Gesamtes Protokol
Grüß Gott, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sit-zung ist eröffnet.Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf:Befragung der BundesregierungDie Bundesregierung hat als Thema der heutigenKabinettssitzung mitgeteilt: ID 2010 – Politik der Bun-desregierung für digitale Information und Kommu-nikation.Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Berichthat der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie,Michael Glos.Michael Glos, Bundesminister für Wirtschaft undTechnologie:Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Der Innovationspolitik kommt im Zusammen-hang mit Wachstum und Beschäftigung nach unsererAuffassung sehr große Bedeutung zu. Wir wissen, dassdie Informations- und Kommunikationstechnologieneine sehr große Rolle spielen.Bezogen auf die Bruttowertschöpfung haben die In-formations- und Kommunikationstechnologien inzwi-schen den Maschinenbau und den Automobilbau über-DmzsmgDsivmwKrnuVzVGsBdRedetholt. Als Schlüsseltechnologien einer zunehmendwissensorientierten Wirtschaft wirken die – ich kürzejetzt ab, weil ich mich an die fünfminütige Redezeit hal-ten soll – IKT als Wachstumsbeschleuniger für viele an-dere Bereiche.Derzeit können etwa 40 Prozent des gesamtwirt-schaftlichen Wachstums auf den Einsatz dieser Techno-logien zurückgeführt werden, wenn wir den Berechnun-gen der Boston Consulting Group Glauben schenkendürfen. Die IKT-Branche zählt mit einem Umsatz vonrund 135 Milliarden Euro zu den größten Branchen inDeutschland. 750 000 Menschen werden in diesem Be-reich beschäftigt. Weitere 650 000 Spezialistin den Anwenderbereichen.Vor diesem Hintergrund hat das Bundeskabein neues Aktionsprogramm „Informationsg
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– Ich meinte: in den vier Jahren dieser Legislaturperiode;jetzt sind es also noch drei Jahre. Herr Kollege, um IhrenZwischenruf aufzugreifen: Wir bleiben noch länger dran.Wir wissen nur noch nicht, mit wem wir regieren wer-den.
Aber die Union wird auf jeden Fall weiter große Verant-wortung tragen.In den verbleibenden drei Jahren dieser Legislaturpe-riode werden wir, zurückgerechnet auf das erste Jahr, zu-sätzlich 6 Milliarden Euro für Forschung und Entwick-lung bereitstellen. Das hilft auch der Informations- undKommunikationstechnologie.Danke schön.gbmMmzsadsiTbtdBotgriTbmZasZtvnZhIrwmwsHLAntmak
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 62. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 8. November 2006 6055
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In diesem Zusammenhang stellt sich für mich die
rage nach den internationalen Rankings hinsichtlich der
utzung dieser neuen Technologieformen. International
ibt es hier sehr große Unterschiede. Sogar in unserem
igenen Land gibt es sie. Meine Frage bezieht sich aber
uf die internationale Ebene. Wie wollen Sie die Rats-
räsidentschaft im nächsten halben Jahr nutzen, um den
KT-Bereich, den Bereich der Informations- und Kom-
unikationstechnologie, voranzubringen, damit wir in
uropa mit der weltweiten Entwicklung Schritt halten
önnen?
Michael Glos, Bundesminister für Wirtschaft und
echnologie:
Herr Kollege Obermeier, wir werden die Ratspräsi-
entschaft Deutschlands in der Europäischen Union
azu nutzen, um auf diesem Gebiet zu einheitlicheren
tandards und Regelungen zu kommen, durch die diese
ichtige Nutzung künftig erleichtert wird. Europa will
mmer stärker regulieren. Ich meine, man sollte erst ein-
al zu möglichst gleichen Standards kommen.
Durch die Vergabe von neuen Frequenzen ergeben
ich sehr viele neue Tätigkeitsfelder, die vorangebracht
erden müssen. Das bringt auch ungeheuer viele neue
hancen mit sich, die darin bestehen, dass zur Produkt-
dentifikation viel mehr Elektronik angewandt werden
ann. Die Produkte können in der Verpackung mit klei-
en Sendern ausgestattet werden, die im Niedrigfre-
uenzbereich funktionieren. Von der Speicherung und
egistrierung der Waren, um zu sehen, welche Artikel
ich noch in den Regalen befinden, bis hin zur elektroni-
chen Kasse werden sich viele neue Geschäftsfelder er-
eben.
Für all das muss eine gemeinsame und marktfähige
uropäische Lösung gefunden werden, damit selbstver-
tändlich auch eine grenzüberschreitende Nutzung mög-
ich ist.
Frau Kollegin Bettin, bitte.
Herr Minister, mich würde interessieren, was das spe-ifisch Neue an Ihrem Aktionsplan ist; denn die elektro-ische Gesundheitskarte usw. ist ja nichts Hochinnovati-es.
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Grietje BettinDaran anschließend frage ich Sie, welchen BeitragSie zur Entwicklung der internationalen Informationsge-sellschaft leisten wollen. Ein Stichwort war hier bei-spielsweise der Internationale Solidaritätsfonds. HabenSie in Ihrem Aktionsplan eine Unterstützung dafür vor-gesehen?Michael Glos, Bundesminister für Wirtschaft undTechnologie:In allererster Linie wollen wir die immer stärker nachvorne drängende neue Technologie in einen vernünftigenRechtsrahmen stellen, die Vernetzung fördern und damitvor allen Dingen neue Nutzerkreise und Arbeitsplätze inder IuK-Technologie erschließen. Gerade im Bereich derIKT befinden wir uns in einem starken Wettbewerb mitanderen Ländern, in dem wir bisher sehr gut aufgestelltsind.Die von mir vorhin angesprochenen zusätzlichen Mit-tel für Forschung und Entwicklung fließen zum Teil na-türlich in diesen Bereich. Das alles soll am 18. Dezem-ber 2006 gemeinsam mit der anwendenden Industrie aufeiner großen ressortübergreifenden Konferenz zusam-mengefasst werden, für die die Bundeskanzlerin dieSchirmherrschaft übernommen hat. Hier wird in Zusam-menarbeit mit der Industrie der weitere Rahmen abge-steckt. Dabei wollen wir von der Industrie wissen: Waskönnen wir zusätzlich tun, um zu modernen Arbeitsplät-zen in Deutschland beizutragen?Was darüber hinaus international stärker geregelt wer-den muss, ist der Kampf gegen Computerviren. In die-sem Zusammenhang ist auch das so genannte Spam zunennen, die Zusendung von unerwünschten E-Mails.Hier brauchen wir eine stärkere internationale Zusam-menarbeit.Als weiteren wichtigen Punkt – das fällt ebenfalls inden Bereich der Technologie – möchte ich Folgendes an-führen: Während unserer Ratspräsidentschaft wollen wirzu einer Absenkung der so genannten Roaming-Gebüh-ren bei der Nutzung von Handys kommen. Bisher gibt esoft große Überraschungen, wenn man aufgrund von An-rufen auf sein Handy im Ausland, etwa im Urlaub, einesehr hohe Rechnung erhält, obwohl man selbst seinHandy sehr wenig genutzt hat. Das muss zugunsten derVerbraucher geändert werden. Gerade auf diesem Gebietdrängen wir auf internationaler Ebene, insbesondere inder Europäischen Union, auf eine Regelung. Es gibt An-zeichen, dass es unter der deutschen Ratspräsidentschaftgelingen könnte, hier zu einer vernünftigen Lösung zukommen.
Herr Minister, Sie gestatten sicherlich eine Nach-
frage.
Herr Minister, in meiner Frage ging es mir – Stich-
wort Afrika – um die digitale Spaltung der Gesellschaft.
Roaming ist sicherlich ein wichtiges Thema. Uns aber
geht es um die gesellschaftspolitische Dimension der In-
formationsgesellschaft. Die Förderung der Wirtschaft
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– Sie stellt nur kluge Fragen; ich weiß das.Ich möchte mich auf etwas anderes beziehen. Staats-sekretär Bernd Pfaffenbach hat laut einem Bericht in der„Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ festgestellt, dass eseinen grundsätzlichen Dissens zwischen Ihrem Hause,der Bundesregierung und der EU-Kommission über dieAusrichtung der Telekommunikationspolitik gebe. Ichzitiere aus dem Artikel:Die Bundesregierung tendiert dazu, die sektorspezi-fische Regulierung so schnell und weitgehend wiemöglich zugunsten der allgemeinen Wettbewerbs-aufsicht zurückzufahren. Die Kommission hinge-gen neige zu der Auffassung, „daß im Zweifel einMehr an Regulierung auch zu einem Mehr an Wett-bewerb führt und dies wiederum zu höheren Inves-titionen“, heißt es in der Stellungnahme der Bun-desregierung.Meine konkrete Frage an Sie lautet: Plant die Bundes-regierung tatsächlich – wie es Herr Pfaffenbach öffent-lich erklärt hat – eine Wende in der Regulierungspolitik?Michael Glos, Bundesminister für Wirtschaft undTechnologie:Wenn Herr Staatssekretär Pfaffenbach das so gesagthat, dann ist es sicherlich ernst zu nehmen. Im Übrigenkann nach meiner Kenntnis in den Bereichen, in denender Wettbewerb bereits sehr stark ist, die nationale Regu-lierung zurückgenommen werden. Das gilt selbstver-ständlich nicht für Produkte, bei denen der Wettbewerbnoch nicht ausreichend entwickelt ist.
Herr Kollege Rupprecht, bitte.
Herr Minister, die IT-Branche ist sehr stark internatio-
nal ausgerichtet. Die Unternehmen in dieser Branche
siedeln sich dort an, wo die Know-how-Träger anzutref-
fen sind. Deswegen frage ich, ob wir in Deutschland aus-
reichend IT-Fachkräfte bzw. Know-how-Träger haben,
zumal in Asien bekanntlich hunderttausende neu ausge-
bildete Kräfte auf den Arbeitsmarkt drängen?
Michael Glos, Bundesminister für Wirtschaft und
Technologie:
Herr Kollege Rupprecht, Sie sprechen eine Sorge an,
die derzeit in der Industrie immer stärker artikuliert
wird, nämlich dass sich bei uns zu wenige talentierte
junge Menschen für ein Ingenieur- oder Technikstudium
und die entsprechenden Ausbildungsgänge entscheiden.
Davon hängt aber unsere künftige Wettbewerbsfähigkeit
ab.
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Vielen Dank. Bisher gab es nur die Ankündigung ei-er klugen Frage.Herr Minister, wir sind uns sicherlich darin einig, dassettbewerb die beste Voraussetzung für Innovationenst. Sie haben eben sehr vorsichtig und dezent daraufingewiesen, dass der Marktführer – Sie meinten wahr-cheinlich die Deutsche Telekom – im Bereich der Breit-anddurchdringung – Stichwort: VDSL – eigentlichchon hätte weiter sein können. Heißt das, dass wir voniner Änderung des § 9 a des TKG dahin gehend auszu-ehen haben, dass dem Marktführer keine Regulierungs-erien gewährt werden? Oder planen Sie hier Änderun-en, die sogar eine Verschärfung bedeuten? Damitingen Sie schon zu Beginn der deutschen EU-Ratsprä-identschaft voll auf Konfrontationskurs zur EU-Kom-ission. Das interessiert mich sehr.Michael Glos, Bundesminister für Wirtschaft undechnologie:Verehrte Frau Kollegin, der derzeitige Stand ist, dassie Bundesregierung den von ihr erarbeiteten Gesetzent-urf dem Parlament und dem Bundesrat zugeleitet hat.m Moment ist das Parlament am Zug. Entweder tritt dasesetz so in Kraft, wie wir es konzipiert haben, oder dasarlament und der Bundesrat haben in eigener Zustän-igkeit Änderungen vorgenommen. Was geschehenird, weiß ich nicht. Ich bin schließlich kein Prophet.
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Bundesminister Michael GlosNach unserer festen Überzeugung ist das Gesetz, dasals Entwurf von der Regierung beschlossen wurde, EU-tauglich. Wir planen keine Lex Telekom, um den Namenaufzugreifen, den Sie in die Debatte getragen haben. Dervorübergehende Umstand, dass die Regulierung hiernicht so stark ist – das bleibt Sache der Bundesnetzagen-tur –, betrifft aber selbstverständlich alle, die investieren.In meinen Augen investiert nicht nur der Marktführer zuwenig, sondern auch andere Firmen. Ich kann nur auffor-dern und einladen, sehr breit zu investieren; denn dieNutzung des VDSL-Netzes, also des raschen Netzzu-gangs, kommt der Wirtschaftskraft unseres ganzen Lan-des zugute.
Frau Kollegin Pawelski, bitte.
Herr Minister, Sie haben vorhin ganz kurz die Versor-
gung Deutschlands mit dem Breitband angesprochen.
Das ist ein eminent wichtiger Punkt; denn für viele Un-
ternehmen ist der Zugang zum Breitband ein wichtiger
Standortfaktor. Weil wir das Breitband insbesondere in
der Telematik und im Gesundheitswesen brauchen, frage
ich: Gibt es genügend Breitband in Deutschland und
wenn nein, was kann die Politik tun, um den Ausbau zu
forcieren?
Michael Glos, Bundesminister für Wirtschaft und
Technologie:
Es gibt in Deutschland eigentlich viel Breitband. Es
fehlt aber an einer ausreichenden Zahl an ganz schnellen
Zugängen über VDSL, und zwar nicht über Kupferkabel,
sondern über Glasfaserkabel, was gerade in den von
Ihnen angesprochenen Bereichen notwendig ist. Da die
öffentliche Hand kein Geld hat, das zu fördern und zu in-
vestieren, haben wir die angesprochene Gesetzesinitia-
tive auf den Weg gebracht, und zwar – ich betone das
noch einmal – nicht gezielt für den Marktführer. Viel-
mehr stellt sie eine Einladung an alle dar, dort endlich zu
investieren. Die Aussichten, dass es einen Return of In-
vestment gibt – das müssen alle Aktiengesellschaften ih-
ren Aktionären beweisen, wenn sie investieren wollen;
Aktiengesellschaften sind schließlich keine karitativen
Organisationen –, sollen durch das von uns konzipierte
Gesetz etwas hoffnungsfroher erscheinen.
Weitere Fragen liegen nicht vor. Gibt es Fragen zu an-
deren Themen der heutigen Kabinettssitzung? – Das ist
nicht der Fall. Damit beende ich die Themenbereiche der
heutigen Kabinettssitzung. Herr Minister, vielen Dank
für die Beantwortung der Fragen.
Gibt es sonstige Fragen an die Bundesregierung? –
Das ist nicht der Fall. Dann beende ich die Regierungs-
befragung.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf:
Fragestunde
– Drucksache 16/3230 –
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Frau Kollegin Abgeordnete, ich beantworte Ihre
rage wie folgt: Bei meinem Gespräch mit dem türki-
chen Erziehungsminister Celik in Ankara hat er mir das
ngebot unterbreitet, Vorbereitungskurse in der Türkei
urchzuführen, um insbesondere jungen Frauen, die im
ahmen des Familiennachzugs nach Deutschland kom-
en, die Integration zu erleichtern. Bei den anschließen-
en Gesprächen mit Staatsministerin Çubukçu sowohl in
nkara als auch später in Berlin wurde von deren Seite
it Nachdruck die Notwendigkeit eines frühen Erwerbs
er deutschen Sprache schon vor Einreise nach Deutsch-
and betont und der Vorschlag für Vorbereitungskurse er-
rtert.
