.

Entspricht diese Darstellung der Wirklichkeit in unse-
rer Gesellschaft? Ein Teil mit Sicherheit; aber ich
glaube, nicht in dieser reinen Lehre. Wichtig ist – das ha-
ben alle in ihren Reden bestätigt –, dass wir erkennen,
dass wir in der Tat älter werden. So haben meine Töchter
eine Chance von 25 Prozent, 100 Jahre alt zu werden, sie

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(C (D aben also noch ein langes Leben vor sich. Genau das ibt uns der fünfte Altenbericht zum Auftrag: die Poteniale dieser Zeit auszuschöpfen. Auch darüber müssen ir eine breite öffentliche Diskussion anzetteln. Wenn ich mir die heutige Gesellschaft ansehe, muss ch feststellen: Da tut sich schon einiges, Herr underlich, das ist nicht so schwarz, wie Sie das malen. m Gegenteil, die Dinge entwickeln sich fast unmerklich ohne dass wir Politikerinnen und Politiker viel dazuun. Ich nenne nur ein paar Punkte: „Enkel dich fit!“ lautet zum Beispiel das Motto des roßelterndienstes in Berlin. Dabei handelt es sich um in Projekt, bei dem Alleinerziehende Hilfe finden könen. Großeltern und Enkel finden sich in diesem wunerschönen Projekt. Seit 1983 – ich war selber überrascht, dass es dieses rojekt schon seit 24 Jahren gibt – gibt es den „Senior xperten Service“ mit 7 000 Mitgliedern aus allen Beru en. Sie stellen erfolgreich unter Beweis, wie gefragt und otwendig der Erfahrungsund Wissensaustausch der enerationen ist. Dies alles zeigt, dass ein unglaubliches Potenzial an issen und Kreativität vorhanden ist. Wir tun gut daran, iese Schätze nicht ungenutzt zu lassen. Das Jahr 2007 ist das Europäische Jahr der Chanengleichheit. Ich halte es nach wie vor für einen Skanal – viele Redner haben es schon angesprochen –, dass enschen über 50 aus dem Arbeitsmarkt gedrängt wer en. Auf der einen Seite werden wir immer älter – das ist akt –; auf der anderen Seite werden aber die Menschen, ie auf dem Arbeitsmarkt ausgegrenzt werden, immer ünger. Das hat mit Chancengleichheit nichts zu tun. Darin ind wir uns sicherlich einig. Wir geben aber schon jetzt ntworten, Herr Wunderlich. Unser Programm „Per pektive 50 plus“ ist unsere Antwort, um die Generation er über 50-Jährigen auf dem Arbeitsmarkt zu halten. Wir haben noch etwas erreicht, was wir uns vielleicht och nicht ausreichend bewusst gemacht haben. Wir rauchen das Grundgesetz nicht zu bemühen, Herr underlich. Darin finden Sie die Altersdiskriminierung icht. Wir haben aber das Allgemeine Gleichbehandungsgesetz geschaffen, das seit August 2006 in Kraft st. Mit diesem Gesetz können wir der Altersdiskriminieung entgegenwirken. Ein Gesetz ist kein Allheilmittel. Darin gebe ich der DP ausnahmsweise einmal recht. Ausnahmsweise. Das dürfen Sie ruhig hervorheben. – otwendig ist auch ein Mentalitätswechsel in der Ge ellschaft und in den Unternehmen. Wir brauchen einen esunden Mix aus jungen und alten Arbeitnehmerinnen nd Arbeitnehmern, damit das Motto „Grau ist bunt“ uch hier zur Selbstverständlichkeit wird. Es gibt ohne Frage viele Möglichkeiten, sich im Alter inzubringen. Bürgerschaftliches Engagement – das eute schon mehrfach erwähnt wurde und das sicherlich Christel Humme keine regulären Arbeitsplätze gefährdet – ist dabei ein wichtiger Faktor. Auch dabei kann man auf Modellprojekte wie das Projekt „Pflegebegleiter“ zurückgreifen, das schon 2004 unter der alten Bundesregierung ins Leben gerufen wurde und mich sehr beeindruckt hat. In diesem Projekt werden über 50-Jährige gezielt geschult, um ehrenamtlich Angehörige zu unterstützen, die ihrerseits ältere Menschen pflegen. Ich glaube, das ist ein gutes Beispiel dafür, wie wir heute schon Brücken zwischen den Generationen schlagen. Die von mir genannten Beispiele zeigen, dass der Zusammenhalt der Generationen schon jetzt tatsächlich gelebt wird. Das weiterzuentwickeln, ist sicherlich eine wichtige Aufgabe. Kommen Sie bitte zum Schluss. Ja, ich komme zum Schluss. Ich möchte abschließend Henning Scherf zitieren, der sehr viel Nettes gesagt hat. Er sagte unter anderem: Ich will nicht herumsitzen, sondern etwas tun und bewirken. Insofern empfinde ich das Alter als späte Freiheit … Ich habe viel Energie und andere in meinem Alter haben diese Energie auch. Unsere Aufgabe im politischen Bereich wird es sein, diese Energie für die Gesellschaft zu nutzen. Herzlichen Dank. Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf Drucksachen 16/2190 und 16/4163 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Der Entschließungsantrag auf Drucksache 16/4219 soll an dieselben Ausschüsse wie die Vorlage auf Drucksache 16/2190 überwiesen werden. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 30 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses (3. Ausschuss)


(Zurufe von der FDP: Oh!)





(A) )


(B) )

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1608012500
Christel Humme (SPD):
Rede ID: ID1608012600

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1608012700
Dr. Peter Gauweiler, Monika Grütters, Eckart von
Klaeden, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Monika
Griefahn, Lothar Mark, Niels Annen, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Stärkung des Goethe-Instituts durch neues
Konzept

– Drucksachen 16/3502, 16/4132 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Willy Wimmer (Neuss)

Monika Griefahn

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(C (D Harald Leibrecht Monika Knoche Dr. Uschi Eid Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre einen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich erteile als erstem Redner dem Staatsminister ünter Gloser das Wort. Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und ollegen! Kulturelle Ausstrahlung und wissenschaftich-technologische Leistungskraft tragen entscheidend um positiven Bild Deutschlands im Ausland bei. Dies piegelt sich im hohen Stellenwert der auswärtigen Kulurund Bildungspolitik als integralem Bestandteil der eutschen Außenpolitik wider. Die auswärtige Kulturnd Bildungspolitik ermöglicht Verständigung und chafft Verständnis. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor sind ie unabhängigen Mittlerund Partnerorganisationen. hre Arbeit ist anerkannt, und ihre Glaubwürdigkeit ist och. In der auswärtigen Kulturund Bildungspolitik spielt as Goethe-Institut eine zentrale Rolle. Es ist das kultuelle Gesicht Deutschlands im Ausland. Zugleich ist es in wichtiger Akteur der internationalen kulturellen Zuammenarbeit. Seine Programmund Spracharbeit ist nerkannt, die weltweite Präsenz mit 129 Instituten und ie daraus entstandenen Netzwerke sind entscheidende, ber Jahrzehnte aufgebaute Stärken. Auch in Zeiten napper Kassen dürfen diese Errungenschaften nicht ufs Spiel gesetzt werden. Erfolgreich bleibt das Goethe-Institut nur, wenn es eine Strukturen und Aufgaben den sich verändernden olitischen, wirtschaftlichen und kulturpolitischen Rahenbedingungen anpasst. Dieser Herausforderung ha en sich das Auswärtige Amt und das Goethe-Institut it dem gemeinsam erarbeiteten Reformkonzept ge tellt. Ich finde, das Ergebnis ist überzeugend. Die Reform des Goethe-Instituts, in die Anregungen us dem parlamentarischen Raum eingeflossen sind, teht auf zwei miteinander verbundenen Säulen: erstens ie Modernisierung der Strukturen und die Steigerung er Effizienz des Goethe-Instituts in der Zentrale in ünchen wie in den Auslandsinstituten und zweitens die icherung des Netzwerks und die Anpassung an neue ufgaben. Das Institutsnetz muss die gewachsene gloale Verantwortung und die Interessen Deutschlands wierspiegeln. Kein Standort wird aufgegeben. Zu dem oft olportierten „Rückzug aus Europa“ kommt es nicht. In egionen wie Asien, vor allem in China und Indien, ahund Mittelost/Golfregion muss das Goethe-Institut ber verstärkt präsent sein. Der Ausbau in Ostund Südsteuropa soll konsolidiert werden. Dies sind langfristig ohnende Investitionen in die Zukunft Deutschlands. Die raditionellen Partnerregionen Europa, USA, Lateinameika und Afrika werden hierbei nicht vernachlässigt. Staatsminister Günter Gloser Inhaltlich wird sich das Goethe-Institut wieder stärker auf die im Rahmenvertrag mit dem Auswärtigen Amt vereinbarten Kernaufgaben konzentrieren: Förderung der deutschen Sprache im Ausland, Pflege der internationalen kulturellen Zusammenarbeit und Vermittlung eines umfassenden Deutschlandbildes durch Informationen über das kulturelle, gesellschaftliche und politische Leben. Reformen kosten Geld. Im Rahmen der bisherigen Finanzplanung hätte sich das Reformkonzept nicht umsetzen lassen. Auswärtiges Amt und Goethe-Institut haben im Bundestag intensiv für das Reformkonzept geworben. Das Echo war bei allen Fraktionen positiv. Der Bundestag – das unterstreicht das – hat einstimmig beschlossen, die institutionelle Förderung des GoetheInstituts im Haushaltsjahr 2007 um 13,5 Millionen Euro zu erhöhen. Diese Trendwende im Sinne einer besseren Mittelausstattung unterstreicht den hohen Stellenwert von Kultur und Bildung in der deutschen Außenpolitik. Die im Antrag der Koalitionsfraktionen enthaltene Bewertung der vor dem Goethe-Institut liegenden Herausforderungen wird von der Bundesregierung geteilt. Neben der Konzentration auf die Kernaufgaben sind dies die Sicherung und der Ausbau des Netzwerks, die Weiterentwicklung der Budgetierung, die Reorganisation der Zentrale in München und die verstärkte Zusammenarbeit mit anderen Mittlern der auswärtigen Kulturund Bildungspolitik. Weitere Maßnahmen zielen auf die Prüfung günstigerer Unterbringungsmöglichkeiten im Ausland, höhere Einnahmen aus Sponsoring sowie die stärkere Zusammenarbeit mit der Wirtschaft und privaten Kulturstiftungen. Lassen Sie mich an dieser Stelle einen ausdrücklichen Dank an die Abgeordneten aus dem Haushaltsausschuss, aus dem Unterausschuss für Auswärtige Kulturund Bildungspolitik und aus dem Ausschuss für Kultur und Medien für ihr Engagement richten. Wir haben in der Vergangenheit bei der Begleitung der Arbeit des GoetheInstituts eng zusammengearbeitet. Ich versichere Ihnen, dass dies auch in Zukunft so bleiben wird. Die Bundesregierung will ein zukunftsgerichtetes und wettbewerbsfähig aufgestelltes Goethe-Institut, das nachhaltig arbeitet und wirkt. Das Reformkonzept schafft hierfür die Basis. Die Unterstützung der Koalitionsfraktionen, die im vorliegenden Antrag zum Ausdruck kommt, trägt zur erfolgreichen Umsetzung dieser Reformanstrengungen entscheidend bei. Vielen Dank für Ihre Unterstützung. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)

Günter Gloser (SPD):
Rede ID: ID1608012800

(Beifall bei der SPD und der FDP)





(A) )


(B) )



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1608012900

Das Wort hat jetzt der Kollege Harald Leibrecht von

der FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)


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(C (D Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und erren! Die herausragende Rolle, die dem Goethe-Instiut in der deutschen auswärtigen Kulturund Bildungsolitik zukommt, ist unbestritten. Unter Rot-Grün war as allerdings nicht immer der Fall, da ist es auf diesem ebiet durchaus zu einem Winterschlaf gekommen, notendige Reformen wurden damals eben nicht angeackt. (Dr. Uschi Eid [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt mach mal halb lang!)

Harald Leibrecht (FDP):
Rede ID: ID1608013000

ch begrüße es deshalb sehr, dass jetzt durch den Unter-
usschuss Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik neuer
chwung in die Debatte kommt und die Bundesregie-
ung hier auch handelt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Goethe-
nstitut steht vor einer Vielzahl von Herausforderungen.

it der Erhöhung des Budgets hat der Bundestag deut-
ich gemacht, dass er die Goethe-Institute bei der Bewäl-
igung dieser Herausforderungen auch unterstützen will.

