Rede:
ID1608014100

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 150
    1. Sie: 7
    2. \n: 6
    3. die: 6
    4. wir: 6
    5. nichts: 4
    6. dass: 4
    7. und: 4
    8. in: 3
    9. Das: 3
    10. der: 3
    11. das: 3
    12. haben: 3
    13. eine: 3
    14. –: 2
    15. aber: 2
    16. so: 2
    17. sei: 2
    18. 2006: 2
    19. Gott: 2
    20. nicht: 2
    21. an: 2
    22. Aber: 2
    23. es: 2
    24. ist: 2
    25. ein: 2
    26. Kollege: 2
    27. sind: 2
    28. wird: 2
    29. sehr: 2
    30. Ihnen: 2
    31. Ja,: 1
    32. geschafft,: 1
    33. gar: 1
    34. nichts!\n: 1
    35. Und: 1
    36. jetzt,: 1
    37. nach: 1
    38. Jahren,: 1
    39. seid: 1
    40. ihr: 1
    41. plötzlich: 1
    42. klug: 1
    43. undhabt: 1
    44. Ideen.\n: 1
    45. Kollegin,: 1
    46. schauen: 1
    47. Drucksache: 1
    48. 14/3592: 1
    49. –wieder: 1
    50. nur:: 1
    51. Haben: 1
    52. nicht.: 1
    53. geht: 1
    54. weit,: 1
    55. Siesagen,: 1
    56. Finanzierung: 1
    57. bis: 1
    58. gesichert.: 1
    59. seiDank: 1
    60. waren: 1
    61. mehr: 1
    62. Regierung.\n: 1
    63. Stück,: 1
    64. ins: 1
    65. Tollhaus: 1
    66. passt,: 1
    67. was: 1
    68. hiergeliefert: 1
    69. haben.\n: 1
    70. Bahr,: 1
    71. ich: 1
    72. bedanke: 1
    73. mich;: 1
    74. verlässli-cher: 1
    75. Zwischenrufer.Wir: 1
    76. packen: 1
    77. jetzt: 1
    78. verbessern: 1
    79. Qualitätder: 1
    80. Pflege: 1
    81. eindeutig.: 1
    82. HermannScharf: 1
    83. noch: 1
    84. ausführen.: 1
    85. zunächst: 1
    86. einmal: 1
    87. wirdie: 1
    88. Verpflichtung,: 1
    89. Reserve: 1
    90. für: 1
    91. Zeit: 1
    92. aufzubauen,die: 1
    93. 20: 1
    94. Jahren: 1
    95. beginnt,: 1
    96. viel: 1
    97. wenigerBeitragszahler: 1
    98. viele: 1
    99. Pflegebedürftige: 1
    100. habenwerden.: 1
    101. Davon: 1
    102. werden: 1
    103. uns: 1
    104. abbringen.\n: 1
    105. 1998: 1
    106. Pflegeversicherung: 1
    107. überge-ben,: 1
    108. finanziell: 1
    109. solide: 1
    110. war.: 1
    111. können: 1
    112. sicher: 1
    113. sein–: 1
    114. ja: 1
    115. Dank: 1
    116. kaputt: 1
    117. gemacht;: 1
    118. Siehaben: 1
    119. vernünftiger,: 1
    120. auch: 1
    121. schlechtergemacht: 1
    122. –,: 1
    123. dafür: 1
    124. sorgen: 1
    125. werden,: 1
    126. sie: 1
    127. nun: 1
    128. soreformiert: 1
    129. wird,: 1
    130. mit: 1
    131. Blick: 1
    132. auf: 1
    133. demografi-sche: 1
    134. Entwicklung: 1
    135. ordentliche: 1
    136. personenbezogeneReserve: 1
    137. ansparen: 1
    138. aufbauen.: 1
    139. alles: 1
    140. Ent-scheidende.: 1
    141. Außerdem: 1
    142. inhaltliche: 1
    143. Verbesserun-gen: 1
    144. geben.: 1
    145. Da: 1
    146. im: 1
    147. Unterschied: 1
    148. zu: 1
    149. absolutverlässlich: 1
    150. gut.\n: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 16/80 Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wett- bewerbsstärkungsgesetz – GKV- WSG) (Drucksachen 16/3950, 16/4020, 16/4200, 16/4247, 16/4222) . . . . . . . . . . . . . . . . – Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung von Fu- sionsprozessen von Krankenkassen (Drucksachen 16/1037, 16/4200, 16/4247, 16/4222) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit – zu dem Antrag der Abgeordneten 16/4200, 16/4247) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulla Schmidt, Bundesministerin BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Daniel Bahr (Münster) (FDP) . . . . . . . . . . . . Wolfgang Zöller (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Zöller (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elke Ferner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . Frank Spieth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 8005 B 8005 C 8005 D 8006 B 8009 B 8011 C 8014 A 8014 C 8014 C 8016 C 8018 C 8019 D 8021 D Deutscher B Stenografisch 80. Sitz Berlin, Freitag, den I n h a l Solidarität des Deutschen Bundestages mit dem Literaturnobelpreisträger Orhan Pamuk Begrüßung des Vizepräsidenten des spani- schen Parlaments, Herrn Gabriel Cisneros . . Tagesordnungspunkt 27: a) – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung des Wettbe- werbs in der gesetzlichen Kranken- versicherung (GKV-Wettbewerbs- stärkungsgesetz – GKV-WSG) (Drucksachen 16/3100, 16/4200, 16/4247, 16/4222) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Zweite und dritte Beratung des von der 8005 A 8009 B 8005 B Birgitt Bender, Matthias Berninger, Dr. Thea Dückert, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion des BÜNDNIS- undestag er Bericht ung 2. Februar 2007 t : SES 90/DIE GRÜNEN: Stärkung der Solidarität und Ausbau des Wettbe- werbs – Für eine leistungsfähige Krankenversicherung – zu dem Antrag der Abgeordneten Daniel Bahr (Münster), Heinz Lanfermann, Dr. Konrad Schily, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Für Nachhaltigkeit, Transpa- renz, Eigenverantwortung und Wettbewerb im Gesundheitswesen – zu dem Antrag der Abgeordneten Frank Spieth, Klaus Ernst, Dr. Martina Bunge, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN: Dem Gesund- heitswesen eine stabile Finanz- grundlage geben (Drucksachen 16/1928, 16/1997, 16/3096, Dr. Guido Westerwelle (FDP) . . . . . . . . . . . . Annette Widmann-Mauz (CDU/CSU) . . . . . . 8022 D 8024 D II Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 Dr. Martina Bunge (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Annette Widmann-Mauz (CDU/CSU) . . . . . . Heinz Lanfermann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Annette Widmann-Mauz (CDU/CSU) . . . . . . Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Guido Westerwelle (FDP) . . . . . . . . . . . . Annette Widmann-Mauz (CDU/CSU) . . . . . . Katrin Lompscher, Senatorin (Berlin) . . . . . . Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Zöller (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Dr. Karl Lauterbach (SPD) . . . . . . . . . . . . Dr. Carola Reimann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Guido Westerwelle (FDP) . . . . . . . . . . . . Dr. Carola Reimann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Konrad Schily (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Jens Spahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Martina Bunge (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Jens Spahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Frank Spieth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Hans Georg Faust (CDU/CSU) . . . . . . . . Peter Friedrich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Max Straubinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Namentliche Abstimmungen . . . . . . . . . . . . . Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 28: Antrag der Abgeordneten Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und der Fraktion der LIN- KEN: Wiedereinführung einer Börsen- umsatzsteuer (Drucksache 16/4029) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Leo Dautzenberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Frank Schäffler (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nina Hauer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Georg Fahrenschon (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Jörg-Otto Spiller (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . T U F r P s z u S ( i Z A G o S A ( D S A J B A I W C T B w g G o w L n d ( G H D D D M 8027 B 8027 D 8028 A 8028 C 8029 A 8029 B 8029 C 8029 D 8031 A 8032 B 8032 D 8033 B 8034 D 8035 A 8035 B 8036 A 8036 C 8038 B 8038 B 8038 C 8038 D 8040 A 8041 A 8042 C 8044 B 8045 A, 8049 B 8047 B 8047 D 8052 A 8053 D 8054 B 8055 A 8057 A 8058 B 8059 C agesordnungspunkt 29: nterrichtung durch die Bundesregierung: ünfter Bericht zur Lage der älteren Gene- ation in der Bundesrepublik Deutschland otenziale des Alters in Wirtschaft und Ge- ellschaft – Der Beitrag älterer Menschen um Zusammenhalt der Generationen nd tellungnahme der Bundesregierung Drucksache 16/2190) . . . . . . . . . . . . . . . . . . n Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 12: ntrag der Abgeordneten Britta Haßelmann, rietje Bettin, Ekin Deligöz, weiterer Abge- rdneter und der Fraktion des BÜNDNIS- ES 90/DIE GRÜNEN: Das neue Bild vom lter – Vielfalt und Potenziale anerkennen Drucksache 16/4163) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ibylle Laurischk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . ngelika Graf (Rosenheim) (SPD) . . . . . . . . örn Wunderlich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . ritta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ntje Blumenthal (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . na Lenke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . olfgang Spanier (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . hristel Humme (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 30: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- ärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Ab- eordneten Dr. Peter Gauweiler, Monika rütters, Eckart von Klaeden, weiterer Abge- rdneter und der Fraktion der CDU/CSU so- ie der Abgeordneten Monika Griefahn, othar Mark, Niels Annen, weiterer Abgeord- eter und der Fraktion der SPD: Stärkung es Goethe-Instituts durch neues Konzept Drucksachen 16/3502, 16/4132) . . . . . . . . . . ünter Gloser, Staatsminister für Europa . . . arald Leibrecht (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Peter Gauweiler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . r. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE) . . . . . r. Uschi Eid (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . onika Griefahn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 8060 D 8060 D 8061 A 8062 B 8063 B 8064 C 8066 A 8067 C 8069 A 8070 A 8071 B 8072 B 8072 C 8073 C 8074 B 8075 D 8076 C 8077 B Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 III Tagesordnungspunkt 31: Antrag der Abgeordneten Christine Scheel, Kerstin Andreae, Birgitt Bender, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN: Steuervereinfa- chung – Lohnsteuerklassen III, IV und V abschaffen (Drucksache 16/3023) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 24: Antrag der Abgeordneten Marieluise Beck (Bremen), Volker Beck (Köln), Dr. Uschi Eid, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Für ein Turkmenistan mit Zukunft (Drucksache 16/4049) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 33: Antrag der Abgeordneten Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine, Dr. Diether Dehm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN: Für eine demokratische, freiheitliche, so- ziale und Frieden sichernde Verfassung der Europäischen Union (Drucksache 16/3402) . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 13: Antrag der Abgeordneten Rainder Steenblock, Jürgen Trittin, Omid Nouripour, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN: Berliner Erklä- rung – Werte und Aufgaben der EU im 21. Jahrhundert (Drucksache 16/4171) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 14: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Er- neute Verschiebung der Reform der Pflege- versicherung – Auswirkungen auf die Pfle- gebedürftigen und ihre Angehörigen . . . . . Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Willi Zylajew (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Heinz Lanfermann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Margrit Spielmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Hermann-Josef Scharf (CDU/CSU) . . . . . . . . Ulla Schmidt, Bundesministerin BMG . . . . . B M N A L A E ü d v g p D D D L P D M T D R E D C M M G V K D D F M H D H P K 8078 C 8078 D 8079 A 8079 A 8079 B 8079 C 8080 C 8081 C 8082 B 8083 B 8084 B 8085 A irgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . echthild Rawert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . ächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 1 iste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . nlage 2 rklärung nach § 31 GO zur Abstimmung ber den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung es Wettbewerbs in der gesetzlichen Kranken- ersicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungs- esetz – GKV-WSG) (Tagesordnungs- unkt 27 a) r. Lale Akgün (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Hans-Peter Bartels (SPD) . . . . . . . . . . . . r. Axel Berg (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . othar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . eter Bleser (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . r. Martina Bunge (DIE LINKE) . . . . . . . . . . artin Burkert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . homas Dörflinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . agmar Freitag (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . obert Hochbaum (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . ike Hovermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Hans-Heinrich Jordan (CDU/CSU) . . . . . hristian Kleiminger (SPD) . . . . . . . . . . . . . onika Knoche (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . anfred Kolbe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . unther Krichbaum (CDU/CSU) . . . . . . . . . olker Kröning (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . atharina Landgraf (CDU/CSU) . . . . . . . . . r. Michael Luther (CDU/CSU) . . . . . . . . . . irk Manzewski (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . riedrich Merz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . aria Michalk (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . ans Michelbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . etlef Müller (Chemnitz) (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . enry Nitzsche (fraktionslos) . . . . . . . . . . . . eter Rauen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . atherina Reiche (Potsdam) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8086 C 8087 D 8088 D 8089 A 8089 C 8090 B 8090 B 8091 A 8092 A 8092 A 8093 A 8093 C 8094 A 8094 A 8094 D 8097 B 8097 C 8097 D 8098 D 8098 D 8099 A 8099 B 8099 C 8100 B 8100 C 8101 A 8101 C 8101 D 8102 B 8102 C 8102 D IV Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 Maik Reichel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Carsten Schneider (Erfurt) (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rolf Stöckel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörn Thießen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Marlies Volkmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wolfgang Wodarg (SPD) . . . . . . . . . . . . . Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Clemens Bollen, Dr. Michael Bürsch, Ulla Burchardt, Elvira Drobinski-Weiß, Gernot Erler, Monika Griefahn, Frank Hofmann (Volkach), Gabriele Hiller-Ohm, Reinhold Hemker, Christel Humme, Rolf Kramer, Anette Kramme, Jürgen Kucharczyk, Ute Kumpf, Christine Lambrecht, Waltraud Lehn, Dr. Sascha Raabe, Mechthild Rawert, Gerold Reichenbach, Christel Riemann-Hanewinckel, Sönke Rix, Dr. Ernst Dieter Rossmann, Michael Roth (Heringen), Ortwin Runde, Anton Schaaf, Axel Schäfer (Bochum), Dr. Frank Schmidt, Swen Schulz (Spandau), Frank Schwabe, Christoph Strässer, Dr. Rainer Tabillion, Dr. h. c. Wolfgang Thierse, Waltraud Wolff (Wolmirstedt) und Uta Zapf (alle SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Ge- setzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV- Wettbewerbsstärkungsgesetz – GKV-WSG) (Tagesordnungspunkt 27 a) . . . . . . . . . . . . . . Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Hilde Mattheis, Lothar Mark, Ewald Schurer, Klaus Barthel, Renate Gradistanac, Angelika Graf (Rosenheim), Dr. Bärbel Kofler und Ottmar Schreiner (alle SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Kranken- versicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungs- gesetz – GKV-WSG) (Tagesordnungspunkt 27 a) . . . . . . . . . . . . . . Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Renate Schmidt (Nürnberg), Petra Ernstberger, Marianne Schieder, Dr. Carl- Christian Dressel, Wolfgang Grotthaus, Nicolette Kressl und Klaus Brandner (alle SPD) zur Abstimmung über den Entwurf ei- nes Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV- Wettbewerbsstärkungsgesetz – GKV-WSG) (Tagesordnungspunkt 27 a) . . . . . . . . . . . . . . A E U u C n d W ( A E I B s z c w ( A E D N d W s s ( A E R S n d W ( A Z d s ( P G D D C 8103 A 8104 A 8104 B 8104 D 8105 A 8105 C 8105 D 8107 A 8108 A nlage 6 rklärung nach § 31 GO der Abgeordneten lrich Kelber und Ulrike Merten (beide SPD) nd Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/ SU) zur Abstimmung über den Entwurf ei- es Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in er gesetzlichen Krankenversicherung (GKV- ettbewerbsstärkungsgesetz – GKV-WSG) Tagesordnungspunkt 27 a) . . . . . . . . . . . . . . nlage 7 rklärung nach § 31 GO der Abgeordneten ris Hoffmann (Wismar) und Bernhard rinkmann (Hildesheim) (beide SPD) zur Ab- timmung über den Entwurf eines Gesetzes ur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzli- hen Krankenversicherung (GKV-Wettbe- erbsstärkungsgesetz – GKV-WSG) Tagesordnungspunkt 27 a) . . . . . . . . . . . . . . nlage 8 rklärung nach § 31 GO der Abgeordneten r. Karl Lauterbach, Andrea Nahles und iels Annen (alle SPD) zur Abstimmung über en Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des ettbewerbs in der gesetzlichen Krankenver- icherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsge- etz – GKV-WSG) Tagesordnungspunkt 27 a) . . . . . . . . . . . . . . nlage 9 rklärung nach § 31 GO der Abgeordneten ainer Fornahl und Gunter Weißgerber (beide PD) zur Abstimmung über den Entwurf ei- es Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in er gesetzlichen Krankenversicherung (GKV- ettbewerbsstärkungsgesetz – GKV-WSG) Tagesordnungspunkt 27 a) . . . . . . . . . . . . . . nlage 10 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Antrags: Steuervereinfachung – Lohn- teuerklassen III, IV und V abschaffen Tagesordnungspunkt 31) atricia Lips (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . abriele Frechen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . r. Volker Wissing (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . r. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . hristine Scheel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8108 B 8108 C 8109 B 8110 B 8111 A 8111 D 8112 D 8113 B 8114 A Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 V Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Für ein Turkmenistan mit Zu- kunft (Tagesordnungspunkt 24) Holger Haibach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Hedi Wegener (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Burkhardt Müller-Sönksen (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 12 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Für eine demokratische, freiheitliche, so- ziale und Frieden sichernde Verfassung der Europäischen Union – Berliner Erklärung _ Werte und Aufgaben der EU im 21. Jahrhundert (Tagesordnungspunkt 33 und Zusatztagesord- nungspunkt 13) Hans Peter Thul (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Michael Roth (Heringen) (SPD) . . . . . . . . . . Markus Löning (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alexander Ulrich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 13 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8115 B 8116 C 8117 D 8118 D 8119 C 8120 B 8121 D 8123 B 8123 D 8124 C 8125 B Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 8005 (A) ) (B) ) 80. Sitz Berlin, Freitag, den Beginn: 9.0
  • folderAnlagen
    ) Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 8089 (A) ) (B) ) Peter Rauen (CDU/CSU), Katherina Reiche abhängt. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Lale Akgün (SPD), Dr. Hans-Peter Bartels (SPD), Dr. Axel Berg (SPD), Lothar Binding (Heidelberg) (SPD), Peter Bleser (CDU/CSU), Dr. Martina Bunge (DIE LINKE), Martin Burkert (SPD), Thomas Dörflinger (CDU/CSU), Dagmar Freitag (SPD), Robert Hochbaum (CDU/CSU), Eike Hovermann (SPD), Dr. Hans-Heinrich Jordan (CDU/CSU), Christian Kleiminger (SPD), Monika Knoche (DIE LINKE), Manfred Kolbe (CDU/CSU), Gunther Krichbaum (CDU/CSU), Volker Kröning (SPD), Katharina Landgraf (CDU/CSU), Dr. Michael Luther (CDU/CSU), Dirk Manzewski (SPD), Friedrich Merz (CDU/ CSU), Maria Michalk (CDU/CSU), Hans Michelbach (CDU/CSU), Detlef Müller (Chem- nitz) (SPD), Henry Nitzsche (fraktionslos), s n h z d K e b r r I K d i k d G d v c s k d z t b d z f d l u t s s l v k t v Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Barthle, Norbert CDU/CSU 02.02.2007 Bülow, Marco SPD 02.02.2007 Burchardt, Ulla SPD 02.02.2007 Eichel, Hans SPD 02.02.2007 Eymer (Lübeck), Anke CDU/CSU 02.02.2007 Frankenhauser, Herbert CDU/CSU 02.02.2007 Gabriel, Sigmar SPD 02.02.2007 Hempelmann, Rolf SPD 02.02.2007 Hilsberg, Stephan SPD 02.02.2007 Kasparick, Ulrich SPD 02.02.2007 Kröning, Volker SPD 02.02.2007 Lopez, Helga SPD 02.02.2007 Merten, Ulrike SPD 02.02.2007 Pflug, Johannes SPD 02.02.2007 Schultz (Everswinkel), Reinhard SPD 02.02.2007 (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht (Potsdam) (CDU/CSU), Maik Reichel (SPD), Carsten Schneider (Erfurt) (SPD), Rolf Stöckel (SPD), Jörn Thießen (SPD), Dr. Marlies Volkmer (SPD), Dr. Wolfgang Wodarg (SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wett- bewerbsstärkungsgesetz – GKV-WSG) (Tages- ordnungspunkt 27 a) Dr. Lale Akgün (SPD): Die große Koalition hatte ich zum Ziel gesetzt, mit der Gesundheitsreform eine achhaltige und gerechte Finanzierung eines leistungsfä- igen und solidarischen Gesundheitswesens zu sichern. Der jetzt vorliegende Gesetzentwurf beinhaltet ein- elne Strukturreformen, die positiv zu bewerten sind, azu gehören: die Pflicht der gesetzlichen und privaten rankenversicherung, ehemaligen Versicherten wieder inen Versicherungsschutz anzubieten, der Erhalt des isherigen Leistungskataloges der GKV und Verbesse- ungen durch die Aufnahme von Mutter-Vater-Kind-Ku- en, geriatrischer Rehabilitation, Palliativversorgung und mpfungen in den Pflichtleistungskatalog der GKV, die osten-Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln, die auch en therapeutischen Nutzen berücksichtigt, Ausbau der ntegrierten Versorgung und weitere Öffnung der Kran- enhäuser für die ambulante Versorgung, der Ausbau es steuerfinanzierten Anteils an der Finanzierung des esundheitswesens. Der vorliegende Gesetzentwurf führt jedoch auch azu, dass die Solidarität in der gesetzlichen Kranken- ersicherung geschwächt werden kann und eine zusätzli- he Belastung der gesetzlich Versicherten entsteht. Insbesondere folgende Punkte sind sehr kritisch zu ehen: Der Gesundheitsfonds bezieht die private Kran- enversicherung nicht in die solidarische Finanzierung es Gesundheitswesens mit ein. Die einheitliche Festset- ung des Beitragssatzes durch den Bund lässt befürch- en, dass viele GKVen den Wettbewerb nur über Zusatz- eiträge austragen können. Dazu kommt die Einführung er geplanten Wahlleistungs- und Selbstbehalttarife, die u einer weiteren Privatisierung der Krankheitskosten ühren. Den Trägern des Gesundheitswesens, insbeson- ere den Krankenhäusern, werden Einsparzwänge aufer- egt, die sie an der Rand ihrer Leistungsfähigkeit bringen nd letztlich zusätzlichen Druck auf die dort Beschäftig- en ausüben. Damit steht die Reform in Widerspruch zu den Be- chlüssen von SPD-Parteivorstand und Parteirat, „Pau- chalen jeder Art und Variante“ als unsolidarisch abzu- ehnen. Des Weiteren gibt es im Gesetzentwurf eine Vielzahl on Unwägbarkeiten, da in etlichen Bereichen die kon- rete Ausgestaltung der Regelungen erst in einem erneu- en Verfahren frühestens Ende 2008 geregelt wird oder on Bedingungen, Vorbehalten und noch offenen Fragen 8090 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 (A) ) (B) ) Ich stimme dem Gesetzentwurf daher nur mit großen Bedenken zu, im Wissen, dass unter den zurzeit gegebe- nen Mehrheitsverhältnissen kein weitergehender Gesetz- entwurf mit einer sozialdemokratischeren Handschrift erreichbar war. Ich stimme auch deshalb zu, weil sich meine Fraktion mit großer Mehrheit für die Annahme dieses Gesetzes ausgesprochen hat, und ich dieser demo- kratisch gefällten Mehrheitsentscheidung nicht in den Rücken fallen möchte. Ich erwarte, dass sich die gesamte Fraktion nach Ver- abschiedung des Gesetzes solidarisch und vehement da- für einsetzt, dass alle noch offenen bzw. bis 2009 noch zu klärenden Fragen mit dem Ziel größtmöglicher Soli- darität im Gesundheitswesen gelöst werden. Dazu gehören insbesondere: eine weitreichende Re- gelung des morbiditätsbezogenen Risikostrukturaus- gleichs (Morbi-RSA), der einen Kassenwettbewerb um die beste Qualität und nicht um die geringsten Risiken befördert, eine fachübergreifende und langfristig trag- bare Regelung für einen zukünftig steigenden Steuerzu- schuss des Gesundheitswesens und dessen Finanzierung, eine Insolvenzordnung der Krankenkassen, die die Inte- ressen der Beschäftigten ausreichend berücksichtigt. Ich betone ausdrücklich, dass meine Vorstellungen ei- nes solidarisch finanzierten Gesundheitswesens sich in vielen Punkten deutlich von den Inhalten des vorliegen- den Gesetzes unterscheiden bzw. weit darüber hinausge- hen. Ich werde mich daher künftig für parlamentarische Mehrheiten einsetzen, die es ermöglichen, Zusatzbei- träge in Form eines einkommensunabhängigen Pau- schalbeitrages wieder abzuschaffen, solidarische Struk- turen für den Bereich der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung auszubauen und die Finanzie- rungsbasis durch Heranziehung von über Lohn und Ge- halt hinausgehende Einkommensarten verbreitert (Stich- wort Bürgerversicherung). Ich sehe mich den Beschlüssen meiner Partei, beson- ders auf die oben genannten Ziele hinzuwirken, weiter- hin verpflichtet. Meine Zustimmung zu dem heute vorliegenden Ge- setzentwurf kann daher nur die Zustimmung zu einem vorläufigen Kompromiss sein, der den augenblicklichen parlamentarischen Mehrheiten geschuldet ist. Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): Ich stimme dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz trotz erheblicher Be- denken zu. Die Konsensbildung und die politische Handlungsfähigkeit der Koalition sind dabei für mich nicht unerheblich. Das Gesetz enthält zudem eine Reihe substanzieller Verbesserungen der gegenwärtigen Situa- tion. Bedenklich bleibt aber die ungeklärte künftige Finanzierung des Steuerzuschusses aus dem Bundes- haushalt ebenso wie die Verschiebung der Gewichte zwi- schen gesetzlicher und privater Krankenversicherung zu- gunsten der letzteren. Dr. Axel Berg (SPD): Die große Koalition hatte zum Ziel, mit der Gesundheitsreform eine nachhaltige und g c g s w L h t f B s s K a t i n G A g t h 1 2 3 4 5 (C (D erechte Finanzierung des Gesundheitswesens zu si- hern. Als Ergebnis der Reform sollte ein leistungsfähi- es, solidarisches und demografiefestes Gesundheitswe- en entstehen. Trotz einzelner Strukturreformen, die positiv bewertet erden können, wie den zunächst erreichten Erhalt des eistungskatalogs der GKV sowie die Umwandlung bis- eriger Ermessensleistungen und Verbesserungen (Mut- er-Vater-Kind-Kuren, geriatrische Rehabilitation; Imp- ungen) in Pflichtleistungen oder die Kosten-Nutzen- ewertung von Arzneimitteln, die auch den therapeuti- chen Nutzen berücksichtigt, ist das Ergebnis der Ge- undheitsreform als Kompromiss innerhalb der großen oalition enttäuschend und nicht zielführend. Aus Gründen der Staatsräson stimme ich zu, halte ber die Kritik aufrecht. Letztlich, so meine Befürch- ung, schwächt diese Gesundheitsreform die Solidarität n der gesetzlichen Krankenversicherung und führt zu ei- er einseitigen Belastung der gesetzlich Versicherten. leichzeitig ist zu befürchten, dass es als Folge der zur bstimmung stehenden Regelungen zu Leistungsaus- renzungen kommen wird und die Reform haushalts- echnisch mittelfristig nicht finanziert ist. Besonders folgende Gründe lassen mich an der Nach- altigkeit der Reform zweifeln: . Der Gesundheitsfonds lässt die private Krankenver- sicherung außen vor, anstatt sie in die solidarische Finanzierung des Gesundheitswesens einzubezie- hen. Das Fondsmodell führt zu einem Wettbewerb über die Zusatzbeiträge. Diese sind sozial ungerecht und belasten einseitig die Versicherten. . Es ist zu befürchten, dass die geplanten Neuregelun- gen zum Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA) un- zureichend sind. Die Morbiditäten der Versicherten in den einzelnen gesetzlichen Krankenkassen werden nur unzureichend abgebildet, sodass letztlich ein Kassenwettbewerb um die besten Risiken statt um die beste Qualität stattfinden wird. Es wird daher Kassen geben, die sofort einen Zusatzbeitrag erheben müssen, da der Betrag aus dem Fonds nicht ausreicht und der Morbi-RSA unzureichend ist. . Die geplanten Wahlleistungs- und Selbstbehalttarife führen zu einer weiteren Privatisierung der Krank- heitskosten. Die auf Druck der Privaten-Krankenver- sicherungs-Lobby und der CDU/CSU entschärften Regelungen beim Basistarif belasten die gesetzliche Krankenversicherung weiter, weil sie zu einer Ab- wanderung bisher freiwillig Versicherter in die pri- vate Krankenversicherung führen werden. . Die gesetzlichen Kassen haben für 2007 spürbare Beitragserhöhungen beschlossen. Diese Entwicklung ist im Zusammenhang steigender Lohnnebenkosten, die dem notwendigen Ziel einer Konjunkturstabili- sierung entgegenstehen, äußerst bedenklich. . Gravierend ist, dass ein konkreter Vorschlag zur Ge- genfinanzierung des Steuerzuschusses, den die GKV pauschal für gesellschaftliche Leistung erhält, fehlt. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 8091 (A) ) (B) ) 6. Die fehlende Gegenfinanzierung betrifft vor allen Dingen den in der Gesundheitsreform enthaltenen Aufwuchs der Steuermittel für die nächsten Jahre. Ab 2009 ist ein Aufwuchs um jährlich weitere 1,5 Milliarden Euro notwendig, sodass bereits 2011 7 Milliarden Euro fällig werden, 14 Milliarden Euro im Jahr 2016. Hinzu kommen weitere Risiken, die mit circa 2 Milliarden Euro zu beziffern sind, unge- achtet der Risiken, die in konjunkturellen Zyklen und der Zinsentwicklung möglich sind. Lothar Binding (Heidelberg) (SPD): Reformen der Gesundheitsversorgung und der Krankenversicherung berühren die Gesamtheit der Bevölkerung besonders stark. Gesundheit ist für jeden Menschen ein existenziel- les Anliegen. Das solidarische System der Krankenversi- cherung ist ein zentraler Bestandteil unseres Sozialstaa- tes. Das Gesundheitssystem benötigt heute jährlich über 250 Milliarden Euro und bildet den größten geschlosse- nen Arbeitssektor in unserem Land. Dem Grundverständnis sozialdemokratischer Ge- sundheitspolitik folgend ist es mit dem GKV-Wettbe- werbsstärkungsgesetz gelungen, zahlreiche strukturelle Verbesserungen insbesondere für die Patienten und de- ren Versorgung durchzusetzen: Erhalt des Leistungsan- gebotes der gesetzlichen Krankenversicherung, Verhin- derung einer weiteren Belastung der Versicherten durch Ausweitung der Eigenbeteiligung, Ausbau der Palliativ- medizin, Sicherung der häuslichen Krankenpflege für Pflegebedürftige und Behinderte, Absicherung der Re- habilitation in der Krankenversicherung, Stärkung der Prävention, Ausbau der integrierten Versorgung und weitere Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante Versorgung. Es ist anzuerkennen, dass es einige bedeutende struk- turelle – allerdings noch ausbaufähige – Veränderungen geben wird: durch Erhöhung der Wirtschaftlichkeit im Arzneimittelbereich, durch eine teilweise Stärkung der Verhandlungsposition der Krankenkassen, durch Einlei- tung von Reformen im Bereich der privaten Krankenver- sicherung mit einer strukturellen Stärkung der Rechte der Versicherten, wie Portabilität, Kontrahierungszwang und Basistarif. Insbesondere das gesundheitspolitische Ziel, dass je- der Mensch in Deutschland in der Pflicht zum Schutz durch eine Krankenversicherung steht, ist jetzt erreicht. Positiv hervorheben möchte ich auch die Zielstellung, die nachhaltige Finanzierung der gesetzlichen Kranken- versicherung einerseits durch strukturelle Maßnahmen, andererseits durch einen anwachsenden Bundeszuschuss zu sichern. Ich bedauere sehr, dass die Bundeskanzlerin im Juli 2006 unter dem Druck der CDU/CSU-Ministerpräsiden- ten von dem vereinbarten Einstieg in eine nachhaltige Steuerfinanzierung abgerückt ist. Es bleibt zukünftigen Reformen vorbehalten, die Finanzierung des Gesund- heitssystems von seiner fast ausschließlichen Anknüp- fung der Finanzierungsgrundlage an die Lohnsumme zu lösen, um sie anzuknüpfen an alle Einkommen aller M m m n g s F d h k 2 w u p d w s v d g E b s s K k u g r w s s d a n e z v m g p e S v n k L k f t v h (C (D enschen in unserer Gesellschaft. Dies kann naturge- äß nur mit einem Systemwechsel im Zusammenhang it der mittelfristigen Finanzplanung des Bundes und ei- er langfristigen Finanzplanung – hinsichtlich der Aus- aben und der Einnahmen – geschehen. Planungen, die ich in einer fundierten Finanzplanung in einem längeren inanzplanungszeitraum nicht abbilden lassen, schließen as Moment zukünftiger Kreditfinanzierung im Bundes- aushalt mit ein und bergen damit ein vermeidbares Zu- unftsrisiko. Damit ist mit dieser Reform, die zum Jahresanfang 007 im Bundestag verabschiedet wird, ein weiterer ichtiger Baustein in seiner konkreten Projektierung nd Realisierung mit allen Konsequenzen und in seiner räzisen Umsetzung auf künftige Jahre verschoben. Zu bedauern ist, dass hierin ein strukturelles Dilemma ieser Reform liegt. Mit Wirksamkeit zum 1. April 2007 erden viele konkrete positive Strukturreformen be- chlossen. Allerdings werden die zum 1. Januar 2009 orgesehenen Veränderungen in der Grundarchitektur er gesetzlichen Krankenversicherung mit vielen Bedin- ungen, Vorbehalten und noch offenen Fragen versehen. In dieser Situation kommt es mir darauf an, dass die inführung eines umfassenden zielgenauen morbiditäts- ezogenen Risikostrukturausgleiches verbindlich reali- iert wird und damit eine wirksame Solidarleistung zwi- chen den unterschiedlichen Patientenstrukturen der assen entsteht, der Fonds den Beitragssatz der Kran- enkassen zum 1. Januar 2009 zu 100 Prozent abdeckt nd es nur eine sehr begrenzte Zahl von Zusatzbeiträgen eben wird, die berechtigten Interessen der Mitarbeite- innen und Mitarbeiter der Krankenkassen bei den not- endigen noch offenen Gesetzesregelungen über die In- olvenzordnung ausreichend gewahrt bleiben. Auf die Einhaltung dieser Bedingungen und Voraus- etzungen wird im Vorfeld der Wirksamkeit des 2. Teils er Gesamtreform zum 1. Januar 2009 sehr genau zu chten sein. Von besonderer Bedeutung bleibt weiterhin, dass die eu geschaffene Möglichkeit, den Zusatzbeitrag in Form ines einkommensunabhängigen Pauschalbeitrages ein- uziehen, wieder abgeschafft wird und der Zusatzbeitrag on Arbeitnehmern und Arbeitgebern paritätisch ge- einsam finanziert wird, die Systeme der solidarischen esetzlichen Krankenversicherung und der privaten ka- italgedeckten Krankenversicherung nicht weiter gegen- inander abgeschottet werden, sondern solidarische trukturen auch für den Bereich der privaten Kranken- ersicherung aufgebaut werden und es insgesamt zu ei- er Verbreiterung der Finanzierungsbasis für die Kran- enversicherung durch eine Heranziehung von über den ohn und das Gehalt hinausgehenden Einkommensarten ommt, das medizinisch notwendige Leistungsangebot ür alle Versicherten in der Regelversicherung voll erhal- en bleibt. Mit meinem Abstimmungsverhalten im Bundestag erbinde ich die Erwartung, dass bei nächster Gelegen- eit ein solidarisches Krankenversicherungssystem 8092 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 (A) ) (B) ) orientiert am Leitbild einer Bürgerversicherung aufge- baut und ausgebaut wird. Peter Bleser (CDU/CSU): In dem GKV-Wettbewerbs- stärkungsgesetz ist die Landwirtschaftliche Krankenversi- cherung (LKV) bei der Verteilung der steuerfinanzierten so- genannten gesamtgesellschaftlichen Leistungen, welche ab 2009 in einen Gesundheitsfonds fließen sollen, nicht be- rücksichtigt. Dies ist gegenüber der heutigen Situation eine deutli- che Schlechterstellung. Damit sind die in der LKV versi- cherten landwirtschaftlichen Familien die einzige Gruppe, welche Mitglied in einer gesetzlichen Kranken- versicherung ist und auch zukünftig keine Wechselmög- lichkeiten hat, einseitig benachteiligt. Nur die Tatsache, dass in dem ebenfalls heute beschlossenen Entschlie- ßungsantrag, Bundestags-Drucksache 16/4220, ein Prüf- auftrag für eine Gleichbehandlung der LKV enthalten ist, ermöglicht mir, aufgrund der übrigen sinnvollen Re- gelungen des Gesamtwerkes dem Gesetz zuzustimmen. Dr. Martina Bunge (DIE LINKE): Dem heute vorge- legten Gesetzentwurf kann ich aus vier Gründen nicht zustimmen: Erstens. Der Gesetzentwurf löst die Probleme, des Gesundheitssystems nicht, im Gegenteil, es werden noch neue geschaffen. Zweitens. Die Finanzierungsgrundlagen und -aussich- ten sind völlig unsolide. Drittens. Die spezifischen Probleme Ost – drohende gesundheitliche Unterversorgung – werden unzulänglich angepackt. Viertens. Der Gesetzentwurf wurde von der Koalition in ein nach der Geschäftsordnung zwar zulässiges, dem komplexen Reformwerk jedoch nicht angemessenes par- lamentarisches Verfahren gedrückt. Ziel der Koalition war, eine bedarfsgerechte Versor- gung für alle – auch angesichts der großen Herausforde- rungen aus Alterung der Gesellschaft und medizini- schem Fortschritt – nachhaltig zu finanzieren. Dieses unterstützenswerte Ziel wurde mit dem vorgelegten Ge- setzentwurf nicht erfüllt. Auch die Vielzahl von Ände- rungen der letzten Tage kann das missglückte Grundkon- strukt des sogenannten Reformwerkes nicht mehr ändern. Das GKV-WSG zeigt exemplarisch: Diese Große Koalition vermag die anstehenden Probleme nicht zu lösen. Die Ausgangspositionen von CDU/CSU und SPD zur Weiterentwicklung des Gesundheitssystems waren so unterschiedlich – Kopfpauschale auf der einen Seite, Bürgerversicherung auf der anderen Seite –, dass ein vernünftiger Kompromiss der Quadratur des Kreises be- durft hätte. Wirkliche Größe hätte die Koalition gezeigt, wenn sie zu Ostern letzten Jahres nach der ersten Stufe der Gespräche in ausgesuchter Runde ehrlich die Unver- einbarkeit eingestanden hätte. Der Weg wäre dann frei gewesen, in der gesundheitlichen Versorgung den Status quo zu sichern und einen breiten gesellschaftlichen Dis- k t A C g d G E w a k w t h K g G A h l r e f e d S k k r d h g g s L f V m S o d f u v M W G w f b c s (C (D urs über die Zukunft des Gesundheitssystems zu star- en, bevor man gesetzgeberisch noch einmal neu startet. ber die Kanzlerin zog den Schluss, die Reform zur hefsache zu machen. So wurde ein Gesetz zusammen- ezimmert, das den Koalitionsfrieden sichert, aber nicht as Gesundheitssystem. Die Situationsanalyse blieb halbherzig. Wir haben im esundheitssystem keine Kostenexplosion, sondern eine innahmeerosion. Aber die Beitragsbemessungsgrenze ird nicht angehoben, die Finanzierungsbasis nicht auf lle Bürgerinnen und Bürger verbreitert, und andere Ein- ommensarten, wie Kapital-, Miet- und Zinseinkünfte, erden nicht einbezogen. Stattdessen steigen die Bei- räge unaufhörlich. Einziges Ventil des neuen Gesund- eitsfonds für benötigte Mehreinnahmen ist die kleine opfpauschale. Das ist zutiefst unsozial. Ein richtiger Schritt wurde gegangen, indem alle Bür- erinnen und Bürger – leider nicht konsequent in der KV – immerhin versicherungspflichtig werden. Den ntrag, dass niemand ohne Versicherungsschutz bleibt, abe ich bereits im Jahr 2000 als Sozialministerin Meck- enburg-Vorpommerns in der Gesundheitsministerkonfe- enz gefordert, es ist also ein überfälliger Schritt. Mit Wahltarifen, Selbstbehalten und Beitragsrück- rstattungen wird der Trend in Richtung Privatisierung ortgesetzt und die solidarische Krankenversicherung uroparechtlich fahrlässig aufs Spiel gesetzt. Es besteht ie Gefahr, dass die gesetzlichen Krankenkassen ihren tatus als Anstalten öffentlichen Rechts verlieren und ünftig als Unternehmen dem freien Spiel der Markt- räfte unterliegen. Damit ist für die Zukunft eine Bürge- innen- und Bürgerversicherung kaum noch möglich. Der Gesetzentwurf vollzieht nicht den dringend erfor- erlichen Kurswechsel: Weg von einnahmeorientierten, in zu einer aufgabenorientierten Ausgabenpolitik. Drin- end erforderliche Einzelmaßnahmen für Problemlösun- en und Leistungsverbesserungen werden finanziell un- olide untersetzt. So bringen die wünschenswerten eistungsverbesserungen – wie in der Palliativmedizin, ür ambulante und stationäre Hospizarbeit, geriatrische ersorgung – bisher unkalkulierte Kosten und setzen so- it die Krankenkassen unter Druck bei Ermessens- und atzungsleistungen, Kürzungen sind zu befürchten. Zu begrüßende Zuschläge für unterversorgte Gebiete hne Abschläge für überversorgte Gebiete – bei Aufgabe er Beitragsstabilität – sind ungedeckte Schecks. Fortge- ührt wird die Praxis der Verschiebebahnhöfe, wenn die nter Kritik geratenen Zusatzbeiträge nun nicht mehr on den Beschäftigten in Werkstätten für behinderte enschen verlangt werden; aber dafür einfach den erkstätten aufgebürdet werden. Für mich sind die finanziellen Konsequenzen des KV-WSG unwägbar. Ein fachlich und politisch verant- ortungsvolles Gesetz sieht anders aus. Obwohl der Ausschuss für Gesundheit sich im Vor- eld mit Experten und Praxisvertretern intensiv mit der esonderen Situation der Gefährdung der gesundheitli- hen Versorgung durch den Ärztemangel im Osten be- chäftigt hat, wird auf die Probleme halbherzig reagiert. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 8093 (A) ) (B) ) Allein mit Zuschlägen wird der massive Generationen- wechsel in der Ärzteschaft nicht zu bewältigen sein. Junge Ärztinnen und Ärzte werden sich erst für ein Ar- beiten und Leben in den neuen Bundesländern entschei- den, wenn sie für gleiche Arbeit die gleiche Vergütung erhalten. Das unermüdliche Engagement der heute dort agierenden Ärztinnen und Ärzte zur Sicherung der ge- sundheitlichen Versorgung der Bevölkerung hat längst die vollständige Angleichung der Vergütung verdient. Das dem Parlament aufgedrückte Verfahren setzt die parlamentarische Demokratie aufs Spiel. Ganze drei Monate Zeit wurden dem Parlament, dem eigentlichen Gesetzgeber, gegeben, nachdem ein Jahr in kleinsten Runden und über die Medien ewig diskutiert wurde. An- erkennenswert ist, dass die Koalition nach den 26-stün- digen Anhörungen die 600 Seiten Entwurf mit über 200 Änderungsanträgen auf 400 Seiten modifizierte. Aber die Erarbeitung fand wieder nur in elitären Runden statt. Parlamentarierinnen und Parlamentarier standen ständig unter unermesslichem Zeitdruck, das Ganze zu erfassen und zu bewerten. Dieses Verfahren werte ich als Entmündigung des Parlaments. Martin Burkert (SPD): Zur Abstimmung über das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der GKV in der zweiten und dritten Beratung erkläre ich: Die Große Ko- alition hatte zum Ziel, mit der Gesundheitsreform eine nachhaltige und gerechte Finanzierung des Gesundheits- wesens zu sichern. Als Ergebnis der Reform sollte ein leistungsfähiges, solidarisches und demografiefestes Ge- sundheitswesen entstehen. Dieses wurde aus meiner Sicht nicht erreicht. Die Bedenken derer, die wie ich eine Bürgerversicherung zum Ziel haben, sind für mich nach- vollziehbar. Ich teile sie. Aus Gründen der Staatsräson stimme ich dennoch zu, halte aber meine Kritik aufrecht. Letztlich – so meine Befürchtung – schwächt diese Gesundheitsreform die Solidarität in der gesetzlichen Krankenversicherung und führt zu einer einseitigen Belastung der gesetzlich Versi- cherten. Gleichzeitig ist zu befürchten, dass es als Folge der zur Abstimmung stehenden Regelungen zu Leis- tungsausgrenzungen kommen wird und die Reform haushaltstechnisch mittelfristig noch nicht gegenfinan- ziert ist. Nachdem die Mittel aus Steuereinnahmen im Zeitraum von 2008 bis 2011 auf insgesamt 19 Milliarden Euro auf- gestockt wurden und somit bis 2016 76 Milliarden Euro in den Gesundheitsbereich gehen, wird das System insge- samt sicherlich gestärkt. Welche Risiken sich allerdings daraus für den Haushalt ergeben, ist derzeit noch nicht ab- zuschätzen. Eine Gegenfinanzierung liegt hierzu noch nicht vor. Wie oben bereits dargestellt, ist zwar anzuerkennen, dass in vielen Punkten Gutes erreicht wurde – mit der allgemeinen Versicherungspflicht, bei der Beibehaltung der Chronikerregelung, bei den Behinderten, bei den Re- haleistungen, beim Hausarztmodell usw. –; dennoch ist grundsätzlich zu bemängeln, dass das Grundziel der Senkung der Lohnnebenkosten nicht erreicht worden ist. Das Fondsmodell ist bürokratisch. Die Fortführung des i h i „ v h d L w w W h e l G w d F A f e m k f d S f r v e v N h s v d A w d v d s u d e E z s v w A (C (D m Gegensatz zu einem Bürgerversicherungsmodell ste- enden Zweiklassenprinzips zwischen GKV und PKV st ein gravierender Fehler, ebenso die Einführung der kleinen Kopfpauschale“. Mit meinem Abstimmungsverhalten im Bundestag erbinde ich die Erwartung, dass bei nächster Gelegen- eit falsche Weichenstellungen korrigiert werden und as solidarische Krankenversicherungssystem mit dem eitbild der Bürgerversicherung gefestigt und ausgebaut ird. Thomas Dörflinger (CDU/CSU): Trotz Bedenken erde ich dem Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des ettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung eute meine Zustimmung erteilen. Der Gesetzentwurf nthält trotz Verbesserungen gegenüber dem ursprüng- ichen Entwurf eine Reihe von Problemen, die der esetzgeber noch lösen muss. Ich vermag nicht nachzuvollziehen, weshalb die land- irtschaftlichen Krankenkassen ab 2009 nicht mehr an en Bundesmitteln zur Finanzierung der beitragsfreien amilienversicherung beteiligt werden sollen. Der formale spekt, sie könnten ohne Beteiligung am Gesundheits- onds auch keine Gelder hieraus erhalten, könnte durch ine gesetzliche Regelung ausgeräumt werden. Diese üsste festlegen, dass die landwirtschaftlichen Kranken- assen ihren Anteil vor Einzahlung in den Gesundheits- onds vom Bundesversicherungsamt erhielten. So entsteht er Eindruck, die Kinder von Landwirten seien dem taat weniger wert als die anderer in der GKV Versicherten. Die Frage, ob die Steuerfinanzierung der beitrags- reien Kinderversicherung nicht auch aus verfassungs- echtlichen Gründen auf die in der privaten Kranken- ersicherung Versicherten angewendet werden müsste, rscheint geeignet, einer Prüfung durch das Bundes- erfassungsgericht unterzogen zu werden. Es sind meines Erachtens Zweifel erlaubt, ob die euregelungen in den §§ 111 a und 137 d GKV-WSG insichtlich einer bundeseinheitlichen Qualitäts- icherung im Kurwesen nicht zu einer Regionalisierung on Qualität und damit zu klaren Wettbewerbsnachteilen er deutschen Kurorte im Unterschied zu ausländischen nbietern führen. Wer Familien in ihrer Erziehungskompetenz stärken ill, muss nach meiner Auffassung den § 38 SGB V in en Pflichtleistungskatalog der gesetzlichen Kranken- ersicherung aufnehmen. Die heute gängige Praxis, dass ie GKV beispielsweise einem Ehemann bedeutet, er olle seine psychisch angeschlagene Ehefrau stationär nterbringen, um in den Genuss der Kostentragung für ie Haushaltshilfe seitens der GKV zu kommen, die bei iner ambulanten oder teilstationären Behandlung der hefrau nicht möglich sei, ist unangemessen und letztlich ynisch. Letztlich hätte mehr Wettbewerb dem Gesundheitswe- en insgesamt gutgetan. Mindestens ist jedoch mit dem orliegenden Gesetzentwurf ein Einstieg markiert – so- ohl was den Wettbewerb angeht, als auch was die bkopplung der Gesundheitskosten von den 8094 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 (A) ) (B) ) Lohnnebenkosten betrifft. Dies rechtfertigt unter dem Strich eine Zustimmung. Dagmar Freitag (SPD): Ich stimme dem GKV-WSG trotz grundsätzlicher Bedenken, die sich auf Teilbereiche des Gesetzentwurfs beziehen, nach gründlicher Abwä- gung zu. Meine Bedenken beziehen sich insbesondere auf die Ausgestaltung des geplanten Gesundheitsfonds und den Zeitpunkt seiner Einführung sowie die Einführung des Zusatzbeitrags. Hier sehe ich vor allem Probleme für die großen Versorgerkassen, denen durch die Erhebung ei- nes Zusatzbeitrages kaum zusätzlicher Spielraum entste- hen wird, die aber gleichzeitig Gefahr laufen, gut verdie- nende freiwillig Versicherte aufgrund der zu leistenden Zusatzbeiträge zu verlieren. Auch die zukünftig stärkere Steuerung des Gemeinsa- men Bundesausschusses (G-BA) durch das Bundesge- sundheitsministerium (BMG) halte ich nicht für zielfüh- rend. Aus einer aus meiner Sicht sinnvollen und bislang gewollten Selbstverwaltung wird in der Konsequenz eine von außen beeinflusste Auftragsverwaltung, die die Legitimation und Akzeptanz des G-BA infrage stellen wird. Entscheidend für meine Zustimmung sind die aus meiner Sicht überwiegenden Vorteile der Reform. Robert Hochbaum (CDU/CSU): Hiermit gebe ich folgende Erklärung zur Abstimmung gemäß § 31 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages zur dritten Lesung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbs- stärkungsgesetz) – Bundestagsdrucksachen 16/3100, 16/3950 – ab: Ziel des Gesetzentwurfes ist es, durch Veränderungen auf der Einnahme- wie der Ausgabenseite die Qualität der medizinischen Versorgung der Menschen unseres Landes zu verbessern, die Wirtschaftlichkeit durch mehr Transparenz und Wettbewerb zu stärken, Wahl- und Entscheidungsmöglichkeiten der Versicherten, das heißt Eigenverantwortung, zu erweitern und bürokratische Aufwendungen bei allen Beteiligten zu vermindern. Sowohl die demografischen Herausforderungen, die ver- sorgungstechnischen Gesichtspunkte, die Nutzung des wissenschaftlich-technischen Fortschritts im medizini- schen Bereich für alle wie auch die Notwendigkeit der Entkopplung der Kosten unseres sozialen Sicherungs- systems von den Arbeitskosten machen grundlegende Reformen insbesondere im Bereich der Krankenver- sicherung notwendig. Der Gesetzentwurf war ein Kompromiss der schwarz- roten Koalition, in dem wesentliche Ansätze der oben beschriebenen Zielstellung enthalten sind, wie zum Bei- spiel die beitragsfreie Mitversicherung von Kindern, die zunehmend aus Steuermitteln finanziert wird, die Ein- führung der gesamtdeutschen Gebührenordnung für die Honorierung der Ärzte ab 2009, die Pflichtversicherung von Mutter-Kind-Kuren sowie die Erweiterung der Wahlmöglichkeiten der Versicherten durch Selbstbehalt- u n o d a R d s d g j s k e s r k h a e A z E z d d n r Ü v E a e m s d K s d s ß n r L v s s s s d k g F a (C (D nd Kostenerstattungstarife. Positiv vor allem in den euen Ländern wird sich die Einführung des morbiditäts- rientierten Risikostrukturausgleiches auswirken, weil amit die Einnahmeseite gestärkt wird. Die Beitragserhöhungen der Krankenkassen zum Jahres- nfang sind nicht ein vorgezogenes Ergebnis dieser eform, sondern resultieren aus der Vergangenheit, in er unverantwortlich hohe Schulden aufgenommen worden ind. Die Entschuldungserwartung der Politik gegenüber en Krankenkassen ist ein Beitrag für mehr Generationen- erechtigkeit. Unberücksichtigt im Gesetzentwurf geblieben sind edoch – trotz der unverzichtbaren Regelungen zur Ent- chuldung der Krankenkassen innerhalb der Kranken- assenarten – die unterschiedlichen Anstrengungen der inzelnen Krankenkassen in der Vergangenheit, wirt- chaftlich zu arbeiten, den Beitragssatz trotz sehr diffe- enzierter Mitgliederstrukturen niedrig zu halten und eine Schulden aufzubauen. Auch der Start des Gesund- eitsfonds mit einer gesetzlichen Beitragserhöhung ist us Sicht der Unterzeichner nicht zielführend. Dennoch sind im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens ine Reihe von Verbesserungen und Klarstellungen in bstimmung mit allen Beteiligten erreicht worden. Dazu ählt der Erhalt des dualen Versicherungssystems, die inführung der Pflichtversicherung, die Klarstellungen ur Nutzung des Basistarifs in der PKV, der Verzicht auf ie 3-prozentige Kürzung der Rettungsdienstentgelte, er Verzicht auf die Einführung der Höchstpreisverord- ung in den Apotheken und die Reduzierung des Sanie- ungsbeitrages der Krankenhäuser auf 0,5 Prozent. berdies wurden Maßnahmen eingeleitet, die die Unter- ersorgung mit Ärzten in den neuen Ländern auch vor inführung der neuen ärztlichen Gebührenordnung bbauen, indem die Kassen Sicherstellungszuschläge in rforderlicher Höhe außerhalb des Budgets bereitstellen üssen. Positive Wirkungen für die neuen Länder ergeben ich auch aus der Aufstockung des Steuerzuschusses für ie GKV. Aus diesen Gründen stimme ich dem Gesetz zu. Eike Hovermann (SPD): Von der zweiten Großen oalition in Deutschland sind insbesondere in der Ge- undheitspolitik große Dinge erwartet worden. So wurden och zum Beispiel die umfassendsten Änderungen im Ge- undheitssystem im Jahr 1992 von einer informellen Gro- en Koalition in Lahnstein beschlossen. Auch ich hatte ach der letzten Bundestagswahl große Hoffnungen da- auf gesetzt, dass sich die Chancen für eine umfassendere ösung der Strukturprobleme der gesetzlichen Kranken- ersicherung, GKV, stark verbessert hätten. Doch statt ich der drängenden Strukturprobleme auf der Ausgaben- eite anzunehmen, konzentrierten sich die bisherigen Ge- etzesberatungen fast ausschließlich auf die Einnahme- eite des GKV-Systems – und das, obwohl sich hier mit er Bürgerversicherung und der Kopfpauschale zwei in- ompatible Reformmodelle gegenüberstanden. Das Er- ebnis ist ein neues Finanzierungsmodell, das viele neue ragen aufwirft, jedoch die entscheidende Frage nicht be- ntwortet, wie unser Gesundheitssystem auf Dauer finan- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 8095 (A) ) (B) ) zierbar bleiben kann. Die dringend notwendige Verstär- kung des Wettbewerbs auf der Ausgabenseite leistet das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz, GKV-WSG, trotz sei- nes verheißungsvollen Namens leider nicht. Mehr echter Wettbewerb unter den Leistungserbringern und unter den Kassen – nämlich um die beste Leistung und nicht um den niedrigsten Beitragssatz bzw. Zusatzbeitrag – sowie mehr Ehrlichkeit in Bezug auf die Grenzen der Leistungsfähig- keit der GKV anstatt verdeckter Rationierung sind immer noch ausgeblieben. Schon beim letzten „Jahrhundertge- setz“, dem GKV-Modernisierungsgesetz, GMG, wollte ich seinerzeit nicht zustimmen, weil unter anderem der Schul- denstand der Krankenkassen nicht seriös ermittelt war. Bei näherer Prüfung hätte man diesen jedoch mühelos feststellen können. Schon zu Beginn der damaligen Geset- zesberatung lag der Schuldenstand bei einem zweistelli- gen Milliardenbetrag und damit weit oberhalb der offiziell angegebenen rund 4,5 Milliarden Euro, die lange Zeit eine völlig falsche Berechnungsgrundlage für Folgeannahmen zu Be- und Entlastungsentwicklungen bildeten. Auch die spätere Korrektur dieser Schätzung auf acht Milliarden Euro erkannte das tatsächliche Ausmaß der Verschuldung nicht in vollem Umfang, da wiederum langfristige Ver- pflichtungen unberücksichtigt blieben. Diese realitätsfer- nen Annahmen haben viel dazu beigetragen, dass einige Kassen auch im Jahr 2006 noch mit einer eigentlich ge- setzlich verbotenen Verschuldung kämpfen. Hinzu kam, dass die Ankündigung, man werde mit dem GMG in 2006 einen Beitragssatz von 12,15 Prozent erreichen, keinen Bezug zur Versorgungswirklichkeit hatte. Zum einen wurde die negative Entwicklung der beitragspflichtigen Beschäftigung deutlich unterschätzt. Zum anderen gab das Gesetz aber auch keine Antworten auf die langfristigen Herausforderungen wie den demo- grafischen Wandel, den voranschreitenden medizinisch- technischen Fortschritt und die Auswirkungen der Europäischen Integration auf das nationale Gesundheits- system. Es ist daher nicht verwunderlich, dass wir trotz des GMG den Beitragssatz von 12,15 Prozent bislang nicht erreicht haben und stattdessen heute bei rund 14,2 Prozent liegen – und das trotz der Ausgliederung von Leistungen und der Erhöhung von Zuzahlungen. Handwerkliche Fehler bzw. Fehleinschätzungen hin- sichtlich § 140a SBG V –, integrierte Versorgung und anderes kamen hinzu. Außerdem wurde kein Beitrag ge- leistet, die wettbewerbsfeindliche Koppelung der Disease-Management-Programme, DMP, an den Risiko- strukturausgleich, RSA, zu korrigieren. Durch das Krite- rium „knappe Kanzlermehrheit“ bin ich seinerzeit zur Zustimmung zum GMG bewegt worden, obwohl das Gesetz mit all seinen Reparaturmechanismen insbeson- dere die finanziellen Strukturprobleme nicht nachhaltig lösen konnte. Dadurch sind viele Lasten entstanden, die gravierende Auswirkungen auf jede nachfolgende Ge- sundheitsreform haben. Die aktuellen Gesetzesberatungen zum GKV-WSG haben allerdings gezeigt, dass aus den Erfahrungen mit dem GMG keine Lehren gezogen wurden. Auf Bundes- ebene wie aufseiten der Länder fehlt weiterhin ein in sich geschlossenes Konzept zu einer ganzheitlichen und nachhaltig wirksamen Lösungsstrategie für die drängen- d m d z u n s s f s r d t g d l M u z l d B S t n l D g V s u T d s b s d tr s d b S b z d v b li s te d r d n g e A d (C (D en Probleme des Gesundheitssystems. Hier hätte ich ir gewünscht, dass den Worten des Bundespräsidenten, ie Politik dürfe nicht davor zurückschrecken, „kompli- ierte Sachverhalte zu erklären und Führung zu zeigen“ nd „Analysen und Konzepte zu erbringen, die über den ächsten Wahltermin hinausreichten“, mehr Aufmerk- amkeit geschenkt worden wäre. Mit dem Gesetz werden weiterhin die bekannten In- trumente und Regulierungstechniken zur Kostendämp- ung eingesetzt, die bisher schon erfolglos waren. So ind zum Beispiel die zusätzlich vorgesehenen Einspa- ungen im Krankenhausbereich schon allein aufgrund er wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den nächs- en Jahren kaum zu erwirtschaften. Der Beitragssatz der esetzlichen Krankenkassen soll künftig von der Bun- esregierung einheitlich festschrieben werden – erstma- ig im November 2008 für 2009. Das wird auf Dauer die echanismen der Selbstverwaltung ad absurdum führen nd „unechte“ Beitragssätze produzieren, die von Wahl u Wahl von der politischwirtschaftlichen Großwetter- age abhängen. Durch die vorgesehene straffere Anbin- ung des Gemeinsamen Bundesausschuss, G-BA, an das undesgesundheitsministerium, BMG, wird aus der elbstverwaltung zunehmend eine fremdgesteuerte Auf- ragsverwaltung – mit der Folge, dass der G-BA nach in- en wie nach außen zunehmend seine Legitimation ver- ieren wird. Dies wird Zug um Zug die Akzeptanz und urchsetzungsfähigkeit des G-BA bei seinen Bemühun- en um eine qualitativ hochwertige, flächendeckende ersorgung gegenüber seinen Mitgliedern und den Ver- icherten schwächen. Juristische Auseinandersetzungen nd/oder Ersatzvornahmen werden somit bald auf der agesordnung stehen. Auf Bundesebene soll ein neuer Spitzenverband Bund er Krankenkassen geschaffen werden, der als Körper- chaft des öffentlichen Rechts die bisherigen Bundesver- ände ablösen soll. Die Bundesverbände sollen in Gesell- chaften bürgerlichen Rechts umgewandelt werden. Auf ie Länderebene soll diese Gestaltung jedoch nicht über- agen werden; die Landesverbände bleiben als Körper- chaften weiterhin bestehen. Es ist daher zu erwarten, dass ie Kassen ihre Interessen zunehmend aus den Landesver- änden heraus und somit in Konkurrenz zu dem einen pitzenverband und dem G-BA artikulieren werden. Da- ei werden die einzelnen Kassen zunehmend den Kontakt u den Kassenärztlichen Vereinigungen, KVen, der Län- er suchen – und damit einen zunehmenden Bedeutungs- erlust der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, KBV, ewirken. Anstelle der gesetzlich intendierten Vereinheit- chung und Straffung des Entscheidungsprozesses wird o ein sich weiter verschärfender Zersetzungsprozess tre- n, der die Arbeit des G-BA bei der Aushandlung bun- esweit geltender einheitlicher Standards und Honorie- ungen massiv erschweren wird. Dies wird auch die Lage er ambulanten Versorgung gegenüber der stationären icht verbessern helfen. Und auch die gewünschte Inte- rierte Versorgung wird so zwangsläufig leiden. Die Ausgestaltung des Fonds inklusive des Beitrags- inzugs bleibt diffus. Der Beitragseinzug soll zwar – der rbeitsplätze wegen – bei den Krankenkassen bleiben, iese verlieren jedoch jeden gestalterischen Einfluss. Die 8096 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 (A) ) (B) ) Kassen sollen die Beiträge einsammeln, dann die einge- sammelten Gelder an den Fonds beim Bundesversiche- rungsamt, BVA, weiterleiten. Der Fonds verteilt die Gel- der wiederum zurück an die Kassen – in Form einer einheitlichen Grundpauschale pro Versichertem und risi- koadjustierten Zu- und Abschlägen. Über diese risikoad- justierten Abschläge wird der bisherige Risikostrukturaus- gleich, RSA, in das neue Finanzierungsmodell integriert und gleichzeitig massiv ausgeweitet. So soll der Fonds ne- ben den bisherigen Ausgleichskriterien Alter und Ge- schlecht auch erstmals die Morbidität der Versicherten, die durch 50 bis 80 kostenintensive chronische Krankhei- ten abgebildet werden soll, unter den Kassen ausgleichen. Zudem sollen die Krankenkassen aus dem Fonds auch Zu- weisungen für Satzungsleistungen und Verwaltungskosten erhalten. In der entscheidenden Frage, ob dies über die ri- sikoadjustierten Zu- und Abschläge oder über die Grund- pauschale erfolgen soll, besteht im Gesetz allerdings noch viel Interpretationsspielraum. Im RSA haben aber Sat- zungsleistungen und Verwaltungskosten nichts zu suchen. Um wichtige Wirtschaftlichkeitsanreize zu erhalten, gehö- ren sie als standardisierte Werte in die Grundpauschale. Insgesamt droht alsbald ein Transfervolumen von mögli- cherweise 20 Milliarden Euro jeden kreativen Wettbewerb der Kassen untereinander einzuebnen und den Weg zu ei- ner bundesweiten Einheitskasse vorzubereiten. Daran än- dert auch der verzerrte Wettbewerb um den niedrigsten Zusatzbeitrag bzw. die höchste Überschussauszahlung an die Mitglieder nichts. Hinzu kommt, dass die Kassen bis Ende 2007 und un- ter Nachweis besonderer Belastungen bis Ende 2008 in toto entschuldet sein müssen. Ob dies allerdings tatsäch- lich zu bewerkstelligen ist, bleibt trotz der vorab beschlos- senen „Entschuldungshilfen“ via Vertragsarztrechtsände- rungsgesetz, VAG, bislang fraglich. Common Sense der Anhörung zum VAG am 23. Oktober 2006 war, dass ei- nige Kassen die Entschuldung bis zum 31. Dezember 2007 überhaupt nicht schaffen können – auch nicht in der zugestandnen Verlängerungsfrist bis zum 31. Dezember 2008. Berücksichtigt man zudem die bereits bestehenden gesetzlichen Vorgaben der §§ 220, 222 und 261 SGB V, so wird deutlich, dass viele Kassen bislang weder ihre Beitragssätze noch ihre Sollrücklagen gesetzeskonform gebildet haben – und dies wohl offensichtlich mit Zustim- mung der Aufsichten. Das Gesetz erlaubt den Kassen zwar, einen Zusatzbei- trag von den Versicherten zu erheben. Die Begrenzung dieses Zusatzbeitrages auf 1 Prozent des beitragspflichti- gen Einkommens lässt den Kassen jedoch kaum zusätzli- chen Spielraum, ihre Finanzprobleme selbst zu lösen. Unabhängig von der Frage, ob diese Begrenzung denn nun überhaupt ohne enormen bürokratischen Mehrauf- wand umgesetzt werden kann, werden diese Regelungen insbesondere die großen Versorgerkassen vor massive Engpässe stellen. Viele von ihnen müssten dann, der Lo- gik des Gesetzes folgend, in Insolvenz gehen oder fusio- nieren, denn ab Start des Fonds soll ja der Weg in die Verschuldung kategorisch verboten sein. Es ist jedoch sehr wahrscheinlich, dass drohende „Pleiten“ mancher Kassen in der Politik Begehrlichkeiten nach weiterer Steuerzufinanzierung wecken werden, obwohl die Co- Finanzierungsspielräume des Bundes gegen null gehen. Die Verschuldung der öffentlichen Haushalte liegt der- z u E „ i c s t w c n p r w d W a e W L w t t „ z S E m G e h v F h G R d r D b G b l b d d a d (C (D eit bei etwa 1,5 Billionen Euro. Wenn wir dazu noch die nverbrieften Schulden von ungefähr 3 bis 4 Billionen uro rechnen, werden die Rahmenbedingungen für alle kreativen“ Umfinanzierungsmodelle schnell deutlich – nsbesondere wenn man die Entschuldung der öffentli- hen Hände, zu denen die Kassen derzeit gehören, ent- prechend Art. 115 GG und damit auch die Genera- ionengerechtigkeit ebenso dauerhaft ernst nehmen will ie das Maastrichtkriterium. Durch die neuen Insolvenzregelungen in den gesetzli- hen Krankenversicherungen – auch wenn die Details un im Zuge der Änderungsanträge später in einem se- araten Gesetz geregelt werden sollen – und die neuen echtlichen Ausgestaltungsmöglichkeiten des Vertrags- ettbewerbs geraten die Kassen zudem immer stärker in ie Nähe von „Unternehmen“ im Sinne der europäischen ettbewerbsordnung – mit der Folge, dass ihr im Sozi- lversicherungsrecht privilegierter Status noch früher als rwartet aufgehoben werden müsste. Die alles entscheidende Debatte über die Grenzen des achstums und damit die Frage nach den Grenzen der eistungsfähigkeit unseres Sozialstaates bleibt hingegen eiterhin außen vor. Somit mogeln wir uns an der wich- igen Debatte über Grundversorgung mit eigenfinanzier- en Zusatzpaketen und damit auch an dem Ziel der Compliance“ und der Eigenverantwortung vorbei, die um Beispiel deutlich im § l SGB V eingefordert wird. o heißt es in § l SGB V: Die Versicherten sind für ihre Gesundheit mitver- antwortlich; sie sollen durch eine gesundheitsbe- wusste Lebensführung, durch frühzeitige Beteili- gung an gesundheitlichen Vorsorgemaßnahmen sowie durch aktive Mitwirkung an Krankenbehand- lungen und Rehabilitation dazu beitragen, den Ein- tritt von Krankheit und Behinderung zu vermeiden oder ihre Folgen zu überwinden. Für die nachfolgenden Generationen ist damit eine ntwicklung zu erneuter Verschuldung vorgezeichnet. Die gesamte Debatte bleibt so im Grunde – wie im- er – auf eine einzige Frage reduziert: Wie kommt mehr eld ins System? Durch diese unselige Diskussionsver- ngung konzentriert sich die öffentliche Debatte weiter- in auf die inkompatiblen Finanzierungsmodelle Bürger- ersicherung und Gesundheitsprämie, die sich im ondsmodell treffen sollen. Genau diese Fokussierung at bisher die Einsicht verhindert, dass neu fließende elder, egal ob aus dem einen oder anderen Modell in einkultur oder aus einer Mischung beider, im bestehen- en System versickern und zu immer neuen Nachjustie- ungen in immer kürzeren Zeiträumen zwingen werden. as heißt auch: Die Frage des Einbezugs oder Nichtein- ezugs der privaten Krankenversicherung, PKV, in das KV-System bleibt ein Dauerthema. Unbeantwortet leibt dabei aber die Frage, wie die schrittweise wegfal- ende milliardenschwere Quersubventionierung der am- ulanten und stationären Versorgungsstrukturen durch ie PKV, zum Beispiel auch infolge des gesetzlich inten- ierten Basistarifes inklusive Überforderungsklausel) ufgefangen werden kann. Eine Kompensation wäre nur urch zusätzliche Steuergelder möglich (vergleiche bei- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 8097 (A) ) (B) ) tragsfreie Versicherung von Kindern). Hinzu kommt, dass einige gesetzgeberische Vorhaben in Bezug auf die PKV meines Erachtens verfassungsrechtlich höchst an- greifbar sind. Letztlich bleibt auf die Binsenweisheit hinzuweisen, dass allein mit dem Einbezug der PKV- Versicherten, die rund 10 Prozent des Versichertenpoten- zials ausmachen, die aufgewachsenen strukturellen Ver- werfungen im GKV-Bereich, wo rund 90 Prozent der Bevölkerung versichert sind, nicht gelöst werden kön- nen. Das wird zulasten von Planungssicherheit auf allen Ebenen gehen und damit auch zulasten von Transparenz und Qualität. Echten Wettbewerb wird das Gesetz so we- der bei den Kassen noch bei den Leistungserbringern be- fördern können. Und der Beitragszahler wird – schon allein im Rah- men der Lohnnebenkostendebatte – weiterhin in der Er- wartungshaltung bestärkt, sinkende Beiträge bei sich ausweitenden Leistungsvolumina als realisierbare Ziel- perspektive ansehen zu sollen, obwohl er selbst aus sei- nem konkreten Alltag weiß, dass diese Erwartungen bis- her immer enttäuscht worden sind. Anstelle einer wirklichen strukturellen Reform wird nun zudem ein Großteil der geplanten Regelungen auch noch auf 2009 verschoben, wodurch natürlich unablässig neue Spekula- tionen über eine weitere Verschiebung angesichts der im Jahr 2009 anstehenden Bundestagswahl geweckt wer- den. Aber an die Stelle dieser verschobenen Regelungen tritt nichts, was die sich anbahnende Beitragssatzent- wicklungen in Richtung 16 Prozent für das Jahr 2009 ab- fangen könnte, wenn man nur die Entschuldung und die gesetzlich vorgeschriebenen Rücklagen nach § 261 SGB V seriös einrechnen würde – mal ganz abge- sehen von den Kosten für Leistungsausweitungen, der Mehrwertsteuererhöhung und den intransparenten Kos- ten für die Einführung der elektronischen Gesundheits- karte. Ein Blick in unsere Nachbarländer würde hier nüt- zen. So steht man zum Beispiel in der Schweiz heute trotz Einführung einer lohnunabhängigen Gesundheits- prämie im Jahre 1996 vor ähnlichen Problemen wie in Deutschland. Die Gesundheitskosten sind nicht kontrol- lierbar, die Prämien steigen enorm und die öffentlichen Krankenhäuser sind stark verschuldet. Ursache des Pro- blems ist dort wie auch in Deutschland das übliche ver- breitete irrationale Denkmuster: Die Prämien bzw. die Beitragssätze sollen so niedrig wie möglich, die medizi- nische Versorgung im Krankheitsfall soll jedoch nur die allerbeste sein. Dr. Hans-Heinrich Jordan (CDU/CSU): In dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz ist die Landwirt- schaftliche Krankenversicherung (LKV) bei der Vertei- lung der steuerfinanzierten sogenannten gesamtgesell- schaftlichen Leistungen, welche ab 2009 in einen Gesundheitsfonds fließen sollen, nicht berücksichtigt. Dies ist gegenüber der heutigen Situation eine deutliche Schlechterstellung. Damit sind die in der LKV versi- cherten landwirtschaftlichen Familien die einzige Gruppe, welche Mitglied in einer gesetzlichen Kranken- versicherung ist und auch zukünftig keine Wechselmög- lichkeiten hat, einseitig benachteiligt. Nur die Tatsache, dass in dem ebenfalls heute beschlossenen Entschlie- ß a i g w n l g z g D t s m a v b d d P w w m z E d s s r q Ö g K a v d h r s S t t n b s d s E i i e G (C (D ungsantrag, Bundestagsdrucksache 16/4220, ein Prüf- uftrag für eine Gleichbehandlung der LKV enthalten st, ermöglicht mir, aufgrund der übrigen sinnvollen Re- elungen des Gesamtwerkes, dem Gesetz zuzustimmen. Christian Kleiminger (SPD): Dem GKV-Wettbe- erbsstärkungsgesetz kann ich aus folgenden Gründen icht zustimmen: Zentraler Bestandteil unseres Sozialstaates ist ein so- idarisches System der Krankenversicherung. In den ver- angenen Jahren haben sich die Gewichte immer mehr ulasten der gesetzlichen Krankenversicherung und zu- unsten der privaten Krankenversicherung verschoben. iese Entwicklung gefährdet tendenziell den Solidari- ätsgedanken. Reformen im Bereich der Gesundheitsver- orgung sind mit besonderer Verantwortung vorzuneh- en. Das vorliegende Gesetz hat diese Problematik ufgegriffen, begegnet der Entwicklung indes nicht mit oller Konsequenz. Die Finanzierungsprobleme werden durch die Reform edauerlicherweise nicht nachhaltig gelöst. Insbeson- ere die notwendige Öffnung der privaten Kassen – mit em Ziel, einen fairen Wettbewerb zwischen GKV und KV zu ermöglichen – wurde noch nicht in wünschens- ertem Umfang durchgesetzt. Der strukturelle Wettbe- erbsnachteil der gesetzlichen Krankenkassen bleibt da- it einstweilen erhalten. Auch ist bedauerlich, dass die u Beginn des Gesetzgebungsverfahrens vorgesehenen insparungen nicht in dem wünschenswerten Ausmaß urchgesetzt werden konnten. Indes ist anzuerkennen, dass es aus dem Grundver- tändnis sozialdemokratischer Gesundheitspolitik heraus ehr wohl gelungen ist, zahlreiche strukturelle Verbesse- ungen durchzusetzen. Dieses gilt beispielsweise für die ualitative Versorgung von Krebspatienten durch die ffnung der Krankenhäuser für die ambulante Versor- ung, im Bereich der Palliativmedizin/Hospiz, Eltern- ind-Kuren und der geriatrischen Rehabilitation. Aber uch der Kontrahierungszwang in der privaten Kranken- ersicherung stellt einen Schritt in die richtige Richtung ar. Es ist auch positiv hervorzuheben, dass eine nach- altige Finanzierung der gesetzlichen Krankenversiche- ung zukünftig durch einen anwachsenden Bundeszu- chuss erfolgen soll. Nach gründlicher Abwägung enthalte ich mich der timme und verbinde mit meinem Abstimmungsverhal- en die Erwartung, dass das Krankenversicherungssys- em in Deutschland mit dem Ziel einer solidarischen und achhaltig fair finanzierten Bürgerversicherung ausge- aut wird. Monika Knoche (DIE LINKE): Das deutsche Ge- undheitssystem hat seine überwiegende Finanzbasis in er gesetzlichen Krankenversicherung. Dieses Solidar- ystem hat sich als ein hochleistungsfähiges erwiesen. s ist aufgrund des solidarischen Sachleistungsprinzips n idealer Weise geeignet, Gleichheit und Gerechtigkeit m Krankheitsfalle sicherzustellen. Diese soziale und galitäre Grundlage wird mit dem heute verabschiedeten esetz fundamental angegriffen. 