Protokoll:
16025

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 16

  • date_rangeSitzungsnummer: 25

  • date_rangeDatum: 16. März 2006

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  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 20:02 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 16/25 Zweite und dritte Beratung des von den Frak- tionen der CDU/CSU und der SPD einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förde- rung ganzjähriger Beschäftigung (Drucksachen 16/429, 16/971) . . . . . . . . . . . . Klaus Brandner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg Rohde (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ralf Brauksiepe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Kornelia Möller (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gerd Andres, Parl. Staatssekretär BMAS . . . . Peter Rauen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . (Drucksache 16/679) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Hermann Otto Solms (FDP) . . . . . . . . . . . Otto Bernhardt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Gabriele Frechen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Hermann Otto Solms (FDP) . . . . . . . . Christine Scheel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Hermann Otto Solms (FDP) . . . . . . . . Hans Michelbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Dr. Volker Wissing (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . 1877 A 1877 A 1878 D 1880 C 1883 B 1884 D 1885 D 1887 D 1892 A 1892 B 1896 B 1898 B 1899 C 1901 C 1902 A 1902 B 1904 C 1906 A Deutscher B Stenografisch 25. Sitz Berlin, Donnerstag, d I n h a l Wahl der Abgeordneten Wolfgang Börnsen (Bönstrup) und Monika Griefahn als ordent- liche Mitglieder in den Verwaltungsrat der Filmförderungsanstalt und des Abgeordneten Johann-Henrich Krummacher und der frü- heren Abgeordneten Gisela Hilbrecht als stell- vertretende Mitglieder in den Verwaltungsrat der Filmförderungsanstalt . . . . . . . . . . . . . . . . Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absetzung der Tagesordnungspunkte 12, 19 c und 22 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachträgliche Ausschussüberweisung . . . . . . Tagesordnungspunkt 3: D A N E T E D T o b R 1875 B 1875 B 1876 D 1876 D Dr. Uwe Küster (SPD) (zur Geschäftsordnung) . . . . . . . . . . . . . . . 1889 B undestag er Bericht ung en 16. März 2006 t : r. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . ndreas Steppuhn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . amentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . rgebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 4: rste Beratung des von den Abgeordneten r. Hermann Otto Solms, Carl-Ludwig hiele, Dr. Volker Wissing, weiteren Abge- rdneten und der Fraktion der FDP einge- rachten Entwurfs eines Gesetzes zur eform der direkten Steuern 1889 D 1890 C 1891 D 1894 A Reinhard Schultz (Everswinkel) (SPD) . . . . . Oskar Lafontaine (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 1907 B 1909 A II Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 25. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. März 2006 Peter Rzepka (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Hermann Otto Solms (FDP) . . . . . . . . Bernd Scheelen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 24: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Übereinkommen vom 8. Dezember 2004 über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Repu- blik Slowenien und der Slowakischen Republik zu dem Übereinkommen über die Beseitigung der Doppelbesteuerung im Falle von Gewinnberichtigungen zwischen verbundenen Unternehmen (Drucksache 16/914) . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 2. März 2005 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Jemen zur Vermeidung der Doppelbesteue- rung von Luftfahrtunternehmen auf dem Gebiet der Steuern vom Einkom- men und vom Vermögen (Drucksache 16/915) . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung und Bereinigung des Lastenausgleichsrechts (Drucksachen 16/916, 16/955) . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 2: a) Erste Beratung des vom Bundesrat einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Schwarzarbeitsbekämp- fungsgesetzes und des Telekommunika- tionsgesetzes (Drucksache 16/521) . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung der Vorschriften über die Luftaufsicht und die Luftfahrtda- teien (Drucksache 16/958) . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Jörg van Essen, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Mechthild Dyckmans, weiterer Abgeord- d e f g T a b c 1910 B 1911 D 1912 B 1914 D 1915 A 1915 A 1915 A 1915 B neter und der Fraktion der FDP: Jugend- strafvollzug verfassungsfest gestalten (Drucksache 16/851) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Josef Philip Winkler, Volker Beck (Köln), Britta Haßelmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Zwischenbilanz für Integra- tionskurse des Jahres 2005 vorlegen (Drucksache 16/940) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Thilo Hoppe, Ute Koczy, Hans-Josef Fell, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN: Mit der stra- tegischen Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und Lateiname- rika Ernst machen und deutsches Engagement ausbauen (Drucksache 16/941) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Cornelia Pieper, Uwe Barth, Patrick Meinhardt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Innovationspakt 2020 für Forschung und Lehre in Deutschland – Koopera- tionen zwischen Bund und Ländern weiter ermöglichen (Drucksache 16/954) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Lutz Heilmann, Eva Bulling-Schröter, Hans-Kurt Hill, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN: Ein einheitliches Umwelt- recht schaffen – Kompetenzwirrwarr vermeiden (Drucksache 16/927) . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 25: ) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Protokoll vom 21. Mai 2003 über die strategische Umweltprüfung zum Über- einkommen über die Umweltverträg- lichkeitsprüfung im grenzüberschrei- tenden Rahmen (Vertragsgesetz zum SEA-Protokoll) (Drucksachen 16/341, 16/899) . . . . . . . . . ) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Pflanzen- schutzgesetzes (Drucksachen 16/645, 16/897) . . . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technolo- gie zu der Verordnung der Bundesregie- 1915 B 1915 B 1915 C 1915 C 1915 D 1916 A 1916 B Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 25. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. März 2006 III rung: Zweiundsiebzigste Verordnung zur Änderung der Außenwirtschafts- verordnung (Drucksachen 16/361, 16/480 Nr. 2.1, 16/746) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technolo- gie zu der Verordnung der Bundesregie- rung: Einhundertzweiundfünfzigste Ver- ordnung zur Änderung der Einfuhrliste – Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz – (Drucksachen 16/362, 16/480 Nr. 2.2, 16/747) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Umwelt, Naturschutz und Re- aktorsicherheit zu der Verordnung der Bundesregierung: Verordnung zur Umsetzung der Ratsentscheidung vom 19. Dezember 2002 zur Festlegung von Kriterien und Verfahren für die An- nahme von Abfällen auf Abfalldeponien (Drucksachen 16/573, 16/612 Nr. 2.1, 16/921) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Verordnung der Bundesregierung: Erste Verordnung zur Änderung der Zweiundzwanzigsten Ver- ordnung zur Durchführung des Bun- des-Immissionsschutzgesetzes (Verord- nung über Immissionswerte für Schad- stoffe in der Luft) (Drucksachen 16/574, 16/612 Nr. 2.2, 16/959) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) – j) Beschlussempfehlungen des Petitionsaus- schusses: Sammelübersichten 21, 22, 23 und 24 zu Petitionen (Drucksachen 16/828, 16/829, 16/830, 16/831) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 3: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der LINKEN: Tarifliche Auseinandersetzun- gen im öffentlichen Dienst . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . Dirk Niebel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Siegmund Ehrmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Werner Kammer (CDU/CSU) . . . . . . . . K W C A G G T a b c D F H M V K T T U S ( 1916 D 1916 D 1917 A 1917 A 1917 B 1917 D 1917 D 1919 C 1921 A 1922 B 1923 A 1924 A laus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . olfgang Gunkel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . lemens Binninger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . ndreas Steppuhn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . itta Connemann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . abriele Lösekrug-Möller (SPD) . . . . . . . . . agesordnungspunkt 5: ) Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN: Die Bedeutung von Wahrheits- und Versöhnungskommis- sionen für eine friedliche Zukunft (Drucksache 16/932) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Marieluise Beck (Bremen), Dr. Uschi Eid, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Für eine baldige Zeichnung und Ratifizierung des Zusatzprotokolls zur Anti-Folter-Konvention der Verein- ten Nationen (Drucksache 16/360) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Florian Toncar, Burkhardt Müller-Sönksen, Dr. Werner Hoyer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Für eine zügige Zeich- nung, Ratifizierung und Umsetzung des Zusatzprotokolls zur Anti-Folter-Kon- vention der Vereinten Nationen (Drucksache 16/455) . . . . . . . . . . . . . . . . r. Herta Däubler-Gmelin (SPD) . . . . . . . . . . lorian Toncar (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . olger Haibach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . ichael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . olker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . arin Kortmann, Parl. Staatssekretärin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . homas Silberhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 6: nterrichtung durch die Bundesregierung: traßenbaubericht 2005 Drucksache 16/335) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1925 B 1927 A 1928 B 1929 C 1930 C 1932 A 1933 A 1933 A 1933 B 1933 C 1934 D 1936 B 1937 D 1938 D 1939 D 1941 A 1942 B IV Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 25. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. März 2006 Achim Großmann, Parl. Staatssekretär BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Patrick Döring (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Renate Blank (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Dorothee Menzner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg Vogelsänger (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 7: Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und der Frak- tion der LINKEN eingebrachten Entwurfs ei- nes Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (Drucksache 16/856) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 4: Antrag der Abgeordneten Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der FDP: Innere Sicherheit durch Rege- lungen zum Arbeitskampfrecht gewährleis- ten (Drucksache 16/953) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alexander Ulrich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Paul Lehrieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Anette Kramme (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alexander Ulrich (DIE LINKE) . . . . . . . . Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Maurer (DIE LINKE) (zur Geschäftsordnung) . . . . . . . . . . . . . . . Hartmut Koschyk (CDU/CSU) (zur Geschäftsordnung) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 8: – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs – D H G D U D T a b V P M C M D 1942 C 1943 C 1944 B 1946 A 1946 D 1947 C 1948 D 1948 D 1949 A 1950 B 1952 C 1953 C 1954 B 1955 D 1956 D 1957 A eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Betriebsprämiendurchführungsge- setzes (Drucksachen 16/858, 16/912, 16/964) . . Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Betriebs- prämiendurchführungsgesetzes (Drucksachen 16/644, 16/964) . . . . . . . . . r. Hans-Heinrich Jordan (CDU/CSU) . . . . . ans-Michael Goldmann (FDP) . . . . . . . . . . ustav Herzog (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . lrike Höfken (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Wilhelm Priesmeier (SPD) . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 13: ) Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Irmingard Schewe-Gerigk, Marieluise Beck (Bremen), weiterer Ab- geordneter und der Fraktion des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN: Presse- und Meinungsfreiheit in Kuba einfordern (Drucksache 16/934) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Marina Schuster, Florian Toncar, Burkhardt Müller-Sönksen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Menschenrechte in Kuba ein- fordern und kubanische Zivilgesell- schaft fördern (Drucksache 16/945) . . . . . . . . . . . . . . . . olker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . eter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . Dr. Diether Dehm (DIE LINKE) . . . . . . . . arina Schuster (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . hristoph Strässer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . ichael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Florian Toncar (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . r. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . 1957 C 1957 C 1957 D 1959 B 1960 A 1961 A 1962 A 1963 A 1964 A 1964 B 1964 B 1965 C 1967 B 1967 D 1968 D 1969 D 1970 B 1971 A 1971 C 1972 C Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 25. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. März 2006 V Tagesordnungspunkt 10: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Vereinfachung der abfall- rechtlichen Überwachung (Drucksachen 16/400, 16/970) . . . . . . . . . . . . Gerd Bollmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Horst Meierhofer (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Brand (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 11: Antrag der Abgeordneten Sabine Leutheusser- Schnarrenberger, Sibylle Laurischk, Jens Ackermann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Unterhaltsrecht ohne weiteres Zögern sozial und verantwor- tungsbewusst den gesellschaftlichen Rah- menbedingungen anpassen (Drucksache 16/891) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sibylle Laurischk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Ute Granold (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Jörn Wunderlich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Brigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christine Lambrecht (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 5: Antrag der Abgeordneten Dr. Michael Meister, Otto Bernhardt, Eduard Oswald, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der CDU/CSU, der Abgeordneten Nina Hauer, Ingrid Arndt- Brauer, Lothar Binding (Heidelberg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD, der Abgeordneten Frank Schäffler, Dr. Hermann Otto Solms, Carl-Ludwig Thiele, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP so- wie der Abgeordneten Dr. Gerhard Schick, Kerstin Andreae, Christine Scheel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN: Besser regulie- ren, dynamisch konsolidieren – Leitlinien für die künftige EU-Finanzmarktintegra- tion (Drucksache 16/933) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . G F N D D T a b J S S J P D T E e Ä w s ( R D N 1973 B 1973 C 1974 D 1975 C 1977 A 1977 D 1978 D 1979 A 1980 A 1982 A 1982 D 1983 D 1984 C 1985 B eorg Fahrenschon (CDU/CSU) . . . . . . . . . . rank Schäffler (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . ina Hauer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Axel Troost (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . r. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 9: ) Erste Beratung des von den Abgeordneten Jerzy Montag, Hans-Christian Ströbele, Wolfgang Wieland, weiteren Abgeordne- ten und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutz von Journa- listen und der Pressefreiheit in Straf- und Strafprozessrecht (Drucksache 16/576) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von den Abgeordneten Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Jörg van Essen, Mechthild Dyckmans, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung der Pressefreiheit (Drucksache 16/956) . . . . . . . . . . . . . . . . erzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . iegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . abine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . oachim Stünker (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . etra Pau (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Peter Danckert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 14: rste Beratung des von der Bundesregierung ingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur nderung des Gesetzes über das Brannt- einmonopol und von Verbrauchsteuerge- etzen Drucksache 16/913) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . einhard Schultz (Everswinkel) (SPD) . . . . . r. Volker Wissing (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . orbert Schindler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 1985 C 1987 B 1988 A 1989 B 1990 A 1991 A 1991 A 1991 B 1992 A 1993 D 1994 B 1995 B 1996 B 1997 A 1998 A 1998 B 1999 C 2001 A VI Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 25. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. März 2006 Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 15: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Arbeit und Soziales zu dem An- trag der Abgeordneten Dr. Heinrich L. Kolb, Heinz-Peter Haustein, Birgit Homburger, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Vorverlegung des Fälligkeitstermins für Sozialabgaben rückgängig machen und strukturelle Reformen in der Rentenversi- cherung einleiten (Drucksachen 16/396, 16/627) . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 16: Antrag der Abgeordneten Priska Hinz (Her- born), Kai Boris Gehring, Krista Sager, Rainder Steenblock und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Mehr Mobilität und Austausch durch ein inte- griertes EU-Bildungsrahmenprogramm (Drucksache 16/837) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 6: Antrag der Abgeordneten Dr. Karl Addicks, Hellmut Königshaus, Dr. Werner Hoyer, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Den Südsudan beim Wiederaufbau unter- stützen und vor Aids bewahren (Drucksache 16/586) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 17: Antrag der Abgeordneten Josef Philip Winkler, Volker Beck (Köln), Britta Haßelmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN: Kettenduldungen abschaffen (Drucksache 16/687) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . A Z E G v n K A Z d m u c M G D D I A Z d d p M G P C P A Z d b s S D D H 2002 C 2003 C 2003 D 2004 A 2004 A 2004 C 2005 A nlage 2 u Protokoll gegebene Rede zur Beratung des ntwurfs eines Gesetzes zur Änderung des esetzes über das Branntweinmonopol und on Verbrauchsteuergesetzen (Tagesord- ungspunkt 14) erstin Andreae (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 3 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Antrags: Vorverlegung des Fälligkeitster- ins für Sozialabgaben rückgängig machen nd strukturelle Reformen in der Rentenversi- herung einleiten (Tagesordnungspunkt 15) ax Straubinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . regor Amann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . r. Axel Troost (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . rmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 4 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Antrags: Mehr Mobilität und Austausch urch ein integriertes EU-Bildungsrahmen- rogramm (Tagesordnungspunkt 16) arcus Weinberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . esine Multhaupt (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . atrick Meinhardt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . ornelia Hirsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . riska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 5 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Antrags: Den Südsudan beim Wiederauf- au unterstützen und vor Aids bewahren (Zu- atztagesordnungspunkt 6) ibylle Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . r. Wolfgang Wodarg (SPD) . . . . . . . . . . . . . r. Karl Addicks (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . eike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 2005 D 2006 C 2007 C 2009 A 2010 B 2010 C 2011 B 2012 C 2014 A 2014 D 2015 C 2016 D 2018 B 2018 D 2019 C Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 25. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. März 2006 VII Ute Koczy (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Kettenduldungen abschaffen (Tagesordnungspunkt 17) Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . . Rüdiger Veit (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Max Stadler (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2020 B 2021 B 2022 B 2023 A 2023 C 2024 B Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 25. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. März 2006 1875 (A) ) (B) ) 25. Sitz Berlin, Donnerstag, d Beginn: 9.0
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    1) Anlage 5 2) Anlage 6 (D (B) ) Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 25. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. März 2006 2005 (A) ) (B) ) higen europäischen Markt einfach nicht vereinbar sind. geht jetzt zu Ende.Mücke, Jan FDP 16.03.2006 Die rot-grüne Bundesregierung hatte sich deshalb seiner- zeit – natürlich in enger Abstimmung mit der Brennerei- wirtschaft – schon nachhaltig und auch erfolgreich für eine entsprechende Übergangszeit eingesetzt. Und diese Lips, Patricia CDU/CSU 16.03.2006 Meckel, Markus SPD 16.03.2006** Anlage 1 Liste der entschuldigt * ** A A s D g f Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Albach, Peter CDU/CSU 16.03.2006 Bierwirth, Petra SPD 16.03.2006 Binding (Heidelberg), Lothar SPD 16.03.2006 Bismarck, Carl-Eduard von CDU/CSU 16.03.2006 Dr. Botz, Gerhard SPD 16.03.2006 Brüderle, Rainer FDP 16.03.2006 Dreibus, Werner DIE LINKE 16.03.2006 Fischer (Frankfurt), Joseph BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 16.03.2006 Fischer (Karlsruhe- Land), Axel E. CDU/CSU 16.03.2006 Fograscher, Gabriele SPD 16.03.2006 Gehrcke, Wolfgang DIE LINKE 16.03.2006 Dr. Geisen, Edmund Peter FDP 16.03.2006 Gradistanac, Renate SPD 16.03.2006 Heinen, Ursula CDU/CSU 16.03.2006 Hilsberg, Stephan SPD 16.03.2006 Hörster, Joachim CDU/CSU 16.03.2006* Dr. h. c. Kastner, Susanne SPD 16.03.2006 Krichbaum, Gunther CDU/CSU 16.03.2006 Dr. Krings, Günter CDU/CSU 16.03.2006 Lehn, Waltraud SPD 16.03.2006 Lintner, Eduard CDU/CSU 16.03.2006 M P P R D S S S S V W A (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht en Abgeordneten für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung der NATO nlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Branntwein- monopol und von Verbrauchersteuergesetzen (Tagesordnungspunkt 14) Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): n der Umsetzung der Entscheidung der EU-Kommis- ion vom 16. November 2004 führt kein Weg vorbei. iese hatte entschieden, dass die Subventionen für ewerbliche Kornbrennereien mit den Grundsätzen eines airen Wettbewerbs in einem gemeinsamen funktionsfä- üller (Köln), Kerstin BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 16.03.2006 flug, Johannes SPD 16.03.2006 iltz, Gisela FDP 16.03.2006 oth (Augsburg), Claudia BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 16.03.2006 r. Schavan, Annette CDU/CSU 16.03.2006 chmidt (Nürnberg), Renate SPD 16.03.2006 chmidt (Fürth), Christian CDU/CSU 16.03.2006 eehofer, Horst CDU/CSU 16.03.2006 trothmann, Lena CDU/CSU 16.03.2006 ogelsänger, Jörg SPD 16.03.2006 ellenreuther, Ingo CDU/CSU 16.03.2006 bgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich 2006 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 25. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. März 2006 (A) ) (B) ) Insofern ist dieses Beispiel geradezu ein Vorbild für die große Koalition, die in ihrem neuen Subventionsbe- richt die degressive Ausgestaltung und Befristung aller Subventionen zum Prinzip erklärt hat. Das können wir nur unterstützen, denn wir haben dies der großen Koali- tion auch schon vorgezeichnet: Die Subventionen für ge- werbliche Brennereien hatten wir schon mit dem Haus- haltssanierungsgesetz von 1999 deutlich degressiv ausgestaltet und stärker auf kleinere Brennereien und da- mit bäuerliche Familienbetriebe konzentriert. Wichtig ist natürlich, dass beim Abbau von Subven- tionen eine ausreichende Übergangsfrist eingeräumt wird, damit die Betroffenen sich auf die neue Situation einstel- len können. Abrupte Brüche sind zu vermeiden, damit keine unnötigen volkswirtschaftlichen Schäden insbe- sondere für die damit verbundenen Arbeitsplätze drohen. Im Übrigen können die bisherigen landwirtschaftli- chen Kornbranntweinhersteller weiterhin die Möglich- keit nutzen, ihren Rohalkohol als Getreidealkohol bei der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein abzulie- fern. Die meisten Brennereien machen schon seit dem 1. Oktober 2004 davon regen Gebrauch. Es ist immer wieder erstaunlich, aber auch festzustel- len, wie umfangreich Subventionstatbestände geregelt sind, so zum Beispiel, wenn man sich nur das Gesetz über das Branntweinmonopol anschaut. Anzahl und Um- fang von gesetzlichen Regelungen könnten folglich deutlich reduziert werden, wenn Subventionen abge- schafft werden, anstatt immer wieder neue einzuführen. Allerdings sehen wir bisher nicht, wie die große Koali- tion diese Vorsätze tatsächlich umsetzen will. Auf eine Verringerung und Vereinfachung der Gesetzgebungsakti- vitäten können wir bei dieser Bundesregierung leider nur vergeblich hoffen, denn das Gegenteil ist ganz offen- sichtlich der Fall. Die ebenfalls im Gesetzentwurf der Bundesregierung enthaltene Verkürzung und Vereinheitlichung der Zah- lungsfristen für weitere Verbrauchsteuern ist auch nichts Neues und sollte nichts Spektakuläres sein. Kürzere und einheitliche Fristen sind in anderen Ländern schon längst Realität. Der Bundesrechnungshof hat deshalb schon ge- mahnt. Und was bei der Bier- und Tabaksteuer schon funktioniert, sollte bei der Branntwein-, Sekt- und Kaf- feesteuer nicht unmöglich sein. In Zeiten der umfassen- den elektronischen Datenverarbeitung sollte dies auch kein technisches Problem mehr sein. Und übergebührli- che Belastungen der Hersteller sind auch nicht zu erwar- ten, denn immerhin wird ihnen das mit einem einmali- gen Steuerausfall von 215 Millionen Euro in 2007 versüßt. Nachdenklich macht aber doch, dass der Bund rein rechnerisch immerhin fast 31 Jahre braucht, um nur den Nominalbetrag durch die erwarteten Zinseinsparungen von jährlich 7 Millionen Euro wieder auszugleichen. Ob dies für den Bund wirklich ein gutes Geschäft ist, darf doch wohl zu Recht bezweifelt werden. Insofern ist es fraglich, ob diese Fristverkürzung tatsächlich Sinn macht, wenn einerseits der Bund Steuerausfälle von mehr als 200 Millionen Euro in 2007 zu beklagen hat und andererseits die betroffenen Verbände dennoch S f r g A h A d b d S i l z m l w t a k 5 s b w S o n d s S h b d 4 g m t s M s d z c (C (D turm laufen. Wo sind also die eigentlichen Vorteile und ür wen? Auch hier zeigt sich einmal mehr: Die Bundesregie- ung hat immer noch größte Mühe, einen geradlinigen laubwürdigen Weg zu finden. nlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Vorverlegung des Fälligkeitstermins für Sozialabgaben rückgän- gig machen und strukturelle Reformen in der Rentenversicherung einleiten (Tagesordnungs- punkt 15) Max Straubinger (CDU/CSU): Wir behandeln hier eute zum zweiten Mal und damit abschließend einen ntrag der FDP, in dem diese das Rückgängigmachen er Vorverlegung des Fälligkeitstermins für Sozialabga- en fordert. Lassen Sie uns noch einmal betrachten, was ies bedeuten würde. Zum einen bedeutete dies einen Liquiditätsentzug der ozialkassen in diesem Jahr von circa 9 Milliarden Euro n der gesetzlichen Rentenversicherung und rund l Mil- iarde Euro in der Pflegeversicherung. Da Rentenkür- ungen vonseiten der Koalition nicht in Betracht kom- en – vielleicht strebt die FDP ja solche an ? – und angfristige Strukturmaßnahmen nicht so schnell greifen ürden, käme nur eine entsprechende Erhöhung der Bei- ragssätze der betroffenen sozialen Sicherungssysteme ls Alternative in Betracht. Dass dies zu einem massiven Anstieg der Lohnneben- osten – insgesamt ein Beitragssatzpunkt und damit rund 00 Millionen Euro allein für die Arbeitgeberseite – und omit zu empfindlichen finanziellen Nachteilen für Ar- eitgeber wie Arbeitnehmer, ganz abgesehen von einer eiteren Verschlechterung der Rahmenbedingungen des tandorts Deutschland, führen würde, sollte dann auch ffen ausgesprochen werden. Wenn im vorliegenden Antrag demgegenüber von ei- er Gesamtbelastung der Wirtschaft von über 22 Milliar- en Euro gesprochen wird, so ist dies schlichte Effektha- cherei. Tatsächlich entrichten ja die Arbeitgeber den ozialversicherungsbeitrag insgesamt gesehen nur frü- er, nicht aber generell öfter. Eine – zugegebenermaßen estehende – Belastung wegen etwaiger Zinsverluste urch Vorfinanzierungskosten dürften 2006 bei etwa 00 Millionen Euro liegen. Dazu kommt, dass sich die meisten Unternehmen und erade auch viele Mittelständler – deutsche Unterneh- en sind auch hier offenbar schneller als die FDP-Poli- ik – inzwischen jetzt schon auf die neuen Fristen einge- tellt haben oder noch von der eigens geschaffenen öglichkeit zur Streckung der Januarbeiträge auf die echs Folgemonate Gebrauch machen. Im Übrigen wird ie Praxis – da bin ich sicher – wie immer bei Geset- esumstellungen flexibel reagieren. Ein Rückgängigma- hen würde daher nur neue Bürokratie schaffen. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 25. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. März 2006 2007 (A) ) (B) ) Eine Kosten-Nutzen-Rechnung spricht hier also ganz eindeutig gegen ein Rückgängigmachen der Fälligkeits- regelung. Darüber hinaus gibt es doch im Zeitalter der moder- nen elektronischen Kommunikationsmittel nun wahrlich keinen vernünftigen Grund, denjenigen, die ihr Überwei- sungssystem nicht ohnehin schon umgestellt hatten, grundsätzlich – Ausnahmen mag es bei komplizierteren Berechnungsarten auch heute noch geben – einen staatli- chen Kredit für vor Jahrzehnten vielleicht technisch noch notwendige Überweisungszeiten für Sozialver- sicherungsbeiträge zu gewähren, die bei der Auszahlung der Arbeitnehmerentgelte schon lange nicht mehr beste- hen. Lassen Sie mich zum Schluss noch etwas zu dem zweiten Teil des Titels des Antrages sagen, der Einlei- tung von strukturellen Reformen in der Rentenversiche- rung. Das Fälligkeitsvorziehen ist keine Maßnahmen zur langfristigen Stabilisierung der Rentenkasse. Das ist uns allen bewusst. Es war aber ein damals alternativloser Schritt, um Zeit dafür zu gewinnen, nachhaltige Struk- turveränderungen auf den Weg zu bringen. Letzteres haben wir zum Beispiel mit der Entschei- dung für eine schrittweise Anhebung der Regelalters- grenze auf 67 Jahre ab 2012 getan. Flankieren werden wir dies mit Maßnahmen, die eine tatsächliche längere Lebensarbeitszeit – durch einen früheren Arbeitsbeginn und Beschäftigungmöglichkeiten auch oberhalb von 50 Jahren und einen Stopp von Frühverrentungen – er- möglichen. Dazu kommen die mittelfristige Einführung eines „Nachholfaktors“ zur Nachholung nicht realisierter Dämpfungen von Rentenanpassungen sowie eine lang- fristige Stabilisierung des Beitragssatzes – all dies auch als ein Gebot der Generationengerechtigkeit. Ein weiterer nicht zu unterschätzender Punkt ist die Offenheit und Klarheit, mit der in Zusammenhang mit der Debatte zum Rentenversicherungsbericht von unse- rer Koalition und dem zuständigen Bundessozialminister klargemacht wurde, dass die gesetzliche Rente zwar wei- terhin die wichtigste Säule der Altersvorsorge ist und bleibt, aber zur Sicherung des Lebensstandards eine er- gänzende betriebliche und private Altersvorsorge uner- lässlich ist! Wir werden die Bürger dabei nicht allein lassen, son- dern die Rahmenbedingungen für eine flexible private Altersvorsorge – zum Beispiel auch durch eine stärkere Einbeziehung von selbstgenutztem Wohneigentum in die Altersvorsorgeförderung – weiter verbessern. Das A und O einer nachhaltigen Stabilisierung der so- zialen Sicherungssysteme und damit auch der Rente ist und bleibt jedoch der Aufschwung in Wirtschaft und Ar- beitsmarkt. Das Impulsprogramm der Bundesregierung für mehr Wachstum, Beschäftigung und Innovation mit einem Gesamtvolumen von immerhin 25 Milliarden Euro stellt mit einem ganzen Bündel an Maßnahmen von der Förderung von Forschung und Entwicklung über Programme zur Belebung von Mittelstand und Wirt- schaft bis hin zu Maßnahmen zugunsten von Privathaus- halten als Arbeitgeber einen hoffnungsvollen Anfang d B E z h d F D z t u i I d t g f S l v s d m r o M 1 c g b k w t F s u m d L F r l F d w 2 v c S A a v G 2 (C (D ar. Lassen Sie uns alle gemeinsam an einem Mehr an eschäftigung und Wirtschaftswachstum arbeiten, zum rhalt unserer sozialen Sicherungssysteme und damit um Wohle unserer Gesellschaft und ihrer Bürger! Der ier vorliegende Antrag hilft dabei nicht weiter und ist aher abzulehnen. Gregor Amann (SPD): Der vorliegende Antrag der DP-Fraktion ist kurz und konzentriert sich auf zwei inge: Die Vorverlegung des Fälligkeitstermins der So- ialabgaben zurückzunehmen und darüber hinaus struk- urelle Reformen in der Rentenversicherung einzuleiten, m deren Finanzgrundlage zu verbessern. Inzwischen ist der Januar vorüber, auch der Februar st vergangen und der März ist schon zur Hälfte vorbei. ch habe bisher weder den massiven Aufschrei der In- ustrie vernommen, noch ist die Masseninsolvenz einge- reten, die Sie in Ihrem Antrag vorhergesagt haben. Vielleicht erwarteten sie das aber auch in Wirklichkeit ar nicht, sondern waren vielmehr von der Sorge ergrif- en, vor den anstehenden drei Landtagswahlen könnte ie möglicherweise niemand zur Kenntnis nehmen und ießen sich deshalb vor den billigen Karren der Industrie- erbände spannen. Den Sozialsystemen fehlt es an Geld. Man müsste chon von einer sehr langen Reise wiederkommen, ohne avon gehört zu haben. Kurzfristig gibt es vier Maßnah- en, die ergriffen werden können: Die erste besteht da- in, die Renten zu kürzen, fällt für diese Legislaturperi- de aus, ist mit uns nicht zu machen. Die zweite aßnahme wäre sofort möglich, auch rückwirkend zum . Januar dieses Jahres: eine Erhöhung des Rentenversi- herungsbeitrags, ohne an anderer Stelle einen Aus- leich zu schaffen. Eine weitere Erhöhung der Lohnne- enkosten ist aber nicht das Ziel unserer Politik und ann auch nicht das Ihrige sein. Als dritte Maßnahme ird immer die Erhöhung des Bundeszuschusses disku- iert. Bei allem Respekt – aber ist nicht auch immer die DP dabei, wenn gefordert wird, den Staatshaushalt zu anieren? Die vierte Maßnahme ist nun die, mit der wir ns im Januar befassten und über die wir heute noch ein- al sprechen. Lassen Sie mich kurz noch einmal schil- ern, um was es geht. Es geht um die Betriebe, die den ohn am Ende des Monats zahlen und bisher am 15. des olgemonats die Sozialversicherungsbeiträge abzufüh- en hatten. Anzumerken ist, dass in vielen Bereichen al- erdings keine Veränderungen gegenüber der früheren älligkeit hervorgerufen wurde, denn in Betrieben, in enen am 15. eines Monats der Lohn ausgezahlt wird, ar der Sozialversicherungsbeitrag bisher schon am 5. des Monats fällig. Natürlich führt die beschlossene Umstellung zu einer orübergehenden, aber in ihren Ausmaßen noch erträgli- hen Belastung der Unternehmen. Mein Kollege Anton chaaf erinnerte in der ersten Lesung an die Steuer- und bgabenlast bis 1998. Diese war damals in der Republik uf dem höchsten Stand aller Zeiten. Allein der Renten- ersicherungsbeitrag lag bei 20,3 Prozent. Hätte Rot- rün seinerzeit nicht gehandelt, wäre er bei mittlerweile 2 Prozent gelandet. Man muss das einmal so deutlich 2008 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 25. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. März 2006 (A) ) (B) ) sagen. Die FDP galt bis 1998 ja als „geborene Regie- rungspartei“. Sie trugen damals die Verantwortung, der Sie nicht gerecht geworden sind. Die in Ihrem Antrag eingeforderten Strukturveränderungen sind unter Rot- Grün begonnen worden und werden nun weiter entwi- ckelt. Der eingangs erwähnten, aktuellen Belastung stehen zwei Vorteile gegenüber, von denen auch, aber nicht nur die Unternehmen profitieren: Erstens trägt diese Maß- nahme zur Verwaltungsvereinfachung und zum Bürokra- tieabbau bei. Mit dem im letzten Jahr ebenfalls beschlos- senen vollautomatisierten Melde- und Beitragsverfahren in der Sozialversicherung wurden zum 1. Januar 2006 die Arbeitsabläufe beschleunigt und vereinfacht. Mit der Vorverlegung des Zahlungstermins der Sozialabgaben wird dieses moderne Verfahren konsequent weiterentwi- ckelt. Durch das neue Verfahren wird eine Reihe unter- schiedlicher Einzahlungs-, Buchungs- und Überwei- sungsvorgänge gebündelt und damit kostengünstiger gemacht. Während das bisherige Verfahren in der Praxis oft zu drei bis vier Beitragsabrechnungen in einem Mo- nat führte, insbesondere bei Unternehmen, in denen die ausgezahlten Gehälter stark schwanken, entfallen zu- künftig Stornierungen, Korrekturen und das Ausfüllen aufwändiger Korrekturbögen, wie sie bisher im Rahmen des Beitragseinzugsverfahrens notwendig waren. Da- durch, dass die Differenz zwischen der Vorausschätzung am Monatsende und dem später errechneten Istwert jetzt der Fälligkeit des laufenden Monats zugerechnet wird, gibt es ab 2006 nur noch zwölf Beitragsabrechnungen im Jahr. Davon profitieren übrigens auch die Krankenkassen, die den Beitragseinzug für die gesamte Sozialversiche- rung durchführen. Denn künftig müssen sie nur noch einmal im Monat die Weiterleitung der Beiträge an die Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung veranlas- sen. Die Zahl der Abrechnungstermine wird von 24 auf zwölf reduziert. Das hilft natürlich bei der Stabilisierung der Verwaltungskosten der Kassen. In der ersten Lesung beschrieb der Kollege Straubinger diesen Vorgang als Straffung der Abrechnungssysteme. Zweitens wird es im Jahr 2006 zu einer immensen Liquiditätsverbesserung bei den Sozialkassen in Höhe von etwa 20 Milliarden Euro führen, wovon allein auf die Rentenkasse etwa 9 Milliarden Euro entfallen. Da haben wir die kurzfris- tige Unterstützung der Rentenkasse, die wir brauchen. Ich erinnere daran, dass Herr Dr. Kolb sich seinerzeit vor allem darüber erregte, dass ich das Wort Subvention verwendete. Vielleicht liegt hier keine Subvention im klassischen Sinn vor, wie im Steinkohlebergbau oder in der Landwirtschaft. Aber ich bleibe dabei: Auch ein ein- geräumter zinsloser Kredit der Sozialkassen an die Un- ternehmen ist eine Unterstützung aus öffentlichen Mit- teln und daher zumindest eine indirekte Subvention. Ich finde, dass Sie bei Ihren regelmäßigen Forderungen, alle Subventionen abzubauen, nur glaubwürdig sind, wenn Sie dabei auch konsequent bleiben. Im Übrigen wissen Sie genau, dass es gerade für Un- ternehmen, deren Finanzrahmen besonders eng ist, wie das häufig im Mittelstand der Fall ist, eine großzügige Ü B b f n d F i n n R z m R z 0 b m c k b R g g A r d e d f a d g F d l l k p I G s f g v s u n h d k D m z A (C (D bergangsregelung gibt, nach der es möglich ist, die eiträge für den Monat Januar 2006 auf die Monate Fe- ruar bis Juli 2006 zu verteilen. Nutzt ein Unternehmen diese Übergangsregelung, ührt die Streckung der Zahlung der Beiträge sogar zu ei- em positiven Stundungseffekt, durch den die Liquidität es Unternehmens gestärkt wird. Zu Recht fordert die DP Strukturreformen in der Rentenversicherung: Aber n Ihrem Antrag ist keine einzige Strukturreform be- annt! Ich dagegen kann Ihnen einige Maßnahmen nen- en: Erstens haben wir uns entschieden, das gesetzliche enteneintrittsalter ab 2012 allmählich auf 67 Jahre an- uheben. Dass das gerechtfertigt ist, erkennt man, wenn an zur Kenntnis nimmt, dass sich die durchschnittliche entenbezugsdauer von 1960 bis heute um circa 70 Pro- ent verlängert hat. Zweitens erhöhen wir den Rentenbeitrag ab 2007 um ,4 Prozent; genau dann, wenn wir gleichzeitig die Ar- eitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie die Unterneh- en bei der Beitragszahlung an die Arbeitslosenversi- herung entlasten. Weil die gesetzliche Rente den ünftigen Rentnerinnen und Rentnern nicht mehr das ringen wird, was sie für die heutigen Rentnerinnen und entner leistet, muss die private Altersvorsorge als er- änzende Säule attraktiver gemacht und konsequent aus- ebaut werden. Dennoch, immerhin schon 5,6 Millionen rbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zahlen heute be- eits in die Riesterrente ein. Um die Riesterrente noch attraktiver zu machen, hat ie große Koalition zwei Festlegungen getroffen. Zum inen prüfen wir, inwieweit privates Wohneigentum in ie Riester-Förderung einbezogen werden kann. Miet- reies Wohnen im Alter verringert die Gefahr der Alters- rmut entscheidend. Deshalb ist es richtig und sinnvoll, ass wir auch diese Anlageform gleichberechtigt in die eförderte Altersvorsorge integrieren. Hinzu kommt die örderung von Familien mit Kindern, denn wir werden ie Kinderzulage in der Riesterrente auf 300 Euro jähr- ich erhöhen. Die Gestaltung einer sicheren und verläss- ichen Altersversorgung ist die große soziale Frage der ommenden Jahre. Die beste Rentenpolitik aber ist eine gute Wirtschafts- olitik. Schon lange forderten die Gewerkschaften ein nvestitionsprogramm. Die große Koalition hat nun in enshagen eines in Höhe von 25 Milliarden Euro be- chlossen. Unser erklärtes Ziel ist dabei, insbesondere ür mittelständische Betriebe die Abschreibungsbedin- ungen zu verbessern. Das bedeutet mehr Zukunftsin- estitionen in unsere Betriebe, mehr Arbeitsplätze in un- erem Land und die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit nserer Betriebe. Das ist die Grundlage auch für die Fi- anzierung unserer sozialen Sicherungssysteme. Des- alb bin ich sehr gespannt, ob die FDP bereit ist, uns bei iesem Bemühen, mehr Arbeitsplätze zu schaffen, zu- ünftig zu unter stützen. Bildlich gesprochen kann ich also zusammenfassen: ie Monatskarte kann zukünftig nicht mehr im kom- enden Monat, sondern muss schon in dem Monat be- ahlt werden, in dem sie benutzt wird. Das bedeutet den bschied von einer lieb gewonnenen Gewohnheit, Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 25. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. März 2006 2009 (A) ) (B) ) bringt aber auf der anderen Seite dem Verkehrsbetrieb eine zeitnahe Liquidität und Sicherheit. Gleise und Fahr- zeuge der Tram sind für die kommenden Herausforde- rungen gut gerüstet. Dr. Heinrich L. Kolb (FDP): Erstens. Am 8. Februar haben sich im Ausschuss für Arbeit und Soziales erneut – mit Ausnahme der FDP – alle Fraktionen des Bundes- tages für das Vorziehen der Fälligkeit der Sozialversi- cherungsbeiträge und damit für die Belastung der Unter- nehmen durch einen 13. SV-Monatsbeitrag im Jahr 2006 und für andauernd hohe bürokratische Kosten ausge- sprochen. Ich empfinde das als Skandal, weil die ebenso eindeutige Ablehnung dieses Gesetzes seitens der mittel- ständischen Wirtschaft damit vollständig ignoriert wird! Die FDP-Bundestagsfraktion wird weiterhin für die Rücknahme dieses Gesetzes kämpfen, denn mittlerweile zeigen sich die gravierenden Wirkungen dieses Gesetzes in der Praxis und führen zu weiteren – oft wütenden – Protestschreiben der betroffenen Mittelständler. So hat, um nur ein Beispiel zu bringen, eine mittelständische Unternehmerin mir gegenüber gerade heute ihren Unmut darüber geäußert, dass ihr für den Kauf der erforderli- chen Programme – zusätzlich zu dem „normalen“ Jah- resupdate – Kosten inklusive Installation und Schulung von rund 3 500 Euro entstanden sind. Nicht eben ein Pappenstiel für ein mittelständisches Unternehmen! Zweitens. Gravierender als diese Investitionskosten ist und bleibt aber der Aufwand, der für die laufenden monatlichen Vorausschätzungen der voraussichtlichen Beitragsschuld in den Unternehmen entsteht. Denn es genügt eben nicht, wie der Mittelstandsbeauftragte der Bundesregierung, der Parlamentarische Staatssekretär im BMWT Hartmut Schauerte, glauben machen wollte, einfach die Werte des vorangegangenen Monats wieder anzusetzen. Wie Staatssekretär Thönnes aus dem BMAS hier im Plenum am 15. Februar 2006 bestätigte, müssen vielmehr die Unternehmen bei den monatlichen Voraus- schätzungen versuchen, möglichst genau zu kalkulieren, wie hoch ihre Abgabenschuld am Ende des Monats sein wird. Und das macht es eben erforderlich, die Verände- rung der Zahl der Arbeitstage, der Mitarbeiter, etwaiger Überstunden und auch der Beitragssätze – für jede Ein- zugsstelle separat – zu ermitteln. Das ist, ich habe es im eigenen Unternehmen durchexerziert, wirklich Arbeit. Und es kostet Geld! Wenn denn der neue „Normenkon- trollrat“ endlich einmal installiert wäre, so fände er hier ein überaus lohnendes Betätigungsfeld! Er müsste, wenn er sich selbst ernst nimmt, dieses Gesetz von sich aus so- fort kippen! Drittens. Die finanzielle Belastung der Unternehmen tritt wegen der Stundung der Januarbeiträge erst allmäh- lich ein und wird erst Ende Juli 2006 voll gegeben sein. Immerhin aber zeigt die Tatsache, dass die Rentenversi- cherung im Januar nur 27 Prozent Mehreinnahmen ge- genüber dem Vorjahresmonat hatte – eigentlich hätte es ja eine Steigerung um 100 Prozent sein müssen, dass die Unternehmen gezwungen sind, wegen der Schwächung der eigenen Liquidität von der Sechstelung Gebrauch zu machen. Und wegen der Panne bei T-Systems wurden ja i e „ s g d d d „ s d 2 d U g b M d c a B s d w b s 5 f w 4 m D d k V N R k e n a 2 d t d n d R z s a E a (C (D n vielen Fällen bei Firmen, die Einzugsermächtigung rteilt haben, der Beitrag auch bei denen, die eigentlich null“ gemeldet hatten, geschätzt und eingezogen. An- onsten wäre die Beitragssteigerung wohl noch niedriger ewesen. Die Unternehmen spüren die Belastungen und as kann augenscheinlich nicht verleugnet werden. Viertens. Das erneute Zurückweisen des FDP-Antrags urch die Mehrheit dieses Hauses kann auch nicht mit em Argument begründet werden, der Antrag komme zu spät“. Für die Rücknahme einer belastenden und un- innigen Regelung ist es nie zu spät! Ein Zurücknehmen er Regelung würde den bürokratischen Aufwand von 4 statt zwölf jährlichen Meldungen auch jetzt noch und auerhaft für die Zukunft beseitigen. Zudem würden die nternehmen, wenn noch in diesem Jahr der Antrag um- esetzt würde, eben nur mit zwölf und nicht 13 Monats- eiträgen belastet werden. Eine bessere Maßnahme der ittelstandsförderung gibt es nicht! Fünftens. Es kommt regelmäßig die Frage, wie denn ie Liquidität der Rentenversicherung anderweitig si- hergestellt werde. Es ist bezeichnend für die große Ko- lition, dass nur in Richtung der weiteren Erhöhung der eiträge gedacht wird. Dabei gibt es durchaus noch Ein- parpotenzial in der Rentenversicherung. Allerdings sind as durchweg einschneidende Maßnahmen, die ergriffen erden müssten. Und vor denen hat sich die Koalition ja isher nach Möglichkeit immer gedrückt. Sechstens. Folgende Vorschläge könnten sofort Ein- parungen bei der Rentenversicherung in Höhe von über Milliarden Euro jährlich – und nicht nur mit Einmalef- ekt – bewirken und auch Gerechtigkeitsfragen beant- orten, die in Zukunft stärker gestellt werden müssen. Bei den Erwerbsminderungsrenten werden etwa ,3 Milliarden Euro jährlich für so genannte arbeits- arktbedingte Erwerbsminderungsrenten ausgegeben. as heißt, ein Versicherter erhält eine volle Erwerbsmin- erungsrente, obwohl er nur teilerwerbsgemindert ist, onkrete Betrachtungsweise. Das zahlen die anderen ersicherten über ihre Beiträge und die Rentner über ullrunden mit. Diese Belastung der Beitragszahler und entner ist nicht gerecht und nicht hinnehmbar. Die kon- rete Betrachtungsweise ist zu beseitigen und damit benso die sich daraus ergebenden Kosten in der ge- annten Höhe. Der Ausgleichsbetrag der Bundesagentur n die Rentenversicherung beläuft sich auf etwa 00 Millionen Euro, steht also in keinem Verhältnis zu en Belastungen der Beitragszahler. Und es geht noch weiter: Ein Versicherter, der nur als eilweise erwerbsgemindert eingestuft ist, aber dennoch ie volle Erwerbsminderungsrente erhält, kann zugleich och bis zu 350 Euro völlig ohne Anrechnung hinzuver- ienen. Er kann bis zu 611 Euro hinzuverdienen und die ente zu 3/4 beziehen. Oder er kann bis zu 811 Euro hin- uverdienen und sich die Rente zur Hälfte auszahlen las- en, § 96 a SGB VI. Auch diese Bestimmungen könnten uf den Prüfstand. Da das durchschnittliche Rentenzugangsalter bei den rwerbsminderungsrenten von 53,4 Jahren im Jahr 1990 uf 49,8 Jahren in 2004 gesunken ist, dürften hier 2010 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 25. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. März 2006 (A) ) (B) ) Einsparpotenziale in Höhe von mehreren hundert Millio- nen Euro bestehen, wenn die Anrechnungsregelungen verschärft würden. Das Gesamtvolumen der Ausgaben der Rentenversicherung für Erwerbsminderungsrenten macht derzeit über 13 Milliarden Euro jährlich aus. Ein letzter Vorschlag: Müssen Hinterbliebenenrenten tatsächlich heute noch ab dem 45. Lebensjahr ausgezahlt werden? Dies mag für die gesellschaftlichen Zustände um 1960 zutreffend gewesen sein. Im Jahr 2006 mit deutlich gestiegener Anzahl von eigenen Erwerbsbiogra- fien bei Frauen ist dies schlicht eine überholte Regelung. Bei einem Ausgabenvolumen von etwa 40 Milliarden Euro bei den Hinterbliebenenrenten sieht auch der Sach- verständigenrat hierein erhebliches Einsparpotenzial. Siebtens. Mit den vorgenannten Vorschlägen kann die Rentenversicherung sofort entlastet werden. Denn hier bestehen weder Vertrauensschutz noch verfassungsrecht- lich geschützte Ansprüche. Achtens. Sie sehen also, es ginge schon, wenn man nur wollte, das Gesetz zur Vorverlegung des Fälligkeits- termins für Sozialabgaben zurückzunehmen, auch ohne Beitragserhöhung! Ich sage ihnen voraus, Sie selbst wer- den schon bald mit genau diesen Vorschlägen kommen müssen, wenn der negative Trend bei der sozialversiche- rungspflichtigen Beschäftigung sich nicht endlich um- kehrt. Die Wahrscheinlichkeit dafür erhöht sich aber, wenn das Vorziehen der Fälligkeit der Sozialversiche- rungsbeiträge nicht zurückgenommen wird. Arbeit hat Vorfahrt! So hat es unser Bundespräsident ausgedrückt. Wer dieses ernst nimmt und zur Maxime seines Handelns macht, der wird nicht umhinkommen, heute unserem Antrag zuzustimmen und die Ausschuss- empfehlung abzulehnen! Dr. Axel Troost (DIE LINKE): Der Fälligkeitstermin sollte nicht auf den 15. des Folgemonats zurückverlegt werden, aber trotzdem zeitnah gestaltet werden, weswe- gen sich der 3. oder 5. des Folgemonats anbietet. Dies wurde auch von den Sachverständigen vorgeschlagen und würde Doppelarbeit bei der Abrechnung vermeiden. Grundsätzlich schafft diese Vorverlegung aber nicht einmal eine mittelfristige Lösung des Problems. Auch die Ausrichtung auf eine wachstumsorientierte Wirt- schaftspolitik der FDP reicht nicht aus. Die entscheidenden Probleme der sozialen Siche- rungssysteme liegen in der katastrophalen Verteilungs- entwicklung – anhaltende Umverteilung zugunsten der Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen und zulasten der Arbeitnehmereinkommen – und in der Massenarbeitslosigkeit. Wenn die schwache Steigerung der Einnahmen der Sozialversicherungen als konjunkturelles Problem titu- liert wird, so ist dies völlig falsch. In der Tat ist die Summe der Sozialbeiträge im Jahr 2004 nur um 0,2 Prozent und im Jahr 2005 nur um 0,4 Prozent gestie- gen. Das Volkseinkommen ist in beiden Jahren zusam- men aber um 5,1 Prozent oder absolut um 84 Milliarden Euro angestiegen. Allerdings ist dieser Zuwachs aus- s k m s S d d B z K f a v M g b h G d k i v e 0 d G c z d s E d A e e d J D d e a z d w G W s c (C (D chließlich bei den Einkommen aus Unternehmertätig- eit und Vermögen gelandet, die Arbeitnehmereinkom- en sind sogar um 2,3 Milliarden Euro gesunken. Bei olchen katastrophalen Verteilungseffekten können die ozialversicherungssysteme natürlich nur als Verlierer astehen. Umso wichtiger sind daher aus unserer Sicht ie schnelle Einführung eines Mindestlohnes und die ekämpfung der ständigen Verlängerungen der Arbeits- eiten. Die Massenarbeitslosigkeit verursacht ebenso enorme osten: 4,8 Millionen registrierte Arbeitslose bedeuten ür die sozialen Sicherungssysteme jährliche Beitrags- usfälle von über 27 Milliarden Euro. Des Weiteren bedeutet die ständige Umschichtung on sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung zu inijobs weitere Einnahmeverluste. Nur eine grundle- end anders angelegte Wirtschafts-, Finanz- und Ar- eitsmarktpolitik kann die sozialen Sicherungssysteme eilen und Abhilfe schaffen. Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN): Wir haben im letzten Jahr gemeinsam mit er SPD und der CDU/CSU beschlossen, den Fällig- eitstermin für Sozialabgaben vorzuverlegen, um damit n diesem Jahr eine einmalige Entlastung bei der Renten- ersicherung erreichen zu können. Ohne die Vorverlegung wäre bereits in diesem Jahr ine Erhöhung des Beitrags der Rentenversicherung um ,5 Prozent erforderlich gewesen. Aber: Steigerungen des Beitragssatzes wirken sich bei en Betrieben und im Bundeshaushalt nachteilig aus. ewinnorientierte Unternehmen können die Sozialversi- herungsausgaben als Betriebsausgaben steuerlich abset- en, dadurch sinken die Steuereinnahmen. Nach gelten- em Recht muss proportional auch der Bundeszuschuss teigen. Für gemeinnützige Unternehmen ist sowohl die rhöhung der Beitragssätze als auch die Vorverlegung es Fälligkeitstermins eine außergewöhnliche Belastung. us diesem Grund haben wir uns im letzten Jahr dafür ingesetzt, dass kleineren und mittleren Unternehmen ine „gleitende“ Übergangsregelung eingeräumt wurde. In Abwägung der beiden Übel war die Vorverlegung es Fälligkeitstermins also das kleinere Übel. Wir haben diesen Weg beschritten, um auch über das ahr 2006 hinaus stabile Beitragssätze zu gewährleisten. as ist der entscheidende Unterschied zur Rentenpolitik er großen Koalition. SPD und CDU/CSU gehen den infachen Weg. Der Beitragssatz zur Rentenversicherung soll 2007 uf 19,9 Prozentpunkte steigen. Die Beiträge für Lang- eitarbeitslose an die Rentenversicherung sollen sinken, er Haushalt soll auf Kosten der Beitragszahler entlastet erden. Die Kosten für Arbeitnehmer werden steigen. Das ist ift für den Arbeitsmarkt. Die Koalition hofft auf achstum, Sie hofft darauf, dass auf diesem Weg Be- chäftigung entsteht und der Druck auf die Sozialversi- herung abnehmen wird. Dabei ist in den letzten Jahren Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 25. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. März 2006 2011 (A) ) (B) ) die Zunahme der Beschäftigung mit einer Abnahme der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung einherge- gangen. Dieses grundlegende Problem muss gelöst wer- den. Den strukturellen Problemen der Rentenversiche- rung weichen SPD und CDU/CSU aus. Das ist wohl der einzige Punkt aus dem Antrag der FDP, dem wir zustim- men können. Bisher hat die große Koalition wesentliche Entwicklungen zu den veränderten Rahmenbedingungen bei den Sozialen Sicherungssystemen und dem Arbeits- markt nicht aufgegriffen. Ich nenne vor allem: die sin- kende Zahl von sozialversicherungspflichtigen Beschäf- tigungsverhältnissen; die fortwährende Tendenz von Großunternehmen, ältere Arbeitnehmer in Altersteilzeit nach dem Blockmodell zu schicken und damit zulasten der Sozialversicherungen Betriebe zu rationalisieren; neue Formen von Selbstständigkeit und prekäre, unstete Arbeitsverhältnisse, die nicht mit einer ausreichenden sozialen Absicherung verbunden sind; die fehlende Ar- beitsintegration von älteren Beschäftigten und nicht zu- letzt von Frauen; Frauen, die als stille Reserven des Ar- beitsmarktes verstanden werden. Herr Arbeitsminister, Sie beschönigen die Rentenper- spektive mit dem wunderbar beruhigenden Satz: „Si- cherheit im Alter ist möglich“. Doch wir erwarten vom Arbeitsminister nicht philosophische Weisheiten, son- dern zupackendes praktisches Handeln. Die Antworten der großen Koalition auf die bestehenden Probleme sind zutiefst widersprüchlich. Einerseits werden die Renten- kassen mit der 58er-Regelung zugunsten von Großunter- nehmen geplündert, andererseits werden den Rentenkas- sen Beiträge in Höhe 2 Milliarden Euro über die Kürzungen für die ALG-II-Bezieher entzogen. Wir wer- den den Eindruck nicht los, Herr Müntefering baut auf das Prinzip Blüm statt auf das Prinzip Realismus. Dabei ist das Konzept Blüm ganz offenkundig gescheitert. Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Mehr Mobilität und Austausch durch ein integriertes EU-Bildungs- rahmenprogramm (Tagesordnungspunkt 16) Marcus Weinberg (CDU/CSU): Gern und mit Inte- resse habe ich den Antrag auf Drucksache 16/837 zur Kenntnis genommen, dessen Analyse des Zustandes des europäischen Einigungsprozesses richtig ist und dessen Erfassung der Bedeutung des Bildungsbereiches für die Schaffung eines „europäischen Bewusstseins“ sich wei- testgehend mit der unsrigen deckt. Ein Bewusstsein muss konkretisiert werden – europäische Bildungspro- gramme und Bildungsinitiativen schaffen diese Konkre- tisierung. Im Rahmen des Bolognaprozesses und der Lissabonstrategie hat Bildung auf europäischer Ebene die höchste Priorität. Doch ist – sie verweisen darauf – die „europäische Euphorie“ zurzeit etwas gebremst. Eine allgemeine Skepsis und die Unsicherheit über die Vorteile Europas dominieren leider die Diskussion: Gerade zum Abbau dieser Bedenken ist der Bildungsbereich als Schlüsselbe- r w d b m H B e h T t D r P k p h s E w g t r A s s d f L u m s a a d E t P g n e L d P d g o D m d p d D E v g (C (D eich so wichtig und muss weiter gestützt und ausgebaut erden. Als interessant bewerte ich allerdings die Tatsache, ass Sie Ihren Antrag und die Forderungen gestellt ha- en, ohne den Besuch des EU-Kommissars für allge- eine und berufliche Bildung, Kultur und Sprachen, errn Figel, und die Ergebnisse dieses Gespräches im ildungsausschuss abzuwarten. Dieser Besuch war Teil ines Prozesses der aktuellen Diskussion über die anste- enden Dinge, die auch im Zusammenhang mit dem hemenkomplex „Mobilität und Austausch durch ein in- egriertes Bildungsrahmenprogramm“ wesentlich sind. abei handelt es sich um die Frage der finanziellen Vo- ausschau 2007 bis 2013 im Hinblick auf relevante EU- rogramme, die Entwicklung des Europäischen Qualifi- ationsrahmens und die mögliche Schaffung eines Euro- äischen Instituts für Technologie. Ich begrüße Ihre Erkenntnis, dass die Mobilität inner- alb der Europäischen Union durch den grenzüber- chreitenden Austausch und die Kooperation innerhalb uropas auf allen Ebenen des Bildungssystems einen esentlichen Beitrag im Prozess der europäischen Inte- ration bedeutet. Auch wir in der Union sehen die Ver- iefung des europäischen Integrationsprozesses im Be- eich der Bildungspolitik als eine der zentralen ufgaben. Wir wollen deshalb die Mobilität in Europa owohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht teigern. Wir wissen, dass die Effizienz wesentlich von er Entwicklung und Implementierung nationaler Quali- ikationsrahmen abhängt. Im Kontext des lebenslangen ernens sind Förderung eines gesunden Wettbewerbs nd der Wissensgesellschaft notwendig. Wettbewerb eint dann auch immer den sozialen Ausgleich zwi- chen Stark und Schwach, Arm und Reich. Um eine Mobilitätsförderung zu gewährleisten, muss llerdings die richtige Balance zwischen dem Interesse n der Erhöhung der Fördersätze und dem Interesse an er Steigerung der Teilnehmerzahlen gefunden werden. benso wesentlich im Zusammenhang mit der Mobili- ätsförderung sind Fremdsprachenerwerb und praktische rojektkooperation sowie überschaubare und adressaten- erechte Programmstrukturen, auf die Sie zum Beispiel icht in ihrem Antrag eingehen. Sie fordern einiges in Ihrem Antrag, unter anderem ine weitere Verbesserung der Kooperation von Bund, ändern und anderen Akteuren des Bildungswesens bei er Umsetzung der auf europäischer Ebene vereinbarten rogramme im Bildungswesen. Die vorgesehene Reform es Föderalismus möchten Sie nun dahin gehend korri- iert wissen, dass diese Zusammenarbeit nicht erschwert der gar unmöglich gemacht, sondern erleichtert wird. azu möchte ich Ihnen sagen, dass sich die Föderalis- usreform ja gerade in die Europäisierung des Bil- ungsbereiches einbettet, indem sie die Willensbildungs- rozesse in der Europäischen Union beschleunigen und ie Handlungsfähigkeit Deutschlands verbessern wird. eutschland wird im Ganzen besser und gezielter auf U-Bildungsprogramme einwirken können, indem indi- idueller gefordert und Verbesserungen schneller voran- etrieben werden können. 2012 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 25. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. März 2006 (A) ) (B) ) Durch klare Abgrenzung und Verteilung der jeweili- gen Kompetenzen zwischen Bund und Ländern wird auch die von Ihnen geforderte Transparenz geschaffen. Der Wettbewerb unter den Ländern wird erhöht und bes- sere Zukunftschancen durch erstklassige Bildungssys- teme geschaffen. Und erstklassige nationale Bildungs- systeme schaffen die Voraussetzung für die Teilnahme und Integration von europäischen Bildungsprogrammen. Verlangt werden zudem Transparenz und Vergleichbar- keit, dies im Rahmen des europäischen Qualifikations- rahmens. Da der Bund auch in Zukunft die Kompetenz für die Bereiche Hochschulzulassung und Hochschulab- schlüsse behält, wird einer einheitlichen und transparen- ten Vergabe von Studienplätzen sowie der Vergleichbar- keit von Abschlüssen Rechnung getragen. Von jedem Akteur auf diesem Gebiet – sei es der Bund oder die Länder – wird die Anforderung an ein gerechtes und transparentes Hochschulzulassungsverfahren gestellt. Qualitätssicherung und Wettbewerbsfähigkeit werden durch die Möglichkeiten der Länder zur gemeinsamen Feststellung, gemeinsamer Bildungsberichterstattung so- wie die Möglichkeit der Abgabe gemeinsamer Empfeh- lungen für eine umfassende Qualitätssicherung und somit für die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Bil- dungswesens wesentlich. Im Zuge dieses Reformprozesses wird die Kultus- ministerkonferenz notwendigerweise an Bedeutung ge- winnen und bewirken, dass die Länder einen engeren Abstimmungsprozess zu entwickeln haben. Das gestrige Gespräch hat im Zusammenhang mit dieser Diskussion gezeigt, dass immer noch Bedarf besteht, Details zu klä- ren und Positionen abzusprechen. Noch kurz einige Bemerkungen zu den aktuellen Punkten: Erstens. Europäisches Institut für Technik: Den Auf- bau dieses Institutes sehen wir skeptisch. Die Struktur sollte eher auf Vernetzung der bestehenden Institutionen ausgelegt sein, es sollte zu einem „wiederkehrenden Wettbewerb“ kommen. Kritisch ist auch der rechtliche Status zu bewerten. Die Finanzierung ist nach wie vor unklar. Die Kommission hat phasenweise auch formal an dieser Stelle eine Grenze überschritten, die Hoheits- rechte der Länder bei der Zielsetzung der Abschlüsse sind zu berücksichtigen. Zweitens. Europäischer Qualifikationsrahmen: Für uns gelten folgende Vorgaben: Der Europäische Qualifi- kationsrahmen soll als Metarahmen und Übersetzungs- instrument, der Förderung der Transparenz unterschied- licher Qualifikationen in Europa dienen und zielt nicht auf die Harmonisierung nationaler Bildungssysteme. Für den EQR ist eine mehrjährige Erprobungs- und Evaluationsphase notwendig. Ein bildungsübergreifender nationaler Qualifikations- rahmen bedarf eines umfassenden Diskussionsprozesses aller im Bildungsbereich zuständigen Akteure. Drittens. Finanzielle Vorschau „Lebenslanges Lernen“: Wir haben die Botschaft des EU-Kommissars verstan- den, auch auf nationaler Ebene für eine Erhöhung des Ansatzes zu werben. Ob allerdings Mittel aus den So- z n E z l u e s n A d M a v c k l s m w s d s W v c a s g b n z W k p P i l i g n W L d m c r l d k e (C (D ial- oder Strukturfonds umgeleitet werden können, ist och zu diskutieren. Zu begrüßen ist ausdrücklich das rgebnis der 6. Deutsch-Französischen Ministerratssit- ung vom 14. März, in der zum EU-Programm „Lebens- anges Lernen“ beschlossen wurde, dass Deutschland nd Frankreich sich der Frage zuwenden werden, ob auf uropäischer Ebene die Zahl der Erasmus- und Leonard- tipendien signifikant erhöht werden kann, was bis zu ei- er Verdoppelung gehen könnte, um die Mobilität junger uszubildender und Studierender zu fördern. Wir werden auch im Hinblick auf das Gespräch mit em EU-Kommissar Figel, den Ergebnissen aus dem inisterrat und im Zusammenhang mit Ihrem Antrag lle diese diskussionswürdigen Punkte in den Ausschuss ertagen, wo diese noch umfassend und intensiv bespro- hen werden. Gesine Multhaupt (SPD): In die Ferne, um Neues ennen zu lernen und zurück in die Heimat, um das Er- ebte weiter zu erzählen und das Gewohnte mit „europäi- chen“ Augen zu sehen, mit dieser Aufforderung auch al über den nationalen Tellerrand hinauszuschauen, irbt die europäische Union bei der jungen Generation, ich verstärkt an Förderprogrammen im Jugend- und Bil- ungsbereich zu beteiligen. Die SPD Bundestagsfraktion will, dass junge Men- chen wie selbstverständlich einen Teil ihrer Aus- oder eiterbildung in Europa absolvieren, Schulen und Uni- ersitäten in anderen Ländern besuchen; und dabei Spra- hen lernen, andere Kulturen erleben, mit Menschen aus nderen Ländern zusammen neue Technologien erfor- chen, gemeinsam an einem Projekt arbeiten, eben neu- ierig werden auf die vielen Chancen, die Europa für sie ereithält und dabei gleichzeitig Verantwortung über- ehmen für das „gemeinsame Haus Europa“. Das ehrgeizige Ziel der Lissabonstrategie, Europa bis um Jahre 2010 zum wettbewerbsfähigsten Raum der elt zu machen, können wir nur erreichen, wenn wir onsequent und zielstrebig unser Bildungssystem euro- äisch und international ausrichten. Das Europaprojekt an der eigenen Schule mit seiner artnerschule in Barcelona, das freiwillige soziale Jahr m lettischen Kinderheim, das Betriebspraktikum in Po- en, die Weiterbildung in einem Wirtschaftsunternehmen n Dänemark oder den Niederlanden – das alles sind anz konkrete Beispiele wie wir Menschen motivieren, eugierig aber auch fit machen für den internationalen ettbewerb der „besten Köpfe“. Im Halbzeitbericht der Sachverständigengruppe zur issabonstrategie im November 2004 wurde festgestellt, ass sich alle beteiligten Länder noch mehr anstrengen üssen, um die Ziele der Strategie bis 2010 zu errei- hen. In enger Absprache mit den Sozialpartnern haben da- aufhin alle Mitgliedstaaten nationale Strategien für ein ebenslanges Lernen verabschiedet, um so effektiver auf en technologischen Wandel zu reagieren, Arbeitslosig- eit zu senken und die Beteiligung am Arbeitsmarkt zu rhöhen. Alle bislang bestehenden EU-Programme in Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 25. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. März 2006 2013 (A) ) (B) ) der allgemeinen und beruflichen Bildung werden in ein Programm für lebenslanges Lernen zusammengefasst. Die SPD unterstützt darum auch die nächste Genera- tion der Bildungsprogramme auf europäischer Ebene. Wenn wir uns heute auf den Arbeitsmarkt von morgen vorbereiten, die Herausforderungen der Wissensgesell- schaft und des demografischen Wandels besser bewälti- gen wollen, dann müssen wir die allgemeine und berufli- che Bildung stärker in den Kontext des lebenslangen Lernens stellen. Die rot-grüne Bundesregierung hat in den letzten Jah- ren mit einer verlässlichen Europapolitik ein gutes Fun- dament für die Umsetzung der in der Lissabonstrategie vereinbarten Maßnahmen gelegt. Anlässlich des Be- suchs von EU-Kommissar Jan Figel gestern im Aus- schuss haben wir gehört, dass die neue Bundesregierung den begonnen Weg weiter fortsetzen wird. Als wichtigste Aufgabe muss es der Bundesregierung gemeinsam mit den Partnerländern gelingen, bei der Schaffung eines gemeinsamen europäischen Bildungs- und Forschungsraums einen großen Schritt voranzukom- men. Strategisch müssen wir die teilweise sehr unter- schiedlichen Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung europaweit angleichen. Die verschiedenen Ausbildungsabschlüsse müssen gegenseitig anerkannt werden und dürfen nicht an natio- nalen Grenzen enden. Dafür benötigen wir geeignete In- strumente mit denen wir die Qualität von Aus- und Wei- terbildung sichern und verbessern. Ergänzend zu den bildungspolitischen Aktivitäten muss es der Bundesregierung – ebenfalls in Kooperation mit den Nachbarländern – gelingen, den europäischen Arbeitsmarkt so zu gestalten, dass alle Arbeitskräfte auch nach Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie in die Lage versetzt werden, von den Möglichkeiten der beruflichen und geografischen Mobilität Gebrauch zu machen. Nach dem so genannten Vertrauensprinzip muss es im gemeinsamen Europa noch selbstverständlicher werden, dass Diplome und Zeugnisse grundsätzlich auch in anderen – möglichst in allen EU-Ländern akzeptiert wer- den. Mit Freude haben wir in diesem Zusammenhang in dem Gespräch mit Herrn Figel zur Kenntnis genommen, dass die Europäische Kommission plant, einen Katalog zu erstellen, in dem die unterschiedlichen Qualifikatio- nen aufgelistet und bewertet werden. Eine Verbesserung des Istzustandes kann jedoch nur in einer gemeinsamen Anstrengung mit den Ländern, Kommunen und Bildungseinrichtungen erreicht wer- den. Nicht zuletzt als Konsequenz aus Pisa muss die bil- dungspolitische Zusammenarbeit im Vorschulbereich europaweit gestärkt und vor allem auch ausgebaut wer- den. Wenn ein Schwerpunkt der neuen EU-Bildungspro- gramme auf das frühe Fremdsprachenlernen gelegt wird, sind insbesondere die Bundesländer gefordert, Schulen so auszustatten, dass eine europäische Ausrichtung ge- s t i w ö k B c g g E K l g e S b B p o w d u b v d s S O j z b a B h h G w r m V g z s i d (C (D tärkt und curricular entwickelt werden, die den frühzei- igen Fremdsprachenunterricht sinnvoll integrieren. Eine Vertiefung und Ausweitung der Bildungspolitik n Europa wird auf Dauer nur zu einer Erfolgsstory, enn wir auch unsere deutschen Bildungseinrichtungen ffnen. Insbesondere für Familien, die nach Deutschland ommen, um hier zu arbeiten und zu leben, sind unsere undesländer gefordert, vielen Kindern und Jugendli- hen aus unseren EU-Partnerländern in Deutschland eine ute Bildung zu ermöglichen. Ursprünglich waren für die Durchführung des Pro- ramms „Lebenslanges Lernen“ rund 13 Milliarden uro vorgesehen. Nach den letzten Überlegungen der ommission bleiben für das Bildungsprogramm Lebens- anges Lernen lediglich 5,2 Milliarden Euro zur Verfü- ung. Mit diesem stark reduzierten Ansatz kann nicht inmal der Status quo an Mobilität gehalten werden. chülerprogramme lassen sich kaum noch realisieren. Ich nutze darum diese Debatte auch, um dafür zu wer- en, den Finanzrahmen insbesondere für europäische ildungspolitik langfristig zu stabilisieren. Deutschland übernimmt im Januar 2007 die EU-Rats- räsidentschaft, übrigens nach Finnland, dem Land, das ft als Beispiel für eine gute Bildungspolitik genannt ird. Die SPD-Bundestagsfraktion geht davon aus, dass ie Bundesregierung die EU-Ratspräsidentschaft nutzt, m Europa vor allem bildungspolitisch nach vorn zu ringen. Einen wichtigen Impuls geben wir, indem möglichst ielen Menschen eine Teilnahme an europäischen Bil- ungsprogrammen ermöglicht wird. Der Erfolg der Lis- abonstrategie wird auch daran gemessen, wie viele chüler ganz konkret an einem Austausch beteiligt sind. der anders betrachtet: Gelingt es uns auf Dauer, jedem ungen Menschen einen Aufenthalt in einem Partnerland u ermöglichen? Um dieses ehrgeizige Ziel auf einen guten Weg zu ringen, müssen wir rechtzeitig absichern, dass auch usreichend Lehrer und Ausbilder für den europäischen ildungsauftrag fit gemacht werden. In diesem Sinne können viele in unserem Land mit- elfen, das Gewohnte mit „europäischen“ Augen zu se- en. Der uns vorliegende Antrag, liebe Kollegen von den rünen, enthält viele Aussagen und Forderungen, die ir bereits im Antrag „Für ein integriertes EU-Bildungs- ahmenprogramm“ in der letzten Legislaturperiode ge- einsam beschlossen haben. Der damalige Beschluss erfolgte jedoch unter dem orzeichen, dass wir für die EU-Bildungsrahmenpro- ramme mit einem Mittelaufwuchs gerechnet haben. Nun müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass die finan- ielle Absicherung der europäischen Bildungspolitik chwieriger geworden ist. Diese Entwicklung sollten wir n der weiten Debatte noch stärker berücksichtigen. Vor iesem Hintergrund schlage ich vor, den vorliegenden 2014 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 25. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. März 2006 (A) ) (B) ) Antrag an den zuständigen Fachausschuss zu überwei- sen. Patrick Meinhardt (FDP): Als die Europapartei und als die Bildungspartei steht die FDP fest zum europäi- schen Einigungsprozess, gerade auch im Bildungsbe- reich. Die Bilanz der Bildungsprogramme SOKRATES, ERASMUS, LEONARDO und COMENIUS ist beacht- lich. Es gibt für uns keine ernsthafte Alternative zur Wis- sensgesellschaft. Es gibt für uns aber eine Alternative zum Antrag der Grünen, den wir hier heute debattieren. Die FDP sagt Nein zum Eurozentralismus der Grü- nen. Jedes Land muss die Freiheit behalten, sich für sei- nen eigenen Weg zu entscheiden. Das bedeutet, dass wir in Europa der Bildung eine zentrale Beachtung geben müssen, aber keine zentralistische. Denn Europa hat in Deutschlands Schullandschaft viel bewegt. Der europäi- sche Gedanke, Mobilität und Förderung des Sprachen- lernens gehören zu den Kernaufgaben europäischer Bil- dungspolitik. Europäisch zu denken und europäisch zu fühlen, das muss das Ziel einer europäischen Bildungs- politik sein. Europazentralismus ist der falsche Weg. Deswegen müssen wir mit Argusaugen aufpassen. Das Markenzeichen in Deutschland ist die Qualität unse- rer dualen Berufsausbildung. Diese muss auch in Europa im Rahmen des europäischen Qualifikationsrahmens ih- ren Stellenwert erhalten. In einer Klassifizierung von 1 bis 5 darf sie nicht nur auf knapp 2 kommen. Die Bun- desregierung muss in Europa dafür kämpfen, dass es 3 wird und der Technikerausbildung in anderen Ländern gleichgestellt wird. Die Gesellschaft des lebenslangen Lernens ist unsere Herausforderung in Deutschland – wie in Europa. Uns Europäern wird vor allem im Berufsleben ein großes Maß an Mobilität abverlangt. Gleichzeitig brauchen die Menschen eine höhere Qualifizierung in einer sich schnell verändernden Welt. Um diesen Gegebenheiten gerecht zu werden, müssen neue Lernkonzepte entwi- ckelt werden. Das mediengestützte Lehren und Lernen – das E-Learning – ist einer dieser Wege. Die Zukunft einer offenen Wissens- und Informationsgesellschaft ist der virtuelle Bildungsraum Europa. Vorreiter und Vorbild der europäischen Bildungsidee sind die europäischen Schulen, von denen es in Deutsch- land leider nur drei gibt Die älteste Europaschule Deutschlands, die ich an dieser Stelle als vorbildliches Beispiel nennen möchte, ist die europäische Schule in Karlsruhe, die seit mehr als 40 Jahren existiert. Der Di- rektor, Tom Høyem, verkörpert als Däne und ehemaliger Grönlandminister seines Landes wie kein anderer die europäische Idee. Wenn Tom Høyem formuliert: „Die europäischen Schulen sind keine Modellschulen, aber wir können sie als größtes pädagogisches Labor Europas bezeichnen“, sollte das für uns Richtschnur sein. Wir können von den Erfahrungen der Kindergärten, Grundschulen und höhe- ren Schulen profitieren. Die Themen, die die Politiker heute diskutieren, sind hier in der Regel bereits seit Jah- ren erprobt. Wir müssen das Rad nicht neu erfinden. Wie i R t M t L W H W W u L s s P t v a u w E P F z z d B n W b t s g Z r d A f w g D E m E g B s g e k t D (C (D ntegrieren wir Schüler verschiedenster Nationen und eligionen in eine Klasse? Wann fangen wir mit der ers- en Fremdsprache an? Wie ist das Verhältnis zwischen uttersprache und der ersten Fremdsprache? Wie funk- ioniert das Zusammenleben und Zusammenlernen von ehrern und Schülern aus 25 Nationen in einer Schule? ie gestaltet man Ganztagsschulen sinnvoll? Tom øyem, ein Lehrer und Europäer im besten Sinne des ortes, bringt es auf den Punkt: „Die europäischen erte und Ideen sind vom Kindergarten bis zum Abitur nd vom Lehrplan bis zum Pausenhof integriert.“ Die Bildungspolitik ist aber auch nur so gut, wie die ehreraus- und -fortbildung optimal ist. Die Europa- chule lebt den europäischen Bildungsraum im Kleinen, ie erprobte ihn, sie entwickelt ihn weiter. Frühzeitige raktika in Schulen von Mitgliedstaaten und Lehreraus- ausch sind in der EU bereits Realität. Diese Ideen sind on den Liberalen miterkämpft worden. Die FDP denkt ber auch hier weiter. Es ist gut, ab und zu innezuhalten nd sich auf die Wurzeln zu besinnen. Deswegen stehen ir für das Wandergesellentum – aber eben europäisch. s muss in Zukunft möglich sein, eine Ausbildung in olen zu beginnen, in Deutschland fortzuführen und in rankreich zu einem qualifizierenden Berufsabschluss u bringen. Der Antrag der Grünen ist von viel Fleiß gekenn- eichnet. Aber wenn der Geist nicht stimmt, stimmt auch ie Richtung nicht. Jeder Staat Europas hat über seinen ildungsweg selbst zu entscheiden. Nur so entstehen eue Ideen in der Bildungspolitik, nur so entsteht ein ettbewerb um die besten Bildungskonzepte, nur so ringen wir uns mit Europa an die Spitze. Cornelia Hirsch (DIE LINKE): Im Antrag der Frak- ion des Bündnisses 90/Grüne wird gleich im ersten Ab- chnitt eine aus unserer Sicht sehr richtige Feststellung etroffen. Ich zitiere: „In einigen Mitgliedstaaten ist die ustimmung zur Europäischen Union in den letzten Jah- en merklich zurückgegangen“. Darauf aufbauend for- ert der Antrag, mittels EU-Bildungsprogrammen die kzeptanz wieder zu steigern. Diesen Ansatz halten wir ür falsch. Die Akzeptanz für die EU sinkt doch nicht deshalb, eil die EU als „wenig greifbar, bürokratisch und bür- erfern“ wahrgenommen wird, wie im Antrag vermutet. ie Akzeptanz sinkt, weil sich die aktuelle Politik der U gegen die Mehrheit der Menschen richtet. Immer ehr Menschen weigern sich, diese Politik mitzutragen. s ist ausdrücklich zu begrüßen, dass der Widerstand ge- en neoliberale Projekte wie beispielsweise aktuell die olkestein-Richtlinie wächst. Wenn die Akzeptanz für ein gemeinsames europäi- ches Projekt gesteigert werden soll, braucht es einen rundlegenden Politikwechsel – auch und gerade in der uropäischen Bildungspolitik. Dazu sagt der Antrag aum etwas aus, aber gerade darüber müssten wir disku- ieren. Ich nenne einige Beispiele. In den EU-Bildungsprogrammen taucht eine soziale imension nur als Nebensache auf. Wir müssen uns aber Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 25. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. März 2006 2015 (A) ) (B) ) bei allen hier diskutierten Programmen die Frage stellen, wer eigentlich maßgeblich von ihnen profitiert: Aus der Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks wissen wir beispielsweise, dass Studierende aus finanziell schlechter gestellten Familien kaum Möglichkeiten ha- ben, sich an Austauschprogrammen zu beteiligen. Das SOKRATES-Programm ist – wie die anderen Bildungs- programme auch – nur ein Aufstockungsprogramm. Wer keine eigenen Mittel zuschießen kann, muss auf die För- derung – und damit auf einen Auslandsaufenthalt wäh- rend des Studiums – verzichten. Weiter müssen wir fragen, auf welche inhaltlichen Ziele die EU-Bildungspolitik ausgerichtet ist, in welche die Bildungsrahmenprogramme eingebunden sind. Eines der aktuellen Unworte ist hier die geforderte Orientie- rung an der Employability, also an der „Beschäftigbar- keit“ der Absolventinnen und Absolventen der jeweili- gen Bildungsgänge. An die Bildungssysteme wird damit der Anspruch gestellt, die Menschen dem sich wandeln- den Arbeitsmarkt anzupassen, statt sie in die Lage zu versetzen, den europäischen Arbeitsmarkt und das euro- päische Projekt insgesamt aktiv mitzugestalten. Ganz in diesem Sinne hat die EU-Kommission kürzlich eine neue Empfehlung zur Schlüsselqualifikation „Unterneh- merisches Denken“ vorgelegt. Derartige Vorstöße führen nicht zu einem solidarischen und demokratischen Europa. Solch eine Bildungspolitik verschärft Ausgren- zung und wird sicherlich nicht dazu beitragen, die Ak- zeptanz der Menschen für das europäische Projekt zu steigern. Dann müssen wir nach den Erfahrungen fragen, die bei der Umsetzung der EU-Bildungspolitik auf nationa- ler Ebene gemacht werden: Die europäischen Vereinba- rungen führen hier vielfach nicht zu einem Ausbau der Bildungssysteme, sondern zu Einschränkungen von Bil- dungschancen. Bestes Beispiel: die Zulassungsbeschrän- kung der im Rahmen des Bolognaprozesses neu geschaf- fenen Masterstudiengänge. Der Antrag fordert eine Intensivierung des Hoch- schulmarketings. Hochschulmarketing verfolgt aber weniger den Ansatz internationaler Verständigung, als vielmehr der Vermarktung des deutschen Hochschul- standortes. Zu nicht unerheblichen Teilen werden hier Programme mit Gebühren beworben, mithin also auch nur bestimmte potenzielle ausländische Studierende an- gesprochen. Auch das ist für uns keine Grundlage für eine progressive Bildungspolitik. Schließlich betont der Antrag, dass, um den europäi- schen Bildungsraum zu schaffen, Unvereinbarkeiten und Kohärenzprobleme der Bildungssysteme „baldmöglichst beseitigt werden“ müssen. Wir sind dagegen der An- sicht, dass kulturelle Vielfalt eine der Stärken Europas ist und bleiben soll. Letztes Beispiel: Mit der umstrittenen Bolkestein- Richtlinie wird auch Bildung zur Dienstleistung erklärt. Die EU-Kommission zielt auf eine weitere Bildungspri- vatisierung. Morgen werden wir den Leitantrag für die Frühjahrstagung der EU im Plenum diskutieren. Hier wird unverhohlen gefordert, dass der größte Teil der hö- heren Bildungsausgaben aus dem privaten Sektor kom- m A s s A A d f g s f g g r g E s p p D s s b N f g n w f m g d r f U f n s S B g d l e k k B s s a l E w r (C (D en soll. Wir sehen Bildung dagegen als öffentliche ufgabe, die öffentlich finanziert und demokratisch ge- teuert werden muss. Wir möchten also festhalten: Natürlich ist es grund- ätzlich richtig und sinnvoll, eine bessere finanzielle usstattung von EU-Bildungsprogrammen zu fordern. uch zahlreiche weitere Anregungen und Vorschläge, ie im Antrag geäußert werden, halten wir grundsätzlich ür richtig. Wenn die EU-Bildungspolitik aber nicht dazu enutzt wird, soziale und geschlechtsspezifische Unter- chiede abzubauen, dann werden sie keine Akzeptanz ür Europa schaffen. Sie werden stattdessen Widerstand egen eine Politik mobilisieren, die auch zulasten der roßen Mehrheit der Schülerinnen und Schüler, Lehre- innen und Lehrer, Studierenden und Auszubildenden eht. Wir wollen ein soziales und demokratisches uropa. Deshalb werden wir diesen Widerstand unter- tützen und in diesem Rahmen auch für EU-Bildungs- rogramme streiten, die nicht nur die Mobilität der euro- äischen Eliten unterstützen, sondern die soziale imension europäischer Bildung in den Mittelpunkt tellen. Damit könnten diese Programme dann auch tat- ächlich zu einem breit getragenen europäischen Projekt eitragen. Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- EN): Der europäische Einigungsprozess ist eine Er- olgsgeschichte. Er hat nicht nur Frieden und Wohlstand eschaffen, sondern den EU-Bürgerinnen und -Bürgern eue Chancen der persönlichen und beruflichen Ent- icklung eröffnet. Trotzdem mussten wir im letzten Jahr eststellen, dass in einigen Mitgliedstaaten die Zustim- ung zur Europäischen Union merklich zurückge- angen ist. Für die zukünftige Entwicklung der EU ist es aher wichtig, dass sie in der Wahrnehmung der Bürge- innen und Bürger nicht fern und fremd in Brüssel statt- indet, sondern dass die Freiheiten und Vorteile der nion für immer mehr Menschen zu einer positiven Er- ahrung im Alltag werden. Deswegen setzten sich Bünd- is 90/Die Grünen dafür ein, dass möglichst viele Men- chen darin unterstützt werden, einen Teil ihrer chulzeit, ihrer Ausbildung, ihres Studiums oder ihres erufslebens in einem anderen Mitgliedstaat zu verbrin- en. Eine solche positive Erfahrung prägt und trägt mit azu bei, das Fremde und das Eigene besser kennen zu ernen und sich selbst weiterzuentwickeln. Um den Austausch von Lernenden zu fordern, ist es inerseits unerlässlich, dass die verschiedenen Qualifi- ationsschritte in den Mitgliedstaaten gegenseitig aner- annt werden. Genauso wichtig ist es aber auch, alle ürgerinnen und Bürger dabei zu unterstützen, mobil zu ein. Für die Anerkennung der Qualifikationsschritte ist chon viel getan worden: Die Hochschulen richten sich uf gemeinsame Kreditpunkte ein, die ECTS; die beruf- iche Bildung soll bald Ähnliches bekommen, die CVET. Dadurch sollen Ausbildungen vergleichbar erden, weil sie in einem Europäischen Qualifikations- ahmen, dem EQR, eingeordnet werden können. Auch 2016 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 25. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. März 2006 (A) ) (B) ) mit der wichtigen Frage, wie Mobilität innerhalb Euro- pas verbessert werden kann, befasst sich meine Fraktion. Die finanzielle Unterstützung für diejenigen, die sich zu Bildungszwecken durch Europa bewegen, steht heute im Mittelpunkt. Seit den 90er-Jahren hat die Europäi- sche Union die Bildungsprogramme vorangebracht. Am bekanntesten und erfolgreichsten ist wohl das Teilpro- gramm SOKRATES-ERASMUS für die Hochschulbil- dung, das es schon circa 1,4 Millionen Studentinnen und Studenten ermöglicht hat, an einer Universität in einem anderen Mitgliedstaat zu studieren. Aber auch vom Pro- gramm LEONARDO DA VINCI für die berufliche Bil- dung haben viele Auszubildende profitiert, zudem wur- den daraus innovative Projekte für die Modernisierung der Berufsbildung unterstützt. Dadurch werden nicht nur Einzelne gefördert, sondern auch Bildungsreformen un- terstützt. Der Europäischen Union und den Mitgliedstaa- ten entstehen aus diesen Programmen Kosten von derzeit circa 650 Millionen Euro jährlich. Diese lohnen sich aber, denn die Wirtschaftskraft der EU baut genauso wie ihre demokratische Gestalt auf einem leistungsfähigen und innovativen europäischen Bildungsraum auf. Für die nächsten sieben Jahre ist ein neues Rahmen- programm für lebenslanges Lernen geplant, das die vor- handenen Programme in den verschiedenen Bildungsbe- reichen bündelt. Die Verhandlungen über den neuen EU-Finanzrah- men für die Jahre 2007 bis 2013 werden nun zeigen, wie ernst die Mitgliedstaaten die Bildungsprogramme und damit die Förderung des Austausches und der Mobilität innerhalb der EU nehmen. Der neue Finanzvorschlag seit dem Gipfel im Dezember liegt deutlich unter dem, was die Kommission im Frühjahr 2005 vorgeschlagen hatte. Für das Programm „Lebenslanges Lernen“ bedeu- tet der Vorschlag der Staats- und Regierungschefs nach Aussagen des EU-Bildungskommissars Jan Figel eine Stagnation, für einzelne Teilbereiche sogar einen großen Rückschritt. So hat beispielsweise ERASMUS jährlich Nachfragesteigerungen von 10 Prozent zu verzeichnen, das gewährte Darlehen stagniert aber seit Anfang der 90er-Jahre bei circa 125 bis 150 Euro. Hinzu kommt der Nachholbedarf in den neuen Mitgliedstaaten. Das Pro- gramm müsste also dringend besser ausgestattet werden. Das ist eine Aufgabe für die Staats- und Regierungs- chefs, denn schließlich wollen sie ja die Lissabonstrate- gie für einen leistungsfähigen, innovativen europäischen Bildungsraum zum Erfolg führen. Wir unterstützen in diesem Zusammenhang auch die Forderung des Euro- päischen Parlaments, die Mittel für Bildung und For- schung deutlich zu erhöhen. Darüber hinaus fordern wir die Bundesregierung und die Länder auf, sich für den Ausbau der bildungspoliti- schen Zusammenarbeit in der EU im Bereich der vor- schulischen Bildung einzusetzen, der sich insbesondere im Programm COMENIUS niederschlagen muss. Ziel muss es sein, dass auch Kindertagesstätten und Erziehe- rinnen und Erzieher eingebunden werden. Weiter müs- sen sich Bund und Länder für eine stärkere Förderung der Mobilität von Lehrerinnen und Lehrern an allge- meinbildenden Schulen im Rahmen von COMENIUS e a t f e d m l e w b E K d s s h m m A k K h 1 1 e a D d n g m s V N f m a a r d s d A (C (D insetzen. Mindestens jede und jeder Zwanzigste sollte n Maßnahmen im Rahmen der EU-Bildungsprogramme eilnehmen. Außerdem fordern wir die Bundesregierung auf, sich ür die europaweite Möglichkeit zur Mitnahme der im igenen Land gewährten Darlehen und Beihilfen bei Stu- ien- und Ausbildungsaufenthalten im Ausland stark zu achen, etwa nach dem Vorbild des BAföG in Deutsch- and. Ebenfalls unterstützt werden sollte die Etablierung ines Verbundes von EU-Bildungsforschungsinstituten, elche die verschiedenen Evaluierungsstudien der Mo- ilitäts- und Integrationsmaßnahmen im Rahmen der U-Bildungsprogramme bündeln und bewerten. Und nicht zuletzt ist eine weitere Verbesserung der ooperation von Bund, Ländern und anderen Akteuren es Bildungswesens bei der Umsetzung der auf europäi- cher Ebene vereinbarten Programme im Bildungswesen icherzustellen. Die vorgesehene Reform des Föderalismus muss da- in gehend korrigiert werden, dass sie solche Zusam- enarbeit erleichtert und nicht erschwert oder gar un- öglich macht. nlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Den Südsudan beim Wiederaufbau unterstützen und vor Aids be- wahren (Zusatztagesordnungspunkt 6) Sibylle Pfeiffer (CDU/CSU): Der Nord-Süd-Bürger- rieg im Sudan war einer der längsten und blutigsten riege weltweit. Genau genommen dauerte er fast ein albes Jahrhundert. Die Auseinandersetzung fing bereits 956 an und wurde nur von 1973 bis 1983 unterbrochen. 983 startete der muslimisch-arabisch geprägte Norden ine Islamisierungskampagne im Süden mit dem Ziel, uch dort die Scharia, das islamische Recht, einzuführen. ie Südsudanesische Rebellenorganisation SPLA – Su- an Peopls Liberation Army – nahm damals den bewaff- eten Kampf auf. In diesem Krieg sind ethnische, reli- iöse, wirtschaftliche und geostrategische Faktoren iteinander verwoben. Die Bilanz des Krieges ist chrecklich: mehr als 2 Millionen Tote und 4 Millionen ertriebene. Erst im Januar 2005 wurde der Bürgerkrieg zwischen ordsudan und Südsudan durch ein Friedensabkommen ormell beendet. Folgende Punkte des Friedensabkom- ens möchte ich hervorheben: Erstens. Die Regierung und die SPLA einigen sich uf eine 6-jährige Übergangsphase, in der die Scharia ußer Kraft gesetzt wird. Zweitens. 2011 soll ein Refe- endum über die Unabhängigkeit des Südsudans stattfin- en. Drittens. Die Einnahmen aus dem Ölvorkommen ollen zu gleichen Teilen zwischen dem Norden und Sü- en aufgeteilt werden. Es muss hier ausdrücklich betont werden, dass das bkommen die Krisenregion Dafur nicht mit ein- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 25. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. März 2006 2017 (A) ) (B) ) schließt. In Dafur terrorisieren seit drei Jahren arabisch- stämmige Reitermilizen die schwarzafrikanische Bevöl- kerung. Auch hier müssen wir eine schreckliche Bilanz beklagen: bis zu 200 000 Tote und 2 Millionen Vertrie- bene. Die Afrikanische Union, AU, hat in Dafur eine 7 000 starke Schutztruppe. Sie konnte jedoch das Mor- den, Vergewaltigung und Vertreibung nicht verhindern. Deshalb wurden Stimmen laut, die Mission zur Überwa- chung des Waffenstillstandsabkommens an die UN zu übergeben. Nach langem Hin und Her hat jetzt die AU ihre grundsätzliche Bereitschaft erklärt, der Übergabe ih- rer Mission in Dafur an die Vereinten Nationen zuzu- stimmen. Die Internationale Gemeinschaft tut also eine Menge, um den Friedensprozess zwischen Nord- und Südsudan zu fördern und zu stabilisieren: Die UN-Friedensmission im Sudan, UNMIS, überwacht und unterstützt die Um- setzung des geschlossenen Friedensvertrages. Insofern ist Ihre Forderung, lieber Kollege Addicks, nach einer internationalen Vermittlungsstelle, die die Einhaltung des Friedensvertrags überwacht, zumindest teilweise er- füllt. Die UNMIS hat das Mandat, notfalls auch militäri- sche Gewalt anzuwenden, um UN-Einsatzkräfte und ein- heimische Zivilisten im Südsudan zu schützen. Die UNMIS umfasst bis zu 10 000 Soldaten sowie ziviles Personal, darunter 700 Polizisten. Deutschland ist mit bis zu 75 Soldaten an der UNMIS beteiligt. Dabei han- delt es sich in erster Linie um Militärbeobachter. Vor knapp einer Woche fand ein hochrangiges Treffen des „Sudankonsortiums“ unter der Leitung der Weltbank und der Vereinten Nationen in Paris statt. Ziel des Tref- fens war es, die internationalen Beiträge zum Wiederauf- bau des Sudans zu koordinieren. In Oslo haben sich im April 2004 die Geberländer verpflichtet, 4,5 Milliarden Dollar zur Verfügung zu stellen. Das sind beachtliche Mittel. Die Weltbank verwaltet die Multi Donor Trust Funds, je einen für den Norden und den Süden. Die Bundesregie- rung hat – bereits 2005 – hierfür insgesamt 88 Millionen Euro FZ, plus 6 Millionen Euro, zugesagt. 68 Millionen Euro werden aufgrund ungeklärter Handelsschulden noch nicht ausgezahlt. Ich denke, die Frage ist erlaubt: Warum sollten einem ölreichen Land einfach seine Han- delsschulden erlassen werden? Von den restlichen 20 Millionen Euro wurde der Anteil von 10 Millionen in den Fonds für den Südsudan am letzten Freitag, den 10. März 2006, überwiesen. Der Süden hat das Geld erhalten, weil er die Bedin- gungen erfüllt hat. Dazu gehört eine Regierungsbildung nach Vorgaben des Friedensabkommens. Aufgrund schwerster Menschenrechtsverletzungen und aufgrund der blutigen Überfalle in Darfur sind die Mittel für den Norden eingefroren. Hier setzt die Bundesregierung konsequent die Forderung aus dem Koalitionsvertrag nach guter Regierungsführung um. Wie bereits erwähnt, ist die internationale Gemeinschaft im Hinblick auf den Südsudan sehr engagiert. So entsenden zum Beispiel ü U a p w s v d B d N A a D a s d d g F V l Z z B e v b k v a d h d n K d m a d m S B K v h v s s i B s h (C (D ber 40 Nationen Soldaten, Polizisten und Helfer für die N in den Südsudan. Ich denke, dass wir auch darauf achten sollten, dass lle Staaten, die im Sudan und in Afrika entwicklungs- olitisch tätig sind, sich für allgemein gültige Prinzipien ie zum Beispiel gute Regierungsführung und Umwelt- chutz einsetzen. Der FDP-Antrag thematisiert auch die HIV/Aids-Prä- ention im Südsudan. Ich begrüße das außerordentlich, enn man kann das Thema HIV/Aids nicht oft genug ins ewusstsein der Menschen rücken. Ich denke aber, dass er Südsudan hier nicht isoliert betrachtet werden kann. Im Jahr 2005 kam es weltweit zu fast 5 Millionen euinfektionen, 3,2 Millionen davon allein im südlichen frika. Im gleichen Jahr starben 3 Millionen Menschen n Aids, darunter mehr als eine halbe Million Kinder. ie Gesamtzahl der HIV-Positiven beträgt derzeit mehr ls 40 Millionen. Das heiß: innerhalb von 10 Jahren hat ich die Zahl verdoppelt. Der Krieg im Südsudan hat Arbeitermigration, Han- el und Reisen verhindert. Man vermutet, dass durch iese erzwungene Isolation sich HIV nicht so stark aus- ebreitet hat. Man befürchtet durch die Rückkehr der lüchtlinge und Soldaten eine stärkere Verbreitung des irus. Laut UN-Aidsbericht 2005 sind die HIV-Präva- enzraten im Sudan – im Vergleich zu Nordafrika – hoch. udem sind im Südsudan die höchsten Infektionsraten u finden. Besonders dramatisch ist die Unkenntnis der evölkerung über HIV/Aids. Aktuelle Studien im Sudan rgaben: Nur drei Viertel der Schwangeren haben jemals on Aids gehört. Nur 5 Prozent wussten, dass der Ge- rauch eines Kondoms die HIV-Infektion verhindern ann. Mehr als zwei Drittel der Frauen hatten noch nie on einem Kondom gehört oder je eines gesehen. Mehr ls die Hälfte – 55 Prozent – der Prostituierten gaben an, ass sie nie von einem Kondom gehört oder eines gese- en hätten. Weniger als 20 Prozent der Prostituierten wussten, ass Kondome eine HIV-Übertragung verhindern kön- en. Wir wissen, dass in Entwicklungsländern Aids eine rankheit der Armen ist. Und der Südsudan gehört zu en ärmsten Regionen Afrikas. Es mangelt an Wasser, es angelt an Nahrung, es mangelt an Straßen, es mangelt n Schulen. Die HIV/Aids-Bekämpfung kann nur mit em gleichzeitigen Aufbau eines funktionierenden Ge- einwesens gelingen. Da es sich beim Aufbau im üdsudan um eine Herkulesaufgabe handelt, die viele ereiche umfasst, ist es umso wichtiger, auf eine gute oordination und Harmonisierung der Anstrengungen on Gebern und Kooperationspartnern zu achten. Die Arbeit von NGOs kann in diesem Zusammen- ang nicht hoch genug geschätzt werden. Obwohl es iele gibt, die segensreich tätig sind, möchte ich an die- er Stelle nur als Beispiele nennen: Die Diakonie Kata- trophenhilfe und Caritas International sind seit Jahren m Sudan aktiv. Die Diakonie Katastrophenhilfe zum eispiel unterhält seit Jahren im Südsudan ein Basisge- undheitsprogramm. Pro Jahr werden in den Gesund- eitstationen bis zu 60 000 Patienten versorgt. Eine 2018 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 25. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. März 2006 (A) ) (B) ) Übergabe der Einrichtung an die südsudanesische Ge- sundheitsbehörde soll Schritt für Schritt erfolgen. In Zu- sammenarbeit mit dem International Rescue Committee bietet die Diakonie Katastrophenhilfe Beratung und HIV-Testmöglichkeiten. – An dieser Stelle möchte ich die enorme Wichtigkeit der Zusammenarbeit mit Nicht- regierungsorganisationen, Kirchen und Stiftungen im Bereich der Entwicklungspolitik ausdrücklich betonen. Erfahrungen lehren uns, dass Prävention und Behand- lung zwei Seiten derselben Medaille sind. Die CDU/ CSU-Fraktion hat bereits in ihrem Antrag in der letzten Wahlperiode unterstrichen, dass wir jede Initiative unter- stützen, die Prävention und Behandlung gleichzeitig för- dert. Konkret bei der HIV/Aids-Prävention im Südsudan, denke ich, sollten folgende Punkte beachtet werden: Ver- schiedene Zielgruppen müssen Zugang zu zielgruppen- spezifischen Aufklärungsangeboten und Beratungsmaß- nahmen haben; denn die einzelnen Zielgruppen – Frauen, Kinder, Männer, ehemalige Soldaten, Händler, Flüchtlinge – haben jeweils unterschiedlichen Aufklä- rungsbedarf. Hierbei spielt auch die hohe Analphabeten- rate eine Rolle: Bei Männern liegt sie bei 30 Prozent, bei Frauen sogar bei über 50 Prozent. – Umfassende Aufklä- rungs-, Beratungs- und Behandlungsmöglichkeiten soll- ten in alle Gesundheitsdienste, die aufgebaut werden, von Anfang an integriert werden. – Die Aufklärungsar- beit muss in den Schulunterricht integriert werden. Na- türlich muss eine vorhergehende Schulung der Lehr- kräfte erfolgen. Enorm wichtig ist meines Erachtens auch die Einbeziehung der Eltern. – Ein kostenfreier bzw. kostengünstiger Zugang zu Kondomen und Femi- domen, dem Kondom für die Frauen, sollte sichergestellt werden. – Besonderes Augenmerk verdienen die Aids- Waisen. Es müssen Wege gefunden werden, wie das Lei- den dieser Kinder gemindert wird und wie diese Kinder ein Zuhause finden können. Pastor Friedrich von Bodelschwingh sagte vor 100 Jahren: Neue große Nöte bedürfen neuer, mutiger Gedanken. Heute fordert Aids neue, mutige Gedanken sowie schnelle und schlagkräftige Antworten, auch im Südsudan. Im FDP-Antrag sind viele richtige Punkte genannt. Ich denke, dass das Problem HIV/Aids-Prävention im Südsudan in einem größeren Zusammenhang gesehen werden muss. Darüber hinaus würde ich zwei derart wichtige Punkte wie den Wiederaufbau im Südsudan ei- nerseits und die HIV/Aids-Problematik im Südsudan an- dererseits wahrscheinlich nicht in einem einzigen Antrag zusammen thematisieren. Dr. Wolfgang Wodarg (SPD): Seitdem wir vor ei- nem Jahr über die humanitäre Situation in Südsudan de- battiert hatten, hat sich nichts geändert. Damals hat un- sere Kollegin Brigitte Wimmer gesagt: „Dort gibt es fast nichts. Der Süden ist noch nie entwickelt worden. Das Wenige, das vorhanden war, ist zerstört, die Siedlungen ebenso wie Brunnen und Brücken. Es gibt kaum saube- res Trinkwasser, keine Schulen und keine Kliniken. Ar- beitsgeräte für die Landwirtschaft fehlen. (…) Es ist gut, d d w a M M H t p M s a w i r m A t n d u w s w r s D K s S P k H v u L s i m u s l w R z g s d t g d s L u D (C (D ass auf der Geberkonferenz in Oslo mehr als 2 Milliar- en Euro für humanitäre Hilfe zugesagt wurden. Auch ir beteiligen uns an dieser Hilfe. Ich unterstütze aber usdrücklich die Aussagen von Frau Staatsministerin üller und von Frau Wieczorek-Zeul, dass wir diese ittel nicht der Regierung in Khartoum, sondern ilfsorganisationen zukommen lassen.“ Damit Sie sich einen kurzen Überblick über die heu- ige Situation verschaffen können, werde ich Ihnen ein aar Fakten geben. Seit 1983 sollen mehr als 2 Millionen enschen im Krieg oder an dessen direkten Folgen ge- torben sein. Die Verbreitung der HIV-Epidemie wurde ufgehalten, dadurch dass der Krieg die Bevölkerungs- anderungen, Handel und Reise stark begrenzt hat. Die m Vergleich zu Nachbarländern noch einigermaßen ge- inge HIV-Rate von 2,3 Prozent – so UNAIDS, das Ge- einsame Programm der Vereinten Nationen zu HIV/ ids – könnte aber mit der Rückkehr der Flüchtlinge, in- ernen Vertriebenen und der Demobilisierung der Armee ach allen Schätzungen bald explodieren. Mit der Wie- eröffnung des Landes könnte sich die Infektion bald nkontrolliert verbreiten. Die massiven Bevölkerungs- anderungen werden nämlich sehr wahrscheinlich unge- chützte sexuelle Praktiken ankurbeln. Dazu kämen auch eitere Ausbreitungsfaktoren wie Armut, ein rudimentä- es Gesundheitssystem und eine geringe Zahl an Ein- chulungen. Nach 20 Jahren Konflikt in Südsudan und in arfur könnte die HIV-Epidemie mehr Opfer als der rieg selber fordern. Besonders gefährdete Gruppen ind, neben den Vertriebenen, Frauen und Mädchen, exarbeiter, Straßenkinder, Lkw-Fahrer, Gefangene und olizei- und Armeepersonal. HIV-Prävention und Auf- lärungsmaßnahmen, gekoppelt mit zugänglicheren IV-Behandlungen, sollten dringend verbessert werden, or allem in einem Kontext der häufigen Stigmatisierung nd Diskriminierung der HIV-infizierten Menschen. Durch die Erdölressourcen ist der Sudan ein reiches and und es hat dadurch zahlreiche Unternehmen zu ich gezogen, darunter auch deutsche Unternehmen. Es st jetzt auch unsere Verantwortung, etwas zu unterneh- en. Es gibt zurzeit, so UNAIDS, mehr als 30 nationale nd internationale Nichtregierungsorganisationen, die chon eine erhebliche Arbeit im Bereich HIV und Aids eisten, so zum Beispiel German Emergency Doctors. Unsere Verantwortung müssen wir beweisen, indem ir dazu beitragen, die Bemühungen der sudanesischen egierung, der Zivilgesellschaft und der NGOs vor Ort u unterstützen. Die FDP hat in ihrem Antrag diese Fra- en zum Teil behandelt. Ich hoffe, dass wir im Aus- chuss dieses noch ergänzen können, freue mich, dass ie Bundesregierung hier Rückenwind von der Opposi- ion erhält und wünsche mir, dass diese Arbeit in einen emeinsamen Antrag aller Fraktionen einfließen kann. Karl Addicks (FDP): Als am 9. Januar letzten Jahres ie Regierungspartei National Congress Party und die üdsudanesische Befreiungsorganisation Sudan People‘s iberation Movement endlich ein Friedensabkommen nterzeichnet haben, hatte ich noch große Erwartungen. as 242 Seiten umfassende Werk, das den über 20 Jahre Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 25. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. März 2006 2019 (A) ) (B) ) andauernden Bürgerkrieg beendet, regelt minutiös alle Zuständigkeiten, Rechte und Pflichten. Die Macht in Khartoum sollen sich die beiden Parteien genauso teilen, wie die nicht unerheblichen Öleinnahmen des Landes. Außerdem ist dem Süden zugesichert worden, nach einer Übergangszeit von sechs Jahren per Referendum für oder gegen den Verbleib in der Republik Sudan abstim- men zu dürfen. Klingt doch viel versprechend. Doch leider sieht nun ein Jahr nach der Unterzeich- nung die Realität ganz anders aus. Die Schreckensmel- dungen aus dem Sudan wollen einfach nicht enden. Da gibt es die immer wiederkehrenden Nachrichten über die furchtbare Krise in der Region Darfur, die uns in naher Zukunft noch stark beschäftigen wird. Aber dafür ist diese Debatte hier und jetzt nicht vorgesehen, denn wir in der FDP-Fraktion machen uns auch sehr große Sorgen über den Südsudan. Dieser sieht sich nämlich auch nach der Unterzeich- nung des Friedensvertrages mit vielen Problemen kon- frontiert. Die Region muss komplett wieder aufgebaut werden. Sie können sich vorstellen, was ein Bürgerkrieg von 21 Jahren von einer Region übrig lässt. Nun gilt es, dies alles wieder aufzubauen. Es fehlt an Wasser, Nah- rung und Medizin. Es fehlen wichtige Elemente der In- frastruktur, die die Grundversorgung und Gesundheits- versorgung der dort lebenden Bevölkerung sichert. Hier ist die südsudanesische Regionalregierung gefordert. Nicht, dass das bereits schon ausreichende Aufgaben wären, nein, es kommt noch hinzu, dass aus Karthoum und den benachbarten Ländern und Regionen zahlreiche Bürgerkriegsflüchtlinge in den Süden zurückströmen. Schätzungen gehen von mindestens 4 Millionen Südsu- danesen aus, die während des Krieges nach Norden oder ins benachbarte Ausland geflohen sind. Diese kehren jetzt wieder zurück in ihre Heimat zu ihren Familien und Angehörigen. Daran ist ja noch nichts schlecht. Aber aufgrund seiner Isolation während des Krieges ist der Südsudan eine der wenigen Regionen in Afrika, in denen sich das HI-Virus noch nicht so stark verbreiten konnte wie in vielen anderen afrikanischen Staaten. Auch das ist ja nicht schlecht. Aber die zurückkehrenden Soldaten, Binnenflüchtlinge und Flüchtlinge aus den angrenzen- den Ländern, der sich entwickelnde Handel, all das wird zu einem starken Anstieg der HIV-Infektionen in den nächsten Jahren im Südsudan führen, es sei denn, wir helfen dem Südsudan rechtzeitig, entsprechende Präven- tivmaßnahmen zu ergreifen. Sie alle wissen, dass es heutzutage immer noch keine Heilung von Aids gibt. Wir haben im Moment nur die Möglichkeit, wenn überhaupt ausreichend Medika- mente vorhanden sind, die Lebenszeit etwas zu verlän- gern und die Lebensqualität zu verbessern. Gerade des- halb ist es doch nur sinnvoll und wichtig, den noch so wenig „infizierten Südsudan“ vor der unaufhaltsamen Ausbreitung der Seuche zu bewahren. Es ist doch besser, präventiv zu agieren als später nur noch kurieren zu kön- nen. Deshalb stellt die FDP-Fraktion den Antrag an die Bundesregierung, dass sie sich wie geplant an dem Multi Donor Trust Fund für den Südsudan beteiligt und auf P d l r i F k d A d D g M z d E r s d S d d n e s b S A l a t i k t s P t k a h F A d V s T a t d W s t d t d (C (D rojekte zur Prävention der Region vor Aids mit Nach- ruck hinwirkt. Außerdem – dies sage ich auch mit einem sorgenvol- en Blick auf die Region Darfur – muss sich die Bundes- egierung dafür einsetzen, dass eine Vermittlungsstelle m Sudan eingesetzt wird, die auf die Einhaltung des riedensvertrages achtet und hilft, strittige Fragen zu lären. Nur so kann der Südsudan den Weg einer „gesun- en Entwicklung“ einschlagen. Heike Hänsel (DIE LINKE): Der vorliegende FDP- ntrag ist zwar gut gemeint, aber nicht ausreichend, enn der Antrag blendet wichtige Zusammenhänge aus. ie Bekämpfung von Aids im Südsudan muss in einen rößeren Kontext gestellt werden. Erstens. Die ganze Region ist nach wie vor in hohem aße militarisiert. Und nichts und niemand trägt stärker ur Ausbreitung der Aids-Pandemie bei, als umherwan- ernde Milizen und demobilisierte, nicht integrierte xsoldaten. Auch ein Jahr nach dem Friedensschluss er- eichen uns Nachrichten von bewaffneten Auseinander- etzungen zwischen konkurrierenden Banden und von em Einsickern von Waffen und Bewaffneten aus dem üdsudan in benachbarte Krisenregionen. Dadurch kann er jahrzehntelange Konflikt jederzeit wieder im Südsu- an aufflammen. Hier sind zivile Strategien zur Entwaff- ung und zur Integration der demobilisierten Milizen in in ziviles Leben dringend notwendig. Nur der Aufbau tabiler ziviler Strukturen kann dauerhaften Frieden ringen. Möglichkeiten wirtschaftlicher Betätigung und elbstversorgung müssen entstehen können. Gegen den ufbau lokaler Produktion und Vermarktung stehen al- erdings nicht nur interne Konflikte und Kriege, sondern llzu oft auch die Interessen der mächtigen Industriestaa- en: Dafür steht global die Verhandlungsführung der EU m Rahmen der WTO- und EPA-Verhandlungen. Am onkreten Fall drückt sich das aus im Wettlauf des Wes- ens mit der VR China um afrikanische, auch sudanesi- che Märkte und Rohstoffe. Dieser Wettlauf trägt viel otenzial für künftige Konflikte in sich. Zweitens. Wir unterstützen Ihren Vorschlag einer in- ernationalen Vermittlungsstelle im Südsudan. Diese önnte Schritte in Richtung Demokratisierung und sozi- ler Entwicklung kontinuierlich evaluieren und die Ein- altung des Friedensabkommens überwachen. Einige ragen stellen sich allerdings bezüglich der konkreten usgestaltung: Wir stellen uns natürlich nicht vor, dass ort Vertreter westlicher Regierungen sitzen sollten. ielmehr sollte es ein Schlichtungsgremium sein, das ich aus zivilgesellschaftlichen Gruppierungen aller eile des Sudan und aus benachbarten Ländern sowie us international erfahrenen Mediatorinnen und Media- oren zusammensetzt. Ein solches Gremium darf nicht as Einfallstor einer interessengeleiteten Politik des estens sein. Es ist ja bekannt: Auch deutsche Wirt- chaftsinteressen sind im Südsudan berührt. Der Vorver- rag zwischen einem deutschen Unternehmen und der amaligen Rebellentruppe und heutigen Regierungspar- ei SPLA zum Schienenbau im Südsudan ist ein Beispiel afür. Das sollte die Bundesregierung möglichst nicht 2020 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 25. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. März 2006 (A) ) (B) ) dazu verleiten, auf die staatliche Neuordnung im Sudan Einfluss zu nehmen. Drittens. Die Bundesregierung wird sich nach eige- nem Bekunden am Multi Donor Trust beteiligen. Ich finde, 10 Millionen Euro für den Trust stehen in einem ungenügenden Verhältnis zu über 80 Millionen Euro, die allein im Einzelplan des Auswärtigen Amtes für 2006 für den finanziellen Beitrag zur Blauhelmmission UNMIS eingestellt werden sollen. Wir brauchen eine an- dere Prioritätensetzung! Deshalb fordere ich für die lau- fenden Haushaltsverhandlungen eine deutliche Erhö- hung der Mittel für den zivilen Friedensdienst. Und was ganz speziell die Bekämpfung von Aids in Ländern des Südens betrifft, so begrüßen wir die Einrichtung des in- ternationalen Fonds aus den Aufkommen neuer interna- tionaler Steuern, wie es uns Frankreich gerade vormacht. Hier hinkt die Bundesregierung weit hinterher. Und die FDP tritt übrigens im Ausschuss für wirtschaftliche Zu- sammenarbeit und Entwicklung als schärfste Gegnerin neuer internationaler Mechanismen zur Entwicklungsfi- nanzierung auf. Diese Haltung sollten Sie, liebe Kolle- ginnen und Kollegen, auch vor dem Hintergrund Ihres berechtigten, in Ihrem Antrag beschriebenen Anliegens gründlich überdenken. Viertens, und auch das gehört zum Kampf gegen Aids: Solange bereits existierende Möglichkeiten, das Leid von Aids-Patienten zu lindern, nicht zum Einsatz gebracht werden können, weil Unternehmensinteressen davor stehen, kann der Kampf nicht mit voller Kraft ge- führt werden. Im Moment kämpfen die „Ärzte ohne Grenzen“ dafür, dass ein neues Kombinationspräparat, das ganz speziell für den Einsatz in den Tropen geeignet wäre und dort das Leid vieler Betroffener lindern könnte, in Afrika auf den Markt gebracht wird. Das ver- treibende Unternehmen hat bislang kein geschäftliches Interesse daran. Und allein das zählt offensichtlich. Sie wissen, dass gerade im Bereich der medizinischen Ver- sorgung und der Pandemiebekämpfung allerorten Markt- versagen festzustellen ist. Ich denke, hier sind wir uns ei- nig: Hier herrscht dringendster Regelungsbedarf ganz in Ihrem Sinne, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, zur wirksamen Bekämpfung und Eindämmung von Aids. Ute Koczy (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): In dem leider sehr knappen Antrag der FDP wird gefordert, den Südsudan beim Wiederaufbau zu unterstützen und die Ausbreitung von Aids zu verhindern. So weit, so richtig. Diese Ziele können natürlich auch wir Grüne unter- schreiben. Gleichwohl gilt: Aids-Prävention kann nie- mals erfolgreich sein, wenn man nicht die gesamte poli- tische Situation im Blick hat. Dazu findet sich wenig in Ihrem Antrag. So wirkt der Antrag gut gemeint, aber nicht klar durchdacht. Auch wir befürchten, dass im Südsudan in den nächs- ten Jahren die Zahl der Aids-Infektionen steigen wird. Zehntausende Flüchtlinge kehren in diese Region zu- rück. Denn der im letzten Jahr geschlossene Friedens- vertrag gibt den Menschen im Sudan nach Jahrzehnten des Bürgerkriegs zwischen Norden und Süden Hoffnung a v z d m H s d B a A s K m s ü s f n d s h d S r t f t w w e t d w n r d b r i A A s b r D e a l H i B d u (C (D uf einen Neubeginn. Doch trotz Hoffnung müssen wir orsichtig sein und aus Erfahrungen lernen. Und leider eigt unsere Erfahrung mit anderen afrikanischen Län- ern, dass die Rückkehr von Flüchtlingen aus Ländern it höheren Aids-Infektionsraten, der Wiederbeginn von andel und durchlässige Grenzen auch Krankheiten mit ich bringen. Der Südsudan ist momentan noch nicht bereit, mit iesen Herausforderungen umzugehen. Nach 20 Jahren ürgerkrieg und Isolation fehlt es im Südsudan an allem: n Infrastruktur, Schulen und Gesundheitsversorgung. nfang des Jahres starben allein im Südsudan 127 Men- chen an Cholera, einer eigentlich mittelalterlichen rankheit. Und obwohl sie wieder bei null anfangen üssen, kehren die Menschen zurück. Genau hier ist der Antrag der FDP aber viel zu be- chränkt. Die Brisanz der Gesamtlage im Sudan wird berhaupt nicht klar. Den Konflikt in Darfur zum Bei- piel erwähnen Sie mit keinem Wort. Es ist jedoch alsch, anzunehmen, dass man in einem kleinen Bereich, ämlich der Aids-Bekämpfung, tätig werden kann, ohne ie gesamtpolitische Lage zu beachten. Wie wollen Sie aber den Wiederaufbau des Süd- udans unterstützen und eine Aids-Ausbreitung dort ver- indern, wenn nicht zuerst die Frage von Krieg und Frie- en im Sudan geklärt ist? Wie soll der Wiederaufbau des üdsudans vorangetrieben werden, ohne dass die Regie- ung des Gesamtsudans den umfassenden Friedensver- rag einhält? Wie stellen Sie sich eine dauerhafte Lösung ür den Südsudan vor, wenn der Konflikt in Darfur wei- er eskaliert und dort das Morden und Vertreiben immer eitergeht? Zu diesen Fragen finden sich keine Hin- eise in ihrem Antrag. In der Realität sieht es so aus, als wäre der Sudan auf inem guten Weg. Vor nicht einmal einer Woche berich- eten die Vereinten Nationen, dass in der Entwicklung es Südsudans „kein nennenswerter Fortschritt“ erzielt orden sei. Offenbar ist die sudanesische Regierung icht bereit, die in Darfur stattgefundenen Menschen- echtsverletzungen aufzuarbeiten. Auch wird berichtet, ass von der sudanesischen Regierung unterstützte Re- ellen von Darfur aus inzwischen auch im Tschad ope- ieren und dort für Instabilität und Krisen sorgen. Falsch st also, zu glauben, man könne die wichtige Frage der ids-Bekämpfung im luftleeren Raum behandeln. Für meine Fraktion findet sich der richtige Weg im rbeitsplan der Vereinten Nationen für den Sudan. Die- er drängt darauf, zuerst die Situation in Darfur zu efrieden und den Friedensvertrag einzuhalten. Es ist ichtig, so wie es der UN-Plan tut, die Gelder des Multi onor Trust Fund prioritär für die Schaffung eines dau- rhaften Friedens einzusetzen. Und es ist richtig, dass in lle Maßnahmen der humanitären Hilfe und Entwick- ungszusammenarbeit auch die Querschnittsthemen IV/Aids, Gender und Umwelt- und Ressourcenschutz ntegriert werden müssen. Wir setzen darauf, dass die undesregierung ihre Ankündigungen umsetzt. Das be- eutet, dass sie den Multi Donor Trust Fund finanziell nterstützen und die Anstrengungen der Vereinten Na- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 25. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. März 2006 2021 (A) ) (B) ) tionen bei der Umsetzung des Friedensplanes im Sudan begleiten sollte. Wie in vielen anderen afrikanischen Ländern geht es auch im Sudan um die Sicherung von Rohstoffen und wie in vielen anderen Fällen verschärfen die enormen Einnahmepotenziale durch die Ausbeutung des Erdöls die Brisanz der Situation noch. Eine der vorrangigen Aufgaben jeglicher Entwicklungszusammenarbeit mit dem Sudan muss sein, das Land weiter zu stabilisieren und sich dafür einzusetzen, dass die Regierungen trans- parent mit ihren Rohstoffeinnahmen umgehen. Das wird ein ganz schwieriger Prozess, da eben auch Akteure, bei- spielsweise chinesische Unternehmen in der Ölförde- rung, beteiligt sind, die kaum Interesse an Transparenz und Nachhaltigkeit haben. Ohne eine Stabilisierung des Landes, ohne eine Lö- sung des Konfliktes in Darfur, ohne einen dauerhaften Frieden im gesamten Sudan werden wir es trotz großer Anstrengungen nicht schaffen können, den Südsudan vor Aids zu bewahren. Wer also dem Land und den geschun- denen Menschen helfen will, muss sich für eine Lösung des gesamtsudanesischen Konfliktes einsetzen. Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Kettenduldungen abschaffen (Tagesordnungspunkt 17) Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU): Der heute hier verhandelte Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 16. Februar 2006 zielt auf die Abschaffung der so genannten Kettenduldungen, die sich aus den An- wendungshinweisen des Bundesministeriums des Innern zu § 25 Aufenthaltsgesetz ergeben, ab. Grundsätzlich ist hierbei festzuhalten, dass § 25 Abs. 5 AufenthG bereits das Ziel hat, die so genannten Kettenduldungen abzu- schaffen und Personen, die unverschuldet an der Aus- reise gehindert sind, in ein Bleiberecht zu überführen. Nach § 25 Abs. 5 AufenthG kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tat- sächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rech- nen ist. Rechtlich unmöglich ist die Ausreise dann, wenn Abschiebungsgründe nach § 60 II bis VII AufenthG vor- liegen und nicht ausnahmsweise eine Ausreise in einen Drittstaat in Frage kommt. Tatsächliche Gründe sind Fälle der Reiseunfähigkeit, der unverschuldeten Passlo- sigkeit und unterbrochene oder fehlende Verkehrsverbin- dungen. Auch die Betrachtung des Verhältnismäßig- keitsgrundsatzes, der alle staatliche Gewalt bindet, sofern sie subjektive Rechte des Bürgers in irgendeiner Weise beeinträchtigt, kann zur Anwendung von § 25 AufenthG führen. Hier sind Fallgestaltungen zu nennen, bei denen eine zwangsweise Durchsetzung der Ausreise- pflicht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzel- f k J i 5 – 2 T B t A t N s s d s e K 1 n b K a K b r z k s d f P o v v b d u d E s l ü M e t g t U n F R (C (D alls nicht mehr als verhältnismäßig angesehen werden ann. Tatsächlich zeigt die Verwaltungspraxis, dass es ein ahr nach In-Kraft-Treten des Zuwanderungsgesetzes mmer noch so genannte Kettenduldungen gibt. Rund 0 000 in Deutschland geduldete Menschen hangeln sich laut eines Berichtes des Tagespiegels vom 9. Januar 006 – seit mehr als zehn Jahren mit Hilfe dieser zum eil nur einen Monat geltenden Bescheide durchs Leben. undesweit wurden nur in wenigen Ausnahmefällen An- räge auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 bs. 5 AufenthG positiv beschieden. Dies lässt vermu- en, dass die Verwaltungen eine andere Auslegung der orm an den Tag legen oder dass die Verwaltungsvor- chriften erst zu spät erlassen worden sind, um das Ge- etz entsprechend umzusetzen. Es sind sich Vertreter aller Parteien darüber einig, ass ein Vertrösten von Duldung zu Duldung der Men- chen, die unverschuldet an der Ausreise gehindert sind, in unsäglicher Zustand ist, den es zu ändern gilt. Im oalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD vom 1. November 2005 wurde bereits vereinbart, dass dem- ächst eine Evaluierung des Zuwanderungsgesetzes ins- esondere unter dem Gesichtspunkt der Überprüfung der ettenduldungen sowie der humanitären Probleme, vor llem mit Blick auf die in Deutschland aufgewachsenden inder vorzunehmen ist. Allerdings ist es meines Erachtens ebenso unabding- ar, daran festzuhalten, dass ausdrücklich zwischen aus- eisepflichtigen Personen differenziert wird, die nicht urückkehren können, und solchen, die nicht in ihr Her- unftsland zurückkehren wollen. Es muss völlig klar sein, dass wir neben den unver- chuldet in Deutschland ausreisepflichtigen Anwesen- en und den Personen die unter die Härtefallregelung allen, nicht die Personen „belohnen“ dürfen, die ihre apiere vernichtet, den Reiseweg verschleiert haben der auf andere Weise eine Abschiebung zu verhindern ersuchen. Hier muss eine eindeutige Differenzierung orgenommen werden. Was aber wiederum auch nicht edeutet, dass zwar bei der Prüfung für ein Bleiberecht em Antragsteller grundsätzlich bei fehlenden Pässen nd Dokumenten unterstellt werden darf, dass der Ge- uldete seine Mitwirkungspflicht verletzt hat und die ntscheidung im Rahmen des Beurteilungspielraumes ystematisch zu ungunsten der Geduldeten auslegt wird. Allerdings muss an dieser Stelle auch klar und deut- ich gesagt werden, dass in der Praxis leider die Fälle berwiegen, bei denen Ausreisepflichtige mutwillig ihre itwirkungspflicht verletzen, um sich ihr Bleiberecht zu rzwingen. Die Fälle, die aus so genannten Problemstaa- en kommen, wo es keine ordnungsgemäßen Meldere- ister gibt, die Abklärung der richtigen Angaben/Identi- ät oder das Beibringen der Papiere aus bestimmten mständen nicht möglich ist, sind in der Regel die we- igsten. Grundsätzlich kann und darf es keine Belohnung in orm von einem Bleiberecht für Verstöße gegen unsere echtsordnung geben. 2022 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 25. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. März 2006 (A) ) (B) ) Das Aufenthaltsgesetz enthält keine allgemeine Alt- fall- oder Bleiberechtsregelung für langjährig geduldete ausreisepflichtige ausländische Staatsangehörige. Die derzeitigen Regelungen bzw. die Umsetzung ist jedoch vor allem für diejenigen bedauerlich, die seit Jahren mit ihren Familien in Deutschland wohnen, sich integriert haben und aufgrund des andauernden Duldungsstatus je- derzeit mit ihrer Ausreiseverpflichtung bis hin zur Ab- schiebung in ihr Herkunftsland – das vielfach nicht mehr als Heimatland angesehen wird – rechnen müssen. Auf der Innenministerkonferenz am 8./9. Dezember 2005, bei der einige Bundesländer bereits Vorschläge zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes einbrachten, wurde die Frage einer Bleiberechtsregelung für langjährig im Bundesgebiet geduldete ausreisepflichtige ausländische Staatsangehörige ausführlich erörtert. Abschließend wurde beschlossen, dass eine Arbeitsgruppe auf Minis- terebene eingerichtet wird, die sich mit der Gesamt- problematik befassen und gegebenenfalls Verfahrensvor- schläge entwickeln wird. Die Evaluation sollte daher abgewartet und anschließend im federführenden Innen- ausschuss beraten werden, damit man zu einer – im Inte- resse der Betroffenen – vernünftigen Änderung des Auf- enthaltsgesetzes gelangt. Das geltende Gesetz ermöglicht – mehr als das alte AuslG –, Kettenduldungen zu vermeiden. Erforderlich ist jedoch eine Auslegung der Normen im Sinne der Ab- sichten des Gesetzgebers. Wir müssen dafür Sorge tra- gen, dass die bisherige Praxis nicht weiter fortgeführt wird, da sonst nicht nur die Altfälle ungelöst bleiben, sondern immer weiter neue Fälle von Kettenduldungen geschaffen werden. Eine Ad-hoc-Entscheidung, die zu einem allgemeinen Bleiberecht ohne Einschränkungen führen würde, wäre meines Erachtens aber ein völlig falsches Signal denjeni- gen gegenüber, die ihre dauerhafte Anwesenheit in Deutschland nicht selbst verschuldet haben und sich rechtstreu verhalten und denjenigen gegenüber, die be- reits unsere Rechtsordnung beachtet und den bestehen- den Regelungen hinsichtlich Ausreise gefolgt sind. Eine Gesetzesänderung des Aufenthaltsgesetzes darf nicht zur „Belohnung“ von Verstößen gegen unsere Rechtsordnung mit einem Bleiberecht führen. Rüdiger Veit (SPD): Das Anliegen, das Bündnis 90/ Die Grünen in ihrem Antrag verfolgen, ist ebenso richtig wie allerdings auch wenig neu. Bei dem Zustandekommen des Zuwanderungsgeset- zes – ich erinnere daran, dass in zwei Anläufen im Ver- mittlungsausschuss praktisch ein Allparteienkompro- miss gefunden werden musste – haben nicht wenige Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten die zum Teil schmerzlichen inhaltlichen Zugeständnisse in Rich- tung der Positionen ihres heutigen Koalitionspartners der CDU/CSU nur deswegen noch vertreten können, weil wir die begründete Erwartung hatten, mit dem neuen Recht werde sich die Situation der Mehrzahl der mehr als 250 000 geduldeten ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger in der Bundesrepublik dauerhaft verbes- s D w n r F d i n t b m v w f u R z n i e i e E g K n 2 w o d u g w v n g G k h n g A r g A i n d h s – (C (D ern. Denn diese Personengruppe und auch ihre in eutschland zum Teil schon geborenen oder hier aufge- achsenen Kinder konnten und können aus von ihnen icht zu vertretenden Gründen nicht in ihre Heimat zu- ückkehren, haben jedoch keine Anerkennung als lüchtlinge oder Asylberechtigte bekommen und leben eswegen zum Teil schon seit vielen, vielen Jahren mit mmer wieder verlängerten Duldungen von manchmal ur wenigen Monaten sozusagen aus ihren Koffern mit- en unter uns. Die meisten von ihnen können ohne Ar- eitserlaubnis den Lebensunterhalt für sich und ihre Fa- ilien nicht bestreiten, ihre Kinder können keine ernünftige Ausbildung erhalten oder abschließen. Wir waren und sind der Auffassung, dass dieser so- ohl unter humanitären Gesichtspunkten für die Betrof- enen als auch unter ökonomischen Gesichtspunkten für nsere Gesellschaft unsinnige Zustand durch das neue echt dahin gehend hätte beendet werden sollen, dass umindest die meisten von ihnen eine Aufenthaltserlaub- is erhalten würden. Bündnis 90/Die Grünen weisen in hrer Antragsbegründung richtigerweise darauf hin, dass s bei diesem Ziel unter allen politischen Kräften sowohl m Bundestag als auch im Bundesrat weitgehende Über- instimmung gab. Unterschiede mag es allenfalls in der inschätzung gegeben haben, wie groß der davon be- ünstigte Personenkreis im Ergebnis sein würde. Nun haben die ohne jede Mitwirkung der vormaligen oalitionsfraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grü- en durch den Bundesinnenminister am 22. Dezember 004 in Kraft gesetzten vorläufigen Anwendungshin- eise zum Aufenthaltsgesetz und auch die seither zu be- bachtende Verwaltungspraxis der meisten Bundeslän- er diese Absicht des Gesetzgebers aber gerade nicht mgesetzt, dass heißt für viel zu viele Menschen des an- esprochenen Personenkreises besteht über ihre Zukunft eiterhin Unklarheit oder sie sind in Einzelfällen sogar on Abschiebung bedroht. Da sich dies bereits kurz nach In-Kraft-Treten des euen Rechtes schon so abzeichnete, haben die vormali- en Koalitionsfraktionen von SPD und Bündnis 90/Die rünen am 11. April 2005 eine koalitionsinterne Prakti- eranhörung durchgeführt, die diese Defizite aufgedeckt at. Schon aufgrund der dann vorzeitig zu Ende gegange- en Legislaturperiode ist es indessen nicht mehr gelun- en, auf eine entsprechende Änderung der vorläufigen nwendungshinweise hinzuwirken, oder gar eine Kor- ektur des Gesetzes ins Auge zu fassen. Wobei ich übri- ens die ausdrückliche Beschränkung auf lediglich bs. 5 der Vorschrift des § 25 des Aufenthaltsgesetzes m vorliegenden Antrag von Bündnis 90/Die Grünen icht nachvollziehen kann. Konsequenterweise haben wir als Sozialdemokraten ann nach den Bundestagswahlen in den Koalitionsver- andlungen mit unserem neuen Partner CDU/CSU die- es Thema wieder aufgegriffen und vereinbart Seite 137 –: Wir werden das Zuwanderungsgesetz anhand der Anwendungspraxis evaluieren. Dabei soll insbe- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 25. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. März 2006 2023 (A) ) (B) ) sondere auch überprüft werden, ob eine befriedi- gende Lösung des Problems der so genannten Ket- tenduldungen erreicht worden ist. Bereits für den 30. und 31. März dieses Jahres ist zu einem Praktikererfahrungsaustausch im Rahmen der Evaluation des Zuwanderungsgesetzes eingeladen. Aus der Sicht der sozialdemokratischen Fraktion darf ich mich für diesen zügigen Beginn der Umsetzung un- serer Koalitionsvereinbarung auch beim Minister Dr. Schäuble ausdrücklich bedanken und hoffe, dass wir nach dieser Anhörung uns über die weiteren Schritte nicht nur koalitionsintern verständigen werden. Dazu ge- hört dann auch die Weiterberatung des gegenständlichen Antrags von Bündnis 90/Die Grünen im Innenausschuss. Dr. Max Stadler (FDP): Das Zuwanderungsgesetz ist besser als sein Ruf. Insbesondere im humanitären Be- reich darf nicht übersehen werden, dass durch die Aner- kennung nicht staatlicher und geschlechtsspezifischer Verfolgung deutliche Fortschritte erzielt worden sind. Alle Versuche, das Asylrecht im Zuge der Zuwande- rungsdebatte noch stärker einzuschränken, konnten ab- gewehrt werden. Dennoch gibt es eine Reihe von Punkten, bei denen im Zuge der Verhandlungen zum Zuwanderungsgesetz keine Einigkeit erzielt werden konnte. Eine Bleiberechtsrege- lung für langjährig Geduldete, wie sie die FDP-Bundes- tagsfraktion nachhaltig gefordert hat, war mit der CDU/ CSU nicht machbar, stieß aber auch auf den Widerstand großer Teile der SPD. Die Residenzpflicht von Geduldeten – ein überholtes Relikt – ist ebenso geblieben wie die Verweigerung des Zugangs zum Arbeitsmarkt für Geduldete. Das bedeutet, dass Integration behindert wird, und zwar ganz bewusst. Das führt zu unnötigem Neid, weil Geduldete von staat- lichen Transferleistungen leben, ohne dass ihnen die Chance gegeben wird, selbst ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Dass die Problematik der mit dem Aufenthalt von „Illegalen“ verbundenen Personen im Zuwanderungsge- setz nicht angegangen wurde, war kürzlich schon Ge- genstand einer Plenumsdebatte. Besonders dringender Nachbesserungsbedarf besteht hinsichtlich § 25 des Auf- enthaltsgesetzes. Während der Beratungen zum Zuwan- derungsgesetz waren sich alle Seiten einig, dass Ketten- duldungen unerwünscht sind. Die betroffenen Personen haben Anspruch darauf, in angemessener Zeit Klarheit über ihr weiteres Schicksal zu erhalten. Die unabhängige Kommission „Zuwanderung“ unter Vorsitz von Frau Prof. Dr. Rita Süssmuth hat in ihrem Bericht vom 4. Juli 2001 auf Seite 166 dargestellt, dass die Rechtspraxis der Kettenduldungen unzulänglich sei. Auch nach In-Kraft-Treten des Zuwanderungsgeset- zes hat sich an diesem Befund leider nichts geändert. Der unbestimmte Rechtsbegriff des „Ausreisehindernis- ses“ wird von den Bundesländern sehr unterschiedlich interpretiert. Wenn das Ziel, Kettenduldungen abzu- schaffen, tatsächlich erreicht werden soll, darf nicht auf eine objektive Unmöglichkeit der Ausreise abgestellt werden. Es bedarf vielmehr einer gesetzlichen Klarstel- l i w a s k d n D s g s i l k o m w K u r d b h h d g d i K h f d h A D s s a d d v a L k g d 7 m d d e n t g J (C (D ung, dass auch dann, wenn die Rückkehr unzumutbar st, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden muss. Es äre wünschenswert, als Regelbeispiel in das Gesetz ufzunehmen, dass die Unzumutbarkeit einer Rückkehr ich insbesondere aus gelungener Integration ergeben ann. Langjähriger Aufenthalt kann dafür ein entschei- endes Kriterium sein. In der Bevölkerung wird auch icht verstanden, warum Familien, deren Kinder in eutschland aufgewachsen sind und hier die Schule be- uchen, abgeschoben werden, obwohl sie bestens inte- riert sind. Auf diese Weise tragen Unklarheiten des Ge- etzes dazu bei, dass gerade Personen, deren Aufenthalt n Deutschland unter dem Aspekt der Integration keiner- ei Probleme bereitet, entweder hier unter dem Damo- lesschwert der Nichtverlängerung ihrer Duldung leben der am Ende ganz abgeschoben werden. Deswegen ist es an der Zeit, die Ankündigung des da- aligen Bundesinnenministers Otto Schily, das neue Zu- anderungsrecht werde weitgehend mit der Praxis der ettenduldung Schluss machen, jetzt endlich in die Tat mzusetzen. Die FDP-Bundestagsfraktion ist bereit, da- an konstruktiv mitzuwirken. Ulla Jelpke (DIE LINKE): Ich begrüße ausdrücklich, ass die Fraktion der Grünen hier noch einmal das Pro- lem der Kettenduldungen auf die Tagesordnung gesetzt at. Gleichzeitig stellt sich für mich die Frage, ob es sich ier nicht um einen Fall von Populismus handelt, mit em man die eigene Klientel befriedigen will. Denn es ibt schon einen Antrag der Fraktion Die Linke zur Än- erung des § 25 des Aufenthaltsgesetzes, der demnächst n den Ausschüssen behandelt wird. Nach dem, was der ollege Bürsch in der letzten Rede zum Thema gesagt at, kann man hier auf eine konstruktive Diskussion hof- en. Ich halte das Problem für zu dringlich, um das von en Grünen vorgeschlagene Vorgehen für ausreichend alten zu können. Zunächst soll es eine Neufassung der nwendungshinweise für die Ausländerbehörden geben. ann guckt man mal, ob sich was tut. Wenn nicht, dann oll die Bundesregierung einen entsprechenden Ge- etzentwurf vorlegen. Das dauert uns zu lange. Bei der letzten Debatte über das Thema waren sich lle Rednerinnen und Redner einig, dass das Problem ringend gelöst werden muss. Der einzige, der dem wi- ersprochen hat, war der Kollege Grindel. Da diese Rede on wenig Sachkenntnis geprägt war, kann man sie hier ber ruhig zur Seite lassen. Ich möchte kurz begründen, warum wir eine sofortige ösung des Problems wollen. Die Zahlen dürften ja be- annt sein. Ich wiederhole sie noch einmal. Nach An- abe der Bundesregierung halten sich über 47 000 Ge- uldete seit mehr als zehn Jahren hier auf, weitere 2 000 seit mehr als fünf Jahren. Ich erinnere auch noch al an die Beispiele, die hier letztes Mal genannt wur- en: die Familie mit fünf Kindern aus dem Libanon, der ie Papiere verweigert wird und die seit 14 Jahren mit iner Duldung hier lebt; die allein erziehende Mutter mit eun Kindern, seit 13 Jahren in Deutschland – die Mut- er soll nun allein abgeschoben, die Familie auseinander erissen werden –; der Flüchtling aus dem Irak, seit neun ahren in Deutschland, wiederholte Angriffe von 2024 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 25. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 16. März 2006 (A) ) (B) ) Neonazis haben zu einer Retraumatisierung geführt; das kurdische Geschwisterpaar, das nach 18 Jahren abge- schoben werden soll – obwohl sie einen Schulabschluss haben und voll integriert sind. Oder ein aktueller Fall: die Familie Kutlu aus der Türkei, seit neun Jahren in Neuruppin. Am 6. März hat sich die Stadtverordneten- versammlung in großer Einmütigkeit für eine dauerhafte Aussetzung der Abschiebung ausgesprochen. 4 500 Bür- gerinnen und Bürger haben sich per Unterschrift für ein Bleiberecht eingesetzt. Ein besseres Zeichen gelungener Integration kann es kaum geben. Wir alle hoffen, dass sich die Verantwortlichen noch zur Erteilung einer Auf- enthaltserlaubnis aus humanitären Gründen bewegen lassen. Doch ändert das nichts an der grundsätzlichen Proble- matik: Wenn Geduldete eine Aufenthaltserlaubnis erhal- ten wollen, sind sie der Willkür der Ausländerbehörde ausgeliefert. Nur in Ausnahmefällen erhalten sie eine Arbeitserlaubnis. Nur wenn sie Arbeit haben, steht ihnen der Weg zur Härtefallkommission offen. Selbst wenn sie diese Hürde geschafft haben, nützt ihnen das meist nichts; denn die Innenminister müssen der Empfehlung der Härtefallkommission nicht folgen, manche tun das in keinem Fall. Der Vorsitzende der Migrationskommission der Bischofskonferenz, Bischof Josef Voß, hat zu Recht da- rauf hingewiesen: Die Ausländerbehörden nutzen ihren Ermessensspielraum fast ohne Ausnahme zum Nachteil der Betroffenen. Daher brauchen wir eine gesetzliche Klarstellung und wir brauchen sie sofort. Wir haben ei- nen entsprechenden Vorschlag eingebracht, nun sind Sie alle in der Pflicht, nicht nur guten Willen zu zeigen, son- dern das Richtige zu tun: Kettenduldungen abschaffen! Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Bei den Verhandlungen um das Zuwanderungsge- setz haben die Innenpolitiker der rot-grünen Koalition stets betont, dass mit dem neuen Gesetz Defizite des al- ten Ausländergesetzes von 1990 behoben werden soll- ten. Unter anderem sollten die Abschaffung der Ketten- duldungen, die Lösung von Härtefällen durch die Härtefallregelung und eine Verbesserung des Flücht- lingsschutzes erreicht werden. Die bisherige Anwen- dungspraxis des Zuwanderungsgesetzes zeigt, dass bundesweit nur in wenigen Einzelfällen Anträge auf Er- teilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Auf- enthG positiv beschieden worden sind. Lediglich in Rheinland-Pfalz erhielten bislang über 1 000 geduldete Personen eine Aufenthaltserlaubnis. Für diese restriktive Anwendungspraxis sind insbesondere die im Dezember 2004 vom Bundesinnenministerium herausgegebenen vorläufigen Anwendungshinweise verantwortlich. Sie konterkarieren positive Intentionen des Gesetzgebers. Während der Verhandlungen zum Zuwanderungsge- setz hat Rot-Grün wiederholt herausgestellt, dass die Praxis der Dauerduldungen nicht länger hingenommen werden soll. „Duldungen, insbesondere Kettenduldun- gen stellen keinen Aufenthaltstitel dar. Sie sollten auf insgesamt maximal ein Jahr begrenzt werden“, heißt es in dem Beschluss der SPD-Bundestagsfraktion von 2001. Auch Bündnis 90/Die Grünen hätten auf dem Par- t Z h s d z r ü U h v s l ß d K s i f A t m k d r i g k h M d m d i V n b r b f r s A a t d B z g r d G l (C (D eitag im November 2003 beschlossen: „Der unwürdige ustand langjähriger Kettenduldungen muss ein Ende aben.“ Die gesetzliche Umsetzung dieser politischen Absicht oll durch § 25 Abs. 4 S. 1 und 5 AufenthG erreicht wer- en. „Pro Asyl“ hatte die Regelungen frühzeitig als un- ureichend kritisiert. Die nun vom Bundesinnenministe- ium ausgegebenen vorläufigen Anwendungshinweise bertreffen sogar noch die pessimistischen Erwartungen. m bei den Ausländerbehörden eine verbesserte Praxis erbeizuführen, müssen endlich entsprechende Signale on der Bundesebene ausgehen, die dem Willen des Ge- etzgebers entsprechen. Die Anwendungshinweise zu § 25 Abs. 5 AufenthG assen zentrale Punkte aus der Gesetzesbegründung au- er Acht. Während restriktive Aspekte aufgegriffen wur- en, fehlen wichtige Passagen, die die Überwindung der ettenduldungen intendieren. Die Gesetzesbegründung ieht vor, dass die „subjektive Möglichkeit – und damit mplizit auch die Zumutbarkeit – der Ausreise“ zu prü- en ist. Hiermit sollte der unbestimmte Rechtsbegriff des usreisehindernisses näher konturiert werden. Denn heoretisch ist die „freiwillige Ausreise“ fast immer öglich. Auf die faktische Ausreisemöglichkeit allein ann es jedoch nicht ankommen. Dann wäre der Anwen- ungsbereich des § 25 Abs. 5 AufenthG nahezu auf null eduziert. Da dies vom Gesetzgeber aber nicht gewollt st, ist es unabdingbar, dass von der Bundesseite deutlich emacht wird, dass es auch auf die subjektive Möglich- eit der Ausreise ankommen muss. Weiterhin fehlen in den vorläufigen Anwendungs- inweisen die Vorgaben zum Umgang mit geduldeten inderjährigen. Die Gesetzesbegründung sieht aus- rücklich vor, dass bei Minderjährigen ein positiver Er- essensgebrauch erfolgen soll. Minderjährige werden urch das Leben mit einer Duldung besonders stark in hrer Entwicklung beschränkt, insbesondere durch die erwehrung des Zugangs zu Ausbildungsplätzen, zu ei- em Studienplatz oder durch die Angst vor der Abschie- ung. Mit dem vorliegenden Antrag wird die Bundesregie- ung daher aufgefordert, gegenüber den Bundesländern is Ende März 2006 für eine Klarstellung in den vorläu- igen Anwendungshinweisen des Bundesinnenministe- iums zu sorgen, die dem Ziel des Gesetzgebers ent- pricht. Hierin sind insbesondere die Zumutbarkeit einer usreise sowie die besondere Situation in Deutschland ufgewachsener Kinder und Jugendlicher zu berücksich- igen. Wenn auf dem vorgenannten Weg keine Änderung er Praxis der Bundesländer zu erreichen ist, soll die undesregierung dem Bundestag zeitnah einen Geset- esentwurf zur Änderung von § 25 Abs. 5 Aufenthalts- esetz vorlegen, der der Intention des Gesetzgebers ge- echt wird. Der heute dem Plenum vorliegende Antrag ergänzt en Gesetzentwurf der Fraktion von Bündnis 90/Die rünen für die Schaffung einer gesetzlichen Altfallrege- ung (Drucksache 16/218). Ich bitte um Ihre Zustimmung zu diesem Antrag. 25. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 16. März 2006 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6
Gesamtes Protokol
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1602500000