Dabei ist es wichtig, dass die Fraktionen bei diesem
hema an einem Strang ziehen. Aus diesem Grund er-
lärte ich mich auch bereit, den FDP-Antrag zum Thema
inanzierung des Goethe-Institutes, den wir Liberalen
ereits letzten Juni eingebracht hatten, zugunsten des
ntrages der Großen Koalition zurückzuziehen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


ch bin seinerzeit noch davon ausgegangen, dass wir
ielleicht doch noch einen interfraktionellen Antrag hin-
ekommen. Das ist uns leider nicht ermöglicht worden,
ielleicht war es auch zu kurzfristig. Ich bedauere das
ehr. Nun gut, uns Liberalen geht es aber um die Sache,
eshalb werden wir den Antrag der Großen Koalition
uch unterstützen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, zu Recht
eist der Antrag auf die neuen Wachstumsregionen
nd die damit verbundenen neuen Herausforderungen
in. Darum muss sich das Goethe-Institut richtig aufstel-
en, um mit dieser Dynamik mithalten zu können. Natür-
ich dürfen und werden wir den europäischen Goethe-
nstituten nicht den Rücken zukehren. Aber dem Un-
leichgewicht zwischen dem Engagement des Goethe-
nstituts in Europa einerseits und in China und Indien
ndererseits müssen wir uns stellen.


(Beifall bei der FDP)


eiterhin möchte ich auch einen intensiven Austausch
it den Vereinigten Staaten, zumal die transatlantische
ertegemeinschaft derzeit immer wieder vor eine Zer-

eißprobe gestellt wird.


(Beifall bei der FDP)


atürlich ist es auch wichtig, dass wir bestehende Ein-
ichtungen, auch Einrichtungen hier im eigenen Land,
mmer wieder auf den Prüfstand stellen und gegebenen-
alls hinterfragen.






(A) )



(B) )


Harald Leibrecht
Meine Damen und Herren, auswärtige Kultur- und
Bildungspolitik ist keine Einbahnstraße, sondern eine
Investition in die Zukunft. Die Goethe-Institute, aber
auch die deutschen Auslandsschulen, zeigen dies immer
wieder sehr eindrucksvoll. Die Teilnehmer und die Ab-
solventen machen eine positive Erfahrung mit Deutsch-
land, mit seiner Kultur und seiner Sprache. Viele von ih-
nen besetzen später wichtige, auch politisch wichtige
Ämter in ihrer Heimat. Und gerade hierin liegt auch der
Grundstein für eine enge, vertrauensvolle und nachhal-
tige Beziehung zwischen Deutschland und anderen Län-
dern.

Deutschland hat viel zu bieten, sowohl kulturell als
auch gesellschaftlich. Mit der Kultur meine ich nicht nur
die Hochkultur, Kultur steckt heute ja überall drin, ob im
Konzertsaal, im Museum, im Buch, in der Sprache, im
Club – eigentlich in fast allen Lebensbereichen.

Die Aufgabe des Goethe-Institutes ist es, sowohl die-
sen vielseitigen Begriff von deutscher Kultur als auch
die Schönheit unserer Sprache und Literatur im Ausland
zu vermitteln. Hierfür brauchen wir eine breite politische
Unterstützung. Ich glaube, mit diesem Antrag, den wir
heute verabschieden, wird das Goethe-Institut diese Un-
terstützung auch bekommen.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1608013100

Das Wort hat der Kollege Dr. Peter Gauweiler von der

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Peter Gauweiler (CSU):
Rede ID: ID1608013200

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Als sich ein Kollege aus dem Gesundheitsaus-
schuss heute Nachmittag von mir verabschiedet hat,
sagte er: Ihr müsst jetzt nachsitzen für Goethe. –


(Zuruf von der FDP: Aber gern!)


Das stimmt, aber das tun wir gern, denn wenn wir diesen
heutigen Beschluss nach langen und ausführlichen Bera-
tungen durchgesetzt haben werden, dann hat der Deut-
sche Bundestag eine institutionelle und personelle
Neuorganisation des Goethe-Institutes auf den Weg ge-
bracht. Es geht aber auch sonst um eine große Sache.
Kurz nach der Wiedervereinigung hat der englische Lite-
ratur- und Geisteswissenschaftler Nicholas Boyle von
der Universität Cambridge in seiner hochgerühmten,
monumentalen Biografie über Goethe auch zeitlich-ge-
schichtlich Aktuelles geschrieben. Er beschreibt ihn

als einen freien Mann, der auf die sozialen, spiritu-
ellen und geistigen Anforderungen der Moderne in
dem Maße reagierte, wie sie sich in seiner Umwelt
artikulierten.

Dann schreibt er:

Ich hege die Hoffnung, dass die folgenden Seiten
auch Leser in Deutschland ansprechen mögen; wur-

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(C (D den sie doch in der Überzeugung geschrieben, dass die Bundesrepublik nicht nur für das steht, was das Beste und das Älteste in den politischen Traditionen der Nation ist, sondern auch für das, was dem Geist Goethes am nächsten kommt, und dass es für das übrige Europa an der Zeit ist, hierfür zu danken. as sind goldene Worte, die man in das Programm des oethe-Instituts aufnehmen könnte. Das ist aber vor al em auch ein Angebot von außen, auf das wir Antwort eben wollen. Die Große Koalition hat sich bemüht, mit ihrem Kolitionsvertrag Bewegung in die auswärtige Kulturpoliik zu bringen. Wie wir wissen, wurde die Haushaltslage es Goethe-Instituts nach dem Prozess der Neufindung n den Jahren nach 1990 trotz der immensen Herausforerungen, die sich für die Kulturaußenpolitik des wieervereinigten Landes stellten, leider nur angepasst, das eißt nichts anderes als gesenkt, und das trotz steigender ersonalund Sachkosten. Wenn wir aber die Beschlussmpfehlung und den Bericht des Auswärtigen Ausschuses zu dem zur Diskussion stehenden Antrag lesen, dann tellen wir fest, dass der Finanzkrise des Goethe-Instituts icht nur Sparmaßnahmen, sondern auch innere Schwieigkeiten zugrunde lagen, die sich unter anderem in zahleichen Wechseln innerhalb der Führungsspitze ausrückten. In der laufenden Legislaturperiode haben wir deshalb ls Erstes eine große Anhörung durchgeführt, in der ritik und Anregungen in Sachen Goethe-Institut gebünelt und offen ausgesprochen wurden. Die Sachverstänigen gingen in ihren Äußerungen teilweise so weit, im usammenhang mit der Programmarbeit des Goethe-Intituts von einer Flucht vor Kultur zu sprechen. Dies betärkt uns darin, einen grundlegenden Wandel anzustreen. In diesem Sinne wurde bereits etwas erreicht: Erstens. Der finanzielle und strukturelle Abbau wurde icht nur gestoppt, sondern in sein Gegenteil verkehrt. ie Mittel der Goethe-Institute wurden – darauf haben ie bereits hingewiesen, Herr Staatsminister – beachtlich ufgestockt. Zweitens. Die auswärtige Kulturpolitik ist wieder das möchte ich betonen – Chefsache geworden. Ich inde, es ist beachtlich, dass der neue Außenminister teinmeier in den ersten zwölf Monaten seiner Amtszeit ehr Goethe-Institute besucht hat als sein Vorgänger in ieben Jahren. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


(Vorsitz: Vizepräsidentin Petra Pau)


Das sind erste Ansätze, die zeigen, dass wir das Gebot
iner grundsätzlichen Trendwende ernst nehmen. Ich
agte anfangs: Es geht um eine große Sache. Deutsch-
and überlebt als Kulturnation, oder es überlebt als Na-
ion gar nicht. Deswegen haben wir – fundamental, wie
ir beide sind, Frau Griefahn – in unseren Antrag hi-
eingeschrieben:

Das Goethe-Institut vertritt und vermittelt die Tra-
dition und die Gegenwart der deutschen Kultur in






(A) )



(B) )


Dr. Peter Gauweiler
ihren vielfältigen Aspekten und Fassetten. … Im
Mittelpunkt der Tätigkeit stehen die an Deutsch-
land, seiner Sprache und seiner Kultur interessier-
ten Menschen. Dieses Interesse zu wecken, zu för-
dern und zu befriedigen ist die erste und wichtigste
Aufgabe des Goethe-Instituts.

Die erste Priorität ist also die Vermittlung der deutschen
Kultur.

Was wir hier zu bieten haben, haben die Sachverstän-
digen in eindrucksvoller Weise dargestellt. Kein Land
der Welt hat – da zitiere ich den Sachverständigen
Dr. Steinfeld von der „Süddeutschen Zeitung“ –, nicht
zuletzt durch seinen Föderalismus, eine derartige kultu-
relle Infrastruktur anzubieten wie das wiedervereinigte
Deutschland. Natürlich muss der politische Rahmen für
die Reform die Konzentration auf die Kernkompetenz
darstellen.

Es ist jetzt von der Zeit her müßig, haushaltspolitische
Beispiele zu nennen. So könnte man beispielsweise die
40 000 Euro, die für die Bibliothek in Helsinki benötigt
werden, den Mitteln gegenüberstellen, die allein im letz-
ten Jahr für den Bundeswehreinsatz im Kongo aufge-
bracht wurden. Man lese beispielsweise den Kulturpres-
sespiegel über Informationen über eine angebliche
Schließung der deutschen Bibliothek in Paris. Das hat ei-
nen Sturm von Einsprüchen ausgelöst. Daran sieht man,
wie groß das Interesse der Außenstehenden an dem Ge-
biet ist, über das wir hier reden. Es ist richtig, dass wir zu
dieser Kernkompetenz auch die Präsenz und den Ausbau
unserer Tätigkeit in Europa rechnen.

Ich möchte auch noch einen Punkt ansprechen, der für
uns ganz wesentlich ist. Wir haben in diesem Antrag
auch etwas über einen Bereich, der sehr umstritten war,
geschrieben, nämlich über die Goethe-Institute im In-
land:

Die Goethe-Institute im Inland leisten hervorra-
gende Arbeit bei der Sprachvermittlung und der
Verbreitung des Deutschlandbildes bei ausländi-
schen Gästen. … Ein Einbrechen der Erfolgsge-
schichte des Goethe-Institutes bei der Auswärtigen
Kultur- und Bildungspolitik durch ein Nachlassen
der Sprachnachfrage im Inland sollte bereits struk-
turell verhindert werden.

Wir sind uns klar darüber, dass es hier erhebliche Refor-
men geben muss. Die Obleute, die sich heute Morgen
mit diesbezüglichen Vorhaben beschäftigt haben, sagen,
dass als Nächstes die diesbezügliche Konzeption auf den
Tisch muss, Herr Staatsminister.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir sind unangenehm berührt, dass, während wir diesen
Antrag beraten, die Schließung von inländischen Goe-
the-Instituten – Beispiel Prien – in die Wege geleitet
wird. Parlamentarische Gremien dürfen nicht aus den
Medien erfahren, welche Schließungen geplant sind. So
macht man sich keine Freunde.

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(C (D Ich darf auch daran erinnern, dass die Zustimmung nd die Gemeinsamkeit, die wir im letzten Bundestag eim Einwanderungsgesetz gefunden haben, letzten Enes auf dem gemeinschaftlichen durchgesetzten Willen es Gesetzgebers zu einer umfängliche verbreiteten prachförderung im Inland beruht haben. Alle Fraktioen des Hauses waren sich einig, dass in dieser Bezieung etwas getan und verbessert werden muss. Das neu egründete Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ündelt derzeit die Integrationsmaßnahmen. Im ahr 2005 gab es über 8 000 Integrationskurse mit über 00 000 Teilnehmern. Aber kein einziges Goethe-Instiut war an diesen Kursen beteiligt, weil bis zur Stunde ber die Höhe des Betrages je Teilnehmer gestritten ird. Lieber werden keine Kurse angeboten bzw. Kurs uschüsse ausgeschlagen, und lieber werden Institute gechlossen, in die schon einige Millionen Euro gesteckt orden sind. Das geht nicht, und das können Sie nicht achen. Deswegen bitten wir Sie ganz herzlich, eine nderung dieser Zustände beim Goethe-Institut auf der rundlage des heutigen Beschlusses herbeizuführen. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der LINKEN)


„Mit Politik kann man keine Kultur machen …“, hat
heodor Heuss gesagt. Das stimmt. Das wissen wir nur
llzu gut. Aber unsere auswärtige Kulturpolitik kann die
ahmenbedingungen dafür schaffen, dass deutsche Kul-

ur rund um den Globus für den Künstler, für sein Werk
nd für sein Land werben und Verständnis zwischen den
ölkern und Freundschaft und Respekt für unsere Na-

ion begründen kann. Das ist der Auftrag des Goethe-In-
tituts. Dass es diesen Auftrag im Namen der Bundesre-
ublik Deutschland erfüllen kann, dafür schafft der
eutige Antrag die politischen Rahmenbedingungen.