Die Durchführung von Vorbereitungskursen in der
ürkei wurde auch bei jüngsten Gesprächen zwischen
inisterpräsident Erdogan und Bundeskanzlerin Merkel
hematisiert. Bei ihrem Besuch im Bundeskanzleramt
at Staatsministerin Çubukçu mich darüber informiert,
ass Ministerpräsident Erdogan Erziehungsminister
elik angewiesen habe, die Vorbereitungskurse auf den
eg zu bringen. Nähere Details zur Konzeption und
raktischen Ausgestaltung der Kurse wurden in den Ge-
prächen mit der türkischen Seite nicht erörtert. Dafür
erden weitere Gespräche erforderlich sein.
Frau Kollegin, Ihre Zusatzfragen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Vielen Dank. – Frau Staatsministerin, laut Pressemel-ungen der letzten Tage haben sich die Koalitionspartnerarüber geeinigt, dass das Beherrschen der deutschenprache als eine neue Einreisevoraussetzung im Rahmenes Ehegattennachzugs einzuführen sei. Meines Wissensurden diese Meldungen bis heute nicht dementiert.anz im Gegenteil, vom Kollegen Wiefelspütz von der
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Sevim DagdelenSPD-Fraktion wurde das sogar bestätigt. Ich möchtewissen, ob die Vermutung stimmt, dass das Angebot der-artiger Deutschkurse in der Türkei – wenn dem so ist –der Rechtfertigung dieser geplanten Neuregelung dienensoll und ob es bei Ihnen diesbezüglich verfassungsrecht-liche Bedenken gibt; denn in einer Ausarbeitung desWissenschaftlichen Dienstes vom 3. April 2006 gibt eseine Schlussfolgerung – ich zitiere –: Gegen den Nach-weis von Deutschkenntnissen als generelle Vorausset-zung für den Nachzug von ausländischen Ehegatten zuihrem in Deutschland lebenden ausländischen Ehepart-ner bestehen erhebliche verfassungsrechtliche Beden-ken.Ich möchte wissen, ob Sie sich diesen Bedenken an-schließen oder ob Sie juristisch begründen können, dassder Familiennachzug von dem Stand der Sprachkennt-nisse abhängig gemacht werden soll.D
Frau Kollegin, Sie wissen, die Beratungen dauern
derzeit an. Bei Regelungen, die den Familiennachzug
betreffen, gehe ich davon aus, dass die federführenden
Ministerien die beabsichtigten Regelungen sowohl in eu-
roparechtlicher als auch in verfassungsrechtlicher Hin-
sicht überprüft haben. Wenn es zu solchen Regelungen
kommt, ist davon auszugehen, dass entsprechende Här-
tefallregelungen vorgesehen werden.
Im Übrigen darf ich Ihnen sagen, dass es hier von
ganz entscheidender Bedeutung ist, dass wir nicht nur
eine nachholende Integration durchführen, sondern dass
es, gerade wenn es um die Situation der Frauen geht,
darauf ankommen wird, eine vorbereitende Integration
auf den Weg zu bringen. Diese Überlegungen stehen hin-
ter der derzeit erörterten rechtlichen Regelung. Diese
Überlegungen sind auch tragend für den Vorschlag, den
ich von türkischer Seite erhalten habe. Sowohl der Bil-
dungsminister als auch die Frauenministerin haben mir
in meinen Gesprächen – es war nicht nur ein Gespräch –
wiederholt gesagt, wie wichtig sie das Beherrschen der
Sprache oder zumindest einfache Sprachkenntnisse hal-
ten, damit der Übergang nach Deutschland besser ge-
lingt. Deshalb trete ich persönlich nachdrücklich dafür
ein, dass wir eine solche vorbereitende Integration errei-
chen.
Sie haben noch eine Zusatzfrage, Frau Kollegin.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Nochmals herzlichen Dank. – Es gibt seit In-Kraft-
Treten des Zuwanderungsgesetzes am 1. Januar 2005 die
Integrationskurse. Ich habe heute in einer Tickermel-
dung gelesen – das möchte ich ausdrücklich hier an die-
ser Stelle begrüßen –, dass auch der niedersächsische In-
nenminister – er ist von der CDU – das fordert, was wir
hier seit Monaten auch in den Haushaltsberatungen for-
dern, nämlich dass die Stundenzahl für Integrationskurse
von 600 auf 900 angehoben wird. Soweit ich mich erin-
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Vielen Dank. – Herr Staatssekretär, gestatten Sie mir
zunächst einmal eine Richtigstellung: Dieser Tunnel soll
nicht in Hamburg, sondern in Schleswig-Holstein gebaut
werden. Das ist jedenfalls mein Kenntnisstand.
Bezüglich der Finanzierung, die Sie ja schon ange-
sprochen haben, hätte ich als Erstes eine Nachfrage zu
dem Finanzierungskonzept. Das ursprüngliche Finanzie-
rungskonzept ging von Kosten in Höhe von ungefähr
380 Millionen Euro aus. Diese Zahl wurde der Öffent-
lichkeit vor Jahren auch bekannt gegeben. Mittlerweile
belaufen sich die Baukosten nach Aussagen der Landes-
regierung von Schleswig-Holstein auf 740 Millionen
Euro, sie haben sich also fast verdoppelt. Wird ange-
sichts dieser Kostenexplosion ein neues Finanzierungs-
konzept von der Bundesregierung in Zusammenarbeit
mit dem Land Schleswig-Holstein vorgelegt und zu wel-
chem Zeitpunkt soll das geschehen?
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Vorab noch einmal der Hinweis auf das, was ich eben
gesagt habe: Es sind bei diesem Projekt bestimmte Vo-
raussetzungen zu erfüllen. Zunächst untersuchen wir die
Frage, ob der Tunnel überhaupt geeignet ist, im Rahmen
eines F-Modells finanziert zu werden. Das Ergebnis die-
ser Untersuchung wird uns im ersten Quartal nächsten
Jahres vorliegen. Dann folgt ein zweiter Schritt: Im Rah-
men einer Machbarkeitsstudie wird geprüft, ob man die-
ses Projekt als F-Modell wirtschaftlich darstellen kann.
Das Ergebnis dieser Studie erwarten wir zum Herbst
nächsten Jahres.
Ihre Frage bezüglich der Kostenstruktur bezieht sich
insbesondere auf Sachverhalte dieser zweiten Untersu-
chung, also ob man das Projekt als F-Modell wirtschaft-
lich darstellen kann. Wenn die entsprechenden Ergeb-
nisse vorliegen und es um die konkrete Umsetzung geht,
wird man in einen intensiven Dialog mit den Landesre-
gierungen und, wie ich vermute, auch mit dem Deut-
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Herr Staatssekretär, dieser Tunnel ist in den Bundes-
erkehrswegeplan ja als F-Modell eingestellt worden.
at die damalige Bundesregierung dieses Modell dort in
ölliger Unkenntnis von Finanzierungs- oder Eignungs-
otwendigkeiten eingestellt oder welche neuen Erkennt-
isse tauchen jetzt auf, das F-Modell an dieser Stelle in-
rage zu stellen?
U
Wir stellen das Projekt nicht als F-Modell infrage,
ondern wir wollen, da es sich um ein sehr großes Pro-
ekt handelt, die Voruntersuchungen möglichst sorgfältig
urchführen. Deswegen dieses zweistufige Verfahren.
Wir sind ja in Deutschland noch Lernende, was die
rivatfinanzierung von Verkehrsprojekten anbetrifft. Die
eschichte dieses Tunnelprojektes reicht bis 1987 zu-
ück; damals hat man mit der Planung begonnen. Des-
egen ist der Weg, den wir jetzt vorschlagen, vernünf-
ig: Wir wollen schauen, ob das Projekt als F-Modell
eeignet ist – das ist die erste Stufe, die im ersten Quar-
al nächsten Jahres umgesetzt wird –, und dann anhand
iner Wirtschaftlichkeitsüberprüfung klären, ob es sich
ls F-Modell wirtschaftlich darstellen lässt. Die Umset-
ung dieser zweiten Stufe erwarten wir für Ende nächs-
en Jahres.
Sie haben noch zwei Zusatzfragen.
Welche Auswirkungen hätten denn diese neuen, zu-
ätzlichen Untersuchungen auf den bisherigen Zeitplan
ezüglich der Fertigstellung dieses Querungsbauwer-
es, insbesondere vor dem Hintergrund, dass in Nieder-
achsen die Fortführung der A 20 nicht im Vordring-
ichen Bedarf steht?
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Uns geht Gründlichkeit immer vor Schnelligkeit, weilie Projekte sonst möglicherweise nicht gut durchdachtind. Deswegen haben wir dieses Verfahren vorgeschla-en. Prinzipiell kann man davon ausgehen, dass, wennan in einem solchen Voruntersuchungsprozess aufchwierigkeiten stößt, sich daraus Verzögerungen erge-en. Bei großen Verkehrsprojekten wie der A 20 odernderen Autobahnen ist es ohnehin so, dass man dierojekte in Abschnitte unterteilt und sie abschnittsweiseealisiert. Was konkret den Tunnel anbetrifft, sind wir,enke ich, auf dem richtigen Weg, wenn wir sehr sorg-ältig zweistufig vorgehen.
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Sie haben noch eine Zusatzfrage.
Meine letzte Frage ist: Können Sie die im Augenblick
zirkulierende Zahl von 740 Millionen Euro als Kosten-
rahmen für das Querungsbauwerk bestätigen – ist das ein
Erkenntnisstand, auf den sich die Bundesregierung beru-
fen will – oder wird es, bevor die Wirtschaftlichkeitsun-
tersuchung startet – man muss ja, wenn man über Maut-
höhen redet, auch wissen, was das Bauwerk kosten soll –,
noch eine neue Kostenschätzung geben?
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Wenn man zu der Erkenntnis kommt, dass das Projekt
als F-Modell geeignet ist und sich wirtschaftlich darstel-
len lässt, dann muss man in dem Zusammenhang bei-
spielsweise die Frage nach der Tunnellänge beantwor-
ten. Da gibt es unterschiedliche Denkansätze und
Untersuchungsansätze. Von dieser technischen Voraus-
setzung hängen die Kosten ab. Das ist der erste Punkt.
Das heißt, die Frage, wie hoch die Kosten am Ende tat-
sächlich sein werden, wird sich im Zuge der Untersu-
chungen zeigen.
Das Zweite. Sie sind lange genug Verkehrspolitiker,
um zu wissen, dass Projekte selten billiger werden, als
sie geplant wurden. Das ist ein gängiger Erfahrungswert.
Deswegen kann man realistischerweise davon ausgehen,
dass wir noch gewisse Spielräume haben, wenn es um
die Frage geht, mit welcher Endsumme wir kalkulieren
müssen.
Vielen Dank, Herr Staatssekretär, für die Beantwor-
tung der Fragen.
Zu diesem Geschäftsbereich liegen keine weiteren
Fragen vor. Deswegen schließe ich ihn.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeri-
ums für Arbeit und Soziales auf.
Die Frage 9 der Kollegin Dr. Dagmar Enkelmann
wird aufgrund von Nr. 2 Abs. 2 der Richtlinien schrift-
lich beantwortet.
Die Frage 10 der Kollegin Dr. Gesine Lötzsch wird
ebenfalls schriftlich beantwortet.
Auch die Fragen 11 und 12 der Kollegin Brigitte
Pothmer werden schriftlich beantwortet.
Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Aus-
wärtigen Amtes. Die Fragen beantwortet Herr Staatsmi-
nister Günter Gloser.
Ich rufe die Frage 13 des Kollegen Wolfgang Gehrcke
auf:
Welche Auswirkungen auf den angestrebten Friedenspro-
zess im Nahen Osten sieht die Bundesregierung durch die
Aufnahme von Avigdor Lieberman in die israelische Regie-
rung, die von dem zurückgetretenen Minister Ofir Pines-Pas
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desregierung dies für einen konstruktiven Beitrag zu einer
Friedensregelung im Nahen Osten?
Herr Kollege Paech, der Bundesregierung sind ent-prechende Presseberichte bekannt. Nach Kenntnis derundesregierung trifft es nicht zu, dass in Jericho Trai-ingsmaßnahmen durchgeführt werden, mit denen die
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6066 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 62. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 8. November 2006
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Staatsminister Günter Gloserdem Präsidenten der palästinensischen Autonomiebe-hörde unterstehenden Sicherheitskräfte für einen bewaff-neten Kampf gegen die Hamas gerüstet werden.Bekannt ist der Bundesregierung, dass es im Rahmender Mission des US-Sicherheitskoordinators General-leutnant Dayton konkrete Überlegungen gibt, die Präsi-dialgarde für Einsätze an Grenzübergängen auszubilden.Nach Kenntnis der Bundesregierung ist mit entsprechen-den Ausbildungsmaßnahmen nicht vor Beginn desnächsten Jahres zu rechnen.
Ihre Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, dann ist Ihnen wohl auch be-
kannt, dass nach Presseberichten, ähnliche Lager im
Gazastreifen eingerichtet werden sollen?
Herr Kollege Dr. Paech, es gibt Pressemeldungen,
aber eine solche Situation ist der Bundesregierung nicht
bekannt.
Sie haben noch eine Zusatzfrage.
Das ist insofern etwas seltsam, als mir diese Berichte
von der Deutschen Botschaft in Tel Aviv zugesandt wor-
den sind. Kann ich davon ausgehen, dass Sie diesen
Berichten intensiv nachgehen werden und uns dann,
eventuell auch schriftlich, über Ihre Konsequenzen in-
formieren?
Selbstverständlich. Sollte es ein solches Dokument
geben, werde ich dem nachgehen und Sie dann entspre-
chend unterrichten.
Ich rufe die Frage 18 des Kollegen Dr. Norman Paech
auf:
Ist der Bundesregierung die Einschätzung der US-Regie-
rung bekannt, wonach die Isolierung der von der Hamas ge-
führten palästinensischen Regierung zu einer bewaffneten
Auseinandersetzung zwischen der Hamas und der Fatah füh-
ren werde , und,
wenn ja, welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung
daraus für ihre eigene Nahostpolitik?
Der Bundesregierung sind entsprechende Pressebe-
richte bekannt. Vor dem Hintergrund der Bemühungen
von Präsident Abbas zur Bildung einer palästinensischen
Regierung auf der Grundlage seiner eigenen Friedens-
agenda bereiten gerade die jüngsten bewaffneten Aus-
einandersetzungen zwischen Fatah-nahen und Hamas-
nahen Milizen der Bundesregierung Sorge. Bedauerli-
cherweise finden diese Auseinandersetzungen zwischen
Mitgliedern der Fatah und der Hamas bereits seit Grün-
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
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6068 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 62. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 8. November 2006
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Frau Staatssekretärin, verstehe ich Sie richtig, dass
Sie nicht ausschließen können, dass Finanzinvestoren
von der erleichterten Veräußerung von Immobilien und
deren Einbringen in REITs Gebrauch machen und inso-
weit von der Steuervergünstigung, die die Exit-Tax dar-
stellt, profitieren?
