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ID1605714600

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    Plenarprotokoll 16/57 b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung zum Stand der Bemühungen um Rüstungs- kontrolle, Abrüstung und Nichtverbrei- tung sowie über die Entwicklung der Streitkräftepotenziale (Jahresabrüs- tungsbericht 2005) (Drucksache 16/1483) . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN: Für eine Wiederbelebung des nuklearen Abrüstungsprozesses im Tagesordnungspunkt 4: a) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Agrarpolitischer Bericht 2006 der Bun- desregierung (Drucksache 16/640) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Rahmenplan der Gemeinschaftsauf- gabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ für den Zeit- raum 2005 bis 2008 (Drucksache 15/5820) . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Hans-Michael Goldmann, Dr. Christel Happach-Kasan, 5469 B 5486 C 5486 C Deutscher B Stenografisch 57. Sitz Berlin, Donnerstag, den I n h a l Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absetzung der Tagesordnungspunkte 25 und 30 o . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachträgliche Ausschussüberweisungen . . . . Tagesordnungspunkt 3: a) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung zum Stand der Bemühungen um Rüstungs- kontrolle, Abrüstung und Nichtverbrei- tung sowie über die Entwicklung der Streitkräftepotenziale (Jahresabrüs- tungsbericht 2004) (Drucksache 15/5801) . . . . . . . . . . . . . . . . D E E P D D K J U R 5467 A 5468 D 5469 A 5469 B Rahmen der deutschen EU- und G-8-Präsi- dentschaft (Drucksache 16/3011) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5469 C undestag er Bericht ung 19. Oktober 2006 t : r. Rolf Mützenich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . lke Hoff (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ckart von Klaeden (CDU/CSU) . . . . . . . . . . aul Schäfer (Köln) (DIE LINKE) . . . . . . . . r. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Werner Hoyer (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . arl-Theodor Freiherr zu Guttenberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ürgen Trittin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ta Zapf (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . obert Hochbaum (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 5469 C 5471 B 5472 D 5474 C 5476 C 5478 C 5479 D 5481 D 5483 B 5485 A Dr. Edmund Peter Geisen, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der FDP: Imp- fen statt Töten – Praxisreife Marker- II Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 impfstoffe entwickeln und anwenden (Drucksache 16/1442) . . . . . . . . . . . . . . . . Horst Seehofer, Bundesminister BMELV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . . Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Johannes Röring (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Dr. Edmund Peter Geisen (FDP) . . . . . . . . . . Dr. Gerhard Botz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Uda Carmen Freia Heller (CDU/CSU) . . . . . Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marlene Mortler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 30: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 6. Februar 2006 zwischen der Bundes- republik Deutschland und der Republik Kroatien zur Vermeidung der Doppel- besteuerung auf dem Gebiet der Steu- ern vom Einkommen und vom Vermö- gen (Drucksache 16/2955) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Vertrag vom 2. März 2005 zwischen der Bundesrepublik Deutsch- land und der Republik Jemen über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksache 16/2861) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Vertrag vom 16. Juni 2005 zwischen der Bundesrepublik Deutsch- land und der Arabischen Republik Ägypten über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanla- gen (Drucksache 16/2862) . . . . . . . . . . . . . . . . d e f g h i j k l 5486 D 5486 D 5490 B 5491 A 5492 C 5494 C 5495 C 5496 D 5497 B 5498 D 5500 A 5501 A 5501 D 5502 C 5504 D 5506 A 5506 A 5506 A ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Vertrag vom 19. und 20. April 2005 zwischen der Bundesre- publik Deutschland und der Islami- schen Republik Afghanistan über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksache 16/2863) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Vertrag vom 10. August 2005 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Demokratischen Republik Timor-Leste über die Förde- rung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksache 16/2864) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung des Transparenz- richtlinie-Gesetzes (Drucksache 16/2952) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung des Eichgesetzes (Drucksache 16/2920) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Stärkung der Berufsaufsicht und zur Reform berufsrechtlicher Re- gelungen in der Wirtschaftsprüferord- nung (Berufsaufsichtsreformgesetz – BARefG) (Drucksache 16/2858) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Statistik der Verdienste und Arbeitskosten (Verdienststatistik- gesetz – VerdStatG) (Drucksache 16/2918) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Versor- gungsrücklagegesetzes (Drucksache 16/2855) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 14. März 2006 zwischen der Bundesre- publik Deutschland und der Französi- schen Republik über den Bau einer Ei- senbahnbrücke über den Rhein bei Kehl (Drucksache 16/2860) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Drit- 5506 B 5506 B 5506 C 5506 C 5506 C 5506 C 5506 D 5506 D Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 III ten Gesetzes zur Änderung von Ver- brauchsteuergesetzen (Drucksache 16/2951) . . . . . . . . . . . . . . . . m) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Siebten Gesetzes zur Än- derung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes (Drucksache 16/2969) . . . . . . . . . . . . . . . . n) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Zwei- ten Gesetzes zur Änderung des Um- wandlungsgesetzes (Drucksache 16/2919) . . . . . . . . . . . . . . . . p) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Rahmenabkommen vom 22. Juli 2005 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Französischen Repu- blik über die grenzüberschreitende Zu- sammenarbeit im Gesundheitsbereich und zu der Verwaltungsvereinbarung vom 9. März 2006 zwischen dem Bun- desministerium für Gesundheit der Bundesrepublik Deutschland und dem Minister für Gesundheit und Solidarität der Französischen Republik über die Durchführungsmodalitäten des Rah- menabkommens vom 22. Juli 2005 über die grenzüberschreitende Zusammen- arbeit im Gesundheitsbereich (Drucksache 16/2859) . . . . . . . . . . . . . . . . q) Unterrichtung durch die Bundesbeauf- tragte für die Unterlagen des Staatssicher- heitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik: Siebenter Tä- tigkeitsbericht der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicher- heitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik – 2005 (Drucksache 15/5960) . . . . . . . . . . . . . . . . r) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht des Bundeskartellamtes über seine Tätigkeit in den Jahren 2003/2004 sowie über die Lage und Entwicklung auf seinem Aufgabengebiet und Stellungnahme der Bundesregierung (Drucksache 15/5790) . . . . . . . . . . . . . . . . s) Antrag der Abgeordneten Hüseyin-Kenan Aydin, Ursula Lötzer, Barbara Höll, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN: Keine Hermes-Bürgschaft für das Ilisu-Staudammprojekt (Drucksache 16/2995) . . . . . . . . . . . . . . . . t Z a b c d e T a 5506 D 5507 A 5507 A 5507 B 5507 B 5507 C 5507 C ) Antrag der Abgeordneten Dr. Lothar Bisky, Dr. Lukrezia Jochimsen, Dr. Petra Sitte, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN: Moratorium für PC-Gebühren – Sofortige Neuverhand- lung des Rundfunkgebührenstaatsver- trages (Drucksache 16/3002) . . . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 3: ) Erste Beratung des von den Abgeordneten Jan Mücke, Horst Friedrich (Bayreuth), Patrick Döring, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Gesetzes: Entwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung und Beschleunigung von Zulassungsverfahren für Verkehrspro- jekte (Drucksache 16/3008) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Matthias Berninger, Grietje Bettin und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: PC-Gebühren-Moratorium verlängern (Drucksache 16/2793) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Christoph Waitz, Dr. Karl Addicks, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Keine Rund- funkgebühr für Computer mit Internet- anschluss – Die Gebührenfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks grundlegend reformieren (Drucksache 16/2970) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Anja Hajduk, Alexander Bonde, Anna Lührmann, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Haus- haltskonsolidierung konsequent anpa- cken – Haushaltsgesetzgebung refor- mieren (Drucksache 16/2998) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Dr. Volker Wissing, Frank Schäffler, Dr. Hermann Otto Solms, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Mehrwertsteuer- satz für apothekenpflichtige Arzneimittel (Drucksache 16/3013) . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 31: ) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 23. Mai 1997 über die Vorrechte und Immunitäten des Internationalen Seegerichtshofs und zu dem Abkommen vom 14. Dezember 2004 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem 5507 D 5507 D 5508 A 5508 A 5508 B 5508 B IV Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 Internationalen Seegerichtshof über den Sitz des Gerichtshofs (Drucksachen 16/1288, 16/2797) . . . . . . . b) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Pro- tokoll vom 27. März 1998 über die Vorrechte und Immunitäten der Inter- nationalen Meeresbodenbehörde (Drucksachen 16/1289, 16/2798) . . . . . . . c) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Auflösung der Unab- hängigen Kommission zur Ermittlung des Vermögens der Parteien und Mas- senorganisationen der DDR (Drucksachen 16/2256, 16/2808) . . . . . . . d) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Weiterverwen- dung von Informationen öffentlicher Stellen (Informationsweiterverwendungs- gesetz – IWG) (Drucksachen 16/2453, 16/3003) . . . . . . . e) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab- kommen vom 30. September 2005 zwi- schen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Belarus zur Vermei- dung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (Drucksachen 16/2705, 16/2992) . . . . . . . f) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab- kommen vom 1. Dezember 2005 zwi- schen der Bundesrepublik Deutschland und der Kirgisischen Republik zur Ver- meidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung von Steuerhinterzie- hungen auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (Drucksachen 16/2706, 16/2994) . . . . . . . g) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab- kommen vom 3. Mai 2006 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Slowenien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (Drucksachen 16/2707, 16/2993) . . . . . . . h) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Verordnung der Bundesregierung: Verordnung zur Um- i Z Z o ( g S w d s ( Z A n D l n K D F G D S D K M A M W M D 5508 C 5509 A 5509 B 5509 C 5509 D 5510 A 5510 A setzung der Ratsentscheidung vom 19. Dezember 2002 zur Festlegung von Kriterien und Verfahren für die An- nahme von Abfällen auf Abfalldeponien (Drucksachen 16/2580, 16/2680 Nr. 1.1, 16/2839) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . )–s) Beschlussempfehlungen des Petitionsaus- schusses: Sammelübersichten 92, 98, 99, 100, 101, 102, 103, 104, 105, 106 und 107 zu Petitionen (Drucksachen 16/2763, 16/2764, 16/2765, 16/2766, 16/2767, 16/2768, 16/2769, 16/2770, 16/2771, 16/2772, 16/2773) . . . usatztagesordnungspunkt 4: weite und dritte Beratung des von den Abge- rdneten Cornelia Behm, Undine Kurth Quedlinburg), Hans-Josef Fell, weiteren Ab- eordneten und der Fraktion des BÜNDNIS- ES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Ent- urfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung es Bundesnaturschutzgesetzes (Urwald- chutzgesetz) Drucksachen 16/961, 16/2880) . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 5: ktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktio- en der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/ IE GRÜNEN: Neue Armut in Deutsch- and – Die aktuelle Diskussion um so ge- annte Unterschichten atja Kipping (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . r. Ralf Brauksiepe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . ritz Kuhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . erd Andres, Parl. Staatssekretär BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . irk Niebel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . tefan Müller (Erlangen) (CDU/CSU) . . . . . r. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . laus Brandner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . arkus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ndreas Steppuhn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . aria Michalk (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . olfgang Spanier (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . arcus Weinberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . r. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . 5510 B 5510 D 5511 C 5512 A 5513 A 5514 C 5515 D 5517 D 5519 A 5520 C 5522 A 5523 B 5524 C 5525 D 5527 A 5528 A 5529 A Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 V Tagesordnungspunkt 5: a) Große Anfrage der Abgeordneten Hans- Josef Fell, Cornelia Behm, Winfried Hermann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Gestaltung einer ergebnisof- fenen transparenten Endlagersuche mit großer Öffentlichkeitsbeteiligung (Drucksachen 16/1605, 16/2690) . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Hans-Josef Fell, Cornelia Behm, Ulrike Höfken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Um- gehend Konzept für eine ergebnisoffene Standortauswahl für ein nationales Atommüllendlager vorlegen (Drucksache 16/2790) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Ab- geordneten Angelika Brunkhorst, Michael Kauch, Horst Meierhofer, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der FDP: Of- fene Fragen zur Entsorgung radioak- tiver Abfälle klären – Verantwortung für nachfolgende Generationen über- nehmen (Drucksachen 16/267, 16/1462) . . . . . . . . Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Maria Flachsbarth (CDU/CSU) . . . . . . . . Angelika Brunkhorst (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Sigmar Gabriel, Bundesminister BMU . . . . . Angelika Brunkhorst (FDP) . . . . . . . . . . . . Hans-Kurt Hill (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Philipp Mißfelder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Christoph Pries (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marco Bülow (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 6: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Vertrag vom 25. April 2005 über den Beitritt der Republik Bulga- rien und Rumäniens zur Europäischen Union (Drucksache 16/2293) . . . . . . . . . . . . . . . . b i Z A S n ( D M G D R D C C T T B s H – – ( i 5530 C 5530 C 5530 D 5530 D 5532 C 5534 A 5536 A 5537 D 5539 A 5540 A 5541 A 5542 B 5543 A 5543 C 5544 C ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Anpassung von Rechtsvorschrif- ten des Bundes infolge des Beitritts der Republik Bulgarien und Rumäniens zur Europäischen Union (Drucksache 16/2954) . . . . . . . . . . . . . . . n Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 6: ntrag der Fraktionen der CDU/CSU und der PD: EU-Beitritt Bulgariens und Rumä- iens zum Erfolg führen Drucksache 16/2997) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . arkus Löning (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . unther Krichbaum (CDU/CSU) . . . . . . . . . r. Hakki Keskin (DIE LINKE) . . . . . . . . . . ainder Steenblock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Lale Akgün (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . hristian Ahrendt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . arl-Eduard von Bismarck (CDU/CSU) . . . . homas Silberhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 7: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- chusses für Menschenrechte und Humanitäre ilfe zu der Unterrichtung durch die Bundesre- gierung: Siebter Bericht der Bundesre- gierung über ihre Menschenrechtspoli- tik in den auswärtigen Beziehungen und in anderen Politikbereichen zu dem Antrag der Abgeordneten Burkhardt Müller-Sönksen, Florian Toncar, Dr. Karl Addicks, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der FDP: 7. Be- richt der Bundesregierung über ihre Menschenrechtspolitik in den auswärti- gen Beziehungen und in anderen Poli- tikbereichen Drucksachen 15/5800, 16/1999, 16/3004) . . n Verbindung mit 5544 C 5544 D 5545 A 5546 D 5547 C 5549 A 5549 D 5551 A 5552 C 5553 A 5554 B 5555 C VI Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 Zusatztagesordnungspunkt 7: Antrag der Abgeordneten Holger Haibach, Erika Steinbach, Carl-Eduard von Bismarck, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Herta Däubler-Gmelin, Christoph Strässer, Niels Annen, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der SPD: Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen – Wirksamkeit sichern und Glaubwürdigkeit schaffen (Drucksache 16/3001) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 8: Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Birgitt Bender, Dr. Uschi Eid, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Men- schenrechte in Zentralasien stärken (Drucksache 16/2976) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christoph Strässer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Florian Toncar (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Holger Haibach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Holger Haibach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christoph Strässer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Carl-Eduard von Bismarck (CDU/CSU) . . . . Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD) . . . . . . . . . . Eduard Lintner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 8: Antrag der Abgeordneten Birgit Homburger, Elke Hoff, Dr. Rainer Stinner, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der FDP: Kein Weißbuch ohne vorherige Parlamentsde- batte (Drucksache 16/2082) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Birgit Homburger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Hans Raidel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE) . . . . . . . . . D W T a b F D P V I K T a b H D 5555 C 5555 D 5556 A 5558 A 5559 D 5561 A 5562 A 5563 D 5564 A 5564 B 5564 C 5564 D 5566 B 5567 D 5569 B 5569 B 5570 D 5572 B r. Hans-Peter Bartels (SPD) . . . . . . . . . . . . infried Nachtwei (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 9: ) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Betriebsrentengesetzes (Drucksachen 16/1936, 16/3007) . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der Abgeordneten Kersten Naumann, Dr. Martina Bunge, Dr. Gesine Lötzsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN: Aufbewahrungs- frist der Lohnunterlagen von DDR-Be- trieben bis 31. Dezember 2012 verlän- gern (Drucksachen 16/2746, 16/3007) . . . . . . . ranz Thönnes, Parl. Staatssekretär BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Andreas Steppuhn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . eter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg Rohde (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . olker Schneider (Saarbrücken) (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . rmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . laus Brandner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 10: ) Antrag der Abgeordneten Hans-Kurt Hill, Eva Bulling-Schröter, Lutz Heilmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN: Strom- und Gasnetze in die öffentliche Hand (Drucksache 16/2678) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Dr. Herbert Schui, Hans-Kurt Hill, Dr. Barbara Höll, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN: Regelmäßige technische Überprüfung der Stromnetze (Drucksache 16/1447) . . . . . . . . . . . . . . . ans-Kurt Hill (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . r. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Hans-Kurt Hill (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 5573 B 5574 D 5575 C 5575 C 5575 D 5576 D 5577 D 5578 C 5580 A 5580 C 5581 D 5582 D 5583 D 5584 A 5584 A 5584 D 5585 C Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 VII Gudrun Kopp (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rolf Hempelmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 11: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erzie- hungsgeld und Unterhaltsvorschuss (Drucksachen 16/1368, 16/2940, 16/2941) . . Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ina Lenke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Helga Lopez (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diana Golze (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 12: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zu dem Antrag der Abge- ordneten Ute Koczy, Jürgen Trittin, Undine Kurth (Quedlinburg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Schaden von der Reputation der Osteuropabank abwenden – Das Öl- und Gasprojekt Sachalin II als Lackmustest für die Einhaltung internationaler Umwelt- und Sozialstandards (Drucksachen 16/1668, 16/2925) . . . . . . . . . . Gabriele Groneberg (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Karl Addicks (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Hüseyin-Kenan Aydin (DIE LINKE) . . . . . . . Ute Koczy (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 15: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsord- nung: Antrag auf Genehmigung zur Durch- führung eines Strafverfahrens (Drucksache 16/3043) . . . . . . . . . . . . . . . . . . T a b J P J G J G E M D M M 5586 D 5587 D 5589 B 5590 B 5590 C 5592 C 5593 C 5594 C 5595 B 5596 C 5596 C 5598 A 5599 A 5600 C 5601 B 5602 C agesordnungspunkt 13: ) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Zwölf- ten Buches Sozialgesetzbuch und ande- rer Gesetze (Drucksachen 16/2711, 16/2753, 16/3005) ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales – Antrag der Abgeordneten Klaus Ernst, Katja Kipping, Karin Binder, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN: Für ein menschenwürdi- ges Existenzminimum – zu dem Antrag der Abgeordneten Markus Kurth, Irmingard Schewe- Gerigk, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Das Existenzminimum sichern – So- zialhilferegelsätze neu berechnen und Sofortmaßnahmen für Kinder und Jugendliche einleiten – zu dem Antrag der Abgeordneten Markus Kurth, Brigitte Pothmer, Irmingard Schewe-Gerigk, Elisabeth Scharfenberg und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Die Eingliederungshilfe für Men- schen mit Behinderungen weiterent- wickeln – Das Bruttoprinzip in der Sozialhilfe beibehalten und Leistun- gen aus einer Hand für Menschen mit Behinderungen ermöglichen (Drucksachen 16/2743, 16/2750, 16/2751, 16/3005) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . örg Rohde (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . eter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . örg Rohde (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . abriele Hiller-Ohm (SPD) . . . . . . . . . . . . . . örg Rohde (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . abriele Hiller-Ohm (SPD) . . . . . . . . . . . . . . lke Reinke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . ax Straubinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . ax Straubinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . arkus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5602 D 5602 D 5603 A 5604 C 5604 D 5605 A 5606 A 5606 B 5606 C 5607 B 5607 C 5608 C 5608 D 5609 A VIII Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 Silvia Schmidt (Eisleben) (SPD) . . . . . . . . . . Hubert Hüppe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 14: Antrag der Abgeordneten Christoph Waitz, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Jens Ackermann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Für einen zukunftsfähi- gen europäischen Rechtsrahmen audio- visueller Mediendienste – Den Beratungs- prozess der EU-Fernsehrichtlinie aktiv begleiten (Drucksache 16/2675) . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 9: Antrag der Abgeordneten Grietje Bettin, Dr. Uschi Eid, Ekin Deligöz, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN: Für eine verbrau- cherfreundliche und Qualität sichernde EU-Richtlinie für audiovisuelle Medien- dienste (Drucksache 16/2977) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 10: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Protokoll vom 1. Juni 2006 zur Änderung des am 29. August 1989 unterzeichneten Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Ver- einigten Staaten von Amerika zur Vermei- dung der Doppelbesteuerung und zur Ver- hinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und einiger anderer Steu- ern (Drucksachen 16/2708, 16/2956, 16/3012, 16/3031) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Carl-Ludwig Thiele (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Manfred Kolbe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . T A D b F H s u ( T E e U b V a ( T A P r B s A s ( T A S D b ( T A ( t U u ( i Z A W w d 5609 D 5610 D 5612 A 5612 A 5612 A 5612 D 5614 A 5615 A 5615 D 5617 B agesordnungspunkt 16: ntrag der Abgeordneten Cornelia Hirsch, r. Petra Sitte, Volker Schneider (Saar- rücken), weiterer Abgeordneter und der raktion der LINKEN: Neuregelung des ochschulzugangs und der Hochschulab- chlüsse als Impuls zur Hochschulöffnung nd Qualitätsentwicklung nutzen Drucksache 16/2796) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 17: rste Beratung des von der Bundesregierung ingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur msetzung der Regelungen über die Mit- estimmung der Arbeitnehmer bei einer erschmelzung von Kapitalgesellschaften us verschiedenen Mitgliedstaaten Drucksache 16/2922) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 18: ntrag der Abgeordneten Brigitte Pothmer, riska Hinz (Herborn), Markus Kurth, weite- er Abgeordneter und der Fraktion des ÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Über- chüsse der Bundesagentur für Arbeit für usbildung, Qualifizierung und Progres- iv-Modell verwenden Drucksache 16/2509) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 19: ntrag der Fraktionen der CDU/CSU, der PD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/ IE GRÜNEN: Einfuhr- und Handelsver- ot für Robbenprodukte Drucksache 16/2755) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 20: ntrag der Abgeordneten Horst Friedrich Bayreuth), Jan Mücke, Patrick Döring, wei- erer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: mfassenden Feldversuch über die Vor- nd Nachteile von 60-Tonnen-Lkw starten Drucksache 16/2683) . . . . . . . . . . . . . . . . . . n Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 11: ntrag der Abgeordneten Peter Hettlich, infried Hermann, Dr. Anton Hofreiter, eiterer Abgeordneter und der Fraktion es BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Keine 5617 D 5618 A 5618 B 5618 C 5618 C Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 IX 60-Tonnen-Lkw auf deutschen Straßen (Drucksache 16/2990) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Patrick Döring (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD) . . . . . . . . . . . Dorothée Menzner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 12: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Durchsetzung der Verbraucherschutz- gesetze bei innergemeinschaftlichen Ver- stößen (Drucksache 16/2930) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 21: Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Markus Kurth, Britta Haßelmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Nichtig- keitserklärung des Erbgesundheitsgesetzes (Drucksache 16/1171) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 22: Antrag der Abgeordneten Gudrun Kopp, Hellmut Königshaus, Jens Ackermann, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Doha-Runde wieder beleben – WTO-Gene- raldirektor als Schlichter einsetzen (Drucksache 16/2658) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Silvia Schmidt (Eisleben) (SPD) zur Abstim- mung über den Entwurf eines Zweiten Geset- zes zur Änderung des Betriebsrentengesetzes (Tagesordnungspunkt 9 a) . . . . . . . . . . . . . . . A Z d – – ( n W R C J C D G A Z d k 2 k D A r z E a p D A Z d z I e A D U 5618 C 5619 A 5620 A 5620 C 5623 A 5624 A 5625 A 5625 B 5625 C 5625 D 5627 A 5627 B nlage 3 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung er Anträge: Für einen zukunftsfähigen europäischen Rechtsrahmen audiovisueller Medien- dienste – Den Beratungsprozess der EU- Fernsehrichtlinie aktiv begleiten Für eine verbraucherfreundliche und Qua- lität sichernde EU-Richtlinie für audiovi- suelle Mediendienste Tagesordnungspunkt 14 und Zusatztagesord- ungspunkt 9) olfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . einhard Grindel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . hristoph Pries (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . örg Tauss (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . hristoph Waitz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Lothar Bisky (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . rietje Bettin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 4 u Protokoll gegebene Rede zur Beratung es Entwurfs eines Gesetzes zu dem Proto- oll vom 1. Juni 2006 zur Änderung des am 9. August 1989 unterzeichneten Ab- ommens zwischen der Bundesrepublik eutschland und den Vereinigten Staaten von merika zur Vermeidung der Doppelbesteue- ung und zur Verhinderung der Steuerverkür- ung auf dem Gebiet der Steuern vom inkommen und vom Vermögen und einiger nderer Steuern (Zusatztagesordnungs- unkt 10) r. Axel Troost (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . nlage 5 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Antrags: Neuregelung des Hochschul- ugangs und der Hochschulabschlüsse als mpuls zur Hochschulöffnung und Qualitäts- ntwicklung nutzen (Tagesordnungspunkt 16) nette Hübinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . r. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . we Barth (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5627 D 5628 C 5629 B 5630 B 5631 D 5633 A 5633 C 5635 A 5635 D 5636 D 5638 D X Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 Cornelia Hirsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der Regelungen über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mit- gliedstaaten (Tagesordnungspunkt 17) Michael Hennrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Anette Kramme (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heinz-Peter Haustein (FDP) . . . . . . . . . . . . . Werner Dreibus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gerd Andres, Parl. Staatssekretär BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Überschüsse der Bundesagentur für Arbeit für Ausbildung, Qualifizierung und Progressiv-Modell verwenden (Tagesord- nungspunkt 18) Peter Rauen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Grotthaus (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Dirk Niebel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kornelia Möller (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gerd Andres, Parl. Staatssekretär BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Einfuhr- und Handelsverbot für Robbenprodukte (Tagesordnungspunkt 19) Dr. Peter Jahr (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD) . . . . . . . . . . . . H E C A Z A – – ( n H A Z d s n g J E H D U A Z d E p D D S U V 5639 C 5640 C 5641 B 5643 C 5644 C 5645 B 5646 A 5646 C 5647 B 5649 A 5649 D 5650 D 5651 C 5652 A 5652 D 5654 B ans-Michael Goldmann (FDP) . . . . . . . . . . va Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 9 u Protokoll gegebene Rede zur Beratung der nträge: Umfassenden Feldversuch über die Vor- und Nachteile von 60-Tonnen-Lkw starten Keine 60-Tonnen-Lkw auf deutschen Stra- ßen Tagesordnungspunkt 20 und Zusatztagesord- ungspunkt 11) ubert Deittert (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . nlage 10 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Entwurfs eines Gesetzes über die Durch- etzung der Verbraucherschutzgesetze bei in- ergemeinschaftlichen Verstößen (Zusatzta- esordnungspunkt 12) ulia Klöckner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . lvira Drobinski-Weiß (SPD) . . . . . . . . . . . . . ans-Michael Goldmann (FDP) . . . . . . . . . . r. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . lrike Höfken (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 11 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Antrags: Nichtigkeitserklärung des rbgesundheitsgesetzes (Tagesordnungs- unkt 21) r. Jürgen Gehb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . r. Carl-Christian Dressel (SPD) . . . . . . . . . abine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . lla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . olker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5655 A 5655 C 5656 B 5657 B 5658 D 5660 A 5660 D 5661 C 5662 C 5663 B 5664 D 5665 C 5666 A 5666 C Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 XI Anlage 12 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Doha-Runde wieder beleben – WTO-Generaldirektor als Schlichter einset- zen (Tagesordnungspunkt 22) Erich G. Fritz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ditmar Staffelt (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Gudrun Kopp (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulla Lötzer (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Margareta Wolf (Frankfurt) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . .5667 B 5668 B 5669 C 5670 B 5671 A Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 5467 (A) ) (B) ) 57. Sitz Berlin, Donnerstag, den Beginn: 9.0
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    Anlage 11 Anlage 12 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 5627 (A) ) (B) ) gend auch für Kündigungen, wie die EU-Richtlinien Mittelalter waren öffentliche Hinrichtungen ein Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten * für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Silvia Schmidt (Eisleben) (SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Betriebs- rentengesetzes (Tagesordnungspunkt 9 a) Ich stimme dem vorliegenden Gesetzentwurf zu. Trotzdem weise ich auf zwei Punkte in Art. 8 (Änderung von Vorschriften im Allgemeinen Gleichbehandlungsge- setz und in anderen Gesetzen) des Gesetzentwurfes hin, die meiner Meinung nach europarechtswidrig sind. Erstens. Die Änderungsvorschläge sehen vor, in § 10 AGG Regelungen zu streichen, die festlegen, wie das AGG bei betriebsbedingten Kündigungen anzuwenden ist. Wenn das AGG auf Kündigungen nicht anzuwenden ist, braucht man diese Vorschriften nicht. Hier geht es um ein grundsätzliches Problem. Das AGG gilt zwin- k g R g t A l n r W c n K m s ß g s d D e N v e W s s e d h w d f f e b A Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bierwirth, Petra SPD 19.10.2006 Fischbach, Ingrid CDU/CSU 19.10.2006 Friedhoff, Paul K. FDP 19.10.2006 Gröhe, Hermann CDU/CSU 19.10.2006 Dr. Kofler, Bärbel SPD 19.10.2006 Müller-Sönksen, Burkhardt FDP 19.10.2006 Nitzsche, Henry CDU/CSU 19.10.2006 Dr. Reimann, Carola SPD 19.10.2006 Rupprecht (Tuchenbach), Marlene SPD 19.10.2006* Schily, Otto SPD 19.10.2006 Dr. Schwall-Düren, Angelica SPD 19.10.2006 Stiegler, Ludwig SPD 19.10.2006 Stöckel, Rolf SPD 19.10.2006 (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht larstellen. Die anders lautende Regelung des AGG ist egenüber den EU-Richtlinien nachrangig. Verstößt eine egelung des Kündigungsschutzgesetzes beispielsweise egen die Richtlinien, ist sie unanwendbar. Mit dem Ur- eil vom 11. Juli 2006 hat der EuGH festgestellt, dass die ntidiskriminierungsvorschriften zwingend auf nationa- es Kündigungsrecht anzuwenden sind. Zweitens. Der vorliegende Gesetzentwurf befasst sich icht mit der Fristenregelung. Die bestehende Fristen- egelung muss dringend geändert werden. Nach dem ortlaut des AGG muss der Beschäftigte seine Ansprü- he auf Schadensersatz innerhalb von zwei Monaten ach Zugang der Ablehnung der Bewerbung bzw. nach enntnis von der Diskriminierung schriftlich geltend achen (§ 15 Abs. 4 AGG). Tarifliche Ausschlussfristen ind einzuhalten (§ 15 Abs. 4 Satz l AGG). Anschlie- end hat der Benachteiligte drei Monate Zeit bis zur Kla- eerhebung (§ 61 b ArbGG). Die Zweimonatsfrist verstößt gegen EU-Vorgaben, da ie die bisherige Regelung bei Diskriminierung wegen es Geschlechts, § 611 a Abs. 4 BGB, verschlechtert. ies verstößt gegen das EU-Verbot, den bislang bereits rreichten Schutzstandard vor Diskriminierung durch die euregelung abzusenken („Absenkungsverbot“). Zudem erstößt es gegen die Forderung der EU-Richtlinien nach inem effektiven Schutz vor Diskriminierung. Mit hoher ahrscheinlichkeit wird diese Regelung vom Europäi- chen Gerichtshof aufgehoben. Gegen die Anwendung der tarifvertraglichen Aus- chlussfristen bestehen insbesondere – bei Bewerbungen – rhebliche europarechtliche Bedenken. Bewerber wer- en diese sehr kurzen Ausschlussfristen nur schwer ein- alten können, da sie zunächst nachforschen müssen, elcher Tarifvertrag anwendbar ist. Eine klare und ein- eutig wirksame Fristenregelung bringt Rechtsklarheit ür Arbeitgeber und Beschäftigte und verhindert über- lüssige Prozesse. Anzustreben ist die eine Regelung, die ine Frist zur schriftlichen Geltendmachung von sechs is zwölf Monaten vorsieht. nlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Für einen zukunftsfähigen europäischen Rechtsrahmen audiovisueller Medien- dienste – Den Beratungsprozess der EU- Fernsehrichtlinie aktiv begleiten – Für eine verbraucherfreundliche und Quali- tät sichernde EU-Richtlinie für audiovisuelle Mediendienste (Tagesordnungspunkt 14 und Zusatztagesord- nungspunkt 9) Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU): Im 5628 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 (A) ) (B) ) Schauspiel der Belustigung und der Faszination für die Menschen. Im 19. Jahrhundert wurden sie endlich abge- schafft und wir betrachten es als eine bahnbrechende kulturelle Errungenschaft, reale Tötungen nicht mehr öf- fentlich darzustellen. Doch jetzt kommen diese Bilder wieder zurück: al-Sarkawi ließ die Enthauptung seiner Opfer filmen. Hier in Deutschland wurden die Filme nicht gezeigt, wohl aber in anderen europäischen Län- dern. Moralische Kriterien, Menschenwürde und Ju- gendschutz haben für uns einen eigenen Wert und daran ist festzuhalten. Wohin fuhren solche Darstellungen? Sie sind der Be- ginn von Tabubrüchen. Die Gewöhnung an extreme For- men von Gewalt droht, Welt- und Menschenbilder lang- fristig unmenschlich, würdelos und wertlos werden zu lassen. Wehret den Anfangen! Wim Wenders hat einmal gesagt: „Die Bewusstseinsindustrie hat eine gefährli- chere Sprengwirkung als jeder Atommeiler.“ Weil das so ist, müssen wir einen Rahmen setzen für die Medien, die audiovisuelle Inhalte transportieren, und das betrifft nicht nur das klassische Fernsehen, sondern eben auch die entsprechenden neuen digitalen Dienste. Als Konsequenz der rasanten Entwicklung der neuen In- formations- und Kommunikationstechnologien ist die Revision der EU-Fernsehrichtlinie unumgänglich. Wir können es nicht zulassen, dass die neu zu bestim- menden Regeln, denen Fernsehdienste unterliegen, rein wirtschaftliche sind. Fernsehen ist in erster Linie ein Kulturgut, es hat eine besondere Bedeutung für Demo- kratie und Informationsfreiheit. Durch die Dominanz der Bilder transportiert es – das belegen Untersuchungen – in erster Linie Meinungen. Es ist das wichtigste Medium der privaten und öffentlichen Meinungsbildung. Es spielt eine zentrale Rolle dabei, wie wir unsere Werte formen, bewahren oder verändern. Deshalb können Fernsehdienste nicht vollständig den Marktkräften über- lassen bleiben. Es gilt, die Balance zwischen Kultur- und Wirtschaftsrecht einzuhalten und den Rahmen dafür zu setzen! Für uns gelten bei der Revision der Fernsehrichtlinie folgende Orientierungspunkte: Wir wollen die neuen Dienste in die bisherige EU-Fernsehrichtlinie eingebun- den wissen. Wir wollen nicht zweierlei Recht in der TV- und Kommunikationstechnologie. Wir wollen unsere Standards der Menschenwürde, des Jugend- und Ver- braucherschutzes berücksichtigt sehen. Wir wollen keine Beiträge, die zu Hass oder Verletzung der Menschen- würde aufrufen, weder bei uns noch im EU-Europa. Wir wollen das Herkunftslandprinzip gesichert wissen und damit einen Zugriff zur Beibehaltung unserer Standards. Wir wollen aber auch eine Wettbewerbsgerechtigkeit der europäischen Dienste gegenüber den US-amerikani- schen und asiatischen durch eine erweiterte und auch fle- xiblere Werbemöglichkeit. Wir erwarten weiter die Tren- nung von Werbung und Programm, um mögliche Manipulationen auszuschalten. Was wir nicht für vertret- bar halten, sind Beiträge, wie sie aus unserem Nachbar- land Dänemark berichtet werden. Hier kann rechtsradi- kale Propaganda nahezu ungefiltert an die Bevölkerung weitergegeben werden. Neonazismus darf auch nicht durch die Hintertür bei uns Einzug halten! h t v r h s K F t v l b n d w f s z w d d m M d 4 a d f a m p q s A s r d z n g u d Q m n a e r O G r (C (D Für unser eigenes Fernsehen wünschen wir uns in- altlich, dass über Europa und die Mitgliedstaaten brei- er berichtet wird. Als Kulturpolitiker sind wir natürlich or allem daran interessiert, dass die Beiträge zu kultu- ellen Themen einen größeren Raum einnehmen als bis- er. Sie gehören in das Abendprogramm, nicht ins Ab- eits gestellt. Österreich macht es uns vor. Dort ist die ultur ein Kernthema im Fernsehen. Verständigen müssen wir uns auch darüber, welche olgen die rasante technische Entwicklung für unser na- ionales Gebührensystem hat. Die geplante Einführung on GEZ-Gebühren für Computer und Handys jedenfalls ehnen wir ab und befürworten nachdrücklich, dass das is zum 31. Dezember 2006 geltende Moratorium für euartige Rundfunkgeräte verlängert wird. Dann kann ie Zeit für eine zielführende Debatte genutzt werden, ie unter neuen Bedingungen die Erfassung von Rund- unkgebühren gerecht und angemessen gestaltet werden ollte. Reinhard Grindel (CDU/CSU): Der Antrag der FDP eigt deutlich: Für Sie ist Fernsehen ein Wirtschaftsgut ie Persil oder Chappi. Ziel des Fernsehens ist für sie, amit Geld zu machen, frei nach dem bekannten Motto es früheren RTL-Chefs Helmut Thoma: „Der Wurm uss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler.“ Der edienmacher als Menschenfischer interessiert sich für en Menschen als Quote, aber nur für den Menschen bis 9, weil dann die werberelevante Zielgruppe endet. Wir verstehen Fernsehen in erster Linie als Kulturgut, ls Medium für den öffentlichen Diskurs, als – wie es in er EU-Fernsehrichtlinie heißt – Dienstleistung für In- ormation, Bildung und Unterhaltung. Ein Rundfunk für lle, bei dem der Mensch nicht zum Objekt des Fernseh- achers herabgewürdigt wird – das soll unsere medien- olitische Richtschnur für die Richtlinie sein. Wir sind für eine weiter gehende Flexibilisierung der uantitativen Werberegulierungen. Wir wollen zwei tarke Säulen des dualen Fernsehsystems in Deutschland. ber wir sollten nicht die eine Säule zulasten der anderen tärken. Es ist kurzsichtig, Werbeeinnahmen und Gebüh- enaufkommen gegeneinander auszuspielen, wie die FDP as tut. Sie verkennen den öffentlich-rechtlichen Auftrag ur Grundversorgung. Ein weltweites Korrespondenten- etz, Regionalprogramme, Ratgebersendungen, viele Ei- enproduktionen – alles das kostet viel Geld, aber es ist nverzichtbar, wenn sie das erreichen wollen, was Ziel es Massenmediums Fernsehen sein muss: Quote und ualität. Qualitätssicherung heißt Verzicht auf Product Place- ent, weil wir künftig nicht Drehbücher wollen, die nur och Rahmenhandlung für Werbung sind. Rundfunk für lle heißt, ein EU-einheitliches Recht auf Kurzbericht- rstattung bei Ereignissen von großem öffentlichen Inte- esse. Fernsehen mit Würde, bei dem der Mensch nicht zum bjekt verkommt, heißt ein fair ausgestaltetes Recht auf egendarstellung, was wir jetzt erstmals mit der Fernseh- ichtlinie auf EU-Ebene bekommen. Und es heißt umfas- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 5629 (A) ) (B) ) sender Jugendschutz, unabhängig vom Übertragungsweg und von der Frage, ob es sich um einen linearen oder nichtlinearen Dienst handelt. Die Aufweichungstenden- zen im FDP-Antrag dazu will die Koalition nicht. Ich sage Ihnen, liebe Kollegen von der FDP, Sie tun den Privaten keinen Gefallen, wenn Sie bei erfolgrei- chen Programmen nur an die Höhe der Gewinne denken, die man mit Fernsehen machen kann. Die Klugen bei den Privaten führen längst die Qualitätsdebatte, weil sie wissen, dass sich gerade ausländische Investoren nur für die Quote interessieren. Für mich besteht kein Zweifel, dass es unter Qualitäts- gesichtspunkten zu begrüßen gewesen wäre, wenn dem Springer-Verlag der Einstieg bei ProSiebenSAT.1 mög- lich gewesen wäre. Wenn wir über die EU-Fernsehrichtlinie diskutieren, dann mag das in einer globalisierten Welt vielleicht pro- vinziell klingen: aber ich wünsche mir, dass deutsche Fernsehprogramme auch in Zukunft aus Berlin oder Köln kommen und nicht von London oder Los Angeles aus gesteuert werden. Ob Fernsehen noch Qualität lie- fert, muss für uns als Politiker eine zentrale Frage sein. Wir brauchen doch qualitativ gute Programme als Ver- mittler zu unseren Wählern, wenn es um komplizierte Reformen geht. Wer auf Populismus setzt, dem reicht es, wenn über Politik nur noch im Big-Brother-Container gesprochen wird. Der Union ist das zu wenig. Natürlich hat Fernsehen nicht nur eine wirtschaftliche Bedeutung, sondern eine prägende Kraft für gesellschaft- liche Entwicklungen. Welches Bild von Familie vermit- teln die Daily Soaps und Serien, übrigens bei privaten wie öffentlich-rechtlichen Sendern? Es gibt nur noch eine Serie mit einer normalen Kernfamilie: Das ist die Zei- chentrickserie „Die Simpsons“. Die haben zwar blaue Haare und einen rüden Umgangston, aber sie haben auch das, was wir angesichts der demografischen Entwicklung in unserem Land dringend brauchen: Eltern und drei Kin- der. Kann es uns egal sein, dass im Fernsehen das gesell- schaftliche Idealbild nur noch als Karikatur daherkommt? An alles das müssen wir auch denken, wenn wir jetzt im Ausschuss über die EU-Fernsehrichtlinie beraten. Ich freue mich, dass mit Ruth Hieronymi eine erfah- rene deutsche Medienpolitikerin die zuständige Bericht- erstatterin im Europaparlament ist. Sie hat einen sehr gu- ten ersten Berichtsentwurf vorgelegt. Wir sollten ihr im Parlament und unserem Kulturstaatsminister Bernd Neumann im Ministerrat den Rücken stärken. Dazu wer- den CDU und CSU hier im Bundestag ihren Beitrag leis- ten. Christoph Pries (SPD): Die rasante Entwicklung der so genannten Neuen Medien und die zunehmende technische Konvergenz erfordern dringend eine Anpas- sung der grenzüberschreitenden Regelungen. Ich freue mich daher, dass auf politischer Ebene bei der Frage der Notwendigkeit einer Revision der EU-Richtlinie weit- gehend Einigkeit herrscht. Dies machen auch die heute zur Debatte stehenden Anträge der Fraktionen von FDP und Bündnis 90/Die Grünen in weiten Teilen deutlich. g v D s z d d e n g W e d d m f d P b E n l B f g d d h F b z l A s S e s s i S M A t l e h r d v z S d w a (C (D Das Einbeziehen der nichtlinearen Dienste in die Re- ulierung und damit deren Ausweitung auf alle audio- isuellen Dienste ist Konsens. Wie Sie wissen, hat eutschland im ersten Halbjahr 2007 die EU-Ratsprä- identschaft inne. In diesen Zeitraum fällt die erste und weite Lesung im EU-Parlament sowie die Befassung es Rates. Der Zeitplan bis zur angestrebten Verabschie- ung der Richtlinie im zweiten Halbjahr 2007 ist sehr hrgeizig, zumal die Differenzen zwischen den einzel- en Mitgliedstaaten – dies zeigt die große Zahl der ein- egangenen Änderungsanträge – nicht unerheblich sind. egen der überragenden Bedeutung der Richtlinie für inen kohärenten europäischen Rechtsrahmen kommt er deutschen Ratspräsidentschaft eine besondere Be- eutung zu. Wir sollten daher auf nationaler Ebene eine öglichst allen Interessen gerecht werdende Klärung of- ener Fragen anstreben. Die heute zur Debatte stehenden Anträge zeigen je- och, dass die Liberalen ihrem Ruf als Verteidiger von artikularinteressen gerecht werden wollen. Dies offen- art sich bereits am ersten Satz des Forderungskatalogs: s geht nicht darum, die Revision „Zur Knebelung der euen Medien zu missbrauchen“. Dass die nichtlinearen Dienste einer geringeren Regu- ierung zu unterziehen sind, wird doch weder von der undesregierung noch von der Kommission angezwei- elt. Die immer wieder von Teilen der Industrie vorgetra- enen Bedenken, die Richtlinie würde die Entwicklung er Neuen Medien behindern, sind daher auch unbegrün- et. Ich stimme den Antragstellern der FDP zu, dass sich ierzulande das duale System aus öffentlich-rechtlichen ernsehanstalten auf der einen und kommerziellen An- ietern auf der anderen Seite bewährt hat. Sie schreiben u Recht, dass sich das duale System „durch eine Ba- ance der Kräfte“ auszeichnet. Im nächsten Satz Ihres ntrages sehen Sie dieses Gleichgewicht allerdings chon gefährdet. Noch einen Satz später diagnostizieren ie, dieses Gleichgewicht sei gestört und müsse durch ine Liberalisierung der Werberegelungen wiederherge- tellt werden. Über eine, das bisher geplante Maß über- teigende Flexibilisierung der Werberegelungen lasse ch durchaus mit mir reden. Auch ich denke, dass es inn macht, dass Blockwerbegebot im Hinblick auf die öglichkeit, Einzelspots senden zu dürfen, zu lockern. nders als Sie möchte ich jedoch, dass alle Sendeanstal- en und nicht nur die kommerziellen von einer potenziel- en Lockerung profitieren. Dass die Damen und Herren von der FDP eine recht igenwillige Vorstellung von einer „Balance der Kräfte“ aben, zeigt sich auch daran, dass sie den öffentlich- echtlichen Rundfunkanstalten zusätzliche Einnahmen urch Produktplatzierungen verbieten wollen. Den Pri- aten wollen Sie dieses Recht aber selbstverständlich ugestehen. Na, was denn nun: Hat sich unser duales ystem nun bewährt oder nicht? Gibt es eine Balance er Kräfte oder nicht? Ihr Antrag ist in dieser Frage ein enig undeutlich. Auch wenn die EU-Kommission dies derzeit noch nders sieht: In meinen Augen ist Produktpräsentation 5630 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 (A) ) (B) ) gegen Entgelt gleich Werbung. Wenn Unternehmen mit dem Platzieren ihrer Produkte Einfluss nehmen auf die Programmgestaltung der Sender, zwingt es diese, kom- merzielle vor publizistische Kriterien bei der Gestaltung des Programms anzulegen. Dies gilt auch dann, wenn dies nur in fiktionalen Sendungen erlaubt sein soll. Es liegt doch auf der Hand, dass Sender Programme, in denen Produktplatzierung erlaubt ist, verstärkt in ihr Programmbouquet aufnehmen würden, da sie damit hö- here Erlöse erzielen könnten. Publizistische Arbeit wird dadurch insgesamt kommerzialisiert und verliert an Glaubwürdigkeit. Ich für meinen Teil will nicht, dass die Programm- gestaltung sich maßgeblich an den Wünschen der zah- lungskräftigen Kundschaft orientiert. Bis zu meinem Einzug in den Deutschen Bundestag vor circa einem Jahr war ich als Redakteur tätig. Ich weiß daher sehr genau, dass gerade die kleineren Zeitungen in einer sich wan- delnden Medienwelt mehr denn je um ihr Überleben kämpfen müssen. Der Kuchen in Form der für Werbung eingesetzten Mittel wird durch die Konvergenz der Medien und durch die neuen Werbeportale nicht größer; er wird lediglich anders verteilt. Dies wird bei den tradi- tionellen Werbeträgern, so auch bei den Zeitungen, zu Verlusten führen. Ich lehne Product-Placement nicht nur aus sachlichen Gründen ab und weil es meinen Vorstellungen von jour- nalistischer Arbeit widerspricht. Nein, ich lehne es auch ab, weil die vonseiten der FDP angestrebte Umvertei- lung von Werbemitteln in die Taschen der privaten Rundfunkanbieter für viele Redaktionen das Aus bedeu- ten würde. Ein Wort noch zum Recht auf Kurzberichterstattung, welches in der Richtlinie der EU ausdrücklich vorgese- hen ist, im Europäischen Parlament mehrheitlich befür- wortet wird und in den Augen der Liberalen nur denen zukommen soll, die sich leisten können, die Urheber an- gemessen zu bezahlen: Auch wenn die Einzelheiten des Kurzberichterstatterrechts noch ausgestaltet werden müssen: Ich halte es angesichts der fortschreitenden Kommerzialisierung von Ereignissen und Veranstaltun- gen und der damit einhergehenden Exklusivität für unab- dingbar, dass die Öffentlichkeit an gesellschaftlich rele- vanten Ereignissen teilhaben kann. Ich möchte Sie daran erinnern, dass das Bundesverfassungsgericht bereits An- fang 1998 entschieden hat, dass die grundgesetzlich de- finierte Rundfunkfreiheit beschnitten wird, wenn ein einzelner Sender alle anderen von der Berichterstattung ausschließen kann. Mit anderen Worten: Unser Verfas- sungsrecht sieht vor, dass Urheber- und Leistungsrechte beschränkt werden dürfen, wenn dadurch das Recht auf Zugang zu gesellschaftlich relevanten Informationen ge- sichert wird. Dass diese Rechtsprechung nun auf EU- Ebene übertragen werden soll, macht deutlich, dass auch die Kommission die Zukunftsfähigkeit dieser Entschei- dung des Bundesverfassungsgerichtes richtig einordnet. Jörg Tauss (SPD): Wir beraten heute in erster Lesung den Antrag der Fraktion der FDP „Für einen zukunftsfähigen europäischen Rechtsrahmen audiovisu- e n Q d d h s f v w B Ä w a – u v d K f d h s d E l n l v f h S a d R „ n g l R a b z k l F s g K i n A l ü g r g g (C (D ller Mediendienste“ und den Antrag der Fraktion Bünd- is 90/Die Grünen „Für eine verbraucherfreundliche und ualität sichernde EU-Richtlinie für audiovisuelle Me- iendienste“. Hintergrund ist die anstehende Revision er aus dem Jahr 1989 stammenden Richtlinie „Fernse- en ohne Grenzen“, für deren Neufassung die Europäi- che Kommission am 13. Dezember 2005 den Vorschlag ür eine Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste orgelegt hat. Seit dem 21. August 2006 liegt der Ent- urf eines Berichtes des Ausschusses für Kultur und ildung des Europäischen Parlamentes mit zahlreichen nderungsvorschlägen vor. Das Europäische Parlament ird im Dezember oder im Januar 2007 die erste Lesung bschließen. Mit der Verabschiedung der Richtlinie ist nach der Befassung des Rates der Europäischen Union nd der zweiten Lesung im Europäischen Parlament – ermutlich im zweiten Halbjahr 2007 zu rechnen. Wie as Europäische Parlament hat auch der Ausschuss für ultur und Medien im Mai dieses Jahres ein sehr um- angreiches Expertengespräch zum Richtlinienentwurf urchgeführt. Das Kernstück des Kommissionsvorschlages – und ier herrscht ja weitgehende Einigkeit, wird dies doch owohl seitens der Fraktion der FDP wie auch seitens er Fraktion Bündnis 90/Die Grünen begrüßt – ist die rweiterung des Geltungsbereiches auf alle audiovisuel- en Mediendienste. Hierzu führt die Kommission eine eue Unterscheidung ein, nämlich die Unterscheidung in ineare und nichtlineare Dienste. Zu den linearen audio- isuellen Diensten gehören alle Dienste, die nach einem estgelegten Programmplan verbreitet werden, wie das erkömmliche Fernsehen, Internetfernsehen oder Live- treaming. Zu den nichtlinearen Diensten zählen alle udiovisuellen Dienste, die auf Abruf angeboten wer- en. Entsprechend dem neuen Geltungsbereich soll die ichtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ daher auch in Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste“ umbe- annt werden. Es ist zu begrüßen, dass die jeweilige Re- elungsdichte von der Bedeutung für die Meinungsre- evanz abhängig sein soll. Mit diesem abgestuften egelungsrahmen soll ein Mindeststandard in allen udiovisuellen Mediendiensten sichergestellt werden, eispielsweise zum Jugend- und Verbraucherschutz, um Schutz der Menschenwürde und der Sicherung der ulturellen Vielfalt. Aus unserer Sicht ist eine Revision der Fernsehricht- inie dringend geboten. Die Rahmenbedingungen für das ernsehen und die neuen audiovisuellen Dienste haben ich seit dem In-Kraft-Treten der Fernsehrichtlinie rundlegend verändert. Die technische Konvergenz der ommunikationsnetze und -geräte wie auch der Medien- nhalte und die deutlichen Veränderungen der Medien- utzung machen eine Neufassung der Richtlinie und eine usweitung des Geltungsbereiches dringend erforder- ich. Der Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie ber audiovisuelle Dienste bietet eine gute Beratungs- rundlage, wenngleich es bei einigen Punkten aus unse- er Sicht noch erheblichen Diskussionsbedarf gibt. Dies ilt insbesondere für den Komplex Produktplatzierun- en, welche die Kommission in Zukunft ermöglichen Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 5631 (A) ) (B) ) möchte. Auf diesen Punkt ist mein Kollege Christoph Pries ja bereits eingegangen. Mit der Revision der Richtlinie sollen auch die Werbe- beschränkungen flexibilisiert werden. Gegen die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Flexibilisierungen bei den quantitativen Werberegulierungen – zum Beispiel was die Abstände zwischen den Werbeblöcken anbe- langt – gibt es keine Einwände zu erheben. An den quali- tativen Werbebeschränkungen und insbesondere an dem Gebot der Trennung von Werbung und Programm gilt es jedoch festzuhalten. Für die FDP-Fraktion greifen diese Liberalisierungsvorschläge zu kurz, sie plädiert für die vollständige Aufgabe des Blockwerbegebotes und der starren Werbeunterbrechungsregelungen. Angeblich sei dies notwendig, damit die privaten Veranstalter im Wett- bewerb mit dem gebührenfinanzierten öffentlich-recht- lichen Rundfunk bestehen können. Sie verkennt damit aber, dass sie mit dem Wegfall jeglicher Werbevorschrif- ten nicht nur die Akzeptanz der Zuschauer und Nutzer verlieren wird, sondern dass sie damit das bewährte duale Rundfunksystem in Deutschland grundsätzlich in- frage stellt. Die Feststellung im Antrag der FDP, dass sich das deutsche duale Rundfunksystem durch die Ba- lance der Kräfte auszeichnet, erweist sich einmal mehr als Lippenbekenntnis. Die Koalitionsfraktionen werden sich in ihrem Antrag im Unterschied dafür aussprechen, dass das Zweisäulenprinzip von öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten und kommerziellen Anbietern, welches sich in Deutschland bewährt hat, nicht dadurch infrage gestellt werden darf, dass die eine Säule des privaten Rundfunks auf Kosten der anderen Säule des öffentlich- rechtlichen Rundfunks gestärkt wird. Anders als die FDP-Fraktion, die Produktplatzierung bei fiktionalen Inhalten in Form von Spielfilmen und Fernsehfilmen ermöglichen will, sehen wir noch erhebli- chen Diskussionsbedarf hinsichtlich des Komplexes der Produktplatzierungen. Die im Richtlinienentwurf vorge- sehenen Regelungen hinsichtlich der Kennzeichnung reichen bei weitem nicht aus, die Zuschauer vor Irrefüh- rungen zu schützen. Auch wird mit den vorgeschlagenen Regelungen die Programmgestaltungsfreiheit nicht hin- reichend gesichert. Sichergestellt werden muss bei den weiteren Beratungen des Richtlinienentwurfes, dass die Programmgestaltung allein an publizistischen Kriterien orientiert ist und nicht davon beeinflusst wird, dass Un- ternehmen ihre Produkte in einem positiven Umfeld dar- gestellt sehen wollen. Die Programmgestaltungsfreiheit gilt für alle Formate, auch für die unterhaltenden For- mate. Ein Verbot von Produktplatzierungen nur für Kin- dersendungen, Dokumentationen und Nachrichtensen- dungen sowie Sendungen zum aktuellen Zeitgeschehen trägt daher dem Grundsatz der Programmgestaltungs- freiheit nicht hinreichend Rechnung. Insgesamt begrüßen wir also den Vorschlag einer plattformunabhängigen Regelung für alle audiovisuellen Dienste. Nur ein Rechtsrahmen, der sicherstellt, dass gleiche Sachverhalte überall im europäischen Binnen- markt auch gleich bewertet werden, schafft Rechts- sicherheit für Marktakteure und Verbraucher sowie faire Wettbewerbsbedingungen. h s s a s m g W r s r b G t n G z d i r s D g D s w a l I r s u m A d z i d p K t v ß d B p l a d z m A t z m Ü (C (D Große Bedeutung hat nach unserer Auffassung – und ier sind wir uns ja wieder weitgehend einig – das vorge- ehene Recht auf Kurzberichterstattung. Die immer tärker werdende Kommerzialisierung öffentlicher Ver- nstaltungen und die zunehmende Vergabe von Exklu- ivrechten gefährden die Möglichkeiten, über Ereignisse it hohem Nachrichtenwert für die Allgemeinheit und roßem öffentlichen Interesse angemessen zu berichten. ir setzen uns dafür ein, dass die Richtlinie das Zutritts- echt des jeweiligen Fernsehveranstalters zum Ereignis icherstellen muss und darüber hinaus einen unmittelba- en Zugriff auf das Sendesignal einräumen kann. Auch ei dem vorgesehenen europaeinheitlichen Recht auf egendarstellung gibt es zwischen den Koalitionsfrak- ionen und der FDP-Fraktion sowie der Fraktion Bünd- is 90/Die Grünen keine unüberwindbaren Differenzen. leiches wird sicherlich für die Frage des Jugendschut- es in den audiovisuellen Medien gelten und die Frage er Anerkennung der Koregulierung als Umsetzungs- nstrument. Entscheidend ist, dass mit der Richtlinie ein kohä- enter europäischer Rechtsrahmen geschaffen wird, der icherstellt, dass für gleiche Arten von audiovisuellen iensten unabhängig vom Übertragungsweg auch die leichen Grundregeln gelten. Damit werden für diese ienste im gesamten europäischen Binnenmarkt Rechts- icherheit und gleiche Wettbewerbsbedingungen ge- ährleistet. Die weitere Beratung und möglicherweise uch der Abschluss der Revision der EU-Fernsehricht- inie werden in die deutsche Ratspräsidentschaft fallen. ch gehe davon aus, dass die Bundesregierung, diese Be- atung der Richtlinie zu einem Schwerpunkt der deut- chen Ratspräsidentschaft und der deutschen Medien- nd Kommunikationspolitik auf europäischer Ebene acht. Auch die Koalitionsfraktionen stimmen derzeit einen ntragsentwurf in den Arbeitsgruppen ab, sodass hier ie Möglichkeit besteht, in den Ausschussberatungen eitgleich die entsprechenden Anträge zu beraten. Nicht n allen Fragen liegen die Fraktionen ja so weit auseinan- er wie bei den Fragen der Werbung und der Produkt- latzierung. Vielleicht gelingt es uns als Ausschuss für ultur und Medien – ähnlich wie beim Programm „Kul- ur 2007“ im Juni 2006 –, uns bei den Beratungen der orliegenden Anträge auf eine gemeinsame Entschlie- ung zu verständigen und so die Erwartungen und For- erungen des Deutschen Bundestages parallel zu den eratungen zur Revision der Fernsehrichtlinie im Euro- äischen Parlament und im Europäischen Rat zu formu- ieren. Wenn wir dies als interfraktionelle Entschließung uf den Weg bringen wollen, müsste sich die Fraktion er FDP allerdings bei einigen zentralen Fragen ein gan- es Stück weit bewegen. Mit dieser Hoffnung freue ich ich auf eine spannende Debatte in den mitberatenden usschüssen und im federführenden Ausschuss für Kul- ur und Medien. Christoph Waitz (FDP): Fernsehen macht vor Gren- en nicht Halt. Satelliten, wachsende Kabelnetze, der ittlerweile selbstverständliche Zugang ins Internet und berreichweiten von Fernsehsignalen machen es 5632 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 (A) ) (B) ) möglich, ein vielfältiges internationales Fernsehangebot abzurufen. Wir freuen uns deshalb, dass sich der Deut- sche Bundestag parallel zu den Beratungen im Europäi- schen Parlament mit der Fernsehrichtlinie befasst. Schon in diesem frühen Stadium können die Interessen Deutschlands formuliert und sowohl in das Europäische Parlament als auch in den Ministerrat eingespeist wer- den. Fast 20 Jahre ist die europäische Fernsehrichtlinie alt, eine Richtlinie, die aus einer Zeit stammt, in der die Digitalisierung der Medienlandschaft noch in den Kin- derschuhen steckte, 20 Jahre, in denen uns der techni- sche Fortschritt die Konvergenz der Medien gebracht hat; 20 Jahre Fortschritt, die eine Anpassung der Fern- sehrichtlinie dringend notwendig machen. Heute kennen wir unterschiedlichste Übertragungswege, die zur Prä- sentation gleicher Inhalte genutzt werden. Fernsehen un- abhängig vom Übertragungsweg rechtlich gleich zu be- handeln, ist in unseren Augen sinnvoll. Wir Liberale begrüßen die Neuordnung der Fernseh- regelungen auf europäischer Ebene und wollen dazu bei- tragen, den Markt der audiovisuellen Medien auf die künftigen Herausforderungen vorzubereiten. Oberstes Ziel ist es, Rechtssicherheit und gleiche Wettbewerbs- bedingungen für audiovisuelle Mediendienste im euro- päischen Binnenmarkt zu schaffen. Darüber hinaus muss aber auch Ziel sein, nur dort regulierend einzugreifen, wo dies sinnvoll ist. Deutschland wird ab dem 1. Januar 2007 die Ratsprä- sidentschaft der Europäischen Union übernehmen. Diese besondere Rolle müssen wir nutzen, um eine Fernseh- richtlinie zu verabschieden, die dem technischen Fort- schritt gerecht wird. Dies ist keine leichte Aufgabe. Die FDP hat aus diesem Grund einen Antrag eingebracht, der Ihnen heute zur Beratung vorliegt. Aus der Vielzahl der Fragen möchte ich drei Themen besonders beleuch- ten. Die Fernsehrichtlinie reguliert erstmalig auch so ge- nannte nicht lineare Dienste. Dabei handelt es sich um Dienste, die zum Beispiel über das Internet empfangen werden, Dienste wie dem Video-on-Demand. Nun wer- den im Internet gerade von Zeitungsverlagen Platt- formen angeboten, die auch audiovisuelle Inhalte bein- halten. Aus verständlichen Gründen hat dies zu einer erheblichen Verunsicherung geführt. Es ist daher richtig, den Anwendungsbereich der Fernsehrichtlinie weiter zu konkretisieren. Elektronische Printmedien unterfallen zwar nach jetzigem Arbeitsstand nicht der Fernsehricht- linie, sondern sind sogar ausdrücklich ausgenommen. Wir teilen allerdings die Sorge der Zeitungsverleger. Elektronische Printmedien könnten wegen zusätzlich zum Text eingesetzter audiovisueller Begleitangebote plötzlich den nicht linearen Medien zugerechnet werden. Darüber hinaus besteht die Gefahr, das Entwick- lungspotenzial der neuen Medien durch Überregu- lierung zu hemmen. Die E-Commerce-Richtlinie gilt auch für neue Medien. Eine Doppelregulierung durch Fernseh- und E-Commerce-Richtlinie gilt es zu verhin- dern. Ansonsten riskieren wir, dass die Erfolgs- geschichte der neuen Medien in Europa bald der Vergan- g w b d a D F T q r F T d k r R S d n E f p w w i P t S S h m p l s w v h r g e Q w F z W u A s W N m H (C (D enheit angehört. Eine Knebelung der neuen Medien äre jetzt das falsche Signal und würde die Lissa- onstrategie der europäischen Kommission, mit der wir ie Wachstumskräfte in Europa mobilisieren wollen, ad bsurdum führen. Schon seit einigen Monaten läuft in Deutschland die iskussion zu der Frage, ob Produktplatzierungen in ernsehsendungen künftig erlaubt sein sollen. In unserer radition ist Produktplatzierung als Schleichwerbung zu ualifizieren. Wir Liberale wollen, dass Produktplatzie- ung nur bei fiktionalen Sendungen und nur für private ernsehsender möglich sein soll. Zusätzlich muss die atsache einer Produktplatzierung für den Zuschauer eutlich wahrnehmbar sein, ohne dass die Werbewir- ung zusätzlich noch gesteigert wird. Produktplatzie- ung in diesen engen Grenzen und nur für den privaten undfunk zu legalisieren bedeutet, diese aus der chmuddelecke der Schleichwerbung herauszuholen. Ich erwähne ausdrücklich den privaten Rundfunk, enn der öffentlich-rechtliche Rundfunk verfügt über ge- ügend Einnahmen aus Rundfunkgebühren und kann auf xtraeinnahmen aus Produktplatzierung verzichten. Unsere Forderung, Produktplatzierung in den betref- enden Sendungen kenntlich zu machen, dient der Trans- arenz und hilft so dem Bürger, zu erkennen, wann und o er Produktplatzierung ausgesetzt ist. Eine unbe- usste Beeinflussung durch Schleichwerbung scheidet n Zukunft aus. Natürlich gilt weiterhin ein Verbot von roduktplatzierung in Kinder-, Ratgeber- oder Nachrich- ensendungen. Betroffen wären allein Fernseh- und pielfilme sowie Sportveranstaltungen. Dies sind die endeformate, bei denen ein internationaler Wettbewerb errscht. Produktplatzierung ist in den USA auf dem Vor- arsch. Eine Studie belegt: Einnahmen durch Produkt- latzierung im US-amerikanischen Fernsehen werden al- ein 2006 von 1,4 Milliarden auf 2,1 Milliarden Dollar teigen. Das ist eine Steigerung um 47,8 Prozent. Dies ill ich besonders den Grünen sagen, die die Bedeutung on Produktplatzierungen in ihrem Antrag zu Unrecht erunterspielen. Es wird sie nicht wunden, wenn ich sage, wir Libe- ale treten für die Aufgabe von Werbezeitbeschränkun- en in der Fernsehrichtlinie ein. Werbung ist die Haupt- innahmequelle für den privaten Rundfunk. Um die ualität des privaten Programms zu erhalten, müssen ir Möglichkeiten schaffen, die die Attraktivität der ernsehwerbung für Werbekunden steigern. Der Ein- elspot gehört genauso dazu wie die Aufhebung der erbezeitbeschränkung. Der mündige Verbraucher kann nd wird mit der Fernbedienung entscheiden, ob er ein ngebot mit veränderter Werbestruktur annimmt. Wir Liberale freuen uns, dass sich nun auch Kultur- taatsminister Neumann unserer Auffassung in puncto erbezeiten angeschlossen hat. Ich weiß, Herr eumann kann heute nicht unter uns sein. Aber ich freue ich, als Oppositionspolitiker einmal sagen zu dürfen: err Neumann, wo sie Recht haben, haben sie Recht. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 5633 (A) ) (B) ) Ich freue mich auf die weitere Diskussion und bitte um Ihre Unterstützung für den Antrag der FDP-Fraktion, damit wir mithilfe der Bundesregierung frühzeitig die deutschen Interessen bei der Gestaltung der Fernseh- richtlinie wahren. Dr. Lothar Bisky (DIE LINKE): Mit Blick auf die neuen Entwicklungen im Medienbereich ist es notwen- dig, die EU-Fernsehrichtlinie zu revidieren. Das wird wohl kaum jemand in diesem Hause infrage stellen. Die- sem Anliegen dient auch der Antrag der FDP. Eine andere Frage ist: Was wollen bzw. was können wir in diesen Beratungsprozess einbringen und was nicht? Aus meiner Sicht sollte es nicht darum gehen, alte Re- geln in ein neues Medienzeitalter zu übertragen. Dabei würde die Regulierung immer einer rasanten Entwick- lung hinterher hinken. Darum sollten wir davon die Fin- ger lassen. Eine entscheidende Frage, die uns an den europäi- schen Harmonisierungsprozessen im Medienbereich in- teressieren muss, ist doch: Wie geht es weiter mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk? Für uns als Linke steht vor allem die Frage im Zen- trum, wie öffentlich-rechtliche Angebote organisiert und finanziert sein müssen, damit sie in guter kultureller Qualität ihren demokratischen Auftrag erfüllen können, ohne ständig Gegenstand von Untersuchungen der Euro- päischen Kommission zu sein. Lassen Sie uns also vor- rangig erörtern, wie trotz europäischer Regulierung und Harmonisierung die Mitgliedstaaten weiterhin ihren Rundfunk selbstbestimmt regulieren können; und zwar nach ihren Verfassungen, ihren kulturellen Traditionen und ihren medienpolitischen Konzepten. Das halte ich für wichtig! Doch nun zum kommerziellen Bereich. Die Fernseh- richtlinie harmonisiert in erster Linie Regelungen für grenzüberschreitende Dienstleistungen. Es geht um Rechtssicherheit und gleiche Wettbe- werbsbedingungen für Anbieter auf dem europäischen Binnenmarkt. Bei kommerziellen Anbietern geht es nun mal vor allem ums Geldverdienen und um entsprechende Probleme kreist ja auch die Diskussion: Werberegeln, Produktplatzierung, Zugriff auf Sendesignale usw. Politische Verantwortung bedeutet in diesem Zusam- menhang vor allem den Schutz von Verbraucherrechten, wie zum Beispiel auch den Jugendschutz. Im September erklärten die Verbraucherzentrale und mehrere Interes- senverbände – unter anderem der Familienverband, der Verband für Bildung und Erziehung –, dass sie aufgrund des aktuellen Änderungsvorschlags der Europäischen Kommission einen massiven Eingriff in das Verfas- sungsziel des Jugendschutzes befürchten. Sie fordern, den Jugend- und Verbraucherschutz aus dem Herkunfts- landprinzip herauszunehmen und sie setzen sich dafür ein, dass die nationalen Schutzbestimmungen auch für ausländische Anbieter gelten mögen. Ich unterstütze diese Forderungen und meine, dass die Bundesregierung sie sich in den anstehenden Verhand- l d H h g P u f Z e p p B A l d E s d b l a e E V l m M i s r v d s E R o o s W F e a d J i g v t l v s W b d d (C (D ungen zu Eigen machen sollte, genauso übrigens wie en Vorschlag des Direktors des Hans-Bredow-Instituts, errn Dr. Wolfgang Schulz, zur Produktplatzierung. Er at in der Sachverständigenanhörung angeregt, das Re- el-Ausnahme-Verhältnis in der Richtlinie umzudrehen. roduct Placement wäre dann grundsätzlich verboten nd nur in bestimmten Programmformaten wie Fernseh- ilmen und TV-Serien erlaubt, wenn die Zuschauer und uschauerinnen dies erkennen können. Das halte ich für ine ausgewogene Lösung. Die gibt es beim Themen- lacement nicht. Das sollten wir alle miteinander prinzi- iell ablehnen. Wenn bestimmte Themen nur noch gegen ezahlung aufgegriffen werden, dann ist es aus mit der utonomie journalistisch-redaktioneller Arbeit. Im Übrigen werden sich durch neue technische Mög- ichkeiten wie auch durch veränderte Marketingformen ie Programmstrukturen ebenfalls weiterentwickeln. Am nde entscheiden die Zuschauerinnen und Zuschauer, ob ie das Angebot akzeptieren oder nicht. Damit die mün- igen Zuschauer und Zuschauerinnen auch mündig blei- en, brauchen wir ein vielfältiges kulturelles und öffent- ich-rechtliches Medienangebot, das durch Werbung ngemessen begleitet werden kann, aber nicht durch sie rstickt werden darf. Grietje Bettin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die uropäische Kommission hat Ende letzten Jahres einen orschlag zur Novellierung der Fernsehrichtlinie vorge- egt. Dieses Vorhaben ist notwendig und richtig. Wir üssen die Fernsehrichtlinie an die Veränderungen der edienwelt anpassen. 1989 wurden erstmals einheitliche Mindeststandards m Fernsehen festgelegt. Seitdem regeln die Mitglied- taaten Werbung, Jugendschutz und Gegendarstellungs- echt einheitlich. Die Medienlandschaft hat sich jedoch erändert: Die Digitalisierung führt mehr und mehr zu er Frage, was überhaupt alles Fernsehen ist und wie ich etwa Internetangebote einheitlich regeln lassen. Die uropäische Kommission hat darauf reagiert. Die neue ichtlinie wird auf alle audiovisuellen Dienste, ob linear der non-linear, ausgeweitet. Das ist sinnvoll, wird doch hnehin in naher Zukunft Praxis sein, dass sich jeder ein individuelles Fernsehangebot frei nach Zeitplan und ünschen per Download zusammenstellen kann. Die DP hält diese Anpassung an die digitale Realität für ine Knebelung der neuen Medien. Doch davon kann us unserer Sicht keine Rede sein. Im Gegenteil, wir fin- en es richtig, dass die wichtigen Punkte Werbung und ugendschutz endlich in allen Medien in Europa – auch n den inzwischen gar nicht mehr so neuen Medien – leich behandelt werden. Unterschiede zwischen den erschiedenen Medien sind in der Richtlinie berücksich- igt, weil nicht mehr pauschal, sondern abgestuft regu- iert wird. Auch das ist positiv. Das Europaparlament und der Rat müssen sich jetzt or allem auf praktikable Lösungen konzentrieren – be- onders für nichtlineare Dienste wie Video-on-Demand. enn man sich stattdessen aber in Brüssel nur darum emüht, alle Lobbyinteressen zu berücksichtigen, wer- en wir am Ende ein Stückwerk in Händen halten, mit em keiner was anfangen kann. 5634 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 (A) ) (B) ) Diese Richtlinie ist von immenser Bedeutung auch für die deutsche Medienpolitik, setzt sie doch Maßstäbe, die unsere bisherigen hohen Standards zumindest teil- weise infrage stellen. Wir fordern die Bundesregierung deshalb auf, sich aktiv in den Diskussionsprozess einzu- bringen und faule Kompromisse zu verhindern. Die EU- Ratspräsidentschaft ab kommendem Januar bietet dazu eine gute Gelegenheit. Nun zu den Kernpunkten unseres grünen Antrags: Wir wollen – im Gegensatz zur FDP und im Gegen- satz zum derzeitigen Trend im Europaparlament keine Produktplatzierung und auch keine Produktionsbeihilfen europaweit zulassen. Beides stellt aus unserer Sicht Schleichwerbung dar und täuscht somit Zuschauerinnen und Zuschauer. Versteckte Werbung hat in Programm- inhalten nichts zu suchen. Die Glaubwürdigkeit der In- halte und die Unabhängigkeit von Produktionen und Re- daktionen stehen dabei auf dem Spiel. Wir brauchen nur einen Blick auf die USA zu werfen, wo Produktplatzie- rungen erlaubt sind. Drehbuchautoren beklagen sich dort, sie müssten Programminhalte um die Werbung herum platzieren und seien in ihrer redaktionellen Entscheidung alles andere als frei. Das wollen wir in Europa nicht. Wir wollen nicht, dass das Zustandekommen von Produktio- nen in Zukunft noch stärker vom Gutdünken der Werbe- treibenden abhängt und etwa Filme nur zustande kom- men, wenn teure Requisiten dafür lange im Bild gezeigt werden. Auch Spielfilme und Unterhaltungsserien – für die die Platzierungen erlaubt sein sollen – sind aus unserer Sicht trend- und meinungsbildend. Was mit Ratgeber- sendungen ist, dazu schweigt sich der Richtlinienvor- schlag bislang aus. Von der Pharmaindustrie gesponserte Ratgebersendungen möchte ich jedenfalls nicht sehen. Eine Beschränkung von Produktplatzierungen auf Filme und Serien, wie sie die FDP vorsieht, genügt uns daher nicht. Es genügt uns auch nicht, die Produktplatzierung vor und nach der Sendung anzukündigen: Zu oft schal- ten Zuschauer erst im Laufe einer Sendung ein. Zappen gehört heute einfach zur Fernsehgewohnheit der Ver- braucherinnen und Verbraucher. Der FDP-Vorschlag, die Platzierung auch während der Sendung kenntlich zu ma- chen, ändert nichts am eigentlichen Problem und wird in der Praxis nicht lange vorhalten: Wer will denn ständig Werbeeinblendungen vor der Nase haben? Ich kann mir kaum vorstellen, dass die Zuschauer sich nicht genervt fühlen, wenn ständig ein Insert eingeblendet wird oder permanent ein Hinweis am Bildrand erscheint. Das schreckt Zuschauer ab. Gewinne bringt das der Werbe- industrie dann keineswegs. Ohnehin ist fraglich, wie die Werbeeinnahmen durch Produktplatzierungen mehr werden sollen. Ich vermute – und das bestätigen Experten, dass der Werbekuchen nicht größer wird – die Stücke werden nur anders ver- teilt. Werbeausgaben werden lediglich umgeschichtet. Die FDP glaubt, mit einer Liberalisierung der Werbe- regelung die Stellung von privaten Anbietern gegenüber den öffentlich-rechtlichen zu stärken. Wenn aber gar nicht mehr Geld ausgegeben wird, kann es dazu auch nicht kommen. d w E s B g ü r k f F e u d e r b s e v d n N g Q z g v s u d D d a r i l – p p A s V b u A (C (D Wir bleiben also dabei: Wir wollen keine Aufhebung es Grundsatzes der Trennung von Werbung und Inhalt! Es gibt aber auch positive Punkte im Richtlinienent- urf: wie etwa das Recht auf Kurzberichterstattung über reignisse von öffentlicher Bedeutung. Wir kennen die- es Recht in Deutschland und es hat sich bewährt. Alle ürger in Europa sollen sich über wichtige Ereignisse leichermaßen informieren können und das nicht nur ber die Veranstalter, die für teures Geld die Exklusiv- echte erworben haben. Die Richtlinie muss jedoch noch lare Bedingungen für die Ausübung dieses Rechtes estlegen. Die derzeitige Formulierung lässt dazu noch ragen offen. So muss beispielsweise klar sein, ob es ine Beschränkung des zeitlichen Umfangs geben soll nd wie die Quelle angegeben wird. Ebenso müssen sich ie Mitgliedstaaten darüber abstimmen, zu welchen Er- ignissen Zugang zu gewähren ist. Im Gegensatz zur FDP lehnen wir eine Quote für eu- opäische Produktionen nicht gänzlich ab. Eine Quote ei europäischen Werken macht aus unserer Sicht insbe- ondere für die linearen Dienste Sinn. Wir wollen damit uropäische Produktionen im Rundfunk und – damit eng erbunden – insbesondere unabhängige Produzenten för- ern. Die FDP behauptet, die europäische Quote würde icht zur Qualitätssteigerung beitragen – das ist Unsinn. iemand kann behaupten, Sender wie Arte, die eine fest- elegte Anzahl an Koproduktionen zeigen, hätten ein ualitätsproblem. Auch glaubt die FDP, Quoten würden um Schutz nicht wettbewerbsfähiger Anbieter beitra- en. Das macht eines mehr als deutlich klar: Die FDP ersteht unser Fernsehprogramm nicht als Kulturgut – ondern als reines Wirtschaftsgut. Uns geht es hier nicht m Wettbewerb – sondern darum, den europäischen Ge- anken auf unterschiedlichen Ebenen umzusetzen. urch Koproduktion können sich sowohl die an der Pro- uktion Beteiligten als auch die Zuschauer ein Bild von nderen Ländern machen. Vorurteile werden abgebaut. Bei nichtlinearen Diensten muss allerdings ein ande- er Maßstab angesetzt werden: Hier sind aber Mindest- nvestitionsverpflichtungen denkbar. Auch eine Gewähr- eistung, dass europäische Inhalte in den Katalogen zum Beispiel bei Video-on-Demand-Angeboten – an rominenter Stelle zu finden sind, wäre ein Ansatz. Ich hoffe, die Bundesregierung nutzt in ihrer Rats- räsidentschaft die Zeit, um verbraucherfreundliche spekte in den Beratungsprozess einzubringen. Die be- tehende Medienlandschaft in Deutschland ist in ihrer ielfalt einzigartig. Es muss unser aller Ziel sein, dies eizubehalten. Wir hoffen daher auf Ihre Unterstützung nseres Antrags. nlage 4 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Protokoll vom 1. Juni 2006 zur Änderung des am 29. August 1989 unterzeichneten Ab- kommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 5635 (A) ) (B) ) Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteue- rung und zur Verhinderung der Steuerverkür- zung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkom- men und vom Vermögen und einiger anderer Steuern (Zusatztagesordnungspunkt 10) Dr. Axel Troost (Die Linke): Ich möchte Sie an De- batten erinnern, die wir hier vor einigen Monaten geführt haben: Vor einigen Monaten haben wir hier Maßnahmen diskutiert, die Möglichkeiten zur Steuerumgehung redu- zieren sollten; die dazu führen sollten, dass diejenigen wieder mehr Steuern zahlen, die es können; die dazu führen sollten, dass man sich nicht arm rechnen kann, wenn man nur einen cleveren Steuer- und Unterneh- mensberater engagiert. Schon damals haben wir gesagt: Das geht uns nicht weit genug. Aber es gab einen breiten Konsens darüber, dass Möglichkeiten der Steuerumge- hung reduziert werden sollen. Was uns jetzt aber zur Abstimmung vorliegt, ist genau das Gegenteil davon. Kern des Vorschlages für ein neues Doppelbesteuerungsabkommen mit den USA ist: Die Quellensteuer auf Dividenden in Höhe von 5 Prozent wird gestrichen. Ich will an einem Beispiel deutlich machen, was das heißt: Nehmen wir mal ein deutsches Unternehmen, zum Beispiel die Deutsche Bank, das eine Tochter in den USA hat. Heute gilt: Schüttet die US-Tochter Gewinne an die deutsche Mutter aus, wird das heute mit 5 Prozent in den USA besteuert. Und was schlägt die Bundesregie- rung nun vor? In ihrem Gesetzentwurf zur Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens steht: Die Quellen- steuer von 5 Prozent soll zukünftig wegfallen. Im Klar- text: Die ausgeschütteten Gewinne sollen weder in Deutschland noch in den USA besteuert werden! Das widerspricht gänzlich dem Ansatz von Doppelbesteue- rungsabkommen – die Verhinderung der mehrmaligen Besteuerung ein und derselben Einkünfte. Die Sache ist eigentlich ganz einfach. Darüber sind wir uns hier im Parlament ziemlich einig: International tätige Unternehmen und Privatpersonen müssen ihre Einkommen versteuern – sei es in dem Land, in dem der Hauptsitz des Unternehmens ist; sei es in dem Land, in dem die Tochter Einkommen erzielt. Das sollte eigent- lich selbstverständlich sein, wenn man sich das Ziel der „Steuergerechtigkeit“ auf die Fahne geschrieben hat. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf aber stellt die Bundes- regierung das Prinzip der „Steuergerechtigkeit“ auf den Kopf! Nicht nur das: Der Hintergrund für dieses Doppelbe- steuerungsabkommen ist: Seit kurzem gibt es ein ver- gleichbares Abkommen zwischen den USA und Groß- britannien. Für britische Unternehmen sind also bereits heute die Gewinne ihrer US-Töchter steuerfrei. Nun kommen natürlich die deutschen Unternehmen und sa- gen: Das wollen wir auch, sonst haben wir in Deutsch- land einen Standortnachteil. Was macht nun die Bundes- regierung? Statt zum Beispiel im Rahmen der EU darauf zu drängen, dass der Vorteil für britische Unternehmen zurückgenommen wird, schafft sie neue Steuerschlupflö- cher! Damit heizt die Bundesregierung den internationa- len Steuersenkungswettlauf weiter an! Es ist doch klar, dass die anderen Staaten hier nachziehen werden! s l z r a t d k a B d v s d s m s d g k l E e v l S w K s s d m B d w l r k w p z g d D A A J H (C (D Lassen Sie mich abschließend noch auf eine grund- ätzliche Frage eingehen. Die zunehmende Internationa- isierung bei gleichzeitigem Steuersenkungswettbewerb wingt zum Nachdenken über Methoden zur Verhinde- ung der Doppelbesteuerung. Das Doppelbesteuerungs- bkommen mit den USA – das wissen die Fachleute un- er Ihnen – unterscheidet sich von anderen Abkommen adurch, dass die USA bei der Besteuerung von Ein- ünften auf dem Anrechnungsprinzip beharren und nicht uf dem Freistellungsprinzip. Das wäre auch für die undesrepublik sinnvoll. Denn damit wären die Divi- enden ausländischer Töchter grundsätzlich Teil des zu ersteuernden Einkommens des Konzerns. Beim Frei- tellungsprinzip dagegen werden die Ausschüttungen er ausländischen Töchter, die im Ausland bereits be- teuert wurden, völlig steuerfrei gestellt. In den meisten anderen Doppelbesteuerungsabkom- en wird nun aber eben nicht das Anrechnungsprinzip, ondern das Freistellungsprinzip gewählt. Das Problem aran: In zahlreichen Ländern werden inzwischen auf- rund des Drucks der Wirtschaft Quellensteuern auf Ein- ünfte, die Steuerausländer- und ausländerinnen erzie- en, erhoben. Oder es werden grundsätzlich bestimmte inkünfte nicht mehr oder nur noch beschränkt besteu- rt, zum Beispiel Kapitaleinkünfte. Wenn diese aufgrund on Doppelbesteuerungsabkommen in der Bundesrepub- ik ebenfalls freigestellt werden, kommt es zur absurden ituation einer gänzlichen Nichtbesteuerung. Damit erden aber Doppelbesteuerungsabkommen auf den opf gestellt! Das zwingt die Bundesrepublik, über komplizierte teuerliche Regelungen auf nationaler Ebene dafür zu orgen, dass die weltweit erwirtschafteten Einkommen er Steuerpflichtigen – seien es Personen oder Unterneh- en – wenigstens einmal besteuert werden. Aktuelles eispiel dafür: Das Jahressteuergesetz 2007, Änderung es § 50 d Einkommensteuergesetz: Hier soll verhindert erden, dass Unternehmen durch Gestaltungen Freistel- ungen ihrer Einkünfte aufgrund von Doppelbesteue- ungsabkommen in Anspruch nehmen dürfen. Derart omplizierte Regelungen wären jedoch nicht notwendig, ürde die Bundesregierung zur Verhinderung von Dop- elbesteuerung von der Freistellung von Einkünften hin ur Anrechnung der im Ausland gezahlten Steuern über- ehen. Dies – nur ganz nebenbei – wurde auch durch den iesbezüglich befragten Sachverständigen bestätigt. Wir fordern daher die Bundesregierung auf, in den iskussionen, die im Finanzausschuss anstehen, diese nregung aufzunehmen! nlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Neuregelung des Hochschulzugangs und der Hochschulab- schlüsse als Impuls zur Hochschulöffnung und Qualitätsentwicklung nutzen (Tagesordnungs- punkt 16) Anette Hübinger (CDU/CSU): In den nächsten ahren stehen die deutschen Hochschulen vor großen erausforderungen. Laut einer Prognose der Kultus- 5636 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 (A) ) (B) ) ministerkonferenz wird die Zahl der Studierenden von heute fast 2 Millionen auf über 2,6 Millionen in den Jah- ren 2014/2015 ansteigen. Auch die fortschreitende wich- tige Internationalisierung von Forschung und Lehre ist eine große Herausforderung für die Hochschullandschaft in unserem Land. Ihr Antrag – Kolleginnen und Kolle- gen der Fraktion Die Linke – zu Hochschulzugang und Hochschulabschlüssen bietet jedoch keine Antwort auf diese Herausforderungen. Deshalb lehnt die CDU/CSU- Fraktion Ihren Antrag ab. In Ihrem Antrag fordern Sie die Rücknahme der Mög- lichkeiten zum Ausbau individueller Auswahlverfahren an den Hochschulen. Der zunehmenden Autonomie der Hochschulen bei der Auswahl der Studierenden wollen Sie ein zentral gelenktes Vergabeverfahren entgegenset- zen. Den Herausforderungen von heute und morgen wol- len Sie mit einem Instrument der Vergangenheit begeg- nen. Die CDU/CSU-Fraktion begrüßt ausdrücklich die wachsende Autonomie der Hochschulen bei der Aus- wahl der Studierenden. Die Hochschulen sollen die Möglichkeit haben, den passenden Studenten für den je- weiligen Studiengang auswählen zu können. Dies trägt zur weiteren Profilierung der Hochschulen bei. Die CDU/CSU-Fraktion begrüßt dieses Verfahren aber auch, da es dazu beiträgt, dass der passende Student das für ihn geeignete Studium beginnt. Die Zahl der jun- gen Menschen, die in unserem Land ihr Studium abbre- chen, ist nach wie vor zu hoch: Jährlich brechen mehr als 80 000 Studenten ihr Studium ohne Abschluss ab. Das heißt, dass jeder vierte Student die Hochschule ohne Ab- schluss verlässt – dies oft erst nach mehreren Semestern. Nur zu oft bedeutet dies auch das Ende einer beruflichen Ausbildung. Individuelle Auswahlverfahren wie fachspe- zifische Studierfähigkeitstests und Auswahlgespräche, aber auch das Heranziehen von anderen Qualifikationen können dazu beitragen, die Zahl der Studienabbrecher zu senken. Kriterien, die beim Auswahlverfahren Anwendung finden können, wie die Durchschnittsnote im Abitur, aber auch die Ergebnisse von fachspezifischen Studier- fähigkeitstests sind – wie Sie bereits in der Antwort der Bundesregierung vom 11. August diesen Jahres auf Ihre Kleine Anfrage erfahren haben – frei von den von Ihnen vorgebrachten Einflüssen. Diese werden deshalb nicht zu einer Diskriminierung aufgrund sozialer und kulturel- ler Herkunft oder aufgrund des Geschlechts führen. Die in der 7. Novelle des Hochschulrahmengesetzes festge- legten Regelungen zum Ausbau der individuellen Aus- wahlmöglichkeiten der Hochschulen sind gerade erst in den Länderhochschulgesetzen umgesetzt worden. Sie müssen zunächst ihre Wirkung entfalten. Durch regel- mäßige Evaluierungen muss in der Zukunft überprüft und Sorge dafür getragen werden, dass auch die Aus- wahlgespräche nach objektiven Maßstäben erfolgen. Die Einführung des zweistufigen Studienmodells im Rahmen des Bolognaprozesses bedeutet nicht, wie Sie in Ihrem Antrag darstellen, eine Einschränkung der Stu- dienmöglichkeiten. Vielmehr bietet sie den Studenten die Chance, ein qualitativ hochwertiges Studium zu ab- s l C a S c d s r a t g l w b b d d b s f Q s d a s z p Z F b K H s s s j Z D d t h g d w t H e b g S i g H d (C (D olvieren, sowie die Möglichkeit, unterschiedliche Qua- ifikationen flexibel miteinander zu kombinieren. Die DU/CSU-Fraktion bekennt sich im Koalitionsvertrag usdrücklich zum Bolognaprozess und begrüßt die chaffung eines Europäischen Hochschulraums. Das Ba- helor/Master-System bietet den Studenten den Vorteil, ass die Abschlüsse international kompatibel sind und omit die Mobilität der Studenten gefördert wird. Da- über hinaus kann durch die Einführung des Bachelors ls ersten berufsqualifizierten Abschluss die Studienzei- en deutlich verkürzt werden. Im internationalen Ver- leich ist die durchschnittliche Studiendauer in Deutsch- and immer noch zu lang. Nicht jeder Student plant eine issenschaftliche Karriere, sondern will nach einem reit angelegten, aber zugleich straffen Studium ins Ar- eitsleben einsteigen. Für diesen Personenkreis bieten ie Bachelorstudiengänge durch ihre Strukturierung und urch ihren Praxisbezug eine ideale akademische Aus- ildung. Die Personalvorstände von führenden deut- chen Unternehmen haben wiederholt öffentlich die Ein- ührung von Bachelor und Master begrüßt. Damit die ualität und die Gleichwertigkeit der neuen Abschlüsse ichergestellt wird, muss dafür Sorge getragen werden, ass diese ohne Ausnahme durch die Akkreditierungs- genturen akkreditiert werden. Die notwendige Kapazitätsausweitung an den Hoch- chulen ist derzeit auch Gegenstand der Verhandlungen wischen dem Bund und den Ländern zum Hochschul- akt 2020. Die CDU/CSU-Fraktion fordert in diesem usammenhang die Verankerung der Förderung von rauen in der Wissenschaft. Hierzu gehört auch der Aus- au der Kinderbetreuung an den Hochschulen. Wie im oalitionsvertrag festgelegt, fordern wir die Öffnung der ochschulen für beruflich Qualifizierte. Das Bildungs- ystem soll durchlässiger werden. Menschen mit abge- chlossener Berufsausbildung soll der Weg an die Hoch- chulen offen stehen. Die Kompetenz hierfür liegt edoch nach wie vor bei den Ländern. Die CDU/CSU-Fraktion sieht in der anwachsenden ahl der Studierenden eine sehr positive Entwicklung. ie damit zusammenhängenden Herausforderungen für ie deutsche Hochschullandschaft sowie die fortschrei- ende Internationalisierung von Forschung und Lehre se- en wir als große Chance. Unser Land braucht gut aus- ebildete junge Menschen. Unserer Verpflichtung, ihnen en Weg zur besten Ausbildung zu bereiten, kommen ir nach. Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD): Mit ihrem An- rag zur Neuregelung des Hochschulzugangs und der ochschulabschlüsse formuliert die Fraktion Die Linke ine Reihe von Kritikpunkten an Reformschritten, die im reiten Konsens vor wenigen Jahren im Bundestag ein- eleitet worden sind. Zugleich formuliert sie einen trauß von Anforderungen und Vorschlägen, wie nach hrer Auffassung diese Reformschritte nicht nur zurück- enommen, sondern auch neu gestaltet werden sollen. ierauf soll in einer grundsätzlichen Bemerkung und ann in vier einzelnen Punkten eingegangen werden. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 5637 (A) ) (B) ) Zunächst das Grundsätzliche: Durchaus richtig ist, dass die Fraktion Die Linke Bezug nimmt auf die Not- wendigkeit und die Ausgestaltung des geplanten Hoch- schulpaktes. Wir haben dazu erst gestern im Ausschuss eine erste Information bekommen, welchen Stand die Verhandlungen zwischen dem Bund und den 16 Län- dern, die jeweils mit einem eigenen Vetorecht in Bezug auf das Gesamtprojekt nach den Ergebnissen der Födera- lismusreform ausgestattet sind, erreicht haben. Um es hier noch einmal klar und deutlich zu sagen: Nur durch das beharrliche und engagierte Kämpfen insbesondere der SPD-Bildungspolitiker und der gesamten SPD-Frak- tion für eine erweiterte Hochschulkompetenz des Bun- des auch in der Förderung von Lehre an den Hochschu- len kommen wir jetzt überhaupt in die Gelegenheit, einen qualitativ anspruchsvollen und quantitativ expan- siven Hochschulpakt für mehr Studienkapazitäten und bessere Lehre und Forschung an den Hochschulen auf- zulegen. Der neu gestaltete § 91 b hat zwar den Schön- heitsfehler, dass er Einstimmigkeit bei allen im Land vo- raussetzt, nur bietet das zugleich auch die Chance, dass alle Länder gleichermaßen in die Pflicht genommen wer- den. Dieses wird beim aktuellen Hochschulpakt von ent- scheidender Bedeutung werden, denn niemand darf sich verabschieden aus der gemeinsamen Zielsetzung, die Studienkapazitäten an den Hochschulen deutlich zu er- weitern und damit auch eine bessere Lehr- und Studien- qualität zu verbinden. Der Parlamentarische Staatssekretär Andreas Storm hat gestern im Ausschuss noch einmal darauf hingewie- sen, dass die Bundesregierung sich im Rahmen dieses Paktes nachdrücklich dafür einsetzen wird, dass nicht nur die Stärkung der Naturwissenschaften und der Aus- bau der Fachhochschulen, sondern auch die Förderung von Frauen für und im Studium im Zentrum der Verein- barungen zu stehen hat. Wir von der SPD möchten aus- drücklich auch noch die Nachwuchsförderung im wis- senschaftlichen Bereich über die Einbeziehung der Juniorprofessuren verhandelt und positiv entschieden wissen. Sieht man sich allerdings den Forderungskatalog der Fraktion Die Linke an, so wird dieser Pakt ange- sichts der Anforderungen, die hier von Ihnen geltend ge- macht werden, wohl schwerlich zustande kommen kön- nen. Damit wäre aber niemandem gedient, schon gar nicht den jetzigen und zukünftig zum Glück anwachsen- den Zahlen von Studierenden. Schließlich soll bei der ersten Paktvereinbarung, für die ja seitens des Bundes die nicht unerhebliche Summe von über 1 Milliarde Euro und damit ein Gesamtbetrag von über 1,2 Milliarden Euro von Bund und Ländern speziell zum Ausbau der Lehrkapazitäten zur Verfügung gestellt werden sollen, nicht bleiben. Denn aus einem ersten positiven Schritt zum Hochschulpakt muss schließlich die Bereitschaft zwischen Bund und Ländern erwachsen, später für die entscheidenden Jahre ab 2010 bis 2015 einen erfolgrei- chen zweiten Pakt aus den guten Erfahrungen des ersten Schrittes fortzuführen. Mit ihren Anforderungen würde die Fraktion Die Linke hier allerdings schon den ersten Schritt unmöglich machen und verstolpern. An der Realität vorbei gehen auch die Vorschläge der Linken-Fraktion in den übrigen Punkten, selbst wenn h p n s d B d s s d a g V i e d M e n g s s d s ü z u d k v C s b C s d b e t d a s s m M s l D d t H s g n f d t l (C (D ier in der Analyse auf bedenkenswerte kritische As- ekte eingegangen wird. Nur, kritische Analyse macht och kein besseres politisches Konzept, wenn die vorge- chlagenen Regelungen gar nicht garantieren können, ass die kritisch angesprochenen Fragen tatsächlich zum esseren gelöst werden. Erstens. So beklagt die Fraktion Die Linke, dass mit er Neuordnung des Auswahlverfahrens an den Hoch- chulen angeblich vor allen Dingen ein schichtspezifi- cher Bildungshintergrund abgeprüft würde, der Stu- ienbewerber(innen) aus entsprechenden Familien und us finanzschwachen Elternhäusern deutlich benachteili- en würde. Nur, wie ist es denn nach dem bisherigen erfahren gewesen? Und hat die Fraktion Die Linke in hrer Freude an der Analyse vollkommen ignoriert, wie rnst die Stimmen zu vernehmen sind, die gerade bei em Kriterium der reinen Abiturnoten im Gefolge der ittel- und Oberschichten-Institution Gymnasium eine ntsprechende schichtenspezifische Diskriminierung achweisen könnten? Nein, der Weg zurück in eine Ver- abe von Studienplätzen über eine Zentralstelle würde icherlich die soziale Öffnung der Hochschule nicht be- chleunigen können. Hier geht es tatsächlich vielmehr arum, soziale Benachteiligung im Bildungsverlauf chon sehr grundständig von der frühkindlichen Bildung ber die Schule bis hin zur Hochschule systematisch an- ugehen, Chancengleichheit von Anfang an zu fördern nd auch die soziale Zugänglichkeit zur Hochschule urch entsprechende Fördersysteme wie das BAföG onsequent zu erhalten und möglichst auch auszubauen. Im idealen Fall könnten die qualifizierten Auswahl- erfahren an den Hochschulen selbst auch noch die hance bieten, mit tatsächlich auf das Individuum abge- timmten Bewerbungsgesprächen, Motivationsschrei- en, Eignungstests und Auswahlverfahren allgemein die hancen zu erweitern, die mit einem reinen Notendurch- chnitt „wegformalisiert“ werden könnten. Der Hinweis er Fraktion Die Linke, dass es in Bezug auf die Testge- ühren nicht einen weiteren finanziellen Vorbehalt und rnsthaften Grund für eine diskriminierende und belas- ende Mitfinanzierung des Studiums geben darf, ist aller- ings aufzunehmen, zu beobachten und gegebenenfalls uch zu unterbinden. Zweitens. In einem weiteren Punkt der Kritik wendet ich die Fraktion Die Linke gegen den in Bologna ange- toßenen Prozess einer zweistufigen Studienstruktur und öchte erreichen, dass nicht der Bachelor, sondern der aster der Regelabschluss an den Hochschulen werden oll. Dies ist allerdings eine Fundamentalkritik am Bo- ognakonzept, der wir uns nicht anschließen können. enn natürlich hatte die Einführung der doppelten Stu- ienstruktur von Bachelor und einem aufbauenden Mas- er nicht nur zum Ziel, einen einheitlichen europäischen ochschulraum zu schaffen, sondern auch das Studium tärker zu strukturieren und einen ersten berufsbefähi- enden Abschluss auf dem Niveau des Bachelor nach ei- er kürzeren Studienzeit zu ermöglichen, als es früher ür einen Studienabschluss mit Berufschancen notwen- ig war. Dieses nun dadurch auszuhebeln, dass der Mas- er zum Regelabschluss werden soll, würde den Bache- or wiederum zur reinen Zwischenprüfung herabstufen. 5638 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 (A) ) (B) ) Genau dieses ist im Bolognaprozess allerdings nicht be- absichtigt. Dass dennoch sehr sorgfältig die Ausbau- und Auf- baumöglichkeiten des Studiums vom Bachelor zum Master auch in den Kapazitäten zu beobachten sind und dass es auch im Spannungsfeld von BAföG-Förderung im Masterstudium wie der Belastung durch Studienge- bühren keine Diskriminierung und Behinderung für ein Masterstudium geben darf, ist genauso richtig. Diese Fragen werden insbesondere auch vor dem Hintergrund der erwarteten deutlich wachsenden Studierendenzahlen und der Erfordernis, den Anteil der Studenten in Deutschland, die einen akademischen Abschluss auch wirklich erfolgreich erreichen, deutlich anzuheben, sehr genau weiter zu beobachten und zu gestalten sein. Auch deshalb legt die SPD-Fraktion sehr großen Wert darauf, die Sicherung und die Ausgestaltung des BAföG im Zentrum unserer Hochschulförderung für die Zukunft zu halten. Drittens. Die Linke problematisiert auch das von Kul- tusministerkonferenz und Hochschulrektorenkonferenz gemeinsam getragene Akkreditierungssystem. Aller- dings scheint uns diese Fundamentalkritik in vielen Punkten ebenso ansprüchlich wie abgehoben, wider- sprüchlich wie bürokratieverdächtig. Auch kann man den Eindruck gewinnen, dass das Akkreditierungssys- tem zur Zauberbüchse für alles das werden soll, was in einem noch so vernünftig gestalteten Studiengang ange- strebt, aber nicht in jeder Hinsicht 100-prozentig reali- siert und garantiert werden kann. Im Zuge der Gesamt- evaluation von Studienreformen, mit der sich auch der Bundestag in Form des Bildungsausschusses in der Fachdiskussion befassen sollte, wird es sicherlich Gele- genheit geben, die Einzelheiten des Akkreditierungssys- tems noch einmal einer kritischen Überprüfung zu unter- ziehen. Immerhin sind es ja schwere Vorwürfe, die von der Fraktion Die Linke gegen das gegenwärtige Akkre- ditierungsverfahren erhoben werden. Letztlich münden sie in dem Vorwurf, dass eine umfassende fachlich-in- haltliche Begutachtung jedes einzelnen Studienganges nicht mehr gewährleistet ist und zudem nach studien- fremden Gesichtspunkten vorgenommen wird. Diesem Verdacht bzw. dieser Behauptung gar können und wollen wir uns zum jetzigen Stand unserer Kenntnisse aus- drücklich nicht anschließen. Und die Andeutungen der Fraktion Die Linke, wie der Akkreditierungsrat in Zu- kunft denn arbeiten sollte, stärkt auch nicht unser Zu- trauen darin, dass es damit ein Verfahren von größerer Transparenz, Praktikabilität und Fachlichkeit geben würde. Damit hier keine Missverständnisse aufkommen: Dumping-Wettbewerbe, Oberflächlichkeit in der Ana- lyse und Bewertung, unkritische Verengungen und Re- duzierungen von Studiengängen auf eine kurzfristige ökonomische Verwertbarkeit der Studienergebnisse wür- den auch von uns kritisiert werden, wenn sie denn tat- sächlich die Wirklichkeit im Akkreditierungsverfahren zutreffend beschreiben würden. Viertens. Schließlich thematisiert die Fraktion Die Linke die Notwendigkeit einer bundesweit einheitlichen Regelung zur Öffnung der Hochschulen nach einer be- ruflichen Ausbildung. Ob diese auch in die Kompetenz d d F h k l a m i d t d z j s L d e d d v b r m g H d B e r i S s g t t a w f d S u A k „ A s r B m t n s C D f d (C (D er konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes fällt und urch die Bestimmungen des Grundgesetzes nach der öderalismuskommission gerade ausgeschlossen ist, se- en wir noch in der rechtlichen Prüfung. Die Regelungs- ompetenz für Hochschulabschlüsse und Hochschulzu- assung muss auch nach unserer Auffassung keineswegs usschließen, dass bei der Zulassung auch der Zugang it eingeschlossen ist, zumal wenn er sich nicht auf die n der Länderkompetenz liegende Zugänglichkeit über as Abitur, sondern gerade auf die in der Bundeskompe- enz liegende berufliche Ausbildung nach Berufsbil- ungsgesetz etc. bezieht. Allerdings müssen wir zum jet- igen Stand zugeben, dass es hierzu noch verschiedene uristische und insgesamt wohl eher gegenteilige Auffas- ungen gibt. Umso stärker würde es wirken, wenn die änder hier jenseits einer solchen Kompetenzauseinan- ersetzung zwischen Bund und Ländern einen Weg zu iner bundesweit einheitlichen Regelung zur Öffnung er Hochschulen nach einer beruflichen Ausbildung fin- en könnten. Denn das Problem ist offenbar: Wir haben iel zu wenig qualifizierte junge Menschen, die aus einer eruflichen Ausbildung heraus die weitere Qualifizie- ung in einem Studium suchen und denen dieser Weg er- öglicht wird. Selbst die Bundesländer, die hier die rößten Anstrengungen unternehmen, wie zum Beispiel amburg, schöpfen immer noch nur einen kleinen Teil er Bildungskapazitäten in diesem Bereich aus. Andere undesländer wie Bayern beginnen aktuell überhaupt rst, den Hochschulbesuch nach einer erfolgreichen be- uflichen Ausbildung zu ermöglichen. Umso erfreulicher st, dass auch in der Koalitionsvereinbarung zwischen PD und CDU/CSU dieses von uns Sozialdemokraten eit langem verfolgte Ziel zu einem gemeinsamen Anlie- en erklärt worden ist. Wenn dieses dann von den Frak- ionen aus dem ganzen Haus nicht nur hier im Bundes- ag, sondern auch in den jeweiligen Länderregionen mit ufgegriffen und vorangetrieben werden könnte, haben ir ja vielleicht die Chance, für einen weiteren Baustein ür mehr Öffnung und Zugänglichkeit verschiedener Bil- ungswege in unserem Hochschulsystem zu sorgen. Als ozialdemokraten können wir dieses nur nachdrücklich nterstützen. Uwe Barth (FDP): Die Linken haben mit ihrem ntrag ein Problem angesprochen, das wir schon oft dis- utiert und auch in Anträge gefasst haben, zum Beispiel: Chancen der jungen Generation durch Bildung und usbildung verbessern“, Drucksache 15/5259. Natürlich ind Hochschulzugang und Hochschulabschlüsse Vo- aussetzungen für die im Grundgesetz verankerte freie erufswahl, deshalb müssen sie diskriminierungsfrei er- öglicht werden. Diskriminierungsfrei heißt aber nicht: frei von Leis- ungskriterien, auch wenn der Leistungsschwächere sich icht selten subjektiv durch den Erfolg des Leistungs- tärkeren diskriminiert fühlt. Gerade uns Liberalen geht es darum, jedem Kind faire hancen möglichst schon von Anfang an einzuräumen. eshalb treten wir massiv für eine Verbesserung der rühkindlichen Bildung ein. Es ist aber völlig weltfremd, ie Augen davor zu verschließen, dass es tatsächlich el- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 5639 (A) ) (B) ) ternhausbedingte Ungleichheiten gibt. Dies beklagen die Linken in ihren – kabarettreifen oder sogar unverschäm- ten – Bemerkungen zu den „habituellen Differenzen“ „von Studienbewerberinnen und Bewerbern aus Eltern- häusern ohne akademischem Hintergrund“. Welche Dis- kriminierung von solchen Elternhäusern treiben Sie, die Linken, eigentlich mit solchen Formulierungen? Aus welchen Elternhäusern kommen Sie? Ich kenne etliche Akademiker und auch Kollegen hier im Bundestag, die aus Elternhäusern ohne akademi- schem Hintergrund kommen und die schon sehr früh dazu erzogen wurden, „habituelle Differenzen“ oft zum Vorteil vor schlampigen Akademikerkindern zu nutzen, weil ihre Eltern, auch ohne akademischen Hintergrund, das Beste für ihre Kinder wollten, sie gut erzogen und ihnen den notwendigen Leistungswillen mitgaben. Die Linken setzen in ihrem Antrag auf staatliche Be- vormundung. Sie wollen keine Freiheit für die Hoch- schulen und die Studierenden. Wir dagegen setzen auf Selbstorganisation und Selbstbestimmung. Die Hoch- schulen benötigen wirkliche Autonomie, um wieder an die Spitze zu kommen. Dies gilt für Personal- ebenso wie für Organisations- und Budgetangelegenheiten. Hochschulen sollen sich ihre Studentinnen und Studen- ten selbst aussuchen können, und umgekehrt sollen die Studentinnen und Studenten die Möglichkeit haben, die für sie beste Universität auszuwählen. Die Forderung der Linken, die Möglichkeiten für individuelle Auswahlver- fahren der Hochschulen wieder zurückzunehmen, ist ge- radezu grotesk. Wir brauchen keine Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen. Das ist planwirtschaftliches altes Denken. Wir setzen darauf, dass die Länder zunehmend die Budgets der Hochschulen jedenfalls auf die Lehre bezo- gen an die Studierenden bindet. So wird ein Wettbewerb der Hochschulen um die Studenten und um das beste Lehrangebot in Gang gesetzt. Das Hochschulgesetz in NRW zeigt, welchen Weg die Länder gehen können, um Freiheit für die Hochschulen zu schaffen. Noch ein Wort zu den Hochschulkapazitäten im Osten: Die Studienplatzkapazitäten dieser Hochschulen müs- sen erhalten werden. Sie sind ein Pfund beim Bemühen, allen Studieninteressierten eine qualitativ hochwertige Ausbildung anzubieten. Nach der Prognose „Studien- platzkapazität“ des Centrums für Hochschulentwicklung wird es ab 2009 einen deutlichen Überschuss an Studien- plätzen in den neuen Bundesländern geben – 2010 be- reits über 15 000 Studienplätze – bei einem Defizit von 46 000 Plätzen in den alten Bundesländern. Wir fordern deshalb eine Marketing-Aktion „Go East“ bei den Abiturienten. Wie gut das Lehrangebot ge- rade auch an vielen Ost-Hochschulen ist, ist oft noch nicht einmal im Osten selbst bekannt. Wir schlagen deshalb vor, die Solidarpakt-II-Mittel auch für Hochschulausgaben – und auch für einen be- stimmten Teil der Personalausgaben – zuzulassen. Bei allen politischen Differenzen muss es doch vor al- lem um das Eine gehen: der jungen Generation so gute Chancen wie nur möglich einzuräumen. d e d u f s i d k D r b d w g n D d v r e s d t z w m u w r K d d w Ö m b s H d m D s S l b w S w d s a f B A l n (C (D Cornelia Hirsch (DIE LINKE): Mit dem vorliegen- en Antrag fordern wir die Bundesregierung dazu auf, in neues Hochschulzulassungsgesetz und ein neues Stu- ienabschlussgesetz vorzulegen. Hochschulzulassung nd Studienabschlüsse sind nach der Föderalismusre- orm neben der Forschungspolitik die zentralen hoch- chulpolitischen Handlungsfelder der Bundesebene. In hrer Antwort auf eine Kleine Anfrage machte die Bun- esregierung allerdings deutlich, dass es aus ihrer Sicht eine Gründe gebe, in diesem Bereich aktiv zu werden. ie Linke sieht das anders. Und wer in den letzten Jah- en eine Hochschule von innen gesehen hat, wird uns da- ei Recht geben. Dies möchte ich im Folgenden begrün- en. Zum ersten Punkt: die Hochschulzulassung. Wir alle issen, dass das deutsche Bildungssystem soziale Un- leichheit reproduziert. Das wird nicht nur in internatio- alen Vergleichsstudien immer wieder nachgewiesen. amit dürfen wir uns nicht abfinden: Es kann nicht sein, ass der Bildungsweg junger Menschen insbesondere om Geldbeutel ihrer Eltern abhängt. Die Bundesregie- ung müsste sich in ihrer Hochschulpolitik daher in aller- rster Linie dafür einsetzen, den Zugang zu den Hoch- chulen sozial zu öffnen. SPD und Union haben in ihrem Koalitionsvertrag in iesem Zusammenhang zumindest ein unterstützenswer- es Vorhaben vereinbart: Sie wollen den Berufsabschluss ur Zugangsberechtigung für Hochschulen machen. Das äre ein wichtiger – und längst überfälliger – Schritt zu ehr Durchlässigkeit in unserem Bildungssystem. Auf nsere Nachfrage, wann endlich ein solcher Gesetzent- urf vorgelegt wird, erhalten wir von der Bundesregie- ung nun aber die Antwort, dass sie hier entgegen der oalitionsvereinbarung keine Neuregelung plant. Statt- essen schiebt sie nun auch hier die Entscheidungsmacht en Ländern zu. Für Die Linke ist es nicht hinnehmbar, enn ausgerechnet dieser wichtige Schritt zur sozialen ffnung der Hochschulen und zur Gleichstellung akade- ischer und beruflicher Bildungswege auf der Strecke leibt. Wir fordern die Bundesregierung deshalb auf, chnellstmöglich ihre Hausaufgaben zu machen. Daneben sind auf dem Weg zu einer sozial gerechten ochschulzulassung weitere Schritte erforderlich: Mit er 7. Novelle des Hochschulrahmengesetzes stärkte da- als noch Rot-Grün das Auswahlrecht der Hochschulen. ie Folge ist, dass es inzwischen an fast jeder Hoch- chule individuelle Auswahlgespräche oder so genannte tudierfähigkeitstests gibt. Das ist vor allem für Jugend- iche aus nicht akademischen Elternhäusern ein Pro- lem: nicht nur weil häufig Gebühren für diese Aus- ahlverfahren anfallen und weitere Kosten von den tudienanwärterinnen und -anwärtern selbst getragen erden müssen, sondern auch weil hierbei immer auch er kulturelle Habitus eine Rolle spielt. Ein Arbeiterkind cheint eben viel schlechter in die Hochschule zu passen ls der Sohn eines Arztes. Wer von den beiden im Zwei- el dann den Studienplatz bekommt, dürfte klar sein. Die undesregierung hat in einer Antwort auf eine Kleine nfrage von uns selbst zugegeben, dass bei individuel- en Auswahlgesprächen eine soziale Diskriminierung icht vollständig ausgeschlossen werden kann. Wer 5640 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 (A) ) (B) ) dieses aber erkannt hat, handelt unverantwortlich, wenn er keine gesetzliche Änderung vornimmt. Wir fordern von der Bundesregierung ein neues Hochschulzulas- sungsgesetz, das einen sozial gerechten Zugang zu den Hochschulen sichert. Der zweite Punkt sind die Hochschulabschlüsse. An- gestoßen durch den Bolognaprozess zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Hochschulraums werden die Studiengänge in zahlreichen Ländern auf die Abschlüsse Bachelor und Master umgestellt. In Deutschland wird dieser Prozess derzeit zu einem massiven Bildungsabbau genutzt: Während die große Masse der Studierenden sich mit einem billigen Bachelorstudium abfinden soll, bleibt das Masterstudium einer kleinen Elite vorbehalten. Der Bachelor wurde von den Kultusministern als Regelab- schluss bezeichnet. Der Zugang zum Master ist an den allermeisten Hochschulen eng begrenzt. Diese Entwick- lung ist für Die Linke nicht hinnehmbar. Wir fordern stattdessen: Der Master muss Regelabschluss sein. Das Akkreditierungssystem, das zur Anerkennung der neuen Studiengänge geschaffen wurde, soll die Ver- gleichbarkeit von Studiengängen garantieren, Studieren- den damit Mobilität ermöglichen und gleichzeitig Im- pulse für Studienreformen geben. In seiner jetzigen Ausgestaltung kann es allerdings keine dieser Aufgaben erfüllen. Es fehlen klare, einheitliche Mindeststandards für Studiengänge. Das System ist zutiefst intransparent und genügt keinerlei demokratischen Ansprüchen. Die Studierenden, die unter schlechten Studienbedingungen am meisten leiden, sind nach wie vor an vielen Akkredi- tierungsverfahren unbeteiligt. Und wenn sie beteiligt werden, dürfen sie häufig nicht selber entscheiden, durch wen sie vertreten werden. Immer häufiger erreichen uns Klagen von Studieren- den, deren Studienleistungen noch nicht einmal von der Nachbarhochschule anerkannt werden – geschweige denn von Hochschulen in anderen Bundesländern. Bolo- gna hat ihnen die großen Freiheit versprochen: Ein Jahr in Berlin, eins in London, eins in Paris – so sollten die Bachelor von morgen aussehen. Nun bleiben sie zwi- schen Hannover und Bochum auf der Strecke. Auf die versprochene Vergleichbarkeit der neuen Studiengänge warten die Studierenden bis heute. Und die Bundesregie- rung macht bislang nicht den Eindruck, als wollte sie die Studierenden in diesem Anliegen unterstützen. Der Bolognaprozess hat uns eine strukturelle Harmo- nisierung der europäischen Hochschulbildung verspro- chen. Die inhaltliche Vielfalt sollte dabei nicht einge- schränkt werden. Die Studieninhalte scheinen nun aber der einzige Punkt zu sein, in dem wir wirklich eine zu- nehmende Vergleichbarkeit der Hochschulen beobach- ten: Die Studiengänge werden auf die unmittelbare Ver- wertbarkeit der vermittelten Qualifikationen auf dem Arbeitsmarkt ausgerichtet. Was nicht in den Mainstream passt, wird herausakkreditiert. Inhaltliche Pluralität oder gar gesellschaftskritische Wissenschaft bleiben so zuse- hends auf der Strecke. Impulse für die Lösung gesell- schaftlicher Probleme können von den Absolventinnen und Absolventen solcher Studiengänge wohl weniger er- wartet werden. Diese Entwicklung ist falsch. Wir for- d u a s e P H s a D r B l s n w s g H g o u l a v u B s A d d m s c i z p D m z g f w w e W g g z V l L v L g (C (D ern, dass der bundesweite Akkreditierungsrat gestärkt nd demokratisiert wird. Das Akkreditierungssystem, lso die Zulassung bestimmter Studiengänge an Hoch- chulen, muss in öffentlicher Verantwortung liegen. In dieser Woche wurde zwischen Bund und Ländern ine erste Einigung zum Hochschulpakt erzielt. Dieser akt darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass an den ochschulen auch strukturelle Reformen notwendig ind. Die Bundesregierung ist aufgefordert, hier endlich ktiv zu werden. In diesem Sinne freuen wir uns auf die iskussion und die Beratungen im Ausschuss zu unse- em Antrag. Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ürgerrecht auf freien Hochschulzugang ist die Grund- age aller Diskussionen über Hochschulzulassung. Die- es Recht impliziert für uns, dass der Hochschulzugang icht sozial selektiv sein darf. Es darf nicht ausgehöhlt erden durch neue Schlösser vor den Hörsaaltüren, eien es Studiengebühren, flächendeckende NCs oder ar fehlende Studienplätze. Deswegen muss der freie ochschulzugang auf dem Papier durch eine demo- rafie- und nachfragegerechte Steigerung zu wirklich ffenen Hörsaaltüren in der Realität führen. Ein freier nd guter Zugang beginnt nicht erst an den Hochschu- en: Schon die Schülerinnen und Schüler müssen besser uf die Studien- und Berufspraxis vorbereitet werden – or allem durch die Förderung selbstständigen Arbeitens nd Lernens. Außerdem ist eine bessere Information und eratung zur Studien- und Berufswahl essenziell. Um die Passung zwischen Studierenden und Hoch- chule zu verbessern, hat Rot-Grün das individuelle uswahlrecht der Hochschulen gestärkt. Dadurch kann ie Zahl der Studienabbrecher gesenkt werden. Außer- em bewerben sich aufgrund des neuen Auswahlrechts ehr Studierende für bislang weniger begehrte Hoch- chulstandorte, wie erste wissenschaftliche Untersu- hungen belegen. Diese jungen Menschen steigern so hre Chancen auf einen Studienplatz und nutzen gleich- eitig bestehende regionale Überkapazitäten an Studien- lätzen – ein wichtiger Faktor auch in der aktuellen iskussion um den Hochschulpakt. Die Hochschulen üssen nun von den Ländern konzeptionell und finan- iell in die Lage versetzt werden, ihr Auswahlrecht an- emessen wahrzunehmen. Keinesfalls dürfen die Kosten ür Auswahlmaßnahmen auf die Studierenden abgewälzt erden. Sinnvoll erscheint ein Mix von verschiedenen Aus- ahlinstrumenten, in dem die Abiturdurchschnittsnote ine zentrale, aber nicht alleinige Bedeutung hat. Des eiteren können berufliche Qualifikation – für den Zu- ang von Menschen ohne Abitur –, fachspezifische Ein- angstests und die Wartezeit eine Rolle spielen. Die ein- elnen Auswahlverfahren sind kritisch im Hinblick auf alidität, Verlässlichkeit und soziale Selektivität zu eva- uieren, beispielsweise durch Monitoringbeiräte in den ändern. Um einen repräsentativen Hochschulzugang on sozial benachteiligten Gruppen zu erreichen, sollten änder und Hochschulen im Rahmen der kriterien- ebundenen Mittelvergabe Zielvereinbarungen treffen. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 5641 (A) ) (B) ) Die Forderung der Linksfraktion nach einer Abschaf- fung von guten Auswahlverfahren lehnen wir dagegen ab. Sie läuft darauf hinaus, dass ausschließlich die Abi- turnote über den Hochschulzugang entscheidet. Dies ist sachlich nicht angemessen, eindimensional und nicht ge- recht. Aber auch die Koalition weiß nicht, was sie will: Der Hochschulzugang für beruflich Qualifizierte ohne Abitur soll laut Koalitionsvertrag im Hochschulrecht ge- öffnet und verankert werden. Passiert ist bislang nichts. Also, was plant die Koalition? Wie will sie den Hoch- schulzugang für beruflich Qualifizierte erleichtern? Wir begrüßen, dass durch die Einführung der Bachelor- und Masterstudienabschlüsse die Mobilität von Lehren- den, Lernenden und Forschenden erleichtert, die Trans- parenz bei der Anerkennung von Berufsqualifikationen und Studienleistungen erhöht und der Zugang zu Bil- dung und Weiterbildung weiter geöffnet werden sollen. Bestehende Hürden beim Übergang vom Bachelor zum Master – insbesondere für Frauen – müssen dabei drin- gend erörtert und behoben werden. Ob Mindeststandards bei Hochschulzulassung und -ab- schlüssen bundesgesetzlich festgelegt werden sollten, ist zu diskutieren. Wenn, dann brauchen wir eine schlanke Regelung. Sinnlos sind neue Bundesgesetze, die, wie von der Linksfraktion vorgeschlagen, im offenen Wider- spruch zur Position der Länder stehen, besonders in den Regelungsbereichen, die bisher aufgrund von Staatsver- trägen oder im Hochschulrahmengesetz bundeseinheit- lich gelten. Denn auch wenn, wie von Ministerin Schavan geplant, das Hochschulrahmengesetz abge- schafft wird – was ich für falsch halte –, gelten die in die jeweiligen Landesgesetze eingeflossenen Regeln weiter. Wer den Ländern aber ein umfassendes und detailliertes Bundesgesetz vor die Nase setzt, provoziert geradezu deren Rebellion. Jedes Land wird dann sein Abwei- chungsrecht nutzen und eigene Gesetze erlassen. Dies gefährdet die noch bestehende Einheitlichkeit und führt geradewegs zu dem befürchteten gesetzgeberischen Flickenteppich. Studentische Mobilität reicht dann nur noch bis zur Landesgrenze. Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der Regelungen über die Mitbestim- mung der Arbeitnehmer bei einer Verschmel- zung von Kapitalgesellschaften aus verschiede- nen Mitgliedstaaten (Tagesordnungspunkt 17) Michael Hennrich (CDU/CSU): Das Gesetz zur Umsetzung der Regelungen über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer Verschmelzung von Kapital- gesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten hat die Eins-zu-Eins-Umsetzung des Art. 16 der Richtlinie 2005/56/EG zum Ziel. Diese Richtlinie stellt einen wich- tigen Schritt bei den Bemühungen der Europäischen Union um Fortschritte im Rahmen der Lissabonstrategie dar. Sie legt fest, dass für die aus der Verschmelzung her- vorgegangene Gesellschaft nur noch ein nationales R H s s w d M b s w w a D v p b N d h v m d S „ v b s s d R v t R – t b l V s s P r u R e g m B d w d s V (C (D echt, nämlich das des Mitgliedstaates, in dem der auptsitz gewählt wurde, maßgeblich ist. Die Entwicklung des europäischen Binnenmarktes chreitet voran. Der Bedarf der europäischen Kapitalge- ellschaften nach Kooperation und Reorganisation ächst. Die Umsetzung der erwähnten Richtlinie trägt iesem Bedarf Rechnung. Gleichzeitig sollen jedoch die itbestimmungsrechte der Arbeitnehmerinnen und Ar- eitnehmer gesichert werden. Die CDU/CSU-Fraktion hat an der Wiege der Mitbe- timmung gestanden und fühlt sich dieser Tradition auch eiterhin verpflichtet. Die Mitbestimmung hat sich be- ährt. Das sehen nicht nur die Arbeitnehmer, sondern uch die Mehrheit der Arbeitgeber in unserem Land so. er Mitbestimmung verdanken wir unter anderem den ergleichsweise hohen betrieblichen Frieden. Beim Zusammenschluss von Unternehmen auf euro- äischer Ebene können nun aber auch für deutsche Ar- eitnehmer die Mitbestimmungsregelungen unserer achbarländer gelten. Mit welcher Zielvorstellung geht er heute debattierte Gesetzentwurf an dieses Problem eran? Das Gesetz soll die in den an der Verschmelzung on beteiligten Gesellschaften erworbenen Mitbestim- ungsrechte der Arbeitnehmer sichern. Wie soll dieses im Einzelnen geschehen? Entschei- endes Grundprinzip des Gesetzesentwurfs ist der chutz erworbener Rechte der Arbeitnehmer durch das Vorher-Nachher-Prinzip“. Das bedeutet, dass sich der orhandene Umfang an Mitbestimmungsrechten der Ar- eitnehmer grundsätzlich auch in der aus der grenzüber- chreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesell- chaft wiederfinden soll. Dabei müssen jedoch aufgrund es grenzüberschreitenden Charakters unterschiedliche echtslagen verschiedener Mitgliedstaaten, in denen die erschmolzene Gesellschaft die Arbeitnehmer beschäf- igt, berücksichtigt werden. Aus diesem Grund sieht die ichtlinie in den Fällen des Art. 16 Abs. 2 ein der SE der Europäischen Gesellschaft – und der SCE bekann- es Verfahren zur Festlegung der Mitbestimmung der Ar- eitnehmer vor. Dabei haben praxisnahe Verhandlungs- ösungen über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer orrang vor gesetzlich vorgeschriebenen Regelungen. Diese Verhandlungslösung ist ein wesentlicher Bau- tein der neuen Regelung. Die große Vielfalt unter- chiedlicher Unternehmen erfordert unterschiedliche artizipationsformen für die Arbeitnehmer. Vereinba- ungslösungen schaffen Raum für differenzierte Modelle nd passen in die europäische Entwicklung. Auch die ichtlinie zum Europäischen Betriebsrat setzt auf Ver- inbarungslösungen durch ein besonderes Verhandlungs- remium. Diese Regelung ist in den 90er-Jahren unter aßgeblicher Beteiligung des damals unionsgeführten undesarbeitsministeriums entstanden. Ich freue mich, ass dieser Lösungsweg auch hier erneut aufgegriffen ird. Was passiert aber, wenn keine Einigung erzielt wer- en kann? Für den Fall, dass die Verhandlungen des be- onderen Verhandlungsgremiums scheitern, enthält der orschlag eine Auffangregelung. Dann kommt die 5642 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 (A) ) (B) ) Mitbestimmung kraft Gesetzes zur Anwendung und si- chert so die Rechte der Arbeitnehmer. Wie werten wir diese Regelungen? Insbesondere die Sicherung der Mitbestimmung vorrangig auf dem Ver- handlungsweg ist sehr zu begrüßen. Der Vorrang der Verhandlungslösungen ermöglicht einen sinnvollen Aus- gleich der in den einzelnen Mitgliedstaaten bestehenden Rechtslagen und zugleich eine sachgerechte Anpassung an die Bedürfnisse und Strukturen der zukünftigen Ge- sellschaft. Zudem können durch Vereinbarungslösungen eventuelle Nachteile der bestehenden Regelungen zur Unternehmensmitbestimmung aufgefangen werden. In Kombination mit der Auffangregelung, die die Mitbe- stimmung sichert, bilden die Regelungen einen guten In- teressenausgleich zwischen Arbeitnehmern und Unter- nehmen. Nun näher ins Detail: Im Rahmen des Gesetzesent- wurfs reden wir über die Mitbestimmung auf der Unter- nehmensebene. Wie sieht es bei uns in Deutschland da- mit aus? Deutschland hat im europäischen Vergleich die meisten Mitbestimmungsgesetze und die größte Anzahl unterschiedlicher Arbeitnehmervertretungsorgane. Ins- gesamt regeln acht verschiedene Gesetze die Mitbestim- mung, vier davon die Entscheidungen auf Unternehmens- ebene. Nirgendwo sind die Mitwirkungs- und Mitbestim- mungsrechte der Arbeitnehmer im Unternehmen so weit gehend geregelt wie hierzulande. Die überwiegende Mehrzahl der europäischen Länder hat im Gegensatz zu Deutschland weitaus höhere Schwellenwerte, die festle- gen, ab wie vielen Beschäftigten eine Arbeitnehmerver- tretung gewählt werden kann. Beachtet man die Montan- mitbestimmung, nimmt Deutschland eine weltweit einzigartige Stellung ein. Kein Land kennt eine so um- fassende Beteiligung der Arbeitnehmer und der Gewerk- schaften in den Aufsichtsräten. Vergleichen wir dies nun mit der Mitbestimmung in anderen europäischen Ländern: Die betriebliche Mitbe- stimmung ist kein exotisches, überkommenes Phänomen der deutschen Wirtschaft. Auf betrieblicher Ebene zeigt der Vergleich mit unseren europäischen Nachbarn: Auch in anderen Ländern haben die Beschäftigten Anspruch auf Mitsprache und Information, teilweise mehr als hier- zulande. Bei der Unternehmensmitbestimmung sieht es hingegen anders aus: Klammert man Staatsunternehmen und die Möglichkeit der Freiwilligkeit aus, dann gibt es in 14 der 25 Mitgliedstaaten der EU überhaupt keine Un- ternehmensmitbestimmung. Eine paritätische Mitbe- stimmung gibt es nur in Deutschland und Slowenien in Unternehmen mit mehr als 1 000 Arbeitnehmern. Wenn es eine Mitbestimmung auf Unternehmensebene in Europa gibt, so ist dies in den meisten Fällen die Eindrit- telbeteiligung der Arbeitnehmer, entweder im Kontroll- organ Aufsichtsrat oder im Verwaltungsrat. Dies ist der Fall in Luxemburg im Verwaltungsrat, in Österreich, Polen, der Slowakischen Republik, Ungarn und Slowe- nien – bis 1 000 Arbeitnehmer –. In Großbritannien, Frankreich, Spanien und Belgien gibt es keinerlei Mitbe- stimmung in den Aufsichtsräten. a n q g l c g B d d m a s s a E d Z s A g g M g w z D e f K d b i g r s a s w t A m n E m d D s U h o l s B (C (D Wie wirken sich diese unterschiedlichen Regelungen uf Deutschland aus? Durch die Entwicklung des Bin- enmarktes gibt es einige mögliche negative Konse- uenzen für den Standort Deutschland: Insbesondere die roßzügigen Beteiligungsrechte in den Aufsichtsräten ösen bei so manchem ausländischen Unternehmen si- herlich einen Kulturschock aus. Denn kein anderes Mit- lied der Europäischen Union schreibt eine paritätische esetzung des Aufsichts- und Verwaltungsrates vor. An- ererseits hat sich Daimler-Chrysler bewusst und aus- rücklich mit der Begründung der Unternehmensbestim- ung für den Standort Deutschland entschieden. Das merikanische Unternehmen General Motors hat für eine deutsche Tochter Opel die Unternehmensmitbe- timmung ebenfalls akzeptiert. Die europäische Gesellschaftsrechtsentwicklung lässt ber andere Lösungen zu. Durch die Entscheidung des uropäischen Gerichtshofes zur Niederlassungsfreiheit ürfen künftig auch ausländische Unternehmen, die ihre entrale nach Deutschland verlegen, die Beteiligungsge- etze ihrer Heimat anwenden. Zieht etwa eine britische ktiengesellschaft nach Deutschland, so gelten die Vor- aben aus Großbritannien. Nach deutschem Recht ge- ründete Firmen unterliegen aber weiter der deutschen itbestimmung. Auch infolge der Fusionsrichtlinie wird den derzeiti- en deutschen Regeln praktisch eine Absage erteilt. So erden die Arbeitnehmer nach einem Zusammenschluss weier europäischer Unternehmen nur noch maximal ein rittel der Aufsichtsratssitze im fusionierten Konzern rhalten, außer die Verhandlungsparteien vereinbaren reiwillig etwas anderes. Die Folgen sind ähnlich wie die onsequenzen der Niederlassungsfreiheit: Künftig wer- en hierzulande sowohl Betriebe mit paritätischer Mit- estimmung als auch Firmen mit weniger Mitsprache hre Zentrale haben. Als letztes noch das Stichwort „Europäische Aktien- esellschaft“: Unternehmen können seit kurzem eine Eu- opäische Aktiengesellschaft – SE – bilden. Zuvor müs- en sich Beschäftigte und Unternehmensleitung jedoch uf ein Mitbestimmungsmodell verständigen. Schaffen ie das nicht, muss sich das gesamte Unternehmen an die eitestgehenden Regelungen halten, die eine der be- eiligten Gesellschaften in die Liaison einbringt. Die llianz gehört zu den Pionieren dieser Entwicklung. Wir üssen erst noch sehen, welche Erfahrungen wir mit der euen Rechtslage machen. Angesichts der veränderten Rechtslagen und neuen ntwicklungen, deren Ausgang noch abzuwarten ist, üssen unsere Mitbestimmungsgesetze erneuert wer- en. Die Praxis der Mitbestimmung wird sich in eutschland schon aufgrund der erwähnten gesell- chaftsrechtlichen Gesetzgebung der Europäischen nion, der Rechtsprechung des Europäischen Gerichts- ofes sowie des internationalen Standortwettbewerbs hnehin ändern. Deutschland kann sich dieser Entwick- ung, die aus dem Wettbewerb der Gesellschaftsrechts- ysteme entsteht, also nicht entziehen. Die deutschen Regelungen haben viele Vorteile. Die eteiligung kann etwa die Identifikation der Belegschaft Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 5643 (A) ) (B) ) mit dem Unternehmen steigern und den betrieblichen Frieden sichern. Gemeinsame Konfliktbewältigung, Ein- bindung in Entscheidungsprozesse und Übernahme der Mitverantwortung von Arbeitnehmern stellen gerade in Zeiten wirtschaftlicher Umbrüche entscheidende posi- tive Elemente dar. Insbesondere die Gewerkschaftsver- treter sehen in der Mitbestimmung eine Bestimmungs- größe für die bisherigen wirtschaftlichen Erfolge Deutschlands und fordern aus diesem Grund sogar ihre Ausweitung. Auf der anderen Seite steht die Mitbestimmung aber als Belastung für das Wirtschaftswachstum und die wei- tere wirtschaftliche Entwicklung in der Diskussion. Fle- xible Mitbestimmungsregelungen können einen ent- scheidenden Beitrag für Deutschland als attraktiven Standort leisten und der oben angesprochenen Entwick- lung entgegensteuern. Beispielsweise werden immer wieder die Größe der Aufsichtsräte und deren Zusam- mensetzung, das heißt nur Betriebszugehörige oder auch betriebsfremde Mitglieder, ins Gespräch gebracht. Wie heftig die unterschiedlichen Ansichten diskutiert werden, hat sich auf dem Deutschen Juristentag im Sep- tember erneut gezeigt: Hier führten insgesamt unüber- brückbare Ansichten dazu, dass einvernehmlich auf eine Kampfabstimmung verzichtet wurde, um die weitere Dialogfähigkeit nicht zu gefährden. Allen Beteiligten ist jedoch klar, dass sich das Mitbe- stimmungsrecht an die neuen Anforderungen anpassen muss. Fest steht: Es geht nicht um die Abschaffung der Unternehmensmitbestimmung, sondern es geht darum, sie europatauglich auszugestalten. Derzeit arbeitet eine Kommission unter Leitung von Professor Dr. Kurt Biedenkopf Reformvorschläge aus. Ausgehend vom gel- tenden Recht soll sie bis Ende des Jahres Vorschläge für eine moderne und europataugliche Weiterentwicklung der deutschen Unternehmensmitbestimmung erarbeiten. Die Regierungskommission beschäftigt sich dabei mit der strategischen Frage, wie die Mitbestimmung in Deutschland unter den veränderten Rahmenbedingungen der Weltwirtschaft gesichert werden kann. In unserem Koalitionsvertrag steht: „Wir werden die einvernehmlich erzielten Ergebnisse der Kommission aufgreifen und so- weit erforderlich und geboten Anpassungen der nationa- len Unternehmensmitbestimmung vornehmen.