Ich möchte allen, die an diesem Antrag so intensiv
itgearbeitet haben, meinen herzlichen Dank ausspre-

hen.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1608013300

Das Wort hat die Kollegin Dr. Jochimsen für die Frak-

ion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1608013400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
illkommen heute Nachmittag im Kammerspieltheater

ur Thematik des Goethe-Instituts!

Gestern haben wir ausführlich und grundsätzlich über
ie Chancen und Herausforderungen diskutiert, die mit
er Aufgabe verbunden sind, kulturelle Vielfalt zu er-
alten und allen Menschen zugänglich zu machen. Heute
efassen wir uns mit einem herausragenden konkreten
eispiel dieser kulturellen Vielfalt, dem Goethe-Institut
der besser: den Goethe-Instituten, 15 hierzulande,
29 im Ausland.






(A) )



(B) )


Dr. Lukrezia Jochimsen
Die Koalitionsfraktionen haben einen Antrag vorge-
legt, diese traditionsreiche Institution durch ein neues
Konzept zu stärken. Wir begrüßen diesen Antrag und
werden ihm auch zustimmen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Wir finden, dass die Regierungsparteien gute Arbeit ge-
leistet haben. Das ist ein Grund für die Opposition, dies
anzuerkennen.

Viele Forderungen im Antrag richten sich vor allem
an die Haushälter dieses Parlaments. In der Tat: Nach
gravierenden Sparmaßnahmen in den letzten Jahren und
notwendigen Reformen des Apparates wird es in Zu-
kunft vor allem darum gehen, dem Institut zu helfen, die
neu definierten Aufgaben bewältigen zu können. Diese
Aufgaben tragen im Kern allerdings ein Zerreißpotenzial
in sich. Denn was alles verlangen wir vom Goethe-Insti-
tut? Einerseits, in Asien und im Nahen und im Mittleren
Osten verstärkt präsent zu sein; andererseits, sich weiter-
hin in den Weltregionen, zu denen es langjährige Verbin-
dungen gibt – etwa Afrika und Lateinamerika –, zu en-
gagieren. Dann verlangen wir vom Goethe-Institut auch
noch, Europa nicht zu vernachlässigen und Deutschland
nicht zu vergessen.

Gerade die Arbeit im Inland muss nun zügig neu
durchdacht und vor allem transparent gemacht werden.
Der Kollege Gauweiler hat darauf ausführlich hingewie-
sen, Stichwort „kulturelle Integrationsangebote für Zu-
wandererfamilien“, also Deutschkurse für Migrantin-
nen und Migranten. Die Schönheit der deutschen
Sprache, wie der Kollege von der FDP vorhin gesagt hat,
kann, soll und müsste nun auch einmal in Deutschland
aufleuchten. Da erwarten wir vom Goethe-Institut also
eine wirkliche Initiative. Ich finde, es ist viel Zeit ver-
gangen, die nicht genutzt wurde.

Wenn man sich den ganzen Aufgabenkatalog vor-
nimmt, drängt sich natürlich die Frage auf: Geht es hier
nicht um die Quadratur des Kreises? Dennoch: Die Ar-
beit muss geschultert werden. Die Alternative wäre nicht
zu akzeptieren.

Was die Inhalte der künftigen Struktur des Goethe-In-
stituts betrifft, erscheint mir eine Aufgabe noch beson-
ders wichtig. Im Antrag heißt es:

Das Goethe-Institut wird die Entwicklung einer
Bürgergesellschaft und einer europäischen kulturel-
len Öffentlichkeit unterstützen …

Sehr einverstanden! Weiter heißt es:

… und sich an der Weiterentwicklung einer transat-
lantischen Wertegemeinschaft beteiligen.

Das wäre wahrlich des Schweißes der Edlen wert.

Eine Weiterentwicklung der transatlantischen Werte-
gemeinschaft muss jene neuen kritischen kulturellen und
politischen Kräfte in den USA einbeziehen, die die Zu-
stände verändern wollen, die dort zurzeit herrschen und
die leider auch, von dort ausgehend, in so vielen Ländern
dieser Welt das Bild prägen. Gerade für diese Arbeit
wünschen wir dem Goethe-Institut Erfolg.

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(C (D Danke schön. (Beifall bei der LINKEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1608013500

Das Wort hat die Kollegin Dr. Uschi Eid für die Frak-

ion des Bündnisses 90/Die Grünen.


Ursula Eid-Simon (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1608013600

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

or einem guten Jahr ist das Goethe-Institut in die
chlagzeilen geraten, nicht unbedingt durch eigenes Ver-
chulden; das muss man dazusagen. Zum Beispiel
chreckte das finanzielle Defizit von 11 Millionen Euro
uf. Die angekündigten regionalen Schwerpunktverle-
ungen hin nach Asien und in die arabischen Staaten auf
osten der Arbeit in Europa provozierten Widerspruch
nd lösten eine breite Debatte aus. Es war allerhöchste
eit, über die neuen Herausforderungen, vor allem über

inanzielle und konzeptionelle Konsequenzen ernsthaft
u beraten.

Ich danke allen Beteiligten für das inzwischen vorlie-
ende Reformkonzept. Der zuständige Unterausschuss
ührte eine Anhörung mit Experten durch, und die Frak-
ionen zogen ihre Schlussfolgerungen aus den Beratun-
en. Aus Sicht meiner Fraktion, der Fraktion des
ündnisses 90/Die Grünen, sind für die Zukunft des
oethe-Instituts folgende Punkte wichtig:

Erstens. Wenn es neue Goethe-Institute geben soll,
ann muss es dafür zusätzliches Geld geben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ie Eröffnung von Instituten in neuen Weltregionen darf
uf keinen Fall zulasten der Kulturarbeit in Europa ge-
en.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN, der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)


Zweitens. Die aktuellen Spannungen in Europa, die
erfassungs- und Vertrauenskrise, aber auch die Heraus-

orderungen durch die Erweiterung der Europäischen
nion machen es vielmehr notwendig, die Kulturarbeit

nnerhalb Europas zu intensivieren.

Drittens. Es gibt langfristig gewachsene Beziehungen
u vielen – manchmal durchaus kleinen – Ländern in
frika und Lateinamerika. Auch bei der unbestrittenen
otwendigkeit, die Kulturarbeit zum Beispiel in arabi-

che und asiatische Regionen auszudehnen, dürfen diese
änder keinesfalls vernachlässigt werden.

Viertens. Der Wertedialog mit unseren amerikanischen
reunden scheint mir dringender denn je. Angesichts des
useinanderklaffens in der Beurteilung weltpolitischer
erausforderungen oder auch gesellschaftlicher Entwick-
ngen – zum Beispiel des Vormarschs der Kreationisten –

rgibt sich dringend die Notwendigkeit, diesem Auseinan-
erdriften in grundlegenden Fragen etwas entgegenzuset-
en und den transatlantischen Dialog zu intensivieren.






(A) )



(B) )


Dr. Uschi Eid

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der SPD)


Fünftens. Das vorliegende Reformkonzept ist der Be-
ginn eines Prozesses, der allen Beteiligten Kraft abver-
langen wird. Auch das Goethe-Institut ist in der Pflicht,
die begonnenen Reformanstrengungen weiterzuführen.
Das heißt zum Beispiel, bei den eigenen Mitarbeitern
oder vor Ort für Akzeptanz zu sorgen, wenn es um insti-
tutionellen Umbau oder um andere Arbeitsformen geht.
Das gilt sowohl für die Auslandsinstitute wie für Goe-
the-Institute im Inland. Darauf gehe ich jetzt nicht näher
ein; das haben die Kollegen ja schon ausgeführt.

Wir wollen das Goethe-Institut in seinen Reformbe-
mühungen unterstützen und dazu beitragen, dass diese in
den nächsten Jahren konsequent, aber auch transparent
umgesetzt werden, Herr Staatsminister. Dazu gehört es,
über den Stand der Umsetzung zu berichten, weitere Er-
fordernisse offen zu benennen und die geleistete Kultur-
arbeit zu evaluieren.

Sehr geehrte Damen und Herren, nachhaltige Kul-
turarbeit gehört zum Leitbild des Goethe-Instituts.
Denn Freunde in der Welt gewinnt man nicht durch
kurzatmige und spektakuläre Einzelevents – egal wel-
cher Größenordnung. Deshalb sind das bestehende welt-
weite Kontakt- und Institutsnetz und die gewachsenen
Verbindungen zu Menschen in aller Welt die wichtigsten
und wertvollsten Ressourcen des Goethe-Instituts. Das
Netz muss fraglos an die gegenwärtigen Bedingungen
des globalen Kulturaustausches angepasst werden. Das
Institut muss sich mit anderen Kulturmittlern vor Ort
besser vernetzen und Synergien erzielen. Ziel ist es, das
Netz der Kulturbeziehungen so weit wie möglich zu er-
halten und zeitgemäß zu erweitern, um vielen Menschen
Zugang zur deutschen Kultur und Sprache zu ermögli-
chen.

Frau Präsidentin, im Zuge der Beratungen des Koali-
tionsantrags haben beide Koalitionsparteien unsere An-
regungen übernommen. Ich bedanke mich sehr. Das war
wirklich eine sehr produktive, konstruktive Zusammen-
arbeit, sodass es uns von Bündnis 90/Die Grünen heute
möglich ist, dem Koalitionsantrag zuzustimmen.

Ich bedanke mich.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1608013700

Das Wort hat die Kollegin Monika Griefahn für die

SPD-Fraktion.


Monika Griefahn (SPD):
Rede ID: ID1608013800

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-

legen! „Die Kunst ist eine Vermittlerin des Unaussprech-
lichen“, sagte – na ja, wer wohl? – natürlich Goethe. Er
hat Recht. Ich habe das sehr plastisch erlebt, als wir das
Goethe-Institut in Afghanistan vor fast vier Jahren eröff-
net haben. Damals hat ein bayerischer Zitherspieler ge-
meinsam mit afghanischen Musikern auf traditionellen
Instrumenten, die sie sechs Jahre lang nicht auspacken
durften, musiziert. Das mitzubekommen war sehr bewe-

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(C (D end. Denn sie konnten nicht miteinander sprechen, aber iteinander musizieren. Und obwohl die Stadt im Auf au war und obwohl die Leute andere Sorgen hatten, war as Goethe-Institut voll. Das zeigt uns, dass das Goethe-Institut eben nicht nur, ie oft behauptet wird, elitäre Kreise anspricht, sondern uch Menschen im Alltag. Jährlich sind das weltweit 3 Millionen Menschen und inzwischen zusätzlich Millionen über das Internet. Damit ist das Goethe-In titut die größte Mittlerorganisation in der auswärtigen ulturund Bildungspolitik. Ich freue mich, dass wir es – dank unseres Außenmiisters, Frank Walter Steinmeier, aber auch dank der geeinsamen Kraft des Haushaltsausschusses, der ver chiedenen Ausschüsse für Außenpolitik und Kultur und edien und des Unterausschusses „Auswärtige Kultur nd Bildungspolitik“ – geschafft haben, in diesem Jahr ehr Geld für die Goethe-Institute auf den Weg zu brin en und, was mir noch wichtiger ist, die Budgetierung b 2008 endlich zu verankern. Wir fordern das schon seit ast zehn Jahren. Lothar Mark und ich haben schon im ahre 1998 einen solchen Antrag eingebracht. Jetzt ist es ndlich so weit: Die Budgetierung kommt. In diesen ochen werden die entsprechenden Zielvereinbarungen ormuliert. Aber ein bisschen fehlt noch – das ist ein Auftrag an ie Regierung –: Es müssen ein flexibler Stellenplan und in modernes Liegenschaftsmanagement her; denn wenn it diesem Geld nicht frei operiert werden kann, nützt ie Budgetierung nichts. Das konnten wir gerade erst am eispiel der neuen Institute beobachten. Dort fehlte der tellenplan. Deswegen konnten dort, obwohl das Geld a ist, bisher keine Leute eingestellt werden. Hier muss och nachgearbeitet werden. (Beifall des Abg. Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD])


Im Hinblick auf die Umsetzung des Neukonzeptes
öchte ich den vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern

es Goethe-Instituts meinen Dank aussprechen. Sie ha-
en aufgrund der Neustrukturierung harte Arbeit hinter
ich, aber auch noch vor sich; denn überall ist eine Über-
rüfung des Vorgehens erforderlich.