8098 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 (A) ) (B) ) Bereits die rot-grüne Bundesregierung hat tiefgrei- fende Einschnitte in die paritätische Finanzierung vorge- nommen sowie die Weichen für eine Privatisierungs- welle, insbesondere der öffentlichen Krankenhäuser, gestellt. Wettbewerb und Markt sind seither zu Versor- gungsstrukturelementen geworden und machen Krank- heit zu einer Ware, die mit Festpreisen behandelt wird. Qualitative Fortschritte in der Versorgungsstruktur und im Beschäftigungssektor Gesundheitswesen wurden nicht erzielt. Im Gegenteil. Die neue Durchökonomisie- rung der Daseinsvorsorge folgt einer fatalen ideologi- schen Fehleinschätzung, derzurfolge der Staat als Garant für Versorgungssicherheit und „Kontrolleur“ der Körper- schaften des öffentlichen Rechts im ambulanten Bereich seinen Aufgaben nicht mehr nachkommen kann. Eine durchgreifend antidemokratische Politik erfasst mit diesem Gesetz nunmehr auch die gesetzlichen Kranken- kassen, die in Insolvenz geraten können sollen. Der Wettbewerb unter den Krankenkassen um niedrige Bei- tragssätze, jedoch ohne leistungsgerechten Risikostruk- turausgleich, war schon unter der rot-grünen Regierung eine verantwortungslose Entscheidung. Keine der Ursa- chen für die Beitragssummeneinbrüche der GKV wurde behoben. Im Gegenteil, die arbeitsmarktpolitische Dere- gulierung führte zu einem wachsenden Sektor nicht ver- sicherungspflichtiger Beschäftigung bei weiterhin hoher Arbeitslosigkeit. Heute den Arbeitgeberbeitrag per Gesetz festzu- schreiben und in Zukunft den Gesundheitsfonds einzu- führen und dabei gleichzeitig den Beitragswettbewerb fortzuführen, ist unter Berücksichtigung der Tatsache, dass nunmehr den Kranken unter den Versicherten die größten Zusatzlasten der Finanzierung, wie die Zusatz- prämien es darstellen, aufgebürdet werden, gleichbedeu- tend mit dem sprichwörtlichen Axtanlegen an ein gesun- des System. Diese Reform zielt nicht auf eine nachhaltige Entwicklung, sondern auf das Ende des soli- darischen Krankenversicherung und des Sachleistungs- prinzips. Insbesondere die Bevorzugung der PKV durch das Gesetz wird eine weitere Abwanderung freiwillig Versi- cherter aus der GKV zur Folge haben. Mit einer Bürger- versicherung, wie die SPD dies in der Bundestagswahl versprach, hat dieses Gesetz nichts mehr zu tun. Eine Bürgerversicherung allerdings wäre als neu ausgestaltete gesetzliche Versicherungspflicht für alle die zeit- und zu- kunftsgemäße Antwort im gesellschaftlichen Gleichstel- lungssinne wie auch eine adäquate Reaktion auf die Ein- nahmedepression der GKV. Die nun eingeführten Elemente Beitragsrückerstat- tung, Bonusmodelle und Kostenerstattung bevorzugen die relativ gesunden Versicherten und diskriminieren die kranken, sachleistungsabhängigen Versicherten in der GKV. Das ist keine Wahlfreiheit, sondern Ungleichbe- handlung von Zwangsversicherten im System. Verfassungsrechtlich nicht geprüft ist der neu entstan- dene Sachverhalt, dass freiwillig Versicherte der GKV nunmehr in den Basistarifvertrag der PKV wechseln können zu Sachleistungskonditionen und fixiertem Höchstbetrag. Basistarifvertragversicherte sollen jedoch k b s z r d B d w Ü r r t g r u a a d v v S v K v f h W „ u s s s k L f t t e s s k w e A s (C (D eine Zusatzprämien zahlen müssen. Diese Vorteile ha- en die freiwillig in der GKV Versicherten nicht. Die ge- etzlich Pflichtversicherten haben ebenfalls keine Option ur Wahl und weiterhin nicht das Recht, in den Basista- ifvertrag der PKV zu wechseln. Diese Gesetzeskautelen iskriminieren einen großen Bevölkerungsteil. Da die eitragssatzautonomie der GKV genommen wird, ist iese Maßnahme als schwerer Eingriff in die Selbstver- altungsautonomie zu werten. Das halte ich für einen bergriff des Gesetzgebers. Insbesondere die nicht mehr rückholbaren Privatisie- ungs-, Risikoindividualisierungs- und Entdemokratisie- ungswirkungen dieses Gesetzes sind meinem parlamen- arischen Verständnis nach unvereinbar mit der esetzgeberischen Aufgabe, zum Wohle der Bevölke- ung zu wirken. Darüber hinaus werden alle Optionen, m künftig die ambulante und stationäre Versorgung wie uch die Pflege zu einem gestaltbaren und politisch ver- ntworteten Strukturierungsprozess zu machen, nunmehr en politischen Verantwortungsträgern und der Selbst- erwaltung weitgehend aus der Hand geschlagen. Inter- entionsfähig im Interesse der Daseinsvorsorge ist der taat damit nicht mehr. Im Zusammenwirken mit orausgegangenen Gesundheitsstrukturgesetzen können ommunen, Länder und der Bund ihren Gemeinwohl- erpflichtungen nicht mehr nachkommen. Das halte ich ür eine hochgradig verantwortungslose Politik, der ich iermit entschieden widerspreche. Ich lehne daher das ettbewerbsstärkungsgesetz GKV ab. Manfred Kolbe (CDU/CSU): Diese angeblich Große Gesundheitsreform“ ist gründlich misslungen nd wird keines der drängenden Zukunftsprobleme lö- en: Mehr Eigenverantwortung: Fehlanzeige. Vielmehr ind auch teure Freizeitunfälle – Pferdesport, Fall- chirmspringen – weiter mitversichert. Mehr Gesundheitsbewusstsein: Fehlanzeige. Es gibt eine Möglichkeiten, den eigenen Beitrag durch gesunde ebensweise – Nichtrauchen, Nichttrinken – zu beein- lussen. Mehr Transparenz: Fehlanzeige. Nach wie vor erhal- en gesetzlich Versicherte keine Rechnung, was das Kos- enbewusstsein sicherlich fördern würde. Mehr Wettbewerb: Fehlanzeige. Stattdessen wird ein inheitlicher Gesundheitsfonds geschaffen. Senkung Lohnnebenkosten: Fehlanzeige. Stattdessen tiegen die Beiträge zum 1. Januar 2007. Der einzige Grund, warum ich im Bundestag zu- timme, ist der, dass ich die Amtszeit der ersten Bundes- anzlerin aus dem Osten Deutschlands nicht beenden ill und Angela Merkel in Zukunft bessere Reform- rgebnisse wünsche. Gunther Krichbaum (CDU/CSU): Bei der heutigen bstimmung über das GKV-Wettbewerbsstärkungsge- etz (TOP 27 a) werde ich mich der Stimme enthalten. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 8099 (A) ) (B) ) Ungeachtet vieler Schritte in die richtige Richtung kann ich dem vorgelegten Gesetzesentwurf nicht zu- stimmen. Eine nachhaltige Gesundheitsreform hätte Lö- sungsansätze für den bevorstehenden demografischen Wandel aufzeigen müssen. Dies ist nach meiner festen Überzeugung das dringendste, oftmals aber nicht mit der notwendigen Schärfe erkannte Problem der nächs- ten Jahre. Somit wären entsprechende Maßnahmen ein Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit und Generationen- gerechtigkeit gewesen. Diese Chance wird durch das vorliegende Gesetz nicht genutzt. Gleichwohl verkenne ich nicht, dass dies mit dem Koalitionspartner nicht durchzusetzen war, da dieser im Wesentlichen auf der Beibehaltung des bisherigen Leistungskatalogs der gesetz- lichen Krankenversicherung beharrte. Die nunmehr in Kraft tretenden Regelungen, die zu mehr Wettbewerb zwischen den gesetzlichen Kranken- versicherungen führen, sind Beispiele, die grundsätzlich in die richtige Richtung weisen. Die mangelnde Demo- grafieresistenz bleibt jedoch ein kardinaler Webfehler des Gesetzes, der mir eine Zustimmung nicht ermöglicht. Volker Kröning (SPD): Mein Abstimmungsverhal- ten zu der „Gesundheitsreform“ stützt sich auf den Be- richt des Haushaltsausschusses nach § 96 Abs. 4 der Ge- schäftsordnung des Deutschen Bundestages, Drucksache 16/4222. Der Gesetzentwurf hat nach der Beschlussemp- fehlung des zuständigen Ausschusses auf Drucksache 16/4200 Auswirkungen auf den laufenden Haushalt und Auswirkungen auf die künftigen Haushalte im Sinne des Satzes 2 der Vorschrift. Die Auswirkungen sind sogar nach eigener Darstellung der Bundesregierung, die in den Bericht des Haushaltsausschusses aufgenommen worden ist, erheblich und vermutlich mittelfristig nur schätzbar und langfristig nicht absehbar. Möglichkeiten der Deckung der Mehrausgaben gibt es, und sie sind ebenso evident wie strittig. Deshalb ist im Haushaltsaus- schuss keine andere Wahl geblieben, zumal unter den Restriktionen zwischen der ersten und der zweiten Bera- tung, als die Anforderungen der Vorschrift dadurch zu erfüllen, die Bundesregierung, die das Recht und die Pflicht zur Haushaltsinitiative und zur mittelfristigen Fi- nanzplanung hat, aufzufordern, kurz- und mittelfristige Deckungsvorschläge noch in diesem Jahr zu entwickeln. Katharina Landgraf (CDU/CSU): Wesentliche Ziele dieses Gesetzentwurfes sind, die medizinische Versorgung der Bürgerinnen und Bürger zu stabilisieren sowie durch mehr Transparenz und Wettbewerb die Wirtschaftlichkeit zu stärken. Von besonderer Bedeutung ist ebenso, dass die Wahl- und Entscheidungsmöglichkeiten der Ver- sicherten auch durch mehr Eigenverantwortung erweitert werden. Grundsätzlich unterstütze ich die Entkopplung der Kosten unseres sozialen Sicherungssystems von den Arbeitskosten. Das kann nur mit durchgreifenden Refor- men auch im Bereich der Krankenversicherung erreicht werden. Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens konnte eine Reihe von Verbesserungen und Klarstellungen vereinbart werden, die zu begrüßen sind. Dazu zählen insbesondere der Erhalt des dualen Versicherungssystems, die Einführung der Pflichtversicherung, die Klarstellun- g v K V i b V e e D a im im s d d u f t s S v m z a a G b d d K d d d d n a K k S s n K h s s (C (D en zur Nutzung des Basistarifs in der privaten Kranken- ersicherung und der Verzicht auf die 3-prozentige ürzung der Rettungsdienstentgelte. Außerdem sind der erzicht auf die Einführung der Höchstpreisverordnung n den Apotheken und die Reduzierung des Sanierungs- eitrages der Krankenhäuser auf 0,5 Prozent wichtige eränderungen. Zugleich möchte ich darauf verweisen, dass der Gesetz- ntwurf einen Kompromiss darstellt, der allerdings in inigen Teilen unbefriedigende Regelungen enthält. eshalb betrachte ich das Gesetz nur als einen ersten, ber zugleich wichtigen Schritt für weitere Veränderungen deutschen Gesundheitssystem. Unberücksichtigt blieben Gesetzentwurf die Anstrengungen von Krankenkassen, o konkret von der AOK Sachsen, in den zurückliegen- en Jahren wirtschaftlich zu arbeiten, den Beitragssatz ifferenzierter Mitgliederstrukturen niedrig zu halten nd keine Schulden zuzulassen. Der vorliegende Gesetzentwurf weist wichtige Ansätze ür die Realisierung der wesentlichen eingangs erwähn- en Zielstellungen der Gesundheitsreform auf. Deshalb timme ich dem Gesetz grundsätzlich zu. Dr. Michael Luther (CDU/CSU): Dem Gesetz zur tärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Kranken- ersicherung – GKV-WSG – stimme ich zu. Es enthält aßgebliche Verbesserungen im Hinblick auf die medi- inische Versorgung der Menschen in Deutschland, vor llem in den neuen Ländern. Ich nenne hier insbesondere: Erstens. Die Einführung einer Pflichtversicherung für lle. Zweitens. Die Einführung einer Gebührenordnung für esamtdeutschland. Damit wird die Trennung Ost-West ei der Ärztevergütung beseitigt, das heißt, die Ärzte in en neuen Ländern erhalten künftig höhere Honorare für ie erbrachten Leistungen als bisher. Drittens. Die Ausweitung der Leistungen für Mutter- ind-Kuren. Viertens. Besonders hervorzuheben ist die Einführung es morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs, mit em die Einnahmeseite der GKV gestärkt wird. Gerade ie neuen Länder werden von der besseren Finanzierung er Krankenkassenleistungen profitieren. Problematisch sind für mich Regelungen zu den soge- annten Hilfen in besonderen Notlagen, die im Hinblick uf die Einführung des Gesundheitsfonds greifen sollen. onkret geht es hier um die Entschuldung von Kranken- assen innerhalb derselben Krankenkassenart – § 265 a GB V –. Diese Regelung trägt dem besonderen wirt- chaftlichen Handeln einiger Krankenkassen in Sachsen icht Rechnung, sondern konterkariert es. Die solventen rankenkassen sollen entsprechend ihrer Leistungsfä- igkeit Zahlungen zugunsten notleidender Krankenkas- en derselben Kassenart leisten. Die Definition des Ver- chuldungsbegriffs ist dabei viel zu weit gefasst. 8100 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 (A) ) (B) ) Hiervon speziell betroffen ist die AOK Sachsen: Die AOK Sachsen hat keine nennenswerten Schulden. Hinzu kommt, dass sie in den letzten Jahren wirtschaftlich ge- arbeitet hat. Eine strenge Landesaufsicht und eine spar- same Landespolitik haben dieses Verhalten gefördert. Deshalb lag der Beitragssatz trotz differenzierter Mit- gliederstrukturen auf niedrigem Niveau. Durch eine re- striktive Krankenhausplanung in Sachsen konnte ein wichtiger Kostenblock für die GKV gering gehalten werden. Laut Gesetz muss zukünftig eine wirtschaftlich gut geführte AOK für schlechtes Handeln anderer Kranken- kassen bezahlen. Dies widerspricht dem Grundgedanken des viel beachteten Verfassungsgerichtsurteils zur Ver- schuldung Berlins, in dem das Bundesverfassungsge- richt fordert, dass selbst verursachte Schulden aus eige- ner Kraft getilgt werden müssen. Hinzu kommt, dass, im Gegensatz zu anderen Krankenkassen in Deutschland, die AOK Sachsen kaum beamtenstatusähnliche DO-An- gestellte beschäftigt. Für diese müssen die Kassen jetzt Rücklagen für Pensionsleistungen bilden, da dies bislang von den Krankenkassen mit diesen Angestellten unter- lassen wurde. Dies muss jetzt aber im Rahmen des Schuldensausgleichs durch die AOK-Sachsen miter- bracht werden. Dennoch überwiegen für mich die Vorteile im Ver- gleich zu den beschrieben Nachteilen, sodass ich dem Gesetz zustimme. Dirk Manzewski (SPD): Das Gesundheitssystem in Deutschland gehört mit seiner solidarischen Ausrichtung und seiner Leistungsfähigkeit zu den besten in der Welt. Um es auch für die Zukunft zu sichern, bedurfte es einer gemeinsamen Kraftanstrengung der Großen Koalition. In den Verhandlungen zur Gesundheitsreform trafen zwei sehr unterschiedliche Modellvorstellungen aufein- ander. Zum Wohle des Landes mussten deshalb eigene Positionen aufgegeben und ein tragfähiger Kompromiss gefunden werden. Das Ergebnis dieser Verhandlungen liegt uns heute zur Abstimmung vor. Ich werde für den Gesetzentwurf stimmen. Ich hätte mir allerdings mit der Großen Koalition eine mutigere und vor allem nachhaltigere Reform ge- wünscht. Zudem muss ich mit Enttäuschung zur Kennt- nis nehmen, dass es offenbar nicht gelungen ist, die not- wendigen Belastungen gleichermaßen auf alle zu verteilen. Die zunächst angedachten Einsparungen bei den Lobbyisten wurden leider nur noch zu einem gerin- gen Teil umgesetzt. Zudem verfehlt der Gesetzentwurf sein Ziel beim Umbau der Strukturen in den gesetzlichen Krankenkassen. Zwar werden mit der Schaffung des Dachverbandes überflüssige Strukturen bei den einzel- nen Kassen abgebaut, jedoch wird die Zahl der Kassen dadurch nicht deutlich abnehmen. Hier hätte mehr er- reicht werden können. Dennoch sind vorteilhafte Entwicklungen für die Versicherten zu erkennen. Es ist ein Fortschritt, dass zu- künftig niemand mehr ohne Versicherungsschutz in D t t P k b d u g M V s s Ü i D s c R h s z b g G g W W e l z a g s t t u u k G n l K a r r B S h A u m v m (C (D eutschland leben wird. Auch der Ausbau des Leis- ungskataloges der GKV wird für die Versicherten Vor- eile bringen. Die Aufnahme von Rehabilitations- und alliativbehandlungen als Pflichtleistungen der Kran- enkassen ist deshalb sehr zu begrüßen. Auch die Ver- esserung bei Impfungen, Eltern-Kind-Kuren sowie bei er ambulanten Behandlung von Krebs, Mukoviszidose nd Aids waren dringend notwendige Anpassungen der esetzlich garantierten Pflichtleistungen. Für mich als ecklenburger waren zudem der Gesundheitsfonds, die erbesserung des Risikostrukturausgleiches und die Ver- orgungssicherstellung wichtig. Friedrich Merz (CDU/CSU): Ich stimme dem Ge- etzentwurf nicht zu. Das Gesetz wird nach meiner berzeugung den Wettbewerb bei den Dienstleistungen m Gesundheitssektor nicht stärken, sondern schwächen. as deutsche Gesundheitssystem wird durch dieses Ge- etz teurer und ineffizienter. Es bleiben zudem erhebli- he verfassungsrechtliche Bedenken gegen einzelne egelungen, die durch dieses Gesetz neu in das Gesund- eitssystem in Deutschland eingeführt werden. Ich verkenne nicht, dass durch das Gesetz einige be- tehende Missstände beseitigt werden. So wird die Be- ahlung der Ärzte von Punktwerten wieder auf kalkulier- are Geldleistungen umgestellt. Es soll auch für die esetzlichen Krankenversicherungen einige zusätzliche estaltungsmöglichkeiten bei Tarifen und Leistungen eben. Insgesamt aber überwiegen Regelungen, die den ettbewerb tendenziell eher einschränken und die den eg zu einer staatlichen Einheitskasse eröffnen. Die Koalitionspartner waren sich von Anfang an nicht inig, welchen Weg die Gesundheitspolitik in Deutsch- and nehmen soll. Herausgekommen ist ein Kompromiss wischen zwei schon im Grundsätzlichen nicht mitein- nder zu vereinbarenden politischen Konzepten. Die leichwohl herbeigeführte Einigung in der Koalition chafft allerdings auf Dauer Fakten, die spätere Korrek- uren hin zu einem freiheitlichen und wettbewerbsorien- ierten Gesundheitssystem erschweren, wenn nicht gar nmöglich machen. Dies gilt insbesondere für den Fonds nd für die nachhaltige Schwächung der privaten Kran- enversicherung. Meine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen dieses esetz beziehen sich vor allem auf die geplante Steuerfi- anzierung für die mitversicherten Kinder in der gesetz- ichen Krankenversicherung, die den privat versicherten indern vorenthalten werden soll. Verfassungsrechtlich ngreifbar sind auch die Bestimmungen über die Einfüh- ung eines Basistarifes in der privaten Krankenversiche- ung und die Einstandspflicht der Versicherten für den eitragsausfall durch privat versicherte Hilfsbedürftige. chließlich bestehen aus meiner Sicht unverändert er- ebliche europarechtliche Probleme durch die gewollte ufweichung der Systemgrenzen zwischen gesetzlicher nd privater Krankenversicherung. Das Gesetzgebungsverfahren selbst hat eine ange- essene Beratung und Beschlussfassung über ein Gesetz on solcher Tragweite im Deutschen Bundestag nicht er- öglicht. Insbesondere die noch in den letzten Tagen be- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 8101 (A) ) (B) ) schlossenen, umfangreichen Änderungen des Gesetzent- wurfs haben die Abgeordneten auch in den Ausschüssen des Deutschen Bundestages kaum noch beraten und in ihrer Wirkung beurteilen können. Maria Michalk (CDU/CSU): Ziel des Gesetzentwur- fes ist, durch Veränderungen auf der Einnahme- wie der Ausgabenseite die Qualität der Versorgung der Men- schen unseres Landes zu verbessern, die Wirtschaftlich- keit durch mehr Transparenz und intensiven Wettbewerb zu stärken, die Wahl- und Entscheidungsmöglichkeiten der Versicherten, also die Eigenverantwortung, zu erwei- tern und die bürokratischen Aufwendungen bei allen Beteiligten zu vermindern. Sowohl die demografischen Herausforderungen, die versorgungstechnischen Ge- sichtspunkte, die Nutzung des wissenschaftlich-techni- schen Fortschritts im medizinischen Bereich für alle wie auch die Notwendigkeit der Entkopplung der Kosten un- seres sozialen Sicherungssystems von den Arbeitskosten machen grundlegende Reformen notwendig. Der Gesetzentwurf war ein Kompromiss der Koali- tion, in dem wesentliche Ansätze der Zielstellung enthal- ten sind wie die Einführung der gesamtdeutschen Ge- bührenordnung für die Honorierung der Ärzte ab 2009 oder die Pflichtversicherung von Mutter-Kind-Kuren, die Erweiterung der Wahlmöglichkeiten der Versicherten durch Selbstbehalt- und Kostenerstattungstarife und Weiteres. Positiv wird sich vor allem in den neuen Län- dern die Einführung des morbiditätsorientierten Risiko- strukturausgleiches auswirken, weil damit die Einnah- meseite gestärkt ist. Die Beitragserhöhungen der Krankenkassen zum Jah- resanfang sind nicht ein vorgezogenes Ergebnis dieser Reform, sondern die Aufarbeitung der Vergangenheit, in der unverantwortlich hohe Schulden aufgenommen wor- den sind. Die Entschuldungserwartung der Politik ge- genüber den Krankenkassen ist ein Beitrag für mehr Ge- nerationengerechtigkeit. Unberücksichtigt geblieben sind aber zum Beispiel bei den notwendigen Regelungen zur Entschuldung der Krankenkassen innerhalb der Krankenkassenarten die unterschiedlichen Anstrengungen der einzelnen Kran- kenkassen in der Vergangenheit, wirtschaftlich zu arbei- ten, den Beitragssatz trotz sehr differenzierter Mitglie- derstrukturen niedrig zu halten und keine Schulden aufzubauen. Auch der Start des Gesundheitsfonds mit ei- ner gesetzlichen Beitragserhöhung ist aus sächsischer Sicht nicht zielführend. Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens ist eine Reihe von Verbesserungen und Klarstellungen in Abstimmung mit allen Beteiligten erreicht worden. Dazu zählen der Erhalt des dualen Versicherungssystems, die Einführung der Pflichtversicherung, die Klarstellungen zur Nutzung des Basistarifes in der GKV, der Verzicht auf die drei- prozentige Kürzung der Rettungsdienstentgelte, der Ver- zicht auf die Einführung der Höchstpreisverordnung in den Apotheken sowie die Reduzierung des Sanierungs- beitrages der Krankenhäuser auf 0,5 Prozent. s f b e m b f e d b A E L D w S w d d w V C K w g L w a v B A u 4 a g v A s e u d t s G G h (C (D Es wurden Maßnahmen eingeleitet, die die Unterver- orgung mit Ärzten in den neuen Ländern auch vor Ein- ührung der neuen ärztlichen Gebührenordnung ab- auen, indem die Kassen Sicherstellungszuschläge in rforderlicher Höhe außerhalb des Bugdets bereitstellen üssen. Positive Wirkungen für die neuen Länder erge- en sich auch aus der Aufstockung des Steuerzuschusses ür die GKV. Aus diesen Gründen stimme ich dem Gesetz zu. Hans Michelbach (CDU/CSU): Ich bedauere, dass s aufgrund des Widerstands der SPD nicht gelungen ist, en wirtschafts- und beschäftigungspolitisch unverzicht- aren Weg einer Abkopplung der Gesundheits- von den rbeitskosten noch deutlicher zu beschreiten. Durch diese Gesundheitsreform wird es deshalb im rgebnis nicht zu einer Senkung der Beitragslast und der ohnzusatzkosten in der Krankenversicherung kommen. as ist der größte Wermutstropfen. Dennoch sind der neue Zusatzbeitrag, neue Wettbe- erbselemente wie Wahltarife und der Einstieg in eine teuerfinanzierung gesamtgesellschaftlicher Aufgaben ie der Kindermitversicherung wichtige erste Schritte in ie richtige Richtung. Ich begrüße insbesondere, dass durch den Einstieg in ie Portabilität der Altersrückstellungen mehr Anbieter- ettbewerb in der PKV entstehen kann und durch die eränderung des neuen Basistarifs auf Intervention der DU/CSU die Rahmenbedingungen für die private rankenvollversicherung nicht über Gebühr geschwächt erden; die PKV als bewährte Institution erhalten bleibt. Positiv zu bewerten ist weiterhin, dass neue Vorkehrun- en gegen die befürchtete Verdrängung mittelständischer eistungserbringer und Arzneimittelhersteller geschaffen erden, eine kollektive Zwangshaftung der Apotheken usbleibt, das Honorar- und Vergütungssystem der Ärzte erbessert wird und eine Verstaatlichung des Gemeinsamen undesausschusses abgewendet werden konnte. Oberstes Ziel muss es allerdings bleiben, den Faktor rbeit weiter zu entlasten und das Ziel einer dauerhaften nd nachhaltigen Lohnzusatzkostensenkung auf unter 0 Prozent zu erreichen. Dies gilt insbesondere für die nstehenden Reformen der Pflegeversicherung und der esetzlichen Unfallversicherung sowie mit Blick auf die orhandenen weiteren Beitragssenkungspotenziale der rbeitslosenversicherung. Eine neue Steuererhöhung darf ich mit dieser Reform nicht entwickeln. Es ist deshalb ine Reform mit einer bürgerlichen Mehrheit anzustreben. Nur unter Zurückstellung größter persönlicher Bedenken nd in Anerkennung der positiven Reformelemente sowie er jetzt noch durch die Fraktion der CDU/CSU erreich- en Nachbesserungen im GKV-Wettbewerbsstärkungsge- etz stimme ich deshalb heute diesem Gesetzentwurf zu. Detlef Müller (Chemnitz) (SPD): Ich stimme dem esetzentwurf in der Drucksache zu, weil infolge des esetzes unter anderem mit der Einführung des Gesund- eitsfonds richtige Schritte hinsichtlich eines zukünftig 8102 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 (A) ) (B) ) starken Verwaltungsaufwandsabbaus im Bereich der ge- setzlichen Krankenkassen – Stichwort: Beitragseinzug von den Hunderten Kassen weg und zu 16 Zahlstellen des Gesundheitsfonds in den 16 Bundesländern hin –, ei- ner massiven Entbürokratisierung im Bereich der Wirt- schaft – Stichwort: lohnsummenbezogene Abführung der Beiträge an die im Bundesland ansässige Zahlstelle des Fonds –, die gesetzlichen Krankenkassen zur Ent- schuldung verpflichtet werden, erstmalig alle Einwohner in Deutschland krankenversichert sein werden, im priva- ten Krankenversicherungssystem ein Basistarif geschaf- fen wird, alle Kassen in der GKV den gleichen Grundbe- trag erhalten, unabhängig vom Sitz der jeweiligen Kasse, die Arzthonorare harmonisiert werden – Abschaffung der Budgetierung, Verlagerung des Gesundheitsrisikos von den Ärzten zu den Kassen –, ab 2010 unterversorgte Regionen über Zuschläge höhere Anreize zur Niederlas- sung bieten können, die Krankenhäuser für spezialisierte ambulante Leistungen in strukturschwachen Regionen geöffnet werden. Schwere Bedenken habe ich angesichts der ehrgeizi- gen, ursprünglichen Zielstellungen in Anbetracht der jet- zigen minimal erscheinenden Änderungen. Für mich bleibt leider der Eindruck, dass die großen außerparlamentarischen Kräfte wie gesetzliche Kranken- kassen, private Krankenkassen, Kassenärztliche Verei- nigungen, Pharmaindustrie, Apothekern und andere Lobbyisten, in trauter Einheit mit den föderalen Struktu- ren der Bundesrepublik Deutschland – Bundesländer – den engagierten Entwurf der Koalition vom Sommer 2006 aufgeweicht und entschärft haben. Beide Seiten der Großen Koalition knickten vor den privaten Krankenver- sicherungen, den gesetzlichen Krankenversicherungen, der Pharmaindustrie und den Apothekern ein. Eine dauerhaft sichere Finanzierung des Gesundheits- systems wurde ebenso wenig erreicht, wie eine nachhal- tige Senkung der Lohnnebenkosten. Statt der angestreb- ten Kostensenkung werden vorerst Beitragserhöhungen plus immenser Zuschüsse aus Steuermitteln auf uns, auf alle Bürger zukommen. Hierüber muss weiter diskutiert und in einem weiteren parlamentarischem Verfahren be- raten werden. Das Parlament ist die eigentliche Interessenvertretung aller Beitrags- und Steuerzahler. In diesem Sinn gehen wir mit dem GKV-WSG und dessen vielen Verbesserun- gen hinsichtlich der Interessen der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler in die richtige Richtung. Dies lässt mich letztlich, nach langem Abwägungs- prozess, zustimmen. Henry Nitzsche (fraktionslos): Am Freitag, dem 2. Februar, werde ich in namentlicher Abstimmung den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzli- chen Krankenversicherung ablehnen. Was angeblich im letzten Wahlkampf von CDU und SPD angekündigt war, nämlich eine wirksame und nach- haltige Reform des Gesundheitswesens, hat mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Großen Koalition n t s s b l G w g K a s w w w a m k e Z d p e r d s k Z f b n s s v s s v k K V h D d l g m w F d z f a (C (D ichts, aber auch gar nichts zu tun. Die Lohnnebenkos- en werden nicht, wie versprochen, reduziert, sondern teigen für die Arbeitnehmer. Die milliardenschwere Ge- undheitsbürokratie wird nicht, wie versprochen, abge- aut, sondern weiter aufgebläht. Dafür sorgt eine zusätz- iche staatliche Geldverteilungsmaschinerie namens esundheitsfonds. Die Zweiklassenmedizin wird nicht, ie versprochen, durch ein System optimaler Versor- ung für jeden Kranken, unabhängig vom jeweiligen ostenträger, abgelöst, sondern verewigt. Der Anspruch ls Wettbewerbsstärkungsgesetz steht im krassen Wider- pruch zur Rechtslage: § 69 SGB V nimmt die Kassen eiterhin vom Wettbewerbsrecht aus. In der Realität ird sich nur eines ändern: Alles wird teurer, nichts ird, wie versprochen, billiger. Deshalb ist das Gesetz ufs Schärfste abzulehnen. Peter Rauen (CDU/CSU): Dem Gesetzentwurf ge- äß der Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/4200 ann ich nicht zustimmen. Die bereits erfolgten und die zu erwartenden Beitrags- rhöhungen der Krankenkassen konterkarieren das große iel der Koalition, die Lohnzusatzkosten zu senken und adurch mehr sozialversicherungspflichtige Arbeits- lätze zu schaffen. Die Wahlkampfaussage der Union, die Mehrwertsteu- rerhöhung durch Beitragsentlastung der sozialversiche- ungspflichtig Beschäftigten zu kompensieren, wird da- urch weitestgehend verfehlt. Katherina Reiche (Potsdam) (CDU/CSU): Ich timme dem Gesetzentwurf zum GKV-Wettbewerbsstär- ungsgesetz nur mit Bedenken zu. Es bestehen massive weifel, ob das Gesetz den verfassungsrechtlichen An- orderungen standhält. Allein die Übertragung der Aufga- en der bisher sieben Kassenartenverbände auf einen euen Spitzenverband Bund könnte gegen das Grundge- etz verstoßen. Die Zentralisierung der bisher von den ieben Verbänden erledigten Aufgaben auf einen Spitzen- erband steht zudem im Widerspruch zum Ziel der Ge- undheitsreform, den Wettbewerb unter den Kassen zu tärken. Auch der geplante Steuerzuschuss zur Kindermit- ersicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung önnte verfassungswidrig sein, da die Kinder der privat rankenversicherten entgegen den Ankündigungen im orfeld der Verabschiedung der Eckpunkte zur Gesund- eitsreform nicht durch Steuermittel gefördert werden. ies führt zu einer Ungleichbehandlung vor allem auch er beihilfeberechtigten Beamten im einfachen und mitt- eren Dienst. Ein rechtfertigender Grund für diese Un- leichbehandlung ist nicht ersichtlich. Die Ausgestaltung des Gesundheitsfonds wird nach einer Auffassung zu mehr Bürokratie und höheren Ver- altungskosten führen. Allein die Einrichtung einer ondsverwaltung mit regionalen Einzugsstellen sowie ie Führung von Einzelbeitragskonten werden zu einem usätzlich überbordenden bürokratischen Mehraufwand ühren. Die starke staatliche Steuerung der Finanzmittel us dem Gesundheitsfond nimmt den Krankenkassen Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 8103 (A) ) (B) ) ihre Beitragsautonomie, führt nicht zu einer