Die Sitzung ist eröffnet.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich begrüße Sie alle
herzlich, wünsche Ihnen einen guten Tag und uns gute
Beratungen.

Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, müssen ei-
nige Änderungen in der Besetzung des Verwaltungsrats
der Filmförderungsanstalt vorgenommen werden.

Die Fraktion der CDU/CSU teilt mit, dass der Kollege
Bernd Neumann sein Amt niedergelegt hat.


(Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Wie kommt das denn?)


– Immerhin ist er aus Anlass dieser bedeutenden Verän-
derung persönlich erschienen, was ich mit Respekt regis-
triere. – Als Nachfolger wird sein bisheriger Stellvertre-
ter, der Kollege Wolfgang Börnsen, vorgeschlagen.
Neues stellvertretendes Mitglied soll der Kollege
Johann-Henrich Krummacher werden.

Aufseiten der Fraktion der SPD ist vorgesehen, dass
die frühere Abgeordnete Gisela Hilbrecht dem Verwal-
tungsrat zukünftig als stellvertretendes Mitglied ange-

Redet
hört und an Stelle ihrer die Kollegin Monika Griefahn
neues ordentliches Mitglied wird.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Ordentliche Entscheidung!)


Sind Sie mit diesen Veränderungen einverstanden? –
Das ist offenkundig der Fall. Dann sind die genannten
Damen und Herren gewählt.

Interfraktionell ist vereinbart worden, die verbundene
Tagesordnung um die in der Zusatzpunktliste aufge-
führten Punkte zu erweitern:

ZP 1 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion de
SES 90/DIE GRÜNEN: Kein Zurückweichen
extremismus – Bundespolitische Konsequen
Hintergrund aktueller Ereignisse in Sachsen
Brandenburg (siehe 24. Sitzung)


(C (D ung en 16. März 2006 0 Uhr ZP 2 a)

eines Gesetzes zur Änderung des Schwarzarbeitsbe-
kämpfungsgesetzes und des Telekommunikationsgeset-
zes

– Drucksache 16/521 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Vorschriften
über die Luftaufsicht und die Luftfahrtdateien
– Drucksache 16/958 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Tourismus

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Jörg van Essen,
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Mechthild
Dyckmans, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
FDP
Jugendstrafvollzug verfassungsfest gestalten

ext
– Drucksache 16/851 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Josef Philip
Winkler, Volker Beck (Köln), Britta Haßelmann, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN
Zwischenbilanz für Integrationskurse des Jahres 2005
vorlegen
– Drucksache 16/940 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)


ss für Arbeit und Soziales
ss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
ss für Bildung, Forschung und Technikfolgen-

zung
ltsausschuss
s BÜNDNIS-
vor Rechts-
zen vor dem
-Anhalt und

Ausschu
Ausschu
Ausschu
abschät
Hausha






(A) )



(B) )


Präsident Dr. Norbert Lammert
e) Beratung des Antrag der Abgeordneten Thilo Hoppe, Ute
Koczy, Hans-Josef Fell, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Mit der strategischen Partnerschaft zwischen der Euro-
päischen Union und Lateinamerika Ernst machen und
deutsches Engagement ausbauen
– Drucksache 16/941 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (f)

Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union

f) Beratung des Antrags der Abgeordneten Cornelia Pieper,
Uwe Barth, Patrick Meinhardt, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der FDP
Innovationspakt 2020 für Forschung und Lehre in
Deutschland – Kooperationen zwischen Bund und Län-
dern weiter ermöglichen
– Drucksache 16/954 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Haushaltsausschuss

g) Beratung des Antrags der Abgeordneten Lutz Heilmann,
Eva Bulling-Schröter, Hans-Kurt Hill, weiterer Abgeordne-
ter und der Fraktion der LINKEN
Ein einheitliches Umweltrecht schaffen – Kompetenz-
wirrwarr vermeiden
– Drucksache 16/927 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Rechtsausschuss (f)

Federführung strittig

ZP 3 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der LINKEN:
Tarifliche Auseinandersetzungen im öffentlichen Dienst

ZP 4 Beratung des Antrags der Abgeordneten Hartfrid Wolff

(Rems-Murr), Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, weiterer

Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Innere Sicherheit durch Regelungen zum Arbeitskampf-
recht gewährleisten
– Drucksache 16/953 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

ZP 5 Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Michael Meister,
Otto Bernhardt, Eduard Oswald, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der CDU/CSU, der Abgeordneten Nina Hauer,
Ingrid Arndt-Brauer, Lothar Binding (Heidelberg), weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der SPD, der Abgeordneten
Frank Schäffler, Dr. Hermann Otto Solms, Carl-Ludwig
Thiele, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP so-
wie der Abgeordneten Dr. Gerhard Schick, Kerstin Andreae,
Christine Scheel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Besser regulieren, dynamisch konsolidieren – Leitlinien
für die künftige EU-Finanzmarktintegration
– Drucksache 16/933 –

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(C (D ZP 6 Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Karl Addicks, Hellmut Königshaus, Dr. Werner Hoyer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Den Südsudan beim Wiederaufbau unterstützen und vor AIDS bewahren – Drucksache 16/586 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Auswärtiger Ausschuss ZP 7 Beratung des Antrags der Abgeordneten Steffen Kampeter, Norbert Barthle, Jochen Borchert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Carsten Schneider Brinkmann Fraktion der SPD Unverzügliche Umsetzung des Programms „Impulse für Wachstum und Beschäftigung“ sowie des Marktanreizprogramms durch die Bundesregierung – Drucksache 16/931 – ZP 8 Beratung des Antrags der Abgeordneten Hans-Josef Fell, Cornelia Behm, Dr. Reinhard Loske, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Biogaseinspeisungsstrategie entwickeln und Biogaseinspeisungsgesetz vorlegen – Drucksache 16/582 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Finanzausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Federführung strittig ZP 9 Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter, Winfried Hermann, Peter Hettlich und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes – Fernlinienbusverkehre ermöglichen – Drucksache 16/842 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Tourismus Von der Frist für den Beginn der Beratungen soll, soeit erforderlich, abgewichen werden. Außerdem ist vorgesehen, den Tagesordnungsunkt 12 – hier handelt es sich um einen Antrag zum bereinkommen über die biologische Vielfalt –, den agesordnungspunkt 19 c – Gesetzentwurf des Bundesates zur Verringerung steuerlicher Missbräuche und mgehungen – sowie den Tagesordnungspunkt 22 – An idiskriminierung – abzusetzen. Die Tagesordnungspunkte 9 – Pressefreiheit – und 13 zwei Anträge zu Kuba – sollen getauscht werden. Schließlich soll der von den Fraktionen der CDU/ SU und der SPD eingebrachte Entwurf eines Föderalisusreform-Begleitgesetzes auf Drucksache 16/814 achträglich gemäß § 96 der Geschäftsordnung an den aushaltsausschuss überwiesen werden. Die vorgeseene Mitberatung des Haushaltsausschusses entfällt folerichtig. Präsident Dr. Norbert Lammert Darf ich auch zu diesen vorgeschlagenen Veränderungen Ihr Einvernehmen feststellen? – Dieses Einvernehmen besteht offenkundig. Dann ist so beschlossen. Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 3 auf: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung ganzjähriger Beschäftigung – Drucksache 16/429 – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales – Drucksache 16/971 – Berichterstattung: Abgeordneter Klaus Brandner Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Aussprache 75 Minuten vorgesehen. – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist auch das so vereinbart. Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort zunächst dem Kollegen Klaus Brandner für die SPD-Fraktion. Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir verabschieden heute das Gesetz zur Förderung ganzjähriger Beschäftigung. Passender als zu dieser Jahreszeit könnten wir, meine ich, die Debatte über ein solches Gesetz nicht führen; denn wir haben seit Monaten Temperaturen unter dem Gefrierpunkt, (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Daran ist die Regierung schuld!)





(A) )


(B) )


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1602500100

was für die Beschäftigten der Bauwirtschaft traditio-
nell heißt: arbeitslos und unsichere Zukunft bezüglich
möglicher Wiedereinstellung, wenn das Wetter wieder
Bautätigkeit ermöglicht.

285 000 Menschen aus der Baubranche sind in die-
sem Winter arbeitslos, ein beträchtlicher Teil davon, weil
der Betrieb im Winter keine Straßen bauen kann bzw.
Beton oder Mörtel wegen des Frostes nicht verarbeitet
werden können. Die Beschäftigten, die saisonbedingt je-
den Winter aufs Neue entlassen werden, leben ständig in
Unsicherheit, ob sie im Frühjahr wieder eingestellt wer-
den. Sie und ihre Familien machen sich Sorgen, wie es
weitergeht.

Ein weiterer Punkt kommt hinzu: Mit jedem weiteren
Jahr steigt das Risiko der Arbeitnehmer, die Anwart-
schaft auf Arbeitslosengeld zu verlieren. Aus unserer
Sicht ist dies ein unhaltbarer Zustand. Beschäftigte in
der Baubranche, aber auch in anderen stark saisonabhän-
gigen Branchen dürfen nicht schlechter gestellt werden,
nur weil für sie die Schlechtwetterperiode keine Arbeit
zulässt.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


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(C (D Für diese Beschäftigten schaffen wir die Möglichkeit es Saisonkurzarbeitergeldes. Wir verstetigen die Bechäftigung, wir erhöhen die Planungssicherheit der Bechäftigten sowie der Unternehmen und wir halten die ualifikation der Mitarbeiter aufrecht, die durch Areitslosigkeit sonst verloren gehen würde. Dies ist ein ewinn an persönlicher Sicherheit. Daran liegt uns al en. Wir werden mit diesem Gesetz die bisherige, oftmals ehr komplizierte Winterbauförderung weiterentwikeln und in ein System des Kurzarbeitergeldes integrieen. Nach dem neuen Gesetz können die Beschäftigten n der Baubranche zwischen dem 1. Dezember und dem 1. März im Betrieb beschäftigt bleiben. Sie bekommen ann Kurzarbeitergeld in Höhe von 60 Prozent bzw. von 7 Prozent, wenn sie ein Kind haben. Das ist zwar wenier Geld, dafür aber mehr Arbeitsplatzsicherheit. Wir unterstützen mit diesem Gesetz die Tarifvertragsarteien in ihren Anstrengungen, Kontinuität in der Bechäftigung zu halten und kontinuierliche Löhne zu zahen. Planbare Einkommen sind uns wichtig. Deswegen aben wir uns für dieses Gesetz engagiert. In den Koalitionsverhandlungen ist uns bewusst georden, dass wir neue Regelungen in diesem Bereich reffen müssen. Wir haben deshalb in der Koalitionsverinbarung festgelegt, dass dieses Gesetz auf den Vereinarungen der Tarifvertragsparteien in der Bauwirtschaft ufgebaut werden soll. Ich bin froh, dass dieser Wille ach wie vor vorhanden ist und im Gesetz klar erkennbar st. Die Tarifvertragsparteien haben mit ihrer Vereinbaung ein Beispiel für innovative und verantwortungsbeusste Tarifund Betriebspolitik gegeben. Wir haben bewusst darauf verzichtet, dass die Arbeitehmer und Arbeitnehmerinnen über den Umlagebeitrag inaus zusätzliche Leistungen einbringen müssen. Damit eine ich ganz konkret, dass wir auf eine zusätzliche inbringung von Stunden aus dem Arbeitszeitkonto der von zusätzlichen Urlaubstagen verzichtet haben. ie Vorausleistung von 30 Stunden für die Arbeitnehmer nd 70 Stunden für die Arbeitgeber hatte im alten Sysem die Funktion, die Arbeitnehmerund die Arbeitgeerseite an der Mitfinanzierung des Systems der Winterauförderung zu beteiligen. Diese Beteiligung erfolgt im euen System dadurch, dass die Finanzierung der Umage anteilig erfolgt. Wir haben uns aus gutem Grund für den Systemwechel im Umlagesystem entschieden. Ich sage ganz klar: er mehr Vorausleistungen von den Arbeitnehmern ver angt, will damit nur eines, nämlich auch beim Saisonurzarbeitergeld die Verteilungsfrage neu stellen. Das ist öllig fehl am Platz. Das lehnen wir ab. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU])


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Was steckt hinter dem Umlagesystem? Ein zusätzli-
her Anreiz auf der Basis der Vereinbarung der Tarifver-
ragsparteien im Bau wird geschaffen, indem eine






(A) )



(B) )


Klaus Brandner
Umlage eingeführt wird, aus der ergänzende Leistungen
finanziert werden.

Die umlagefinanzierten ergänzenden Leistungen um-
fassen erstens die Erstattung der Sozialversicherungsbei-
träge an die Arbeitgeber. Diese werden von den Kosten
der Weiterbeschäftigung bei Arbeitsausfällen in den
Wintermonaten deutlich entlastet. Sie haben genau diese
Kosten in der Vergangenheit genutzt, um Arbeitnehmer
zu entlassen und der Sozialversicherung diese Kosten
aufzudrücken.

Daneben umfassen diese Leistungen zweitens das
Zuschusswintergeld für die Arbeitnehmer für jede aus
Arbeitszeitguthaben eingesetzte Arbeitsstunde zur Ver-
meidung von Arbeitsausfällen. Wer eine Stunde aus sei-
nem Arbeitszeitkonto im Winter einsetzt, erhält dafür
2,50 Euro extra.

Darüber hinaus umfasst die Umlage drittens das
Mehraufwandswintergeld als Ausgleich für witte-
rungsbedingte Mehraufwendungen bei den Beschäftig-
ten zwischen Mitte Dezember und Ende Februar. Das
heißt, wer in dieser Zeit tatsächlich arbeitet, bekommt
1 Euro als zusätzliche Unterstützung zu seinem Ver-
dienst hinzugerechnet.

Um es auf den Punkt zu bringen: Wir fördern mit der
Umlage das Einbringen von Stunden aus dem Arbeits-
zeitkonto, fördern die Arbeit trotz schlechten Wetters
und erhöhen damit die Flexibilität in der Branche. Ich
finde, dies ist ein wirklich gelungener Beitrag zu einer
modernen Arbeitszeitpolitik. Dafür haben die Tarifver-
tragsparteien Lob und Anerkennung verdient.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)


Hiervon unangetastet bleibt die Arbeitszeitflexibili-
sierung mit dem Ziel eines kontinuierlichen Monats-
lohns. Das Arbeitszeitkonto hat sich bewährt.

Mit dem Gesetz machen wir deutlich, dass wir am
Koalitionsvertrag festhalten. Wir haben dort nicht nur
vereinbart, das Saisonkurzarbeitergeld einzuführen; wir
haben dort auch ausdrücklich die Sicherung der Tarif-
autonomie und der Mitbestimmung begrüßt. Beides
bleibt unangetastet. Versuche, durch die Hintertür hieran
zu rütteln, haben wir verhindert. Wir geben den Arbeit-
nehmerinnen und Arbeitnehmern ein klares Signal: Die
Kultur des Misstrauens muss beendet werden. Wir haben
keinen massenhaften Missbrauch in diesem Land. Wir
wollen eine Kultur des Vertrauens. Das ist die Basis für
sinnvolle Veränderungen, zu denen wir stehen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Mit dem Gesetz wird die Bundesagentur für Arbeit
entlastet. Wenn die Arbeitnehmer in den Betrieben blei-
ben, haben die Agenturen weniger Aufwand durch weni-
ger Arbeitslosmeldungen, durch weniger Vermittlungs-
bemühungen und – um es deutlich zu sagen – durch
weniger Arbeit bei den Leistungsanträgen. Positiv wird
sich auswirken, dass die Bundesagentur von den Rema-
nenzkosten, das heißt von den Sozialkosten, entlastet
wird. Wir rechnen also mit gutem Grund auch deshalb
mit einem positiven Finanzeffekt bei der Bundesagentur

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(C (D ür Arbeit. Wir erwarten einen positiven Effekt insbeondere für den Fall, dass es gelingt, diejenigen 0 000 Menschen, die in der Regel im Winter zusätzlich rbeitslos werden, mit diesem Gesetz zu erreichen. Dies ollte uns Mut machen, dass andere Branchen von dieem Gesetz lernen und möglichst bald eine Übertragbareit anstreben. Im Gesetzentwurf der Bundesregierung war vorgeseen, weiteren Branchen die Möglichkeit für das Saisonurzarbeitergeld zu eröffnen. Hieran haben wir grundätzlich festgehalten, allerdings mit etwas höheren ürden. Aus meiner Sicht sind wir gut beraten, auch aneren Branchen, die ähnlich hohe Schwankungen in der eschäftigung haben, diese Option zu eröffnen. Beispiele für Schwankungen gibt es im Ausbaugeerbe, bei den Malern und Lackierern sowie in der andwirtschaft. Im Bereich des Lackiererund Malerandwerks waren – um harte Zahlen zu nennen – im eptember 2005 7 500 Menschen und im Dezember 3 000 arbeitslos. Im Bereich der Landund Forstwirtchaft waren im September 2005 5 300 Menschen areitslos. Im Dezember waren es 19 240. Das zeigt, dass s dort große Schwankungen und Unsicherheiten für die eschäftigten nur wegen des schlechten Wetters gibt. er Weg, über kurze Kündigungsfristen Kündigungen urchzuführen, ist falsch. Wir unterstützen vielmehr den eg eines Saisonkurzarbeitergeldes und damit eine anzjährige Beschäftigung. Wir haben vereinbart, nach zwei Jahren eine kontruktive Evaluation durchzuführen. Ich hätte mir gern twas mehr Mut unsererseits gewünscht. Dennoch will ch die Tarifvertragsparteien in anderen Branchen mit ohen saisonalen Schwankungen aufrufen, nach spezifichen Lösungen in ihrem Bereich zu suchen, auf deren rundlage das Gesetz nach der Evaluation auch für sie elten kann. Wir wollen, dass auch diese Branchen wenn sie es wollen – ein Instrument an die Hand be ommen, um Schwankungen in der Schlechtwetterzeit uszugleichen. Dies muss ein Instrument sein, mit dem lexibilität und Sicherheit sinnvoll miteinander verbunen werden. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1602500200

Das Wort hat nun der Kollege Jörg Rohde für die

DP-Fraktion.


Jörg Rohde (FDP):
Rede ID: ID1602500300

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Für die Fraktion der FDP darf ich zunächst die
on Union und SPD eingebrachten Änderungsanträge zu
em Entwurf eines Gesetzes zur Förderung ganzjähriger
eschäftigung ausdrücklich begrüßen. Die Beratungen
inter den verschlossenen Türen der Koalition haben
wei Wochen länger gedauert, als ursprünglich gedacht.
us unserer Sicht hat sich das Warten aber gelohnt.






(A) )



(B) )


Jörg Rohde
Das neue Saisonkurzarbeitergeld wird die bisherige
Winterbauförderung ablösen, wobei die neue Leistung in
dem nun geänderten Gesetz wieder auf die Baubranche
beschränkt wird. Für die FDP-Fraktion begrüße ich es
ausdrücklich, dass die schwarz-rote Koalition in diesem
wesentlichen Punkt auf eine von uns erhobene Forde-
rung eingegangen ist.


(Beifall bei der FDP – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sonst hätten wir nicht zugestimmt!)


Weitere Branchen werden nun nicht gegen deren erklär-
ten Willen in die Neuregelung einbezogen.


(Andreas Steppuhn [SPD]: Das war auch nicht vorgesehen!)


Dass zusätzlich eine mögliche Einbeziehung weiterer
Branchen ab dem 1. November 2008 nur durch eine Ge-
setzesänderung möglich ist und nicht mehr, wie ur-
sprünglich geplant, durch eine Rechtsverordnung des
Bundesministers für Arbeit und Soziales, ist ebenfalls
eine deutliche Verbesserung gegenüber dem ursprüngli-
chen Gesetzentwurf.


(Beifall bei der FDP)


Ich bin mir übrigens sicher, dass bei dieser Änderung
nicht nur die FDP, sondern auch etliche Branchenvertre-
ter hier in Berlin deutlich aufgeatmet haben.

Das neue Gesetz tritt exakt die Nachfolge des Vorläu-
fergesetzes an, das die Winterbauförderung regelte und
das Schlechtwettergeld ersetzt hat. Herr Dreibus – er ist
heute nicht da; er hat mich darauf angesprochen –, ich
habe tatsächlich in den alten Sitzungsprotokollen von
damals geblättert: Das Schlechtwettergeld hatte gegen-
über einem Jahresarbeitsentgelt den Nachteil, dass es mit
Nettolohnverlusten verbunden war. Das war nur einer
der Gründe, warum damals eine Neuregelung notwendig
war.


(Andreas Steppuhn [SPD]: Wir haben es abgeschafft!)


Die 1994 von Schwarz-Gelb initiierte Gesetzesände-
rung wurde damals, so wie das bei der heutigen Geset-
zesänderung auch der Fall war, mit den Tarifpartnern in
der Baubranche abgesprochen und berücksichtigte die
besondere saisonale Abhängigkeit der Baubranche.

Auch 1997 hat die von Union und FDP getragene
Bundesregierung die Weiterentwicklung des Gesetzes
zur Förderung der ganzjährigen Beschäftigung im Bau-
gewerbe vorangetrieben. Die FDP also hat bereits viele
Jahre die Gesetzgebung zu der Problematik der Saison-
arbeitslosigkeit in der Baubranche in den Wintermona-
ten konstruktiv begleitet; das tun wir auch heute.


(Beifall bei der FDP – Dirk Niebel [FDP], an die CDU/CSU gerichtet: Da könnten Sie auch mal klatschen!)


Da die Regelungen aber seit Jahrzehnten ausschließ-
lich auf die Bauindustrie ausgerichtet sind, ist es auch
absolut richtig, nach der heutigen Neuregelung des Ge-
setzes zuerst zwei Jahre aktuelle Erfahrungen mit den
neuen Regelungen zu sammeln,

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(C (D (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Schauen wir mal!)


evor eventuell andere Branchen ebenfalls einbezogen
erden.


(Dirk Niebel [FDP]: Aber nicht zwangsweise!)


ier im Bundestag müssen wir nun gemeinsam darauf
chten, dass mit der neuen Förderung keine zusätzlichen
elastungen auf die Beitragszahler zur Arbeitslosenver-

icherung zukommen. Ich bin nicht so optimistisch wie
ie, Herr Brandner, der Sie ja gesagt haben, dass sogar
in Überschuss herauskommt. Wir sehen das eher skep-
isch.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wenn es plus/minus null ausgeht, dann ist das schon okay!)


ber richtig ist, dass bei Inanspruchnahme von Saison-
urzarbeitergeld anstelle von Arbeitslosengeld die
eitragszahler entlastet werden, weil sie keine Sozial-
ersicherungsbeiträge zu finanzieren haben. Allerdings
önnte es, je nach Umfang der Inanspruchnahme von
aisonkurzarbeitergeld anstelle von Arbeitslosengeld,
uch zu Mehrbelastungen kommen.

Ein wichtiger Baustein bei der Senkung der Belastung
ür die Bundesagentur für Arbeit ist die erhöhte Flexibi-
isierung der Arbeitszeit mit Zeitguthaben von bis zu
50 Stunden statt, wie bisher, 10 Prozent der vereinbar-
en Jahresarbeitszeit. Ich bedauere natürlich, dass sich
nion und SPD nicht meinem Vorschlag anschließen
onnten und größere Zeitkorridore geschaffen haben. Ich
ätte den Arbeitnehmern gerne mehr Freiraum einge-
äumt. Auch über die negativen Arbeitszeitkonten kön-
en wir vielleicht bei der nächsten Novellierung in zwei
ahren gemeinsam diskutieren. Ich denke, hier ist noch
otenzial, mit dem wir Geld für die Bundesagentur für
rbeit herausholen können.


(Beifall bei der FDP – Klaus Brandner [SPD]: Das ist ja eine richtige Regelungswut oder was?)


Wir hätten uns ebenfalls eine klarere Formulierung in
ezug auf die Einbringung der Guthaben gewünscht.
iese Arbeitszeitguthaben werden jetzt in § 175 Abs. 5
GB III geregelt. Da wir aber wissen, dass die Einbrin-
ung von 30 Stunden aus dem Arbeitszeitguthaben der-
eit tarifvertraglich in der Baubranche geregelt ist, las-
en wir diese Formulierung ausnahmsweise durchgehen.


(Lachen bei der SPD – Dr. Uwe Küster [SPD]: Überheblich!)


ies ist aber gleichzeitig ein großer Vertrauensvor-
chuss, der den Tarifpartnern gewährt wird: Sollten die
arifpartner in der nächsten Tarifverhandlung beschlie-
en, dass diese Arbeitszeitguthaben nicht eingebracht
erden müssen, stünde die Bundesagentur für Arbeit fi-
anziell im Regen. Das gilt es zu vermeiden.


(Beifall bei der FDP)


ir hoffen, dass sich die Tarifpartner an dieser Stelle ih-
er Verantwortung bewusst sind.


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Was denn nun?)







(A) )



(B) )


Jörg Rohde
Aus unserer Sicht sollten die Anreize zum Ansparen
von größeren Arbeitszeitguthaben ausgebaut werden;
das wäre eine Aufgabe für die Tarifpartner.


(Beifall bei der FDP)


Leider ist der Union in einem Punkt eine Nachbesse-
rung nicht gelungen: Am 27. Januar 2006 berichtete das
„Handelsblatt“, dass auch der Kollege Meyer von der
Union forderte, bei Inanspruchnahme von Arbeitslosen-
geld nach dem Bezug von Saisonkurzarbeitergeld eine
Anrechnung vorzusehen. Hier befindet sich nun aus un-
serer Sicht die Achillesferse des vorliegenden Gesetzent-
wurfes.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Allerdings!)


Die Einführung eines Saisonkurzarbeitergeldes darf
nicht dazu führen, dass beitragsfinanzierte Leistungen
dann zeitlich kumuliert in Anspruch genommen werden
können.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Im Extremfall könnte ein Arbeitnehmer in der Baubran-
che nun je nach Auslegung des Gesetzes im Spätsommer
und Herbst vier Monate arbeiten und danach vier Mo-
nate Saisonkurzarbeitergeld beziehen und hätte dann
möglicherweise Anspruch auf Arbeitslosengeld I statt
auf Arbeitslosengeld II. Hier muss die Bundesagentur
für Arbeit ihr besonderes Augenmerk darauf richten, ob
bei dieser Neuregelung nicht doch aus Versehen eine
Hintertür entstanden ist und Mitnahmeeffekte auftreten.


(Beifall bei der FDP)


Auch wir als FDP werden die Praxis kritisch begleiten
und gegebenenfalls vorzeitige Korrekturen des Gesetzes
fordern.

Wir hoffen, dass sich die Einsparungen durch die Nut-
zung der flexiblen Arbeitszeitkonten und die vermiedene
Bürokratie in den Arbeitsagenturen auf der einen Seite
sowie eine mögliche verstärkte Inanspruchnahme des
Gesetzes zum Saisonkurzarbeitergeld und mögliche Mit-
nahmeeffekte auf der anderen Seite insgesamt gegenei-
nander aufwiegen und das Gesetz somit kostenneutral
für die Bundesagentur für Arbeit ausfällt.

Deswegen begrüßen wir auch die im nachgebesserten
Gesetzentwurf verankerte Evaluation, sodass der Bun-
destag über die Wirkungen auf dem Arbeitsmarkt und
die finanziellen Auswirkungen für die Arbeitslosenversi-
cherung und den Bundeshaushalt genau informiert wird.
Besonders für Gesetzentwürfe einer schwarz-roten Ko-
alition gilt natürlich: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist bes-
ser!


(Beifall bei der FDP)


Wir sehen also den Ergebnissen der Wirkungsfor-
schung zu diesem Gesetz mit Spannung entgegen.

Nach Abwägung aller eingearbeiteter Änderungen
durch Union und SPD gegenüber den noch offenen
Wünschen unserer Fraktion haben wir uns aber dazu
durchgerungen, die Einführung des neuen Saisonkurz-
arbeitergeldes zu unterstützen und dem Gesetzentwurf

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(C (D rotz eines leichten Bauchgrimmens bezüglich der Kosenneutralität des Gesetzes zuzustimmen. Als Nächstes sollte sich die Koalition aber – und hier esonders Sie, Herr Minister Müntefering – en noch drängenderen Fragen zur Bekämpfung der assenarbeitslosigkeit zuwenden: der Flexibilisierung es Tarifrechts, der Reform des Kündigungsschutzreches und der Schaffung von Anreizen für die Rückkehr er geringfügig bzw. schwarz Beschäftigten in den ersen Arbeitsmarkt. Das sind nur einige Beispiele, Herr inister. Frisch ans Werk! Wir werden Ihre Arbeit kontruktiv begleiten. Vielen Dank. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Allerdings!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1602500400

Nächster Redner ist der Kollege Ralf Brauksiepe für

ie CDU/CSU-Fraktion.


Dr. Ralf Brauksiepe (CDU):
Rede ID: ID1602500500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen!
it dem Gesetz zur Förderung ganzjähriger Beschäfti-

ung wollen wir einen wesentlichen Beitrag zur Be-
ämpfung der Winterarbeitslosigkeit nicht nur, aber
erade auch in der Baubranche leisten. Mit dem hier vor-
elegten Gesetzentwurf schaffen wir ein neues Instru-
ent, führen wir das Saisonkurzarbeitergeld ein und er-

etzen damit die bisherige Winterbauförderung.

Es geht uns darum, mit diesem Gesetz die ganzjährige
eschäftigung dadurch zu fördern, dass die von Arbeits-

osigkeit bedrohten Arbeitnehmer beschäftigt bleiben
nd die Beitragsleistung Saisonkurzarbeitergeld bezie-
en, und damit zu vermeiden, dass Arbeitnehmer und
rbeitnehmerinnen in witterungsabhängigen Branchen

n die Arbeitslosigkeit entlassen werden und von der
undesagentur für Arbeit aufgrund der gesetzlichen Re-
elungen, die es dafür schon gibt, aufwendig betreut
erden müssen, obwohl sich in vielen Fällen Arbeitge-
er und Arbeitnehmer einig sind, dass die Beschäftigung
ach dem Winter fortgesetzt werden soll.

Wir wollen das tun, um damit einen wesentlichen
eitrag zur Lösung eines Problems zu leisten, das uns

eit vielen Jahren beschäftigt. Man darf auch keine Illu-
ionen schüren: Auch in Zukunft wird die Winterarbeits-
osigkeit höher sein als die Arbeitslosigkeit im
ommer. Ich denke aber, wir haben die begründete
offnung, dass wir mit diesem Gesetz einen wesentli-

hen Beitrag leisten, um Arbeitslosigkeit im Winter zu
ermeiden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Deswegen ist dies eine gute Nachricht für all die
enschen, die ihre Arbeit unter schwierigen Bedingun-

en tun müssen. Nicht nur dieser Winter – darauf hat der
ollege Brandner zu Recht hingewiesen – war ein Bei-

piel dafür. Es geht darum, etwas für die Menschen zu






(A) )



(B) )


Dr. Ralf Brauksiepe
tun, die unter schwierigen Umständen hart arbeiten, und
auch etwas für die Arbeitgeber zu tun, die unter ordentli-
chen, abgesicherten und gesetzlich vorgesehenen Bedin-
gungen zu ihren Leuten stehen und die mit ihren Mit-
arbeiterinnen und Mitarbeitern auch durch schwierige
Zeiten gehen und sie im Winter nicht auf die Allgemein-
heit abschieben wollen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


All denen, die sich gesetzes- und tariftreu verhalten,
wollen wir hier ein Angebot machen.

Ich will deutlich sagen, dass es für ein solch schwieri-
ges Problem, wie es sich uns hier stellt, sicherlich keine
einfachen Lösungen gibt.

Wie schwierig die Gefechtslage manchmal ist, er-
kennt man auch an manchen Beiträgen: Wenn der Kol-
lege Rohde hier schon Lenin zitiert, dann sieht man
daran, dass das Problem, mit dem wir uns hier beschäfti-
gen, kein Problem wie jedes andere ist.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN – Jörg Rohde [FDP]: Gute Zitate sind immer brauchbar!)


Wir sind dankbar dafür, dass Sie, Kollege Rohde – unter
Hinweis auf wen auch immer und unter Hoffnung auf
was auch immer –, für die Liberalen die Unterstützung
dieses Gesetzentwurfs signalisiert haben.

Natürlich hat es – das will ich deutlich sagen – Ge-
spräche darüber gegeben, wie wir mit diesem Problem
verfahren sollen. Wir machen Anhörungen nicht ein-
fach nur, weil uns irgendwelche Vorschriften dazu zwin-
gen, sondern weil wir auf das, was dort gesagt wird, hö-
ren wollen, weil wir das nacharbeiten und daraus
Konsequenzen ziehen. Sie dürfen dem Minister nicht
vorwerfen, man hätte ihn dazu bringen müssen, Zwangs-
beglückungen zu verhindern. Wir haben alle – schon in
der ersten Lesung des Gesetzentwurfs – gesagt: Wir wol-
len keine Zwangsbeglückung anderer Branchen. Wir ha-
ben in der Tat eine vernünftige Regelung gefunden, um
das zu verhindern.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Jörg Rohde [FDP]: Wir begrüßen, was die Baubranche macht!)


Bezüglich der Ausweitung auf andere Branchen
– das sage ich genauso klar – meinen wir, was wir sagen.
Wir wollen in der Bauwirtschaft jetzt ein neues Instru-
ment ausprobieren. Die Wirkung werden wir sehr genau
analysieren. Wenn sich dieses neue Instrument in der
Bauwirtschaft bewährt, dann liegt es im Interesse der
großen Koalition, dass dieses Instrument auch auf an-
dere Branchen angewandt wird, weil wir die effektive
Bekämpfung der Winterarbeitslosigkeit überall dort wol-
len, wo sie ein Problem darstellt. Das ist unser Ziel, das
wir auch realisieren werden. Wir werden dieses Problem
angehen. Wir werden keine Schnellschüsse machen,
sondern ein ordentliches und evaluiertes Instrument an-
wenden.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Jörg Rohde [FDP]: Aber nur für die, die es wollen!)


Es geht nicht darum, irgendetwas auf den Sankt-Nim-
erleins-Tag zu verschieben. Wir müssen vielmehr von

er gegenwärtigen Situation ausgehen. Wie sieht diese
ituation aus? Dieses Gesetz wird seine Wirkung nur
ann entfalten, wenn die Tarifparteien Regelungen tref-
en, die zu diesem Gesetz passen. Es geht nicht darum,
ass irgendwer der Erfüllungsgehilfe des anderen ist.
eder ist der Gesetzgeber der Erfüllungsgehilfe der Ta-

ifvertragsparteien noch umgekehrt. Die Regelungen
eider müssen sinnvoll ineinander greifen, damit dieses
nstrument wirken kann.

Zum jetzigen Zeitpunkt haben wir nur in der Bauwirt-
chaft Rahmenbedingungen, zu denen dieses Gesetz pas-
en kann. Das ist nicht – das ist völlig klar – von heute
uf morgen in anderen Branchen zu schaffen. Andere
ranchen werden zwei Winter lang die Gelegenheit ha-
en, sehr sorgfältig zu analysieren, wie dieses Instru-
ent in der Bauwirtschaft funktioniert. Danach können

ie die Entscheidung treffen, ob sie es auch in ihrem Be-
eich wünschen. Wir hoffen, dass dieses Instrument ins-
esamt zu einer Vermeidung von Winterarbeitslosigkeit
ührt. Das gilt selbstverständlich immer dann, wenn die
ranchen das wollen. Wir wollen keine Verabredung zu-

asten Dritter. Wir wollen auch nicht, dass politisch ent-
chieden wird, welche Branchen etwas Neues machen
ollen.

Wir sind der festen Überzeugung, dass die Tarifver-
ragsparteien – sie sind am nächsten dran – ein entschei-
endes Wort dabei mitzureden haben, was in ihrem
ereich passieren soll. Aufgabe des Gesetzgebers ist es
leichwohl, die Gemeinschaft der Beitragszahler vor
erträgen und Vereinbarungen zulasten Dritter zu schüt-
en. Genau das tun wir mit diesem Instrument.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Herr Kollege Rohde, Sie haben das Problem ange-
prochen, dass mit Leistungen der Bundesagentur für
rbeit andere Leistungen begründet werden können.


(Jörg Rohde [FDP]: Das habt ihr auch so gesehen!)


an muss in diesem Zusammenhang sagen, woher dies
igentlich kommt. Wir machen jetzt zwar etwas Neues
ür die Bauwirtschaft. Es ist aber nicht so, als hätte es
ort bisher keine Regelung zur Winterförderung gege-
en. Das, was Sie hier kritisieren, gilt immer für das Zu-
ammenspiel von Lohnersatzleistungen bzw. verschiede-
er arbeitsmarktpolitischer Instrumente. Zurzeit wird die
interbauförderung nicht auf das Arbeitslosengeld an-

erechnet.

Ich bitte darum, sich daran zu erinnern, was bezüglich
er umlagefinanzierten Leistungen vereinbart wurde.
as Mehraufwandswintergeld wird gezahlt, wenn je-
and kurzarbeitet, nicht bei Kurzarbeit gleich null, son-

ern wenn jemand grundsätzlich Kurzarbeit macht, in
ieser Zeit aber stundenweise arbeitet. Wollen Sie denn






(A) )



(B) )


Dr. Ralf Brauksiepe
jemandem, der zehn oder 20 Stunden gearbeitet und da-
für auch den entsprechenden Zuschlag erhalten hat, am
Ende sagen: „Wir behandeln dich so, als hättest du in
dem betreffenden Monat nicht gearbeitet, und ziehen dir
das Geld vom Arbeitslosengeld ab, das gezahlt wird,
wenn keine Arbeit geleistet wird“? Das geht doch nicht.
Welchen bürokratischen Aufwand wollen Sie hier ei-
gentlich betreiben? Fragen Sie doch einmal im Arbeitge-
berlager nach, ob die einen solchen bürokratischen Auf-
wand wollen. Man muss doch einen vernünftigen
Mittelweg gehen und zusätzliche Bürokratie, wo sie ver-
meidbar ist, wirklich vermeiden. Das tun wir mit diesem
Gesetz.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wir schauen uns die Evaluation an!)


Natürlich wird die Frage, ob man in größerem Maße
als früher von einer Beitragsleistung in eine andere über-
geht, im Rahmen der Evaluation, die wir vornehmen
werden, eine Rolle spielen. Das ist vollkommen klar.
Wenn sich da Probleme ergeben, wird der Gesetzgeber
handeln.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sehr schön!)


Es hat eine Reihe von Gesprächen gegeben, die zu
den Änderungsanträgen geführt haben, die gestern im fe-
derführenden Ausschuss eine Mehrheit gefunden haben.
Ich will mich in diesem Zusammenhang bei all denen,
die daran mitgewirkt haben, herzlich bedanken. Ich will
mich auch noch einmal ausdrücklich an den Kollegen
Klaus Brandner wenden, der gesagt hat, es seien alle
Versuche abgewehrt worden, an der Mitbestimmung zu
rütteln. Ich möchte vor Legendenbildung warnen, lieber
Kollege Brandner; denn ich war bei ein paar Gesprächen
zu diesem Thema dabei, um nicht zu sagen: bei allen.
Dass in diesen Gesprächen die sozialdemokratische
Seite Versuche, an der Mitbestimmung zu rütteln, hätte
zurückweisen müssen, daran kann ich mich mit Verlaub
nicht erinnern.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist ja der Anfang von Zerrüttung, was wir hier erleben!)


Die Tarifvertragsparteien haben in der Zwischenzeit
eine Klarstellung vorgenommen, und zwar dahin ge-
hend, dass der Arbeitgeber in der Schlechtwetterzeit
über die Fortsetzung, Einstellung oder Wiederaufnahme
der Arbeit nach Beratung mit dem Betriebsrat letztlich
nach seinem pflichtgemäßen Ermessen alleine entschei-
det. Das ist die Vereinbarung, die die Tarifvertragspar-
teien getroffen haben. Wir sorgen mit diesem Gesetz da-
für, dass diese Vereinbarung, wie auch all die anderen
Vereinbarungen, die die Tarifvertragsparteien beschlos-
sen haben, gelten.

Ich will es deutlich sagen: Mitbestimmung und so-
ziale Gerechtigkeit in schwieriger Zeit und unter neuen
Bedingungen ist nichts, was man Christdemokraten und
Christlich-Sozialen mühsam abringen muss. Soziale Ge-
rechtigkeit und gerechte Teilhabe sind unser Herzensan-
liegen; das muss man uns nicht abringen. Dafür stehen
wir als große Volkspartei.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Gut, dass das einmal gesagt wird!)


eswegen werden wir diesen Regelungen zur Durchset-
ung verhelfen, und zwar in dem Wissen, dass es Risi-
en gibt und dass niemand vorhersagen kann, wie sich
er Wegfall der Stunden, die vorher zu leisten waren,
uswirken wird. Wir begrenzen jedoch die möglichen
isiken und werden die Kostenentwicklung im Auge ha-
en.

Es geht hier um ein vernünftiges Miteinander von
esetzlichen und tariflichen Regelungen. Wir alle ge-
einsam müssen ein großes Interesse daran haben, dass

ie Anreize, die wir zur Aufrechterhaltung und zur Wei-
erentwicklung der Flexibilisierung in der Bauwirtschaft
etzen, genutzt werden. Deshalb kann ich nur dahin ge-
end appellieren und alle bitten, mit dafür zu sorgen,
ass die Arbeitszeitguthaben, die es in den allermeisten
etrieben gibt, breit zur Anwendung kommen. Denn
ieses Gesetz basiert darauf, dass im Sommer über Ar-
eitszeitguthaben Überstunden angehäuft werden, die
hne Belastung der Allgemeinheit der Beitragszahler im
inter abgebaut werden können. Das ist im Interesse der
llgemeinheit, aber auch im Interesse der Arbeitgeber,
a sie dadurch das Auszahlen von Überstunden mit ent-
prechenden Zuschlägen im Sommer vermeiden. Der
esetzgeber hat alles in seiner Macht Stehende getan,
m zu einer vernünftigen Regelung zu kommen.

Ich appelliere an alle Beteiligten in der Bauwirtschaft,
uch an die, bei denen die entsprechende Regelung noch
ehlt, ihren Teil dazu beizutragen, dass es nicht zu Miss-
rauch kommt. Der Gesetzgeber hat seinen Teil getan.
etzt sind die Tarif- und Betriebsparteien in der Bauwirt-
chaft gefordert, das umzusetzen, damit wir zu einer gu-
en gemeinsamen Regelung kommen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Jörg Rohde [FDP]: Sie hätten es auch ins Gesetz schreiben können!)