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Es ist selbstverständlich nicht auszuschließen, dass Fi-
nanzinvestoren ein Unternehmen erwerben und anschlie-
ßend Immobilien veräußern. Ihre Frage richtete sich aber
darauf, ob Finanzinvestoren durch die Exit-Tax angeregt
würden, vermehrt Unternehmensbesitz in Deutschland
zu erwerben. Das ist aufgrund des eben von mir Darge-
stellten eher unwahrscheinlich.
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Zwischen der Zielsetzung der Exit-Tax, dass Firmen-
mmobilien leichter an die Börse gebracht werden
önnen, und der Zielsetzung von Unternehmensüberneh-
ern, Substanzwerte aus einem Unternehmen herauszu-
iehen und an den Kapitalmärkten zu vermarkten, be-
teht eine gewisse Parallelität. Diese Parallelität – darauf
ielte meine Frage – würden Sie nicht ausschließen?
D
Herr Kollege, ich muss noch einmal differenzieren.
um einen gibt es bestehende Unternehmen, die in ihren
ortfolios stille Reserven in Form von Immobilien ha-
en, die dem Betriebsvermögen zwar zugeordnet sind,
ie aber nicht mit dem gemeinen Wert, sondern mit dem
uchwert bewertet sind. Ein bestehendes Unternehmen,
elches auch immer, kann seine Immobilien unter den
ünstigeren Bedingungen der Exit-Tax veräußern, wenn
er Rechtsrahmen das im Laufe des nächsten Jahres er-
öglicht. Damit würde das Unternehmen aber seine Ka-
italisierung stärken, weil die Finanzmittel dann zum ge-
einen Wert als Eigenkapital verbucht würden. Das
igenkapital würde durch die Veräußerung der eigenen
mmobilien also in Höhe der Differenz zwischen dem
isherigen Buchwert der Immobilien und deren Kapital-
ert gestärkt. Für Finanzinvestoren ist es zunächst ein-
al schwieriger, ein solches Unternehmen zu überneh-
en, weil die Höhe des Eigenkapitals gestiegen ist.
Für sie stellt das also keine Erleichterung dar, sondern
her ein Hindernis. Denn das Eigenkapital müsste, wie
ch schon sagte, in den Kaufpreis eingepreist werden.
arüber hinaus fragten Sie, ob Finanzinvestoren durch
ie Exit-Tax angezogen werden. Nach meinem Dafür-
alten ist das eher unwahrscheinlich.
Eine andere Frage, die Sie gestellt haben, lautet:
enn ein Finanzinvestor ein deutsches Unternehmen er-
orben hat, kann dann solch ein neuer Besitzer zum Bei-
piel die Immobilien des Unternehmens veräußern? Ja,
as ist nicht ausgeschlossen. Handelt es sich aber um
mmobilien, die für die Fortführung des Unternehmens
otwendig sind, so müsste auch ein neuer Besitzer die
mmobilien wieder zurückmieten, um seinen Betrieb
berhaupt fortführen zu können; das hätte allerdings
uch für den vorherigen Besitzer gegolten.
Ich rufe die Frage 22 der Kollegin Dr. Barbara Hölluf:Wie haben sich seit 2004 die Kosten der Unterkunft, Heiz-und Energiekosten, Kosten der Warmwasserbereitung in deneinzelnen Jahren entwickelt und wie müssen sich nach An-sicht der Bundesregierung diese Kostenentwicklungen sowiedie Anhebung der Mehrwertsteuer um 3 Prozentpunkte in2007 auf die Höhe des Existenzminimums für Erwachseneund Kinder auswirken?
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 62. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 8. November 2006 6069
)
D
Frau Kollegin Höll, die vom Statistischen Bundesamt
im Rahmen der Verbraucherpreisstatistik veröffentlich-
ten Indizes bilden lediglich die Preisentwicklung ab. Sie
liefern aber keine Aussagen über tatsächlich anfallende
Ausgaben. So steht beispielsweise kein separater Index
zur Entwicklung der Heizkosten zur Verfügung.
Nach dem Beschluss des Deutschen Bundestages vom
2. Juni 1995 berichtet die Bundesregierung regelmäßig,
alle zwei Jahre, im Rahmen einer Prognoserechnung
über die Entwicklung des von der Einkommensteuer zu
verschonenden Existenzminimums von Erwachsenen
und Kindern. Mit Schreiben vom 31. Oktober 2006
wurde dem Präsidenten des Deutschen Bundestages und
dem Vorsitzenden des Finanzausschusses des Deutschen
Bundestages der Sechste Existenzminimumbericht, der
das Berichtsjahr 2008 betrifft, zugeleitet.
Ergebnis dieses Berichts ist, dass die steuerlichen
Freibeträge nach derzeitigem Sachstand noch bis ein-
schließlich 2008 ausreichend bemessen sind. Bei der Er-
mittlung der steuerfrei zu stellenden Beträge für die
Komponenten der Sozialhilfe – Regelsatz sowie Unter-
kunfts- und Heizkosten – werden feststehende Erhö-
hungsfaktoren berücksichtigt. Die Prognose zur Ent-
wicklung der Unterkunfts- und Heizkosten umfasst
daher auch die Erhöhung des allgemeinen Umsatzsteuer-
satzes ab dem 1. Januar 2007. Ob und in welcher Höhe
eine Überwälzung der Umsatzsteuererhöhung auf die
Verbrauchsausgaben erfolgt, lässt sich zurzeit nicht ab-
schätzen.
Im Übrigen ist im Hinblick auf die Erhöhung der Um-
satzsteuer zu berücksichtigen, dass ab dem 1. Janu-
ar 2007 nur der allgemeine, nicht aber der ermäßigte Um-
satzsteuersatz angehoben wird. Daher erhöht sich die
Umsatzsteuer, die auf eine Reihe von Gütern und Dienst-
leistungen, die zum notwendigen Bedarf gehören, gezahlt
werden muss, nicht. Das gilt zum Beispiel für Lebensmit-
tel, den Personennahverkehr, Bücher und Zeitschriften.
Die tatsächlichen Auswirkungen der Umsatzsteuer-
erhöhung und anderer Preisveränderungen auf die Ver-
brauchsausgaben fließen in die Einkommens- und Ver-
brauchsstichprobe 2008 ein, sodass diese dann bei der
Neubemessung der Regelsätze berücksichtigt werden.
Ihre Zusatzfragen, bitte.
Danke, Frau Staatssekretärin. – Wir haben gestern zur
Kenntnis nehmen können, dass in einem Urteil des Bun-
dessozialgerichts angeordnet wurde, die regionalen Un-
terschiede der Wohn- und Heizkosten im Hinblick auf
ALG II und Grundsicherung zukünftig stärker zu be-
rücksichtigen. Inwieweit wird sich das auf die Berech-
nungsgrundlagen der Höhe des steuerfreien Existenzmi-
nimums auswirken?
D
Frau Kollegin Höll, zur Umsetzung dieses Urteils des
Bundessozialgerichts kann ich noch keine abschließen-
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Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara HendricksErwachsenen und Kindern zu erhöhen. Nach derzeiti-gem Stand ist allerdings mit einer Anpassung des Kin-derfreibetrags ab 2009 zu rechnen. In welchem Umfangeine Erhöhung erforderlich wird, ist rechtzeitig – imvierten Quartal 2007, also in einem Jahr – anhand aktu-alisierter Werte abzuschätzen.
Ihre Zusatzfragen, bitte.
Danke. – Bei der Festlegung des Steuerfreibetrags für
das Existenzminimum von Kindern haben wir neben den
Sachkosten weitere Kosten zu berücksichtigen, die Kin-
der verursachen. In der typisierenden Betrachtung gibt
es nur eine Gruppe: Kinder von 0 bis 18 Jahren. Jugend-
liche über 18 Jahren, die ALG II beziehen, können nach
der Änderung von diesem Jahr nicht mehr aus dem elter-
lichen Haushalt ausziehen und eine eigene Bedarfsge-
meinschaft bilden. Halten Sie es vor diesem Hintergrund
für gerechtfertigt, sie weiter wie Kinder einzustufen?
Müsste hier nicht die Typisierung verändert werden?
D
Nein, Frau Kollegin Höll. Es ist richtig: Die jungen
Menschen, denen der Einstieg ins Berufsleben bisher
noch nicht geglückt ist und die infolgedessen weiter bei
ihren Eltern leben, haben, solange sie unter 25 Jahre alt
sind, keinen Anspruch mehr auf Arbeitslosengeld II in
einem eigenen Haushalt. Doch auch bei den jungen
Menschen zwischen 18 und 25 Jahren, die sich in Aus-
bildung befinden und für die die Eltern Kindergeld be-
ziehen, sind wir mit der Typisierung zufrieden. Was für
diejenigen gilt, die in Ausbildung sind, kann genauso
gelten für diejenigen, die den Einstieg ins Berufsleben
leider noch nicht gefunden haben.
Das reicht mir; danke.
Frau Staatssekretärin, vielen Dank für die Beantwor-
tung der Fragen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministe-
riums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
auf. Die Fragen beantwortet Frau Parlamentarische
Staatssekretärin Astrid Klug.
Ich rufe die Frage 24 des Kollegen Hans-Josef Fell
auf:
Welche Strategie hat die Bundesregierung im Sinne des
durch den Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und
Reaktorsicherheit, Sigmar Gabriel, in seiner Rede „Innovativ
für Wirtschaft und Umwelt“ am 30. Oktober 2006 vorge-
brachten Ziels, „Vorreitermärkte zu schaffen“, für den Wär-
memarkt bei erneuerbaren Energien, nachdem Bundesminis-
ter Sigmar Gabriel noch am gleichen Tag ein Wärmegesetz
aus Kostengründen auf unabsehbare Zeit verschoben hat?
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
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6072 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 62. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 8. November 2006
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Hierzu eine weitere Zusatzfrage der Kollegin
otting-Uhl.
Ich möchte zuerst von meinem Kollegen Fell über-itteln, dass er mit der Antwort nicht ganz einverstan-en ist. Aber ich glaube, diese Frage müssen Sie bilaterallären.Ich möchte dieses Thema noch weiter vorantreiben.ns geht es auch um die Frage der Genehmigungspraxis.ie haben eben selber ausgeführt, dass es nicht nur da-um gehen kann, ob die Technologie funktioniert odericht, sondern es wird vor allem auch um die Möglich-eit der Speicherung, also um ein sicheres Endlager ge-en.Sie haben sicherlich genauso wie ich von der aktuel-en Studie der Forscher der Universität Austin gehört.arin wurde festgestellt, dass die 1 600 Tonnen CO2, dieor zwei Jahren vor der Küste von Texas unter das Meern Sandsteinformationen geleerter Ölfelder gepumpturden – das war eine der Optionen –, dazu geführt ha-en, dass der pH-Wert in den fraglichen Reservoirs inanz kurzer Zeit von nahezu neutralen 6,5 auf 3 gefallenst. Die Zeitschrift „New Scientist“ schreibt, das sei so,ls wenn Milch zu Essig werde. Konsequenz sind unge-eure ökologische Folgeschäden.Ich will damit sagen: Sie als Bundesregierung ver-rauen sehr stark auf eine Technologie, die zu einem be-timmten Zeitpunkt einsatzfähig sein soll, wobei aberoch nicht feststeht, ob sie – auch im Sinne ökologischerachhaltigkeit – jemals einsatzfähig sein wird. Ichlaube, wir sind uns darin einig, dass wir die ökologi-che Nachhaltigkeit an dieser Stelle nicht vernachlässi-en dürfen.Vor dem Hintergrund, dass wir noch nicht wissen, obie Technologie tatsächlich einsatzfähig sein wird, fragech Sie: Werden Genehmigungen mit der Auflage erteilt,ass 2020 die Nachrüstung auf diese neue Technologierfolgt – so habe ich Herrn Bundesminister Gabriel ver-tanden –, oder wird die Genehmigung nur dann erteilt,enn die Technologie bereits einsatzfähig ist? Das wäreer nächste Schritt, der aber meiner Ansicht nach konse-uent wäre, wenn man es mit dem Vermeiden weiterermissionssteigerungen ernst meint. Werden dann nuroch Kohlekraftwerke genehmigt, die bereits mit dieserechnologie ausgestattet und damit garantiert CO2-freiind, statt Genehmigungen im Hinblick auf eine derzeitoch völlig in den Sternen stehende Option zu erteilen?
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)
As
Um eine Technologie zum Gegenstand eines Geneh-
migungsverfahrens zu machen, muss man über diese
Technologie verfügen und sie muss verantwortbar sein.
Wir vertrauen in diese Technologie, aber wir haben sie
noch nicht. Wir sind der Meinung, dass alle Anstrengun-
gen unternommen werden müssen, um eine Lösung im
Sinne von Clean Coal zu finden, weil wir genau wissen,
dass wir nicht nur bei uns in Deutschland, sondern vor
allem auch weltweit zumindest mittelfristig auf die Nut-
zung der Kohle angewiesen sein werden. Wir brauchen
dafür saubere Kohletechnologien und deshalb engagie-
ren wir uns in diesem Bereich. Aber man kann, wie ge-
sagt, diese Technologie erst dann zum Gegenstand kon-
kreter Genehmigungsverfahren machen, wenn man
darüber verfügt und wenn sie verantwortbar ist.
Ich rufe die Frage 26 der Kollegin Sylvia Kotting-Uhl
auf:
Wird sich die Bundesregierung nach der Vorlage des „Me-
morandums für einen ,New Deal‘ von Wirtschaft, Umwelt
und Beschäftigung“ durch das Bundesministerium für Um-
welt, Naturschutz und Reaktorsicherheit dafür einsetzen, dass
auch in der Chemie- und Kunststoffindustrie der Wechsel vom
Erdöl hin zu nachwachsenden Rohstoffen vollzogen wird, und
welche Maßnahmen sind konkret dazu geplant?
As
Ihre Frage, die sich auf die nachwachsenden Roh-
stoffe im Bereich der Chemie- und Kunststoffindustrie
bezieht, beantworte ich wie folgt: Selbstverständlich
wird sich die Bundesregierung weiterhin dafür einset-
zen, dass auch in der Chemieindustrie in zunehmendem
Maße nachwachsende Rohstoffe als Grundstoffbasis die-
nen. Dazu soll die notwendige Grundlagenforschung
weiter gefördert werden, um neben den bekannten ökolo-
gischen Vorteilen der CO2-Neutralität und der potenziell
besseren Energieeffizienz auch die Ablösung risikorei-
cher herkömmlicher Basischemikalien durch neuartige
Synthesen zu erreichen.
Weiterhin sollen die Bedingungen für die nachhaltige
Bereitstellung von Biomasse – das heißt für die sichere
Verfügbarkeit großer Mengen zur Herstellung von neuen
Massengrundstoffen – wissenschaftlich geklärt werden.
Dazu hat das BMU unter anderem im September 2006,
also vor kurzem, ein wissenschaftliches Fachgespräch
durchgeführt und die erste Internationale IUPAC-Tagung
für grüne und nachhaltige Chemie vom 10. bis 15. Sep-
tember dieses Jahres in Dresden finanziell gefördert.
Ihre Zusatzfragen, bitte.
Danke schön, Frau Staatssekretärin. – Das ist das eine
Standbein, aber uns geht es auch um das andere, nämlich
um konkrete Maßnahmen. Ich zitiere den Herrn Bundes-
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6076 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 62. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 8. November 2006
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darauf abzielen, diesen Grenzwert deutlich weiter zu
senken, und ob die Bundesregierung b) auch Technolo-
gien unterstützt, die Autos ohne jeglichen CO2-Ausstoß
ermöglichen.
