Protokoll:
16057

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 16

  • date_rangeSitzungsnummer: 57

  • date_rangeDatum: 19. Oktober 2006

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: None Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 22:56 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 16/57 b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung zum Stand der Bemühungen um Rüstungs- kontrolle, Abrüstung und Nichtverbrei- tung sowie über die Entwicklung der Streitkräftepotenziale (Jahresabrüs- tungsbericht 2005) (Drucksache 16/1483) . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN: Für eine Wiederbelebung des nuklearen Abrüstungsprozesses im Tagesordnungspunkt 4: a) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Agrarpolitischer Bericht 2006 der Bun- desregierung (Drucksache 16/640) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Rahmenplan der Gemeinschaftsauf- gabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ für den Zeit- raum 2005 bis 2008 (Drucksache 15/5820) . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Hans-Michael Goldmann, Dr. Christel Happach-Kasan, 5469 B 5486 C 5486 C Deutscher B Stenografisch 57. Sitz Berlin, Donnerstag, den I n h a l Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absetzung der Tagesordnungspunkte 25 und 30 o . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachträgliche Ausschussüberweisungen . . . . Tagesordnungspunkt 3: a) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung zum Stand der Bemühungen um Rüstungs- kontrolle, Abrüstung und Nichtverbrei- tung sowie über die Entwicklung der Streitkräftepotenziale (Jahresabrüs- tungsbericht 2004) (Drucksache 15/5801) . . . . . . . . . . . . . . . . D E E P D D K J U R 5467 A 5468 D 5469 A 5469 B Rahmen der deutschen EU- und G-8-Präsi- dentschaft (Drucksache 16/3011) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5469 C undestag er Bericht ung 19. Oktober 2006 t : r. Rolf Mützenich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . lke Hoff (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ckart von Klaeden (CDU/CSU) . . . . . . . . . . aul Schäfer (Köln) (DIE LINKE) . . . . . . . . r. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Werner Hoyer (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . arl-Theodor Freiherr zu Guttenberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ürgen Trittin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ta Zapf (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . obert Hochbaum (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 5469 C 5471 B 5472 D 5474 C 5476 C 5478 C 5479 D 5481 D 5483 B 5485 A Dr. Edmund Peter Geisen, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der FDP: Imp- fen statt Töten – Praxisreife Marker- II Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 impfstoffe entwickeln und anwenden (Drucksache 16/1442) . . . . . . . . . . . . . . . . Horst Seehofer, Bundesminister BMELV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . . Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Johannes Röring (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Dr. Edmund Peter Geisen (FDP) . . . . . . . . . . Dr. Gerhard Botz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Uda Carmen Freia Heller (CDU/CSU) . . . . . Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marlene Mortler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 30: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 6. Februar 2006 zwischen der Bundes- republik Deutschland und der Republik Kroatien zur Vermeidung der Doppel- besteuerung auf dem Gebiet der Steu- ern vom Einkommen und vom Vermö- gen (Drucksache 16/2955) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Vertrag vom 2. März 2005 zwischen der Bundesrepublik Deutsch- land und der Republik Jemen über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksache 16/2861) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Vertrag vom 16. Juni 2005 zwischen der Bundesrepublik Deutsch- land und der Arabischen Republik Ägypten über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanla- gen (Drucksache 16/2862) . . . . . . . . . . . . . . . . d e f g h i j k l 5486 D 5486 D 5490 B 5491 A 5492 C 5494 C 5495 C 5496 D 5497 B 5498 D 5500 A 5501 A 5501 D 5502 C 5504 D 5506 A 5506 A 5506 A ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Vertrag vom 19. und 20. April 2005 zwischen der Bundesre- publik Deutschland und der Islami- schen Republik Afghanistan über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksache 16/2863) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Vertrag vom 10. August 2005 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Demokratischen Republik Timor-Leste über die Förde- rung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksache 16/2864) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung des Transparenz- richtlinie-Gesetzes (Drucksache 16/2952) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung des Eichgesetzes (Drucksache 16/2920) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Stärkung der Berufsaufsicht und zur Reform berufsrechtlicher Re- gelungen in der Wirtschaftsprüferord- nung (Berufsaufsichtsreformgesetz – BARefG) (Drucksache 16/2858) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Statistik der Verdienste und Arbeitskosten (Verdienststatistik- gesetz – VerdStatG) (Drucksache 16/2918) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Versor- gungsrücklagegesetzes (Drucksache 16/2855) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 14. März 2006 zwischen der Bundesre- publik Deutschland und der Französi- schen Republik über den Bau einer Ei- senbahnbrücke über den Rhein bei Kehl (Drucksache 16/2860) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Drit- 5506 B 5506 B 5506 C 5506 C 5506 C 5506 C 5506 D 5506 D Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 III ten Gesetzes zur Änderung von Ver- brauchsteuergesetzen (Drucksache 16/2951) . . . . . . . . . . . . . . . . m) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Siebten Gesetzes zur Än- derung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes (Drucksache 16/2969) . . . . . . . . . . . . . . . . n) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Zwei- ten Gesetzes zur Änderung des Um- wandlungsgesetzes (Drucksache 16/2919) . . . . . . . . . . . . . . . . p) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Rahmenabkommen vom 22. Juli 2005 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Französischen Repu- blik über die grenzüberschreitende Zu- sammenarbeit im Gesundheitsbereich und zu der Verwaltungsvereinbarung vom 9. März 2006 zwischen dem Bun- desministerium für Gesundheit der Bundesrepublik Deutschland und dem Minister für Gesundheit und Solidarität der Französischen Republik über die Durchführungsmodalitäten des Rah- menabkommens vom 22. Juli 2005 über die grenzüberschreitende Zusammen- arbeit im Gesundheitsbereich (Drucksache 16/2859) . . . . . . . . . . . . . . . . q) Unterrichtung durch die Bundesbeauf- tragte für die Unterlagen des Staatssicher- heitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik: Siebenter Tä- tigkeitsbericht der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicher- heitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik – 2005 (Drucksache 15/5960) . . . . . . . . . . . . . . . . r) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht des Bundeskartellamtes über seine Tätigkeit in den Jahren 2003/2004 sowie über die Lage und Entwicklung auf seinem Aufgabengebiet und Stellungnahme der Bundesregierung (Drucksache 15/5790) . . . . . . . . . . . . . . . . s) Antrag der Abgeordneten Hüseyin-Kenan Aydin, Ursula Lötzer, Barbara Höll, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN: Keine Hermes-Bürgschaft für das Ilisu-Staudammprojekt (Drucksache 16/2995) . . . . . . . . . . . . . . . . t Z a b c d e T a 5506 D 5507 A 5507 A 5507 B 5507 B 5507 C 5507 C ) Antrag der Abgeordneten Dr. Lothar Bisky, Dr. Lukrezia Jochimsen, Dr. Petra Sitte, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN: Moratorium für PC-Gebühren – Sofortige Neuverhand- lung des Rundfunkgebührenstaatsver- trages (Drucksache 16/3002) . . . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 3: ) Erste Beratung des von den Abgeordneten Jan Mücke, Horst Friedrich (Bayreuth), Patrick Döring, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Gesetzes: Entwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung und Beschleunigung von Zulassungsverfahren für Verkehrspro- jekte (Drucksache 16/3008) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Matthias Berninger, Grietje Bettin und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: PC-Gebühren-Moratorium verlängern (Drucksache 16/2793) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Christoph Waitz, Dr. Karl Addicks, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Keine Rund- funkgebühr für Computer mit Internet- anschluss – Die Gebührenfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks grundlegend reformieren (Drucksache 16/2970) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Anja Hajduk, Alexander Bonde, Anna Lührmann, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Haus- haltskonsolidierung konsequent anpa- cken – Haushaltsgesetzgebung refor- mieren (Drucksache 16/2998) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Dr. Volker Wissing, Frank Schäffler, Dr. Hermann Otto Solms, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Mehrwertsteuer- satz für apothekenpflichtige Arzneimittel (Drucksache 16/3013) . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 31: ) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 23. Mai 1997 über die Vorrechte und Immunitäten des Internationalen Seegerichtshofs und zu dem Abkommen vom 14. Dezember 2004 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem 5507 D 5507 D 5508 A 5508 A 5508 B 5508 B IV Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 Internationalen Seegerichtshof über den Sitz des Gerichtshofs (Drucksachen 16/1288, 16/2797) . . . . . . . b) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Pro- tokoll vom 27. März 1998 über die Vorrechte und Immunitäten der Inter- nationalen Meeresbodenbehörde (Drucksachen 16/1289, 16/2798) . . . . . . . c) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Auflösung der Unab- hängigen Kommission zur Ermittlung des Vermögens der Parteien und Mas- senorganisationen der DDR (Drucksachen 16/2256, 16/2808) . . . . . . . d) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Weiterverwen- dung von Informationen öffentlicher Stellen (Informationsweiterverwendungs- gesetz – IWG) (Drucksachen 16/2453, 16/3003) . . . . . . . e) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab- kommen vom 30. September 2005 zwi- schen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Belarus zur Vermei- dung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (Drucksachen 16/2705, 16/2992) . . . . . . . f) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab- kommen vom 1. Dezember 2005 zwi- schen der Bundesrepublik Deutschland und der Kirgisischen Republik zur Ver- meidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung von Steuerhinterzie- hungen auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (Drucksachen 16/2706, 16/2994) . . . . . . . g) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab- kommen vom 3. Mai 2006 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Slowenien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (Drucksachen 16/2707, 16/2993) . . . . . . . h) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Verordnung der Bundesregierung: Verordnung zur Um- i Z Z o ( g S w d s ( Z A n D l n K D F G D S D K M A M W M D 5508 C 5509 A 5509 B 5509 C 5509 D 5510 A 5510 A setzung der Ratsentscheidung vom 19. Dezember 2002 zur Festlegung von Kriterien und Verfahren für die An- nahme von Abfällen auf Abfalldeponien (Drucksachen 16/2580, 16/2680 Nr. 1.1, 16/2839) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . )–s) Beschlussempfehlungen des Petitionsaus- schusses: Sammelübersichten 92, 98, 99, 100, 101, 102, 103, 104, 105, 106 und 107 zu Petitionen (Drucksachen 16/2763, 16/2764, 16/2765, 16/2766, 16/2767, 16/2768, 16/2769, 16/2770, 16/2771, 16/2772, 16/2773) . . . usatztagesordnungspunkt 4: weite und dritte Beratung des von den Abge- rdneten Cornelia Behm, Undine Kurth Quedlinburg), Hans-Josef Fell, weiteren Ab- eordneten und der Fraktion des BÜNDNIS- ES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Ent- urfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung es Bundesnaturschutzgesetzes (Urwald- chutzgesetz) Drucksachen 16/961, 16/2880) . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 5: ktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktio- en der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/ IE GRÜNEN: Neue Armut in Deutsch- and – Die aktuelle Diskussion um so ge- annte Unterschichten atja Kipping (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . r. Ralf Brauksiepe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . ritz Kuhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . erd Andres, Parl. Staatssekretär BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . irk Niebel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . tefan Müller (Erlangen) (CDU/CSU) . . . . . r. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . laus Brandner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . arkus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ndreas Steppuhn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . aria Michalk (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . olfgang Spanier (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . arcus Weinberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . r. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . 5510 B 5510 D 5511 C 5512 A 5513 A 5514 C 5515 D 5517 D 5519 A 5520 C 5522 A 5523 B 5524 C 5525 D 5527 A 5528 A 5529 A Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 V Tagesordnungspunkt 5: a) Große Anfrage der Abgeordneten Hans- Josef Fell, Cornelia Behm, Winfried Hermann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Gestaltung einer ergebnisof- fenen transparenten Endlagersuche mit großer Öffentlichkeitsbeteiligung (Drucksachen 16/1605, 16/2690) . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Hans-Josef Fell, Cornelia Behm, Ulrike Höfken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Um- gehend Konzept für eine ergebnisoffene Standortauswahl für ein nationales Atommüllendlager vorlegen (Drucksache 16/2790) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Ab- geordneten Angelika Brunkhorst, Michael Kauch, Horst Meierhofer, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der FDP: Of- fene Fragen zur Entsorgung radioak- tiver Abfälle klären – Verantwortung für nachfolgende Generationen über- nehmen (Drucksachen 16/267, 16/1462) . . . . . . . . Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Maria Flachsbarth (CDU/CSU) . . . . . . . . Angelika Brunkhorst (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Sigmar Gabriel, Bundesminister BMU . . . . . Angelika Brunkhorst (FDP) . . . . . . . . . . . . Hans-Kurt Hill (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Philipp Mißfelder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Christoph Pries (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marco Bülow (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 6: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Vertrag vom 25. April 2005 über den Beitritt der Republik Bulga- rien und Rumäniens zur Europäischen Union (Drucksache 16/2293) . . . . . . . . . . . . . . . . b i Z A S n ( D M G D R D C C T T B s H – – ( i 5530 C 5530 C 5530 D 5530 D 5532 C 5534 A 5536 A 5537 D 5539 A 5540 A 5541 A 5542 B 5543 A 5543 C 5544 C ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Anpassung von Rechtsvorschrif- ten des Bundes infolge des Beitritts der Republik Bulgarien und Rumäniens zur Europäischen Union (Drucksache 16/2954) . . . . . . . . . . . . . . . n Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 6: ntrag der Fraktionen der CDU/CSU und der PD: EU-Beitritt Bulgariens und Rumä- iens zum Erfolg führen Drucksache 16/2997) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . arkus Löning (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . unther Krichbaum (CDU/CSU) . . . . . . . . . r. Hakki Keskin (DIE LINKE) . . . . . . . . . . ainder Steenblock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Lale Akgün (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . hristian Ahrendt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . arl-Eduard von Bismarck (CDU/CSU) . . . . homas Silberhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 7: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- chusses für Menschenrechte und Humanitäre ilfe zu der Unterrichtung durch die Bundesre- gierung: Siebter Bericht der Bundesre- gierung über ihre Menschenrechtspoli- tik in den auswärtigen Beziehungen und in anderen Politikbereichen zu dem Antrag der Abgeordneten Burkhardt Müller-Sönksen, Florian Toncar, Dr. Karl Addicks, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der FDP: 7. Be- richt der Bundesregierung über ihre Menschenrechtspolitik in den auswärti- gen Beziehungen und in anderen Poli- tikbereichen Drucksachen 15/5800, 16/1999, 16/3004) . . n Verbindung mit 5544 C 5544 D 5545 A 5546 D 5547 C 5549 A 5549 D 5551 A 5552 C 5553 A 5554 B 5555 C VI Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 Zusatztagesordnungspunkt 7: Antrag der Abgeordneten Holger Haibach, Erika Steinbach, Carl-Eduard von Bismarck, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Herta Däubler-Gmelin, Christoph Strässer, Niels Annen, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der SPD: Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen – Wirksamkeit sichern und Glaubwürdigkeit schaffen (Drucksache 16/3001) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 8: Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Birgitt Bender, Dr. Uschi Eid, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Men- schenrechte in Zentralasien stärken (Drucksache 16/2976) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christoph Strässer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Florian Toncar (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Holger Haibach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Holger Haibach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christoph Strässer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Carl-Eduard von Bismarck (CDU/CSU) . . . . Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD) . . . . . . . . . . Eduard Lintner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 8: Antrag der Abgeordneten Birgit Homburger, Elke Hoff, Dr. Rainer Stinner, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der FDP: Kein Weißbuch ohne vorherige Parlamentsde- batte (Drucksache 16/2082) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Birgit Homburger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Hans Raidel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE) . . . . . . . . . D W T a b F D P V I K T a b H D 5555 C 5555 D 5556 A 5558 A 5559 D 5561 A 5562 A 5563 D 5564 A 5564 B 5564 C 5564 D 5566 B 5567 D 5569 B 5569 B 5570 D 5572 B r. Hans-Peter Bartels (SPD) . . . . . . . . . . . . infried Nachtwei (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 9: ) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Betriebsrentengesetzes (Drucksachen 16/1936, 16/3007) . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der Abgeordneten Kersten Naumann, Dr. Martina Bunge, Dr. Gesine Lötzsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN: Aufbewahrungs- frist der Lohnunterlagen von DDR-Be- trieben bis 31. Dezember 2012 verlän- gern (Drucksachen 16/2746, 16/3007) . . . . . . . ranz Thönnes, Parl. Staatssekretär BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Andreas Steppuhn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . eter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg Rohde (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . olker Schneider (Saarbrücken) (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . rmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . laus Brandner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 10: ) Antrag der Abgeordneten Hans-Kurt Hill, Eva Bulling-Schröter, Lutz Heilmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN: Strom- und Gasnetze in die öffentliche Hand (Drucksache 16/2678) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Dr. Herbert Schui, Hans-Kurt Hill, Dr. Barbara Höll, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN: Regelmäßige technische Überprüfung der Stromnetze (Drucksache 16/1447) . . . . . . . . . . . . . . . ans-Kurt Hill (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . r. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Hans-Kurt Hill (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 5573 B 5574 D 5575 C 5575 C 5575 D 5576 D 5577 D 5578 C 5580 A 5580 C 5581 D 5582 D 5583 D 5584 A 5584 A 5584 D 5585 C Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 VII Gudrun Kopp (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rolf Hempelmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 11: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erzie- hungsgeld und Unterhaltsvorschuss (Drucksachen 16/1368, 16/2940, 16/2941) . . Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ina Lenke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Helga Lopez (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diana Golze (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 12: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zu dem Antrag der Abge- ordneten Ute Koczy, Jürgen Trittin, Undine Kurth (Quedlinburg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Schaden von der Reputation der Osteuropabank abwenden – Das Öl- und Gasprojekt Sachalin II als Lackmustest für die Einhaltung internationaler Umwelt- und Sozialstandards (Drucksachen 16/1668, 16/2925) . . . . . . . . . . Gabriele Groneberg (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Karl Addicks (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Hüseyin-Kenan Aydin (DIE LINKE) . . . . . . . Ute Koczy (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 15: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsord- nung: Antrag auf Genehmigung zur Durch- führung eines Strafverfahrens (Drucksache 16/3043) . . . . . . . . . . . . . . . . . . T a b J P J G J G E M D M M 5586 D 5587 D 5589 B 5590 B 5590 C 5592 C 5593 C 5594 C 5595 B 5596 C 5596 C 5598 A 5599 A 5600 C 5601 B 5602 C agesordnungspunkt 13: ) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Zwölf- ten Buches Sozialgesetzbuch und ande- rer Gesetze (Drucksachen 16/2711, 16/2753, 16/3005) ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales – Antrag der Abgeordneten Klaus Ernst, Katja Kipping, Karin Binder, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN: Für ein menschenwürdi- ges Existenzminimum – zu dem Antrag der Abgeordneten Markus Kurth, Irmingard Schewe- Gerigk, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Das Existenzminimum sichern – So- zialhilferegelsätze neu berechnen und Sofortmaßnahmen für Kinder und Jugendliche einleiten – zu dem Antrag der Abgeordneten Markus Kurth, Brigitte Pothmer, Irmingard Schewe-Gerigk, Elisabeth Scharfenberg und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Die Eingliederungshilfe für Men- schen mit Behinderungen weiterent- wickeln – Das Bruttoprinzip in der Sozialhilfe beibehalten und Leistun- gen aus einer Hand für Menschen mit Behinderungen ermöglichen (Drucksachen 16/2743, 16/2750, 16/2751, 16/3005) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . örg Rohde (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . eter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . örg Rohde (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . abriele Hiller-Ohm (SPD) . . . . . . . . . . . . . . örg Rohde (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . abriele Hiller-Ohm (SPD) . . . . . . . . . . . . . . lke Reinke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . ax Straubinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . ax Straubinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . arkus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5602 D 5602 D 5603 A 5604 C 5604 D 5605 A 5606 A 5606 B 5606 C 5607 B 5607 C 5608 C 5608 D 5609 A VIII Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 Silvia Schmidt (Eisleben) (SPD) . . . . . . . . . . Hubert Hüppe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 14: Antrag der Abgeordneten Christoph Waitz, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Jens Ackermann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Für einen zukunftsfähi- gen europäischen Rechtsrahmen audio- visueller Mediendienste – Den Beratungs- prozess der EU-Fernsehrichtlinie aktiv begleiten (Drucksache 16/2675) . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 9: Antrag der Abgeordneten Grietje Bettin, Dr. Uschi Eid, Ekin Deligöz, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN: Für eine verbrau- cherfreundliche und Qualität sichernde EU-Richtlinie für audiovisuelle Medien- dienste (Drucksache 16/2977) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 10: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Protokoll vom 1. Juni 2006 zur Änderung des am 29. August 1989 unterzeichneten Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Ver- einigten Staaten von Amerika zur Vermei- dung der Doppelbesteuerung und zur Ver- hinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und einiger anderer Steu- ern (Drucksachen 16/2708, 16/2956, 16/3012, 16/3031) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Carl-Ludwig Thiele (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Manfred Kolbe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . T A D b F H s u ( T E e U b V a ( T A P r B s A s ( T A S D b ( T A ( t U u ( i Z A W w d 5609 D 5610 D 5612 A 5612 A 5612 A 5612 D 5614 A 5615 A 5615 D 5617 B agesordnungspunkt 16: ntrag der Abgeordneten Cornelia Hirsch, r. Petra Sitte, Volker Schneider (Saar- rücken), weiterer Abgeordneter und der raktion der LINKEN: Neuregelung des ochschulzugangs und der Hochschulab- chlüsse als Impuls zur Hochschulöffnung nd Qualitätsentwicklung nutzen Drucksache 16/2796) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 17: rste Beratung des von der Bundesregierung ingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur msetzung der Regelungen über die Mit- estimmung der Arbeitnehmer bei einer erschmelzung von Kapitalgesellschaften us verschiedenen Mitgliedstaaten Drucksache 16/2922) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 18: ntrag der Abgeordneten Brigitte Pothmer, riska Hinz (Herborn), Markus Kurth, weite- er Abgeordneter und der Fraktion des ÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Über- chüsse der Bundesagentur für Arbeit für usbildung, Qualifizierung und Progres- iv-Modell verwenden Drucksache 16/2509) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 19: ntrag der Fraktionen der CDU/CSU, der PD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/ IE GRÜNEN: Einfuhr- und Handelsver- ot für Robbenprodukte Drucksache 16/2755) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 20: ntrag der Abgeordneten Horst Friedrich Bayreuth), Jan Mücke, Patrick Döring, wei- erer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: mfassenden Feldversuch über die Vor- nd Nachteile von 60-Tonnen-Lkw starten Drucksache 16/2683) . . . . . . . . . . . . . . . . . . n Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 11: ntrag der Abgeordneten Peter Hettlich, infried Hermann, Dr. Anton Hofreiter, eiterer Abgeordneter und der Fraktion es BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Keine 5617 D 5618 A 5618 B 5618 C 5618 C Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 IX 60-Tonnen-Lkw auf deutschen Straßen (Drucksache 16/2990) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Patrick Döring (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD) . . . . . . . . . . . Dorothée Menzner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 12: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Durchsetzung der Verbraucherschutz- gesetze bei innergemeinschaftlichen Ver- stößen (Drucksache 16/2930) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 21: Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Markus Kurth, Britta Haßelmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Nichtig- keitserklärung des Erbgesundheitsgesetzes (Drucksache 16/1171) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 22: Antrag der Abgeordneten Gudrun Kopp, Hellmut Königshaus, Jens Ackermann, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Doha-Runde wieder beleben – WTO-Gene- raldirektor als Schlichter einsetzen (Drucksache 16/2658) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Silvia Schmidt (Eisleben) (SPD) zur Abstim- mung über den Entwurf eines Zweiten Geset- zes zur Änderung des Betriebsrentengesetzes (Tagesordnungspunkt 9 a) . . . . . . . . . . . . . . . A Z d – – ( n W R C J C D G A Z d k 2 k D A r z E a p D A Z d z I e A D U 5618 C 5619 A 5620 A 5620 C 5623 A 5624 A 5625 A 5625 B 5625 C 5625 D 5627 A 5627 B nlage 3 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung er Anträge: Für einen zukunftsfähigen europäischen Rechtsrahmen audiovisueller Medien- dienste – Den Beratungsprozess der EU- Fernsehrichtlinie aktiv begleiten Für eine verbraucherfreundliche und Qua- lität sichernde EU-Richtlinie für audiovi- suelle Mediendienste Tagesordnungspunkt 14 und Zusatztagesord- ungspunkt 9) olfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . einhard Grindel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . hristoph Pries (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . örg Tauss (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . hristoph Waitz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Lothar Bisky (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . rietje Bettin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 4 u Protokoll gegebene Rede zur Beratung es Entwurfs eines Gesetzes zu dem Proto- oll vom 1. Juni 2006 zur Änderung des am 9. August 1989 unterzeichneten Ab- ommens zwischen der Bundesrepublik eutschland und den Vereinigten Staaten von merika zur Vermeidung der Doppelbesteue- ung und zur Verhinderung der Steuerverkür- ung auf dem Gebiet der Steuern vom inkommen und vom Vermögen und einiger nderer Steuern (Zusatztagesordnungs- unkt 10) r. Axel Troost (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . nlage 5 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Antrags: Neuregelung des Hochschul- ugangs und der Hochschulabschlüsse als mpuls zur Hochschulöffnung und Qualitäts- ntwicklung nutzen (Tagesordnungspunkt 16) nette Hübinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . r. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . we Barth (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5627 D 5628 C 5629 B 5630 B 5631 D 5633 A 5633 C 5635 A 5635 D 5636 D 5638 D X Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 Cornelia Hirsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der Regelungen über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mit- gliedstaaten (Tagesordnungspunkt 17) Michael Hennrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Anette Kramme (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heinz-Peter Haustein (FDP) . . . . . . . . . . . . . Werner Dreibus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gerd Andres, Parl. Staatssekretär BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Überschüsse der Bundesagentur für Arbeit für Ausbildung, Qualifizierung und Progressiv-Modell verwenden (Tagesord- nungspunkt 18) Peter Rauen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Grotthaus (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Dirk Niebel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kornelia Möller (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gerd Andres, Parl. Staatssekretär BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Einfuhr- und Handelsverbot für Robbenprodukte (Tagesordnungspunkt 19) Dr. Peter Jahr (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD) . . . . . . . . . . . . H E C A Z A – – ( n H A Z d s n g J E H D U A Z d E p D D S U V 5639 C 5640 C 5641 B 5643 C 5644 C 5645 B 5646 A 5646 C 5647 B 5649 A 5649 D 5650 D 5651 C 5652 A 5652 D 5654 B ans-Michael Goldmann (FDP) . . . . . . . . . . va Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 9 u Protokoll gegebene Rede zur Beratung der nträge: Umfassenden Feldversuch über die Vor- und Nachteile von 60-Tonnen-Lkw starten Keine 60-Tonnen-Lkw auf deutschen Stra- ßen Tagesordnungspunkt 20 und Zusatztagesord- ungspunkt 11) ubert Deittert (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . nlage 10 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Entwurfs eines Gesetzes über die Durch- etzung der Verbraucherschutzgesetze bei in- ergemeinschaftlichen Verstößen (Zusatzta- esordnungspunkt 12) ulia Klöckner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . lvira Drobinski-Weiß (SPD) . . . . . . . . . . . . . ans-Michael Goldmann (FDP) . . . . . . . . . . r. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . lrike Höfken (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 11 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Antrags: Nichtigkeitserklärung des rbgesundheitsgesetzes (Tagesordnungs- unkt 21) r. Jürgen Gehb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . r. Carl-Christian Dressel (SPD) . . . . . . . . . abine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . lla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . olker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5655 A 5655 C 5656 B 5657 B 5658 D 5660 A 5660 D 5661 C 5662 C 5663 B 5664 D 5665 C 5666 A 5666 C Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 XI Anlage 12 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Doha-Runde wieder beleben – WTO-Generaldirektor als Schlichter einset- zen (Tagesordnungspunkt 22) Erich G. Fritz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ditmar Staffelt (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Gudrun Kopp (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulla Lötzer (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Margareta Wolf (Frankfurt) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . .5667 B 5668 B 5669 C 5670 B 5671 A Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 5467 (A) ) (B) ) 57. Sitz Berlin, Donnerstag, den Beginn: 9.0
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    Anlage 11 Anlage 12 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 5627 (A) ) (B) ) gend auch für Kündigungen, wie die EU-Richtlinien Mittelalter waren öffentliche Hinrichtungen ein Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten * für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Silvia Schmidt (Eisleben) (SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Betriebs- rentengesetzes (Tagesordnungspunkt 9 a) Ich stimme dem vorliegenden Gesetzentwurf zu. Trotzdem weise ich auf zwei Punkte in Art. 8 (Änderung von Vorschriften im Allgemeinen Gleichbehandlungsge- setz und in anderen Gesetzen) des Gesetzentwurfes hin, die meiner Meinung nach europarechtswidrig sind. Erstens. Die Änderungsvorschläge sehen vor, in § 10 AGG Regelungen zu streichen, die festlegen, wie das AGG bei betriebsbedingten Kündigungen anzuwenden ist. Wenn das AGG auf Kündigungen nicht anzuwenden ist, braucht man diese Vorschriften nicht. Hier geht es um ein grundsätzliches Problem. Das AGG gilt zwin- k g R g t A l n r W c n K m s ß g s d D e N v e W s s e d h w d f f e b A Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bierwirth, Petra SPD 19.10.2006 Fischbach, Ingrid CDU/CSU 19.10.2006 Friedhoff, Paul K. FDP 19.10.2006 Gröhe, Hermann CDU/CSU 19.10.2006 Dr. Kofler, Bärbel SPD 19.10.2006 Müller-Sönksen, Burkhardt FDP 19.10.2006 Nitzsche, Henry CDU/CSU 19.10.2006 Dr. Reimann, Carola SPD 19.10.2006 Rupprecht (Tuchenbach), Marlene SPD 19.10.2006* Schily, Otto SPD 19.10.2006 Dr. Schwall-Düren, Angelica SPD 19.10.2006 Stiegler, Ludwig SPD 19.10.2006 Stöckel, Rolf SPD 19.10.2006 (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht larstellen. Die anders lautende Regelung des AGG ist egenüber den EU-Richtlinien nachrangig. Verstößt eine egelung des Kündigungsschutzgesetzes beispielsweise egen die Richtlinien, ist sie unanwendbar. Mit dem Ur- eil vom 11. Juli 2006 hat der EuGH festgestellt, dass die ntidiskriminierungsvorschriften zwingend auf nationa- es Kündigungsrecht anzuwenden sind. Zweitens. Der vorliegende Gesetzentwurf befasst sich icht mit der Fristenregelung. Die bestehende Fristen- egelung muss dringend geändert werden. Nach dem ortlaut des AGG muss der Beschäftigte seine Ansprü- he auf Schadensersatz innerhalb von zwei Monaten ach Zugang der Ablehnung der Bewerbung bzw. nach enntnis von der Diskriminierung schriftlich geltend achen (§ 15 Abs. 4 AGG). Tarifliche Ausschlussfristen ind einzuhalten (§ 15 Abs. 4 Satz l AGG). Anschlie- end hat der Benachteiligte drei Monate Zeit bis zur Kla- eerhebung (§ 61 b ArbGG). Die Zweimonatsfrist verstößt gegen EU-Vorgaben, da ie die bisherige Regelung bei Diskriminierung wegen es Geschlechts, § 611 a Abs. 4 BGB, verschlechtert. ies verstößt gegen das EU-Verbot, den bislang bereits rreichten Schutzstandard vor Diskriminierung durch die euregelung abzusenken („Absenkungsverbot“). Zudem erstößt es gegen die Forderung der EU-Richtlinien nach inem effektiven Schutz vor Diskriminierung. Mit hoher ahrscheinlichkeit wird diese Regelung vom Europäi- chen Gerichtshof aufgehoben. Gegen die Anwendung der tarifvertraglichen Aus- chlussfristen bestehen insbesondere – bei Bewerbungen – rhebliche europarechtliche Bedenken. Bewerber wer- en diese sehr kurzen Ausschlussfristen nur schwer ein- alten können, da sie zunächst nachforschen müssen, elcher Tarifvertrag anwendbar ist. Eine klare und ein- eutig wirksame Fristenregelung bringt Rechtsklarheit ür Arbeitgeber und Beschäftigte und verhindert über- lüssige Prozesse. Anzustreben ist die eine Regelung, die ine Frist zur schriftlichen Geltendmachung von sechs is zwölf Monaten vorsieht. nlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Für einen zukunftsfähigen europäischen Rechtsrahmen audiovisueller Medien- dienste – Den Beratungsprozess der EU- Fernsehrichtlinie aktiv begleiten – Für eine verbraucherfreundliche und Quali- tät sichernde EU-Richtlinie für audiovisuelle Mediendienste (Tagesordnungspunkt 14 und Zusatztagesord- nungspunkt 9) Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU): Im 5628 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 (A) ) (B) ) Schauspiel der Belustigung und der Faszination für die Menschen. Im 19. Jahrhundert wurden sie endlich abge- schafft und wir betrachten es als eine bahnbrechende kulturelle Errungenschaft, reale Tötungen nicht mehr öf- fentlich darzustellen. Doch jetzt kommen diese Bilder wieder zurück: al-Sarkawi ließ die Enthauptung seiner Opfer filmen. Hier in Deutschland wurden die Filme nicht gezeigt, wohl aber in anderen europäischen Län- dern. Moralische Kriterien, Menschenwürde und Ju- gendschutz haben für uns einen eigenen Wert und daran ist festzuhalten. Wohin fuhren solche Darstellungen? Sie sind der Be- ginn von Tabubrüchen. Die Gewöhnung an extreme For- men von Gewalt droht, Welt- und Menschenbilder lang- fristig unmenschlich, würdelos und wertlos werden zu lassen. Wehret den Anfangen! Wim Wenders hat einmal gesagt: „Die Bewusstseinsindustrie hat eine gefährli- chere Sprengwirkung als jeder Atommeiler.“ Weil das so ist, müssen wir einen Rahmen setzen für die Medien, die audiovisuelle Inhalte transportieren, und das betrifft nicht nur das klassische Fernsehen, sondern eben auch die entsprechenden neuen digitalen Dienste. Als Konsequenz der rasanten Entwicklung der neuen In- formations- und Kommunikationstechnologien ist die Revision der EU-Fernsehrichtlinie unumgänglich. Wir können es nicht zulassen, dass die neu zu bestim- menden Regeln, denen Fernsehdienste unterliegen, rein wirtschaftliche sind. Fernsehen ist in erster Linie ein Kulturgut, es hat eine besondere Bedeutung für Demo- kratie und Informationsfreiheit. Durch die Dominanz der Bilder transportiert es – das belegen Untersuchungen – in erster Linie Meinungen. Es ist das wichtigste Medium der privaten und öffentlichen Meinungsbildung. Es spielt eine zentrale Rolle dabei, wie wir unsere Werte formen, bewahren oder verändern. Deshalb können Fernsehdienste nicht vollständig den Marktkräften über- lassen bleiben. Es gilt, die Balance zwischen Kultur- und Wirtschaftsrecht einzuhalten und den Rahmen dafür zu setzen! Für uns gelten bei der Revision der Fernsehrichtlinie folgende Orientierungspunkte: Wir wollen die neuen Dienste in die bisherige EU-Fernsehrichtlinie eingebun- den wissen. Wir wollen nicht zweierlei Recht in der TV- und Kommunikationstechnologie. Wir wollen unsere Standards der Menschenwürde, des Jugend- und Ver- braucherschutzes berücksichtigt sehen. Wir wollen keine Beiträge, die zu Hass oder Verletzung der Menschen- würde aufrufen, weder bei uns noch im EU-Europa. Wir wollen das Herkunftslandprinzip gesichert wissen und damit einen Zugriff zur Beibehaltung unserer Standards. Wir wollen aber auch eine Wettbewerbsgerechtigkeit der europäischen Dienste gegenüber den US-amerikani- schen und asiatischen durch eine erweiterte und auch fle- xiblere Werbemöglichkeit. Wir erwarten weiter die Tren- nung von Werbung und Programm, um mögliche Manipulationen auszuschalten. Was wir nicht für vertret- bar halten, sind Beiträge, wie sie aus unserem Nachbar- land Dänemark berichtet werden. Hier kann rechtsradi- kale Propaganda nahezu ungefiltert an die Bevölkerung weitergegeben werden. Neonazismus darf auch nicht durch die Hintertür bei uns Einzug halten! h t v r h s K F t v l b n d w f s z w d d m M d 4 a d f a m p q s A s r d z n g u d Q m n a e r O G r (C (D Für unser eigenes Fernsehen wünschen wir uns in- altlich, dass über Europa und die Mitgliedstaaten brei- er berichtet wird. Als Kulturpolitiker sind wir natürlich or allem daran interessiert, dass die Beiträge zu kultu- ellen Themen einen größeren Raum einnehmen als bis- er. Sie gehören in das Abendprogramm, nicht ins Ab- eits gestellt. Österreich macht es uns vor. Dort ist die ultur ein Kernthema im Fernsehen. Verständigen müssen wir uns auch darüber, welche olgen die rasante technische Entwicklung für unser na- ionales Gebührensystem hat. Die geplante Einführung on GEZ-Gebühren für Computer und Handys jedenfalls ehnen wir ab und befürworten nachdrücklich, dass das is zum 31. Dezember 2006 geltende Moratorium für euartige Rundfunkgeräte verlängert wird. Dann kann ie Zeit für eine zielführende Debatte genutzt werden, ie unter neuen Bedingungen die Erfassung von Rund- unkgebühren gerecht und angemessen gestaltet werden ollte. Reinhard Grindel (CDU/CSU): Der Antrag der FDP eigt deutlich: Für Sie ist Fernsehen ein Wirtschaftsgut ie Persil oder Chappi. Ziel des Fernsehens ist für sie, amit Geld zu machen, frei nach dem bekannten Motto es früheren RTL-Chefs Helmut Thoma: „Der Wurm uss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler.“ Der edienmacher als Menschenfischer interessiert sich für en Menschen als Quote, aber nur für den Menschen bis 9, weil dann die werberelevante Zielgruppe endet. Wir verstehen Fernsehen in erster Linie als Kulturgut, ls Medium für den öffentlichen Diskurs, als – wie es in er EU-Fernsehrichtlinie heißt – Dienstleistung für In- ormation, Bildung und Unterhaltung. Ein Rundfunk für lle, bei dem der Mensch nicht zum Objekt des Fernseh- achers herabgewürdigt wird – das soll unsere medien- olitische Richtschnur für die Richtlinie sein. Wir sind für eine weiter gehende Flexibilisierung der uantitativen Werberegulierungen. Wir wollen zwei tarke Säulen des dualen Fernsehsystems in Deutschland. ber wir sollten nicht die eine Säule zulasten der anderen tärken. Es ist kurzsichtig, Werbeeinnahmen und Gebüh- enaufkommen gegeneinander auszuspielen, wie die FDP as tut. Sie verkennen den öffentlich-rechtlichen Auftrag ur Grundversorgung. Ein weltweites Korrespondenten- etz, Regionalprogramme, Ratgebersendungen, viele Ei- enproduktionen – alles das kostet viel Geld, aber es ist nverzichtbar, wenn sie das erreichen wollen, was Ziel es Massenmediums Fernsehen sein muss: Quote und ualität. Qualitätssicherung heißt Verzicht auf Product Place- ent, weil wir künftig nicht Drehbücher wollen, die nur och Rahmenhandlung für Werbung sind. Rundfunk für lle heißt, ein EU-einheitliches Recht auf Kurzbericht- rstattung bei Ereignissen von großem öffentlichen Inte- esse. Fernsehen mit Würde, bei dem der Mensch nicht zum bjekt verkommt, heißt ein fair ausgestaltetes Recht auf egendarstellung, was wir jetzt erstmals mit der Fernseh- ichtlinie auf EU-Ebene bekommen. Und es heißt umfas- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 5629 (A) ) (B) ) sender Jugendschutz, unabhängig vom Übertragungsweg und von der Frage, ob es sich um einen linearen oder nichtlinearen Dienst handelt. Die Aufweichungstenden- zen im FDP-Antrag dazu will die Koalition nicht. Ich sage Ihnen, liebe Kollegen von der FDP, Sie tun den Privaten keinen Gefallen, wenn Sie bei erfolgrei- chen Programmen nur an die Höhe der Gewinne denken, die man mit Fernsehen machen kann. Die Klugen bei den Privaten führen längst die Qualitätsdebatte, weil sie wissen, dass sich gerade ausländische Investoren nur für die Quote interessieren. Für mich besteht kein Zweifel, dass es unter Qualitäts- gesichtspunkten zu begrüßen gewesen wäre, wenn dem Springer-Verlag der Einstieg bei ProSiebenSAT.1 mög- lich gewesen wäre. Wenn wir über die EU-Fernsehrichtlinie diskutieren, dann mag das in einer globalisierten Welt vielleicht pro- vinziell klingen: aber ich wünsche mir, dass deutsche Fernsehprogramme auch in Zukunft aus Berlin oder Köln kommen und nicht von London oder Los Angeles aus gesteuert werden. Ob Fernsehen noch Qualität lie- fert, muss für uns als Politiker eine zentrale Frage sein. Wir brauchen doch qualitativ gute Programme als Ver- mittler zu unseren Wählern, wenn es um komplizierte Reformen geht. Wer auf Populismus setzt, dem reicht es, wenn über Politik nur noch im Big-Brother-Container gesprochen wird. Der Union ist das zu wenig. Natürlich hat Fernsehen nicht nur eine wirtschaftliche Bedeutung, sondern eine prägende Kraft für gesellschaft- liche Entwicklungen. Welches Bild von Familie vermit- teln die Daily Soaps und Serien, übrigens bei privaten wie öffentlich-rechtlichen Sendern? Es gibt nur noch eine Serie mit einer normalen Kernfamilie: Das ist die Zei- chentrickserie „Die Simpsons“. Die haben zwar blaue Haare und einen rüden Umgangston, aber sie haben auch das, was wir angesichts der demografischen Entwicklung in unserem Land dringend brauchen: Eltern und drei Kin- der. Kann es uns egal sein, dass im Fernsehen das gesell- schaftliche Idealbild nur noch als Karikatur daherkommt? An alles das müssen wir auch denken, wenn wir jetzt im Ausschuss über die EU-Fernsehrichtlinie beraten. Ich freue mich, dass mit Ruth Hieronymi eine erfah- rene deutsche Medienpolitikerin die zuständige Bericht- erstatterin im Europaparlament ist. Sie hat einen sehr gu- ten ersten Berichtsentwurf vorgelegt. Wir sollten ihr im Parlament und unserem Kulturstaatsminister Bernd Neumann im Ministerrat den Rücken stärken. Dazu wer- den CDU und CSU hier im Bundestag ihren Beitrag leis- ten. Christoph Pries (SPD): Die rasante Entwicklung der so genannten Neuen Medien und die zunehmende technische Konvergenz erfordern dringend eine Anpas- sung der grenzüberschreitenden Regelungen. Ich freue mich daher, dass auf politischer Ebene bei der Frage der Notwendigkeit einer Revision der EU-Richtlinie weit- gehend Einigkeit herrscht. Dies machen auch die heute zur Debatte stehenden Anträge der Fraktionen von FDP und Bündnis 90/Die Grünen in weiten Teilen deutlich. g v D s z d d e n g W e d d m f d P b E n l B f g d d h F b z l A s S e s s i S M A t l e h r d v z S d w a (C (D Das Einbeziehen der nichtlinearen Dienste in die Re- ulierung und damit deren Ausweitung auf alle audio- isuellen Dienste ist Konsens. Wie Sie wissen, hat eutschland im ersten Halbjahr 2007 die EU-Ratsprä- identschaft inne. In diesen Zeitraum fällt die erste und weite Lesung im EU-Parlament sowie die Befassung es Rates. Der Zeitplan bis zur angestrebten Verabschie- ung der Richtlinie im zweiten Halbjahr 2007 ist sehr hrgeizig, zumal die Differenzen zwischen den einzel- en Mitgliedstaaten – dies zeigt die große Zahl der ein- egangenen Änderungsanträge – nicht unerheblich sind. egen der überragenden Bedeutung der Richtlinie für inen kohärenten europäischen Rechtsrahmen kommt er deutschen Ratspräsidentschaft eine besondere Be- eutung zu. Wir sollten daher auf nationaler Ebene eine öglichst allen Interessen gerecht werdende Klärung of- ener Fragen anstreben. Die heute zur Debatte stehenden Anträge zeigen je- och, dass die Liberalen ihrem Ruf als Verteidiger von artikularinteressen gerecht werden wollen. Dies offen- art sich bereits am ersten Satz des Forderungskatalogs: s geht nicht darum, die Revision „Zur Knebelung der euen Medien zu missbrauchen“. Dass die nichtlinearen Dienste einer geringeren Regu- ierung zu unterziehen sind, wird doch weder von der undesregierung noch von der Kommission angezwei- elt. Die immer wieder von Teilen der Industrie vorgetra- enen Bedenken, die Richtlinie würde die Entwicklung er Neuen Medien behindern, sind daher auch unbegrün- et. Ich stimme den Antragstellern der FDP zu, dass sich ierzulande das duale System aus öffentlich-rechtlichen ernsehanstalten auf der einen und kommerziellen An- ietern auf der anderen Seite bewährt hat. Sie schreiben u Recht, dass sich das duale System „durch eine Ba- ance der Kräfte“ auszeichnet. Im nächsten Satz Ihres ntrages sehen Sie dieses Gleichgewicht allerdings chon gefährdet. Noch einen Satz später diagnostizieren ie, dieses Gleichgewicht sei gestört und müsse durch ine Liberalisierung der Werberegelungen wiederherge- tellt werden. Über eine, das bisher geplante Maß über- teigende Flexibilisierung der Werberegelungen lasse ch durchaus mit mir reden. Auch ich denke, dass es inn macht, dass Blockwerbegebot im Hinblick auf die öglichkeit, Einzelspots senden zu dürfen, zu lockern. nders als Sie möchte ich jedoch, dass alle Sendeanstal- en und nicht nur die kommerziellen von einer potenziel- en Lockerung profitieren. Dass die Damen und Herren von der FDP eine recht igenwillige Vorstellung von einer „Balance der Kräfte“ aben, zeigt sich auch daran, dass sie den öffentlich- echtlichen Rundfunkanstalten zusätzliche Einnahmen urch Produktplatzierungen verbieten wollen. Den Pri- aten wollen Sie dieses Recht aber selbstverständlich ugestehen. Na, was denn nun: Hat sich unser duales ystem nun bewährt oder nicht? Gibt es eine Balance er Kräfte oder nicht? Ihr Antrag ist in dieser Frage ein enig undeutlich. Auch wenn die EU-Kommission dies derzeit noch nders sieht: In meinen Augen ist Produktpräsentation 5630 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 (A) ) (B) ) gegen Entgelt gleich Werbung. Wenn Unternehmen mit dem Platzieren ihrer Produkte Einfluss nehmen auf die Programmgestaltung der Sender, zwingt es diese, kom- merzielle vor publizistische Kriterien bei der Gestaltung des Programms anzulegen. Dies gilt auch dann, wenn dies nur in fiktionalen Sendungen erlaubt sein soll. Es liegt doch auf der Hand, dass Sender Programme, in denen Produktplatzierung erlaubt ist, verstärkt in ihr Programmbouquet aufnehmen würden, da sie damit hö- here Erlöse erzielen könnten. Publizistische Arbeit wird dadurch insgesamt kommerzialisiert und verliert an Glaubwürdigkeit. Ich für meinen Teil will nicht, dass die Programm- gestaltung sich maßgeblich an den Wünschen der zah- lungskräftigen Kundschaft orientiert. Bis zu meinem Einzug in den Deutschen Bundestag vor circa einem Jahr war ich als Redakteur tätig. Ich weiß daher sehr genau, dass gerade die kleineren Zeitungen in einer sich wan- delnden Medienwelt mehr denn je um ihr Überleben kämpfen müssen. Der Kuchen in Form der für Werbung eingesetzten Mittel wird durch die Konvergenz der Medien und durch die neuen Werbeportale nicht größer; er wird lediglich anders verteilt. Dies wird bei den tradi- tionellen Werbeträgern, so auch bei den Zeitungen, zu Verlusten führen. Ich lehne Product-Placement nicht nur aus sachlichen Gründen ab und weil es meinen Vorstellungen von jour- nalistischer Arbeit widerspricht. Nein, ich lehne es auch ab, weil die vonseiten der FDP angestrebte Umvertei- lung von Werbemitteln in die Taschen der privaten Rundfunkanbieter für viele Redaktionen das Aus bedeu- ten würde. Ein Wort noch zum Recht auf Kurzberichterstattung, welches in der Richtlinie der EU ausdrücklich vorgese- hen ist, im Europäischen Parlament mehrheitlich befür- wortet wird und in den Augen der Liberalen nur denen zukommen soll, die sich leisten können, die Urheber an- gemessen zu bezahlen: Auch wenn die Einzelheiten des Kurzberichterstatterrechts noch ausgestaltet werden müssen: Ich halte es angesichts der fortschreitenden Kommerzialisierung von Ereignissen und Veranstaltun- gen und der damit einhergehenden Exklusivität für unab- dingbar, dass die Öffentlichkeit an gesellschaftlich rele- vanten Ereignissen teilhaben kann. Ich möchte Sie daran erinnern, dass das Bundesverfassungsgericht bereits An- fang 1998 entschieden hat, dass die grundgesetzlich de- finierte Rundfunkfreiheit beschnitten wird, wenn ein einzelner Sender alle anderen von der Berichterstattung ausschließen kann. Mit anderen Worten: Unser Verfas- sungsrecht sieht vor, dass Urheber- und Leistungsrechte beschränkt werden dürfen, wenn dadurch das Recht auf Zugang zu gesellschaftlich relevanten Informationen ge- sichert wird. Dass diese Rechtsprechung nun auf EU- Ebene übertragen werden soll, macht deutlich, dass auch die Kommission die Zukunftsfähigkeit dieser Entschei- dung des Bundesverfassungsgerichtes richtig einordnet. Jörg Tauss (SPD): Wir beraten heute in erster Lesung den Antrag der Fraktion der FDP „Für einen zukunftsfähigen europäischen Rechtsrahmen audiovisu- e n Q d d h s f v w B Ä w a – u v d K f d h s d E l n l v f h S a d R „ n g l R a b z k l F s g K i n A l ü g r g g (C (D ller Mediendienste“ und den Antrag der Fraktion Bünd- is 90/Die Grünen „Für eine verbraucherfreundliche und ualität sichernde EU-Richtlinie für audiovisuelle Me- iendienste“. Hintergrund ist die anstehende Revision er aus dem Jahr 1989 stammenden Richtlinie „Fernse- en ohne Grenzen“, für deren Neufassung die Europäi- che Kommission am 13. Dezember 2005 den Vorschlag ür eine Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste orgelegt hat. Seit dem 21. August 2006 liegt der Ent- urf eines Berichtes des Ausschusses für Kultur und ildung des Europäischen Parlamentes mit zahlreichen nderungsvorschlägen vor. Das Europäische Parlament ird im Dezember oder im Januar 2007 die erste Lesung bschließen. Mit der Verabschiedung der Richtlinie ist nach der Befassung des Rates der Europäischen Union nd der zweiten Lesung im Europäischen Parlament – ermutlich im zweiten Halbjahr 2007 zu rechnen. Wie as Europäische Parlament hat auch der Ausschuss für ultur und Medien im Mai dieses Jahres ein sehr um- angreiches Expertengespräch zum Richtlinienentwurf urchgeführt. Das Kernstück des Kommissionsvorschlages – und ier herrscht ja weitgehende Einigkeit, wird dies doch owohl seitens der Fraktion der FDP wie auch seitens er Fraktion Bündnis 90/Die Grünen begrüßt – ist die rweiterung des Geltungsbereiches auf alle audiovisuel- en Mediendienste. Hierzu führt die Kommission eine eue Unterscheidung ein, nämlich die Unterscheidung in ineare und nichtlineare Dienste. Zu den linearen audio- isuellen Diensten gehören alle Dienste, die nach einem estgelegten Programmplan verbreitet werden, wie das erkömmliche Fernsehen, Internetfernsehen oder Live- treaming. Zu den nichtlinearen Diensten zählen alle udiovisuellen Dienste, die auf Abruf angeboten wer- en. Entsprechend dem neuen Geltungsbereich soll die ichtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ daher auch in Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste“ umbe- annt werden. Es ist zu begrüßen, dass die jeweilige Re- elungsdichte von der Bedeutung für die Meinungsre- evanz abhängig sein soll. Mit diesem abgestuften egelungsrahmen soll ein Mindeststandard in allen udiovisuellen Mediendiensten sichergestellt werden, eispielsweise zum Jugend- und Verbraucherschutz, um Schutz der Menschenwürde und der Sicherung der ulturellen Vielfalt. Aus unserer Sicht ist eine Revision der Fernsehricht- inie dringend geboten. Die Rahmenbedingungen für das ernsehen und die neuen audiovisuellen Dienste haben ich seit dem In-Kraft-Treten der Fernsehrichtlinie rundlegend verändert. Die technische Konvergenz der ommunikationsnetze und -geräte wie auch der Medien- nhalte und die deutlichen Veränderungen der Medien- utzung machen eine Neufassung der Richtlinie und eine usweitung des Geltungsbereiches dringend erforder- ich. Der Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie ber audiovisuelle Dienste bietet eine gute Beratungs- rundlage, wenngleich es bei einigen Punkten aus unse- er Sicht noch erheblichen Diskussionsbedarf gibt. Dies ilt insbesondere für den Komplex Produktplatzierun- en, welche die Kommission in Zukunft ermöglichen Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 5631 (A) ) (B) ) möchte. Auf diesen Punkt ist mein Kollege Christoph Pries ja bereits eingegangen. Mit der Revision der Richtlinie sollen auch die Werbe- beschränkungen flexibilisiert werden. Gegen die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Flexibilisierungen bei den quantitativen Werberegulierungen – zum Beispiel was die Abstände zwischen den Werbeblöcken anbe- langt – gibt es keine Einwände zu erheben. An den quali- tativen Werbebeschränkungen und insbesondere an dem Gebot der Trennung von Werbung und Programm gilt es jedoch festzuhalten. Für die FDP-Fraktion greifen diese Liberalisierungsvorschläge zu kurz, sie plädiert für die vollständige Aufgabe des Blockwerbegebotes und der starren Werbeunterbrechungsregelungen. Angeblich sei dies notwendig, damit die privaten Veranstalter im Wett- bewerb mit dem gebührenfinanzierten öffentlich-recht- lichen Rundfunk bestehen können. Sie verkennt damit aber, dass sie mit dem Wegfall jeglicher Werbevorschrif- ten nicht nur die Akzeptanz der Zuschauer und Nutzer verlieren wird, sondern dass sie damit das bewährte duale Rundfunksystem in Deutschland grundsätzlich in- frage stellt. Die Feststellung im Antrag der FDP, dass sich das deutsche duale Rundfunksystem durch die Ba- lance der Kräfte auszeichnet, erweist sich einmal mehr als Lippenbekenntnis. Die Koalitionsfraktionen werden sich in ihrem Antrag im Unterschied dafür aussprechen, dass das Zweisäulenprinzip von öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten und kommerziellen Anbietern, welches sich in Deutschland bewährt hat, nicht dadurch infrage gestellt werden darf, dass die eine Säule des privaten Rundfunks auf Kosten der anderen Säule des öffentlich- rechtlichen Rundfunks gestärkt wird. Anders als die FDP-Fraktion, die Produktplatzierung bei fiktionalen Inhalten in Form von Spielfilmen und Fernsehfilmen ermöglichen will, sehen wir noch erhebli- chen Diskussionsbedarf hinsichtlich des Komplexes der Produktplatzierungen. Die im Richtlinienentwurf vorge- sehenen Regelungen hinsichtlich der Kennzeichnung reichen bei weitem nicht aus, die Zuschauer vor Irrefüh- rungen zu schützen. Auch wird mit den vorgeschlagenen Regelungen die Programmgestaltungsfreiheit nicht hin- reichend gesichert. Sichergestellt werden muss bei den weiteren Beratungen des Richtlinienentwurfes, dass die Programmgestaltung allein an publizistischen Kriterien orientiert ist und nicht davon beeinflusst wird, dass Un- ternehmen ihre Produkte in einem positiven Umfeld dar- gestellt sehen wollen. Die Programmgestaltungsfreiheit gilt für alle Formate, auch für die unterhaltenden For- mate. Ein Verbot von Produktplatzierungen nur für Kin- dersendungen, Dokumentationen und Nachrichtensen- dungen sowie Sendungen zum aktuellen Zeitgeschehen trägt daher dem Grundsatz der Programmgestaltungs- freiheit nicht hinreichend Rechnung. Insgesamt begrüßen wir also den Vorschlag einer plattformunabhängigen Regelung für alle audiovisuellen Dienste. Nur ein Rechtsrahmen, der sicherstellt, dass gleiche Sachverhalte überall im europäischen Binnen- markt auch gleich bewertet werden, schafft Rechts- sicherheit für Marktakteure und Verbraucher sowie faire Wettbewerbsbedingungen. h s s a s m g W r s r b G t n G z d i r s D g D s w a l I r s u m A d z i d p K t v ß d B p l a d z m A t z m Ü (C (D Große Bedeutung hat nach unserer Auffassung – und ier sind wir uns ja wieder weitgehend einig – das vorge- ehene Recht auf Kurzberichterstattung. Die immer tärker werdende Kommerzialisierung öffentlicher Ver- nstaltungen und die zunehmende Vergabe von Exklu- ivrechten gefährden die Möglichkeiten, über Ereignisse it hohem Nachrichtenwert für die Allgemeinheit und roßem öffentlichen Interesse angemessen zu berichten. ir setzen uns dafür ein, dass die Richtlinie das Zutritts- echt des jeweiligen Fernsehveranstalters zum Ereignis icherstellen muss und darüber hinaus einen unmittelba- en Zugriff auf das Sendesignal einräumen kann. Auch ei dem vorgesehenen europaeinheitlichen Recht auf egendarstellung gibt es zwischen den Koalitionsfrak- ionen und der FDP-Fraktion sowie der Fraktion Bünd- is 90/Die Grünen keine unüberwindbaren Differenzen. leiches wird sicherlich für die Frage des Jugendschut- es in den audiovisuellen Medien gelten und die Frage er Anerkennung der Koregulierung als Umsetzungs- nstrument. Entscheidend ist, dass mit der Richtlinie ein kohä- enter europäischer Rechtsrahmen geschaffen wird, der icherstellt, dass für gleiche Arten von audiovisuellen iensten unabhängig vom Übertragungsweg auch die leichen Grundregeln gelten. Damit werden für diese ienste im gesamten europäischen Binnenmarkt Rechts- icherheit und gleiche Wettbewerbsbedingungen ge- ährleistet. Die weitere Beratung und möglicherweise uch der Abschluss der Revision der EU-Fernsehricht- inie werden in die deutsche Ratspräsidentschaft fallen. ch gehe davon aus, dass die Bundesregierung, diese Be- atung der Richtlinie zu einem Schwerpunkt der deut- chen Ratspräsidentschaft und der deutschen Medien- nd Kommunikationspolitik auf europäischer Ebene acht. Auch die Koalitionsfraktionen stimmen derzeit einen ntragsentwurf in den Arbeitsgruppen ab, sodass hier ie Möglichkeit besteht, in den Ausschussberatungen eitgleich die entsprechenden Anträge zu beraten. Nicht n allen Fragen liegen die Fraktionen ja so weit auseinan- er wie bei den Fragen der Werbung und der Produkt- latzierung. Vielleicht gelingt es uns als Ausschuss für ultur und Medien – ähnlich wie beim Programm „Kul- ur 2007“ im Juni 2006 –, uns bei den Beratungen der orliegenden Anträge auf eine gemeinsame Entschlie- ung zu verständigen und so die Erwartungen und For- erungen des Deutschen Bundestages parallel zu den eratungen zur Revision der Fernsehrichtlinie im Euro- äischen Parlament und im Europäischen Rat zu formu- ieren. Wenn wir dies als interfraktionelle Entschließung uf den Weg bringen wollen, müsste sich die Fraktion er FDP allerdings bei einigen zentralen Fragen ein gan- es Stück weit bewegen. Mit dieser Hoffnung freue ich ich auf eine spannende Debatte in den mitberatenden usschüssen und im federführenden Ausschuss für Kul- ur und Medien. Christoph Waitz (FDP): Fernsehen macht vor Gren- en nicht Halt. Satelliten, wachsende Kabelnetze, der ittlerweile selbstverständliche Zugang ins Internet und berreichweiten von Fernsehsignalen machen es 5632 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 (A) ) (B) ) möglich, ein vielfältiges internationales Fernsehangebot abzurufen. Wir freuen uns deshalb, dass sich der Deut- sche Bundestag parallel zu den Beratungen im Europäi- schen Parlament mit der Fernsehrichtlinie befasst. Schon in diesem frühen Stadium können die Interessen Deutschlands formuliert und sowohl in das Europäische Parlament als auch in den Ministerrat eingespeist wer- den. Fast 20 Jahre ist die europäische Fernsehrichtlinie alt, eine Richtlinie, die aus einer Zeit stammt, in der die Digitalisierung der Medienlandschaft noch in den Kin- derschuhen steckte, 20 Jahre, in denen uns der techni- sche Fortschritt die Konvergenz der Medien gebracht hat; 20 Jahre Fortschritt, die eine Anpassung der Fern- sehrichtlinie dringend notwendig machen. Heute kennen wir unterschiedlichste Übertragungswege, die zur Prä- sentation gleicher Inhalte genutzt werden. Fernsehen un- abhängig vom Übertragungsweg rechtlich gleich zu be- handeln, ist in unseren Augen sinnvoll. Wir Liberale begrüßen die Neuordnung der Fernseh- regelungen auf europäischer Ebene und wollen dazu bei- tragen, den Markt der audiovisuellen Medien auf die künftigen Herausforderungen vorzubereiten. Oberstes Ziel ist es, Rechtssicherheit und gleiche Wettbewerbs- bedingungen für audiovisuelle Mediendienste im euro- päischen Binnenmarkt zu schaffen. Darüber hinaus muss aber auch Ziel sein, nur dort regulierend einzugreifen, wo dies sinnvoll ist. Deutschland wird ab dem 1. Januar 2007 die Ratsprä- sidentschaft der Europäischen Union übernehmen. Diese besondere Rolle müssen wir nutzen, um eine Fernseh- richtlinie zu verabschieden, die dem technischen Fort- schritt gerecht wird. Dies ist keine leichte Aufgabe. Die FDP hat aus diesem Grund einen Antrag eingebracht, der Ihnen heute zur Beratung vorliegt. Aus der Vielzahl der Fragen möchte ich drei Themen besonders beleuch- ten. Die Fernsehrichtlinie reguliert erstmalig auch so ge- nannte nicht lineare Dienste. Dabei handelt es sich um Dienste, die zum Beispiel über das Internet empfangen werden, Dienste wie dem Video-on-Demand. Nun wer- den im Internet gerade von Zeitungsverlagen Platt- formen angeboten, die auch audiovisuelle Inhalte bein- halten. Aus verständlichen Gründen hat dies zu einer erheblichen Verunsicherung geführt. Es ist daher richtig, den Anwendungsbereich der Fernsehrichtlinie weiter zu konkretisieren. Elektronische Printmedien unterfallen zwar nach jetzigem Arbeitsstand nicht der Fernsehricht- linie, sondern sind sogar ausdrücklich ausgenommen. Wir teilen allerdings die Sorge der Zeitungsverleger. Elektronische Printmedien könnten wegen zusätzlich zum Text eingesetzter audiovisueller Begleitangebote plötzlich den nicht linearen Medien zugerechnet werden. Darüber hinaus besteht die Gefahr, das Entwick- lungspotenzial der neuen Medien durch Überregu- lierung zu hemmen. Die E-Commerce-Richtlinie gilt auch für neue Medien. Eine Doppelregulierung durch Fernseh- und E-Commerce-Richtlinie gilt es zu verhin- dern. Ansonsten riskieren wir, dass die Erfolgs- geschichte der neuen Medien in Europa bald der Vergan- g w b d a D F T q r F T d k r R S d n E f p w w i P t S S h m p l s w v h r g e Q w F z W u A s W N m H (C (D enheit angehört. Eine Knebelung der neuen Medien äre jetzt das falsche Signal und würde die Lissa- onstrategie der europäischen Kommission, mit der wir ie Wachstumskräfte in Europa mobilisieren wollen, ad bsurdum führen. Schon seit einigen Monaten läuft in Deutschland die iskussion zu der Frage, ob Produktplatzierungen in ernsehsendungen künftig erlaubt sein sollen. In unserer radition ist Produktplatzierung als Schleichwerbung zu ualifizieren. Wir Liberale wollen, dass Produktplatzie- ung nur bei fiktionalen Sendungen und nur für private ernsehsender möglich sein soll. Zusätzlich muss die atsache einer Produktplatzierung für den Zuschauer eutlich wahrnehmbar sein, ohne dass die Werbewir- ung zusätzlich noch gesteigert wird. Produktplatzie- ung in diesen engen Grenzen und nur für den privaten undfunk zu legalisieren bedeutet, diese aus der chmuddelecke der Schleichwerbung herauszuholen. Ich erwähne ausdrücklich den privaten Rundfunk, enn der öffentlich-rechtliche Rundfunk verfügt über ge- ügend Einnahmen aus Rundfunkgebühren und kann auf xtraeinnahmen aus Produktplatzierung verzichten. Unsere Forderung, Produktplatzierung in den betref- enden Sendungen kenntlich zu machen, dient der Trans- arenz und hilft so dem Bürger, zu erkennen, wann und o er Produktplatzierung ausgesetzt ist. Eine unbe- usste Beeinflussung durch Schleichwerbung scheidet n Zukunft aus. Natürlich gilt weiterhin ein Verbot von roduktplatzierung in Kinder-, Ratgeber- oder Nachrich- ensendungen. Betroffen wären allein Fernseh- und pielfilme sowie Sportveranstaltungen. Dies sind die endeformate, bei denen ein internationaler Wettbewerb errscht. Produktplatzierung ist in den USA auf dem Vor- arsch. Eine Studie belegt: Einnahmen durch Produkt- latzierung im US-amerikanischen Fernsehen werden al- ein 2006 von 1,4 Milliarden auf 2,1 Milliarden Dollar teigen. Das ist eine Steigerung um 47,8 Prozent. Dies ill ich besonders den Grünen sagen, die die Bedeutung on Produktplatzierungen in ihrem Antrag zu Unrecht erunterspielen. Es wird sie nicht wunden, wenn ich sage, wir Libe- ale treten für die Aufgabe von Werbezeitbeschränkun- en in der Fernsehrichtlinie ein. Werbung ist die Haupt- innahmequelle für den privaten Rundfunk. Um die ualität des privaten Programms zu erhalten, müssen ir Möglichkeiten schaffen, die die Attraktivität der ernsehwerbung für Werbekunden steigern. Der Ein- elspot gehört genauso dazu wie die Aufhebung der erbezeitbeschränkung. Der mündige Verbraucher kann nd wird mit der Fernbedienung entscheiden, ob er ein ngebot mit veränderter Werbestruktur annimmt. Wir Liberale freuen uns, dass sich nun auch Kultur- taatsminister Neumann unserer Auffassung in puncto erbezeiten angeschlossen hat. Ich weiß, Herr eumann kann heute nicht unter uns sein. Aber ich freue ich, als Oppositionspolitiker einmal sagen zu dürfen: err Neumann, wo sie Recht haben, haben sie Recht. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 5633 (A) ) (B) ) Ich freue mich auf die weitere Diskussion und bitte um Ihre Unterstützung für den Antrag der FDP-Fraktion, damit wir mithilfe der Bundesregierung frühzeitig die deutschen Interessen bei der Gestaltung der Fernseh- richtlinie wahren. Dr. Lothar Bisky (DIE LINKE): Mit Blick auf die neuen Entwicklungen im Medienbereich ist es notwen- dig, die EU-Fernsehrichtlinie zu revidieren. Das wird wohl kaum jemand in diesem Hause infrage stellen. Die- sem Anliegen dient auch der Antrag der FDP. Eine andere Frage ist: Was wollen bzw. was können wir in diesen Beratungsprozess einbringen und was nicht? Aus meiner Sicht sollte es nicht darum gehen, alte Re- geln in ein neues Medienzeitalter zu übertragen. Dabei würde die Regulierung immer einer rasanten Entwick- lung hinterher hinken. Darum sollten wir davon die Fin- ger lassen. Eine entscheidende Frage, die uns an den europäi- schen Harmonisierungsprozessen im Medienbereich in- teressieren muss, ist doch: Wie geht es weiter mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk? Für uns als Linke steht vor allem die Frage im Zen- trum, wie öffentlich-rechtliche Angebote organisiert und finanziert sein müssen, damit sie in guter kultureller Qualität ihren demokratischen Auftrag erfüllen können, ohne ständig Gegenstand von Untersuchungen der Euro- päischen Kommission zu sein. Lassen Sie uns also vor- rangig erörtern, wie trotz europäischer Regulierung und Harmonisierung die Mitgliedstaaten weiterhin ihren Rundfunk selbstbestimmt regulieren können; und zwar nach ihren Verfassungen, ihren kulturellen Traditionen und ihren medienpolitischen Konzepten. Das halte ich für wichtig! Doch nun zum kommerziellen Bereich. Die Fernseh- richtlinie harmonisiert in erster Linie Regelungen für grenzüberschreitende Dienstleistungen. Es geht um Rechtssicherheit und gleiche Wettbe- werbsbedingungen für Anbieter auf dem europäischen Binnenmarkt. Bei kommerziellen Anbietern geht es nun mal vor allem ums Geldverdienen und um entsprechende Probleme kreist ja auch die Diskussion: Werberegeln, Produktplatzierung, Zugriff auf Sendesignale usw. Politische Verantwortung bedeutet in diesem Zusam- menhang vor allem den Schutz von Verbraucherrechten, wie zum Beispiel auch den Jugendschutz. Im September erklärten die Verbraucherzentrale und mehrere Interes- senverbände – unter anderem der Familienverband, der Verband für Bildung und Erziehung –, dass sie aufgrund des aktuellen Änderungsvorschlags der Europäischen Kommission einen massiven Eingriff in das Verfas- sungsziel des Jugendschutzes befürchten. Sie fordern, den Jugend- und Verbraucherschutz aus dem Herkunfts- landprinzip herauszunehmen und sie setzen sich dafür ein, dass die nationalen Schutzbestimmungen auch für ausländische Anbieter gelten mögen. Ich unterstütze diese Forderungen und meine, dass die Bundesregierung sie sich in den anstehenden Verhand- l d H h g P u f Z e p p B A l d E s d b l a e E V l m M i s r v d s E R o o s W F e a d J i g v t l v s W b d d (C (D ungen zu Eigen machen sollte, genauso übrigens wie en Vorschlag des Direktors des Hans-Bredow-Instituts, errn Dr. Wolfgang Schulz, zur Produktplatzierung. Er at in der Sachverständigenanhörung angeregt, das Re- el-Ausnahme-Verhältnis in der Richtlinie umzudrehen. roduct Placement wäre dann grundsätzlich verboten nd nur in bestimmten Programmformaten wie Fernseh- ilmen und TV-Serien erlaubt, wenn die Zuschauer und uschauerinnen dies erkennen können. Das halte ich für ine ausgewogene Lösung. Die gibt es beim Themen- lacement nicht. Das sollten wir alle miteinander prinzi- iell ablehnen. Wenn bestimmte Themen nur noch gegen ezahlung aufgegriffen werden, dann ist es aus mit der utonomie journalistisch-redaktioneller Arbeit. Im Übrigen werden sich durch neue technische Mög- ichkeiten wie auch durch veränderte Marketingformen ie Programmstrukturen ebenfalls weiterentwickeln. Am nde entscheiden die Zuschauerinnen und Zuschauer, ob ie das Angebot akzeptieren oder nicht. Damit die mün- igen Zuschauer und Zuschauerinnen auch mündig blei- en, brauchen wir ein vielfältiges kulturelles und öffent- ich-rechtliches Medienangebot, das durch Werbung ngemessen begleitet werden kann, aber nicht durch sie rstickt werden darf. Grietje Bettin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die uropäische Kommission hat Ende letzten Jahres einen orschlag zur Novellierung der Fernsehrichtlinie vorge- egt. Dieses Vorhaben ist notwendig und richtig. Wir üssen die Fernsehrichtlinie an die Veränderungen der edienwelt anpassen. 1989 wurden erstmals einheitliche Mindeststandards m Fernsehen festgelegt. Seitdem regeln die Mitglied- taaten Werbung, Jugendschutz und Gegendarstellungs- echt einheitlich. Die Medienlandschaft hat sich jedoch erändert: Die Digitalisierung führt mehr und mehr zu er Frage, was überhaupt alles Fernsehen ist und wie ich etwa Internetangebote einheitlich regeln lassen. Die uropäische Kommission hat darauf reagiert. Die neue ichtlinie wird auf alle audiovisuellen Dienste, ob linear der non-linear, ausgeweitet. Das ist sinnvoll, wird doch hnehin in naher Zukunft Praxis sein, dass sich jeder ein individuelles Fernsehangebot frei nach Zeitplan und ünschen per Download zusammenstellen kann. Die DP hält diese Anpassung an die digitale Realität für ine Knebelung der neuen Medien. Doch davon kann us unserer Sicht keine Rede sein. Im Gegenteil, wir fin- en es richtig, dass die wichtigen Punkte Werbung und ugendschutz endlich in allen Medien in Europa – auch n den inzwischen gar nicht mehr so neuen Medien – leich behandelt werden. Unterschiede zwischen den erschiedenen Medien sind in der Richtlinie berücksich- igt, weil nicht mehr pauschal, sondern abgestuft regu- iert wird. Auch das ist positiv. Das Europaparlament und der Rat müssen sich jetzt or allem auf praktikable Lösungen konzentrieren – be- onders für nichtlineare Dienste wie Video-on-Demand. enn man sich stattdessen aber in Brüssel nur darum emüht, alle Lobbyinteressen zu berücksichtigen, wer- en wir am Ende ein Stückwerk in Händen halten, mit em keiner was anfangen kann. 5634 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 (A) ) (B) ) Diese Richtlinie ist von immenser Bedeutung auch für die deutsche Medienpolitik, setzt sie doch Maßstäbe, die unsere bisherigen hohen Standards zumindest teil- weise infrage stellen. Wir fordern die Bundesregierung deshalb auf, sich aktiv in den Diskussionsprozess einzu- bringen und faule Kompromisse zu verhindern. Die EU- Ratspräsidentschaft ab kommendem Januar bietet dazu eine gute Gelegenheit. Nun zu den Kernpunkten unseres grünen Antrags: Wir wollen – im Gegensatz zur FDP und im Gegen- satz zum derzeitigen Trend im Europaparlament keine Produktplatzierung und auch keine Produktionsbeihilfen europaweit zulassen. Beides stellt aus unserer Sicht Schleichwerbung dar und täuscht somit Zuschauerinnen und Zuschauer. Versteckte Werbung hat in Programm- inhalten nichts zu suchen. Die Glaubwürdigkeit der In- halte und die Unabhängigkeit von Produktionen und Re- daktionen stehen dabei auf dem Spiel. Wir brauchen nur einen Blick auf die USA zu werfen, wo Produktplatzie- rungen erlaubt sind. Drehbuchautoren beklagen sich dort, sie müssten Programminhalte um die Werbung herum platzieren und seien in ihrer redaktionellen Entscheidung alles andere als frei. Das wollen wir in Europa nicht. Wir wollen nicht, dass das Zustandekommen von Produktio- nen in Zukunft noch stärker vom Gutdünken der Werbe- treibenden abhängt und etwa Filme nur zustande kom- men, wenn teure Requisiten dafür lange im Bild gezeigt werden. Auch Spielfilme und Unterhaltungsserien – für die die Platzierungen erlaubt sein sollen – sind aus unserer Sicht trend- und meinungsbildend. Was mit Ratgeber- sendungen ist, dazu schweigt sich der Richtlinienvor- schlag bislang aus. Von der Pharmaindustrie gesponserte Ratgebersendungen möchte ich jedenfalls nicht sehen. Eine Beschränkung von Produktplatzierungen auf Filme und Serien, wie sie die FDP vorsieht, genügt uns daher nicht. Es genügt uns auch nicht, die Produktplatzierung vor und nach der Sendung anzukündigen: Zu oft schal- ten Zuschauer erst im Laufe einer Sendung ein. Zappen gehört heute einfach zur Fernsehgewohnheit der Ver- braucherinnen und Verbraucher. Der FDP-Vorschlag, die Platzierung auch während der Sendung kenntlich zu ma- chen, ändert nichts am eigentlichen Problem und wird in der Praxis nicht lange vorhalten: Wer will denn ständig Werbeeinblendungen vor der Nase haben? Ich kann mir kaum vorstellen, dass die Zuschauer sich nicht genervt fühlen, wenn ständig ein Insert eingeblendet wird oder permanent ein Hinweis am Bildrand erscheint. Das schreckt Zuschauer ab. Gewinne bringt das der Werbe- industrie dann keineswegs. Ohnehin ist fraglich, wie die Werbeeinnahmen durch Produktplatzierungen mehr werden sollen. Ich vermute – und das bestätigen Experten, dass der Werbekuchen nicht größer wird – die Stücke werden nur anders ver- teilt. Werbeausgaben werden lediglich umgeschichtet. Die FDP glaubt, mit einer Liberalisierung der Werbe- regelung die Stellung von privaten Anbietern gegenüber den öffentlich-rechtlichen zu stärken. Wenn aber gar nicht mehr Geld ausgegeben wird, kann es dazu auch nicht kommen. d w E s B g ü r k f F e u d e r b s e v d n N g Q z g v s u d D d a r i l – p p A s V b u A (C (D Wir bleiben also dabei: Wir wollen keine Aufhebung es Grundsatzes der Trennung von Werbung und Inhalt! Es gibt aber auch positive Punkte im Richtlinienent- urf: wie etwa das Recht auf Kurzberichterstattung über reignisse von öffentlicher Bedeutung. Wir kennen die- es Recht in Deutschland und es hat sich bewährt. Alle ürger in Europa sollen sich über wichtige Ereignisse leichermaßen informieren können und das nicht nur ber die Veranstalter, die für teures Geld die Exklusiv- echte erworben haben. Die Richtlinie muss jedoch noch lare Bedingungen für die Ausübung dieses Rechtes estlegen. Die derzeitige Formulierung lässt dazu noch ragen offen. So muss beispielsweise klar sein, ob es ine Beschränkung des zeitlichen Umfangs geben soll nd wie die Quelle angegeben wird. Ebenso müssen sich ie Mitgliedstaaten darüber abstimmen, zu welchen Er- ignissen Zugang zu gewähren ist. Im Gegensatz zur FDP lehnen wir eine Quote für eu- opäische Produktionen nicht gänzlich ab. Eine Quote ei europäischen Werken macht aus unserer Sicht insbe- ondere für die linearen Dienste Sinn. Wir wollen damit uropäische Produktionen im Rundfunk und – damit eng erbunden – insbesondere unabhängige Produzenten för- ern. Die FDP behauptet, die europäische Quote würde icht zur Qualitätssteigerung beitragen – das ist Unsinn. iemand kann behaupten, Sender wie Arte, die eine fest- elegte Anzahl an Koproduktionen zeigen, hätten ein ualitätsproblem. Auch glaubt die FDP, Quoten würden um Schutz nicht wettbewerbsfähiger Anbieter beitra- en. Das macht eines mehr als deutlich klar: Die FDP ersteht unser Fernsehprogramm nicht als Kulturgut – ondern als reines Wirtschaftsgut. Uns geht es hier nicht m Wettbewerb – sondern darum, den europäischen Ge- anken auf unterschiedlichen Ebenen umzusetzen. urch Koproduktion können sich sowohl die an der Pro- uktion Beteiligten als auch die Zuschauer ein Bild von nderen Ländern machen. Vorurteile werden abgebaut. Bei nichtlinearen Diensten muss allerdings ein ande- er Maßstab angesetzt werden: Hier sind aber Mindest- nvestitionsverpflichtungen denkbar. Auch eine Gewähr- eistung, dass europäische Inhalte in den Katalogen zum Beispiel bei Video-on-Demand-Angeboten – an rominenter Stelle zu finden sind, wäre ein Ansatz. Ich hoffe, die Bundesregierung nutzt in ihrer Rats- räsidentschaft die Zeit, um verbraucherfreundliche spekte in den Beratungsprozess einzubringen. Die be- tehende Medienlandschaft in Deutschland ist in ihrer ielfalt einzigartig. Es muss unser aller Ziel sein, dies eizubehalten. Wir hoffen daher auf Ihre Unterstützung nseres Antrags. nlage 4 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Protokoll vom 1. Juni 2006 zur Änderung des am 29. August 1989 unterzeichneten Ab- kommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 5635 (A) ) (B) ) Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteue- rung und zur Verhinderung der Steuerverkür- zung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkom- men und vom Vermögen und einiger anderer Steuern (Zusatztagesordnungspunkt 10) Dr. Axel Troost (Die Linke): Ich möchte Sie an De- batten erinnern, die wir hier vor einigen Monaten geführt haben: Vor einigen Monaten haben wir hier Maßnahmen diskutiert, die Möglichkeiten zur Steuerumgehung redu- zieren sollten; die dazu führen sollten, dass diejenigen wieder mehr Steuern zahlen, die es können; die dazu führen sollten, dass man sich nicht arm rechnen kann, wenn man nur einen cleveren Steuer- und Unterneh- mensberater engagiert. Schon damals haben wir gesagt: Das geht uns nicht weit genug. Aber es gab einen breiten Konsens darüber, dass Möglichkeiten der Steuerumge- hung reduziert werden sollen. Was uns jetzt aber zur Abstimmung vorliegt, ist genau das Gegenteil davon. Kern des Vorschlages für ein neues Doppelbesteuerungsabkommen mit den USA ist: Die Quellensteuer auf Dividenden in Höhe von 5 Prozent wird gestrichen. Ich will an einem Beispiel deutlich machen, was das heißt: Nehmen wir mal ein deutsches Unternehmen, zum Beispiel die Deutsche Bank, das eine Tochter in den USA hat. Heute gilt: Schüttet die US-Tochter Gewinne an die deutsche Mutter aus, wird das heute mit 5 Prozent in den USA besteuert. Und was schlägt die Bundesregie- rung nun vor? In ihrem Gesetzentwurf zur Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens steht: Die Quellen- steuer von 5 Prozent soll zukünftig wegfallen. Im Klar- text: Die ausgeschütteten Gewinne sollen weder in Deutschland noch in den USA besteuert werden! Das widerspricht gänzlich dem Ansatz von Doppelbesteue- rungsabkommen – die Verhinderung der mehrmaligen Besteuerung ein und derselben Einkünfte. Die Sache ist eigentlich ganz einfach. Darüber sind wir uns hier im Parlament ziemlich einig: International tätige Unternehmen und Privatpersonen müssen ihre Einkommen versteuern – sei es in dem Land, in dem der Hauptsitz des Unternehmens ist; sei es in dem Land, in dem die Tochter Einkommen erzielt. Das sollte eigent- lich selbstverständlich sein, wenn man sich das Ziel der „Steuergerechtigkeit“ auf die Fahne geschrieben hat. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf aber stellt die Bundes- regierung das Prinzip der „Steuergerechtigkeit“ auf den Kopf! Nicht nur das: Der Hintergrund für dieses Doppelbe- steuerungsabkommen ist: Seit kurzem gibt es ein ver- gleichbares Abkommen zwischen den USA und Groß- britannien. Für britische Unternehmen sind also bereits heute die Gewinne ihrer US-Töchter steuerfrei. Nun kommen natürlich die deutschen Unternehmen und sa- gen: Das wollen wir auch, sonst haben wir in Deutsch- land einen Standortnachteil. Was macht nun die Bundes- regierung? Statt zum Beispiel im Rahmen der EU darauf zu drängen, dass der Vorteil für britische Unternehmen zurückgenommen wird, schafft sie neue Steuerschlupflö- cher! Damit heizt die Bundesregierung den internationa- len Steuersenkungswettlauf weiter an! Es ist doch klar, dass die anderen Staaten hier nachziehen werden! s l z r a t d k a B d v s d s m s d g k l E e v l S w K s s d m B d w l r k w p z g d D A A J H (C (D Lassen Sie mich abschließend noch auf eine grund- ätzliche Frage eingehen. Die zunehmende Internationa- isierung bei gleichzeitigem Steuersenkungswettbewerb wingt zum Nachdenken über Methoden zur Verhinde- ung der Doppelbesteuerung. Das Doppelbesteuerungs- bkommen mit den USA – das wissen die Fachleute un- er Ihnen – unterscheidet sich von anderen Abkommen adurch, dass die USA bei der Besteuerung von Ein- ünften auf dem Anrechnungsprinzip beharren und nicht uf dem Freistellungsprinzip. Das wäre auch für die undesrepublik sinnvoll. Denn damit wären die Divi- enden ausländischer Töchter grundsätzlich Teil des zu ersteuernden Einkommens des Konzerns. Beim Frei- tellungsprinzip dagegen werden die Ausschüttungen er ausländischen Töchter, die im Ausland bereits be- teuert wurden, völlig steuerfrei gestellt. In den meisten anderen Doppelbesteuerungsabkom- en wird nun aber eben nicht das Anrechnungsprinzip, ondern das Freistellungsprinzip gewählt. Das Problem aran: In zahlreichen Ländern werden inzwischen auf- rund des Drucks der Wirtschaft Quellensteuern auf Ein- ünfte, die Steuerausländer- und ausländerinnen erzie- en, erhoben. Oder es werden grundsätzlich bestimmte inkünfte nicht mehr oder nur noch beschränkt besteu- rt, zum Beispiel Kapitaleinkünfte. Wenn diese aufgrund on Doppelbesteuerungsabkommen in der Bundesrepub- ik ebenfalls freigestellt werden, kommt es zur absurden ituation einer gänzlichen Nichtbesteuerung. Damit erden aber Doppelbesteuerungsabkommen auf den opf gestellt! Das zwingt die Bundesrepublik, über komplizierte teuerliche Regelungen auf nationaler Ebene dafür zu orgen, dass die weltweit erwirtschafteten Einkommen er Steuerpflichtigen – seien es Personen oder Unterneh- en – wenigstens einmal besteuert werden. Aktuelles eispiel dafür: Das Jahressteuergesetz 2007, Änderung es § 50 d Einkommensteuergesetz: Hier soll verhindert erden, dass Unternehmen durch Gestaltungen Freistel- ungen ihrer Einkünfte aufgrund von Doppelbesteue- ungsabkommen in Anspruch nehmen dürfen. Derart omplizierte Regelungen wären jedoch nicht notwendig, ürde die Bundesregierung zur Verhinderung von Dop- elbesteuerung von der Freistellung von Einkünften hin ur Anrechnung der im Ausland gezahlten Steuern über- ehen. Dies – nur ganz nebenbei – wurde auch durch den iesbezüglich befragten Sachverständigen bestätigt. Wir fordern daher die Bundesregierung auf, in den iskussionen, die im Finanzausschuss anstehen, diese nregung aufzunehmen! nlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Neuregelung des Hochschulzugangs und der Hochschulab- schlüsse als Impuls zur Hochschulöffnung und Qualitätsentwicklung nutzen (Tagesordnungs- punkt 16) Anette Hübinger (CDU/CSU): In den nächsten ahren stehen die deutschen Hochschulen vor großen erausforderungen. Laut einer Prognose der Kultus- 5636 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 (A) ) (B) ) ministerkonferenz wird die Zahl der Studierenden von heute fast 2 Millionen auf über 2,6 Millionen in den Jah- ren 2014/2015 ansteigen. Auch die fortschreitende wich- tige Internationalisierung von Forschung und Lehre ist eine große Herausforderung für die Hochschullandschaft in unserem Land. Ihr Antrag – Kolleginnen und Kolle- gen der Fraktion Die Linke – zu Hochschulzugang und Hochschulabschlüssen bietet jedoch keine Antwort auf diese Herausforderungen. Deshalb lehnt die CDU/CSU- Fraktion Ihren Antrag ab. In Ihrem Antrag fordern Sie die Rücknahme der Mög- lichkeiten zum Ausbau individueller Auswahlverfahren an den Hochschulen. Der zunehmenden Autonomie der Hochschulen bei der Auswahl der Studierenden wollen Sie ein zentral gelenktes Vergabeverfahren entgegenset- zen. Den Herausforderungen von heute und morgen wol- len Sie mit einem Instrument der Vergangenheit begeg- nen. Die CDU/CSU-Fraktion begrüßt ausdrücklich die wachsende Autonomie der Hochschulen bei der Aus- wahl der Studierenden. Die Hochschulen sollen die Möglichkeit haben, den passenden Studenten für den je- weiligen Studiengang auswählen zu können. Dies trägt zur weiteren Profilierung der Hochschulen bei. Die CDU/CSU-Fraktion begrüßt dieses Verfahren aber auch, da es dazu beiträgt, dass der passende Student das für ihn geeignete Studium beginnt. Die Zahl der jun- gen Menschen, die in unserem Land ihr Studium abbre- chen, ist nach wie vor zu hoch: Jährlich brechen mehr als 80 000 Studenten ihr Studium ohne Abschluss ab. Das heißt, dass jeder vierte Student die Hochschule ohne Ab- schluss verlässt – dies oft erst nach mehreren Semestern. Nur zu oft bedeutet dies auch das Ende einer beruflichen Ausbildung. Individuelle Auswahlverfahren wie fachspe- zifische Studierfähigkeitstests und Auswahlgespräche, aber auch das Heranziehen von anderen Qualifikationen können dazu beitragen, die Zahl der Studienabbrecher zu senken. Kriterien, die beim Auswahlverfahren Anwendung finden können, wie die Durchschnittsnote im Abitur, aber auch die Ergebnisse von fachspezifischen Studier- fähigkeitstests sind – wie Sie bereits in der Antwort der Bundesregierung vom 11. August diesen Jahres auf Ihre Kleine Anfrage erfahren haben – frei von den von Ihnen vorgebrachten Einflüssen. Diese werden deshalb nicht zu einer Diskriminierung aufgrund sozialer und kulturel- ler Herkunft oder aufgrund des Geschlechts führen. Die in der 7. Novelle des Hochschulrahmengesetzes festge- legten Regelungen zum Ausbau der individuellen Aus- wahlmöglichkeiten der Hochschulen sind gerade erst in den Länderhochschulgesetzen umgesetzt worden. Sie müssen zunächst ihre Wirkung entfalten. Durch regel- mäßige Evaluierungen muss in der Zukunft überprüft und Sorge dafür getragen werden, dass auch die Aus- wahlgespräche nach objektiven Maßstäben erfolgen. Die Einführung des zweistufigen Studienmodells im Rahmen des Bolognaprozesses bedeutet nicht, wie Sie in Ihrem Antrag darstellen, eine Einschränkung der Stu- dienmöglichkeiten. Vielmehr bietet sie den Studenten die Chance, ein qualitativ hochwertiges Studium zu ab- s l C a S c d s r a t g l w b b d d b s f Q s d a s z p Z F b K H s s s j Z D d t h g d w t H e b g S i g H d (C (D olvieren, sowie die Möglichkeit, unterschiedliche Qua- ifikationen flexibel miteinander zu kombinieren. Die DU/CSU-Fraktion bekennt sich im Koalitionsvertrag usdrücklich zum Bolognaprozess und begrüßt die chaffung eines Europäischen Hochschulraums. Das Ba- helor/Master-System bietet den Studenten den Vorteil, ass die Abschlüsse international kompatibel sind und omit die Mobilität der Studenten gefördert wird. Da- über hinaus kann durch die Einführung des Bachelors ls ersten berufsqualifizierten Abschluss die Studienzei- en deutlich verkürzt werden. Im internationalen Ver- leich ist die durchschnittliche Studiendauer in Deutsch- and immer noch zu lang. Nicht jeder Student plant eine issenschaftliche Karriere, sondern will nach einem reit angelegten, aber zugleich straffen Studium ins Ar- eitsleben einsteigen. Für diesen Personenkreis bieten ie Bachelorstudiengänge durch ihre Strukturierung und urch ihren Praxisbezug eine ideale akademische Aus- ildung. Die Personalvorstände von führenden deut- chen Unternehmen haben wiederholt öffentlich die Ein- ührung von Bachelor und Master begrüßt. Damit die ualität und die Gleichwertigkeit der neuen Abschlüsse ichergestellt wird, muss dafür Sorge getragen werden, ass diese ohne Ausnahme durch die Akkreditierungs- genturen akkreditiert werden. Die notwendige Kapazitätsausweitung an den Hoch- chulen ist derzeit auch Gegenstand der Verhandlungen wischen dem Bund und den Ländern zum Hochschul- akt 2020. Die CDU/CSU-Fraktion fordert in diesem usammenhang die Verankerung der Förderung von rauen in der Wissenschaft. Hierzu gehört auch der Aus- au der Kinderbetreuung an den Hochschulen. Wie im oalitionsvertrag festgelegt, fordern wir die Öffnung der ochschulen für beruflich Qualifizierte. Das Bildungs- ystem soll durchlässiger werden. Menschen mit abge- chlossener Berufsausbildung soll der Weg an die Hoch- chulen offen stehen. Die Kompetenz hierfür liegt edoch nach wie vor bei den Ländern. Die CDU/CSU-Fraktion sieht in der anwachsenden ahl der Studierenden eine sehr positive Entwicklung. ie damit zusammenhängenden Herausforderungen für ie deutsche Hochschullandschaft sowie die fortschrei- ende Internationalisierung von Forschung und Lehre se- en wir als große Chance. Unser Land braucht gut aus- ebildete junge Menschen. Unserer Verpflichtung, ihnen en Weg zur besten Ausbildung zu bereiten, kommen ir nach. Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD): Mit ihrem An- rag zur Neuregelung des Hochschulzugangs und der ochschulabschlüsse formuliert die Fraktion Die Linke ine Reihe von Kritikpunkten an Reformschritten, die im reiten Konsens vor wenigen Jahren im Bundestag ein- eleitet worden sind. Zugleich formuliert sie einen trauß von Anforderungen und Vorschlägen, wie nach hrer Auffassung diese Reformschritte nicht nur zurück- enommen, sondern auch neu gestaltet werden sollen. ierauf soll in einer grundsätzlichen Bemerkung und ann in vier einzelnen Punkten eingegangen werden. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 5637 (A) ) (B) ) Zunächst das Grundsätzliche: Durchaus richtig ist, dass die Fraktion Die Linke Bezug nimmt auf die Not- wendigkeit und die Ausgestaltung des geplanten Hoch- schulpaktes. Wir haben dazu erst gestern im Ausschuss eine erste Information bekommen, welchen Stand die Verhandlungen zwischen dem Bund und den 16 Län- dern, die jeweils mit einem eigenen Vetorecht in Bezug auf das Gesamtprojekt nach den Ergebnissen der Födera- lismusreform ausgestattet sind, erreicht haben. Um es hier noch einmal klar und deutlich zu sagen: Nur durch das beharrliche und engagierte Kämpfen insbesondere der SPD-Bildungspolitiker und der gesamten SPD-Frak- tion für eine erweiterte Hochschulkompetenz des Bun- des auch in der Förderung von Lehre an den Hochschu- len kommen wir jetzt überhaupt in die Gelegenheit, einen qualitativ anspruchsvollen und quantitativ expan- siven Hochschulpakt für mehr Studienkapazitäten und bessere Lehre und Forschung an den Hochschulen auf- zulegen. Der neu gestaltete § 91 b hat zwar den Schön- heitsfehler, dass er Einstimmigkeit bei allen im Land vo- raussetzt, nur bietet das zugleich auch die Chance, dass alle Länder gleichermaßen in die Pflicht genommen wer- den. Dieses wird beim aktuellen Hochschulpakt von ent- scheidender Bedeutung werden, denn niemand darf sich verabschieden aus der gemeinsamen Zielsetzung, die Studienkapazitäten an den Hochschulen deutlich zu er- weitern und damit auch eine bessere Lehr- und Studien- qualität zu verbinden. Der Parlamentarische Staatssekretär Andreas Storm hat gestern im Ausschuss noch einmal darauf hingewie- sen, dass die Bundesregierung sich im Rahmen dieses Paktes nachdrücklich dafür einsetzen wird, dass nicht nur die Stärkung der Naturwissenschaften und der Aus- bau der Fachhochschulen, sondern auch die Förderung von Frauen für und im Studium im Zentrum der Verein- barungen zu stehen hat. Wir von der SPD möchten aus- drücklich auch noch die Nachwuchsförderung im wis- senschaftlichen Bereich über die Einbeziehung der Juniorprofessuren verhandelt und positiv entschieden wissen. Sieht man sich allerdings den Forderungskatalog der Fraktion Die Linke an, so wird dieser Pakt ange- sichts der Anforderungen, die hier von Ihnen geltend ge- macht werden, wohl schwerlich zustande kommen kön- nen. Damit wäre aber niemandem gedient, schon gar nicht den jetzigen und zukünftig zum Glück anwachsen- den Zahlen von Studierenden. Schließlich soll bei der ersten Paktvereinbarung, für die ja seitens des Bundes die nicht unerhebliche Summe von über 1 Milliarde Euro und damit ein Gesamtbetrag von über 1,2 Milliarden Euro von Bund und Ländern speziell zum Ausbau der Lehrkapazitäten zur Verfügung gestellt werden sollen, nicht bleiben. Denn aus einem ersten positiven Schritt zum Hochschulpakt muss schließlich die Bereitschaft zwischen Bund und Ländern erwachsen, später für die entscheidenden Jahre ab 2010 bis 2015 einen erfolgrei- chen zweiten Pakt aus den guten Erfahrungen des ersten Schrittes fortzuführen. Mit ihren Anforderungen würde die Fraktion Die Linke hier allerdings schon den ersten Schritt unmöglich machen und verstolpern. An der Realität vorbei gehen auch die Vorschläge der Linken-Fraktion in den übrigen Punkten, selbst wenn h p n s d B d s s d a g V i e d M e n g s s d s ü z u d k v C s b C s d b e t d a s s m M s l D d t H s g n f d t l (C (D ier in der Analyse auf bedenkenswerte kritische As- ekte eingegangen wird. Nur, kritische Analyse macht och kein besseres politisches Konzept, wenn die vorge- chlagenen Regelungen gar nicht garantieren können, ass die kritisch angesprochenen Fragen tatsächlich zum esseren gelöst werden. Erstens. So beklagt die Fraktion Die Linke, dass mit er Neuordnung des Auswahlverfahrens an den Hoch- chulen angeblich vor allen Dingen ein schichtspezifi- cher Bildungshintergrund abgeprüft würde, der Stu- ienbewerber(innen) aus entsprechenden Familien und us finanzschwachen Elternhäusern deutlich benachteili- en würde. Nur, wie ist es denn nach dem bisherigen erfahren gewesen? Und hat die Fraktion Die Linke in hrer Freude an der Analyse vollkommen ignoriert, wie rnst die Stimmen zu vernehmen sind, die gerade bei em Kriterium der reinen Abiturnoten im Gefolge der ittel- und Oberschichten-Institution Gymnasium eine ntsprechende schichtenspezifische Diskriminierung achweisen könnten? Nein, der Weg zurück in eine Ver- abe von Studienplätzen über eine Zentralstelle würde icherlich die soziale Öffnung der Hochschule nicht be- chleunigen können. Hier geht es tatsächlich vielmehr arum, soziale Benachteiligung im Bildungsverlauf chon sehr grundständig von der frühkindlichen Bildung ber die Schule bis hin zur Hochschule systematisch an- ugehen, Chancengleichheit von Anfang an zu fördern nd auch die soziale Zugänglichkeit zur Hochschule urch entsprechende Fördersysteme wie das BAföG onsequent zu erhalten und möglichst auch auszubauen. Im idealen Fall könnten die qualifizierten Auswahl- erfahren an den Hochschulen selbst auch noch die hance bieten, mit tatsächlich auf das Individuum abge- timmten Bewerbungsgesprächen, Motivationsschrei- en, Eignungstests und Auswahlverfahren allgemein die hancen zu erweitern, die mit einem reinen Notendurch- chnitt „wegformalisiert“ werden könnten. Der Hinweis er Fraktion Die Linke, dass es in Bezug auf die Testge- ühren nicht einen weiteren finanziellen Vorbehalt und rnsthaften Grund für eine diskriminierende und belas- ende Mitfinanzierung des Studiums geben darf, ist aller- ings aufzunehmen, zu beobachten und gegebenenfalls uch zu unterbinden. Zweitens. In einem weiteren Punkt der Kritik wendet ich die Fraktion Die Linke gegen den in Bologna ange- toßenen Prozess einer zweistufigen Studienstruktur und öchte erreichen, dass nicht der Bachelor, sondern der aster der Regelabschluss an den Hochschulen werden oll. Dies ist allerdings eine Fundamentalkritik am Bo- ognakonzept, der wir uns nicht anschließen können. enn natürlich hatte die Einführung der doppelten Stu- ienstruktur von Bachelor und einem aufbauenden Mas- er nicht nur zum Ziel, einen einheitlichen europäischen ochschulraum zu schaffen, sondern auch das Studium tärker zu strukturieren und einen ersten berufsbefähi- enden Abschluss auf dem Niveau des Bachelor nach ei- er kürzeren Studienzeit zu ermöglichen, als es früher ür einen Studienabschluss mit Berufschancen notwen- ig war. Dieses nun dadurch auszuhebeln, dass der Mas- er zum Regelabschluss werden soll, würde den Bache- or wiederum zur reinen Zwischenprüfung herabstufen. 5638 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 (A) ) (B) ) Genau dieses ist im Bolognaprozess allerdings nicht be- absichtigt. Dass dennoch sehr sorgfältig die Ausbau- und Auf- baumöglichkeiten des Studiums vom Bachelor zum Master auch in den Kapazitäten zu beobachten sind und dass es auch im Spannungsfeld von BAföG-Förderung im Masterstudium wie der Belastung durch Studienge- bühren keine Diskriminierung und Behinderung für ein Masterstudium geben darf, ist genauso richtig. Diese Fragen werden insbesondere auch vor dem Hintergrund der erwarteten deutlich wachsenden Studierendenzahlen und der Erfordernis, den Anteil der Studenten in Deutschland, die einen akademischen Abschluss auch wirklich erfolgreich erreichen, deutlich anzuheben, sehr genau weiter zu beobachten und zu gestalten sein. Auch deshalb legt die SPD-Fraktion sehr großen Wert darauf, die Sicherung und die Ausgestaltung des BAföG im Zentrum unserer Hochschulförderung für die Zukunft zu halten. Drittens. Die Linke problematisiert auch das von Kul- tusministerkonferenz und Hochschulrektorenkonferenz gemeinsam getragene Akkreditierungssystem. Aller- dings scheint uns diese Fundamentalkritik in vielen Punkten ebenso ansprüchlich wie abgehoben, wider- sprüchlich wie bürokratieverdächtig. Auch kann man den Eindruck gewinnen, dass das Akkreditierungssys- tem zur Zauberbüchse für alles das werden soll, was in einem noch so vernünftig gestalteten Studiengang ange- strebt, aber nicht in jeder Hinsicht 100-prozentig reali- siert und garantiert werden kann. Im Zuge der Gesamt- evaluation von Studienreformen, mit der sich auch der Bundestag in Form des Bildungsausschusses in der Fachdiskussion befassen sollte, wird es sicherlich Gele- genheit geben, die Einzelheiten des Akkreditierungssys- tems noch einmal einer kritischen Überprüfung zu unter- ziehen. Immerhin sind es ja schwere Vorwürfe, die von der Fraktion Die Linke gegen das gegenwärtige Akkre- ditierungsverfahren erhoben werden. Letztlich münden sie in dem Vorwurf, dass eine umfassende fachlich-in- haltliche Begutachtung jedes einzelnen Studienganges nicht mehr gewährleistet ist und zudem nach studien- fremden Gesichtspunkten vorgenommen wird. Diesem Verdacht bzw. dieser Behauptung gar können und wollen wir uns zum jetzigen Stand unserer Kenntnisse aus- drücklich nicht anschließen. Und die Andeutungen der Fraktion Die Linke, wie der Akkreditierungsrat in Zu- kunft denn arbeiten sollte, stärkt auch nicht unser Zu- trauen darin, dass es damit ein Verfahren von größerer Transparenz, Praktikabilität und Fachlichkeit geben würde. Damit hier keine Missverständnisse aufkommen: Dumping-Wettbewerbe, Oberflächlichkeit in der Ana- lyse und Bewertung, unkritische Verengungen und Re- duzierungen von Studiengängen auf eine kurzfristige ökonomische Verwertbarkeit der Studienergebnisse wür- den auch von uns kritisiert werden, wenn sie denn tat- sächlich die Wirklichkeit im Akkreditierungsverfahren zutreffend beschreiben würden. Viertens. Schließlich thematisiert die Fraktion Die Linke die Notwendigkeit einer bundesweit einheitlichen Regelung zur Öffnung der Hochschulen nach einer be- ruflichen Ausbildung. Ob diese auch in die Kompetenz d d F h k l a m i d t d z j s L d e d d v b r m g H d B e r i S s g t t a w f d S u A k „ A s r B m t n s C D f d (C (D er konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes fällt und urch die Bestimmungen des Grundgesetzes nach der öderalismuskommission gerade ausgeschlossen ist, se- en wir noch in der rechtlichen Prüfung. Die Regelungs- ompetenz für Hochschulabschlüsse und Hochschulzu- assung muss auch nach unserer Auffassung keineswegs usschließen, dass bei der Zulassung auch der Zugang it eingeschlossen ist, zumal wenn er sich nicht auf die n der Länderkompetenz liegende Zugänglichkeit über as Abitur, sondern gerade auf die in der Bundeskompe- enz liegende berufliche Ausbildung nach Berufsbil- ungsgesetz etc. bezieht. Allerdings müssen wir zum jet- igen Stand zugeben, dass es hierzu noch verschiedene uristische und insgesamt wohl eher gegenteilige Auffas- ungen gibt. Umso stärker würde es wirken, wenn die änder hier jenseits einer solchen Kompetenzauseinan- ersetzung zwischen Bund und Ländern einen Weg zu iner bundesweit einheitlichen Regelung zur Öffnung er Hochschulen nach einer beruflichen Ausbildung fin- en könnten. Denn das Problem ist offenbar: Wir haben iel zu wenig qualifizierte junge Menschen, die aus einer eruflichen Ausbildung heraus die weitere Qualifizie- ung in einem Studium suchen und denen dieser Weg er- öglicht wird. Selbst die Bundesländer, die hier die rößten Anstrengungen unternehmen, wie zum Beispiel amburg, schöpfen immer noch nur einen kleinen Teil er Bildungskapazitäten in diesem Bereich aus. Andere undesländer wie Bayern beginnen aktuell überhaupt rst, den Hochschulbesuch nach einer erfolgreichen be- uflichen Ausbildung zu ermöglichen. Umso erfreulicher st, dass auch in der Koalitionsvereinbarung zwischen PD und CDU/CSU dieses von uns Sozialdemokraten eit langem verfolgte Ziel zu einem gemeinsamen Anlie- en erklärt worden ist. Wenn dieses dann von den Frak- ionen aus dem ganzen Haus nicht nur hier im Bundes- ag, sondern auch in den jeweiligen Länderregionen mit ufgegriffen und vorangetrieben werden könnte, haben ir ja vielleicht die Chance, für einen weiteren Baustein ür mehr Öffnung und Zugänglichkeit verschiedener Bil- ungswege in unserem Hochschulsystem zu sorgen. Als ozialdemokraten können wir dieses nur nachdrücklich nterstützen. Uwe Barth (FDP): Die Linken haben mit ihrem ntrag ein Problem angesprochen, das wir schon oft dis- utiert und auch in Anträge gefasst haben, zum Beispiel: Chancen der jungen Generation durch Bildung und usbildung verbessern“, Drucksache 15/5259. Natürlich ind Hochschulzugang und Hochschulabschlüsse Vo- aussetzungen für die im Grundgesetz verankerte freie erufswahl, deshalb müssen sie diskriminierungsfrei er- öglicht werden. Diskriminierungsfrei heißt aber nicht: frei von Leis- ungskriterien, auch wenn der Leistungsschwächere sich icht selten subjektiv durch den Erfolg des Leistungs- tärkeren diskriminiert fühlt. Gerade uns Liberalen geht es darum, jedem Kind faire hancen möglichst schon von Anfang an einzuräumen. eshalb treten wir massiv für eine Verbesserung der rühkindlichen Bildung ein. Es ist aber völlig weltfremd, ie Augen davor zu verschließen, dass es tatsächlich el- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 5639 (A) ) (B) ) ternhausbedingte Ungleichheiten gibt. Dies beklagen die Linken in ihren – kabarettreifen oder sogar unverschäm- ten – Bemerkungen zu den „habituellen Differenzen“ „von Studienbewerberinnen und Bewerbern aus Eltern- häusern ohne akademischem Hintergrund“. Welche Dis- kriminierung von solchen Elternhäusern treiben Sie, die Linken, eigentlich mit solchen Formulierungen? Aus welchen Elternhäusern kommen Sie? Ich kenne etliche Akademiker und auch Kollegen hier im Bundestag, die aus Elternhäusern ohne akademi- schem Hintergrund kommen und die schon sehr früh dazu erzogen wurden, „habituelle Differenzen“ oft zum Vorteil vor schlampigen Akademikerkindern zu nutzen, weil ihre Eltern, auch ohne akademischen Hintergrund, das Beste für ihre Kinder wollten, sie gut erzogen und ihnen den notwendigen Leistungswillen mitgaben. Die Linken setzen in ihrem Antrag auf staatliche Be- vormundung. Sie wollen keine Freiheit für die Hoch- schulen und die Studierenden. Wir dagegen setzen auf Selbstorganisation und Selbstbestimmung. Die Hoch- schulen benötigen wirkliche Autonomie, um wieder an die Spitze zu kommen. Dies gilt für Personal- ebenso wie für Organisations- und Budgetangelegenheiten. Hochschulen sollen sich ihre Studentinnen und Studen- ten selbst aussuchen können, und umgekehrt sollen die Studentinnen und Studenten die Möglichkeit haben, die für sie beste Universität auszuwählen. Die Forderung der Linken, die Möglichkeiten für individuelle Auswahlver- fahren der Hochschulen wieder zurückzunehmen, ist ge- radezu grotesk. Wir brauchen keine Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen. Das ist planwirtschaftliches altes Denken. Wir setzen darauf, dass die Länder zunehmend die Budgets der Hochschulen jedenfalls auf die Lehre bezo- gen an die Studierenden bindet. So wird ein Wettbewerb der Hochschulen um die Studenten und um das beste Lehrangebot in Gang gesetzt. Das Hochschulgesetz in NRW zeigt, welchen Weg die Länder gehen können, um Freiheit für die Hochschulen zu schaffen. Noch ein Wort zu den Hochschulkapazitäten im Osten: Die Studienplatzkapazitäten dieser Hochschulen müs- sen erhalten werden. Sie sind ein Pfund beim Bemühen, allen Studieninteressierten eine qualitativ hochwertige Ausbildung anzubieten. Nach der Prognose „Studien- platzkapazität“ des Centrums für Hochschulentwicklung wird es ab 2009 einen deutlichen Überschuss an Studien- plätzen in den neuen Bundesländern geben – 2010 be- reits über 15 000 Studienplätze – bei einem Defizit von 46 000 Plätzen in den alten Bundesländern. Wir fordern deshalb eine Marketing-Aktion „Go East“ bei den Abiturienten. Wie gut das Lehrangebot ge- rade auch an vielen Ost-Hochschulen ist, ist oft noch nicht einmal im Osten selbst bekannt. Wir schlagen deshalb vor, die Solidarpakt-II-Mittel auch für Hochschulausgaben – und auch für einen be- stimmten Teil der Personalausgaben – zuzulassen. Bei allen politischen Differenzen muss es doch vor al- lem um das Eine gehen: der jungen Generation so gute Chancen wie nur möglich einzuräumen. d e d u f s i d k D r b d w g n D d v r e s d t z w m u w r K d d w Ö m b s H d m D s S l b w S w d s a f B A l n (C (D Cornelia Hirsch (DIE LINKE): Mit dem vorliegen- en Antrag fordern wir die Bundesregierung dazu auf, in neues Hochschulzulassungsgesetz und ein neues Stu- ienabschlussgesetz vorzulegen. Hochschulzulassung nd Studienabschlüsse sind nach der Föderalismusre- orm neben der Forschungspolitik die zentralen hoch- chulpolitischen Handlungsfelder der Bundesebene. In hrer Antwort auf eine Kleine Anfrage machte die Bun- esregierung allerdings deutlich, dass es aus ihrer Sicht eine Gründe gebe, in diesem Bereich aktiv zu werden. ie Linke sieht das anders. Und wer in den letzten Jah- en eine Hochschule von innen gesehen hat, wird uns da- ei Recht geben. Dies möchte ich im Folgenden begrün- en. Zum ersten Punkt: die Hochschulzulassung. Wir alle issen, dass das deutsche Bildungssystem soziale Un- leichheit reproduziert. Das wird nicht nur in internatio- alen Vergleichsstudien immer wieder nachgewiesen. amit dürfen wir uns nicht abfinden: Es kann nicht sein, ass der Bildungsweg junger Menschen insbesondere om Geldbeutel ihrer Eltern abhängt. Die Bundesregie- ung müsste sich in ihrer Hochschulpolitik daher in aller- rster Linie dafür einsetzen, den Zugang zu den Hoch- chulen sozial zu öffnen. SPD und Union haben in ihrem Koalitionsvertrag in iesem Zusammenhang zumindest ein unterstützenswer- es Vorhaben vereinbart: Sie wollen den Berufsabschluss ur Zugangsberechtigung für Hochschulen machen. Das äre ein wichtiger – und längst überfälliger – Schritt zu ehr Durchlässigkeit in unserem Bildungssystem. Auf nsere Nachfrage, wann endlich ein solcher Gesetzent- urf vorgelegt wird, erhalten wir von der Bundesregie- ung nun aber die Antwort, dass sie hier entgegen der oalitionsvereinbarung keine Neuregelung plant. Statt- essen schiebt sie nun auch hier die Entscheidungsmacht en Ländern zu. Für Die Linke ist es nicht hinnehmbar, enn ausgerechnet dieser wichtige Schritt zur sozialen ffnung der Hochschulen und zur Gleichstellung akade- ischer und beruflicher Bildungswege auf der Strecke leibt. Wir fordern die Bundesregierung deshalb auf, chnellstmöglich ihre Hausaufgaben zu machen. Daneben sind auf dem Weg zu einer sozial gerechten ochschulzulassung weitere Schritte erforderlich: Mit er 7. Novelle des Hochschulrahmengesetzes stärkte da- als noch Rot-Grün das Auswahlrecht der Hochschulen. ie Folge ist, dass es inzwischen an fast jeder Hoch- chule individuelle Auswahlgespräche oder so genannte tudierfähigkeitstests gibt. Das ist vor allem für Jugend- iche aus nicht akademischen Elternhäusern ein Pro- lem: nicht nur weil häufig Gebühren für diese Aus- ahlverfahren anfallen und weitere Kosten von den tudienanwärterinnen und -anwärtern selbst getragen erden müssen, sondern auch weil hierbei immer auch er kulturelle Habitus eine Rolle spielt. Ein Arbeiterkind cheint eben viel schlechter in die Hochschule zu passen ls der Sohn eines Arztes. Wer von den beiden im Zwei- el dann den Studienplatz bekommt, dürfte klar sein. Die undesregierung hat in einer Antwort auf eine Kleine nfrage von uns selbst zugegeben, dass bei individuel- en Auswahlgesprächen eine soziale Diskriminierung icht vollständig ausgeschlossen werden kann. Wer 5640 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 (A) ) (B) ) dieses aber erkannt hat, handelt unverantwortlich, wenn er keine gesetzliche Änderung vornimmt. Wir fordern von der Bundesregierung ein neues Hochschulzulas- sungsgesetz, das einen sozial gerechten Zugang zu den Hochschulen sichert. Der zweite Punkt sind die Hochschulabschlüsse. An- gestoßen durch den Bolognaprozess zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Hochschulraums werden die Studiengänge in zahlreichen Ländern auf die Abschlüsse Bachelor und Master umgestellt. In Deutschland wird dieser Prozess derzeit zu einem massiven Bildungsabbau genutzt: Während die große Masse der Studierenden sich mit einem billigen Bachelorstudium abfinden soll, bleibt das Masterstudium einer kleinen Elite vorbehalten. Der Bachelor wurde von den Kultusministern als Regelab- schluss bezeichnet. Der Zugang zum Master ist an den allermeisten Hochschulen eng begrenzt. Diese Entwick- lung ist für Die Linke nicht hinnehmbar. Wir fordern stattdessen: Der Master muss Regelabschluss sein. Das Akkreditierungssystem, das zur Anerkennung der neuen Studiengänge geschaffen wurde, soll die Ver- gleichbarkeit von Studiengängen garantieren, Studieren- den damit Mobilität ermöglichen und gleichzeitig Im- pulse für Studienreformen geben. In seiner jetzigen Ausgestaltung kann es allerdings keine dieser Aufgaben erfüllen. Es fehlen klare, einheitliche Mindeststandards für Studiengänge. Das System ist zutiefst intransparent und genügt keinerlei demokratischen Ansprüchen. Die Studierenden, die unter schlechten Studienbedingungen am meisten leiden, sind nach wie vor an vielen Akkredi- tierungsverfahren unbeteiligt. Und wenn sie beteiligt werden, dürfen sie häufig nicht selber entscheiden, durch wen sie vertreten werden. Immer häufiger erreichen uns Klagen von Studieren- den, deren Studienleistungen noch nicht einmal von der Nachbarhochschule anerkannt werden – geschweige denn von Hochschulen in anderen Bundesländern. Bolo- gna hat ihnen die großen Freiheit versprochen: Ein Jahr in Berlin, eins in London, eins in Paris – so sollten die Bachelor von morgen aussehen. Nun bleiben sie zwi- schen Hannover und Bochum auf der Strecke. Auf die versprochene Vergleichbarkeit der neuen Studiengänge warten die Studierenden bis heute. Und die Bundesregie- rung macht bislang nicht den Eindruck, als wollte sie die Studierenden in diesem Anliegen unterstützen. Der Bolognaprozess hat uns eine strukturelle Harmo- nisierung der europäischen Hochschulbildung verspro- chen. Die inhaltliche Vielfalt sollte dabei nicht einge- schränkt werden. Die Studieninhalte scheinen nun aber der einzige Punkt zu sein, in dem wir wirklich eine zu- nehmende Vergleichbarkeit der Hochschulen beobach- ten: Die Studiengänge werden auf die unmittelbare Ver- wertbarkeit der vermittelten Qualifikationen auf dem Arbeitsmarkt ausgerichtet. Was nicht in den Mainstream passt, wird herausakkreditiert. Inhaltliche Pluralität oder gar gesellschaftskritische Wissenschaft bleiben so zuse- hends auf der Strecke. Impulse für die Lösung gesell- schaftlicher Probleme können von den Absolventinnen und Absolventen solcher Studiengänge wohl weniger er- wartet werden. Diese Entwicklung ist falsch. Wir for- d u a s e P H s a D r B l s n w s g H g o u l a v u B s A d d m s c i z p D m z g f w w e W g g z V l L v L g (C (D ern, dass der bundesweite Akkreditierungsrat gestärkt nd demokratisiert wird. Das Akkreditierungssystem, lso die Zulassung bestimmter Studiengänge an Hoch- chulen, muss in öffentlicher Verantwortung liegen. In dieser Woche wurde zwischen Bund und Ländern ine erste Einigung zum Hochschulpakt erzielt. Dieser akt darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass an den ochschulen auch strukturelle Reformen notwendig ind. Die Bundesregierung ist aufgefordert, hier endlich ktiv zu werden. In diesem Sinne freuen wir uns auf die iskussion und die Beratungen im Ausschuss zu unse- em Antrag. Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ürgerrecht auf freien Hochschulzugang ist die Grund- age aller Diskussionen über Hochschulzulassung. Die- es Recht impliziert für uns, dass der Hochschulzugang icht sozial selektiv sein darf. Es darf nicht ausgehöhlt erden durch neue Schlösser vor den Hörsaaltüren, eien es Studiengebühren, flächendeckende NCs oder ar fehlende Studienplätze. Deswegen muss der freie ochschulzugang auf dem Papier durch eine demo- rafie- und nachfragegerechte Steigerung zu wirklich ffenen Hörsaaltüren in der Realität führen. Ein freier nd guter Zugang beginnt nicht erst an den Hochschu- en: Schon die Schülerinnen und Schüler müssen besser uf die Studien- und Berufspraxis vorbereitet werden – or allem durch die Förderung selbstständigen Arbeitens nd Lernens. Außerdem ist eine bessere Information und eratung zur Studien- und Berufswahl essenziell. Um die Passung zwischen Studierenden und Hoch- chule zu verbessern, hat Rot-Grün das individuelle uswahlrecht der Hochschulen gestärkt. Dadurch kann ie Zahl der Studienabbrecher gesenkt werden. Außer- em bewerben sich aufgrund des neuen Auswahlrechts ehr Studierende für bislang weniger begehrte Hoch- chulstandorte, wie erste wissenschaftliche Untersu- hungen belegen. Diese jungen Menschen steigern so hre Chancen auf einen Studienplatz und nutzen gleich- eitig bestehende regionale Überkapazitäten an Studien- lätzen – ein wichtiger Faktor auch in der aktuellen iskussion um den Hochschulpakt. Die Hochschulen üssen nun von den Ländern konzeptionell und finan- iell in die Lage versetzt werden, ihr Auswahlrecht an- emessen wahrzunehmen. Keinesfalls dürfen die Kosten ür Auswahlmaßnahmen auf die Studierenden abgewälzt erden. Sinnvoll erscheint ein Mix von verschiedenen Aus- ahlinstrumenten, in dem die Abiturdurchschnittsnote ine zentrale, aber nicht alleinige Bedeutung hat. Des eiteren können berufliche Qualifikation – für den Zu- ang von Menschen ohne Abitur –, fachspezifische Ein- angstests und die Wartezeit eine Rolle spielen. Die ein- elnen Auswahlverfahren sind kritisch im Hinblick auf alidität, Verlässlichkeit und soziale Selektivität zu eva- uieren, beispielsweise durch Monitoringbeiräte in den ändern. Um einen repräsentativen Hochschulzugang on sozial benachteiligten Gruppen zu erreichen, sollten änder und Hochschulen im Rahmen der kriterien- ebundenen Mittelvergabe Zielvereinbarungen treffen. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 5641 (A) ) (B) ) Die Forderung der Linksfraktion nach einer Abschaf- fung von guten Auswahlverfahren lehnen wir dagegen ab. Sie läuft darauf hinaus, dass ausschließlich die Abi- turnote über den Hochschulzugang entscheidet. Dies ist sachlich nicht angemessen, eindimensional und nicht ge- recht. Aber auch die Koalition weiß nicht, was sie will: Der Hochschulzugang für beruflich Qualifizierte ohne Abitur soll laut Koalitionsvertrag im Hochschulrecht ge- öffnet und verankert werden. Passiert ist bislang nichts. Also, was plant die Koalition? Wie will sie den Hoch- schulzugang für beruflich Qualifizierte erleichtern? Wir begrüßen, dass durch die Einführung der Bachelor- und Masterstudienabschlüsse die Mobilität von Lehren- den, Lernenden und Forschenden erleichtert, die Trans- parenz bei der Anerkennung von Berufsqualifikationen und Studienleistungen erhöht und der Zugang zu Bil- dung und Weiterbildung weiter geöffnet werden sollen. Bestehende Hürden beim Übergang vom Bachelor zum Master – insbesondere für Frauen – müssen dabei drin- gend erörtert und behoben werden. Ob Mindeststandards bei Hochschulzulassung und -ab- schlüssen bundesgesetzlich festgelegt werden sollten, ist zu diskutieren. Wenn, dann brauchen wir eine schlanke Regelung. Sinnlos sind neue Bundesgesetze, die, wie von der Linksfraktion vorgeschlagen, im offenen Wider- spruch zur Position der Länder stehen, besonders in den Regelungsbereichen, die bisher aufgrund von Staatsver- trägen oder im Hochschulrahmengesetz bundeseinheit- lich gelten. Denn auch wenn, wie von Ministerin Schavan geplant, das Hochschulrahmengesetz abge- schafft wird – was ich für falsch halte –, gelten die in die jeweiligen Landesgesetze eingeflossenen Regeln weiter. Wer den Ländern aber ein umfassendes und detailliertes Bundesgesetz vor die Nase setzt, provoziert geradezu deren Rebellion. Jedes Land wird dann sein Abwei- chungsrecht nutzen und eigene Gesetze erlassen. Dies gefährdet die noch bestehende Einheitlichkeit und führt geradewegs zu dem befürchteten gesetzgeberischen Flickenteppich. Studentische Mobilität reicht dann nur noch bis zur Landesgrenze. Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der Regelungen über die Mitbestim- mung der Arbeitnehmer bei einer Verschmel- zung von Kapitalgesellschaften aus verschiede- nen Mitgliedstaaten (Tagesordnungspunkt 17) Michael Hennrich (CDU/CSU): Das Gesetz zur Umsetzung der Regelungen über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer Verschmelzung von Kapital- gesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten hat die Eins-zu-Eins-Umsetzung des Art. 16 der Richtlinie 2005/56/EG zum Ziel. Diese Richtlinie stellt einen wich- tigen Schritt bei den Bemühungen der Europäischen Union um Fortschritte im Rahmen der Lissabonstrategie dar. Sie legt fest, dass für die aus der Verschmelzung her- vorgegangene Gesellschaft nur noch ein nationales R H s s w d M b s w w a D v p b N d h v m d S „ v b s s d R v t R – t b l V s s P r u R e g m B d w d s V (C (D echt, nämlich das des Mitgliedstaates, in dem der auptsitz gewählt wurde, maßgeblich ist. Die Entwicklung des europäischen Binnenmarktes chreitet voran. Der Bedarf der europäischen Kapitalge- ellschaften nach Kooperation und Reorganisation ächst. Die Umsetzung der erwähnten Richtlinie trägt iesem Bedarf Rechnung. Gleichzeitig sollen jedoch die itbestimmungsrechte der Arbeitnehmerinnen und Ar- eitnehmer gesichert werden. Die CDU/CSU-Fraktion hat an der Wiege der Mitbe- timmung gestanden und fühlt sich dieser Tradition auch eiterhin verpflichtet. Die Mitbestimmung hat sich be- ährt. Das sehen nicht nur die Arbeitnehmer, sondern uch die Mehrheit der Arbeitgeber in unserem Land so. er Mitbestimmung verdanken wir unter anderem den ergleichsweise hohen betrieblichen Frieden. Beim Zusammenschluss von Unternehmen auf euro- äischer Ebene können nun aber auch für deutsche Ar- eitnehmer die Mitbestimmungsregelungen unserer achbarländer gelten. Mit welcher Zielvorstellung geht er heute debattierte Gesetzentwurf an dieses Problem eran? Das Gesetz soll die in den an der Verschmelzung on beteiligten Gesellschaften erworbenen Mitbestim- ungsrechte der Arbeitnehmer sichern. Wie soll dieses im Einzelnen geschehen? Entschei- endes Grundprinzip des Gesetzesentwurfs ist der chutz erworbener Rechte der Arbeitnehmer durch das Vorher-Nachher-Prinzip“. Das bedeutet, dass sich der orhandene Umfang an Mitbestimmungsrechten der Ar- eitnehmer grundsätzlich auch in der aus der grenzüber- chreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesell- chaft wiederfinden soll. Dabei müssen jedoch aufgrund es grenzüberschreitenden Charakters unterschiedliche echtslagen verschiedener Mitgliedstaaten, in denen die erschmolzene Gesellschaft die Arbeitnehmer beschäf- igt, berücksichtigt werden. Aus diesem Grund sieht die ichtlinie in den Fällen des Art. 16 Abs. 2 ein der SE der Europäischen Gesellschaft – und der SCE bekann- es Verfahren zur Festlegung der Mitbestimmung der Ar- eitnehmer vor. Dabei haben praxisnahe Verhandlungs- ösungen über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer orrang vor gesetzlich vorgeschriebenen Regelungen. Diese Verhandlungslösung ist ein wesentlicher Bau- tein der neuen Regelung. Die große Vielfalt unter- chiedlicher Unternehmen erfordert unterschiedliche artizipationsformen für die Arbeitnehmer. Vereinba- ungslösungen schaffen Raum für differenzierte Modelle nd passen in die europäische Entwicklung. Auch die ichtlinie zum Europäischen Betriebsrat setzt auf Ver- inbarungslösungen durch ein besonderes Verhandlungs- remium. Diese Regelung ist in den 90er-Jahren unter aßgeblicher Beteiligung des damals unionsgeführten undesarbeitsministeriums entstanden. Ich freue mich, ass dieser Lösungsweg auch hier erneut aufgegriffen ird. Was passiert aber, wenn keine Einigung erzielt wer- en kann? Für den Fall, dass die Verhandlungen des be- onderen Verhandlungsgremiums scheitern, enthält der orschlag eine Auffangregelung. Dann kommt die 5642 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 (A) ) (B) ) Mitbestimmung kraft Gesetzes zur Anwendung und si- chert so die Rechte der Arbeitnehmer. Wie werten wir diese Regelungen? Insbesondere die Sicherung der Mitbestimmung vorrangig auf dem Ver- handlungsweg ist sehr zu begrüßen. Der Vorrang der Verhandlungslösungen ermöglicht einen sinnvollen Aus- gleich der in den einzelnen Mitgliedstaaten bestehenden Rechtslagen und zugleich eine sachgerechte Anpassung an die Bedürfnisse und Strukturen der zukünftigen Ge- sellschaft. Zudem können durch Vereinbarungslösungen eventuelle Nachteile der bestehenden Regelungen zur Unternehmensmitbestimmung aufgefangen werden. In Kombination mit der Auffangregelung, die die Mitbe- stimmung sichert, bilden die Regelungen einen guten In- teressenausgleich zwischen Arbeitnehmern und Unter- nehmen. Nun näher ins Detail: Im Rahmen des Gesetzesent- wurfs reden wir über die Mitbestimmung auf der Unter- nehmensebene. Wie sieht es bei uns in Deutschland da- mit aus? Deutschland hat im europäischen Vergleich die meisten Mitbestimmungsgesetze und die größte Anzahl unterschiedlicher Arbeitnehmervertretungsorgane. Ins- gesamt regeln acht verschiedene Gesetze die Mitbestim- mung, vier davon die Entscheidungen auf Unternehmens- ebene. Nirgendwo sind die Mitwirkungs- und Mitbestim- mungsrechte der Arbeitnehmer im Unternehmen so weit gehend geregelt wie hierzulande. Die überwiegende Mehrzahl der europäischen Länder hat im Gegensatz zu Deutschland weitaus höhere Schwellenwerte, die festle- gen, ab wie vielen Beschäftigten eine Arbeitnehmerver- tretung gewählt werden kann. Beachtet man die Montan- mitbestimmung, nimmt Deutschland eine weltweit einzigartige Stellung ein. Kein Land kennt eine so um- fassende Beteiligung der Arbeitnehmer und der Gewerk- schaften in den Aufsichtsräten. Vergleichen wir dies nun mit der Mitbestimmung in anderen europäischen Ländern: Die betriebliche Mitbe- stimmung ist kein exotisches, überkommenes Phänomen der deutschen Wirtschaft. Auf betrieblicher Ebene zeigt der Vergleich mit unseren europäischen Nachbarn: Auch in anderen Ländern haben die Beschäftigten Anspruch auf Mitsprache und Information, teilweise mehr als hier- zulande. Bei der Unternehmensmitbestimmung sieht es hingegen anders aus: Klammert man Staatsunternehmen und die Möglichkeit der Freiwilligkeit aus, dann gibt es in 14 der 25 Mitgliedstaaten der EU überhaupt keine Un- ternehmensmitbestimmung. Eine paritätische Mitbe- stimmung gibt es nur in Deutschland und Slowenien in Unternehmen mit mehr als 1 000 Arbeitnehmern. Wenn es eine Mitbestimmung auf Unternehmensebene in Europa gibt, so ist dies in den meisten Fällen die Eindrit- telbeteiligung der Arbeitnehmer, entweder im Kontroll- organ Aufsichtsrat oder im Verwaltungsrat. Dies ist der Fall in Luxemburg im Verwaltungsrat, in Österreich, Polen, der Slowakischen Republik, Ungarn und Slowe- nien – bis 1 000 Arbeitnehmer –. In Großbritannien, Frankreich, Spanien und Belgien gibt es keinerlei Mitbe- stimmung in den Aufsichtsräten. a n q g l c g B d d m a s s a E d Z s A g g M g w z D e f K d b i g r s a s w t A m n E m d D s U h o l s B (C (D Wie wirken sich diese unterschiedlichen Regelungen uf Deutschland aus? Durch die Entwicklung des Bin- enmarktes gibt es einige mögliche negative Konse- uenzen für den Standort Deutschland: Insbesondere die roßzügigen Beteiligungsrechte in den Aufsichtsräten ösen bei so manchem ausländischen Unternehmen si- herlich einen Kulturschock aus. Denn kein anderes Mit- lied der Europäischen Union schreibt eine paritätische esetzung des Aufsichts- und Verwaltungsrates vor. An- ererseits hat sich Daimler-Chrysler bewusst und aus- rücklich mit der Begründung der Unternehmensbestim- ung für den Standort Deutschland entschieden. Das merikanische Unternehmen General Motors hat für eine deutsche Tochter Opel die Unternehmensmitbe- timmung ebenfalls akzeptiert. Die europäische Gesellschaftsrechtsentwicklung lässt ber andere Lösungen zu. Durch die Entscheidung des uropäischen Gerichtshofes zur Niederlassungsfreiheit ürfen künftig auch ausländische Unternehmen, die ihre entrale nach Deutschland verlegen, die Beteiligungsge- etze ihrer Heimat anwenden. Zieht etwa eine britische ktiengesellschaft nach Deutschland, so gelten die Vor- aben aus Großbritannien. Nach deutschem Recht ge- ründete Firmen unterliegen aber weiter der deutschen itbestimmung. Auch infolge der Fusionsrichtlinie wird den derzeiti- en deutschen Regeln praktisch eine Absage erteilt. So erden die Arbeitnehmer nach einem Zusammenschluss weier europäischer Unternehmen nur noch maximal ein rittel der Aufsichtsratssitze im fusionierten Konzern rhalten, außer die Verhandlungsparteien vereinbaren reiwillig etwas anderes. Die Folgen sind ähnlich wie die onsequenzen der Niederlassungsfreiheit: Künftig wer- en hierzulande sowohl Betriebe mit paritätischer Mit- estimmung als auch Firmen mit weniger Mitsprache hre Zentrale haben. Als letztes noch das Stichwort „Europäische Aktien- esellschaft“: Unternehmen können seit kurzem eine Eu- opäische Aktiengesellschaft – SE – bilden. Zuvor müs- en sich Beschäftigte und Unternehmensleitung jedoch uf ein Mitbestimmungsmodell verständigen. Schaffen ie das nicht, muss sich das gesamte Unternehmen an die eitestgehenden Regelungen halten, die eine der be- eiligten Gesellschaften in die Liaison einbringt. Die llianz gehört zu den Pionieren dieser Entwicklung. Wir üssen erst noch sehen, welche Erfahrungen wir mit der euen Rechtslage machen. Angesichts der veränderten Rechtslagen und neuen ntwicklungen, deren Ausgang noch abzuwarten ist, üssen unsere Mitbestimmungsgesetze erneuert wer- en. Die Praxis der Mitbestimmung wird sich in eutschland schon aufgrund der erwähnten gesell- chaftsrechtlichen Gesetzgebung der Europäischen nion, der Rechtsprechung des Europäischen Gerichts- ofes sowie des internationalen Standortwettbewerbs hnehin ändern. Deutschland kann sich dieser Entwick- ung, die aus dem Wettbewerb der Gesellschaftsrechts- ysteme entsteht, also nicht entziehen. Die deutschen Regelungen haben viele Vorteile. Die eteiligung kann etwa die Identifikation der Belegschaft Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 5643 (A) ) (B) ) mit dem Unternehmen steigern und den betrieblichen Frieden sichern. Gemeinsame Konfliktbewältigung, Ein- bindung in Entscheidungsprozesse und Übernahme der Mitverantwortung von Arbeitnehmern stellen gerade in Zeiten wirtschaftlicher Umbrüche entscheidende posi- tive Elemente dar. Insbesondere die Gewerkschaftsver- treter sehen in der Mitbestimmung eine Bestimmungs- größe für die bisherigen wirtschaftlichen Erfolge Deutschlands und fordern aus diesem Grund sogar ihre Ausweitung. Auf der anderen Seite steht die Mitbestimmung aber als Belastung für das Wirtschaftswachstum und die wei- tere wirtschaftliche Entwicklung in der Diskussion. Fle- xible Mitbestimmungsregelungen können einen ent- scheidenden Beitrag für Deutschland als attraktiven Standort leisten und der oben angesprochenen Entwick- lung entgegensteuern. Beispielsweise werden immer wieder die Größe der Aufsichtsräte und deren Zusam- mensetzung, das heißt nur Betriebszugehörige oder auch betriebsfremde Mitglieder, ins Gespräch gebracht. Wie heftig die unterschiedlichen Ansichten diskutiert werden, hat sich auf dem Deutschen Juristentag im Sep- tember erneut gezeigt: Hier führten insgesamt unüber- brückbare Ansichten dazu, dass einvernehmlich auf eine Kampfabstimmung verzichtet wurde, um die weitere Dialogfähigkeit nicht zu gefährden. Allen Beteiligten ist jedoch klar, dass sich das Mitbe- stimmungsrecht an die neuen Anforderungen anpassen muss. Fest steht: Es geht nicht um die Abschaffung der Unternehmensmitbestimmung, sondern es geht darum, sie europatauglich auszugestalten. Derzeit arbeitet eine Kommission unter Leitung von Professor Dr. Kurt Biedenkopf Reformvorschläge aus. Ausgehend vom gel- tenden Recht soll sie bis Ende des Jahres Vorschläge für eine moderne und europataugliche Weiterentwicklung der deutschen Unternehmensmitbestimmung erarbeiten. Die Regierungskommission beschäftigt sich dabei mit der strategischen Frage, wie die Mitbestimmung in Deutschland unter den veränderten Rahmenbedingungen der Weltwirtschaft gesichert werden kann. In unserem Koalitionsvertrag steht: „Wir werden die einvernehmlich erzielten Ergebnisse der Kommission aufgreifen und so- weit erforderlich und geboten Anpassungen der nationa- len Unternehmensmitbestimmung vornehmen.“ Wir brauchen Regelungen, die die Wettbewerbsfähig- keit der deutschen Unternehmen stärken und grenzüber- schreitende Kooperationen, Fusionen und Sitzungsverle- gungen aus dem Ausland nach Deutschland, aber auch umgekehrt, so einfach wie möglich machen. Denn bei al- len widerstreitenden Interessen im Mitbestimmungsrecht sollten wir eines besonders im Auge behalten: Es geht zunächst darum, wie Deutschland im europäi- schen Vergleich dasteht. Schon oft sind aus Europa posi- tive Impulse für unser Land gekommen. Es lohnt sich, diese aufzunehmen und weiterzuentwickeln. Das Bench- marking der Europäischen Union kann einen guten Weg aufzeigen. Wir können einen wertvollen Impuls für die Entwicklung der Mitbestimmung in Deutschland auf- nehmen. Insofern hoffe ich, dass die Vorschläge der Biedenkopf-Kommission uns Gelegenheit geben wer- d a i c g d w d s M x f m a m u s s 5 e Z k A p s E u d t b T d b d h l 8 d m s 1 m h a m v d V d k k f r I (C (D en, über die angesprochenen Verhandlungslösungen uch auf deutscher Ebene zu diskutieren. Die Menschen n den Betrieben müssen und dürfen sich Gedanken ma- hen über die Ausgestaltung ihrer Rechte. Sie haben die rößte Nähe zu den Erfordernissen der Belegschaft und es Unternehmens. Durch den Verhandlungsvorrang ird eine Prägung durch den Subsidiaritätsgrundsatz, er sich als Leitlinie durch unser und auch das europäi- che Rechts- und Gesellschaftssystem zieht, auch im itbestimmungsrecht möglich. Davon lassen sich fle- ible und maßgeschneiderte Mitbestimmungslösungen ür die Unternehmen und damit auch für die Arbeitneh- er positive Auswirkungen erhoffen. Es geht aber um noch mehr: Nicht nur Deutschland ls einzelnes Land, sondern auch Europa als Ganzes uss sich im Weltmarkt behaupten. Die Richtlinien- msetzung ist daher zu begrüßen, da sie den Wirtschafts- tandort Europa stärken wird. Wir kommen heute der Aufforderung der Europäi- chen Union nach und übertragen die Richtlinie 2005/ 6/EG durch den heute vorliegenden Gesetzesentwurf ins zu eins in deutsches Recht. Zugleich setzen wir ein eichen, dass unser Mitbestimmungsrecht in Bewegung ommt und beweglicher wird. Anette Kramme (SPD): „Die Mitbestimmung der rbeitnehmer in den Unternehmensorganen ist nicht nur olitisch gefordert und historisch gegeben, sondern achlich notwendig.“ So lautete der Eingangssatz der mpfehlungen der ersten Mitbestimmungskommission nter Professor Kurt Biedenkopf. Das sah damals auch ie Mehrheft der Abgeordneten so: In diesem Jahr konn- en wir 30 Jahre Mitbestimmungsgesetz feiern. Die Mit- estimmung ist mittlerweile ein nicht wegzudenkender eil unserer sozialen Marktwirtschaft geworden. Auch ie deutsche Bevölkerung möchte die Unternehmensmit- estimmung nicht mehr missen. „Das deutsche Modell er Unternehmensmitbestimmung hat sich bewährt, des- alb sollte man es erhalten.“ Dieser Aussage stimmen aut einer Umfrage von TNS Emnid vom August 2006 3 Prozent zu. In Europa haben wir verschiedene Traditionen, was ie Beteiligung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh- er am Wirtschaftsleben angeht. Die deutsche Mitbe- timmung wird jedoch zu Unrecht als Exot dargestellt: 8 von 25 EU-Mitgliedstaaten kennen eine Mitbestim- ung von Arbeitnehmern oder deren Vertretern im öchsten Unternehmensorgan. Man weiß also auch in nderen Staaten, dass die Beteiligung von Arbeitneh- ern an Entscheidungsprozessen der Unternehmen sinn- oll ist. Nicht umsonst beneidet man Deutschland wegen es sozialen Friedens in unseren Betrieben. Die Diskussion um die Fusionsrichtlinie, mit der die erschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschie- enen Mitgliedstaaten erleichtert werden soll, war sehr ontrovers. Letztendlich ist ein gutes Ergebnis herausge- ommen. Die alte Bundesregierung hat – und das mit Er- olg – dafür gekämpft, dass die europäische Fusions- ichtlinie mitbestimmungsfreundlich ausgestaltet wird. n Anlehnung an die Regelungen des Gesetzes über die 5644 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 (A) ) (B) ) Beteiligung der Arbeitnehmer in der Europäischen Ge- sellschaft wird in der Fusionsrichtlinie sichergestellt, dass die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeit- nehmer gut vertreten werden können. Unter folgenden Voraussetzungen greift das Sitzstaat- recht deshalb nicht und es kommt zur Verhandlungslö- sung. Das ist der Fall, wenn erstens eine der an der grenz- überschreitenden Verschmelzung beteiligten Gesell- schaften mitbestimmt ist und in den sechs Monaten vor der Veröffentlichung des Verschmelzungsplans in der Regel mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigte, oder wenn zweitens das innerstaatliche Recht, das für die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorge- hende Gesellschaft maßgeblich ist, nicht mindestens den gleichen Umfang an Mitbestimmung, wie er in den je- weiligen an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaf- ten bestand, gewährleistet oder wenn drittens das für die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorge- hende Gesellschaft maßgebende innerstaatliche Recht Arbeitnehmern in Betrieben anderer Mitgliedstaaten nicht den gleichen Anspruch auf Ausübung von Mitbe- stimmungsrechten wie denjenigen Arbeitnehmern ge- währt, die am Sitzstaat der Gesellschaft beschäftigt sind. Regelmäßig werden zwei der genannten Vorausset- zungen bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung zu einer Kapitalgesellschaft mit Sitz in Deutschland er- füllt. Einerseits stimmt der Schwellenwert mit den Vor- gaben des Drittelbeteiligungsgesetzes überein. Anderer- seits haben die in einem anderen Mitgliedstaat beschäftigten Arbeitnehmer der Gesellschaft nicht den gleichen Anspruch auf Ausübung von Mitbestimmungs- rechten. Seit einigen Jahren ist die Unternehmensmitbestim- mung wieder Gegenstand wissenschaftlicher und politi- scher Kontroversen. Als Klotz am Bein und unzeitge- mäß wird die Mitbestimmung betitelt. BDA und BDI, sekundiert von der FDP, fordern regelmäßig eine „An- passung“ der deutschen Mitbestimmung an den europäi- schen Standard, was nichts anderes ist als die Forderung nach Abbau von Mitbestimmungsrechten. Interessant ist, dass vor allem die deutschen Verbandsvertreter über den angeblich so wenig attraktiven Standort Deutschland lamentieren. Die deutsche Mitbestimmung wirke ab- schreckend auf ausländische Konzerne, heißt es immer wieder. Aus dem Ausland sind jedoch ganz andere Stimmen zu vernehmen. „Wer die deutsche Mitbestimmung in- frage stellt, riskiert Produktivitätsverluste der deutschen Wirtschaft.“ Das sagte zum Beispiel der amerikanische Wirtschaftsforscher Edward Lazear von der Stanford University. Nach einer veröffentlichten Studie der Unter- nehmensberatung Ernst & Young von 2006 ist Deutsch- land aus Sicht international tätiger Unternehmen der attraktivste Standort in Europa. Von den 767 Unterneh- men, die dem deutschen Mitbestimmungsgesetz unter- liegen, gehören rund 30 Prozent zu ausländischen Kon- zernen. So abschreckend, wie behauptet, kann unsere Mitbestimmung folglich nun wirklich nicht sein. Nach- haltiges Wachstum ist eher zu erreichen, wenn die Men- s d s ü I D l d G D d n d E E n g t d e p s ü t S s a e s b f d d B g v l g w M a w A g o S d b i s s A (C (D chen an den grundsätzlichen Unternehmensentschei- ungen beteiligt sind. Heinz-Peter Haustein (FDP): Durch die europäi- che Integration haben wir heute wieder einmal Anlass, ber die Mitbestimmung zu reden. Wir alle müssen ein nteresse an einer zügigen Umsetzung der hier zur ebatte stehenden europäischen Verschmelzungsricht- inie haben, um die bestehende Rechtsunsicherheit für iejenigen Unternehmen zu beseitigen, die sich mit dem edanken tragen, grenzüberschreitend zu fusionieren. ie hier in Rede stehenden Regelungen betreffen in- irekt auch Fragen, die zur Aufgabenstellung der so ge- annten Biedenkopf-Kommission gehören, die sich mit er Mitbestimmung befasst. Daher wäre es ratsam, die rgebnisse eben dieser Kommission abzuwarten, die nde dieses Jahres vorgelegt werden sollen, um eine Be- achteiligung deutscher Unternehmen und damit des anzen Standortes Deutschland möglichst gering zu hal- en. Die FDP hält dies schon für den ersten Fehler. Der vorgelegte Entwurf lehnt sich an die Vorschriften es Gesetzes über die Beteiligung der Arbeitnehmer in iner europäischen Gesellschaft – SE: Societas Euro- aea –, des SE-Beteiligungsgesetzes an. Er setzt im We- entlichen die zwingenden Regelungen der Richtlinie ber die Arbeitnehmerbeteiligung bei grenzüberschrei- enden Verschmelzungen um. Aber genauso, wie beim EBG nutzt auch er nicht die vorhandenen Flexibilitäts- pielräume. Die FDP teilt die grundsätzlich richtige Einschätzung us der Gesetzesbegründung, hier werde die Möglichkeit röffnet, speziell auf die Situation der geplanten Gesell- chaft zugeschnittene Regelungen zu treffen. Neben den ekannten Formen könnten so neue Konzepte und Ver- ahren der Mitbestimmung entwickelt werden. Aber iese Einschätzung aus der Gesetzesbegründung geht an er so genannten Auffangregelung vorbei, die bei einer eteiligung deutscher mitbestimmter Unternehmen an renzüberschreitenden Fusionen eine freie Aushandlung on Mitbestimmungsregeln nur in engen Grenzen zu- ässt. Nur wenn von dem in der Verschmelzungsrichtlinie ein- eräumten Umsetzungsspielraum auch Gebrauch gemacht ürde, könnten gleichberechtigte Verhandlungen über die itbestimmung bei Beteiligung deutscher Unternehmen n grenzüberschreitenden Verschmelzungen gewährleistet erden. Die Bundesregierung fasst in ihrer Stellungsnahme in nlage 3 zusammen: Bei der Umsetzung jener Regelun- en, die dem Gesetzgeber Gestaltungsspielraum lassen, rientiert sich der Gesetzentwurf an dem SE- und dem CE- Beteiligungsgesetz und folgt damit bereits gelten- em deutschen Recht. Die FDP hält das für falsch. Unsere Position zur Mit- estimmung der Arbeitnehmer in großen Unternehmen st bekannt: Erstens. Wir fordern, die paritätische Mitbe- timmung aufzugeben und zu einer Drittelparität als ge- etzlichem Mindeststandard bei Nichteinigung zwischen rbeitnehmer- und Eigentümervertretern über die Mit- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 5645 (A) ) (B) ) spracherechte zu kommen. Dieses höchste Mitbestim- mungsniveau in Europa können wir uns nicht länger leis- ten. Es hemmt die Kapitalbeschaffung und senkt die Aktienkurse, wie unter anderem eine Studie der Federal Reserve Bank of St. Louis aus dem Jahr 2002 belegt. Der faktische Konsenszwang lähmt die Arbeit des Aufsichts- rates. Die eigentliche Aufgabe des Aufsichtsrates, näm- lich die effektive Kontrolle des Vorstandes wird zurück- gedrängt. Zweitens. Das Gewerkschaftsprivileg, das gesetzlich regelt, dass zwei Aufsichtsratsposten an Gewerkschafts- funktionäre gehen, muss abgeschafft werden. Obwohl der gewerkschaftliche Organisationsgrad in den Betrie- ben stetig zurückgeht – jeder fünfte Arbeitnehmer ist heute nur noch gewerkschaftlich organisiert –, hat die Gewerkschaft nach wie vor Einfluss auf die Unterneh- mensentscheidungen. Dieses Privileg muss fallen. Die Kontrolle des Vorstandes gehört nicht in Gewerkschafts- hände. Das können die Beschäftigten des Unternehmens allemal besser als externe Gewerkschaftsfunktionäre. Wenn Sie selbst das überkommene Modell der Mit- bestimmung für so gut halten, hätten Sie Konkurrenz zulassen können. Dann hätten wir in einigen Jahren able- sen können, welches Modell sich durchsetzt. Stattdessen versuchen Sie krampfhaft, das deutsche Modell in alle Welt zu exportieren nach dem Motto: „Am deutschen Wesen soll die Welt genesen“ ohne zu erkennen, dass sich die Welt weiterdreht, auch ohne uns. Die Mehrheit der Mitgliedstaaten der EU lehnt unser Modell ab. Viele kennen nicht einmal unsere Art der Mitbestimmung. Es geht doch nicht darum, irgendwelche Gewerkschafter aus den Aufsichtsräten zu verdrängen. Es geht darum, dass Deutschland für Investoren interessant ist, dass in Deutschland investiert wird und Arbeitsplätze geschaf- fen werden. Erlauben Sie mir, Herrn Röttgen zu zitieren, der am 29. Oktober 2004 von diesem Pult aus gesagt hat: Es gibt keine Grundlage dafür, zu glauben, wir wären eine Insel in Europa und könnten noch etwas regeln. Das wird nicht der Fall sein. Verantwortlich handelt der, der der Unternehmensmitbestimmung eine europäische Perspektive bietet. Ferner heißt es in der Rede: Wir haben nicht das Recht, den Unternehmen vor- zuschreiben, dass dies der einzig denkbare Weg ist. Ich kann nur sagen: Recht hat er! Aber stattdessen gerieren sie sich wie Michael Kohlhaas, getreu der Einstellung: Ich muss Recht be- kommen, mag darüber auch die Welt zugrunde gehen. Sie müssen endlich anerkennen, dass es nicht ein Natur- gesetz ist, dass Unternehmer in Deutschland investieren, weil dies in der Vergangenheit stets so war. Mit ihrem Verständnis von Mitbestimmung stärken Sie nicht die Rechte der Arbeitnehmer, sie nehmen denjenigen ohne Beschäftigung die Chance auf einen Arbeitsplatz. Werner Dreibus (DIE LINKE): Kanzlerin Merkel hat auf dem Festakt des DGB zum 30-jährigen Bestehen d d s g A r s S B z z k s n m K s d u d h V R r g V p u n e s E d r m N s t i p d e b z G l u f s p d s m l s d (C (D er Mitbestimmung das deutsche Mitbestimmungsmo- ell als „wesentliches Merkmal der sozialen Marktwirt- chaft“ gewürdigt. Sie hat weiter hervorgehoben, dass erade auch die Unternehmensmitbestimmung in den ufsichtsräten sich als ein Erfolg erwiesen habe und da- um bewahrt werden müsse. SPD-Chef Beck charakteri- ierte die Mitbestimmung kürzlich als Standortvorteil. ie mache die Arbeitswelt demokratischer, stärke den etriebsfrieden und die Motivation der Beschäftigten. Auch ein Blick auf unsere europäischen Nachbarn eigt, dass die Mitbestimmung ein notwendiges und so- ial wie wirtschaftlich erfolgreiches Element der Demo- ratie ist. 18 von 25 europäischen Ländern haben Mitbe- timmungsmodelle und die Mehrzahl der EU-Staaten utzt die Mitbestimmung als Instrument der Unterneh- enskontrolle. Auch der hohe Anteil von ausländischen onzernen, die in Deutschland tätig sind und dem deut- chen Mitbestimmungsgesetz unterliegen, spricht dafür, ass das deutsche Mitbestimmungsmodell erfolgreich ist nd eine Zukunft hat. Von den 767 Unternehmen, die em deutschen Mitbestimmungsgesetz unterliegen, ge- ören rund 30 Prozent zu ausländischen Konzernen. Gerade weil das so ist, fordert Die Linke die stärkere erankerung der Mitbestimmung im europäischen echt. Deshalb begrüßen wir die grundsätzliche Aus- ichtung des vorliegenden Gesetzentwurfs der Bundesre- ierung, die Interessenvertretung der Beschäftigten im erschmelzungsfall abzusichern. In wesentlichen As- ekten sehen wir allerdings noch Veränderungsbedarf, m dem Anliegen in Gänze gerecht zu werden. Ich enne einige Stichworte: notwendig ist die Festlegung ines Mindestkataloges an zustimmungspflichtigen Ge- chäften durch die Aufsichtsräte, damit zum Beispiel ntscheidungen über Investitionen transparenter wer- en. Notwendig ist eine Vereinfachung des Wahlverfah- ens für Aufsichtsräte, um die Wahl von Aufsichtsrats- itgliedern einfacher und kostengünstiger zu machen. otwendig ist für multinationale Unternehmen eine ge- etzliche Garantie der Beteiligung von Arbeitnehmerver- retern der anderen Länder in den Gremien, zum Beispiel m Aufsichtsrat. Dazu gehört auch die Einführung des assiven und aktiven Wahlrechts für alle Beschäftigten es jeweiligen Unternehmens; notwendig ist weiterhin ine Festlegung, dass den bei einer Verschmelzung fort- estehenden Arbeitnehmervertretungsstrukturen, also um Beispiel der Gesamtbetriebsrat, ein autorisierter esprächs- und Verhandlungspartner gegenüberzustel- en ist. Im Fall von zwei weiteren Aspekten schließen wir ns ausdrücklich den Überlegungen des DGB an und ordern die Bundesregierung auf, auch ausländische Ge- ellschaften mit Sitz im Inland sowie ausländische Kom- lementäre in der deutschen Kommanditgesellschaft in en Geltungsbereich der deutschen Unternehmensmitbe- timmung einzubeziehen und gegenüber der EU-Kom- ission dafür einzutreten, die 14. gesellschaftsrecht- iche Richtlinie zur Verlegung des Unternehmenssitzes o auszugestalten, dass nationale Mitbestimmungsstan- ards nicht umgangen werden können. 5646 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 (A) ) (B) ) Um die Verankerung der Mitbestimmung – nach deut- schem Modell – auf europäischer Ebene tatsächlich mit Leben zu füllen, ist es darüber hinaus unverzichtbar, die deutsche Gesetzgebung den veränderten Bedingungen in der Wirtschaft anzupassen. Zwei Elemente sind hier von besonderer Bedeutung: erstens der Schwellenwert von derzeit 2 000 Mitarbeitern. Dieser Wert ist angesichts sinkender Betriebsgrößen nicht mehr zeitgemäß. 500 Be- schäftigte wären demgegenüber angemessen. Zweitens wird das Doppelstimmrecht des Aufsichtsratsvorsitzen- den dem Anspruch einer demokratischen Kontrolle und Steuerung von Unternehmen nicht gerecht. Daher plä- dieren wir für seine ersatzlose Streichung. Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Regelung zur Umsetzung knüpft an die Regelungen an, die für die Regelung zur Mitbestimmung bei der Eu- ropäischen Gesellschaft gefunden worden ist. Zunächst wird bei der Verschmelzung zweier Kapitalgesellschaf- ten ein Verhandlungsgremium zwischen den Arbeitneh- mervertretungen der beteiligten Gesellschaften und der Geschäftsführung gebildet, das ein Mitbestimmungs- modell für die neue Gesellschaft aushandeln soll. Kommt es binnen eines Jahres nicht zu einer Einigung, so greift die weitestgehende Mitbestimmungsregelung in einer der beteiligten Gesellschaften. Damit ist gesichert, dass über die Verschmelzung von Gesellschaften der hohe Standard der Mitbestimmung in Deutschland nicht ausgehebelt werden kann. Wir halten die bei der Europa-AG gefundene und jetzt auch für die Mitbestimmung bei verschmolzenen Unter- nehmen vorgeschlagene Lösung einer Kombination aus Verhandlungsverfahren und Auffangregelung für richtig und sinnvoll. Regelmäßiges Ergebnis dieser Regelung wird sein, dass bei deutscher Beteiligung das deutsche Mitbestimmungsrecht Geltung erlangt. Deswegen unter- stützen wir diese Regelung. Die deutsche Mitbestimmung hat sich bewährt. Sie hat einen wesentlichen Anteil an den im internationalen Vergleich sehr geringen Streikzeiten in Deutschland. Be- triebsräte haben notwendige Restrukturierungen der Betriebe immer unterstützt. Einschränkungen der Mitbe- stimmungsrechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh- mer lehnen wir entschieden ab. Die von manchen Arbeitgebern immer wieder aufgestellte These, Mitbe- stimmung reduziere die Zahl der ausländischen Investo- ren in Deutschland, ist falsch. Michael Rassmann, von Invest in Germany, New York City, hat dazu in den „Ta- gesthemen“ am 22. Oktober 2004 erklärt: Es ist uns nie passiert, dass wegen der Mitbestimmung in Deutschland eine Investition in Deutschland nicht zustande gekom- men ist. – Einer Umfrage zufolge hat die ganz überwie- gende Mehrheit der Vorstände großer Aktiengesellschaf- ten gute Erfahrungen mit der Mitbestimmung gemacht. Nur 25 Prozent votierten für die Abstimmung. Mitbestimmung passt zu einem offen, innovations- orientierten Betriebsklima. Durch das vorliegende Ge- setz wird sie auch bei Verschmelzungen gewährleistet. Deshalb begrüßen wird dieses Gesetz. w r g d s d u s s g n A n l d b z n l A O t s m f z w d h n ü A r e v m z n g s u V l d v s U s d e i e G (C (D Im Zuge der Verbesserung der Corporate Governance ollen Bündnis 90/Die Grünen die Zahl der Aufsichts- atsmitglieder reduzieren, um diese Gremien arbeitsfähi- er zu machen. Wir wollen, dass der Anteil der Frauen in en Aufsichtsräten dem Anteil der Frauen in der Beleg- chaft entspricht. Diese Regelung gilt heute schon für ie Vertreterinnen und Vertreter der Arbeitnehmerinnen nd Arbeitnehmer im Aufsichtsrat. Die Zahl der Auf- ichtsratsmandate, die eine Person wahrnehmen kann, ollte auf fünf begrenzt werden. Zudem sollte der Über- ang vom Vorstand in den Aufsichtsrat desselben Unter- ehmens in Zukunft im Interesse einer konsequenten ufsicht nicht mehr möglich sein. Vorschläge zur Öff- ung der Arbeitnehmerbänke für Kolleginnen und Kol- egen ausländischer Belegschaften begrüßen wir aus- rücklich. Gerd Andres, Parlamentarischer Staatssekretär eim Bundesminister für Arbeit und Soziales: Das Prin- ip der Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Unter- ehmen ist ein nicht wegzudenkender Teil unserer sozia- en Marktwirtschaft. Mitbestimmung gewährt den rbeitnehmern eine wesentliche Einflussnahme auf die rganisation der Arbeit im Betrieb. Mitbestimmung be- eiligt die Arbeitnehmer an der von der Unternehmens- pitze verfolgten Unternehmenspolitik und Mitbestim- ung lebt, damit dieses Zusammenspiel bestmöglich unktioniert, von einem partnerschaftlichen Miteinander wischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer und vom Be- usstsein der gemeinsam getragenen Verantwortung für en Betrieb. Durch die Globalisierung und den damit verbundenen ohen Wettbewerbsdruck gehören Unternehmensüber- ahmen und Restrukturierungen von Unternehmen auch ber Grenzen hinweg immer mehr zum wirtschaftlichen lltag. Die Mitbestimmung steht damit vor großen He- ausforderungen auf nationaler und insbesondere auf uropäischer Ebene. Die Europäische Union hat diese Problematik schon or geraumer Zeit erkannt und beim Thema Arbeitneh- erbeteiligung in den vergangenen Jahren bereits substan- ielle Fortschritte erreicht. Die Mitbestimmung ist zu ei- em festen Bestandteil europäischer Arbeitnehmerrechte eworden. Ich verweise auf die Europäische Gesell- chaft (SE), auf die Europäische Genossenschaft (SCE) nd auf die Richtlinie über die grenzüberschreitende erschmelzung von Kapitalgesellschaften (10. Richt- inie). Die Umsetzung des arbeitsrechtlichen Teils eben ieser 10. Richtlinie in deutsches Recht ist Inhalt des orliegenden Gesetzentwurfs. Die Bundesregierung hat sich dabei von vier Grund- ätzen leiten lassen: Erstens. Aufbau und Struktur des msetzungsgesetzes folgen der Struktur der europäi- chen Regelung und damit dem Art. 16 der Richtlinie, er auf die Vorschriften des SE-Rechts verweist. Zweitens. Soweit das europäische Recht Regelungen nthält, die von allen Mitgliedstaaten notwendigerweise dentisch umzusetzen sind, erfolgt mit diesem Gesetz ine 1:1-Umsetzung. Dies gilt zum Beispiel für den rundsatz der Sicherung erworbener Rechte durch eine Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 5647 (A) ) (B) ) Vorher-Nachher-Betrachtung und auch für den Vorrang von Verhandlungen über die Mitbestimmung vor einer gesetzlichen Auffangregelung. Drittens. Sofern die Richtlinie dem Gesetzgeber Ge- staltungsspielraum eröffnet, greifen die Mitgliedstaaten weitgehend auf ihre national bekannten Regelungen und Strukturen zurück. Genauso ist die Bundesregierung bei ihrem Umsetzungsgesetz verfahren. Viertens. Soweit möglich übernimmt der Gesetzent- wurf die Regelungen, die bereits durch das SE-Beteili- gungsgesetz und das SCE-Beteiligungsgesetz bekannt sind. Dies gilt zum Beispiel für die Frage, auf welche Weise nationale Arbeitnehmervertreter in das besondere Verhandlungsgremium oder in den Aufsichtsrat gewählt werden. Im Hinblick auf die Wahl der Arbeitnehmervertretung haben wir ganz bewusst an die vorhandenen nationalen Strukturen angeknüpft. Der Betriebsrat – oder auch der Gesamt- oder Konzernbetriebsrat – bildet jeweils das Wahlgremium, das die nationalen Arbeitnehmervertreter in die jeweiligen Gremien bestimmt. Dieser Rückgriff auf bestehende Mitbestimmungsstrukturen gewährleis- tet, dass das Wahlverfahren für die Unternehmen kosten- günstig und zügig durchgeführt werden kann. Erste positive Erfahrungen sind bei der SE bereits ge- macht worden. So konnte bei den ersten beiden SE- Gründungen deutscher Großunternehmen, der Allianz SE und der MAN-Tochter MAN B&W Diesel SE, das Verhandlungsverfahren über die Beteiligung der Arbeit- nehmer innerhalb der vorgesehenen Frist erfolgreich ab- geschlossen werden. Ich bin überzeugt: Mit dem Umsetzungsgesetz schaf- fen wir einen geeigneten rechtlichen Rahmen, der die wirtschaftlichen Interessen der Unternehmen an grenz- überschreitenden Verschmelzungen respektiert und gleichzeitig den Arbeitnehmern angemessene Mitgestal- tung und Mitbestimmung gewährleistet. Ich bitte Sie deshalb um Zustimmung zum vorliegenden Entwurf. Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Überschüsse der Bundesagentur für Arbeit für Ausbildung, Qualifizierung und Progressiv-Modell verwen- den (Tagesordnungspunkt 18) Peter Rauen (CDU/CSU): Ihr Antrag spricht drei Punkte an: erstens die Ausbildung, zweitens die Schaf- fung von Arbeitsplätzen und drittens die Eingliederung von Menschen in diese Arbeitsplätze. Erstens: Ausbildung. Mit dem Überhang des Über- schusses der Bundesagentur für Arbeit, also all dem Geld, das die BA über circa 8 Milliarden Euro hinaus den Arbeitnehmern und Unternehmen zuviel berechnet hat, fordern Sie ein Sonderprogramm für mindestens 50 000 Jugendliche, teils zur Akquise neuer Ausbil- dungsplätze, teils aber auch zum Ausbau der außerbe- t b d w A w 6 g v b d s e v S t t s c 2 D s l l q g D b k d 5 p a s V v s s b B g f h Z t h s G b c n c (C (D rieblichen Ausbildung. Sie begründen das mit der Aus- ildungsplatzsituation. Wir stimmen darin überein, dass die Lage am Ausbil- ungsmarkt besser sein könnte und auch müsste. Gleich- ohl wird sich – wie in den letzten Jahren auch – die usbildungsplatzlücke im Laufe der Nachvermittlung ieder schließen. Sie war zwar Ende September mit 34 086 um 218 höher als im letzten Jahr; dies liegt aber zu einem roßen Teil an den Schulabgängern, die aufgrund der erbesserten Arbeitsmarktdaten in eine berufliche Aus- ildung drängen. Hinzu kommen alle diejenigen Ausbil- ungsbewerber, die sich in den letzten Jahren für eine chulische Maßnahme entschieden haben, obwohl sie ine betriebliche Berufsausbildung suchten. Auch erzeichnen wir eine weiterhin ansteigende Zahl von chulabgängern. Außerdem erleben wir hier einen statis- ischen Effekt: Erstmals werden auch die nicht vermittel- en Bewerber der Argen nach SGB II mitgezählt. So tieg die Bewerberzahl auf insgesamt 763 097 Personen. Infolgedessen hat die Bundesregierung die Aufsto- kung der Einstiegsqualifizierungen, EQJ, von jährlich 5 000 auf 40 000 beschlossen – nicht ohne Grund. enn fast 57 Prozent der Jugendlichen haben nach einer olchen Einstiegsqualifizierung eine reguläre betrieb- iche Ausbildung begonnen, ein Erfolg, der sich sehen assen kann. Somit sorgt die Steigerung der Einstiegs- ualifizierungen dafür, dass alle ausbildungswilligen Ju- endlichen im Rahmen der Nachvermittlung bis Ende ezember zumindest eine Qualifizierung erhalten, die etrieblich zertifiziert wird und in der Regel auf den zu- ünftigen Ausbildungsberuf angerechnet werden kann. Erfreulicherweise ist aber auch die Zahl der Ausbil- ungsplätze gestiegen. Die Wirtschaft hat zusätzlich 5 800 neue Ausbildungsplätze und 29 600 Einstiegs- raktika angeboten. Sie hat damit ihre Paktzusage mehr ls erfüllt. Industrie, Handel und Handwerk schlossen ogar 14 000 neue Ausbildungsverträge mehr ab als im orjahr. Die Zahlen stammen von ZDH und DIHK. Ein Erfolg des Ausbildungspaktes ist aber natürlich or allem eine deutliche Folge der erwachenden deut- chen Wirtschaftsdynamik. Denn eine florierende Wirt- chaft schafft Arbeitsplätze, Arbeitsplätze ziehen Aus- ildungsplätze nach sich und gute Ausbildung ist die asis für eine blühende Ökonomie. Um unsere Volkswirtschaft nun auch erfolgreich zu estalten, müssen die Menschen vor allen Dingen wieder estes Vertrauen in die Politik entwickeln. Wer schon eute weiß, was morgen passiert, investiert auch in die ukunft. Das ist der Kern erfolgreicher Wirtschaftspoli- ik. Dazu gehört aber auch, dass die Bürger nachvollzie- en können, wofür sie ihr eigenes Geld hergeben, wofür ie Steuern bezahlen sollen, aber ebenso, dass sie das eld dann zurückbekommen, wenn es nicht wirklich ge- raucht wird. Hier liegt das ganze Problem: Zwar ist die tatsächli- he Höhe des Überschusses für das gesamte Jahr noch icht einmal bekannt, doch schon weckt diese erfreuli- he Kassenlage fortwährend neue Begehrlichkeiten, vor 5648 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 (A) ) (B) ) allem für weitere künstliche Arbeitsbewirtschaftungs- maßnahmen des Staates. Dabei sollten wir zuallererst einmal an diejenigen denken, die die Erwirtschaftung dieses Geldes erst möglich gemacht haben. Der Finanzierungsüberschuss der Bundesagentur geht nämlich – neben einer Straffung der BA-Verwaltung und der Vorziehung des Fälligkeitstermins von Sozialbeiträ- gen in 2006 sowie der Verringerung der Bezugsdauer von Arbeitslosengeld – auch zu einem großen Teil auf die gute Wirtschaftslage zurück. Die Ausgaben für das Arbeitslosengeld werden etwa 3 Milliarden Euro unter dem Planwert liegen. Gleichzeitig steigen die Einnah- men, weil es mehr sozialversicherungspflichtige Be- schäftigungsverhältnisse gibt. Auch der Aussteuerungs- betrag fällt aus diesem Grund um circa 1,3 Milliarden Euro geringer als kalkuliert aus. An diesen Fakten werden die Zusammenhänge offen- sichtlich: Nach sieben Jahren grüner Regierungsbeteili- gung ist hier endlich ein Paradigmenwechsel eingeläutet worden. Ich mache darauf besonders aufmerksam, weil damit ein fast sechsjähriger Negativtrend endlich gebro- chen ist. Von 28 285 045 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im September 2000 waren wir auf 25 815 795 im Februar 2006 zurückgefallen. Über 65 Monaten lang verzeichneten wir einen Abbau an ver- sicherungspflichtiger Beschäftigung. Doch in den Monaten Mai bis Juli dieses Jahres kam die Trendwende: Wir verzeichneten einen stetig steigen- den Zuwachs an versicherungspflichtig Beschäftigten im Vergleich zum Vorjahr, zuletzt fast 200 000 neue ordent- liche Stellen. Ich gehe davon aus, dass sich diese Trend- umkehr in den letzten beiden Monaten fortgesetzt hat. Das ist Freude und Ansporn zugleich. Die steigenden Einnahmen zeigen zum einen, wohin beherztes Handeln führen kann. Zum anderen bleibt der Druck für weitere Korrekturen am Arbeitsmarkt nach wie vor bestehen. Wie bereits festgestellt: Der Ausbildungsmarkt folgt dem Arbeitsmarkt. Und wenn schon die Wirtschaft an- springt, dürfen wir sie nicht über das zur Konsolidierung der Staatsfinanzen Nötige hinaus durch zusätzlichen Aderlass schröpfen. Sonst verhindern wir lediglich das Entstehen ordentlicher betrieblicher Arbeits- und Aus- bildungsplätze. Zweitens: Aussteuerungsbetrag. Sie fordern weiterhin in Ihrem Antrag, die Kosten der Integrationsangebote für Betreuungskunden der BA mit dem so genannten Aus- steuerungsbetrag zu verrechnen. Ich halte die ganze Ver- anstaltung mit dem Aussteuerungsbetrag an sich für fragwürdig: Lieber wäre mir, dass die BA überhaupt kein Geld, das von den Beitragszahlern stammt, an Herrn Steinbrück überweisen muss. Ich sehe da – ehrlich gesagt – den zwingenden Zusammenhang nicht, außer dass die Beitragszahler das ALG II subventionieren, für das eigentlich der Bundeshaushalt zuständig ist. Zwar sollte der Aussteuerungsbetrag Anreiz für die BA zur schnellen Integration von Arbeitslosen in den Arbeitsmarkt sein. Das Mittel einer Strafzahlung im Falle der Nichtvermittlung überzeugt mich dabei wenig. Im Gegenteil: Bei vernünftigem Verhalten nötigt der A s n z h r A e s w a t k w s k ü g s n i g n l v s s S w t t D m v e h H g a a d D b e v M d v a m t s m (C (D ussteuerungsbetrag die BA geradezu, für absehbar chwer integrierbare Arbeitslose in den ersten zwölf Mo- aten erst gar keine Aktivierungsmaßnahmen zu finan- ieren. Schließlich besteht das Risiko, am Ende trotz der ohen Investitionen obendrein noch mit dem Aussteue- ungsbetrag belastet zu werden, dann nämlich, wenn der rbeitslose trotz aller Maßnahmen nicht innerhalb des rsten Jahres integriert werden kann. Agenturchef Heise ieht das wohl ähnlich und hat sinnvoll reagiert: Die BA ird in ihrem nächsten Haushalt ein eigenes, gesondert usgewiesenes Budget für die Förderung schwer vermit- elbarer Arbeitsloser einrichten. Auch hier gilt das bereits von mir Gesagte: Wir Politi- er müssen Vertrauen in unser Handeln aufbauen, indem ir denjenigen das Geld zurückgeben, von denen es tammt. Alle Überschüsse müssen in die weitere Sen- ung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge – auch weit ber die vorgesehene Senkung von 2 Prozent hinaus – ehen. So schaffen wir Zuversicht durch klare Zuwei- ungen und Verantwortlichkeiten – infolgedessen auch eue Arbeitsplätze ohne komplizierte Zuschussmodelle. Drittens: Progressiv-Modell. Schließlich wollen Sie n ihrem Antrag statt der linearen Absenkung des Beitra- es zur Arbeitslosenversicherung mit der Einführung ei- es progressiven Beitragssatzes kleine Einkommen ent- asten. Sie unterstellen damit gleichsam die These, dass or allem die Lohnzusatzkosten der größte Feind der Be- chäftigung Geringqualifizierter und Langzeitarbeitslo- er im Niedriglohnbereich sind. Auch wenn ich natürlich ein großer Freund sinnvoller enkungen der Arbeitskosten bin, muss ich Ihnen hier idersprechen. Sie versuchen nämlich durch die Belas- ung regulärer Arbeit, den Niedriglohnsektor in überhöh- em Maß zu subventionieren. Das ist Umverteilung pur. ann müsste nämlich derjenige, der seine Arbeit besser acht, überproportional dafür bezahlen, dass er mehr erdient als sein weniger qualifizierter Kollege, obwohl r sowieso schon höhere Abgaben bezahlt. So etwas ätte ich den Herrschaften auf dem linken Flügel des auses zugetraut, Ihnen, liebe Kolleginnen und Kolle- en vom Bündnis 90/Die Grünen, jedoch nicht. Sie wollen mit Ihrem Antrag Anbieter und Suchende uf dem Niedriglohnsektor unterstützen. Das wollen wir uch. Die Koalitionsarbeitsgruppe Arbeitsmarkt wird zu iesem Thema in Kürze handfeste Ergebnisse vorlegen. och mit Ihren Forderungen würden Sie Niedriglohnan- ieter generell belohnen. So etwas kann nur zu Fehlsteu- rungen und Mitnahmeeffekten führen. Zudem ist die on Ihnen geplante völlige Abschaffung von Mini- und idijobs falsch und unrealistisch. Woher Sie obendrein ie zur Finanzierung dieser Pläne notwendigen Kosten on 13 Milliarden Euro herbekommen wollen, frage ich m besten erst gar nicht. Aus diesen Gründen lehnen wir Ihren Antrag ab. Fazit: Die derzeitigen Arbeitsmarktimpulse kommen aßgeblich aus dem Mittelstand. Gut ein Viertel der Be- riebe hat in den vergangenen sechs Monaten ihren Per- onalbestand aufgestockt und nur ein Achtel der Firmen usste sich von Mitarbeitern trennen. Nach schweren Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 5649 (A) ) (B) ) Jahren ist der Mittelstand wieder Jobmotor der deut- schen Wirtschaft. Allein im ersten Halbjahr 2006 haben kleine und mittlere Unternehmen 70 000 neue Arbeits- plätze geschaffen. Weitere 30 000 Jobs sollen bis Ende des Jahres noch hinzukommen. Das sind 100 000 neue Jobs für 2006 und Tausende neuer Ausbildungsplätze für 2007. Der Optimismus in den Firmen ist zwar deutlich ge- stiegen. Doch trotz dieser guten Stimmung halten die Firmen ihr Geld lieber zusammen und investieren wenig, berichtete die Studie der Wirtschaftsauskunftei Credit- reform vor wenigen Tagen. Kurzum: Man traut dem Bra- ten noch nicht so. In dieser Situation nun mit den Überschüssen der BA gesamtgesellschaftliche Aufgaben zu finanzieren zu wollen widerspricht nicht nur dem Grundgedanken einer Versicherung – und darum geht es bei der Arbeitslosen- versicherung –, sondern es bedeutet faktisch eine Enteig- nung der Beitragszahler. Für uns Politiker kann all dies nur eines bedeuten: Wir müssen durch eine nachvollziehbare Ordnungspoli- tik Vertrauen schaffen und dürfen keinesfalls die gerade aufblühende wirtschaftliche Dynamik durch kosten- intensive Strohfeuer torpedieren. Wolfgang Grotthaus (SPD): Mit dem Antrag der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen, die Über- schüsse der Bundesagentur für Arbeit für Ausbildung, Qualifizierung und das Progressiv-Modell zu verwen- den, kommt ein weiterer Vorschlag auf den Tisch, wie die von der Bundesanstalt für Arbeit erwirtschafteten fi- nanziellen Überschüsse zweckmäßigerweise angelegt werden sollten. Dabei stehen Vorschläge im Mittelpunkt, denen man sich auf den ersten Blick eigentlich nicht verschließen kann. Denn wer kann schon etwas dagegen haben, jun- gen Menschen, die noch keinen Ausbildungsplatz haben, Ausbildungsplätze anzubieten oder deren Chancen auf den Erhalt eines Ausbildungsplatzes durch zusätzliche Bildungsmaßnahmen zu verbessern? Aber so einfach, wie sich die Fraktion des Bündnis- ses 90/Die Grünen das vorstellt, ist es nicht, insbeson- dere dann nicht, wenn es sich um Beitragszahlungen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern handelt. Hier streiten nicht nur Verfassungsrechtler, ob das überschüs- sige Geld zweckentfremdet ausgegeben werden darf, sondern viele gesellschaftliche Gruppen, aber auch die im Bundestag vertretenen Fraktionen haben zur Verwen- dung der Überschüsse unterschiedliche Vorschläge ge- macht. Fakt ist, die Regierungskoalition hat den Beschluss ge- fasst, die Arbeitslosenversicherungsbeiträge um 2 Pro- zent zu senken. Damit verringern wir die Lohnnebenkos- ten und leisten einen Anreiz zur Schaffung neuer Ar- beitsplätze. Wir geben das Geld aber auch den Menschen zurück, die es vorher einbezahlt haben, und leisten so auch einen Teil an Gerechtigkeit und Verlässlichkeit in der Politik. d s d m G d n d E h i r ß g g t e F r b a te d a S h s h b B a H u n p E n b B a f t v t Ü D e s s e S (C (D Dies bedeutet aber nicht, dass wir die Menschen aus en Augen verlieren, die unserer Hilfe bedürfen. Tat- ächlich ist die Ausbildungssituation mehr als unbefrie- igend. Zurzeit stehen einer Zahl von 49 500 nicht ver- ittelten Bewerbern 15 400 offene Stellen gegenüber. egenüber dem Vorjahr ist dies ein saldierter Zuwachs er Lehrstellenlücke von 6 200. Das ist ein Zustand, der icht einfach zur Kenntnis genommen werden darf. Aus iesem Grund hat auch das BMAS die Möglichkeit, QJ-Mittel zu beantragen, auf eine Zahl von 40 000 er- öht. Wir bieten hier also 15 000 Jugendlichen mehr als m Vorjahr die Chance, eine Eingliederungsqualifizie- ung wahrzunehmen. Die BA hat 5 000 zusätzliche au- erbetriebliche Ausbildungsplätze, vornehmlich für Ju- endliche mit Migrationshintergrund zur Verfügung estellt und wird diese Anfang des Jahres 2007 um wei- ere 2 500 Plätze erweitern. Also passiert schon etwas. Natürlich – das will ich an- rkennen – reicht das nicht. Aber ich erlaube mir die rage, ob dort, wo gesellschaftliche Gruppen sich aus ih- er Verantwortung herausstehlen, in diesem Fall die Ar- eitgeber, der Staat einzuspringen hat. Hier sind bei dem Angebot von Ausbildungsplätzen ls Erstes die Arbeitgeber im Rahmen des dualen Sys- ms gefordert. Der Staat trägt heute schon für den Erhalt ieses Systems mehr als 50 Prozent der Kosten. Dies sei n dieser Stelle den Arbeitgebern auch noch einmal ins tammbuch geschrieben: Wer nicht ausbildet, darf hinter- er den Staat nicht dafür verantwortlich machen, wenn ein Betrieb keine Zukunft hat. Unter dem Strich bleibt zu diesem Antrag festzu- alten: Die Situation im Ausbildungsbereich ist nicht efriedigend. Wir sind froh, dass wir Überschüsse im ereich der Arbeitslosenversicherung haben. Dies ist uch ein Ergebnis unserer Reformen im Rahmen der artz-Gesetzgebung, nämlich schnellere Vermittlung nd Belebung auf dem Arbeitsmarkt. Wir begrüßen es icht, dass Überschüsse bei der aktiven Arbeitsmarkt- olitik erwirtschaftet werden. Weniger Ausgaben im ingliederungstitel in Höhe von 520 Millionen Euro sind icht akzeptabel. Diese Mittel im Sinne der jungen Menschen, die Aus- ildungsplätze suchen, einzusetzen, sollte Aufgabe der A sein. Deshalb fordern wir die BA auf, weiterhin ein ktiver und verlässlicher Partner bei der Ausbildungs- rage zu sein. Dies heißt aber auch für uns, dass kurzfris- ige Aktionen nicht weiterhelfen, sondern hier ist eine erlässliche und kontinuierliche Politik gefordert. Aus diesem Grund lehnen wir den Antrag der Frak- ion des Bündnisses 90/Die Grünen ab. Dirk Niebel (FDP): Bei der BA wird mit einem berschuss von bis zu 10 Milliarden Euro gerechnet. as weckt natürlich Begehrlichkeiten. Da möchte jeder in Stück vom Kuchen haben. Zweifellos sind die Ab- ichten der Grünen ehrenwert, aber sie gehen vom fal- chen Ansatzpunkt aus. Die Bundesagentur für Arbeit rwirtschaftet kein Geld. Sie arbeitet mit Mitteln der teuer- und Beitragszahler. Wir erwarten, dass sie mit 5650 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 (A) ) (B) ) fremdem Geld sorgsam umgeht. Zumindest das hat sich ja in den letzten Jahren unter neuer Leitung verbessert. Das Wirtschaftswachstum im Vorfeld der Mehrwert- steuererhöhung ab Januar 2007 sorgt dafür, dass mehr Arbeitsplätze geschaffen wurden und die Einnahmen an Steuern und Sozialabgaben gestiegen sind. Knapp 165 Euro wurden im Juni 2006 im Durchschnitt in die Arbeitslosenversicherung einbezahlt. Die offiziell regis- trierte Arbeitslosigkeit ist weiterhin zu hoch. Darüber hinaus sind mehr als 1,5 Millionen Menschen in arbeits- marktpolitischen Maßnahmen eingesetzt. Mehr als 376 000 nehmen an Beschäftigung schaffenden Maß- nahmen teil, darunter mit 320 000 eine steigende Zahl ALG-II-Empfänger in Arbeitsgelegenheiten. Vor allem Letzteres trägt dazu bei, dass die statistische Arbeitslo- senzahl geringfügig gesunken ist. Aber es ist und bleibt Augenwischerei. Diese Maßnahmen ermöglichen einer- seits den Betroffenen einen Zusatzverdienst und die Teil- habe am Arbeitsleben. Auf der anderen Seite ist es ihnen in dieser Zeit nicht möglich, sich selbst um eine sozial- versicherungspflichtige Arbeitsstelle auf dem ersten Ar- beitsmarkt zu kümmern. Da sie ja erst einmal versorgt sind, können sich auch die zuständigen Behörden in ih- ren Vermittlungsbemühungen zurückhalten. Die Bundesregierung hat nicht zum Aufschwung bei- getragen; vielmehr gefährden ihre Aktionen diesen Auf- schwung. Das Geld, das der BA jetzt zur Verfügung steht, besteht zu einem Drittel aus den vorgezogenen So- zialabgaben, die die Unternehmen jetzt zu Monatsanfang und nicht wie früher zur Monatsmitte überwiesen haben. In diesem Jahr stehen einmalig 13 statt zwölf Monatsbei- träge zur Verfügung. Wir haben oft genug betont, dass wir diese Maßnahme abgelehnt haben. Für die Stabilisie- rung der Rentenversicherung wurde den Unternehmen Liquidität in einem Umfang entzogen, der den Bedarf bei weitem überschreitet. Und wie wir gesehen haben: Genutzt hat es nichts. Nicht benötigte Mittel müssen denen zurückgegeben werden, die sie bezahlt haben. Die Überschüsse müssen an die Bürgerinnen und Bürger zurückgegeben werden. Die Senkung des Beitrages zur Arbeitslosenversicherung ist eine Möglichkeit. Eine bessere Alternative wäre auch die Rücknahme der Mehrwertsteuererhöhung. Mit 1 Pro- zentpunkt Mehrwertsteuer soll die Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung finanziert werden. Das ist nun nicht mehr nötig. Wir stimmen mit den Grünen darin überein, dass sich keinesfalls der Staat das Geld unter den Nagel reißen darf. Wir dürfen nicht länger zusehen, wie das Geld von Steuer- und Beitragszahlern in zusätzlicher subventio- nierter öffentlicher Beschäftigung auf Nimmerwiederse- hen versenkt wird. Auch die Finanzierung von Kombi- löhnen, die bei den Grünen Progressiv-Modell heißen, ist nicht Sache der Beitragszahler. Wenn selbst verdiente Einkünfte unterhalb des Existenzminimums liegen, muss das über ein Steuer- und Tranfersystem aus einem Guss ausgeglichen werden. Dazu haben wir mit dem FDP- Bürgergeld einen Vorschlag ausgearbeitet. s h m g p L m b D f n n D K r n v f m W m p g k u f A N V b D d s k l w G p I d B e s m w Z W Z r d u h d d g R (C (D Im nächsten Monat ziehen wir Bilanz: ein Jahr chwarz-rote Koalition. Den Namen „große Koalition“ at sie sich bisher wahrlich nicht verdient, es sei denn, an erkennt an, dass sie das größte Steuererhöhungspro- ramm aller Zeiten gestartet hat. In der Arbeitsmarkt- olitik gab es bisher nur Lippenbekenntnisse und heiße uft. Statt, wie angekündigt, mehr Freiheit am Arbeits- arkt zu erlauben, erlaubt sie sich einen Rückzieher eim Kündigungsschutz und arbeitsplatzgefährdende iskussionen über Mindest- und Kombilöhne. Weiter ührt das alles nicht. Die hohe Arbeitslosigkeit wird icht wirksam abgebaut. Weder werden Perspektiven och neue Chancen für mehr Beschäftigung entwickelt. as ist mehr als nur Stillstand am Arbeitsmarkt; das ist apitulation vor den Problemen. Sie kennen die Forderungen der FDP nach niedrige- en Steuern und Abgaben, nach weniger Bürokratie, ach Lockerungen im Arbeits- und Tarifrecht. Nichts da- on ist bisher von der schwarz-roten Koalition aufgegrif- en worden. Das unübersichtliche Gestrüpp der Förder- aßnahmen darf nicht noch weiter aufgebläht werden. ir brauchen vorrangig Arbeitsplätze im ersten Arbeits- arkt. Nur durch sozialversicherungspflichtige Arbeits- lätze gibt es Einnahmen an Steuern und Sozialbeiträ- en. Auch die subventionierte Beschäftigung darf einesfalls weiter aufgebläht werden. Wenn Arbeitgeber nd Arbeitsplätze subventioniert werden, wächst die Ge- ahr für Mitnahmeeffekte und die Verdrängung regulärer rbeitsplätze. Die FDP hat Vorschläge gemacht, wie durch eine euausrichtung der Arbeitsmarktpolitik und strukturelle eränderungen bei der Arbeitsverwaltung der Faktor Ar- eit entlastet, Wachstum und mehr Arbeitsplätze in eutschland erreicht und Arbeitsuchende schneller und auerhaft integriert werden können. Die Umsetzung die- es Konzeptes macht darüber hinaus eine weitere Sen- ung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung mög- ich. Kornelia Möller (DIE LINKE): Es ist erfreulich, enn es der Opposition durch ein größeres Maß an emeinsamkeiten gelingt, die falsche Arbeitsmarkt- olitik der großen Koalition ad absurdum zu führen. nsofern unterstützen wir die Ablehnung der Fraktion es Bündnisses 90/Die Grünen, die Überschüsse der undesagentur für Arbeit zur Haushaltskonsolidierung inzusetzen. Wir erkennen auch den Versuch an, ange- ichts der verheerenden Ausbildungssituation wesentlich ehr jungen Leuten eine berufliche Chance geben zu ollen. Nichts stellt einer Gesellschaft ein schlimmeres eugnis aus, als wenn Tausenden jungen Menschen der eg in eine berufliche und damit überhaupt in die ukunft versperrt wird. Seit Jahren verordnen die Regie- enden, von Rot-Grün bis Schwarz-Rot, einer wachsen- en Zahl von Menschen ein Leben ohne Perspektiven nd spalten damit unsere Gesellschaft. Das muss auf- ören. Die Lösungen, die die Grünen für die Verwen- ung der Überschüsse der BA vorschlagen, sind aller- ings nicht ausgewogen. Sie tragen den Charakter einer rünen Notoperation an einem Patienten, den rot-grüne egierungspolitik erst schwer krank gemacht hat. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 5651 (A) ) (B) ) Die Grünen haben sich stets einer dauerhaften und nachhaltigen Lösung des Ausbildungsproblems verwei- gert. Eine Umlagefinanzierung, wie sie von uns ebenso wie von Gewerkschaften seit Jahren gefordert wird, könnte das Problem der Ausbildungsunwilligkeit bei Unternehmen dauerhaft und nachhaltig lösen. Ein Noteingriff ist auch Ihr Vorschlag, die Qualifizie- rungs- und Förderangebote der Bundesagentur für Arbeit für so genannte Betreuungskunden mit den Überschuss- geldern kurzzeitig zu verstärken, statt die Ursache zu be- seitigen: die Hartz-Gesetze, die Sie gemeinsam mit der SPD zu verantworten haben. Seit langem sagen wir Ihnen, was sie jetzt auch in der Untersuchung des Bundesrechnungshofes nachlesen können: In den Hartz-Gesetzen selbst liegt eine der Ur- sachen für die Verfestigung von Langzeitarbeitslosig- keit. Hartz IV ist ein schlechtes Gesetz, handwerklich schlecht gemacht, volkswirtschaftlich unsinnig und so- zial unverträglich. Deswegen hören Sie von mir auch immer wieder: Hartz IV muss weg. Es geht eben nicht an, dass Reformen der Bundes- agentur fast ausschließlich aus betriebswirtschaftlicher Sicht erfolgen und das eigentliche Ziel der Bundesagen- tur für Arbeit, der Abbau der Arbeitslosigkeit und ins- besondere der Langzeitarbeitslosigkeit, auf der Strecke bleibt. Den sozialpolitischen Auftrag der Bundesagentur für Arbeit wiederherzustellen und bei allen künftigen Reformschritten im Auge zu behalten, das ist unsere Forderung an die Bundesregierung. Die 2006 anfallenden Überschüsse der Bundesagen- tur für Arbeit, die auch wesentlich durch Sparen beim Fördern entstanden sind, sind für aktive Arbeitsmarkt- politik, vor allem zum Abbau der verfestigten Langzeit- arbeitslosigkeit, einzusetzen. Unsere Fraktion fordert Sie auf, einen Teil der 2006 anfallenden Überschüsse der Bundesagentur für Arbeit in das kommende Jahr zu überführen, um damit 2007 eine Startfinanzierung für 150 000 Arbeitsplätze nicht unter Mindestlohnhöhe von 8 Euro im Rahmen öffentlich ge- förderter Beschäftigung zu sichern. Ein entsprechender Antrag von uns, der die Schaffung einer halben Million öffentlich finanzierter Arbeitsplätze vorsieht, befindet sich im parlamentarischen Verfahren, wir werben um Zustimmung. Sie sollte nicht schwer fallen, zumal der weitaus größte Teil der notwendigen Mittel für dieses Programm ohnehin ausgegeben werden wird – bislang allerdings zur Finanzierung von perspektivlosen 1-Euro- Jobs. Unsere Fraktion geht davon aus, dass die Überschüsse der Bundesagentur für Arbeit ausreichen, um sowohl die Ausbildungsplatzsituation in diesem Jahr zu entschärfen als auch das Vorhaben der Fraktion Die Linke zu ermög- lichen, im Jahre 2007 150 000 öffentlich finanzierte Ar- beitsplätze zu schaffen. Machen Sie einen Anfang und lassen Sie statt Machtpolitik endlich Sachorientierung walten. Die Zukunft der Menschen in diesem Land sollte es Ihnen wert sein. D e E z s l l n h f l M s B I a r l P d P 6 d c d m V U Q s s d j t S u z a q n k B A n s m K p b f b (C (D Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): ie Bundesagentur für Arbeit rechnet in diesem Jahr mit inem Überschuss in Höhe von bis zu 9,6 Milliarden uro. Circa 8 Milliarden Euro davon sind für die 2-pro- entige Senkung des Beitrags zur Arbeitslosenver- icherung eingeplant. Die Verteilung des Rests hat ein ebhaftes politisches Vorschlagswesen ausgelöst. Abso- uter Spitzenreiter der Vorschlagsliste ist die Forderung ach einer weiteren Beitragssenkung. Erst heute wieder at der Bundesarbeitsminister eine wohlwollende Prü- ung angekündigt. Ich kann verstehen, dass die Vertei- ung von Wohltaten – und das auch noch in barer ünze – verlockend ist. Trotzdem schließen wir uns die- em Vorschlag nicht an; denn Vorrang vor weiteren eitragssenkungen hat die aktive Arbeitsmarktpolitik. Probleme auf dem Arbeitsmarkt haben wir genug. hre Lösung verlangt nicht nur nach Ideen, sie verlangt uch nach Geld. Eine Beitragssenkung auf Teufel komm aus dagegen hilft nicht im Kampf gegen die Arbeits- osigkeit. Wir haben es aktuell mit zwei besonders dringenden roblemen zu tun: Erstens. 50 000 Jugendliche brauchen einen Ausbil- ungsplatz. Mit einem Sonderprogramm kann ihnen eine erspektive gegeben werden. Die hierfür erforderlichen 50 Millionen Euro sind gut angelegt. Denn nicht nur ie jungen Leute brauchen eine Chance, auch wir brau- hen die jungen Leute. Tun wir nichts, sind die Ausbil- ungsverlierer von heute die fehlenden Fachkräfte von orgen. Zweitens. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen ist im ergleich zum Vorjahr um mehr als 5 Prozent gestiegen. m den weiteren Anstieg zu verhindern, müssen die ualifizierungs- und Förderangebote für besonders chwer vermittelbare Arbeitslose deshalb dringend ver- tärkt werden. Auch wenn die Bundesagentur für Arbeit ie Vernachlässigung dieser Gruppe bestreitet: Der üngste Beschluss, eine feste Summe für die so genann- en Betreuungskunden einzuplanen, spricht eine andere prache. Trotz hoher Arbeitslosigkeit an Qualifizierung nd Förderung zu sparen, kommt uns alle später teuer u stehen. Dieser Unsinn muss aufhören. Die Bundes- gentur für Arbeit ist nicht zum Sparen da, sondern soll ualifizieren und vermitteln. Erst dann noch vorhande- er finanzieller Spielraum kann für weitere Beitragssen- ungen verwendet werden. Aber auch für den Einsatz der bereits beschlossenen eitragssenkung schlagen wir Ihnen eine progressive lternative vor: Wir wollen die gezielte Entlastung iedriger Einkommen. Ein progressiver Beitragssatz enkt spürbar die Lohnnebenkosten im unteren Einkom- ensbereich. Das ist genau dort, wo das ungünstige osten-/Produktivitäts-Verhältnis derzeit neue Arbeits- lätze verhindert, Arbeitsplätze, die wir aber dringend rauchen und von denen vor allem auch Geringquali- izierte profitieren könnten. Mit unserem Progressiv-Modell können wir mehr Ar- eitsplätze anreizen, als es durch die geplante lineare 5652 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 (A) ) (B) ) Senkung möglich ist. Diese gezielte Maßnahme wirkt ef- fektiver als alle Einkommen gleichmäßig. Die Überschüsse der Bundesagentur für Arbeit kön- nen sinnvoll eingesetzt werden. Schließen Sie sich uns an: für den Vorrang der aktiven Arbeitsmarktpolitik und für mehr Beschäftigung. Eine Beitragssenkung auf Teu- fel komm raus ist dazu keine Alternative. Gerd Andres, Parl. Staatssekretär im Bundesminis- terium für Arbeit und Soziales: Wieder einmal weckt der Überschuss der Bundesagentur für Arbeit Begehrlichkei- ten. Diesmal bei der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Ich denke, wir sollten uns noch einmal sachlich die fi- nanzielle Lage der BA vergegenwärtigen. Die BA erwartet für 2006 einen Überschuss von 8,8 bis 9,6 Milliarden Euro. Dieser wird in die Rücklage eingestellt. Davon werden 2007 8,0 Milliarden Euro be- nötigt, um die Beitragssatzsenkung zur Arbeitslosenver- sicherung von 6,5 auf 4,5 Prozent zu finanzieren. Möglicherweise werden 0,8 bis 1,6 Milliarden Euro in der Rücklage bleiben – die Betonung liegt auf „mögli- cherweise“. Denn es ist noch nicht klar, ob und in wel- cher Höhe ein solcher Restbetrag übrig sein wird. Da es aber mit seriöser Finanzpolitik nichts zu tun hat, Mittel zu verplanen, die man noch gar nicht hat, ist diese De- batte für die Bundesregierung eine Luftnummer, an der wir uns nicht beteiligen. Ich möchte mich lieber auf die konkreten Hilfen für Arbeitsuchende konzentrieren und zunächst etwas über die Fördermaßnahmen für Jugendliche sagen. Gerade junge Menschen in unserem Land brauchen Perspektiven, wie es nach der Schule weitergeht – ob mit oder ohne Abschluss. Wir müssen deshalb die Kräfte bündeln, um für diese Zielgruppe gute Fortschritte zu machen. Ein erfolgreiches Instrument ist das Sonderprogramm zur Einstiegsqualifizierung, das sich als Türöffner in die Berufsausbildung bewährt hat. 57 Prozent der bisherigen Absolventen haben den Sprung zur Ausbildung im Be- trieb geschafft. Aufgrund dieses Erfolges haben wir das EQJ-Programm um ein Jahr verlängert und die Anzahl der Plätze um 15 000 angehoben. Außerdem werden ab Oktober 2006 zusätzlich 5 000 benachteiligte Jugendliche in außerbetrieblicher Ausbildung gefördert. Ihre Zahl soll Anfang 2007 um weitere 2 500 Jugendliche aufgestockt werden. Damit aber nicht genug. Um auch in diesem Jahr möglichst viele Jugendliche mit einem Ausbildungsplatz zu versorgen, führt die BA derzeit umfangreiche Nach- vermittlungen durch. Ich sehe die Möglichkeit, dass da- bei mindestens 50 000 vorhandene Ausbildungs- und Qualifizierungsangebote noch nachbesetzt werden kön- nen. Diese Chance muss genutzt werden. Lassen Sie mich nun etwas sagen zur Situation bei den so genannten Betreuungskunden der BA. Hier haben wir folgende Situation: Die BA hat ihre Vermittlungsarbeit mit der Einfüh- rung von so genannten Handlungsprogrammen struktu- r P A g a d z G t s k d t a w z s d k z N z d H k i d A n 4 s c A K l r g p R A m p (C (D iert und transparent gemacht. Mit den Ergebnissen des rofiling können effizienter als bisher jedem einzelnen rbeitslosen konkrete Vorschläge gemacht werden. Der Bundesrechnungshof sieht die Handlungspro- ramme als sinnvoll und geeignet an. Er weist allerdings uch darauf hin, dass die Handlungsempfehlungen für ie Betreuungskunden nicht weit genug gehen. Darauf ielt ja auch der vorliegende Antrag von Bündnis 90/Die rünen ab. Die Frage ist also: Was kann man für Arbeitsuchende un, bei denen die Vermittlungshemmnisse so gravierend ind, dass die direkte Förderung einer Arbeitsaufnahme einen Erfolg verspricht? Die Antwort kann meiner Meinung nach nur lauten, ass entweder ihre Beschäftigungsfähigkeit durch Arbei- en auf dem zweiten Arbeitsmarkt erhalten wird oder ber die Vermittlungshemmnisse beseitigt werden, auch enn dies auf den ersten Blick schwierig und wenig effi- ient erscheint. Dennoch halte ich die zweite Alternative für die bes- ere. Überlegungen der BA, Betreuungskunden durch ie Bereitstellung eines Teils des Eingliederungstitels ünftig stärker mit arbeitsmarktpolitischen Instrumenten u fördern, sind deshalb ein richtiger erster Schritt zum utzen der Jugendlichen. Auf diese Weise können wir udem wertvolle Erfahrungen zur Weiterentwicklung es Steuerungssystems sammeln, und zwar speziell im inblick auf Integrationsfortschritte. Ich weiß, dass die BA die so genannten Betreuungs- unden im Blick hat. Insbesondere die Selbstverwaltung st damit intensiv befasst, wie die Chancen zur Einglie- erung in den Arbeitsmarkt gesteigert werden können. Abschließend möchte ich noch ein Wort zu dem im ntrag vorgeschlagenen Progressiv-Modell sagen. Niedrige Einkommen werden bereits durch die so ge- annte Gleitzonenregelung für Einkommen zwischen 00 Euro und 800 Euro entlastet. Eine stärkere progres- ive Ausgestaltung des Beitrages zur Arbeitslosenversi- herung würde zu einem erheblichen bürokratischen ufwand führen. Sowohl die Einzugsstellen bei den rankenkassen als auch die Arbeitgeber würden erheb- ich belastet. Das verschweigen Sie in Ihrem Antrag. Anders als Sie dort suggerieren, liegt bislang eine se- iöse Schätzung der Arbeitsangebots- und der -nachfra- eeffekte de facto nicht vor. Es mag das Privileg der Op- osition sein, unfertige Vorschläge zu machen. Für egierungshandeln taugt dies aber nicht. nlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Einfuhr- und Han- delsverbot für Robbenprodukte (Tagesord- nungspunkt 19) Dr. Peter Jahr (CDU/CSU): Zweifellos verbindet an mit Flossenfüßern – lateinisch Pinnipedia – viele ositive menschliche Empfindungen. Ob das an der Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 5653 (A) ) (B) ) speziellen Bewegungsart liegt, an den großen Augen und traurigen Blicken oder an den zahlreichen kuscheligen Nachbildungen, die unsere Kinderzimmer und Bild- schirme überschwemmen, wage ich nicht zu sagen. In deutschen Kinderzimmern gehört das Robbentier zur Grundausstattung der hauseigenen Plüschtiersammlung. Positiv hervorzuheben ist, dass sich immer mehr die Abneigung ausprägt, höher entwickelte Säugetiere, die unsere Gefährten der Schöpfung sind, ohne Not, viel- mehr aus reiner Gewinnsucht umzubringen. Bei der Vorbereitung der heutigen Debatte habe ich die Ausführungen des Abteilungsleiters des kanadischen Fischereiministeriums, Kevin Stringer, noch einmal auf- merksam nachgelesen, der im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz am 5. April die- ses Jahres Ausführungen machte und für unsere Fragen zur Verfügung stand. Ich zitiere aus dem Kurzprotokoll Nr. 16/13 der 13. Sitzung des Ausschusses, Seite 28: … Man müsse auch bedenken, das es sich hierbei – gemeint ist die Robbenjagd – um eine Tradition gerade für diese Gemeinschaften handle, die seit über 400 Jahren in verschiedenen Gebieten in Newfoundland, in Quebec und auch in den atlantischen Provinzen erfolge. Diese Ausführungen sind insoweit richtig, gehen aber völlig am eigentlichen Problem vorbei. Um es festzuhalten: Es steht für uns alle keineswegs zur Debatte, die Rechte und Traditionen der indigenen Bevölkerung in diesen Gebieten einzuschränken. Der Anteil der Inuit an der jährlichen Robbenjagd zum Ei- genverbrauch bewegt sich im einstelligen Prozentbe- reich. Außerdem verwerten die Inuit die erlegten Tiere, von denen sie leben, fast vollständig; ein kommerzieller Handel findet so gut wie nicht statt. Es sind die massenhaften, die grausamen Tötungsme- thoden, die Jahr für Jahr erneut die internationale Öffent- lichkeit auf den Plan rufen. Herr Stringer und die kanadi- sche Regierung wissen das alles sehr gut, schrecken aber nicht davor zurück, auch noch das letzte Argument aus der staubigen Ecke zu holen, um damit eine Rechtferti- gung für die jährliche Abschlachtung von inzwischen mehr als 300 000 Jungrobben zu versuchen. Kein modernes Land der Welt kann die bedrückenden Bilder vorsätzlich erschlagener Robben einfach ignorie- ren und die öffentliche Erregung als Sensationsgier der Medien disqualifizieren. Wir nehmen zur Kenntnis, dass sich die kanadische Regierung durchaus um ein akzeptables Management der Robbenjagd bemüht. Wir nehmen ebenfalls zur Kenntnis, dass nicht nur Kanada wegen der Robbenjagd öffentlich in Beschuss geraten ist. Auch in Norwegen und Russland werden Jahr für Jahr Robben blutig getö- tet. An dieser Stelle fordere ich die Bundesregierung auf, in ihren bilateralen Bemühungen zum Schutz der Rob- ben gegenüber diesen Staaten nicht nachzulassen. k n f u F s d l t ü q m d b e l S d n b d s h h g s G R w n n s s h b f g w s h c a G m l s e a E w u W e P (C (D Ein weiteres Argument möchte ich aufgreifen. Die anadischen Anstrengungen eines verbesserten „Ma- agements“ hören sich gut an, taugen jedoch oft nicht ür die Praxis, denn sie versagen vor Ort, auf dem Eis nd auf dem Fangschiff. Niemand kann jedem Jäger im rühjahr auf dem kanadischen Eis über die Schulter chauen, ob er auch alle nötigen vorgeschriebenen Tests urchführt, um den Tod des Tieres eindeutig festzustel- en. Solange immer wieder den noch lebenden und bes- enfalls betäubten Robbenjungen buchstäblich das Fell ber die Ohren gezogen wird, handelt es sich um tier- uälerische Grausamkeit. Je höher die Jagdquote, desto ehr Tiere müssen lebendigen Leibes sterben. Dabei ist er Streit, wie viele Robben tatsächlich noch lebten, also ei vollem Bewusstsein waren, oder aber „sachkundig“ rschlagen oder erschossen wurden, mehr als nebensäch- ich. Dass es tatsächlich passiert, das ist der eigentliche kandal. Weiterhin ist es für mich unvorstellbar, Säugetiere nur eshalb zu töten, um einen Teil des Tieres zu „gewin- en“. Nashörner waren und sind wegen ihres angeblich elebenden Hornes bedroht; Elefanten wurden wegen es Elfenbeines fast vollständig ausgerottet. Nur strikte Einfuhr- und Handelsboykotts und gesell- chaftliche Ächtung haben diese Arten geschützt und er- alten. Das hat oft sehr lange gedauert. Es funktioniert eute besonders gut dort, wo Nationalstaaten strikt ge- en illegale Jagdmethoden vorgehen, Erzeugnisse be- chlagnahmen und dem internationalen Handel die rundlage entziehen. Da die wehr- und schutzlosen obben fast ausschließlich ihres Felles wegen getötet erden, überzeugen auch die Hinweise auf die derzeit icht vorhandene Gefährdung des Gesamtbestandes icht. Beginnen wir jetzt endlich, diesen jährlichen Mas- akern ein Ende zu setzen! Kommen wir zum letzten Argument, das die Men- chen veranlasst, dieses blutige Massensterben zu bege- en. Es wird behauptet, die Robben gefährden die Fisch- estände in dieser Region. Hier muss man deutlich eststellen: Wenn jemand die Fischbestände in der Welt efährdet, so sind das immer noch die Menschen. Dieses irtschaftliche Interesse mit kulturellen Handlungswei- en der Inuit zu tarnen, ist zynisch oder einfach nur ochgradig peinlich bzw. einer entwickelten menschli- hen Gesellschaft unwürdig. Für den Verzicht auf Robbenprodukte benötigen wir llerdings auch gesellschaftlichen Rückhalt. Einer der ründe für den zunehmenden internationalen Pelzhandel it Robbenfellen soll der Umstand sein, dass wohlbe- eibtere Damen – und auch Herren –, sofern sie sich die- es Statussymbol leisten können, inzwischen viel lieber ng anliegende Jacken und Mäntel aus Robbenfell tragen ls die „dick machenden“ Pelzmäntel. Also ist es eine rscheinung in den „reichen“ Industrieländern. Dort erden auch andere Robbenprodukte wie diverse Öle nd Fette gehandelt, um zum Beispiel im wachsenden ellnessbereich exotische Anwendung zu finden. Es xistiert leider eben auch eine Nachfrage nach diesen rodukten. 5654 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 (A) ) (B) ) Wir haben gründlich überlegt, ob wir uns für ein Han- delsverbot auf EU-Ebene einsetzen werden, weil alle re- gulierenden Eingriffe in den weltweiten Handel und Marktabschottungen stets auch unvermeidliche Neben- wirkungen haben. Aber offensichtlich führt im Fall der Robbenprodukte kein Weg daran vorbei. Wir sind sicher, dass sich weitere europäische Staaten diesem Vorhaben anschließen werden. Wir gehen davon aus, dass es des- wegen sehr bald zu einem gemeinschaftsweiten Einfuhr- und Handelsverbot mit Produkten aller Robbenarten kommen wird. Wohlgemerkt wird das auf europäischer Ebene ge- schehen; denn nationale Alleingänge sind im vereinigten Europa keine Lösung. Ich zitiere aus dem Antrag auf Bundestagsdrucksache 16/2755: „Harmonisierte europäische Lösungen sind ange- sichts des freien Warenverkehrs … gegenüber na- tionalen Maßnahmen vorzuziehen.“ Und, sehr geehrter Herr Minister Seehofer, es wäre ein durchaus lohnendes Ziel für die deutsche Ratspräsi- dentschaft ab Januar 2007! Wir möchten das der Koali- tionsregierung ausdrücklich mit auf den Weg geben. Mit dem fraktionsübergreifenden Gruppenantrag ent- sprechen wir der großen Mehrheit in diesem Parlament und der deutschen Bevölkerung. Wir setzen den Auftrag der Mehrheit unserer Wählerinnen und Wähler um, wirksam gegen die sich jährlich wiederholenden Grau- samkeiten mit den Mitteln der Politik vorzugehen. Wir entscheiden uns heute für den konsequenten Schutz der Robben und wir sind sicher, dass wir damit einen wichti- gen Grundstein zum Arterhalt legen. Es ist ungefähr vierhundert Jahre her, dass eine Tier- art – vorläufig – von unserer Erde verschwunden ist, eine Tierart, die Mitteleuropa und das heutige Deutsch- land über 200 000 Jahre lang bewohnte. Der letzte Auer- ochse soll im Jahr 1627 von Wilderen erlegt worden sein. Ich wünsche mir, auch für unsere Kinder und En- kel, dass den Robben das Schicksal des Auerochsen er- spart bleibt und dass sich menschliche Vernunft gemein- sam mit politischem Handeln erfolgreich durchsetzen wird. Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD): Wir diskutieren heute einen Antrag, über den weithin Einigkeit besteht. Vier Fraktionen fordern gemeinsam die Bundesregie- rung auf, sich verstärkt für den Schutz von Robben ein- zusetzen. Der Hintergrund ist klar: Es gibt kein zwingendes konsumtives Interesse an Robbenprodukten – weder an deren Fleisch, noch an den Fellen. Daher besteht – um eine Formulierung aus unserem deutschen Tierschutzge- setz zu gebrauchen – kein „vernünftiger Grund“, um Jahr für Jahr mehrere Hunderttausend Tiere auf grau- same Art und Weise zu töten. Nun ist mir selbstverständlich klar, dass Kanada au- ßerhalb des Geltungsbereiches unserer Gesetze und Ver- ordnungen liegt. Dennoch ist es in meinen Augen keine Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines Staa- t m s r m h f b n d z D g w d c f R I z s p n w b z n p f v R u ö d w K h e A i v A w v n c p a s S (C (D es, wenn man die dortigen Tierschutzstandards auf- erksam verfolgt und gegebenenfalls Anreize zu tier- chutzwidrigen Praktiken verringert. Die Argumente, die seitens der kanadischen Regie- ung für die Robbenjagd ins Feld geführt werden, sind in einen Augen nicht stichhaltig. Diplomatische Bemü- ungen, die Haltung der Kanadier zu ändern, blieben ruchtlos. Es hat in der Vergangenheit den Versuch gegeben, eispielsweise mit der so genannten Jungrobbenrichtli- ie von 1983, durch legislative Maßnahmen auf Ebene er EU die massenhafte Tötung von Robben in Kanada u unterbinden oder zumindest wirksam einzuschränken. ies ist – das muss man in dieser Offenheit konstatieren – ründlich misslungen. Nach wie vor bin ich der Auffassung, dass ein EU- eit gültiges generelles Einfuhrverbot von Robbenpro- ukten der beste Weg wäre, um dem hunderttausendfa- hen Schlachten in der Arktis Einhalt zu gebieten. Daher ordern wir die Bundesregierung auf, die bevorstehende atspräsidentschaft zu nutzen, ein solches generelles mportverbot – wie dies übrigens für Hunde- und Kat- enfelle bereits geschehen ist – auf den Weg zu bringen. Sollte ein solches Verbot jedoch nicht schnell zu reali- ieren sein, so muss allerdings zügig ein nationales Im- ortverbot her. Ein Importverbot für Deutschland wäre übrigens kei- eswegs ein „nationaler Alleingang“. So hat beispiels- eise Italien einen befristeten Importstopp verhängt; ein elgischer Gesetzesentwurf ist bereits von der EU notifi- iert. EU-weite oder nationale Einfuhrverbote brauchen wir icht nur für die in diesem Antrag behandelten Robben- rodukte und die bereits erwähnten Hunde- und Katzen- elle. Ein weiteres drängendes Problem sind die Importe on lebenden Wildvögeln. Auch hier gilt das über die obben Gesagte: Auch wenn außerhalb Deutschlands nd der EU in unverantwortlicher Weise Tiere aus rein konomischen Beweggründen ohne Not gequält werden, ürfen wir nicht die Augen verschließen. Vielmehr sind ir gefordert, im Rahmen unserer gesetzgeberischen ompetenz alles zu tun, um solchen Missständen abzu- elfen. In der heutigen Debatte – ich erwähnte dies bereits ingangs – muss niemand in diesem Hause von unserem nliegen überzeugt werden. Aus Sicht des Tierschutzes st es ein überaus erfreulicher Umstand, dass wir einen on einem breiten überfraktionellen Konsens getragenen ntrag eingebracht haben. Politik ist häufig ein Prozess des Abwägens und Ge- ichtens verschiedener Interessen. Die Abwägung fällt ielfach schwer und führt bei den verschiedenen Fraktio- en in diesem Hause mitunter zu durchaus unterschiedli- hen Ergebnissen. In der Frage des Imports von Robben- rodukten ist die Sache anders: Wir hatten lediglich bzuwägen zwischen der Eitelkeit einzelner Zeitgenos- en einerseits, die sich mit echten oder vermeintlichen tatussymbolen wie Pelzjacken oder -stiefeln schmü- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 5655 (A) ) (B) ) cken wollen, und andererseits hunderttausendfachem blutigem Tierleid an Kanadas Küsten. Dies fiel uns leicht. Ich bin guter Hoffnung, dass sich die Bundesregie- rung im Sinne unseres Antrages einsetzen wird. Wir werden ihr dabei sehr aufmerksam über die Schulter schauen und gegebenenfalls auch „schubsen und drän- geln“, wenn wir ungeduldig werden. Ich hoffe, dass dies nicht nötig sein wird. Hans-Michael Goldmann (FDP): Die Robbenjagd in Kanada wird alljährlich von weltweiten Protesten be- gleitet. Wir alle kennen die Bilder von Jungrobben, de- ren Kulleraugen uns anklagend anblicken. Das darf uns aber nicht den Blick darauf verstellen, dass die Jagd als solche nicht verwerflich ist. Auch andere jagdbare Tiere sehen niedlich aus. Es geht um die Art und Weise. In Deutschland haben wir klare Regelungen, wie eine gute fachliche Praxis in der Jagd auszusehen hat. Das Leid der Tiere muss auf ein Minimum reduziert werden, Tiere dürfen nicht angeschossen und dann ihrem Leiden über- lassen werden. In Deutschland erbringen die Jäger als Naturnutzer einen wichtigen Beitrag zum Erhalt und zur Pflege von Fauna und Flora. Es ist mir wichtig, gerade auch in der heutigen Debatte zu verdeutlichen, dass die Arbeit unserer Jäger im Tier-, Natur-, Arten- und Um- weltschutz international Vorbildcharakter hat. Was alle Fraktionen gemeinsam in dieser Initiative anprangern, ist die Nichtbeachtung dieser fachlichen Praxis bei der Robbenjagd in Kanada. Wenn Tiere bei le- bendigem Leibe gehäutet werden, wenn viele schwer verletzte Tiere im Wasser oder auf dem Eis qualvoll ver- enden, dann dürfen wir davor nicht die Augen verschlie- ßen. Alle Appelle der Vergangenheit an die kanadische Re- gierung haben nicht gefruchtet. Es bleibt bei der trauri- gen Bilanz, dass bei der jährlichen Robbenjagd viele Tiere unnötig leiden müssen. Es zuzulassen, dass daraus wirtschaftlicher Gewinn durch die Vermarktung in Deutschland gezogen wird, ist ethisch nicht vertretbar. Die EU hat mit der Jungrobbenrichtlinie bereits ein kla- res Signal nach Kanada gesandt: Doch leider hat die Richtlinie nicht den gewünschten Effekt gezeigt. Die Robbenjagd beginnt jetzt zwar ein paar Wochen später, aber an der Art und Weise hat sich nichts geändert. Es muss daher jetzt klar gemacht werden, dass es nicht nur um den Zeitpunkt geht, sondern um die Einhaltung be- stimmter Tierschutzstandards bei der Jagd. Kanada muss sich bewusst werden, dass diese Methoden nicht hono- riert werden. Es wäre daher wünschenswert, wenn die EU sich für ein europaweites Verbot des Imports Robbenprodukten entschiede, solange die Jagd nicht guter fachlicher Pra- xis genügt. Die Bundesregierung muss sich hierfür auf europäischer Ebene einsetzen. Glücklicherweise betreibt inzwischen nicht einmal mehr die kanadische Regierung Legendenbildung, in- dem behauptet wird, die massenhafte Robbenjagd unter Inkaufnahme tierschutzwidriger Jagdmethoden diene ei- n t g R m D r d t D F s m b F l b M g z Z S n W s m z A – u w h K w v A h a e a te G n U L e w k a d D (C (D er notwendigen Bestandskontrolle. Die Robbenpopula- ion, um es hier einmal ganz klar und deutlich zu sagen, efährdet nicht die Fischbestände. Natürlich fressen obben Fische. Und natürlich konkurrieren sie damit it den Menschen, die vom Fang dieser Fische leben. och die Probleme der rückläufigen Erträge der Fische- ei auf die Robben zu schieben, ist eine unzulässige Re- uzierung komplizierter Zusammenhänge des Ökosys- ems Meer. Die Fischbestände leiden an Überfischung. ie Fischbestände leiden an der Meereserwärmung. Die ischbestände leiden an der Umweltverschmutzung. Das ind alles menschengemachte oder jedenfalls von enschlichem Handeln verstärkte Probleme. Die Rob- en können dafür nichts. Viel wichtiger für den Erhalt der Arbeitsplätze in der ischerei – in Kanada wie auch in Europa und Deutsch- and – ist es, Lösungen für diese schwerwiegenden Pro- leme zu finden. Wir müssen uns daran machen, die eeresumwelt zu schützen. Wir müssen dafür Sorge tra- en, die Klimaschutzziele weltweit konsequent umzuset- en. Und wir müssen eine nachhaltige Fischerei zum uge kommen lassen, die nicht durch Überfischung die pirale der Bestandsreduzierung immer weiter dreht. Ich habe es schon zu Beginn gesagt: Das Problem ist icht die Jagd als solche. Das Problem ist die Art und eise der Jagd und die massenhafte Tötung aus vorge- chobenen Gründen. Artenschutz ist nicht nur ein Argu- ent für den Kabeljau, sondern auch für die Robben. Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE): Um es vorweg u sagen: Wir stimmen dem fraktionsübergreifenden ntrag zu; wir haben ihn seit Beginn seiner Entstehung er geht ja auf eine Initiative der Grünen zurück – immer nterstützt. Wie der Antrag letztlich zustande gekommen ist und elche Fraktionen am Ende als Initiatoren im Kopf ste- en, ist ein absurdes Lehrstück dafür, wie der Kalte rieg in den Köpfen von CDU und CSU noch immer eiter spukt. Als Verantwortliche für Tierschutz habe ich an den orbereitenden Gesprächen für diesen interfraktionellen ntrag teilgenommen. Erst kurz vor dessen Einbringung at sich die Union gesperrt, zusammen mit der Linken uf einem Antrag zu erscheinen. Es gebe da einen Unver- inbarkeitsbeschluss. Es ist traurig, dass die Partei, die sich immer so gerne uf die Bewahrung der Schöpfung beruft, nicht den Hin- rn in der Hose hat, wenigstens punktuell mit politischen egnern zu kooperieren, wenn es um die Erhaltung der atürlichen Umwelt geht. Dass einige Gazetten diesen mstand genüsslich so zurechtbiegen, als sei es die inke, die sich einem solchen Antrag verweigert, war zu rwarten. Der Journalismus in diesem Land ist ohnehin eitgehend dem Mainstream verpflichtet. Und dann ommt eben so etwas dabei heraus. Aber geschenkt. Nun zum Inhalt. Es ist dem Antrag nzusehen, dass er einen Minimalkonsens darstellt, da ie Union in Sachen Tierschutz wie immer gebremst hat. er erste Antragsentwurf hatte die Bundesregierung 5656 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 (A) ) (B) ) noch aufgefordert, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der in Deutschland die Einfuhr und den Handel mit Produk- ten aller Robbenarten verbietet. Solche Gesetze haben auch die Niederlande und Belgien der EU-Kommission zur Notifikation vorgelegt. Auf Druck der CDU/CSU ist dieser Passus gestrichen worden. Was bleibt, ist die Anforderung, die Bundes- regierung möge national den Handel irgendwie unter- binden. Nur gemeinschaftsweit soll sie sich für ein ge- setzliches Verbot einsetzen. Damit ist der Antrag deutlich geschwächt worden. Sollte sich die EU hier überhaupt einigen, könnte das unter Umständen noch Jahre dauern. Und so lange ist dank Union auch in Deutschland der Handel mit Robbenfellen nicht gesetzlich verboten. CDU und CSU haben ebenfalls dafür gesorgt, dass eine dritte Forderung gestrichen wird, die ursprünglich im Antragsentwurf stand: Danach sollte sich die Bundes- regierung auf EU- und internationaler Ebene für ein Kennzeichnungssystem und eine Kennzeichnungspflicht für in Kleidungsstücken verarbeitete Felle einsetzen. Ohne eine solche Kennzeichnung lassen sich aber weder ein Handels- und Einfuhrverbot noch andere einschrän- kende Maßnahmen à la CDU/CSU vernünftig durchset- zen. Effiziente Kontrollmechanismen sind für die Hüter der Markwirtschaft halt Teufelszeug. Absichtserklärun- gen dagegen sind immer wohlfeil. Nun fragen vielleicht einige, warum die Linke diesen deutlich abgewerteten Antrag trotzdem unterstützt. Wir machen dies erstens, weil es ein erster Schritt ist, dem freilich weitere folgen müssen. Zweitens sehen wir hier auch eine Verpflich- tung für Frau Merkel bei der EU-Präsidentschaft, dieses Thema auf die Agenda zu nehmen. Drittens spielen wir nicht beleidigte Leberwurst, nur weil wir wieder einmal ausgegrenzt werden. Politik muss sich um Inhalte drehen und viele Themen eignen sich einfach nicht zur Profilie- rung. Inhaltlich haben meine Kollegen wohl alles gesagt, was zu sagen ist, um ein solches Verbot zu begründen. Ich möchte noch einmal unterstreichen: Nicht die Rob- ben bedrohen die Kabeljaubestände, sondern die Über- fischung der Weltmeere. Die Linke hat übrigens gerade heute eine Große Anfrage zum Meeresschutz an den Bundestag übermittelt. Wir dürfen nicht zulassen, dass aus wirtschaftlichen Interessen der Artenschutz unterlaufen und der Tier- schutz sträflich missachtet wird. Das grausame Ab- schlachten der Tiere auf dem Eis muss endlich ein Ende haben. Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich bin froh, dass wir heute endlich den Antrag behandeln und verabschieden, mit dem wir das Verbot der Einfuhr und des Handels von Robbenprodukten auf den Weg bringen. Dafür haben wir Grüne uns lange eingesetzt. Die Initiative für diesen konkreten Antrag hatten wir bereits im Frühjahr ergriffen. Die Meinungsbildung hat einige Monate gedauert, und wir mussten etliche Hürden überwinden, aber heute ist es endlich so weit. Ich möchte hier noch einmal kurz begründen, warum uns dieses Anliegen so wichtig ist. Weltweit werden j a j G n K a n d v J G R s F s F B k g v f r b l v d g n A d h D d r L f d d A j D h V d d a w K h d n m w d R (C (D edes Jahr Hunderttausende Robben auf grausame Weise bgeschlachtet. Den größten Teil töten die Kanadier all- ährlich bei der kommerziellen Robbenjagd im Frühjahr. ejagt werden vor allem Jungtiere. Seit der Wiederauf- ahme der Robbenjagd im Jahr 1996 wurden allein in anada über 3 Millionen Sattelrobben getötet. Bezogen uf das Jahr 2006 waren es 335 000 Tiere. Die Bilder über die Robbenjagd sorgen jedes Jahr er- eut für große weltweite Entrüstung. Das liegt vor allem aran, dass dieses blutige Handwerk in der Praxis weit on tierschutzgerechter Tötung und dem, was wir unter agd verstehen, entfernt ist. Filmaufnahmen belegen die rausamkeit der Robbenjagd. Die Beteuerungen der obbenfänger und auch des Pelzhandels – Sie haben icher wie ich entsprechende Briefe bekommen –, die angmethoden hätten sich mittlerweile geändert und eien nunmehr tierschutzgerecht, können durch aktuelles ilmmaterial eindeutig widerlegt werden. Auch die ehauptungen über die Fairness der Robbenjagd, die der anadische Regierungsvertreter bei uns im Ausschuss emacht hat, konnten durch Fotos und Filme eindrucks- oll als unwahr widerlegt werden. Dies war, wie ich inde, ein sehr beschämender Vorgang. Von der regie- ungsoffiziellen Robbenjägerlobby schlicht und einfach elogen zu werden, hat, so war mein Eindruck, wesent- ich dazu beigetragen, dass der Antrag heute eine breite, oraussichtlich sogar einstimmige Mehrheit finden wird. Es sind aber nicht nur Tierschutzaspekte, die uns zu er Entscheidung geführt haben, dass die Robbenjagd estoppt werden muss. Das Robbenschlachten steht auch icht mit den Anforderungen der Nachhaltigkeit und des rtenschutzes in Einklang: Es besteht die Gefahr, dass ie hohen Jagdquoten den Erhalt der Population bedro- en, insbesondere weil es weitere Risikofaktoren gibt. as sind neben dem Beifang bei der Fischerei vor allem ie Klimaänderungen und die damit drohende Zerstö- ung des Lebensraumes. Was für die Einschränkung des ebensraumes des Eisbären zutrifft, gilt letztendlich auch ür die Robben: Die sommerliche Meereseisbedeckung er Arktis geht zusehends zurück und wird bis zur Mitte ieses Jahrhunderts bis auf Relikte verschwunden sein. uch die Eisbedeckung im Winter und Frühjahr wird auf eden Fall in Ausdehnung und Dicke deutlich geringer. ies wird erheblichen Einfluss auf die Populationen aben, da Arten wie Sattelrobbe und Klappmütze zur ermehrung auf Packeis angewiesen sind. Sieht man von der traditionellen und deswegen aus- rücklich erlaubten Jagd der Inuit ab, ist die Robbenjagd arüber hinaus überflüssig, da es für das Fell und für die nderen Produkte, die von diesen Seehunden hergestellt erden, zahlreiche Alternativen gibt. Fleisch, Fett und leidung sind auch ohne Robbenjagd ausreichend vor- anden. Das Einfuhr- und Handelsverbot für alle Robbenpro- ukte in Deutschland allein wird das Robbenschlachten icht stoppen. Es werden noch viel mehr Länder folgen üssen, um das Morden zu beenden. Aber es ist das, as Deutschland im Augenblick tun kann. Und es ist ein eutliches Signal an die Nationen, die noch heute die obbenjagd betreiben. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 5657 (A) ) (B) ) Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, die monatelange Verzögerung auf dem Weg zu diesem ge- meinsamen Antrag war auf ganz wenige Akteure bei der CDU zurückzuführen. Von Anfang an gab es bei Ihnen Befürworter für ein gemeinsames Vorgehen. Blockiert hat dieses Vorhaben vor allem Ihr agrarpolitischer Spre- cher. Ich denke, Sie haben sich damit keinen Gefallen getan; und ich hoffe, Sie ziehen daraus für die Zukunft ihre Schlussfolgerungen. Ich bedaure es im Übrigen sehr, dass die Union letzt- lich nur zu einer Zustimmung zu bewegen war, wenn die Fraktion der Linken von der Antragstellung ausgeschlos- sen bleibt, obwohl sie unseren Antrag unterstützt und wir sie von Anfang an in die interfraktionellen Abstim- mungen zum Thema einbezogen haben. Ich meine, diese Prinzipienreiterei und diese Art des Umgangs mit dem politischen Konkurrenten hier im Deutschen Bundestag schaden der politischen Kultur und dem Ansehen der Po- litik in Deutschland sehr. Ich denke, die Bürger hätten ein besseres Bild von der Politik, wenn sie sehen wür- den, dass Politiker dort zu einem gemeinsamen Agieren in der Lage sind, wo Einigkeit in der Überzeugung herrscht. Aber wir konnten und wollten den Erfolg in der Sache an diesem Punkt nicht gefährden und den Antrag nicht an dieser Frage scheitern lassen. Letztlich ist dies eine Auseinandersetzung, die die Fraktion der Linken mit der Union fuhren muss. Ich möchte hier aber klar und deutlich zum Ausdruck bringen, dass wir diese Aus- grenzung missbilligen und keinesfalls mit betreiben. Zum Schluss meiner Rede möchte ich an die Bundes- regierung appellieren, unseren heutigen Beschluss zügig umzusetzen. Denn der Beschluss selber ist erst einmal nicht mehr als eine Willensbekundung. Die Bundes- regierung muss ihre Ratspräsidentschaft im nächsten Jahr nutzen, um auch dort auf eine schnelle Umsetzung des Beschlusses des Europäischen Parlamentes zuguns- ten eines Handelsverbotes für Robbenprodukte in der EU zu drängen. Außerdem muss die Bundesregierung zügig die nöti- gen Gesetz- und Verordnungsentwürfe erarbeiten und vorlegen. Ich hoffe, hier gibt es in den Ministerien keinen hinhaltenden Widerstand, sondern den festen Willen, die Beschlüsse des Bundestages auch umzusetzen. Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung der Anträge: – Umfassenden Feldversuch über die Vor- und Nachteile von 60-Tonnen-LKW starten – Keine 60-Tonnen-LKW auf deutschen Stra- ßen (Tagesordnungspunkt 20 und Zusatztagesord- nungspunkt 11) Hubert Deittert (CDU/CSU): Wir beraten heute zwei Anträge der Oppositionsfraktionen zum Thema „60-Tonnen-LKW auf deutschen Straßen“. Hintergrund f n E P g g V r s r a k a s z r n s l k W l s u t m D d h g d S c r L k s E h v w k d d N V o m k w ß G Z d (C (D ür die Debatte um größere Lastkraftwagen ist das zu- ehmende Verkehrsaufkommen in Deutschland und in uropa und die damit einhergehenden Belastungen. Die rognosen im Bundesverkehrswegeplan gehen im Ver- leichszeitraum 1997 bis 2015 von massiven Steigerun- en der Verkehrsleistungen aus. Demnach werden die erkehrsleistungen im Personenverkehr in diesem Zeit- aum um 20 Prozent und im Güterverkehr um 64 Prozent teigen. Neuere Prognosen gehen sogar von noch höhe- en jährlichen Zuwachsraten, als bislang angenommen, us. Nach dem sprunghaft angestiegenen Verkehrsauf- ommen zwischen neuen und alten EU-Mitgliedstaaten ls Folge der EU-Osterweiterung am 1. Mai 2004 hat ich diese Entwicklung im Jahr 2005 fortgesetzt. Dies ist unächst einmal eine erfreuliche Entwicklung; denn ein eger Güteraustausch ist ein Zeichen für einen funktio- ierenden Binnenmarkt und für das wirtschaftliche Zu- ammenwachsen Europas. Um den wachsenden Verkehr in Deutschland mög- ichst störungsfrei zu bewältigen, werden wir alle Ver- ehrsträger brauchen, das heißt Straße, Schiene und asserweg. Es sind deshalb alle Rationalisierungsmög- ichkeiten zu nutzen; das gilt insbesondere für die Um- chlageinrichtungen. Ich sehe gerade auch bei Schiene nd Wasserstraße noch erhebliche Reserven, die mit ver- retbarem Aufwand zu erschließen sind. Den Großteil des wachsenden Güterverkehrsaufkom- ens wird allerdings die Straße zu bewältigen haben. ies bedeutet eine zusätzliche Belastung unserer Bun- esfernstraßen. Eine vorausschauende Verkehrspolitik at sich darauf einzustellen. Als Regierungskoalition tra- en wir dieser Entwicklung Rechnung. Wir sind dabei, en zu Recht beklagten Investitionsstau der letzten Jahre chritt für Schritt aufzulösen. Bis 2009 werden zusätzli- he 4,3 Milliarden Euro für Infrastrukturmaßnahmen be- eitgestellt. Mit einem „Masterplan Güterverkehr und ogistik“ wollen wir die intelligente Vernetzung der Ver- ehrsträger und damit eine höhere Effizienz und Wirt- chaftlichkeit des gesamten Verkehrssystems erreichen. ine weitere wichtige Maßnahme in diesem Zusammen- ang ist die Planungsbeschleunigung für Infrastruktur- orhaben. Auch innovative Fahrzeugkonzepte können einen ichtigen Beitrag zur Bewältigung des steigenden Ver- ehrsaufkommens leisten. Vor diesem Hintergrund for- ert die FDP-Fraktion in ihrem Antrag, einen umfassen- en deutschlandweiten Feldversuch über die Vor- und achteile von 60-Tonnen-LKW zu starten. Ein mit den erbänden abgestimmter Versuch soll die Frage klären, b durch den Einsatz von 60-Tonnen-LKW ein wirksa- er Beitrag zur Entlastung der Straße geleistet werden ann. Allerdings sind die betroffenen Verbände sich keines- egs einig in der Beurteilung von Sinn und Nutzen grö- erer LKW. Während der Bundesverband des Deutschen roß- und Außenhandels davon ausgeht, dass durch eine ulassung nahezu das gesamte Güterverkehrswachstum er nächsten Jahre aufgefangen werden könne, sieht der 5658 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 (A) ) (B) ) Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsor- gung hier noch viele offene Fragen. Das Thema „60-Tonnen-LKW“ ist nicht neu. Bereits in der vergangenen Legislaturperiode haben wir uns da- mit beschäftigt. Die Vorteile größerer Lastkraftwagen liegen in einem niedrigeren spezifischen Kraftstoffver- brauch, niedrigeren spezifischen Emissionen und in ge- ringeren Transportkosten. Die Befürworter versprechen sich von ihrem Einsatz eine Reduzierung der Zahl der LKW-Fahrten und damit einen Beitrag zur Entlastung von Umwelt und Straßen. Skeptiker äußern hingegen die Befürchtung, dass durch die Senkung der Transportkos- ten genau das Gegenteil des gewünschten Effektes ein- tritt, nämlich die Rückverlagerung vom kombinierten Verkehr Schiene-Straße auf die Straße. Dieser Einwand ist jedenfalls nicht einfach von der Hand zu weisen. Ob die Gleichung aufgeht, hängt von vielen Faktoren ab. Dem unbestreitbaren rein rechnerischen Nutzen grö- ßerer Lastkraftwagen sind die absehbaren Kosten gegen- überzustellen. Eines der zentralen Probleme in der Diskussion um die Zulassung der 60-Tonner ist die Be- lastbarkeit unserer Straßen und Brücken. Für die Belas- tung von Brücken ist nicht die geringere Achslast ent- scheidend, sondern das höhere Gesamtgewicht. Viele Brücken sind aber nicht für ein solches Gewicht ausge- legt. Sie könnten durch eine zu hohe Belastung beschä- digt werden und im schlimmsten Fall sogar zusammen- brechen. Ein einzelner 60-Tonnen-LKW stellt sicherlich kein Problem dar. Was aber passiert zum Beispiel bei ei- nem Stau mehrerer 60-Tonner auf einer Brücke? Einige Brücken stoßen bereits heute an ihre Belastungsgrenze. Um diese Bauwerke flächendeckend für die schweren LKW sicher zu machen, wären umfangreiche Baumaß- nahmen erforderlich. Es spricht also einiges dafür, einen eventuellen Einsatz auf genau definierte Strecken zu be- grenzen. Veränderte Fahrzeugmaße werfen darüber hinaus eine Reihe praktischer Fragen auf, die vor allem die Ver- kehrssicherheit betreffen. Ich nenne nur einige Punkte: Die Kurvenradien an Autobahnauffahrten, an Abfahrten und in Kreisverkehren sind für Fahrzeuge mit einer Ge- samtlänge von über 25 Metern zu eng. Und wie steht es um die Akzeptanz der anderen Verkehrsteilnehmer? Überholvorgänge werden länger und damit potenziell gefährlicher. Gibt es ein erhöhtes Unfallrisiko größerer Fahrzeuge und mit welchen Unfallfolgen ist – etwa bei einem Aufprall auf einen Brückenpfeiler – zu rechnen? Sind die LKW-Plätze auf Park- und Rastplätzen ausrei- chend groß? Schließlich möchte ich noch eine grundsätzliche Frage stellen: Was kommt eigentlich nach dem 60-Ton- nen-LKW? Wo liegt die Grenze des technisch Be- herrschbaren? In Australien fahren LKW-Züge von 53 Metern Länge. Dies wäre für deutsche Verhältnisse eindeutig zu viel. Aber auch die Erfahrungen aus Schwe- den oder Finnland mit 60-Tonnern lassen sich wegen der unterschiedlichen Geografie nicht eins zu eins auf Deutschland übertragen. Hier kritisch nachzufragen heißt nicht, sich grund- sätzlich gegen Innovationen im Fahrzeugbereich zu s d g s e W ß G e h n B g d a A d U C t d Z A l h g k W P s z l d d z z s t g s b E t d z n (C (D perren. Eine pauschale Ablehnung, wie es im Antrag er Grünen gefordert wird, halte ich deshalb für überzo- en. Ich denke, wir sind gut beraten, die Argumente orgfältig zu prüfen und abzuwägen, bevor wir zu einer ndgültigen Entscheidung über eine Zulassung kommen. ie Sie wissen, untersucht die Bundesanstalt für Stra- enwesen zurzeit die Beanspruchungssituation und renztragfähigkeit verschiedener Brückenbauwerke bei inem Verkehr mit Fahrzeugen bis 60 Tonnen. Darüber inaus sind in mehreren Bundesländern befristete Aus- ahmegenehmigungen für den Betrieb erteilt worden. In aden-Württemberg zum Beispiel ist diese Genehmi- ung an eine Reihe von Bedingungen geknüpft. So ist ort die wissenschaftliche Begleitung durch die Bundes- nstalt für Straßenwesen sichergestellt. Zwischen- und bschlussberichte sind vorgesehen. Bevor wir einen deutschlandweiten Feldversuch urchführen, sollten wir die Ergebnisse der laufenden ntersuchungen abwarten und auswerten. Wir als CDU/ SU-Fraktion werden uns nach einer sorgfältigen Bera- ung im Fachausschuss ein Urteil bilden. Die Notwen- igkeit einer weiteren aufwendigen Studie zum jetzigen eitpunkt kann ich allerdings nicht erkennen. nlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Durchsetzung der Verbraucherschutzge- setze bei innergemeinschaftlichen Verstößen (Zusatztagesordnungspunkt 12) Julia Klöckner (CDU/CSU): Das Einkaufen im Aus- and ist heute selbstverständlich. Ob Lebensmittel, Haus- altsgeräte, Versicherungen oder Reisebuchungen, der renzüberschreitende Waren- und Dienstleistungsver- ehr bereichert das Angebot, die Wahlfreiheit und den ettbewerb. Das kommt dem Verbraucher zugute. Das ist die eine Seite. Die andere jedoch bringt das roblem des Verbraucherschutzes zutage. Die EU sorgt ich zwar um deren Harmonisierung, aber die Durchset- ung dieser Rechte war bislang das Problem. Wenn näm- ich zum Beispiel das Fernsehgerät aus Frankreich nicht as hält, was die Werbung versprochen hat, dann hatte er Verbraucher bisher Schwierigkeiten, an sein Recht u kommen. Mit dem neuen Gesetz zur Umsetzung zur Durchset- ung der Verbraucherschutzgesetze bei innergemein- chaftlichen Verstößen wird dies nun anders. Einem Un- ernehmen, das bei seinen europaweiten Geschäften egen die Rechte der Verbraucher verstößt, kann jetzt chneller und leichter das Handwerk gelegt werden. Ne- en der Stärkung der Verbraucherrechte auf europäischer bene bedeutet dies aber auch eine Stärkung des Wachs- umspotenzials für den europäischen Binnenmarkt. Denn urch diese Ausweitung auf europäischer Ebene werden ukünftig noch mehr Kunden den europäischen Markt utzen. Damit werden also nicht nur die Verbraucher- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 5659 (A) ) (B) ) rechte, sondern auch europäische Wirtschaftsinteressen gestärkt. Ausgangsbasis für den heutigen Gesetzesentwurf ist die EG-Verordnung, die die Durchsetzung von Verbrau- cherrechten bei grenzüberschreitenden Verstößen gegen Gesetze zum Schütze der Verbraucher verbessern will. Damit sind alle Mitgliedstaaten verpflichtet, eine zen- trale Verbindungsstelle und eine oder auch mehrere für die Durchsetzung zuständige Behörden zu benennen. Dabei umfasst die EG-Verordnung Fälle innergemein- schaftlicher Verstöße gegen kollektive Verbraucherinte- ressen über Grenzen in der EU hinweg, also dann, wenn ein Unternehmen aus Mitgliedstaat A gegen Verbrau- cherrecht im Mitgliedstaat B verstößt. Hier kann das neue Behördennetz tätig werden. Es erfasst aber keine Verstöße, die nur innerhalb eines Mitgliedstaats erfol- gen. Mit diesem Gesetz soll vielmehr der kollektive Ver- braucherschutz auf europäischer Ebene angeglichen und harmonisiert werden. Das heißt konkret: Eine Behörde muss auf Ersuchen einer Schwesterbehörde eines EU-Nachbarlandes alles Erforderliche tun, um festzustellen, ob, wie behauptet, ein Verstoß gegen Verbraucherrechte vorliegt. Sie muss die relevanten Unterlagen bei dem Unternehmen einse- hen und Auskünfte geben können. Und auch die Ermitt- lung vor Ort gehört dazu. Dies ist sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung und ein deutliches Zeichen, um illegalen Praktiken einen Riegel vorzuschieben. Denn mit dem Gesetz, können grenzüberschreitende Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht, wie zum Beispiel irreführende oder aggressive Werbepraktiken, unzuläs- sige Vertragsklauseln, die Nichteinhaltung der Vorschrif- ten über das Fernsehabsatzrecht, Verstöße bei Haustür- geschäften, aber auch des Pauschalreiserechts oder des Arzneimittelrechts von den Behörden oder den von ih- nen beauftragten Organisationen verfolgt werden. Vo- raussetzung, damit die Behörden eingreifen können, ist: Kollektive Verbraucherschutzinteressen müssen betrof- fen sein. Wie sieht nun die konkrete Anwendung der EG-Ver- ordnung in Deutschland aus? Mit dem Entwurf des EG- Verbraucherschutzdurchsetzungsgesetzes werden die Voraussetzungen für die tatsächliche Anwendbarkeit der Verordnung bis Ende Dezember in Deutschland geschaf- fen. Hierzu zählen die Benennung der zentralen Verbin- dungsstelle, die Benennung der zuständigen Behörden, die Regelung der erforderlichen Zwangsbefugnisse und die Regelung der Einbeziehung geeigneter dritter Stellen – insbesondere von Verbraucherzentralen – zur Einstel- lung von Verstößen. Kurz zu der Benennung der zentralen Verbindungs- stelle: Als zentrale Verbindungsstelle wird das Bundes- amt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit benannt. Dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit obliegt es damit, die Kommuni- kation mit den zuständigen nationalen Behörden und in- nerhalb des europäischen Netzwerkes sicherzustellen. Unmittelbare exekutive Befugnisse wird das BVL nicht haben. Mit der Entscheidung für das Bundesamt für Ver- b W V r L i d a d F w i w g P t D w b b w k g e s d g v W b g V s s h o w t d a b d e E d s k n c B V d R (C (D raucherschutz und Lebensmittelsicherheit ist eine gute ahl getroffen worden Diese Behörde hat die richtigen oraussetzungen, um als zentrales Bindeglied zu fungie- en. Neben dem Bundesamt für Verbraucherschutz und ebensmittelsicherheit, das für alle Verstöße zuständig st, die nicht aufgrund spezieller Regelungen durch an- ere Behörden verfolgt werden, wird auch die Bundes- nstalt für Finanzdienstleistungen und das Luftfahrtbun- esamt in Erscheinung treten. Die Bundesanstalt für inanzdienstleistungsaufsicht wird vorrangig dann tätig, enn es sich um Verstöße handelt, die von Unternehmen m Bereich des Bank-, Versicherungs- oder Wertpapier- esens begangen werden. Und das Luftfahrtbundesamt reift ein, wenn Verstöße gegen die EU-Verordnung über assagierrechte bei Annullierungen und großen Verspä- ungen im Luftverkehr vorliegen. Soweit auf Länderebene bereits Behörden mit der urchführung von Gesetzen befasst sind, die vom An- endungsbereich der Verordnung betroffen werden, leiben die Länderzuständigkeiten unberührt. Dies gilt ei der Fernsehrichtlinie, der Preisangabenrichtlinie so- ie der Richtlinie zur Schaffung eines Gemeinschafts- odexes für Humanarzneimittel. Die Verordnung gestattet unter bestimmten Bedin- ungen, dass die Behörde nicht selbst tätig wird, sondern ine geeignete dritte Stelle mit der Einstellung des Ver- toßes beauftragt. Zu diesem Zwecke werden die zustän- igen Behörden ermächtigt, Rahmenvereinbarungen mit eeigneten Stellen abzuschließen. Geeignete Stellen sind or allem Verbraucherzentralen, aber auch Verbände der irtschaft, wie die Wettbewerbszentrale. Die Eignung estimmt sich nach den Vorgaben des Unterlassungskla- engesetzes. Dieses regelt, welche Vereinigungen gegen erbraucherschutzinteressen beeinträchtigende Ver- töße vorgehen können. Denn eines ist auch klar: Wir wollen mit diesem Ge- etz so wenig Bürokratie wie möglich schaffen und des- alb in der Praxis versuchen, die Verbraucherzentralen der die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbe- erbs mit der Verfolgung von Rechtsverstößen zu beauf- ragen. So können wir sicherstellen, dass auch zukünftig as bewährte System erhalten bleibt. Ich denke, dies ist uch in Richtung der Verbraucherzentralen und der Ver- ände der Wirtschaft ein wichtiges Signal. Da es sich bei der Verordnung um unmittelbar gelten- es Recht handelt, kann der nationale Gesetzgeber nur in ngen Grenzen Durchführungsregeln erlassen. In dem ntwurf werden deshalb nur die Regelungen getroffen, ie für die tatsächliche Anwendbarkeit unverzichtbar ind. Soweit nicht bereits behördliche Spezialzuständig- eiten bestehen, wird das BVL auf Bundesebene die Ge- eralzuständigkeit als Durchsetzungsbehörde haben. Mit der Zuständigkeit des Bundesamtes für Verbrau- herschutz und Lebensmittelsicherheit und damit des undesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und erbraucherschutz wird der Tatsache Rechung getragen, ass es sich bei der Durchsetzung verschiedenster echtsvorschriften zugunsten der Verbraucher bei grenz- 5660 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 (A) ) (B) ) überschreitenden Verstößen in einem europaweiten Be- hördennetzwerk um eine klassische Querschnittsaufgabe handelt. Der Koalitionsvertrag definiert den Verbrau- cherschutz ausdrücklich als Querschnittsaufgabe. Diese Funktion soll und wird das Bundesministerium für Er- nährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz ausfül- len. Insgesamt ist dieses Verbraucherschutzdurchset- zungsgesetz die richtige Antwort, um unseriösen Ge- schäftspraktiken einen Riegel vorzuschieben, die kollek- tiven Verbraucherrechte zu stärken und auf europäischer Ebene zu harmonisieren. Die Bundesregierung nimmt den praktisch anwendbaren Verbraucherschutz zum Wohle aller Bürgerinnen und Bürger Deutschlands ernst. Elvira Drobinski-Weiß (SPD): Wir haben heute ei- nen komplizierten Gesetzentwurf vorliegen, der zeigt, wie schwierig es in Deutschland ist, Verbraucherrechte durchzusetzen. Kompliziert, aber gut und wichtig; denn damit sollen die unverzichtbaren Voraussetzungen für die Umsetzung der EU-Verordnung 2006/2004 über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz in nationales Recht geschaffen werden. Die EU-Verordnung ist bereits Ende Dezember 2004 in Kraft getreten. Sie wird gestaffelt wirksam. Zum Teil ist Deutschland mit der Umsetzung in Verzug. Ziel der Verordnung ist es, innerhalb der Europäischen Union ein Netzwerk von Verbraucherschutzbehörden zu errichten, die sich gegenseitig bei der Durchsetzung von Maßnah- men im Falle grenzüberschreitender Verstöße gegen kol- lektive Verbraucherinteressen unterstützen. Bis Ende 2006 soll das Netz der Kontaktstellen für Verbraucherin- nen und Verbraucher in der ganzen EU aufgebaut sein. Was heißt das konkret für Verbraucherinnen und Ver- braucher? Ich will ein Beispiel nennen: Es kommt immer wieder vor, dass Fluggesellschaften Flüge grundlos und ohne Entschädigung absagen. Das ist nicht nur ärgerlich, das verletzt die Rechte des Fluggastes. Hierbei handelt es sich um ein typisches grenzüberschreitendes Problem, da der Fluggast und die Fluggesellschaft oft nicht aus demselben Mitgliedstaat stammen. Weil sich diese Fälle häufen, wird hier ein kollektives Verbraucherinteresse sichtbar. Für diesen Bereich der Fluggastrechte gibt es bereits eine entsprechende Verordnung, die es den Ver- brauchern ermöglicht, effektiv ihre Rechte geltend zu machen. Aber das ist bisher die Ausnahme. Der heute vorliegende Gesetzentwurf stärkt nun gene- rell die Rechte von Verbraucherinnen und Verbrauchern gegenüber grenzüberschreitenden Verstößen. Denn wo die Verbraucher bisher auf den beschwerlichen, weil in- dividuellen Zivilrechtsweg verzichtet haben, werden Verbraucherinteressen mit diesem Gesetz nun gebündelt und von Behörden bzw. Verbänden durchgesetzt. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, eine zentrale Verbindungsstelle und die für die Durchsetzung von konkreten Maßnahmen zuständigen Behörden zu benen- nen. Die zuständigen Behörden müssen über die in der Verordnung vorgesehenen Befugnisse verfügen, um ge- gen die Verletzung kollektiver Verbraucherrechte vorge- h n D D c b v V a o V v w B H d s Z e z b N b a s d G d g w p e G d f ü w u t p s Z c B U z l d d n f d D f s (C (D en zu können. Unter bestimmten Voraussetzungen kön- en Behörden hierzu auch geeignete Dritte einschalten. amit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass in eutschland, anders als in anderen Mitgliedstaaten, übli- herweise Verstöße gegen Verbraucherrechte durch Ver- raucherschutz- oder Wirtschaftsverbände auf dem Zi- ilrechtsweg verfolgt werden. Erfasst werden nur erstöße, die einen grenzüberschreitenden Bezug haben; uf rein nationale Sachverhalte sind weder die EG-Ver- rdnung noch das nationale Gesetz anwendbar. Die EG- erordnung dient auch nicht der Durchsetzung von Indi- idualansprüchen der Verbraucher. Der Gesetzentwurf trifft nur insoweit Regelungen, ie dies erforderlich ist, um die grenzüberschreitende ehördenzusammenarbeit in der Praxis zu ermöglichen. ierzu zählen die Benennung der zentralen Verbin- ungsstelle, die Benennung der für die Durchsetzung zu- tändigen Behörden, die Regelung der erforderlichen wangsbefugnisse, die Regelung der Einbeziehung ge- igneter dritter Stellen, insbesondere von Verbraucher- entralen, zur Einstellung von Verstößen. Zentrale Ver- indungsstelle, die für die Kommunikation innerhalb des etzwerks zuständig ist, wird das Bundesamt für Ver- raucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Das BVL ist uch die für die Durchsetzung der Verbraucherrechte zu- tändige Behörde, soweit nicht auf Bundes- oder Lan- esebene bereits Spezialzuständigkeiten bestehen. Der esetzentwurf sieht vor, dass Fälle grenzüberschreiten- er Verletzungen von Verbraucherrechten vorrangig an eeignete dritte Stellen abgegeben werden sollen. Damit ird sichergestellt, dass auch künftig das erfolgreiche rivatrechtliche Durchsetzungssystem in Deutschland rhalten bleibt. Das Unterlassungsklagengesetz und das esetz gegen den unlauteren Wettbewerb werden geän- ert, um Verbraucherverbänden und sonstigen klagebe- ugten Einrichtungen ein Tätigwerden auch in grenz- berschreitenden Fällen zu ermöglichen. Die Anwendung dieser europäischen Verordnung ird in Deutschland die Rechte der Verbraucherinnen nd Verbraucher bei grenzüberschreitenden Sachverhal- en stärken. Im Interesse der Verbraucher müssen euro- äische Netzwerke von Verbraucherschutzzentren einer- eits und von Verbraucherschutzbehörden andererseits in ukunft untereinander stärker vernetzt werden. Die Sa- he eilt: Laut EU-Kommission haben zum Beispiel im ereich Onlinegeschäfte die meisten Beschwerden ihren rsprung in Deutschland. Wir müssen unseren Beitrag um Aufbau des EU-weiten Kontaktstellennetzwerk eisten. Hans-Michael Goldmann (FDP): Nicht zuletzt bei en unlängst bekannt gewordenen Gammelfleischskan- alen hat sich gezeigt, dass Verbraucherschutzverstöße icht an nationalen Grenzen halt machen. Gammel- leisch aus München wurde nicht nur innerhalb der Bun- esrepublik, sondern auch in andere Länder verkauft. aher ist es richtig und wichtig, verbesserte Regelungen ür die Verfolgung von Verstößen gegen Verbraucher- chutzgesetze innerhalb der EU zu schaffen. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 5661 (A) ) (B) ) Doch die Gammelfleischskandale haben auch die Er- kenntnis gebracht, dass Systeme zur Verfolgung von Verbraucherschutzverstößen über Grenzen hinweg keine Selbstläufer sind. Es reicht nicht, die Möglichkeit zum Anlegen elektronischer Akten über Gammelfleischhänd- ler über unsere föderalen Ländergrenzen hinweg zu schaffen – sie muss vor allem genutzt werden. Das Pro- blem fängt also schon im Lande an. Jetzt soll über Staatengrenzen hinweg die Zusammen- arbeit der Verbraucherbehörden verbessert werden. Ich muss schon sagen, dass ich das für ein ambitioniertes Ziel halte, wenn die Zusammenarbeit schon zwischen den Bundesländern nicht richtig funktioniert. Das Pro- blem zeigt sich ja auch schon in dem vorliegenden Gesetzentwurf: § 2 – Zuständige Behörde – ist ein sehr einprägsames Beispiel unserer heillos unübersichtlichen Kompetenzen im Verbraucherbereich. Zentrale Verbin- dungsstelle soll das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit werden, auch, wie es ausdrück- lich im Gesetzentwurf steht, für solche Fälle, in denen die eigentliche Rechtsdurchsetzung anderen Behören, beispielsweise Kommunalbehörden, obliegt. Das BVL soll mithin gegenüber der EU dafür Rede und Antwort stehen, was die Passauer Lebensmittelkontrollbehörde tut oder lässt. Da würde es mich schon sehr interessieren, wie sich die Bundesregierung das praktisch vorstellt, welche Systeme da vorgehalten werden, um eine rei- bungslose Kommunikation schon innerhalb Deutsch- lands zu gewährleisten. Ungeklärt ist auch, wie das BVL, dessen fachlicher Aufgabenbereich bislang die Bereiche Verbraucherschutz bei Lebensmitteln, Kosmetika, Textilien und Spielzeug, Futtermitteln, Pflanzenschutz, Tierarzneimittel und Gen- technik umfasst, sich nunmehr um alle Fragen des recht- lichen und wirtschaftlichen Verbraucherschutzes küm- mern soll, einmal als zentrale Verbindungsstelle, vor allem aber als originär zuständige Behörde. Damit wird die Fachkompetenz um ein vielfaches ausgeweitet. Ich möchte einmal ein paar Beispiele nennen: irreführende Werbung, Haustürgeschäfte, Verbraucherkreditgeschäfte, Nichterbringung von Leistungen bei Pauschalreisen, missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, Teil- nutzungsrechte an Grundstücken, E-Commerce, Fernab- satzgeschäfte, Entschädigung für Ausfälle von Flügen. Nur für spezielle Fachbereiche sollen andere Behörden fachlich zuständig sein, so das BAFin, die Luftsicher- heitsbehörde und andere. Auch bei diesen Behörden muss die Frage gestellt werden, welcher Arbeitsaufwand zu erwarten ist und wie dieser geschultert werden soll. Doch mein besonderes Augenmerk gilt dem BVL. Zu der umfänglichen Ausweitung von deren Kompetenzen will meines Erachtens nicht passen, dass die Mittel für das BVL im aktuellen Haushaltsansatz nicht entspre- chend angepasst werden. Eine solche Kompetenzerweite- rung muss doch mit einer Aufstockung bei entsprechend fachkompetentem Personal und nicht zuletzt mit dem Aufbau der entsprechenden Infrastruktur zur Vernetzung mit Länder- und Kommunalbehörden wie auch anderen Bundesbehörden einhergehen. d g b ü V B j D B f d f d i R F w G g M w f S e g e S d b w V t L B v u g G b t s p z i P h D r f d f (C (D Doch nicht nur im organisatorischen Bereich weist as Gesetz Mängel auf. Auch inhaltlich muss nach- ebessert werden. Die zuständigen Verbraucherschutz- ehörden erhalten durch das Gesetz die Befugnis, grenz- berschreitende Verstöße gegen Gesetze zum Schutz von erbraucherinteressen zu verfolgen – beispielsweise durch eschlagnahme oder Durchsuchung. In dem Gesetz wird edoch nicht klargestellt, dass die Beschlagnahme- und urchsuchungsverbote, die in Deutschland für die freien erufe wie Rechtsanwälte oder Ärzte gelten, hier eben- alls Anwendung finden müssen. Der Schutz des beson- eren Vertrauensverhältnisses zwischen Vertretern der reien Berufe und den Bürgerinnen und Bürgern, die eren Dienstleistungen in Anspruch nehmen, muss auch n der innergemeinschaftlichen, grenzüberschreitenden echtsverfolgung gewahrt bleiben. Das Gesetz birgt noch viele Fallstricke. Die FDP- raktion wird daher im Ausschuss für Ernährung, Land- irtschaft und Verbraucherschutz eine Anhörung zu dem esetzentwurf beantragen. Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE): Der vorlie- ende Gesetzentwurf macht klar: Was wir vor einem onat vorgeschlagen haben, ist doch möglich, auch enn es von der Regierungskoalition abgelehnt wurde. Wir hatten angesichts der Neuauflage des Gammel- leischskandals gefordert, dass die unterschiedlichen tandards der Lebensmittelkontrollen in den Ländern in inem Bund-Länder-Staatsvertrag endlich bundesweit eregelt und angehoben werden müssen. Wir forderten in bundesweites Qualitätsmanagement, das die chwachstellen analysieren und beseitigen muss. Damit as Qualitätsmanagement funktioniert, sollte die Le- ensmittelkontrolle der Länder einer unabhängigen Aus- ertung unterzogen werden. Dafür sollte laut unserem orschlag eines Bund-Länder-Staatsvertrags eine Audi- ierung durch das Bundesamt für Verbraucherschutz und ebensmittelsicherheit eingerichtet werden. An die Spitze des Qualitätsmanagements sollte das VL gestellt werden, assistiert von einem im Rotations- erfahren wechselnden Bundesland. Damals ging es uns m die Konsequenzen aus dem bundesweiten, aber auch renzübergreifenden Vertrieb von Gammelfleisch. Heute, nur einen Monat später, geht es wieder um ein esetz, das die Durchsetzungsmöglichkeiten von ver- raucherschützenden Vorschriften im grenzüberschrei- enden Verkehr von Waren und Dienstleistungen verbes- ern soll. Nehmen wir das Beispiel von unlauteren Geschäfts- raktiken, die von einer deutschen Firma ausgehen, und war als Verstöße gegen die Lebensmittelsicherheit oder rreführende und aggressive Werbung oder falsche reisangaben. In diesen Fällen soll die ausländische Be- örde in Deutschland um Amtshilfe ersuchen können. ie EU-Verordnung schreibt vor, dass die Bundes- epublik eine „Zentrale Verbindungsstelle“ zum Emp- ang und zur Weiterleitung dieser Amtshilfeersuchen an ie zuständige Behörde hat. Zur Erledigung der Amtshil- eersuchen muss die Bundesregierung außerdem die 5662 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 (A) ) (B) ) „Zuständigen Behörden“ benennen. Diese Behörden müssen befähigt sein, den Sachverhalt zu ermitteln und mit geeigneten Maßnahmen die Verstöße abzustellen. Nach der bisher vorgetragenen Logik hätte die Bun- desregierung mit Verweis auf die föderalen Regeln auch hier auf die Verantwortlichkeit der Länder verweisen müssen, mit der Folge einer Vielzahl von zuständigen Landesbehörden mit einer Vielzahl von unterschiedli- chem Landesrecht zur Durchsetzung der verbraucher- schützenden Vorschriften im grenzüberschreitenden Handel und im Dienstleistungsbereich. Das war selbst der Bundesregierung zu absurd. So be- nennt sie nun im Gesetzentwurf sinnvollerweise das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsi- cherheit als „Zentrale Verbindungsstelle“ zur Entgegen- nahme und Weiterleitung der Amtshilfeersuchen. Schließlich habe das BVL bereits im derzeitigen Aufga- benzuschnitt Erfahrung im Austausch von Daten zwi- schen den Mitgliedstaaten und der Europäischen Kom- mission, so die inhaltliche Begründung. Richtig. Aber natürlich hat das BVL mindestens genauso viel Erfah- rung im Austausch von Daten mit den Bundesländern. Sollte es zumindest. Gerade deshalb sind wir ja – übri- gens in (seltener) Übereinstimmung mit einem Vor- schlag von Horst Seehofer – der Meinung, dass das BVL auch Koordinierungs- und Auditierungsstelle beim bun- desweiten Qualitätsmanagement der Lebensmittelkon- trolle sein sollte. Warum das in dem einen Fall eine ver- nünftige Lösung ist, in dem anderen Fall aber nicht gehen soll, ist bislang unbeantwortet. In der Bundestagsdebatte zu unserem Antrag am 28. September 2006 gab die CDU/CSU zu Protokoll, dass man uns noch mal den Föderalismus erklären müsse. Die Bund-Länder-Zusammenarbeit gäbe es be- reits. Nur: Herr Seehofer höchstselbst hatte in der Anhö- rung im September erklärt, dass zum Beispiel die Meldungen der Länder an das beim BVL eingerichtete Fachinformationssystem „Verbraucherschutz und Le- bensmittelsicherheit“ äußerst dürftig waren. Dass aber eigentlich auch die Regierungskoalition mit uns gegen eine zersplitterte Durchsetzung des Verbrau- cherschutzes ist, zeigt der jetzt vorliegenden Gesetzent- wurf: Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Le- bensmittelsicherheit wird jetzt sogar als „Zuständige Behörde“ für den Vollzug (!) zur Durchsetzung des grenzübergreifenden Verbraucherschutzes benannt. Das BVL ist also nicht nur koordinierende Behörde, wie in unserem Antrag, sondern es wird sogar ermächtigt, bei Amtshilfeersuchen von Behörden aus Mitgliedsländern den Verbraucherschutz durchzusetzen. Bei den Lebens- mittelskandalen hieß es immer, der Vollzug ist Ländersa- che. Beim grenzübergreifenden Verbraucherschutzvoll- zug beschränkt sich die Länderverantwortung auf die Werbung in Rundfunk und TV sowie die Heilmittelwer- bung, das Preisangabenrecht und die Aufsicht über re- gional tätige Versicherungsunternehmen. t h d m P a l V m D f w s c L d 2 B c U v ü z d w s s s s D v d t d b g D d z V m d u c b t d b Z r d h a (C (D Nicht, dass wir diese Lösung kritisieren. Im Gegen- eil – sie zeigt, dass es geht, wenn man es für sinnvoll ält. Nachdem die Bundesregierung also nun bewiesen hat, ass eine solche bundesweite Kompetenzübernahme öglich ist, und die Länder sogar bereit sind, beim reisangabenrecht die Rechtsdurchsetzung an den Bund bzugeben (siehe Bundesratsstellungnahme), ist viel- eicht auch eine ernsthafte Prüfung einer Bund-Länder- ereinbarung zum Qualitätsmanagement bei der Lebens- ittelkontrolle möglich. Unser Antrag dazu ist ja als enkanstoß noch im laufenden parlamentarischen Ver- ahren. Zu begrüßen ist, dass das BVL im Gesetz aufgerufen ird, den Verbraucherschutz mithilfe der Verbraucher- chutzorganisationen zu verfolgen. Die dafür erforderli- hen Rahmenvereinbarungen müssen auf Bundes- und änderebene zügig angegangen und umgesetzt werden, amit die Organisationen zum Stichtag 29. Dezember 006 auch tätig werden können. Auch hier wäre eine und-Länder-Rahmenvereinbarung mit dem Verbrau- herzentrale-Bundesverband und dessen länderseitiger ntergliederung unser Vorschlag. Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das orliegende Gesetz verfolgt ein richtiges Anliegen: Es bersetzt die EU-Verordnung über die Zusammenarbeit wischen den zuständigen nationalen Behörden, die für ie Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze verant- ortlich sind. Im Falle eines grenzüberschreitenden Ver- toßes gegen kollektive Verbraucherinteressen helfen ich die Verbraucherbehörden innerhalb der Europäi- chen Union und bilden ein Netzwerk, das sich gegen- eitig bei der Durchsetzung von Maßnahmen unterstützt. ie EU-Verordnung wird also mit dem deutschen Recht ereint, nicht mehr und nicht weniger. Das ist also nicht er große verbraucherpolitische Wurf, sondern eine rich- ige technische Umsetzung. Die Funktion der obligatorischen Zentralen Verbin- ungsstelle soll in Deutschland vom Bundesamt für Ver- raucherschutz und Lebensmittelsicherheit, BVL, wahr- enommen werden. Diese Festlegung begrüßen wir. amit hat die Bundesregierung den Vorschlag der Bun- esländer, das Justizministerium mit der Koordinierung u beauftragen, mit Recht verworfen. Wir finden: Die erbraucherkompetenzen gehören in eine Hand, umso ehr als die Querschnittsaufgabe Verbraucherschutz in er jetzigen Bundesregierung im Kompetenzgerangel nterzugehen droht. Wir erleben das beim Passivrau- herschutz, bei der Bekämpfung des Ernährungspro- lems Übergewicht und nicht zuletzt bei Fahrgastrech- en. Heraus kommt ein verbraucherpolitischer Stillstand, en wir nicht akzeptieren wollen. Das Gesetz müsste aber an einigen Stellen noch ver- essert werden, damit der deutsche Verbraucher einen usatznutzen zur EU-Verordnung hat. Bei wettbewerbs- echtlichen Verstößen ist kein klarer Partner vorgesehen, er mit dem BVL zusammenarbeitet. Hier müssen beste- ende Kompetenzen optimal zum Wohl der Verbraucher usgenutzt werden. Dabei macht es den entscheidenden Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 5663 (A) ) (B) ) Unterschied, ob ein Werbevergehen von einem unabhän- gigen Verbrauchervertreter beurteilt wird oder ob die In- dustrie- und Handelskammer eines ihrer Mitgliedsunter- nehmen kritisieren soll. Also hier fehlt eine klare Aussage zur bevorzugten Zusammenarbeit des BVL mit den Verbraucherverbänden. Das Gesetz wird auch nur bei Rechtsverstößen mit grenzüberschreitendem Bezug zur Anwendung kom- men. Das ist bedauerlich, denn auch national liegen viele Koordinationsaufgaben im Verbraucherschutz brach. So wie die EU-Kommission die Durchsetzung von Verbrau- cherrechten als mangelhaft analysiert hat und Maßnah- men zur Abhilfe ergreift, müsste die Bundesregierung die bestehenden Vollzugsdefizite beim Verbraucher- schutz in den Ländern konsequenter angehen. Zu nennen sind hier natürlich vor allem die Probleme in der Lebens- mittelüberwachung, aber auch die Verfolgung von rechtswidriger Telefonwerbung, Verstöße gegen die Pro- duktsicherheit, Sicherheitsmängel bei Kinderspielhallen usw. In den Ausschussberatungen werden wir über diese Punkte ja noch sprechen können. Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Nichtigkeitserklä- rung des Erbgesundheitsgesetzes (Tagesord- nungspunkt 21) Dr. Jürgen Gehb (CDU/CSU): Wir befassen uns heute in diesem Hohen Hause zum wiederholten Male mit einem der unseligsten Gesetze aus der Zeit des Na- tionalsozialismus, nämlich mit dem Gesetz zur Verhü- tung erbkranken Nachwuchses vom 14. Juli 1933, dem so genannten Erbgesundheitsgesetz. Hintergrund ist die erneute Forderung des Bundes der „Euthanasie“-Ge- schädigten und Zwangssterilisierten, dieses Gesetz „end- lich und nach über siebzig Jahren aufzuheben und für nichtig zu erklären“. Dieser Appell, der im November vergangenen Jahres auch die Unterstützung des Nationa- len Ethikrates gefunden hat, ist an die Fraktionen und Abgeordneten des Deutschen Bundestages herangetra- gen worden. Ich gehe davon aus, Sie alle oder zumindest die meisten von Ihnen kennen ihn. Die Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen macht sich dieses Anliegen zu Eigen. In dem hier zu beraten- den Antrag fordert sie die Bundesregierung auf, „einen Vorschlag vorzulegen, wie der Gesetzgeber dem Anlie- gen des Bundes der „Euthanasie“-Geschädigten und Zwangssterilisierten e.V. gerecht werden kann.“ So weit, so gut könnte man sagen, wenn die Forderung nach Auf- hebung und Nichtigerklärung des Erbgesundheitsgeset- zes erfüllbar wäre. Das ist sie aber nicht und das wissen Sie, meine Damen und Herren vom Bündnis 90/Die Grü- nen, auch selbst ganz genau. Entsprechende Forderun- gen Ihrerseits sind bereits in mehreren parlamentari- schen Beratungsverfahren zu der Thematik jeweils aus Rechtsgründen abgelehnt worden. Ich werde darauf im Folgenden noch eingehen. w n S m d b d E s u G e e l z F d w h d w g w L n n s v A 1 s H (C (D Die Bundesregierung hat erst kürzlich in ihrer Ant- ort auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke er- eut auf diese Rechtslage hingewiesen. In der mit chreiben des Bundesministeriums für Gesundheit über- ittelten Antwort vom 10. August 2006 – Bundestags- rucksache 16/2384 – heißt es wörtlich: Nach Artikel 123 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) gilt Recht aus der Zeit vor dem Zusammentritt des Deutschen Bundestages (7. September 1949) fort, soweit es dem Grundgesetz nicht widerspricht. Fortgelten können demnach nur vorkonstitutionelle Rechtsnormen, die an diesem Tag gültig waren (BVerfGE 4, 115, 138). Rechtsnormen, die im Wi- derspruch zum Grundgesetz stehen, sind bereits bei dessen Inkrafttreten am 24. Mai 1949 außer Kraft getreten. Die Gültigkeit des Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses … endete mit dem In- krafttreten des Grundgesetzes, soweit es dem Grundgesetz – insbesondere dem Artikel 2 Abs. 2 GG – widersprach. Die wenigen als Bundes- recht fortgeltenden Regelungen über Unfruchtbar- machung und Schwangerschaftsabbruch mit Ein- willigung bei Lebens- und Gesundheitsgefahr sind endgültig durch Art. 8 Nr. 1 des Gesetzes vom 18. Juni 1974 (BGBI. I S. 1297) aufgehoben wor- den. Das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nach- wuchses existiert nicht mehr. Der Forderung, das Gesetz durch einen rückwirkenden Akt für nichtig zu erklären, kann der Bundesgesetzgeber nicht ent- sprechen. Der Deutsche Bundestag hat in mehreren Beschlüssen ereits unzweideutig zum Ausdruck gebracht, dass er as Unrecht und das Leid, das den Betroffenen mit dem rbgesundheitsgesetz in der Zeit der nationalsozialisti- chen Gewaltherrschaft zugefügt worden sind, anerkennt nd dass er dieses Gesetz als mit rechtsstaatlichen rundsätzen absolut unvereinbar ansieht. Deshalb kann s mittlerweile keinerlei Zweifel mehr daran geben, dass s sich bei dem Erbgesundheitsgesetz um nationalsozia- istisches Unrecht handelt. Soweit keine förmliche Aufhebung durch Rechtset- ung der Alliierten oder der Länder erfolgt war, war die rage des formalen Fortbestandes des Gesetzes nach em Kriege allerdings in der Tat leider lange Zeit unklar, eil sie ausschließlich unter Berufung auf die Entste- ungsgeschichte und die Gesetzgebung anderer Staaten iskutiert wurde. Die meisten Regelungen des Gesetzes aren bereits deshalb gegenstandslos, weil die vorheri- en „Erbgesundheitsgerichte“ nicht wieder errichtet urden. Hinsichtlich der Frage der Fortgeltung hat sich erst im aufe der Zeit ein Bewertungswandel vollzogen, der auf euere Forschungsergebnisse und eine vertiefte Ausei- andersetzung mit der tatsächlichen Durchführung die- es Gesetzes zurückzuführen war. Die Bundesregierung erweist daher zu Recht darauf, dass dieses Gesetz durch rt. 8 Nr. 1 des Strafrechtsreformgesetzes vom 18. Juni 974 – BGBI. I S. 1297 – auch förmlich außer Kraft ge- etzt wurde, soweit es als Bundesrecht fortgalt, was im inblick auf die oben genannten Vorschriften zunächst 5664 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 (A) ) (B) ) der Fall war. Die Sterilisationsentscheidungen der dama- ligen Erbgesundheitsgerichte sind durch das Gesetz zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege und von Sterilisationsentscheidungen der ehemaligen Erbgesundheitsgerichte vom 25. August 1998 – BGBI. I S. 2501 – aufgehoben wurden. Der Bewertungswandel fand auch seinen Niederschlag in dem Beschluss des Deutschen Bundestages vom 26. Januar 1988 – Bundestagsdrucksache 11/1714 –. Die Antragsteller verkennen, dass in diesem Beschluss be- reits eindeutig zum Ausdruck gebracht wurde, dass der Deutsche Bundestag nicht nur die Durchführung von Zwangssterilisierungen in der Zeit des Nationalsozialis- mus, sondern auch ihre gesetzliche Verankerung für na- tionalsozialistisches Unrecht hält. Wörtlich heißt es hierzu: 1. Der Deutsche Bundestag stellt fest, daß die in dem Gesetz zur Verhütung erbkranken Nach- wuchses vom 14. Juli 1933 vorgesehenen und auf der Grundlage dieses Gesetzes während der Zeit von 1933 bis 1945 durchgeführten Zwangs- sterilisierungen nationalsozialistisches Unrecht sind. 2. Der Deutsche Bundestag ächtet diese Maß- nahmen, die ein Ausdruck der inhumanen natio- nalsozialistischen Auffassung vom „lebensun- werten Leben“ sind. In dem Bericht zu der Beschlussempfehlung – Bun- destagsdrucksache 11/1714 – wird, worauf auch die Bundesregierung in ihrer oben erwähnten Antwort hin- gewiesen hat, weiterhin ausdrücklich festgestellt, dass eine Fortgeltung des Erbgesundheitsgesetzes in der Bun- desrepublik Deutschland nach Art. 123 Abs. 1 GG aus- geschlossen ist, weil dieses Gesetz mit dem Grundgesetz nicht zu vereinbaren ist. Eine förmliche Nichtigerklä- rung dieses Gesetzes, wie bereits damals vom Bünd- nis 90/Die Grünen beantragt, hat der Deutsche Bundes- tag allerdings mangels Gesetzgebungskompetenz des Bundes abgelehnt. Die Bewertung des Erbgesundheitsgesetzes als natio- nalsozialistisches Unrecht ist danach noch in mehreren weiteren Entscheidungen des Deutschen Bundestages bekräftigt worden, zuletzt in den Beratungen zu dem be- reits erwähnten Gesetz zur Aufhebung nationalsozialisti- scher Unrechtsurteile im Jahre 1998. Anträge vom Bündnis 90/Die Grünen, die im Zusammenhang mit die- ser Gesetzgebung erneut eine förmliche Nichtigerklä- rung des so genannten Erbgesundheitsgesetzes durch den Deutschen Bundestag forderten, fanden in den parla- mentarischen Beratungen aus den bereits genannten rechtlichen Gründen wiederum nicht die Unterstützung der anderen Fraktionen. Dass das Bündnis 90/Die Grünen mehrfach die For- derung nach einer Nichtigerklärung des Erbgesundheits- gesetzes durch den Bundesgesetzgeber erhoben hat, könnte dem unbefangenen Beobachter den Eindruck ver- mitteln, dass es sich um ein wirklich ernstes Anliegen dieser Fraktion handelt. In der Regierungszeit der rot- grünen Koalition wurde diese Forderung dann aber im D s c g n w n u r t g n h a g n z m d b m e G B r g z l d h e 3 m e c d e d s a R „ s K M n w e g 6 m 6 (C (D eutschen Bundestag vom Bündnis 90/Die Grünen er- taunlicherweise nicht mehr weiter verfolgt. Die mögli- he Erklärung, dass Sie die Rechtslage mittlerweile be- riffen haben, scheidet allerdings wohl aus, weil Sie, un in der Opposition, die Forderung letztlich erneut, enngleich etwas indirekt formuliert, wieder aufgreifen, achdem Sie sieben Jahre lang die Mehrheit hatten, sie mzusetzen. Der Eindruck, dass es sich bei Ihrem Antrag um einen einen Schaufensterantrag handelt, ist vor diesem Hin- ergrund unvermeidlich. Das scheint Ihnen aber auch ir- endwie selbst bewusst zu sein, weil Sie dieses Mal ja icht direkt die Nichtigkeitserklärung des Erbgesund- eitsgesetzes fordern, sondern die Bundesregierung dazu uffordern, einen Vorschlag zu machen, wie der Gesetz- eber dieser Forderung nachkommen kann. Auch in dieser Wendung macht die Forderung zum ei- en keinen Sinn, weil die Bundesregierung ja bereits vor wei Monaten, wie oben erwähnt, dazu Stellung genom- en und erläutert hat, weshalb eine Nichtigerklärung es Erbgesundheitsgesetzes durch den Bundesgesetzge- er nicht möglich ist. Zum anderen offenbart sie ein erkwürdiges parlamentarisches Selbstverständnis und ine gewisse Hilflosigkeit bei den Antragstellern. Der esetzgeber sind wir selbst, auch Sie! Der Deutsche undestag muss doch auch ohne die Hilfe der Bundes- egierung in der Lage sein, hier zu einer Entscheidung zu elangen. Ihr Antrag ist daher nicht der richtige Weg. Wenn be- üglich der Thematik Erbgesundheitsgesetz noch Hand- ungsbedarf gesehen wird, muss der Deutsche Bundestag iesem auf andere Weise nachkommen. Dr. Carl-Christian Dressel (SPD): Wir wissen eute, dass aufgrund des „Gesetzes zur Verhütung rbkranken Nachwuchses“ vom 4. Juli 1933 nahezu 50 000 bis 360 000 Menschen – möglicherweise noch ehr – zwangssterilisiert wurden. Wenn wir über das rschütternde Thema der Zwangssterilisationen spre- hen, dann müssen wir uns vergegenwärtigen, dass ieses Gesetz die Vorstufe des so genannten Euthanasie- rlasses Adolf Hitlers vom 1. September 1939 darstellt, urch den die NS-Machthaber zu einer Politik des vor- ätzlichen Massenmordes an behinderten Menschen und ll denen übergingen, die nicht ihrem wahnwitzigen assenkonzept einer „arischen Herrenrasse“ und eines reinen Volkskörpers“ entsprachen. Das Wort „rein“ tand dabei für die Eliminierung all jener, die diesem onzept nicht entsprachen. Die Sterilisierung ist einer der härtesten Eingriffe beim enschen. Wer durch das Gesetz und die hierzu erlasse- en Verordnungen als „erbkrank“ bezeichnet wurde, urde einem rücksichtslos durchgeführten Zwangs- ingriff unterworfen, bei dem der Tod zumindest billi- end in Kauf genommen wurde. Annähernd 5 000 bis 000 Frauen und ungefähr 600 Männer starben im Rah- en dieser Zwangssterilisationen. Diese Ungeheuerlichkeiten wurden in den letzten 0 Jahren nur nach anfänglichem Zögern als national- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 5665 (A) ) (B) ) sozialistisches Unrecht anerkannt und haben Wunden geschlagen, die bis heute nicht verheilt sind. Es ist daher richtig, dass der Deutsche Bundestag sich erneut mit die- sem Thema befasst. Ich will aufgrund der jüngsten Landtagswahlergeb- nisse an dieser Stelle ausdrücklich betonen, dass wir nie wieder Bedingungen entstehen lassen dürfen, unter de- nen sich ein System entwickeln kann, das solche schwe- ren Verbrechen von Staats wegen ermöglicht. Es gibt keine Entschädigung, die das Unrecht und das Leid ausgleichen könnte, das ein mörderischer Staat in der Verfolgung seiner verbrecherischen Motive über die betroffenen Menschen und deren Angehörige gebracht hat. Der Antrag, den wir heute beraten, hat meines Erach- tens ein erstrebens- und wünschenswertes Ziel. Es ist je- doch in dieser Form, der Nichtigerklärung des Gesetzes, nicht umsetzbar. Lassen Sie mich begründen, warum ich zu dieser Einschätzung komme: Erstens. Ich halte das Ansinnen, von der Bundesregie- rung einen Vorschlag für eine Nichtigerklärung des Erb- gesundheitsgesetzes zu verlangen, für nicht sachgerecht. Der Bundestag kann das so genannte Erbgesundheits- gesetz nicht für nichtig erklären. Gemäß Art. 123 Abs. 1 des Grundgesetzes gilt vorkonstitutionelles Recht nur fort, „soweit es dem Grundgesetze nicht widerspricht.“ Hierdurch sind die Teile des Erbgesundheitsgesetzes, welche die Zwangsmaßnahmen legalisierten, bereits mit In-Kraft-Treten des Grundgesetzes außer Kraft getreten. Ich betone ausdrücklich, dass „außer Kraft getreten“ be- deutet, dass aufgrund des Art. 123 Grundgesetz dieses Gesetz seit Inkrafttreten des Grundgesetzes in seinen verfassungswidrigen Teilen nicht mehr existiert. Es kann daher – entgegen den Befürchtungen mancher Opferver- bände – unter dem Grundgesetz auch niemals wieder in Kraft gesetzt werden. Auch die offensichtlich lediglich für freiwillige Ein- griffe fortgeltende Vorschrift des § 14 dieses Gesetzes wurde durch das Fünfte Gesetz zur Reform des Straf- rechts vom 18. Juni 1974 aufgehoben. Das Erbgesundheitsgesetz ist daher in sämtlichen Be- stimmungen inexistent. Auch in den Ländern gelten keine Regelungen zum „Erbgesundheitsgesetz“ fort. Eine Nichtigerklärung eines inexistenten Gesetzes ist rechtslogisch jedoch ausgeschlossen. Zweitens. Die Feststellung der Nichtigkeit eines for- mellen Gesetzes ist grundsätzlich dem Bundesverfas- sungsgericht vorbehalten. Das Grundgesetz hat mit Art. 123 die Lösung eines Außer-Kraft-Tretens ab 1949 – und keine rückwirkende Nichtigkeit – gewählt. Hieran ist der Gesetzgeber gebunden. Ich denke, wir sind uns jedoch alle darin einig, dass die Opfer ein Recht darauf haben, dass der Bundestag erneut eine klare Position zu diesem begangenen Unrecht be- zieht. In Ergänzung seiner früheren Maßnahmen und Ent- schließungen zu diesem Thema sollte nun die Ächtung des Gesetzes selbst beschlossen werden. Dies ist bisher nicht geschehen. Bislang wurden lediglich die durchge- f U s B g a a E f b s s n M e s o r r K d e G T d 1 s d g d d a d t D m ß d d Z w d „ E d i b g B (C (D ührten Zwangsmaßnahmen als nationalsozialistisches nrecht geächtet und die entsprechenden Beschlüsse der o genannten Erbgesundheitsgerichte aufgehoben. Ich plädiere dafür, dass wir in den nun folgenden eratungen zu einer Übereinkunft über die Fraktions- renzen hinweg kommen. Die Koalitionsfraktionen er- rbeiten zurzeit einen gemeinsamen Entschließungs- ntrag mit dem Ziel der Ächtung des so genannten rbgesundheitsgesetzes selbst, soweit es die Grundlage ür die Zwangsmaßnahmen darstellte. Für eine möglichst reite Unterstützung und Zusammenarbeit möchte ich chon jetzt werben. Ich lade Sie alle, insbesondere Sie, ehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von den Grü- en, dazu ein, dieses Vorhaben zu unterstützen. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP): it Ihrem Antrag fordern Sie die Bundesregierung auf, inen Vorschlag vorzulegen, wie das Erbgesundheitsge- etz für nichtig erklärt werden kann. Damit verlangen Sie von der Bundesregierung ganz ffensichtlich etwas Unmögliches. Auch wir haben uns mit der Frage einer Nichtigerklä- ung auseinander gesetzt. Ebenso wie die Bundesregie- ung in ihrer Antwort vom 10. August 2006 auf eine leine Anfrage der Fraktion Die Linke sind wir jedoch zu em Ergebnis gekommen, dass das Gesetz zur Verhütung rbkranken Nachwuchses nicht mehr existiert. Soweit die ültigkeit des Gesetzes nicht bereits mit dem In-Kraft- reten des Grundgesetzes endete, ist es durch Art. 8 Nr. 1 es Fünften Gesetzes zur Reform des Strafrechts vom 8. Juni 1974 außer Kraft gesetzt worden. Darüber hinaus ind die in der NS-Zeit erlassenen Sterilisationsentschei- ungen 1998 durch Gesetzbeschluss aufgehoben worden. Ich halte es daher für bedenklich, wenn Sie in der Be- ründung zu Ihrem Antrag schreiben, der Deutsche Bun- estag dürfe nicht den geringsten Zweifel offen lassen, ass das Erbgesundheitsgesetz von Anfang an als nichtig ngesehen werden muss. Auf diese Weise erwecken Sie en Eindruck, es gäbe innerhalb des Deutschen Bundes- ages einen Dissens in der Beurteilung dieses Gesetzes. avon kann – zum Glück – schon lange keine Rede ehr sein. Ich darf in diesem Zusammenhang an die Entschlie- ungen aus den Jahren 1988 und 1994 erinnern, in denen er Deutsche Bundestag unmissverständlich feststellte, ass die auf der Grundlage des Gesetzes durchgeführten wangssterilisationen nationalsozialistisches Unrecht aren, und in denen er diese Maßnahmen als Ausdruck er inhumanen nationalsozialistischen Auffassung vom lebensunwerten Leben“ ächtete. Zweifel, die zu beseitigen wären, sehe ich daher nicht. benso wenig sehe ich, wie gesagt, eine Möglichkeit, as Erbgesundheitsgesetz für nichtig zu erklären. Sollte ch mich irren, bin ich gerne bereit, mich eines Besseren elehren zu lassen. Für diesen Fall aber schlage ich ein emeinsames Vorgehen aller Fraktionen im Deutschen undestag vor. 5666 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 (A) ) (B) ) Für parteipolitische Profilierungsversuche ist dieses Thema denkbar schlecht geeignet. Das gilt, liebe Kolle- ginnen und Kollegen von den Grünen, auch für den Hin- weis auf Ihren Einsatz für die Opfer von Zwangssterili- sierungen. Ich will Ihnen das gar nicht absprechen, genauso wenig wie allen anderen Fraktionen. Ich darf aber daran erinnern, dass Sie Ihr Versprechen aus der Koalitionsvereinbarung von 1998, eine Bundesstiftung „Entschädigung für NS-Unrecht“ auf den Weg zu brin- gen, nicht eingelöst haben. Offenkundig ist es also doch leichter, aus der Oppositionsrolle heraus Anträge zu stel- len, als in einer Regierung gegebene Versprechen einzu- halten. Ulla Jelpke (DIE LINKE): Das Erbgesundheits- gesetz, das der vorliegende Antrag für nichtig erklären will, war ein Ausdruck des nationalsozialistischen Wahns, den so genannten Volkskörper zu „reinigen“. Dieses schändliche Gesetz war der Auftakt zur Euthana- sie; es war der erste Schritt dazu, Zehntausende Men- schen zu ermorden und Hunderttausende zu sterilisieren. Leider muss ich sagen: Das Erbgesundheitsgesetz ist keine abgeschlossene Geschichte. Die Ideologie, die ihm zugrunde lag, existiert fort. Wir erleben es heute noch, dass Menschen andere Menschen für nicht lebenswert erklären oder ihnen das Recht auf ein menschenwürdiges Leben bestreiten. Es ist noch gar nicht so lange her, da hat ein Abgeordne- ter dieses Parlaments öffentlich gefordert, alte Menschen sollten keine künstlichen Hüftgelenke mehr erhalten. Wer nichts mehr produziert, so die menschenverachtende Haltung dieses Abgeordneten, der soll auch keine Leis- tungen der gesetzlichen Krankenversicherung mehr er- halten. Wer so argumentiert, der wird morgen auch bei Herzschrittmachern und anderen lebensnotwendigen Maßnahmen sparen wollen. Wer so argumentiert, maßt sich an, den Wert von Menschen zu prüfen und über ihre Lebenswürdigkeit und Lebensqualität zu entscheiden. Es wäre zu begrüßen, wenn wir solche Haltungen durch die heutige Parlamentsdebatte zurückdrängen könnten. Es hat lange genug gedauert, bis sich in diesem Hause die Ansicht durchgesetzt hat, dass das Erbgesundheits- gesetz nationalsozialistisches Unrecht war. Einwände der Art, die Zwangssterilisierungen hätten dem damaligen Diskussionsstand der Wissenschaft und dem Zeitgeist entsprochen, in anderen Ländern seien auch Menschen zwangssterilisiert worden, haben wir zum Glück hinter uns gelassen. Heute bestreitet niemand, dass kaum ein Gesetz so weitgehend in Zielsetzung und Handhabung war wie das Erbgesundheitsgesetz. Man kann dieses Ge- setz aus dem Zusammenhang der ungeheuren Verbre- chen, die das faschistische Regime begangen hat, nicht herauslösen. Diese Ansicht hat sich auch der Bundestag in seinen Entschließungen der 11. und 12. Wahlperiode zu eigen gemacht. Daraus wurde der richtige Schluss gezogen, dass auch diese Opfer der nationalsozialistischen Verbre- chen Entschädigungen erhalten müssen. s U e w n s G D ( N s G m d e V Z d d G w D V d G g d d f U a g l „ s Z n U U R S E b R s g G f U z „ u s v g w (C (D Deswegen begrüßt die Fraktion Die Linke selbstver- tändlich das Anliegen des vorliegenden Antrags, den nrechtsgehalt dieses Gesetzes durch eine Nichtigkeits- rklärung noch einmal deutlich zu machen. Allerdings ird das im Bundestag über eine politische Erklärung icht hinausgehen können, weil nur das Bundesverfas- ungsgericht die Unwirksamkeit bzw. Nichtigkeit eines esetzes verbindlich feststellen kann. Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): as „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ Erbgesundheitsgesetz) war das erste Rassegesetz des S-Staates. Es wurde bereits am 14. Juli 1933 verab- chiedet und trat im Januar 1934 in Kraft. Die Idee dieses esetzes war durch und durch rassistisch: Die Nazikom- entatoren schrieben über das Gesetz: „Ziel der dem eutschen Volk artgemäßen Erb- und Rassenpflege ist: ine ausreichende Zahl Erbgesunder, für das deutsche olk rassisch wertvoller, kinderreicher Familien zu allen eiten. Der Zuchtgedanke ist Kerngehalt des Rassenge- ankens. Die künftigen Rechtswahrer müssen sich über as Zuchtziel des deutschen Volkes klar sein.“ Dieses esetz brachte unermessliches Leid. 350 000 Menschen urden auf seiner Grundlage zwangsweise sterilisiert. as Erbgesundheitsgesetz bildete den Auftakt für die erfolgung behinderter Menschen, die im Massenmord er so genannten Euthanasie gipfelte. Das Leid der Zwangssterilisierten und „Euthanasie“- eschädigten wurde in Deutschland lange Zeit nicht an- emessen gewürdigt. In den ersten Jahrzehnten nach em Ende des Nationalsozialismus waren die Überleben- en weiter massiver Diskriminierung ausgesetzt. Ihre Ver- olgung wurde nicht als typisch nationalsozialistisches nrecht im Sinne des Bundesentschädigungsgesetzes nerkannt. Erst in den 80er-Jahren wurden Härteregelun- en eingeführt. In den Jahren 2004 und 2005 ist es ge- ungen, die Härteleistungen für Zwangssterilisierte und Euthanasie“-Geschädigte erheblich auszubauen, bei- pielsweise die Leistungen für Personen, die Opfer von wangssterilisierungen wurden. Diese Leistungen kön- en freilich kein wirklicher Ausgleich für das erlittene nrecht sein. Sie sind eine Geste der Anerkennung und nterstützung. Es hat sehr lange gedauert, bis auch die juristische ehabilitierung der Opfer des Erbgesundheitsgesetzes chritt für Schritt vorankam. Die formelle Gültigkeit des rbgesundheitsgesetzes wurde – soweit es Bundesrecht etraf – erst im Jahr 1975 mit dem Fünften Gesetz zur eform des Strafrechts aufgehoben. 1988 hat der Deut- che Bundestag festgestellt, dass die im Erbgesundheits- esetz vorgesehenen und auf der Grundlage dieses esetzes während der Zeit von 1933 bis 1945 durchge- ührten Zwangssterilisierungen nationalsozialistisches nrecht sind. Der Bundestag hat diese Maßnahmen udem in derselben Entschließung geächtet. Mit dem Gesetz zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechts- rteile in der Strafrechtspflege und von Sterilisationsent- cheidungen der ehemaligen Erbgesundheitsgerichte“ on 1998 wurden die Beschlüsse, die von Gerichten auf- rund des „Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nach- uchses“ erlassen worden waren, sämtlich pauschal auf- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 5667 (A) ) (B) ) gehoben. Das waren wichtige Schritte, aber wir sind noch nicht am Ziel angelangt. Die Betroffenen sehen das Unrecht des Erbgesundheitsgesetzes bis heute nicht als ausreichend anerkannt an. Der Bund der „Euthanasie“- Geschädigten und Zwangssterilisierten e. V. ist mit ei- nem Appell an die Fraktionen und Abgeordneten des Deutschen Bundestages herangetreten, „das durch und durch rassistische nationalsozialistische Gesetz zur Ver- hütung erbkranken Nachwuchses endlich und nach über siebzig Jahren aufzuheben und für nichtig zu erklären“. Dieser Appell hat breite gesellschaftliche Unterstützung gefunden. Dafür freue ich mich sehr, denn unsere Gesellschaft steht in der Pflicht, die Opfer von Zwangs- sterilisierung und Massenmord vollständig zu rehabili- tieren, die Überlebenden nach Kräften zu unterstützen und die Erinnerung an das Unrecht wach zu halten. Daher darf nicht der geringste Zweifel bleiben, dass das verbrecherische „Erbgesundheitsgesetz“ als nichtig an- gesehen werden muss. Mit unserem Antrag wollen wir einen Anstoß zur ge- meinsamen Diskussion geben. Wir würden uns sehr freuen, wenn wir im Bundestag gemeinsam mit allen Fraktionen Wege finden, dem Anliegen des Bundes der „Euthanasie“-Geschädigten und Zwangssterilisierten e. V. gerecht zu werden. Wir sind es den Opfern schuldig. Anlage 12 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Doha-Runde wieder beleben – WTO-Generaldirektor als Schlichter einsetzen (Tagesordnungspunkt 22) Erich G. Fritz (CDU/CSU): Es ist sehr bedauerlich, dass die Verhandlungen im Rahmen der Doha-Entwick- lungsrunde der WTO bis auf Weiteres unterbrochen sind. Ich möchte aber gleich zu Beginn betonen, dass die Sus- pendierung der Verhandlungen nicht gleichbedeutend mit dem Ende der Doharunde ist. In der gegenwärtigen Denkpause haben alle Beteilig- ten die Möglichkeit, ihre Verhandlungspositionen zu überprüfen. Die Denkpause darf aber nicht dazu führen, dass bereits vereinbarte Fortschritte und Verhandlungs- ergebnisse verloren gehen. Beides gilt es dringend zu vermeiden. Den im vorliegenden Antrag erhobenen Vorwurf der FDP-Fraktion, Bundeswirtschaftsminister Glos sei in den Dohaverhandlungen wenig aktiv, teilt die CDU/ CSU-Bundestagsfraktion nicht. Erst Mitte September hat Wirtschaftsminister Glos Peter Mandelson in Berlin aufgefordert, die Zeit zu nutzen, damit die Runde wieder in Gang kommt. Im Übrigen berät sich die Bundesregie- rung gegenwärtig mit den EU-Partnern über Möglichkei- ten, die unterbrochenen Verhandlungen schnellstmöglich wieder aufzunehmen und bereits in Hongkong vor allem für die Entwicklungsländer erzielte Ergebnisse wie eine stärker handelsbezogene Entwicklungshilfe sowie den zoll- und quotenfreien Marktzugang für die am wenigs- ten entwickelten Entwicklungsländer zu sichern. a p e w s a c D h s g E f S m m f d S b s E s t Z K G g t d s S C e s s j W m m W d g s w d s t k g m (C (D Die Forderung der FDP, WTO-Generaldirektor Lamy ls Streitschlichter einzusetzen und ein Kompromisspa- ier aus den unterschiedlichen Forderungskatalogen zu ntwerfen, halte ich gegenwärtig aus zwei Gründen für eniger zielführend. Erstens. Es ist immer noch möglich, zu einer kon- truktiven Lösung zu kommen und deshalb immer noch n der Zeit, Hintergrundgespräche zu führen und Chan- en auszuloten. Zweitens. Die Zeiten von GATT-Direktor Arthur unkel waren andere: zwar lagen die Positionen der Ver- andlungspartner auch damals weit auseinander; inzwi- chen hat sich aber nicht nur die Zahl der WTO-Mit- liedstaaten erhöht, sondern auch die Bedeutung und der influss der Entwicklungs- und Schwellenländer. Inso- ern ist die Konsensfindung erschwert. Solange nicht die chlüsselländer Bewegung zeigen, wird ein Kompro- isspapier wenig Zustimmung finden. WTO-Chef Pascal Lamy ist auch so aktiv und be- üht, einen erfolgreichen Abschluss zu erzielen. Lamy ührt viele Hintergrundgespräche. Seine Teilnahme an en Beratungen des Lenkungsausschusses des IWF in ingapur, der die WTO-Mitgliedstaaten aufgefordert hat, is zum Ende des Jahres zu einem erfolgreichen Ab- chluss der Verhandlungen zu kommen, zeigen sein ngagement. Lamy ist ein großartiger Taktiker und hat chon als EU-Handelskommissar in schwierigen Situa- ionen großes Verhandlungsgeschick bewiesen. Priorität aller WTO-Mitgliedstaaten muss es sein, die eit zu nutzen und über Bewegungsmöglichkeiten und ompromisse nachzudenken, damit die Runde wieder in ang kommt. Dies ist umso wichtiger, als ein endgülti- er Abbruch der Doharunde neben wirtschaftlichen mit- elfristig auch politische Folgen hätte: Das Regelsystem er WTO würde nachhaltig in seiner Substanz ge- chwächt, das erfolgreiche Streitschlichtungssystem zum chwanken gebracht. Nicht zuletzt deshalb will die DU während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im rsten Halbjahr 2007 dazu beitragen, den WTO-Streit- chlichtungsmechanismus weiter zu stärken und den Ab- chluss der Dohawelthandelsrunde zu forcieren. Bilaterale Abkommen, wie sie die EU laut ihres üngsten Papiers „Global Europe: Competing in the orld“ verstärkt mit anderen Regionen abschließen öchte, sind nur die zweit- bzw. drittbeste Lösung. Sie achen nur Sinn, wenn sie über den aktuellen Stand der TO hinausgehen und zum Beispiel zur Verabschie- ung von aus den multilateralen Verhandlungen heraus- enommenen Investitionsregeln führen. Ansonsten sind ie mühsam zu verhandeln und bergen die Gefahr, von ichtigen Märkten ausgeschlossen zu bleiben –, weil an- ere schneller waren und früher bessere Verträge ge- chlossen haben. Deshalb gibt es gegenwärtig keine Al- ernative zur Dohawelthandelsrunde. Es gibt vieles, was wir nur gemeinsam durchsetzen önnen. Dabei denke ich zum Beispiel an den Schutz eistigen Eigentums, ein Problem, das Europa vor allem it den Chinesen hat und das Deutschland erfreulicher- 5668 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 (A) ) (B) ) weise zum Thema der am 1. Januar 2007 beginnenden EU- und G-8-Präsidentschaft machen wird. Wie aber geht es in den nächsten Monaten weiter? Da der Fehlschlag überwiegend der innenpolitischen Situa- tion in den USA und damit einhergehender mangelnder Flexibilität – die USA lehnten trotz wiederholter Andeu- tung weiterer Flexibilität beim Agrarmarktzugang durch die EU eine stärkere Kürzung ihrer internen Agrarstüt- zung ab – zugerechnet wird, ist es sinnvoll, die am 7. November stattfindenden Midterm-Kongresswahlen abzuwarten und auf eine Änderung des politischen Kli- mas in den USA zu hoffen. Äußerungen wie die des amerikanischen Landwirtschaftsministers Mike Johanns zeigen noch vorhandenen Verhandlungsspielraum. Johanns hatte im Vorfeld der Konferenz der Cairns- Gruppe Mitte September gesagt: „Wir sind sogar bereit, mehr anzubieten, als wir bis jetzt auf den Tisch gelegt haben – dann, wenn wir deutlich mehr Marktzugang an- geboten bekommen“. Ich bin davon überzeugt, dass die Bundesregierung und die EU-Kommission auf die Amerikaner einwirken und alles tun werden, die WTO und die Handelsrunde wieder zu beleben, bevor im Sommer 2007 das Verhand- lungsmandat des US-Präsidenten ausläuft. Gelingt die Wiederaufnahme der Verhandlungen allerdings nicht bis Ende des Jahres, wird es in 2007 schwierig, an das be- reits Erreichte nahtlos anzuknüpfen. Das Zeitfenster ist also knapp und gibt Anlass zu be- grenztem Optimismus. Die Hoffnung auf einen positiven Abschluss darf aber nicht aufgegeben werden. Schließ- lich sollte allen politisch Verantwortlichen das langfris- tige Interesse an einem stabilen, für Wachstum und Be- schäftigung sorgenden Handelssystem wichtiger sein als kurzfristige, wahltaktisch motivierte Manöver. Sollte am Ende dennoch alle Hoffnung umsonst ge- wesen sein, bleibt der Abschluss von plurilateralen Ab- kommen. Plurilaterale Abkommen würden auf längere Sicht die Chance bieten, branchenspezifische Liberali- sierungen und Themenbereiche, die im WTO-Mitglie- derkreis nicht konsensfähig sind, voranzubringen. Das gilt nicht nur für den umstrittenen Agrarbereich, sondern zum Beispiel auch für Regeln für ausländische Direkt- investitionen. So sind etwa die Rechte deutscher Inves- toren im Ausland, zum Beispiel der Schutz vor Enteig- nung, wenn überhaupt, weitgehend durch bilaterale Regelungen verankert. Durch plurilaterale Investitions- regelungen könnten die Transparenz des Investoren- schutzes erhöht und die Kohärenz zwischen den zahlrei- chen bilateralen Abkommen verbessert werden. Ditmar Staffelt (SPD): Für Deutschland als Export- weltmeister ist ein erfolgreicher Abschluss der Doharunde von vitalem Interesse. Kaum eine andere Volkswirtschaft ist in so hohem Maße exportabhängig wie unsere. Jeder fünfte Arbeitsplatz und jeder dritte In- dustriearbeitsplatz in Deutschland hängt vom Außenhan- del ab. Der Außenhandel ist die Triebfeder für das wirt- schaftliche Wachstum in Deutschland. Allein im vergangenen Jahr stieg der Anteil deutscher Exporte um 7,5 Prozent und damit deutlich schneller als der Binnen- k d s M m n n s D w w M v d t l W w s M ü d D g i l w b K g i r m S r l e S r p l i b k i d K n n d d E l s r ä (C (D onsum. Daher ist auch die Entwicklung des Welthan- els für Deutschland und seine Arbeitsplätze von ent- cheidender Bedeutung. Wir müssen alles in unserer acht stehende tun, um den Welthandel zu fördern, öglichst viele Länder dieser Erde in die WTO aufzu- ehmen und diese an die Standards der Welthandelsorga- isation heranzuführen. In den vergangenen 30 Jahren hat der Welthandel pürbar zugenommen. Der Welthandel wuchs jährlich im urchschnitt rund eineinhalbmal so stark wie das welt- eite Bruttoinlandsprodukt. Diese rasante Entwicklung äre ohne die seit Jahrzehnten verfolgte Politik der arktöffnung nicht denkbar. Profitiert haben hiervon or allem die Industrieländer, aber auch eine Gruppe von amaligen Entwicklungsländern. Sie haben durch die In- egration in den Weltmarkt Wissen gesammelt, Techno- ogien importiert, die Produktivität gesteigert und den ohlstand gehoben, zum Teil mit erheblichem Erfolg, ie uns insbesondere die asiatischen und südamerikani- chen Schwellenländer wie China, Indien, Chile, exiko, Südkorea und Thailand, in denen immerhin ber 2,5 Milliarden Menschenleben, zeigen. Gerade vor em Hintergrund dieser aufstrebenden Länder, ist es für eutschland von besonderem Interesse, das WTO-Re- ime auf eine breitere Basis zu stellen, um später nicht ns Hintertreffen zu geraten. Die Alternative zur WTO wäre ein Sammelsurium bi- ateraler Abkommen, bei dem jeder in dieser Welt täte, as er wollte. Es gäbe keine Auflagen, Bürokratie abzu- auen, Good Governance zu praktizieren und gegen orruption und für Transparenz einzutreten. Gleiches ilt für die Möglichkeiten, Sozial- und Umweltstandards n den aufstrebenden Schwellenländern zu implementie- en. Mit dem Verhandlungsstopp der Doharunde ist der ultilaterale Ansatz in Gefahr. Mit einem möglichen cheitern der Welthandelsrunde würden vermehrt bilate- ale Verträge geschlossen. In Asien besteht ein erhebliches Interesse an bilatera- en Handelsabkommen, weil Japan und die USA bereits in solches abgeschlossen haben. Die MERCOSUR- taaten sind ebenfalls an bilateralen Verhandlungen inte- essiert. Insgesamt besteht die Gefahr, dass ein handels- olitischer Flickenteppich entsteht. Deutschland hat bis- ang auf multilaterale Verhandlungen gesetzt, da nsbesondere die am wenigsten entwickelten Länder bei ilateralen Verhandlungen benachteiligt sind. Sie haben aum eine Möglichkeit, durch strategische Allianzen hre Verhandlungsposition ausreichend zu stärken. Um ies zu vermeiden gilt es nun, die Doharunde mit aller raft voranzubringen. Sollte die Doharunde tatsächlich scheitern – was ich icht hoffen möchte –, sind auch die Verhandlungsergeb- isse gefährdet, die bereits in Hongkong vereinbart wur- en. Während der Welthandelsrunde in Hongkong wur- en substanzielle Verbesserungen für die Industrie- und ntwicklungsländer erreicht. Gerade für die Entwick- ungsländer hat Deutschland eine wichtige Rolle ge- pielt. Wie auch in den letzten Jahren hat unsere Bundes- egierung darauf Wert gelegt, auch die Interessen der rmsten Länder zu vertreten. So haben die Europäer in Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 5669 (A) ) (B) ) Hongkong bei den umstrittenen Agrarfragen weit rei- chende Zugeständnisse gemacht und sich verpflichtet, die Exportsubventionen im Agrarbereich bis 2013 voll- ständig abzuschaffen. Darüber hinaus wurde die von Deutschland angesto- ßene „Everything but arms“-Initiative auf alle Industrie- staaten ausgeweitet. Das bedeutet, den am wenigsten entwickelten Ländern, wird der zoll- und quotenfreie Zugang zu den Märkten der Industrieländer gewährt. Und nicht zuletzt wurde eine Einigung bei TRIPS er- zielt, nach der Entwicklungsländern der Zugang zu Prä- paraten gegen Massenepidemien wie Aids und Malaria erleichtert wird. Auf der anderen Seite profitiert Deutschland von den Beschlüssen, die in Hongkong ge- troffen wurden. Besonders wichtig ist, dass in einer Ministererklärung festgelegt wurde, den Zollabbau für Industriegüter nach einer Schweizer Formel durchzufüh- ren. Das bedeutet, höhere Zölle werden stärker gesenkt als niedrigere. An dieser Stelle muss ich noch einmal ausdrücklich betonen: Ich wünsche mir, dass sich nun unsere amerika- nischen Freunde in der Pflicht sehen. Es geht nicht, dass eines der wirtschaftlich stärksten Länder gegenüber Drit- ten stets hohe Standards fordert und selbst minimalis- tisch nur das tut, was seinem eigenem Interesse dient. Hier brauchen wir Bewegung von den Vereinigten Staa- ten von Amerika. Ein gutes Beispiel ist der völlige Mangel an Bereit- schaft, sich in Fragen der internen Agrarbeihilfen auch nur einen Zentimeter zu bewegen – sie 2002 sogar noch aufstockten –, während die EU bereit ist, die eigenen Ex- portsubventionen abzubauen, um die Doharunde nicht zu gefährden. Gleiches gilt für den Klimaschutz. Wie soll ich es ei- nem kleinem Entwicklungsland vermitteln, etwas für Klimaschutz und Umwelt zu tun, während die Amerika- ner genau das Gegenteil von dem tun, was in allen ande- ren Industrienationen dieser Welt getan wird. Ähnliches gilt für die großen Schwellenländer, die einerseits stark vom Welthandel profitieren, aber gleichzeitig ihre Indus- trie- und Dienstleistungsmärkte unverhältnismäßig stark schützen oder intern stützen. Hier gilt es Industriezölle zu senken, den Dienstleistungssektor zu öffnen und das geistige Eigentum besser zu schützen. Aber auch die Europäer, insbesondere die Regierun- gen, die landwirtschaftliche Interessen vertreten – wie Frankreich, Spanien und Irland – müssen sich den be- rechtigten Interessen der Schwellen- und Entwicklungs- länder stärker öffnen und den Import von landwirtschaft- lichen Importen verbreitern helfen. Die Bundesregierung muss mit aller Kraft die Do- harunde wieder beleben und zu einem abschließenden Abkommen gelangen. Eine gute Gelegenheit hierfür bie- tet sich während der EU-Ratspräsidentschaft und in der Zeit des deutschen G-8-Vorsitzes im kommenden Jahr. Bei aller öffentlichen Kritik an der WTO ermöglicht ein multilaterales Handelsregime allen Seiten die größten Wohlfahrtsgewinne. Regionale und bilaterale Freihan- d d s d s l F m V w E s W h w w k d a z n d l F n l S t S m g d b d t b p J S l D e d s W n u H v b r U n l (C (D elsabkommen hingegen gefährden den freien Welthan- el und die Entstehung von Wohlstand weltweit. Sollte es nicht möglich sein, die Donarunde zum Ab- chluss zu bringen, muss zumindest – gerade im Sinne er Entwicklungsländer – das bisher Erreichte verab- chiedet werden. Bilaterale Abkommen sollten erst die etzte aller Möglichkeiten sein und müssten im Fall der älle, so gestaltet sein, dass sie WTO-konform sind und ultilateral erweitert werden könnten. Doch bei aller erantwortung für die Staaten der Dritten Weit dürfen ir nicht vergessen, dass bei allem, was mit WTO und xport zu tun hat, auch unsere Arbeitsplätze und Interes- en betroffen sind. Dafür müssen wir in einer geeigneten eise offensiv eintreten. Gudrun Kopp (FDP): Die Doharunde der Welt- andelsorganisation WTO ist in sehr schwieriges Fahr- asser geraten. Nicht nur sind die Verhandlungen bis auf eiteres abgebrochen worden. Schlimmer noch, aktuell ann man sich des Eindrucks auch nicht erwehren, dass as ganze Thema von vielen wichtigen Akteuren bereits ufgegeben wurde. Dieser Eindruck drängte sich nicht uletzt bei den jüngsten Äußerungen von Wirtschaftsmi- ister Glos auf, der offen einer weiteren Bilateralisierung es Welthandels das Wort redet. Auch die Bundeskanz- erin fantasiert lieber öffentlich über transatlantische reihandelszonen, als ihren Einfluss für eine Wiederauf- ahme der Dohagespräche geltend zu machen. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Selbstverständ- ich ist es richtig, sich für den Fall eines endgültigen cheiterns zu positionieren und dann entsprechende bila- erale Vereinbarungen zu treffen. Es ist aber das falsche ignal, dies jetzt zu tun, nur weil viele Beobachter nicht it weiteren Fortschritten vor den amerikanischen Kon- resswahlen rechnen. Vielmehr ist es grob fahrlässig, iese Zeit einfach verstreichen zu lassen. Die FDP unter- reitet deshalb heute den Vorschlag, den Generaldirektor er WTO, Pascal Lamy, offiziell als Schlichter zu beauf- ragen, um die Doharunde doch noch zum Abschluss zu ringen. Gerade Deutschland als größte Exportnation der Welt rofitiert von offenen Märkten. Der Export leistet seit ahren einen erheblichen Wachstumsbeitrag und gleicht chwächen in der Binnenkonjunktur zum Teil aus. Al- ein im Jahre 2005 hat die Bundesrepublik Waren und ienstleistungen im Wert von rund 786 Milliarden Euro xportiert. Jeder dritte Arbeitsplatz in Deutschland hängt irekt oder indirekt von den Erfolgen der Exportwirt- chaft ab. Umgekehrt sorgen offene Importmärkte für ohlstandsgewinne im Inland, weil Kostenvorteile ge- utzt werden können: Unternehmen können Rohstoffe nd Vorleistungsprodukte günstig einführen. Die privaten aushalte profitieren von niedrigen Preisen und einer ielfältigen Güterauswahl. Die Weltbank beziffert die glo- alen Einkommenseffekte einer vollständigen Liberalisie- ung unter der Doharunde bis 2015 auf 461,2 Milliarden S-Dollar. Vor diesem Hintergrund wäre es unverantwortlich, icht alles zu unternehmen, um ein Scheitern des multi- ateralen Ansatzes in den internationalen Welthandels- 5670 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 (A) ) (B) ) beziehungen zu verhindern. Angesichts der festgefahre- nen Situation aber erscheint ein Fortsetzen der Arbeitsgruppengespräche zum gegenwärtigen Zeitpunkt als inopportun. Vielmehr sollte die internationale Ge- meinschaft die jetzt entstandene Pause wirken lassen, um den einen oder anderen Verhandlungspartner reali- sieren zu lassen, was auch er zu verlieren hat, aber gleichzeitig an einem Konzept arbeiten, das die bisheri- gen Fortschritte aufnimmt und sie um neue Impulse be- reichert. Dies kann nach Lage der Dinge nur ein „Honest Bro- ker“ tun, der nicht nur die Verhandlungen intensiv be- gleitet hat und somit auch die einzelnen Positionen sehr genau kennt, sondern auch das notwendige Maß an Un- abhängigkeit verkörpert. Schon einmal – während der Uruguayrunde – waren die Verhandlungen unterbrochen worden und nur durch den Einsatz eines Schlichters wie- der in die Erfolgsspur zurückgeführt worden. Der Durchbruch bei der Uruguayrunde wird heute maßgeblich dem so genannten Dunkel-Draft zugeschrie- ben. Damals ergriff der GATT-Direktor Arthur Dunkel die Initiative und stellte ein Papier aus den unterschied- lichen Forderungskatalogen der Mitgliedstaaten zusam- men, das trotz anfänglicher massiver Widerstände und Proteste der Mitgliedstaaten schließlich als Verhand- lungsgrundlage diente. In Anbetracht der festgefahrenen Verhandlungen und der bald auslaufenden Handelsvoll- macht des US-Präsidenten könnte auch diesmal ein sol- ches von der WTO erstelltes Papier neuen Schwung in die Verhandlungen bringen. Die FDP fordert deshalb die Bundesregierung auf, sich auf internationaler und europäischer Ebene für ein Schlichtungsmandat des WTO-Generalsekretärs einzu- setzen, der in diesem Rahmen einen Kompromiss- vorschlag in kurzer Frist erarbeiten soll, der dann als Verhandlungsgrundlage für eine Wiederaufnahme der Doharunde dienen kann. Gerade aus deutscher Perspektive wäre alles andere als ein erfolgreicher Abschluss der Runde immer nur die zweitbeste Lösung. Langfristig können Entwicklungs- und Industrieländer nur von einer freihändlerischen Struktur der Weltmärkte gemeinsam profitieren. Hierfür lohnt es sich zu kämpfen. Ulla Lötzer (DIE LINKE): Die Aussetzung der WTO-Verhandlungen ist kein Rückschlag, sondern sie bietet eine neue Chance, substanzielle Angebote für eine tatsächliche „Entwicklungsrunde“ auf den Tisch zu legen. Ihr Antrag, werte Kolleginnen und Kollegen der FDP, ist wieder einmal ein Beispiel dafür, mit welch ein- facher Ideologie Sie ihr Freihandels-Credo begründen. „Freier Handel gleich Freiheit; mehr Handel gleich mehr Wohlstand“, so einfach ist Ihre Gleichung. So simpel ist die Welt aber nicht. Theoretisch ist richtig, dass sich Absatzchancen für Produkte aus den Entwicklungsländern durch einen verbesserten Marktzugang erhöhen ließen. In der Praxis bedürfte dies aber einer Regulierung und positiven Dis- kriminierung und keinen reinen Freihandel. Denn eine r A d B f u t w f d p K d w n R g „ h R d M u d n N m n f t k m s F F w u b L l L S r V g B w s t s r h d t G w a u (C (D eine Liberalisierung mit gleichen Konditionen für alle kteure lässt unterschiedliche Entwicklungs- und Pro- uktivitätsniveaus völlig außer Acht. Die industrielle asis für die gleichberechtigte Teilhabe am Welthandel ehlt vielen Ländern, sodass der weltweite Wettbewerb nd Handel unter ungleichen Partnern stattfindet. Nega- ive Effekte bis hin zur Deindustrialisierung der Ent- icklungsländer können die Folge sein. Oder der Handel indet gar nicht statt, da den Ländern sowohl die Pro- ukte für den Export als auch die Kaufkraft für den Im- ort fehlt. Globalisierung bedeutet eben nicht, dass das apital in den letzten Winkel der Erde fließt, sondern ass es dahin geht, wo die höchsten Profitraten erzielt erden können, einschließlich der Vernichtung von we- iger profitablem Kapital. Auch bei der Frage Investitionsschutz, die in der WTO- unde nach dem Scheitern von Cancun in den Hinter- rund getreten ist, die aber in der neuen EU-Strategie Global Europe“ mit einer neuen Welle bilateraler Frei- andels- und Investitionsschutzabkommen eine neue olle spielt, stehen wir vor ähnlichen Problemen. Seit en 90er-Jahren haben viele Entwicklungsländer ihre ärkte für ausländische Direktinvestitionen geöffnet nd deren Anforderungen angepasst. Dies führte dazu, ass eine große Anzahl der Exportaktivitäten von trans- ationalen Unternehmen kontrolliert werden, die den utzen steigender Exportgewinne für sich vereinnah- en. Das UNDP stellt fest, das höhere Exportpreise icht in höhere Löhne in den Entwicklungsländern ließen, sondern in einen größeren Gewinnanteil der ransnationalen Unternehmen. Umgekehrt würden sin- ende Exportpreise nicht in eine Senkung der Gewinn- argen, sondern in niedrige Löhne umgesetzt werden, iehe „Trade and Development Report 2005“. Für eine örderung des Wohlstandes in der Welt ist der reine reihandel kein Segen, sondern ein Fluch. Unabhängig vom Fortgang der WTO-Runde fordern ir die Industrieländer auf, ihre Zusage von Hongkong mzusetzen und die Agrarexportsubventionen abzu- auen. Derzeit werden mittels Exportsubventionen reicher änder die Agrarmärkte der Entwicklungsländer mit bil- igen Produkten überschwemmt und deren heimische andwirtschaft in den Ruin getrieben. Der Abbau dieser ubventionen ist ein notwendiger Schritt zur Reduzie- ung der Armut. Die von den Industrieländern geforderte erknüpfung von Fortschritten im Agrarbereich an Zu- eständnisse der Entwicklungs- und Schwellenländer im ereich der Industriegüter oder Dienstleistungsmärkte ar von Anfang an falsch und für eine Entwicklungsper- pektive schädlich. Gerade in der Landwirtschaft führt die Exportorien- ierung in den Entwicklungsländern zu drastischen Um- trukturierungen und dem Verlust der Ernährungssouve- änität. Aus der Produktion von Nahrungsmitteln für den eimischen Bedarf wird der Anbau von Produkten für en Export in Monokulturen und die Abhängigkeit von ransnationalen Saatgut- und Agrochemiekonzernen. rundnahrungsmittel müssen importiert und gekauft erden. Entweder können die bäuerlichen Kleinbetriebe uf industrielle Produktion umstellen oder sie werden nwirtschaftlich und müssen aufgeben. Verelendung und Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 5671 (A) (C) (B) ) Landflucht sind die Folge. Die Einsicht in die verheeren- den Folgen für die Subsistenzlandwirtschaft hat die indi- sche Regierung veranlasst, ihre Industrievertreter bei den Rufen nach Freihandel zurückzurufen. Das Entscheidende für einen Fortgang der WTO-Ver- handlungen ist also nicht, dass der Generaldirektor als Schlichter eingesetzt wird, sondern dass ein neuer Ver- handlungsvorschlag die Entwicklungsinteressen der Ent- wicklungs- und Schwellenländer, die auch manchmal durchaus im Widerspruch zueinander stehen können, im die Bundeskanzlerin im Nachgang zu Petersburg deut- lich auf die Notwendigkeit hingewiesen hätte, Agrarsub- ventionen zu kürzen und so für eine kohärente Politik zu werben, eine Politik, die dem Exportweltmeister Deutschland angemessen ist und die die Förderung der Entwicklung begünstigt. Stattdessen – ich habe gedacht, ich lese nicht richtig – bringt die Kanzlerin eine deutsch-amerikanische Frei- handelszone auf die Agenda der politischen Debatte und bezeichnet diese Idee auch noch als faszinierende Idee. Blick hat. Margareta Wolf (Frankfurt) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Lassen Sie mich mit einer Vorbemerkung beginnen: Es ist bedauerlich, dass diese Debatte über die Zukunft der Doharunde zu nachtschlafender Zeit in die- sem Haus stattfindet. Das wird der Komplexität und der Herausforderung, die die Doharunde darstellt nicht ge- recht. Die Staats- und Regierungschefs hatten beim G-8- Gipfel in Petersburg am 16./17. Juli dieses Jahres verein- bart, bis Mitte August dieses Jahres die Einigung über die Eckpunkte der Marktöffnung im Agrar- und Indus- triegüterhandel nachzuholen. Dennoch wurden die Ver- handlungen im Rahmen der Doha Development Agenda Ende Juli bis auf weiteres unterbrochen. Erneut hat in der WTO der Schwanz mit dem Hund gewackelt. Wieder waren es die Agrarfragen, an denen die Verhandlungen entgleisten. Agrarprodukte machen weniger als 10 Prozent des Welthandels aus – mit rapide sinkender Tendenz. Das zeigt, die Bedeutung des Agrar- sektors als Konfliktpotenzial ist überproportional, um es elegant auszudrücken. Es mehren sich die Stimmen, die nicht mehr ausschlie- ßen, dass die Doharunde gänzlich scheitern könnte, weil sich im Agrarhandel keine Einigung erzielen lässt. Der Schaden für die Weltwirtschaft und für die Architektur der multilateralen Institutionen wäre gewaltig. Und er würde durch nichts aufgewogen. Im Gegenteil, in den Agrarverhandlungen der Doharunde wird über die Poli- tik von gestern gestritten, nicht übertragfähige Strategien für die Agrarpolitik der Zukunft. Ich hätte mir gewünscht, dass die Bundesregierung den Dohaprozess nicht dreistimmig durch Seehofer, Glos und Heidi Wieczorek begleitet hätte, mit der Folge, dass sie keine wirklich gestaltende Rolle spielt. Ich hätte mir auch gewünscht, dass die Bundesregierung nicht auf Positionen von gestern beharrt, nur um vor den heimi- schen Lobbys zu punkten. Ich hätte mir gewünscht, dass N s d d v G V z h f B S d l s d u d l f b d F i v r i a r m M b S u d h (D icht nur, dass diese Idee niemand in der EU ge- chweige denn in den USA für faszinierend hält, nein, urch die Platzierung der Idee hat die Bundesregierung as Signal gesetzt, sie wolle sich vom Multilateralismus erabschieden – das in einer Zeit, wo man sich weltweit edanken über den Fortbestand der WTO macht, und im orfeld der EU-Ratspräsidentschaft und des G-8-Vorsit- es. Ich unterstütze das Anliegen des zur Diskussion ste- enden Antrages. Wir müssen die WTO stärken und dür- en sie nicht schwächen. Deshalb erwarte ich von der undesregierung nach den völlig abwegigen visionären pielchen der letzten Wochen im Vorfeld der G 8, ein eutliches Signal in Richtung Doharunde. Aber meine ieben Kolleginnen und Kollegen von der FDP, wenn wir agen, wir müssten das multilaterale System stärken, ann geht es nicht nur um eine Mehrung der Chancen für nser Land. Es geht darum, Fortschritte auf dem Gebiet es Handels für alle zu erzielen. Das Ziel der Entwick- ungshilfe besteht darin, Länder zur Entwicklung zu be- ähigen. Wenn sie keine faire Chance erhalten, am Wett- ewerb auf den Weltmärkten, einschließlich der Märkte er reichen Länder und einschließlich der Märkte für ertigerzeugnisse, teilzunehmen, werden sie dazu nicht n der Lage sein. Ich unterstütze die Forderung in dem orliegenden Antrag nach Beauftragung des Generaldi- ektors der WTO als Schlichter ausdrücklich. Die ernsten Rückschläge bei den Dohaverhandlungen n Genf haben einige Teilnehmer zu der Erwägung ver- nlasst, sich mit weniger als einer echten Entwicklungs- unde zufrieden zu geben. Das darf nicht geschehen. Wir üssen weiter die Entschlossenheit und den politischen ut aufbringen, die notwendig sind, um die Gespräche is Ende des Jahres zum Abschluss zu bringen. Dieses ignal muss die Bundesregierung im Vorfeld von G 8 nd EU-Präsidentschaft setzen. Es wäre fatal, auch für das Ansehen unseres Landes in er Entwicklungsrunde, wenn die Vision von der Frei- andelszone weiter in der Debatte bliebe. 57. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9 Anlage 10 Anlage 11 Anlage 12
Gesamtes Protokol
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605700000