Ich freue mich, dass sich bei der Verabschiedung die-
es Gesetzes eine breite Zustimmung abzeichnet. Ich
ill deutlich sagen: Dies ist der gemeinsame Wille der
raktionen der großen Koalition und auch der Wille der
raktionsführungen.

In diesem Zusammenhang will ich eines klarstellen
denn gelegentlich höre ich Bemerkungen, die Kanzle-

in solle sich mehr um die Innenpolitik kümmern –:


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Erzählen Sie jetzt aber nicht, wann Sie von ihr angerufen worden sind, Herr Brauksiepe!)


ch gehe davon aus, dass niemand böswillig behauptet,
ie habe dies in der Vergangenheit nicht getan. Den-
och kann ich jedem, den es betrifft, nur sagen: Wenn
s um Arbeitszeitguthaben, Winterausfallgeld-Voraus-
eistungen, Ersatzleistungen und vieles andere geht,
önnen viele hier in diesem Hause von der Kanzlerin
och eine Menge lernen;


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Dr. Ralf Brauksiepe
denn sie kennt sich damit aus und hat sich auch maßgeb-
lich darum gekümmert, dass diese Regelung zustande
gekommen ist.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Uwe Küster [SPD] – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wieso klatscht denn da jetzt auch jemand bei der SPD?)


Der Arbeitsminister sieht mich gerade an. Natürlich
gilt das auch für ihn. Es wäre ja auch seltsam, wenn es
nicht so wäre.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Botschaft, die von diesem Gesetzentwurf aus-
geht, lautet: Dieses Land hat eine gute Bundeskanzlerin.
Der Vizekanzler ist fast genauso gut;


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU – Dirk Niebel [FDP]: Vor allem müssen beide auch im Winter arbeiten!)


das ist ebenfalls eine wichtige Nachricht. Diese Bot-
schaft kommt in den Regelungen, auf die wir uns ver-
ständigt haben, zum Ausdruck.

Nach intensiven Beratungen ist ein guter Gesetzent-
wurf zustande gekommen. Ich freue mich über die Zu-
stimmung im federführenden Ausschuss und hoffe, dass
wir sie auch im Parlament finden werden. Ich wünsche
all denjenigen, die von dem Inhalt dieses Gesetzes be-
troffen sind, dass es die Wirkungen entfaltet, die wir uns
gemeinsam von ihm versprechen. Ich wünsche also vor
allem all denjenigen, die in der Bauwirtschaft beschäf-
tigt sind, für die nächsten Jahre viel Arbeit.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Dirk Niebel [FDP]: Mensch, Ralf, du hast ja zum Schluss noch richtig Humor entwickelt!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1602500600

Ich erteile nun das Wort der Abgeordneten Kornelia

Möller, Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Kornelia Möller (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1602500700

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe

Kolleginnen und Kollegen! Alle Jahre wieder kommen
im Winter zu den Millionen Menschen ohne Arbeit noch
Hunderttausende hinzu und alle Jahre wieder bietet die
Politik keine befriedigende Lösung dieses Problems an.
Das soll sich nun ändern.

Ja, das Gesetz, das wir heute verabschieden, ist längst
überfällig und es ist nötig. Erinnern wir uns: Im
Jahre 1995 wurde das Schlechtwettergeld von der Re-
gierung Kohl ersatzlos gestrichen. Eine gut funktionie-
rende Regelung fiel den Sparanstrengungen des damali-
gen Finanzministers Theo Waigel zum Opfer. Waigel
befand, das Schlechtwettergeld sei zu teuer und belaste
die Bundesanstalt für Arbeit über Gebühr.

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(C (D (Jörg Rohde [FDP]: Vor allem die Beitragszahler!)


as Ergebnis dieses kurzsichtigen sozialen Einschnitts
ar und ist ein erheblicher Anstieg der saisonalen Ar-
eitslosigkeit in den Bauberufen und ähnlich witterungs-
bhängigen Branchen – alle Jahre wieder. Ausbaden
üssen dies die Bauarbeiter in Hamburg und Leipzig, in
ünchen und Schwerin.

Aber unter dem Strich wurden nicht nur sie, sondern
urde auch die Bundesanstalt für Arbeit zusätzlich be-

astet. In diesem langen, harten Winter wirkt sich das be-
onders negativ aus und es erschwert die Lage der ohne-
in bereits gebeutelten Beschäftigten der Bau- und
aunebengewerke sowie der Unternehmen dieses Zwei-
es zusätzlich. Das Fehlen einer Schlechtwettergeldrege-
ung hat die Zahl der Arbeitslosen mit in die Höhe ge-
rieben. Viele Menschen stehen auf der Straße; sie
rwarten zu Recht auch von der Politik eine Regelung.

Wir als Linksfraktion begrüßen, dass ein gelungenes,
enn sicherlich auch nicht ganz einfaches Gemein-

chaftswerk zwischen der öffentlichen Hand, den zustän-
igen Gewerkschaften sowie den beteiligten Unterneh-
erverbänden zustande gekommen ist.


(Beifall bei der LINKEN)


as ist ein zufrieden stellendes Ergebnis, vor allem für
ie Hauptbetroffenen: die Beschäftigten des Baugewer-
es und ähnlicher witterungsabhängiger Branchen. Das
st doch schon mal was, im Gegensatz zu anderen Pro-
ekten, mit denen hoch geschraubte Versprechen abgege-
en wurden, die dann aber entweder im Sande verliefen
der die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes in Ar-
ut führten und ihnen ihre Bürgerrechte aberkannten.
o viel zum Stichwort Reformen.

Ich danke denen, die diesen Gesetzentwurf vorberei-
et haben. Dabei handelt es sich insbesondere um die
ndustriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt, den Zen-
ralverband des Deutschen Baugewerbes und den Haupt-
erband der Deutschen Bauindustrie.


(Jörg Rohde [FDP]: Hat denn die Koalition damit gar nichts zu tun?)


ie schufen im Juli vergangenen Jahres mit ihrer tarifli-
hen Vereinbarung zur Weiterentwicklung der Förde-
ung der ganzjährigen Beschäftigung in der Bauindustrie
ie praktischen Voraussetzungen dafür, dass dieses
esetz, wenn es dann beschlossen ist, erstmals im
inter 2006/2007 wirksam werden kann.

Ganz wesentlich ist, dass mit dieser Regelung ein
eg beschritten wird, der sichert, dass sich beide Tarif-

artner aktiv an der Beschäftigungssicherung in ihrer
ranche beteiligen.

Vom Gesetzgeber erwarten wir, nun unverzüglich zu
rüfen, welche weiteren Branchen in den Geltungsbe-
eich des vorliegenden Gesetzes einbezogen werden
önnen.


(Beifall bei der LINKEN)







(A) )



(B)


Kornelia Möller
Das sind bei 5 Millionen Arbeitslosen kleine Schritte,
aber immerhin weisen sie diesmal in die richtige Rich-
tung.

Die Anregungen des DGB, der eine Ausweitung auf
weitere Branchen vorschlägt, zum Beispiel auf das Ho-
tel- und Gaststättengewerbe in den Saisongebieten, die
Verarbeitung von landwirtschaftlichen Produkten, den
Erwerbsgartenbau sowie den Kabel- und Freileitungs-
bau, unterstützen wir ausdrücklich. Umso mehr bedau-
ern wir, dass die Regierungskoalition kurzfristig mit ei-
nem Änderungsantrag die Hürden für die dringend
notwendige Einbeziehung weiterer Branchen sehr hoch
gelegt hat. Erst im Winter 2008/2009 soll es möglich
sein – und dann ausschließlich auf Basis eines neuen Ge-
setzes und nicht, wie ursprünglich vorgesehen, im Rah-
men einer Rechtsverordnung des BMA –, weitere Bran-
chen einzubeziehen.

Gestern erreichte mich eine Resolution – es ist nicht
die einzige, aber ich führe sie exemplarisch an – von Be-
triebsräten und Beschäftigten der Ziegelindustrie, die um
ihre Arbeitsplätze fürchten, sollte das Gesetz sie aus-
schließen. Sie schreiben ganz konkret: Das Gesetz zur
Förderung ganzjähriger Beschäftigung könnte die Ret-
tung für viele Familien sein, die sonst in das ALG II gin-
gen. Auch sie weisen darauf hin, dass die Bundesagentur
für Arbeit durch die Begrenzung auf wenige Branchen
weit stärker finanziell belastet würde. Um auf Ihren Aus-
druck zurückzukommen, Herr Brauksiepe: Eine
Zwangsbeglückung würden sie gerne annehmen.


(Beifall bei der LINKEN – Jörg Rohde [FDP]: Dazu gehören immer zwei Partner!)


Ich muss mich schon fragen: Reden Sie denn nicht
mit den Menschen vor Ort, kriegen Sie so etwas nicht
mit, sprechen sie nicht mit den Leuten? Oder haben Sie
keine Ahnung, haben Sie niemanden, der sich mit der
Materie auskennt? Denn es ist doch so, dass man zu-
nächst einmal nachdenken und nachfragen muss, ehe
man ein Gesetz verabschiedet.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Beschäftigten der Ziegelindustrie sind nicht die
Einzigen, die vergessen werden. Es trifft auch Beschäf-
tigte, die zwar saisonalen, aber keinen Witterungsein-
flüssen ausgesetzt sind, zum Beispiel Künstler, vor al-
lem Schauspieler und künstlerische Produktionskräfte,
die zwischen ihren Engagements immer wieder arbeits-
los sind. Auch hier müssen dringend Lösungen gefunden
werden.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich möchte daran erinnern, dass 2003 im Zuge von
Hartz III die so genannte Anwartschaftszeitverord-
nung nach § 123 SGB III von Rot-Grün ersatzlos gestri-
chen wurde. Alle Betroffenen, die nicht mehr als acht
Beschäftigungsmonate pro Jahr erreichen, sind seitdem
nicht mehr in der Lage, ihre Phase von witterungsbe-
dingter und/oder saisonaler Arbeitslosigkeit mit dem
Arbeitslosengeld I zu überbrücken, weil sie den dafür
nötigen Anspruch nicht mehr aufbauen können. Um ein-
mal eine Zahl zu nennen: Nach Berechnungen der

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(C (D G BAU sind von dieser Regelung allein im Bauhauptewerbe 400 000 Beschäftigte betroffen. Trotz der hohen Zahl der betroffenen Menschen sah s eine Weile so aus, als würden die Beschäftigten der auindustrie noch länger auf eine zufrieden stellende chlechtwetterregelung warten müssen. Denn während er ersten Ausschussberatung zog Schwarz-Rot plötzlich ie eingereichte Vorlage zurück. Anlass waren vermutich Meinungsverschiedenheiten innerhalb des Regieungslagers (Zuruf von der LINKEN: Das war die Wirtschaftslobby!)


genau –, hervorgerufen durch den Widerstand der Bun-
esvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände. Im
ern ging es dabei um den Vorwurf, die Beschäftigten
er Bauindustrie könnten mit dem Saisonkurzarbeiter-
eld zu gut wegkommen. Ich empfehle den Verantwort-
ichen der BDA, sich nicht von einer neoliberalen Ideo-
ogie oder von Sozialneid leiten zu lassen, sondern sich
tattdessen der Realität zu öffnen.


(Beifall bei der LINKEN)


Es ist also vor allem den weit fortgeschrittenen Tarif-
erhandlungen der Verbände der Baubranche und der
G BAU zu verdanken und damit dem gewerkschaftli-
hen Druck – das zu betonen, ist in dieser Zeit besonders
ichtig –, dass der vorliegende Gesetzentwurf den Weg

n die heutige Sitzung des Bundestages geschafft hat.

Wir werden dem Gesetz zur Förderung ganzjähriger
eschäftigung zustimmen und wir werden uns dafür en-
agieren, dass auch die Beschäftigten ähnlicher, durch
aisonale Schwankungen gefährdeter Bereiche von die-
en Regelungen profitieren können.

Lassen Sie mich abschließend noch eines sagen: Wir
erden unseren Kampf gegen Hartz IV im Interesse al-

er Menschen, die von Erwerbslosigkeit bedroht oder be-
roffen sind, weiter führen.


(Beifall bei der LINKEN)


eterum censeo: Hartz IV ist ein schlechtes Gesetz.
artz IV muss weg.

Danke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1602500800

Das Wort hat nun die Kollegin Brigitte Pothmer,

ündnis 90/Die Grünen.


Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602500900

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben

hnen von der großen Koalition bereits im Januar be-
cheinigt, dass Sie mit diesem Gesetzentwurf, der ein
aisonkurzarbeitergeld vorsieht, ein richtiges Ziel ver-
olgen. Wir unterstützen dieses Vorhaben ausdrücklich;
enn Sie greifen damit unserer Meinung nach ein Pro-
lem auf, das immer mehr Beschäftigte betrifft. Denn
nsichere Arbeitsverhältnisse und diskontinuierliche
)






(A) )



(B) )


Brigitte Pothmer
Erwerbsverläufe nehmen einen immer größeren Raum in
unserer Gesellschaft ein.

Damit komme ich auch schon zum eigentlichen Pro-
blem. Von solchen unsicheren Arbeitsverhältnissen sind
sehr viele Menschen in sehr vielen verschiedenen Bran-
chen betroffen; sie sind kein Alleinstellungsmerkmal der
Baubranche.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sie aber legen hier leider einen Gesetzentwurf vor,
den man als Auftragsarbeit für die Bauwirtschaft, als
eine Lex Baubranche bezeichnen kann. Die darin enthal-
tenen Regelungen sind explizit auf die Bauwirtschaft
ausgerichtet. Es besteht nicht die Möglichkeit, die Rege-
lungen auf andere Branchen zu übertragen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Die Regelungen dieses Gesetzentwurfs beschränken sich
auf witterungsbedingten Arbeitsausfall in der Zeit von
Dezember bis März und sind nur für Arbeitgeber mit
entsprechendem Tarifvertrag attraktiv. Das trifft auf an-
dere Bereiche, wie im Übrigen auch im Gesetzentwurf
zu lesen ist – auch Sie, Herr Brandner, haben das gerade
gesagt –, leider nicht zu. Beides stellt zielgerichtet auf
die Baubranche ab. Das hat die Anhörung sehr deutlich
gemacht. Mit ihrem Änderungsantrag hat die große Ko-
alition das quasi eingestanden.

Aber, Herr Brandner, Herr Brauksiepe, es gibt immer
mehr Bereiche, in denen solche Probleme, die schon
ganz richtig und ausführlich beschrieben wurden, auftre-
ten. In immer mehr Arbeitsfeldern wird projektbezogen
gearbeitet, zum Beispiel in der Film- und Medienindus-
trie, bei den Kulturschaffenden und immer mehr auch in
der Wissenschaft.

Das Problem ist auch nicht auf die Winterarbeitslosig-
keit beschränkt; in diesem Punkt ist Ihre Annahme eben-
falls falsch. Was ist zum Beispiel mit der Wintergastro-
nomie? Was ist mit bestimmten Zweigen der
Landwirtschaft? Denken Sie nur an die Jobs an den Ski-
liften oder in der Alm- und Gondelwirtschaft! Hier ist
der Arbeitsanfall im Winter groß; die Angestellten
bräuchten im Sommer ein Kurzarbeitergeld. All die Pro-
bleme, die hier beschrieben worden sind, treffen auch
die Beschäftigten in diesen Bereichen. Aber denen rei-
chen Sie nicht die helfende Hand; denen zeigen Sie die
kalte Schulter. Für Sie ist der Wetterfrosch nur von De-
zember bis März ein Risikopatient auf dem Arbeits-
markt. Das wird der Wirklichkeit aber leider nicht ge-
recht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich finde diese Regelung deshalb so überraschend,
weil Sie in Ihrem Gesetzentwurf und in Ihrer Rede die
umfassend positiven Wirkungen beschrieben haben.
Sie haben gesagt, dass durch das Kurzarbeitergeld circa
25 Prozent der saisonbedingten Entlassungen vermie-
den werden könnten.

Außerdem haben Sie gesagt, dass damit Einsparungen
bei der Bundesagentur für Arbeit, aber auch beim Bund

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(C (D erbunden sein könnten. Ich frage Sie: Warum wollen ie diese positiven Effekte so stark begrenzen? Das sind och Argumente dafür, diese Maßnahme auch auf anere Branchen auszuweiten. Ganz offensichtlich trauen Sie Ihren eigenen Aussaen nicht wirklich über den Weg. Wie sonst wäre dieser weijährige Feldversuch, den Sie nur für die Baubranche orsehen – das betone ich noch einmal ausdrücklich –, u verstehen? Vor 2008 dürfen sich andere Branchen icht bewegen; sie werden sonst erschossen. (Jörg Rohde [FDP]: Man muss den Fehler ja nicht gleich fünfmal machen!)


as ist ein falscher Weg.

Ich will Ihnen noch etwas sagen: Ich halte Wirkungs-
orschung ausdrücklich für richtig. Ich finde schon, dass
an Instrumente, die man einführt, nach einer gewissen
hase daraufhin überprüfen muss, ob sie tatsächlich die
irkung haben, die man sich erhofft hat. Wenn Sie die
irkungsforschung aber so eng begrenzen, nämlich auf

ie Bauwirtschaft, dann werden Sie natürlich keinerlei
rkenntnisse darüber gewinnen, wie diese Regelung in
nderen Branchen wirken wird. Es gibt dann nämlich
eine Möglichkeit, zu sagen: Okay, wenn wir das und
as tun, dann hat das in der Gastronomiebranche diese
nd jene Wirkung. Sie werden nach zwei Jahren sagen
önnen, wie sich das in der Bauwirtschaft auswirkt. Da-
it bleibt die Begrenzung aber weiterhin bestehen; denn
rkenntnisse darüber, wie sich eine Übertragung be-
erkstelligen lässt, werden Sie auf diese Weise nicht ge-
innen.

Meine Damen und Herren, ich fasse zusammen: Auf
en Baustellen der Republik werden die Baggerfahrer
nd die Betonmischer eine Ehrenrunde für die große Ko-
lition drehen. Für alle anderen Branchen aber ist dieser
esetzentwurf – und das trotz des Einsatzes der Kanzle-

in – ein Meisterstück der Unentschlossenheit und Halb-
erzigkeit.


(Dirk Niebel [FDP]: Warum lehnen Sie dann nicht ab und enthalten sich lieber?)


afür können Sie nicht allen Ernstes eine Unterstützung
on uns Grünen erwarten. Mehr als eine Enthaltung ist
eider nicht drin.

Ich danke Ihnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dirk Niebel [FDP]: Das ist nicht unentschlossen? – Jörg Rohde [FDP]: Mehr Mut, Frau Kollegin!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1602501000

Für die Bundesregierung erhält nun der Parlamentari-

che Staatssekretär Gerd Andres das Wort.

G
Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1602501100


Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Mit dem vorliegenden Entwurf eines Gesetzes

ur Förderung ganzjähriger Beschäftigung werden wir






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Gerd Andres
die Winterarbeitslosigkeit im Baugewerbe effektiv und
nachhaltig bekämpfen. Dies haben sich CDU/CSU und
SPD bereits im Koalitionsvertrag als wichtiges Projekt
vorgenommen. Nun setzen wir diesen Teil der Koali-
tionsvereinbarung um. Damit ist klar, dass die Koalition
ihre Hausaufgaben erfüllt. Punkt für Punkt werden die
Dinge erledigt, die zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit
notwendig sind.

Wenn man sich ausschließlich am Kalender orientie-
ren würde, dann dürften wir uns alle miteinander freuen;
denn in vier Tagen ist Frühlingsanfang. Ich gehe davon
aus, dass Sie sich alle so wie ich auf wärmere Tempera-
turen freuen und dem hoffnungsvoll entgegensehen. Die
meteorologische Realität sieht leider anders aus: Der
kalte Winter hat Deutschland nach wie vor fest im Griff,
was mit einem erheblichen Einfluss auf den Arbeits-
markt verbunden ist.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Schuld daran ist nur die SPD!)


Durch die aktuelle Witterung wird uns noch einmal deut-
lich vor Augen geführt, dass das heute zu beratende Ge-
setz zur Förderung ganzjähriger Beschäftigung notwen-
dig und sinnvoll ist. Die Bundesregierung will damit die
Winterarbeitslosigkeit effektiv und nachhaltig bekämp-
fen.

Wie ist die Situation bisher? Allein für den Baube-
reich kann man feststellen, dass es Jahr für Jahr im Win-
ter etwa 140 000 bis 150 000 Menschen gibt, die im No-
vember entlassen werden und denen man sagt: Melde
dich arbeitslos. Im April, wenn die Saison losgeht, stelle
ich dich wieder ein. – Die Folge ist, dass die Arbeitslo-
senversicherung alle Kosten für diese Arbeitslosen zu
tragen hat – die Sozialversicherungsbeiträge, das Ar-
beitslosengeld und alles, was damit zusammenhängt –,
sie der Vermittlung auf dem Arbeitsmarkt in Wahrheit
aber überhaupt nicht zur Verfügung stehen, weil sie sich
darauf verlassen, dass ihr ehemaliger Arbeitgeber sie
wieder einstellt. Sie schlagen dieses Angebot nur aus,
wenn sie eine bessere Beschäftigung finden.

Diesen Zustand wollen wir ändern. Ziel ist, dass die
Betriebe ihre Beschäftigten nicht entlassen. Dafür wol-
len wir ein neues Instrument anbieten. Damit wollen wir
vor allem zwei Dinge erreichen: Wir wollen, dass die
Beschäftigungsverhältnisse der Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer in der Bauwirtschaft stabilisiert werden,
und wir wollen die tariflichen Ansätze zur Arbeitszeit-
flexibilisierung und die ganzjährige Beschäftigung durch
gesetzliche Maßnahmen besser als bisher flankieren.

Wir sind überzeugt, dass wir auf dem richtigen Weg
sind; denn von der ganzjährig sicheren Beschäftigung
profitieren alle. Der Bauarbeiter profitiert davon, weil
ihm nicht gekündigt wird und er seine Arbeit behält. Der
Betrieb profitiert davon, weil er seine Beschäftigten
nicht entlassen muss und so auch auf kurzfristige Auf-
träge reagieren kann. Auch die Bundesagentur für Ar-
beit, also die Arbeitslosenversicherung, profitiert davon,
weil damit die Kosten sinken.

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(C (D (Jörg Rohde [FDP]: Letzteres bleibt nur zu hoffen! – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist ein Perpetuum mobile!)


Ich will ausdrücklich sagen, dass die Wirtschaft im
ektor Bau – dazu gehören für mich die Arbeitnehmer
nd die Gewerkschaften genauso wie die Arbeitgeber –
orbildliche Arbeit geleistet hat. Sie hat nämlich ent-
prechende Tarifverträge abgeschlossen, die einen Me-
hanismus ermöglichen, auf den ich noch eingehen
öchte.

Zur Kurzarbeit muss man Folgendes wissen – das
age ich für diejenigen, die diese Diskussion verfolgen –:
as Instrument der Kurzarbeit gibt es auch bisher schon.
in Unternehmen kann aus konjunkturellen Gründen für
eine Beschäftigten Kurzarbeit anmelden, um deren Ent-
assung zu vermeiden. Ein anderer Grund können struk-
urelle Umsteuerungen sein, wenn also ein Betrieb umge-
aut oder ein Standort geschlossen wird. Auch dann kann
urzarbeit gemacht werden.

Wir erweitern nun dieses Instrument, indem wir die
urzarbeit auch bei saisonalen Schwankungen ermögli-

hen; das ist etwas Neues. Kurzarbeit bedeutet, dass der
rbeitgeber für die Beschäftigten, für die er Kurzarbeit
eantragt und die Kurzarbeit machen, die Sozialversi-
herungsbeiträge in vollem Umfang zahlen muss. Das
at natürlich zur Folge, dass sich viele Betriebe überle-
en, ob sie überhaupt Kurzarbeit anmelden. Das hätte
ämlich zur Folge, dass die Arbeitnehmer nicht arbeiten,
er Arbeitgeber aber die Sozialversicherungsbeiträge
onat für Monat abführen muss.

Die Bauwirtschaft hat es nun durch tarifvertragliche
ereinbarungen ermöglicht, dass dem Arbeitgeber, der

ür seine Beschäftigten Kurzarbeit anmeldet, die dafür
nfallenden Sozialversicherungsbeiträge durch ein Um-
agesystem erstattet werden. Das ist ein Instrument der
olidarität; denn alle Unternehmer, auch diejenigen, bei
enen es keine Kurzarbeit gibt, müssen in dieses System
inzahlen, damit denjenigen, die Kurzarbeit anbieten,
ie anfallenden Sozialversicherungsbeiträge erstattet
erden können. Nur so ist Kurzarbeit für Arbeitgeber at-

raktiv.

Für die Arbeitnehmer gibt es Arbeitszeitkonten. Ich
ill hier noch einmal ausdrücklich sagen: Diese Arbeits-

eitkonten gibt es in der Bauwirtschaft schon länger. Bis-
er war es so, dass der Arbeitnehmer, bevor er das Wet-
erausfallgeld in Anspruch nehmen konnte, 30 Stunden
urch sein Kontingent abgelten musste. Von der 31. bis
ur 100. Stunde musste der Arbeitgeber zahlen und ab
er 101. Stunde sprang dann die Bundesagentur für Ar-
eit ein. Dies wird jetzt durch das Umlagesystem in der
auwirtschaft von Arbeitnehmern und Arbeitgebern ge-
ahlt. Die Arbeitnehmer erhalten für jede Stunde, die sie
m Winter bei schlechtem Wetter leisten, für die also
urzarbeit nicht in Anspruch genommen wird, auf den
tundenlohn einen Zuschlag von 2,50 Euro.

Die Bundesregierung und die Tarifvertragsparteien
ind sich darüber einig, dass die gefundene Lösung für
ie Arbeitnehmer attraktiv ist und nicht dazu führen
ird, dass Kurzarbeit leichtsinnig angemeldet wird, son-






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Gerd Andres
dern dass die vorhandenen Arbeitszeitkonten der Arbeit-
nehmer im Winter eingesetzt werden, weil das auch für
die betroffenen Arbeitnehmer eine attraktive Alternative
ist.

Die Bundesregierung wünscht sich – das hat sie auch
im Gesetzentwurf, der im Kabinett beschlossen wurde,
festgelegt –, dass diese Möglichkeit auch auf andere
Branchen übertragen wird. Herr Dr. Brauksiepe hat das
in seiner Rede ausdrücklich auch für die Union erklärt.
Ich bin Herrn Dr. Brauksiepe, Klaus Brandner und den
Koalitionsfraktionen außerordentlich dankbar.

Wenn sich das Instrument als wirkungsvoll erweist
– es wird über zwei Winterabschnitte hinweg in seiner
Wirkung erprobt und evaluiert –, dann wollen wir die
Möglichkeit schaffen, dass es auch von anderen Bran-
chen genutzt werden kann.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Deswegen stelle ich an meine Vorrednerin Frau Pothmer
gewandt ausdrücklich fest: Es stimmt nicht, dass andere
erschossen werden, sobald sie sich bewegen. Was ist das
übrigens für eine militärische Ausdrucksweise für eine
Grüne? Ich muss schon sehr bitten.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Die Grünen sind so militant!)


Das stimmt nicht. Ich fordere vielmehr die anderen
Branchen auf: Machen Sie Ihre Hausaufgaben und treten
Sie in Verhandlungen ein! Die Maler und Lackierer ha-
ben das getan. Für andere gilt das genauso. Denn es sind
tarifliche Regelungen notwendig, damit man das Instru-
ment nutzen kann. Darauf müssen sie vorbereitet sein.

Ich bin durchaus hoffnungsvoll. Wir probieren das In-
strument in zwei Winterperioden – nämlich im Winter
2006/2007 und 2007/2008 – aus. Dann wird im Jahr
2008 für die Periode 2008/2009, also interessanterweise
vor der Bundestagswahl, vom Gesetzgeber – es liegt in
den Händen des Gesetzgebers, also der Mehrheit dieser
Regierungskoalition – zu prüfen sein, ob es für andere
Branchen geöffnet werden soll.

Wenn wir Erfolg haben, dann werden wir das Instru-
ment für andere Branchen öffnen und dann müssen diese
Branchen ihre Vorarbeit geleistet haben. Deswegen for-
dere ich alle, die Interesse haben, auf: Kommt in die Pu-
schen und schafft entsprechende Umlagesysteme und
Arbeitszeitkonten! Dann kann man dieses System wun-
derbar nutzen und es wird allen nutzen, die von saisona-
len Beschäftigungsschwankungen betroffen sind.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Ich komme zu einem letzten Gedanken. Es ist wahr:
Wir haben etwas Zeit verloren. Wir hätten das Vorhaben
früher umsetzen müssen. Dazu waren Verhandlungen
notwendig. Ich habe die Hoffnung und bitte darum, dass
der Gesetzentwurf im Bundesrat zügig beraten und um-
gesetzt wird.

Mein zweiter Wunsch ist, dass wir das Gesetz mög-
lichst unbürokratisch umsetzen. Der Bundesregierung ist
es ernst mit dem Thema Bürokratieabbau.

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(C (D as soll auch beim neuen Saisonkurzarbeitergeld gelten. eswegen sollten wir, statt weitere bürokratische Hüren aufzubauen, für ein unbürokratisches Verfahren soren. (Beifall der Abg. Gitta Connemann [CDU/ CSU])


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Na ja!)


Ich komme nun zu meinem Anfangsgedanken zurück.
och ist es Winter, auch am Arbeitsmarkt. Aber – auch
ie Medien berichten darüber – der Frühling ist bereits
u spüren. Er ist auch am Arbeitsmarkt zu spüren. Ich
ordere Sie ausdrücklich auf: Helfen Sie mit, dass der
esetzentwurf – es gibt schließlich eine breite Zustim-
ung dazu – mit den Tarifvertragsparteien zügig in die
raxis umgesetzt werden kann! Mein ausdrücklicher
ank gilt Frau Falk, Herrn Dr. Brauksiepe, Klaus
randner und den Kolleginnen und Kollegen meiner
raktion, –


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Und wir? Kriegen wir keinen Dank? Undankbar ist das!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1602501200

Herr Staatssekretär, Sie können nicht alle namentlich

ufführen.

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Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1602501300

– dass sie mitgeholfen haben, dass wir diesen Gesetz-

ntwurf heute beschließen können.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1602501400

Peter Rauen ist der nächste Redner für die CDU/

SU-Fraktion.


Peter Rauen (CDU):
Rede ID: ID1602501500

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bereits bei
er Einbringung des Gesetzentwurfs haben alle im
ause deutlich gemacht, dass es uns ein großes Anliegen

st, ganzjährige Beschäftigung in witterungsabhängigen
ranchen zu schaffen. Unser Arbeitsminister, Herr
üntefering, hat gesagt, dass das keine Zwangsveran-

taltung für die eine oder andere Branche sein soll, son-
ern ein Angebot für die Tarifparteien auf beiden Seiten.
ch glaube, wir haben nach einer intensiven Beratung,
ie sie im Parlament selten stattfindet, erreicht, dass mit
em Gesetzentwurf diese Vorgabe unseres Arbeitsminis-
ers auch erfüllt wird.

Der Vorwurf, dass die Regelung nur für die Baubran-
he gilt, geht meiner Meinung nach ins Leere, weil das
esetz zurzeit nur für diese Branche angewandt werden
ann; denn die anderen Tarifparteien haben noch keine
egelungen getroffen, die die Anwendung dieses Geset-
es ermöglichen.






(A) )



(B) )


Peter Rauen
Wenn jetzt zum Beispiel die Land- und Forstwirt-
schaft, die Baustoffindustrie, das Maler- und Lackierer-
handwerk und das Steinmetz- und Bildhauerhandwerk
Überlegungen anstellen, wie sie mit dem Gesetz in ihren
Branchen ganzjährige Beschäftigung ermöglichen kön-
nen, dann kann durch die Evaluierung – also nach zwei
Winterperioden – festgestellt werden, ob das Gesetz die
gewünschte Wirkung erbracht hat, um es gegebenenfalls
auf andere Branchen ausdehnen zu können.

Frau Pothmer, Sie haben gesagt, das Gesetz sollte
auch für Branchen gelten, in denen im Winter Hauptsai-
son ist und im Sommer saisonbedingt Kurzarbeit erfor-
derlich ist. Das lässt der Gesetzentwurf – mit ganz klei-
nen Änderungen – zu. Aber es ist wichtig, dass alle
erkennen, dass dieses Gesetz seinen Zweck erfüllt.

Ich will deutlich machen, wie sich die nun geplanten
Regelungen betreffend die Förderung ganzjähriger Be-
schäftigung von den bislang im Baugewerbe geltenden
unterscheiden – Ähnliches gibt es, angefangen mit dem
Schlechtwettergeld, seit Anfang der 80er-Jahre, wie es
Herr Andres soeben geschildert hat –, damit das Gesetz
erfolgreich wird und damit sich die Bauarbeiter im Win-
ter nicht mehr arbeitslos melden müssen. Zurzeit ist es
so, dass jedes Jahr von Dezember bis März circa
280 000 Bauarbeiter arbeitslos werden, davon etwa
140 000 witterungs- und auftragsbedingt. Nach den bis-
lang geltenden Regelungen müssen die Arbeitnehmer
selber 30 Stunden auf ein Arbeitszeitkonto einbringen,
bevor sie Winterausfallgeld bekommen. Die Unterneh-
men haben in die Sozialkasse des Baugewerbes einge-
zahlt, um die Kosten des Winterausfallgeldes und die
Sozialversicherungsbeiträge von der 31. Stunde bis zur
100. Stunde erstattet zu bekommen. Ab der 101. Stunde
hat eine Regelung gegriffen, wie wir sie nun in etwa vor-
haben, nämlich dass der Unternehmer seinen Mitarbei-
tern die Ausfallstunden in Höhe des Arbeitslosengeldes
bezahlt. Allerdings muss er bislang die Sozialversiche-
rungsbeiträge ab der 101. Stunde aus eigener Tasche
zahlen. Das hat dazu geführt, dass sich viele Unterneh-
mer bereits im August bzw. September sorgenvoll ge-
fragt haben, wie sie finanziell über den Winter kommen
sollen.

Für diese Unternehmer ändert sich generell etwas er-
heblich; denn es gilt demnächst, dass die Arbeitnehmer
von Dezember bis März ab der ersten Ausfallstunde
Saisonkurzarbeitergeld bekommen, und zwar nicht nur
bei schlechtem Wetter, sondern auch bei einer vermin-
derten Auftragslage, die in der Regel mit der schlechten
Witterung im Winter einhergeht. Den Unternehmern
werden alle Kosten im Zusammenhang mit den Sozial-
versicherungsbeiträgen durch die Sozialkasse des Bau-
gewerbes erstattet. Sie haben also kein individuelles Ri-
siko mehr zu tragen, wenn sie die Bauarbeiter im Winter
weiterbeschäftigen.

Diese Botschaft ist wichtig: Die Unternehmer können
zusammen mit ihren Belegschaften dem Winter sorgen-
frei entgegensehen; denn wenn es schlechtes Wetter gibt
bzw. die Arbeit ausgeht, dann können die Unternehmer
ohne individuelles Risiko auf das Saisonkurzarbeitergeld
zurückgreifen. Ich bin sicher, dass das im Gegensatz zu

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(C (D llen bisherigen Regelungen zur Winterbauförderung irkung haben wird und dass die Zahl der durch Witte ung und Arbeitsausfall bedingten Entlassungen erhebich zurückgehen wird. Es dürfen aber keine Fehlanreize entstehen, weil onst das Gesetz ins Leere geht; das ist ein ganz wichtier Punkt. In der Anhörung ist darauf hingewiesen woren, dass etwa 70 Prozent der Baufirmen Arbeitszeitonten führen und dass davon wiederum die große ehrheit in den letzten Jahren gar kein Winterausfall eld benötigt hat. Man hat bis zu 150 Stunden vorgeareitet und ist damit – einschließlich Urlaub – über den inter gekommen. Das heißt, diese Firmen müssen auch n Zukunft so handeln, weil mit dieser Flexibilisierung in hohes Maß an Produktivität erreicht worden ist. Das st ein entscheidender Punkt. Nach dem Gesetz zahlen Arbeitnehmer 0,8 Prozent nd Arbeitgeber 1,2 Prozent in die Kasse ein. Wer einahlt, der will irgendwann auch etwas herausbekommen. ie Firmen, die bereits ganzjährige Beschäftigung auf reiwilliger Basis erreicht haben – das sind die meisten –, ürfen wir nicht bestrafen. Es ist daher äußerst wichtig, ass den Bauarbeitern für jede ausgefallene Arbeitstunde, zu deren Ausgleich sie ihre Arbeitszeitkonten, ür die sie im Sommer vorgearbeitet haben, einsetzen, m Winterarbeitslosigkeit zu vermeiden, 2,50 Euro teuerund sozialversicherungsfrei gezahlt werden. Das edeutet, dass ein Bauarbeiter, der 150 Stunden vorgeareitet hat und sich diese Überstunden im Sommer nicht uszahlen lässt, im Winter mit 375 Euro netto zusätzlich elohnt wird. Dieser Bauarbeiter bekommt des Weiteren in Mehraufwandswintergeld in Höhe von 1 Euro pro eleistete Arbeitsstunde in der Zeit vom 15. Dezember is zum letzten Kalendertag des Monats Februar. Daurch kann er noch einmal – bis maximal 450 Stunden, ie man eigentlich nicht erreichen kann – zusätzlich irca 100 bis 250 Euro netto bekommen. Das ist für jeanden, der ein Bruttoeinkommen von 30 000 Euro im ahr hat und netto 21 000 Euro ausgezahlt bekommt, ine ganze Menge Geld. Ich gehe davon aus, dass die Unternehmer, die jetzt lexibilisiert haben, auch in Zukunft bereit sind, zu flexiilisieren, weil es diesen Anreiz gibt, und dass diejenien, die in die Kasse einbezahlen, ohne dass sie Kurzareitergeld in Anspruch nehmen, sich so wie bisher erhalten werden. Anders verhält es sich mit denen, die as nicht über Arbeitszeitkonten organisieren konnten. o lässt zum Beispiel die Region, in der eine Firma beeimatet ist, das nicht immer zu. Ich weiß, wovon ich ede. Mein Betrieb ist in der Eifel. Ob ich früher eine austelle in Bitburg oder an der Mosel hatte, machte eim Schlechtwettergeld einen Unterschied von zehn bis 0 Tagen aus. Es gibt also regionale Unterschiede. Ich glaube, dass dieses Gesetz im Endergebnis wirkich seinen Zweck erfüllen wird. Wir haben wesentliche eränderungen vorgenommen. Wir sollten stolz darauf ein, dass wir das gemeinsam geschafft haben. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )


Peter Rauen
Ich halte es für äußerst wichtig, dass wir in den Gesetz-
entwurf geschrieben haben, dass derjenige, der ein Ar-
beitszeitkonto einbringt, um über den Winter zu kom-
men, erst dann Kurzarbeitergeld bekommt, wenn die
Stunden in der Schlechtwetterzeit eingebracht sind. Die
Firmen, die keine Vereinbarungen getroffen haben, sind
davon nicht berührt. Es liegt aber in der Natur des Unter-
nehmers, dass er produktiv arbeiten will. Wenn er es ge-
schafft hat, zu flexibilisieren, dann wird er das auch bei-
behalten. Wichtig ist, dass seine Mitarbeiter aufgrund
des neuen Gesetzes nicht die Dummen sind und über die
2,50 Euro hinaus 1 Euro zusätzlich pro geleistete Stunde
im Winter bekommen. Das ist aus meiner Sicht für den
Erfolg des Gesetzes die entscheidende Regelung.

Ich sage ebenso wie Ralf Brauksiepe: Wenn das, was
wir erhoffen, eintritt und wir in zwei Jahren feststellen,
dass dieses neue Gesetz kostenneutral ist und es die
Lohnzusatzkosten nicht erhöht, dann werden wir als Par-
lament überhaupt kein Problem damit haben, diese Re-
gelung auf andere Branchen zu übertragen. Lassen Sie
uns diese zwei Jahre Erfahrung sammeln! Wir tun alle
gut daran; denn nicht immer verhalten sich die Men-
schen so, wie wir als Politiker das gerne hätten.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: So ist das Leben!)


Umgekehrt ist es übrigens genauso. Auch wir verhalten
uns nicht immer so, wie die Menschen es gerne hätten.
Das liegt in der Natur der Sache. Nach zwei Jahren ha-
ben wir die Erfahrung. Dann, Frau Pothmer, geht der
Vorwurf, das sei nur eine Sache für das Baugewerbe, ins
Leere. Dort geht es um rund 700 000 Mitarbeiter in
Deutschland. Aber in allen saisonabhängigen Branchen
sind 2,5 Millionen Menschen beschäftigt. Wenn wir da
eine ganzjährige Beschäftigung ermöglichen, dann ist
das sinnvoll für alle. Ich finde, der Gesetzentwurf ist gut.
Wir sollten ihn mutig vertreten und die Botschaft sen-
den: Leute, ihr könnt mit eurer Belegschaft über den
Winter kommen. – Dann werden wir auch weniger Ent-
lassungen im Winter haben.

Schönen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1602501600

Bevor der Kollege Kolb das Wort erhält, erteile ich

dem Kollegen Küster das Wort zur Geschäftsordnung.


Dr. Uwe Küster (SPD):
Rede ID: ID1602501700

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr

Präsident! Wir sind in einer Kernzeitdebatte und die Prä-
senz in dieser Kernzeitdebatte – diesen Vorwurf richte
ich besonders an die eigene Fraktion – ist nicht überzeu-
gend. Wir haben uns vor mehreren Jahren darauf ver-
ständigt, dass in der Kernzeit wichtige Debatten für die
Politik in Deutschland zu führen sind.


(Zuruf von der FDP: Wer ist denn bei Ihnen Geschäftsführer?)


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(C (D n den letzten Wochen hat sich gezeigt, dass die Präzenz m Plenum bei den Debatten am Donnerstagvormittag lles andere als den Kernzeitdebatten angemessen waen. Um zukünftig mehr Präsenz zu erreichen, beantrage ch namens meiner Fraktion, dass wir die Abstimmung u dem jetzt debattierten Gesetzentwurf in der dritten esung namentlich durchführen. Ich bitte meine Kolleinnen und Kollegen aus den anderen Fraktionen dafür m Verständnis. Das bringt durchaus einige Unbequemichkeiten mit sich, was nicht zu vermeiden ist. Sie haen aber, so glaube ich, durchaus Verständnis dafür, weil ir hier in der Vergangenheit in der Kernzeit vor fast eerem Saal debattiert haben. Das erklärt diesen Antrag. Vielen Dank für Ihr Verständnis. (Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Das ist ja peinlich! – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das Zuckerbrot entfällt, jetzt gibt es nur noch die Peitsche!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1602501800

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dazu fällt manchem

anches ein. Das kann bei anderer Gelegenheit noch
inmal ausgetragen werden. Ich will jetzt nur darauf auf-
erksam machen, dass eine namentliche Abstimmung

ach § 52 unserer Geschäftsordnung stattfinden muss,
enn eine Fraktion dies beantragt. Ich sage das, damit

ich alle darauf einstellen können.

Herr Kollege Küster, im Übrigen gehe ich davon aus,
ass Sie die Schriftführer frühzeitiger als das Präsidium
nterrichtet haben, damit sichergestellt ist, dass die na-
entliche Abstimmung mit einer hinreichend ordentli-

hen Besetzung der entsprechenden Abstimmungsurnen
urchgeführt werden kann.


(Beifall des Abg. Dr. Michael Meister [CDU/ CSU])


Nun hat der Kollege Dr. Heinrich Kolb für die FDP-
raktion das Wort.


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1602501900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

uss sagen – auch ich bin schon einige Zeit Abgeordne-
er in diesem Parlament –: Herr Küster, ich habe wieder-
olt erlebt, dass Mitglieder der Bundesregierung herbei-
itiert werden; aber dass die Parlamentsabgeordneten
erbeizitiert werden, ist wirklich ein Novum


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


nd zeigt, wie die Verhältnisse in Ihren Reihen anschei-
end zu bewerten sind.

Zu dieser Debatte lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt
usammenfassend sagen, dass es so aussieht, als wenn
ine breite Mehrheit diesen Gesetzentwurf in der verän-
erten – ich füge hinzu: in der verbesserten – Form ver-
bschieden wird. Bei aller Begeisterung über sich selbst,
ie die große Koalition hier an den Tag gelegt hat: Ich
inde, ein Grund zur Selbstzufriedenheit besteht nun






(A) )



(B) )


Dr. Heinrich L. Kolb
wahrlich nicht. Denn das, was wir heute verabschieden,
ist nur ein recht kleiner Schritt für die Betroffenen. Herr
Kollege Brandner, es werden bei weitem nicht alle in
den Genuss dieser neuen Regelung kommen. Wenn am
Ende 40 000 bis 50 000 Menschen von dieser neuen Re-
gelung profitieren und wenn ihnen Arbeitslosigkeit er-
spart bleibt, dann wäre das sicherlich als Erfolg anzuse-
hen.

Vor diesem Hintergrund finde ich es schon bemer-
kenswert, Herr Brauksiepe, dass der Kollege Rauen
sagte, es seien die intensivsten Verhandlungen gewesen,
an die er sich erinnern kann. Wenn Sie sich bei einer ver-
gleichsweise kleinen Maßnahme schon so anstrengen
müssen, dann darf man allerdings gespannt sein, wie es
bei den wirklich wichtigen Vorhaben dieser Legislatur-
periode – beim Tarifvertragsgesetz, beim Kündigungs-
schutz und bei der Reform der sozialen Sicherungssys-
teme – aussehen wird.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Klaus Brandner [SPD]: Sie kennen doch die Koalitionsvereinbarung, Herr Kolb!)


Wir haben gesagt, es solle niemand gegen seinen Wil-
len in diese Regelung einbezogen werden. Diese Forde-
rung hat einen Hintergrund: Wir alle haben Schreiben
aus dem Bereich der Trockenbauer, der Baustoffindus-
trie, des Hotel- und Gaststättengewerbes und des Einzel-
handels bekommen. Wir möchten also, dass nur diejeni-
gen, die das wirklich wollen, einbezogen werden. Das ist
keine Schikane, sondern hat einen ganz konkreten Hin-
tergrund. Die Messlatte für den Erfolg dieser Neurege-
lung ist, dass sie mindestens kostenneutral ist.

Entscheidend für das Erreichen der Kostenneutrali-
tät ist die Mitwirkung der Tarifparteien; denn Sie haben
darauf verzichtet, in diesem Gesetz festzulegen, dass Ar-
beitszeitguthaben aufgebaut werden müssen. Ab dem
zweiten Winter nach In-Kraft-Treten dieser Regelung
wird es sehr spannend sein, zu sehen, ob es tatsächlich
noch Arbeitszeitguthaben gibt. Wir befürchten, dass im
ersten Winter vorhandene Arbeitszeitguthaben einge-
bracht werden und dass die Bundesagentur im zweiten
Winter sehr viel stärker belastet wird. Das wäre aus un-
serer Sicht in der Tat problematisch. Wir fordern also die
Mitwirkung der Tarifparteien. Das bedeutet im Ergebnis,
dass dieses Gesetz nur für diejenigen Branchen gelten
sollte, die ihm zustimmen.


(Beifall bei der FDP)


Man sollte die Missbrauchsgefahren auch bei der
Verkettung – beispielsweise Saisonkurzarbeitergeld im
Anschluss an eine viermonatige Tätigkeit und Erwerb
der Ansprüche auf Arbeitslosengeld I – nicht ausblen-
den. Wenn ich an Hartz IV denke, dann fällt mir ein,
dass wir in der jüngeren Vergangenheit wirklich haben
erleben müssen, dass gut gemeinte Regelungen in der
Praxis zu sehr viel höheren Ausgaben geführt haben.
Das muss hier vermieden werden.

Da wir die Evaluierungsklausel im Gesetzentwurf
unterbringen konnten und da er auf die Baubranche be-
schränkt ist, können wir ihm zustimmen. Aber wir wer-

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(C (D en sehr genau beobachten, wie sich diese Regelung in er Praxis auswirkt. Vielen Dank. Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der ollege Andreas Steppuhn für die SPD-Fraktion. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Jetzt heißt es filibustern, Herr Kollege!)


(Beifall bei der FDP)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1602502000


Andreas Steppuhn (SPD):
Rede ID: ID1602502100

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her-

en! Ich habe Herrn Küster, als er die namentliche Ab-
timmung beantragt hat, so verstanden, dass er die Be-
eutung dieses Gesetzentwurfs, der heute Vormittag in
er Kernzeit debattiert wird, zum Ausdruck bringen
öchte. So sollten wir diesen Antrag verstehen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Ich habe nichts dagegen, dass Herr Brauksiepe für
eine Fraktion hier hervorhebt, dass in der CDU manch-
al die besseren Sozialdemokraten wären. Herr
rauksiepe, zur Klarheit gehört aber sicherlich, auch
eutlich zu machen, dass es die CDU/CSU-Fraktion am
nfang der Beratung des Gesetzentwurfs gewesen ist,
ie die Frage der Mitbestimmung von Betriebsräten
eim Saisonkurzarbeitergeld sehr wohl thematisiert hat.


(Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Das stimmt nicht!)


on daher kann man schon sagen, dass die Mitbestim-
ung in dieser Frage in den Ausschüssen eine Rolle ge-

pielt hat.

Ziel des Gesetzes zur Förderung ganzjähriger Be-
chäftigung – dieses Zukunftsmodells – ist es, einen
esentlichen Beitrag zur Vermeidung der Winterarbeits-

osigkeit und zur Verstetigung der Beschäftigungsver-
ältnisse im Baugewerbe zu leisten. Der vorliegende Ge-
etzentwurf ist in einer so genannten Triparität zwischen
em zuständigen Bundesministerium für Arbeit und So-
iales und den Tarifvertragsparteien des Baugewerbes
rarbeitet worden und wird einen wichtigen Beitrag dazu
eisten, dass Winterarbeitslosigkeit zukünftig vermieden
erden kann.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


ie Tarifvertragsparteien des Baugewerbes haben sich
ei ihrer Tarifpolitik im Ergebnis auf ein umlagefinan-
iertes System verständigt, in dem sich sowohl Arbeit-
ehmer als auch Arbeitgeber finanziell engagieren.

Nach dem vorliegenden Gesetzentwurf können wir
avon ausgehen, dass die Winterarbeitslosigkeit in der
auwirtschaft bereits im kommenden Winter spürbar ge-

enkt werden kann. Dies kann nur in unser aller Interesse
ein.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )


Andreas Steppuhn
Die zukünftige Förderung wird in das System des
Kurzarbeitergeldes integriert. Das bedeutet, das neue
Saisonkurzarbeitergeld wird nunmehr auch bei einem
saisonbedingten Arbeitsausfall gewährt. Wichtig ist
auch, zu betonen, dass durch den Fortbestand der Be-
schäftigungsverhältnisse die Arbeitsagenturen durch ent-
fallende Arbeitslosmeldungen und damit entfallende Be-
arbeitung von Leistungsanträgen in erheblichem Maße
entlastet werden.

Die Beratung im federführenden Ausschuss für Ar-
beit und Soziales, aber auch die Anhörung haben dazu
geführt, dass die CDU/CSU-SPD-Koalition gemeinsam
die Ihnen vorliegenden Änderungen eingebracht hat. Ein
nicht unwesentlicher Punkt ist hierbei die Ausweitung
auf andere Branchen, die zunächst ausgeklammert
wurde. Vorerst wollen wir aber die Entwicklung nach
der Neuregelung im Baugewerbe, verbunden mit einem
Evaluierungsprozess, abwarten. Das heißt aber nicht
– das ist schon deutlich gemacht worden –, dass wir an-
dere Branchen ausschließen wollen; nach wie vor wird
von uns gewünscht, dass auch andere Branchen zukünf-
tig von einem derartigen Saisonkurzarbeitergeld profitie-
ren.

Ich denke hierbei insbesondere an die Branchen, die
in ihrem Bereich das Problem der schlechten Auftrags-
lage oder witterungsbedingter Ausfälle bislang durch
eine so genannte eintägige Kündigungsfrist, wie das zum
Beispiel im Maler- und Lackiererhandwerk der Fall ist,
regeln. Da löst man schon heute die Kostenfrage im
Prinzip zulasten der Bundesagentur für Arbeit, indem
dieses Risiko auf die BA verlagert wird.

Daher gilt hier das Motto „Aufgeschoben ist nicht
aufgehoben“, sondern im Gegenteil: Die Erfahrungen
im Baugewerbe werden uns ermöglichen, dieses Modell
zukünftig passgenau auf andere Branchen zu übertragen.

Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens gab es
auch Vorschläge für Inhalte, die im Tarifvertrag für das
Baugewerbe eindeutig geregelt sind – das möchte ich an
dieser Stelle betonen –, und zwar mit dem Ziel, Kosten-
belastungen zuungunsten der Beschäftigten zu verschie-
ben. Ebenso wurde vorgeschlagen, Vorausleistungen der
Arbeitnehmer im Rahmen der Arbeitszeitflexibilisie-
rung, sprich: der Arbeitszeitkonten, gesetzlich zu veran-
kern. Dazu sage ich an dieser Stelle deutlich: Die Vo-
rausleistungen der Arbeitnehmer sowie der Arbeitgeber
sind bereits per Tarifvertrag im Rahmen eines Umlage-
verfahrens über die Sozialkassen des Baugewerbes gere-
gelt, sodass sich das Gesetz nunmehr darauf beschränkt,
zu beschreiben, wofür angesparte Stunden verwandt
werden müssen. Alles andere hätte auch einen Eingriff
in die Tarifautonomie bedeutet.

Die CDU/CSU-SPD-Koalition setzt mit der Verab-
schiedung des heute vorliegenden Gesetzentwurfs ein
deutliches Signal für eine Verstetigung der Beschäfti-
gungsverhältnisse im Baugewerbe, auf das die Arbeit-
nehmerinnen und Arbeitnehmer in der Bauwirtschaft
lange gewartet haben. Gerade wir als sozialdemokrati-
sche Bundestagsfraktion erwarten, dass Winterarbeitslo-
sigkeit ab sofort vermieden werden kann, wie es das er-
klärte Ziel dieses Gesetzentwurfs ist. Ich danke allen, die

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(C (D ich für dieses Gesetz engagiert haben; das ist eine gute ache. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1602502200

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den von den
raktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten
esetzentwurf zur Förderung ganzjähriger Beschäfti-
ung. Der Ausschuss für Arbeit und Soziales empfiehlt
n seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/971,
en Gesetzentwurf in der Ausschussfassung anzuneh-
en. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der
usschussfassung zustimmen wollen, um das Handzei-

hen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der
timme? – Dann ist der Gesetzentwurf bei Enthaltung
er Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen mit der Zu-
timmung aller übrigen Fraktionen in zweiter Beratung
ngenommen.

Wir kommen zur

dritten Beratung

nd Schlussabstimmung. Hierzu ist namentliche Ab-
timmung verlangt. Ich bitte die Schriftführerinnen und
chriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen und
ir vielleicht einen Hinweis zu geben, wenn diese Be-

etzung überall erfolgt ist. – Das scheint jetzt der Fall zu
ein. Dann eröffne ich die Abstimmung.

Ich bitte um Nachsicht, dass wir für die Abstimmung
in bisschen mehr Zeit einräumen müssen. Denn auch
iejenigen Abgeordneten, die jetzt im Foyer hektische
aufbewegungen vollführen, sollen noch rechtzeitig die
rnen erreichen.

Bevor ich die Abstimmung schließe, würde ich mich
erne wegen der für manche nicht absehbaren Abstim-
ungslage bei den Parlamentarischen Geschäftsführern

ergewissern, ob irgendjemand Informationen darüber
at, dass noch Kollegen unterwegs sind.


(Zurufe: Ja, es sind noch welche unterwegs!)


Auch ich sehe dahinten noch jemanden laufen.

Ich frage noch einmal, ob noch Kolleginnen oder Kol-
egen im Saal sind, die ihre Stimmkarte nicht abgegeben
aben, bzw. ob noch jemand von Kollegen weiß, die sich
uf dem Wege befinden und denen wir die Chance geben
ollten, sich an der Abstimmung zu beteiligen. – Ich er-
alte keine entsprechenden Hinweise. Dann schließe ich
iermit die Abstimmung.

Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit
er Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis der Abstim-
ung werden wir Ihnen wie immer später bekannt ge-

en.1)

Ergebnis Seite 1894 C






(A) )



(B) )


Präsident Dr. Norbert Lammert
Für den nächsten Tagesordnungspunkt kann ich ver-
lässlich zusagen, dass er nicht mit einer namentlichen
Abstimmung beginnt. Also mögen bitte all diejenigen,
die sich nun wieder in anderen Gremien zusammenfin-
den müssen, den Saal räumen, damit wir die für die an-
schließende Debatte notwendige Konzentration haben.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Wo ist denn der Finanzminister? Die Regierungsbank ist mächtig besetzt!)


Darf ich die Kolleginnen und Kollegen, die an der De-
batte teilnehmen wollen, bitten, sich auf den hinreichend
vorhandenen Plätzen niederzulassen!


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: So, jetzt zitieren wir die Regierung!)


Ich rufe nun Tagesordnungspunkt 4 auf:

Erste Beratung des von den Abgeordneten
Dr. Hermann Otto Solms, Carl-Ludwig Thiele,
Dr. Volker Wissing, weiteren Abgeordneten und
der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs ei-
nes Gesetzes zur Reform der direkten Steuern

– Drucksache 16/679 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Innenausschuss
Sportausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Tourismus
Ausschuss für Kultur und Medien
Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sollen für
die Aussprache 90 Minuten vorgesehen werden. – Dazu
höre ich keinen Widerspruch. Dann ist das so vereinbart.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort zu-
nächst dem Kollegen Dr. Hermann Otto Solms.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1602502300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

FDP legt Ihnen, dem Deutschen Bundestag, heute ein
Konzept für ein völlig neu formuliertes Steuerrecht vor.
Es ist das erste Gesamtkonzept zur Reform der direkten
Steuern, also der Steuern auf Einkommen und Gewinn,
das bereits als Gesetzestext vorliegt und damit direkt in
die parlamentarischen Beratungen Eingang finden kann.

In der gestrigen Ausgabe der „Frankfurter Allgemei-
nen Zeitung“ konnten Sie in einer Analyse des Instituts
Allensbach lesen, dass zwei Drittel der Bürger in
Deutschland der Meinung seien, das deutsche Steuer-
recht sei ungerecht.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Recht haben sie!)


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(C (D as sind wahrscheinlich die zwei Drittel, die Steuern ahlen; das restliche Drittel wird davon nicht berührt ein. Das heißt, nahezu alle Steuerzahler in Deutschland alten das Steuerrecht für ungerecht. Es geht für den eutschen Bundestag, den Gesetzgeber, darum, durch in neues einfaches, gerechtes Steuerrecht ohne Ausnahen das Vertrauen der Bürger in einen fairen Steuer taat zurückzugewinnen. Das ist das Ansinnen der FDP. Wir sind überzeugt daon, dass man das mit solch einem ehrgeizigen Vorhaben esser leisten kann als Sie mit Ihren vielfältigen Steuerrhöhungen: 3 Prozent Mehrwertsteuererhöhung, 3 Proent Versicherungsteuererhöhung, 3 Prozent Einkomensteuererhöhung. Damit zerstören Sie das Vertrauen er Bürger weiter, dämmen die Nachfrage der Bürger ein nd schaden der Konjunktur und der Beschäftigung. Wir sind der Überzeugung, dass das deutsche Steuerecht, so wie es heute vorliegt, gar nicht mehr reformierar ist. Man muss einen neuen Ansatz finden und sich abei an die Vorgaben unserer freiheitlichen Verfassung alten. Nur um Ihnen die Dimension der drastischen Verinfachung aufzuzeigen, die wir durchführen wollen, öchte ich daran erinnern, dass der heutige einschlägige esetzestext in der beckschen Loseblattsammlung etwa 75 Seiten umfasst. Unser Alternativentwurf konzenriert das ganze Steuerrecht auf 33 Seiten. Schon daran ird deutlich, wie dramatisch diese Vereinfachung ist. Wichtig ist aber, dass wir die Grenzen und den Rahen einhalten, die unsere freiheitliche Verfassung vor ibt und die das deutsche Steuerrecht schon lange hinter ich gelassen hat. Nach meiner Überzeugung ist das eutsche Steuerrecht allein schon deshalb verfassungsidrig, weil das, was im Namen des Souveräns, des eutschen Volkes, erlassen worden ist, für die Angehörien des deutschen Volkes völlig unverständlich ist. ie können wir von den Bürgern verlangen, ein Steuerecht, das darüber hinaus auch noch strafsanktioniert ist, inzuhalten, wenn sie gar nicht in der Lage sind, das teuerrecht insgesamt zu verstehen und richtig anzuwenen? Weder die Steuerberater noch die Steuerverwaltung eherrschen das Steuerrecht. Man weiß nicht mehr, wie an das Steuerrecht anwenden soll. Deswegen brauchen ir hier mehr Klarheit. Wir müssen uns daher an die Vorschriften des rundgesetzes erinnern. Art. 20 Abs. 2, Demokratie rinzip: Die Bürger haben einen Anspruch darauf, die esetze zu verstehen, um sie vollziehen zu können. rt. 3, Gleichheitsgrundsatz: Gleiches soll gleich behanelt werden, Ungleiches ungleich; das wird heute vielach durch die zahlreichen Ausnahmen im Steuerrecht erletzt. Art. 14, Eigentumsgarantie, schützt vor über Dr. Hermann Otto Solms mäßigem Steuerzugriff und vor einer Doppelbelastung durch Steuern. Art. 12, Berufsfreiheit, sichert den Wettbewerb und die Freiheit des Gewerbes vor dem Zugriff des Staates. Art. 6, Schutz der Ehe und Familie, stellt sicher, dass Ehe und Familie im Steuerrecht adäquat und leistungskonform berücksichtigt werden, was ebenfalls heute nicht der Fall ist. Deswegen schlagen wir ein neues Steuerrecht vor, das sich strikt an diesen Rahmen hält. Bevor ich etwas zum Einkommensteuerrecht sage, sei Folgendes am Rande bemerkt: Ich halte den Plan der großen Koalition, das Unternehmensteuerrecht zu reformieren, für richtig. Man sollte sich aber nicht nur auf das Unternehmensteuerrecht konzentrieren, sondern die Reform in Verbindung mit dem Einkommensteuerrecht sehen, damit ein harmonisches Ganzes daraus wird. Wir haben das neue Einkommensteuerrecht in einfacher deutscher Sprache formuliert. Schauen Sie in unseren Gesetzentwurf hinein, dann werden Sie feststellen: Auch Sie können es verstehen. Das ist ja der Maßstab für die Bürger unseres Landes. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der FDP)


Wir wollen einen einfachen, niedrigen Tarif von 15,
25 und 35 Prozent. Das haben wir hier schon öfter disku-
tiert. Der Stufentarif hat den Vorteil, dass jeder Bürger
seine Steuerbelastung ohne einen Computer und ohne
Tabellen selbst ausrechnen kann. Wir wollen die Eigen-
initiative und Eigenvorsorge wieder möglich machen
und deswegen eine Steuerentlastung. Wenn die Men-
schen wieder mehr Eigenvorsorge leisten sollen, müssen
wir ihnen den wirtschaftlichen Freiraum dafür geben.
Deswegen müssen sie bei der Einkommensteuer entlas-
tet werden.


(Beifall bei der FDP)


Die Kinder erhalten den gleichen Grundfreibetrag wie
die Erwachsenen und wir räumen einen großzügigen
Freibetrag von 12 000 Euro pro Jahr für Kinderbetreu-
ungskosten durch sozialversicherungspflichtig Beschäf-
tigte im privaten Haushalt ein. Das ist großzügiger als
das, was die Koalition jetzt erwägt.


(Beifall bei der FDP)


Für Kapitalerträge schlagen wir eine Ausnahme vor,
nämlich eine Abgeltungsteuer in Höhe von 25 Prozent,
die an der Quelle erhoben wird.


(Beifall bei der FDP)


Das ist das einfachste Verfahren. Eine Steuerverkürzung
ist nicht mehr möglich, weil der Bürger dazu gar keine
Gelegenheit mehr hat. Auf Kontenabfragen und Kon-
trollmitteilungen auf europäischer Ebene kann vollstän-
dig verzichtet werden, weil bei diesem einfachen Verfah-
ren nur der Nettoertrag ausgeschüttet wird. Die Steuer
wird vorher an der Quelle abgeführt. Das würde eine
dramatische Bürokratieentlastung bedeuten.

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(C (D Ergebnis dieser Steuerreform: Die Steuererklärung ann auf einer DIN-A4-Seite abgefasst werden. Wir haen das ausprobiert. Wenn Sie Ihre Einkünfte kennen, önnen Sie die Steuererklärung in einer halben Stunde usfüllen. Man kann sie auch über das Internet an das Fianzamt schicken. Das ist ein absolut einfaches Verfahen. Es gibt keine langen Formulare mehr. Das ist das, as der Bürger erwartet. (Beifall bei der FDP – Reinhard Schultz [Everswinkel] [SPD]: Doppelter Bierdeckel, sozusagen ein Herrengedeck-Bierdeckel!)


Zweiter Teil: Unternehmensteuerreform. Auch hier
eht es darum, die Grundprinzipien einer wettbewerbs-
onformen Unternehmensbesteuerung zu erreichen. Wir
üssen im internationalen Wettbewerb wieder wettbe-
erbsfähig werden. Dafür müssen wir uns nicht an

rland oder Estland orientieren, aber sollten doch mit
sterreich oder den skandinavischen Ländern mithalten
önnen. Das erreichen wir mit einer endgültigen Belas-
ung von 28 oder 29 Prozent.

Darüber hinaus haben wir bei der Unternehmensteu-
rreform besonderen Wert auf die Neutralität des Steuer-
echts gelegt. Es muss rechtsformneutral, entscheidungs-
eutral und finanzierungsneutral sein. Das ist wichtig für
ie Organisation der Unternehmen, damit die wirtschaft-
ichen Entscheidungen losgelöst vom Steuerrecht getrof-
en werden können. Das alles muss auf der Basis des ge-
amteuropäischen Marktes geschehen. Das Steuerrecht
uss europakonform sein. Wir dürfen uns nicht laufend

om Europäischen Gerichtshof jagen lassen.

Zu einer rechtsformneutralen Besteuerung gehört al-
erdings zwingend die Abschaffung der Gewerbesteuer.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Richtig!)


eswegen brauchen Sie eine für die Gemeinden verträg-
iche Ersatzfinanzierung. Wir haben ein Zweisäulenmo-
ell vorgeschlagen: auf der einen Seite eine deutliche Er-
öhung des Anteils der Gemeinden an der Umsatzsteuer
nd auf der anderen Seite einen Zuschlag auf die Ein-
ommen- und Körperschaftsteuer in gleicher Höhe mit
igenem Hebesatzrecht. Es gibt andere Vorschläge wie
eispielsweise von der Stiftung Marktwirtschaft. Man
ann auch diese Vorschläge miteinander kombinieren.
edenfalls wird es nicht ohne eine Abschaffung der Ge-
erbesteuer gehen. Es gibt viele Möglichkeiten.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dies alles muss mit einem europarechtsfähigen Kon-
ernsteuerrecht und einem großzügigen Umwandlungs-
teuerrecht kombiniert werden, damit das Steuerrecht
ieder ein positiver Wettbewerbsfaktor im Kampf um
ie Arbeitsplätze in Europa wird.

Eine abschließende Bemerkung: Machen Sie es sich
itte nicht so leicht, dass Sie mit Ihrer Kritik nur beim
teuerausfall ansetzen! Natürlich ist mit unserem Vor-
chlag ein deutlicher Steuerausfall, das heißt, eine Steuer-
rleichterung für die Bürger verbunden. Wenn Ihnen
as nicht passt, können Sie den Tarif ändern. Dadurch






(A) )



(B) )


Dr. Hermann Otto Solms

Wolfgang Bosbach Robert Hochbaum Marlene Mortler Bernhard Schulte-Drüggelte
Helmut Brandt
Dr. Ralf Brauksiepe
Monika Brüning
Georg Brunnhuber
Gitta Connemann
Leo Dautzenberg
Hubert Deittert
Alexander Dobrindt
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Anke Eymer (Lübeck)

Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Hartwig Fischer (Göttingen)


Franz-Josef Holzenkamp
Anette Hübinger
Hubert Hüppe
Susanne Jaffke
Dr. Peter Jahr
Dr. Hans-Heinrich Jordan
Dr. Franz Josef Jung
Andreas Jung (Konstanz)

Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Steffen Kampeter
Alois Karl
Bernhard Kaster
Eckart von Klaeden
Jürgen Klimke
Julia Klöckner

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ildegard Müller
arsten Müller

(Braunschweig)


tefan Müller (Erlangen)

ernward Müller (Gera)

ernd Neumann (Bremen)

ichaela Noll
r. Georg Nüßlein
ranz Obermeier
duard Oswald
enning Otte
ita Pawelski
r. Peter Paziorek
lrich Petzold
r. Joachim Pfeiffer
ibylle Pfeiffer

Kurt Segner
Thomas Silberhorn
Johannes Singhammer
Jens Spahn
Erika Steinbach
Christian Freiherr von Stetten
Gero Storjohann
Andreas Storm
Max Straubinger
Thomas Strobl (Heilbronn)

Michael Stübgen
Antje Tillmann
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Volkmar Uwe Vogel
Andrea Astrid Voßhoff
Michael Brand Klaus Hofbauer Dr. Gerd Müller Wilhelm Josef Sebastian
können Sie das neutralisieren.
errechts ist unser Kernanliege
stimmiges, geschlossenes Syst
den Eindruck gewinnen, sie w
– ihr Nachbar kann nicht irgen
lungen in Anspruch nehmen, d
nehmen können –, und das für
sondere für die mittelständige
weit und global faire Wettbewe

Wenn uns das gelingen wü
recht jedenfalls kein Wettbewe
land mehr ausgehen.

Vielen Dank für die Aufmer

Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 505
davon

ja: 463
enthalten: 42

Ja

CDU/CSU

Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Altmaier
Dorothee Bär
Thomas Bareiß
Norbert Barthle
Dr. Wolf Bauer
Günter Baumann
Ernst-Reinhard Beck


(Reutlingen)

Veronika Bellmann
Dr. Christoph Bergner
Otto Bernhardt
Renate Blank
Peter Bleser
Antje Blumenthal
Dr. Maria Böhmer
Jochen Borchert
Wolfgang Börnsen


(Bönstrup)


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Die Systematik des Steu-
n: ein einfaches, in sich
em, bei dem die Bürger
erden gerecht behandelt
dwelche Ausnahmerege-
ie sie nicht in Anspruch

die Unternehmen, insbe-
n Unternehmen, europa-
rbschancen schafft.

rde, würde vom Steuer-
rbsnachteil für Deutsch-

ksamkeit.

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r. Maria Flachsbarth
laus-Peter Flosbach
erbert Frankenhauser
r. Hans-Peter Friedrich

(Hof)


rich G. Fritz
ochen-Konrad Fromme
r. Michael Fuchs
ans-Joachim Fuchtel
r. Jürgen Gehb
orbert Geis
berhard Gienger
alf Göbel

osef Göppel
eter Götz
te Granold
einhard Grindel
ermann Gröhe
ichael Grosse-Brömer
arkus Grübel
anfred Grund
onika Grütters
arl-Theodor Frhr. zu
Guttenberg
olger Haibach
erda Hasselfeldt
da Carmen Freia Heller
ichael Hennrich

ürgen Herrmann
ernd Heynemann
eter Hintze

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(Anhaltender Beifal Präsident Dr. Norbert Lam Es kommt nicht häufig vor, alls beinahe die der Redezeit e (Heiterkeit und Beifall be Abg. Dr. Uwe Kü Ich möchte das Ergebnis de ung über den Gesetzentwurf SU und der SPD zur Förderun ung auf Drucksache 16/429 ene Stimmen 505. Mit Ja habe at niemand gestimmt. ristina Köhler anfred Kolbe orbert Königshofen r. Rolf Koschorrek artmut Koschyk homas Kossendey ichael Kretschmer r. Martina Krogmann ohann-Henrich Krummacher r. Hermann Kues r. Karl A. Lamers ndreas G. Lämmel r. Norbert Lammert atharina Landgraf r. Max Lehmer aul Lehrieder ngbert Liebing r. Klaus W. Lippold r. Michael Luther tephan Mayer olfgang Meckelburg r. Michael Meister r. Angela Merkel riedrich Merz aurenz Meyer aria Michalk ans Michelbach hilipp Mißfelder r. Eva Möllring D B R R D T H P E K K D F J K D D A P A H D K N G B C A In D D (C (D l bei der FDP)


(Heidelberg)


mert:
dass die Dauer des Bei-
rreicht.

i der FDP sowie des
ster [SPD])

r namentlichen Abstim-
der Fraktionen der CDU/
g ganzjähriger Beschäfti-
bekannt geben: Abgege-
n gestimmt 463, mit Nein

r. Friedbert Pflüger
eatrix Philipp
onald Pofalla
uprecht Polenz
aniela Raab
homas Rachel
ans Raidel
eter Rauen
ckhardt Rehberg
atherina Reiche (Potsdam)

laus Riegert
r. Heinz Riesenhuber
ranz Romer
ohannes Röring
urt J. Rossmanith
r. Norbert Röttgen
r. Christian Ruck
lbert Rupprecht (Weiden)

eter Rzepka
nita Schäfer (Saalstadt)

ermann-Josef Scharf
r. Andreas Scheuer
arl Richard Schiewerling
orbert Schindler
eorg Schirmbeck
ernd Schmidbauer
hristian Schmidt (Fürth)

ndreas Schmidt (Mülheim)

go Schmitt (Berlin)

r. Andreas Schockenhoff
r. Ole Schröder






(A) )



(B) )


Präsident Dr. Norbert Lammert
Gerhard Wächter
Marco Wanderwitz
Kai Wegner
Marcus Weinberg
Peter Weiß (Emmendingen)

Gerald Weiß (Groß-Gerau)

Karl-Georg Wellmann
Anette Widmann-Mauz
Klaus-Peter Willsch
Willy Wimmer (Neuss)

Elisabeth Winkelmeier-

Becker
Matthias Wissmann
Dagmar Wöhrl
Wolfgang Zöller
Willi Zylajew

SPD

Gregor Amann
Gerd Andres
Niels Annen
Ingrid Arndt-Brauer
Ernst Bahr (Neuruppin)

Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Klaus Barthel
Dirk Becker
Uwe Beckmeyer
Klaus Uwe Benneter
Dr. Axel Berg
Ute Berg
Volker Blumentritt
Kurt Bodewig
Clemens Bollen
Gerd Bollmann
Klaus Brandner
Bernhard Brinkmann


(Hildesheim)

Marco Bülow
Ulla Burchardt
Martin Burkert
Dr. Michael Bürsch
Christian Carstensen
Marion Caspers-Merk
Dr. Peter Danckert
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Karl Diller
Dr. Carl-Christian Dressel
Elvira Drobinski-Weiß
Garrelt Duin
Detlef Dzembritzki
Sebastian Edathy
Siegmund Ehrmann
Hans Eichel
Petra Ernstberger
Karin Evers-Meyer
Annette Faße
Elke Ferner
Rainer Fornahl
Gabriele Frechen
Dagmar Freitag
Peter Friedrich
Martin Gerster
Iris Gleicke
Günter Gloser
Angelika Graf (Rosenheim)

Dieter Grasedieck
Monika Griefahn

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erstin Griese
abriele Groneberg
chim Großmann
olfgang Grotthaus
olfgang Gunkel
ans-Joachim Hacker
ettina Hagedorn
laus Hagemann
lfred Hartenbach
ichael Hartmann

(Wackernheim)

ina Hauer
olf Hempelmann
r. Barbara Hendricks
etra Heß
abriele Hiller-Ohm
etra Hinz (Essen)

erd Höfer
is Hoffmann (Wismar)

rank Hofmann (Volkach)

ike Hovermann
laas Hübner
othar Ibrügger
runhilde Irber

ohannes Jung (Karlsruhe)

osip Juratovic
lrich Kasparick
lrich Kelber
ans-Ulrich Klose
strid Klug
r. Bärbel Kofler
alter Kolbow
arin Kortmann
olf Kramer
nette Kramme
rnst Kranz
icolette Kressl
olker Kröning
r. Hans-Ulrich Krüger
ngelika Krüger-Leißner

ürgen Kucharczyk
elga Kühn-Mengel
te Kumpf
r. Uwe Küster
hristine Lambrecht
hristian Lange (Backnang)

r. Karl Lauterbach
elga Lopez
abriele Lösekrug-Möller
irk Manzewski
othar Mark
aren Marks
atja Mast
ilde Mattheis
etra Merkel (Berlin)

r. Matthias Miersch
arko Mühlstein
etlef Müller (Chemnitz)

ichael Müller (Düsseldorf)

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ranz Müntefering
r. Rolf Mützenich
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homas Oppermann
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r. Wilhelm Priesmeier
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r. Carola Reimann
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r. Ernst Dieter Rossmann
arin Roth (Esslingen)

ichael Roth (Heringen)

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xel Schäfer (Bochum)

ernd Scheelen
arianne Schieder
lla Schmidt (Aachen)

ilvia Schmidt (Eisleben)

r. Frank Schmidt
einz Schmitt (Landau)

arsten Schneider (Erfurt)

laf Scholz
ttmar Schreiner
einhard Schultz

(Everswinkel)


wen Schulz (Spandau)

rank Schwabe
r. Angelica Schwall-Düren
olf Schwanitz
ita Schwarzelühr-Sutter
olfgang Spanier
r. Margrit Spielmann

örg-Otto Spiller
r. Ditmar Staffelt
ndreas Steppuhn
olf Stöckel
hristoph Strässer
r. Peter Struck

oachim Stünker
r. Rainer Tabillion

örg Tauss
ella Teuchner
olfgang Thierse

örn Thießen
ans-Jürgen Uhl
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örg Vogelsänger
r. Marlies Volkmer
edi Wegener
ndreas Weigel
etra Weis
unter Weißgerber
ert Weisskirchen

(Wiesloch)


ydia Westrich
ndrea Wicklein
ngelbert Wistuba
r. Wolfgang Wodarg
altraud Wolff

(Wolmirstedt)

eidi Wright
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anfred Zöllmer
rigitte Zypries

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r. Karl Addicks
hristian Ahrendt

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(C (D aniel Bahr we Barth ngelika Brunkhorst rnst Burgbacher atrick Döring echthild Dyckmans örg van Essen lrike Flach tto Fricke orst Friedrich r. Wolfgang Gerhardt ans-Michael Goldmann iriam Gruß oachim Günther r. Christel Happach-Kasan einz-Peter Haustein irgit Homburger ichael Kauch r. Heinrich L. Kolb ellmut Königshaus udrun Kopp ürgen Koppelin einz Lanfermann arald Leibrecht a Lenke ichael Link orst Meierhofer atrick Meinhardt urkhardt Müller-Sönksen irk Niebel ans-Joachim Otto etlef Parr ornelia Pieper örg Rohde rank Schäffler arina Schuster r. Hermann Otto Solms r. Rainer Stinner arl-Ludwig Thiele lorian Toncar hristoph Waitz r. Guido Westerwelle r. Claudia Winterstein r. Volker Wissing artfrid Wolff artin Zeil IE LINKE üseyin-Kenan Aydin r. Lothar Bisky eidrun Bluhm va Bulling-Schröter r. Martina Bunge oland Claus evim Dagdelen r. Diether Dehm r. Dagmar Enkelmann laus Ernst iana Golze r. Gregor Gysi eike Hänsel utz Heilmann ans-Kurt Hill ge Höger-Neuling r. Barbara Höll r. Lukrezia Jochimsen r. Hakki Keskin Präsident Dr. Norbert Lammert bleme. ständen und den Subventionsabbau angeht, durch vier Gesetze schon ziemliche Brocken bewegt. Durch diese Ich stimme auch darin zu, dass recht nicht weiter verändert we grundlegende Reformen. Auch ein. (Beifall bei Abgeordneten der SPD Wir alle – auch Sie – müss alle Regierungen ihren Beitrag diesem komplizierten Steuerge waren in unterschiedlichen Koa tie. (Bernd Scheelen [SPD]: D hat die FDP ge Auch wir haben unseren Beitra Ich will noch etwas Positive und bewundernswert, dass eine das gegenwärtige Steuerrden sollte. Wir brauchen darin stimmen wir über der CDU/CSU und )


(Frankfurt)





(A) )


(B) )


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sehr richtig!)


en nur akzeptieren, dass
geleistet haben, bis es zu
setz gekommen ist. Sie
litionen mit von der Par-

en größten Beitrag
leistet!)

g geleistet.

s sagen: Ich finde es gut
kleine Fraktion

G
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esetze – drei haben wir im
ines werden wir morgen verab
inanziellen Spielraum gescha
taatsfinanzen zu sanieren un
chäftigung und Wachstum förd


(Christine Scheel [BÜND NEN]: Aber das Steuerre nicht vereinfacht!)


Was Ihre These zur Gewerbe
agen: Ich halte es nicht für gu
u sprechen; das erweckt bei d
chen Eindruck. Aber es ist ri
teuer nicht mehr ins System p
ig, dass eine grundlegende U
ur möglich ist, wenn wir den
ür die Gewerbesteuer geben.


(Carl-Ludwig Thiele [ Dezember verabschiedet, schieden – haben wir uns ffen: zum einen um die d zum anderen um Beern zu können. NIS 90/DIE GRÜcht haben Sie damit steuer angeht, so will ich t, von ihrer Abschaffung en Kommunen einen falchtig, dass die Gewerbeasst, und es ist auch richnternehmensteuerreform Kommunen einen Ersatz FDP]: Richtig!)

Katja Kipping
Monika Knoche
Jan Korte
Katrin Kunert
Oskar Lafontaine
Michael Leutert
Ulla Lötzer
Dr. Gesine Lötzsch
Ulrich Maurer
Kornelia Möller
Kersten Naumann
Wolfgang Nešković
Dr. Norman Paech
Petra Pau
Bodo Ramelow
Elke Reinke
Paul Schäfer (Köln)

Volker Schneider


(Saarbrücken)

Dr. Ilja Seifert

Dr. Petra Sitte
Frank Spieth
Dr. Axel Troost
Alexander Ulrich
Jörn Wunderlich
Sabine Zimmermann

Fraktionsloser
Abgeordneter

Gert Winkelmeier

Enthaltung

BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Kerstin Andreae
Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)

Cornelia Behm

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(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Dann war es ja wichtig, dass wir namentlich abgestimmt haben!)


Enthalten haben sich 42 Kolleginnen und Kollegen. Der
Gesetzentwurf ist damit angenommen.


(Zuruf von der FDP: Rechnung an Herrn Küster!)


Wir fahren in der Debatte fort. Nächster Redner ist
der Kollege Otto Bernhardt für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Otto Bernhardt (CDU):
Rede ID: ID1602502400

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Herr Kollege Solms, ich stimme Ihnen zu: Das
deutsche Steuerrecht ist zu kompliziert. Es ist undurch-
schaubar. Selbst die Fachleute haben damit ihre Pro-


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(C (D irgitt Bender atthias Berninger rietje Bettin lexander Bonde kin Deligöz r. Thea Dückert r. Ursula Eid ans-Josef Fell ai Gehring atrin Göring-Eckardt nja Hajduk ritta Haßelmann infried Hermann eter Hettlich riska Hinz lrike Höfken r. Anton Hofreiter ärbel Höhn hilo Hoppe te Koczy Renate Künast Markus Kurth Undine Kurth Monika Lazar Anna Lührmann Jerzy Montag Winfried Nachtwei Brigitte Pothmer Krista Sager Elisabeth Scharfenberg Christine Scheel Irmingard Schewe-Gerigk Dr. Gerhard Schick Rainder Steenblock Silke Stokar von Neuforn Dr. Harald Terpe Josef Philip Winkler Margareta Wolf Herr Kollege Westerwelle, von mir aus: eine mittelroße – (Dr. Uwe Küster [SPD]: Wenn Sie das brauchen!)


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Mittelgroße!)


inen ausformulierten Gesetzentwurf vorlegt. Ganz neu
st er nicht. Wir haben schon darüber diskutiert. Ich finde
as aber prima.


(Beifall bei der FDP)


Auch im nächsten Teil kann ich noch konstruktiv
leiben; denn Ihr Gesetzentwurf enthält manche Punkte,
ie unsere Zustimmung finden. Auch wir halten es für
ichtig, die Steuersätze zu reduzieren und die Ausnah-
en zu beseitigen, um so die Bemessungsgrundlage zu

rweitern. Allerdings – das wissen Sie – hat die große
oalition, was die Abschaffung von Ausnahmetatbe-






(A) )



(B) )


Otto Bernhardt
Wir bemühen uns – das ist ganz wichtig; so steht es auch
im Koalitionsvertrag –, dies im engen Einvernehmen mit
den Kommunen zu machen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Aber, Herr Kollege Solms, es gibt zwei kritische
Punkte – mindestens zwei; ich will mich auf zwei kon-
zentrieren –, die jeder für sich ausreichen würde, um den
Gesetzentwurf abzulehnen; auch wenn dies noch nicht
Thema der ersten Lesung ist. Sie haben in nur zwei Sät-
zen von Geld gesprochen. Das hätte ich auch, wenn ich
einen solchen Gesetzentwurf vorlegen würde. Es gibt
keine umfassenden Berechnungen dazu, was Ihr Gesetz
kosten würde. Der Hinweis „Dann ändert doch die Steu-
ersätze!“ ist zu kurz gefasst. Ich gehe davon aus, dass Ihr
Gesetzentwurf eher Steuerausfälle in der Größenord-
nung von 30 Milliarden Euro als von 25 Milliarden Euro
zur Folge hätte.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Im ersten Jahr auf alle Fälle!)


Wenn wir heute eine positive Tendenz zu Ihrem Ge-
setzentwurf zeigen würden – ich sage das jetzt etwas
polemisch –, dann würde die EU sofort zuschlagen.
Denn wenn dieses Gesetz am 1. Januar 2007 in Kraft tre-
ten würde, hätten wir keine Chance, die EU-Kriterien zu
erfüllen und dem Grundgesetz gerecht zu werden. Schon
aus diesen Gründen ist es nicht vertretbar, diesem Ge-
setzentwurf zuzustimmen.

Ich sage sehr deutlich: Wir als große Koalition kämp-
fen um das Vertrauen der Bevölkerung. Wir sind dabei
schon ein erhebliches Stück weitergekommen. Dieser
Gesetzentwurf und das, was morgen in den Zeitungen
stehen wird, werden dazu führen, dass wieder viele
Hoffnungen entstehen. Niemand kann diese Hoffnungen
erfüllen; denn niemand kann sie bezahlen. Dies ist ein
entscheidender Punkt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Herr Kollege Solms, mein zweiter Kritikpunkt betrifft
das System als solches. Auch wir wollen, dass in Zu-
kunft – so steht es im Koalitionsvertrag – Unterneh-
mensgewinne einheitlich besteuert werden, egal ob sie
bei Kapitalgesellschaften oder Personengesellschaften
entstehen. Schon die dazu vorgelegten Modelle der Stif-
tung Marktwirtschaft und des Sachverständigenrates zei-
gen, wie schwierig es ist, dieses Problem zu lösen.

Ich sage vorweg und begründe es gleich in ein paar
Sätzen: Ihr Vorschlag ist keine vertretbare Lösung. Sie
wollen im Einkommensteuerrecht drei Stufen – 15,
25 und 35 Prozent – schaffen. Das ist prima, aber nicht
bezahlbar. Jetzt haben Sie erkannt, dass 35 Prozent für
Unternehmergewinne im internationalen Vergleich na-
türlich zu hoch sind. Wir liegen, wie Sie wissen, heute
bei 39 Prozent und müssen uns in Richtung von
30 Prozent bewegen. Deshalb sagen Sie: In den Firmen
soll das anders sein. Dort soll die dritte Stufe nicht grei-
fen und 25 Prozent sollen das Maximum sein.

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(C (D 5 Prozent sind im internationalen Wettbewerb sicher ervorragend. Aber wir werden uns 25 Prozent nicht eisten können. Jetzt schauen Sie sich einmal die Praxis n: Ihr Vorschlag würde dazu führen – Sie wissen, wie ut Steuerberater Umgehungswege finden –, dass für en selbstständigen Rechtsanwalt, der 250 000 Euro pro ahr verdient, ein Steuersatz von 25 Prozent gilt, wähend sein angestellter Mitarbeiter, der 200 000 Euro verient, deutlich mehr Steuern zahlt. Dies ist nicht praktiierbar. (Vorsitz: Vizepräsidentin Katrin GöringEckardt)


Ich vermute, dass das Verfassungsgericht hier eingrei-
en würde. Sie können sicher sein, dass eine solche Be-
teuerung schrecklich oft zu Unternehmensgewinnen
ühren würde, die mit maximal 25 Prozent besteuert
erden, und nur ganz selten Gewinne über die Einkom-
ensteuer höher besteuert würden. Diese von Ihnen vor-

eschlagene Lösung ist nicht sachgerecht. Ich befinde
ich mit meiner Kritik in der guten Gesellschaft fast al-

er Fachleute. Wir hatten gerade gestern ein Gespräch
it den Vertretern des Sachverständigenrats und der
tiftung Marktwirtschaft. Beide Seiten haben deutlich
esagt: Dieser Ansatz der FDP ist nicht realistisch und
icht vernünftig. Das sollte man der deutschen Öffent-
ichkeit in aller Deutlichkeit sagen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Nun stimme ich Ihnen wieder einmal zu, Herr Kol-
ege Solms: Sie sagen, im Grundsatz müsse man nicht
ur, wie wir das im Koalitionsvertrag geschrieben ha-
en, die Unternehmensbesteuerung grundlegend verän-
ern, sondern im gleichen Atemzug auch die Einkom-
ensteuer.

Aber ich sage: Wir als große Koalition wollen um
ertrauen werben. Dabei sind wir bereits ein Stück vo-

angekommen. Deshalb haben wir im Koalitionsvertrag
ur das versprochen, was wir uns für die nächsten vier
ahre auch zutrauen. Wir wollen uns nicht übernehmen.


(Dr. Hermann Otto Solms [FDP]: Dann trauen Sie sich ja gar nichts zu!)


Herr Kollege, wenn wir uns die Unternehmensbesteu-
rung und die Einkommensbesteuerung ansehen, dann
erden Sie mir Recht geben, wenn ich sage: Der Re-

ormbedarf ist bei der Unternehmensbesteuerung deut-
ich dringender; das hat mit dem internationalen Wettbe-
erb zu tun.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Nicht umsonst müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass
uch unter steuerlichen Gesichtspunkten laufend Ar-
eitsplätze ins Ausland verlagert und immer mehr
ewinne nicht in Deutschland versteuert werden. Ich er-

nnere daran, dass dieses Thema schon im Rahmen des
obgipfels im März vergangenen Jahres isoliert unter
em Aspekt der internationalen Wettbewerbsfähigkeit
ngegangen werden sollte. Damals wollte man die Kör-
erschaftsteuer von 25 Prozent auf 19 Prozent senken.






(A) )



(B) )


Otto Bernhardt
Aufgrund der vorgezogenen Neuwahl konnte dieses Vor-
haben nicht mehr umgesetzt werden. Umso dringender
ist jetzt der Handlungsbedarf in diesem Bereich.

An den beiden Modellen, die nun vorgelegt worden
sind, wird deutlich: Dies ist eine komplizierte Materie.
Wir wollen nicht denselben Fehler machen, den wir be-
reits in den letzten Jahren zum Teil gemeinsam begangen
haben, indem wir zunächst einen Schnellschuss vorge-
legt und dann ein erstes und später ein zweites Verände-
rungsgesetz auf den Weg gebracht haben.

Wir haben, was unser Vorgehen beim Thema Unter-
nehmensbesteuerung betrifft, einen klaren Zeitplan:
Noch vor der diesjährigen Sommerpause werden Regie-
rung und Koalition die Eckpunkte miteinander abstim-
men. Wir erwarten, dass im vierten Quartal dieses Jahres
ein Referentenentwurf vorgelegt wird, mit dem sich
dann alle Interessierten ausführlich auseinander setzen
können. In knapp einem Jahr – ich vermute: im Februar
kommenden Jahres – werden wir hier im Bundestag die
erste Lesung des von uns vorgelegten Gesetzentwurfes
durchführen. Dann haben wir Zeit, mit den Experten zu
sprechen. Dazu werden wir umfangreiche Anhörungs-
verfahren durchführen. Unser Ziel ist, dieses Gesetz un-
mittelbar vor der Sommerpause des Parlaments im kom-
menden Jahr zu verabschieden, damit sich sowohl die
Wirtschaft als auch – das möchte ich betonen – die Fi-
nanzverwaltungen ein halbes Jahr lang auf dieses neue
Gesetz, das am 1. Januar 2008 in Kraft treten wird, vor-
bereiten können.

Ich komme noch einmal auf das Stichwort Vertrauen
zu sprechen. Wir wollen keine Schnellschüsse, sondern
eine solide Gesetzesarbeit.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Ja! So ist es richtig!)


Vielleicht gelingt es uns ja, gemeinsam Gesetze zu ma-
chen, die viele Jahre lang Bestand haben. Denn Sie ha-
ben völlig Recht: Zwei Drittel der Bevölkerung empfin-
den unser jetziges Steuerrecht insbesondere deshalb als
ungerecht, weil es so schwer zu verstehen ist. Ich denke,
die Koalition ist auf dem richtigen Weg. Wir werden zu-
nächst eine neue, solide Unternehmensteuerreform vor-
legen und uns zu einem späteren Zeitpunkt auch dem
Thema Einkommensteuer widmen. Aber ich sage sehr
deutlich: Es ist besser, kleine und mittelfristige Schritte
anzukündigen und durchzuführen, als große Schritte an-
zukündigen, die niemand verwirklichen kann.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602502500

Das Wort hat die Kollegin Dr. Barbara Höll, Die

Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1602502600

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Heute geht es um den Entwurf eines Gesetzes zur Re-
form der direkten Steuern, der von der FDP vorgelegt

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(C (D urde. Dabei handelt es sich um eines der Modelle, die ich gegenwärtig auf dem Markt befinden. Alle Modelle aben eines gemeinsam: Durch sie werden Großunterehmen und gut verdienende, vermögende Bürger entastet. Herr Solms und Herr Westerwelle, die FDP zeichnet ich dadurch aus – das muss man Ihnen zugute halten –, ass sie relativ offen ist. Sie sagen: Ja, wir wollen auf innahmen in Höhe von 17 bis 19 Milliarden Euro verichten. Nebenbei bemerkt füge ich hinzu: Ihr Gesetzntwurf enthält kein Finanztableau; bei dem von mir geannten Betrag handelt es sich also nur um eine grobe chätzung, die locker nach oben überboten werden kann. Auf Seite 22 Ihres Gesetzentwurfes kann man nachleen, wie sich der Rahmen für ein neues Steuerrecht aus hrer Sicht darstellt: Fünftens: Eine moderne und wachstumsorientierte Steuerpolitik ist zwingend mit einer soliden und nachhaltig auf Stabilität ausgerichteten Haushaltspolitik zu verbinden. Dabei muss gelten: Die Ausgaben richten sich nach den Einnahmen – nicht umgekehrt. Das ist Klartext: Erst wollen Sie auf 17 bis 9 Milliarden Euro verzichten und dann wird es wieder eißen, wir müssen sparen: an den Sozialleistungen, bei er Rente. Das ist locker-flockig die Fortsetzung des neliberalen Kurses, den wir in den letzten Jahren erleben ussten, und befindet sich voll in Übereinstimmung mit em, was die Regierungskoalition uns anbietet: Wie im ahreswirtschaftsbericht nachzulesen ist, erwarten Sie ür dieses Jahr eine Stagnation der Einkommen und Renen, der Zuwächse von etwa 7,5 Prozent für Selbststänige und Bezieher von Vermögenseinkünften entgegentehen. Das ist die Realität, in der wir leben. Diese eoliberale Politik werden wir nicht mitmachen. (Beifall bei der LINKEN – Dr. Hermann Otto Solms [FDP]: Das ist keine Überraschung!)