Japanische Firmen – ich erwähne ausdrücklich Toyo-
ta – arbeiten an diesem Konzept und werden bald mit
entsprechenden Automobilen auf den Markt kommen.
Ich weiß, dass die deutsche Automobilindustrie daran
nicht arbeitet, abgesehen von einem Wasserstoffauto,
das irgendwann einmal – vielleicht 2020 – auf den Markt
kommen soll. Aber es gibt in Deutschland kein Bestre-
ben, Nullemissionsautos, beispielsweise mit den neuen,
bald auf den Markt kommenden Batterien, zu entwi-
ckeln. Deswegen meine Frage an die Bundesregierung:
Haben Sie vor, politische Strategien zu verfolgen, die
darauf abzielen, die deutsche Automobilindustrie dahin
gehend zu beeinflussen, dass sie diesen Weg endlich
geht?
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Franz Müntefering, Bundesminister für Arbeit undoziales:Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!ls wir mit dieser Koalition begonnen haben, haben wirns entschieden, 2006 einen Weg zu gehen, den nichtlle erwartet hatten. Wir haben nämlich nicht weiter aner Sparspirale gedreht, sondern haben in die Zukunfts-ähigkeit des Landes investiert.Wir haben, aufsetzend auf den Änderungen im Steu-rrecht der vergangenen Jahre, ein 25-Milliarden-Euro-rogramm angeschoben, das von erheblicher Bedeutungür den privaten investiven Bereich sein sollte. Diese Er-artungen sind in Erfüllung gegangen: Die Menschennvestieren auf dem Gebiet der energetischen Gebäude-anierung, der Modernisierung und der Verbesserungon Wohnungen und Häusern. Sie investieren so viel,
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Bundesminister Franz Münteferingdass wir haben nachlegen müssen. Das konnten wir auchleisten. Der Bundesfinanzminister hat im Vorgriff aufdas kommende Jahr schon in diesem Jahr zusätzlich360 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, damit dieseInvestitionen weitergeführt werden können. Das ist et-was, was ganz besonders dem Handwerk, den kleinenund mittleren Unternehmen vor Ort zugute kommt. Eskann schnell ausgeschrieben werden. Es muss nicht eu-ropäisch ausgeschrieben werden. Das ist etwas, das denkleinen Firmen ganz besonders gut tut.Dies ist einer der Aspekte gewesen – wir wissen, eswar nicht der einzige; der Export war auch sehr gut; derMaschinenbau lief sehr, sehr gut –, die im Verlaufe desJahres dazu geführt haben, dass sich die Dinge deutlichzum Guten gewandt haben.Wir haben heute das Gutachten vom Sachverständi-genrat bekommen. Ich habe dort zurückgefragt: Was wardenn eigentlich die Schätzung vor einem Jahr? Waswurde uns für dieses Jahr prognostiziert und was ist da-raus geworden? – Darauf hat der Sachverständigenratgeantwortet, man habe nicht voraussehen können, wiegut es laufen würde. Auch wir konnten es nicht voraus-sehen, aber wir haben darauf gehofft und wir haben alsKoalition dafür gearbeitet. Dieses Jahr hat sich gelohnt.Wir haben in der Koalition auf eines abgestellt, näm-lich darauf, etwas für den Arbeitsmarkt zu tun, weil wirwissen: Das ist die entscheidende Voraussetzung dafür,dass die Menschen mehr Zuversicht gewinnen, dass siemehr Sicherheit für die Zukunft bekommen, dass mehrGeld in die Steuerkasse und in die Kassen der sozialenSicherungssysteme fließt. Dieses Ergebnis am Arbeits-markt, das wir heute haben, ist ein Erfolg. Ein Jahr großeKoalition – darauf sind wir miteinander stolz.
Das Ergebnis der letzten Zählung war: Es gibt471 000 Arbeitslose weniger als vor einem Jahr. Dassind 10,3 Prozent weniger.
Das ist eine kleine Großstadt oder eine große Kleinstadt.Daran kommt auch die FDP nicht vorbei.
Ganz viele Menschen in Deutschland, die vor einem Jahrkeine Arbeit hatten, haben jetzt Arbeit.
Zum ersten Mal seit vielen Jahren liegt die Quotewieder unter 10 Prozent. Es sind 4,085 Millionen Ar-beitslose. Es sind zu viele; dazu sage ich gleich noch einWort. Wir geben uns damit nicht zufrieden. Aber Tatsa-che ist: Zum Beispiel 101 000 unter 25-Jährige wenigersind arbeitslos. 86 000 Ältere, über 50-Jährige, wenigersind arbeitslos. Das ist auch ein Zeichen dafür, dass dasinsgesamt in den Generationen gut verteilt ist. Ost-deutschland ist im Übrigen ganz ordentlich mit dabei.tlAkAAgABbPdsIiwfß1vDdbsMgsrwdgdPeIst4DaAA8g
m Februar hat uns die Bundesagentur gesagt, sie werden diesem Jahr 1,8 Milliarden Euro übrig behalten. Dasird sich tatsächlich auf rund 9,8 Milliarden Euro belau-en. Niemand weiß es ganz genau. Das wird in der Grö-enordnung von 9 bis 10 Milliarden Euro liegen.Die Frage ist: Wie kommt das? Natürlich spielt die3. Zahlung der Beiträge eine Rolle, die man hier nichtertieft zu erläutern braucht. Aber wichtig ist vor alleningen: Es werden weniger Menschen arbeitslos undie, die arbeitslos sind, kommen schneller wieder in Ar-eit. Die Bundesagentur nimmt bei den Arbeitslosenver-icherungsbeiträgen zusätzliches Geld ein. Es sind mehrenschen beschäftigt. Es wird mehr Lohn gezahlt. Esibt mehr Beiträge, übrigens nicht nur bei der Arbeitslo-enversicherung, sondern auch bei der Krankenversiche-ung und der Rentenversicherung.Für die Rentenversicherung gibt es zum ersten Malieder eine positive Perspektive. So können wir hoffen,ass wir für sie im Jahr 2008 keine zusätzlichen Anstren-ungen im Bundeshaushalt unternehmen müssen undass auch die Beiträge stabil bleiben. Angesichts diesererspektive schlafe ich ein wenig ruhiger als noch vorinem Dreivierteljahr.
ch hoffe, dass wir diese positive Entwicklung fort-chreiben können.Wir haben ja inzwischen entschieden, dass der Bei-ragssatz zur Bundesagentur von 6,5 Prozent auf,2 Prozent sinkt.
as macht ein Volumen von 16,6 bis 17 Milliarden Eurous, jeweils hälftig zugunsten von Arbeitnehmern undrbeitgebern. Durch das Senken des Beitragssatzes zurrbeitslosenversicherung wird eine Entlastung von,3 bis 8,5 Milliarden Euro bei den Arbeitnehmern aus-elöst.
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6078 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 62. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 8. November 2006
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Bundesminister Franz MünteferingEhrlicherweise muss man die Erhöhungen, die in ande-ren Bereichen vorgenommen werden, gegenrechnen.Aber das, was am 1. Januar nächsten Jahres stattfindet,stellt eine deutliche Entlastung für die Arbeitnehmer dar.Das kann außerdem auch dazu beitragen, dass neueKaufkraft entsteht und es zusätzlich neue Impulse gibt.
Der Sachverständigenrat hat am heutigen Tag denBlick nach vorne gerichtet, über den 1. Januar 2007 hi-naus. Entgegen dem, was uns viele kluge Leute in denvergangenen Monaten gesagt haben, sagt er nun: Die ne-gativen Folgen der Mehrwertsteuererhöhung, die dieFDP und andere immer wieder beschrien haben, könntendoch etwas geringer ausfallen.
Die FDP wurde natürlich nicht explizit erwähnt; ich kamdarauf, weil ich, während ich das sagte, zu Herrn Niebelschaute. Gerade Ihnen, Herr Niebel, möchte ich sagen:Alle, die Katastrophen prophezeit haben, werden erle-ben, dass wir relativ ruhig über den 1. Januar kommenund auch im nächsten Jahr ein relativ hohes Wachstumhaben werden. Damit wird es uns gelingen, die Arbeits-losigkeit noch weiter zu reduzieren.Eines hat sich die Koalition nämlich fest vorgenom-men: Wir wollen den Menschen mehr Chancen auf demArbeitsmarkt eröffnen und insbesondere den Jungen eineChance auf Ausbildung geben, damit sie in das Erwerbs-leben hereinwachsen können. Bei all dem, was wir tun,haben wir genau dies als oberstes Ziel im Blick. Wir wis-sen nämlich ganz genau – dieses Jahr beweist das –:Wenn man die Arbeitslosigkeit in Deutschland verrin-gert, gibt man damit einen entscheidenden Impuls zurLösung all der Probleme, die wir haben.
– Da klatscht die FDP mit; wir tun aber etwas dafür,
zum Beispiel mit der Mehrwertsteuererhöhung, die Sienicht wollen. Von den 3 Prozentpunkten Erhöhung fließt1 Prozentpunkt unmittelbar an die Menschen zurück,nämlich dank der Senkung der Beiträge zur Arbeitslo-senversicherung. 1 Prozentpunkt fließt in die Kasse desBundes und 1 Prozentpunkt in die Kasse der Länder.
Nun kommt es darauf an, ob wir mit diesem Geld etwasVernünftiges machen. Das tun wir, indem wir unser25-Milliarden-Euro-Programm fortsetzen. Hiervon wer-den auch im Jahr 2007 wieder etwa 6 bis 6,5 MilliardenEuro zur Verfügung stehen, um kleine und mittlere In-vestitionen vor Ort, in den Häusern und an Grundstü-cken, weiterhin anzustoßen.Alles in allem kann man zwar angesichts der derzeiti-gen Situation nicht jubeln, weil es, wie wir wissen, nochvgndFHfngfdwd–fRgI–SDHrmlbPAmdm
Herr Brandner, das war im Ausschuss, also nicht öf-entlich. – Man sollte es schon richtig einordnen, was dieegierung hier macht. Im „Stern“ von morgen steht fol-ender Ausspruch von Jörges:Die Koalition feiert „Wohlfühlwochen“ im Stile ei-ner Hamburger-Braterei – und das Volk kotzt ab.ch zitiere weiter:Die Patienten, damit sind Sie von der Bundesregierung gemeint –die keinen Arzt an sich heranlassen, sind kenntlichdurch chronisch verzückte Minen und eine Wende-rethorik, die Glück für alle verheißt.o weit der „Stern“ morgen.
as zeigt: Diese Aktuelle Stunde hat nur einen einzigenintergrund, nämlich eine populistische Selbstbeweih-äucherung.Vielmehr ist es doch so, dass es die Wirtschaft trotzittlerweile acht Jahren rot-grüner Politik in Deutsch-and geschafft hat, ein kleines Jobwunder zustande zuringen, welches aber noch lange nicht ausreicht, um dierobleme der Menschen in Deutschland zu lösen.
Fakt ist, dass immer noch über 4 Millionen Menschenrbeit suchen. Fakt ist, dass diese Bundesregierung im-er noch vor allem auf Abkassieren setzt statt darauf,en Menschen das Geld zurückzugeben. Das konntean heute deutlich in der Sitzung des Ausschusses für
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Dirk NiebelArbeit und Soziales merken, als der Kollege Weiß vonder CDU/CSU sagte: Die schlechte Nachricht für dieBürger war die Erhöhung der Rentenversicherungsbei-träge auf 19,9 Punkte. Die gute Nachricht ist, dass wireinen „Beitragssenkungsspielraum“ haben und auf19,7 Punkte kommen könnten. Aber weil wir die Leutenicht verunsichern wollen, nutzen wir diesen Beitrags-senkungsspielraum nicht, damit sie nicht auf die Ideekommen, es könnte irgendwann einmal wieder nachoben gehen.
Das ist eine Art von Politik, die genau das Prinzip,das der Kollege Müntefering im Zusammenhang mit sei-nem Investitionsprogramm genannt hat, widerspiegelt:Man nimmt den Menschen das selbst verdiente Geldweg, katalysiert es durch einen teuren Verwaltungsappa-rat, zieht die Verwaltungskosten ab und gibt es den Men-schen quasi wie einem Taschengeldempfänger und vor-zugsweise auch noch zweckgebunden an anderer Stellewieder zurück. Das ist nicht unsere Vorstellung vommündigen Bürger. Die Menschen können mit dem Geld,das sie selbst verdienen, Besseres machen als Sie in Ihrergroßen Koalition.
Sie haben davon gesprochen, wie schön alles sei. DieBundeskanzlerin hat vor knapp einem Jahr ihre Regie-rungserklärung unter die Überschrift „Freiheit wagen“gesetzt. Welche Freiheit meinen Sie eigentlich? Sie stel-len fest, dass – das finde ich einen bemerkenswertenLernfortschritt – Steuermehreinnahmen dazu dienenkönnen, die Haushalte zu konsolidieren. Das ist gut; dasist auch unsere Ansicht. Aber Sie haben nicht festge-stellt, dass die Steuermehreinnahmen nicht das Ergebnisstaatsorientierter Politik, sondern das Ergebnis einerwachstumsorientierten Wirtschaftspolitik gewesen sind,die unter der letzten Bundesregierung ihren Ausdruck ineinem Steuersenkungskonzept gefunden hat, das ohnedas Zutun der FDP im Land Rheinland-Pfalz im Bundes-rat niemals Gesetz geworden wäre.
– Es wäre nicht durchgekommen; es wäre an der Blocka-dehaltung der Union im Bundesrat gescheitert. DieRheinland-Pfälzer unter Ihnen wissen das.Das zeigt eines ganz deutlich: Ein wachstumsorien-tierter wirtschaftspolitischer Pfad, eine Steuersenkungs-politik, die Menschen und Betrieben in diesem Landmehr vom selbst Verdienten übrig lässt, ist immer nochbesser als staatsdirigistische Programme. Insofern müs-sen wir einfordern, was die Bundeskanzlerin gesagt hat:mehr Freiheit wagen! Das ist das Entscheidende.Sie tun so, als wenn die Bundesagentur jetzt richtigGeld verdienen würde und als sei es ein Goodwill seitensder Bundesregierung, den Bürgern von diesem zu vielweggenommenen Geld etwas zurückzugeben. Die Bun-desagentur kann alles Mögliche, aber Überschüsse er-wengM–vLgsatGmgww–nnhknswmeiAes
Frau Präsidentin, was ist denn das für ein Parlaments-erständnis?
Der Herr Minister hört Ihnen zu.
Der Kollege Müntefering ist offenkundig nicht in der
age, die Ergebnisse des Evaluierungsberichts seiner ei-
enen Bundesregierung zur Kenntnis zu nehmen, die
chon Mitte des Jahres deutlich gemacht haben, welche
rbeitsmarktpolitischen Instrumente nicht zur Integra-
ion in den ersten Arbeitsmarkt dienen, sondern pure
eldverschwendung sind. Aber das sind Ihre sozialde-
okratischen Steckenpferde, die Sie weiter reiten mö-
en. Optisch möge man sich das einmal vorstellen;
ahrscheinlich brechen Sie sich dann das nächste Bein,
enn Sie das tatsächlich bis zum Ende durchführen.