“ Wir brauchen Regelungen, die die Wettbewerbsfähig- keit der deutschen Unternehmen stärken und grenzüber- schreitende Kooperationen, Fusionen und Sitzungsverle- gungen aus dem Ausland nach Deutschland, aber auch umgekehrt, so einfach wie möglich machen. Denn bei al- len widerstreitenden Interessen im Mitbestimmungsrecht sollten wir eines besonders im Auge behalten: Es geht zunächst darum, wie Deutschland im europäi- schen Vergleich dasteht. Schon oft sind aus Europa posi- tive Impulse für unser Land gekommen. Es lohnt sich, diese aufzunehmen und weiterzuentwickeln. Das Bench- marking der Europäischen Union kann einen guten Weg aufzeigen. Wir können einen wertvollen Impuls für die Entwicklung der Mitbestimmung in Deutschland auf- nehmen. Insofern hoffe ich, dass die Vorschläge der Biedenkopf-Kommission uns Gelegenheit geben wer- d a i c g d w d s M x f m a m u s s 5 e Z k A p s E u d t b T d b d h l 8 d m s 1 m h a m v d V d k k f r I (C (D en, über die angesprochenen Verhandlungslösungen uch auf deutscher Ebene zu diskutieren. Die Menschen n den Betrieben müssen und dürfen sich Gedanken ma- hen über die Ausgestaltung ihrer Rechte. Sie haben die rößte Nähe zu den Erfordernissen der Belegschaft und es Unternehmens. Durch den Verhandlungsvorrang ird eine Prägung durch den Subsidiaritätsgrundsatz, er sich als Leitlinie durch unser und auch das europäi- che Rechts- und Gesellschaftssystem zieht, auch im itbestimmungsrecht möglich. Davon lassen sich fle- ible und maßgeschneiderte Mitbestimmungslösungen ür die Unternehmen und damit auch für die Arbeitneh- er positive Auswirkungen erhoffen. Es geht aber um noch mehr: Nicht nur Deutschland ls einzelnes Land, sondern auch Europa als Ganzes uss sich im Weltmarkt behaupten. Die Richtlinien- msetzung ist daher zu begrüßen, da sie den Wirtschafts- tandort Europa stärken wird. Wir kommen heute der Aufforderung der Europäi- chen Union nach und übertragen die Richtlinie 2005/ 6/EG durch den heute vorliegenden Gesetzesentwurf ins zu eins in deutsches Recht. Zugleich setzen wir ein eichen, dass unser Mitbestimmungsrecht in Bewegung ommt und beweglicher wird. Anette Kramme (SPD): „Die Mitbestimmung der rbeitnehmer in den Unternehmensorganen ist nicht nur olitisch gefordert und historisch gegeben, sondern achlich notwendig.“ So lautete der Eingangssatz der mpfehlungen der ersten Mitbestimmungskommission nter Professor Kurt Biedenkopf. Das sah damals auch ie Mehrheft der Abgeordneten so: In diesem Jahr konn- en wir 30 Jahre Mitbestimmungsgesetz feiern. Die Mit- estimmung ist mittlerweile ein nicht wegzudenkender eil unserer sozialen Marktwirtschaft geworden. Auch ie deutsche Bevölkerung möchte die Unternehmensmit- estimmung nicht mehr missen. „Das deutsche Modell er Unternehmensmitbestimmung hat sich bewährt, des- alb sollte man es erhalten.“ Dieser Aussage stimmen aut einer Umfrage von TNS Emnid vom August 2006 3 Prozent zu. In Europa haben wir verschiedene Traditionen, was ie Beteiligung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh- er am Wirtschaftsleben angeht. Die deutsche Mitbe- timmung wird jedoch zu Unrecht als Exot dargestellt: 8 von 25 EU-Mitgliedstaaten kennen eine Mitbestim- ung von Arbeitnehmern oder deren Vertretern im öchsten Unternehmensorgan. Man weiß also auch in nderen Staaten, dass die Beteiligung von Arbeitneh- ern an Entscheidungsprozessen der Unternehmen sinn- oll ist. Nicht umsonst beneidet man Deutschland wegen es sozialen Friedens in unseren Betrieben. Die Diskussion um die Fusionsrichtlinie, mit der die erschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschie- enen Mitgliedstaaten erleichtert werden soll, war sehr ontrovers. Letztendlich ist ein gutes Ergebnis herausge- ommen. Die alte Bundesregierung hat – und das mit Er- olg – dafür gekämpft, dass die europäische Fusions- ichtlinie mitbestimmungsfreundlich ausgestaltet wird. n Anlehnung an die Regelungen des Gesetzes über die 5644 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 (A) ) (B) ) Beteiligung der Arbeitnehmer in der Europäischen Ge- sellschaft wird in der Fusionsrichtlinie sichergestellt, dass die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeit- nehmer gut vertreten werden können. Unter folgenden Voraussetzungen greift das Sitzstaat- recht deshalb nicht und es kommt zur Verhandlungslö- sung. Das ist der Fall, wenn erstens eine der an der grenz- überschreitenden Verschmelzung beteiligten Gesell- schaften mitbestimmt ist und in den sechs Monaten vor der Veröffentlichung des Verschmelzungsplans in der Regel mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigte, oder wenn zweitens das innerstaatliche Recht, das für die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorge- hende Gesellschaft maßgeblich ist, nicht mindestens den gleichen Umfang an Mitbestimmung, wie er in den je- weiligen an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaf- ten bestand, gewährleistet oder wenn drittens das für die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorge- hende Gesellschaft maßgebende innerstaatliche Recht Arbeitnehmern in Betrieben anderer Mitgliedstaaten nicht den gleichen Anspruch auf Ausübung von Mitbe- stimmungsrechten wie denjenigen Arbeitnehmern ge- währt, die am Sitzstaat der Gesellschaft beschäftigt sind. Regelmäßig werden zwei der genannten Vorausset- zungen bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung zu einer Kapitalgesellschaft mit Sitz in Deutschland er- füllt. Einerseits stimmt der Schwellenwert mit den Vor- gaben des Drittelbeteiligungsgesetzes überein. Anderer- seits haben die in einem anderen Mitgliedstaat beschäftigten Arbeitnehmer der Gesellschaft nicht den gleichen Anspruch auf Ausübung von Mitbestimmungs- rechten. Seit einigen Jahren ist die Unternehmensmitbestim- mung wieder Gegenstand wissenschaftlicher und politi- scher Kontroversen. Als Klotz am Bein und unzeitge- mäß wird die Mitbestimmung betitelt. BDA und BDI, sekundiert von der FDP, fordern regelmäßig eine „An- passung“ der deutschen Mitbestimmung an den europäi- schen Standard, was nichts anderes ist als die Forderung nach Abbau von Mitbestimmungsrechten. Interessant ist, dass vor allem die deutschen Verbandsvertreter über den angeblich so wenig attraktiven Standort Deutschland lamentieren. Die deutsche Mitbestimmung wirke ab- schreckend auf ausländische Konzerne, heißt es immer wieder. Aus dem Ausland sind jedoch ganz andere Stimmen zu vernehmen. „Wer die deutsche Mitbestimmung in- frage stellt, riskiert Produktivitätsverluste der deutschen Wirtschaft.“ Das sagte zum Beispiel der amerikanische Wirtschaftsforscher Edward Lazear von der Stanford University. Nach einer veröffentlichten Studie der Unter- nehmensberatung Ernst & Young von 2006 ist Deutsch- land aus Sicht international tätiger Unternehmen der attraktivste Standort in Europa. Von den 767 Unterneh- men, die dem deutschen Mitbestimmungsgesetz unter- liegen, gehören rund 30 Prozent zu ausländischen Kon- zernen. So abschreckend, wie behauptet, kann unsere Mitbestimmung folglich nun wirklich nicht sein. Nach- haltiges Wachstum ist eher zu erreichen, wenn die Men- s d s ü I D l d G D d n d E E n g t d e p s ü t S s a e s b f d d B g v l g w M a w A g o S d b i s s A (C (D chen an den grundsätzlichen Unternehmensentschei- ungen beteiligt sind. Heinz-Peter Haustein (FDP): Durch die europäi- che Integration haben wir heute wieder einmal Anlass, ber die Mitbestimmung zu reden. Wir alle müssen ein nteresse an einer zügigen Umsetzung der hier zur ebatte stehenden europäischen Verschmelzungsricht- inie haben, um die bestehende Rechtsunsicherheit für iejenigen Unternehmen zu beseitigen, die sich mit dem edanken tragen, grenzüberschreitend zu fusionieren. ie hier in Rede stehenden Regelungen betreffen in- irekt auch Fragen, die zur Aufgabenstellung der so ge- annten Biedenkopf-Kommission gehören, die sich mit er Mitbestimmung befasst. Daher wäre es ratsam, die rgebnisse eben dieser Kommission abzuwarten, die nde dieses Jahres vorgelegt werden sollen, um eine Be- achteiligung deutscher Unternehmen und damit des anzen Standortes Deutschland möglichst gering zu hal- en. Die FDP hält dies schon für den ersten Fehler. Der vorgelegte Entwurf lehnt sich an die Vorschriften es Gesetzes über die Beteiligung der Arbeitnehmer in iner europäischen Gesellschaft – SE: Societas Euro- aea –, des SE-Beteiligungsgesetzes an. Er setzt im We- entlichen die zwingenden Regelungen der Richtlinie ber die Arbeitnehmerbeteiligung bei grenzüberschrei- enden Verschmelzungen um. Aber genauso, wie beim EBG nutzt auch er nicht die vorhandenen Flexibilitäts- pielräume. Die FDP teilt die grundsätzlich richtige Einschätzung us der Gesetzesbegründung, hier werde die Möglichkeit röffnet, speziell auf die Situation der geplanten Gesell- chaft zugeschnittene Regelungen zu treffen. Neben den ekannten Formen könnten so neue Konzepte und Ver- ahren der Mitbestimmung entwickelt werden. Aber iese Einschätzung aus der Gesetzesbegründung geht an er so genannten Auffangregelung vorbei, die bei einer eteiligung deutscher mitbestimmter Unternehmen an renzüberschreitenden Fusionen eine freie Aushandlung on Mitbestimmungsregeln nur in engen Grenzen zu- ässt. Nur wenn von dem in der Verschmelzungsrichtlinie ein- eräumten Umsetzungsspielraum auch Gebrauch gemacht ürde, könnten gleichberechtigte Verhandlungen über die itbestimmung bei Beteiligung deutscher Unternehmen n grenzüberschreitenden Verschmelzungen gewährleistet erden. Die Bundesregierung fasst in ihrer Stellungsnahme in nlage 3 zusammen: Bei der Umsetzung jener Regelun- en, die dem Gesetzgeber Gestaltungsspielraum lassen, rientiert sich der Gesetzentwurf an dem SE- und dem CE- Beteiligungsgesetz und folgt damit bereits gelten- em deutschen Recht. Die FDP hält das für falsch. Unsere Position zur Mit- estimmung der Arbeitnehmer in großen Unternehmen st bekannt: Erstens. Wir fordern, die paritätische Mitbe- timmung aufzugeben und zu einer Drittelparität als ge- etzlichem Mindeststandard bei Nichteinigung zwischen rbeitnehmer- und Eigentümervertretern über die Mit- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 5645 (A) ) (B) ) spracherechte zu kommen. Dieses höchste Mitbestim- mungsniveau in Europa können wir uns nicht länger leis- ten. Es hemmt die Kapitalbeschaffung und senkt die Aktienkurse, wie unter anderem eine Studie der Federal Reserve Bank of St. Louis aus dem Jahr 2002 belegt. Der faktische Konsenszwang lähmt die Arbeit des Aufsichts- rates. Die eigentliche Aufgabe des Aufsichtsrates, näm- lich die effektive Kontrolle des Vorstandes wird zurück- gedrängt. Zweitens. Das Gewerkschaftsprivileg, das gesetzlich regelt, dass zwei Aufsichtsratsposten an Gewerkschafts- funktionäre gehen, muss abgeschafft werden. Obwohl der gewerkschaftliche Organisationsgrad in den Betrie- ben stetig zurückgeht – jeder fünfte Arbeitnehmer ist heute nur noch gewerkschaftlich organisiert –, hat die Gewerkschaft nach wie vor Einfluss auf die Unterneh- mensentscheidungen. Dieses Privileg muss fallen. Die Kontrolle des Vorstandes gehört nicht in Gewerkschafts- hände. Das können die Beschäftigten des Unternehmens allemal besser als externe Gewerkschaftsfunktionäre. Wenn Sie selbst das überkommene Modell der Mit- bestimmung für so gut halten, hätten Sie Konkurrenz zulassen können. Dann hätten wir in einigen Jahren able- sen können, welches Modell sich durchsetzt. Stattdessen versuchen Sie krampfhaft, das deutsche Modell in alle Welt zu exportieren nach dem Motto: „Am deutschen Wesen soll die Welt genesen“ ohne zu erkennen, dass sich die Welt weiterdreht, auch ohne uns. Die Mehrheit der Mitgliedstaaten der EU lehnt unser Modell ab. Viele kennen nicht einmal unsere Art der Mitbestimmung. Es geht doch nicht darum, irgendwelche Gewerkschafter aus den Aufsichtsräten zu verdrängen. Es geht darum, dass Deutschland für Investoren interessant ist, dass in Deutschland investiert wird und Arbeitsplätze geschaf- fen werden. Erlauben Sie mir, Herrn Röttgen zu zitieren, der am 29. Oktober 2004 von diesem Pult aus gesagt hat: Es gibt keine Grundlage dafür, zu glauben, wir wären eine Insel in Europa und könnten noch etwas regeln. Das wird nicht der Fall sein. Verantwortlich handelt der, der der Unternehmensmitbestimmung eine europäische Perspektive bietet. Ferner heißt es in der Rede: Wir haben nicht das Recht, den Unternehmen vor- zuschreiben, dass dies der einzig denkbare Weg ist. Ich kann nur sagen: Recht hat er! Aber stattdessen gerieren sie sich wie Michael Kohlhaas, getreu der Einstellung: Ich muss Recht be- kommen, mag darüber auch die Welt zugrunde gehen. Sie müssen endlich anerkennen, dass es nicht ein Natur- gesetz ist, dass Unternehmer in Deutschland investieren, weil dies in der Vergangenheit stets so war. Mit ihrem Verständnis von Mitbestimmung stärken Sie nicht die Rechte der Arbeitnehmer, sie nehmen denjenigen ohne Beschäftigung die Chance auf einen Arbeitsplatz. Werner Dreibus (DIE LINKE): Kanzlerin Merkel hat auf dem Festakt des DGB zum 30-jährigen Bestehen d d s g A r s S B z z k s n m K s d u d h V R r g V p u n e s E d r m N s t i p d e b z G l u f s p d s m l s d (C (D er Mitbestimmung das deutsche Mitbestimmungsmo- ell als „wesentliches Merkmal der sozialen Marktwirt- chaft“ gewürdigt. Sie hat weiter hervorgehoben, dass erade auch die Unternehmensmitbestimmung in den ufsichtsräten sich als ein Erfolg erwiesen habe und da- um bewahrt werden müsse. SPD-Chef Beck charakteri- ierte die Mitbestimmung kürzlich als Standortvorteil. ie mache die Arbeitswelt demokratischer, stärke den etriebsfrieden und die Motivation der Beschäftigten. Auch ein Blick auf unsere europäischen Nachbarn eigt, dass die Mitbestimmung ein notwendiges und so- ial wie wirtschaftlich erfolgreiches Element der Demo- ratie ist. 18 von 25 europäischen Ländern haben Mitbe- timmungsmodelle und die Mehrzahl der EU-Staaten utzt die Mitbestimmung als Instrument der Unterneh- enskontrolle. Auch der hohe Anteil von ausländischen onzernen, die in Deutschland tätig sind und dem deut- chen Mitbestimmungsgesetz unterliegen, spricht dafür, ass das deutsche Mitbestimmungsmodell erfolgreich ist nd eine Zukunft hat. Von den 767 Unternehmen, die em deutschen Mitbestimmungsgesetz unterliegen, ge- ören rund 30 Prozent zu ausländischen Konzernen. Gerade weil das so ist, fordert Die Linke die stärkere erankerung der Mitbestimmung im europäischen echt. Deshalb begrüßen wir die grundsätzliche Aus- ichtung des vorliegenden Gesetzentwurfs der Bundesre- ierung, die Interessenvertretung der Beschäftigten im erschmelzungsfall abzusichern. In wesentlichen As- ekten sehen wir allerdings noch Veränderungsbedarf, m dem Anliegen in Gänze gerecht zu werden. Ich enne einige Stichworte: notwendig ist die Festlegung ines Mindestkataloges an zustimmungspflichtigen Ge- chäften durch die Aufsichtsräte, damit zum Beispiel ntscheidungen über Investitionen transparenter wer- en. Notwendig ist eine Vereinfachung des Wahlverfah- ens für Aufsichtsräte, um die Wahl von Aufsichtsrats- itgliedern einfacher und kostengünstiger zu machen. otwendig ist für multinationale Unternehmen eine ge- etzliche Garantie der Beteiligung von Arbeitnehmerver- retern der anderen Länder in den Gremien, zum Beispiel m Aufsichtsrat. Dazu gehört auch die Einführung des assiven und aktiven Wahlrechts für alle Beschäftigten es jeweiligen Unternehmens; notwendig ist weiterhin ine Festlegung, dass den bei einer Verschmelzung fort- estehenden Arbeitnehmervertretungsstrukturen, also um Beispiel der Gesamtbetriebsrat, ein autorisierter esprächs- und Verhandlungspartner gegenüberzustel- en ist. Im Fall von zwei weiteren Aspekten schließen wir ns ausdrücklich den Überlegungen des DGB an und ordern die Bundesregierung auf, auch ausländische Ge- ellschaften mit Sitz im Inland sowie ausländische Kom- lementäre in der deutschen Kommanditgesellschaft in en Geltungsbereich der deutschen Unternehmensmitbe- timmung einzubeziehen und gegenüber der EU-Kom- ission dafür einzutreten, die 14. gesellschaftsrecht- iche Richtlinie zur Verlegung des Unternehmenssitzes o auszugestalten, dass nationale Mitbestimmungsstan- ards nicht umgangen werden können. 5646 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 (A) ) (B) ) Um die Verankerung der Mitbestimmung – nach deut- schem Modell – auf europäischer Ebene tatsächlich mit Leben zu füllen, ist es darüber hinaus unverzichtbar, die deutsche Gesetzgebung den veränderten Bedingungen in der Wirtschaft anzupassen. Zwei Elemente sind hier von besonderer Bedeutung: erstens der Schwellenwert von derzeit 2 000 Mitarbeitern. Dieser Wert ist angesichts sinkender Betriebsgrößen nicht mehr zeitgemäß. 500 Be- schäftigte wären demgegenüber angemessen. Zweitens wird das Doppelstimmrecht des Aufsichtsratsvorsitzen- den dem Anspruch einer demokratischen Kontrolle und Steuerung von Unternehmen nicht gerecht. Daher plä- dieren wir für seine ersatzlose Streichung. Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Regelung zur Umsetzung knüpft an die Regelungen an, die für die Regelung zur Mitbestimmung bei der Eu- ropäischen Gesellschaft gefunden worden ist. Zunächst wird bei der Verschmelzung zweier Kapitalgesellschaf- ten ein Verhandlungsgremium zwischen den Arbeitneh- mervertretungen der beteiligten Gesellschaften und der Geschäftsführung gebildet, das ein Mitbestimmungs- modell für die neue Gesellschaft aushandeln soll. Kommt es binnen eines Jahres nicht zu einer Einigung, so greift die weitestgehende Mitbestimmungsregelung in einer der beteiligten Gesellschaften. Damit ist gesichert, dass über die Verschmelzung von Gesellschaften der hohe Standard der Mitbestimmung in Deutschland nicht ausgehebelt werden kann. Wir halten die bei der Europa-AG gefundene und jetzt auch für die Mitbestimmung bei verschmolzenen Unter- nehmen vorgeschlagene Lösung einer Kombination aus Verhandlungsverfahren und Auffangregelung für richtig und sinnvoll. Regelmäßiges Ergebnis dieser Regelung wird sein, dass bei deutscher Beteiligung das deutsche Mitbestimmungsrecht Geltung erlangt. Deswegen unter- stützen wir diese Regelung. Die deutsche Mitbestimmung hat sich bewährt. Sie hat einen wesentlichen Anteil an den im internationalen Vergleich sehr geringen Streikzeiten in Deutschland. Be- triebsräte haben notwendige Restrukturierungen der Betriebe immer unterstützt. Einschränkungen der Mitbe- stimmungsrechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh- mer lehnen wir entschieden ab. Die von manchen Arbeitgebern immer wieder aufgestellte These, Mitbe- stimmung reduziere die Zahl der ausländischen Investo- ren in Deutschland, ist falsch. Michael Rassmann, von Invest in Germany, New York City, hat dazu in den „Ta- gesthemen“ am 22. Oktober 2004 erklärt: Es ist uns nie passiert, dass wegen der Mitbestimmung in Deutschland eine Investition in Deutschland nicht zustande gekom- men ist. – Einer Umfrage zufolge hat die ganz überwie- gende Mehrheit der Vorstände großer Aktiengesellschaf- ten gute Erfahrungen mit der Mitbestimmung gemacht. Nur 25 Prozent votierten für die Abstimmung. Mitbestimmung passt zu einem offen, innovations- orientierten Betriebsklima. Durch das vorliegende Ge- setz wird sie auch bei Verschmelzungen gewährleistet. Deshalb begrüßen wird dieses Gesetz. w r g d s d u s s g n A n l d b z n l A O t s m f z w d h n ü A r e v m z n g s u V l d v s U s d e i e G (C (D Im Zuge der Verbesserung der Corporate Governance ollen Bündnis 90/Die Grünen die Zahl der Aufsichts- atsmitglieder reduzieren, um diese Gremien arbeitsfähi- er zu machen. Wir wollen, dass der Anteil der Frauen in en Aufsichtsräten dem Anteil der Frauen in der Beleg- chaft entspricht. Diese Regelung gilt heute schon für ie Vertreterinnen und Vertreter der Arbeitnehmerinnen nd Arbeitnehmer im Aufsichtsrat. Die Zahl der Auf- ichtsratsmandate, die eine Person wahrnehmen kann, ollte auf fünf begrenzt werden. Zudem sollte der Über- ang vom Vorstand in den Aufsichtsrat desselben Unter- ehmens in Zukunft im Interesse einer konsequenten ufsicht nicht mehr möglich sein. Vorschläge zur Öff- ung der Arbeitnehmerbänke für Kolleginnen und Kol- egen ausländischer Belegschaften begrüßen wir aus- rücklich. Gerd Andres, Parlamentarischer Staatssekretär eim Bundesminister für Arbeit und Soziales: Das Prin- ip der Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Unter- ehmen ist ein nicht wegzudenkender Teil unserer sozia- en Marktwirtschaft. Mitbestimmung gewährt den rbeitnehmern eine wesentliche Einflussnahme auf die rganisation der Arbeit im Betrieb. Mitbestimmung be- eiligt die Arbeitnehmer an der von der Unternehmens- pitze verfolgten Unternehmenspolitik und Mitbestim- ung lebt, damit dieses Zusammenspiel bestmöglich unktioniert, von einem partnerschaftlichen Miteinander wischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer und vom Be- usstsein der gemeinsam getragenen Verantwortung für en Betrieb. Durch die Globalisierung und den damit verbundenen ohen Wettbewerbsdruck gehören Unternehmensüber- ahmen und Restrukturierungen von Unternehmen auch ber Grenzen hinweg immer mehr zum wirtschaftlichen lltag. Die Mitbestimmung steht damit vor großen He- ausforderungen auf nationaler und insbesondere auf uropäischer Ebene. Die Europäische Union hat diese Problematik schon or geraumer Zeit erkannt und beim Thema Arbeitneh- erbeteiligung in den vergangenen Jahren bereits substan- ielle Fortschritte erreicht. Die Mitbestimmung ist zu ei- em festen Bestandteil europäischer Arbeitnehmerrechte eworden. Ich verweise auf die Europäische Gesell- chaft (SE), auf die Europäische Genossenschaft (SCE) nd auf die Richtlinie über die grenzüberschreitende erschmelzung von Kapitalgesellschaften (10. Richt- inie). Die Umsetzung des arbeitsrechtlichen Teils eben ieser 10. Richtlinie in deutsches Recht ist Inhalt des orliegenden Gesetzentwurfs. Die Bundesregierung hat sich dabei von vier Grund- ätzen leiten lassen: Erstens. Aufbau und Struktur des msetzungsgesetzes folgen der Struktur der europäi- chen Regelung und damit dem Art. 16 der Richtlinie, er auf die Vorschriften des SE-Rechts verweist. Zweitens. Soweit das europäische Recht Regelungen nthält, die von allen Mitgliedstaaten notwendigerweise dentisch umzusetzen sind, erfolgt mit diesem Gesetz ine 1:1-Umsetzung. Dies gilt zum Beispiel für den rundsatz der Sicherung erworbener Rechte durch eine Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 5647 (A) ) (B) ) Vorher-Nachher-Betrachtung und auch für den Vorrang von Verhandlungen über die Mitbestimmung vor einer gesetzlichen Auffangregelung. Drittens. Sofern die Richtlinie dem Gesetzgeber Ge- staltungsspielraum eröffnet, greifen die Mitgliedstaaten weitgehend auf ihre national bekannten Regelungen und Strukturen zurück. Genauso ist die Bundesregierung bei ihrem Umsetzungsgesetz verfahren. Viertens. Soweit möglich übernimmt der Gesetzent- wurf die Regelungen, die bereits durch das SE-Beteili- gungsgesetz und das SCE-Beteiligungsgesetz bekannt sind. Dies gilt zum Beispiel für die Frage, auf welche Weise nationale Arbeitnehmervertreter in das besondere Verhandlungsgremium oder in den Aufsichtsrat gewählt werden. Im Hinblick auf die Wahl der Arbeitnehmervertretung haben wir ganz bewusst an die vorhandenen nationalen Strukturen angeknüpft. Der Betriebsrat – oder auch der Gesamt- oder Konzernbetriebsrat – bildet jeweils das Wahlgremium, das die nationalen Arbeitnehmervertreter in die jeweiligen Gremien bestimmt. Dieser Rückgriff auf bestehende Mitbestimmungsstrukturen gewährleis- tet, dass das Wahlverfahren für die Unternehmen kosten- günstig und zügig durchgeführt werden kann. Erste positive Erfahrungen sind bei der SE bereits ge- macht worden. So konnte bei den ersten beiden SE- Gründungen deutscher Großunternehmen, der Allianz SE und der MAN-Tochter MAN B&W Diesel SE, das Verhandlungsverfahren über die Beteiligung der Arbeit- nehmer innerhalb der vorgesehenen Frist erfolgreich ab- geschlossen werden. Ich bin überzeugt: Mit dem Umsetzungsgesetz schaf- fen wir einen geeigneten rechtlichen Rahmen, der die wirtschaftlichen Interessen der Unternehmen an grenz- überschreitenden Verschmelzungen respektiert und gleichzeitig den Arbeitnehmern angemessene Mitgestal- tung und Mitbestimmung gewährleistet. Ich bitte Sie deshalb um Zustimmung zum vorliegenden Entwurf. Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Überschüsse der Bundesagentur für Arbeit für Ausbildung, Qualifizierung und Progressiv-Modell verwen- den (Tagesordnungspunkt 18) Peter Rauen (CDU/CSU): Ihr Antrag spricht drei Punkte an: erstens die Ausbildung, zweitens die Schaf- fung von Arbeitsplätzen und drittens die Eingliederung von Menschen in diese Arbeitsplätze. Erstens: Ausbildung. Mit dem Überhang des Über- schusses der Bundesagentur für Arbeit, also all dem Geld, das die BA über circa 8 Milliarden Euro hinaus den Arbeitnehmern und Unternehmen zuviel berechnet hat, fordern Sie ein Sonderprogramm für mindestens 50 000 Jugendliche, teils zur Akquise neuer Ausbil- dungsplätze, teils aber auch zum Ausbau der außerbe- t b d w A w 6 g v b d s e v S t t s c 2 D s l l q g D b k d 5 p a s V v s s b B g f h Z t h s G b c n c (C (D rieblichen Ausbildung. Sie begründen das mit der Aus- ildungsplatzsituation. Wir stimmen darin überein, dass die Lage am Ausbil- ungsmarkt besser sein könnte und auch müsste. Gleich- ohl wird sich – wie in den letzten Jahren auch – die usbildungsplatzlücke im Laufe der Nachvermittlung ieder schließen. Sie war zwar Ende September mit 34 086 um 218 höher als im letzten Jahr; dies liegt aber zu einem roßen Teil an den Schulabgängern, die aufgrund der erbesserten Arbeitsmarktdaten in eine berufliche Aus- ildung drängen. Hinzu kommen alle diejenigen Ausbil- ungsbewerber, die sich in den letzten Jahren für eine chulische Maßnahme entschieden haben, obwohl sie ine betriebliche Berufsausbildung suchten. Auch erzeichnen wir eine weiterhin ansteigende Zahl von chulabgängern. Außerdem erleben wir hier einen statis- ischen Effekt: Erstmals werden auch die nicht vermittel- en Bewerber der Argen nach SGB II mitgezählt. So tieg die Bewerberzahl auf insgesamt 763 097 Personen. Infolgedessen hat die Bundesregierung die Aufsto- kung der Einstiegsqualifizierungen, EQJ, von jährlich 5 000 auf 40 000 beschlossen – nicht ohne Grund. enn fast 57 Prozent der Jugendlichen haben nach einer olchen Einstiegsqualifizierung eine reguläre betrieb- iche Ausbildung begonnen, ein Erfolg, der sich sehen assen kann. Somit sorgt die Steigerung der Einstiegs- ualifizierungen dafür, dass alle ausbildungswilligen Ju- endlichen im Rahmen der Nachvermittlung bis Ende ezember zumindest eine Qualifizierung erhalten, die etrieblich zertifiziert wird und in der Regel auf den zu- ünftigen Ausbildungsberuf angerechnet werden kann. Erfreulicherweise ist aber auch die Zahl der Ausbil- ungsplätze gestiegen. Die Wirtschaft hat zusätzlich 5 800 neue Ausbildungsplätze und 29 600 Einstiegs- raktika angeboten. Sie hat damit ihre Paktzusage mehr ls erfüllt. Industrie, Handel und Handwerk schlossen ogar 14 000 neue Ausbildungsverträge mehr ab als im orjahr. Die Zahlen stammen von ZDH und DIHK. Ein Erfolg des Ausbildungspaktes ist aber natürlich or allem eine deutliche Folge der erwachenden deut- chen Wirtschaftsdynamik. Denn eine florierende Wirt- chaft schafft Arbeitsplätze, Arbeitsplätze ziehen Aus- ildungsplätze nach sich und gute Ausbildung ist die asis für eine blühende Ökonomie. Um unsere Volkswirtschaft nun auch erfolgreich zu estalten, müssen die Menschen vor allen Dingen wieder estes Vertrauen in die Politik entwickeln. Wer schon eute weiß, was morgen passiert, investiert auch in die ukunft. Das ist der Kern erfolgreicher Wirtschaftspoli- ik. Dazu gehört aber auch, dass die Bürger nachvollzie- en können, wofür sie ihr eigenes Geld hergeben, wofür ie Steuern bezahlen sollen, aber ebenso, dass sie das eld dann zurückbekommen, wenn es nicht wirklich ge- raucht wird. Hier liegt das ganze Problem: Zwar ist die tatsächli- he Höhe des Überschusses für das gesamte Jahr noch icht einmal bekannt, doch schon weckt diese erfreuli- he Kassenlage fortwährend neue Begehrlichkeiten, vor 5648 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 (A) ) (B) ) allem für weitere künstliche Arbeitsbewirtschaftungs- maßnahmen des Staates. Dabei sollten wir zuallererst einmal an diejenigen denken, die die Erwirtschaftung dieses Geldes erst möglich gemacht haben. Der Finanzierungsüberschuss der Bundesagentur geht nämlich – neben einer Straffung der BA-Verwaltung und der Vorziehung des Fälligkeitstermins von Sozialbeiträ- gen in 2006 sowie der Verringerung der Bezugsdauer von Arbeitslosengeld – auch zu einem großen Teil auf die gute Wirtschaftslage zurück. Die Ausgaben für das Arbeitslosengeld werden etwa 3 Milliarden Euro unter dem Planwert liegen. Gleichzeitig steigen die Einnah- men, weil es mehr sozialversicherungspflichtige Be- schäftigungsverhältnisse gibt. Auch der Aussteuerungs- betrag fällt aus diesem Grund um circa 1,3 Milliarden Euro geringer als kalkuliert aus. An diesen Fakten werden die Zusammenhänge offen- sichtlich: Nach sieben Jahren grüner Regierungsbeteili- gung ist hier endlich ein Paradigmenwechsel eingeläutet worden. Ich mache darauf besonders aufmerksam, weil damit ein fast sechsjähriger Negativtrend endlich gebro- chen ist. Von 28 285 045 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im September 2000 waren wir auf 25 815 795 im Februar 2006 zurückgefallen. Über 65 Monaten lang verzeichneten wir einen Abbau an ver- sicherungspflichtiger Beschäftigung. Doch in den Monaten Mai bis Juli dieses Jahres kam die Trendwende: Wir verzeichneten einen stetig steigen- den Zuwachs an versicherungspflichtig Beschäftigten im Vergleich zum Vorjahr, zuletzt fast 200 000 neue ordent- liche Stellen. Ich gehe davon aus, dass sich diese Trend- umkehr in den letzten beiden Monaten fortgesetzt hat. Das ist Freude und Ansporn zugleich. Die steigenden Einnahmen zeigen zum einen, wohin beherztes Handeln führen kann. Zum anderen bleibt der Druck für weitere Korrekturen am Arbeitsmarkt nach wie vor bestehen. Wie bereits festgestellt: Der Ausbildungsmarkt folgt dem Arbeitsmarkt. Und wenn schon die Wirtschaft an- springt, dürfen wir sie nicht über das zur Konsolidierung der Staatsfinanzen Nötige hinaus durch zusätzlichen Aderlass schröpfen. Sonst verhindern wir lediglich das Entstehen ordentlicher betrieblicher Arbeits- und Aus- bildungsplätze. Zweitens: Aussteuerungsbetrag. Sie fordern weiterhin in Ihrem Antrag, die Kosten der Integrationsangebote für Betreuungskunden der BA mit dem so genannten Aus- steuerungsbetrag zu verrechnen. Ich halte die ganze Ver- anstaltung mit dem Aussteuerungsbetrag an sich für fragwürdig: Lieber wäre mir, dass die BA überhaupt kein Geld, das von den Beitragszahlern stammt, an Herrn Steinbrück überweisen muss. Ich sehe da – ehrlich gesagt – den zwingenden Zusammenhang nicht, außer dass die Beitragszahler das ALG II subventionieren, für das eigentlich der Bundeshaushalt zuständig ist. Zwar sollte der Aussteuerungsbetrag Anreiz für die BA zur schnellen Integration von Arbeitslosen in den Arbeitsmarkt sein. Das Mittel einer Strafzahlung im Falle der Nichtvermittlung überzeugt mich dabei wenig. Im Gegenteil: Bei vernünftigem Verhalten nötigt der A s n z h r A e s w a t k w s k ü g s n i g n l v s s S w t t D m v e h H g a a d D b e v M d v a m t s m (C (D ussteuerungsbetrag die BA geradezu, für absehbar chwer integrierbare Arbeitslose in den ersten zwölf Mo- aten erst gar keine Aktivierungsmaßnahmen zu finan- ieren. Schließlich besteht das Risiko, am Ende trotz der ohen Investitionen obendrein noch mit dem Aussteue- ungsbetrag belastet zu werden, dann nämlich, wenn der rbeitslose trotz aller Maßnahmen nicht innerhalb des rsten Jahres integriert werden kann. Agenturchef Heise ieht das wohl ähnlich und hat sinnvoll reagiert: Die BA ird in ihrem nächsten Haushalt ein eigenes, gesondert usgewiesenes Budget für die Förderung schwer vermit- elbarer Arbeitsloser einrichten. Auch hier gilt das bereits von mir Gesagte: Wir Politi- er müssen Vertrauen in unser Handeln aufbauen, indem ir denjenigen das Geld zurückgeben, von denen es tammt. Alle Überschüsse müssen in die weitere Sen- ung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge – auch weit ber die vorgesehene Senkung von 2 Prozent hinaus – ehen. So schaffen wir Zuversicht durch klare Zuwei- ungen und Verantwortlichkeiten – infolgedessen auch eue Arbeitsplätze ohne komplizierte Zuschussmodelle. Drittens: Progressiv-Modell. Schließlich wollen Sie n ihrem Antrag statt der linearen Absenkung des Beitra- es zur Arbeitslosenversicherung mit der Einführung ei- es progressiven Beitragssatzes kleine Einkommen ent- asten. Sie unterstellen damit gleichsam die These, dass or allem die Lohnzusatzkosten der größte Feind der Be- chäftigung Geringqualifizierter und Langzeitarbeitslo- er im Niedriglohnbereich sind. Auch wenn ich natürlich ein großer Freund sinnvoller enkungen der Arbeitskosten bin, muss ich Ihnen hier idersprechen. Sie versuchen nämlich durch die Belas- ung regulärer Arbeit, den Niedriglohnsektor in überhöh- em Maß zu subventionieren. Das ist Umverteilung pur. ann müsste nämlich derjenige, der seine Arbeit besser acht, überproportional dafür bezahlen, dass er mehr erdient als sein weniger qualifizierter Kollege, obwohl r sowieso schon höhere Abgaben bezahlt. So etwas ätte ich den Herrschaften auf dem linken Flügel des auses zugetraut, Ihnen, liebe Kolleginnen und Kolle- en vom Bündnis 90/Die Grünen, jedoch nicht. Sie wollen mit Ihrem Antrag Anbieter und Suchende uf dem Niedriglohnsektor unterstützen. Das wollen wir uch. Die Koalitionsarbeitsgruppe Arbeitsmarkt wird zu iesem Thema in Kürze handfeste Ergebnisse vorlegen. och mit Ihren Forderungen würden Sie Niedriglohnan- ieter generell belohnen. So etwas kann nur zu Fehlsteu- rungen und Mitnahmeeffekten führen. Zudem ist die on Ihnen geplante völlige Abschaffung von Mini- und idijobs falsch und unrealistisch. Woher Sie obendrein ie zur Finanzierung dieser Pläne notwendigen Kosten on 13 Milliarden Euro herbekommen wollen, frage ich m besten erst gar nicht. Aus diesen Gründen lehnen wir Ihren Antrag ab. Fazit: Die derzeitigen Arbeitsmarktimpulse kommen aßgeblich aus dem Mittelstand. Gut ein Viertel der Be- riebe hat in den vergangenen sechs Monaten ihren Per- onalbestand aufgestockt und nur ein Achtel der Firmen usste sich von Mitarbeitern trennen. Nach schweren Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 5649 (A) ) (B) ) Jahren ist der Mittelstand wieder Jobmotor der deut- schen Wirtschaft. Allein im ersten Halbjahr 2006 haben kleine und mittlere Unternehmen 70 000 neue Arbeits- plätze geschaffen. Weitere 30 000 Jobs sollen bis Ende des Jahres noch hinzukommen. Das sind 100 000 neue Jobs für 2006 und Tausende neuer Ausbildungsplätze für 2007. Der Optimismus in den Firmen ist zwar deutlich ge- stiegen. Doch trotz dieser guten Stimmung halten die Firmen ihr Geld lieber zusammen und investieren wenig, berichtete die Studie der Wirtschaftsauskunftei Credit- reform vor wenigen Tagen. Kurzum: Man traut dem Bra- ten noch nicht so. In dieser Situation nun mit den Überschüssen der BA gesamtgesellschaftliche Aufgaben zu finanzieren zu wollen widerspricht nicht nur dem Grundgedanken einer Versicherung – und darum geht es bei der Arbeitslosen- versicherung –, sondern es bedeutet faktisch eine Enteig- nung der Beitragszahler. Für uns Politiker kann all dies nur eines bedeuten: Wir müssen durch eine nachvollziehbare Ordnungspoli- tik Vertrauen schaffen und dürfen keinesfalls die gerade aufblühende wirtschaftliche Dynamik durch kosten- intensive Strohfeuer torpedieren. Wolfgang Grotthaus (SPD): Mit dem Antrag der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen, die Über- schüsse der Bundesagentur für Arbeit für Ausbildung, Qualifizierung und das Progressiv-Modell zu verwen- den, kommt ein weiterer Vorschlag auf den Tisch, wie die von der Bundesanstalt für Arbeit erwirtschafteten fi- nanziellen Überschüsse zweckmäßigerweise angelegt werden sollten. Dabei stehen Vorschläge im Mittelpunkt, denen man sich auf den ersten Blick eigentlich nicht verschließen kann. Denn wer kann schon etwas dagegen haben, jun- gen Menschen, die noch keinen Ausbildungsplatz haben, Ausbildungsplätze anzubieten oder deren Chancen auf den Erhalt eines Ausbildungsplatzes durch zusätzliche Bildungsmaßnahmen zu verbessern? Aber so einfach, wie sich die Fraktion des Bündnis- ses 90/Die Grünen das vorstellt, ist es nicht, insbeson- dere dann nicht, wenn es sich um Beitragszahlungen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern handelt. Hier streiten nicht nur Verfassungsrechtler, ob das überschüs- sige Geld zweckentfremdet ausgegeben werden darf, sondern viele gesellschaftliche Gruppen, aber auch die im Bundestag vertretenen Fraktionen haben zur Verwen- dung der Überschüsse unterschiedliche Vorschläge ge- macht. Fakt ist, die Regierungskoalition hat den Beschluss ge- fasst, die Arbeitslosenversicherungsbeiträge um 2 Pro- zent zu senken. Damit verringern wir die Lohnnebenkos- ten und leisten einen Anreiz zur Schaffung neuer Ar- beitsplätze. Wir geben das Geld aber auch den Menschen zurück, die es vorher einbezahlt haben, und leisten so auch einen Teil an Gerechtigkeit und Verlässlichkeit in der Politik. d s d m G d n d E h i r ß g g t e F r b a te d a S h s h b B a H u n p E n b B a f t v t Ü D e s s e S (C (D Dies bedeutet aber nicht, dass wir die Menschen aus en Augen verlieren, die unserer Hilfe bedürfen. Tat- ächlich ist die Ausbildungssituation mehr als unbefrie- igend. Zurzeit stehen einer Zahl von 49 500 nicht ver- ittelten Bewerbern 15 400 offene Stellen gegenüber. egenüber dem Vorjahr ist dies ein saldierter Zuwachs er Lehrstellenlücke von 6 200. Das ist ein Zustand, der icht einfach zur Kenntnis genommen werden darf. Aus iesem Grund hat auch das BMAS die Möglichkeit, QJ-Mittel zu beantragen, auf eine Zahl von 40 000 er- öht. Wir bieten hier also 15 000 Jugendlichen mehr als m Vorjahr die Chance, eine Eingliederungsqualifizie- ung wahrzunehmen. Die BA hat 5 000 zusätzliche au- erbetriebliche Ausbildungsplätze, vornehmlich für Ju- endliche mit Migrationshintergrund zur Verfügung estellt und wird diese Anfang des Jahres 2007 um wei- ere 2 500 Plätze erweitern. Also passiert schon etwas. Natürlich – das will ich an- rkennen – reicht das nicht. Aber ich erlaube mir die rage, ob dort, wo gesellschaftliche Gruppen sich aus ih- er Verantwortung herausstehlen, in diesem Fall die Ar- eitgeber, der Staat einzuspringen hat. Hier sind bei dem Angebot von Ausbildungsplätzen ls Erstes die Arbeitgeber im Rahmen des dualen Sys- ms gefordert. Der Staat trägt heute schon für den Erhalt ieses Systems mehr als 50 Prozent der Kosten. Dies sei n dieser Stelle den Arbeitgebern auch noch einmal ins tammbuch geschrieben: Wer nicht ausbildet, darf hinter- er den Staat nicht dafür verantwortlich machen, wenn ein Betrieb keine Zukunft hat. Unter dem Strich bleibt zu diesem Antrag festzu- alten: Die Situation im Ausbildungsbereich ist nicht efriedigend. Wir sind froh, dass wir Überschüsse im ereich der Arbeitslosenversicherung haben. Dies ist uch ein Ergebnis unserer Reformen im Rahmen der artz-Gesetzgebung, nämlich schnellere Vermittlung nd Belebung auf dem Arbeitsmarkt. Wir begrüßen es icht, dass Überschüsse bei der aktiven Arbeitsmarkt- olitik erwirtschaftet werden. Weniger Ausgaben im ingliederungstitel in Höhe von 520 Millionen Euro sind icht akzeptabel. Diese Mittel im Sinne der jungen Menschen, die Aus- ildungsplätze suchen, einzusetzen, sollte Aufgabe der A sein. Deshalb fordern wir die BA auf, weiterhin ein ktiver und verlässlicher Partner bei der Ausbildungs- rage zu sein. Dies heißt aber auch für uns, dass kurzfris- ige Aktionen nicht weiterhelfen, sondern hier ist eine erlässliche und kontinuierliche Politik gefordert. Aus diesem Grund lehnen wir den Antrag der Frak- ion des Bündnisses 90/Die Grünen ab. Dirk Niebel (FDP): Bei der BA wird mit einem berschuss von bis zu 10 Milliarden Euro gerechnet. as weckt natürlich Begehrlichkeiten. Da möchte jeder in Stück vom Kuchen haben. Zweifellos sind die Ab- ichten der Grünen ehrenwert, aber sie gehen vom fal- chen Ansatzpunkt aus. Die Bundesagentur für Arbeit rwirtschaftet kein Geld. Sie arbeitet mit Mitteln der teuer- und Beitragszahler. Wir erwarten, dass sie mit 5650 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 (A) ) (B) ) fremdem Geld sorgsam umgeht. Zumindest das hat sich ja in den letzten Jahren unter neuer Leitung verbessert. Das Wirtschaftswachstum im Vorfeld der Mehrwert- steuererhöhung ab Januar 2007 sorgt dafür, dass mehr Arbeitsplätze geschaffen wurden und die Einnahmen an Steuern und Sozialabgaben gestiegen sind. Knapp 165 Euro wurden im Juni 2006 im Durchschnitt in die Arbeitslosenversicherung einbezahlt. Die offiziell regis- trierte Arbeitslosigkeit ist weiterhin zu hoch. Darüber hinaus sind mehr als 1,5 Millionen Menschen in arbeits- marktpolitischen Maßnahmen eingesetzt. Mehr als 376 000 nehmen an Beschäftigung schaffenden Maß- nahmen teil, darunter mit 320 000 eine steigende Zahl ALG-II-Empfänger in Arbeitsgelegenheiten. Vor allem Letzteres trägt dazu bei, dass die statistische Arbeitslo- senzahl geringfügig gesunken ist. Aber es ist und bleibt Augenwischerei. Diese Maßnahmen ermöglichen einer- seits den Betroffenen einen Zusatzverdienst und die Teil- habe am Arbeitsleben. Auf der anderen Seite ist es ihnen in dieser Zeit nicht möglich, sich selbst um eine sozial- versicherungspflichtige Arbeitsstelle auf dem ersten Ar- beitsmarkt zu kümmern. Da sie ja erst einmal versorgt sind, können sich auch die zuständigen Behörden in ih- ren Vermittlungsbemühungen zurückhalten. Die Bundesregierung hat nicht zum Aufschwung bei- getragen; vielmehr gefährden ihre Aktionen diesen Auf- schwung. Das Geld, das der BA jetzt zur Verfügung steht, besteht zu einem Drittel aus den vorgezogenen So- zialabgaben, die die Unternehmen jetzt zu Monatsanfang und nicht wie früher zur Monatsmitte überwiesen haben. In diesem Jahr stehen einmalig 13 statt zwölf Monatsbei- träge zur Verfügung. Wir haben oft genug betont, dass wir diese Maßnahme abgelehnt haben. Für die Stabilisie- rung der Rentenversicherung wurde den Unternehmen Liquidität in einem Umfang entzogen, der den Bedarf bei weitem überschreitet. Und wie wir gesehen haben: Genutzt hat es nichts. Nicht benötigte Mittel müssen denen zurückgegeben werden, die sie bezahlt haben. Die Überschüsse müssen an die Bürgerinnen und Bürger zurückgegeben werden. Die Senkung des Beitrages zur Arbeitslosenversicherung ist eine Möglichkeit. Eine bessere Alternative wäre auch die Rücknahme der Mehrwertsteuererhöhung. Mit 1 Pro- zentpunkt Mehrwertsteuer soll die Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung finanziert werden. Das ist nun nicht mehr nötig. Wir stimmen mit den Grünen darin überein, dass sich keinesfalls der Staat das Geld unter den Nagel reißen darf. Wir dürfen nicht länger zusehen, wie das Geld von Steuer- und Beitragszahlern in zusätzlicher subventio- nierter öffentlicher Beschäftigung auf Nimmerwiederse- hen versenkt wird. Auch die Finanzierung von Kombi- löhnen, die bei den Grünen Progressiv-Modell heißen, ist nicht Sache der Beitragszahler. Wenn selbst verdiente Einkünfte unterhalb des Existenzminimums liegen, muss das über ein Steuer- und Tranfersystem aus einem Guss ausgeglichen werden. Dazu haben wir mit dem FDP- Bürgergeld einen Vorschlag ausgearbeitet. s h m g p L m b D f n n D K r n v f m W m p g k u f A N V b D d s k l w G p I d B e s m w Z W Z r d u h d d g R (C (D Im nächsten Monat ziehen wir Bilanz: ein Jahr chwarz-rote Koalition. Den Namen „große Koalition“ at sie sich bisher wahrlich nicht verdient, es sei denn, an erkennt an, dass sie das größte Steuererhöhungspro- ramm aller Zeiten gestartet hat. In der Arbeitsmarkt- olitik gab es bisher nur Lippenbekenntnisse und heiße uft. Statt, wie angekündigt, mehr Freiheit am Arbeits- arkt zu erlauben, erlaubt sie sich einen Rückzieher eim Kündigungsschutz und arbeitsplatzgefährdende iskussionen über Mindest- und Kombilöhne. Weiter ührt das alles nicht. Die hohe Arbeitslosigkeit wird icht wirksam abgebaut. Weder werden Perspektiven och neue Chancen für mehr Beschäftigung entwickelt. as ist mehr als nur Stillstand am Arbeitsmarkt; das ist apitulation vor den Problemen. Sie kennen die Forderungen der FDP nach niedrige- en Steuern und Abgaben, nach weniger Bürokratie, ach Lockerungen im Arbeits- und Tarifrecht. Nichts da- on ist bisher von der schwarz-roten Koalition aufgegrif- en worden. Das unübersichtliche Gestrüpp der Förder- aßnahmen darf nicht noch weiter aufgebläht werden. ir brauchen vorrangig Arbeitsplätze im ersten Arbeits- arkt. Nur durch sozialversicherungspflichtige Arbeits- lätze gibt es Einnahmen an Steuern und Sozialbeiträ- en. Auch die subventionierte Beschäftigung darf einesfalls weiter aufgebläht werden. Wenn Arbeitgeber nd Arbeitsplätze subventioniert werden, wächst die Ge- ahr für Mitnahmeeffekte und die Verdrängung regulärer rbeitsplätze. Die FDP hat Vorschläge gemacht, wie durch eine euausrichtung der Arbeitsmarktpolitik und strukturelle eränderungen bei der Arbeitsverwaltung der Faktor Ar- eit entlastet, Wachstum und mehr Arbeitsplätze in eutschland erreicht und Arbeitsuchende schneller und auerhaft integriert werden können. Die Umsetzung die- es Konzeptes macht darüber hinaus eine weitere Sen- ung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung mög- ich. Kornelia Möller (DIE LINKE): Es ist erfreulich, enn es der Opposition durch ein größeres Maß an emeinsamkeiten gelingt, die falsche Arbeitsmarkt- olitik der großen Koalition ad absurdum zu führen. nsofern unterstützen wir die Ablehnung der Fraktion es Bündnisses 90/Die Grünen, die Überschüsse der undesagentur für Arbeit zur Haushaltskonsolidierung inzusetzen. Wir erkennen auch den Versuch an, ange- ichts der verheerenden Ausbildungssituation wesentlich ehr jungen Leuten eine berufliche Chance geben zu ollen. Nichts stellt einer Gesellschaft ein schlimmeres eugnis aus, als wenn Tausenden jungen Menschen der eg in eine berufliche und damit überhaupt in die ukunft versperrt wird. Seit Jahren verordnen die Regie- enden, von Rot-Grün bis Schwarz-Rot, einer wachsen- en Zahl von Menschen ein Leben ohne Perspektiven nd spalten damit unsere Gesellschaft. Das muss auf- ören. Die Lösungen, die die Grünen für die Verwen- ung der Überschüsse der BA vorschlagen, sind aller- ings nicht ausgewogen. Sie tragen den Charakter einer rünen Notoperation an einem Patienten, den rot-grüne egierungspolitik erst schwer krank gemacht hat. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 5651 (A) ) (B) ) Die Grünen haben sich stets einer dauerhaften und nachhaltigen Lösung des Ausbildungsproblems verwei- gert. Eine Umlagefinanzierung, wie sie von uns ebenso wie von Gewerkschaften seit Jahren gefordert wird, könnte das Problem der Ausbildungsunwilligkeit bei Unternehmen dauerhaft und nachhaltig lösen. Ein Noteingriff ist auch Ihr Vorschlag, die Qualifizie- rungs- und Förderangebote der Bundesagentur für Arbeit für so genannte Betreuungskunden mit den Überschuss- geldern kurzzeitig zu verstärken, statt die Ursache zu be- seitigen: die Hartz-Gesetze, die Sie gemeinsam mit der SPD zu verantworten haben. Seit langem sagen wir Ihnen, was sie jetzt auch in der Untersuchung des Bundesrechnungshofes nachlesen können: In den Hartz-Gesetzen selbst liegt eine der Ur- sachen für die Verfestigung von Langzeitarbeitslosig- keit. Hartz IV ist ein schlechtes Gesetz, handwerklich schlecht gemacht, volkswirtschaftlich unsinnig und so- zial unverträglich. Deswegen hören Sie von mir auch immer wieder: Hartz IV muss weg. Es geht eben nicht an, dass Reformen der Bundes- agentur fast ausschließlich aus betriebswirtschaftlicher Sicht erfolgen und das eigentliche Ziel der Bundesagen- tur für Arbeit, der Abbau der Arbeitslosigkeit und ins- besondere der Langzeitarbeitslosigkeit, auf der Strecke bleibt. Den sozialpolitischen Auftrag der Bundesagentur für Arbeit wiederherzustellen und bei allen künftigen Reformschritten im Auge zu behalten, das ist unsere Forderung an die Bundesregierung. Die 2006 anfallenden Überschüsse der Bundesagen- tur für Arbeit, die auch wesentlich durch Sparen beim Fördern entstanden sind, sind für aktive Arbeitsmarkt- politik, vor allem zum Abbau der verfestigten Langzeit- arbeitslosigkeit, einzusetzen. Unsere Fraktion fordert Sie auf, einen Teil der 2006 anfallenden Überschüsse der Bundesagentur für Arbeit in das kommende Jahr zu überführen, um damit 2007 eine Startfinanzierung für 150 000 Arbeitsplätze nicht unter Mindestlohnhöhe von 8 Euro im Rahmen öffentlich ge- förderter Beschäftigung zu sichern. Ein entsprechender Antrag von uns, der die Schaffung einer halben Million öffentlich finanzierter Arbeitsplätze vorsieht, befindet sich im parlamentarischen Verfahren, wir werben um Zustimmung. Sie sollte nicht schwer fallen, zumal der weitaus größte Teil der notwendigen Mittel für dieses Programm ohnehin ausgegeben werden wird – bislang allerdings zur Finanzierung von perspektivlosen 1-Euro- Jobs. Unsere Fraktion geht davon aus, dass die Überschüsse der Bundesagentur für Arbeit ausreichen, um sowohl die Ausbildungsplatzsituation in diesem Jahr zu entschärfen als auch das Vorhaben der Fraktion Die Linke zu ermög- lichen, im Jahre 2007 150 000 öffentlich finanzierte Ar- beitsplätze zu schaffen. Machen Sie einen Anfang und lassen Sie statt Machtpolitik endlich Sachorientierung walten. Die Zukunft der Menschen in diesem Land sollte es Ihnen wert sein. D e E z s l l n h f l M s B I a r l P d P 6 d c d m V U Q s s d j t S u z a q n k B A n s m K p b f b (C (D Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): ie Bundesagentur für Arbeit rechnet in diesem Jahr mit inem Überschuss in Höhe von bis zu 9,6 Milliarden uro. Circa 8 Milliarden Euro davon sind für die 2-pro- entige Senkung des Beitrags zur Arbeitslosenver- icherung eingeplant. Die Verteilung des Rests hat ein ebhaftes politisches Vorschlagswesen ausgelöst. Abso- uter Spitzenreiter der Vorschlagsliste ist die Forderung ach einer weiteren Beitragssenkung. Erst heute wieder at der Bundesarbeitsminister eine wohlwollende Prü- ung angekündigt. Ich kann verstehen, dass die Vertei- ung von Wohltaten – und das auch noch in barer ünze – verlockend ist. Trotzdem schließen wir uns die- em Vorschlag nicht an; denn Vorrang vor weiteren eitragssenkungen hat die aktive Arbeitsmarktpolitik. Probleme auf dem Arbeitsmarkt haben wir genug. hre Lösung verlangt nicht nur nach Ideen, sie verlangt uch nach Geld. Eine Beitragssenkung auf Teufel komm aus dagegen hilft nicht im Kampf gegen die Arbeits- osigkeit. Wir haben es aktuell mit zwei besonders dringenden roblemen zu tun: Erstens. 50 000 Jugendliche brauchen einen Ausbil- ungsplatz. Mit einem Sonderprogramm kann ihnen eine erspektive gegeben werden. Die hierfür erforderlichen 50 Millionen Euro sind gut angelegt. Denn nicht nur ie jungen Leute brauchen eine Chance, auch wir brau- hen die jungen Leute. Tun wir nichts, sind die Ausbil- ungsverlierer von heute die fehlenden Fachkräfte von orgen. Zweitens. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen ist im ergleich zum Vorjahr um mehr als 5 Prozent gestiegen. m den weiteren Anstieg zu verhindern, müssen die ualifizierungs- und Förderangebote für besonders chwer vermittelbare Arbeitslose deshalb dringend ver- tärkt werden. Auch wenn die Bundesagentur für Arbeit ie Vernachlässigung dieser Gruppe bestreitet: Der üngste Beschluss, eine feste Summe für die so genann- en Betreuungskunden einzuplanen, spricht eine andere prache. Trotz hoher Arbeitslosigkeit an Qualifizierung nd Förderung zu sparen, kommt uns alle später teuer u stehen. Dieser Unsinn muss aufhören. Die Bundes- gentur für Arbeit ist nicht zum Sparen da, sondern soll ualifizieren und vermitteln. Erst dann noch vorhande- er finanzieller Spielraum kann für weitere Beitragssen- ungen verwendet werden. Aber auch für den Einsatz der bereits beschlossenen eitragssenkung schlagen wir Ihnen eine progressive lternative vor: Wir wollen die gezielte Entlastung iedriger Einkommen. Ein progressiver Beitragssatz enkt spürbar die Lohnnebenkosten im unteren Einkom- ensbereich. Das ist genau dort, wo das ungünstige osten-/Produktivitäts-Verhältnis derzeit neue Arbeits- lätze verhindert, Arbeitsplätze, die wir aber dringend rauchen und von denen vor allem auch Geringquali- izierte profitieren könnten. Mit unserem Progressiv-Modell können wir mehr Ar- eitsplätze anreizen, als es durch die geplante lineare 5652 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 (A) ) (B) ) Senkung möglich ist. Diese gezielte Maßnahme wirkt ef- fektiver als alle Einkommen gleichmäßig. Die Überschüsse der Bundesagentur für Arbeit kön- nen sinnvoll eingesetzt werden. Schließen Sie sich uns an: für den Vorrang der aktiven Arbeitsmarktpolitik und für mehr Beschäftigung. Eine Beitragssenkung auf Teu- fel komm raus ist dazu keine Alternative. Gerd Andres, Parl. Staatssekretär im Bundesminis- terium für Arbeit und Soziales: Wieder einmal weckt der Überschuss der Bundesagentur für Arbeit Begehrlichkei- ten. Diesmal bei der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Ich denke, wir sollten uns noch einmal sachlich die fi- nanzielle Lage der BA vergegenwärtigen. Die BA erwartet für 2006 einen Überschuss von 8,8 bis 9,6 Milliarden Euro. Dieser wird in die Rücklage eingestellt. Davon werden 2007 8,0 Milliarden Euro be- nötigt, um die Beitragssatzsenkung zur Arbeitslosenver- sicherung von 6,5 auf 4,5 Prozent zu finanzieren. Möglicherweise werden 0,8 bis 1,6 Milliarden Euro in der Rücklage bleiben – die Betonung liegt auf „mögli- cherweise“. Denn es ist noch nicht klar, ob und in wel- cher Höhe ein solcher Restbetrag übrig sein wird. Da es aber mit seriöser Finanzpolitik nichts zu tun hat, Mittel zu verplanen, die man noch gar nicht hat, ist diese De- batte für die Bundesregierung eine Luftnummer, an der wir uns nicht beteiligen. Ich möchte mich lieber auf die konkreten Hilfen für Arbeitsuchende konzentrieren und zunächst etwas über die Fördermaßnahmen für Jugendliche sagen. Gerade junge Menschen in unserem Land brauchen Perspektiven, wie es nach der Schule weitergeht – ob mit oder ohne Abschluss. Wir müssen deshalb die Kräfte bündeln, um für diese Zielgruppe gute Fortschritte zu machen. Ein erfolgreiches Instrument ist das Sonderprogramm zur Einstiegsqualifizierung, das sich als Türöffner in die Berufsausbildung bewährt hat. 57 Prozent der bisherigen Absolventen haben den Sprung zur Ausbildung im Be- trieb geschafft. Aufgrund dieses Erfolges haben wir das EQJ-Programm um ein Jahr verlängert und die Anzahl der Plätze um 15 000 angehoben. Außerdem werden ab Oktober 2006 zusätzlich 5 000 benachteiligte Jugendliche in außerbetrieblicher Ausbildung gefördert. Ihre Zahl soll Anfang 2007 um weitere 2 500 Jugendliche aufgestockt werden. Damit aber nicht genug. Um auch in diesem Jahr möglichst viele Jugendliche mit einem Ausbildungsplatz zu versorgen, führt die BA derzeit umfangreiche Nach- vermittlungen durch. Ich sehe die Möglichkeit, dass da- bei mindestens 50 000 vorhandene Ausbildungs- und Qualifizierungsangebote noch nachbesetzt werden kön- nen. Diese Chance muss genutzt werden. Lassen Sie mich nun etwas sagen zur Situation bei den so genannten Betreuungskunden der BA. Hier haben wir folgende Situation: Die BA hat ihre Vermittlungsarbeit mit der Einfüh- rung von so genannten Handlungsprogrammen struktu- r P A g a d z G t s k d t a w z s d k z N z d H k i d A n 4 s c A K l r g p R A m p (C (D iert und transparent gemacht. Mit den Ergebnissen des rofiling können effizienter als bisher jedem einzelnen rbeitslosen konkrete Vorschläge gemacht werden. Der Bundesrechnungshof sieht die Handlungspro- ramme als sinnvoll und geeignet an. Er weist allerdings uch darauf hin, dass die Handlungsempfehlungen für ie Betreuungskunden nicht weit genug gehen. Darauf ielt ja auch der vorliegende Antrag von Bündnis 90/Die rünen ab. Die Frage ist also: Was kann man für Arbeitsuchende un, bei denen die Vermittlungshemmnisse so gravierend ind, dass die direkte Förderung einer Arbeitsaufnahme einen Erfolg verspricht? Die Antwort kann meiner Meinung nach nur lauten, ass entweder ihre Beschäftigungsfähigkeit durch Arbei- en auf dem zweiten Arbeitsmarkt erhalten wird oder ber die Vermittlungshemmnisse beseitigt werden, auch enn dies auf den ersten Blick schwierig und wenig effi- ient erscheint. Dennoch halte ich die zweite Alternative für die bes- ere. Überlegungen der BA, Betreuungskunden durch ie Bereitstellung eines Teils des Eingliederungstitels ünftig stärker mit arbeitsmarktpolitischen Instrumenten u fördern, sind deshalb ein richtiger erster Schritt zum utzen der Jugendlichen. Auf diese Weise können wir udem wertvolle Erfahrungen zur Weiterentwicklung es Steuerungssystems sammeln, und zwar speziell im inblick auf Integrationsfortschritte. Ich weiß, dass die BA die so genannten Betreuungs- unden im Blick hat. Insbesondere die Selbstverwaltung st damit intensiv befasst, wie die Chancen zur Einglie- erung in den Arbeitsmarkt gesteigert werden können. Abschließend möchte ich noch ein Wort zu dem im ntrag vorgeschlagenen Progressiv-Modell sagen. Niedrige Einkommen werden bereits durch die so ge- annte Gleitzonenregelung für Einkommen zwischen 00 Euro und 800 Euro entlastet. Eine stärkere progres- ive Ausgestaltung des Beitrages zur Arbeitslosenversi- herung würde zu einem erheblichen bürokratischen ufwand führen. Sowohl die Einzugsstellen bei den rankenkassen als auch die Arbeitgeber würden erheb- ich belastet. Das verschweigen Sie in Ihrem Antrag. Anders als Sie dort suggerieren, liegt bislang eine se- iöse Schätzung der Arbeitsangebots- und der -nachfra- eeffekte de facto nicht vor. Es mag das Privileg der Op- osition sein, unfertige Vorschläge zu machen. Für egierungshandeln taugt dies aber nicht. nlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Einfuhr- und Han- delsverbot für Robbenprodukte (Tagesord- nungspunkt 19) Dr. Peter Jahr (CDU/CSU): Zweifellos verbindet an mit Flossenfüßern – lateinisch Pinnipedia – viele ositive menschliche Empfindungen. Ob das an der Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 5653 (A) ) (B) ) speziellen Bewegungsart liegt, an den großen Augen und traurigen Blicken oder an den zahlreichen kuscheligen Nachbildungen, die unsere Kinderzimmer und Bild- schirme überschwemmen, wage ich nicht zu sagen. In deutschen Kinderzimmern gehört das Robbentier zur Grundausstattung der hauseigenen Plüschtiersammlung. Positiv hervorzuheben ist, dass sich immer mehr die Abneigung ausprägt, höher entwickelte Säugetiere, die unsere Gefährten der Schöpfung sind, ohne Not, viel- mehr aus reiner Gewinnsucht umzubringen. Bei der Vorbereitung der heutigen Debatte habe ich die Ausführungen des Abteilungsleiters des kanadischen Fischereiministeriums, Kevin Stringer, noch einmal auf- merksam nachgelesen, der im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz am 5. April die- ses Jahres Ausführungen machte und für unsere Fragen zur Verfügung stand. Ich zitiere aus dem Kurzprotokoll Nr. 16/13 der 13. Sitzung des Ausschusses, Seite 28: … Man müsse auch bedenken, das es sich hierbei – gemeint ist die Robbenjagd – um eine Tradition gerade für diese Gemeinschaften handle, die seit über 400 Jahren in verschiedenen Gebieten in Newfoundland, in Quebec und auch in den atlantischen Provinzen erfolge. Diese Ausführungen sind insoweit richtig, gehen aber völlig am eigentlichen Problem vorbei. Um es festzuhalten: Es steht für uns alle keineswegs zur Debatte, die Rechte und Traditionen der indigenen Bevölkerung in diesen Gebieten einzuschränken. Der Anteil der Inuit an der jährlichen Robbenjagd zum Ei- genverbrauch bewegt sich im einstelligen Prozentbe- reich. Außerdem verwerten die Inuit die erlegten Tiere, von denen sie leben, fast vollständig; ein kommerzieller Handel findet so gut wie nicht statt. Es sind die massenhaften, die grausamen Tötungsme- thoden, die Jahr für Jahr erneut die internationale Öffent- lichkeit auf den Plan rufen. Herr Stringer und die kanadi- sche Regierung wissen das alles sehr gut, schrecken aber nicht davor zurück, auch noch das letzte Argument aus der staubigen Ecke zu holen, um damit eine Rechtferti- gung für die jährliche Abschlachtung von inzwischen mehr als 300 000 Jungrobben zu versuchen. Kein modernes Land der Welt kann die bedrückenden Bilder vorsätzlich erschlagener Robben einfach ignorie- ren und die öffentliche Erregung als Sensationsgier der Medien disqualifizieren. Wir nehmen zur Kenntnis, dass sich die kanadische Regierung durchaus um ein akzeptables Management der Robbenjagd bemüht. Wir nehmen ebenfalls zur Kenntnis, dass nicht nur Kanada wegen der Robbenjagd öffentlich in Beschuss geraten ist. Auch in Norwegen und Russland werden Jahr für Jahr Robben blutig getö- tet. An dieser Stelle fordere ich die Bundesregierung auf, in ihren bilateralen Bemühungen zum Schutz der Rob- ben gegenüber diesen Staaten nicht nachzulassen. k n f u F s d l t ü q m d b e l S d n b d s h h g s G R w n n s s h b f g w s h c a G m l s e a E w u W e P (C (D Ein weiteres Argument möchte ich aufgreifen. Die anadischen Anstrengungen eines verbesserten „Ma- agements“ hören sich gut an, taugen jedoch oft nicht ür die Praxis, denn sie versagen vor Ort, auf dem Eis nd auf dem Fangschiff. Niemand kann jedem Jäger im rühjahr auf dem kanadischen Eis über die Schulter chauen, ob er auch alle nötigen vorgeschriebenen Tests urchführt, um den Tod des Tieres eindeutig festzustel- en. Solange immer wieder den noch lebenden und bes- enfalls betäubten Robbenjungen buchstäblich das Fell ber die Ohren gezogen wird, handelt es sich um tier- uälerische Grausamkeit. Je höher die Jagdquote, desto ehr Tiere müssen lebendigen Leibes sterben. Dabei ist er Streit, wie viele Robben tatsächlich noch lebten, also ei vollem Bewusstsein waren, oder aber „sachkundig“ rschlagen oder erschossen wurden, mehr als nebensäch- ich. Dass es tatsächlich passiert, das ist der eigentliche kandal. Weiterhin ist es für mich unvorstellbar, Säugetiere nur eshalb zu töten, um einen Teil des Tieres zu „gewin- en“. Nashörner waren und sind wegen ihres angeblich elebenden Hornes bedroht; Elefanten wurden wegen es Elfenbeines fast vollständig ausgerottet. Nur strikte Einfuhr- und Handelsboykotts und gesell- chaftliche Ächtung haben diese Arten geschützt und er- alten. Das hat oft sehr lange gedauert. Es funktioniert eute besonders gut dort, wo Nationalstaaten strikt ge- en illegale Jagdmethoden vorgehen, Erzeugnisse be- chlagnahmen und dem internationalen Handel die rundlage entziehen. Da die wehr- und schutzlosen obben fast ausschließlich ihres Felles wegen getötet erden, überzeugen auch die Hinweise auf die derzeit icht vorhandene Gefährdung des Gesamtbestandes icht. Beginnen wir jetzt endlich, diesen jährlichen Mas- akern ein Ende zu setzen! Kommen wir zum letzten Argument, das die Men- chen veranlasst, dieses blutige Massensterben zu bege- en. Es wird behauptet, die Robben gefährden die Fisch- estände in dieser Region. Hier muss man deutlich eststellen: Wenn jemand die Fischbestände in der Welt efährdet, so sind das immer noch die Menschen. Dieses irtschaftliche Interesse mit kulturellen Handlungswei- en der Inuit zu tarnen, ist zynisch oder einfach nur ochgradig peinlich bzw. einer entwickelten menschli- hen Gesellschaft unwürdig. Für den Verzicht auf Robbenprodukte benötigen wir llerdings auch gesellschaftlichen Rückhalt. Einer der ründe für den zunehmenden internationalen Pelzhandel it Robbenfellen soll der Umstand sein, dass wohlbe- eibtere Damen – und auch Herren –, sofern sie sich die- es Statussymbol leisten können, inzwischen viel lieber ng anliegende Jacken und Mäntel aus Robbenfell tragen ls die „dick machenden“ Pelzmäntel. Also ist es eine rscheinung in den „reichen“ Industrieländern. Dort erden auch andere Robbenprodukte wie diverse Öle nd Fette gehandelt, um zum Beispiel im wachsenden ellnessbereich exotische Anwendung zu finden. Es xistiert leider eben auch eine Nachfrage nach diesen rodukten. 5654 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 (A) ) (B) ) Wir haben gründlich überlegt, ob wir uns für ein Han- delsverbot auf EU-Ebene einsetzen werden, weil alle re- gulierenden Eingriffe in den weltweiten Handel und Marktabschottungen stets auch unvermeidliche Neben- wirkungen haben. Aber offensichtlich führt im Fall der Robbenprodukte kein Weg daran vorbei. Wir sind sicher, dass sich weitere europäische Staaten diesem Vorhaben anschließen werden. Wir gehen davon aus, dass es des- wegen sehr bald zu einem gemeinschaftsweiten Einfuhr- und Handelsverbot mit Produkten aller Robbenarten kommen wird. Wohlgemerkt wird das auf europäischer Ebene ge- schehen; denn nationale Alleingänge sind im vereinigten Europa keine Lösung. Ich zitiere aus dem Antrag auf Bundestagsdrucksache 16/2755: „Harmonisierte europäische Lösungen sind ange- sichts des freien Warenverkehrs … gegenüber na- tionalen Maßnahmen vorzuziehen.“ Und, sehr geehrter Herr Minister Seehofer, es wäre ein durchaus lohnendes Ziel für die deutsche Ratspräsi- dentschaft ab Januar 2007! Wir möchten das der Koali- tionsregierung ausdrücklich mit auf den Weg geben. Mit dem fraktionsübergreifenden Gruppenantrag ent- sprechen wir der großen Mehrheit in diesem Parlament und der deutschen Bevölkerung. Wir setzen den Auftrag der Mehrheit unserer Wählerinnen und Wähler um, wirksam gegen die sich jährlich wiederholenden Grau- samkeiten mit den Mitteln der Politik vorzugehen. Wir entscheiden uns heute für den konsequenten Schutz der Robben und wir sind sicher, dass wir damit einen wichti- gen Grundstein zum Arterhalt legen. Es ist ungefähr vierhundert Jahre her, dass eine Tier- art – vorläufig – von unserer Erde verschwunden ist, eine Tierart, die Mitteleuropa und das heutige Deutsch- land über 200 000 Jahre lang bewohnte. Der letzte Auer- ochse soll im Jahr 1627 von Wilderen erlegt worden sein. Ich wünsche mir, auch für unsere Kinder und En- kel, dass den Robben das Schicksal des Auerochsen er- spart bleibt und dass sich menschliche Vernunft gemein- sam mit politischem Handeln erfolgreich durchsetzen wird. Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD): Wir diskutieren heute einen Antrag, über den weithin Einigkeit besteht. Vier Fraktionen fordern gemeinsam die Bundesregie- rung auf, sich verstärkt für den Schutz von Robben ein- zusetzen. Der Hintergrund ist klar: Es gibt kein zwingendes konsumtives Interesse an Robbenprodukten – weder an deren Fleisch, noch an den Fellen. Daher besteht – um eine Formulierung aus unserem deutschen Tierschutzge- setz zu gebrauchen – kein „vernünftiger Grund“, um Jahr für Jahr mehrere Hunderttausend Tiere auf grau- same Art und Weise zu töten. Nun ist mir selbstverständlich klar, dass Kanada au- ßerhalb des Geltungsbereiches unserer Gesetze und Ver- ordnungen liegt. Dennoch ist es in meinen Augen keine Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines Staa- t m s r m h f b n d z D g w d c f R I z s p n w b z n p f v R u ö d w K h e A i v A w v n c p a s S (C (D es, wenn man die dortigen Tierschutzstandards auf- erksam verfolgt und gegebenenfalls Anreize zu tier- chutzwidrigen Praktiken verringert. Die Argumente, die seitens der kanadischen Regie- ung für die Robbenjagd ins Feld geführt werden, sind in einen Augen nicht stichhaltig. Diplomatische Bemü- ungen, die Haltung der Kanadier zu ändern, blieben ruchtlos. Es hat in der Vergangenheit den Versuch gegeben, eispielsweise mit der so genannten Jungrobbenrichtli- ie von 1983, durch legislative Maßnahmen auf Ebene er EU die massenhafte Tötung von Robben in Kanada u unterbinden oder zumindest wirksam einzuschränken. ies ist – das muss man in dieser Offenheit konstatieren – ründlich misslungen. Nach wie vor bin ich der Auffassung, dass ein EU- eit gültiges generelles Einfuhrverbot von Robbenpro- ukten der beste Weg wäre, um dem hunderttausendfa- hen Schlachten in der Arktis Einhalt zu gebieten. Daher ordern wir die Bundesregierung auf, die bevorstehende atspräsidentschaft zu nutzen, ein solches generelles mportverbot – wie dies übrigens für Hunde- und Kat- enfelle bereits geschehen ist – auf den Weg zu bringen. Sollte ein solches Verbot jedoch nicht schnell zu reali- ieren sein, so muss allerdings zügig ein nationales Im- ortverbot her. Ein Importverbot für Deutschland wäre übrigens kei- eswegs ein „nationaler Alleingang“. So hat beispiels- eise Italien einen befristeten Importstopp verhängt; ein elgischer Gesetzesentwurf ist bereits von der EU notifi- iert. EU-weite oder nationale Einfuhrverbote brauchen wir icht nur für die in diesem Antrag behandelten Robben- rodukte und die bereits erwähnten Hunde- und Katzen- elle. Ein weiteres drängendes Problem sind die Importe on lebenden Wildvögeln. Auch hier gilt das über die obben Gesagte: Auch wenn außerhalb Deutschlands nd der EU in unverantwortlicher Weise Tiere aus rein konomischen Beweggründen ohne Not gequält werden, ürfen wir nicht die Augen verschließen. Vielmehr sind ir gefordert, im Rahmen unserer gesetzgeberischen ompetenz alles zu tun, um solchen Missständen abzu- elfen. In der heutigen Debatte – ich erwähnte dies bereits ingangs – muss niemand in diesem Hause von unserem nliegen überzeugt werden. Aus Sicht des Tierschutzes st es ein überaus erfreulicher Umstand, dass wir einen on einem breiten überfraktionellen Konsens getragenen ntrag eingebracht haben. Politik ist häufig ein Prozess des Abwägens und Ge- ichtens verschiedener Interessen. Die Abwägung fällt ielfach schwer und führt bei den verschiedenen Fraktio- en in diesem Hause mitunter zu durchaus unterschiedli- hen Ergebnissen. In der Frage des Imports von Robben- rodukten ist die Sache anders: Wir hatten lediglich bzuwägen zwischen der Eitelkeit einzelner Zeitgenos- en einerseits, die sich mit echten oder vermeintlichen tatussymbolen wie Pelzjacken oder -stiefeln schmü- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 5655 (A) ) (B) ) cken wollen, und andererseits hunderttausendfachem blutigem Tierleid an Kanadas Küsten. Dies fiel uns leicht. Ich bin guter Hoffnung, dass sich die Bundesregie- rung im Sinne unseres Antrages einsetzen wird. Wir werden ihr dabei sehr aufmerksam über die Schulter schauen und gegebenenfalls auch „schubsen und drän- geln“, wenn wir ungeduldig werden. Ich hoffe, dass dies nicht nötig sein wird. Hans-Michael Goldmann (FDP): Die Robbenjagd in Kanada wird alljährlich von weltweiten Protesten be- gleitet. Wir alle kennen die Bilder von Jungrobben, de- ren Kulleraugen uns anklagend anblicken. Das darf uns aber nicht den Blick darauf verstellen, dass die Jagd als solche nicht verwerflich ist. Auch andere jagdbare Tiere sehen niedlich aus. Es geht um die Art und Weise. In Deutschland haben wir klare Regelungen, wie eine gute fachliche Praxis in der Jagd auszusehen hat. Das Leid der Tiere muss auf ein Minimum reduziert werden, Tiere dürfen nicht angeschossen und dann ihrem Leiden über- lassen werden. In Deutschland erbringen die Jäger als Naturnutzer einen wichtigen Beitrag zum Erhalt und zur Pflege von Fauna und Flora. Es ist mir wichtig, gerade auch in der heutigen Debatte zu verdeutlichen, dass die Arbeit unserer Jäger im Tier-, Natur-, Arten- und Um- weltschutz international Vorbildcharakter hat. Was alle Fraktionen gemeinsam in dieser Initiative anprangern, ist die Nichtbeachtung dieser fachlichen Praxis bei der Robbenjagd in Kanada. Wenn Tiere bei le- bendigem Leibe gehäutet werden, wenn viele schwer verletzte Tiere im Wasser oder auf dem Eis qualvoll ver- enden, dann dürfen wir davor nicht die Augen verschlie- ßen. Alle Appelle der Vergangenheit an die kanadische Re- gierung haben nicht gefruchtet. Es bleibt bei der trauri- gen Bilanz, dass bei der jährlichen Robbenjagd viele Tiere unnötig leiden müssen. Es zuzulassen, dass daraus wirtschaftlicher Gewinn durch die Vermarktung in Deutschland gezogen wird, ist ethisch nicht vertretbar. Die EU hat mit der Jungrobbenrichtlinie bereits ein kla- res Signal nach Kanada gesandt: Doch leider hat die Richtlinie nicht den gewünschten Effekt gezeigt. Die Robbenjagd beginnt jetzt zwar ein paar Wochen später, aber an der Art und Weise hat sich nichts geändert. Es muss daher jetzt klar gemacht werden, dass es nicht nur um den Zeitpunkt geht, sondern um die Einhaltung be- stimmter Tierschutzstandards bei der Jagd. Kanada muss sich bewusst werden, dass diese Methoden nicht hono- riert werden. Es wäre daher wünschenswert, wenn die EU sich für ein europaweites Verbot des Imports Robbenprodukten entschiede, solange die Jagd nicht guter fachlicher Pra- xis genügt. Die Bundesregierung muss sich hierfür auf europäischer Ebene einsetzen. Glücklicherweise betreibt inzwischen nicht einmal mehr die kanadische Regierung Legendenbildung, in- dem behauptet wird, die massenhafte Robbenjagd unter Inkaufnahme tierschutzwidriger Jagdmethoden diene ei- n t g R m D r d t D F s m b F l b M g z Z S n W s m z A – u w h K w v A h a e a te G n U L e w k a d D (C (D er notwendigen Bestandskontrolle. Die Robbenpopula- ion, um es hier einmal ganz klar und deutlich zu sagen, efährdet nicht die Fischbestände. Natürlich fressen obben Fische. Und natürlich konkurrieren sie damit it den Menschen, die vom Fang dieser Fische leben. och die Probleme der rückläufigen Erträge der Fische- ei auf die Robben zu schieben, ist eine unzulässige Re- uzierung komplizierter Zusammenhänge des Ökosys- ems Meer. Die Fischbestände leiden an Überfischung. ie Fischbestände leiden an der Meereserwärmung. Die ischbestände leiden an der Umweltverschmutzung. Das ind alles menschengemachte oder jedenfalls von enschlichem Handeln verstärkte Probleme. Die Rob- en können dafür nichts. Viel wichtiger für den Erhalt der Arbeitsplätze in der ischerei – in Kanada wie auch in Europa und Deutsch- and – ist es, Lösungen für diese schwerwiegenden Pro- leme zu finden. Wir müssen uns daran machen, die eeresumwelt zu schützen. Wir müssen dafür Sorge tra- en, die Klimaschutzziele weltweit konsequent umzuset- en. Und wir müssen eine nachhaltige Fischerei zum uge kommen lassen, die nicht durch Überfischung die pirale der Bestandsreduzierung immer weiter dreht. Ich habe es schon zu Beginn gesagt: Das Problem ist icht die Jagd als solche. Das Problem ist die Art und eise der Jagd und die massenhafte Tötung aus vorge- chobenen Gründen. Artenschutz ist nicht nur ein Argu- ent für den Kabeljau, sondern auch für die Robben. Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE): Um es vorweg u sagen: Wir stimmen dem fraktionsübergreifenden ntrag zu; wir haben ihn seit Beginn seiner Entstehung er geht ja auf eine Initiative der Grünen zurück – immer nterstützt. Wie der Antrag letztlich zustande gekommen ist und elche Fraktionen am Ende als Initiatoren im Kopf ste- en, ist ein absurdes Lehrstück dafür, wie der Kalte rieg in den Köpfen von CDU und CSU noch immer eiter spukt. Als Verantwortliche für Tierschutz habe ich an den orbereitenden Gesprächen für diesen interfraktionellen ntrag teilgenommen. Erst kurz vor dessen Einbringung at sich die Union gesperrt, zusammen mit der Linken uf einem Antrag zu erscheinen. Es gebe da einen Unver- inbarkeitsbeschluss. Es ist traurig, dass die Partei, die sich immer so gerne uf die Bewahrung der Schöpfung beruft, nicht den Hin- rn in der Hose hat, wenigstens punktuell mit politischen egnern zu kooperieren, wenn es um die Erhaltung der atürlichen Umwelt geht. Dass einige Gazetten diesen mstand genüsslich so zurechtbiegen, als sei es die inke, die sich einem solchen Antrag verweigert, war zu rwarten. Der Journalismus in diesem Land ist ohnehin eitgehend dem Mainstream verpflichtet. Und dann ommt eben so etwas dabei heraus. Aber geschenkt. Nun zum Inhalt. Es ist dem Antrag nzusehen, dass er einen Minimalkonsens darstellt, da ie Union in Sachen Tierschutz wie immer gebremst hat. er erste Antragsentwurf hatte die Bundesregierung 5656 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 (A) ) (B) ) noch aufgefordert, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der in Deutschland die Einfuhr und den Handel mit Produk- ten aller Robbenarten verbietet. Solche Gesetze haben auch die Niederlande und Belgien der EU-Kommission zur Notifikation vorgelegt. Auf Druck der CDU/CSU ist dieser Passus gestrichen worden. Was bleibt, ist die Anforderung, die Bundes- regierung möge national den Handel irgendwie unter- binden. Nur gemeinschaftsweit soll sie sich für ein ge- setzliches Verbot einsetzen. Damit ist der Antrag deutlich geschwächt worden. Sollte sich die EU hier überhaupt einigen, könnte das unter Umständen noch Jahre dauern. Und so lange ist dank Union auch in Deutschland der Handel mit Robbenfellen nicht gesetzlich verboten. CDU und CSU haben ebenfalls dafür gesorgt, dass eine dritte Forderung gestrichen wird, die ursprünglich im Antragsentwurf stand: Danach sollte sich die Bundes- regierung auf EU- und internationaler Ebene für ein Kennzeichnungssystem und eine Kennzeichnungspflicht für in Kleidungsstücken verarbeitete Felle einsetzen. Ohne eine solche Kennzeichnung lassen sich aber weder ein Handels- und Einfuhrverbot noch andere einschrän- kende Maßnahmen à la CDU/CSU vernünftig durchset- zen. Effiziente Kontrollmechanismen sind für die Hüter der Markwirtschaft halt Teufelszeug. Absichtserklärun- gen dagegen sind immer wohlfeil. Nun fragen vielleicht einige, warum die Linke diesen deutlich abgewerteten Antrag trotzdem unterstützt. Wir machen dies erstens, weil es ein erster Schritt ist, dem freilich weitere folgen müssen. Zweitens sehen wir hier auch eine Verpflich- tung für Frau Merkel bei der EU-Präsidentschaft, dieses Thema auf die Agenda zu nehmen. Drittens spielen wir nicht beleidigte Leberwurst, nur weil wir wieder einmal ausgegrenzt werden. Politik muss sich um Inhalte drehen und viele Themen eignen sich einfach nicht zur Profilie- rung. Inhaltlich haben meine Kollegen wohl alles gesagt, was zu sagen ist, um ein solches Verbot zu begründen. Ich möchte noch einmal unterstreichen: Nicht die Rob- ben bedrohen die Kabeljaubestände, sondern die Über- fischung der Weltmeere. Die Linke hat übrigens gerade heute eine Große Anfrage zum Meeresschutz an den Bundestag übermittelt. Wir dürfen nicht zulassen, dass aus wirtschaftlichen Interessen der Artenschutz unterlaufen und der Tier- schutz sträflich missachtet wird. Das grausame Ab- schlachten der Tiere auf dem Eis muss endlich ein Ende haben. Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich bin froh, dass wir heute endlich den Antrag behandeln und verabschieden, mit dem wir das Verbot der Einfuhr und des Handels von Robbenprodukten auf den Weg bringen. Dafür haben wir Grüne uns lange eingesetzt. Die Initiative für diesen konkreten Antrag hatten wir bereits im Frühjahr ergriffen. Die Meinungsbildung hat einige Monate gedauert, und wir mussten etliche Hürden überwinden, aber heute ist es endlich so weit. Ich möchte hier noch einmal kurz begründen, warum uns dieses Anliegen so wichtig ist. Weltweit werden j a j G n K a n d v J G R s F s F B k g v f r b l v d g n A d h D d r L f d d A j D h V d d a w K h d n m w d R (C (D edes Jahr Hunderttausende Robben auf grausame Weise bgeschlachtet. Den größten Teil töten die Kanadier all- ährlich bei der kommerziellen Robbenjagd im Frühjahr. ejagt werden vor allem Jungtiere. Seit der Wiederauf- ahme der Robbenjagd im Jahr 1996 wurden allein in anada über 3 Millionen Sattelrobben getötet. Bezogen uf das Jahr 2006 waren es 335 000 Tiere. Die Bilder über die Robbenjagd sorgen jedes Jahr er- eut für große weltweite Entrüstung. Das liegt vor allem aran, dass dieses blutige Handwerk in der Praxis weit on tierschutzgerechter Tötung und dem, was wir unter agd verstehen, entfernt ist. Filmaufnahmen belegen die rausamkeit der Robbenjagd. Die Beteuerungen der obbenfänger und auch des Pelzhandels – Sie haben icher wie ich entsprechende Briefe bekommen –, die angmethoden hätten sich mittlerweile geändert und eien nunmehr tierschutzgerecht, können durch aktuelles ilmmaterial eindeutig widerlegt werden. Auch die ehauptungen über die Fairness der Robbenjagd, die der anadische Regierungsvertreter bei uns im Ausschuss emacht hat, konnten durch Fotos und Filme eindrucks- oll als unwahr widerlegt werden. Dies war, wie ich inde, ein sehr beschämender Vorgang. Von der regie- ungsoffiziellen Robbenjägerlobby schlicht und einfach elogen zu werden, hat, so war mein Eindruck, wesent- ich dazu beigetragen, dass der Antrag heute eine breite, oraussichtlich sogar einstimmige Mehrheit finden wird. Es sind aber nicht nur Tierschutzaspekte, die uns zu er Entscheidung geführt haben, dass die Robbenjagd estoppt werden muss. Das Robbenschlachten steht auch icht mit den Anforderungen der Nachhaltigkeit und des rtenschutzes in Einklang: Es besteht die Gefahr, dass ie hohen Jagdquoten den Erhalt der Population bedro- en, insbesondere weil es weitere Risikofaktoren gibt. as sind neben dem Beifang bei der Fischerei vor allem ie Klimaänderungen und die damit drohende Zerstö- ung des Lebensraumes. Was für die Einschränkung des ebensraumes des Eisbären zutrifft, gilt letztendlich auch ür die Robben: Die sommerliche Meereseisbedeckung er Arktis geht zusehends zurück und wird bis zur Mitte ieses Jahrhunderts bis auf Relikte verschwunden sein. uch die Eisbedeckung im Winter und Frühjahr wird auf eden Fall in Ausdehnung und Dicke deutlich geringer. ies wird erheblichen Einfluss auf die Populationen aben, da Arten wie Sattelrobbe und Klappmütze zur ermehrung auf Packeis angewiesen sind. Sieht man von der traditionellen und deswegen aus- rücklich erlaubten Jagd der Inuit ab, ist die Robbenjagd arüber hinaus überflüssig, da es für das Fell und für die nderen Produkte, die von diesen Seehunden hergestellt erden, zahlreiche Alternativen gibt. Fleisch, Fett und leidung sind auch ohne Robbenjagd ausreichend vor- anden. Das Einfuhr- und Handelsverbot für alle Robbenpro- ukte in Deutschland allein wird das Robbenschlachten icht stoppen. Es werden noch viel mehr Länder folgen üssen, um das Morden zu beenden. Aber es ist das, as Deutschland im Augenblick tun kann. Und es ist ein eutliches Signal an die Nationen, die noch heute die obbenjagd betreiben. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 5657 (A) ) (B) ) Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, die monatelange Verzögerung auf dem Weg zu diesem ge- meinsamen Antrag war auf ganz wenige Akteure bei der CDU zurückzuführen. Von Anfang an gab es bei Ihnen Befürworter für ein gemeinsames Vorgehen. Blockiert hat dieses Vorhaben vor allem Ihr agrarpolitischer Spre- cher. Ich denke, Sie haben sich damit keinen Gefallen getan; und ich hoffe, Sie ziehen daraus für die Zukunft ihre Schlussfolgerungen. Ich bedaure es im Übrigen sehr, dass die Union letzt- lich nur zu einer Zustimmung zu bewegen war, wenn die Fraktion der Linken von der Antragstellung ausgeschlos- sen bleibt, obwohl sie unseren Antrag unterstützt und wir sie von Anfang an in die interfraktionellen Abstim- mungen zum Thema einbezogen haben. Ich meine, diese Prinzipienreiterei und diese Art des Umgangs mit dem politischen Konkurrenten hier im Deutschen Bundestag schaden der politischen Kultur und dem Ansehen der Po- litik in Deutschland sehr. Ich denke, die Bürger hätten ein besseres Bild von der Politik, wenn sie sehen wür- den, dass Politiker dort zu einem gemeinsamen Agieren in der Lage sind, wo Einigkeit in der Überzeugung herrscht. Aber wir konnten und wollten den Erfolg in der Sache an diesem Punkt nicht gefährden und den Antrag nicht an dieser Frage scheitern lassen. Letztlich ist dies eine Auseinandersetzung, die die Fraktion der Linken mit der Union fuhren muss. Ich möchte hier aber klar und deutlich zum Ausdruck bringen, dass wir diese Aus- grenzung missbilligen und keinesfalls mit betreiben. Zum Schluss meiner Rede möchte ich an die Bundes- regierung appellieren, unseren heutigen Beschluss zügig umzusetzen. Denn der Beschluss selber ist erst einmal nicht mehr als eine Willensbekundung. Die Bundes- regierung muss ihre Ratspräsidentschaft im nächsten Jahr nutzen, um auch dort auf eine schnelle Umsetzung des Beschlusses des Europäischen Parlamentes zuguns- ten eines Handelsverbotes für Robbenprodukte in der EU zu drängen. Außerdem muss die Bundesregierung zügig die nöti- gen Gesetz- und Verordnungsentwürfe erarbeiten und vorlegen. Ich hoffe, hier gibt es in den Ministerien keinen hinhaltenden Widerstand, sondern den festen Willen, die Beschlüsse des Bundestages auch umzusetzen. Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung der Anträge: – Umfassenden Feldversuch über die Vor- und Nachteile von 60-Tonnen-LKW starten – Keine 60-Tonnen-LKW auf deutschen Stra- ßen (Tagesordnungspunkt 20 und Zusatztagesord- nungspunkt 11) Hubert Deittert (CDU/CSU): Wir beraten heute zwei Anträge der Oppositionsfraktionen zum Thema „60-Tonnen-LKW auf deutschen Straßen“. Hintergrund f n E P g g V r s r a k a s z r n s l k W l s u t m D d h g d S c r L k s E h v w k d d N V o m k w ß G Z d (C (D ür die Debatte um größere Lastkraftwagen ist das zu- ehmende Verkehrsaufkommen in Deutschland und in uropa und die damit einhergehenden Belastungen. Die rognosen im Bundesverkehrswegeplan gehen im Ver- leichszeitraum 1997 bis 2015 von massiven Steigerun- en der Verkehrsleistungen aus. Demnach werden die erkehrsleistungen im Personenverkehr in diesem Zeit- aum um 20 Prozent und im Güterverkehr um 64 Prozent teigen. Neuere Prognosen gehen sogar von noch höhe- en jährlichen Zuwachsraten, als bislang angenommen, us. Nach dem sprunghaft angestiegenen Verkehrsauf- ommen zwischen neuen und alten EU-Mitgliedstaaten ls Folge der EU-Osterweiterung am 1. Mai 2004 hat ich diese Entwicklung im Jahr 2005 fortgesetzt. Dies ist unächst einmal eine erfreuliche Entwicklung; denn ein eger Güteraustausch ist ein Zeichen für einen funktio- ierenden Binnenmarkt und für das wirtschaftliche Zu- ammenwachsen Europas. Um den wachsenden Verkehr in Deutschland mög- ichst störungsfrei zu bewältigen, werden wir alle Ver- ehrsträger brauchen, das heißt Straße, Schiene und asserweg. Es sind deshalb alle Rationalisierungsmög- ichkeiten zu nutzen; das gilt insbesondere für die Um- chlageinrichtungen. Ich sehe gerade auch bei Schiene nd Wasserstraße noch erhebliche Reserven, die mit ver- retbarem Aufwand zu erschließen sind. Den Großteil des wachsenden Güterverkehrsaufkom- ens wird allerdings die Straße zu bewältigen haben. ies bedeutet eine zusätzliche Belastung unserer Bun- esfernstraßen. Eine vorausschauende Verkehrspolitik at sich darauf einzustellen. Als Regierungskoalition tra- en wir dieser Entwicklung Rechnung. Wir sind dabei, en zu Recht beklagten Investitionsstau der letzten Jahre chritt für Schritt aufzulösen. Bis 2009 werden zusätzli- he 4,3 Milliarden Euro für Infrastrukturmaßnahmen be- eitgestellt. Mit einem „Masterplan Güterverkehr und ogistik“ wollen wir die intelligente Vernetzung der Ver- ehrsträger und damit eine höhere Effizienz und Wirt- chaftlichkeit des gesamten Verkehrssystems erreichen. ine weitere wichtige Maßnahme in diesem Zusammen- ang ist die Planungsbeschleunigung für Infrastruktur- orhaben. Auch innovative Fahrzeugkonzepte können einen ichtigen Beitrag zur Bewältigung des steigenden Ver- ehrsaufkommens leisten. Vor diesem Hintergrund for- ert die FDP-Fraktion in ihrem Antrag, einen umfassen- en deutschlandweiten Feldversuch über die Vor- und achteile von 60-Tonnen-LKW zu starten. Ein mit den erbänden abgestimmter Versuch soll die Frage klären, b durch den Einsatz von 60-Tonnen-LKW ein wirksa- er Beitrag zur Entlastung der Straße geleistet werden ann. Allerdings sind die betroffenen Verbände sich keines- egs einig in der Beurteilung von Sinn und Nutzen grö- erer LKW. Während der Bundesverband des Deutschen roß- und Außenhandels davon ausgeht, dass durch eine ulassung nahezu das gesamte Güterverkehrswachstum er nächsten Jahre aufgefangen werden könne, sieht der 5658 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 (A) ) (B) ) Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsor- gung hier noch viele offene Fragen. Das Thema „60-Tonnen-LKW“ ist nicht neu. Bereits in der vergangenen Legislaturperiode haben wir uns da- mit beschäftigt. Die Vorteile größerer Lastkraftwagen liegen in einem niedrigeren spezifischen Kraftstoffver- brauch, niedrigeren spezifischen Emissionen und in ge- ringeren Transportkosten. Die Befürworter versprechen sich von ihrem Einsatz eine Reduzierung der Zahl der LKW-Fahrten und damit einen Beitrag zur Entlastung von Umwelt und Straßen. Skeptiker äußern hingegen die Befürchtung, dass durch die Senkung der Transportkos- ten genau das Gegenteil des gewünschten Effektes ein- tritt, nämlich die Rückverlagerung vom kombinierten Verkehr Schiene-Straße auf die Straße. Dieser Einwand ist jedenfalls nicht einfach von der Hand zu weisen. Ob die Gleichung aufgeht, hängt von vielen Faktoren ab. Dem unbestreitbaren rein rechnerischen Nutzen grö- ßerer Lastkraftwagen sind die absehbaren Kosten gegen- überzustellen. Eines der zentralen Probleme in der Diskussion um die Zulassung der 60-Tonner ist die Be- lastbarkeit unserer Straßen und Brücken. Für die Belas- tung von Brücken ist nicht die geringere Achslast ent- scheidend, sondern das höhere Gesamtgewicht. Viele Brücken sind aber nicht für ein solches Gewicht ausge- legt. Sie könnten durch eine zu hohe Belastung beschä- digt werden und im schlimmsten Fall sogar zusammen- brechen. Ein einzelner 60-Tonnen-LKW stellt sicherlich kein Problem dar. Was aber passiert zum Beispiel bei ei- nem Stau mehrerer 60-Tonner auf einer Brücke? Einige Brücken stoßen bereits heute an ihre Belastungsgrenze. Um diese Bauwerke flächendeckend für die schweren LKW sicher zu machen, wären umfangreiche Baumaß- nahmen erforderlich. Es spricht also einiges dafür, einen eventuellen Einsatz auf genau definierte Strecken zu be- grenzen. Veränderte Fahrzeugmaße werfen darüber hinaus eine Reihe praktischer Fragen auf, die vor allem die Ver- kehrssicherheit betreffen. Ich nenne nur einige Punkte: Die Kurvenradien an Autobahnauffahrten, an Abfahrten und in Kreisverkehren sind für Fahrzeuge mit einer Ge- samtlänge von über 25 Metern zu eng. Und wie steht es um die Akzeptanz der anderen Verkehrsteilnehmer? Überholvorgänge werden länger und damit potenziell gefährlicher. Gibt es ein erhöhtes Unfallrisiko größerer Fahrzeuge und mit welchen Unfallfolgen ist – etwa bei einem Aufprall auf einen Brückenpfeiler – zu rechnen? Sind die LKW-Plätze auf Park- und Rastplätzen ausrei- chend groß? Schließlich möchte ich noch eine grundsätzliche Frage stellen: Was kommt eigentlich nach dem 60-Ton- nen-LKW? Wo liegt die Grenze des technisch Be- herrschbaren? In Australien fahren LKW-Züge von 53 Metern Länge. Dies wäre für deutsche Verhältnisse eindeutig zu viel. Aber auch die Erfahrungen aus Schwe- den oder Finnland mit 60-Tonnern lassen sich wegen der unterschiedlichen Geografie nicht eins zu eins auf Deutschland übertragen. Hier kritisch nachzufragen heißt nicht, sich grund- sätzlich gegen Innovationen im Fahrzeugbereich zu s d g s e W ß G e h n B g d a A d U C t d Z A l h g k W P s z l d d z z s t g s b E t d z n (C (D perren. Eine pauschale Ablehnung, wie es im Antrag er Grünen gefordert wird, halte ich deshalb für überzo- en. Ich denke, wir sind gut beraten, die Argumente orgfältig zu prüfen und abzuwägen, bevor wir zu einer ndgültigen Entscheidung über eine Zulassung kommen. ie Sie wissen, untersucht die Bundesanstalt für Stra- enwesen zurzeit die Beanspruchungssituation und renztragfähigkeit verschiedener Brückenbauwerke bei inem Verkehr mit Fahrzeugen bis 60 Tonnen. Darüber inaus sind in mehreren Bundesländern befristete Aus- ahmegenehmigungen für den Betrieb erteilt worden. In aden-Württemberg zum Beispiel ist diese Genehmi- ung an eine Reihe von Bedingungen geknüpft. So ist ort die wissenschaftliche Begleitung durch die Bundes- nstalt für Straßenwesen sichergestellt. Zwischen- und bschlussberichte sind vorgesehen. Bevor wir einen deutschlandweiten Feldversuch urchführen, sollten wir die Ergebnisse der laufenden ntersuchungen abwarten und auswerten. Wir als CDU/ SU-Fraktion werden uns nach einer sorgfältigen Bera- ung im Fachausschuss ein Urteil bilden. Die Notwen- igkeit einer weiteren aufwendigen Studie zum jetzigen eitpunkt kann ich allerdings nicht erkennen. nlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Durchsetzung der Verbraucherschutzge- setze bei innergemeinschaftlichen Verstößen (Zusatztagesordnungspunkt 12) Julia Klöckner (CDU/CSU): Das Einkaufen im Aus- and ist heute selbstverständlich. Ob Lebensmittel, Haus- altsgeräte, Versicherungen oder Reisebuchungen, der renzüberschreitende Waren- und Dienstleistungsver- ehr bereichert das Angebot, die Wahlfreiheit und den ettbewerb. Das kommt dem Verbraucher zugute. Das ist die eine Seite. Die andere jedoch bringt das roblem des Verbraucherschutzes zutage. Die EU sorgt ich zwar um deren Harmonisierung, aber die Durchset- ung dieser Rechte war bislang das Problem. Wenn näm- ich zum Beispiel das Fernsehgerät aus Frankreich nicht as hält, was die Werbung versprochen hat, dann hatte er Verbraucher bisher Schwierigkeiten, an sein Recht u kommen. Mit dem neuen Gesetz zur Umsetzung zur Durchset- ung der Verbraucherschutzgesetze bei innergemein- chaftlichen Verstößen wird dies nun anders. Einem Un- ernehmen, das bei seinen europaweiten Geschäften egen die Rechte der Verbraucher verstößt, kann jetzt chneller und leichter das Handwerk gelegt werden. Ne- en der Stärkung der Verbraucherrechte auf europäischer bene bedeutet dies aber auch eine Stärkung des Wachs- umspotenzials für den europäischen Binnenmarkt. Denn urch diese Ausweitung auf europäischer Ebene werden ukünftig noch mehr Kunden den europäischen Markt utzen. Damit werden also nicht nur die Verbraucher- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 5659 (A) ) (B) ) rechte, sondern auch europäische Wirtschaftsinteressen gestärkt. Ausgangsbasis für den heutigen Gesetzesentwurf ist die EG-Verordnung, die die Durchsetzung von Verbrau- cherrechten bei grenzüberschreitenden Verstößen gegen Gesetze zum Schütze der Verbraucher verbessern will. Damit sind alle Mitgliedstaaten verpflichtet, eine zen- trale Verbindungsstelle und eine oder auch mehrere für die Durchsetzung zuständige Behörden zu benennen. Dabei umfasst die EG-Verordnung Fälle innergemein- schaftlicher Verstöße gegen kollektive Verbraucherinte- ressen über Grenzen in der EU hinweg, also dann, wenn ein Unternehmen aus Mitgliedstaat A gegen Verbrau- cherrecht im Mitgliedstaat B verstößt. Hier kann das neue Behördennetz tätig werden. Es erfasst aber keine Verstöße, die nur innerhalb eines Mitgliedstaats erfol- gen. Mit diesem Gesetz soll vielmehr der kollektive Ver- braucherschutz auf europäischer Ebene angeglichen und harmonisiert werden. Das heißt konkret: Eine Behörde muss auf Ersuchen einer Schwesterbehörde eines EU-Nachbarlandes alles Erforderliche tun, um festzustellen, ob, wie behauptet, ein Verstoß gegen Verbraucherrechte vorliegt. Sie muss die relevanten Unterlagen bei dem Unternehmen einse- hen und Auskünfte geben können. Und auch die Ermitt- lung vor Ort gehört dazu. Dies ist sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung und ein deutliches Zeichen, um illegalen Praktiken einen Riegel vorzuschieben. Denn mit dem Gesetz, können grenzüberschreitende Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht, wie zum Beispiel irreführende oder aggressive Werbepraktiken, unzuläs- sige Vertragsklauseln, die Nichteinhaltung der Vorschrif- ten über das Fernsehabsatzrecht, Verstöße bei Haustür- geschäften, aber auch des Pauschalreiserechts oder des Arzneimittelrechts von den Behörden oder den von ih- nen beauftragten Organisationen verfolgt werden. Vo- raussetzung, damit die Behörden eingreifen können, ist: Kollektive Verbraucherschutzinteressen müssen betrof- fen sein. Wie sieht nun die konkrete Anwendung der EG-Ver- ordnung in Deutschland aus? Mit dem Entwurf des EG- Verbraucherschutzdurchsetzungsgesetzes werden die Voraussetzungen für die tatsächliche Anwendbarkeit der Verordnung bis Ende Dezember in Deutschland geschaf- fen. Hierzu zählen die Benennung der zentralen Verbin- dungsstelle, die Benennung der zuständigen Behörden, die Regelung der erforderlichen Zwangsbefugnisse und die Regelung der Einbeziehung geeigneter dritter Stellen – insbesondere von Verbraucherzentralen – zur Einstel- lung von Verstößen. Kurz zu der Benennung der zentralen Verbindungs- stelle: Als zentrale Verbindungsstelle wird das Bundes- amt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit benannt. Dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit obliegt es damit, die Kommuni- kation mit den zuständigen nationalen Behörden und in- nerhalb des europäischen Netzwerkes sicherzustellen. Unmittelbare exekutive Befugnisse wird das BVL nicht haben. Mit der Entscheidung für das Bundesamt für Ver- b W V r L i d a d F w i w g P t D w b b w k g e s d g v W b g V s s h o w t d a b d e E d s k n c B V d R (C (D raucherschutz und Lebensmittelsicherheit ist eine gute ahl getroffen worden Diese Behörde hat die richtigen oraussetzungen, um als zentrales Bindeglied zu fungie- en. Neben dem Bundesamt für Verbraucherschutz und ebensmittelsicherheit, das für alle Verstöße zuständig st, die nicht aufgrund spezieller Regelungen durch an- ere Behörden verfolgt werden, wird auch die Bundes- nstalt für Finanzdienstleistungen und das Luftfahrtbun- esamt in Erscheinung treten. Die Bundesanstalt für inanzdienstleistungsaufsicht wird vorrangig dann tätig, enn es sich um Verstöße handelt, die von Unternehmen m Bereich des Bank-, Versicherungs- oder Wertpapier- esens begangen werden. Und das Luftfahrtbundesamt reift ein, wenn Verstöße gegen die EU-Verordnung über assagierrechte bei Annullierungen und großen Verspä- ungen im Luftverkehr vorliegen. Soweit auf Länderebene bereits Behörden mit der urchführung von Gesetzen befasst sind, die vom An- endungsbereich der Verordnung betroffen werden, leiben die Länderzuständigkeiten unberührt. Dies gilt ei der Fernsehrichtlinie, der Preisangabenrichtlinie so- ie der Richtlinie zur Schaffung eines Gemeinschafts- odexes für Humanarzneimittel. Die Verordnung gestattet unter bestimmten Bedin- ungen, dass die Behörde nicht selbst tätig wird, sondern ine geeignete dritte Stelle mit der Einstellung des Ver- toßes beauftragt. Zu diesem Zwecke werden die zustän- igen Behörden ermächtigt, Rahmenvereinbarungen mit eeigneten Stellen abzuschließen. Geeignete Stellen sind or allem Verbraucherzentralen, aber auch Verbände der irtschaft, wie die Wettbewerbszentrale. Die Eignung estimmt sich nach den Vorgaben des Unterlassungskla- engesetzes. Dieses regelt, welche Vereinigungen gegen erbraucherschutzinteressen beeinträchtigende Ver- töße vorgehen können. Denn eines ist auch klar: Wir wollen mit diesem Ge- etz so wenig Bürokratie wie möglich schaffen und des- alb in der Praxis versuchen, die Verbraucherzentralen der die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbe- erbs mit der Verfolgung von Rechtsverstößen zu beauf- ragen. So können wir sicherstellen, dass auch zukünftig as bewährte System erhalten bleibt. Ich denke, dies ist uch in Richtung der Verbraucherzentralen und der Ver- ände der Wirtschaft ein wichtiges Signal. Da es sich bei der Verordnung um unmittelbar gelten- es Recht handelt, kann der nationale Gesetzgeber nur in ngen Grenzen Durchführungsregeln erlassen. In dem ntwurf werden deshalb nur die Regelungen getroffen, ie für die tatsächliche Anwendbarkeit unverzichtbar ind. Soweit nicht bereits behördliche Spezialzuständig- eiten bestehen, wird das BVL auf Bundesebene die Ge- eralzuständigkeit als Durchsetzungsbehörde haben. Mit der Zuständigkeit des Bundesamtes für Verbrau- herschutz und Lebensmittelsicherheit und damit des undesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und erbraucherschutz wird der Tatsache Rechung getragen, ass es sich bei der Durchsetzung verschiedenster echtsvorschriften zugunsten der Verbraucher bei grenz- 5660 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 (A) ) (B) ) überschreitenden Verstößen in einem europaweiten Be- hördennetzwerk um eine klassische Querschnittsaufgabe handelt. Der Koalitionsvertrag definiert den Verbrau- cherschutz ausdrücklich als Querschnittsaufgabe. Diese Funktion soll und wird das Bundesministerium für Er- nährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz ausfül- len. Insgesamt ist dieses Verbraucherschutzdurchset- zungsgesetz die richtige Antwort, um unseriösen Ge- schäftspraktiken einen Riegel vorzuschieben, die kollek- tiven Verbraucherrechte zu stärken und auf europäischer Ebene zu harmonisieren. Die Bundesregierung nimmt den praktisch anwendbaren Verbraucherschutz zum Wohle aller Bürgerinnen und Bürger Deutschlands ernst. Elvira Drobinski-Weiß (SPD): Wir haben heute ei- nen komplizierten Gesetzentwurf vorliegen, der zeigt, wie schwierig es in Deutschland ist, Verbraucherrechte durchzusetzen. Kompliziert, aber gut und wichtig; denn damit sollen die unverzichtbaren Voraussetzungen für die Umsetzung der EU-Verordnung 2006/2004 über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz in nationales Recht geschaffen werden. Die EU-Verordnung ist bereits Ende Dezember 2004 in Kraft getreten. Sie wird gestaffelt wirksam. Zum Teil ist Deutschland mit der Umsetzung in Verzug. Ziel der Verordnung ist es, innerhalb der Europäischen Union ein Netzwerk von Verbraucherschutzbehörden zu errichten, die sich gegenseitig bei der Durchsetzung von Maßnah- men im Falle grenzüberschreitender Verstöße gegen kol- lektive Verbraucherinteressen unterstützen. Bis Ende 2006 soll das Netz der Kontaktstellen für Verbraucherin- nen und Verbraucher in der ganzen EU aufgebaut sein. Was heißt das konkret für Verbraucherinnen und Ver- braucher? Ich will ein Beispiel nennen: Es kommt immer wieder vor, dass Fluggesellschaften Flüge grundlos und ohne Entschädigung absagen. Das ist nicht nur ärgerlich, das verletzt die Rechte des Fluggastes. Hierbei handelt es sich um ein typisches grenzüberschreitendes Problem, da der Fluggast und die Fluggesellschaft oft nicht aus demselben Mitgliedstaat stammen. Weil sich diese Fälle häufen, wird hier ein kollektives Verbraucherinteresse sichtbar. Für diesen Bereich der Fluggastrechte gibt es bereits eine entsprechende Verordnung, die es den Ver- brauchern ermöglicht, effektiv ihre Rechte geltend zu machen. Aber das ist bisher die Ausnahme. Der heute vorliegende Gesetzentwurf stärkt nun gene- rell die Rechte von Verbraucherinnen und Verbrauchern gegenüber grenzüberschreitenden Verstößen. Denn wo die Verbraucher bisher auf den beschwerlichen, weil in- dividuellen Zivilrechtsweg verzichtet haben, werden Verbraucherinteressen mit diesem Gesetz nun gebündelt und von Behörden bzw. Verbänden durchgesetzt. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, eine zentrale Verbindungsstelle und die für die Durchsetzung von konkreten Maßnahmen zuständigen Behörden zu benen- nen. Die zuständigen Behörden müssen über die in der Verordnung vorgesehenen Befugnisse verfügen, um ge- gen die Verletzung kollektiver Verbraucherrechte vorge- h n D D c b v V a o V v w B H d s Z e z b N b a s d G d g w p e G d f ü w u t p s Z c B U z l d d n f d D f s (C (D en zu können. Unter bestimmten Voraussetzungen kön- en Behörden hierzu auch geeignete Dritte einschalten. amit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass in eutschland, anders als in anderen Mitgliedstaaten, übli- herweise Verstöße gegen Verbraucherrechte durch Ver- raucherschutz- oder Wirtschaftsverbände auf dem Zi- ilrechtsweg verfolgt werden. Erfasst werden nur erstöße, die einen grenzüberschreitenden Bezug haben; uf rein nationale Sachverhalte sind weder die EG-Ver- rdnung noch das nationale Gesetz anwendbar. Die EG- erordnung dient auch nicht der Durchsetzung von Indi- idualansprüchen der Verbraucher. Der Gesetzentwurf trifft nur insoweit Regelungen, ie dies erforderlich ist, um die grenzüberschreitende ehördenzusammenarbeit in der Praxis zu ermöglichen. ierzu zählen die Benennung der zentralen Verbin- ungsstelle, die Benennung der für die Durchsetzung zu- tändigen Behörden, die Regelung der erforderlichen wangsbefugnisse, die Regelung der Einbeziehung ge- igneter dritter Stellen, insbesondere von Verbraucher- entralen, zur Einstellung von Verstößen. Zentrale Ver- indungsstelle, die für die Kommunikation innerhalb des etzwerks zuständig ist, wird das Bundesamt für Ver- raucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Das BVL ist uch die für die Durchsetzung der Verbraucherrechte zu- tändige Behörde, soweit nicht auf Bundes- oder Lan- esebene bereits Spezialzuständigkeiten bestehen. Der esetzentwurf sieht vor, dass Fälle grenzüberschreiten- er Verletzungen von Verbraucherrechten vorrangig an eeignete dritte Stellen abgegeben werden sollen. Damit ird sichergestellt, dass auch künftig das erfolgreiche rivatrechtliche Durchsetzungssystem in Deutschland rhalten bleibt. Das Unterlassungsklagengesetz und das esetz gegen den unlauteren Wettbewerb werden geän- ert, um Verbraucherverbänden und sonstigen klagebe- ugten Einrichtungen ein Tätigwerden auch in grenz- berschreitenden Fällen zu ermöglichen. Die Anwendung dieser europäischen Verordnung ird in Deutschland die Rechte der Verbraucherinnen nd Verbraucher bei grenzüberschreitenden Sachverhal- en stärken. Im Interesse der Verbraucher müssen euro- äische Netzwerke von Verbraucherschutzzentren einer- eits und von Verbraucherschutzbehörden andererseits in ukunft untereinander stärker vernetzt werden. Die Sa- he eilt: Laut EU-Kommission haben zum Beispiel im ereich Onlinegeschäfte die meisten Beschwerden ihren rsprung in Deutschland. Wir müssen unseren Beitrag um Aufbau des EU-weiten Kontaktstellennetzwerk eisten. Hans-Michael Goldmann (FDP): Nicht zuletzt bei en unlängst bekannt gewordenen Gammelfleischskan- alen hat sich gezeigt, dass Verbraucherschutzverstöße icht an nationalen Grenzen halt machen. Gammel- leisch aus München wurde nicht nur innerhalb der Bun- esrepublik, sondern auch in andere Länder verkauft. aher ist es richtig und wichtig, verbesserte Regelungen ür die Verfolgung von Verstößen gegen Verbraucher- chutzgesetze innerhalb der EU zu schaffen. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 5661 (A) ) (B) ) Doch die Gammelfleischskandale haben auch die Er- kenntnis gebracht, dass Systeme zur Verfolgung von Verbraucherschutzverstößen über Grenzen hinweg keine Selbstläufer sind. Es reicht nicht, die Möglichkeit zum Anlegen elektronischer Akten über Gammelfleischhänd- ler über unsere föderalen Ländergrenzen hinweg zu schaffen – sie muss vor allem genutzt werden. Das Pro- blem fängt also schon im Lande an. Jetzt soll über Staatengrenzen hinweg die Zusammen- arbeit der Verbraucherbehörden verbessert werden. Ich muss schon sagen, dass ich das für ein ambitioniertes Ziel halte, wenn die Zusammenarbeit schon zwischen den Bundesländern nicht richtig funktioniert. Das Pro- blem zeigt sich ja auch schon in dem vorliegenden Gesetzentwurf: § 2 – Zuständige Behörde – ist ein sehr einprägsames Beispiel unserer heillos unübersichtlichen Kompetenzen im Verbraucherbereich. Zentrale Verbin- dungsstelle soll das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit werden, auch, wie es ausdrück- lich im Gesetzentwurf steht, für solche Fälle, in denen die eigentliche Rechtsdurchsetzung anderen Behören, beispielsweise Kommunalbehörden, obliegt. Das BVL soll mithin gegenüber der EU dafür Rede und Antwort stehen, was die Passauer Lebensmittelkontrollbehörde tut oder lässt. Da würde es mich schon sehr interessieren, wie sich die Bundesregierung das praktisch vorstellt, welche Systeme da vorgehalten werden, um eine rei- bungslose Kommunikation schon innerhalb Deutsch- lands zu gewährleisten. Ungeklärt ist auch, wie das BVL, dessen fachlicher Aufgabenbereich bislang die Bereiche Verbraucherschutz bei Lebensmitteln, Kosmetika, Textilien und Spielzeug, Futtermitteln, Pflanzenschutz, Tierarzneimittel und Gen- technik umfasst, sich nunmehr um alle Fragen des recht- lichen und wirtschaftlichen Verbraucherschutzes küm- mern soll, einmal als zentrale Verbindungsstelle, vor allem aber als originär zuständige Behörde. Damit wird die Fachkompetenz um ein vielfaches ausgeweitet. Ich möchte einmal ein paar Beispiele nennen: irreführende Werbung, Haustürgeschäfte, Verbraucherkreditgeschäfte, Nichterbringung von Leistungen bei Pauschalreisen, missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, Teil- nutzungsrechte an Grundstücken, E-Commerce, Fernab- satzgeschäfte, Entschädigung für Ausfälle von Flügen. Nur für spezielle Fachbereiche sollen andere Behörden fachlich zuständig sein, so das BAFin, die Luftsicher- heitsbehörde und andere. Auch bei diesen Behörden muss die Frage gestellt werden, welcher Arbeitsaufwand zu erwarten ist und wie dieser geschultert werden soll. Doch mein besonderes Augenmerk gilt dem BVL. Zu der umfänglichen Ausweitung von deren Kompetenzen will meines Erachtens nicht passen, dass die Mittel für das BVL im aktuellen Haushaltsansatz nicht entspre- chend angepasst werden. Eine solche Kompetenzerweite- rung muss doch mit einer Aufstockung bei entsprechend fachkompetentem Personal und nicht zuletzt mit dem Aufbau der entsprechenden Infrastruktur zur Vernetzung mit Länder- und Kommunalbehörden wie auch anderen Bundesbehörden einhergehen. d g b ü V B j D B f d f d i R F w G g M w f S e g e S d b w V t L B v u g G b t s p z i P h D r f d f (C (D Doch nicht nur im organisatorischen Bereich weist as Gesetz Mängel auf. Auch inhaltlich muss nach- ebessert werden. Die zuständigen Verbraucherschutz- ehörden erhalten durch das Gesetz die Befugnis, grenz- berschreitende Verstöße gegen Gesetze zum Schutz von erbraucherinteressen zu verfolgen – beispielsweise durch eschlagnahme oder Durchsuchung. In dem Gesetz wird edoch nicht klargestellt, dass die Beschlagnahme- und urchsuchungsverbote, die in Deutschland für die freien erufe wie Rechtsanwälte oder Ärzte gelten, hier eben- alls Anwendung finden müssen. Der Schutz des beson- eren Vertrauensverhältnisses zwischen Vertretern der reien Berufe und den Bürgerinnen und Bürgern, die eren Dienstleistungen in Anspruch nehmen, muss auch n der innergemeinschaftlichen, grenzüberschreitenden echtsverfolgung gewahrt bleiben. Das Gesetz birgt noch viele Fallstricke. Die FDP- raktion wird daher im Ausschuss für Ernährung, Land- irtschaft und Verbraucherschutz eine Anhörung zu dem esetzentwurf beantragen. Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE): Der vorlie- ende Gesetzentwurf macht klar: Was wir vor einem onat vorgeschlagen haben, ist doch möglich, auch enn es von der Regierungskoalition abgelehnt wurde. Wir hatten angesichts der Neuauflage des Gammel- leischskandals gefordert, dass die unterschiedlichen tandards der Lebensmittelkontrollen in den Ländern in inem Bund-Länder-Staatsvertrag endlich bundesweit eregelt und angehoben werden müssen. Wir forderten in bundesweites Qualitätsmanagement, das die chwachstellen analysieren und beseitigen muss. Damit as Qualitätsmanagement funktioniert, sollte die Le- ensmittelkontrolle der Länder einer unabhängigen Aus- ertung unterzogen werden. Dafür sollte laut unserem orschlag eines Bund-Länder-Staatsvertrags eine Audi- ierung durch das Bundesamt für Verbraucherschutz und ebensmittelsicherheit eingerichtet werden. An die Spitze des Qualitätsmanagements sollte das VL gestellt werden, assistiert von einem im Rotations- erfahren wechselnden Bundesland. Damals ging es uns m die Konsequenzen aus dem bundesweiten, aber auch renzübergreifenden Vertrieb von Gammelfleisch. Heute, nur einen Monat später, geht es wieder um ein esetz, das die Durchsetzungsmöglichkeiten von ver- raucherschützenden Vorschriften im grenzüberschrei- enden Verkehr von Waren und Dienstleistungen verbes- ern soll. Nehmen wir das Beispiel von unlauteren Geschäfts- raktiken, die von einer deutschen Firma ausgehen, und war als Verstöße gegen die Lebensmittelsicherheit oder rreführende und aggressive Werbung oder falsche reisangaben. In diesen Fällen soll die ausländische Be- örde in Deutschland um Amtshilfe ersuchen können. ie EU-Verordnung schreibt vor, dass die Bundes- epublik eine „Zentrale Verbindungsstelle“ zum Emp- ang und zur Weiterleitung dieser Amtshilfeersuchen an ie zuständige Behörde hat. Zur Erledigung der Amtshil- eersuchen muss die Bundesregierung außerdem die 5662 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 (A) ) (B) ) „Zuständigen Behörden“ benennen. Diese Behörden müssen befähigt sein, den Sachverhalt zu ermitteln und mit geeigneten Maßnahmen die Verstöße abzustellen. Nach der bisher vorgetragenen Logik hätte die Bun- desregierung mit Verweis auf die föderalen Regeln auch hier auf die Verantwortlichkeit der Länder verweisen müssen, mit der Folge einer Vielzahl von zuständigen Landesbehörden mit einer Vielzahl von unterschiedli- chem Landesrecht zur Durchsetzung der verbraucher- schützenden Vorschriften im grenzüberschreitenden Handel und im Dienstleistungsbereich. Das war selbst der Bundesregierung zu absurd. So be- nennt sie nun im Gesetzentwurf sinnvollerweise das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsi- cherheit als „Zentrale Verbindungsstelle“ zur Entgegen- nahme und Weiterleitung der Amtshilfeersuchen. Schließlich habe das BVL bereits im derzeitigen Aufga- benzuschnitt Erfahrung im Austausch von Daten zwi- schen den Mitgliedstaaten und der Europäischen Kom- mission, so die inhaltliche Begründung. Richtig. Aber natürlich hat das BVL mindestens genauso viel Erfah- rung im Austausch von Daten mit den Bundesländern. Sollte es zumindest. Gerade deshalb sind wir ja – übri- gens in (seltener) Übereinstimmung mit einem Vor- schlag von Horst Seehofer – der Meinung, dass das BVL auch Koordinierungs- und Auditierungsstelle beim bun- desweiten Qualitätsmanagement der Lebensmittelkon- trolle sein sollte. Warum das in dem einen Fall eine ver- nünftige Lösung ist, in dem anderen Fall aber nicht gehen soll, ist bislang unbeantwortet. In der Bundestagsdebatte zu unserem Antrag am 28. September 2006 gab die CDU/CSU zu Protokoll, dass man uns noch mal den Föderalismus erklären müsse. Die Bund-Länder-Zusammenarbeit gäbe es be- reits. Nur: Herr Seehofer höchstselbst hatte in der Anhö- rung im September erklärt, dass zum Beispiel die Meldungen der Länder an das beim BVL eingerichtete Fachinformationssystem „Verbraucherschutz und Le- bensmittelsicherheit“ äußerst dürftig waren. Dass aber eigentlich auch die Regierungskoalition mit uns gegen eine zersplitterte Durchsetzung des Verbrau- cherschutzes ist, zeigt der jetzt vorliegenden Gesetzent- wurf: Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Le- bensmittelsicherheit wird jetzt sogar als „Zuständige Behörde“ für den Vollzug (!) zur Durchsetzung des grenzübergreifenden Verbraucherschutzes benannt. Das BVL ist also nicht nur koordinierende Behörde, wie in unserem Antrag, sondern es wird sogar ermächtigt, bei Amtshilfeersuchen von Behörden aus Mitgliedsländern den Verbraucherschutz durchzusetzen. Bei den Lebens- mittelskandalen hieß es immer, der Vollzug ist Ländersa- che. Beim grenzübergreifenden Verbraucherschutzvoll- zug beschränkt sich die Länderverantwortung auf die Werbung in Rundfunk und TV sowie die Heilmittelwer- bung, das Preisangabenrecht und die Aufsicht über re- gional tätige Versicherungsunternehmen. t h d m P a l V m D f w s c L d 2 B c U v ü z d w s s s s D v d t d b g D d z V m d u c b t d b Z r d h a (C (D Nicht, dass wir diese Lösung kritisieren. Im Gegen- eil – sie zeigt, dass es geht, wenn man es für sinnvoll ält. Nachdem die Bundesregierung also nun bewiesen hat, ass eine solche bundesweite Kompetenzübernahme öglich ist, und die Länder sogar bereit sind, beim reisangabenrecht die Rechtsdurchsetzung an den Bund bzugeben (siehe Bundesratsstellungnahme), ist viel- eicht auch eine ernsthafte Prüfung einer Bund-Länder- ereinbarung zum Qualitätsmanagement bei der Lebens- ittelkontrolle möglich. Unser Antrag dazu ist ja als enkanstoß noch im laufenden parlamentarischen Ver- ahren. Zu begrüßen ist, dass das BVL im Gesetz aufgerufen ird, den Verbraucherschutz mithilfe der Verbraucher- chutzorganisationen zu verfolgen. Die dafür erforderli- hen Rahmenvereinbarungen müssen auf Bundes- und änderebene zügig angegangen und umgesetzt werden, amit die Organisationen zum Stichtag 29. Dezember 006 auch tätig werden können. Auch hier wäre eine und-Länder-Rahmenvereinbarung mit dem Verbrau- herzentrale-Bundesverband und dessen länderseitiger ntergliederung unser Vorschlag. Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das orliegende Gesetz verfolgt ein richtiges Anliegen: Es bersetzt die EU-Verordnung über die Zusammenarbeit wischen den zuständigen nationalen Behörden, die für ie Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze verant- ortlich sind. Im Falle eines grenzüberschreitenden Ver- toßes gegen kollektive Verbraucherinteressen helfen ich die Verbraucherbehörden innerhalb der Europäi- chen Union und bilden ein Netzwerk, das sich gegen- eitig bei der Durchsetzung von Maßnahmen unterstützt. ie EU-Verordnung wird also mit dem deutschen Recht ereint, nicht mehr und nicht weniger. Das ist also nicht er große verbraucherpolitische Wurf, sondern eine rich- ige technische Umsetzung. Die Funktion der obligatorischen Zentralen Verbin- ungsstelle soll in Deutschland vom Bundesamt für Ver- raucherschutz und Lebensmittelsicherheit, BVL, wahr- enommen werden. Diese Festlegung begrüßen wir. amit hat die Bundesregierung den Vorschlag der Bun- esländer, das Justizministerium mit der Koordinierung u beauftragen, mit Recht verworfen. Wir finden: Die erbraucherkompetenzen gehören in eine Hand, umso ehr als die Querschnittsaufgabe Verbraucherschutz in er jetzigen Bundesregierung im Kompetenzgerangel nterzugehen droht. Wir erleben das beim Passivrau- herschutz, bei der Bekämpfung des Ernährungspro- lems Übergewicht und nicht zuletzt bei Fahrgastrech- en. Heraus kommt ein verbraucherpolitischer Stillstand, en wir nicht akzeptieren wollen. Das Gesetz müsste aber an einigen Stellen noch ver- essert werden, damit der deutsche Verbraucher einen usatznutzen zur EU-Verordnung hat. Bei wettbewerbs- echtlichen Verstößen ist kein klarer Partner vorgesehen, er mit dem BVL zusammenarbeitet. Hier müssen beste- ende Kompetenzen optimal zum Wohl der Verbraucher usgenutzt werden. Dabei macht es den entscheidenden Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 5663 (A) ) (B) ) Unterschied, ob ein Werbevergehen von einem unabhän- gigen Verbrauchervertreter beurteilt wird oder ob die In- dustrie- und Handelskammer eines ihrer Mitgliedsunter- nehmen kritisieren soll. Also hier fehlt eine klare Aussage zur bevorzugten Zusammenarbeit des BVL mit den Verbraucherverbänden. Das Gesetz wird auch nur bei Rechtsverstößen mit grenzüberschreitendem Bezug zur Anwendung kom- men. Das ist bedauerlich, denn auch national liegen viele Koordinationsaufgaben im Verbraucherschutz brach. So wie die EU-Kommission die Durchsetzung von Verbrau- cherrechten als mangelhaft analysiert hat und Maßnah- men zur Abhilfe ergreift, müsste die Bundesregierung die bestehenden Vollzugsdefizite beim Verbraucher- schutz in den Ländern konsequenter angehen. Zu nennen sind hier natürlich vor allem die Probleme in der Lebens- mittelüberwachung, aber auch die Verfolgung von rechtswidriger Telefonwerbung, Verstöße gegen die Pro- duktsicherheit, Sicherheitsmängel bei Kinderspielhallen usw. In den Ausschussberatungen werden wir über diese Punkte ja noch sprechen können. Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Nichtigkeitserklä- rung des Erbgesundheitsgesetzes (Tagesord- nungspunkt 21) Dr. Jürgen Gehb (CDU/CSU): Wir befassen uns heute in diesem Hohen Hause zum wiederholten Male mit einem der unseligsten Gesetze aus der Zeit des Na- tionalsozialismus, nämlich mit dem Gesetz zur Verhü- tung erbkranken Nachwuchses vom 14. Juli 1933, dem so genannten Erbgesundheitsgesetz. Hintergrund ist die erneute Forderung des Bundes der „Euthanasie“-Ge- schädigten und Zwangssterilisierten, dieses Gesetz „end- lich und nach über siebzig Jahren aufzuheben und für nichtig zu erklären“. Dieser Appell, der im November vergangenen Jahres auch die Unterstützung des Nationa- len Ethikrates gefunden hat, ist an die Fraktionen und Abgeordneten des Deutschen Bundestages herangetra- gen worden. Ich gehe davon aus, Sie alle oder zumindest die meisten von Ihnen kennen ihn. Die Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen macht sich dieses Anliegen zu Eigen. In dem hier zu beraten- den Antrag fordert sie die Bundesregierung auf, „einen Vorschlag vorzulegen, wie der Gesetzgeber dem Anlie- gen des Bundes der „Euthanasie“-Geschädigten und Zwangssterilisierten e.V. gerecht werden kann.“ So weit, so gut könnte man sagen, wenn die Forderung nach Auf- hebung und Nichtigerklärung des Erbgesundheitsgeset- zes erfüllbar wäre. Das ist sie aber nicht und das wissen Sie, meine Damen und Herren vom Bündnis 90/Die Grü- nen, auch selbst ganz genau. Entsprechende Forderun- gen Ihrerseits sind bereits in mehreren parlamentari- schen Beratungsverfahren zu der Thematik jeweils aus Rechtsgründen abgelehnt worden. Ich werde darauf im Folgenden noch eingehen. w n S m d b d E s u G e e l z F d w h d w g w L n n s v A 1 s H (C (D Die Bundesregierung hat erst kürzlich in ihrer Ant- ort auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke er- eut auf diese Rechtslage hingewiesen. In der mit chreiben des Bundesministeriums für Gesundheit über- ittelten Antwort vom 10. August 2006 – Bundestags- rucksache 16/2384 – heißt es wörtlich: Nach Artikel 123 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) gilt Recht aus der Zeit vor dem Zusammentritt des Deutschen Bundestages (7. September 1949) fort, soweit es dem Grundgesetz nicht widerspricht. Fortgelten können demnach nur vorkonstitutionelle Rechtsnormen, die an diesem Tag gültig waren (BVerfGE 4, 115, 138). Rechtsnormen, die im Wi- derspruch zum Grundgesetz stehen, sind bereits bei dessen Inkrafttreten am 24. Mai 1949 außer Kraft getreten. Die Gültigkeit des Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses … endete mit dem In- krafttreten des Grundgesetzes, soweit es dem Grundgesetz – insbesondere dem Artikel 2 Abs. 2 GG – widersprach. Die wenigen als Bundes- recht fortgeltenden Regelungen über Unfruchtbar- machung und Schwangerschaftsabbruch mit Ein- willigung bei Lebens- und Gesundheitsgefahr sind endgültig durch Art. 8 Nr. 1 des Gesetzes vom 18. Juni 1974 (BGBI. I S. 1297) aufgehoben wor- den. Das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nach- wuchses existiert nicht mehr. Der Forderung, das Gesetz durch einen rückwirkenden Akt für nichtig zu erklären, kann der Bundesgesetzgeber nicht ent- sprechen. Der Deutsche Bundestag hat in mehreren Beschlüssen ereits unzweideutig zum Ausdruck gebracht, dass er as Unrecht und das Leid, das den Betroffenen mit dem rbgesundheitsgesetz in der Zeit der nationalsozialisti- chen Gewaltherrschaft zugefügt worden sind, anerkennt nd dass er dieses Gesetz als mit rechtsstaatlichen rundsätzen absolut unvereinbar ansieht. Deshalb kann s mittlerweile keinerlei Zweifel mehr daran geben, dass s sich bei dem Erbgesundheitsgesetz um nationalsozia- istisches Unrecht handelt. Soweit keine förmliche Aufhebung durch Rechtset- ung der Alliierten oder der Länder erfolgt war, war die rage des formalen Fortbestandes des Gesetzes nach em Kriege allerdings in der Tat leider lange Zeit unklar, eil sie ausschließlich unter Berufung auf die Entste- ungsgeschichte und die Gesetzgebung anderer Staaten iskutiert wurde. Die meisten Regelungen des Gesetzes aren bereits deshalb gegenstandslos, weil die vorheri- en „Erbgesundheitsgerichte“ nicht wieder errichtet urden. Hinsichtlich der Frage der Fortgeltung hat sich erst im aufe der Zeit ein Bewertungswandel vollzogen, der auf euere Forschungsergebnisse und eine vertiefte Ausei- andersetzung mit der tatsächlichen Durchführung die- es Gesetzes zurückzuführen war. Die Bundesregierung erweist daher zu Recht darauf, dass dieses Gesetz durch rt. 8 Nr. 1 des Strafrechtsreformgesetzes vom 18. Juni 974 – BGBI. I S. 1297 – auch förmlich außer Kraft ge- etzt wurde, soweit es als Bundesrecht fortgalt, was im inblick auf die oben genannten Vorschriften zunächst 5664 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 (A) ) (B) ) der Fall war. Die Sterilisationsentscheidungen der dama- ligen Erbgesundheitsgerichte sind durch das Gesetz zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege und von Sterilisationsentscheidungen der ehemaligen Erbgesundheitsgerichte vom 25. August 1998 – BGBI. I S. 2501 – aufgehoben wurden. Der Bewertungswandel fand auch seinen Niederschlag in dem Beschluss des Deutschen Bundestages vom 26. Januar 1988 – Bundestagsdrucksache 11/1714 –. Die Antragsteller verkennen, dass in diesem Beschluss be- reits eindeutig zum Ausdruck gebracht wurde, dass der Deutsche Bundestag nicht nur die Durchführung von Zwangssterilisierungen in der Zeit des Nationalsozialis- mus, sondern auch ihre gesetzliche Verankerung für na- tionalsozialistisches Unrecht hält. Wörtlich heißt es hierzu: 1. Der Deutsche Bundestag stellt fest, daß die in dem Gesetz zur Verhütung erbkranken Nach- wuchses vom 14. Juli 1933 vorgesehenen und auf der Grundlage dieses Gesetzes während der Zeit von 1933 bis 1945 durchgeführten Zwangs- sterilisierungen nationalsozialistisches Unrecht sind. 2. Der Deutsche Bundestag ächtet diese Maß- nahmen, die ein Ausdruck der inhumanen natio- nalsozialistischen Auffassung vom „lebensun- werten Leben“ sind. In dem Bericht zu der Beschlussempfehlung – Bun- destagsdrucksache 11/1714 – wird, worauf auch die Bundesregierung in ihrer oben erwähnten Antwort hin- gewiesen hat, weiterhin ausdrücklich festgestellt, dass eine Fortgeltung des Erbgesundheitsgesetzes in der Bun- desrepublik Deutschland nach Art. 123 Abs. 1 GG aus- geschlossen ist, weil dieses Gesetz mit dem Grundgesetz nicht zu vereinbaren ist. Eine förmliche Nichtigerklä- rung dieses Gesetzes, wie bereits damals vom Bünd- nis 90/Die Grünen beantragt, hat der Deutsche Bundes- tag allerdings mangels Gesetzgebungskompetenz des Bundes abgelehnt. Die Bewertung des Erbgesundheitsgesetzes als natio- nalsozialistisches Unrecht ist danach noch in mehreren weiteren Entscheidungen des Deutschen Bundestages bekräftigt worden, zuletzt in den Beratungen zu dem be- reits erwähnten Gesetz zur Aufhebung nationalsozialisti- scher Unrechtsurteile im Jahre 1998. Anträge vom Bündnis 90/Die Grünen, die im Zusammenhang mit die- ser Gesetzgebung erneut eine förmliche Nichtigerklä- rung des so genannten Erbgesundheitsgesetzes durch den Deutschen Bundestag forderten, fanden in den parla- mentarischen Beratungen aus den bereits genannten rechtlichen Gründen wiederum nicht die Unterstützung der anderen Fraktionen. Dass das Bündnis 90/Die Grünen mehrfach die For- derung nach einer Nichtigerklärung des Erbgesundheits- gesetzes durch den Bundesgesetzgeber erhoben hat, könnte dem unbefangenen Beobachter den Eindruck ver- mitteln, dass es sich um ein wirklich ernstes Anliegen dieser Fraktion handelt. In der Regierungszeit der rot- grünen Koalition wurde diese Forderung dann aber im D s c g n w n u r t g n h a g n z m d b m e G B r g z l d h e 3 m e c d e d s a R „ s K M n w e g 6 m 6 (C (D eutschen Bundestag vom Bündnis 90/Die Grünen er- taunlicherweise nicht mehr weiter verfolgt. Die mögli- he Erklärung, dass Sie die Rechtslage mittlerweile be- riffen haben, scheidet allerdings wohl aus, weil Sie, un in der Opposition, die Forderung letztlich erneut, enngleich etwas indirekt formuliert, wieder aufgreifen, achdem Sie sieben Jahre lang die Mehrheit hatten, sie mzusetzen. Der Eindruck, dass es sich bei Ihrem Antrag um einen einen Schaufensterantrag handelt, ist vor diesem Hin- ergrund unvermeidlich. Das scheint Ihnen aber auch ir- endwie selbst bewusst zu sein, weil Sie dieses Mal ja icht direkt die Nichtigkeitserklärung des Erbgesund- eitsgesetzes fordern, sondern die Bundesregierung dazu uffordern, einen Vorschlag zu machen, wie der Gesetz- eber dieser Forderung nachkommen kann. Auch in dieser Wendung macht die Forderung zum ei- en keinen Sinn, weil die Bundesregierung ja bereits vor wei Monaten, wie oben erwähnt, dazu Stellung genom- en und erläutert hat, weshalb eine Nichtigerklärung es Erbgesundheitsgesetzes durch den Bundesgesetzge- er nicht möglich ist. Zum anderen offenbart sie ein erkwürdiges parlamentarisches Selbstverständnis und ine gewisse Hilflosigkeit bei den Antragstellern. Der esetzgeber sind wir selbst, auch Sie! Der Deutsche undestag muss doch auch ohne die Hilfe der Bundes- egierung in der Lage sein, hier zu einer Entscheidung zu elangen. Ihr Antrag ist daher nicht der richtige Weg. Wenn be- üglich der Thematik Erbgesundheitsgesetz noch Hand- ungsbedarf gesehen wird, muss der Deutsche Bundestag iesem auf andere Weise nachkommen. Dr. Carl-Christian Dressel (SPD): Wir wissen eute, dass aufgrund des „Gesetzes zur Verhütung rbkranken Nachwuchses“ vom 4. Juli 1933 nahezu 50 000 bis 360 000 Menschen – möglicherweise noch ehr – zwangssterilisiert wurden. Wenn wir über das rschütternde Thema der Zwangssterilisationen spre- hen, dann müssen wir uns vergegenwärtigen, dass ieses Gesetz die Vorstufe des so genannten Euthanasie- rlasses Adolf Hitlers vom 1. September 1939 darstellt, urch den die NS-Machthaber zu einer Politik des vor- ätzlichen Massenmordes an behinderten Menschen und ll denen übergingen, die nicht ihrem wahnwitzigen assenkonzept einer „arischen Herrenrasse“ und eines reinen Volkskörpers“ entsprachen. Das Wort „rein“ tand dabei für die Eliminierung all jener, die diesem onzept nicht entsprachen. Die Sterilisierung ist einer der härtesten Eingriffe beim enschen. Wer durch das Gesetz und die hierzu erlasse- en Verordnungen als „erbkrank“ bezeichnet wurde, urde einem rücksichtslos durchgeführten Zwangs- ingriff unterworfen, bei dem der Tod zumindest billi- end in Kauf genommen wurde. Annähernd 5 000 bis 000 Frauen und ungefähr 600 Männer starben im Rah- en dieser Zwangssterilisationen. Diese Ungeheuerlichkeiten wurden in den letzten 0 Jahren nur nach anfänglichem Zögern als national- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 5665 (A) ) (B) ) sozialistisches Unrecht anerkannt und haben Wunden geschlagen, die bis heute nicht verheilt sind. Es ist daher richtig, dass der Deutsche Bundestag sich erneut mit die- sem Thema befasst. Ich will aufgrund der jüngsten Landtagswahlergeb- nisse an dieser Stelle ausdrücklich betonen, dass wir nie wieder Bedingungen entstehen lassen dürfen, unter de- nen sich ein System entwickeln kann, das solche schwe- ren Verbrechen von Staats wegen ermöglicht. Es gibt keine Entschädigung, die das Unrecht und das Leid ausgleichen könnte, das ein mörderischer Staat in der Verfolgung seiner verbrecherischen Motive über die betroffenen Menschen und deren Angehörige gebracht hat. Der Antrag, den wir heute beraten, hat meines Erach- tens ein erstrebens- und wünschenswertes Ziel. Es ist je- doch in dieser Form, der Nichtigerklärung des Gesetzes, nicht umsetzbar. Lassen Sie mich begründen, warum ich zu dieser Einschätzung komme: Erstens. Ich halte das Ansinnen, von der Bundesregie- rung einen Vorschlag für eine Nichtigerklärung des Erb- gesundheitsgesetzes zu verlangen, für nicht sachgerecht. Der Bundestag kann das so genannte Erbgesundheits- gesetz nicht für nichtig erklären. Gemäß Art. 123 Abs. 1 des Grundgesetzes gilt vorkonstitutionelles Recht nur fort, „soweit es dem Grundgesetze nicht widerspricht.