Es ist keine Überraschung, aber es ist gut, dass wir die
öglichkeit haben, es Ihnen von diesem Pult aus zu sa-

en, und Sie werden es sich weiter anhören müssen.


(Dr. Hermann Otto Solms [FDP]: Wir hören es ja an!)


Im Gesetzentwurf der FDP heißt es, Sie wollen einen
tufentarif mit Steuersätzen von 15, 25 und 35 Pro-
ent. Das bedeutete eine weitere Senkung des Spitzen-
teuersatzes, eine Fortsetzung der Politik der letzten
ahre von Rot-Grün. Dieser Spitzensteuersatz soll ferner
ereits bei einem Einkommen von 40 000 Euro einset-
en. Schon die Bezieher mittlerer Einkommen müssten
lso zur Finanzierung des Gemeinwesens anteilig so viel
eitragen wie die Millionäre, die sich aus der Finanzie-
ung desselben damit ein Stück weiter zurückziehen
önnten. Der vorgesehene Wegfall der Steuerfreiheit der
eiertags- und Nachtzuschläge würde insbesondere Ar-
eitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit einem geringen
inkommen treffen. Die Entfernungspauschale soll ge-
trichen werden, die Werbungskostenpauschale auch.






(A) )



(B) )


Dr. Barbara Höll
Bezieher niedriger Einkommen würden dadurch massiv
schlechter gestellt.

Ich sagte es schon: Sie sind ganz offen. Es gibt den
berühmten Solms-Rechner, an dem jeder nachprüfen
kann, was die Vorschläge für ihn konkret heißen. Bei ei-
nem Einkommen von 25 000 Euro – Einzelveranlagung,
sprich kein Kind, kein Soli-Zuschlag; ausschließlich die
Werbungskosten angesetzt – ergäbe sich gegenüber der
heutigen Steuerbelastung von knapp 4 000 Euro eine
von nur noch 2 500 Euro, somit eine Entlastung von ge-
rundet 1 300 Euro; das wären 5 Prozent. Bei einem Ein-
kommen von 150 000 Euro sieht die Entlastung schon
besser aus: 14 400 Euro; das wären ganze 9 Prozent.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN], an die FDP gewandt: Sie macht auch noch Werbung für euren Rechner!)


Das sind die Zahlen, das ist die Politik der FDP: Sie wol-
len fortfahren, niedrige Einkommen prozentual höher zu
belasten. Das wird zu einer weiteren Schwächung der
Binnennachfrage und des Gemeinwesens führen – eine
Politik, die wir nicht mitmachen.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich sage hier nochmals: Haben Sie endlich den Mut,
etwas gegen die Massenarbeitslosigkeit zu tun, gegen
Kinderarmut, gegen die soziale Auslese, die heute von
Geburt an geschieht. Das wird auch von außen bestätigt:
Alle internationalen Bildungsuntersuchungen zeigen,
dass in fast keinem anderen Land in Europa so wie in
Deutschland die soziale Herkunft über die Zukunftsaus-
sichten der Kinder entscheidet – und dann wundern Sie
sich, dass die Leute keine Kinder bekommen! Ja, warum
denn wohl?!

Stärkung des Gemeinwesens, das heißt für uns insbe-
sondere, dass Gesundheit und Bildung nicht weiter zu ei-
ner Ware werden dürfen. Über die Besteuerung kann die
Politik dagegenhalten: Wir brauchen eine Reform der
Einkommensteuer zur Stärkung der Menschen mit klei-
neren und mittleren Einkommen. Menschen mit großen
Einkommen und großen Vermögen müssen zur Finanzie-
rung des Gemeinwesens stärker herangezogen werden.
Im Gegensatz zu Ihnen, die Sie sich für eine Streichung
der Vermögensteuer aussprechen, fordern wir die Wie-
dererhebung einer reformierten Vermögensteuer. Da-
durch könnten wir 15 Milliarden Euro zusätzlich einneh-
men.


(Beifall bei der LINKEN – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das glauben Sie doch selber nicht!)


– Doch, das glauben wir und es ist nachgerechnet; da-
rüber können wir uns einmal unterhalten.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Reine Theorie! Theorie und Praxis!)


Auch wir fordern eine Unternehmensteuerreform.
Aber für diese muss ebenfalls gelten: Besteuerung nach
der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit – und nicht, wie
bei Ihnen, dass es letztendlich davon abhängt, wie viele
Möglichkeiten jemand hat, ganz legal Steuern zu sparen.

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(C (D ie von der FDP wollen die Verlustverrechnung für inernationale Konzerne sogar noch ausweiten, indem Sie ie Organschaft abschaffen und die Gruppenbesteuerung usweiten wollen. Das hieße ein Fortschreiten der neolieralen Politik, wenn Ihr Gesetzentwurf umgesetzt ürde. Das ist mit uns nicht zu machen. Unser Konzept ist in anderes. Wir sagen: Sozial gerechte Steuerpolitik ist otwendig. Ein solches Konzept ist auch auf dem Markt. amit werden Sie sich in Zukunft noch stärker auseinaner setzen können und müssen. Ich danke Ihnen. Das Wort hat die Kollegin Gabriele Frechen, SPD raktion. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! iebe Kollegen! Wir beraten heute einen Gesetzentwurf er FDP. Diesen kennen wir noch aus dem vergangenen ahr. Er war schon Gegenstand der Beratungen. (Dr. Hermann Otto Solms [FDP]: Er ist geändert!)


(Beifall bei der LINKEN)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602502700
Gabriele Frechen (SPD):
Rede ID: ID1602502800

Teilweise. Mit dem Teil zur Einkommensteuer haben
ich, bis auf wenige Ausnahmen, schon die Sachverstän-
igen beschäftigt.


(Dr. Hermann Otto Solms [FDP]: Die Unternehmensteuer ist dazugekommen!)


er Gesetzentwurf wurde aber zurückgenommen, weil
er Teil zur Unternehmensteuer fehlte. Um ihn ist der
ntwurf nun ergänzt worden.

Ich finde, es verdient Respekt, dass Sie uns einen aus-
ormulierten Gesetzentwurf vorgelegt haben. Der Urhe-
er hat sich viel Mühe gemacht.


(Beifall bei der FDP)


ch glaube, ich sehe den Urheber direkt an. Er sitzt in der
rsten Reihe. Das sind doch Sie, Herr Solms. Ein ausfor-
ulierter Gesetzentwurf zwingt Sie – auch das ehrt Sie –,
arbe zu bekennen; denn wenn ein Gesetzentwurf aus-
ormuliert vorliegt, kann man sich näher mit den Details
efassen.

Die Auseinandersetzung mit diesem Gesetzentwurf
uss unter der Prämisse stehen: Was bringt ein solches
esetz und was kostet es? Sie sprechen davon, dass da-
urch Investitionstätigkeiten angeregt und Arbeitsplätze
eu geschaffen werden sollen. Aber ist das wirklich so?


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Ja!)


ir haben in den letzten sieben Jahren die Steuern so
eutlich gesenkt wie nie zuvor.


(Beifall bei der SPD)


ir haben historisch niedrige Steuersätze.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Die Ökosteuer haben Sie doch raufgesetzt!)







(A) )



(B) )


Gabriele Frechen
Ist das durch Investitionen belohnt worden? Ich glaube,
hier sind ganz erhebliche Zweifel zulässig. Man kann
natürlich sagen, dass die Senkungen nicht ausreichen.
Aber wann reichen sie aus? Wenn wir in Europa bei ei-
nem Steuersatz von 0 Prozent angekommen sind? Ich
bin überzeugt, dass davon weder Europa noch die einzel-
nen Staaten etwas hätten, sondern nur die Aktionäre.

Wir dürfen, wenn wir die Steuersätze senken wollen,
nicht den zweiten Schritt vor dem ersten machen. Das
heißt, die Verbreiterung der Bemessungsgrundlage
muss möglichst auf europäischer Ebene vorgenommen
werden, damit die Steuersätze wirklich vergleichbar
sind. 25 Prozent von X sind nicht unbedingt mehr als
10 Prozent von Y. Aber gut, bei Rechnungen mit Unbe-
kannten sollte sich der Staat besser heraushalten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir streiten in unre-
gelmäßigen Abständen über das Defizitkriterium des
Wachstums- und Stabilitätspakts von 3 Prozent. Sie tra-
gen dieses Kriterium oftmals wie eine Monstranz vor
sich her. Wie passt da eine Belastung der öffentlichen
Haushalte von 20 Milliarden Euro – ich bin noch recht
vorsichtig – in die Diskussion? Die Finanzminister der
Länder haben übereinstimmend diesen Teil des Geset-
zes, der in der Anhörung behandelt wurde, als nicht fi-
nanzierbar bezeichnet. Dabei sind wir noch davon aus-
gegangen, dass der Höchststeuersatz bei 35 Prozent
liegt. Diesen wollen Sie für unternehmerische Tätigkeit
nun auch noch auf 25 Prozent senken. Das ist doch dann
gar nicht mehr finanzierbar.

Ich bin davon überzeugt, dass wir alle hier der Mei-
nung sind, dass das Steuerrecht vereinfacht werden
muss, dass wir also Ausnahmetatbestände streichen, Ge-
setzeslücken und Steuerschlupflöcher schließen müssen.
Ich finde, die große Koalition ist hier auf einem guten
Weg;


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Otto Bernhardt [CDU/CSU])


Herr Bernhardt hat das schon gesagt.

Ich möchte nicht an das erinnern, was wir alles schon
hätten tun können, wenn alle mitgespielt hätten; denn
Nachkarten bringt nichts. Ich erinnere an die Plenarsit-
zung vom 15. Dezember letzten Jahres, in der wir – zum
Teil mit den Stimmen des ganzen Hauses – die Eigen-
heimzulage abgeschafft, Steuerschlupflöcher geschlos-
sen und einige nicht unerhebliche Ausnahmeregelungen
gestrichen haben. Diesen Weg werden wir konsequent
fortsetzen. Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der
Opposition, sind natürlich herzlich eingeladen, uns bei
der Reform der Einkommensteuer und der Unterneh-
mensteuer zu begleiten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Die Menschen sind, auch weil sie von allen Seiten
eingetrichtert bekommen, unser Steuerrecht sei sehr
kompliziert, davon überzeugt, dass es kompliziert ist.


(Zuruf des Abg. Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP])



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(C (D Wenn Sie sich zu Wort melden, dann kann ich Sie vertehen und Ihnen antworten. Wenn Sie allerdings keine ntwort wollen, dann sprechen Sie bitte etwas leiser. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Menschen wollen aber auch im Einzelnen gerecht
ehandelt werden; das halte ich für einen sehr vertretba-
en Anspruch. Wir alle wissen: Durch Pauschalierungen
erden Lebenssachverhalte Einzelner ausgegrenzt und

ie führen zum Verlust von Gerechtigkeit. Deshalb soll-
en wir uns immer fragen: Wie viel Vereinfachung kön-
en wir mit unserem Anspruch an Gerechtigkeit vertre-
en? Ich sage „sollten“; denn im Gesetzentwurf der FDP
ommt das Wort „Steuergerechtigkeit“ nicht gerade oft
or. In den fünf Kriterien, die dort als Rahmen vorgege-
en werden, heißt es nur einmal: „Einfachheit hat Vor-
ang vor Einzelgerechtigkeit in jedem Detail“.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


as merkt man, und zwar nicht nur im Detail.

Der Bund Deutscher Finanzrichterinnen und Finanz-
ichter schreibt dazu in seiner Stellungnahme:

Dem an sich zu unterstreichenden Postulat des vor-
liegenden Gesetzentwurfs, dem Gebot der Einfach-
heit Vorrang gegenüber dem Streben nach Einzel-
fallgerechtigkeit einzuräumen, kann daher in dieser
Allgemeinheit nicht zugestimmt werden.

ir stimmen darin überein, dass es im Steuerrecht keine
inzelfallgerechtigkeit geben kann, aber der Vereinfa-
hung auf Gedeih und Verderb alles unterzuordnen,
ringt die soziale Balance doch ganz erheblich in Schief-
age.


(Beifall des Abg. Joachim Poß [SPD])


Im Gutachten des DIW steht dazu:

Beim Konzept der FDP konzentrieren sich die Ent-
lastungen auf den mittleren und oberen Bereich.

ündlich wurde in der Anhörung dann ergänzt: Die Ein-
ommensungleichheit nimmt beim FDP-Konzept deut-
ich zu.

Nochmals zur Verdeutlichung: Arbeitnehmer, Rentner
nd Empfänger von Lohnersatzleistungen hätten nach
em Willen der FDP einen Spitzensteuersatz von
5 Prozent, während Einkünfte aus unternehmerischer
ätigkeit einem Spitzensteuersatz von nur noch
5 Prozent unterlägen.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das ist Unsinn!)


Das steht in Ihrem Gesetzentwurf. Vielleicht sollten
ie ihn einmal lesen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich nä-
er auf das Thema Vereinfachung eingehen. Selbstver-
tändlich ist es eine Vereinfachung, wenn man ganze
orschriften streicht oder weglässt, wenn man das Ge-
etz neu fasst. Bei der Streichung der Steuerfreiheit von
onn-, Feiertags- und Nachtzuschlägen oder der
bungsleiterpauschale handelt es sich aber nicht um






(A) )



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Gabriele Frechen
eine Vereinfachung auf Kosten der Einzelfallgerechtig-
keit. Diese Ausnahmen brauchen Sie, damit der Spitzen-
steuersatz abgesenkt werden kann.


(Beifall bei der SPD)


Ein weiterer Punkt der angeblichen Vereinfachungen
ist die Einführung eines einkommensabhängigen Wer-
bungskostenabzugs. Für die Kolleginnen und Kollegen
von der FDP scheint es aus Vereinfachungsgründen ge-
rechtfertigt, dass ein Arbeitnehmer mit einem Einkom-
men von 250 000 Euro per se – also ohne Nachweis –
mit 5 000 Euro entlastet werden muss, ein Arbeitnehmer
mit einem Einkommen von 40 000 Euro aber nur mit
800 Euro. Das Motto „Wer mehr hat, bekommt auch
mehr“ führt den Gedanken der Vereinfachung ad ab-
surdum.


(Beifall bei der SPD)


Manchmal frage ich mich wirklich, wo die Kolleginnen
und Kollegen, die einen solchen Gesetzentwurf einbrin-
gen, leben.

Die doppelte Haushaltsführung, der Heimarbeitsplatz,
die Fahrten zwischen der Wohnung und der Arbeitsstätte –
all das sind nach Meinung der FDP Kosten der allgemei-
nen und privaten Lebensführung. Glauben Sie wirklich,
dass die Fahrtkosten eines Chemikers privat veranlasst
sind, wenn ein Labor von A nach B verlegt wird? Glau-
ben Sie, dass man jederzeit die Kinder aus der Schule
nehmen und in eine andere Schule schicken und das
Haus verkaufen könnte und dass die Ehefrau ihren Job
aufgeben könnte, wenn ein Unternehmen von Y nach Z
zieht und seinen Sitz verlagert?


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE])


Das alles halten Sie für machbar und zumutbar für die
Arbeitnehmer.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Jetzt wird es sachfremd! Das stimmt doch gar nicht!)


– Herr Westerwelle, viele von uns, die hier sitzen – ich
glaube, es sind sogar die meisten –, haben eine doppelte
Haushaltsführung. Wenn Sie von der FDP das aufgrund
Ihres persönlichen Lebenswunsches als Dinge der per-
sönlichen Lebensführung ansehen, dann ist das eine Sa-
che. Für die meisten von uns ist die doppelte Haushalts-
führung aber sicherlich beruflich begründet.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE])


Zu diesem Bereich ist in Ihrem Gesetzentwurf zu le-
sen:

Der weit gehende Verzicht auf Steuerbefreiungen
und subventionsähnliche Tatbestände ermöglicht
hohe Freibeträge und eine radikale allgemeine Ta-
rifsenkung ...


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Es geht um die Abgeordneten!)


– Auch wir sind Teil der Bevölkerung, Herr
Dr. Westerwelle, aber vielleicht in Ihren Augen nicht.



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(C (D (Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Aber nicht so repräsentativ!)


Das sollten wir aber sein.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602502900

Frau Kollegin, möchten Sie eine Zwischenfrage des

ollegen Solms zulassen?


Gabriele Frechen (SPD):
Rede ID: ID1602503000

Ja, natürlich.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602503100

Bitte schön.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1602503200

Frau Kollegin, würden Sie bitte zur Kenntnis nehmen,

ass die Abgeordneten keinen Anspruch auf die steuerli-
he Geltendmachung der doppelten Haushaltsführung
aben, weil sie eine Kostenpauschale bekommen?


Gabriele Frechen (SPD):
Rede ID: ID1602503300

Da ich ein höflicher Mensch bin, nehme ich natürlich

lles zur Kenntnis, was Sie sagen, Herr Dr. Solms. Sie
aben selbstverständlich Recht: Die doppelte Haushalts-
ührung wird bei uns Abgeordneten mit der Kostenpau-
chale extra abgegolten. Wenn wir zum nordrhein-west-
älischen Modell übergehen sollten, was mitunter in der
iskussion ist, dann wird für uns die doppelte Haus-
altsführung wie für jeden Arbeitnehmer selbstverständ-
ich unter die Werbungskosten fallen. Gestern gab es
azu im WDR in der Sendung „Hart, aber fair“ mit Frau
ollegin Nina Hauer und Herrn Siegfried Kauder eine
iskussion. Ist Ihre Frage damit beantwortet? – Gut.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Man fragt sich schon: Wem dienen die Steuersenkun-
en? Wer trägt die Belastungen? Professor Dr. Hickel
chreibt in seiner Stellungnahme:

Wird dieser auf Arbeitseinkommen konzentrierte
Abbau von Steuervorteilen mit der Senkung des
Einkommensteuertarifs verglichen, dann ist die so-
zial ungerechte Verschiebung der Steuerlast nicht
mehr zu übersehen.

Zum Schluss möchte ich noch einmal aus Ihrem Ge-
etzentwurf zitieren:

Es ist nicht die Aufgabe des Steuerrechts, erst Ein-
kommen übermäßig „wegzusteuern“ und dann den
nach Abzug der Verwaltungskosten verbleibenden
Betrag wieder an die Gruppen zu verteilen...

och, liebe Kolleginnen und Kollegen, genau das ist
inn und Ziel des Steuerrechts. Was Sie lapidar als „Ver-
altungskosten“ ansehen, sind die vielfältigen Aufgaben
es Staates: soziale Sicherung, Bildung und Infrastruk-
ur. All diese Aufgaben werden zu 75 Prozent aus Steu-
rmitteln finanziert, insbesondere die soziale Sicherung.
er Staat hat die Aufgabe, einen Ausgleich an Chancen,
erteilungsgerechtigkeit und Teilhabe zu gewährleisten.
r ist für die Steuergelder verantwortlich. Damit muss er






(A) )



(B) )


Gabriele Frechen
verantwortlich umgehen und nach dem Prinzip der Leis-
tungsfähigkeit besteuern.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602503400

Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Schluss.


Gabriele Frechen (SPD):
Rede ID: ID1602503500

Er hat mit dem Einsatz der Steuergelder sowohl dem

Gemeinwohl als auch jedem Einzelnen zu dienen. Das
hat etwas mit Gerechtigkeit und Solidarität zu tun. Man
kann es auch „Sozialstaat“ nennen.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602503600

Frau Kollegin, bitte kommen Sie zum Schluss.


Gabriele Frechen (SPD):
Rede ID: ID1602503700

Gut gemeint ist das Gegenteil von gut. Ich freue mich

auf die Ausschussberatungen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602503800

Für Bündnis 90/Die Grünen spricht die Kollegin

Christine Scheel.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Bitte etwas Neues!)



Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602503900

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Ich fand es interessant, Herr Dr. Solms, dass Sie
heute zum ersten Mal im Zusammenhang mit Ihren Steu-
ervorschlägen gesagt haben, es gehe Ihnen nicht unbe-
dingt um die Senkung der Steuersätze, sondern es gehe
Ihnen um die Struktur. Das heißt, dass das, was Sie in
den letzten Jahren mit Ihrem Dreistufentarif und den
Steuersätzen von 15, 25 und 35 Prozent politisch im
Land verkündet haben, überhaupt keinen Bestand mehr
hätte, wenn man sich die Struktur anschaut und die
Finanzierung, die damit verbunden ist, in den Vorder-
grund stellen würde. Ihr Modell bricht also zusammen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602504000

Frau Scheel, lassen Sie eine Zwischenfrage des Kolle-

gen Solms zu?


Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602504100

Gerne.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602504200

Bitte schön.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1602504300

Frau Scheel, würden Sie bitte zur Kenntnis nehmen,

dass ich in meiner Rede ausgeführt habe, dass wir an un-
serem Stufenmodell selbstverständlich festhalten und
wir eine Steuerentlastung für die Bürger für notwendig

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(C (D rachten, damit sie mehr finanziellen Freiraum für Eienvorsorge und eigene Initiativen gewinnen können? ber für diejenigen, die der Meinung sind, man sollte icht so verfahren und keine Steuerentlastung herbeifühen, sollte die Möglichkeit bestehen, den Tarif anders zu estalten. Dies ist ein Thema für sich, aber die Struktureform als solche ist der Kern, weil sich erst aus der truktur eines einfachen Steuerrechts das Vertrauen der ürger in einen fairen Steuerstaat zurückgewinnen lässt. Nein, Herr Dr. Solms, Sie bestätigen meine Auffas ung, dass Sie langsam dahin kommen, zugeben zu müsen, dass Ihr Gesetzentwurf nicht finanzierbar ist und ass die öffentlichen Haushalte die Steuerausfälle nicht erkraften. Deswegen gehen Sie jetzt einen Schritt zuück und schlagen vor, sich zuerst auf die Struktur zu onzentrieren und erst dann die Steuersätze in den Blick u nehmen. Die Konsequenz wäre, dass die von Ihnen orgeschlagene Senkung der Steuersätze nicht haltbar äre. Das ist die Wahrheit und das muss man den Bürge innen und Bürgern auch sagen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Das ist unintellektuell!)

Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602504400

Viele Ziele, die Sie in Ihrem Steuermodell formuliert
aben, teilen wir. Wir teilen die Auffassung, dass das
teuerrecht zu kompliziert ist und vereinfacht werden
uss. Wir teilen auch die Auffassung, dass in die Steuer-

orlagen eine verständlichere Sprache Eingang finden
uss, damit die Bürger und Bürgerinnen verstehen, was

n den Formularen gefordert wird.


(Norbert Schindler [CDU/CSU]: Das ist ja alles neu! Donnerwetter!)


ir teilen auch die Auffassung, dass wir ein internatio-
al wettbewerbsfähiges Steuerrecht brauchen.

So weit, so gut. Aber um auf Ihren Einwand zurück-
ukommen: Bei der Fraktion der FDP passen Anspruch
nd Wirklichkeit nicht zusammen,


(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: So ist es!)


eil Ihr Steuerrecht bei genauerer Betrachtung in den
inzelnen Facetten nicht unbedingt einfacher wird. Es
ird vielmehr in verschiedenen Punkten komplizierter
nd schafft ein Eldorado für Steuergestalter. Wir alle be-
ühen uns doch, Steuerschlupflöcher zu schließen. Wir

lle in diesem Haus bemühen uns doch in den Fraktionen
ehr oder weniger intensiv darum, dass die von teuren

nd guten Beratern eröffneten Steuergestaltungsmög-
ichkeiten im Sinne der Allgemeinheit der Steuerzahler,
ie das zu finanzieren hätten, nicht mehr so stark genutzt
erden können. Wir wollen die Steuerschlupflöcher

chließen, aber Sie schaffen mit der von Ihnen beabsich-
igen Struktur neue Schlupflöcher. Das halte ich für ein
iesenproblem; denn wir sind in der Diskussion schon
iel weiter.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Christine Scheel
Vorhin wurde festgestellt, dass Ihr Modell mit einem
Einnahmeausfall in Höhe von 17 Milliarden bis
19 Milliarden Euro verbunden wäre. Ich sage klipp und
klar: Das geht nicht. Eine machbare Steuerreform – eine
Einkommen- und Unternehmensteuerreform – in
Deutschland muss ohne Einnahmeausfälle für die öffent-
lichen Haushalte auskommen. Sie nehmen mit Ihren
Vorstellungen – das finde ich an der FDP so absurd –
keinerlei Rücksicht auf die finanziellen Handlungsspiel-
räume des Staates. Sie tragen nichts zur Konsolidierung
des Haushaltes bei. Sie haben, wenn es um die Stabilisie-
rung des Steueraufkommens ging, immer wieder die Ab-
schaffung der Eigenheimzulage und der Steuersparfonds
abgelehnt, weil Sie das als Steuererhöhung interpretiert
haben. Davon sind Sie jetzt etwas abgerückt – darüber
bin ich froh –, aber es schwebt immer noch im Raum.

Auf der anderen Seite geben Sie aber das Geld des
Staates mit vollen Händen aus. Sie haben einen Antrag
zum Unterhaltsrechtes im Bundestag eingebracht – er
wird heute Nachmittag beraten –, der voller nicht ausge-
reifter und ausfinanzierter Versprechen ist. 200 Euro
Kindergeld – das klingt klasse. Wenn man den Bürgerin-
nen und Bürgern, die Kinder haben, 200 Euro Kinder-
geld zusagt, dann wird sicherlich jeder sagen: Super,
darüber freue ich mich. Aber das kostet den Staat
9 Milliarden Euro und Sie sagen nicht, woher Sie das
Geld nehmen wollen.

Ich frage mich, wie das alles zusammenpasst: Sie for-
dern Steuer- und Abgabensenkungen und Mehrausgaben
für Bildung, Forschung, Verteidigung und Familien,


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Mehr Wachstum, mehr Arbeitsplätze, mehr Steuerzahler!)


aber die Maastrichtkriterien sollen eingehalten werden.
Im Bundestag steht aber keine Gelddruckmaschine. Das
Manna fällt auch nicht vom Himmel.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Das Manna schon!)


Dieser Lebensrealität sollten Sie sich endlich stellen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Bei Ihnen werden in einzelnen Bereichen Konzepte mit
einem gewissen Tunnelblick – ohne Rücksicht auf die
finanziellen Folgen – erarbeitet.

Herr Kollege Koppelin, der für die FDP dem Haus-
haltsausschuss des Deutschen Bundestages angehört, be-
treibt immer ein bisschen Konsolidierungsrethorik, mit
der er auch seine Forderung nach Einhaltung des Wachs-
tums- und Stabilitätspakts garniert. Das passt aber nicht
zusammen. Sie müssen sich langsam entscheiden, ob Sie
in der Bundesrepublik Deutschland eine verantwor-
tungsvolle Oppositionspolitik mit gesamtstaatlicher Ver-
antwortung machen wollen oder nicht.Bislang sieht es
aber so aus, dass Sie das nicht machen wollen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Wir machen das konstruktiv!)


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(C (D Es bleibt Ihr Geheimnis, wie Sie die Finanzund aushaltspolitik gestalten wollen. Insgesamt ist Ihre Po itik jedenfalls inkonsistent. Aber ab und zu gibt es bei hnen einen Lichtblick. Sie, meine Damen und Herren on der FDP-Fraktion, haben die Vorlage zur Familienolitik, die Sie in der letzten Sitzungswoche eingebracht aben, konsequenterweise zurückgezogen, weil Ihre aushälter festgestellt haben, dass die vorgeschlagenen aßnahmen nicht finanzierbar sind. (Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Wie geht es eigentlich Herrn Loske?)


Herr Westerwelle, Sie haben einerseits der Regierung
orgeschlagen, auf die geplante Mehrwertsteuererhö-
ung zu verzichten – dem kann ich nur zustimmen; aus
onjunkturellen Gründen haben Sie Recht –, und ande-
erseits den Gewerkschaften nahe gelegt, auf Lohnerhö-
ungen zu verzichten. Ich kann Ihnen von der FDP-
raktion nur raten: Schließen Sie sich dem Pakt der Ver-
unft, wie Sie ihn nennen, an! Ziehen Sie Ihren Gesetz-
ntwurf zurück! Überarbeiten Sie ihn und schauen Sie
ich die realen finanziellen Rahmenbedingungen für
und, Länder und Kommunen an! Dann können wir
eiter diskutieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Nicht nur wir sind der Auffassung, dass Ihre Vor-
chläge nicht finanzierbar sind. Sie regieren in fünf Bun-
esländern mit.


(Dr. Hermann Otto Solms [FDP]: In wie vielen Ländern regieren Sie denn mit?)


avon stehen nun in drei Ländern, Sachsen-Anhalt,
heinland-Pfalz und Baden-Württemberg, Wahlen an. In
ll diesen Ländern werben Sie für Ihr Modell und sagen:
er Steuervorschlag der FDP ist Superklasse.


(Beifall bei der FDP)


ber nennen Sie mir einen einzigen Ministerpräsidenten
us den drei Bundesländern, in denen Sie mitregieren,
er bereit wäre, Ihren Gesetzentwurf in den Bundesrat
inzubringen und zu sagen: Hier, Jungs und Mädels,


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Das sagen unsere Ministerpräsidenten nicht!)


ege ich euch einen Gesetzentwurf vor; den wollen wir. –
einer der Ministerpräsidenten ist tatsächlich der Mei-
ung, dass Ihr Gesetzentwurf Superklasse ist, weil alle
issen, dass das nicht finanzierbar ist, dass es sich um

ine Luftnummer handelt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wer Haushaltsverantwortung trägt, muss das sehen.
er weiß, wie ein Haushalt funktioniert und welche
irkungen bestimmte Maßnahmen haben, und sich im

teuerrecht auskennt, der weiß auch, dass Steueraus-
älle in den Anfangsjahren noch viel höher sind als in
en folgenden Jahren. Bezogen auf Ihren Vorschlag, be-
eutet das: Die Tarifänderung wirkt zwar sofort. Aber
ie Verbreiterung der Bemessungsgrundlage greift erst
päter. Wenn man Ihren Vorschlag umsetzte, dann hätte
an Steuerausfälle nicht, wie von Ihnen behauptet, in






(A) )



(B) )


Christine Scheel
Höhe von 17 bis 19 Milliarden Euro pro Jahr, sondern in
Höhe von rund 32 Milliarden Euro im ersten Jahr. Ich
möchte sehen, wie dann die Verhandlungen in Brüssel
liefen. Sie riskieren, dass Deutschland an die EU Straf-
geldzahlungen in Höhe von 10 Milliarden Euro leisten
muss. Dieses Risiko gingen Sie ein. 10 Milliarden Euro
just for fun! Das geht nicht; das ist unverantwortlich.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wer sagt, dass die Gesamtsteuerbelastung in Deutsch-
land viel zu hoch sei, hat Recht, was die Strukturen in
einzelnen Bereichen anbelangt. Aber die Steuerquote in
Deutschland liegt – das sollten Sie bitte einmal zur
Kenntnis nehmen – bei knapp über 20 Prozent. Das ist
fast der niedrigste Wert in Europa. Nur die Slowakei
liegt mit 18,4 Prozent noch etwas darunter. Wir müssen
sicherlich die Struktur vereinfachen.


(Beifall des Abg. Oskar Lafontaine [DIE LINKE])


Aber wir dürfen nicht auf breiter Ebene Steuerentlastun-
gen vornehmen, weil das, wie gesagt, nicht verantwort-
bar wäre.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Lafontaine klatscht! Das ist schon ein Vorteil! Wenigstens einer!)


Konzentrieren wir uns daruf, dass Deutschland im in-
ternationalen Vergleich konkurrenzfähig bleibt. Die hohe
Abgabenbelastung bei den Löhnen muss im Fokus ste-
hen. Lassen Sie uns auf das Wesentliche schauen! Die
Grünen haben eine Vorlage für ein steuerfinanziertes
Progressivmodell in den Bundestag eingebracht, durch
das kleine Einkommen von Sozialabgaben entlastet wer-
den. Das ist für den Arbeitsmarkt, die Bezieher kleiner
Einkommen und die Arbeitgeber gut. Gehen Sie diesen
Weg mit, anstatt mit irgendwelchen Luftnummern zu
agieren!

Noch zu Ihrem Vorschlag, die Gewerbesteuer abzu-
schaffen. Man kann darüber reden, wie man die Kom-
munalfinanzen für die Zukunft regeln will. Das aber,
was ich bei allen, die die Gewerbesteuer abschaffen und
durch etwas anderes ersetzen wollen, anprangere, ist,
dass die Bürger und die Bürgerinnen nicht die Informa-
tion bekommen, was das denn bedeutet. Diese kaufen
die Katze im Sack. Die Einfachsteuer ist in Wirklichkeit
ein hoch kompliziertes Zuschlagsmodell und die Bürger
erfahren nicht, wie hoch sie in letzter Konsequenz belas-
tet werden, wenn sie Einkommensteuer plus kommunale
Zuschlagsteuern bezahlen. Die einzelnen Bürger und
Bürgerinnen erfahren nicht, wie hoch die Steuersätze für
sie wirklich sind. Das enthalten Sie den Bürgern vor. –
Frau Präsidentin, ich bin sofort mit meiner Rede am
Ende.

Die Rhetorik klingt gut, aber Sie ignorieren die Zu-
sammenhänge. Auch eine Oppositionspartei muss ihrer
gesamtstaatlichen Verantwortung nachkommen, aber da
ist bei Ihnen Fehlanzeige.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Das Wort hat der Kollege Hans Michelbach, CDU/ SU-Fraktion. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kol egen! Niemand hier sollte bezweifeln, dass wir eine Reorm der Einkommensteuer und der Unternehmensbeteuerung benötigen, um wieder mehr Wachstum und eschäftigung zu erzielen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Beifall bei der FDP – CarlLudwig Thiele [FDP]: Richtig! Auch Frau Scheel nicht!)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602504500

(Beifall bei der CDU/CSU)

Hans Michelbach (CSU):
Rede ID: ID1602504600

er ausformulierte Gesetzentwurf der FDP nötigt mir
espekt ab. Er bedarf sicher einer vertiefenden und um-

assenden Diskussion. Er ist eine gute Grundlage. Da-
über darf man nicht einfach locker hinweggehen. Er ist
ine Grundlage für die weiteren Schritte in der Steuerpo-
itik. Der Gesetzentwurf der FDP wirft aber zum heuti-
en Zeitpunkt – das müssen Sie, geschätzter Herr Kol-
ege Dr. Solms, zugeben – zahlreiche Fragen und
weifel auf. Insbesondere ist es mehr als fraglich, ob das
ngegebene Haushaltsvolumen von 17 bis 19 Milliar-
en Euro einer näheren Überprüfung standhält. Nach
rsten Berechnungen unsererseits belaufen sich die Kos-
en auf über 21 Milliarden Euro. Das ist bei einem struk-
urellen Defizit des Bundeshaushaltes von heute
0 Milliarden Euro eine große Zahl. Es wird ein steini-
er Weg, bis diesem Gesetzentwurf zugestimmt werden
ann.

Wir sollten uns angesichts der angespannten Haus-
altslage weder eine Verfassungswidrigkeit der Haus-
alte noch eine des Steuerrechts auf Dauer leisten. Wir
üssen jetzt schrittweise mit Vernunft vorgehen. Meine
amen und Herren von der FDP, auch für Sie gilt: Schal-
eienklänge sind von kurzer Dauer, wenn das Instru-
ent gepfändet wird. Das ist die Situation.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Ein schönes Bild!)


ie Einhaltung der Verfassung und des europäischen
tabilitätspaktes ab 2007 muss zunächst oberste Priorität
enießen. Ohne dass wir konsolidiert haben, werden wir
eine Wachstumsziele erreichen und werden wir keine
raft für die Steuerpolitik haben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


as ist die Grundlage. Wir müssen Schritt für Schritt
orgehen. Ein Wolkenkuckucksheim nützt unseren Steu-
rzahlern nichts; denn die Schulden von heute sind die
teuern von morgen. Das würde letzten Endes auch nicht
er Generationengerechtigkeit und der Planungssi-
herheit unserer Unternehmen entsprechen.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deshalb wird die Mehrwertsteuer erhöht! Super klasse Idee!)







(A) )



(B) )


Hans Michelbach
Haushaltskonsolidierung und Generationengerechtig-
keit ist die Gemeinschaftsaufgabe dieses Deutschen
Bundestages. Deshalb steht die große Koalition für Rea-
lität und Praktikabilität in der Steuerpolitik. Wir haben
im Koalitionsvertrag nur das festgelegt, was wir in die-
ser Legislaturperiode einhalten können. Der Bau von
steuerpolitischen Luftschlössern, meine Damen und
Herren, kostet Sie zwar nichts, aber die zerstörten Er-
wartungen sind teuer. Nur Glaubwürdigkeit schafft das
notwendige Vertrauen für Wachstum und Beschäftigung.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


83 Prozent der Bürger sind heute zuversichtlich, dass es
zu einem Wirtschaftsaufschwung kommt. Die verbes-
serte Stimmung ist auf diese Glaubwürdigkeit, auf diese
neue Vertrauensbasis, zurückzuführen. In der Steuerpoli-
tik müssen wir dies nutzen, um einzelne Maßnahmen
umzusetzen.

Alles zu seiner Zeit: Wir werden in dieser Woche das
Gesetz zur steuerlichen Förderung von Wachstum und
Beschäftigung in zweiter und dritter Lesung verabschie-
den. Das ist von wesentlicher Bedeutung für den begin-
nenden Aufschwung, für mehr Wachstum und für neue
Jobs. Die Verabschiedung dieses Gesetzes ist der erste
machbare Schritt. Vernünftige Steuerpolitik bedeutet,
Schritte zu vollziehen, die wirklich nutzen und auch fi-
nanzierbar sind.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Die Regelung zur Förderung der privaten Haushalte
als Arbeitgeber, die gezielte Belebung der Investitionstä-
tigkeit, insbesondere der kleinen und mittleren Unter-
nehmen, das ist der richtige Ansatz. Hinzu kommen: Er-
haltungs- und Modernisierungsmaßnahmen bei privat
genutzten Häusern und Wohnungen, die Förderung klei-
ner und mittlerer Unternehmen durch eine Änderung der
Umsatzbesteuerung – die Umsatzgrenze wird in den al-
ten Bundesländern von 125 000 Euro auf 250 000 Euro
angehoben –; die Abschreibungsbedingungen für be-
wegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens werden
durch eine bis zum 31. Dezember 2007 befristete Anhe-
bung der degressiven Abschreibung auf 30 Prozent ver-
bessert. Das sind zählbare Hilfen für den Mittelstand: Er
kann möglichst schnell mehr investieren, weil er über
mehr Liquidität verfügt. Wir vollziehen einen wichtigen
Schritt, um mehr Investitionen durch unseren Mittel-
stand zu ermöglichen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Dieser steuerlichen Förderung von Wachstum und
Beschäftigung müssen natürlich größere Schritte in der
Steuerpolitik folgen. Da sind wir beieinander.


(Beifall des Abg. Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU] sowie des Abg. Dr. Hermann Otto Solms [FDP])


Es wird neue Anläufe zur Steuervereinfachung und
zur Förderung der steuerlichen Wettbewerbsfähigkeit
geben. Tatsache ist: Die Steuerbelastung der Unterneh-

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(C (D en liegt im EU-Durchschnitt bei 24,8 Prozent und in eutschland bei 39 Prozent. Diese Differenz ist natür ich nicht tragbar. Wir brauchen einen wettbewerbsfähien Standort. Wir müssen etwas tun; sonst wandern unere Betriebe in die mittelund osteuropäischen Länder b. Deswegen hat für uns nach der Haushaltskonsolidieung eine Reform der Unternehmensbesteuerung zum wecke der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit auf em europäischen Markt oberste Priorität. Das ist unser iel; das ist unser Weg. Die Ausgangslage ist ein wichtiger Punkt. Wir müsen unser Gesamtkonzept weiterentwickeln. Dieses esamtkonzept muss für den Bürger verständlich, ausewogen und akzeptabel sein. Es muss die Wettbewerbsähigkeit deutscher Unternehmen deutlich verbessern, es uss die kommunale Autonomie stärken und es darf und und Ländern allenfalls in der Startphase eine maßolle Anschubfinanzierung abverlangen. Schließlich uss es für alle Beteiligten nachvollziehbar und bere henbar sein. Es lohnt sich, für diese Aufgabenstellung in den ächsten Wochen und Monaten zu arbeiten. Im Koalitinsvertrag mit der SPD hat die CDU/CSU eine grundleende Reform der Unternehmensbesteuerung zum . Januar 2008 fest vereinbart. (Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Angekündigt!)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ie Modellvorschläge, der Vorschlag der Stiftung
arktwirtschaft und jener des Sachverständigenrates,

iegen jetzt vor. Trotz ihrer Unterschiedlichkeit können
iese Vorschläge zu einem gemeinsamen Ergebnis füh-
en. Ich erinnere an den Vorschlag der FDP, an andere
orschläge und an unsere Vorschläge: Es besteht ein
reiter Konsens darüber, dass die Verbesserung der
ettbewerbsfähigkeit durch eine Reform der Unterneh-
ensbesteuerung oberste Priorität haben muss. Wenn
ir diesen Gesetzentwurf in diesem Jahr zustande brin-
en, dann haben die Unternehmen Planungssicherheit.
as In-Kraft-Treten dieses Gesetzes zum 1. Januar 2008
äre ein wichtiges Zukunftssignal. Qualität ist immer
esser als Schnelligkeit. Das ist der Weg, den wir jetzt
eschreiten müssen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir müssen die vorliegenden Vorschläge und Mo-
elle mit Blick auf das Ziel einer international wettbe-
erbsfähigen Steuerpolitik in den nächsten Wochen und
onaten unvoreingenommen prüfen.

Ich kann Ihnen versichern: Bei der Reform der Unter-
ehmensbesteuerung werden uns insbesondere die fol-
enden Zielsetzungen leiten: die weitgehende Rechts-
orm- und Finanzierungsneutralität, die Einschränkung
on unsauberen Gestaltungsmöglichkeiten, die Verbes-
erung der Planungssicherheit für Unternehmen und die
ffentlichen Haushalte, die nachhaltige Sicherung der
eutschen Steuerbasis sowie natürlich als Hauptziel die
erbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit
nd Europatauglichkeit des Unternehmensteuerrechts.






(A) )



(B) )


Hans Michelbach
Wir werden diese Reform Schritt für Schritt an-
packen, solide finanziert, mit einem vernünftigen Weg in
die Zukunft. Unsere Steuerzahler, Wirtschaft und Bür-
ger, brauchen standortfreundlichere und steuersystema-
tisch bessere Bedingungen. Damit werden wir mehr
Wachstum und Beschäftigung erreichen. Diesen Weg
sollten wir gemeinsam beschreiten. Dafür sollte es in
diesem Haus einen breiten Konsens geben. Lassen Sie
uns deswegen gemeinsam in der großen Koalition, aber
auch mit allen anderen Fraktionen an diesem Weg ganz
vernünftig arbeiten.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602504700

Als Nächster spricht Dr. Volker Wissing für die FDP-

Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Volker Wissing (FDP):
Rede ID: ID1602504800

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Lassen Sie mich zunächst ein paar Sätze zu Frau Kolle-
gin Scheel sagen. Von den Grünen bin ich ganz schön
überrascht. Sie von den Grünen passen ganz gut zur gro-
ßen Koalition; Sie trippeln da ganz wunderbar mit.


(Beifall bei der FDP – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Quatsch! – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Wer zu spät kommt, den straft das Leben! – Reinhard Schultz [Everswinkel] [SPD]: Das ist ein naturwissenschaftliches Phänomen: Masse zieht an!)


Diese Debatte hat eines deutlich gemacht: Wir haben
Konzepte; Sie haben sie nicht. Wir kämpfen für die Ent-
lastung der Bürgerinnen und Bürger; Sie sorgen für die
Belastung.


(Beifall bei der FDP)


Wir wollen ein einfaches und gerechtes Steuersystem
mit niedrigen Sätzen, das die Menschen wieder verste-
hen; Sie wollen den finanzpolitischen Stillstand.


(Beifall bei der FDP – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ein Quatsch, Herr Wissing!)


Ihre kleinmütigen Einwände machen deutlich, woran
es Ihnen fehlt: Ihnen fehlt es an Mut. Ihnen fehlt es an
der Kraft, Reformen durchzusetzen. Ihnen fehlt es an
Konzepten. Ihnen fehlt es an dem Willen, für die Bürge-
rinnen und Bürger unseres Landes das zu erreichen, was
sie dringend brauchen, nämlich steuerliche Entlastung.


(Otto Bernhardt [CDU/CSU]: Nicht übernehmen, Herr Kollege! Das ist ein bisschen viel! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Na, na, na!)


Wir wollen für die Bürgerinnen und Bürger eine Ent-
lastung um 20 Milliarden Euro erreichen und haben dazu
einen konkreten Gesetzentwurf vorgelegt. Sie – um Ih-

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(C (D en das deutlich vor Augen zu führen – planen eine ehrwertsteuererhöhung und wollen die Bürger mit 0 Milliarden Euro zusätzlich belasten. as ist das krasse Gegenteil von dem, was Deutschland raucht. Das ist das krasse Gegenteil von dem, was die DP will. Das ist das krasse Gegenteil von dem, was wir hnen in einem konkreten Entwurf heute vorgelegt haen. (Reinhard Schultz [Everswinkel] [SPD]: Was Deutschland braucht, ist nicht die FDP! – Gegenruf des Abg. Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Doch!)


(Beifall bei der FDP)


Unser Konzept würde die Binnennachfrage stärken.
hre Mehrwertsteuererhöhung, lieber Kollege, bremst
ie. Unser Konzept würde die Wirtschaft ankurbeln und
rbeitsplätze schaffen. Ihre Stillstandspolitik belastet
ie Wirtschaft und bedroht Arbeitsplätze. Die FDP hat
arbe bekannt. Wir haben ein durchdachtes Konzept
orgelegt.

Nur, meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der
roßen Koalition, wo bleiben denn Ihre Vorschläge? Von
er SPD – Sie haben so kräftig dazwischengerufen – ist
owieso nicht mehr viel zu erwarten.


(Zuruf des Abg. Bernd Scheelen [SPD])


err Scheelen, Sie haben Ihr finanzpolitisches Profil
ach dem letzten Bundestagswahlkampf im Grunde ge-
ommen über Bord geworfen. Wenn man eine Mehr-
ertsteuererhöhung um 2 Prozentpunkte kategorisch

blehnt und dann eine Erhöhung um 3 Punkte mitmacht,
pricht das für sich; dazu braucht man nicht mehr viel zu
agen.


(Beifall bei der FDP – Bernd Scheelen [SPD]: Bei Ihrem Konzept müsste man noch zwei Punkte drauflegen!)


Sie von der CDU/CSU, Herr Michelbach – Herr
ernhardt ist auch noch da –, sagen, alles, was die FDP
orschlage, gehe nicht, sei falsch und völlig abwegig.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das habe ich nicht gesagt!)


ch möchte Ihnen einmal vorhalten, dass Sie auf Ihrem
arteitag ganz ähnliche Tarife beschlossen haben.


(Beifall bei der FDP – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt! – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das haben wir so nicht gesagt!)


err Merz ist nicht mehr im Raum. Mit Herrn Kirchhof
ollen Sie nichts mehr zu tun haben. Was zurückbleibt,

st eine finanzpolitische Wüste bei der CDU/CSU.


(Beifall bei der FDP – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, das stimmt! – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: In der Wüste gibt es auch Oasen, Herr Kollege!)


Da war eine Bierdeckelsteuer-Kanzlerkandidatin. Da
ar eine Kopfpauschalen-Kanzlerkandidatin. Daraus ist






(A) )



(B) )


Dr. Volker Wissing
eine Trippeltippelkanzlerin geworden. Schneller, als Sie
das gemacht haben, hat kaum eine Partei in diesem Land
ihre politischen Inhalte über Bord geworfen. Von dem,
mit dem Sie bei der Bundestagswahl angetreten sind, ist
wirklich nicht mehr viel übrig geblieben.


(Beifall bei der FDP – Gabriele Frechen [SPD]: Hat die Rede auch einen sachlichen Teil? – Reinhard Schultz [Everswinkel] [SPD]: Der Solms hat doch ganz nett angefangen! Warum machen Sie jetzt solch einen Käse?)


Sie kritisieren unser Konzept, Frau Frechen, aber Sie
übersehen dabei: Wir haben wenigstens eines; Sie nicht.


(Gabriele Frechen [SPD]: Aber ein schlechtes!)


Sie können sich gern an uns abarbeiten, aber Sie werden
die Verantwortung nicht los. Eine Regierung, die es
nicht schafft, eigene Reformkonzepte auf den Tisch zu
legen, kann die Probleme dieses Landes nicht lösen. Sie
sollten regieren, nicht opponieren.


(Beifall bei der FDP)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir hätten uns ge-
freut, wenn wir heute einen Regierungsentwurf hätten
mitberaten können. Dann hätten wir wenigstens einen
Wettbewerb der Ideen. Aber so steht die FDP alleine da
mit einem Gesetzentwurf. Es liegt klar auf der Hand,
dass Deutschland ein Problem hat: Deutschland hat eine
Opposition mit Konzepten und eine konzeptionslose Re-
gierung.


(Anhaltender Beifall bei der FDP – Abg. Reinhard Schultz [Everswinkel] [SPD] begibt sich zum Rednerpult)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602504900

Das war schon fast der Auftrittsbeifall.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Na, na, na, Frau Kollegin!)


Der Kollege Reinhard Schultz spricht für die SPD-
Fraktion.


Reinhard Schultz (SPD):
Rede ID: ID1602505000

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Ich nehme den Beifall für mich nicht in An-
spruch. – Herr Solms hatte eigentlich ganz nett angefan-
gen und damit eine Debatte eingeleitet, die für die Kern-
zeit verhältnismäßig sachlich war. Aber was der Herr
Wissing dann nachgeschoben hat, hat diesen Stil ge-
sprengt. Insofern eröffnen sich neue Freiräume für nach-
folgende Redner.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Das wollten Sie doch sowieso!)


– Nein, eigentlich neige ich nicht dazu.

Es ist ja so, dass neue Mehrheiten, neue Koalitionen
sich neue Adhäsionsflächen suchen. Das ist für einige
– für die FDP, aber auch für andere in diesem Hohen

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(C (D ause – sicher in hohem Maße gewöhnungsbedürftig. iejenigen, die über lange Zeit sozusagen in der Opposi ion Koalitionen gebildet haben und mit anderen gewisse erührungspunkte hatten, insbesondere im Schnittfeld Neoliberalala“, wundern sich natürlich, dass der anere, der sozusagen untreu geworden ist, seine Adhäionsflächen nun bei der SPD sucht und dass die beiden olksparteien andere Schnittmengen finden als CDU/ SU und FDP, ebenso als SPD und Grüne. So ist das alt. Möglicherweise gibt es in der Politik manchmal mehere vertretbare richtige Antworten zur Lösung eines roblems. Die große Koalition geht, weil sie gemeinsam andeln muss, einen gemeinsamen Weg, der sowohl die rage der Konsolidierung der Staatsfinanzen als auch die rage des Wachstums und die Frage eines modernen, ettbewerbsfähigen Steuerrechts für Unternehmen unter inen Hut bringen wird. Das ist ein anderer Ansatz, als ndere ihn haben. Einige von uns waren gestern Abend Zeugen einer erkwürdigen Veranstaltung des Bundesverbands mit elständischer Wirtschaft, (Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die war wirklich merkwürdig; das stimmt!)


ei der Herr Solms viel Beifall bekommen hat, was ich
erstehen kann; denn was er gesagt hat, passte hervor-
agend zusammen: am besten Nullsteuerstaat und
00 Prozent Subventionen; das ist das, was bei einer be-
timmten Klientel immer Begeisterungsstürme weckt.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Das hat er aber nicht gefordert!)


Ich will aber bei dieser Gelegenheit folgenden Ein-
ruck beschreiben; ich finde, auch das muss einmal ge-
agt werden. Ich rede als Mittelstandsbeauftragter mei-
er Fraktion sehr viel mit Verbänden. Die meisten sind
achliche Ratgeber und das ist auch hilfreich. Aber wenn
o ein Zirkusdirektor wie der Mario Ohoven den stell-
ertretenden Bundeskanzler, den Herrn Solms und den
tellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU
ls Punchingball benutzt, nach ihnen redet und sie dann
ur Minna macht, nur um selber zu glänzen, dann ist das
eine Gesprächsgrundlage mehr. Mit dieser Verbands-
pitze werde ich kein Gespräch mehr führen. Da gibt es
iele andere, sachliche Ratgeber, die uns in mittelstands-
olitischen Fragen weiterhelfen werden.


(Beifall bei der SPD – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Du hast ja gestern mit ihm geredet! – Zuruf von der FDP)


Das ist ein halbseidener Zirkusdirektor. Ich setze mich
uch nicht zu ihm an den Tisch, weil man Angst haben
uss, auf ein Pressebild zu kommen, auf dem Hand-

chellen zu sehen sind.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


as hat mit Seriosität überhaupt nichts zu tun. Das darf
an doch wohl einmal sagen. Ich verstecke mich auch






(A) )



(B) )


Reinhard Schultz (Everswinkel)

nicht hinter meinem Mandat, sondern sage meine Mei-
nung sehr offen.

Zurück zu dem Gesetzentwurf. Herr Solms, Sie ha-
ben, finde ich, einen strukturellen Fehler gemacht: Sie
haben den 25-Prozent-Ansatz bei den Unternehmen-
steuern auf die privaten Einkommen übertragen. Es gibt
aber keine Schnittstelle, wo Sie private Einkommen
nach Leistungsfähigkeit besteuern und den thesaurierten
Gewinn der Unternehmen unter Wettbewerbsgesichts-
punkten niedriger besteuern, sondern Sie setzen das auf
einer bestimmten Ebene gleich. Das begründet im We-
sentlichen den riesigen Steuerausfall. Das passt nicht zu-
sammen. Wer thesaurierte Gewinne der Unternehmen
niedrig besteuern will, der muss erst recht die Besteue-
rung nach Leistungsfähigkeit bei den Privaten beachten.
Ansonsten führt er alle in den Staatsbankrott. Unabhän-
gig davon möchte ich erwähnen, dass Sie in Ihrem Fi-
nanztableau, das nur aus einer Zeile besteht, viele
Punkte, die in Ihrem Gesetzentwurf vorhanden sind,
überhaupt nicht benennen.

Das Kindergeld wurde schon angesprochen. Entspre-
chende Änderungen werden im Gesetzentwurf und in
der Begründung behandelt. Diese Änderungen würden
zu einem zusätzlichen Betrag in Höhe von
9 Milliarden Euro führen. Ich weiß auch nicht, was die
Vererbbarkeit von Ansprüchen aus der Riesterrente
– ein interessanter Gedanke – kosten würde. Aber um-
sonst ist dies bestimmt nicht zu haben.

All das sind Bestandteile, die die Wüste, die Sie ge-
rade beschrieben haben, nicht gerade beleben. 46 Jahre
Ihrer Regierungsverantwortung bedeuten auch 46 Jahre
der Verwüstung des deutschen Steuerrechts. Da darf man
sich überhaupt nichts vormachen. Wir alle wissen, dass
Steuerrecht zu einem großen Teil Richterrecht ist. Zu
versuchen, im Rahmen einer Vereinfachungsorgie die
kritischen Punkte erst einzusammeln, um dann von
Finanzrichtern sozusagen wieder zurückgepfiffen zu
werden, ist nicht ehrlich und nicht seriös.


(Beifall bei der SPD)


Deswegen würde Ihr Gesetz, würde es jemals im Ge-
setzblatt stehen, durch Tausende Seiten von Verordnun-
gen unterfüttert werden müssen. Das kennen wir seit
Kirchhof.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Kirchhof, der große Vereinfacher, hatte erklärt: Nur drei
Seiten Gesetz und der Rest wird in Verordnungen gere-
gelt. Diese Regelungen liegen aber außerhalb des Parla-
ments und tragen nicht zur Transparenz für den Steuer-
bürger bei. Das finde ich nicht in Ordnung.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – CarlLudwig Thiele [FDP]: Stimmt!)


Wenn wir ein gerechtes Steuerrecht wollen, dann müssen
die entsprechenden Eckpunkte, in denen die Lebens-
wirklichkeiten berücksichtigt werden, im Gesetz stehen.
Das gilt für die Privaten genauso wie für die Unterneh-
men.

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(C (D Man muss sich schon deswegen aus politisch-didaktichen Gründen mit Ihrem Gesetzentwurf auseinander etzen, weil Sie ein Lehrbeispiel dafür sind, dass Einachheit manchmal mit Schlichtheit gleichzusetzen ist, n keinem Falle ist sie aber, siehe Steuerrecht, mit Geechtigkeit gleichzusetzen. Ich glaube auch, dass die Wettbewerbsfähigkeit beim nternehmensteuerrecht nicht allein durch den Steuer atz bestimmt wird. In Gesprächen mit der Stiftung arktwirtschaft und mit dem Sachverständigenrat haben ir eine Menge gelernt. Bis zum Sommer wird es noch ine Reihe zusätzlicher Modelle geben. Aus diesen Moellen, die gegeneinander konkurrieren, können wir leren. Trotzdem gilt, dass sich ein Unternehmen, das am tandort Deutschland investieren will, mehr anschauen ird als nur einen plakativen Steuersatz. Es wird sich uch die übrigen Rahmenbedingungen – beispielsweise teuerrecht, Infrastruktur, Qualität der Mitarbeiter, Anahl der Streiktage – anschauen. Steuerrecht ist ein Standortfaktor unter mehreren. Der teuersatz wiederum ist nur ein Teil davon. Ich bin Un ernehmer und weiß einen niedrigen Steuersatz zu schäten. Ich schätze aber auch beispielsweise vernünftige bschreibungsbedingungen und die Möglichkeit von rohverlustrückstellungen. Das heißt, Bemessungsrundlage und Steuersatz gehören zusammen. Das chicksal eines Unternehmens ist manchmal genauso echselvoll wie das einer Privatperson. Daher muss man lle möglichen Situationen, die sich für ein Unternehen ergeben können, im Hinterkopf haben, wenn man ine Unternehmensteuerreform will, wie man das auch ei Privaten im Hinblick auf die Besteuerung ihrer Einünfte tut. Dieser Gesetzentwurf wird die Debatte bereichern. Er ird die Stoßrichtung aber nicht verändern. Ich warne ringend davor, als könnten Sie nach dem Hase-undgel-Prinzip einfach nur große Vereinfachungsfahnen chwenken und den Eindruck erwecken, die Koalition ürde ihre Unternehmensteuerreform nicht über die ampe bringen. Nach den Gesprächen in unseren Reihen – die Taktahl der Begegnungen nimmt ja Gott sei Dank zu – bin ch sehr sicher, dass wir diese Reform hinbekommen erden, weil wir den Willen dazu haben. Aber wir wol en auch eine Unternehmensteuerreform haben, die läner gültig ist als eine Wahlperiode und die nicht durch eränderte Mehrheitsverhältnisse in dreieinhalb Jahren ieder infrage gestellt werden kann. Die große Koalition at die Chance, etwas zustande zu bringen, das von länerer Dauer ist. Das ist die Planungssicherheit, die die nternehmen brauchen. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602505100

Für die Linksfraktion spricht Oskar Lafontaine.






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Carl-Christian Dressel [SPD]: Der gescheiterte Finanzminister!)



Oskar Lafontaine (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1602505200

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Der Abgeordnete Solms hat für die Freien De-
mokraten in aller Klarheit die Position dieser Partei dar-
gelegt. Er hat das Steuergesetz mit dem Freiheitsprinzip
in der Verfassung begründet. Darauf will ich eingehen.

Es ist richtig, wenn Sie ein einfaches und gerechtes
Steuersystem verlangen. Wer wollte dem widerspre-
chen? Es ist ebenfalls richtig, wenn Sie sagen, die Men-
schen müssen das Steuerrecht verstehen, damit sie ihre
Steuererklärung abgeben können.

Unser Widerspruch zu Ihrem Gesetzentwurf kristalli-
siert sich an Art. 14 des Grundgesetzes, den Sie eben-
falls bemüht haben, den Sie aber interessanterweise sehr
verkürzt zitiert haben. Worauf Sie immer wieder verwei-
sen, ist die Eigentumsgarantie. Ich lese Ihnen einmal den
ersten Absatz vor:

Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleis-
tet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze
bestimmt.

Was Sie aber in Ihren Reden immer vergessen, sind
die weiteren Absätze dieses wichtigen Artikels des
Grundgesetzes. Deshalb möchte ich Ihnen einen Auszug
daraus vorlesen:

Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich
dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
Eine Enteignung ist … zum Wohle der Allgemein-
heit zulässig.


(Beifall bei der LINKEN)


Zum Verständnis: Damit ist nicht die Enteignung älterer
Arbeitnehmer über die Sozialgesetzgebung gemeint. Die
Väter des Grundgesetzes


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es gab auch Mütter!)


haben vielmehr etwas ganz anderes gemeint. Weil Sie
Art. 14 Abs. 2 des Grundgesetzes übersehen, ist Ihr
Steuervorschlag völlig falsch und inakzeptabel. Denn er
greift die derzeitige Entwicklung unserer Gesellschaft
überhaupt nicht auf und spiegelt sie nicht wider.

Im Jahreswirtschaftsbericht steht die schlichte Fest-
stellung der Bundesregierung – ich wiederhole sie an
dieser Stelle –: Die Löhne wachsen nicht, die Renten
wachsen nicht, die sozialen Leistungen gehen zurück,
nur die Einkommen aus Vermögen und selbstständiger
Tätigkeit wachsen um 7,25 Prozent. Wie man bei dieser
Situation einen Gesetzentwurf einbringen kann, mit dem
die Tendenz einer solchen Entwicklung verschärft
würde, ist niemandem verständlich. Daher wird er von
der großen Mehrheit der Bevölkerung strikt abgelehnt.


(Beifall bei der LINKEN)


Es wird keine gerechte Steuergesetzgebung in
Deutschland geben, wenn wir bei der jetzigen Entwick-

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(C (D ung der Vermögen und Einkommen keine ordentliche ermögensbesteuerung einführen, wie es sie in ande en modernen Industriestaaten gibt. Für die Fraktion Die inke möchte ich für diejenigen, die heute Zeit haben, ns zuzuhören, einen einfachen Hinweis geben: Das eine Geldvermögen der Deutschen beträgt 4 000 Miliarden Euro. Die Hälfte davon, 2 000 Milliarden Euro, ehören den oberen Zehntausend bzw. 1 Prozent der Beölkerung. Würde man also nur diese Hälfte mit 5 Proent besteuern, gäbe es in den öffentlichen Kassen ehreinnahmen von 100 Milliarden Euro. Dies zeigt, ass die ganzen sozialen Kürzungen der letzten Jahre nd die ganze Reformpolitik völlig überflüssig und wenn man es hart formuliert – ein einziger Schwindel aren. Nun weiß ich, dass sich niemand von der Mehrheit ieses Hauses an diese einfache Gesetzgebung wagen öchte. Der Verweis auf andere mit uns konkurrierende taaten wirft aber die Frage auf, warum eine ordentliche ermögensbesteuerung in Schweden, Großbritannien nd den Vereinigten Staaten möglich ist (Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Vereinigten Staaten haben keine Vermögensteuer!)


(Beifall bei der LINKEN)


nd warum sie hier in Deutschland nicht möglich sein
oll. Solange diese extreme Schieflage nicht beseitigt ist,
ibt es kein gerechtes Steuersystem in Deutschland.


(Beifall bei der LINKEN)


Ein weiterer Punkt. Wir möchten nicht nur, dass die
erfassung wieder ernst genommen wird. Wir möchten
uch, dass die Einkommens- und Lohnentwicklung in
eutschland der lebendigen Arbeit folgt und nicht dem

oten Kapital.


(Beifall bei der LINKEN)


ch wiederhole diesen Satz: Die Einkommens- und Lohn-
ntwicklung in Deutschland soll der lebendigen Arbeit
olgen und nicht dem toten Kapital. Das krasse Gegen-
eil geschieht seit vielen Jahren. Ich wiederhole die Aus-
age aus dem Jahreswirtschaftsbericht: Für leistungslose
inkommensbezieher, wenn man so will, ergibt sich ein
uwachs von 7,25 Prozent, während die große Mehrheit
es arbeitenden Volkes in diesem Jahr überhaupt keinen
uwachs ihrer Löhne bzw. Renten erwarten kann.

Auf diese Art und Weise kann es einfach nicht weiter-
ehen. Dem Ganzen wird mit einer solchen Vereinfa-
hung, wie Sie sie hier vielleicht gut gemeint vortragen,
ie Krone aufgesetzt, wenn die Zuschläge für die Nacht-
nd Schichtarbeit besteuert werden sollen und die Pend-
erpauschale abgeschafft werden soll. Gleichzeitig sagt

an aber: Werdet flexibler, werdet beweglicher auf dem
rbeitsmarkt. Das alles passt nicht mehr zusammen. Aus
iesem Grund lehnen wir den Gesetzentwurf ab.


(Beifall bei der LINKEN)


Im Grunde genommen geht es in der entwickelten
olkswirtschaft – wie ein Ökonom, an dem sich heute
iele die Schuhe abputzen, die bei weitem nicht an ihn






(A) )



(B) )


Oskar Lafontaine
heranreichen, nämlich John Maynard Keynes, schon vor
vielen Jahren geschrieben hat – darum, dass es in einem
solchen Entwicklungsstadium, in dem wir uns heute be-
finden, darauf ankommt, die Ersparnisse wieder in In-
vestitionen umzulenken. Das ist das Kernerfordernis ei-
ner Volkswirtschaft, wie wir sie heute vorfinden. Gegen
das Kernerfordernis, Ersparnisse in Investitionen umzu-
lenken, verstoßen Sie massiv mit Ihren Vorschlägen.

Es geht darum, durch eine moderne Gesetzgebung in
Deutschland wieder eine ordentliche öffentliche Inves-
titionsquote zu erreichen wie in unseren europäischen
Nachbarstaaten. Wir werden in Deutschland niemals bei
Wachstum und Beschäftigung zulegen, wenn wir nicht
zumindest eine ähnlich hohe öffentliche Investitions-
quote haben wie die europäischen Nachbarstaaten.


(Beifall bei der LINKEN)


Ein weiterer Punkt. Solange wir die Ersparnisse nicht
in Bildungsinvestitionen und in Investitionen in die
Forschung umlenken, werden wir unsere Volkswirtschaft
nicht modernisieren können. Unsere Volkswirtschaft
wird nicht durch immer neue Steuersenkungsrunden
wachsen und modernisiert. Das wurde in den letzten Jah-
ren erfolglos versucht. Wir sollten uns ein Beispiel an
Volkswirtschaften nehmen, die wachsen. Das sind etwa
die skandinavischen Länder. Ein solches Gesetz, wie Sie
es hier vorlegen, hätte in diesen Volkswirtschaften nicht
die geringste Chance.


(Beifall bei der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602505300

Für die CDU/CSU-Fraktion spricht der Kollege Peter

Rzepka.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Peter Rzepka (CDU):
Rede ID: ID1602505400

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Wir hatten ja gerade das Vergnügen, den größten
Finanzpolitiker aller Zeiten hier im Plenum des Deut-
schen Bundestages zu hören.


(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der FDP sowie des Abg. Leo Dautzenberg [CDU/ CSU])


Sie eröffnen wieder das Gruselkabinett, Herr Kollege
Lafontaine, wenn Sie in einer steuerpolitischen Debatte
mit Stichworten wie Enteignung und Vermögensteuer ar-
beiten. Sie treiben mit dieser Argumentation Kapital und
Investitionen aus Deutschland heraus und anschließend
beklagen Sie sich über Arbeitslosigkeit und die Notwen-
digkeit, die Not leidenden Sozialsysteme zu reparieren.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir diskutieren heute über den Gesetzentwurf der
FDP-Fraktion. Ich denke, wir müssen bei dieser Gele-
genheit einige Bemerkungen zum Ausgangspunkt ma-
chen, und zwar über die andauernden Bemühungen des
Steuergesetzgebers, Einzelfallgerechtigkeit herzustel-
len. Das hat das deutsche Steuerrecht letztlich wider-
sprüchlich, unübersichtlich und ineffizient werden las-

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(C (D en. Schließlich ist auch die Steuergerechtigkeit auf der trecke geblieben, weil nur diejenigen die Möglichkei en zur Steuerminderung nutzen können, die eine teure teuerberatung bezahlen können. Wir streben daher neben der für das Jahr 2008 geplanen strukturellen Reform der Unternehmensbesteuerung ine Neuformulierung auch des deutschen Einkommenteuerrechts an. Letztere hat das Ziel, die Einkommenteuer einfacher, verständlicher, effizienter und damit uch gerechter zu gestalten. Hierzu halten wir allerdings m linear-progressiven Steuertarif fest. Wir wollen die ahl der Ausnahmetatbestände reduzieren sowie durch ypisierungen und Pauschalierungen das Besteuerungserfahren modernisieren und Bürokratie abbauen. Die esteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit leibt allerdings für uns eine wichtige, auch verfassungsechtlich gebotene Leitlinie steuerpolitischen Handelns. (Beifall bei der CDU/CSU – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Für uns auch!)


chließlich müssen die Steueränderungen auch sozial
usgewogen realisiert werden.

Angesichts des internationalen Steuerwettbewerbs hat
ür uns allerdings die Reform der Unternehmensbe-
teuerung Priorität. Das neue Unternehmensteuerrecht
oll die Steuerbasis in Deutschland nachhaltig sichern, In-
estitionsanreize setzen, das Wirtschaftswachstum bele-
en und Arbeitsplätze schaffen. Dabei streben auch wir,
ie die FDP, Rechtsform- und Finanzierungsneutralität

n. Wir sind allerdings realistisch genug, zu erkennen,
ass angesichts des bestehenden Konsolidierungsdrucks
n allen öffentlichen Haushalten Nettoentlastungen nur
nsoweit zu realisieren sein werden, als die ausgelösten

achstumsimpulse zusätzliche Steuereinnahmen bewir-
en.

Die Notwendigkeit einer Reform der direkten Steu-
rn, die die FDP-Fraktion mit ihrem vorliegenden Ge-
etzentwurf auf den Weg bringen will, ist also unbestrit-
en.

Lassen Sie mich zu einigen Details des vorliegenden
esetzentwurfs sprechen. Sie von der FDP-Fraktion

chlagen vor, dass Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteile
ur gesetzlichen Rentenversicherung sofort und in voller
öhe steuerlich abzugsfähig sein sollen. Arbeitnehmer,
eren Einkommen unterhalb der Beitragsbemessungs-
renze in der gesetzlichen Rentenversicherung liegt, sol-
en weitere Beträge – und zwar bis zum Höchstbeitrag in
er gesetzlichen Rentenversicherung – in eine private ka-
italgedeckte Altersvorsorge mit steuerlicher Wirkung
nvestieren können. Außerdem sollen auch Selbststän-
ige Altersvorsorgebeiträge bis zu den Höchstbeiträgen
n der gesetzlichen Rentenversicherung geltend machen
önnen. Und Sie versprechen noch mehr: Sonstige Auf-
endungen zur Alters- und Risikovorsorge sollen über
ie gesetzlichen Höchstbeiträge hinaus bis zur Höhe von
500 Euro zusätzlich abziehbar sein.

Demgegenüber sollen die Renten aus diesen steuer-
rei gestellten Beiträgen erst zum Zeitpunkt des Zuflus-
es versteuert werden. Diese Vorschläge verwirklichen
war konsequent die Zielsetzung der nachgelagerten






(A) )



(B) )


Peter Rzepka
Besteuerung von Alterseinkünften. Da aber die steuer-
freien Einzahlungen in die Rentenversicherung und die
dann steuerpflichtigen Auszahlungen viele Jahre ausei-
nander fallen können, ergeben sich für die Zwischenzeit
Steuerausfälle in Milliardenhöhe, die kein Finanzminis-
ter in dieser Republik vertreten kann.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Ortwin Runde [SPD])


Allein die steuerliche Abziehbarkeit der Pflichtbei-
träge zur gesetzlichen Rentenversicherung würde in den
ersten Jahren zu jährlichen Steuerausfällen in Höhe von
über 20 Milliarden Euro führen.


(Ortwin Runde [SPD]: Hört! Hört!)


Wir alle kennen diese Berechnungen. Die über die
Pflichtbeiträge hinausgehende Absetzbarkeit von Auf-
wendungen für die Altersvorsorge würde weitere Steuer-
ausfälle in Milliardenhöhe zur Folge haben.

Nach Ihrem Modell sollen Kapitalerträge, die nicht
Ausschüttungen von Kapitalgesellschaften sind, mit ei-
ner Abgeltungsteuer von 25 Prozent belastet werden.
Dieser Abgeltungsteuersatz soll dem Höchststeuersatz
für unternehmerische Einkünfte bei Personenunterneh-
men und Kapitalgesellschaften von ebenfalls 25 Prozent
entsprechen. Die Probleme, die sich bei der Besteuerung
nach der Leistungsfähigkeit ergeben, sowie die verfas-
sungsrechtlichen Bedenken sind bereits angesprochen
worden.

Meine Damen und Herren von der FDP-Fraktion, Sie
werden die Diskussion in der Öffentlichkeit darüber be-
stehen müssen, dass dann der Seniorpartner einer An-
walts- oder Steuerberatersozietät sein hohes Einkommen
mit 25 Prozent versteuern muss, während der angestellte
junge Anwalt oder Steuerberater sein Gehalt mit bis zu
35 Prozent versteuern muss. Es handelt sich damit bei
der dualen Einkommensteuer in Ihrem Konzept um ei-
nen Systembruch.

Wie Sie wissen, haben auch wir trotz der verfassungs-
rechtlichen Problematik vorgesehen, diese Frage vor
dem Hintergrund des internationalen Wettbewerbsdrucks
zu prüfen. Wir wissen, dass viele andere Staaten Unter-
nehmensgewinne und Kapitalerträge niedriger versteu-
ern.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Richtig!)


Deswegen müssen wir uns über dieses Thema Gedanken
machen.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Richtig!)


Wir nehmen Ihre Vorschläge deshalb auf und werden in
den Beratungen die vorgezeichnete Frage eines Über-
gangs zu einem dualen Steuersystem, zu einer dualen
Einkommensteuer noch im Detail prüfen.

Des Weiteren möchte ich auf die im Entwurf vorgese-
hene Besteuerung aller Gewinne aus der Veräuße-
rung von Wirtschaftsgütern, die einer wirtschaftlichen
Betätigung gedient haben, eingehen, zum Beispiel auch
vermietete Immobilien und Wertpapiere. Mit der in der

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(C (D egründung Ihres Entwurfs aufgenommenen Formulieung – ich zitiere – Zur Ermittlung eines eventuellen Gewinns wird als Stichtag der Tag des Inkrafttretens des neuen Einkommensteuergesetzes eingeführt ürden Sie zwar das Problem der Rückwirkung inflatioärer Scheingewinne entschärfen, aber erhebliche Beertungsprobleme neu schaffen. Alle Wirtschaftsgüter, ie einer wirtschaftlichen Betätigung dienen, müssen um Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Gesetzes beweret werden. Wer weiß, dass Bewertungsfragen die am chwierigsten zu bewältigenden Aufgaben im Steuerecht sind, wird erhebliche Bedenken gegen diesen Geetzesvorschlag haben müssen. Lassen Sie mich noch eine Anmerkung zu der Gewinermittlung im Unternehmensbereich machen. Für alle ilanzierenden Unternehmen soll nach Ihren Vorschläen der Gewinn als steuerliche Bemessungsgrundlage aßgebend sein, der von dem Unternehmen auf der rundlage des Handelsrechts ermittelt wird. Dabei sol en auch die International Accounting Standards anendbar sein. Die steuerliche Bemessungsgrundlage ürde dann von Rechnungslegungsvorschriften be timmt, die dem Einfluss des deutschen Steuergesetzgeers entzogen sind. Ich denke, dass wir das im Deutchen Bundestag nicht beschließen werden. Der Kollege Solms möchte eine Zwischenfrage stel en. Lassen Sie das zu? – Bitte schön, Herr Solms. Herr Kollege Rzepka, würden Sie bitte zur Kenntnis ehmen, dass wir uns vor dem Hintergrund dessen, dass n Europa verhandelt wird, die Rechnungslegungsvorchriften in Europa zu vereinheitlichen, keine neuen orschriften dafür ausgedacht haben. Wir haben gesagt, ir bleiben beim geltenden Recht und warten ab, was uf europäischer Ebene vereinbart wird. Wenn wir zu inheitlichen europäischen Bilanzierungsvorschriften ommen, dann werden diese selbstverständlich überommen. Bis dahin neue Vorschriften zu erarbeiten, ist igentlich müßig. (Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Handelsrechtliche!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602505500
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1602505600


Peter Rzepka (CDU):
Rede ID: ID1602505700

Herr Kollege Solms, ich stimme Ihnen völlig zu, dass

ir alles versuchen sollten, um in Europa zu einheitli-
hen Bemessungsgrundlagen zu kommen. Ich denke
ber, wir brauchen auch weiterhin eine Trennung von
andelsrechtlichen und steuerrechtlichen Vorschriften,
ie unterschiedlichen Zwecken dienen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das geht sonst gar nicht!)







(A) )



(B) )


Peter Rzepka
Insofern werden wir uns über die steuerlichen Bemes-
sungsgrundlagen noch detailliert Gedanken machen
müssen. So einfach, wie Sie es sich in Ihrem Gesetzent-
wurf gemacht haben, wird es sicher nicht gehen.

Abschließend sage ich – das ist hier in der Diskussion
schon angesprochen worden –: Die Vorschläge der FDP
reißen große Löcher in die Kassen der Finanzminister,
die durch etwaige Einnahmeerhöhungen aufgrund der
grundsätzlichen Anreizwirkung von Steuersenkungen
nicht annähernd aufgehoben werden können. Die Steuer-
ausfälle gehen nach meiner Einschätzung weit über die
von Ihnen genannten Beträge von 17 bis 19 Milliarden
Euro hinaus. Ich gehe von weit über 30 Milliarden Euro
aus. Ich habe auf die Auswirkungen der von Ihnen vor-
geschlagenen Besteuerung der Alterseinkünfte hinge-
wiesen.

Fazit: Der Entwurf ist notwendig, weil er die Verein-
fachung unseres Steuerrechts und die Reform der Unter-
nehmensbesteuerung auf die Tagesordnung dieses
Hauses setzt. Auch wir wollen ein einfacheres Einkom-
mensteuerrecht, eine international wettbewerbsfähige
Unternehmensbesteuerung und eine Senkung der deut-
lich zu hohen Staatsquote. Wir wollen aber auch einen
Staat, der über die Einnahmen verfügt, die erforderlich
sind, um die Daseinsvorsorge für unsere Bürgerinnen
und Bürger sozial ausgewogen zu gestalten.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602505800

Kommen Sie bitte zum Ende, Herr Kollege.


Peter Rzepka (CDU):
Rede ID: ID1602505900

Ich komme zum Ende.

Ihre steuerpolitischen Konzepte mit dem Ziel der
Einführung einer Flat Tax bewirken Einnahmeausfälle
auf der Seite von Bund, Ländern und Kommunen, die
die Handlungsfähigkeit der öffentlichen Hand auf allen
Ebenen beeinträchtigen.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Zurufe von der FDP: Kirchhof!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602506000

Das Wort hat der Kollege Bernd Scheelen für die

SPD-Fraktion.


Bernd Scheelen (SPD):
Rede ID: ID1602506100

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Der Kollege Lafontaine hat gerade – wie er es
gerne macht – ein flammendes Plädoyer für die Einfüh-
rung einer Vermögensteuer gehalten.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: So flammend war das ja nun nicht!)


Dafür gibt es in der Bürgerschaft viel Sympathie. Auch
in diesem Haus gibt es für eine Vermögensteuer sicher-
lich viel Sympathie.


(Dr. Hermann Otto Solms [FDP]: 5 Prozent!)


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(C (D r hat allerdings den Eindruck erweckt, als wenn es nur ines Beschlusses dieses Hohen Hauses bedürfe, um ine solche einzuführen. Das ist unredlich. Das zeichnet en Populisten aus. r hätte darauf hinweisen müssen, dass es sich bei der ermögensteuer um eine Ländersteuer handelt. Das eißt, das Aufkommen einer Vermögensteuer steht den ändern – es sind bekanntermaßen 16 – zu. Dort herrchen andere Mehrheiten. Man muss sich Niederlagen icht selbst organisieren. Man muss Realitäten, auch bei en Mehrheitsverhältnissen, zur Kenntnis nehmen. Zwischen dem Herbst 1998 und dem Frühjahr 1999 at es einen Zeitkorridor gegeben, in dem Sie das als undesfinanzminister hätten machen können. In dieser eit waren die Mehrheitsverhältnisse passend. Das haen Sie aber nicht hingekriegt. Deswegen sollten Sie mit olchen Argumenten relativ vorsichtig sein. (Dr. Carl-Christian Dressel [SPD]: Der gescheiterte Minister!)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Wir sprechen im Moment über einen Gesetzentwurf
er FDP-Fraktion. Der Titel des Gesetzentwurfs lautet:
Entwurf eines Gesetzes zur Reform der direkten Steu-
rn“.


(Dr. Hermann Otto Solms [FDP]: Einkommensteuer!)


or zwei Jahren haben Sie unter dem Titel „Entwurf ei-
es Gesetz zur Einführung einer neuen Einkommen-
teuer und zur Abschaffung der Gewerbesteuer“ ein Vor-
äufermodell in den Bundestag eingebracht. Damals
aren Sie zumindest im Titel noch ehrlich. Insofern ha-
en Sie hinzugelernt. Die Wörter „Abschaffung der Ge-
erbesteuer“ stehen nicht mehr im Titel, aber im Text.
m Inhalt hat sich also nicht viel geändert. Insofern sage

ch: Alter Wein in neuen Schläuchen; denn auch mit die-
em neuen Vorschlag wollen Sie die Gewerbesteuer ab-
chaffen.

Unter dem Stichwort „Lösung“ fordern Sie ein
neues, einfaches und verständliches Einkommensteuer-
esetz“. Zum Thema Verständlichkeit lese ich einen
assus aus Ihrem Entwurf vor, damit die Menschen fest-
tellen können, ob das alles tatsächlich so verständlich
st, wie Sie glauben. § 34 lautet:

Bei unbeschränkt Steuerpflichtigen, die mit auslän-
dischen Einkünften in dem Staat, aus dem die Ein-
künfte stammen, zu einer der deutschen Einkom-
mensteuer entsprechenden Steuer herangezogen
werden, ist die festgesetzte und gezahlte und kei-
nem Ermäßigungsanspruch mehr unterliegende
ausländische Steuer auf die deutsche Einkommen-
steuer anzurechnen, die auf die Einkünfte aus die-
sem Staat entfällt.

Die auf diese ausländischen Einkünfte entfallende
deutsche Einkommensteuer ist in der Weise zu er-
mitteln, dass die sich bei der Veranlagung des zu
versteuernden Einkommens – einschließlich der
ausländischen Einkünfte – nach den §§ 30 und 31






(A) )



(B) )


Bernd Scheelen
ergebende deutsche Einkommensteuer im Verhält-
nis dieser ausländischen Einkünfte zur Summe der
Einkünfte aufgeteilt wird. Bei der Ermittlung der
ausländischen Einkünfte sind die ausländischen
Einkünfte nicht zu berücksichtigen, die in dem
Staat, aus dem sie stammen, nach dessen Recht
nicht besteuert werden.

Ich hoffe, Sie alle haben das verstanden.


(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD – Reinhard Schultz [Everswinkel] [SPD]: Das wurde für den Steuerberater eingebaut! – Zuruf von der FDP: Jawohl!)


Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen las-
sen. Ich glaube, hinsichtlich der Verständlichkeit sollten
Sie noch etwas nacharbeiten.

Neben der Forderung nach einem einfachen und ver-
ständlichen Steuerrecht fordern Sie unter dem Punkt
„Lösung“, dass der normale Steuerzahler seine Steuerer-
klärung demnächst auf einem DIN-A4-Blatt ausfüllen
kann; dazu soll er nicht mehr als eine Stunde brauchen.


(Zuruf von der FDP: Frau Höll hat es geschafft!)


Einmal unabhängig von der Frage, wieso man eigentlich
für das Ausfüllen einer einzigen DIN-A4-Seite eine
Stunde benötigt –


(Heiterkeit bei der SPD)


das haben Sie so formuliert –, darf ich Sie darauf hin-
weisen, dass es sinnvoll wäre, sich einmal die Internet-
seite www.bundesfinanzministerium.de anzuschauen.
Sie werden feststellen, dass es so ein Formular schon
gibt. Es ist ein auf beiden Seiten bedrucktes Blatt. Das
ist die vereinfachte Steuererklärung für den normalen
Arbeitnehmer. Das Finanzministerium geht davon aus,
dass das Ausfüllen dieser Steuererklärung etwa
15 Minuten dauert. Das heißt, das, was Sie vorschlagen,
ist eine deutliche Verschlechterung gegenüber geltendem
Recht. Schon deswegen können wir das nicht mitma-
chen.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Dr. Hermann Otto Solms [FDP]: Sie haben Ihre Einkommensteuererklärung lange nicht mehr ausgefüllt! 16 Seiten!)


– Oh doch!

Es ist einfach ein Märchen, dass die Masse der Ar-
beitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu Hause stunden-
lang über ihrer Steuererklärung brüte.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Der Steuerberater!)


Das ist nicht der Fall. Mit dieser vereinfachten Form
wird die Mehrzahl der Fälle erfasst. Insofern ist in den
letzten Jahren schon eine Menge mit Blick auf Vereinfa-
chung geschehen.

Jetzt komme ich zum Punkt Abschaffung der
Gewerbesteuer, den Sie aus dem Titel des Gesetzent-

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(C (D urfs gestrichen haben. Sie begründen die von Ihnen orgeschlagene Abschaffung der Gewerbesteuer damit, ass die Gewerbesteuer in Deutschland international geehen einmalig sei, dass es sie nirgendwo anders gebe, ass sie eine Zusatzbelastung der deutschen Wirtschaft ei und den Export belaste, den Import aber nicht. Einal abgesehen davon, dass wir Exportweltmeister sind, ann es so ganz dramatisch mit der Gewerbesteuer nicht ein. Es stimmt aber auch nicht, dass es in anderen Ländern eine vergleichbaren Steuern gibt. Die heißen teilweise ogar Gewerbesteuer. (Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Österreich zum Beispiel!)


Ich nenne Ihnen ein paar Beispiele: In Luxemburg
eißt sie Gewerbesteuer. In Österreich gibt es eine Ge-
erbesteuer, die sich an der Lohnsumme orientiert.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lohnsummensteuer!)


ie haben wir in Deutschland bereits vor 30 Jahren ab-
eschafft.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: So lange ist das noch nicht her!)


Doch, das war 1971. – In Frankreich gibt es die taxe
rofessionelle; das ist eine Wertschöpfungsteuer. In Ja-
an gibt es die Enterprise Tax, in den USA die Franchise
ax und in Kanada gibt es – hören Sie einmal gut zu –
ie Gewerbekapitalsteuer. Die haben wir, glaube ich,
998 oder 1999 abgeschafft.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: 1998!)


ie Lohnsummensteuer haben wir, wie ich bereits sagte,
or 30 Jahren abgeschafft. Wenn Sie sich die Namen die-
er Länder ansehen, dann stellen Sie fest, dass das viele
ind – gerade die USA, Kanada und Japan –, die mit uns
uf den Weltmärkten im Export konkurrieren. So drama-
isch ist die Situation offensichtlich nicht. Dieses Argu-

ent würde ich an Ihrer Stelle in Zukunft nicht mehr
erwenden.

Das eigentliche Problem im internationalen Vergleich
st – dazu haben Sie eine Menge beigetragen –, dass Sie
u unseren, wie ich finde, relativ moderaten Unterneh-
ensteuersätzen – mit einer Körperschaftsteuer von

5 Prozent sind wir international durchaus konkurrenz-
ähig – immer die Gewerbesteuer mit 13 Prozent dazu-
echnen.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Das muss man ja!)


Das ist ja auch in Ordnung. Es wäre aber noch mehr in
rdnung, wenn man bei den anderen Ländern die kom-
unalen Steuern dazurechnen und dann den Vergleich
achen würde. Das machen Sie nicht. Das ist unredlich

nd unverantwortlich. Damit schädigen Sie den Standort
eutschland.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Bernd Scheelen
Die Abschaffung der Gewerbesteuer – das muss man
einmal in Zahlen ausdrücken – betrifft ein Aufkommens-
volumen für die Gemeinden von netto etwa
25 Milliarden Euro. Die Zahlen für 2005 liegen vor. Die
Gewerbesteuer beträgt brutto etwa 31 Milliarden Euro.
6 Milliarden Euro gehen an Bund und Länder in Form
von Umlagen. Es verbleiben etwa 25 Milliarden Euro.
Die wollen Sie den Gemeinden erst einmal wegnehmen.

Dann sagen Sie: Natürlich brauchen sie einen Ersatz.
Das ist logisch; das kann man den Kommunen nicht er-
satzlos wegnehmen. Aber die Frage ist: Wie sieht der Er-
satz, den Sie vorschlagen, aus? Sie wollen ein Zwei-
Säulen-Modell: Zuschlagsrechte auf Einkommensteuer
und auf Körperschaftsteuer sowie Eigenbeteiligung an
der Umsatzsteuer.

Bei der Einkommensteuer gibt es ein Problem; denn
von den Einnahmen aus dieser Steuer erhalten die Ge-
meinden bereits einen Anteil von 15 Prozent. Das ent-
spricht zurzeit einem Betrag von 22 Milliarden Euro.
Nach Ihrem Konzept wäre es schon außergewöhnlich
schwierig, diese Einnahmen der Gemeinden in Höhe von
22 Milliarden Euro überhaupt zu erhalten; denn Sie wol-
len die Einkommensteuersätze senken. Dennoch gehe
ich davon aus, dass das eventuell gelingen könnte, wenn
nämlich die Kommunen sehr hohe Zuschläge erheben
würden. Aber selbst dann bliebe bei Abschaffung der
Gewerbesteuer immer noch ein Loch von 25 Milliarden
Euro.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, genau!)


Es bleibt also nur noch die Umsatzsteuer übrig. Den
Anteil, der den Gemeinden aus den Einnahmen aus dieser
Steuer zufließt, wollen Sie um 9,8 Prozent erhöhen. Das
würde 14 Milliarden Euro einbringen. Es bliebe also im-
mer noch eine Differenz von 11 Milliarden Euro übrig,
die Sie mithilfe der Körperschaftsteuer ausgleichen müss-
ten. Sie müssen mir einmal erklären, wie das gehen soll.

Ihren Vorstellungen zufolge sollen sich die Zuschläge
für die Gemeinden in einer Größenordnung von 2 bis
4 Prozentpunkten bewegen. Damit die Belastung aus
dieser Steuer in Deutschland nicht, wie es mittlerweile
der Fall ist, bei 38 Prozent, sondern unter 30 Prozent
liegt, wollen Sie einen Körperschaftsteuersatz von
25 Prozent einführen, ergänzt durch Zuschläge für die
Kommunen in Höhe von 2 bis 4 Prozentpunkten. Dann
würde die Belastung aus dieser Steuer 27 bis 29 Prozent
betragen. Das führt allerdings gerade einmal zu Einnah-
men von 2 bis 4 Milliarden Euro, sodass nach wie vor
ein Loch von 7 und 9 Milliarden Euro vorhanden wäre.

Sie sagen nicht, wie Sie dieses Loch schließen wol-
len; das können Sie auch gar nicht.

Berücksichtigt man, dass Sie die Steuersätze insge-
samt senken wollen, ist diese Rechnung – ein Minus von
7 bis 9 Milliarden Euro – sogar sehr konservativ und zu
Ihren Gunsten ausgelegt. Vermutlich müssten die Kom-
munen nach Ihrem Gesetzentwurf sogar auf 15 bis
20 Milliarden Euro verzichten. Ich sage Ihnen ganz deut-
lich: Das machen wir nicht mit.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Die Frage, wie man optisch niedrigere Steuersätze ereichen kann, haben wir Ihnen vor drei Jahren beantworet. Damals hat die zuständige Kommission das Modell orgeschlagen, die Bemessungsgrundlage für die Geerbesteuer zu verbreitern und die Steuersätze um 0 Prozent zu senken; darüber könnte man erneut nachenken. Auf diese Weise sind optisch deutlich niedrigere teuersätze zu erzielen. Sie geben ja selbst zu, dass eutschland, was die Steuerbelastung angeht, im interationalen Vergleich gar nicht schlecht dasteht. Das Prolem sind die optisch hohen Steuersätze. Dieses Problem ässt sich allerdings auch anders lösen, als Sie es in Ihem Gesetzentwurf vorschlagen. Wenn es um die Abschaffung der Gewerbesteuer eht, bin ich ganz an der Seite meines Finanzministers, er im Januar dieses Jahres im Finanzausschuss gesagt at: Wir sind offen für alle Modelle, die die Gewerbeteuer ersetzen können; allerdings müssen sie mindesens genauso gut wie die Gewerbesteuer sein. Er fügte inzu, dass ihm derzeit kein Modell bekannt sei, das iese Voraussetzung erfülle: weder das der Stiftung arktwirtschaft noch das des Sachverständigenrates och der Gesetzentwurf der FDP. Aber es ist ja noch icht aller Tage Abend. Vielleicht arbeiten Sie noch an hrem Modell und verbessern es. Dann können wir wieer darüber reden. Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602506200

Damit schließe ich die Aussprache.

Zwischen den Fraktionen ist die Überweisung des
esetzentwurfs auf Drucksache 16/679 an die Aus-

chüsse vorgeschlagen, die in der Tagesordnung aufge-
ührt sind. Abweichend von der Tagesordnung soll die
orlage an den Haushaltsausschuss ausschließlich ge-
äß § 96 unserer Geschäftsordnung überwiesen wer-

en. – Dazu gibt es offensichtlich keine anderweitigen
orschläge und Sie sind einverstanden.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 24 a bis 24 c sowie
ie Zusatzpunkte 2 a bis 2 g auf:

24 a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem
Übereinkommen vom 8. Dezember 2004 über
den Beitritt der Tschechischen Republik, der
Republik Estland, der Republik Zypern, der
Republik Lettland, der Republik Litauen, der
Republik Ungarn, der Republik Malta, der
Republik Polen, der Republik Slowenien und
der Slowakischen Republik zu dem Überein-
kommen über die Beseitigung der Doppelbe-
steuerung im Falle von Gewinnberichtigungen
zwischen verbundenen Unternehmen

– Drucksache 16/914 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
b) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab-
kommen vom 2. März 2005 zwischen der Bun-
desrepublik Deutschland und der Republik
Jemen zur Vermeidung der Doppelbesteue-
rung von Luftfahrtunternehmen auf dem Ge-
biet der Steuern vom Einkommen und vom
Vermögen

– Drucksache 16/915 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

c) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-
rung und Bereinigung des Lastenausgleichs-
rechts

– Drucksachen 16/916, 16/955 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss

ZP 2 a)Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des
Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes und des
Telekommunikationsgesetzes

– Drucksache 16/521 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

b) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-
rung der Vorschriften über die Luftaufsicht
und die Luftfahrtdateien

– Drucksache 16/958 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Tourismus

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Jörg van
Essen, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger,
Mechthild Dyckmans, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der FDP

Jugendstrafvollzug verfassungsfest gestalten

– Drucksache 16/851 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Josef
Philip Winkler, Volker Beck (Köln), Britta

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(C (D Haßelmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Zwischenbilanz für Integrationskurse des Jahres 2005 vorlegen – Drucksache 16/940 – Überweisungsvorschlag: Innenausschuss Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Haushaltsausschuss e)

Hoppe, Ute Koczy, Hans-Josef Fell, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion des BÜNDNIS-
SES 90/DIE GRÜNEN

Mit der strategischen Partnerschaft zwischen
der Europäischen Union und Lateinamerika
Ernst machen und deutsches Engagement aus-
bauen

– Drucksache 16/941 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (f)

Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

f) Beratung des Antrags der Abgeordneten Cornelia
Pieper, Uwe Barth, Patrick Meinhardt, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Innovationspakt 2020 für Forschung und
Lehre in Deutschland – Kooperationen zwi-
schen Bund und Ländern weiter ermöglichen

– Drucksache 16/954 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Haushaltsausschuss

g) Beratung des Antrags der Abgeordneten Lutz
Heilmann, Eva Bulling-Schröter, Hans-Kurt Hill,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LIN-
KEN

Ein einheitliches Umweltrecht schaffen –
Kompetenzwirrwarr vermeiden

– Drucksache 16/927 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Rechtsausschuss

Es handelt sich um Überweisungen im vereinfach-
en Verfahren ohne Debatte.