Der Kollege hat „Schwein“ zu mir gesagt. Ich halte das
icht für parlamentarisch, aber das ändert nichts. Es ord-
et Sie ungefähr da ein, wo Sie politisch hingehören. Sie
aben sich da selbst ein Zeugnis ausgestellt.
Herr Kollege, Ihre Redezeit ist zu Ende.
Ja, Frau Präsidentin. – Nutzen Sie die Beitragssen-ungsspielräume, die sich bieten, indem Sie eine ver-ünftige Arbeitsmarktpolitik durchführen und den Men-chen das Geld zurückgeben, das ihnen unnötigerweiseeggenommen worden ist, damit sie die Chance haben,itmachen zu dürfen. Außerdem überlegen Sie sich, obs vielleicht hilfreich und sinnvoll wäre, das Parlamentrgendwann einmal zur Kenntnis zu nehmen, oder ob dierroganz der Macht sich in ihren „Wohlfühlwochen“ingenistet hat, sodass Herr Jörges im Endeffekt wahr-cheinlich doch Recht hat.Vielen Dank.
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6080 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 62. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 8. November 2006
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Das Wort hat nun der Kollege Dr. Ralf Brauksiepe für
die CDU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Der Oktober 2005 war der letzte Monat vor der Wahlvon Angela Merkel zur Bundeskanzlerin. Aktuell liegendie Arbeitsmarktzahlen für den Oktober 2006 vor. Dasist eine gute Gelegenheit, Bilanz zu ziehen. Was ist pas-siert, seit die Wählerinnen und Wähler die CDU/CSUzur stärksten und die Grünen zur schwächsten Kraft indiesem Hohen Hause gewählt haben?
Ein paar Ergebnisse in Stichworten: 471 000 Arbeits-lose weniger als vor einem Jahr. Erstmals seit vier Jahrenliegt die Arbeitslosenquote unter 10 Prozent. Was hättenSie von den Grünen darum gegeben, wenn Sie solcheZahlen hätten präsentieren können! Das ist ein Erfolgder großen Koalition.
Ich fahre fort: 153 000 Arbeitslose weniger als imSeptember. 82 000 Menschen aus dem Bereich desArbeitslosengeldes II sind wieder in Beschäftigung ge-kommen. Das letzte Hilfsargument der Opposition war,die Langzeitarbeitslosigkeit sei gestiegen. Es ist in derTat richtig: Die Kurzzeitarbeitslosigkeit abzubauen isteinfacher. Wenn die Kurzzeitarbeitslosigkeit stark unddie Langzeitarbeitslosigkeit nicht ganz so stark abgebautwerden, dann ist der Anteil der Langzeitarbeitslosen hö-her. Aber nehmen Sie zur Kenntnis: Auch im Bereichdes Arbeitslosengeldes II haben wir Erfolge. Denn auchdie Langzeitarbeitslosigkeit geht in Deutschland zurück.Auch das ist ein Erfolg der großen Koalition.
Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäf-tigten nimmt unverändert zu. Zuvor war sie jahrelang ra-pide gesunken. Heute gibt es 258 000 sozialversiche-rungspflichtig Beschäftigte mehr als vor einem Jahr. Wirliegen wieder bei fast 27 Millionen sozialversicherungs-pflichtigen Beschäftigungsverhältnissen. Das ist gut fürdas Land und für die Wirtschaft und ein Riesenerfolg fürdie große Koalition.
Nächstes Thema: Zahl der offenen Stellen. Die BAhat bekannt gegeben, dass bei ihr 626 000 offene Stellengemeldet sind. Nimmt man noch die Stellen von privatenArbeitsvermittlern und von Internetstellenbörsen hinzu,kommt man sogar auf 825 000 offene Stellen. Jederweiß: Nicht jede offene Stelle ist tatsächlich gemeldet.Wir können davon ausgehen, dass wir über 1 Million of-fene Stellen haben, die zu besetzen sind. Das spornt unsan, mit unserer Arbeitsmarktpolitik weiterzumachen undddsvkddbggcailgdrdtGrüansgRrmtagSvetdegnnw
Auch in den neuen Ländern ist die Situation deutlichesser geworden. Dort ist die Zahl der offenen Stellenegenüber dem Vorjahr um 45 000 auf 153 000 angestie-en. Wir werden mit den Instrumenten, die wir entwi-kelt haben, weitermachen und wir werden weiter daranrbeiten, dass sich wirtschaftliches Wachstum verstärktn Arbeitsplätze umsetzen lässt. Wir sind dabei nochange nicht am Ziel. Aber nach einem Jahr kann man sa-en, dass wir eine hervorragende Zwischenbilanz füren Arbeitsmarkt vorlegen können.
Diese Erfolge schlagen sich auch in einer Verbesse-ung der Lage für die Sozialversicherungssysteme nie-er. Erinnern wir uns daran, wie die Situation der Ren-enversicherung vor einem Jahr war. Erstmals in dereschichte unseres Landes brauchte die Rentenversiche-ung einen Kassenkredit des Bundesfinanzministers, umber die Runden zu kommen. Die Lage ist immer nochngespannt; das ist wahr. Aber wir haben die Rentenfi-anzen konsolidiert und stabilisiert. Wir werden auf die-em Weg weitergehen. Das ist ein großer Fortschritt ge-enüber der Situation vor zwölf Monaten und einiesenerfolg der großen Koalition und der Bundesregie-ung.
Was wir an Steuermehreinnahmen und an Beitrags-ehreinnahmen haben, geben wir an die Menschen wei-er. Der Minister hat entsprechende Beitragssenkungenngekündigt.Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch sa-en: Die Grünen hatten ursprünglich eine Aktuelletunde beantragt, in der das „Infragestellen der Sozial-ersicherungsreformen“ behandelt werden sollte. Als sierfahren haben, dass diese Aktuelle Stunde erst am Frei-agnachmittag auf die Tagesordnung kommt, war ihnenieses Thema nicht mehr so wichtig. Aber diese Aktu-lle Stunde wäre auch in der Sache unsinnig gewesen.
Seien Sie ganz unbesorgt: Uns von der CDU/CSU lie-en Menschen mit einer großen Lebensleistung und ei-er großen Beitragsleistung sehr am Herzen. Das istichts Neues. Solche Lebens- und Beitragsleistungen zuürdigen, ist uns ein Anliegen.
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Dr. Ralf BrauksiepeDas gilt für die Rentenversicherung: Wir werden beider Rente bis 67 Jahre Ausnahmen für Menschen, dieeine entsprechend lange Zeit Beiträge geleistet haben,einführen. Wir werden auch bei der Arbeitslosenversi-cherung darüber reden, wie man eine lange Zeit der Bei-tragsleistung entsprechend berücksichtigen kann.
Herr Kollege, denken Sie bitte an die Redezeit.
Sie können auch in diesem Punkt unbesorgt sein – wir
haben heute einen entsprechenden Vorschlag vorgelegt –:
Der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung sinkt auf
4,2 Prozent. Wir senken die Beiträge weiter, nachdem
die zuvor beschlossene Senkung noch nicht einmal in
Kraft getreten ist. Das ist ein Rekordtempo. Wir sind auf
dem richtigen Weg. Nörgeln Sie nicht! Gehen Sie auf
diesem Weg mit!
Herzlichen Dank.
Nächster Redner ist der Kollege Dr. Axel Troost für
die Fraktion Die Linke.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir le-ben in einem Wirtschaftssystem – die einen nennen es„Marktwirtschaft“, die anderen „Kapitalismus“ –, dasseit 150 Jahren nach zyklischen Entwicklungen verläuft.In der Tat, nach Jahren der Stagnation haben wir 2006das erste Mal seit langem wieder wirtschaftlichesWachstum. Ein Wachstum von 2,2 bis 2,4 Prozent führtzu einem deutlichen Beschäftigungszuwachs.Schauen wir einmal, woher die Wachstumsbeiträgekommen. Das ist zum einen der Außenbeitrag und dasind zum anderen die privaten Investitionen festzustel-len, die nach Jahren der Stagnation endlich angesprun-gen sind. Dies ist im Wesentlichen auf Nachholbedarfzurückzuführen. Dabei handelt es sich nicht um Erweite-rungs-, sondern in erster Linie um Rationalisierungsin-vestitionen. Es gibt keinen Beitrag vom Staat
und so gut wie keinen Beitrag durch den privaten Kon-sum zum Wachstum. Das ist auch nicht verwunderlich,wenn man sich die Entwicklung der Verteilung der Ein-kommen in den letzten Jahren anschaut: Fast der ge-samte Zuwachs der Einkommen stammt aus Unterneh-mertätigkeit und Vermögen.Neben dem Export und den Ausrüstungsinvestitionenist sonst nichts vorhanden, was zum Wachstum beiträgt.Insofern kann man sagen: In diesem Jahr hat die großeKoalition mit ihrer Politik nicht zum Aufschwung beige-tragen.ANröEKsEhsKJEdpwewwZzsnhBAtesDAAgkeslmmdGAIsngafm
ber sie hat ihn auch nicht verhindert.Das wird in 2007 in der Tat ganz anders aussehen.
eben der Erhöhung der Mehrwert- und der Versiche-ungsteuer gibt es Kürzungen bei der Beschäftigung imffentlichen Dienst und bei Hartz IV, die Streichung derigenheimzulage, die Versteuerung von Abfindungen,ürzungen beim Kindergeld und bei der Pendlerpau-chale, die Halbierung des Sparerfreibetrages und dieinschränkung der steuerlichen Abzugsfähigkeit desäuslichen Arbeitszimmers. Alles in allem summiertich dies – so hat das Institut für Makroökonomie undonjunkturforschung herausgefunden – im nächstenahr auf eine Wachstumsbremse von über 28 Milliardenuro.Dies ist die größte Konjunkturbremse, die es jemals iner Geschichte der Bundesrepublik gegeben hat. Da derrivate Verbrauch und der Staat keinen Beitrag leistenerden, gehe ich davon aus, dass wir im nächsten Jahrin Wachstum haben werden, das so gering ist, dass esieder zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit kommenird.Auf dem Arbeitsmarkt ist derzeit ein Rückgang derahl der registrierten Arbeitslosen um 470 000 zu ver-eichnen. Es gibt erstmals wieder einen Zuwachs bei denozialversicherungspflichtig Beschäftigten und den Mi-ijobs. Trotz allem wird es im Jahresdurchschnitt weiter-in 4,8 Millionen registrierte Arbeitslose geben und dieeschäftigungslücke wird von 6,33 Millionen fehlendenrbeitsplätzen nur auf 6,2 Millionen sinken. Gleichzei-ig stellen wir während des derzeitigen Aufschwungsine Erhöhung und Verfestigung der Langzeitarbeitslo-igkeit fest.Kurzum, wir haben einen zyklischen Aufschwung.as führt zu einer Verbesserung der Situation auf demrbeitsmarkt. Aber das ist keine Wende im Bereich derrbeitsmarktentwicklung. Wir werden vielmehr stei-ende Probleme mit Massen- und Langzeitarbeitslosig-eit haben.Es kommt noch viel schlimmer: Seit Jahrzehnten gabs den gesellschaftlichen Konsens, dass, wenn man eschon nicht schafft, wesentlich zum Abbau der Arbeits-osigkeit beizutragen, zumindest eine aktive Arbeits-arktpolitik betrieben und gesagt wird: Wir wollen ge-einwohlorientierte Arbeit statt Arbeitslosigkeit. Mitiesem Konsens haben Sie gebrochen. Mit der Hartz-esetzgebung sind faktisch alle Instrumente der aktivenrbeitsmarktpolitik abgeschafft worden. Es gab einmalnstrumente wie den § 249 h AFG und SAM, um Arbeittatt Arbeitslosigkeit zu finanzieren. Jetzt gibt es nuroch die 1-Euro-Jobs. Das ist perspektivlos und ohne ir-endwelche Chancen für die davon Betroffenen.Insofern hat sich die Situation auf dem Arbeitsmarktus meiner Sicht drastisch verändert. Arbeitslos zu sein,ührt zu Ausgrenzung und zu einer Verstärkung der Ar-ut. Ich war in der letzten Woche auf einer großen
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Dr. Axel TroostArbeitsmarktkonferenz in Erfurt. Einer meiner Mitrefe-renten hat nur gesagt: Die Exportwirtschaft hat kein Inte-resse am Abbau der Arbeitslosigkeit. Dazu kann ich nursagen: wie wahr. Die Exportwirtschaft nutzt eine hoheArbeitslosenquote aufgrund der Schwächung der Ge-werkschaften zur Senkung der Lohnstückkosten.
Für sie ist dies die beste Basis für eine weitere Expan-sion. Für die Menschen in diesem Lande ist dies keinegute Basis. Insofern gibt es nichts zu beschönigen. Wirbrauchen eine andere Politik, eine Politik, die wirklichzum Abbau der Massenarbeitslosigkeit beiträgt.Danke schön.
Nächster Redner ist der Kollege Klaus Brandner für
die SPD-Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolle-ginnen und Kollegen! Die SPD hat es sich zum Ziel ge-setzt, mehr Menschen in Arbeit zu bringen. Der Bundes-minister hat die eindrucksvollen Zahlen genannt: Wirhaben einen kontinuierlichen Rückgang der Arbeitslo-senzahl und eine kontinuierliche Zunahme der Erwerbs-tätigkeit zu verzeichnen. Die Zahl der offenen Stellen hatzugenommen; sie liegt mittlerweile bei mehr als800 000. Besonders erfreulich aber ist, dass die Zahl dersozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Augustdieses Jahres gegenüber dem Vorjahr um mehr als258 000 gestiegen ist. Auch die Zahl der Langzeitar-beitslosen ist zurückgegangen; im Oktober dieses Jahreswaren, verglichen mit dem Vorjahr, 122 000 Menschenweniger langzeitarbeitslos. – Diese Zahlen machen deut-lich, dass die Chancen für die Menschen in diesem Landbesser geworden sind.
122 000 ehemalige Langzeitarbeitslose haben wiederBoden unter den Füßen. Sie haben wieder Chancen fürsich und ihre Familien. Das ist aller Ehren wert.Uns, der großen Koalition, ist das – wie in der Ver-gangenheit auch der rot-grünen Koalition – nicht genug.Es ist aber ermutigend, dass die Arbeitsmarktzahlendeutlich besser sind; das muss uns ein Ansporn sein.Diese Entwicklung zeigt im Übrigen, dass die Politik,die wir verfolgen, richtig ist und wirkt.
Die Opposition mag sagen, dass in dieser AktuellenStunde nur ein Schulterklopfen stattfindet.
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Wir haben aufgrund des Wirtschaftswachstums, dasir auch in den kommenden Jahren erwarten, größerehancen, das Beschäftigungsniveau zu stabilisieren.rotz des hohen Ölpreises werden Verbesserungen amrbeitsmarkt sichtbar werden, werden mehr Menschenine Chance auf dem Arbeitsmarkt haben. Diese Chanceaben sie wegen einer verlässlichen Politik.In diesem Zusammenhang möchte ich, an meinenollegen Brauksiepe gerichtet, sagen, dass wir nichtollen, dass die Verunsicherung in diesem Land durchozialpopulimus ein Stück weit vergrößert wird.
as Herr Rüttgers seit einigen Wochen betreibt, ist So-ialpopulismus. Es ist derselbe Sozialpopulismus, denir gerade von der Linksfraktion gehört haben, die be-treitet, dass die Arbeitsmarktpolitik auf hohem Niveauortgesetzt worden ist.