Das Personal in der Zentrale wird um 70 Stellen redu-
iert. Einzelne Standorte werden evaluiert. Es wird ge-
rüft, wie die Präsenzform geändert werden muss. Es
erden zwar keine Institute geschlossen, aber unter Um-

tänden ändert sich die Präsenzform. Das heißt, das eine
al gibt es einen Lesesaal, ein anderes Mal ein Infozen-

rum oder ein Vollinstitut, oder es werden Sprachkurse
ngeboten. Viel Neuorganisation ist zu bewältigen. Für
ie große Mühe und das Engagement, mit dem im Mo-
ent sehr viel auf die Beine gestellt wird, bedanke ich
ich herzlich.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wichtig ist: Wir wollen vor Ort immer jeweils einen
aum und Mitarbeiter behalten. Alle Redner haben da-






(A) )



(B) )


Monika Griefahn
rauf hingewiesen, dass auf europäischer Ebene und im
transatlantischen Verhältnis mehr geschehen muss. In
dieser Hinsicht war die Schließung sicherlich ein Fehler.
Auch in Indien kam es schon im Jahre 1996 zur Schlie-
ßung von Goethe-Instituten, zum Beispiel in Hyderabad,
was nicht besonders klug war. Ich möchte ganz deutlich
sagen: Das ist nicht unter Rot-Grün geschehen, sondern
dafür waren Sie von der FDP verantwortlich. Aber das
ist jetzt egal. Heute haben wir alle erkannt, dass wir an
dieser Stelle weitermachen müssen. Ich sage nur: Jeder
hat sein Scherflein beizutragen.

In diesem Jahr werden neue Präsenzformen entste-
hen: vier in Indien, acht in China und 13 bis 14 in der is-
lamischen Welt.

Ein weiterer wichtiger Punkt sind die Projektmittel.
Auch hier müssen wir, wie ich glaube, nacharbeiten. Die
institutionellen Projekte wurden auf den Weg gebracht.
In Mittelostafrika gibt es neben dem Institut in Addis
Abeba nur das Institut in Nairobi. Dafür stehen pro Jahr
Projektmittel in Höhe von insgesamt 43 600 Euro zur
Verfügung. Von diesem Betrag werden allerdings auch
noch die Spracharbeit und die Anschaffungen für die Bi-
bliothek bezahlt. Hier müssen wir mehr tun.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wichtig ist mir – auch das ist ein Auftrag an das Aus-
wärtige Amt –: Wenn wir den kulturellen Dialog, der zur
Kernkompetenz des Goethe-Instituts gehört, organisie-
ren, dann müssen wir dafür sorgen, dass im Rahmen der
Zielvereinbarungen keine Einzelzuweisungen für Pro-
jekte erfolgen, sondern dass die kulturelle Eigenstän-
digkeit der Goethe-Institute – die eine große Stärke ist –
erhalten bleibt.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich freue mich auf die weitere fraktionsübergreifende
Zusammenarbeit im Unterausschuss. Wir diskutieren
konstruktiv und begleiten das Auswärtige Amt in einem
ordentlichen Dialog. Ich glaube, die Arbeit, die wir tun,
ist gut. Das Goethe-Institut kann sich also von uns unter-
stützt fühlen. Wir werden uns im Zusammenhang mit
den Berichten und, wenn die Zielvereinbarungen abge-
schlossen sind, noch einmal im Einzelnen informieren.
Ich hoffe auf ein weiterhin gutes Gelingen, auch gemein-
sam im zuständigen Ausschuss.

Danke schön.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1608013900

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Auswärti-
gen Ausschusses auf Drucksache 16/4132 zum Antrag
der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD mit dem
Titel „Stärkung des Goethe-Instituts durch neues Kon-
zept“. Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag der Frak-

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1)

2)

(C (D ionen der CDU/CSU und der SPD auf Drucksahe 16/3502 in der Ausschussfassung anzunehmen. Wer timmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt agegen? – Gibt es Enthaltungen? – Dann ist die Bechlussempfehlung einstimmig angenommen. Ich rufe Tagesordnungspunkt 31 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Christine Scheel, Kerstin Andreae, Birgitt Bender, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Steuervereinfachung – Lohnsteuerklassen III, IV und V abschaffen – Drucksache 16/3023 – Überweisungsvorschlag: Finanzausschuss Rechtsausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Die Reden zu diesem Tagesordnungspunkt werden zu rotokoll gegeben. Es sind dies die Reden der Kollegin atricia Lips von der Unionsfraktion, der Kollegin abriele Frechen von der SPD-Fraktion, des Kollegen r. Volker Wissing von der FDP-Fraktion, der Kollegin r. Barbara Höll von der Fraktion Die Linke und der ollegin Christine Scheel, Bündnis 90/Die Grünen.1)


(Beifall)


Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 16/3023 an die in der Tagesordnung aufge-

ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
o beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 24 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten
Marieluise Beck (Bremen), Volker Beck (Köln),
Dr. Uschi Eid, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Für ein Turkmenistan mit Zukunft

– Drucksache 16/4049 –

Auch hier nehmen wir die Reden zu Protokoll. Das
ind im Einzelnen die Beiträge des Kollegen Haibach
us der Unionsfraktion, der Kollegin Wegener aus der
PD-Fraktion, des Kollegen Müller-Sönksen aus der
DP-Fraktion, des Kollegen Gehrcke aus der Fraktion
ie Linke und der Kollegin Marieluise Beck aus der
raktion des Bündnisses 90/Die Grünen.2)

Damit kommen wir zur Abstimmung über den Antrag
er Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen auf der
rucksache 16/4049 mit dem Titel „Für ein Turkmenis-

an mit Zukunft“. Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer
timmt dagegen? – Gibt es Enthaltungen? – Dann ist die-
er Antrag mit den Stimmen der Unionsfraktion, der
PD-Fraktion und der Fraktion Die Linke gegen die

Anlage 10
Anlage 11






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Petra Pau
Stimmen der Antragsteller und der FDP-Fraktion abge-
lehnt.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 33 sowie den Zu-
satzpunkt 13 auf:

33 Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine, Dr. Diether
Dehm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der LINKEN

Für eine demokratische, freiheitliche, soziale
und Frieden sichernde Verfassung der Euro-
päischen Union

– Drucksache 16/3402 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union (f)

Auswärtiger Ausschuss
Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

ZP 13 Beratung des Antrags der Abgeordneten Rainder
Steenblock, Jürgen Trittin, Omid Nouripour, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion des BÜND-
NISSES 90/DIE GRÜNEN

Berliner Erklärung – Werte und Aufgaben der
EU im 21. Jahrhundert

– Drucksache 16/4171 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Wir nehmen die Reden des Kollegen Thul aus der
Unionsfraktion, des Kollegen Roth aus der SPD-Frak-
tion, des Kollegen Löning aus der FDP-Fraktion, des
Kollegen Ulrich aus der Fraktion Die Linke und des Kol-
legen Steenblock aus der Fraktion des Bündnisses 90/
Die Grünen zu Protokoll.1)

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
den Drucksachen 16/3402 und 16/4171 an die in der Ta-
gesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann
sind auch diese Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe den Zusatzpunkt 14 auf:

Aktuelle Stunde
auf Verlangen der Fraktion des BÜNDNIS-
SES 90/DIE GRÜNEN

Erneute Verschiebung der Reform der Pflege-
versicherung – Auswirkungen auf die Pflege-
bedürftigen und ihre Angehörigen

Als erste Rednerin in dieser Debatte hat die Kollegin
Scharfenberg für die Fraktion des Bündnisses 90/Die
Grünen das Wort.

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1) Anlage 12

(C (D Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Sehr geehrte Kol-

eginnen und Kollegen! In diesem Hohen Haus werden
ehr gerne Zitate benutzt. Wir haben das in den letzten
tunden gemerkt. Ich möchte das heute auch tun, aber

ch möchte hier keinen Dichter und Denker zu Wort
ommen lassen, sondern ganz einfach die Stimme des
olkes.

Ich beziehe mich damit nicht auf die Debatte zur Ge-
undheitsreform, die wir heute geführt haben. Das hatte
it der Stimme des Volkes nichts mehr zu tun. Das war

her der Schlachtruf der Großen Koalition.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Oh!)


it der Stimme des Volkes meine ich ganz einfach einen
achbarn von mir, den ich heute früh im Treppenhaus
etroffen habe. Er fragte mich: Was steht denn heute auf
er Tagesordnung? Als ich ihm das gesagt hatte, sagte er
anz einfach zu mir: Setzen Sie sich für das Wohl der
enschen ein. – Das war eine ganz klare Ansage und

ine berechtigte Forderung, und das ist auch unsere Auf-
abe.

Deshalb ist eine erneute Verschiebung der Reform der
flegeversicherung ganz einfach und ganz klar ein ge-
ellschaftspolitischer Skandal.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


as ist ein Schlag ins Gesicht derer, die dringend auf
iese Reform angewiesen sind: ein Schlag ins Gesicht
on über 2 Millionen Pflegebedürftigen und deren An-
ehörigen und ein Schlag ins Gesicht der Pflegekräfte,
b sie professionell oder ehrenamtlich tätig sind. Meine
ehr verehrten Damen und Herren von der Großen Ko-
lition, diese Menschen lassen Sie einfach im Regen ste-
en.

Wie wichtig dieser Regierung das Thema Pflege ist,
ehen wir ja an dieser Aktuellen Stunde. Sie ist im
ahrsten Sinne des Wortes das Letzte. Das ist nämlich
as letzte Thema, über das wir in dieser Sitzungswoche
ernab von jedem öffentlichen Interesse debattieren. So
lso sieht Ihr ungeheures Engagement für die Pflege aus,
as Sie ja fortwährend sehr betroffen und mit sehr blu-
igen Worten beteuern.

Fakt ist aber: Das nimmt Ihnen keiner mehr ab. Fakt
st: Sie kriegen diese Reform nicht auf die Reihe, nicht
n diesem Jahr und auch nicht im nächsten Jahr. Fakt ist:
ie Pflege sitzt bei dieser Koalition am Katzentisch.


(Zuruf von der SPD: Quatsch!)


ber die Horrorszenarien eines Aufstands der Alten
limmern durch die Wohnzimmer dieser Nation, und Sie
eden an dem Problem völlig vorbei und ignorieren die
ngste der Menschen. Wie bei der Gesundheitsreform
erheddern Sie sich schon wieder in albernen Finanzde-
atten. Das möchte kein Mensch mehr hören.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE])







(A) )



(B) )


Elisabeth Scharfenberg
Es geht bei dieser Reform um nicht weniger als um
ein menschenwürdiges Leben – und das auch im Pflege-
fall. Wir alle wissen ganz genau: In diesem Land ist für
viele Pflegebedürftige die Wahrung der Menschenwürde
keine Selbstverständlichkeit. – Das ist der Grund dafür,
dass wir alle unruhig auch auf unsere eigene Zukunft im
Alter sehen. Bei Umfragen geben 30 Prozent aller Be-
fragten an – meine Kollegin Frau Haßelmann hat es vor-
hin schon angeführt –, dass sie im Pflegefall lieber den
Freitod wählen würden. Diese Antwort sollte doch wirk-
lich ausreichen.

Die Pflegebedürftigen, die völlig überlasteten Ange-
hörigen und die Pflegekräfte brauchen jetzt das Signal
dieser Regierung, dass sie etwas für die Menschen tun
will, und zwar schnell. Aber nein! Nun hört man, es
müsse noch ganz viel besprochen werden, zum Beispiel,
ob die Dynamisierung der Pflegeleistungen nicht doch
zu teuer sei. Da bin ich wirklich fassungslos.

Dann hört man, die Pflegeversicherung habe außer-
dem 2006 einen Überschuss erzielt; deswegen sei der
Zeitdruck nicht mehr so groß. Offensichtlich hat sich für
Sie jeglicher Druck in Luft aufgelöst.

Dann hört man, dass Sie, Frau Ministerin, ganz eng
mit Frau von der Leyen oder Herrn Seehofer zusammen-
arbeiten wollen. Mit Herrn Seehofer? Als bayerische
Abgeordnete kann ich Ihnen versichern, dass Herr
Seehofer derzeit ganz andere, nämlich bayerische Pro-
bleme löst. Ich finde es schön, wenn die Ressorts sich
absprechen. Aber was, bitte, soll dabei herauskommen,
was wir nicht schon wissen?