Ich komme zunächst zu den Tagesordnungs-
unkten 24 a bis 24 c sowie zu den Zusatzpunkten 2 a
is 2 f. Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen
n die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu
berweisen. Sind Sie damit einverstanden? – Dann sind
ie Überweisungen so beschlossen.






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
Zusatzpunkt 2 g. Die Vorlage auf Drucksache 16/927
soll ebenfalls an die in der Tagesordnung aufgeführten
Ausschüsse überwiesen werden, jedoch ist die Federfüh-
rung strittig. Die Fraktionen von CDU/CSU und SPD
wünschen die Federführung des Rechtsausschusses, die
Fraktion Die Linke wünscht die Federführung des Aus-
schusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
heit.

Ich lasse zunächst über den Überweisungsvorschlag
der Fraktion Die Linke abstimmen, die Federführung
dem Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsi-
cherheit zu übertragen. Wer stimmt für diesen Überwei-
sungsvorschlag? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? –
Damit ist dieser Überweisungsvorschlag mit den Stim-
men der großen Koalition gegen die Stimmen der Frak-
tionen Die Linke und des Bündnisses 90/Die Grünen bei
Enthaltung der FDP-Fraktion abgelehnt.

Ich lasse nun über den Überweisungsvorschlag der
Fraktionen von CDU/CSU und SPD abstimmen, die Fe-
derführung dem Rechtsausschuss zu übertragen. Wer
stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Gegen-
stimmen? – Enthaltungen? – Damit ist mit den Stimmen
der großen Koalition gegen die Stimmen der Fraktionen
Die Linke und des Bündnisses 90/Die Grünen und bei
Enthaltung der FDP-Fraktion beschlossen, die Federfüh-
rung dem Rechtsausschuss zu übertragen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 25 a bis 25 j auf.
Es handelt sich um die Beschlussfassung zu Vorlagen,
zu denen hier keine Aussprache vorgesehen ist.

Tagesordnungspunkt 25 a:

Zweite Beratung und Schlussabstimmung des
von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zu dem Protokoll vom 21. Mai
2003 über die strategische Umweltprüfung
zum Übereinkommen über die Umweltver-
träglichkeitsprüfung im grenzüberschreiten-

(Vertragsgesetz zum SEA-Protokoll)


– Drucksache 16/341 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
heit (16. Ausschuss)


– Drucksache 16/899 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Andreas Jung (Konstanz)

Horst Meierhofer
Lutz Heilmann
Sylvia Kotting-Uhl

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit empfiehlt, den Gesetzentwurf anzunehmen.
Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen
wollen, sich zu erheben. – Wer stimmt dagegen? – Ent-
haltungen? – Damit ist der Gesetzentwurf einstimmig
angenommen.

Tagesordnungspunkt 25 b:

Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio-
nen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten

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(C (D Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Pflanzenschutzgesetzes – Drucksache 16/645 – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz – Drucksache 16/897 – Berichterstattung: Abgeordnete Dr. Peter Jahr Gustav Herzog Dr. Christel Happach-Kasan Dr. Kirsten Tackmann Cornelia Behm Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und erbraucherschutz empfiehlt in seiner Beschlussempfeh ung, den Gesetzentwurf in der Ausschussfassung anzuehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf so ustimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt agegen? – Enthaltungen? – Damit ist der Gesetzentwurf n zweiter Beratung mit den Stimmen des ganzen Hauses ei Enthaltung der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grüen angenommen. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die zutimmen wollen, sich zu erheben. – Gegenstimmen? – nthaltungen? – Damit ist der Gesetzentwurf bei den leichen Mehrheitsverhältnissen wie zuvor angenomen. Tagesordnungspunkt 25 c: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie Bundesregierung Zweiundsiebzigste Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung – Drucksachen 16/361, 16/480 Nr. 2.1, 16/746 – Berichterstattung: Abgeordneter Dr. Ditmar Staffelt Der Ausschuss empfiehlt, die Aufhebung der Verordung auf Drucksache 16/361 nicht zu verlangen. Wer timmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenprobe! – nthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den timmen des ganzen Hauses angenommen. Tagesordnungspunkt 25 d: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie Bundesregierung Einhundertzweiundfünfzigste Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste – Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz – – Drucksachen 16/362, 16/480 Nr. 2.2, 16/747 – Berichterstattung: Abgeordnete Gudrun Kopp Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt Der Ausschuss empfiehlt, die Aufhebung der Verordnung auf Drucksache 16/362 nicht zu verlangen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist bei Enthaltung der FDP-Fraktion angenommen. Tagesordnungspunkt 25 e: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Verordnung der Bundesregierung Verordnung zur Umsetzung der Ratsentscheidung vom 19. Dezember 2002 zur Festlegung von Kriterien und Verfahren für die Annahme von Abfällen auf Abfalldeponien – Drucksachen 16/573, 16/612 Nr. 2.1, 16/921 – Berichterstattung: Abgeordnete Michael Brand Gerd Bollmann Michael Kauch Eva Bulling-Schröter Sylvia Kotting-Uhl Der Ausschuss empfiehlt, der Verordnung auf Drucksache 16/573 zuzustimmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist die Beschlussempfehlung einstimmig angenommen. Tagesordnungspunkt 25 f: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Verordnung der Bundesregierung Erste Verordnung zur Änderung der Zweiundzwanzigsten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über Immissionswerte für Schadstoffe in der Luft)





(A) )


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– Drucksachen 16/574, 16/612 Nr. 2.2, 16/959 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Andreas Jung (Konstanz)

Detlef Müller (Chemnitz)

Michael Kauch
Lutz Heilmann
Sylvia Kotting-Uhl

Der Ausschuss empfiehlt, der Verordnung auf
Drucksache 16/574 zuzustimmen. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltun-
gen? – Die Beschlussempfehlung ist bei Enthaltung der
Fraktion der Linken angenommen.

Wir kommen zu den Beschlussempfehlungen des Pe-
titionsausschusses.

Tagesordnungspunkt 25 g:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 21 zu Petitionen

– Drucksache 16/828 –

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(C (D Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltunen? – Die Sammelübersicht ist mit den Stimmen des anzen Hauses angenommen. Tagesordnungspunkt 25 h: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 22 zu Petitionen – Drucksache 16/829 – Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltunen? – Die Sammelübersicht 22 ist bei Enthaltung der raktion der Linken angenommen. Tagesordnungspunkt 25 i: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 23 zu Petitionen – Drucksache 16/830 – Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltunen? – Damit ist die Sammelübersicht mit den Stimmen es ganzen Hauses angenommen. Tagesordnungspunkt 25 j: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 24 zu Petitionen – Drucksache 16/831 – Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltunen? – Damit ist die Sammelübersicht bei Gegenstimen aus der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen und er Linken angenommen. Ich rufe Zusatzpunkt 3 auf: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der LINKEN Tarifliche Auseinandersetzungen im öffentlichen Dienst Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege r. Gregor Gysi. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ir erleben im öffentlichen Dienst gegenwärtig relativ arte und schon lang andauernde Auseinandersetzungen. ie Gewerkschaften haben wegen der Haltung der Komunen, aber vor allem wegen der Haltung einiger Län er zum Streik aufgerufen. Die Länder sind davon enteder gar nicht oder sehr stark betroffen, je nach Grad er Auseinandersetzung. Was verlangen die Arbeitgeber, die sich, wenn ich das ichtig mitbekommen habe – ich denke an die verschieenen Positionen der Landesminister –, inzwischen nicht ehr einig sind? Sie fordern eine Verlängerung der Ar eitszeit im öffentlichen Dienst ohne jede zusätzliche Dr. Gregor Gysi Lohnleistung. Im Kern ist das nichts anderes als eine Stundenlohnsenkung. Das ist nicht hinnehmbar. (Beifall bei der LINKEN – Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Populist!)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1602506300




(A) )


(B) )


Dagegen wehren sich die Gewerkschaften. Ich freue
mich, dass sie das mit deutlich mehr Selbstbewusstsein
als früher tun.


(Zustimmung bei der LINKEN)


Es gibt Gerüchte – sie sind häufig in den Zeitungen zu
lesen –, denen man Glauben schenkt; das möchte ich
auch mir zubilligen. So konnte ich mehrfach lesen, dass
wir im Vergleich mit anderen Ländern einen der größten
öffentlichen Dienste hätten. Wenn man das ständig liest,
glaubt man das irgendwann auch.


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Der in der DDR war größer! – Heiterkeit bei der CDU/CSU – Weiterer Zuruf von der CDU/ CSU: Tolles Modell!)


– Sie finden das komisch. Sie arbeiten aber auch nicht
im öffentlichen Dienst. Sie bekommen Ihr Geld jeden
Monat und keiner verlangt von Ihnen eine Verlängerung
der Arbeitszeit. Das ist der Unterschied.


(Beifall bei der LINKEN – Clemens Binninger [CDU/CSU]: Vorsicht! – Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Können Sie den Unterschied zu sich selber erklären?)


Wir haben Statistiken über den Anteil der Beschäftig-
ten im öffentlichen Dienst an der Gesamtheit der Be-
schäftigten. Je nach Statistik – die Statistiken unterschei-
den sich etwas – beträgt ihr Anteil zwischen 12 und
16 Prozent. Der Anteil der Beschäftigten in den öffentli-
chen Diensten in Großbritannien und in den USA ist hö-
her, in den skandinavischen Ländern ist ihr Anteil sogar
doppelt so hoch wie in Deutschland.

Nun werden Sie wieder die These aufstellen, dass
man in diesen Ländern nichts davon verstehe, nur in
Deutschland verstehe man etwas davon.


(Zuruf von der CDU/CSU: Außer Ihnen!)


Ich glaube, diese These ist falsch.


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Sie sind die Ausnahme!)


Das will ich Ihnen an einem Beispiel deutlich machen.
Es wird immer gesagt, wir bräuchten weniger Staat, dort
gebe es viel zu viele Beschäftigte. Das ist auch in den
Boulevardzeitungen zu finden, die ich mit Interesse lese.
Wenn dann aber zum Beispiel in Bad Reichenhall ein
Dach zusammenbricht, schreiben die gleichen Zeitun-
gen, dass wahrscheinlich der Bürgermeister dafür ver-
antwortlich ist. Man muss sich entscheiden: Wollen wir
Verantwortlichkeit des Staates? Dann muss er aber auch
Beschäftigte haben. Wenn wir Sicherheit wollen – ich
denke nur an die Feuerwehr –, dann brauchen wir Be-
schäftigte, und wenn wir Kontrollen wollen, auch.


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Können die nicht 40 Stunden arbeiten?)


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(C (D u sagen, wir bräuchten weniger Beschäftigte, aber dann en Staat für alles verantwortlich zu machen, geht nicht uf. Das ist die falsche Logik, und es ist auch die falsche hilosophie. Die nächste Frage, die sich stellt, lautet, ob wir in eutschland andere Arbeitszeiten haben als in anderen ändern. Mit seiner Arbeitszeit im öffentlichen Dienst iegt Deutschland im Vergleich zu den Arbeitszeiten der nderen öffentlichen Dienste in Europa über dem EUurchschnitt, und zwar mit einer halben Stunde pro Wo he. Das ist interessant. Im Vergleich zu Ländern wie talien oder Frankreich haben wir deutlich längere Areitszeiten. Die These, dass wir im Vergleich zu anderen ändern eine kürzere Arbeitszeit hätten, ist falsch. Ich laube nicht, dass die anderen Länder auch in diesem unkt falsche Wege gehen. Wenn man das alles zusammennimmt, dann ist doch lar, dass eine Gewerkschaft nicht Ja zu einer unbezahlen Verlängerung der Arbeitszeit sagen kann, sondern eien anderen Weg gehen muss. (Beifall bei der LINKEN – Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Sind Sie der Verhandlungsführer? – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Der neue Schlichter!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


ie muss deutlich machen: Wenn man mehr Beschäfti-
ung will, dann muss man mehr Leute einstellen. Damit
ürde man, auch im öffentlichen Dienst, ein Problem
er Arbeitslosigkeit lösen.


(Beifall bei der LINKEN)


ch habe eben gesagt, wie hoch die Anteile der Beschäf-
igten in den öffentlichen Diensten in Großbritannien,
en USA und in Skandinavien sind. Wäre der Anteil in
eutschland genauso hoch, dann hätten wir deutlich we-
iger Arbeitslose. Sie sind dazu nicht bereit und stellen
icht mehr Leute ein. Darüber hinaus aber noch zu for-
ern, die Beschäftigten müssten kostenlos länger arbei-
en, das ist wirklich der Gipfel.


(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Sie hätten das gestalten können! Aber weggelaufen sind Sie vor der Verantwortung!)


ie müssten wenigstens eine Bezahlung anbieten. Davon
st bisher aber keine Rede.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich habe gesagt, die Gewerkschaften wehren sich. Sie
un das mit einem größeren Selbstbewusstsein, sie haben
erven und halten das auch länger durch. Die Länder
alten das auch länger durch.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Als Senator hatten Sie keine Nerven!)


s gibt immer wieder ein paar Punkte, über die man sich
erständigen muss. Hier muss man auch zu einer Ausei-
andersetzung bereit sein. Ich sage ganz klar: Notdienste
ürfen nie eingestellt werden. Man darf sie nicht






(A) )



(B) )


Dr. Gregor Gysi
bestreiken. Allerdings sage ich auch: Der Arbeitgeber
darf dann aber auch keine Methoden anwenden, mit de-
nen er den Streik unterläuft, zum Beispiel, indem er
Privatfirmen anstellt, um bestimmte Probleme zu lösen.


(Beifall bei der LINKEN)


Beide müssen also einen bestimmten Grad an Fairness
an den Tag legen, damit man es klären kann.

Nun sind wir hier nicht die Tarifparteien; das weiß
ich. Andere werden die Auseinandersetzung führen; das
ist auch richtig. Sie sollen es tun. Es ist aber nicht so ab-
surd, wie Sie denken, dass wir uns damit beschäftigen,
wenn es um unsere Angestellten geht. Wir haben eine
Menge damit zu tun und wir sollten einen Beitrag dazu
leisten, dass es schnell zu einer Lösung kommt und dass
nicht der eine Minister das eine und der andere Minister
das andere erzählt, sodass für die Bürgerinnen und Bür-
ger dabei nur herauskommt, dass die Dienstleistungen,
auf die sie dringend warten, nicht erledigt werden.


(Dirk Niebel [FDP]: Ist der Bund hier eigentlich zuständig?)


Die Gewerkschaften haben in diesen Punkten Recht,
und Ihre Angebote sind indiskutabel. Es tut mir Leid.


(Beifall bei der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602506400

Für die CDU/CSU-Fraktion spricht Peter Weiß.


(Beifall bei der CDU/CSU – Abgeordnete der Fraktion DIE LINKE erheben sich und ziehen sich Streikwesten mit dem Aufdruck „Solidarität – ver.di – Streik“ über – Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Frau Präsidentin! – Zuruf von der FDP: Kasperletheater! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU und der FDP)


– Ich bitte Sie, sich wieder hinzusetzen und diese De-
monstration nicht im Deutschen Bundestag durchzufüh-
ren.


(Zurufe von der CDU/CSU: Sonst gehen wir! – Wir sind hier doch nicht in einem Happening!)


Demonstrationen kann man draußen abhalten.


(Dirk Niebel [FDP]: Kasperletheater! Meinen Sie, Sie sehen jetzt besser aus als vorher? – Clemens Binninger [CDU/CSU]: Entweder die setzen sich oder wir gehen!)


Ich bitte Sie noch einmal herzlich, die Westen auszuzie-
hen. Hier im Deutschen Bundestag führen wir die Ausei-
nandersetzung mit dem gesprochenen Wort und nicht
mit Transparenten oder Westen. Das wissen Sie auch.
Deswegen bitte ich Sie herzlich, die Westen auszuziehen
oder den Raum zu verlassen und vielleicht vor der Tür
zu demonstrieren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ein Teil der Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE verlässt den Plenarsaal – Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Lafontaine, das ist die Schweinebande, die hinter dir sitzt! Dazu kön F g g P r d s V c a L D i B m k t H s g m w L f (C (D nen Sie sich hier mal äußern! Es ist ja furchtbar! – Zuruf von der LINKEN: Frau Präsidentin, ist das keinen Ordnungsruf wert? – Gegenruf von der CDU/CSU: Sie haben es gerate nötig! – Ernst Burgbacher [FDP]: Kasperletheater! Schämt ihr euch eigentlich nicht? Diese Proleten! – Dirk Niebel [FDP]: Wir sollten eine Fraktionssitzung machen! – Gegenruf des Abg. Ulrich Maurer [DIE LINKE]: Das ist die doppelte Moral der Herrschaften der CDU/ CSU! Haben Sie notiert, was der Herr gesagt hat?)


Jetzt hat der Abgeordnete Peter Weiß, CDU/CSU-
raktion, das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1602506500

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-

en! Ich glaube, man muss allen Bürgerinnen und Bür-
ern, die jetzt zuschauen, sagen: Hier hat soeben ein
olitiker gesprochen, der Mitglied einer Landesregie-
ung war,


(Dirk Niebel [FDP]: Die aus der Tarifgemeinschaft der Länder ausgetreten ist!)


ie für den öffentlichen Dienst Verantwortung trägt, der
ich in Berlin aus dem Staub gemacht hat und der vor der
erantwortung geflohen ist. Dann kann man keine sol-
he Rede halten.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Ulrich Maurer [DIE LINKE]: Warum gibt es denn in Berlin keine Müllberge, Herr Kollege?)


Hier hat gerade jemand von allem Möglichen geredet,
ber nicht von den Bürgerinnen und Bürgern unseres
andes.


(Beifall bei der CDU/CSU)


ie konkreten Auswirkungen von sechs Wochen Streik
m öffentlichen Dienst sehen doch so aus, dass sich viele
ürgerinnen und Bürger zum Beispiel Sorgen darüber
achen, wann endlich der Müll vor der Haustür weg-

ommt. Die Realität sieht doch so aus, dass manche El-
ern ihren Jahresurlaub einsetzen, um die Kinder zu
ause zu betreuen, weil die Kindertagesstätte geschlos-

en ist. Deswegen erfüllen die praktischen Auswirkun-
en dieses Streiks die Bürgerinnen und Bürger zu Recht
it großer Sorge.


(Dirk Niebel [FDP]: In den Müllsäcken sahen sie hübscher aus!)


Gemäß dem Politbarometer des ZDF fordern mittler-
eile 61 Prozent der Bürgerinnen und Bürger unseres
andes das Ende der Ausstände bzw. des Streiks im öf-

entlichen Dienst.


(Zuruf von der SPD: Dann muss es ein gutes Angebot geben!)







(A) )



(B) )


Peter Weiß (Emmendingen)

Von diesen Bürgerinnen und Bürgern hat Herr Gysi nicht
gesprochen. Er kennt sie offensichtlich nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Oskar Lafontaine [DIE LINKE]: Dann haben Sie nicht zugehört, als er geredet hat!)


In unserer Verfassung, dem Grundgesetz, spielt die
Tarifautonomie zu Recht eine große Rolle. Für den Tarif-
streit und für den Abschluss von Tarifverträgen tragen
die Tarifpartner, die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer,
Verantwortung. In den konkreten Diskussionen, die der-
zeit geführt werden, sind es die Länder und die Kommu-
nen als öffentliche Arbeitgeber und die Gewerkschaften,
mit denen sie verhandeln.

Alle Erfahrungen lehren: Wenn sich in die Tarifver-
handlungen zwischen den verantwortlichen Arbeitge-
bern und Arbeitnehmern diejenigen einmischen, die gar
nicht zuständig sind – wir als Bund haben unseren eige-
nen Tarifvertrag und sind für das Thema überhaupt nicht
zuständig –, wird es in der Regel nicht besser, sondern
schlechter.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Oskar Lafontaine [DIE LINKE]: Sie haben doch gerade die Arbeitszeit verlängert! Wissen Sie das nicht?)


Deswegen gilt: Auch wenn man in der Opposition sitzt
und vor allen Dingen in Talkshows gerne viel schwätzt,


(Ulrich Maurer [DIE LINKE]: Na, na, na!)


so ist es doch manchmal besser, in einer Sache, für die
man nicht zuständig ist und für die man keine Verant-
wortung trägt, den Mund zu halten.


(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der LINKEN: Mein Gott!)


Der Linken in diesem Parlament kommt es mit der
Aktuellen Stunde nur darauf an, aus dem Streik und der
derzeitigen Tarifauseinandersetzung parteipolitisches
Kapital zu schlagen.


(Widerspruch bei der LINKEN)


Um eine Lösung in der Sache geht es der Linken nicht.
Wir alle – die große Mehrheit der Bürgerinnen und Bür-
ger – haben ein Interesse daran, dass der Tarifkonflikt
möglichst bald zu einem Ende kommt und dass ein Ab-
schluss zwischen öffentlichen Arbeitgebern und Ge-
werkschaften erfolgt. Nur eine Seite in diesem Parla-
ment hat daran kein Interesse: die Linke. Sie ist die
Einzige, die diesen Streik aus parteipolitischen Gründen
verlängern will.


(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei der LINKEN)


Der Kollege Gysi mit seinem wirtschaftspolitischen
Sachverstand, den er gerade eben bewiesen hat –


(Zuruf von der CDU/CSU: Welcher Sachverstand?)


– dieser angebliche Sachverstand –,

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(C (D at schon einmal in einem Teil Deutschlands zeigen könen, zu welch großartigen Erfolgen dies führt. er wirtschaftspolitische Sachverstand eines Herrn Gysi nd seiner Genossen einschließlich der Überbürokratiierung und der Riesenverwaltung aben doch die alte DDR in den Ruin und in den Bankott getrieben. (Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: So ist es!)


(Heiterkeit bei der CDU/CSU)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Zuruf von der LINKEN: Ist doch lächerlich!)


iese Art von Sachverstand hinsichtlich des öffentlichen
ienstes, wie ihn ein Herr Gysi und seine Genossinnen
nd Genossen vertreten, brauchen wir in Deutschland
ahrhaft nicht, wenn wir den öffentlichen Dienst der
ukunft gestalten wollen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei der LINKEN – Oskar Lafontaine [DIE LINKE]: Und euer Sachverstand führt zu 5 Millionen Arbeitslosen!)


Wenn eine Aktuelle Stunde zu diesem Thema über-
aupt Sinn macht – ich frage mich noch immer, ob der
undestag über eine Sache diskutieren soll, für die er
eine Verantwortung trägt –, dann den, an die Tarifpart-
er, Arbeitgeber und Arbeitnehmer, zu appellieren, die
arifautonomie ernst zu nehmen, Einigungswillen zu
eigen und möglichst bald zu einem positiven Ergebnis
u kommen, mit dem der öffentliche Dienst in Deutsch-
and in Zukunft eine Chance hat, seine Leistungsfähig-
eit unter Beweis zu stellen, und mit dem auch die öf-
entlichen Arbeitgeber finanziell nicht überfordert
erden, sondern ihrer Verantwortung gerecht werden
önnen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Rainer Wend [SPD])



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602506600

Liebe Kolleginnen und Kollegen, einige haben in der

useinandersetzung von vorhin das Wort „Schweine-
ande“ gehört. Wir werden mit dem Stenografischen
ienst prüfen, ob dem so gewesen ist.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe das auch gehört!)


enn dem so gewesen ist, dann wird natürlich festge-
tellt, dass das ein unparlamentarischer Ausdruck ist.


(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das sollte ein Zitat von Lafontaine sein!)


a ich dies selber nicht gehört habe, können wir das nur
ithilfe des Stenografischen Dienstes prüfen.

Ich gebe jetzt das Wort dem Kollegen Dirk Niebel.






(A) )



(B) )


Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1602506700

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Nachdem sich die Linke bundesweit wie die
Kesselflicker streitet, war das, was wir gerade eben im
Bundestag erlebt haben, wahrscheinlich ein gruppendy-
namisches Experiment. Ein uncharmanter Kollege
meinte, Sie hätten mit den Müllsäcken besser ausgese-
hen.


(Heiterkeit und Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Nichtsdestotrotz bin ich nach sechs Wochen Streik in
Baden-Württemberg quasi ein Experte für Müllsäcke.
Wenn Ihr Gesamtkunstwerk realistisch hätte sein sollen,
dann hätten Sie auch einige von diesen kleinen possierli-
chen Tierchen mit den langen nackten Schwänzen mit-
bringen sollen, damit diese über Ihre Müllsäcke hätten
laufen können; denn das ist die Situation in Deutschland,
nicht das Kasperletheater, das Sie hier im Parlament ver-
anstalten.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Oskar Lafontaine [DIE LINKE]: Die einen lieben Geldsäcke, die anderen Müllsäcke!)


Der Redner der PDS gehörte einer Landesregierung
an, die sich mit einem sehr „soliden“ Haushalt aus der
Tarifgemeinschaft der Länder verabschiedet hat. Deswe-
gen ist sein Vortrag hier besonders glaubwürdig gewe-
sen.


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Tatsächlich geht es aber darum, dass wir im letzten Mo-
nat 5 047 668 registrierte Arbeitslose hatten. Sie hinge-
gen reden über einen Streik, bei dem es um 18 Minuten
Mehrarbeit geht,


(Widerspruch bei der LINKEN)


und zwar in einem Arbeitsmarktsegment, in dem die Ar-
beitsplätze nicht nur als sicher gelten können, sondern
sicher sind.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich könnte für diesen Streik vielleicht noch ein gewis-
ses Verständnis aufbringen, wenn es die erste Auseinan-
dersetzung um Mehrarbeit in Deutschland wäre. Es ist
aber eine Auseinandersetzung aus dem vergangenen
Jahrhundert, ein Rückzugsgefecht. In ganz Deutschland
arbeiten die Beamten weitaus länger als 38,5 Stunden.


(Widerspruch bei der LINKEN)


In Ostdeutschland – übrigens auch in den Ländern, in
denen Sie mitregieren, meine sehr verehrten Damen und
Herren Kollegen von der Linken – arbeiten Angestellte
und Arbeiter länger als 38,5 Stunden.

Alle, die neu eingestellt oder befördert werden, arbei-
ten länger als 38,5 Stunden.


(Widerspruch bei der LINKEN)


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(C (D ier geht es um ein Rückzugsgefecht in einer Auseinanersetzung des vergangenen Jahrhunderts, weil ein durcheknallter grüner Gewerkschaftsfunktionär versucht, (Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der SPD: Na, na, na!)


ie Verbändemacht zu stärken und den Bedeutungsver-
ust der Gewerkschaften aufzuhalten.


(Beifall bei der FDP – Widerspruch bei der LINKEN)


ieser Gewerkschaftsfunktionär der Grünen hat es als
ufsichtsrat bei der Lufthansa als Einziger geschafft,

ich mit Verdi selbst zu bestreiken. Das versteht beim
esten Willen kein Bürger mehr in diesem Land.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wenn aber, wie am vorletzten Wochenende in Bayern
nd Baden-Württemberg, wetterbedingt 2 100 Verkehrs-
nfälle mit 220 Verletzten und acht Todesfällen passie-
en, dann endet jedes Streikrecht.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch der Abg. Andrea Nahles [SPD])


ie Bürgerinnen und Bürger sind verzweifelt. Sie führen
inen Streik gegen die Menschen in diesem Land. Der
Tagesspiegel“ schreibt heute über die Situation von be-
ufstätigen Eltern – ich zitiere eine Dame, die über ihre
ituation berichtet –:

„Im Prinzip geht der ganze Jahresurlaub drauf“,
rechnet die arbeitende Mutter vor, weil die regulä-
ren 21 Schließtage der Tageseinrichtung hinzukä-
men. „Unverschämtheit“, findet das Petra Hummel.

echt hat sie!


(Beifall des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP])


ie machen einen Arbeitskampf zulasten der Bürgerin-
en und Bürger. Sie tun so, als wollten Sie sich für die
ereinbarkeit von Familie und Beruf einsetzen. Stattdes-
en nehmen Sie aber den Menschen die Möglichkeit,
inder und Beruf miteinander zu vereinbaren.


(Widerspruch bei der LINKEN)


ie sind die wahren Unsozialen! Sie sind die Klassen-
ämpfer in diesem Land. Sie vernichten Existenzen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Widerspruch bei der LINKEN)


Zufälligerweise wird in zehn Tagen in drei Bundes-
ändern gewählt. Die Bürgerinnen und Bürger in Sach-
en-Anhalt erinnern sich sehr genau, wie es damals unter
er von Ihnen tolerierten SPD-Regierung war. Die Mi-
isterpräsidenten der Wahlkampf führenden Länder,
err Beck und Herr Oettinger, rollen in mannhaftem
utbeweis die Fahne langsam ein. Das erinnert ein we-

ig an Selbstmord aus Angst vor dem Tod. So werden
ie keine absolute Mehrheit bekommen, Herr Oettinger.
ier ist keine Hasenfüßigkeit, sondern Standhaftigkeit
efordert.


(Widerspruch bei der LINKEN)







(A) )



(B) )


Dirk Niebel
Deswegen werden wir – wie die Menschen in der ost-
deutschen Metall- und Elektroindustrie, die sich nicht
von der IG Metall haben vergewaltigen lassen und er-
folgreich gegen die Einführung der 35-Stunden-Woche
gekämpft haben – standhaft bleiben.


(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Ist die FDP nicht in Rheinland-Pfalz in der Landesregierung?)


Wir unterstützen die Bürgerinnen und Bürger darin,
dass durchgesetzt wird, dass man in diesem Land öffent-
liche Dienstleistungen in Anspruch nehmen kann. Wir
sind der festen Überzeugung, dass all diejenigen, die den
Streik vorangetrieben haben, ihren Mitgliedern einen
Bärendienst erweisen. Denn spätestens bei den nächsten
Haushaltsberatungen in den Kommunen


(Zuruf von der LINKEN: Dann haben die Kommunen noch weniger Geld!)


wird jeder einzelne Bürgermeister und jeder einzelne
Landrat darüber nachdenken müssen, wo die Dienstleis-
tungen funktioniert haben, und feststellen, dass die
Durchführung in privater Trägerschaft teilweise besser
und günstiger funktioniert hat als in öffentlicher Hand
auf Kosten des Steuerzahlers. Sie erweisen Ihren Mit-
gliedern und auch der Bevölkerung einen Bärendienst.

Vielen herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf von der LINKEN: Setzen, fünf!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602506800

Für die SPD-Fraktion erteile ich das Wort dem Kolle-

gen Sigmund Ehrmann.


Siegmund Ehrmann (SPD):
Rede ID: ID1602506900

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe

Kolleginnen und Kollegen! Das war das volle Programm
„Niebel live“. Wenn man etwas mehr Ruhe in die Dis-
kussion bringen würde, dann würde man möglicher-
weise den wahren Kern des Konfliktes erkennen, Herr
Gysi. Es ist zwar interessant, sich über die volkswirt-
schaftlichen Auswirkungen auseinander zu setzen, aber
dass es bei der speziellen Art der Auseinandersetzung
der Tarifgemeinschaft deutscher Länder mit der anderen
Seite möglicherweise um etwas ganz anderes als um den
konkreten Verhandlungsgegenstand geht,


(Zuruf von der CDU/CSU: Ja!)


sollte meines Erachtens deutlicher herausgearbeitet wer-
den. Ich möchte mich jedenfalls nicht – hier schließe ich
mich Herrn Peter Weiß ausdrücklich an – in fremde Ge-
schäfte einmischen. Gleichwohl sollte uns dieses Thema
nicht entgleiten. Herr Weiß, Sie haben auf ein wichtiges
Element unserer Verfassung hingewiesen, nämlich die
Tarifautonomie.


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Von Verfassung versteht Herr Gysi nix! – Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D ie Garantie der Koalitionsfreiheit schließt auch das Intrument der Tarifautonomie ein. Das setzt allerdings voaus, dass diejenigen, die in diesem Sektor eigenverantortlich agieren, sehr verantwortungsbewusst mit iesem Instrument umgehen. Wenn ich mir die aktuelle Tariftopographie genau anchaue, dann stelle ich fest, dass der jetzige Tarifkonflikt uf der Länderebene deutlich hervortritt. Mir bleibt daer nicht erspart, den Verhandlungsführer der Tarifgeeinschaft deutscher Länder ins Auge zu fassen. Die Art nd Weise, wie Herr Möllring (Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Guter Mann!)


it diesem Konflikt umgeht, zeigt, dass er die Rolle, die
in Verhandlungsführer unter Partnern hat, nicht ange-
ommen hat.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN)


ie Rolle beinhaltet, dass man den Beteiligten die
hance gibt, sich in ihren Positionen anzunähern. Das ist
ei seiner Art und Weise der Verhandlungsführung noch
icht einmal ansatzweise zu erkennen. Ich habe gelesen,
ass Herr Möllring Judoka ist.


(Zuruf von der CDU/CSU: Karate!)


n dieser Sportart gibt es spezielle Regeln und der Stär-
ere gewinnt. Das ist allerdings nicht die Rolle, die ei-
em Verhandlungsführer in einem Tarifkonflikt des öf-
entlichen Dienstes gemäß ist.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ch glaube, dass hier ganz gewaltig nachgearbeitet wer-
en muss.

Die Verhandlungsstrategie der Tarifgemeinschaft
eutscher Länder ist für mich nichts anderes als die Wie-
erholung einer grundlegenden politischen Auseinander-
etzung, die wir im Bundestagswahlkampf hatten. Große
oalition hin, große Koalition her, der Konflikt besteht

wischen dem aus sozialdemokratischer Sicht hohen Gut
er Tarifautonomie und des Flächentarifvertrags auf der
inen Seite und dem Instrument „Betriebliche Bünd-
isse“ auf der anderen Seite. Wir bekennen uns in der
oalitionsvereinbarung eindeutig zur Tarifautonomie
nd zum Flächentarifvertrag. Daran werden wir uns als
ffentlicher Arbeitgeber auf Bundesebene halten.

Es stellt sich die Frage nach den Beweggründen der
undesländer. Für mich ist eindeutig erkennbar, dass der
lächentarifvertrag zerschlagen werden soll. Die Tarif-
emeinschaft deutscher Länder, ein wichtiger Akteur,
roht dabei zu zerbrechen. Das ist auch im Hinblick auf
inen anderen Leitgedanken sehr problematisch. Es geht
m öffentliche Dienstleistungen, die für Menschen er-
racht werden. Dabei bestimmen die Tarif- und die Ar-
eitsbedingungen die Standards der öffentlichen Aufga-
enerfüllung. Daher appelliere ich eindringlich an die
arifvertragspartner, an den Verhandlungstisch zurück-
ukehren, zur Vernunft zu kommen, sich anzunähern und
chließlich zu einigen, damit dieser Tarifkonflikt






(A) )



(B) )


Siegmund Ehrmann
möglichst bald beendet wird und damit weiterhin die
Qualität bei der Erledigung der öffentlichen Aufgaben
verantwortungsbewusst sichergestellt werden kann.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602507000

Ich erteile das Wort der Kollegin Silke Stokar, Bünd-

nis 90/Die Grünen.


(Oskar Lafontaine [DIE LINKE]: Dieser grüne Revolutionär von den Gewerkschaften! Es ist ja unglaublich!)



(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe
befürchtet, dass wir uns mit der heutigen, von der Links-
fraktion beantragten Aktuellen Stunde keinen Gefallen
tun.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Das Stichwort „Tarifautonomie“ ist bereits genannt wor-
den. Tarifautonomie bedeutet laut Verfassung, dass sich
die Politik zurückhält, dass die Tarifpartner ohne Einmi-
schung von Staat und Politik ihre Auseinandersetzungen
regeln. Tarifautonomie bedeutet aber auch – das sage ich
an die Adresse von Herrn Niebel von der FDP –, dass
wir in Deutschland ein Grundrecht auf Streik haben. Es
gibt ja zwei FDPen: zum einen die Bürgerrechts-FDP
und zum anderen Herrn Niebel, der hier eine gewerk-
schaftsfeindliche Rede gehalten hat.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Ich denke, es steht dem Parlament nicht zu, in einer sol-
chen Auseinandersetzung den Vorsitzenden einer Ge-
werkschaft so anzugreifen und zu diskreditieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Dirk Niebel [FDP]: Das sagen Sie nur, weil es ein Grüner ist!)


Die Beschäftigten im öffentlichen Dienst leisten einen
unverzichtbaren Beitrag zu Stabilität und Lebensqualität
in unserem Land. Das merken wir alle, wenn die Dienst-
leistungen vorübergehend nicht zur Verfügung stehen.
Ich komme aus Niedersachsen und kenne Herrn
Möllring, den die Länder zu ihrem Verhandlungsführer
gemacht haben, sehr gut und kann nur sagen: Es ist nicht
der berechtigte Streik der Gewerkschaften, sondern das
Machogehabe des Herrn Möllring,


(Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU]: Unverschämt! Das ist ein kompetenter Minister!)


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(C (D as dazu führt, dass über einen so langen Zeitraum die indergärten geschlossen sind und es zur Benachteiliung von Müttern und Vätern kommt, die auf die Kinerbetreuung angewiesen sind. (Gitta Connemann [CDU/CSU]: Möllring übernimmt wenigstens Verantwortung für nachfolgende Generationen!)


err Möllring hat klar und deutlich gesagt, dass er kei-
en Tarifvertrag und keine Einigung will. Tarifautono-
ie setzt aber Vernunft voraus.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich möchte aber auch einige Fragen an die Linkspar-
ei stellen, da noch ein Redner von ihr sprechen wird. Ich
asse Ihnen Ihre Unglaubwürdigkeit nicht so einfach
urchgehen. Erste Frage: Wie lange arbeiten denn die
eamten in Berlin, wo Sie an der Regierung beteiligt

ind?


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Zweite Bemerkung: Seit die PDS Koalitionspartner in
erlin ist, sind 14 000 Stellen im öffentlichen Dienst in
erlin abgebaut worden.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hört! Hört!)


m Grünflächenamt wurden 1 000 Stellen durch 1-Euro-
obs ersetzt. Berlin war das erste Land, das den Flächen-
arifvertrag verlassen hat und aus der Tarifgemeinschaft
er Länder ausgeschert ist. Sie haben sich darauf einge-
assen – ich kann das angesichts der Finanzlage von Ber-
in nachvollziehen –, Personalkosten in Höhe von
,75 Milliarden Euro bis 2006 einzusparen.


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)


ir geht es nicht darum, diese Maßnahmen im Einzel-
en zu kritisieren. Mir geht es darum, dass die PDS und
ie WASG im Bundestag so tun, als wären sie die Rä-
her der Enterbten. Zu Recht sagt die WASG in Berlin in
ichtung PDS, dass diese, wenn sie in Regierungsver-
ntwortung ist, eine neoliberale Politik macht. Etwas
ehr Glaubwürdigkeit und Ehrlichkeit, Genossen, wäre

chon angebracht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


ann können wir uns gemeinsam sachlich mit diesen
hemen auseinander setzen.

Ich danke Ihnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU])



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1602507100

Das Wort hat jetzt der Kollege Hans-Werner Kammer

on der CDU/CSU.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Hans-Werner Kammer (CDU):
Rede ID: ID1602507200

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Meine Damen und Herren! Dass diese Aktuelle Stunde
gerade auf Antrag der Fraktion Die Linke stattfindet,
wundert mich sehr.


(Lachen bei der LINKEN – Zuruf des Abg. Oskar Lafontaine [DIE LINKE])


– Lassen Sie mich doch ausreden. – Denn deren ideolo-
gische Vorgänger haben in ihrem System das Instrument
Streik nicht gekannt.


(Lachen bei der LINKEN – Beifall bei der CDU/ CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Umso mehr erstaunt mich die Wende, die Sie heute voll-
zogen haben. Mit Ihrem Theater ging es Ihnen nicht da-
rum, den Menschen in Deutschland und den Streikenden
zu helfen, sondern um billige Stimmungsmache in die-
sem Parlament.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Dirk Niebel [FDP]: Kriegen die Streikgeld für diese Aktion?)


Zum Thema: Der seit sechs Wochen andauernde
Streik im öffentlichen Dienst richtet sich nicht direkt ge-
gen Unternehmen; er schadet aber der Wirtschaft und
wird auf dem Rücken der Bürgerinnen und Bürger, die
für die Löhne und Gehälter im öffentlichen Dienst auf-
kommen müssen, ausgetragen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Oskar Lafontaine [DIE LINKE]: Sollen die zum Nulltarif arbeiten oder was?)


Es ist nicht nachvollziehbar, dass sich die Gewerkschaft
Verdi der 18-minütigen täglichen Mehrarbeit verweigert,


(Widerspruch bei der LINKEN – Beifall des Abg. Dirk Niebel [FDP])


die in der freien Wirtschaft längst Realität ist. – Durch
Zwischenrufe werden Ihre Argumente nicht besser.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Sie müssen zur Kenntnis nehmen: Die Mehrheit der
Bevölkerung lehnt diesen Streik ab und will die 40-Stun-
den-Woche im öffentlichen Dienst, die im Übrigen bei
großen Teilen der Gewerkschaften selbst schon prakti-
ziert wird. Auch das müssen wir bei dieser Gelegenheit
zur Kenntnis nehmen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Verdi erzeugt mit der realitätsfernen Haltung eine ne-
gative Stimmung in der Bevölkerung gegen den öffentli-
chen Dienst, obwohl die Beschäftigten dort zweifellos
gute Arbeit leisten. Verdi leistet auch dem Vorschub,
dass wir in Zukunft verstärkt über Privatisierungen wer-
den nachdenken müssen.


(Beifall des Abg. Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/ CSU])


Die 40-Stunden-Woche ist von der Tarifgemeinschaft
der Länder mit großer Mehrheit beschlossen worden und

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(C (D it diesem Votum ist der niedersächsische Finanzminiser Hartmut Möllring konsequent in die Verhandlungen egangen. Deshalb darf ihm seine Verhandlungsführung ier heute nicht vorgeworfen werden. 40 Stunden Dienst in der Woche ergeben 18 zusätzlihe Minuten Arbeit pro Tag und nicht 14 Minuten, wie on Verdi vorgeschlagen. Auch die Staffelung der Mehrrbeit nach Verdienstgruppen löst das finanzielle Prolem der Länder nicht. Daher werden auch die in den ommunen getroffenen Abschlüsse mit dieser Regelung uf Dauer nicht haltbar sein. Auch das sei hier angeerkt. Tatsache ist, dass die öffentlichen Haushalte entlastet erden müssen. Daran haben alle Länder ein Interesse, uch jene, die damit drohen, aus der Tarifgemeinschaft uszutreten. Die bevorstehenden Landtagswahlen änern daran ebenfalls nichts. Vielmehr sind jetzt Weitsicht nd Vernunft das Gebot der Stunde. Dies bedeutet konret, dass Tarifabschlüsse nicht von politischen Stimungen abhängig gemacht werden dürfen – wie hier auf er linken Seite –, sondern von der Realität abhängig geacht werden müssen. ie Realität zeigt, dass es Unterschiede gibt zwischen en Angestellten des öffentlichen Dienstes und den Areitern und Angestellten in der Wirtschaft, die oft mehr ls 40 Stunden in der Woche arbeiten müssen. In diesem Zusammenhang verweise ich auf ein sehr nteressantes Zitat Ihrer Kollegin Pau. Auf der Interneteite der Gewerkschaft Verdi ist zu lesen: Ich finde es richtig, dass die Beschäftigten im öffentlichen Dienst sich gegen längere Arbeitszeiten wehren lassen Sie mich doch erst ausreden! –, weil es nicht um 18 Minuten pro Tag geht, sondern darum, ob die Differenz zwischen Arm und Reich noch größer wird. Es geht also um nicht mehr und nicht weniger als um gesellschaftliche Gerechtigkeit. (Beifall bei der LINKEN – Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Aha! – Zurufe von der LINKEN: Verdi! Verdi! Verdi!)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Wenn Kollegin Pau wirklich gesellschaftliche Ge-
echtigkeit will, dann müsste es doch in ihrem Interesse
ein, dass die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes
ie gleiche Arbeitszeit haben wie die Beamten und die
eisten Arbeitnehmer in den Betrieben der freien Wirt-

chaft. Das wäre gerecht.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich fordere die Mitglieder der Tarifgemeinschaft zur
eschlossenheit auf. Hartmut Möllring hat einen klaren
uftrag. Der Auftrag heißt: 40-Stunden-Woche für die
eschäftigten des öffentlichen Dienstes.






(A) )



(B) )


Hans-Werner Kammer

(Dr. Rainer Wend [SPD]: Ist das eine Kampfveranstaltung heute, oder was?)


Hinter diesem Auftrag steht die Unionsfraktion ge-
schlossen. Wer jetzt aus der Reihe der Länder ausschert,
gefährdet den Erfolg und die Handlungsfähigkeit der Ta-
rifgemeinschaft. Ich bin der festen Überzeugung, dass es
den Tarifparteien gelingen wird, diesen Konflikt ohne
Schlichtung im Interesse aller kurzfristig zu lösen. Es
geht nämlich nicht um 18 Minuten Mehrarbeit; es geht
vielmehr darum, dass auch die Angestellten im öffentli-
chen Dienst einen Beitrag zur Konsolidierung der öffent-
lichen Haushalte leisten.

Gesellschaftliche Gerechtigkeit heißt auch, mit dem
Geld der Steuerzahler sorgfältig umzugehen. Dazu ge-
hört besonders, sich auf verantwortbare Tarifabschlüsse
zu einigen.


(Beifall der Abg. Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU])


Deshalb steht die Union fest an der Seite von Hartmut
Möllring.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Wenn wir schreiten Seit’ an Seit’!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1602507300

Herr Kollege Kammer, ich gratuliere Ihnen im Na-

men des ganzen Hauses zu Ihrer ersten Rede im Deut-
schen Bundestag.


(Beifall)


Ich habe jetzt die unangenehme Aufgabe, zwei Kolle-
gen zu rügen. Der Kollege Reinhard Grindel hat dazwi-
schengerufen: „Lafontaine, das ist die Schweinebande,
die hinter dir sitzt!“ und der Kollege Ernst Burgbacher
hat folgenden Zwischenruf gemacht: „Schämt ihr euch
eigentlich nicht? Diese Proleten!“ Diese Ausdruckswei-
sen entsprechen nicht dem parlamentarischen Sprachge-
brauch. Ich rüge das.

Der nächste Redner ist der Kollege Klaus Ernst von
der Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN – Dirk Niebel [FDP]: Aber nicht wieder ein Ganzkörperkondom überziehen! – Gitta Connemann [CDU/CSU]: Das war jetzt nicht „Tokio-Hotel“! – Weitere Zurufe)



Klaus Ernst (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1602507400

Wollt ihr eure Unflätigkeiten vor oder nach meiner

Rede austauschen? Ihr könnt es auch gleich machen.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Währenddessen!)


Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Ich möchte als Erstes auf Sie eingehen, Herr
Weiß. Ich habe mit Freude zur Kenntnis nehmen können,
dass Sie den Rücktritt von Herrn Gysi bedauern. Schön!
Sie hätten allerdings auch zur Kenntnis nehmen müssen,

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(C (D ass er sein Amt verlassen hat, nachdem er es angetreten atte. (Lachen des Abg. Peter Weiß er Ministerpräsident aus Bayern ist einer, der das schon orher schafft. Das ist eine große Leistung. (Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dirk Niebel [FDP])


(CDU/CSU)


Zweitens. Ich würde gern mit Ihnen über das reden,
as denn in diesem Streik eigentlich los ist und welche
olle der öffentliche Dienst hat. Ich habe das bisher so
erstanden, dass wir uns auch ein wenig darum küm-
ern, dass in diesem Bereich, im öffentlichen Sektor,

orbildliche soziale Standards gelten und dass dort die
inge auch einigermaßen in Ordnung sind. Jetzt stelle

ch fest: In dieser Auseinandersetzung geht es darum,
ass sich gerade der öffentliche Dienst, voran die Län-
er, zum Vorreiter bei der Umsetzung der Beschlusslage
es Bundesverbandes der Deutschen Industrie macht.
as alles, auch die Verlängerung der Arbeitszeit, können
ie in dessen Programmen nachlesen.


(Beifall bei der LINKEN)


enn inzwischen die öffentliche Hand und vor allem die
änder die Tür für weitere Arbeitszeitverlängerungen
ufstoßen, dann stößt die Industrie nach – das ist doch
lar – und will dasselbe, was Sie den Beschäftigten im
ffentlichen Dienst zumuten.


(Beifall bei der LINKEN)


Da sagt man immer, es gehe um 18 Minuten;


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat doch die PDS in Berlin alles gemacht! Als die Arbeitszeit verlängert wurde, da war Gysi noch Senator!)


eil jeder 18 Minuten länger arbeiten könne, sei das
ein Thema. Natürlich kann man 18 Minuten länger ar-
eiten. Wir können auch eine Stunde länger arbeiten.
ir können auch wieder 42 Stunden arbeiten, so wie das

n Bayern im öffentlichen Dienst der Fall ist.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ir können in Krankenhäusern auch wieder Beißkeile
inführen, statt Anästhesie zu betreiben.


(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN)


ie würden auch dazu sagen, das sei ein Fortschritt, Herr
iebel. Das ist das Problem, das wir hierzulande haben.
s ist aber ein Rückschritt.


(Dirk Niebel [FDP]: Wieder Ganzkörperkondome?)


Ja, ja, ich habe mir gedacht, dass Sie das ärgert. Aber
anchmal muss man die Wahrheit sagen. Sie tun immer

o, als wäre das, was Sie hier im Parlament vertreten, ein
roßer Fortschritt. Was Sie hier vertreten, Herr Niebel,
st der Weg zurück,


(Dirk Niebel [FDP]: Nein, den Weg zurück haben Sie beschritten!)







(A) )



(B) )


Klaus Ernst
über die Industrialisierung zurück bis ins Mittelalter. Da
gehört ihr eigentlich hin.


(Beifall bei der LINKEN)


Weil wir gerade dabei sind, möchte ich etwas zu Ih-
rem Antrag zum Streikrecht sagen, Herr Niebel. Man
darf nicht mehr streiken, wenn es schneit, weil die Stra-
ßen dann nicht geräumt werden. Man darf nicht mehr
streiken, weil dann der Müllberg liegen bleibt und da-
rüber die Ratten laufen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Gewährleistung von Notdiensten!)


Ich sage Ihnen: Wenn es nach Ihnen geht, darf man in
diesem Land nur noch streiken, wenn die Sonne scheint.
Was ist das für ein Streikrecht?


(Dirk Niebel [FDP]: Man darf sterben, weil Verdi streikt!)


– Ach, mein Gott! Da werden die Beschäftigten im öf-
fentlichen Dienst als Mörder bezeichnet. Ist Ihnen ei-
gentlich klar, dass es bei dieser Auseinandersetzung
auch noch andere gibt, unter anderem Ministerpräsiden-
ten und Minister der Länder, die gut verdienen und den
Beschäftigten des öffentlichen Dienstes dauernd an die
Geldbörse gehen? Das halte ich für eine Sauerei hierzu-
lande.


(Beifall bei der LINKEN – Dirk Niebel [FDP]: Dann geben Sie doch von Ihren Diäten gleich mal was ab!)


Natürlich wird immer sehr gern darauf verwiesen,
dass aus Gründen der Konkurrenz mit anderen Ländern
länger gearbeitet werden muss. Dazu hat der Herr Gysi
schon einiges gesagt. Es ist so, dass wir in Deutschland
den öffentlichen Dienst inzwischen zum Vorreiter beim
Abbau von sozialen Leistungen machen. Das kann aber
nicht Aufgabe von staatlichen Instanzen sein, auch nicht
von Länderregierungen.


(Beifall bei der LINKEN)


Wenn in Italien und in anderen Ländern Europas kürzer
gearbeitet wird, dann ist es nicht notwendig, aus irgend-
welchen internationalen Gründen bei uns länger zu ar-
beiten.

Ich sage Ihnen, um was es wirklich geht. Sie erklären,
18 Minuten, das sei gar nicht so lange. Vielleicht ist Ih-
nen Folgendes aufgefallen: Wenn eine um 18 Minuten
verlängerte Arbeitszeit gelten würde, würde das unmit-
telbar zum Abbau von Arbeitsplätzen führen.


(Beifall bei der LINKEN – Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Das stimmt doch gar nicht! Das ist reine DDR-Mathematik! – Dirk Niebel [FDP]: Das stimmt doch gar nicht!)


Sie machen sich darüber lustig, dass 250 000 Arbeits-
plätze im öffentlichen Dienst verteidigt werden. Die
würden Sie offensichtlich gern abbauen. Ich halte das für
einen Skandal.

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(C (D Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss; as wird Sie sehr freuen. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Viel gebracht haben Sie ja bisher nicht, Herr Ernst!)


ch möchte in dieser Frage auch die SPD nicht ganz aus
er Verantwortung nehmen. Ihr habt jetzt auf den
öllring eingeschlagen. Da habt ihr Recht; denn er will

igentlich gar keinen Tarifvertrag mehr. Freiheit heißt
ür ihn, Freiheit von Tarifverträgen; er will keinen Tarif-
bschluss mehr. Das ist der eigentliche Punkt.


(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Woher wollen Sie denn das wissen?)


ber dass ihr jetzt so besonders freundlich zu den Ge-
erkschaften seid, insbesondere indem ihr Möllring kri-

isiert und damit eine Nähe zu den Gewerkschaften her-
tellt, kann ich euch nicht mehr so ganz glauben.


(Dirk Niebel [FDP]: Ach nee! – JochenKonrad Fromme [CDU/CSU]: Ausgerechnet der sagt das!)


ch habe den Eindruck, dass der eine oder andere auch
on euch den Dolch im Gewande hat.

Der kommunale Arbeitgeberverband in Baden-
ürttemberg wird durch den Bürgermeister von Pforz-

eim vertreten, der in der SPD organisiert ist,


(Dirk Niebel [FDP]: Nein, das ist der von Mannheim! – Weitere Zurufe von der SPD)


ber selber die ganzen Schweinereien mitmacht. Tut
och nicht so, als wärt ihr nicht selber für die Arbeits-
eitverlängerung im öffentlichen Dienst! Das ist doch
as eigentliche Problem: Die Sozialdemokraten machen
ei der Arbeitszeitverlängerung mit.


(Beifall bei der LINKEN)


as müsst ihr ändern. Dann wird die Situation in diesem
and wieder einigermaßen vernünftig.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1602507500

Kommen Sie bitte zum Schluss, Herr Kollege Ernst.


Klaus Ernst (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1602507600

Ja, komme ich gleich.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1602507700

Nein, sofort.


Klaus Ernst (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1602507800

Wir können zwar noch nicht – –


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1602507900

Herr Kollege Ernst, Ihre Redezeit ist längst vorbei. Es

st jetzt Schluss!


Klaus Ernst (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1602508000

Gut. – Dann bedanke ich mich für die Aufmerksam-

eit. Wir können noch nicht verhindern, was Sie da trei-






(A) )



(B) )


Klaus Ernst
ben; aber wir können es wenigstens ordentlich sagen und
das tun wir auch.


(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der LINKEN: Bravo! – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Er will 18 Minuten mehr Redezeit!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1602508100

Das Wort hat jetzt der Kollege Wolfgang Gunkel von

der SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD – Dirk Niebel [FDP]: Aber der kriegt nicht 18 Minuten mehr Redezeit!)



Wolfgang Gunkel (SPD):
Rede ID: ID1602508200

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem

hier die Wellen hochgeschlagen und Demonstrationen
im Parlament abgehalten worden sind,


(Dirk Niebel [FDP]: Rechtswidrige!)


will ich versuchen, das Thema nun sachlich anzugehen
und die Sache durch die Betrachtung des historischen
Ablaufs auf einen Punkt zu bringen.

Zunächst einmal, Herr Niebel, ist die Argumentation
mit den 18 Minuten wirklich lächerlich. Das hat sich in
verschiedenen Ländern gezeigt. Da Sie aber von der Si-
cherheit der Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst gespro-
chen haben, möchte ich einmal darauf verweisen, dass in
den letzten zehn Jahren 1,5 Millionen Arbeitsplätze im
öffentlichen Dienst abgebaut worden sind.


(Dirk Niebel [FDP]: Wie viel sind denn entlassen worden?)


Davon sind insbesondere diejenigen betroffen, die be-
fristete Beschäftigungsverhältnisse haben,


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


also vor allem an Hochschulen und Unikliniken.


(Dirk Niebel [FDP]: Es geht um Personalabbau, nicht um Stellenabbau! Personal können Sie nicht abbauen im öffentlichen Dienst!)


– Richtig. – Auch betriebsbedingte Kündigungen sind
durchgeführt worden, die natürlich mit Sozialplänen un-
terlegt waren. Aber festzustellen bleibt, dass 1,5 Millio-
nen Arbeitsplätze weniger zur Verfügung stehen als vor
zehn Jahren. Hier von sicheren Arbeitsplätzen zu spre-
chen, dürfte wohl der Vergangenheit angehören.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dirk Niebel [FDP]: Dann erhöhen Sie die Steuern noch weiter!)


– Nein, machen wir nicht. Ich sage Ihnen gleich, was wir
machen.

Angesichts des historischen Ablaufes muss man – da-
rum muss ich auch unseren Koalitionspartner bitten – ein
klein wenig Verständnis für die Gewerkschaften aufbrin-
gen. Denn sie mussten zur Kenntnis nehmen, dass es
– das war besonders im Jahre 2003 der absolute Hit –
mit dem Besoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetz

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(C (D ür die Beamten erstmalig möglich war, durch die Öffungsklauseln für die Länder entsprechende Verändeungen beim Weihnachtsgeld und beim Urlaubsgeld orzunehmen. Das war der Ausgangspunkt. Diese Mögichkeit ist übrigens von den Ländern reichlich genutzt orden. Die Weihnachtsgelder sind radikal zusammenestrichen worden, teilweise auf Taschengeldhöhe. Das rlaubsgeld ist ganz weggefallen. Gleichzeitig wurde ie Arbeitszeit von 40 auf 41 Stunden, in Bayern sogar uf 42 Stunden, angehoben. Das bedeutet eine Verkürung des Einkommens bei gleichzeitiger Verlängerung er Arbeitszeit, was per Gesetz für die Beamten bechlossen worden ist. Man kann das auch ein Diktat nenen. (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In Berlin wurde das zuerst gemacht!)


Das räume ich gerne ein. Ich bin darüber nicht begeis-
ert, Herr Wieland; aber ich nehme das einfach mal zur
enntnis.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da war Herr Gysi sogar noch Senator!)


Tatsache bleibt aber, dass man damit etwas sehr Popu-
äres – auf die Beamten kann man ja einschlagen –
urchgesetzt hat, was vorher nicht möglich war; es ist
rst durch die Öffnungsklauseln möglich geworden.

Nun müssen wir wissen, dass die Gewerkschaft Verdi,
ie die öffentlich Beschäftigten vertritt, das erkannt hat
nd sich von den Nebelkerzen nicht hat beeindrucken
assen. Sie hat zur Kenntnis nehmen müssen, dass die
arifgemeinschaft der deutschen Länder 2003 die Tarif-
erträge für Weihnachts- und Urlaubsgeld und 2004 die
arifverträge für die Arbeitszeitvereinbarungen gekün-
igt hat.

Nach fast zwei Jahren Verhandlungen mit dem Bund
nd den kommunalen Arbeitgeberverbänden hatte man
en Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst, TVöD, zu-
tande gebracht, mit dem der frühere Bundes-Angestell-
entarifvertrag abgelöst wurde. Man ist also zu einer
odernen und zukunftsweisenden Vereinbarung gekom-
en. Bund und Kommunen haben sich im Wesentlichen

aran gehalten. Ich denke, damit können alle leben.

Aber wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass
rei Länder aus den Reihen der kommunalen Arbeitge-
erverbände ausgeschert sind, nämlich Hamburg, Nie-
ersachsen und Baden-Württemberg. Wenn man einmal
n die Zeitungslandschaft schaut, dann kann man aller-
ings feststellen, dass auch hier Dinge in Bewegung ge-
aten sind.

Es ist ja nicht so, dass Verdi keine konkreten Vor-
chläge gemacht hätte.


(Beifall bei der LINKEN)


ie Gewerkschaft hat zum einen vorgeschlagen, die Ar-
eitszeit – nach Einkommensgruppen gestaffelt – auf
0 Stunden anzuheben. Zum anderen hat sie vorgeschla-
en, das Weihnachtsgeld, wiederum nach Einkommens-
ruppen gestaffelt, von 90 auf 40 Prozent zu senken. Es
ind also durchaus Vorschläge gemacht worden. Diese






(A) )



(B) )


Wolfgang Gunkel
gefallen einigen natürlich nicht. Deswegen war der Vor-
sitzende der Tarifkommission der Länder der Meinung,
sie ablehnen zu müssen. Er ist von seiner Haltung bisher
nicht abgerückt.

Man muss einmal hinterfragen, ob es nicht möglich
ist, die gemachten Vorschläge zu modifizieren. In Ham-
burg werden das Alter des Beschäftigten, die Anzahl sei-
ner Kinder und seine Einkommensgruppe berücksichtigt.
In Niedersachsen wurden eine Wochenarbeitszeit von
39 Stunden und zwei zusätzliche Arbeitstage vereinbart.
Diese Lösungen kann man durchaus akzeptieren. Ich
frage mich wirklich, ob man unbedingt an den 40 Stun-
den festhalten und sie zum Dogma erheben muss, wenn
andere Lösungen auf der Hand liegen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wenn da nichts in Bewegung kommt, was kann man
dann sonst noch bewegen?


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich möchte darauf hinweisen, dass der Innenminister
von Schleswig-Holstein, Herr Stegner, mit seiner Be-
merkung sicherlich Recht hatte, dass der Verdacht auf-
taucht, man wolle keine Einigung.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann ersetzen Sie Möllring doch durch Stegner!)


Mein Vorschlag ist – da berufe ich mich auf diejeni-
gen, die die Beachtung der Tarifautonomie reklamiert
haben –: Wenn es nicht alsbald zu einer Lösung kommt,
dann sollte man einen Schlichter bestellen und den Tarif-
konflikt auf diese Weise lösen.

Schönen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1602508300

Das Wort hat jetzt der Kollege Clemens Binninger

von der CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Clemens Binninger (CDU):
Rede ID: ID1602508400

Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Wir führen heute Nachmittag eine Debatte, die ei-
gentlich nicht in den Deutschen Bundestag gehört.


(Widerspruch bei der LINKEN)


Die Tarifautonomie ist aus guten Gründen eine Angele-
genheit der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer. Wir soll-
ten uns da heraushalten.


(Beifall bei der CDU/CSU)


An die Adresse der Linken möchte ich sagen: Öffent-
lichkeitswirksame Auftritte wie vorhin, als sich die
Hälfte der anwesenden Fraktionsmitglieder in Verdi-
Plastiktüten gehüllt hat, mögen Ihnen zwar gefallen.
Aber ich glaube, Verdi hat daran keinen Gefallen gefun-

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(C (D en, weil diese Gewerkschaft auch viele anders denende und vernünftige Mitglieder hat. (Widerspruch des Abg. Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE])


nsofern haben Sie heute Mittag mit dieser Aktion nie-
andem einen Dienst erwiesen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wenn diese Debatte für etwas gut sein soll, dann muss
an auf ein paar Eckpunkte hinweisen, entlang derer wir

iese Diskussion führen. Es geht um den öffentlichen
ienst. In diesem Zusammenhang wird aber immer un-

erschlagen – auch von Verdi und den Linken –, dass von
en 6 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst
in Großteil Beamte sind, die schon jetzt länger als
0 Stunden arbeiten. Auch die Angestellten in den neuen
undesländern arbeiten 40 Stunden. Alle neu eingestell-

en Arbeitnehmer – egal ob im Bund, in den Ländern
der in den Kommunen – arbeiten 40 Stunden oder je
ach Arbeitsvertrag vielleicht sogar etwas länger. Da die
ehrheit der Beschäftigten im öffentlichen Dienst schon
indestens 40 Stunden arbeitet, sollte man also nicht so

un, als ob jetzt der Sozialstaat zusammenbrechen
ürde, wenn die Arbeitszeit Ihrer Klientel von 38,5 auf
0 Stunden heraufgesetzt wird.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dirk Niebel [FDP])


as klingt an dieser Stelle unglaubwürdig.


(Zurufe von der LINKEN)


Wenn wir die Diskussion ernsthaft führen wollen,
üssen wir auch eine Bemerkung zu der finanziellen Si-

uation der Arbeitgeber machen. Wir sollten nicht nur
ie Zahlen aus der Statistik vergleichen, Herr Kollege
ysi, sondern wir sollten auch erwähnen, dass der Perso-
alkostenanteil der Länder 42 Prozent, inklusive der
ensionen fast 50 Prozent, beträgt. Der Anteil liegt bei
en Kommunen nicht ganz so hoch. Aber die Kommu-
en, die durch eine Fülle von Aufgaben belastet werden,
üssen ebenfalls viel Geld für das Personal ausgeben.


(Dr. Gregor Gysi [DIE LINKE]: Da muss man eine andere Steuerpolitik machen! – Zuruf des Abg. Dr. Diether Dehm [DIE LINKE])


or diesem Hintergrund muss man Arbeitgeber verste-
en, die sagen: Wir müssen die Arbeitszeit an unsere
öglichkeiten anpassen. – Das hat aber nichts damit zu

un, dass es im Arbeitskampf bzw. in den Tarifverhand-
ungen berechtigte Forderungen gibt.


(Zurufe von der LINKEN)


Wogegen ich mich aber wehre, ist, wenn in der Öf-
entlichkeit der Eindruck entsteht – ich glaube, da tut
ich niemand einen Gefallen –: Das einzige Gut, das es
u verteidigen gilt und das alles überlagert, ist die
8,5-Stunden-Woche. Das wäre der größte Fehler. Ge-
au dieser Eindruck entsteht im Moment. Die Menschen
n diesem Land haben den Eindruck: Es geht nur um die
rhöhung der Arbeitszeit um 18 Minuten am Tag. Sie

ühlen sich zu Recht nicht ernst genommen, wenn Verdi






(A) )



(B) )


Clemens Binninger
ernsthaft sagt: 18 Minuten pro Tag sind uns zu viel; aber
vier Minuten mehr am Tag wären akzeptabel. – Das ist
doch keine seriöse Tarifpolitik. Deshalb glaube ich, dass
Verdi – aber sicher auch die Arbeitgeber – gut beraten
wäre, die Diskussion im Interesse des gesamten öffentli-
chen Dienstes anders und offensiver zu führen und zu sa-
gen: Wenn denn die Notwendigkeit besteht – daran be-
steht für mich persönlich kein Zweifel –, dann
akzeptieren wir eine solche Arbeitszeiterhöhung.

Herr Kollege Gysi, Sie haben zu mir gesagt, ich sei
nicht im öffentlichen Dienst beschäftigt. Das ist richtig.
Ich bin Mitglied des Deutschen Bundestages. Aber ich
war 23 Jahre lang als Polizeibeamter im öffentlichen
Dienst beschäftigt. Ich habe sieben Jahre lang im
Schichtdienst gearbeitet. Sie können mir abnehmen, dass
ich die Strukturen, die Bedürfnisse und viele weitere
Punkte, die zu Recht kritisiert werden, kenne.

Aber in einem Punkt müssen wir den Mut zur Wahr-
heit haben – das sehen viele meiner ehemaligen Kolle-
ginnen und Kollegen genauso –: Die 40-Stunden-Woche
ist kein sozialer Einschnitt, sondern eine Chance für alle
Beteiligten, Bewährtes zu erhalten und zu sichern.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Deshalb wäre es besser gewesen, zu sagen: Wir stellen
die 40-Stunden-Woche nicht außerhalb jeglicher Diskus-
sion. Wir haben eine ganze Reihe berechtigter Forderun-
gen und machen nicht von vornherein den Fehler, zu sa-
gen: Egal was ihr wollt, über die 40-Stunden-Woche ist
mit uns nicht zu reden.

Zunächst wurde argumentiert, es gehe um die Verhin-
derung eines Stellenabbaus. Jetzt geht es um die Frage
der Belastung.


(Zurufe von der LINKEN)


Die Mehrheit der Menschen in diesem Land lehnt daher
– die Stimmung hat sich gedreht – diesen Streik ab und
hat kein Verständnis dafür, dass man über eine Erhöhung
der Arbeitszeit um 18 Minuten pro Tag diskutiert; denn
sie arbeitet bereits 40 Stunden pro Woche. Dieser Streik
ist diesen Menschen nicht zu vermitteln.


(Beifall des Abg. Dirk Niebel [FDP])


Am Ende dieser Debatte sollten wir an die Verhand-
lungspartner, an die Arbeitgeber wie an die Arbeitneh-
mer, das Signal senden: Alle Menschen in diesem Land
haben ein Interesse daran, dass dieser Streik bald been-
det wird. Die Beschäftigten haben ein Interesse daran,
dass ihre Rechte gewahrt werden. Die Arbeitgeber haben
ein Interesse daran, dass man ihre finanziellen Möglich-
keiten zumindest ernst nimmt und in die Verhandlungen
mit einbezieht.

Wir sollten am Ende nicht den Fehler machen, sagen
zu müssen: All das ist nur deswegen gescheitert, weil
man nicht bereit war, sich von der ominösen Zahl der
40- bzw. 38,5-Stunden-Woche wegzubewegen. Dieser
Fehler darf nicht passieren. Deshalb sollten wir solche
Debatten hier nicht weiterführen, sondern mehr Ver-
trauen in die Tarifpartner haben. Damit wäre der Sache

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(C (D her geholfen als mit einer Schaufensterdebatte heute achmittag. (Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der LINKEN: Tosender Beifall von rechts!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1602508500

Das Wort hat jetzt der Kollege Andreas Steppuhn von

er SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Andreas Steppuhn (SPD):
Rede ID: ID1602508600

Verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

err Niebel, Sie haben in Ihrer Rede wieder einmal das
estätigt, was wir von Ihnen und der FDP schon wissen,
ämlich dass Sie nicht allzu viel von Gewerkschaften
nd Tarifverträgen halten. Sie haben deutlich gemacht
das ist mir jetzt klar geworden –: Die FDP in diesem
and ist eine arbeitnehmer- und gewerkschaftsfeindliche
artei.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Beifall bei der LINKEN – Dirk Niebel [FDP]: Das ist Quatsch! Fragen Sie mal die Arbeitgeber, die leiden unter diesem Streik!)


Herr Niebel


(Dirk Niebel [FDP]: Mit einem Ausdruck des Bedauerns möchte ich das zurücknehmen!)


lassen Sie mich einmal ausreden –, ich bin froh da-
über, dass die FDP nicht in die Regierungsverantwor-
ung gekommen ist; denn die Menschen in diesem Land
aben eine andere Politik verdient.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Meine Damen und Herren, der Arbeitskampf im öf-
entlichen Dienst läuft nunmehr in der sechsten Woche.
iele haben bereits in der vergangenen Woche geglaubt,
ass es möglich sein würde, zu einem Kompromiss zu
ommen, der sowohl den Interessen der im öffentlichen
ienst beschäftigten Menschen als auch den der öffentli-

hen Arbeitgeber gerecht wird. In der Tarifauseinander-
etzung ist aber auch deutlich geworden, dass die Ge-
erkschaft Verdi offenbar stärker den Kompromiss
esucht hat, als dies die Verhandlungsführung der öffent-
ichen Arbeitgeber der Länder, an der Spitze der Finanz-
inister des Landes Niedersachsen, Hartmut Möllring,

etan hat.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Beifall bei der LINKEN)


Von daher ist eine öffentliche Debatte über den richti-
en Kurs und auch die Zielsetzung der Verhandlungsfüh-
ung durch die öffentlichen Arbeitgeber zu Recht ent-
rannt. Tarifverträge, insbesondere in der Folge von
rbeitskämpfen, stellen, da sie sich in freien Verhand-

ungen ergeben, Kompromisse dar, die die Tarifvertrags-
arteien eingehen. Warum bis zum heutigen Tage noch
ein Tarifergebnis erzielt worden ist, gilt es auch in die-
er öffentlichen Debatte zu hinterfragen. Diese kritische






(A) )



(B) )


Andreas Steppuhn
Frage muss sich auch Herr Möllring gefallen lassen, zu-
mal hochrangige Ministerpräsidenten seine Verhand-
lungsführung – aus meiner Sicht zu Recht – infrage ge-
stellt haben.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie der Abg. Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


In diesen Zusammenhang gehört auch mein Eindruck,
dass sich Herr Möllring gar nicht mehr bemüht, einen ta-
rifpolitischen Kompromiss zu suchen,


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Das ist eine Unterstellung!)


sondern darauf spekuliert, dass die Tariflandschaft im
öffentlichen Dienst weiter auseinander bricht. Man be-
kommt den Eindruck, dass es gegebenenfalls Ziel ist, die
Flächentarifverträge im öffentlichen Dienst gänzlich zur
Disposition zu stellen. Was die Verhandlungsführung der
Arbeitgeberseite tut, kann nicht im öffentlichen Interesse
sein, schon gar nicht im Interesse der Menschen im
Land.


(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Andrea Nahles [SPD])


Die hoch motivierten – das muss man auch einmal sa-
gen – und engagierten Menschen, die Beschäftigten im
öffentlichen Dienst, die tagtäglich vorbildlich ihre Ar-
beit in Krankenhäusern, Kindergärten und anderswo ver-
richten, haben es verdient, dass ihre Arbeitsbedingungen
eine vernünftige und angemessene Regelung erfahren.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dirk Niebel [FDP]: Richtig! Aber es sind doch auch Ihre Länder, oder?)


Die SPD-Bundestagsfraktion ruft die Tarifvertragspar-
teien im öffentlichen Dienst dazu auf, schnellstmöglich
an den Verhandlungstisch zurückzukehren und vor allen
Dingen ergebnisorientiert zu verhandeln.


(Dirk Niebel [FDP]: Sie sind hier nicht bei Herrn Wiesehügel!)


Ich wundere mich sehr, dass der Vorschlag, in der jet-
zigen Situation einen Schlichter einzubeziehen, von eini-
gen als zu früh und nicht gewollt bezeichnet wird.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Clemens Binninger [CDU/CSU]: Das entscheiden doch die Tarifpartner! – Dirk Niebel [FDP]: Das müssten Sie doch wissen!)


Nach fast sechs Wochen Streik sollte es doch das Nor-
malste von der Welt sein, einen Schlichter zu bestellen,
der gegebenenfalls das schaffen kann, was die Tarifver-
tragsparteien bislang nicht vermocht haben,


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


nämlich einen Kompromiss zu erarbeiten, der Grundlage
für ein zu erzielendes Tarifergebnis sein kann. Ich appel-
liere von daher sowohl an Verdi, aber ganz besonders
eindringlich auch an die öffentlichen Arbeitgeber: Be-

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(C (D egen Sie sich, damit der soziale Frieden im öffentlihen Dienst in der Bundesrepublik Deutschland wiederergestellt wird! Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist Tarifautonomie nach dem Verständnis der SPD!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1602508700

Das Wort hat die Kollegin Gitta Connemann von der

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Die wird jetzt böse kämpfen! – Dirk Niebel [FDP]: Hat jemand eine „Bild“Zeitung?)



Gitta Connemann (CDU):
Rede ID: ID1602508800

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir pfle-

en heute wieder einmal ein Ritual, nämlich das der Ak-
uellen Stunde auf Verlangen der Linken. Ich bin eine
erfechterin von Minderheitenrechten und das Verlan-
en nach Durchführung einer Aktuellen Stunde ist ein
olches. Dieser Schutz sollte aber nicht missbraucht wer-
en. Genau diesen Eindruck aber erwecken Sie, meine
amen und Herren von der Linken,


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der LINKEN)


icht weil Ihre Schlagzahl sich mit Heranrücken der
andtagswahlen hektisch erhöhen würde. Dies ließe sich

a noch mit einer klassischen Konditionierung im Sinne
on Pawlow erklären: Was seinem Hund das Futter, ist
hnen die Aktuelle Stunde. Vielmehr beweisen Sie heute
it der Wahl des Themas, dass dieses parlamentarische

nstrument für Sie nicht mehr ist als ein Mittel zum
weck, nämlich Unruhe zu stiften


(Widerspruch bei der LINKEN)


nd hier im wahrsten Sinne des Wortes eine Klamotte
ufzuführen,


(Beifall bei der CDU/CSU)


ine Klamotte, mit der Sie dieses Haus verhöhnen, mit
er Sie die Zuschauer im Saal und auch an den Bild-
chirmen verhöhnen, mit der Sie die Streikenden und mit
er Sie die Bürger verhöhnen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


ich würde in diesem Zusammenhang interessieren, ob
ir in der nächsten Woche auch eine Aktuelle Stunde zu
em Thema der angekündigten Nullrunde des DGB er-
arten dürfen, ob Sie sich dann auch entsprechend Müll-

äcke überziehen werden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Dirk Niebel [FDP]: Dann würden wir die Redezeit auf 18 Minuten erhöhen!)







(A) )



(B) )


Gitta Connemann
Wenn sich ein Thema nicht für eine Debatte im Deut-
schen Bundestag eignet, dann ist es der Tarifstreit im öf-
fentlichen Dienst der Länder und Kommunen, nicht nur,
weil der Bund nicht betroffen ist, sondern auch, weil hier
ein Recht berührt wird, das wir vor jeder staatlichen Ein-
flussnahme schützen sollten, nämlich die Tarifautono-
mie.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Selbst wenn manchen von Ihnen die Erkenntnis schwer
fällt: Auch bei der Auseinandersetzung zwischen Arbeit-
gebern und Gewerkschaften im öffentlichen Dienst gilt
diese Tarifautonomie.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wem es in der Politik mit der Wahrung dieses Grund-
rechtes ernst ist, der muss sich zurückhalten, wie übri-
gens unsere Bundesregierung. Die Bundeskanzlerin hat
erklären lassen, dass sie sich zum Tarifstreit nicht äußern
wird, da die Tarifautonomie ein hohes Gut sei.


(Beifall bei der CDU/CSU – Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Eine kluge Kanzlerin!)


Ich bin unserer Bundeskanzlerin Angela Merkel für die-
sen klaren Kurs dankbar. Sie zeigt, dass das Bekenntnis
zur Verfassung für sie mehr ist als hohle Worte.

Leider ist nicht jeder so zurückhaltend. Was war in
den letzten Tagen alles zu lesen: von ungebetenen Rat-
schlägen an die Tarifvertragsparteien bis hin zu Forde-
rungen nach Einschaltung von Schlichtern – ein viel-
stimmiger Chor, der nur noch überboten wurde von
wirklich niveaulosen Beiträgen in dieser Debatte, die ich
nur mit dem Begriff „Zumutung“ benennen kann.


(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Es zwingt Sie niemand, hier zu sein!)


Ich empfehle allen, die glauben, sich zu Wort melden zu
müssen, einmal die Entscheidung des Bundesverfas-
sungsgerichts vom 2. März 1993 zu lesen – ich zitiere –:

Mit der grundrechtlichen Garantie der Tarifautono-
mie wird ein Freiraum gewährleistet, in dem Ar-
beitnehmer und Arbeitgeber ihre Interessen gegen-
seitig in eigener Verantwortung austragen können.
Diese Freiheit findet ihren Grund in der histori-
schen Erfahrung, dass auf diese Weise eher Ergeb-
nisse erzielt werden, die den Interessen der wider-
streitenden Gruppen und dem Gemeinwohl gerecht
werden, als bei einer staatlichen Schlichtung.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Anders gesagt: Die Tarifhoheit ist kein Tummelfeld
für die Politik. Sie eignet sich insbesondere nicht für par-
teipolitische Instrumentalisierung,


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


auch wenn die Versuchung groß ist; denn es stellen sich
viele Fragen, zu denen sich alle von uns gerne äußern
würden:


(Widerspruch bei der LINKEN)


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(C (D Ist es fair, die Menschen in diesem Land wegen 8 Minuten Mehrarbeit pro Tag zu bestreiken? (Zuruf von der LINKEN: Das hat etwas mit Arbeitsplätzen zu tun!)


st es fair, den Ländern in ihrer tiefsten Finanzkrise den
ängsten Streik im öffentlichen Dienst aufzuzwingen? Ist
s fair, die Bürger finanziell noch stärker zu belasten?


(Dirk Niebel [FDP]: Viele gute Fragen!)


ie Personalkosten in meinem Heimatland Niedersach-
en belaufen sich mittlerweile auf fast 50 Prozent des ge-
amten Haushaltsvolumens. Ist es fair, dass viele dieser
ürger, die diesen Streik durch ihre Steuergelder finan-
ieren, in der Privatwirtschaft länger als jene 40 Stunden
n der Woche arbeiten, die den Streikenden nach wie vor
nzumutbar erscheinen, und das trotz sicherer Arbeits-
lätze?

Ist es fair, zukünftige Generationen mit noch mehr
osten zu belasten?


(Widerspruch bei der LINKEN)


ie Staatsverschuldung in Bund und Ländern ist auf Re-
ordhöhe angewachsen. Dies hat übrigens auch mit Ver-
prechen vor Wahlen zu tun. Allein das Land Nieder-
achsen zahlt 7 Millionen Euro Zinsen pro Tag, ohne
ilgung. Ich frage Sie: Was ließe sich mit diesem Geld
achen?


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Andere Steuerpolitik! Zum Beispiel eine Vermögensbesteuerung!)


Ist es fair, die öffentlichen Angestellten besser zu be-
andeln als die Beamten derselben Länder? Ist es fair,
enn einige Länder jetzt die Verhandlungslinie verlas-

en und den Verhandlungsführer angreifen, der auftrags-
emäß einen gemeinsamen Beschluss umsetzt?


(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der LINKEN)


chließlich waren sich die Länder einig: Wir brauchen
ehr Arbeitszeit ohne Lohnausgleich und die Kürzung

on Sonderzuwendungen.

Ist es fair, die Sicherheit von Menschen als Druckmit-
el einzusetzen? Darf es zum Ausfall von Operationssä-
en kommen? Die überwiegende Zahl der Menschen in
iesem Lande sagt: Nein, das ist nicht fair. Laut einer
mfrage der Forschungsgruppe Wahlen halten 61 Pro-

ent der Deutschen den Streik für falsch. Selbst die Be-
chäftigten des öffentlichen Dienstes lehnen diesen in-
wischen mehrheitlich ab.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Dirk Niebel [FDP]: Sogar die Gewerkschaftsmitglieder!)


Als Bürgerin habe ich eine private Meinung zu all
iesen Fragen. Als Mitglied dieses Hauses und damit als
eil dieses Staates werde ich sie hier jedoch nicht äu-
ern; denn ich achte die Tarifautonomie.


(Dirk Niebel [FDP]: Das hätte mich jetzt schon interessiert!)







(A) )



(B) )


Gitta Connemann
Ich fordere Sie auf, dies auch zu tun; denn Wahlkampf-
getöse hat im Tarifstreit nichts zu suchen. Lassen Sie uns
darauf vertrauen, dass die Tarifvertragsparteien über
kurz oder lang einen Interessenausgleich finden werden,
der für alle tragbar sein wird. Ich glaube, dass diese Par-
teien klüger sind, als wir es ihnen zutrauen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1602508900

Als nächste Rednerin hat die Kollegin Gabriele

Lösekrug-Möller von der SPD-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1602509000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir disku-

tieren in dieser Aktuellen Stunde über ein importiertes
Thema; diesen Import hat uns die Fraktion der Linken
beschert.

Man muss einmal deutlich machen, worum es geht.
Nicht alle haben so feinsinnig argumentiert wie meine
Vorrednerin, die meinte, uns glauben machen zu können,
sie habe ihre Meinung zu diesem Thema nicht geäußert.
Frau Connemann, da müssen Sie ein bisschen früher auf-
stehen. Ich glaube, durch Ihre subtilen Fragestellungen
haben wir alle begriffen, wo Sie stehen.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Gitta Connemann [CDU/CSU]: Das ist eine Frage der Rhetorik!)


Wir haben in dieser Aktuellen Stunde von Herrn Gysi
einen Grundkurs in Populismus bekommen. Ich glaube
allerdings, dass Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen
von der Linksfraktion, mit Ihrer Modenschau der Sache,
die Verdi zu Recht vertritt, keinen Gefallen getan haben.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Widerspruch bei Abgeordneten der LINKEN)


Reden wir aber nicht mehr über diesen Bärendienst,
den Sie einem berechtigten Anliegen erwiesen haben!
Reden wir darüber, worum es bei diesem Streit eigent-
lich geht! Viele haben behauptet, es ginge um diese we-
nigen Minuten. Ich habe schon erwartet, die zusätzliche
Arbeitszeit in Sekunden vorgerechnet zu bekommen. Ich
glaube, darum geht es nur zum Teil.

Hier geht es – das wurde zutreffend dargestellt – um
zwei andere Dinge. Es geht um die Frage, wie viel Wo-
chenarbeitszeit zumutbar ist. Im Gegensatz zu vielen in
diesem Haus habe ich im Einzelhandel mit einer Wo-
chenarbeitszeit von 42 Wochenstunden angefangen. Ich
kann mich gut an die Kampagne der Gewerkschaften
„Samstags gehört Vati uns“ erinnern; einige mögen sie
noch in Erinnerung haben. Die Frage der Arbeitszeit war
immer eine, über die Gewerkschaften zu Recht gestritten
haben. Ich denke, dass sie das in dieser Tarifauseinan-
dersetzung tun, ist ihr gutes Recht.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


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(C (D Warum kommt man aber nicht von der Stelle? Man ommt nicht von der Stelle, weil offenkundig nicht auf ugenhöhe verhandelt wird. Zu all den Lobgesängen, ie wir auf den niedersächsischen Finanzminister gehört aben, muss ich sagen: Er wäre gut beraten gewesen, enn er sich einmal, zum Beispiel von unserer Kanzle in, darin hätte unterrichten lassen, wie man Verhandlunen so führt, dass man zu Ergebnissen kommt, und wie an sie auf Augenhöhe führt. Möglich ist das. ch denke, an der Stelle kann der Herr Minister noch etas lernen. Das würde dem gesamten öffentlichen ienst gut tun. Worum geht es? Wir alle wünschen uns, dass es mögichst bald ein Ergebnis gibt. Ich glaube, ich spreche hier ür viele leistungsstarke und hoch motivierte Beschäfigte im öffentlichen Dienst. (Clemens Binninger [CDU/CSU]: Nein, das kann ich mir nicht vorstellen!)


(Beifall bei der SPD)


llerdings wünschen sie sich eine Auseinandersetzung,
us der sich die Politik heraushält. Dass das geht, zeigt
m Übrigen Niedersachsen – wir stellen nicht nur
chwierigkeiten heraus, sondern zeigen auch Lösungen
uf –, wo sich die kommunalen Arbeitgeber gestern ver-
tändigt haben. Schon sagt Herr Möllring: Das hat aber
einen Pilotcharakter. – Das mag in der Sache richtig
ein.


(Zuruf des Abg. Dirk Niebel [FDP])


Herr Niebel, ich hatte ein bisschen Sorge um Ihren ho-
en Blutdruck. Das hat sich aber, glaube ich, wieder ge-
egt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


ie haben heute bewiesen, dass Sie nicht nur in der Sa-
he unbelehrbar sind, sondern dass Sie auch keinerlei
ereitschaft zeigen, ein Argument wahrzunehmen. Des-
alb lohnt es sich gar nicht, darauf weiter einzugehen.


(Dirk Niebel [FDP]: Sperrt die Kinder aus den Kindergärten aus! Das liebt das Volk!)


Ich halte in der Minute, die mir noch zur Verfügung
teht, Folgendes fest: Wenn Arbeitnehmer im öffentli-
hen Dienst streiken, haben sie das Recht dazu und einen
uten Grund. Wer Sorge hat, dass in dieser Republik an
ielen Stellen daran gearbeitet wird, Tarifverbünde zu
nacken und Flächentarifverträge infrage zu stellen,
immt die Verhältnisse richtig wahr. Wer meint, der
eitpunkt für eine Schlichtung sei gekommen – das er-

aube ich mir anzufügen –, der hat ganz sicher ein zutref-
endes Timing. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten zu
echt einen leistungsfähigen öffentlichen Dienst; wir
lle profitieren tagtäglich davon. Dazu gehört, dass die
eschäftigten ein gewisses Maß an Sicherheit, ordentli-
he Bezahlung und eine angemessene Arbeitszeit haben,
amit sie alles gut erledigen können.

Ich wünsche beiden Tarifvertragsparteien gute Ver-
andlungen im Endspurt. Dabei müssen sich beide Sei-
en bewegen. Ich bin nach wie vor zuversichtlich, dass






(A) )



(B) )


Gabriele Lösekrug-Möller
sie das können. Sollte Herr Möllring noch Fragebedarf
haben, steht ihm die Kanzlerin sicherlich zur Verfügung.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD – Gitta Connemann [CDU/CSU]: Tolle Kanzlerin!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1602509100

Die Aktuelle Stunde ist beendet.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 5 a bis 5 c auf:

a) Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/
CSU, der SPD, der FDP und des BÜNDNIS-
SES 90/DIE GRÜNEN

Die Bedeutung von Wahrheits- und Versöh-
nungskommissionen für eine friedliche Zu-
kunft

– Drucksache 16/932 –

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Volker
Beck (Köln), Marieluise Beck (Bremen),
Dr. Uschi Eid, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Für eine baldige Zeichnung und Ratifizierung
des Zusatzprotokolls zur Anti-Folter-Konven-
tion der Vereinten Nationen

– Drucksache 16/360 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe (f)

Auswärtiger Ausschuss
Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Florian
Toncar, Burkhardt Müller-Sönksen, Dr. Werner
Hoyer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der FDP

Für eine zügige Zeichnung, Ratifizierung und
Umsetzung des Zusatzprotokolls zur Anti-Fol-
ter-Konvention der Vereinten Nationen

– Drucksache 16/455 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe (f)

Auswärtiger Ausschuss
Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. Gibt es
Widerspruch dazu? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das
so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Red-
nerin der Kollegin Herta Däubler-Gmelin von der SPD-
Fraktion das Wort.


(Beifall bei der SPD)


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(C (D Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir eraten heute wichtige Anträge, die zeigen, wie unverichtbar menschenrechtliche Fragen für nahezu alle Beeiche der deutschen Politik geworden sind. Heute geht s um den Bereich der auswärtigen Politik, aber auch um en Bereich der Rechtspolitik und des Strafvollzuges. Schwerpunkt ist die Bedeutung von Wahrheitsund ersöhnungskommissionen für eine friedliche Zukunft. as ist ein Antrag, den CDU/CSU, SPD, FDP und ündnis 90/Die Grünen gemeinsam eingebracht haben. ch finde das gut – lassen Sie mich das ausdrücklich saen –, weil es zeigt, dass wir in sehr vielen menschenechtlichen Fragen einen breiten Konsens haben. Außerdem stehen Anträge der Oppositionsfraktionen ur Diskussion, die eine zügige Zeichnung, Ratifizierung nd Umsetzung des Fakultativprotokolls vom 18. Deember 2002 zur UN-Konvention gegen Folter und anere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Beandlung vom 10. Dezember 1984 fordern. Lassen Sie ich ausdrücklich sagen: Wir teilen diese Forderung nd unterstützen den im Fakultativprotokoll vorgeseheen Kontrollmechanismus zum Strafvollzug auf der bene der Vereinten Nationen. Wir haben uns wie die Antragsteller über die Bremerhaltung einiger Landesjustizverwaltungen geärgert, ie mit dafür verantwortlich waren – die Zuständigkeit st hier sehr klar –, dass das Zeichnungsverfahren noch icht eingeleitet werden konnte. Deshalb ist es besoners gut, dass heute – merke: heute – die Freigabe voneiten der Vertragskommission der Länder erfolgt ist und er Zeichnungsprozess eingeleitet werden kann. Wir erden uns sicherlich noch über die Art der Umsetzung, ie als Kompromiss möglich geworden ist, unterhalten üssen. Ich will aber feststellen, dass es gut ist, dass die eichnung eingeleitet werden kann. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD):
Rede ID: ID1602509200

Jetzt aber zu unserem gemeinsamen Antrag zur Be-
eutung von Wahrheits- und Versöhnungskommissio-
en. Mit ihm soll die Diskussion darüber eingeleitet wer-
en – wir werden sie sehr vertieft führen müssen –, was
ie deutsche Politik tun kann, um Staaten und Gesell-
chaften, sei es am Ende einer Diktatur, eines Krieges,
ines Bürgerkrieges oder anderer Konflikte mit schwers-
en Menschenrechtsverletzungen, noch mehr zu helfen,
ich zu stabilisieren und einen neuen Anfang zu machen.
iese Diskussion ist außerordentlich wichtig. Wir wis-

en, dass sie viele Staaten und Gesellschaften in ganz
erschiedenen Regionen unserer Welt betrifft. Unser An-
rag zählt einige Länder auf, aber keineswegs alle. Die
ufzählung reicht von Südafrika über Guatemala bis hin

u Osttimor. Die Diskussion ist auch deshalb wichtig,
eil sie in die klare Schwerpunktsetzung der Vereinten
ationen, das Peace-Building, eingebettet ist, also in
ie Stabilisierung von Gesellschaften und Staaten sowie
on Menschenrechten. Beides gehört, wie wir wissen,
ntrennbar zusammen.


(Beifall des Abg. Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD])







(A) )



(B) )


Dr. Herta Däubler-Gmelin
Lassen Sie mich nur zwei Punkte nennen: Im Dezem-
ber 2005 ist es im Zuge der UN-Reform möglich gewor-
den, die Einsetzung einer Peace-Building-Commission
zu beschließen. Jetzt muss dies umgesetzt werden. Wir
danken der Bundesregierung, dass sie sich hierfür aktiv
einsetzt. Gestern ist es gelungen, den immerhin beachtli-
chen Kompromiss zur Verbesserung der Arbeit der Men-
schenrechtskommission durch die Einrichtung eines effi-
zienteren Menschenrechtsrates zu beschließen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das ermutigt trotz aller Schwierigkeiten; das will ich
gerne hinzufügen.

An beiden ermutigenden Schritten – lassen Sie mich
das wiederholen; ich tue das mit großem Dank – hat die
Arbeit der Bundesregierung einen erheblichen Anteil.
Das ermutigt uns und bestärkt uns auch darin, unsere
Forderung zu stellen, die wir im Zuge der Beratungen
über unseren Antrag mit Sicherheit noch deutlich präzi-
sieren können und müssen.


(Beifall bei der SPD)


Die Wahrheits- und Versöhnungskommissionen, um
die es heute geht, sind auch Schritte der Ermutigung, je-
denfalls einige von ihnen. Wie die Erfahrung zeigt, kön-
nen die unterschiedlichsten Kommissionen in den ver-
schiedensten Ländern ein wichtiges Instrument sein, um
nach schrecklichen Zeiten der Unterdrückung der Bevöl-
kerung, bestimmter Bevölkerungsgruppen oder von
Minderheiten, nach Verbrechen, Menschenrechtsverlet-
zungen und schrecklichem Unrecht anderer Art einen
neuen Anfang zu machen und durch die Feststellung der
Wahrheit, die Ermittlung des Sachverhalts, die Siche-
rung der Überwindung von Straflosigkeit und damit
auch die Sicherung von Recht eine Grundlage für eine
friedliche Zukunft zu schaffen.