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Sitzung ist eröffnet.

Interfraktionell ist vereinbart worden, die verbundene
Tagesordnung um die in der Zusatzpunktliste aufgeführ-
ten Punkte zu erweitern:

ZP 1 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der FDP: Finan-
zielle Folgen für Beitragszahler und Patienten bei Ver-
wirklichung des von der Koalition vorgelegten Gesetzes
zur Gesundheitsreform

(siehe 56. Sitzung)


ZP 2 Beratung des Antrags der Fraktion des BÜNDNISSES 90/
DIE GRÜNEN
Für eine Wiederbelebung des nuklearen Abrüstungspro-
zesses im Rahmen der deutschen EU- und G-8-Präsident-
schaft
– Drucksache 16/3011 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss

ZP 3 Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren

(Ergänzung zu TOP 30)

a) Entwurf eines Gesetzes der Abgeordneten Jan Mücke,

Horst Friedrich (Bayreuth), Patrick Döring, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion der FDP
Entwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung und Be-
schleunigung von Zulassungsverfahren für Verkehrs-
projekte

Redet
– Drucksache 16/3008 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Tourismus

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Matthias
Berninger, Grietje Bettin und der Fraktion des BÜNDNIS-
SES 90/DIE GRÜNEN
PC-Gebühren-Moratorium verlängern
– Drucksache 16/2793 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft un
Verbraucherschutz

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten H
Otto (Frankfurt), Christoph Waitz, Dr. Karl A
terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

(C (D ung 19. Oktober 2006 1 Uhr Keine Rundfunkgebühr für Computer mit Internetanschluss – Die Gebührenfinanzierung des öffentlichrechtlichen Rundfunks grundlegend reformieren – Drucksache 16/2970 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Kultur und Medien Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz d)

Alexander Bonde, Anna Lührmann, weiterer Abgeordne-
ter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-
NEN
Haushaltskonsolidierung konsequent anpacken – Haus-
haltsgesetzgebung reformieren
– Drucksache 16/2998 –
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss

e) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Volker
Wissing, Frank Schäffler, Dr. Hermann Otto Solms, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Mehrwertsteuersatz für apothekenpflichtige Arznei-
mittel
– Drucksache 16/3013 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss

ext
ZP 4 Weitere abschließende Beratungen ohne Aussprache

(Ergänzung zu TOP 31)

Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten
Cornelia Behm, Undine Kurth (Quedlinburg), Hans-Josef
Fell, weiteren Abgeordneten und der Fraktion des BÜNDNIS-
SES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Ersten
Gesetzes zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes

(Urwaldschutzgesetz)

– Drucksache 16/961 –
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Um-
welt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (16. Ausschuss)

– Drucksache 16/2880 –
Berichterstattung:

te Josef Göppel
er
runkhorst

g-Schröter
ehm
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ans-Joachim
ddicks, wei-

Abgeordne
Dirk Beck
Angelika B
Eva Bullin
Cornelia B






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
ZP 5 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktionen der LINKEN
und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Neue Armut in
Deutschland – Die aktuelle Diskussion um so genannte
Unterschichten

ZP 6 Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU und der
SPD

EU-Beitritt Bulgariens und Rumäniens zum Erfolg führen

– Drucksache 16/2997 –

Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union (f)

Petitionsausschuss
Auswärtiger Ausschuss
Innenausschuss
Sportausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für Tourismus
Ausschuss für Kultur und Medien

ZP 7 Beratung des Antrags der Abgeordneten Holger Haibach,
Erika Steinbach, Carl-Eduard von Bismarck, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeord-
neten Dr. Herta Däubler-Gmelin, Christoph Strässer, Niels
Annen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen – Wirk-
samkeit sichern und Glaubwürdigkeit schaffen

– Drucksache 16/3001 –

ZP 8 Beratung des Antrags der Abgeordneten Volker Beck (Köln),
Birgitt Bender, Dr. Uschi Eid, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Menschenrechte in Zentralasien stärken

– Drucksache 16/2976 –

Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe (f)

Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung

ZP 9 Beratung des Antrags der Abgeordneten Grietje Bettin,
Dr. Uschi Eid, Ekin Deligöz, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Für eine verbraucherfreundliche und Qualität sichernde
EU-Richtlinie für audiovisuelle Mediendienste

– Drucksache 16/2977 –

Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

ZP 10 Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Protokoll vom
1. Juni 2006 zur Änderung des am 29. August 1989 unter-
zeichneten Abkommens zwischen der Bundesrepublik
Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika
zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhin-
derung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern

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(C (D vom Einkommen und vom Vermögen und einiger anderer Steuern – Drucksachen 16/2708, 16/2956 – – Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses – Drucksache 16/3012 – Berichterstattung: Abgeordnete Manfred Kolbe Lothar Binding – Bericht des Haushaltsausschusses § 96 der Geschäftsordnung – Drucksache 16/3031 – Berichterstattung: Abgeordnete Jochen-Konrad Fromme Carsten Schneider Otto Fricke Michael Lentert Anja Hajduk ZP 11 Beratung des Antrags der Abgeordneten Peter Hettlich, Winfried Hermann, Dr. Anton Hofreiter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Keine 60-Tonnen-Lkw auf deutschen Straßen – Drucksache 16/2990 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union ZP 12 Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze bei innergemeinschaftlichen Verstößen – Drucksache 16/2930 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Innenausschuss Rechtsausschuss ZP 13 Beratung des Antrags der Abgeordneten Brigitte Pothmer, Kerstin Andreae, Matthias Berninger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Arbeit in Armut verhindern – Drucksache 16/2978 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ZP 14 Beratung des Antrags der Abgeordneten Brigitte Pothmer, Ulrike Höfken, Kerstin Andreae, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Qualifizierung statt Quoten – Vermittlungsagenturen für landwirtschaftliche und andere grüne Berufe – Drucksache 16/2991 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Die Tagesordnungspunkte 25 – Beschleunigung von lanungsverfahren – und 30 o – Elektronischer Gechäftsverkehr – werden abgesetzt. Der Tagesordnungsunkt 15 – dabei handelt es sich um mehrere Vorlagen ur Terrorismusbekämpfung – wird morgen nach dem agesordnungspunkt 24 aufgerufen. Von der Frist für en Beginn der Beratungen soll, soweit erforderlich, abewichen werden. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms Schließlich mache ich auf zwei geänderte Ausschussüberweisungen im Anhang zur Zusatzpunktliste aufmerksam: Der in der 54. Sitzung des Deutschen Bundestages überwiesene nachfolgende Gesetzentwurf soll zusätzlich dem Rechtsausschuss überwiesen werden. Jahressteuergesetz 2007 – Drucksache 16/2712 – Überweisungsvorschlag: Finanzausschuss Rechtsausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Haushaltsausschuss mitberatend und gemäß § 96 GO Die Federführung für den in der 54. Sitzung des Deutschen Bundestages überwiesenen nachfolgenden Gesetzentwurf soll nunmehr auf den Haushaltsausschuss Zweites Gesetz zur Änderung des Aufbauhilfefondsgesetzes – Drucksache 16/2704 – Überweisungsvorschlag: Haushaltsausschuss Finanzausschuss Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Sind Sie mit diesen Vereinbarungen einverstanden? – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 3 a und 3 b sowie Zusatzpunkt 2 auf: 3 a)


(7. Ausschuss)





(A) )


(B) )


(8. Ausschuss) übergehen.

gierung

Bericht der Bundesregierung zum Stand der Be-
mühungen um Rüstungskontrolle, Abrüstung und
Nichtverbreitung sowie über die Entwicklung

(Jahresabrüstungsbericht 2004)


– Drucksache 15/5801 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung

b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-
gierung

Bericht der Bundesregierung zum Stand der Be-
mühungen um Rüstungskontrolle, Abrüstung und
Nichtverbreitung sowie über die Entwicklung der

(Jahresabrüstungsbericht 2005)


– Drucksache 16/1483 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

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(C (D Verteidigungsausschuss Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung P 2 Beratung des Antrags der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Für eine Wiederbelebung des nuklearen Abrüstungsprozesses im Rahmen der deutschen EUund G-8-Präsidentschaft – Drucksache 16/3011 – Überweisungsvorschlag: Auswärtiger Ausschuss Zum Jahresabrüstungsbericht 2005 liegt ein Entchließungsantrag der Fraktion Die Linke vor. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für ie Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. Sind Sie amit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist so bechlossen. Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner hat der ollege Rolf Mützenich von der SPD-Fraktion das Wort. Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und ollegen! Es gibt keinen Zweifel: Der nordkoreanische tomwaffentest ist eine gefährliche Provokation und ein rrsinn. Wir verurteilen das Verhalten Nordkoreas. eshalb müssen wir heute Morgen über die nordkoreaniche, aber auch über die iranische Atomkrise sprechen. ir sollten allerdings ebenso deutlich machen: Abrüsung und Rüstungskontrolle gehören insgesamt wieder uf die internationale Tagesordnung. (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der SPD)

Dr. Rolf Mützenich (SPD):
Rede ID: ID1605700100

(Beifall im ganzen Hause)


ine effektive Rüstungskontrolle muss erneut zum Ord-
ungsprinzip der internationalen Beziehungen werden.

Vertraglich vereinbarte Rüstungsbeschränkung kann
ie Welt sicherer machen. Während des Kalten Krieges
rug eine effektive Rüstungskontrolle maßgeblich zur
riegsverhütung und zur Vertrauensbildung bei. Sie

chuf den Rahmen für Kooperation und friedlichen Wan-
el.

Abrüstung und Rüstungskontrolle waren aber nicht
ur im Kalten Krieg ein angemessenes Instrument. In
einem Schatten wurden auch eine Reihe regionaler Rüs-
ungskontrollverträge beschlossen. Diese Abkommen er-
eichterten die regionale Zusammenarbeit und schufen
in Gefühl gemeinsamer Sicherheit. Abrüstung trug
azu bei, vormalige Bürgerkriegsgesellschaften zu stabi-
isieren. So wurden mit dem Vertrag von Dayton
egenseitige Abrüstungsschritte im ehemaligen Jugosla-
ien vereinbart. Auch in El Salvador und in Kambod-

cha wurde der Friedensprozess durch die Vernichtung
on Waffenbeständen unterstützt.






(A) )



(B) )


Dr. Rolf Mützenich
Doch nicht mehr nur Regierungen beeinflussen die
Rüstungskontrolle. Ohne die Bürgerinnen und Bürger in
den so genannten Nichtregierungsorganisationen wäre
das Landminenabkommen niemals in Kraft getreten.
Das war ein bedeutendes Signal.

Seit einigen Jahren gibt es jedoch so gut wie keine
Fortschritte mehr. Der Rüstungskontrollprozess tritt auf
der Stelle. Diese Krise ist allerdings nicht das Ergebnis
einer veralteten Idee. Im Gegenteil: Das Konzept der
Rüstungskontrolle ist modern und anpassungsfähig. Die
eigentliche Ursache für das Ausbleiben weiterer Fort-
schritte ist der fehlende politische Wille in wichtigen
Ländern.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die USA haben sich aus den großen Verträgen zu-
rückgezogen. Neue Vereinbarungen wurden ignoriert;
Verbesserungen wurden blockiert. Russland behindert
die Umsetzung der konventionellen Abrüstung in Eu-
ropa. Frankreich und Großbritannien modernisieren wie
auch die anderen Kernwaffenstaaten ihre nuklearen Ar-
senale. Neue Sicherheitsdoktrinen weisen Kernwaffen
eine frühzeitige Einsatzmöglichkeit zu. Weltweit steigen
die Rüstungsausgaben und – dies sage ich selbstkritisch
auch an unsere Adresse – Rüstungsexporte haben wieder
Konjunktur. Weitere Gefahren sind die unkontrollierte
Verbreitung von Trägerraketen und die unsichere Lage-
rung von hoch angereichertem Uran in zu vielen Län-
dern. Und nicht zu vergessen: Zwischen den Atommäch-
ten Indien und Pakistan gibt es noch immer kein
belastbares Abkommen.

Diese Krisen zeigen deutlich: Wir brauchen neue An-
strengungen zur Rüstungsbegrenzung und Abrüstung.
Dabei müssen wir sowohl die lokalen als auch die globa-
len Bedingungen beachten und verändern. Beide Ebenen
stehen in einem Zusammenhang.

Im Atomkonflikt mit dem Iran müssen wir weiter-
hin konstruktiv, geschlossen und beharrlich an einer Lö-
sung arbeiten. Der Versuch, den Streit in Verhandlungen
zu lösen, war und bleibt richtig. Dass jetzt auch Sanktio-
nen von den Vereinten Nationen beschlossen werden sol-
len, signalisiert nicht das Scheitern der Diplomatie. Die-
ser Schritt ergänzt vielmehr die bisherige Strategie. Der
Iran muss seine Verstöße beenden, die Unklarheiten über
sein Atomprogramm ausräumen und versuchen, durch
vertrauensbildende Maßnahmen Glaubwürdigkeit herzu-
stellen.


(Beifall bei der SPD)


Die Verantwortlichen in Teheran sollten vor allem eines
wissen: Weder Status noch Großmannssucht werden
dem Land die gewünschte Rolle in der Welt zuweisen,
sondern nur eine Politik der Akzeptanz, des Respekts
und der Kooperation gegenüber den Nachbarn und der
Region.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Kernwaffen in Nordkorea sind eine ebenso große efahr für den Frieden. Mehr noch: Ein unkontrollierter üstungswettlauf könnte die Folge sein. Angesichts des achsenden Nationalismus, nicht geregelter Konflikte nd der mangelnden Bereitschaft zu einer gemeinsamen ergangenheitsbewältigung schafft dies Unsicherheiten n der Region, aber auch für uns. In Zukunft darf es allerdings nicht allein darum geen, länderspezifische Lösungen für Kernwaffenaspiranen zu suchen. Ebenso notwendig ist es, über die offenundigen Probleme und Schwächen, Ungleichgewichte nd doppelten Standards der Rüstungskontrollregime zu prechen. Dabei sollte eines klar sein: Die bisherigen bkommen müssen in ihrer Substanz erhalten bleiben. ie Instanzen, die die Einhaltung der jeweiligen Ver räge überwachen, müssen gestärkt werden. Gleichzeitig ollten die Vertragslücken geschlossen und, wo nötig, eränzt werden. Im Einzelnen gehören dazu wirksame und berprüfbare Maßnahmen der nuklearen Abrüstung, eine ulllösung bei den taktischen Atomwaffen, ein Kernaffenregister, die Offenlegung der Plutoniumbestände nd das In-Kraft-Setzen des umfassenden Teststoppverrages. Das Zusatzprotokoll zum Atomwaffensperrverrag muss von allen Vertragsstaaten ohne Einschränkunen akzeptiert werden. Der internationale Terrorismus ist heute auch eine icherheitspolitische Herausforderung. Es besteht die efahr, dass diese Gruppen Massenvernichtungswaffen esitzen und einsetzen wollen. Das beste Rezept, solche läne zu verhindern, ist, weitere Staaten vom Besitz derrtiger Waffen abzuhalten und die Atomwaffenstaaten zu berzeugen, endlich ihre Verpflichtung zur Abrüstung inzulösen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


e weiter Atomwaffen verbreitet sind, umso wahrschein-
icher ist, dass sie in die Hände internationaler Terroris-
en geraten. Rüstungskontrolle ist deshalb auch ein Mit-
el gegen nicht staatliche Bedrohungen.

Demokratien sind Ordnungen, die einer effektiven
üstungskontrolle aufgeschlossen gegenüberstehen.
eshalb ist es nicht nur ein Privileg, sondern auch die
ufgabe demokratischer Institutionen, weitere Maßnah-
en zur Rüstungsbegrenzung anzuregen. Vor allem
üssen Parlamente und Regierungen den Frieden zwi-

chen den Ländern stärken. Zweifellos sind dabei Demo-
ratien gegenüber ihresgleichen friedensgeneigter. Dem-
ach bedeutet die Zunahme der Zahl demokratisch
egierter Länder auch eine Ausbreitung des Friedens.


(Beifall bei der SPD)


as ist allerdings keine einfache Gleichung. Die Form
llein bewirkt noch keine Demokratie. Außerdem sind
ragmentierte demokratische Staaten in der Regel keine
riedlichen Gesellschaften. Deshalb sind militärische,
on außen herbeigeführte Regierungswechsel nicht nur
ölkerrechtswidrig; sie sind zum Aufbau demokratischer
esellschaften vollkommen ungeeignet.






(A) )



(B) )


Dr. Rolf Mützenich

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Mehr noch: Derartige Handlungen diskreditieren das
Konzept des demokratischen Friedens, bedrohen die
Prinzipien des Völkerrechts und schaffen neue Unsicher-
heiten wie übermäßige Rüstung und falsches Regieren.

Die Krise der Abrüstung und Rüstungskontrolle ist
vor allem das Ergebnis politischer Fehlentscheidungen.
Weil der politische Wille zugunsten von Abrüstung und
Rüstungskontrolle fehlt, brauchen wir gerade jetzt mu-
tige und kluge Schritte. Wir brauchen eine Wiederbele-
bung der Abrüstung und Rüstungskontrolle.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


In den 70er- und 80er-Jahren waren es vor allem
westeuropäische Sozialdemokraten, die eine Politik der
Entspannung durch Initiativen zur Abrüstung, Rüstungs-
kontrolle und Nichtverbreitung ergänzt haben. Egon
Bahr, Willy Brandt, Olof Palme und Bruno Kreisky sind
nur einige Namen in einer beachtlichen Reihe von Perso-
nen, die für diese Politik standen.

Wenn wir heute, in Zeiten neuer Spannungen, wieder
eine Entspannungspolitik gestalten wollen, kann die
SPD ihre Erfahrungen und Ideen einbringen. Dabei rei-
chen gute und überzeugende Vorschläge allein nicht. Um
die kollektive Friedenssicherung zu stärken, müssen wir
Abrüstung und Rüstungskontrolle als Ordnungsprinzip
der internationalen Politik erneuern. Die deutsche
Ratspräsidentschaft in der Europäischen Union, vor al-
lem aber der einjährige Vorsitz Deutschlands in der G 8
bieten dafür einen geeigneten Rahmen. Es wäre leicht-
fertig, wenn wir diese Chancen verpassen würden.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE])



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605700200

Das Wort hat jetzt die Kollegin Elke Hoff von der

FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Elke Hoff (FDP):
Rede ID: ID1605700300

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Gestatten Sie mir, zu Beginn einen Satz aus
dem vorliegenden Jahresabrüstungsbericht 2005 zu zitie-
ren:

Verlust an regionaler Sicherheit … wirkt sich stets
auf die weltweite Sicherheitsbalance aus.

Der nordkoreanische Atomwaffentest vom 9. Oktober
hat gezeigt, dass die Debatte um Abrüstung und Nicht-
verbreitung von Massenvernichtungswaffen aktuell und
dringender als selten zuvor ist.

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(C (D Heute liegen uns die Jahresabrüstungsberichte der ahre 2004 und 2005 vor. Zusammenfassend lässt sich esthalten: Gemeinsam mit dem Jahr 2006 waren es chwarze Jahre für die weltweite nukleare Abrüstung. ber diesen Umstand kann auch ein Friedensnobelpreis ür die Internationale Atomenergiebehörde im Jahr 2005 icht hinwegtäuschen. Mit Nordkorea hat vermutlich ein weiterer Kernwafenstaat die weltpolitische Bühne betreten. Die Diskusion über das iranische Atomprogramm schwelt weiter; ine tragfähige Lösung ist nicht in Sicht. Darüber hinaus efinden sich das Nichtverbreitungsregime und dessen erzstück, der Nichtverbreitungsvertrag, in einer nicht u leugnenden Krise. Kernwaffenstaaten wie Russland nd die USA modernisieren ihr Nuklearwaffenpotenzial, nstatt ihren vertraglichen Abrüstungsverpflichtungen achzukommen. Mit dem geplanten indisch-amerikanichen Nuklearabkommen erhält der Kernwaffenstaat ndien die globale Anerkennung und Zugang zu odernster Nukleartechnologie – spaltbares Material ingeschlossen –, obwohl Indien dem Nichtverbreiungsvertrag nie beigetreten ist. Solche nuklearen Dopelstandards gefährden die Glaubwürdigkeit der internaionalen Nichtverbreitungspolitik. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die genannten Punkte dokumentieren, dass die nuklea-
e Abrüstung in eine politische Sackgasse geraten ist.
eshalb muss die Weltgemeinschaft jetzt entschlossen
egen eine neue nukleare Weltordnung angehen, in der
ernwaffen wieder eine zentrale sicherheitspolitische
edeutung erhalten. Der Eindruck, der Besitz von Atom-
affen sei der Garant für internationale Macht, Einfluss
nd Anerkennung, hätte fatale Folgen: Es wäre ein un-
iderstehlicher Anreiz für neue potenzielle Nuklear-
ächte. Der nordkoreanische Atomtest war ein lauter
arnschuss vor den Bug einer statischen globalen

icherheitsarchitektur. Es ist dringend an der Zeit, dass
ie großen Atommächte endlich ihren vertraglichen Ab-
üstungsverpflichtungen nachkommen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Sowohl im Fall Nordkorea als auch in der Frage um
as iranische Atomprogramm ist ein geschlossenes und
onsequentes diplomatisches Vorgehen der P 5 weiterhin
otwendig. In dieser schwierigen Lage benötigt die in-
ernationale Abrüstungspolitik Impulse und politische
nsätze, damit sie sich aus ihrer Stagnation befreien
ann.

Es ist gut, wenn die Bundesregierung das Thema
Abrüstung und Nichtverbreitung“ auf ihre politische
genda setzt. Aber diesen Ankündigungen müssen na-

ürlich entsprechende Taten folgen. Es ist deshalb die
ufgabe unseres Landes, als glaubwürdiger Nichtkern-
affenstaat auf diesem Gebiet eine Führungsrolle zu
bernehmen. Die Rolle, die Deutschland bei den diplo-
atischen Bemühungen der EU 3 um das iranische
tomprogramm eingenommen hat, kann hierfür bei-

pielhaft sein.






(A) )



(B) )


Elke Hoff
Daher ist die bisherige Haltung der Bundesregierung
im Fall des indisch-amerikanischen Nuklearabkom-
mens unglücklich und über weite Strecken nicht akzep-
tabel. In seiner bisherigen Form stellt die bilaterale Ver-
einbarung zwischen Indien und den USA eine Belastung
für die Glaubwürdigkeit der internationalen Nichtver-
breitung dar. Bei den Beratungen in der Nuclear Sup-
pliers Group, die dem Abkommen einstimmig ihre Zu-
stimmung erteilen muss, hat sich die Bundesrepublik
bisher hauptsächlich auf Nachfragen beschränkt. Me-
dienberichten zufolge wurde auf diplomatischer Ebene
von Bundeskanzlerin und Außenminister anfänglich nur
der Zeitpunkt des Abkommens beim transatlantischen
Partner als schwierig bezeichnet. Indien als Nuklear-
macht müssen jedoch die gleichen Verpflichtungen auf-
erlegt werden wie den Kernwaffenstaaten, die den Nicht-
verbreitungsvertrag unterzeichnet haben, wenn es in den
Genuss modernster Nukleartechnologie kommen will.


(Beifall bei der FDP)


Die Kritik an diesen Schwachstellen des Nuklearab-
kommens wurde bisher vorrangig anderen europäischen
Nachbarstaaten wie Irland und Schweden überlassen.
Wir erwarten, dass die vom Bundesaußenminister im
Juni genannten Kriterien zur Nachbesserung des Ab-
kommens auch offiziell als deutsche Position in der
nächsten Plenumssitzung der NSG zur Sprache gebracht
werden. Die FDP-Bundestagsfraktion hatte diese Nach-
besserungen bereits in einem Antrag im Mai eingefor-
dert.

Die nukleare Nichtverbreitung ist nicht das einzige
abrüstungspolitische Themenfeld, das unserer verstärken
Aufmerksamkeit bedarf. Ende November findet in New
York die 6. Überprüfungskonferenz für das Biowaffen-
abkommen statt. Das Scheitern der Konferenz im Jahr
2001 stellt die internationale Gemeinschaft vor die
schwierige Aufgabe, neue Wege für eine Stärkung des
Vertrages zu finden. Ein tragfähiges und handlungsfähi-
ges Biowaffenregime wird besonders wichtig, da gerade
die biologischen Waffen im Zuge der rasanten Entwick-
lung in den Biowissenschaften immer gefährlicher wer-
den.

Im Schatten der Debatte um die Nichtverbreitung von
Massenvernichtungswaffen steht viel zu häufig das Pro-
blem der weltweiten Verbreitung von Kleinwaffen.
Derzeit sind circa 650 Millionen dieser Waffen interna-
tional im Umlauf. Vor allem in den Entwicklungsregio-
nen Afrikas, Asiens und Südamerikas werden Konflikte
überwiegend mit Kleinwaffen und leichten Waffen aus-
getragen. Deswegen ist es nicht falsch, wenn im Zusam-
menhang mit Kleinwaffen von den wahren Massenver-
nichtungswaffen unserer Zeit gesprochen wird.

Der Jahresabrüstungsbericht 2005 verweist in diesem
Zusammenhang auf ein vorbildliches Engagement der
Bundesregierung. Ich sehe das etwas anders.

Rüstungsexporte der Gegenwart sind nicht selten die
Abrüstungsprobleme der Zukunft. Deshalb lohnt es sich,
einen Blick in den Rüstungsexportbericht zu werfen.
Die Gesamtsumme aller exportierten Kleinwaffen der
Bundesrepublik ist zwischen 2004 und 2005 nahezu

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(C (D leich geblieben. Aber die Exporte von Kleinwaffen in ntwicklungsländer haben sich in der Relation verdrei acht: von 5 auf 15 Prozent der Gesamtausfuhren. Das ist ngesichts der bereits geschilderten Auswirkungen in en Entwicklungsregionen besorgniserregend. Die Bunesregierung muss deshalb sicherstellen, dass die Empängerländer bei Neulieferungen ihre alten Bestände verichten, sodass diese Waffen nicht in die falschen Hände eraten und die Region weiter destabilisieren können. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die weltweite Abüstung und Nichtverbreitung sowohl von Massenverichtungswaffen als auch von konventionellen Waffen tellt die Weltgemeinschaft nach der Beendigung des alten Krieges vor große Herausforderungen. Wir müs en fähig sein, diese im Interesse der globalen Sicherheit nd Stabilität gerade jetzt gemeinsam zu bewältigen. Ich ehe eine Reihe von Möglichkeiten, gemeinsame Initiaiven zu ergreifen und wichtige Übereinstimmungen herustellen. Ich bin sehr sicher, dass wir hier im Parlament ernünftige Schritte unternehmen werden. Dieses hema ist so wichtig, dass wir alle unsere Kraft darauf erwenden sollten. Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


(Beifall bei der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605700400

Das Wort hat jetzt der Kollege Eckart von Klaeden

on der CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Eckart von Klaeden (CDU):
Rede ID: ID1605700500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen!

ordkoreas Bombe mag klein gewesen sein. Die Konse-
uenzen des Atomtests – mittlerweile müssen wir ja da-
on ausgehen, dass es sich um eine nukleare Explosion
ehandelt hat – sind aber als dramatisch zu bezeichnen.
ie Welt ist ohne Zweifel unsicherer geworden. Wenn
ie gemeinsame Ablehnungsfront aus Amerikanern, Eu-
opäern, Russen, Japanern und Chinesen keine angemes-
ene Antwort auf diese Provokation Pjöngjangs findet,
ann könnte der 9. Oktober 2006 als jener Tag in die Ge-
chichte eingehen, an dem ein neues nukleares Wettrüs-
en begonnen hat.

Ich glaube, es ist wichtig, dass wir uns über die
otive Nordkoreas klar werden: Nordkorea ist ein

egime, das als Folge seiner selbst gewählten Isolierung
it dem Rücken zur Wand steht. Zur Machterhaltung
ählt es den Weg der Erpressung. Zur Erpressung wen-
et Nordkorea hauptsächlich zwei Mittel an: zum einen
eine Armee, zum anderen – so paradox es klingen
ag – die Drohung mit den wirtschaftlichen Folgen, die

ein Scheitern für seine Nachbarn haben würde.

Bisher hat Nordkorea den militärischen Teil seiner
trategie vor allem auf konventionelle Streitkräfte ge-
tützt. Dieses bitterarme Land hat ungefähr 1,3 Millio-
en Soldaten. Damit verfügt es über eine der größten Ar-






(A) )



(B) )


Eckart von Klaeden
meen, die es auf der Welt gibt. Wir wissen, dass die
wirtschaftlichen Schwierigkeiten Nordkoreas immer
mehr dazu führen, dass diese Armee nicht mehr finan-
ziert werden kann. Deswegen hat die provozierende und
zugleich paradoxe Sicherheitsstrategie Nordkoreas zur
Konsequenz, dass sich das Land um Atomwaffen be-
müht.

Wie wir sehen, funktioniert diese Strategie. Südkorea
und China verhalten sich, wenn es um die wirtschaftli-
chen Folgen der im UN-Sicherheitsrat beschlossenen
Sanktionen geht, sehr zurückhaltend, weil sie den Zu-
sammenbruch Nordkoreas fürchten. Dann müssten sie
Flüchtlinge aufnehmen und die Bruchstücke des zusam-
mengebrochenen Regimes aufsammeln. Deswegen, so
glaube ich, müssen wir auch mit Südkorea und China
Gespräche über die Folgen eines möglichen Zusammen-
bruchs Nordkoreas führen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir müssen uns aber auch klarmachen, dass der häu-
fig vorgetragene Gedanke, Nordkorea hätte durch di-
rekte Gespräche zwischen den Vereinigten Staaten
und Nordkorea von seinem Nuklearprogramm abge-
bracht werden können, bestenfalls naiv zu nennen ist.
Solche direkten Gespräche zwischen Nordkorea und den
Vereinigten Staaten hat es bereits nach der ersten nord-
koreanischen Nuklearkrise Mitte der 90er-Jahre gege-
ben. Diese Gespräche waren – so hat man es jedenfalls
damals eingeschätzt – erfolgreich; denn sie haben mit
dem Abschluss eines Abkommens geendet. Als Gegen-
leistung für die Einstellung seines Nuklearprogramms
erhielt Nordkorea in der Folge umfangreiche Öllieferun-
gen. Die extra zu diesem Zweck gegründete Organisa-
tion KEDO, an der sich auch die EU beteiligt hat,
begann zur Sicherstellung der Energieversorgung Nord-
koreas mit dem Bau zweier Leichtwasserreaktoren.
Pjöngjang hat dieses Abkommen gebrochen und sein
Nuklearprogramm vor drei Jahren – so nehmen wir je-
denfalls an – wieder aufgenommen. Das zeigt, dass der
beschriebene einfache Zusammenhang, der von man-
chen hergestellt wird, bestenfalls naiv ist oder Ausdruck
des bei uns bedauerlicherweise verbreiteten Antiameri-
kanismus, bei dem die Verantwortung für jede interna-
tionale Krise zunächst einmal bei den Vereinigten Staa-
ten gesucht wird.

Welche Auswirkungen hat das Verhalten Nordkoreas
auf das internationale Nichtverbreitungsregime und die
Sicherheitslage? Besonders gefährlich sind die Auswir-
kungen natürlich für Nordostasien; denn die atomare Be-
waffnung Nordkoreas droht die dortige relativ stabile
geopolitische Lage der letzten Jahrzehnte durcheinander
zu bringen. Diese Lage ist in kurzen Worten so zu be-
schreiben: Die Vereinigten Staaten schützen Südkorea.
China hat die Rolle Russlands übernommen, Nordkorea
im Zaum zu halten. Japan steht ebenfalls unter dem
Schutzschirm der Vereinigten Staaten.

Japan hat nach dem so genannten Taepodong-Schock
aus dem Jahre 1998, als Nordkorea zum ersten Mal eine
mehrstufige Rakete testete, intensiv über den Aufbau ei-
nes eigenen Raketenabwehrsystems nachgedacht, dies

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(C (D u tun beschlossen und dabei die Zusammenarbeit mit en Vereinigten Staaten gesucht. Es ist gut, dass der neue apanische Premierminister Shinzo Abe, der über eine igene nukleare Bewaffnung seines Landes nachgedacht at, jetzt deutlich gemacht hat, dass er sich auf den chutzschirm der Vereinigten Staaten verlassen will. Er eiß, dass eine eigene Nuklearkapazität seines Landes it erheblichen wirtschaftlichen Kosten und hohen iplomatischen Kosten für sein Land verbunden wäre. as gilt insbesondere vor dem Hintergrund seiner Beühungen, das stark belastete Verhältnis zu Peking urch seinen ersten Besuch dort zu verbessern. Aber auch andere Länder in der Region – Südkorea, öglicherweise auch Taiwan – könnten sich durch die ordkoreanischen Aktivitäten motiviert fühlen, eigene uklearkapazitäten aufzubauen. Deswegen ist gerade ine entschlossene und klare Reaktion der Weltgemeinchaft, des UN-Sicherheitsrates, auf die nordkoreanichen Aktivitäten so wichtig. Andere Länder sollen daon abgehalten werden, ebenfalls Nuklearkapazitäten ufzubauen. Dazu bedarf es diplomatischer Bemühunen der Vereinigten Staaten von Amerika. Aber auch hina und Russland spielen in dieser Krise eine zentrale olle. China ist letztlich der Schlüssel dafür, dass Nordorea seine Aktivitäten nicht fortsetzt. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Der Nichtverbreitungsvertrag war bisher ein Erfolg.
s wäre daher falsch, das Nichtverbreitungsregime ange-
ichts dieser Entwicklungen grundsätzlich infrage zu
tellen, auch wenn wir feststellen müssen, dass es ernst-
aften Gefahren ausgesetzt ist. Der amerikanische Präsi-
ent John F. Kennedy hat in den 60er-Jahren prognosti-
iert, dass man binnen zehn Jahren mit 25 neuen
uklearmächten rechnen müsse. Glücklicherweise hat

ich seine Prognose nicht erfüllt. Mittlerweile haben wir
ußer den ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates
ndien, Pakistan, Israel und, seit dem 9. Oktober, Nord-
orea als potenzielle oder tatsächliche Nuklearmächte.
ngefähr 40 Staaten stehen laut dem Generaldirektor der

nternationalen Atomenergiebehörde, al-Baradei, an der
chwelle, sich nuklear bewaffnen zu können.

Wir müssen aber auch sehen, welche Konsequenzen
ie Reaktion der Weltgemeinschaft in Bezug auf den
uklearkonflikt mit dem Iran hat. Der Iran wird sehr
enau beobachten, ob deutliche Sanktionen gegen Nord-
orea verhängt werden und ob die Weltgemeinschaft
ich durchringen kann, um die Proliferation von Nukle-
rwaffen auszuschließen, den Schiffsverkehr von und
ach Nordkorea zu kontrollieren.

Die Art, wie die Weltgemeinschaft jetzt auf Nordko-
ea reagiert, wird andere Staaten, die nach Nuklearwaf-
en streben, ermutigen oder möglicherweise davon ab-
alten, sich eigene Nuklearwaffen zuzulegen.

Wir müssen uns aber auch die Frage stellen, welche
icherheitspolitischen Konsequenzen sich für uns aus
ieser Entwicklung ergeben. Wir müssen alles dafür tun,
ass das Nichtverbreitungsregime aufrechterhalten
leibt, und wir müssen eine Strategie dafür entwickeln,






(A) )



(B) )


Eckart von Klaeden
wie wir mit den Staaten umgehen, die sich außerhalb des
Nichtverbreitungsvertrages bereits Nuklearwaffen zuge-
legt haben.

Frau Kollegin Hoff, in diesem Zusammenhang fand
ich Ihre Darstellung der Bemühungen der Vereinigten
Staaten um eine Heranführung Indiens an das Nichtver-
breitungsregime ein wenig einseitig, wenn ich das so sa-
gen darf. Bei Ihrer Darstellung der amerikanischen Be-
mühungen haben Sie nämlich vollständig außer Acht
gelassen, dass es kein Geringerer als der Generaldirektor
der Internationalen Atomenergiebehörde, al-Baradei, ge-
wesen ist, der unter Berücksichtigung aller realpoliti-
schen Konsequenzen den Vertrag zwischen den Verei-
nigten Staaten und Indien unter dem Strich als einen
Fortschritt gerade auch im Hinblick auf die Unterstüt-
zung des Nichtverbreitungsregimes bezeichnet hat, weil
Indien durch diese Verhandlungen und den Vertrag stär-
ker an das Nichtverbreitungsregime herangeführt wird.

Es ist richtig, das Nichtverbreitungsregime aufrecht-
zuerhalten und alle aufzufordern, sich daran zu halten,
aber wir müssen schließlich auch eine Strategie dafür
entwickeln, wie wir mit den Staaten umgehen und auf
konstruktive Signale der Staaten reagieren, die sich ne-
ben den offiziell anerkannten Nuklearmächten Nuklear-
waffen beschafft haben.

Durch die Entwicklung, die wir zu beobachten haben,
müssen wir uns aber auch die Frage nach unserer eige-
nen Sicherheitspolitik stellen. Wir müssen uns die Frage
vorlegen, wie wir auf die Gefahr der asymmetrischen
Proliferation von Nuklearwaffen angemessen reagieren.
Wir müssen uns im Rahmen der NATO auch Gedanken
darüber machen, wie wir auf die Gefahr, dass es weitere
Nuklearmächte geben kann, und auf die Gefahr, dass
sich zum Beispiel der Iran tatsächlich nuklear bewaffnet,
reagieren.

Wir müssen bedenken, dass schon heute viele Staaten
Europas im Einzugsbereich iranischer Raketen liegen.
Es ist letztlich auch eine Frage der Zeit, wann wir die
Gefahren des nuklearen Terrorismus in der westlichen
Welt vor Augen geführt bekommen und wann wir damit
rechnen müssen, dass auch Europa von Nuklearwaffen
weiterer Atomstaaten bedroht wird. Darauf müssen wir
angemessen reagieren, und zwar einerseits mit den be-
reits vom Kollegen Mützenich beschriebenen Bemühun-
gen, das Nichtverbreitungsregime aufrechtzuerhalten
und so viele Staaten wie möglich von ihren möglichen
Plänen, sich Nuklearwaffen zuzulegen, abzuhalten, und
andererseits, indem wir Überlegungen anstellen, wie wir
unsere eigene Bevölkerung effizient und erfolgreich vor
diesen Gefahren schützen können.

Das Beispiel Nordkorea und die Entwicklung in die-
sem Monat zeigen, dass wir unsere Sicherheit, die Si-
cherheit unserer Bürgerinnen und Bürger, nicht mehr al-
lein geografisch definieren können, sondern dass die
Entwicklungen in fernen Teilen unserer Welt auch für
die Sicherheit in unserem Land unmittelbare Konse-
quenzen haben. Wir müssen darauf vorbereitet sein.

Vielen Dank.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Uta Zapf [SPD]: China kann uns schon jetzt erreichen!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605700600

Das Wort hat jetzt der Kollege Paul Schäfer von der

raktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Paul Schäfer (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605700700

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her-

en! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Jahresabrüs-
ungsberichte der Bundesregierung sind wie immer
nformativ und wichtige Arbeitsmittel für alle, die abrüs-
ungspolitisch engagiert sind. Dafür kann man sich
chon einmal bedanken. Ich spreche meine Anerken-
ung auch all denjenigen aus, die darauf hingewirkt ha-
en, dass wir endlich Gelegenheit haben, in der so ge-
annten Kernzeit über dieses Thema zu sprechen.

Der Haken bei der Sache: Abrüstung, substanzielle
brüstung, findet nicht mehr statt. Abrüstung ist kein of-

izielles Thema mehr. Wir machen uns nicht die Sicht-
eise zu Eigen, die besagt, dass es Rüstungsbedrohun-
en und Rüstungslasten anderswo gibt, zum Beispiel in
jöngjang und Teheran, und dass wir damit nicht unmit-

elbar zu tun haben. Hic Rhodus, hic salta! Wir müssen
ier auch darüber reden, was in diesem Hause geschieht.


(Beifall bei der LINKEN)


ier wird über mehr Auslandseinsätze der Bundeswehr,
ber die dafür notwendige Um- und Aufrüstung und
ber mehr Geld für die Rüstung diskutiert. Auch das ge-
ört in diese abrüstungspolitische Debatte.


(Beifall bei der LINKEN)


Klar, die Bundesrepublik ist kein isolierter Akteur.
ir haben es mit Welttrends zu tun. Da ist, wie man

ieht, Abrüstung „out of time“. Da hilft auch keine
chönfärberei weiter. Im Jahresabrüstungsbericht der
undesregierung bemüht man lieber Schönsprech statt
acheles. Ein Beispiel hierfür ist der Ausdruck von der
gemischten Bilanz der Abrüstungs- und Rüstungskon-
rollpolitik“.

Tatsache ist: Die weltweiten Ausgaben für das Militär
teigen wieder kräftig. Konventionelle Abrüstung ist
ein Thema. Es gibt dazu keine Foren, auf denen derzeit
ber Abrüstungsschritte verhandelt wird. Im Bereich der
tomwaffen droht eine entscheidende Erosion des
ichtverbreitungsvertrags. Auch die Summe der Waf-

engeschäfte, also die Ein- und Ausfuhren – der Kollege
ützenich hat darauf schon hingewiesen –, steigt wieder

räftig an. Es ist auch ein bundesdeutsches Thema, wenn
üstungsexporte wieder Konjunktur haben.

Es ist richtig, wie Kollege Mützenich sagt, dass man
ber diesen rüstungskontrollpolitischen Ansatz wieder
rnsthafter nachdenken muss. Das ist ein entscheidendes
lement der Vertrauensbildung. Aber es geht bei der
üstungskontrolle darum, einem undurchschaubaren
nd unkontrollierten Aufwuchs von Rüstung zu wehren.
brüstung dagegen meint eine tatsächliche Reduzie-






(A) )



(B) )


Paul Schäfer (Köln)

rung, Minderung und Eliminierung von Waffenarsena-
len, Reduzierung der Zahl der Streitkräfte und Senkung
der Rüstungsausgaben. Das ist viel weitgehender. Über
genau diesen Punkt muss man diskutieren.

Der Gedanke, der in den 80er-Jahren eine große Rolle
gespielt hat, dass Rüstung teuer ist, volkswirtschaftliche
Ressourcen bindet und eine zerstörerische und tödliche
Wirkung hat – auch das muss man in diesem Zusammen-
hang einmal sagen –, muss wieder Platz greifen. Deshalb
hat Abrüstung für uns einen eigenen Stellenwert.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Linke versteht sich als Partei der Abrüstung und das
wird auch so bleiben.

Ich halte es für problematisch, dass der Jahresabrüs-
tungsbericht aus einem Aufrüstungs- und einem Abrüs-
tungsteil besteht und sich unkritisch gegenüber dem
zeigt, was an Aufrüstung in der NATO und in der EU
stattfindet. Auf das Problem des „demokratischen Frie-
dens“ und darauf, dass man das kritisch reflektieren
muss, ist schon hingewiesen worden. Manche verklären
die NATO zur größten Friedensbewegung der Welt und
deshalb soll all das, was dort an Rüstungs- und Aufrüs-
tungsmaßnahmen vor sich geht, gut sein. Der Hinweis
auf Irak und Afghanistan an dieser Stelle muss genügen,
um zumindest die Sichtweise, es handele sich um gute
Hegemonialmächte und das, was sie rüstungspolitisch
täten, sei in Ordnung, zu hinterfragen.

Es bleibt die Tatsache: Zwei Drittel der Weltmilitär-
ausgaben werden durch die NATO bestritten. Wenn
dann auch hier im Hause diskutiert wird und aufseiten
der Bundesregierung völlig zu Recht darauf hingewiesen
wird, dass es ein krasses Missverhältnis zwischen den
Weltmilitärausgaben und den Ausgaben für öffentliche
Entwicklung gibt, dann muss man doch zunächst einmal
innehalten und sich fragen: Was tragen wir, die Bundes-
republik, und die NATO als Bündnis, dessen Mitglied
wir sind, dazu bei?

Dazu muss man einfach sagen: Dieses krasse Miss-
verhältnis besteht. Die Weltmilitärausgaben sind inzwi-
schen auf die astronomische Summe von weit über
1 Billion Dollar gestiegen. Ich glaube, die öffentlichen
Entwicklungsmittel liegen gegenwärtig bei etwas über
80 Milliarden Dollar. Das ist ein krasses Missverhältnis.
Dieses Element trägt entscheidend zu Unfrieden und
Unsicherheit in der Welt bei. Hieran muss gearbeitet
werden. Das heißt: Abrüstung auch bei uns. Ebenso
muss die NATO Beispiele dafür geben, dass sie abrüs-
tungspolitisch vorangehen will.


(Beifall bei der LINKEN)


Das ist der Punkt. Ich bin pragmatisch denkend ge-
nug, um zu wissen, dass man hier nicht wie bei einer
Wundertüte von der einen Seite auf die andere Seite um-
verteilen kann. Aber dennoch ist der Hinweis auf diese
Diskrepanz zwischen Militär- und Entwicklungsausga-
ben wichtig, weil er einfach Fehlentwicklungen zeigt,
die korrigiert werden müssen. Deshalb fordern wir in un-
serem Entschließungsantrag, dass die NATO ähnlich wie
in den 70er-Jahren, in denen sie ein „long-term develop-

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(C (D ent programme“ begonnen und ihre Mitgliedstaaten ufgefordert hatte, die Mittel für die Rüstungsetats jährich um 5 Prozent zu steigern, ein entsprechendes Proramm unter umgekehrten Vorzeichen auflegt. Warum agen wir nicht, die Mitglieder sollen jährlich die Mittel ür die Rüstungsetats um 5 Prozent reduzieren? Die Bundesregierung schreibt in ihrem Bericht, im ittelpunkt ihrer Bemühungen stehe die „Verhinderung er Proliferation von Massenvernichtungswaffen und iher Trägermittel“ mit dem langfristigen Ziel der vollstänigen Abschaffung. Das ist sehr wichtig. Spätestens seit em jüngsten stupiden Atomtest in Nordkorea steht die ukleare Frage wieder auf der Tagesordnung. Auch die ebatte um das iranische Atomprogramm hat gezeigt, ass der Vertrag über die Nichtverbreitung von Atomaffen in einer Krise steckt. Es droht in der Tat – darin ist meinen Vorrednern zuustimmen – eine Entwicklung, die zu mehr Atomwafenmächten und neuen atomaren Rüstungswettläufen ühren wird. Es zeigt sich aber auch, dass sich auf Dauer icht aufrechterhalten lässt, dass es auf der einen Seite as exklusive Monopol einer kleinen Staatengruppe gibt, ie für sich den Besitz von Atomwaffen beansprucht, nd auf der anderen Seite die nuklearen Habenichtse. as hat nicht zuletzt die ergebnislose Überprüfungsonferenz im Jahr 2005 gezeigt. Wenn sich nichts an der beharrlichen Weigerung der tomwaffenbesitzer, abzurüsten, ändert, dann werden ir bei der nuklearen Abrüstung nicht weiterkommen. ie Nuklearmächte müssen daran erinnert werden, dass ie sich im Atomwaffensperrvertrag zur Abrüstung verflichtet haben. Diese Verpflichtung müssen sie endlich rnst nehmen. Auf der anderen Seite steht der um sich greifende miitärische Interventionismus der Staaten des Nordens, der n anderen Teilen der Welt als bedrohlich empfunden ird. Auch darüber muss man sich Gedanken machen. an muss sich schließlich nicht wundern, wenn manche lauben, sie könnten sich besser schützen, wenn sie seler über die tödlichste aller Waffen verfügten. Die Glaubwürdigkeit der Atommächte – auch darauf urde schon hingewiesen – wird auch erschüttert, wenn ie selber eine Politik der doppelten Standards verfolgen. ährend dem Iran wegen möglicher Atomwaffen mbitionen bestimmte Rechte des Atomwaffensperrverrags nicht zuerkannt werden, soll der neue Atomstaat ndien mit einer breiten nukleartechnischen Zusammenrbeit belohnt werden. Zur Erhöhung der nuklearen Gefahren gehören auch affentechnologische Entwicklungen, die die Schwelle ür den Einsatz dieser Waffen herabsetzen. Früher galten tomwaffen als politische Abschreckungswaffen. Es ab immer Bestrebungen, sie auch für militärische Einätze zu instrumentieren, um ihre Glaubwürdigkeit zu rhöhen. Das war die Paradoxie der nuklearen Abschrekungsphilosophie. Paul Schäfer Inzwischen hat sich unsere Lage in rüstungstechnologischer Hinsicht verändert. Es gibt die so genannten Mini-Nukes und Bunker brechende Waffen, die für sehr konkrete Einsatzszenarien vorgehalten werden sollen. Das heißt, dass die Gefahr des Einsatzes dieser Waffen immens steigt. Auch darauf muss in diesem Zusammenhang hingewiesen werden, um daraus die entsprechenden Schlüsse zu ziehen. Was folgt daraus? Ohne eine neue Dynamik bei der atomaren Abrüstung ist der Weg zu atomaren Rüstungswettläufen vorprogrammiert. Darüber muss gesprochen werden. Als erster Schritt müssen die bereits 1995 deklarierten negativen Sicherheitsgarantien, nach denen Nichtatomwaffenstaaten nicht atomar angegriffen werden dürfen, rechtsverbindlich werden. Die Ersteinsatzdoktrinen gehören in den Orkus. Der Grundsatz „No first use“ ist aktueller denn je. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der LINKEN)





(A) )


(B) )


Es geht aber nicht nur darum, was in anderen Staaten
geschieht. Auch in Deutschland geht es, wie gesagt, um
nukleare Abrüstung und um die deutschen Beiträge
dazu. Wir brauchen die taktischen US-Nuklearwaffen,
die in Büchel und Ramstein lagern, nicht mehr als trans-
atlantische Klammer. Es ist ein armseliges Bündnis, das
auf einer solchen Lastenteilung beruht.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Diese Waffen sind gefährlich, und zwar sowohl für die-
jenigen im Osten, auf die sie gerichtet sind, als auch für
uns, weil sie Zielpunkte bei Einsatzplanungen anderer
Staaten sind. Deshalb ist die Bundesregierung aufgefor-
dert, die USA zum Abzug zu drängen und diese Frage in
der Nuklearen Planungsgruppe der NATO beharrlich an-
zusprechen.

Bei der Diskussion über die Revision des strategi-
schen Konzepts der NATO mit Blick auf den Gipfel
2008 sollte die Bundesregierung energisch darauf drän-
gen, dass die aus dem Kalten Krieg übernommene For-
mel, wonach diese taktischen Nuklearwaffen essenziell
für die Verteidigung des Bündnisses sind, endlich in der
Mottenkiste der Geschichte verschwindet.


(Beifall bei der LINKEN)


Schließlich sollte die nukleare Teilhabe der Bundes-
republik endgültig ad acta gelegt werden. Das heißt, dass
auch die Tornadostaffel, die die Träger für diese Waffen
bereitstellt, aufgelöst werden sollte.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Das ist eine Reihe von Vorschlägen. Ich könnte einige
Vorschläge zur Rüstungsexportpolitik anschließen. Auch
in diesem Bereich könnte die Bundesrepublik Deutsch-
land sehr viel mehr tun, als es gegenwärtig der Fall ist.
Also nicht immer auf andere zeigen, sondern hier mit der
Abrüstungspolitik beginnen! Leider reicht meine Zeit
nicht mehr, darauf genauer einzugehen.

Noch einmal: Die NATO muss ein positives Signal
bei der Abrüstung setzen. Wir müssen die nationalen

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(C (D pielräume für Abrüstung nutzen. Das Bombodrom in er Kyritz-Ruppiner Heide muss geschlossen werden. er Weg muss für eine zivile Nutzung freigemacht weren. ie Rüstungsexporte müssen eingeschränkt und schließich beendet werden. Das alles fordern wir in unserem ntschließungsantrag. Ich empfehle Ihnen, diesem zuzutimmen. Vielen Dank. Das Wort hat jetzt der Bundesminister Dr. Frank alter Steinmeier. Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister des uswärtigen: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich teile icht alles, was mein Vorredner gesagt hat. Aber in eiem Punkt hat er Recht: „Abrüstung“ klingt wie ein tichwort aus einer vergangenen Zeit. Ich bin mir sicher, ass bei einer solchen Debatte noch vor 20 Jahren nicht ur die unteren Ränge des Hauses sehr viel voller ewesen wären, sondern auch die Pressetribünen. Das edrohungsgefühl hat sich hierzulande offensichtlich erändert. Vor 15 Jahren, nach dem Ende der Blockausinandersetzungen und mit Herstellung der europäischen inheit, hat die Furcht vor Bedrohung nachgelassen. an begann zu hoffen, dass sich die Bedrohung durch assenvernichtungsmittel in Europa verflüchtigt oder rgendwie von selbst erledigt. Das war ein böser Trugchluss. Der Atomtest in Nordkorea vor zehn Tagen hat darauf haben bereits viele hingewiesen – die Menschen ufgerüttelt. Wir erleben nun, dass das Zeitalter der tomwaffen ganz offensichtlich nicht vorbei ist. Im Geenteil: Manche Machthaber wie die in Nordkorea seten ganz offenkundig darauf, sich mit atomaren Machtpielen wieder einen Platz in der Weltpolitik zu erschaffen. Lassen Sie mich an dieser Stelle und vor Einstieg in as eigentliche Thema einen Dank an das Hohe Haus ichten. Der Deutsche Bundestag hat das zur Diskussion tehende Thema – ich glaube, das darf ich sagen – nicht ur dann ernst genommen, wenn es im Brennpunkt der edialen Aufmerksamkeit stand. (Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: Sehr richtig!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605700800

llen hier vertretenen Parteien ist das Thema Abrüstung
mmer ein Anliegen gewesen, wenn auch vielleicht mit
nterschiedlichen Gewichtungen. Das weiß man auch
ußerhalb der Grenzen unseres Landes. Weil man uns in
brüstungsfragen ernst nimmt, finden Kongresse und
eranstaltungen zu diesem Thema – achten Sie einmal
arauf! – häufig in Deutschland statt. Zuletzt fand im
illy-Brandt-Haus eine Veranstaltung zu den Themen

Abrüstung“ und „nukleare Abrüstung“ zusammen mit






(A) )



(B) )


Bundesminister Dr. Frank-Walter Steinmeier
dem Direktor der Internationalen Atomaufsichtsbehörde,
al-Baradei, statt.

Wir diskutieren heute über den Jahresabrüstungsbe-
richt und dokumentieren damit zum 22. Mal in der Ge-
schichte der Republik die Anstrengungen der Bundesre-
gierung bei der Rüstungskontrolle, der Nichtverbreitung
und der Abrüstung. Zu Beginn der Vorlage der Abrüs-
tungsberichte stand natürlich die Situation in Deutsch-
land und in Europa – das habe ich vorhin angedeutet –
im Vordergrund. Die Bedrohung durch Massenvernich-
tungsmittel und Trägerraketen war für unser Land allge-
genwärtig. Heute stehen wir vor der Aufgabe, dem da-
mals gewählten und noch immer richtigen Ansatz von
multilateralen Verpflichtungen und Verträgen zu neuer
Geltung und Durchsetzungsstärke zu verhelfen.


(Beifall bei der SPD)


Europa und insbesondere Deutschland stehen dabei
– das bekenne ich – in ganz besonderer Verantwortung.
Wir wollen die Gefahr eines nuklearen Wettlaufs auch in
anderen Weltregionen durch eine aktive Abrüstungspoli-
tik verhindern.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wie dringlich dies ist, zeigt der Atomtest in Nord-
korea, auf den ich schon zu Beginn meiner Rede hinge-
wiesen habe. Das nordkoreanische Regime verstößt mit
dieser Provokation eklatant gegen die Bestimmungen
des Nichtverbreitungsvertrages. Wie Sie wissen, bedeu-
tet die Zündung eines nuklearen Sprengkopfes, wie sie
nun stattgefunden hat, eine neue Eskalationsstufe.

Deshalb unterstützen wir – ich bin froh, dass das auch
viele andere hier gesagt haben – die eindeutige und deut-
liche Antwort des Weltsicherheitsrats auf diesen unver-
antwortlichen Schritt; denn wir dürfen nicht wegsehen,
wenn Nordkorea auf diese Weise nicht nur den Frieden
in der Region gefährdet, sondern mit seinen Aktivitäten
der Welt geradezu einen neuen nuklearen Rüstungswett-
lauf aufzuzwingen versucht.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Deshalb lassen Sie uns auch von dieser Stelle noch ein-
mal das Regime in Pjöngjang dazu aufrufen, den Weg ei-
ner, wie ich finde, völlig sinnlosen Selbstisolation zu
verlassen, und dies nicht nur wegen des Rüstungswett-
laufs, sondern auch weil Nordkorea damit noch mehr
Armut und noch mehr Leid über die eigene Bevölkerung
bringt.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Indem ich das sage, bringe ich aber auch in Erinnerung,
dass in der Antwort des Weltsicherheitsrats ein Zweites
enthalten ist, nämlich auch die Aufforderung an Nord-
korea, im Rahmen der Sechsergespräche an den
Verhandlungstisch zurückzukehren. Wir unterstützen
ausdrücklich die schnelle Wiederaufnahme eines politi-

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(C (D chen Dialogs, nicht nur weil ich ihn für richtig halte, ondern auch weil ich ihn für alternativlos halte. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Mit der gleichen Sorge, aber auch mit dem gleichen
iel haben wir uns in den Konflikt um das iranische
tomprogramm eingeschaltet und Teheran zu einem

rühen Zeitpunkt in diesem Jahr, nämlich schon im Juni,
emeinsam mit anderen ein sehr, sehr weit reichendes
ngebot zu Gesprächen und zu Verhandlungen gemacht.
abei ist auch Ihnen immer wieder offenbar geworden:
ir sprechen Teheran eben nicht das Recht auf zivile
utzung von Atomenergie ab, aber wir wollen verhin-
ern, dass sich Teheran unter diesem Deckmantel eigene
uklearwaffen zulegt.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP sowie der Abg. Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


eshalb besteht die Weltgemeinschaft auf einer interna-
ionalen Kontrolle des Atomprogramms. Deswegen
ochen wir auf eine Aussetzung der Urananreicherung
nd deshalb muss Teheran den Nachweis liefern, dass
eheime Aktivitäten aus offensichtlich mehr als 18 Jah-
en weder im Hauptzweck noch im Nebenzweck der
ntwicklung einer eigenen nuklearen Waffentechnologie
edient haben.

Die Auseinandersetzungen mit Nordkorea und dem
ran offenbaren – viele andere haben es eben gesagt –
ine schleichende Erosion des Nichtverbreitungsver-
rages. Auch dieses Thema ist in der Weltpolitik in den
ergangenen Jahren zu Unrecht unter den Punkt „Ver-
chiedenes“ gerutscht. Manche hat es kaum beunruhigt,
ass die Überprüfungskonferenz des Nichtverbreitungs-
ertrages im Mai 2005 ohne jedes substanzielle Ergebnis
useinander- und zu Ende gegangen ist. Ich will deshalb
ür uns betonen: Wir müssen das Thema Abrüstung wie-
er oben auf die Tagesordnung setzen.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Werner Hoyer [FDP])


ür die Bundesregierung – das verspreche ich Ihnen –
leibt es ein zentrales Anliegen, dass die nächste Über-
rüfungskonferenz im Jahr 2010 ein Erfolg wird. Herr
ützenich hat darauf hingewiesen, dass die G 8 einen
ahmen dazu bietet, die Arbeiten schon im nächsten

ahr aufzunehmen. Arbeit gibt es reichlich. Erst 41 von
4 Staaten haben den umfassenden Kernteststoppvertrag
nterzeichnet. Sieben müssen noch ratifizieren, darunter
ie wichtigsten. Die Arbeit in der Genfer Abrüstungs-
onferenz braucht frische Impulse. Auch die Abrüstung
er Kernwaffenstaaten und insbesondere die Abrüstung
er nuklearen Kurzstreckenraketen von Russland und
en USA müssen wieder auf den Tisch kommen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Bundesminister Dr. Frank-Walter Steinmeier
Zur Logik der Nichtverbreitung gehört aber auch,
dass wir glaubwürdige Angebote für die zivile Nutzung
der Kernenergie für solche machen, die sie nutzen wol-
len. Deshalb habe ich – dem einen oder anderen wird das
aufgefallen sein – vor wenigen Wochen einen Vorschlag
zur Multilateralisierung des nuklearen Brennstoffkreis-
laufs in die Diskussion gebracht, nicht etwa deshalb,
weil ich meinte, es gebe nicht genügend, sondern weil
ich der Meinung bin, dass jedenfalls auf Grundlage der
bisherigen Vorschläge kein Fortkommen zu erzielen war
und deshalb die Diskussion wieder neu angestoßen wer-
den muss. Es gab Reaktionen auf diesen Vorschlag: Sie
waren so ermutigend, dass wir diesen Weg weitergehen
werden.

Wir werden diesen Weg fortsetzen, auch wenn er, wie
ich weiß, lang, beschwerlich und dornenreich ist. Ob-
wohl das so ist, haben wir der Nuclear Suppliers Group
erst am Freitag der vergangenen Woche angeboten, dass
Deutschland zum ersten Mal in der Geschichte dieser
Gruppe ihren Vorsitz übernimmt. Nach Lage der Dinge
wird das etwa im Jahr 2008 der Fall sein. Damit will ich
Ihnen nur sagen, dass wir es mit unserem Engagement
für eine multilaterale Nichtverbreitung ernst meinen.
Wir sind bereit, auch dafür Verantwortung zu überneh-
men.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Mit einigen wenigen Worten muss ich einen zweiten
Komplex erwähnen: konventionelle Rüstungsgüter, ins-
besondere Kleinwaffen und Minen. Es handelt sich da-
bei um eine Kategorie von Waffen – ich habe es hier im
Hohen Hause schon einmal gesagt –, mit denen mehr
Menschen als mit den Waffen aller anderen Kategorien
zusammen umgebracht werden. Wie Sie wissen – es
wurde hier gesagt –, werden durch die massenhafte Ver-
breitung dieser Waffen Konflikte verschärft und wird die
Entwicklung in vielen Ländern destabilisiert. Deshalb
haben wir uns in diesem Bereich engagiert, vor allen
Dingen bei der Entschärfung von Minen. Die Bundesre-
gierung hat zum Beispiel mit dem Internationalen Kon-
versionszentrum Bonn und anderen Nichtregierungsor-
ganisationen, mit der GTZ und der Bundeswehr, Herr
Jung, dafür gesorgt, dass viele dieser Minen entschärft
werden. Dadurch wurde das Leben vieler Menschen
wieder sicherer gemacht.

Wir werden bei diesem Engagement bleiben, etwa
wenn es um die Einführung von Standards für Antifahr-
zeugminen geht. Wir werden uns im Rahmen dieser An-
strengungen auch für ein völkerrechtlich verbindliches
Verbot von Streumunition einsetzen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie können sich darauf verlassen, dass unser Engage-
ment erhalten bleibt.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


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(C (D Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Werner Hoyer von er FDP-Fraktion. (Beifall bei der FDP sowie der Abg. Uta Zapf [SPD])

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605700900


Dr. Werner Hoyer (FDP):
Rede ID: ID1605701000

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

achdem meine Kollegin Elke Hoff, unsere abrüstungs-
olitische Sprecherin, die wesentlichen Fragen der bei-
en Jahresabrüstungsberichte behandelt hat, möchte ich
etzt auf das, was Minister Steinmeier und andere Red-
er gesagt haben, eingehen und mich in meinem kurzen
eitrag auf wenige Punkte beschränken.

Herr Steinmeier, es ist richtig: Ende der 80er-, Anfang
er 90er-Jahre war Abrüstungspolitik en vogue. Bei ei-
em solchen Thema wäre dieses Haus voll gewesen und
an hätte sich danach gedrängt, in diesem Bereich

rgendeine Rolle zu spielen. Wer sich damals in den Ver-
eidigungsausschuss begeben hat, wurde eigentlich belä-
helt, weil er eher als Aufrüster dargestellt wurde. Heute
pielt die Abrüstungspolitik offensichtlich keine so
roße Rolle mehr. So schlimm die Themen sind, mit de-
en wir uns gegenwärtig befassen müssen – Nordkorea,
ran –: Vielleicht ist mit dieser Situation die Chance für
inen Neubeginn in der Abrüstungspolitik verbunden.


(Beifall des Abg. Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD])


omöglich wird uns bewusst, dass Abrüstungspolitik
uch in Zeiten asymmetrischer Bedrohung einer Logik
olgen muss. Es war damals relativ einfach – ich aner-
enne, was Ende der 80er-, Anfang der 90er-Jahre in der
brüstungspolitik geleistet worden ist –, weil man sich

n einem Gleichgewichtsdenken bewegen konnte.

Heute ist Abrüstungspolitik so schwierig, weil wir es
eilweise mit abstrakten, teilweise mit konkreten Bedro-
ungen zu tun haben, aber keine beidseitige Reduzie-
ung im Sinne einer Gleichgewichtspolitik betreiben
önnen. Deswegen muss man bei diesem Thema sehr
iel Mut, Konsequenz und Standhaftigkeit haben.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Dr. Rolf Mützenich [SPD])


Fast möchte ich selbstkritisch fragen: Was haben wir
ersäumt? Darauf komme ich gleich zurück.

Wichtig ist mir, vorweg zu sagen: Was die konkreten
älle angeht, müssen wir klarstellen, wer verantwortlich

st. Für das, was im Iran oder in Nordkorea passiert,
ind die Regierungen im Iran und in Nordkorea und nie-
and anders verantwortlich.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Rolf Mützenich [SPD])


enn wir uns selbstkritisch mit der Frage beschäftigen,
as wir machen können, um eine zukunftsorientierte
brüstungspolitik zu gestalten, dann entlässt das diese
egierungen nicht aus ihrer Verantwortung.






(A) )



(B) )


Dr. Werner Hoyer
Es entlässt auch nicht diejenigen aus ihrer Verantwor-
tung, die jetzt über Sanktionen nachdenken und im
Zweifel darüber entscheiden. Ich glaube, wir sind an ei-
nem Punkt angekommen, der es in beiden Fällen nahe
legt, dieses Mittel nicht mehr auszuschließen. Aber wir
alle müssen wissen: Sanktionen wie Embargomaßnah-
men können nur funktionieren, wenn sie „dicht“ sind.
Dann darf es nicht schon am Anfang Relativierungen ge-
ben, wie wir sie jetzt seitens Chinas wieder gehört ha-
ben.

Ich glaube, dass in China jetzt eine Schocksituation
eingetreten ist und deshalb vielleicht wirklich eine
Chance besteht, die chinesischen Kollegen beim Wort zu
nehmen. Uns als Obleuten des Auswärtigen Ausschusses
haben die chinesischen Kollegen vor wenigen Monaten
nachdrücklich gesagt, für wie realistisch und machbar
sie die diplomatische Lösung im Falle des Iran – aber
wahrscheinlich auch im Falle Nordkoreas – halten. Wir
müssen sie jetzt einmal zeigen lassen, was sie auf diesem
Gebiet können. Nur Nein zu sagen, das kann es bei die-
sem Thema wirklich nicht sein.


(Beifall des Abg. Eckart von Klaeden [CDU/ CSU])


Zweitens. Ich halte es für völlig absurd, davon auszu-
gehen, dass sich die Vereinigten Staaten in direkte Ge-
spräche mit Nordkorea hineinbomben lassen. Insofern
ist das Verhalten Nordkoreas gerade im Zusammenhang
mit dem Anliegen, das Nordkorea verfolgt, kontrapro-
duktiv.

Ich sehe aber auch das Dilemma, vor dem die Verei-
nigten Staaten stehen. Wenn man eine militärische
Option ausschließt, was ich tue und was übrigens auch
auf Südkorea zutrifft, dann gibt es entweder die Mög-
lichkeit, die Chance zu direkten Gesprächen nicht auszu-
schlagen, oder die Möglichkeit, sich endgültig damit ab-
zufinden, dass Nordkorea über Nuklearpotenzial und
über die entsprechenden Trägersysteme verfügt.

Deshalb sollten wir uns im Westen Mut machen, wie-
der daran zu gehen, auf der Basis unserer eigenen Werte
und Überzeugungen Abrüstungspolitik zu betreiben. Die
Erosion der Regime in Osteuropa – teilweise schreckli-
cher Regime – ist nicht über eine konkrete militärische
Bedrohung, sondern über eine militärisch abgesicherte
Erosion von innen erfolgt. Darauf muss man auch im
Falle Nordkoreas auf Dauer setzen. Von daher sollte man
Gespräche nicht von vornherein ausschließen.


(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)


Drittens. Ich kann mich nicht mit dem Gedanken ab-
finden, dass wir es, wenn der Iran und Nordkorea Erfolg
haben sollten, mit einer zweistelligen Zahl – sie reicht an
die 20 heran – von Atommächten zu tun haben werden;
mit der Perspektive, dass dann die Proliferation an nicht
staatliche Akteure nicht mehr wird verhindert werden
können. Deshalb muss jetzt hier mit einer neuen Politik
eine Grenze gezogen werden. Das erfordert aber ein hö-
heres Maß an Glaubwürdigkeit der jetzigen Atom-
mächte, und insbesondere der P 5. In diesem Kreise hat
es über Jahre in der Tat keine beherzte Abrüstungspolitik

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(C (D egeben. Vielmehr wird dort ständig über neue nukleare ysteme philosophiert und es wird modernisiert. Desween müssen wir auch gegenüber denjenigen, die überleen, ob sie sich eine nukleare Option schaffen sollten, laubwürdigkeit demonstrieren. Unseren Partnern in st und West sollten wir entsprechend Mut machen. Herr Minister, ich freue mich, dass Sie den Vorsitz der uclear Suppliers Group übernehmen. Das bedeutet ber auch, dass Sie in der Nuclear Suppliers Group richig abstimmen müssen, wenn es um Indien geht. Ich berüße sehr, dass der Kollege Mützenich für die SPDraktion gesagt hat: Es kann nicht sein, dass auf der rundlage der gegenwärtigen Bedingungen Deutschland em Nukleardeal zwischen den Vereinigten Staaten und ndien zustimmt. Meine Damen und Herren, es gibt – ich bin ein gnaenloser Optimist – vielleicht eine Chance, die Abrüsungspolitik wieder in Gang zu bringen. Ich freue mich, ass Sie gesagt haben – wir haben Sie in diesem Jahr beeits mehrfach in Plenardebatten dieses Hauses dazu aufefordert –, dass Sie die Abrüstungspolitik für die Bunesregierung ganz oben auf die Tagesordnung Ihrer olitik setzen werden. Sie werden dabei unsere Untertützung haben. Das wird ein schwerer Weg sein, und war deshalb, weil die intellektuelle Herausforderung, or der wir stehen, wenn wir über Abrüstung bei asymetrischer Bedrohung reden, sehr viel Musik enthält. ir werden Sie nach Kräften unterstützen. Ich hoffe, ass wir bald Taten sehen werden; übrigens auch desalb, weil Deutschland in der Völkergemeinschaft und nsbesondere in Europa eine ganz wichtige Rolle spielt, a wir ein für alle Mal auf Atomwaffen verzichtet haben. n Europa und darüber hinaus gibt es viele Länder, die benfalls der Meinung sind, dass eine gute Zukunft und in großer Einfluss in der Weltpolitik auch dann möglich ind, wenn man nicht über Atomwaffen verfügt. Herzlichen Dank. Herzlichen Dank. – Das Wort hat jetzt der Kollege arl-Theodor Freiherr zu Guttenberg von der CDU/ SU-Fraktion. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg (CDU/ SU)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605701100

(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Fast alles, was der Kollege Hoyer gesagt hat, ist
u unterschreiben bzw. zu unterstreichen. Es ist wenig
inzuzufügen. Trotzdem werde ich sicherlich noch ei-
ige Punkte finden.

Herr Bundesaußenminister, wir begrüßen ausdrück-
ich den Stellenwert, den Sie der Rüstungskontrolle jetzt
inräumen und zukünftig einräumen wollen. Dieser Stel-
enwert spiegelt sich in dem sicherlich ehrgeizigen An-
atz wider, was die nächste Überprüfungskonferenz






(A) )



(B) )


Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg
anbelangt, und in dem ehrgeizigen Ansatz, bei beiden
Präsidentschaften – ich glaube, dass sich hier eine Ver-
zahnung finden lässt – die Rüstungskontrolle ganz oben
auf die Tagesordnung zu setzen. Wir werden das unter-
stützen. Wir halten das für den richtigen Ansatz.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die Debatte, die wir heute führen, ist außerordentlich
vielschichtig. Daher müssen wir uns davor hüten, mit
einseitigen Schuldzuweisungen zu arbeiten. Die Viel-
schichtigkeit zeigt sich beispielsweise in den Diskussio-
nen, die wir im Unterausschuss führen. Herr Kollege
Schäfer, ich glaube, wir müssen sehr aufpassen, dass wir
bezüglich gewissen Partnern und Bündnissen nicht einen
Zungenschlag in die Diskussion bekommen, der in mei-
nen Augen wenig hilfreich wäre. Sie haben die NATO
genannt. Wenn in der Diskussion der Zungenschlag üb-
rig bliebe, dass die NATO ein Faktor der Unsicherheit
wäre, dann wäre das – bei allem Reformbedarf – sicher-
lich falsch und ließe vergessen, welche Beiträge die
NATO in den vergangenen Jahren für unsere Sicherheit
und für die Stabilität in Europa geleistet hat und auch
heute noch leistet.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Rüstungskontrolle befindet sich – das ist heute in
allen Beiträgen angeklungen – in einer Krise. Herr Bun-
desaußenminister, Sie haben sogar von „Erosion“ ge-
sprochen. Symptomatisch für diesen Befund ist mit
Sicherheit der derzeitige Zustand des Nichtverbreitungs-
vertrages. Für uns muss entscheidend sein, dass der Ein-
druck, der gerade vor dem Hintergrund der Situation in
Nordkorea und im Iran derzeit entsteht, dass Dreistigkeit
und Unverschämtheit siegen würden, niemals Maßstab
einer zielführenden Rüstungskontrollpolitik für uns sein
kann. Wir müssen diesem Eindruck entgegenwirken,
meine Damen und Herren.

Nun könnte man meinen, dass es der Alarm- und
Weckrufe in dieser und in vergangener Zeit genug gege-
ben habe. Allerdings scheinen sich einige internationale
Mitspieler noch ganz bewusst im Dornröschenschlaf be-
finden zu wollen. Manches Dornröschen mit Mundge-
ruch küsst man auch ungern wach. Das gilt sicherlich
auch für uns.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Michael Glos [CDU/CSU]: Das ist wahr! – Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Ein sehr schönes Bild!)


Das mag eine etwas harte Metapher sein,


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Die ist gut! Aus dem Leben gegriffen!)


aber sie spiegelt wider, vor welchen Defiziten und vor
welchen Paradoxa wir in dieser Thematik letztlich ste-
hen. Die Mängel des Nichtverbreitungsvertrages sind
uns seit Jahren hinlänglich bekannt. Die fehlende Uni-
versalität ist letztlich nur paradigmatisch für viele andere
Dinge, die wir herausgreifen können und sollten. Ge-
schehen ist letztlich wenig, zu wenig. Daher ist die Über-
prüfungskonferenz sicher der richtige nächste Schritt.

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(C (D Was wäre zu tun? An sich ist mit den neuen Konflikterden – wir spüren das heute Morgen – auch eine neue iskussionsdynamik gewonnen. Das ist wahrscheinlich er einzige positive Schluss, den wir angesichts des insesamt verheerenden Bildes ziehen können. Die Begleiung dieser Dynamik dürfen wir aber nicht allein den edien überlassen; auch wir hier in diesem Hause müsen sie aufgreifen – die heutige Tagesordnung spiegelt as schon wider –, substanziell unterfüttern und ohne inseitige Schuldzuweisungen mit unseren Partnern fortntwickeln. Insofern können wir sicherlich aus den gecheiterten Konferenzen der vergangenen Jahre lernen. anchmal ist der Lerneffekt auch ein guter, der in die ukunft hineinzureichen weiß. In meinen Augen wäre auch eine Ausbalancierung er Prozesse – zum einen Nichtverbreitung und zum aneren Abrüstung – geboten. Kollege Mützenich hat daauf hingewiesen. Angesichts der heute gegebenen Veretzungen der asymmetrischen Komplexe neigen wir och dazu, in allzu starren, hergebrachten Mustern zu enken. Ich glaube, wir müssen uns vom noch herrchenden Kastendenken verabschieden und kreativ neue ege aufzeigen, um die Ausbalancierung herzustellen. ir müssen aber auch differenzieren: So sehr aus nu lear aufgerüsteten Staaten Proliferationsrisiken enttehen können, so wenig wird aus der Umkehrung eine wangsläufige Logik. Sie haben auf den Punkt der Logik ingewiesen, Kollege Hoyer. Wir dürfen daher nicht verürzt argumentieren, sondern sollten zur Kenntnis nehen, dass sich nukleare Proliferation kaum durch hun ertprozentige Abrüstungsbereitschaft der existierenden uklearmächte vermeiden oder aufhalten lässt. Diesen unkt muss man immer wieder zur Sprache bringen. Das eißt nicht, dass wir dem Ziel der völligen Abrüstung on Nuklearwaffen nicht verpflichtet bleiben müssen das haben wir im Koalitionsvertrag ja auch entspre hend festgehalten –, sondern dass wir darauf achten üssen, dass Hypothesen und Realitäten sich nicht in efährlicher Weise innerhalb der Argumentationsketten ermengen. Ich bezweifle leider, dass dem nordkoreanischen und ranischen Streben nach Atomwaffen durch entsprehende Abrüstungsschritte des Westens tatsächlich Einalt geboten werden könnte. Das sind zwei völlig unterchiedliche Ebenen, die wir zu behandeln haben. Das ist edauerlich und soll auch nicht falsch verstanden weren: Abrüstung ist dringend geboten. Doch man würde s sich allzu leicht machen, lediglich isoliert vorzugeen. Wer glaubt, unsere Sicherheit würde sich sprungaft erhöhen, wenn der Westen als solcher auf die Atomaffen verzichten würde, der erliegt einer Illusion, nsbesondere solange wir Staaten wie Syrien und Iran egenüberstehen, die sich anderen Kontrollregimes nicht erpflichtet fühlen; beispielhaft sei das Chemiewaffenbereinkommen oder das Biowaffenübereinkommen geannt. Es ist eine hochkomplexe Angelegenheit mit unerschiedlichen Schichten, in der man nicht zu brachial rgumentieren sollte. Das soll nicht heißen, dass gewisse eichen bestimmter uns partnerschaftlich verbundener taaten im gesamten Abrüstungsbereich mit Blick auf aktisch oder möglicherweise auch bündnispolitisch Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg nicht mehr benötigte Systeme und Waffen nicht wünschenswert wären. Das darf man ansprechen und das sollte man auch in der entsprechenden Form ansprechen. Es genügt natürlich nicht, gebetsmühlenartig immer nur die Vereinigten Staaten zu nennen. Man sollte in diesem Kontext mit derselben Vehemenz, vielleicht mit einer noch größeren Vehemenz, auch einmal Russland benennen. Heute ist auch auf Presidential Declarations oder Initiatives hingewiesen worden, die es im Jahr 1991 gab. Da ist herzlich wenig geschehen. Auch Russland muss hier in die Pflicht genommen werden. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)





(A) )


(B) )


(Jörg van Essen [FDP]: Sehr richtig!)


Ein Zweites; auch das ist ein sehr komplexer Ansatz.
Es gilt in meinen Augen eine Politik zu entwickeln, die
sich zielführend mit dem zu Recht und zu Unrecht erho-
benen Vorwurf der doppelten Standards auseinander
setzt. Das ist mittlerweile ein wechselseitig, und zwar
mit enormer Dynamik, erhobener Vorwurf. Es ist fast
eine Double-standards-Kultur entstanden, die wir nut-
zen, wann immer es uns wunderbar passt, gerade auch
im wirtschaftlichen Sinne, Herr Bundesminister. Bei-
spielhaft sei hier die Debatte über das US-indische Nu-
klearabkommen – das ist heute schon angeklungen – ge-
nannt. Das ist eine außerordentlich schwierige Thematik,
die mit allen Schattierungen gesehen werden muss. Wir
dürfen diese Debatte nicht verkürzen. Man hat aber gele-
gentlich den Eindruck, dass mittlerweile die USA und
nicht Nordkorea oder Iran als hauptverantwortlich für
den Niedergang des Nichtverbreitungsregimes angese-
hen werden. Dazu wird dieses Abkommen jetzt gern he-
rangezogen. Es wird auch ernsthaft argumentiert, dass
sich Iran und Nordkorea durch das Abkommen erst er-
mutigt gefühlt hätten, nach Atomwaffen zu streben. Das
ist – das muss klar festgestellt werden – barer Unsinn.

Dem Willen der internationalen Gemeinschaft läuft
das Verhalten Teherans und Pjöngjangs selbstverständ-
lich entgegen. Aber dass dem US-indischen Abkommen
diesbezüglich eine Ursächlichkeit zugesprochen wird,
dem müssen wir einen Riegel vorschieben; denn das
nutzt in der Gesamtdebatte, die wir gerade führen, nun
wirklich niemandem. Das Abkommen zwischen den
USA und Indien ist im Hinblick auf diese beiden Pro-
blemkreise weniger das Problem. Es ist natürlich para-
digmatisch für all die bekannten Schwächen des Nicht-
verbreitungsvertrages. Frau Zapf, das ist etwas, was Sie
mit großer Vehemenz und mit großer Verve bearbeiten.
Ich nehme an, dass Sie uns heute noch einige Punkte
nennen werden, die wir hier beachten müssen und in Zu-
kunft beachten werden.

Die Verhandlungen laufen noch, was dieses Abkom-
men anbelangt. Vielleicht wäre es auch einmal geboten,
bei uns von parlamentarischer Seite auf die Kontakte zu-
rückzugreifen, die beispielsweise zum amerikanischen
Senat bestehen. Weil gern so platt mit Schuldzuweisun-
gen gearbeitet wird, will ich einmal sagen: In den USA
findet eine wirklich kontroverse Auseinandersetzung ge-

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(C (D ade im Senat statt. Das ist etwas, was wir positiv aufreifen sollten. Da sollten wir nicht immer mit der flahen Hand über den Tisch fahren. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


Zuletzt zum Iran. Ich bin für das dankbar, was der
undesaußenminister genannt hat. Ich möchte in diesem
ahmen Folgendes sagen: Es sind schwierige und
anchmal fast dilemmatisch geprägte Verhandlungs-

üge, in denen man sich hier befindet. Die Bundesregie-
ung hat in den vergangenen Monaten auf dem Gebiet
reativ verantwortungsvoll gehandelt und verhandelt.
as verdient auch einmal den Dank dieses Hauses. Was
ier zu leisten war, war nicht einfach. Es wurden viele
mpulse gesetzt – das muss man wirklich sagen – und
ie Bundesregierung verhält sich hier entsprechend.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Dr. Werner Hoyer [FDP]: Dank an Michael Schaefer!)


Michael Schaefer ist in der Tat einer, der hier an der
pitze zu nennen ist, mit Sicherheit, Herr Kollege Hoyer.

Es wäre zu wünschen, dass all das, was heute ange-
lungen ist, keine Eintagsfliege bleibt – zurzeit stehen
ir ja unter dem Eindruck der Probleme Nordkorea und

ran –, dass dieser Tagesordnungspunkt so prominent be-
etzt bleibt und Kohärenz mit anderen Themenfeldern
indet. Herr Bundesaußenminister, unsere Unterstüt-
ung haben Sie, wenn Sie es in den kommenden Jahren
o hoch auf der Tagesordnung ansetzen. Ich danke Ihnen
llen dafür, dass Sie sich mit dieser Thematik entspre-
hend befassen. Hier liegt viel vor uns. Es sind kom-
lexe Themenfelder.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605701200

Das Wort hat jetzt der Kollege Jürgen Trittin von

ündnis 90/Die Grünen.


Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605701300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist of-

enkundig: Die Nordkoreakrise offenbart auch die Krise
er Abrüstungspolitik. Israel, Indien und Pakistan ist
s gelungen, sich in den Besitz von Atomwaffen zu brin-
en, Nordkorea ist dabei und wir haben die schlimme
ermutung, dass Iran Ähnliches betreibt.

Herr von Guttenberg, Sie haben hier gesagt, wir
üssten vermeiden, dass Dreistigkeit belohnt wird.
iese Forderung kommt – ich muss das sagen – leider zu

pät. Schauen Sie sich die Reaktionen auf die Dreistig-
eit von Indien und Pakistan an! Beide Staaten werden
eute mit Waffen bezahlt; alle Diskussionen über Em-
argos usw. sind beendet worden. Das ist der Haupt-
rund, warum wir zu dem US-indischen Atomdeal so
ritisch stehen; denn genau das ist die Botschaft, die von
ieser Vereinbarung ausgeht: dass Dreistigkeit beim Zu-
riff auf Atomwaffen belohnt wird.






(A) )



(B) )


Jürgen Trittin
Man kann sich da auch nicht hinter Herrn Baradei
verstecken; er hat das ebenfalls konditioniert. Herr Bun-
desaußenminister, meinen Sie das, was Sie hier gesagt
haben, ernst? Sie sagen, wir könnten an Indien kein Nu-
klearmaterial liefern, wenn es nicht den Teststoppvertrag
unterschrieben hat; wir könnten das nur tun, wenn wir es
schaffen, Ihren richtigen Vorschlag der Multilateralisie-
rung des nuklearen Brennstoffkreislaufes umzusetzen. –
Ich kann Ihnen sagen, wie Sie sich in den nächsten Jah-
ren aller Voraussicht nach in der Nuclear Suppliers
Group verhalten müssen, wenn Sie diese Bedingungen
ernst nehmen, Herr Bundesaußenminister: Sie werden
Nein sagen müssen an dieser Stelle. Sie werden sich ge-
nau so verhalten müssen, wie wir als Grüne das hier be-
antragt haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich glaube, dass es richtig ist, an dieser Stelle Nein zu
sagen; denn eine Welt, in der 15, 20 oder mehr Staaten
über Nuklearwaffen und die entsprechende Technologie
verfügen, was dazu führt, dass wir uns mit möglicher il-
legaler, halblegaler oder auch legaler Lieferung von sol-
cher Technologie an Verbrecher, an Terroristen auseinan-
der zu setzen haben, können wir uns, glaube ich, nur sehr
schwer vorstellen.

Ich habe immer gesagt, dass – da sind wir vielleicht
sogar einer Meinung – es vernünftig wäre, insgesamt auf
die Nutzung der Kernenergie zu verzichten. Das ist der
beste Schutz vor Proliferation. Aber wenn Sie diesen
besten Schutz nicht weltweit realisieren können, dann ist
es notwendig, die Fragen der Anreicherung und der Wie-
deraufarbeitung einem konsequenten multilateralen Re-
gime zu unterstellen. Da stimme ich Ihnen ausdrücklich
zu. Aber dieses multilaterale Regime wird nur dann er-
folgreich sein, wenn es kein einseitiges ist, wenn es eines
ist, das auch uns hier in Deutschland und ebenso die
USA, Russland, Frankreich und alle anderen betroffenen
Staaten entsprechend bindet und einbindet. Nur dann
wird es ein glaubwürdiges und belastbares Regime sein,
das die Verbreitung von solchen Technologien, die eben
auch für kriegerische Zwecke zu nutzen sind, tatsächlich
unterbinden kann.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Bezüglich der heute Atomwaffen besitzenden Mächte
will ich hier nicht über Schuld und Ähnliches lange strei-
ten, Herr von Guttenberg. Sie haben Recht, die aktuell
größte Bedrohung ist die, die von Nordkorea ausgeht;
das ist richtig. Aber Sie können doch nicht in Abrede
stellen, dass die permanente Weigerung, nuklear abzu-
rüsten – Russlands, Chinas, der USA, Großbritanniens,
Frankreichs, also all derjenigen, die diese Waffen besit-
zen –, eine der Hauptursachen gewesen ist, dass es bei
der Nichtverbreitungskonferenz nicht zu einem Ergebnis
gekommen ist. Auch das dürfen wir in einer solchen De-
batte nicht verschweigen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Klaus Uwe Benneter [SPD])


Ich füge hinzu: Man muss sich gelegentlich an die ei-
gene Nase fassen. Es kann nicht sein, dass in der Debatte
in dieser Woche über die Frage der Abrüstung gespro-

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(C (D hen wird – was richtig ist, Herr Bundesaußenminister –, ber uns in der nächsten Woche der Bundesverteidiungsminister den Entwurf eines Weißbuchs, abgeseget durch einen Kabinettsbeschluss, präsentiert. Ich öchte gerne einmal wissen, lieber Herr Jung und lieber err Steinmeier: Findet sich auch nach dem Kabinettseschluss der Satz, der noch im Entwurf des Weißbuchs nthalten ist, wieder, nämlich dass für eine glaubhafte bschreckung die nukleare Drohung nach wie vor unerzichtbar ist? Das heißt, Sie bedienen selber die Logik erjenigen, die heute nach Atomwaffen greifen. Deshalb age ich: Kehren Sie vor der eigenen Haustür! orgen Sie dafür, dass dieser Satz bis zur nächsten Wohe aus dem Weißbuch gestrichen wird! (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


Wenn wir über Abrüstung reden, dann müssen wir
uch und gerade den Bereich der konventionellen Waf-
en einbeziehen. Ich glaube übrigens, dass es im Deut-
chen Bundestag für weitergehende Schritte – damit
eine ich nicht nur den Verzicht auf nukleare Teilhabe
eutschlands – wie die wirksame Begrenzung von
leinwaffen und ein Verbot von Antifahrzeugminen
der von Streumunition eine breite Mehrheit gibt. Aber
iese breite Mehrheit zeigt sich angesichts der Vereinba-
ungen der großen Koalition im Deutschen Bundestag
icht. Das steht im krassen Gegensatz zu dem, was bei-
pielsweise der Vorsitzende der Sozialdemokratischen
artei, Kurt Beck, auf einer gemeinsamen Veranstaltung
it dem Bundesaußenminister geklärt hat. Er hat näm-

ich gefordert, die Frage der Abrüstung nachdrücklich
uf die Tagesordnung zu setzen.

Wir hätten uns gefreut, wenn angesichts des Besuchs
on Hans Blix nächste Woche anlässlich der Vorstellung
eines Berichts Deutschland seine Absicht bekunden
ürde, im Bereich der Abrüstung die eine oder andere

nitiative, die sich im Bericht findet, zu unterstützen.
ber wenn wir uns gerade die Bereiche Kleinwaffen
nd Streumunition ansehen, dann muss man sagen,
ass auf diesem Feld, lieber Herr Kollege Mützenich,
rst einmal gar nichts passiert.

Ich darf in diesem Zusammenhang auf folgenden
unkt hinweisen: Gestern erst hat der Menschenrechts-
usschuss unseren Antrag zum effektiven Regime über
leinwaffen abgelehnt. Der Knackpunkt, warum er ab-
elehnt wurde, war, dass nicht nur illegale, sondern eben
uch legale Exporte und die entsprechende Munition un-
er ein solches Regime gestellt werden sollten. Ich finde
s nicht glaubwürdig, auf Konferenzen der Friedrich-
bert-Stiftung für Abrüstung zu plädieren und gleichzei-

ig solche Anträge im Deutschen Bundestag abzulehnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich will diese kritische Betrachtung für den Bereich
er Streubomben fortsetzen. Ich habe hier mit großem
nteresse die Aussagen des Bundesaußenministers über
in Verbot von Streubomben gehört. Schauen wir uns die
ebatten dieser Tage im Bundestag an, dann muss man






(A) )



(B) )


Jürgen Trittin
sagen, dass das, was Union und SPD miteinander verein-
baren konnten – ich will Ihnen unterstellen, dass Sie ei-
gentlich etwas anderes wollten; aber Sie konnten nur das
vereinbaren –, in dem schönen Satz gipfelte, man wolle
die „gefährliche Streumunition verbieten“. Mir ist neu,
dass es auch ungefährliche Streumunition gibt.

Es ist völlig egal – das können Sie zurzeit im Libanon
sehen –, ob in einem Cluster von Streubomben 10, 30
oder 40 Prozent der Munition nicht explodieren. Es ist
egal, ob 50 oder 500 Pellets zum Beispiel in einer Plan-
tage liegen. In jedem Fall kann diese Plantage nicht
mehr betreten und nicht mehr bewirtschaftet werden. Ein
einziges dieser Pellets reicht aus, um ein Kind zu einem
Invaliden zu machen oder sogar zu töten.

Deswegen sage ich Ihnen: An dieser Stelle können
Sie nicht einen solch halbseidenen und inkonsequenten
Kurs fahren. Diese Munition darf insgesamt nicht akzep-
tiert werden. Es ist eine Tatsache, dass die gleiche Muni-
tion, die jetzt im Libanon zu finden ist und täglich zu To-
desfällen führt, im Besitz unserer Bundeswehr ist. Die
Bundeswehr sollte diese Munition in eine geordnete Ent-
sorgung überführen. Wir dürfen solche Waffen nicht be-
sitzen. Das bedeutet, Abrüstung in unserem Lande
durchzuführen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es ist viel von den 80er-Jahren die Rede gewesen. Ich
will Sie an eine Lehre aus den 80er-Jahren erinnern.
Es gab damals immer das Bestreben, nur dann abzurüs-
ten, wenn die andere Seite etwas tut. Da galt das Motto:
Wer sich zuerst bewegt, hat verloren. Die Friedensbewe-
gung hat dem eine ganz einfache Erkenntnis entgegenge-
setzt: Abrüstung beginnt immer bei einem selber. Abrüs-
tung beginnt dadurch, dass wir konsequent auf eine
nukleare Teilhabe verzichten. Abrüstung beginnt bei der
Forderung, Kleinwaffen einem internationalen Regime
zu unterwerfen. Abrüstung beginnt, wenn wir sagen: Wir
wollen, dass Streumunition verboten wird. Wir wollen
solche Waffen nicht mehr besitzen. – Das ist glaubwür-
dige Abrüstungspolitik.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605701400

Das Wort hat jetzt die Kollegin Uta Zapf von der

SPD-Fraktion.


Uta Zapf (SPD):
Rede ID: ID1605701500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Kollege Trittin, ich fühle mich, obwohl ich das eigent-
lich nicht wollte, bemüßigt, ein Wort zu Ihrer Kritik an
unserem Antrag zur Streumunition zu sagen. Sie sind
lange genug in der Politik, um zu wissen, wie schwierig
es in dem gesamten Prozess um Antipersonenminen und
andere Minenarten war, Fortschritte zu erreichen. Das-
selbe gilt für die Streumunition. Ich finde, dass der
Schritt-für-Schritt-Ansatz im Hinblick auf die Aussteue-
rung einer ganzen Kategorie von Streubomben und den
Auftrag an die Bundesregierung, entsprechend zu ver-
handeln, den wir formuliert haben, schon einmal ein

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(C (D ortschritt ist. Wir sollten verfolgen, wie es in Bezug auf ie internationalen Abkommen weitergeht. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich will nun etwas tun, was heute eigentlich ange-
racht gewesen wäre und immer gemacht wurde, heute
ber in der Agitation über die weltpolitische Situation
ergessen wurde, nämlich ganz herzlich für die Vorlage
er Abrüstungsberichte – jeweils für die Jahre 2004 und
005 können wir einen entgegennehmen – zu danken. Es
ind hervorragende Berichte.


(Beifall bei der SPD)


ies ist eine gute Arbeitsgrundlage. Man sollte auch
ährend des Jahres immer wieder einmal in den jeweili-
en Bericht schauen, wenn man Initiativen in Gang set-
en will. Auch für die gute Zusammenarbeit mit dem
uswärtigen Amt möchte ich danken.

Zur allgemeinen Situation, zu der Aufgabe, die wir
aben, ist schon in vielen Reden etwas gesagt worden.
eshalb werde ich versuchen, mein Konzept etwas zu-

ammenzustreichen und auf ein paar wichtige Punkte
inzugehen, die noch erwähnt werden sollten. Wir haben
onstatiert, dass der Zeitpunkt des 9. Oktobers 2006,
0.36 Uhr, der Todesstoß für das Nichtverbreitungs-
egime gewesen sein könnte. Wir haben festgestellt, wo
berall es in den letzten Jahren Rückschritte in der
ichtverbreitungspolitik gegeben hat. Wir haben auch

estgestellt, dass dies ein Anlass für uns ist, der Abrüs-
ungspolitik einen neuen Schub zu geben, Impulse zu
etzen und miteinander darüber zu beraten, was gemacht
erden muss.

Die Situation ist doch so, dass der für die Nichtver-
reitungspolitik so wichtige 13-Punkte-Aktionsplan
ach dem Jahre 2000, in dem dieser von der Überprü-
ungskonferenz verabschiedet worden ist, in keiner

eise umgesetzt worden ist. Deshalb plädiere ich dafür,
och einmal zu schauen, was für uns die wichtigsten An-
atzpunkte für unsere Nonproliferationspolitik sind.
enn wir den 13-Punkte-Aktionsplan noch einmal be-

rachten, dann können wir vielleicht ein paar Ansatz-
unkte herausfiltern.

Kollege von Guttenberg, wir machen keine Schuldzu-
eisungen. Aber wir müssen bei der Analyse sauber sein
nd hinterfragen, warum bestimmte Dinge schief gelau-
en sind. Es gibt – darauf werde ich gleich noch einmal
urückkommen – Doppelstandards. Wir müssen aber
uch konstatieren, dass diese 13 Punkte, die damals –
uch in diesem Hause – breiter Konsens waren, nicht
ingelöst worden sind und es dafür Verantwortliche gibt.

Als Erstes nenne ich den Atomteststoppvertrag. Er
urde von den Amerikanern signiert, nicht ratifiziert
nd wird jetzt infrage gestellt. Deshalb wird ein ganz
ichtiger Eckstein der zukünftigen Nichtproliferations-
olitik nicht weiter ausgebaut.

Das Zweite ist das Cut-off-Abkommen. Wenn es uns
icht gelingt, ein Verbot der Produktion waffenfähigen
uklearmaterials zu erreichen, werden wir der Prolifera-

ion nicht genügend entgegenzusetzen haben.






(A) )



(B) )


Uta Zapf
Ein weiterer Punkt – er wurde schon erwähnt – sind
die Sicherheitsgarantien. Ich glaube, dass es für ganz
viele Nichtnuklearstaaten von äußerster Wichtigkeit ist,
die Zusicherung zu bekommen, nicht nuklear angegrif-
fen zu werden, wenn sie selbst keine Nuklearwaffen ha-
ben. Diese Sicherheit haben sie aber nicht.

Der Konsens ist auch – das muss man einmal sagen –
aufgrund von Entscheidungen der Kernwaffenstaaten
zerbrochen. Das ist keine Schuldzuweisung, sondern
eine Erinnerung an die Verantwortung der Kernwaffen-
staaten. Sie haben ihre Arsenale verändert, weiterent-
wickelt und neue Kategorien entwickelt. Dadurch
drohen Kernwaffen mehr und mehr zu Kriegsführungs-
waffen zu werden.

In diesem Zusammenhang möchte ich einen letzten
Punkt anführen. Wir müssen feststellen – ich sage das
ganz vorsichtig –, dass sich die Nuklearstrategien in
Richtung Kriegsführungsstrategien mit Nuklearwaffen
zu entwickeln drohen. Auch das trägt dazu bei, dass es
Länder gibt, die sagen: Vielleicht wäre es doch ganz nett,
über Nuklearwaffen als Abschreckungspotenzial zu ver-
fügen.

Das Ausscheren von Nordkorea und Iran aus dem
Nonproliferationsregime ist hier ausreichend dokumen-
tiert und kommentiert worden. Ich will, provoziert durch
meinen Kollegen zu Guttenberg und das, was Frau Hoff
zum Indien-USA-Nuklearabkommen gesagt hat, ein
paar Worte sagen. Ich mache mir große Sorgen. Ich
glaube, dass wir in diesem Hohen Hause zu einem Kon-
sens kommen und unserer Regierung einen Auftrag er-
teilen müssen. Das gilt insbesondere, wenn diese Regie-
rung in der Nuclear Suppliers Group eine Rolle spielen
will.

Herr von Klaeden, ich teile Ihre Auffassung nicht,
dass Herr al-Baradei Recht hat, wenn er sagt: Das ist ein
gutes Abkommen, es führt Indien an das Nonprolifera-
tionsregime heran. Das wird das Abkommen in der vor-
liegenden Form nicht leisten können. Das Abkommen
wird sicherlich für die Umwelt, die Energiepolitik und
alles mögliche andere gut sein. Auch das sind Punkte,
die al-Baradei genannt hat. Es wird Indien aber nicht an
das Nonproliferationsregime heranführen.

Ich will einige Punkte anführen, die meines Erachtens
für eine Zustimmung in der Nuclear Suppliers Group
notwendig wären. Ob wir uns hier auf alle Punkte eini-
gen können, weiß ich nicht. Ich habe versucht, zusam-
menzufassen, was uns einigermaßen aus der Zwick-
mühle herausbringen könnte.

Der erste Punkt wurde schon erwähnt: Zeichnung und
möglichst Ratifizierung des Atomteststoppvertrages. In-
dien hat gesagt: Wir werden nicht testen. Es hat aber eine
Klausel eingefügt, nach der es doch testen kann, wenn es
meint, das tun zu müssen. Mein Vorschlag geht darüber
hinaus. Die Zeichnung und Ratifizierung wären also auf
alle Fälle gut.

Zweitens: Produktionsstopp von waffenfähigem
Spaltmaterial. Alle Nuklearstaaten haben sich dazu ver-
pflichtet. Alle, inklusive China, halten sich daran. Des-

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(C (D egen werden wir das auch von Indien, das sich dem isher schlicht verweigert, verlangen müssen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)


as ist ein ganz wichtiger Punkt. Denn sonst passiert
as, was viele Analysten befürchtet haben, nämlich dass
adurch, dass wir Brennstoff für die zivilen Reaktoren
iefern, die unter der Inspektion der IAEA stehen, ande-
es Material zur Produktion von waffenfähigem Material
rei wird und damit das indische Atomprogramm auf-
ächst, so, wie Indien es ganz offen verkündet hat. Das
uss verhindert werden.

Dann müssen mit der IAEA Full-Scope-Safeguard-
bkommen getroffen und ein Zusatzprotokoll abge-

chlossen werden. Wir müssen darauf dringen, dass eine
eckelung des Nuklearwaffenarsenals auf dem heutigen
tand stattfindet. Denn sonst findet tatsächlich ein Auf-
uchs statt und Indien würde sozusagen als Kernwaffen-

taat legitimiert.

Wir müssen Restriktionen bei den Lieferungen der
ukleartechnologie und des -materials vornehmen. Das
eißt, dass wir keine Anreicherungs- und Wiederaufbe-
eitungstechnologie und keine Schwerwassertechnologie
iefern dürfen. Das hat übrigens der Kongress in seiner
esolution selber so formuliert.


(Dr. Werner Hoyer [FDP]: So ist es!)


as ist sehr hilfreich.

Wir müssen darauf dringen, dass eine Endverbleibs-
lausel eingeführt wird, dass also gelieferte Nuklear-

echnik und -material nicht an Dritte weitergereicht wer-
en dürfen. Wir müssen für den Fall, dass Indien einen
tomtest durchführt, den Stopp der Kooperation und al-

er Lieferungen verlangen. Das lehnen die Inder voller
mpörung ab. Das verstehe ich nicht. Wir müssen auch
afür sorgen, dass Indien seinerseits die restriktiven Ex-
ortgesetze für die Weitergabe von Technologien über-
immt. Das hat Indien nicht immer eingehalten. Es hat
einen sauberen Rekord hinsichtlich der Nichtverbrei-
ung.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605701600

Frau Zapf, bedenken Sie bitte Ihre Redezeit.


Uta Zapf (SPD):
Rede ID: ID1605701700

Ich bin sofort fertig.

Es gibt eine viel beklagte und von den USA sanktio-
ierte Zusammenarbeit mit dem Iran, in deren Rahmen
aterialien geliefert worden sind, die eigentlich auf der

anktionsliste der Amerikaner stehen. Auch das muss
in Gesichtspunkt sein.

Ich habe nach dieser Debatte ein bisschen Hoffnung
das ist mein letzter Satz –, dass wir gerade in dieser
ichtigen Frage zu einem Konsens kommen und dass es
ns vielleicht gelingt, mit dem Ansatz, der hier von Frau
off, von mir und von anderen vorgetragen wurde, einen
berfraktionellen Antrag zu stellen. Herr zu Guttenberg,
ch zähle auf Sie.






(A) )



(B) )


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605701800

Frau Zapf, bitte!


Uta Zapf (SPD):
Rede ID: ID1605701900

Ich bin fertig.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605702000

Sie haben eine Hustenzeitzulage bekommen. Anders

ist die Überschreitung der Redezeit nicht zu begründen.


(Uta Zapf [SPD]: Ich danke Ihnen!)


Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat
das Wort der Kollege Robert Hochbaum von der CDU/
CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Robert Hochbaum (CDU):
Rede ID: ID1605702100

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Wir führen heute die Debatte über die Jahres-
abrüstungsberichte 2004 und 2005. Auch wenn zeitlich
gesehen in diesen Berichten eine nachträgliche Betrach-
tung vorgenommen wird, so steht die Thematik – das ha-
ben wir heute schon sehr oft gehört – gerade in diesen
Tagen ganz weit oben in der Prioritätenliste. Nordkorea
und Iran zeigen uns gegenwärtig deutlich, welche
potenzielle Gefahr weiterhin – auch nach dem Ende des
Kalten Krieges – für die Bürgerinnen und Bürger unse-
res Landes von Nuklearwaffen – hier ein Einschub für
Herrn Trittin – in den falschen Händen ausgeht.

Beide Staaten versuchen, mit ihrer ignoranten und
provozierenden Haltung ihre negativen Interessen skru-
pellos durchzusetzen. Dieser klägliche Versuch eines
Katz-und-Maus-Spiels ist mit aller Nachdrücklichkeit zu
verurteilen. Er wird scheitern; denn die Weltgemein-
schaft steht geschlossen zusammen und spricht ein deut-
liches Nein zu weiteren Atomwaffentests in Nordkorea,
zur weiteren Anreicherung von nuklearwaffenfähigem
Material im Iran und zur illegalen Weiterverbreitung von
Trägermitteln.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Rolf Mützenich [SPD])


Ich bin fest davon überzeugt, dass die vom UN-
Sicherheitsrat beschlossenen Sanktionen die einzig
richtigen Maßnahmen sind, die von uns allen unterstützt
werden sollten. Nordkorea und der Iran müssen durch
Sanktionen unter Druck gesetzt werden. Ihnen muss be-
wusst werden – ja, sie müssen es förmlich zu spüren be-
kommen –, dass Ignoranz zu Isolation und zu wirtschaft-
lichen Einbußen führt.

Das vordergründigste Ziel der Bemühungen der Welt-
gemeinschaft muss allerdings bleiben – ich hoffe, darin
sind wir uns hier im Hause einig –, eine Lösung nur auf
friedlichem Wege herbeizuführen.

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(C (D Die Proliferationsgefahren im Nahen und Mittleren sten sowie auf der koreanischen Halbinsel beschäftien uns nicht erst seit letztem Montag. In den beiden orliegenden Abrüstungsberichten der Jahre 2004 und 005 geht die Bundesregierung daher schwerpunktmäig auf diese Regionen ein. Ziel ist, die Verbreitung von assenvernichtungswaffen einschließlich ihrer Trägerittel in friedlicher Mission zu verhindern. Letztlich uss die endgültige Abschaffung solcher Waffen, insbe ondere in den genannten Regionen, angestrebt werden. Allerdings sind nicht nur Nordkorea und der Iran ein edrohungsschwerpunkt. Daher wird in beiden Jahresab üstungsberichten zu Recht darauf hingewiesen, dass das isiko der Proliferation von Massenvernichtungswaffen icht regional begrenzbar ist. Nichtstaatliche Akteure nd terroristische Gruppen schmieden weltweit ihre läne für weitere Angriffe. Die Ereignisse in New York, adrid und Istanbul haben uns dies leider auch vor un erer eigenen Haustür vor Augen geführt. Die Antwort, ie die Bundesregierung in ihrem Bericht auf die regioale Unbestimmtheit dieses Risikos gibt, ist richtig und on entscheidender Bedeutung für den Kampf gegen errorismus und Gewalt. Globalen Gefahren muss gloal begegnet werden. „Global“ bedeutet in diesem Fall mmer: gemeinsam. Die Weltgemeinschaft muss zusammenhalten. Wie ch zu Beginn meiner Rede sagte, tut sie das auch, zuindest in Bezug auf Nordkorea und den Iran. Nur die ewahrung des im Bericht beschriebenen Konsenses er internationalen Staatengemeinschaft kann uns vor er Weiterverbreitung solcher Waffen schützen. Die undesregierung fördert diesen Konsens in Überein timmung mit der am 12. Dezember 2003 verabschiedeen EU-Strategie gegen die Verbreitung von Massenverichtungswaffen. Eine internationale Ordnungspolitik mit den Paraigmen der Allgemeinverbindlichkeit und der Transpaenz der Regularien sowie – das ist ganz wichtig – die ereinten Nationen als Wächter sind dabei oberste andlungsmaxime. Dies ist ausdrücklich zu begrüßen nd mit aller Notwendigkeit im Sinne von Frieden und tabilität in der Welt fortzuführen. Operativ bilden unseer Meinung nach die Sechsergespräche sowie die Gepräche innerhalb der EU 3 das geeignete Forum, um unere Ziele im Hinblick auf diese sensible und polypole hematik zu erreichen. Zugegeben, es ist bedauerlich, dass die Verhandlunen im Zusammenhang mit den Nuklearwaffenprogramen des Iran und Nordkoreas in den Jahren 2004 und 005 sowie leider auch gegenwärtig noch ohne greifbare rfolge geblieben sind, was sicherlich nicht an uns geleen hat. Dennoch gilt es, diesen Weg und die Deeskalaionsstrategie gemäß der Verantwortung für den Weltrieden konsequent weiter zu verfolgen. Meine Damen und Herren, wie bereits erwähnt, stanen nicht nur der Iran und Nordkorea im Blickpunkt der brüstungspolitischen Bemühungen. In beiden Berichten erden auch Fortschritte in anderen Bereichen aufgeführt. Robert Hochbaum Diese sind ebenfalls von zentraler Bedeutung und sollten genügend Beachtung finden. Stellvertretend möchte ich nur die Erfolge, die im Zusammenhang mit der Kleinwaffenproblematik erzielt wurden, nennen. Laut Angaben der Vereinten Nationen machen jährlich 600 Millionen Kleinund Leichtwaffen die Welt unsicher. 300 000 Menschen sterben jährlich durch ihren Einsatz in den Konflikten der Welt. Kofi Annan sagte auf einer UNKonferenz in New York: „Das große Töten geschieht durch Kleinwaffen.“ Das ist nicht von der Hand zu weisen. Denn in den meisten Konflikten spielen diese Waffen die dominierende Rolle. Dabei geht es nicht nur um unsere ohne Zweifel sehr große Verantwortung gegenüber den vielen, meist zivilen Opfern in zahlreichen Ländern dieser Erde, sondern auch – das darf nicht vergessen werden – um unsere Verantwortung gegenüber unseren eigenen Soldaten, die beispielsweise im Kongo, im Sudan oder in Afghanistan im Einsatz für Frieden und Freiheit sind. Ich konnte mir in der letzten Woche zusammen mit Kolleginnen und Kollegen aus dem Verteidigungsausschuss in Afghanistan ein Bild davon machen, welche Unmengen von illegalen Kleinwaffen von den Taliban, von Drogenbaronen und anderen Verbrechern gehortet werden und so eine Bedrohung unserer Truppen darstellen. In diesem Zusammenhang ist es natürlich zu begrüßen, dass seit der Zeichnung des Ottawa-Abkommens Ende 1997 nun im Dezember 2005 ein erstes globales Rüstungskontrollabkommen im Konsens von der UNGeneralversammlung verabschiedet wurde, welches es den Staaten ermöglicht, unerlaubte Kleinwaffen und leichte Waffen rechtzeitig und zuverlässig zu identifizieren und, was ganz wichtig ist, ihre Lieferung zurückzuverfolgen. Ich möchte in diesem Zusammenhang nicht versäumen, den daran Beteiligten der Bundesregierung für ihr Engagement meinen Dank auszusprechen. Meine Damen und Herren, lassen Sie uns die erzielten Fortschritte als Ansporn nehmen, den eingeschlagenen Weg mit allem Nachdruck weiterzugehen. Nordkorea und der Iran sowie die anderen ungelösten Probleme werden mit Sicherheit auch in Zukunft all unsere Aufmerksamkeit erfordern. Es gilt, mit allem Nachdruck zu verhindern, dass Iran eine Atombombe herstellt, und Nordkorea muss dazu bewogen werden, sein Atomwaffenprogramm glaubhaft einzustellen. Herzlichen Dank. Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf den Drucksachen 15/5801, 16/1483 und 16/3011 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Der Entschließungsantrag auf Drucksache 16/2999 soll an dieselben Ausschüsse wie die Vorlage auf Drucksache 16/1483 überwiesen werden. Sind Sie damit ein v s ß v d h n L A (C (D erstanden? – Das ist der Fall. Dann sind die Überweiungen so beschlossen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 4 a bis 4 c auf: a)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)





(A) )


(B) )


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1605702200
regierung

Agrarpolitischer Bericht 2006 der Bundes-
regierung

– Drucksache 16/640 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Haushaltsausschuss

b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-
gierung

Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Ver-
besserung der Agrarstruktur und des Küsten-
schutzes“ für den Zeitraum 2005 bis 2008

– Drucksache 15/5820 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Tourismus
Haushaltsausschuss

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Hans-
Michael Goldmann, Dr. Christel Happach-Kasan,
Dr. Edmund Peter Geisen, weiterer Abgeordne-
ter und der Fraktion der FDP

Impfen statt Töten – Praxisreife Markerimpf-
stoffe entwickeln und anwenden

– Drucksache 16/1442 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

Zum Agrarpolitischen Bericht liegt ein Entschlie-
ungsantrag der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen
or. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
ie Aussprache anderthalb Stunden vorgesehen. – Ich
öre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
er das Wort dem Bundesminister Horst Seehofer.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Horst Seehofer, Bundesminister für Ernährung,
andwirtschaft und Verbraucherschutz:

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die
grarwirtschaft ist für unser Land nicht nur volkswirt-






(A) )



(B) )


Bundesminister Horst Seehofer
schaftlich von großer Bedeutung. Sie befindet sich der-
zeit in guter, in Teilbereichen sogar in blendender
Verfassung. Das gilt für das, was für die Menschen pro-
duziert wird, unsere Lebensmittel, unsere Nahrungsmit-
tel: beste Qualität, gesunde Produkte. Mir liegt sehr
daran, darauf hinzuweisen, dass an den Lebensmittel-
skandalen der letzten Monate kein einziger landwirt-
schaftlicher Betrieb, keine Bäuerin, kein Bauer beteiligt
war. Das heißt, dass unsere Bauern gut ausgebildet sind
und sehr verantwortlich mit der Schöpfung umgehen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Agrarwirtschaft erlebt seit einiger Zeit einen
mächtigen Aufwind. Das kann man an verschiedenen In-
dikatoren festmachen. Es geht los beim Export, wo die
Zeichen auf Erfolg stehen: Seit 1993 hat sich das Export-
volumen unserer landwirtschaftlichen Produkte von
17,7 Milliarden Euro auf über 34 Milliarden Euro ver-
doppelt. Es wird oft darauf hingewiesen, dass alleine die
Zuwächse der Exporte nach Osteuropa im letzten Jahr
um 30 Prozent gestiegen sind. Die große Befürchtung,
dass die Erweiterung der Europäischen Union von der
deutschen Agrarwirtschaft nicht zu schultern sei, ist
widerlegt worden. Das Gegenteil ist der Fall. Ich darf
darauf hinweisen, dass es in unserem Ministerium auch
aus diesem Grunde seit einigen Monaten eine Koordinie-
rungsstelle für Exportförderung gibt.

Der Biomarkt boomt mit zweistelligen Wachstumsra-
ten. Die Nachfrage nach Holz steigt in nicht geahnte Hö-
hen. Der Umsatz im Bereich des Holzes ist in Deutsch-
land bei mittlerweile 115 Milliarden Euro angelangt. Die
Preise machen in vielen Bereichen einen gewaltigen
Sprung nach oben. In den letzten Monaten sind die
Preise für Brotweizen, Hafer und Mais um 20 Prozent
nach oben geschnellt. Für den Brotroggen war sogar eine
Preissteigerung von 30 Prozent zu verzeichnen. All diese
Daten und Entwicklungen stützen die These, dass die
deutsche Landwirtschaft wirtschaftlich in einem mächti-
gen Aufwind ist. Durch all dies werden Einkommen, Ar-
beitsplätze und Investitionen gesichert. Wir sollten viel
mehr positiv darüber reden, damit wir wieder junge
Menschen für einen Beruf in der Landwirtschaft gewin-
nen. Die Landwirtschaft ist lukrativ und hat Zukunft.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Mit dem Thema Klasse statt Masse, das in den letz-
ten vier Jahren immer wieder eine Rolle gespielt hat,
möchte ich mich noch einmal kurz beschäftigen. Wir
stellen 80 Prozent der von uns benötigten Nahrungsmit-
tel hier in Deutschland her. Wir haben einen hohen Grad
der Selbstversorgung. Bezüglich des Exportes unserer
Produkte sind wir an vierter Stelle auf der Welt. Erst
kommen die Amerikaner, dann die Franzosen, dann die
Niederländer und dann die Deutschen, was übrigens ein
sehr starkes Indiz dafür ist, dass weltweit Vertrauen in
unsere Produkte gesetzt und die Qualität geschätzt wird.

Das ist ein gutes Beispiel dafür, dass die typisch deut-
sche Phrase, die vor einigen Jahren hier an diesem Pult
geäußert wurde – wir möchten nicht Masse, sondern wir

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(C (D ollen Klasse –, sehr ideologisch gefärbt war. Es war ämlich auch falsch. Wir haben mit unseren Produkten inen hohen Marktanteil in Deutschland und wir sind eim Export weltweit Spitze, nämlich unter den Top our. Mit all dem, was wir national produzieren und verarkten sowie international exportieren, haben wir nicht ur einen hohen Marktanteil, sondern dies zeugt auch on einer hohen Qualität der Produkte, also von Klasse. eshalb gilt für mich nicht die Forderung Klasse statt asse, sondern ich finde, dass wir stolz darauf sein kön en, dass wir Masse haben und diese Masse auch klasse st. Beides gehört zusammen. (Beifall bei der CDU/CSU – Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben nur Masse, weil wir Klasse haben!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Ein wichtiger Punkt ist auch die Innovationskraft
zw. die Dynamik in unserer deutschen Landwirtschaft.
s lacht einem das Herz, wenn man in Deutschland un-

erwegs ist und die Betriebe besucht. Ich behaupte, dass
ie deutsche Agrarwirtschaft ein Motor für den techno-
ogischen Fortschritt in unserem Lande ist. Wir sind auf
er Höhe der Zeit. Ich kenne kaum Bereiche, die einen
charfen Strukturwandel, dem sie seit vielen Jahren aus-
esetzt waren, so wie die deutschen Bäuerinnen und
auern angenommen haben. Ich nenne nur das Stich-
ort „nachwachsende Rohstoffe“. Es wurde nicht viel
achgefragt, welche Subventionen und welche Unter-
tützung es durch den Staat gibt. Die Landwirte haben
ie Dinge selbst in die Hand genommen und auf einen
roßen Erfolgsweg gebracht.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich nenne die Stichworte Biogas, Biomasse und Bio-
raftstoffe. Wir investieren zum Beispiel viel in die Pro-
uktion von Biogas. Ich werde alles dafür tun, dass das
on den Bauern produzierte Biogas in absehbarer Zeit
uch für unsere Erdgasversorgung eingespeist wird. Es
st überhaupt nicht einzusehen, warum das nicht der Fall
ein sollte.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Immer dann, wenn etwas positiv läuft, betreten natür-
ich die Skeptiker wieder die Bühne. Manchmal habe ich
en Eindruck, dass manche, die auf diesem Feld tätig
ind, ihren Kindern nur deshalb zu kleine Schuhe kau-
en, damit sie von Kindesbeinen an lernen, zu jammern.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Jetzt höre ich nämlich schon wieder kritische Stim-
en, die fragen, ob wir genügend Flächen für die Nah-

ungsmittelproduktion und für nachwachsende Roh-
toffe haben. Dass wir eine solch positive Entwicklung
aben – auch wirtschaftlich –, liegt eindeutig an der
olitik der Pluralität und der Vielfalt. Wir haben den
andwirten in Deutschland mehrere Möglichkeiten er-
ffnet: Nahrungsmittelproduktion, Rohstoffproduktion,
flege der Kulturlandschaft und Verbindung der






(A) )



(B) )


Bundesminister Horst Seehofer
Landwirtschaft mit dem Tourismus, der Freizeit und der
Erholung, Kollege Ernst Hinsken. Aus mehreren Mög-
lichkeiten ergeben sich höhere Chancen. Aus höheren
Chancen ergeben sich bessere wirtschaftliche Erfolge.

Ich warne davor, in die Diskussion einzusteigen, ob es
für all diese Nutzungsmöglichkeiten unseres Bodens in
der Bundesrepublik Deutschland ausreichend Flächen
gibt. Ich habe darauf eine ganz einfache Antwort: Das
soll um Gottes willen keine ministerielle Planungsbüro-
kratie, sondern niemand anders als der Markt entschei-
den.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Das, was ich hier zu vermelden habe, ist in erster Li-
nie ein Erfolg der Bauern.


(Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und der Bäuerinnen!)


Ich registriere aber auch, dass die Bauern wieder Ver-
trauen in die Politik haben. Wir haben in allen Berei-
chen, die uns betreffen, Wort gehalten. Ich verweise auf
die Agrarverhandlungen der Welthandelskonferenz,
auf der wir die deutschen Bauern nicht auf dem Altar der
Welthandelskonferenz geopfert haben. Vielmehr haben
wir deutlich gemacht: Wir sind nur dann für die Öffnung
der Märkte und den Wegfall der Exportsubventionen,
wenn dies für alle Länder dieser Erde gilt. Es geht um
faire Wettbewerbsbedingungen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir haben in der sozialen Sicherung, was die Beteili-
gung des Bundes an Zuschüssen betrifft, verlässliche
Bedingungen geschaffen. Die Bauern haben in Europa
wieder eine Stimme. Sie müssen nicht nach Paris fahren,
wenn in Brüssel ihre nationalen Interessen vertreten wer-
den sollen. Eine Reise nach Berlin reicht aus.

Wir haben den ländlichen Raum mit seiner Bedeutung
mit einer langen Dialogreihe zur Zukunft des länd-
lichen Raumes, die wir eröffnet haben, wieder in den
Mittelpunkt gerückt. Das betrifft auch, aber nicht nur die
Landwirtschaft. Ich verweise darauf, dass wir sehr hart
daran arbeiten, damit der ländliche Raum bei der Ent-
wicklung der neuen Technologien nicht abgehängt, son-
dern einbezogen wird, zum Beispiel bei der Einführung
des Breitbandkabelnetzes. Das ist für die Entwicklung
des ländlichen Raumes unglaublich wichtig.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich hatte am Montag gemeinsam mit dem Kollegen
Gabriel ein Gespräch mit Vertretern aller deutschen Au-
tomobilhersteller, der Mineralölwirtschaft und dem
Deutschen Bauernverband. Das Thema war die mittel-
fristige und langfristige Weiterentwicklung der Biokraft-
stoffe. Das ist auch hinsichtlich der Wertschöpfung im
ländlichen Raum ein ungeheuer spannendes Thema.


(Peter Bleser [CDU/CSU]: Absolut!)


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(C (D Wir streben an, in Deutschland eine Großanlage für raftstoff aus Bt-Mais für die nächste Generation der iokraftstoffe zu errichten. Aber ich möchte nur darauf inweisen, dass wir wegen der zweiten Generation nicht ie Chancen der ersten Generation ungenutzt lassen düren. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ine zweite Generation hat nach der Logik nur dann ei-
en Sinn, wenn die Chancen der ersten Generation ge-
utzt werden. Dabei verweise ich ohnehin darauf, dass
ir bei der ersten Generation wegen vieler ungeklärter
ragen wahrscheinlich noch einen langen Weg vor uns
aben.

Auch bei der Entbürokratisierung in der Landwirt-
chaft haben wir Wort gehalten. Ich weise nur auf die
atsache hin, dass mir der Präsident des Deutschen Bau-
rnverbandes vor gut acht Tagen für die Entschlackung,
ie wir bei der Kontrolle der Landwirte bei der Einhal-
ung der Standards durchgeführt haben, Danke gesagt
at. Ich habe immer gesagt: Ich bin dafür, dass Betriebe
araufhin überprüft werden, ob sie die Standards hin-
ichtlich des Umweltschutzes, des Naturschutzes und
es Gewässerschutzes einhalten. Aber ich war immer
er Meinung, dass diese Kontrolle nicht in Schikane aus-
rten darf. Das haben wir geschafft.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Angesichts des Vorwurfs, wir hätten bei der ersten
nd zweiten Säule Mittel gekürzt, möchte ich auf folgen-
en Umstand hinweisen: In dem Finanzierungsrahmen
er Europäischen Union für die nächsten sieben Jahre ist
orgesehen, dass wir in Deutschland etwa 60 Milliarden
uro als Unterstützung für die landwirtschaftliche Pro-
uktion und die ländlichen Räume ausgeben: 35 Milliar-
en Euro in der ersten Säule, 18 Milliarden Euro in der
weiten Säule unter Einschluss der Ländermittel und
Milliarden Euro in der GAK. Das sind etwa 60 Milliar-

en Euro.