Ich will klar sagen: Wir wollen keine Politik für Äl-ere auf dem Rücken der Jüngeren.
as spaltet die Gesellschaft. Wir haben das Risiko „Al-er“ bei der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes berück-ichtigt, indem diejenigen, die 55 Jahre oder älter sind,8 Monate Arbeitslosengeld erhalten. Wir wollen keinbschieben in die Arbeitslosigkeit. Wir wollen einenentalitätswechsel in den Betrieben und in der Gesell-chaft. Wir wollen keinen Rückschritt in die Frühverren-ung.
ir nehmen die Sorgen der Menschen ernst. Wir wolleneine Politik der Verunsicherung; das habe ich deutlichemacht. In diesem Zusammenhang ist für uns eine Ver-ängerung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes umechs Monate bei einer durchgängigen Beitragszahlungber 40 Jahre nicht banal. Was die Menschen aber tat-ächlich brauchen, ist Beschäftigung. Die gibt es nichturch größere Verunsicherung in diesem Land.
Es bleibt dabei: Arbeitslosen ist nicht geholfen, wennie möglichst lang Lohnersatzleistungen erhalten. Die
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Klaus BrandnerVorstellung, dies würde helfen, geht an der Realität vor-bei. Je länger man aus dem Erwerbsleben raus ist, destoschwieriger ist es, in das Erwerbsleben wieder einzustei-gen. Unser erster Grundsatz lautet – dafür stehen wir ge-meinsam –: Wir setzen auf die schnelle Vermittlung inArbeit.
Im Gegensatz zu Ihnen, Herr Kolb, wollen wir nicht,dass der Vorschlag von Herrn Rüttgers umgesetzt wird:Er möchte die Kinder für die langzeitarbeitslosen Elternin Haftung nehmen.
Wir wollen nicht, dass diejenigen, die sich im Alter vonetwa 30 Jahren in der Aufbauphase befinden, die eineFamilie gründen und Geld für den Bau eines Eigenheimszurücklegen, zu Leistungen für ihre Eltern verpflichtetwerden, wenn diese im Alter von vielleicht 55 Jahrenlangzeitarbeitslos werden.
Wir wollen ein Miteinander, nicht ein Gegeneinander derGenerationen.Wir müssen über den Kündigungsschutz reden. Wirmüssen auch einen Trend am Arbeitsmarkt im Blickbehalten: Trotz der positiven Arbeitsmarktentwicklunggibt es nach wie vor einige Hunderttausend Menschen,die dauerhaft keine Chance auf dem so genannten erstenArbeitsmarkt haben. Diese Menschen dürfen nicht aus-geschlossen werden. Sie brauchen eine Chance auf Teil-habe. Wir werden sie nicht abschieben. Deshalb tretenwir für eine öffentlich geförderte Beschäftigung ein; dasist Programm der SPD.
Nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Thea Dückert
für die Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegenvon den Koalitionsfraktionen, herzlichen Glückwunschzu Ihrer Inszenierung eines Eigenlobs in dieser Aktuel-len Stunde!
Sie scheinen das nötig zu haben – ich verstehe das –,weil die Bevölkerung nach einem Jahr Schwarz-Rot sehrenttäuscht ist; das schlägt sich in den Umfragewertennieder.Nicht nur die Bevölkerung, sondern auch der Sach-verständigenrat ist enttäuscht. Er spricht im heute veröf-fZ„gRIstsWtleaInnvgdMZflavfgatEdBbzsIwgmegDsweävd
Wir haben einen Aufschwung. Das ist gut. Ich sagehnen für die Grünen: Wir wissen, dass dieser Auf-chwung zum einen mit der positiven Weltkonjunktur zuun hat, zum anderen aber auch eine Frucht vieler müh-amer Reformen von Rot-Grün in der Vergangenheit ist.ir freuen uns, dass die Arbeitslosigkeit im Oktober un-er 10 Prozent gesunken ist. Das ist für jeden Arbeits-osen, der eine Beschäftigung gefunden hat, gut.Sie müssen aber genau hinschauen. Im Oktober gabs 470 000 Arbeitslose weniger, aber 60 000 Langzeit-rbeitslose mehr als im selben Monat des Vorjahres. –ch sehe, dass wieder mit dem Kopf geschüttelt wird. Ichenne aber die realen Zahlen; das hat mit Relativitätichts zu tun. In der Tat schreitet eine Entwicklungoran, bei der die Langzeitarbeitslosigkeit langsam ab-ebaut wird.Sie von der Koalition fahren aber ein hohes Risiko;as wird von vielen bestätigt. In 53 Tagen wird dieehrwertsteuererhöhung kommen. Sie wird mit demickzackkurs, den Sie vorgelegt haben, gepaart. Sie dür-en Ihre Augen vor dem Problem der Langzeitarbeits-osigkeit nicht verschließen; Sie müssen die Langzeit-rbeitslosen fördern. Sie müssen endlich auf das, wasor Ort passiert, reagieren: Beispielsweise werden dieür die Förderung von Langzeitarbeitslosen zur Verfü-ung gestellten Mittel von den Arbeitsagenturen nichtusgeschöpft. Wir müssen eine Debatte darüber voran-reiben, wie man das ändern kann.
ine solche Debatte muss im Vordergrund stehen, nichtie populistische sozialpolitische Debatte, die Sie, Herrrauksiepe, in dieses Haus hineingetragen haben.Herr Rüttgers hat eine billige Sozialpopulismusde-atte vom Zaune gebrochen. Auf seinem Paket stehtwar „Gerechtigkeit“, es enthält aber soziale Unver-chämtheiten.
ch werde Ihnen belegen, dass dieses Paket die Älterenieder in die Frühverrentung führen würde und dass esanz klar gegen die Jüngeren gerichtet ist.
Ich habe gestern ein Machtwort der Kanzlerin ver-isst. Sie hatte die Chance, vor den Vertretern der BDAinem sich am Horizont abzeichnenden Kurs Einhalt zuebieten, der wieder zu mehr Frühverrentungen ineutschland führen kann. In den 90er-Jahren waren wirchon einmal auf dieser schiefen Bahn. Die geringe Er-erbsquote älterer Menschen am Arbeitsmarkt – das istin Desaster – und die hohe Quote langzeitarbeitsloserlterer Erwerbspersonen sind auf diese miserable Früh-errentungspraxis zurückzuführen. Und Sie reden ihras Wort!
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Dr. Thea DückertEs wird noch schlimmer. Wenn man sich diesen ar-beitsmarktpolitischen Irrweg zu Gemüte führt, stellt manfest, dass er nicht nur – heuchlerisch – gegen die Altengerichtet ist. Ein 55-Jähriger muss nach den Plänen vonRüttgers mehr als 15 Jahre gearbeitet haben, um das zuerhalten, was er heute nach drei Jahren Beschäftigungerhält, nämlich 18 Monate Arbeitslosengeld.
Nach diesen Vorschlägen müsste man zehn Jahre arbei-ten, um ein Jahr lang Arbeitslosengeld zu bekommen.Nach geltendem Recht muss man nur zwei Jahre dafürarbeiten. Diese Regelung trifft die Jungen, die Frauenund diejenigen, die diskontinuierliche Erwerbsbiogra-fien haben. Diese Regelung ist in hohem Maße sozialungerecht und arbeitsmarktpolitisch problematisch, weilauf unserem Arbeitsmarkt diskontinuierliche Erwerbs-biografien vorausgesetzt werden.Herr Glos will auch noch den Kündigungsschutz lo-ckern. Auch das trifft die jungen Leute aus der so ge-nannten Praktikumsgeneration, die gar keine Chance ha-ben, früh in den Arbeitsmarkt zu kommen. Sie sinddoppelt betroffen, weil sie gleichzeitig für ihre Elternaufkommen sollen, wenn sie arbeitslos werden.Hören Sie auf, die Langzeitarbeitslosigkeit wegzure-den! Kümmern Sie sich darum! Fördern Sie! Hören Sieauf, die Weichen für eine Arbeitsmarktpolitik zu stellen,die Arbeitsplätze für ältere Arbeitnehmerinnen und Ar-beitnehmer gefährdet, die wieder zu mehr Frühverren-tungen führt, die uns ins Desaster führt!
Frau Kollegin, Sie müssen zum Schluss kommen.
Ich komme zum Schluss. – Nehmen Sie die Senkung
der Lohnnebenkosten, die Sie zum Beispiel im Bereich
der Arbeitslosenversicherung vorhaben, zum Anlass, um
die Lohnnebenkosten für gering Qualifizierte und für die
Bezieher kleiner Einkommen zu senken. Damit tun Sie
etwas für den Arbeitsmarkt! Hören Sie auf, den konjunk-
turellen Aufwärtstrend durch Maßnahmen wie die Mehr-
wertsteuererhöhung oder einen Zickzackkurs bei den So-
zialreformen zu bremsen!
Danke schön.
Das Wort hat nun der Kollege Stefan Müller für die
CDU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Die bisherigen Reden der Vertreter der Oppositionsfrak-tionen waren auf der einen Seite geprägt von einem ge-wmSsAwItsEIwIdraAdngIzdggoslfsbtVeBlggk
nders kann ich die Reden, die Sie hier gehalten haben,irklich nicht interpretieren.
Liebe Frau Kollegin Dückert, ich habe mir währendhrer Rede überlegt, welche Rede Sie wohl gehalten hät-en, wenn Sie noch in der Regierungsverantwortungtünden. Welche Zahlen hätten Sie präsentiert? Welcherklärung hätten Sie dafür vorgelegt?
m Zweifel hätten Sie gesagt: Die Zahlen sind so gut,eil die Grünen mit in der Regierung sind. Sie habenhre Ausführungen zu einem guten Maße dazu genutzt,ie Aktuelle Stunde, die Sie beantragt, aber wieder zu-ückgezogen haben, hierher zu verlegen. Sie werdenber gestatten, dass ich auf das eigentliche Thema dieserktuellen Stunde zu sprechen komme.Manchmal, insbesondere bei der Opposition, hat manen Eindruck, in den vergangenen zwölf Monaten wäreichts passiert, wir hätten zwölf Monate lang Däumchenedreht.
ch will auf das hinweisen, was in den vergangenenwölf Monaten tatsächlich passiert ist. Ich erinnere anie Föderalismusreform, die wir unter einer anderen Re-ierungskoalition unter Umständen gar nicht zustandeebracht hätten. Wir haben unser Staatswesen neu ge-rdnet. Wir haben es wieder vom Kopf auf die Füße ge-tellt und dafür gesorgt, dass der Bund größere Hand-ungsfähigkeit bekommt. Ich finde, das ist ein Gewinnür unser Land.
Wir haben nicht nur über Bürokratieabbau geredet,ondern wir haben damit begonnen, Bürokratieabbau zuetreiben. Wir haben ein erstes Mittelstands-Entlas-ungs-Gesetz auf den Weg gebracht, ein zweites ist inorbereitung. Und wir haben einen Normenkontrollratingerichtet. Nach vielen Jahren des Redens über denürokratieabbau wird jetzt endlich etwas getan.Nun zur Arbeitsmarktpolitik. Wir haben Fehlentwick-ungen bei Hartz IV korrigiert. Wir haben drei Reform-esetze auf den Weg gebracht, um zum einen Einsparun-en zu erzielen und zum anderen die nach wie vornappen finanziellen Ressourcen denjenigen zukommen
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 62. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 8. November 2006 6085
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Stefan Müller
zu lassen, die wirklich hilfsbedürftig sind, nicht aberdenjenigen, die es nicht sind.Die Zahlen – sie sind schon angesprochen worden –sprechen eine eindeutige Sprache: Die Zahl der Unter-nehmensinsolvenzen ging zurück. Die Arbeitsmarktda-ten haben sich verbessert. Im EU-Herbstgutachten wirdvorhergesagt, dass Deutschland das Defizitkriteriumspätestens im Jahr 2008 weit unterschreiten kann unddann wahrscheinlich eine Verschuldung in Höhe von nurnoch 1,2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aufweist.
Das gibt wirklich Anlass zur Freude.
Wenn ich mir die Ergebnisse des Ifo-Konjunkturtestsansehe, stelle ich fest, dass sich auch die Einschätzungder Betriebe verbessert hat. All das wird dazu beitragen,dass zum Beispiel die Auswirkungen der Mehrwertsteu-ererhöhung nicht in der Art und Weise eintreten werden,wie Sie sie vorhergesagt haben. Das Ifo-Institut jeden-falls geht davon aus, dass die dämpfenden Wirkungender Mehrwertsteuererhöhung nicht in dem Maße stattfin-den werden, wie Sie es vermuten.
– Herr Niebel, ich möchte einmal wissen, wo Sie IhreGlaskugel versteckt haben. Sie nehmen für sich in An-spruch, genau vorhersagen zu können, wie die wirt-schaftliche Entwicklung im nächsten Jahr verlaufenwird.
Vielleicht warten wir einfach einmal ab, wie sich die Si-tuation im nächsten Jahr tatsächlich darstellt.Wir sind froh darüber, dass die positive wirtschaftli-che Entwicklung auch den Arbeitsmarkt erreicht; dieseDaten sind schon angesprochen worden. Natürlich hatder deutliche Rückgang der Arbeitslosigkeit etwas damitzu tun, dass die wirtschaftliche Dynamik zugenommenhat. Allerdings hat sich auch die Vermittlungstätigkeitder Bundesagentur für Arbeit verbessert.
Deshalb verstehe ich auch Ihre Initiativen nicht, die da-rauf zielen, die Bundesagentur jetzt, da wir den Eindruckhaben und es tatsächlich so ist, dass sich ihre Vermitt-lungstätigkeit verbessert
–knRIsVewrblsut2bDlIchgLnIwBZwa
Die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt hat auchückwirkungen auf die Finanzlage der Bundesagentur.ch gebe Ihnen Recht, dass die BA kein Geld erwirt-chaftet hat.
ielmehr nimmt sie von den Beitragszahlern mehr Geldin und gibt, weil sich die Vermittlung verbessert hat,eniger Geld aus. Ich bin sofort bei Ihnen, wenn es da-um geht, dass dieses Geld den Menschen zurückgege-en werden muss, die es zuvor aufgebracht haben, näm-ich den Beitragszahlern.In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinwei-en, dass wir uns heute früh in der Sitzung des Arbeits-nd Sozialausschusses darauf geeinigt haben, den Bei-ragssatz zur Arbeitslosenversicherung nicht nur umProzentpunkte zu senken, wie wir es im Übrigen schoneschlossen hatten, sondern um 2,3 Prozentpunkte.enn die Sozialabgaben sind in diesem Land ein wesent-iches Einstellungshemmnis.
ch finde, wir sind auf einem guten Weg.Weil Sie ständig unterschiedliche Rechnungen aufma-hen, will ich eines festhalten: Selbst wenn man alle Er-öhungen, die an anderen Stellen durchgeführt werden,egenrechnet, wird am 1. Januar 2007 eine Senkung derohnnebenkosten bzw. der Sozialabgaben zu verzeich-en sein.
ch bitte Sie, das zur Kenntnis zu nehmen.Die Daten zur wirtschaftlichen und finanziellen Ent-icklung machen erstens deutlich, dass eine Wende zumesseren erkennbar ist.
weitens können wir ein Jahr nach dem Regierungs-echsel feststellen, dass die Richtung, die die große Ko-lition eingeschlagen hat, stimmt.