Senkung der Lohnnebenkosten, reagiert nicht auf die Probleme des demografischen Wandels und könnte zu einer Einheits- versicherung führen. Maik Reichel (SPD): Obwohl ich als Abgeordneter nicht unmittelbar fachlich mit den anstehenden grund- sätzlichen und speziellen Reformen im Gesundheitswe- sen befasst war, habe ich mich gleichwohl intensiv mit den Problemen, Lösungsvorschlägen und den ausgehan- delten Kompromissen auseinandergesetzt. Ich erkenne ausdrücklich an, dass es auch aus dem Grundverständnis einer sozialdemokratischen Gesund- heitspolitik heraus gelungen ist, zahlreiche strukturelle Verbesserungen insbesondere für die Patientinnen und Patienten durchzusetzen. Dazu gehören der Erhalt des Leistungsangebotes der gesetzlichen Krankenversiche- rung, die Verhinderung einer weiteren Belastung der Versicherten durch Ausweitung der Eigenbeteiligung, der Ausbau der Palliativmedizin, die Sicherung der häuslichen Krankenpflege für Pflegebedürftige und Be- hinderte, die Absicherung der Rehabilitation in der Krankenversicherung, die Stärkung der Prävention und der Ausbau der integrierten Versorgung und weitere Öff- nung der Krankenhäuser für die ambulante Versorgung. Ebenso erkenne ich an, dass es einige bedeutende strukturelle Veränderungen geben wird, die durch die Er- höhung der Wirtschaftlichkeit im Arzneimittelbereich, durch eine teilweise Stärkung der Verhandlungsposition der Krankenkassen, durch Einleitung von Reformen im Bereich der privaten Krankenversicherung mit einer strukturellen Stärkung der Rechte der Versicherten (Por- tabilität, Kontrahierungszwang, Basistarif) entstehen. Diese sind natürlich noch ausbaufähig. Insbesondere das gesundheitspolitische Ziel, dass jeder Mensch in Deutschland in der Pflicht zum Schutz durch eine Kran- kenversicherung steht, ist jetzt erreicht. Als positiv schätze ich die prinzipielle Absicht ein, die nachhaltige Finanzierung der gesetzlichen Kranken- versicherung durch einen anwachsenden Bundeszu- schuss zu sichern, der über die Jahre bis 2010 hinaus bis auf Weiteres zu einer Gesamthöhe von 14 Milliarden Euro anwachsen soll. In dieser Situation kommt es meines Erachtens insbe- sondere darauf an, dass der Fonds den Beitragsatz der Krankenkassen zum 1. Januar 2009 tatsächlich zu 100 Prozent abdeckt und es nur eine sehr begrenzte Zahl von Zusatzbeiträgen geben wird. Ebenso halte ich es für besonders wichtig, dass die neu geschaffene Möglichkeit, den Zusatzbeitrag in Form eines einkommensunabhängigen Pauschalbeitrages ein- zuziehen, wieder abgeschafft und der Zusatzbeitrag von Arbeitnehmern und Arbeitgebern paritätisch gemeinsam finanziert wird. Auch dürfen die Systeme der solidari- schen gesetzlichen Krankenversicherung und der priva- ten kapitalgedeckten Krankenversicherung nicht weiter gegeneinander abgeschottet werden, sondern es müssen solidarische Strukturen auch für den Bereich der priva- ten Krankenversicherung schrittweise aufgebaut werden, u r r h m c b G a Z w n s a b A s R s g s z v K K c L d m s l r K d r d r n V Ö L n c w r A g l d b A b b d k r g (C (D nd insgesamt muss eine Verbreiterung der Finanzie- ungsbasis für die Krankenversicherung durch eine He- anziehung von über den Lohn und das Gehalt hinausge- enden Einkommensarten erreicht werden. Das edizinisch notwendige Leistungsangebot für alle Versi- herungen in der Regelversicherung muss voll erhalten leiben, und es darf zu keiner Aufspaltung in eine rundversicherung einerseits und Zusatzversicherungen ndererseits kommen. Solchen Tendenzen zu einer weiklassenmedizin muss konsequent entgegengetreten erden. Ausdrücklich begrüße ich die Vorteile, die durch die euen Regelungen für die ostdeutschen Länder ent- tehen. Neben einem 100-prozentigen Einkommens- usgleich innerhalb des Gesundheitsfonds, einem ver- esserten Risikostrukturausgleich werden auch die rzthonorare harmonisiert. Darüber hinaus wird die Ver- orgungssicherheit, die gerade in den ländlich geprägten egionen von großer Relevanz ist, erheblich verbessert. Im Detail heißt das, dass es nach Einführung des Ge- undheitsfonds durch die Einführung eines 100-prozenti- en Einkommensausgleichs keine Rolle mehr spielt, wie ich das Einkommensgefälle zwischen Regionen oder wischen Ost und West darstellt oder wie viele Gering- erdiener oder auch Rentner oder Arbeitslose in einer asse versichert sind. Der Vorteil für die ostdeutschen assen: Sie bekommen für jeden Versicherten den glei- hen (Grund-)Betrag wie die Kassen der westdeutschen änder. Ein verbesserter Risikostrukturausgleich sorgt afür, dass die Kassen in den neuen Ländern tendenziell ehr Geld als bisher erhalten, da sie wegen einer im ge- amtdeutschen Vergleich veränderten Altersstruktur re- ativ betrachtet mehr chronisch Kranke versichern. Er- eicht wird dies, indem im RSA die 50 bis 80 häufigsten rankheiten berücksichtigt werden. Die Abschaffung er Budgetierung und die dadurch erfolgende Verlage- ung des Krankheitsrisikos eines jeden Versicherten von en Ärzten hin zu den Kassen sorgt für eine Harmonisie- ung der Arzthonorare. Der wichtigste Fortschritt für die euen Länder besteht jedoch in der Verbesserung der ersorgungssicherheit. Dazu trägt unter anderem die ffnung der Krankenhäuser für spezialisierte ambulante eistungen und seltene Erkrankungen bei – diese Maß- ahme erhöht die Versorgungsqualität in strukturschwa- hen Regionen, die leider häufiger in den ost- als in den estdeutschen Ländern zu finden sind, erheblich. Da- über hinaus werden zwischen 2007 und 2009 die nreize zur Tätigkeit und Niederlassung in solchen Re- ionen erheblich erhöht: durch flexiblere Sicherstel- ungszuschläge, die künftig schon bei „absehbar drohen- er Unterversorgung“ auch Ärzten, die bereits in der etroffenen Region tätig sind, gewährt werden sollen. b 2010 können solche Zuschläge dann generell verein- art werden. Ich verbinde mit meiner Befürwortung der Reformen ei der Abstimmung im Deutschen Bund die Erwartung, ass falsche Weichenstellungen bei nächster Gelegenheit orrigiert werden und das solidarische Krankenversiche- ungssystem mit dem Leitbild der Bürgerversicherung efestigt und ausgebaut wird. 8104 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 (A) ) (B) ) Carsten Schneider (Erfurt) (SPD): Ich stimme dem GKV-WSG trotz einiger inhaltlicher Bedenken zu. Mit dem Gesetz werden zahlreiche Verbesserungen für Ver- sicherte und Patienten erreicht, unter anderem mit einer Krankenversicherungsmöglichkeit für alle und einer Si- cherstellung der Gesundheitsversorgung auch in Gebie- ten mit abnehmender Bevölkerungszahl. Die gesetzliche Fixierung des Bundeszuschusses, der bis zu einer Höhe von 14 Milliarden Euro jährlich an- wachsen soll, entspricht jedoch nicht den Vorstellungen einer nachhaltigen und verantwortungsvollen Finanz- und Haushaltspolitik. Angesichts aktuell beschlossener oder angekündigter Krankenkassenbeitragserhöhungen ist ein gesetzlich fi- xierter Zuschuss des Bundes für ein wettbewerbsorien- tiertes Gesundheitssystem nicht das richtige Signal. Für eine stärkere Kostenentlastung müssten – bevor ein zu- sätzlicher Zuschuss des Bundes erwogen werden kann – zunächst die Leistungserbringer im Gesundheitssystem einen eigenen Beitrag leisten. Dies ist mit der vorliegen- den Reform nur unzureichend gelungen. Einige Ministerpräsidenten der Unionsparteien haben im Sommer letzten Jahres den Einstieg in ein aus Steu- ern finanziertes Gesundheitssystem nur verzögert. Ohne eine gesicherte wirkliche Steuermitfinanzierung wäre diese Regierunskoalition bei einer ihrer wichtigsten Zielstellungen, nämlich der Konsolidierung der Staatsfi- nanzen, gescheitert. Die notwendige Reduzierung des strukturellen Defizits und der weitere Abbau der Neu- verschuldung können dabei nicht allein durch Ausgaben- kürzungen erreicht werden. Eine nachhaltige Gegenfinanzierung für den steigenden Bundeszuschuss ist unerlässlich, wenn die Konsolidierung der Staatsfinanzen weiterhin Priorität haben soll. Ange- sichts steigender Kosten im Gesundheitsbereich auch vor dem Hintergrund der höheren Lebenserwartung – im Jahr 2030 werden allein 3 Prozent des BIP für Kosten des Al- terns aufgewendet werden – muss die Finanzierung dieser zusätzlichen Ausgaben für den Zuschuss aus dem Bundes- haushalt dringend geklärt werden. Rolf Stöckel (SPD): Ich habe dem Gesetzentwurf zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Kranken- versicherung – GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz – zu- gestimmt. In einem hochentwickelten Land mit einer hervorragen- den Medizininfrastruktur müssen die Rahmendingungen für die Akteure am Gesundheitsmarkt stets weiterentwi- ckelt und an die veränderten Bedingungen angepasst wer- den. Die Menschen werden in Deutschland immer älter, die Medizintechnik wird ständig weiterentwickelt. Dabei ist klar, dass es die eine, große Reform nicht geben kann. Vielmehr müssen in einem hochkomplexen System, das nun einmal so ist, wie es ist, eine Vielzahl von Einzelmaß- nahmen getroffen werden. Mit der vorliegenden Reform werden keine Leistungen gekürzt, sondern sogar ausgeweitet. Alle Menschen in D s V m F P w s R g v b m b r A w V K V V d v v s r b ü V g d w v t g d f t d z z n e z t m g p e S (C (D eutschland sind künftig versichert – ein großer Fort- chritt gerade für mich als Sozialdemokraten. Diese Reform enthält für die Versicherten zahlreiche erbesserungen: für Schwerstkranke wird die palliativ- edizinische Versorgung verbessert. Ein wesentlicher ortschritt ist, dass die geriatrische Rehabilitation eine flichtleistung der gesetzlichen Krankenversicherung ird. Das heißt, auch alte und pflegebedürftige sowie chwerbehinderte Menschen haben einen Anspruch auf ehabilitation. Für Behinderte wird dauerhaft sicher- estellt, dass sie auch dann individuell mit Hilfsmitteln ersorgt werden, wenn eine selbstbestimmte und gleich- erechtigte Teilhabe am Leben der Gemeinschaft nicht ehr vollständig möglich ist. Die Gesundheitsreform ringt zudem Erleichterungen für Menschen mit Behinde- ungen in Wohneinrichtungen: Sie haben zukünftig einen nspruch auf häusliche Krankenpflege. Die Wahlmöglichkeiten für die Versicherten werden er- eitert durch Selbstbehalt- und Kostenerstattungstarife. ersicherte können künftig besser vergleichen, ob ihre asse für den Zusatzbeitrag die bessere medizinische ersorgung anbietet. Der Gesundheitsfonds garantiert eine wirtschaftliche erwendung der Beitragsmittel. Der Wettbewerb zwischen en Kassen wird deutlich intensiviert. Der Zusatzbeitrag eranlasst die Kassen, sich im Wettbewerb mit anderen erstärkt um eine qualitätsgestützte und effiziente Ver- orgung zu bemühen und schlanke Verwaltungsstruktu- en zu etablieren. Versicherte verfügen mit dem Zusatz- eitrag über einen Indikator, der ihnen Informationen ber die Leistungsfähigkeit ihrer Kasse gibt. Nutznießer der Reform werden also vor allem die ersicherten sein; für diese Versicherten ist diese Reform emacht, nicht für die zahlreichen Interessengruppen, ie vor allem ihr eigenes Wohl im Sinn haben. Jörn Thießen (SPD): Ich stimme dem GKV-Wettbe- erbsstärkungsgesetz trotz erheblicher Bedenken zu. In ielen Bereichen haben sich durch die intensiven Debat- en der vergangenen Wochen substanzielle Verbesserun- en ergeben. Bei meinem Abstimmungsverhalten sind Konsensbil- ung und politische Handlungsfähigkeit der Koalition ür mich von großem Gewicht. Bedenklich bleibt aber die ungenügend geklärte künf- ige Finanzierung des Steuerzuschusses aus dem Bun- eshaushalt ebenso wie die Verschiebung der Gewichte wischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung ugunsten der letzteren. Von besonderer Bedeutung bleibt weiterhin, dass die eu geschaffene Möglichkeit, den Zusatzbeitrag in Form ines einkommensunabhängigen Pauschalbeitrages ein- uziehen, wieder abgeschafft wird, dass der Zusatzbei- rag von Arbeitnehmern und Arbeitgebern paritätisch ge- einsam finanziert wird, die Systeme der solidarischen esetzlichen Krankenversicherung und der privaten ka- italgedeckten Krankenversicherung nicht weiter gegen- inander abgeschottet werden, sondern solidarische trukturen auch für den Bereich der privaten Kranken- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 8105 (A) ) (B) ) versicherung aufgebaut werden und dass es insgesamt zu einer Verbreiterung der Finanzierungsbasis für die Kran- kenversicherung durch eine Heranziehung von über den Lohn und das Gehalt hinausgehenden Einkommensarten kommt, dass das medizinisch notwendige Leistungsan- gebot für alle Versicherungen in der Regelversicherung voll erhalten bleibt und es zu keiner Aufspaltung in eine Grundversicherung einerseits und Zusatzversicherungen andererseits kommt. Solchen Tendenzen zu einer Zwei- klassenmedizin muss konsequent entgegengetreten wer- den. Mit meinem Abstimmungsverhalten im Bundestag verbinde ich die Erwartung, dass bei nächster Gelegen- heit falsche Weichenstellungen korrigiert werden und das solidarische Krankenversicherungssystem mit dem Leitbild der Bürgerversicherung gefestigt und ausgebaut wird. Dr. Marlies Volkmer (SPD): Ich habe mich bei der namentlichen Abstimmung über die Gesundheitsreform enthalten und gebe hierzu folgende Erklärung ab: Ausdrücklich begrüße ich die durch diese Reform eingeführte allgemeine Versicherungspflicht, die neuen Instrumente zur Verbesserung der bedarfsgerechten Ver- sorgung der Patienten, die Stärkung der Prävention, den Ausbau des Leistungskatalogs der gesetzlichen Kran- kenversicherung, GKV, und die Erhöhung der Wirt- schaftlichkeit im Arzneimittelsektor. Leider ist es nicht gelungen, die Finanzierung der GKV auf eine breitere Basis zu stellen. Weder wurde die Zahl der gesetzlich Versicherten vergrößert, noch wur- den andere Einkommensarten als Erwerbseinkommen, Lohnersatzleistungen und Renten zur Finanzierung des Gesundheitswesens herangezogen. Eine grundsätzliche Lösung war durch die nicht zu vereinbarenden Konzepte von Bürgerversicherung und Kopfpauschale nicht zu er- reichen. Es wäre aber zumindest notwendig gewesen, mehr Steuermittel für die Finanzierung gesamtgesell- schaftlicher Aufgaben in der GKV zur Verfügung zu stellen. Es ist nicht akzeptabel, dass die Steuerfinanzie- rung der GKV 2009 geringer ausfallen wird als 2006. Stattdessen wird mit der Einführung der Zusatzprämie, die einseitig die Versicherten belastet, die paritätische und solidarische Finanzierung des Gesundheitssystems ausgehöhlt. Ursprünglich war das Ziel dieser Reform zu verhin- dern, dass die unausweichlich steigenden Kosten des medizinischen Fortschritts und der Alterung der Gesell- schaft zu drastischen Beitragssatzerhöhungen führen. Dieses Ziel wurde verfehlt. Darüber hinaus verursachen die neuen Pflichtleistungen der GKV und die neue Ho- norarordnung der Ärzte zusätzliche Kosten, die nicht ausreichend durch Einsparungen im System gegenfinan- ziert sind und somit zu einer noch stärkeren Belastung der Versicherten und der Arbeitgeber führen werden. Für circa 60 Prozent der Mitglieder der sächsischen Krankenkassen werden die Beitragssätze durch die Ein- führung des Gesundheitsfonds um mehr als zwei Pro- zentpunkte steigen. Dieser drastische Anstieg belastet die sächsischen Arbeitgeber und Versicherten und ver- teuert die Lohnnebenkosten im Freistaat erheblich. Zu- g z d W S w t n G e s e n d w u K d – z n 2 d d s s d k d A d v (C (D leich wird durch die Reform zuwenig getan, um bis um Jahr 2010 die ambulante medizinische Versorgung er Patienten in den neuen Ländern sicherzustellen. Aus den genannten Gründen kann ich dem GKV- SG nicht zustimmen, sondern enthalte mich der timme. Dr. Wolfgang Wodarg (SPD): Das GKV-Wettbe- erbsstärkungsgesetz belastet unser Solidarsystem. Es reibt gerade jene Kassen in die Pleite, die sich um chro- isch Kranke kümmern, und sorgt für Zulauf und gute eschäfte bei den Privatversicherungen. Weiterhin wird s keine Strukturverantwortung für eine effiziente Ver- orgung geben; denn jede Kasse muss vor allem an die igenen Versicherten denken. Was nützt es, wenn man eue Leistungen ins Gesetz schreibt, aber gleichzeitig iejenigen in den Ruin treibt, die diese Möglichkeiten irklich umsetzen? Alte, chronisch Kranke, Behinderte nd Sterbenskranke bleiben im verschärften Wettlauf der assen ums Überleben eine Last. Und wer darauf hofft, ass die Versprechen der CDU/CSU zum Morbi-RSA Krankheitslastenausgleich zwischen den Kassen – und um Basistarif für die privaten Krankenversicherungen ach der Wahl in Bayern und vor der Bundestagswahl 009 wirklich umgesetzt werden, der hat das Schicksal er Positivliste vergessen und setzt jetzt leichtfertig die urch die SPD hart erkämpften Errungenschaften einer olidarischen Gesundheitssicherung aufs Spiel. Ich timme deshalb gegen das Gesetz und werde weiter für en Erhalt unserer solidarischen Krankenversicherung ämpfen und möchte den Sozialdemokraten sehen, der as nicht will. nlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Clemens Bollen, Dr. Michael Bürsch, Ulla Burchardt, Elvira Drobinski-Weiß, Gernot Erler, Monika Griefahn, Frank Hofmann (Volkach), Gabriele Hiller-Ohm, Reinhold Hemker, Christel Humme, Rolf Kramer, Anette Kramme, Jürgen Kucharczyk, Ute Kumpf, Christine Lambrecht, Waltraud Lehn, Dr. Sascha Raabe, Mechthild Rawert, Gerold Reichenbach, Christel Riemann-Hanewinckel, Sönke Rix, Dr. Ernst Dieter Rossmann, Michael Roth (Heringen), Ortwin Runde, Anton Schaaf, Axel Schäfer (Bochum), Dr. Frank Schmidt, Swen Schulz (Spandau), Frank Schwabe, Christoph Strässer, Dr. Rainer Tabillion, Dr. h. c. Wolfgang Thierse, Waltraud Wolff (Wolmirstedt) und Uta Zapf (alle SPD) zur Ab- stimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstär- kungsgesetz – GKV-WSG) (Tagesordnungs- punkt 27 a) Erstens. Reformen der Gesundheitsversorgung und er Krankenversicherung berühren immer – mehr als iele andere Fragen – die Gesamtheit der Bevölkerung. 8106 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 (A) ) (B) ) Reformen in diesem Bereich sind deshalb mit besonde- rer Sorgfalt und Verantwortung anzugehen und zu ge- stalten. Gesundheit ist für jeden Menschen ein existen- zielles Anliegen. Das solidarische System der Krankenversicherung ist ein zentraler Bestandteil unse- res Sozialstaates. Das Gesundheitssystem bindet schließ- lich über 250 Milliarden Euro an Mitteln und bildet in sich den größten geschlossenen Arbeitssektor in unse- rem Land. Als Abgeordnete, die in ihrer Mehrzahl nicht direkt fachlich und unmittelbar in den Verhandlungen mit den anstehenden grundsätzlichen wie speziellen Reformen im Gesundheitswesen befasst gewesen sind, haben wir uns gleichwohl sehr intensiv mit den Problemen, den Lösungsvorschlägen und den getroffenen Kompromis- sen in der Großen Koalition auseinandergesetzt. Zweitens. Die Unterzeichnenden dieser Erklärung nach § 31 der Geschäftsordnung erkennen ausdrücklich an, dass es auch aus dem Grundverständnis einer sozial- demokratischen Gesundheitspolitik heraus gelungen ist, zahlreiche strukturelle Verbesserungen insbesondere für die Patienten und deren Versorgung durchzusetzen. Beispielhaft nennen wir: Erhalt des Leistungsangebo- tes der gesetzlichen Krankenversicherung, Verhinderung einer weiteren Belastung der Versicherten durch Aus- weitung der Eigenbeteiligung, – Ausbau der Palliativme- dizin, Sicherung der häuslichen Krankenpflege für Pfle- gebedürftige und Behinderte, Absicherung der Rehabilitation in der Krankenversicherung, Stärkung der Prävention und Ausbau der integrierten Versorgung und weitere Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante Versorgung. Auch erkennen wir an, dass es einige bedeutende strukturelle – allerdings auch noch ausbaufähige – Ver- änderungen geben wird durch Erhöhung der Wirtschaft- lichkeit im Arzneimittelbereich, durch eine teilweise Stärkung der Verhandlungsposition der Krankenkassen und durch Einleitung von Reformen im Bereich der privaten Krankenversicherung mit einer strukturellen Stärkung der Rechte der Versicherten (Portabilität, Kon- trahierungszwang, Basistarif). Insbesondere das gesundheitspolitische Ziel, dass je- der Mensch in Deutschland in der Pflicht zum Schutz durch eine Krankenversicherung steht, ist jetzt erreicht. Drittens. Positiv hervorheben möchten wir auch die prinzipielle Absicht, die nachhaltige Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung durch einen anwach- senden Bundeszuschuss zu sichern, der über die Jahre bis 2010 hinaus bis auf Weiteres zu einer Gesamthöhe von 14 Milliarden Euro anwachsen soll. Nach der wider- sinnigen Festlegung im Koalitionsvertrag, den gerade von SPD und Bündnis 90/Die Grünen erst eingeführten Steuerzuschuss wieder zurückzunehmen, und nach dem Einbruch der Bundeskanzlerin im Juli des letzten Jahres, die unter dem Druck der CDU/CSU-Ministerpräsidenten von dem fest verabredeten Einstieg in eine nachhaltige Steuerfinanzierung über Nacht kleinmütig abrücken musste, konstatieren wir also jetzt wieder einen Einstieg in eine stärkere und aufwachsende Steuerfinanzierung. D 2 j m z 2 s a p h d p g g v n z r g w d e z u g t w s s T z b d g w b S c s d B a r r d u a t v r Z w B (C (D iese soll für die Jahre 2007 und 2008 konstant bei ,5 Milliarden Euro jährlich liegen und dann ab 2009 ährlich um 1,5 Milliarden Euro anwachsen. Dieses Ele- ent wird allerdings bisher nicht durch eine klare Finan- ierungsgrundlage gesichert. Damit ist bei einer Reform, die wir zum Jahresanfang 007 im Bundestag verabschieden, ein weiterer ent- cheidender Baustein in seiner konkreten Realisierung uf das Jahr 2009 mit allen Konsequenzen und in seiner räzisen Umsetzung verschoben. Die Unterzeichnenden erklären ausdrücklich, dass sie ierin ein strukturelles Dilemma dieser Reform sehen, ass mit Wirksamkeit zum 1. April 2007 viele konkrete ositive Strukturreformen beschlossen werden und dem egenüber zum 1. Januar 2009 vorgesehene Veränderun- en in der Grundarchitektur der gesetzlichen Kranken- ersicherung mit vielen Bedingungen, Vorbehalten und och offenen Fragen versehen sind. Viertens. In dieser Situation kommt es für die Unter- eichnenden insbesondere darauf an, dass die Einfüh- ung eines umfassenden, zielgenauen, morbiditätsbezo- enen Risikostrukturausgleiches verbindlich realisiert ird und damit eine wirksame Solidarleistung zwischen en unterschiedlichen Patientenstrukturen der Kassen ntsteht, der Fonds den Beitragsatz der Krankenkassen um 1. Januar 2009 tatsächlich zu 100 Prozent abdeckt nd es nur eine sehr begrenzte Zahl von Zusatzbeiträgen eben wird und die berechtigten Interessen der Mitarbei- erinnen und Mitarbeiter der Krankenkassen bei den not- endigen noch offenen Gesetzesregelungen über die In- olvenzordnung ausreichend gewahrt bleiben. Auf die Einhaltung dieser Bedingungen und Voraus- etzungen wird im Vorfeld der Wirksamkeit des zweiten eils der Gesamtreform zum 1. Januar 2009 sehr genau u achten sein. Von besonderer Bedeutung für die Unterzeichnenden leibt weiterhin, dass die neugeschaffene Möglichkeit, en Zusatzbeitrag in Form eines einkommensunabhängi- en Pauschalbeitrages einzuziehen, wieder abgeschafft ird und der Zusatzbeitrag von Arbeitnehmern und Ar- eitgebern paritätisch gemeinsam finanziert wird, die ysteme der solidarischen gesetzlichen Krankenversi- herung und der privaten kapitalgedeckten Krankenver- icherung nicht weiter gegeneinander abgeschottet wer- en, sondern solidarische Strukturen auch für den ereich der privaten Krankenversicherung schrittweise ufgebaut werden und es insgesamt zu einer Verbreite- ung der Finanzierungsbasis für die Krankenversiche- ung durch eine Heranziehung von über den Lohn und as Gehalt hinausgehenden Einkommensarten kommt nd das medizinisch notwendige Leistungsangebot für lle Versicherungen in der Regelversicherung voll erhal- en bleibt und es zu keiner Aufspaltung in eine Grund- ersicherung einerseits und Zusatzversicherungen ande- erseits kommt. Solchen Tendenzen zu einer weiklassenmedizin muss konsequent entgegengetreten erden. Fünftens. Mit unserem Abstimmungsverhalten im undestag verbinden wir die Erwartung, dass bei nächs- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 8107 (A) ) (B) ) ter Gelegenheit falsche Weichenstellungen korrigiert werden und das solidarische Krankenversicherungssys- tem mit dem Leitbild der Bürgerversicherung gefestigt und ausgebaut wird. Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Hilde Mattheis, Lothar Mark, Ewald Schurer, Klaus Barthel, Renate Gradistanac, Angelika Graf (Rosenheim), Dr. Bärbel Kofler und Ottmar Schreiner (alle SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wett- bewerbsstärkungsgesetz – GKV-WSG) (Tages- ordnungspunkt 27 a) Die Große Koalition hat sich zum Ziel gesetzt, mit der Gesundheitsreform eine nachhaltige und gerechte Finan- zierung des Gesundheitswesens zu sichern. Als Ergebnis der Gesundheitsreform sollte ein leistungsfähiges, solida- risches und demografiefestes Gesundheitswesen stehen. Trotz einzelner Strukturreformen, die positiv bewertet werden können, wie erstens die Pflicht der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung, ehemaligen Versi- cherten wieder einen Versicherungsschutz anzubieten, zweitens den zunächst erreichten Erhalt des Leistungs- katalogs der GKV sowie die Umwandlung bisheriger Ermessensleistungen und Verbesserungen (Mutter-Vater- Kind-Kuren, geriatrische Rehabilitation; Impfungen) in Pflichtleistungen und drittens die Kosten-Nutzen- Bewertung von Arzneimitteln, die auch den therapeu- tischen Nutzen berücksichtigt, ist das Ergebnis der Gesundheitsreform als Kompromiss innerhalb der Großen Koalition enttäuschend und nicht zielführend. Diese Gesundheitsreform schwächt die Solidarität in der gesetzlichen Krankenversicherung und führt zu einer einseitigen Belastung der gesetzlich Versicherten. Gleichzeitig ist zu befürchten, dass es zu Leistungsaus- grenzungen für GKV-Versicherte kommen wird. Mittel- fristig sind Teile des Gesetzes haushaltstechnisch nicht abgesichert. Besonders aus folgenden acht Gründen kann den Reformplänen nicht zugestimmt werden: Erstens. Der Gesundheitsfonds lässt die private Kran- kenversicherung außen vor, anstatt sie in die solidarische Finanzierung des Gesundheitswesens einzubeziehen. Das Fondsmodell, in dem der Bund den einheitlichen Beitragssatz festlegt und sowohl Arbeitgeber- als auch Arbeitnehmerbeiträge fixiert sind, führt zu einem Wettbe- werb über die Zusatzbeiträge. Diese sind sozial ungerecht und belasten einseitig die Versicherten. Die Zusatzbei- träge widersprechen dem einstimmigen Beschluss von SPD-Parteivorstand und Parteirat vom 24. April 2006, der „Pauschalen jeder Art und Variante“ als unsolidarisch ablehnt. W d w r u d u w Q d B R b i r K s d w V w s w b s S s s s d h a w i E f m b r s I Z r g m B w w d r (C (D Zweitens. Der neue Spitzenverband Bund hemmt den ettbewerb der gesetzlichen Kassen um die beste Qualität er medizinischen Versorgung und drängt die Selbstver- altung in eine Statistenrolle. Drittens. Es ist zu befürchten, dass die geplanten Neu- egelungen zum Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA) nzureichend sind. Die Morbiditäten der Versicherten in en einzelnen gesetzlichen Krankenkassen werden nur nzureichend abgebildet, sodass letztlich ein Kassen- ettbewerb um die besten Risiken statt um die beste ualität stattfinden wird. Es wird daher Kassen geben, ie sofort einen Zusatzbeitrag erheben müssen, da der etrag aus dem Fonds nicht ausreicht und der Morbi- SA unzureichend ist. Viertens. Die geplanten Wahlleistungs- und Selbst- ehalttarife führen zu einer weiteren Entsolidarisierung m Gesundheitswesen hin zu einer weiteren Privatisie- ung der Krankheitskosten. Die auf Druck der privaten rankenversicherungslobby und der CDU/CSU ent- chärften Regelungen beim Basistarif belasten die Soli- argemeinschaft der gesetzlichen Krankenversicherung eiter, weil sie zu einer Abwanderung bisher freiwillig ersicherter in die private Krankenversicherung führen erden. Fünftens. Die gesetzlichen Kassen haben für 2007 pürbare Beitragserhöhungen beschlossen. Diese Ent- icklung ist im Zusammenhang mit steigenden Lohnne- enkosten, die dem notwendigen Ziel einer Konjunktur- tabilisierung entgegenstehen, äußerst bedenklich. Die tabilisierung des Bundeshaushalts ist auf ein weiteres, tabiles wirtschaftliches Wachstum unserer Volkswirt- chaft angewiesen. Sechstens. Gravierend ist, dass ein konkreter Vor- chlag zur Gegenfinanzierung des Steuerzuschusses, den ie GKV pauschal für gesellschaftliche Leistungen er- ält, fehlt. Siebtens. Die fehlende Gegenfinanzierung betrifft vor llem den in der Gesundheitsreform enthaltenden Auf- uchs der Steuermittel für die nächsten Jahre. Ab 2009 st ein Aufwuchs um jährlich weitere 1,5 Milliarden uro notwendig, sodass bereits 2011 7 Milliarden Euro ällig werden, 14 Milliarden im Jahr 2016. Hinzu kom- en weitere Risiken, die mit circa 2 Milliarden Euro zu eziffern sind, ungeachtet der Risiken, die in konjunktu- ellen Zyklen und durch die Zinsentwicklung möglich ind. Achtens. Das Gesetz verschärft die Armut von Hartz- V-Leistungsempfängerinnen und -empfängern, da der usatzbeitrag (Kopfpauschale), wenn das Kündigungs- echt aus unterschiedlichen Gründen nicht in Anspruch enommen wird, aus dem Regelsatz finanziert werden uss. Aufgrund der skizzierten Kritikpunkte und der großen edenken gegen das vorliegende Gesamtpaket stimmen ir heute im Deutschen Bundestag gegen den Gesetzent- urf der Fraktionen CDU/CSU und SPD zur Stärkung es Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversiche- ung. 8108 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 (A) ) (B) ) Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Renate Schmidt (Nürnberg), Petra Ernstberger, Marianne Schieder, Dr. Carl- Christian Dressel, Wolfgang Grotthaus, Nicolette Kressl und Klaus Brandner (alle SPD) zur Ab- stimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstär- kungsgesetz – GKV-WSG) (Tagesordnungs- punkt 27 a) Nachdem denen, die dem Entwurf des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Kranken- versicherung in zweiter und dritter Lesung zustimmen, öffentlich unterstellt wird, sie würden ihrem Gewissen nicht folgen und von ihren Fraktionen als „Stimmvieh“ missbraucht, erklären wir hiermit: Erstens. Wir stimmen dem oben genannten Gesetz im Sinne des Artikels 38 GG nach sorgfältiger Prüfung und ausführlichen Gesprächen mit Betroffenen vor Ort zu. Zweitens. Wir sind im Laufe des Gesetzgebungsver- fahrens nicht belogen, getäuscht oder ausgetrickst wor- den, haben im Gegenteil auf offene oder strittige Fragen umfassende Antworten erhalten. Konstruktive und fi- nanzierbare Vorschläge haben häufig zu Änderungen des ursprünglichen Gesetzentwurfs geführt. Drittens. Nicht wenige derer, die seitens der Unions- fraktion nicht zustimmen, tun dies, weil sie weiterhin das Modell einer Kopfpauschale und einer überwiegend pri- vaten Vorsorge durchsetzen wollen. Andere führen für ihr ablehnendes Stimmverhalten Sorgen von im Gesund- heitswesen Tätigen und Institutionen an, ohne sich selbst die Mühe gemacht zu haben, finanzierbare Änderungs- vorschläge vorzulegen. Wir dagegen halten den gefunde- nen Kompromiss für tragfähig und die Strukturreformen für zukunftsweisend. Es ist begrüßenswert, dass Leistun- gen nicht eingeschränkt werden. Wir halten es für notwendig, dass die Grundlagen für den Morbiditätsaus- gleich rechtzeitig vorliegen. Wir halten die Finanzie- rungsstruktur für verbesserungsfähig; denn auch dieses Gesetz ist keine „Jahrhundertreform“, wird verändert werden und verändert werden müssen. Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Ulrich Kelber und Ulrike Merten (beide SPD) und Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU) zur Abstim- mung über den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstär- kungsgesetz – GKV-WSG) (Tagesordnungs- punkt 27 a) Die Beschlussempfehlung zum GKV-Wettbewerbs- stärkungsgesetz enthält, anders als der ursprüngliche Ge- setzentwurf, eine Festlegung des Sitzes des neuen Spit- zenverbandes der Krankenkassen für Berlin. Dies w l d B d k d B z b i A s h Z K l s W a w z s z m b G A g s g h d t s s E n D H s d n n (C (D iderspricht nach unserer festen Überzeugung dem Ber- in/Bonn-Gesetz, in dem ausdrücklich festgehalten wird, ass zum Erhalt politischer Funktionen in der Region onn der Politikbereich Gesundheit dort gefördert wer- en soll. Der Sitz des neuen Spitzenverbandes der Kran- enkassen müsste deshalb in der Region Bonn angesie- elt sein. Trotz dieses Widerspruchs zum geltenden Berlin/ onn-Gesetz stimmen wir der Beschlussempfehlung um GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz zu, weil die Ver- esserungen im Gesundheitsbereich durch das Gesetz nsgesamt für uns stärker wiegen. nlage 7 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Iris Hoffmann (Wismar) und Bernhard Brinkmann (Hildesheim) (beide SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstär- kungsgesetz – GKV-WSG) (Tagesordnungspunkt 27 a) Das Gesundheitssystem in Deutschland gehört mit einer solidarischen Ausrichtung und seiner Leistungsfä- igkeit zu den besten in der Welt. Um es auch für die ukunft zu sichern, bedurfte es einer gemeinsamen raftanstrengung der Großen Koalition. In den Verhand- ungen zur Gesundheitsreform trafen zwei sehr unter- chiedliche Modellvorstellungen aufeinander. Zum ohle des Landes mussten deshalb eigene Positionen ufgegeben und ein tragfähiger Kompromiss gefunden erden. Das Ergebnis dieser Verhandlungen liegt uns heute ur Abstimmung vor. Ich werde für den Gesetzentwurf timmen. Vorteilhafte Entwicklungen für die Versicherten sind u erkennen. Es ist ein Fortschritt, dass zukünftig nie- and mehr ohne Versicherungsschutz in Deutschland le- en wird. Auch der Ausbau des Leistungskataloges der KV wird für die Versicherten Vorteile bringen. Die ufnahme von Rehabilitations- und Palliativbehandlun- en als Pflichtleistungen der Krankenkassen ist deshalb ehr zu begrüßen. Auch die Verbesserungen bei Impfun- en, Eltern-Kind-Kuren sowie bei der ambulanten Be- andlung von Krebs, Mukoviszidose und Aids waren ringend notwendige Anpassungen der gesetzlich garan- ierten Pflichtleistung. Ich stimme mit dem Inhalt des Reformpakets in we- entlichen Punkten aber nicht überein. Die Bundeszu- chüsse zur GKV werden jährlich um 1,5 Milliarden uro bis auf 14 Milliarden Euro steigen. Die Gegenfi- anzierung aus dem Bundeshaushalt ist nicht gesichert. ieser Zustand birgt enorme Risiken für die kommenden aushaltsjahre, weil eine Deckung alleine über wirt- chaftliches Wachstum nicht erreicht werden kann. Um ie Maastrichtkriterien einzuhalten, ist eine alleinige Fi- anzierung über die Erhöhung der Nettokreditaufnahme icht möglich. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 8109 (A) ) (B) ) Deshalb müssen im Bundeshaushalt selbst in den kommenden Jahren ausgabenseitig große Einsparungen vorgenommen werden. Einnahmeseitig wird dieses zwangsläufig zu weiteren Steuererhöhungen führen. In- sofern ist für mich die Finanzierung des Gesetzesvorha- bens mittel- und langfristig nicht gesichert. Die Gesundheitsreform sollte zu Kosteneinsparungen aufseiten der öffentlichen Hand führen. Das Ziel ist nicht erreicht worden. Darüber hinaus werden auch die priva- ten Haushalte über Beitragserhöhungen der gesetzlichen Krankenkassen höher belastet. Die privaten Krankenversicherungen sind ein wichti- ger Faktor für die Sicherung eines leistungsfähigen Ge- sundheitssystems. Die Einführung des Basistarifs wird wegen der Belastung im Leistungsbereich zu gravieren- den Beitragsanpassungen führen. Das belastet alle privat Krankenversicherten, sowohl Beamte im einfachen, mittleren und gehobenen Dienst als auch Selbstständige und Freiberufler. Das Gesundheitssystem in Deutschland beruht auf dem Solidaritätsprinzip. Dies bedeutet vor allem, dass sich alle Ebenen an der Sicherung und Verbesserung der Gesundheitsversorgung beteiligen müssen. Dies gilt auch für Krankenhäuser, Apotheken, Pharmaindustrie und andere Dienstleistern im Gesundheitsbereich. Im Gesetzentwurf waren deshalb auch Einsparziele für alle Beteiligten vorgesehen. Diese wurden in den Verhand- lungen – vor allem auch mit den Bundesländern – aufge- weicht und deutlich nach unten korrigiert. Damit schul- tern vor allem die Bürger und der Staat die Last der Reform. Diese Entwicklung ist mehr als enttäuschend. Zuletzt verfehlt das Gesetzespaket sein Ziel beim Umbau der Strukturen in den gesetzlichen Krankenkas- sen. Zwar werden mit der Schaffung des Dachverbandes überflüssige Strukturen bei den einzelnen Kassen abge- baut. Jedoch wird die Zahl der Kassen dadurch nicht deutlich abnehmen. Hier hätte mehr erreicht werden können. Ich werde aber heute dennoch dem Gesetz zustim- men, da ich das Mehrheitsvotum meiner Fraktion re- spektiere und es sich hierbei nicht um eine Gewissens- entscheidung handelt. Anlage 8 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Karl Lauterbach, Andrea Nahles und Niels Annen (alle SPD) zur Abstim- mung über den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstär- kungsgesetz – GKV-WSG) (Tagesordnungs- punkt 27 a) Dem Entwurf der Fraktionen von SPD und CDU/ CSU eines GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes können wir nicht zustimmen. Dieses Gesetz berührt die Gesund- heitsversorgung der deutschen Bevölkerung und die Le- bensschicksale einzelner Menschen so zentral, dass wir von der Fraktionsmehrheit abweichen. d v d w g s 9 s v t m s k t d s d a G w d i k g Z d p s B k c z S h E u K Q z d s v g t s K a k o u r m t G (C (D Es war vor Beginn der Verhandlungen klar, dass we- er die Einführung einer Bürgerversicherung noch eine on der CDU geforderten Gesundheitsprämie Ergebnis er Reform sein könne. Daher sollten die vier objektiv ichtigsten Probleme pragmatisch und im Kompromiss elöst werden: Erstens. Stabilisierung oder Senkung der Beitrags- ätze der gesetzlichen Krankenkassen, die mehr als 0 Prozent der Bevölkerung versichern. Zweitens. Verbreiterung der Einnahmebasis der ge- etzlichen Krankenkassen, da die einseitige Belastung on Löhnen und Gehältern den Arbeitsmarkt verschlech- ert und ungerecht ist. Drittens. Abbau der sich verstärkenden Zweiklassen- edizin. Viertens. Schaffung eines fairen Wettbewerbs zwi- chen gesetzlichen Krankenkassen und privaten Kran- enversicherungen. Keines dieser Ziele konnte erreicht werden. Die Bei- ragssätze steigen bereits im Vorfeld der Reform. Durch ie ständigen Verwässerungen der Strukturreform chrumpften die Einsparungen auf einen Betrag, der urch die Kostensteigerungen in nur wenigen Monaten ufgezehrt sein wird. Die Belastung von Löhnen und ehältern konnte kurz- und mittelfristig nicht reduziert erden. Eine stärkere Steuerfinanzierung wurde lange iskutiert, aber konnte nicht umgesetzt werden. Ergebnis st nur, dass der Steuerzuschuss der gesetzlichen Kran- enversicherung kurzfristig sinkt und langfristig ohne esicherte Gegenfinanzierung ist. Für den Abbau der weiklassenmedizin gibt es keine Impulse und es bleibt abei, dass die privaten Krankenversicherungen schwer- unktmäßig die einkommensstarken und gesunden Men- chen versichern werden, die aufgrund einer besseren ezahlung von Ärzten und Krankenhäusern auch in Zu- unft eine bessere Versorgung als der gesetzlich Versi- herte erwarten dürfen. Noch problematischer als die Tatsache, dass die vier entralen Ziele nicht erreicht werden konnten, ist die chaffung neuer Probleme für das deutsche Gesund- eitssystem. Das größte neu geschaffene Problem ist die inführung eines neuen und gefährlichen Wettbewerbs m einkommensstarke Mitglieder in der gesetzlichen rankenversicherung, der sich langfristig negativ auf die ualität der Versorgung auswirken muss. Die Unter- eichner haben einen Wettbewerb für bessere Qualität in er Vergangenheit immer unterstützt. Durch den Ge- undheitsfonds aber werden die Krankenkassen, die iele ältere und kranke Mitglieder versichern, gezwun- en, zusätzliche Kopfpauschalen zum allgemeinen Bei- ragssatz zu nehmen. Da Kopfpauschalen Einkommens- chwache aber schnell überfordern, werden die rankenkassen gezwungen sein, sich stärker als heute uf das Anwerben einkommenstarker Neumitglieder zu onzentrieren. Die Einführung von Kopfpauschalen hne Sozialausgleich ist von der SPD daher immer als ngerecht abgelehnt worden, weil davon Rentner, Ge- ingverdiener und Familien belastet und nur Einkom- ensstarke entlastet werden. Jetzt werden sie gleichzei- ig mit einem neuen Wettbewerb um Gutverdiener und esunde eingeführt. Die größten Verlierer sind dabei 8110 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 (A) ) (B) ) chronisch Kranke mit geringem Einkommen, besonders dann, wenn sie unter einer Krankheit leiden, die nicht zu den maximal 80 Krankheiten gehört, die in Zukunft im Risikostrukturausgleich berücksichtigt werden. Kran- kenkassen werden alles tun, solche Versicherte zu mei- den, weil sie weder hohe Kopfpauschaleneinkünfte noch Ausgleichszahlungen aus dem Risikostrukturausgleich bringen. Somit benachteiligt die Reform ausgerechnet die Gruppe von Menschen, die bereits am stärksten be- nachteiligt ist, Einkommensschwache mit seltenen chro- nischen Erkrankungen. Im Gegenzug wird für diejenigen, deren Einkommen oberhalb der Versicherungspflichtgrenze liegt, ein neuer Basistarif in der privaten Krankenversicherung geschaf- fen, der den Leistungskatalog der gesetzlichen Kranken- kassen abdeckt, für die Versicherten aber billiger ist als die Versicherung in der gesetzlichen Krankenkasse. Der Basistarif bietet einen starken Anreiz für bislang freiwil- lig gesetzlich Versicherte, das Solidarsystem zu verlas- sen. Ohne Risikoprüfung garantiert er eine Versorgung von hoher Qualität mit einer besseren Vergütung der Ärzte, wobei auch garantiert ist, dass der Beitrag nicht höher sein darf, als der für freiwillig Versicherte zu zah- lende Beitrag der gesetzlichen Krankenkasse. Weil ein Solidarbeitrag in den Gesundheitsfonds nicht anfällt, dürfte der Versicherte im Einzelfall bis zu 300 Euro im Monat beim Wechsel von der gesetzlichen Krankenkasse in den Basistarif einer privaten Krankenversicherung sparen. Nur derjenige, der mehr als die Versicherungs- pflichtgrenze verdient, erhält das Recht, sich aus dem Solidarsystem zu verabschieden und sich billiger und besser im neuen Basistarif zu versichern. Es handelt sich hier nicht um einen Einstieg, sondern um die Abkehr von der Bürgerversicherung. Dass weder die klassisch privat Versicherten noch die Mitglieder im neuen Basistarif in das Solidarsystem ein- zahlen, ist eine bittere Niederlage für die soziale Gerech- tigkeit in Deutschland genauso wie die Einführung von Kopfpauschalen ohne Arbeitgeberbeitrag oder Sozial- ausgleich. Das Solidarsystem wird geschwächt und nicht gestärkt. Die Einkommensschwachen müssen befürch- ten, dass die Obergrenze der Kopfpauschalen von 1 Prozent des Einkommens bald fallen wird, wie dies von der Union bereits jetzt gefordert wird. Alle Versuche der Unterzeichner, diese Verschlechterungen auf dem Verhandlungsweg abzuwenden, sind am Widerstand der Lobbyisten und an ideologischen Barrieren einzelner Verhandlungsteilnehmer gescheitert. Daher muss die konzeptionelle Vorbereitung einer echten Reform für eine bessere Versorgung und eine nachhaltige und ge- rechte Finanzierung sofort beginnen. Anlage 9 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Rainer Fornahl und Gunter Weißgerber (beide SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenver- z E s w B i E i g s K d p D K w e l s 8 A B d g s m z s d w w c s l R g z ß k g V d d 2 k r D P S w m z u r r I (C (D sicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz – GKV-WSG) (Tagesordnungspunkt 27 a) Wir stimmen dem Gesetzentwurf in der Drucksache u, weil infolge des Gesetzes unter anderem: mit der inführung des Gesundheitsfonds richtige Schritte hin- ichtlich einer zukünftig starken Reduzierung des Ver- altungsaufwands im Bereich der Kassen (Stichwort: eitragseinzug künftig durch 16 Zahlstellen des Fonds n den 16 Bundesländern statt wie bisher durch Hunderte inzelkassen) und einer massiven Entbürokratisierung m Bereich der Wirtschaft (Stichwort: lohnsummenbezo- ene Abführung der Beiträge an die im Bundesland an- ässige Zahlstelle des Fonds) erfolgen; die gesetzlichen rankenkassen zur Entschuldung verpflichtet werden; er Bundesrechnungshof ein umfassendes Kassenüber- rüfungsrecht erhält; erstmalig alle Einwohner in eutschland krankenversichert sein werden; im privaten rankenversicherungssystem ein Basistarif geschaffen ird; alle Kassen in der GKV den gleichen Grundbetrag rhalten, unabhängig vom geografischen Sitz der jewei- igen Kasse; die tatsächlichen Krankheiten im Risiko- trukturausgleich besser abgebildet, das heißt die 50 bis 0 häufigsten Krankheiten einbezogen werden; die rzthonorare harmonisiert werden (Abschaffung der udgetierung, Verlagerung des Gesundheitsrisikos von en Ärzten zu den Kassen); ab 2010 unterversorgte Re- ionen über Zuschläge höhere Anreize zur Niederlas- ung bieten können; Sicherstellungszuschläge nicht ehr hälftig zulasten der Ärzte, sondern zu 100 Prozent ulasten der Kassen gewährt werden; Sicherstellungszu- chläge nicht mehr durch eine Begrenzungsregelung ge- eckelt (bisher 1 vom Hundert der Gesamtvergütung) erden; Sicherstellungszuschläge auch an Ärzte gezahlt erden, die bereits im betroffenen Gebiet tätig sind; Si- herstellungszuschläge schon bei absehbarer Unterver- orgung gewährt werden; die Krankenhäuser für spezia- isierte ambulante Leistungen in strukturschwachen egionen geöffnet werden. Schwere Bedenken haben wir angesichts der ehrgeizi- en ursprünglichen Zielstellungen in Anbetracht der jet- igen, bescheiden erscheinenden Resultate. Für uns bleibt der fatale Eindruck, dass die großen au- erparlamentarischen Kräfte wie gesetzliche Kranken- assen, private Krankenkassen, Kassenärztliche Vereini- ungen, Pharmaindustrie und Apotheker in traurigem erbund mit den reformunfähigen föderalen Strukturen er Bundesrepublik Deutschland (Bundesländer) über en engagierten Entwurf der Koalition vom Sommer 006 „obsiegt“ haben. Es bleibt die Erkenntnis: Weder eine Große Koalition ann einen großen Wurf durchsetzen, noch hätte es eine ot-grüne oder eine schwarz-gelbe Koalition gekonnt. ie große Koalition knickte auf Unionsseite vor der KV, der Pharmaindustrie und den Apothekern ein, die PD brachte ihr Opfer der GKV und der Industrie. Beide urden zusätzlich vom Bundesrat düpiert. Andere parla- entarische Mehrheiten wären vor diesen massiven Ein- elinteressen ähnlich eingeknickt. Besonders fatal ist für ns darüber hinaus Folgendes: Die Kassen sollen Inte- essenvertreter ihrer Beitragszahler sein. Das ist in der ealen Welt absolut nicht zutreffend! Die Kassen sind die nteressenvertreter der Kassen, mehr nicht! Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 8111 (A) ) (B) ) Das Parlament ist die eigentliche Interessenvertretung aller Beitrags- und Steuerzahler. In diesem Sinn gehen wir mit dem GKV-WSG und dessen vielen Verbesserun- gen hinsichtlich der Interessen der Beitragszahler in die richtige Richtung. Dies lässt uns letztlich zustimmen, obwohl statt der angestrebten Kostensenkung vorerst Beitragserhöhungen plus immense Zuschüsse aus Steu- ermitteln auf uns zukommen. Hierüber kann das letzte Wort noch nicht gesprochen sein. Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Steuervereinfachung – Lohnsteuerklassen III, IV und V abschaffen (Tagesordnungspunkt 31) Patricia Lips (CDU/CSU): Der ganz offensichtlich zugrunde liegende Anlass des vorliegenden Antrages ist weitreichender, als es die Überschrift zunächst vermuten lässt: Diese spricht von einer „Steuervereinfachung“ – das klingt immer gut und könnte wohlmeinend als eine Art Lockmittel dienen –, und in diesem Zusammenhang fordern Sie die „Abschaffung einzelner Lohnsteuerklas- sen.“ Bevor ich auf die Hintergründe zu sprechen komme, lassen Sie mich noch eines anmerken: Eine Initiative, ein Ziel, das man verfolgt, wird nicht allein dadurch über- zeugender, indem man identische Anträge innerhalb kür- zester Zeit gleich zweimal stellt. Im April vergangenen Jahres lautete die Überschrift des identischen Antrages: „Individualbesteuerung mit übertragbarem Höchstbe- trag“. Es war ein Leichtes, zu erkennen, wie viele Text- passagen wortgleich übernommen wurden. Aber ob nun so oder so: Am Ende steht faktisch die Beerdigung des Ehegattensplittings. Einziger Unterschied: Sie konkreti- sieren diesmal die Vorgehensweise und schlagen für ein gesellschaftlich elementares Thema eine steuerliche Ein- zelmaßnahme vor. Es ist in der Tat im Koalitionsvertrag vereinbart, dass anstelle der Steuerklassen ein Anteilssystem eingeführt werden soll. Und wie einfach wäre es, würden wir uns heute tatsächlich ausschließlich über Lohnsteuerklassen unterhalten. Aber: Ihr Antrag soll unter einem steuer- rechtlichen Deckmantel auch bewusst zu einer nachhalti- gen gesellschaftspolitischen Veränderung führen, die eben mehr als Zahlen beinhaltet. Dabei – und lassen Sie mich auch das an dieser Stelle ausdrücklich erwähnen – werden unterschwellig zumeist mehrere unstreitbar populäre, wenn auch mit Zweifeln behaftete Begründungen gleich mitgeliefert: Erstens. Das Ehegattensplitting sei schon fast kinderfeindlich. Zweitens. Es sei ein steuerliches Privileg. Drittens. Es gebe keine Frauen mehr, die bewusst und freiwillig ihren Beruf zugunsten der Kindererziehung zumindest ausset- zen. Wir müssen uns schon sehr genau überlegen, ob wir tatsächlich quasi mit einem Federstrich den verfassungs- rechtlichen Schutz von Ehe und Familie infrage stellen w k g d f e m d m h D i K g d p E w g p d w d o W u s b i B r s O k A M s F r s s h n k d s i b s d u D E S (C (D ollen, welche steuerlichen bzw. gesellschaftlichen Len- ungswirkungen wir erzielen wollen und wo wir die ei- entlichen Ziele setzen, nämlich bei den Kindern sowie em Schutz von Ehe und Familie oder bei der Abschaf- ung eines vermeintlichen Privilegs, um die eigene Kli- ntel zu bedienen. Um dem Thema angemessen begegnen zu können, üssen wir die gesamte Familienförderung in Verbin- ung mit dem Einkommensteuerrecht in die Betrachtung it einbeziehen. Als Grundlage des Splittings in beste- ender Form dient die persönliche Leistungsfähigkeit: ieses Prinzip soll eine besondere Ausprägung erfahren, nsbesondere bei der Berücksichtigung der Familien mit indern. Es ist damit ausdrücklich keine Sonderver- ünstigung, sondern notwendiger steuerrechtlicher Aus- ruck einer Lebens- und Fürsorgegemeinschaft von Ehe- artnern, welche eigene Erziehungsleistung anerkennt. ine Streichung, Kürzung oder Umwandlung trifft in der eit überwiegenden Zahl Familien mit Kindern. Im Ge- enzug dazu: Welchen Vorteil haben kinderlose Ehe- aare, in welchen beide gleichermaßen zum Einkommen es Haushaltes beitragen? Keinen. Es wären mithin nicht enige Familien betroffen, in denen ein Elternteil wegen er Kindererziehung die Erwerbstätigkeit einschränkt der ganz darauf verzichtet. Das Ehegattensplitting bietet ein gesichertes Maß an ahlfreiheit in der Lebensgestaltung, und es ist am Ende nsere Entscheidung, ob wir dies auch weiterhin unter- tützen oder mit bestimmten steuerlichen Instrumenten ewusst andere Lenkungswirkungen erzielen wollen. Es st unbestreitbar, dass bei dem „Faktor“ Kind und bei etrachtung der demografischen Entwicklung in unse- em Land Maßnahmen und Komponenten zu entwickeln ind, die diese stärker als bisher berücksichtigen können. b dies jedoch mit der Abschaffung von Lohnsteuer- lassen zu erreichen ist, lasse ich einmal dahingestellt. m Ende jeder Diskussion ist es für uns wichtig, den enschen auch weiterhin eigenverantwortlich die Ent- cheidung zu überlassen, in welcher Weise sie Ehe und amilie auf der einen und Erwerbstätigkeit auf der ande- en Seite anteilig gestalten. Und genauso sollte sich die teuerliche Berücksichtigung im System widerspiegeln. Zum Schluss: Dass das System der Steuerklassen in ich eine neue Form finden kann und soll, dass dies ein- ergehen soll mit einer Steuervereinfachung – all dies ist ahezu unstreitig, wenn auch im Detail Raum für Dis- ussionen bleibt. Welches Gesellschaftsbild wir künftig damit verbin- en, wo die Schwerpunkte von Ehe, Familie und gesell- chaftlichen Werten ihre Ausprägung erfahren, hierfür st ein viel umfassenderer Prozess erforderlich. Gabriele Frechen (SPD): Der Antrag, den wir heute eraten, lautet: „Steuervereinfachung – Lohnsteuerklas- en III, IV und V abschaffen“. Die Überschrift erweckt amit den Eindruck, dass man durch diese Maßnahme nser Steuerrecht vereinfachen könnte. Das ist falsch. as Einzige, was dadurch vereinfacht würde, wäre die ntscheidung der steuerpflichtigen Ehegatten, welche teuerklassenkombination sie für sich als am besten 8112 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 (A) ) (B) ) geeignet halten. Das heißt, es würde nur die Entschei- dungsfreiheit der Steuerpflichtigen eingeschränkt. Mehr nicht. Vielleicht würde in der Finanzverwaltung die eine oder andere Steuererklärung entfallen. Dazu würde auch reichen, die Steuerklassen III und V zu streichen. Das hat aber nichts mit Steuervereinfachung zu tun. Sie schreiben in Ihrem Antrag, dass vor allem Frauen die Motivation zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit fehlen würde, weil sie unverhältnismäßig hohe Steuern bezahlen müssen. Im Weiteren gestehen Sie aber ein, dass diese Ungleichbehandlung am Ende des Jahres durch die Steuererklärung ausgeglichen würde. Wollen Sie allen Ernstes behaupten, die Motivation würde steigen, wenn die Eheleute am Jahresende insgesamt mehr Steuern bezahlen müssten als heute? Und genau das fordern Sie. Ich stimme Ihnen zu: Bei einer Kombination Steuer- klasse III und V bezahlt derjenige, der weniger verdient, unverhältnismäßig mehr Steuern und derjenige, der mehr verdient, unverhältnismäßig weniger. Ich stimme Ihnen auch zu, dass in der Regel die Frauen die ungünstigere Steuerklasse haben. Aber liegt das daran, dass sie Frauen sind, oder nicht eher daran, dass ihr Einkommen niedriger ist? Ich glaube, die Steuerpflichtigen sind sehr wohl in der Lage, zu erkennen, welche Steuerklassenkombination monatlich für sie die beste ist, zumal auch heute die Möglichkeit besteht, mit der Wahl der Steuerklassen IV, jeden Ehepartner bereits monatlich entsprechend dem Einkommen zu besteuern. Wie gesagt: Am Ende des Jahres spielt das eh keine Rolle, da die Einkommen addiert und die korrekte Steuer errechnet wird. Aber darauf kommt es Ihnen ja gar nicht an. Denn die Überschrift hat nichts mit dem Inhalt des Antrags zu tun. Es geht in dem Antrag nämlich nicht um die reine Abschaf- fung von Steuerklassen, sondern um die Abschaffung der Splittingtabelle für verheiratete Steuerpflichtige. Auch in meiner Fraktion wird offen über das Für und Wider der Splittingtabelle diskutiert, genauso wie bei den Kolleginnen und Kollegen der Union. Wir haben deshalb in den Koalitionsvertrag aufgenommen, dass wir eine Neuformulierung des Einkommensteuerrechts in diesem Punkt anstreben. Selbstverständlich spricht nichts dagegen, dass Sie unseren Koalitionsvertrag immer griffbereit haben und aus unseren Arbeitsaufträgen vorab fix Anträge formulieren. Wir brauchen Ihre Anträge aller- dings nicht wirklich, um unseren Koalitionsvertrag umzusetzen, schon gar keine Anträge, die die Realität ausblenden. Sie handeln ein bisschen wie Pippi Langstrumpf: 2 mal 3 macht 4 Widdewiddewitt und Drei macht Neune!! Ich mach’ mir die Welt Widdewidde wie sie mir gefällt. Sie tun so, als wäre die Wirklichkeit so, wie wir sie gerne hätten, und nicht so, wie sie nun mal ist. Das Geld in den Familien wird eben nicht zu gleichen Teilen von Vater und Mutter erwirtschaftet, und die Eheleute teilen auch nicht Erwerbs- und Familienarbeit gleichmäßig untereinander auf. Wir können uns jetzt fragen, ob unser Familienbild nicht den Wünschen der Menschen ent- s V l z n e d a b m M u I u h F G d N B a d S a e s d h g i g d N r F s d u E d w u d n a V E n m d t s s W (C (D pricht oder ob es nur daran liegt, dass sie unsere orstellungen, so sie denn auch die ihren sind, nicht aus- eben können. Ich glaube, Letzteres trifft zu. Es liegt um größten Teil daran, dass die Rahmenbedingungen icht so sind, wie sie unserem modernen Familienbild ntsprechen müssten. Ihr Antrag sagt: Wir erhöhen jetzt mal die Steuern für ie Familien, in denen nur ein Elternteil einer Erwerbs- rbeit nachgehen kann, weil zum Beispiel die Kinder- etreuung nicht gewährleistet ist, die Teilzeitarbeits- odelle sich noch nicht genug durchgesetzt haben oder die öglichkeiten für Telearbeit noch nicht genutzt werden, nd regeln mit diesem Geld dann die Kinderbetreuung. ch finde, wir müssten erst die Bedingungen schaffen nd danach die Konsequenzen ziehen. Nicht umgekehrt. Und was sagen Sie eigentlich einem Ehepaar, das eute um die 60 Jahre alt ist? Er hat als Facharbeiter die amilie ernährt, und sie hat drei Kinder großgezogen. enau das war das Familienmodell ihrer Gesellschaft in er Zeit, als die beiden eine Familie gegründet haben. och lange nicht alle Frauen in dem Alter haben eine erufsausbildung, auf die sie nach 20 Jahren Familien- rbeit – wenn die Kinder aus dem Gröbsten raus sind, wie as so schön hieß – zurückgreifen konnten. Vielleicht sind ie, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, lle so viel jünger als ich, dass Sie sich daran nicht mehr rinnern können, oder Sie kommen alle aus der Groß- tadt, wo alles vielleicht ein bisschen anders war als auf em Land. Ich kenne diese Ehepaare, die Sie heute mit öheren Steuern bestrafen wollen, nur weil sie sich nicht egen die ungeschriebene, von allen akzeptierte Norm in hrer Umgebung gestellt haben. Ich denke, diese beiden Beispiele reichen, um zu zei- en, dass man eine so gravierende Änderung nicht ver- eckt unter einer beschönigenden Überschrift mit heißer adel stricken darf. Mit Änderungen im Steuerrecht er- eichen wir keine Erhöhung der Berufstätigkeit von rauen. Das schaffen wir nur mit Verbesserung der ge- ellschaftlichen Rahmenbedingungen. Danach können wir ie steuerlichen Rahmenbedingungen anpassen. Dr. Volker Wissing (FDP): „Ehe und Familie stehen nter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung.“ s ist traurig, hier in diesem Hohen Hause immer wieder aran erinnern zu müssen. Es ist schon erstaunlich, wie enig präsent unsere Verfassung bei vielen Kolleginnen nd Kollegen ist. Der Bundespräsident muss die Bun- esregierung immer wieder an unser Grundgesetz erin- ern, und heute zeigt der Antrag der Grünen, dass man uch dort vergessen hat, vor der Antragstellung in die erfassung zu schauen. Das ist eine sehr bedenkliche ntwicklung. Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Grü- en, Ihre Ziele in Ehren. Die Förderung von Familien it Kindern ist ein hehres Ziel. Aber Sie können auf em Weg dorthin nicht über den Umweg des Steuerrech- es mal eben die Verfassung umgehen. Das Grundgesetz tellt Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der taatlichen Ordnung, und zwar unabhängig voneinander. enn Sie das so nicht wollen, müssen Sie die Verfas- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 8113 (A) ) (B) ) sung entsprechend ändern. So geht das in einem Rechts- staat und nicht anders. Solange Sie dazu keine Vor- schläge machen, bleibt nur eine Schlussfolgerung: Sie meinen das Ganze nicht ernst. Sie treiben ein merkwür- diges Spiel. Sie suggerieren, dass Sie sich engagieren, und tun es letztlich doch nicht. Ihr Antrag ist deshalb nicht seriös. Sie stellen einen Antrag, der von vornherein chancenlos ist, weil er gegen die Verfassung verstößt. Das ist typische Wohlfühlpolitik à la Grün. Große Ver- sprechungen, aber kleine Taten und schon gar keine Er- gebnisse. Das ist umso bedauerlicher, als wir durchaus bereit wären, einen Teil Ihrer Forderungen zu unterstützen. Auch die FDP fordert die Abschaffung der Steuerklasse V. Auch wir sehen die Auswirkungen der Steuerklasse V in der Praxis durchaus kritisch. Es ist unstrittig, dass es hier Fehlanreize gibt. Und wir wollen diese Fehlanreize beseitigen – gerne auch mit den Grünen. Aber was wir nicht wollen und auch keinesfalls mittragen können, ist der Versuch, die Verfassung beiseite zu legen und über das Steuerrecht Dinge zu regeln, die unser Grundgesetz ausdrücklich anders geregelt haben will. Ich weiß nicht, wie oft wir noch über Familiensplitting diskutieren müs- sen, bis alle verstanden haben, welche Vorgaben uns das Grundgesetz hier macht. Auch die Bundesregierung bringt das Familiensplitting immer aufs Neue ins Ge- spräch. Erst kürzlich hat Frau von der Leyen eine Einbe- ziehung der Kinder gefordert. Noch einmal: Verfassungsrechtlich ist die Ehe um ih- rer selbst willen geschützt. Es kommt dabei nicht darauf an, ob Kinder vorhanden sind. Herr Bernhardt von der CDU hat es im Prinzip wunderbar auf den Punkt ge- bracht. Ich zitiere: „Das Splitting ist eben keine beliebig gestaltbare Sondervergünstigung, sondern Ausdruck des verfassungsrechtlichen Schutzes von Ehe und Familie.“ Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist richtig, sich für Familien und Kinder in unserem Land zu enga- gieren. Ich halte es aber für sehr bedenklich, dieses auf Kosten der Ehe zu tun, die -– auch das muss man an die- ser Stelle deutlich sagen – alles andere als eine altmodi- sche Variante des Zusammenlebens ist. Und es ist auch nicht angebracht, Ehe und Familie gegeneinander auszu- spielen. Genau in diese Richtung gehen nämlich die Vor- schläge von Frau von der Leyen, und genau in diese Richtung geht der Antrag der Grünen. Die Familienpoli- tik darf nicht zu der Unterscheidung zwischen zwei Qua- litäten der Ehe führen. Das Grundgesetz kennt nicht die guten Ehen mit Kindern und die weniger guten ohne. Frau von der Leyen und die Grünen mögen so etwas gut- heißen. Das Verfassungsgericht wird so etwas bestimmt nicht akzeptieren. Dr. Barbara Höll (DIE LINKE): Es gibt einen nach- vollziehbaren Wunsch bei vielen Menschen für Steuer- vereinfachungen, das ist wahr. Genauso wahr ist auch, dass die Bürgerinnen und Bürger steuerliche Regelungen als schwer nachvollziehbar und auch als ungerecht emp- finden. So liegt dem Antrag der Grünen zweifelsohne eine gute Absicht zugrunde: die Vereinfachung durch d B s w g z A i u d K K l u W n L f v c D g n e g d w L u H o t g L g h n K b S h e n E r b w s M E e i w 1 g (C (D en Wegfall der Lohnsteuerklassen III, IV und V und die eseitigung von steuerlichen Benachteiligungen. In der Tat ist es so, dass die Zugehörigkeit zur Lohn- teuerklasse V hoch besteuert ist und im Fall von Er- erbslosigkeit und Elterngeld eine geringe Bemessungs- röße für Sozialtransfers zugrunde liegt. Dass dies umeist Frauen betrifft in diesem Land, wo weibliche rbeit noch immer weniger wert scheint als männliche, st eine bedenkliche Tatsache im Jahre 2007. Wenn es m Benachteiligungen im Steuer- und Lohnsystem geht, ann sind die jeweiligen Lohnsteuerklassen und ihre ombination Teil des Problems, aber eben nur Teil. Im ern geht es um die Gleichbehandlung aller steuerzah- enden Menschen, unabhängig von ihrer Lebensweise, nd es geht natürlich um mehr Verteilungsgerechtigkeit. eder das konservative lebensfremde Ehegattensplitting och der bloße Wegfall von Lohnsteuerklassen sind die ösung. 19 Milliarden Euro werden in unserem Land jährlich ür das Ehegattensplitting ausgegeben, das ein völlig eraltetes steuerliches Privileg darstellt. Die Untersu- hung des Statistischen Bundesamtes „Leben in eutschland; Haushalt, Familien und Gesundheit – Er- ebnisse des Mikrozensus 2005“ zeigt, dass die Zahl ichtehelicher Lebensgemeinschaften seit 1996 um rund in Drittel auf 2,4 Millionen in 2005 gestiegen ist. Im leichen Zeitraum stieg die Zahl der Ehepaare ohne Kin- er um 5 Prozent (West) bzw. 6 Prozent (Ost) an. Wie ir wissen, steigt auch die Zahl verschiedener anderer ebensformen permanent, wie die der Alleinerziehenden nd der Gemeinschaften mit Kindern. Entstanden ist das Ehegattensplitting, als Männer auptverdiener waren, Frauen etwas dazuverdienten der zu Hause blieben. Diesem Modell liegt eine tradi- ionelle, immer weniger gelebte Rollenverteilung zu- runde. Im vorliegenden Antrag wird die Abschaffung der ohnsteuerklassen II, IV und V vorgeschlagen. Die Re- ierung will uns gerade ein Familiensplitting schmack- aft machen, das teuer ist und wieder nur die Gutverdie- enden bevorzugt. Paare mit geringen Einkommen und indern wären wieder einmal die Verlierer. Wir halten eide Varianten für nicht alternativ zum bestehenden ystem. Im Kern muss es um die steuerliche Gleichbe- andlung aller Steuerpflichtigen gehen. Leider haben Sie s, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Bündnisgrü- en, in Ihrer Regierungszeit auch nicht vollbracht, das hegattensplitting in eine gerechte Individualbesteue- ung und eine kinderbezogene Förderung umzuwandeln. Die Lebensform der Ehe wird wider die realen Le- ensverhältnisse vieler Menschen privilegiert, damit erden gleichzeitig alleinerziehende Eltern und Men- chen in nichtehelichen Partnerschaften diskriminiert. eine Fraktion Die Linke ist für eine Umwandlung des hegattensplittings in eine Freibetragsregelung zur steu- rlichen Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen bis n Höhe des steuerfreien Existenzminimums. Diese Um- andlung der Ehegattenbesteuerung könnte mindestens 1 Milliarden Steuermehreinnahmen produzieren. Ge- en eine Individualisierung der Besteuerung gibt es kei- 8114 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 (A) ) (B) ) nerlei verfassungsrechtliche Einwände. Der einfache Wegfall von Steuerklassen ist zu kurz gegriffen, weil nur in der steuerlichen Gleichbehandlung aller Steuerpflich- tigen, unabhängig ob sie allein, in einer Ehe, mit Freun- din, Bruder, Opa oder Tante wohnen, die Lösung des Problems besteht. Das Leben in seiner einzigartigen Vielfalt und die Buntheit menschlicher Formen des Zusammenlebens ei- len der Gesetzgebung immer etwas voraus. Es wäre jetzt endlich an der Zeit, die Ehe zu entprivilegieren. Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Lohnsteuerklassen für verheiratete Paare sind anti- quiert. Sie wirken ungerecht, benachteiligen einseitig Frauen und sind leistungsfeindlich. Sie müssen deshalb dringend modernisiert und vereinfacht werden. Beim Elterngeld sind diese Wirkungen besonders drastisch sichtbar geworden. Pech haben diejenigen, die vor der Babypause Lohnsteuerklasse V gewählt hatten. Bei einem Monatsbrutto von 2 500 Euro bekommen sie bis zu 5 800 Euro im Jahr weniger Elterngeld als bei der Wahl der günstigeren Steuerklasse III. Ähnlich sieht es beim Arbeitslosengeld I aus. Denn auch bei der Berech- nung des Arbeitslosengeldes I springt bei Lohnsteuer- klasse V weniger heraus. Diese absurden Wirkungen kommen zustande, weil der Ehepartner mit Lohnsteuerklasse V von seinem Ein- kommen deutlich weniger netto ausbezahlt bekommt. Das Netto wiederum bildet die Basis für die Berechnung des Eltern- und Arbeitslosengeldes I. In der Regel nutzt der Ehepartner mit dem kleinen Einkommen die Steuerklasse V und das sind leider immer noch in neun von zehn Fällen Frauen. Vom Bruttoeinkommen bleibt so wenig übrig, dass sich das Arbeiten gehen finanziell kaum lohnt. Wenn die Frau dann noch die Kosten einer Kinderbetreuung hinzurechnet, kommt sie schnell auf die Idee, lieber zu Hause zu bleiben, zumindest bis die Kinder größer sind. So darf es in einer modernen Gesell- schaft nicht bleiben. Es bedarf generell einer verbesser- ten Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Mit unserem Antrag wollen wir eine gerechte, einfache und moderne Besteuerung von Ehepaaren und Lebenspartnerschaften erreichen. Die Lohnsteuerklassen III, IV und V dienen allein dazu, die steuerliche Wirkung des Ehegattensplittings vorwegzunehmen. Wir wollen weg vom Ehegattensplit- ting und wir wollen auch keine Familiensplittingmo- delle, weil sie überproportional besser verdienende Ein- kommen begünstigen. Diese Tatsache hat jetzt auch der Sozialflügel der Union erkannt und davor gewarnt, nur die obersten Einkommensschichten zusätzlich zu be- günstigen. Die CDU verschiebt ihre Splittingüberlegun- gen in den nächsten Bundestagswahlkampf und damit in die nächste Legislaturperiode. Für uns steht die Förde- rung von Kindern im Mittelpunkt. Unser Vorschlag der Individualbesteuerung mit übertragbarem Höchstbetrag für Unterhaltleistungen will erreichen, dass die Begüns- tigung hoher Einkommen abgeschmolzen und das mehr Mittel direkt für mehr Angebote zur Kinderbetreuung z r k u 2 n 8 – 1 Z l s d G e v v b e L B v L l E v z k d z k g z h s g m le g w D h V d a v k c S l k a a g s I (C (D ur Verfügung stehen. Die bessere Vereinbarkeit von Be- uf und Familie ist unser Ziel. Bisher ist es so: Bei Wahl der Lohnsteuerklassen- ombination III/V wird das höhere Einkommen niedrig nd das geringere Einkommen hoch besteuert. Im Jahr 001 waren von den in die Lohnsteuerklasse III – mit iedrigem Lohnsteuerabzug – eingestuften Personen 3,1 Prozent Männer und 16,9 Prozent Frauen. Gleichzeitig waren von den in Lohnsteuerklasse V mit höherem Lohnsteuerabzug – eingestuften Personen 0,4 Prozent Männer und 89,6 Prozent Frauen. Diese ahlen belegen die ungerechte Lohnbesteuerung vor al- em erwerbstätiger Ehefrauen, die sich aus der Lohn- teuerklassenkombination III/V ergibt. Erst später bei er Einkommensteuerveranlagung kommt es zu einer esamtberechnung der gemeinsamen Einkommensteu- rlast. Auch wegen der hohen Lohnsteuerabzüge geht ielen Frauen ihre positive Motivation zur Erwerbsarbeit erloren. Union und SPD haben im Koalitionsvertrag verein- art, statt der bisherigen Steuerklassen ein Anteilssystem inzuführen, mit dem jeder Ehegatte künftig so viel ohnsteuer zahlt, wie es seinem Anteil am gemeinsamen ruttolohn entspricht. Mit diesem Vorschlag wird nicht om Ehegattensplitting abgerückt, sondern ein neues ohnsteuerermäßigungsverfahren eingeführt, das zusätz- ichen Verwaltungsaufwand auslöst. Die kontinuierliche rfassung der anteiligen Bruttoeinkommen erfordert ein ollständig elektronisches Besteuerungsverfahren, um eitnah Veränderungen bei den monatlichen Bruttoein- ommen der Steuerpflichtigen erfassen zu können. Auf iesem Wege werden den Arbeitgebern die personenbe- ogenen Daten der Ehepartner ihrer Beschäftigten be- annt. Das ist problematisch hinsichtlich des im Grund- esetz verankerten Rechts auf Datenschutz. Im Vergleich u heute wird der geringer Verdienende weniger und der öher Verdienende mehr Lohnsteuer vorauszahlen müs- en. Wegen der ungleichen Be- und Entlastungswirkun- en vereinnahmt der Fiskus allerdings in der Summe ehr Lohnsteuern unmittelbar an den Einkommensquel- n. Erst nachträglich bei der Einkommensteuerveranla- ung kann dies zugunsten der Steuerpflichtigen korrigiert erden. Für den Fiskus entstehen so Liquiditätsvorteile. ie Steuerpflichtigen müssen dem Fiskus zinslose Darle- en gewähren. Verzichten die Steuerpflichtigen auf die eranlagung zur Einkommensteuer völlig, dann erzielt er Fiskus sogar nachhaltig höhere Steuereinnahmen. Wir fordern mit unserem Antrag die Bundesregierung uf, eine Individualbesteuerung anstelle der Zusammen- eranlagung von Ehegatten einzuführen. Die Steuer- lassen III, IV und V sollen als große Steuervereinfa- hung wegfallen. Für die Alleinerziehenden soll die teuerklasse II erhalten bleiben, um den Vorteil des Ent- astungsfreibetrags in die Steuerkarte eintragen lassen zu önnen. Für weitere Beschäftigungsverhältnisse soll uch die Lohnsteuerklasse VI erhalten bleiben. Für alle nderen Lohnsteuerpflichtigen soll die Steuerklasse I elten, sie werden nach der Grundtabelle versteuert. Das teuerliche Privileg des Ehegattensplittings soll in eine ndividualbesteuerung mit übertragbarem Höchstbetrag Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 8115 (A) ) (B) ) in Höhe von 10 000 Euro für Unterhaltspflichten unter Ehe- und Lebenspartnem umgewandelt werden. Die Neuregelung soll in gleicher Weise für Ehepaare und gleichgeschlechtliche Paare nach dem Lebenspart- nerschaftsgesetz gelten. Bei unterschiedlichen Einkom- men beider Ehegatten oder Lebenspartner soll ein Teil des Einkommens des einen Ehegatten oder Lebenspart- ners bis zu maximal 10 000 Euro auf den anderen Ehe- gatten oder Lebenspartner steuerfrei übertragbar sein. Alle einkommensteuerpflichtigen Personen werden an- sonsten in Höhe ihres individuell erzielten Einkommens besteuert. Damit sinkt für einkommensstarke Haushalte die bis- herige Ersparnis aus dem Ehegattensplitting. Wir wol- len, dass die steuerlichen Mehreinnahmen zum Ausbau und zur Finanzierung der Kinderbetreuung verwandt werden sollen. Durch den übertragbaren Höchstbetrag werden die Unterhaltspflichten zwischen Ehe- und Le- benspartnern steuerlich berücksichtigt und damit das verfassungsrechtliche Gebot der sozialrechtlichen Ein- standspflicht in der Ehe eingehalten. Im Ergebnis ergibt sich durch die Abschaffung der Lohnsteuerklassen III, IV und V für jede steuerpflichtige Person je nach Einkommenshöhe ein realistischeres Net- toeinkommen, was in vielen Fällen zu einer günstigeren Berechnungsgrundlage für das Elterngeld und im Fall von Arbeitslosigkeit beim Arbeitslosengeld I führen wird. Die rechtzeitige Wahl der Lohnsteuerklasse kann nicht mehr verpasst werden. Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Für ein Turkmenis- tan mit Zukunft (Tagesordnungspunkt 24) Holger Haibach (CDU/CSU): Turkmenistan ist mit Sicherheit das Land in der zentralasiatischen Region, dessen menschenrechtliche Situation am schwierigsten ist, und dies in einer Region, in der die Zahl der Muster- schüler im Bereich Menschenrechte überschaubar groß ist. Der überraschende Tod des bisherigen Staatspräsi- denten, des „Turkmenbaschi“, der das Land autokratisch und quasidiktatorisch regiert hat, und das, was danach geschehen oder besser nicht geschehen ist, zeigen deut- lich, dass man mit Voraussagen, wie sich die Situation in diesem Land entwickeln wird, sehr vorsichtig sein muss. Waren sich doch alle Beobachter einig, dass der Tod des Turkmenbaschi Diadochenkämpfe und länger anhal- tende Unruhen auslösen würde. Doch genau das ist nicht geschehen. Obwohl der verstorbene Präsident keinen Nachfolger benannt hat, ist der Machtübergang unter dem Übergangspräsidenten Berdymuchammedow erstaun- lich reibungslos verlaufen. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Diese Entwicklung ist nicht ein Gut an und für sich. Sie zeigt lediglich, dass die Zukunft Turkmenistans ganz offensichtlich sehr schwer vorher- sehbar ist. Deshalb sollte man sich davor hüten, so sehr ich die Einschätzung in dem uns vorliegenden Antrag d d Z P I z W p A s e V d n s ü R u v R h A t m a s n s u R n s w n D s O W n d g K a f T o n d S g s E s (C (D es Bündnisses 90/Die Grünen teile, allzu apodiktisch in ie Zukunft zu schauen. Jawohl, es stimmt: Es gibt nicht allzu viele ermutigende eichen. Der jetzt amtierende Übergangspräsident hat als räsidentschaftskandidat angekündigt, die Zensur des nternets lockern und Reformen im Bereich der Renten- ahlungen, der Landwirtschaft, Soziales, Bildung und irtschaft durchführen zu wollen. Das kann man als ositives Zeichen werten. Doch bisher sind es eben nur nkündigungen, keine Taten, und es wird abzuwarten ein, was davon nach der Wahl übrig bleiben wird. Aber s darf – hier liegen die deutsche und auch die europäische erantwortung – beim Abwarten nicht bleiben. Die Bun- esregierung hat zu Recht die Region Zentralasien nicht ur zu einem Schwerpunkt der EU-Ratspräsidentschaft, ondern auch der künftigen deutschen Außenpolitik berhaupt gemacht. Dafür gibt es viele Gründe: Die egion ist strategisch bedeutsam; sie verfügt über Öl- nd Erdölvorkommen; wir haben die Region zu lange ernachlässigt und zugelassen, dass andere Mächte wie ussland sie als ihre persönliche Einflusssphäre betrachtet aben; die Region grenzt direkt an die Krisenregion um fghanistan. Es ließen sich viele Gründe nennen. Daher un wir gut daran, Zentralasien und gerade Turkmenistan ehr in den Fokus unserer Aufmerksamkeit zu rücken. Das bedeutet aber nicht nur – das betont der Antrag uch richtigerweise –, dass wir unsere Interessen in wirt- chafts- und sicherheitspolitischer Hinsicht dort wahr- ehmen müssen. Nein, unser Interesse muss auch einer tabilen und an den Prinzipien von Menschenrechten nd Rechtsstaatlichkeit orientierten Entwicklung dieser egion gelten. Die vorsichtigen Zeichen der Öffnung, wenn es denn icht nur potemkinsche Dörfer für einen Wahlkampf ind, wie frei er auch immer geführt werden mag, sollten ir nutzen. Denn offensichtlich gibt es einen Wunsch ach Zusammenarbeit mit Europa und insbesondere eutschland. Zumindest was die Wahlen betrifft, hat ich die turkmenische Führung auch bereit erklärt, eine DIHR Election Needs Assessment Mission, also eine ahlvorbreitungsmission der OSZE, Anfang Januar ach Turkmenistan einreisen zu lassen. Dass allerdings offensichtlich keiner der Kandidaten er Opposition angehört, dass weiterhin die Verfassung eändert wurde, um dem Übergangspräsidenten eine andidatur zu ermöglichen, dass schließlich die Verfassung uch noch geändert wurde, indem als Voraussetzung ür die Wahl ein mindestens 15-jähriger Aufenthalt in urkmenistan erforderlich ist, was die Kandidatur eines ppositionellen Exilpolitikers ausschließt: Dies alles legt icht gerade die Vermutung nahe, dass die bevorstehen- en Wahlen so vonstattengehen werden, dass sie unseren tandards freier, demokratischer und unabhängig durch- eführter Wahlen entsprechen werden. Beides, die offensichtlichen Versuche, das System als olches zu erhalten und trotzdem die Öffnung hin zu uropa zu suchen, sind Entwicklungen, die nur sehr chwer miteinander in Einklang zu bringen sein werden. 8116 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 (A) ) (B) ) Deutschland und die EU sollten jedenfalls dieses Momentum, wenn es denn eines ist, nicht nur dazu nut- zen, um wirtschafts- und sicherheitspolitische Interessen wahrzunehmen. Es wird vielmehr eben auch wichtig sein, auf die notwendigen Veränderungen im Bereich Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte zu dringen. Dafür gibt es gute Gelegenheiten. Ich begrüße ausdrück- lich, dass es Überlegungen der Bundesregierung gibt, auf Ebene der EU neben einem Menschenrechtsdialog mit Usbekistan auch eine solche Institution mit anderen Staaten Zentralasiens, unter anderem Turkmenistan, einzurichten. Aber dieser Dialog muss zielgerichtet sein. Dialog um des Dialogs willen ist nicht das Mittel der Wahl. Dialog, Austausch und Zusammenarbeit müssen an klare Bedingungen geknüpft sein. Wir brauchen über- prüfbare Schritte und klare Verabredungen über das, was einen Austausch bedingt, was eine Zusammenarbeit erreichen soll und mit welchem Ziel ein Dialog geführt wird. Diesen aus meiner Sicht wichtigen Baustein sollte eine Zentralasienstrategie der Bundesregierung und der EU auf jeden Fall enthalten. Das ist nicht nur eine Frage der Glaubwürdigkeit und der Selbstachtung, sondern auch eine Notwendigkeit. Denn auch in dieser Region wird die EU nur dann ernst genommen werden, wenn sie mit deutlich erkennbaren Zielvorgaben und Absichten handelt. Ich möchte an dieser Stelle deutlich machen, dass ich die wirtschaftlichen Interessen im Übrigen nicht zwin- gend im Gegensatz zum Interesse an Durchsetzung von Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten sehe. Ja, es gibt ein Spannungsfeld, aber es gibt auch gemeinsame In- teressen. Der Kollege Beck, der als Vertreter von Bündnis 90/Die Grünen mit mir zusammen in Usbekistan war und der ausweislich des Antrags hier zu den Mitver- fassern gehört, hat doch auch wie ich gesehen, wie Fir- men, vor allem westliche, auf das Fehlen von Rechts- staatlichkeit reagieren. Wenn ein Unternehmen Interesse an einem langfristigen Engagement in einem Land hat, dann passt das nicht mit der Tatsache zusammen, dass im Erfolgsfalle ein Unternehmen aus vorgeschobenen Gründen quasi über Nacht enteignet werden kann. Es ist doch kein Zufall, dass in einem Land wie Usbekistan so gut wie keine westlichen Unternehmen tätig sind; das ist übrigens nicht nur eine Frage von Boykotten oder Sank- tionen, sondern auch der Vertretung von Interessen. Gleiches gilt für Turkmenistan. Fazit: Ohne Rechtsstaat- lichkeit und stabile Verhältnisse ist unternehmerisches Handeln auf die Dauer nicht erfolgreich zu gestalten. Diesen Zusammenhang müssen wir deutlich machen. Wenn ich gerade den Kollegen Beck angesprochen habe, will ich dann auch noch sagen, dass ich ein wenig verwundert bin, zu welchem Zeitpunkt dieser Antrag entstanden ist. Anfang April wird eine kleine Delegation des Menschenrechtsausschusses, zu der auch der Kollege Beck gehören wird, nach Turkmenistan reisen, um sich vor Ort ein Bild von der Situation zu machen. Warum also jetzt dieser Antrag? Weil Anfang Februar Wahlen stattfinden? Um die Delegation mit einem Rüstzeug an Forderungen auszustatten? Es bleibt abzuwarten, wie sich der Antrag auf das, was bevorsteht, auswirken wird. d F a s tä b Z g S d A a ta s d k g S „ t J S g d s L p u P D N g d z w s b R S P E n m s w S T S i b s P (C (D Wenn ich zum Schluss noch einen Blick auf den For- erungsteil ihres Antrags werfe, so denke ich, dass die orderungen im Wesentlichen diejenigen sind, die man n Turkmenistan und die internationale Gemeinschaft tellen muss. Was jedoch die Durchsetzbarkeit und Reali- tsnähe betrifft, so habe ich Zweifel. Wie zu Beginn ereits bemerkt: Turkmenistan ist die „härteste Nuss“ in entralasien, wenn es um die Frage der Menschenrechte eht. Ob es da tatsächlich gelingt, gleichsam auf einen chlag all diese Forderungen – so richtig sie sind – urchzusetzen, daran kann wahrlich gezweifelt werden. Nichtsdestoweniger sind nicht nur die turkmenischen utoritäten, die Bundesregierung, die EU, die OSZE und ndere gefordert. Es liegt eben auch an uns als Parlamen- rier, einen Beitrag zur Verbesserung der Zukunftsaus- ichten Turkmenistans zu leisten. Dafür braucht es eine eutliche Sprache, eine klare Haltung, aber eben auch lare Prioritäten und einen klaren Blick. Hedi Wegener (SPD): Wer kennt Turkmenistan? Es ibt Kenner, die sagen, nur Korea sei ein so abgeschotteter taat, wie Turkmenistan. Nun wollen wir hier den Antrag: Für ein Turkmenistan mit Zukunft“ beraten. In der Tat hat sich durch das plötzliche Ableben des urkmenischen Präsidenten im Dezember vergangenen ahres eine Tür einen Spalt breit geöffnet. Durch diesen palt könnte es für Turkmenistan eine andere Zukunft eben. Unter dem verstorbenen Staatspräsidenten Nijasow, em Turkmenbaschi, dem Vater aller Turkmenen, wie er ich selber genannt hat, war Turkmenistan ein bizarres and. Riesige goldene Statuen und Portraits des Diktators rägten das Bild der Stadt, aller Amtsstuben, öffentlichen nd nicht öffentlichen Gebäude. Wenn nicht schon otemkin für Katharina die Große ganze Städte und örfer als Silhouette hätte errichten lassen, hätte ijasow den Anspruch erheben können, einer der rößten Illusionisten zu sein. Ganze Stadtviertel wur- en niedergerissen, um Fassaden von Prunkgebäuden u errichten, die leer stehen. Die Namen von Monaten urden nach Familienangehörigen des Alleinherr- chers benannt. Die Schulzeit wurde auf acht Jahre egrenzt. Einziger Prüfungsinhalt war die sogenannte uhnama, das Werk des Präsidenten, in dem er seine icht der Welt darstellte. Die Krankenhäuser in den rovinzen wurden geschlossen, die Renten gestrichen. inen Zugang zu Internet oder eine freie Presse gab es icht. Opposition – ein Fremdwort. Wie uns der Parla- entspräsident im Herbst letzten Jahres mitteilte, eien verschiedene Parteien auch gar nicht notwendig, eil alle ja nur das Beste für das Volk wollen. Die Straßen sind zum Teil menschenleer, und wenige chritte hinter den Prachtfassaden herrscht bittere Armut. urkmenistan war auf dem besten Wege, neben der elbstisolierung auch die Bildung der Menschen von nternationalen Standards so weit abzukoppeln, dass ald eine ganze Generation verloren gewesen wäre. So tellte sich Turkmenistan im Dezember 2006 dar, als räsident Nijasow starb, nicht besonders hoffnungsvoll. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 8117 (A) ) (B) ) Gleichzeitig verfügt Turkmenistan über enorme Roh- stoffreserven, freundliche, neugierige Menschen, eine interessierte Jugend. Und: Turkmenistan ist ein direkter Nachbar Afghanistans. Ich brauche nicht zu betonen, was das für uns bedeutet. Ja, es ist richtig, dass Turkmenistan immer ein schwieriger Partner war, aber – da stimme ich mit unserer jetzigen Regierung und auch der vorherigen, der rot- grünen, liebe Kollegen von der grünen Fraktion überein –: Dialog, und sei er noch so schwierig, ist immer besser als Konfrontation. Eine zweite Erkenntnis aus dem jahrelangen Umgang mit schwierigen Ländern: Nichts kommt über Nacht und eine 180-Grad-Wende innerhalb kürzester Zeit gibt es nicht. Deswegen ist der unerwartete Wechsel an der Spitze Turkmenistans eine Chance für das Land und seine Menschen, die nicht von vornherein mit Maximal- forderungen erstickt werden sollten. Wir können nicht erwarten, dass in einem Land, dass 15 Jahre unter einem autoritären Regime gelitten hat, das zuvor eine sowjetische Provinz war, dessen Menschen und Politiker von diesem Regime geprägt wurden, über Nacht alle zu Demokraten erwachsen. Deswegen plädiere ich dafür, den eingeschlagenen deutschen Weg weiter zu verfolgen. Natürlich ist es unwahrscheinlich, dass die Präsidentenwahlen allen OSZE-Standards genügen, aber es ist ein Fortschritt, dass es immerhin sechs Kandidaten gibt, ein Novum für Turkmenistan. Ungewöhnlich, dass diese sechs Kandidaten vor 1 000 Menschen diskutiert haben. Erstmalig seit der Unabhängigkeit Turkmenistans ist die OSZE zur Wahl- beobachtung eingeladen und wird, wenn auch in bescheidenem Umfang, die Wahlen beobachten. Der amtierende Präsident hat angekündigt, dass die Schul- bildung wieder zehn Jahre dauern soll, dass die Kran- kenhäuser in den Provinzen wieder geöffnet werden sollen, wenn er gewählt werden sollte. Man möchte wieder junge Menschen mit den vom Ausland angebote- nen Stipendien im Ausland studieren lassen. Aus unserer Sicht sind es vielleicht nur Tropfen auf den heißen Stein. Aus turkmenischer Sicht ist das schon eine Kehrtwendung um 180 Grad. Das gibt den Men- schen Hoffnung und eine Perspektive, und die brauchen die Menschen am meisten. Die nächsten Wochen werden ein Lackmustest für die Haltung der turkmenischen Regierung werden. Wie schnell und wie viele Reformen werden nach der Wahl umgesetzt? Wird sich etwas im Bildungswesen ändern, wird es freien Zugang zum Internet geben? Oder waren es alles hohle Wahlversprechen, die das verfassungs- widrige und wenig demokratische Verfahren zur Bestim- mung des Nachfolgers überdecken sollen. Ein gutes Zeichen wäre es, wenn Turkmenistan Ende März an den Gesprächen der EU-Außenministertroika teilnimmt. Ich sagte es bereits, ich bin überzeugt, dass die Bundes- regierung hier in der Kontinuität den richtigen Weg einschlägt. Wir haben jetzt die Chance, während der EU- Ratspräsidentschaft mit dem neuen Zentralasienkonzept a h u d V E f e T s G T d h a n m t s d a d a t „ e f t A F S n d t l r g d s E a t d T t k E V o s E Z g g g (C (D uch Turkmenistan einzubeziehen und eine Entwicklung in zu Demokratie und Menschenrechten zu unterstützen. Ich führe regelmäßig Gespräche mit Oppositionellen nd Menschenrechtlern aus Turkmenistan und kenne eren zum Teil dramatische Schicksale, von Flucht, ertreibung und Inhaftierungen. Ich weiß, mit welchem ngagement gerade die Deutsche Botschaft vor Ort sich ür diese Menschen einsetzt, aber ich weiß auch, was für in dickes Brett es zu bohren gilt, will man etwas in urkmenistan erreichen. Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte ind für uns in Europa und Deutschland unveräußerliche rundwerte. Wir wünschen uns, dass die Menschen in urkmenistan eines Tages in einem Staat leben werden, er auf genau diesen Grundrechten basiert. Turkmenistan at die Chance eines neuen Anfangs. Wir sollten uns ber nicht der Illusion hingeben, als herrsche in Turkme- istan jetzt eine Stunde Null. Veränderungen und Refor- en werden nur langsam vonstatten gehen. Lassen Sie uns die neue Situation nutzen. Sollten sich atsächlich Reformen und Reformer abzeichnen, müs- en wir diese unterstützen. Die deutsche EU-Ratspräsi- entschaft und die Entwicklung einer neuen Zentral- sienstrategie für Europa bieten ein gutes Fundament afür. Noch herrscht kein Frühling in Turkmenistan, ber das Eis beginnt zu schmelzen. Burkhardt Müller-Sönksen (FDP): Die FPD-Frak- ion unterstützt den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen Für ein Turkmenistan mit Zukunft“, auch wenn bedau- rlicherweise geradezu ein Übermaß an Optimismus er- orderlich erscheint, um aus heutiger Sicht an eine unge- rübt positive Zukunft Turkmenistans zu glauben. llerdings hat der Tod des „großen Turkmenbaschi, des ührers aller Turkmenen“ – wie sich der turkmenische taatspräsident Saparmurad Nijasow von seinem Volk ennen ließ – zumindest eine kleine Chance eröffnet, ass sich die Entwicklung in Turkmenistan in die Rich- ung eines Staatsmodells entwickelt, das auf Rechtsstaat- ichkeit, Demokratie und der Achtung von Menschen- echten basiert. Denn ein Machtübergang wie der egenwärtige in Turkmenistan beinhaltet immer auch ie Möglichkeit für einen Neuanfang in den diplomati- chen Beziehungen, die Deutschland bilateral und auf U-Ebene zu Turkmenistan unterhält. Ein solcher Neu- nfang schließt denn auch die Möglichkeit ein, konstruk- iven Einfluss auf die weitere Entwicklung dieses Lan- es zu nehmen. Dies gilt in besonderem Maße für urkmenistan, das bisher eines der am stärksten isolier- en Länder der Welt war, vergleichbar nur mit Nord- orea. Die Bundesregierung trägt deshalb im Zuge der U-Ratspräsidentschaft Deutschlands eine besondere erantwortung, das gegenwärtig bestehende „window of pportunity“ zu nutzen, um vor allem auf EU-Ebene ent- prechende diplomatische Initiativen zu ergreifen und influss auf die neue turkmenische Führung auszuüben. udem kann die Bundesregierung in Turkmenistan zei- en, dass sie bereit ist, die EU-Zentralasienstrategie, die egenwärtig von ihr erarbeitet wird, auch durch tatkräfti- es Engagement für politische und wirtschaftliche Re- 8118 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 (A) ) (B) ) formen in Zentralasien zu untermauern. Denn was wäre eine Strategie wert, die nicht durch entsprechende Taten flankiert wird? Die Bedingungen, unter denen gegenwärtig der Über- gang zu einer neuen Führung in Turkmenistan erfolgt, sind jedoch alles andere als verheißungsvoll. Die vorüber- gehende Machtübernahme durch Übergangspräsident Gurbanguly Berdymuchammedow erfolgte nach dem Tod Nijasows am 21. Dezember 2006 unter Verletzung selbst der turkmenischen Verfassung. Diese sah bei Nijasows Tod für den Fall, dass der Präsident zur Ausübung seines Amtes nicht mehr in der Lage ist, die vorübergehende Amtsübernahme durch den Vorsitzenden des Mejlis, des turkmenischen Parlaments, vor. Der amtierende Vorsit- zende des turkmenischen Mejlis, Ovezgeldy Ataev, wurde allerdings nur einen Tag nach dem Tod Nijasows gewaltsam an der Wahrnehmung seiner verfassungsmäßi- gen Rechte in der Weise gehindert, dass er verhaftet wurde. Zudem wurde kurzerhand die Verfassung dahin gehend ge- ändert, dass fortan auch der vorübergehend amtierende Staatspräsident bei den Wahlen kandidieren kann, was die Verfassung bisher nicht erlaubte. Man kann deshalb mit Fug und Recht behaupten, dass sich die derzeit amtie- rende turkmenische Regierung unter Übergangspräsident Berdymuchammedow unter Missachtung der turkmeni- schen Verfassung an die Macht geputscht hat. Wie berich- tet wird, wurde übrigens der Vorsitzende des Obersten Gerichts in Turkmenistan, nachdem er die vorüberge- hende Amtsübernahme durch Berdymuchammedow als verfassungswidrig bezeichnete, unter Hausarrest gestellt. Leider gibt es keine Anzeichen dafür, dass die für den 11. Februar 2007 vorgesehenen Wahlen auch nur in An- sätzen frei und fair verlaufen werden, nachdem der offi- zielle Wahlleiter bereits angekündigt hat, alles zu unter- nehmen, um einen Sieg von Übergangspräsident Berdymuchammedow sicherzustellen. Um den Wahlen den Anschein der Legalität zu verleihen, treten neben Gurbanguly Berdymuchammedow fünf weitere Kandi- daten für die Wahl an. Keiner von ihnen ist jedoch der Opposition zuzurechnen. Der turkmenischen Opposi- tion im Exil wird die Einreise nach Turkmenistan ver- weigert, damit sie das Ergebnis der Wahl nicht beeinflus- sen kann. Es wird berichtet, dass diejenigen Kandidaten, die gegen Berdymuchammedow zur Wahl antreten, von diesem selbst Anweisungen erhalten, was sie bei ihren „Wahlkampfveranstaltungen“ sagen dürfen und wo sie diese abzuhalten haben. Zur Kontrolle werden Berichten zufolge alle Veranstaltungen unter Aufsicht von Mitar- beitern des turkmenischen Sicherheitsdienstes durchge- führt. Trotz dieser deprimierenden Aussicht auf die anste- hende Wahl fordere ich die Bundesregierung auf, alle Anstrengungen zu unternehmen, um die neue turkmeni- sche Führung zur Öffnung ihres Landes zu bewegen, auch wenn das nur in kleinen Schritten möglich ist. Als Angebot könnte aus meiner Sicht eine – nach Möglich- keit konditionierte – Unterstützung beim Wiederaufbau des Bildungs- und Gesundheitswesens dienen. Denn das Bildungs- und das Gesundheitssystem sind in Turkme- nistan unter Präsident Nijasow derart degeneriert wor- den, dass sie am ehesten noch mit dem Adjektiv „stein- z w b z i n „ s p s w w A D s c s G t T r s m d m n f s U m k z B a H f d d D p d z k Z z s t r b R t R n v f (C (D eitlich“ zu beschreiben sind. Die Schulausbildung urde unter Nijasow auf neun Jahre, die Hochschulaus- ildung auf zwei Jahre verkürzt. Dies führt dazu, dass um Beispiel turkmenische Studenten nicht außerhalb hres Landes studieren können. Zudem war das turkme- ische Bildungssystem bisher durch die Lehre der Ruhnama“ dominiert, ein vom „Turkmenbaschi“ für einen bizarren Führerkult verfasstes Werk mit religiös- hilosophischer Verbrämung. Das turkmenische Ge- undheitssystem ist dadurch zu charakterisieren, dass es eitgehend nicht existiert; denn unter Präsident Nijasow urden alle Krankenhäuser außerhalb der Hauptstadt schgabat geschlossen. Die Möglichkeit, die im Antrag von Bündnis 90/ ie Grünen geforderte Sperrung des Kontos zu veranlas- en, welches die turkmenische Regierung nach Recher- hen von Nichtregierungsorganisationen bei der Deut- chen Bank hält und auf das Gewinne aus dem asexport eingehen, beurteile ich allerdings eher skep- isch. Nichtsdestotrotz sollte die Bundesregierung in der at überprüfen, ob eine rechtliche Handhabe für eine vo- übergehende Sperrung des Kontos besteht und von die- er gegebenenfalls auch Gebrauch machen. Denn es üssen alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, damit as auf diesem Konto geparkte Vermögen für das turk- enische Volk als Staatsvermögen erkennbar bleibt und icht beliebig einem Machtclan als „Privateigentum“ zur reien Verfügung steht. Eine im Januar 2006 von der Organisation The Eura- ian Transition Group in Turkmenistan durchgeführte mfrage zeigt, dass sich 81 Prozent der Bevölkerung de- okratische Reformen in ihrem Land wünschen. Eine lare Mehrheit der Turkmenen bewertet dieser Umfrage ufolge die vorübergehende Machtübernahme durch erdymuchammedow als unrechtmäßig und erwartet uch keine faire und freie Durchführung der Wahlen. Die offnung des turkmenischen Volkes auf politische Re- ormen in ihrem Land ist also auch nach der verheeren- en Diktatur des „Turkmenbaschi“ ungebrochen. Ich fordere die Bundesregierung auf, diese Hoffnung es turkmenischen Volkes nicht zu enttäuschen und ruck auf die turkmenische Führung zur Umsetzung von olitischen Reformen auszuüben, auch wenn es viel Ge- uld und einen langen Atem erfordert. Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE): Turkmenistan ist weifellos eine Diktatur. Auch nach Auffassung der Lin- en müssen die besorgniserregenden Berichte über den ustand demokratischer und Menschenrechte in diesem entralasiatischen Land ernst genommen werden. Ob es ich um Berichte bzw. Beschlüsse von Amnesty Interna- ional, Human Rights Watch, OSZE oder der UN-Gene- alversammlung handelt – Zweifel scheinen nicht ange- racht, dass die Menschen in Turkmenistan, wenn sie ihr echt auf freie Meinungsäußerung, politischer Partizipa- ion und andere Bürgerrechte wahrnehmen wollen, mit epressionen, Inhaftierung bis hin zu Folterungen rech- en müssen. So verhielt es sich unter der Regierung des erstorbenen Präsidenten Nijasow, und – das ist zu be- ürchten – so wird es vermutlich auch unter dem neuen Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 8119 (A) ) (B) ) Präsidenten, der am 11. Februar 2007 gewählt werden soll, weitergehen. Verhältnisse, die denen in Turkmenistan ähneln, gibt es zweifellos in vielen Ländern der Erde. Die Frage ist, wie Deutschland mit solchen Staaten seine kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zum Nut- zen der Menschen gestalten soll. Sie formulieren im Falle Turkmenistans in 21 Punkten Forderungen, die die Bundesregierung an die turkmenische zu richten habe. Kein souveräner Staat wird so etwas akzeptieren und Diktaturen schon gar nicht. Im Interesse der Verbesse- rung der Menschenrechtssituation in Turkmenistan, an der uns gelegen sein muss, ist ein Vorgehen, das als Dik- tat angesehen werden kann, alles andere als produktiv. Natürlich würde ich mir für die Bevölkerung Turkme- nistans wünschen, dass sie in den Genuss aller dieser im Antrag eingeforderten bürgerlich-demokratischen Frei- heiten gelangt. So wie ich das auch für alle anderen Völ- ker wünsche, umso mehr, wenn die Bundesrepublik gute und umfassende Beziehungen zu ihren Regierungen un- terhält. Ökonomischen Druckmitteln, sofern sie nicht die Bevölkerung trifft, würde ich gern zustimmen. Aber: Wenn von Dritten Forderungen nach Einhaltung von de- mokratischen und Menschenrechten gestellt werden, möchte ich hinterfragen, ob und welche anderen Interes- sen mit solchen Forderungen – unter der Hand – mit- transportiert werden. Ich gebe Ihnen dafür ein Beispiel: Das Auswärtige Amt hat in seinen „Länderinformationen“ Turkmenistan zum Stichwort Religionsfreiheit folgendes notiert: Durch den Druck insbesondere der USA „sind mittler- weile folgende weitere Religionsgemeinschaften zuge- lassen: Baptisten, Sieben-Tage-Adventisten, Bahai, Hare Krishna, Greater Christchurch, Church of Christ, Light of East, Full Gospel Christian und New Apostolic Church“. Ich bin kein Experte, was religiöse Sekten anlangt, aber ein Blick ins Internet bestätigt meine Befürchtun- gen, dass es mehr als zweifelhaft ist, ob die Zulassung solcher Sekten bzw. Religionsgemeinschaften unter dem Markenzeichen „Religionsfreiheit“ den Turkmeninnen und Turkmenen einen echten Zugewinn an Freiheit bringt. Ich bin nicht so naiv zu ignorieren, dass unter dem Mantel von Forderungen zum Beispiel nach Pressefrei- heit oder Religionsfreiheit, der Freiheit der Meinungsäu- ßerung, freie Wahlen usw. ganz andere Interessen trans- portiert werden; Interessen, die zum Beispiel auf die Verbreitung von Bewusstseinsinhalten, Einstellungen und Wünschen gerichtet sind, die mit der Ausbreitung neoliberaler Ideen und Haltungen kompatibel sind. Die Forderung nach Freiheit von und für was auch immer bietet unter den Bedingungen wirtschaftlicher Ungleich- heit dem Stärkeren immer auch die Möglichkeit, den Schwächeren zu manipulieren, zu dominieren und auf indirektem Wege zu unterwerfen. Dieser Antrag ist ein Musterbeispiel für das Messen mit zweierlei Maß. Denn es ist ja keineswegs so, dass die Bundesregierung aufgefordert wird, ihre anderen P D g m t g i g d N g l s M C N a w r S D w s p K o H d N s D v R i n f k g t d S h 6 S h k m d d a k u (C (D artner, die ebenfalls grundlegende Defizite in Sachen emokratie und Menschenrechte aufweisen, nach den leichen Kriterien zu messen. Bei Turkmenistan traut an sich eben, was man sich bei Saudi-Arabien nicht raut. Messen mit zweierlei Maß macht nicht nur un- laubwürdig, sondern verstärkt auch den Verdacht, dass m Zweifelsfall wirtschaftliches Interesse und geostrate- ische Brauchbarkeit über Menschenrechte gestellt wer- en. Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- EN): Der Despot, im Westen zu trauriger Berühmtheit ekommen, ließ nicht nur die Monate nach seinen Fami- ienmitgliedern benennen und verbot Theater. Der Name teht vielmehr für Willkür, für Despotie und grausamste enschenverachtung. Umso mehr könnte sein Tod eine hance für das Land sein. Im November 2002 entging der Präsident Saparmurad ijasow knapp einem Attentat. Das Regime in Zentral- sien hatte einen Vorwand, um wieder einmal eine Welle illkürlicher Festnahmen und Verhaftungen zu initiie- en. Der ehemalige turkmenische Außenminister Boris ikkhmuradow sowie der Geschäftsmann Guvanch zumaew als angebliche Drahtzieher des Attentates urden verhaftet, und mit ihnen unzählige andere Be- chuldigte, deren Familienangehörige oder einfach nur olitisch unliebsame Personen. Ohne Aussicht auf faire Gerichtsverfahren, ohne ontakt zur Außenwelt wurden sie gefangen gehalten der nach zumeist geheimen Verfahren zu lebenslangen aftstrafen verurteilt. Obwohl Mitglied der OSZE, ließ as Regime keine unabhängigen Beobachter ins Land. ach Recherchen unter schwierigen Bedingungen prach der OSZE-Berichterstatter Professor Emmanuel ecaux in seinem im März 2003 erschienenen Bericht on „ungeheuren Verletzungen aller Prinzipien der echtsstaatlichkeit. Gefangene sterben wie die Fliegen n den Gefängnissen“. Laut dem Jahresbericht 2006 von amnesty internatio- al sind Folterungen und Misshandlungen in den Ge- ängnissen an der Tagesordnung. Infektionen mit Tuber- ulose und völlig ausgehungerte Insassen gehören zum rausamen Alltag. Zwangseinweisungen in die Psychia- rie sind ein weiteres perfides Mittel der Repression. In en letzen Jahren kürzte Nijasow die Sozialausgaben des taates drastisch. Das Bildungssystem ist in einem ver- eerenden Zustand. Die Arbeitslosenquote liegt bei 0 Prozent. 15 000 Ärzten wurde seit 2004 gekündigt. eit dem Frühling 2005 gibt es nur noch ein Kranken- aus in der Hauptstadt Aschgabat. Die Kindersterblich- eit ist eine der höchsten der Welt. Nach dem Tod von Nijasow ist die internationale Ge- einschaft in der politischen Verantwortung, mit Nach- ruck auf politische und wirtschaftliche Reformen zu rängen und dem Land so eine Chance auf Anbindung n die Moderne zu geben. Diktatorische Regime sind sicherheitspolitische Risi- ofälle. Aus sicherheitspolitischer Sicht muss die EU ein reigenstes Interesse an der Stabilität der Region haben. 