“ Hierdurch sind die Teile des Erbgesundheitsgesetzes, welche die Zwangsmaßnahmen legalisierten, bereits mit In-Kraft-Treten des Grundgesetzes außer Kraft getreten. Ich betone ausdrücklich, dass „außer Kraft getreten“ be- deutet, dass aufgrund des Art. 123 Grundgesetz dieses Gesetz seit Inkrafttreten des Grundgesetzes in seinen verfassungswidrigen Teilen nicht mehr existiert. Es kann daher – entgegen den Befürchtungen mancher Opferver- bände – unter dem Grundgesetz auch niemals wieder in Kraft gesetzt werden. Auch die offensichtlich lediglich für freiwillige Ein- griffe fortgeltende Vorschrift des § 14 dieses Gesetzes wurde durch das Fünfte Gesetz zur Reform des Straf- rechts vom 18. Juni 1974 aufgehoben. Das Erbgesundheitsgesetz ist daher in sämtlichen Be- stimmungen inexistent. Auch in den Ländern gelten keine Regelungen zum „Erbgesundheitsgesetz“ fort. Eine Nichtigerklärung eines inexistenten Gesetzes ist rechtslogisch jedoch ausgeschlossen. Zweitens. Die Feststellung der Nichtigkeit eines for- mellen Gesetzes ist grundsätzlich dem Bundesverfas- sungsgericht vorbehalten. Das Grundgesetz hat mit Art. 123 die Lösung eines Außer-Kraft-Tretens ab 1949 – und keine rückwirkende Nichtigkeit – gewählt. Hieran ist der Gesetzgeber gebunden. Ich denke, wir sind uns jedoch alle darin einig, dass die Opfer ein Recht darauf haben, dass der Bundestag erneut eine klare Position zu diesem begangenen Unrecht be- zieht. In Ergänzung seiner früheren Maßnahmen und Ent- schließungen zu diesem Thema sollte nun die Ächtung des Gesetzes selbst beschlossen werden. Dies ist bisher nicht geschehen. Bislang wurden lediglich die durchge- f U s B g a a E f b s s n M e s o r r K d e G T d 1 s d g d d a d t D m ß d d Z w d „ E d i b g B (C (D ührten Zwangsmaßnahmen als nationalsozialistisches nrecht geächtet und die entsprechenden Beschlüsse der o genannten Erbgesundheitsgerichte aufgehoben. Ich plädiere dafür, dass wir in den nun folgenden eratungen zu einer Übereinkunft über die Fraktions- renzen hinweg kommen. Die Koalitionsfraktionen er- rbeiten zurzeit einen gemeinsamen Entschließungs- ntrag mit dem Ziel der Ächtung des so genannten rbgesundheitsgesetzes selbst, soweit es die Grundlage ür die Zwangsmaßnahmen darstellte. Für eine möglichst reite Unterstützung und Zusammenarbeit möchte ich chon jetzt werben. Ich lade Sie alle, insbesondere Sie, ehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von den Grü- en, dazu ein, dieses Vorhaben zu unterstützen. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP): it Ihrem Antrag fordern Sie die Bundesregierung auf, inen Vorschlag vorzulegen, wie das Erbgesundheitsge- etz für nichtig erklärt werden kann. Damit verlangen Sie von der Bundesregierung ganz ffensichtlich etwas Unmögliches. Auch wir haben uns mit der Frage einer Nichtigerklä- ung auseinander gesetzt. Ebenso wie die Bundesregie- ung in ihrer Antwort vom 10. August 2006 auf eine leine Anfrage der Fraktion Die Linke sind wir jedoch zu em Ergebnis gekommen, dass das Gesetz zur Verhütung rbkranken Nachwuchses nicht mehr existiert. Soweit die ültigkeit des Gesetzes nicht bereits mit dem In-Kraft- reten des Grundgesetzes endete, ist es durch Art. 8 Nr. 1 es Fünften Gesetzes zur Reform des Strafrechts vom 8. Juni 1974 außer Kraft gesetzt worden. Darüber hinaus ind die in der NS-Zeit erlassenen Sterilisationsentschei- ungen 1998 durch Gesetzbeschluss aufgehoben worden. Ich halte es daher für bedenklich, wenn Sie in der Be- ründung zu Ihrem Antrag schreiben, der Deutsche Bun- estag dürfe nicht den geringsten Zweifel offen lassen, ass das Erbgesundheitsgesetz von Anfang an als nichtig ngesehen werden muss. Auf diese Weise erwecken Sie en Eindruck, es gäbe innerhalb des Deutschen Bundes- ages einen Dissens in der Beurteilung dieses Gesetzes. avon kann – zum Glück – schon lange keine Rede ehr sein. Ich darf in diesem Zusammenhang an die Entschlie- ungen aus den Jahren 1988 und 1994 erinnern, in denen er Deutsche Bundestag unmissverständlich feststellte, ass die auf der Grundlage des Gesetzes durchgeführten wangssterilisationen nationalsozialistisches Unrecht aren, und in denen er diese Maßnahmen als Ausdruck er inhumanen nationalsozialistischen Auffassung vom lebensunwerten Leben“ ächtete. Zweifel, die zu beseitigen wären, sehe ich daher nicht. benso wenig sehe ich, wie gesagt, eine Möglichkeit, as Erbgesundheitsgesetz für nichtig zu erklären. Sollte ch mich irren, bin ich gerne bereit, mich eines Besseren elehren zu lassen. Für diesen Fall aber schlage ich ein emeinsames Vorgehen aller Fraktionen im Deutschen undestag vor. 5666 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 (A) ) (B) ) Für parteipolitische Profilierungsversuche ist dieses Thema denkbar schlecht geeignet. Das gilt, liebe Kolle- ginnen und Kollegen von den Grünen, auch für den Hin- weis auf Ihren Einsatz für die Opfer von Zwangssterili- sierungen. Ich will Ihnen das gar nicht absprechen, genauso wenig wie allen anderen Fraktionen. Ich darf aber daran erinnern, dass Sie Ihr Versprechen aus der Koalitionsvereinbarung von 1998, eine Bundesstiftung „Entschädigung für NS-Unrecht“ auf den Weg zu brin- gen, nicht eingelöst haben. Offenkundig ist es also doch leichter, aus der Oppositionsrolle heraus Anträge zu stel- len, als in einer Regierung gegebene Versprechen einzu- halten. Ulla Jelpke (DIE LINKE): Das Erbgesundheits- gesetz, das der vorliegende Antrag für nichtig erklären will, war ein Ausdruck des nationalsozialistischen Wahns, den so genannten Volkskörper zu „reinigen“. Dieses schändliche Gesetz war der Auftakt zur Euthana- sie; es war der erste Schritt dazu, Zehntausende Men- schen zu ermorden und Hunderttausende zu sterilisieren. Leider muss ich sagen: Das Erbgesundheitsgesetz ist keine abgeschlossene Geschichte. Die Ideologie, die ihm zugrunde lag, existiert fort. Wir erleben es heute noch, dass Menschen andere Menschen für nicht lebenswert erklären oder ihnen das Recht auf ein menschenwürdiges Leben bestreiten. Es ist noch gar nicht so lange her, da hat ein Abgeordne- ter dieses Parlaments öffentlich gefordert, alte Menschen sollten keine künstlichen Hüftgelenke mehr erhalten. Wer nichts mehr produziert, so die menschenverachtende Haltung dieses Abgeordneten, der soll auch keine Leis- tungen der gesetzlichen Krankenversicherung mehr er- halten. Wer so argumentiert, der wird morgen auch bei Herzschrittmachern und anderen lebensnotwendigen Maßnahmen sparen wollen. Wer so argumentiert, maßt sich an, den Wert von Menschen zu prüfen und über ihre Lebenswürdigkeit und Lebensqualität zu entscheiden. Es wäre zu begrüßen, wenn wir solche Haltungen durch die heutige Parlamentsdebatte zurückdrängen könnten. Es hat lange genug gedauert, bis sich in diesem Hause die Ansicht durchgesetzt hat, dass das Erbgesundheits- gesetz nationalsozialistisches Unrecht war. Einwände der Art, die Zwangssterilisierungen hätten dem damaligen Diskussionsstand der Wissenschaft und dem Zeitgeist entsprochen, in anderen Ländern seien auch Menschen zwangssterilisiert worden, haben wir zum Glück hinter uns gelassen. Heute bestreitet niemand, dass kaum ein Gesetz so weitgehend in Zielsetzung und Handhabung war wie das Erbgesundheitsgesetz. Man kann dieses Ge- setz aus dem Zusammenhang der ungeheuren Verbre- chen, die das faschistische Regime begangen hat, nicht herauslösen. Diese Ansicht hat sich auch der Bundestag in seinen Entschließungen der 11. und 12. Wahlperiode zu eigen gemacht. Daraus wurde der richtige Schluss gezogen, dass auch diese Opfer der nationalsozialistischen Verbre- chen Entschädigungen erhalten müssen. s U e w n s G D ( N s G m d e V Z d d G w D V d G g d d f U a g l „ s Z n U U R S E b R s g G f U z „ u s v g w (C (D Deswegen begrüßt die Fraktion Die Linke selbstver- tändlich das Anliegen des vorliegenden Antrags, den nrechtsgehalt dieses Gesetzes durch eine Nichtigkeits- rklärung noch einmal deutlich zu machen. Allerdings ird das im Bundestag über eine politische Erklärung icht hinausgehen können, weil nur das Bundesverfas- ungsgericht die Unwirksamkeit bzw. Nichtigkeit eines esetzes verbindlich feststellen kann. Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): as „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ Erbgesundheitsgesetz) war das erste Rassegesetz des S-Staates. Es wurde bereits am 14. Juli 1933 verab- chiedet und trat im Januar 1934 in Kraft. Die Idee dieses esetzes war durch und durch rassistisch: Die Nazikom- entatoren schrieben über das Gesetz: „Ziel der dem eutschen Volk artgemäßen Erb- und Rassenpflege ist: ine ausreichende Zahl Erbgesunder, für das deutsche olk rassisch wertvoller, kinderreicher Familien zu allen eiten. Der Zuchtgedanke ist Kerngehalt des Rassenge- ankens. Die künftigen Rechtswahrer müssen sich über as Zuchtziel des deutschen Volkes klar sein.“ Dieses esetz brachte unermessliches Leid. 350 000 Menschen urden auf seiner Grundlage zwangsweise sterilisiert. as Erbgesundheitsgesetz bildete den Auftakt für die erfolgung behinderter Menschen, die im Massenmord er so genannten Euthanasie gipfelte. Das Leid der Zwangssterilisierten und „Euthanasie“- eschädigten wurde in Deutschland lange Zeit nicht an- emessen gewürdigt. In den ersten Jahrzehnten nach em Ende des Nationalsozialismus waren die Überleben- en weiter massiver Diskriminierung ausgesetzt. Ihre Ver- olgung wurde nicht als typisch nationalsozialistisches nrecht im Sinne des Bundesentschädigungsgesetzes nerkannt. Erst in den 80er-Jahren wurden Härteregelun- en eingeführt. In den Jahren 2004 und 2005 ist es ge- ungen, die Härteleistungen für Zwangssterilisierte und Euthanasie“-Geschädigte erheblich auszubauen, bei- pielsweise die Leistungen für Personen, die Opfer von wangssterilisierungen wurden. Diese Leistungen kön- en freilich kein wirklicher Ausgleich für das erlittene nrecht sein. Sie sind eine Geste der Anerkennung und nterstützung. Es hat sehr lange gedauert, bis auch die juristische ehabilitierung der Opfer des Erbgesundheitsgesetzes chritt für Schritt vorankam. Die formelle Gültigkeit des rbgesundheitsgesetzes wurde – soweit es Bundesrecht etraf – erst im Jahr 1975 mit dem Fünften Gesetz zur eform des Strafrechts aufgehoben. 1988 hat der Deut- che Bundestag festgestellt, dass die im Erbgesundheits- esetz vorgesehenen und auf der Grundlage dieses esetzes während der Zeit von 1933 bis 1945 durchge- ührten Zwangssterilisierungen nationalsozialistisches nrecht sind. Der Bundestag hat diese Maßnahmen udem in derselben Entschließung geächtet. Mit dem Gesetz zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechts- rteile in der Strafrechtspflege und von Sterilisationsent- cheidungen der ehemaligen Erbgesundheitsgerichte“ on 1998 wurden die Beschlüsse, die von Gerichten auf- rund des „Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nach- uchses“ erlassen worden waren, sämtlich pauschal auf- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 5667 (A) ) (B) ) gehoben. Das waren wichtige Schritte, aber wir sind noch nicht am Ziel angelangt. Die Betroffenen sehen das Unrecht des Erbgesundheitsgesetzes bis heute nicht als ausreichend anerkannt an. Der Bund der „Euthanasie“- Geschädigten und Zwangssterilisierten e. V. ist mit ei- nem Appell an die Fraktionen und Abgeordneten des Deutschen Bundestages herangetreten, „das durch und durch rassistische nationalsozialistische Gesetz zur Ver- hütung erbkranken Nachwuchses endlich und nach über siebzig Jahren aufzuheben und für nichtig zu erklären“. Dieser Appell hat breite gesellschaftliche Unterstützung gefunden. Dafür freue ich mich sehr, denn unsere Gesellschaft steht in der Pflicht, die Opfer von Zwangs- sterilisierung und Massenmord vollständig zu rehabili- tieren, die Überlebenden nach Kräften zu unterstützen und die Erinnerung an das Unrecht wach zu halten. Daher darf nicht der geringste Zweifel bleiben, dass das verbrecherische „Erbgesundheitsgesetz“ als nichtig an- gesehen werden muss. Mit unserem Antrag wollen wir einen Anstoß zur ge- meinsamen Diskussion geben. Wir würden uns sehr freuen, wenn wir im Bundestag gemeinsam mit allen Fraktionen Wege finden, dem Anliegen des Bundes der „Euthanasie“-Geschädigten und Zwangssterilisierten e. V. gerecht zu werden. Wir sind es den Opfern schuldig. Anlage 12 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Doha-Runde wieder beleben – WTO-Generaldirektor als Schlichter einsetzen (Tagesordnungspunkt 22) Erich G. Fritz (CDU/CSU): Es ist sehr bedauerlich, dass die Verhandlungen im Rahmen der Doha-Entwick- lungsrunde der WTO bis auf Weiteres unterbrochen sind. Ich möchte aber gleich zu Beginn betonen, dass die Sus- pendierung der Verhandlungen nicht gleichbedeutend mit dem Ende der Doharunde ist. In der gegenwärtigen Denkpause haben alle Beteilig- ten die Möglichkeit, ihre Verhandlungspositionen zu überprüfen. Die Denkpause darf aber nicht dazu führen, dass bereits vereinbarte Fortschritte und Verhandlungs- ergebnisse verloren gehen. Beides gilt es dringend zu vermeiden. Den im vorliegenden Antrag erhobenen Vorwurf der FDP-Fraktion, Bundeswirtschaftsminister Glos sei in den Dohaverhandlungen wenig aktiv, teilt die CDU/ CSU-Bundestagsfraktion nicht. Erst Mitte September hat Wirtschaftsminister Glos Peter Mandelson in Berlin aufgefordert, die Zeit zu nutzen, damit die Runde wieder in Gang kommt. Im Übrigen berät sich die Bundesregie- rung gegenwärtig mit den EU-Partnern über Möglichkei- ten, die unterbrochenen Verhandlungen schnellstmöglich wieder aufzunehmen und bereits in Hongkong vor allem für die Entwicklungsländer erzielte Ergebnisse wie eine stärker handelsbezogene Entwicklungshilfe sowie den zoll- und quotenfreien Marktzugang für die am wenigs- ten entwickelten Entwicklungsländer zu sichern. a p e w s a c D h s g E f S m m f d S b s E s t Z K G g t d s S C e s s j W m m W d g s w d s t k g m (C (D Die Forderung der FDP, WTO-Generaldirektor Lamy ls Streitschlichter einzusetzen und ein Kompromisspa- ier aus den unterschiedlichen Forderungskatalogen zu ntwerfen, halte ich gegenwärtig aus zwei Gründen für eniger zielführend. Erstens. Es ist immer noch möglich, zu einer kon- truktiven Lösung zu kommen und deshalb immer noch n der Zeit, Hintergrundgespräche zu führen und Chan- en auszuloten. Zweitens. Die Zeiten von GATT-Direktor Arthur unkel waren andere: zwar lagen die Positionen der Ver- andlungspartner auch damals weit auseinander; inzwi- chen hat sich aber nicht nur die Zahl der WTO-Mit- liedstaaten erhöht, sondern auch die Bedeutung und der influss der Entwicklungs- und Schwellenländer. Inso- ern ist die Konsensfindung erschwert. Solange nicht die chlüsselländer Bewegung zeigen, wird ein Kompro- isspapier wenig Zustimmung finden. WTO-Chef Pascal Lamy ist auch so aktiv und be- üht, einen erfolgreichen Abschluss zu erzielen. Lamy ührt viele Hintergrundgespräche. Seine Teilnahme an en Beratungen des Lenkungsausschusses des IWF in ingapur, der die WTO-Mitgliedstaaten aufgefordert hat, is zum Ende des Jahres zu einem erfolgreichen Ab- chluss der Verhandlungen zu kommen, zeigen sein ngagement. Lamy ist ein großartiger Taktiker und hat chon als EU-Handelskommissar in schwierigen Situa- ionen großes Verhandlungsgeschick bewiesen. Priorität aller WTO-Mitgliedstaaten muss es sein, die eit zu nutzen und über Bewegungsmöglichkeiten und ompromisse nachzudenken, damit die Runde wieder in ang kommt. Dies ist umso wichtiger, als ein endgülti- er Abbruch der Doharunde neben wirtschaftlichen mit- elfristig auch politische Folgen hätte: Das Regelsystem er WTO würde nachhaltig in seiner Substanz ge- chwächt, das erfolgreiche Streitschlichtungssystem zum chwanken gebracht. Nicht zuletzt deshalb will die DU während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im rsten Halbjahr 2007 dazu beitragen, den WTO-Streit- chlichtungsmechanismus weiter zu stärken und den Ab- chluss der Dohawelthandelsrunde zu forcieren. Bilaterale Abkommen, wie sie die EU laut ihres üngsten Papiers „Global Europe: Competing in the orld“ verstärkt mit anderen Regionen abschließen öchte, sind nur die zweit- bzw. drittbeste Lösung. Sie achen nur Sinn, wenn sie über den aktuellen Stand der TO hinausgehen und zum Beispiel zur Verabschie- ung von aus den multilateralen Verhandlungen heraus- enommenen Investitionsregeln führen. Ansonsten sind ie mühsam zu verhandeln und bergen die Gefahr, von ichtigen Märkten ausgeschlossen zu bleiben –, weil an- ere schneller waren und früher bessere Verträge ge- chlossen haben. Deshalb gibt es gegenwärtig keine Al- ernative zur Dohawelthandelsrunde. Es gibt vieles, was wir nur gemeinsam durchsetzen önnen. Dabei denke ich zum Beispiel an den Schutz eistigen Eigentums, ein Problem, das Europa vor allem it den Chinesen hat und das Deutschland erfreulicher- 5668 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 (A) ) (B) ) weise zum Thema der am 1. Januar 2007 beginnenden EU- und G-8-Präsidentschaft machen wird. Wie aber geht es in den nächsten Monaten weiter? Da der Fehlschlag überwiegend der innenpolitischen Situa- tion in den USA und damit einhergehender mangelnder Flexibilität – die USA lehnten trotz wiederholter Andeu- tung weiterer Flexibilität beim Agrarmarktzugang durch die EU eine stärkere Kürzung ihrer internen Agrarstüt- zung ab – zugerechnet wird, ist es sinnvoll, die am 7. November stattfindenden Midterm-Kongresswahlen abzuwarten und auf eine Änderung des politischen Kli- mas in den USA zu hoffen. Äußerungen wie die des amerikanischen Landwirtschaftsministers Mike Johanns zeigen noch vorhandenen Verhandlungsspielraum. Johanns hatte im Vorfeld der Konferenz der Cairns- Gruppe Mitte September gesagt: „Wir sind sogar bereit, mehr anzubieten, als wir bis jetzt auf den Tisch gelegt haben – dann, wenn wir deutlich mehr Marktzugang an- geboten bekommen“. Ich bin davon überzeugt, dass die Bundesregierung und die EU-Kommission auf die Amerikaner einwirken und alles tun werden, die WTO und die Handelsrunde wieder zu beleben, bevor im Sommer 2007 das Verhand- lungsmandat des US-Präsidenten ausläuft. Gelingt die Wiederaufnahme der Verhandlungen allerdings nicht bis Ende des Jahres, wird es in 2007 schwierig, an das be- reits Erreichte nahtlos anzuknüpfen. Das Zeitfenster ist also knapp und gibt Anlass zu be- grenztem Optimismus. Die Hoffnung auf einen positiven Abschluss darf aber nicht aufgegeben werden. Schließ- lich sollte allen politisch Verantwortlichen das langfris- tige Interesse an einem stabilen, für Wachstum und Be- schäftigung sorgenden Handelssystem wichtiger sein als kurzfristige, wahltaktisch motivierte Manöver. Sollte am Ende dennoch alle Hoffnung umsonst ge- wesen sein, bleibt der Abschluss von plurilateralen Ab- kommen. Plurilaterale Abkommen würden auf längere Sicht die Chance bieten, branchenspezifische Liberali- sierungen und Themenbereiche, die im WTO-Mitglie- derkreis nicht konsensfähig sind, voranzubringen. Das gilt nicht nur für den umstrittenen Agrarbereich, sondern zum Beispiel auch für Regeln für ausländische Direkt- investitionen. So sind etwa die Rechte deutscher Inves- toren im Ausland, zum Beispiel der Schutz vor Enteig- nung, wenn überhaupt, weitgehend durch bilaterale Regelungen verankert. Durch plurilaterale Investitions- regelungen könnten die Transparenz des Investoren- schutzes erhöht und die Kohärenz zwischen den zahlrei- chen bilateralen Abkommen verbessert werden. Ditmar Staffelt (SPD): Für Deutschland als Export- weltmeister ist ein erfolgreicher Abschluss der Doharunde von vitalem Interesse. Kaum eine andere Volkswirtschaft ist in so hohem Maße exportabhängig wie unsere. Jeder fünfte Arbeitsplatz und jeder dritte In- dustriearbeitsplatz in Deutschland hängt vom Außenhan- del ab. Der Außenhandel ist die Triebfeder für das wirt- schaftliche Wachstum in Deutschland. Allein im vergangenen Jahr stieg der Anteil deutscher Exporte um 7,5 Prozent und damit deutlich schneller als der Binnen- k d s M m n n s D w w M v d t l W w s M ü d D g i l w b K g i r m S r l e S r p l i b k i d K n n d d E l s r ä (C (D onsum. Daher ist auch die Entwicklung des Welthan- els für Deutschland und seine Arbeitsplätze von ent- cheidender Bedeutung. Wir müssen alles in unserer acht stehende tun, um den Welthandel zu fördern, öglichst viele Länder dieser Erde in die WTO aufzu- ehmen und diese an die Standards der Welthandelsorga- isation heranzuführen. In den vergangenen 30 Jahren hat der Welthandel pürbar zugenommen. Der Welthandel wuchs jährlich im urchschnitt rund eineinhalbmal so stark wie das welt- eite Bruttoinlandsprodukt. Diese rasante Entwicklung äre ohne die seit Jahrzehnten verfolgte Politik der arktöffnung nicht denkbar. Profitiert haben hiervon or allem die Industrieländer, aber auch eine Gruppe von amaligen Entwicklungsländern. Sie haben durch die In- egration in den Weltmarkt Wissen gesammelt, Techno- ogien importiert, die Produktivität gesteigert und den ohlstand gehoben, zum Teil mit erheblichem Erfolg, ie uns insbesondere die asiatischen und südamerikani- chen Schwellenländer wie China, Indien, Chile, exiko, Südkorea und Thailand, in denen immerhin ber 2,5 Milliarden Menschenleben, zeigen. Gerade vor em Hintergrund dieser aufstrebenden Länder, ist es für eutschland von besonderem Interesse, das WTO-Re- ime auf eine breitere Basis zu stellen, um später nicht ns Hintertreffen zu geraten. Die Alternative zur WTO wäre ein Sammelsurium bi- ateraler Abkommen, bei dem jeder in dieser Welt täte, as er wollte. Es gäbe keine Auflagen, Bürokratie abzu- auen, Good Governance zu praktizieren und gegen orruption und für Transparenz einzutreten. Gleiches ilt für die Möglichkeiten, Sozial- und Umweltstandards n den aufstrebenden Schwellenländern zu implementie- en. Mit dem Verhandlungsstopp der Doharunde ist der ultilaterale Ansatz in Gefahr. Mit einem möglichen cheitern der Welthandelsrunde würden vermehrt bilate- ale Verträge geschlossen. In Asien besteht ein erhebliches Interesse an bilatera- en Handelsabkommen, weil Japan und die USA bereits in solches abgeschlossen haben. Die MERCOSUR- taaten sind ebenfalls an bilateralen Verhandlungen inte- essiert. Insgesamt besteht die Gefahr, dass ein handels- olitischer Flickenteppich entsteht. Deutschland hat bis- ang auf multilaterale Verhandlungen gesetzt, da nsbesondere die am wenigsten entwickelten Länder bei ilateralen Verhandlungen benachteiligt sind. Sie haben aum eine Möglichkeit, durch strategische Allianzen hre Verhandlungsposition ausreichend zu stärken. Um ies zu vermeiden gilt es nun, die Doharunde mit aller raft voranzubringen. Sollte die Doharunde tatsächlich scheitern – was ich icht hoffen möchte –, sind auch die Verhandlungsergeb- isse gefährdet, die bereits in Hongkong vereinbart wur- en. Während der Welthandelsrunde in Hongkong wur- en substanzielle Verbesserungen für die Industrie- und ntwicklungsländer erreicht. Gerade für die Entwick- ungsländer hat Deutschland eine wichtige Rolle ge- pielt. Wie auch in den letzten Jahren hat unsere Bundes- egierung darauf Wert gelegt, auch die Interessen der rmsten Länder zu vertreten. So haben die Europäer in Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 5669 (A) ) (B) ) Hongkong bei den umstrittenen Agrarfragen weit rei- chende Zugeständnisse gemacht und sich verpflichtet, die Exportsubventionen im Agrarbereich bis 2013 voll- ständig abzuschaffen. Darüber hinaus wurde die von Deutschland angesto- ßene „Everything but arms“-Initiative auf alle Industrie- staaten ausgeweitet. Das bedeutet, den am wenigsten entwickelten Ländern, wird der zoll- und quotenfreie Zugang zu den Märkten der Industrieländer gewährt. Und nicht zuletzt wurde eine Einigung bei TRIPS er- zielt, nach der Entwicklungsländern der Zugang zu Prä- paraten gegen Massenepidemien wie Aids und Malaria erleichtert wird. Auf der anderen Seite profitiert Deutschland von den Beschlüssen, die in Hongkong ge- troffen wurden. Besonders wichtig ist, dass in einer Ministererklärung festgelegt wurde, den Zollabbau für Industriegüter nach einer Schweizer Formel durchzufüh- ren. Das bedeutet, höhere Zölle werden stärker gesenkt als niedrigere. An dieser Stelle muss ich noch einmal ausdrücklich betonen: Ich wünsche mir, dass sich nun unsere amerika- nischen Freunde in der Pflicht sehen. Es geht nicht, dass eines der wirtschaftlich stärksten Länder gegenüber Drit- ten stets hohe Standards fordert und selbst minimalis- tisch nur das tut, was seinem eigenem Interesse dient. Hier brauchen wir Bewegung von den Vereinigten Staa- ten von Amerika. Ein gutes Beispiel ist der völlige Mangel an Bereit- schaft, sich in Fragen der internen Agrarbeihilfen auch nur einen Zentimeter zu bewegen – sie 2002 sogar noch aufstockten –, während die EU bereit ist, die eigenen Ex- portsubventionen abzubauen, um die Doharunde nicht zu gefährden. Gleiches gilt für den Klimaschutz. Wie soll ich es ei- nem kleinem Entwicklungsland vermitteln, etwas für Klimaschutz und Umwelt zu tun, während die Amerika- ner genau das Gegenteil von dem tun, was in allen ande- ren Industrienationen dieser Welt getan wird. Ähnliches gilt für die großen Schwellenländer, die einerseits stark vom Welthandel profitieren, aber gleichzeitig ihre Indus- trie- und Dienstleistungsmärkte unverhältnismäßig stark schützen oder intern stützen. Hier gilt es Industriezölle zu senken, den Dienstleistungssektor zu öffnen und das geistige Eigentum besser zu schützen. Aber auch die Europäer, insbesondere die Regierun- gen, die landwirtschaftliche Interessen vertreten – wie Frankreich, Spanien und Irland – müssen sich den be- rechtigten Interessen der Schwellen- und Entwicklungs- länder stärker öffnen und den Import von landwirtschaft- lichen Importen verbreitern helfen. Die Bundesregierung muss mit aller Kraft die Do- harunde wieder beleben und zu einem abschließenden Abkommen gelangen. Eine gute Gelegenheit hierfür bie- tet sich während der EU-Ratspräsidentschaft und in der Zeit des deutschen G-8-Vorsitzes im kommenden Jahr. Bei aller öffentlichen Kritik an der WTO ermöglicht ein multilaterales Handelsregime allen Seiten die größten Wohlfahrtsgewinne. Regionale und bilaterale Freihan- d d s d s l F m V w E s W h w w k d a z n d l F n l S t S m g d b d t b p J S l D e d s W n u H v b r U n l (C (D elsabkommen hingegen gefährden den freien Welthan- el und die Entstehung von Wohlstand weltweit. Sollte es nicht möglich sein, die Donarunde zum Ab- chluss zu bringen, muss zumindest – gerade im Sinne er Entwicklungsländer – das bisher Erreichte verab- chiedet werden. Bilaterale Abkommen sollten erst die etzte aller Möglichkeiten sein und müssten im Fall der älle, so gestaltet sein, dass sie WTO-konform sind und ultilateral erweitert werden könnten. Doch bei aller erantwortung für die Staaten der Dritten Weit dürfen ir nicht vergessen, dass bei allem, was mit WTO und xport zu tun hat, auch unsere Arbeitsplätze und Interes- en betroffen sind. Dafür müssen wir in einer geeigneten eise offensiv eintreten. Gudrun Kopp (FDP): Die Doharunde der Welt- andelsorganisation WTO ist in sehr schwieriges Fahr- asser geraten. Nicht nur sind die Verhandlungen bis auf eiteres abgebrochen worden. Schlimmer noch, aktuell ann man sich des Eindrucks auch nicht erwehren, dass as ganze Thema von vielen wichtigen Akteuren bereits ufgegeben wurde. Dieser Eindruck drängte sich nicht uletzt bei den jüngsten Äußerungen von Wirtschaftsmi- ister Glos auf, der offen einer weiteren Bilateralisierung es Welthandels das Wort redet. Auch die Bundeskanz- erin fantasiert lieber öffentlich über transatlantische reihandelszonen, als ihren Einfluss für eine Wiederauf- ahme der Dohagespräche geltend zu machen. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Selbstverständ- ich ist es richtig, sich für den Fall eines endgültigen cheiterns zu positionieren und dann entsprechende bila- erale Vereinbarungen zu treffen. Es ist aber das falsche ignal, dies jetzt zu tun, nur weil viele Beobachter nicht it weiteren Fortschritten vor den amerikanischen Kon- resswahlen rechnen. Vielmehr ist es grob fahrlässig, iese Zeit einfach verstreichen zu lassen. Die FDP unter- reitet deshalb heute den Vorschlag, den Generaldirektor er WTO, Pascal Lamy, offiziell als Schlichter zu beauf- ragen, um die Doharunde doch noch zum Abschluss zu ringen. Gerade Deutschland als größte Exportnation der Welt rofitiert von offenen Märkten. Der Export leistet seit ahren einen erheblichen Wachstumsbeitrag und gleicht chwächen in der Binnenkonjunktur zum Teil aus. Al- ein im Jahre 2005 hat die Bundesrepublik Waren und ienstleistungen im Wert von rund 786 Milliarden Euro xportiert. Jeder dritte Arbeitsplatz in Deutschland hängt irekt oder indirekt von den Erfolgen der Exportwirt- chaft ab. Umgekehrt sorgen offene Importmärkte für ohlstandsgewinne im Inland, weil Kostenvorteile ge- utzt werden können: Unternehmen können Rohstoffe nd Vorleistungsprodukte günstig einführen. Die privaten aushalte profitieren von niedrigen Preisen und einer ielfältigen Güterauswahl. Die Weltbank beziffert die glo- alen Einkommenseffekte einer vollständigen Liberalisie- ung unter der Doharunde bis 2015 auf 461,2 Milliarden S-Dollar. Vor diesem Hintergrund wäre es unverantwortlich, icht alles zu unternehmen, um ein Scheitern des multi- ateralen Ansatzes in den internationalen Welthandels- 5670 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 (A) ) (B) ) beziehungen zu verhindern. Angesichts der festgefahre- nen Situation aber erscheint ein Fortsetzen der Arbeitsgruppengespräche zum gegenwärtigen Zeitpunkt als inopportun. Vielmehr sollte die internationale Ge- meinschaft die jetzt entstandene Pause wirken lassen, um den einen oder anderen Verhandlungspartner reali- sieren zu lassen, was auch er zu verlieren hat, aber gleichzeitig an einem Konzept arbeiten, das die bisheri- gen Fortschritte aufnimmt und sie um neue Impulse be- reichert. Dies kann nach Lage der Dinge nur ein „Honest Bro- ker“ tun, der nicht nur die Verhandlungen intensiv be- gleitet hat und somit auch die einzelnen Positionen sehr genau kennt, sondern auch das notwendige Maß an Un- abhängigkeit verkörpert. Schon einmal – während der Uruguayrunde – waren die Verhandlungen unterbrochen worden und nur durch den Einsatz eines Schlichters wie- der in die Erfolgsspur zurückgeführt worden. Der Durchbruch bei der Uruguayrunde wird heute maßgeblich dem so genannten Dunkel-Draft zugeschrie- ben. Damals ergriff der GATT-Direktor Arthur Dunkel die Initiative und stellte ein Papier aus den unterschied- lichen Forderungskatalogen der Mitgliedstaaten zusam- men, das trotz anfänglicher massiver Widerstände und Proteste der Mitgliedstaaten schließlich als Verhand- lungsgrundlage diente. In Anbetracht der festgefahrenen Verhandlungen und der bald auslaufenden Handelsvoll- macht des US-Präsidenten könnte auch diesmal ein sol- ches von der WTO erstelltes Papier neuen Schwung in die Verhandlungen bringen. Die FDP fordert deshalb die Bundesregierung auf, sich auf internationaler und europäischer Ebene für ein Schlichtungsmandat des WTO-Generalsekretärs einzu- setzen, der in diesem Rahmen einen Kompromiss- vorschlag in kurzer Frist erarbeiten soll, der dann als Verhandlungsgrundlage für eine Wiederaufnahme der Doharunde dienen kann. Gerade aus deutscher Perspektive wäre alles andere als ein erfolgreicher Abschluss der Runde immer nur die zweitbeste Lösung. Langfristig können Entwicklungs- und Industrieländer nur von einer freihändlerischen Struktur der Weltmärkte gemeinsam profitieren. Hierfür lohnt es sich zu kämpfen. Ulla Lötzer (DIE LINKE): Die Aussetzung der WTO-Verhandlungen ist kein Rückschlag, sondern sie bietet eine neue Chance, substanzielle Angebote für eine tatsächliche „Entwicklungsrunde“ auf den Tisch zu legen. Ihr Antrag, werte Kolleginnen und Kollegen der FDP, ist wieder einmal ein Beispiel dafür, mit welch ein- facher Ideologie Sie ihr Freihandels-Credo begründen. „Freier Handel gleich Freiheit; mehr Handel gleich mehr Wohlstand“, so einfach ist Ihre Gleichung. So simpel ist die Welt aber nicht. Theoretisch ist richtig, dass sich Absatzchancen für Produkte aus den Entwicklungsländern durch einen verbesserten Marktzugang erhöhen ließen. In der Praxis bedürfte dies aber einer Regulierung und positiven Dis- kriminierung und keinen reinen Freihandel. Denn eine r A d B f u t w f d p K d w n R g „ h R d M u d n N m n f t k m s F F w u b L l L S r V g B w s t s r h d t G w a u (C (D eine Liberalisierung mit gleichen Konditionen für alle kteure lässt unterschiedliche Entwicklungs- und Pro- uktivitätsniveaus völlig außer Acht. Die industrielle asis für die gleichberechtigte Teilhabe am Welthandel ehlt vielen Ländern, sodass der weltweite Wettbewerb nd Handel unter ungleichen Partnern stattfindet. Nega- ive Effekte bis hin zur Deindustrialisierung der Ent- icklungsländer können die Folge sein. Oder der Handel indet gar nicht statt, da den Ländern sowohl die Pro- ukte für den Export als auch die Kaufkraft für den Im- ort fehlt. Globalisierung bedeutet eben nicht, dass das apital in den letzten Winkel der Erde fließt, sondern ass es dahin geht, wo die höchsten Profitraten erzielt erden können, einschließlich der Vernichtung von we- iger profitablem Kapital. Auch bei der Frage Investitionsschutz, die in der WTO- unde nach dem Scheitern von Cancun in den Hinter- rund getreten ist, die aber in der neuen EU-Strategie Global Europe“ mit einer neuen Welle bilateraler Frei- andels- und Investitionsschutzabkommen eine neue olle spielt, stehen wir vor ähnlichen Problemen. Seit en 90er-Jahren haben viele Entwicklungsländer ihre ärkte für ausländische Direktinvestitionen geöffnet nd deren Anforderungen angepasst. Dies führte dazu, ass eine große Anzahl der Exportaktivitäten von trans- ationalen Unternehmen kontrolliert werden, die den utzen steigender Exportgewinne für sich vereinnah- en. Das UNDP stellt fest, das höhere Exportpreise icht in höhere Löhne in den Entwicklungsländern ließen, sondern in einen größeren Gewinnanteil der ransnationalen Unternehmen. Umgekehrt würden sin- ende Exportpreise nicht in eine Senkung der Gewinn- argen, sondern in niedrige Löhne umgesetzt werden, iehe „Trade and Development Report 2005“. Für eine örderung des Wohlstandes in der Welt ist der reine reihandel kein Segen, sondern ein Fluch. Unabhängig vom Fortgang der WTO-Runde fordern ir die Industrieländer auf, ihre Zusage von Hongkong mzusetzen und die Agrarexportsubventionen abzu- auen. Derzeit werden mittels Exportsubventionen reicher änder die Agrarmärkte der Entwicklungsländer mit bil- igen Produkten überschwemmt und deren heimische andwirtschaft in den Ruin getrieben. Der Abbau dieser ubventionen ist ein notwendiger Schritt zur Reduzie- ung der Armut. Die von den Industrieländern geforderte erknüpfung von Fortschritten im Agrarbereich an Zu- eständnisse der Entwicklungs- und Schwellenländer im ereich der Industriegüter oder Dienstleistungsmärkte ar von Anfang an falsch und für eine Entwicklungsper- pektive schädlich. Gerade in der Landwirtschaft führt die Exportorien- ierung in den Entwicklungsländern zu drastischen Um- trukturierungen und dem Verlust der Ernährungssouve- änität. Aus der Produktion von Nahrungsmitteln für den eimischen Bedarf wird der Anbau von Produkten für en Export in Monokulturen und die Abhängigkeit von ransnationalen Saatgut- und Agrochemiekonzernen. rundnahrungsmittel müssen importiert und gekauft erden. Entweder können die bäuerlichen Kleinbetriebe uf industrielle Produktion umstellen oder sie werden nwirtschaftlich und müssen aufgeben. Verelendung und Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 5671 (A) (C) (B) ) Landflucht sind die Folge. Die Einsicht in die verheeren- den Folgen für die Subsistenzlandwirtschaft hat die indi- sche Regierung veranlasst, ihre Industrievertreter bei den Rufen nach Freihandel zurückzurufen. Das Entscheidende für einen Fortgang der WTO-Ver- handlungen ist also nicht, dass der Generaldirektor als Schlichter eingesetzt wird, sondern dass ein neuer Ver- handlungsvorschlag die Entwicklungsinteressen der Ent- wicklungs- und Schwellenländer, die auch manchmal durchaus im Widerspruch zueinander stehen können, im die Bundeskanzlerin im Nachgang zu Petersburg deut- lich auf die Notwendigkeit hingewiesen hätte, Agrarsub- ventionen zu kürzen und so für eine kohärente Politik zu werben, eine Politik, die dem Exportweltmeister Deutschland angemessen ist und die die Förderung der Entwicklung begünstigt. Stattdessen – ich habe gedacht, ich lese nicht richtig – bringt die Kanzlerin eine deutsch-amerikanische Frei- handelszone auf die Agenda der politischen Debatte und bezeichnet diese Idee auch noch als faszinierende Idee. Blick hat. Margareta Wolf (Frankfurt) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Lassen Sie mich mit einer Vorbemerkung beginnen: Es ist bedauerlich, dass diese Debatte über die Zukunft der Doharunde zu nachtschlafender Zeit in die- sem Haus stattfindet. Das wird der Komplexität und der Herausforderung, die die Doharunde darstellt nicht ge- recht. Die Staats- und Regierungschefs hatten beim G-8- Gipfel in Petersburg am 16./17. Juli dieses Jahres verein- bart, bis Mitte August dieses Jahres die Einigung über die Eckpunkte der Marktöffnung im Agrar- und Indus- triegüterhandel nachzuholen. Dennoch wurden die Ver- handlungen im Rahmen der Doha Development Agenda Ende Juli bis auf weiteres unterbrochen. Erneut hat in der WTO der Schwanz mit dem Hund gewackelt. Wieder waren es die Agrarfragen, an denen die Verhandlungen entgleisten. Agrarprodukte machen weniger als 10 Prozent des Welthandels aus – mit rapide sinkender Tendenz. Das zeigt, die Bedeutung des Agrar- sektors als Konfliktpotenzial ist überproportional, um es elegant auszudrücken. Es mehren sich die Stimmen, die nicht mehr ausschlie- ßen, dass die Doharunde gänzlich scheitern könnte, weil sich im Agrarhandel keine Einigung erzielen lässt. Der Schaden für die Weltwirtschaft und für die Architektur der multilateralen Institutionen wäre gewaltig. Und er würde durch nichts aufgewogen. Im Gegenteil, in den Agrarverhandlungen der Doharunde wird über die Poli- tik von gestern gestritten, nicht übertragfähige Strategien für die Agrarpolitik der Zukunft. Ich hätte mir gewünscht, dass die Bundesregierung den Dohaprozess nicht dreistimmig durch Seehofer, Glos und Heidi Wieczorek begleitet hätte, mit der Folge, dass sie keine wirklich gestaltende Rolle spielt. Ich hätte mir auch gewünscht, dass die Bundesregierung nicht auf Positionen von gestern beharrt, nur um vor den heimi- schen Lobbys zu punkten. Ich hätte mir gewünscht, dass N s d d v G V z h f B S d l s d u d l f b d F i v r i a r m M b S u d h (D icht nur, dass diese Idee niemand in der EU ge- chweige denn in den USA für faszinierend hält, nein, urch die Platzierung der Idee hat die Bundesregierung as Signal gesetzt, sie wolle sich vom Multilateralismus erabschieden – das in einer Zeit, wo man sich weltweit edanken über den Fortbestand der WTO macht, und im orfeld der EU-Ratspräsidentschaft und des G-8-Vorsit- es. Ich unterstütze das Anliegen des zur Diskussion ste- enden Antrages. Wir müssen die WTO stärken und dür- en sie nicht schwächen. Deshalb erwarte ich von der undesregierung nach den völlig abwegigen visionären pielchen der letzten Wochen im Vorfeld der G 8, ein eutliches Signal in Richtung Doharunde. Aber meine ieben Kolleginnen und Kollegen von der FDP, wenn wir agen, wir müssten das multilaterale System stärken, ann geht es nicht nur um eine Mehrung der Chancen für nser Land. Es geht darum, Fortschritte auf dem Gebiet es Handels für alle zu erzielen. Das Ziel der Entwick- ungshilfe besteht darin, Länder zur Entwicklung zu be- ähigen. Wenn sie keine faire Chance erhalten, am Wett- ewerb auf den Weltmärkten, einschließlich der Märkte er reichen Länder und einschließlich der Märkte für ertigerzeugnisse, teilzunehmen, werden sie dazu nicht n der Lage sein. Ich unterstütze die Forderung in dem orliegenden Antrag nach Beauftragung des Generaldi- ektors der WTO als Schlichter ausdrücklich. Die ernsten Rückschläge bei den Dohaverhandlungen n Genf haben einige Teilnehmer zu der Erwägung ver- nlasst, sich mit weniger als einer echten Entwicklungs- unde zufrieden zu geben. Das darf nicht geschehen. Wir üssen weiter die Entschlossenheit und den politischen ut aufbringen, die notwendig sind, um die Gespräche is Ende des Jahres zum Abschluss zu bringen. Dieses ignal muss die Bundesregierung im Vorfeld von G 8 nd EU-Präsidentschaft setzen. Es wäre fatal, auch für das Ansehen unseres Landes in er Entwicklungsrunde, wenn die Vision von der Frei- andelszone weiter in der Debatte bliebe. 57. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 19. Oktober 2006 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9 Anlage 10 Anlage 11 Anlage 12
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. h.c. Susanne Kastner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