Wir alle – ich betone: wir alle – haben über die Jahre
nun wirklich zur Genüge geredet und getagt und nichts
unternommen. Ich nenne nur den „Runden Tisch Pflege“
oder den Beirat zur Reform des Pflegebegriffs. Der wird
vor Ende 2008 aber nicht zu Potte kommen. Es gibt
nichts mehr zu reden. Es gibt kein Erkenntnisproblem
mehr. Es gibt zig gute Beispiele dafür, wie gute Pflege
transparent und nutzerorientiert funktionieren kann. Es
gibt leider auch zig Beispiele dafür, wie schlechte Pflege
aussieht. Sie müssen sich jetzt an die Umsetzung der
vorhandenen Erkenntnisse machen. Wir Grünen empfeh-
len Ihnen dazu unser Eckpunktepapier. Wir nennen im
Gegensatz zu Ihnen Ross und Reiter.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ich sage Ih-
nen: Wenn Sie meinen, Sie könnten sich auch ohne Pfle-
gereform bis zu den nächsten Wahlen schummeln, dann
könnten Sie durchaus recht haben. Sie verspielen damit
aber den letzten Rest Vertrauen der Menschen in diese
Koalition. Das ist mir, ehrlich gesagt, gleichgültig. Was
mir aber nicht gleichgültig ist, ist Ihr Signal an uns alle:
Menschenwürdige Pflege ist ein Ziel zweiter, dritter,
vielleicht sogar vierter Klasse. Damit setzen Sie die Be-
reitschaft der Menschen aufs Spiel, sich als Gesellschaft
für eine menschenwürdige Pflege verantwortlich zu füh-
len und sich dafür zu engagieren. Das, meine Damen und
Herren, geht wirklich uns alle an.

Danke.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Frank Spieth [DIE LINKE])


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(C (D Für die Unionsfraktion spricht nun der Kollege Willi ylajew. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten amen und Herren! Die Einführung der Pflegeversicheung 1995 war zweifelsfrei ein Meilenstein der deutchen Sozialpolitik. Wir haben es seinerzeit erreichen önnen, dass die Pflegeleistungen nicht mehr nach aushaltslage auf kommunaler Ebene gewährt werden, ondern dass in der Versorgungsschiene Verlässlichkeit ingekehrt ist. Wir haben für Berechenbarkeit für ältere Menschen, ür ihre Familien, für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeier in diesem Bereich und für die Träger gesorgt. Dieser ortschritt ist untrennbar mit der CDU/CSU-Fraktion nd dem Namen Norbert Blüm verbunden. Diese Pflegeersicherung hat sich über Jahre bewährt. Wir haben ualitativ und quantitativ Hervorragendes erreicht. Natürlich wäre es nötig gewesen, nach 1998 eine ortentwicklung in der Pflege zu erreichen. Das war die hase, verehrte Kollegin Scharfenberg, als die Grünen in er Regierung waren. Da ist aber nichts passiert: Rückau der Bürokratie – nichts; keinen einzigen Handschlag aben Sie da gemacht. Optimierung des Fachkräfteaneils, Steigerung des Ansehens der Pflegeberufe, mehr ilfe für Alte und Schwache – von den Grünen kam ichts, überhaupt nichts. s ist irrsinnig, was Sie jetzt alles fordern. Ausbau von eilstationären Angeboten, Kurzzeitpflege, unbürokraische Verzahnung von ambulant und stationär – 1998 is 2005 nichts. Wir haben uns im Büro einmal die Mühe gemacht, usammenzutragen, was es aus der CDU/CSU-Fraktion n Fragen gegeben hat und was von Ihnen an Antworten am. Ich nenne Ihnen wegen der Kürze der Zeit nur tichworte. Da hört man nichts von Dichtern und Denern, sondern allerhöchstens von Ablenkern. Die Kollegin Nickels hat am 30. November 1998 erlärt: Alles in Ordnung; wir prüfen entsprechend der Kolitionsvereinbarung vom 20. Oktober 1998, aber die rüfung ist noch nicht abgeschlossen. Im folgenden Jahr, am 14. Juli 1999, war die Antwort er Frau Nickels wieder: Im Grunde genommen alles in rdnung; das entwickelt sich prächtig, da haben wir ichts zu tun. Dann der Kollege Matthias Berninger, Bündnis 90/ ie Grünen, am 9. September 1999: Ich bin auch sicher, daß die finanzielle Basis der Pflegeversicherung nach wie vor auf einem derart Willi Zylajew hohen Niveau ist, daß wir eine dauerhafte Sicherung der Pflege in Deutschland garantieren können … Am 27. Januar 2000 sagen Sie in einer von der CDU/ CSU-Fraktion beantragten Aktuellen Stunde: Herr Zöller, Sie werfen der Bundesregierung vor, dass die im Koalitionsvertrag angestrebte Verbesserung der Situation der Dementen nicht eingetreten sei. Wir arbeiten intensiv daran … (Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben wir ja auch!)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1608014000

(Beifall bei der CDU/CSU)

Willi Zylajew (CDU):
Rede ID: ID1608014100

(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Heiterkeit bei der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


– Ja, aber nichts geschafft, gar nichts!


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)


Und jetzt, nach Jahren, seid ihr plötzlich so klug und
habt Ideen.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Noch nie was von Tagesbetreuung der Dementen gehört?)


Kollegin, schauen Sie in die Drucksache 14/3592 –
wieder nur: Haben wir nicht. Das geht so weit, dass Sie
sagen, die Finanzierung sei bis 2006 gesichert. Gott sei
Dank waren Sie 2006 nicht mehr an der Regierung.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)


Aber es ist ein Stück, das ins Tollhaus passt, was Sie hier
geliefert haben.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Und was machen Sie jetzt?)


– Kollege Bahr, ich bedanke mich; Sie sind ein verlässli-
cher Zwischenrufer.

Wir packen das jetzt an und verbessern die Qualität
der Pflege eindeutig. Das wird der Kollege Hermann
Scharf noch ausführen. Aber zunächst einmal haben wir
die Verpflichtung, eine Reserve für die Zeit aufzubauen,
die in 20 Jahren beginnt, in der wir sehr viel weniger
Beitragszahler und sehr viele Pflegebedürftige haben
werden. Davon werden Sie uns nicht abbringen.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das schaffen Sie schon selber!)


1998 haben wir Ihnen eine Pflegeversicherung überge-
ben, die finanziell solide war. Sie können sicher sein
– Sie haben ja Gott sei Dank nichts kaputt gemacht; Sie
haben nichts vernünftiger, aber auch nichts schlechter
gemacht –, dass wir dafür sorgen werden, dass sie nun so
reformiert wird, dass wir mit Blick auf die demografi-
sche Entwicklung eine ordentliche personenbezogene
Reserve ansparen und aufbauen. Das ist das alles Ent-
scheidende. Außerdem wird es inhaltliche Verbesserun-
gen geben. Da sind wir im Unterschied zu Ihnen absolut
verlässlich und gut.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Dr. Margrit Spielmann [SPD])



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1608014200

Das Wort hat der Kollege Lanfermann für die FDP-

Fraktion.