Nun verschweige ich auch nicht, dass für diese sieben
ahre die EU-Mittel um etwa 1 Milliarde Euro gekürzt
erden, und zwar von 9,2 auf 8,1 Milliarden Euro. Aber
ir alle in der Koalition gehören nicht zu den Politikern,
ie auf der einen Seite trotz der Erweiterung der EU
icht mehr zahlen und auf der anderen Seite zu den Fol-
en dieser Entscheidung national nicht stehen wollen.
an kann nicht allen Ernstes von einer Benachteiligung

er Landwirte oder des ländlichen Raumes sprechen,
enn bei einem Fördervolumen von etwa 60 Milliarden
uro in den nächsten sieben Jahren die Mittel um 1 Mil-

iarde Euro gekürzt werden. Davon sind zehn Bundes-
änder betroffen. Man muss die 1 Milliarde Euro durch
ieben teilen. Verteilt auf zehn Bundesländer sind das
irca 15 Millionen Euro pro Land. Es kann wohl nie-
and im Ernst behaupten, dass dies die Zukunft der
andwirtschaft oder des ländlichen Raumes zerstört.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )


Bundesminister Horst Seehofer
Ich möchte zum Schluss auf einen Umstand hinwei-
sen, der vielleicht hier oder da missverstanden worden
ist. Wir beraten heute über den Agrarpolitischen
Bericht 2006 und stützen uns dabei auf Zahlen des
Jahres 2004. Wenn Politiker über veraltete Zahlen disku-
tieren, dann laufen sie Gefahr, dass auch die Politik alt
aussieht.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Deshalb habe ich heute ganz aktuelle Zahlen genannt.
Ich bin der Meinung, dass wir durchaus jährlich über die
Lage der Agrarwirtschaft diskutieren sollten. Wir sollten
aber mit dem Unsinn aufhören, der Beratung fünf Be-
richte zugrunde zu legen, die die Verwaltung und viel
Personal binden und meistens veraltet sind, weil sie der
Debatte um ein oder zwei Jahre hinterherhinken.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Katrin GöringEckardt)


Mein Vorschlag ist nicht, den Bericht abzuschaffen,
sondern – darüber werden wir in den Regierungsfraktio-
nen reden – einen größeren Berichtszeitraum vorzuse-
hen, um uns auf aktuelle und repräsentative Daten stüt-
zen zu können. Wir sollten uns nicht auf Daten stützen,
die zum Zeitpunkt der Debatte hoffnungslos überholt
sind.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir werden in der Ratspräsidentschaft im nächsten
Jahr die Entbürokratisierung in meinem Bereich beson-
ders in den Mittelpunkt stellen. Wie ernst wir es mit der
Einbindung der Landwirtschaftspolitik in unsere Ge-
samtpolitik meinen, mögen Sie daraus ersehen, dass die
nächste Grüne Woche im Januar – sie stellt für alle be-
teiligten Politiker ein Stressprogramm dar – in Anwesen-
heit der Bundeskanzlerin und des Präsidenten der Euro-
päischen Kommission, Barroso, eröffnet wird. Das soll
den Landwirten und der Agrarwirtschaft in ganz Europa
zeigen, dass die Landwirtschaft bei uns nicht als An-
hängsel oder auslaufender Posten betrachtet wird, son-
dern, wie ich eingangs sagte, ein für unser Land sehr be-
deutsamer volkswirtschaftlicher Bereich ist.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605702300

Als Nächste spricht die Kollegin Dr. Christel

Happach-Kasan von der FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Christel Happach-Kasan (FDP):
Rede ID: ID1605702400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich spreche heute, weil der agrarpolitische Sprecher un-
serer Fraktion, Michael Goldmann, kurzfristig erkrankt
ist. Ich denke, auch Sie senden ihm gute Genesungswün-
sche.


(Beifall)


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(C (D Herr Minister, Sie haben leider nicht Wort gehalten. s reicht schlicht nicht, etwas festzustellen, ohne es urch Handeln zu belegen. Beim Handeln ist bei Ihnen ber schlicht Fehlanzeige, Herr Minister. Knapp ein Jahr nach der Bundestagswahl und dem egierungswechsel stellt sich die Frage, ob sich die Poli ik geändert hat. Ich muss feststellen, dass sich wenig gendert hat – mit Ausnahme der Tatsache, dass der Miniser im Zusammenhang mit dem agrarpolitischen ahresbericht kaum mehr vorträgt als die Agrarpreise, an enen er keinen Anteil hat. Der Jahresrückblick enthält wenig Gutes, Herr Miniser Seehofer. Man muss richtig danach suchen. Ich habe ich bemüht, alles Positive herauszustellen, aber es gibt enig. Das Versprechen der CDU/CSU eines Politikechsels ist im Bereich der Agrarpolitik Schall und auch. Minister Seehofer, Sie sind in Ihrem Amt als Bundesandwirtschaftsminister nicht angekommen. Sie trauern er Gesundheitspolitik nach. (Julia Klöckner [CDU/CSU]: Er sieht doch viel glücklicher aus als vorher!)


(Widerspruch bei der CDU/CSU und der SPD)


(Beifall bei der FDP)


ber wir brauchen mehr als Worte: Wir brauchen Han-
eln.


(Widerspruch bei der CDU/CSU)


Dass Sie nicht handeln, hat für die Menschen in den
ändlichen Räumen und die landwirtschaftlichen Be-
riebe in unserem Land sehr schlimme Folgen. Fast ein
rittel der Menschen in Deutschland lebt in den ländli-

hen Räumen. Deren Lebensqualität ist nach wie vor
uch mit dem Wohlergehen der landwirtschaftlichen Be-
riebe verbunden. Deswegen brauchen wir die Stärkung
er unternehmerischen Landwirtschaft. Die Landwirte
rauchen planerische Sicherheit, die Sie ihnen nicht ge-
en. Sie brauchen Vertrauen in die Zukunft, um investie-
en zu können, und rationale Entscheidungen und nicht
olche, die aus dem Bauch heraus getroffen werden. Sie
issen genauso gut wie ich: Die Menschen sind der Na-

ur entfremdet. Deswegen lobe ich Sie dafür, dass Sie die
ualität unserer Produkte herausgestellt haben. Aber,
err Minister, das reicht nicht.

Es reicht im Übrigen ebenfalls nicht, die Jahresergeb-
isse der Betriebe zu betrachten; denn diese schwanken
eträchtlich. Es gilt auf die Gesamtentwicklung zu
chauen. Hier verheißt Ihr Handeln nichts Gutes, Herr

inister. Ihr erstes Jahr war von drei Fleischskandalen
eprägt. Ich will ehrlich sagen, dass Sie am ersten keinen
nteil hatten. Er hatte seinen Ursprung – genauso wie
ie beiden anderen – in Bayern. Im November des letz-
en Jahres haben Sie ein Sofortprogramm zur Verhinde-
ung weiteren Fehlverhaltens vorgelegt. Der letzte
leischskandal im September zeigte aber, dass sich
ichts geändert hat. Das Programm ist nicht umgesetzt
orden. Es wurde von Ihnen noch einmal verkauft, frei
ach dem Motto „alter Wein in neuen Schläuchen“. Sie






(A) )



(B) )


Dr. Christel Happach-Kasan
haben auf Stimmungen reagiert, angekündigt und Aktio-
nismus gezeigt. Aber Sie stehen letztlich bei den
Fleischskandalen mit absolut leeren Händen da. Das
heißt, bei diesem wichtigen verbraucherpolitischen
Thema haben Sie schlicht gepatzt.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Herr Minister, ein weiteres Drama ist die Diskussion
über den Biodiesel. Entgegen allen Wahlaussagen haben
CDU/CSU und SPD im Koalitionsvertrag festgelegt, die
ursprünglich bis Ende 2008 vereinbarte Steuerbefreiung
von Biodiesel einzukassieren. Die Folge ist ein massiver
Verlust an Vertrauen in politisches Handeln. Wo waren
Sie bei der Diskussion über den Biodiesel? Wo haben
Sie sich geäußert? Wo haben Sie sich für die Landwirt-
schaft eingesetzt? Nirgendwo! Sie waren schlicht abge-
taucht. Sie haben an dieser Debatte gar nicht teilgenom-
men.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Sie haben Wahrnehmungsschwierigkeiten!)


– Nein, Herr Kollege, ich habe keine Wahrnehmungs-
schwierigkeiten. Ich höre sehr genau zu. Der Minister
war nicht anwesend. Wenn er nichts sagt, kann man ihn
nicht hören; das ist eindeutig.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Stimmt!)


Die Steuerbefreiung wurde durch die Einführung ei-
ner unternehmensbezogenen Biokraftstoffquote für
Benzin und Diesel ersetzt. Die Auswirkungen sind dra-
matisch. Fiskalpolitisches Handeln hat wirtschaftliches
Denken ersetzt, und zwar zum Schaden der mittelstän-
disch geprägten Biokraftstoffbranche. In Deutschland
geplante Investitionen wurden nach Schweden und Eng-
land verlagert. Sie, Herr Minister, sind in der Diskussion
schlicht abgetaucht. Sie haben keinen Handschlag zu-
gunsten unserer Landwirte getan. Das wird zur Folge ha-
ben – das ist absehbar –, dass Billigimporte aus Ländern
ohne Sozial- und Umweltstandards das Gegenteil von
dem bewirken, was wir alle wollen: eine nachhaltige
Biokraftstoffproduktion.

Herr Minister, Sie haben eben angekündigt, dass Sie
sich dafür einsetzen wollen, dass Biogas in die Erdgas-
versorgung eingespeist wird. Ich bin gespannt, ob und
wann – in diesem oder im nächsten Jahrzehnt – Sie die-
ser Ankündigung Taten folgen lassen werden. Das ist auf
jeden Fall ein sehr dringendes Thema.

Herr Minister, des Weiteren haben Sie bei der Geflü-
gelpest versagt. Ihr Besuch auf Rügen war falsch. Wir
hoffen, dass Sie sich in Zukunft bei einem Seuchenfall
angemessen verhalten werden. Im Interesse des Schutzes
der Menschen und des Tierschutzes muss die Nichtimpf-
politik der EU beendet und durch eine Politik des geziel-
ten Impfens mit markierten Impfstoffen ersetzt werden.
Wir investieren enorm viel in die Anlagen der Insel
Riems. Wo bleiben die Ergebnisse, die den dort getätig-
ten Investitionen entsprechen?

Ihr Zickzackkurs in Sachen Gentechnik ist ein einzi-
ges Trauerspiel. Ihr Lob für die Investitionskraft der

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(C (D eutschen Landwirtschaft ist zwar bemerkenswert. Aber erade auf dem von Ihnen angesprochenen wichtigen eld der Biogasproduktion versagen Sie völlig. Kollegin Mortler, dreimal sind Eckpunkte zur Novelierung des Gentechnikgesetzes angekündigt worden. reimal! Wo sind sie denn? Es gibt sie nicht. Warum ist ie Novellierung nicht längst erfolgt? Das ist ein Versaen des Ministers. (Peter Bleser [CDU/CSU]: Wir wollen sehr solide vorgehen! – Marlene Mortler [CDU/ CSU]: Gut Ding will Weile haben! – Ulrich Kelber [SPD]: Was gut ist, muss nicht geändert werden!)


(Marlene Mortler [CDU/CSU]: Oje!)


Sie alle wissen aufgrund der rechtspolitischen Dis-
ussion, dass dieses Gesetz Rechtsunsicherheit für die
enschen im Lande und die landwirtschaftlichen Be-

riebe schafft, und zwar sowohl für die Betriebe, die die
entechnik anwenden, als auch für die Betriebe, die
eine Gentechnik anwenden. Dies ist nicht in Ordnung.


(Beifall bei der FDP)


Sie sprechen davon, dass Sie die Menschen mitneh-
en wollen. Das ist zwar richtig. Aber auf Ängste einzu-

ehen, die nachweislich unbegründet sind, bedeutet, den
enschen Information und Aufklärung zu verweigern.
as ist mittelalterliches Handeln und entspricht in keiner
eise den Erfordernissen einer Wissensgesellschaft. Wir

rauchen eine Novelle des Gentechnikgesetzes, und
war sofort.


(Beifall bei der FDP – Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir nicht!)


Sie, Kollegin Behm, verweigern den Bauern Rechts-
icherheit. Das ist das Schlimmste, was man als Politiker
achen kann. Das tun Sie mit einem Gesetz, das Sie zu

erantworten haben. Das ist ein Skandal.


(Beifall bei der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Geht es nicht eine Nummer kleiner, Frau Happach-Kasan?)


Die Charta für Wald ist eine Maßnahme der letzten
egierung, die auch wir immer unterstützt haben.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605702500

Frau Kollegin, Sie müssen bitte zum Ende kommen.


Dr. Christel Happach-Kasan (FDP):
Rede ID: ID1605702600

Die jetzige Regierung hat vorgeschlagen, die Waldzu-

tandsberichte nur noch einmal in der Legislaturperiode
u erstellen. Das ist eine richtige Entscheidung. Nur,
err Minister, ich frage mich, ob Sie angesichts des Pro-

estes eine solche rationale Entscheidung wirklich durch-
alten werden oder ob Sie als Bauchpolitiker nicht rela-
iv schnell kneifen werden. Ich habe vermisst, dass Sie
em Bundesunternehmen Deutsche Bahn AG einmal ge-
agt hätten, dass Holz, das im Inland produziert wird,
utes Holz ist und dass die Bahn dieses auch verwenden
ollte. Nichts dergleichen ist geschehen.






(A) )



(B) )


Dr. Christel Happach-Kasan
Herr Minister, Ihr erstes Jahr im Amt ist weitgehend
von Schatten geprägt. Ich hoffe, dass das nächste Jahr et-
was heller wird.

Danke schön.


(Beifall bei der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605702700

Als Nächste spricht Waltraud Wolff für die SPD-

Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Waltraud Wolff (SPD):
Rede ID: ID1605702800

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Zahlen sind zwar nicht alles, aber Zahlen sind
etwas Abrechenbares. So können wir auch im Agrarpoli-
tischen Bericht 2006 der Bundesregierung sehen, dass
sich die wirtschaftliche Situation der landwirtschaftli-
chen Betriebe in Deutschland in Folge verbessert hat.
Damit das so bleibt, ist es unser Ziel, das Vertrauen der
Verbraucherinnen und Verbraucher in heimische Pro-
dukte zu steigern. Darüber hinaus wollen wir auf Eigen-
verantwortung und auf Nachhaltigkeit setzen.

Die SPD hat schon in der Vergangenheit in ihrer Re-
gierungszeit mit dafür gesorgt, dass Transparenz in die
Produktion Einzug hält. Mit der Einführung des QS-Sys-
tems 2001 wird die Produktion vom Acker bis zur La-
dentheke nachvollzogen. Dieses freiwillige Prüfsiegel ist
in der Branche zu einem Markenzeichen geworden.

Mit dem jetzt auch vom Bundesrat endlich beschlos-
senen Verbraucherinformationsgesetz haben wir als
Bürgerinnen und Bürger grundsätzlich das Recht auf In-
formation durch die Behörden, wenn es zu Verstößen ge-
gen das Lebensmittel- und das Futtermittelrecht kommt,
ganz egal ob die Ware noch im Regal steht oder nicht.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


– Herzlichen Dank. – Wir haben aus dem Gammel-
fleischskandal eine zusätzliche Lehre gezogen, nämlich
dass bei kriminellen Handlungen das bestehende Recht
in Deutschland ausgeschöpft werden muss. Herr Minis-
ter Seehofer, ich danke Ihnen an dieser Stelle ganz herz-
lich für Ihre klaren Worte, die Sie zu diesem Thema ge-
funden haben. Denn es kann einfach nicht angehen, dass
auf der einen Seite grobe Verstöße mit Bußgeldern um
die 100 Euro oder 500 Euro geahndet werden, auf der
anderen Seite aber das Geld aus Verkäufen von Gammel-
fleisch in den Kassen bleibt und zusätzlich eine gesund-
heitliche Gefährdung von Konsumenten in Kauf genom-
men wird.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Hier gibt das deutsche Recht ein Strafmaß von bis zu
fünf Jahren Haft vor. Ich denke, die Gerichte sollten an
dieser Stelle aufgefordert werden, ein solches Strafmaß
auszuschöpfen; denn nur so schafft man es, die schwar-
zen Schafe herauszufinden, und vermeidet man es, den
gesamten Berufsstand in den Schmutz zu ziehen.

Dass die Menschen im Lande auf qualitativ hochwer-
tige Lebensmittel setzen, konnte man in den vergange-

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(C (D en Jahren, speziell im letzten Jahr, sehen. Man sieht den rend zu ökologischen Produkten. Bereits seit einigen ahren hält dieser Boom ununterbrochen an. So hatten ir das gar nicht prognostiziert. Der Umsatz ökologi cher Produkte ist vom Jahr 2000 bis zum Jahr 2004 von Milliarden Euro auf 4 Milliarden Euro gestiegen. Ich enke, in einer so kurzen Zeit eine Verdopplung zu erreihen, ist sicherlich sehr gut. Das geschah gewiss desalb, weil die Menschen diesen Produkten eine hohe ualität zuschreiben und sie mit gesunder Ernährung erbinden, aber auch weil im Jahr 2001 das Biosiegel ingeführt wurde, das den Kriterien der EU-Öko-Verordung entspricht. Das wird von den Konsumenten erkannt nd angenommen. Das wird in der Zukunft in der Landirtschaft zu Arbeitsplatzsicherung führen. Damit wir die Nachfrage nach Ökoprodukten in Zuunft noch stärker durch eigene Produktion befriedigen önnen, ist natürlich auch die Politik gefragt. Ich finde, ier sind ganz speziell die Länder in der Pflicht. Ich erinere an die Möglichkeiten im Rahmen der Gemeinchaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des üstenschutzes“. Für die Zeit von 2005 bis 2008 sollten ie Länder diesen Rahmenplan nutzen. Mit den entsprehenden Förderrichtlinien wird den Betrieben auch der chritt zur Umstellung erleichtert. Es gibt die Kritik, dass die Förderung des Ökolandaus durch den Bund zu gering sei und dass das Angebot er Nachfrage nicht nachkomme. In der Argumentation timmt das zwar auf den ersten Blick, aber wir sollten ns doch die Mühe machen und einmal ein bisschen geauer hinschauen: Man muss damit rechnen, dass konentionelle Betriebe im Schnitt zwei Jahre brauchen, um uf ökologische Landwirtschaft umzustellen. Das entprechende Angebot kann es also erst dann geben, wenn in Betrieb sich umgestellt hat. Das bedeutet auf gut eutsch, dass es diese Angebote nur mit einer Zeitverzöerung geben kann. Ungeachtet dessen – das sage ich auch in Richtung er Opposition – besteht die Aufgabe fort, an konzeptioellen Verbesserungen zu arbeiten, wo dies angezeigt ist. us diesem Grund begrüßen wir als SPD auch im Hinlick auf den nächsten Haushaltsansatz, dass das Bunesprogramm Ökologischer Landbau weitergeführt ird. Ich habe vorhin gesagt: Eigenverantwortung und achhaltigkeit. Diese Punkte spielen auch in der Praxis ine immer größere Rolle. Mit der Entkoppelung der rämien von der Produktion sind die Bauern gefordert, on der Überschussproduktion wegzukommen. Wie wir lle wissen, sind in Zukunft sowohl Intervention als auch xporterstattungen immer unwahrscheinlicher. Zusätzliche, neue Einkommensquellen sind für viele etriebe schon jetzt genauso wichtig wie auch vielfältig. ie Produktion und der Einsatz von Biomasse in der andwirtschaftlichen Produktion haben rapide zugenomen. Auf etwa 1,5 Millionen Hektar Fläche waren im ahr 2006 nachwachsende Rohstoffe angepflanzt. Das ind sage und schreibe 13 Prozent der Ackerfläche in eutschland. Der Einsatz von Biomasse in Biogasanlagen Waltraud Wolff oder die Verarbeitung zu Biosprit wird vom Berufsstand natürlich schon intensiv genutzt. Lassen Sie mich an dieser Stelle einmal ein ganz tolles Beispiel nennen; gerade gestern habe ich es über den Bauernverband gehört. Brandenburg ist ein Bundesland mit schlechten Ackerbodenwerten. Der Anbau von Roggen war für viele Brandenburger Betriebe überlebenswichtig. Allerdings – das weiß jeder hier im Haus – ist diese Produktion immer am Markt vorbeigegangen. Um die Marktpreise trotzdem stabil zu halten, hat die EU diese Überproduktion vom Markt genommen, in die Intervention gegeben und dafür auch gezahlt. Wie sieht es denn heute aus? Heute ist es so, dass die Brandenburger Bauern ihren Roggen vorrangig für die Bioethanolherstellung anbauen, soweit ich weiß, nichts mehr in die Intervention geben und sogar bessere Preise erzielen. (Stephan Hilsberg [SPD]: Richtig! Kluge Menschen!)





(A) )


(B) )


Durch dieses Beispiel wird das unterstrichen, was auch
Herr Seehofer vorhin gesagt hat: Der Berufsstand be-
steht fort, auch wenn er nicht subventioniert wird.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Im „Wegweiser Nachhaltigkeit“ aus dem letzten Jahr
stellt die Bundesregierung dar, dass gerade bei der Nut-
zung von Biomasse eine Nutzungskaskade von der stoff-
lichen bis hin zur energetischen Nutzung möglich ist.
Gerade hier liegt ein weiteres, noch relativ ungenutztes
Potenzial im Bereich der Wärmeenergie. Die Auflage ei-
nes Wärmeenergiegesetzes würde meiner Auffassung
nach im Sinne einer nachhaltigen Energienutzung
ebenso positiv wirken wie seinerzeit das Erneuerbare-
Energien-Gesetz für die Stromerzeugung.


(Beifall bei der SPD – Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann macht doch eins!)


Auch hier würden landwirtschaftliche Betriebe profi-
tieren, Arbeitsplätze für den ländlichen Raum gehalten
und die Wirtschaftskraft – das liegt uns allen am Her-
zen – gestärkt.

Darüber hinaus, liebe Kolleginnen und Kollegen, bin
ich der Auffassung, dass wir nicht nur auf europäischer
Ebene, sondern auch auf nationaler Ebene einen
Aktionsplan Biomasse brauchen, um die energetische
und stoffliche Nutzung hier in Deutschland weiter vo-
ranzubringen. Ziele, wie 20 Prozent des Stromver-
brauchs im Jahre 2020 über regenerative Energien oder
5,75 Prozent des Treibstoffverbrauchs im Jahre 2010
über Biosprit zu decken,


(Ulrich Kelber [SPD]: Mindestens!)


dürfen von uns nicht nur formuliert werden, sondern wir
müssen auch zur Erfüllung beitragen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Wir haben dafür das notwendige Potenzial hier in
Deutschland. Die Perspektiven einer nachhaltigen Bio-

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(C (D asseerzeugung liegen dabei in einer effizienten und mweltgerechten Produktion. Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Agrarbeicht 2006 enthält so viele Dinge, die beleuchtet werden ollten, aber leider sind zehn Minuten keine Stunde. Ich offe und wünsche, dass die Kolleginnen und Kollegen, ie nach mir reden, weitere Themen ansprechen werden, ie auch mir noch wichtig sind. Herzlichen Dank. Als Nächste spricht für die Linksfraktion die Kollegin r. Kirsten Tackmann. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und ollegen! Verehrte Gäste! Nach den vielen eher bangen ahren der Vergangenheit kann der vorliegende Agrarbeicht hinsichtlich der betrieblichen Abschlüsse der landirtschaftlichen Betriebe auf positive Ergebnisse vereisen. Das ist gut. Denn wir brauchen eine stabile und eistungsfähige Landwirtschaft als wesentliche wirtchaftliche Säule im ländlichen Raum. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Ulrich Kelber [SPD])


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605702900

(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605703000

Die Bilanz ist aber nicht nur positiv. Die volkswirt-
chaftliche Wertschöpfung ist um 3 Prozent gefallen.
iele Betriebe, vor allem kleinbäuerliche Betriebe in
estdeutschland, müssen aufgeben. Der Agrarbericht

pricht von 3 Prozent pro Jahr im langjährigen Mittel.
it jeder Betriebsaufgabe ist in der Regel der Verlust

on Arbeitsplätzen verbunden. Mitarbeitende Familien-
itglieder, vor allem Frauen, sind davon sehr hart be-

roffen. Auch wer auf ergänzendes ALG II angewiesen
st, kann Haus und Hof verlieren. Der ländliche Raum
ird daher immer mehr zum sozialen Brennpunkt.

Trotzdem ist das Licht nicht zu übersehen: Die be-
rieblichen Gewinne waren im bundesweiten Durch-
chnitt um 23,9 Prozent höher als im Vorjahr. Die ost-
eutschen Betriebe haben überdurchschnittlich gut
bgeschnitten. In den Bereichen ökologischer Landbau
nd nachwachsende Rohstoffe ist die erhoffte positive
ntwicklung nun endlich eingetreten. Dass die ostdeut-
chen Landwirtschaftsbetriebe im Durchschnitt um
0 Prozent höhere Gewinne erzielt haben als die Be-
riebe in den Altbundesländern, zeigt, dass auch diese
andstriche und die dort wohnenden Menschen Poten-
iale haben und diese auch nutzen.

Vor allem in Brandenburg konnten die Betriebser-
ebnisse deutlich verbessert werden. Unterdessen arbei-
en – so der Präsident des Landesbauernverbandes, Udo
olgart, vor wenigen Tagen gegenüber der „Märkischen
derzeitung“ – 40 000 Brandenburgerinnen und Bran-
enburger in der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft.
as sind 2 000 mehr als noch vor fünf Jahren. Der Ab-
ärtstrend ist also gestoppt. Der Anteil der brandenbur-






(A) )



(B) )


Dr. Kirsten Tackmann
gischen Landwirtschaft am Bruttoinlandsprodukt beträgt
nunmehr 6 Prozent. Bundesweit beläuft sich der Anteil
der Landwirtschaft auf nur 1 Prozent. Im neuen Leitbild
der Landesregierung spielt die Landwirtschaft komi-
scherweise trotzdem keine Rolle.

Der positive Trend geht leider an sehr vielen Men-
schen im ländlichen Raum völlig vorbei. Am
14. Oktober 2006 berichtete die „Märkische Allgemeine
Zeitung“, dass mein Heimatlandkreis im Nordwesten
Brandenburgs mit einem durchschnittlichen Pro-Kopf-
Einkommen von nur 13 000 Euro von Platz 419 auf
Platz 423 – bei 439 Landkreisen im gesamten Bundesge-
biet – gefallen ist. Bei dem Licht am Ende des Tunnels
kann es sich also auch um einen entgegenkommenden
Zug handeln.

Zudem sind die positiven Trends, auf die der Bericht
verweist – Minister Seehofer hat bereits darauf hinge-
wiesen –, nicht das Verdienst der aktuellen Regierung.
Aufgabe der jetzigen Regierung wäre es, diese positiven
Trends im Interesse der Schaffung von Arbeitsplätzen
und der Steigerung der Wertschöpfung im ländlichen
Raum zu stabilisieren.

Aber die politischen Entscheidungen der vergangenen
Monate sprechen eine andere Sprache.

Beispiel 1: Fördermittel für den ländlichen Raum.
Das ist bereits angesprochen worden. Die EU-Mittel für
den ländlichen Raum sind gekürzt worden. Statt dies
über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der
Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ mit Bundesmit-
teln auszugleichen, werden diese 2006 und 2007 um je-
weils 50 Millionen Euro gekürzt. Vor dem Hintergrund
der reduzierten Bundesmittel kürzen jetzt die Bundeslän-
der wichtige Programme, wie etwa für benachteiligte
Gebiete und den ökologischen Landbau.

Beispiel 2: Steuerbelastung für die kleinen und mitt-
leren Landwirtschaftsbetriebe. Durch die Mehrwertsteu-
ererhöhung und die unzureichende Anpassung des Steu-
ersatzes für die pauschalierenden Betriebe wurde
zusätzliches Einkommen reduziert.

Beispiel 3: Beiträge zum agrarsozialen System.
Trotz steigender Beitragssätze werden jetzt die Bundes-
zuschüsse für die landwirtschaftliche Unfallversicherung
um 100 Millionen Euro reduziert. Der für 2007 geplante
Ausgleich über die Rückflüsse früherer Förderkredite ist
nur eine Vertagung des Problems. Es liegt nach wie vor
kein zukunftsfähiges Konzept für die landwirtschaftliche
Unfallversicherung vor.

Aber das Sündenregister der Bundesregierung ist län-
ger. Beispiel 4: Biokraftstoffe – darüber wurde schon
gesprochen. Natürlich ist an vielen Tankstellen mit dem
Preis für die fossilen Brennstoffe auch der Preis für Bio-
diesel gestiegen. Die damit angeblich bestehende Über-
kompensation, welche die Regierung jetzt mit Steuern
abschöpfen will, gibt es für viele aber trotzdem nicht.
Ein Teil des Biodiesels wird gar nicht an den Tankstellen
abgesetzt, sondern direkt an Speditionen verkauft – na-
türlich zu anderen Preisen. Der Rohstoff Raps ist unter-
dessen teurer geworden; die Nebenprodukte Glycerin
und Rapsexpeller sind billiger geworden. Kurzum: Der

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(C (D ich gerade entwickelnde regionale Wachstumsmarkt iokraftstoffe ist akut gefährdet. Dem Landwirt bleibt ur beim Eigenverbrauch ein Kostenvorteil – und wahrcheinlich auch der nicht ewig. Beispiel 5: Ökolandbau – auch er ist schon angeprochen worden. Die Bundesregierung bringt auch hier äder zum Stillstand. Die kräftige Steigerung des Absates von Bioprodukten – 14 Prozent mehr als im Beichtsvorjahr – wird politisch nicht mehr aufgegriffen. ie Zahl der Betriebe und auch die ökologisch bewirt chaftete Fläche stagnieren trotz guter Absatzlage und m Durchschnitt höherer Gewinne dieser Betriebe. Stattessen wird dieser attraktive Binnenmarkt zunehmend us dem Ausland bedient. Auch das ist ein Ergebnis der ktuellen Förderpolitik. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass insbesonere die Risiken der Umstellung auf den ökologischen andbau einer Förderbegleitung bedürfen. Wir sehen im kolandbau eine Möglichkeit, natürliche Ressourcen zu chonen und gleichzeitig Arbeit und Wertschöpfung im ändlichen Raum zu halten, da der Ökolandbau verleichsweise arbeitsintensiv ist. Die Bundesregierung vergrößert die Verunsicherung ber auch im Bereich der konventionellen Landwirtchaft. Beispiel 6: Umgang mit der Agro-Gentechnik. ie deutschen Verbraucherinnen und Verbraucher lehen mit großer Mehrheit Lebensmittel ab, die aus oder it gentechnisch veränderten Organismen hergestellt erden. Aber auch der Anbau von Bt-Mais für Biogas nlagen ist nur scheinbar risikoarm; denn die ökologichen Risiken der Anwendung bleiben. Die Bundesregierung schreibt im Agrarbericht, dass ie Forschung und Entwicklung der Agro-Gentechnik nterstützten will. Diese Zielsetzung geht aus meiner icht klar am Wählerwillen vorbei. Es wird nicht einmal ehr hinterfragt, ob der vermeintliche Nutzen der Agroentechnik in Mitteleuropa wirklich belegbar ist. Das roblem ist, dass wir dafür einen Standortvorteil riskieen. Denn qualitätsorientierte Strategien der landwirtchaftlichen Primärerzeugung, verbunden mit hohen mweltstandards, waren bisher die Garanten für eine ettbewerbsfähige und verbraucherorientierte Landwirt chaft. Die Agro-Gentechnik befördern heißt daher für ich, den Pfad dieser Tugend zu verlassen. Mein Fazit: as Aufatmen vieler landwirtschaftlicher Lobbyvereiniungen beim Regierungswechsel wird immer öfter zum roßen Seufzer. In der aktuellen Diskussion um die Gemeinschaftsufgabe teile ich die Auffassung, dass die inhaltliche usgestaltung der Förderrichtlinien im Wesentlichen en Erfordernissen entspricht und den EU-Rahmenbeingungen gerecht wird. Vor allem die Ausgleichszuage für benachteiligte Gebiete sowie die Agrarinvestiionsförderung sind aus meiner Sicht wichtig – nicht nur ür Ostdeutschland. Mit der Ausgleichszulage können rbeitsplätze gesichert, mit Agrarinvestitionen neue ge chaffen werden. Daher dürfen diese Förderungen nicht en Kürzungen auf EU-, Bundesoder Länderebene zum pfer fallen. Dr. Kirsten Tackmann Es muss das vorangige Förderziel sein, soziale und natürliche Lebensbedingungen in den ländlichen Räumen mindestens zu erhalten. Das heißt auch, Anreize zur Schaffung von Arbeitsplätzen und damit Existenzmöglichkeiten im ländlichen Raum zu schaffen. Das ist ein gesamtgesellschaftliches Interesse; denn die Konsequenzen des Sozialabbaus werden immer deutlicher und gehen weit über persönliche Schicksale hinaus. Der gesellschaftliche Zusammenhalt droht zu erodieren, wenn ein demokratisches System so viele Verlierer hinterlässt. Selbstverständlich ist die Förderung nicht nur eine Frage der Finanzausstattung. Ganz sicher können die Gelder auch effektiver und noch zielgerichteter eingesetzt werden. Aber die Decke bleibt nun einmal zu kurz – ob man sie hin und herzieht oder nicht. Das dritte Thema dieser Debatte hat nur scheinbar wenig mit den bisherigen Themen zu tun. Ich bin immer wieder darüber erstaunt, wie oft das Risiko von Infektionskrankheiten bei Nutztieren ausgeblendet wird – und das, obwohl sie in Zeiten exorbitanter Personenund Warenströme einer globalisierten Welt die größte wirtschaftliche Bedrohung unserer Nutztierbestände und damit auch der tierhaltenden Betriebe darstellen. Die nur scheinbar überraschenden Ausbrüche von MKS, Geflügelund Schweinepest und jetzt der Blauzungenkrankheit sind meine Kronzeugen. Welche Schlussfolgerungen müssten daraus gezogen werden? Es müsste alles dafür getan werden, dass wissenschaftlich begründet und konzeptionell gehandelt werden kann. Stattdessen aber verstärkt sich auch für mich angesichts der immer wieder stattfindenden Massentötungen der Eindruck mittelalterlicher Rituale. Spätestens die Bilder der brennenden Kadaverberge während des MKS-Seuchenzuges in Großbritannien hätten zum Umdenken zwingen müssen: (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der LINKEN)





(A) )


(B) )


hin also zu vernünftigen Präventions- und Interventions-
konzepten.

Dabei kann es nicht nur, aber es muss auch um kluge
Impfstrategien gehen, wobei wir dann nicht nur über die
großen Nutztierbestände, sondern auch über die kleinen,
genetisch wertvollen oder einfach nur moralisch wert-
vollen Klein- und Hobbyhaltungen nachdenken müssen.

Darüber hinaus muss es aber um Folgendes gehen:
Erstens. Einschleppungs- und Verschleppungsrisiken
müssen sicher bestimmt und überwacht werden. Zwei-
tens. Mit schnellem, effektivem Handeln müssen grö-
ßere Ausbrüche von Endemien und Epidemien verhin-
dert werden.


(Beifall bei der LINKEN)


Drittens. Wirtschaftliche Schäden müssen minimiert
werden. Viertens. Nach Kosten-Nutzen-Analysen opti-
mierte Interventionskonzepte müssen dringend entwi-
ckelt werden.

Auf diese Herausforderungen muss das Agrarfor-
schungskonzept, das seit Monaten angekündigt und jetzt

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(C (D ntwickelt wird, Antworten geben. Deswegen erwarte ch es mit ungestillter Neugier. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. Als Nächstes hat das Wort Cornelia Behm für ündnis 90/Die Grünen. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und ollegen! Landauf und landab klopfen sich Unionspolitier zurzeit auf die Brust, sind stolz auf den Aufwärtstrend der Landwirtschaft und verbuchen die verbesserte Wirt chaftslage auf ihr eigenes Konto. Dabei belegt der Agrarericht, dass sie sich mit fremden Federn schmücken; denn ie um 24 Prozent erhöhten Gewinne der Agrarbetriebe urden bereits im Wirtschaftsjahr 2004/05 gemessen – der inister hat darauf hingewiesen –, also zu rot-grünen Zei en, als Renate Künast Ministerin war. ür 2005/06, also in der schwarz-roten Ära, zeichnet ich laut Agrarbericht hingegen wieder ein Rückgang er Einkommen um circa 5 Prozent ab. Das sind die Faken, die der Agrarbericht nennt, meine Damen und Heren von der Union, auch wenn Sie die nicht so gern höen. Was wahr ist, muss wahr bleiben. Dieser rot-grüne Aufschwung hatte seine Gründe. (Zuruf von der CDU/CSU: Welcher Aufschwung?)


(Beifall bei der LINKEN)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605703100
Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605703200

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


urch eine zielgerichtete Orientierung auf Qualitäts-
roduktion – Sie erinnern sich noch: Klasse statt
asse; auch das hat der Minister zitiert – haben wir er-

eicht, dass die Verbraucher wieder Vertrauen in die
eutsche Lebensmittelproduktion gewonnen haben. Dies
piegelt sich im gestiegenen Absatz inländischer Erzeug-
isse wider. Aber auch die deutschen Agrarexporte ha-
en sich positiv entwickelt. Im Jahr 2004 haben sie um
,5 Prozent zugenommen. Experten führen dies auf
bendiese Qualitätsorientierung und -förderung durch
ie Politik zurück. Also: Erst Klasse, dann kommt
asse.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Qualität, Vertrauen und der Trend zu Bioprodukten
aben dazu geführt, dass sich der Ökolandbau gut am
arkt platzieren konnte. So verbesserte sich auch die

rtragslage der ökologisch wirtschaftenden Betriebe
eiter. Das ist eine erfreuliche Tendenz; denn die Öko-
etriebe haben im Durchschnitt einen um 30 Prozent hö-
eren Arbeitskräftebesatz. Sie sind damit für die ländli-
hen Räume ein wichtiger Jobmotor.

Wenn man auf die aktuelle großkoalitionäre Agrar-
olitik blickt, dann muss man sich besorgt fragen: Soll
as, was so schön begann, schon wieder zu Ende sein?

Hier meine wichtigsten Kritikpunkte: Im Agrarbe-
icht betont die Bundesregierung den hohen Stellenwert






(A) )



(B) )


Cornelia Behm
einer Förderung der ländlichen Entwicklung; in der kon-
kreten Politik setzt sie dies allerdings nicht um. Denken
Sie nur an den Merkel-Kompromiss zu den EU-Finan-
zen. Opfer sind die ländlichen Räume. Massiv gekürzt
wurden die Mittel für die zweite Säule der Agrarpolitik.
Ich kann das Rechenexempel von Ministern nicht nach-
vollziehen; da wird viel schöngerechnet.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


In den Bundesländern steht – wie man feststellt, wenn
man sich das einmal wirklich kritisch anschaut – real bis
zu 50 Prozent weniger Geld für den ländlichen Raum zur
Verfügung. Wer da seine Hoffnungen auf den Minister
setzt, der jüngst seine Liebe zum ländlichen Raum ent-
deckt haben will, wird von der Realität bitter enttäuscht.
Der Agrarhaushalt weist keine Kompensation der EU-
Kürzungen auf. Im Gegenteil, die GAK-Mittel wurden
im Haushalt 2006 um 50 Millionen Euro gekürzt. Die
Folge ist, dass viele notwendige und sinnvolle Pro-
gramme im ländlichen Raum in Zukunft entweder gar
nicht mehr oder nur noch stark gerupft angeboten wer-
den.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die große Koalition
gefährdet eine weitere wichtige Säule, mit der Rot-Grün
für mehr Einkommen bei den Landwirten gesorgt hat:
Sie haben die Mineralölsteuerbefreiung für Biokraft-
stoffe aufgehoben. Damit drehen Sie einer aufstreben-
den Branche, die mittelständisch organisiert ist, eine
Vielzahl von Arbeitsplätzen geschaffen und zahlreiche
Innovationen finanziert hat, im wahrsten Sinne des Wor-
tes den Hahn ab.

Wir Grüne haben dem Bundestag einen Entschlie-
ßungsantrag vorgelegt, mit dem wir diese gefährliche
Entwicklung stoppen wollen. Wir fordern von der Bun-
desregierung, das Energiesteuergesetz und das Biokraft-
stoffquotengesetz so zu korrigieren, dass der Ausbau der
Bioenergie und der Aufbau einer mittelständischen Bio-
kraftstoffwirtschaft fortgeführt werden können. Wir for-
dern, dem hohen Stellenwert der ländlichen Entwicklung
durch eine ausreichende finanzielle Ausstattung Rech-
nung zu tragen. Wir fordern, die Gemeinschaftsaufgabe
„Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschut-
zes“ in eine Gemeinschaftsaufgabe für die Entwicklung
des ländlichen Raumes zu überführen. Wir fordern, dass
der Bundestag zukünftig in die Entscheidungsfindung
des PLANAK, also des Planungsausschusses für diese
Gemeinschaftsaufgabe, einbezogen wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das ist unser Geld; darüber müssen wir doch zumindest
mitentscheiden können. Last, but not least muss die För-
derpolitik zugunsten des Ökolandbaus fortgesetzt wer-
den, damit auch die heimische Landwirtschaft am
Wachstumsmarkt der Biolebensmittel teilhaben kann.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie haben es in der
Hand, ob der Agraraufschwung bei den Bioenergien, bei
den nachwachsenden Rohstoffen, bei der Qualitätspro-
duktion und beim Ökolandbau fortgesetzt oder aufs
Spiel gesetzt wird. Ich bitte Sie: Ziehen Sie aus dem
Agrarbericht die richtigen Konsequenzen!

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Das machen wir!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605703300

Für die CDU/CSU-Fraktion spricht der Kollege

ohannes Röring.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Johannes Röring (CDU):
Rede ID: ID1605703400

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen

nd Kollegen! Lassen Sie mich zunächst eines feststel-
en: Die Stimmung in der Landwirtschaft, ja in der
anzen Agrarwirtschaft ist zurzeit ausgesprochen gut.
ieses Stimmungshoch ist nicht allein durch die Verbes-

erung der Betriebsergebnisse zu erklären. Frau Behm,
inkommen werden durch den Fleiß und das Können
on bäuerlichen Familien erzielt und nicht durch die
olitik. Deswegen ist das alles zu relativieren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Diese Ergebnisse sind erfreulich; aber sie sind nicht
er Grund für die gute Stimmung. Die Begründung liegt
n anderer Stelle. Bäuerinnen und Bauern, Land- und
orstwirte, Gärtner und Fischer wurden viele Jahre öf-
entlich angeklagt. Sie wurden, und das sogar von füh-
enden Regierungsmitgliedern, verantwortlich gemacht
ür Tierseuchen, Krankheiten wie BSE


(Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht die Bauern!)


der das Quälen von Tieren und das Verschmutzen von
öden und Wasser.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Leider wahr! So war es!)


ndere bezeichneten die Landwirtschaft als sterbende
ranche, als Subventionsempfänger und im Übrigen als
berflüssig, da ja alles, was wir produzieren, auf dem
eltmarkt eh billiger zu bekommen sei. Diese Haltung

at sich grundlegend geändert. Denn die neue Botschaft
er Bundesregierung heißt: Wir sind stolz auf unsere
andwirtschaft und wir brauchen sie.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Denn: Zum Ersten ist die Agrarwirtschaft ein bedeu-
ender Wirtschaftsfaktor. Diese Branche, die in extrem
ohem Maße mittelständisch geprägt ist und standort-
ebundene Arbeitsplätze in ländlichen Regionen
chafft, hat über 4 Millionen Beschäftigte und erwirt-
chaftet über 7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Zum
weiten – dieser Punkt wird vielfach vergessen – garan-

iert die Landwirtschaft die Versorgung von 82 Millio-
en Bundesbürgern mit ihrem täglichen Brot. Auch das
ollten wir deutlich machen.

Es wird heutzutage Nahrung in nie bekannter Vielfalt
nd in hervorragender Qualität produziert. Wir sollten
tets beachten, dass Versorgungssicherheit nicht nur im
nergiebereich, sondern erst recht im Nahrungsmittelbe-






(A) )



(B) )


Johannes Röring
reich wichtig ist. Wir haben daher allen Grund, auf unsere
Landwirtschaft stolz zu sein.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Landwirtschaft befindet sich im ständigen Wan-
del. Die Erzeugung von Nahrungsmitteln findet mittler-
weile vor dem Hintergrund globaler Märkte und sich im-
mer stärker öffnender Grenzen statt. Die Marktpreise für
Getreide sind mittlerweile überall in der Welt gleich. Die
Märkte für Fleisch und Milchprodukte sind hart um-
kämpft im internationalen Wettbewerb. Deswegen ist es
so wichtig und unabdingbar, dass die Wettbewerbs-
fähigkeit unserer Agrarwirtschaft in Zukunft weiter ver-
bessert wird.

Hierfür sind folgende Aspekte von sehr großer Be-
deutung: Wir müssen alle bürokratischen Vorgaben und
Regelungen auf ihre Effizienz und Notwendigkeit über-
prüfen. Hier schließe ich natürlich die europäischen
Richtlinien und Verordnungen ein. Hiermit definieren
wir am Ende nämlich, wie wir Nahrung produzieren
wollen, wie wir mit der Natur und der Umwelt umgehen,
wie wir Tiere halten und – auch das ist wichtig – unter
welchen Bedingungen die Menschen in diesem Bereich
arbeiten und leben. Kurz gesagt: Wir setzen Standards.
Aber was hilft es, wenn wir in unserem Land Standards
formulieren und sie unter hohen Produktionskosten
streng einhalten, aber beim Import alle Augen zuma-
chen? Das hat nichts mit fairem Welthandel zu tun.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


An dieser Stelle gebührt unserem Minister Seehofer
ein großes Lob, der im Gegensatz zu seiner Vorgängerin
deutsche und europäische Interessen bei den Verhand-
lungen mit der WTO – zuletzt in Hongkong – stets im
Auge hatte.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die weiteren Herausforderungen für die Landwirt-
schaft zeichnen sich deutlich erkennbar ab: Aktuelle
Prognosen sagen uns eine Verdoppelung des weltweiten
Fleischkonsums in wenigen Jahren voraus. Dadurch
wird eine erhebliche Steigerung der Nachfrage an Ge-
treide, Mais und Sojaschrot verursacht, da die Erzeu-
gung von einem Kilogramm Fleisch mehrere Kilogramm
Getreide erforderlich macht. Darüber hinaus – dieser
Punkt kommt hinzu – erwartet die Gesellschaft von der
Landwirtschaft ein immer stärkeres Engagement bei er-
neuerbaren Energien und Rohstoffen, die – das wird oft
in der allgemeinen Diskussion vergessen – von den glei-
chen Flächen kommen. Denn die Flächen sind nicht ver-
mehrbar. In der Summe wird dies dazu führen, dass sich
die weltweite landwirtschaftliche Produktion in absehba-
rer Zeit verdoppeln muss, und das auf kaum vermehrba-
rer Fläche.

Dies sind gewaltige Aufgaben. Hier ist die deutsche
und europäische Landwirtschaft aufgrund der exzellen-
ten Bedingungen bei Boden und Klima stark gefordert
und in der Verantwortung. Zu schaffen ist das aber nur
durch eine moderne und intelligente Landwirtschaft, die

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(C (D lle Potenziale bei Ertragssteigerungen und Effizienzerbesserung nutzt. Hierzu zähle ich ausdrücklich die iotechnologie. Herr Kollege, Sie müssen bitte zum Schluss kommen. Ja, Frau Präsidentin. Auch müssen wir uns dringend die Frage stellen, ob lächenstilllegungen noch zeitgemäß sind und ob guter ckerboden nicht genauso schützenswert ist wie ein euchtbiotop. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605703500
Johannes Röring (CDU):
Rede ID: ID1605703600

Für diese gigantischen Ziele und die Lösung der Auf-
aben, die vor uns liegen, brauchen wir die Unterstüt-
ung der Bundesregierung in der Forschung. Hier sind
ichtige Schritte gemacht worden. Ich glaube, dass die
andwirtschaft auf einem guten Weg ist. Lassen Sie uns
iesen Weg weiter positiv gestalten!

Danke für das Zuhören.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605703700

Als Nächstes spricht der Kollege Dr. Edmund Geisen

ür die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Edmund Peter Geisen (FDP):
Rede ID: ID1605703800

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen!

ehr geehrte Kollegen! Meine sehr verehrten Damen
nd Herren! Der vorliegende Agrarbericht mag zwar
ealistisch sein; aber die Worte des Herrn Ministers
eute Morgen wie auch die meines Kollegen Herrn
öring stellen sich für mich als eine große Schönfärberei
ar.


(Zuruf von der CDU/CSU: Nein, so etwas machen wir nicht!)


enn die in den Bereichen Ernährung, Landwirtschaft
nd Verbraucherschutz bestehenden Probleme wurden
icht gelöst und die meisten noch nicht einmal in Angriff
enommen.


(Beifall bei der FDP)


Das Schlimmste, was man dem Herrn Minister vorzu-
erfen hat, ist der andauernde Zickzackkurs seiner Poli-

ik in vielerlei Hinsicht, aber insbesondere in der Agrar-
ozialpolitik. Mit der Politik des Ministers ist unsere
andwirtschaft vom Regen in die Traufe gekommen.


(Beifall bei der FDP)


s gab zunehmende Kürzungen im agrarsozialen Be-
eich des Haushalts. Die versprochene Eins-zu-eins-Um-
etzung der EU-Richtlinien wurde nicht eingehalten. Die
rntehelferregelung war ein Flop. Es gibt keine Lösun-






(A) )



(B) )


Dr. Edmund Peter Geisen
gen für die Tierseuchenbekämpfung. Nein, die Land-
wirtschaft ist nicht, wie es der Herr Minister darstellt,
auf Rosen gebettet. Sie hat noch nichts davon gemerkt,
dass Verbesserungen eingetreten sind.


(Beifall bei der FDP)


Was der deutschen Landwirtschaft besonders zu
schaffen macht, sind die ungleichen Wettbewerbs-
bedingungen auf EU-Ebene, die überbordende Bürokra-
tie, die wettbewerbsverzerrenden Dieselbesteuerungen
im Agrarbereich sowie die unterschiedlichen Produk-
tionsvorschriften und Auflagen im Umweltbereich, in
der Tierhaltung und in der Produktionstechnik. Dazu
kommen auf nationaler Ebene die enorm hohen finan-
ziellen Anforderungen durch die alten Lasten.

Das alles ist nicht so in Angriff genommen worden,
dass unseren Landwirten eine Zukunftsperspektive ge-
boten wird. Unsere Landwirte sind weiterhin vor allem
dadurch verunsichert, dass sie keine mittelfristige Pla-
nungssicherheit haben.


(Beifall bei der FDP)


Deswegen fordern wir von der FDP-Fraktion den Herrn
Minister auf, diese genannten Probleme möglichst bald
in Angriff zu nehmen.

Wir fordern ebenfalls eine verstärkte verbraucher-
orientierte Politik, die den Verbrauchern und den Land-
wirten gerecht wird. Dazu gehören die Harmonisierung
der Qualitätsstandards in Europa – und darüber hinaus –,
die Qualitätssicherung im Agrar- und Nahrungsmittelbe-
reich, die Aufklärung über die Produktionswege der
national und international erzeugten Produkte, die He-
rausstellung der heimischen Produkte durch deutliche
Kennzeichnung und die Aufklärung der Verbraucher
über Produktionsmethoden hierzulande und internatio-
nal, damit ein Vergleich gewährleistet ist. Wir fordern
Sie, Herr Minister Seehofer, auf, endlich Maßnahmen zu
ergreifen, die unseren Landwirten und dem ländlichen
Raum Zukunftsperspektiven aufzeigen.


(Beifall bei der FDP)


Zum Schluss möchte ich etwas zur deutschen EU-
Präsidentschaft im kommenden Jahr sagen. Wir von der
FDP fordern Sie insbesondere auf, im Bereich der
Cross-Compliance und darüber hinaus für einen drasti-
schen Bürokratieabbau zu sorgen. Hier stehen Sie, Herr
Minister, im Wort.

Ich bedanke mich für das Zuhören.


(Beifall bei der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605703900

Als Nächstes spricht für die SPD-Fraktion

Dr. Gerhard Botz.


Dr. Gerhard Botz (SPD):
Rede ID: ID1605704000

Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr

geehrten Damen und Herren! Ich möchte in meinem
heutigen Beitrag auf nur einen Punkt im Agrarbericht
eingehen, nämlich auf die Zukunft der ländlichen
Räume, genauer gesagt: auf einige Aspekte, die ange-

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(C (D ichts der aktuellen Situation aus unserer Sicht sehr ichtig sind. Unsere Fraktion hat im September eine undesweite Konferenz zur Zukunft ländlicher Räume urchgeführt und von Akteuren aus dem ländlichen aum eine Vielzahl von Anregungen erhalten. (Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht besonders inhaltsschwanger!)


uf einige Aspekte möchte ich eingehen.

Wir brauchen wesentlich stärker eine integrierte Sicht
uf die Entwicklung in unserem ländlichen Raum. Wenn
ir ehrlich sind, müssen wir Agrarpolitiker eingestehen
das betrifft uns alle –, dass wir zwar schon seit Jahr-
ehnten von einer integrierten Agrarpolitik sprechen, da-
on aber doch noch ein ganzes Stück entfernt sind. Herr
undesminister, deswegen begrüßen wir das, was wir in
en letzten Monaten aus Ihrem Haus – von Ihnen, aber
uch von Ihren führenden Mitarbeitern – hören, nämlich
ass es eine der wesentlichen politischen Zielstellungen
st, jetzt zu einer integrierten Politik für ländliche
äume zu kommen. Das bedeutet eine Abkehr von der
isher prägenden sektoralen Betrachtungsweise.


(Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat ja wohl Renate Künast schon eingeleitet!)


Wir könnten uns vorstellen, auf Bundesebene so et-
as wie einen Rat für die Entwicklung ländlicher Räume

inzurichten. Unser Ministerium sollte mit den anderen
inisterien, die über fachliche Zuständigkeiten auf die-

em Gebiet verfügen, zusammenarbeiten. Eine dement-
prechende Einrichtung bräuchten wir auch auf der
bene der Länder; denn es ist klar, dass eine Politik für

ändliche Räume regional, das heißt hauptsächlich auf
er Landesebene, umgesetzt werden muss. Ich bin davon
berzeugt, dass die Geschwindigkeit, mit der wir diese
ntwicklung angehen, erhöht werden muss.

Eine entscheidende Zielstellung in diesem Zusam-
enhang ist und bleibt, Arbeit und Wertschöpfung vor
rt zu halten. Auch deshalb müssen wir regionale Wirt-

chaftskreisläufe aktivieren, neue Marketingkonzepte
ntwickeln und Beschäftigung gezielt fördern. Wenn wir
as wollen, brauchen wir mehr Mittel im Bereich der
weiten Säule, als wir zurzeit – leider – zur Verfügung
aben. Deshalb ist es aus meiner Sicht unverzichtbar,
ittel aus dem Bereich der ersten Säule in den Bereich

er zweiten Säule umzuschichten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


atürlich müssen alternative Erwerbsmöglichkeiten für
ie betroffenen Bürger im ländlichen Raum ausgebaut
erden. Eine Fülle erfolgreicher Leader-Projekte belegt,
ass das möglich ist. Auch das Instrument der Modula-
ion ist deshalb kein Generalangriff auf die Einkommen
er heutigen Landwirte, sondern eher eine Maßnahme,
it deren Hilfe es uns gelingen kann, öffentliche Mittel

solange wir sie noch haben – sukzessive für vernünf-
ige und zukunftsfähige Projekte im ländlichen Raum
inzusetzen.


(Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig!)







(A) )



(B) )


Dr. Gerhard Botz
Es gibt eine klare politische Zielstellung, der wir uns
als Sozialdemokraten verpflichtet fühlen: Unsere ländli-
chen Regionen, insbesondere die peripher gelegenen
strukturschwachen Regionen müssen als eigenstän-
dige Lebens- und Wirtschaftsräume erhalten und weiter-
entwickelt werden. Eine einseitige Ausrichtung zukünf-
tiger staatlicher Förderstrategien auf Ballungsräume, die
ohnehin wachsen, kann deshalb nach meiner Auffassung
nicht akzeptiert werden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Es gibt trotz der bekannten Probleme, die ich hier
nicht im Einzelnen aufführen muss, in fast jeder dieser
Regionen erhebliche Entwicklungspotenziale, die wir
fördern müssen. Wichtig ist es, dass wir dazu die Ak-
teure vor Ort in die Entscheidung einbeziehen. Deshalb
– das möchte ich in Richtung unseres Bundesministe-
riums sagen – war es richtig, das Programm „Regionen
Aktiv“ für zwei Jahre zu verlängern.

Auch wenn wir weniger Geld haben und über neue In-
strumente nachdenken müssen, bleibt die grundlegende
Entscheidung Deutschlands aus früheren Jahrzehnten
richtig, den Wegfall landwirtschaftlicher Beschäftigung
durch Erwerbschancen in Industrie, Gewerbe und
Dienstleistung im ländlichen Raum rechtzeitig auszu-
gleichen. Frankreich zum Beispiel hat diese strategische
Entscheidung verschlafen und leidet bis heute unter den
Folgen.

Noch können wir in unseren ländlichen Räumen auf
ein besonders hohes ehrenamtliches Engagement unse-
rer Bürger zurückgreifen. Wir müssen versuchen, trotz
knapper finanzieller Mittel dieses Kapital ehrenamtli-
cher Tätigkeit an wichtigen Schaltstellen gezielt zu för-
dern. Dabei geht es um Betreuungsangebote kultureller
und sportlicher Art für Jungendliche. Diese können man-
cherorts aufrechterhalten bleiben oder sogar verbessert
werden. An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen,
dass das letzten Endes nichts anderes ist als eine vorsor-
gende Maßnahme gegen den wachsenden Einfluss
rechtsradikaler Organisationen insbesondere in länd-
lichen Regionen, die benachteiligt sind. Dort unterbrei-
ten solche Organisationen Jugendlichen gezielt Freizeit-
angebote, um über diesen Weg ihr verhängnisvolles
Gedankengut in deren Köpfe zu bringen.


(Beifall bei der SPD)


Wer über Perspektiven für ländliche Räume spricht
und ohne Illusionen in die Zukunft schaut – das ist
schließlich unsere Aufgabe in diesem Hohen Haus –, der
darf nicht die Augen vor den mit hoher Sicherheit zu er-
wartenden Klimaveränderungen verschließen. Nüch-
terne Einschätzungen deuten darauf hin, dass wir uns
von der bisherigen Erfahrung von jährlichen Ertragszu-
wächsen in Höhe von etwa 3 Prozent verabschieden
müssen, allein deshalb, weil sich die Temperatur- und
Niederschlagsverteilung in den kommenden Jahrzehnten
erheblich verändern wird.

Wir sind also gut beraten, ohne Hast, aber konsequent
und entschlossen unsere Forschung im Agrar- und Forst-
bereich auf diese Herausforderungen rechtzeitig einzu-

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(C (D tellen. Herr Bundesminister, an dieser Stelle möchte ich ie ausdrücklich bestärken, diesen Aspekt mit Blick auf ie Vorhaben im Bereich der Ressortforschung, die wir lle tragen – natürlich muss im Detail noch darüber beraen werden; aber wir unterstützen sie –, einzubeziehen. enn es werden Zeiten kommen, in denen wir froh und ielleicht auch etwas stolz darauf sein werden, dass wir grarforscher, Züchter und Verfahrenstechniker mit aus eichender Kapazität Vorbereitungen haben treffen lasen, damit die verbliebenen Landwirte, die in den komenden Jahrzehnten unsere Bevölkerung versorgen ollen, über die entsprechenden Maßnahmen und Verahren verfügen. Ich glaube, dass wir alle – damit möchte ich zum chluss kommen – uns darüber klar sind, dass ländliche äume, die Landwirtschaft und der Beruf des Landwirts icht mehr den Stellenwert haben, den sie vor einigen ahrzehnten noch hatten. Aber wir sollten nicht müde erden, unseren Mitbürgern, den Medien und allen aneren Interessenvertretern klar zu machen, dass sie ichtig sind. Das war immer so und es wird so bleiben. ir hängen existenziell von dieser Branche, von den ändlichen Räumen ab. Deshalb hoffe ich, dass wir trotz ller Aktivitäten, die wir Parlamentarier auf diesen Geieten abwickeln, die Zukunft unseres Vaterlandes demntsprechend gemeinsam gestalten. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605704100

Bärbel Höhn spricht jetzt für Bündnis 90/Die Grünen.


Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605704200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ch möchte zunächst einmal unabhängig vom Thema
ieser Debatte darauf hinweisen, dass in diesem Moment
as Kuratorium „Baum des Jahres“ tagt. An dieser Sit-
ung können wir leider nicht teilnehmen, weil wir diese
ebatte führen. Heute wird nämlich der Baum des Jah-

es ausgerufen: die Waldkiefer. Wir sollten diesem Baum
nd damit dem Naturschutz in unserem Land alles Gute
ünschen!


(Beifall im ganzen Hause)


Jetzt komme ich auf den Agrarpolitischen Be-
icht 2006 der Bundesregierung zu sprechen. Herr
eehofer, ich muss sagen, dass ich Ihre Rede enttäu-
chend fand. Denn die Diskussion über den Agrarbericht
st eine Grundsatzdebatte. Deshalb hätte ich schon er-
artet, dass Sie zum Beispiel auf das eingehen, was die
U-Agrarkommissarin Fischer Boel im „Handelsblatt“
om 16. Oktober dieses Jahres gesagt hat. Dort heißt es:

Fischer Boel kündigte ferner an, dass sie das Bud-
get für die Direktzahlungen an die Bauern stärker
senken wolle als in der EU-Finanzplanung bis 2013
vorgesehen. Das Geld solle stattdessen in den
Fonds für ländliche Entwicklung fließen. … So






(A) )



(B) )


Bärbel Höhn
würden Bauern mit zukunftsweisenden Geschäfts-
ideen belohnt, sagte sie.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Herr Seehofer, auf diese Ankündigung hätte ich von
Ihnen eine Reaktion erwartet. Sie haben die Kürzungen
der zweiten Säule hingenommen und gesagt, diese Kür-
zungen seien nicht schlimm, da es sich nur um
1 Milliarde Euro handele, was kein großer Betrag sei.
Auf diese Weise haben Sie versucht, die Bedeutung die-
ser Kürzungen herunterzureden. Für viele Bereiche der
deutschen Landwirtschaft und für viele Regionen unse-
res Landes sind diese Kürzungen der zweiten Säule al-
lerdings eine existenzielle Bedrohung. Das sollten wir
immer wieder betonen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Einige Bauern, beispielsweise in bestimmten Land-
kreisen Bayerns, sind finanziell stärker von der zweiten
Säule als von der ersten Säule abhängig. Herr Goppel
wird Ihnen das bestätigen, wenn Sie es noch nicht wis-
sen. Von den Kürzungen der zweiten Säule sind sowohl
die Bauern, die extensive Landwirtschaft betreiben, als
auch die Bauern, die naturnahe Landwirtschaft betrei-
ben, betroffen. Sie haben dramatische Auswirkungen.
Deshalb müssen wir etwas gegen diese Kürzungen un-
ternehmen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Genau die Maßnahmen, die eingeleitet worden sind,
um diesen Kürzungen zu begegnen, haben Sie abge-
würgt, indem Sie nicht nur die Kürzungen der zweiten
Säule hingenommen haben, sondern auch noch die Mit-
tel für die Gemeinschaftsaufgabe gekürzt haben. Das Fa-
tale an dem, was Sie getan haben, ist, dass Sie die Mittel
für die Bauern mit zukunftsweisenden Ideen gekürzt ha-
ben. Der Unterschied zwischen der Politik von Rot-Grün
und Ihrer Politik besteht darin, dass wir für zukunftswei-
sende Konzepte Geld zur Verfügung gestellt haben, Sie
aber tun das Gegenteil.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Ihnen ging es doch nur um Ihre Klientel!)


Ich möchte noch auf einen anderen wichtigen Bereich
eingehen, den Sie, Herr Seehofer, nicht angesprochen
haben: die Gentechnik. Wir könnten in diesem Zusam-
menhang sehr lange über ethische und ökologische Ge-
sichtspunkte diskutieren. Ich will heute aber einzig und
allein über den wirtschaftlichen Vorteil reden, den Eu-
ropa hätte, wenn es gentechnikfrei bliebe. Das wäre auch
ein wirtschaftlicher Vorteil für die Bauern in diesem
Land, nicht nur ein Vorteil für die Verbraucherinnen und
Verbraucher.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Christel Happach-Kasan [FDP]: Das ist Unsinn!)


Das große Land Kanada kann mittlerweile keinen
gentechnikfreien Raps mehr liefern. Doch was tut die
Ernährungswirtschaft? Sie fragt nach gentechnikfreiem

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(C (D aps. Auch Soja kann in vielen Bereichen nicht mehr entechnikfrei geliefert werden. Was ist das Ersatzproukt? Das Ersatzprodukt ist gentechnikfreier Raps. Das edeutet, der Rapspreis hat sich nicht nur aufgrund getiegener Energiekosten erhöht, sondern auch, weil Euopa bisher gentechnikfrei geblieben ist. Das hat darüber inaus eine größere wirtschaftliche Unabhängigkeit zur olge. Das muss so bleiben. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Christel Happach-Kasan [FDP]: Raps kann Soja nicht völlig ersetzen, Frau Höhn! Das wissen Sie!)


Sie, Frau Happach-Kasan, waren doch gerade erst in
rgentinien. Wissen Sie, wie in Argentinien das

chlimmste Schimpfwort lautet, das Bauern und Vertre-
er der Ernährungswirtschaft in den Mund nehmen? Es
autet Monsanto. Denn durch die Lizenzgebühren, die
ieses Unternehmen verlangt, sind viele Bauern in Ab-
ängigkeit geraten. Mittlerweile ist es so, dass Monsanto
owohl die Bauern als auch die Ernährungswirtschaft
nebelt. Einen solchen Zustand wollen wir in Deutsch-
and nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Peter Bleser [CDU/CSU]: Das ist doch Unsinn, was Sie hier erzählen! Völliger Unsinn!)


Es gibt noch einen Bereich, den ich ansprechen will
nd für den Sie, Herr Seehofer, auch keine Worte gefun-
en haben: den Tierschutz. Ich finde es gut – am heuti-
en Tage sollte man darauf hinweisen –, dass wir im
inblick auf Robbenprodukte einen gemeinsamen An-

rag eingebracht haben. Wir wollen heute – allerdings zu
achtschlafender Zeit; daher spreche ich dieses Thema
chon jetzt an – für Deutschland die Einführung eines
topps des Imports von Robbenprodukten beschließen.
as ist richtig, weil wir dadurch der grausamen Robben-

agd in Kanada endlich etwas entgegensetzen und errei-
hen, dass sich in diesem Land im Tierschutz etwas ver-
ndert. Das ist gut.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ielen Dank an alle Fraktionen, übrigens auch an die
DS, die dieses Vorhaben inhaltlich auch unterstützt.

Darüber hinaus wurden die Haltungsbedingungen für
elztiere verbessert. Dieses Thema ist erst vor kurzem

m Bundesrat behandelt worden. Aber das reicht uns
rünen nicht. Denn beim Tierschutz geht es nicht nur
m Robben und Pelztiere. Ein Verbot von Robbenpro-
ukten macht Ihnen, um es so zu sagen, wenig aus. Wir
ollen, dass die Einfuhr von Katzen- und Hundefellen
erboten wird. Dem entsprechenden Antrag von uns ha-
en Sie bisher nicht zugestimmt. Vor allen Dingen wol-
en wir eine Verbesserung für Nutztiere. Durch Ihre Ent-
cheidung in der Frage der Hennenhaltung und der
chweinehaltung haben Sie dazu beigetragen, dass Mil-

ionen von Tieren unter schlechteren Bedingungen leben
üssen als vorher, als Rot-Grün regiert hat.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ir müssen mehr für den Tierschutz tun in diesem Land.






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Bärbel Höhn
Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605704300

Für die CDU/CSU-Fraktion hat das Wort die Kollegin

Uda Heller.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Uda Heller (CDU):
Rede ID: ID1605704400

Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Der vorlie-
gende Agrarbericht zeigt deutlich die große Bedeutung,
welche die Bundesregierung einer starken und auf dem
internationalen Markt wettbewerbsfähigen Land- und
Agrarwirtschaft beimisst.

Ich habe mir ein Kapitel aus diesem Bericht ausge-
wählt, und zwar die Mittel zum Leben, besser gesagt: die
Lebensmittel. Als nachgelagerter Wirtschaftsbereich
spielt insbesondere die Ernährungswirtschaft eine ent-
scheidende Rolle für die Sicherung der Versorgung unse-
rer Bevölkerung mit Nahrungsmitteln. 80 Prozent unse-
res Nahrungsbedarfs werden mit heimischen Produkten
gedeckt und das ist gut so. Die Ernährungsbranche ist
mit etwa 5 900 Betrieben, circa 1,3 Millionen Beschäf-
tigten und einem Umsatz von rund 260 Milliarden Euro
im Jahr einer der bedeutendsten Wirtschaftszweige in
Deutschland. Die Branche boomt und wird von den Bür-
gern in Deutschland, aber auch im Ausland angenom-
men und geschätzt. Wenn wir jetzt noch lernen, nicht nur
auf den Preis, sondern auch auf die Qualität zu schauen,
sind wir auf dem richtigen Wege.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Vielfalt an Brot- und Biersorten in Deutschland
– um nur zwei Beispiele zu nennen – ist einzigartig in
der Welt. Allein im ersten Halbjahr 2006 wurden Nah-
rungsgüter im Wert von 18,1 Milliarden Euro exportiert.
Ich denke, damit sind wir auf einem sehr guten Weg. Die
Landwirtschaft ist aber in hohem Maße von der Verar-
beitung ihrer Produkte und vom Handel abhängig. Denn
fast alle Agrarprodukte erreichen den Verbraucher in
verarbeitetem Zustand. Die positiven Synergieeffekte
von Land- und Ernährungswirtschaft sind wichtig, weil
beide Glieder eine Wertschöpfungskette bilden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dabei gilt es, eine möglichst hohe Wertschöpfung zu er-
zielen, weil diese für die wirtschaftliche Tragfähigkeit
der Agrarwirtschaft von großer Bedeutung ist.

In der vergangenen Woche fand in Magdeburg erst-
mals eine zweitägige „Zukunftskonferenz Ernährungs-
wirtschaft“ auf Initiative von Bundesminister Horst
Seehofer statt. Unter dem Motto „Neue Wege und neue
Chancen in der Agrar- und Ernährungswirtschaft“ konn-
ten sich Vertreter der Landwirtschaft und der deren Pro-
dukte verarbeitenden Ernährungswirtschaft austau-
schen. Besonders erfreut war ich darüber, dass das
Bundesministerium als Veranstaltungsort für diese Kon-
ferenz Magdeburg in meinem Heimatland Sachsen-An-

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(C (D alt gewählt hat. Sachsen-Anhalt hat mittlerweile eine pitzenposition in der ostdeutschen Ernährungsbranche rreicht. (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD])


Marken wie Rotkäppchen, Hasseröder Bier und Hal-
erstädter Würstchen sind weit über die Grenzen von
achsen-Anhalt bekannt. Markenprodukte haben einen
ositiven Identitätswert für unsere Menschen, die stolz
ind, wenn sie selbst in einem Supermarkt in Berlin oder
amburg Produkte aus ihrer Heimat vorfinden. Mit ei-
er Umsatzsteigerung um über 300 Millionen Euro auf
,8 Milliarden Euro im Jahr 2005 lag Sachsen-Anhalt
ber dem Bundesdurchschnitt. Die Exportumsätze stie-
en in diesem Zeitraum um 12 Prozent. Als ein beson-
ers wichtiges Signal werte ich aber die leichte Zunahme
er Zahl der im Ernährungsgewerbe in Sachsen-Anhalt
eschäftigten. Dort waren 2005 knapp 21 000 Arbeit-
ehmer in dieser Branche tätig.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Interessant ist: In Mecklenburg-Vorpommern liegt der
msatz der Ernährungswirtschaft mit 4,8 Milliarden
uro noch deutlich vor dem der Tourismusbranche mit
,5 Milliarden Euro. Im Gegensatz zur Tourismusbran-
he, die weitgehend vom Saisongeschäft abhängig ist,
esitzt die Ernährungsbranche ein sehr viel höheres
achstumspotenzial. Dieses gilt es auszuschöpfen.

Als umsatzstärkste Branche des verarbeitenden Ge-
erbes in Ostdeutschland hat sie zudem entscheidend

um Wirtschaftswachstum von durchschnittlich 5,6 Pro-
ent in den vergangenen fünf Jahren beigetragen. Dies
st ein erfreuliches Ergebnis, das zum großen Teil den
ittelständischen Unternehmen zu verdanken ist.

Um in Zeiten der Globalisierung im internationalen
onkurrenzkampf um Marktanteile in der Ernährungs-
ranche erfolgreich zu sein, müssen wir auf unsere qua-
itativ hochwertigen Produkte bauen. Gleichzeitig gilt es,
ie typisch deutschen Spezialitäten und kulinarischen
esonderheiten einzelner Regionen intensiver und er-

olgreicher zu vermarkten.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Auf lange Sicht ist es auch für uns unverzichtbar, in
och viel höherem Maße neue ausländische Absatz-
ärkte zu erschließen.


(Peter Bleser [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


nsbesondere geht es auch darum, Perspektiven auf den
eltagrarmärkten auszuloten und sich bietende Chancen

eim Export in Drittländer zu nutzen. Ein hohes Nach-
ragepotenzial besitzen die neuen Mitgliedstaaten in der
uropäischen Union, aber auch die aufstrebenden Län-
er mit einer großen Wirtschaftskraft wie Brasilien, In-
ien und China.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605704500

Frau Kollegin, Sie müssen bitte zum Schluss kom-

en.






(A) )



(B) )


Uda Heller (CDU):
Rede ID: ID1605704600

Ja.

Meine Damen und Herren, als jemand, deren Vorfah-
ren in einer über hundertjährigen Geschichte Lebensmit-
tel hergestellt haben und die selbst in der Obst- und
Gemüsebranche gelernt und später Lebensmitteltechno-
logie studiert hat, sei es mir gestattet, auf eine große
Chance für unsere Jugend hinzuweisen. Ein Blick in die-
sen Berufszweig ist interessant. Er ist vielseitig und hat
Zukunft. Hochmoderne Anlagen und zum Teil kompli-
zierte Technik verlangen gut qualifiziertes Personal nicht
nur für die Herstellung selbst, sondern zum Beispiel
auch für die Bereiche Lebensmittelüberwachung und Le-
bensmittelkontrolle.

Salopp gesagt: Gegessen und getrunken wird immer.
Deshalb rufe ich alle jungen Leute dazu auf, sich in die-
ser Branche ausbilden zu lassen und hier die Chancen zu
nutzen, die gegeben sind.

Danke.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605704700

Uli Kelber spricht jetzt für die SPD-Fraktion.


Ulrich Kelber (SPD):
Rede ID: ID1605704800

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Die Rednerin der FDP hat zu Beginn davon ge-
sprochen, sie könne keinen Politikwechsel feststellen.
Sie können sich vorstellen, dass ich als Sprecher der
Fraktion, die vor der letzten Bundestagswahl sieben
Jahre lang in der Regierungskoalition war und die es
jetzt im Augenblick auch ist, das eher als Lob denn als
Kritik verstehe.


(Beifall bei der SPD – Dr. Christel HappachKasan [FDP]: Das ist aber nicht gut!)


– Frau Happach-Kasan, ich greife das auf, weil Sie als
Nächstes gesagt haben, Sie könnten in diesem Agrarbe-
richt nichts Positives entdecken. Ich mag eine solche
Schwarz-Weiß-Malerei nicht. Es gibt genügend Themen,
über die man unterschiedlicher Meinung ist. Niemand in
der Bevölkerung nimmt uns ab, wenn wir erklären, der
eine habe in allem Recht, der andere habe nie Recht, al-
les sei schlecht oder alles sei gut. So funktioniert die
Welt nicht.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Was ist denn schlecht?)


Sie sollten schon einmal in den Bericht hineinschauen.
Auch der Unterschied in der Darstellung der Oppositi-
onsfraktionen war sehr interessant.

Es ist aus Ihrer Sicht also nichts Positives, dass es bei
den wirtschaftlichen Ergebnissen der landwirtschaftli-
chen Betriebe seit mehreren Jahren einen Aufschwung
gibt? Das steht im Agrarbericht.


(Dr. Christel Happach-Kasan [FDP]: Das steht nicht im Agrarbericht!)


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(C (D ie stürmische Entwicklung bei den erneuerbaren Enerien, in dessen Verlauf wir nicht nur die Nutzung für die andwirte verbessert haben, sondern auch Weltmarkt ührer in den entsprechenden Technologien geworden ind, ist also nichts Positives in diesem Agrarbericht für ie? Auch die steigende Bereitschaft der Verbraucherinen und Verbraucher, für bestimmte Produkte mehr Geld uszugeben – zum Beispiel für Produkte aus der ökoloischen Landwirtschaft –, ist also nichts Positives in dieem Agrarbericht für Sie? (Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wollen sie abschaffen!)


chwarz-Weiß-Malerei an dieser Stelle nützt nichts.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Von der Fraktion der Grünen haben sich Frau Behm
nd Frau Höhn in ihren Reden mit dem Agrarbericht be-
chäftigt. Ich gehe auf die Punkte ländlicher Raum und
iosprit ein. Die Auseinandersetzung bezüglich des

ändlichen Raumes hatten wir ja schon einmal. Frau
öhn und Frau Behm, ich würde mir wünschen, dass sie
icht nur der jetzigen Regierung vorwerfen, dass sie
ittel für die ländlichen Räume kürzt, sondern auch er-

lären, wo Sie denn gewesen sind, als die größten Kür-
ungen bei den Gemeinschaftsaufgaben durch eine
rüne Ministerin erfolgt sind. Das gehört zur Ehrlichkeit
n dieser Debatte dazu.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie des Abg. Carl-Ludwig Thiele [FDP] – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist absolut falsch!)


iese statistischen Daten sind wir beim letzten Mal ge-
einsam durchgegangen und Sie haben sie an dieser
telle immerhin anerkannt.


(Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605704900

Herr Kelber, möchten Sie eine Zwischenfrage von

rau Happach-Kasan zulassen?


Ulrich Kelber (SPD):
Rede ID: ID1605705000

Ich wollte eigentlich zuerst den Biosprit abhandeln,

ber da Sie gerade fragen, lasse ich sie selbstverständlich
etzt zu und tue das danach, Frau Präsidentin.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605705100

Frau Happach-Kasan.


Dr. Christel Happach-Kasan (FDP):
Rede ID: ID1605705200

Herr Kelber, ich finde es ausgesprochen angenehm,

ass Sie hier das Thema Biosprit tatsächlich angespro-
hen haben.


Ulrich Kelber (SPD):
Rede ID: ID1605705300

Nein, das wollte ich noch tun.






(A) )



(B) )


Dr. Christel Happach-Kasan (FDP):
Rede ID: ID1605705400

Langsam, Sie haben es hier angesprochen. Sie haben

kritisiert, dass ich die Politik der Bundesregierung hin-
sichtlich Biosprit angegriffen habe. Wir sind – da Sie
auch einmal das Positive dargestellt haben wollten – in
einem Punkt durchaus einer Meinung: Als wir im Bun-
destag gemeinsam die Steuerbefreiung für Biodiesel bis
Ende 2008 beschlossen haben, waren wir auf einem ge-
meinsamen Weg.

Wenn Sie diese Entscheidung so positiv bewerten,
wie Sie das jetzt gemacht haben, dann möchte ich Sie
fragen, warum Sie dann im Koalitionsvertrag gemein-
sam mit der CDU und der CSU beschlossen haben, diese
Entscheidung, die eine hervorragende und privat initi-
ierte Entwicklung in Gang gesetzt hat, zu revidieren und
die Steuerbefreiung durch die Biokraftstoffquote zu er-
setzen. Das widerspricht der positiven Bewertung, die
Sie vorher abgegeben haben.


Ulrich Kelber (SPD):
Rede ID: ID1605705500

Ich danke Ihnen, dass Sie mir die Möglichkeit geben,

etwas zum Thema Biosprit zu sagen. Da Sie in Ihrer
Frage nur den Biosprit angesprochen haben, gehe ich da-
von aus, dass Sie die anderen Punkte wie wirtschaftli-
cher Aufschwung, positive Entwicklung bei den erneu-
erbaren Energien und steigende Bereitschaft zu höheren
Preisen anerkennen.


(Dr. Christel Happach-Kasan [FDP]: Nein!)


Zum Biosprit selbst. Die Entwicklung mit mehreren
Millionen Tonnen Biosprit ist in der Tat sehr gut.


(Dr. Christel Happach-Kasan [FDP]: Die würgen Sie ab!)


Jetzt schauen wir uns genau an: Was war bisher die Ge-
setzeslage und was kommt jetzt? Ich persönlich könnte
mir sogar noch mehr als das vorstellen, was jetzt noch
kommt, aber bleiben wir bei diesem Vergleich. Bisher
war in dem Gesetz vorgesehen, bis zum Jahr 2009 Bio-
kraftstoffe steuerlich zu fördern. Die Überkompensa-
tionsprüfung war in diesem Gesetz bereits enthalten.

Jetzt gilt folgende Regelung: Bei Ethanol bleibt diese
steuerliche Förderung bis 2015 anstatt bis 2009, bei Bio-
gas bis 2018 anstatt bis 2009 und bei Biodiesel bis 2011
bestehen. Zwar wird ab dem nächsten Jahr die Förde-
rung abgebaut, aber gleichzeitig wird sie durch eine
Quote unterstützt, die beim Absatz eine Mindestmenge
sicherstellt. Aus meiner Sicht sollten wir diese Quote so-
gar noch höher setzen und die reinen Kraftstoffe einbe-
ziehen.

Das ist eine Ausweitung der bisherigen Beschlüsse.
Das ist eine Verstetigung und bedeutet eine Erhöhung
der Absatzchancen. Zudem ist diese Regelung industrie-
freundlich. Wer zum Beispiel Ethanol herstellt, weiß
jetzt, was er nicht nur in den nächsten ein oder zwei Jah-
ren, sondern in den nächsten sieben Jahren, wenn seine
Anlage fertig ist, für Möglichkeiten hat. Ich halte das für
eine Verbesserung.

Ich frage mich bei der Kritik der FDP immer Folgen-
des: Bei der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien

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(C (D ordern Sie eine Abkehr von der finanziellen Förderung nd eine Hinwendung zu einer Quote. (Dr. Christel Happach-Kasan [FDP]: Nein, das ist eine Fehlinterpretation!)


eim Biosprit wollen Sie weg von der Quote und hin zu
iner finanziellen Förderung. An dieser Stelle sollten Sie
ls Partei eine einheitliche Position beziehen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605705600

Herr Kelber, möchten Sie jetzt eine Frage von Frau

öhn zulassen?


Ulrich Kelber (SPD):
Rede ID: ID1605705700

Selbstverständlich, gerne.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605705800

Bitte schön.


Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605705900

Herr Kelber, ich habe darauf gewartet, dass Sie dieses

hema ansprechen. Wir haben darüber bereits diskutiert.
eshalb habe ich mir vom Bundesministerium die Zah-

en dazu besorgt, wie sich die Mittel für die Gemein-
chaftsaufgabe entwickelt haben. Diese Zahlen wurden
nserem Ausschuss zur Verfügung gestellt. Ich gehe da-
on aus, dass Sie sie kennen.

Erster Punkt. Können Sie bestätigen, dass die konser-
ativen Landwirtschaftsminister in dem Zeitraum ab
992 bis heute die Mittel für die Gemeinschaftsaufgabe
ro Jahr doppelt so stark wie Rot-Grün gekürzt haben?

Zweiter Punkt. In der Tat hat Herr Funke die Mittel
ür die Gemeinschaftsaufgabe weniger als Renate
ünast gekürzt. Aber können Sie ebenso bestätigen, dass
ann, wenn man die vielen Programme von Renate
ünast aus dem Bereich der zweiten Säule einrechnet,

um Beispiel „Regionen Aktiv“, Programme zur artge-
echten Tierhaltung und zur Förderung des Ökoland-
aus, die es neben der Gemeinschaftsaufgabe gegeben
at, die Mittel im Bereich der zweiten Säule sogar noch
rhöht anstatt gekürzt worden sind?


(Beifall der Abg. Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Ulrich Kelber (SPD):
Rede ID: ID1605706000

In dem Zeitraum von 1992 – man kann auch früher

der später ansetzen – bis 2006 gibt es eine klare Rei-
enfolge: Am meisten haben die Minister der CDU/CSU
ekürzt, dahinter kommt die Ministerin der Grünen und
rst an dritter Stelle folgt der rote Agrarminister. Das
önnen wir gerne gemeinsam festhalten. Genau diesen
unkt habe ich angesprochen. Es gehört zur Bewertung
azu, dass man nicht dann, wenn man zwischen Opposi-
ion und Regierung oder Regierung und Opposition
echselt, auf einmal alles vergisst, was man vorher ge-

agt hat. Das nehmen die Menschen nicht mehr ernst.






(A) )



(B) )


Ulrich Kelber

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Carl-Ludwig Thiele [FDP])


Man muss zu seiner Regierungsverantwortung, aber
auch zu seiner Oppositionsverantwortung stehen. Ich
habe versucht, das zum Ausdruck zu bringen.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber nur versucht!)


Ich weiß, dass ich beim ersten und auch beim zweiten
Mal noch nicht alle in diesem Parlament davon überzeu-
gen kann. Aber ich werde dieses Thema beim nächsten
Mal wieder ansprechen und ich hoffe, dass ich dann
mehr Erfolg haben werde.

Dass ein Politikwechsel ausgeblieben ist – ich greife
gerne Ihre Äußerung auf, Frau Kollegin Happach-
Kasan –,


(Dr. Christel Happach-Kasan [FDP]: Sehr gut!)


wird auch innerhalb der Koalition debattiert. Die ständi-
gen Wiederholungen, dass wieder mehr Vertrauen in die
Politik notwendig ist und wir in Europa mit einer
Stimme sprechen müssen, ermüden langsam. Wir spre-
chen hier über Politik; es geht nicht um Werbereden auf
dem eigenen Parteitag, liebe Kollegen in der Koalition.

Dass zum Beispiel der Boom bei den erneuerbaren
Energien nicht nur Einnahmemöglichkeiten bietet, son-
dern auch zur Stabilisierung der Rohstoffpreise und da-
mit der Erträge der landwirtschaftlichen Betriebe geführt
hat, ist einem Gesetz zu verdanken, dass wir gegen den
teilweise erbitterten Widerstand der damaligen Opposi-
tion durchsetzen mussten. Die gute wirtschaftliche Situa-
tion und das große Vertrauen in die Wirtschaft sind nicht
erst in den letzten elf Monaten entstanden; sie gehen
vielmehr auf dieses Gesetz zurück.


(Beifall bei der SPD)


Wenn wir über die wirtschaftliche Situation der Land-
wirtschaft sprechen, dann gehören auch die Grüne Gen-
technik und ihr Einsatz in Deutschland zu diesem
Thema. Den Skeptikern bzw. Gegnern hinsichtlich eines
vermehrten Einsatzes von Grüner Gentechnik wird oft
vorgeworfen, nur den Verbraucherschutz und den Um-
weltschutz im Blick zu haben. Als jemand, der für Um-
weltpolitik und Verbraucherpolitik in meiner Fraktion
mitverantwortlich zeichnet, halte ich das eher für ein
Lob als für eine Kritik. Aber der entscheidende Punkt ist
– davon sind meine Fraktion und ich fest überzeugt –,
dass auch handfeste, für die Landwirtschaft überlebens-
notwendige ökonomische Gründe für eine restriktive Li-
nie beim Einsatz von Grüner Gentechnik sprechen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Denn wenn die Nutzung unter gegenwärtigen Bedin-
gungen deutlich ausgeweitet oder wenn sie bei unzurei-
chenden Sicherheitsvorkehrungen auch nur minimal be-
trieben würde, dann wären sehr viel mehr Arbeitsplätze
in der Landwirtschaft bedroht, als durch den Einsatz
Grüner Gentechnik je geschaffen werden könnten.

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(C (D (Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Wirtschaft ist der entscheidende Punkt. Wenn
eutschland keine gentechnikfreien Produkte garan-

ieren kann, dann entstehen daraus für unsere Landwirt-
chaft massive Probleme.

Ein Problem ist in der Debatte bereits genannt wor-
en. Dabei handelt es sich um die Exporte. In der Tat
önnen wir feststellen, dass bei bestimmten Produkten
ie Mais und Raps andere Regionen der Welt keine
VO-freien Produkte mehr garantieren können und des-
egen für deutsche Unternehmen neue Exportchancen

ntstanden sind. Man kann sich nicht darauf verlassen, in
merika, Kanada und anderen Regionen der Welt gen-

echnikfreie Rohware zu bekommen. In Deutschland ist
as aber möglich. Das war die Grundlage für den Ab-
chluss entsprechender Exportverträge.

Wir alle erinnern uns an die Aussage von Hipp und
nderen Unternehmen, die ihren Namen in der Öffent-
ichkeit nicht mehr mit dem Begriff Gentechnik verbun-
en sehen wollten und deutlich gemacht haben, dass sie
hre Rohware aus dem Ausland beziehen müssten, wenn
n Deutschland nicht mehr garantiert werden könnte,
ass sie gentechnikfrei ist. Damit würde in Deutschland
ertschöpfung wegfallen. Das sind ökonomische
ründe, die auch Gentechnikenthusiasten zu einer ratio-
alen Betrachtung der Chancen und Risiken bringen
ollte.

Deswegen haben Sie, Herr Minister Seehofer, die
olle Unterstützung der SPD bei Ihrer derzeitigen Linie,
ie Chancen und Risiken abzuwägen. Wir sollten uns in
er Tat die Zeit nehmen, die wir brauchen, und dann eine
ntscheidung treffen, die den Wünschen der Verbrau-
herinnen und Verbraucher und den ökonomischen
hancen der deutschen Landwirtschaft am besten ge-

echt wird.

Es geht um nicht weniger als die echte Wahlfreiheit
wischen Gentechnikfreiheit und Gentechnik. Ich glaube,
ass eine solche Wahlfreiheit in einer freien Gesellschaft
elbstverständlich ist. Dazu gehört die klare Kennzeich-
ung der Produkte, die aus meiner Sicht auch die Kenn-
eichnung von Produkten aus tierischer Produktion um-
asst, die mit Gentechnik in Verbindung gekommen sind.


(Dr. Christel Happach-Kasan [FDP]: Setzen Sie das durch!)


Ich würde mich freuen, wenn das Parlament diese Po-
ition einheitlich vertritt, damit der Minister das in der
U entsprechend darstellen kann.


(Beifall der Abg. Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


emnach müssten auch Milch und Fleisch gekennzeich-
et werden, wenn die Tiere mit Gentechnik in Verbin-
ung gekommen sind.


(Dr. Christel Happach-Kasan [FDP]: Dann gibt es kein Fleisch von Schweinen und Geflügel mehr ohne Kennzeichnung!)







(A) )



(B) )


Ulrich Kelber
Wir wollen auch keinen schleichenden Einzug der
Gentechnik. Das würde die Wahlfreiheit vernichten.
Deswegen muss eine Grenze gezogen werden, die noch
unterhalb des Grenzwerts von 0,9 Prozent liegt. Dieser
gesetzliche Grenzwert muss die Ausnahme sein; das
gentechnikfreie Produkt muss die Regel sein. Auf diesen
Normalfall muss die Politik ausgerichtet sein. Die Siche-
rung einer gentechnikfreien Landwirtschaft in Deutsch-
land ist im Interesse der Absatzprodukte und des klaren
Wunsches von 80 Prozent der Verbraucherinnen und
Verbraucher nach gentechnikfreien Produkten notwen-
dig.

Zur Wahlfreiheit gehört auch, dass die Landwirte, die
gentechnikfrei produzieren wollen – das ist die überwie-
gende Mehrzahl –, nicht auf den Kosten eines verstärk-
ten Einsatzes von Gentechnik in Deutschland sitzen blei-
ben.


(Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig!)


Ich versuche, das am Beispiel der Tests darzulegen.
Schon heute sind die Tests aufwendig und teuer, die ein
Landwirt, wenn er zum Beispiel Mais anbaut, durchfüh-
ren muss, um nachzuweisen, dass sein Mais gentechnik-
frei ist bzw. der GVO-Anteil unter 0,9 Prozent liegt. Die
Kosten der Tests können durchaus einen substanziellen
Anteil am Ertrag pro Hektar ausmachen.


(Dr. Christel Happach-Kasan [FDP]: Das ist doch Unsinn! Mais gelangt in Biogasanlagen oder wird verfüttert! Dafür braucht man keine Tests!)


Wenn es in Zukunft nicht nur eine gentechnisch verän-
derte Maissorte gibt, sondern zwei Maissorten, wenn
nicht nur Bt-Mais, sondern beispielsweise auch eine
Maissorte mit besonders hohem Eiweißgehalt auf dem
Markt ist und die Zahl der Tests demzufolge zunimmt,
ist der Kostenfaktor der Überprüfung auf Gentechnik-
freiheit möglicherweise höher als der Ertrag. Wir brau-
chen also eine klare Regelung, wer an dieser Stelle für
die Kosten der Landwirte aufkommt.

Wir haben zuletzt eine Debatte über ein Moratorium
beim Einsatz der Grünen Gentechnik geführt. Diese
wurde von der Fraktion der Grünen und dem CSU-Gene-
ralsekretär Söder angestoßen.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Von beiden Parteien!)


Beide wissen natürlich, dass ein solches Moratorium
nicht mit EU-Recht vereinbar ist. Die Grünen haben das
– im Gegensatz zu Herrn Söder – in der Begründung ih-
res Entschließungsantrags zumindest zugegeben. Aber
vielleicht können wir uns auf Folgendes einigen: Das
deutsche Parlament fordert den Minister auf, eine Initia-
tive in der EU zu starten mit dem Ziel, dass sich Gebiets-
körperschaften zu gentechnikfreien Regionen verbind-
lich erklären können. Ich denke, darin könnten wir alle
den Minister unterstützen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D erbündete würden wir in den Staaten finden, in denen chon heute vom EU-Recht abgewichen wird. Es würde ei der regionalen Unterscheidbarkeit und der Vermarkung helfen, wenn man sagen könnte: Aus unserer Reion garantiert gentechnikfrei! (Dr. Christel Happach-Kasan [FDP]: Das ist gegen die Freiheit der Landwirte!)


Damit kein Zweifel aufkommt: Meine Skepsis gilt der
nwendung, nicht der Forschung. Ich befürworte die
orschung zuallererst aus Sicherheitsgründen; denn wir
üssen wissen, womit wir umgehen. Wir müssen zudem

rforschen, ob eine zweite oder dritte Generation gen-
echnisch veränderter Organismen weniger Risiken birgt
nd mehr gesellschaftliche Möglichkeiten eröffnet. Ich
in zwar skeptisch, möchte es aber erforschen. Deswe-
en unterstütze ich eine Ausweitung der Forschung.
ann können wir gemeinsam erreichen, dass die Gen-

echnik wirtschaftlich nicht negativ, sondern positiv von
er deutschen Landwirtschaft beurteilt wird sowie von
en Verbraucherinnen und Verbrauchern akzeptiert wird.
as wünsche ich mir.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605706100

Als Nächste hat das Wort die Kollegin Marlene
ortler für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Marlene Mortler (CSU):
Rede ID: ID1605706200

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Herr Kelber, hinsichtlich der Grünen Gen-
echnik und der Wahlfreiheit betreffend Erzeuger, Verar-
eiter und Konsument müssen wir wohl noch ein biss-
hen üben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Zur Sache: In meiner Heimat gibt es die Regionalbe-
egung „Alles“. Dieses Kürzel steht für „Artenreiches
and – Liebenswerte Stadt“. Die Botschaft dieser Bewe-
ung lautet: Wir setzen auf eine Partnerschaft von Stadt
nd Land; Stadt und Land Hand in Hand. Übertragen auf
ie Politik der Union bedeutet das: Wir setzen auf alle
roduktionsrichtungen und alle Betriebsformen, ob
roße oder kleine, ob ökologisch oder konventionell
irtschaftende Betriebe.


(Peter Bleser [CDU/CSU]: Genau der richtige Ansatz!)


ir unterscheiden nicht zwischen Gut und Schlecht.
ott sei Dank gehört damit die grüne Symbolpolitik der
ergangenheit an.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Es ist keine Schande, als deutscher Landwirtschafts-
inister deutsche Interessen in Brüssel und den WTO-
erhandlungen zielgerichtet und glaubwürdig zu vertre-






(A) )



(B) )


Marlene Mortler
ten. Danke, sehr geehrter Herr Bundesminister, für Ihren
Einsatz.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Sie erleben sicherlich genauso wie ich, dass das Glo-
bale in zunehmendem Maße bestimmt, was wir national
noch machen dürfen. Unser Ziel muss aber eine umwelt-
freundliche, multifunktionale und flächendeckende Land-
wirtschaft bleiben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Zum Haushalt: Es ist schon toll, wenn die, die noch
vor kurzem auf der Regierungsbank saßen und bei der
GAK 200 Millionen Euro gekürzt haben, jetzt von den
Oppositionsstühlen aus die gleiche Summe wieder ein-
fordern.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie viel haben Sie gekürzt?)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605706300

Möchten Sie eine Zwischenfrage von Frau Höhn zu-

lassen?


Marlene Mortler (CSU):
Rede ID: ID1605706400

Die kann man im Anschluss beantworten.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil Sie sich nicht trauen!)


– Nein, ich habe Herrn Trittin schon in ähnlicher Sache
geantwortet.

Fischer Boel ist aus meiner Sicht eine weise Frau. Sie
hat erstens von Gesundheitscheck gesprochen und Sie
hat davon gesprochen, dass die Bauern und Bäuerinnen
Planungssicherheit bis 2013 haben werden und diese
auch brauchen. So habe ich ihre Aussage interpretiert.
Ich finde, es ist eine Ohrfeige für unsere Bauern und
Bäuerinnen im Land, wenn Sie, liebe Frau Höhn, sagen,
gerade den zukunftsweisenden Bauern seien Mittel ge-
kürzt worden. Auch normal wirtschaftende Betriebe sind
Zukunftsbetriebe.


(Beifall bei der CDU/CSU)


In Bayern werden wir diese Lücke, die wir bei der zwei-
ten Säule haben, mit viel Fantasie wieder schließen.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da bin ich mal gespannt!)


Wir sind auf gutem Weg. Passen Sie auf!

Die gute Stimmung und die hohe Investitionsbereit-
schaft der Bauern und Bäuerinnen bedeuten für uns in
der Regierung bzw. für uns Parlamentarier auch, weiter
für Verlässlichkeit und für Planungssicherheit zu sorgen.
Ich denke, der Spruch von Frau Fischer Boel „Raus aus
den Büros und rein in die Felder“ ist ein guter Slogan.
Nur, Anspruch und Wirklichkeit sind hier noch weit aus-
einander. Auch auf Bundesebene haben wir noch Ver-
besserungsbedarf. Ich merke auch kritisch an, dass im
Bereich der Saisonarbeitskräfte die Grenze der Lei-
densfähigkeit vieler Betriebsleiter längst überschritten

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(C (D st. Wir brauchen dringend eine Verbesserung der Eckunkteregelung für 2007. Die Biokraftstoffe der ersten Generation haben viele rbeitsplätze in unserem Land geschaffen. Wir dürfen ie Biokraftstoffe der ersten Generation nicht abwürgen. ie brauchen auch weiter eine faire Chance. eshalb halten wir uns die Zweiwegestrategie vor Auen; denn aus meiner Sicht ist die zweite Generation, on der viele so wundervoll reden, noch lange nicht leensfähig. Der Verbraucher spielt in unserem Tun eine wichtige olle. Ich möchte kurz das Thema Ökolebensmittel ufgreifen. Für mich ist es nicht nachvollziehbar, dass kolebensmittel ihre Reise um die halbe Welt antreten. (Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann stärken Sie mal die heimische Wirtschaft, statt ihr das Geld wegzunehmen!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ür mich ist das ein wirklich großer Widerspruch. Da-
um setze ich im Gegensatz zur Bundesregierung auch
eiterhin auf eine verpflichtende Herkunftskennzeich-
ung.


(Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber erst das Geld wegnehmen!)


er Verbraucher muss wählen können, woher sein Bio-
rodukt kommt.

Ich komme zum Schluss. Was die landwirtschaft-
iche Unfallversicherung betrifft, so kann es nicht sein,
ass die Beitragszahler von heute weiter die Versiche-
ungsfälle von vorgestern bezahlen müssen. Ich setze auf
ine schnelle und gemeinsame Lösung, die die Akzep-
anz und vor allem die Finanzierbarkeit dauerhaft si-
hert.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605706500

Kommen Sie bitte zum Schluss, Frau Mortler.


Marlene Mortler (CSU):
Rede ID: ID1605706600

Begreifen wir Landwirtschaft als Zukunftsbranche.

ie grünen Jobs sind Jobs mit Zukunftsperspektive. Die
och freien Ausbildungsplätze zeigen es.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605706700

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
rucksachen 16/640, 15/5820 und 16/1442 an die in der
agesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
er Entschließungsantrag der Fraktion des Bündnis-

es 90/Die Grünen auf der Drucksache 16/3010 soll an
ieselben Ausschüsse wie die Vorlage auf Drucksache






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
16/640 überwiesen werden. – Damit sind Sie einverstan-
den. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 30 a bis 30 n und
30 p bis 30 t sowie die Zusatzpunkte 3 a bis 3 e auf:

30 a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab-
kommen vom 6. Februar 2006 zwischen der
Bundesrepublik Deutschland und der Repu-
blik Kroatien zur Vermeidung der Doppelbe-
steuerung auf dem Gebiet der Steuern vom
Einkommen und vom Vermögen

– Drucksache 16/2955 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss

b) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ver-
trag vom 2. März 2005 zwischen der Bundes-
republik Deutschland und der Republik
Jemen über die Förderung und den gegenseiti-
gen Schutz von Kapitalanlagen

– Drucksache 16/2861 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Auswärtiger Ausschuss

c) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ver-
trag vom 16. Juni 2005 zwischen der Bundes-
republik Deutschland und der Arabischen
Republik Ägypten über die Förderung und
den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen

– Drucksache 16/2862 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Auswärtiger Ausschuss

d) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ver-
trag vom 19. und 20. April 2005 zwischen der
Bundesrepublik Deutschland und der Islami-
schen Republik Afghanistan über die Förde-
rung und den gegenseitigen Schutz von Kapi-
talanlagen

– Drucksache 16/2863 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Auswärtiger Ausschuss

e) Erste Beratung des von der Bundesregierung
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem
Vertrag vom 10. August 2005 zwischen der
Bundesrepublik Deutschland und der Demo-
kratischen Republik Timor-Leste über die
Förderung und den gegenseitigen Schutz von
Kapitalanlagen

– Drucksache 16/2864 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Auswärtiger Ausschuss

(C (D f)

gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-
rung des Transparenzrichtlinie-Gesetzes

– Drucksache 16/2952 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

g) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-
rung des Eichgesetzes

– Drucksache 16/2920 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

h) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stär-
kung der Berufsaufsicht und zur Reform
berufsrechtlicher Regelungen in der Wirt-

(Berufsaufsichtsreformgesetz – BARefG)


– Drucksache 16/2858 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

i) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die
Statistik der Verdienste und Arbeitskosten

(Verdienststatistikgesetz – VerdStatG)


– Drucksache 16/2918 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

j) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur
Änderung des Versorgungsrücklagegesetzes

– Drucksache 16/2855 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Verteidigungsausschuss
Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO

k) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab-
kommen vom 14. März 2006 zwischen der
Bundesrepublik Deutschland und der Franzö-
sischen Republik über den Bau einer Eisen-
bahnbrücke über den Rhein bei Kehl

– Drucksache 16/2860 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

l) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur
Änderung von Verbrauchsteuergesetzen

– Drucksache 16/2951 –






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO

m)Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/
CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Siebten
Gesetzes zur Änderung des Stasi-Unterlagen-
Gesetzes

– Drucksache 16/2969 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung
Innenausschuss
Sportausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Haushaltsausschuss

n) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur
Änderung des Umwandlungsgesetzes

– Drucksache 16/2919 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales

p) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem
Rahmenabkommen vom 22. Juli 2005 zwi-
schen der Regierung der Bundesrepublik
Deutschland und der Regierung der Französi-
schen Republik über die grenzüberschreitende
Zusammenarbeit im Gesundheitsbereich und
zu der Verwaltungsvereinbarung vom 9. März
2006 zwischen dem Bundesministerium für
Gesundheit der Bundesrepublik Deutschland
und dem Minister für Gesundheit und Solida-
rität der Französischen Republik über die
Durchführungsmodalitäten des Rahmenab-
kommens vom 22. Juli 2005 über die grenz-
überschreitende Zusammenarbeit im Gesund-
heitsbereich

– Drucksache 16/2859 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit (f)

Innenausschuss

q) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesbe-
auftragte für die Unterlagen des Staatssicherheits-
dienstes der ehemaligen Deutschen Demokrati-
schen Republik

Siebenter Tätigkeitsbericht der Bundesbeauf-
tragten für die Unterlagen des Staatssicher-

Z

(C (D heitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik – 2005 – Drucksache 15/5960 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Kultur und Medien Innenausschuss Rechtsausschuss Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung r)

gierung

Bericht des Bundeskartellamtes über seine Tä-
tigkeit in den Jahren 2003/2004 sowie über die
Lage und Entwicklung auf seinem Aufgaben-
gebiet

und

Stellungnahme der Bundesregierung

– Drucksache 15/5790 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Tourismus
Ausschuss für Kultur und Medien

s) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Hüseyin-Kenan Aydin, Ursula Lötzer, Barbara
Höll, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
LINKEN

Keine Hermes-Bürgschaft für das Ilisu-Stau-
dammprojekt

– Drucksache 16/2995 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Auswärtiger Ausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung

t) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Lothar Bisky, Dr. Lukrezia Jochimsen,
Dr. Petra Sitte, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der LINKEN

Moratorium für PC-Gebühren – Sofortige
Neuverhandlung des Rundfunkgebühren-
staatsvertrages

– Drucksache 16/3002 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz

P 3 a)Erste Beratung des von den Abgeordneten Jan
Mücke, Horst Friedrich (Bayreuth), Patrick
Döring, weiteren Abgeordneten und der Fraktion
der FDP eingebrachten Gesetzes






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
Entwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung und
Beschleunigung von Zulassungsverfahren für
Verkehrsprojekte

– Drucksache 16/3008 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Tourismus

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Matthias
Berninger, Grietje Bettin und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

PC-Gebühren-Moratorium verlängern

– Drucksache 16/2793 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Hans-
Joachim Otto (Frankfurt), Christoph Waitz,
Dr. Karl Addicks, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der FDP

Keine Rundfunkgebühr für Computer mit In-
ternetanschluss – Die Gebührenfinanzierung
des öffentlich-rechtlichen Rundfunks grundle-
gend reformieren

– Drucksache 16/2970 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz

d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Anja
Hajduk, Alexander Bonde, Anna Lührmann, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion des BÜND-
NISSES 90/DIE GRÜNEN

Haushaltskonsolidierung konsequent anpa-
cken – Haushaltsgesetzgebung reformieren

– Drucksache 16/2998 –
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss

e) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Volker Wissing, Frank Schäffler,
Dr. Hermann Otto Solms, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der FDP

Mehrwertsteuersatz für apothekenpflichtige
Arzneimittel

– Drucksache 16/3013 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss

Es handelt sich um Überweisungen im vereinfach-
ten Verfahren ohne Debatte.

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(C (D Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen an ie in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu berweisen. Der von den Fraktionen der CDU/CSU, der SPD und es Bündnisses 90/Die Grünen eingebrachte Gesetzenturf zur Änderung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes auf rucksache 16/2969 – Tagesordnungspunkt 30 m – soll ur Federführung an den Ausschuss für Kultur und Meien und zur Mitberatung an den Ausschuss für Wahlrüfung, Immunität und Geschäftsordnung, den Innenusschuss, den Sportausschuss, den Rechtsausschuss, en Ausschuss für Arbeit und Soziales, den Verteidiungsausschuss, den Ausschuss für Bildung, Forschung nd Technikfolgenabschätzung sowie an den Haushaltsusschuss überwiesen werden. Der Antrag der Fraktion Die Linke auf Druckache 16/3002 – Tagesordnungspunkt 30 t – mit dem genderten Titel „Moratorium für PC-Gebühren – Soforige Neuverhandlung des Rundfunkgebührenstaatsverrages“ soll an die in der Tagesordnung aufgeführten usschüsse überwiesen werden. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 31 a bis 31 s sowie usatzpunkt 4 auf. Es handelt sich um Beschlussfassunen zu Vorlagen, zu denen keine Aussprache vorgeseen ist. Tagesordnungspunkt 31 a: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 23. Mai 1997 über die Vorrechte und Immunitäten des Internationalen Seegerichtshofs und zu dem Abkommen vom 14. Dezember 2004 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Internationalen Seegerichtshof über den Sitz des Gerichtshofs – Drucksache 16/1288 – Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses – Drucksache 16/2797 – Berichterstattung: Abgeordnete Eckart von Klaeden Markus Meckel Harald Leibrecht Dr. Norman Paech Jürgen Trittin Der Auswärtige Ausschuss empfiehlt auf Druckache 16/2797, den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich itte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wolen, um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthalungen? – Damit ist der Gesetzentwurf in zweiter Beraung einstimmig angenommen. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – egenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt ist damit mit dem einstimmigen Votum des ganzen Hauses angenommen. Tagesordnungspunkt 31 b: Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Protokoll vom 27. März 1998 über die Vorrechte und Immunitäten der Internationalen Meeresbodenbehörde – Drucksache 16/1289 – Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses – Drucksache 16/2798 – Berichterstattung: Abgeordnete Eckart von Klaeden Markus Meckel Harald Leibrecht Dr. Norman Paech Jürgen Trittin Der Auswärtige Ausschuss empfiehlt auf Drucksache 16/2798, den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist ebenfalls mit den Stimmen des ganzen Hauses angenommen. Tagesordnungspunkt 31 c: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Auflösung der Unabhängigen Kommission zur Ermittlung des Vermögens der Parteien und Massenorganisationen der DDR – Drucksache 16/2256 – Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses – Drucksache 16/2808 – Berichterstattung: Abgeordnete Günter Baumann Maik Reichel Gisela Piltz Jan Korte Silke Stokar von Neuforn Der Innenausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/2808, den Gesetzentwurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung mit den Stimmen des ganzen Hauses angenommen. Wir kommen zur dritten Beratung und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist auch dieser G g f s s e d g n B d u b g i a 1 j z D s (C (D esetzentwurf mit den Stimmen des ganzen Hauses anenommen. Tagesordnungspunkt 31 d: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Weiterverwendung von Informationen öffentlicher Stellen (Informationsweiterverwendungsgesetz – IWG)





(A) )


(B) )


– Drucksache 16/2453 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-

(9. Ausschuss)


– Drucksache 16/3003 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Martin Dörmann

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie emp-
iehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Druck-
ache 16/3003, den Gesetzentwurf in der Ausschussfas-
ung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetz-
ntwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um
as Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltun-
en? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung ange-
ommen mit den Stimmen der Koalition und des
ündnisses 90/Die Grünen bei Enthaltung der FDP und
er Fraktion Die Linke. Gegenstimmen gab es keine.

Dritte Beratung

nd Schlussabstimmung. Diejenigen mögen sich erhe-
en, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen. – Ge-
enstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist
n dritter Beratung mit dem gleichen Ergebnis wie zuvor
ngenommen worden.

Tagesordnungspunkt 31 e:

Zweite Beratung und Schlussabstimmung des
von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zu dem Abkommen vom
30. September 2005 zwischen der Bundesrepu-
blik Deutschland und der Republik Belarus
zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf
dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und
vom Vermögen

– Drucksache 16/2705 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzaus-
schusses (7. Ausschuss)


– Drucksache 16/2992 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Manfred Kolbe
Lothar Binding (Heidelberg)


Der Finanzausschuss empfiehlt auf der Drucksache
6/2992, den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich bitte die-
enigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich
u erheben. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? –
er Gesetzentwurf ist mit den Stimmen des ganzen Hau-

es angenommen.






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
Tagesordnungspunkt 31 f:

Zweite Beratung und Schlussabstimmung des
von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zu dem Abkommen vom
1. Dezember 2005 zwischen der Bundesrepu-
blik Deutschland und der Kirgisischen Repu-
blik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung
und zur Verhinderung von Steuerhinterzie-
hungen auf dem Gebiet der Steuern vom Ein-
kommen und vom Vermögen

– Drucksache 16/2706 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzaus-
schusses (7. Ausschuss)


– Drucksache 16/2994 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Manfred Kolbe
Lothar Binding (Heidelberg)


Der Finanzausschuss empfiehlt auf der Drucksache
16/2994, den Gesetzentwurf anzunehmen. Es mögen
sich diejenigen erheben, die dem Gesetzentwurf zustim-
men wollen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? –
Der Gesetzentwurf ist mit den Stimmen des ganzen Hau-
ses angenommen.

Tagesordnungspunkt 31 g:

Zweite Beratung und Schlussabstimmung des
von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 3. Mai
2006 zwischen der Bundesrepublik Deutsch-
land und der Republik Slowenien zur Vermei-
dung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet
der Steuern vom Einkommen und vom Vermö-
gen

– Drucksache 16/2707 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzaus-
schusses (7. Ausschuss)


– Drucksache 16/2993 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Manfred Kolbe
Lothar Binding (Heidelberg)


Der Finanzausschuss empfiehlt auf der Drucksache
16/2993, den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich bitte wie-
derum diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen
wollen, aufzustehen. – Gegenstimmen? – Stimmenthal-
tungen? – Der Gesetzentwurf ist mit den Stimmen des
gesamten Hauses angenommen.

Tagesordnungspunkt 31 h:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit (16. Ausschuss) zu der
Verordnung der Bundesregierung

Verordnung zur Umsetzung der Ratsentschei-
dung vom 19. Dezember 2002 zur Festlegung

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(C (D von Kriterien und Verfahren für die Annahme von Abfällen auf Abfalldeponien – Drucksachen 16/2580, 16/2680 Nr. 1.1, 16/2839 – Berichterstattung: Abgeordnete Michael Brand Gerd Bollmann Angelika Brunkhorst Eva Bulling-Schröter Sylvia Kotting-Uhl Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktoricherheit empfiehlt auf der Drucksache 16/2839, der erordnung zuzustimmen. Wer stimmt für diese Bechlussempfehlung? – Die Gegenprobe! – Stimmenthalungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimen der Koalitionsfraktionen und der Linksfraktion egen die Stimmen der FDP-Fraktion und bei Stimmentaltung der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen anenommen. Wir kommen zu den Beschlussempfehlungen des Peitionsausschusses. Tagesordnungspunkt 31 i: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 92 zu Petitionen – Drucksache 16/2763 – Wer stimmt der Sammelübersicht zu? – Wer stimmt agegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Die Sammelbersicht ist gegen die Stimmen der Linksfraktion mit en Stimmen des übrigen Hauses angenommen. Tagesordnungspunkt 31 j: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 98 zu Petitionen – Drucksache 16/2764 – Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Stimmenthalungen? – Die Sammelübersicht ist mit den Stimmen des esamten Hauses angenommen. Tagesordnungspunkt 31 k: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 99 zu Petitionen – Drucksache 16/2765 – Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Stimmenthalungen? – Auch diese Sammelübersicht ist einstimmig ngenommen worden. Tagesordnungspunkt 31 l: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 100 zu Petitionen – Drucksache 16/2766 – Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Die Sammelübersicht ist gegen die Stimmen der Linksfraktion bei Zustimmung des übrigen Hauses angenommen worden. Tagesordnungspunkt 31 m: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 101 zu Petitionen – Drucksache 16/2767 – Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Die Sammelübersicht ist mit den Stimmen des gesamten Hauses angenommen. Tagesordnungspunkt 31 n: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 102 zu Petitionen – Drucksache 16/2768 – Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Die Sammelübersicht ist gegen die Stimmen der Linksfraktion mit den Stimmen des übrigen Hauses angenommen worden. Tagesordnungspunkt 31 o: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 103 zu Petitionen – Drucksache 16/2769 – Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Die Sammelübersicht ist gegen die Stimmen der FDP-Fraktion mit den Stimmen des übrigen Hauses angenommen worden. Tagesordnungspunkt 31 p: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 104 zu Petitionen – Drucksache 16/2770 – Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Die Sammelübersicht ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der FDP-Fraktion gegen die Stimmen der Linksfraktion und der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen angenommen worden. Tagesordnungspunkt 31 q: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 105 zu Petitionen – Drucksache 16/2771 – Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Sammelübersicht ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der Fraktion Die Linke gegen die Stimmen von Bündnis 90/Die Grünen und FDP angenommen. t m g a t K t s s G c s B g u (C (D Tagesordnungspunkt 31 r: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 106 zu Petitionen – Drucksache 16/2772 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthalungen? – Die Sammelübersicht 106 ist mit den Stim en der Koalition und des Bündnisses 90/Die Grünen egen die Stimmen der Fraktion Die Linke und der FDP ngenommen. Tagesordnungspunkt 31 s: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 107 zu Petitionen – Drucksache 16/2773 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthalungen? – Die Sammelübersicht ist mit den Stimmen der oalition gegen die Stimmen der drei Oppositionsfrak ionen angenommen. Zusatzpunkt 4: Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Cornelia Behm, Undine Kurth (Quedlinburg)





(A) )


(B) )

und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Ersten
Gesetzes zur Änderung des Bundesnatur-
schutzgesetzes (Urwaldschutzgesetz)


– Drucksache 16/961 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
heit (16. Ausschuss)


– Drucksache 16/2880 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Josef Göppel
Dirk Becker
Angelika Brunkhorst
Eva Bulling-Schröter
Cornelia Behm

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
icherheit empfiehlt auf Drucksache 16/2880, den Ge-
etzentwurf abzulehnen. Ich bitte diejenigen, die dem
esetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzei-

hen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Ge-
etzentwurf ist abgelehnt bei Zustimmung von
ündnis 90/Die Grünen und Linksfraktion und bei Ge-
enstimmen des Rests des Hauses. Damit entfällt nach
nserer Geschäftsordnung die weitere Beratung.

Ich rufe Zusatzpunkt 5 auf:

Aktuelle Stunde

auf Verlangen der Fraktionen der LINKEN und
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
Neue Armut in Deutschland – Die aktuelle Dis-
kussion um so genannte Unterschichten

Als erste Rednerin rufe ich Katja Kipping für die
Fraktion der Linken auf.


(Beifall bei der LINKEN)



Katja Kipping (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605706800

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die so-

ziale Ausgrenzung, die wir alle bedauern, ist nicht ein-
fach so vom Himmel gefallen, sondern wurde von Wirt-
schaft und herrschender politischer Klasse in den letzten
Jahren massiv befördert.


(Beifall bei der LINKEN)


Sie waren es doch, die mit der Erleichterung von Mini-
jobs die Ausweitung des Niedriglohnsektors massiv vo-
rangetrieben haben! Sie waren es doch, die mit Steuerer-
leichterungen für Reiche und Unternehmen auf der einen
Seite und mit Leistungskürzungen für die Armen auf der
anderen Seite eine Umverteilung in großem Umfang vo-
rangetrieben haben! Nur war das leider eine Umvertei-
lung von unten nach oben.


(Beifall bei der LINKEN)


Da Wirtschaft und Politik die soziale Ausgrenzung sel-
ber zu verantworten haben, sind sie jetzt auch in der
Pflicht, dagegen vorzugehen.


(Beifall bei der LINKEN)


Herr Müntefering äußerte im Rahmen der Debatte um
die so genannte Unterschicht, man müsse zu den Er-
werbslosen auch einmal sagen: Ihr müsst euch anstren-
gen! Ein solcher Satz erweckt den Eindruck, als ob der
fehlende Antrieb bei den Erwerbslosen die Ursache für
die Massenarbeitslosigkeit sei. Als ob fünf Millionen of-
fene Stellen in diesem Land darauf warten, dass sich je-
mand bewirbt! Das Gegenteil ist doch leider der Fall.

Heute ist das Problem doch: Selbst die Bereitschaft,
alles, aber auch wirklich alles für einen Job zu tun, hilft
nur noch in den seltensten Fällen weiter.


(Zuruf von der SPD: Na, na, na!)


Erst kürzlich kam ein Erwerbsloser zu mir in die Sprech-
stunde, der wirklich bereit war, alles zu tun. Er war auch
bereit, fünf Tage auf dem Bau mit Überstunden Probe zu
arbeiten – und das Ganze kostenlos. Das Ende vom Lied
war, dass er nach den fünf Tagen des kostenlosen Probe-
arbeitens nach Hause geschickt wurde, damit sein Chef
den nächsten Erwerbslosen für fünf Tage kostenloses
Probearbeiten anstellen kann.


(Zuruf von der LINKEN: Skandal!)


Die Bereitschaft, alles, aber auch wirklich alles für einen
Job zu tun, führt in der Praxis leider dazu, dass die Leute
immer mehr und immer stärker ausgebeutet werden. Ich
glaube, an diesem Punkt müssen wir etwas tun.


(Beifall bei der LINKEN)


Insofern sollten wir mit einer Ideologie nach dem
Motto „Jeder ist seines Glückes Schmied“ vorsichtig

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(C (D ein. Eine solche Ideologie verschleiert nur den Blick uf die wirklichen, auf die strukturellen Ursachen von erelendung und Massenarbeitslosigkeit. Gestern im Ausschuss bekam ich von SPD, Grünen, DU/CSU und FDP zu hören, Geld allein sei nicht alles. a, das stimmt, Geld allein ist nicht alles, aber ganz ohne eld ist alles andere auch nichts. pätestens dann, wenn man am Ende des Monats nicht inmal mehr Geld hat, um sich eine Fahrkarte zu leisten, m zum Erwerbslosentreff zu fahren, schlägt materielle rmut in soziale Ausgrenzung um. Deswegen sind wir efordert, mehr Geld in die Hand zu nehmen. (Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Also doch mehr Geld!)


(Beifall bei der LINKEN)


eswegen brauchen wir endlich eine soziale Grundsi-
herung in diesem Land, die wirklich für alle Menschen
eilhabe gewährleistet. Das, meine Damen und Herren,
ind wir der Demokratie schuldig.


(Beifall bei der LINKEN)


Sie, meine Damen und Herren von der SPD, sagen
mmer, dass Armut vor allem ein Bildungsproblem ist.


(Zuruf von der SPD: Das ist es ja auch!)


ier möchte ich Sie gern beim Wort nehmen. Deswegen
chlage ich Ihnen vor: Kümmern wir uns um folgende
rei Projekte! Nehmen wir folgende drei Projekte ge-
einsam in Angriff:

Erstens. Die Kommunen müssen immer stärker spa-
en. Sie sparen unter anderem, indem sie Kindern von
rwerbslosen den Anspruch auf einen Kitaplatz verwei-
ern. Was bedeutet das in der Praxis? In der Praxis heißt
as, dass diese Kinder von klein an das Gefühl des Aus-
eschlossenseins erleben, dass sie von der Bildungsinsti-
ution Kindertagesstätte abgeschnitten werden. Von da-
er sollten wir uns dafür einsetzen, dass es bundesweit
ür alle Kinder, gerade und besonders für die Kinder von
rwerbslosen, einen Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz
ibt.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Swen Schulz [Spandau] [SPD])


Zweitens. Immer mehr Kinder gehen ohne ein voll-
ertiges Frühstück in die Schule. Infolgedessen lässt

hre Lernfähigkeit tatsächlich nach. Mangelhafte Ernäh-
ung wirkt sich nämlich negativ auf die Konzentration
us. Ein kostenloses Mittagessen in der Schule für alle,
as wäre ein Ansatzpunkt, um nicht nur der Fehlernäh-
ung, sondern auch der sozialen Spaltung in der Schule
ntgegenzuwirken.


(Beifall bei der LINKEN)


Drittens. Die frühe Aufteilung in Haupt-, Realschule
nd Gymnasium benachteiligt vor allem Kinder aus den
rmen Familien. Werben wir in den Ländern also für Ge-
amtschulen! Denn Skandinavien zeigt: Längeres ge-
einsames Lernen kann gleichzeitig den Lernstarken

nd den Lernschwachen helfen.






(A) )



(B) )


Katja Kipping

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Swen Schulz [Spandau] [SPD])


Ich komme zum Schluss. Meine Damen und Herren
von der SPD, wenn Sie nur die Hälfte Ihrer Betroffenheit
über soziale Ausgrenzung ernst meinen, dann müssen
Sie zu einem grundlegenden Kurswechsel in der Bil-
dungs-, Sozial- und Wirtschaftspolitik bereit sein. Wer
aber nicht bereit ist, über einen grundlegenden Kurs-
wechsel auch in der Wirtschaftspolitik zu reden, der
sollte über die angebliche Antriebsschwäche bei der so
genannten Unterschicht lieber schweigen.

Besten Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605706900

Als Nächster hat das Wort der Kollege Dr. Ralf

Brauksiepe, CDU/CSU-Fraktion.


Dr. Ralf Brauksiepe (CDU):
Rede ID: ID1605707000

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die Friedrich-Ebert-Stiftung hat – nach ihrer eigenen
Veröffentlichung – versucht, herauszufinden, welche
Wertepräferenzen in der Bevölkerung vorliegen und
welche Zuordnungen zu politischen Typen diese Präfe-
renzen erlauben, und hat dabei einen Typus ausgemacht,
der von sozialem Ausschluss und Abstiegserfahrungen
geprägt ist. Das ist das, worum es eigentlich ging.

Bei den Problemen, die dabei beschrieben werden,
haben wir es nicht nur und nicht in erster Linie mit zu
wenig finanziellen Leistungen des Staates zu tun, son-
dern mit kultureller Armut, mit einem Mangel an Bil-
dung, an Perspektiven, an sozialer Anbindung, an eige-
nem Antrieb und an Leistungsbereitschaft. Deswegen
wird in dieser Studie auch von einem Prekariat und nicht
etwa von „Unterschicht“ gesprochen.

Ich glaube, dass der Bundesarbeitsminister Recht hat,
wenn er feststellt: Es gibt Menschen, die es schwerer ha-
ben, die schwächer sind. Das ist nicht neu. Das hat es
schon immer gegeben. – Wahr ist jedoch, dass die Unter-
schiede in den letzten Jahren in vielen Bereichen größer
geworden sind. Das muss uns zu denken geben. Deswe-
gen ist es richtig, dass wir in dieser großen Koalition da-
ran arbeiten, die Probleme zu lösen. Wir sind dankbar
für alle Daten und Fakten, die wir in diesem Zusammen-
hang bekommen, um die Probleme auch angehen zu
können.

Was wir allerdings heute hier mit dieser Aktuellen
Stunde erleben, in deren Titel von „neuer Armut“ und
„so genannten Unterschichten“ die Rede ist, trägt nun
überhaupt nicht dazu bei, uns neue Fakten zu liefern. Im
Gegenteil, es ist der Versuch, zu vernebeln, zu täuschen
und Ursachen und Wirkungen durcheinander zu bringen.
Das werden wir nicht mitmachen, liebe Kolleginnen und
Kollegen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Von den Linken wird hier groß herausgestellt, dass
das Problem besonders in den neuen Bundesländern be-

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(C (D tehe. Wahr ist, dass das ein Problem ist, das wir geeinsam zu lösen haben. Nur, diejenigen, die 40 Jahre ang mit eiserner Knute ie Probleme, die jetzt hier kritisiert werden, herbeigeührt haben und die zum Teil noch heute in den Ländern egieren, sind die Brandstifter, die sich jetzt zur Feuerehr aufspielen. Deshalb sind Sie mit Ihren Äußerungen öllig schief gewickelt. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Jörg Vogelsänger [SPD])


(Lachen bei der LINKEN)


ie müssten sich für die Zahlen gerade in den neuen
ändern schämen.


(Widerspruch bei der LINKEN)


Lassen Sie mich auf die Diskussion über den Zweiten
rmuts- und Reichtumsbericht am 2. Juni 2005 hier in
iesem Hause zurückkommen. Der Kollege Kurth hat in
ieser Debatte zu Recht festgestellt, dass es zwischen
998 und 2003 zu einer Zunahme der Armutsquote ge-
ommen ist. Das ist leider wahr, Herr Kollege Kurth.
er in dieser Zeit regiert hat, ist uns genauso bekannt
ie Ihnen. In dem Zusammenhang von „neuer Armut“

u sprechen, ist pure Heuchelei. Wir haben es mit Pro-
lemen zu tun, die wir lösen müssen, deren Ursachen
ber weit zurückliegen und lange bekannt sind. Das hat
it neuer Armut überhaupt nichts zu tun. Deswegen ist

s völlig unangebracht, dass Sie damit ein politisches
üppchen kochen wollen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Dirk Niebel [FDP])


Insbesondere ist es völlig unangebracht, hier jetzt ei-
en Zusammenhang mit angeblichem sozialen Kahl-
chlag durch Hartz IV herzustellen. Die Hartz-IV-
eform ist ausdrücklich durchgeführt worden, um den

rüheren Sozialhilfeempfängern dieselben Arbeitsmarkt-
nstrumente und dieselbe professionelle Betreuung zu-
ommen zu lassen wie bis dahin nur den Empfängern
on Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe.


(Iris Gleicke [SPD]: So ist es!)


as war damals unsere gemeinsame Absicht. Da waren
ie als Grüne im Übrigen dabei; es ist schade, dass Sie
as so schnell vergessen haben und sich von dem verab-
chiedet haben, was wir uns damals gemeinsam als För-
ern und Fordern vorgenommen haben.


(Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Angesichts der Entwicklung, dass wir nach der Zu-
ammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe im
ahr 2005 5 Milliarden Euro mehr für die Menschen aus-
eben und dass bei deutlich sinkender Arbeitslosigkeit
ie Ausgaben weiter steigen, und zwar nicht für irgend-
elche Verwaltungskosten, sondern direkt für die Men-

chen, ist es absolut polemisch, hier von sozialem Kahl-
chlag zu reden. Das ist entschieden zurückzuweisen.






(A) )



(B) )


Dr. Ralf Brauksiepe
Wir sind mit dem, was wir in der Arbeitsmarkt- und So-
zialpolitik machen, auf dem richtigen Weg.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der LINKEN: Vorwärts, wir marschieren zurück!)


Das ist genau das, was man machen muss, wenn man
den Menschen helfen will. Wir dürfen nicht die Men-
schen, um die es geht, abschieben. Es ist ein Teil unseres
christlichen Menschenbildes, unseres christlichen Ver-
ständnisses vom Menschen, die Menschen, die Hilfe
brauchen, nicht abzuschieben, sondern anzunehmen.
Dieser Weg, liebe Kolleginnen und Kollegen, geht nur
über bessere Bildung und mehr Arbeitsplätze.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Das ist das, was wir uns hier vorzunehmen haben. Die
vielen Fehler, die in der Bildungspolitik gerade von den
grünen Bildungsideologen gemacht worden sind, haben
doch dazu beigetragen, dass wir in vielen Bundesländern
die nun bestehenden Probleme haben. Schauen Sie sich
doch in der PISA-Studie die Ergebnisse der von Ihnen
verantworteten Bildungspolitik an!


(Dirk Niebel [FDP]: Die Grünen verantworten keine Bildungspolitik, in keinem einzigen Bundesland!)


Bei der Bildungspolitik, bei der frühkindlichen Bil-
dung muss angesetzt werden. Außerdem geht es um
mehr Arbeit. Wir sind froh, dass wir in dieser Bundesre-
gierung heute feststellen können, dass es fast eine halbe
Million Arbeitslose weniger als vor einem Jahr gibt


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was hat denn die Vorgängerregierung gemacht, Herr Brauksiepe?)


und dass ein Zuwachs an sozialversicherungspflichtiger
Beschäftigung zu verzeichnen ist. Mit unseren Arbeits-
marktreformen arbeiten wir daran, auf diesem Weg wei-
terzugehen.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605707100

Herr Kollege, Sie müssen bitte zum Ende kommen.


Dr. Ralf Brauksiepe (CDU):
Rede ID: ID1605707200

Damit sind wir auf dem richtigen Weg und damit wer-

den wir den Menschen, um die es hier geht, helfen. Nicht
mit Vernebelungsdebatten und irgendwelchen Unter-
schichtsbegriffen, sondern mit konkreten Maßnahmen,
wie wir sie schon durchgesetzt haben und weiterhin, zur
Not auch gegen den Widerstand der Opposition, durch-
setzen werden, werden wir helfen, die Probleme, die mit
dieser Studie aufgezeigt worden sind, zu beseitigen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605707300

Das Wort hat der Kollege Fritz Kuhn, Bündnis 90/Die

Grünen.

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(C (D Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und ollegen! Wenn ich Sie so höre, Herr Brauksiepe, dann cheint Ihre Welt ja in Ordnung zu sein und es gibt keine robleme. (Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Nein, Sie haben sie in Unordnung gebracht!)

Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605707400

ber es ist anders, wie man feststellt, wenn man genau
inschaut. Wir wissen – das ist kein Phänomen, das der
err Beck entdecken musste – seit den Armutsberichten
001 und 2005, dass die Armut in Deutschland zunimmt,


(Zuruf von der CDU/CSU: In Ihrer Regierungszeit!)


ass die Dauerarbeitslosigkeit in Deutschland zunimmt,
ass insbesondere der Prozess, dass Kinder ein spezifi-
ches Armutsrisiko sind, nicht gestoppt ist.

In Berlin, wo die PDS regiert, leben 37 Prozent der
inder laut Aussage des Deutschen Kinderschutzbundes

n Armut. Ich sehe bei Ihnen auch nicht im Ansatz eine
ozial- und Wirtschaftspolitik, die diese Defizite aus-
leichen könnte.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt)


Man muss verstehen – dieser Punkt ist genauso wich-
ig –, dass die Armut heute mit unterschiedlichen Vertei-
ungsfragen verschränkt ist. Es geht also um Einkommen
nd Zugangsmöglichkeiten. Armut besteht aus Bil-
ungsarmut und aus mangelnden Zugangsmöglichkeiten
nd Chancen. In diesem Zusammenhang hilft die Klassi-
izierung „Unterschicht“ nicht weiter; denn mit diesem
iskriminierenden Begriff werden die Armen noch wei-
er ausgegrenzt. Ich glaube, wir haben in der deutschen
prache mit dem Begriff der Armut eine deutliche Be-
eichnung. Auch der Begriff „Prekariat“ hilft nicht wirk-
ich weiter. Denn die verwendeten Begriffe sollten von
enen verstanden werden, um die es geht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Hartz IV ist nach meiner Überzeugung nicht die Ursa-
he dieser neuen Armut.


(Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Aha!)


artz IV ist vielmehr ein Versuch, auf diese neue Armut
um Teil eine Antwort zu geben.


(Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Langsam wird es besser!)


ieser Versuch – das sage ich an die Adresse der PDS,
uch wenn es Ihnen nicht gefällt – ist zum Teil gelungen.
um Beispiel hat gestern der Generalsekretär von Cari-

as, Georg Cremer, deutlich gesagt – das können Sie
achlesen –, dass mit Hartz IV die verdeckte Armut
eutlich reduziert werden konnte.


(Widerspruch bei der LINKEN)


s war ein wichtiger Punkt, dass das Einkommen von
ozialhilfeempfängern und von Menschen, die trotz Ar-
eit weniger Geld als das Sozialhilfeniveau hatten, durch






(A) )



(B) )


Fritz Kuhn
die Hartz-IV-Gesetzgebung verbessert worden ist. Das
Gleiche gilt auch für ihre Möglichkeiten für den Zugang
zum Arbeitsmarkt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD)


Ich halte überhaupt nichts davon, wenn man diesen Teil
der Wahrheit ausblendet, nur um – wie die Kolleginnen
und Kollegen von der PDS – eine einfache Antwort zu
finden.


(Zurufe von der LINKEN)


– Ganz ruhig! Durch Ihr Geschrei werden Ihre Argu-
mente nicht wahrer. Das ist einfach so.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Ein zweiter Punkt. Es gibt bei der Hartz-Gesetzge-
bung ein Grundversprechen, zu dem sich alle vor Jahren,
als dieses Thema im Vermittlungsausschuss behandelt
wurde, bekannt haben. Damals hieß es, dass die Kürzun-
gen bei Arbeitslosenhilfeempfängern, die gut verdient hat-
ten – in diesem Bereich gab es in der Tat Kürzungen –,
nur dann zu verantworten sind, wenn es bessere Mög-
lichkeiten für den Zugang zum Arbeitsmarkt gibt, wenn
also das Fördern ein elementarer Bestandteil der gesam-
ten Hartz-Gesetzgebung ist. Das war die Basis, auf der
wir im Vermittlungsausschuss die Verhandlungen abge-
schlossen haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


An die Adresse der Regierung, also an den anwesen-
den Staatssekretär, und an die Kollegen Fraktionsvorsit-
zenden von SPD und CDU/CSU, die lieber heute Abend
im Fernsehen diskutieren als jetzt im Parlament,


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Typisch!)


sage ich: Sie stehen auf der Bremse, wenn es um das
Fördern geht. Sie haben das Fördern zur Sparkasse der
Bundesagentur für Arbeit gemacht. Durch die Haus-
haltssperre sind die Eingliederungstitel um 900 Millio-
nen Euro gekürzt worden. Vor Ort fehlt dieses Geld für
Qualifikationsmaßnahmen, für Eingliederungsmaßnah-
men und für Maßnahmen, die für das Fördern wichtig
sind. Sie sind beim Fordern stark gewesen, aber beim
Fördern sind Sie abgestürzt. Auch das ist ein Grund da-
für, dass sich die Lage jetzt verschlechtert.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])


Liebe Genossinnen und Genossen von der SPD, zwi-
schen September 2005 und September 2006 ist zwar die
Arbeitslosigkeit zurückgegangen, aber der Anteil der
Menschen, die von Dauerarbeitslosigkeit betroffen sind,
ist von 37,4 Prozent auf 42,2 Prozent gestiegen.


(Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Sprechen Sie einmal von absoluten Zahlen!)


Das ist ein Grund, beim Fördern endlich von der Bremse
zu gehen und den Menschen zu helfen, die dauerarbeits-

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(C (D os sind, und zwar mehr, als es diese Regierung derzeit ut. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dirk Niebel [FDP]: Aber nicht mit Staatsknete, sondern mit richtiger Politik!)


Ein letzter Punkt. Wenn wir diese Debatte über Armut
rnst nehmen wollen – wir müssen sie nun endlich füh-
en –, dann müssen wir damit aufhören, die Menschen,
ie in Armut und in Dauerarbeitslosigkeit leben oder die
robleme mit ihren Kindern haben, noch zusätzlich
urch diese leidige Missbrauchsdebatte zu diskriminie-
en, die vor allem von der Union – aber auch die SPD
immt sie auf – immer wieder geführt wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich sage Ihnen klipp und klar: Solche Sprüche wie die
on Herrn Müller von der CSU, der nachher noch reden
ird, die dem Muster folgen, man solle einen Zwangs-
ienst für Arbeitslose einrichten, und auch solche Sprü-
he von Herrn Tiefensee über den Einsatz von Arbeitslo-
en in der S-Bahn und U-Bahn haben keine andere

irkung als die, dass man auf die Schwierigkeiten, die
auerarbeitslose sowieso schon haben, noch eines
raufsetzt. Man sagt damit nämlich nichts anderes als:
a ihr Missbrauch treibt, seid ihr eigentlich selber

chuld an dem Schicksal, das ihr jetzt beklagt.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605707500

Herr Kollege, denken Sie an Ihre Redezeit.


Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605707600

Die Vorschläge, die die Union jetzt gemacht hat, be-

euten nichts anderes als: Die Leute wollen überhaupt
icht arbeiten. Man muss ihnen jetzt durch Kürzungen
uf die Sprünge helfen. – Wir halten das für grotten-
alsch. Das ist eine zusätzliche Diskriminierung.

Ich sage zum Abschluss: Wer den Armen durch Miss-
rauchsdebatten auch noch ihre Würde nimmt, der
acht aus Armut Elend. Dann wird es noch viel schlim-
er.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605707700

Für die Bundesregierung hat nun der Parlamentari-

che Staatssekretär Gerd Andres das Wort.

G
Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1605707800

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Ich finde diese Diskussion sehr gut.


(Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])


ch kann die Feststellung, dass wir über gesellschaftliche
robleme diskutieren, die nicht neu sind, ausdrücklich
nterstreichen. Es ist gut, darüber zu diskutieren und zu
ersuchen, richtige Wege zu finden, um für die Men-
chen Abhilfe zu schaffen.






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Gerd Andres
Die Friedrich-Ebert-Stiftung hat bei rund 3 000 Per-
sonen eine Untersuchung vorgenommen. Solche Unter-
suchungen sind nicht neu. Mit ihnen wird versucht, poli-
tische Werte und Einstellungen herauszubekommen und
sie zu klassifizieren. Ähnliche Untersuchungen gab es
Anfang der 90er-Jahre, zum Beispiel die Sinus-Studie.
Jeder erinnert sich auch an die wunderbare Debatte über
den Hedonismus in Deutschland und bestimmte Betei-
ligte, die besonders gern dem Hedonismus frönten.

Dass es Unterschichten gibt, ist eine ganz alte Tatsa-
che. In früheren Untersuchungen hießen sie anders, zum
Beispiel Arbeitermilieu. Bei Karl Marx und anderen
kann man etwas über das Lumpenproletariat lesen. Das
eigentliche Problem besteht meines Erachtens darin,
dass man sich damit auseinander setzen muss, dass es
diese Gruppe in unserer Gesellschaft gibt.


(Zuruf von der SPD: Ja!)


Dass diese Gruppe wächst, ist überhaupt nicht zu be-
streiten. Sie definiert sich nicht nur durch nicht so hohe
Einkommen, sondern auch durch eine Reihe anderer
Positionen, mit denen man sich auseinander setzen muss
und die bei einer politischen Konzeption eine Rolle spie-
len müssen. Deswegen sind Kurzschlussargumentatio-
nen – das sei wegen Hartz IV so, das läge an der Politik
der Regierung Schröder oder an den beiden Armutsbe-
richten und der darin nachzulesenden Entwicklung der
Quote, an der man ja sehe, wer die Verantwortung dafür
trage – ganz billige Debatten.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Damit versucht jeder, sein eigenes Süppchen zu kochen.

Was ist eigentlich die Aufgabe, vor der wir stehen?


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist denn Schreiner?)


Die Aufgabe, vor der wir stehen, ist mit den Stichworten
Teilhabe und Chancengerechtigkeit gekennzeichnet.


(Zuruf von der Linken: Und was tun Sie?)


Es geht um die Frage: Wie realisiere ich Teilhabe und
wie organisiere ich Chancengerechtigkeit?


(Dirk Niebel [FDP]: Mit einer besseren Politik!)


Die Problemlage ist komplizierter und vielfältiger. Das
ist eine Folge der lang anhaltenden Arbeitslosigkeit, und
zwar nicht erst seit der Zeit der letzten Regierung. Wer
ehrlich darüber diskutiert, weiß, dass uns das Problem
schon seit den 70er-Jahren bewegt. Jeder kann sich je
nach Regierungsbeteiligung selbst ein Stückchen Schuld
zuschreiben. Denjenigen, die mit einfachen Rezepten da-
herkommen und zum Beispiel sagen, man müsse das
ALG II doch nur um 20 Prozent erhöhen, sei gesagt: Das
ist zwar schöner Populismus, aber das hilft nicht.


(Beifall des Abg. Carl-Ludwig Thiele [FDP])


Ich finde, wir als Regierung haben unsere Verantwor-
tung sowohl in den letzten Legislaturperioden als auch in

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(C (D er jetzigen Legislaturperiode wahrgenommen. Es geht ämlich darum, etwas zu tun, um Menschen Teilhabe zu rmöglichen. Das heißt, wir müssen ihnen den Weg in en Arbeitsmarkt öffnen. Mir muss keiner erzählen auch nicht Oskar Lafontaine –, dass wir gegenwärtig u wenig Arbeitsplätze haben. Das weiß selbst die Bunesregierung; Sie werden es nicht fassen. Man kann enschen aber nur in den Arbeitsmarkt bekommen, enn auch Arbeitsplätze vorhanden sind. n dem Prinzip „Fördern und Fordern“ ändert das jeoch überhaupt nichts. Das ist in einer solchen Situation ie der jetzigen völlig richtig. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Dirk Niebel [FDP]: Dann muss man eine bessere Politik machen, damit Arbeitsplätze eine Chance haben!)


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Wenn man dieses Prinzip umsetzen will, muss man
erücksichtigen, dass damit viele Faktoren zusammen-
ängen, die ich jetzt nicht im Einzelnen darlegen kann.
ber im Gegensatz zu den Jahren 2001, 2002 und 2003
erden wir in diesem Jahr voraussichtlich eine Wachs-

umsrate von 2,3 Prozent haben. Für das nächste Jahr
ird eine Wachstumsrate von 1,4 Prozent prognostiziert.
ass damit ein Beschäftigungszuwachs einhergeht,
erkt wohl jeder. Selbst die PDS muss merken, dass es
ehr Beschäftigung gibt.


(Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU]: Die merken gar nichts!)


ass die Zahl der offenen Stellen zunimmt, müssen auch
ie Linke und die PDS merken.

Es besteht die Chance, hier etwas zu bewegen. Im
ebruar 2006 waren mehr als 5 Millionen Menschen ar-
eitslos. Jetzt sind es 4,2 Millionen Menschen.

Man muss sich ferner über den Bereich der Langzeit-
rbeitslosigkeit Gedanken machen.


(Iris Gleicke [SPD]: So ist es!)


s geht hier nicht um diejenigen, die ein Jahr arbeitslos
ind. Es gibt Gruppen, die teilweise sehr viel länger ar-
eitslos sind.


(Iris Gleicke [SPD]: Gerade in Ostdeutschland!)


iesen Menschen muss man spezielle Hilfen anbieten
nd ihnen einen Weg aufzeigen, in den ersten Arbeits-
arkt zu kommen. Sie sollen nicht auf Dauer irgendwo

erwahrt werden, sondern Beschäftigung finden. Dieser
nsatz hebt sich deutlich von Ihrer Forderung nach ei-
em flächendeckenden öffentlichen Beschäftigungs-
arkt ab; das will ich Ihnen ganz klar sagen.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


ie folgen der Melodie: Wir machen ganz viele Pro-
ramme. – Das haben wir schon probiert. Jetzt diskutie-
en wir darüber, wie wir mit speziellen Programmen
eiterhelfen können.






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Gerd Andres
Wir müssen Programme für Kinder und Jugendliche
auflegen. Dabei geht es in erster Linie um Bildungschan-
cen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Es geht um den Kindergartenbesuch. Es geht darum, die
Kinder und Jugendlichen aus diesen Bevölkerungsgrup-
pen so früh wie möglich anzusprechen, um eine Ein-
mauerung in ein bestimmtes Milieu oder eine bestimmte
Situation zu verhindern.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


Die Regierung stellt bis 2007 4 Milliarden Euro für
den Ausbau von Ganztagsschulen zur Verfügung. Wir
haben ein ganz neues Konzept für den Umgang mit Be-
treuung. Durch Geschlechtergerechtigkeit muss Chan-
cengleichheit geschaffen werden. Dass wir viel dafür tun
müssen, dass Frauen Kinder haben können, ohne die
Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verlieren, gehört ge-
nauso dazu.

Für mich gehört auch dazu – wir brauchen nicht die
PDS, um das zu erkennen –,


(Zurufe von der LINKEN: Doch!)


dass wir dafür sorgen müssen, dass Menschen vernünftig
entlohnt werden.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich weiß, dass das ein ganz schwieriges Thema ist. Es ist
nicht so einfach, wie es den Anschein macht, wenn Sie
es hier platt vortragen. Die Koalition setzt sich gegen-
wärtig mit den Fragen auseinander, wie besonders
schwer zu vermittelnde Gruppen gefördert werden kön-
nen und wie Beschäftigungsmöglichkeiten für sie ge-
schaffen werden können. Sie befasst sich ferner – das ist
ein ganz wichtiges Thema, das mit dazugehört – mit der
Beschäftigungssituation Älterer; hier will man fördernd
einwirken. Wir müssen auch in den Bereichen der Ju-
gendarbeitslosigkeit und der Bildung und Berufsausbil-
dung junger Menschen etwas tun. All das gehört für
mich dazu.


(Oskar Lafontaine [DIE LINKE]: Sie haben doch die Mehrheit, um das zu ändern!)


Der Titel der Aktuellen Stunde, die Sie beantragt ha-
ben, lautete ursprünglich: Die Entdeckung der Unter-
schichten durch die politische Klasse. Donnerwetter!
Wie einfach die Welt doch sein kann, wie schön man sie
sich malen kann!


(Oskar Lafontaine [DIE LINKE]: Das haben wir ja gerade erlebt!)


Dazu fällt mir eigentlich überhaupt nichts mehr ein. Es
geht um plumpen Populismus.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


Sie sagen einfach: Hartz ist schuld. Erhöht den Benefit,
dann ist alles erledigt! – Frau Kipping, darüber haben

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(C (D ir gestern im Ausschuss diskutiert. Man kann doch icht einfach sagen: Ihr müsst nur die Sozialtransfers eröhen, dann ist alles bestens. Legt beim ALG II etwas rauf und woanders auch noch. – Wir haben doch das indergeld erhöht. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In Berlin hat die PDS die Kitagebühren erhöht!)


Eine plumpe Diskussion darüber, dass die ALG-II-
ätze und die Sozialhilfesätze nicht ausreichen, hilft
icht weiter. Wir sind der Auffassung, dass die Sätze
usreichend hoch sind und dass es nicht darum gehen
ann, einfach zu fordern, dass sie erhöht werden. Für ge-
auso verfehlt halte ich allerdings die Vorstellung, man
önne dem Problem durch simple Kürzungen beikom-
en.


(Beifall bei der SPD)


ch denke, hier muss es darum gehen, eine ganz kluge
olitik zu machen und den Versuch zu unternehmen,
ich den Problemen zu stellen.

Ich glaube nicht, dass man einfach antreten und sagen
ann, man könne diese Probleme abschaffen. Ich bin
uch weit davon entfernt, zu sagen, jeder sei seines
lückes Schmied. Das wäre verrückt. Jedem bieten sich
ie gesellschaftlichen Möglichkeiten. Ein bisschen muss
an sich aber selbst anstrengen und bewegen. Das zu

ördern und zu entwickeln, ist Kernphilosophie dessen,
as wir als aktivierenden Sozialstaat bezeichnen. Jeder

oll Hilfe erhalten, um seine Situation durch Erwerbsar-
eit, durch Teilhabe an Bildung und durch entspre-
hende Maßnahmen selbst zu verbessern. Wer sich so an
er Diskussion beteiligt, der hilft, für Deutschland einen
ernünftigen Weg zu finden.

Schönen Dank.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605707900

Nächster Redner ist der Kollege Dirk Niebel für die

DP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1605708000

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Die hier benutzte Terminologie belegt, dass ein
roßer Teil der Debatte tatsächlich purer Populismus ist.
iberale unterscheiden die Menschen nicht in Schichten
der Klassen.


(Beifall bei der FDP – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, in Reich und Arm!)


ir haben die Vorstellung von einer liberalen Bürgerge-
ellschaft, in der jeder Bürger die gleichen Rechte hat
nd die gleichen Startchancen bekommen muss.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann hätten Sie Herrn Schily gestern hören sollen!)







(A) )



(B) )


Dirk Niebel
In dieser Bürgergesellschaft gibt es Stärkere und Schwä-
chere. Das muss man auszugleichen versuchen, ohne in
Gleichmacherei zu verfallen.


(Beifall bei der FDP)


Ich habe die Zwischenrufe vonseiten der PDS gehört.
Ich bin mit Sicherheit niemand, der Sippenhaft unter-
stützt, und würde das Zitat auch nicht wiederholen, wenn
es nicht von einem Mitglied eines Landesvorstandes Ih-
rer Partei – Ihrer Frau, Herr Lafontaine – stammen
würde. Frau Müller sprach von der „Reproduktion des
asozialen Milieus“. Das zeigt Ihre wahre Wertschätzung
derjenigen, für die Sie hier vermeintlich sprechen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Dass die Grünen sich dieser Debatte anschließen,
wirft ein bemerkenswertes Licht auf den Zustand Ihrer
Fraktion, Herr Kuhn. Aber sei es drum.

Wir diskutieren hier im Kern über den Fluch der fal-
schen Tat: Armut in Deutschland ist das Ergebnis fal-
scher Politik. Der Armut in Deutschland liegt nicht nur
die Antriebsschwäche Einzelner zugrunde, sondern eine
dauerhafte Massenarbeitslosigkeit, gegen die gesetzge-
berisch weder von der letzten Regierung noch von dieser
Regierung das Richtige unternommen wurde. Das ist das
Grundproblem.


(Beifall bei der FDP)


Die Bundesrepublik leistet sich ein Sozialbudget in
Höhe von 696 Milliarden Euro. Je mehr Aufgaben der
Staat an sich zieht, desto mehr Menschen werden vom
Staat abhängig. Je mehr Menschen in die Abhängigkeit
des Staates geraten, desto mehr Menschen verlieren ihre
Antriebsfähigkeit und versuchen oftmals gar nicht mehr,
sich aus ihrer depressiven Situation zu befreien. Walter
Wüllenweber vom „Stern“ schreibt in dieser Woche:

Mit mehr Sozialknete kann man die Benachteili-
gung nicht wirksam bekämpfen. Bekäme jede arme
Familie 200 oder 300 Euro mehr Stütze im Monat,
würden sich dadurch ihre Aussichten auf einen Job,
auf ein selbstbestimmtes Leben, auf bessere Auf-
stiegschancen ihrer Kinder keinen Millimeter ver-
bessern.