Wir können das an den Ergebnissen der unterschiedli-
chen Wahrheits- und Versöhnungskommissionen able-
sen. An ihnen können wir aber auch feststellen, was eine
solche Kommission ist, was man für ihre Arbeit braucht
und was sie nicht leisten kann.

In Südafrika zum Beispiel hat das grässliche, die
Menschenrechte verletzende, grausame Apartheidre-
gime die schwarze Bevölkerung unterdrückt und gede-
mütigt, sie ihrer Rechte beraubt, ermordet und sie der
völligen Willkür ausgeliefert. Das ist, auch rückwirkend
betrachtet, eine Schande.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Typisch für die Situation Ende der 80er-Jahre war,
dass die Machthaber des Apartheidregimes einerseits
noch stark waren, andererseits aber intern, in ökonomi-
scher Hinsicht und auf internationaler Ebene immer stär-
ker unter Druck gerieten. Gleichzeitig gab es aufseiten
der schwarzen Bevölkerung unglaublich eindrucksvolle
Persönlichkeiten wie Präsident Mandela oder Bischof
Tutu, die gegen Rache, Vergeltung und Gewalt und für

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(C (D inen friedlichen Neubeginn votierten. Sie trugen dazu ei, dass eine Wahrheitsund Versöhnungskommission ingerichtet wurde, die fünf wichtige Aufträge hatte: Erstens sollte sie in einem regelhaften Verfahren, das llerdings kein Strafverfahren sein sollte, die Wahrheit eststellen. Zweitens – das war ganz wichtig – sollte sie den Opern und ihren Angehörigen ein Forum bieten, in dem sie erichten konnten, was ihnen angetan worden war. Drittens sollte sie die Verantwortlichkeit der Täter eststellen. Viertens sollte sie die Öffentlichkeit einbeziehen. Fünftens sollte sie die mögliche Entschädigung von pfern einleiten nd eine begrenzte Amnestie für Täter in Erwägung zieen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])


Es ist erstaunlich – das konnten wir auch in anderen
ändern feststellen –, was diesen Kommissionen damals
elungen ist. Aber wir wissen ganz genau, was solche
ommissionen nicht leisten können. Sie können kein Er-

atz für ein Strafverfahren sein und sie dürfen kein Mit-
el sein, mit dem die Herrschenden den früher Unter-
rückten sagen: Jetzt versöhnt euch mal schön.

Der Bundestag hat abgesehen von seinen Feststellun-
en zum Wert von Wahrheits- und Versöhnungskommis-
ionen eine ganze Reihe von Empfehlungen abgegeben,
ie auch an die Bundesregierung gerichtet waren. Ich
enke, es ist jetzt unsere Aufgabe, diese Empfehlungen
och stärker zu präzisieren und sie vielleicht zu ergän-
en. Gleichzeitig müssen wir – die Regierung, der Bun-
estag und unsere starke Zivilgesellschaft – alle Mög-
ichkeiten nutzen, um zu helfen, wenn unsere Hilfe
achgefragt wird.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1602509300

Das Wort hat jetzt der Kollege Florian Toncar von der

DP-Fraktion.


Dr. Florian Toncar (FDP):
Rede ID: ID1602509400

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

en! Menschenrechtspolitik ist gekennzeichnet durch die
echselseitige Abhängigkeit des engagierten Eintretens

ür Menschenrechte im Ausland und im Rahmen von in-
ernationalen Organisationen einerseits und der strikten
eachtung und Förderung der grundlegenden Rechte un-

erer Bürgerinnen und Bürger in Deutschland anderer-
eits.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP sowie des Abg. Jörg Tauss [SPD])







(A) )



(B) )


Florian Toncar
Wenn wir nur eine dieser beiden Seiten vernachlässigen,
wird dadurch automatisch die andere Seite geschwächt.
Wenn also Regierungsvertreter bei Auslandsreisen im
Hinblick auf lukrative Aufträge für unsere Unterneh-
men, gegen die niemand etwas hat, ins große Horn bla-
sen, sich in Menschenrechtsfragen aber eher beiläufig in
den eigenen Bart nuscheln, dann erweckt das den Ein-
druck, Menschenrechte seien Verhandlungsmasse. Das
können sie für uns nicht sein, meine Damen und Herren!


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD])


Wenn wir umgekehrt selbst nicht höchsten menschen-
rechtlichen Standards genügen, wird man uns zu Recht
Inkonsequenz und Doppelmoral vorwerfen, wenn wir
die Menschenrechte anderswo einfordern. Wir müssen
uns also immer bewusst machen, wie sehr der Einsatz
für Menschenrechte im Ausland und der Einsatz für
Menschenrechte im Inland voneinander abhängen. Die-
ser Gedanke verbindet die beiden Themen, die wir heute
behandeln.

In dem vorliegenden interfraktionellen Antrag geht es
um die Aufarbeitung von Unrecht nach Überwindung ei-
ner Diktatur oder eines Bürgerkrieges durch Wahrheits-
kommissionen. Das ist angemessen, insbesondere vor
dem Hintergrund, dass dieses Instrument seit den 90er-
Jahren beträchtlich an Bedeutung gewonnen hat. Meist
geht es in den betroffenen Ländern darum, den Opfern
und deren Angehörigen Genugtuung, oft genug aber
auch nur die traurige Gewissheit über das Schicksal ei-
nes vermissten oder verlorenen Familienangehörigen zu
verschaffen. Voraussetzung für einen neuen Anfang ist
es oft, Klarheit darüber zu schaffen, was vorgefallen ist,
Unrecht als solches zu benennen und – im Idealfall, auch
wenn es in der Praxis oft nur schwer möglich sein wird –
Wiedergutmachung geschehenen Unrechts anzustoßen.

In dem Antrag heißt es zu Recht, dass Wahrheitskom-
missionen die Strafverfolgung der Täter – auch und
gerade der Täter am Schreibtisch – nicht ersetzen kön-
nen. Amnestie für gravierende Menschenrechtsverlet-
zungen kann und darf es auch durch Wahrheitskommis-
sionen nicht geben.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Verfolgung der Täter ist zunächst Sache der nationa-
len Gerichte. Die UN-Tribunale für Ruanda und für das
frühere Jugoslawien sowie der Internationale Strafge-
richtshof stellen aber unschätzbar wertvolle Fortschritte
dar, insbesondere wenn nationale Gerichte diese Aufar-
beitung nicht leisten können, nicht leisten wollen oder
nicht leisten sollen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht können! Wie in Ruanda!)


– Ja.

Es ist bedauerlich, dass der Prozess gegen Slobodan
Milošević nicht zu Ende geführt werden kann. Um jegli-
cher Legendenbildung vorzubeugen, ist es nötig, dass
sein Tod gründlich untersucht und hierüber transparent
aufgeklärt wird.

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(C (D Es ist aber auch an der Zeit, in Erinnerung zu rufen, ass über zehn Jahre nach dem Friedensabschluss von ayton Kriegsverbrecher wie Radovan Karadžić und atko Mladić noch immer auf freiem Fuß sind. Diese ntwicklung ist höchst unbefriedigend und kann nicht estand haben. (Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


erade für das Unrecht, das im Bürgerkrieg im ehema-
igen Jugoslawien angerichtet wurde, wo es vielfältige
äter gibt und wo die Verbrechen auf vielerlei Seiten be-
angen worden sind, wo es nicht einfach ist, in Gut und
öse einzuteilen, ist die Einsetzung einer Wahrheits-
ommission vielleicht ein geeignetes Instrument, um zur
ufarbeitung beizutragen.

Wie im Antrag zu Recht betont wird, kann es nicht
arum gehen, eine solche Kommission einem Land von
ußen überzustülpen. Jedes Land muss selbst einen Weg
inden, mit seiner Vergangenheit fertig zu werden. Wir
ollten im Rahmen der heutigen Debatte nicht vergessen,
ass auch wir Deutschen vor der Aufgabe standen und
eiterhin stehen, Unrechtsvergangenheit aufzuarbeiten.

ch glaube, auch ohne dass wir eine Wahrheitskommis-
ion hatten, können wir mit unseren Erfahrungen den ei-
en oder anderen Beitrag dazu leisten, solche Aufgaben
n anderen Ländern zu vereinfachen.

Nach dem Krieg hat in Deutschland lange Zeit das
lima geherrscht, die NS-Vergangenheit nicht ange-
essen aufgearbeitet zu haben. Mittlerweile sind wir

lücklicherweise weit fortgeschritten; es gibt dazu eine
enge an Bemühungen.

Wir haben auch Instrumente, um das Unrecht, das
ährend der SED-Diktatur in der DDR begangen wor-
en ist, aufzuarbeiten. Wir brauchen diese Instrumente
eiterhin. Wir brauchen die Birthler-Behörde und wir
rauchen geeignete Gedenkstätten, beispielsweise das
efängnis Hohenschönhausen. Doch in diesem Bereich

st noch nicht alles getan; auch das soll heute in Erinne-
ung gerufen werden. Es gibt die Zentrale Erfassungs-
telle in Salzgitter, deren Material bis heute nicht aufge-
rbeitet ist. Da schlummert noch einiges in den
rchiven, was insbesondere für die Betroffenen wertvoll
äre; ich glaube, dass sie ein Recht auf Aufarbeitung ha-
en. Das ist eine Aufgabe, die uns Deutschen verbleibt,
m mit unserer eigenen Vergangenheit fertig zu werden.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD])


Es liegen auch zwei Anträge zum Zusatzprotokoll zur
nti-Folter-Konvention vor. Darin geht es um die Ein-

ichtungen, in die Menschen zwangsweise eingewiesen
erden: Gefängnisse, aber auch Arrestanstalten – auch
ei der Bundeswehr – oder psychiatrische Kliniken. Für
olche Einrichtungen sollen Personen bestellt werden,
ie als unabhängige Beobachter notfalls auch unange-
ündigt Besichtigungen vornehmen und nachsehen, ob
n diesen Anstalten menschenwürdige Zustände herr-
chen.






(A) )



(B) )


Florian Toncar
Uns Liberalen geht es mit unserem Antrag darum,
nochmals ein Zeichen zu setzen, um möglichst zügig die
Zeichnung und Ratifizierung des Zusatzprotokolls zur
Anti-Folter-Konvention zu erreichen. Dass wir uns in
Deutschland so schwer damit tun, die Voraussetzungen
für die Umsetzung des Protokolls zu schaffen, empfinde
ich persönlich als ausgesprochen peinlich. Das sollte so
nicht weitergehen.


(Beifall bei der FDP)


Ich mache keinen Hehl daraus, dass der sich abzeich-
nende Kompromiss eine große Enttäuschung ist. Wie
man glauben kann, mit vier ehrenamtlichen Kräften, ei-
nem Bediensteten des höheren Dienstes und zwei Büro-
kräften das gesamte Bundesgebiet adäquat abdecken zu
können, ist mir schleierhaft. Die Schweiz etwa setzt das
Protokoll wesentlich konsequenter um und hat die nöti-
gen Personalressourcen bereitgestellt. Dass der Bund-
Länder-Kompromiss so weit dahinter zurückbleibt, ist
enttäuschend. Dieser Kompromiss zur Umsetzung des
Protokolls ist nicht mehr als ein Feigenblatt.


(Beifall bei der FDP)


Die Alternative allerdings wäre, die Ratifizierung
platzen zu lassen. Das halte ich bei aller Kritik dann
doch für falsch. Wenn sich nach der Ratifizierung zeigen
sollte, dass die Bundesrepublik das nur unzureichend
umsetzt, hat man eine sehr viel günstigere Position, um
weitere Verbesserungen und eine Aufstockung der Mittel
zu fordern. Sorgen wir also dafür, dass sich Deutschland
völkerrechtlich möglichst bald bindet. Dann können wir
Nachforderungen stellen, wenn uns die Umsetzung nicht
ausreicht. Das halte ich taktisch für wesentlich sinnvol-
ler.

Danke schön.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1602509500

Das Wort hat jetzt der Kollege Holger Haibach von

der CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Holger Haibach (CDU):
Rede ID: ID1602509600

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben kein
Interesse daran, die Liegestühle auf dem Sonnendeck der
Titanic einfach nur zurechtzurücken. – Diese Worte
stammen von Kevin Moley, dem US-Botschafter bei der
Menschenrechtskommission in Genf, und signalisieren
die Haltung der USA zum Kompromiss hinsichtlich des
Menschenrechtsrats, der jetzt gefunden wurde. Was da-
hintersteht, ist, glaube ich, relativ klar: Wenn es eine Re-
form geben soll, dann eine richtige Reform, bei der das
Ziel sein muss, ein effektives und glaubwürdiges Gre-
mium zur Durchsetzung der Menschenrechte zu schaf-
fen.

Wir haben eine Lösung. Es gibt einen Kompromiss.
Bedeutet das, dass wir in Jubel ausbrechen sollen, nach
dem Motto: Wir sind Menschenrechtsrat? Nein. Aber ich
glaube, der Kompromiss ist das Beste, was unter den ge-

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(C (D ebenen Umständen zu erreichen war. Weitere Verhandungen hätten wahrscheinlich nicht zu einem größeren rfolg geführt. Haben wir das Ziel erreicht, ein effektives, ein glaubürdiges Gremium zu schaffen? Schauen wir uns zuächst die Kriterien in der Resolution an, die uns jetzt orliegt. Mitglieder werden durch einfache Mehrheit in er Generalversammlung gewählt. Es ist möglich, Mitlieder durch eine Zweidrittelmehrheit wieder abzuwähen. Die Instrumente, über die die Kommission früher erfügte, sind dem Menschenrechtsrat erhalten geblieen. Das war während der Verhandlungen nicht immer ichergestellt. Es gibt zumindest ein informelles Überinkommen darüber, dass Länder, gegen die der UNicherheitsrat eine Resolution ausgesprochen hat, nicht itglieder des Rates sein können. Es wurde auch da über eine Verständigung herbeigeführt – das war für die uropäer besonders wichtig –, dass es mehr Sitzungserioden gibt. Das ist wichtig, um intensiv und zeitnah enschenrechtsverletzungen verfolgen zu können. Das Ergebnis ist sicherlich weniger als ursprünglich ewollt, aber mehr als befürchtet. Deshalb hat es zum chluss eine breite Unterstützung gegeben. 170 Länder aben der Resolution zugestimmt. An dieser Stelle öchte ich der Bundesregierung und der Europäischen nion für ihre klare Haltung, aber auch für ihr diploma isches Geschick danken. Denn das war keine einfache rbeit. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Nichtregierungsorganisationen haben sich damit
inverstanden erklärt. Die USA, die nicht zugestimmt
aben, haben zugesagt, die Zusammenarbeit zu pflegen,
ie entsprechenden finanziellen Mittel bereitzustellen
nd einen eigenen Sitz in diesem Gremium anzustreben.

Mit ihrer Haltung zu der Frage, ob der Konsens nun
ut ist oder nicht, stehen die USA übrigens nicht alleine
a. Ich würde gerne mit Erlaubnis des Präsidenten aus
er Genfer „Le Temps“ vom letzten Freitag einen Kom-
entar vorlesen, überschrieben mit „Konsenssuche ist Gift

ür die Menschenrechte“. Der Kommentator schreibt:

Bei der Suche nach einem Konsens und angesichts
eines feindlichen amerikanischen Stimmverhaltens
haben … Verhandlungen die Debatte getötet …

eiter heißt es:

Die USA unter der Administration Bush mögen
nicht eben die Richtigen sein, um sich als Verteidi-
ger der Freiheiten aufzuspielen, ihre frontale Geg-
nerschaft hat dennoch etwas Gutes. Sie erinnert uns
daran, dass die europäische und helvetische Kon-
zeption der Menschenrechte keine universelle ist.
Sie erinnern uns daran, dass Freiheiten erkämpft
werden müssen.

Man muss dieser Interpretation nicht zustimmen.
ber sie zeigt ganz deutlich, dass es nicht um die Frage
er Glaubwürdigkeit der Kriterien geht, sondern dass es
arum gehen muss, dass die Menschenrechtskommission






(A) )



(B) )


Holger Haibach
bzw. der Menschenrechtsrat, wie er jetzt heißt, glaub-
würdig arbeitet. Das ist das Entscheidende. Daran wird
sich der Erfolg dieses Gremiums messen lassen müssen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie des Abg. Florian Toncar [FDP])


Die entscheidenden Fragen werden sein: Können wir
es schaffen, die Kluft zwischen Nord und Süd zu schlie-
ßen? Können wir es schaffen, dass die Menschen in den
anderen Teilen der Welt sehen, dass der Westen keine
doppelten Standards anlegt, wie das hier gerade ange-
klungen ist? – Vor wenigen Stunden bin ich aus Amman
zurückgekommen. Dort habe ich wie überall auf der
Welt viele Menschen getroffen, die wirklich begeistert
waren und im Bereich der Menschenrechte zusammen-
arbeiten wollen. Dafür ist Glaubwürdigkeit sehr wich-
tig. Ich glaube, auch hier hat die neue Bundesregierung
durch die Äußerungen von Frau Merkel in den USA und
in Russland und durch die Äußerungen von Herrn
Steinmeier in China einen guten Start hingelegt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, Glaubwürdigkeit entsteht
natürlich auch und ganz besonders durch eigenes Han-
deln. Wir haben hier noch eine Lücke; das ist richtig und
wird durch zwei Anträge dokumentiert. Es geht um das
schon öfter erwähnte Zusatzprotokoll zur Anti-Folter-
Konvention und um die Schaffung von Präventiv- und
Kontrollmechanismen zur Verhinderung von Folter in
staatlichen Stellen. Es ist wahr, dass es einige Zeit ge-
dauert hat. Es ist aber auch richtig – das ist schon
angeklungen –, dass es jetzt einen Kompromiss gibt. Wir
sind auf einem Weg. In Wiesbaden wird es eine zentrale
Stelle geben. Der Bund hat sich bereit erklärt, die Kosten
zu übernehmen. Natürlich sagen manche, dass das zu
wenig ist. Ich stimme aber dem Kollegen Toncar zu, der
gesagt hat: Wenn die Ratifizierung erst einmal vollzo-
gen ist, dann ist es einfacher, an der Stelle noch Verbes-
serungen herbeizuführen.

Ich glaube auch, dass es ein ganz wichtiges Zeichen
ist, wenn sich Deutschland an vorderer Stelle an der Ra-
tifikation beteiligt.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


20 Staaten sind notwendig, um das Abkommen durch
die Ratifikation in Kraft treten zu lassen. Es wäre ein fa-
tales Zeichen, wenn Deutschland nicht unter den ersten
20 Unterzeichnern wäre.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)


Die beiden Anträge verdienen einen näheren Blick.
Auf sie will ich in der verbleibenden Zeit noch eingehen:

Erstens. Die FDP bringt einen fast wortgleichen An-
trag aus der letzten Wahlperiode wieder ein; das scheint
eine neue Methode zu sein. Vielleicht denken Sie einmal
daran, dass Sie in einem der Länder, die sich bis jetzt ein
bisschen geziert haben, in der Regierungsverantwortung

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(C (D tehen. Ich hoffe, dass Sie dort genauso stark mit dabei ind, das Ganze voranzubringen und zu implementieren, ie Sie hier im Bundestag auftreten. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich will das nur zwischendurch sagen: Wir sind uns in
er Intention einig, aber ich möchte das trotzdem noch
urz politisch bewerten.

Zweitens. Die Grünen machen langwierige Ausfüh-
ungen darüber – von ihnen ist der andere Antrag zu die-
em Thema –, welche Länder das blockiert haben. Es ist
atürlich reiner Zufall, dass in einem dieser Länder bald
andtagswahlen stattfinden. Es ist auch reiner Zufall,
ass über die Rolle der unionsgeführten Länder gespro-
hen wird, aber leider nicht darüber, dass das unionsge-
ührte Land Hessen einen großen Beitrag dazu geleistet
at, dass wir jetzt diesen Durchbruch erzielt haben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


nsofern glaube ich, dass das hier durchaus auch einmal
rwähnt werden darf.

Wie auch immer: Jedenfalls in der Zielsetzung sind
ir uns einig. Ich hoffe, dass der gefundene Kompro-
iss möglichst schnell in die Tat umgesetzt werden

ann; denn wenn dies geschieht, wäre das ein gutes Zei-
hen für unsere Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit
ach innen und nach außen. Es war auch ein gutes Zei-
hen für die Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit nach
ußen, wie sich Deutschland bei der Reform der Men-
chenrechtsgremien der UN verhalten hat. Arbeiten wir
emeinsam daran, dass beides zum Erfolg werden kann.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1602509700

Das Wort hat jetzt der Kollege Michael Leutert von

er Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Michael Leutert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1602509800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ahrheits- und Versöhnungskommissionen dienen be-
anntlich dem Zweck, einer Gesellschaft, in der
chwerste Verbrechen gegen die Menschlichkeit stattge-
unden haben, einen zivilisierten Neuanfang zu ermögli-
hen. Es geht darum, sich mit der eigenen Vergangenheit
useinander zu setzen und den Frieden nicht aufs Neue
u gefährden. Opfer sollen so die Möglichkeit erhalten,
ber ihnen angetanes Unrecht sprechen zu können und
ie Täter zu benennen; Täter sollen dagegen die Mög-
ichkeit haben, ihre Opfer um Vergebung zu bitten. Es
eht also um Wahrheit und Aussöhnung. Jedoch darf
ies nicht – ich glaube, darin sind wir uns einig – die ju-
istische Aufarbeitung schwerster Menschenrechtsver-
etzungen ersetzen.

In diesem Zusammenhang möchte ich einige Kritik-
unkte anführen:






(A) )



(B) )


Michael Leutert
Erstens. Ich glaube, hier auf breite Zustimmung zu
stoßen, wenn ich sage: Am besten wäre es, wir bräuchten
gar keine Wahrheits- und Versöhnungskommissionen.
Dies wäre dann der Fall, wenn die Konflikte schon im
Vorfeld verhindert werden könnten.


(Beifall bei der LINKEN)


In diesem Zusammenhang möchte ich allerdings die
Frage stellen, warum in dem Antrag der präventiven
Seite kein Raum eingeräumt wurde. Wir alle wissen,
dass unter anderem mangelnde Bildung sowie Armut
und soziale Ungleichheit primäre Gründe für Kriege und
Bürgerkriege sind. Zur Beseitigung dieser Ursachen be-
darf es finanzieller Mittel, die die meisten betroffenen
Länder selbst nicht aufbringen können. Es wäre also
mehr als angebracht, wenn Deutschland seine auf inter-
nationaler Ebene zugesagten Mittel für Entwicklungs-
hilfe endlich auf die versprochene Höhe anhöbe.


(Beifall bei der LINKEN)


Zweitens. Es ist generell nachzufragen, inwieweit
Entwicklungshilfe mit militärischer Invasion im Zusam-
menhang steht. Diese Gelder sollen eben hauptsächlich
präventiv wirken und nicht erst dann eingesetzt werden,
wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist. An
diesem Punkt möchte ich an Afghanistan erinnern.

Drittens. Es sollte kritisch hinterfragt werden, mit
welchen Regimes wir derzeit in Beziehung stehen. Sind
es Länder, in denen eventuell in naher Zukunft ebenfalls
Wahrheitskommissionen notwendig werden?


(Beifall bei der LINKEN)


Ich darf in diesem Zusammenhang an Usbekistan erin-
nern. Dort starben während eines Massakers von regie-
rungsnahen Truppen und der Polizei letztes Jahr bis zu
800 Menschen. Wir unterhalten aber in Usbekistan aus
strategischen Gründen einen Militärflugplatz und ge-
währen Finanzhilfen in Millionenhöhe. Auch das gehört
zur Wahrheit.


(Beifall bei der LINKEN)


Viertens und letztens möchte ich Folgendes in den
Raum stellen: Wir hätten diese Punkte gerne während
der Erarbeitung dieses interfraktionellen Antrags mit Ih-
nen gemeinsam diskutiert. Aber es scheint derzeit Mode
zu werden, dass solche fraktionsübergreifenden Initiati-
ven ohne uns stattfinden. Warum? Legen Sie auf unsere
Meinung keinen Wert oder ist das noch die Routine aus
der alten Legislaturperiode? Mich würde es freuen,
wenn Sie sich daran gewöhnten, dass im Bundestag seit
kurzem eine neue Fraktion Platz genommen hat.


(Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: Nur Sie sind neu!)


– Natürlich bin ich neu, aber auch die Fraktion ist neu.


(Christian Carstensen [SPD]: Nein, das ist die alte PDS!)


Daran sollten Sie sich gewöhnen.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Meine Fraktion wird diesem Antrag trotz aller Kritik ustimmen, da wir im Kern mit der Zielrichtung des Aniegens übereinstimmen. Weiterhin liegen zwei Anträge zur Zeichnung und Raifizierung des Zusatzprotokolls zur Anti-Folter-Konention vor. Es ist klar, dass auch die Linke dieses Aniegen unterstützt und für eine zügige Bearbeitung intritt. Immerhin befinden wir uns schon im vierten ahr, seit das Protokoll zur Unterzeichnung vorliegt. Wir issen, dass das Problem eher auf Länderebene liegt. In ofern ist die Bundesregierung nicht der eigentliche dressat. Aber wenigstens können wir so unsere morali che Unterstützung für die Bundesregierung in dieser rage deutlich machen. Wenn wir schon einmal die Ge egenheit haben, die Bundesregierung moralisch zu unerstützen, dann wollen wir das gerne tun, (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD])


umal es genau in diesem Punkt anders als bei dem an-
eren Antrag um ein präventives Mittel zur Vermeidung
on Menschenrechtsverletzungen geht.

Danke.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1602509900

Das Wort hat jetzt der Kollege Volker Beck vom

ündnis 90/Die Grünen.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602510000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir disku-

ieren heute über mehrere Anträge, unter anderem über
en interfraktionellen Antrag zur Bedeutung von Wahr-
eits- und Versöhnungskommissionen. Dazu hat die
usschussvorsitzende schon die richtigen Worte gefun-
en und deutlich gemacht, welche Bedeutung sie haben.
ch bin froh, dass wir als Parlamentarier bei einer solch
ichtigen menschenrechtspolitischen Initiative inter-

raktionell an einem Strang ziehen.

Herr Kollege Leutert, selbstverständlich muss man
ber Entwicklungspolitik und humanitäre Hilfe diskutie-
en. Aber man sollte nicht alles in einen Antrag packen.
ieser Antrag setzt sich mit einem spezifischen Instru-
ent auseinander. Dabei geht es um die Menschen-

echtspolitik, die Aufarbeitung von Vergangenheit und
ie Konfliktlösung nach dem Auftreten entsprechender
robleme. Selbstverständlich muss die Prävention eine
olle spielen. Das werden wir im Zusammenhang mit
er Haushaltsdebatte, die wir gestern im Ausschuss be-
onnen haben, hier nachholen und dafür sorgen, dass
ich die Bundesregierung an das Ziel von 0,7 Prozent
es Bruttoinlandsprodukts für die Entwicklungshilfe
ält, was sie öffentlich und international zugesagt hat.
ie aktuellen Informationen deuten leider nicht in diese
ichtung.

Lassen Sie mich auf den gestrigen Tag zu sprechen
ommen; denn ich halte es für bedeutend, dass gestern
am 15. März 2006 – die UN-Vollversammlung gegen






(A) )



(B) )


Volker Beck (Köln)

den Willen der USA und drei weiterer Staaten die Ein-
richtung eines Menschenrechtsrates beschlossen hat.
Dieses neue Gremium soll die viel kritisierte Menschen-
rechtskommission ablösen. Kofi Annan hat vor einem
Jahr einen Vorschlag zur Neustrukturierung der Arbeit
der Menschenrechtspolitik in diesem Bereich vorgelegt.
Es ist dem Präsidenten der UN-Vollversammlung, Herrn
Jan Eliasson, dafür zu danken, dass er ein Konzept für
einen neuen Menschenrechtsrat vorgestellt hat, das zwar
nicht alle Wünsche erfüllt, aber einen erheblichen Schritt
nach vorne bedeutet und einen Fortschritt in der Arbeit
des Gremiums ermöglicht hat.

Führende Menschenrechtsorganisationen weltweit
wie Amnesty International und Human Rights Watch ha-
ben ganz realpolitisch festgestellt, dass das ein Schritt
nach vorne ist, der unterstützt werden muss. Insofern bin
ich froh über den gestern gefassten Beschluss.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Das Konzept der USA war nicht überzeugender;
denn bei der Idee, dass die ständigen Mitglieder des UN-
Sicherheitsrats einen geborenen Sitz erhalten – das heißt,
bei denen schauen wir nicht hin, wie sie es mit den Men-
schenrechten halten;


(Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: China! Russland!)


sie, auch Russland und China, sind von vornherein Mit-
glied in diesem Gremium, während wir bei anderen,
kleineren Staaten in Zukunft noch strenger sind –, müs-
sen wir aufpassen, dass es nicht so aussieht, als ob wir
die Menschenrechtspolitik des Westens dadurch diskre-
ditieren, dass wir sie kulturalistisch gegen andere Staa-
ten einsetzen. Wir müssen vielmehr immer genau darauf
achten, dass wir bei Freund und Feind das gleiche Maß
anlegen und dort Kritik üben, wo Kritik angebracht ist.
Wir dürfen nicht so tun, als dürften wir bei manchen
Ländern aus politischen oder pragmatischen Gründen
bewusst wegschauen. Das gilt für Russland, China, die
USA wie auch für Länder wie Kuba, auf das wir heute
Nachmittag noch zurückkommen werden. Ich bin froh,
dass wir uns darüber einig sind, dass die Bundesregie-
rung richtig gehandelt hat, sich konstruktiv auf den Pro-
zess einzulassen und ihn zu unterstützen.

Heute steht noch ein weiterer Antrag unserer Fraktion
auf der Tagesordnung. Wir haben Anfang Januar als
erste Fraktion einen Antrag zur Unterzeichnung eines
Fakultativprotokolls zur UN-Anti-Folter-Konvention
vorgelegt. Ich finde es wichtig, dass Deutschland das
Protokoll endlich unterzeichnet. Die alte Bundesregie-
rung hat es in der Vergangenheit vergeblich versucht,
weil der Widerstand der Länder Sachsen-Anhalt, Sach-
sen und Niedersachsen dem entgegensteht. Ich bin froh,
dass die heutige Debatte über unseren Antrag zu der
Feststellung geführt hat – sicherlich im Zusammenhang
mit der Diskussion der letzten Wochen und Monate über
Folter in anderen Staaten und die Beteiligung deutscher
Beamter an Vernehmungen von womöglich gefolterten
Gefangenen –, dass das nicht mehr haltbar ist. Die Kritik

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(C (D er Länder entzündete sich daran, dass wir einen natioalen Mechanismus implementieren müssen, um bei alen Menschen, denen die Freiheit entzogen wurde, eine nabhängige Kontrolle durch ein eigenes Gremium einuführen, das überprüft, ob die Menschenrechtsstanards der Anti-Folter-Konvention eingehalten werden. Ich finde, nach dem Fall Daschner, der Diskussion ber Gefangene in anderen Ländern und der Vernehung durch deutsche Beamte können wir nicht sagen: ir sind ein Land, das über alle Zweifel erhaben ist; wir rauchen eine solche Kontrolle nicht. Ich glaube, wir önnen als Signatarstaat des Zusatzprotokolls andere änder mit größerem Nachdruck auffordern, dieses Pro okoll zu unterzeichnen und ihre Menschenrechtspraxis berprüfbar zu machen. Wir sollten auch dafür sorgen, ass es ein Gremium wird, das seinen Aufgaben auch achkommen kann. Kommen Sie bitte zum Schluss, Herr Kollege. Im Vergleich mit anderen Ländern haben wir uns hin ichtlich der Signatur des Protokolls nicht mit Ruhm beleckert. Bis zum heutigen Tag haben bereits 54 Staaten as Protokoll unterzeichnet bzw. paraphiert, 16 Staaten aben es ratifiziert. Wir hinken also schon ziemlich hinerher und sollten uns sputen. Es freut mich, dass die FDP ihren Antrag vorgelegt at. Hätte sie ihn in den Ländern, in denen sie mitregiert nämlich Sachsen-Anhalt und Niedersachsen –, gleich urchgesetzt, dann wären wir schon weiter. Aber Sie issen – frei nach Lukas –: Im Himmel ist mehr Freude ber einen reuigen Sünder als über 99 Gerechte, die der uße nicht bedürfen. Vielen Dank. Das Wort hat jetzt die Parlamentarische Staatssekretä in Karin Kortmann. Ka Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und ollegen! So bibelfest und theologisch gut wie Herr eck kann ich das nicht formulieren. (Dr. Herta Däubler-Gmelin [SPD]: Du kannst das gut!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1602510100
Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602510200

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1602510300
Karin Kortmann (SPD):
Rede ID: ID1602510400

Ich kann das sicherlich gut, aber ich will das jetzt nicht
un.

Ich will die besondere Bedeutung von Wahrheits- und
ersöhnungskommissionen hervorheben. Das ist nicht

rgendein Instrument, das wir unter „ferner liefen“ unter-
tützen und wertschätzen. Vielmehr handelt es sich um






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretärin Karin Kortmann
ein wichtiges Instrument, um für Frieden und Gerech-
tigkeit auf dieser Welt Sorge zu tragen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Kriege und Konflikte haben zumeist eine doppelte Last
zur Folge. Unmittelbar bedeuten sie Gewalt, Zerstörung
und Rückschritte in der Entwicklung. Aber auf lange
Sicht wirken Konflikte nach. Wenn versäumt wird, be-
gangenes Unrecht aufzuarbeiten und Verletzungen aus
der Vergangenheit zu bewältigen, dann steht die Zukunft
eines Landes auf tönernen Füßen und es bleiben wie in
den erwähnten Fällen nicht nur Narben zurück.

Letztes Wochenende hat die neu gewählte chilenische
Präsidentin ihr Amt angetreten. Sie wurde vor einiger
Zeit in einem Zeitungsinterview gefragt, was für sie die
Pinochet-Vergangenheit bedeutet. Sie hat darauf geant-
wortet: Nur gesäuberte Wunden können ausheilen. Sonst
werden sie sich immer entzünden und Eiter bilden. – Die
Wahrheit muss also an den Tag kommen. Um wie viel
mehr gilt das für Gesellschaften, die aus einem Konflikt
erst noch herauswachsen und die sich in einer politi-
schen Übergangsphase befinden. Gerade dann, wenn
staatliche Strukturen fragil sind, ist allein eine juristische
Aufarbeitung vor Strafgerichten wenig realistisch. Men-
schenrechtsverletzungen müssen sicherlich gerichtlich
geahndet werden; daran führt kein Weg vorbei.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Aber gerade die Wahrheits- und Versöhnungskommis-
sionen tragen zu einer gesellschaftlichen Aufarbeitung
des begangenen Unrechts bei. Sie können und dürfen al-
lerdings eine strafrechtliche Verfolgung der Täter nicht
ersetzen, wenn es sich um schwere Menschenrechtsver-
letzungen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit
handelt. Darüber sind wir uns alle in diesem Haus einig.

Lassen Sie mich von Guatemala berichten, einem
Land, das vor beinahe zehn Jahren einen Bürgerkrieg be-
enden konnte, der über drei Jahrzehnte währte und
unvorstellbares Leid vor allem für die indigene Bevölke-
rung brachte. 1997, ein halbes Jahr nach dem Friedens-
schluss, wurde die Kommission zur historischen Aufklä-
rung eingesetzt. Die internationale Staatengemeinschaft,
aber vor allem auch die deutsche Bundesregierung haben
diesen Prozess von Anfang an nicht nur personell, son-
dern auch finanziell und ideell unterstützt. Es ist gut,
wenn wir an dieser Stelle an den Kommissionsvorsitz er-
innern und Professor Tomuschat, den deutschen Völker-
rechtsexperten, der ihn innehatte und im Auftrag der
UNO tätig war, für seine wichtige Arbeit danken.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


In dem 1999 veröffentlichten Bericht „Erinnerungen
an das Schweigen“ werden schwere Menschenrechtsver-
letzungen mit genozidalen Zügen gegenüber der indige-
nen Bevölkerung festgestellt. Folter und Verschwinden-
lassen waren vielerorts bekannt geworden. Für die
Mehrzahl der Fälle wurde das guatemaltekische Militär
verantwortlich gemacht. Die Wahrheitskommission legte

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(C (D n ihrem umfangreichen Empfehlungskatalog die Prioriät auf die Würdigung und die Entschädigung von Opern, die Reformierung des Justizsystems, die Bildung iner multikulturellen Nation und die Ausschöpfung der rozessualen Möglichkeiten des Amnestiegesetzes, das usdrücklich die Straftatbestände Folter, Genozid und erschwindenlassen von der Amnestie ausnahm. Am eispiel Guatemalas zeigt sich, dass die größte Heraus orderung von Wahrheitsund Versöhnungskommissioen darin liegt, die Empfehlungen in eine aktive Regieungspolitik umzusetzen sowie im Bewusstsein von esellschaften und in Machtstrukturen zu verankern. Insgesamt lassen sich nach sieben Jahren erste Anätze einer Umsetzung feststellen. Wir stellen aber auch est, dass in Guatemala entschiedene Mehrheiten und berzeugungen sowohl in der Exekutive als auch in der egislative für eine energische Vergangenheitspolitik nd eine nationale Aussöhnung bislang noch nicht voranden sind. Daran hat sich auch durch die Regierungsolitik von Herrn Berger nichts geändert. Mit guten und erprobten Instrumenten können die inernationale und die deutsche Entwicklungspolitik zur ufarbeitung von Menschenrechtsverletzungen beitraen. Ich erinnere im Zusammenhang mit Guatemala daan, dass die GTZ die dortige Regierung unterstützt und ei der Umsetzung des Friedensabkommens und der mpfehlung der Wahrheitskommission tätig ist. Wir haen ein Programm mit dem Titel „Programm zur Untertützung des Friedensprozesses“ aufgelegt. Viele Bereihe, die dort angesprochen und aufgearbeitet worden ind, können wir heute in der Regierungspolitik von scar Berger feststellen. Das zeigt, wie wichtig es ist, ass wir deutsche Entwicklungsinstitutionen haben, Herr eutert, die nicht militärisch tätig sind, sondern auf ziile Krisenprävention setzen und die in ausreichendem aße finanzielle Mittel zur Entwicklung zur Verfügung tellen, um diesem Auftrag wirkungsvoll Rechnung traen zu können. Weil Sie, Herr Leutert, neu in diesem Parlament sind, arf ich Sie darauf hinweisen, dass wir vor sieben Jahren amit begonnen haben, die Einrichtung des zivilen Frieensdienstes zu fördern und zu unterstützen. Bisher aren mehr als 200 dieser Friedensfachkräfte weltweit ätig. Wenn Sie sich einmal anschauen, was sie in Guateala an wirkungsvoller und wichtiger Arbeit leisten, in em sie zu Versöhnungsprozessen in den dörflichen Geeinschaften beitragen und bei solch wichtigen Arbeiten ie Exhumierungen den Auftrag übernehmen, den eientlich die dortige Regierung hätte, dann erkennen Sie, ie wichtig das ist, was wir im Rahmen der deutschen ntwicklungszusammenarbeit dort tun und mit 75 Mil ionen Euro weiterhin fördern werden. Der innere Frieden einer Gesellschaft kommt nicht on selbst. Er ist die Frucht eines schwierigen und siherlich auch schmerzlichen Prozesses, an dem Zivilgeellschaft, Parlament und auch Regierungen teilhaben. ir wissen, dass rückwärtsgewandtes Agieren, Amnes Parl. Staatssekretärin Karin Kortmann tien oder finanzielle Entschädigungen allein nicht zu einem nachhaltigen Frieden führen. Deswegen ist es wichtig, dass wir in den bilateralen Regierungsverhandlungen mit unseren Partnerländern darauf drängen, die Empfehlungen von Wahrheitsund Versöhnungskommissionen zu berücksichtigen. Wir unterstützen sie im Gegenzug beim Aufbau von rechtsstaatlichen Strukturen und Institutionen, beim Schutz und bei der Wahrung von Menschenrechten und vor allem bei der Umsetzung dessen, was wir unter Good Governance verstehen. Wir wollen sie ermutigen, die Vergangenheit aufzuarbeiten, zum Wohle und für die Zukunft ihrer Gesellschaften und nicht zuletzt auch zum Gedenken an die vielen Opfer, für die wir diese Arbeit machen. Das Wort hat jetzt der Kollege Thomas Silberhorn von der CDU/CSU-Fraktion. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte unsere heutige Debatte zur Menschenrechtspolitik mit einigen grundlegenden Anmerkungen zur Bedeutung von Wahrheitsund Versöhnungskommissionen beschließen. Diese Kommissionen sind insbesondere in Lateinamerika, aber auch in vielen Staaten Afrikas zu einem sehr wichtigen Instrument der Aufarbeitung von schweren Menschenrechtsverletzungen geworden, wobei im Vordergrund die breit angelegte Untersuchung und Dokumentation von geschehenem Unrecht durch die Einbeziehung von Opfern und Tätern gleichermaßen steht. Erfolgreich sind diese Kommissionen dann, wenn ihre Erkenntnisse und Empfehlungen Konsequenzen zeitigen, Eingang in die Regierungspolitik finden und aktiv genutzt werden, um das friedliche Zusammenleben in diesen Gesellschaften, die Opfer und Täter zugleich kennen, zu fördern. Der Weg der internationalen Gemeinschaft war zunächst ein anderer. Sie hat sich nach dem Zweiten Weltkrieg die Bestrafung von Kriegsverbrechen, Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zur Aufgabe gemacht und damit entscheidend zur Durchsetzung des Völkerrechts – von den Internationalen Militärgerichtshöfen von Nürnberg und Tokio bis hin zum Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag – beigetragen. Die Aufklärung des Sachverhalts ist dabei allerdings immer Gegenstand rechtsstaatlicher Verfahren vor Gerichten gewesen. Wir müssen heute einräumen, dass diese Verrechtlichung bei der Verfolgung von Menschenrechtsverletzungen – so wichtig und richtig sie gewesen ist und bis heute ist – an Grenzen stößt. Das hat damit zu tun, dass die Ursachen für Menschenrechtsverletzungen heute immer häufiger nicht in zwischenstaatlichen, sondern in innerstaatlichen Konflikten zu suchen sind und dass die Behörden und die Justiz von Staaten, die nach internen Auseinandersetzungen oft noch instabil sind, nicht immer in der Lage sind, die Strafverfolgung zufrieden stellend zu bewältigen, nämlich so, dass damit Rechtsfrieden hergestellt werden kann. a l i M z s ü d D d M g w B t d n r d w w p d R b s s i e g B h n M m h r u q n M a w m z s d a e (C (D Gestatten Sie mir dazu eine Nebenbemerkung. Ein ktuelles Beispiel für die Begrenztheit einer nur gerichtichen Aufarbeitung von Menschenrechtsverletzungen st die Diskussion nach dem Tod von Slobodan ilošević vor wenigen Tagen. Die Reaktionen darauf eigen nämlich, wie wichtig es ist, dass auch jenseits von trafrechtlichen Konsequenzen Fakten und Wahrheit ber begangenes Unrecht ermittelt und festgestellt weren können. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1602510500
Thomas Silberhorn (CSU):
Rede ID: ID1602510600

ie größte Sorge von Angehörigen der Opfer ist jetzt,
ass Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die
enschlichkeit im ehemaligen Jugoslawien nie ans Ta-

eslicht kommen könnten. Genau das ist aber für die Be-
ältigung auch des persönlich Erlebten von größter
edeutung; denn die Überlebenden müssen damit wei-

erleben.

Es gehört zu den äußerst erfreulichen Entwicklungen
er Menschenrechtspolitik, dass Wahrheits- und Versöh-
ungskommissionen erfolgreicher sein können als Ge-
ichte. Ich persönlich finde es besonders erfreulich, dass
ieses Instrument von den betroffenen Staaten selbst ent-
ickelt worden ist, dass es gewissermaßen von unten ge-
achsen ist und damit ein besonders hohes Akzeptanz-
otenzial hat.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Wenn diese Kommissionen ein entsprechendes Man-
at erhalten und auch die Unterstützung der jeweiligen
egierung genießen, dann können sie eine wesentlich
reiter angelegte Untersuchung und Aufklärung von ge-
chehenem Unrecht erreichen, als das in einem formali-
ierten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren möglich
st. Damit haben diese Kommissionen die Gelegenheit,
ine Grundlage zu schaffen für einen gerechten Aus-
leich zwischen Tätern und Opfern, für eine dauerhafte
efriedung und Versöhnung und damit auch für die Ver-
ütung künftiger Konflikte. Opfer und Täter müssen
ach solchen Auseinandersetzungen mit schwersten
enschenrechtsverletzungen nämlich nicht selten weiter
iteinander leben.

Die Erfahrungen zeigen allerdings auch, dass Wahr-
eitskommissionen kein Allheilmittel sind. Insbesondere
eicht es nicht aus, wenn erfolgreiche Untersuchungs-
nd Aufklärungsarbeiten ohne nennenswerte Konse-
uenzen bleiben oder gar als Anlass für großzügige Am-
estien herhalten müssen. Wer individuelle Schuld für
enschenrechtsverletzungen auf sich geladen hat, muss

uch künftig strafrechtlich zur Verantwortung gezogen
erden. Insoweit sind Wahrheits- und Versöhnungskom-
issionen kein Ersatz, aber wohl eine sinnvolle Ergän-

ung zur Strafverfolgung.

Die Aufklärung und Aufarbeitung schwerster Men-
chenrechtsverletzungen geht uns als Deutsche in beson-
erem Maße an, nicht nur weil es in unserem Interesse
n Sicherheit und Frieden liegt, sondern weil wir auch
ine historische Verantwortung tragen: Wir haben






(A) )



(B) )


Thomas Silberhorn
nach dem Zweiten Weltkrieg selbst lernen müssen, was
die Aufarbeitung unserer Vergangenheit und was Ver-
söhnungsarbeit bedeuten. Das fand in Deutschland zwar
nicht in einer Wahrheitskommission statt, sondern vor
allem vor Gerichten. Aber wäre nicht bei vielen Men-
schen – auch bei den Opfern – der Wille zu Neuanfang
und Versöhnung vorhanden gewesen und wäre nicht die
Mehrheit unserer Gesellschaft überzeugt gewesen, dass
das ganze Ausmaß der unvorstellbaren Verbrechen des
Naziregimes ans Tageslicht gebracht werden muss, dann
würde uns heute schlicht die Grundlage fehlen, auf der
wir unsere Vergangenheit als eine Verantwortung begrei-
fen, die uns dauerhaft verpflichtet.

Wir sehen im Übrigen an bis heute existierenden
Kommissionen, etwa dem Deutsch-Tschechischen Ge-
sprächsforum, dass wir bis heute in anderer Form durch-
aus Einrichtungen haben, die einen Dialog zu diesen
Themen fortsetzen.

Wir können dankbar sein für die Unterstützung, die
wir von Dritten bei der Aufarbeitung unserer eigenen
Vergangenheit erhalten haben. Ich meine, das verpflich-
tet uns auch heute, unsere Erfahrungen weiterzugeben
und diejenigen zu unterstützen, die selbst nun ihre jün-
gere Vergangenheit aufarbeiten wollen und zu einer trag-
fähigen Aussöhnung finden müssen.

Die Bundesregierung hat im Rahmen ihrer Entwick-
lungszusammenarbeit die Chance, die Regierungen, die
sich dieser Aufgabe stellen, zu unterstützen und auch die
beteiligten Akteure einzubinden. Wir wollen mit unse-
rem Antrag die Bundesregierung ermutigen, diese Arbeit
fortzuführen und sich ihrer Verantwortung zu stellen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1602510700

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der
Fraktionen der CDU/CSU, der SPD, der FDP und des
Bündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 16/932 mit
dem Titel „Die Bedeutung von Wahrheits- und Versöh-
nungskommissionen für eine friedliche Zukunft“. Wer
stimmt für diesen Antrag? – Gegenstimmen? – Enthal-
tungen? – Der Antrag ist einstimmig angenommen.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
den Drucksachen 16/360 und 16/455 an die in der Tages-
ordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind
Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann sind
die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 6 auf:

Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-
gierung

Straßenbaubericht 2005
– Drucksache 16/335 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)


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(C (D Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Tourismus Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Es gibt keien Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Bevor ich das Wort erteile, bitte ich diejenigen, die an er Debatte nicht teilnehmen wollen, den Plenarsaal zu erlassen. Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner hat das ort der Parlamentarische Staatssekretär Achim roßmann. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Paul Lehrieder [CDU/CSU])


(Unruhe)


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Achim Großmann (SPD):
Rede ID: ID1602510800


Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
ollegen! Der Bundesminister für Verkehr, Bau und
tadtentwicklung berichtet dem Deutschen Bundestag

ährlich über den Fortgang des Bundesfernstraßenbaus.
o sieht es das Fernstraßenausbaugesetz vor. Der vorlie-
ende Bericht 2005 gibt Auskunft über die Straßenbau-
eistungen, die aktuellen Entwicklungen sowie wichtige
euerungen bei den rechtlichen, finanziellen und admi-
istrativen Rahmenbedingungen für den Fernstraßenbau
m Jahr 2004; teilweise gibt der Bericht auch über das
rste Halbjahr 2005 Auskunft.

Im Juli 2003 hat das Bundeskabinett den Bundesver-
ehrswegeplan beschlossen, der Grundlage dafür war,
ass der Deutsche Bundestag das Fünfte Fernstraßen-
usbauänderungsgesetz mit dem Bedarfsplan für die
undesfernstraßen beschließen konnte. Dieses ist am
6. Oktober 2004 in Kraft getreten. Der Bedarfsplan
iederum ist die gesetzliche Grundlage für die erfolgrei-

he Fortsetzung eines leistungsgerechten Ausbaus des
undesfernstraßennetzes.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Paul Lehrieder [CDU/CSU])


Da die Straße auch in Zukunft die Hauptlast des Ver-
ehrs tragen wird, werden Lücken im Straßennetz ge-
chlossen. Die vorhandene Infrastruktur soll erhalten
nd Verknüpfungspunkte mit den anderen Verkehrsträ-
ern sollen optimiert werden. Dauerhaft soll Mobilität
m Wirtschaftsstandort Deutschland gesichert werden.

Der Bedarfsplan umfasst unter Einschluss einer Pla-
ungsreserve in Höhe von etwa 12 Milliarden Euro ein
esamtinvestitionsvolumen von 80 Milliarden Euro, da-
on 51,5 Milliarden Euro für Projekte des vordringli-
hen Bedarfs sowie 28,8 Milliarden Euro für Projekte
es weiteren Bedarfs.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Eine wesentliche Grundlage für die Straßenplanung
st die Verkehrsentwicklung auf den Bundesfernstra-
en. So ist es immer wieder interessant, zurückzuverfol-
en, wie sich diese Entwicklung in Zahlen darstellen






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Achim Großmann
lässt. Zunächst ist festzuhalten, dass zum Ende des Be-
richtsjahres im gesamten Bundesgebiet 54,5 Millionen
Kfz zugelassen waren. Das sind rund 0,4 Millionen Kfz
mehr als 2003. Die durchschnittlichen täglichen Ver-
kehrsstärken – das ist das, was auf den Straßen los ist,
um es einmal flapsig zu sagen – erhöhten sich im Bun-
desgebiet auf den Bundesautobahnen im Jahr 2004 ge-
genüber dem Vorjahr um 1 Prozent, auf den außerörtli-
chen Bundesstraßen nur um 0,1 Prozent. Der Anteil des
Schwerlastverkehrs auf den Bundesautobahnen lag bei
15,3 Prozent und auf den Bundesstraßen außerorts bei
8,3 Prozent.

Die seit langem beobachtete Konzentration des Stra-
ßenverkehrs auf den Autobahnen hat sich weiter fort-
gesetzt. Die Gesamtfahrleistung im Straßennetz der
Bundesrepublik Deutschland betrug im Jahr 2004 rund
697 Milliarden Kfz-Kilometer. Das sind 2,1 Prozent
mehr als im Vorjahr.

Es gibt aus den Jahren 2004/05 aber noch Interessan-
teres zu berichten. Das ist, finde ich, spannender als
diese Zahlen, die wichtig und miteinander vergleichbar
sind. Auch das können Sie im Bericht nachlesen. Bei-
spielsweise haben wir die Verkehrsinfrastrukturfinan-
zierungsgesellschaft gegründet, die Teile der Mautein-
nahmen in Zukunft verbauen soll. Außerdem haben wir
2004 mit den Ausschreibungsvorbereitungen für die
A-Modelle als PPP-Projekte, also den Bau des fünften
und sechsten Streifens auf Autobahnen unter Zuhilfe-
nahme von privaten Investoren, begonnen. Inzwischen
sind wir einen deutlichen Schritt weiter. Sie wissen, vier
von fünf Projekten sind bereits ausgeschrieben.


(Beifall bei der SPD)


Wir haben Ortsumgehungen fertig gestellt, die Besei-
tigung von Bahnübergängen vorangetrieben, 123 Kilo-
meter Bundesautobahnstrecken neu gebaut und 72 Kilo-
meter Autobahn auf sechs und mehr Fahrstreifen
erweitert sowie rund 152 Kilometer Bundesstraßen
zweistreifig und 47 Kilometer vierstreifig neu oder aus-
gebaut. Rund 400 Kilometer Radwege an Bundesstraßen
sind im Jahr 2004 fertig geworden. Im Rahmen des Um-
weltschutzes wurden für Lärmvorsorge und Lärmsanie-
rung im Jahre 2004 rund 184 Millionen Euro investiert.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Der Bericht kann sich also sehen lassen. Insgesamt
sind fast 5,8 Milliarden Euro investiert worden; im
Jahr 2005 waren es fast 6 Milliarden Euro. Das ist eine
beachtliche Leistung.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1602510900

Das Wort hat jetzt der Kollege Patrick Döring von der

FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)


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(C (D Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Liebe Kollegin en und Kollegen! Wenn man den Straßenbaubericht für in Jahr bekommt, das von einer Bundestagswahl überchattet war aus Ihrer Sicht war es doch so, oder? –, (Beifall bei der FDP – Lachen bei der CDU/ CSU und der SPD)

Patrick Döring (FDP):
Rede ID: ID1602511000

(Petra Weis [SPD]: „Überschattet“?)


enkt man: Schauen wir mal hinein und haken die ver-
ehlte Politik von Rot-Grün ab, die dort dokumentiert
ird.


(Jörg Tauss [SPD]: Hahaha!)


ann liest man sich die Studie von Progtrans, die dort
itiert wird, durch und dabei fällt einem die Aussage ins
uge: Die stärkste erwartete Dynamik aller Landver-
ehre hat der Straßengüterverkehr. – Man denkt sich:
ine CDU/CSU-geführte Bundesregierung wird sicher
ngemessen darauf reagieren.

Wenn man aber den vorgelegten Finanzrahmen für
ie Jahre 2006 ff. sieht, stellt man fest, dass auch eine
DU/CSU-geführte Bundesregierung nicht auf diese
rognose reagiert.


(Beifall bei der FDP)


n Wahrheit ist nämlich das, was in Genshagen verkün-
et wurde, nur eine wunderbare PR-Show; die Zahlen in
iesem Bericht und im Haushaltsplan sprechen eine an-
ere Sprache.


(Beifall bei der FDP)


n Wahrheit investiert die CDU/CSU-geführte Bundesre-
ierung in diesem Jahr 600 Millionen Euro weniger in
traßenbauinvestitionen. Das wissen Sie natürlich alle.
eshalb verkünden Sie die Abweichung von der rot-grü-
en Planung als Erfolg, vernachlässigen dabei aber, dass
ehr Investitionen nötig sind.

Der sehr geschätzte Kollege Fischer hat bei der De-
atte über den Straßenbaubericht 2004 gesagt, es sei ein
ammer, dass für die Verkehrsinfrastrukturfinanzierung
m Jahr 2005 500 Millionen Euro weniger zur Verfügung
tünden als in den Jahren 2003 und 2004. Da kann ich
ur sagen: Er hat Recht. Aber mit seiner Mitwirkung
ind es noch 100 Millionen Euro weniger geworden als
n den Jahren unter Rot-Grün.


(Beifall bei der FDP)


Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen,
etztendlich spielte in der Debatte vor einem Jahr und
uch in der jetzigen Debatte das Thema Lkw-Maut eine
roße Rolle. Sie alle wissen, dass wir dem Güterver-
ehrsgewerbe 2,2 Milliarden Euro Maut abnehmen. Das
st hier breit getragen worden, unter anderem weil in
11 Mautgesetz steht, dass diese Mittel voll und ganz

er Verkehrsinfrastruktur zufließen sollen,


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Zusätzlich!)


nd zwar zusätzlich. Das war das Vermittlungsergebnis.






(A) )



(B) )


Patrick Döring
Die Wahrheit ist, wie diese Zahlen beweisen, eine an-
dere. Damit begeht diese CDU/CSU-geführte Bundes-
regierung entgegen der Forderung vor der Bundestags-
wahl weiter den Mautbetrug, den wir unter Rot-Grün
gemeinsam angeprangert haben. Ich kann für die FDP-
Fraktion nur sagen: Wir bedauern sehr, dass Sie sich da
nicht durchgesetzt haben, liebe Kolleginnen und Kolle-
gen von der Union.


(Beifall bei der FDP)


Man muss sich einmal folgende Zahlen vor Augen
führen. Insgesamt werden dem Straßenverkehr Belastun-
gen in Höhe von 53 Milliarden Euro aufgebürdet – Kfz-
Steuer, Mineralölsteuer, LKW-Maut –, obwohl hier
schließlich in diesem Jahr nur 4,3 Milliarden Euro an In-
vestitionen fließen.


(Zuruf des Abg. Jörg Tauss [SPD])


– Herr Tauss, über die Alkoholsteuer möchte ich mit Ih-
nen um diese Uhrzeit nicht debattieren. –


(Heiterkeit und Beifall bei der FDP)


So erreicht man in diesem Land sicher keine Akzeptanz
für Nutzerfinanzierungen.

Der Herr Staatssekretär hat eben auf PPP-Modelle
hingewiesen und zu Recht gesagt, es müsse in diesem
Bereich Verbesserungen geben. Aber es wird keine Ak-
zeptanz für Nutzerfinanzierungen geben, wenn auf
der einen Seite den Menschen Geld abgenommen wird,
aber auf der anderen Seite die Versprechungen, was mit
diesen Einnahmen gemacht werden soll, nicht eingehal-
ten werden. Das ist die Realität.


(Beifall bei der FDP)


Darum unterstützen wir diejenigen, die sich in der ak-
tuellen Diskussion für die Erstattung der Maut oder für
andere Möglichkeiten, das LKW-Gewerbe zu entlasten,
einsetzen. Wir unterstützen die Bundesregierung bei je-
der sinnvollen Investition in die Verkehrsinfrastruktur.
Aber wir gehen nicht den Weg mit, den Sie im Moment
gehen. Es ist schon bemerkenswert, dass diese schwarz-
rote Bundesregierung am Ende weniger in die Verkehrs-
infrastruktur Straße investiert, als es Rot-Grün je ge-
macht hat. So können Sie mit unserer Unterstützung
nicht rechnen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1602511100

Herr Kollege Döring, ich gratuliere Ihnen im Namen

des ganzen Hauses zu Ihrer ersten Rede im Deutschen
Bundestag.


(Beifall)


Das Wort hat jetzt die Kollegin Renate Blank von der
CDU/CSU-Fraktion.


Renate Blank (CSU):
Rede ID: ID1602511200

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Dis-

kussion des Straßenbauberichts ist wohl die einzige De-

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(C (D atte in diesem Hause, in der man Zustimmung beommt, wenn man davon spricht, dass Investitionen eplant unter die Räder gekommen oder in den Sand geetzt worden sind. Unbestritten spielt die Mobilität von Menschen und ütern mit ihren unterschiedlichen Facetten eine zen rale Rolle im Leben jedes Einzelnen und bildet eine rundvoraussetzung für das Funktionieren unserer Wirt chaft. Eine Einschränkung von Mobilität beeinträchtigt icht nur unsere Lebensqualität, sondern gefährdet auch ie Möglichkeiten unserer wirtschaftlichen Entwicklung nd Arbeitsplätze. Der tägliche Stau in Deutschland ist eine nicht hinehmbare Geldund Zeitvernichtungsmaschinerie. Stuien zeigen auf, dass durch Stau jährlich 13 Millionen tunden Zeitverlust entstehen und 33 Millionen Liter raftstoff zusätzlich verbraucht werden. Nachhaltige obilität zu schaffen und zu erhalten ist also eine kom lexe Herausforderung. Daran muss sich jeder Straßenaubericht messen lassen. Für die Straßenplanung ist die Verkehrsentwicklung esentlich. Kfz-Bestand und der Transitverkehr sind ichtige Faktoren. Der Staatssekretär hat schon ausge ührt, dass zum Ende des Berichtszeitraums rund 4,5 Millionen Kfz in Deutschland zugelassen waren. Der Verkehr auf den Autobahnen hat weiter zugeommen. Die Verkehrsstärke auf den Bundesstraßen staniert. Dies wird schon seit längerem beobachtet. Desalb ist der Ausbau von Autobahnen wichtig und ringend geboten. Aber auch der Bau von Ortsumgehunen ist im Interesse und zum Schutz unserer Bürgerinnen nd Bürger notwendig. Für den Bau von Ortsumgehungen wurden im Beichtsjahr rund 712 Millionen Euro ausgegeben. Insgeamt beliefen sich die Istausgaben für Verkehrsinvestiionen auf insgesamt 4,9 Milliarden Euro. as ist leider immer noch zu wenig – auch wenn es ein tolzer Betrag ist –, um Instandhaltungsmaßnahmen soie Neuund Ausbau im gewünschten, aber auch im In eresse unserer Mobilität notwendigen Umfang durchzuühren; denn die Straße ist mit rund 90 Prozent der erkehrsleistungen im Personenverkehr und mit rund 0 Prozent der Verkehrsleistung im Güterverkehr der erkehrsträger Nummer eins in Deutschland und auch in uropa. Wenn die Straße schwächelt, schwächelt aber auch er Verbund mit anderen Verkehrsträgern. Denn die traße ist der einzige flächendeckende Verkehrsträger, er von Haus zu Haus die notwendige intermodale Veretzung wirklich gewährleistet. Auch der ÖPNV ist auf en Verkehrsträger Straße angewiesen, da mehr als die älfte der ÖPNV-Leistungen im Straßenraum erbracht erden. Dass Mobilität außerordentlich notwendig ist, zeigen ie Prognosen. Im Zeitraum bis 2015 wächst die Ver Renate Blank kehrsleistung im Personenverkehr und im Güterverkehr. Die Straße bleibt dabei unangefochten der wichtigste Verkehrsträger im Personenund im Güterverkehr. Das bedeutet: Bis 2015 wird es beim Verkehrswachstum keine Trendwende geben. Das ist auch gut so. Denn Verkehrswachstum bedeutet Wirtschaftswachstum. Eine Entkoppelung von Wirtschaftswachstum und Verkehrsleistung – der Traum der Grünen – ist nicht machbar. Denn wirklich ernsthafte wissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben, dass dies nicht möglich ist, allerhöchstens zu 1 Prozent. Spätestens seit der EU-Osterweiterung liegt kein Land so sehr im Mittelpunkt der europäischen Verkehrsströme wie Deutschland. Die Automobilbranche stellt jeden siebten Arbeitsplatz in unserem Land. Umso nachteiliger wirken sich die seit Jahren zunehmenden Defizite der deutschen Straßeninfrastruktur auf die Verwirklichung der Wachstumsund Beschäftigungsziele aus. Ziel jeder Bundesregierung war und ist die zügige Realisierung der sieben Straßenverkehrsprojekte „Deutsche Einheit“. Nach derzeitigen Dispositionen soll das VDE-Straßennetz – mit Ausnahme der A 44 – noch in diesem Jahrzehnt vollständig fertig gestellt werden. In diese sieben Projekte wurden bis Ende 2004 rund 12 Milliarden Euro investiert. Das sind rund 75 Prozent der aktuellen Investitionskosten von etwa 16 Milliarden Euro. Hinzu kommen die Finanzmittel aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung. Auch dafür wurde aus deutschen Mitteln noch einmal ein ansehnlicher Betrag von rund 900 Millionen Euro bereitgestellt. In die Anbindung der neuen Länder wurde also sehr viel investiert. Zu Klagen besteht deshalb keinerlei Anlass. Nun zum Thema Ingenieurbauwerke. Rund 15 Prozent der Brücken sind in einem kritischen Bauwerkszustand. Hier ist eine Instandsetzung umgehend erforderlich. Aber in Panik zu verfallen, ist falsch. Denn die Länder erheben Daten über den Bestand und den Erhaltungszustand. Für die Zustandsbeurteilung werden Programmsysteme nach DIN 1076 genutzt, die extra für die Bauwerksprüfung entwickelt wurden. Diese Bauwerksprüfung gilt für Brücken, Tunnel, Verkehrszeichenbrücken, Lärmschutzwände und Stützbauwerke und wird alle drei Jahre als einfache Prüfung und alle sechs Jahre als Hauptprüfung durchgeführt. Diese Prüfungen müssen vorgenommen werden. Denn Brücken und Tunnel sind hinsichtlich der Investitionsund Folgekosten die teuersten Anlagenteile der Straßen, die insbesondere durch den stetig anwachsenden Schwerverkehr extremen Belastungen ausgesetzt sind. Das Thema Tunnelsicherheit hat nicht erst mit den verheerenden Brandunfällen bei allen Verantwortlichen eine besonders hohe Priorität. Es sind hier Regelgrundsätze geschaffen worden, die weit über die bestehende EU-Richtlinie hinausgehen. Dies ist auch richtig. Aufgrund der hohen Verkehrsbelastungen auf unseren Straßen ist dies gerechtfertigt und vertretbar, damit für die Tunnelbenutzer eine optimale Sicherheit gewährleistet ist. R R f w m d d d d s r g v W d V g m s f V f c n l s n n B J F r P V d w s n r M k P e b F F N a r i (C (D Zum Thema Sicherheit gehören natürlich auch die adwege. Im Berichtszeitraum sind an Bundesstraßen adwege in einer Größenordnung von 400 Kilometern ertig gestellt worden. Im Zeitraum von 1991 bis 2004 urden damit Radwege in einer Größenordnung von imerhin rund 5 100 Kilometern errichtet. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


(Heiterkeit bei der CDU/CSU)


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])





(A) )


(B) )


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Kurz vor der Fußball-WM kann man auch anhand
es Straßenbauberichts feststellen: Sind die Leistungen
er Klinsmann-Truppe auf dem Rasen momentan auch
urchwachsen, unsere Infrastruktur im Einzugsbereich
er WM-Stadien ist weltmeisterlich. Auch wenn die
portlichen Leistungen unserer Kicker möglicherweise
asch vergessen sein werden, die Bürgerinnen und Bür-
er haben einen klaren, dauerhaften Nutzen von den In-
estitionen. Ich bin auch sicher: Die Besucher aus aller
elt werden getreu dem WM-Motto „zu Gast bei Freun-

en“ sein und nicht im Stau stehen. Das wird mit dem
erkehrsleitkonzept zur Fußballweltmeisterschaft gelin-
en, das gemäß Verabredung mit den Ländern und Kom-
unen einheitlich und „ohne Bruch in der Wegwei-

ungskette“ bis hin zum Stadion umgesetzt werden wird.

Alle Infrastrukturentscheidungen sollten zügig getrof-
en werden. Planungs- und Investitionssicherheit für den
erkehrsträger Straße ist eine wichtige Voraussetzung

ür Klarheit und Verlässlichkeit in der Politik. Wir brau-
hen deshalb eine deutliche Beschleunigung von Pla-
ungszeiten und Planungsverfahren. Aus unserer Sicht
assen sich Planungsprozesse ohne Qualitätsverlust be-
chleunigen. Wir sind ja mitten in den Beratungen zu ei-
em Infrastrukturbeschleunigungsgesetz.

Nun zum Geld. Eine verlässliche Verstetigung der Fi-
anzierung ist für die Planungssicherheit von großer
edeutung. So haben die vielen Programme der letzten

ahre aufgezeigt, dass in Wahrheit keine längerfristige
inanzierungssicherheit besteht. Wir müssen deshalb zu-
ück zu Klarheit, Transparenz und Berechenbarkeit im
lanungs- und Finanzierungsbereich.

Wegen der knappen Haushaltslage – auch wenn der
erkehrsbereich in den nächsten Jahren rund 4 Milliar-
en Euro zusätzlich erhalten soll – bleiben noch viele
ünschenswerte Projekte auf der Strecke. Deshalb müs-

en wir PPP-Projekte vorantreiben. Dazu gehört dann
atürlich auch, dass die Verkehrsinfrastrukturfinanzie-
ungsgesellschaft von einem Inkassobüro der LKW-

aut zu einer Gesellschaft umgewandelt wird, die ver-
ehrsträgerübergreifend tätig ist, Kredite aufnehmen und
PP-Ansätze in der Verkehrswegefinanzierung weiter-
ntwickeln kann.

Vielleicht ein kleiner humorvoller Hinweis. In Nürn-
erg reden wir derzeit über die Umbenennung unseres
ußballstadions, des Franken-Stadions. Es hat sich eine
irma finanziell beteiligt und das Stadion hat jetzt den
amen „Easy-Credit-Stadion“. Vielleicht könnten wir

uch Autobahnabschnitte nach irgendwelchen Sponso-
en nennen; so bekämen wir vielleicht etwas mehr Geld
n die Kassen.






(A) )



(B) )


Renate Blank
Zur Umsetzung des langfristig angelegten Bedarfs-
plans muss in den nächsten Wochen ein neuer Fünfjah-
resplan aufgestellt werden. Dieser Fünfjahresplan sollte
in Absprache mit den Ländern, aber auch mit dem Parla-
ment rasch zustande kommen; denn er ist die Grundlage
für die Schwerpunkte der Investitionen.

Wir können uns keinen Stillstand leisten; denn die
heutigen Wirtschaftsstrukturen werden von Arbeitstei-
lung und Globalisierung beherrscht. Ohne Mobilität ist
das nicht zu schaffen und deswegen brauchen wir weiter
Straßenausbau und Straßenneubau.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1602511300

Das Wort hat jetzt die Kollegin Dorothee Menzner

von der Fraktion die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dorothee Menzner (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1602511400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Staatssekretär, Sie haben eben schon die Zahlen
über die Neubauten genannt, die im Jahr 2004 hinzuge-
kommen sind. Was Sie verschwiegen haben, ist aller-
dings – dies macht der Bericht ebenfalls deutlich –, dass
wir über weniger Bundesstraßenkilometer als zuvor ver-
fügen, weil nämlich meist eher nicht so gut instand ge-
haltene Bundesstraßen an Kommunen und Länder über-
schrieben wurden.

Insgesamt sind in dem Berichtszeitraum etwa
330 Kilometer Fernstraßen fertig gestellt worden, zu ei-
nem Preis pro Kilometer von etwa 5 Millionen Euro,
woraus sich insgesamt die stolze Summe von 1,6 Mil-
liarden Euro ergibt. Aber – Frau Kollegin Blank hat das
eben angesprochen – sage und schreibe 3,7 Milliarden
Euro sind laut diesem Bericht in den letzten Jahren in
solche Autobahnen und Fernstraßen geflossen, die im
Einzugsbereich von Fußballarenen liegen. Schwarz auf
weiß in einem Extrakapitel wird ausgeführt: 56 Neubau-
und Erweiterungsmaßnahmen standen im Zusammen-
hang mit der Fußballweltmeisterschaft. Der Bericht
benennt auch, was zu tun war, damit die Fußballfans, zu-
mindest solche, die mit dem Auto anreisen, nicht umher-
irren: Willkommenstafeln an Grenzübergängen, Fern-
zielwegweisung; sogar an farbliche Fantrennung wurde
gedacht. Alles chic, alles neu, alles perfekt. Aber was
passiert jetzt, sollte die Nationalmannschaft vielleicht in
der Vorrunde ausscheiden?


(Patrick Döring [FDP]: Dann werden wir aber die Bahnhöfe nicht abreißen!)


Nicht auszudenken! Deutsche Fußballfans sitzen als
Couch-Potatoes zu Hause vor dem Fernseher und die
Gäste dürften von diesen Hinweisschildern eher wenig
Gebrauch machen, weil sie in der großen Mehrzahl mit
der Eisenbahn oder dem Flugzeug anreisen werden. Ist
dies wirklich ein Szenario, für das es sich lohnt, Milliar-
den von Euro in Beton zu rühren? Wir meinen, in Bezug
auf die Zukunftsinvestitionen stellen sich andere Fragen.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Bei einer steigenden Verarmung der Bevölkerung, teigenden Spritpreisen und bei dem Anwachsen der Beölkerungskreise, die sich inzwischen sehr genau überleen, ob sie sich Autofahrten, die nicht unbedingt nötig ind, auch leisten können, sind andere Schlussfolgerunen zu ziehen. Statt Autobahnknoten im Umfeld von ußballarenen zu optimieren, hätten wir gemeinsam das eld viel besser in Busse und Bahnen stecken sollen, m diese zu optimieren. (Beifall bei der LINKEN – Patrick Döring [FDP]: Das sind 15 Prozent des Verkehrs!)


as wäre ein Zukunftsprogramm gewesen, und zwar ein
ukunftsprogramm für weniger CO2, weniger Energie-
erbrauch, weniger Lärmbelästigung und für mehr so-
iale Gerechtigkeit.


(Beifall bei der LINKEN)


Stattdessen werfen Sie Geld aus dem Fenster für ein
berzogenes Straßenbauprogramm, das, wie eben ange-
eutet, als unterfinanziert bezeichnet wird. Wir nennen es
her überprojektiert; denn das Geld wird immer als knapp
ezeichnet. Das, was der Bund an Fernstraßen neu baut,
ntspricht 1 588 Baulosen für 50,7 Milliarden Euro. Das
st aber nur das, was als „vordringlicher Bedarf“ bezeich-
et wird. Manche bezeichnen es auch als Märchenbuch.

Wir meinen, es ist wichtiger, in die Erhaltung der
traßen zu investieren, statt in weitere Neubauten.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Peter Hettlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


s ist wichtiger, das Geld zu konzentrieren und die vor-
andenen Strukturen zu erhalten. Dem Bericht kann man
uch entnehmen, dass das schwer fällt und dass hier viel
u tun ist.


(Vorsitz: Vizepräsident Wolfgang Thierse)


Die Linke sagt klipp und klar: Angesichts der vielen
chadhaften Straßen und Brücken ist es viel wichtiger
nd vorrangiger, in vorhandene Verkehrswege zu inves-
ieren und diese instand zu halten. Das halten wir für
achhaltig, und zwar sowohl für ökonomisch und ökolo-
isch als auch für sozial nachhaltig.

Danke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1602511500

Ich erteile das Wort Kollegen Anton Hofreiter, Frak-

ion des Bündnisses 90/Die Grünen.


Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602511600

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Alle
ahre wieder wird der Straßenbaubericht veröffentlicht.
lle Jahre wieder steht im Bericht, dass mehr für die Un-

erhaltung der bereits bestehenden Infrastruktur ausgege-
en werden muss, und alle Jahre wieder passiert das
icht.

Im Straßenbaubericht 2000 heißt es wörtlich:






(A) )



(B) )


Dr. Anton Hofreiter
Ein wesentliches Ziel der künftigen Erhaltungspla-
nung ist es, den Bauwerksanteil mit Zustandsnoten
zwischen 3,0 bis 3,4 weiter zu senken und Zu-
standsnoten über 3,5 völlig zu vermeiden.

Diesen Satz finden Sie fast wörtlich in vielen Berichten,
so auch im aktuellen.


(Patrick Döring [FDP]: Richtig!)


Was hat sich in der Wirklichkeit getan?


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Die Betroffenheit hat sich vergrößert!)


Der Anteil der Bauwerke, bei denen kurzfristig bis sofort
eine Instandsetzung nötig ist, ist von rund 30 Prozent
auf 45 Prozent gestiegen. Das Deutsche Institut für Wirt-
schaftsforschung hat berechnet, dass allein für den Un-
terhalt der jetzt bestehenden Infrastruktur 75 bis 85 Pro-
zent aller bis 2020 zur Verfügung stehenden Mittel benö-
tigt werden. Nicht mitgerechnet ist, dass die Infrastruk-
tur wächst. Es ist auch nicht zu erwarten, dass die Mittel
mehr werden.

Es stellt sich daher die Frage: Woher wollen Sie das
Geld nehmen, sehr geehrter Vertreter von der FDP, der
Sie sich bereit erklärt haben, jede Infrastrukturmaß-
nahme der Bundesregierung zu unterstützen? Wir Grü-
nen unterstützen nur sinnvolle Infrastrukturmaßnahmen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Die Frage ist: Wer definiert „sinnvoll“?)


Sehr geehrte Damen und Herren von der großen Koali-
tion, woher wollen Sie denn das Geld nehmen? Wir Grü-
nen kämpfen seit Jahren dafür, den Anteil der Mittel für
den Unterhalt im Haushalt zu erhöhen.

Das Bundesfernstraßennetz hat ein geschätztes Brutto-
anlagevermögen von rund 175 Milliarden Euro. Man
muss sich darüber im Klaren sein, dass dies die Schät-
zung des Ministeriums ist. Wahrscheinlich ist es höher.
Es wird geringer geschätzt, um die Mittel für den Unter-
halt geringer anzusetzen. Was gedenkt das Ministerium
zum Unterhalt dieser wertvollen Infrastruktur ernsthaft
zu tun? Wollen wir es so machen wie bei den Schienen
und Straßen in Zukunft stilllegen, weil wir mit dem Un-
terhalt nicht mehr hinterherkommen?

Was treibt das Ministerium stattdessen? Es plant vor
allem Neubaustrecken, die wenig bis keinen verkehrli-
chen oder volkswirtschaftlichen Nutzen haben. Warum
haben sie diesen Nutzen nicht? Weil sie leider in Gebie-
ten geplant und gebaut werden, die dünn besiedelt sind
oder die Abwanderungsregionen sind.

Natürlich kann man sagen: Das ist Wirtschaftsförde-
rung, das ist Regionalförderung. Das lässt sich immer
behaupten. Nur leider entspricht es nicht der Wahrheit.
Sie können in strukturschwachen Regionen und in unse-
rem vorhandenen dichten Infrastrukturnetz mit zusätzli-
chen Straßen keine Arbeitsplätze schaffen. Das müsste
Ihnen nach den vielen Beispielen in der Praxis langsam
klar geworden sein.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Patrick Döring [FDP]: Nicht kurzfristig, aber mittelfristig!)


Wir Grünen fordern deshalb, die Aussage des Be-
ichts, dass mehr Geld in den Unterhalt zu stecken sei,
ndlich ernst zu nehmen und in reale Zahlen umzuset-
en, intelligente Konzepte zur Regionalförderung zu ent-
ickeln, statt zu glauben, mit vierspurigen Autobahnen

n dünn besiedelten Regionen etwas erreichen zu kön-
en, mehr Geld für eine sinnvolle Gestaltung des ÖPNV
uszugeben oder mehr Geld in Bildung und Forschung
u investieren – Geld kann man auch umwidmen –; denn
s ist immer noch sinnvoller, in Köpfe statt in Beton zu
nvestieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1602511700

Ich erteile das Wort Kollegen Jörg Vogelsänger, SPD-

raktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Jörg Vogelsänger (SPD):
Rede ID: ID1602511800

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

eim Ausbau der Infrastruktur wurde in Deutschland
ieles erreicht. Das sollte hier nicht schlechtgeredet wer-
en; denn sehr viele waren daran beteiligt.


(Beifall bei der SPD)


as betrifft die schwarz-gelbe Regierung genauso wie
ie rot-grüne Regierung. Ich bin sogar ein Stück weit
tolz darauf, dass unter Rot-Grün ein bisschen mehr er-
eicht wurde. Vielleicht ist das ein Ansporn für uns, noch
twas besser zu werden.


(Beifall bei der SPD)


Wir brauchen uns nicht zu streiten: Seit 1992 lagen
ie Ausgaben für die Bundesfernstraßen immer über
Milliarden Euro. Mein Dank dafür richtet sich nicht

ur an die Regierung, sondern an alle Parlamentarier;
enn wir sind der Souverän, wir haben das beschlossen –
nd das ist auch richtig so.


(Beifall bei der SPD)


Obwohl vieles erreicht wurde, stehen wir gemeinsam
or großen Herausforderungen. Der noch nicht zu Ende
egangene Winter hat uns deutlich gemacht, wie sehr
ir alle auf eine funktionierende Verkehrsinfrastruktur

ngewiesen sind. Das Wetter lässt sich nur sehr bedingt
eeinflussen. Bei Investitionsentscheidungen stehen wir
lle in der Pflicht. Herr Döring, dieser Pflicht kommt die
eue Bundesregierung nach. Die 4,3 Milliarden Euro für
as zusätzliche Programm sind gut angelegt. Mit dem
eld werden in der Bauphase Arbeitsplätze geschaffen
nd die Standortbedingungen verbessert.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Patrick Döring [FDP]: Das hat keiner bestritten! Es ist nur nicht aktuell!)


Das Thema Standortbedingungen ist ganz aktuell.
eute haben wir das Urteil des Bundesverwaltungsge-






(A) )



(B) )


Jörg Vogelsänger
richts erhalten. Die Koalition hat Weitsicht bewiesen;
denn die Verkehrsanbindung an den Flughafen BBI wird
vom Bund unterstützt. Das werden wir Parlamentarier
natürlich einfordern.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Eine strategisch wichtige Entscheidung waren und
sind die Verkehrsprojekte „Deutsche Einheit“. Es gibt
immer wieder Stimmen, die besagen, dass diese Projekte
ausschließlich den neuen Ländern zugute kommen. Das
ist grundsätzlich falsch. Herr Döring, hier seien die A 2
nach Niedersachsen und die A 9 nach Bayern genannt.
Ich denke, auch Bayern und Niedersachsen profitieren
außerordentlich von den Verkehrsprojekten „Deutsche
Einheit“.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Renate Blank [CDU/CSU]: Das haben wir damals auch so gemacht!)


– Richtig.

Wir haben die wirklich spannende Aufgabe, gemein-
sam mit den Ländern den Fünfjahresplan für Bundes-
fernstraßen zu erstellen. Die Leute aus dem Osten ken-
nen Fünfjahrespläne noch. Wir sollten uns allerdings
kein Beispiel an ihnen nehmen. Das Soll wurde immer
übererfüllt und die Volkswirtschaft ist trotzdem kaputt-
gegangen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU sowie des Abg. Patrick Döring [FDP])


Der Fünfjahresplan wird ein Schwerpunkt unserer Ar-
beit sein. Dabei wird es nicht nur Jubel geben; denn
nicht jedes gewünschte Projekt kann bis 2010 realisiert
werden. Deshalb brauchen wir eine umfassende Diskus-
sion mit den Ländern, aber auch im parlamentarischen
Bereich. Ich denke, es ist ganz wichtig, dass wir das
Ganze gemeinsam mit den Ländern umsetzen; denn sie
sind für die Planung zuständig. Daran sieht man, dass es
nur in Gemeinsamkeit geht.

Da nicht alles umsetzbar ist, sollten wir weitere Fi-
nanzierungsmöglichkeiten prüfen. Ich denke, von einem
EFRE-Bundesprogramm in der neuen Förderperiode
2007 bis 2013 profitieren Bund und Länder gemeinsam.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Und wer zahlt?)


Zudem gilt es, weitere Möglichkeiten – von der priva-
ten Vorfinanzierung bis hin zu Betreibermodellen für
den Fernstraßenbau – zu erschließen. Die Maut – sie hat
hier schon eine Rolle gespielt – ist außerordentlich er-
folgreich. Der eine oder andere hat daran gar nicht mehr
geglaubt. Der Schritt weg von einer Steuerfinanzierung
hin zu einer Nutzerfinanzierung der Verkehrsinfrastruk-
tur ist richtig.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Hört! Hört! Deutet sich da etwas an?)


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(C (D Ein Thema, das hier nicht zu kurz kommen sollte, ist er Ausbau des Radwegenetzes. Frau Kollegin Blank at die Zahlen schon genannt. ch bin der festen Überzeugung, dass die 5 100 Kilomeer neu gebauter Radwege an Bundesfernstraßen Leben erettet haben. Ich möchte mich bei der Berichterstattein meiner Fraktion, Heidi Wright, und den Berichtertattern aller anderen Fraktionen dafür bedanken. Im Übrigen sollten wir die Mittel für den Radweebau weiterhin vor die Klammer ziehen. Denn 00 Millionen Euro verbaut man schneller an einer Auobahn als an Radwegen. Deshalb sollten wir hier ein beonderes Zeichen setzen und uns weiterhin für den Radegebau einsetzen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Sie sehen, die Verkehrspolitik bleibt vielseitig und in-
eressant. Jeder Wahlkreis – das wird sicherlich auch
eim Fünfjahresplan so sein – ist davon unmittelbar be-
roffen. Ich wünsche uns eine spannende Diskussion
um Haushalt und faire Diskussionen zum Fünfjahres-
lan und zu den vielen weiteren Themen der Verkehrs-
olitik. Der Bericht der Bundesregierung ist dafür eine
ute Grundlage.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1602511900

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf

rucksache 16/335 an die in der Tagesordnung aufge-
ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
erstanden? – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist die
berweisung so beschlossen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 7 sowie Zusatz-

unkt 4 auf:
7 Erste Beratung des von den Abgeordneten

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und der Frak-
tion der LINKEN eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches So-
zialgesetzbuch
– Drucksache 16/856 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Innenausschuss

P 4 Beratung des Antrags der Abgeordneten Hartfrid
Wolff (Rems-Murr), Jens Ackermann, Dr. Karl
Addicks, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der FDP

Innere Sicherheit durch Regelungen zum Ar-
beitskampfrecht gewährleisten
– Drucksache 16/953 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Innenausschuss






(A) )



(B) )


Vizepräsident Wolfgang Thierse
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die
Fraktion Die Linke fünf Minuten erhalten soll. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem
Kollegen Alexander Ulrich, Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Alexander Ulrich (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1602512000

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Mit dem heutigen Antrag der Linken kommt
ein weiterer Grund hinzu, warum es gut ist, dass es die
Fraktion Die Linke in diesem Hause gibt.


(Beifall bei der LINKEN – Widerspruch bei der CDU/CSU und der FDP)


Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und ihre Gewerk-
schaften haben durch uns wieder eine Stimme im Bun-
destag. Das ist ein großer Fortschritt für dieses Haus.


(Beifall bei der LINKEN – Lachen bei der FDP)


Insbesondere die SPD hat in ihrer Regierungszeit seit
1998 trotz entsprechender Wahlaussagen und Partei-
beschlüsse die Chance verpasst, den Antistreikparagra-
fen abzuschaffen. Das ist ein weiterer Beweis dafür, dass
die SPD in Wahlkampfzeiten die Arbeitnehmer entdeckt
und dann in ihrer Regierungsverantwortung das Gegen-
teil ihrer Wahlversprechen macht.


(Zuruf von der LINKEN: Pfui!)


Gerade im Zeitalter der Globalisierung ist es wichtig,
dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sich in Ge-
werkschaften organisieren und für ihre Rechte streiken
können. Dies stärkt den Sozialstaat und die Demokratie.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Manfred Grund [CDU/CSU]: Jeder Streik stärkt den Sozialstaat!)


Mit dem § 146 SGB III ist die gleiche Augenhöhe zwi-
schen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und Ar-
beitgebern nicht mehr gewährleistet.


(Beifall bei der LINKEN – Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Das stimmt gar nicht!)


Die Regierung Kohl war es, die 1986 trotz massiver Wi-
derstände der Gewerkschaften diese gesetzliche Ände-
rung bewirkt hat mit dem Ziel, die Gewerkschaften zu
schwächen. Die Regierung Schröder hat diesen Paragra-
fen trotz mehrfacher Ankündigungen in der ersten Amts-
zeit nicht verändert.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: In der zweiten waren sie zu müde!)


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(C (D an ist wie so oft vor den Wünschen der Arbeitgebernd der Wirtschaftsverbände eingeknickt, obwohl – wir rinnern uns – 202 SPD-Abgeordnete und vier SPD-geührte Länder vor das Verfassungsgericht zogen. Für die PD-Fraktion steht heute einmal mehr die Glaubwürdigeit ihrer Politik auf dem Spiel. Ohne ein wirksames Streikrecht kann die Tarifautoomie auf Dauer nicht funktionieren. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Fragt sich nur, wie!)


(Beifall bei der LINKEN)


ie Chancengleichheit in Arbeitskämpfen muss wieder
ergestellt werden. Wir brauchen die Wiedereinführung
es alten § 116 Arbeitsförderungsgesetz in das Sozialge-
etzbuch.


(Beifall bei der LINKEN)


urch die Möglichkeit der kalten Aussperrung ist die
hancengleichheit in Tarifauseinandersetzungen nicht
ehr gegeben. Insoweit stützen wir unseren Antrag auch

uf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom
. Juli 1995. Das Gericht hatte ausdrücklich festgestellt,
ass die Verwehrung von Kurzarbeitergeld die Hand-
ungsfähigkeit der Gewerkschaften einschränkt. Eine
erfassungswidrige Störung der Funktionsfähigkeit der
arifautonomie wurde noch nicht festgestellt. Sollte
iese aber eintreten, wäre der Gesetzgeber aufgefordert,
ntsprechende Maßnahmen zur Wahrung der Tarifauto-
omie zu treffen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das sagt ihr jetzt!)


Jeden Tag können wir in der Zeitung lesen, dass Un-
ernehmen trotz Rekordgewinnen Massenentlassungen
nkündigen und dass trotz der guten Ertragssituation die
inkommen in vielen Branchen dieser Entwicklung hin-

erherhinken, und zwar zum Leidwesen der Binnenwirt-
chaft und der Sozialversicherung. Angesichts dieser
atsache muss der Gesetzgeber in diesem Jahr handeln.


(Beifall bei der LINKEN)


Niemand muss Angst davor haben, dass unsere Ge-
etzgebung zu einem ständigen Arbeitskampf führen
ird. Internationale Vergleiche zeigen – das wird auch
erzeit am Beispiel Verdi deutlich –, dass die deutschen
ewerkschaften den Streik immer als letztes Mittel ein-
esetzt haben. Das ist gut und war auch schon vor Ein-
ührung des Antistreikparagrafen so.


(Patrick Döring [FDP]: Na ja!)


Nun zum Antrag der FDP.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist ein guter Antrag!)


er wie Sie Gewerkschaften als „Plage für dieses Land“
ezeichnet, muss ein gestörtes Verhältnis zur Demokra-
ie haben.


(Beifall bei der LINKEN – Detlef Parr [FDP]: Reden Sie mal mit denen in Baden-Württemberg!)







(A) )



(B) )


Alexander Ulrich
In diesem Kontext werten wir auch Ihren populistischen
Antrag. Wer die Angst der Menschen vor der Vogel-
grippe gegen die Gewerkschaften instrumentalisieren
will, der will einen anderen Staat: ein Land ohne Ge-
werkschaften und Arbeitnehmerrechte. Nicht mit uns!


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wenn Sie einen Müllberg mit Ratten darauf vor der Haustür hätten, würden Sie das vielleicht auch anders sehen, Herr Kollege!)


Dass Sie einen solchen Zustand wollen, dazu passt auch
die Aussage Ihres Wirtschaftsministers in Rheinland-
Pfalz, der tatsächlich beabsichtigt, mit disziplinarischen
Maßnahmen gegen die Streikenden im öffentlichen
Dienst vorzugehen.


(Patrick Döring [FDP]: Ja, richtig so! – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Jawohl! Da hat Brüderle Recht!)


– Nein, das ist nicht die gleiche Augenhöhe. Wie sollen
sich die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-
mer denn sonst gegen die Angriffe auf den öffentlichen
Dienst wehren?

Demnächst kommt es möglicherweise auch in der
Metall- und Elektroindustrie zu einem Streik. Wir wol-
len in diesem Land starke Gewerkschaften und umfang-
reiche Arbeitnehmerrechte.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Deshalb fordere ich Sie auf: Unterstützen Sie unseren
Gesetzentwurf! Die SPD müsste das eigentlich folgenlos
tun können.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN – Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: Ja, genau! Das müssten sie! Wenn sie denn da wären, Alexander!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1602512100

Ich erteile das Wort Kollegen Paul Lehrieder, CDU/

CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Paul Lehrieder (CSU):
Rede ID: ID1602512200

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten

Damen und Herren! Die Linkspartei hat es sich nicht
nehmen lassen, ihre Anbiederung an die Gewerkschaften
heute bei gleich zwei Gelegenheiten zu zelebrieren.


(Zurufe von der LINKEN: Was soll denn das jetzt heißen? – Ja, ja!)


Die eine Gelegenheit, die Aktuelle Stunde, haben wir ge-
rade hinter uns. Mit dem zweiten Streich soll das Rad
der Gesetzgebung nun ohne Not und fast auf den Tag ge-
nau um 20 Jahre zurückgedreht werden.


(Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: „Solidarität“ ist für Sie ein Fremdwort! – Weitere Zurufe von der LINKEN)



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(C (D Sehr geehrte Kollegen von der Linkspartei, hören Sie ir doch einmal zu. Sie versuchen, Probleme von heute mit Mitteln aus em Jahre 1969 zu lösen. Sie stellen die Gewerkschaften n Ihrem Gesetzentwurf als bemitleidenswerte Opfer des 146 SGB III bzw. des früheren § 116 AFG dar. (Bodo Ramelow [DIE LINKE]: Ja, genau das sind sie auch!)


abei ignorieren Sie aber völlig, dass es nie darum ging,
as Gleichgewicht zwischen Arbeitgeberverbänden und
ewerkschaften im Arbeitskampf zu verändern.


(Lachen bei Abgeordneten der LINKEN)


urch die 1986 beschlossene Neuregelung des früheren
116 des Arbeitsförderungsgesetzes sollte die neutrale
olle des Staates und der damaligen Bundesanstalt für
rbeit gesichert werden – nicht mehr und nicht weniger.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Welches Verständnis Sie von der neutralen Rolle des
taates haben, konnten wir heute Morgen sehr leidvoll
urch das von der Linkspartei dargebotene Trauerspiel
ernehmen,


(Bodo Ramelow [DIE LINKE]: Oh ja! Was für ein Drama!)


ls Sie sich plötzlich gelbe Säcke übergestülpt haben.
ch dachte, es geht um das Thema Recycling: dass die
ED in die PDS und diese dann wiederum in die Links-
artei recycelt wird


(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei der LINKEN)


zw. dass alte Gewerkschaftler in die WASG recycelt
erden und diese ebenfalls in die Linkspartei recycelt
ird.

Aber es ging Ihnen nicht um Recycling. Das war die
emonstration einer politischen Meinung. Daher sollten
ie sich einmal die Mühe machen, in dem Schubfach un-

er Ihrem Tisch nachzuschauen. Dort finden Sie ein
raues Büchlein: die Geschäftsordnung des Deutschen
undestages. In § 4 Abs. 2 von Anhang 1, der Hausord-
ung des Deutschen Bundestages, heißt es: „Es ist nicht
estattet, Spruchbänder oder Transparente zu entfalten.“
s wäre wirklich an der Zeit – das ist längst überfällig –,
ass sich auch die Linkspartei an die Würde dieses Ho-
en Hauses hält, statt es nicht nur durch verbale Entglei-
ungen, sondern auch durch derartige Trauerspiele he-
abzuwürdigen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Wann kommen Sie denn endlich wieder zum Thema?)