8120 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 (A) ) (B) ) Hier spielt Turkmenistan eine zentrale Rolle, denn es grenzt an Afghanistan sowie den Iran und Russland. Auch unter der neuen Interimsregierung wird nach wie vor die Opposition unterdrückt, ihre Akteure be- droht und misshandelt, Presse und Internet strengstens kontrolliert. Zivilgesellschaftliches Engagement wird in der Wurzel erstickt, dem VN-Sonderberichterstatter für Folter der Zugang verwehrt. Im Exil lebenden Opposi- tionellen wird die Einreise verweigert. Opposition im Land existiert nicht. Der turkmenische Wahlleiter spricht vom vorrausicht- lichen Sieg des amtierenden Interimspräsidenten Berdymuchammedov. Zwar hat ODHIR, das innerhalb der OSZE für menschenrechtliche Fragen zuständige Gremium inzwischen eine sogenannte Unterstützer- gruppe zur Beobachtung der Wahlen geschickt an der auch Deutsche beteiligt sind. Es ist allerdings zu be- fürchten, dass mit den Wahlen am 11. Februar eine Dik- tatur abgesegnet werden wird. Die Bundesregierung hat die EU-Ratspräsidentschaft inne und will bis Mitte dieses Jahres eine Neue Ostpoli- tik mit Leben füllen. Einer der Schwerpunkte soll dabei Zentralasien sein: Deutschland zählt neben der Russi- schen Föderation, China, der Türkei, Iran und den USA zu den bevorzugten Wirtschaftpartnern Turkmenistans. Zu Recht gibt es wirtschaftliche und insbesondere ener- giewirtschaftliche Interessen an Turkmenistan, das be- deutende Öl- und Gasreserven besitzt. Für Deutsche und europäische Unternehmen muss es Rechtssicherheit geben. Dafür sind Rechtsstaatlichkeit und Wahrung der Menschenrechte aber eine Grundvo- rausetzung. In der Liste der Handelspartner Turkmenis- tans belegt Deutschland den siebenten Platz. In der Liste der Einschränkung der Pressefreiheit rangiert das Land an vorletzter Stelle, vor Nordkorea. Die Bundesregierung in ihrer Rolle als Ratspräsiden- tin ist aufgefordert, innerhalb der Zentralasienstrategie in den nächsten Wochen ein besonderes Augenmerk auf eine Entwicklung hin zu einem Turkmenistan legen, dass sich nach und nach von den diktatorischen Zuständen löst. Anlage 12 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Für eine demokratische, freiheitliche, soziale und Frieden sichernde Verfassung der Euro- päischen Union – Berliner Erklärung – Werte und Aufgaben der EU im 21. Jahrhundert (Tagesordnungspunkt 33 und Zusatztagesord- nungspunkt 13) Hans Peter Thul (CDU/CSU): Ich zitiere sinngemäß aus dem Antrag der Fraktion Die Linke: Die Europäi- sche Union sichert den Frieden seit mehr als 60 Jahren, s s W B G v G z H s in s n v e h S w m b i v r h s z d n n V e s n a J l d c m w r l a t W d s r t n W S h s p n (C (D ie vermeidet kriegerische Auseinandersetzungen zwi- chen den Mitgliedstaaten, sie ermöglicht einen freien arenverkehr bei offenen Grenzen zum Wohle ihrer ürgerinnen und Bürger und sie gibt Impulse zur leichstellung von Frauen und Männern, bietet Schutz or Diskriminierung und sichert die Einhaltung von rundrechten. – Hätten sie es bei diesen Feststellungen u Beginn Ihres Antrages belassen, geehrte Damen und erren der Linken, wäre Ihnen die Zustimmung des ge- amten Hohen Hauses sicher gewesen. Das haben Sie aber nicht getan. Vielmehr verfallen Sie der weiteren Formulierung Ihres Antrages in alte klas- enkämpferische Parolen, was zwar Ihren Wiedererken- ungswert, nicht aber Ihre Akzeptanz steigert. Sie geißeln erbal neoliberale Marktrigorismen und verkennen wieder inmal, dass es gerade die soziale Marktwirtschaft Ehr- ard’scher Prägung war, die Arbeitnehmerrechte, soziale icherheit, Produktvielfalt, Produktqualität und somit irtschaftlichen Erfolg im globalen Wettbewerb erst er- öglichte. Mit Europa und in Europa werden die Rechte der Ar- eitnehmerinnen und Arbeitnehmer mehr als anderswo n der Welt auf hohem Niveau gesichert und durch sehr erantwortungsvolle Tarifpartner weiterentwickelt. Ge- ade hier in der Bundesrepublik werden Chancengleich- eit zwischen den Generationen, zwischen den Ge- chlechtern, zwischen jungen und alten Menschen und wischen Arm und Reich mehr gelebt als anderswo in er Welt. Wir haben nach meiner Überzeugung nur in- erhalb dieser EU die Chance, dieses Erfolgsmodell ei- er freien und sozialen Marktwirtschaft den anderen olkswirtschaften der mit uns befreundeten Völker zu mpfehlen. Gott sei Dank haben die Väter und Mütter der Römi- chen Verträge vor etwa 50 Jahren bereits die Vision ei- es befriedeten und geeinten Europas vor Augen gehabt, ls sie sich nach einem der verheerendsten Kriege des ahrhunderts zusammenfanden, diesen Vertrag formu- ierten und letztendlich beschlossen. Europa hat sich seit ieser Zeit zu einem weltweit geachteten Modell entwi- kelt, um das wir glühend beneidet werden. Geehrte Da- en und Herren der Linksfraktion, nicht auszudenken, ie sich unser Land entwickelt hätte, wären Politiker Ih- er Überzeugung an der damaligen Entscheidung betei- igt gewesen. Die Geschichte des 20. Jahrhunderts hat uf fatale Weise verdeutlicht, dass sozialistische und to- alitäre Systeme mit abgeschotteten Märkten im globalen ettbewerb immer weiter zurückfallen – mit der Folge, ass es den Menschen und der Umwelt dort sehr viel chlechter geht und ging als hier in unserem Wirtschafts- aum. Die EU wird doch nach wie vor von Beitrittskandida- en umworben; sie wollen doch hinein in das System und icht hinaus. Wäre die Wirklichkeit innerhalb unserer irtschafts-, Währungs- und Wertegemeinschaft so, wie ie sie im ersten Abschnitt Ihres Antrages beschrieben aben, würden die Menschen in Scharen Europa verlas- en. Das Gegenteil ist der Fall. Wir leben dank der Euro- äischen Union in dem mittlerweile befriedetsten Konti- ent der Erde, in einer kulturell und religiös befriedeten Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 8121 (A) ) (B) ) Gemeinschaft, in einer auch sozial weitestgehend ausge- glichenen Gesellschaft, in Gebieten mit ausreichenden und sauberen Trinkwasservorkommen, mit stabilen Ver- sorgungsstrukturen, in einer intakten Natur. Dieses Eu- ropa wollen wir erhalten, sichern und als nachahmens- wertes Modell mit den Menschen weiterentwickeln. Sie reden von einem gefährlichen Weg der Militari- sierung. Sie verkennen, dass unsere Soldatinnen und Soldaten in friedenserhaltenden und humanitären Einsät- zen für die Menschen tätig sind, insbesondere da, wo die Menschenrechte buchstäblich mit Füßen getreten wur- den, etwa in Afrika, Afghanistan und in anderen Krisen- gebieten dieser Erde. Ich weiß, wovon ich rede. Unser Sohn ist gerade erst von einem solchen Einsatz wohlbe- halten zurückgekehrt. Wir sind froh und dankbar dafür, dankbar auch für die Erfahrungen, die die jungen Men- schen bei solchen Einsätzen machen. Ich bin ebenso der Meinung, dass wir eine Art Bringschuld für die benach- teiligten Regionen dieser Welt haben. Für die CDU/ CSU-Fraktion gilt: Das sind wir unserem christlichen Menschenbild und unserem Humanitätsgedanken schul- dig. Europa hat sich aus der griechisch-römischen Tradi- tion und der jüdisch-christlichen Ethik entwickelt. Spu- ren römischer Gesetzgebung sind bis heute in unseren Gesetzestexten zu finden. Wir sollten jetzt die EU-Präsi- dentschaft der kommenden sechs Monate nutzen – so wie es unsere Bundeskanzlerin, Frau Dr. Angela Merkel, in ihrer Rede am 17. Januar dieses Jahres vor dem Euro- päischen Parlament ausgeführt hat – und alle Anstren- gungen unternehmen, um den ins Stocken geratenen Prozess hin zu einem Verfassungsvertrag wieder zu bele- ben. Europa eine Seele geben und Europas Seele ist die Toleranz. Das ist eine der Kernaussagen in der Rede unserer Kanzlerin. Und: Europa gelingt nur gemeinsam – ge- meinsam mit den Menschen. Gemeinsamkeit setzt Vertrauen voraus. Vertrauen wiederum entsteht aus Verlässlichkeit, etwa dann, wenn Politik vorher ankündigt, was sie vorhat, es dann tut und sich dann auch noch herausstellt, dass die angedachten Konzepte funktionieren. Die Bundesregierung hat ange- kündigt, wo sie ihre Arbeitsschwerpunkte setzen will: Bei Klima- und Energiefragen und bei der Überzeu- gungsarbeit für einen gemeinsamen europäischen Ver- fassungsvertrag. Technologie, Talente und Toleranz sind Begriffe, die unsere Bundeskanzlerin in ihrer bereits zitierten Rede immer wieder zu recht verwendet. Sie hingegen zeich- nen ein Zerrbild von Europa, wenn Sie von Demokratie- abbau und mangelnder Bürgerbeteiligung sprechen und sogar die Vorteile einer einheitlichen Währungsunion bezweifeln. Gerade die einheitliche Währung, die, vor einiger Zeit – ausgerechnet von einem Niedersachsen – noch als „kränkelnde Frühgeburt“ bezeichnet wurde, er- weist sich als außerordentlich stabil und werthaltig, so- dass sie sogar als kommende Leitwährung diskutiert wird. w s g t H w R b V w z s v u s n v k d a R m N g I h s s d a w e r s B t D F l n e v d E ü i e V c s b v (C (D Sie haben recht, wenn Sie von einer hohen Verant- ortung der Bundesregierung sprechen, aber Sie können icher sein, dass diese Bundesregierung und die sie tra- enden Fraktionen von CDU/CSU und SPD alles dafür un werden, damit diese Prozesse erfolgreich verlaufen. Im Gegensatz dazu erscheint es vor dem politischen intergrund von Teilen Ihrer Fraktion geradezu absurd, enn Sie in Ihrem Antrag von mangelnder Demokratie, echtsstaatlichkeit und Sozialstaatlichkeit reden. Wir enötigen den von Ihnen vorgeschlagenen alternativen erfassungsvertrag nicht. Der vorliegende Vertragsent- urf ist eben nicht juristisch zweifelhaft, moralisch un- ulässig und erst recht nicht politisch verfehlt. Nach un- erer Überzeugung spricht alles für eine vertraglich ereinbarte Verfassung, die die erreichte demokratische nd soziale Ordnung auf der Grundlage der europäi- chen Wertegemeinschaft zum Ausdruck bringt. Bezeichnenderweise kommt ein Bekenntnis zur ge- annten Werteordnung an keiner Stelle Ihres Antrages or, stattdessen die altbekannten populistischen und lassenkämpferischen Begriffe. So wollen Sie unter an- erem kostenfreie Verfassungsbeschwerden, das Recht uf menschenwürdige und existenzsichernde Arbeit, ein echt auf soziale Sicherheit, einen Rechtsschutz vor Ar- ut und einen Rechtsschutz vor sozialer Ausgrenzung. ur: In keinem einzigen der – glücklicherweise – weni- en verbleibenden Staatsformen dieser Erde, die nach hren Vorstellungen geführt werden, wird auch nur annä- ernd eines dieser vorgenannten Ziele erreicht. Das ollte Ihnen zu denken geben. Wir glauben an die Fähigkeit jedes einzelnen Men- chen. Wir denken nicht in Kollektiven, und wir wollen ie Entfaltung des einzelnen Individuums in eigener Ver- ntwortung vor Gott und den Mitmenschen. Dieser Weg ird auch weiterhin zu Wohlstand und Wohlfahrt und zu iner Angleichung der Lebensverhältnisse in ganz Eu- opa führen. Auf dem Weg dahin sollten wir jeden Ver- uch wagen, diese Gesellschaft zu einen, statt zu spalten. egleiten Sie uns auf diesem Weg, ziehen Sie Ihren un- auglichen Antrag zurück, und geben Sie Ihre überholten enkschemata auf! Michael Roth (Heringen) (SPD): Der Antrag der raktion Die Linke ist populistisch und verantwortungs- os. Die Pose der vermeintlich großen Europäer steht Ih- en nicht: Ihr Vorschlag, einen neuen Verfassungstext zu rarbeiten, käme einer Lähmung der EU gleich. Ja, es stimmt: Die Unzufriedenheit mit Europa ist in ielen Mitgliedstaaten gewachsen. Die Kluft zwischen en Skeptikern und den Befürwortern eines politischen uropas ist größer geworden. Der politische Konsens ber Qualität und Ausrichtung des Integrationsprozesses st brüchiger geworden. Entsprechend schwieriger wäre ine Einigung auf einen grundlegend neuen Text. Die erhandlungen wären langwierig und das Ergebnis si- herlich weniger geeignet, Europa demokratischer, ent- cheidungs- und zukunftsfähiger zu machen. Die Pro- leme Europas blieben ungelöst, die Krise Europas erschärfte sich. 8122 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 (A) ) (B) ) Der Verfassungsvertrag wurde von allen Staats- und Regierungschefs der EU unterzeichnet. Er ist zwischen- zeitlich von 18 Mitgliedstaaten ratifiziert worden. Das sind zwei Drittel der 27 Mitgliedstaaten, die eine Mehr- heit der Bürgerinnen und Bürger der EU repräsentieren. Vier weitere Mitgliedstaaten haben signalisiert, dass sie die Verfassung ratifizieren wollen. Schon deswegen sollte er nicht ad acta gelegt werden. Der jetzige Vertragstext ist das Ergebnis umfangrei- cher und schwieriger Verhandlungen. Die Einigung auf diesen Text beruht auf einem fragilen Gleichgewicht zwischen den unterschiedlichen politischen, gesell- schaftlichen, wirtschaftlichen und rechtlichen Interessen der Mitgliedstaaten. Es geht dabei nicht nur um Ände- rungen technischer Details. Es geht darum, Europa nach innen und außen handlungsfähiger und demokratischer zu machen. Die Europäische Union verpflichtet sich und ihre Politik auf gesellschaftliche Werte, die in der Grundrechtecharta verbrieft sind. Die Bürger und Bürgerinnen wollen ein Europa, das Antworten geben kann auf ihre Sorgen angesichts der Globalisierung. Sie wollen ein besseres Europa, eines, das handlungsfähiger, transparenter und demokratischer ist. Dieses Europa ist im Verfassungsvertrag vorgesehen. Der Verfassungsvertrag wagt mehr Demokratie: Er be- kennt sich zu direkter Demokratie, er stärkt das Europäi- sche Parlament, er bindet den Kommissionspräsidenten stärker an die parlamentarische Mehrheit, er eröffnet den nationalen Parlamenten neue Chancen der Mitwirkung. Die EU braucht die im Verfassungsvertrag enthaltenen Reformen dringend. Sie sind längst überfällig. Der Verfassungskonvent war ein qualitativer Quan- tensprung für die EU. Mit seiner mehrheitlich parlamen- tarischen Zusammensetzung machte er Schluss mit der „Hinterzimmerdiplomatie“. Aber es stimmt, dass sich immer noch zu wenige Bürgerinnen und Bürger an der Diskussion über die Verfassung beteiligt haben, obwohl sie dazu eingeladen waren und ihnen zahlreiche Mög- lichkeiten der Teilhabe offenstanden. Es stimmt auch, dass die Berichterstattung über Entscheidungen auf EU- Ebene in den deutschen Medien noch zu wünschen übrig lässt. Offensichtlich hat die Öffentlichkeitsarbeit sowohl der EU- als auch der nationalen Stellen die Bevölkerung nicht wirklich erreicht. Hier muss in Zukunft mehr und besser kommuniziert werden. Eine breite gesellschaftli- che Unterstützung für das Projekt Europa ist eine we- sentliche Voraussetzung für seine Zukunftsfähigkeit. Das heißt aber nicht, dass wir einen neuen Verfassungstext brauchen. Vielmehr müssen wir den jetzigen Verfas- sungsvertrag so weit wie möglich erhalten und für seine zügige Ratifizierung in allen Mitgliedstaaten sorgen. Ihre Vorwürfe, die Verfassung sei unsozial, trüge zum Lohnverfall, zur Arbeitslosigkeit und zur Verarmung bei, ist nichts als billiger Populismus: Der EU-Verfassungsvertrag erwähnt explizit die Werte, auf denen die Union sich gründet und denen euro- päische Politik verpflichtet ist. Dazu gehören „Solidari- tät, Gerechtigkeit und Nichtdiskriminierung“. „Die Union strebt ein Europa der nachhaltigen Entwicklung auf der Grundlage eines ausgewogenen Wirtschafts- w s s w D s 1 h m t d d s D z R t b D r m „ w t B … d s z d v s h d E i t E g m d h d M z z d d g d w g u R g (C (D achstums an, eine in hohem Maße wettbewerbsfähige oziale Marktwirtschaft, die auf Vollbeschäftigung und ozialen Fortschritt abzielt, sowie ein hohes Maß an Um- eltqualität. … Sie bekämpft soziale Ausgrenzung und iskriminierungen und fördert soziale Gerechtigkeit und ozialen Schutz …“ Das alles können Sie in den Artikeln bis 3 des Verfassungsvertrages nachlesen. Was, bitte, at das mit neoliberalem Marktrigorismus zu tun? Ich glaube, ein Fehler den Sie, aber auch viele andere achen, ist, dass Sie zu viel von einer Verfassung erwar- en. Eine Verfassung allein schafft keine Politik der Soli- arität und Gerechtigkeit. Sie bietet nur den Rahmen, in em Politik gestaltet wird. Und dafür braucht man politi- che Mehrheiten, auf nationaler und europäischer Ebene. iese Mehrheiten fehlen Ihnen – zu unserem Glück. Es steht im Übrigen jedem Mitgliedstaat frei, Gesetze u verabschieden, die weitergehen als das EU-Recht. echtsvorschriften zur sozialen Sicherheit, zur Tarifpoli- ik, zum Streikrecht, zum Arbeitsmarkt waren und blei- en auf der nationalen Ebene verankert. Die EU war, ist und bleibt dem Frieden verpflichtet. ass Europa außen- und sicherheitspolitisch zur Förde- ung und Erhaltung des Friedens beitragen will und uss, ist in der Verfassung festgeschrieben. Die Union … trägt bei zu Frieden, Sicherheit, nachhaltiger Ent- icklung der Erde, Solidarität und gegenseitiger Ach- ung unter den Völkern, freiem und gerechtem Handel, eseitigung der Armut und Schutz der Menschenrechte sowie zur strikten Einhaltung und Weiterentwicklung es Völkerrechts, insbesondere zur Wahrung der Grund- ätze der Charta der Vereinten Nationen“. Diese Zielset- ung beinhaltet ein sehr umfassendes Konzept von Frie- en. Kein Mitgliedstaat kann zu militärischen Einsätzen erpflichtet werden. Diese bleiben in der nationalen Ent- cheidungshoheit; auch der deutsche Parlamentsvorbe- alt wird durch die Verfassung nicht angetastet. Aber je- es Land kann sich an europäischen Einsätzen beteiligen. ntscheidungen über solche Einsätze müssen einstimmig m Ministerrat getroffen werden. Die Verfassung verbie- et auch den Alleingang einzelner Staatengruppen der U: Sie müssen sich zumindest im Rahmen der „ständi- en strukturierten Zusammenarbeit“ und somit im Rah- en der EU-Institutionen bewegen. Die von Ihnen gefor- erten zivilen Einsatzkräfte gibt es bereits – sie werden ier in Berlin beim Zentrum für Internationale Frie- enseinsätze ausgebildet. Die Verfassung sieht außerdem issionen vor, „bei deren Durchführung die Union auf ivile und militärische Mittel zurückgreifen kann“. Die Verfassung beinhaltet auch keine Verpflichtung ur Aufrüstung, sie überlässt Rüstungsentscheidungen en jeweiligen Mitgliedstaaten. Sie sieht aber vor, dass ie militärischen Fähigkeiten der EU-Mitgliedsländer ebündelt und der neuen Sicherheitslage angepasst wer- en. Die „Rüstungsagentur“, die Sie abgeschafft sehen ollen, entwickelt sich gerade zum europäischen Vorzei- eprojekt. Sie heißt Europäische Verteidigungsagentur nd ist vor allem mit der Ausschreibung und Vergabe der üstungsaufträge beauftragt, die ohnehin von den Mit- liedstaaten getätigt werden. Dabei dient sie der Verrin- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 8123 (A) ) (B) ) gerung von Kosten, indem sie Forschungs- und Entwick- lungsbemühungen sowie Anschaffungskosten innerhalb Europas koordiniert und Verdoppelungen verhindert. Wenn wir die Welt sicherer und friedlicher machen wollen, kommen wir um eine stringente gemeinsame Außenpolitik nicht herum. Dazu gehört auch eine ge- meinsame Sicherheits-, Verteidigungs- und vor allem Entwicklungspolitik. Der Verfassungsvertrag sieht die hierfür erforderliche Kompetenzbündelung in der Person des gemeinsamen EU-Außenministers vor. Der Verfassungsvertrag steht keineswegs für Still- stand: er behebt den Stillstand. Den Stillstand hatten wir vor Nizza, und den hätten wir wieder 2009, wenn bis da- hin eine Einigung nicht zustande käme. Der Verfassungsvertrag ist nicht tot. Er ist die Basis für weitere Verhandlungen. Einen besseren Text bekom- men wir nicht. Es ist nun an den Mitgliedstaaten, die ihn abgelehnt haben, Vorschläge zu machen. Die Mitglied- staaten, die bereits ratifiziert haben, erklärten sich ver- gangenen Freitag in Madrid ausdrücklich bereit, Ände- rungsvorschläge zu prüfen und zu verhandeln. Wichtig ist, alle Mitglieder der EU unter das Dach dieses Vertra- ges zu bekommen. Die SPD-Fraktion wünscht der Bundesregierung allen Erfolg bei ihren diplomatischen Bemühungen, den Rati- fizierungsprozess wieder in Gang zu bringen und kon- krete Lösungsvorschläge zu erarbeiten. Der Deutsche Bundestag wird seinen Beitrag zum Gelingen dieses Pro- jektes leisten. Der Antrag der Fraktion Die Linke leistet allerdings nichts dergleichen. Er ist ein trauriger Beleg des Scheiterns und der Verantwortungslosigkeit. Die SPD-Fraktion lehnt ihre Vorschläge deshalb ab. Markus Löning (FDP): Beiden hier vorliegenden Anträgen ist eines gemeinsam: Sie stellen beide die Bedeutung einer Verfassung für Europa heraus. Auch die FDP sieht in einer europäischen Verfassung eine große Chance, die Handlungsfähigkeit der Union langfristig zu sichern und damit einen weiteren Schritt in der europäischen Entwicklung zu gehen. Von Anfang an, von Walter Scheel bis Klaus Kinkel, haben sich liberale deutsche Außenminister leidenschaftlich für die europäi- sche Idee eingesetzt. Europa ist bis zum heutigen Tag nicht zuletzt deshalb eine außerordentliche Erfolgsge- schichte. Auch die heutige FDP-Bundestagsfraktion fühlt sich mit der europäischen Idee und deren Werten verbunden und auch verpflichtet. Das befreit uns aber nicht davon, eine kritische Bestandsaufnahme vorzunehmen. Die vielfältigen Beiträge in den letzten Wochen, vom Altbundespräsidenten Roman Herzog bis hin zu Ihren und unseren Anträgen, zeigen, dass es erheblichen Bedarf an Diskussionen gibt. In meinen Augen ist diese aktuelle Diskussion nicht der Untergang der europäischen Idee oder der Beginn von Renationalisierungsbestrebun- gen, wie es einem manchmal von allzu glühenden Verfechtern entgegengeworfen wird. Nein, es ist der B E f g i D d H D u d F d I E m R z Z d A r n a w s f u I W d g d S a T j D s te M s h R I s H E D e d B (C (D eginn von Normalität in der politischen Diskussion um uropa – und das ist ein echter Fortschritt. Sie schlagen heute zwei mögliche Wege aus der Ver- assungsdiskussion vor. Die Linken fordern erwartungs- emäß den Abschied von Freiheit und Marktwirtschaft n Europa. Die Grünen fordern eine breite öffentliche ebatte, ohne jedoch den Verfassungsentwurf inhaltlich iskutieren zu wollen. Meine Damen und Herren auf der linken Seite des auses, beiden Anträgen wird die FDP nicht zustimmen. ie Bundesregierung geht den Weg der Konsultation nserer europäischen Partner. Nur so kann man auf Basis es Unstrittigen das noch Strittige diskutieren. Die FDP- raktion unterstützt diesen Weg und hat dies zu Beginn er Ratspräsidentschaft auch öffentlich deutlich gemacht. n den vorliegenden Anträgen soll nun praktisch das rgebnis dieses Konsultationsverfahrens vorweggenom- en werden. Das wäre nicht hilfreich. Ich möchte noch einmal daran erinnern – allen echenspielchen und Aufzählungen, wer nun schon alles ugestimmt hat, zum Trotz –: Am Ende werden wir die ustimmung aller Mitgliedstaaten brauchen, auch derer, ie bisher eine ablehnende Position eingenommen haben. lles, was man bisher von Tschechien, Polen, Frank- eich, den Niederlanden oder Großbritannien hört, klingt icht so, als ob Ihre Anträge dort Begeisterungsstürme uslösen würden. Deshalb lassen Sie uns vor allem hören, as unsere europäischen Partner zur Verfassung zu agen haben, und lassen Sie uns dann die Diskussion ühren. Am Ende werden wir die Menschen in Europa nd in der Welt nicht durch die Verfassung begeistern. nteressante Verfassungsprobleme gibt es überall auf der elt. Die Menschen überzeugen wir von Europa, indem wir ie EU zu einem Europa der Erfolge machen. Dazu ehört beispielsweise die Vollendung des Binnenmarktes, ie letztendlich jedem Verbraucher in Europa – sei er trom-, Gas-, Mobilfunkkunde oder sei es im Supermarkt, ls Fluggastpassagier oder als Tourist in Europa – jeden ag aufs Neue beweisen kann, dass sich Europa für eden Einzelnen lohnt. Dazu brauchen wir Wettbewerb. iesen herzustellen, wo er noch nicht vorhanden ist, wo ich Monopole gebildet haben, das ist eine der vornehms- n Aufgaben Europas. Hierzu brauchen wir aber mehr ut, als ihn die Bundesregierung zeigt. Hier hat die EU chon lange die Kompetenz, und genau an dieser Stelle aben wir Liberale uns wesentlich mehr Ehrgeiz von der atspräsidentschaft erhofft. Ermutigende Signale oder nitiativen sind an dieser Stelle nicht gekommen. Das, Frau Bundeskanzlerin, ist nicht nur schade, ondern es ist auch schädlich für das Ansehen Europas. ier könnten Sie für die Menschen in Deutschland und uropa ungleich mehr erreichen. Hier verschläft eutschland eine Riesenchance, wichtige Weichen für ine EU der Erfolge für die Bürger zu stellen. Alexander Ulrich (DIE LINKE): Auch wenn sich er Club der Ja-Sager kürzlich in Madrid traf und die undeskanzlerin einen geheimen Kreis zur Wiederbele- 8124 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 (A) ) (B) ) bung der EU-Verfassung zusammenruft: Die Verfassung ist gescheitert. Die Linke schließt sich der mehrheitlichen Kritik der Franzosen und Niederländer am Verfassungsvertrag an. In den Volksabstimmungen in Frankreich und den Nie- derlanden ist das Vorhaben aus gutem Grunde geschei- tert. Die jetzigen Debatten zeigen deutlich: Beide Länder lehnen es ab, darüber in unveränderter Form noch ein- mal abzustimmen. In Großbritannien, Polen oder Tsche- chien ist die Verfassung in ihrer jetzigen Form zum Un- thema geworden. Die jüngsten Äußerungen von Altbundespräsident Roman Herzog sind ein deutlicher Beweis dafür, dass die Kritik an der derzeitigen Verfasst- heit der Europäischen Union immer breiter wird. Grüne wie FDP fordern eine neue Verfassung. Die Staats- und Regierungschefs haben die Reflektionsphase nicht ge- nutzt. Stattdessen halten die 18 Befürworterländer an dem gescheiterten Verfassungsvertrag fest. Die Bundesregierung muss endlich zur Kenntnis neh- men, dass der Ratifikationsprozess wegen des anhängi- gen Verfahrens beim Bundesverfassungsgericht unter- brochen ist. Der Bundestag hat am 12. Mai 2005 fast ohne Aussprache den Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 29. Oktober 2004 über eine EU-Verfassung mit wenigen Gegenstimmen durchgewunken. Wir for- dern den Bundestag auf, diesen Beschluss aufzuheben. Erst dann hat die Bundesregierung wieder Handlungs- freiheit, um nach Alternativen zu suchen. Die Linke sagt Nein zu diesem neoliberalen und mili- taristischen Verfassungsvertrag der europäischen Regie- rungen. Diese Verfassung verfestigt das Demokratiedefi- zit in der EU und legt die EU auf einen wirtschafts- und währungspolitischen Kurs des rigorosen Neoliberalis- mus fest. Die EU präsentiert sich als „Binnenmarkt mit freiem und unverfälschtem Wettbewerb“. Zahlreiche Richtli- nien führen zur Privatisierung und Liberalisierung. Große Teile der Daseinsvorsorge wurden schon für Markt und Wettbewerb geöffnet. Lohn- und Sozialdum- ping sind die Folge. Die EU-Dienstleistungsrichtlinie ist zum Synonym dieser unsozialen Politik geworden. Die sozialen und demokratischen Lebensinteressen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen wie- der in den Vordergrund gerückt werden. In einer neuen europäischen Verfassung muss das Grundprinzip des eu- ropäischen Sozialmodells mit starker Sozial- und Wohl- fahrtsstaatlichkeit verankert sein. Die bisher rechtlich nicht verbindliche Grundrechtecharta ist zu präzisieren und zu ergänzen und in die Verfassung aufzunehmen. Darüber hinaus fordern wir die soziale Bindung des Ei- gentumsrechts. Solche Bestimmungen, die den Marktra- dikalismus einschränken, fehlen bisher völlig. Im Bereich der Sicherheitspolitik enthält die Verfas- sung die Verpflichtung, die militärischen Fähigkeiten der EU schrittweise zu verbessern. Man muss sich schon fra- gen, was eine Aufrüstungsverpflichtung überhaupt in der Verfassung zu suchen hat. Um diesen Auftrag noch zu erfüllen, sieht die Verfassung eine Rüstungsagentur vor, die bereits eingerichtet wurde. Die EU verkauft die zu- n d a c d d i K E d d m b E g d C E p g d s N f N W p V g g g h n e E k h g R i d r m g E s M (C (D ehmende Militarisierung der EU mit dem Argument es Antiterrorkampfs. Wie soll eine europäische Außenpolitik überhaupt ussehen? Wir fordern eine europäische Außen- und Si- herheitspolitik mit zivilem Charakter. Erste Schritte in iese Richtung sind der Aufbau eines europäischen Frie- ensdienstes und die Umwandlung der Rüstungsagentur n eine Agentur für Abrüstung, Rüstungskontrolle und onversion. Wir gehen mit unserem Antrag mit klar formulierten ckpunkten „Für eine demokratische, soziale und Frie- en sichernde Verfassung der Europäischen Union“ in ie Auseinandersetzung. Die Linke setzt auf einen de- okratischen Neustart in der Verfassungsfrage. Wir rauchen einen alternativen Verfassungsvertrag, der im uropawahljahr 2009 den EU-Bürgerinnen und -Bür- ern in Volksabstimmungen vorgelegt wird. Ich fordere den Deutschen Bundestag auf, das Nein er Franzosen und Niederländer zur Verfassung als hance für eine soziale, friedliche und demokratische uropäische Union zu nutzen. Nur so werden wir Euro- as Bürgerinnen und Bürger für die europäische Idee ewinnen. Die Linke, fordert die Bundesregierung wie- erholt auf, während der Ratspräsidentschaft die Voraus- etzungen für eine alternative Verfassung zu schaffen. ur durch einen Neuanfang ist Europa aus der Krise zu ühren. Europa muss sich verändern – damit es gelingt. Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- EN): Lassen Sie mich das Wichtigste vorweg sagen: ir Grüne wollen den Verfassungsvertrag für die Euro- äische Union, und die Europäische Union braucht den erfassungsvertrag. Denn der Vertrag von Nizza ist nicht emacht für eine EU, in der 27 Mitglieder Entscheidun- en treffen müssen. Die geltenden rechtlichen Grundla- en sind zu eng geworden für die erweiterte EU. Sie be- indern die Handlungsfähigkeit und sie entsprechen icht unseren Demokratievorstellungen. Für beides brauchen wir strukturelle Reformen. Die rreichen wir mit dem Verfassungsvertrag: Er macht die U demokratischer, effizienter und bürgernäher. Kriti- er, wie jüngst Altbundespräsident Roman Herzog, be- aupten das Gegenteil, aber das macht ihre Behauptun- en nicht zutreffend. Ich nenne Ihnen drei Beispiele: Erstens. Das Europäische Parlament erhält mehr echte zur Kontrolle des Ministerrats. Zweitens. Der Übergang zu Mehrheitsentscheidungen m Rat und das System der doppelten Mehrheit machen ie Entscheidungsfindung schneller und einfacher. Drittens. Das Bürgerbegehren als ein Instrument di- ekter Demokratie sichert den Bürgerinnen und Bürgern ehr Mitspracherechte. Es geht aber um mehr als die Strukturreformen. Es eht um die Europäische Union als politische Union. Die U ist kein statisches Gebilde. Vielmehr befindet sie ich in einem ständigen Prozess, Veränderung ist ihr erkmal. In ihrem dynamischen und kooperativen Cha- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 8125 (A) ) (B) ) rakter liegen ihre Einzigartigkeit, ihr Potenzial und ihre Strahlkraft. Wir wollen diesem dynamischen Projekt ei- nen Rahmen geben und es zukunftsfähig machen. Es ist viel von den Herausforderungen die Rede, die die Nationalstaaten nicht mehr alleine bewältigen kön- nen. Wenn wir die Aufgaben globaler Klimawandel, sozial gerechte Gestaltung der Globalisierung, Energie- versorgung, Proliferation, grenzüberschreitende Krimi- nalität – um nur einige Stichworte zu nennen – gemein- sam bewältigen wollen, brauchen wir eine ungefähre Vorstellung davon, nach welchen Leitlinien wir handeln wollen. Wir Grüne wollen eine politische Union, die sich an den Leitlinien nachhaltiger und ökologischer Politik, so- zial gerechter Gestaltung der Globalisierung, einer sozia- len und friedlichen Union, die als globale Akteurin mul- tilaterale Strukturen stärkt und mit einer Stimme spricht, orientiert. Wir müssen darüber reden, wie wir diese Leit- linien in konkrete Politik übersetzen wollen und uns fra- gen: Reicht der Verfassungsvertrag aus? Regelt er zu viel oder zu wenig? Helfen Abkommen über bestimmte Poli- tiken wie eine Energiestrategie oder eine Sozialcharta? Ein dritter Punkt ist, wie über ein solches Dokument mit den Bürgern und Bürgerinnen diskutiert wird und wie sie in die Entscheidung einbezogen werden. Wir brau- chen mehr Dialog mit den Bürgern und Bürgerinnen, die sich mit dem Projekt identifizieren sollen. Die deutsche Ratspräsidentschaft verhält sich hier äußerst unklug. Sie erarbeitet die Berliner Erklärung über die Ziele und Werte der EU in einem Closed Shop unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Selbst die Kritik der Europäischen Kom- mission beeindruckt die Kanzlerin nicht. Wir werden uns weiter für eine bürgernahe, demokra- tische, rechtsstaatliche, friedliche und ökologischen wie sozialen Standards verpflichtete EU einsetzen. Der Ver- tragsentwurf bietet dafür eine gute Grundlage. Darum wollen wir den Verfassungsvertrag, darum wollen wir eine breite Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger, und darum lehnen wir den Antrag der Linken ab. Anlage 13 Amtliche Mitteilungen Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuss – Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Parla- mentarischen Versammlung der OSZE Fünfzehnte Jahrestagung der Parlamentarischen Ver- sammlung der OSZE vom 3. bis 7. Juli 2006 in Brüssel, Belgien – Drucksachen 16/2491, 16/3563 Nr. 1.1 – m V P t (C (D Ausschuss für Arbeit und Soziales – Unterrichtung durch die Bundesregierung Lagebericht der Bundesregierung über die Alterssiche- rung der Landwirte 2005 – Drucksache 16/907 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die gesetzliche Ren- tenversicherung, insbesondere über die Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben, der Nachhaltigkeits- rücklage sowie des jeweils erforderlichen Beitragssatzes in den künftigen 15 Kalenderjahren (Rentenversiche- rungsbericht 2006) und Gutachten des Sozialbeirats zum Rentenversicherungs- bericht 2006 – Drucksache 16/3700 – Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben itgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden EU- orlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische arlament zur Kenntnis genommen oder von einer Bera- ung abgesehen hat. Innenausschuss Drucksache 16/2555 Nr. 2.120 Drucksache 16/3573 Nr. 1.7 Drucksache 16/3573 Nr. 2.25 Sportausschuss Drucksache 15/3403 Nr. 1.1 Drucksache 16/629 Nr. 1.3 Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Drucksache 16/150 Nr. 2.182 Drucksache 16/150 Nr. 2.222 Drucksache 16/288 Nr. 2.5 Drucksache 16/1748 Nr. 2.10 Drucksache 16/3382 Nr. 1.2 Drucksache 16/3382 Nr. 1.3 Drucksache 16/3382 Nr. 2.9 Drucksache 16/3382 Nr. 2.11 Drucksache 16/3573 Nr. 1.5 Drucksache 16/3573 Nr. 1.10 Drucksache 16/3573 Nr. 1.11 Drucksache 16/3897 Nr. 1.8 Drucksache 16/3897 Nr. 1.27 Drucksache 16/3897 Nr. 1.29 Ausschuss für Gesundheit Drucksache 16/3573 Nr. 1.13 Drucksache 16/3573 Nr. 1.14 Drucksache 16/3573 Nr. 1.15 Drucksache 16/3573 Nr. 2.26 Drucksache 16/3713 Nr. 1.13 Drucksache 16/3897 Nr. 1.23 Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Drucksache 16/3382 Nr. 2.24 Drucksache 16/3573 Nr. 1.16 Drucksache 16/3573 Nr. 1.17 Drucksache 16/3573 Nr. 1.18 Drucksache 16/3573 Nr. 1.19 8126 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 (A) (C) (B) (D) Drucksache 16/3573 Nr. 1.20 Drucksache 16/3573 Nr. 2.17 Drucksache 16/3573 Nr. 2.18 Drucksache 16/3573 Nr. 2.19 Drucksache 16/3897 Nr. 1.4 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 16/481 Nr. 1.8 Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 16/3713 Nr. 1.25 Ausschuss für Kultur und Medien Drucksache 16/1942 Nr. 1.11 91, 1 0, T 80. Sitzung Berlin, Freitag, den 2. Februar 2007 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9 Anlage 10 Anlage 11 Anlage 12 Anlage 13
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Petra Pau