(Zurufe von der LINKEN: Doch!)


Damit hat Walter Wüllenweber Recht. Es geht nicht um
das weitere Verteilen von Staatsknete. Die Konzepte der
vergangenen Jahrzehnte waren bei der Bekämpfung der
Massenarbeitslosigkeit offenkundig nicht erfolgreich. Es
geht darum, einen rechtlichen Rahmen zu schaffen, der
es den Menschen ermöglicht, durch eigene Arbeit Teil-
habe an der Gesellschaft zu haben. Deswegen ist die
FDP die Partei der sozialen Verantwortung.


(Beifall bei der FDP – Widerspruch bei der SPD)


Wir wollen eine Politik gestalten, die es den Men-
schen ermöglicht, durch ihrer eigenen Hände Arbeit wie-
der an dieser Gesellschaft teilhaben zu dürfen. Wir brau-

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(C (D hen eine wachstumsorientierte Wirtschaftspolitik, ein teuersystem, das den Menschen und den Betrieben ehr Geld vom Selbstverdienten übrig lässt, und ein rbeitsrecht, das Beschäftigung ermöglicht und nicht erhindert. Genau das Gegenteil hat die rot-grüne Bunesregierung gemacht und die schwarz-rote Bundesreierung tut nichts, um diese Missstände zu beheben. enn bei dieser vermeintlich großen Koalition Stillstand errscht, ist das vermutlich das Beste, was für die Bürger rreicht werden kann. Wir brauchen eine Veränderung der Schwerpunktsetung hinsichtlich dessen, was der Staat zu finanzieren at. Das heißt, wir müssen, wie es die Landesregierung n Baden-Württemberg macht, weit mehr für frühkindlihe Bildung tun. Es geht um Sprachförderung und nicht ur um die Frage, ob man die deutsche Sprache beerrscht. Es geht auch um die rechtzeitige Erkennung on Sprachentwicklungsverzögerungen. Im Haushalt es Landes Baden-Württemberg haben wir Mittel zur erfügung gestellt, die eingesetzt werden, um Sprachde izite bereits im vierten Lebensjahr zu erkennen, sodass ie Kinder beim Eintritt in die Grundschule gleiche tartchancen haben. (Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Da ist ja auch eine gute Landesregierung! – CarlLudwig Thiele [FDP]: Allerdings! Da hat Herr Brauksiepe Recht!)


(Beifall bei der FDP)


Das ist richtig. Die dortige Regierung, an der die FDP
eteiligt ist, ist hervorragend.

Jedes Jahr verlassen 80 000 Schülerinnen und Schüler
nser Bildungssystem ohne Abschluss. Selbst Arbeitge-
er, die in ihren Betrieben Ausbildungsplätze anbieten,
üssen oftmals feststellen, dass die Bewerber keine hin-

eichende Ausbildungsfähigkeit vorweisen können. Die-
es Problem können Sie nicht wegdiskutieren. Davon er-
ahren Sie, wenn Sie Betriebe besuchen, egal in welcher
egion und Branche.

Unser Ansatz muss also sein, einerseits die
96 Milliarden Euro, die für Sozialleistungen zur Verfü-
ung stehen, sinnvoller einzusetzen als nach dem Prinzip
ießkanne, wie es bisher der Fall war. Wir müssen einen
rößeren Teil dieser Mittel in Bildung, insbesondere in
rühkindliche Bildung, investieren. Andererseits müssen
ir diejenigen, die ihre Antriebskräfte verloren haben,
otivieren, sich wieder einzubringen. Es darf nicht sein,

ass sie sich in einer sozialen Hängematte ausruhen.


(Iris Gleicke [SPD]: Das heißt bei Ihnen also soziale Verantwortung! So ein Quatsch! Unglaublich!)


ielmehr sollte unser Sozialsystem als Netz fungieren,
as jeden, der hineinfällt, wie ein Trampolin zum Mit-
achen in unsere Gesellschaft katapultiert.


(Iris Gleicke [SPD]: Das war klar! Erst die soziale Verantwortung ansprechen und dann die soziale Hängematte bemühen! Das ist doch wirklich unglaublich!)







(A) )



(B) )


Dirk Niebel
Die Anreize müssen anders gesetzt werden. Wir for-
dern ein Bürgergeldsystem, eine Kombination aus
Steuer- und Transfersystem: Diejenigen, die genug Geld
verdienen, sollen Steuern zahlen, und diejenigen, die
nicht genug Geld verdienen, sollen im Rahmen einer ne-
gativen Einkommensteuer die notwendige Unterstützung
erhalten. Das ist ein wegweisender Vorschlag, der über
all das, was hier bisher angesprochen worden ist, hinaus-
geht.

Vergessen Sie Ihren Populismus!


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Diesen Satz sollten Sie sich patentieren lassen!)


Legen Sie Ihre Rezepte von vorgestern in die Schublade
zurück! Machen Sie eine Politik, die den Menschen in
diesem Land Chancen eröffnet! Das wäre der richtige
Weg.

Vielen herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605708100

Das Wort hat nun der Kollege Stefan Müller für die

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Stefan Müller (CSU):
Rede ID: ID1605708200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die Debatte, die wir heute führen, ist sehr bemerkens-
wert. Sie wurde durch eine Studie der Friedrich-Ebert-
Stiftung mit dem Titel „Gesellschaft im Reformprozess“
ausgelöst, in der es eigentlich überhaupt nicht um das
Thema Armut, sondern um die Reformbereitschaft der
Deutschen geht. In dieser Untersuchung wird versucht,
bestimmte Gesellschaftsgruppen daraufhin zu identifi-
zieren, ob sie in Zukunft SPD wählen oder nicht. So
könnte man den Inhalt dieser Studie auf den Punkt brin-
gen.


(Zuruf von der LINKEN: Das ist dumm gelaufen!)


Über den Inhalt dieser Studie kann man streiten. Letzt-
lich müssen ihn allerdings ihre Adressaten bewerten.

Der Begriff „neue Armut“, um den es in dieser Aktu-
ellen Stunde geht, erweckt den Eindruck, als liege eine
gänzlich neue Erkenntnis vor, als hätte man dieses
Thema bzw. die soziale Frage insgesamt neu entdeckt.
Ich möchte uns alle zunächst einmal auffordern, den Be-
griff „Unterschichten“ nicht zu verwenden, und zwar
ganz einfach deswegen, weil er die Betroffenen – wir
alle kennen sie und können sie identifizieren – stigmati-
siert.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Katja Kipping [DIE LINKE])


Immerhin, Herr Kuhn, haben Sie zugegeben, dass
diese Debatte auch für die Grünen nicht ganz neu ist. Als

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(C (D ch mich vorhin im Internet auf der Homepage Ihrer raktion umgesehen habe, (Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist immer gut!)


tellte ich fest, dass Sie dort über das Thema der heuti-
en Debatte schreiben:

Handeln statt Reden. Die Debatte über Armut und
soziale Ausgrenzung ist nicht neu.

o weit bin ich einverstanden. Gewundert habe ich mich
ber beim nächsten Satz:

Bereits in der letzten Wahlperiode haben wir ver-
schiedene Maßnahmen zur Armutsbekämpfung ge-
fordert.


(Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Gefordert! An wem sind sie denn gescheitert?)


anchmal erwecken Sie den Eindruck, als hätten Sie in
er letzten Wahlperiode nicht regiert. Aber ich denke,
ir sind uns schon einig, dass Sie in der 15. Wahlperiode
itregiert haben.


(Dirk Niebel [FDP]: Die haben sogar zwei Wahlperioden regiert!)


Noch besser ist es, wenn man die grüne Sozialbilanz
om Juli 2005 liest. Darin haben Sie geschrieben:

Im Mittelpunkt grüner Politik steht der Schutz vor
sozialer Ausgrenzung.

as ist in Ordnung. Weiter heißt es allerdings:

Nun steigt, wie der zweite Armuts- und Reichtums-
bericht der Regierung von 2005 zeigt, die Zahl je-
ner an, die in Armut leben oder von Armut bedroht
sind. … Es stimmt, dass 2003 mehr Menschen unter
die Armutsgrenze fielen als 1998.

uch an dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, wer
n den letzten zwei Wahlperioden regiert hat.


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So sind wir eben! – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sind ehrlich! – Gegenruf des Abg. Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/ CSU]: Von wegen! Ihr braucht einen neuen Internetbeauftragten!)


Wenn Sie sagen, Sie seien ehrlich, muss ich Ihnen ant-
orten: Gebracht hat es nichts. Es ist ein Eingeständnis

igener Schwäche, wenn ausgerechnet Sie hier skandali-
ieren. Das ist in höchstem Maße unanständig, liebe Kol-
eginnen und Kollegen von den Grünen; denn Sie haben
och in den letzten sieben Jahren mitregiert.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Nun wird niemand bestreiten, auch die Union nicht,
ass es Armut in Deutschland gibt, dass Armut und so-
iale Ausgrenzung in diesem Land keine Randphäno-
ene sind. Das ist natürlich eine große Herausforderung

ür die Politik. Gerade weil wir in einem nach wie vor
eichen Land leben, müssen wir hier etwas tun; niemand
arf sich mit dieser Situation abfinden. Es ist eine Tatsa-
he, dass sich viele Menschen in unserem Land in unge-
icherten Lebensverhältnissen befinden: Menschen, die






(A) )



(B) )


Stefan Müller (Erlangen)

keine Arbeit haben, aber auch Menschen, die zwar Ar-
beit haben, aber nicht wissen, ob es ihren Arbeitsplatz in
Zukunft noch geben wird. Mich beschwert natürlich
auch, was in Teilen der deutschen Wirtschaft los ist. Ich
habe genauso wenig Verständnis dafür, dass die Folgen
diverser Kostensteigerungen oder Managementfehler al-
lein den Arbeitnehmern aufgebürdet werden. Auch ich
finde das unanständig.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Aus der Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung wissen
wir, dass es Menschen gibt, die keine Hoffnung haben,
dass sich ihre Lage in Zukunft bessern wird. Das ist auch
einer der Gründe, warum der wirtschaftliche Auf-
schwung bisher nicht in dem gewünschten Maße vorhan-
den ist. Wenn Unsicherheit verbreitet wird, wird natür-
lich nicht konsumiert und auch nicht investiert. Wir
wollen mit unserer Politik wieder für mehr Sicherheit
und politische Verlässlichkeit sorgen. Daran, dass die
heutige Debatte dazu beiträgt, habe ich erhebliche Zwei-
fel. Das ergibt sich jedenfalls aus der Art und Weise, wie
wir sie führen.

Es gibt etliche Studien und Gutachten, die zeigen,
dass es in Deutschland ein steigendes Armutsrisiko gibt.
Es gibt auch etliche Studien und Gutachten, in denen
festgestellt wird, dass die Zunahme des Armutsrisikos
mit der Zunahme der Arbeitslosigkeit einhergeht. Nun
brauchen wir heute nicht darüber zu reden, warum in der
Vergangenheit so viele Arbeitsplätze verschwunden
sind; darüber sind wir uns, glaube ich, großenteils einig.
Aber es bleibt doch die Feststellung, dass die Hauptursa-
che für Armut und soziale Ausgrenzung die Arbeitslo-
sigkeit ist.

Die Verkürzung auf populistische Thesen, liebe Kol-
leginnen und Kollegen von der Linksfraktion, bringt uns
nicht weiter. Es ist doch Unsinn, zu behaupten, Hartz IV
habe diese Armut verursacht. Hartz IV hat die Armut
nicht verursacht, sondern nachgewiesenermaßen ver-
deckte Armut erst sichtbar gemacht.


(Iris Gleicke [SPD]: Das ist richtig!)


Deswegen ist Ihre Schlussfolgerung letztendlich falsch.


(Zuruf der Abg. Katja Kipping [DIE LINKE])


Das wirksamste Mittel gegen das Risiko von Armut
und sozialer Ausgrenzung ist ein sicherer Arbeitsplatz.
Es sind eben nicht höhere Transferleistungen, wie Sie sie
fordern, auch wenn Sie das vorhin bestritten haben, Frau
Kipping. Tatsächlich wollen Sie alle Probleme finanziell
lösen. Doch durch mehr finanzielle Leistungen wird das
Problem nicht gelöst. Auch eine dauerhafte Abhängig-
keit von staatlicher Fürsorge bedeutet ein latentes Ar-
mutsrisiko. Deswegen sind wir aufgerufen, die Rahmen-
bedingungen für mehr wirtschaftliches Wachstum und
für mehr Arbeitsplätze zu schaffen; der Herr Staatssekre-
tär hat dies schon angesprochen. Eine Politik für Ar-
beitsplätze ist immer noch die beste Sozialpolitik. Ich
finde, die große Koalition ist hier auf dem richtigen
Weg.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605708300

Nun hat das Wort der Kollege Dr. Gregor Gysi, Frak-

ion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605708400

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr

rauksiepe, ich habe Ihnen genau zugehört.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist schon viel wert!)


issen Sie, manchmal gibt es auch in meiner Fraktion
einungsverschiedenheiten. Doch Sie schaffen es im-
er wieder, uns zusammenzuschweißen.


(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN – Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Das gönne ich Ihnen!)


as finde ich auch ganz in Ordnung. Da hilft die CDU
nd da helfen auch Sie persönlich.

Herr Müller war ja heute auch völlig zahm. Herr
üller, sonst stellen Sie lauter Forderungen, die Arbeits-

osen zu drangsalieren. Heute haben Sie hier einen ganz
nderen Typ abgegeben.


(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Purer Unsinn, was Sie sagen! Aber ich erkläre es Ihnen mal!)


Herr Niebel, in einem Punkt möchte ich Ihnen Recht
eben. Der Begriff „Unterschicht“ ist indiskutabel – er
tammt aber nicht von uns, sondern aus dieser Studie –,


(Dirk Niebel [FDP]: Nein, von Herrn Beck!)


eil dieser die Leute diskriminiert.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE])


ine „Armutsschicht“ gibt es. Wenn Sie behaupten, es
ebe keine Schichten in der Gesellschaft,


(Dirk Niebel [FDP]: Wir definieren die Menschen nicht so, habe ich gesagt!)


ann fragen Sie einmal eine Sozialhilfeempfängerin und
errn Ackermann, ob sie glauben, dass sie in einer
chicht sind. Ich sehe da schon Unterschiede.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich hätte mir gewünscht, dass sowohl Sozialdemokra-
innen und Sozialdemokraten als auch Grüne in dieser
ktuellen Stunde einmal selbstkritisch sind. Doch davon
ann keine Rede sein. Hat es die Politik der letzten sie-
en Jahre gegeben oder hat es sie nicht gegeben? Haben
ie vergessen, was Sie alles beschlossen haben? Sie ha-
en die Steuern für die Konzerne dramatisch gesenkt,
ie Körperschaftsteuer um 15 Prozent.


(Dirk Niebel [FDP]: Oh!)







(A) )



(B) )


Dr. Gregor Gysi
Sie haben die Veräußerungserlössteuer für die Kapitalge-
sellschaften gestrichen, die muss keiner mehr bezahlen.
Sie haben Parteitage abgehalten und von einer Vermö-
gensteuer geredet, aber natürlich keine eingeführt, als
Sie an der Regierung waren.

Sie haben den Spitzensatz der Einkommensteuer um
11 Prozent gesenkt. Sie haben die Reichen in der Gesell-
schaft gefördert. Das ist wahr.


(Beifall bei der LINKEN)


Herr Staatssekretär, in den letzten sieben Jahren sind
die Einkommen in Deutschland um 0,9 Prozent gesun-
ken. In den USA sind sie um 20 Prozent gestiegen,


(Dirk Niebel [FDP]: Die haben auch eine andere Arbeitsmarktpolitik als wir!)


in Großbritannien sind sie um 25 Prozent gestiegen und
in der EU sind sie im Schnitt um 9 Prozent gestiegen.
Hier sind sie gesunken. Das ist die Wahrheit. Und das
sind Ursachen für Armut in Deutschland.


(Beifall bei der LINKEN)


Hinzu kommt: Zur selben Zeit, als Sie die Steuerge-
schenke gemacht haben, haben Sie den Kranken gesagt,
sie müssten zuzahlen, weil Sie nicht mehr genug Geld
hätten, und Sie haben den Rentnerinnen und Rentnern
gesagt, sie müssten zusätzliche Beiträge zahlen, sodass
es ein Minus gab. Sie haben Nullrunde auf Nullrunde
folgen lassen und nicht einmal die Preissteigerungen
ausgeglichen. Auch das führt zu Armut in einer Gesell-
schaft.


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Wie viele Chancen hatten Sie in Berlin, als Sie da waren?)


Schließlich haben Sie Hartz IV für die Arbeitslosen ein-
geführt.

Es stimmt – das will ich einmal sagen –, dass es eini-
gen Sozialhilfeempfängerinnen und Sozialhilfeempfän-
gern entweder gleich gut oder sogar besser geht.


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 49 Prozent geht es besser! Das weiß man!)


Den meisten Arbeitslosen geht es aber schlechter. Ich
nenne Ihnen wieder mein Beispiel: Ein Ingenieur,
51 Jahre alt, wird arbeitslos. Aufgrund der altersrassisti-
schen Gesellschaft hat er mit 51 Jahren überhaupt keine
Chance mehr auf eine Vermittlung. Das ist die Wahrheit.


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schon falsch!)


Er erhält ein Jahr lang Arbeitslosengeld I. Nach einem
Jahr sagt der Gesetzgeber: Wir akzeptieren den Lebens-
standard, den er sich 25 Jahre lang als Ingenieur aufge-
baut hat, nicht mehr. Er muss die Werte seiner Wohnung,
seines Auto und seines Sparguthabens auf das Niveau
senken, das man einem Sozialhilfeempfänger zubilligt.
Wenn er das nicht tut, bekommt er gar nichts mehr. Das
ist Armut per Gesetz und das haben Sie beschlossen.


(Beifall bei der LINKEN – Gerd Andres, Parl. Staatssekretär: Das stimmt alles nicht!)


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(C (D inzu kommen noch die Miniund Midijobs. Was macht die neue Regierung? Man konnte hoffen, ass es ein paar Korrekturen gibt. Eines haben Sie getan: ie haben wenigstens das ALG II Ost an das Westniveau ngeglichen; das stimmt. Bei den jüngeren Leuten haben ie das aber gekürzt und Sie haben den Druck auf die rbeitslosen ständig erhöht. Jetzt haben Sie per Gesetz eschlossen, dass das Geld für die Leute, die irgendeinen ob ablehnen, bis auf null gestrichen wird. Jeden Tag gibt es neue Missbrauchsdebatten. Es gibt mmer irgendwo Einzelne, die etwas missbrauchen. Sie ind aber nicht der Maßstab. Maßstab sind die Millionen rbeitslosen, die eine Erwerbsarbeit wollen. (Beifall bei der LINKEN – Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ausatmen!)


ch verstehe diese Drangsalierungsdebatten nicht.

Es gibt dabei noch einen Punkt, der hier bisher über-
aupt nicht angesprochen worden ist. Laut der Studie
ibt es einen großen Unterschied in der Anzahl der Ar-
en zwischen West und Ost. Im Westen sind es 4 Pro-

ent, im Osten sind es 20 Prozent. Wieso ist das kein
hema mehr?


(Dirk Niebel [FDP]: Weil da vorher 40 Jahre lang die SED war!)


ir haben zwei unterschiedliche Teilgesellschaften, die
ich weiter auseinander entwickeln. Seit Jahren reden
estimmte Leute davon, dass wir einen Fahrplan brau-
hen, dass es irgendwann gleichen Lohn für gleiche Ar-
eit und gleiche Rente für gleiche Lebensleistung geben
uss und dass wir eine Investitionspauschale für die
ommunen brauchen, damit dadurch Wirtschaftskreis-

äufe in Gang gesetzt werden und Arbeitsplätze entste-
en können. Nichts dergleichen geschieht. Sie diskutie-
en nicht einmal mehr darüber.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie einmal etwas zu Berlin, Herr Gysi!)


Ich sage Ihnen: Das wird in einer Katastrophe enden.
um Teil erreichen wir die Armen noch und zu einem
leinen Teil erreicht die SPD sie noch. Die meisten ge-
en aber gar nicht mehr wählen und viele wählen rechts-
xtrem. Wenn wir das nicht wollen, wenn wir keine
esellschaftszerstörung wollen, dann müssen wir die
rmut in der Gesellschaft allein schon in unserem Inte-

esse und erst recht im Interesse der Betroffenen über-
inden. Dazu möchte ich einmal Vorschläge hören.


(Beifall bei der LINKEN)


Natürlich gibt es Mittel dafür. Natürlich brauchen wir
inen gesetzlichen Mindestlohn. Wir müssen sagen, was
an in Deutschland mindestens mit einer Stunde Arbeit

u verdienen hat. Das ist keine abwegige Idee.


(Dirk Niebel [FDP]: Doch!)


iele Staaten haben sich dafür entschieden und wir
önnten das auch.


(Beifall bei der LINKEN)







(A) )



(B) )


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605708500

Herr Kollege, denken Sie bitte an Ihre Redezeit.


Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605708600

Wir brauchen auch mehr soziale Gerechtigkeit. Dafür

brauchen wir gerechte Steuern. Davor drücken Sie sich.
Ihnen fehlt der Mut dazu, weil Sie gegenüber den Kon-
zernen – genauso wie leider auch die Grünen und die
SPD – immer nur einknicken.

Danke schön.


(Anhaltender Beifall bei der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605708700

Nächster Redner ist der Kollege Klaus Brandner für

die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1605708800

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolle-

ginnen und Kollegen! Gerade haben wir hier wieder ei-
nen populistischen Vortrag zu einem Problem gehört,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der LINKEN: Sind Sie neidisch?)


das nicht neu ist, um das deutlich zu sagen.

Zumindest wir Sozialdemokraten begrüßen, dass die
Friedrich-Ebert-Stiftung eine Studie auf den Weg ge-
bracht hat, um ein bekanntes Problem noch einmal in Er-
innerung zu rufen. Dabei haben auch viele Persönlich-
keiten in diesem Land deutlich gemacht, wie es mit
Armut und Reichtum, Chancen und Chancenlosigkeit in
dieser Gesellschaft bestellt ist.

Beispielsweise sagt der Bischof Reinhard Marx – ich
selbst kenne ihn recht gut – noch einmal ganz deutlich,
dass das Problem, um das es sich hier handelt, seit min-
destens 20 Jahren existiert. Die Sozialdemokraten ken-
nen die soziale Not. Genau deshalb haben wir damals
mit unserem Koalitionspartner den Armuts- und Reich-
tumsbericht eingeführt.


(Iris Gleicke [SPD]: So ist es!)


Wir wollten eine klare Ausgangsposition haben und wis-
sen, wo wir in diesem Land stehen. Wir wollten vor die-
sem Problem die Augen nicht verschließen, sondern öff-
nen und uns der Herausforderung stellen. Das ist die
Aufgabe der Sozialdemokraten.


(Beifall bei der SPD)


Wir wollen nicht, dass sich der Staat seiner Verant-
wortung entzieht, insbesondere seiner sozialen Verant-
wortung. Deshalb stellen wir uns den Problemen. Durch
das Sozialgesetzbuch II – vielen als Hartz IV bekannt –
wurden Arbeitssuchende – das ist ein großes Verdienst –,
die in der Vergangenheit berechtigte Ansprüche nicht
geltend gemacht haben, aus dem statistischen Dunkel
hervorgeholt. Es handelt sich hier um eine Größenord-
nung von über 400 000 Menschen, die wir aus dem sta-

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(C (D istischen Dunkel hervorgeholt haben. Ihre Situation haen wir auf die Tagesordnung gesetzt und organisieren etzt für diesen Personenkreis ganz besondere Prozesse. (Zurufe von der LINKEN: „Ganz besondere Prozesse“! – So kann man es auch nennen!)


Man kann es Prozesse nennen. Jedenfalls ist es so, dass
ir für diesen Personenkreis endlich auch Förderange-
ote schaffen. Wenn Sie fordern „Hartz IV muss weg“,
ann müssen Sie wissen, dass Sie damit insgesamt
6 Milliarden Euro, die diese Gesellschaft zur Finanzie-
ung der Langzeitarbeitslosen ausgibt, einfach streichen
ollen. Ihr monotoner Spruch „Hartz IV muss weg“ be-
eutet Armut pur.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir müssen in dieser Situation aber auch erkennen,
ass fast die Hälfte der Arbeitslosengeld-II-Empfänger
esondere Probleme hat. Die Hälfte hat keine abge-
chlossene Berufsausbildung, nahezu ein Viertel hat kei-
en Schulabschluss und fast ein Viertel leidet unter
esundheitlichen Einschränkungen. Die Ursachen dafür
iegen weit in der Vergangenheit, in den 80er-Jahren; ich
abe das bereits angesprochen. Sie werfen ein Schlag-
icht auf die Versäumnisse, die, wenn wir Hartz IV nicht
ntwickelt hätten, nicht angefasst worden wären. Auch
enn die Situation nicht einfach ist: Wir haben das
ückgrat gehabt, das Thema transparent zu machen. Das

st das Verdienst der jetzigen Politik.


(Beifall bei der SPD)


Viele Populisten neigen dazu, Hartz IV in Bausch und
ogen zu verdammen; das haben wir auch heute wieder
ehört. Fakt ist jedoch, dass dieses Gesetz viele neue
öglichkeiten eröffnet, den Menschen zu helfen. Klar

st – das will ich an dieser Stelle ganz deutlich sagen –,
ass Arbeitsmarktpolitik kein Reparaturbetrieb der Na-
ion sein kann, denn die Arbeitslosigkeit ist die Ursache
ür die Armut, nicht das SGB II.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Die Ursachen für die Armut werden in unserem Land
rüh gelegt. Die PISA-Studie hat gezeigt, wo die Pro-
leme liegen. Eine frühe Aussonderung Schwächerer
nd fehlende Angebote am Nachmittag sind das Pro-
lem. In diesem Zusammenhang will ich ganz klar sa-
en, dass das von Rot-Grün gemeinsam entwickelte
anztagsschulprogramm erstmals einen Weg in die rich-

ige Richtung gewiesen hat. Ich denke, dass dies von den
ändern konsequent umgesetzt werden müsste.


(Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])


Die frühkindliche Betreuung in Deutschland ist unzu-
eichend; das wissen wir. Kinder aus bildungsfernen
chichten werden in der Schule schon früh abgehängt.
in zentrales Problem in diesem Zusammenhang ist nun
inmal die Bildungsarmut. Da sind die Länder gefordert.
ie können sich nicht mehr damit herausreden, dass wir






(A) )



(B) )


Klaus Brandner
sie im Stich lassen. Vielmehr haben wir die Mittel dafür
zur Verfügung gestellt.


(Beifall der Abg. Ulla Burchardt [SPD])


Wer glaubt, den Menschen durch höhere Transfers
helfen zu können, der betätigt sich als Menschenfänger,
ohne tatsächlich zu helfen. Die Armut in unserem Land
ist nicht nur materielle Armut, sondern auch Armut an
Bildung, an Kultur und auch Armut in Bezug auf ein ge-
sundes Leben.


(Michael Leutert [DIE LINKE]: Das sehen wir ja hier!)


Da sich die Linke – das haben wir heute gehört – in
Sprüchen wie „Hartz IV muss weg“ – zu dem Umfang
der Ausgaben habe ich bereits etwas gesagt – oder
„Ganz ohne Geld ist alles andere nichts“ ergötzt, muss
sie sich einfach vorhalten lassen, was diese Gesellschaft
an Mitteln aufbringt. Ich habe die 36 Milliarden Euro
bereits angesprochen.

In diesem Zusammenhang möchte ich noch einen
Punkt ansprechen. Das ständige Rufen nach verschärften
Sanktionen oder dem Abbau von Arbeitnehmerrechten
ist nichts anderes als blanker Populismus.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Denn wer den Menschen jede Sicherheit nimmt, der
raubt ihnen auch die Fähigkeit zur Gestaltung des eige-
nen Lebens. Durch weniger Arbeitnehmerrechte werden
die Arbeitsplätze nicht sicherer. Leistungskürzungen
motivieren nicht; sie demotivieren vielmehr.

Deshalb sage ich unserem Koalitionspartner an dieser
Stelle ganz offen: Herr Söder von der CSU liegt völlig
falsch, wenn er meint, Rot-Grün trage die Schuld an der
heutigen Armut.


(Beifall bei der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605708900

Herr Kollege, denken Sie bitte an Ihre Redezeit.


Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1605709000

Die Ursachen für die Armut sind alt. Wir gehen ihnen

nach. Deshalb müssen wir mit einer offensiven Beschäf-
tigungspolitik und einer verbesserten Bildungspolitik,
bei der auch die Länder gefordert sind, weitermachen.
Das sind die besten Antworten auf die Armut. Wir wol-
len nicht nur über materielle Verteilungsspielräume re-
den, sondern wir wollen Chancen bieten.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605709100

Nun hat das Wort der Kollege Markus Kurth für die

Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen.


Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605709200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich glaube, die Debatte ist an einem Punkt angekommen,
an dem man sich mit den Worten und Taten der großen

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(C (D oalition und mit den Fakten auseinander setzen muss. ch will an dieser Stelle nicht über die Erhöhung der ehrwertsteuer um 3 Prozentpunkte, die gerade die aufkraft der unteren Einkommensgruppen weiter chwächen wird, und über die kleine Kopfpauschale von Euro sprechen, die offenkundig diejenigen überpropor ional treffen wird, die monatlich weniger als 800 Euro ur Verfügung haben. Ich möchte vielmehr ein Thema aufgreifen, das Sie lle unisono angesprochen haben, nämlich die Fordeung nach mehr Bildung. Das ist durchaus richtig. Dieen Punkt haben Herr Brauksiepe und Herr Staatssekreär Andres angesprochen. Sie haben das noch einmal etont, Herr Brandner. In dem Bereich muss mehr getan erden. Herr Heil hat von einer neuen Philosophie in der ozialpolitik gesprochen. Diese Äußerungen könnte an immerhin schon als Fortschritt in der politischen ebatte werten. Denn bisher wurde insbesondere auf eier Seite des Hauses statt über eine vernünftige Fördeung mit Leidenschaft darüber diskutiert, ob und wie an arbeitslose Ingenieure am besten in ein Spargelfeld ringt. Das zeigt die ganze Armseligkeit der politischen ebatte, mit der bislang über Ausgrenzung und Lang eitarbeitslosigkeit gesprochen wurde. Bildung ist – darin sind wir uns offenbar einig – eine chlüsselressource. Heute Abend könnte die große oalition einen kleinen Schritt in Richtung Armutsbeämpfung tun. Denn wir werden heute Abend Änderunen im Sozialhilferecht beschließen. Dazu liegt ein ntrag von Bündnis 90/Die Grünen vor, in dem wir Öffungsklauseln vorschlagen. Die Jobcenter sollen Schüleinnen und Schüler gezielt mit Schulbüchern versorgen, hnen die Teilnahme am Schulessen ermöglichen und die ereinsbeiträge von Kindern und Jugendlichen direkt bernehmen können, sofern die Betroffenen selbst nicht azu in der Lage sind. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das entspricht genau der neuen Philosophie, die
ransferleistungen nicht mehr direkt zu erhöhen, son-
ern eine zielgerichtete Hilfe speziell für Kinder und Ju-
endliche zu bieten.


(Zuruf der Abg. Katja Kipping [DIE LINKE])


Frau Kipping, das braucht man gerade auch in Berlin,
o in Ihrer Verantwortung die Kitagebühren erhöht wur-
en


(Katja Kipping [DIE LINKE]: Aber nicht die von einkommensschwächeren Familien!)


nd wo es kein kostenloses Kitaessen gibt. Sie stellen
ich hier als selbstgenügsame Traditionalistin dar und
ejammern, dass die Kinder morgens ohne Frühstück in
ie Schule gehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Wir von Bündnis 90/Die Grünen haben in unserem
ntrag die Öffnungsmöglichkeiten gefordert. Ich sage






(A) )



(B) )


Markus Kurth
Ihnen voraus: Sie werden den Antrag von Bündnis 90/
Die Grünen heute Abend ebenso ablehnen, wie Sie es
gestern im Ausschuss getan haben. Sie greifen ihn nicht
einmal in Form einer eigenen Initiative auf.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das zeigt das wahre Gesicht!)


Das finde ich heuchlerisch. Es ist nicht in Ordnung, hier
mehr Bildung zu fordern, aber entsprechende Ände-
rungsmöglichkeiten nicht aufzugreifen und weiterzuent-
wickeln. Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen. So geht
es nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es ist bezeichnend, dass diese Debatte heute Abend
zu einer Zeit stattfindet, wenn die Kameras abgeschaltet
und die Tribünen leer sind. Denn wie leider festzustellen
ist, bewegt sich nicht nur die Armut im Dunkeln; auch
die entsprechende Gesetzgebung scheint das Licht der
Öffentlichkeit zu scheuen, obwohl die Probleme riesen-
groß sind.

Damit komme ich zu dem mangelnden Aufstiegswil-
len, den insbesondere Ihr Parteivorsitzender, Herr Beck,
beklagt. Aufstiegswillen hat auch etwas mit Aufstiegs-
chancen zu tun.

Solange die Chancen durch aktive Förderung so ge-
ring sind, wie Herr Kuhn es beschrieben hat, ist es na-
hezu unverschämt,


(Ulla Burchardt [SPD]: Sie haben doch bei der Bildung blockiert!)


Benachteiligten und Armen mangelnden Aufstiegswillen
vorzuwerfen. Ich will Ihnen einmal aufzeigen, wo wir
aufgrund der zuletzt betriebenen Politik im europäischen
Vergleich stehen. In Dänemark sind 22 Prozent der Men-
schen ohne Berufsausbildung in einer Weiterbildungs-
maßnahme oder in einem Kurs. In Deutschland sind es
gerade einmal 3 Prozent derjenigen ohne Berufsausbil-
dung. Hier gilt es zu investieren.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Der Vorwurf des mangelnden Aufstiegswillens hat
nichts mit der Realität zu tun. Eine aktuelle Studie der
Hans-Böckler-Stiftung zeigt, dass es 2 Millionen Gering-
verdiener gibt, die kein Arbeitslosengeld II beziehen, ob-
wohl sie darauf Anspruch haben. Das sind Menschen, die
auf eigenen Beinen stehen wollen. Das muss man aner-
kennen. Ich empfehle insbesondere dem SPD-Vorsitzen-
den Beck, sich einmal Einrichtungen der Jugendberufs-
hilfe und der Beschäftigungsträger anzuschauen.


(Klaus Brandner [SPD]: Die kennt er sehr gut!)


Wenn Sie einmal vor einem jungen Erwachsenen gestan-
den haben, dessen sechsmonatiger 1-Euro-Job ausgelau-
fen ist und der, teilweise mit Tränen in den Augen, fragt:
„Können Sie mir eine Anschlussförderung vermitteln?
Was kann ich jetzt machen, um nach oben zu kommen?“,
und ihm antworten müssen: „Ich kann leider nichts ma-

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(C (D hen“, während Sie gleichzeitig zugeben müssen, dass 00 Millionen Euro Eingliederungsmittel nicht ausgegeen werden, dann wird Ihnen sicherlich weh ums Herz. enn Sie das wirklich ernst nehmen, dann werden Sie icht mehr von mangelndem Aufstiegswillen bestimmter ruppen sprechen. Ich bin sehr dafür, dass wir die Würde der betroffenen enschen achten; denn sonst fehlen alle Voraussetzun en für eine vernünftige Politik. Vielen Dank. Das Wort hat nun der Kollege Andreas Steppuhn, PD-Fraktion. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und erren! Ich halte es für richtig, dass wir in Deutschland egonnen haben, eine grundsätzliche sozialpolitische ebatte zu führen. Die zum Teil vorab veröffentlichte tudie der Friedrich-Ebert-Stiftung zu den Lebensbedinungen und beschäftigungspolitischen Perspektiven der ns anvertrauten Menschen ist hierbei eine sehr große ilfe. Wir alle im deutschen Parlament haben die Aufabe, alles Erdenkliche zu tun, um die Schere zwischen rm und Reich nicht weiter auseinander klaffen zu las en, sondern, wenn irgend möglich, zu schließen. Eine Spaltung der Gesellschaft, wenn auch nur in der olitischen Diskussion, ist wenig hilfreich. Sie ist konraproduktiv, weil wir sonst Gefahr laufen, hierdurch enschen, die in Armut leben oder in prekären Beschäfigungsverhältnissen tätig sind, den rechten Rattenfänern in die Arme zu treiben. (Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605709300
Andreas Steppuhn (SPD):
Rede ID: ID1605709400

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


nabhängig davon müssen wir diese wichtige sozialpoli-
ische Debatte führen. Wir dürfen nicht die Augen ver-
chließen, sondern müssen die Situation ehrlich analysie-
en, um hieraus politischen Handlungsbedarf abzuleiten.
ierfür stehen wir als Sozialdemokraten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


ir sind für gleiche Bildungschancen und für bessere
erspektiven auf dem Arbeits- und Ausbildungsmarkt.

Ich erinnere noch einmal daran, dass es eine SPD-ge-
ührte Bundesregierung war, die mit dem Armuts- und
eichtumsbericht dafür gesorgt hat, dass die soziale
age in Deutschland offen gelegt wird. Hierdurch ist
ine Analyse erst möglich geworden.


(Beifall der Abg. Ulla Burchardt [SPD])


ußerdem haben wir Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe
usammengelegt. Dadurch haben wir der statistisch ver-
eckten Arbeitslosigkeit ein Ende gemacht.






(A) )



(B) )


Andreas Steppuhn

(Iris Gleicke [SPD]: So ist es!)


Im Übrigen war diese Maßnahme seinerzeit unumstrit-
ten. Durch diese beiden Maßnahmen sind wir erst in die
Lage versetzt worden, zu Studien zu kommen, die die
soziale Lage der Menschen, denen es alles andere als gut
geht, in Gänze erfassen. Es muss für uns eine Herausfor-
derung sein, denjenigen Menschen, die auf der Schatten-
seite des Wohlstandes leben, mehr Bildungschancen ein-
zuräumen und berufliche Perspektiven zu bieten. Gerade
jungen Menschen und Kindern sind wir es schuldig, al-
les Erdenkliche zu tun, dass sie überhaupt eine Aussicht
haben, eine Chance auf eine gute Zukunft zu bekommen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Es ist sicherlich auch Selbstkritik angebracht. Diese
muss aber in einem zweiten Schritt dazu führen, Überle-
gungen anzustellen, was anders und besser gemacht wer-
den muss. Hierzu gehört nicht nur, dass wir über Armut
in Deutschland debattieren und zeitweise schöne Be-
kenntnisparolen herausposaunen, sondern auch, dass wir
das Thema Reichtum in den Blickpunkt der Öffentlich-
keit rücken.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Nur so kann eine zusammenhängende Debatte geführt
werden. Die zentrale Frage dabei lautet: Wie kann es zu
einer Umverteilung von oben nach unten kommen?


(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Das ist richtig!)


Das allzu oft gebrauchte Wort der Verteilungsgerechtig-
keit darf nicht nur eine Worthülse sein, sondern muss
auch konsequent mit Leben erfüllt werden. Es muss aber
auch die Aufgabe von Politik sein, also unsere Aufgabe,
meine Damen und Herren, die Menschen mitzunehmen
und ihnen eine persönliche Perspektive zu geben.

Dies gilt vor allem für die Menschen in den neuen
Bundesländern; denn offensichtlich sind hier die Le-
bensunterschiede und die Perspektivlosigkeit besonders
groß. Doch auch das ist nicht neu. Arbeit war für die
Menschen in Ostdeutschland nicht nur ein Muss, es war
auch eine Pflicht. Als Bundestagsabgeordneter für die
Harzregion erlebe ich genau das in vielen meiner Bür-
gersprechstunden: Die Menschen in Ostdeutschland füh-
len viel deutlicher, dass sie auf der Strecke geblieben
sind, dass sie von sozialen, wirtschaftlichen und kultu-
rellen Entwicklungen abgekoppelt sind. Hier müssen wir
etwas tun. Eine Spaltung, auch die zwischen Ost und
West, dürfen wir nicht akzeptieren.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Vieles von dem, was wir heute hier diskutieren, ist
doch nicht ganz neu, wenn wir ehrlich sind. Sicherlich
hat Politik und haben auch Sozialdemokraten in der Ver-
gangenheit Fehler gemacht. Jedoch muss man aus Feh-
lern auch lernen und daraus ableiten, was man anders
und besser machen kann. Dass die Stärkeren solidari-
scher mit den Schwächeren sein müssen, darf sich nicht
nur im politischen Handeln ausdrücken, sondern dieses
Leitmotiv muss auch wieder ein Bestandteil von gesamt-

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(C (D esellschaftspolitischer Verantwortung werden. Deshalb rauchen wir eine Fortentwicklung der Arbeitsmarktpoitik, aber – das sage ich ganz deutlich – wir brauchen uch Mindestlöhne in Deutschland. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des Abg. Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Dirk Niebel [FDP]: Mindestlöhne vernichten Arbeitsplätze!)


Wer die Lebenssituation von Menschen mit Begriff-
ichkeiten, die ich hier nicht wiederholen möchte, be-
eichnet und damit prägt, der versucht, Deutschland zu
palten. Dies kann kein Akt von demokratischer Verant-
ortung sein. Wir haben in Deutschland Probleme. Die
önnen und die wollen wir als Sozialdemokraten nicht
erschweigen. Unsere Hausaufgabe lautet, dafür Sorge
u tragen, dass den Menschen, deren Lebensumstände
ufgrund ihrer sozialen Situation schlecht sind, die sich
on der Gesellschaft an den Rand gedrängt fühlen und de-
en Bildungsstand niedrig ist, zukünftig eine echte Per-
pektive gegeben wird. Hier denke ich in erster Linie an
amilien mit Kindern und an junge Menschen. Lassen Sie
ns gemeinsam dieser Verantwortung gerecht werden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605709500

Nächste Rednerin ist die Kollegin Maria Michalk,

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Andrea Wicklein [SPD])



Maria Michalk (CDU):
Rede ID: ID1605709600

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

enn sich Frau Kipping und Herr Gysi hierher stellen
nd feststellen, dass die Arbeitslosigkeit und damit auch
ie proportionale Armut in den neuen Bundesländern be-
onders hoch sind, höher jedenfalls als in den alten Bun-
esländern, ohne mit einem Wort darauf hinzuweisen,
ass wir immer noch mit den Folgen von 40 Jahren
ED-Misswirtschaft kämpfen,


(Lachen bei Abgeordneten der LINKEN)


ie Sie verursacht haben und für die Sie als Partei immer
och Verantwortung tragen, dann ist das unverschämt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Betroffen macht mich, dass diese Aktuelle Stunde
on den Linken und dem Bündnis 90/Die Grünen bean-
ragt worden ist; denn wir wissen alle, dass ehrenwerte
ürgerinnen und Bürger der Bürgerbewegung, die die

riedliche Revolution mit auf den Weg gebracht haben,
n der Fraktion der Grünen aufgegangen sind. Diese Al-
ianz macht mich betroffen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist keine Allianz! Das ist Geschäftsordnung, nichts anderes!)







(A) )



(B) )


Maria Michalk
Nun zur Sache. Als vor fünf Jahren zum ersten Mal
der Armutsbericht der Bundesregierung vorgelegt
wurde, wurde wissenschaftlich bestätigt, was wir alle,
die wir uns den angeborenen Blick für das Normale in
diesem Leben bewahrt haben, schon wussten, nämlich
dass es jeder zehnte Mitbürger unter uns – ungewollt und
manchmal auch selbst verschuldet – im Leben etwas
schwerer hat, weil er wenig Einkommen hat. Man
spricht von der so genannten Einkommensarmut. Der
zweite Bericht im letzten Jahr hat allerdings gezeigt und
verdeutlicht, dass ziemlich viel Bewegung in diesem
Prozess ist. Ein Drittel der Einkommensarmen kann
nämlich nach einem Jahr und ein weiteres Drittel nach
zwei Jahren die Armut hinter sich lassen. Auch das muss
hier einmal gesagt werden. Die Bedingung dafür ist na-
türlich – das haben wir immer festgestellt – eine ordent-
liche Ausbildung und selbstverständlich ein Arbeits-
platz. Hier hapert es.

Fakt ist: Wir haben in Deutschland nicht zu wenig Ar-
beit – sie steht und liegt überall herum –; uns fehlt aus-
reichend bezahlbare Arbeit. Diese Diskrepanz ist in den
neuen Bundesländern in der Tat besonders groß.

Leider gibt es aber auch dort Leute, die sich in unse-
rem Sozialsystem eingerichtet haben. Sie nehmen alles,
was zu holen ist. Sie sind froh, den lieben Tag über ihre
Ruhe zu haben, und schimpfen in aller Öffentlichkeit
über den ach so schlechten Staat, der ihnen zu wenig
zum Leben gibt. Gewissenlose Gesellen, die es in unse-
rer Gesellschaft auch gibt, machen sich diese Stimmung
zunutze. Darauf sollten wir stärker achten.

Die meisten arbeitslosen Menschen in den neuen
Bundesländern sind jedoch motiviert und gewillt, jede
Art von Arbeit anzunehmen. Es ärgert sie selbstver-
ständlich, dass sie zum Beispiel als überqualifiziert gel-
ten – Beispiele sind schon genannt worden – und deshalb
keine niedrig qualifizierte Arbeit erhalten, obwohl sie
diese annehmen wollen – einfach nur, um Arbeit zu ha-
ben. So wichtig der Lohn in der Lohntüte am Mo-
natsende ist, so wichtig sind für sie immer noch das Ge-
fühl und die Gewissheit, nützlich zu sein und gebraucht
zu werden.


(Beifall der Abg. Andrea Wicklein [SPD])


Ich weiß nicht, wie viele der öffentlich geförderten
Arbeitsprogramme schon gelaufen sind, mit gutem und
weniger gutem Erfolg. Ich weiß nur, dass wir diese auch
in Zukunft brauchen werden, um Menschen Hoffnung zu
geben und sie nicht in die totale arbeitsmäßige Armut
und Isolation fallen zu lassen. In den neuen Ländern sind
nämlich einfach zu wenige Arbeitsplätze für die in den
Arbeitsprozess strebenden Menschen vorhanden. Die
Anzahl dieser Menschen ist größer, als man es sich vor
Jahren vielleicht ausgemalt hat.

Bezahlen tun das die Leute – auch das muss man im-
mer wieder sagen –, die jeden Tag zur Arbeit gehen und
am Monatsende unterm Strich mitunter auch nicht mehr
in der Lohntüte haben als die, die ihr Monatseinkommen
von der Bundesagentur für Arbeit überwiesen bekom-
men. Wenn im Jahre 2005 etwa 11 Prozent aller Kinder

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(C (D n Deutschland in Haushalten lebten, in denen kein einiges Mitglied einer Erwerbstätigkeit nachging, dann üssen wir uns nicht wundern, dass diesen Kindern ein eg vorgelebt wird, den sie nur mit großer Anstrengung erlassen können. Ich erinnere mich an einen Lehrling meiner früheren rbeitsstätte, der als Einziger in der Familie täglich um alb sechs aufgestanden ist, um pünktlich zur Arbeit zu ommen, um am Monatsende sein Lehrlingsgeld nach ause zu bringen. Erahnen wir eigentlich, welche Kraft nd Motivation dieser junge Mann jeden Morgen rauchte, um sich – vorbei an den schlafenden Eltern nd Geschwistern – ohne Frühstück aus der Wohnung zu chleichen, damit er keine Abmahnung wegen Unpünktichkeit erhielt, die letztlich den Verlust seines Ausbilungsplatzes bedeutet hätte? Wie viel Kraft musste dainterstecken? Wie viel Hilfe, die übrigens auch vom taat bezahlt wird, war wohl nötig, damit er motiviert lieb, um diese Ausbildung durchzuhalten? Mit diesem Beispiel – das ist bestimmt kein Einzelall – wird deutlich, wie differenziert die Frage Armut zu ehen ist. Man sieht, wie schnell man in Armut hineinutschen kann. Man sieht aber auch, dass unsere Gesellchaft viele Möglichkeiten bietet, sich daraus zu bereien. Ich verweise nur auf §§ 240 ff. SGB III. Diese aragrafen gibt es nicht erst seit wenigen Monaten, sonern seit vielen Jahren. Die dort enthaltenen Regelungen ollen sozial benachteiligten Jugendlichen den Weg in ine gute berufliche Zukunft ermöglichen. Ich will noch ein weiteres Thema ansprechen. Das uchen nach einem Arbeitsplatz und die damit verbunene Abwanderung führen zu Strukturveränderungen, ie wir sehr ernst nehmen müssen. Mich hat zum Beipiel eine 80-jährige rüstige Omi um halb sechs in der rühe angerufen und gesagt: Tun Sie etwas dafür, dass ein Enkel hier in der Nähe eine Arbeit findet, damit ich icht allein bin und jemanden habe, den ich anrufen ann, wenn ich Hilfe brauche. Frau Kollegin, denken Sie bitte an die Redezeit. Ich will damit nur sagen: Unser Leben bedeutet An trengung. Wir sind nicht für ein bequemes Leben geboen, sondern für Anstrengung. Dies gilt für alle: für die, ie viel leisten können, und für die, die wenig leisten önnen. Auf diesem Weg sind wir. Ich danke Ihnen. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Leben ist anstrengend, Zuhören auch!)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605709700
Maria Michalk (CDU):
Rede ID: ID1605709800


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605709900

Das Wort hat nun der Kollege Wolfgang Spanier für

ie SPD-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )


Wolfgang Spanier (SPD):
Rede ID: ID1605710000

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die Debatte über die Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung
ist eine falsche Debatte. Gleichzeitig ist sie eine richtige
und wichtige Debatte.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Genauso ist es!)


Diese Debatte ist zum Beispiel deswegen eine falsche
Debatte, weil diese Studie überhaupt noch nicht kom-
plett veröffentlicht ist.

Dennoch debattiert die Öffentlichkeit seit Wochen in-
tensiv darüber.


(Zuruf von der SPD: Seit 14 Tagen!)


– Seit 14 Tagen. Es handelt sich um eine falsche De-
batte, weil es in dieser Studie überhaupt nicht – das ist
bereits mehrfach gesagt worden – um Armut und Armuts-
entwicklung in Deutschland geht. Vielmehr geht es um
politische Einstellungen und um politische Wertvorstel-
lungen. Diese sind geordnet und in verschiedene Grup-
pen eingeteilt worden. Genannt werden hier unter ande-
rem die selbstgenügsamen Traditionalisten, Herr Kurth,
und das so genannte Prekariat.

Es ist aber auch eine richtige und wichtige Debatte,
auch wenn sie aus falschem Anlass geführt wird. Wir
sprechen jetzt nämlich endlich nicht nur hier im Deut-
schen Bundestag, sondern auch in einer breiten Öffent-
lichkeit über das Thema Armut und Armutsentwicklung.
Ich hielte es für richtig, wenn wir gleichzeitig in diesem
Zusammenhang auch über Reichtum und Reichtumsent-
wicklung in Deutschland reden würden.


(Beifall bei der SPD)


Was an Schuldzuweisungen zu lesen und zu hören
war, bringt überhaupt nichts. Einen Zusammenhang zwi-
schen der in der Tat wachsenden Armut in Deutschland
und Hartz IV herzustellen, ist abwegig. Das hat sogar
Michael Sommer öffentlich festgestellt. Hier liegt nicht
die Ursache. Die Befragung – ein ganz einfaches Argu-
ment – ist im Februar/März dieses Jahres durchgeführt
worden, also zu einem Zeitpunkt, zu dem Hartz IV ge-
rade einmal ein Jahr wirksam war. Hier liegt also nicht
die Ursache. Ursache ist vielmehr – das ist uns allen be-
wusst – die seit langem verfestigte Massenarbeitslosig-
keit.


(Beifall bei der SPD)


Ihre wirtschaftlichen bzw. weltwirtschaftlichen Ursa-
chen sind jedem in diesem Raum bekannt.

Ich komme zu dem Begriff „Unterschicht“, der in der
öffentlichen Debatte eine, wie ich finde, merkwürdige
Rolle spielt. Als wissenschaftlicher Begriff ist er seit
langem in Gebrauch. Dagegen spricht auch überhaupt
nichts. Als politischen Kampfbegriff muss man ihn je-
doch, so meine ich, ablehnen, da er in der Tat nur dazu
führt, diejenigen, die sich ohnehin bereits ausgegrenzt
fühlen, zusätzlich auch noch sprachlich auszugrenzen.

Mehrfach ist darauf hingewiesen worden, dass wir
schon zwei Armuts- und Reichtumsberichte vorliegen

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(C (D atten und debattiert haben, übrigens – leider – mit einer eutlich geringeren öffentlichen Resonanz, als wir sie etzt, dieser Tage, erleben, und auch mit einer deutlich eringeren Resonanz hier im Deutschen Bundestag. Auch über den nationalen Aktionsplan zur Vermeiung und Bekämpfung von Arbeitslosigkeit haben wir ier im Bundestag fast unter Ausschluss der Öffentlicheit gesprochen. Das war nicht etwa auf die Tageszeit urückzuführen, zu der wir darüber debattiert haben, ondern darauf, dass es offensichtlich kein öffentliches nteresse an diesem Thema gegeben hat. Ich hoffe, dass ich das jetzt ändert. Übrigens musste es in diesem Hause erst eine rotrüne Mehrheit geben, damit die Vorlage eines Armutsnd Reichtumsberichtes durchgesetzt werden konnte. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, dass uner Antrag zu Zeiten Helmut Kohls mit dem Argument bgelehnt wurde, Armut gebe es in Deutschland nicht. s gebe Sozialhilfe, das sei bekämpfte Armut. – Fertig, chluss, Aus. Meine Damen und Herren, mehrfach ist heute von ildung gesprochen worden. Es ist richtig: Wenn wir irksam etwas gegen Armut tun wollen, müssen wir die inder im Blick haben, die in diesen Verhältnissen aufachsen und leben, die nicht nur materiell arm sind, sonern die ausgegrenzt, die zum Teil weitgehend von ildung ausgeschlossen und auch gesundheitlich unterersorgt sind usw. Ich empfehle wirklich, sich mit dem wölften Kinderund Jugendbericht auseinander zu seten. Ich glaube, dass wir Kinderund Jugendpolitik als ine zentrale gesellschaftspolitische Aufgabe auffassen üssen. Wir werden das Problem nicht mit Sozialpolitik nd auch nicht mit Transferleistungen lösen. Bildung von Anfang an als Prozess der Persönlicheitsentwicklung ist die einzige Chance, die wir haben. Bei der Umsetzung werden wir, meine Damen und erren, vor großen Problemen stehen. Das Ressortdenen, in dem wir selbst immer wieder verhaftet sind, aber uch die unterschiedlichen Zuständigkeiten der verschieenen staatlichen Ebenen für das, was mit dem erweiteren Bildungsbegriff gemeint ist, werden die Umsetzung icherlich erschweren. Aber wie viele Hinweise wollen ir denn noch haben? PISA-Studie, Jugendbericht, Arutsbericht – seit Jahren wird uns die Situation vor Au en geführt. Wir haben in Deutschland bisher nicht die raft gehabt, das Problem über die Grenzen der Ebenen inweg konsequent anzugehen und mit der Bildung für inder und Jugendliche, gerade für diejenigen, die in rmut leben, ernst zu machen, um ihnen die Chance zu röffnen, ein eigenständiges Leben zu führen und aus er Armut herauszukommen. Diese Leiter müssen wir ereitstellen und vielleicht müssen wir auch einmal helen, damit sie die Leiter tatsächlich hochkommen. Das alles ist längst überfällig. Deshalb sollten wir uns arauf verständigen, Kinderund Jugendpolitik als zenrale gesellschaftliche Aufgabe zu begreifen. Wir sollten Wolfgang Spanier in den nächsten Wochen und Monaten zu einem konkreten Handeln kommen. Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)





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(B) )



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605710100

Nächster Redner ist der Kollege Marcus Weinberg,

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Marcus Weinberg (CDU):
Rede ID: ID1605710200

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Meine

Rede mag jetzt einige Punkte wiederholen, aber ich
glaube, dass es für einige im Saal das richtige Mittel ist,
gewisse Dinge durch Wiederholung zu vertiefen.


(Zurufe von der CDU/CSU: Da hilft nichts! Beratungsresistent!)


Die Kollegen vor mir haben es schon angesprochen,
dass es für die Menschen in dieser Stadt tragisch ist, dass
Ihre Partei weiterregiert, Frau Kipping. Entlarvend ist
doch: Das, was Sie hier reden, hat mit den Handlungen
Ihrer Partei in Berlin nichts gemein. Der Kollege Kurth
von den Grünen hat bereits nachgewiesen, dass Sie die
Kitagebühren erhöht haben und dass die Kinder in die
Kitas kommen, ohne gefrühstückt zu haben. Ich rate Ih-
nen, Frau Kollegin Kipping: Gehen Sie nach der Debatte
in Ihr Büro und rufen Sie eine Mitarbeiterin der Allge-
meinen Sozialen Dienste hier in Berlin an! Fragen Sie
die Dame, wie viel Zeit Sie denn hat, um sich um ein
Kind zu kümmern, welches die Hilfe zur Erziehung be-
kommt! Dann erleben Sie die Realität in Berlin.


(Zuruf von der CDU/CSU: Da regiert Rot-Rot!)


Aber Sie verkünden hier vollmundig, was Sie meinen,
im Bereich der Familienpolitik bewegen zu können. Ich
halte das für falsch.

Ich glaube, wir müssen als Fazit der Debatte zwei
Dinge konstatieren: Zum einen geht es um Begriffsklar-
heit und zum anderen um die Frage von Ursache und
Wirkung. Zur Begriffsklarheit: Meinem Vorredner
stimme ich nicht in der Einschätzung zu, dass es heute
eine Unterschicht gibt. Natürlich gab es, in der histori-
schen Betrachtung, Klassen und Schichten in Deutsch-
land. Mittlerweile sprechen wir über Milieus. Das Mi-
lieu, über das wir heute sprechen, hat nicht die
Formation einer Schicht. Zur Frage von Ursache und
Wirkung: Materielle Armut gab es in der Historie der
Bundesrepublik tragischerweise schon immer. Doch da-
raus zu schließen, dass Hartz IV die Ursache für die Ent-
wicklung des genannten Milieus sei, ist schlichtweg
falsch.

Wer – das hat mein Vorredner gesagt – die Frage auf-
werfen will, wie man dieses Milieu wieder in die Gesell-
schaft zurückholt, kommt zu den Themen Bildungspoli-
tik und Kultur-, Jugend- und Familienpolitik als den
zentralen Ansätzen für politisches Handeln.

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(C (D Dieses Milieu, das durch eine gewisse Hoffnungsloigkeit und soziale Schwäche geprägt ist, bricht von Zeit u Zeit aus. Ich denke da an das Beispiel der Rütlichule. Dort sind Jugendliche ausgebrochen, weil sie in ezug auf ihren schulischen Werdegang ohne Perspek ive waren und gemerkt haben, dass sie gesellschaftlich m Rande stehen. Das ging übrigens einher mit der Abehnung von staatlichen Autoritäten und mit der Tenenz, den demokratischen Bereich zu verlassen. In der Diskussion muss, wie es schon von fast allen orrednern angesprochen wurde, unter anderem eine oderne Bildungspolitik im Mittelpunkt stehen. In eutschland haben wir jetzt endlich erkannt, welche Beeutung frühkindliche Bildung und Vorschulbildung haen, und sind über die Phase hinaus, die Schule als Rearaturbetrieb betrachten zu müssen. Wir müssen in iesen Bereich investieren und die Bildungspyramide uf den Kopf stellen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


as ist bisher nicht gelungen. Dabei besteht gerade für
ie Kinder aus diesem Milieu das Problem, dass sie von
nfang an nicht die Möglichkeit haben, sich aus dem
eufelskreis zu befreien.

Wir müssen zudem über die Fragen sprechen, wie
an Kindertagesbetreuung und Grundschule besser ver-

etzen und sie in einer Zukunftsoption verzahnen kann,
ie man Grundschule und Sekundarstufe koppeln kann
nd wie man Möglichkeiten schafft, dass die Menschen
on sich aus – oder gegebenenfalls mit staatlicher Unter-
tützung – ihren Berufsweg einschlagen.

Was die Bundesregierung in dieser Frage gemacht
at, ist richtig. Sie hat gerade bei der Ausbildung ange-
etzt: Jobstarter und Ausbildungspakt. Es muss der
rundsatz gelten, dass kein Jugendlicher eine Bildungs-

nstitution ohne einen Anschluss verlässt; kein Ab-
chluss ohne Anschluss.

Der zweite Bereich – das hat auch mein Vorredner
eutlich gemacht – ist die Familienpolitik, die Jugend-
olitik und die Jugendhilfe. Ich komme aus Hamburg.
a gab es den Fall der kleinen Jessica, die zu Tode ge-
ommen ist. Wer so etwas einmal erlebt hat und ertragen
usste, der weiß, was auf unser Land zukommen kann.
älle dieser Art sind Einzelfälle, sie hat es immer gege-
en und wird es tragischerweise wohl auch immer ge-
en. Aber dahinter besteht die große Gefahr, dass mehr
nd mehr Kinder und Jugendliche vernachlässigt wer-
en. Wir müssen darüber diskutieren, wie wir über eine
ernetzung der Einrichtungen, die mit Kindern und Ju-
endlichen arbeiten, also über eine Vernetzung von
itas, Schulen und Jugendhilfeeinrichtungen, zu einer

ngeren Kooperation kommen. Auf der politischen
bene werden das in naher Zukunft die Themen sein.

Über die ökonomischen Betrachtungen wurde hier
chon das eine oder andere gesagt.

Unter dem Strich bleibt: Begriffliche Klarheit, Ursa-
he und Wirkung klar definieren! Hartz IV ist nicht die
rsache. Hartz IV ist die Folge einer falschen Politik.






(A) )



(B) )


Marcus Weinberg

(Beifall bei der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605710300

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege

Dr. Ernst Dieter Rossmann, SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1605710400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Eine Aktuelle Stunde darf gerade beim Thema Armut
keine einmalige Stunde bleiben. Ich habe die ausdrückli-
che Hoffnung – ich darf hier ja zum Schluss reden –,
dass sich dieses Parlament in Kontinuität und ernsthaft
mit diesen Fragen beschäftigt, wie in der Vergangenheit,
so auch in Zukunft.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich komme auf das zurück, was unser sozialdemokra-
tischer Urvater Lassalle gesagt hat – manche werden es
wissen –: Am Anfang muss stehen: Sagen, was ist. –
Vielleicht kann man es so sehen: Von Kurt Beck ist ein
Stein ins Wasser geworfen worden, das hat uns gemein-
sam dazu gebracht zu sagen, was ist.

In Klassenanalysen, in Schichtenanalysen und in
Polaritäten kann man ausdrücken, dass es in dieser Ge-
sellschaft natürlich Arm und Reich gibt – darüber muss
man sprechen können –, dass es natürlich Oben und Un-
ten gibt – darüber muss man sprechen können – und dass
es Dabei-Sein und Außen-vor-Sein gibt. Aber es gibt
auch Resignation und Hoffnung. Wenn wir es einfacher
aussprechen, fühlen sich vielleicht auch mehr Menschen
angesprochen. Sie können von ihrem Parlament erwar-
ten, dass es diskutiert, wie sie etwas ausdrücken und wie
sie etwas erleben.

Ich möchte es so wenden, dass mindestens ich mich
durch das, was durch die Studie der Friedrich-Ebert-Stif-
tung aufgeworfen worden ist, nicht nur das Ökonomi-
sche, sondern auch das Mentale, wie sich Menschen füh-
len, angesprochen fühle. Das muss dann in einem
Parlament Ausdruck finden. Es muss dort seinen Nieder-
schlag in den Parteien finden. Wir alle hoffen: in diesem
Spektrum der Parteien und nicht in einem erweiterten
Spektrum, das uns – wir haben es in den Ländern gese-
hen – droht. Deshalb ist es vielleicht nicht gut, hier nur
im Dissens zu reden. Es ist gut, auch im Konsens zu de-
battieren und sich zu fragen: Was haben wir denn ge-
meinsam? Wo brauchen wir Unterschiedlichkeit, die,
auch wenn sie letztlich wieder integriert und zusammen-
führt, Menschen, die sich abgehängt, resigniert, außen
vor gelassen, arm fühlen oder erleben oder dies auch
sind, Stimme gibt?

Ohne dass das schulmeisterlich sein soll, will ich zu-
nächst gern in zwei Richtungen fragen. Bei Ihnen von
der FDP ist mir aufgefallen, dass Sie zu Armut sprechen
sollten, aber über Systempolitik der FDP räsoniert ha-
ben.

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(C (D (Rainer Brüderle [FDP]: Das hängt zusammen! – Dirk Niebel [FDP]: So was kommt von so was! Das ist Ergebnis der falschen Politik!)


ei Ihnen ist nicht spürbar, ob Sie als Partei eigentlich
erken, dass es ein Signal an die Gesellschaft und auch

n die Menschen in Armut, ohne Ausbildung und ohne
rbeit sein könnte, wenn Sie sagen würden: Wir von der
DP wissen, wie viele Selbstständige wir vertreten, die
uf uns ihre Hoffnung richten.


(Dirk Niebel [FDP]: Sie übersehen, dass uns sehr viele Arbeitslose wählen! Das sind die Arbeitslosen, die von Ihrer falschen Politik frustriert sind!)


ir sind Treuhänder dafür, dass wir in diese Gruppe der
elbstständigen hinein die Botschaft geben: Überlegt
inmal, zweimal, dreimal, ob ihr als diejenigen, die viel-
ach kleine Betriebe – eins bis 20 Beschäftigte – führen,
och eine Lehrstelle mehr mobilisieren könnt!


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


as wäre ein soziales Anliegen der FDP. Das könnte ein
ignal sein, das Sie aus dieser Debatte geben.

Ich lasse Sie jetzt gern allein, bitte aber trotzdem da-
um, dass Sie das in einer Armutsdebatte, die in einer
esellschaft etwas bewegen soll, aufnehmen; denn wir

tehen doch auch für Parteien, an die die Menschen Er-
artungen und Wünsche haben.

Kollege Gysi, Ihnen will ich sagen: Der Hinweis
20 Prozent in Ostdeutschland, 4 Prozent in West-
eutschland“ ist richtig. Aber ist das eine rein materielle
etrachtung oder geht es auch um die Mentalität und die
offnung? Das schwingt bei Ihnen durch; aber ich bin
ir nicht sicher, ob Sie, wenn Sie den Anspruch haben,
etriebsrat, Sprachorgan derjenigen, die sich dort abge-
ängt fühlen, zu sein, wirklich so handeln, wie es Be-
riebsräte tun: Sie sagen auch Wahrheiten;


(Dirk Niebel [FDP]: Sind Sie eigentlich der Lehrer, der hier die Noten für alle anderen verteilt, oder was? Der Lehrer hat doch vorhin gesprochen!)


ie sagen zum Beispiel, was sich verändert und wie man
ich auf diese Veränderungen einstellen muss. Sie sagen
en Leuten nicht nur, dass sie den Status des Opfers ha-
en,


(Beifall bei der SPD)


ondern sie gehen in diese Kreise der Bevölkerung und
agen den Menschen, wie sie – bei allen Schwierigkei-
en; da will ich jetzt nichts schönreden – aus der Opfer-
olle in eine mitgestaltende Rolle kommen können.

Wir finden, diese Erwartung muss an eine solche De-
atte geknüpft werden können. An die Politik besteht die
rwartung, dass Wahrheiten ausgesprochen werden, und
it ihr werden Hoffnungen verknüpft. Damit muss sich

ie Politik selbstkritisch befassen.

Ich will, weil das von uns erwartet wird, sagen, dass
ir in Bezug auf das Grundprinzip des Förderns und






(A) )



(B) )


Dr. Ernst Dieter Rossmann
Forderns bei Hartz IV sicherlich keine Abstriche zu ma-
chen haben. Wir müssen als Sozialdemokratie allerdings
sehr wohl überlegen, ob wir in Bezug auf die Weiterbil-
dung, die Qualifizierung, die Umschulung, das Geben
von Chancen zusammen mit den Grünen zu weit gegan-
gen sind und ob wir dort selbstkritisch in eine Revision,
in neue Überlegungen eintreten müssen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Weil wir merken, dass Armut ein weit gespanntes
Feld ist, will ich umgekehrt fragen, ob wir tatsächlich
wissen, wie wichtig es ist, eine Wohnung zu haben, die
bezahlbar ist. Wir sollten überlegen, ob wir gemein-
schaftlich, als neues Zentrum, Wohnungsbestände nicht
so sehr als Kapitalverwertung, als attraktiv für interna-
tionale Fonds, sondern als für die betroffenen Menschen
wichtig sehen sollten. Sonst geht es ganz schnell nur
noch um Finanzprodukte und REITs. Die Frage ist: Ist
uns der Mieterbund oder die Deutsche Börse wichtig?


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Man muss die CDU/CSU natürlich fragen – obwohl
Herr Weinberg das, wie ich finde, schon sehr differen-
ziert angesprochen hat –, ob wir bestimmte gemeinsame
Grundprinzipien nicht zusammen vertreten können, bei-
spielsweise die Bildung in Kindertagesstätten und Krip-
pen, statt sie negativ zu werten, als Unterstützung für
frühkindlichen Aufwuchs zu sehen. Das gilt auch für
Bildung, Ganztagsschulen und längeres gemeinsames
Lernen.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605710500

Herr Kollege, ich darf Sie an die Redezeit erinnern.


Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1605710600

Dies kann das Ergebnis einer solchen Debatte wer-

den, weil wir dann anders sprechen, weil wir uns dann
vielleicht auch einen Ruck geben müssten, mehr mit den
Betroffenen zu sprechen. Ich habe einen Wunsch: dass
die Kanzlerin beispielhaft –


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605710700

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist abgelaufen.


Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1605710800

– bei einer Tafel, einem sozialen Dienst ist und zeigt,

wie man sich dem zuwendet.

Außerdem möchte ich, dass wir ein Klima haben, –


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605710900

Herr Kollege, ich muss Sie noch einmal an die Rede-

zeit erinnern!


Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1605711000

– in dem auch diejenigen, um deren Anliegen es geht,

den Ton der Debatte mitbestimmen können.

Danke schön.

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(C (D (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605711100

Die Aktuelle Stunde ist damit beendet.

Wir kommen zu den Tagesordnungspunkten 5 a bis 5 c:

a) Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten
Hans-Josef Fell, Cornelia Behm, Winfried
Hermann, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Gestaltung einer ergebnisoffenen transparen-
ten Endlagersuche mit großer Öffentlichkeits-
beteiligung

– Drucksachen 16/1605, 16/2690 –

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Hans-
Josef Fell, Cornelia Behm, Ulrike Höfken, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion des BÜND-
NISSES 90/DIE GRÜNEN

Umgehend Konzept für eine ergebnisoffene
Standortauswahl für ein nationales Atommüll-
endlager vorlegen

– Drucksache 16/2790 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit (16. Ausschuss) zu dem
Antrag der Abgeordneten Angelika Brunkhorst,
Michael Kauch, Horst Meierhofer, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion der FDP

Offene Fragen zur Entsorgung radioaktiver
Abfälle klären – Verantwortung für nachfol-
gende Generationen übernehmen

– Drucksachen 16/267, 16/1462 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Maria Flachsbarth
Christoph Pries
Angelika Brunkhorst
Hans-Kurt Hill
Sylvia Kotting-Uhl

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich sehe dazu kei-
en Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort der
ollegin Renate Künast von der Fraktion des Bündnis-

es 90/Die Grünen.


Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605711200

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die

rage, die sich angesichts eines atomaren Endlagers
tellt, ist keine geringe. Sie lautet: Ob und wie kann man






(A) )



(B) )


Renate Künast
hoch radioaktiven Müll für mehr als 1 Million Jahre von
der Biosphäre fernhalten und damit Sicherheit schaffen?
Das ist die Frage, die jeder Wissenschaftler über alles
setzt.

An dieser Stelle könnte man sagen, das sprengt ei-
gentlich unser aller Vorstellungskraft.

Ich will einmal einen Vergleich mit den Pyramiden
anstellen, um zu verdeutlichen, worum es geht. Diese
Bauwerke wurden vor sehr langer Zeit errichtet. Wir be-
wundern, dass sie nur unter Zuhilfenahme des Hebel-
prinzips gebaut wurden und nach so vielen Jahren noch
existieren. Der Vergleich eines Endlagers mit den Pyra-
miden hinkt aber. Warum? Die Pyramiden existieren seit
ungefähr 5 000 Jahren. Die Aufgabe, vor der wir jetzt
aber stehen, nämlich ein atomares Endlager zu errichten,
ist damit nicht zu vergleichen. Denn bei einem Endlager
geht es nicht um einen Zeitraum von 5 000, 10 000 oder
20 000 Jahren, sondern um einen Zeitraum von mehr als
1 Million Jahren, in dem die Bausubstanz erhalten wer-
den muss, um den hoch radioaktiven Müll sicher zu la-
gern.

Ich wundere mich, dass an dieser Stelle vonseiten der
Regierung keinerlei Vorlage kommt, obwohl die Haus-
aufgaben eigentlich schon alle gemacht sein müssten.
Das Ganze droht offenbar schon wieder im Klein-Klein
und Koalitionshickhack zwischen Gabriel und Glos un-
terzugehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wenn die vorherige Bundesregierung unter grüner
Beteiligung nicht den Atomausstieg organisiert hätte,
wäre das Problem heute noch viel größer. Wegen des
Atomausstiegs ist die Masse an hoch radioaktivem Ma-
terial relativ begrenzt. Wir werden aber endgültig im
Jahr 2030 ein Lager für hoch radioaktiven Abfall brau-
chen, weil dann die Zwischenlagerung nicht mehr funk-
tioniert. Wir werden auf der Basis des Atomausstiegs zu
diesem Zeitpunkt 24 000 Kubikmeter hoch radioaktiven
Müll und 256 000 Kubikmeter schwach- und mittelra-
dioaktiven Müll haben. Die Grundlage für eine sichere
Lagerung muss aber heute gelegt werden. Deswegen
frage ich: Herr Glos und Frau Merkel, wo bleibt die ent-
sprechende Vorlage?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das ist keine einfache Aufgabe, zumal weltweit gesehen
bisher noch kein genehmigtes Endlager existiert.

Wir wissen: Ein Endlager muss maximale Anforde-
rungen erfüllen. Für den Schutz von Mensch und Um-
welt muss es mehr als 1 Million Jahre Bestand haben. Es
muss sich um ein bestmögliches Endlager in tiefen geo-
logischen Formationen handeln. Um sicherzustellen,
dass keine Radioaktivität in die Biosphäre gelangt und
dass die Menschen damit nicht in Berührung kommen,
muss man auf die Beschaffung der Oberfläche achten.
Außerdem muss man beachten, wie die Nutzung dieses
Bereichs in 100 000 oder 200 000 Jahren aussehen
könnte, wie die Klimaveränderungen sein werden und
auf welchen Stand das Wasser steigen könnte. Kurz ge-
sagt: Man muss alle Szenarien durchdenken. Auf dieser

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(C (D asis und unter Beachtung der möglichen veränderten utzung durch den Menschen muss man ein sicheres ndlager schaffen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Michael Kauch [FDP]: Was haben Sie denn in sieben Jahren Regierung gemacht?)


Was wir in sieben Jahren Regierung gemacht haben,
erde ich Ihnen gleich erzählen. Ich bitte Sie, diese
rage nachher auch den SPD-Rednern zu stellen.


(Otto Fricke [FDP]: Das machen wir gerne!)


ir wissen ja – die FDP vielleicht nicht –, dass zu einer
oalition immer zwei gehören.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU – Michael Kauch [FDP]: Manchmal auch drei!)


Ich weiß, in Zukunft gehören drei dazu. Vielleicht wer-
en Sie eines schönen Tages dazu gehören.

Die Argumente der Gegner spiegeln nicht die ganze
ahrheit wider. Sie behaupten erstens, man habe bereits

ine Lösung, und zweitens, es gebe eine sichere Lösung.
ch will darauf hinweisen, dass beide Behauptungen
alsch sind. Der Salzstock in Gorleben und der Schacht
onrad für den mittelradioaktiven Müll sind nicht aus
icherheitserwägungen vorgeschlagen worden. Außer-
em sind beide bis heute noch nicht endgültig auf ihre
auglichkeit geprüft worden. Ich war vor Ort und habe
ich informiert.


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Ich war auch da!)


s wurde mir gesagt, diese Standorte seien noch nicht
ndgültig geprüft und man habe noch nicht einmal rich-
ig mit der Prüfung angefangen.


(Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Wer hat denn das Moratorium gemacht?)


Beide Standorte sind aus ökonomischen Interessen
orgeschlagen worden. Der Schacht Konrad war finan-
iell nicht mehr lukrativ. Deswegen gab es den Vor-
chlag, ihn zum Endlager umzufunktionieren. Die Re-
ion Wendland und der Landkreis Lüchow-Dannenberg
ind, was Arbeitsplätze anbelangt, schwach aufgestellt.
eshalb wurde dieser Vorschlag gemacht. Wir setzen

ber auf einen offenen Prozess bei der Endlagersuche.
abei dürfen keine Rücksichten genommen werden.
arum? Meine Sorge, wenn ich auf die Industrie blicke,

st, dass hier wieder nur Preisdrückerei passiert oder
ach dem Sankt-Florians-Prinzip verfahren wird. Leute
ie Herr Koch oder Herr Stoiber wollen zwar Atom-
raftwerke betreiben, sogar länger als der Konsens vor-
ieht, wenn es aber um das Suchen von Lagern geht, hei-
en sie alle Sankt Florian. Das Sankt-Florians-Prinzip
autet: Heiliger Sankt Florian, verschon’ mein Haus,
ünd’ andere an. Ich sage Ihnen, wer Atomkraft will und
ehauptet, das sei kein Problem, ist der Erste, der in sei-
em Bundesland auch eine Suche zulassen muss.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)







(A) )



(B) )


Renate Künast
Ich vermute an der Stelle eine Preisdrückerei. Wa-
rum Preisdrückerei? – Weil man natürlich das Interesse
hat, für die unabhängige Suche keine weiteren Gelder
auszugeben. Deshalb möchte man es am liebsten gleich
beim Salzstock in Gorleben oder beim Schacht Konrad
belassen.

Ich sage Ihnen ganz klar, die Vorarbeiten sind ge-
macht. Die Vorgängerregierung hat über den AkEnd
– national und international viel beachtet – Auswahlkri-
terien vorgelegt. Sie wurden von Atomkraftgegnern und
Atombefürwortern zusammen erarbeitet. Da geht es da-
rum, bis 2030 den bestmöglichen Standort zu haben.

Was ist der bestmögliche Standort? Das ist einer, bei
dem Sicherheit wirklich vor Finanzfragen oder anderen
ökonomischen Fragen geht; bei dem man auf der höchs-
ten Ebene der geowissenschaftlichen Erkenntnisse ist;
bei dem man ein bundesweites Auswahlverfahren durch-
führt; bei dem klar ist, dass es eine Verursacherverant-
wortung gibt. Das heißt, die Betreiber, die den Abfall er-
zeugt haben, müssen die Suche und den Betrieb des
Standortes finanzieren.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Ein weiterer Punkt ist: Wir brauchen ein echtes Bür-
gerbeteiligungsverfahren und am Ende die abschlie-
ßende Entscheidung durch den Deutschen Bundestag.
Wir reden hier nicht über einen Komposthaufen, den
man nach Wochen oder Monaten einmal umgräbt oder
an eine andere Stelle versetzt. Wir reden hier über hoch
radioaktiven, lebensgefährlichen Müll, der über 1 Mil-
lion Jahre gelagert werden muss.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605711300

Frau Kollegin, ich muss Sie auf Ihre Redezeit hinwei-

sen!


Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605711400

Das ist mein letzter Satz.

Ich bitte in Richtung Regierungsfraktionen an der
Stelle um eines: Beantworten Sie unsere Fragen hier in
der Debatte nicht so, wie Sie das in der Beantwortung
unserer Großen Anfrage getan haben. Bei 31 Fragen ha-
ben Sie elfmal plump auf die Antwort zu Frage zwei ver-
wiesen. Dort steht:

Nach dem Koalitionsvertrag beabsichtigt die Bun-
desregierung, die Lösung der sicheren Endlagerung
radioaktiver Abfälle zügig und ergebnisorientiert
anzugehen.

Meine Damen und Herren, wir brauchen nicht den Ver-
weis auf die Antwort zu Frage zwei, sondern wir brau-
chen endlich einen Gesetzentwurf, damit ab 2030 eine
sichere Lagerung möglich ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605711500

Das Wort hat jetzt die Kollegin Dr. Maria Flachsbarth

für die CDU/CSU-Fraktion.

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(C (D Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und erren! Die Debatte um die Errichtung von Endlagern ür atomaren Müll in Deutschland dauert schon Jahrehnte. Es scheint mir, dass dabei die Fakten leicht urcheinander geraten. Deshalb möchte ich zunächst inmal den Status quo feststellen: Derzeit stehen als potenzielle Endlager zwei Standrte im Mittelpunkt der Diskussion: für schwachund ittelradioaktive Abfälle der Schacht Konrad und für och radioaktive Abfälle das Erkundungsbergwerk Goreben. Aus physikalischen Gründen brauchen die beiden orten Abfälle nämlich unterschiedliche Lagerbedingunen. Wie der Präsident des Bundesamtes für Strahlenchutz noch gestern im Umweltausschuss ausführte, gibt s im Schacht Konrad seit 1975 Voruntersuchungen; 982 wurde bei der zuständigen Behörde, dem niederächsischen Umweltministerium, der Antrag auf Planeststellung gestellt; 1992/93 fand ein nach Aussage von räsident König sehr aufwendiger Erörterungstermin mit roßer Öffentlichkeitsbeteiligung statt; 2002 erfolgte der lanfeststellungsbeschluss durch den damaligen niederächsischen Umweltminister Jüttner der Regierung abriel und bis März 2006 wurden die gerichtlichen An echtungen dieses Beschlusses vor dem OVG Lüneburg erhandelt. Dies bestätigte den Planfeststellungsbechluss in vollem Umfang und wies alle Klagen ab. Gegen die Nichtzulassung der Revision liegen derzeit och Klagen beim Bundesverwaltungsgericht vor. Sollen diese abgewiesen werden, könnte die Umrüstung des chachtes zum Endlager erfolgen. Bundesumweltminister Gabriel hat in seiner Presserklärung zum Urteil des OVG unmissverständlich geagt, dass das Urteil des OVG ein Endlager sehr wahrcheinlich mache, zunächst aber die Entscheidung über ie Revisionsnichtzulassungsbeschwerde abzuwarten ei. Das Letztere ist aus Respekt vor den Klägern und em Gericht selbstverständlich. Ich gehe davon aus, dass ie Bundesregierung nach Vorlage des Urteils zügig hanelt. Nun zum Erkundungsbergwerk Gorleben. 1977 bechloss die Bundesregierung Schmidt, Gorleben als Endagerstandort zu erkunden. Vorausgegangen waren ein uswahlverfahren der Bundesregierung, die 26 ver chiedene Standorte in Betracht zog, und eine Untersuhung von mehr als 140 Salzstöcken durch die niederächsische Landesregierung, die schließlich Gorleben ur intensiven Erkundung vorschlug. Seit 1979 wird der alzstock oberirdisch und seit 1986 auch unterirdisch ntersucht. 1979 fand zudem unter der Regierung lbrecht in Niedersachsen das Gorleben-Hearing zur tandortentscheidung statt. Das war eine aufwendige, ine Woche dauernde öffentliche Anhörung, die auch om Niedersächsischen Landtag begleitet wurde. Seit 000 ist die Erkundung durch das Moratorium, das im ahmen des Atomausstiegs vereinbart wurde, unterbrohen, um so genannte Zweifelsfragen abzuarbeiten. Dr. Maria Flachsbarth Angesichts dieser Fakten mutet die Endlagerdebatte in Deutschland manchmal etwas irreal an. So wird darauf verwiesen, es habe eine willkürliche Standortauswahl gegeben und der Untersuchung hätten keine nachvollziehbaren Kriterien zugrunde gelegen. Tatsächlich aber haben die Bundesrepublik Deutschland und das Land Niedersachsen verschiedene Standorte in Betracht gezogen. An den Standorten Schacht Konrad und Gorleben ist seit mehr als 20 Jahren für ein Gesamtkostenvolumen von mehr als 2 Milliarden Euro erkundet worden. Kein Mensch konnte mir bislang erklären, wie man so lange für so viel Geld Dinge untersuchen kann, ohne zu wissen, was man eigentlich untersucht. In jüngster Zeit wurde immer wieder gesagt – wir haben es gerade wieder gehört –, man suche nicht einen geeigneten Standort, wie es im Atomgesetz steht, sondern den bundesweit bestmöglichen Standort. Man könnte ja an zwei oder drei anderen Standorten oberoder unterirdische Erkundungen durchführen. Wer wollte dem angesichts einer Technologie, die tatsächlich besondere Sicherheitsanforderungen stellt, denn nicht spontan zustimmen? Ich frage aber: Versprechen wir den Menschen nicht etwas, was wir letztendlich gar nicht halten können? Ich habe bislang von niemandem gehört, dass Alternativuntersuchungen in dem gleichen Umfang wie an den Standorten Gorleben und Schacht Konrad durchgeführt werden sollen. Der Präsident des BfS nannte gestern im Ausschuss einen erforderlichen Zeitraum von lediglich fünf bis sechs Jahren. Wie können diese Daten dann aber vergleichbar sein mit denen, die über 20 Jahre an den beiden bislang intensiv untersuchten Standorten erhoben worden sind? Und wenn doch intensiver untersucht werden soll: Wer soll das finanzieren? Das Atomgesetz sieht in § 21 b vor, dass der notwendige Aufwand zur Suche, zur Errichtung und zum Betrieb von Endlagern von den Kraftwerksbetreibern zu leisten sei. Ist aber die Suche nach einem alternativen Endlager notwendiger Aufwand? Das OVG Lüneburg hat in seinem Urteil zum Schacht Konrad festgestellt, dass ein Mangel nicht darin bestehe, „dass alternative Standorte nicht umfassend und vergleichend untersucht worden sind. Ein derartiges Standortsuchverfahren ist nach den geltenden atomrechtlichen Bestimmungen nicht vorgesehen.“ Wenn man nun dennoch verschiedene Standorte eingehend untersuchen würde – in Deutschland kommen wohl nur Tonund Salzbergwerke infrage –, käme man auch dann nicht zu einer eindeutigen Aussage. Für einige Anforderungen der atomaren Endlagerung ist Ton besser geeignet und für andere Salz. Selbst wenn man zwei Salzstandorte miteinander vergliche: beim einen ist die Ausdehnung des Salzstocks besser, beim anderen seine tiefe Lage unter der Oberfläche, beim dritten seine Abdeckung, also das so genannte Deckgebirge. Angesichts dessen kann man nicht sagen, der eine Standort ist am besten geeignet. Man kann nur sagen, ob ein Standort geeignet ist oder nicht. e g Z 4 s n Z r s w n d b d e „ d c E c a d h d e d g s w s S s E i b g P r m s d d k n G m (C (D (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Dr. Maria Flachsbarth (CDU):
Rede ID: ID1605711600

(Zuruf von CDU/CSU: Hört! Hört!)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die Bundesregierung hat immer wieder betont, dass
s bis 2030 ein Endlager für hoch radioaktive Abfälle
eben werde. Das ist auch deshalb erforderlich, da die
wischenlager und die Castorbehälter lediglich für
0 Jahre genehmigt sind und niemand wollen kann, dass
ie über diesen Zeitpunkt hinaus Bestand haben. Wenn
och andere Standorte erkundet werden sollen, so ist der
eitpunkt 2030 für ein funktionierendes Endlager uner-

eichbar.

Der Vorschlag der Union lautet deshalb: Das Ver-
uchsbergwerk Gorleben muss zügig zu Ende erkundet
erden. Das dauert noch circa zwei bis drei Jahre. Da-
ach ist eine Langzeitsicherheitsanalyse in Vorbereitung
es Planfeststellungsverfahrens erforderlich. Die erho-
enen Daten müssen bewertet werden. Dafür ist – wie-
erum nach Angaben von Präsident König von gestern –
in Zeitraum von acht bis zehn Jahren erforderlich.

Das BfS unterstreicht in seinem Synthesebericht
Wirtsgesteine im Vergleich“ vom November 2005 aus-
rücklich, dass ein Nachweiskonzept für die Langzeitsi-
herheit verfügbar ist und die Sicherheit eines möglichen
ndlagers nur mit standort- und anlagenspezifischen Si-
herheitsanalysen ermittelt werden kann.

Dabei könnte der am 3. September 2006 in der „Welt
m Sonntag“ gemachte Vorschlag des Umweltministers,
urch internationale Gutachter internationale Sicher-
eitsstandards anlegen zu lassen, helfen, eine Analyse,
ie Entscheidungsgrundlage für die Politik sein kann, zu
rhalten. Machen wir uns nichts vor: Entscheiden und
ie politische Verantwortung für die Auswahl des Endla-
ers übernehmen muss der Deutsche Bundestag. Dazu
ind wir Abgeordnete der großen Koalition – ich ver-
eise auf unseren Koalitionsvertrag – bereit.

Sollte die Langzeitsicherheitsanalyse für Gorleben
prechen, dann sollten wir uns für Gorleben entscheiden.
pricht sie gegen diesen Standort, so muss selbstver-
tändlich ein anderer Standort gesucht werden.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann können wir gleich damit anfangen!)


rst danach beginnt das Planfeststellungsverfahren, das
m Fall von Schacht Konrad 20 Jahre gedauert hat und
ei dem selbstverständlich eine umfangreiche Beteili-
ung der Öffentlichkeit vorgesehen ist. Dann wird der
lanfeststellungsbeschluss sicherlich noch einmal ge-
ichtlich überprüft werden. Das Zieldatum 2030 ist aus
einer Sicht ohnehin kaum noch zu erreichen.

Doch das soll uns nicht daran hindern, den vorge-
chlagenen Weg zu gehen. Sorgfalt und Sicherheit gehen
abei vor Termindruck. Doch wir sollten jetzt zügig an
er Lösung der Probleme arbeiten, auch um der Bevöl-
erung vor Ort endlich Sicherheit hinsichtlich der Pla-
ungen der Politik zu geben.

Die Bevölkerung in Gorleben und der Samtgemeinde
artow trägt seit über 30 Jahren an ihrer Bereitschaft,
öglicherweise ein nationales Endlager bereitzustellen.






(A) )



(B) )


Dr. Maria Flachsbarth
Bei jedem Castortransport führen großenteils angereiste
Demonstranten zu teilweise erheblichen Behinderungen
des öffentlichen Lebens. Dennoch haben die Gemeinde
Gorleben und die Samtgemeinde Gartow im Herbst 2005
in einem Brief an die Verhandlungsführer der großen
Koalition gefordert, die Erkundung zügig fortzusetzen.
Die kommunalen Mehrheitsverhältnisse, die diesen
Brief tragen, sind bei der Kommunalwahl vor drei Wo-
chen eindrucksvoll bestätigt worden.

Wir sollten uns unserer nationalen Verantwortung für
die sichere Endlagerung radioaktiver Abfälle stellen, die
Lösung dieser Frage zügig und ergebnisorientiert ange-
hen und noch in dieser Legislaturperiode zu einem Er-
gebnis kommen, so, wie der Koalitionsvertrag es vor-
sieht.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605711700

Nächste Rednerin ist die Kollegin Angelika

Brunkhorst, FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Angelika Brunkhorst (FDP):
Rede ID: ID1605711800

Frau Präsidentin! Sehr geehrten Damen und Herren!

Ich muss mich wirklich wundern. Frau Künast, ich emp-
fehle Ihnen dringend, die Chronologie zu lesen, die vom
BfS im Jahr 2005 in dem Bericht „Endlagerung radio-
aktiver Abfälle als nationale Aufgabe“ erstellt wurde.
Dort werden Sie Antworten darauf finden, wonach Sie
heute gefragt haben. Herr Trittin – dahinten sitzt er –
muss ja ständig zusammengezuckt sein;


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Entscheidung trifft nicht das BfS!)


denn Sie haben hier die Hinterlassenschaft Ihrer Politik
kritisiert. Das haben Sie gerade getan und nichts anderes.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)


Kommen wir zum Thema. Wir brauchen endlich eine
Lösung für das Problem der Lagerung der bereits in er-
heblichem Maße angefallenen radioaktiven Abfälle. Das
ist allen im Hause klar. Ich denke, dass wir eine baldige
Endlagerung für die schwach- und mittelradioaktiven
Abfälle in Sicht haben. Sie ist greifbar nahe. Denn wir
haben bereits einen Planfeststellungsbeschluss für den
Schacht Konrad. Dieser Planfeststellungsbeschluss ist
unter der Ministerpräsidentschaft von Herrn Gabriel in
Niedersachsen entstanden. Es stehen natürlich noch ei-
nige rechtliche Beschwerden aus. Aber ich habe die
Hoffnung, dass das Verfahren Ende des Jahres abge-
schlossen sein wird. Dann können wir unter Umständen
Anfang nächsten Jahres mit dem Bau von Schacht
Konrad beginnen. Ich bin in dieser Hinsicht sehr zuver-
sichtlich.


(Beifall bei der FDP)


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(C (D Äußerst dringlich ist den Liberalen natürlich die Löung des Problems der Endlagerung der hoch radioktiven Abfälle, auch wenn diese insgesamt gerade einal 10 Prozent aller radioaktiven Abfälle ausmachen. ie Menge von etwa 25 000 Kubikmeter wurde genannt. ch denke, trotz alledem stellt sich die Sachlage so dar, ass die Untersuchungen im Erkundungsbergwerk orleben bereits weit fortgeschritten sind. Die Situation urde ja so dargestellt, als wäre überhaupt noch nichts assiert. Deswegen möchte ich sie hier noch einmal darstellen. as Erkundungsbergwerk Gorleben besteht seit 1977. wei Drittel aller anstehenden Arbeiten sind bereits erleigt. In Gorleben wird eine Konditionierungsanlage gerüft und dort wird zwischengelagert. Die finanziellen ufwendungen sind von der Kollegin Flachsbarth be eits genannt worden. Sie liegen mittlerweile bei Milliarden Euro. Dort ist also schon einiges geleistet orden, nicht nur wissenschaftlich, technisch und von er Expertise her, sondern auch finanziell. Deswegen ist es für mich unerklärlich, dass Sie, Herr abriel, am Moratorium festhalten. Denn wir haben die o genannten zwölf Zweifelsfragen, die vom damaligen mweltminister Trittin in Auftrag gegeben wurden, abearbeitet und 2005 als geklärt bewertet. Liebe Kolleginnen und Kollegen vom Bündnis 90/ ie Grünen, Sie reklamieren in Ihrem Antrag Transpa enz. Das finde ich gut, aber auch erstaunlich, weil Sie iejenigen sind, die im September 2005, als es darum ing, das Ergebnis der Klärung dieser zwölf Zweifelsfraen offen und transparent darzustellen, einen Workshop inter verschlossenen Türen gemacht haben. (Michael Kauch [FDP]: Aha! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir wollten Ihnen nicht das Wahlkampfargument geben! Was war denn noch im September 2005? Sie sind nur neidisch, dass Sie nie regieren dürfen!)


(Beifall bei der FDP)


Aha, so war das.

Als Stand der Dinge ist zu konstatieren: Die Bewer-
ungen der Experten von GRS, DBE und BGR fallen so
us, wie es auch gestern von Herrn König, dem Präsi-
enten des BfS, bestätigt wurde – das wiederhole ich na-
ürlich gerne –: dass die grundsätzliche Eignungshöffig-
eit des Salzstockes Gorleben


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Die „grundsätzliche“!)


icht infrage zu stellen ist und die fachliche Aussage der
xperten weiterhin Bestand hat, dass es aus wissen-
chaftlicher Sicht überhaupt keinen Anhaltspunkt dafür
ibt, eine der in Deutschland vorkommenden Wirtsge-
teinformationen – Granit, Ton und Salz – zu favorisie-
en.


(Ulrich Kelber [SPD]: Das vollständige Zitat! Alle Teile bitte! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja eine tolle Angelika Brunkhorst Nummer! Auf anderen immer herumhacken, aber selber nicht zu Ende lesen können! Wollen Sie nicht oder können Sie nicht?)





(A) )


(B) )


Ich möchte aus Sicht der Liberalen an Herrn Minister
Gabriel appellieren: Das „Moratorium Gorleben“ muss
aufgehoben werden. Dieser Schritt ist längst überfällig.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ulrich Kelber [SPD]: Er hat auch gesagt, es spricht nichts für die Eignung von Gorleben!)


– Drei Mitglieder Ihrer Fraktion werden zu diesem Ta-
gesordnungspunkt sprechen. Sie können dann auf meine
Ausführungen eingehen.


(Ulrich Kelber [SPD]: Ja! Er hat aber auch gesagt, dass nichts für den Standort Gorleben spricht! Das muss doch als Zwischenruf erlaubt sein!)


– Wenn wir den Salzstock Gorleben weiter erkunden,
werden wir sehen, ob er geeignet ist. Wir wollen ihn
doch auch weiterhin erkunden, Herr Kelber.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Der Herrgott erhalte die Scheuklappen! Denn dann muss man nicht so viel sehen!)


Herr Gabriel hat in den letzten Stellungnahmen, die er
im Umweltausschuss abgegeben hat, formuliert, dass
noch Handlungsbedarf besteht. Er hat einen weiteren
Synthesebericht angefordert und gesagt, dass er weitere
Sicherheitskriterien aufstellen möchte.

Diese Aussagen sind für uns nebulös. Daher hake ich
jetzt an einer Stelle nach, an der Frau Flachsbarth bereits
sehr weit in die Tiefe gegangen ist: Wir untersuchen das
seit 20 Jahren und haben auch wissenschaftlichen Sach-
verstand einfließen lassen. Es wird doch wohl irgend-
welche Sicherheitskriterien gegeben haben. Es kann
doch nicht ohne jegliche Basis und ohne Anforderungen
geforscht worden sein. Es geht um Sicherheitsaspekte.
Das gilt für die letzten 20 Jahre, für heute und natürlich
auch für die Zukunft. Worum soll es denn sonst gehen?

Herr Gabriel, da Sie Ihre Rede gleich im Anschluss
halten, möchte ich Sie ganz ernsthaft bitten – das ist
keine Polemik –, deutlich zu machen, was ganz konkret
noch fehlt


(Rainer Brüderle [FDP]: Der Mut fehlt!)


und welche Erkenntnisse, über die wir heute noch nicht
verfügen, wir vielleicht daraus werden ziehen können.
Ich bin gespannt.

Manche Vorhaben, die Ihr Vorgänger, Herr Trittin, in
Angriff genommen hat, sind noch nicht abgearbeitet.
Der AK-End-Bericht zum Beispiel ist unter Herrn
Trittin und auch unter der jetzigen Regierung noch nicht
abschließend bewertet worden. Das muss nachgeholt
werden, um eine umfassende Bewertung vornehmen zu
können.

Herr Trittin konnte sich im Hinblick auf ein End-
lagersuchgesetz in der rot-grünen Koalition nicht durch-
setzen. Sie, Herr Gabriel, haben nun ein Standortsuchge-

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(C (D etz in die Diskussion eingebracht. Damals ist das ndlagersuchgesetz auch am Widerstand aus den Reihen er SPD gescheitert. ch denke, dass uns diese Diskussion im Moment überaupt nicht weiterbringt und sie eine reine Verzögeungstaktik ist. Den Gegenwind aus dem Koalitionsauschuss haben Sie bereits verspürt. Wir meinen, dass die Erkundung weiterer Standorte rst dann notwendig und sinnvoll ist, wenn sich nach der eendigung der Erkundungsarbeiten in Gorleben auch ur der geringste Zweifel an der Eignung dieses Standrts ergibt. In diesem Fall – hier kann ich meiner Vorrederin nur zustimmen – werden wir mit der Suche nach inem neuen Standort beginnen müssen. Herr Gabriel, iese politisch hoch brisante Diskussion werden wir fühen müssen. Die Bürger jeder potenziellen Suchortgeeinde werden natürlich mit Recht fordern: Macht erst inmal das zu Ende, was noch offen ist. Sie werden fraen: Warum fangt ihr an anderen Standorten an, obwohl hr den einen noch nicht einmal abschließend bewertet abt? Schauen wir uns die geologische Landkarte von eutschland an: 80 Prozent der potenziellen Wirtsge teinformationen liegen in Niedersachsen. Einige weige liegen in Nordrhein-Westfalen, einige wenige in aden-Württemberg und wenige in Bayern. Die Odyssee ei der Suche nach einem alternativen Standort ist also icht zu rechtfertigen, solange die Untersuchung von orleben nicht abgeschlossen ist. Ich wünsche mir für die Zukunft – ich denke, da bin ch nicht alleine –, dass wir mehr wissenschaftlichen achwuchs für den kerntechnischen und sicherheitstechischen Bereich ausbilden und ihm auch die Chance geen, sein Wissen anzuwenden. Das wird sicherlich zu ehr Sicherheit führen. Frau Kollegin, ich muss Sie auf Ihre Redezeit auf erksam machen. Ja, Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. – Die ntsorgungsfrage wurde in den letzten Jahren verchleppt, zulasten nachfolgender Generationen. Herr Miister Gabriel, ich appelliere an Sie – wir werden das tändig wiederholen, das verspreche ich Ihnen –: Beenen Sie das und zeigen Sie den Mut, konkrete Schritte inzuleiten! (Beifall bei der FDP – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zeigen Sie doch einmal Mut!)


(Ulrich Kelber [SPD]: Was?)


(Beifall bei der FDP)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605711900
Angelika Brunkhorst (FDP):
Rede ID: ID1605712000


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605712100

Bevor ich nun das Wort dem nächsten Redner erteile,

ill ich darauf hinweisen, dass, wie ich gerade sehe,
wei Kollegen aus der Fraktion Die Linke Embleme






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt
tragen, die diesem Saal, dieser Diskussion und diesem
Haus nicht angemessen sind.


(Rainer Brüderle [FDP]: Hakenkreuze tragen die! Unglaublich!)


Ich bitte Sie, Ihre Zeichnungen mit dem durchgestriche-
nen Hakenkreuz abzunehmen.

Nun erteile ich für die Bundesregierung das Wort dem
Bundesminister Sigmar Gabriel.

Sigmar Gabriel, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit:

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das
Thema, das uns heute beschäftigt, ist in der Tat ebenso
schwierig zu lösen, wie es umstritten ist. Um bei Frau
Brunkhorst anzufangen: Wissen Sie, es kommt immer
darauf an, wie man fragt. Wenn man jemanden fragt:
„Bist du einverstanden damit, dass man bei dir zu Hause
nach einem Endlagerstandort sucht?“, sagen in der Regel
hundert Prozent der Betroffenen: Nein.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist schon einmal klar!)


Wenn man dagegen fragt: „Bist du der Auffassung, dass
man den geeignetsten Standort für ein Endlager suchen
muss?“, sagen der letzten Umfrage zufolge mehr als
zwei Drittel der Befragten: Ja, natürlich müsst ihr Alter-
nativen vergleichen.

Eigentlich sagt einem der gesunde Menschenver-
stand, dass man sich nicht auf einen Standort verlassen
kann.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Hans-Kurt Hill [DIE LINKE])


Ich sage gleich etwas dazu, was die internationale Ge-
meinschaft in dieser Frage denkt. Überlegen Sie einmal:
Da wird in den 70er-Jahren angefangen, einen Standort
auf Eignung zu prüfen – mit Wissenschaft und Technik
auf dem Stand der 70er-Jahre –, einen Standort, an dem
hoch gefährliche Stoffe für 500 000 bis 1 Million Jahre,
jedenfalls für einen unvorstellbar langen Zeitraum, si-
cher abgeschlossen werden sollen. Gerade haben Sie ge-
sagt: Es gibt kein Wirtsgestein, das besonders gut geeig-
net ist. Dann ist es doch nur logisch, verschiedene
Wirtsgesteine zu prüfen, um sagen zu können, welches
nach menschlichem Ermessen der sicherste Ort ist, um
radioaktive Abfälle einzulagern. Das ist eine Frage der
Logik, mehr nicht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Wissen Sie, wer das auch logisch findet? Die Vertre-
terinnen und Vertreter aller Parteien aus Baden-
Württemberg – auch der FDP –, die uns, die Bundesre-
gierung, auffordern, sich dafür einzusetzen, dass die
Schweiz, die ein Endlager an der Grenze zu Baden-
Württemberg plant, sich ja nicht auf den ins Auge ge-
fassten Standort festlegt, bevor sie alternative Standorte
daraufhin geprüft hat, ob sie nicht besser geeignet sind.

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(C (D (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ch glaube, dass die Recht haben. Ich glaube, dass die
ürgerinnen und Bürger in Baden-Württemberg einen
nspruch darauf haben, dass wir uns dafür einsetzen. Ich
abe gehört, die Schweizer wollen das auch so machen.
och warum soll das nur für die Baden-Württemberge-

innen und Baden-Württemberger gelten? Das muss
och für alle Deutschen gelten. Man muss einen Stand-
rt nach bestem Wissen und Gewissen wählen, es sei
enn, man hat einen Geheimplan, Frau Brunkhorst, der
autet: Ich will nicht mit diesem Problem belastet wer-
en. Denn natürlich ist es ganz schwierig, jemandem zu
rklären, dass bei ihm vor der Tür nach einem geeigne-
en Standort gesucht wird. Das ist für jeden, der in der
olitik ist, für jeden Kommunalpolitiker ganz schwierig,
nd zwar überall.

Wenn man dem entgehen und das Problem sozusagen
oswerden will, dann kann man nach dem so genannten
ankt-Florians-Prinzip handeln: Heiliger Sankt Florian,
erschon’ mein Haus, zünd’ andere an. Wenn das ausge-
echnet diejenigen tun, die sich für den Ausbau der
ernenergie einsetzen, dann wird es schwierig. Ich
laube, deswegen müssen wir uns etwas redlicher mit
er Frage auseinander setzen.

Frau Kollegin Künast, bei aller inhaltlichen Sympa-
hie für das, was Rot-Grün dort diskutiert hat: Ich fand es
in bisschen mutig, als Sie vorhin gesagt haben, dass wir
mmer noch kein Endlagerkonzept vorgelegt haben.
998 haben Sie dem AK End einen Auftrag erteilt. 2002
urde Ihnen der Bericht übergeben. Auch nach drei wei-

eren Jahren haben Sie sich noch nicht in der Lage gese-
en, ein solches vorzulegen. Ich mache Ihnen das übri-
ens nicht zum Vorwurf. In Ihrer Rede sagten Sie vorhin,
ass das an der Koalition lag, weil es mit den Sozialde-
okraten so schwierig gewesen sei.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das muss man einmal sagen dürfen!)


Das darf man sagen. Wenn es aber in Ihrer Koalition
rei Jahre lang schwierig war, dann darf es in der Koali-
ion von SPD und CDU/CSU mindestens elf Monate
ang schwierig sein. Ich finde, Sie müssen die Elle bei
llen gleich anlegen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber dann! Kommt es jetzt? Die SPD hatte jetzt vier Jahre lang Zeit zum Überlegen!)


Sie wissen, dass das ein schwieriges Thema ist. Wir
ersuchen, das so schnell wie möglich inhaltlich zu klä-
en. Um nur einmal etwas zur Zeitdauer zu sagen: Ich
offe, dass alle wissen, dass wir vor 2030 auch wegen
er notwendigen Abklingphase von Brennelementen
elbst dann nicht zur Einlagerung von hoch radioaktiven
toffen kommen könnten, wenn wir vorher ein Endlager
ätten.

Frau Kollegin Flachsbarth, an Ihrer Argumentation ist
ine Sache nicht ganz logisch. Darüber müssten Sie noch
inmal diskutieren. Sie sagen, dass Sie Gorleben zu






(A) )



(B) )


Bundesminister Sigmar Gabriel
Ende erkunden und dann zehn Jahre lang eine Langzeit-
untersuchung durchführen wollen. Wenn Sie dann fest-
stellen, dass Gorleben nicht geeignet ist, wollen Sie da-
mit beginnen, einen alternativen Standort zu suchen.
Hierdurch ist eines sichergestellt: Bis 2030 schaffen Sie
das mit Ihrem Konzept niemals. Wir sind da auf der si-
chereren Seite. Hier ist ein Bruch in der Logik.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Nein, Sie sind nicht schneller!)


Wie weit sind wir?

Erstens, insbesondere an die Kollegin Künast gerich-
tet: Wie von mir angekündigt, hat das Bundesumwelt-
ministerium den Spitzen der Koalition in diesem Som-
mer – jedenfalls dann, wenn man den September noch
zum Sommer zählt – ein Konzept zur Umsetzung eines
Endlagers in Deutschland zugeleitet. Die Tatsache, dass
Sie das noch nicht haben, spricht für die Qualität der ver-
trauensvollen Zusammenarbeit in der großen Koalition
und nicht gegen sie. Das wollte ich vorsichtshalber nur
einmal anmerken.

Zweitens. Dieses Konzept wird jetzt durch die Koali-
tionsspitzen beraten.

Drittens. Das Konzept wurde übrigens unabhängig
von der aktuellen Laufzeitdebatte geschrieben, formu-
liert und diskutiert. Sie werden Verständnis dafür haben,
dass ich darauf Wert lege.

Eine Randbemerkung zu Schacht Konrad, bevor ich
noch etwas zur Kontroverse um Gorleben sage. Sie wis-
sen, dass ich auch aufgrund meiner Biografie nicht ge-
rade der Vorsitzende des Fanclubs von Schacht Konrad
bin. Ich finde es allerdings ein bisschen problematisch,
wenn sich ein Mitglied der früheren Regierung, der Re-
gierung, die Schacht Konrad nach bestem Wissen und
Gewissen über die zuständige Behörde vorangetrieben
und uns mit Weisungen dazu gebracht hat, dass wir den
Planfeststellungsbeschluss am Ende gefasst haben, jetzt
hier hinstellt und sagt, der Beschluss hinsichtlich
Schacht Konrad sei auf problematische Weise zustande
gekommen. Das würde ich nicht tun.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich muss Schacht Konrad weniger verteidigen als Sie.
Jetzt gilt aber eines – darauf hat Frau Dr. Flachsbarth
hingewiesen –: Es gibt einen Gerichtsbeschluss und eine
Nichtzulassungsbeschwerde dagegen.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt musst du aber auch einmal sagen, wie es weitergeht!)


Wenn darüber entschieden ist, dann wird sich die Bun-
desregierung ohne weitere Verzögerung exakt so verhal-
ten, wie uns das dann durch den Gerichtsbeschluss vor-
geschrieben wird. Das könnten Sie auch nicht anders
tun.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Zu Gorleben. Im Jahre 1974 wurde von der Bundesegierung das Konzept eines nuklearen Entsorgungszenrums vorgestellt. An einem Ort sollten Wiederaufbereing, Brennelementefabrik, Konditionierungsanlagen und ndlager konzentriert werden. In mehreren Auswahlver ahren wurden unter Zugrundelegung nach heutigen aßstäben sehr einfacher Kriterien – das ist die Antwort uf Ihre Frage, Frau Brunkhorst – verschiedene Standrte geprüft. Die Standortauswahl bezog sich dabei ben nicht auf ein Endlager, sondern auf ein Gelände für as geplante nationale Entsorgungszentrum in der Größe on circa 12 Quadratkilometern. Im Jahre 1976 wurde vorgeschlagen, die Standorte eesen-Lutterloh, Lichtenhorst und Wahn im Auftrag es Bundes gleichzeitig und gleichrangig zu untersuhen. Damals war man der Meinung, man müsse Standrte gleichzeitig gegeneinander abgleichen. (Beifall des Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


as war die Position der Bundesregierung. Gorleben
ar damals nicht dabei. Nachdem es an allen drei Stand-
rten zu Protesten gegen die Erkundung kam, wurden
och 1976 die Arbeiten aufgrund von Bedenken der nie-
ersächsischen Landesregierung eingestellt. Niedersach-
en benannte dann später Gorleben als Standort. Schon
amals war Gorleben nicht erste Wahl.

Der Entscheidung für Gorleben liefen Entscheidun-
en mit Standortalternativen voraus, die nicht transpa-
ent waren und sich nur, Frau Brunkhorst, auf ganz we-
ige sicherheitsbezogene Kriterien stützten und nicht
ufgrund von vorher systematisch festgelegten Auswahl-
nd Sicherheitskriterien erfolgten. Bei der Auswahl Gor-
ebens kommt hinzu, dass nicht allein ein Standort für
in Endlager gesucht wurde, sondern die Suche ging,
ie gesagt, weit darüber hinaus.

Ich sage Ihnen: Mit den damals angelegten Kriterien
ür die Auswahl von Gorleben wäre heute das Prozessri-
iko enorm hoch, wenn wir versuchen würden, Gorleben
uf Teufel komm raus durchzusetzen.


(Beifall des Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


er 2030 ein Endlager haben will, der muss bereit sein,
ie Konsequenzen zu ziehen und – jetzt kommt es – in-
ernationale Standards für die Auswahl eines Endlager-
tandorts zugrunde zu legen. Das ist mein Vorschlag.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605712200

Herr Minister, Sie haben Ihre Redezeit zwar schon

napp überschritten. Gestatten Sie gleichwohl eine Zwi-
chenfrage der Kollegin Brunkhorst?

Sigmar Gabriel, Bundesminister für Umwelt, Natur-
chutz und Reaktorsicherheit:

Gerne.


Angelika Brunkhorst (FDP):
Rede ID: ID1605712300

Herr Minister, es geht mir wirklich darum, diese

inge zu verstehen. Deswegen möchte ich Sie einfach





)


(B) )


Angelika Brunkhorst
bitten – das habe ich auch vorhin klar gemacht –: Sagen
Sie mir doch einmal, welch tiefer gehendes Kriterium,
das Sie auf Anhieb benennen können, fehlt. Ich möchte
das gerne nachvollziehen. Auch ich diskutiere mit Ex-
perten. Diese sagen mir, sie könnten nicht erkennen, ob
wir heute bei einer Suche auf der Grundlage von be-
stimmten Kriterien zu anderen Ergebnissen kämen.

Ich möchte Sie auch etwas zur Standortsuche fragen,
die damals im Vorlauf zu Gorleben stattgefunden hat.
Damals sind 140 Standorte untersucht worden. Zudem
erfolgte die Suche bundesweit und nicht nur in Nieder-
sachsen. Ich bitte Sie, das zu berücksichtigen. Der Be-
richt des Bundesamtes für Strahlenschutz ist wirklich
hochinteressant. All das, was ich gerade genannt habe,
steht dort.


(Ulrich Kelber [SPD]: Außer dem, was Sie nicht zitieren!)


Sigmar Gabriel, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit:

Frau Brunkhorst, es geht darum, dass vor der Aus-
wahl des Standortes die Auswahl- und Sicherheitskrite-
rien sowie das Verfahren, nach dem geprüft wird, festge-
legt werden müssen. Auch die internationalen Standards,
die heute gelten, müssen berücksichtigt werden. All das
ist damals nicht passiert.

Als Antwort auf Ihre Frage möchte ich auf die Auf-
forderung der Internationalen Atomenergiebehörde zu
sprechen kommen. Deutschland hat die so genannten
„Safety Requirements: Geological Disposal of Radioac-
tive Waste“ unterschrieben. Im Mai des Jahres 2006 ha-
ben wir von der IAEO einen Bericht bekommen, in dem
wir aufgefordert werden, entsprechend der Konvention,
der wir beigetreten sind, in einem so genannten zweiten
Überprüfungsbericht zu diesem Übereinkommen klare
und transparente Kriterien für die Standortauswahl und
ein Standortauswahlverfahren entsprechend der Praxis in
anderen Ländern mit fortgeschrittenem Endlagerpro-
gramm festzulegen.

Dies interpretiere ich so: Die IAEO ist der Auffas-
sung, dass wir den internationalen Kriterien mit dem,
was wir 1976 für Gorleben getan und bis dahin entwi-
ckelt haben, nicht gerecht geworden sind. Wir haben
aber dazu einen Vertrag unterschrieben. In dieser Situa-
tion befinden wir uns und das ist meine Antwort auf Ihre
Frage.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Ich bin bereit, im Umweltausschuss detailliert darzu-
legen, was noch an Kriterien fehlt und wo wir die
Schwierigkeiten sehen. Ich sage Ihnen noch etwas: Ich
bin nicht dagegen, Gorleben nicht weiter zu erkunden.
Allerdings muss dies unter der Voraussetzung gesche-
hen, dass wir zeitgleich die alternative Standortsuche
nach gemeinsamen und internationalen Kriterien begin-
nen. Ich bin dafür, dass die weitere Erkundung von inter-
nationalen Experten durchgeführt wird. Ich sage Ihnen
auch, warum. In Deutschland sind meines Erachtens in-

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(C (D wischen viel zu viele entweder auf ein Ja oder Nein zu orleben festgelegt. Ich bin sogar dann bereit, Gorleben in Betrieb zu nehen, wenn es auch nur gleich gute Endlager an anderer telle gibt, weil in Gorleben das meiste Geld investiert orden ist. Aber ich finde es fahrlässig, sich in einer rage, bei der es um 1 Million Jahre geht, auf einen 1977 usgewählten Standort zu beschränken. Das halte ich das sage ich offen und von Herzen; es ist kein politi cher Trick – für unverantwortlich. Sie werden keinen iedersächsischen Sozialdemokraten finden, der sich in er Vergangenheit bereit erklärt hätte, Gorleben selbst ann, wenn andere Standorte nur gleich gut geeignet ind, in Betrieb zu nehmen. Bisher sind wir immer vom urden-Sharing ausgegangen oder wie der Bauer sagt: er Mist gehört auf den Bauernhof, auf dem die Kühe tehen. Deswegen waren wir in der Vergangenheit dafür, ass auch andernorts ein Endlagerprojekt betrieben wird. Wenn wir gleich geartete Standorte finden, wird orleben ausgewählt. Aber wir müssen die Standorte ntersuchen. Die Frage ist in der Koalition strittig. Frau rofessor Dr. Flachsbarth hat die Lage völlig richtig gechildert. (Philipp Mißfelder [CDU/CSU]: Sie haben sie habilitiert!)


Habe ich sie gerade habilitiert?


(Zuruf der Abg. Dr. Maria Flachsbarth [CDU/ CSU])


Ich finde, Sie haben es verdient.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)


ch habe aber leider nicht die Möglichkeit dazu.

Ich weiß, dass die Frage strittig ist, Frau
r. Flachsbarth. Ich wollte versuchen zu erläutern, wa-

um wir glauben, dass wir so vorgehen müssen.

Erlauben Sie mir eine letzte Bemerkung. Kaum ein
and der Erde verzichtet bei der Suche nach einem ge-
igneten Endlagerstandort für radioaktive Abfälle auf
in Standortauswahlverfahren und einen Standortver-
leich. Das ist internationaler Standard. Ich finde, dass
ich das Land, das technologisch auf dem höchsten
tand ist und die entsprechende Verantwortung empfin-
et, dem internationalen Standard beugen sollte.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605712400

Nachdem die beiden Kollegen aus der Fraktion Die

inke meiner vorherigen Bitte nicht gefolgt sind, will
ch diese wiederholen und sie auch begründen.

Liebe Kollegen, dieser Raum ist ein Ort, an dem wir
ns mit Argumenten und Wortbeiträgen auseinander set-
en. Es ist kein Ort der Demonstration. Ich bitte, dies
uch zu berücksichtigen und zu beachten. Es ist ein

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(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt
Übereinkommen aller Mitglieder dieses Hauses. Des-
halb bitte ich auch die Mitglieder der Fraktion Die
Linke, sich dieser Bitte nicht zu verschließen. Ansonsten
wird dies im dafür zuständigen Gremium, dem Ältesten-
rat, besprochen werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


Nun erteile ich das Wort dem Kollegen Hans-Kurt
Hill, Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Hans-Kurt Hill (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605712500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Das Ergebnis der Großen Anfrage der Fraktion der Grü-
nen kann man in einem Satz zusammenfassen: In Sachen
Atomendlager gibt es nichts Neues. Aber das kennen wir
auch aus eigener Erfahrung mit unseren Fragen an die
Regierung, die wir im Interesse der besorgten Bürgerin-
nen und Bürger stellen. Der beliebteste Antwortsatz lau-
tet – Frau Künast hat ihn eben zitiert –: „Die Bundes-
regierung beabsichtigt, die Lösung der Endlagerung
zügig und ergebnisorientiert anzugehen.“


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)


Wie lange sollen wir uns das noch anhören? Fangen Sie
endlich an! Ich hoffe, Herr Gabriel, dass Sie es nicht auf
die lange Bank schieben.


(Beifall bei der LINKEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, mit
Ihrem Antrag arbeiten Sie zurzeit die Versäumnisse in
Ihrer eigenen Regierungszeit auf. Das sei kurz zur Erin-
nerung gesagt; es ist schon angesprochen worden. We-
sentlich schöner wäre es gewesen, wenn wir heute ein
Suchkonzept für ein Endlager diskutieren könnten.

Jetzt zu Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von
der FDP. Sie gehen ganz anders an das Thema heran. Sie
machen eine Reise in die Vergangenheit und wollen den
Atommüll in vorhandene Löcher kippen – mit Vorstel-
lungen über Endlager, die 30 Jahre alt sind. Das hat der
Minister eben noch einmal sehr deutlich gemacht. Eine
Vorfestlegung auf Gorleben und Schacht Konrad ist
nicht nur unsachlich, sondern meiner Meinung nach in
der Form auch völlig unverantwortlich.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE])


Mit einem schlüssigen Endlagerkonzept wäre uns wo-
möglich Schacht Konrad erspart geblieben. Ich bin froh,
dass eben vollständig zitiert wurde, was das Bundesamt
für Strahlenschutz wirklich gesagt hat: Man weiß nicht,
ob Gorleben geeignet oder nicht geeignet ist. Was
Schacht Konrad betrifft, müssen die Anwohner zurzeit
alleine für ihr Recht kämpfen. Ich will aber nicht, dass
bei Gorleben das Gleiche passiert, weil keine Alternati-
ven vorgelegt werden.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Statt Antworten zu bekommen, beobachten wir seit onaten ein eigenartiges Spiel. Zuerst erfolgt der Auf chlag von Minister Gabriel: Atomausstieg. Dann ommt die Rückhand von Minister Glos: Ausstieg vom usstieg. Zudem haben wir zahlreiche Zaungäste – zueist aus Hessen und Bayern –, die weitere Bälle aufs pielfeld werfen. RWE und Co. wollen derweil neue pielregeln. Aber eines übersehen Sie bei diesem Zirkus, eine Damen und Herren von der großen Koalition: Die enschen in Deutschland haben Anspruch auf eine Antort auf die Frage, wie es denn nun mit dem Atomaus tieg weitergehen soll. Zur Erinnerung: Die überwältigende Mehrheit in eutschland lehnt die unbeherrschbare Atomenergie ab. (Horst Meierhofer [FDP]: Das hat nichts mit der Endlagerfrage zu tun!)


(Beifall bei der LINKEN)


Wieso hat das nichts mit der Endlagerfrage zu tun? Sie
erden gleich verstehen, was es damit auf sich hat.

Wie gesagt, die überwältigende Mehrheit der Men-
chen in der Bundesrepublik Deutschland lehnt die un-
eherrschbare Atomenergie ab. Daran ändert auch der
opulismus der Atomstromlobby in diesem Hause und
ußerhalb nichts. Die Menschen sind ja nicht dumm. Ein
lick auf die Stromrechnung zeigt ihnen: Trotz abge-

chriebener Kraftwerke ist Energie so teuer wie nie zu-
or. Die Konzerne hingegen machen mit jedem Atom-
eiler pro Jahr 300 Millionen Euro Gewinn. Mit den
tomkraftwerken sichern RWE, Vattenfall und Co. ihre
artellartige Stellung ab. Tatsache ist: Atommeiler kön-
en nur in monopolartigen Strukturen und mit Subven-
ionen betrieben werden. Unter diesen Bedingungen ist
tomstrom aber teuer, wie jeder Stromkunde sieht. Ech-

er Wettbewerb ist Gift für die Atomlobby.

Wer sich bei der Nutzung der Atomenergie auf den
limaschutz beruft, der hat in der Tat fachliche Pro-
leme mit diesem Thema. Im Emissionshandel gibt es
estgelegte Obergrenzen für den Ausstoß von klima-
chädlichen Gasen. Laufzeitverlängerungen bringen also
m Hinblick auf den Klimaschutz gar nichts, weil die
nergieversorger eine festgelegte Menge CO2 ausstoßen
ürfen. Das werden sie – nebenbei gesagt – auch tun.
er Ausstieg aus der Nutzung der Atomenergie ist der

inzig gangbare Weg und grundlegende Voraussetzung,
m das Endlagerproblem anzugehen.

Wenn ich zu Hause meine Badewanne voll laufen
asse, drehe ich den Wasserhahn zu, bevor die Wanne
berläuft.


(Otto Fricke [FDP]: Was machen Sie, wenn die Wanne schon voll ist?)


Dann drehe ich den Wasserhahn ebenfalls zu. Aber das
erstehen Sie leider nicht.

Wir können nicht weiter giftigen Strahlenmüll erzeu-
en, obwohl uns klar ist, dass es über Jahrtausende keine
icherheitsgarantien für hoch radioaktiven Strahlenmüll
ibt.


(Beifall bei der LINKEN)







(A) )



(B) )


Hans-Kurt Hill
Kein Mensch weiß, wie sich die Bedingungen in einem
Endlager über so lange Zeiträume verändern. Die Festle-
gung einer solchen Lagerstätte ist eine gewaltige gesell-
schaftliche Aufgabe. Die Zeit bis 2030 wird bei der Um-
setzung schneller vergehen, als uns lieb ist. Deshalb
erfüllt es uns mit großer Sorge, dass sich die Bundesre-
gierung noch immer nicht in der Lage sieht, grundsätzli-
che Fragen das Endlager betreffend zu beantworten. Wir
sollten uns ernsthaft fragen, warum sich die Regierung
vor der Beantwortung der Fragen nach Transparenz, Er-
gebnisoffenheit und Öffentlichkeitsbeteiligung drückt.

Ich sage Ihnen: Es geht hier nicht um einen Geräte-
schuppen, sondern um ein Endlager für hoch radio-
aktiven, giftigen und gefährlichen Atommüll.

Danke schön.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605712600

Nächster Redner ist der Kollege Philipp Mißfelder,

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Philipp Mißfelder (CDU):
Rede ID: ID1605712700

Frau Präsidentin! Um der Debatte mehr Ernsthaftig-

keit zu verleihen: Herr Kollege Hill, Sie sollten mit Ihren
Vergleichen vorsichtiger sein.


(Zuruf des Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


– Herr Trittin, zu Ihnen komme ich gleich noch. Ihre
Zwischenrufe habe ich schon eingeplant.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie kennen sie doch noch gar nicht!)


Ich freue mich, dass Sie die heutige Debatte mit Ihrer
Anwesenheit bereichern.

Herr Hill, Sie haben den Vergleich mit der Bade-
wanne gewählt. Aber Sie müssen sich schon ernsthaft
mit den Fragen beschäftigen. Unabhängig davon, ob Sie
die Kernenergie fortführen wollen oder nicht, müssen
Sie die Entscheidung über die Endlagerung treffen.
Dazu haben Sie kein schlüssiges Konzept angeboten. Sie
haben die Grünen mit genau diesem Vorwurf kritisiert.
Ich glaube, dass Sie in Ihrer eigenen Partei überlegen
müssen, was Sie eigentlich dazu beitragen wollen, um
dieser Problematik gerecht zu werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Bundesregierung muss schließlich diese Fragen, die
zu Recht gestellt werden, beantworten. Der Bundes-
minister der großen Koalition hat viel von Logik und
fast in philosophischer Manier von logischen Schlüssen
gesprochen. Unter diesem Gesichtspunkt ist es zwingend
logisch, dass das Moratorium in Gorleben aufgehoben
wird.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D ir werden sonst keine ernsthafte und adäquate Antwort uf die Frage des Endlagers finden. Herr Trittin, ich habe Sie auf Ihren Zwischenruf hin ngesprochen. Das Einendlagerkonzept, das die Vorängerregierung vertreten hat und manche immer noch ertreten, halte ich für einen ganz großen Irrtum. Ich öchte Ihnen auch sagen, warum: Der Bundesrech ungshof hat am 27. November 2003 in einem Prüfbeicht die finanziellen Risiken des Einendlagerkonzepts eanstandet. Spätestens da hätte die Vorgängerregierung mdenken und zur Sachdebatte zurückkehren müssen. as Vorgehen Ihres Umweltministeriums sei – ich zi iere – „nicht zielgerichtet, unwirtschaftlich und wenig ransparent“, schrieben die Prüfer damals. Recht haben ie damit. Zudem berge es finanzielle Risiken von meheren Milliarden Euro für den Bundeshaushalt. Ich öchte an dieser Stelle darauf hinweisen, wie ver chwenderisch mit Steuermitteln dort umgegangen woren ist, wie gravierend die finanziellen Folgen dieser inendlagerstrategie für den Bundeshaushalt sind und ass dieses Konzept nicht trägt. Das Geld könnte weitus besser in die Forschung investiert werden. Dann ürde man einen wirklichen Beitrag zur Sicherheit der ernenergie insgesamt – auch weltweit – leisten. (Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der CDU/ CSU: Der Trittin hört nicht einmal zu!)


Warum die Einendlagerstrategie falsch ist, lieferten
ie Rechnungsprüfer in ihrer Begründung gleich mit. In
en geprüften Unterlagen fanden sie keinen einzigen
inweis auf eventuelle wissenschaftlich-technische Vor-

üge der Einendlagerkonzeption. Vielmehr sei Deutsch-
and das einzige Land, das dieses Konzept überhaupt
erfolge. Eindeutiger kann man es gar nicht sagen. Weil
em Bundesumweltminister damals die Argumente aus-
ingen – ich muss mich mit den Grünen beschäftigen;
enn wir behandeln auch ihren Antrag –, haben Sie in
hrer unnachahmlich polemischen Art dem Rechnungs-
of unterstellt, er wolle sich in politische Entscheidun-
en einmischen. Manchmal ist es besser, wenn man auf
nabhängige Gutachter hört oder sie zumindest zur
enntnis nimmt und sie nicht gleich polemisch abwertet.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Diese Einmischung haben Sie zurückgewiesen. Das
roblem ist aber immer noch auf der Tagesordnung der
roßen Koalition. Sie tragen mit Ihrem Antrag und dem,
as bisher von den Grünen hier vorgetragen worden ist,
icht dazu bei, dass wir tatsächlich einer Lösung näher
ommen. Man kann sich über die Konzeption der Zu-
unft streiten, aber ich glaube, es ist seit 1998 erneut
ehr viel Zeit verloren gegangen. Ein Beitrag der großen
oalition kann sein, dass wir diesen Zeitverlust zumin-
est begrenzen und uns um eine ernsthafte Lösung be-
ühen. Deshalb erneuere ich meine Forderung, das Mo-

atorium für Gorleben aufzuheben und sich glaubwürdig
m einen Standort für ein Endlager zu bemühen. Ich
laube, dass dies überfällig ist, unabhängig davon, wie
ich die Zeitfenster der Zukunft entwickeln werden. Wir
erden bei der neuen Prüfung von Standorten den Zeit-

ahmen von 2030 nicht einhalten, Höchstwahrscheinlich
ird es dann 2050 sein. Die Bürgerinnen und Bürger in






(A) )



(B) )


Philipp Mißfelder
unserem Land haben nach 35 Jahren Endlagersuche end-
lich eine Antwort auf die Frage verdient, wie es in
Deutschland mit den radioaktiven Abfällen weitergehen
soll.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Verwegene Zahlenspiele!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605712800

Nächster Redner ist der Kollege Christoph Pries,

SPD-Fraktion.


Christoph Pries (SPD):
Rede ID: ID1605712900

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister Gabriel! Seit nun-
mehr 30 Jahren diskutieren wir die Frage der Endlage-
rung radioaktiver Abfälle in Deutschland. Seither hat der
Bundestag zahllose Debatten zum Thema Endlager er-
lebt. Dies waren immer besonders emotionale und kon-
troverse Debatten. Es stellt sich die Frage: Wo stehen
wir heute? Eine Lösung der Endlagerfrage, die von ei-
nem breiten gesellschaftlichen Konsens getragen wird,
haben wir bisher nicht erreicht. Mit diesem mageren Er-
gebnis befinden wir uns in guter Gesellschaft; denn welt-
weit existiert bis heute kein einziges Endlager für abge-
brannte Brennelemente.

Trotz aller Meinungsverschiedenheiten denke ich,
dass wir bereits in zwei Punkten Einigkeit erzielt haben:

Erstens. Wir alle bekennen uns zur nationalen Verant-
wortung für die sichere Endlagerung unserer radio-
aktiven Abfälle.

Zweitens. Es besteht Einigkeit über die nicht rückhol-
bare Endlagerung in tiefen geologischen Formationen.

Das ist eine Basis, auf der wir in den kommenden
Monaten aufbauen können und müssen.

Uns liegen heute zwei Anträge der Opposition vor,
auf die ich im Folgenden eingehen möchte.

Zuerst zum Antrag der FDP. Was Sie von der FDP
tun, finde ich nicht ganz korrekt; denn Ihr Antrag, Frau
Brunkhorst, ist nicht wirklich neu: Ihre Forderungen
stammen nicht von Ihnen; sie sind einem Antrag der
Union aus der letzten Legislaturperiode nahezu wort-
wörtlich entnommen.


(Angelika Brunkhorst [FDP]: Da sind wir einer Meinung!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, für
eine Partei mit einer Mitgliederkampagne unter dem
Motto „Selbstdenker gesucht“ ist das schon ein bisschen
bedenklich.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei der FDP zählt nur das Selbst und nicht das Denken!)


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(C (D ie offenbaren damit wieder einmal, dass Sie in zentraen Zukunftsfragen dieses Landes nichts Eigenständiges u bieten haben. Selbst Ihnen dürfte nicht entgangen ein, dass es inzwischen eine Bundestagswahl gegeben at. Selbst Ihnen dürfte nicht entgangen sein, dass Union nd SPD sich auf einen Koalitionsvertrag geeinigt haen. Es handelt sich um einen Koalitionsvertrag, in dem ir uns verpflichtet haben, zügig und ergebnisorientiert u einer Lösung der Endlagerfrage zu kommen. Daran rbeiten wir. Dabei gilt für die SPD-Bundestagsfraktion: Erstens. Sicherheit hat oberste Priorität. Denn bei der rage der Endlagerung treffen wir Entscheidungen nicht ür menschliche, sondern für geologische Zeiträume. ir suchen deshalb nicht ein geeignetes, sondern das geignetste Endlager. Zweitens. Es muss eine ergebnisoffene, qualitativ ochwertige Endlagersuche geben. Drittens. Die Endlagersuche muss transparent sein. ie Beteiligung der Öffentlichkeit ist für uns ein wesent iches Element – ein Element, das bei der bisherigen tandortauswahl völlig vernachlässigt wurde. Viertens. Die Endlagersuche muss ergebnisorientiert ein. Sie muss für Bürger, Politik und Energiewirtschaft lanungsund Rechtssicherheit schaffen. Das bedeutet: ransparenz und Bürgerbeteiligung dürfen die Ergebnisrientierung nicht ad absurdum führen. Nun zu Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von en Grünen. Auch auf Ihren Antrag möchte ich noch ingehen. Sie fordern die Bundesregierung auf, umgeend ein Konzept für eine ergebnisoffene Standortausahl vorzulegen. „Umgehend“, Frau Künast: Man reibt ich verwundert die Augen; schließlich waren die Grüen doch sieben Jahre lang für das Umweltministerium uständig. In sieben Jahren, Frau Künast, haben die Grüen es nicht weitergebracht als zu einem nicht abgetimmten Gesetzentwurf. Das hat der damalige Umweltinister Jürgen Trittin in einem Namensartikel in der Netzeitung“ vom 11. Mai 2006 selbst noch einmal herorgehoben – ich zitiere –: Irrig ist auch die Auffassung, es handele sich bei dem Gesetzentwurf um einen antizipierten Kompromiss mit dem damaligen Koalitionspartner. Es handelt sich um den vom Bundesumweltministerium unter meiner Leitung im Dezember 2004 fertig gestellten Entwurf. Es handelt sich um einen grünen Entwurf. Den nicht abgestimmten Gesetzentwurf haben Sie ann kurz vor der vorgezogenen Bundestagswahl noch eröffentlicht, um nicht ganz mit leeren Händen dazusteen. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehen Sie! Schröder ist wieder schuld!)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


ch weiß, dass Sie seither immer wieder in der Öffent-
ichkeit verbreiten – auch heute wieder –, die SPD sei






(A) )



(B) )


Christoph Pries
schuld an den Verzögerungen gewesen. Das ist in mei-
nen Augen, Frau Künast, unredlich.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Um in einer Koalition über einen Gesetzentwurf zu
beraten, muss zunächst einmal ein Gesetzentwurf vorlie-
gen. Das ist die Aufgabe des federführenden Ministe-
riums. In diesem Fall war das Ihr Ministerium. Ich
denke, es wäre fair, wenn Sie der neuen Bundesregie-
rung zumindest einen Bruchteil der Zeit einräumten, die
Sie sich selbst genehmigt haben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Keine Sorge: Sieben Jahre werden wir dafür nicht be-
nötigen.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So lange Zeit werden Sie auch nicht haben!)


Ich habe volles Vertrauen in den Bundesumweltminister,
dass er schon bald ein Endlagerkonzept vorlegen wird.
Wir haben gerade gehört, dass er den Spitzen der Regie-
rungskoalition bereits ein Konzept hat zukommen las-
sen. Ich bin also zuversichtlich, dass wir sehr, sehr
schnell zu einer entsprechenden Aussage kommen wer-
den.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605713000

Das Wort hat der Kollege Dr. Georg Nüßlein von der

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Georg Nüßlein (CSU):
Rede ID: ID1605713100

Frau Präsidentin! Meine Damen! Meine Herren! Viel-

leicht wundert es Sie, wenn ich einleitend sage, dass der
Antrag der Fraktion der Grünen durchaus konsensfähige
Teile enthält. Unabhängig davon, wie man zum Ausstieg
aus der Kernenergie steht, muss man festhalten: Wir
brauchen ein Endlager für hoch radioaktive Abfälle und
abgebrannte Brennelemente. Wir brauchen eine natio-
nale Endlagerung, wir brauchen das Endlager bis zum
Jahre 2030. Die Verantwortung dafür trägt die jetzt han-
delnde Generation.

Diese Beschreibung der Ausgangslage ist eigentlich
eine Grundlage für schlüssiges Handeln. Meine Damen
und Herren von den Grünen, Sie sprechen von Verant-
wortung, meinen aber Verhindern, Verzögern, Verunsi-
chern und Verängstigen.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Pries, was sagen Sie dazu?)


Das ist eine altbekannte Strategie der Grünen vom Wald-
sterben bis zur Kernenergie: Sie schüren Ängste, um
sich ihren eigenen politischen Markt zu schaffen.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sind jenseits aller Sachkenntnis! Es O K D b A e m d b b s t n m v 2 d s P h b V k V z p n E z V m w – i K (C (D war doch Ihre Merkel, die gesagt hat, Deutschland sei ein Sanierungsfall!)


ffenkundig geht es Ihnen darum, den Ausstieg aus der
ernenergie unumkehrbar zu machen.


(Beifall des Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


eshalb wollen Sie die Endlagerdiskussion möglichst
reit, offen und langwierig führen.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr Koalitionspartner doch auch!)


nderenfalls zöge der Vergleich nicht mehr, die Kern-
nergie sei wie ein Flugzeug ohne Landebahn. Sonst
üsste man Farbe bekennen und über die Probleme re-

en, die uns der Ausstieg aus der Kernenergie wirklich
ringt, nämlich über die Frage, wie wir unseren Strom-
edarf decken und die dafür notwendigen Kapazitäten
chaffen sollen. Dann müsste man solche Kapazitäten
atsächlich aufbauen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Frau Künast, wenn Sie so heftig bestreiten, dass es Ih-
en um Verzögern geht, dann schauen Sie sich doch ein-
al an, was Sie in den sieben Jahren Ihrer Regierungs-

erantwortung getan haben.


(Zuruf von der CDU/CSU: Nichts!)


Erreicht haben Sie das Moratorium für Gorleben
000. Wer aber eine zügige Klärung dieser Fragen will,
arf natürlich kein Moratorium erlassen, sondern muss
chauen, dass die Eignung Gorlebens geprüft wird.
arallel kann dann diskutiert werden, was man darüber
inaus noch tun will, um Vergleichsmöglichkeiten zu ha-
en.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Auch bei der Verstopfungsstrategie, die Sie mit dem
orschlag betrieben haben, Zwischenlager an den Kern-
raftwerksstandorten zu errichten, geht es doch nur um
erzögern, Verärgern und Verunsichern. Das, was Sie
uvor als Blechhütten abqualifiziert hatten, haben Sie
lötzlich zwölffach kopiert.

Als ruchbar wurde, dass Schacht Konrad juristisch
icht zu verhindern ist, haben Sie plötzlich von der
inendlagerstrategie gesprochen, um auch hier zu Ver-
ögerungen zu kommen.

Aber es wird noch kurioser. Sie sagen, man müsse die
erfahren aus den 70er-Jahren anzweifeln, als müsste
an Rechtsstaatlichkeit ausgerechnet von den Steine-
erfern der Vergangenheit lernen.


(Lachen des Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Dass Herr Trittin an dieser Stelle am heftigsten lacht,
st aus meiner Sicht spannend.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605713200

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

ollegin Künast?






(A) )



(B) )


Dr. Georg Nüßlein (CSU):
Rede ID: ID1605713300

Aber gerne.


Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605713400

Sie haben darüber gesprochen, ob Sie Rechtsstaatlich-

keit von Steinewerfern lernen sollten. Da wir beide uns
im Dialog befinden, möchte ich von Ihnen gern wissen,
wo ich jemals einen Stein geworfen hätte.


(Zuruf von der CDU/CSU: Oh!)


– Das hat er behauptet.

Sie halten hier einen putzigen Beitrag. Ich hoffe, dass
Sie im Rahmen Ihrer fünfminütigen Redezeit, die ich Ih-
nen mit meiner Frage gern um eine Minute verlängere,
endlich zur Kernfrage kommen. Unabhängig davon, ob
man den Ausstieg aus der Kernenergie will oder nicht
– Sie wollen ihn nicht –, fällt Atommüll an. Mich inte-
ressiert brennend, ob Sie die erstbeste Möglichkeit für
die Endlagerung nutzen wollen oder ob Sie nicht viel-
mehr auch der Idee anhängen, dass Sicherheit immer
Vorrang hat und es deshalb darum gehen muss, die beste
Lagermöglichkeit in Deutschland zu finden. Sind Sie in
der CDU/CSU bereit, sich auf diesen Weg zu machen
und nach der besten Endlagermöglichkeit zu suchen,
oder wollen Sie einfach das jetzt Getestete nehmen, um
Geld zu sparen?


Dr. Georg Nüßlein (CSU):
Rede ID: ID1605713500

Frau Künast, zunächst einmal habe ich Sie nicht di-

rekt als Steinewerfer angesprochen. Ich bin überrascht,
dass Sie sich an dieser Stelle so betroffen fühlen.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Im Übrigen: Das Thema Sicherheit liegt uns natür-
lich am Herzen. Wir wundern uns nur darüber, dass man-
che jetzt plötzlich die Kriterien ändern und nicht einen
geeigneten, sondern den bestgeeigneten Standort wollen.
Wir wundern uns über Leute, die sagen, dass bis zum
Jahr 2030 alles soweit sein müsse, die aber das Morato-
rium nicht aufheben wollen und sich nicht länger mit
dem Thema Gorleben beschäftigen wollen, sondern erst
einmal – in der Hoffnung, dass es so etwas schneller
geht – andere mögliche Standorte prüfen wollen. Das er-
innert mich ein wenig an das Motto: Drum prüfe, wer
sich ewig bindet, ob sich nicht was Bessres findet. In Ih-
ren Reihen gibt es ja den einen oder anderen, der weiß,
dass man auf diese Weise nicht einmal den richtigen Le-
benspartner findet, geschweige denn ein Endlager.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Reden Sie von Herrn Wulff oder von wem? – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oder von sich selbst?)


Uns geht es darum, dass wir nicht alle 20 Jahre neue
Kriterien einführen und auf einer neuen Bewertungsba-
sis über eine Frage reden, mit der wir uns schon 20 Jahre
beschäftigt haben. Viele Bürgerinnen und Bürger fragen
sich, ob das denn immer so weitergehen soll. Im Koali-
tionsvertrag gibt es dazu ganz klare Regelungen. Wir
wollen keine ergebnisoffene, sondern eine ergebnis-
orientierte Suche. Wir wollen eine Lösung noch im

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(C (D aufe dieser Legislaturperiode. Das ist ein zentrales Aniegen der Union. Mit uns wird es jedenfalls kein Standrtsuchgesetz nach den Vorstellungen der Grünen zur erunsicherung der Menschen geben. Vielen Dank. Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege arco Bülow, SPD-Fraktion. Frau Präsidentin! Herr Minister! Liebe Kolleginnen nd Kollegen! Ich glaube, dass wir versuchen müssen, ine Balance zu finden: Auf der einen Seite dürfen wir ichts verzögern, sondern müssen dieses Endlager auf inem schnellen Wege finden. uf der anderen Seite dürfen wir aber nicht dem Prinzip Aus den Augen, aus dem Sinn“ folgen. Darum geht es ei der Debatte und darum haben sich die Wortmeldunen gerankt. Eigentlich wollte ich es nicht, aber nun muss ich doch uf einige Vorredner eingehen. Herr Nüßlein, der Atomusstieg ist unumkehrbar. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605713600

(Beifall bei der SPD)

Marco Bülow (SPD):
Rede ID: ID1605713700

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ir haben einen Vertrag geschlossen und wollen ihn
uch einlösen. Herr Mißfelder, bei vielen Punkten sind
ir uns einig, aber wir sollten vielleicht noch einmal
arüber reden, dass Gorleben als Einendlager konzipiert
orden ist. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen – ob
ir das wollen oder nicht. Das aber nur als kurze Berich-

igung.

Frau Brunkhorst, Sie haben zum Schluss darüber ge-
prochen, dass wir es den zukünftigen Generationen
chulden, ein Endlager zu finden. Das ist richtig; genau
eswegen suchen wir ja nach dem bestmöglichen Stand-
rt. Aber wie kann man es als Generationenfrage be-
eichnen, wenn es darum geht, in einigen Jahren – oder
ielleicht auch in einigen Jahrzehnten – den bestmögli-
hen Standort zu finden, um mit einem Material umzu-
ehen, das wahrscheinlich 1 Million Jahre oder noch viel
änger strahlt? Man muss sich schon alle Mühe geben,
en bestmöglichen Standort zu finden, und muss die
eitspannen einmal im Verhältnis sehen. Da sollte man
icht von Generationen reden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Das ist auch die Diskussion, die wir führen sollten.
ir sollten uns bewusst werden, über was wir hier re-

en. Es sind 24 000 Kubikmeter hoch belastendes Mate-
ial. Das ist ungefähr – wir haben das einmal ausgerech-
et – das Fassungsvermögen dieses Plenarsaalgebäudes.
avon ist schon 1 Kubikzentimeter ausreichend, um






(A) )



(B) )


Marco Bülow
große Flächen oder zum Beispiel große Mengen von
Wasser zu verseuchen. Darüber reden wir.

Eine andere Umrechnung. Im Ruhrgebiet spricht man
gern in der Fußballersprache. Man müsste 3,5 Fußball-
felder einen Meter hoch mit Wasser füllen, wenn man es
denn könnte. Bei dem schwach bis mittelstark radioakti-
ven Material wären das entsprechend 40 Fußballfelder.
Das ist eine ganze Masse.

Diese Größenordnung gilt aber nur, wenn wir aus-
steigen. Wir haben gerade vom Sankt-Florians-Prinzip
gesprochen. Nur wenn wir aussteigen, macht es Sinn,
über diese Menge zu sprechen. Wenn wir nicht ausstei-
gen, erhöht sich die Menge. Egal ob wir dann noch über
andere Risiken sprechen; diese Menge erhöht sich. Des-
sen, denke ich, müsste man sich immer bewusst sein,
wenn man über ein Endlager spricht.

Ich will noch einmal auf die 1 Million Jahre eingehen.
Das ist auch nur eine Zahl, die vorgegeben ist. Die meis-
ten Experten sagen, es müsste eigentlich 10 Millionen
Jahre sicher gelagert werden. Uran-238, auch in den
Brennelementen vorkommend, hat eine Halbwertszeit
von 4,4 Milliarden Jahren. Frau Künast hat einen Ver-
gleich mit den Pyramiden bemüht. Seit 8 000 Jahren gibt
es menschliche Zivilisation. Ich weiß nicht, vor wie viel
Millionen Jahren sich die Alpen hochgefaltet haben. Wer
kann eine Garantie über Millionen von Jahren abgeben?
Wer kann das wirklich? Nach menschlichem Ermessen
können wir das nicht. Deswegen können wir kein siche-
res Endlager, sondern nur das am besten geeignete fin-
den. Aber zumindest genau dies sind wir den Menschen
und den Generationen, die da kommen, schuldig.

Die SPD bekennt sich zu dieser Verantwortung. Wir
müssen das im Dialog lösen – anders haben wir keine
Chance –, weil das Thema viel zu wichtig ist, als dass
man nur Streit darüber führen kann. Wir müssen zu Lö-
sungen kommen, die die Mehrheit der Menschen akzep-
tiert und die die Mehrheit dieses Bundestages vorgeben
muss.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Das sollten wir alle nicht vergessen – bei allen Streite-
reien, die wir über Atomenergie und über Endlager ha-
ben. Wir haben eine Verantwortung gegenüber den Men-
schen. In der Debatte heute habe ich zumindest bei
vielen herausgehört, dass wir uns dieser Verantwortung
stellen wollen. In diesem Sinne: Alles Gute, bis dann!


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605713800

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 16/2790 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-
schusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

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(C (D uf Drucksache 16/1462 zum Antrag der Fraktion der DP mit dem Titel „Offene Fragen zur Entsorgung radioktiver Abfälle klären – Verantwortung für nachfolgende enerationen übernehmen“. Der Ausschuss empfiehlt, en Antrag auf Drucksache 16/267 abzulehnen. Wer timmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt agegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung st mit den Stimmen der Fraktionen Die Linke, SPD, ündnis 90/Die Grünen und CDU/CSU bei Gegenstimen der FDP angenommen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 6 a und 6 b sowie usatzpunkt 6 auf: 6 a)

gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ver-
trag vom 25. April 2005 über den Beitritt der
Republik Bulgarien und Rumäniens zur Euro-
päischen Union

– Drucksache 16/2293 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union (f)

Auswärtiger Ausschuss
Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Tourismus
Haushaltsausschuss gemäߧ 96 GO

b) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anpas-
sung von Rechtsvorschriften des Bundes in-
folge des Beitritts der Republik Bulgarien und
Rumäniens zur Europäischen Union

– Drucksache 16/2954 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union (f)

Auswärtiger Ausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz

P 6 Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/
CSU und der SPD

EU-Beitritt Bulgariens und Rumäniens zum
Erfolg führen

– Drucksache 16/2997 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union (f)

Petitionsausschuss
Auswärtiger Ausschuss
Innenausschuss
Sportausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für Tourismus
Ausschuss für Kultur und Medien

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich höre keinen
Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Das Wort hat der Bundesaußenminister, Dr. Frank-
Walter Steinmeier.

Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister des
Auswärtigen:

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! In Stunden wie diesen erinnert man sich an die
Vorbereitungen der letzten großen Erweiterungs-
runde 2004 – im Kern eine Osterweiterung der Europäi-
schen Union und, wenn man so will, endlich eine sicht-
bare Dividende aus der Liquidationsmasse des Kalten
Krieges. Die baltischen Staaten, Polen, Slowakei, Tsche-
chien, Slowenien und Ungarn waren Dokument der
wieder gefundenen Einheit Europas. Feuerwerke und
Festveranstaltungen waren schon während der Ratifika-
tionsphase in Vorbereitung; wachsende Euphorie war
mit Näherrücken des Beitrittsdatums 1. Mai 2004 nicht
nur in den Beitrittsstaaten – ich erinnere mich gut –, son-
dern durchaus auch in der alten Europäischen Union
spürbar.

Wenig davon ist heute spürbar, wenn wir über den be-
vorstehenden Beitritt Bulgariens und Rumäniens reden.
Selbst die EU-Außenminister haben vergangenen Diens-
tag, am 17. Oktober, in, wie ich finde, ungewohnt tro-
ckener Sprache beschlossen:

Der Rat nimmt zur Kenntnis, dass der laufende Pro-
zess der Ratifizierung des Beitrittsvertrages weit
gediehen ist ...