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Nun hat für die SPD-Fraktion der Kollege
Dr. Hermann Scheer das Wort.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-
gen! Wir sind es gewohnt, im Zusammenhang mit der
Arbeitsmarktpolitik fast nur noch über Konjunkturpoli-
tik und Arbeitsmarktorganisation zu reden. Beides ist
sicher wichtig. Aber ich denke, das Augenmerk sollte in
sehr viel stärkerem Maße auf die strukturpolitischen Ef-
fekte gelenkt werden. Denn auf dem Gebiet der Struktur-
politik haben wir in den letzten Jahren sehr wichtige
Grundlagen geschaffen, die nun zur Entfaltung kommen.
Ich bin mir relativ sicher, dass vieles an der Wende auf
dem Arbeitsmarkt weniger auf die Aktivitäten von Glo-
balplayern zurückgeht – deutschen Globalplayern – als
auf die Stimulierung der Aktivitäten von Regional-
playern.
Das, was in den letzten Jahren unter Rot-Grün begon-
nen worden ist, verspricht nun von der großen Koalition
fortgesetzt zu werden. Dies ist vor allem bei der Mobili-
sierung des neuen Industriezweiges der Energietechno-
logien und hier insbesondere auf dem Gebiet der erneu-
erbaren Energien der Fall. Wir hatten und haben hier
jährliche Wachstumsraten von 30 Prozent, immer noch.
Das Investitionsaufkommen geht überwiegend in bin-
nenwirtschaftliche Aktivitäten und ist allein auf dem
Stromsektor mittlerweile größer als das Investitionsauf-
kommen der vier großen deutschen Stromkonzerne zu-
sammen. Neue Industriezweige entstehen und sind auf
dem Weg, große Exportchancen zu nutzen. Auf dem
Sektor der Anlagentechnologien haben wir die Chance,
zum Weltmarktführer zu werden.
Das heißt, hierin stecken Chancen, wie sie vor vielen
Jahrzehnten von dem berühmten Ökonomen Kondratjew
beschrieben worden sind. Er sprach von langen Wellen
einer neuen Konjunktur, die strukturpolitisch ausgelöst
worden ist. Eine solche lange Welle kam etwa durch die
Eisenbahn zustande, durch die Elektrifizierung, durch
das Automobil, durch das Fernsehen, durch die Weiße
Ware. Eine ähnliche Entwicklung, nur nicht mit Arbeits-
platzeffekten in weltweitem Maßstab – denn wir müssen
in der Kategorie einer fortgeschrittenen Industrienation
denken –, haben wir auf dem Gebiet der Informa-
tionstechnologien. Mit den vorigen langen Wellen ver-
gleichbare Arbeitsplatzeffekte gehen mit diesen Techno-
logien allerdings nicht einher. Das liegt daran, dass ihr
Charakter – ohne dass dies gegen sie spräche – in einem
umfassenden Strukturwandel besteht, der mit Arbeits-
platzabbau, im Dienstleistungsbereich und im Produk-
tionsbereich, verbunden ist. Konjunktureffekte haben
diese Technologien durchaus, aber eben keine entspre-
chenden Arbeitsplatzeffekte.
Doch auf dem Gebiet der Energietechnologien haben
wir wieder die Chance auf Arbeitsplatzeffekte. Wenn wir
diesen Kurs halten und uns nicht selber bremsen, wenn
wir nicht zu viel Bedenkenträgerei zeigen, können hier
Industriezweige entstehen, können Technologien herge-
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Herr Kollege, ich muss Sie an Ihre Redezeit erinnern.
Ich glaube, durch die verstärkte Aufmerksamkeit da-
auf wurden zusätzliche politische Aktivitäten stimuliert
nd manche letztlich fruchtlosen Auseinandersetzungen
ber diese Frage zum Wohle von uns allen beendet.
Danke schön.
Das Wort hat nun der Kollege Laurenz Meyer für die
DU/CSU.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!ie Zahlen und Ergebnisse, die vor uns liegen und überie wir heute sprechen, sind sicher allemal viel besser,ls wir sie uns für dieses Jahr erhofft haben.Ich muss ganz offen sagen, dass ich es zu Beginn die-es Jahres nicht für möglich gehalten habe, dass wir in-erhalb eines Jahres den Prozess, in dem über Jahre hin-eg 400 000 bis 500 000 sozialversicherungspflichtigerbeitsplätze verloren gegangen sind,
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Laurenz Meyer
umdrehen und 200 000 und mehr zusätzliche sozialversi-cherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse schaffenkönnen. Ich habe es für eine wirklich sehr anspruchsvolleund ambitionierte Zielsetzung gehalten, als das in denKoalitionsverhandlungen besprochen worden ist.Dass uns das in diesem Jahr gelungen ist, ist Voraus-setzung für vieles, über das wir zurzeit diskutieren. Dasist allerdings auch das Ergebnis der Regierungspolitik.Herr Müntefering hat zu Recht auf das 25-Milliarden-Euro-Programm hingewiesen, das eben kein Investi-tionsprogramm im alten schmidtschen Sinne, sondernzielgerichtet ist. Denken Sie nur an die mit der Effizienz-steigerung in den Häusern verbundene Senkung desCO2-Ausstoßes. Dies ist der günstigste Weg, um eineCO2-Minderung zu erreichen – viel günstiger, als ir-gendwo auf dem platten Land noch zusätzliche Windrä-der zu subventionieren.
Das ist die Situation.Das, was Herr Scheer eben gesagt hat, ist völlig rich-tig, aber wir müssen uns auf die Teilbereiche konzentrie-ren, in denen das wirklich etwas bringt. Mit der An-schubfinanzierung für die Offshore-Anlagen gemäß demInfrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetz und Ähnli-chem mehr haben wir das jetzt wieder getan. Das mussdort geschehen, wo das Sinn macht.Bei den Menschen in Deutschland hat sich auch vielgetan. Vor wenigen Wochen war ich bei Rolls-Royce inBrandenburg,
wo ich mir die Produktion der Flugzeugturbinen angese-hen habe. Ein weiterer Teil der Produktion von Flug-zeugturbinen für Airbus wird jetzt nach Deutschlandverlegt.
– Herr Niebel, hören Sie jetzt gut zu: Es tut sich hierviel. Das müsste Sie eigentlich freuen und das müsstenauch Sie bejubeln. – Das haben übrigens auch die Ar-beitnehmer bewirkt. Es geht nicht nur um die Fertigungder Turbinen, sondern auch um das neue Instandhal-tungswerk, das jetzt in Thüringen gebaut wird.Zum Schluss gab es einen Wettbewerb zwischen Arn-stadt in Thüringen und Tschechien. Nach Meinung derVerantwortlichen in Großbritannien, die den Auftragnach Thüringen gegeben haben, wurde der Wettbewerbdadurch entschieden, dass die Menschen in Thüringenbei den Abmachungen über die Arbeitszeiten flexiblerwaren als die Menschen in Tschechien. Das war auchnotwendig: Wenn eine Turbine zur Überholung angelie-fert wird, dann muss gearbeitet werden, wenn keine daist, dann vielleicht nicht. Die thüringischen Arbeitneh-mer waren flexibler und haben sich darauf eingelassen.Dass der Auftrag nach Thüringen vergeben wurde, istbei einem Gehaltsgefüge, das unverändert gegen Thürin-gen gesprochen hätte, bemerkenswert und zeigt die Ver-äbddseggFtgAdkmwsnwdngfktFAhL–nIrNrroagdhdwe
Das, was Frau Dückert angesprochen hat, halte ich fürin ernstes Thema. Gerade in diesen Wochen beschäfti-en wir uns – Herr Müntefering, genau das machen wirerade – mit dem harten Kern der Arbeitslosen. Dierage ist: Was können wir für die weniger Qualifiziertenun, die selbst in dieser Phase der Strukturveränderun-en, in der zusätzliche Arbeitsplätze entstehen, keinenrbeitsplatz finden, weil diese Arbeitsplätze aufgrunder Produktivität und des Lohngefüges in Deutschlandaum noch angeboten werden? Das ist der Punkt. Daüssen wir ansetzen. Sie werden das nie einsehen. Des-egen werde ich nicht weiter darauf eingehen. Wir müs-en uns um diejenigen kümmern, die anders keineneuen Arbeitsplatz finden. Das werden wir auch tun. Sieerden sehen: Wir kümmern uns auch um diejenigen,ie unter normalen wirtschaftlichen Bedingungen keineeue Stelle finden.Herr Brandner, lassen Sie mich auf einen Punkt ein-ehen, damit das ganz klar ist. Ich sage Ihnen ganz of-en: Mit der Diskussion um links, rechts und Populismusann ich überhaupt nichts anfangen. Es wird Sie fürch-erlich enttäuschen, wenn ich Ihnen sage, dass ich dieorderung von Jürgen Rüttgers in den entsprechendenntrag für den Düsseldorfer Parteitag hineingeschriebenabe. Spätestens jetzt müssten Sie die Sache mit deminkspopulismus vergessen. Ich sehe das ganz anders.
Lassen Sie mich doch wenigstens ausreden. – Es gehticht nur um das Gerechtigkeitsgefühl der Menschen.ch finde es besser, sich nach der Lebensarbeitszeit zuichten, und zwar auch in der Rente, als nach dem Alter.
ur das Alter zu nehmen, halte ich für das falsche Krite-ium. Die Arbeitslosenversicherung ist auch heute keineeine Schadensfallversicherung. Für junge Menschender solche, die nur ganz kurz gearbeitet haben, gilt einendere Regelung als für diejenigen, die schon viele Jahreearbeitet haben. Für die älteren Menschen gilt wie-erum eine andere Regelung. Dass das stringent ist, kanneute keiner behaupten. Darüber sollte man in Ruhe re-en.Einen anderen Punkt halte ich aber für noch vielichtiger. Den Ausdruck „Schonvermögen bei Renten-rsparnissen“ finde ich falsch.
Herr Kollege, bitte denken Sie an Ihre Redezeit.
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Ich bin beim letzten Punkt und möchte dazu nur noch
zwei Sätze sagen. – Es ist nämlich so, dass der Staat je-
den Euro, den er in Zeiten von Arbeitslosengeld II ein-
spart, hinterher erneut zahlen muss, wenn die Menschen
im Alter in Rente gehen.
– Nein, das habe ich in der Vergangenheit nie abgelehnt. –
Hier kann es ausschließlich um Beiträge gehen.
Herr Kollege, Ihre Redezeit ist überschritten.
Ich komme kaum dazu, meinen Satz zu Ende zu brin-
gen.
Das hilft aber leider nichts.
Es geht ausschließlich um Rentenansprüche, nicht um
eine Lebensversicherung, also um Beiträge, die mit
65 Jahren ausgezahlt werden.
Das sollten wir in Erinnerung behalten. Das werden wir
in aller Ruhe miteinander besprechen, und zwar so, wie
es die Menschen von uns erwarten.
Das Wort hat nun die Kollegin Doris Barnett für die
SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Eigentlich dreht sich doch die Debatte um die Wende amArbeitsmarkt. Da können wir uns seit langer Zeit wiederfreuen: Wir haben etwas erreicht. Lassen Sie uns dasdoch nicht wieder mit tausend Nichtigkeiten aus anderenRessorts kleinreden.
Wir freuen uns darüber, dass es wieder mehr Arbeits-plätze gibt. Die Menschen sind wieder zuversichtlichund können für sich und ihre Familien den Lebensunter-halt verdienen.ckWsSwditb2szdagmwDpJusLZlfwiichJrdsUen
Ich würde sagen: Es ist an der Zeit, dass wir uns auf-rund dieser kurzen Halbwertszeiten der Statistiken eherit den echten Zahlen befassen und uns über diese Ent-icklung freuen.
as gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass unsrognostiziert worden ist, wir würden erst im nächstenahr die kritische Marke von 10 Prozent Arbeitslosigkeitnterschreiten. Jetzt haben wir es schon im Oktober ge-chafft.
Dabei muss man auch berücksichtigen, von welcherage wir ausgegangen sind. Wir haben es geschafft, dieahl der 5,2 Millionen Leistungsempfänger um 1,2 Mil-ionen Menschen – darunter mehr als 600 000 Sozialhil-eempfänger – zu senken.
Die Zahl der Selbstständigen – das freut mich, weilir auch darauf immer wieder drängen – hat sich alleinm dritten Quartal dieses Jahres um 40 000 erhöht. Dasst doch ein Erfolg. Dieses Jobwunder hat seine Ursa-hen und es hat auch eine relativ lange Vorlaufzeit ge-abt. Aufbauend auf der Lissabonstrategie, die wir imahr 2000 vereinbart haben, haben wir vor einigen Jah-en die Agenda 2010 mit vielen Gesetzen beschlossen,ie dazu geführt haben, dass wir allmählich die Ernte un-eres Erfolges einfahren können.
Wir haben auch den Mittelstand gefördert und einenternehmensteuerreform vorgelegt. Das alles wird sichntsprechend auswirken.An dieser Stelle sollten wir auch dankbar zur Kennt-is nehmen – ich freue mich sehr darüber –, dass die
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Doris BarnettArbeitnehmerschaft und allen voran ihre Gewerkschaf-ten über Jahre mit moderaten Lohnabschlüssen dafür ge-sorgt haben, dass der Standort Deutschland wieder inte-ressant wird. Heute Morgen hat uns der KollegeHofbauer von der CSU im Ausschuss mitgeteilt, dass einBetrieb aus seinem Wahlkreis, der über die Grenze nachTschechien verlagert worden ist, wieder nach Deutsch-land zurückkehrt, weil die Arbeitsbedingungen insbe-sondere für qualifizierte Kräfte in seinem Wahlkreis bes-ser sind.
Angesichts des Mangels an Fachkräften gibt das Anlasszur Hoffnung und zeigt, dass wir auf dem richtigen Wegsind.Herr Meyer, Sie haben zu Recht darauf hingewiesen,dass wir zum Beispiel mit dem KfW-Programm mit ei-nem Volumen von 1,4 Milliarden Euro viel angestoßenhaben. Die Mittel aus diesem Programm, mit dessenHilfe zum Beispiel Häuser energetisch saniert werdenkönnen, waren schon im Mai ausgeschöpft. Das hat sichauch auf das Handwerk ausgewirkt: Zurzeit sind unteranderem 21 000 Elektrikerstellen, 18 000 Schlosserstel-len, 14 000 Installateurstellen, je 8 000 Maurer- und Ma-lerstellen sowie je 6 000 Zimmerer- und Dachdeckerstel-len offen. Das zeigt, dass unsere Maßnahmen Wirkunghaben. Jetzt brauchen wir Menschen, die diese Arbeitenverrichten können. Den Handwerker, der das eigeneHäuschen sanieren soll, sucht man nicht mit einer euro-paweiten Ausschreibung; den sucht man sich vor Ortund man braucht ihn auch vor Ort.Insofern besteht ein entsprechender Bedarf an Aus-und Weiterbildung. Deutschland ist ein attraktiver Stand-ort. Hier kann Geld verdient werden und es wird vielGeld verdient. Die Wirtschaft hat sich auf den Weg ge-macht, und zwar so erfolgreich, dass viele Tausend neueArbeitsplätze geschaffen wurden. Diese Entwicklungsoll auch im Januar 2007 anhalten. Insofern ist noch garnicht gesagt, dass der durch die Mehrwertsteuererhö-hung befürchtete Knick tatsächlich eintritt.