Darauf komme ich noch zu sprechen.

Niemand, weder Gewerkschaften noch Arbeitgeber,
önnen einseitige Vorteile für sich in Anspruch nehmen
nd ihre Durchsetzung anschließend vom Staat finanzie-
en lassen. Zu dieser Neutralität ist der Staat verpflich-






(A) )



(B) )


Paul Lehrieder
tet; sonst wäre die Tarifautonomie bedroht. Kolleginnen
und Kollegen von der Linkspartei, der Teil von Ihnen,
der aus dem Westen stammt, müsste das eigentlich verin-
nerlicht haben. Von denjenigen von Ihnen, die aus der
ehemaligen DDR stammen, sollte es nicht zu viel ver-
langt sein, den Ballast der ehemaligen Staatspartei, der
Reglementierungen der Wirtschaft und der FDGB-Nos-
talgie endlich über Bord zu werfen.


(Widerspruch bei der LINKEN – Zuruf von der CDU/CSU: Wer schreit, hat Unrecht!)


Vielleicht sollte ich in diesem Zusammenhang Grund-
sätzliches klarstellen: Im Allgemeinen erhalten Arbeit-
nehmer bei arbeitskampfbedingtem Arbeitsausfall Leis-
tungen von der Bundesagentur für Arbeit. Außerhalb
des Fachbereichs, in dem gestreikt wird – das wird in Ih-
rem Gesetzentwurf mit keinem Wort erwähnt –, wird Ar-
beitslosen- oder Kurzarbeiterunterstützung immer ge-
zahlt, im Kampfgebiet dagegen nicht. Die Arbeitnehmer,
die außerhalb des räumlichen Bereichs, aber im gleichen
fachlichen Tarifbereich beschäftigt sind, erhalten im all-
gemeinen Arbeitslosen- oder Kurzarbeitergeld, wenn in-
folge eines Arbeitskampfes Arbeitslosigkeit oder Kurz-
arbeit eintritt.


(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Sie wissen nicht, was Sie sagen! – Bodo Ramelow [DIE LINKE]: Sie haben das nicht verstanden!)


– Ich komme gleich zur kalten Aussperrung; warten Sie
es doch bitte ab.

Keine Leistungen erhält, wer am Arbeitskampf betei-
ligt ist, also die Streikenden. Das gilt ferner für diejeni-
gen, welche die gleichen Forderungen erheben und vom
Ergebnis des Arbeitskampfes profitieren, aber nicht
selbst streiken. Diese Intention sollten Sie mittlerweile
kennen! Wenn im mittelbar betroffenen Gebiet dieselben
Ziele verfolgt werden, dann ruhen nach der Neutralitäts-
ordnung die Ansprüche. Es kann nicht sein und es kann
auch niemand verlangen, dass eine Gewerkschaft mit
zwei Gruppen ein gleiches Ziel verfolgt: mit einer
Gruppe, die sie streiken lässt, und mit einer anderen, die
sie sich von der Bundesagentur bezahlen lässt. Wir wol-
len und dürfen Stellvertreterstreiks nicht finanzieren!


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die Gewährung von Kurzarbeitergeld an so genannte
kalt Ausgesperrte – ich komme zu Ihrem Begriff; mo-
derieren Sie sich doch ein bisschen! – verstößt grund-
sätzlich gegen die Neutralität der Bundesagentur, deren
Mittel von Arbeitnehmern und Arbeitgebern gemeinsam
aufgebracht werden müssen. Die Solidarität der mittel-
bar betroffenen Arbeitnehmer mit den aktiv Streikenden
würde gestärkt, der Arbeitskampf dadurch einseitig be-
einflusst. Würden wir den Tarifpartnern ermöglichen, je-
des Arbeitskampfrisiko auf die Bundesagentur abzula-
den, dann würden sie auch bestimmen, wann wir die
Beiträge erhöhen müssen.

Die Linke behauptet in ihrem Gesetzentwurf, die
Streikkassen wären innerhalb weniger Tagen leer, wenn
die Gewerkschaften an kalt ausgesperrte Mitglieder zah-
len müssten. Dabei sollte sie auch das Folgende beden-

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(C (D en: Die Arbeitslosenversicherung kann, wie jede chadensversicherung, das entsprechende Arbeitskampfisiko schon deshalb nicht tragen, weil ihre Mittel bei eiem Schwerpunktstreik innerhalb weniger Monate erchöpft wären. Der Schwarze Peter der Beitragserhöhung liebe dann am Parlament hängen. Ich kann mir gut vortellen, wer in einem solchen Fall sofort auf die Barrikaen gehen würde: meine – in Anführungszeichen – reunde von der Linkspartei. (Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Ihr Freund möchte ich nicht sein, nicht einmal in Anführungszeichen!)


Eine allgemeine Subventionierung von Arbeitskämp-
en und ihren Folgen würde die Gewerkschaften quasi zu
taatsapparaten machen. Das kann niemand wollen, der
s mit freien Gewerkschaften ernst meint. Der Staat
ürde zum Mitbestimmer: Denn wer für die Folgen ein-

reten müsste, würde auch über die Ursachen mitreden
ollen.

Die Garantie von Neutralität und Tarifautonomie ist
icht der einzige Vorteil, den § 146 Abs. 3 SGB III den
rbeitnehmern bietet: So muss der Arbeitgeber nach-
eisen – auch das verschweigen Sie in Ihrem Gesetzent-
urf –, dass der Arbeitsausfall Folge eines Arbeitskamp-

es ist. Zu diesem Nachweis ist eine Stellungnahme der
etriebsvertretung erforderlich. Arbeitgeber können ei-
en Streik in einem anderen Tarifgebiet daher nicht zum
orwand dafür nehmen, dass sie die Arbeit einstellen

assen. Die Regelung von 1986 wurde getroffen, um bei-
en Seiten die Umgehung der Neutralität zu versperren.

Die Tarifautonomie braucht darüber hinaus die Neu-
ralität der Bundesagentur, damit die Beschäftigten sich
icht in der Lage wiederfinden, dass ihre Arbeitskämpfe
ortdauernd von Gerichtsverfahren begleitet werden.
onst wären sie in der Gefahr, dass Leistungen unter Vor-
ehalt ausgezahlt werden – mit dem Risiko einer Rück-
ahlung. Genau dieses Risiko wird mit § 146 SGB III
ingedämmt.

Im Gesetzentwurf der Linkspartei heißt es weiter:

§ 146 SGB III verhindert … die Chancengleichheit
der Tarifvertragspartner und behindert so die Ge-
werkschaften, an einer sinnvollen Organisation des
Arbeitslebens mitzuwirken.

abei wird das Druckpotenzial der Gewerkschaften völ-
ig unterschlagen. Ein Rückfall in die Regelung von
969 trägt den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen
eränderungen der heutigen Zeit in keiner Weise Rech-
ung. Sie geben auch keine Antwort auf die Frage, wie
er Arbeitskampf unter den aktuellen Bedingungen am
eben erhalten werden kann, ohne dass er zum Vernich-

ungskampf wird.

Die Frage, ob Ihnen Arbeitnehmerinteressen und Ta-
ifautonomie wirklich am Herzen liegen, beantworten
ie mit Ihrem Gesetzentwurf und Ihrem Verhalten in der
eutigen Aktuellen Stunde also mit einem klaren und
eutlichen Nein – es geht Ihnen einzig und allein um
eue Bündnispartner im Gewerkschaftslager.


(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Haben wir schon!)







(A) )



(B) )


Paul Lehrieder
– Das habe ich schon gemerkt.

Aus fachlicher Sicht besteht derzeit keine Notwendig-
keit, die Regelungen zur Neutralitätspflicht der Bun-
desagentur für Arbeit im Arbeitskampf zu ändern. Das
Bundesverfassungsgericht hat 1995 gefordert, dass der
Gesetzgeber Maßnahmen zur Wahrung der Tarifautono-
mie trifft, wenn sich zeigen sollte, dass in der Folge
dieser Regelung strukturelle Ungleichheiten der Tarif-
vertragsparteien auftreten, die ein ausgewogenes Aus-
handeln der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen nicht
mehr zulassen und durch die Rechtsprechung nicht aus-
geglichen werden können. Hierfür gibt es zurzeit aber
keinerlei Hinweise.

Die immer wiederkehrende Diskussion um den so ge-
nannten Streikparagrafen hat zwischenzeitlich Züge ei-
ner ideologischen Debatte angenommen, während die
tatsächlichen Ergebnisse der Arbeitskämpfe seit 1986
zeigen, dass die Schlagkraft der Gewerkschaften von der
gesetzlichen Regelung nicht beeinträchtigt wird. Die Ar-
beitgeber der in erster Linie betroffenen Metall- und
Elektroindustrie beklagen regelmäßig, dass die Tarif-
ergebnisse tendenziell stärker zu ihren Lasten gehen.
Konkret ist der Vorschlag der Fraktion Die Linke zur Lö-
sung ungeeignet.

Die Frage, wann Leistungen der Bundesagentur für
Arbeit an mittelbar betroffene Arbeitnehmer die Pflicht
zur Neutralität im Arbeitskampf verletzen, ist durch den
Gesetzgeber festgelegt worden. Der Gesetzentwurf der
Fraktion Die Linke macht deutlich, dass sie die Ent-
scheidung in dieser Frage im Gesetz offen lassen und
wieder an die Selbstverwaltung der Bundesagentur für
Arbeit delegieren will. Dies dürfte rechtlich nicht mehr
möglich sein, weil es um grundrechtsrelevante Entschei-
dungen geht, die in den Kernbereich der betroffenen
Grundrechte aus Art. 9 Grundgesetz – hierunter fällt
die Tarifautonomie – und aus Art. 14 Grundgesetz – zum
Grundrecht auf Eigentum zählt der Anspruch auf Ar-
beitslosengeld – fallen.

Zudem dürfte es illusorisch sein, zu erwarten, dass
sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Rahmen der
Selbstverwaltung in der Praxis auf eine neue Neutrali-
tätsanordnung einigen. Der Vorschlag der Fraktion Die
Linke läuft im Ergebnis darauf hinaus, dass die öffentli-
che Bank in der Selbstverwaltung der Bundesagentur für
Arbeit den Ersatzgesetzgeber spielt und den Inhalt der
Neutralitätsanordnung durch Zustimmung zur Auffas-
sung der einen oder anderen Seite bestimmen müsste.
Eine Rechtsänderung ist in diesem Umfang insofern
überhaupt nicht angezeigt.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1602512300

Ich erteile das Wort Kollegen Heinrich Kolb, FDP-

Fraktion.


(Beifall bei der FDP)


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(C (D Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! iese Debatte hatte ihren Vorlauf in der heutigen Aktullen Stunde, in der es teilweise sehr hitzig zugegangen st. In der Einführung des Kollegen Ulrich ist angeklunen, die FDP stehe nicht auf dem Boden des Grundgeetzes. Für die FDP-Fraktion möchte ich sehr deutlich agen: Die FDP bekennt sich zur Tarifautonomie, die esentlicher Bestandteil unseres Grundgesetzes ist. Na ürlich gehört das Recht auf Streik zwingend zur Tarifutonomie. Das steht für die FDP-Bundestagsfraktion ußer Frage. Das will ich hier sehr deutlich sagen. Auf Kosten der Sicherheit darf nach unserer Auffasung aber nicht gestreikt werden. (Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: Ja wann denn überhaupt?)

Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1602512400

(Beifall bei der FDP)


Hören Sie mir zu. – Die Streiks im öffentlichen Dienst
n den vergangenen Wochen haben zum Teil zu unver-
ältnismäßigen Beeinträchtigungen der Sicherheit ge-
ührt. Die vorsätzlich nicht geräumten Straßen beispiels-
eise stellten ein hohes Sicherheitsrisiko dar. Die
eisten, die mit ihrem Fahrzeug unterwegs waren, konn-

en es sich nicht aussuchen, zu fahren oder nicht. Sie
ussten mit ihrem Wagen unterwegs sein.


(Zuruf von der FDP: Feuerwehr und Rettungsdienste zum Beispiel!)


n solchen Situationen dürfen Menschenleben nicht ge-
ährdet werden, um tarifpolitische Forderungen durchzu-
etzen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


as ist unverantwortlich und aus unserer Sicht nicht hin-
ehmbar.

Deswegen legen wir hier heute einen Antrag vor, mit
em wir deutlich machen wollen, dass eine Notfallver-
orgung und die innere Sicherheit jederzeit, also auch im
treikfall, sichergestellt sein müssen. Herr Kollege
lrich, Sie würden das sicher auch etwas differenzierter
etrachten, wenn Sie in Baden-Württemberg wohnten
nd sich vor Ihrer Haustür nach sechs Wochen Müll-
erge türmen würden, auf denen Ratten munter herum-
urnen. Damit sind erhebliche Seuchengefahren verbun-
en. Es ist für die Menschen nicht nachvollziehbar, dass
s in einem solchen Fall nicht möglich sein kann, im In-
eresse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung entspre-
hende Maßnahmen zu ergreifen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch bei der LINKEN)


Weil wir wollen, dass in einem solchen Fall etwas ge-
chehen kann, wollen wir eine gesetzliche Ermächti-
ungsgrundlage zum Ausschluss einzelner Streikmaß-
ahmen bei einer konkreten erheblichen Gefahr für
erfassungsrechtlich geschützte Rechtsgüter wie Leben,
esundheit, körperliche Unversehrtheit und Freiheit.
as ist der Tenor des Antrags, den die FDP hier einge-






(A) )



(B) )


Dr. Heinrich L. Kolb
bracht hat, um für solche Fälle Vorsorge zu treffen. Wir
meinen, dass eine zusammenhängende Kodierung des
Arbeitskampfrechts verfassungsrechtlich geboten ist.
Die zuständigen Stellen müssen bei Arbeitskämpfen
Maßnahmen ergreifen können, um die Notfallversor-
gung, den Katastrophenschutz und die Einsatzfähigkeit
der Rettungsdienste und der Polizei sicherstellen zu kön-
nen und erheblichen Gefahren, zum Beispiel bei Beein-
trächtigungen im Straßenverkehr, effektiv und schnell
begegnen zu können. Vor diesem Hintergrund hoffe ich
auf Ihre Zustimmung zu unserem Antrag.

Den Gesetzentwurf der Linkspartei sollte dieses Hohe
Haus allerdings ablehnen, weil er in die völlig falsche
Richtung geht. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der
Linken, ich muss Ihnen sagen: Wenn die Linkspartei
schon mit Riesenschritten zurück in die Vergangenheit
möchte, dann muss man an dieser Stelle auch erwähnen,
dass bis 1969 mittelbar vom Arbeitskampf Betroffene
grundsätzlich kein Arbeitslosengeld erhielten. Gestreikt
wurde damals trotzdem. Das von Ihnen angeführte Ar-
gument der Chancengleichheit der Tarifparteien zieht
nach unserer Auffassung nicht.

Vielmehr ist es so, dass die Gewährung von Arbeits-
losengeld auch an mittelbar Betroffene, also an kalt Aus-
gesperrte, zur Stärkung der Solidarität und damit unter
Umständen auch erst zu einer Beeinflussung des Ar-
beitskampfes führen kann und wird. Dann wäre aller-
dings die Frage der Neutralität der Bundesagentur für
Arbeit gestellt. Nach unserer festen Überzeugung muss
sie sich zwingend neutral verhalten. Im Übrigen sei da-
rauf hingewiesen, dass in der derzeitigen Regelung auch
eine Härtefallklausel vorgesehen ist.

Mit dem Gesetzentwurf aus dem Jahre 1986 wurde
gerade das Ziel verfolgt, die Neutralität der Bundesan-
stalt zu sichern. Die Vorschriften des damals noch gel-
tenden Arbeitsförderungsgesetzes zu der Frage, ob und
gegebenenfalls wann Leistungsansprüche gegen die ehe-
malige Bundesanstalt für Arbeit derjenigen Arbeitneh-
mer ruhen, die mittelbar vom Arbeitskampf außerhalb
eines Arbeitskampfbezirkes betroffen sind, wurden da-
mals konkretisiert. Das Streikrecht an sich wurde aber
nicht geändert. Außer Ihnen hat das in diesem Hause in
den letzten Jahren auch niemand infrage gestellt.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich glaube, hier muss auch gesehen werden, dass ge-
rade die Gewerkschaften Fernwirkungen in Drittbetrie-
ben, also bei mittelbar Betroffenen, durchaus als Mittel
des Arbeitskampfes einsetzen. Die von der Linken ge-
wünschte Gesetzesänderung würde dazu führen, dass die
beitragsfinanzierte Bundesagentur für Arbeit zahlen
muss, um die Streikkassen der Gewerkschaften zu scho-
nen. Ich sage Ihnen: Bei allem Verständnis für das Prin-
zip der Kostenminimierung kann dies nicht die Aufgabe
der Bundesagentur für Arbeit sein. Eine weitergehende
Inanspruchnahme der Bundesagentur für Arbeit, als wir
sie derzeit haben, würde im Übrigen auch zu Beitragser-
höhungen führen. Das ist das Gegenteil von dem, was
wir brauchen. Für die Schaffung neuer Arbeitsplätze ist

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(C (D ielmehr neben anderem eine Senkung der Lohnnebenosten dringend erforderlich. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Deswegen gibt es für uns keinen überzeugenden
rund, dem Gesetzentwurf der Linkspartei zuzustim-
en. Wir werden diesen Entwurf ablehnen und ich

offe, dass die Mehrheit des Hauses dies ebenso sehen
ird.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1602512500

Ich erteile Kollegin Anette Kramme, SPD-Fraktion,

as Wort.


Anette Kramme (SPD):
Rede ID: ID1602512600

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Meine Damen und Herren von der Linken, an
ich müsste Ihnen unsere Antwort auf den Gesetzent-
urf bekannt sein. Ihre Vorgängerfraktion PDS brachte
enselben Antrag wortidentisch bereits in der 14. Legis-
aturperiode ein.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Wirklich? Das gibt es ja nicht! Faul und einfallslos sind sie auch noch!)


amals hat die SPD diesen Gesetzentwurf abgelehnt und
ch kann es gleich vorwegnehmen: Er wird auch aktuell
eine Zustimmung erfahren. Ihre vorgeschlagene Neure-
elung stellt keine Lösung dar, sondern ist, wie so oft bei
hnen, blanker Populismus.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/ CSU – Zurufe von der LINKEN: Oh!)


Einer rechtlichen Überprüfung hält Ihr Vorschlag
ämlich nicht stand. Die Rückkehr zum ursprünglichen
116 AFG funktioniert nicht. Sie wollen, dass die Bun-

esagentur für Arbeit wieder die Entscheidung über die
eutralität von Lohnersatzleistungen treffen soll. Es
andelt sich hierbei aber um eine grundrechtsrelevante
ntscheidung nach Art. 9 und Art. 14 des Grundgeset-
es. Diese darf der Verwaltung vom Gesetzgeber nicht
berlassen werden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


In der Praxis dürfte es überdies illusorisch sein, zu er-
arten, dass sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer in der
elbstverwaltung auf eine neue Neutralitätsanordnung
inigen. Deshalb dürfte Ihr Vorschlag keine tatsächliche
ilfestellung für die Gewerkschaften bedeuten.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Was bedeutet § 146 SGB III in der aktuellen Fassung
ür die Arbeitnehmer, die infolge eines Streiks kurzar-
eiten oder arbeitslos werden?






(A) )



(B) )


Anette Kramme
Erste Konstellation. Alle Arbeitnehmer außerhalb der
umkämpften Tarifbranche erhalten von der BA alle Leis-
tungen ohne Einschränkung. Um zu verdeutlichen, was
das heißt, will ich ein Beispiel bilden: Es gibt einen
Streik in der Metallindustrie. Dieser löst einen Arbeits-
ausfall bei einem zuliefernden Textilbetrieb aus. Die
Kurzarbeiter im betroffenen Textilunternehmen erhalten
Leistungen, da sie zu einer anderen Tarifbranche gehö-
ren.

Zweite Konstellation: Alle Arbeitnehmer der um-
kämpften Tarifbranche innerhalb der umkämpften Tarif-
gebiete erhalten keine Leistungen der BA, unabhängig
davon, ob sie selbst streiken oder vom Arbeitskampf nur
mittelbar betroffen sind. Auch hier will ich ein Beispiel
nennen.

In der Metallindustrie Tarifbezirk Nordbaden findet
ein Streik statt. Bestreikt wird ein mittelständisches Un-
ternehmen in Nordbaden, das beispielsweise Kolben für
Kraftfahrzeuge herstellt. Infolge des Streiks kann bei
Daimler-Chrysler in Stuttgart, ebenfalls in Nordbaden,
nicht produziert werden. Die betroffenen Kurzarbeiter
erhalten keine Leistungen.

Dritte Konstellation: Arbeitnehmer der umkämpften
Tarifbranche außerhalb der umkämpften Tarifgebiete er-
halten dann keine Leistungen der BA, wenn der Arbeits-
kampf stellvertretend für ihre Arbeitsbedingungen mit-
geführt wird. Konkret bedeutet das Folgendes: Infolge
des Arbeitskampfes, beispielsweise in der Metallindus-
trie Nordbaden, kommt es in Metallbetrieben in Südba-
den zu Arbeitsausfällen. Die mittelbar betroffenen Kurz-
arbeiter in Südbaden erhalten keine Leistungen, wenn
der Arbeitskampf stellvertretend für ihre Arbeitsbedin-
gungen mitgeführt wird.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1602512700

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Ulrich?


Anette Kramme (SPD):
Rede ID: ID1602512800

Aber selbstverständlich.


Alexander Ulrich (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1602512900

Frau Kollegin, Sie haben vorhin etwas über den An-

trag der damaligen PDS-Fraktion im Bundestag gesagt
und darauf hingewiesen, dass die SPD diesen Antrag
auch heute ablehnen wird. Ihr damaliger Arbeitsminister
Walter Riester, vorher Zweiter Vorsitzender der IG Me-
tall, hatte angekündigt, dass dieses Gesetz in der
15. Legislaturperiode auf den Weg gebracht wird.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Er hat damals viel angekündigt!)


Ist Ihnen das bekannt oder sagen Sie, dass Sie damit
nichts mehr zu tun haben wollen?


Anette Kramme (SPD):
Rede ID: ID1602513000

Das kann ich Ihnen ganz einfach beantworten: Walter

Riester hat damals zugesagt, eine Überprüfung dieser
Regelung vorzunehmen. Dies entspricht vollumfänglich

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(C (D er Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes. iese Position teilen wir auch heute. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


1986 änderte die Regierung Kohl den § 116 AFG.
iele von Ihnen werden sich noch an den heftigen Wi-
erstand der Gewerkschaften und der SPD, die Massen-
emonstrationen und die Unterschriftenlisten erinnern.
egen die Aushöhlung des Streikrechtes sind die Ge-
erkschaften vor das Bundesverfassungsgericht gezo-
en. Die angefochtene Rechtsnorm hat ein Stirnrunzeln
es höchsten deutschen Gerichtes bewirkt und wurde mit
em Etikett „Gerade noch verfassungsgemäß“ versehen.
as Bundesverfassungsgericht hat gefordert, dass der
esetzgeber Maßnahmen zur Wahrung der Tarifautono-
ie treffen muss, wenn sich zeigen sollte, dass in der
olge dieser Regelung strukturelle Ungleichheiten der
arifvertragsparteien auftreten, die ein ausgewogenes
ushandeln der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen
icht mehr zulassen.

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist kein
reibrief dafür, alles so zu lassen, wie es ist. Es impli-
iert den Auftrag an den Gesetzgeber, sehr genau zu
berprüfen, ob das Kräftegleichgewicht der Tarifver-
ragsparteien noch gewahrt ist. Wenn die Streikfähigkeit
er Gewerkschaften infolge des Streikparagrafen nicht
ehr gegeben ist, muss der Gesetzgeber eingreifen. Wir
erden deshalb jederzeit genau überprüfen, ob eine Be-

inträchtigung der Gewerkschaften durch § 146 SGB III
tattfindet. Wir stehen für die Tarifautonomie und wollen
ie Gewerkschaften als starke Verhandlungspartner. Die
ktuelle Schwäche der Gewerkschaften steht aber in kei-
em ersichtlichen Zusammenhang zur Regelung des
146 SGB III.

Wir haben in diesem Hause schon oft über das Für
nd Wider von Streiks debattiert. Wenn man Außenste-
ende nach ihrer Meinung fragt, dann heißt es immer
ieder: Streik ist schlecht; denn Streik verhindert Pro-
uktion, kostet Geld, schadet oft Unbeteiligten und schä-
igt die Volkswirtschaft. Das mag richtig sein. Richtig
st aber auch, dass Streik das allerletzte Mittel von Ar-
eitnehmerinnen und Arbeitnehmern ist, um ihren be-
echtigten Forderungen Ausdruck zu verleihen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Tarifvertragsverhandlungen führen die Gewerkschaf-
en dann wirkungsvoll, wenn sie mit einem Streik dro-
en können. Deshalb ist das Streikrecht im Grundgesetz
erankert. Im übrigen Europa und in allen anderen zivili-
ierten Ländern dieser Welt ist die Rechtslage nicht an-
ers. Die Bundesrepublik Deutschland ist kein rechtli-
her Sonderfall, auch wenn viele das so sehen wollen.
in Streikrecht zu haben, macht nur Sinn, wenn auch die
ähigkeit zum Streik besteht. Vor diesem Hintergrund
ind Ihre Äußerungen, meine Damen und Herren von der
DP, unerträglich.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Na, na!)


ie Besteuerung von Streikgeldern zu fordern, ist
chlicht eine Unverschämtheit.






(A) )



(B) )


Anette Kramme

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Frau Kollegin, zügeln Sie sich!)


Diese Forderung zielt einzig und allein darauf ab, der
Arbeitnehmerseite und den Gewerkschaften einen Stock
zwischen die Beine zu werfen und sie zu schwächen. Die
FDP ist es auch, die die Gewerkschaften als Plage be-
zeichnet.

Meine Damen und Herren von der FDP, Sie benutzen
regelmäßig schwierige tarifpolitische Auseinanderset-
zungen dazu, die Tarifautonomie infrage zu stellen und
den politischen Einfluss der Gewerkschaften in dieser
Republik auf null zurückzufahren. In diese Richtung
zielt auch Ihr vorliegender Antrag, der so überflüssig
wie ein Kropf ist.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Gucken Sie sich mal die Ratten auf den Müllbergen an!)


Die Rechtslage ist eindeutig. In lebenswichtigen Be-
reichen sind die Gewerkschaften verpflichtet, einen Not-
dienst einzurichten, um Schäden von der Allgemeinheit
und besonders schützenswerten Dritten abzuwenden.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wie war das auf den Autobahnen, als nicht geräumt wurde? – Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Die Polizei musste den Winterdienst sicherstellen!)


Geschieht das nicht, dann haftet die Gewerkschaft. Wird
kein Notdienst eingerichtet und ergeben sich daraus kon-
krete Gefährdungen für die Allgemeinheit, so steht ein
Einschreiten der Polizei in jedem Fall in deren Ermes-
sen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wir haben das sehr konkret erlebt! Da brauchen wir uns nichts vorzugaukeln!)


– Sie, meine Damen und Herren von der FDP, gaukeln
den Bürgern und Bürgerinnen nur vor, dass die Streiks
im öffentlichen Dienst eine Gefahr für Leib und Leben
darstellen. Das ist schlichtweg falsch.


(Beifall bei der SPD)


Arbeitgeber und Verdi haben bekanntlich Notdienstver-
einbarungen abgeschlossen. Dadurch ist die Gesund-
heitsversorgung der Patienten und Patientinnen gesi-
chert.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Nicht überall!)


Bei winterlichen Straßenverhältnissen rücken auch die
Autobahnmeistereien aus.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wenn sie die Streumittel haben! – Hartfrid Wolff [RemsMurr] [FDP]: Wenn sie auch streiken, nicht!)


Die Tarifautonomie hat einen großen Beitrag dazu ge-
leistet, den sozialen Frieden in unserem Land dauerhaft
herzustellen und soziale Konflikte auf eine geregelte Art
und Weise auszutragen. Davon profitieren auch die Un-
ternehmen.

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(C (D Im Hinblick auf das Arbeitskampfrecht ist Deutschand die „weiße Krähe“ unter den europäischen Ländern. an muss intensiv suchen, um in Europa ein Land zu inden, in dem das Streikrecht so stark einschränkenden egelungen unterworfen ist und zugleich die Aussper ung zugelassen ist oder zumindest praktiziert wird. (Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Wo haben Sie nach den Regeln gesucht? – Gegenruf des Abg. Klaus Brandner [SPD]: Aber das ist die Wahrheit!)


(Beifall bei der SPD)


Ich fände es nur angemessen, wenn führende Ver-
andsvertreter der Arbeitgeberseite einmal auf diesen
orteil des Wirtschaftsstandorts Deutschland hinweisen
ürden. Stattdessen kommt es immer wieder zu uner-

räglichen Äußerungen.


(Beifall bei der SPD)


er frühere BDI-Präsident Rogowski verkündete öffent-
ich, dass er aus den Tarifverträgen und dem Betriebs-
erfassungsgesetz am liebsten ein Lagerfeuer machen
ürde. Die Mitbestimmung sieht er als einen Irrtum der
eschichte an.


(Klaus Brandner [SPD]: Widerwärtig! – Klaus Uwe Benneter [SPD]: Das sind die Zündler!)


Der Streik im öffentlichen Dienst ist jetzt in der
echsten Woche. Es ist an der Zeit, die verfahrene Situa-
ion aufzulösen. Auf kommunaler Ebene deuten sich Lö-
ungen an. Die Länder sollten dem Beispiel der Kommu-
en folgen und einen Schlichter einsetzen. Daran ist
eiß Gott nichts Ehrenrühriges. Deshalb fordere ich Sie

uf, Herr Möllring: Lenken Sie ein und stellen Sie sich
em Schlichter!

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD – Zuruf von der FDP: Das ist aber jetzt ein Eingriff in die Tarifautonomie!)


Nein.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1602513100

Ich erteile das Wort Kollegen Markus Kurth, Fraktion

es Bündnisses 90/Die Grünen.


Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602513200

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem

lle rechtlichen Aspekte, die gegen eine erneute Ände-
ung des § 146 SGB III sprechen, lang und sehr ausführ-
ich behandelt worden sind, will ich mich kurz Ihrer
olitischen Argumentation zuwenden, verehrte Kolle-
innen und Kollegen von der Fraktion Die Linke. Sie
nterstellen, dass durch diese Regelung das Streikrecht
eit 1986 praktisch in seinen Grundfesten erschüttert
orden ist und dass keine Streiks mehr stattgefunden ha-
en. Wenn dem so gewesen wäre, dann müssten wir die
egelung in der Tat noch einmal ändern.

Aber ein Blick auf die Streikwirklichkeit und die
ampffähigkeit der Gewerkschaften seit 1986 zeigt






(A) )



(B) )


Markus Kurth
doch, dass die Veränderungen damals nicht zu dem ge-
führt haben, was Sie hier an die Wand malen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Beifall bei der CDU/ CSU und der FDP – Lachen bei der LINKEN)


– Sie lachen, aber Sie können es nicht bestreiten. Es ist
klar, dass die Gewerkschaften durchsetzungsstark sind
und mobilisieren können. Das zeigen schon die großen
Streiks in der Metallindustrie in den Jahren 1994 und
1995 und auch der Bochumer Streik bei Opel im Jahr
2004.


(Zuruf von der LINKEN: Das war kein Streik!)


Sie behaupten in Ihrem Antrag überdies:

Die absehbaren Fernwirkungen eines Arbeitskamp-
fes in einem Unternehmen, dessen Produktion eng
mit Zulieferfirmen verflochten ist, können einen
Arbeitskampf von vornherein aussichtslos machen.

Ich sehe es so – gerade angesichts der Ereignisse bei
AEG in Nürnberg –, dass die Verflechtung mit der Zulie-
ferindustrie einen Arbeitskampf überaus wirksam macht
und dass die Gewerkschaften insbesondere im Metall-
und Elektrobereich nach wie vor eine relativ starke He-
belwirkung entfalten können. Das funktioniert auch. Die
Verflechtung in der Metallindustrie stärkt sogar den Flä-
chentarifvertrag. Ich möchte gerne den Hauptge-
schäftsführer des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall,
Werner Busch, zitieren – das habe ich schon einmal ge-
tan, um der FDP zu zeigen, dass die Arbeitgeber den
Flächentarif durchaus schätzen –:

In einem weit verzweigten Netz von Lieferbezie-
hungen, wie es die deutsche Industrie darstellt, ist
die ökonomische Friedenssicherung besonders
wertvoll. Ein Mehrfaches an Kapitalbindung und
Zinskosten wäre nämlich fällig, wenn beispiels-
weise die Automobilhersteller zu einer Lagerhal-
tung gezwungen würden, die das Risiko eines zwei-
wöchigen Arbeitskampfes ihrer Zulieferer
ausschalten sollte.

Das zeigt, wie wichtig ökonomische Friedenssicherung
ist und in welchem Maße der Flächentarifvertrag dazu
beiträgt. Das zeigt aber auch, welche ökonomischen Ri-
siken es zur Folge hätte, wenn wir die Regelungen von
vor 1986 wieder einführten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Durch gesteigerte Lagerhaltungskosten erhöhten sich
dann die Kosten auf der Unternehmensseite. Das heißt,
wir müssen in der politischen und der ökonomischen Ar-
gumentation die Dinge gegeneinander abwägen. Nicht
alle kennen mich aus der letzten Legislaturperiode,


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wir kennen Sie! – Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Aus dem Fernsehen kennt er Sie!)


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(C (D ber ich bin wirklich der Letzte, der den Gewerkschaften eindlich gesonnen ist oder das Streikrecht einschränken ill. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


ehr wohl bin ich für eine nüchterne und ausgewogene
etrachtung.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP])


Herr Kolb, da Sie mir applaudieren, möchte ich auf
en Antrag Ihrer Fraktion eingehen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Schade, dass Ihre Redezeit zu Ende ist! Wir haben Ihnen gerne zugehört!)


s ist schon ein starkes Stück, dass Sie die Vogelgrippe
n Verbindung mit Müllbergen bringen, eine Gefahr für
ie innere Sicherheit konstruieren und auf diese Weise
ie verfassungsrechtlich garantierte Tarifautonomie an-
reifen. Das ist ein Bubenstück, das zumindest an Popu-
ismus und Kurzfristigkeit dem Gesetzentwurf von der
inken in keiner Weise nachsteht. Sie können den Ge-
erkschaften doch nicht unterstellen, die innere Sicher-
eit mutwillig zu gefährden. Das ist mitnichten der Fall.
s gibt schließlich Notdienste.


(Zuruf von der FDP: Nicht überall!)


Ich plädiere für Ausgewogenheit sowohl auf der ei-
en als auch auf der anderen Seite.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1602513300

Ich schließe die Aussprache.

Die Fraktion Die Linke hat fristgerecht beantragt, ge-
äß § 80 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung unmittelbar

n die zweite Beratung einzutreten. Zu diesem Ge-
chäftsordnungsantrag erteile ich das Wort dem Kolle-
en Ulrich Maurer.


Ulrich Maurer (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1602513400

Verehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen

nd Kollegen! Wir haben in den Vorgesprächen der Par-
amentarischen Geschäftsführer gehört, dass Sie eine
usführliche Beratung unseres Gesetzentwurfs in den
usschüssen wünschen.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Sie nicht?)


ir möchten Ihnen stattdessen eine sofortige Abstim-
ung vorschlagen, weil die Frage nach der kalten Aus-

perrung – es geht darum, dass sich die Tarifpartner auf
leicher Augenhöhe begegnen – bereits im Vorfeld der
nmittelbar bevorstehenden massiven Tarifauseinander-
etzung in der Metallindustrie eine große Rolle spielen
ird.


(Beifall bei der LINKEN)







(A) )



(B) )


Ulrich Maurer
Im Übrigen habe ich der heutigen Debatte entnom-
men, dass sich die SPD-Fraktion dem Standpunkt der
CDU/CSU-Fraktion bereits vollständig angeschlossen
hat. Zudem habe ich den diversen SPD-Parteitagsbe-
schlüssen – diese lauten allerdings anders – entnommen,
dass die Vorbereitung in dieser Frage bereits 20 Jahre
andauert. Deswegen steht, glaube ich, einer sofortigen
Abstimmung nichts im Weg.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1602513500

Ich erteile dem Kollegen Hartmut Koschyk, CDU/

CSU-Fraktion, das Wort.


Hartmut Koschyk (CSU):
Rede ID: ID1602513600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine Damen und Herren von der Fraktion Die Linke,
die gerade beendete Debatte hat gezeigt, dass Sie mit Ih-
rem Gesetzentwurf in diesem Haus inhaltlich völlig iso-
liert sind. Nun wollen Sie die Geschäftsordnung bemü-
hen und nach einem entsprechenden Beschluss mit
Zweidrittelmehrheit sofort in die zweite Beratung eintre-
ten. Das zeigt, dass es Ihnen nicht um die ernsthafte Be-
ratung Ihres Antrags geht, sondern dass Sie den Bundes-
tag für Ihr Polittheater missbrauchen wollen.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Das weise ich namens der Fraktionen der CDU/CSU, der
SPD, der FDP und des Bündnisses 90/Die Grünen ent-
schieden zurück. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1602513700

Wir kommen zur Abstimmung. Wer stimmt für den

Antrag der Fraktion Die Linke, unmittelbar in die zweite
Beratung einzutreten? – Wer stimmt dagegen? –


(Zuruf von der LINKEN: Volksfront!)


Wer enthält sich? – Der Antrag ist mit den Stimmen von
CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen ge-
gen die Stimmen der Fraktion Die Linke abgelehnt. Da-
mit hat der Antrag die erforderliche Mehrheit nicht er-
reicht.

Wir kommen damit zur Überweisung. Es wird vorge-
schlagen, den Gesetzentwurf auf Drucksache 16/856 an
die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu
überweisen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der
Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen. Der An-
trag der Fraktion der FDP auf Drucksache 16/953 soll
ebenfalls an die in der Tagesordnung aufgeführten Aus-
schüsse überwiesen werden. Sind Sie damit einverstan-
den? – Das ist der Fall. Dann ist auch diese Überweisung
so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 8 auf:

– Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten

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(C (D Gesetzes zur Änderung des Betriebsprämiendurchführungsgesetzes – Drucksachen 16/858, 16/912 – – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Betriebsprämiendurchführungsgesetzes – Drucksache 16/644 – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz – Drucksache 16/964 – Berichterstattung: Abgeordnete Marlene Mortler Gustav Herzog Dr. Christel Happach-Kasan Dr. Kirsten Tackmann Cornelia Behm Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für iese Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich öre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Kollegen ans-Heinrich Jordan, CDU/CSU-Fraktion, das Wort. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Uwe Küster [SPD])



Dr. Hans-Heinrich Jordan (CDU):
Rede ID: ID1602513800

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her-

en! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ende Novem-
er 2005 hat sich der EU-Agrarrat auf eine Festlegung
ur Reform des EU-Zuckermarktes geeinigt. Diese Ei-
igung steht in Übereinstimmung mit den Vorgaben des
anelspruches der Welthandelsorganisation. Die Zucker-
arktreform berücksichtigt insbesondere die EBA-Ini-

iative zur Förderung der Interessen der ärmsten Ent-
icklungsländer.

Für die Bundesrepublik Deutschland ist der vorlie-
ende Kompromiss des Agrarrates ein erheblicher Ein-
chnitt in den traditionellen Zuckerrübenanbau und in
ie deutsche Zuckerproduktion. In Deutschland sind
ber 46 000 Rübenbauern, 6 500 Arbeitnehmer in der
uckerindustrie sowie rund 20 000 Beschäftigte in den
or- und nachgelagerten Bereichen betroffen. Die Zu-
kerproduktion in Deutschland hat einen Umfang von
irca 4 Millionen Tonnen. Zu keinem Zeitpunkt in den
urückliegenden Jahren wurde so tief wie jetzt durch die
evorstehende neue Marktordnung in das Produktions-
eschehen und in die Einkommenssituation der Zucker-
übenbauern eingegriffen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


as beherzte Eingreifen der neuen Bundesregierung
onnte noch größere wirtschaftliche Folgen für die deut-
che Zuckerproduktion verhindern.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Dr. Hans-Heinrich Jordan
Die Zuckerproduktion aus Zuckerrüben hat in
Deutschland eine lange, eine zweihundertjährige Tradi-
tion. Mit den Arbeiten von Andreas Sigismund
Marggraf um das Jahr 1750 und seinem Schüler Franz
Carl Achard um 1800 stellen wir die ersten Pioniere der
Zuckergewinnung. Hier in Berlin-Kaulsdorf wurden
erste Zucht- und Anbauversuche mit ertragreicheren Rü-
bensorten gemacht. In Kunern, Niederschlesien, ent-
stand die erste Zuckerfabrik. In der Region Halberstadt,
Sachsen-Anhalt, wurde die erste weiße Zuckerrübe ge-
züchtet, die quasi die Stammmutter der heutigen Zucker-
rübe bildet.

Mitte des 19. Jahrhunderts setzte sich auch in
Deutschland die Zuckerproduktion aus der Zuckerrübe
entscheidend durch. Die Bördeböden Sachsen-Anhalts
wurden Spitzenstandorte für den Zuckerrübenanbau. Der
Zuckerrübenanbau mit den notwendigen Massentrans-
porten führte Ende des 19. Jahrhunderts zur erheblichen
Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur in vielen Ge-
bieten Deutschlands. Somit wurde die Zuckerrübe nicht
nur zur sicheren Einkommensquelle für die Landwirt-
schaft, sondern sie war auch Motor für das allgemeine
Erschließen und Stärken des ländlichen Raumes.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


In der Altmark, in meinem Wahlkreis, führte bei-
spielsweise der Ausbau des Eisenbahnnetzes um 1900
dazu, dass kein Ort weiter als 10 Kilometer von der
nächsten Eisenbahnstation entfernt lag. Mit Stolz konn-
ten die altmärkischen Bauern auf die größte Zuckerfa-
brik Europas jener Zeit verweisen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Christoph Bergner, Parl. Staatssekretär: Das waren noch Zeiten!)


– Ja, aber es ist so.

Ich hoffe, wir stimmen überein, dass der kurze histori-
sche Rückblick bei diesen historischen Veränderungen
zum Thema gehört. Die Zuckerrübenproduktion hatte
also eine über ökonomische Aspekte hinausgehende
sozial-kulturelle Bedeutung.

Wir haben den politischen Auftrag, Voraussetzungen
zu schaffen, dass die Zuckerproduktion in Deutschland
an geeigneten Standorten fortgeführt werden kann. Die
Regierung der Bundesrepublik Deutschland hat dazu im
Agrarrat und in Hongkong entscheidende Voraussetzun-
gen durchsetzen können. Die Ergebnisse liegen uns mit
diesem Gesetzentwurf vor.

Wir können die Zuckerproduktion in die Betriebsprä-
mienregelung integrieren. Dies bedeutet auch den Ein-
bau der Zuckerproduktion in das deutsche Entkopp-
lungsmodell.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Die Gesetzesvorlagen der Bundesregierung und der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD verfolgen das Ziel,
die Ausgleichszahlungen an die Zuckererzeuger zu
100 Prozent betriebsindividuell zu binden. Es gibt keine
Umverteilung des Prämienvolumens zwischen den Regio-

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(C (D en. Ziel dieses Vorschlages ist, Härtefälle und Fälle in esonderer Situation zu vermeiden. Als Referenz für den einzelbetrieblichen Ausgleich ollen die vertraglich vereinbarten Liefermengen für das ommende Wirtschaftsjahr 2006/07 herangezogen weren. Das vermindert den Verwaltungsaufwand erheblich nd damit natürlich auch Bürokratie. Der teilweise in die iskussion gebrachte differenzierte Ausgleich nach und B-Rübenquote bringt keine Vorteile; denn ab die em Wirtschaftsjahr gibt es im Rahmen des gemeinsaen Marktes für Zucker keine Unterscheidung zwischen und B-Quote mehr. Deshalb halte ich es für richtig, ine einheitliche Liefermenge entsprechend der Vereinarung mit der Zuckerfabrik oder mit Vermarktern als rundlage für den Zuckerausgleich zu wählen. Die Zuckermarktordnung bietet bis 2014/2015 gute oraussetzungen zur weiteren Entwicklung. Damit wird en Wirtschaftsbeteiligten und der EU-Zuckerwirtschaft ine langfristige Planungsgrundlage gegeben. Entscheiend ist, dass schon auf die Zuckerpreissenkung ab em Jahr 2006/2007 in vier Jahresscheiben bis 2010 regiert wird, sodass sich aus der Zuckerpreissenkung von 6 Prozent eine Rübenpreissenkung von 39 Prozent eribt. Für die Rübenbauern wird die Preissenkung durch die ntkoppelte Direktzahlung teilweise ausgeglichen. Dieer Ausgleich umfasst für das Jahr 2008/20009 zum Beipiel 64,2 Prozent. (Peter Bleser [CDU/CSU]: Das ist ein großer Erfolg!)


Genau. – Die Betriebsprämienregelung beinhaltet, dass
ie ab dem Jahr 2010 unterschiedlichen Zahlungsansprü-
he für die Rübenbauern im Rahmen des so genannten
leitflugs bis 2013 zu regional einheitlichen Zahlungs-

nsprüchen angepasst werden. Diese Entscheidung
cheint vor dem Hintergrund der übrigen Betriebstypen
uch sachgerecht.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Im Komplex der Gesamtmaßnahmen zur Neuordnung
er Zuckerrübenmarktordnung darf dennoch nicht ver-
essen werden, dass schmerzvolle Einkommenseinbu-
en in traditionellen bäuerlichen Zuckerrübenproduk-
ionsbetrieben künftig zu verzeichnen sind und dass
roduktionsumstellungen in vielen aufgebenden Be-

rieben mit neuen Einkommensmöglichkeiten gesucht
erden müssen. Entscheidend für die Situation in den
uckerrübenproduktionsbetrieben ist, dass für den Zu-
kerrübenanbau mittelfristig die Voraussetzung für eine
lanbare Entwicklung geschaffen wird und die Branche
ukunftsorientiert dasteht.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


ie Zuckerrübenproduktion darf unter keinen Umstän-
en aus Deutschland verschwinden.

Ich möchte abschließend feststellen, dass mit dem
orliegenden Gesetzentwurf zur Änderung des Be-
riebsprämiendurchführungsgesetzes und mit den






(A) )



(B) )


Dr. Hans-Heinrich Jordan
Beschlüssen des EU-Agrarrats sicherlich nicht alle Er-
wartungen erfüllt werden können. Dessen ungeachtet ist
äußerst positiv zu werten, dass zum 30. April 2006 eine
Gesetzesanpassung für Deutschland vorliegen kann und
die Preissenkungen geringer sind bzw. der Preisaus-
gleich höher ist, als noch Mitte 2005 angekündigt wor-
den ist.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir haben es mit einem insgesamt sachgerechten Ge-
setzentwurf zu tun.

Aus den genannten Gründen möchte ich dem Deut-
schen Bundestag empfehlen, dem vorliegenden Gesetz-
entwurf zuzustimmen.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1602513900

Herr Kollege Jordan, dies war Ihre erste Rede im

Deutschen Bundestag. Herzliche Gratulation und alle
guten Wünsche für Ihre weitere politische Arbeit.


(Beifall)


Ich erteile nun das Wort Kollegen Hans-Michael
Goldmann, FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Hans-Michael Goldmann (FDP):
Rede ID: ID1602514000

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Die FDP-Bundestagsfraktion wird der Ände-
rung des Betriebsprämiendurchführungsgesetzes gern
zustimmen, weil sie im Grunde genommen das Ergebnis
einer politischen Überlegung ist, die wir schon vor Jah-
ren auf den Weg gebracht haben.


(Beifall bei der FDP – Lachen bei der SPD – Peter Bleser [CDU/CSU]: Bescheidenheit ist eine Tugend!)


Sehr geschätzter Kollege Dr. Jordan und Peter Bleser,
Sie beide wissen das auch genau. Nur, die politische
Großwetterlage hat sich ein bisschen geändert. Heute ju-
belt Rot-Schwarz über etwas, was damals von Blau-Gelb
auf den Weg gebracht worden ist. Ich musste mich sei-
nerzeit im wahrsten Sinne des Wortes schützen, damit
mir dafür nicht Rübenschnitzel um die Ohren flogen. Ich
kann mich noch sehr gut an eine Veranstaltung hier im
Maritim-Hotel erinnern, auf der ich gesagt habe – das ist
vielleicht auch einmal für die jüngeren Zuhörer auf der
Tribüne interessant –: Der europäische Zuckerpreis, den
der Verbraucher zahlt, ist dreimal so hoch wie der Welt-
marktpreis.


(Dr. Wilhelm Priesmeier [SPD]: Das ist Fakt!)


– Das ist Fakt, auch wenn sich das in letzter Zeit ein bis-
schen angepasst hat, weil der Weltmarktpreis etwas ge-
stiegen ist.

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(C (D Es ist niemandem auch nur andeutungsweise klar zu achen, warum bei uns die Zuckerverwender viel mehr eld für Zucker zahlen müssen als andere und wir uns leichzeitig darüber beklagen, dass die Zuckerproduzenen Marktanteile verlieren und Arbeitsplätze verloren ehen. Man muss die Dinge schon ein bisschen im Zuammenhang sehen. Deswegen stimmen wir dieser Änerung zu. Ihre Ausführungen, Herr Dr. Jordan, finde ich sehr iebenswert – ich schätze Sie auch wirklich sehr –, aber ie sind mit dem Blick zurück nicht zukunftsfähig. Wir üssen uns darauf einstellen, dass wir mit allen Agrar rodukten – wir haben gute Agrarprodukte – im internaionalen Wettbewerb bestehen können. Wir können uns icht auf den nationalen Markt zurückziehen, weil dieser ationale Markt nicht so ergiebig ist. Im Wechselspiel wischen nationalem Markt und internationalem Markt önnen wir auch nicht so gegensätzliche Ansprüche stelen. Wir wollen mit unseren Produkten nach Indonesien, ach China, nach Indien und nach Brasilien und gleicheitig sagen wir: Ihr „bösen“ Brasilianer dürft mit eurem ohrzucker nicht auf unseren Markt. Dieses Spielchen st ausgespielt. Dafür steht die WTO. Die WTO will im Grunde genommen, dass die Prouktion dort stattfindet, wo die Rahmenbedingungen am esten sind. Wir werden davon profitieren, wenn wir uns nnovativ aufstellen. Das müssen wir in allen Bereichen un, so auch im Agrarbereich. Das können wir mit den rbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in diesen Bran hen auch prima hinbekommen. (Beifall bei der FDP – Dr. Hans-Heinrich Jordan [CDU/CSU]: Das werden auch unsere Zuckerrübenbauern können!)


Das werden auch unsere Zuckerrübenbauern können,
eil das zum Tragen kommt, was schon damals in einem
DP-Antrag stand, nämlich ein 60-prozentiger Aus-
leich für Einbußen. Ich gebe zu, dass ich damals bei
011/2012 war; jetzt haben wir eine Regelung bis 2015.
s wird sehr spannend werden. Sie können ganz sicher
ein, dass wir da an der Seite unserer Landwirte sind,
ass wir diese Regelung auch über 2008 hinaus befür-
orten, wenn wieder darüber nachgedacht wird, wie
iele europäische Mittel der Landwirtschaft, dem ländli-
hen Raum zur Verfügung gestellt werden.

Aber wir stehen noch vor einer ganz anderen dramati-
chen Herausforderung, und zwar in Bezug auf die Situa-
ion bei der Milch. Lassen Sie uns innerhalb der Agrar-
olitik auch hier gemeinsam den Weg zu mehr Markt
nd mehr Wettbewerb gehen. Es hat sich gezeigt, dass
ine Quotenregelung bei der Milch keine Lösung im
inblick auf mehr Markt ist. Wir haben bei der Milch

ine Überproduktion – 118 oder 120 Prozent –, die dazu
ührt, dass der Liter Milch heute viel billiger ist als
Liter Wasser. Ich denke, unter diesem ganz simplen
esichtspunkt müssen wir uns auf den Weg machen,

uch in diesem Bereich Veränderungen herbeizuführen.

Lassen Sie mich einen letzten Gedanken aufgreifen.
ie werden vielleicht nicht nachvollziehen können, wa-
um ich immer wieder auf die Eins-zu-eins-Umsetzung






(A) )



(B) )


Hans-Michael Goldmann
zurückkomme. Ich will nicht verstehen, dass wir uns
über Bürokratie auf europäischer Ebene beschweren und
dann nicht eine europäische Vorgabe ganz simpel eins zu
eins in nationales Recht umsetzen. Das ist unsere Ziel-
setzung: Was Europa vorgibt, setzen wir eins zu eins na-
tional um. Wenn wir mehr machen wollen, dann soll
man uns doch lassen. Selbstverständlich kann ein Land-
wirt, der die Bedingungen für seine Tiere, für seine Pro-
duktion im Wettbewerb etwas anders sieht als andere
Europäer, beispielsweise der Spanier oder der Grieche,
mehr machen. Aber wir sollten grundsätzlich an der
Eins-zu-eins-Umsetzung festhalten.

Wenn wir das machen und uns damit am Weltmarkt
orientieren, werden wir unsere Landwirtschaft zukunfts-
fähig aufstellen, und zwar ohne große staatliche Zuwen-
dungen. Damit werden wir den wohl entscheidendsten
Beitrag zum Bürokratieabbau leisten, der die Landwirt-
schaft in besonderer Weise belastet. In diesem Sinne
stimmen wir der heute zu beschließenden gesetzlichen
Vorlage sehr gerne zu.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP – Zuruf von der CDU/ CSU: Immerhin!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1602514100

Ich erteile das Wort Kollegen Gustav Herzog, SPD-

Fraktion.


Gustav Herzog (SPD):
Rede ID: ID1602514200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es

kommt ja nicht allzu häufig vor, dass ich dem Kollegen
Goldmann zustimme; aber in dem Fall muss ich sagen,
dass das durchaus die Richtung der FDP war. Aber nach
Ihrer Formulierung, Herr Kollege Goldmann, warte ich
auf eine Aussage von Ihnen, dass auf Antrag der FDP
die Zuckerrübe erst erfunden worden ist.


(Heiterkeit im ganzen Hause)


Machen Sie sich nicht zum Vater aller Dinge, die wir ge-
meinsam auf den Weg bringen!


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Eine zweite kurze Bemerkung, und zwar zu der Eins-
zu-eins-Umsetzung. Wissen Sie, Herr Kollege Goldmann,
das würde auch ein Stück Gleichschritt bedeuten. Aber
ich bin der Auffassung, dass die deutsche Politik und die
deutschen Landwirte immer einen Schritt voraus sein
sollten. Von daher lassen Sie uns immer gemeinsam über-
legen: Was macht die EU gut und was können wir besser
machen? Eine einfache Eins-zu-eins-Umsetzung wird
auch der versammelten Intelligenz dieses Hauses nicht
gerecht.


(Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Können Sie das mal Herrn Seehofer sagen?)


Ich weiß nicht, wer von Ihnen in den letzten Tagen
einmal versucht hat, jemandem außerhalb der Branche
zu erklären, was sich hinter dem Betriebsprämiendurch-

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(C (D ührungsgesetz oder überhaupt der reformierten Zuckerarktordnung verbirgt. Das ist ein äußerst schwieriges nterfangen. (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das ist ein Top-up!)


ch habe es trotzdem versucht und gesagt, das ist im
runde genommen der große Weg, den wir mit den
grarbeschlüssen von 2003 eingeschlagen haben, näm-

ich weg von der Produktförderung, von den Milchseen
nd den Zuckerbergen, hin zu mehr unternehmerischer
reiheit, indem wir die Landwirte direkt unterstützen.
ass dieser Weg richtig ist, zeigt sich an dem aktuellen
eschluss der Europäischen Union, eine Zuckerquoten-
ürzung um 2,5 Millionen Tonnen vorzunehmen.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das ist zu wenig!)


Die Zuckermarktordnung gibt in der neuen Fassung
lanungssicherheit. Über einen auch von uns geforder-

en Restrukturierungsfonds ermöglicht sie es, auf die
eränderungen einzugehen. Aber ich glaube, hier ist
urchaus zu sagen: Das wird eine sehr große Herausfor-
erung für die Landwirte, für die Zuckerrübenbetriebe
ein, auch wenn die Diskussion in der Europäischen
nion dazu geführt hat, dass die Direktbeihilfe von
0 auf 64 Prozent erhöht worden ist. Eine Studie der
AL hat gezeigt, dass die Einkommensverluste wesent-
ich geringer sein werden, als die ersten Vorschläge der
ommission uns haben befürchten lassen.

Aus der Studie ergibt sich weiterhin, dass der Zucker-
übenanbau in Deutschland bleiben wird, dass es wohl
u keinen weiteren Quotenverlusten kommen wird und
ass die deutsche Zuckerrübenwirtschaft wettbewerbsfä-
ig ist. Das ist ein klarer Hinweis darauf, dass die Bran-
he in den letzten Jahren die Herausforderungen ange-
ommen und darauf reagiert hat und dass entsprechende
eränderungen vorgenommen wurden.

Vor den konkreten Entscheidungen – es ist sozusagen
urz vor zwölf –, die für die Anbauplanung wichtig sind,
chaffen wir mit diesem Gesetz Planungssicherheit für
ie Landwirte. Ich denke, wir haben einen guten Kom-
romiss gefunden, auch wenn ich als Rheinland-Pfälzer,
err Kollege Jordan, natürlich gerne gesehen hätte,
enn wir auf die A- und B-Quotenproblematik einge-
angen wären. Aber im Bundesrat gab es ein Votum ge-
en die Forderung aus Rheinland-Pfalz. Ich denke trotz-
em, dass diese Forderung gerechtfertigt gewesen ist
nd ihre Erfüllung dem deutschen Zuckerrübenanbau
eholfen hätte.

Insgesamt gesehen haben wir eine Integration bezüg-
ich des Ausgleichs geschafft. Unsere Ablehnung bezieht
ich auf den Zeitrahmen. Entsprechende Regelungen
ätten einen deutlich höheren Verwaltungsaufwand be-
eutet, Herr Kollege Goldmann.


(Zuruf von der CDU/CSU: In der Tat!)


ch denke, es ist der richtige Weg, dass es die gleichen
egeln für alle landwirtschaftlichen Produkte gibt. Dass
er Ausgleich zu 100 Prozent erfolgt und erst im Jahre
010 in die Flächenprämie eingeht, bedeutet für die






(A) )



(B) )


Gustav Herzog
Landwirte durchaus Planungssicherheit. Sie wissen jetzt,
worauf sie sich einzustellen haben. Ob wir 2008 nach
der Neubewertung reagieren müssen, wird sich zeigen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, das vor-
liegende Gesetz ist ein gutes Gesetz. Die gute Nachricht
für die Branche ist, dass die Rübenbauer Planungssicher-
heit haben.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1602514300

Ich erteile das Wort Kollegin Kirsten Tackmann,

Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1602514400

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Liebe Gäste! Nach dem Diskurs über die Bett-
gewohnheiten von Schweinen in der vergangenen Wo-
che sprechen wir heute über den Zuckerberg.

Die Bundesrepublik hat laut dem jüngsten Agrarbe-
richt beim Zucker einen Selbstversorgungsgrad von
141 Prozent erreicht, und das bei Rübenzucker, der auf
dem Weltmarkt überhaupt nicht konkurrenzfähig ist. Das
gelingt nur, weil der Zuckermarkt einer der am stärksten
regulierten Märkte überhaupt ist.

Es ist schon gesagt worden, dass in der EU der kos-
tendeckende A-Quotenpreis dreimal höher ist als auf
dem Weltmarkt. Dafür liegt der Preis für den C-Quoten-
exportzucker bei einem Zehntel des A-Quotenpreises,
damit er international überhaupt konkurrenzfähig ist.
Damit gefährden die reichen EU-Länder die regionalen
Märkte in den Entwicklungsländern. Andererseits wird
– auch das hat Herr Goldmann schon gesagt – billiger
Rohrzucker aus Lateinamerika vom EU-Markt fern ge-
halten. Dieser Markt ist nicht einmal wirtschaftlich sinn-
voll, von Aspekten wie sozial, ökologisch oder fair ein-
mal ganz abgesehen. Es muss sich also etwas ändern.


(Beifall bei der LINKEN)


Die spannende Frage ist: Wer sind die Gewinner und
wer sind die Verlierer? Für meine Fraktion ist klar, dass
die Folgen der verfehlten Agrarstrukturpolitik nicht auf
den Schultern der 43 000 einheimischen Zuckerrübenan-
baubetriebe abgeladen werden dürfen. Nur deshalb stim-
men wir dem vorliegenden Gesetz zu, mit dem ein Teil-
ausgleich für die Verluste der einheimischen Erzeuger
infolge der Garantiepreissenkung geregelt wird.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])


Diese Zustimmung ändert aber nichts an unserer deut-
lichen und grundsätzlichen Kritik am Umgang mit dem
Problem. Die Regelungen setzen an der falschen Stelle
an; sie sind halbherzig und zementieren altbekannte Un-
gerechtigkeiten wie zum Beispiel die Benachteiligung
Ostdeutschlands bei der Quotenverteilung. Im Wesentli-
chen ist das Gesetz die Fortsetzung einer falschen Politik

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(C (D it anderen Mitteln. Denn wir kaufen uns aus den staatichen Preisgarantien quasi teilweise heraus und zahlen ie bis zum Jahr 2014 stattdessen als Betriebsprämie. Da die Anbauverpflichtung durch die Entkoppelung er Betriebsprämien entfällt, kann man wenigstens hofen, dass der eine oder andere den Rübenanbau doch wie politisch gewollt – aufgibt. Bei den Zuckerrüben tandorten gibt es ja Anbaualternativen. Aber ob das irklich so kommt, ist fraglich, weil die Kompensation ei allen für dieses Jahr abgeschlossenen Zuckerrübenerträgen erfolgt und der zusätzlich realisierbare Preis ermutlich immer noch attraktiv genug ist. Eines steht aber auch für uns Linke fest: Wir wollen, ass die Rübe bleibt. (Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


enn die Verarmung an Kulturpflanzen ist ohnehin ein
roblem. Auch ein weniger intensiver Anbau würde den
uckerberg abbauen. In der Bioenergieerzeugung be-
ommt die Rübe vielleicht eine ganz neue Perspektive.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Profiteure der Neuordnung des EU-Zucker-
arkts sind vermutlich nur die großen Zuckerverarbei-

er. Von ihnen erwarten wir, dass sie diesen Vorteil zum
rhalt der 250 000 Arbeitsplätze in der Branche nutzen.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Jawohl!)


ür die Verbraucherinnen und Verbraucher fordern wir
ine Weitergabe dieses Vorteils über eine Lebensmittel-
reissenkung. Denn sie finanzieren diese Reform mit ih-
en Steuern.

Sicher, auch der Zuckermarkt ist ein Spannungsfeld
öchst unterschiedlicher Interessen. Gerade deshalb
rauchen wir eine zukunftsfähige politische Strategie.
egionale Märkte müssen geschützt und der internatio-
ale Handel mit kostendeckenden Preisen sowie sozialen
nd ökologischen Produktionsstandards fair gestaltet
erden.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


uoten können dann durchaus ein sinnvolles politisches
nstrument auch auf der Ebene der WTO sein.

Vor allem aber muss sich die Grundphilosophie der
örderung der Landwirtschaft von einem Nachteilsaus-
leich hin zu einer Bezahlung gesellschaftlich gewollter
eistungen ändern. Wir brauchen politische Rahmenbe-
ingungen für eine flächendeckende, die natürlichen
essourcen schonende und die Kulturlandschaft pfle-
ende Landwirtschaft, in der auch die Zuckerrübe ihren
latz hat.

Mit diesem Plädoyer danke ich für die Aufmerksam-
eit.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1602514500

Ich erteile das Wort Kollegin Ulrike Höfken, Fraktion

es Bündnisses 90/Die Grünen.






(A) )



(B) )


Ulrike Höfken-Deipenbrock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602514600

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Die Reform der Zuckermarktordnung schlägt
sich jetzt also in dem Zweiten Gesetz zur Änderung des
Betriebsprämiendurchführungsgesetzes nieder. Das ist
wahrscheinlich der Weg in die unternehmerische Frei-
heit und die Entbürokratisierung. Eine Eins-zu-eins-Um-
setzung der EU-Vorgabe erfolgt damit wieder nicht. Wir
unterstützen dieses Gesetz nur insofern,


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ihr habt dagegen gestimmt!)


als wir gesagt haben: Wir wollen mithelfen, den zeitli-
chen Ablauf zu beschleunigen.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Aber?)


Ansonsten ist klar: Eine Veränderung der bestehenden
Zuckermarktordnung war dringend erforderlich. Wir ha-
ben uns immer hinter die Ziele der Doharunde gestellt
und ganz klar für einen fairen Welthandel eingesetzt.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Aber im Ausschuss habt ihr dagegen gestimmt!)


Man muss prüfen, was jetzt vorliegt: Dient es diesen
Zielen? An diesem Punkt – so muss man sagen – sind
Lobhudeleien reichlich überflüssig. Frau Künast wäre
bei dem gleichen Verhandlungsergebnis vermutlich von
denjenigen, die jetzt in Jubelchöre ausbrechen, geteert
und gefedert worden.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Christel Happach-Kasan [FDP]: Das haben wir nie gemacht! – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Wollt ihr mehr?)


Man muss sich also fragen: Werden Millionen an EU-
Mitteln, Millionen an Steuergeldern für die Ziele einge-
setzt, die wir unterstützen wollen? Ich muss dazu sagen:
Das Verhandlungsergebnis geht ganz klar zum einen an
den entwicklungspolitischen Zielen und zum anderen an
der Unterstützung der ländlichen Räume, der kleinen
und mittleren bäuerlichen Betriebe vorbei. Denn die Pro-
fiteure werden neben den Zuckerverarbeitern vor allem
die Großbetriebe der Zuckerindustrie zulasten der klei-
nen und mittleren Betriebe sein, die mittelfristig keine
Perspektive mehr haben.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das stimmt doch nicht, was du da sagst! Ulrike, das sind alte Forderungen von Frau Künast!)


Stattdessen hätte man – das haben wir im Europäi-
schen Parlament gefordert – eine radikale Mengen-
begrenzung beschließen können.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das war nie eure Vorstellung! Das ist ja abenteuerlich!)


Dann wäre dieser hohe Preisausgleich – durch die Be-
schränkung auf den EU-Selbstverbrauch inklusive der
Menge, die von den AKP-Staaten und den Geberländern
kommt – nicht notwendig gewesen. Einen Teil dieses
Aufwandes hätte man sich dann gespart.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Man muss klar hinzufügen: Die 13 AKP-Länder sind ie Leidtragenden. Sie werden in ihren Konversionsaßnahmen nicht ausreichend unterstützt. Ich persön ich stehe sehr kritisch der Frage gegenüber, ob das, was an mit der Zuckermarktreform bewirken will, in Län ern wie Brasilien wirklich der Armutsbekämpfung ient. Denn Liberalisierungsschritte, bei denen gleicheitig die notwendigen Rahmenbedingungen fehlen das sagen auch die entwicklungspolitischen Gruppen; as ist nach den bisherigen Entwicklungen auch sehr eutlich geworden –, tragen weder zur Bekämpfung der rmut noch zu einer positiven Wirtschaftsentwicklung ei. Man muss schon sehen: Auch der Umwelt wird eine olche Konzentration auf die Zuckererzeugung in chwellenländern möglicherweise überhaupt nicht gut n. Ganz klar ist auch: Die Ausgleichszahlungen in öhe von etwa 6 Milliarden Euro werden fast aus chließlich aus der Tasche der Verbraucher geleistet. Was die Zukunftsperspektiven, die Sie mit den Miteln, die aufgebracht werden, für die ländlichen Regioen in Deutschland schaffen wollen, angeht, muss man anz klar sagen – diesen Beitrag werde ich Ihnen nicht rsparen –: Was Sie mit der einen Hand geben, reißen ie mit dem „Arsch“ wieder ein. (Zurufe von der CDU/CSU, der SPD und der FDP: Oh! Pfui!)


Ja. Mit der Streichung von Mitteln bei der Verordnung
Ländlicher Raum“ haben Sie eine unglaubliche Rasur
on Geldern für die Diversifizierung und Konversion
orgenommen.

Gleichzeitig soll eine Perspektive in der Äthanol-
rzeugung liegen. Mit der Besteuerung der Biokraft-
toffe, die Sie gleichzeitig vornehmen, machen Sie diese
erspektive für die Zuckerrübenerzeugung wieder zu-
ichte. Sogar Betriebe wie Opel oder Ford beschweren
ich, dass Sie die gefällten Entscheidungen für Investi-
ionen in erfolgreiche Kraftfahrzeuge, nämlich in die
euen Entwicklungen in diesem Bereich, völlig konter-
arieren. Das heißt, Sie betreiben eine Politik, bei der
ie einerseits sagen, Sie möchten neue Perspektiven
chaffen, die Sie jedoch andererseits durch eine völlig
ontraproduktive Politik im Bereich der Besteuerung
nd im Bereich der Finanzen wieder zunichte machen.
as kann nicht sinnvoll sein. Deshalb lehnen wir dieses
esetz ab.

Danke.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1602514700

Kollegin Höfken, ich unterstelle, dass Sie jenes Wort

hne Zweifel als ein Zitat unseres größten Klassikers
erwendet haben.


(Heiterkeit im ganzen Hause)


nsofern geht es unbeanstandet durch.

Ich erteile das Wort dem Kollegen Wilhelm
riesmeier, SPD-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )


Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD):
Rede ID: ID1602514800

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe

Kolleginnen und Kollegen! Uli Höfken, du bist vermut-
lich nicht so mutig, zumindest das, was die Kritik an
dem Gesetz angeht, auf einer Versammlung von Zucker-
rübenbauern in Rheinland-Pfalz vorzutragen. Es gehört
ein bisschen mehr dazu, als hier nur banale Kritik zu
üben. Es geht doch wirklich um die Substanz. Zumindest
nach Kenntnisnahme und ausreichendem Studium dieses
Gesetzes kann man sagen, dass wir in der Substanz ein
vernünftiges Gesetzeswerk auf den Weg gebracht haben.
Es passt in den Rahmen dessen, was wir mit der Umge-
staltung der Gemeinsamen Agrarpolitik, mit der Entkop-
pelung begonnen haben. Es hat genau die gleiche Ziel-
richtung. Ich glaube, wer sich von diesen Grundsätzen
verabschieden möchte, der täuscht sich im Hinblick auf
die Möglichkeiten, die wir haben.

Bei aller Kritik an den Folgewirkungen der Zucker-
marktordnung kann man zumindest eines sagen: Der
bisherige Zustand hätte nicht aufrechterhalten werden
können. Spätestens 2009 wäre der Zuckermarkt zusam-
mengebrochen. Das erkennt man im Augenblick an den
auflaufenden Interventionsmengen, die sich in einer
Größenordnung von zirka 1,5 Millionen Tonnen bewe-
gen. Das hätte in der Fortschreibung spätestens 2009 in
einer Situation geendet, die für den gesamten Markt
nicht mehr tragbar gewesen wäre.


(Beifall des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])


Aus diesem Grund war es zwingend geboten, zu han-
deln. Das ist von allen Beteiligten anerkannt worden.

Es hat eine von allen Betroffenen formulierte gemein-
same Position gegeben. Es gab eine große Abstim-
mungsrunde, in die sowohl der Deutsche Bauernverband
als auch die beteiligte Zuckerwirtschaft und die politi-
sche Ebene vor den Verhandlungen in Brüssel eingebun-
den waren. Im Wesentlichen wurde das, was dort als
Verhandlungslinie vereinbart worden ist, in Brüssel um-
gesetzt. Das ist für uns ein großer Erfolg; denn es ist das
zum Tragen gekommen, was in besonderer Weise unsere
Strukturen, die durchaus wettbewerbsfähig sind, si-
chert, das heißt, wir können in Deutschland auch künftig
noch Zuckerrüben anbauen und wir werden eine hervor-
ragend aufgestellte Zuckerwirtschaft behalten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Das sage ich als jemand, der aus einer Region kommt,
die an diesem Kompromiss schwer zu knabbern hat, als
jemand, der aus Südniedersachsen kommt und weiß, wie
hoch die Wertschöpfung beim Zucker in der gesamten
Region ist. Sie beträgt nämlich fast 55 Millionen Euro.
Ich weiß auch, was es bedeutet, wenn die Betriebserträge
in der Fortschreibung bis 2013 um bis zu 40 Prozent sin-
ken werden.

In dieser Situation sollte man die Hände jedoch nicht
in den Schoß legen. Die Optionen sind vielmehr aufge-
zeigt. Dazu gehören vor allen Dingen Investitionen in
Biomasse. Die Betriebe, die bislang überwiegend vom
Zucker gelebt haben, sind durchaus bereit, sich umzuori-

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(C (D ntieren, diese Einkommensalternativen zu nutzen und amit den Erhalt ihres Betriebes zu sichern. An dem erforderlichen Strukturwandel führt das naürlich nicht vorbei. Das sehen wir in unserer Region in anz besonderer Weise. Die Betriebe mit einer Größe on mehr als 100 Hektar wachsen, die kleineren Beriebe werden langsam aufgegeben. Dieser Entwicklung ann man sich unter marktwirtschaftlichen und ökonoischen Gesichtspunkten nicht entgegenstellen. Man ollte aber die Betriebe, die aufgeben wollen oder müsen, begleiten. Vor dem Hintergrund dieses Gesetzes gibt es die öglichkeit, dies durchaus kompatibel zu gestalten, in em die auf den jeweiligen Betrieb bezogene Prämienreelung zunächst einmal bis 2010 aufrechterhalten bleibt nd danach dann die flächenbezogenen Prämien sukzesive abgeschmolzen werden. Jede andere Lösung wäre ndenkbar gewesen. Alle diesbezüglichen Vorschläge ind im Bundesrat abgelehnt worden. Auch die Bayern aben dem Gesetzentwurf zwar nur mit Widerwillen, ber letztendlich doch zugestimmt. Ich glaube, dass wir als Konsequenz in Deutschland ine Zuckermarktwirtschaft zumindest für den Zeitraum is 2015 und darüber hinaus behalten werden. Der techologische Fortschritt und der Fortschritt in der Enticklung gerade im Bereich der Züchtung lassen hoffen. ir sind nicht mehr allzu weit weg von der 15-Tonnenübe. Hier gilt es, diese Wettbewerbsund Standortvor eile zu nutzen, auch mit Blick auf die Konkurrenz zum ucker aus Zuckerrohr. Aber eines ist klar: Eine volltändige Liberalisierung kann es nicht geben, weil die übe mit dem Rohrzucker dauerhaft nicht konkurrenzfäig ist, selbst wenn der Weltmarktpreis im Augenblick ieder auf 350 Dollar pro Tonne gestiegen ist. Das ist ine kurzfristige Entwicklung. Der Markt ist sehr volatil nd bewegt sich einmal rauf und einmal runter. Aus dem Grunde fordere ich, dass wir bei der Ausgetaltung der Modalitäten im Rahmen der WTO Zucker um sensiblen Produkt machen und die spezielle Schutzlausel auch für uns nutzen. Danke schön. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Oh!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1602514900

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-
esregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Ände-
ung des Betriebsprämiendurchführungsgesetzes. Das
ind die Drucksachen 16/858 und 16/912. Der Ausschuss
ür Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
mpfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung auf
rucksache 16/964, den Gesetzentwurf anzunehmen.

ch bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen
ollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? –
nthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter
eratung mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD, FDP






(A) )



(B) )


Vizepräsident Wolfgang Thierse
und der Fraktion Die Linke gegen die Stimmen von
Bündnis 90/Die Grünen angenommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzent-
wurf ist mit dem gleichen Stimmergebnis wie in der
zweiten Lesung angenommen.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-
schusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau-
cherschutz zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD zur Änderung des Betriebsprämien-
durchführungsgesetzes, Drucksache 16/964. Der Aus-
schuss empfiehlt unter Nr. 2 seiner Beschlussempfeh-
lung, den Gesetzentwurf auf Drucksache 16/644 für
erledigt zu erklären. Wer stimmt für diese Beschluss-
empfehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Die Be-
schlussempfehlung ist mit den Stimmen des Hauses bei
Stimmenthaltung von Bündnis 90/Die Grünen angenom-
men.

Ich rufe nunmehr die Tagesordnungspunkte 13 a und
13 b auf:

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Volker
Beck (Köln), Irmingard Schewe-Gerigk,
Marieluise Beck (Bremen), weiterer Abgeordne-
ter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN

Presse- und Meinungsfreiheit in Kuba einfor-
dern

– Drucksache 16/934 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe (f)

Auswärtiger Ausschuss

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Marina
Schuster, Florian Toncar, Burkhardt Müller-
Sönksen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der FDP

Menschenrechte in Kuba einfordern und die
kubanische Zivilgesellschaft fördern

– Drucksache 16/945 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe (f)

Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für Kultur und Medien

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Kollegen
Volker Beck, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, das
Wort.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602515000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir be-

schäftigen uns heute auf Grundlage eines Antrages unse-
rer Fraktion mit der Menschenrechtssituation in Kuba. In
diesem Antrag fordern wir die Bundesregierung auf,

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(C (D ilateral und auf europäischer Ebene dazu beizutragen, ass alle politischen Gefangenen in Kuba unverzüglich reigelassen werden, (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


emeinsam mit den EU-Partnern gegenüber der kubani-
chen Regierung die Aufhebung des Reiseverbots für die
Damen in Weiß“ und Oswaldo Payá Sardiñas zu for-
ern und dafür einzutreten, dass die im Jahr 2005 ver-
chärften Repressionen gegen die Opposition von der
ubanischen Regierung zurückgenommen werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Damit haben wir die Forderung des Europäischen
arlamentes, die mit Stimmen aus allen hier im Haus
ertretenen Parteien beschlossen wurde, aufgegriffen.
ir machen kein Copyright geltend, sondern sagen: Das

erdient die Unterstützung des Deutschen Bundestages.
ch bin ein bisschen traurig, dass unser Angebot, den
ntrag gemeinsam einzubringen, bislang nicht aufge-
riffen wurde. In dieser Woche waren wir fast so weit,
it CDU/CSU und SPD einen gemeinsamen Text zu be-

chließen. Wir haben das auch der Linksfraktion angebo-
en. – Wir sind ja nicht so.


(Zustimmung beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


eider wurde unser Angebot von keiner Seite aufgegrif-
en. Ich meine, wir sollten jetzt im Ausschuss gemein-
am dafür sorgen, dass der Deutsche Bundestag in dieser
ichtigen Menschenrechtsdebatte zu einer gemeinsamen
osition findet.

Die Menschenrechtssituation in Kuba ist weiterhin
esorgniserregend. Insbesondere Presse- und Meinungs-
reiheit werden massiv eingeschränkt. Nach wie vor
itzen Dutzende Menschenrechtsverteidiger und ge-
altlose Dissidenten unter menschenunwürdigen Bedin-
ungen in Haft. Die Zahl der politischen Gefangenen
ird derzeit auf über 300 geschätzt. Viele der Inhaftier-

en sind nach Berichten schwer krank und erhalten kei-
en oder nur mangelhaften Zugang zu einer Gesund-
eitsversorgung. Darüber hinaus mehren sich die
erichte über Misshandlungen dieser Häftlinge.

Das Europäische Parlament hat den kubanischen
Damen in Weiß“ im Dezember 2005 den Sacharow-
reis für Menschenrechte verliehen. Die „Damen in
eiß“ sind Familienangehörige der im Jahr 2003 verhaf-

eten und verurteilten Regimekritiker, die seitdem coura-
iert für die Freilassung ihrer Angehörigen sowie für das
echt auf freie Meinungsäußerung in Kuba demonstrie-

en. Die kubanische Regierung verweigert dieser Gruppe
rotz vieler Bemühungen die Ausreise, um den Preis ent-
egenzunehmen. Auch Oswaldo Payá Sardiñas,
acharow-Preisträger des Europäischen Parlamentes von
002, wird immer noch die Freiheit zur Aus- und Wie-
ereinreise nach Kuba verweigert.

Das sind skandalöse Zustände, die ein klares Wort des
eutschen Bundestages erfordern.






(A) )



(B) )


Volker Beck (Köln)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Im Zusammenhang mit der kubanischen Politik muss
man sich aber selbstverständlich überlegen – das tun wir
in unserem Antrag –, mit welchen Maßnahmen, mit wel-
chem Regime man Maßnahmen gegenüber der kubani-
schen Regierung durchsetzen kann.

In unserem Antrag verweisen wir darauf, dass wir die
Blockadepolitik der amerikanischen Regierung – so, wie
sie gegenwärtig angelegt ist – nicht für hilfreich halten.
Vorsichtig ausgedrückt, muss man sagen, sie hat eine
positive Veränderung für die kubanische Bevölkerung
eher behindert. Vielmehr diente und dient das US-Em-
bargo mit seiner Verschärfung im Jahr 2004 systemsta-
bilisierend, weil es der kubanischen Führung einen Vor-
wand für seine Politik liefert. Leid tragend ist die
Bevölkerung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Dies zu sehen und zu kritisieren, bedeutet aber nicht,
dass man zu den Menschenrechtsverletzungen schwei-
gen und im Engagement nachlassen darf, auch wenn
man hier im Haus über die Instrumente, mit denen das
Ziel erreicht werden kann, vielleicht durchaus streitet.

Dass wir aber kritisiert werden, weil wir die Men-
schenrechtspolitik eines Landes hier im Deutschen Bun-
destag zur Sprache bringen, finde ich eine Ungeheuer-
lichkeit. Der Parlamentarische Geschäftsführer der
Linksfraktion sagt, auf Kuba gelte die Todesstrafe und
die Behandlung von Homosexuellen sei auch inakzepta-
bel, aber das Gleiche gelte für etliche amerikanische
Bundesstaaten.


(Beifall bei der LINKEN)


Es sei doch seltsam, wie unterschiedlich Menschen-
rechte wahrgenommen würden, je nachdem, ob der je-
weilige Staatschef mit den USA befreundet sei oder
nicht.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Zuruf von der LINKEN: Was ist daran falsch?)


Ich finde, es ist ein Skandal, dass Sie hier klatschen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Denn die rot-grüne Koalition hat in der letzten Wahlperi-
ode Anträge zu den USA verabschiedet: Im Folterantrag,
der vom Bundestag beschlossen wurde, werden die Zu-
stände in Guantanamo kritisiert. Wir haben eigens einen
Antrag zum Umgang der Amerikaner mit der Todes-
strafe eingebracht.

Wir schauen bei Freund und Feind, bei Gegnern und
bei engen Verbündeten gleichermaßen auf die Einhal-
tung der Menschenrechte.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


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(C (D er bei Menschenrechten seinen Freunden einen Rabatt ibt, ist ein schlechter Freund. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1602515100

Kollege Beck, Sie müssen bitte zum Ende kommen.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602515200

Die Menschenrechtspolitik unseres Landes ist nur

ann glaubwürdig, wenn wir nirgendwo wegschauen,
berall hinschauen und an der Seite der Menschenrechts-
erteidiger in allen Ländern stehen, die tapfer für Demo-
ratie und Rechtsstaatlichkeit streiten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1602515300

Ich erteile das Wort Kollegen Peter Weiß, CDU/CSU-

raktion.


(Zuruf von der LINKEN: Ein Kämpfer gegen die Todesstrafe in den USA!)



Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1602515400

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

unächst möchte ich – was den üblichen Usancen im
arlament nicht ganz entspricht – den beiden Oppositi-
nsfraktionen, die Anträge zu Kuba eingebracht haben,
afür herzlich danken,


(Zurufe von der LINKEN: Oh!)


eil ich es gut finde, dass das Thema Kuba auf die Ta-
esordnung des Deutschen Bundestages kommt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Viele Mitbürgerinnen und Mitbürger machen, weil es
elativ günstig ist, auf Kuba Urlaub und bekommen dort
in Scheinbild vorgeführt. Die bittere Wahrheit für die
ürgerinnen und Bürger in Kuba ist: In Kuba lebt und
berlebt immer noch eines der letzten stalinistischen
egime in der Welt.


(Lachen bei der LINKEN)


ie Menschenrechtsverletzungen auf Kuba verschlim-
ern sich weiter. Verhaftungen von Dissidenten gehören

ach wie vor zum gängigen Instrumentarium des kubani-
chen Regimes unter Fidel Castro. Fidel Castro wird im
lter nicht weiser oder gnädiger;


(Zuruf von der LINKEN: Er wird immer schlauer!)


ielmehr nimmt die Repression zu.

In den vergangenen Monaten sind die Haftbedingun-
en für die in kubanischen Gefängnissen einsitzenden
issidenten nochmals drastisch verschärft worden. An-
ehörige von Dissidenten werden ebenso wie deren Um-
eld zunehmend von regierungstreuen Gruppen unter






(A) )



(B) )


Peter Weiß (Emmendingen)

Druck gesetzt. Inhaftierte Dissidenten, deren Angehö-
rige im In- und Ausland auf die Verstöße der kubani-
schen Regierung gegen die Menschenrechte aufmerksam
machen, werden erpresst. Falls sich die Angehörigen
weiterhin für ihre Freilassung einsetzen, drohen Konse-
quenzen. Dies ist auch mit Blick auf die medizinische
Versorgung der Inhaftierten höchst alarmierend, die in
vielen Fällen durch die Familie getragen werden muss.
Die Meinungs- und die Pressefreiheit, die Versamm-
lungs- und die Reisefreiheit werden unterdrückt.

Deswegen ist es gut, dass das Europäische Parlament
mit einer überwältigenden Mehrheit dazu klar Stellung
genommen hat und für Europa dafür eingetreten ist, dass
wir gemeinsam auf die Einhaltung der Menschenrechte
Wert legen. Ich finde es gut, wenn wir als Deutscher
Bundestag uns dieser Resolution des Europäischen
Parlaments möglichst geschlossen anschließen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Befremdlich stimmen muss allerdings, dass im Deut-
schen Bundestag nun eine politische Gruppierung sitzt,


(Lachen bei der LINKEN – Zuruf von der LINKEN: Che Guevara!)


die ihre eigenen Europaabgeordneten, die der richtigen
und guten Entschließung des Europäischen Parlaments
zu Kuba zugestimmt haben, nicht nur im Regen stehen
lässt, sondern auch politisch ausgrenzt. Das ist der ei-
gentliche Skandal in der deutschen Politik, was Kuba an-
belangt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der LINKEN)


Wenn die PDS in ihrem Parteivorstandsbeschluss


(Zuruf von der LINKEN: Linkspartei!)


von notwendiger Solidarität mit dem sozialistischen
Kuba spricht und ihre eigenen Europaabgeordneten
maßregelt, weil sie der menschenrechtsorientierten Ent-
schließung des Europaparlaments zugestimmt haben,
dann zeigt sich eines: Hier sitzt keine neue Linke, hier
sitzen die alten stalinistischen Betonköpfe im Parlament.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch und Lachen bei der LINKEN)


Die internationale Menschenrechtspolitik hat in
den vielen Jahrzehnten des so genannten Kalten Krieges
darunter gelitten, dass die einen auf dem rechten und die
anderen auf dem linken Auge blind waren. Menschen-
rechtsverletzungen derjenigen, die mit den USA bzw.
dem Westen verbündet waren, wurden etwas milder be-
urteilt als Menschenrechtsverletzungen auf der anderen
Seite. Gott sei Dank – das ist ein großer Fortschritt – ist
der Kalte Krieg zu Ende. Endlich wird allen klar, dass
die Menschenrechte unteilbar sind.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es ist für die internationale Menschenrechtspolitik
icht nur gefährlich, sondern sogar katastrophal, dass
ich auch politische Gruppierungen zu Wort melden, die
ffensichtlich nicht wissen, dass der Kalte Krieg zu
nde ist. Deswegen glaube ich, dass es unsere Aufgabe
ls Deutscher Bundestag ist, für die Unteilbarkeit der
enschenrechte überall auf der Welt, auch und gerade

n Kuba, einzutreten.

Worum es geht, ist, dass der Wahrung der Menschen-
echte, der Demokratie, der Freiheit und dem Rechts-
taat, nicht aber der Unterstützung antidemokratischer
egime unter dem Deckmantel der sozialistischen Ver-
rüderung zum Durchbruch verholfen werden muss.
uch als Bundestag stehen wir in der Verantwortung, für
ie Einhaltung der Menschenrechte und für die Stär-
ung von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Zivil-
esellschaft einzutreten.


(Zuruf von der LINKEN: Wie ist das denn, wenn es um Abschiebungen geht?)


eshalb ist es von zentraler Bedeutung, die auf Demo-
ratie, Rechtstaatlichkeit und Stärkung der Zivilgesell-
chaft ausgerichteten Kräfte in Kuba zu stärken und ih-
en nicht in den Rücken zu fallen.

Das so genannte Varela-Projekt, in dessen Rahmen
nterschriften für die Abhaltung eines durch die gel-

ende kubanische Verfassung vorgesehenen Referen-
ums gesammelt werden, um unter anderem die Rede-
nd Pressefreiheit durchzusetzen, ist eine bedeutsame zi-
ilgesellschaftliche Initiative, die auf die friedliche Ge-
ährleistung der Grund- und Menschenrechte abzielt.
isher konnten in Kuba im Rahmen des Varela-Projekts
twa 30 000 Unterschriften gesammelt werden, womit
ie in der Verfassung vorgesehene Mindestzahl von
0 000 Unterschriften bereits weit überschritten ist.

Aber Herrn Castro interessieren diese Unterschriften
icht und ihn interessiert erst recht seine eigene Verfas-
ung nicht. Das ist leider eine Tatsache. Das Castro-Re-
ime weigert sich, diese Unterschriftensammlung anzu-
rkennen und ein entsprechendes Referendum in die
ege zu leiten. Im Gegenteil: Einem der Initiatoren des

arela-Projekts, Oswaldo Payá, wird es sogar verwei-
ert, Kuba für Auslandsreisen zu verlassen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Europäi-
che Union hat im vergangenen Jahr, indem sie die so
enannten politischen Maßnahmen gegenüber Kuba ge-
ockert hat, den Versuch gestartet, in einen kritischen
ialog mit Kuba einzutreten. Heute, ein Jahr später,
üssen wir feststellen, dass auch dieses Entgegenkom-
en der Europäischen Union auf der kubanischen Seite

eider keine Antwort gefunden hat. Castro bleibt der Be-
onkopf, der er ist. Er bewegt sich in keine Richtung.
eswegen muss auf dem bevorstehenden Lateinameri-
agipfel der Europäischen Union in Wien ein scho-
ungsloses und offenes Resümee gezogen werden.






(A) )



(B) )


Peter Weiß (Emmendingen)


(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: „Schonungslos“ auch mit dem Imperialismus der USA!)


Dazu gehört, dass wir uns auf eine, wie ich glaube,
gute Zukunftsstrategie einstellen müssen. Es ist offen-
kundig: Das aktuelle kubanische Regime unter Fidel
Castro ist weder reformwillig noch reformfähig. Den-
noch gibt es in Kuba, vor allen Dingen in den dortigen
Nichtregierungsorganisationen, viele Menschen, die be-
reit sind, den demokratischen Wandel ihres Landes
selbst in die Hand zu nehmen. Durch unsere Außenpoli-
tik, unsere Entwicklungszusammenarbeit und unsere
Menschenrechtspolitik sollten wir diejenigen stärken
und unterstützen, die den demokratischen Wechsel und
die Veränderung in Kuba selbst in die Hand nehmen
wollen. Ihnen sollten wir unsere Solidarität beweisen:
nicht nur durch Resolutionen des Bundestages, sondern
auch durch das konkrete Handeln in der deutschen Au-
ßenpolitik und in der Entwicklungszusammenarbeit.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Bedauerlich ist, dass die Mitgliedstaaten der Europäi-
schen Union in den vergangenen Monaten, was ihre Be-
ziehungen zu Kuba und vor allem ihren Umgang mit den
Dissidenten angeht, eine zum Teil sehr unterschiedliche
Praxis gewählt haben. Jetzt können wir im Bundestag so
viele Resolutionen beschließen, wie wir wollen, wir wis-
sen: Handlungsfähig sind wir und ernst genommen wer-
den wir international vor allem dann, wenn Europa mit
einer Stimme spricht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Deswegen habe ich an die Bundesregierung die herzli-
che Bitte, alles zu unternehmen, damit wir in der Euro-
päischen Union wieder zu einer einheitlichen, klaren, an
den Menschenrechten orientierten Kubapolitik finden
und diese gemeinsam vertreten. Im Interesse der Men-
schen in Kuba hoffe ich, dass wir damit Erfolg haben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1602515500

Kollege Weiß, wollen Sie Ihre Redezeit verlängern?

Der Kollege Dehm möchte Ihnen eine Zwischenfrage
stellen.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Dehm ist Menschenrechtsexperte! – Erika Steinbach [CDU/CSU]: Stasispitzel!)



Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1602515600

Ja.


Dr. Jörg-Diether Dehm-Desoi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1602515700

Herr Kollege, Sie haben Fidel Castro als Stalinisten

bezeichnet und auch die Fraktion der Linken in die Nähe

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(C (D es Stalinismus gerückt; wahrscheinlich würden Sie es it Che Guevara auch tun. Meine Frage an Sie: Wissen ie, dass der Stalinismus mit Millionen Toten, mit dem ulag verbunden ist? Ist dies nicht eine Verharmlosung es Stalinismus und eine Verhöhnung der Opfer? (Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie ist das, wenn man Biermann bespitzelt hat? – Zuruf von der CDU/CSU: Stehen bleiben! – Zuruf von der FDP: Die Hände aus den Taschen nehmen! – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Vergleich mit der DDR wäre besser gewesen!)



Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1602515800

Herr Kollege Dehm, die Verfolgung und Inhaftierung

olitischer Dissidenten in Kuba und die Behandlung der
ngehörigen dieser Dissidenten durch das kubanische
egime ist genau das, was Stalin und andere Machthaber
hnlicher Couleur uns vorexerziert haben.


(Zuruf von der LINKEN: Das ist ja unglaublich!)


Nun muss ich noch etwas zur Behandlung von Mit-
liedern der eigenen Partei oder Fraktion sagen; das ist
twas, das jede unserer Fraktionen betreffen kann. In al-
en Fraktionen des Deutschen Bundestages gibt es zu
erschiedenen Fragen unterschiedliche Meinungen.
ass aber Abgeordnete einer Partei, die auch im Deut-

chen Bundestag vertreten ist, die im Europäischen Par-
ament zu Recht zu dem stehen, was Europa ausmacht
das Bekenntnis zur Würde des Menschen und zu den
enschenrechten –, dafür gemaßregelt werden, wie sie

emaßregelt worden sind, das erinnert mich mehr an
talin als an Demokratie.


(Widerspruch bei der LINKEN)


Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1602515900

Ich erteile das Wort Kollegin Marina Schuster, FDP-

raktion.


(Beifall bei der FDP)



Marina Schuster (FDP):
Rede ID: ID1602516000

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegin-

en und Kollegen! Das Europäische Parlament hat An-
ang Februar die nach wie vor verheerende Menschen-
echtslage in Kuba kritisiert. Es hat die Mitgliedsländer
nd die EU-Institutionen aufgefordert, von Havanna un-
issverständlich eine Verbesserung der Situation einzu-

ordern. Das war eine wichtige Resolution unserer euro-
äischen Kollegen, der sich die FDP-Bundestagsfraktion
neingeschränkt anschließt.


(Beifall bei der FDP)


Die Entschließung des Europäischen Parlaments hat
inige Medienaufmerksamkeit erlangt: Denn ausnahms-






(A) )



(B) )


Marina Schuster
weise sind einzelne Mitglieder der deutschen Linken
quasi über ihren eigenen Schatten gesprungen und haben
sich erlaubt, an ihrer Ikone Fidel Castro zu kratzen. Er-
schreckenderweise sind offensichtlich noch nicht alle
Vertreter der Linken so weit, Wahrheiten beim Namen zu
nennen.