Nun habe ich – meine Damen und Herren, Sie wissen
das – nichts gegen Nüchternheit. Aber diese Sprache
bettet sich ein in eine öffentliche Stimmung, die, wie
ich finde, weder den historischen Ausgangspunkt der
Beitritte Bulgariens und Rumäniens in Erinnerung noch
die Chancen einer solchen Erweiterung und erst recht
nicht die Nachteile des anderen Wegs, des Wegs der Zu-
rückweisung, für Europa im Blick hat.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Deshalb lassen Sie mich noch einmal ganz kurz in Er-
innerung rufen: Bei dem großen Projekt der Wiederher-
stellung der europäischen Einheit waren Bulgarien und
Rumänien nie außerhalb unseres europäischen Bemü-
hens. Von Anfang an gehörten sie zu jenen zentral- und
osteuropäischen Ländern, die nicht nur – wie die ande-
ren – durch den Eisernen Vorhang vom Rest Europas ge-
trennt waren, nein, deren Orientierung wirtschaftlich und
kulturell auf Europa, auf die Europäische Union fest aus-
gerichtet war. Wir alle – auch daran erinnere ich mich –

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(C (D aben sie nicht erst seit Eröffnung der Beitrittsverhandungen eingeladen, sich auf diesen Weg nach Europa zu egeben, wohl wissend, dass dieser Weg für Bulgarien nd Rumänien wesentlich weiter sein würde als etwa für olen, Tschechien und andere. Die historisch zu nennende Wiederherstellung der inheit Europas als großes, friedenssicherndes Projekt, ber auch die Wiederherstellung der kulturellen Verbinungen und die Schaffung des größten einheitlichen irtschaftsraums der Welt hieß das große Ziel, das der all der Mauer in Berlin und alle daraus resultierenden olgeereignisse erst möglich gemacht haben. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Diesen Prozess, meine Damen und Herren, haben alle
eutschen Bundesregierungen seit 1990 von Anfang an
ktiv unterstützt, natürlich auch, weil wir als Deutsche
us eigener Erfahrung wussten, was Teilung bedeutet.
lle Regierungen haben deshalb zu ihrer Verantwortung
estanden, zur Überwindung der Teilung auch in Europa
eizutragen.

Wenn wir über Bulgarien und Rumänien reden, dann
rinnern wir uns doch bitte daran: Skepsis war auch in
er Erweiterungsrunde 2004 weit verbreitet. Aber
eute können wir sagen: Nicht nur die Erweiterungslän-
er haben und hatten Vorteile von diesem Beitritt. Bei al-
en gewachsenen Schwierigkeiten, die ich im letzten
ahr wirklich kennen gelernt habe, in den internen Ab-
timmungsprozessen der Europäischen Union – gerade
eshalb brauchen wir die Verfassung – haben auch die
lten Mitgliedsländer, auch Deutschland, von dieser Er-
eiterung profitiert.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, wenn ich das sage, meine
ch das nicht nur außenpolitisch. Deutschland ist zwar
etzt in der historisch einmaligen Situation, nur von Staa-
en umgeben zu sein, mit denen wir freundschaftlich ver-
unden sind; aber auch handfeste politische und wirt-
chaftspolitische Vorteile sind sichtbar geworden. Wenn
ir uns am Jahresende hoffentlich wieder darüber freuen
ürfen, dass Deutschland Exportweltmeister ist, dann er-
nnern wir uns bitte auch daran, dass zwei Drittel der
eutschen Exporte nicht nach Indien, China und in die
SA gehen, sondern in die Europäische Union und zu-
ehmend auch in die neuen Mitgliedsländer der Europäi-
chen Union. Schauen Sie sich die großen LKW-Schlan-
en in Richtung Polen und Tschechien an; da finden Sie
inen täglichen Beleg für diese Entwicklung.

Wenn Bulgarien und Rumänien beitreten, so ist das
icht nur ein weiterer Schritt zu mehr Sicherheit in der
egion des östlichen Balkans und am Schwarzen Meer.
uch hier sind deutsche Unternehmen seit längerem da-
ei, sich diese neuen Märkte zu erschließen. Nur durch
en Beitritt kann der rechtliche Rahmen geschaffen wer-
en, der für die Entfaltung von wirtschaftlichen Aktivi-
äten notwendig ist.






(A) )



(B) )


Bundesminister Dr. Frank-Walter Steinmeier
Bulgarien und Rumänien haben seit 1989/1990 große
Anstrengungen unternommen, um ihr politisches Sys-
tem, ihre Wirtschaft und ihr Rechtssystem an die Stan-
dards der Europäischen Union anzupassen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Seit sie 1995 ihre Anträge auf Beitritt gestellt haben, ha-
ben beide Länder einen weiten Weg zurückgelegt, der
auch mit Entbehrungen für die Bevölkerung und manch-
mal mit Rückschlägen verbunden war.

Ich habe genauso wie Sie mit Spannung den letzten
Monitoringbericht der Europäischen Kommission und
ihre Einschätzung erwartet, ob der Beitrittstermin zum
1. Januar 2007 aus Sicht der Kommission gehalten wer-
den kann. Aus meiner Sicht – ich habe es in diesem
Hause schon einmal gesagt – hat die Kommission eine
objektive und ehrliche Bestandsaufnahme vorgelegt. Ich
teile die Einschätzung, dass es die Fortschritte, die beide
Länder bei ihren innerstaatlichen Reformen während der
letzten 15 Jahre erreicht haben, rechtfertigen, ihnen so-
wohl die Rechte als auch die Pflichten eines Mitglieds
der Europäischen Union zu übertragen.

Weil ich die Vorbehalte der Europäischen Kommis-
sion, die in dem letzten Monitoringbericht zum Aus-
druck gekommen sind, und die öffentliche Diskussion
kenne, sage ich, dass wir kein Geheimnis daraus machen
dürfen, dass es in beiden Ländern Defizite gibt, über die
man reden muss. In beiden Ländern ist der Aufbau einer
unabhängigen, effizienten und transparenten Justiz noch
nicht so gelungen, wie sich die Kommission und wir uns
das vorstellen. Richtig ist auch, dass die Bekämpfung
der Korruption in beiden Ländern weitergeführt werden
muss.

Es ist ebenfalls richtig, dass die Kommission mit
Blick auf Bulgarien der Meinung ist, dass die Verfol-
gung und Ahndung von Geldwäsche und von organisier-
ter Kriminalität noch zu wenig vorzeigbare Ergebnisse
gebracht haben. Ich sage deshalb ausdrücklich: Wir müs-
sen darüber reden – es hat keinen Sinn, die Defizite
schönzureden –, worauf wir uns einlassen, und wir müs-
sen die entsprechenden Vorkehrungen treffen. Deshalb
begrüße ich ausdrücklich die von der Kommission ange-
kündigten Maßnahmen, mit denen sichergestellt werden
soll, dass der Reformprozess auch nach dem Beitritt am
1. Januar 2007 weitergeht.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das ist, wie Sie wissen, vor allen Dingen in den be-
sonders sensiblen Bereichen Justiz und Inneres von
großer Bedeutung. Dort ist ein „Kooperations- und
Überprüfungsmechanismus“ vereinbart worden, der
Bulgarien und Rumänien auch nach dem 1. Januar 2007
konkrete Reformziele setzt. Damit sind Verfassungs-
und Gesetzesänderungen und vor allen Dingen konkrete
Schritte bei der Verfolgung von Korruption und insbe-
sondere Geldwäsche erfasst.

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(C (D Die Fortschritte beider Länder werden weiterhin berwacht. Es war für die Kommission nicht einfach, as durchzubringen. Sie wird den Mitgliedstaaten darüer regelmäßig berichten. Das ist aber nicht das Entcheidende. Entscheidend ist, dass wir festgehalten haen: Sollten trotz der Überwachungsmaßnahmen die orgegebenen Fortschritte nicht erreicht werden, dann ird die Kommission entsprechende Schutzmaßnahen ergreifen. So kann die EU-weite Anerkennung von aftbefehlen und Strafurteilen ausgesetzt werden. Die uszahlung von Geldern aus den Agrarund Struktur onds kann dann gesperrt werden, wenn eine ordnungsemäße Verwendung nicht nachgewiesen werden kann. n anderen Bereichen können Ausfuhrverbote und Bechränkungen auf Grundlage der Binnenmarktregelunen getroffen werden. Ich halte diesen Weg, den die Europäische Kommision aufgezeigt hat, für richtig. Deshalb möchte ich gern mpfehlen und gleichzeitig darum bitten, dass der Anrag im Ratifizierungsverfahren hier im Deutschen Bunestag eine breite Mehrheit erhält. Sie wissen, dass von den 25 Mitgliedstaaten bereits 3 ratifiziert haben. Neben uns befindet sich noch Däneark im Ratifizierungsverfahren. Dort hat die erste Le ung am 10. Oktober 2006 stattgefunden und ich hoffe, ass wir bald ebenso weit sind. Vielen Dank. Der nächste Redner ist der Kollege Markus Löning on der FDP-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich laube, es ist richtig und wichtig, dass wir uns daran ernnern, wie Europa vor gut 15 Jahren nach dem Fall des isernen Vorhangs ausgesehen hat. Die Bilder von daals, die sich mir besonders ins Gehirn gebrannt haben, ind Bilder aus Rumänien, aus Kinderheimen, von der eausescu-Exekution und andere. Das ist lange, lange orbei. Wenn man jetzt in diese Länder reist, sieht man, as für ein enormer Fortschritt – trotz allem, was man m Einzelnen noch sagen kann – von den Demokraten in iesen Ländern erreicht worden ist. Ich glaube, wir als Deutsche sollten uns besonders lar machen – weil wir als Deutsche Debatten hatten und ach wie vor darüber haben –, wie schwierig es ist, die euen Länder zu integrieren. Die DDR war das erste and aus dem ehemaligen Ostblock, das der EU beige reten ist. Wir wissen, wie schwer es für uns ist, die DDR u integrieren, die neuen Länder zu integrieren. Ich laube, es ist wichtig, dass wir an diesem Tag auch anerennen, um wie viel unendlich schwerer es die neuen änder in Osteuropa auf ihrem Weg zur Marktwirtschaft, ur Demokratie und hin zu unseren europäischen Werten ehabt haben. Markus Löning (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall im ganzen Hause)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605713900
Markus Löning (FDP):
Rede ID: ID1605714000

(Beifall im ganzen Hause)





(A) )


(B) )


Insbesondere Bulgarien und Rumänien haben sich
sehr schwer getan. Aber sie haben aufgeholt. Ich muss
mit einem gewissen Stolz sagen, dass sie in den letzten
Jahren auch unter starker Beteiligung Liberaler in den
Regierungen sehr stark aufgeholt haben, unter anderem
beim Wirtschaftswachstum. Es gibt ein beeindrucken-
des Wirtschaftswachstum, insbesondere in Rumänien,
aber auch in Bulgarien. Das zeigt, dass in Zukunft
– nicht in naher Zukunft, aber in absehbarer Zukunft –
die Einkommenslücke geschlossen werden kann.

Wir haben inzwischen mit beiden Ländern einen
enormen Handelsaustausch. Ich möchte das Beispiel In-
dien noch einmal aufgreifen, weil der Außenminister
darauf Bezug genommen hat. Wir haben mit Bulgarien
und Rumänien gemeinsam soviel Handel wie mit In-
dien. Wir haben mit beiden Ländern einen deutlichen
Handelsüberschuss. Meine Damen und Herren, das zeigt
die Wichtigkeit dieser Länder für uns.

Wir hatten neulich ein Gespräch mit dem Präsidium
des Deutschen Industrie- und Handelskammertages und
haben gefragt: Was denkt ihr darüber? Sie sagten: Ja-
wohl, das müssen wir machen; die beiden Länder müs-
sen Mitglieder werden. Das ist ein großer Vorteil für
deutsche Firmen und für Arbeitsplätze in Deutschland,
die durch den Handel und die wechselseitigen Investitio-
nen in diesen Ländern erhalten, gesichert und auch ge-
schaffen werden.

Dennoch gibt es Bereiche, die noch nicht so weit sind,
wie wir sie uns wünschen. Es sind in allen Bereichen
große Anstrengungen unternommen worden, es sind vor
allem große Anstrengungen in den Bereichen Justiz und
Inneres unternommen worden. Aber ich glaube, an die-
ser Stelle sollte man auch nicht verschweigen, dass es
durchaus unterschiedlich ist, was erreicht worden ist.
Das möchte ich hier auch ansprechen. Insbesondere in
Bulgarien müssen wir im Bereich der Bekämpfung der
organisierten Kriminalität, der Bekämpfung der Geld-
wäsche, heftigst weitere Fortschritte einfordern. Es kann
nicht sein, dass die Standards hier nicht erreicht werden.
Wir brauchen das Erreichen der Standards gerade auch
in diesen Bereichen. Bulgarien zeigt in anderen Berei-
chen und Ministerien, dass es dazu in der Lage ist, die
europäischen Standards zu erreichen. Ich wünsche mir
insbesondere für den Bereich Inneres und Justiz, dass
hier bald deutliche Fortschritte gemacht werden.


(Beifall im ganzen Hause)


Deutschland lebt seit der Wiedervereinigung Europas
in einer Zone von Frieden und Wohlstand. Das mag ab-
gedroschen klingen, weil Europapolitiker das immer und
immer wieder sagen. Ich bestehe darauf, dass wir das
immer wieder wiederholen: Denn es ist keine Selbstver-
ständlichkeit, dass wir auf einem Kontinent leben, auf
dem die Völker zivilisiert miteinander umgehen. Wir ha-
ben eine Struktur geschaffen, die den Frieden auf die-
sem Kontinent erhält. Deswegen wünsche ich mir, dass
wir die Wiedervereinigung Europas mit der Aufnahme
von Bulgarien und Rumänien in diesem Haus auf breiter

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(C (D asis begrüßen. Ich wünsche mir für die Beitritte eine reite Mehrheit in diesem Haus. Das wäre ein wichtiges ignal nach innen, aber auch an die Adresse dieser beien Länder. Vielen Dank. Nächster Redner ist der Kollege Gunther Krichbaum, DU/CSU-Fraktion. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! eine sehr geehrten Damen und Herren! Am 6. September hat die Europäische Kommission ihren ortschrittsbericht vorgelegt. Beiden Ländern wurden norme Fortschritte attestiert. Ich denke, der 1. Januar 2007 wird für beide Länder in historisches Datum werden. Es ist viel geleistet woren. Es ist aber auch ein historisches Datum für die Euopäische Union. Schließlich findet dann die Erweiteung um zwölf Länder ihren Abschluss. Bei allen ebatten über eine Verschiebung – sie wurden oft auch n Deutschland geführt –, dürfen wir nicht vergessen, ass es bereits eine Verschiebung gab. 2004 wurde geagt: Die beiden Länder erfüllen die Kriterien zwar noch icht, wir können aber sicher sein, dass für beide Länder er Weg in die Europäische Union dann am 1. Januar 007 frei sein wird. Die Ehrlichkeit gebietet es – das klang bereits an –, ass hier auch die defizitären Bereiche benannt werden, lso die Bereiche, in denen weitere Fortschritte dringend otwendig sind. Die Fortschritte sind zuvorderst im Inteesse der Menschen, die in diesen Ländern leben. Die eformen sind kein Selbstzweck. Die Länder machen iese Reformen auch nicht, um der Europäischen Union der uns zu gefallen. Die Menschen in den Ländern üssen von den Reformen profitieren. In diesem Zusammenhang ist zunächst die Justiz zu ennen. Die Unabhängigkeit der Justiz ist weder in Bularien noch in Rumänien flächendeckend befriedigend elöst. Wir brauchen, auch im Justizwesen, besser funkionierende Behörden. Auch auf dem Gebiet der Korruptionsbekämpfung das klang bereits an – ist noch sehr viel zu tun. In Ruänien funktioniert sie erfreulicherweise im Bereich der o genannten High-Level-Corruption; aber noch nicht im ereich der Alltagskorruption. Es wird wahrscheinlich och sehr viele Jahre dauern, bis wir sagen können: iese Probleme sind gelöst. Bei den Auszahlungsagenturen im Bereich der Landirtschaft ist auch noch einiges zu tun, damit die Geler, die die Europäische Union hierfür zur Verfügung tellt, sachund zweckgerichtet verwendet werden. Daür zu sorgen, sind wir auch den Menschen in Deutschand schuldig. Wenn wir den Rentnern hier sagen, dass ullrunden erforderlich sind, dann muss Gewähr dafür Gunther Krichbaum geleistet werden, dass das Geld, das in die Hand genommen wird, seine entsprechende Verwendung findet. Auch im Bereich der organisierten Kriminalität gibt es noch viel zu tun. 150 unaufgeklärte Auftragsmorde in Bulgarien – das muss so ehrlich gesagt werden – sind genauso wenig akzeptabel wie das Vorhandensein der Geldwäsche im Bereich der organisierten Kriminalität. All diese Hausaufgaben sind noch zu machen. Es wären aber keine Hausaufgaben, wenn sie von den Ländern nicht zu Hause erledigt werden müssten. Beide Länder können sich hierbei unserer Unterstützung sicher sein. Es ist an der Zeit, den Regierungsberatern, die seitens der Bundesrepublik vor Ort tätig sind, zu danken. Sie machen einen exzellenten Job. Insbesondere den Kommissionsmitarbeitern, die jeden Tag in den Ländern vertreten sind, danke ich. Auch die Stiftungen leisten eine sehr wertvolle Arbeit. Parteiübergreifend leisten die Parlamentariergruppen, die Deutsch-Rumänische Parlamentariergruppe unter dem Vorsitz von Frau Dr. Kastner und die Deutsch-Bulgarische Parlamentariergruppe unter dem Vorsitz von Michael Stübgen, hervorragende Arbeit. Hier werden wertvolle Kontakte geknüpft und intensiviert. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


(Beifall im ganzen Hause)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605714100

(Beifall bei der CDU/CSU)

Gunther Krichbaum (CDU):
Rede ID: ID1605714200




(A) )


(B) )


Die Länder können sich unserer Unterstützung sicher
sein.

Es wurde vielfach gefragt, warum wir den Beitritt
nicht auf 2008 verschieben. Diese Option hat sich nie
ernstlich gestellt. Denn es war von vornherein klar, dass
viele Länder eine Verschiebung gerade im Hinblick auf
Bulgarien nicht mitmachen würden. Wenn Länder wie
Polen, Großbritannien, aber auch Österreich sagen, sie
würden eine Verschiebung nicht mitmachen, dann ist sie
im Falle von Bulgarien von vornherein gestorben und
auch im Falle von Rumänien nicht realistisch. Denn Ru-
mänien hat durch engagierte Reformschritte Bulgarien in
den Reformanstrengungen überholt. Aber das macht
auch nichts.

Wir haben in den Verträgen alle Flexibilität. Wir ha-
ben Sicherungsklauseln, mit denen wir reagieren kön-
nen. Herr Außenminister Steinmeier, es besteht, so
denke ich, unter den Kollegen die Erwartung, dass die
Sicherungsklauseln angewandt werden, und zwar mit
Beginn am 1. Januar 2007, wenn die Defizite noch vor-
handen sind.

Das ist ein wichtiger Punkt, und zwar vor allem des-
wegen, weil wir Standards haben. Wir würden ein Erklä-
rungsproblem gegenüber diesen beiden Ländern bekom-
men, wenn wir sie nicht jetzt anwenden würden, sondern
erst später. Sie würden uns dann zu Recht sagen: Mo-
ment einmal, das habt ihr doch schon vor einigen Mona-
ten gewusst. Deswegen ist es wichtig, dass die Standards
gewahrt bleiben und wir, wo eben möglich – ich nenne
den Justizbereich und die Anerkennung von Strafurtei-
len –, die entsprechenden Reaktionen bekommen.

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(C (D Es ist aber kein Beitritt zweiter Klasse. Auch das sei n Richtung dieser Länder klar hervorgehoben. Beide änder werden vollwertige Mitglieder der Europäischen nion mit allen Rechten und Pflichten. Denn zum Bei piel auch wir in Deutschland – siehe das Maastrichtverahren – sind bestimmten Reglements ausgesetzt. Mir ist die Stimmung in den Fraktionen und auch in er Bevölkerung hinsichtlich erneuter Erweiterungschritte sehr wohl bekannt. Aber ich mahne vor allem ns dazu an, diese Diskussion nicht fatalistisch zu fühen. Die Europäische Union ist ein Erfolgsmodell. Das urde von Ihnen, Herr Minister, aber auch vom Kolleen Löning zu Recht hervorgehoben. Friede, Freiheit nd die Wahrung der Demokratie – dies mussten diese änder in ihrer Geschichte entbehren – sind keine elbstverständlichkeit und moderner denn je. Hier müsen wir, die politisch Verantwortlichen, vorangehen. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Außenminister Steinmeier, Sie haben zu Recht
arauf hingewiesen, dass sich uns enorme Chancen er-
ffnen, zum Beispiel Absatzmärkte für unsere Wirt-
chaft, auch für die mittelständische Wirtschaft. In die-
em Bereich geht Österreich sehr viel pragmatischer
oran. Das nur einmal nebenbei gesagt. Auch für die
ittelständische Wirtschaft im Maschinenbau eröffnen

ich Chancen. Alle reden von China und von Indien.
och hier geht es um Absatzmärkte, die direkt vor unse-

er Haustür liegen. Immerhin gab es in den letzten fünf
ahren allein in Rumänien ein kumuliertes Wirtschafts-
achstum von über 40 Prozent. Das sollte an dieser
telle einmal erwähnt werden.

Nicht unerwähnt bleiben sollte auch die Stabilität, die
ir hinzugewinnen, insbesondere im Bereich des
chwarzen Meeres. Die Schwarzmeerpolitik gehört bei
ns in Deutschland ganz oben auf die politische Agenda.
ie Republik Moldau führt in unserer Diskussion bis-

ang fast ein Schattendasein, rückt aber durch den Erwei-
erungsschritt glücklicherweise näher an uns heran. Da
un sich Probleme auf, über die wir an anderer Stelle
ringend reden sollten.

Letztlich ist es so – damit möchte ich schließen –,
ass wir seitens der Politik immer nur die Rahmen-
edingungen setzen können. Das Bild, das in diesen
ahmen hineingesetzt wird, obliegt den Menschen. Ein
uropa von unten aufzubauen, ist deswegen dringender
enn je erforderlich. Ein steigender Tourismus, Städte-
artnerschaften und Schüleraustausch – all das gehört
azu. Ich denke, dann werden wir Europa sehr erfolg-
eich in die Zukunft führen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605714300

Das Wort hat der Kollege Dr. Hakki Keskin, Fraktion

ie Linke.






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner

(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Hakki Keskin (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605714400

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr

Bundesaußenminister! Meine Damen und Herren! Ich
freue mich, dass wir gemeinsam, also interfraktionell,
mit Bulgarien und Rumänien zwei neue Mitglieder im
Kreis der Europäischen Union begrüßen.

Die Perspektive einer EU-Mitgliedschaft hat beide
Länder zu enormen Reformleistungen beflügelt; das ist
unbestreitbar. Die Menschen in Rumänien und Bulgarien
profitieren schon heute von wirtschaftlichem Auf-
schwung, sozialen Errungenschaften und Verwaltungs-
reformen.

Ebenso begrüße ich die Reformbemühungen im Be-
reich der Justiz, bei der Korruptionsbekämpfung und
beim Vorgehen gegen Kriminalität, die in beiden Län-
dern unternommen wurden. Allerdings darf die Umset-
zung dieser Reformen mit dem EU-Beitritt keinesfalls
erlahmen; vielmehr muss sie energisch fortgeführt wer-
den.

Bei allen Meinungsverschiedenheiten, die es zwi-
schen den Fraktionen dieses Hauses gibt, können wir
festhalten: In den EU-Mitgliedstaaten herrscht seit Jahr-
zehnten Frieden. Ich hoffe, dass unsere Kinder den Krieg
nie am eigenen Leibe erfahren müssen.


(Beifall bei Abgeordneten im ganzen Hause)


Diesen großen historischen Gewinn haben wir der euro-
päischen Idee zu verdanken.

Dennoch dürfen wir über die aktuelle Krise der Euro-
päischen Union nicht hinwegsehen. Der vorgelegte Ver-
fassungsvertrag ist, wenn auch noch nicht endgültig
gescheitert, so doch auf absehbare Zeit von einer Umset-
zung weit entfernt. Dies ist weder ein Vermittlungs-
problem noch ein politisch-administratives Problem. Es
ist so, dass die Menschen in Frankreich und in den
Niederlanden gegen diesen Entwurf eines Verfassungs-
vertrags votiert haben. Diese Signale müssen ernst ge-
nommen werden. Daher ist es dringend geboten, als es-
senziellen Bestandteil des Verfassungsentwurfs eine
Sozialcharta zu verankern.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Fraktion Die Linke hat zu Recht stets ein soziales
und demokratisches Europa eingefordert. Europa darf
nicht als ein grenzenloser Wirtschaftsraum verstanden
werden, in dem Großkonzerne ihre Profitinteressen zu-
lasten großer Teile der Bevölkerung durchsetzen kön-
nen.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Bürger wollen ein soziales Europa. Dies ist eine
große zivilisatorische Errungenschaft der Arbeitnehme-
rinnen und Arbeitnehmer und ihrer Organisationen. Die
Menschen erleben und beobachten mit großer Beunruhi-
gung, wie ohnmächtig die Politik ist und dass sie sogar
einseitig zugunsten der Wohlhabenden agiert.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D ie nehmen mit großer Sorge zur Kenntnis, dass die Umerteilung von unten nach oben zur angeblich unvereidlichen Wirtschaftsund Sozialpolitik wird. Darüber aben wir heute bereits diskutiert. Ein aktuelles Beispiel: Nachdem die Stromnetze libealisiert wurden, benutzen nun vier Konzerne ihre Oligoolstellung auf dem Energiesektor, um willkürlich die reise hochzutreiben. Unter den in Deutschland in astroomische Höhen gestiegenen Preisen für Strom und Gas eiden vor allem Arbeitslose, Alleinerziehende und kinerreiche Familien. ie wehrt sich die Bundesregierung hiergegen? Was tut ie EU? Bislang wenig oder nichts. Die Bürger erwarten on ihren Regierungen, dass diese den Sozialstaat und ie sozialen Rechte zum unverzichtbaren Bestandteil ereben und soziale Gerechtigkeit als Kompass und Tuend Europas verstehen. Auch was den EU-Beitritt von Bulgarien und Rumäien angeht, haben, wie wir alle wissen, viele Menschen ngste und Sorgen. Sie fürchten Lohndumping und zuehmenden Lohndruck. Das sind berechtigte Ängste der rbeitnehmer und der Arbeitslosen, die wir ebenfalls rnst nehmen müssen. ie EU wäre durchaus in der Lage, durch gesetzliche ahmenbedingungen Lohndumping und Lohndruck entegenzuwirken. Deshalb brauchen wir einheitliche Stanards in den EU-Ländern. Um es deutlicher zu sagen: ie Mobilität der Arbeitnehmer darf nicht zur Senkung er Löhne in den alten EU-Ländern führen. Deshalb fordert die Fraktion Die Linke ein Europa, in em die sozialen Interessen der Menschen vor dem Inteesse der Großkonzerne daran, ungehemmt Gewinn zu achen, geschützt werden. ie politische und wirtschaftliche Integration Europas uss eingebettet werden in eine Strategie der sozialen icherung auf hohem Niveau. So steht für uns, Die inke, der Mensch im Mittelpunkt und nicht das Kapital. Ich danke Ihnen. Das Wort hat der Kollege Rainder Steenblock, Bünd is 90/Die Grünen. Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605714500
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

iele von uns haben sicherlich noch die Bilder im Ge-
ächtnis von damals, als das Ceausescu-Regime in Ru-
änien zusammengebrochen ist, eine fürchterliche Dik-

atur, die die Menschen im wahrsten Sinne bis aufs Blut
usgepresst hat und ein Land über viele Hungerwinter an






(A) )



(B) )


Rainder Steenblock
den Rand seiner Existenz gebracht hat. Wenn man sich
diese kaum mehr als 15 Jahre zurückliegenden Bilder in
dieser Stunde noch einmal vergegenwärtigt, dann er-
kennt man, was diese beiden Länder, insbesondere Ru-
mänien, geleistet haben. 15 Jahre später steht so ein
Land an der Schwelle zu einem Beitritt zur Europäischen
Union. Hieran sieht man, wie die Kraft der Idee der
europäischen Integration, das Ziel, ein Teil dieses Euro-
pas zu werden, Menschen befähigen kann, ihre Lebens-
situation zu verbessern. Ich glaube, wir müssen uns in ei-
ner Stunde wie heute dieser historischen Dimension
bewusst werden, um die Leistung dieser Länder würdi-
gen zu können.


(Beifall im ganzen Hause)


Zu Recht sind Bedenken geäußert worden, dass beide
Länder den Acquis communautaire so, wie wir ihn uns
vorstellen, noch nicht vollständig erfüllen. Das ist richtig
und das muss man auch deutlich sagen. Denn zu einer
Europäischen Union, wie ich sie mir wünsche, gehören
auch Ehrlichkeit und Offenheit zwischen den Partnerin-
nen und Partnern; gar keine Frage. Aber wir stehen in
dieser Stunde, in der wir über die Ratifizierung entschei-
den, immer auch vor der Frage nach den Alternativen.
Der Außenminister hat zu Recht auf sie hingewiesen.
Wir wollen solidarisch mit diesen Ländern in Europa zu-
sammenleben. Wir wissen, dass ein Zurückweisen die
innenpolitische Situation in diesen Ländern katastrophal
verändern würde. Daran können wir kein Interesse ha-
ben, als Deutsche nicht und als Europäer auch nicht.
Dies würde die ökonomische Situation destabilisieren
und die Standards, die wir mit Europa verbinden, eher
verschlechtern als verbessern.

Deshalb ist der Ratifizierungsprozess, mit dem wir
heute, wie ich hoffe, gemeinsam beginnen werden, alter-
nativlos. Wir verzichten dabei aber nicht auf Konsequen-
zen. Ich glaube, das ist gerade in einer Situation wichtig,
in der viel über die Handlungsfähigkeit Europas gespro-
chen wird. Sie wird Europa nämlich häufig abgespro-
chen.

Man muss sich einmal anschauen, was wir aus den
Problemen bei den Erweiterungsverfahren gelernt ha-
ben. Wir haben bezüglich Bulgarien und Rumänien tat-
sächlich einen Schutzmechanismus entwickelt, der, wie
ich glaube, greifen wird. Aus meiner Sicht verdient
Europa das Vertrauen, dass es nicht blauäugig in Situa-
tionen hineinläuft, sondern dass es tatsächlich Schutz-
mechanismen entwickelt, die im Sinne des europäischen
Integrationsgedankens notwendig sind und durch die den
Ländern sowie den Menschen in diesen Ländern gehol-
fen wird. Von daher glaube ich auch, dass Europa in vie-
len Teilen der konkreten Politik handlungsfähiger ist, als
einige Leute in ihren Sonntagsreden oder noch viel häu-
figer an den Stammtischen daherreden. Ich glaube, wir
brauchen uns nicht zu schämen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Auf die Einzelheiten des Beitrittsprozesses will ich
jetzt nicht eingehen. Die Kollegen Krichbaum, Löning
und andere haben das schon detailliert getan, sodass ich

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(C (D as nicht wiederholen muss. Wir wissen um die Proleme und wir haben das im Ausschuss auch mit dem ommissar Olli Rehn sehr intensiv besprochen. Eines sollten wir aber nicht vergessen – ich finde, das eichnet die Debatte aus –: Die europäische Erweiterung rfolgte nie ohne Probleme. Insbesondere in den Nacharländern – beispielsweise in Frankreich, als es um panien und Portugal ging – hat es immer große Proleme im Hinblick auf die Akzeptanz der Bevölkerung egeben. Wir wissen: Die Geschichte hat jedes Mal geeigt, dass die Integration ein Erfolgsprojekt war, dass ll die Befürchtungen, die vorher verständlicherweise eäußert wurden, in der Wirklichkeit nicht eingetreten ind und dass Europa mit diesen Problemen immer gut ertig geworden ist. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Dr. Hakki Keskin [DIE LINKE])


Das sollte uns Mut machen und das sollten wir auch
ffensiv nach außen vertreten. Dieses Europa ist ein
offnungsträger in der Welt. Es ist überhaupt nicht an-
esagt, dass wir kleinmütig unter dem Teppich durch-
arschieren, wenn wir über Europa reden. Als Politiker

n Europa können wir auf diese Integrationsleistung stolz
ein.

Deshalb sage ich auch sehr deutlich: Die Erweite-
ungsdebatte ist für uns Bündnisgrüne mit diesen Beitrit-
en nicht zu Ende. Es gibt viele europäische Länder, die
iese Erweiterungsperspektive brauchen, weil sie sich
elbst nur in diesem erweiterten Europa politisch und
konomisch entwickeln können. Das gilt ganz besonders
ür den Balkan, das gilt aber auch für den Südosten
uropas. Über die Mechanismen, wie wir die Beitritte in
ukunft gestalten, müssen wir sicherlich noch reden. In
iner Situation, in der der Beitritt die einzige Chance für
ie entsprechenden Länder ist, Integration zu erreichen,
äre es das Falscheste, was wir tun könnten, ihnen die
ür vor der Nase zuzuschlagen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Gerade den Ländern auf dem Balkan und in Südost-
uropa müssen wir sagen: Es gelten die Kopenhagener
riterien und auch die Kooperationskriterien, die in
openhagen nicht entsprechend definiert worden sind.
itglied einer Europäischen Union kann nur das Land
erden, das aus tiefster Überzeugung bereit ist, mit all

einen Nachbarn in Frieden zu kooperieren. Europa ist
icht das ökonomische Erfolgsprojekt oder das Sozial-
odell für einige Leute, um sozusagen auch noch ein

isschen von dem Kuchen abzubekommen. Europa ist
or allem ein Friedensprojekt.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Deshalb geht es für den Balkan und für andere Staa-
en genau darum. Europa ist ein Friedensprojekt und je-
er, der willkommen sein will – das wollen all diese
änder –, muss begreifen, dass er mit seinen Nachbarn






(A) )



(B) )


Rainder Steenblock
friedlich kooperieren muss. Ansonsten wird Europa in
diesem Bereich nicht die Zukunft haben, die wir uns
wünschen.

Vielen Dank.


(Beifall im ganzen Hause)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605714600

Das Wort hat die Kollegin Dr. Lale Akgün, SPD-

Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Lale Akgün (SPD):
Rede ID: ID1605714700

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bot-

schafterin aus Bulgarien! Sehr geehrter Herr Botschafter
aus Rumänien! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bulga-
rien und Rumänien sollen am 1. Januar 2007 der Euro-
päischen Union beitreten. Ich freue mich, dass darüber
nun endlich Einigkeit herrscht. Dieses klare Ja ist über-
fällig. Es ist überfällig, dass wir den Weg für den Beitritt
frei machen.

Für meine Fraktion möchte ich betonen: Wir mussten
uns dieses Ja zum Beitritt Bulgariens und Rumäniens
nicht lange abringen. Das Ja kommt uns auch nicht halb-
herzig über die Lippen. Nein, wir begrüßen den Beitritt
Bulgariens und Rumäniens nachdrücklich und uneinge-
schränkt. Wir freuen uns, dass beide Länder ab dem
1. Januar 2007 Mitglieder der Europäischen Union sind.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Getrübt wird diese Freude allein dadurch, dass sich
die Debatte um den heute vorliegenden Antrag so lange
hinausgezögert hat. Ich weiß nicht genau, ob es einige
Kollegen besonders spannend machen wollten. Ich bin
zwar ein Krimifan, aber in diesem Fall hätte ich gern auf
die Spannung verzichtet. Es wäre mir lieber gewesen,
wenn wir nicht die Letzten in der Europäischen Union
gewesen wären, die mit dem Ratifikationsverfahren be-
ginnen.

Nichtsdestotrotz freue ich mich, dass wir heute im
Bundestag endlich das parlamentarische Verfahren zur
Ratifikation beginnen, mit dem wir – wie es richtig im
Titel unseres Antrags heißt – den „EU-Beitritt Bulgari-
ens und Rumäniens zum Erfolg führen“ wollen. Der Bei-
tritt beider Länder wird ein großer Erfolg sein, auf den
wir alle zusammen werden stolz sein können.

Ich möchte hier noch einmal nachdrücklich betonen:
Erweiterung steht nicht im Gegensatz zur Vertiefung. Ich
sehe eine hohe Korrelation zwischen Erweiterung und
Vertiefung.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Der Beitritt Bulgariens und Rumäniens ist der not-
wendige Abschluss der Osterweiterung, die 2004 mit
dem Beitritt der mittelosteuropäischen Staaten sowie
Maltas und Zyperns begonnen hat. Die Osterweiterung
ist die selbstverständliche Fortführung einer Friedenspo-
litik. Sie war die Antwort auf die weltpolitische Situa-
tion nach dem Ende des Kalten Krieges und ein Garant

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(C (D afür, dass die EU auch in Zukunft Friedensmacht sein ann. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass Bularien und Rumänien schon in den letzten Jahren eine ichtige Funktion bei der Stabilisierung der gesamten egion hatten. Beide Länder haben seit Ende des Kalten Krieges icht nur außenpolitisch, sondern auch innenpolitisch rhebliches geleistet. Sie haben eine enorme Transforationsleistung vollbracht. Sie haben den Übergang zu emokratie und Marktwirtschaft vollzogen. Dabei wuren das politische System, das Rechtssystem und die esellschaft einem grundlegenden Wandel unterzogen. ch glaube, einige von uns, die in ihrem Leben noch nie on einer solchen tief greifenden Umwälzung betroffen aren, können nicht ansatzweise nachvollziehen, was ie Transformation für ein Land, aber auch ganz persönich für jeden seiner Bürger bedeutet. Bei aller Unterstützung durch die EU: Die Leistungen aben die Menschen in Bulgarien und Rumänien erracht. Ich möchte als Beispiel Bulgarien anführen. leine und mittelständische Unternehmen mussten Kreite aufnehmen, um ihre Betriebe umzustrukturieren und n die hohen EU-Standards anzupassen. Das war sehr chwierig, weil zur gleichen Zeit Banken zusammengerochen waren. Das Gesundheitswesen und der Agrarektor mussten total umstrukturiert werden. Der Agrarektor musste sich nun nach den hohen hygienischen nforderungen der EU richten. Auch dies bedurfte einer normen Anstrengung und finanzieller Opfer. Die chwächsten der Gesellschaft haben am meisten gelit en. Rentner mussten mit 60 Euro im Monat wirtschafen. Erst in den letzten zwei Jahren, in denen die Wirtchaft in Bulgarien boomte, wurden die Renten um 5 bis Prozent angehoben. Auch im Bereich der Demokratie sind beachtliche ortschritte erzielt worden. Der Minderheitenschutz urde ausgebaut. Heute hat Bulgarien ein gut funk ionierendes multiethnisches System. In Bulgarien sagt an: Demokratie ist kein Lift, sondern eine steile reppe, die man hochgehen muss. Alle Bürger Bulgarins haben gespürt, was es heißt, diese Treppe hochgehen u müssen. Diese Transformationsleistungen würdigen ir heute mit unserem Antrag. Für uns ist es heute eine ebatte im Plenum; für Bulgarien und Rumänien ist es in weiterer Schritt auf dem Weg zu einem historischen atum. Wir freuen uns, dass die Kommission Bulgarien und umänien in ihrem letzten Fortschrittsbericht die Bei rittsreife bescheinigt hat, auch wenn in einigen Bereihen noch Mängel bestehen. Ich möchte noch einmal betonen, dass es sich um eine itgliedschaft mit gleichen Rechten und Pflichten andelt. Ich finde es deshalb richtig, dass wir in dem emeinsamen Antrag festgehalten haben, dass die ortschritte Bulgariens und Rumäniens im Heranfühungsprozess auch das Ergebnis der Perspektive einer leichberechtigten Teilhabe an den Rechten und Pflichen eines Mitglieds der Europäischen Union sind. Gleichberechtigt“ ist das Schlüsselwort, obwohl es eientlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte. Dr. Lale Akgün Es ist auch eine Selbstverständlichkeit, dass der Beitritt nach den zwischen Bulgarien und Rumänien auf der einen Seite und der Europäischen Union auf der anderen Seite vereinbarten Spielregeln erfolgen wird. Diese Spielregeln besagen, dass der Beitritt Bulgariens und Rumäniens erfolgt, wenn beide Länder ausreichende Fortschritte in der Angleichung ihres politischen und rechtlichen Systems gemacht haben. Erweiterungskommissar Olli Rehn hat uns gestern im Europaausschuss noch einmal bestätigt, dass die Fortschritte Bulgariens und Rumäniens für den Beitritt ausreichen. Aber auch die bestehenden Mängel werden von der Kommission nicht verschwiegen, sondern klar benannt. Über diese Mängel können und wollen wir nicht hinwegsehen. Wir fordern Bulgarien und Rumänien auf, in ihren Bemühungen nicht nachzulassen und die bestehenden Probleme bis zum Ende dieses Jahres zu beheben. Auch das haben wir vereinbart. Aber was passiert nach dem 1. Januar 2007? Am heftigsten wird derzeit über die Schutzklauseln diskutiert. Dabei ist mir allerdings nicht klar, worüber wir streiten. Für den Fall, dass die Mängel im Justizsystem und in der Landwirtschaft auch nach dem Beitritt fortbestehen sollten, können die vereinbarten Übergangsmaßnahmen und Schutzklauseln in Kraft treten. Ich betone: Die Schutzklauseln können in Kraft treten, sie müssen es aber nicht. Ob die Schutzklauseln auf Antrag der Kommission oder eines Mitgliedstaates in Kraft gesetzt werden, wird in einem zweistufigen Verfahren entschieden. Bulgarien und Rumänien müssen drei Monate nach dem Beitritt – also bis Ende März 2007 – einen Bericht vorlegen, in dem sie die Fortschritte darlegen, die sie erreicht haben. Diese Fortschritte wird die Kommission überprüfen und in einem eigenen Bericht niederlegen, der im Juni 2007 erscheinen und die Entscheidungsgrundlage für die Schutzklauseln sein wird. Die Kommission hat dafür Benchmarks bzw. Richtgrößen entwickelt. Anhand dieser Richtgrößen können wir entscheiden, ob die Schutzklauseln zur Anwendung kommen oder nicht. An diesem Verfahren gibt es, glaube ich, nichts zu deuteln. Insofern reichen nicht nur die Fortschritte der beiden Länder für den Beitritt zum 1. Januar 2007, sondern auch die zur Verfügung stehenden Schutzmaßnahmen aus. Liebe Kolleginnen und Kollegen, schauen wir unvoreingenommen und rational auf Bulgarien und Rumänien. Es ist nämlich auch richtig, dass die Beitrittskriterien bei beiden Ländern viel schärfer gehandhabt wurden als bei den vorangegangenen Erweiterungsrunden. Es ist nur redlich, auch das einmal anzusprechen. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Markus Löning [FDP])





(A) )


(B) )


Es stünde uns auch gut an, endlich die Perspektive zu
wechseln. Der Beitritt Bulgariens und Rumäniens ist
keine Gefahr für die EU und schon gar nicht für die ein-
zelnen Länder. Der Beitritt ist eine Chance für die Euro-
päische Union als Ganzes und auch für Deutschland.
Bulgarien und Rumänien bringen der EU mehr an Stabi-

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(C (D ität und Sicherheit im gesamten südeuropäischen Raum is in den westlichen Balkan. Ich jedenfalls freue mich, dass wir Bulgarien und Ruänien zum 1. Januar 2007 als Mitglieder der Europäi chen Union und damit als Partner mit gleichen Rechten nd Pflichten und unter Anwendung der gemeinsam verinbarten Spielregeln begrüßen können. Das Wort hat Christian Ahrendt, FDP-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und erren! Ich glaube, die bisherige Debatte hat eines geeigt: Keiner bestreitet die Fortschritte Rumäniens und ulgariens. Dort ist ein enormer Reformprozess geleistet orden. Dass wir in der Lage sind, detailliert über den Reormprozess zu debattieren, haben wir der Europäischen ommission zu verdanken. Es ist das erste Beitrittsver ahren, in dem sehr detailliert beobachtet worden ist, wie ich die Beitrittsländer entwickeln. Dieses Verfahren haen wir in erster Linie – auch in der Genauigkeit – dem U-Kommissar Olli Rehn zu verdanken. Bei einem solch genauen Verfahren rücken nicht nur ie Erfolge in den Vordergrund. Vielmehr sieht man uch die vorhandenen Schattenbereiche; diese wurden ereits angesprochen. Ein wesentlicher Schattenbereich st die Justiz. Hierzu habe ich eine andere Meinung als iejenige, die bislang geäußert worden ist. Wenn mit em 1. Januar 2007 der Beitritt wirksam wird, werden ie Justizakte in den Bereichen des Strafrechts und des ivilrechts im Wege der Anerkennung für andere euroäische Staaten und damit für andere Staatsangehörige utomatisch Geltung beanspruchen. Wenn wir aber in en Berichten lesen müssen – das ist gerade für das trafrecht relevant –, dass es noch keine unumkehrbare nabhängigkeit der Justiz und insbesondere der Richter ibt, dass es den Gerichtsverfahren nach wie vor an ransparenz fehlt und dass die Ausbildung der Staatsanälte und der Richter nicht ausreicht, um ein genaues erfahren durchzuführen, dann müssen wir uns darüber edanken machen, wie wir mit der Situation umgehen. Der Beitrittsvertrag eröffnet verschiedene Möglicheiten. Die Kommission favorisiert die Möglichkeit, ach einer weiteren Beobachtungsphase eine Entscheiung zu treffen. Ich glaube, dieser Weg ist falsch, weil er eine Rechtsfolgen zeitigt und wir in dem Zeitraum, in em die Entscheidung vakant ist, mit Justizakten umgeen müssen. Wenn man sich den Beitrittsvertrag und insesondere Art. 38 genau anschaut, stellt man fest, dass ie Schutzklausel im Justizbereich bereits am 1. Januar 007 greifen kann. Hierfür bedarf es lediglich der Fordeung eines Landes. Es kommt also nicht auf eine Komissionsoder eine Ratsentscheidung an. Dann würden trafurteile und Haftbefehle nicht automatisch anerannt. Christian Ahrendt Das wäre kein Beitritt zweiter Klasse, aber wir hätten die Möglichkeit, die beigetretenen Länder aufzufordern, in den kommenden Monaten in diesem sehr wichtigen Bereich, in dem es unter anderem um unmittelbare Eingriffe in Persönlichkeitsrechte durch Strafrechtsakte geht, das zu leisten, was in den Berichten vorgeschrieben ist, beispielsweise die Strafverfahren besser zu organisieren und die rechtsstaatlichen Ansprüche zu gewährleisten. Ich glaube, an dieser Stelle wird man wesentlich strikter vorgehen müssen, als es die Kommission vorgeschlagen hat. In diesem Sinne wird die Diskussion über den Ratifizierungsprozess in den nächsten Tagen und Wochen zu führen sein. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall im ganzen Hause)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605714800
Christian Ahrendt (FDP):
Rede ID: ID1605714900

(Beifall bei der FDP)





(A) )


(B) )



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605715000

Nächster Redner ist der Kollege Carl-Eduard von

Bismarck, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Carl-Eduard von Bismarck (CDU):
Rede ID: ID1605715100

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegin-

nen und Kollegen! Wir diskutieren heute über ein für
Europa sehr erfreuliches Ereignis. Zum 1. Januar 2007
treten Rumänien und Bulgarien der Europäischen Union
bei. Dieser Erweiterungsschritt unterstreicht einmal
mehr die Attraktivität der Europäischen Union als politi-
sches Projekt.

Gleichzeitig ist dieser Erweiterungsschritt mit einigen
Stolpersteinen verbunden. Die Kommission hat in ihrem
jüngsten Fortschrittsbericht vor drei Wochen klar ge-
macht, dass zwar die beiden Länder bereits große politi-
sche, soziale und wirtschaftliche Reformanstrengungen
unternommen haben, dass aber die Veränderungen drin-
gend mit unverminderter Kraft fortgeführt werden
müssen. Nur wenn Rumänien und Bulgarien ihren Re-
formkurs konsequent fortsetzen, kann sich unser Zusam-
menleben in der Europäischen Union erfolgreich entwi-
ckeln.

Ein Beispiel: Bulgarien hat im August dieses Jahres
verstärkt Maßnahmen gegen den Menschenhandel er-
griffen. Von nun an verbietet ein Gesetz den Handel mit
Schwangeren, deren Babys nach der Geburt verkauft
werden sollen. Das zeigt, dass sich beide Länder ihren
Problemen stellen und sie beherzt angehen. Dieses Bei-
spiel deutet aber auch auf bestehende schwerwiegende
Defizite hin. Wir wissen heute, dass wir gut daran getan
hätten, abzuwarten, bis die Früchte der Reform geerntet
worden wären.

Es war sicher ein Fehler, im Beitrittsvertrag feste Ter-
mine für die europäische Mitgliedschaft zu nennen. Die-
sen Fehler sollte die EU künftig vermeiden.

Aber trotz aller Skepsis und trotz der Befürchtung,
dass die essenziell wichtigen Schutzklauseln des Bei-
trittsvertrages nicht rechtzeitig, nämlich erst nach dem
Beitritt der beiden Länder greifen, bin ich überzeugt da-

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(C (D on, dass wir uns hier langfristig gesehen in einer – neueutsch ausgedrückt – Win-win-Situation befinden. Waum? Weil der Exportweltmeister Deutschland und alle nderen europäischen Staaten satte wirtschaftliche ewinne zu erwarten haben. Schauen Sie sich den ommissionsbericht zu den wirtschaftlichen Auswirungen der EU-Erweiterung an und Sie werden mir zutimmen. Die Europäische Union wird durch diesen wirtschaftichen Erfolg ihre Rolle als Stabilitätsanker Europas eiter ausbauen können. Wir werden durch die Aufahme Bulgariens und Rumäniens in die Europäische nion ganz Europa und den Balkan im Speziellen stabi er, sicherer und friedlicher machen. Wie genau soll das eschehen? Der Handel zwischen Deutschland und Ruänien sowie zwischen Deutschland und Bulgarien ist m vergangenen Jahr kräftig gewachsen. Im Vergleich um Vorjahr nahmen die deutschen Exporte nach Rumäien im ersten Halbjahr 2006 um 21 Prozent und die Imorte von dort um 25 Prozent zu. Nach Bulgarien haben ir im gleichen Zeitraum 10 Prozent mehr exportiert nd sage und schreibe 36 Prozent mehr importiert als im orjahr. Das ist eine überaus erfreuliche Entwicklung. ir können davon ausgehen, dass sie sich mit Rumänien nd Bulgarien als neuen EU-Mitgliedern unvermindert ortsetzen wird. Doch damit nicht genug; denn steigende Imund Exorte bedeuten nicht nur Wohlstand, sondern auch Stailität und Sicherheit. Rumänien und Bulgarien profi ieren davon in erster Linie. Mittelund langfristig wird ie neu gewonnene Stabilität auf politischer, sozialer nd wirtschaftlicher Ebene aber auch auf die übrigen alkanstaaten abfärben. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


uch dies ist für Europa ein Gewinn; denn ein stabiler,
efriedeter Balkan ist für uns als Deutsche und Europäer
on vitalem Interesse. Da, so denke ich, sind wir uns alle
inig.

Lassen Sie mich zum Thema Erweiterung aber noch
inen anderen Punkt ansprechen. Die negativen Ergeb-
isse der Referenden zum Verfassungsvertrag und Bür-
erumfragen sind ein klares Zeichen: Sowohl in der
eutschen als auch in vielen anderen Bevölkerungen
chwindet das Vertrauen in die Europäische Union
nd ihre Erweiterungsschritte zusehends. Die Menschen
aben Angst vor einer Invasion von Billiglohnarbeitern
us den neuen Mitgliedsländern. Sie befürchten außer-
em, ihre EU würde durch die mutmaßliche Grenzenlo-
igkeit unkontrollierbar, und sie sorgen sich um die An-
rkennung regionaler Besonderheiten. Sie sehen sich
urch die Erweiterung schon an der Grenze zum Nahen
sten und wollen sich damit nicht mehr identifizieren.
iese Befürchtungen und Ängste verdecken leider häu-

ig die Erfolge der europäischen Einigung. Wir haben
ier ein ernstes Kommunikationsproblem, das drin-
end behoben werden muss; denn mangelnde Unterstüt-
ung durch die Bevölkerung kann auch noch so sinnvol-
en Projekten und Unternehmungen den Garaus machen.
as wissen wir alle.






(A) )



(B) )


Carl-Eduard von Bismarck
Das Problem können wir nur lösen, indem wir allen
EU-Bürgern klar machen, dass sie Teil einer modernen,
bürgerfreundlichen Union sind, in der sie sich beruflich
frei entfalten können und in der Innovationen gefördert
werden. Zugleich müssen wir ihnen klar machen, dass
sie in der Europäischen Union auf der sicheren Seite
sind. Schließlich bekämpfen wir den internationalen Ter-
rorismus und Kriminalität unnachgiebig. Darüber hinaus
muss die Europäische Union dringend darauf achten,
Kernbeschlüsse wie den Stabilitätspakt der Wirtschafts-
und Währungsunion einzuhalten und den Beitrittskandi-
daten die strikte Erfüllung des Acquis communautaire
abzuverlangen.

Zu guter Letzt lassen Sie mich anmerken, dass wir
dringend grundlegend und nachhaltig über die Aufnah-
mefähigkeit der Europäischen Union debattieren müs-
sen. Wir müssen uns unserer Kapazitäten bewusst sein.
In all diesen Punkten müssen wir an Klarheit gewinnen,
dementsprechend handeln und dies den Bürgern deutlich
vermitteln. Nur so können wir unseren Weg erfolgreich
gehen und unsere Glaubwürdigkeit wahren.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605715200

Das Wort hat der Kollege Thomas Silberhorn, CDU/

CSU-Fraktion.


Thomas Silberhorn (CSU):
Rede ID: ID1605715300

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Über den Beitritt Bulgariens und Rumäniens zur
Europäischen Union haben wir in diesem Haus bereits
öfter debattiert. Gestatten Sie mir deshalb, dass ich
gleich zu den kritischen Tönen komme, bevor ich versu-
chen werde, auch einige versöhnliche zu finden.

Wir haben in unseren Debatten stets versucht, darauf
hinzuwirken, dass die Situation, die jetzt eingetreten ist,
möglichst vermieden wird. Ja, es gibt bemerkenswerte
Fortschritte in Bulgarien und Rumänien. Das ist aus-
drücklich anzuerkennen. Ja, wir wollen auch den Bei-
tritt. Aber es bestehen in einer Reihe von Fragen schwer-
wiegende Defizite. Die Kommission – so verstehe ich
ihre Analyse – kann beiden Ländern bis jetzt noch nicht
die vollständige Beitrittsreife bescheinigen. Das ist ein
Thema nicht nur für Bulgarien und Rumänien, sondern
auch für uns und die Europäische Union; denn wir kom-
men in Erklärungsnot, wenn wir nach Ratifizierung und
Anwendung des Vertrages den Beitritt zum 1. Januar
2007 verwirklichen wollen, obwohl Fragen offen blei-
ben.

Ich plädiere deswegen nachhaltig dafür, dass wir die
Defizite und die Fragen, die die Kommission selbst auf-
geworfen hat, nicht ignorieren und mit einem Achselzu-
cken abtun. Vielmehr sollten wir auf die offenen Fragen
überzeugende Antworten finden. Ich meine, das schul-
den wir der Glaubwürdigkeit unserer Erweiterungs-
politik und das erfordert auch die Situation in der Euro-
päischen Union und ihren Bevölkerungen. Es ist ein

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(C (D eitrag zur Akzeptanz der Europäischen Union und er Erweiterungspolitik, wenn wir die offenen Fragen ehr ernst nehmen. Der Kommissionsbericht nimmt eine, wie ich finde, ritische Analyse vor. Es ist zu begrüßen, dass die Defiite klar benannt werden. Ich bin nur der Meinung, dass ie Kommission unzureichende Schlussfolgerungen aus hrer eigenen Analyse zieht. Offenbar hat der Mut geehlt, zu Konsequenzen zu greifen. Ich meine, dass es ot tut, bereits zum 1. Januar 2007, also von Beginn des eitritts an, die in der Beitrittsakte zur Verfügung steenden Schutzmechanismen zu aktivieren, um die offeen Fragen zu beantworten. Natürlich liegt es zunächst in der Hand Bulgariens nd Rumäniens selbst, weitere Fortschritte zu erzielen. as betrifft die Unabhängigkeit und Effizienz des Justizesens, die Bekämpfung von Korruption und organisier er Kriminalität, die Lebensmittelsicherheit in den Bereihen Tierkörperbeseitigung und Schweinefieber, aber uch die Landwirtschaft, das integrierte Verwaltungsnd Kontrollsystem, die Auszahlung von Direktbeihilen. Sicher mit Differenzen zwischen Bulgarien und Ruänien; aber insgesamt sind beide aufgefordert, ihre An trengungen zu verstärken. Ich glaube, alles, was jetzt, is zum 31. Dezember dieses Jahres, noch erledigt weren kann, erleichtert auch die Zustimmung der Bevölkeung zu dieser Erweiterung zu diesem Zeitpunkt. Wir, die Europäische Union und auch der Deutsche undestag, müssen uns an den Kriterien, die wir selbst ufgestellt haben, messen lassen. Wir müssen diese rage gerade in dem sensiblen Bereich „Justiz und Innees“ sehr aufmerksam diskutieren. Aus meiner Sicht ist erade dieser Bereich, der mit Rechtssicherheit zu tun at, ganz unabdingbar, nicht nur für die Bevölkerung in ulgarien und Rumänien, sondern auch für alle, die nach er Erweiterung in engeren Kontakt mit diesen Ländern ommen wollen, insbesondere für Investoren, die echtssicherheit brauchen, wenn sie sich in diesen Länern engagieren wollen. Die Kommission hat in ihrem Bericht angekündigt, unächst weitere Stellungnahmen von Bulgarien und umänien einzuholen und dann im Juni nächsten Jahres inen weiteren Fortschrittsbericht vorzulegen. Sie chreibt in ihrem jetzigen Bericht vom 26. September, ass es dann, im Juni nächsten Jahres, erforderlich weren könnte, zu Schutzmaßnahmen zu greifen, beipielsweise die Mitgliedstaaten von der Verpflichtung zu ntbinden, Urteile gegenseitig anzuerkennen. Ich meine, das ist keine schlüssige Argumentation. enn wenn die Kommission nach eigener Auffassung m Sommer nächsten Jahres gehalten sein könnte, chutzklauseln zu aktivieren, dann ist es doch offenkunig, dass die zugrunde liegende Problematik nicht erst ann eintreten wird, sondern bereits jetzt besteht. Desegen ist es notwendig, dass wir Schutzmaßnahmen mit eginn des Beitritts zum 1. Januar 2007 ergreifen. Ich laube, allein das kann eine überzeugende Antwort auf ie inkriminierten Defizite im Kommissionsbericht sein. Thomas Silberhorn Ich glaube, das ist auch aus deutscher Sicht ein brisantes Thema; denn es geht um die Fragestellung, wie die Bundesregierung mit eigenen Staatsangehörigen umgeht, die in Kontakt mit dem Justizwesen in Bulgarien und Rumänien kommen können. Mit dieser Frage beschäftigt sich unter anderem – ich darf darauf hinweisen – auch ein Untersuchungsausschuss in diesem Hause. Ich plädiere dafür, genau hinzuschauen und die Thematik ernst zu nehmen. Das, was ich fordere, nämlich Urteile vorerst gegenseitig nicht anzuerkennen, eine Auslieferung aufgrund eines Europäischen Haftbefehls vorerst nicht vorzunehmen, vorsichtig zu sein beim Zugang zu den Datenbanken von Europol und Eurojust, wäre keinerlei Einschränkung gegenüber Bulgarien und Rumänien im Vergleich zum Status quo, sondern lediglich eine Aufrechterhaltung des Status quo in diesen begrenzten Bereichen für einen begrenzten Zeitraum nach dem Beitritt. Das sollten wir uns wert sein. Ich appelliere an die Bundesregierung, hierzu eine Initiative gegenüber der Europäischen Kommission zu ergreifen. Meine Damen und Herren, abschließend möchte ich noch Folgendes sagen: In der Abwägung bin ich ein Befürworter des Beitritts, auch zum 1. Januar 2007, weil der Eiserne Vorhang erst dann vollständig beseitigt sein wird, wenn Bulgarien und Rumänien Mitglieder der Europäischen Union sind. Es ist ein Beitrag zur Demokratisierung und zur Stabilisierung der gesamten Region in Südosteuropa, wenn Bulgarien und Rumänien Mitglieder der Europäischen Union werden. Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen. Es gibt eine hoffnungsvolle wirtschaftliche Dyna mik. Erwähnen möchte ich auch – damit komme ich zum Schluss, Frau Präsidentin –, dass es in Bulgarien wie in Rumänien Gesellschaften gibt, die proeuropäisch eingestellt sind und die auch für unser Land einige Sympathie hegen. Das sollten wir erwidern. Uns verbinden mit Rumänien und Bulgarien enge historische und kulturelle Beziehungen. Das kann eine Basis für eine erfolgreiche Integration beider Länder in die Europäische Union sein. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)





(A) )


(B) )

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605715400
Thomas Silberhorn (CSU):
Rede ID: ID1605715500


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605715600

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlagen
auf den Drucksachen 16/2293, 16/2954 sowie 16/2997
an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse
vorgeschlagen. Die Vorlage auf der Drucksache 16/2293
– Tagesordnungspunkt 6 a – soll zusätzlich an den Aus-
schuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucher-
schutz überwiesen werden. Sind Sie damit einverstan-
den? – Das ist der Fall. Die Überweisungen sind so
beschlossen.

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(C (D Ich rufe den Tagesordnungspunkt 7 sowie die Zusatzunkte 7 und 8 auf: 7 Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe – zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Siebter Bericht der Bundesregierung über ihre Menschenrechtspolitik in den auswärtigen Beziehungen und in anderen Politikbereichen – zu dem Antrag der Abgeordneten Burkhardt Müller-Sönksen, Florian Toncar, Dr. Karl Addicks, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP 7. Bericht der Bundesregierung über ihre Menschenrechtspolitik in den auswärtigen Beziehungen und in anderen Politikbereichen – Drucksachen 15/5800, 16/1999, 16/3004 – Berichterstattung: Abgeordnete Holger Haibach Christoph Strässer Florian Toncar Michael Leutert Volker Beck P 7 Beratung des Antrags der Abgeordneten Holger Haibach, Erika Steinbach, Carl-Eduard von Bismarck, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Herta Däubler-Gmelin, Christoph Strässer, Niels Annen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen – Wirksamkeit sichern und Glaubwürdigkeit schaffen – Drucksache 16/3001 – P 8 Beratung des Antrags der Abgeordneten Volker Beck terer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Menschenrechte in Zentralasien stärken – Drucksache 16/2976 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Auswärtiger Ausschuss Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Der Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre ilfe hat in seine Beschlussempfehlung auf der rucksache 16/3004 den Antrag der Fraktion der FDP uf der Drucksache 16/1999 mit dem Titel „7. Bericht er Bundesregierung über ihre Menschenrechtspolitik in en auswärtigen Beziehungen und in anderen Politikbeeichen“ mit einbezogen. Über diesen Antrag soll ebenalls abschließend beraten werden. Sind Sie damit Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner einverstanden? – Ich sehe, dass dies der Fall ist. Es ist also so beschlossen. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die Aussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich höre keinen Widerspruch. Das ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege Christoph Strässer von der SPD-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol legen! Der Siebte Bericht der Bundesregierung über ihre Menschenrechtspolitik in den auswärtigen Beziehungen und in anderen Politikbereichen, über den wir heute debattieren, ist wie bereits sein Vorgänger ein umfangreiches, hochinteressantes Kompendium geworden, ein Kompendium, das man zur Pflichtlektüre zum Beispiel im Politikoder Gemeinschaftskundeunterricht an unseren weiterführenden Schulen machen sollte. Gerade angesichts vieler Ereignisse in unserem Lande wäre das nicht wirklich verkehrt. Denn es ist nach wie vor erschreckend, meine Damen und Herren, wie wenig im Bewusstsein gerade junger Menschen die Idee der Grundund Menschenrechte verankert ist, wie wenig wir uns selbst immer wieder klar machen, dass Menschenrechte keine Selbstverständlichkeit sind. Sie müssen auch bei uns immer wieder aufs Neue verteidigt werden. Das erleben wir beinahe tagtäglich. Ihre universale Wirksamkeit, die unmittelbarer Ausfluss der Würde des Menschen, eines jeden Menschen auf dieser einen Erde ist, ist noch nicht überall erkämpft worden. Nachrichten über schlimmste Menschenrechtsverletzungen in vielen Teilen der Welt füllen deshalb immer wieder die Schlagzeilen. Der Siebte Menschenrechtsbericht dient der kritischen Analyse der Aktivitäten der Bundesregierung zur Durchsetzung der Menschenrechte auf globaler Ebene, aber auch in unserem Land selbst. Ich bedanke mich deshalb im Namen der SPD-Fraktion ganz ausdrücklich beim Auswärtigen Amt und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die dieser Aufgabe mit großem Verantwortungsbewusstsein und, wie ich finde, mit einem nicht nur vorzeigbaren, sondern guten Ergebnis gerecht geworden sind. Erstmals enthält der Bericht als integralen Bestandteil einen nationalen Aktionsplan für Menschenrechte, wie dies der Deutsche Bundestag in der vergangenen Legislaturperiode gefordert hat. Dieser nationale Aktionsplan stellt eindeutig einen Fortschritt für die Menschenrechtsarbeit in Deutschland dar. Denn er dokumentiert den politischen Willen, menschenrechtliche Themen an herausragender Stelle in der Regierungspolitik zu verankern. Darüber hinaus stellt auch dieser nationale Aktionsplan ein öffentliches Dokument mit hohem Bildungswert dar, das den allgemeinen Diskurs über menschenrechtliche Themen fördert und zur Bewusstseinsschärfung beiträgt und – last, but not least – die M s r k Ä d d M s g g m D m d f S e M d m D d B g D d s V d b R n d l t G r i v m d d g D G n V (C (D öglichkeit zur Evaluierung nicht nur eröffnet, sondern ogar vorsieht. Wir werden darüber in den nächsten Jahen sicherlich noch an der einen oder anderen Stelle disutieren. Im Aktionsplan wird an zentraler Stelle die weltweite chtung der Todesstrafe als eines der Leitprinzipien eutscher Menschenrechtspolitik hervorgehoben. Und ies zu Recht! Das menschliche Leben, die Würde des enschen sind unantastbar, und zwar auch gegenüber olchen Menschen, die sich ihrerseits nicht an solche Reeln halten. Staatliche Verantwortung bietet niemals und nirendwo einen rechtlich legalen oder moralisch legitiierten Ansatz zur Vernichtung menschlichen Lebens. ieser Grundsatz gilt und – das sage ich ganz deutlich – uss gelten, unabhängig vom Stand der Entwicklung er jeweiligen Gesellschaft. Die meisten Hinrichtungen inden nach wie vor in China statt, gefolgt vom Iran, von audi-Arabien und – das muss man sagen – von den Verinigten Staaten von Amerika. Wir werden weiterhin in den Rechtsstaatsund enschenrechtsdialogen mit China und mit dem Iran ie Todesstrafe kritisch zur Diskussion stellen. Das acht auch Sinn, wenn man sich vor Augen hält, meine amen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ass in diesen Ländern auch Minderjährige und geistig ehinderte öffentlich hingerichtet werden. Solche Bilder ehören nicht zu einer humanen Gestaltung der Welt. agegen müssen wir an allen Stellen protestieren. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)





(A) )


(B) )

Christoph Strässer (SPD):
Rede ID: ID1605715700

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Eine weitere große Herausforderung, der sich die
eutsche Menschenrechtspolitik in der derzeitigen
chwierigen weltpolitischen Lage stellen muss, ist die
erteidigung der Menschenrechte gerade auch in Zeiten
es globalen Terrorismus. Der Siebte Menschenrechts-
ericht widmet dieser Frage verdienstvollerweise viel
aum. Die Terrorismusbekämpfung, die nötig ist, darf
ur unter Berücksichtigung des nationalen Rechts wie
es Völkerrechts stattfinden. Sonst vergibt sie ihre recht-
iche und ethische Legitimation.

Gerade in dieser Auseinandersetzung besteht die exis-
enzielle Gefahr der Aufweichung rechtsstaatlicher
rundprinzipien. Einen solchen „Erfolg“ dürfen wir ter-

oristischen Gruppen nicht gönnen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


In diesem Zusammenhang ist auch die national wie
nternational geführte Debatte über das Folterverbot
on großer Bedeutung. Wir begrüßen in diesem Zusam-
enhang ausdrücklich die endlich erfolgte Zeichnung

es Zusatzprotokolls zur VN-Anti-Folter-Konvention
urch Außenminister Steinmeier im September zu Be-
inn der Generalversammlung der Vereinten Nationen.
ies ist ein ganz, ganz wichtiger Schritt im Interesse der
laubwürdigkeit unserer eigenen Menschenrechtspolitik
ach innen wie nach außen. Wir werden – das ist ein
ersprechen, keine Drohung – die Einrichtung der ent-






(A) )



(B) )


Christoph Strässer
sprechenden Präventionsmechanismen sehr sorgfältig
begleiten und dafür sorgen, dass sie im Sinne der Verein-
barungen der Vereinten Nationen wirken können.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Allerdings muss uns in diesem Zusammenhang die
Verabschiedung des US-amerikanischen Gesetzesvorha-
bens zur Behandlung mutmaßlicher Terroristen – ich
sage das ganz deutlich – zutiefst beunruhigen. Trotz eini-
ger Fortschritte, die wir sehen, bleibt es demnach der
CIA erlaubt, Gefangene in unterkühlten Zellen mit kal-
tem Wasser zu überschütten oder so lange mit Dauerste-
hen und Schlafentzug zu zermürben, bis sie schließlich
zu Aussagen bereit sind. Obwohl der Wahrheitsgehalt
solcher unter Druck gemachten Aussagen zweifelhaft ist
– das wissen wir alle –, können Ankläger sie verwenden
und damit Unschuldige zur Verurteilung bringen. Alle
Informationen, auch solche vom Hörensagen – alle Ju-
risten wissen, wie schwierig das ist –, gelten als verwert-
bar, sind jedoch von der Verteidigung nicht überprüfbar.

Die internationale Rechtslage an dieser Stelle ist ein-
deutig. Die Anwendung oder Androhung von Gewalt zur
Abgabe einer Erklärung eines gefangenen Menschen un-
terliegt einem absoluten Verbot, und zwar ohne ir-
gendeine Ausnahme. Besonders deutlich ist Art. 2
Abs. 2 der VN-Konvention gegen Folter. Dieser be-
stimmt, dass auch außergewöhnliche Umstände, gleich
welcher Art, seien es Krieg oder Kriegsgefahr, innenpo-
litische Instabilität oder ein sonstiger öffentlicher Not-
stand, nicht als Argument für Folter geltend gemacht
werden dürfen. Das ist gut. Das ist richtig. In diesem Zu-
sammenhang bleibt für mich die Feststellung, dass in
Guantanamo nach Berichten vieler internationaler Or-
ganisationen bereits seit 2002 Grundrechte durch grau-
same und entwürdigende Maßnahmen außer Kraft ge-
setzt werden.

Der Schutz der Menschenrechte ist immer und ganz
wesentlich der Schutz vor der Willkür durch den
Staat. Es kann nur eine Schlussfolgerung geben und die
lautet: Guantanamo – das hat glücklicherweise auch die
Bundeskanzlerin gefordert – muss so schnell wie mög-
lich geschlossen werden. Die dort Einsitzenden müssen
rechtsstaatlichen Verfahren zugeführt werden. Darüber
sollte sich der Deutsche Bundestag sehr einig sein.


(Beifall im ganzen Hause)


Zum Schluss zu einem anderen Bereich. Ein besonde-
res Anliegen der Menschenrechtsarbeit der SPD-Bun-
destagsfraktion war und ist seit jeher, die Rechte der
Kinder weltweit, aber auch national einzufordern und
durchzusetzen. Der Siebte Menschenrechtsbericht gibt
diesem Thema einen dementsprechenden Stellenwert. Es
muss unsere Aufgabe sein, die Chancen von Kindern auf
ein Leben in Würde und Selbstbestimmung zu verbes-
sern. Ihre Ausbeutung in vielen Regionen dieser Erde,
ihre Ausbeutung als Arbeitssklaven oder zu sexuellen
Dienstleistungen sowie ihr Missbrauch als Soldaten und
Soldatinnen in gewalttätigen Auseinandersetzungen sind
verabscheuungswürdige Menschenrechtsverletzungen,
gegen die wir stets vehement gekämpft haben und weiter
kämpfen werden.

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(C (D Ich sehe es als einen großen Fortschritt an, dass es in eilen Afrikas, insbesondere in Norduganda, offensicht ich gelingt, diesen Zustand langsam, aber sicher, wenn uch zu langsam, zu überwinden. Das haben wir zu meier großen Freude gerade heute von Mitgliedern der Oranisation „Ärzte ohne Grenzen“ erfahren. Daran sollten ir weiter arbeiten. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Aber ich benenne an dieser Stelle auch einen inner-
taatlichen Mechanismus, über den wir uns sehr schnell
erständigen müssen. Die Kinderrechtskonvention der
ereinten Nationen ist auch im Sinne des Schutzes der
inder weltweit ein Zeichen von Achtung und Verant-
ortlichkeit der internationalen Staatengemeinschaft ge-
enüber diesen Kindern. Insofern ist es wichtig – wir ha-
en das im Rahmen der Berichterstattung diskutiert, seit
ch diesem Deutschen Bundestag angehöre –, dass


(Zuruf von der SPD: Auch schon davor!)


ja, aber mehr kann ich nicht sagen – die noch bestehen-
en Vorbehalte Deutschlands zur Wirksamkeit der Kin-
errechtskonvention endlich und ohne Einschränkung
urückgenommen werden.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ch sage das ganz deutlich. In den letzten Jahren gab es
a immer wieder die eine oder andere Fechterei zwischen
en Fraktionen. Aber im Bereich der Menschenrechtsar-
eit bietet die große Koalition keine Legitimation mehr
afür, die Nichtrücknahme der Vorbehalte zu erklären.
uf die einschränkungslose Rücknahme dieser Vorbe-
alte, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union,
ollten wir uns schnellstens verständigen. Alles andere
äre nicht gut für das Image Deutschlands in der Welt.


(Beifall bei der SPD und der FDP)


Meine Damen und Herren, der Siebte Bericht ist, wie
esagt, aus unserer Sicht ein gelungenes Dokument. Wir
üssen seine Schlussfolgerungen umsetzen. Seneca, der

ömische Philosoph, hat bereits gesagt: „Nicht der Wis-
ende ist glücklich, sondern der Handelnde.“ Es gäbe
eine Fortschritte bei der Durchsetzung menschenrecht-
icher Standards ohne die verdienstvolle Arbeit vieler
ichtregierungsorganisationen. Deshalb gilt mein aus-
rücklicher Dank gerade den vielen ehrenamtlich Täti-
en, die in allen Teilen der Welt unter oftmals schwie-
igsten Bedingungen aktiv sind und einen wesentlichen,
inen unverzichtbaren Beitrag für die Menschen leisten,
ie in existenzieller Not sind. Ich hoffe und wünsche,
ass es gelingt, die Zusammenarbeit zwischen Parlament
nd den Nichtregierungsorganisationen, insbesondere
en im Forum Menschenrechte zusammengeschlosse-
en, zu vertiefen – im Interesse der Menschen, die un-
ere Unterstützung weiterhin benötigen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605715800

Das Wort hat der Kollege Florian Toncar, FDP-Frak-

tion.


Dr. Florian Toncar (FDP):
Rede ID: ID1605715900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Zu Beginn unserer heutigen großen Menschenrechtsde-
batte möchte ich die Gelegenheit nutzen, mich bei den
Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss, beim Auswär-
tigen Amt und beim Menschenrechtsbeauftragten der
Bundesregierung für die Zusammenarbeit zu bedanken.
Sie ist in der Regel sachorientiert und wenig von den ty-
pischen Reflexen gekennzeichnet, die man in anderen
Ausschüssen erlebt. Das empfinde ich als sehr ange-
nehm.

Wir diskutieren heute den Menschenrechtsbericht der
Bundesregierung. Die erste Frage, die sich stellt, lautet:
Was muss ein solcher Bericht leisten? Ich erkenne zwei
Hauptaufgaben. Es geht zum einen um die Information
der Öffentlichkeit, um Menschenrechtsbildung und um
Sammlung von Informationen über Menschenrechte.
Das leistet der Bericht zweifelsohne. Ich glaube aber,
dass das die weniger wichtige der beiden Aufgaben ist,
die der Bericht erfüllen muss, denn es gibt viele Quellen,
in denen man etwas über die Menschenrechtssituation
nachlesen kann. Wir können die Berichte der Nichtregie-
rungsorganisationen zu Rate ziehen oder den Jahresbe-
richt von Amnesty International. Das Auswärtige Amt
stellt Informationen über verschiedene Länder bereit und
wir haben das Deutsche Institut für Menschenrechte. Es
gibt eine Vielzahl von Quellen, die ähnliche Inhalte und
Aufgaben vorweisen.

Aber es gibt eine zweite Aufgabe. Das ist die Auf-
gabe, die diesen Bericht legitimiert und ihn besonders
wichtig macht. Es geht um die Frage: Was tut die Bun-
desregierung im Bereich Menschenrechtspolitik? Ich
glaube, ein solcher Bericht muss noch sehr viel klarer,
als das bisher der Fall war, benennen, wo unsere Ziele
und unsere Schwerpunkte sind, was wir gemacht haben,
welcher Instrumente wir uns bedient haben und wie am
Ende der Erfolg aussah. Mit dem nationalen Aktions-
plan, den es jetzt erstmals gibt, ist ein Anfang gemacht.
Dieser Aktionsplan stellt das Herz und die eigentliche
Begründung für die Existenz eines solchen Menschen-
rechtsberichts dar. Aus diesem Grund muss er im Zen-
trum stehen und darf aus meiner Sicht nicht durch ein
Übermaß an Fakten und sonstigen Zusatzinformationen
verwässert werden. Der Leser muss klar erkennen kön-
nen, was die Bundesregierung am Ende getan und er-
reicht hat.


(Beifall bei der FDP)


Natürlich sind in dem Bericht eine Vielzahl von The-
men angesprochen. Aber ein Gedanke zieht sich durch,
der mir persönlich besonders wichtig ist, nämlich der
Gedanke des Zusammenhangs von Menschenrechts-
politik im Inneren und im Äußeren. Es ist ein Zusam-
menhang, den man eindeutig sehen kann. Bei manchen
Fehlentwicklungen kann man erkennen, dass er nicht
beachtet wird, etwa in den USA. Da sind Fehlentwick-
lungen im äußeren Bereich mit Fehlentwicklungen im

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(C (D nneren Bereich einhergegangen. Das sollte uns in eutschland eine Lehre sein. Natürlich sind wir in Deutschland immer noch auf eiem sehr hohen Stand, was die Verwirklichung der Menchenrechte angeht. Aber wir hatten beispielsweise im erichtszeitraum auch eine Diskussion über das Foltererbot. Es gab auch in Intellektuellenzirkeln und in dem inen oder anderen Feuilleton durchaus Menschen, die orgeschlagen haben, Folter unter eine Art Abwägung u stellen, das heißt, dass man zum Beispiel foltern darf, enn besonders schlimme Schäden oder Ähnliches droen. Ich glaube, dass es Aufgabe unseres Ausschusses nd dieses Hauses ist, darauf zu achten, dass jede Form on Relativierung des Folterverbots bei uns im Inland eine Chance bekommt. (Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)


Die Glaubwürdigkeit, die dadurch entsteht, dass wir
ns im Inneren an unsere Werte halten, hilft uns natür-
ich auch im Äußeren. Das ist unbestreitbar. Wenn wir
ns im Inneren Dinge zuschulden kommen lassen, wird
as bei Gesprächen im Ausland sofort aufgegriffen. Das
erstört die Basis, auf der wir argumentieren.

Deswegen hat es mich schon geärgert, als vor einiger
eit bekannt wurde, dass deutsche Beamte in Guanta-
amo und auch in Damaskus in Gefängnissen Verhöre
orgenommen oder sich an solchen Verhören beteiligt
aben; denn das führt dazu, dass uns, wenn wir in den
ntsprechenden Ländern unterwegs sind, diese Ge-
chichte vorgehalten wird und wir dem Vorwurf der
oppelmoral entgegentreten müssen.


(Zuruf von der FDP: So ist es!)


Aus diesem Grunde halte ich es auch für ausgespro-
hen bedenklich, dass der Kontakt von deutschen Solda-
en bei der Bewachung eines Gefängnisses in Kanda-
ar dem Verteidigungsausschuss fünf Jahre lang nicht
ekannt geworden ist.


(Beifall bei der FDP und der LINKEN)


etzt stehen Vorwürfe im Raum, die aufgeklärt werden
üssen. Es stellt sich natürlich die Frage, warum das

isher nicht geschehen ist. Die „Frankfurter Allgemeine
eitung“ schreibt heute völlig zu Recht:

Was wäre daran verwerflich gewesen – wenn sonst
nichts war?

as Leidige an solchen Vorkommnissen ist immer, dass
as Verteidigungsministerium sich einem Verdacht aus-
etzt. Noch leidiger ist es, wenn an den Vorwürfen am
nde überhaupt nichts dran ist. Deswegen kann ich nur
usgesprochen bedauern und mein Missfallen ausdrü-
ken, dass es wieder einmal so gelaufen und das Parla-
ent nicht angemessen informiert worden ist.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Es ist nämlich so, dass man mit wenigen Handstri-
hen und durch wenige Einzelpersonen manches einrei-






(A) )


)

Florian Toncar
ßen kann, was viele andere an unterschiedlichsten Stel-
len im Bereich der Menschenrechtspolitik jahrelang
aufgebaut haben. Wir haben in Deutschland durchaus ei-
nen Ruf zu verlieren. Ich möchte nicht, dass sich solche
Vorgänge und auch solche Informationsverläufe wieder-
holen. Es kann auch nicht dabei bleiben, dass man diese
Vorgänge allein aufgrund von dienstlichen Erklärungen
von Soldaten aufklärt. Da wird schon etwas mehr Auf-
wand erforderlich sein.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt einen zwei-
ten Antrag, über den wir heute beschließen. Das ist ein
Antrag zum Menschenrechtsrat, der auf den ersten Er-
fahrungen mit diesem neuen Gremium beruht. Es gibt
gute Erfahrungen; das weiß ich. Ich möchte trotz allem
sagen, dass ich persönlich von den Entwicklungen, die
sich in Genf ergeben haben, insgesamt enttäuscht bin.
Ich glaube, dass es einige ernüchternde Entwicklungen
gegeben hat. Es droht die Entwicklung, dass wir Sit-
zungsperiode für Sitzungsperiode immer mehr dazu
übergehen, in diesem Rat Schadensbegrenzung zu be-
treiben und Schlimmeres zu verhindern. Das kann nicht
Sinn eines solchen Gremiums sein.

Der Antrag bringt in sehr klarer Sprache zum Aus-
druck, dass es Defizite gibt. Schon in der Überschrift
heißt es: „Wirksamkeit sichern und Glaubwürdigkeit
schaffen“. Wirksamkeit scheint noch nicht gegeben zu
sein; Glaubwürdigkeit muss erst noch geschaffen wer-
den. Da haben die Antragsteller Recht. Es ist durchaus
bemerkenswert, dass das auch in der Klarheit der For-
mulierung zum Ausdruck kommt.

In dem Antrag der Koalition wird zu Recht von der
großen Gefahr der Blockbildung gesprochen. Die For-
mulierung, dass die Mehrheit der Staaten des Südens die
Handlungsfähigkeit der Minderheit in unerträglicher
Weise einschränken würde, spiegelt durchaus wider, was
im Menschenrechtsrat abgelaufen ist. Da haben wir ei-
nige bedauerliche Fehlentwicklungen zu verzeichnen.


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse)


Für mich persönlich ist ganz wichtig, dass wir beim
Universal Periodic Review, also der regelmäßigen
Überprüfung aller Mitgliedstaaten durch den Menschen-
rechtsrat, weiterkommen. Eine Voraussetzung für die
Zustimmung zu diesem Kompromiss war, dass sich die
Mitgliedstaaten dieses Rates diesem Review als Erste
und zuvorderst stellen. Damit ist sichergestellt, dass ein
Land, das mitentscheiden kann, selbst überprüft worden
ist. Mit dieser Regelung habe ich die Hoffnung verbun-
den, dass die menschenrechtspolitisch problematischen
Staaten, die zwar Mitglied dieses Rates sind, die aber
nicht immer die konstruktivste Arbeit leisten, vielleicht
zu der einen oder anderen Verbesserung veranlasst wer-
den können. Wenn dieses Instrument nachher nicht
greift, dann wäre ein Kernelement des neuen Menschen-
rechtsrats gescheitert. Das darf nicht passieren.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Ich möchte mit einem wichtigen Gedanken schließen,
der auch in diesem Antrag angesprochen wird. Es geht

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(C (D m den Einfluss Europas auf die Menschenrechtspoliik. Durch neue starke Spieler, die auf die Bühne treten ich nenne beispielsweise China, das in Afrika sehr prä ent ist –, wird es für uns Europäer zunehmend schwierier, in Gesprächen mit Vertretern anderer Länder menchenrechtspolitische Positionen zu vertreten; denn es ibt für diese Länder alternative Gesprächspartner, die eine lästigen Fragen nach den Menschenrechten stellen. Wir müssen die Diskussion über unsere Möglichkeien in der internationalen Menschenrechtspolitik etwas ffener führen. Wir müssen aber auch klar sagen, dass es icht angehen kann, dass sich ein Land wie China, das mmerhin ständiges Mitglied im Sicherheitsrat der Verinten Nationen ist – die Vereinten Nationen haben ja die icherung des Weltfriedens als Aufgabe –, auf Dauer bei llen menschenrechtspolitisch bedeutsamen Entscheiungen eine Zustimmung für selbstverständliche Maßahmen – beispielsweise für das Vorgehen gegen den assenmord in Darfur – politisch vergolden lässt, indem hm an anderer Stelle Zugeständnisse gemacht werden. enn alle so handeln würden, wäre keine internationale rganisation mehr handlungsfähig. Aus diesem Grund üssen wir dieser Tendenz entgegentreten. Ich hoffe, dass die Bundesregierung dieses Thema um Schwerpunkt ihrer Ratspräsidentschaft macht. Da iese Forderung auch im Antrag enthalten ist, gehe ich avon aus, dass die Bundeskanzlerin in ihrer Regieungserklärung zur Ratspräsidentschaft auf das Menchenrechtsthema ausführlich eingehen wird. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605716000

Ich erteile das Wort Kollegen Holger Haibach, CDU/

SU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Holger Haibach (CDU):
Rede ID: ID1605716100

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

en! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will im Hin-
lick auf das, was der Kollege Toncar über das Verhalten
on deutschen Soldaten und deutschen Beamten gesagt
at, gerne wiederholen, was ich im letzten Jahr an dieser
telle dazu gesagt habe: Wenn sich deutsche Soldaten
nd deutsche Beamte – an welcher Stelle auch immer –
icht ordnungsgemäß verhalten haben, dann gehört das
uf den Tisch des Hauses und dann müssen diese Vor-
älle aufgeklärt werden. Aber bevor das der Fall ist, rate
ch, dass wir sehr vorsichtig mit Vorwürfen sind und
orurteile vermeiden; denn das kann ganz schnell zum
umerang werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Was Herr Toncar gesagt hat und was der Kollege
trässer angemerkt hat, zeigt: Es ist die Hauptaufgabe
ines Menschenrechtspolitikers, unangenehme Themen
eutlich, wenn auch diplomatisch allerorts und zu jeder

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Holger Haibach
Zeit anzusprechen. Das gilt für das Ausland wie auch für
das Inland. Deshalb ist der Bericht der Bundesregierung
über die Menschenrechtspolitik, über den wir heute dis-
kutieren, ein wichtiger Beitrag für eine Standortbestim-
mung. Er gibt einen Überblick und ist zugleich eine
Bewertung nationaler und internationaler Menschen-
rechtspolitik.

Wir alle wissen, dass die Erstellung eines solchen
Werkes ein hartes Stück Arbeit darstellt und großer Ko-
ordinationsarbeit innerhalb der Bundesregierung bedarf.
Deswegen möchte ich dem Auswärtigen Amt und den
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die für die Erstellung
dieses Berichtes verantwortlich sind, ganz herzlich dan-
ken.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich will jetzt nicht auf Einzelheiten eingehen; das
wird nachher mein Kollege von Bismarck tun. Ich will
hingegen kurz auf die Erwartungen für die künftigen
Jahre, die wir in einer interfraktionellen Beschlussemp-
fehlung niedergelegt haben, zu sprechen kommen. Nach-
dem der nächste Bericht etwas außerhalb des sonstigen
Rhythmus im Jahr 2008 vorgelegt wird, wollen wir zur
zweijährigen Periode zurückkehren. Wir wollen weiter-
hin, dass die Menschenrechtspolitik als Querschnittsauf-
gabe verstanden wird und dass auswärtige und innenpo-
litische Themenbereiche kohärent beleuchtet werden.
Wir wollen, dass Themen weniger deskriptiv und noch
mehr auf die Handlungen und Handlungsabsichten der
Bundesregierung ausgerichtet werden, dass der Natio-
nale Aktionsplan als Bestandteil des Berichtes erhalten
bleibt und dass die Tätigkeiten Deutschlands im Rahmen
der internationalen Menschenrechtspolitik dargestellt
werden.

Spätestens mit der internationalen Menschrechtspoli-
tik bin ich wieder bei den unangenehmen Dingen, die
man ab und zu als Menschenrechtspolitiker sagen muss.
„Chance für die Menschenrechte“, das war eine der
Überschriften, mit der eine Zeitung den damals neu ge-
gründeten Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen
begrüßt hat.

Heute, nachdem zwei von drei der für dieses Jahr vor-
gesehenen Sitzungsperioden vorübergegangen sind, bie-
tet sich ein Bild mit Licht und Schatten.

Auf der einen Seite gibt es positive Aspekte: die ver-
stärkte Beteiligung der Nichtregierungsorganisationen
am interaktiven Dialog, die erhöhte Tagungsfrequenz
und -dauer sowie die Bereitschaft, sich neben wichtigen
Verfahrensfragen mit mindestens ebenso wichtigen in-
haltlichen Fragen zeitnah zu beschäftigen. – Auf der an-
deren Seite haben wir sehr viel Anlass zur Sorge: Die
aus der Menschenrechtskommission bekannte Blockbil-
dung scheint sich bisher eher zu verstärken. Der Erhalt
bewährter Mechanismen, etwa der Sonderberichterstat-
ter, scheint zumindest fraglich. Der Universal Periodic
Review, der, wie der Kollege Toncar richtig angemerkt
hat, integraler Bestandteil der gesamten Reform ist und
dafür sorgen soll, dass alle Mitgliedstaaten der UN min-
destens alle fünf Jahre einer Überprüfung unterworfen

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(C (D erden, wird nur wirksam sein, wenn wir es schaffen, ass diese Überprüfung von unabhängigen Experten urchgeführt wird, und zwar auf der Grundlage ausreihenden Datenmaterials. Das bedeutet, dass nicht nur egierungsdokumente der jeweiligen Länder, sondern uch Dokumente von unabhängigen internationalen Greien, Nichtregierungsorganisationen und Oppositions ruppen Berücksichtigung finden müssen. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich glaube, diese Punkte werden entscheidend dafür
ein, ob der Menschenrechtsrat Erfolg haben wird. Es
ibt keine Alternative. Entweder wir sind erfolgreich
der wir werden scheitern. Ich weiß nicht, wie ein neuer
eg aussehen könnte. Daran wird sich entscheiden, ob

er Rat eine Chance für die Menschenrechte ist oder so-
ar hinter die alte Menschenrechtskommission zurück-
ällt, was eine Katastrophe wäre.

Der Deutsche Bundestag sollte hier seine Stimme er-
eben. Der Antrag der Koalition bietet eine gute Grund-
age hierfür. Deshalb kann ich ihn wärmstens zur Zu-
timmung empfehlen.

In diesem Zusammenhang möchte ich nicht uner-
ähnt lassen, dass bei dem Besuch, den die Vorsitzende
nd ich in Genf gemacht haben, die konstruktive Rolle
er Bundesrepublik bei den schwierigen Verhandlungen
mmer wieder erwähnt worden ist. Auch dafür möchte
ch der Bundesregierung, dem Auswärtigen Amt und
en Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Genf recht
erzlich danken.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Auch das ist schon angesprochen worden: Es wird
och mehr Verantwortung auf Deutschland zukommen.
ir haben nicht nur die Ratspräsidentschaft bei der Eu-

opäischen Union, wir haben noch dazu den Vorsitz bei
er G 8. Das ist eine außergewöhnliche Situation, die es
ns einerseits ermöglicht, innerhalb des Rates EU-Posi-
ionen im Sinne deutscher Menschenrechtspolitik noch
tärker zu beeinflussen. Andererseits haben wir viel-
eicht auch die Möglichkeit, durch entsprechende Dis-
ussionen in der G 8 dafür zu sorgen, dass die von mir
ben angesprochene Blockbildung ein bisschen aufge-
rochen wird und Menschenrechte einen höheren Stel-
enwert bekommen.

Menschenrechten einen höheren Stellenwert zu geben
st offensichtlich per se die sehr löbliche Absicht, die die
raktion der Grünen mit ihrem Antrag zu Zentralasien
erfolgt. Er ist vermutlich vor dem Hintergrund unserer
ürzlich beendeten Usbekistanreise entstanden. Der An-
rag enthält sicherlich viele richtige Feststellungen. Über
ie eine oder andere Schlussfolgerung wird man jedoch
m Laufe des Verfahrens noch diskutieren müssen, vor
llen Dingen darüber, wie realistisch und inwiefern sie
msetzbar sein wird.

Zusammenfassend habe ich, meinen Aussagen zu An-
ang folgend, viel Unangenehmes sagen müssen. Lassen
ie uns mit der heutigen Debatte helfen, dass eines Ta-






(A) )



(B) )


Holger Haibach
ges eine Situation eintritt, in der Menschenrechtspoliti-
ker mehr Angenehmes als Unangenehmes über Men-
schenrechte sagen können.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605716200

Ich erteile Kollegen Michael Leutert für die Fraktion

Die Linke das Wort.


(Beifall bei der LINKEN)



Michael Leutert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605716300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Alle

Fraktionen im Bundestag begrüßen, dass es den Men-
schenrechtsbericht gibt und dass er in den nächsten Jah-
ren fortgeschrieben werden soll. Entscheidend ist aber
nicht, was darin steht – das ist meistens gut und bietet zu-
meist einen Handlungsfaden für die nächsten Jahre –,
sondern das, was nicht darin steht.

Die Beschlussempfehlung des Ausschusses gibt mei-
nes Erachtens zwei wichtige Impulse, wie man diese
Mängel beheben könnte: Der erste Aspekt ist – das
wurde schon angesprochen –, dass Menschenrechtspoli-
tik als Querschnittsaufgabe zu betrachten ist; sie bezieht
sich nicht nur auf die Außenpolitik. In der Beschluss-
empfehlung werden insbesondere Frauen- und Kinder-
rechte angesprochen. Zweitens soll auch mit Blick auf
die Prozesse in der Europäischen Union mehr Gewicht
auf die Einhaltung der Menschenrechte gelegt werden.

An dieser Stelle möchte ich meine Kritik anbringen
und sagen, was ich mir für den nächsten Menschen-
rechtsbericht wünsche. Herr Haibach, Sie haben darauf
hingewiesen, dass es auch Aufgabe von Menschen-
rechtspolitikern ist, unbequeme Dinge zu sagen.


(Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU]: Guter Mann, der Haibach!)


Das möchte ich tun, indem ich auf ein paar Defizite des
Berichts hinweise.

Ich wünsche mir, dass im nächsten Menschenrechts-
bericht steht, dass Menschenrechtsverletzungen leider
auch in der Europäischen Union an der Tagesordnung
sind. Ich spreche die Problematik um das Baskenland
an. Amnesty International berichtet immer wieder da-
von, dass im Baskenland willkürliche Verhaftungen
stattfinden, dass dabei Menschen verachtende Methoden
angewandt werden, die in den Bereich der Folter fallen,
unter anderem die Bolsa-Methode, bei der dem Betroffe-
nen eine Plastiktüte über den Kopf gezogen wird und er
einem Erstickungstod nahe gebracht wird, dass Zeitun-
gen verboten werden, dass das Recht auf Meinungsfrei-
heit eingeschränkt wird usw. Davon steht in diesem Be-
richt nichts.

Weiter möchte ich darauf hinweisen, dass im Jahr
2001 während des G-8-Gipfels in Genua bei dem Über-
fall auf die Diaz-Schule mehr als 100 Menschen will-

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(C (D ürlich verhaftet worden sind und unter unmenschlichen edingungen eingesperrt und geschlagen wurden. Eiige wurden so schwer geschlagen, dass sie noch heute nter den Folgen leiden. Für die Verantwortlichen hatte as bisher keinerlei Konsequenzen. Auch das wird in em Bericht nicht erwähnt. Was die Querschnittsaufgabe betrifft, möchte ich auf olgendes hinweisen: Wie wir alle wissen, gibt es nicht loß bürgerliche, sondern auch soziale Menschenrechte. oziale und bürgerliche Rechte gehören untrennbar zuinander; ich glaube, darüber sind wir uns einig. Wir hatten heute das Vergnügen, einer Debatte über ie insbesondere von der SPD neu entdeckte so genannte nterschicht in Deutschland beizuwohnen. Wie steht es enn um die sozialen Rechte in Deutschland? Ich erinere an Art. 22 der Menschenrechtserklärung, das Recht uf soziale Sicherheit. Wie steht es in Deutschland daum? In der Unterschichtendebatte geht es um 11 Millioen Menschen. Es geht nicht um einige Wenige, die irendwo in ihrem Zimmerchen sitzen. Wie steht es bei iesen Menschen um die Einhaltung des Art. 23 der enschenrechtserklärung, um das Recht auf Arbeit? ie steht es um das Recht auf – das sage ich an die dresse der FDP – befriedigende Entlohnung, wie es in er Menschenrechtserklärung heißt? Wie steht es um rt. 24, Recht auf regelmäßigen – im Übrigen bezahlten – rlaub? – Das alles ist Inhalt der Menschenrechtserklä ung, die nicht wir erstellt haben. Es sind Rechte, denen ir immer wieder beipflichten und die wir gerne hochalten. Aber wie kann ein Hartz-IV-Empfänger, der von er Willkür seines so genannten Fallmanagers abhängig st, wenn er in den Urlaub fahren möchte, von seinem echt auf Urlaub Gebrauch machen? Wie steht es um Art. 26, Recht auf Bildung? Im aushaltsausschuss haben wir heute über den Einzellan 30 – Bildungs-/Forschungsministerium – debattiert. n diesem Zusammenhang wurde deutlich gemacht, dass n Deutschland nur noch 11 Prozent der Kinder aus chichten mit niedrigem Einkommen ein Studium aufehmen können, aber ein Drittel der Kinder aus der chicht mit mittlerem, zwei Drittel aus der Schicht mit ehobenem und über 80 Prozent aus der Schicht mit hoem Einkommen. Wie wird angesichts dessen das Recht uf Bildung verwirklicht? Wie steht es um Art. 27, Recht auf Teilnahme am ulturellen Leben? Sie fragen sich vielleicht, was ich amit meine. Gehen Sie zum Beispiel einmal mit Ihren indern in den Zoo. Dort zahlen Sie 12 Euro Eintritt. as sind ungefähr 4 Prozent des Regelsatzes eines ALG I-Empfängers. Wie steht es darum? Wie gehen wir mit Art. 12 um, Recht auf Nichtbeinträchtigung seiner Ehre und seines Rufes? Dieses echt hat jeder Mensch. Doch diese Menschen hören mmer wieder, sie ruhten sich in der sozialen Hängeatte aus – dieses Argument ist heute wieder gefallen – der seien antriebslos. Letztendlich frage ich – auch das wurde schon von alen Rednern angesprochen –, wie es um Art. 9, den chutz vor willkürlichen Verhaftungen, und Art. 5, das Michael Leutert Folterverbot, steht. Wir müssen uns fragen – die Zeitungen sind heute wieder voll mit diesem Thema –, welche Rolle das KSK tatsächlich im Ausland spielt. War das BKA zum Beispiel in syrischen Folterknästen und hat dort Gefangene verhört? (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die waren da!)





(A) )


(B) )


Nutzen wir Informationen, die unter Folter erlangt wur-
den, oder nutzen wir sie nicht? Diese Fragen interessie-
ren mich. Ich denke, dass sie im nächsten Menschen-
rechtsbericht mehr Gewicht finden sollten.

Ich komme zurück zur Querschnittsaufgabe. Ich habe
skizziert, was ich darunter verstehe. Eine Konsequenz
für das Parlament sollte sein, dass der Menschenrechts-
bericht in Zukunft in allen Ausschüssen beraten wird,
insbesondere im Sozialausschuss. Wenn wir die Men-
schenrechte im eigenen Land vernachlässigen – das ist
für mich ein ernsthaftes Problem –, dann verwirken wir
auch das Recht, auf internationaler Ebene für die Einhal-
tung der Menschenrechte einzutreten.

Danke.


(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Dr. Herta Däubler-Gmelin [SPD])



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605716400

Ich erteile das Wort Kollegen Volker Beck, Fraktion

der Grünen.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605716500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gerade

nach dieser Rede muss ich sagen: Man darf nicht alles
mit allem vermengen und die Kriterien für die Bewer-
tung der Situation in verschiedenen Ländern nicht durch-
einander bringen. Das scheint Ihrem Redebeitrag leider
nicht ganz gelungen zu sein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der FDP – Michael Leutert [DIE LINKE]: Sie müssen auch zuhören!)


Ich finde es ganz entscheidend – dieser Bericht steht
exemplarisch dafür –, dass man Menschenrechtspolitik
immer innenpolitisch und außenpolitisch sehen und be-
achten muss. Wir müssen immer darauf achten, dass wir
die Menschenrechte auch in allen Bereichen gewährleis-
ten und nicht Standards bestimmter menschenrechtspoli-
tischer Konventionen verletzen. In diesem Bericht fin-
den sich zum Beispiel Maßnahmen zum Folterverbot,
Maßnahmen gegen die Diskriminierung von Frauen und
für Kinderrechte, und zwar national wie international.
Deswegen halte ich den Ansatz des Berichts, das zusam-
men zu sehen, für richtig.

Ich bedauere sehr, Herr Gloser, dass Ihre Kollegen
aus dem Bundesinnenministerium dieser Debatte nicht
beiwohnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D as hätte gut zum Ausdruck gebracht, dass wir die Menchenrechtspolitik nicht nur als Kritik gegen andere Läner wenden, sondern dass sie ein Maßstab ist, den wir uch an uns anlegen lassen und für dessen Nichteinhalung wir uns kritisieren lassen. Wenn wir die Menschenechte international als wesentliches Leitmotiv dafür, ie Staaten mit ihren Bürgerinnen und Bürgern umgeen sollen, durchsetzen wollen, müssen wir deutlich mahen, dass Menschenrechte kein Kulturprojekt des Wesens sind, sondern dass Menschenrechte universell sind nd überall gelten. Menschenrechte beinhalten auch das echt auf Nahrung, das Recht auf Bildung und das echt auf Arbeit. Das ist richtig. Aber es darf vor allem icht sein, dass die Kinder, weil die Eltern eine „falsche“ olitische Gesinnung haben oder einer falschen NGO ngehören, nicht mehr zur Schule gehen dürfen. Das ind im Kern die Fragen, über die wir im Zusammenang mit der Menschenrechtspolitik diskutieren. In vielen Ländern, die wir als Ausschuss besuchen, ürde Hartz IV für die Menschen ohne Einkommen und hne Arbeit schon eine erhebliche Verbesserung der soialen Lage bedeuten. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP – Jan Korte [DIE LINKE]: Was soll denn das heißen?)


as sollte man einmal festhalten, bevor wir hier eine De-
atte führen, als läge Deutschland mitten in Usbekistan.

Ich finde es sehr gut, dass sich die Koalition zum
weiten Mal innerhalb kurzer Zeit mit der Arbeit des
enschenrechtsrates beschäftigt. Das ist in der Tat
ichtig; denn wir hatten höhere Erwartungen an diese
eform geknüpft. Wir müssen die Arbeit des Rates auf-
erksam verfolgen. Deshalb werden wir den Antrag der
oalition unterstützen.

Obwohl vieles im Zusammenhang mit dem Men-
chenrechtsrat unzureichend ist und wir deshalb genau
inschauen und die Bundesregierung bei ihren Initiati-
en unterstützen müssen, dürfen wir die anderen Mecha-
ismen, die uns zur Verfügung stehen, die OSZE, die
uropäische Union und auch den Europarat, nicht hint-
nstellen. Deshalb sind wir hier insbesondere in Bezug
uf Zentralasien initiativ geworden. Dort müssen die
echanismen der OSZE wirkungsmächtiger ausgestaltet
erden.

Im Rahmen unserer Reise nach Usbekistan haben
ir, beispielhaft für die gesamte Region, erfahren, wie es
ort um Demokratie und Menschenrechte steht. Usbe-
istan ist das Land mit den meisten Menschenrechtsin-
titutionen. Zumindest gibt es dort die meisten Verwal-
ungen, die das Wort „Menschenrechte“ im Namen
ühren. Das steht allerdings im umgekehrten Verhältnis
azu, in welchem Umfang den Bürgerinnen und Bürger
n diesem Land Menschenrechte gewährt werden. Das

uss man offen aussprechen, damit die Verantwortli-
hen in den betreffenden Ländern merken, dass wir uns
ls westliche Politikerinnen und Politiker von solcher
omenklatura und solchem Windowdressing nicht an
er Nase herumführen lassen.






(A) )



(B) )


Volker Beck (Köln)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


In Usbekistan kann man sehr gut beobachten, dass
man Menschenrechtsdialoge – auch mit Usbekistan
führen wir einen solchen Dialog – auf Dauer nicht ohne
Zielvorgaben führen darf. Andernfalls entwickeln sie
sich zu Veranstaltungen, auf die sich diese Regierungen
berufen können nach dem Motto: Diese Probleme wer-
den angesprochen und gelöst. Es gibt keine Probleme,
die nicht zu lösen sind. – Mit solchen Sprachformeln
wird allerdings überdeckt, dass in puncto Einhaltung der
Menschenrechte nichts, aber auch gar nichts geschieht
bzw. dass sich die Situation sogar noch verschlechtert.

In Usbekistan können wir, ähnlich wie in Russland
– zwar auf einem anderen Niveau, aber mit derselben ne-
gativen Tendenz –, ebenfalls beobachten, dass die NGOs
neu registriert werden und am Ende dieses Prozesses
Hunderte oder sogar Tausende von ihnen unter den Tisch
gefallen oder in die Illegalität gerutscht sind. Solche Ent-
wicklungen sind in den postkommunistischen Staaten
leider häufiger zu beobachten, insbesondere im Raum
der GUS.

Wir müssen deutlich machen: Wir lassen Menschen-
rechtsdialoge von diesen Regimen nicht instrumentali-
sieren, um sich dadurch zu legitimieren. Diese Dialoge
werden von uns nur dann fortgeführt, wenn sich dadurch
eine schrittweise Verbesserung der Situation der Men-
schen in den jeweiligen Ländern erzielen lässt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Auch muss ganz klar sein, dass wir die Sanktionen
gegen Usbekistan nicht aufheben, solange man dort
nicht bereit ist, der OSZE wieder ein volles Mandat für
die Arbeit in diesem Land zu erteilen


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


und dem Internationalen Roten Kreuz freien Zugang zu
allen Gefängnissen und allen Gefangenen zu gewähren.
Wir müssen deutlich machen, dass wir, was bestimmte
Standards angeht, nicht mit uns spaßen lassen.

Ich war sehr beeindruckt – das will ich kritisch an-
merken –, als uns die Vertreter der NGOs gesagt haben:
Deutschland ist in Europa das Land, das den Menschen-
rechten in seinen auswärtigen Beziehungen zu Usbe-
kistan den geringsten Stellenwert einräumt. – Das soll-
ten wir uns hinter die Ohren schreiben und deutlich
machen, dass dem nicht so ist. Die Usbeken fühlen sich
sicher, weil unser Militärstandort in Termes ist. Er ist
wichtig für unseren Einsatz in Afghanistan. Aber wir
müssen auch einen Plan B in der Tasche haben. Wir dür-
fen durch Termes in unseren auswärtigen Beziehungen
zu diesem Land unter menschenrechtspolitischen Ge-
sichtspunkten nicht erpressbar sein.

Christoph Strässer, Sie hatten vorhin darauf hingewie-
sen, dass die UN-Kinderschutzkonvention ein ganz ent-

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(C (D cheidender Punkt ist. Diese Konvention müssen wir ndlich vorbehaltlos umsetzen. Deshalb verstehe ich icht, warum die große Koalition gestern wieder ganz roß gekniffen hat. Als wir unseren Antrag zur Abstimung gestellt haben, haben Sie seine Behandlung mit ei er fadenscheinigen Ausrede vertagt. (Abg. Holger Haibach [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


Bitte schön, Herr Haibach.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605716600

Einen Moment. Es ist immer noch so, dass ich das

ort erteile.

Ihre Redezeit, lieber Kollege Beck, ist abgelaufen.
eswegen ist auch keine Zwischenfrage mehr möglich.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605716700

Doch, Herr Präsident.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605716800

Handeln Sie nicht mit mir! Ich habe die Uhr vor mir.

hre Redezeit ist überschritten.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605716900

Seien Sie doch gnädig!


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605717000

Bitte kommen Sie zum Ende Ihrer Rede. Die Zwi-

chenfrage wird nicht mehr zugelassen.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605717100

Kollege Haibach darf seine Frage also nicht stellen.

Ich stelle fest: Sie hätten das gestern auf den Weg
ringen können. Das haben Sie aber nicht getan. Sie ha-
en sich herausgeredet, indem Sie angekündigt haben,
ine Anhörung zur Verankerung der Kinderrechte in der
erfassung durchführen zu wollen. Dieses Thema hat
it der UN-Kinderschutzkonvention aber nichts zu

un. Bei der Kinderschutzkonvention geht es um den
chutz von unbegleiteten, minderjährigen Flüchtlingen,
icht um die Verankerung der Kinderrechte im Grundge-
etz. Sie hätten beides auf den Weg bringen können: das
ine mit Ihrer Anhörung, das andere durch Zustimmung
u unserem Antrag. Schade, dass daraus nichts gewor-
en ist. Aber vielleicht bekommen wir das noch hin.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605717200

Der Kollege Haibach bekommt nun Gelegenheit zu

iner Kurzintervention.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Holger Haibach (CDU):
Rede ID: ID1605717300

Herr Präsident! Herr Kollege Beck, als Parlamentari-

cher Geschäftsführer sind Sie jemand, der mit Verfah-
ensfragen vertraut ist und, wie ich weiß, auch großen

ert darauf legt, zumindest wenn es gewisse Verfah-






(A) )



(B) )


Holger Haibach
rensfragen betrifft. Deshalb möchte ich mir schon die
Bemerkung erlauben, dass wir gestern nicht in der Sache
über den Antrag abgestimmt haben. Wir haben, weil der
federführende Ausschuss – wir sind nicht der federfüh-
rende Ausschuss – die Befassung mit diesem Antrag ver-
tagt hat, dies ebenfalls getan. Darüber haben wir gestern
abgestimmt. Wir haben nicht in der Sache abgestimmt.
Ich finde, das hätten Sie der Redlichkeit halber sagen
können.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605717400

Kollege Beck, bitte schön.


(Zuruf von der CDU/CSU: „Sie haben Recht“, heißt die Antwort!)



Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605717500

Die Antwort heißt: Die Koalition hat in allen Aus-

schüssen das Gleiche getan. Sie hat unsere Fraktion und
die anderen Oppositionsfraktionen daran gehindert, die-
sen Antrag zu beschließen, in dem es um die Rücknahme
der Vorbehalte geht. Da sind die Mitglieder der Koali-
tion im Menschenrechtsausschuss nicht besser und nicht
schlechter als die Mitglieder im Familienausschuss.
Bloß, die Argumente sind überall gleich schwach.

Es geht letztlich darum, dass diese Vorbehalte zurück-
genommen werden. Man kann nicht darauf verweisen,
dass es in einem anderen Gremium, in der Kinderkom-
mission, eine Anhörung über die Aufnahme der Kinder-
rechte in die Verfassung gebe. Das eine hat mit dem an-
deren nichts zu tun, außer dass das Wort „Kinder“ in
beiden Titeln vorkommt. Deshalb ist es eine faule Aus-
rede dafür, dass Sie als Koalition nicht in der Lage sind,
sich in dieser Frage abschließend zu positionieren. Im
federführenden Ausschuss hat man zudem gesagt, man
müsse einmal abwarten, was bei dieser Anhörung he-
rauskommt. Vertreten Sie die Position, wie Christoph
Strässer sie hier deutlich gemacht hat, dass die Vorbe-
halte zurückgenommen werden können? Oder wollen
Sie abwarten und zu neuen Erkenntnissen gelangen, was
am Ende bedeuten könnte, dass Sie an den Vorbehalten
festhalten wollen? Was ist denn nun die Position der gro-
ßen Koalition in der Frage der Vorbehalte bei der Kin-
derschutzkonvention? Die Antwort darauf sind Sie mit
Ihrer Kurzintervention leider schuldig geblieben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605717600

Ich erteile das Wort zu einer Kurzintervention dem

Kollegen Christoph Strässer.


Christoph Strässer (SPD):
Rede ID: ID1605717700

Herr Kollege Beck, es ist schön, mit welcher Elo-

quenz Sie hier das Versagen Ihrer eigenen Leute in den
letzten beiden Legislaturperioden zum Ausdruck brin-
gen. Sie wissen genau, dass wir im Deutschen Bundestag
die alte Bundesregierung mindestens zweimal aufgefor-
dert haben, diese Vorbehalte aufzuheben. Sie wissen
auch genau, dass das unter Ihrer Regierungsbeteiligung

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(C (D icht stattgefunden hat. Deshalb macht es überhaupt keien Sinn, in dieser wichtigen Frage ein Schaugefecht zu eranstalten. Wir wollen und schaffen das in dieser Leislaturperiode mit dieser Koalition. Kollege Beck, in aller notwendigen Kürze. Die Geschäftsordnung, Herr Präsident, gesteht mir ierfür drei Minuten zu. Sie wären sicher besser weggeommen, hätten Sie vorhin die Zwischenfrage zugelasen. (Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605717800

(Heiterkeit)

Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605717900


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605718000

Ich muss mich auch an die Geschäftsordnung halten.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605718100

Das will ich, ohne den Präsidenten zu kritisieren, an-

erken. – Ich will trotzdem in aller Kürze sprechen und
ein Rededeputat nicht ausschöpfen.

Lieber Herr Strässer, die alte Koalition hat im Bun-
estag immerhin beschlossen, diese Vorbehalte zurück-
unehmen. Wir haben uns nicht gescheut, zu sagen, wel-
he Auffassung wir haben, obwohl es schwierig war und
tto Schily beinahe aus dem Fenster gesprungen wäre.


(Heiterkeit)


ass das nachher von der Administration nicht vollzo-
en wurde, steht auf einem anderen Blatt.

Sie hätten unseren Antrag gestern beschließen und
ann dafür sorgen können, dass er von der Regierung
ndlich vollzogen wird; denn Otto ist ja nicht mehr da.


(Heiterkeit)


Nicht in der Regierung.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605718200

Ich erteile das Wort Kollegen Carl-Eduard von

ismarck, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Carl-Eduard von Bismarck (CDU):
Rede ID: ID1605718300

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegin-

en und Kollegen! Ich hätte fast gesagt: Jetzt ist Otto
ieder da. So hieß mein Ur-Ur-Großvater.

Wir beraten heute die Beschlussempfehlung zum
enschenrechtsbericht der Bundesregierung. Papier ist

ekanntlich geduldig. So könnte man geneigt sein, den
mmerhin 370 Seiten starken Bericht der Bundesregie-
ung auf den Lesestapel für die nächste Sommerpause zu
egen.






(A) )



(B) )


Carl-Eduard von Bismarck
Dies wäre allerdings ein fataler Fehler; denn der
Menschenrechtsbericht der Bundesregierung ist das
wichtigste amtliche Dokument zum Zustand der Men-
schenrechte weltweit und in Deutschland. Der Men-
schenrechtsbericht der Bundesregierung legt Zeugnis ab
über Art und Ausmaß von Menschenrechtsverletzungen
in aller Welt. Gleichzeitig stellt er dar, wie die Bundesre-
gierung auf bi- und multilateraler Ebene aktiv wird, um
grundlegende Menschenrechte in der Welt zu fördern.

An dieser Stelle möchte ich der Bundesregierung und
insbesondere dem Menschenrechtsbeauftragten der Bun-
desregierung, Günter Nooke, sowie seinem Vorgänger
Tom Koenigs meinen herzlichen Dank für ihr Engage-
ment aussprechen.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ute Kumpf [SPD]: Wo ist der Nooke? – Gegenruf der CDU/CSU: Sie wissen doch ganz genau, wo er ist!)


Deutschland hat in Fragen der Förderung von Men-
schenrechten international einen ausgezeichneten Ruf.
Dies darf für uns jedoch kein Ruhekissen sein. Ein Blick
in die Tagespresse lässt erahnen, dass der Menschen-
rechtsbericht der Bundesregierung 2008 kaum dünner
ausfallen wird. Eine Vielzahl von Ereignissen, bei denen
Menschen um ihre grundlegenden Rechte gebracht wer-
den, dürfen dies leider nicht zulassen.

Der Mord an der russischen Journalistin und Men-
schenrechtsverteidigerin Anna Politkowskaja vor zwei
Wochen hat international große Bestürzung ausgelöst. Es
kann kaum ein Zweifel daran bestehen, dass es sich hier-
bei um einen politischen Mord gehandelt hat. Wie kaum
eine andere Journalistin war Anna Politkowskaja für
ihren Mut bekannt, Missstände wie Korruption und
Menschenrechtsverletzungen im russischen Militär, ins-
besondere in der Krisenregion Tschetschenien, anzu-
prangern. Auch wenn Präsident Putin eine Aufklärung
des Mordes angekündigt hat, bleibt ein fader Beige-
schmack.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Die Äußerung Putins, die Ermordung Politkowskajas
schade Russland und den Behörden in Tschetschenien
mehr, als ihre Artikel es vermocht haben, verdeutlicht
zum wiederholten Male den Zynismus und die Hybris
des russischen Präsidenten. Und so verdient es unsere
Aufmerksamkeit, wenn einer der führenden Menschen-
rechtsberater von Präsident Putin, Oleg Orlow, aus die-
sen Äußerungen die Konsequenzen gezogen und sein
Amt niedergelegt hat.

Gleichzeitig muss es uns mit äußerster Besorgnis er-
füllen, dass die russische Polizei laut Agenturberichten
vor einigen Tagen in der südrussischen Stadt Nasran eine
Sympathiekundgebung für Anna Politkowskaja gewalt-
sam aufgelöst und fünf Demonstranten festgenommen
hat. Dabei hatten die Teilnehmer der Kundgebung nur
dazu aufgefordert, die Mörder der Journalistin unverzüg-
lich ausfindig zu machen.

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(C (D Russland ist zwar nur ein Land von vielen auf der elt, in denen wir Verstöße gegen das Menschenrecht zu eklagen haben. Aber die Vielzahl an Besorgnis erregenen Nachrichten in diesen Tagen rechtfertigt meiner einung nach die besondere Aufmerksamkeit, die wir erade diesem politischen Partner widmen müssen. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, der Fall Politkowskaja
eiht sich in eine Serie von Morden an Journalisten in
ussland ein. In den Jahren 1996 bis 2005 sind in Russ-

and 24 Journalisten von Auftragskillern umgebracht
orden. Was ist in diesem Land los, welches Mitglied
er UN und des Europarates ist und eine Vielzahl von
enschenrechtskonventionen unterschrieben hat? Wir

ürfen nicht zulassen, dass Menschenrechtskonventio-
en zu Lippenbekenntnissen degradiert werden!

Lassen Sie mich an dieser Stelle nur ganz kurz auf das
chicksal des in Russland inhaftierten Michail
hodorkowski eingehen; denn ich weiß, dass wir uns
einesfalls nur auf prominente Opfer von Menschen-
echtsverletzungen konzentrieren dürfen. Die Vielzahl
er Missetaten auf dieser Welt findet im Verborgenen
tatt. Dies geschieht leider in viel zu vielen Ländern. Op-
er sind zu Tausenden meistens namenlose und entrech-
ete Menschen ohne Fürsprecher und Unterstützung. Wir
issen, dass das leider so ist. Wir müssen das Schicksal
ieses Michail Chodorkowski dennoch verfolgen; denn
ollte Russland, welches derart mit der westlichen Staa-
engemeinschaft verbunden ist, in seinem eigenen Land
elbst das Menschenrecht eines so prominenten Opfers
issachten, dann wissen wir ungefähr, wie es um den
est der Welt steht, um das einmal ganz banal auszudrü-
ken.

Diese Vorfälle zeigen, wie wichtig es ist, dass sich der
esten mit geschlossener Stimme gegen Akte der Will-

ür und Unmenschlichkeit und für die Einhaltung von
enschenrechten und rechtsstaatlichen Verfahren ein-

etzt. Diese Aussage ist keine Banalität, sondern sie ent-
pringt der Erkenntnis, dass der Westen massiv an au-
enpolitischem Einfluss verlieren wird, wenn wir unsere
nteressen und Wertvorstellungen nicht klar und ge-
chlossen artikulieren und konsequent vertreten.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Folgendes – damit komme ich zur zweiten Vorlage,
ie wir heute zu beraten haben – treibt mich außerdem
m: Im neu gegründeten UN-Menschenrechtsrat sind
ie menschenrechtsfreundlichen Staaten mittlerweile in
er Minderheit. Der Menschenrechtsbeauftragte der
undesregierung, Günter Nooke, hat es Anfang der Wo-
he auf einer Veranstaltung der CDU/CSU-Bundestags-
raktion klar ausgeführt. Im UN-Menschenrechtsrat ist
ittlerweile Pakistan als Sprecher der Länder der Islami-

chen Konferenz zum Hauptakteur geworden. Die
5 Außenminister der Organization of the Islamic Con-
erence, OIC, haben 1990 in Kairo eine Erklärung unter-
chrieben, die sich letztlich von der Allgemeinen Erklä-
ung der Menschenrechte verabschiedet, weil die






(A) )



(B) )


Carl-Eduard von Bismarck
Einhaltung der Menschenrechte unter den Vorbehalt der
Scharia gestellt wurde.

Viele dieser Staaten sind jetzt Wortführer im Men-
schenrechtsrat. Sie bilden einen starken Block, der mit
unseren Vorstellungen von Demokratie und Menschen-
rechten nicht viel gemein hat. China vertritt als ebenfalls
gewähltes Mitglied die Position, dass Staaten wegen ih-
rer kulturellen Hintergründe unterschiedliche Ansichten
zu Menschenrechten haben könnten. Meine sehr verehr-
ten Kolleginnen und Kollegen, wie soll es dann zu einer
universellen Gültigkeit und Unteilbarkeit der Menschen-
rechte in der Welt kommen?

Hier darf die westliche Staatengemeinschaft nicht
wegsehen. An dieser Stelle müssen wir in Zukunft auch
bereit sein, Konflikte einzugehen, die wir jetzt noch zu
vermeiden versuchen. Wir sind es den Opfern von Men-
schenrechtsverletzungen schuldig. Wir sind es unter an-
derem Anna Politkowskaja schuldig.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605718400

Ich erteile das Wort Kollegin Herta Däubler-Gmelin,

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD):
Rede ID: ID1605718500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In

der Tat beraten wir heute wieder einmal eine ganze
Schublade voll außerordentlich wichtiger Fragen. Auf
der einen Seite befassen wir uns mit dem Siebten Men-
schenrechtsbericht, über den wir uns schon vor einigen
Monaten in erster Lesung unterhalten haben. Auch ich
bin der Meinung, dass es ein sehr guter Bericht ist. Ich
schließe mich also dem Dank ausdrücklich an. Lieber
Herr Kollege von Bismarck, Sie gestatten, dass ich auch
noch Herrn Rothen, Leiter des Arbeitsstabs Menschen-
rechte im Auswärtigen Amt, und Tom Koenigs erwähne.
Der Bericht bezieht sich nämlich aufs letzte Jahr; Tom
Koenigs ist jetzt UN-Sonderbeauftragter für Menschen-
rechte in Afghanistan. Das schließt überhaupt nicht aus,
dass wir große Erwartungen an den jetzigen Menschen-
rechtsbeauftragten, Herrn Nooke, haben.

Ich hätte mich gefreut, wenn er heute bei der Debatte
anwesend wäre. Wir alle stimmen darin überein, dass
wir eine Menge zusätzlicher Erwartungen an den nächs-
ten, also den Achten Menschenrechtsbericht haben. Er-
wartungen richten wir auch an die Bundesregierung, die
die Präsidentschaft in der Europäischen Union und in der
G 8 im Jahre 2007 innehat. Wir beraten auch über die
Menschenrechte in Zentralasien. Darüber werden wir
uns noch häufiger unterhalten. Außerdem geht es um
den Zustand des Menschenrechtsrates der Vereinten Na-
tionen. Er bekümmert uns außerordentlich.

Verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kol-
legen, liebe Geschäftsführer, ich fände es gut, wenn wir

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(C (D inmal eine Menschenrechtsdebatte führen könnten, in er wir auf die Details eingehen und uns nicht mit einem roßen Strauß von Fragen beschäftigen. Es tut nämlich er Seriosität der Menschenrechtsarbeit nicht unbedingt ut, wenn man immer Zentralasien, die Vereinten Natioen, den Menschenrechtsrat, die Menschenrechtspolitik er Bundesregierung – sei sie noch so gut – und andere ragen in nur einer Stunde abhandeln muss. Das deutet icht unbedingt darauf hin, dass man den Menschenechten eine zentrale Stellung einräumt. Wir alle glauen jedoch, dass die Menschrechte eine zentrale Stellung innehmen sollten. Ich darf noch einmal sagen: Es geht hier nicht um utmenschen, es geht auch nicht allein um individuelle nsprüche. Die Fragen der Pressefreiheit, der Versamm ungsfreiheit und aller anderen Freiheiten, übrigens nicht ur in einem Land, sondern in Ost und West, in Europa, n Russland und in anderen – auch westlichen – Ländern, pielen hierbei eine große Rolle. Es geht auch um die rage der Rechtsordnung in Deutschland, in Europa, ber auch um die globale Rechtsordnung. Die Menchenrechte sind als Element der globalen Rechtsordung unverzichtbar. Sie wissen, dass der Hochkommissar für Menschenechte des Europarates anwesend ist. Ich weiß, dass Kolege Lintner speziell dazu noch Stellung nehmen wird. s geht hier um einen der Bereiche, über die wir in aller usführlichkeit reden müssen. Viele von uns sind Mitglieder in der Parlamentarichen Versammlung des Europarats und haben deswegen in vitales Interesse daran, dass wir die Verzahnung der ationalen und globalen Ebene nicht nur über die Euroäische Union, sondern auch über den Europarat gut hinekommen, dass die Institutionen des Europarates gesihert werden und dass die Menschenrechtspolitik in uropa nicht durch das Aufsplitten in unterschiedliche erantwortungsbereiche geschwächt wird. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall im ganzen Hause)


Ich möchte noch auf den Menschenrechtsrat einge-
en. Der Antrag, den wir heute mit großer Mehrheit be-
chließen wollen, ist eine Art Bestandsaufnahme. Es ist
ichtig – das ist schon erwähnt worden –, dass die Erwar-
ungen sehr hoch sind. Die Resolution zur Schaffung ei-
es Menschenrechtsrats, die die Generalversammlung
er Vereinten Nationen beschlossen hat, ist gut und gibt
nlass zu hohen Erwartungen. Aber nach zwei Verhand-

ungssitzungen wird deutlich, dass es neben den erfreuli-
hen Punkten – über die in der Regel weniger geredet
ird – auch Gefahren gibt. Das ist keine Frage. Diese
efahren sind schon mehrfach angesprochen worden;

ch glaube, das muss nicht wiederholt werden.

Wir sind in Genf durch Botschafter Steiner und seine
itarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Tat hervorra-

end vertreten. Auch hier arbeitet die Menschenrechts-
bteilung des Auswärtigen Amtes in vorzüglicher Weise.
ber um deutlicher zu machen, was wir im Bundestag






(A) )



(B) )


Dr. Herta Däubler-Gmelin
wollen, ist es, glaube ich, nötig, nicht nur die Gefahren
aufzuzeigen oder – wie Herr Toncar – mit leicht resig-
nierendem Unterton festzustellen, dass sowieso nichts
daraus wird. Das kann man heute noch nicht sagen. Vor
allem liegt es nicht in unserem Interesse – weder im
deutschen Interesse noch im Interesse des Deutschen
Bundestages –, so zu argumentieren. Unser Ansatzpunkt
muss vielmehr darin bestehen, was wir bzw. die Bundes-
republik Deutschland tun können, um dem Menschen-
rechtsrat zum Erfolg zu verhelfen. Diese Frage ist in der
Tat noch nicht beantwortet. Ich denke, die Kolleginnen
und Kollegen aus allen Parteien, die sich mit diesen Fra-
gen beschäftigen, verfügen über beträchtliche Möglich-
keiten und haben eine große Kreativität eingebracht.

Einige Anregungen will ich an dieser Stelle erwäh-
nen. Die Blockbildung ist schon angesprochen worden.
Mich wundert das nicht, weil einer der Vorwürfe an die
Menschenrechtskommission in der Tat lautete, ihre Zu-
sammensetzung habe sich nach den Blöcken gerichtet;
dadurch seien einzelne Regionen der Welt nicht ausrei-
chend berücksichtigt worden. Das ist korrigiert worden.
Wenn aber die Blockbildung in das neue System über-
nommen wird, dann kann sich an der bisherigen Situa-
tion nichts ändern. Deshalb müssen wir – das ist die erste
Forderung an die Bundesregierung – Verfahren und Stra-
tegien finden, damit sich die Blockbildung nicht verfes-
tigt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Der Europabeauftragte der Bundesregierung, Herr
Gloser, ist anwesend. Ich glaube, dass die Europäische
Union vergleichbare Möglichkeiten hat, weil sie in Men-
schenrechtsfragen immer noch die Koordinierung bis
zum letzten Semikolon vorantreiben muss, und eine
ganze Menge tun kann. Man wird innerhalb der EU im
nächsten halben Jahr in Menschenrechtsfragen nicht nur
über Verfahren, sondern auch sehr viel über Grundsatz-
fragen reden müssen. Denn sonst kann man nicht mit
den „like-minded“ Staaten aus anderen Regionen der
Welt reden.

Aber dabei soll es nicht bleiben. Ich denke, dass die
Hochkommissarin für Menschenrechte, Louise Arbour,
auch die Unterstützung der Bundesregierung und des
Bundestages benötigt, die wir ihr sicherlich auch gewäh-
ren werden. Wir können das in den verschiedenen Gre-
mien, in denen wir arbeiten, deutlich zum Ausdruck
bringen.

Zudem hat jeder von uns sehr viele Kontakte in den
Parteien, den Parlamentariergruppen und zu den ver-
schiedenen Fachpolitikern und Fachpolitikerinnen.
Wenn wir es schaffen, unseren Partnern in Afrika, La-
teinamerika und auch in Asien, wo es durchaus Staaten
gibt, denen die Menschenrechte in immer stärkerem
Maße am Herzen liegen, zu vermitteln, dass sich dies
auch im Menschenrechtsrat ausdrücken muss, dann hat
der Bundestag einen Beitrag dazu geleistet, die Blockbil-
dung zu überwinden.

Das alles meine ich, wenn ich sage, dass es nicht ge-
nügt, das eine oder andere zu beklagen, wenn wir im

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(C (D eutschen Bundestag über Menschenrechtspolitik reen. Wir können nämlich selber das eine oder andere un. Lassen Sie mich nach diesem Ausflug auf die globale bene zum Inland zurückkehren. Ich teile die Auffasung derjenigen – ich weiß, dass sie in allen Fraktionen ieses Hauses vertreten sind –, die sagen: Wir haben uch bei uns die eine oder andere sehr gravierende Menchenrechtsverletzung bzw. Gefährdung von Menschenechten zu beseitigen. Ich will einen Punkt aufgreifen, en uns die Kirchen, die karitativen Organisationen und nsbesondere die Menschenrechtsorganisationen ständig ortragen, denen wir in der Diskussion über den iebten Menschenrechtsbericht und in der Frage, was im ächsten Menschenrechtsbericht stehen soll, so vieles erdanken. Das ist die Tatsache, dass es eine große Zahl llegal in der Bundesrepublik Deutschland lebender enschen gibt, die keinen Zugang zur Gesundheitsverorgung und zum Rechtsschutz haben und deren Kinder, enn überhaupt, nur einen eingeschränkten Zugang zu en Bildungsmöglichkeiten haben. Zugang zu diesen ereichen zu haben, gehört aber zu den grundlegenden enschenrechten. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


eine Bitte ist, dass wir uns zusammen mit all denjeni-
en, die das aufgreifen wollen – das sind fraktionsüber-
reifend sehr viele –, damit vor der Veröffentlichung des
ächsten Menschenrechtsberichts befassen und den ei-
en oder anderen Schritt hin zu einer Verbesserung der
enschenrechtslage dieser Menschen gehen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605718600

Ich erteile das Wort Kollegen Eduard Lintner, CDU/

SU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Eduard Lintner (CSU):
Rede ID: ID1605718700

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her-

en! Es wurde schon darauf hingewiesen, dass der bloße
mfang des Siebten Menschenrechtsberichts der Bun-
esregierung – es sind immerhin 208 eng bedruckte Sei-
en – ein handfester und sehr konkreter Beleg dafür ist,
ass die Bundesregierung die Durchsetzung, die Geltung
nd die Achtung der Menschenrechte als eine echte
uerschnittsaufgabe ihrer gesamten Politik begreift.
iese Einschätzung wird durch den Inhalt bestätigt. In
em Bericht wird sehr detailliert und geradezu akribisch
ilanz gezogen und es werden Aktionsfelder für die
onkrete Politik aufgezeigt.

Lassen Sie mich genau an diesem Punkt ansetzen und
ufgrund meiner Erfahrungen als Vorsitzender des Moni-
ringausschusses der Parlamentarischen Versammlung






(A) )



(B) )


Eduard Lintner
des Europarats zwei konkrete Anliegen ansprechen, die
viel mit der praktischen Wirksamkeit und der Durchset-
zung von Menschen- und Grundrechten im Alltag von
sage und schreibe 800 Millionen Menschen zu tun ha-
ben, die in den Mitgliedstaaten des Europarats leben.
Laut Aktionsplan hat sich die Bundesregierung die Stär-
kung der Zivilgesellschaft in aller Welt vorgenommen,
um, wie es heißt, einen unverzichtbaren Beitrag zum
Menschenrechtsschutz zu leisten. Genau in diese Rich-
tung gehen meine Anregungen. Die Bundesregierung
könnte beispielsweise mehr als bislang tun, um die Ar-
beit des Europäischen Gerichtshofs für Menschen-
rechte in Straßburg zu unterstützen. Er ist – ich habe es
bereits erwähnt – für die 800 Millionen Bürgerinnen und
Bürger in den 46 Mitgliedstaaten des Europarats in vie-
len Fällen der einzige verlässliche Hoffnungsträger im
Kampf um die Achtung der Menschenrechte und die
letzte Instanz, wenn es darum geht, sich gegen den Staat
oder dem Staat zuzurechnende Übergriffe wirksam zu
wehren. 80 000 Klagen haben sich dort mittlerweile an-
gesammelt. Damit steht das Gericht, das, wie ich vor
kurzem in der „Süddeutschen Zeitung“ gelesen habe, ei-
gentlich Europas Trumpf in der Auseinandersetzung
über die Menschenrechte weltweit sein könnte, in Wirk-
lichkeit vor dem Kollaps.

In ihrem Bericht findet die Bundesregierung durchaus
lobende Worte für die Menschenrechtsarbeit des Europa-
rats und seines Gerichtshofs. Aber im Aktionsplan sucht
man vergebens das konkrete Versprechen, sich dafür ein-
zusetzen, die chronische Misere des Gerichts durch eine
deutlich bessere sachliche und personelle Ausstattung
endlich zu beenden.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die Bundesregierung sollte meines Erachtens die sich
hier bietende Chance, sich international in Sachen Men-
schenrechte positiv zu profilieren, entschlossen nutzen,
zumal sich – –


(Ein Handy klingelt)


– Ist das mein Handy?


(Heiterkeit)


– So kann es gehen. Ich war überzeugt, dass es ausge-
schaltet ist.

Die Bundesregierung sollte meines Erachtens die sich
hier bietende Chance, sich international in Sachen Men-
schenrechte positiv zu profilieren, entschlossen nutzen,
zumal sich der dafür erforderliche zusätzliche finanzielle
Aufwand in einem vergleichsweise sehr bescheidenen
Rahmen bewegt.


(Unruhe)


– Meine Damen und Herren, wieder zurück zum nötigen
Ernst. – Es gäbe sogar eine Möglichkeit, die dafür benö-
tigten Mittel anderweitig aufzubringen. Ich meine die
von uns allen für völlig überflüssig angesehene Einrich-
tung einer eigenen Grundrechteagentur der Europäi-
schen Union.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


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(C (D as der Europarat, was der Kommissar für Menschenechte, was das Monitoringverfahren und der Europäiche Gerichtshof für Menschenrechte seit Jahrzehnten rfolgreich praktizieren und was diesen Institutionen zu nerkennung und Achtung in aller Welt verholfen hat, roht nun durch eine Art Konkurrenzeinrichtung für den ereich der EU in den Hintergrund gedrängt zu werden. abei sind doch alle EU-Mitgliedsländer auch Mitglieer des Europarats und damit ohnehin den Kontrolleinichtungen und den Rechtsbehelfen des Europarats unerworfen. Es bedarf also überhaupt keiner zusätzlichen U-Grundrechteagentur. Die EU will dafür jährlich üpige 21 Millionen Euro ausgeben und die Einrichtung it sage und schreibe mehr als 60 neuen Planstellen aus tatten. Das alles könnte eingespart werden und nur ein ruchteil des dafür vorgesehenen Aufwands, abgezweigt ür die Arbeit des Gerichts in Straßburg, würde dieses ericht für alle Zukunft sichern und in seiner Arbeit un erstützen. Ich appelliere daher an die Bundesregierung, ich trotz der bei der EU – – Das ist ja doch eine ganz schöne Melodie, nicht wahr? Das ist die Tücke der Technik. Es tut mir Leid. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wieso ist das nicht der bayerische Defiliermarsch, Herr Kollege?)


(Ein Handy klingelt – Heiterkeit)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605718800
Eduard Lintner (CSU):
Rede ID: ID1605718900

Ich appelliere daher an die Bundesregierung, sich
rotz der Beschlusslage, die sich mittlerweile bei der EU
rgeben hat, nachdrücklich für diese Lösung einzuset-
en. Im Übrigen käme sie dabei entsprechenden Wün-
chen – darauf habe ich hingewiesen – von Mitgliedern
ller Fraktionen dieses Hohen Hauses nach, die – das ist
a ein durchaus seltener Fall – bei der Beratung dieses
unktes im zuständigen Ausschuss fast einhellig zum
usdruck gekommen sind.

Ich nehme an, die Bundesregierung hat sich durch den
echnischen Zwischenfall nicht ablenken lassen.


(Dr. Franz Josef Jung, Bundesminister: Nein! – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gucken Sie den Jung an! Der hat Sie angerufen!)


ir hoffen, Herr Staatssekretär, dass Sie diesen Ge-
ichtshof unterstützen; denn wir wissen, dass er ein ganz
irksames Instrument ist, um zumindest für den Bereich
es Europarats, dessen Mitglied unter anderem auch
ussland ist, für einen wirksamen Schutz der Menschen-

echte zu sorgen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605719000

Ich schließe die Aussprache.






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse
Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-
schusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe zu
dem Siebten Bericht der Bundesregierung über ihre
Menschenrechtspolitik in den auswärtigen Beziehungen
und in anderen Politikbereichen. Das sind die Drucksa-
chen 15/5800 und 16/3004. Der Ausschuss empfiehlt un-
ter Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung, in Kennt-
nis der Unterrichtung eine Entschließung anzunehmen.
Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegen-
probe! – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist
einstimmig angenommen.

Unter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 16/3004 empfiehlt der Ausschuss, den An-
trag der Fraktion der FDP auf Drucksache 16/1999 mit
dem Titel „7. Bericht der Bundesregierung über ihre
Menschenrechtspolitik in den auswärtigen Beziehungen
und in anderen Politikbereichen“ für erledigt zu erklä-
ren. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Ge-
genprobe! – Enthaltungen? – Auch diese Beschlussemp-
fehlung ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der
Fraktionen der CDU/CSU und der SPD auf Drucksache
16/3001 mit dem Titel „Der Menschenrechtsrat der Ver-
einten Nationen – Wirksamkeit sichern und Glaubwür-
digkeit schaffen“. Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer
stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Auch dieser Antrag
ist einstimmig angenommen.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 16/2976 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 8 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Birgit
Homburger, Elke Hoff, Dr. Rainer Stinner, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Kein Weißbuch ohne vorherige Parlamentsde-
batte

– Drucksache 16/2082 –
Überweisungsvorschlag:
Verteidigungsausschuss (f)

Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die
FDP sechs Minuten erhalten soll. – Ich höre keinen Wi-
derspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile Kollegin Birgit
Homburger, FDP-Fraktion, das Wort.


(Beifall bei der FDP)



Birgit Homburger (FDP):
Rede ID: ID1605719100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

diskutieren heute über einen Antrag der FDP-Fraktion
zum Weißbuch. Ich bin froh, dass wir aufgrund dieses
Antrags die Gelegenheit haben, hier, im Deutschen Bun-

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(C (D estag, über dieses Weißbuch überhaupt einmal zu sprehen. Bisher hat die Bundesregierung über alle Weißbücher ntschieden. Deswegen will sie nächste Woche im Kabiett auch über das neue Weißbuch entscheiden, ohne den eutschen Bundestag damit vorher befasst zu haben. azu sage ich: Ja, in der Vergangenheit war das so. Aber ie alten Weißbücher waren im Wesentlichen Fortschreiungen bestehender Weißbücher. Wir haben es jetzt mit iner ganz neuen Situation zu tun. Das Einsatzspektrum er Bundeswehr ist deutlich erweitert. Wir haben mehrach Veränderungen in der Struktur der Bundeswehr erebt. Das letzte Weißbuch stammt aus dem Jahr 1994. as Weißbuch muss auf der Basis einer grundlegend aneren sicherheitspolitischen Lage Antworten auf Fragen eben, die komplexe und weit über den bisherigen Rahen hinausgehende neue Herausforderungen betreffen. Wenn man diesem Anspruch gerecht werden will, ann brauchen wir eine intensive Debatte. Eine solche ebatte hat der Bundespräsident in seiner Rede über Auenund Sicherheitspolitik auf der Kommandeurstagung or gut einem Jahr gefordert. Auch Sie, Herr Minister, aben mehrfach gesagt, dass es dringend notwendig sei, n Parlament und Gesellschaft eine breite Debatte zu ühren. (Beifall des Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


(Beifall bei der FDP)


Nur, wenn Sie das wollen, dann dürfen Sie jetzt nicht
infach einen Kabinettsbeschluss fassen, der dem Deut-
chen Bundestag vorgelegt wird. Wer eine lebendige De-
atte will, wer erreichen will, dass die Gesellschaft sich
it der Bundeswehr beschäftigt, sich hinter die Bundes-
ehr stellt, der muss eine Diskussion zulassen, und zwar

m Vorfeld, der muss Möglichkeiten eröffnen, dass man
ich an der Formulierung beteiligen und Gedanken ein-
ringen kann. Das schaffen Sie nicht.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Seit gestern gerät dieses Vorgehen gänzlich zur Farce.
as Weißbuch wurde zwischenzeitlich öffentlich be-
annt; es ist über die Homepage einer Zeitung zugäng-
ich. Herr Minister, ich hätte erwartet, dass Sie wenigs-
ens jetzt endlich in die Offensive gehen und den
ntwurf den Mitgliedern des Ausschusses von sich aus
usenden, sodass eine öffentliche Diskussion ermöglicht
ird.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe heute schon daraus zitiert!)


ch verstehe Ihre Mauschelei nicht. Mit Ihrem wieder-
olt misslungenen Versuch der Geheimhaltung haben
ie dem Ziel, das Weißbuch insgesamt zu diskutieren
nd eine unstrittige Grundlage für die Außen- und Si-
herheitspolitik der nächsten Jahre zu schaffen, einen
ärendienst erwiesen.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Birgit Homburger
Dieser Vorgang ist wieder einmal bezeichnend für den
Zustand der Koalition. Herr Minister, Sie haben in der
letzten Woche angekündigt, es sei ein Konsens über den
Bundeswehreinsatz im Inneren erzielt worden. Sofort
hat die SPD widersprochen.

Die CDU/CSU hat schon vor dem Hintergrund der
Fußballweltmeisterschaft versucht, alte ideologische
Forderungen, wie den generellen Einsatz der Bundes-
wehr im Inneren, durchzusetzen. Das ist damals nicht
gelungen. Jetzt versucht man das im Zusammenhang mit
dem Entwurf des Weißbuchs wieder. Wäre es nach der
CDU/CSU gegangen, dann wären terroristische Bedro-
hungen mit äußerer Bedrohung gleichgesetzt worden,
mit der Folge, dass in einem solchen Fall grundsätzlich
der Verteidigungsfall ausgerufen würde. Das wäre, ers-
tens, eine Missachtung des Bundesverfassungsgerichts-
urteils zum Luftsicherheitsgesetz und, zweitens, der Ver-
such, die Bundeswehr im Inneren durch die Hintertür
einzusetzen. Das hat die CDU/CSU versucht. Das ist
jetzt offensichtlich verhindert worden; der neue Entwurf
sieht Derartiges nicht vor.

Sie haben dafür allerdings einen hohen Preis bezahlt:
dass die Debatte in der Öffentlichkeit wieder einmal nur
als eine Diskussion über den Einsatz der Bundeswehr im
Inneren wahrgenommen wurde. Damit werden Sie den
Herausforderungen, vor denen wir stehen, überhaupt
nicht gerecht.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


In der Tat weigern Sie sich erneut, über Kriterien
und Grundsätze zu reden, obwohl wir sie brauchen. Die
Bundesregierung sagt schlicht, dass sie zukünftig jeden
Einzelfall prüfen wird. Natürlich werden wir nicht um-
hinkommen, jeden Einzelfall eines Auslandseinsatzes zu
diskutieren. Aber wir brauchen doch einmal Leitlinien.
Auch die NATO-Partner haben Grundsätze wie den, dass
solche Einsätze Frieden, Freiheit und Wohlstand dienen
und im Einklang mit außenpolitischen Zielen stehen sol-
len.

Es besteht ein UN-Mandat und internationale Unter-
stützung. Es gibt ein klares Ziel und vor allem auch ein
Konzept, wie das Ziel erreicht werden kann, damit man
irgendwann einmal feststellen kann, wann die militäri-
schen Einheiten wieder abgezogen werden können, also
eine so genannte Exit-Strategie. Außerdem muss der
Einsatz finanziell, personell und materiell leistbar sein.

Alle diese Grundsätze hätte man doch einmal auf-
schreiben können. Natürlich kann ich sie nicht einfach
nur abhaken, sondern muss sie in jedem Einzelfall beur-
teilen. Das ist aber etwas, was Leitlinien ausmacht. Es
geht um ein nachvollziehbares Korsett für Entscheidun-
gen.

Das, was andere NATO-Partner haben, sollten auch
wir haben. Das erwarten wir von diesem Weißbuch.


(Beifall bei der FDP)


Ferner muss geklärt werden, welche Bedeutung
nationale Interessen spielen sollen. Auch hier gibt es
eine Veränderung vom ersten Weißbuchentwurf zum jet-
zigen Entwurf. Der erste Entwurf war sehr klar an unse-

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(C (D er Exportund Rohstoffabhängigkeit sowie daran orieniert, dass wir den Zugang zu kritischen Rohstoffen und nergieträgern sichern müssen. Die Vorstellung einer ohstoffund energieorientierten Außenund Sichereitspolitik wurde durch die simple Tatsachenbeschreiung abgelöst, dass wirtschaftlicher Wohlstand unter anerem auch vom Zugang zu Rohstoffen und freien ransportwegen abhängt. Natürlich ist das richtig. Aber elche Konsequenzen ziehen Sie daraus? Wir müssen iskutieren, welche Konsequenzen wir daraus für zuünftige Auslandseinsätze der Bundeswehr ziehen. uch hier ist Fehlanzeige, meine Damen und Herren! ch prophezeie Ihnen, diese Frage wird künftig zu weiteem Streit in der Koalition führen, da Sie die weitere iskussion auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschieen. Eigentlich sollte das Weißbuch doch die Grundlage ür künftige Einsatzentscheidungen schaffen, ohne dass s Streit darüber gibt. Hieran scheitern Sie. Eine letzte Bemerkung, liebe Kolleginnen und Kolleen. Die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee. Das oll sie meines Erachtens auch bleiben. Deswegen kann ch Sie, Herr Minister, nur sehr herzlich bitten und an Sie ppellieren, einen Halbsatz aus diesem Dokument zu treichen. Sie schreiben: Die Entscheidung über Bundeswehreinsätze im internationalen Rahmen liegt in erster Linie im Kompetenzund Verantwortungsbereich der Bundesregierung. Erst dann sagen Sie, dass der Bundestag zustimmen uss. Herr Minister, Sie hätten sich diesen Halbsatz spa en können. Das Bundesverfassungsgericht hat klar geagt, dass die Bundeswehr eine Parlamentsarmee ist. Vor em Hintergrund der Diskussionen der vergangenen Wohen, in denen wir debattiert haben, ob das Parlament usreichend über die Einsätze informiert ist, macht mich ieser Satz nachdenklich. Liebe Kolleginnen und Kolleen von den Koalitionsfraktionen, Sie sollten sich diese issachtung des Deutschen Bundestages nicht gefallen assen und dafür sorgen, dass, bevor eine Beschlussfasung im Kabinett erfolgt, eine intensive Auseinandersetung hier im Deutschen Bundestag stattfindet. Vielen Dank. Ich erteile das Wort Kollegen Hans Raidel von der DU/CSU-Fraktion. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und erren! Wir führen hier eine Art Geisterdebatte, nämlich ine Diskussion über etwas, das im Raum steht, aber och nicht existent ist. Dieses Weißbuch ist doch überaupt noch nicht auf dem Markt, (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich hatte es heute Morgen hier!)


(Beifall bei der FDP)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605719200

(Beifall bei der CDU/CSU)

Hans Raidel (CSU):
Rede ID: ID1605719300

umindest nicht offiziell.






(A) )



(B) )


Hans Raidel

(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Im Internet gibt es das auch schon!)


Die Bundesregierung muss dieses Dokument erst noch
verabschieden.

Beachten Sie doch bitte die Spielregeln, verehrte
Frau Kollegin! Dieses Parlament hat eine Geschäftsord-
nung, und auch die Bundesregierung hat eine Geschäfts-
ordnung. Wir als Parlament haben für unsere Arbeit
Spielregeln verabschiedet, in denen genau steht, wer wo-
für zuständig ist. Wenn wir diese Spielregeln so nicht
mehr einhalten wollen, bleibt es uns doch unbenommen,
sie zu ändern. Solange die Spielregeln aber so gelten, ist
klar, dass die Bundesregierung dieses Weißbuch in eige-
ner Verantwortung verabschiedet, ihre Meinung darlegt


(Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das bestreitet auch keiner!)


und wir dann darüber diskutieren können. Als Parlament
können wir unsere eigenen Vorschläge jederzeit einbrin-
gen; das ist uns unbenommen.


(Birgit Homburger [FDP]: Was nützt das denn hinterher?)