    iele von uns haben sicherlich noch die Bilder im Ge-
    ächtnis von damals, als das Ceausescu-Regime in Ru-
    änien zusammengebrochen ist, eine fürchterliche Dik-

    atur, die die Menschen im wahrsten Sinne bis aufs Blut
    usgepresst hat und ein Land über viele Hungerwinter an






    (A) )



    (B) )


    Rainder Steenblock
    den Rand seiner Existenz gebracht hat. Wenn man sich
    diese kaum mehr als 15 Jahre zurückliegenden Bilder in
    dieser Stunde noch einmal vergegenwärtigt, dann er-
    kennt man, was diese beiden Länder, insbesondere Ru-
    mänien, geleistet haben. 15 Jahre später steht so ein
    Land an der Schwelle zu einem Beitritt zur Europäischen
    Union. Hieran sieht man, wie die Kraft der Idee der
    europäischen Integration, das Ziel, ein Teil dieses Euro-
    pas zu werden, Menschen befähigen kann, ihre Lebens-
    situation zu verbessern. Ich glaube, wir müssen uns in ei-
    ner Stunde wie heute dieser historischen Dimension
    bewusst werden, um die Leistung dieser Länder würdi-
    gen zu können.


    (Beifall im ganzen Hause)


    Zu Recht sind Bedenken geäußert worden, dass beide
    Länder den Acquis communautaire so, wie wir ihn uns
    vorstellen, noch nicht vollständig erfüllen. Das ist richtig
    und das muss man auch deutlich sagen. Denn zu einer
    Europäischen Union, wie ich sie mir wünsche, gehören
    auch Ehrlichkeit und Offenheit zwischen den Partnerin-
    nen und Partnern; gar keine Frage. Aber wir stehen in
    dieser Stunde, in der wir über die Ratifizierung entschei-
    den, immer auch vor der Frage nach den Alternativen.
    Der Außenminister hat zu Recht auf sie hingewiesen.
    Wir wollen solidarisch mit diesen Ländern in Europa zu-
    sammenleben. Wir wissen, dass ein Zurückweisen die
    innenpolitische Situation in diesen Ländern katastrophal
    verändern würde. Daran können wir kein Interesse ha-
    ben, als Deutsche nicht und als Europäer auch nicht.
    Dies würde die ökonomische Situation destabilisieren
    und die Standards, die wir mit Europa verbinden, eher
    verschlechtern als verbessern.

    Deshalb ist der Ratifizierungsprozess, mit dem wir
    heute, wie ich hoffe, gemeinsam beginnen werden, alter-
    nativlos. Wir verzichten dabei aber nicht auf Konsequen-
    zen. Ich glaube, das ist gerade in einer Situation wichtig,
    in der viel über die Handlungsfähigkeit Europas gespro-
    chen wird. Sie wird Europa nämlich häufig abgespro-
    chen.

    Man muss sich einmal anschauen, was wir aus den
    Problemen bei den Erweiterungsverfahren gelernt ha-
    ben. Wir haben bezüglich Bulgarien und Rumänien tat-
    sächlich einen Schutzmechanismus entwickelt, der, wie
    ich glaube, greifen wird. Aus meiner Sicht verdient
    Europa das Vertrauen, dass es nicht blauäugig in Situa-
    tionen hineinläuft, sondern dass es tatsächlich Schutz-
    mechanismen entwickelt, die im Sinne des europäischen
    Integrationsgedankens notwendig sind und durch die den
    Ländern sowie den Menschen in diesen Ländern gehol-
    fen wird. Von daher glaube ich auch, dass Europa in vie-
    len Teilen der konkreten Politik handlungsfähiger ist, als
    einige Leute in ihren Sonntagsreden oder noch viel häu-
    figer an den Stammtischen daherreden. Ich glaube, wir
    brauchen uns nicht zu schämen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


    Auf die Einzelheiten des Beitrittsprozesses will ich
    jetzt nicht eingehen. Die Kollegen Krichbaum, Löning
    und andere haben das schon detailliert getan, sodass ich

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    (C (D as nicht wiederholen muss. Wir wissen um die Proleme und wir haben das im Ausschuss auch mit dem ommissar Olli Rehn sehr intensiv besprochen. Eines sollten wir aber nicht vergessen – ich finde, das eichnet die Debatte aus –: Die europäische Erweiterung rfolgte nie ohne Probleme. Insbesondere in den Nacharländern – beispielsweise in Frankreich, als es um panien und Portugal ging – hat es immer große Proleme im Hinblick auf die Akzeptanz der Bevölkerung egeben. Wir wissen: Die Geschichte hat jedes Mal geeigt, dass die Integration ein Erfolgsprojekt war, dass ll die Befürchtungen, die vorher verständlicherweise eäußert wurden, in der Wirklichkeit nicht eingetreten ind und dass Europa mit diesen Problemen immer gut ertig geworden ist. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Dr. Hakki Keskin [DIE LINKE])


    Das sollte uns Mut machen und das sollten wir auch
    ffensiv nach außen vertreten. Dieses Europa ist ein
    offnungsträger in der Welt. Es ist überhaupt nicht an-
    esagt, dass wir kleinmütig unter dem Teppich durch-
    arschieren, wenn wir über Europa reden. Als Politiker

    n Europa können wir auf diese Integrationsleistung stolz
    ein.

    Deshalb sage ich auch sehr deutlich: Die Erweite-
    ungsdebatte ist für uns Bündnisgrüne mit diesen Beitrit-
    en nicht zu Ende. Es gibt viele europäische Länder, die
    iese Erweiterungsperspektive brauchen, weil sie sich
    elbst nur in diesem erweiterten Europa politisch und
    konomisch entwickeln können. Das gilt ganz besonders
    ür den Balkan, das gilt aber auch für den Südosten
    uropas. Über die Mechanismen, wie wir die Beitritte in
    ukunft gestalten, müssen wir sicherlich noch reden. In
    iner Situation, in der der Beitritt die einzige Chance für
    ie entsprechenden Länder ist, Integration zu erreichen,
    äre es das Falscheste, was wir tun könnten, ihnen die
    ür vor der Nase zuzuschlagen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Gerade den Ländern auf dem Balkan und in Südost-
    uropa müssen wir sagen: Es gelten die Kopenhagener
    riterien und auch die Kooperationskriterien, die in
    openhagen nicht entsprechend definiert worden sind.
    itglied einer Europäischen Union kann nur das Land
    erden, das aus tiefster Überzeugung bereit ist, mit all

    einen Nachbarn in Frieden zu kooperieren. Europa ist
    icht das ökonomische Erfolgsprojekt oder das Sozial-
    odell für einige Leute, um sozusagen auch noch ein

    isschen von dem Kuchen abzubekommen. Europa ist
    or allem ein Friedensprojekt.


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


    Deshalb geht es für den Balkan und für andere Staa-
    en genau darum. Europa ist ein Friedensprojekt und je-
    er, der willkommen sein will – das wollen all diese
    änder –, muss begreifen, dass er mit seinen Nachbarn






    (A) )



    (B) )


    Rainder Steenblock
    friedlich kooperieren muss. Ansonsten wird Europa in
    diesem Bereich nicht die Zukunft haben, die wir uns
    wünschen.

    Vielen Dank.


    (Beifall im ganzen Hause)




Rede von Dr. h.c. Susanne Kastner
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Das Wort hat die Kollegin Dr. Lale Akgün, SPD-

Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Lale Akgün


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bot-

    schafterin aus Bulgarien! Sehr geehrter Herr Botschafter
    aus Rumänien! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bulga-
    rien und Rumänien sollen am 1. Januar 2007 der Euro-
    päischen Union beitreten. Ich freue mich, dass darüber
    nun endlich Einigkeit herrscht. Dieses klare Ja ist über-
    fällig. Es ist überfällig, dass wir den Weg für den Beitritt
    frei machen.

    Für meine Fraktion möchte ich betonen: Wir mussten
    uns dieses Ja zum Beitritt Bulgariens und Rumäniens
    nicht lange abringen. Das Ja kommt uns auch nicht halb-
    herzig über die Lippen. Nein, wir begrüßen den Beitritt
    Bulgariens und Rumäniens nachdrücklich und uneinge-
    schränkt. Wir freuen uns, dass beide Länder ab dem
    1. Januar 2007 Mitglieder der Europäischen Union sind.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Getrübt wird diese Freude allein dadurch, dass sich
    die Debatte um den heute vorliegenden Antrag so lange
    hinausgezögert hat. Ich weiß nicht genau, ob es einige
    Kollegen besonders spannend machen wollten. Ich bin
    zwar ein Krimifan, aber in diesem Fall hätte ich gern auf
    die Spannung verzichtet. Es wäre mir lieber gewesen,
    wenn wir nicht die Letzten in der Europäischen Union
    gewesen wären, die mit dem Ratifikationsverfahren be-
    ginnen.

    Nichtsdestotrotz freue ich mich, dass wir heute im
    Bundestag endlich das parlamentarische Verfahren zur
    Ratifikation beginnen, mit dem wir – wie es richtig im
    Titel unseres Antrags heißt – den „EU-Beitritt Bulgari-
    ens und Rumäniens zum Erfolg führen“ wollen. Der Bei-
    tritt beider Länder wird ein großer Erfolg sein, auf den
    wir alle zusammen werden stolz sein können.

    Ich möchte hier noch einmal nachdrücklich betonen:
    Erweiterung steht nicht im Gegensatz zur Vertiefung. Ich
    sehe eine hohe Korrelation zwischen Erweiterung und
    Vertiefung.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Der Beitritt Bulgariens und Rumäniens ist der not-
    wendige Abschluss der Osterweiterung, die 2004 mit
    dem Beitritt der mittelosteuropäischen Staaten sowie
    Maltas und Zyperns begonnen hat. Die Osterweiterung
    ist die selbstverständliche Fortführung einer Friedenspo-
    litik. Sie war die Antwort auf die weltpolitische Situa-
    tion nach dem Ende des Kalten Krieges und ein Garant

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    (C (D afür, dass die EU auch in Zukunft Friedensmacht sein ann. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass Bularien und Rumänien schon in den letzten Jahren eine ichtige Funktion bei der Stabilisierung der gesamten egion hatten. Beide Länder haben seit Ende des Kalten Krieges icht nur außenpolitisch, sondern auch innenpolitisch rhebliches geleistet. Sie haben eine enorme Transforationsleistung vollbracht. Sie haben den Übergang zu emokratie und Marktwirtschaft vollzogen. Dabei wuren das politische System, das Rechtssystem und die esellschaft einem grundlegenden Wandel unterzogen. ch glaube, einige von uns, die in ihrem Leben noch nie on einer solchen tief greifenden Umwälzung betroffen aren, können nicht ansatzweise nachvollziehen, was ie Transformation für ein Land, aber auch ganz persönich für jeden seiner Bürger bedeutet. Bei aller Unterstützung durch die EU: Die Leistungen aben die Menschen in Bulgarien und Rumänien erracht. Ich möchte als Beispiel Bulgarien anführen. leine und mittelständische Unternehmen mussten Kreite aufnehmen, um ihre Betriebe umzustrukturieren und n die hohen EU-Standards anzupassen. Das war sehr chwierig, weil zur gleichen Zeit Banken zusammengerochen waren. Das Gesundheitswesen und der Agrarektor mussten total umstrukturiert werden. Der Agrarektor musste sich nun nach den hohen hygienischen nforderungen der EU richten. Auch dies bedurfte einer normen Anstrengung und finanzieller Opfer. Die chwächsten der Gesellschaft haben am meisten gelit en. Rentner mussten mit 60 Euro im Monat wirtschafen. Erst in den letzten zwei Jahren, in denen die Wirtchaft in Bulgarien boomte, wurden die Renten um 5 bis Prozent angehoben. Auch im Bereich der Demokratie sind beachtliche ortschritte erzielt worden. Der Minderheitenschutz urde ausgebaut. Heute hat Bulgarien ein gut funk ionierendes multiethnisches System. In Bulgarien sagt an: Demokratie ist kein Lift, sondern eine steile reppe, die man hochgehen muss. Alle Bürger Bulgarins haben gespürt, was es heißt, diese Treppe hochgehen u müssen. Diese Transformationsleistungen würdigen ir heute mit unserem Antrag. Für uns ist es heute eine ebatte im Plenum; für Bulgarien und Rumänien ist es in weiterer Schritt auf dem Weg zu einem historischen atum. Wir freuen uns, dass die Kommission Bulgarien und umänien in ihrem letzten Fortschrittsbericht die Bei rittsreife bescheinigt hat, auch wenn in einigen Bereihen noch Mängel bestehen. Ich möchte noch einmal betonen, dass es sich um eine itgliedschaft mit gleichen Rechten und Pflichten andelt. Ich finde es deshalb richtig, dass wir in dem emeinsamen Antrag festgehalten haben, dass die ortschritte Bulgariens und Rumäniens im Heranfühungsprozess auch das Ergebnis der Perspektive einer leichberechtigten Teilhabe an den Rechten und Pflichen eines Mitglieds der Europäischen Union sind. Gleichberechtigt“ ist das Schlüsselwort, obwohl es eientlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte. Dr. Lale Akgün Es ist auch eine Selbstverständlichkeit, dass der Beitritt nach den zwischen Bulgarien und Rumänien auf der einen Seite und der Europäischen Union auf der anderen Seite vereinbarten Spielregeln erfolgen wird. Diese Spielregeln besagen, dass der Beitritt Bulgariens und Rumäniens erfolgt, wenn beide Länder ausreichende Fortschritte in der Angleichung ihres politischen und rechtlichen Systems gemacht haben. Erweiterungskommissar Olli Rehn hat uns gestern im Europaausschuss noch einmal bestätigt, dass die Fortschritte Bulgariens und Rumäniens für den Beitritt ausreichen. Aber auch die bestehenden Mängel werden von der Kommission nicht verschwiegen, sondern klar benannt. Über diese Mängel können und wollen wir nicht hinwegsehen. Wir fordern Bulgarien und Rumänien auf, in ihren Bemühungen nicht nachzulassen und die bestehenden Probleme bis zum Ende dieses Jahres zu beheben. Auch das haben wir vereinbart. Aber was passiert nach dem 1. Januar 2007? Am heftigsten wird derzeit über die Schutzklauseln diskutiert. Dabei ist mir allerdings nicht klar, worüber wir streiten. Für den Fall, dass die Mängel im Justizsystem und in der Landwirtschaft auch nach dem Beitritt fortbestehen sollten, können die vereinbarten Übergangsmaßnahmen und Schutzklauseln in Kraft treten. Ich betone: Die Schutzklauseln können in Kraft treten, sie müssen es aber nicht. Ob die Schutzklauseln auf Antrag der Kommission oder eines Mitgliedstaates in Kraft gesetzt werden, wird in einem zweistufigen Verfahren entschieden. Bulgarien und Rumänien müssen drei Monate nach dem Beitritt – also bis Ende März 2007 – einen Bericht vorlegen, in dem sie die Fortschritte darlegen, die sie erreicht haben. Diese Fortschritte wird die Kommission überprüfen und in einem eigenen Bericht niederlegen, der im Juni 2007 erscheinen und die Entscheidungsgrundlage für die Schutzklauseln sein wird. Die Kommission hat dafür Benchmarks bzw. Richtgrößen entwickelt. Anhand dieser Richtgrößen können wir entscheiden, ob die Schutzklauseln zur Anwendung kommen oder nicht. An diesem Verfahren gibt es, glaube ich, nichts zu deuteln. Insofern reichen nicht nur die Fortschritte der beiden Länder für den Beitritt zum 1. Januar 2007, sondern auch die zur Verfügung stehenden Schutzmaßnahmen aus. Liebe Kolleginnen und Kollegen, schauen wir unvoreingenommen und rational auf Bulgarien und Rumänien. Es ist nämlich auch richtig, dass die Beitrittskriterien bei beiden Ländern viel schärfer gehandhabt wurden als bei den vorangegangenen Erweiterungsrunden. Es ist nur redlich, auch das einmal anzusprechen. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Markus Löning [FDP])





    (A) )


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    Es stünde uns auch gut an, endlich die Perspektive zu
    wechseln. Der Beitritt Bulgariens und Rumäniens ist
    keine Gefahr für die EU und schon gar nicht für die ein-
    zelnen Länder. Der Beitritt ist eine Chance für die Euro-
    päische Union als Ganzes und auch für Deutschland.
    Bulgarien und Rumänien bringen der EU mehr an Stabi-

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    (C (D ität und Sicherheit im gesamten südeuropäischen Raum is in den westlichen Balkan. Ich jedenfalls freue mich, dass wir Bulgarien und Ruänien zum 1. Januar 2007 als Mitglieder der Europäi chen Union und damit als Partner mit gleichen Rechten nd Pflichten und unter Anwendung der gemeinsam verinbarten Spielregeln begrüßen können. Das Wort hat Christian Ahrendt, FDP-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und erren! Ich glaube, die bisherige Debatte hat eines geeigt: Keiner bestreitet die Fortschritte Rumäniens und ulgariens. Dort ist ein enormer Reformprozess geleistet orden. Dass wir in der Lage sind, detailliert über den Reormprozess zu debattieren, haben wir der Europäischen ommission zu verdanken. Es ist das erste Beitrittsver ahren, in dem sehr detailliert beobachtet worden ist, wie ich die Beitrittsländer entwickeln. Dieses Verfahren haen wir in erster Linie – auch in der Genauigkeit – dem U-Kommissar Olli Rehn zu verdanken. Bei einem solch genauen Verfahren rücken nicht nur ie Erfolge in den Vordergrund. Vielmehr sieht man uch die vorhandenen Schattenbereiche; diese wurden ereits angesprochen. Ein wesentlicher Schattenbereich st die Justiz. Hierzu habe ich eine andere Meinung als iejenige, die bislang geäußert worden ist. Wenn mit em 1. Januar 2007 der Beitritt wirksam wird, werden ie Justizakte in den Bereichen des Strafrechts und des ivilrechts im Wege der Anerkennung für andere euroäische Staaten und damit für andere Staatsangehörige utomatisch Geltung beanspruchen. Wenn wir aber in en Berichten lesen müssen – das ist gerade für das trafrecht relevant –, dass es noch keine unumkehrbare nabhängigkeit der Justiz und insbesondere der Richter ibt, dass es den Gerichtsverfahren nach wie vor an ransparenz fehlt und dass die Ausbildung der Staatsanälte und der Richter nicht ausreicht, um ein genaues erfahren durchzuführen, dann müssen wir uns darüber edanken machen, wie wir mit der Situation umgehen. Der Beitrittsvertrag eröffnet verschiedene Möglicheiten. Die Kommission favorisiert die Möglichkeit, ach einer weiteren Beobachtungsphase eine Entscheiung zu treffen. Ich glaube, dieser Weg ist falsch, weil er eine Rechtsfolgen zeitigt und wir in dem Zeitraum, in em die Entscheidung vakant ist, mit Justizakten umgeen müssen. Wenn man sich den Beitrittsvertrag und insesondere Art. 38 genau anschaut, stellt man fest, dass ie Schutzklausel im Justizbereich bereits am 1. Januar 007 greifen kann. Hierfür bedarf es lediglich der Fordeung eines Landes. Es kommt also nicht auf eine Komissionsoder eine Ratsentscheidung an. Dann würden trafurteile und Haftbefehle nicht automatisch anerannt. Christian Ahrendt Das wäre kein Beitritt zweiter Klasse, aber wir hätten die Möglichkeit, die beigetretenen Länder aufzufordern, in den kommenden Monaten in diesem sehr wichtigen Bereich, in dem es unter anderem um unmittelbare Eingriffe in Persönlichkeitsrechte durch Strafrechtsakte geht, das zu leisten, was in den Berichten vorgeschrieben ist, beispielsweise die Strafverfahren besser zu organisieren und die rechtsstaatlichen Ansprüche zu gewährleisten. Ich glaube, an dieser Stelle wird man wesentlich strikter vorgehen müssen, als es die Kommission vorgeschlagen hat. In diesem Sinne wird die Diskussion über den Ratifizierungsprozess in den nächsten Tagen und Wochen zu führen sein. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    (Beifall im ganzen Hause)