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(C (D Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es geht in wenig nach dem Motto „Nach dem Murks ist vor em Murks.“ Heute Morgen haben Sie die Gesundheitseform durchs Parlament gebracht, und jetzt treffen wir ns in einem überschaubaren Kreis, um über die Reform er Pflegeversicherung zu sprechen. Das Ganze hat mit der Koalitionsvereinbarung angeangen, in der sehr viele Versprechen enthalten sind. Die rsten Versprechen hat Frau Caspers-Merk wieder eingeammelt, indem sie sagt, nur mit höheren Beiträgen sei ine Dynamisierung möglich. Da man davor aber Angst at, kann man also eine Dynamisierung vergessen. Daei sind die Leistungen mittlerweile schon 13 Prozent eniger wert als beim Start der Pflegeversicherung, weil an bislang keine Dynamisierung vorgenommen hat. as ist eine der Schwächen des Systems, das Herr Blüm amals erfunden hat und auf das Sie immer noch stolz ind. Den Zeitplan können Sie auch nicht mehr einhalten. enn im Koalitionsvertrag stand, ein entsprechender esetzentwurf solle Mitte 2006 vorliegen. Das hören Sie icht mehr so gerne. Dann hieß es, ein Gesetzentwurf ürde nach der Gesundheitsreform vorgelegt. Das wäre etzt der Fall. Sie haben zwar einige Vorschläge in den chubladen liegen. Aber Sie trauen sich nicht, sie herorzuziehen. Es gibt immer zwei Papiere. Das eine Paier ist für die eine Hälfte und das andere für die andere älfte dieses Hauses. Die mutigen Worte hinsichtlich der Kapitalreserve, ie Herr Zylajew hier gefunden hat, werden wir Ihnen in en nächsten zwei Jahren noch oft genug vorhalten. Mitterweile wissen wir, dass die Vorlage eines Gesetzenturfs andauernd verschoben wird. Frau Caspers-Merk, ie dafür zuständig ist, solche Wahrheiten langsam unter as Volk zu bringen – die Ministerin wird nachher noch prechen und uns kompetent Auskunft geben –, hat geagt, es werde jetzt doch April oder Juli 2008. Angesichts er Landtagswahlen, die vorher und nachher stattfinden, nd angesichts der Tatsache, dass es allerspätestens im eptember 2009 Bundestagswahlen gibt, bin ich bereit, etten anzunehmen, dass Sie keine Reform zustande ringen. Darüber können wir uns noch gerne unterhalten. Tatsächlich ist es so, dass es keine Einigung geben ann, wenn beide Seiten der Koalition auch nur halbegs bei dem bleiben, was sie mittlerweile der Bevölke ung versprochen haben. Frau Ferner und andere sagen ür die SPD, sie wollen die Bürgerversicherung – sprich: bkassieren bei allem, was die Bürger an Einnahmen nd Vermögen haben –, um damit die Pflegeversicheung zu bezahlen. Eine Reserve in nennenswerter Gröenordnung, ob sie nun Demografiereserve oder Kapialrückstellung heißt, wollen sie praktisch nicht. Die CDU/CSU hat, wenn ich das einmal so locker saen darf, mittlerweile die Backen doch kräftig aufgeblaen. Herr Laumann, der in Nordrhein-Westfalen für dieen Bereich zuständige Minister, hat dies bei einer Heinz Lanfermann Veranstaltung des BPA am Montag getan. Einige von uns waren dort zugegen. Er hat gesagt, ohne eine anständige Kapitaldeckung und ohne eine Rücklage mit Blick auf die jungen Menschen, um die es hauptsächlich geht, wird es mit der Union eine Reform der Pflegeversicherung nicht geben. Das haben wir gehört, notiert und auf Wiedervorlage gelegt. Tatsächlich ist es so, dass das, was wir bei der Gesundheitsreform erlebt haben, sich natürlich wiederholen wird. Wir werden uns in vielen Diskussionsrunden wiederfinden und werden immer wieder hören, was die beiden Seiten wollen. Aber sie werden nicht zusammenkommen. Während dieser Zeit steigen aber die Kosten und die Eigenbeteiligungen weiter. Ich zitiere jetzt aus der Pflegestatistik 2005 des Statistischen Bundesamtes. Ein Pflegeplatz in der Pflegestufe 3 kostet im Durchschnitt 2 128 Euro. Davon zahlt die Pflegeversicherung 1 432 Euro. Bleiben also knapp 700 Euro Eigenbeteiligung übrig. Hinzu kommen Unterkunftsund Verpflegungskosten in Höhe von knapp 580 Euro. So kommt man auf über 1 270 Euro Eigenbeteiligung im Monat. Diesen Betrag können viele natürlich nicht aufbringen. Dann sind es die Angehörigen oder die Sozialkasse, die zahlen. Diese Ausgaben steigen. Je länger man wartet, desto länger schiebt man das Problem vor sich her. All die sachlichen Probleme, Frau Kollegin Scharfenberg, die Sie immer anführen, sind drängend. Jeder möchte etwas zur Lösung beitragen. Ich möchte in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass das Vorhaben, Demenzkranken zu helfen, von der Koalition zu Beginn ihrer Arbeit in den Vordergrund gestellt wurde. Davon ist jetzt auch nicht mehr so viel die Rede. Denn das kostet noch einmal extra. Sie sind nicht in der Lage, das System zukunftssicher zu machen und dafür zu sorgen, dass wenigstens die Kosten, die jetzt anfallen, in der Zukunft bezahlt werden können. Erst recht sind Sie nicht in der Lage, den demografischen Wandel zu begleiten. Sie wissen genau, dass der Beitragssatz der Pflegeversicherung in den nächsten Jahrzehnten auf mindestens 4 bzw. an die 5 Prozent steigen wird, wenn man nichts tut. Das will natürlich niemand. Aber wenn das so ist, dann müssen Sie endlich auch einmal springen und sagen: Jawohl, wir schaffen jetzt ein zukunftssicheres System, indem wir ein Prämiensystem einführen; denn nur damit können Sie eine Kapitalrückstellung bilden, die die Probleme der Zukunft löst. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Das Wort hat die Kollegin Dr. Margrit Spielmann für die SPD-Fraktion. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die FDP sagt uns heute schon den ganzen Vormittag, w e L s F s u P s J d w w d e g n n d t w K Z i v D m i z w s Ä t G d l h a k u w m t M d m b s g d r (C (D as nicht geht und was schlecht ist. Aber ich habe nicht inen einzigen Hinweis – auch nicht von Ihnen, Herr anfermann – zu einem Konzept gehört, wie man es beser machen kann. Wir haben immer gesagt – daran besteht kein Zweifel, rau Scharfenberg –: Die Pflegereform folgt der Geundheitsreform. Daran halten wir uns auch. Aufgrund nserer älter werdenden Gesellschaft ist die Reform der flegeversicherung in der Tat eine der wichtigsten geellschaftspolitischen Herausforderungen der nächsten ahre. Dieser werden wir uns stellen. Die Ministerin hat arauf in all ihren Gesprächen, die sie geführt hat, immer ieder hingewiesen; ich denke, sie wird es nachher auch ieder tun. Wir sollten uns dieser Problematik aber mit er notwendigen Sorgfalt und ohne Hektik stellen; denn ine über das Knie gebrochene Reform schadet den Pfleebedürftigen und ihren Angehörigen mehr, als dass sie ützt. Frau Scharfenberg, Sie beklagen, bei der SPD sei ichts über Strukturen und Konzepte zu hören. Das wunert mich schon sehr. Wir haben in der letzten Legislaurperiode – auch damals war ich für die Pflege verantortlich – mit Ihrer damaligen Kollegin gemeinsame onzepte hinsichtlich der Pflege entwickelt, sehr viele iele formuliert und diese auch umgesetzt. Ich denke, ch sollte sie Ihnen noch einmal kurz erläutern. Wir haben zum Beispiel den Grundsatz „Ambulant or stationär“ als einen ganz wichtigen in allen unseren okumenten aufgenommen. Heute Morgen haben wir it dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz in Form der ntegrierten Versorgung eine bessere Zusammenarbeit wischen Krankenhaus und ambulanter Versorgung soie zwischen Pflegekräften und Hausärzten beschlos en. Außerdem haben wir einen Leistungsanspruch für ltere und Pflegebedürftige auf geriatrische Rehabilita ion geschaffen. Dies ist übrigens wichtig, um diesen rundsatz zu verwirklichen. Um diesen Grundsatz aber auch mit den entsprechenen Menschen, mit Pflegerinnen und Pflegern, auszufülen, spielt die Pflegeausbildung eine wichtige Rolle. Wir aben – übrigens mit Ihnen gemeinsam – diese Pflegeusbildung weiterentwickelt. Die Finanzierung, die vaant war, haben wir heute übrigens auch beschlossen. Auch der Pflegebedürftigkeitsbegriff war Gegenstand nserer und Ihrer Überlegungen. Wir sind uns sicher, dass ir diesen Pflegebedürftigkeitsbegriff unbedingt ändern üssen. Er ist zu sehr am Somatischen, am Körper orien iert. enschen, die an Demenz erkranken oder geistig behinert sind, oder Menschen mit psychischen Erkrankungen üssen anders betreut werden. Wir wollen einen Pflege egriff, der auch aktuelle Erkenntnisse der Pflegewissenchaft berücksichtigt, der von einer Assistenz und Beleitung ausgeht und die Menschen aktiviert. Damit iese Ziele umgesetzt werden, hat das Bundesministeium für Gesundheit, wie Sie wissen, einen Beirat einge Dr. Margrit Spielmann setzt, der ein neues Begutachtungsverfahren entwickeln soll. Wir fördern darüber hinaus ein professionelles Pflegemanagement. Wir wollen, dass die Menschen nicht ohne Perspektive auf eine Anschlussbehandlung aus dem Krankenhaus entlassen werden. Bei vielen ist damit der Weg in das Pflegeheim vorprogrammiert. Wir fordern deshalb das Entlassungsmanagement. Wir wollen eine bessere Zusammenarbeit – ich sagte es schon – von Ärzten und Therapeuten mit den Pflegeheimen. Wir wollen eine Verzahnung zwischen RehaEinrichtungen und Pflegeheimen sowie eine stärkere Einbindung ehrenamtlich Helfender in vorhandene Versorgungsstrukturen. Ich habe nun versucht, das Ganze in fünf Minuten darzustellen. Ich verstehe die gesamte Aufregung und Diskussion nicht. Wir sollten nicht nur draufschlagen, sondern mit gemeinsamen Konzepten an dem weiterarbeiten, was wir in den letzten sieben Jahren, also in den letzten beiden Wahlperioden, miteinander vereinbart haben. Vielen Dank. Für die Fraktion Die Linke hat nun der Kollege Ilja Seifert das Wort. Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol legen! Liebe Betroffene an den Fernsehschirmen und auf den Tribünen! Wenn man sich ansieht, welche Reformen von dieser Koalition schon verzapft wurden – die Arbeitsmarktreform und heute Vormittag die Gesundheitsreform –, könnte man fast froh sein, wenn die Pflegereform verschoben wird. Bedauerlicherweise geht das aber am Leben vorbei. Es ist nämlich notwendig, dass das, was an Pflege zurzeit finanziert wird, reformiert wird. Es muss uns klar sein, dass das weit über die Pflegeversicherung hinausgeht. Deshalb möchte ich heute nun drei Punkte nennen, die sofort, noch heute, geändert werden könnten. Ich möchte erstens etwas über die Situation derjenigen sagen, die die assistierende Pflege brauchen, zweitens etwas zur Situation derjenigen, die die pflegende Assistenz leisten, und drittens zur Situation der Betroffenen, die sie selbst bezahlen könnten. Zu den Betroffenen, die die assistierende Pflege brauchen: Wenn wir nicht endlich einen teilhabeorientierten Pflegebegriff einführen, dann kommen wir nie voran. Liebe Kollegin Spielmann, wir brauchen keinen Pflegebedürftigkeitsbegriff, sondern einen Pflegebegriff, der sich von der Somatik entfernt, der die Aktivierung und die Teilhabeorientierung bringt. i r r g m s V M m p E v w t b A B D D n v o M A m i D d s i k h b a B L h D S I a m P d ä o m M z n (C (D Liebe Frau Ministerin, im Dezember vorigen Jahres st Ihnen von Ihrer Behindertenbeauftragten ein hervoragendes Konzept für teilhabeorientierte Pflege übereicht worden. Was haben Sie bei der Überreichung esagt? Prima, was ihr hier aufgeschrieben habt. Wir achen es aber genau andersherum. – In dem Papier teht: Wir brauchen einen vernünftigen Pflegebegriff. on diesem Pflegebegriff ausgehend müssen entsprechende aßnahmen abgeleitet werden. – Sie haben gesagt: Wir achen es umgedreht. Wir werden jetzt erst einmal ein aar Maßnahmen beschließen. Anschließend, ganz am nde, ändern wir den Pflegebegriff. – Das ist ein absolut erkehrtes Herangehen. Es ist aber eine gute Methode, enn man verhindern will, dass endlich fortschrittliches, eilhabeorientiertes Pflegen, ein assistierendes Begleiten eginnt. Zweiter Punkt: die Betroffenen, die die pflegende ssistenz leisten sollen. Warum entwerfen wir kein erufsbild der Alltagsassistentin, des Alltagsassistenten? amit kämen wir von der Gesundheitsorientierung weg. ie assistierende Pflege oder pflegende Assistenz muss icht von Krankenpflegern geleistet werden. Wir brauchen ielmehr Menschen, die sozial ausgebildet und teilhaberientiert sind, die wissen, dass man sich an den enschen orientieren muss, die die Pflege und die ssistenz brauchen, dass deren Wünsche erfüllt werden üssen und dass es nicht darum geht, die Wünsche rgendwelcher Institutionen zu erfüllen oder sich an ienstpläne zu halten. Lassen Sie uns dieses Berufsbild, as bereits angedacht ist, entwickeln und umsetzen! Lasen Sie uns zum Beispiel Menschen, die arbeitslos sind, n dieser Richtung ausbilden! Die machen das gerne. Dritter Punkt. Lassen Sie uns von den Parolen wegommen. Wenn ich die Losung „Ambulant vor stationär“ öre, dreht sich mir inzwischen der Magen um. Sie auen fröhlich neue Pflegeheime. Machen Sie doch etwas nderes: Nehmen Sie die Aktion „Daheim statt Heim“! auen Sie keine neuen Heime mehr! Lassen Sie die eute gut betreut zu Hause, damit sie selbst bei einem ohen pflegerischen Aufwand zu Hause leben können! ie Aktion „Daheim statt Heim“ wird von Ihrer Kollegin ilvia Schmidt besonders gefördert. Unterstützen Sie hre Kollegin! Ich habe kein Problem damit, jemanden us der SPD zu unterstützen, wenn sie etwas Vernünftiges acht. (Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Mechthild Rawert [SPD])


(Beifall bei der FDP)

Heinz Lanfermann (FDP):
Rede ID: ID1608014300




(A) )


(B) )


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Wohl wahr!)


(Beifall bei der FDP)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1608014400
Dr. Margrit Spielmann (SPD):
Rede ID: ID1608014500

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der SPD)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1608014600
Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1608014700

(Mechthild Rawert [SPD]: Das ist Quatsch!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


Das Gleiche betrifft die tolle Losung „Reha statt
flege“. Ich habe sie heute x-mal gehört. Da kriege ich
as Kichern. Diese Losung höre ich seit 17 Jahren. Es
ndert sich aber nichts. Wir brauchen „Reha plus Pflege“
der „Reha bei Pflege“. Auch pflegebedürftige Menschen
üssen einen Anspruch auf eine vernünftige Reha-
aßnahme haben, und zwar regelmäßig, mindestens alle

wei Jahre für vier Wochen. Das ist aber nicht drin. Den-
och brauchen wir das und nicht solche Parolen.


(Beifall bei der LINKEN)







(A) )



(B) )


Dr. Ilja Seifert
Zum letzten Punkt, den ich ansprechen möchte: Wovon
soll es denn bezahlt werden? Herr Zylajew möchte gerne
einen Kapitalstock aufbauen. Das ist ja toll. Ich freue
mich schon darauf, wenn dann mit der Pflege an der
Börse spekuliert wird. Ich mache Ihnen einen anderen
Vorschlag: Schließen Sie die private Pflegeversicherung!
Geben Sie denjenigen, die dort bereits Ansprüche erworben
haben, einen Bestandschutz aus den 12,5 Milliarden
Euro Rücklagen, die es gibt! Davon können Sie alle
Ansprüche der dort Versicherten ihr Leben lang sehr gut
bedienen. Schließen Sie die private Pflegeversicherung,
und überführen Sie alle, die jetzt dort versichert sind, in
die gesetzliche Pflegeversicherung! Dann würden Sie
jedes Jahr 1,5 Milliarden Euro mehr einnehmen, als Sie
ausgeben. Das sagt die private Pflegeversicherung
selbst. Sie nimmt jedes Jahr 2 Milliarden Euro ein und
gibt nur 500 Millionen Euro aus. Dort gibt es schon jetzt
eine richtige Reserve. Nutzen Sie das! Machen Sie es!
Dann brauchen wir nicht darüber zu reden, ob Demente
einbezogen werden oder nicht. Dann ist ein bisschen
Geld da.

Wenn wir dann noch davon wegkommen, eine Teil-
kaskoversicherung zu machen, sondern den ganzen Men-
schen sehen, dann haben wir wirklich etwas erreicht.
Fassen Sie es an! Machen Sie das, was gleich möglich
ist, sofort, und das andere lassen Sie uns in Ruhe gemein-
sam mit den Betroffenen machen und nicht gegen sie!

Danke schön.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Frank Spieth [DIE LINKE]: Davon hat aber die Allianz nichts!)


– Das ist aber nicht meine Klientel.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1608014800

Für die Unionsfraktion hat das Wort der Kollege

Hermann-Josef Scharf.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Hermann-Josef Scharf (CDU):
Rede ID: ID1608014900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der demogra-
fische Wandel unserer Gesellschaft hat nun auch das
öffentlich-rechtliche Fernsehen erreicht. Der Dreiteiler
„2030 – Aufstand der Alten“ hat eine breite und viel-
schichtige Debatte ausgelöst. Dass wir und mit uns
unsere Gesellschaft immer älter werden, ist heute so gut
wie bewiesen. Aber wie wir diesen Prozess gestalten und
ob wir ihn auch als Chance verstehen, können wir selbst
entscheiden und dann die nötigen Weichen stellen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Frank Spieth [DIE LINKE]: Den hat die Versicherungswirtschaft gesponsert!)