Wir können jederzeit – das ist das Wünschenswerte – in
einen Wettbewerb guter Ideen eintreten und festlegen,
wie wir das haben möchten. Das Parlament ist in seinen
Rechten – anders als Sie versuchten auszuführen – über-
haupt nicht beschnitten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Zu den Inhalten. In unserer Koalitionsvereinbarung
haben wir gemeinsam festgelegt, wie wir die Richtung
der künftigen deutschen Sicherheitspolitik darlegen
wollen. Ein Instrument dafür war das Weißbuch. Sie,
Herr Minister, haben diese Idee sehr schnell aufgegriffen
und dieses Weißbuch erarbeitet. Auch wir wünschen uns
eine breite Debatte in der Öffentlichkeit über den Inhalt
der künftigen deutschen Sicherheitspolitik. Auch wir
sind der Auffassung, wir sollten uns intensiver – das gilt
für den Ausschuss genauso wie für das Parlament – mit
den Fragen der Sicherheit beschäftigen: mit Ausrüstung,
mit Ausbildung und mit dem Umfang dieser Armee. Wir
sollten begleiten, was in unseren Bündnissen passiert,
also in der NATO, in der OSZE, in Europa und woan-
ders.

Wir müssen prüfen, ob wir dieser Aufgabe immer ge-
recht werden. Spätestens, wenn es um die Finanzen geht,
doch wohl eher nicht! Dann aber gestalten Sie hier Ihren
Redebeitrag mit den Worten: Man sollte! Man könnte!
Man müsste! Man dürfte! Man dürfte nicht! Ja, sagen
Sie doch ganz konkret, wie Sie es haben wollen! Dann
kann sich die Regierung damit auseinander setzen und
wir uns damit befassen. Möglicherweise würde dann am
Schluss eine gemeinsame Richtung vorgegeben. Sie
werden dem Anspruch, den Sie versucht haben darzu-
stellen, in keiner Weise gerecht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Das ist ein großes Problem.

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(C (D Ich will gar nicht darauf hinweisen, dass die Weißbüher in der Vergangenheit genau nach diesen Spielregeln nd damit nicht im Parlament verabschiedet worden ind. Wir sind uns allerdings auch darüber einig, dass es ngut ist, wenn das Weißbuch vorab in der Presse und onst wo zu lesen ist und wir hier nicht darüber gesprohen haben. Insofern habe ich die Bitte, Herr Minister, ass Sie da auskehren, damit diese Dinge so nicht mehr orkommen. (Lachen des Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Natürlich haben wir alle Wünsche bezüglich des In-
alts des Weißbuchs. Es soll objektiv und realistisch die
icherheitslage in unserer Republik feststellen, nichts
eglassen und nichts verschweigen, sodass die Bevölke-

ung endlich wieder das Gefühl für das Sicherheitsthema
nsgesamt bekommt. Das scheint mir in der Vergangen-
eit ein bisschen vernachlässigt worden zu sein, denn
onst würde die Bevölkerung ganz anders über die Si-
herheitsfragen diskutieren.

Natürlich wissen wir, dass letztlich alles auch am
eld hängt. Aber wir dürfen doch nicht so tun, als wenn

s für die Sicherheit kein Geld gäbe. Ich sage Ihnen: Die
evölkerung hat den Anspruch auf diesen Schutzschild –
ach innen und nach außen. Die Bundeswehr hat den
nspruch, dass wir bei Ausrüstung und Ausbildung alles

un, damit sie immer das Notwendige, also das, was auf
em Markt verfügbar ist, bekommt. Wenn wir das der
undeswehr nicht geben und uns hinter mangelndem
eld verstecken, wenn wir die Leute in einen Einsatz

chicken, bei dem sie zu Schaden oder sogar zu Tode
ommen können, nur weil wir die notwendige Ausrüs-
ung nicht zur Verfügung gestellt haben, dann handeln
ieses Parlament, der Verteidigungsausschuss und der
aushaltsausschuss, dann handeln also wir insgesamt
nmoralisch. Das dürfen wir nicht tun. Aber darüber re-
et keiner! Wir streiten uns über die Verfahrensfragen,
assen dabei aber die wirklich wichtigen Themen außer
cht.


(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Darauf kommen wir in der Debatte gern zurück!)


o waren Sie denn? Wo haben Sie die notwendigen An-
räge durchgesetzt,


(Lachen der Abg. Birgit Homburger [FDP])


ls es darum ging, bei Entwicklung, bei Forschung, bei
euer Bestimmung der Standorte für die Rüstungsindus-
rie entsprechend zu handeln?


(Birgit Homburger [FDP]: Haben Sie jetzt die Mehrheit oder wir?)


as haben Sie gemacht, als es konkret um die finan-
ielle Absicherung ging?


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Was Sie möchten, ist etwas ganz anderes. Sie führen
ich hier als Sicherheitspartei auf, die die deutschen Si-
herheitsinteressen vertritt. Dieses Thema ist längst von
nderen, von CDU/CSU und SPD, besetzt.


(Birgit Homburger [FDP]: Aber wie!)







(A) )



(B) )


Hans Raidel
Jeder landauf, landab weiß das und akzeptiert das. Sie
können sich noch so sehr aufs Podest stellen wollen: Das
nimmt Ihnen als kleiner 9-Prozent-Partei in Wirklichkeit
niemand ab.

Auch ich könnte mir etwas Neues vorstellen: Wenn
das Weißbuch herauskommt, könnten wir einen Einstieg
wagen in der Weise, dass wir einmal im Jahr eine Si-
cherheitsdebatte führen, in der wirklich alle Fragen für
diese Nation auf den Tisch gelegt werden, uns einmal
mindestens einen ganzen Tag mit diesen Themen befas-
sen – so ähnlich haben wir damals die Berlindebatte ge-
führt –, daraus entsprechende Beschlüsse ableiten und so
dieses Thema in die Bevölkerung hineintragen, damit In-
teresse geweckt wird, ein breiter Konsens entsteht und
wir der Bevölkerung aus dem Parlament heraus bewei-
sen können, wie ernst es uns mit der Sicherheit in diesem
Land ist und wie wir zu unserer Bundeswehr stehen.

In der praktischen Ausformung bedeutete das, dass
wir vielleicht auch einmal zu anderen Formen kommen,
zum Beispiel dazu, ein Bundeswehraufgabengesetz zu
verabschieden, in dem alle Einzelfragen seriös und ge-
setzestechnisch richtig behandelt werden. Von daher
wäre dann auch das notwendige Rüstzeug bereitgestellt.

Diese Debatte ist möglicherweise ein Einstieg; das
will ich überhaupt nicht bestreiten. Die Herausgabe des
Weißbuchs ist mit Sicherheit eine gute Gelegenheit, auch
zu neuem Denken zu kommen. Wir alle spüren, dass
wir mit den alten Denkstrukturen – da treffen wir uns
wieder – nicht mehr weiterkommen und dass wir unse-
rem eigentlichen Auftrag, der Bevölkerung das Gefühl
von Sicherheit zu geben und damit auch die Legitima-
tion für die Finanzierung unserer Bundeswehr zu erhal-
ten, nicht mehr gerecht werden. Vielleicht ist die Debatte
über dieses Weißbuch ein Einstieg in ein neues Denken.
Dann hätte sich das tatsächlich gelohnt. Wenn das nicht
gelingt, dann sind es nur Worthülsen und Sprechblasen.
Die sollten wir uns im Interesse unserer Bundeswehr ei-
gentlich sparen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605719400

Ich erteile das Wort Kollegen Paul Schäfer, Fraktion

Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Paul Schäfer (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605719500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

beraten einen FDP-Antrag, der unseres Erachtens einige
vernünftige Grundgedanken enthält. Ein Weißbuch, das
die Eckpfeiler unserer Sicherheits- und Verteidigungspo-
litik für eine längere Zeit festlegen soll, ist zu wichtig,
als dass es von oben herab verkündet werden dürfte.
Auch unsere Auffassung ist, dass es darüber eine breite
Debatte in diesem Haus, aber auch in der Öffentlichkeit
geben sollte. So weit, so gut; das sagen alle.

Es kann aber nicht nur darum gehen, dass wir jetzt
diskutieren nach dem Motto, lieber Kollege Raidel: Gut,
dass wir mal darüber gesprochen haben. – Das kann es
nicht sein.


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(C (D (Hans Raidel [CDU/CSU]: Das habe ich ja nicht gesagt!)


Es wird aber leider so kommen, fürchte ich. Die Regie-
ung wird verkünden, wir dürfen nächste Woche disku-
ieren und nach einiger Zeit steht das Werk im Regal.

Es kommt doch gerade darauf an, eine Rückkopp-
ung zu erreichen, eine Rückkopplung zwischen Regie-
ung, Parlament, gesellschaftlichen Akteuren und kriti-
cher Öffentlichkeit. Darum geht es.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Deshalb, denke ich, müssen wir auch über die Regeln
eden, lieber Kollege Raidel; völlig richtig. Wir müssen
ber die Regeln reden und sie ändern. Das heißt, dass es
inen Entwurf geben sollte, der durch die kritische De-
atte noch verändert werden kann.

Ich weiß, dem steht die Auffassung entgegen, die sich
n konservativen Kreisen hartnäckig hält: Außen- und
icherheitspolitik ist eine Sache der Exekutive.


(Hans Raidel [CDU/CSU]: Ändert die Spielregeln und dann kann man es machen!)


ber das ist Vergangenheit. Das ist 19. Jahrhundert. Wir
ind im 21. Jahrhundert. Es gibt heute Weltsozialforen,
ei denen hunderttausend Menschen zusammenkom-
en, die über internationale Politik reden. Das ist die
ealität von heute.


(Hans Raidel [CDU/CSU]: Und was ändert sich?)


Wir wollen eine solche Demokratisierung von
ußenpolitik, was heißt: Die Menschen sollen mitre-
en, mitentscheiden können. Das reicht von öffentlichen
ebatten bis hin zur Möglichkeit von Volksabstimmun-
en über außen- und sicherheitspolitische Entscheidun-
en.

Warum nicht? In der Schweiz wird darüber entschie-
en, ob die Wehrpflicht abgeschafft wird, welche Aus-
andseinsätze man macht, ob das Land der EU beitritt.

arum sollte die Bevölkerung nicht auch hierzulande
ber Fragen wie NATO-Mitgliedschaft oder Atomwaf-
en auf deutschem Boden entscheiden? Ich finde, da-
über muss hier gesprochen werden. Wir sind für eine
olche Demokratisierung der Außenpolitik.


(Beifall bei der LINKEN)


Der FDP-Antrag enthält eine weitere vernünftige
rundüberlegung. Es heißt dort, wir müssten vor allem
iplomatische, wirtschaftliche, ökologische, soziale und
ntwicklungspolitische Ansätze beachten und zum Aus-
ruck bringen. Es stellt sich aber die Frage, ob es dann
usreicht, die Federführung beim Ministerium der
erteidigung zu belassen und die Herausgabe dem
anzleramt zu übertragen. Ich glaube, dass die Federfüh-

ung beim Ministerium der Verteidigung es mit sich
ringt, dass sicherheitspolitische Herausforderungen pri-
är militärisch beantwortet werden, und genau das führt

n die Sackgasse. Deshalb muss man sich sehr wohl Ge-
anken machen, wie man künftig einen ressortübergrei-






(A) )



(B) )


Paul Schäfer (Köln)

fenden Ansatz – über den alle sprechen, der dann aber
auch institutionell umgesetzt werden muss – finden kann,
der die Chance erhöht, dass zivile Konzepte und Kapazi-
täten der Sicherheitsvorsorge und Konfliktprävention ein
viel entscheidenderes Gewicht bekommen. Der sicher-
lich ausbaufähige Aktionsplan „Zivile Konfliktpräven-
tion“ sollte den Handlungsrahmen zumindest – ich drü-
cke mich vorsichtig aus – mitprägen und nicht Anhängsel
von militärisch definierten Krisenlösungen sein.


(Beifall des Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Weißbuchent-
wurf sind zentrale Fragen angesprochen, die einer
grundlegenden Erörterung bedürfen – darüber werden
wir ja nächste Woche sprechen –: Soll die Bundeswehr
auch im Inneren neue Aufgaben wahrnehmen oder bleibt
es dabei, dass für die innere Sicherheit die Polizei zu-
ständig ist? Sollen den Streitkräften neue Aufgaben bei
der Sicherung unserer Rohstoff- und Energieversorgung
zufallen oder ist das eine Angelegenheit der internatio-
nalen Wirtschafts- und Handelspolitik? Soll die deutsche
Teilhabe an Atomwaffen fortgesetzt oder – besser – un-
widerruflich beendet werden? Über diese Fragen – da
hat Kollegin Homburger völlig Recht – muss neu und
gründlich nachgedacht werden. Deshalb muss man beim
Weißbuch ein neues Verfahren finden. Sonst hätte man
sich die Mühe sparen können.

Wir wollen jedenfalls eine sicherheitspolitische De-
batte, die neue Erkenntnisse und neue Schlussfolgerun-
gen bringt und aus der Sackgasse militärischer Krisenlö-
sungsversuche führt.

Danke.


(Beifall bei der LINKEN – Hans Raidel [CDU/CSU]: Dann bring es halt raus bei den neuen Ideen! Du redest nur darüber! Sag halt, wie du es willst, aber nicht „man könnte“ und „man müsste“!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605719600

Ich erteile das Wort Kollegen Hans-Peter Bartels,

SPD-Fraktion.


Dr. Hans-Peter Bartels (SPD):
Rede ID: ID1605719700

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe

Kollegen von den Liberalen, wir stehen ja nicht am An-
fang der Debatte, sondern wir haben bereits eine Praxis,
hier im Parlament mit der sich verändernden Welt umzu-
gehen. Ich stelle fest, dass es einen relativ breiten Kon-
sens hier in diesem Hause gibt, mindestens getragen von
vier Fraktionen, zu denen Ihre Fraktion gehört.

Wir sind uns darin einig, dass sich in der sich verän-
dernden Welt neue Gefahren entwickeln. Wir sind uns
darin einig, dass wir einen umfassenden Sicherheitsbe-
griff vertreten wollen. Wir behaupten nicht, Sicherheit
sei allein Verteidigung oder Militär. Selbst in den Ein-
satzgebieten, wo das Militär eine große Rolle spielt, gibt
es inzwischen eine vernetzte Sicherheitsarchitektur. Ich
erinnere an die PRTs in Afghanistan. Aber auch all das,
was wir tun, bevor es überhaupt zu bewaffneten Konflik-

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(C (D en kommt, ist inzwischen Bestandteil einer umfassend erstandenen Sicherheitspolitik. Ich bin froh, dass wir as hier im Hause breit tragen. Wir bekennen uns gemeinsam zu einem aktiven Mulilateralismus. Wir wollen, dass viele daran teilnehmen, nsere Welt sicherer zu machen. Wir haben eine europäiche Sicherheitsstrategie, die so genannte Solana-Strateie von 2003, die ein bisschen etwas anderes formuliert ls die amerikanische Sicherheitsstrategie, diese aber uch ergänzt und in einer Welt, die Gestaltung braucht, ür ein selbstbewusstes Europa wirbt. Deutschland ist in Teil davon. Was in der Solana-Strategie formuliert st, wird hier breit getragen und ist Bestandteil unseres icherheitspolitischen Selbstverständnisses. Wir wollen die kollektiven Sicherheitssysteme stären: die OSZE, die NATO, die UNO. Es ist eben nicht ehr nur die NATO; das hat sich verändert. Ich glaube, uch das wird in diesem Hause breit getragen. Wir steen also nicht am Anfang der Debatte über eine neue Siherheitspolitik und das Weißbuch wird sie auch nicht bschließen. Das Weißbuch ist ein Meilenstein, eine tappe in diesem Diskussionsprozess, der aus gegebeem Anlass nun schon einige Jahre läuft. Wir tragen gemeinsam die Verantwortung für Ausandseinsätze. Ob es sich um eine kleine oder um eine roße Koalition handelt: Wir bemühen uns, dass der ückhalt für unsere Soldaten im Einsatz in diesem ause so breit wie möglich ist. Das ist inzwischen eine radition geworden. Wenn ich das Wirken der Verteidigungspolitiker berachte, dann komme ich zu dem Schluss, dass wir ein emeinsames Interesse an einer deutschen wehrtechnichen Industrie in einem selbstbewussten Europa haben. ieses Ziel hat die vergangene Regierung verfolgt. iese Regierung setzt die dazugehörige Politik fort. Daei wird sie von diesem Parlament unterstützt. Unser Weg in eine Europäisierung der Sicherheitsolitik wird in diesem Haus ebenso breit unterstützt. Es eht nicht mehr darum, nur national zu denken und sich u überlegen, was wir für unsere eigene Sicherheit tun önnen. Es geht vielmehr darum, was wir für ein zusamenwachsendes Europa tun können, wie wir Kosten paren und Verantwortung teilen können. Das sind die rfahrungen aus den vielen Jahren, die seit dem Erscheien des letzten Weißbuchs vergangen sind. Es gibt auch ein paar Unterschiede in diesem Haus. elegentlich wird die Wehrpflicht thematisiert. Die ehrheit ist relativ groß, dass wir sie beibehalten. Aber ie Unterschiede in dieser Frage kann man anhand einer estlegung im Weißbuch diskutieren. Es gibt auch Un erschiede in Fragen der nuklearen Teilhabe. Auch daüber muss man weiter diskutieren. Außerdem gibt es Unterschiede in der Auffassung, an elchen Begriffen man sich sozusagen entlangarbeiten ill. Der Begriff vom nationalen Interesse hört sich für ich so an, als handele es sich um einen Begriff aus dem 9. Jahrhundert. Er suggeriert, unser Interesse sei gegen ie Interessen Frankreichs und Großbritanniens gerichet. Diese Art von konkurrierenden Interessen gibt es Dr. Hans-Peter Bartels – Gott sei Dank! – nicht mehr. Wir haben gemeinsame Interessen und teilen die gemeinsamen Werte mit unseren Freunden und Partnern. Wir versuchen beispielsweise nicht, auf Kosten anderer Rohstoffe zu sichern. Manchmal wird mit großem Pathos behauptet, man solle einmal ehrlich sein und zugeben, dass es doch um Rohstoffe gehe. Nein, es geht nicht um Rohstoffe: nicht auf dem Balkan, nicht in Afghanistan und auch nicht dann, wenn wir im Bundestag über den Einsatz der Bundeswehr im Rahmen von Bündnissen, in denen wir Mitglied sind, entscheiden. Rohstoffe sind für alle Länder eine lebenswichtige Ressource. Wir wollen eine offene Welt und Zugang von möglichst vielen zu den Wohlstandsquellen. Darin stehen wir nicht in Konkurrenz zu anderen. Mir ist also der Begriff vom nationalen Interesse manchmal zu anachronistisch am 19. Jahrhundert ausgerichtet. Ich würde ihn lieber durch den Begriff „politische Maximen“ ersetzen. Deutschlands sicherheitspolitisches Handeln unterliegt politischen Maximen. In diesem Zusammenhang kann man auf das verweisen, was gemeinsam getragen wird: der Multilateralismus, der umfassende Sicherheitsbegriff und unsere Vorstellungen von der Weiterentwicklung kollektiver Sicherheitssysteme. Zum Bereich der politischen Maximen gehört die Schaffung einer offenen Welt, von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Dabei wollen wir Demokratie nicht exportieren, sondern wir wollen uns gemäß unseren eigenen Maßstäben im Ausland verhalten. Wir erwarten übrigens von unseren Verbündeten, dass sie dies genauso tun. Es gibt nicht nur politische Maximen deutschen Handelns mit Blick auf eine zusammenwachsende Welt. Es gibt auch eine besondere deutsche Verantwortung. Das haben wir in der Debatte über den Libanon-Einsatz gespürt. Es war nicht leicht, den deutschen Beitrag so zu formulieren, dass er der deutschen Verantwortung in allen Richtungen gerecht wurde. Es ist uns gut gelungen. Der Grund für unser Handeln war nicht das deutsche Interesse an Rohstoffen im Nahen Osten, sondern die besondere deutsche Verantwortung, die wir übernommen haben. Ich denke, das wird sich auch im Weißbuch niederschlagen. Darin wird es nicht den anachronistischen Interessenbegriff des 19. Jahrhunderts geben. Noch ein Wort zur strittigen Frage des Bundeswehreinsatzes im Innern. In der Frage der Bundeswehr als Ersatzpolizei liegen wir nicht weit auseinander. Niemand der verantwortlichen Sicherheitspolitiker will, dass die Bundeswehr an den Stellen Polizeiaufgaben übernimmt, an denen die Polizei zu wenig Personal hat. Das kann nicht die Richtung unserer gemeinsamen Politik sein. Es geht nicht um die Absicherung von Veranstaltungen, bei denen der Veranstalter selbst nicht genug Personal für Ordner stellen kann, bei denen die Landespolizei nicht ausreicht oder bei denen die hinzugezogene Bundespolizei nicht ausreicht. Wenn dann die Bundeswehr gebraucht würde, würde ich sagen: Sagen wir lieber das Fernsehgucken im Freien ab. Das kann man auch tun. r S k g c g t d W i G r h u i k b b j z g d D a d ü i F ß d g s D k w e l i d v E a d i (C (D Darum geht es also nicht. Wenn wir darüber diskutieen, dass das Grundgesetz an der einen oder anderen telle eine Veränderung, eine Präzisierung, eine Veranerung neuer gesetzlicher Regelungen braucht, dann eht es um die Luftund die Seesicherheit und um Siherheit für die politisch Verantwortlichen, Entscheidunen auf verfassungsrechtlich vernünftiger Grundlage zu reffen. Da sind wir für Änderungen offen. Ich glaube, iese Debatte fängt nicht erst jetzt an und wird mit dem eißbuch auch nicht abgeschlossen sein. Sie wird aber m Weißbuch einen vernünftigen Niederschlag finden. Was an Land nötig und möglich ist, das ist mit Art. 35 rundgesetz, Amtshilfe, und natürlich mit der Reserve egel, die das Grundgesetz inzwischen seit fast 40 Jahren at, geregelt. Damals war sie stark umkämpft, es wurde m sie hart gerungen, aber jetzt steht sie seit Jahrzehnten m Grundgesetz: die Notstandsverfassung. Sie gilt und ann im äußersten Notfall greifen. Gott sei Dank ist das isher nie der Fall gewesen. Wir hoffen, dass das so leibt. Aber diesen letzten Rettungsanker, den haben wir etzt schon im Grundgesetz stehen. Ich glaube, wir brauchen nicht künstlich einen Streit u suchen, da der Konsens in diesem Haus und in der roßen Koalition relativ groß ist. Vermutlich wird durch as Weißbuch auch deutlich werden, wie groß er ist. Die ebatte dazu führen wir nächste Woche Donnerstag, ber heute haben wir darüber geredet, dass es gut ist, iese Debatte über das Weißbuch anzufangen und sie ber die Sicherheitspolitik fortzusetzen, die Deutschland n einer zusammenwachsenden Welt gestalten will. Ich erteile dem Kollegen Winfried Nachtwei von der raktion des Bündnisses 90/Die Grünen das Wort. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Au enund Sicherheitspolitik gilt traditionell als Domäne er Exekutive. Hans Raidel hat darauf hingewiesen. Zuleich aber gibt es in der Bundesrepublik eine gewachene rechtsstaatliche Tradition der Parlamentsarmee. iese Tradition ist so zeitgemäß wie nichts anderes. Denn heutzutage ist der Einsatz bewaffneter Streiträfte so sehr auf die Akzeptanz der Gesellschaft angeiesen wie wohl nie zuvor. Deshalb ist es ausdrücklich ine Fortsetzung alten Denkens, wenn ein konzeptioneler Meilenstein deutscher Sicherheitspolitik abgeschottet n den Ministerien entwickelt und dem Parlament und er Öffentlichkeit dann sozusagen zum Nachvollzug orgesetzt wird. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605719800
Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605719900

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ine echte, breite sicherheitspolitische Debatte, die eben
uch immer etwas Offenheit benötigt, wird damit behin-
ert. Herr Minister, dass Sie das so abgewickelt haben,
st wohl – schaut man sich das Vorgehen der Vorgänger-






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(B) )


Winfried Nachtwei
minister an – nicht unüblich, aber trotzdem kein Beweis
von Stärke.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)


Dass die Koalitionsfraktionen das so mitmachen, ob-
wohl zwischendurch alle möglichen anderen Zeichen da
waren, ist ein Beispiel – ich bedauere das sehr – von par-
lamentarischer Selbstentmündigung.


(Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/ CSU)


Zweck eines Weißbuches kann nicht nur die innerkoa-
litionäre Verständigung sein und sein Adressat ist auch
längst nicht nur die sicherheitspolitische Community.
Gerade heute muss ein Weißbuch vor allem Antworten
auf brennende Fragen geben, die in der Bevölkerung,
sehr stark unter den Soldaten und auch in der Politik ge-
stellt werden: Was haben denn die Auslandseinsätze und
Krisenengagements bisher überhaupt gebracht? Warum
dauern die meisten so endlos? Warum ist der Übergang
zu selbsttragender Sicherheit und Friedensprozessen so
enorm schwierig? Gegenüber welchen Risiken und Be-
drohungen können Streitkräfte überhaupt etwas ausrich-
ten? Wofür werden sie angesichts der jetzigen und künf-
tigen Risiken und Bedrohungen vor allem gebraucht und
wofür eigentlich gar nicht? Da gibt es den geflügelten
Begriff – das ist inzwischen ein Baukastensatz –, Streit-
kräfte heute zur Krisenverhütung und Konfliktbewälti-
gung, einschließlich Bekämpfung des Terrorismus, ein-
zusetzen. – Das ist auf der ganz allgemeinen Ebene so
richtig wie aussagelos.

Wie wird schließlich der Anspruch auf umfassende
und Gewalt vorbeugende Sicherheitspolitik überhaupt in
die Tat umgesetzt? Wie ist das Verhältnis zwischen zivi-
len und militärischen Mitteln der Sicherheitspolitik? Wie
wird der offenkundige Rückstand der zivilen Fähigkei-
ten aufgeholt? Wie kann – daran sollten wir bei der
bevorstehenden Debatte vor allem denken – dem wach-
senden sicherheitspolitischen Desinteresse in der Bevöl-
kerung entgegengewirkt werden? Ich befürchte, dass das
demnächst vorliegende Weißbuch auf diese Fragen nur
unzureichende Antworten gibt. Umso mehr stehen wir
Parlamentarierinnen und Parlamentarier in der Pflicht,
diese Fragen bei der bevorstehenden Debatte über das
Weißbuch zu stellen und verständlich zu beantworten.

Ich danke Ihnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605720000

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 16/2082 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 9 auf:

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gierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten
Gesetzes zur Änderung des Betriebsrentenge-
setzes

– Drucksache 16/1936 –
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)


– Drucksache 16/3007 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Gabriele Hiller-Ohm

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Arbeit und Soziales

(11. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten

Kersten Naumann, Dr. Martina Bunge,
Dr. Gesine Lötzsch, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der LINKEN

Aufbewahrungsfrist der Lohnunterlagen von
DDR-Betrieben bis 31. Dezember 2012 verlän-
gern
– Drucksachen 16/2746, 16/3007 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Gabriele Hiller-Ohm

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat in seiner
eschlussempfehlung auf Drucksache 16/3007 den An-

rag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 16/2746 mit
em Titel „Aufbewahrungsfrist der Lohnunterlagen von
DR-Betrieben bis 31. Dezember 2012 verlängern“ mit

inbezogen. Über diesen Antrag soll jetzt ebenfalls ab-
chließend beraten werden. – Ich sehe, Sie sind damit
inverstanden. Dann ist das so beschlossen.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
einen Widerspruch. Dann ist auch das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Parlamen-
arischen Staatssekretär Franz Thönnes das Wort.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


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Franz Thönnes (SPD):
Rede ID: ID1605720100

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen!

as nun zu debattierende so genannte Betriebsrentenän-
erungsgesetz zur Umstellung der Finanzierung des Pen-
ions-Sicherungs-Vereins ist im Laufe der Beratung im
usschuss des Bundestages um einige sehr sinnvolle
nd im Kern unstrittige Punkte ergänzt worden, weil wir
ollen, dass diese wichtigen sozialpolitischen Regelun-
en noch in diesem Jahr in Kraft treten.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sinnvoll?)


Der Kern des Gesetzes ist die Umstellung der Finan-
ierung des Pensions-Sicherungs-Vereins von der teil-
eisen Umlagefinanzierung auf die Kapitalfinanzie-

ung. Diese Umstellung stößt bei allen Beteiligten auf
ngeteilte Zustimmung; denn dadurch wird die Insolvenz-
icherung zukunftsfester. Das ist gut für die Arbeitneh-
erinnen und Arbeitnehmer, weil ihre Rentenansprüche






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Franz Thönnes
dadurch besser abgesichert sind. Das ist auch für die Ar-
beitgeberinnen und Arbeitgeber gut; denn sie können auf
ein verlässliches Altersversorgungssystem hinweisen.
Im Kern ist es auch für die Alterssicherung gut; denn da-
durch wird die Gesamtversorgung aus gesetzlicher Rente
sowie privater und betrieblicher Altersvorsorge gestärkt.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Von den weiteren Vorhaben, die im Gesetz enthalten
sind, spreche ich aus Zeitgründen nur einige an:

In der gesetzlichen Rentenversicherung werden die
Zusatzjobs nach dem SGB II bei der Berechnung der
Höhe der Rentenanpassungen und der Bestimmung der
Sozialversicherungsrechengrößen künftig herausgenom-
men. Eine Verzerrung wird somit verhindert. Dadurch
ergibt sich eine klarere Grundlage für die Ermittlung der
Beiträge und der Leistungen in den Sicherungssystemen.

Mit der Verlängerung der Aufbewahrungsfrist für
Lohnunterlagen aus der ehemaligen DDR bei den Ar-
beitgebern in den neuen Bundesländern bis zum
31. Dezember 2011 sichern wir den Zugriff auf die
Lohndaten. Das gibt den Menschen ausreichend Mög-
lichkeit zur Klärung ihrer persönlichen Rentenkonten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Klaus Brandner [SPD]: Das bedeutet Sicherheit!)


Durch die Änderung beim Insolvenzgeld stellen wir
sicher, dass Arbeitnehmer, die mit ihrem Arbeitgeber
eine Vereinbarung über Entgeltumwandlung getroffen
haben, im Insolvenzfall nicht benachteiligt werden. Das
umgewandelte Entgelt fließt künftig in die Berechnung
des Insolvenzgeldes ein. Auch das bringt mehr Sicher-
heit.

Ebenso sinnvoll ist, die Regelungen zum Vermitt-
lungsgutschein, mit dem arbeitslose Menschen einen
privaten Arbeitsvermittler beauftragen können, um ein
Jahr zu verlängern; denn erst nach der für 2007 vorgese-
henen Evaluation werden wir wissen, wie nutzbringend
der Beitrag der privaten Vermittler sein kann.

Mit der Einbeziehung des Dachdeckerhandwerks in
das neue Leistungssystem Saisonkurzarbeitergeld kön-
nen nun auch die Beschäftigten dieses Wirtschafts-
zweiges die verbesserten Förderbedingungen ab Dezem-
ber 2006 nutzen. Das heißt Verringerung des Risikos
Arbeitslosigkeit, das heißt Einkommenssicherung und
dass die Beschäftigten mit ihren Kompetenzen dem Be-
trieb erhalten bleiben.

Wir nehmen eine ganz wichtige Klarstellung im Be-
hindertenrecht vor, die helfen wird, Diskriminierung zu
vermeiden. Man wundert sich ja manchmal, welche All-
tagspossen die Realität bietet. Zum Schutz der Men-
schen gibt es das Merkzeichen „B“ im Schwerbehin-
dertenausweis, mit dem die Notwendigkeit ständiger
Begleitung unterstrichen wird. Damit ist das Recht ge-
meint, eine ständige Begleitung zu haben, wenn man
zum Beispiel ins Theater oder ins Schwimmbad geht
oder ein öffentliches Verkehrsmittel benutzen möchte.
Man wundert sich, wenn dann auf einmal derjenige hin-
term Schalter sagt, dass man, weil man keine Begleitung

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(C (D at, nicht ins Schwimmbad oder nicht ins Theater dürfe der nicht mit dem öffentlichen Verkehrsmittel fahren önne. Die Regelung wird dabei sozusagen umgedreht. as darf in Zukunft nicht mehr passieren. Diese Diskriinierung wollen wir verhindern. Deswegen stellen wir indeutig klar: Der Schwerbehinderte ist berechtigt, eine egleitung mitzunehmen, aber nicht dazu verpflichtet. as gibt mehr Sicherheit im Alltag und mehr Teilhabe m gesellschaftlichen Leben. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Schließlich noch eine Anmerkung zum Sozialgesetz-
uch II. Wir stellen klar, dass die Träger der Grundsi-
herung für Arbeitsuchende bereits in der Zeit bis zur
ntscheidung der gemeinsamen Einigungsstelle über die
rwerbsfähigkeit bzw. die Hilfebedürftigkeit Leistungen
er Grundsicherung für Arbeitsuchende zu erbringen ha-
en. Das verhindert ungeklärte Situationen für die An-
ragsteller und bedeutet Sicherheit und Verlässlichkeit.

Alles zusammengefasst bedeutet das im Kern mehr
larheit, mehr Sicherheit und mehr Verlässlichkeit. Dis-
riminierungen sollen verhindert werden. Ich glaube,
ass mit dem Betriebsrentenänderungsgesetz und den
eiteren sozialpolitischen Entscheidungen, die damit
erbunden sind, die Möglichkeit besteht, diese Regelun-
en noch bis Ende des Jahres in Kraft zu setzen. Deswe-
en bitte ich um Zustimmung in diesem Haus.

Danke.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605720200

Ich erteile das Wort Kollegen Heinrich Kolb, FDP-

raktion.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1605720300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

nhörung und die Beratungen im Ausschuss haben ge-
eigt, dass die geplante Umstellung auf Kapitaldeckung
eim Pensions-Sicherungs-Verein allgemeine Zustim-
ung findet. Dieser Punkt wird von der FDP-Bundes-

agsfraktion mitgetragen. Allerdings – Sie, Herr Staats-
ekretär, haben es gesagt – sind im Laufe des Verfahrens
och einige Punkte hinzugekommen, die mit dem ur-
prünglichen Inhalt des Entwurfes nicht zusammenhän-
en und von denen einzelne – ich möchte drei nennen –
us unserer Sicht nicht unproblematisch sind.

Aber eins nach dem anderen. Zunächst noch ein Wort
ur Umstellung der Finanzierungsgrundlage. Wir den-
en, dass die Umstellung auf Kapitaldeckung sinnvoll
st und dass sie hoffentlich noch zur rechten Zeit erfolgt.
enn infolge der Zunahme der externen Durchführungs-
ege in der betrieblichen Altersvorsorge ist vorauszuse-
en, dass in Zukunft beim Pensions-Sicherungs-Verein
ie Beitragsbemessungsgrundlage zurückgeht. Dann
ürde der Pensions-Sicherungs-Verein zunehmend mit
er Ausfinanzierung von Anwartschaften aus Insolven-






(A) )



(B) )


Dr. Heinrich L. Kolb
zen vergangener Jahre belastet. Es käme zu Beitragssatz-
steigerungen. Dem wird durch die Umstellung vorge-
beugt.

Ich darf noch anmerken, Herr Staatssekretär, dass ich
es schade finde, dass die Koalition das Instrument der
Kapitaldeckung nur beschränkt auf diesen Fall, Pensi-
ons-Sicherungs-Verein, zum Einsatz bringt. Die Kapital-
deckung wäre auch ein geeignetes Instrument, um
drohenden Beitragssteigerungen in der Krankenver-
sicherung entgegenzuwirken. Aber man muss leider
feststellen: Die Koalition hat – das kann man bei den
Verhandlungen zur Reform des Gesundheitswesens an-
schaulich verfolgen – leider nicht die Kraft, ein als rich-
tig erkanntes Prinzip auf die Finanzierung des Gesund-
heitsbereiches zu übertragen.


(Beifall bei der FDP)


Die Herausnahme der so genannten 1-Euro-Jobs aus
der Berechnungsgrundlage für die Rentenanpassung ist
zwar richtig, aber noch besser wäre es, wenn die Berech-
nung der Rentenanpassung endlich – wie bereits von der
Rürup-Kommission gefordert und im ursprünglichen
Referentenentwurf zum Rentenversicherungs-Nachhal-
tigkeitsgesetz vorgesehen – auf die beitragspflichtigen
Löhne und Gehälter gestützt würde. In der Anhörung
wurden durch die Rentenversicherung die Bedenken
vorgebracht, bis zur Mitte des Jahres seien die beitrags-
pflichtigen Löhne und Gehälter des Vorjahres nicht zu
ermitteln. Ich muss sagen, dass ich nicht bereit bin, die-
ses Argument zu akzeptieren. Die Arbeitgeber melden
nach der neuen Fälligkeitsregelung am Ende eines jeden
Monats ihre beitragspflichtigen Entgelte an die Sozial-
versicherungsträger, genauer gesagt, an die Krankenkas-
sen. Dass diese Daten dann auf ihrem weiteren Weg
durch die Institutionen irgendwo versickern, jedenfalls
nicht zeitnah zur Verfügung stehen, darf meines Erach-
tens nicht sein.


(Beifall bei der FDP)


Aus meiner Sicht hat die Deutsche Rentenversicherung
hier ein organisatorisches Problem, das durchaus gelöst
werden kann und auch gelöst werden muss.


(Beifall bei der FDP – Birgit Homburger [FDP]: Durch einfache Addition! – Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Ja, ja!)


– Ja, beispielsweise durch einfache Addition.

Eine Verlängerung der Frist zur Aufbewahrung der
Lohnunterlagen von ehemals in der DDR Beschäftigten
ist nach unserer Auffassung nicht nötig. In den 16 Jahren
seit der Wiedervereinigung wurden die Betroffenen
mehrfach aufgefordert, ihre Rentenkonten zu klären.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das betrifft noch 1,3 Millionen Menschen!)


Die ungeklärten Konten sind, wie der Vertreter der Deut-
schen Rentenversicherung in der Anhörung ausführte,
auf die fehlende Mitwirkung der Betroffenen zurückzu-
führen.

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(C (D (Anton Schaaf [SPD], zu Abg. Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] gewandt: Ich hoffe, dazu sagst du gleich noch etwas!)


s ist nicht absehbar, dass sich daran künftig etwas än-
ern wird. Die Versicherten erhalten jährliche Rentenin-
ormationen. Außerdem bekamen sie Briefe, in denen sie
ber die Notwendigkeit der Kontenklärung und über den
ristablauf aufgeklärt wurden.


(Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Das alles können Sie nur fordern, weil die Ablehnung gesichert ist!)


Vor diesem Hintergrund halten wir es für nicht rich-
ig, dass die Unternehmen, die die Aufbewahrung der
ohnunterlagen gegen Entgelt übernommen haben, nun
ie Kosten dafür tragen sollen, dass viele Menschen
icht bereit waren, ein Mindestmaß an Eigenverantwor-
ung zu übernehmen. Ohnehin können die Betroffenen
hre Rentenansprüche auch nach Fristablauf und ohne
hre Lohnunterlagen vorzulegen glaubhaft machen.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Dann kriegen sie aber ein Sechstel weniger! Dann werden von der kleinen Rente 16 Prozent abgezogen!)


ann erhalten sie zwar nur fünf Sechstel ihrer Ansprü-
he. Aber ich denke, dass unter diesen Umständen keine
ristverlängerung notwendig ist.

Die vorzeitige Übertragung des Saisonkurzarbeiter-
eldes auf das Dachdeckerhandwerk wird von uns abge-
ehnt.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605720400

Kollege Kolb, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

ollegen Steppuhn von der SPD-Fraktion?


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1605720500

Ja, gerne.


Andreas Steppuhn (SPD):
Rede ID: ID1605720600

Herr Kolb, ich möchte Sie fragen: Ist Ihnen bekannt,

ass es noch mindestens 1,3 Millionen ungeklärte Ren-
enkonten gibt und dass in dieser Zahl die Konten der
ersonen, die in den Westen verzogen sind, noch gar
icht mit berücksichtigt sind?


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1605720700

Diese Zahl ist mir durchaus bekannt. Aber wie ich be-

eits sagte – Sie haben mir wohl nicht zugehört, Herr
ollege Steppuhn –, hat der Vertreter der Rentenversi-

herung darauf aufmerksam gemacht, dass es aufgrund
er Vielzahl von Fällen offensichtlich an der Bereit-
chaft der Betroffenen mangelt, bei der Klärung ihrer
entendaten mitzuwirken.


(Anton Schaaf [SPD]: Ach, Herr Kolb, bei 1,3 Millionen!)


Die Frage ist: Wenn 16 Jahre zur Klärung der Renten-
onten nicht ausgereicht haben, was berechtigt dann zu






(A) )



(B) )


Dr. Heinrich L. Kolb
der Annahme, dass die nächsten fünf Jahre eine wesent-
liche Veränderung dieses Sachverhalts mit sich bringen
werden? Möglicherweise ist es doch so, dass sich einige
der Betroffenen sogar besser stellen, wenn sie den Weg
der Glaubhaftmachung wählen.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Jetzt kommt er schon wieder damit! Das ist unglaublich! – Anton Schaaf [SPD]: Es geht um 1,3 Millionen Fälle, Herr Kolb!)


– Es kann sich sogar um eine noch größere Zahl von Be-
troffenen handeln, Herr Kollege. Vielleicht ist das aller-
dings ein bewusst gewähltes Verhalten. Ich sage Ihnen:
Durch die Verlängerung der Frist um fünf weitere Jahre
gewinnen Sie nach meinem Dafürhalten nichts. Es ent-
stehen zwar zusätzliche Kosten, die getragen werden
müssen. Aber man gewinnt dadurch im Hinblick auf die
Rentendaten nicht mehr Sicherheit.

Ich will unsere Ablehnung der vorzeitigen Übertra-
gung des Saisonkurzarbeitergeldes auf das Dachdecker-
handwerk begründen: Wir haben bereits bei der Einfüh-
rung des Saisonkurzarbeitergeldes erklärt, dass wir vor
einer Ausdehnung auf andere Branchen zunächst einmal
die Evaluation und die durch das Saisonkurzarbeitergeld
entstehende Kostenbelastung abwarten wollen. Daran
halten wir weiterhin fest.

Zudem ist zu erwarten – das kam auch in der Anhö-
rung zum Ausdruck –, dass, nachdem das Dachdecker-
handwerk berücksichtigt wurde, relativ zügig weitere
Branchen in diese Regelung aufgenommen werden wol-
len. Mit welchem Argument wollen Sie anderen Bran-
chen die Aufnahme versagen, wenn Sie dem Dachde-
ckerhandwerk dieses Recht eingeräumt haben? Nein, ich
denke, ohne Kenntnis der Folgen und der entstehenden
Kosten ist eine Ausweitung auf weitere Branchen nicht
verantwortbar und nicht zustimmungsfähig.


(Beifall bei der FDP)


Insbesondere aus den letzten beiden Gründen, unserer
Ablehnung der Verlängerung der Frist zur Aufbewah-
rung von Lohnunterlagen und unserer Ablehnung der
vorzeitigen Übertragung des Saisonkurzarbeitergeldes
auf das Dachdeckerhandwerk, können wir dem Entwurf
eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Betriebsren-
tengesetzes nicht zustimmen. Da wir allerdings die Ein-
führung der vollständigen Kapitaldeckung beim Pen-
sions-Sicherungs-Verein positiv bewerten, werden wir
uns bei der Abstimmung über diesen Gesetzentwurf ent-
halten.


(Anton Schaaf [SPD]: Jawohl! Konsequent enthalten!)


Den Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel
„Aufbewahrungsfrist der Lohnunterlagen von DDR-Be-
trieben bis 31. Dezember 2012 verlängern“ lehnen wir
aus den vorgetragenen Gründen ab.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP)


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(C (D Ich erteile das Wort Kollegen Peter Weiß, CDU/CSU raktion. Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! igentlich müsste morgen früh auf den Titelseiten der eitungen erwähnt werden, dass wir heute Abend diese ebatte führen. (Anton Schaaf [SPD]: Los, Peter! Dazu kannst du jetzt beitragen! – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Genau! Denn die Koalition entschließt sich in einem Einzelfall für die Kapitaldeckung!)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605720800

(Beifall bei der CDU/CSU)

Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1605720900

enn so viele ausgesprochen gute Dinge,


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Heißt das, die Koalition entscheidet sich für das System der Kapitaldeckung?)


ie mit diesem Gesetz beschlossen werden, gibt es ei-
entlich selten auf einmal. Das zeigt: Die große Koali-
ion ist gut für gute Nachrichten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: In der Presse stehen schon so viele schlechte Nachrichten, die haben gar keinen Platz mehr! – Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: Eine echte Happyhour!)


Gute Nachricht Nummer eins: Wir tun Gutes für die
etriebliche Altersvorsorge. Das Finanzierungsverfah-
en der Insolvenzsicherung der betrieblichen Altersver-
orgung wird auf vollständige Kapitaldeckung umge-
tellt und damit zukunftssicherer gestaltet.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Aber das gilt nur in dem Bereich!)


udem wird auch das Geld, das im Wege der Entgeltum-
andlung für die Altersvorsorge angespart wird, in den

nsolvenzschutz einbezogen.


(Gudrun Kopp [FDP]: Mehr ist nicht drin?)


ir schaffen damit zusätzliche Anreize für den weiteren
usbau der betrieblichen Altersvorsorge und dafür, dass
rbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland
ie Entgeltumwandlung nutzen, um fürs Alter vorzusor-
en.

Das zentrale Thema bei der Debatte über die Alters-
orsorge ist eigentlich nicht die gesetzliche Rente, son-
ern wie wir die zweite und dritte Säule der Altersver-
orgung – die betriebliche Altersversorgung und die
rivate, kapitalgedeckte Altersversorgung – so aus-
auen, dass die Menschen im Alter von Altersarmut ver-
chont bleiben und einen ausreichenden Lebensstandard
urch die drei Standbeine der Altersversorgung haben.
eshalb ist der heutige Tag ein guter Anlass, alle Be-

riebe, alle Arbeitgeber, aber auch alle Arbeitnehmerin-
en und Arbeitnehmer aufzufordern: Nutzen Sie die
öglichkeiten der betrieblichen Altersvorsorge! Nutzen






(A) )



(B) )


Peter Weiß (Emmendingen)

Sie die Entgeltumwandlung, bei der Ihnen der Staat ba-
res Geld schenkt! Dann steht Ihre Altersversorgung auch
in Zukunft auf sicheren Beinen. Das ist die Hauptbot-
schaft.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Die gute Nachricht Nummer zwei ist: Die große Ko-
alition sorgt für Klarheit und Verlässlichkeit bei der
Rente.


(Lachen bei der FDP)


Es gibt genügend publizistische und politische Strategen
– einer ist der Kollege Dr. Kolb, der gerade geredet
hat –, die mit Begriffen wie „Schrumpfrente“ die Rent-
nerinnen und Rentner verunsichern wollen. Mit dem Ge-
setz, das wir heute verabschieden, stellen wir klar, dass
so genannte Zusatzjobs oder 1-Euro-Jobs – wie immer
man sie nennen will – das Lohnniveau, das für die Ren-
tenberechnung maßgeblich ist, nicht nach unten ziehen
dürfen. Wir machen gleich Nägel mit Köpfen, indem wir
schon heute die Sozialversicherungsrechengrößen für
das Jahr 2007 festlegen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Dann müssen Sie noch einmal daran herumfummeln, wenn der Rentenbericht veröffentlicht ist!)


Also schaffen wir Klarheit bei der Rentenberechnung.

Herr Dr. Kolb, Sie haben etwas zur Rente gesagt.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ich habe heute gar nichts zur Rente gesagt!)


– Doch. – Unabhängig davon, dass dieses Jahr ein drei-
zehnter Sozialversicherungsbeitrag eingezogen wird, sa-
gen uns alle Indikatoren: Es läuft bei der Rente ausge-
sprochen gut, sowohl was die Rentenfinanzierung des
Jahres 2006 betrifft als auch was die Rentenfinanzierung
des Jahres 2007 anbelangt. Deswegen muss endlich
Schluss sein mit der ständigen Verunsicherung der Rent-
nerinnen und Rentner! Mit Blick auf dieses Gesetz, aber
auch auf das, was uns an Daten, Zahlen und Fakten vor-
liegt, können wir eines sagen: Die Rente 2006 und die
Rente 2007 sind gut finanziert. Das ist eine gute Bot-
schaft für die Rentnerinnen und Rentner in unserem
Land.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Beziehen Sie sich jetzt auf die „Handelsblatt“-Vorabmeldung oder auf den Schätzerkreis?)


Gute Nachricht Nummer drei. Es wird dem Gesetzge-
ber, also uns, oftmals vorgeworfen, wir würden mit bü-
rokratischen Regelungen das Leben der Menschen er-
schweren. Es ist gerade umgekehrt: Menschen machen
sich gegenseitig das Leben schwer. Ein Beispiel dafür ist
der Umgang mit dem Merkzeichen „B“ im Schwerbe-
hindertenausweis. Dieses Merkzeichen besagt, dass ein
Anspruch auf ständige Begleitung besteht. Herr Staatsse-
kretär Thönnes hat schon geschildert, dass es vorgekom-
men ist, dass ein Mensch mit Behinderung, in dessen
Schwerbehindertenausweis das Merkzeichen „B“ stand,
im Schwimmbad oder in einer Disco abgewiesen worden

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(C (D st, nach Hause geschickt worden ist, weil er keinen Beleiter dabei hatte. Da hat jemand etwas falsch verstanen! Deshalb müssen wir im Gesetz jetzt leider ausrücklich klarstellen, dass das Merkzeichen „B“ im chwerbehindertenausweis zwar zur Mitnahme einer egleitperson berechtigt, aber nicht verpflichtet, in jeem Fall und unbedingt eine Begleitperson dabeizuhaen. (Hubert Hüppe [CDU/CSU]: Hat die Union damals auch so gewollt!)


eswegen ist diese Klarstellung im Gesetz, die wir heute
ornehmen, auch ein Stück Kampf gegen die Diskrimi-
ierung behinderter Menschen in unserem Land. Ich
inde, auch das ist eine gute Nachricht für die Behinder-
en in Deutschland.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Wir entsprechen daneben dem ausdrücklichen Wunsch
er Deutschen Rentenversicherung und mehrerer Bun-
esländer, die Aufbewahrungsfrist für Lohnunterlagen
er früheren DDR bis 2011 zu verlängern.


(Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: Und unserem Antrag!)


erehrter Herr Kollege Dr. Kolb, ich finde, wenn dieje-
ige, die zuständig ist, nämlich die Deutsche Rentenver-
icherung, und die Bundesländer fordern, das zu tun,
ann sollten wir uns als Fachpolitiker im Bundestag
icht gescheiter machen als die Deutsche Rentenversi-
herung und die davon betroffenen Bundesländer, son-
ern diesem berechtigen Wunsch entgegenkommen.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Die FDP ist immer so einseitig!)


Die Kollegin Maria Michalk, die aus Sachsen kommt,
at mir erzählt, dass sie heute eine ganze Reihe von An-
ufen und E-Mails von Leuten bekommen hat, die gehört
aben, dass wir das heute regeln, und die sagen: Gott sei
ank verlängert ihr die Frist. – Ich finde, es ist eine gute
achricht für die Menschen in den neuen Bundeslän-
ern, dass wir ihrem Wunsch nachkommen und die Ver-
ängerung der Aufbewahrungsfrist für Lohnunterlagen
eute beschließen.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Auch das, was Sie zum Dachdeckerhandwerk ge-
agt haben, kann ich nicht nachvollziehen. Das Dachde-
kerhandwerk hat die tarifvertraglichen Voraussetzun-
en selbst geschaffen – dort sitzen ja Arbeitgeber und
rbeitnehmer zusammen, die frei etwas vereinbaren –,
m das neue System zur Förderung der ganzjährigen Be-
chäftigung nutzen zu können. Wir als Bundestag kön-
en jetzt doch nicht sagen: Weil ihr das freiwillig mitei-
ander vereinbart habt, lehnen wir als Gesetzgeber es ab,
uch in diese Förderung mit einzubeziehen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wissen Sie denn, was das kostet?)







(A) )



(B) )


Peter Weiß (Emmendingen)

Ich finde es richtig, dass wir sie noch vor dem Winter
und nicht erst nach dem Winter mit einbeziehen. Das ist
ja wohl auch logisch.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605721000

Kollege Weiß, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Rohde?


Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1605721100

Bitte schön.


Jörg Rohde (FDP):
Rede ID: ID1605721200

Herr Kollege Weiß, ich habe wirklich eine Wissens-

frage. Ich kenne die Antwort selbst nicht. Wie sieht der
Tarifvertrag im Dachdeckerhandwerk, der jetzt gerade
beschlossen wurde, denn aus? Im Verlaufe des Jahres
– zu Beginn haben wir das Saisonkurzarbeitergeld im
Baugewerbe eingeführt – haben wir festgestellt, dass die
Tarifverträge vonseiten der Tarifpartner nachgebessert
wurden und dass jetzt Vorleistungen durch das Einbrin-
gen von Stunden für dieses Saisonkurzarbeitergeld ent-
fallen sind. Wie sieht das jetzt aus?


(Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Da ist gar nichts nachgebessert worden! Das stimmt nicht!)



Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1605721300

Herr Kollege Rohde, es kann nicht nachgebessert

worden sein, weil das Dachdeckerhandwerk erst jetzt die
tariflichen Voraussetzungen geschaffen hat, um die Re-
gelung überhaupt in Anspruch nehmen zu können. Wir
als Gesetzgeber regeln, dass sie diese auch in Anspruch
nehmen können. Von daher muss ich sagen, dass Ihre
Frage etwas ins Leere geht.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Wir regeln in diesem Gesetz noch weitere Gegen-
stände, die ich nicht alle aufführen will. Wir verlängern
die Geltungsdauer der Regelungen bezüglich des Ver-
mittlungsgutscheines, weil wir erst dann, wenn die Eva-
luierungsergebnisse der Wissenschaftler vorliegen, defi-
nitiv darüber entscheiden, ob es ihn so oder in anderer
Form auch in Zukunft geben soll. Zusammengefasst
finde ich, dass das alles gute Nachrichten sind.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich möchte Sie
alle persönlich fragen, ob Sie schon einmal einen Bus
verpasst haben. Wenn man einen Omnibus verpasst,
dann steht man nämlich in der Regel ziemlich dumm da.
Wir beschließen heute ein so genanntes Omnibusgesetz,
durch das eine Vielzahl unterschiedlicher Gesetzesmate-
rien geregelt wird. Ich finde, Sie sollten es alle nicht ver-
passen, in diesen Omnibus voll guter Nachrichten einzu-
steigen und dem Gesetzentwurf zuzustimmen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Sehr metaphorisch!)


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(C (D Ich erteile Kollegen Volker Schneider, Fraktion Die inke, das Wort. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! m Anfang dieses Omnibusgesetzes stand zunächst einal allein und ausschließlich das Zweite Gesetz zur Än erung des Betriebsrentengesetzes. In diesem Gesetz ird geregelt – auch das ist ja schon angesprochen woren –, dass die Finanzierung der Insolvenzsicherung von etriebsrenten – und nur der Insolvenzsicherung und icht der Betriebsrenten – über den Pensions-Sicheungs-Verein auf volle Kapitaldeckung umgestellt wird. s hat sich erwiesen, dass alle Beteiligten davon profi ieren: Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben urch diese Umstellung den Vorteil eines stärkeren chutzes ihrer Betriebsrente vor dem Risiko einer Insolenz des Arbeitgebers. Die Arbeitgeber zahlen zwar für inen überschaubaren Zeitraum von 15 Jahren zunächst öhere, danach aber wegen der Zinseffekte niedrigere eiträge, sodass auch sie die Änderung begrüßt haben. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das funktioniert auch bei den Arbeitsrenten, das klappt auch bei der Krankenversicherung! Die Frage ist, warum man das nicht auch dort macht!)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605721400

(Beifall bei der LINKEN)

Volker Schneider (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605721500
Franz Thönnes (SPD):
Rede ID: ID1605721600

Herr Kolb, darüber haben wir heute Abend nicht zu
iskutieren.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Aber man kann ja einmal darauf hinweisen!)


Wo es nur Gewinner und keine Verlierer gibt, herrscht
atürlich beste Stimmung. Wenn die Stimmung so gut
st, kann man sie natürlich nutzen: Man stellt dann einen
mnibus auf und packt all das hinein, was man in der
ozialgesetzgebung schon längst erledigt haben wollte,
ozu man aber bislang keine Zeit oder keine Gelegen-
eit gefunden hat. Weil die Aussage der Kanzlerin, in
ieser Koalition gehe Sorgfalt immer vor Schnelligkeit,
icht immer ganz richtig ist, hat man noch ein paar Ge-
etze hineingepackt, mit denen handwerkliche Fehler be-
eitigt werden.

Sie haben, wenn auch schamhaft, auch zwei rote Ro-
en aus dem Garten der Linken in den bunten Strauß ein-
ebunden.


(Zuruf von der CDU/CSU: Stiefmütterchen!)


Sie können sie als Stiefmütterchen bezeichnen. Stief-
ütterchen sind aber, wenn ich das richtig sehe, nicht

ot. – Nachdem Sie gemäß Ihrem Grundsatz „Guter An-
rag, falscher Antragsteller“ noch im März den Antrag
er Fraktion Die Linke, die 1-Euro-Jobs aus der Berech-
ung der Werte der Rentenversicherung herauszuneh-
en, als überflüssig abgelehnt haben, bringen Sie ihn

un selbst ein. Besser spät als nie!


(Beifall bei der LINKEN)







(A) )



(B) )


Volker Schneider (Saarbrücken)

Kollege Brauksiepe, Sie behaupten immer wieder, da-
mals – das hört sich bei Ihnen so an, als sei es Ewigkei-
ten her; es war im März – sei diese Änderung noch nicht
notwendig gewesen, fragten dann in der Anhörung aber
selbst den Gutachter der Rentenversicherung, ob es
angesichts des Zeitpunkts nicht sinnvoll sei, die Rechen-
größen statt über Rechtsverordnungen direkt im Gesetz-
gebungsverfahren zu regeln. Was ist das: Ahnungslosig-
keit, Ignoranz oder Schizophrenie?


(Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Sie werden das nicht verstehen!)


Wären Sie damals unserem Antrag gefolgt, bestünde
jetzt nicht die Notwendigkeit, sich als Gesetzgeber in
den Tätigkeitsbereich der Exekutive einzumischen.


(Beifall bei der LINKEN – Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Das hängt jetzt nicht miteinander zusammen!)


Damit Sie die zweite Rose besser im Strauß verste-
cken können, haben Sie vom Stiel ein Sechstel abge-
schnitten. Ob Sie die Frist für die Aufbewahrung von
Lohnunterlagen aus der früheren DDR nur um fünf
oder, wie von uns gewünscht, um sechs Jahre verlän-
gern, ist nun wirklich nicht der Punkt.

Es ist wichtiger – da muss ich im Ansatz dem Kolle-
gen Kolb Recht geben –, zu überlegen, wie es uns in der
zusätzlich gewonnen Zeit gelingen wird, die Betroffenen
in den mindestens 1,3 Millionen Fällen ungeklärter Ren-
tenkonten dazu zu bewegen, die erforderliche Klärung
vorzunehmen. Aufgrund unserer Erfahrungen sind wir
der Meinung, dass in vielen Fällen ein Mangel an Ver-
trauen in die Rente die Ursache der Zurückhaltung ist.
Die Betroffenen stellen sich die Frage: Warum viel Zeit
und Aufwand in eine solche Angelegenheit investieren,
wenn dabei unterm Strich doch nichts oder wenig he-
rauskommt? Auch durch noch so viele Erinnerungen der
Deutschen Rentenversicherung wird sich diese Skepsis
nicht aufbrechen lassen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Habt ihr das gehört?)


Hier sind wir besonders gefordert.

Kurz noch etwas zu den anderen Blumen in diesem
Strauß: Die Fraktion Die Linke begrüßt ausdrücklich die
Einbeziehung der Dachdecker in die Förderung der
ganzjährigen Beschäftigung sowie die Klarstellung hin-
sichtlich des Merkzeichens „B“ im Behindertenausweis.

Hinsichtlich der Verlängerung des Instruments der
Vermittlungsgutscheine haben wir im bisherigen Ver-
fahren deutlich gemacht, dass wir Zweifel an den positi-
ven Wirkungen dieses Instruments haben, Mitnahmeef-
fekte aber real beobachtbar sind. Daran ändern aus
unserer Sicht auch die vorgenommenen gesetzlichen Än-
derungen nichts. Wenn sich die Bundesregierung in die-
sem Zusammenhang durch eine Evaluation weitere Si-
cherheit verschaffen will, stehen wir diesem Ansinnen
nicht im Wege, unterstützen es aber auch nicht.

Die Einbeziehung der unter 25-Jährigen in die Be-
darfsgemeinschaft der Eltern lehnen wir grundsätzlich
ab. Die hier vorgenommene weitergehende Veränderung

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(C (D ehnen wir zwar nicht ab, denn sie bringt eine Verbesseung für die Betroffenen; wir können ihr aber auch nicht ustimmen. In unserer ablehnenden Haltung gegenüber den Ändeungen im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, die on Ihnen als nur redaktionell bezeichnet wurden, sehen ir uns durch die Anhörung bestätigt. Diesen Teil des ntrags lehnen wir ab. Man muss nicht jede Blume mögen, um einen Strauß nsehnlich zu finden. Deshalb werden wir dem Gesetzntwurf insgesamt zustimmen. Herr Kollege, Sie müssen zum Ende kommen. Sie ha en schon deutlich überzogen. Sie wissen vielleicht, warum Sie unserem Antrag war gefolgt sind und die gewünschte Gesetzesänderung ereits eingebracht haben, aber unserem Antrag nicht olgen. Wir verstehen es nicht. Vielen Dank. Ich erteile das Wort Kollegin Irmingard Schewe erigk, Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen. Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605721700
Volker Schneider (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605721800

(Beifall bei der LINKEN)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1605721900
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

orgeschlagene Änderung des Betriebsrentengesetzes
indet unsere volle Zustimmung.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der SPD)


urch eine bessere Insolvenzsicherung der unverfallba-
en Anwartschaften wird die betriebliche Alterssiche-
ung der Beschäftigten zukunftssicherer. Immerhin geht
s dabei um 8,5 Millionen Menschen.


(Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Damit sollten Sie Ihre Rede beenden! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Es kann nicht mehr besser werden!)


Warten Sie ab!

Die betriebliche und private Vorsorge wird – darin
ind wir uns einig – zunehmend wichtiger.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wenn die gesetzliche Rente ruiniert ist!)


ir hätten uns allerdings in diesem Zusammenhang ge-
ünscht, dass auch die Möglichkeit, Betriebsrentenan-

prüche beim Wechsel des Arbeitsplatzes mitzunehmen,
erbessert worden wäre.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)







(A) )



(B) )


Irmingard Schewe-Gerigk
Herr Weiß, Sie führen immer wieder an, dass Sie so viel
Gutes tun. An dieser Stelle hätten Sie eine gute Chance
dazu gehabt, aber die große Koalition ist eben ein biss-
chen träge.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir unterstützen auch die Verlängerung der Aufbe-
wahrungsfrist für Lohnunterlagen aus früheren DDR-
Betrieben bis zum Jahre 2011, damit 1,3 Millionen Men-
schen, deren Renten noch nicht geklärt sind, keine Kür-
zung aufgrund fehlender Nachweise erfahren müssen,
wie es bei einer Glaubhaftmachung der Fall wäre.

Herr Kolb, ich finde es geradezu zynisch, dass Sie sa-
gen, einige stellten sich mit der Glaubhaftmachung bes-
ser. Wenn Sie die kleine Rente einer Ostrentnerin hätten,
die noch um 16 Prozent gekürzt würde, dann würden Sie
anders reden.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sie haben dem Kollegen Schneider gar nicht zugehört, scheint mir!)


So weit, so gut. Bis zu diesem Punkt haben Sie unsere
Zustimmung. Nun komme ich zum kritikwürdigen Teil
Ihres Vorhabens.


(Zuruf von der CDU/CSU: Sie haben so gut angefangen!)


In einer Nacht-und-Nebel-Aktion hat die große Koali-
tion Änderungen am Allgemeinen Gleichbehandlungs-
gesetz im Ausschuss einfach angehängt. Damit haben
Union und SPD verhindert, dass sich der Bundestag ord-
nungsgemäß in einer ersten Beratung mit den Korrektu-
ren am AGG beschäftigen kann. Das zeigt, wie peinlich
Ihnen der ganze Vorgang ist, und zwar zu Recht. Mit
hektischen Last-Minute-Änderungen am vormals rot-
grünen Entwurf haben Sie schon im Sommer zahlreiche
Unstimmigkeiten geschaffen. Seitdem ist im AGG der
Wurm drin. Aber statt eine Wurmkur zu machen, vergrö-
ßern Sie heute mit den drei Änderungen noch die Lö-
cher.

Ich nenne ein Beispiel aus dem Zivilrecht. Seit jeher
stehen in unserem Grundgesetz Religion und Weltan-
schauung gleichberechtigt nebeneinander. Völlig will-
kürlich beharrt Schwarz-Rot darauf, im Zivilrecht die
Weltanschauung aus dem Diskriminierungsschutz aus-
zugrenzen. Das ist eine Diskriminierung von Freiden-
kern, Atheisten und Anthroposophen. Das gilt selbstver-
ständlich jeweils auch für die weibliche Form.

Das nächste Beispiel betrifft die Verbändebeteiligung.
Ohne jeden sachlichen Grund beschneiden Sie nun auch
die Beteiligungsmöglichkeiten von Verbänden in Ar-
beits- und Sozialgerichtsverfahren. Diese Beschränkung
ist mit den EU-Richtlinien unvereinbar. Sie fordern näm-
lich starke Verfahrensrechte.

Das dritte Beispiel ist das Arbeitsrecht. Alle Fach-
leute sagen, den Bereich Kündigung aus dem AGG he-
rauszunehmen, verstoße gegen die EU-Richtlinien zu
Beschäftigung und Beruf. Aber was machen Sie? Sie
nehmen Ihren richtlinienwidrigen Eingriff nicht etwa zu-

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(C (D ück, sondern werfen auch noch die letzten verbliebenen ltersregelungen hinaus. Staatssekretär Andres hat im Ausschuss gesagt, das eien alles nur redaktionelle Änderungen. Aber ich frage ie, Herr Thönnes: Halten Sie es gerade vor dem Hinterrund der geplanten Rente mit 67 für gerechtfertigt, älere Beschäftigte beim Kündigungsschutz schlechter zu tellen? Die Anhörung im Ausschuss hat klipp und klar ezeigt – übrigens waren keine Sachverständigen zu dieem Thema eingeladen; auch das macht etwas deutlich –, ass Sie sehenden Auges richtlinienwidriges Recht bechließen. Sie schaffen damit – bewusst oder unbewusst – echtliche Grauzonen. Das Antidiskriminierungsgesetz als solches ist nicht as Problem. Dabei handelt es sich um ein gutes Gesetz. roblematisch sind vielmehr Ihre Verschlimmbesserunen. Sie schaffen mit den beabsichtigten Änderungen ein eschäftigungsprogramm für die Gerichte. Ich denke, der Koalitionsfrieden hat für Sie Vorrang or der Rechtssicherheit der Bürgerinnen und Bürger. as Sie hier machen, ist kein Nachbessern, sondern ein achmurksen. Im Ausschuss haben wir getrennt über die einzelnen unkte abgestimmt, sodass wir die AGG-Regelungen blehnen konnten. Allen anderen Punkten haben wir zuestimmt. Heute wird über den gesamten Entwurf abgetimmt. Daher enthalten wir uns der Stimme. Ich danke Ihnen. Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Klaus randner, SPD-Fraktion. Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Wenn so viele raktionen dem Gesetzentwurf zustimmen oder zuminest in Teilen zustimmen, dann haben wir ein gutes Geetz für die Menschen in diesem Land gemacht. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605722000
Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1605722100

nsofern hat Peter Weiß Recht: Heute ist ein guter Tag
ür das Parlament.

Die Kollegin Schewe-Gerigk hat die heutige Debatte
um Anlass genommen, um auf das AGG einzugehen
nd die Frage nach dem besonderen Kündigungsschutz
ür Ältere in Tarifverträgen aufzuwerfen. Ich weise in
iesem Zusammenhang darauf hin, dass das, was wir in
inem Änderungsantrag als Klarstellung zu dem Gesetz-
ntwurf vorgesehen haben, bewirkt, dass sowohl der all-
emeine als auch der besondere Kündigungsschutz
urch das AGG nicht berührt werden. Es ist wichtig,
ass die Menschen in diesem Land wissen, dass wir
icht für eine Verschlechterung sorgen, sondern eine
larstellung herbeiführen. Sowohl der allgemeine als

uch der besondere Kündigungsschutz bleiben wirksam.






(A) )



(B) )


Klaus Brandner
Die Streichung der Regelbeispiele in § 10 Nr. 6 und
Nr. 7 AGG ist rein redaktioneller Art und hat keine
Rechtswirkung. Das möchte ich ausdrücklich feststellen.

Ich bin davon überzeugt, dass wir nicht nur mit dem
Zweiten Gesetz zur Änderung des Betriebsrentengeset-
zes etwas Gutes bewirken. Vielmehr zeigen die Koali-
tionsfraktionen auch, dass sie flexibel und schnell
handeln können, wenn es den Menschen dient. Die Win-
terbauförderung für das Dachdeckergewerbe führt
dazu, dass die Menschen nicht in die Arbeitslosigkeit ge-
drängt werden. Wir wollen das Dachdeckergewerbe in
eine gesetzliche Regelung einbeziehen. Schließlich sind
die dort tätigen Menschen aufgrund witterungsbedingter
Schwankungen einer besonderen Beschäftigungssitua-
tion ausgesetzt. Diese Regelung ist ein wichtiger Schritt
hin zu stabilen Beschäftigungsbedingungen und ein Bei-
trag gegen die Verunsicherung in diesem Lande. Das
nimmt den Menschen Zukunftsängste.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Diese Regelung, die Arbeitnehmern und Arbeitgebern
Planungssicherheit gibt, ist ein gutes Beispiel für die
funktionierende Tarifautonomie in diesem Land. Denn
es zeugt von großer gemeinsamer Verantwortung der Ta-
rifvertragsparteien, dass sie den notwendigen tarifpoliti-
schen Rahmen geschaffen haben, der uns als Gesetzge-
ber in die Lage versetzt, eine wirksame Regelung für die
Menschen zu beschließen, die der Winterarbeitslosigkeit
im Baugewerbe sonst ausgesetzt wären. Damit erhalten
die betroffenen Menschen in der Schlechtwetterzeit eine
Arbeitsplatz- und Beschäftigungssicherung.

Ein weiterer Bereich, den wir regeln, betrifft den Ver-
mittlungsgutschein. Hier geht es darum, Menschen bes-
sere Beschäftigungschancen zu eröffnen und schneller in
Arbeit zu bringen. Die Koalitionsfraktionen von CDU/
CSU und SPD haben sich darauf geeinigt, die Geltungs-
dauer des bestehenden Vermittlungsgutscheins um ein
Jahr zu verlängern. Das gibt den Beschäftigten in diesem
Gewerbe Planungssicherheit, eröffnet aber auch den
Menschen Chancen, die auf eine bessere Vermittlung in
Arbeit angewiesen sind. Für uns sind die privaten Ar-
beitsvermittler eine ausgesprochen belebende Ergänzung
der öffentlichen Vermittlung. Hierfür spricht, dass die
Bundesagentur für Arbeit die privaten Vermittler zuneh-
mend als Kooperationspartner annimmt. Das haben wir
zumindest der Stellungnahme zu der Anhörung zu die-
sem Gesetzentwurf entnehmen können.

Wir haben das Instrument der Vermittlungsgutscheine
weiterentwickelt und sehen uns in der Evaluation bestä-
tigt. Danach haben Vermittlungsgutscheinbesitzer deut-
lich bessere Integrationsaussichten; das haben wir beab-
sichtigt. Wir haben uns vorgenommen, auf der Basis der
Evaluation den Instrumentenkasten insgesamt auszuwer-
ten und zu ermitteln, wie dieses Instrument wirkt, wenn
es qualitativ weiterentwickelt wird. Solange die Vermitt-
lungsgutscheine dazu beitragen, mehr nachhaltige sozi-
alversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zu
schaffen, werden wir die Geltungsdauer dieses Instru-
ments verlängern. Wenn dem nicht so ist, werden wir das
in den Evaluationsprozess einbeziehen und entscheiden,
ob wir das Instrument weiter einsetzen werden.

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(C (D Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Ich schließe die Aussprache. Bevor wir zur Abstimmung kommen, gebe ich beannt, dass uns eine persönliche Erklärung der Kollegin ilvia Schmidt nach § 31 der Geschäftsordnung vor iegt.1)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605722200

Dann kommen wir zur Abstimmung über den von der
undesregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Än-
erung des Betriebsrentengesetzes, Drucksache 16/1936.
er Ausschuss für Arbeit und Soziales empfiehlt unter
uchstabe a seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa-
he 16/3007, den Gesetzentwurf in der Ausschussfas-
ung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetz-
ntwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um
as Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? –
er Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den
timmen der Fraktionen der Linken, der SPD und der
DU/CSU bei Enthaltungen der Fraktionen der Grünen
nd der FDP angenommen.

Dritte Beratung

nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
egenprobe! – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist
amit in dritter Lesung mit demselben Ergebnis wie in
weiter Lesung angenommen.

Unter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung auf
rucksache 16/3007 empfiehlt der Ausschuss die Ableh-
ung des Antrags der Fraktion Die Linke auf Drucksa-
he 16/2746 mit dem Titel „Aufbewahrungsfrist der
ohnunterlagen von DDR-Betrieben bis 31. Dezember
012 verlängern“. Wer stimmt für die Beschlussempfeh-
ung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Die Beschluss-
mpfehlung ist mit den Stimmen der SPD, der CDU/
SU und der FDP bei Gegenstimmen der Fraktion Die
inke und Enthaltung der Fraktion der Grünen ange-
ommen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 10 a und 10 b auf:

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Hans-
Kurt Hill, Eva Bulling-Schröter, Lutz Heilmann,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LIN-
KEN

Strom- und Gasnetze in die öffentliche Hand

– Drucksache 16/2678 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und
Technologie (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Anlage 2






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
b) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Herbert Schui, Hans-Kurt Hill, Dr. Barbara
Höll, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
LINKEN

Regelmäßige technische Überprüfung der
Stromnetze

– Drucksache 16/1447 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die
Fraktion Die Linke fünf Minuten erhalten soll. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
Hans-Kurt Hill, Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Hans-Kurt Hill (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605722300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Was wir zurzeit auf dem Energiemarkt beobachten, ist
doch ein Stück aus dem Tollhaus.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Energiekonzerne glauben, sie können tun und las-
sen, was sie wollen, und die Regierung sieht tatenlos zu.
Die Strom- und Gasnetze sind nahezu vollständig in
der Hand von RWE, Eon, Vattenfall und EnBW.
80 Prozent der Kraftwerkskapazitäten werden von den
großen Vier kontrolliert. Wird erwogen, in das Kartell
einzugreifen, drohen die Konzerne schon einmal indirekt
mit Stromausfall. Man wolle den Neubau von Kraftwer-
ken zurückhalten, wenn mehr reguliert werde. Eine Dro-
hung nach der anderen. Die 13,5 Milliarden Euro Profit
letztes Jahr waren wohl nicht genug. Irgendjemand
kriegt den Hals wohl nicht voll.

Nun gibt es neben RWE und Co. neue Energieanbie-
ter auf dem Markt. Tatsächlich ist gut die Hälfte der ge-
planten Kraftwerksprojekte von anderen Unternehmen
geplant. Doch von Wettbewerb keine Spur. Da wird
schlicht der Zugang verweigert, Bürokratie vorgescho-
ben oder es werden unerfüllbare Auflagen gemacht. Ein
Beispiel: Im Fall von Engpässen sollen die Kraftwerke
der großen Vier Vorrang vor Anlagen anderer Anbieter
haben. Mit anderen Worten: RWE und Co. können die
Konkurrenz ausschalten. Ein anderes Beispiel: RWE
verlangt von einem Energieanbieter, der ein neues Kraft-
werk plant, er soll doch bitte 600 Millionen Euro für
150 Kilometer Netzausbau selber zahlen. Das ist fak-
tisch das Aus für solch ein Projekt. RWE kann so das
Energieangebot weiter knapp halten und die Börsen-
preise für Strom manipulieren.

Aus meiner Sicht ist das Missbrauch. So kann es nicht
weitergehen.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Netzeigner weigern sich auch, die Netze auf den
wachsenden Anfall erneuerbarer Energien auszurichten.

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(C (D as Ergebnis heißt dann Lastenmanagement. Auf eutsch, Windkraftanlagen werden schlicht abgeschal et, wenn bei guten Windverhältnissen viel CO2-freier trom erzeugt wird. Der Netzausbau richtet sich also icht nach der Zukunftsfähigkeit der Energieversorgung, ondern nach Eigeninteressen und Profit. Damit hier kein Missverständnis aufkommt: Die undesnetzagentur ist unverzichtbar, um die jetzige Si uation einigermaßen in den Griff zu bekommen. Wir nterstützen die Fachleute nach Kräften; denn die Aufaben sind enorm. Die Linke fordert deshalb eine Anheung des Etats der Behörde um 5 Millionen Euro, auch amit sie die technische Sicherheit der Netze neutral und ompetent überwachen kann. Das ist übrigens unabhänig von der Eigentumsfrage notwendig. Mit Blick auf die Marktmacht der großen Vier wird ber der Erfolg der Bundesnetzagentur begrenzt bleiben. ie kann naturgemäß keine Entscheidungen darüber trefen, wie die Energieversorgung und damit die Netzstrukur zukünftig aussehen soll. Die Kontrolle der Netzbereiber stößt aber auch schnell an Grenzen, wenn es um ie Betriebsgeheimnisse geht. Beispiel: Das Gutachten um katastrophalen Stromausfall im Münsterland konnte ur teilweise veröffentlicht werden, weil – ich zitiere – es Bezug nimmt auf interne Unterlagen der RWE, die ls Geschäftsgeheimnisse deklariert sind“. Was am Ende herauskommt, erleben die Stromund askunden dieser Tage: Die Netzagentur senkt die etzentgelte. Die Energieversorger erhöhen die Kosten ei der Erzeugung. Unterm Strich kann man froh sein, ass die Preiserhöhung geringer ausfällt. Von sinkenden tromund Gaspreisen kann also keine Rede sein. Fazit: Die Netze sind gewissermaßen die Achilleserse der Energieversorgung. Sie gehören deshalb in die ffentliche Hand, um dem Versorgungsanspruch gerecht u werden, Missbrauch zu verhindern, die Energieverorgung zukunftsgerecht zu gestalten und für die Komunen eine umfassende Mitgestaltung zu gewährleisten. eshalb liegen Ihnen heute zwei Anträge zur Entscheiung vor. Stellen Sie sich auf die Seite der Verbraucheinnen und Verbraucher! Stimmen Sie den Anträgen zu! Vielen Dank. Das Wort hat der Kollege Dr. Joachim Pfeiffer, CDU/ SU-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und erren! In der Analyse können wir uns in diesem Hause ber einiges verständigen; in der einen oder anderen rage sind wir einigermaßen gleicher Meinung. Aber in er Bewertung und vor allem in den Schlussfolgerungen ich werde gleich darauf eingehen – sind wir es mit Siherheit nicht. Dr. Joachim Pfeiffer In der Tat ist festzustellen, dass der Wettbewerb im Energiebereich – dazu zählen nicht nur der Strombereich, sondern selbstverständlich auch die Wärme und das Gas – und auch auf anderen Feldern – ich erinnere nur an den Transport und an den Verkehr – noch nicht richtig funktioniert. Gerade beim Strom – man muss da unterscheiden und sollte nicht alles über einen Kamm scheren – haben wir 1998 bewusst den Weg in die Liberalisierung beschritten. Die Liberalisierung und der Wettbewerb im Strombereich funktionieren bisher aber nur eingeschränkt. Insoweit sind wir in der Analyse noch einig. Im Erzeugungsbereich gab es anfänglich wesentliche Fortschritte bei der Liberalisierung: Rationalisierungsund Liberalisierungseffekte in einer Größenordnung von 8,5 Milliarden Euro. Das kam den Stromverbrauchern direkt zugute: Ende der 90er-Jahre und in den Jahren 2000 bis 2001 hatten wir sinkende Strompreise zu verzeichnen. Auf der anderen Seite gibt es Bereiche wie das natürliche Monopol Netz, in denen wir in Deutschland erst einen Sonderweg beschritten haben, nämlich den des verhandelten Netzzugangs. Dieser Weg hat sich nicht als erfolgreich erwiesen. Aus Einsicht und weil in der EU mit den Beschleunigungsrichtlinien ein anderer Weg beschritten wird, haben wir letztes Jahr mit der Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes die Grundlage gelegt, im Bereich des natürlichen Monopols Netz einen Wettbewerb zu implementieren, der ebenfalls dafür sorgt, dass es zu sinkenden Preisen und Entgelten kommt. Im Energiewirtschaftsgesetz ist für eine Übergangsphase bis einschließlich 2007 – das Gesetz ist im Juli letzten Jahres in Kraft getreten – eine Ex-ante-Kostenregulierung vorgesehen. Dafür brauchen wir die Bundesnetzagentur, die in der Tat der Kostenkalkulation auf den Grund geht und in diesem Jahr wirklich erfolgreich arbeitet. Im Grunde stündlich gehen die Bescheide ein, was Gasund Stromentgelte anbelangt. Insofern ist hier mit Sicherheit eine preisdämpfende Wirkung festzustellen. Die Monopolrenditen werden dadurch reduziert. Wir haben uns aber auch darauf verständigt, für die Zeit vom 1. Januar 2008 an in diesem Bereich eine Anreizregulierung zu implementieren, die Vergleichsmärkte in den Blick nimmt und gerade erst im Entstehen ist. Sie wird am 1. Januar 2008 in Kraft treten und soll dann ihre Wirkung entfalten, was sie, gut angelegt, mit Sicherheit auch tun wird. Das Folgende sage ich nicht nur zu Ihrem Antrag, sondern auch zu der Diskussion auf europäischer Ebene, die aktuell geführt wird und für die, wenn ich das richtig sehe, Teile des Koalitionspartners gewisse Sympathien hegen. Ein eigentumsrechtliches Unbundling wäre maximal ein weiterer Schritt, der zu prüfen wäre, wenn die anderen Instrumente nicht funktionieren würden. Mit Verlaub, Herr Kollege Hill: Sie haben das Ganze zwar differenziert dargestellt und gesagt, dass die Bundesnetzagentur benötigt und eigentlich auch gestärkt werden müsse, aber wenn ich Ihren Antrag richtig sehe, d M 4 W E G m i V t N L g t s s w l r d e d F D N d h g l H I d w e G (C (D ann fordern Sie mit einem Griff in die sozialistische ottenkiste – dazu fällt mir nichts mehr ein –, als wären 0 Jahre DDR-Sozialismus mit „Ruinen schaffen ohne affen“ spurlos an Ihnen und uns vorübergegangen, die nteignung bzw. Vergesellschaftung der Stromund asnetze. Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Hill? Selbstverständlich. Ich habe heute Abend keinen Ter in mehr. Insofern habe ich viel Zeit. Zumindest habe ch meinen nächsten Termin erst um 8 Uhr. Wir haben noch einen Termin. Herr Kollege Pfeiffer, Sie haben gerade von der SEDergangenheit gesprochen, die Sie wieder aus der Mot enkiste ausgegraben haben. Ich habe aus Ihrem Antrag zitiert. In zwei Ländern, nämlich in Dänemark und in den iederlanden, sind die Netze verstaatlicht worden. Beide änder haben meines Erachtens relativ konservative Reierungen. Meinen Sie, dass der Weg, der dort beschriten worden ist, falsch ist? Auch in diesem Fall gilt, Herr Kollege Hill, dass man ich zunächst einmal mit dem Sachverhalt auseinander etzen und dass man prüfen sollte, wie sich die Lage irklich darstellt. Die Situation unterscheidet sich in al en anderen europäischen Ländern mit Ausnahme Östereichs von der in Deutschland. Traditionell haben sich in en anderen europäischen Ländern die Netze bereits in iner Hand, vormals zumeist in staatlicher Hand, befunen. Das gilt zum Beispiel für England und auch für rankreich. Dort gibt es eine ganz andere Tradition: Die inge haben sich seit 100 Jahren, seit Entstehen der etze, ganz anders entwickelt als in Deutschland. Ich glaube nicht, dass eine Lösung für Deutschland in er Errichtung dezentraler Netze bestehen würde. Sie aben Recht, dass es nur vier Übertragungsnetzbetreiber ibt. Das gesamte deutsche Stromnetz und die Verteiungsebene befinden sich aber in den Händen mehrerer undert Betreiber, etwa von Stadtwerken. Ich habe nur hren Antrag zitiert. Sie wollen, dass der Deutsche Bunestag die Bundesregierung auffordert, einen Gesetzenturf einzubringen – ich wiederhole das –, der eine Ent ignung bzw. Vergesellschaftung der Stromund asnetze zum Gegenstand hat. (Abg. Hans-Kurt Hill [DIE LINKE] nimmt wieder Platz)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605722400
Dr. Joachim Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1605722500




(A) )


(B) )

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605722600
Dr. Joachim Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1605722700

(Heiterkeit)

Hans-Kurt Hill (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605722800
Dr. Joachim Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1605722900
Hans-Kurt Hill (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605723000
Dr. Joachim Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1605723100






(A) )



(B) )


Dr. Joachim Pfeiffer
– Ich bin noch bei der Beantwortung der Frage von
Herrn Hill. Vielleicht können Sie die Uhr anhalten, Frau
Präsidentin.

Sie fordern eine Verstaatlichung. Das ist mit Sicher-
heit der falsche Weg, Herr Hill. Er ist wirklich nur mit
dem Griff in die sozialistische Mottenkiste zu begrün-
den.


(Hans-Kurt Hill [DIE LINKE]: Da müssen Sie einmal hören, was der Herr Kurth dazu sagt!)


– Herr Kurth fordert mit Sicherheit nicht die Verstaatli-
chung der Netze. Das wäre mir ganz neu. Das hat er we-
der bei seiner Berichterstattung in der letzten Beiratssit-
zung, in der Sie wohl nicht anwesend sein konnten, noch
sonst wo gefordert.

Nichtsdestotrotz ist Tatsache, dass der Wettbewerb in
dem Erzeugungsbereich nicht richtig funktioniert. Doch
inzwischen haben wir im Netzbereich die Instrumente
dafür angelegt. Nun müssen wir noch dafür sorgen, dass
sie entsprechend wirkungsvoll werden. Unterstützen Sie
uns deshalb bei der Umsetzung einer Anreizregulierung,
die preisdämpfend wirkt!

Insgesamt kann ich nur davor warnen, dass die Politik
falsche Hoffnungen weckt. Sie vermitteln den Eindruck,
es müsse nur alles in staatliche Hand überführt werden,
dann würden die Preise stabil bleiben oder sogar sinken.
Das wird mit Sicherheit nicht der Fall sein. Wenn wir
uns für den Weg der Liberalisierung und der Markt-
wirtschaft entschlossen haben, müssen wir diesen Weg
auch konsequent gehen. Das fordere ich ein. Bislang ge-
hen wir ihn nämlich nicht konsequent. Wir haben im Be-
reich der Erzeugung heute noch keinen richtigen Wettbe-
werb. Deswegen haben wir beispielsweise gesagt, dass
die Tarifpreisgenehmigung im nächsten Jahr auslaufen
soll.

Es gibt aber auch Leute, die fordern, die Tarifpreisge-
nehmigung zu verlängern. Dann würden wir ein staatli-
ches Siegel für die gesamten Stromkosten behalten, wel-
ches den Preis, bei dem durchaus Spielraum besteht
– weil dieser Spielraum besteht, ist doch das Kartellamt
mit seinen Bemühungen gescheitert –, legitimiert. Der
marktkonforme Weg muss und wird deshalb sein, das
Kartellamt entsprechend zu stärken. Nicht wir sollten die
Tarifkontrolle ausüben, sondern das Kartellamt. Dafür
müssen wir die Vorschriften über die Missbrauchsauf-
sicht anpassen und dem Kartellamt zeitlich begrenzt
– bis es auch im Erzeugungsbereich im notwendigen
Umfang funktioniert – die entsprechenden Möglichkei-
ten einräumen.


(Zuruf des Abg. Hans-Kurt Hill [DIE LINKE])


– Sie können ja gerne eine Zwischenfrage stellen. Ich
habe, wie gesagt, ja noch Zeit.


(Rolf Hempelmann [SPD]: Wir aber nicht! Keine Einladungen!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605723200

Herr Kollege, die Zwischenfragen lässt die Präsiden-

tin zu.

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(C (D (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Joachim Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1605723300

Vielen Dank für die Hilfestellung in der Interpretation

er Geschäftsordnung.

Mehr Wettbewerb gibt es nur mit mehr Erzeugung.
ir brauchen dezentrale Erzeugung, die jetzt ja auch
ieder attraktiv wird. Deshalb müssen wir die Netzzu-
angsbedingungen verbessern. Die Bundesnetzagentur
nd das Bundesministerium für Wirtschaft sind gefor-
ert, den Netzzugang so zu konzipieren, dass neue Wett-
ewerber die Möglichkeit haben, einzuspeisen. Das gilt
owohl für die Wettbewerber aus dem Bereich der erneu-
rbaren Energien, von denen es viele Klagen gibt, dass
ie nicht richtig einspeisen können, als auch für neue
ettbewerber aus dem Bereich der fossilen Energien,

ie in Deutschland an den Markt kommen wollen.

Wir werden nur mit mehr Liquidität im Markt errei-
hen, den Wettbewerb zu stärken. Deshalb werbe ich da-
ür, dass wir nicht das zarte Pflänzchen des Wettbewer-
es, das gerade im Begriff ist, sich zu entwickeln, kaputt
reten und durch staatliche Reglementierungen ersetzen.
s ist nämlich nicht so, dass der Staat alles besser weiß
nd deshalb Preise festsetzen kann. Vielmehr müssen
ir den Wettbewerb so stärken, dass er auch wirklich
reift. Das geht eben nur mit marktkonformen Instru-
enten. Damit stärken wir zugleich die Wahlfreiheit der
unden. Wie in anderen Bereichen soll der Kunde aus-
ählen können, woher er seinen Strom und seine Ener-
ie bezieht. Im Ergebnis setzt dann, in marktkonformer
eise, der Kunde die Höchstpreise fest. Das ist heute

icht der Fall.

Nur wenn wir unseren Weg konsequent weitergehen,
ann werden wir – das wird allerdings noch eine gewisse
eit dauern – die Früchte unserer Bemühungen ernten
önnen, nicht aber bei einer Verstaatlichung und Verge-
ellschaftung der Netze. Das hat schon in der DDR nicht
unktioniert; daran leiden wir noch heute. Sie aber for-
ern das heute wieder ein! Das ist der falsche Weg. Der
arktkonforme Weg ist der richtige. Diesen wird die
oalition – hoffentlich mit Unterstützung der FDP und
ielleicht auch der Grünen – beschreiten.


(Hans-Kurt Hill [DIE LINKE]: Und der Verbraucher zahlt es!)


Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605723400

Das Wort hat die Kollegin Gudrun Kopp, FDP-Frak-

ion.


Gudrun Kopp (FDP):
Rede ID: ID1605723500

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Herren und

amen! Wir stehen im Deutschen Bundestag vor der
rage, worauf wir setzen: auf Verstaatlichung von Net-
en oder auf eine konsequente Regulierung der Netze,






(A) )



(B) )


Gudrun Kopp
um einen diskriminierungsfreien Netzzugang zu gewähr-
leisten. Wir als FDP-Bundestagsfraktion haben uns dafür
entschieden, hier auf konsequente Regulierung zu set-
zen, weil wir anders leider nicht zu mehr Wettbewerb auf
dem Energiemarkt kommen; da gebe ich dem Kollegen
Pfeiffer ausdrücklich Recht. Die Stärkung des Wettbe-
werbs ist aber notwendig und Voraussetzung dafür, dass
wir überhaupt die Chance zur Kostensenkung erhalten.


(Beifall bei der FDP)


Herr Kollege Hill, Sie setzen in einer Reflexbewe-
gung, die aus jahrzehntelang geübter politischer Über-
zeugung in die Neuzeit übertragen wurde, wiederum auf
den Staat und sagen tatsächlich, hier müsse eine Ver-
staatlichung der Netze erfolgen; die führe automatisch
zu niedrigeren Preisen. Das ist eine Logik, über die ich
nicht einmal mehr lachen kann.


(Dr. Rainer Wend [SPD]: Doch, kann ich!)


Gerade das Beispiel Airbus zeigt doch: In dem Mo-
ment, wo sich Politik in dem Sinne einmischt,


(Klaus Barthel [SPD]: Ohne Politik gäbe es keinen Airbus!)


dass sie versucht, wirklich ins Management einzugrei-
fen, in dem Moment, wo nicht Unternehmer einen Be-
trieb führen, sondern sich der Staat direkt einmischen
soll, geht meist vieles schief. Wir haben erlebt, dass dort,
wo das Regime vom Staat übernommen wird, mehr Bü-
rokratie, mehr Ineffizienz und viel mehr Kosten entste-
hen. Diese Lektion können wir lernen.


(Beifall bei der FDP)


Sie fordern in Ihrem Antrag ein eigentumsrechtliches
Unbundling, also eine Entflechtung von Netzen und Er-
zeugung, zum jetzigen Zeitpunkt. Ich glaube, dass dies
der falsche Weg ist. Wir haben das auch in der FDP-
Bundestagsfraktion diskutiert und sind zu der Ansicht
gekommen, dass es wichtig ist, die Wirksamkeit aller In-
strumente, die hier zu einer Entflechtung führen sollen
– organisatorische, buchhalterische und ab dem nächsten
Jahr auch rechtliche –, zu prüfen und dann abzuwarten,
ob mit der Anreizregulierung die von uns allen ange-
strebte Entflechtung und damit auch Wettbewerbsstär-
kung erfolgen. Die eigentumsrechtliche Entflechtung
kann nach unserer Überzeugung allenfalls ein allerletz-
tes Instrument sein, wenn denn gar nichts anderes mehr
geht.


(Hans-Kurt Hill [DIE LINKE]: Also doch!)


Zur Historie – der Kollege Pfeiffer hat das ganz rich-
tig dargestellt –: In den anderen EU-Staaten haben und
hatten wir es zumeist mit einem großen Staatsunterneh-
men zu tun, während wir in Deutschland immerhin bis
zu 1 700 Netzbetreiber haben.


(Hans-Kurt Hill [DIE LINKE]: 80 Prozent der Netze sind in Händen der vier, nicht von 1 700!)


Sie müssen bedenken, dass bei einer solchen Ent-
flechtung zum jetzigen Zeitpunkt auch mit großen Ge-
richtsverfahren zu rechnen wäre. Die Zeit sollten wir lie-

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(C (D er nutzen, um zur Herstellung von Wettbewerb die ichtigen Instrumente einzusetzen. Dafür haben wir die undesnetzagentur. Sie soll wirken. Wir haben daneen das Bundeskartellamt, das als Missbrauchsaufichtsbehörde sehr wertvolle Dienste leistet und das man ersonell noch verstärken sollte; das wäre sinnvoll. Nun braucht man bei einer solchen Regulierung naürlich das Instrument der Geduld. Wir müssen Geduld ufbringen, damit sich die Wirkung dessen, was wir mit em Energiewirtschaftsgesetz beschlossen haben, auch ntfalten kann. Ich sage es noch einmal: Der diskrimiierungsfreie Netzzugang ist das Allerwichtigste, damit eitere Erzeuger und neue Anbieter hier Fuß fassen könen und damit die Verbraucher in die Lage versetzt weren, zum jetzigen Zeitpunkt ihre Anbieter zu wechseln beim Gas vermehrt erst in Zukunft –, damit es hier offentlich zu Preissenkungen kommt. Das kann man nicht versprechen. Aber das ist natürich auch unser Ziel, denn es kann nicht sein, dass Politik ilflos zusieht, wie hier Monopolstrukturen – darum eht es – weiter bestehen können, ohne dass wir versuhen, in besserer Weise einzuwirken. Das heißt also, liebe Kollegen und Kolleginnen, wir ind uns einig – die meisten jedenfalls, glaube ich –, dass ine Verstaatlichung auf gar keinen Fall der richtige Weg st. Vielmehr müssen wir den Wettbewerb durch konseuente Regulierung stärken. Wir sollten alles daranseten, gemeinsam die Bundesnetzagentur in ihren Bemüungen zu unterstützen. Wir sollten nicht ständig neue nstrumente erfinden und jetzt zum Beispiel eine Preisufsicht aus dem Hut ziehen, statt abzuwarten, ob sich ie Wirkungen dessen, was wir bereits beschlossen haen, jetzt entwickeln. Also: keine Verstaatlichung, sonern konsequent an der Herstellung von mehr Wettbeerb arbeiten. Vielen Dank. Das Wort hat der Kollege Rolf Hempelmann, SPD raktion. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle en! Einer der beiden Anträge, die die Linke zur heutien Debatte gestellt hat, ist fast untergegangen. In dieem Antrag geht es um die regelmäßige technische berprüfung der Stromnetze. Allein die Antragstellung uggeriert natürlich schon, in dieser Beziehung sei in en letzten Jahren nichts geschehen. Das ist falsch. Wir aben im letzten Jahr – das ist mehrfach erwähnt woren – ein neues Energiewirtschaftsgesetz auf den Weg ebracht. Da heißt es in § 13 Abs. 7: Zur Vermeidung schwerwiegender Versorgungsstörungen haben Betreiber von Übertragungsnetzen jährlich eine Schwachstellenanalyse zu erarbeiten und auf dieser Grundlage notwendige Maßnahmen Rolf Hempelmann zu treffen. Das Personal in den Steuerstellen ist entsprechend zu unterweisen. Über das Ergebnis der Schwachstellenanalyse und die notwendigen Maßnahmen hat der Übertragungsnetzbetreiber jährlich bis zum 31. August der Regulierungsbehörde zu berichten. Im Übrigen ist in § 14 genau die gleiche Regelung für die Betreiber von Elektrizitätsverteilungsnetzen vorgesehen. Die Regelungen im Energiewirtschaftsgesetz sind aber nicht nur vorbeugend, sondern auch nachsorgend. Wenn es etwa um bereits stattgefundene Versorgungsstörungen geht, sieht das Energiewirtschaftsgesetz in § 52 entsprechende Meldepflichten vor. Ich könnte auch das im Einzelnen zitieren, will es Ihnen aber ersparen. Es wird jedenfalls ganz klar deutlich, dass wir bereits im letzten Jahr, als wir das Energiewirtschaftsgesetz auf den Weg gebracht haben, auch an den Aspekt der Qualität gedacht haben und selbstverständlich auch im Einzelnen dafür gesorgt haben, dass die Bundesnetzagentur über die notwendigen Instrumente verfügt, um diese Qualität auch durchzusetzen. Der zweite Punkt, den ich nannte, also die nachsorgende Beschäftigung mit Versorgungsunterbrechungen, die stattgefunden haben, hat gerade im letzten Jahr eine besondere Rolle gespielt. Sie haben es eben indirekt erwähnt: Es gab die Stromausfälle im RWE-Netz im Münsterland. Es hat sich gezeigt, dass hier in der Tat der genannte Mechanismus gegriffen hat. Es gab ein umfängliches Gutachten der Bundesnetzagentur. Dabei wurde durchaus auch bestätigt, dass das galt, was der Netzbetreiber für sich in Anspruch genommen hat, dass nämlich vor allen Dingen äußere Faktoren zu diesem Unglück geführt haben. Gleichzeitig hat die Bundesnetzagentur das Unternehmen aber angewiesen, das bestehende Sanierungskonzept zu beschleunigen. Ich denke, all das sind nicht nur Nachweise, dass wir gesetzgeberisch gehandelt haben, sondern dass dieses Handeln tatsächlich auch entsprechende Wirkung zeitigt. Übrigens gilt das Gleiche – auch das will ich jetzt nicht im Einzelnen zitieren – für die Gasnetze. Auch im Zusammenhang mit dem Thema Anreizregulierung haben wir uns mit diesem Qualitätsaspekt, den Sie hier anbringen, beschäftigt. Insofern – ich will auch das jetzt nicht vertiefen – ist klar, dass auch das Anreizregulierungskonzept, das jetzt vorgelegt worden ist, und die Verordnung, die jetzt erarbeitet wird, neben dem kosteneffizienten Netzbetrieb auch ein Augenmerk auf Qualität und auf Investitionen legen. Im Übrigen würde ich mir wünschen, dass die Zusammenhänge häufiger beachtet würden; in der Energieversorgung geht es nämlich immer um mehrere Ziele. Wir wollen immer eine umweltverträgliche und zugleich preisgünstige Energieversorgung. Dabei soll es auch eine langfristige Versorgungssicherheit geben. Dass dies Zielkonflikte sind, dürfte jedem klar sein. Dass die hohe Qualität auch etwas kostet, muss man den Menschen im Lande gelegentlich sagen. Man darf ihnen nicht suggerieren, als hätten w u m V d g u f R L H m d d d s k l k s k E g s k z z b s i I T h E C z n n w i d g N d m S t e d r r – V n D (C (D ir beliebig viele Möglichkeiten, die Energiepreise nach nten zu regulieren. Wir müssen immer einen Komproiss zwischen Preiswürdigkeit auf der einen Seite und ersorgungssicherheit, Qualität und Investitionen auf er anderen Seite finden. Der zweite Antrag, mit dem wir uns hier beschäftien, befasst sich mit der Verstaatlichung der Stromnd Gasnetze. Wir haben zu diesem Thema schon mehrach Anträge der Linken gehabt, die in eine ähnliche ichtung gingen. Das ist für uns nichts Neues, für die inken selber auch nicht. Das hat ein wenig mit ihrer istorie zu tun. Ich will diesen Antrag nicht weiter komentieren. Ich sage nur: Wir haben begonnen, einen an eren Weg zu gehen. Wir haben im letzten Jahr die Bunesnetzagentur eingerichtet. Sie hat darüber zu wachen, ass die organisatorische Entflechtung, die wir beschlosen haben, erfolgreich umgesetzt wird. Sie soll einen disriminierungsfreien Netzzugang durchsetzen und sie soll etztlich auch sinkende Netzentgelte bewirken. Die Bundesnetzagentur ist diesen Weg bereits ein leines Stück gegangen. Wir können schon zu diesem ehr frühen Zeitpunkt feststellen: Die Netzentgelte sinen in der Tat, in Teilen auch die Endverbraucherpreise. s ist nicht ganz verwunderlich, dass sinkende Netzentelte nicht jedes Mal und sofort auf die Endpreise durchchlagen. Wer die Berichte der Bundesnetzagentur ennt, weiß, dass Geschichte nicht stehen bleibt und dass wischenzeitlich neue Sachverhalte eingetreten sind, die u bestimmten Verrechnungsmechanismen geführt haen, die aber wiederum von der Bundesnetzagentur entprechend überwacht worden sind. Wir haben im Übrigen – auch dies ist schon mehrfach m Plenum angesprochen worden – verschiedene andere nstrumente in Vorbereitung, um die Wirksamkeit der ätigkeit der Netzagentur weiter zu verstärken. Dazu geört zum einen die Kraftwerksanschlussverordnung. s geht darum, neuen Anbietern eine möglichst faire hance zu geben, mit ihren neuen Kraftwerken ans Netz u gehen und am Netz zu bleiben. Es ist also beileibe icht so, als sei die Benachteiligung der kleinen oder euen Anbieter vorprogrammiert. Bei der neuen Krafterksanschlussverordnung geht es darum, Wettbewerb m Bereich der Erzeugung zu fördern und einen Preisruck zu bewirken. Dieser Verordnung kommt sozusaen eine Scharnierfunktion zwischen dem Bereich der etze und der Kraftwerke zu. Im Übrigen ist es so, dass die Bundesnetzagentur urchaus Instrumente hat, um zum Beispiel Engpassanagement zu organisieren und in einem weiteren chritt beispielsweise über die Festlegung von Investiionsbudgets und Ähnlichem dafür zu sorgen, dass auch in Netzausbau stattfindet. All die Punkte, die eingeforert worden sind, sind bereits umgesetzt oder werden geade durch entsprechende gesetzliche Initiativen vorbeeitet. Anstatt auf den Staat zu setzen, der Netze übernimmt am Ende vielleicht noch die Kraftwerke selbst und den ertrieb –, anstatt also auf die Schaffung eines Staatsmoopols in Deutschland zu setzen, sollten wir, wie es Herr r. Pfeiffer gerade gefordert hat, eher auf den Wettbe Rolf Hempelmann werb setzen. Weil es in den Medien eine sehr missverständliche Berichterstattung in den letzten zwei Tagen gegeben hat, sage ich sehr deutlich: Ich persönlich, aber auch die SPD begrüßt die Initiative zu einer Novelle des GWB, um zu einer Stärkung der Missbrauchsaufsicht beim Kartellamt zu kommen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605723600
Rolf Hempelmann (SPD):
Rede ID: ID1605723700




(A) )


(B) )


(Beifall bei der SPD)





(A) )


(B) )


Man wird aber darüber streiten dürfen, wie das im
Einzelnen ausgestaltet wird. Es ist opportun – es gehört
sich auch so –, dass man sich darüber unterhält, ob denn
die Wirkungen, die wir uns wünschen, eintreten werden
oder ob möglicherweise ungewünschte Nebenwirkungen
überwiegen. Das wird Inhalt der Debatte zwischen Par-
lament und Regierung und innerhalb der Koalitionsfrak-
tionen sein. Ich denke aber, das ist nichts Anrüchiges;
denn es gehört zum parlamentarischen Alltag.

Einen weiteren Punkt, den Herr Dr. Pfeiffer angespro-
chen hat, unterschreibe ich ebenfalls: Wir wollen keine
Verlängerung der Preisaufsicht. Ich spitze zu: Ich will
auch keine Verlagerung der Preisaufsicht auf das Bun-
deskartellamt. Das ist nicht zielführend.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Zielführend ist alles, was wir gerade im Einzelnen an In-
strumenten und zur Beförderung von Wettbewerb darge-
stellt haben.

Meine Damen und Herren, es ist spät, deswegen
danke ich Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605723800

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege

Hans-Josef Fell, Bündnis 90/Die Grünen.


Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605723900

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! In der Analyse der Probleme des Energie-
marktes sehe ich in diesem Haus viel Übereinstim-
mung. Der Wettbewerb des Strom- und Gasmarktes hat
eine deutliche Schieflage. Die Endkundenpreise für
Strom und Gas steigen seit Monaten kontinuierlich an.
Fast im Gleichschritt entwickeln sich die Gewinne der
großen Energiekonzerne – ich sage hier ausdrücklich
nicht, die der Energiebranche. Betrachtet man die Ener-
giewirtschaft genauer, läuft es auf der Gewinnerseite
derzeit nur auf eine handvoll marktbeherrschender Un-
ternehmen hinaus.

Natürlich kann die Politik diese Entwicklung nicht
gutheißen und tatenlos zusehen. Mit dem Energiewirt-
schaftsgesetz hat die rot-grüne Koalition schon eine
wichtige Rahmenbedingung verändert. Die Bundesnetz-
agentur ist mittlerweile ein nicht mehr wegzudenkender
Akteur. Die Kostenkontrolle bei den Netzentgelten ist
auf einem guten Weg. Wenn die Bundesregierung ihre
im Gesetz zugewiesene Aufgabe der Anreizregulierung
gewissenhaft angeht, dann haben wir einiges erreicht.
Was wir nun brauchen, sind Initiativen für mehr Wettbe-
werb in der Stromerzeugung und auch bei der Gasbe-

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(C (D chaffung. Der Anschluss neuer Kraftwerke – zum Beipiel auf der Basis von Biogas und anderen erneuerbaren nergien – muss erleichtert werden. Ambitionierte Verrdnungen könnten hier schon einiges erreichen. Sicherich wäre auch eine stärkere Entflechtung hilfreich. Aber bitte, liebe Kolleginnen und Kollegen von den inken, schütten Sie nicht das Kind mit dem Bade aus. ine Verstaatlichung aller Netze geht einfach zu weit. ragen Sie doch einmal die Stadtwerke auf der Verteiletzebene, wo es auf der einen Seite kaum Missbrauch ibt, aber auf der anderen Seite gravierende wirtschaftlihe Einbrüche geben würde, wenn die Stadtwerkenetze erstaatlicht werden sollten. Um ihre Entflechtung kümert sich auf der Basis des Energiewirtschaftsgesetzes och bereits die Netzagentur. Bei den Transportnetzen ist es in der Tat deutlich pannender. Hier würde eine eigentumsrechtliche Entlechtung tatsächlich einiges bewirken. Sie würde posiive Wettbewerbseffekte haben und sie würde den groen Energieversorgungsunternehmen ein Instrument der lockadehaltung gegen die erneuerbaren Energien aus er Hand schlagen. Das hat Kollege Dr. Pfeiffer gerade uch als Problem betont. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zu Recht!)


Spannender als den Antrag von den Linken finde ich
ie Vorschläge von Bundesminister Glos und Herrn
hiel. Warum nicht an der Erzeugerseite selbst anpa-

ken? So falsch können die Ansätze doch nicht sein, der
ufschrei der großen Energieversorgungsunternehmen

st ja kaum zu überhören. Aber der Ruf der Linken nach
er Allmacht des Staates ist wohl Teil eines inneren Auf-
rages, den Sie immer spüren. Zu diesem Urteil muss
an kommen, wenn man Ihren zweiten Antrag liest. Es

ann doch nicht Aufgabe des Staates sein, alle Netze zu
berprüfen. Wer soll denn das bezahlen? Der Steuerzah-
er oder der Energiekunde? – Egal, in jedem Fall der
ürger. Haben Sie denn schon einmal die sozialen Aus-
irkungen solcher Strompreissteigerungen ausgerech-
et?

Nein, es gibt hier wesentlich effizientere Methoden,
um Beispiel eine Festschreibung von Mindeststandards
ür die Netzsicherheit und bei Verletzung Strafzahlun-
en oder gar den Verlust der Konzession. Dazu gehört
ann natürlich auch eine Anrechung der Netzinvestitio-
en bei den Energiepreisen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, Teile der SPD halten wei-
er an der Strategie fest, wenige Unternehmen zu euro-
äischen Champions hochzupäppeln. Den Preis zahlen
ie deutschen Strom- und Gaskunden sowie der Wettbe-
erb. Damit knickt die SPD zugleich als erste vor der
rohung der Energiekonzerne Eon, RWE, Vattenfall und
nBW ein, zukünftig keine Kraftwerke mehr zu bauen,
enn ihre exorbitanten Gewinne nicht langfristig gesi-

hert werden. Es scheint die SPD nicht zu interessieren,
ass es sich dabei zugleich um die Atomstromkonzerne






(A) )



(B) )


Hans-Josef Fell
handelt, die den Atomkonsens faktisch aufgekündigt ha-
ben.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unerhört!)


Die Politik ist gefordert, die Rahmenbedingungen so
zu verändern, dass wirtschaftliche Energiepreise ge-
währleistet werden. Das kann selbst die SPD nicht be-
streiten. Die Energiepreise aber steigen seit Monaten
kontinuierlich an, fast im Gleichschritt mit der Gewinn-
entwicklung der vier großen Energieversorger. Die von
Rot-Grün eingeführte staatliche Aufsicht über die Netze
konnte diese Entwicklung bisher nur bremsen, aber nicht
völlig stoppen. Wir brauchen dringend effektive Hand-
lungen der Regierung, um diese Preistreiberei zu stop-
pen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Zum Schluss: Unverständlich bleibt uns auch, warum
die Emissionshandelszertifikate nach 2008 weiter an
die Energiekonzerne verschenkt werden, die sie dem
Endkunden teuer in Rechnung stellen. Wir brauchen
jetzt einen Wettbewerb um die besten Ideen und Kon-
zepte, damit uns die Energiepreise für Kleinkunden und
Energieverbraucher nicht weiter davongaloppieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605724000

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
den Drucksachen 16/2678 und 16/1447 an die in der Ta-
gesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann
sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 11 auf:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Anspruchsberechtigung von Ausländern
wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Unter-
haltsvorschuss

– Drucksache 16/1368 –

– Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-
schusses für Familie, Senioren, Frauen und Ju-
gend (13. Ausschuss)


– Drucksache 16/2940 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Ingrid Fischbach
Helga Lopez
Sibylle Laurischk
Diana Golze
Ekin Deligöz


(8. Ausschuss)


– Drucksache 16/2941 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Ole Schröder

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(C (D Dr. Frank Schmidt Otto Fricke Roland Claus Anna Lührmann Hierzu liegt je ein Entschließungsantrag der Fraktion er FDP und der Fraktion Die Linke vor. Nach einer inerfraktionellen Vereinbarung ist für die Aussprache eine albe Stunde vorgesehen. – Ich höre keinen Widerpruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kollein Elisabeth Winkelmeier-Becker, CDU/CSU-Fraktion. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und ollegen! Es geht heute in zweiter Lesung um die Anpruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, rziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss. Die bisherigen Regelungen besonderer Anspruchsoraussetzungen für ausländische Staatsangehörige hat as Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 6. Juli 004 für verfassungswidrig erklärt, sodass wir uns nun rneut darüber Gedanken machen müssen, wie wir auch usländische Kinder und ihre Eltern an diesen staatlihen Leistungen beteiligen wollen. Wir haben eine Reelung vorgelegt – das ist eine gute Nachricht für auslänische Familien –, die den Kreis der Berechtigten aßvoll ausweitet. Deshalb ist mit überschaubaren Leis ungssteigerungen beim Kindergeld, beim Bundeserzieungsgeld und beim Unterhaltsvorschuss sowie mit indereinnahmen beim Einkommensteuergesetz zu echnen. Wir können es uns aber nicht leisten, dass alle Ausänder, die derzeit in Deutschland leben, an diesen Famiienleistungen gleichermaßen beteiligt werden. Wir halen es für richtig – an diesem Leitmotiv orientiert sich er Gesetzentwurf – danach zu unterscheiden, ob von eiem dauerhaften Aufenthalt der ausländischen Familie n Deutschland auszugehen ist oder nicht. n Anbetracht der Haushaltslage halten wir es für beechtigt, bei dieser Leistungsausweitung zurückhaltend orzugehen, das heißt, nicht unbedingt über das hinausugehen, was von Verfassungs wegen gefordert wird. Mir ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Exisenzsicherung natürlich nötigenfalls durch Leistungen er Sozialhilfe für jeden Ausländer und für jedes auslänische Kind, unabhängig vom aufenthaltsrechtlichen tatus, von Anfang an garantiert ist. Heute geht es wirk ich nur darum, zusätzliche Bonusleistungen für Famiien in sinnvoller Weise zu konzentrieren. Für den unter inanziellen Gesichtspunkten wohl interessantesten Reelungsbereich des Kindergeldes – das ist schließlich as Kernstück des familienpolitischen Leistungsausleichs des Staates – heißt das, dass die heutige Diskusion für all diejenigen bedeutungslos ist, die im Sozialilfebezug stehen; denn für diese werden die Leistungen ür die Kinder nach Sozialhilfesätzen – der Satz beträgt Elisabeth Winkelmeier-Becker immerhin 207 Euro pro Kind und Monat – unter Anrechnung des Kindergeldes gezahlt. Ich möchte zunächst auf den Grundsatz unserer Gesetzesänderung zurückkommen. Wir wollen Menschen, die sich im Einklang mit den Voraussetzungen des Aufenthaltsgesetzes dazu entschließen, ihren Lebensmittelpunkt und den ihrer Kinder dauerhaft nach Deutschland zu verlegen, fördern und ihre Integration unterstützen. Damit man sich die Dimension dieser Aufgabe klar machen kann, nenne ich ein paar Zahlen: In Deutschland leben etwa 15 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund, die als ausländische Staatsangehörige oder als Spätaussiedler zu uns gekommen sind. Das ist fast ein Fünftel der Bevölkerung in unserem Land. Hinter dem Begriff Migration verbergen sich sehr unterschiedliche Lebensschicksale und Lebenswirklichkeiten. Manche kommen freiwillig und manche eben nicht. Entscheidend für eine Politik, die die Integration und die Förderung ausländischer Familien vorantreibt, ist immer, ob diese Menschen ihr Leben dauerhaft in unserer Gesellschaft führen wollen und können. Dabei bedeutet erfolgreiche Integration Identifikation, Teilhabe und Verantwortung. Dafür sind Anstrengungen auf beiden Seiten erforderlich: auf der einen Seite des Staates und der bürgerlichen Gesellschaft und auf der anderen Seite der Migranten und Migrantinnen selbst, die bereit sein müssen, sich auf ein Leben in unserer Gesellschaft einzulassen, das Grundgesetz und die gesamte Rechtsordnung vorbehaltlos zu akzeptieren und insbesondere das Erlernen der deutschen Sprache als ein sichtbares – oder besser gesagt: hörbares – Zeichen der Zugehörigkeit zu Deutschland zu setzen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat Rot-Grün beschlossen!)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU):
Rede ID: ID1605724100

(Beifall bei der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


Aufseiten der deutschen Gesellschaft und des Staates be-
deutet das gleichzeitig, diejenigen, die nun dauerhaft
hier leben, zu unterstützen nach dem Motto: Wer fordert,
muss auch fördern.

Es gibt noch einen anderen Zusammenhang, der es
meiner Auffassung nach gebietet, die Leistungen auf
diejenigen zu beschränken, die dauerhaft hier bleiben.
Wir müssen uns angesichts unserer Haushalts- und
Schuldenlage darüber klar sein, dass jede zusätzliche
Sozialleistung nur auf Kredit, also als Wechsel auf die
Zukunft, möglich ist.

Investitionen in Kinder und Jugendliche sind sicher
eine gute Entscheidung, aber wir müssen sehen: Für
Deutschland zahlt sich diese Investition nur aus, wenn
die Kinder hier heranwachsen und sich als Leistungsträ-
ger in unsere Gesellschaft, aber auch in unseren Arbeits-
markt integrieren. Es werden dann diese Kinder sein, die
gemeinsam mit den deutschstämmigen Kindern das
Bruttosozialprodukt erwirtschaften, von dem diese
Schulden zurückgezahlt werden,


(Beifall bei der CDU/CSU)


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(C (D ährend die Kinder, die in ihre Heimatländer zurückehren, sich nicht daran beteiligen. Das Bundesverfassungsgericht hat in dem zitierten eschluss den Grundsatz unangefochten gelassen, dass ich die Gewährung von Kindergeld danach richten ann, ob eine Familie dauerhaft hier bleibt oder nicht. ir stehen also nun vor der Aufgabe, geeignete Krite ien zu finden und Anspruchsvoraussetzungen zu forulieren, die die Prognose zulassen, dass es sich um ei en dauerhaften Aufenthalt in Deutschland handelt. Das st bei einer Niederlassungserlaubnis natürlich völlig unroblematisch. Auch bei anerkannten Asylberechtigten nd Flüchtlingen ist die Situation klar. Aber wenn nur eine Aufenthaltserlaubnis vorliegt, üssen weitere Kriterien hinzukommen. Der Gesetzenturf knüpft für den Regelfall daran an, ob diese Erlaubis zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt. ann ist von einem dauerhaften Aufenthalt auszugehen. (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat das Verfassungsgericht so nicht gesagt!)


usnahmen sind dann vorgesehen, wenn die Aufent-
altserlaubnis nur erteilt wurde, um einen von vornher-
in nicht auf Dauer angelegten Aufenthalt abzusichern.
s wäre nicht richtig, wenn wir zum Beispiel auch den-

enigen Kindergeld gewähren, die sich nur als Studenten
der für die Dauer einer Ausbildung vorübergehend in
eutschland aufhalten.


(Beifall bei der CDU/CSU – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat hier keiner gefordert! Das ist nicht Thema!)


Hier und heute streiten wir noch darüber, ob das auch
ür eine Aufenthaltserlaubnis gilt, die in Härtefällen
ach § 23 a Aufenthaltsgesetz oder nach § 25 Abs. 3 bis
Aufenthaltsgesetz, also aus humanitären oder politi-
chen Gründen, erteilt wurde. Die Koalitionsfraktionen
ehen davon aus, dass in diesen Fällen nicht ohne weite-
es mit einem dauerhaften Verbleib zu rechnen ist. In
iesen Fällen, in denen es zum Beispiel um vorüberge-
ende private Gründe gehen kann, aber natürlich auch
m politische Verhältnisse im Herkunftsland, die einer
ückkehr entgegenstehen, ist der Aufenthalt in Deutsch-

and eindeutig nicht auf Dauer angelegt, unbeschadet der
atsache, dass sich der Aufenthalt länger hinziehen kann
ls ursprünglich geplant.

Im Prinzip muss man diese Situationen so beschrei-
en, dass der betroffene Ausländer jederzeit bereit ist, in
eine Heimat zurückzukehren, sobald sich dort die Ver-
ältnisse geändert haben und Reisehindernisse entfallen
ind. In so einer Situation generell von dauerhaften Hin-
ernissen auszugehen oder jede politische Veränderung
um Positiven im Heimatland der betroffenen Ausländer
us Erfahrung für unwahrscheinlich zu halten, wäre eine
essimistische Betrachtungsweise, der sich die Unions-
raktion nicht anschließen möchte.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Elisabeth Winkelmeier-Becker
Deshalb halten wir es im Gegensatz zu dem, was in
den Anträgen von FDP und Linken steht, für angebracht,
bei rechtmäßigem Aufenthalt – gestattet oder geduldet –
als zusätzliche Voraussetzung eine dreijährige Warte-
frist oder die Berechtigung zur Erwerbstätigkeit zu ver-
langen, bevor – wie gesagt, zusätzlich zur jederzeit
garantierten Existenzsicherung – weitere Familienleis-
tungen gezahlt werden.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Richtig!)


Wenn der Aufenthalt aus diesen Gründen bereits drei
Jahre andauert, ist das sicherlich ein Indiz dafür, dass
sich die Situation tatsächlich verfestigt hat. Dann kann
man den Sachverhalt anders beurteilen.


(Ina Lenke [FDP]: Und was passiert dann?)


– Dann wird die Leistungsberechtigung auf Grundlage
des Gesetzes angenommen.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das ist doch eine völlig willkürliche Frist! Warum sind es drei Jahre? Warum nicht vier? Warum nicht fünf?)


Ich möchte kurz zusammenfassen: Der Gesetzentwurf
der Bundesregierung erfüllt in seiner vorliegenden Fas-
sung die verfassungsmäßigen Vorgaben. Das haben die
beteiligten Ministerien eingehend geprüft. In ihm wer-
den richtige politische Entscheidungen getroffen. Insbe-
sondere wird eine wichtige Unterscheidung getroffen:
zwischen den Personen, die dauerhaft hier bleiben, und
denjenigen, die nur für eine überschaubare Zeit bei uns
leben, die zum Teil Zuflucht bei uns suchen, die wir ih-
nen auch gerne gewähren, die dann aber in ihr Her-
kunftsland zurückkehren oder in ein anderes Land gehen
und sich in die dortige Wirtschaft und Gesellschaft inte-
grieren.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605724200

Frau Kollegin, Sie müssen zum Ende kommen.


Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU):
Rede ID: ID1605724300

Ich komme zum Ende.

Wir müssen die zusätzlichen finanziellen Mittel, die
wir zur Verfügung stellen, auf die Familien konzentrie-
ren, die sich für ein Leben in unserer Gesellschaft ent-
schieden haben. Diese Familien zu unterstützen, begrei-
fen wir als Investition in unsere gemeinsame Zukunft.
Das tun wir gern.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605724400

Nächste Rednerin ist die Kollegin Ina Lenke, FDP-

Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


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(C (D Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit dem orliegenden Gesetzentwurf der Bundesregierung sollen wei Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts mgesetzt werden. Ziel ist, nur solchen Ausländerinnen nd Ausländern Kindergeld, Erziehungsgeld und Unteraltsvorschuss zu gewähren, von denen zu erwarten ist, ass sie auf Dauer in Deutschland bleiben werden. Die FDP hätte es sehr begrüßt, wenn dieses Ziel konequent verwirklicht worden wäre. Stattdessen hat die roße Koalition in letzter Minute – sogar ohne ein einzies Wort der Begründung – einen Änderungsantrag vorelegt, der zum Inhalt hat, dass weitere Gruppen hier ebender Ausländerinnen und Ausländer von einer Anpruchsberechtigung ausgeschlossen werden. Daran ird wieder einmal deutlich, wie schwierig es für Union nd SPD ist, sich beim Thema Migration und Integration uf eine einheitliche Linie zu einigen. (Beifall bei der FDP sowie des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ina Lenke (FDP):
Rede ID: ID1605724500

Die FDP kritisiert, dass durch die vorliegende Rege-
ung nun auch diejenigen vom Bezug von Familienleis-
ungen ausgeschlossen werden sollen, die sich voraus-
ichtlich dauerhaft in Deutschland aufhalten. Dabei
andelt es sich insbesondere um Personen, die sich auf-
rund einer Entscheidung der Härtefallkommission in
eutschland befinden. Auch sie sollen jetzt vom Bezug
on Kindergeld und Erziehungsgeld ausgeschlossen
erden.

Den Menschen, deren Aufenthalt aufgrund einer Ein-
elfallprüfung sowohl eine Kommission als auch die
berste Landesbehörde befürwortet haben – dasselbe gilt
uch für diejenigen, die sich aus humanitären Gründen
n Deutschland aufhalten, wenn ihre Rückkehr unmög-
ich ist –, wird durch die Blume gesagt: Wir wollen euch
icht; ihr bekommt kein Kindergeld, kein Erziehungs-
eld, kein Elterngeld und keinen Unterhaltsvorschuss.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Ja, ja! Und morgen sagt Herr Solms wieder, wir sollen sparen!)


as ist keine ehrliche Politik. Aber das ist für diese Re-
ierung typisch.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Wir sollen doch sparen! Das sagt Herr Solms doch immer!)


Herr Grindel, Sie haben kein stimmiges und kein
tringentes Konzept zur Zuwanderung und Integration.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Das ist doch gar nicht wahr!)


inerseits wird pressewirksam ein Integrationsgipfel
inberufen, andererseits werden im Bundesinnenminis-
erium Vorschläge für Maßnahmen zur Einschränkung
er Integration erarbeitet. Darüber hinaus geht es der
roßen Koalition immer wieder um die Notwendigkeit,






(A) )



(B) )


Ina Lenke
Integration und Zuwanderung zu fördern, um bestimm-
ten Problemen wie der demografischen Entwicklung zu
begegnen.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Das gilt aber doch nicht für Geduldete, Frau Lenke! – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN], zu Abg. Reinhard Grindel [CDU/CSU] gewandt: Warum denn eigentlich nicht?)


Wir als FDP meinen, dass hiervon wenig zu spüren ist.
Wir fordern daher die Bundesregierung mit unserem
Entschließungsantrag auf, schnellstmöglich eine Novel-
lierung des Zuwanderungsgesetzes vorzulegen. Die
Bundesregierung muss nach ihren vielen Ankündigun-
gen endlich handeln und eine Regelung für ein Bleibe-
recht langjährig geduldeter Flüchtlinge vorlegen.


(Beifall bei der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Denn wir wissen doch alle: Viele der Flüchtlinge sind
sozial und wirtschaftlich hervorragend integriert. Viele
ihrer Kinder sind in Deutschland geboren. Es scheint mir
keine besonders kluge Politik zu sein, Menschen, die er-
folgreich unser Bildungssystem durchlaufen, wieder
fortzuschicken. Ich habe da einige Fälle vor Augen, in
denen ich die Betroffenen persönlich kenne; viele von
Ihnen kennen sicher auch solche Fälle.

Wir Liberale wollen, dass sich Menschen, die dauer-
haft zu uns nach Deutschland kommen, ihren Lebensun-
terhalt – das finde ich sehr wichtig – selbst verdienen
können. Das passiert nicht. Wir reden über die Belastung
der Sozialversicherungssysteme – wie es meine Vorred-
nerin getan hat –, über Hartz IV und darüber, dass die
Haushaltsmittel knapp sind. Doch wir geben Menschen,
die sich hier aufhalten, nicht die Möglichkeit, ihren Le-
bensunterhalt selbst zu bestreiten, sich Arbeit zu suchen.
Das muss geändert werden.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Wir erneuern unsere Forderung aus der letzten Legis-
laturperiode, dass Ausländerinnen und Ausländer, die
rechtmäßig in Deutschland leben, die Genehmigung er-
halten, für ihren Lebensunterhalt und den ihrer Familien
selbst zu sorgen. Bislang ist der Zugang zum Arbeits-
markt für diese Menschen zu restriktiv geregelt. Derzeit
wird nur Sozialneid auf diese Empfänger staatlicher
Transferleistung gefördert. Das wollen wir nicht.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir fordern Sie auf: Überarbeiten Sie Ihren Gesetz-
entwurf und nehmen Sie bitte auch unsere Vorschläge
auf!

Die FDP-Bundestagsfraktion wird Ihren Gesetzent-
wurf, über den heute Abend abgestimmt wird, in der vor-
liegenden Form ablehnen.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


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(C (D Nächste Rednerin ist die Kollegin Helga Lopez, SPD raktion. (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wird schwer werden!)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605724600


Helga Lopez (SPD):
Rede ID: ID1605724700

Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Das

undesverfassungsgericht hat im Jahr 2004 mit zwei
ntscheidungen – einer zum Erziehungsgeld und einer
um Kindergeld – die bereits dargestellte Verfassungs-
idrigkeit des ursprünglichen Gesetzes vorgestellt. Uns
urde aufgegeben, den verfassungswidrigen Zustand zu
eseitigen.

Die Bundesregierung hat am 3. Mai 2006 einen Ge-
etzentwurf vorgelegt, mit dem die in den beiden Ent-
cheidungen genannten Grundrechtsverletzungen besei-
igt werden sollen.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gelingt aber nicht!)


iel dieses Gesetzes – das haben wir bereits gehört; ich
ann auf eine Wiederholung verzichten – ist im Wesent-
ichen, dass jetzt folgender Personenkreis als anspruchs-
erechtigt berücksichtigt wird: Ausländer mit Niederlas-
ungserlaubnis und Ausländer, die zwar noch nicht über
inen verfestigten Aufenthaltsstatus verfügen, bei denen
ber ein weiterer Anhaltspunkt hinzukommt, der mit ei-
em voraussichtlich dauerhaften Aufenthalt regelmäßig
inhergeht: dass sie erwerbstätig sind. Ausgeschlossen
on Familienleistungen bleiben ausländische Staatsan-
ehörige, deren Aufenthalt befristet ist oder bei denen
in dauerhafter Aufenthalt nicht absehbar ist. Hierbei
eht es zum Beispiel um Studierende oder Saisonarbeits-
räfte.


(Hüseyin-Kenan Aydin [DIE LINKE]: Nicht nur!)


Nicht nur, aber eindeutig.

Leider – auch das haben wir bereits gehört – hat es
ine Ausweitung des Kreises der Nichtberechtigten ge-
eben, zum Beispiel Ausländer, deren Abschiebung aus-
esetzt ist. Sie können die Anspruchsberechtigung nun
uch erst nach einer Wartefrist erreichen. Dafür wurde
iese Frist aber von den vorgesehenen fünf Jahren auf
unmehr drei Jahre verkürzt. Zumindest das ist gut so.

Wie Sie wissen, hat es vonseiten des Bundesrates Be-
trebungen gegeben, den Ausschluss von Leistungsbe-
echtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz aus-
uweiten. Dies hat die Bundesregierung aus gutem
rund abgelehnt, weil dieser Personenkreis eine dauer-
afte Bleibeperspektive hat. Diese Zurückweisung be-
rüßen wir ausdrücklich.

Ebenso begrüßen wir die Aufnahme eines neuen Pa-
agrafen in das Einkommensteuergesetz, nämlich des
76 a. Durch ihn wird erstmals sichergestellt, dass das

berwiesene Kindergeld für die Dauer von sieben Tagen
eit der Gutschrift unpfändbar bleibt. Zuvor war die
fändbarkeit sofort gegeben.






(A) )



(B) )


Helga Lopez
Bei dem Ausschluss von der Anspruchsberechtigung
auf Zahlung von Kindergeld stellen sich im Gegensatz
zu den Regelungen zum Erziehungsgeld und Unterhalts-
vorschuss aber noch weitere Fragen. Ich habe die zum
Kindergeld ergangene Entscheidung des Bundesverfas-
sungsgerichts so verstanden, dass über die konkretere
Bestimmung des nicht berechtigten ausländischen Perso-
nenkreises hinaus Sorge dafür getragen werden muss,
dass es innerhalb der Gruppe der Nichtberechtigten
nicht zu Ungleichbehandlungen kommt. Dies scheint
mir nicht gewährleistet zu sein.

Des Weiteren hat das Bundesverfassungsgericht in
dieser Entscheidung ausgeführt, dass alle Menschen, die
legal in Deutschland leben, in gleicher Weise durch die
persönlichen und finanziellen Aufwendungen bei der
Kindererziehung belastet sind. Das Gericht führte weiter
aus – ich zitiere jetzt wörtlich –:

Für eine solche Durchbrechung eines in der Erfül-
lung seines sozialstaatlichen Schutzauftrages aus
Art. 6 Abs. 1 GG vom Gesetzgeber geschaffenen
Systems bedürfte es besonders gewichtiger Gründe.

Damals konnte das Gericht – so die weiteren Ausführun-
gen – keine besonders gewichtigen Gründe erkennen.

Die Frage der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes hat
in den Beratungen im Ausschuss bereits eine Rolle ge-
spielt. Ich habe aufgrund der Zweifel, die mir nach der
Lektüre des Urteils zum Kindergeld gekommen sind,
noch einmal nachgehakt. Ich danke Herrn Staatssekretär
Dr. Kues für die prompte Antwort.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ist doch selbstverständlich! Er ist meistens noch zu langsam!)


Aus der Antwort geht hervor, dass meine Bedenken
nicht geteilt werden, folglich unbegründet sind. Wir, die
SPD-Fraktion, verlassen uns auf diese Auskunft.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Sehr gut!)


– Ja, ich bin keine Verfassungsrechtlerin und noch nicht
einmal Juristin. Ich muss mich darauf verlassen.

Mit der Abstimmung über den hier vorliegenden Ge-
setzentwurf erfüllen wir die durch das Bundesverfas-
sungsgericht angemahnten Erfordernisse und erledigen
den inzwischen drängenden Arbeitsauftrag. Das Thema
selbst, nämlich die erfolgreiche Eingliederung von Mi-
grantinnen und Migranten, wird uns sicherlich weiterhin
beschäftigen. Ich bin mir sehr sicher, dass wir uns in die-
sem Kontext sicherlich bald auch wieder über die finan-
zielle Ausstattung hier lebender ausländischer Familien
unterhalten müssen, und zwar unabhängig vom Aufent-
haltsstatus.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605724800

Nächste Rednerin ist die Kollegin Diana Golze, Frak-

tion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen nd Kollegen! Erst vor drei Wochen hat die Bundesegierung mit einem Gesetz deutlich gemacht, dass sie uch beim Thema Familienförderung mit zweierlei Maß isst: Das „1 : 0 für die Familien“ – so pries Ministerin on der Leyen das Elterngeld an – ist für circa 40 000 Familien in der Bundesrepublik wohl eher so etas wie ein Eigentor. Es sind die Familien, die nicht im okus der Bundesregierung stehen: die Familien, die nur in geringes oder gar kein Erwerbseinkommen haben. Mit dem heutigen Gesetzentwurf wird die Gruppe ieser Menschen noch etwas größer. Wieder geht es um inder und darum, wie sich ihr Stellenwert in unserem and bemisst. Die Familienministerin spricht oft und ern von der Unterstützung, die sie Kindern gewähren öchte, die auf der Schattenseite stehen. Mit der heuti en Gesetzesänderung hätte sie dazu eine Chance geabt. Eigentlich ist die Ungleichbehandlung von Migraninnen und Migranten bei den kindbezogenen Leistungen chon für sich genommen ein Skandal. Dies hat das Bunesverfassungsgericht bestätigt. Dass seit dem Urteil om 6. Juli 2004 über zwei Jahre ins Land gehen mussen, bis heute eine Bundesregierung mit einer Gesetzesnderung darauf reagiert, ist der nächste Skandal. Der ichtig große Skandal beginnt aber erst jetzt, da das Geetz vorliegt, das dank eines in letzter Sekunde eingerachten Änderungsantrags der großen Koalition nichts, ber auch gar nichts an der Verfassungswidrigkeit änern wird. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Diana Golze (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605724900

In den letzten Tagen wurde aus einem sehr tragischen
rund wieder vollmundig davon gesprochen, dass Kin-
errechte in das Grundgesetz aufgenommen werden soll-
en. Dies wäre eine Maßnahme, bei der Sie sicher sofort
ustimmung von der Linken fänden, aber nur, wenn die
echte aller Kinder dabei berücksichtigt werden und
an sich nicht nur die aussucht, die gerade ins aktuelle

olitische Kalkül passen.

Im Familienausschuss haben SPD und CDU/CSU
estern beschlossen, dass ein Antrag der Grünen von der
agesordnung abgesetzt wird, der auf die Rücknahme
er Vorbehalte gegen die UN-Kinderrechtskonvention
ielt. Die Rücknahme der Vorbehalte würde nämlich be-
euten, dass Sie alle Kinder und Jugendlichen gleich be-
andeln müssten. Wie Sie dazu stehen, machen Sie mit
hrem Gesetzentwurf deutlich. Es bleibt bei der repressi-
en Politik gegenüber Migrantinnen und Migranten, die
as Ziel hat, „Zuwanderungsanreize abzubauen“.

Unser Antrag macht unsere Vorstellungen von einem
esetz deutlich, welches der Situation der betroffenen
enschen entspräche und zudem die Verfassungskon-

ormität gewährleisten könnte: die voraussichtliche Auf-
nthaltsperspektive als maßgebliches Kriterium, die
ücknahme des Ausschlusses von Personen mit einer
umanitären oder menschenrechtlichen Aufenthaltser-






(A) )



(B) )


Diana Golze
laubnis und eine genauere Bestimmung der Anspruchs-
berechtigung, die auch Geduldete und Asylbewerber
durch eine Öffnungsklausel einschließen würde.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich komme zu einer zweiten Ungleichbehandlung aus
politischem Kalkül. Es ist eine parlamentarische Unge-
hörigkeit, in das Gesetz zur Anspruchsberechtigung von
Ausländern wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Un-
terhaltsvorschuss eine allgemein gültige Änderung des
Kinderzuschlags nach Bundeskindergeldgesetz einzu-
bauen. Im Familienausschuss stellte ein Mitglied einer
die Regierung tragenden Fraktion sogar die Frage, ob
diese Regelung dann nur für Ausländer gelten würde.
Selbst wenn es so wäre, meine Damen und Herren von
SPD, CDU und CSU, wäre es dann weniger schlimm?


(Beifall bei der LINKEN)


Sie verstoßen damit auch gegen den im Koalitionsver-
trag beschlossenen und durchaus lobenswerten Vorsatz,
den Kinderzuschlag zu einem Instrument zu machen, das
wirklich zur Bekämpfung von Kinderarmut beiträgt.

Das komplizierte Regelwerk des Gesetzes führt bis-
lang dazu, dass neun von zehn Anträgen abgelehnt wer-
den. Wir können deshalb erst recht nicht nachvollziehen,
warum die Antragsfrist von sechs Monaten auf nur einen
Monat verkürzt werden soll. Ich frage deshalb: Was
nutzt ein Kindergeldzuschlag, der den Betroffenen den
Bezug von ALG II ersparen soll, aber unter denselben
entwürdigenden Bedingungen bewilligt oder eher abge-
lehnt wird?

Die Bundeskanzlerin hat erst gestern gesagt, dass sie
mit der Gesundheitsreform Politik für die Versicherten
machen möchte. Das ist längst überfällig. Genauso wich-
tig wäre es aber, Familienpolitik für Familien und Kin-
derpolitik für Kinder zu machen. Mit dem vorliegenden
Gesetz hat sich die Bundesregierung wiederholt davon
entfernt.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605725000

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Josef

Winkler, Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten
Damen und Herren! Die Bevölkerung beschwert sich
sehr oft über die große Koalition. Es wird gesagt, es
gehe in diesem Lande sehr langsam voran. Manchmal
geht es aber sehr schnell voran, zum Beispiel wenn es
darum geht, ausländische Familien in Deutschland
schlechter zu stellen. Denn wie wir schon gehört haben,
sieht eine in letzter Minute von den beiden die Regie-
rung tragenden Fraktionen eingebrachte Änderung an
dem Gesetzentwurf der Bundesregierung vor, dass aus
humanitären Gründen dauerhaft in Deutschland blei-
beberechtigte Ausländer nur noch sehr eingeschränkt
Familienleistungen erhalten sollen. Dabei sollte mit dem

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(C (D rsprünglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung ein rteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2004 mgesetzt werden, in dem die Bundesregierung aufgeordert wurde, bis zum 1. Januar dieses Jahres den gegen en Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 des Grundgesetzes erstoßenden und damit verfassungswidrigen Auschluss erwerbstätiger Ausländer mit rechtmäßigem ufenthalt vom Kinderund Erziehungsgeld aufzuheen. Das Bundesverfassungsgericht hat mit deutlichen orten festgestellt, dass die bestehenden Kindergeldre elungen ausländische Familien mit humanitärem Bleierecht in nicht zu rechtfertigender Weise benachteilien. Es beanstandete insbesondere, dass Ausländern mit iner Aufenthaltsbefugnis nach dem alten Ausländergeetz grundsätzlich keine Familienleistungen gewährt urden. Dazu haben die Richter festgestellt – das ist uch logisch –, dass dieser Aufenthaltstitel nicht zwinend nur vorübergehender Art sei. Das Urteil wird aber – das muss man an dieser Stelle esthalten – von der Koalition nicht nur gnadenlos misschtet, sondern in geradezu obszöner Art und Weise im inn verdreht. Das ist skandalös. Wenn das Ihres Erachtens falsch ist, warum gehen Sie ann in Ihrer Begründung zum Gesetzentwurf mit keiem Wort darauf ein, dass Sie den Gesetzentwurf in letzer Minute geändert haben? Also stimmt es doch wohl nd Sie verstoßen tatsächlich gegen die Entscheidung es Bundesverfassungsgerichts. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


(Zurufe von der CDU/CSU und der SPD: Oh!)


Von den Gesetzesänderungen werden nämlich genau
iejenigen betroffen sein, auf die sich das Verfassungs-
erichtsurteil bezogen hat, nämlich Ausländer mit Auf-
nthaltserlaubnis nach § 23 a des Aufenthaltsgesetzes
das wurde schon erwähnt – aufgrund einer positiven
ntscheidung der Härtefallkommission. In diesen Fäl-

en kann man wohl davon ausgehen, dass nicht erst nach
rei Jahren, sondern von vornherein ein dauerhafter Auf-
nthalt angestrebt wird. Es ist völlig willkürlich und wi-
ersinnig, dass der Aufenthalt als vorübergehend be-
rachtet wird, wenn die Härtefallkommission nach
angwierigen Entscheidungsprozessen die Aufenthaltser-
aubnis nach § 23 a erteilt hat.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der FDP und der LINKEN)


Des Weiteren sind Kriegsflüchtlinge nach § 24 betrof-
en sowie Personen mit menschenrechtlichem Abschie-
eschutz nach der Europäischen Menschenrechtskon-
ention nach § 25 Abs. 3, Personen mit humanitärem
ufenthaltsrecht nach § 25 Abs. 4 und Personen, denen
ie Rückkehr rechtlich oder tatsächlich dauerhaft un-
öglich ist, nach Art. 25 Abs. 5 des Aufenthaltsgeset-

es. Das ganze Gesetz macht insofern im Prinzip keinen
inn mehr. Das halten wir für skandalös.

Wir meinen – da teilen wir die Auffassung der Links-
raktion und der FDP-Fraktion –, dass Flüchtlinge mit






(A) )



(B) )


Josef Philip Winkler
humanitärem Abschiebeschutz genauso einen Anspruch
auf Familienleistungen haben wie andere Ausländer mit
Arbeitsgenehmigung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der FDP und der LINKEN)


Wir halten den weitgehenden Ausschluss dieser Auslän-
dergruppen von Familienleistungen für kinder-, fami-
lien- und insbesondere flüchtlingsfeindlich.

Ich muss noch einen Aspekt ansprechen, weil die
große Koalition ständig über die Verbesserung der Leis-
tungen für Familien und über Integration diskutiert. Der
angeblichen politischen Maßgabe der Koalition, Fami-
lien zu stärken und ihre Integrationsleistungen anzuer-
kennen und sie darin zu unterstützen, widerspricht der
Gesetzentwurf eklatant. Aus diesem Grund stimmen wir
ihm keinesfalls zu.

Wir stimmen allerdings dem Entschließungsantrag
der FDP-Fraktion zu. Bei dem Entschließungsantrag der
Linksfraktion enthalten wir uns der Stimme, weil uns ei-
nige Details nicht passen.

Den Gesetzentwurf der Bundesregierung halten wir
für schlecht. Deshalb werden wir ihn ablehnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605725100

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den von der
Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur An-
spruchsberechtigung von Ausländern wegen Kinder-
geld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss, Druck-
sache 16/1368. Der Ausschuss für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend empfiehlt in seiner Beschlussemp-
fehlung auf Drucksache 16/2940, den Gesetzentwurf in
der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen,
die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustim-
men wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dage-
gen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in
zweiter Beratung mit den Stimmen der Koalition bei Ge-
genstimmen der Opposition angenommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Gegenprobe! – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist
damit in dritter Beratung mit den Stimmen der Koalition
bei Gegenstimmen der Opposition angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über die Entschlie-
ßungsanträge. Wer stimmt für den Entschließungsantrag
der Fraktion der FDP auf Drucksache 16/3029? – Wer
stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Entschließungs-
antrag ist mit den Stimmen von SPD und CDU/CSU bei
Gegenstimmen der Fraktionen von Bündnis 90/Die Grü-
nen und FDP und bei Enthaltung der Fraktion Die Linke
abgelehnt.


(Ina Lenke [FDP]: Das ist aber sehr bedauerlich!)


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(C (D Wer stimmt für den Entschließungsantrag der Frakon Die Linke auf Drucksache 16/3030? – Gegenprobe! – nthaltungen? – Der Entschließungsantrag ist mit den timmen von SPD und CDU/CSU bei Gegenstimmen er Fraktion Die Linke und bei Enthaltung der Fraktioen von Bündnis 90/Die Grünen und FDP abgelehnt. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 12 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zu dem Antrag der Abgeordneten Ute Koczy, Jürgen Trittin, Undine Kurth terer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Schaden von der Reputation der Osteuropabank abwenden – Das Ölund Gasprojekt Sachalin II als Lackmustest für die Einhaltung internationaler Umweltund Sozialstandards – Drucksachen 16/1668, 16/2925 – Berichterstattung: Abgeordnete Dr. Georg Nüßlein Gabriele Groneberg Dr. Karl Addicks Hüseyin-Kenan Aydin Ute Koczy Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre einen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kollein Gabriele Groneberg, SPD-Fraktion. Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! iebe Kolleginnen und Kollegen! Über das Thema der inhaltung von Umweltstandards auf internationaler bene haben wir hier schon etliche Male diskutiert. Es st unbestritten ein wichtiges Thema. Umweltprobleme leiben nicht nur auf das betreffende Land beschränkt, ondern wirken weit über die von Menschen gesetzten renzen hinaus. Deshalb reden wir heute wieder über in solches Thema. Das Projekt „Sachalin II“ stand chon mehrfach auf der Tagesordnung. Das Ölförderprojekt „Sachalin I“ im Ochotskischen eer ist bereits seit 1999 in Förderbetrieb. Zur besseren usbeutung der Ölund Gasvorkommen sind durch die nternationalen Investoren drei weitere Offshorebohrlattformen, Offshoreund Onshorepipelines, Verladeinrichtungen und Terminals geplant. In der vorgeseheen 800 Kilometer langen Pipeline sollen Öl und Gas in ukunft vom Norden in den Süden der Insel transportiert nd in die Anivabucht, die fast das ganze Jahr eisfrei ist, erschifft werden. Bislang ist eine Ölförderung nur in en Sommermonaten möglich. Das wird sich durch die ipelines ändern. Die für das Projekt mit einem Gesamtvolumen von 1,3 Milliarden US-Dollar notwendige Finanzierung soll Gabriele Groneberg über verschiedene Finanzierungsmöglichkeiten sichergestellt werden, unter anderem möglicherweise durch einen Kredit in Höhe von 400 Millionen US-Dollar von der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, EBWE. Ich wiederhole, um die Dimensionen zu verdeutlichen: Bei einem Gesamtvolumen von 21,3 Milliarden US-Dollar geht es um 400 Millionen US-Dollar Kredite von der EBWE. Es ist bekannt, dass die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung am sorgfältigsten die umweltpolitischen Risiken des Projekts prüft. Die Überprüfung wird auch von anderen Banken sowie selbstverständlich von Nichtregierungsorganisationen aufmerksam verfolgt. Unabhängig von der zu erwartenden Entscheidung ist von den Investoren bereits mit dem Bau eines ersten Sockels der neuen Ölplattform begonnen worden. Das Problem dieses Projekts besteht in den gravierenden Auswirkungen auf die natürlichen Lebensräume und die Artenvielfalt. Durch die Erschließung der Ölund Gasvorkommen ist eine Verunreinigung des Meeresbodens mit Kohlenwasserstoff möglich, ja zu erwarten. Der durch die Kälte bedingte langsame Abbau führt insbesondere für die letzten westpazifischen Grauwale zu einer Bedrohung ihres Lebensraumes. Immer wieder haben Forscher und Nichtregierungsorganisationen auf die Bedrohung der Grauwale durch die Ölund Gasförderung hingewiesen, und zwar durchaus erfolgreich. 2004 hat der Wissenschaftsausschuss der Internationalen Walfangkommission auf der 56. Tagung der IWC durch den maßgeblichen Einsatz der damaligen Bundesregierung – Frau Koczy, damals waren Sie noch nicht hier, aber es ist so gewesen – im Konsens eine Resolution verabschiedet, die alle Staaten auffordert, sich für den Schutz der westpazifischen Grauwale einzusetzen. Ebendiese Resolution wurde im letzten Jahr auf der 57. Tagung noch einmal von allen Staaten, also im Konsens, bekräftigt. Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung ist ihren eigenen Regeln zufolge verpflichtet, der Öffentlichkeit die Möglichkeit zu geben, vor einer Projektbeteiligung das Projekt zu kommentieren. Das ist auch geschehen. Die Anhörung ist erst am 21. April 2006 beendet worden. Nur dadurch – ich finde es sehr wichtig, dass die EBWE überhaupt eingebunden wurde – haben wir die Möglichkeit bekommen, auf die umweltpolitischen Rahmenbedingungen positiv Einfluss zu nehmen, und eine umfangreiche Beteiligung der Öffentlichkeit in Form einer Anhörung erreicht. Wir haben uns also in der vorherigen Regierung unter Rot-Grün, aber auch in dieser Koalition deutlich für die Einhaltung der Standards für eine umweltgerechte Durchführung des Projekts ausgesprochen. Mit unserem Antrag „Die weltweit letzten 100 westpazifischen Grauwale schützen“, den damals Frau Kollegin Rawert eingebracht hat und der am 7. September 2006, also gerade einmal vor sechs Wochen, hier im Plenum verabschiedet worden ist, haben wir uns ebenso deutlich dafür ausgesprochen, dass sich die Bundesregierung, die im Direktorium der EBWE vertreten ist, für die umweltgerechte Durchführung des Projekts „Sachalin II“ mit dem Ziel einzusetzen hat, Umweltschäden, insbesondere S u d d a r A p d l E j l r z h I k n W m s d W u g w d P u w t s T c b A h z g i H s E a D l g (C (D chädigungen der akut bedrohten Grauwalpopulation nd damit selbstverständlich auch der anderen Arten in iesem Gebiet, so weit wie irgend möglich zu vermeien. Gleichzeitig haben wir hier die Bundesregierung ufgefordert, sich gegen eine Bewilligung des Finanzieungsantrags durch die EBWE auszusprechen, falls diese nforderungen nicht erfüllt werden. Seit August 2006 rüft die russische Umweltbehörde, ob die Lizenz für as Sachalinprojekt zurückgezogen werden soll. So ange sieht die Europäische Bank für Wiederaufbau und ntwicklung grundsätzlich von einer Förderung des Pro ekts ab. Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor allen Dingen iebe Frau Koczy, wir fallen nicht hinter die Position der ussischen Regierung zurück, wie Sie in Ihrer Erklärung u dem Antrag am 7. September im Plenum behauptet aben. Das ist wirklich barer Unsinn. (Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Das stimmt! – Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sehe ich anders!)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Gabriele Groneberg (SPD):
Rede ID: ID1605725200




(A) )


(B) )


hr Vorwurf, wir hätten die Dramatik der Lage nicht er-
annt, läuft ebenso ins Leere. Hätten wir die Dramatik
icht erkannt, hätten wir uns nicht darum gekümmert.


(Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Wale werden aussterben!)