Vielleicht geht er wie ein laues Lüftchen an uns vorbei.Drücken Sie uns besser die Daumen, statt alles mies zumachen!
Es geht um die Menschen, die wir vertreten. Wir kön-nen doch nicht so tun, als wäre alles schlecht, was hiergemacht wird. Wir machen es schließlich für die Men-schen in unseren Wahlkreisen.
Deswegen wäre es wichtig, dass wir zusammenarbeitenund alles unternehmen, um die Arbeitsbedingungen fürdckwddssvsFFaseHgflbgssmsrrsedVPbJ2wnBsSErwb
Nun hat der Kollege Peter Rauen für die CDU/CSU-
raktion das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!rau Barnett hat Recht: Man sollte hier gelegentlichuch über gute Nachrichten sprechen; denn bei dem, wasich im Land entwickelt, spielt die Psychologie ebenfallsine große Rolle.Es steht außer Frage: Die Steuerschätzungen dieseserbstes und die Arbeitsmarktzahlen im Oktober warenute Nachrichten. Das wird sich meiner Meinung nachortsetzen. Deutlicher als mit den Arbeitsmarktzahlenässt sich die stattgefundene Trendwende nicht beschrei-en. Deshalb möchte ich auf diese Zahlen genauer ein-ehen.Wir hatten im September 2000 mit über 28 Millionenozialversicherungspflichtig Beschäftigten den Höchst-tand und im Februar dieses Jahres den Tiefstpunkt – da-als gab es im Vergleich zu 2000 rund 2,5 Millionenozialversicherungspflichtig Beschäftigte weniger – er-eicht. Im Jahresschnitt haben wir von 2000 bis 2005und 1,7 Millionen bis 1,8 Millionen ordentliche Be-chäftigungsverhältnisse verloren. Bedenken Sie: Fünf-inhalb Jahre, 65 Monate hintereinander, war die Zahler Beschäftigten, die Beiträge zahlen, geringer als imorjahresmonat.Dieser Trend wurde im April dieses Jahres mit einemlus von 18 204 ordentlich Beschäftigten endgültig ge-rochen. Im Mai gab es ein Plus von rund 104 000, imuni ein Plus von rund 153 000, im Juli ein Plus von33 896 und im August ein Plus von 258 016. Der Auf-uchs ist zwar langsam, aber sehr stabil. Er findet aus-ahmslos in allen Bundesländern statt. In den neuenundesländern ist der Zuwachs prozentual sogar etwastärker als in den alten Bundesländern; das ist aus meinericht sehr erfreulich. Ich gehe davon aus, dass sich diesentwicklung im September und im Oktober dieses Jah-es fortgesetzt hat – die entsprechenden Zahlen werdenir erst zwei Monate später erhalten – und dass es darü-er hinaus weitergeht.
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Peter RauenDie positive Entwicklung der Zahl der ordentlich Be-schäftigten und der Anstieg bei den Steuereinnahmensind für mich zwei Seiten ein und derselben Medaille.Das eine hängt mit dem anderen zusammen. Wenn imSchnitt – wie in den letzten fünf Jahren geschehen –1,8 Millionen sozialversicherungspflichtige Stellen ab-gebaut werden und wenn wir von einem Durchschnitts-verdienst in Höhe von 2 500 Euro im Monat ausgehen,dann bedeutet das, dass den Sozialkassen 24 MilliardenEuro im Jahr fehlen, dass die dadurch verursachte Ar-beitslosigkeit den Staat – unterstellt, dass das durch-schnittliche Arbeitslosengeld bei 1 000 Euro liegt – rund23 Milliarden Euro kostet und dass dem Fiskus – unter-stellt, dass bei einem Durchschnittsverdienst von2 500 Euro rund 200 Euro Steuern im Monat gezahltwerden – 4,5 Milliarden Euro fehlen, genauso wie denSozialkassen. Das heißt, allein dieser Rückgang macht50 Milliarden Euro pro Jahr aus. Nun haben wir endlichdie Trendwende geschafft; das ist unglaublich wichtig.Es ist daher richtig, darüber zu sprechen. Diese AktuelleStunde ist keine Showveranstaltung.
Ich bin fest überzeugt davon: Damit die positive Ent-wicklung auf dem Arbeitsmarkt anhält, ist es zwingendgeboten, dass zu viel gezahlte Beiträge an die Arbeitneh-mer und die Firmen zurückgezahlt werden. Die von derRegierung beschlossene Senkung des Arbeitslosenversi-cherungsbeitrags um 2,3 Prozentpunkte ist daher richtig,genauso wie die Entscheidung, die Steuermehreinnah-men für eine Verringerung der Nettokreditaufnahme undfür einen Einstieg in die Steuerfinanzierung der Kran-kenversicherung zu nutzen, um die Beiträge zu stabili-sieren.
Ich bin überzeugt, dass wir, wenn wir diesen Wegkonsequent weitergehen – indem wir jeden Spielraum,der durch mehr Leistung entsteht, nutzen, um die Lohn-nebenkosten zu reduzieren mit dem Ziel, dass die Men-schen, die Arbeit haben, netto mehr in der Tasche habenund dass die Arbeitskosten sinken –, erfolgreich seinwerden und so mehr sozialversicherungspflichtige Be-schäftigung schaffen werden. Nur so werden wir letzt-endlich die Probleme auf dem Arbeitsmarkt lösen kön-nen.
Diesen Weg konsequent weiterzugehen und nichtneuen sozialen Populismus zu betreiben, ist für den Ar-beitsmarkt wesentlich wichtiger, als wir uns alle vorstel-len. Das Ganze dient dem Wohl unserer Gesellschaft,dem Funktionieren der sozialen Sicherungssysteme undletztlich der Sanierung der Staatsfinanzen und ist daherim Sinne unserer Kinder und Enkel.Schönen Dank.
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ie haben jetzt einen Rechtsanspruch. Für diese Integra-ion wurden alleine seit 2005 rund 5,1 Milliarden Euro
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Silvia Schmidt
ausgegeben, davon 2,1 Milliarden Euro in den neuenBundesländern. Das sind alleine schon 40 Prozent. Bun-desweit wurden über 600 000 Jugendliche unterstützt,260 000 in den neuen Ländern. Das am 1. September ge-startete Bund-Länder-Programm im Rahmen des Ausbil-dungspaktes verpflichtet den Bund, bis 2009 zusätzlich88 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen.Das Ergebnis all dieser Maßnahmen ist: Die Zahl derArbeitslosen im Alter von 15 bis 24 Jahren in den neuenLändern ist um über 24 000 Personen gesunken. Dassind immerhin 13 Prozent. Das ist gut, wir kennen aberdurchaus noch die Zahlen der jugendlichen Arbeitslosen.Wir haben dafür gesorgt, dass sich die jungen Leute qua-lifizieren können. Das ist gerade in den neuen Bundes-ländern wichtig; denn hier herrscht ein akuter Fachkräf-temangel.Wir haben auch noch folgende Programme für Lang-zeitarbeitslose bzw. für die älteren Arbeitslosen geradein den neuen Bundesländern angeschoben: Das Bundes-programm „Perspektive 50 plus – Beschäftigungspaktefür Ältere in den Regionen“ fördert 62 Regionalprojekte,davon allein 23 Regionalprojekte in den neuen Bundes-ländern. Das sind immerhin 40 Prozent der zur Verfü-gung stehenden Mittel. Das heißt, hier wurden zusätzlichüber 1 100 Arbeitsplätze geschaffen. Daran kann mannicht vorbeigehen. Das muss man einfach wahrnehmen.Sonst fragt man sich, wie Arbeitsmarktpolitik in Zukunftnoch aussehen soll. Mit dem Projekt „30 000 Zusatzjobsfür Ältere ab 58 Jahren“ wurden weitere 7 300 Men-schen in den neuen Ländern gefördert.
Das sind Ergebnisse, die sich sehen lassen können.Ich fordere alle auf, besonders die Linkspartei, das zurKenntnis zu nehmen und zu sagen: Ja, das ist ein Schrittin die richtige Richtung.
Rund 19 400 ältere Arbeitslose weniger in den neuenBundesländern – das ist ein Zeichen. Das sind immerhin5 Prozent. Der Arbeitsmarkt in den neuen Ländern istein guter Indikator für einen stabilen und nachhaltigenAufschwung. 47 000 neue sozialversicherungspflichtigeBeschäftigungsverhältnisse gibt es jetzt in den neuenBundesländern. Das ist genau wie in den alten Bundes-ländern ein Zuwachs um 1 Prozent. Dieses Zeichen soll-ten wir nicht missachten.Wir verschließen die Augen vor den noch anstehen-den Problemen nicht. Wir kennen die bedrückendenZahlen und wir werden auch reagieren. Das zeigen wir– Klaus Brandner hat es vorhin deutlich gemacht –: Wirwollen den dritten Arbeitsmarkt entwickeln.
Aber verschließen Sie die Augen vor der Trendwendenicht! Sie wollen Hoffnungslosigkeit pflegen. Das passtzslWusthebcavdkdJrDhkHn–IewsShwuHfs
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnennd Kollegen! Die heutige Aktuelle Stunde beschäftigtich auch mit dem Zusammenhang zwischen der Situa-ion auf dem Arbeitsmarkt und den öffentlichen Haus-alten. Lassen Sie mich auf diesen Aspekt noch etwasingehen.Ich will zuallererst sagen: Die Wende auf dem Ar-eitsmarkt wirkt sich auf die Situation unserer öffentli-hen Haushalte ausgesprochen positiv aus. Das tut unsllen gut.
Wie gut uns das tut, will ich denjenigen, die immeron „Schönreden“ sprechen – Herr Kollege Niebel voner FDP, Frau Dückert von den Grünen, Linke sowieso –,urz vor Augen führen, indem ich einen kurzen Blick aufie Situation vor eineinhalb Jahren werfe. Noch imahre 2005 haben wir jeden Tag 1 000 sozialversiche-ungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse verloren, Frauückert. Im Sommer des Jahres 2005 wurde ein Bundes-aushalt für das Jahr 2006 aufgestellt, der das Bundes-abinett vor ein finanzielles Desaster gestellt hat. Dieseraushalt sah so schlimm aus, dass das Kabinett ihn nochicht einmal zur Kenntnis genommen hat.
Die heutige Situation ist fundamental anders undwohl wahr – ein Grund zur Freude.
n dieser Situation besteht tatsächlich die Perspektive aufine nachhaltig positive Entwicklung. In diesen Tagenar in der „Stuttgarter Zeitung“ ein Kommentar zu le-en, der in etwa lautete: Wäre Altbundeskanzlerchröder noch im Kanzleramt, würde er dort mit Sicher-eit jede Woche ein Feuerwerk zünden. Das ist wohlahr.Es ist richtig – ich stimme Minister Müntefering vollnd ganz zu –: Der Schlüssel für die Sanierung unsereraushalte, für die Konsolidierung des Bundeshaushalts,ür die Aufrechterhaltung unserer sozialen Sicherungs-ysteme ist der Arbeitsmarkt.
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Norbert BarthleWenn es uns gelingt, dafür zu sorgen, dass diese positiveEntwicklung anhält, dann werden alle unsere Problemewesentlich leichter zu lösen sein.
Der beste Beleg dafür ist tatsächlich die Steuerschät-zung, die uns vor wenigen Tagen vorgelegt wurde. DieseSteuerschätzung verspricht uns für die Jahre 2006 und2007 Steuermehreinnahmen von nahezu 40 MilliardenEuro. Das ist der größte Anstieg seit der deutschen Wie-dervereinigung. Das versetzt uns in die gute Situation,Branding, das neue Markenzeichen dieser Koalitionwird,
dann haben wir Großartiges geleistet. Es ist ein Riesen-erfolg für diese Koalition.
Wie wichtig das ist, wissen wir nicht nur deshalb,weil ein konsolidierter Bundeshaushalt Voraussetzungist für solide Politik, für einen handlungsfähigen Staatbeim Haushalt 2006 – wie wir immer sagen, ein Über-gangshaushalt – deutlich nachsteuern zu können.Auch wenn von den annähernd 40 Milliarden nurknapp 19 Milliarden Euro beim Bund ankommen – vomRest profitieren Gott sei Dank die Länder und die Ge-meinden, die somit wieder mehr investieren können –, somuss man festhalten, dass wir den größten Teil der fast9 Milliarden Euro Mehreinnahmen für das Jahr 2006dazu verwenden, die Nettokreditaufnahme deutlich ab-zusenken: Statt 38,3 Milliarden Euro werden wir beietwa 30 Milliarden Euro landen, vielleicht sogar darun-ter. Das wäre trotz dieser hohen Kreditaufnahme immer-hin ein positives Zeichen. Wir würden die Maastrichtkri-terien dann nicht mehr reißen, sondern bei 2,2 Prozentlanden. Damit würden wir einen Konsolidierungspfadeinschlagen, den wir hoffentlich weiterhin beschreitenkönnen.Wie sieht die Situation im Jahr 2007 aus? Gerade jetztführen wir im Haushaltsausschuss die abschließendenBeratungen zum Haushalt 2007 durch. Wir werden auchdort die knapp 9 Milliarden Euro Steuermehreinnahmensinnvoll verwenden. 3 Milliarden Euro davon sind schonetatisiert. Von den restlichen 6 Milliarden Euro fließenetwa 4 Milliarden Euro in den Bereich Haushaltsrisikenauf dem Gebiet des Arbeitsmarktes. Die restlichen gut2 Milliarden Euro werden wir zur Absenkung der Netto-kreditaufnahme verwenden. Das heißt, wir senken dieNeuverschuldung, und zwar auf voraussichtlich etwa19,6 Milliarden Euro. Das wäre die geringste Neuver-schuldung seit der deutschen Wiedervereinigung.Wenn als Botschaft aus dieser Aktuellen Stunde undaus den Beratungen im Hohen Hause in diesen Tagenvon uns nach außen getragen wird, dass die große Koali-tion, die Koalition aus SPD und CDU/CSU, ein Syno-nym für Haushaltskonsolidierung ist, dass dies das neueunhgwnaJugewWddrta9
Wie wichtig das ist, vermittle ich meinen Wählerin-en und Wählern im Wahlkreis immer so: Nur 1 Milli-rde neue Schulden bedeuten 30 Millionen neue Zinsenahr für Jahr. 30 Millionen Zinsen bedeuten: Eine Orts-mfahrung im Wahlkreis kann nicht gebaut werden. Dasilt Jahr für Jahr. Bei 20 Milliarden neuen Schulden sinds Jahr für Jahr 20 Ortsumfahrungen, die nicht gebauterden können. Deshalb müssen wir gemeinsam dieseneg weiter beschreiten.Diese große Koalition hat die Kraft, die Neuverschul-ung noch weiter herunterzufahren. Die Situation aufem Arbeitsmarkt gibt uns dazu die notwendigen Vo-aussetzungen.Herzlichen Dank.
Die Aktuelle Stunde ist damit beendet.
Wir sind am Schluss unserer heutigen Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundes-
ges auf morgen, Donnerstag, den 9. November 2006,
Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.