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    (Beifall bei der CDU/CSU)


Rede von Willi Zylajew
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Heiterkeit bei der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


– Ja, aber nichts geschafft, gar nichts!


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)


Und jetzt, nach Jahren, seid ihr plötzlich so klug und
habt Ideen.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Noch nie was von Tagesbetreuung der Dementen gehört?)


Kollegin, schauen Sie in die Drucksache 14/3592 –
wieder nur: Haben wir nicht. Das geht so weit, dass Sie
sagen, die Finanzierung sei bis 2006 gesichert. Gott sei
Dank waren Sie 2006 nicht mehr an der Regierung.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)


Aber es ist ein Stück, das ins Tollhaus passt, was Sie hier
geliefert haben.


(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Und was machen Sie jetzt?)


– Kollege Bahr, ich bedanke mich; Sie sind ein verlässli-
cher Zwischenrufer.

Wir packen das jetzt an und verbessern die Qualität
der Pflege eindeutig. Das wird der Kollege Hermann
Scharf noch ausführen. Aber zunächst einmal haben wir
die Verpflichtung, eine Reserve für die Zeit aufzubauen,
die in 20 Jahren beginnt, in der wir sehr viel weniger
Beitragszahler und sehr viele Pflegebedürftige haben
werden. Davon werden Sie uns nicht abbringen.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das schaffen Sie schon selber!)


1998 haben wir Ihnen eine Pflegeversicherung überge-
ben, die finanziell solide war. Sie können sicher sein
– Sie haben ja Gott sei Dank nichts kaputt gemacht; Sie
haben nichts vernünftiger, aber auch nichts schlechter
gemacht –, dass wir dafür sorgen werden, dass sie nun so
reformiert wird, dass wir mit Blick auf die demografi-
sche Entwicklung eine ordentliche personenbezogene
Reserve ansparen und aufbauen. Das ist das alles Ent-
scheidende. Außerdem wird es inhaltliche Verbesserun-
gen geben. Da sind wir im Unterschied zu Ihnen absolut
verlässlich und gut.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Dr. Margrit Spielmann [SPD])



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Petra Pau


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    Das Wort hat der Kollege Lanfermann für die FDP-

    Fraktion.

    e
    d
    r
    u
    d

    f
    e
    s
    e
    h
    b
    w
    m
    D
    d
    s

    D
    G
    n
    w
    j
    S
    v
    p
    H

    d
    d
    l
    w
    d
    d
    s
    s
    d
    u
    S
    W
    b

    k
    w
    r
    f
    A
    u
    r
    ß
    t

    g
    s
    s

    (C (D Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es geht in wenig nach dem Motto „Nach dem Murks ist vor em Murks.“ Heute Morgen haben Sie die Gesundheitseform durchs Parlament gebracht, und jetzt treffen wir ns in einem überschaubaren Kreis, um über die Reform er Pflegeversicherung zu sprechen. Das Ganze hat mit der Koalitionsvereinbarung angeangen, in der sehr viele Versprechen enthalten sind. Die rsten Versprechen hat Frau Caspers-Merk wieder eingeammelt, indem sie sagt, nur mit höheren Beiträgen sei ine Dynamisierung möglich. Da man davor aber Angst at, kann man also eine Dynamisierung vergessen. Daei sind die Leistungen mittlerweile schon 13 Prozent eniger wert als beim Start der Pflegeversicherung, weil an bislang keine Dynamisierung vorgenommen hat. as ist eine der Schwächen des Systems, das Herr Blüm amals erfunden hat und auf das Sie immer noch stolz ind. Den Zeitplan können Sie auch nicht mehr einhalten. enn im Koalitionsvertrag stand, ein entsprechender esetzentwurf solle Mitte 2006 vorliegen. Das hören Sie icht mehr so gerne. Dann hieß es, ein Gesetzentwurf ürde nach der Gesundheitsreform vorgelegt. Das wäre etzt der Fall. Sie haben zwar einige Vorschläge in den chubladen liegen. Aber Sie trauen sich nicht, sie herorzuziehen. Es gibt immer zwei Papiere. Das eine Paier ist für die eine Hälfte und das andere für die andere älfte dieses Hauses. Die mutigen Worte hinsichtlich der Kapitalreserve, ie Herr Zylajew hier gefunden hat, werden wir Ihnen in en nächsten zwei Jahren noch oft genug vorhalten. Mitterweile wissen wir, dass die Vorlage eines Gesetzenturfs andauernd verschoben wird. Frau Caspers-Merk, ie dafür zuständig ist, solche Wahrheiten langsam unter as Volk zu bringen – die Ministerin wird nachher noch prechen und uns kompetent Auskunft geben –, hat geagt, es werde jetzt doch April oder Juli 2008. Angesichts er Landtagswahlen, die vorher und nachher stattfinden, nd angesichts der Tatsache, dass es allerspätestens im eptember 2009 Bundestagswahlen gibt, bin ich bereit, etten anzunehmen, dass Sie keine Reform zustande ringen. Darüber können wir uns noch gerne unterhalten. Tatsächlich ist es so, dass es keine Einigung geben ann, wenn beide Seiten der Koalition auch nur halbegs bei dem bleiben, was sie mittlerweile der Bevölke ung versprochen haben. Frau Ferner und andere sagen ür die SPD, sie wollen die Bürgerversicherung – sprich: bkassieren bei allem, was die Bürger an Einnahmen nd Vermögen haben –, um damit die Pflegeversicheung zu bezahlen. Eine Reserve in nennenswerter Gröenordnung, ob sie nun Demografiereserve oder Kapialrückstellung heißt, wollen sie praktisch nicht. Die CDU/CSU hat, wenn ich das einmal so locker saen darf, mittlerweile die Backen doch kräftig aufgeblaen. Herr Laumann, der in Nordrhein-Westfalen für dieen Bereich zuständige Minister, hat dies bei einer Heinz Lanfermann Veranstaltung des BPA am Montag getan. Einige von uns waren dort zugegen. Er hat gesagt, ohne eine anständige Kapitaldeckung und ohne eine Rücklage mit Blick auf die jungen Menschen, um die es hauptsächlich geht, wird es mit der Union eine Reform der Pflegeversicherung nicht geben. Das haben wir gehört, notiert und auf Wiedervorlage gelegt. Tatsächlich ist es so, dass das, was wir bei der Gesundheitsreform erlebt haben, sich natürlich wiederholen wird. Wir werden uns in vielen Diskussionsrunden wiederfinden und werden immer wieder hören, was die beiden Seiten wollen. Aber sie werden nicht zusammenkommen. Während dieser Zeit steigen aber die Kosten und die Eigenbeteiligungen weiter. Ich zitiere jetzt aus der Pflegestatistik 2005 des Statistischen Bundesamtes. Ein Pflegeplatz in der Pflegestufe 3 kostet im Durchschnitt 2 128 Euro. Davon zahlt die Pflegeversicherung 1 432 Euro. Bleiben also knapp 700 Euro Eigenbeteiligung übrig. Hinzu kommen Unterkunftsund Verpflegungskosten in Höhe von knapp 580 Euro. So kommt man auf über 1 270 Euro Eigenbeteiligung im Monat. Diesen Betrag können viele natürlich nicht aufbringen. Dann sind es die Angehörigen oder die Sozialkasse, die zahlen. Diese Ausgaben steigen. Je länger man wartet, desto länger schiebt man das Problem vor sich her. All die sachlichen Probleme, Frau Kollegin Scharfenberg, die Sie immer anführen, sind drängend. Jeder möchte etwas zur Lösung beitragen. Ich möchte in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass das Vorhaben, Demenzkranken zu helfen, von der Koalition zu Beginn ihrer Arbeit in den Vordergrund gestellt wurde. Davon ist jetzt auch nicht mehr so viel die Rede. Denn das kostet noch einmal extra. Sie sind nicht in der Lage, das System zukunftssicher zu machen und dafür zu sorgen, dass wenigstens die Kosten, die jetzt anfallen, in der Zukunft bezahlt werden können. Erst recht sind Sie nicht in der Lage, den demografischen Wandel zu begleiten. Sie wissen genau, dass der Beitragssatz der Pflegeversicherung in den nächsten Jahrzehnten auf mindestens 4 bzw. an die 5 Prozent steigen wird, wenn man nichts tut. Das will natürlich niemand. Aber wenn das so ist, dann müssen Sie endlich auch einmal springen und sagen: Jawohl, wir schaffen jetzt ein zukunftssicheres System, indem wir ein Prämiensystem einführen; denn nur damit können Sie eine Kapitalrückstellung bilden, die die Probleme der Zukunft löst. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Das Wort hat die Kollegin Dr. Margrit Spielmann für die SPD-Fraktion. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die FDP sagt uns heute schon den ganzen Vormittag, w e L s F s u P s J d w w d e g n n d t w K Z i v D m i z w s Ä t G d l h a k u w m t M d m b s g d r (C (D as nicht geht und was schlecht ist. Aber ich habe nicht inen einzigen Hinweis – auch nicht von Ihnen, Herr anfermann – zu einem Konzept gehört, wie man es beser machen kann. Wir haben immer gesagt – daran besteht kein Zweifel, rau Scharfenberg –: Die Pflegereform folgt der Geundheitsreform. Daran halten wir uns auch. Aufgrund nserer älter werdenden Gesellschaft ist die Reform der flegeversicherung in der Tat eine der wichtigsten geellschaftspolitischen Herausforderungen der nächsten ahre. Dieser werden wir uns stellen. Die Ministerin hat arauf in all ihren Gesprächen, die sie geführt hat, immer ieder hingewiesen; ich denke, sie wird es nachher auch ieder tun. Wir sollten uns dieser Problematik aber mit er notwendigen Sorgfalt und ohne Hektik stellen; denn ine über das Knie gebrochene Reform schadet den Pfleebedürftigen und ihren Angehörigen mehr, als dass sie ützt. Frau Scharfenberg, Sie beklagen, bei der SPD sei ichts über Strukturen und Konzepte zu hören. Das wunert mich schon sehr. Wir haben in der letzten Legislaurperiode – auch damals war ich für die Pflege verantortlich – mit Ihrer damaligen Kollegin gemeinsame onzepte hinsichtlich der Pflege entwickelt, sehr viele iele formuliert und diese auch umgesetzt. Ich denke, ch sollte sie Ihnen noch einmal kurz erläutern. Wir haben zum Beispiel den Grundsatz „Ambulant or stationär“ als einen ganz wichtigen in allen unseren okumenten aufgenommen. Heute Morgen haben wir it dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz in Form der ntegrierten Versorgung eine bessere Zusammenarbeit wischen Krankenhaus und ambulanter Versorgung soie zwischen Pflegekräften und Hausärzten beschlos en. Außerdem haben wir einen Leistungsanspruch für ltere und Pflegebedürftige auf geriatrische Rehabilita ion geschaffen. Dies ist übrigens wichtig, um diesen rundsatz zu verwirklichen. Um diesen Grundsatz aber auch mit den entsprechenen Menschen, mit Pflegerinnen und Pflegern, auszufülen, spielt die Pflegeausbildung eine wichtige Rolle. Wir aben – übrigens mit Ihnen gemeinsam – diese Pflegeusbildung weiterentwickelt. Die Finanzierung, die vaant war, haben wir heute übrigens auch beschlossen. Auch der Pflegebedürftigkeitsbegriff war Gegenstand nserer und Ihrer Überlegungen. Wir sind uns sicher, dass ir diesen Pflegebedürftigkeitsbegriff unbedingt ändern üssen. Er ist zu sehr am Somatischen, am Körper orien iert. enschen, die an Demenz erkranken oder geistig behinert sind, oder Menschen mit psychischen Erkrankungen üssen anders betreut werden. Wir wollen einen Pflege egriff, der auch aktuelle Erkenntnisse der Pflegewissenchaft berücksichtigt, der von einer Assistenz und Beleitung ausgeht und die Menschen aktiviert. Damit iese Ziele umgesetzt werden, hat das Bundesministeium für Gesundheit, wie Sie wissen, einen Beirat einge Dr. Margrit Spielmann setzt, der ein neues Begutachtungsverfahren entwickeln soll. Wir fördern darüber hinaus ein professionelles Pflegemanagement. Wir wollen, dass die Menschen nicht ohne Perspektive auf eine Anschlussbehandlung aus dem Krankenhaus entlassen werden. Bei vielen ist damit der Weg in das Pflegeheim vorprogrammiert. Wir fordern deshalb das Entlassungsmanagement. Wir wollen eine bessere Zusammenarbeit – ich sagte es schon – von Ärzten und Therapeuten mit den Pflegeheimen. Wir wollen eine Verzahnung zwischen RehaEinrichtungen und Pflegeheimen sowie eine stärkere Einbindung ehrenamtlich Helfender in vorhandene Versorgungsstrukturen. Ich habe nun versucht, das Ganze in fünf Minuten darzustellen. Ich verstehe die gesamte Aufregung und Diskussion nicht. Wir sollten nicht nur draufschlagen, sondern mit gemeinsamen Konzepten an dem weiterarbeiten, was wir in den letzten sieben Jahren, also in den letzten beiden Wahlperioden, miteinander vereinbart haben. Vielen Dank. Für die Fraktion Die Linke hat nun der Kollege Ilja Seifert das Wort. Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol legen! Liebe Betroffene an den Fernsehschirmen und auf den Tribünen! Wenn man sich ansieht, welche Reformen von dieser Koalition schon verzapft wurden – die Arbeitsmarktreform und heute Vormittag die Gesundheitsreform –, könnte man fast froh sein, wenn die Pflegereform verschoben wird. Bedauerlicherweise geht das aber am Leben vorbei. Es ist nämlich notwendig, dass das, was an Pflege zurzeit finanziert wird, reformiert wird. Es muss uns klar sein, dass das weit über die Pflegeversicherung hinausgeht. Deshalb möchte ich heute nun drei Punkte nennen, die sofort, noch heute, geändert werden könnten. Ich möchte erstens etwas über die Situation derjenigen sagen, die die assistierende Pflege brauchen, zweitens etwas zur Situation derjenigen, die die pflegende Assistenz leisten, und drittens zur Situation der Betroffenen, die sie selbst bezahlen könnten. Zu den Betroffenen, die die assistierende Pflege brauchen: Wenn wir nicht endlich einen teilhabeorientierten Pflegebegriff einführen, dann kommen wir nie voran. Liebe Kollegin Spielmann, wir brauchen keinen Pflegebedürftigkeitsbegriff, sondern einen Pflegebegriff, der sich von der Somatik entfernt, der die Aktivierung und die Teilhabeorientierung bringt. i r r g m s V M m p E v w t b A B D D n v o M A m i D d s i k h b a B L h D S I a m P d ä o m M z n (C (D Liebe Frau Ministerin, im Dezember vorigen Jahres st Ihnen von Ihrer Behindertenbeauftragten ein hervoragendes Konzept für teilhabeorientierte Pflege übereicht worden. Was haben Sie bei der Überreichung esagt? Prima, was ihr hier aufgeschrieben habt. Wir achen es aber genau andersherum. – In dem Papier teht: Wir brauchen einen vernünftigen Pflegebegriff. on diesem Pflegebegriff ausgehend müssen entsprechende aßnahmen abgeleitet werden. – Sie haben gesagt: Wir achen es umgedreht. Wir werden jetzt erst einmal ein aar Maßnahmen beschließen. Anschließend, ganz am nde, ändern wir den Pflegebegriff. – Das ist ein absolut erkehrtes Herangehen. Es ist aber eine gute Methode, enn man verhindern will, dass endlich fortschrittliches, eilhabeorientiertes Pflegen, ein assistierendes Begleiten eginnt. Zweiter Punkt: die Betroffenen, die die pflegende ssistenz leisten sollen. Warum entwerfen wir kein erufsbild der Alltagsassistentin, des Alltagsassistenten? amit kämen wir von der Gesundheitsorientierung weg. ie assistierende Pflege oder pflegende Assistenz muss icht von Krankenpflegern geleistet werden. Wir brauchen ielmehr Menschen, die sozial ausgebildet und teilhaberientiert sind, die wissen, dass man sich an den enschen orientieren muss, die die Pflege und die ssistenz brauchen, dass deren Wünsche erfüllt werden üssen und dass es nicht darum geht, die Wünsche rgendwelcher Institutionen zu erfüllen oder sich an ienstpläne zu halten. Lassen Sie uns dieses Berufsbild, as bereits angedacht ist, entwickeln und umsetzen! Lasen Sie uns zum Beispiel Menschen, die arbeitslos sind, n dieser Richtung ausbilden! Die machen das gerne. Dritter Punkt. Lassen Sie uns von den Parolen wegommen. Wenn ich die Losung „Ambulant vor stationär“ öre, dreht sich mir inzwischen der Magen um. Sie auen fröhlich neue Pflegeheime. Machen Sie doch etwas nderes: Nehmen Sie die Aktion „Daheim statt Heim“! auen Sie keine neuen Heime mehr! Lassen Sie die eute gut betreut zu Hause, damit sie selbst bei einem ohen pflegerischen Aufwand zu Hause leben können! ie Aktion „Daheim statt Heim“ wird von Ihrer Kollegin ilvia Schmidt besonders gefördert. Unterstützen Sie hre Kollegin! Ich habe kein Problem damit, jemanden us der SPD zu unterstützen, wenn sie etwas Vernünftiges acht. (Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Mechthild Rawert [SPD])


    (Beifall bei der FDP)