äre dieses so, hätten wir gar keinen Antrag stellen
üssen. Es ist wichtig, dass wir darauf Einfluss nehmen,

o weit wie möglich Schäden für die Umwelt zu vermei-
en. Wir sind in der Pflicht, dieses zu tun, wohl wahr.
ir halten uns aber an die international gültigen Sozial-

nd Umweltstandards. Dafür haben wir die Bedingun-
en der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Ent-
icklung, und diese sind auch unsere Messlatte. Wenn
iese Standards nicht eingehalten werden, wird dieses
rojekt nicht durch diese Bank finanziert. Das ist klar
nd deutlich unser Auftrag an die Bundesregierung ge-
esen.

Deshalb hat unser Antrag nach wie vor seine Berech-
igung und ich sehe nicht ein, dass wir gerade einmal
echs Wochen später wieder einen Antrag zu dem
hema verabschieden sollen. Sie hätten vor sechs Wo-
hen die Möglichkeit gehabt, sich anzuschließen. Sie ha-
en die Möglichkeit nicht wahrgenommen. Im Übrigen:
lle paar Wochen die Messlatte ein kleines bisschen
öher zu legen, spricht nicht für die Sache, sondern
eugt eher von dem Versuch, in bestimmten Gruppierun-
en mehr Aufmerksamkeit zu erregen.

Ich halte fest: Die Forderungen eins und drei, die Sie
n Ihrem Antrag stellen, entsprechen vollkommen der
altung der Bundesregierung. Die Forderung vier hat

ich mit Verabschiedung der neuen Energiepolitik der
uropäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung
m 11. Juli 2006 erledigt. Das ist auch Ihnen bekannt.
er Forderung zwei können wir nicht entsprechen. Das

iegt für uns in der Logik. Fazit: Wir lehnen Ihren heuti-
en Antrag ab.


(Hüseyin-Kenan Aydin [DIE LINKE]: Schade!)







(A) )



(B) )


Gabriele Groneberg
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605725300

Das Wort hat der Kollege Dr. Karl Addicks, FDP-

Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Karl Addicks (FDP):
Rede ID: ID1605725400

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Grünen wollen
also mit diesem Antrag hier einen Lackmustest durchfüh-
ren. Sehr schön. Soll es denn blaues oder rotes Lackmus-
papier sein? Ich vermute mal rotes, weil dann die Farbe
so schön zu tiefdunkelgrün wechselt.


(Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da spricht der Mediziner!)


Sprich: Grün wäre also jetzt die Farbe des Widerstandes
gegen dieses Projekt? Das hätte Ihnen natürlich auch ein
bisschen früher einfallen können; denn nach meinen In-
formationen hat sich die EBWE noch in der rot-grünen
Ägide mit 170 Millionen Dollar an der ersten Phase des
Projekts beteiligt. Das grüne Gewissen kommt hier also
leider ein bisschen spät –,


(Beifall bei der FDP – Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber immerhin! Wenn es bei Ihnen auch so wäre, wäre es ja gut!)


aber besser spät als nie.


(Hüseyin-Kenan Aydin [DIE LINKE]: Genau!)


– Genau.

Wenn ich Ihren Antrag durchlese, wird mir nicht so
ganz klar, was Sie eigentlich beabsichtigen: Wollen Sie
den Ruf der EBWE retten? Das fänden wir sehr gut; dem
würden wir uns glatt anschließen. Wollen Sie die Bevöl-
kerung und die Umwelt der Insel Sachalin retten? Prima,
dem würden wir uns ebenfalls anschließen. Wollen Sie
vielleicht das ganze Projekt „Sachalin II“ stoppen?


(Hüseyin-Kenan Aydin [DIE LINKE]: Am besten!)


Dem würden wir uns nicht so ganz anschließen. Wenn es
Ihnen um die Osteuropabank geht: Vielen Dank, dass Sie
um die Reputation dieser Bank so besorgt sind.

Sie fordern in Ihrem Antrag, dass die EBWE sich an
ihre eigenen Regeln hält – sehr richtig! Das unterstützen
wir von ganzem Herzen, auch wenn Sie damit ein biss-
chen Ihre Klientel bedienen wollen. Wenn die Bank sich
nicht an die von ihr selbst gesetzten Umwelt- und Sozial-
standards hält, dann soll sie sich auch nicht mit Kredit-
vergaben in dieses Projekt einmischen – völlig richtig!
Das gilt vor allen Dingen, wenn das ganze Kreditvolumen
nur 1,5 Prozent des Gesamtvolumens beträgt.


(Gabriele Groneberg [SPD]: Schönen Dank, dass Sie die Prozentzahl ausgerechnet haben!)


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(C (D rau Groneberg, Sie haben gerade von einem Gesamtolumen von 400 Millionen Euro gesprochen. Mir liegt ie Zahl 300 Millionen Euro vor. Nach Adam Riese ntspricht dies ganzen 1,5 Prozent. Aber wenn es Ihnen um die Bevölkerung von Sachain und den Umweltschutz auf dieser Insel geht, dann uss ich Ihnen sagen: Dazu stehen in Ihrem Antrag lei er keine harten Fakten. Ich zitiere: … die bereits erfolgten und kaum noch revidierbaren Verstöße von Shell, Mitsui und Mitsubishi gegen russische und internationale Umweltund Sozialnormen … ovon sprechen Sie hier eigentlich genau? Warum nenen Sie nicht die Umweltkatastrophen, die dort stattefunden haben sollen, beim Namen? Hat es wirklich so ravierende Auswirkungen gegeben oder sind das nur rdnungswidrigkeiten? Ich finde Ihre Argumentation ort ein bisschen schwach. Aber es geht hier nicht so ehr um den Umweltaspekt, sondern mehr um die Repuation der EBWE. Nach der Lektüre Ihres Antrags habe ich den Einruck bekommen, dass Sie das ganze Projekt am Ende irklich stoppen wollen. Mittlerweile ist dieser Fall beiahe eingetreten: Die Russen haben dem Konsortium die izenz entzogen. Sie begründen ihren Einspruch mit erstößen gegen russische Umweltauflagen. Man höre nd staune und werfe auch einmal einen Blick auf die erzeitigen russischen Produktionsanlagen und deren mweltschutz – ein Schelm, wer dabei Böses denkt. Mir rängen sich da wirklich Assoziationen in Richtung asprom auf. Der Ölpreis ist inzwischen ein wenig ge tiegen und daher möchte Gasprom natürlich gern einen uß in die Tür setzen. Da die Gespräche nicht zu dem ewünschten Erfolg geführt haben, haben die Russen infach andere Wege gewählt. Aber das will ich Ihnen icht vorwerfen. Das ginge jetzt zu weit. Wollen Sie wirklich, dass dieses Projekt gestoppt ird? Es ist mittlerweile zu 70 Prozent fertig gestellt. Ich eiß nicht, ob es für die Umwelt so gut ist, wenn in achalin eine Investitionsruine steht. Gerade in diesen eiten wird das Erdöl sehr dringend gebraucht. Das Erdlvorkommen dort ist eines der größten, die in jüngster eit weltweit entdeckt worden sind. Wir steuern auf eine nternationale Energieknappheit zu. Wir könnten diese nergie eigentlich ganz gut gebrauchen. Ich weiß wirklich icht, ob die Welt es sich leisten kann, auf diese Vorräte infach so zu verzichten. Das sind zwar wieder fossile nergien – richtig! – mit Auswirkungen auf das Klima; ber über eine vernünftige Nutzung der Atomkraft können ir mit Ihnen ja leider nicht reden. (Mechthild Rawert [SPD]: Gott sei Dank! – Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zum Glück!)


atürlich muss dieses Projekt mit Rücksicht auf die Um-
elt gefördert werden. Aber man sollte bitte nicht gleich

lles stoppen.


(Beifall bei der FDP)







(A) )



(B) )


Dr. Karl Addicks
Zurück zu Ihrem Antrag. Ihre letzten Forderungen
haben mit Sachalin II im Grunde überhaupt nichts mehr
zu tun. Da propagieren Sie eigentlich nur Ihren Öko-
kolonialismus. Da ist die Rede von Energieeffizienz und
von der Förderung erneuerbarer Energien. Prima, das
finden wir ebenfalls alles gut. Aber warum soll das jetzt
auf einmal wieder mit einem Verzicht auf die Wasser-
kraft einhergehen? Für mich ist Wasserkraft nach wie
vor eine der saubersten Energien. Leider ist Ihr Antrag
nicht so schlüssig, wie wir uns das wünschen. Es scheint
mir im Grunde ein Gefälligkeitsantrag für Ihre Klientel
zu sein. Das können wir leider nicht mitmachen. Deshalb
werden wir uns hier enthalten.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605725500

Das Wort hat der Kollege Dr. Georg Nüßlein, CDU/

CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU – Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Jetzt kommt Stimmung in die Bude!)



Dr. Georg Nüßlein (CSU):
Rede ID: ID1605725600

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Das Öl- und Gasprojekt „Sachalin II“ befindet
sich zweifellos in einem ökologisch besonders empfind-
lichen subarktischen Gebiet. Aufgrund der Größen-
ordnung des Projektes sind die Auswirkungen auf die
Umwelt besonders nachhaltig zu prüfen. Dies war Grund
für die CDU/CSU und die SPD, den Antrag vom
5. September dieses Jahres zu formulieren, den Sie ken-
nen. Er steht unter der Überschrift „Die weltweit letzten
100 westpazifischen Grauwale schützen“. Das ist im
Grunde nichts anderes als ein Pars pro Toto; denn
„Schutz der Grauwale“ bedeutet auch Schutz von Fauna
und Flora in der Anivabucht, Schutz der Lachse und der
Fischerei sowie Schutz der Menschen. 30 Prozent der
Menschen dort leben vom Lachsfang; das ist also auch
entwicklungspolitisch relevant.

Wir wollen die umwelt- und entwicklungspolitischen
Fragen nicht vernachlässigen. Deshalb haben wir den
vorliegenden Antrag formuliert. Wir meinen, dass damit
aber das Notwendige gesagt ist.

Meine Damen und Herren, vorhin wurde ange-
sprochen, dass die Russen dem Projekt „Sachalin II“ die
Unbedenklichkeitserklärung in Bezug auf die Umwelt
entzogen haben. Wir könnten uns eigentlich zurück-
lehnen und sagen: Endlich haben es die Russen er-
kannt. – Aber, meine Damen und Herren, man muss sich
schon fragen, ob dies ein Zeichen für eine neue umwelt-
politische Sensibilität in der russischen Politik ist. Wenn
man sich zum Beispiel anschaut, wie marode das Pipe-
linenetz ist, das die Russen betreiben, wenn man sich vor
Augen führt, dass sie Geld nur in Neubauten stecken, die
alten Leitungen aber nur notdürftig repariert werden und
große Mengen Rohöl im Boden versickern, dann kom-
men einem schon Zweifel, wie sie der Kollege Addicks
vorhin formuliert hat. Dass es nicht um Umweltmotive,

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(C (D ondern um die Motive Macht und Geld geht, liegt aus einer Sicht relativ nahe. Nun kann man sich die Frage stellen, warum die Rusen erst jetzt, drei Jahre nachdem die Unbedenklichkeitsrklärung erteilt worden ist, darauf kommen, diese wieer zurückzuziehen. Ich behaupte, das Vorgehen liegt im ontext der neuen russischen Rohstoffpolitik oder vielleicht besser – Machtpolitik. Schauen Sie sich das n: Liquidierung des Yukos-Konzerns, Gaskrieg mit der kraine, und jetzt scheinen die Konzerne Shell, Mitsui nd Mitsubishi als derzeit maßgebliche Träger des Sachalin II“-Projektes an der Reihe zu sein. Dafür gibt es verschiedene Belege, zum einen den eitpunkt. Kurz bevor die Verhandlungen über die Be eiligung von Gasprom an Sachalin II gescheitert sind, ird die Unbedenklichkeitserklärung kassiert. Zum aneren gibt es Belege wie Aussagen des russischen Rohtoffministers, der unverhohlen sagt, Sachalin II sei für ussland zu wenig vorteilhaft. Schaut man sich die Verträge an, so merkt man in der at, dass sie in den 90er-Jahren, als Russland sich noch n einer anderen wirtschaftlichen Situation und einer aneren politischen Verfassung befunden hat, so gestrickt orden sind, dass die Konzerne im Prä sind und Russ and erst dann an dem beteiligt wird, was aus dem Boden efördert wird, wenn die Konzerne ihre Investitionen zuückverdient haben. Ein Berater Putins soll sogar gesagt aben, es sei wünschenswert, dass das Projekt „Sachain“ in nationale Projekte umgewandelt wird. Nun werden Sie sich wahrscheinlich fragen, warum ch das im Zusammenhang mit dem Antrag der Grünen rzähle. Meine Damen und Herren von den Grünen, lauben Sie ernsthaft, dass dann, wenn sich die Osturopabank nicht mit 300 oder 400 Millionen Euro an iesem Projekt beteiligt, das, was dort auf Sachalin in rund und Boden steckt, nicht ausgebeutet wird? (Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben es nicht begriffen!)


ngesichts des Energiehungers dieser Welt, angesichts
es Bedarfs, der sich in den Schwellenländern plötzlich
ntwickelt, ist es völlig unwahrscheinlich, dass die Roh-
toffe ohne Zutun dieser Bank nicht ausgebeutet würden.

Wir müssen uns doch auch fragen, wie wir damit um-
ehen sollen. Ist es nicht sinnvoller, dass wir uns – natür-
ich unter Einhaltung von Umweltstandards, natürlich
nter Einhaltung von Auflagen – an diesem Projekt
eteiligen, auf die von Ihnen angesprochene Signal-
irkung hoffen und darauf setzen, dass sich dort tatsäch-

ich etwas bewegt und wir beides, nämlich die Gewin-
ung von Rohstoffen auf der einen Seite und den Schutz
er Umwelt in dieser Region auf der anderen Seite, in
inklang bringen können? Den Russen muss man natür-

ich auch sagen, dass sie sich bei dem, was sie politisch
un, schon überlegen müssen, ob sie nicht anfangen soll-
en, ihre Vertrauenswürdigkeit Investoren gegenüber un-
er Beweis zu stellen und ihr Verhältnis zu Japan zu hin-
erfragen, mit dem es noch immer keinen
riedensvertrag gibt. Das sind Dinge, die man in diesem






(A) )



(B) )


Dr. Georg Nüßlein
Zusammenhang vielleicht einmal ganz offen ansprechen
sollte.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Allerdings muss sich auch Shell vorhalten lassen, das
Projekt ohne Umweltverträglichkeitsanalyse begonnen
zu haben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Hüseyin-Kenan Aydin [DIE LINKE]: Richtig!)


Von einem internationalen Konzern wie Shell muss man
in diesem Punkt etwas mehr Sensibilität verlangen kön-
nen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Der Maßstab für die Beurteilung von Sachalin II muss
ein materieller und darf eben kein formaler sein. Deshalb
sagen wir ganz offen: Die Bundesregierung und die
EBWE können zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht
entscheiden, wie man mit dem Projekt umgeht.

Lassen Sie mich abschließend noch eine Bemerkung
zu Nummer vier Ihrer Forderungen machen, und zwar
unabhängig von der Tatsache, dass sich das aufgrund des
Zeitablaufs schon erledigt hat. Wir reden über die Frage,
wie es energiepolitisch mit der Ausbeutung von fossilen
Rohstoffen weitergeht. Sie wollen weg von der Kernen-
ergie. Sie wollen auch in den Entwicklungs- und
Schwellenländern CO2-schonend Energie produzieren.
Wir müssen auch dafür Sorge tragen, dass Entwick-
lungs- und Schwellenländer Zugang zu Energie haben;
denn das ist ein ganz besonderes entwicklungspoliti-
sches Thema. Wenn man das so sieht, dann darf man
aber nicht Vorschriften machen, die sich widersprechen.
Was machen Sie? Sie fordern die Nutzung von erneuer-
baren Energien, nehmen aber die Große Wasserkraft aus,
weil Sie den Entwicklungs- und Schwellenländern nicht
das zugestehen wollen, was andere schon lange tun.
Aber irgendwie, meine Damen und Herren, müssen wir
doch den Energiebedarf decken! Wenn nicht über die
Große Wasserkraft, nicht über die Kernenergie und na-
türlich – denn im Kern wollen Sie ja letztlich das
„Sachalin II“-Projekt stoppen – auch nicht über die fos-
silen Brennstoffe, wie denn dann? Diese Frage müssen
Sie beantworten.

Der Zugang zu Energie ist – ich glaube, meine Damen
und Herren, da sind wir uns einig – Voraussetzung für
den Wohlstand, den wir nicht nur bei uns, sondern auch
in anderen Ländern schaffen wollen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605725700

Nächster Redner ist der Kollege Hüseyin Aydin,

Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! achalin II ist eines der größten Ölund Gasförderproekte der Welt. Das haben meine Vorredner bereits erähnt. Am Anfang des Jahres verkündete das Konsor ium Sakhalin Energy, dass sich die Umsetzung des rojektes in die Länge ziehen würde. Die Kosten würden on 12 Milliarden auf 20 Milliarden US-Dollar steigen. un soll die Osteuropabank einspringen und Kredite in öhe von bis zu 400 Millionen Euro gewähren. Wir fordern die Bundesregierung auf – und da sind ir uns mit den Antragstellern einig –: Lehnen Sie die en Kreditantrag im Direktorium der Bank ab! Die Gründe dafür liegen auf der Hand. Das Projekt at bereits vor seiner Fertigstellung die Anivabucht auf er Insel Sachalin buchstäblich verseucht. Die Pipeline uer über die Insel hat ebenfalls schwere Umweltschäen verursacht. Sie wurde unter Verstoß gegen russische nd auch internationale Umweltund Sozialnormen veregt. Das Betreiberkonsortium hat es nicht einmal für nöig erachtet, eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorzuegen. Durch eine Zustimmung zur Kreditvergabe würde ich die Bundesregierung direkt mitschuldig machen, itschuldig an der kriminellen Umweltzerstörung in eier der verbliebenen urwüchsigen Naturlandschaften der elt. Hauptaktionär des Projektes „Sachalin II“ ist der nergiekonzern Shell. Der Konzern gebärdet sich wie in Wiederholungstäter. In der Anivabucht vor Sachalin iederholt sich eine Umweltkatastrophe, wie wir sie be eits aus dem Nigerdelta kennen. Auch dort vergiftet die lförderung unter Verantwortung von Shell die Lebensrundlagen von Mensch und Natur. Nun traf sich der Shell-Vorstand am vergangenen Wohenende mit dem russischen Minister für Bodenchätze, Juri Trutnev. Nach dem Treffen erklärte nicht ur Shell vor der Presse, alle Umweltprobleme seien beeitigt; nein, auch Herr Trutnev schlug plötzlich veröhnliche Töne an. Es hieß, der von der russischen Reierung erwogene Stopp von Sachalin II sei hinfällig, enn Shell einen neuen Plan vorlege. Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen: Ein neues apier wird die Vernichtung der unschätzbaren Natur uf Sachalin nicht rückgängig machen. Es drängt sich er Verdacht auf, dass sich die russische Regierung mit em Shell-Vorstand weniger über Grauwale und Wiederufforstung als vielmehr über die Konditionen bei der usbeutung des Ölund Gasfeldes unterhalten hat. Eine bloße Neuverteilung der zu erwartenden Geinne aus der Ölförderung zwischen Staat und Konsor ium kann kein Kriterium für eine positive Neubewerung des Projekts sein. ch bin mir sicher, dass Sie, meine Kolleginnen und Kolegen von den Regierungsparteien, das genauso sehen. Hüseyin-Kenan Aydin Warum wollen Sie diesem Antrag dann aber nicht zustimmen? Die deutsche Öffentlichkeit hat noch gut in Erinnerung, wie Gerhard Schröder direkt aus dem Kanzleramt in den Aufsichtsrat des Betreiberkonsortiums für die Ostseepipeline wechselte. (Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Reden Sie mal mit Ihren Genossen in Russland!)

Hüseyin-Kenan Aydin (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605725800

(Beifall bei der LINKEN)


(Dr. Karl Addicks [FDP]: So ist es!)


(Beifall bei der LINKEN)





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Wie weit wollen Sie, liebe SPD-Kolleginnen und Kolle-
gen, diesen Weg der unkritischen Begleitung der russi-
schen Regierungspolitik noch mitgehen? Man mag ja
kaum seinen Ohren trauen, wenn Altkanzler Schröder
den russischen Präsidenten Putin dafür lobt, dass er
Russland – ich zitiere – „auf den demokratischen Weg
führt“. Das war am 6. Oktober. Einen Tag später wurde
in diesem Land die kremlkritische Journalistin Anna
Politkowskaja erschossen,


(Mechthild Rawert [SPD]: Das sind aber Zusammenhänge, die unlauter sind!)


jene Journalistin, die von Putin im Fernsehen unver-
blümt als Feindin des Volkes bezeichnet wurde. Ein Zu-
fall?

Die Regierungsparteien ziehen sich darauf zurück,
dass bereits ein Antrag zum Schutz der Grauwale vor der
Insel verabschiedet worden sei. Ich frage mich: Warum
spricht das gegen den vorliegenden Antrag?


(Gabriele Groneberg [SPD]: Weil das bereits erledigt ist!)


Hier geht es um die Kreditvergabepolitik der Osteuropa-
bank.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605725900

Herr Kollege, schauen Sie bitte auf Ihre Redezeit.


Hüseyin-Kenan Aydin (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605726000

Ich komme zum Schluss. – Jetzt, wo ein Antrag eine

konkrete Bedeutung zum Schutz der Natur vor der russi-
schen Ostküste hat, ziehen Sie sich feige zurück. Ich
glaube, hier sollten Sie Mut aufbringen und dem Antrag
zustimmen.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605726100

Letzte Rednerin in dieser Debatte ist die Kollegin Ute

Koczy, Bündnis 90/Die Grünen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Ute Koczy (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605726200

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Unser grüner Antrag will dafür sorgen, dass
das Unterlaufen von Standards in der Öl- und Gaspro-
duktion durch den Konzern Shell in Russland nicht noch
durch deutsche Politik unterstützt wird.

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(C (D Wir stehen aktuell vor einer Entscheidung der Osteuopabank. Auch in Russland wird darüber diskutiert. Der ktuelle Anlass ist also gegeben. Wir kennen natürlich die Position der Regierungsraktionen und auch den Antrag, der da heißt „Die welteit letzten 100 westpazifischen Grauwale schützen“, en die Koalitionsfraktionen am 5. September eingeracht haben, aber leider nicht diskutierten; es gab keine ussprache dazu. (Mechthild Rawert [SPD]: Sie müssten sich aber noch erinnern, weshalb! Wir hätten ja gern darüber geredet!)


ir wissen, dass der Antrag vor der Sommerpause zu-
ückgezogen wurde. Deshalb ist es wichtig, diesen Punkt
ier zu benennen und zu diskutieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Groneberg, es ist tatsächlich so: Die Umwelt-
chäden vor Ort sind enorm. Sie haben in Ihrem Antrag
iese Situation und auch die sozialen Folgen für die
enschen dort ausgeblendet.


(Gabriele Groneberg [SPD]: Das stimmt nicht!)


eswegen konnten wir Ihrem Antrag nicht zustimmen.
ieser Antrag, der zu Recht die weltweit letzten leben-
en Grauwale schützen will, verweigert sich damit der
rkenntnis, in welchem Zusammenhang die Ausbeu-

ung der Rohstoffe steht. Ich finde, Sie haben eine
roße Chance vertan.

Die Osteuropabank, die jetzt über einen Kredit für
achalin II entscheidet, ist eine angesehene internatio-
ale Entwicklungsbank. Deutschlands Stimme in ihrem
irektorengremium hat beträchtlichen Einfluss auf die
ergabeentscheidungen der Bank. Deutschland hat da-
it die besondere Verantwortung, dass zum einen der
uf der Osteuropabank, zum anderen aber auch interna-

ionale Standards nicht beschädigt werden. Beides ris-
ieren wir, wenn dieses Haus unserem Antrag nicht zu-
timmt.

Sakhalin Energy als Förderkonsortium bei
achalin II hat eine unglaubliche Liste von Verstößen
egen internationale Umwelt- und Sozialstandards pro-
uziert. Wenn die Osteuropabank ihre eigenen Standards
rnst nimmt, dann darf das Konsortium diesen Kredit
icht bekommen. Frau Groneberg und Herr Addicks, Sie
aben hier abgewiegelt und gesagt, es gehe um die
00 Millionen Euro im Vergleich zu der Gesamtsumme.
s geht aber nicht um das Geld, sondern darum, ob die
steuropabank ein Gütesiegel für die Ausbeutung auf
achalin – unter den katastrophalen Umweltbedingun-
en, die dort herrschen – gibt. Dieses Gütesiegel verwei-
ern wir.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Es gibt Proteste vor Ort und eine breite Bewegung ge-
en das Projekt und gegen die finanzielle Unterstützung
es Projekts durch die Osteuropabank. Die Bank muss
issen: Mit einer Kreditvergabe würde ein starkes






(A) )



(B) )


Ute Koczy
Signal der Aufweichung internationaler Standards an
andere Banken und Ressourcenprojekte ausgesendet.


(Gabriele Groneberg [SPD]: Und das wird auch nicht verhindert, Frau Koczy!)


Dabei ist es eigentlich Aufgabe der Bank, ehrgeizige
Umwelt- und Sozialstandards nach Osteuropa zu vermit-
teln.

Die Bank muss jetzt umsteuern und sich auf die För-
derung von regenerativen Energien und Energieeffizienz
konzentrieren. Welchen Sinn macht es, die knappen Mit-
tel der Entwicklungsbank in Zeiten akuten Klimawan-
dels in riesige Ölprojekte zu stecken, für die es ohnehin
ausreichend Kreditfinanzierung gibt?


(Gabriele Groneberg [SPD]: Jetzt widersprechen Sie sich selbst!)


Die Osteuropabank braucht das Geld nicht; sie muss die-
ses Gütesiegel nicht geben.


(Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Dass sie das Geld nicht braucht, ist ja das Problem, Frau Koczy!)


Was wir brauchen, ist ein klares Nein zur Kreditvergabe
durch die Osteuropabank an Sachalin II.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Derzeit geht die russische Regierung gegen Sakhalin
Energy wegen seiner Umweltvergehen vor; das wurde
auch schon erwähnt. Ich meine, man muss auch darauf
hinweisen, dass es dabei nicht nur darum geht, die Öko-
logie zu schützen. Machtpolitische Motive sind mindes-
tens genauso wichtig.

Ich will Sie zum Abschluss meiner Rede auch noch
darüber informieren, dass es die mutige russische Um-
weltaufsicht sehr schwer hat. Gestern haben Einheiten
der russischen Kriminalpolizei im Auftrag der Staatsan-
waltschaft die Büros der Behörde durchsucht. Dabei ha-
ben sie Dokumente über das von der Umweltaufsicht
eingeleitete Umweltaufsichtsverfahren gegen Sakhalin
Energy und andere Ölunternehmungen konfisziert. Da
findet gerade ein Machtkampf statt. Ich bin der Mei-
nung, wir sollten uns daran nicht beteiligen.

Stimmen Sie unserem Antrag zu; sagen Sie Nein zur
Kreditvergabe an Sachalin II.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1605726300

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-

schusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent-
wicklung auf Drucksache 16/2925 zu dem Antrag der
Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen mit dem Titel
„Schaden von der Reputation der Osteuropabank abwen-
den – Das Öl- und Gasprojekt Sachalin II als Lackmus-
test für die Einhaltung internationaler Umwelt- und So-
zialstandards“. Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf
Drucksache 16/1668 abzulehnen. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? –
Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der

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(C (D oalition bei Gegenstimmen der Grünen und der Frakion der Linken sowie Enthaltung der FDP angenom en. Interfraktionell ist vereinbart, die heutige Tagesord ung um die Beratung der Beschlussempfehlung des usschusses für Wahlprüfung, Immunität und Ge chäftsordnung zu einem Antrag auf Genehmigung zur urchführung eines Strafverfahrens zu erweitern und iese jetzt sofort als Zusatzpunkt 15 ohne Aussprache ufzurufen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der all. Dann ist so beschlossen. Ich rufe daher den Zusatzpunkt 15 auf: Beratung der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung Antrag auf Genehmigung zur Durchführung eines Strafverfahrens – Drucksache 16/3043 – Wir kommen sofort zur Abstimmung. Der Ausschuss ür Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung mpfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksahe 16/3043, die Genehmigung zur Durchführung eines trafverfahrens zu erteilen. Wer stimmt für diese Bechlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Enthalungen? – Die Beschlussempfehlung ist einstimmig anenommen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 13 a und 13 b auf: a)

gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Änderung des Zwölften Buches Sozialge-
setzbuch und anderer Gesetze
– Drucksachen 16/2711, 16/2753 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)

– Drucksache 16/3005 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Markus Kurth

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Arbeit und Soziales

(11. Ausschuss)

– Antrag der Abgeordneten Klaus Ernst, Katja

Kipping, Karin Binder, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der LINKEN
Für ein menschenwürdiges Existenzmini-
mum

– zu dem Antrag der Abgeordneten Markus
Kurth, Irmingard Schewe-Gerigk, Volker Beck

(Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion

des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Das Existenzminimum sichern – Sozialhil-
feregelsätze neu berechnen und Sofortmaß-
nahmen für Kinder und Jugendliche einlei-
ten

– zu dem Antrag der Abgeordneten Markus
Kurth, Brigitte Pothmer, Irmingard Schewe-






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
Gerigk, Elisabeth Scharfenberg und der Frak-
tion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Die Eingliederungshilfe für Menschen mit
Behinderungen weiterentwickeln – Das
Bruttoprinzip in der Sozialhilfe beibehalten
und Leistungen aus einer Hand für Men-
schen mit Behinderungen ermöglichen

– Drucksachen 16/2743, 16/2750, 16/2751,
16/3005 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Markus Kurth

Zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung liegt ein
Entschließungsantrag der Fraktion der FDP vor.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
Jörg Rohde, FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Jörg Rohde (FDP):
Rede ID: ID1605726400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Der vorliegende Gesetzentwurf zeigt wieder einmal,
dass hinter den Kulissen der Koalition mit heißer Nadel
Gesetzesänderungen gestrickt werden, die wir im Parla-
ment nach kurzer Diskussion verabschieden sollen.


(Beifall bei der FDP – Widerspruch bei der CDU/CSU)


Immerhin wurden auch drei Punkte, die die FDP in die
Beratung zu den Gesetzesänderungen eingebracht hat,
von der Koalition übernommen.

Wir begrüßen als FDP den Bürokratieabbau bei der
Frage der bisher jährlichen Festlegung der Höhe der mo-
natlichen Regelsätze durch Verordnung der Landesregie-
rungen.


(Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Können Sie noch einmal Ihr Abstimmungsverhalten gestern im Ausschuss erläutern?)


Zukünftig müssen die Landesregierungen nur noch eine
neue Verordnung erlassen, wenn sich die Regelsätze
auch wirklich ändern.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt)


Auch die Erweiterung der Gewährung von Darle-
hen an Leistungsberechtigte bei der Grundsicherung im
Alter und bei Erwerbsminderung halten wir für richtig.

Besonders hervorzuheben ist die Beibehaltung des
Bruttoprinzips in § 92 SGB XII. Noch am 22. Septem-
ber 2006 hatte die Bundesregierung, Herr Staatssekretär
Thönnes, auf meine Frage hin bestätigt, dass sie die Be-
fürchtungen der Sozialverbände bei der Einführung des
Nettoprinzips bei der Eingliederungshilfe für Menschen
mit Behinderungen nicht teilt. Die Anhörung am Montag
in Berlin hat aber aus meiner Sicht ganz klar ergeben,
dass es notwendig ist, beim Bruttoprinzip zu bleiben,

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(C (D (Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Aus unserer Sicht auch! Darum machen wir es ja!)


m Menschen mit Behinderungen finanzielle Leistungen
us einer Hand anzubieten. Wir freuen uns als FDP heute
lso über die Einsicht der Bundesregierung und der Ko-
lition in diesem wichtigen Punkt.


(Beifall bei der FDP)


Bei der anstehenden Weiterentwicklung der Eingliede-
ungshilfe in Zusammenarbeit mit den Kommunen und
en Ländern wollen einige Abgeordnete der Koalition
ber schon in naher Zukunft wieder über die Einführung
es Nettoprinzips diskutieren. Aus Sicht der Sozialver-
ände kann hier also noch keine endgültige Entwarnung
rfolgen. Aber die Liberalen stehen hier klar an der Seite
er Verbände und der Betroffenen. Wir werden hier
achsam bleiben.


(Elke Ferner [SPD]: Oh weh! Ist das eine Drohung?)


Nun komme ich zu einigen Punkten im vorliegenden
esetzentwurf, welche die Liberalen gemeinsam mit den
undesländern gerne verbessert hätten. Zum Beispiel
aben wir im Ausschuss gefordert, dass EU-Bürger, die
ach Deutschland ziehen, frühestens nach Ablauf von
rei Monaten leistungsberechtigt sind. Gerade als Be-
riebsrat bin ich für Freizügigkeit der Arbeitnehmer in
uropa und für die soziale Absicherung dieser Freizü-
igkeit. Aber einem Zuzug in unsere Sozialsysteme
üssen wir entgegenwirken.


(Beifall bei der FDP – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bauen Sie doch keinen Popanz auf!)


Auch hätten wir uns eine gesetzliche Klarstellung ge-
ünscht, um die Zuständigkeit für Wohnungsbeschaf-

ungskosten, Umzugskosten und Kautionen eindeutig
estzulegen. Beim SGB II hatten wir erst im Sommer
ine entsprechende Klarstellung beschlossen. Warum
ollen Sie dies nicht auch im SGB XII regeln?

Als Drittes möchte ich an dieser Stelle die Aufhebung
er Verortung der Schiedsstellen bei den Landesbehör-
en kritisieren. Im Zuge der zunehmenden Kommunali-
ierung könnte die Änderung des § 80 SGB XII von den
undesländern dazu genutzt werden, die Schiedsstellen
ei den Landkreisen zu verorten. Damit könnte der öf-
entliche Rechtsträger zum einen potenzielle Partei eines
chiedsstellenverfahrens sein und zum anderen für den
ufbau und die Organisation der Schiedsstelle zuständig

ein. Selbst wenn die Schiedsstellen bei den in einigen
undesländern bestehenden Landeswohlfahrtsverbän-
en angesiedelt würden, entstünden ähnliche Verwerfun-
en, wenn die Landeswohlfahrtsverbände von den Land-
reisen getragen werden. Der Nutzen für die Menschen
n Einrichtungen erschließt sich mir nicht. Wir hätten die
chiedsstellen lieber weiter bei den Landesbehörden ge-
ehen und fordern daher, den § 80 nicht zu ändern.


(Beifall bei der FDP)


Leider haben Union und SPD alle diese weitergehen-
en Vorschläge im Ausschuss abgelehnt.






(A) )



(B) )


Jörg Rohde
Des Weiteren kritisieren wir, dass wir mittlerweile
eine Regelsatzbemessung nach Kassenlage haben.


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Das stimmt nicht!)


Wir haben weiterhin die starke Vermutung, dass bei der
Veränderung der Parameter für die EVS 2003, also die
Einkommens- und Verbrauchsstichprobe, so lange an
den Parametern gedreht wurde, bis das gewünschte Er-
gebnis von circa 345 Euro errechnet werden konnte.


(Widerspruch bei der CDU/CSU und der SPD)


– Das ist eine Vermutung, meine Damen und Herren.

Hier fordern wir künftig mehr Nachvollziehbarkeit
und eine Ausrichtung des Regelsatzes an objektiven Kri-
terien wie dem Preisniveau.


(Abg. Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


– Heute keine Zwischenfragen!

Zudem sollten die Anrechnungsregeln für den Hin-
zuverdienst für SGB-XII-Empfänger nicht gegenüber
dem heute geltenden Recht verschlechtert werden. Der
Anreiz zu Aktivität und Arbeit bei den Leistungsemp-
fängern würde vermindert. Hier widersprechen die Libe-
ralen mit Nachdruck.

Alles in allem frage ich mich, warum Sie ausgerech-
net jetzt den Vorstoß zu einer so weit gehenden Ände-
rung des SGB XII gemacht haben. Sie flicken und dok-
tern an der Eingliederungshilfe herum, obwohl Sie doch
andere Pläne hatten. Ich darf Sie, liebe Kolleginnen und
Kollegen der Regierungsfraktionen, an Ihren Koalitions-
vertrag erinnern.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605726500

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Peter Weiß von der CDU/CSU-Fraktion?


Jörg Rohde (FDP):
Rede ID: ID1605726600

Heute nicht, Herr Kollege.


(Zurufe von CDU/CSU und der SPD: Oh!)


Im Koalitionsvertrag heißt es wörtlich:

Gemeinsam mit den Ländern, Kommunen und den
Verbänden behinderter Menschen werden wir die
Leistungsstrukturen der Eingliederungshilfe so wei-
terentwickeln, dass auch künftig ein effizientes und
leistungsfähiges System zur Verfügung steht. Dabei
haben der Grundsatz „ambulant vor stationär“, die
Verzahnung ambulanter und stationärer Dienste,
Leistungserbringung „aus einer Hand“ sowie die
Umsetzung der Einführung des Persönlichen Bud-
gets einen zentralen Stellenwert.

Beinahe hätten Sie die finanzielle Leistungserbringung
aus einer Hand gekippt. Jetzt wird es endlich Zeit, Ihre
Pläne mit den Betroffenen zu diskutieren.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das tun wir schon, keine Angst!)


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(C (D Für heute ist nach unserer Bewertung die ursprünglihe Gesetzesvorlage durch die Änderungsanträge der oalition zwar verbessert worden, aber unter dem Strich önnen wir als FDP-Fraktion aus den zuletzt genannten ründen dem SGB-XII-Änderungsgesetz nicht zustimen und lehnen es daher ab. Für unseren Entschlie ungsantrag bitten wir dagegen um Ihre Zustimmung. Vielen Dank. Das Wort zu einer Kurzintervention erteile ich nun em Kollegen Peter Weiß. Herr Kollege Rohde! Verehrte Kolleginnen und Kol egen! Ich befürchte, dass die ungeheuerliche Behaupung, die Sie zum Regelsatz in der Sozialhilfe nach dem GB XII aufgestellt haben, nachher von einer anderen raktion wiederholt wird, mit der Sie sonst nicht so gern oalieren. Es war 1989 ein großer Fortschritt, der damals von er gesamten Fachwelt und auch den Wohlfahrtsverbänen begrüßt worden ist, dass wir den Warenkorb abgechafft haben und dazu übergegangen sind, die Einkomensund Verbrauchsstichprobe des Statistischen undesamtes bei den unteren 20 Prozent der in Deutsch and erhobenen Einkommen zur Grundlage des Regelatzes in der Sozialhilfe zu machen, und damit zu einem erfahren gekommen sind, das auf statistisch einwand reien Daten basiert und auf das die Politik und andere einen Einfluss nehmen können. Ich möchte es noch einmal betonen: Es ist richtig, ass sich die Bundesregierung bei der Regelsatzverordung an diese Einkommensund Verbrauchsstichprobe ält; denn dadurch wird das tatsächlich ermittelte Verrauchsverhalten der Schicht der unteren 20 Prozent der inkommen in Deutschland zur Grundlage des Regelsates. Wer dieses Verfahren in der Art und Weise verdächigt, wie Sie es getan haben, betreibt nicht Sozialpolitik, ondern macht eine Rückwärtsrolle in Sachen Sozialpoitik. Dagegen sollten wir uns entschieden wehren. Ich ehaupte: Das Statistische Bundesamt lügt nicht. Wenn ie hier eine solche Behauptung aufstellen, dann beweien Sie auch auf Punkt und Komma, wo Sie meinen, ass unsere Statistiker lügen und eine falsche Berechung vorgenommen haben. Ich behaupte: Die EVS ist ichtig. Sie sollte auch in Zukunft angewandt werden. Zur Erwiderung Herr Rohde, bitte. Herr Kollege Weiß, wir hatten vor zwei Wochen zum leichen Thema und fast zur gleichen Stunde genau die leiche Auseinandersetzung. Ich habe damals gesagt: Jörg Rohde Ich vermute es. Das ist keine Behauptung, sondern das ist eine Vermutung von mir persönlich. Aber die Nachvollziehbarkeit ist insofern gegeben, weil 1998 bei der letzten Einkommensund Verbrauchsstichprobe ein Satz errechnet wurde, von dem dann aus politischen Gründen abgewichen wurde. Den Leuten wurde etwas mehr gegeben. (Elke Ferner [SPD]: Ach so! Sie wollen weniger!)


(Beifall bei der FDP)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605726700
Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1605726800

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605726900
Jörg Rohde (FDP):
Rede ID: ID1605727000




(A) )


(B) )


Diesmal kam bei der Berechnung exakt der Betrag he-
raus, der bisher gezahlt wurde. Das nährt meine Vermu-
tung, dass aus politischen Gründen ein bisschen an den
Parametern gedreht wird. Das ist nur eine Vermutung. Es
ist völlig richtig: Ich habe keine Beweise dafür. Aber ich
bleibe bei meiner Vermutung.


(Elke Ferner [SPD]: Die Erde ist eine Scheibe!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605727100

Das Wort hat nun die Kollegin Gabriele Hiller-Ohm,

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Gabriele Hiller-Ohm (SPD):
Rede ID: ID1605727200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Es ist eine ganz interessante Erfahrung, wenn man sieht,
dass sich FDP und CDU/CSU hier einmal streiten.

Wir haben heute Mittag über Armut in Deutschland
diskutiert. Jetzt handeln wir. Wir erhöhen nicht nur die
Sozialhilfe in Ostdeutschland, sondern schaffen auch die
gesetzliche Grundlage zur Verbesserung der finanziellen
Situation von Menschen in stationären Einrichtungen.
Ich spreche von der Anhebung des Barbetrages und der
damit verbundenen bundesweiten Wiedereinführung der
Weihnachtsbeihilfe. Fast ein Jahr lang hing sie in der
Luft. Jetzt machen wir den Weg für die Weihnachtsbei-
hilfe frei, und zwar rückwirkend für dieses Jahr.

Im Zuge der Reform des Bundessozialhilfegesetzes
und der damit verbundenen Umstellung auf Pauschalie-
rung der Sozialhilfe in 2003 ist die gesetzliche Verpflich-
tung der Länder zur Zahlung von Einmalleistungen zu
besonderen Anlässen – ehemals § 21 BSHG – weggefal-
len. Das hatte zur Folge, dass im letzten Jahr nur noch
sieben Bundesländer die Weihnachtsbeihilfe als freiwil-
lige Leistung gezahlt haben. Nun muss man natürlich die
schwierige Finanzsituation der Länder vor Augen haben.
Ich bin mir jedoch sicher, dass die Streichung der Weih-
nachtsbeihilfe von gerade einmal 36 Euro pro Leistungs-
bezieher und Jahr kein echter Sanierungsbeitrag für die
Länderhaushalte sein kann.


(Elke Ferner [SPD]: Wohl wahr! – Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Das war es voriges Jahr auch nicht!)


Aus meiner Sicht haben diese Einsparungen aber zu ei-
ner nicht zu vertretenden sozialen Härte geführt. Wer im
Heim und von Sozialhilfe lebt, gehört zu den bedürftigs-
ten Menschen in unserer Gesellschaft. Sie sind natürlich
mit dem Nötigsten versorgt; für ihren persönlichen Be-

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(C (D arf steht ihnen aber lediglich ein Barbetrag von knapp 0 Euro im Monat zur Verfügung. Das ist wenig. Wenn ann noch die Weihnachtsbeihilfe in Höhe von 36 Euro egfällt, dann ist das viel. Im Rahmen der Föderalismusreform haben wir hefig über die Zuständigkeiten von Bund, Ländern und ommunen diskutiert. Der Umgang mit der Weihnachtseihilfe ist für mich ein deutliches Beispiel dafür, dass ir die soziale Sicherung der Menschen in unserem and nicht aus der Zuständigkeit des Bundes entlassen ürfen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


eshalb lehnen wir die im FDP-Antrag vorgeschlagene
egionalisierung der Sozialhilferegelsätze entschieden
b.


(Beifall bei der SPD)


Bleiben wir bei der FDP. Zugegeben, ich war über-
ascht, als ich in Ihren Änderungsvorschlägen die Forde-
ung nach einer Heraufsetzung des Barbetrages für
eimbewohner um gleich 2 Prozentpunkte gefunden

abe. Wir haben uns mit der Union im Hinblick auf die
chwierige Verhandlungssituation mit den Ländern, die
em Gesetz ja auch zustimmen müssen, auf 1 Prozent-
unkt geeinigt. Ich habe mich gefragt: Seit wann hat die
DP ein so ausgeprägtes soziales Gewissen, dass sie
leich 2 Prozentpunkte mehr fordert? In der letzten Aus-
chusssitzung haben Sie die Welt dann aber wieder ge-
ade gerückt, Herr Kollege Rohde, als Sie sagten, dass
atürlich die von Ihnen gewünschte Heraufsetzung des
arbetrages an die Unterstützung der Kompensations-

orderungen der Länder geknüpft sei. Diese Forderungen
aben es in sich. Die Länder bieten rund 30 Millio-
en Euro und wollen den Heimbewohnern durch Strei-
hung anderer Leistungen im Gegenzug mehr als
50 Millionen Euro entziehen. Das ist ein schlechtes Ge-
chäft. Herr Kollege Rohde, wir werden ein solches Ge-
chäft zulasten der Heimbewohner auf keinen Fall mit-
achen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Man ist in der Politik vor Überraschungen nicht si-
her. Während sich die FDP auf den ersten Blick für eine
esserstellung der Sozialhilfe beziehenden Menschen in
eimen einsetzt, schweigt die Linkspartei zu diesem
ichtigen Thema. Kein Änderungsantrag weit und breit.
ie setzt sich allerdings für eine Aufstockung des
egelsatzes auf 420 Euro ein. Diese Maßnahme würde

und 10 Milliarden Euro kosten; denn der Regelsatz ist
uch Grundlage für das Arbeitslosengeld II und für die
erechnung des steuerlichen Existenzminimums. Die
usätzliche Belastung wäre aber nicht ausschließlich
om Bund, sondern insbesondere von den Ländern und
ommunen zu tragen. Wie Ihre Forderung bei der ange-

pannten Lage der öffentlichen Kassen umgesetzt wer-
en soll, bleibt im Nebel.

Es ist auch fraglich, ob die Aufstockung von Trans-
erleistungen für alle Betroffenen der richtige Weg ist.
ch denke an die rund 1 Million Menschen, die trotz






(A) )



(B) )


Gabriele Hiller-Ohm
Arbeit Grundsicherung beziehen. Eine neue Studie der
Hans-Böckler-Stiftung kommt zu dem Schluss, dass die
tatsächliche Zahl der Leistungsberechtigten weit höher
liegt. Es wäre ein falscher Weg, den Niedriglohnsektor
durch eine Aufstockung der Grundsicherung noch stär-
ker zu subventionieren. Diese Menschen brauchen keine
höheren Transferleistungen, sondern Arbeit, von der sie
leben können.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


Dazu gehören ordentliche Lohnabschlüsse und ein Min-
destlohn, der den freien Fall nach unten begrenzt. Hö-
here Transferleistungen, liebe Kolleginnen und Kollegen
von der Linkspartei, sind nicht immer das Allheilmittel.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605727300

Das Wort zu einer Kurzintervention hat nun erneut

der Kollege Rohde.


Jörg Rohde (FDP):
Rede ID: ID1605727400

Liebe Frau Kollegin Hiller-Ohm, ich möchte Sie nur

leicht korrigieren. Sie haben Recht: Wir haben den Än-
derungsantrag, in dem wir eine Erhöhung von 26 auf
28 Prozentpunkte fordern, eingebracht. Im Ausschuss
haben wir gefordert, die Mittel in genau diesem Umfang
zu kompensieren. Aufgrund der Ergebnisse der Diskus-
sion im Ausschuss würde ich diesen Betrag mit circa
26 Millionen Euro beziffern. Wir haben im Ausschuss
nicht erklärt, wie wir dies kompensieren wollen.


(Elke Ferner [SPD]: So kennen wir Sie!)


Die Diskussion darüber haben wir noch nicht abge-
schlossen. Wir wünschen uns eine Kompensation. Zu
den Länderforderungen haben wir uns nicht geäußert.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605727500

Bitte sehr, Frau Kollegin, zur Erwiderung.


Gabriele Hiller-Ohm (SPD):
Rede ID: ID1605727600

Herr Kollege Rohde, danke für Ihre Darstellung. Sie

bringt uns allerdings nicht viel weiter. Es ist eigentlich
egal, für welche Kompensationsforderung Sie sich ein-
setzen.

Sie haben im Ausschuss und auch jetzt betont, dass
Sie eine Aufstockung des Barbetrages in Höhe von
2 Prozentpunkten nicht ohne Kompensation wollen.
Also unterstützen Sie die Länder in ihrer – ich würde
einmal sagen – etwas unsozialen Herangehensweise im
Umgang mit der Heraufsetzung des Barbetrages. Die
Länder fordern im Gegenzug Einsparungen in Höhe von
150 Millionen Euro.


(Jörg Rohde [FDP]: Das sind die Länder!)


Dieser Betrag würde den Menschen in den Heimen feh-
len. Das ist also ein schlechtes Geschäft.


(Beifall bei der SPD)


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(C (D Sie haben leider nicht gesagt, dass Sie sich für eine nhebung des Barbetrages um 2 Prozentpunkte einset en und auf eine Kompensation verzichten. Wenn Sie ies gesagt hätten, hätten Sie meine volle Unterstützung. as aber haben Sie nicht getan. Sie haben Ihr wahres esicht gezeigt, und das ist nicht sozial. Das ist wieder inmal deutlich geworden. Nun hat das Wort die Kollegin Elke Reinke, Fraktion ie Linke. Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol egen! Nach Vorliegen der Einkommensund Verrauchsstichprobe ist die Bundesregierung verpflichtet, ie Regelsätze des Sozialgesetzbuches XII zu prüfen nd gegebenenfalls anzupassen. Im Unterschied zu aneren Gesetzesvorhaben waren die Regierungsfraktioen nach der Anhörung nicht so beratungsresistent wie ei der Föderalismusreform und aktuell bei der Gesundeitsreform. Eine Mehrheit der Expertinnen und Experen hat sich für das Bruttoprinzip bei der Eingliederungsilfe für Menschen mit Behinderungen ausgesprochen nd die Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU und er SPD haben sich belehren lassen. Leider wurden andere Bedenken, die in der Anhörung eäußert wurden, nicht ernst genommen. Der Sachvertändige Hesse von der Bundesarbeitsgemeinschaft der reien Wohlfahrtspflege hat angemerkt, dass sich die reise in den Aldi-Filialen nicht unterscheiden, dass enschen überall im Land 10 Euro Praxisgebühr beim rzt zahlen müssen und dass alle von der Mehrwertsteu rerhöhung betroffen sind. Weil es keine relevanten Unerschiede bei den Lebenshaltungskosten gibt, sieht nsere Fraktion keine Grundlage für regionale Abweihungen bei den Regelsätzen in den verschiedenen Bunesländern. Wir fordern in unserem Antrag „Für ein menschenürdiges Existenzminimum“ die Einführung einer bearfsdeckenden Grundsicherung von 420 Euro. In den usschussberatungen wurde uns mehrfach Wunschdenen unterstellt. Ich würde gerne einmal hören, wie Sie zu en Berechnungen des Paritätischen Wohlfahrtsverbanes stehen, der schon im Mai dieses Jahres als Notmaßahme forderte, die Leistung auf 415 Euro zu erhöhen. enn Sie einen Eindruck von der Stimmung der Leidtra enden Ihrer Politik bekommen wollen, dann sollten Sie ie Demos gegen Sozialabbau besuchen, die am komenden Samstag stattfinden. (Zuruf von der SPD: Wir gehen selbst in die Einrichtungen und nicht nur auf die Straße!)


(Beifall bei der SPD)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605727700

(Beifall bei der LINKEN)

Elke Reinke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605727800

(Beifall bei der LINKEN)


Die Regierungsfraktionen haben auch auf ein anderes
rängendes Problem nicht reagiert. Dr. Ulrich Schneider
om Paritätischen Wohlfahrtsverband forderte ebenso






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(B) )


Elke Reinke
wie wir, kindgerechte Bedarfe anders zu berechnen.
Selbst in den Reihen der SPD gab es zu diesem Vor-
schlag zustimmendes Kopfnicken.

Im Regelsatz für Kinder sind anteilig 12 Euro für
Zigaretten vorgesehen. Windeln, Spielsachen, Bücher
und Buntstifte tauchen hier gar nicht auf. Nur ein Bei-
spiel für die lebensfremde Berechnungsweise dieses Re-
gelsatzes: Für ein Kind, dessen Eltern Sozialhilfe bezie-
hen, werden pro Jahr 52,80 Euro für den Kauf von
Schuhen zur Verfügung gestellt. Liebe Mütter und Väter
hier im Hause, wann waren Sie das letzte Mal mit Ihren
Kindern Schuhe kaufen? Erklären Sie mir einmal, wie
Sie von diesem Betrag Halbschuhe, Winterstiefel, San-
dalen und Turnschuhe bezahlen wollen!


(Beifall bei der LINKEN)


Hinzu kommt, dass Kinder auch noch die unangenehme
Angewohnheit haben, zu wachsen.

Zum Weltkindertag hat die Linke der Öffentlichkeit
die Eckpunkte einer Kindergrundsicherung vorge-
stellt. Wir wollen den schrittweisen Einstieg in eine be-
darfsorientierte und individuelle Kindergrundsicherung.
Wo bleiben Ihre Antworten auf das drängende Problem
der Kinderarmut in unserem reichen Land?


(Beifall bei der LINKEN)


Angesichts der Ergebnisse der Studie der Friedrich-
Ebert-Stiftung und aufgrund der aufgeregten Debatte
über zunehmende Armut und abgehängte Unterschichten
empfehle ich Ihnen, diesen Antrag an die Ausschüsse
zurückzuverweisen. Dort könnten wir nicht nur debattie-
ren, sondern auch sofort gemeinsam handeln. Wer keine
Schulbücher finanziert und wer für 2,5 Millionen betrof-
fene Kinder und Jugendliche keine armutsfeste Grund-
sicherung einführt, der sollte sich seine Empörung über
Motivationsprobleme und die so genannte Bildungsferne
sparen.

Danke schön.


(Beifall bei der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605727900

Nächster Redner ist der Kollege Max Straubinger,

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Max Straubinger (CSU):
Rede ID: ID1605728000

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!

Wir verabschieden heute ein Gesetz, das für die Men-
schen in Deutschland mehr soziale Sicherheit bedeutet.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Diese gute Botschaft richtet sich vor allem an die Men-
schen, die sich nicht selbst helfen können, an diejenigen,
die nicht erwerbsfähig sind und deshalb unbedingt sozia-
ler Unterstützung bedürfen.

Mit diesem Gesetzentwurf trägt die große Koalition
dazu bei, den Unterschied zwischen Ost und West aufzu-
lösen; denn in Zukunft wird in ganz Deutschland ein ein-
heitlicher Regelsatz gelten. Es ist eine große Leistung

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(C (D ieser Koalition, dass sie ihrer sozialen Verantwortung rotz der sehr schwierigen Haushaltslage und knapper inanzmittel gerecht wird. Deshalb ist dieser Gesetzenturf ausdrücklich zu loben. Von vielen Seiten wurde kritisiert, es sei nicht richtig ewesen, die Einkommensund Verbrauchsstichrobe zur Grundlage des Regelsatzes zu machen. All iejenigen, die dies kritisiert haben, sind allerdings die ntwort auf die Frage schuldig geblieben, auf welcher rundlage sie den Betrag ermittelt hätten, der für ein Leen in hinreichend gesicherten Verhältnissen anzusetzen st. Ich bin der Meinung, der gewählte Ansatz, von dem erbrauchsverhalten derer auszugehen, die die untersten 0 Prozent der Einkommensskala bilden, ist eine verünftige Grundlage für die Festlegung des Regelsatzes. Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des ollegen Kurth? Selbstverständlich. Vielen Dank, Herr Straubinger. Dass die Einkom ensund Verbrauchsstichprobe, also das Verhalten der ntersten 20 Prozent der Einkommensskala, die Grundage des Verfahrens für die Berechnung des Regelsatzes st, wie es Herr Weiß betont hat, wird von niemandem in weifel gezogen. Aber Sie wissen auch, dass es bei dieen Werten Abschläge gibt, je nach Warengruppe. Was ritisiert wird, ist, dass das Berechnungsverfahren nicht ransparent ist. Es wird nicht klar, warum zum Beispiel ür Strom pauschal 85 Prozent des ermittelten Wertes geahlt werden. Der Herr Staatsekretär hat im Ausschuss ersucht, zu erklären, dass die Heizung anteilig berückichtigt wird. Es haben aber nicht alle eine elektrische eizung. Wie will man das trennen? Die Begründung für die Abschläge ist nicht deutlich. ürden Sie also bitte zur Kenntnis nehmen, dass wir icht die Grundlage kritisieren, sondern die Abschläge, ie vorgenommen werden? Darauf gründet sich die Kriik. Herr Kollege Kurth, ich glaube, dass die Bundes egierung mit diesem transparenten und für jemanden, er sich damit beschäftigt hat, durchaus nachvollziehbaen Verfahren letztlich eine gute Lösung gefunden hat. atürlich spielt der alte Warenkorb hier noch eine Rolle. as ist beim Verbrauchsverhalten der Menschen sicher ich feststellbar; das liegt auf der Hand. Aber ich bin berzeugt, dass die Grundlage vernünftig ist, Herr urth. Es ist wichtig, darzustellen, dass wir wegen unserer egrenzten Mittel keine zusätzlichen Leistungen erbrinen können, wie es die Oppositionsfraktionen – die Max Straubinger Fraktion der Linken, aber auch, wenn auch nicht in Zahlen dargelegt, die Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen – gefordert haben. Ich möchte mich mit den Forderungen der Fraktion der Linken auseinander setzen. Sie fordern eine Anhebung des Regelsatzes auf 420 Euro im Monat. Das würde den Bundeshaushalt jährlich mit zusätzlichen 10 Milliarden Euro belasten. Ich glaube, dass dies nicht leistbar ist und eine starke Überforderung derer bedeutete, die die Leistungen zu erbringen haben. (Beifall des Abg. Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU])


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605728100
Max Straubinger (CSU):
Rede ID: ID1605728200
Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605728300
Max Straubinger (CSU):
Rede ID: ID1605728400

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)





(A) )


(B) )


Bemerkenswert ist die Begründung der Linken, wa-
rum der Regelsatz auf diesen Betrag angehoben werden
muss. Sie berufen sich in Ihrem Antrag auf den Paritäti-
schen Wohlfahrtsverband.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605728500

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Seifert?


Max Straubinger (CSU):
Rede ID: ID1605728600

Nein, danke. – Demnach sollen zusätzliche Ausgaben

für Mobilfunk und weitere Privat-PKW sowie Gesund-
heitsausgaben von Privatpatienten eingerechnet werden,
aber auch wesentlich höhere Ausgaben für Tabakwaren
und Verpflegungsdienstleistungen sollen berücksichtigt
werden. Ich glaube, für eine gesunde Lebensführung ist
es eigentlich entscheidend, nicht zu rauchen. Dieser An-
satz des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes ist meines
Erachtens nicht gerechtfertigt. Vor allen Dingen ist diese
Erhöhung nicht von der Allgemeinheit zu erbringen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Der Kollege Hüppe wird noch auf die Veränderungen
eingehen, die sich im Fortgang der Beratungen ergeben
haben, auf das Brutto- bzw. Nettoprinzip und die Weih-
nachtsbeihilfe. Entscheidend ist, dass wir zum Bürokra-
tieabbau beigetragen haben; das ist auch für die Länder
wichtig. Der Kollege Rohde hat das hier bereits gewür-
digt.

Für mich ist es auch sehr wichtig, dass wir die Darle-
hensgewährung für Leistungsberechtigte durch den Ver-
weis auf § 91 im SGB XII ausgeweitet haben. Das be-
deutet, dass den Menschen, die in Not geraten sind bzw.
sich in einer Notlage befinden und der sozialen Unter-
stützung bedürfen, sehr schnell und sehr sachgerecht von
staatlicher Seite geholfen werden kann.

In diesem Sinne kann ich Sie alle nur dazu aufrufen:
Stimmen Sie diesem Gesetz heute in zweiter und dritter
Lesung zu.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605728700

Das Wort zu einer Kurzintervention erteile ich dem

Kollegen Seifert.

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(C (D Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Da heute offensicht ich weder der Minister noch der Staatssekretär reden ollen und da weder Frau Hiller-Ohm noch Sie, Herr traubinger, sich zu dem Brutto-Netto-Prinzip geäußert aben, würde ich gerne die Frage an Sie richten – diese uss ja jemand von der Koalition beantworten –, ob die ücknahme des Nettoprinzips, also dessen, dass behinerte Menschen in Zukunft erst einmal selbst bezahlen üssen und anschließend beim Sozialamt fragen dürfen, b sie das Geld wiederbekommen, endgültig ist oder ob as eine taktische Maßnahme ist, die Sie in zwei, drei onaten oder vielleicht in einem halben Jahr doch wie er zurücknehmen. Für die Menschen, die das betrifft, wäre es sehr wichig, zu wissen, dass es dabei bleibt und dass die Sachkosen aus einer Hand voll übernommen werden. Wenn es atsächlich jemanden gibt, der etwas zuzahlen kann, ann wird das zurückgefordert. Es kann aber nicht sein, ass diejenigen, die ohnehin nichts haben – wir hören ier von Menschen, die nur 90 Euro im Monat haben nd jetzt gnädigerweise wieder Weihnachtsgeld bekomen; da kann man ja fast das Heulen kriegen –, in Vor eistung gehen sollen. (Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Wenn einem nichts mehr zu kritisieren einfällt, dann stellt man eine solche Frage!)

Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605728800

leibt die Regelung so, wie sie jetzt ist, oder wird das,
as Sie vorhatten und zurückgezogen haben, weil der
rotest aus dem Kreis der Betroffenen zu stark war, nach
urzer Zeit wieder hervorgeholt?

Diese wichtige Frage für die Betroffenen hätte ich
on Ihnen gerne beantwortet.

Vielen Dank, Frau Präsidentin.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605728900

Herr Kollege Straubinger, zur Erwiderung, bitte.


Max Straubinger (CSU):
Rede ID: ID1605729000

Frau Präsidentin! Herr Seifert, bei der CDU/CSU-

nd bei der SPD-Bundesfraktion, die die Regierung un-
erstützen, ist die Politik nicht auf Taktik angelegt, wie
ei der Fraktion der Grünen.


(Heiterkeit bei der SPD – Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Entschuldigung, der Linken. – Wir betreiben eine be-
tändige Politik.

Weil nachfolgend der Kollege Hüppe hier eine Rede
ält und sich in seinen Ausführungen ausdrücklich mit
em Brutto-Netto-Prinzip befassen wird, verweise ich
iesbezüglich auf den Kollegen Hüppe.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605729100

Nun erteile ich dem Kollegen Markus Kurth, Fraktion

es Bündnisses 90/Die Grünen, das Wort.






(A) )



(B) )


Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605729200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Straubinger, die Fraktion des Bündnisses 90/Die
Grünen fühlt sich sowohl taktisch als auch strategisch
leistungsfähig. Das kann ich Ihnen versichern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es ist jetzt nicht nur rein taktisch, wenn ich die Rede
damit eröffne, dass ich sage, dass das vorliegende Gesetz
zur Änderung des Sozialhilferechts ein Gesetz ist, das im
Laufe der Ausschussberatungen stark verbessert worden
ist.


(Zuruf von der SPD: Ja, wunderbar! Das ist die Aufgabe der Parlamentarier!)


Das ist durchaus nicht selbstverständlich und das kann
man ruhig einmal sagen. Das freut uns umso mehr, als
Sie als Koalitionsfraktionen auch auf Bedenken einge-
gangen sind, die wir bereits bei der Einbringung des Ge-
setzes in einem begleitenden Antrag zum Ausdruck ge-
bracht haben.

Änderungen, wodurch der Gesetzentwurf besser ge-
worden ist, sind die angesprochene Darlehensregelung
für Personen, die nicht sofort zum Beispiel ihr Immobi-
lienvermögen einsetzen können, sodass sie trotzdem in
den Genuss von Leistungen kommen, die Regelung zur
Weihnachtsbeihilfe und natürlich – das ist ganz entschei-
dend und dazu möchte ich auch noch einige Sätze sagen –
die Beibehaltung des Bruttoprinzips in der Eingliede-
rungshilfe.

Weiterhin ist nun die zügige Hilfegewährung in stati-
onären und teilstationären Einrichtungen möglich. Die
auf solche Hilfen angewiesenen Menschen werden nun
nicht, wie ursprünglich geplant, mit der aufwendigen Ar-
beit belastet, ihre Einkommen und ihre Unterhaltsan-
sprüche zusammenzustellen und diese Ansprüche vor al-
len Dingen auch geltend zu machen. Diese Arbeit
erledigen nun weiterhin die Sozialhilfeträger, die über
das nötige Fachpersonal verfügen. Wie aufwendig diese
Arbeit ist, zeigt sich daran, dass allein im Bereich des
Landschaftsverbands Rheinland, dem größten überörtli-
chen Sozialhilfeträger, mehr als 100 Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter damit beschäftigt sind, dies zusammen-
zutragen. Es wäre also durchaus eine große Belastung,
wenn all das auf Menschen mit Behinderung übertragen
worden wäre.

Gleichwohl ist von Vertretern der großen Koalition
auch im Ausschuss verkündet worden – wir haben es be-
reits mehrfach gehört –, dass das Bruttoprinzip erneut
zur Disposition steht. Angesichts dieser Ankündigung
möchte ich die Kolleginnen und Kollegen von SPD und
CDU/CSU nachdrücklich auffordern und ermuntern,
sich endlich einmal grundsätzlich mit dem Recht der
Eingliederungshilfe auseinander zu setzen.


(Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Das machen wir doch!)


– Nein, das machen Sie bislang nicht. – Besser noch
wäre, wenn Sie eine Reform der Eingliederungshilfe mit
einer Strukturreform beim Rehabilitationsrecht verbin-
den würden, um endlich den Prinzipien „ambulant vor

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(C (D tationär“ und „Hilfe aus einer Hand“ wirklich zum urchbruch zu verhelfen. (Jörg Rohde [FDP]: Das steht im Koalitionsvertrag!)


ch biete Ihnen dabei die Hilfe meiner Fraktion an.


(Zuruf des Abg. Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/ CSU])


Herr Brauksiepe, Sie brauchen gar nicht so abschätzig
u rufen. Es ist eine gute Tradition in diesem Hause
auch deshalb habe ich Lob ausgesprochen –, dass in
ragen der Politik für Menschen mit Behinderung über
ie Fraktionsgrenzen hinweg zusammengearbeitet wird.


(Beifall der Abg. Silvia Schmidt [Eisleben] [SPD] – Hubert Hüppe [CDU/CSU]: Das bleibt auch so!)


s gibt hier keinen Grund zur Häme bei Zwischenrufen.

Auch Sie wissen, dass die Bundesländer nicht lange
it neuen Vorstößen auf sich warten lassen werden, um
it Salamitaktik zu Einschnitten bei der Eingliederungs-

ilfe zu kommen. Wir haben gesehen, welche Vor-
chläge von den Bundesländern im Rahmen dieses Ge-
etzgebungsverfahren gemacht wurden. Weniger als
eder einzelne Kürzungsvorschlag der Länder – darüber
ann man reden; ich erkenne das Interesse der Kommu-
en an, den Kostenanstieg bei der Eingliederungshilfe in
renzen zu halten – verärgern mich bei den Vorschlägen
er Länder die Kurzsichtigkeit, der vordergründige
parzwang und die mangelnde Bereitschaft, hier endlich
inmal nach einer grundlegend anderen Leistungsstruk-
ur zu suchen und andere Anreizstrukturen zu schaffen.


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])


Ich würde mir wünschen, dass wir die Diskussion, die
ir hier über dieses Gesetz führen, weiterhin führen und
ir zu einer anderen Reform bei der Eingliederungshilfe
ommen.

Ich komme zum Schluss. Meine Fraktion und ich
önnen wegen der bereits vielfach – auch heute Mittag –
rwähnten Fragen der Regelsatzbemessung und der Öff-
ungsklauseln im Bereich des Sozialhilferechtes dem
esetz nicht zustimmen. Abgesehen davon ist es ein
anz passables Gesetz. Ich hoffe, dass wir im Bereich
er Behindertenpolitik später einen Schritt vorankom-
en.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Jörg Rohde [FDP])



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605729300

Das Wort hat nun die Kollegin Silvia Schmidt, SPD-

raktion.


(Beifall bei der SPD)



Silvia Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1605729400

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Liebe Kolleginnen

nd Kollegen! Ich möchte nicht auf die Änderungsan-






(A) )



(B) )


Silvia Schmidt (Eisleben)

träge der Opposition eingehen. Ich denke, mit diesem
Änderungsgesetz zum SGB XII haben wir etwas Her-
vorragendes geschaffen. Ich möchte wiederholen – Kol-
lege Straubinger hat es bereits gesagt –, was es Gutes mit
sich bringt. Ich habe nämlich das Gefühl, durch die
Streitdiskussion gehen die guten Seiten unter.

Die Menschen können sich freuen, besonders die
Menschen in den neuen Bundesländern. Der einheitli-
che Sozialhilferegelsatz führt ja dazu, dass sich die Ein-
kommenssituation der betreffenden Personen in den
neuen Bundesländern deutlich verbessert. Das ist ein-
fach gut. Man hört davon nur wenig. Vielleicht kommt
es in der einen oder anderen Partei nicht an.

Wer bisher die Grundsicherung im Alter oder bei Er-
werbsminderung bezogen hat, musste Kürzungen in
Kauf nehmen, wenn der Partner Zuschläge nach den Re-
gelungen des Arbeitslosengeldes II erhielt. Hierzu wird
es nun nicht mehr kommen. Das heißt, diese Zuschläge
werden bei der Sozialhilfe nicht angerechnet. Es gibt
also deutlich mehr Geld für die Menschen. Das sollte
endlich einmal ankommen.

Wir haben einige Anträge des Bundesrates gestoppt.
Der Bundesrat wollte, dass nur die Eltern Kindergeld er-
halten, die mit ihren volljährigen behinderten Kindern
zusammenwohnen. Das entspricht nicht dem steuerli-
chen Familienlastenausgleich. Mit einem anderen An-
trag wollte der Bundesrat bereits 2004 den Zusatzbarbe-
trag für Heimbewohner abschaffen. Wir erinnern uns
noch an die Demos vor dem Brandenburger Tor; wir wa-
ren dabei. Gemeinsam – auch daran möchte ich erinnern –
haben wir den Bestandsschutz durchgesetzt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Auch der zweite Versuch des Bundesrates scheitert heute
in diesem Haus.

Ein weiterer Antrag des Bundesrates betraf die Erhö-
hung des Barbetrags, allerdings nur als Pauschale. Das
hört sich zunächst gut an, aber bei der Pauschalierung
wird übersehen, dass die Kosten für Sehhilfen und die
Zuzahlungen für nicht verschreibungspflichtige Medika-
mente nicht mit einbezogen sind.

Wir wollen den Barbetrag auf 27 Prozent erhöhen.
Darin ist die Weihnachtsbeihilfe mit enthalten. Mein
Dank gilt in diesem Zusammenhang Gabriele Hiller-
Ohm, die besonders dafür gestritten hat.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Erhöhung des Barbetrags ist auch gut für die
Heimbewohner in den neuen Bundesländern. Denn da-
durch erhalten sie 27 Prozent von 345 Euro statt
26 Prozent von 331 Euro.

Das Bruttoprinzip, über das sehr viel gestritten wor-
den ist, wird erhalten bleiben.


(Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Das wird Angst verbreiten!)


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(C (D ber wir können nicht die Augen davor verschließen, ass das Nettoprinzip schon lange in der Altenhilfe und n der Pflege Anwendung findet. Die behinderten Menchen, die außerhalb der Einrichtungen in den Gemeinen in betreuten Wohnformen bzw. in eigenen Wohnunen leben, kennen das Verfahren des Nettoprinzips enau. Das Nettoprinzip fördert die Selbstständigkeit. as wird niemand leugnen. Die Menschen haben ein echt auf Kostentransparenz. Auch das wird niemand eugnen. Ich kann aber auch die bereits erwähnten Befürchtunen der Einrichtungsbetreiber verstehen. Sie haben zum eispiel nicht die Möglichkeit, Rentenansprüche zu fänden. Aber wir werden alle Beteiligten in die Reform it einbeziehen. Denn wir alle wollen ein leistungsfähi es System der Eingliederungshilfe. Das steht im Koaliionsvertrag und wird unsere Aufgabe für 2007 sein. Wir wollen verstärkt das Prinzip „ambulant vor statioär“ umsetzen. Auch das steht im Koalitionsvertrag. eshalb wird dieses Prinzip bei der Reform der Einglieerungshilfe maßgeblich sein. Das ist nicht nur der tandpunkt der Bundesregierung; es wird auch auf euroäischer Ebene schon lange gefordert. Art. 26 der Charta er Grundrechte der Europäischen Union fordert ausrücklich die Integration behinderter Menschen. In rt. 19 der UN-Konvention für die Rechte behinderter enschen vom 25. August wird gefordert, dass behin erte Menschen leben sollen wie alle anderen Menschen uch. Das ist ein Menschenrecht. Wir wollen die Bundesinitiative „Daheim statt eim!“ ins Leben rufen. Ich rufe Sie alle auf, mitzuma hen. Denn wir wollen, dass behinderte Menschen auch ußerhalb von Einrichtungen leben können. Ich danke Ihnen. Als letzter Redner in dieser Debatte hat nun der Kol ege Hubert Hüppe, CDU/CSU-Fraktion, das Wort. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Erlau en Sie mir eine Bemerkung vorweg, lieber Kollege urth. Wenn Sie feststellen, dass wir möglicherweise ürzungen vorhätten, dann darf ich daran erinnern, dass ie Grünen in der letzten Legislaturperiode – übrigens egen die Stimmen der Union – der Abschaffung des usatzbarbetrags in Einrichtungen zugestimmt haben. hne diese Maßnahme hätten die Betroffenen in den inrichtungen heute einige Probleme weniger. Ich möchte als Behindertenbeauftragter meiner Frakion die beiden Punkte ansprechen, die Max Straubinger chon für meine Rede angekündigt hat. Das ist zum eien das Bruttoprinzip. Ich freue mich ausdrücklich da Hubert Hüppe rüber, dass dieses Prinzip in den Einrichtungen beibehalten wird. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605729500

(Beifall bei der CDU/CSU)

Hubert Hüppe (CDU):
Rede ID: ID1605729600

(Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)


(Beifall bei der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


Dies bedeutet – wir gehen immer davon aus, dass die
Zuhörer wissen, wovon wir reden, aber vielleicht sollte
man das doch deutlich machen –, dass bei behinderten
Menschen, die in Einrichtungen leben, weiterhin zu-
nächst der Sozialhilfeträger in Vorleistung tritt und er
erst zu einem späteren Zeitpunkt den Eigenanteil dieser
Menschen einfordert.

Ich begrüße zum anderen, dass wir uns auf die Erhö-
hung der Weihnachtsbeihilfe für die Heimbewohner ge-
einigt haben.

Bislang wurde sie freiwillig gezahlt, aber nicht von
allen. In diesem Jahr haben wir einen einheitlichen Stan-
dard von mindestens 36 Euro erreicht; das ist eine ganze
Menge. Im nächsten Jahr wird es mehr sein, weil wir
diese Beihilfe zusätzlich zum monatlichen Barbetrag ge-
währen. Zukünftig wird es als Barbetrag statt 26 Prozent
vom allgemeinen Regelsatz in Höhe von 345 Euro
27 Prozent geben. Das ist ein Fortschritt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Wir sind für das Bruttoprinzip, weil damit der Grund-
satz der Leistungserbringung aus einer Hand bestehen
bleibt. Manche Befürworter des Nettoprinzips argu-
mentieren, man könne damit das Selbstbestimmungs-
recht der Menschen mit Behinderung stärken und zudem
gelte der Grundsatz „ambulant vor stationär“. Des Wei-
teren wurde behauptet, dass der Eigenanteil mit dem per-
sönlichen Budget der Menschen mit Behinderung ver-
gleichbar sei. Das ist aber nicht der Fall; denn das
persönliche Budget bedeutet, dass ein Mensch mit Be-
hinderung einen Betrag bekommt, den er so ausgeben
kann, wie er es möchte; das wollen wir und die Regie-
rung. Das ist aber mit dem Nettoprinzip nicht vergleich-
bar; denn hier haben die Menschen mit Behinderung kei-
nen Einfluss auf die Höhe ihrer Einnahmen. Diese
werden vielmehr von den Trägern der Sozialhilfe festge-
legt. Wenn die Träger der Sozialhilfe und die kommuna-
len Spitzenverbände in der Anhörung sagen, dass die
Einsparungen nicht so groß seien, und wenn wir sehen,
dass die Bürokratie so zunimmt, dass Menschen mit Be-
hinderung, insbesondere denjenigen mit so genannter
geistiger Behinderung, die Teilhabe an der Gesellschaft
eher unmöglich gemacht wird, dann glaube ich nicht,
dass dies in Zukunft angetastet wird. Ich jedenfalls hielte
es für nicht richtig.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir werden über die Eingliederungshilfe zu reden ha-
ben. Aber es bleibt dabei: Wir werden mit den Verbän-
den und den Menschen mit Behinderung sprechen. Wir
halten an dem im Jahr der Menschen mit Behinderung
entwickelten Grundsatz „Nichts über uns ohne uns“ fest.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


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(C (D Ich schließe die Aussprache. Tagesordnungspunkt 13 a. Wir kommen zur Abstimung über den von der Bundesregierung eingebrachten ntwurf eines Gesetzes zur Änderung des Zwölften Buhes Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze, Drucksahen 16/2711 und 16/2753. Der Ausschuss für Arbeit nd Soziales empfiehlt unter Buchstabe a seiner Bechlussempfehlung auf Drucksache 16/3005, den Geetzentwurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich itte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Auschussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – egenprobe! – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist amit in zweiter Beratung mit den Stimmen der Koalitinsfraktionen gegen die Stimmen der Oppositionsfrakionen angenommen. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – er ist dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf st damit mit der gleichen Mehrheit wie zuvor angenomen. Wir kommen zur Abstimmung über den Entschlieungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 6/3006. Wer stimmt für den Entschließungsantrag? – er ist dagegen? – Enthaltungen? – Der Entschließungs ntrag ist mit den Stimmen der Fraktionen von CDU/ SU und SPD sowie der Fraktion des Bündnisses 90/Die rünen bei Gegenstimmen der Fraktion der FDP und nthaltung der Fraktion Die Linke abgelehnt. Tagesordnungspunkt 13 b. Wir setzen die Abstimung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses ür Arbeit und Soziales auf Drucksache 16/3005 fort. Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe b seiner eschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags der raktion Die Linke auf Drucksache 16/2743 mit dem Ti el „Für ein menschenwürdiges Existenzminimum“. Wer timmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer ist dageen? – Enthaltungen? – Dann ist die Beschlussempfehung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen, der DP-Fraktion und der Fraktion des Bündnisses 90/Die rünen gegen die Stimmen der Fraktion Die Linke angeommen. Unter Buchstabe c empfiehlt der Ausschuss die Abehnung des Antrags der Fraktion des Bündnisses 90/Die rünen auf Drucksache 16/2750 mit dem Titel „Das xistenzminimum sichern – Sozialhilferegelsätze neu erechnen und Sofortmaßnahmen für Kinder und Juendliche einleiten“. Wer stimmt für diese Beschlussmpfehlung? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – ann ist diese Beschlussempfehlung mit den Stimmen er Koalitionsfraktionen und der Fraktion der FDP geen die Stimmen der Fraktion des Bündnisses 90/Die rünen und der Fraktion Die Linke angenommen. Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter uchstabe d seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung es Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf rucksache 16/2751 mit dem Titel „Die Eingliederungs Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt hilfe für Menschen mit Behinderungen weiterentwickeln – Das Bruttoprinzip in der Sozialhilfe beibehalten und Leistungen aus einer Hand für Menschen mit Behinderungen ermöglichen“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Dann ist diese Beschlussempfehlung ebenfalls mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen angenommen. Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 14 sowie den Zusatzpunkt 9 auf: 14 Beratung des Antrags der Abgeordneten Christoph Waitz, Hans-Joachim Otto Jens Ackermann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Für einen zukunftsfähigen europäischen Rechtsrahmen audiovisueller Mediendienste – Den Beratungsprozess der EU-Fernsehrichtlinie aktiv begleiten – Drucksache 16/2675 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Kultur und Medien Rechtsausschuss Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union ZP 9 Beratung des Antrags der Abgeordneten Grietje Bettin, Dr. Uschi Eid, Ekin Deligöz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Für eine verbraucherfreundliche und Qualität sichernde EU-Richtlinie für audiovisuelle Mediendienste – Drucksache 16/2977 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Kultur und Medien Rechtsausschuss Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Die Kolleginnen und Kollegen Reinhard Grindel, Wolfgang Börnsen, Christoph Pries, Jörg Tauss, Christoph Waitz, Lothar Bisky und Grietje Bettin haben ihre Reden zu Protokoll gegeben.1)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605729700




(A) )


(B) )

eine Aussprache.


(Jörg Tauss [SPD]: Es sei denn, ihr wollt es hören! – Heiterkeit)


– Ich höre dazu nichts, Herr Kollege Tauss.

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlagen
auf den Drucksachen 16/2675 und 16/2977 an die in der
Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
Die Vorlage auf der Drucksache 16/2675 zu Tages-
ordnungspunkt 14 soll zusätzlich an den Ausschuss für
Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz über-
wiesen werden. Sind Sie mit diesen Überweisungsvor-
schlägen einverstanden? – Das ist der Fall. Damit sind
die Überweisungen so beschlossen.

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d1) Anlage 3

(C (D Ich rufe Zusatzpunkt 10 auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Protokoll vom 1. Juni 2006 zur Änderung des am 29. August 1989 unterzeichneten Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und einiger anderer Steuern – Drucksachen 16/2708, 16/2956 – – Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses – Drucksache 16/3012 – Berichterstattung: Abgeordnete Manfred Kolbe Lothar Binding – Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss)


– Drucksache 16/3031 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Otto Fricke
Jochen-Konrad Fromme
Carsten Schneider (Erfurt)

Michael Leutert
Anja Hajduk

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich sehe
azu keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Kollegen
othar Binding von der SPD-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Lothar Binding (SPD):
Rede ID: ID1605729800

Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren!

iebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Eigent-
ich müssten wir heute Abend gar nicht reden, weil das
oppelbesteuerungsabkommen mit den USA vollstän-
ig ausgehandelt ist und wir heute keine Möglichkeit ha-
en, etwas zu ändern. Und doch wollen wir reden und
eit ich heute in die „Frankfurter Rundschau“ geschaut
abe,


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Mein Gott, was der alles liest!)


enke ich auch, dass es notwendig ist, zu reden; denn
ich hat etwas ziemlich geärgert. Es funktioniert nach

olgendem Prinzip. Denken Sie an ein Kochrezept. Ich
ebe Ihnen jetzt einige Elemente: Steuerprivileg,
chlupflöcher, USA, Vereinigte Arabische Emirate, Bun-
esregierung, Steueroase und Steinbrück. Der darf nicht
ehlen. Dann kommt etwa Folgendes heraus: Steinbrück
at eine Aktiengesellschaft in Dubai mit einer Tochter in
en USA und einem Enkelunternehmen in Deutschland






(A) )



(B) )


Lothar Binding (Heidelberg)

und nutzt ein Steuerprivileg, um 25 Millionen der Bun-
desregierung von der Lufthansa steuerfrei in Steueroasen
der Vereinigten Arabischen Emirate bringen zu lassen.
Ungefähr so lautet die Botschaft, mit der wir es heute zu
tun hatten.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: So ist es!)


Der Kollege Schick meint dazu – das ist jetzt die Quint-
essenz –: Es könnte aber auch ein bisschen mehr sein.
Dazu sage ich: Das ist nicht schick.


(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Ich will in diesem Zusammenhang noch eine Ablei-
tung darstellen. Diese Botschaft enthält etwas, wie ich
finde, sehr Falsches: Man kümmerte sich bei uns nicht
um Steuerschlupflöcher; vielmehr – umgekehrt – eröff-
nete man den Unternehmen einen Weg, ihre Gewinne in
Steueroasen zu transferieren. Das halte ich für grund-
falsch. Ich will selbst einige Beispiele nennen, die der
Kollege Schick vielleicht nicht mehr so im Kopf hat,
weil es vor seiner Zeit im Bundestag war.

Wir haben mit einer hohen Sensibilität versucht, Ver-
lustzuweisungsmodelle zu vermeiden, und waren in
vielen Fällen erfolgreich.


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])


Ich will einfach einmal eine Liste anführen. Medien-
fonds: Der alte Weg ist verschlossen. Mehrkontenmo-
dell: abgeschafft. Mehrmütterorganschaft: abgeschafft.
Wir haben einen Mindesthebesatz eingeführt. Wir haben
eine Mindestgewinnbesteuerung. Wir haben die Pflicht
zur Bildung von Bewertungseinheiten in der Steuerbi-
lanz. Wir haben Aufzeichnungspflichten bei Verrech-
nungspreisen deutlich verbessert. Wir haben Sonderaus-
gabenabzüge, zum Beispiel für die Steuerberatung,
abgeschafft. Wir haben Beschränkungen bei der Verlust-
verrechnung eingeführt. All das zwingt die Unterneh-
men, korrekt zu versteuern.


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])


Die Botschaft, wir würden einen Weg in die falsche
Richtung freimachen, ist wirklich sehr unehrlich. Die
heutige Pressemitteilung hat mich daher sehr geärgert.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Jörg Tauss [SPD]: Uns alle! – Gegenruf von der LINKEN: Nicht uns alle!)


Dass wir mit den USA eine ganz besondere Beziehung
haben und dass sie mit der mit den Vereinigten Arabi-
schen Emiraten, mit Dubai und mit vielen anderen nicht
zu vergleichen ist, mögen nur ganz wenige Zahlen bele-
gen. Unser Export in die USA hat eine Größenordnung
von etwa 70 Milliarden Euro, der Import aus den USA
hat eine Größenordnung von etwa 40 Milliarden Euro.
Was die Direktinvestitionen angeht, investieren die
US-amerikanischen Unternehmen in Deutschland etwa
80 Milliarden Euro, während deutsche Unternehmen in
den USA etwa 140 Milliarden Euro investieren. Ich
glaube, jeder erkennt unschwer, dass das eine Sonderstel-
lung ausmacht.

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(C (D (Beifall des Abg. Leo Dautzenberg [CDU/ CSU])


Aber diese Sonderstellung ist gar nicht so ausgeprägt.
ir befinden uns mit vielen anderen Ländern in einem
onkurrenzverhältnis und deshalb müssen wir uns an-

trengen, unsere Steuerpolitik so auszugestalten, dass
nsere Unternehmen mit Unternehmen anderer Länder,
n denen sie sich ansiedeln wollen, konkurrieren können.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sehr richtig!)


Ich verweise auf Folgendes: Japan, Großbritannien,
olland, Mexiko, die skandinavischen Staaten und Aus-

ralien haben die gleiche Regelung wie die USA, näm-
ich den Verzicht auf eine zusätzliche Steuerbelastung im
nternationalen Austauschverkehr. Von Steueroase ist
lso weit und breit keine Spur. Darum geht es heute auch
berhaupt nicht. Wir müssen sehen, dass der Anlass für
iese Reform, für dieses Doppelbesteuerungsabkom-
en, eine in der EU seit 1992 geltende Regelung ist,

ämlich, keine Kapitalertragsteuern auf Ausschüttungen
n Muttergesellschaften mehr zu erheben.

Für die, die jetzt vielleicht nicht wissen, was ich
eine – Gäste in diesem Saal könnte dies ebenfalls inte-

essieren –, will ich wenigstens kurz die Mechanik, um
ie es geht, erläutern. Wenn eine Muttergesellschaft in
eutschland einen Gewinn erzielt, dann zahlt sie darauf
teuern, nämlich Körperschaftsteuern in Höhe von
5 Prozent. Wenn sie durch ein Tochterunternehmen in
en USA einen zusätzlichen Gewinn erzielt, dann muss
as Tochterunternehmen in den USA ebenfalls Körper-
chaftsteuern zahlen, im Zweifelsfall 35 Prozent. So
ommen nur 65 Prozent des in den USA erzielten Ge-
inns in Deutschland an. Die Frage ist, ob man auf diese
5 Prozent in Deutschland ebenfalls eine Kapitalertrag-
teuer oder eine Körperschaftsteuer erhebt. Unsere Ant-
ort lautet: Wir wollen das nicht; denn das wäre eine

chte Doppelbelastung, die wir ausschließen wollen. Ich
önnte noch die Feinmechanik erklären.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Gerne!)


eine Erläuterung war sehr grobschlächtig; aber immer-
in ist klar, dass wir eine Doppelbesteuerung vermeiden
ollen. Wir glauben, dass die Belastung durch eine zu-

ätzliche Körperschaftsteuer nicht in Ordnung ist.

Dieses Doppelbesteuerungsabkommen mit den USA
st sehr gut, insbesondere weil es symmetrisch ist. Dieses
bkommen gilt nämlich nicht nur für Tochterfirmen
eutscher Unternehmen in den USA, sondern auch um-
ekehrt. Aus Symmetriegründen glauben wir, dass es
it Blick auf die Konkurrenzfähigkeit unserer deutschen
nternehmen klug ist, dieses Abkommen zu schließen.
ir versprechen uns davon auch eine deutliche Verbes-

erung der Wirtschaftsbeziehungen zwischen den USA
nd Deutschland. Ich glaube, dass wir damit auf dem
ichtigen Weg sind. Ich bitte Sie, diesem Abkommen zu-
ustimmen, mit dem Wissen, dass es vollständig und se-
iös ausgehandelt wurde.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)







(A) )



(B) )


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605729900

Das Wort hat nun der Kollege Carl-Ludwig Thiele für

die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Carl-Ludwig Thiele (FDP):
Rede ID: ID1605730000

Liebe Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen

und Kollegen! Es macht immer Freude, im Bundestag
vor einem fachkundigen Publikum zu diesem Thema
sprechen zu dürfen. Da die Reihen nicht ganz gefüllt
sind, sind im Wesentlichen Fachkundige anwesend.

Die FDP-Fraktion begrüßt, dass heute das Doppelbe-
steuerungsabkommen zwischen der Bundesrepublik
Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika
vom Deutschen Bundestag die erforderliche Zustim-
mung erhalten wird. Insofern, Herr Kollege Binding,
stimme ich Ihren Ausführungen zu.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Das derzeit gültige Doppelbesteuerungsabkommen
stammt noch aus der Zeit vor der deutschen Einheit. Es
ist nämlich am 29. August 1989 geschlossen worden.
Zwischenzeitlich sind viele Rechtsänderungen eingetre-
ten, die eine Änderung dieses Doppelbesteuerungsab-
kommens erforderlich machen. Insbesondere in der
Frage der Besteuerung von Alterseinkünften wurden in
den letzten Jahren Eingaben von deutschen Bürgern, die
in Amerika leben, an den Deutschen Bundestag gerich-
tet. Es ist gut, dass auch diese Probleme mit dem Dop-
pelbesteuerungsabkommen nicht nur angesprochen, son-
dern überwiegend auch gelöst werden.


(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD)


Die Vereinigten Staaten sind für Deutschland der
wichtigste Handelspartner außerhalb der Europäi-
schen Union. Sie sind Hauptanlageland für deutsche In-
vestitionen. Umgekehrt sind die Vereinigten Staaten der
bedeutendste ausländische Investor in Deutschland. Die
Direktinvestitionen der USA betrugen Ende 2003 rund
80 Milliarden Euro, die Direktinvestitionen Deutsch-
lands in den USA betrugen zu dieser Zeit 140 Milliarden
Euro.

Bezüglich des Handels ist festzustellen, dass Deutsch-
land aus den USA in einer Größenordnung von
40 Milliarden Euro pro Jahr importiert. Vor allem aber
ist wichtig, dass Deutschland in die USA in einer Grö-
ßenordnung von 70 Milliarden Euro exportiert, und das
Jahr für Jahr. Dies schafft und sichert Arbeitsplätze in
Deutschland. Wir wollen, dass weiterhin Arbeitsplätze
in Deutschland entstehen und gesichert werden.


(Beifall bei der FDP)


Insofern – erlauben Sie mir, dies zu sagen, da Herr
Schick von den Grünen noch sprechen wird – habe ich
überhaupt kein Verständnis dafür, dass seitens der Links-
partei und der Grünen ausschließlich verkürzt fiskalisch
argumentiert wird. Eine solche Sichtweise greift wirk-
lich viel zu kurz.

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(C (D Zunächst wird übersehen, dass Steuern erst dann enttehen können, wenn Investitionen getätigt werden und ufgrund der Investitionen Gewinne erzielt werden. Das musste einmal gesagt werden. Ich bedanke mich ehr für den Beifall seitens der FDP-Fraktion. Deutschland hat ein originäres Interesse daran, dass eutsche Firmen auch in den Vereinigten Staaten invesieren. Denn die dort anfallenden Erträge stehen den eutschen Firmen nach Steuern zur Verfügung und stären den Ertrag sowie die Wettbewerbsfähigkeit dieser irmen. Im Gegenzug hat Deutschland ein großes Interesse aran, dass aus den Vereinigten Staaten in Deutschland nvestiert wird. Jede Investition schafft Arbeitsplätze, ede Investition schafft Beschäftigung. Insofern freue ich ich, dass die Mehrheit im Deutschen Bundestag mit er Zustimmung zu diesem Doppelbesteuerungsabkomen der Aufforderung des Bundespräsidenten Horst öhler nachkommt: Mit diesem Besteuerungsabkomen schaffen wir weitere Voraussetzungen dafür, dass usätzliche Arbeitsplätze in Deutschland entstehen önnen und die bestehenden Arbeitsplätze in Deutschand sicherer sein werden. Zu einem Punkt, nämlich zur Absenkung der Quelensteuer in Höhe von 5 Prozent auf Null, muss man eststellen, dass sich einiges geändert hat. Die Vereinigen Staaten haben inzwischen mit wichtigen Handelsartnern, mit Großbritannien, mit den Niederlanden, den kandinavischen Staaten, aber auch mit Mexiko, Japan nd Australien, Nullsätze vereinbart. Innerhalb der uropäischen Union gilt das ohnehin. Wenn Deutsch and an dieser Stelle nicht ebenso handelt, läuft Deutschand Gefahr, dass Investitionen amerikanischer Unterehmen nicht in Deutschland, sondern in anderen ändern getätigt werden. Das wäre zum Schaden eutschlands. Diesen Schaden wollen wir auch als FDPraktion vermeiden. ir wollen, dass die Amerikaner in Deutschland invesieren. Als FDP haben wir uns immer zu einer kritisch-kontruktiven Oppositionsrolle bekannt. Bei der Ablehnung ieses Doppelbesteuerungsabkommens durch die Linksartei und die Grünen kann der Eindruck einer latenten merikafeindlichen Handlung entstehen. Das wollen wir icht. Wir bekennen uns zu der Partnerschaft mit Ameika und deshalb stimmen wir als FDP dem Doppelbeteuerungsabkommen auch zu. Herzlichen Dank. (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)







(A) )



(B) )


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605730100

Das Wort hat nun der Kollege Dr. Gerhard Schick von

der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich
möchte als Erstes die Suppe, die Herr Binding gerührt
hat, aufklaren. Es geht um drei unterschiedliche Abkom-
men, die ich immer klar getrennt habe. Sie zusammenzu-
rühren, ergibt keinen Sinn.

Es ging zum einen um die Verlängerung des Doppel-
besteuerungsabkommens mit den Vereinigten Arabi-
schen Emiraten. Dieses Abkommen stellt insofern eine
Ausnahme dar, als aufgrund der Kombination der Tatsa-
che, dass es in den Vereinigten Arabischen Emiraten mit
der Ausnahme der Besteuerung bei Öl- und Gasförde-
rungen keine Einkommen- und Körperschaftsteuer gibt,
mit der Anwendung der Freistellungsmethode Gewinne
aus Dubai und anderen Orten der Emirate praktisch steu-
erfrei nach Deutschland transferiert werden können.
Dieses Abkommen zu verlängern, halten wir für falsch.
Denn das Abkommen stellt einen wichtigen Baustein ei-
nes schiefen und unfairen Steuerwettbewerbs dar, den
wir beklagen. Ich glaube daher, dass man die Existenz
eines solchen Abkommens durchaus kritisieren kann.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Bei dem Abkommen mit dem Jemen geht es um et-
was anderes. Es bezog sich nur auf Luftfahrtgesellschaf-
ten und es hatte anders als sonstige Abkommen keine
kurze Rückwirkung von zwei oder drei Jahren, sondern
eine 24-jährige Rückwirkung. Von der Bundesregierung
ist uns gesagt worden, dass das spezifisch für deutsche
im Jemen tätige Luftfahrtunternehmen gilt. Dass diese
extreme Form der Rückwirkung eine Sonderbehandlung
und damit ein Privileg ist, werden auch Sie, Herr
Binding, nicht abstreiten wollen. Das und nichts anderes
habe ich angesprochen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Kommen wir nun zu dem Abkommen, um das es
heute geht, zum Abkommen mit den Vereinigten Staa-
ten von Amerika. Ich stimme Ihnen zu: Das ist das
wichtigste Abkommen für Deutschland; denn die USA
sind unser wichtigster Handelspartner. Gerade weil das
Abkommen so wichtig ist, schauen wir es uns ganz ge-
nau an; das hat nichts mit Amerikafeindlichkeit zu tun.

Wir argumentieren auch nicht nur „verkürzt fiska-
lisch“. Ich möchte Ihnen sagen, was aus unserer Sicht
die Plus- und Minuspunkte sind. Ich finde es insofern
ein gutes Abkommen, als mit der Switch-Over-Klausel
die Möglichkeit zum Übergang zum Anrechnungsver-
fahren offen gehalten ist. Das ist sinnvoll und das begrü-
ßen wir ausdrücklich. Wir begrüßen auch ausdrücklich
das obligatorische Schiedsverfahren, das behandelt wor-
den ist. Das ist eine gute Klausel, weil sie Rechtssicher-
heit auch dann ermöglicht, wenn bei Anpassungen von
Transfer-Pricing-Verfahren ein Abgleich notwendig ist.
Für die Unternehmen ist es wichtig, dass sie sich darauf
verlassen können, dass es das Schiedsverfahren auch

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(C (D irklich geben wird und dass sie nicht zwischen die ühlen zweier Staaten geraten. Ich finde auch die Rege ung über die Alterseinkünfte richtig; es wurde auf neue ntwicklungen Bezug genommen. Wir haben aber auch drei Kritikpunkte. Der erste ritikpunkt ist, dass es tatsächlich zu Steuerausfällen ommt. In einer Situation, in der wir die Mehrwertsteuer nheben und den Bürgern andere Belastungen zumuten, üssen wir Steuerausfälle immer besonders genau be euchten. Ich finde, das ist berechtigt und kann nicht als verkürzt fiskalisch“ abgetan werden. Der zweite Kritikpunkt ist ein wirtschaftspolitischer. enn wir auf die Quellenbesteuerung bei der Kapitaler ragsbesteuerung verzichten, dann hat das eine Auswirung auf das Ausschüttungsverhalten von Unternehmen. ußerdem geht es – insofern muss man der Analyse von errn Binding noch etwas hinzufügen – nicht nur um as, was US-Töchter in Deutschland tun. Sie wissen ja, ie das Netz aus Doppelbesteuerungsabkommen wirkt. s wirkt als Netz, in dem das, was in Deutschland statt indet, häufig genutzt wird, um über andere Länder Geinne günstig in die USA zu transferieren. Der zentrale Punkt, der uns dazu gebracht hat, es abulehnen, ist folgender: Wir sollten bei dem multilatealen Ansatz auf Basis des OECD-Musterabkommens leiben. Die bilateralen Verhandlungen, die die USA in en letzten Jahren geführt haben – ich komme damit um Schluss –, halten wir nicht für den richtigen Ansatz, eil es gerade in diesem Netz von Doppelbesteuerungs bkommen extrem wichtig ist, dass die OECD-Staaten usammenhalten, um das Treaty-Shopping, das von einien Steueroasen ganz gezielt genutzt wird, gemeinsam nterbinden zu können. Die OECD hat dazu vieles voreschlagen. Es wäre falsch, dies nun durch bilaterale bkommen zu unterlaufen. Die multilateralen Abkomen sind unseres Erachtens die einzig sinnvolle Vorge ensweise gegen das, was wir als unfairen, schiefen teuerwettbewerb bezeichnen würden. Danke schön. Der Kollege Dr. Axel Troost von der Fraktion Die inke hat seine Rede zu Protokoll gegeben.1)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605730200

Damit hat als nächster Redner das Wort der Kollege
anfred Kolbe für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Manfred Kolbe (CDU):
Rede ID: ID1605730300

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren

ollegen! Es ist gut, dass wir dieses Doppelbesteue-
ungsabkommen mit den USA heute einmal im Plenum
es Deutschen Bundestages debattieren. Dabei ist schon
er Begriff Doppelbesteuerungsabkommen irreführend.

Anlage 4






(A) )



(B) )


Manfred Kolbe
Es geht ja nicht um eine doppelte Besteuerung; es geht
um die Vermeidung der Doppelbesteuerung. Wir in
Deutschland sind Exportweltmeister. Wir müssen ein
besonderes Interesse daran haben, dass bei internationa-
ler Wirtschaftstätigkeit eine Doppelbesteuerung entfällt,
Herr Schick, und zwar im Hinblick auf unsere Arbeits-
plätze. Deshalb haben wir immer ein prinzipielles Inte-
resse an Doppelbesteuerungsabkommen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


Das Doppelbesteuerungsabkommen mit den USA ist
wahrscheinlich das wichtigste, das wir als Bundesrepu-
blik Deutschland schließen, da die USA – das ist schon
verschiedentlich gesagt worden – unser wichtigster Han-
delspartner außerhalb der EU sind und wir für die USA
der wichtigste Handelspartner in Europa sind. Die ame-
rikanischen Direktinvestitionen in Deutschland betrugen
bis Ende 2003 81 Milliarden Euro, unsere Direktinvesti-
tionen in den USA 140 Milliarden Euro.

Unmittelbarer Anlass für die Änderung des Doppel-
besteuerungsabkommens war die von Ihnen kritisierte
Dividendenbesteuerung, Herr Kollege Schick. Auf Divi-
denden, die Tochtergesellschaften an Muttergesellschaf-
ten ausschütten, wird beiderseits des Atlantiks nach dem
alten Doppelbesteuerungsabkommen eine Kapitalertrag-
steuer in Höhe von 5 Prozent gezahlt. Dazu kommt noch
die Körperschaftsteuer in den USA – bis zu 34 Prozent
für die deutsche Tochter dort – oder für die amerikani-
sche Tochter hier Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer
in Höhe von bis zu 39 Prozent. Dies führt zu Mehrbelas-
tungen dieser Tochtergesellschaften etwa gegenüber in-
ländischen Gesellschaften.

Diesen Wettbewerbsnachteil deutscher Tochterge-
sellschaften in den USA und amerikanischer Tochterge-
sellschaften in Deutschland wollen wir abbauen. Das ist
nicht amerikanischer Unilateralismus, den Sie hier ir-
gendwie wahrzunehmen scheinen; das ist seit 1992 in-
nerhalb der EU Usus. So verfahren wir mit allen unseren
europäischen Nachbarländern. So verfahren auch die
USA mit einer Reihe ausgewählter Handelspartner. Es
ist gut, dass wir als Bundesrepublik Deutschland es ge-
schafft haben, in diesen Kreis zu kommen.


(Beifall des Abg. Leo Dautzenberg [CDU/ CSU])


Dieser Nullsatz für deutsche Töchter in den USA
liegt gerade im deutschen Interesse, Herr Schick. Sie ha-
ben sich das vielleicht genau angeschaut, aber dann eben
nicht genau genug. Ich sage Ihnen jetzt einmal drei
Gründe, die dafür sprechen, dass Sie es sich nicht genau
genug angeschaut haben:

Erstens. Die deutschen Direktinvestitionen in den
USA – rund 140 Milliarden Euro – sind fast doppelt so
hoch wie die amerikanischen Direktinvestitionen in
Deutschland. Wir haben dort mehr Töchter, als die Ame-
rikaner hier haben. Die Nullbesteuerung liegt also eher
im Interesse Deutschlands als im Interesse der USA. So
haben wir als Bundesrepublik Deutschland mit vielen
ausländischen Direktinvestitionen generell ein Interesse
an der Nullbesteuerung.

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(C (D Zweitens. Wenn die deutschen Unternehmen im chnitt stärker entlastet werden als die amerikanischen, ann spiegelt sich das auch beim Fiskus wider. Ich verute einmal, dass der amerikanische Fiskus durch die ullbesteuerung höhere Einbußen hat als der deutsche iskus. Das ist dann zumindest kein Schritt zum Nach eil der Bundesrepublik Deutschland. Drittens. Ihre Argumentation ist auch falsch, was das nrechnungsverfahren betrifft. Sie sagen, das deutsche teuersubstrat werde dadurch geschädigt, dass es beim oppelbesteuerungsverfahren einen unterschiedlichen echanismus gibt: Wir haben das Freistellungsverfah en, die USA haben das Anrechnungsverfahren. Das ist chlicht und ergreifend in diesem Fall nicht zutreffend. s ist zwar richtig, die USA benutzen das Anrechnungserfahren dafür, das irgendwo erzielte Welteinkommen on US-Gesellschaften eventuell auf amerikanisches iveau hochzuschleusen. Nur, in diesem Fall gibt es berhaupt nichts mehr hochzuschleusen. Die deutsche örperschaftsteuer liegt bei 25 Prozent, die deutsche ewerbesteuer bei 14 Prozent, das sind zusammen chon 39 Prozent; hinzu kommen noch 3,75 Prozent urch die Dividendenbesteuerung. Das liegt über dem öchsten Körperschaftsteuerniveau von 35 Prozent in en USA. Das deutsche Steuersubstrat ist also nicht gechädigt. Ihre Argumentation geht da wirklich völlig in ie Irre. Wir von der CDU/CSU können nicht nachvolliehen, dass Sie aus diesem Grunde das Doppelbesteueungsabkommen ablehnen. Das ist mir auch deshalb unbegreiflich, weil dieses oppelbesteuerungsabkommen natürlich noch eine anze Reihe weiterer Maßnahmen enthält, die im Inteesse des gegenseitigen Austauschs und im Interesse der egenseitigen Wirtschaftsbeziehungen dringend notwenig sind. Ich nenne hierzu abschließend drei Punkte. Erstens. Durch die zunehmende internationale Verlechtung – die wir begrüßen – kommt es zu einer verehrten Entsendung deutscher Arbeitnehmer. Wir wis en, dass heute die Altersversorgung nicht mehr allein taatlicherseits geleistet werden kann; wir setzen auch uf eine betriebliche Altersversorgung. Diese betrieblihe Altersversorgung wird in Deutschland steuerlich unerstützt und gefördert. Das war bisher aber nicht im usland möglich. Ein deutscher Arbeitnehmer, der fünf ahre in den USA verbringt, kann den Aufbau seiner eutschen Altersversorgung dort nicht steuerlich geltend achen. Das wird jetzt anders. Ich halte das für einen anz großen Erfolg im Interesse des wechselseitigen ustauschs. Zweitens: Das obligatorische Schiedsverfahren. Die SA tun sich manchmal ein bisschen schwer, sich obliatorischen Schiedsverfahren zu unterwerfen. Hier ist as gelungen. (Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das habe ich auch begrüßt!)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Manfred Kolbe
– Sie haben das auch gewürdigt, aber ich verstehe dann
nicht, wie Sie das Doppelbesteuerungsverfahren ableh-
nen können.

Drittens nenne ich einen Punkt, der uns in den nächs-
ten Jahren hin und wieder Sorge machen wird: Das ist
die Besteuerung der Alterseinkünfte. Nach dem ge-
genwärtigen DBA besteuert – abgesehen von den Pen-
sionen des öffentlichen Dienstes – der Wohnsitzstaat die
Alterseinkünfte. Das ist ein Problem für Länder wie die
Bundesrepublik Deutschland, da zahlreiche deutsche
Ruheständler


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Mallorca lässt grüßen!)


– Mallorca lässt grüßen, Florida auch – ihren Lebens-
abend woanders verbringen. Es gibt 130 000 deutsche
Rentenempfänger, die ihren Lebensabend in den USA
verbringen. Umgekehrt tun das nur 30 000 US-Amerika-
ner in Deutschland. Wir haben also ein Interesse an einer
anderen Regelung. Die USA haben jetzt akzeptiert, dass
in gewissen Grenzen das Besteuerungsrecht bei Alters-
einkünften auf den Quellenstaat übergeht, der ja wäh-
rend des Erwerbslebens dies steuerlich gefördert hat.
Das ist in einer gemeinsamen Erklärung zum Doppelbe-
steuerungsabkommen festgehalten worden. Wegen der
langen Übergangsfristen im Alterseinkünftegesetz wird
hier eine Regelung nicht vor 2015 in Kraft treten; das
muss sie aber auch nicht. 2013 treten wir dazu in Ver-
handlung. Ich glaube, auch das ist ein großer Erfolg.

Alles in allem, Frau Staatssekretärin Hendricks, kann
man den Verhandlungsführern zu diesem Ergebnis gratu-
lieren. Es verbessert die Wettbewerbssituation deutscher
Tochterunternehmen in den USA und verschlechtert kei-
nesfalls die Lage des deutschen Fiskus. Die Ausführun-
gen, in denen dies behauptet wurde, habe ich nicht nach-
vollziehen können.

Die CDU/CSU begrüßt deshalb das Doppelbesteue-
rungsabkommen mit den USA und wird ihm hier zustim-
men.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605730400

Als letzter Redner in dieser Debatte hat nun das Wort

der Kollege Lothar Binding.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Er war doch schon der erste Redner!)



Lothar Binding (SPD):
Rede ID: ID1605730500

Ich wollte noch eine kurze Bemerkung machen. Die

Rede des Kollegen Schick klang schon sehr viel fairer
als die Botschaften, die in dem entsprechenden Artikel
in einer ganz speziellen Weise zusammengemixt wur-
den. In der Rede wurde eine getrennte Betrachtung vor-
genommen. Denn das DBA mit den Vereinigten Arabi-
schen Emiraten und das DBA mit dem Jemen, über die
man sicher reden kann, sind etwas ganz anderes als das
DBA mit den USA.

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(C (D Ich habe aber nicht verstanden, warum Sie das chiedsverfahren kritisiert haben. (Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe es gelobt!)


Kritik ist immer Lob und Tadel. In diesem Falle haben
ie das Schiedsverfahren gelobt.

Sie haben den Nullsatz für Altersvorsorgeeinrichtun-
en bei den Vertragsstaaten und für Kapitalanlagen in
em jeweils anderen Staat gelobt. Sie haben außerdem
ie Vorschriften zur Bekämpfung des Abkommensmiss-
rauchs gelobt. Gleichwohl sagen Sie, Sie lehnen das
bkommen mit den USA ab. Das habe ich nicht verstan-
en. Ich glaube, die wenigstens von uns können dies
achvollziehen. Herr Kolbe hat es vorhin versucht. Das
uss sicherlich im Nachgang noch einmal erläutert wer-

en.


(Beifall bei der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605730600

Ich schließe nun die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-
esregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Änderung
es Abkommens mit den Vereinigten Staaten von Ame-
ika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Ver-
inderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der
teuern vom Einkommen und vom Vermögen und einiger
nderer Steuern. Das sind die Drucksachen 16/2708 und
6/2956. Der Finanzausschuss empfiehlt auf Drucksache
6/3012, den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich bitte dieje-
igen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das
andzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Damit

st der Gesetzentwurf in zweiter Beratung angenommen
it den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der FDP-
raktion bei Gegenstimmen der Fraktion des Bündnis-
es 90/Die Grünen und bei Enthaltung der Fraktion Die
inke.

Dritte Beratung

nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
er stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzent-
urf ist damit mit dem gleichen Stimmenverhältnis an-
enommen.

Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 16 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Cornelia

(Saarbrücken)

tion der LINKEN

Neuregelung des Hochschulzugangs und der
Hochschulabschlüsse als Impuls zur Hoch-
schulöffnung und Qualitätsentwicklung nut-
zen

– Drucksache 16/2796 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Die Kolleginnen und Kollegen Dr. Ernst Dieter
Rossmann, Anette Hübinger, Uwe Barth, Cornelia
Hirsch und Kai Gehring haben ihre Reden zu Protokoll
gegeben.1) Damit entfällt die Aussprache. Interfraktio-
nell wird die Überweisung der Vorlage auf Druck-
sache 16/2796 an die in der Tagesordnung aufgeführten
Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstan-
den? – Ich sehe keinen Widerspruch. Dann ist die Über-
weisung so beschlossen.

Wir kommen damit zum Tagesordnungspunkt 17:

Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umset-
zung der Regelungen über die Mitbestimmung
der Arbeitnehmer bei einer Verschmelzung
von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen
Mitgliedstaaten

– Drucksache 16/2922 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Rechtsausschuss
Finanzausschuss

Die Kolleginnen und Kollegen Michael Hennrich,
Anette Kramme, Heinz-Peter Haustein, Werner Dreibus,
Matthias Berninger und der Parlamentarische
Staatssekretär Gerd Andres haben ihre Reden zu Pro-
tokoll gegeben.2) Damit können wir auf die Aussprache
verzichten. Interfraktionell wird die Überweisung des
Gesetzentwurfs auf Drucksache 16/2922 an die in der
Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
Sind Sie damit einverstanden? – Ich sehe, das ist der
Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 18 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Brigitte
Pothmer, Priska Hinz (Herborn), Markus Kurth,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Überschüsse der Bundesagentur für Arbeit für
Ausbildung, Qualifizierung und Progressiv-
Modell verwenden

– Drucksache 16/2509 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss fürArbeit und Soziales (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Haushaltsausschuss

Die Kolleginnen und Kollegen Peter Rauen,
Wolfgang Grotthaus, Dirk Niebel, Kornelia Möller,
Brigitte Pothmer und der Parlamentarische
Staatssekretär Gerd Andres haben ihre Reden zu Pro-
tokoll gegeben.3) Damit findet keine Aussprache statt.
Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf

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1) Anlage 5
2) Anlage 6
3) Anlage 7 4)

(C (D rucksache 16/2509 an die in der Tagesordnung aufgeührten Ausschüsse vorgeschlagen. – Ich sehe dazu keien Widerspruch. Dann sind die Überweisungen so bechlossen. Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 19: Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/ CSU, der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Einfuhrund Handelsverbot für Robbenprodukte – Drucksache 16/2755 – Die Kolleginnen und Kollegen Dr. Peter Jahr, r. Wilhelm Priesmeier, Hans-Michael Goldmann, Eva ulling-Schröter und Cornelia Behm haben ihre Reden u Protokoll gegeben.4)

ir kommen zur Abstimmung über den Antrag der

raktionen der CDU/CSU, der SPD, der FDP und des
ündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 16/2755 mit
em Titel „Einfuhr- und Handelsverbot für Robbenpro-
ukte“. Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt da-
egen? – Enthaltungen? – Dann ist dieser Antrag mit den
timmen des ganzen Hauses angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 20 sowie den
usatzpunkt 11 auf:

20 Beratung des Antrags der Abgeordneten Horst
Friedrich (Bayreuth), Jan Mücke, Patrick Döring,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Umfassenden Feldversuch über die Vor- und
Nachteile von 60-Tonnen-Lkw starten

– Drucksache 16/2683 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

P 11 Beratung des Antrags der Abgeordneten Peter
Hettlich, Winfried Hermann, Dr. Anton Hofreiter,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Keine 60-Tonnen-Lkw auf deutschen Straßen

– Drucksache 16/2990 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die
DP sechs Minuten erhalten soll. – Ich höre dazu keinen
iderspruch, dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Kollegen
atrick Döring von der FDP-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der FDP)


Anlage 8






(A) )



(B) )


Patrick Döring (FDP):
Rede ID: ID1605730700

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Zu dieser späten Stunde reden wir heute das Plenum leer.


(Jörg Tauss [SPD]: Das war eine Drohung!)


– Ja, Herr Tauss, das war eine Drohung. Sie können sich
aber auch, wie die meisten Ihrer Kollegen, anderen Din-
gen widmen.


(Zuruf von der FDP: Das wollen wir aber nicht!)


In den letzten Tagen haben wir in Deutschland eine
interessante Diskussion zum Thema 60-Tonner erlebt.
Da gibt es zum einen die Bundesregierung, die dem
Land Niedersachsen bezüglich des laufenden Feldver-
suches vorwirft, dieser Feldversuch sei rechtswidrig. Im
Gegenzug teilt uns der Wissenschaftliche Dienst des
Deutschen Bundestages mit, dass die Rechtsauffassung
des Bundesverkehrsministeriums nicht zutreffend sei
und nicht der Rechtslage entspreche.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Das ist sehr beachtlich!)


Zum anderen wird jetzt auch in Baden-Württemberg ein
Feldversuch zu diesem Thema durchgeführt.


(Zuruf von der FDP: Man kann es doch einmal versuchen! – Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Leider!)


– Ja, Herr Hermann, das ist auch eine ordentliche Regie-
rung!

Gleichzeitig schreibt aber das Bundesverkehrsminis-
terium in seiner Begründung, der Feldversuch in Nieder-
sachsen sei deshalb nicht zu befürworten, weil die teil-
nehmenden drei Speditionen, unter anderem die Firma
Boll aus Meppen, und die drei Referenzstrecken, auf de-
nen das stattfindet, nicht repräsentativ seien. Zwei Fra-
gen später wird uns dann mitgeteilt, einen umfassenden
Feldversuch, wie ihn die FDP einfordert, soll es auch
nicht geben, weil die Bundesregierung schon weiß, was
dabei rauskommt.


(Jörg Tauss [SPD]: Ihr wollt die Autobahnen kaputtmachen!)


Eins von beiden kann nur stimmen, liebe Kolleginnen
und Kollegen. Wir sind dafür, dass wir uns erst einmal
eine Meinung bilden.


(Beifall bei der FDP)


Die Grünen haben dankenswerterweise und erwar-
tungsgemäß ihren Antrag eingebracht und


(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Klartext gesprochen!)


gesagt: Das darf es auf deutschen Straßen niemals ge-
ben, das ist alles des Teufels.


(Zuruf von der FDP: Alles auf die Schiene! – Jörg Tauss [SPD]: Da haben sie auch wieder Recht!)


Das findet allerdings jeden Tag statt, und zwar nicht
von deutschen Spediteuren, sondern – wie Sie wissen –

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(C (D on anderen europäischen Nachbarn, die diese LKW ängst einsetzen und auch über deutsche Straßen fahren. Ich persönlich kann überhaupt nicht begreifen – und ch bin dankbar, dass der Kollege Beckmeyer da ist, enn er hat sich dazu mehrfach öffentlich geäußert –, ie man dagegen sein kann, dass wir jetzt erst einmal eritteln, wo man diese Art von LKW einsetzen kann und b es tatsächlich zu Schäden kommt oder nicht. (Jörg Tauss [SPD]: Wir wissen doch, dass das Unfug ist!)


(Uwe Beckmeyer [SPD]: Ja, Gott sei Dank!)


Nein, Sie wissen das eben auch nicht, Herr Tauss!

Wir erleben, dass diese Verkehre seit vielen Wochen
uf den drei Strecken in Niedersachsen und in Nord-
hein-Westfalen hervorragend funktionieren, dass es we-
er zu Schäden baulicher Art


(Jörg Tauss [SPD]: In drei Wochen!)


och zu Verkehrsunfällen mit diesen Fahrzeugen
ommt, sondern dass schlicht und einfach die Anzahl
on Fahrten und der CO2-Ausstoß verringert wird, weil
iese Fahrzeuge mehr Ladung mitnehmen können.


(Beifall bei der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Das macht die Autobahnen kaputt!)


as ist doch der Zweck der Übung.


(Zuruf von der FDP: Genau!)


ir alle wissen, dass der Güterverkehr in unserem Land
nsgesamt zunehmen wird.

Ich bin überhaupt nicht dagegen, dass diejenigen, die
ier gleich wieder streng schienengläubig argumentieren
erden, sagen: Es müssen mehr Güter auf die Schiene.
as wird mit Sicherheit passieren. Dafür kämpfen wir an

nderer Stelle gemeinsam. Güter werden aber auch ver-
ehrt auf der Straße transportiert werden. Wenn wir es

chaffen können, auf bestimmten Strecken mit bestimm-
en Fahrzeugen mehr Güter mit weniger CO2-Ausstoß
on A nach B zu transportieren, dann ist das – so glaube
ch – der Mühe eines Feldversuchs wert.


(Beifall bei der FDP – Uwe Beckmeyer [SPD]: Wie viele Anhänger wollen Sie denn? Zwei oder drei? Können es auch vier sein?)


Vonseiten des Deutschen Städtetages gab es zahlrei-
he Bemerkungen, warum das alles nicht geht. Dazu
ann ich als jemand, der lange Jahre kommunalpolitisch
ätig war, sagen: Die lehnen etwas ab, was keiner fordert.
iemand will, dass diese Fahrzeuge in Innenstädte fah-

en. Niemand will, dass diese Fahrzeuge an irgendwel-
hen Stadteinfall- oder Stadtausfallstraßen stehen und
eder wenden noch nach links oder rechts abbiegen
önnen. Auch die beteiligten Speditionen wollen das
icht. Die Firma Boll teilt das ausdrücklich mit.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605730800

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

ollegin Bulling-Schröter?






(A) )



(B) )


Patrick Döring (FDP):
Rede ID: ID1605730900

Ja.


Eva-Maria Bulling-Schröter (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605731000

Danke schön. – Aufgrund der fortgeschrittenen Zeit

habe ich eine ganz kurze Frage: Wären Sie bereit, die
Straße, in der Sie wohnen, als Teststrecke einzubezie-
hen?


Patrick Döring (FDP):
Rede ID: ID1605731100

Verehrte Frau Kollegin Bulling-Schröter, niemand

will – das sagte ich gerade bereits –, dass Innenstadt-
straßen von diesen Fahrzeugen befahren werden. Es
geht um den Transport von Logistikzentrum zu Logistik-
zentrum, von Industriegebiet zu Industriegebiet. Wenn
Sie sich zum Beispiel die Strecke von Emden zum VW-
Werk in Hannover, das in meinem Wahlkreis liegt, an-
schauen, dann stellen Sie fest, dass der Transport aus-
schließlich auf der Autobahn stattfindet. Da ich nicht an
einer Autobahn wohne, stellt sich diese Frage für mich
nicht.


(Iris Gleicke [SPD]: Bei Ihnen geht die Autobahn von einer Garage direkt zur nächsten!)


Selbst diejenigen, die diese LKWs wollen, sagen:
Dieser Verkehr findet auf Bundesstraßen und Autobah-
nen und nicht in Innenstädten statt. Darüber sind sich
diejenigen, die diesen Feldversuch fordern, einig. Ich
kann nicht begreifen, dass man sich dagegen wehrt, zu-
sätzliche Erkenntnisse zu gewinnen.


(Iris Gleicke [SPD]: Dieser Feldversuch sucht uns alle Jahre wieder heim!)


Einige Mitglieder des Verkehrsausschusses hatten die
große Freude, ein Land, das zugegebenermaßen weniger
dicht besiedelt ist als die Bundesrepublik Deutschland,
zu besichtigen.


(Jörg Tauss [SPD]: Australien?)


Dort haben sie sich auch Informationen über 50 Meter
lange LKW, die 166 Tonnen schwer sind, geben lassen.


(Jörg Tauss [SPD]: Wo war das denn?)


Keines dieser Modelle wird in Deutschland jemals ein-
geführt. Darüber sind wir uns völlig einig, lieber Kollege
Beckmeyer.


(Beifall bei der FDP – Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wehret den Anfängen!)


Dass man aber versucht, eine technische Innovation,
eine Antwort auf die vermehrten Gütertransporte in un-
serem Land von vornherein abzuwürgen, indem man flä-
chendeckende Feldversuche ablehnt, ist aus meiner Sicht
völlig unbegreiflich. Deshalb werben wir, auch in der
Ausschussberatung, dafür, dass wir zumindest auf den
dafür infrage kommenden Strecken einen Feldversuch
durchführen.

Herzlichen Dank.

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1)

(C (D (Beifall bei der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Wenn ich dicker werde, ist das auch noch keine Innovation!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605731200

Der Kollege Hubert Deittert von der CDU/CSU-Frak-

ion hat seine Rede zu Protokoll gegeben.1) Damit hat als
ächste Rednerin die Kollegin Rita Schwarzelühr-Sutter,
PD-Fraktion, das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD):
Rede ID: ID1605731300

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen

nd Herren! Wir reden heute über extra lange und extra
chwere LKWs. Die Bezeichnungen für diese Art neuer
utzfahrzeuge reichen von „Monstertrucks“ bis zu

Eco-Kombis“.


(Jörg Tauss [SPD]: Guidos Funmobil!)


Diese beiden Namen verdeutlichen die Bandbreite der
efürchtungen und Verheißungen, die mit dem Einsatz
on 60-Tonnen-LKWs verbunden sind. Auf der einen
eite stehen die Risiken für die Verkehrssicherheit und
ie Verkehrsinfrastruktur, auf der anderen Seite Aspekte
es Umweltschutzes.


(Patrick Döring [FDP]: Der Bundeshaushalt ist ein größeres Risiko für die Verkehrsinfrastruktur!)


Wenn ein PKW-Fahrer auf der Autobahn einen
0-Tonner überholt, muss er an 25,25 Meter vorbei. Der
berholvorgang dauert entsprechend länger. Unsicher
nd langsam fahrende Fahrer würde die unerwartet lange
auer irritieren.


(Lachen bei der FDP – Patrick Döring [FDP]: Das glauben Sie doch selbst nicht!)


Herr Döring, nicht alle fahren Porsche. – Was passiert,
enn 60 Tonnen auf andere Autos auffahren, kann man

ich lebhaft vorstellen. Ob Leitplanken ein derartiges
ewicht auffangen könnten, ist ungewiss. Welche Aus-
irkungen das Befahren von Brücken mit so genannten
igalinern auf Zustand und Stabilität hat, ist noch lange
icht untersucht.


(Beifall bei der SPD – Patrick Döring [FDP]: Deswegen wollen wir einen Feldversuch machen!)


ass die Autobahnauffahrten und Kreisverkehre umge-
aut werden müssten, damit die XXL-Trucks überhaupt
m die Kurve kommen, ist sehr wahrscheinlich.


(Jörg Tauss [SPD]: Baustellen!)


Im Bereich Verkehrssicherheit hat man gerade erst
ersucht, die große Zahl an Opfern unter den Radfahrern
urch den toten Winkel der LKWs – wir haben diese
oche im Ausschuss darüber gesprochen – durch eine

erbesserte Spiegeltechnik zu verringern.

Anlage 9






(A) )



(B) )


Rita Schwarzelühr-Sutter

(Patrick Döring [FDP]: Wie viele Radfahrer fahren auf der Autobahn?)


Mit noch größerer Abmessung der Fahrzeuge droht die-
ser Sicherheitsgewinn wieder verloren zu gehen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Viele Fragen zum Einsatz von 60-Tonnen-LKWs sind
offen. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und
Stadtentwicklung hat mehrere Untersuchungsaufträge
zu diesem Thema an die Bundesanstalt für Straßenwesen
erteilt.

In einem ersten Schritt wurden bislang die straßen-
und fahrzeugseitigen Auswirkungen dieser Fahrzeug-
konzepte, welche durch die neue Geometrie in sicher-
heits- und verkehrstechnischer Hinsicht zu erwarten sind,
aufgezeigt und analysiert. Ebenso werden die Auswir-
kungen einer möglichen Erhöhung des Gesamtgewichts
auf 60 Tonnen geprüft.

In einem zweiten Schritt werden die möglichen Verän-
derungen bei der Verteilung der Güterverkehre – hören
Sie gut zu, Herr Döring – sowie die möglichen Auswir-
kungen auf den kombinierten Verkehr ermittelt.

Dass bei der Zulassung neuer Fahrzeugtypen das ver-
kehrspolitische Ziel „Mehr Güter auf die Schiene“ – ich
habe immer gedacht, dass wir uns da einig sind –


(Patrick Döring [FDP]: Sind wir uns auch!)


nicht aus den Augen gelassen werden darf, ist wohl
selbstverständlich.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Der Einsatz von Gigalinern führt aber genau zum Ge-
genteil, nämlich zu mehr Gütern auf der Straße.


(Patrick Döring [FDP]: Eben nicht!)


Die Firma Kombiverkehr hat ein Gutachten in Auftrag
gegeben, das die Auswirkungen des Fahrzeugkonzepts
von Gigaliner-LKWs auf den kombinierten Verkehr
untersuchen sollte.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605731400

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Döring?


Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD):
Rede ID: ID1605731500

Nein, es ist schon so spät.

Die Gutachter kommen zu dem Ergebnis, dass 56 Pro-
zent des derzeitigen Transportaufkommens in Höhe von
etwa 50 Millionen Tonnen im kombinierten Verkehr in
Deutschland durch einen Gigalinereinsatz gefährdet wä-
ren. Dies bedeutet ein Rückverlagerungspotenzial von
1,3 Millionen LKW-Fahrten auf das Fernstraßennetz.
Der kombinierte Verkehr Schiene/Straße hätte mit La-
dungsrückgängen von über einem Drittel zu rechnen.
Moderne Verkehrspolitik umfasst alle Arten von Ver-
kehrsträgern: Straßen, Schienenwege, Wasserwege und
den Luftverkehr. Ziel der Bundesregierung ist es, dass

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(C (D lle Verkehrsträger zusammen ein leistungsfähiges und odernes Gesamtverkehrssystem bilden. Investitionen im Schienenverkehr sind bedroht, wie us der Branche berichtet wird. Schon heute führt das orpreschen der niedersächsischen Landesregierung zur erschiebung von Investitionsentscheidungen beim ombinierten Verkehr, weil bei einer Nutzungsdauer der isenbahnwaggons von mindestens 15 Jahren durch die etzt entstandene Planungsunsicherheit keine verlässichen Geschäftsprognosen mehr möglich sind. Der Ausau der LKW-Verladung auf die Schiene kommt also ins tocken. Da aber Einigkeit in der Verkehrspolitik beteht, das deutsche Straßennetz nicht noch weiter mit KWs zu belasten, muss dieser Irrweg beendet werden. (Patrick Döring [FDP]: Deshalb ist es sinnvoll, mehr Ladung auf den LKW zu bringen!)


(Jan Mücke [FDP]: Schön wäre es!)


Ein Argument, das für die Einführung der Gigaliner an-
eführt wird, ist die Wachstumsprognose für den Güter-
erkehr. Der Güter- und übrigens auch der Personenver-
ehr sollen in den nächsten 15 Jahren um 45 bis
0 Prozent zunehmen. Um diese Perspektive zu bewäl-
gen, bedarf es kreativer Lösungen,


(Jörg Tauss [SPD]: 120-Tonner würde die FDP sagen!)


ie die Effizienz jedes Verkehrsträgers stärken.

Aber eine grundsätzliche Offenheit für Innovationen
m Nutzfahrzeugbereich bedeutet nicht, dass die Prüfung
er Auswirkungen und Risiken nicht in gebotener
ründlichkeit durchgeführt wird. Das Bundesverkehrs-
inisterium hat diesen Prüfauftrag angenommen und
ird die Ergebnisse, sobald sie vorliegen, an den Bun-
estag weiterleiten.

Nach Ansicht des Bundesverbandes des Deutschen
roß- und Außenhandels ist es falsch, dass der Bund den
undesweiten Test nur aufgrund haltloser Ängste ablehnt.
er Euro-Kombi sei in den Niederlanden, Schweden und
innland sicher. Der Praxistest werde zeigen, dass er
uch in Deutschland sicher sei, meint Gerhard Riemann,
orsitzender des BGA-Verkehrsausschusses.


(Patrick Döring [FDP]: Recht hat er!)


Hören Sie gut zu.

Erfahrungen mit Gigalinern gibt es in Schweden und
innland.


(Patrick Döring [FDP]: Und in den Niederlanden!)


n diesen beiden skandinavischen Ländern dürfen Nutz-
ahrzeugkombinationen, welche mit 16,50 Metern bei
attelschleppern und 18,75 Metern bei Gliederzügen die
uropäischen Längenbegrenzungen überschreiten, bereits
eit längerem ohne Sondergenehmigungen auf öffent-
chen Straßen bewegt werden. Das zulässige Zuggesamt-
ewicht darf nicht höher als 60 Tonnen sein. Bedingung
t, dass diese Fahrzeugkombinationen mit speziellen Si-
herheitstechniken wie ABS ausgerüstet sind.






(A) )



(B) )


Rita Schwarzelühr-Sutter
Der Deutsche Städtetag vertritt meiner Meinung nach
zu Recht die Ansicht, dass die in diesen Ländern ge-
machten Erfahrungen allein aufgrund der geografischen
Gegebenheiten überhaupt nicht auf Deutschland über-
tragbar sind. Ebenso teile ich seine Auffassung, dass
deutsche Städte völlig anders als US-amerikanische
Städte, in denen auch Riesentrucks Durchfahrt finden,
aufgebaut und strukturiert sind.


(Jörg Tauss [SPD]: Alaska Highway!)


– Genau.


(Jan Mücke [FDP]: Was ist denn mit den holländischen Städten?)


Die Spitze der Längengigantomiebewegung sitzt
wohl in Australien.


(Patrick Döring [FDP]: Aber es will doch niemand mit diesen Fahrzeugen in der Stadt fahren! – Jörg Tauss [SPD]: Herr Döring würde bei seiner Begeisterung damit doch sogar zur Disco fahren!)


Dass auch in den Niederlanden im Rahmen eines Groß-
versuchs mit 300 Fahrzeugen Gigaliner getestet werden,


(Patrick Döring [FDP]: Genau! Dort findet das nämlich schon statt!)


sieht die Europäische Kommission mit Skepsis.


(Patrick Döring [FDP]: Sie waren wohl lange nicht mehr im Emsland, Frau Kollegin! Dort fahren sie nämlich auch herum!)


Auch die EU-Kommission hat erkennen lassen, dass sie
dem niederländischen Wunsch nach einer Öffnung des
grenzüberschreitenden Verkehrs für Fahrzeuge mit ei-
nem zulässigen Gesamtgewicht von bis zu 60 Tonnen
nicht nachkommen will.


(Patrick Döring [FDP]: Die Holländer fahren doch in Deutschland mit diesen Autos herum!)


Angeblich freut sich die Transportwirtschaft schon,
durch die Umstellung auf 60-Tonnen-LKWs Mautkosten
zu sparen. Es wäre ja wohl der totale Hohn, wenn sich die
Transportunternehmen durch den Einsatz von Fahrzeu-
gen, die unsere Infrastruktur in stärkerem Maße belasten,
teilweise vor der Nutzerfinanzierung der Autobahnen drü-
cken könnten.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die entsprechende gesetzliche Regelung wäre in logi-
scher Konsequenz schnell zu ändern.

Mit einem Nutzfahrzeug mit einer Länge von
25,25 Metern und einem Gewicht von 60 Tonnen würde
man gegenüber einem 40-Tonnen-Nutzfahrzeug 15 Pro-
zent Kraftstoff und Emissionen pro Tonnenkilometer
sparen – so die Berechnungen.


(Patrick Döring [FDP]: Sehr richtig!)


Dieser erfreuliche Umweltaspekt wäre allerdings dem
vom Kombiverkehr prognostizierten Rückverlagerungs-
potenzial von der Schiene auf die Straße gegenzurechnen.

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(C (D Dass die Länder Baden-Württemberg und Niederachsen unter dem Druck der Wirtschaft Sondergenehigungen erteilt haben, halte ich für verantwortungslos. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Patrick Döring [FDP]: Auf Basis gängiger Rechtslage!)


as Bundesverkehrsministerium hat die Länder aufge-
ordert, bereits erteilte rechtswidrige Ausnahmegeneh-
igungen zurückzunehmen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Patrick Döring [FDP]: Sie sind eben nicht rechtswidrig!)


Die gemeinsame Konferenz der Leiter der Abteilun-
en für Straßenbau und Verkehr sowie die Verkehrs-
inisterkonferenz haben beschlossen, dass, bevor diese
ahrzeugkombinationen zugelassen werden, die gegen-
ärtig laufenden Untersuchungen abgewartet werden.
ie nächste Verkehrsministerkonferenz findet im No-
ember dieses Jahres statt.

Die FDP-Fraktion hat die sofortige Durchführung eines
undesweiten Feldversuchs über die Vor- und Nachteile
on 60-Tonnen-LKWs gefordert. Allerdings ist schon
ald mit einem neuen Antrag von Ihnen zu rechnen.
achdem Sie sich für ein Sonderprogramm „Kommunale
rückenbauwerke“ eingesetzt haben, werden Sie sicher-
ch auch noch ein Bundesprogramm mit folgendem Titel
ordern: „Alle Brücken Deutschlands umbauen, damit
er Gigaliner darüber brettern kann.“ Die Frage, wie ein
orhaben finanziert werden kann, stellt sich die FDP-
raktion sowieso nicht.

Der Antrag des Bündnisses 90/Die Grünen wiederum
rieft vor lauter Innovationsskeptizismus.


(Lachen des Abg. Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


ieso warten wir nicht die Ergebnisse der in Auftrag ge-
ebenen Gutachten ab


(Jan Mücke [FDP]: Aber Sie wissen doch schon alles! – Patrick Döring [FDP]: Wieso? Sie wissen doch schon, dass Sie dagegen sind!)


nd wägen dann auf wissenschaftlicher Basis die Vor-
nd Nachteile ab, bevor wir eine totale Nichtzulassung
eschließen oder gleich eine deutschlandweite Versuchs-
hase einläuten?


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605731600

Frau Kollegin, ich muss Sie auf Ihre Redezeit auf-

erksam machen.


Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD):
Rede ID: ID1605731700

Ich bin sofort fertig.

Meine Damen und Herren von der Opposition, ich
age nur eines: Sie haben schnell geschossen, aber nicht
etroffen. Wenn ich die Ergebnisse der BASt-Studien in
en Händen halte, diskutiere ich gerne mit Ihnen weiter.






(A) )



(B) )


Rita Schwarzelühr-Sutter
Danke.


(Beifall bei der SPD – Patrick Döring [FDP]: Sie mögen die Theorie, wir die Praxis!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605731800

Das Wort hat nun die Kollegin Dorothée Menzner für

die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN – Patrick Döring [FDP]: Oh! Jetzt wird es ja noch schlimmer!)



Dorothee Menzner (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1605731900

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolle-

ginnen und Kollegen! Mit dem Einsatz von 60-Tonnen-
Gigalinern soll der Wahnsinn wohl endgültig Vorfahrt
erhalten.


(Beifall bei der LINKEN)


Gleich zu Beginn sage ich: Die Linke im Bundestag
lehnt den Vorschlag der FDP, einen Feldversuch mit sol-
chen LKWs durchzuführen, ab.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das überrascht uns aber!)


Mit Ihrem Vorschlag verfolgen Sie nicht etwa das
Ziel, überlastete Bundesfernstraßen zu entlasten. Es geht
darum, Tulpen aus Amsterdam oder Zitronen aus Spa-
nien zu transportieren. Diese Transporte, die auf unseren
Autobahnen schon heute für endlose LKW-Schlangen
verantwortlich sind, sollen billiger werden.


(Patrick Döring [FDP]: Nein! Dann wären doch weniger Fahrzeuge unterwegs!)


Es ist ziemlich egal, ob man 120 Tonnen in drei LKWs à
40 Tonnen oder in zwei LKWs à 60 Tonnen verteilt.


(Jan Mücke [FDP]: Doch! Das macht einen Unterschied!)


Summa summarum ist kaum ein Meter weniger Fahr-
zeug auf dem Asphalt.

Aber diese Monster von 25 Metern Länge werfen eine
Menge Probleme auf:


(Patrick Döring [FDP]: 15 Prozent weniger CO2 pro Fahrzeug! Ihr seid einfach technikfeindliche Dickschädel!)


Wie fühlen Sie sich als Autofahrer, wenn Sie sich in ei-
ner Ausfahrt zwischen zwei solche LKWs quetschen
müssen? Wie wollen Sie so ein langes Gefährt gefahrlos
überholen, erst recht, wenn Sie ein nicht ganz so schnel-
les Auto fahren? Was passiert, wenn ein solcher LKW in
enge Stadtstraßen abbiegen muss, um vielleicht zu dem
Gewerbegebiet zu gelangen, wo er hin muss?


(Patrick Döring [FDP]: Das will doch keiner!)


Wie will der Lenker Radfahrer oder Kinder im Blick be-
halten, wenn schon ein Erwachsener im Rückspiegel ei-
nes normalen LKW kaum auszumachen ist? Nicht zu-
letzt sind die Parkplätze auf unseren Raststätten nicht auf
25-Meter-Gespanne ausgelegt; gar nicht zu reden von
den 37 000 Brücken in unserem Land. Allein in Sach-

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(C (D en-Anhalt gilt jede fünfte Brücke als zu schwach für iese 60-Tonner. Auch mir ist bekannt, dass diese langen Lastzüge in innland und Schweden mit Erfolg verkehren. Wir kenen auch die Roadtrains aus Australien. Aber diese dünn esiedelten Länder kann man nicht mit dem dicht besieelten Mitteleuropa vergleichen. (Patrick Döring [FDP]: Die Niederlande sind nicht dicht besiedelt?)


ir haben keine endlosen, einsamen Landstraßen in
üstenhaften Gegenden,


(Patrick Döring [FDP]: Wie viele Wüsten gibt es in den Niederlanden?)


n denen kaum eine Menschenseele wohnt.


(Patrick Döring [FDP]: Abenteuerlich!)


ns fehlt es auch nicht an Schienensträngen. Im Gegen-
eil, wir haben ein engmaschiges Eisenbahnnetz. Und
as Ziel der Bahnreform, für die wir alle uns immer wie-
er ausgesprochen haben, war es, mehr Güter auf die
chiene zu verlagern.


(Beifall bei der LINKEN – Patrick Döring [FDP]: Das eine tun, das andere nicht lassen!)


m letzten Jahr schafften es die Bahnen,
5 Milliarden Tonnenkilometer auf die Schiene zu brin-
en. Die Straße erreichte kaum mehr das Dreifache:
10 Milliarden Tonnenkilometer. Wollen wir diese ers-
en, zaghaften Erfolge jetzt konterkarieren?

Nicht umsonst wird erwähnt, dass die 60-Tonner we-
iger Sprit verbrauchen. Doch dies rechtfertigt keine
chön klingenden Namen wie „Eco-Kombi“ oder „Öko-
aster“. Denn ökologisch sind diese Monster-LKWs
icht. Sie passen nämlich nicht auf unsere Straßen. Diese
0-Tonner sind große Sattelschlepper mit Anhänger; das
uss man sich bildlich vorstellen.


(Patrick Döring [FDP]: Ich habe sie schon live gesehen!)


ie schlagen vor, dass diese Lastzüge nur bis an die
tadtgrenzen fahren und die Anhänger separat in die
tadt gebracht werden. Ein zweiter Fahrer wird also nur

n der Stadt gebraucht, während auf der Autobahn ein
ahrer genügt.


(Patrick Döring [FDP]: Woraus schließen Sie das?)


ie 60-Tonner sollen also die Personalkosten senken.
ch sage: Sie sollen Arbeitsplätze vernichten.


(Lachen bei Abgeordneten der FDP)


Die Nutzfahrzeugindustrie ist im Übrigen auch nicht
egeistert: Sie befürchtet, weniger Zugmaschinen abzu-
etzen, sie befürchtet, sehr viel differenziertere Fahr-
euge anbieten zu müssen, und, nicht zuletzt, Arbeits-
lätze abbauen zu müssen.

Kolleginnen und Kollegen, unsere Entscheidungen
üssen nachhaltig sein, nicht nur ökologisch, sondern






(A) )



(B) )


Dorothée Menzner
auch sozial. Deswegen sagen wir klar Nein zu diesen
LKWs.

Danke.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Patrick Döring [FDP]: Sie haben Ihren Textbaustein „Hartz IV muss weg!“ vergessen!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605732000

Nun hat das Wort der Kollege Winfried Hermann,

Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)



Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1605732100

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich be-

danke mich dafür, dass ich heute das Schlusswort be-
komme.

Ich freue mich, dass es heute eine neue Allianz gibt,
eine Allianz


(Patrick Döring [FDP]: Gegen den Turbokapitalismus!)


gegen die Gigaliner, gegen die Monstertrucks auf der
Straße. Die FDP sagt: Lasst uns einen umfassenden
Feldversuch machen! Denen, die sagen, das brauchen
wir nicht, hält sie vor, nicht offen zu sein. Aber eigent-
lich sind auch Sie schon festgelegt; das haben Sie deut-
lich gemacht. Nichts gegen Versuche, aber wenn die Fol-
gen bestimmter Maßnahmen schon offenkundig sind,
dann kann man sich den Versuch sparen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Einige Folgen dieser Monstertrucks liegen so offenkun-
dig auf der Hand,


(Zurufe von der FDP: Umweltschutz! – Weniger CO2-Emissionen!)


dass man keine langen Versuche machen muss. Interes-
sant ist ferner, wer solche Versuche machen will und wo
sie gemacht werden: Daimler hat in Stuttgart sein neues
Produkt Gigaliner einführt für den Verkehr zwischen
zwei Werken, auf einer Strecke, die mit Schienen be-
dient werden kann, zum Transport von Material, das sich
originär für den Schienentransport eignet. Da wird doch
klar, worum es geht: Dieser Versuch ist kein offener Ver-
such, sondern es geht darum, den ersten Schritt zu unter-
nehmen, ein neues Produkt am Markt anzubringen.


(Widerspruch bei der FDP)


Das ist der Grund, weshalb wir sagen: Nein, wir wollen
keine Monstertrucks auf deutschen Autobahnen.

Es gibt inzwischen auch längst Versuche dazu. Bei
der Einführung des 40-Tonners gab es in der Schweiz
eine sehr genaue Untersuchung, in der nachgewiesen
wurde – auch hier hätte man übrigens sehr ökologisch
argumentieren und sagen können, dass man durch die
Erhöhung von 28 auf 40 Tonnen einige LKWs einspart –,

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(C (D (Patrick Döring [FDP]: Argumentieren Sie doch einmal ökologisch!)


ass als Folge davon deutlich mehr Verkehr auf die
traße kam, wodurch der Schienenverkehr, der in der
umme deutlich ökologischer ist, geschwächt wurde.

Nun sagen Sie, dass das doch ein ökologisches Argu-
ent ist. Dem will ich mich gerne stellen. Es ist schon

nteressant – das will ich Ihnen jetzt nicht unterstellen –,
enn ausgerechnet Leute aus der Automobilindustrie,
enen die Ökologie gemeinhin sozusagen irgendwo vor-
eigeht, plötzlich ökologisch argumentieren. Dann wer-
en wir natürlich hellhörig. Es ist einfach eine Rosstäu-
cherei, zu behaupten, durch die Umstellung auf größere
rucks würde die Belastung um 50 Prozent verringert.
uf dieses Ergebnis kommt man nur, wenn man ganz

infach rechnet. Wenn am Schluss in der Summe aber
ehr LKWs fahren und weniger Verkehr auf die Schiene

eleitet wird, dann ist die gesamtökologische Bilanz na-
ürlich erheblich schlechter.


(Patrick Döring [FDP]: Sie werden doch sowieso fahren! Schauen Sie sich die Statistik an!)


as wird durch Ihre einfache und billige Ökologierech-
ung nicht deutlich und damit blenden Sie sich selber.


(Patrick Döring [FDP]: Die Zuwächse finden doch statt!)


Sie merken nicht, dass dies eigentlich ein neues Pro-
ukt ist, um die Fahrt zur nächsten Fabrik zu verbilligen.
as bedeutet im Wesentlichen kein Einsparen von CO2-
missionen, sondern nur von Kosten, was zu einer Bes-
erstellung des LKW-Verkehrs im Vergleich zum Schie-
enverkehr führt. Wir befürchten, dass es letztendlich
arum geht. Das ist der große Schaden.

Die anderen Probleme, die angesprochen worden
ind, will ich nur noch einmal kurz erwähnen, weil die
ednerinnen und Redner vor mir das auch schon deut-

ich gesagt haben. Man kann jetzt natürlich sagen, dass
an mit den langen LKWs gar nicht in die Städte und
entren hinein will. Dahin werden sie auch nie kommen.
atürlich werden sie aber auch nicht nur auf wenigen
utobahnen fahren, sondern man wird die Industriege-
iete einschließen. So kommen dann nach und nach
ehr Städte, die diese LKWs auch zulassen wollen.

Schließlich wird der Effekt erzielt, dass der Nutzen
eniger Transporteure, die mit größeren LKWs kosten-
ünstiger transportieren können, von der Allgemeinheit
u bezahlen ist, indem anschließend die Brücken nach-
ebaut, die Kreisverkehre vergrößert und die Straßen
eutlich häufiger saniert werden müssen. Ich sage: Hier
ird privater Nutzen am Schluss durch die Allgemein-
eit bezahlt.

Ich komme zum Schluss, weil die Lampe am Pult
euchtet: Wir sind klar und eindeutig gegen die Einfüh-
ung dieser Monstertrucks. Das wird zulasten der
chiene und letztlich auch zulasten der Umwelt gehen.
ie Argumente, die Sie bringen, sind pseudoökologisch.






(A) (C)



(B) )


Winfried Hermann


(Patrick Döring [FDP]: Die Versuche in Baden-Württemberg und Niedersachsen werden das Gegenteil beweisen!)


Ich sage Ihnen eines: Wir Grüne sind für deutlich mehr
und längere Lastzüge, aber bitte schön auf der Schiene.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LIN Nichtigkeitserklärung des Erbgesundheitsgesetzes – Drucksache 16/1171 – Überweisungsvorschlag: Rechtsausschuss Ausschuss fürFamilie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Gesundheit Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe KEN – Patrick Döring [FDP]: Am besten per Gesetz!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1605732200

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlagen
auf den Drucksachen 16/2683 und 16/2990 an die in der
Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
Die Vorlage auf Drucksache 16/2683 zu Tagesordnungs-
punkt 20 soll zusätzlich an den Ausschuss für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit sowie an den Aus-
schuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
überwiesen werden. Sind Sie damit einverstanden? – Ich
sehe, das ist der Fall. Dann ist das so beschlossen.

Wir kommen damit zum Zusatzpunkt 12:

Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die
Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze
bei innergemeinschaftlichen Verstößen

– Drucksache 16/2930 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss

Die Kolleginnen und Kollegen Julia Klöckner, Elvira
Drobinski-Weiß, Hans-Michael Goldmann, Dr. Kirsten
Tackmann und Ulrike Höfken haben ihre Reden zu Pro-
tokoll gegeben.1) Damit erübrigt sich eine Aussprache.

Interfraktionell wird die Überweisung des Gesetzent-
wurfs auf Drucksache 16/2930 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es
anderweitige Vorschläge? – Ich sehe, das ist nicht der
Fall. Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 21 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Volker
Beck (Köln), Markus Kurth, Britta Haßelmann,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

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1) Anlage 10
2)

3)

(D Die Kolleginnen und Kollegen Dr. Jürgen Gehb, r. Carl-Christian Dressel, Sabine Leutheusserchnarrenberger, Ulla Jelpke und Volker Beck haben hre Reden zu Protokoll gegeben.2)

uf die Aussprache. Interfraktionell wird Überweisung
er Vorlage auf Drucksache 16/1171 an die in der Tages-
rdnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind
ie damit einverstanden? – Ich sehe, das ist der Fall.
ann ist auch diese Überweisung so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 22 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Gudrun
Kopp, Hellmut Königshaus, Jens Ackermann,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Doha-Runde wieder beleben – WTO-General-
direktor als Schlichter einsetzen

– Drucksache 16/2658 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Die Kolleginnen und Kollegen Erich Fritz, Dr. Ditmar
taffelt, Gudrun Kopp, Ulla Lötzer und Margareta Wolf
aben ihre Reden zu Protokoll gegeben.3) Interfrak-
ionell wird die Überweisung der Vorlage auf Drucksa-
he 16/2658 an die in der Tagesordnung aufgeführten
usschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstan-
en? – Ich sehe, das ist der Fall. Damit sind die Über-
eisungen so beschlossen.

Wir sind am Schluss unserer heutigen Tagesordnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
estages auf morgen, Freitag, den 20. Oktober 2006,
Uhr, ein.

Ich wünsche Ihnen einen schönen restlichen Abend.

Die Sitzung ist geschlossen.