Darum wird es bei der anstehenden Pflegereform gehen,
die wir als Große Koalition umsetzen werden. Wir
werden die finanzielle Belastung der Pflegeversicherung
auf breitere Schultern stellen. Im Jahr 2030 wird einem
Rentner nur noch ein Erwerbstätiger gegenüberstehen.

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(C (D as ist keine Schwarzmalerei, die in dieser Debatte völlig ehl am Platze wäre, sondern das sind die nüchternen akten. Deshalb muss die rein umlagefinanzierte Pflegeersicherung durch eine kapitalgedeckte private Zusatzersicherung ergänzt werden. Wir als Union schlagen ein Modell vor, das einen moatlichen Beitrag unabhängig vom Einkommen vorsieht. ie immer kleiner werdenden Generationen unserer achkommen können die steigenden Versicherungs eistungen nicht mehr uneingeschränkt finanzieren. Die ahl der Pflegebedürftigen wird mit der steigenden ebenserwartung wachsen wie auch die qualitativen nsprüche an die Pflege selbst. Deshalb muss es bei er Pflegereform zusammen mit dem Aufbau einer achhaltigen Finanzierungsgrundlage auch um eine euausrichtung im Leistungsbereich gehen. Die Gesundheitsreform, die wir heute Morgen verabchiedet haben, hat bereits viele Aspekte aufgegriffen, ie den pflegebedürftigen Menschen in unserem Land elfen werden. Ich nenne hier nur: Reha vor Pflege, die inbeziehung der Pflege in die integrierte Versorgung, en Leistungsanspruch auf Palliativversorgung oder den ünftigen Anspruch auf geriatrische Rehabilitation. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Widerspruch bei der Linken)


Die meisten Pflegebedürftigen wünschen sich, daheim
epflegt zu werden. Herr Seifert, deswegen werden wir uns
eiterhin für die Stärkung von „Ambulant vor stationär“

insetzen. Die Einführung der Pflegezeit ist ein wich-
ger Baustein, die Pflege von Angehörigen und den Beruf
esser zu vereinbaren. Wir werden aber noch weitere
olcher innovativer Schritte benötigen, um eine ange-
essene Pflege zu ermöglichen.


(Elisabeth Scharfenberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann können auch die Männer zur Pflege zu Hause bleiben!)


enn auch die Familienpflege wird aufgrund der demo-
rafischen Entwicklung ihre Grenzen haben. Immer
ehr Ältere haben keine Kinder, oder die Zahl der
eschwister ist so gering, dass die Pflege nicht geteilt
erden kann. In den seltensten Fällen leben die Kinder
eute noch in der Nähe des Wohnortes der Eltern. Wir
erden in Zukunft mehr professionelle Hilfe brauchen
nd den Ausbau der Pflege- und Versorgungsdienste
erstärken müssen. Die Altenpflege bietet ein enormes
otenzial an Arbeitsplätzen und an neuen Möglichkeiten

m Ausbildungsbereich, das heute noch weit unterschätzt
ird.

Unsere Pflegereform wird sich mit vielschichtigen
nd komplexen Fragestellungen auseinandersetzen. Die
inanzierungsfrage ist das eine, Strukturveränderungen
ind ein Weiteres. Wir als Unionsfraktion sind uns der
ringlichkeit dieser Reform bewusst. Doch gilt auch
ier der Grundsatz: Gründlichkeit vor Schnelligkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)







(A) )



(B) )


Hermann-Josef Scharf
Das sind wir den pflegebedürftigen Menschen wie all
unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern schuldig.

Sehr geehrte Kolleginnen von der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen – die Kollegen sind Ihnen heute
Mittag abhandengekommen; so viel zur Wichtigkeit dieser
Debatte, Frau Scharfenberg –,


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist etwas bei Ihnen nur wichtig, wenn die Männer dabei sind?)


Sie haben während Ihrer siebenjährigen Regierungsver-
antwortung die Pflegereform völlig außer Acht gelassen.
Jetzt regen Sie sich auf, wenn wir, die Große Koalition,
die Pflegereform gründlich vorbereiten – das ist mehr als
lächerlich. Im Gegensatz zu Ihnen werden wir diese
Pflegereform mit Herz, Hand und Verstand in Angriff
nehmen.

Ich danke Ihnen herzlich für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1608015000

Das Wort hat die Bundesministerin für Gesundheit,

Ulla Schmidt.


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1608015100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich habe eben gedacht: Es mag ja sein, dass man in Bayern
manchmal vieles fordern muss, um überhaupt gehört zu
werden. Aber die heutige Debatte hier unter dem Titel
„Erneute Verschiebung der Reform der Pflegeversiche-
rung …“ ist so überflüssig wie ein Kropf. Denn wir haben
im letzten Jahr ganz deutlich gemacht, dass wir zuerst
die Gesundheitsreform unter Dach und Fach bringen.
Vielleicht erinnern Sie sich, dass wir vor einigen Stunden
hier im Deutschen Bundestag die zweite und die dritte
Lesung der Gesundheitsreform hatten und sie verab-
schiedet wurde. Jetzt werden wir die Pflegeversicherung
angehen, und wir werden das gründlich tun. Von einer
Verschiebung kann keine Rede sein.

Manche äußern sich sehr populistisch, verlieren aber
kein Wort darüber, wie eine vernünftige Pflege finanziert
werden kann, leisten keinen Beitrag dazu, einmal in dieser
Gesellschaft darüber zu diskutieren, was uns eine gute
Pflege wert ist, was der Einzelne dafür zu geben bereit
ist, gehen nicht darauf ein, welche Vorschläge eigentlich
debattiert werden. Im Gegensatz zu diesen Leuten nehmen
wir das Thema Pflege ernst. Heute Morgen haben sie
dagegen gestimmt, dass es Verbesserungen für pflege-
bedürftige, für behinderte Menschen gibt.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Weder von der Seite der Linken noch von den Grünen – die
FDP nehme ich gar nicht dazu; das ist ein ganz anderer
Bereich – ist überhaupt etwas zu den Verbesserungen,
die mit der Gesundheitsreform verbunden sind, gekom-
men. Sie haben alle gesagt: Das ist so unwichtig für uns,
dass es nicht einmal wert ist, hier diskutiert zu werden.

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(C (D (Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Sehr richtig! – Frank Spieth [DIE LINKE]: Wir haben Vorschläge gemacht! Sie haben alles abgelehnt!)


as konnte jeder sehen, der heute Morgen bei der
ebatte dabei war. Sie haben nichts dazu gesagt, was wir
n, um die Versorgung der älteren Menschen zu verbes-

ern. Sie haben nichts dazu gesagt, was wir dafür tun, um
ie medizinische Versorgung und die Pflegeversorgung
u verbessern.

Heute Morgen hat die Große Koalition entschieden,
ass wir die Verträge über integrierte Versorgung nicht
ur wollen, um die Zusammenarbeit zwischen nieder-
elassenen Ärzten und Ärzten in Krankenhäusern zu
erbessern, sondern um einen bevölkerungsbezogenen
nsatz zu verfolgen und Anreize dafür zu setzen, dass

ltere Menschen solange irgend möglich selbstständig,
as heißt zu Hause leben können. Darum geht es uns,
enn wir davon reden, dass wir die Pflegeversorgung
erbessern wollen. Für uns kommt es auf den einzelnen
enschen an. Wir haben nicht die Zeit, nur über irgend-
elche populistischen Themen zu diskutieren.

Was den Vorschlag der Linken angeht, einfach das
eld der Privatversicherten zur Finanzierung heranzu-

iehen: Ich hätte gedacht, dass Sie das Grundgesetz bes-
er kennen, das dies nämlich verbietet.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Frank Spieth [DIE LINKE]: Sie wollten das doch bei der privaten Krankenversicherung auch machen, Frau Schmidt!)


m Gegensatz zu Ihnen und Ihrer Partei müssen wir näm-
ich die Frage der Finanzierung beantworten und Lösun-
en dafür finden, wie wir die Menschen einbeziehen
önnen.


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Amnestie und Amnesie sind zwei verschiedene Dinge!)


on uns erwartet man auch Verantwortung, wenn es da-
um geht, was der Einzelne beitragen kann.

Es wäre gut gewesen, wenn wir eine Debatte über die
nforderungen im Pflegebereich begonnen hätten. Aber
ass Sie an dem Tag, an dem die Gesundheitsreform be-
chlossen wurde, eine Debatte über eine angebliche Ver-
chiebung der Reform der Pflegeversicherung – das steht
ür uns als nächstes Projekt an – beantragen, zeigt, dass
s Ihnen in einzelnen Bereichen an inhaltlicher Substanz
ehlt.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Elisabeth Scharfenberg [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Die Reform ist verschoben worden! Das haben wir uns nicht selbst ausgedacht!)


Uns geht es um die Menschen. Ich bin sehr viel unter-
egs – wahrscheinlich mehr als Sie alle –, um mir ein
ild von der Pflegesituation zu machen. Ich informiere
ich über Projekte und frage, was wir tun können, um

em Wunsch der Menschen, zu Hause zu leben, gerecht






(A) )



(B) )


Bundesministerin Ulla Schmidt
zu werden. Die stationäre Pflege muss beibehalten wer-
den, aber es müssen zusätzliche Angebote geschaffen
werden. Ich frage danach, was wir dazu beitragen kön-
nen, welche Projekte wir fördern und wie wir eine gute
Versorgung gewährleisten können.


(Hellmut Königshaus [FDP]: Wie denn?)


Mit diesen Fragen beschäftigen wir uns. Dabei beziehen
wir viele Anregungen der Menschen vor Ort mit ein.


(Hellmut Königshaus [FDP]: Gibt es auch schon Ergebnisse?)


Wenn wir ein Finanzierungskonzept entwickeln, dann
muss das auch tragen. Ich halte die Einführung der Pfle-
geversicherung nach wie vor für eine großartige politi-
sche Leistung. Denn erst mit dem eigenständigen Zweig
der Pflegeversicherung – die FDP hat übrigens seinerzeit
mitregiert, als wir das Vorhaben umgesetzt haben, auch
wenn sie es jetzt ablehnt, als wäre es Teufelswerk –
konnten wir in unserem Land eine enorme Infrastruktur
in diesem Bereich schaffen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Aber, Herr Kollege Zylajew, Herr Blüm hat schon da-
mals darauf hingewiesen, dass das, was wir damals ver-
abschiedet haben, von der FDP als Koalitionspartner
blockiert wurde, sodass die Reform nicht so weitrei-
chend sein konnte, wie es eigentlich vorgesehen war.


(Hellmut Königshaus [FDP]: Ich denke, wir haben mitgemacht! Was denn nun: blockiert oder mitgemacht?)


Die damals verabschiedeten Regelungen waren für zehn
Jahre gedacht. So lange hatten wir relative Sicherheit.
Jetzt muss man darüber reden, wie es weitergeht.


(Dr. Martina Bunge [DIE LINKE]: Sie haben 1993 von fünf Jahren gesprochen!)


Genauso, wie wir mit der heute Morgen getroffenen
Entscheidung verhindert haben, dass das Gesundheits-
system für die Generationen unserer Kinder gegen die
Wand gefahren wird – statt es wie andere vorzuziehen,
gar nichts zu tun –, und uns entschlossen haben, zu han-
deln und Kompromisse zu finden, damit wir ein bezahl-
bares Gesundheitssystem und eine gute Versorgung der
kranken Menschen in diesem Lande gewährleisten kön-
nen, wird auch die Pflege ein Thema sein, das diese Ko-
alition mit großer Ernsthaftigkeit angehen wird.

Wir werden das Thema gemeinsam mit den Koali-
tionsfraktionen so beraten, dass es ein Erfolg wird, und
zwar für alle, für die Pflegebedürftigen und die, die an-
dere pflegen. Uns kommt es darauf an, auch die Situa-
tion der vielen Frauen und Männer in diesem Land zu
verbessern, die Tag für Tag unter sehr harten Bedingun-
gen im Pflegebereich tätig sind. Auch für diese Men-
schen wollen wir die Bedingungen so verändern, dass sie
nicht nur vernünftig bezahlt werden, sondern dass auch
die Arbeitszeit angemessen und bedarfsgerecht geregelt
wird. Das kann nicht auf die Schnelle erfolgen. Wir wer-
den die Beratungen in diesem Jahr durchführen. Im
kommenden Jahr wird dann die Pflegereform in Kraft
treten.

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(C (D Vielen Dank. Das Wort hat die Kollegin Birgitt Bender für die Frak ion des Bündnisses 90/Die Grünen. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr ollege Scharf, es ist interessant, von Ihnen zu hören, ass Debatten nur dann wichtig sind, wenn sie von Mänern geführt werden. Bei den Grünen ist das ein wenig nders. Im Übrigen sage ich Ihnen zum Thema Interesse: ei uns sind immerhin 10 Prozent der Fraktion anwe end, bei Ihnen sind es nur 5 Prozent. Bei gleichem Proentanteil müssten es nämlich 22 sein. So viel zu der rage, ob man diese Debatte wichtig nimmt, auch wenn ie am Freitagnachmittag stattfindet. (Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Sie haben aber die Aktuelle Stunde beantragt, da muss man vollzählig sein! – Annette WidmannMauz [CDU/CSU]: Sie sehen, wir sind da!)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1608015200
Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1608015300

Heute Morgen habe ich in der Zeitung gelesen, ange-
ichts der Dissense bei der Gesundheitsreform überlege
an in der SPD-Fraktion, ob man nicht die Fachleute

us dem Gesundheitsausschuss, die nicht zugestimmt
aben, abzieht.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Ach, jetzt reden Sie wieder zur Sache!)


ch will das gar nicht kommentieren; das ist eine Angele-
enheit der SPD-Fraktion. Interessant war jedoch die
itgelieferte Begründung. Sie lautete, sonst gäbe es eine
euauflage der Debatte beim Thema Pflege.


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Genau!)


m Klartext heißt das, dass die Koalitionsspitzen bereits
amit rechnen, dass es eine ähnlich vermurkste Reform
eben könnte,


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Sie rechnen wieder mit einer Einigung bei uns, das ist schön!)


ass es zu einem Kompromiss kommen könnte, der nie-
anden überzeugt und bei dem die Fachleute von der
ahne gehen. Davor kann ich Sie wirklich nur warnen.
afür ist das Thema Pflege zu wichtig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Martina Bunge [DIE LINKE]: Und zu ernst!)


Herr Kollege Zylajew, Sie haben sich dafür feiern las-
en, dass es die Union mit Norbert Blüm war, die die
flegeversicherung eingeführt hat. Das sei Ihnen zuge-
tanden.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Aha!)


uch ich bin der Meinung, dass das in der Tat ein sozial-
olitischer Meilenstein war. Fragen Sie aber heute ein-
al die Junge Union, ob sie Ihnen zustimmt. Der Kol-






(A) )



(B) )


Birgitt Bender
lege Mißfelder sagt zu dieser Frage etwas ganz anderes.
Wenn es nach Ihren jungen Leuten geht, dann sollte die
jetzige Pflegeversicherung abgeschafft und komplett auf
eine private Kapitaldeckung umgestellt werden.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Das ist eine billige Unterstellung!)


Es ist ja nicht nur so, dass es innerhalb der Sozialde-
mokratie und zwischen Rot und Schwarz Differenzen
gibt;


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Was ist Ihr Konzept?)


vielmehr ist es so, dass auch die Schwarzen untereinan-
der genügend Diskussionsbedarf haben.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Was ist Ihr Konzept? – Gegenruf der Abg. Elisabeth Scharfenberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lesen Sie unser Papier, Herr Koschyk!)


Die Frage ist doch: Führen Sie diese Diskussion, und
kommen Sie dabei zu einer gemeinsamen Idee?

Herr Kollege Zylajew, Sie haben die Antwort einer
g
Dr. Peter Jahr (CDU):
Rede ID: ID1608015400
Damals war die Pflegeversicherung finanziell
in Ordnung. Dagegen ist nichts einzuwenden. Drei Jahre
nach Einführung der Pflegeversicherung war das so.


(Willi Zylajew [CDU/CSU]: Ich kann auch Sie zitieren, 2004!)


Jetzt schreiben wir das Jahr 2007, und jetzt wird es drin-
gend. Ich gestehe Ihnen durchaus zu, dass es bereits in
der letzten Legislaturperiode dringend war.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Aber?)


Aber denken Sie daran, dass unsere Eckpunkte nicht nur
wegen der Schwierigkeiten innerhalb der Koalition nicht
umgesetzt werden konnten, sondern auch deshalb nicht,
weil wir es mit einer Blockademehrheit im Bundesrat zu
tun hatten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Haben Sie hier einen Gesetzentwurf vorgelegt?)


Dieses Problem – so behaupten Sie jedenfalls – haben
Sie nicht mehr. Also könnten Sie wirklich ein Konzept
vorlegen.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Ich kann nur lachen!)


Ein Konzept, das sich mit den Finanzen befasst, gibt
es bisher nicht. Die einen sprechen von privater Kapital-
deckung mit Kopfpauschale – davon sprach gerade auch
der Kollege Scharf –,


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Was wollen Sie denn, Frau Bender?)


die anderen sprechen von einer Bürgerversicherung oder
von gar nichts. Wahr ist, dass die Bürgerversicherung, so
richtig sie für den Bereich der Pflege ist, das finanzielle
Problem nicht lösen wird.

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(C (D (Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Ach ja?)


it dem veränderten Altersaufbau der Bevölkerung und
er deswegen zu erwartenden Zunahme der Zahl der
flegebedürftigen wird man mehr als eine Bürgerversi-
herung brauchen.


(Heinz Lanfermann [FDP]: So ist es!)


Deswegen braucht man in der Tat eine Demografie-
eserve. Darüber wird auch schon länger diskutiert. Aber
as, Frau Kollegin Widmann-Mauz, heißt noch lange
icht, dass man sie durch private Kapitaldeckung her-
tellen muss.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Sondern?)


as kann man genauso gut in einem Kollektivsystem
achen. Darüber werden Sie sich einigen müssen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich bin froh, dass es bei der Union, Kollege Scharf,
rkenntnisse darüber gibt, dass die Familien – oder sa-
en wir besser: die Frauen; es sind ja immer die Töchter
nd Schwiegertöchter, die die Pflege übernehmen –


(Hellmut Königshaus [FDP]: Nicht immer!)


ie Pflege nicht mehr allein tragen können. So wie sich
nsere Gesellschaft entwickelt, wird professionelle
flege in immer größerem Ausmaß notwendig. Das
eißt, wir werden auch etwas für das kooperative Mit-
inander von Laien- und Profipflege, von bürgerschaft-
ich engagierten und professionellen Pflegekräften tun

üssen. Dafür brauchen wir andere Strukturen und an-
ere Wohnformen. Es kann nicht bei der strikten Tren-
ung von eigener Wohnung und einem Heimplatz blei-
en. Daneben brauchen wir eine bessere Beratung und
egleitung von Betroffenen und Angehörigen.

Ich kann Sie, meine Damen und Herren von der Ko-
lition, deshalb nur auffordern: Schieben Sie eine solche
eform nicht auf die lange Bank! Diesmal wird die
roße Koalition nicht damit durchkommen, wenn sie
eine gemeinsame politische Leitidee entwickelt und
tattdessen nur einen Kompromiss als Attrappe hinstellt.
iesmal lassen wir Sie da nicht raus. Irgendwann müs-

en Sie auch einmal liefern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Heinz Lanfermann [FDP]: Leididee – mit d!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1608015500

Das Wort hat jetzt die Kollegin Mechthild Rawert für

ie SPD-Fraktion.


(Dr. Margrit Spielmann [SPD]: Du bist jetzt die Letzte! Mach es gut!)



Mechthild Rawert (SPD):
Rede ID: ID1608015600

Liebe Gäste! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Ich

öchte mich natürlich als Erstes dagegen verwahren,
ass das hier das Letzte ist; denn dann wäre ich als letzte
ednerin ja heute das Allerletzte. Das geht natürlich
icht. Ich finde, dass das dem Thema nicht angemessen
st.






(A) (C)



(B)


Mechthild Rawert

Ich möchte darum bitten, wenn wir das Thema Pflege
ernsthaft und zum Wohle der Menschen betrachten wol-
len, nicht das Zitat zu wiederholen: Im Pflegefall lieber
den Freitod. Ich bitte darum, dabei zu bedenken: Man re-
det immer über anderer Leute Leben. Wir sollten hier
keine falschen Grenzen ziehen, sondern die Notwendig-
keiten sehen.


(Beifall bei der SPD)


Wir alle wissen – darüber ist auch schon in anderen
Zusammenhängen diskutiert worden –, das Familienbild
ändert sich. Das traute Dreigenerationenhaus gibt es zu-
mindest in der Stadt nur noch recht selten; vielleicht auf
dem Land noch häufiger. Selbstverständlich gilt auch
hier: Die Jüngeren, die Erwerbstätigen müssen nicht nur
professionell pflegen können, sie müssen auch die
Chance haben, in ihrer Familie zu leben. Hier brauchen
Es ist schon zu Recht dargestellt worden, dass dieses
Nölen und Nörgeln über die erneute Verschiebung der
Reform der Pflegeversicherung am heutigen Tag, wo wir
die Gesundheitsreform verabschiedet haben, zu einer
Verunsicherung und Orientierungslosigkeit in der Bevöl-
kerung führt. Das ist dem Thema nicht angemessen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wir haben in der Koalitionsvereinbarung etwas zum
Pflegebegriff, zum notwendigen Leitbild, zur Sicherung
der nachhaltigen und gerechten Finanzierung gesagt,
aber auch zur Verbesserung der Leistungsseite.

Ja, es wird auch Diskussionen dazu geben, wie die Fi-
nanzierung erfolgen soll. Es hat solche Diskussionen
auch schon gegeben, wie in der Zeitung zu lesen war.
Für die SPD kann ich selbstverständlich sagen, dass wir
auch Privatversicherte stärker zur Kasse bitten möchten
und hiermit den sozialen Pflegebegriff deutlicher ma-
chen wollen.


(Hellmut Königshaus [FDP]: Das kennen wir ja schon!)


Wir werden uns darüber austauschen müssen, wie es
mit der Forderung aussieht, die zusätzliche Finanzierung
über Kapitaldeckungsverfahren vorzusehen. Wir werden
diese Diskussionen führen. Es wäre unsinnig, davon aus-
zugehen, dass dieses Thema ausgeklammert werden
könnte.


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Hoffentlich hat Frau Schmidt dann nichts dagegen!)


Richtig ist aber auch, dass die häusliche Pflege – einer
der ganz wesentlichen Aspekte – gestärkt werden muss.
Wir haben vor kurzem noch einmal die Zahlen zur
Kenntnis nehmen können. Waren es 1999 noch circa
2 Millionen pflegebedürftige Menschen, waren es 2003
schon über 100 000 mehr.

Richtig ist auch: Pflege findet zu zwei Dritteln zu
Hause statt. Ich halte es für eine falsche Alternative, die
stationäre Unterbringung und die Pflege gegen die am-
bulante Pflege auszuspielen; denn beides ist notwendig.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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ir externe und vor allen Dingen professionelle Hilfe.
ie Kultur des Helfens auf Gegenseitigkeit, der Ausbau
on bürgerschaftlichem Engagement ist ebenso wichtig
nd gefragt. Ich bedanke mich für das Lob der Initiative
nserer Kolleginnen Silvia Schmidt und Ute Kumpf.

Ich möchte noch auf einen anderen Aspekt hinweisen.
eutschland ist ein Einwanderungsland. Ich denke, die-

er Aspekt muss in dieser Diskussion verstärkt berück-
ichtigt werden. Denn unsere Altenpflegesysteme sind
insichtlich dessen noch nicht sensibel genug, was man
ulturelle Öffnung nennt. Auch hiermit werden wir uns
n den nächsten Wochen und Monaten beschäftigen.

Richtig und wichtig ist das, was zur Professionalisie-
ung der Pflege gesagt worden ist, zu einem neuen Pfle-
ebegriff und auch zur Anerkennung. Dabei geht es
icht nur um Wertschätzung. Als Frauenpolitikerin sage
ch vielmehr: Pflege kostet Geld, und die Pflegenden ha-
en nicht nur immateriell ein billiges Dankeschön, son-
ern tatsächlich eine anständige finanzielle Aufwands-
ntschädigung verdient, um ihre Existenz zu sichern.
uch hierfür werden wir sorgen müssen.

Ich hoffe, dass wir das Thema nicht kaputtnörgeln,
ondern dass wir uns gemeinsam und tatkräftig dem
hema im Interesse der Bevölkerung, der Jungen, der
lten und der mittleren Generation sach- und fachge-

echt zuwenden werden.

Ich wünsche uns allen ein wunderbares Wochenende.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1608015700

Ich schließe die Aussprache.

Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
rdnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
estages auf Mittwoch, den 28. Februar 2007, 13 Uhr,
in.

Ich wünsche Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen,
lles Gute für die Heimreise und weitere Veranstaltun-
en und vielleicht auch ein schönes Wochenende.

Die Sitzung ist geschlossen.