Wie ist denn die Lage in Kuba? Die meisten der muti-
gen Dissidenten des Varela-Projektes sitzen jetzt schon
drei Jahre unter katastrophalen Bedingungen in kubani-
schen Gefängnissen. Die Angehörigen dieser Inhaftier-
ten, die so genannten Damen in Weiß, werden in ihrem
Einsatz für ihre Angehörigen und für die Menschen-
rechte unterdrückt; mein Vorredner hat es zur Sprache
gebracht. Immer wieder werden Dissidenten willkürlich
zu hohen Haftstrafen verurteilt. Die Presse- und Mei-
nungsfreiheit wird vom Castro-Regime genauso unter-
drückt wie die Versammlungsfreiheit. Die freie Nutzung
des Internets wird den Kubanern verwehrt, weil das Re-
gime befürchtet, dass die Opposition sonst weiteren
Zulauf erhalten würde. Von einem sozialistischen Mus-
terland – in Anführungszeichen – ist Kuba trotz Verbes-
serungen bei der Alphabetisierung oder bei der Gesund-
heitsversorgung meilenweit entfernt.


(Beifall bei der FDP – Widerspruch bei der LINKEN)


Umso bedenklicher ist es, dass sich einige der linkspo-
pulistischen Führer, die kürzlich in Lateinamerika ge-
wählt wurden, ausgerechnet Havanna zum Vorbild zu
nehmen scheinen.

Das zeigt: Wir dürfen Kuba, wo Menschenrechtsver-
letzungen begangen werden, nicht weiter im doppelten
Wortsinn links liegen lassen. Wir dürfen uns nicht mit
der Haltung zufrieden geben, das Problem werde sich
aufgrund des hohen Alters des kubanischen Revolutions-
führers irgendwann von ganz alleine lösen. Das kann
nicht die Antwort auf die Verletzung von Freiheitsrech-
ten sein.


(Beifall bei der FDP)


Deshalb ist die heutige Debatte im Deutschen Bun-
destag so wichtig. Wir dürfen hierzu nicht schweigen.
Die FDP legt Ihnen aus diesem Grund einen eigenen An-
trag vor. Wir begrüßen zwar ausdrücklich den Antrag der
Grünen, in dem sie sich den Forderungen des Europapar-
laments anschließen, meinen aber, mit unserem Antrag
über die Forderungen der Grünen hinauszugehen und
konkretere Vorschläge zu machen.

Ich nenne Ihnen einige Punkte unseres Antrags:

Die Auslandsvertretungen der EU-Staaten in Havanna
müssen weiterhin ganz gezielt den Kontakt zu den Op-
positionellen und Dissidenten pflegen, auch wenn das
dem Castro-Regime nicht passt.

Europäische und deutsche Entwicklungshilfe für
staatliche Stellen in Kuba lehnen wir ab. Aber diese
Frage stellt sich, zumindest vorerst, nicht, weil Castro
selbst den Europäern die Entwicklungszusammenarbeit
verweigert. Wir halten die Eröffnung eines Goethe-In-
stituts für die wesentlich sinnvollere und wirkungsvol-
lere Maßnahme, weil so nicht staatliche Strukturen un-

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(C (D erstützt würden, sondern die Zivilgesellschaft nterstützt werden könnte. In dieselbe Richtung zielt unsere Forderung, die Ausauschmöglichkeiten im Schulund Bildungsbereich och weiter zu intensivieren. Wir glauben, dass das Internet eine wichtige Basis ur Stärkung der Informationsund Meinungsfreiheit in uba bieten könnte. Wir wollen gemeinsam nach Mög ichkeiten suchen, dieses Medium für die Kubaner beser zugänglich zu machen. Wir meinen, dass die Europäische Union zu einer kriischen Kubapolitik kommen muss, bei deren Formulieung sich auch die deutsche Bundesregierung stärker und ktiver einbringen muss. Wir sind gerne bereit, nach berweisung der Anträge an die Ausschüsse an einem nterfraktionellen Entschließungsantrag mitzuarbeiten; enn das wäre ein wichtiges, ein überparteiliches Signal n das Regime in Havanna. Vielleicht geschehen ja noch Zeichen und Wunder nd einige Kollegen der Linken im Deutschen Bundesag sind bereit, sich mit der Realität in Kuba kritisch ausinander zu setzen, o, wie das die drei linken Einzelkämpfer im Europaparament schon getan haben. Denn ich meine: Das Eintreen für die Freiheitsund Menschenrechte verdient und rfordert die breite Unterstützung in diesem Hohen Haus nd kein Wegschauen zugunsten eines fälschlicherweise omantisierten Bildes von Kuba als „Sozialismus unter almen“. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Zurufe von der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1602516100

Ich erteile das Wort Kollegen Christoph Strässer,

PD-Fraktion.


Christoph Strässer (SPD):
Rede ID: ID1602516200

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt, wie
chon gesagt worden ist, zu der heutigen Debatte keinen
igenen Antrag der Koalitionsfraktionen. Wir in der
PD-Fraktion sind der Auffassung, dass der richtige Ter-
in, intensiv über diese Problematik zu diskutieren, im
ai oder Juni sein wird, wenn es in Wien zum EU-Gip-

el zu Lateinamerika und der Karibik – er ist schon
enannt worden – kommen wird. Dann werden wir uns
it dem Schwerpunkt der Menschenrechtsverletzungen

n Kuba sehr vehement in diese Diskussion einmischen
nd werden sie begleiten. Sie können davon ausgehen,
ass wir uns in dieser Diskussion neben den anderen
hemen, um die es gehen wird, zu den Menschenrechts-
erletzungen in Kuba äußern werden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es besteht Anlass, dann über dieses Thema zu spre-
hen. In der aktuellen Diskussion über die Entschließung






(A) )



(B) )


Christoph Strässer
des EU-Parlaments ist über den Anlass zum Teil schon
gesprochen worden. Ich will das nicht alles wiederholen.

Ich möchte aber Folgendes deutlich machen: Wenn es
um Menschenrechte geht, höre ich von der linken Seite
den einen oder anderen Zwischenruf, wie zum Beispiel
das Stichwort „Folterverbot“.


(Zuruf von der LINKEN: Jawohl!)


Ich darf daran erinnern, dass wir in der Diskussion zum
Folterverbot vor circa einem Jahr in diesem Hause ge-
gen populistischen Widerstand und gegen populistische
Medienschelte klargestellt haben, dass das Folterverbot
in diesem unserem Land absolute Geltung hat, während
Ihr jetziger Fraktionsvorsitzender durchs Land gereist ist
und gesagt hat, man müsse in bestimmten Situationen
über Relativierungen nachdenken. Sie sollten erst vor Ih-
rer eigenen Haustür kehren, bevor Sie die Unantastbar-
keit der Menschenrechte ansprechen. Das will ich Ihnen
ganz deutlich sagen.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Es geht weiter: Ich bin mir sehr sicher, dass wir die
Diskussion über die Geltung der Menschenrechte in
Kuba auch in eine politische Diskussion mit einbetten
müssen. Auch kubanische Oppositionelle, die im Land
geblieben sind, sind wie ich der Auffassung, dass das
Helms-Burton-Gesetz und die Blockade der USA eben
nicht dazu beitragen, Kuba die Gelegenheit zu geben, an
bestimmten Stellen Fortschritte zu machen. Ich finde,
das sollte man auch politisch deutlich benennen, und das
tue ich an dieser Stelle.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Auch das will ich klar sagen: Damit ist aber nicht ver-
bunden, über das, was im Lande vorgeht und von dem
wir durch internationale Menschenrechtsorganisationen
wissen, zu schweigen. Dazu werden und dürfen wir nicht
schweigen.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Deshalb zitiere ich aus einem, wie ich hoffe, auch aus Ih-
rer Sicht unverfänglichen Bericht, nämlich dem Jahres-
bericht 2005 von Amnesty International:

Das US-Embargo und damit verbundene Sanktio-
nen wirken sich nach wie vor nachteilig auf die
wirtschaftlichen Rechte der Bürger aus.

Ich zitiere noch einmal und wiederhole:

… wirken sich nach wie vor nachteilig auf die wirt-
schaftlichen Rechte der Bürger aus.

Dem habe ich nichts hinzuzufügen. Das ist so. Wer das
aber zum Anlass nimmt, über die Verletzung der bürger-
lichen und der Freiheitsrechte auf dieser Insel zu schwei-
gen und die Verantwortlichen falsch zu benennen, der
betrügt die Menschen in Kuba, die im Knast sitzen, die
ausreisen und nichts anderes wollen, als ihre Meinung zu
sagen, und die in Europa zu Recht einen Menschen-

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(C (D echtspreis bekommen haben, den sie nicht annehmen ürfen. Dazu schweigen wir nicht. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich finde, das ist eine klare Aussage: Sie können die
lockadepolitik der USA doch nicht dafür verantwort-

ich machen, dass in Kuba Menschen im Knast sitzen,
eil sie ihre Meinung sagen wollen. Das geht doch wohl
icht. Das ist doch eine völlige Verkennung der allge-
einen Rechte, die wir uns lange erstritten haben.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Weil wir das ja unter menschenrechtlichen Aspekten
iskutieren, möchte ich an dieser Stelle auch noch ein-
al daran erinnern, dass das, was dort eingeklagt wird,

ichts Neues ist und auch nichts mit Imperialismus zu
un hat. Das ist das Einklagen der Allgemeinen Erklä-
ung der Menschenrechte aus dem Jahre 1948, in der
teht, dass jeder Mensch in der Lage sein muss und das
echt hat, sein Land zu verlassen und wieder dorthin zu-

ückzukehren, wann er es will.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


as ist in der Geschichte nicht immer praktiziert wor-
en, aber jetzt sollten wir es damit wirklich einmal ernst
einen. Unter diesem Aspekt glaube ich, dass es gut und

ichtig ist, die Menschenrechtslage in Kuba – eingebettet
n die politische Diskussion – zu thematisieren und darü-
er zu reden.

Ganz zum Schluss sei auch mir ein wenig Polemik
estattet. Ich habe einer Presseerklärung Ihrer Partei ent-
ommen – es war der letzte Satz –: Die PDS.Linkspartei
teht fest an der Seite des kubanischen Volkes.


(Beifall bei der LINKEN)


er solche Freunde wie Sie hat, der braucht keine Sorge
u haben, dass er keine Gegner mehr hat. Solche
reunde brauchen wir nicht. Wir werden im Deutschen
undestag dafür sorgen, dass das kubanische Volk aus
eutschland die Unterstützung für die Umsetzung seiner
irtschaftlichen, sozialen und Menschenrechte erhält,
ie es braucht.

Danke schön.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1602516300

Ich erteile Kollegen Michael Leutert, Fraktion Die

inke, das Wort.


(Beifall bei der LINKEN)



Michael Leutert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1602516400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu-

ächst: Ich freue mich sehr, dass die Linke im Bundestag
latz genommen hat und ich die Möglichkeit habe, hier
inen alternativen Standpunkt darzulegen.






(A) )



(B) )


Michael Leutert
Lassen Sie mich, damit keine Missverständnisse auf-
kommen, gleich am Anfang sagen: Auch die Linke weiß
sehr wohl, dass es in Kuba zu Verletzungen von Men-
schenrechten kommt.


(Zuruf von der FDP: Aha!)


Im Unterschied zu Ihnen haben wir mit den Kubanerin-
nen und Kubanern aber sehr oft darüber gesprochen. Das
Problem bei dieser Debatte ist doch, dass es Ihnen – das
haben Ihre Debattenbeiträge gezeigt – überhaupt nicht
um die Menschenrechte und die Menschen in Kuba geht.
Sie haben lediglich das Abstimmungsverhalten im Euro-
päischen Parlament und die Debatte in unserer Partei
dazu beobachtet.


(Patrick Döring [FDP]: Das stimmt nicht!)


Jetzt glauben Sie, unsere Fraktion mit solchen Anträgen
hier vorführen zu können.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mit Ihren Zurufen haben Sie sich selbst vorgeführt!)


– Herr Beck, es gab Zeiten, als Ihre Partei die Menschen-
rechte ernst genommen hat. Ich denke aber, dass diese
Zeiten, seit Sie ernsthaft meinten, die Menschenrechte
im Kosovo mit Bomben auf Belgrad verteidigen zu müs-
sen, vorbei sind.


(Beifall bei der LINKEN)


Sie haben unter dem Deckmantel der Menschenrechte
einen Krieg mit angezettelt, der Tausende von unschul-
digen Opfern gefordert hat. Das ist ein rein instrumentel-
les Verhältnis zu Menschenrechten. Ein solches Verhält-
nis lehnen wir ab – das ist bezeichnend –; denn das ist
unerträglich.


(Beifall bei der LINKEN – Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Was im Kosovo los war, haben Sie nicht gemerkt, oder?)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1602516500

Kollege Leutert, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Beck?


Michael Leutert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1602516600

Na klar.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602516700

Finden Sie, dass der Besuch von Herrn Gysi bei Herrn

Milošević die angemessene Antwort auf die Menschen-
rechtssituation im ehemaligen Jugoslawien war?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)



Michael Leutert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1602516800

Ja, Herr Beck, weil wir auf Dialog setzen, um die

Menschenrechtssituation zu verbessern. Hören Sie ein-
fach weiter zu. Dazu komme ich noch.


(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Punkt eins: Die erste Forderung bei Menschenrechten st, dass sie überall gleich gelten sollen. Punkt zwei: enschenrechtsverletzungen sollen überall da, wo sie tattfinden, gleichermaßen gerügt werden. In Bezug auf audi-Arabien oder die Volksrepublik China stelle ich inen völlig anderen Umgang als bei Kuba fest. ort wird über ökonomische Beziehungen und über Gepräche versucht, schrittweise eine Verbesserung der enschenrechte zu erreichen, was ich begrüße. Aber arum gehen Sie diesen Weg bei Kuba nicht? Das ist eine Frage. s gibt zum Beispiel einen Dialog über die Menschenechte mit China. Kuba ist auch mit den ehemals sozialistischen Staaten n Osteuropa nicht vergleichbar. n Kuba hat es eine Revolution gegen den absolut korupten Diktator Batista gegeben. as haben die USA bis heute nicht verkraftet. In Haanna gibt es keine offizielle Botschaft der USA. Aber s gab sehr wohl immer eine Botschaft der USA wähend des Pinochet-Regimes in Chile und unter dem Fachisten Franco in Spanien. (Christoph Strässer [SPD]: Nur, die sind doch weg!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Aha!)


(Christoph Strässer [SPD]: Das ist richtig!)


ort gab es offensichtlich nie Probleme.


(Beifall bei der LINKEN)


Von Anfang an haben die USA ein Embargo über
uba verhängt. Firmen werden Sanktionen angedroht,
enn sie Wirtschaftsbeziehungen zu Kuba unterhalten.
ekannt ist ebenso, dass die USA nicht bloß bereit dazu
aren, sondern die Invasion in der Schweinebucht tat-

ächlich durchgeführt haben. Bekannt dürfte auch Ihnen
ein, dass der demokratisch gewählte Präsident von
hile, Salvador Allende, in einem reaktionären Militär-
utsch gestürzt wurde, der von den USA und ihrem Ge-
eimdienst CIA unterstützt wurde.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt)


Ich möchte, dass zur Kenntnis genommen wird, dass
ich die Politik unter genau diesen Umständen in Kuba
ntwickelt hat. Diese Politik in Kuba hat verschiedene
eiten und ist differenziert zu bewerten.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602516900

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

ollegen Toncar von der FDP-Fraktion?


Michael Leutert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1602517000

Wenn das nicht von meiner Redezeit abgeht, ja.






(A) )



(B) )


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602517100

Nein, das geht es nicht.


Dr. Florian Toncar (FDP):
Rede ID: ID1602517200

Die Frage ist kurz. Wie ist die Haltung der Linkspar-

tei zu den beiden vorgelegten Anträgen?


(Zuruf von der LINKEN: Sie können doch wenigstens die Rede abwarten!)



Michael Leutert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1602517300

Hören Sie zu, ich komme gleich darauf zu sprechen.

Ich komme jetzt zu der Differenzierung. In Kuba gibt
es im Bildungs- und Gesundheitswesen Standards, wie
man sie in keinem anderen südamerikanischen Land fin-
det. Kuba hat Standards erreicht, die sich mit europäi-
schen Standards messen lassen können. Ich darf auch an
Folgendes erinnern: In der Allgemeinen Erklärung der
Menschenrechte wird in Art. 22 die soziale Sicherheit
garantiert. Das sollte man auch in Deutschland immer
wieder erwähnen.


(Beifall bei der LINKEN)


Ferner wird in Art. 26 das Recht auf Bildung festge-
schrieben.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deswegen soll man seine Meinung nicht sagen dürfen! Sie reden das Land schön, Herr Kollege, und zwar in unerträglicher Art und Weise!)


– Es geht um etwas anderes. Von solchen Leistungen
und Zusammenhängen ist in Ihren Anträgen niemals die
Rede gewesen. Solange so etwas nicht differenziert be-
trachtet wird, kann meine Fraktion einem solchen An-
trag niemals zustimmen.


(Beifall bei der LINKEN – Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ein Quark!)


Auch wir sind nicht einseitig. Wir sagen sehr wohl,
dass Kuba bei der Einschätzung seiner Sicherheitslage
einige falsche Schlussfolgerungen gezogen hat.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602517400

Herr Kollege, denken Sie an Ihre Redezeit. Sie geht

zu Ende.


Michael Leutert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1602517500

Ich bin gleich fertig. Ich habe sie so oft unterbrochen.

Daher bitte ich jetzt um Nachsicht.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602517600

Das wird nicht angerechnet. Gestatten Sie noch eine

Zwischenfrage des Kollegen Trittin, die Sie dann aller-
dings beantworten müssen?


Michael Leutert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1602517700

Ich komme zum Ende.

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(C (D (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er ist am Ende!)


Wir haben von Anfang an die Todesstrafe nicht nur in
uba kritisiert, sondern auch in den USA, in China und

nderen Ländern.


(Beifall bei der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602517800

Herr Kollege, Sie haben Ihre Redezeit überschritten.


Michael Leutert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1602517900

Wir aber führen diesen Dialog gemeinsam mit den

ubanerinnen und Kubanern.

Ich muss jetzt leider meine Rede beenden. Ich hätte
ür Sie noch einige Argumente parat. Aber Sie können
eine Rede gerne ausgehändigt bekommen.

Danke.


(Anhaltender Beifall bei der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602518000

Das Wort hat nun für die SPD-Fraktion der Kollege

ascha Raabe.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Sascha Raabe (SPD):
Rede ID: ID1602518100

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man
ie so reden hört, dann glaubt man fast, die ganze Welt
wingt den armen Fidel Castro, Menschen einzusperren
nd die Meinungsfreiheit zu missachten. Das ist doch lä-
herlich. Das können Sie keinem ernsthaft begreiflich
achen.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


In Kuba sagt man: „Jeder Kopf ist eine Welt“, doch
as nutzt es einem Menschen, die Welt im Kopf zu ha-
en, wenn er sich weder frei äußern noch reisen kann?
ine Gesellschaft kann sich nur entwickeln, wenn sie

rei ist – sowohl gedanklich als auch physisch. Entwick-
ungszusammenarbeit kann entscheidend dazu beitra-
en, dass Menschenrechte und Grundfreiheiten in einer
esellschaft implementiert werden.

Formal ist Kuba ein Partnerland der deutschen Ent-
icklungszusammenarbeit; doch 2003 hat die kubani-

che Regierung diese staatliche Entwicklungszusam-
enarbeit einseitig aufgekündigt. Das zeigt, dass diese
egierung ein falsches Verständnis von Entwicklungs-
artnerschaften besitzt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


enn bei der deutschen Entwicklungszusammenarbeit
eht es um Menschen und nicht um das politische Kal-
ül einer Regierung. Wir lassen uns nicht davon beein-
rucken, sondern setzen unsere Entwicklungszusam-
enarbeit über Nichtregierungsorganisationen wie die

irchlichen Hilfswerke und politischen Stiftungen fort.
ir wollen auch weiterhin Wandel durch Entwicklung






(A) )



(B) )


Dr. Sascha Raabe
und Zusammenarbeit erreichen und wir werden die ku-
banische Bevölkerung nicht ausgrenzen, sondern stär-
ken.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Gleichwohl ist unsere Position zu den Menschen-
rechtsverletzungen durch die kubanische Regierung
glasklar. Wir erkennen durchaus an, dass für lateinameri-
kanische Verhältnisse die Sozial-, Gesundheits- und Bil-
dungspolitik in Kuba nicht schlecht ist.


(Zurufe von der LINKEN: Ach!)


Wir kritisieren auch die US-Blockadepolitik, die in ge-
wisser Weise das System stabilisiert und der Bevölke-
rung schadet. Wir haben in diesem Hause schon genug
Beschlüsse zu den Menschenrechtsverletzungen in
Guantanamo Bay gefasst.

Aber – jetzt müssen Sie genau zuhören – dass die
Zahl der politischen Gefangenen im Jahr 2005 auf über
333 gestiegen ist, ist nicht hinnehmbar. Das verurteilen
wir. Deshalb stehen wir ohne Abstriche zu der Resolu-
tion des Europäischen Parlaments und wir unterstützen
die Parlamentarier, die sich dafür ausgesprochen haben.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


Wir verurteilen auch das Vorgehen des Parteivorstan-
des der Linkspartei.


(Lachen bei der LINKEN)


Durch Ihre Haltung beweisen Sie, dass Ihre Führungs-
kräfte die Rede- und Meinungsfreiheit nicht ernst mei-
nen, sondern Ihren eigenen Kollegen einen Maulkorb er-
teilen wollen. Durch ihre unkritische Unterstützung der
kubanischen Regierung entlarvt sich Ihre Linkspartei. Es
ist eben keine Linkspartei, sondern es ist die PDS/ML,
die alte SED mit Oskar Lafontaine an der Spitze,


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


einem Oskar Lafontaine, der unser demokratisch ge-
wähltes Parlament als „Schweinebande“ und „Plapper-
fritzen“ diffamiert, während er mit Castros Genossen un-
geniert Rotwein trinkt und mit Castro Zigarren qualmt.


(Lachen bei der LINKEN)


Es gab schon einmal einen rechten Populisten – näm-
lich Roland Schill –, der aus Hamburg nach Kuba aus-
wandern wollte. Dort könnte er sich gut mit Ihrem Oskar
Lafontaine treffen. Rechts- und Linkspopulisten gehören
vielleicht dorthin, aber nicht in den Deutschen Bundes-
tag.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602518200

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Gehrcke von der Fraktion Die Linke?

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(C (D Ja. Bitte sehr. Herr Kollege, wollen Sie zur Kenntnis nehmen, dass ch die Zigarren aus Kuba immer Gerhard Schröder und icht Oskar Lafontaine mitgebracht habe, der nach meier Kenntnis gar nicht raucht? Was die Erklärung des Parteivorstandes der Linksparei angeht, haben wir zwar unseren Kollegen im Europaarlament gesagt, dass wir anders abgestimmt hätten; ir haben aber ihr Recht, so abzustimmen, wie sie abge timmt haben, stets unterstrichen und nur darauf hingeiesen, dass Folgendes unsere Zustimmung nicht gefunen hätte: eine einseitige Schuldzuweisung an Kuba, die ormalisierung der Beziehungen zur Europäischen nion vereitelt zu haben, und die Aufforderung an den at, Maßnahmen zu ergreifen. Wir stellen keine Blanko checks aus. Ich finde, eine solche Kritik ist in einer Parei angemessen. Ich frage Sie, ob Sie den Text der Entcheidung des Parteivorstands überhaupt gelesen haben. Ja, ich habe den Text gelesen, auch wenn es ein grö eres Vergnügen gibt, als so einen unmöglichen Text zu esen. arin steht, dass die Linkspartei der Auffassung ist, dass as kubanische Modell bis heute positiv auf Lateinameika ausstrahle. (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Zuruf von der SPD: Oh nein!)

Dr. Sascha Raabe (SPD):
Rede ID: ID1602518300
Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602518400
Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1602518500

(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Sascha Raabe (SPD):
Rede ID: ID1602518600

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


er einen solchen Unsinn erzählt, dass nämlich Unter-
rückung, Repression und Missachtung der Meinungs-
reiheit auf ganz Lateinamerika ausstrahlen sollen, der
st noch dem alten Denken verhaftet, dem sich die Mehr-
eit Ihrer Mitglieder verpflichtet gefühlt hat. Der
ünscht sich die DDR zurück und ist vielleicht in Kuba
esser aufgehoben als hier.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


Ich möchte in meiner Rede ein weiteres kubanisches
prichwort zitieren: Ein Licht, das von innen her leuch-

et, kann niemand löschen. – Wir, der Deutsche Bundes-
ag, fordern Herrn Castro auf, die Millionen Lichter zu
ehen, die in den Herzen der Kubaner auf der ganzen
elt leuchten. Es ist nicht das Staatsmodell, das strahlt.

s ist eine Verhöhnung der unterdrückten kubanischen
enschen, wenn Sie von der Linkspartei sagen, dass das

ubanische Modell bis heute positiv auf Lateinamerika
usstrahle. Sie von der Linksfraktion sollten höchstens
or Schamesröte strahlen. Wer auf dem linken Auge so






(A) )



(B) )


Dr. Sascha Raabe
blind ist wie Sie, der sollte in Zukunft Worte wie „Soli-
darität“ und „Gerechtigkeit“ nicht mehr in den Mund
nehmen. Vom Freiheitsbegriff haben Sie sowieso keine
Ahnung.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Wir Sozialdemokraten werden den Dialog mit der
kubanischen Bevölkerung fortsetzen. Wir wollen des
Weiteren Wandel und Entwicklung auf Kuba durch Zu-
sammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen er-
möglichen. Wir werden uns aber weiterhin ganz klar zu
den dortigen Menschenrechtsverletzungen äußern. Es
stünde Ihnen gut an, meine Damen und Herren von der
Linksfraktion, wenn Sie sich daran beteiligten, anstatt in
alte Zeiten zurückzufallen und uns, das demokratisch ge-
wählte Parlament, durch Ihren Fraktionsvorsitzenden be-
schimpfen zu lassen, während Sie sich gemeinsam mit
den demokratisch nicht legitimierten Machthabern Ku-
bas irgendwo an den Strand in die Sonne legen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602518700

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen auf
den Drucksachen 16/934 und 16/945 zu überweisen, und
zwar zur federführenden Beratung an den Ausschuss für
Menschenrechte und Humanitäre Hilfe und zur Mitbera-
tung an den Auswärtigen Ausschuss sowie den
Ausschuss für Kultur und Medien. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann sind die Überwei-
sungen so beschlossen.

Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe,
will ich auf den Debattenverlauf in der gestrigen Aktuel-
len Stunde Bezug nehmen. In diesem Debattenverlauf
hat die Kollegin Claudia Roth gegenüber dem Kollegen
Dirk Niebel die Bemerkung „Herr Kollege, sind Sie be-
scheuert?“ geäußert. Weder meine Schriftführer noch ich
haben dies akustisch zur Kenntnis nehmen können; es
war hier oben nicht zu hören. Ich habe deshalb gestern
nicht darauf reagiert. Nun ist diese Bemerkung aus dem
Protokoll ersichtlich. Ich möchte deshalb darauf hinwei-
sen, dass ich die Bemerkung „Herr Kollege, sind Sie be-
scheuert?“ als unserem parlamentarischen Sprachge-
brauch nicht angemessen erachte, und erteile deshalb
eine Rüge.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Nun rufe ich den Tagesordnungspunkt 10 auf:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Vereinfachung der abfallrechtlichen Über-
wachung

– Drucksache 16/400 –

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(C (D Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit – Drucksache 16/970 – Berichterstattung: Abgeordnete Michael Brand Gerd Bollmann Horst Meierhofer Lutz Heilmann Sylvia Kotting-Uhl Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre azu keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem ollegen Gerd Bollmann von der SPD-Fraktion. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)



Gerd Bollmann (SPD):
Rede ID: ID1602518800

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

rfolgreiche Abfallpolitik muss einfach und effizient
ein. Abfallpolitik heißt für uns Sozialdemokraten in ers-
er Linie Abfallvermeidung. Entstehender Abfall muss
ach Möglichkeit sinnvoll recycelt, das heißt stofflich
der rohstofflich wieder verwendet werden. Ganz beson-
ers wichtig ist jedoch, dass Entstehung, Zwischenlage-
ung, Transport und die Verwertung bzw. die Beseiti-
ung von Abfällen Mensch und Umwelt nicht
efährden. Zur Erreichung dieser Ziele gibt es zahlreiche
esetze, Verordnungen und auch entsprechende Über-
achungsvorschriften. Diese Vorschriften sind jedoch

eilweise zu bürokratisch und behindern eine wirksame
berwachung im Abfallrecht mehr, als dass sie zur Er-

eichung unserer Ziele beitragen. Die Praxis hat gezeigt,
ass einzelne Bestimmungen in der abfallrechtlichen
berwachung nur eine Papierflut auslösen, ohne dass

s zu einem erkennbaren Nutzen für den Umweltschutz
ommt. Es ist daher notwendig und sinnvoll, die abfall-
echtliche Überwachung zu vereinfachen.

Der heute vorgelegte Gesetzentwurf leistet dies und
tellt vor allen Dingen sicher, dass eine Gefährdung von
ensch und Umwelt nicht stattfindet. Mit dem Gesetz

ur Vereinfachung der abfallrechtlichen Überwachung
eagieren wir auf Forderungen von Umweltverbänden,
erwaltung und Unternehmen. Mit der Vereinfachung
es Vollzugs helfen wir den Umweltbehörden bei der
ontrolle. Wir senken den Vollzugsaufwand und entlas-

en Unternehmen. Einfach ausgedrückt: Wir bauen Bü-
okratie ab, verringern Personalkosten und sparen Zeit.
as Wichtigste aber ist: Die Vereinfachung sorgt für eine

ffizientere Überwachung und damit für eine Stärkung
es Umweltschutzes.

Der vorliegende Gesetzentwurf ist damit ein Teil des
on der Koalition geplanten Bürokratieabbaus. Er ist
in gutes Beispiel dafür, wie Bürokratieabbau funktio-
ieren muss. Bürokratieabbau heißt unserer Ansicht
ach Abbau unnötiger Vorschriften und effizienter Voll-
ug. Keinesfalls darf Bürokratieabbau zu der Senkung






(A) )



(B) )


Gerd Bollmann
von Umweltstandards, Sozialstandards und Verbraucher-
rechten führen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie der Abg. Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Wir müssen verhindern, dass unter dem Deckmantel des
Bürokratieabbaus Arbeitnehmerrechte sowie Beteili-
gungsrechte von Bürgern und Verbänden abgebaut wer-
den. Insbesondere im Umweltbereich darf Bürokratieab-
bau nicht zu einem geringeren Schutz von Mensch,
Natur und Umwelt führen. Wir müssen die Mitsprache-,
Beteiligungs- und Einspruchsrechte von Bürgern und
Verbänden erhalten. Andererseits gibt es im Umwelt-
schutz vielfältige Beispiele für sinnlose Bürokratie wie
Mehrfachprüfungen, doppelte Zuständigkeiten, überflüs-
sige Formulare, veraltete Verfahren und vieles mehr.
Hier gilt es zu vereinfachen. Unser Ziel muss es sein,
den Aufwand zu verringern und damit gleichzeitig einen
effizienteren Umweltschutz zu erreichen. Diesen Weg
wollen wir weitergehen. Die Voraussetzung erfüllt der
Entwurf zur Vereinfachung der abfallrechtlichen Über-
wachung.

Im Kern geht es bei dem heute vorgelegten Gesetzent-
wurf darum, das deutsche Abfallrecht mit dem EU-
Recht zu harmonisieren und moderne Kommunika-
tionstechniken in der abfallrechtlichen Überwachung
einzuführen. Mit der Anpassung an das europäische
Gemeinschaftsrecht erleichtern wir die Tätigkeit grenz-
überschreitender Unternehmen. Dies ist in Zeiten zuneh-
mender Globalisierung für die Wirtschaft von großer
Bedeutung. Darüber hinaus wird die reibungslose Um-
setzung künftiger Änderungen verbessert. Gleichzeitig
wird sowohl im abfallrechtlichen Nachweisverfahren als
auch in den Einzelverordnungen über die Verwertung
und Beseitigung bestimmter Abfälle die elektronische
Form eingeführt. Damit werden die heutigen techni-
schen Möglichkeiten genutzt, um die Nachweisführun-
gen zu vereinfachen.

Nach dem derzeit gültigen Recht werden den zustän-
digen Überwachungsbehörden rund 125 000 Entsor-
gungsnachweise und 2,5 Millionen Begleitscheine pro
Jahr zur Prüfung vorgelegt. Mit der Umstellung auf elek-
tronische Nachweisverfahren verringern wir diesen un-
glaublichen Papierwust und helfen allen Beteiligten. Die
Nutzung moderner Kommunikationswege entlastet Be-
hörden und Unternehmen und vereinfacht den Datenaus-
tausch. Vor allem aber ermöglicht das neue Verfahren
eine schnellere und effizientere Überwachung. Wir pas-
sen das Verfahren den in vielen Unternehmen und öf-
fentlichen Dienststellen bereits üblichen elektronischen
Kommunikationsformen an. Uns ist bewusst, dass die
Umstellung für einige Beteiligte anfangs auch Probleme
bereiten wird. Darum sind beim Vollzug Übergangsfris-
ten und Abweichmöglichkeiten eingeräumt worden.
Letztendlich werden aber alle Beteiligten bei entspre-
chender Bereitschaft von dem neuen System profitieren.

Weiterhin werden in einzelnen Überwachungsberei-
chen wichtige Vereinfachungen vorgenommen. Diese
Vereinfachungen betreffen insbesondere Vorschriften,
die in der Vergangenheit keinen Beitrag zur Verbesse-

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(C (D ung der Abfallwirtschaft leisteten. Beispielsweise hat ie Pflicht zur Führung betrieblicher Abfallkonzepte und bilanzen keine positiven Auswirkungen gehabt. Zuünftig entfällt daher diese Pflicht. Dieses Gesetz ist im intensiven Dialog mit den Bunesländern und der Wirtschaft entstanden. Noch in den etzten Wochen wurden auf Initiative Bayerns Ändeungswünsche der Bundesländer eingearbeitet. Es wurde um Beispiel eine Bußgeldbewehrung für Verstöße geen das elektronische Nachweisverfahren aufgenomen. Dies wird von der SPD-Fraktion ausdrücklich be rüßt. Dabei wird jedoch auch sichergestellt, dass die ußgeldbewehrung nur gewichtige Verstöße betrifft. iese Änderung ist, wie die weiteren Verbesserungen, it den beteiligten Ministerien und Ländern abgespro hen. Die intensiven Gespräche und Beratungen sichern iesem Gesetz eine breite Akzeptanz. Der vorgelegte ntwurf ist ein gutes Beispiel für die Verbesserung von ffizienz und Umweltschutz durch Bürokratieabbau. ir halten ihn für sinnvoll und notwendig und bitten um hre Unterstützung. Vielen Dank. Das Wort hat nun der Kollege Horst Meierhofer für ie FDP-Fraktion. Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! it diesem Gesetzentwurf zur Vereinfachung der abfall echtlichen Überwachung soll einerseits das deutsche echt an die europäischen Vorgaben sowohl in technoloischer als auch in struktureller Hinsicht angepasst weren. Zugleich sollen durch den hier vorliegenden Enturf die Unternehmen der Wirtschaft und auch die ollzugsbehörden von nicht notwendigen bürokratichen und arbeitsaufwendigen Pflichten entlastet weren. Die FDP begrüßt ausdrücklich das Ziel dieses Gesetzntwurfs. Durch ihn verbessert sich die Effizienz der aballrechtlichen Überwachung. Bürokratie wird abgebaut nd zugleich wird der abfallrechtliche Überwachungsaparat dereguliert. Das Beste ist: Das alles geschieht ohne egliche Qualitätseinbußen. Um ein kleines bisschen Wasser in den Wein zu gieen: Der Bundesregierung und den Koalitionsfraktionen ar bereits Mitte Januar dieses Jahres bekannt, dass es u Doppelungen in diesem Gesetz und im Bürokratiebbaugesetz kommt. Aber erst in dieser Woche – ich laube, es war vorgestern – wurden Änderungsund treichungsanträge an uns weitergegeben. Wäre man oshaft, könnte man sagen: Das ist eine Schlamperei. ber gutmütig, wie wir nun einmal sind, sagen wir: Bes er spät als nie. Jetzt haben wir ja ein gutes Resultat. Horst Meierhofer Eine europaweit einheitlich geregelte Überwachung erleichtert natürlich den Vollzug, insbesondere bei grenzüberschreitenden Abfalltransporten in andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Wir als Liberale wollen, dass die abfallrechtlichen Vorgaben in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ein einheitlich hohes Niveau erreichen. Deshalb fordern wir die Bundesregierung auf, sich in allen Gesprächen auf europäischer Ebene auch weiterhin dafür einzusetzen, dass dieser hohe Standard überall in Europa erreicht wird und dass die Überwachungsbestimmungen zudem überall unbürokratisch ausgestaltet werden. Sie alle wissen, dass die bisherige abfallrechtliche Überwachung einen enormen bürokratischen Aufwand darstellte – Herr Bollmann hat mehrfach darauf hingewiesen –, nicht nur für die Überwachungsbehörden, sondern auch und vor allem – das ist wahrscheinlich das Entscheidende – für die betroffenen Unternehmen. Mit der Einführung eines bundesweiten EDV-Verbunds zwischen Wirtschaft und Überwachungsbehörden durch ein elektronisches Nachweisverfahren – so wird es genannt – soll die abfallrechtliche Überwachung erheblich erleichtert werden. Auch wir glauben, dass dies geschieht. Gerade für die kleinen und mittelständischen Unternehmen ist es ein großer Vorteil. Deshalb begrüßen wir es außerordentlich. Dass die bisherige abfallrechtliche Überwachung einen immensen bürokratischen Aufwand bedeutete, sieht man, wenn man sich vergegenwärtigt, dass für die – wie es bisher hieß – „besonders überwachungsbedürftigen Abfälle“ – zukünftig nur „gefährliche Abfälle“ genannt – bislang bundesweit jährlich etwa 60 000 Entsorgungsnachweise, 20 000 Sammelentsorgungsnachweise und 1,5 Millionen bis 2 Millionen Abfallbegleitscheine – Herr Bollmann hat sie bereits angesprochen – ausgestellt und natürlich auch kontrolliert werden mussten. Solche Papierberge soll es künftig nicht mehr geben. Das ist ein Fortschritt, den die FDP-Fraktion natürlich sehr begrüßt. Man muss bedenken – auch da haben mich die Ausführungen von Herrn Kollegen Bollmann sehr positiv gestimmt –, dass die kleinen Unternehmen nicht überfordert werden dürfen. Es ist nämlich nicht so, dass auch die kleinen Abfallentsorger bereits jetzt über sämtliche Möglichkeiten hinsichtlich Hardware und Software verfügen, um diese Systeme sofort umzustellen. Deswegen braucht man zum einen die genannten Fristen und zum anderen sollte der Aufwand bei den Hardwareanforderungen so gering wie möglich gehalten werden und sollten auch die Softwareprogramme so ausgestaltet werden, dass sie einfach und ohne großen Aufwand genutzt werden können. Eines der Ziele der Abfallwirtschaftskonzepte bzw. der Abfallbilanzen war es, den Betrieben, die große Mengen an Abfällen produzieren, Planungsinstrumente zu reichen, damit sie ihr Abfallaufkommen verringern können. Es hat sich aber leider gezeigt, dass die Vorga b n m G v v V w t d K m m r f C W B s B k D c S t d l V C r a Z d m i V m s g w h d z l (C (D en der Abfallwirtschaftskonzeptund -bilanzverordung in ihrer praktischen Umsetzung für die Unternehen zu starr und zu unflexibel waren und aus diesem rund leider nicht gefruchtet haben. Deswegen ist es ollkommen richtig, sowohl die Pflicht zur Aufstellung on Konzepten und Bilanzen als auch die entsprechende erordnung zu streichen. Wir als FDP werden dem Gesetzentwurf zustimmen, eil wir für Entbürokratisierung und Deregulierung ein reten, in allen Bereichen und gerade in diesem. Wir forern die Bundesregierung zugleich auf, von den in das reislaufwirtschaftsund Abfallgesetz neu aufgenomenen Rechtsverordnungsermächtigungen mit Augenaß Gebrauch zu machen, damit dieser wichtige und ichtige Schritt, den wir hier heute tun, in vollem Umang Wirkung zeigt. Herzlichen Dank. Das Wort hat nun der Kollege Michael Brand, CDU/ SU-Fraktion. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ir als CDU/CSU begrüßen natürlich sehr, dass der und und die Länder mit der Einführung der elektroni chen Nachweisführung für gefährliche Abfälle allen eteiligten die Tür öffnen zu effizienter, moderner und ostengünstiger Handhabung ihrer jeweiligen Pflichten. iese Pflichten, die sich aus der notwendigen Überwa hung von gefährlichen Abfällen ergeben, bestehen zum chutz der Umwelt und sie sollten den Informationsaus ausch zwischen den Beteiligten im kompletten Verlauf er so genannten Entsorgungskette ebenso effizient und ückenlos ermöglichen wie die Überwachung durch die ollzugsbehörden der Länder. Wir stimmen als CDU/ SU diesem Weg, im Übrigen nicht nur im Umweltbe eich, ausdrücklich zu und wir verfolgen dabei die vor llem für die mittelständische Wirtschaft so wichtigen iele: Effizienz und weniger Bürokratie. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Marco Bülow [SPD])


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602518900

(Beifall bei der FDP)

Horst Meierhofer (FDP):
Rede ID: ID1602519000

(Beifall bei der FDP)





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(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602519100

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Michael Brand (CDU):
Rede ID: ID1602519200

Dies ist der Bundesregierung in Zusammenarbeit mit
en Ländern und unter tatkräftiger Mithilfe des Parla-
ents auch zum größten Teil gelungen. Eine Beratung

m Parlament wäre aber keine Beratung, wenn wir als
ertreter des Souveräns unsere Aufgabe nicht ernst neh-
en würden, der Exekutive auch noch ein paar gute Rat-

chläge oder, anders gesagt, ein paar gut gemeinte Vor-
aben zu machen. Über einige wenige Vorgaben für die
eitere Handhabung der Nachweispflichten möchte ich
ier deshalb kurz sprechen.

Vor einigen Wochen habe ich hier im Deutschen Bun-
estag für die Union vorgetragen, dass wir eine Einigung
wischen der Bundesregierung und den Ländern im
aufenden Verfahren empfehlen. Mittlerweile hat es






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(B) )


Michael Brand
zwischen den beteiligten Ministerien auf Bundes- und
Länderebene insbesondere einen Austausch darüber ge-
geben, ob und, wenn ja, in welcher Höhe es Bußgelder
für diejenigen geben müsse, die sich zukünftig gegebe-
nenfalls nicht oder nicht wie gefordert an diesem zu-
künftigen elektronischen Verfahren beteiligen. Nun gibt
es zwischen den Beteiligten durchaus unterschiedliche
Ansichten darüber, wie weit der Staat gehen soll, um die
so genannten Nachweispflichtigen dazu zu veranlassen,
ihren Pflichten nachzukommen. Die Länder redeten von
Beginn an davon, dass ein Bußgeld erforderlich ist. Der
Bund dagegen hielt dies für nicht erforderlich.

Die Länder haben nun mit dem Bund einen Kompro-
miss gefunden, der sozusagen ein „Bußgeld light“ vor-
sieht, zum Teil aber den Anwendungsbereich für das
Bußgeld ausweitet. Wir als CDU/CSU sehen dies mit ei-
ner gewissen Sorge. Wir regen insbesondere an, im wei-
teren Verfahren, vor allem bei der Nachweisverordnung
– Herr Meierhofer hat das angesprochen –, klare Gren-
zen einzuziehen, um eine Überbürokratisierung und Ver-
unsicherung der verantwortlich arbeitenden Mittel-
ständler zu verhindern. Wenn diese Mittelständler
gefährliche Abfälle ordnungsgemäß und verantwortlich
behandeln und mit ihnen sorgsam umgehen, dann dürfen
sie nicht mit der Bußgeldkeule erschlagen werden.

Ich will es einmal deutlich formulieren: Vor allem
kann es nicht sein, dass in der Phase der Einführung der
elektronischen Nachweisführung die Behörden qualifi-
zierte Betriebe deshalb „unter Beschuss“ nehmen kön-
nen, wenn zwar die Hauptsache ordentlich erledigt
wurde, aber der dazugehörende „Papierkram“ nicht erle-
digt wurde oder – ich muss es präziser sagen – der „elek-
tronische Kram“ nicht oder noch nicht perfekt funktio-
niert. Es darf im Übrigen auch nicht so sein, dass der
kleine und mittelständische Betrieb durch eine Praxis der
Umweltministerien benachteiligt wird, die auf zu viel
elektronische Wege setzt und damit die Kleinen gegen-
über den Großen mit ihren Spezialisten benachteiligt.
Das ist das, was der Kollege Bollmann eben ausgeführt
hat. So habe ich gestern auch die Ausführungen vom
Kollegen Meierhofer im Ausschuss verstanden und es
hat tatsächlich Hinweise auf eine solche Praxis aus ver-
gangener Zeit, zum Beispiel in Grün-geführten Umwelt-
ministerien, gegeben, die nicht im Einzelnen geprüft,
wohl aber für die kommende Praxis beachtet werden
müssen. Insofern unterliegen natürlich auch die Länder
als Ebene des praktischen Vollzugs unserer Beschlüsse
einer Beobachtung durch den Verordnungsgeber Bun-
destag.

Ich bitte auch vor diesem Hintergrund den Bun-
desumweltminister und ehemaligen Ministerpräsidenten
Gabriel, den ausdrücklichen Hinweis der CDU/CSU im
Deutschen Bundestag auf einen fairen Umgang mit den
Recyclingunternehmen in den in den nächsten Tagen an-
stehenden Beratungen im Bundesumweltministerium
ebenso wie in der anstehenden Sitzung des Umweltaus-
schusses des Bundesrates – er tagt in der nächsten Wo-
che, am 23. März – zu berücksichtigen.

Wenn das elektronische Verfahren vor allem auf
Druck der Länder schon vor der Einführung mit Buß-

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(C (D eldandrohungen gekoppelt werden soll und eben nicht ie weniger scharfe Möglichkeit eines Zwangsgeldes geählt wurde, dann muss umso mehr auf sorgfältig forulierte und unmissverständliche Ausführungsbestimungen Wert gelegt werden. Nachdem uns dies auch om BMU signalisiert worden ist, fiel uns als CDU/CSU ie dem Ausschuss insgesamt die Zustimmung zu dem rundsätzlich sehr sinnvollen vorliegenden Gesetz noch inmal leichter. Wir gehen bei diesem wie bei anderen Gesetzesvorhaen als CDU/CSU davon aus, dass der Bundesumweltinister und das ihm unterstehende Ministerium den ge ebenen Respekt vor dem Parlament auch dadurch msetzen, dass die Abgeordneten nicht mit Fristen für urzfristige Änderungen konfrontiert werden, die eine rnsthafte Prüfung schwer bis unmöglich machen. Nachem wir auch in dieser Hinsicht klare Signale aus dem MU erhalten haben, freuen wir uns auf die weitere Areit an diesem Umweltbereich ebenso wie bei anderen wischen BMU und Parlament besprochenen Themen. In diesem Zusammenhang muss sicherlich auch die erpackungsverordnung genannt werden, die von der eitung des BMU im Ausschuss schon länger zur Bera ung angekündigt wurde. Sie hat vor allem deshalb Beeutung, weil aktuell das Thema „Gelbe Tonne“ bzw. Grüner Punkt“ auf allen Ebenen, von Umweltministeronferenz über die LAGA bis hin zu Kommunen und naürlich im Handel, Industrie und Entsorgungswirtschaft, assiv diskutiert wird und es einen echten Handlungsbe arf gibt. Man kann es in den Publikationen, in den Fachbeiträen lesen: Wenn die bevorstehende Einführung der „tritinschen Pfandregelung“ – schade, dass Herr Trittin eute nicht hier ist; beim letzten Mal hat er ja ordentlich etobt, aber heute hat er sich etwas weggeduckt – dazu ührt, dass sozusagen als Nebenwirkung die erfolgreiche aushaltsnahe Sammlung von Verpackungen zusammenricht, dann werden wir alle hier im Hohen Haus poliisch zur Verantwortung gezogen durch den Vorwurf, wir ätten uns um dieses Thema nicht ausreichend gekümert. In die laufende Debatte um die Kommunalisie ung, einen nochmaligen Verkauf des DSD und die reale efahr, dass letztlich die Finanzierung der kommunalen ntsorgungsstrukturen bedroht sein könnte, muss sich er Bund aktiv einschalten. Nachdem der Bundesumweltminister mit gutem rund die letzte Beratung des hier vorliegenden Gesetz ntwurfes für Ausführungen zu einem aktuellen Thema enutzt hat, muss auch ein Vertreter aus dem Umweltusschuss die Verantwortung wahrnehmen, auf dieses rängende und Millionen von Menschen betreffende hema deutlich hinzuweisen, was ich hiermit bereits ge an habe. Für den uns vorliegenden Gesetzentwurf zur elektroischen Nachweisführung bei gefährlichen Abfällen ann ich jedenfalls die Zustimmung der CDU/CSU erlären und die anderen Fraktionen ebenfalls zur Zustimung einladen. Vielen Dank. Das Wort hat nun die Kollegin Eva Bulling-Schröter, Fraktion Die Linke. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister! Im Ausschuss haben die Grünen gestern vertreten, dass sie, was den Bürokratieabbau beträfe, zwischen FDP und Linken säßen. Erstere würden ständig undifferenziert den Abbau aller Regularien fordern und Letztere, also wir, ein Mehr an Kontrolle, so auch bei der abfallrechtlichen Überwachung. Ich möchte hier noch einmal einiges richtig stellen. Die Linke hat ausdrücklich die Vereinfachung der abfallrechtlichen Überwachung begrüßt. Wir sind dafür, dass die elektronischen Begleitscheine eingeführt werden und die überholte Zettelwirtschaft endlich aufhört. Wir haben uns lediglich erlaubt, zu kritisieren, dass bereits im letzten Sommer die Pflicht zur Erstellung betrieblicher Abfallbilanzen und Abfallwirtschaftspläne weggefallen ist. Wir halten diese Instrumente nämlich für sinnvoll. Schließlich dienten sie der betriebsinternen Planung genauso wie den Überwachungsbehörden. Gleichzeitig möchte ich erneut darauf hinweisen, dass neben dem wunderschönen Gesetzeswerk eine nicht mehr ganz so wunderbare Praxis existiert, in der die illegale Abfallentsorgung momentan neue Blüten treibt. Wenn Tausende Tonnen deutschen Mülls in Tschechien landen, dann hat das offensichtlich auch mit Problemen beim Vollzug der abfallrechtlichen Überwachung zu tun. Die Sache ist doch die: Einige Firmen verlagern ihre Scheinverwertung in Deutschland, die sie bis zur Schließung der Deponien im Juni 2005 betreiben konnten, nun ins Ausland. Nach Prognosen verschiedener Institutionen müssten jährlich bundesweit etwa 4 bis 5 Millionen Tonnen behandlungsbedürftiger Abfälle, die bis letztes Frühjahr hierzulande entgegen gesetzlichen Vorschriften auf Billigdeponien landeten, nunmehr Vorbehandlungsanlagen zugeführt werden. Das kostet Geld; das ist klar. Deshalb ist es wenig verwunderlich, dass skrupellose Unternehmen Vollzugsdefizite ausnutzen, um den Müll im Ausland loszuwerden. Osteuropa bietet sich da momentan besonders an – das wissen wir alle –, weil hier EU-konforme Verwaltungen noch im Aufbau sind. In diesem Zusammenhang wurde im Ausschuss darauf hingewiesen, dass dieses Vorgehen kriminell sei und nicht eine Folge von Gesetzeslücken. Liebe Kolleginnen und Kollegen, in diesem Punkt haben Sie formal Recht. Wenn aber der Vollzug faktisch nicht möglich ist, dann scheint doch etwas an der Gesetzeslage nicht zu stimmen. Oder? Vielleicht sollten wir uns einmal vor Augen führen, was momentan an den Ostgrenzen der Bundesrepublik passiert. Herr Meierhofer, i l u c A P 2 i D n k g z o m M s Z D l f S w u o s F g h B V d d d d g I e a s a m A e a (C (D ch empfehle Ihnen, in Ihrer regionalen Zeitung nachzuesen, was zu diesem Thema geschrieben wird. Der Umfang der deutschen Exporte von gefährlichen nd deshalb notifizierungsbedürftigen Abfällen nach Tschehien und Polen ist förmlich explodiert. Die Masse der bfälle, die zur Verwertung nach Tschechien bzw. nach olen transportiert wurden, stieg von 19 Tonnen bzw. 33 Tonnen im Jahr 2004 auf 31 000 bzw. 34 000 Tonnen m letzten Jahr. Das ist eine Zunahme um das 250fache. iese Tatsache kann man nicht wegdiskutieren. Nun sind aber nur gefährliche Abfälle zur Verwertung otifizierungspflichtig, ungefährliche jedoch nicht. Sie önnen frei gehandelt werden. Man kann wohl mit einiem Realismus davon ausgehen, dass über diesen Weg ig Tausende Tonnen Müll nach Osteuropa wandern, hne dass irgendeine Kontrolle möglich wäre. Man üsste schon reichlich naiv sein, um zu glauben, die ehrheit davon werde tatsächlich verwertet. Nicht um onst klagen tschechische Bürgermeister über die rasante unahme illegaler Abfalldeponien, auf denen Müll aus eutschland abgekippt wurde. Gerade hat mir mein Kol ege Lutz Heilmann erzählt, dass gestern bei einem Trefen mit einer Delegation tschechischer Studentinnen und tudenten genau diese Problematik angesprochen urde; sie ist also weitgehend bekannt. Wir denken, eine solche Praxis müssen Ökologinnen nd Ökologen, egal welcher Partei, kritisieren dürfen, hne als Bürokraten, wie wir bezeichnet wurden, abgetempelt zu werden. Es ist unsere Sorge, dass es hier ehlentwicklungen gibt. Wir fordern Sie auf, dem entgeenzuwirken. Als letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt at nun die Kollegin Sylvia Kotting-Uhl, Fraktion des ündnisses 90/Die Grünen, das Wort. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! erehrter Herr Minister! Sie werden mir zugestehen, ass ich mich dem Vorwurf hinsichtlich des Dosenpfanes – das ist ja eine unendliche Lieblingsgeschichte –, as aber nicht auf den vormaligen Minister Trittin, sonern auf die vorvormalige Ministerin Merkel zurückeht, jetzt nicht anschließe. ch möchte mich vielmehr mit dem vorliegenden Gesetzntwurf befassen. Der vorliegende Gesetzentwurf wurde im Umweltusschuss diskutiert und sinnvoll ergänzt. Wir Grünen timmen ihm auch in der zweiten Lesung zu. Ich will ber zu den Argumenten in dieser Debatte Stellung nehen. Eines der Lieblingsschlagwörter in der politischen useinandersetzung ist der Bürokratieabbau. Da gibt s in der Tat diejenigen, die beim Stichwort Bürokratiebbau glänzende Augen kriegen und sofort Positives Sylvia Kotting-Uhl wittern. Es gibt aber auch die anderen, die eher große Ohren kriegen und grundsätzlich Negatives wittern. Die Wahrheit liegt wie meistens ungefähr in der Mitte. (Lachen der Abg. Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE])


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)





(A) )


(B) )

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602519300

(Beifall bei der LINKEN)

Eva-Maria Bulling-Schröter (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1602519400

(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602519500
Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602519600

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)





(A) )


(B) )


Bürokratie ist im Allgemeinen das Ergebnis von Be-
mühungen, Verhältnisse gerechter zu machen und
Schutz für Menschen und Medien zu organisieren, die
diesen Schutz brauchen, ihn im freien Spiel der Kräfte
aber nicht bekommen. Aber zum einen verselbstständigt
sich Bürokratie manchmal und erschlägt das ursprüngli-
che Ziel geradezu, zum anderen erreicht sie das Ziel
manchmal einfach nicht.

Wie man Bürokratie sinnvoll abbaut, zeigt die vorlie-
gende Vereinfachung abfallrechtlicher Überwachung.
Was Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der
Union und von der SPD, jetzt aber im Zuge der Födera-
lismusreform vorhaben – diesen Punkt will ich beto-
nen –, ist das Gegenteil von Vereinfachung, nämlich die
absolute Verkomplizierung des Umweltrechts und damit
auch des Abfallrechts.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Womöglich wird die heutige Gesetzesvorlage als die
letzte Vereinfachung des Abfallrechts in die Historie ein-
gehen.

Die Kolleginnen und Kollegen von der Linken haben
den Verzicht auf die früheren Regelungen mit den illega-
len Transporten von Abfall ins Ausland in Zusammen-
hang gebracht. Die illegalen Mülltransporte nehmen
leider zu; als tatkräftige Antwort wurde solcher Müll in
Tschechien der deutschen Botschaft vor die Haustür ge-
kippt. Diese Transporte erfüllen nicht nur die Abgeord-
neten der Linken mit Sorge. Von tschechischer Seite
wird uns vorgeworfen – auch Frau Bulling-Schröter hat
dies angesprochen –, unsere Pflicht zur Vorbehandlung
vor der Deponierung – dies kann natürlich auch eine
Kostensteigerung bedeuten – mache den illegalen Export
sehr attraktiv.

Also, was sollen wir tun? Sollen wir zu den aufwendi-
geren, früheren betrieblichen Abfallbilanzen zurückkeh-
ren, wie es die Kolleginnen und Kollegen von der Lin-
ken bei der ersten Lesung vorgeschlagen haben, oder
unsere Standards absenken, wie es die Tschechen von
uns fordern? Wir empfehlen weder das eine noch das an-
dere.

Mit der Vereinfachung der abfallrechtlichen Vor-
schriften haben diese Vorgänge nichts zu tun. Der Ge-
setzentwurf zielt nicht auf eine Abschaffung, sondern
auf die Vereinfachung der Überwachung. Nach der
neuen Verordnung gilt auch für die Entsorger nicht ge-
fährlicher Abfälle Registerpflicht. Das bedeutet im Ver-
gleich zu den bisherigen Nachweisbüchern eine Hebung
und keine Senkung des Nachweisniveaus. Der Gesetz-
entwurf zielt auf eine EU-weite Vereinheitlichung.
Diese ist im Kampf gegen grenzüberschreitende Krimi-
nalität ein nicht zu unterschätzendes Mittel. Ein noch
wirkmächtigeres Mittel wären allerdings gleichmäßig

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(C (D ohe Standards überall in Europa. Dafür muss sich eutschland in der Tradition von Rot-Grün weiter ein etzen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ansonsten ist zu tun, was bei Kriminalität immer zu
un ist: Die Verursacher sind zu ermitteln. Die Abfälle
ind auf deren Kosten zurückzubringen und einer sach-
erechten Entsorgung zuzuführen. Das auf den Weg zu
ringen, fordern wir hiermit die Bundesregierung auf.

Zum Schluss bleibt die Hoffnung, dass uns der Fokus
uf die Regulierung in der Abfalldebatte nicht den Blick
uf das verstellt, was in der heutigen Lage eigentlich zu
un ist. 370 Millionen Tonnen Abfälle pro Jahr, die nur
um Teil verwertet werden, sind aus Umwelt- und Res-
ourcensicht einfach zu viel. Was heute Abfall genannt
ird, besteht zum größten Teil aus Wertstoffen. In Zeiten

ich anbahnender Ressourcenknappheiten und -konflikte
längst nicht mehr nur bei der Energie – ist es die erste
ufgabe, zu echten Stoffkreisläufen zu kommen. Die
ufgabe dieser Stunde, die Vereinfachung der abfall-

echtlichen Überwachung auf den Weg zu bringen, war
agegen zugegebenermaßen vermutlich relativ einfach.

Ich danke Ihnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602519700

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-
esregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur
ereinfachung der abfallrechtlichen Überwachung auf
rucksache 16/400. Der Ausschuss für Umwelt, Natur-

chutz und Reaktorsicherheit empfiehlt in seiner Be-
chlussempfehlung auf Drucksache 16/970, den Gesetz-
ntwurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte
iejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfas-
ung zustimmen wollen, um ein Handzeichen. – Wer ist
agegen? – Wer enthält sich? – Dann ist der Gesetzent-
urf in zweiter Beratung bei Enthaltung der Fraktion
ie Linke mit der Zustimmung aller übrigen Fraktionen

ngenommen.

Dritte Beratung

nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
er stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Dann ist der
esetzentwurf mit der gleichen Mehrheit wie in der

weiten Lesung angenommen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 11 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger, Sibylle Laurischk,
Jens Ackermann, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der FDP






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt
Unterhaltsrecht ohne weiteres Zögern sozial
und verantwortungsbewusst den gesellschaftli-
chen Rahmenbedingungen anpassen

– Drucksache 16/891 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich sehe
und höre dazu keinen Widerspruch. Dann ist das so be-
schlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort der
Kollegin Sibylle Laurischk, FDP-Fraktion.


Sibylle Laurischk (FDP):
Rede ID: ID1602519800

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Un-

terhaltsrecht ist für viele Kinder, Frauen und Männer von
zentraler Bedeutung für ihre Existenz und ihre Lebens-
planung. Es ist durch eine ausufernde Rechtsprechung
und unabgestimmte Tatbestände des Steuer- und Sozial-
rechts sehr unübersichtlich geworden. Im internationalen
Vergleich dauern Scheidungsverfahren in Deutschland
überproportional lange, was durch die Kompliziertheit
materiellen Rechts bedingt ist.

Dies belastet nicht nur die Justizhaushalte der Länder,
sondern insbesondere auch die Menschen, über deren
Zukunft entschieden wird. Gewandelte gesellschaftliche
Vorstellungen über das Zusammenleben von Männern
und Frauen, wechselnde Familienkonstellationen und
Patchworkfamilien werden von dem derzeitigen Unter-
haltsrecht nur ungenügend erfasst.

Der Bundestag hat bereits im Jahr 2000 – Sie hören
richtig! – den Reformbedarf erkannt und die Bundes-
regierung aufgefordert, „zügig und mit allem Nachdruck
das geltende Unterhaltsrecht insbesondere hinsichtlich
der Abstimmung seiner Inhalte mit sozial- und steuer-
rechtlichen Parallelregelungen … gründlich zu überprü-
fen und Vorschläge zu seiner Neuregelung einzubrin-
gen“. Ein abgestimmter Gesetzentwurf liegt bis heute,
sechs Jahre nach Erkennen des Reformbedarfs, immer
noch nicht vor. Die FDP-Fraktion hat im Mai 2004 eine
Große Anfrage zum Unterhaltsrecht gestellt. Die Beant-
wortung wurde ständig verzögert. Kurz vor der Neuwahl
im vergangenen Jahr haben wir auch noch einen Reform-
antrag gestellt.

Die FDP-Fraktion lässt nicht locker.


(Beifall bei der FDP)


Wir fordern auch in dieser Legislaturperiode eine Unter-
haltsrechtsreform ein, und zwar mit folgenden Schwer-
punkten: Der Kindesunterhalt muss einen unbedingten
Vorrang sowohl bei der Unterhaltsberechnung im Man-
gelfall als auch bei der Stärkung der Zahlungsmoral
gegenüber Kindern haben. Der nacheheliche Unterhalts-
anspruch von Ehegatten soll begrenzt und die Eigenver-
antwortung nach einer gescheiterten Ehe gestärkt wer-
den.

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(C (D Angesichts des Referentenentwurfs befürchten wir, ass zu viel Wert auf die Einzelfallgerechtigkeit gelegt ird, sodass lange Verfahren und die Notwendigkeit ent prechender richterlicher Rechtsfortbildungen die Folge ind. Gerade in diesem Bereich ist es oft gerechter, also em Rechtsfrieden dienlicher, in einem zügigen Verfahen aufgrund pauschalierter Vorschriften eine Entscheiung zu treffen; denn das Leben der Betroffenen geht eiter. Sachverhaltsermittlungen über viele Monate hineg und Abwägungen, gegebenenfalls über mehrere In tanzen, bedeuten Mehrkosten für die Länder, ohne dass ie dem Bürger dienen. Auch würden freiwillige, kometent moderierte Vereinbarungen Verfahren verkürzen nd die Akzeptanz von Unterhaltszahlungen erhöhen. m Übrigen würde eine straffe Pauschalierung die Unteraltszahlungen auch transparenter und vorhersehbarer achen. Ein besonderes Augenmerk muss auf der Annäherung es Unterhalts für nicht eheliche Mütter an den Unterhalt ür geschiedene Mütter liegen, die minderjährige Kinder etreuen. Hier besteht nach meiner Meinung eine nicht achvollziehbare Benachteiligung, die wir auf jeden Fall ufheben sollten. Entscheidend für das Gelingen einer Unterhaltsreorm, die die Eigenverantwortung stärkt, sind aber flanierende Maßnahmen. Für den eigenen Lebensunterhalt ann nur diebzw. derjenige sorgen, die bzw. der auch ie Zeit und die Möglichkeit dazu hat. Wenn Kinderbereuungsmöglichkeiten und familienverträgliche Arbeitslätze fehlen, ist es mit einer gesteigerten Erwerbsoblieenheit nicht weit her. Hier ist ein flexibilisierter rbeitsmarkt in einer entlasteten Wirtschaftsordnung onnöten. Ein ungelöstes Problem wird bleiben, dass in den eisten Fällen nur der Mangel verteilt wird und in den eltensten Fällen von einem auskömmlichen Unterhalt esprochen werden kann. Hier dürfte auch einer der ründe liegen, warum sich immer weniger Deutsche für ine Familiengründung und für Kinder entscheiden. Kinder sind unterhaltstechnisch betrachtet eine Belasung, die eher akzeptiert wird, wenn nicht noch erheblihe Leistungen für das betreuende Elternteil zu erbrinen sind. Hier will ich darauf hinweisen, dass wir eine eform des Unterhaltsvorschussrechts fordern, und war dahin gehend, dass die Bezugsdauer zwar auf 6 Monate begrenzt werden sollte, der Bezug jedoch erst it dem Erreichen der Volljährigkeit enden sollte. Die enachteiligung von Kindern über zwölf Jahren gegenber jüngeren Kindern, die derzeit Gesetz ist, ist eigentich nicht nachvollziehbar. Wir brauchen eine Reform des Unterhaltsrechts, die indern den Vorrang gewährt, weil sie nicht für sich elbst sorgen können. Wir brauchen eine Reform des nterhaltsrechts, um die Eigenverantwortung der Men chen zu fördern. Wir brauchen auch deshalb eine Reorm des Unterhaltsrechts, weil in diesem sensiblen Feld ndlich Rechtssicherheit geschaffen werden muss. Sibylle Laurischk Frau Justizministerin, Sie sind gefordert. Ich denke, es wäre wichtig, sich jetzt nicht mit der „Scheidung light“ zu befassen, sondern endlich einmal mit dem Unterhaltsrecht. Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun die Kollegin Ute Granold das Wort. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin! Wir befassen uns heute mit der Reform des Unterhaltsrechts. Insofern ist das Thema sehr erfreulich. Die FDP rennt allerdings offene Türen ein, weil die Reform bereits im Gange ist. Das Thema ist richtig, der Zeitpunkt allerdings ist falsch. Der heute vorliegende FDP-Antrag wurde mit geringfügigen Abweichungen bereits im Juni 2005 in diesem Hause debattiert. Die Behandlung wurde dann aufgrund der Bundestagswahl zurückgestellt. Frau Laurischk, Sie und auch die FDP wissen sehr wohl, dass in der Zwischenzeit daran gearbeitet wurde. Es gibt einen Referentenentwurf, der bereits im Rahmen einer Anhörung an die Fachverbände geschickt wurde. Die Stellungnahmen wurden geprüft und in die Formulierung eines Gesetzentwurfes eingearbeitet. Dieser wird im nächsten Monat dem Kabinett vorgestellt werden, sodass wir noch vor der Sommerpause über den Gesetzentwurf diskutieren können. (Sibylle Laurischk [FDP]: Wir sind gespannt, Frau Granold!)


(Beifall bei der FDP)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der FDP)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602519900
Ute Granold (CDU):
Rede ID: ID1602520000

(Beifall des Abg. Joachim Stünker [SPD])


– Frau Laurischk, Sie wissen, dass wir all das, was die
FDP in ihrem Antrag fordert, bereits in das Eckpunkte-
papier, das im Jahr 2004 vorgelegt wurde, aufgenommen
hatten und dieses zu einem Reformpaket fortentwickelt
haben, welches das Prädikat „sehr gut“ verdient. Es fin-
det auch die Zustimmung der Union.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir wollen in der heutigen Debatte nicht wiederho-
len, was wir im Juni letzten Jahres debattiert haben – das
kann man im Protokoll nachlesen –, sondern wir wollen
sie nutzen, um darüber zu informieren, was in Kürze hier
beraten werden wird und dann hoffentlich im nächsten
Jahr in der Praxis Anwendung findet. Ich selbst habe da-
mals als Oppositionspolitikerin Handlungsbedarf ange-
mahnt und angekündigt, dass wir dies von der neuen
Bundesregierung einfordern würden. Wir haben Wort
gehalten. Wir haben mittlerweile eine neue Bundesregie-
rung und wir haben eine Reform des Unterhaltsrechts in
die Koalitionsvereinbarung aufgenommen. Diese ist
– wie gesagt – jetzt da.

1998 haben wir die Reform des Kindschaftsrechts auf
den Weg gebracht. Zügig folgend hätte auch die Unter-
haltsrechtsreform kommen müssen. Es hat zwar länger
gedauert, aber nun ist sie da. Wir wollen nicht beklagen,

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(C (D as in der Vergangenheit war, sondern möglichst schnell in gutes Gesetz für den Bürger auf den Weg bringen. In der Praxis wurde von den Anwälten, den Bürgern nd Richtern sowie zuletzt auch vom Bundesverfasungsgericht oft ein Handeln des Gesetzgebers eingeforert. Die Rechtsprechung hat uns in der Zwischenzeit ingeholt. Es gab eine Reihe von wegweisenden Urteien, die in die Richtung der jetzigen Reform gingen. Frau Laurischk, Sie haben das Unterhaltsvorschussesetz angesprochen, das im Wege der jetzigen Reform atürlich mit angepasst wird, allerdings in einem separaen Regelungswerk. Es wurde also nicht vergessen. Wir aben auch die Alleinerziehenden und die Zweitehen icht vergessen. Wir wissen, dass in Deutschland viele hen geschieden werden, dass wir einen Wandel in der esellschaft haben, dass es viele Patchworkfamilien gibt nd dass wir den vielen Kindern, die von Sozialleistunen leben, helfen müssen. Das ist Konsens in diesem ause und auch in der Gesellschaft. Dieser Tage haben wir wieder die Zahlen gehört: Es ibt einen alarmierenden Rückgang der Geburtenzahl. ir haben die geringste Geburtenzahl seit Ende des weiten Weltkrieges; dem müssen wir dringend entgeenwirken. Die Ursache dafür liegt nicht in den finaniellen Leistungen. 100 Milliarden Euro pro Jahr sind ei weitem nicht unangemessen. Umfragen belegen vielehr, dass die Frauenerwerbsquote stetig steigt. Das ilt auch für die Erwerbsquote der Mütter. Frauen sind ebildeter als früher. Sie sind mehr im Beruf und wollen uch im Beruf bleiben. In Deutschland haben wir verglihen mit unseren europäischen Nachbarländern ein etas verstaubtes Bild von berufstätigen Frauen. Hier gibt s noch ein Stück weit eine Stigmatisierung. Das müssen ir ändern. Auch eine berufstätige Mutter ist eine gute utter. Was in Deutschland fehlt, ist sicherlich eine bessere etreuungslandschaft. Hier besteht noch großer Nacholbedarf. Die Abdeckungsquote beträgt in Deutschland 0 Prozent; in Frankreich liegt sie bei 99 Prozent. Hieran uss noch gearbeitet werden. Neben dem Unterhaltsrecht muss auch das Scheiungsrecht dringend reformiert werden; Sie haben das ereits angesprochen. Die Menschen brauchen eine geisse Sicherheit, dass sie im Falle einer Trennung, insesondere wenn Kinder da sind, finanziell abgesichert ind. Das Unterhaltsrecht muss transparent, klar und geecht sein. Dann wird es auch von den Bürgern angeommen und in der Praxis zeitnah umgesetzt werden. ieses Werk ist nun da. Ich möchte einige zentrale unkte aufgreifen, die die Ministerin sicherlich noch im etail ausführen wird. Das Wichtigste ist die Privilegierung der Kinder im nterhaltsrecht. Kinder haben absolute Priorität; sie steen bei den Rangverhältnissen auf Rang eins. Zuerst erden die Ansprüche der Kinder auf Unterhalt befrieigt. Wenn dann noch Geld zur Verfügung steht, werden Ute Granold nachrangig die anderen Ansprüche befriedigt. Das ist auch Konsens in der Bevölkerung. Auf Rang zwei stehen alle Elternteile, die Betreuungsleistungen erbringen. Ob das die verheirateten, die getrennt lebenden, die allein erziehenden oder die nicht ehelichen Eltern sind, ist vollkommen egal. Alle betreuenden Eltern befinden sich im zweiten Rang. Danach kommen die Ehegatten, die keine Betreuungsleistung erbringen, und danach die volljährigen Kinder, wobei die volljährigen Kinder, die sich noch in der Ausbildung befinden, den minderjährigen Kindern gleichgestellt sind. Insofern gibt es keine Benachteiligung der studierenden oder kranken volljährigen Kinder, weil ihr Status – der bisherigen Gesetzeslage entsprechend – erhalten bleibt. Eine zweite ganz wesentliche Neuerung ist die Festsetzung des Mindestkindesunterhalts. Als Mindestkindesunterhalt wurde der doppelte Freibetrag des sächlichen Existenzminimums des Kindes angesetzt. Infolge der Anhörung, die ich vorhin erwähnt habe, wurde er noch einmal erhöht, und zwar in der ersten Altersstufe auf 87 Prozent, in der zweiten auf 100 Prozent und in der dritten auf 117 Prozent. Außerdem soll die Anrechnung des Kindergeldes auf den Unterhaltsbedarf vereinfacht werden – die bisherigen Vorschriften waren sehr verwirrend und kaum zu verstehen –: Wenn eine Betreuungsleistung erbracht wird, wird auf das Einkommen beider Elternteile jeweils die Hälfte des Kindergeldes angerechnet. Ansonsten wird das Kindergeld auf den Bedarf des Volljährigen angerechnet. Die im Gesetzentwurf festgelegte Regelung ist sehr transparent und klar. Sie ist akzeptabel und entspricht insbesondere den Forderungen unseres höchsten Gerichtes. Wir haben ein Stück weit eine Harmonisierung des Steuerrechts und des Sozialrechts vorgenommen. Die Kinderfreibeträge ändern sich durch das neue Gesetz nicht. Auch das Realsplitting ist ein Stück weit gesichert. Der Unterhaltsschuldner kann 13 805 Euro absetzen, wenn Unterhalt für einen Ehegatten geleistet wird. Auch insofern wurde keine Änderung vorgenommen. Eine komplette Anpassung ist nicht möglich, weil wir das Abstandsgebot im Hinblick auf die Ehe einhalten müssen. Was die weitere Harmonisierung angeht, die auch vom Bundesverfassungsgericht gefordert wurde, so muss dies in den nächsten Schritten erfolgen. Wir wollen die jetzige Reform nicht überfrachten. Wir wollen zunächst das Wichtigste auf den Weg bringen. Das ist mit diesem Gesetzentwurf gewährleistet. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der CDU/CSU)


Eine weitere Neuerung ist die Eigenverantwortung
für den Lebensunterhalt nach der Scheidung. Hier ist
eine ganz wichtige Neuerung vorgesehen, die übrigens
– das muss ich hier sagen – Akzeptanz in der Bevölke-
rung findet: Jeder sorgt für sein Einkommen selbst. Nur
wenn das nicht der Fall ist, ist in engen Grenzen Unter-
halt zu leisten. – Im Gesetz wird aber klar geregelt, dass
der Unterhalt der Höhe nach und auch zeitlich be-

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(C (D chränkt werden kann und dass er auch ausgeschlossen erden kann. In das Gesetz wurde neu aufgenommen, ass der Unterhaltsanspruch abgesenkt oder gänzlich ersagt werden kann, wenn jemand eine gefestigte Parterschaft eingeht. Das ist übrigens – gemäß Rechtsprehung – auch heute schon der Fall. Auch hier haben wir in Stück weit Klarheit geschaffen. Der Unterhaltsanspruch der nicht ehelichen Muter, der derzeit auf einen Zeitraum bis zum dritten Leensjahr des Kindes beschränkt ist und nur bei grober nbilligkeit fortgeführt werden kann, muss nun – das urde in den Entwurf des neuen Gesetzes aufgenomen – bei Unbilligkeit fortgesetzt werden. Hierzu war en wir noch auf eine Entscheidung des BGH bzw. des undesverfassungsgerichts. Die Entscheidung scheint in ie Richtung zu gehen – das vermuten wir –, dass der nterhaltsanspruch bei Unbilligkeit fortbestehen kann. as bedarf aber der Einzelfallprüfung. Bei der Betreuung durch einen Elternteil müssen wir atürlich berücksichtigen – das war uns ganz wichtig –, ass der Unterhaltsanspruch nicht versagt werden kann, enn eine Betreuungsmöglichkeit nicht gegeben ist. Wir issen, dass auf diesem Gebiet noch Nachholbedarf be teht. Auch dieser Konstellation wurde Rechnung getraen. Für die jetzt vorliegenden Titel haben wir eine Überangsregelung geschaffen. Sie werden geändert, wenn as neue Gesetz kommt: für den Kindesunterhalt klar geegelt, für den Ehegattenunterhalt bei einer wesentlichen nderung und wenn es für den Berechtigten zumutbar st, dass abgeändert wird. Weil meine Redezeit vorbei ist, möchte ich es dabei elassen. Wir werden uns nicht nur mit dem Unterhalt efassen, sondern auch mit der Strukturreform des Verorgungsausgleichs. Wir werden das Scheidungsrecht ovellieren. Frau Ministerin, darüber müssen wir noch inmal reden, weil das ein bisschen zu schnell ging. Wir üssen uns noch ein bisschen besser abstimmen und arüber intensiv beraten. (Sibylle Laurischk [FDP]: Hoffentlich, Frau Granold! Wir setzen auf Sie!)


Auf europäischer Ebene ist über das Grünbuch zum
nterhaltsrecht und eine Verordnung, die dem Rat vor-

iegt, zu reden. Die deutsche Präsidentschaft wird im
ächsten Jahr dafür sorgen, dass hierzu auf europäischer
bene eine Harmonisierung und Angleichung erfolgt,
eil es auch viele binationale Ehen gibt.

Wir haben viel zu tun. Wir haben viel gemacht. Wir
achen im Sinne unserer Bürger weiter. Ich denke, zu-

ammen mit der FDP – wenn Sie bei uns im Boot sind –
riegen wir das gut hin.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602520100

Nun erteile ich das Wort dem Kollegen Jörn
underlich, Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)







(A) )



(B) )


Jörn Wunderlich (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1602520200

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Ich bin fernab, das Leben mit Kindern grau in
grau zu schildern. Diese Realität wird jedoch im Zwölf-
ten Kinder- und Jugendbericht beschrieben. Anstatt Rah-
menbedingungen für eine grundlegende Veränderung der
Situation zu schaffen, sorgt die Politik durch die Ver-
schärfung der Sozialgesetze schamlos dafür, dass sich
die Armut von Kindern und Jugendlichen verschärft. An
dieser Stelle frage ich: Haben Sie wirklich den politi-
schen Willen, an der Situation grundlegend etwas zu än-
dern, oder wollen Sie diese Situation manifestieren?

Nun zum Unterhaltsrecht bzw. zum vorliegenden An-
trag: Der Antrag hat aus meiner Sicht eine interessante
parlamentarische Entwicklung genommen. Meiner
Überzeugung nach springt hier die FDP-Fraktion auf ei-
nen Zug auf, der schon lange abgefahren und im Grunde
sogar schon angekommen ist. Rechtspolitisch wird über
das Ganze seit 2000 diskutiert – das ist schon angespro-
chen worden –, siehe die Beschlussempfehlungen des
Rechtsausschusses und des Familienausschusses aus den
Jahren 2000 und 2002. Den Referentenentwurf kennen
wir. Ich habe ihn in meiner Eigenschaft als Familienrich-
ter bekommen. Den werden wir hier im Plenum noch be-
sprechen.

Ich unterstelle Ihnen nicht, dass Sie nicht bereit sind,
sich um Veränderungen zu bemühen. Aber die Frage ist:
Wie weit reichend und umfänglich im Interesse aller Be-
troffenen sind die Veränderungen? Das ist die Messlatte
für mich und für meine Fraktion.


(Beifall bei der LINKEN)


Werden wir einmal konkret. Aufgrund der Kürze mei-
ner Redezeit – ich habe nur vier Minuten – kann ich
nicht alle Punkte ansprechen, sondern nur einige wenige.
Das Existenzminimum – ich beziehe mich jetzt nur auf
den Antrag der FDP – in Höhe von 7 700 Euro ist zu ge-
ring. Derzeit müsste zumindest ein Existenzminimum in
Höhe von 8 500 Euro für Erwachsene festgesetzt wer-
den. Die Forderung nach einer Erhöhung des Kinder-
geldes auf 200 Euro ist ein anerkennenswerter Schritt.
Aber Eltern mit hohen Einkommen würden wieder privi-
legiert. Durch die Beibehaltung der Günstigerprüfung
erhielten Eltern, die einen Spitzensteuersatz zahlen, rund
70 Euro im Monat mehr steuerliche Entlastung.

Zur Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten: Im
Antrag ist vorgesehen, Kinderbetreuungskosten in Höhe
von 12 000 Euro absetzen zu können. Das privilegierte
Menschen mit hohen Einkommen, die die entsprechende
steuerliche Entlastung für sich in Anspruch nehmen kön-
nen. Die dürfte immens sein. Hier sollte wirklich – ich
habe es schon im Ausschuss angesprochen – einmal da-
rüber nachgedacht werden, ob es nicht doch sinnvoller
wäre, die Hälfte der Kinderbetreuungskosten unmittel-
bar von der Steuerschuld abzuziehen mit einer Kap-
pungsgrenze von 2 100 Euro. Denn so erhielten alle El-
tern – ich betone: alle Eltern – die Hälfte der
entsprechenden Kinderbetreuungskosten zurück.

Ein Wort zum nachehelichen Unterhalt – auch das
wurde schon angesprochen –: Wegen der schlechten

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(C (D inderbetreuungsinfrastruktur ziehen sich besonders iele Mütter – gegenwärtig herrscht noch das Ernährerodell vor – stark aus dem Erwerbsleben zurück. Die ösung kann aber nicht, wie im FDP-Antrag nahe gelegt ird, ihr Schutz im nachehelichen Unterhaltsrecht sein. ir fordern mit Nachdruck den konsequenten Ausbau iner elternbeitragsfreien, flächendeckenden Kinderbereuung, um lückenlose Erwerbsbiografien beider Elernteile zu gewährleisten. Im Antrag taucht diese Fordeung nicht auf, aber sie wurde in den Redebeiträgen der olleginnen Laurischk und Granold dankenswertereise angesprochen. Begrüßenswert – das müssen wir sagen – ist, dass em Kindesunterhalt der absolute Vorrang eingeräumt erden soll, also auch im Mangelfall. Dass die bisherien Regelungen des Unterhaltsvorschussgesetzes icht ausreichen, war bisher fraktionsübergreifend und ei den damit befassten Juristen wohl unstreitig. Dass ie Altersgrenze auf 18 Jahre angehoben werden soll, ist ine vernünftige Erwägung. Die Beschränkung der Beugsdauer von 72 auf 36 Monate ist allerdings der falche Weg. Denn auch nach dem Sinn des UVG als Hilfe n einer vorübergehenden Situation, in der kein Unteralt erhalten werden kann, muss doch die gegenwärtige esellschaftliche Situation berücksichtigt werden. Zwar ind die Armutsphasen – das wird im Antrag richtig festestellt – kurz und in der Regel nicht länger als drei ahre, aber sie wiederholen sich. Das verschweigt der ntrag, ist aber im Zwölften Kinderund Jugendbericht achzulesen. Letztlich sind Kinder und Jugendliche die Leidtragenen, wenn die Eltern aufgrund einer verfehlten Arbeitsarktpolitik und der damit einhergehenden Arbeitslosig eit keinen Unterhalt zahlen können. Hier soll sich der taat wieder aus der Verantwortung ziehen können? Geen Sie sich einen Ruck und fordern Sie endlich eine rundsicherung für Kinder, damit Kinder in Deutsch and wirklich wieder willkommen sind. Danke schön. Für die Bundesregierung hat nun das Wort die Bun esministerin der Justiz Brigitte Zypries. Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und erren Kollegen! Es gibt eben doch einen entscheidenen Unterschied zwischen Gesetzentwürfen, die die raktionen im Deutschen Bundestag vorlegen, und deen, die die Regierung vorlegt. Wenn wir Gesetzentürfe vorlegen, dann sind sie in aller Regel gut durchacht. Sie können natürlich noch Fehler enthalten; das ill ich nicht bestreiten. Über sie wurde diskutiert: mit llen Bundesländern, den Verbänden, den Sachverständien und den betroffenen Kreisen. Sie wurden also schon on der Fachöffentlichkeit begutachtet, was eine gewisse eit gedauert hat. Deswegen bitte ich um Nachsicht, ass der Regierungsentwurf erst am 5. April und nicht chon eher vom Kabinett verabschiedet wird, was natür Bundesministerin Brigitte Zypries lich auch daran liegt, dass es zu vorgezogenen Neuwahlen kam. Ich fände es fair, wenn auch die FDP, die den vorliegenden Antrag gestellt hat, zur Kenntnis nehmen würde, dass sie es relativ leicht hat, weil sie erstens all diese Diskussionen nicht führen muss, und weil sie zweitens noch nicht einmal die Antwort der Bundesregierung auf ihre erste Große Anfrage berücksichtigt. Auch auf Ihre erste Große Anfrage, die Sie fast wortgleich schon einmal gestellt haben, (Joachim Stünker [SPD]: Genau! Abgeschrieben!)


(Beifall bei der LINKEN)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602520300
Brigitte Zypries (SPD):
Rede ID: ID1602520400




(A) )


(B) )


(Beifall bei der SPD)


haben Sie eine Antwort bekommen. Seitdem haben wir
eine Menge getan. Aber Sie haben die Antwort der Bun-
desregierung erstens nicht rezipiert und in Ihre erneute
Anfrage zweitens nicht einbezogen, was wir darüber hi-
naus unternommen haben.

Denn es ist nicht so – Frau Granold hat dankenswer-
terweise schon darauf hingewiesen –, dass wir nur das
Unterhaltsrecht novellieren, sondern wir tun noch mehr.
Dass wir beispielsweise eine FGG-Reform durchführen
und ein großes Familiengericht schaffen, scheint an Ih-
nen vorbeigegangen zu sein. Zumindest kann ich das Ih-
rer Anfrage nicht entnehmen.


(Beifall bei der SPD – Dr. Carl-Christian Dressel [SPD]: Guten Morgen, FDP!)


Ebenfalls kann ich Ihrer Anfrage nicht entnehmen,
dass wir all das, was mit den Themen Trennung und gro-
ßes Familiengericht zu tun hat – also die Rezeption des
Cochemer Modells, die Sie unter Ziffer 7 Ihres Antrags
fordern –, im Rahmen unserer FGG-Reform umsetzen.
Es ist ja nicht so, dass wir all das nicht merken.


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Das sind ja schließlich auch ganz andere Abteilungen!)


Wir haben diesen Bereich lediglich in einem anderen
Gesetz geregelt, weil wir ihn zusammenhängend dort re-
geln wollen, wo er hingehört.

Nun zu Ihren einzelnen Forderungen. Ich denke, dass
Sie es sich mit Ihrer pauschalierten Forderung nach einer
Vereinfachung und einer Harmonisierung von Steuer-
und Sozialrecht in dieser Form ein bisschen einfach ma-
chen. Wir haben das geprüft und haben gemeinsam mit
den Experten die Entscheidung getroffen, dass eine voll-
ständige Harmonisierung des Unterhaltsrechts mit
dem Sozialrecht weder juristisch möglich noch prak-
tisch sinnvoll ist. Hier geben uns alle Unterhaltsrechts-
experten Recht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Hinsichtlich Ihrer Forderung nach der Einführung ei-
ner unterschiedlichen Rangfolge müssen wir uns noch in
der Sache auseinander setzen; denn im Zusammenhang
mit der Rangfolge geht es in der Tat um die Frage, wen
wir privilegieren. Frau Granold hat ausgeführt, dass die
Koalition im ersten Rang die Kinder privilegieren wird.
Im Gegensatz zu Ihnen wollen wir in den zweiten Rang

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(C (D eben den Kinder betreuenden Eltern aber nicht die Eheatten in noch bestehender Ehe aufnehmen. Während ie Ehegatten in noch bestehender Ehe aufnehmen wol en, meinen wir, dass sich dieser Vorschlag nicht ausreihend und konsequent genug am Kindeswohl orientiert. Folgendes Beispiel: Ein Mann zahlt seiner geschiedeen Frau, die die beiden kleinen Kinder erzieht, Unteralt und heiratet seine erwerbslose Freundin. Nach Ihren orstellungen könnte der Unterhaltsanspruch seiner xehefrau gekürzt werden. Nach unserem Entwurf allerings geht die Kinder betreuende Mutter vor. Denn wir einen, dass derjenige, der Kinder betreut, auch derje ige sein sollte, der als Erster berechtigt ist, an dem ohehin nur wenigen vorhandenen Geld zu partizipieren. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Frank Hofmann [Volkach] [SPD]: Das ist ja auch vernünftig!)


eshalb meine ich, dass unser Entwurf besser ist. Ich
ade Sie herzlich ein, mit uns über diese konkreten Vor-
chläge zu diskutieren.

Dieses Beispiel verdeutlicht, dass es keinen großen
inn macht, Anfragen, die man schon einmal gestellt
at, einfach aufzubereiten und sie noch einmal zu stel-
en. Wenn Sie das tun, können Sie zwar Diskussionen
rovozieren. Aber wie Sie wissen, rennen Sie damit bei
iesem Thema offene Türen ein. Denn die Eckpunkte
nseres Entwurfs liegen schon seit Ende 2004 vor. Sie
ind im letzten Jahr in sämtlichen Fachkreisen breit dis-
utiert worden. Ich denke, dass unser Entwurf ein guter
ntwurf ist. Ich bin froh, dass wir seine kleinen Schwä-
hen – zum Beispiel bei der steuerlichen Abzugsfähig-
eit – im Rahmen der Koalitionsverhandlungen bereini-
en konnten. Ich bin sicher, dass die Änderung des
nterhaltsrechts, die das Kabinett am 5. April verab-

chieden wird, uns und insbesondere die Kinder in
eutschland voranbringen wird.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602520500

Als nächste Rednerin hat nun die Kollegin Ekin

eligöz, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, das Wort.


Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602520600

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

or einem Dreivierteljahr haben wir hier über einen ganz
hnlichen Antrag debattiert. Damals waren wir alle uns
arüber einig, dass wir das Kindeswohl in den Mittel-
unkt stellen und daran alle Regelungen und Gesetze
usrichten müssen. Das ist auch deshalb notwendig, weil
ich in unserer Gesellschaft eines kontinuierlich verän-
ert: Das sind die Familienverhältnisse.

Man kann zu Recht die Frage stellen, ob die bestehen-
en Gesetze und Regelungen des Familienrechts diesen
eränderungen noch gerecht werden. Vor diesem Hinter-
rund hat es eine gewisse Berechtigung, über eine Neu-
estaltung des Unterhaltsrechts zu sprechen. Das bishe-
ige Unterhaltsrecht geht davon aus, dass allen
amilienmitgliedern Unterhaltsansprüche gesichert wer-
en. In den meisten heutigen Unterhaltsprozessen geht






(A) )



(B) )


Ekin Deligöz
es aber um den Mangelfall. In der Realität wird die Un-
terhaltszahlung in vielen Fällen nur unregelmäßig oder
gar nicht getätigt. Die Leidtragenden davon sind die
Kinder: Sie erfahren, während sie aufwachsen, finan-
zielle Zwänge. Deshalb ist es richtig, die Kinder bei der
Rangfolge der Unterhaltsberechtigten in den Vorder-
grund zu stellen, dann gehen sie nicht leer aus.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Diese Änderung hat auch das Ziel, dass die Väter das
Gefühl bekommen, hauptsächlich für ihre Kinder zu
zahlen, und sich dadurch ihre Zahlungsmoral verbessert.

Für eine völlig falsche Weichenstellung – das habe
ich schon in meiner letzten Rede gesagt und ich will es
hier wiederholen – halte ich den Vorschlag der FDP, den
Unterhaltsvorschuss von sechs auf drei Jahre zu be-
grenzen. Auch wenn das Alter der Kinder, bis zu dem
das gilt, gleichzeitig auf 18 heraufgesetzt wird, bedeutet
dies eine dramatische Verschlechterung, insbesondere
dort, wo man es gar nicht rechtfertigen kann: bei Müt-
tern mit kleinen Kindern. Denn leider sind wir noch
nicht so weit, dass die Betreuung für unter Dreijährige
flächendeckend ausgebaut wäre, dass wir Ganztagskin-
dergärten für kleine Kinder hätten, was es den Müttern
ermöglichen würde, zu arbeiten. Wir sind noch nicht so
weit, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Familie in
diesem Land gewährleistet wäre.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Weil wir das nicht sind, darf eine solche Regelung nicht
zulasten von Müttern mit Kleinstkindern gemacht wer-
den. Für diese macht es nämlich durchaus einen Unter-
schied, ob sie drei Jahre oder sechs Jahre lang Unter-
haltsvorschuss beziehen können.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Der Vorschlag der FDP entpuppt sich als Umvertei-
lung zulasten der Schwächsten. Sie wollen die steuerli-
che Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten auf
12 000 Euro im Jahr und nebenbei das Kindergeld auf
200 Euro monatlich anheben – ein 9-Milliarden-Euro-
Programm –, um das Problem der Unterhaltszahlungen
zu lösen. Da würde ich sagen: Thema verfehlt! So kann
man dieses Problem nicht lösen. Sie werden das Problem
säumiger Elternteile nicht durch eine Erhöhung des Kin-
dergeldes lösen. Da müssen Sie schon das Gesetz selbst
ändern. Letzte Woche haben Sie hier noch den Ausbau
der Infrastruktur gefordert, heute fordern Sie hier ein
9-Milliarden-Euro-Programm zur Steigerung der Trans-
ferleistungen. Sie tun so, als ob man all das gleichzeitig
finanzieren könnte und als ob es überhaupt keiner politi-
schen Anstrengungen bedürfte, das durchzusetzen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das ist Augenwischerei; da machen Sie den Menschen
etwas vor!


(Sibylle Laurischk [FDP]: Wir haben eine Steuerdiskussion gehabt; nehmen Sie das bitte zur Kenntnis!)


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(C (D ch glaube sogar, dass Sie selber gar nicht dahintersteen. Wenn Sie dahinterstehen würden, hätten Sie nämich Ihren Antrag letzte Woche nicht wieder zurückgezoen. Sie wollten ihn aber nicht zur Diskussion gestellt aben lassen und hoffen, dass das keiner merkt. Wir erken das aber! Stehen Sie also hinter dem, was Sie ordern! Dann können wir ernsthaft darüber reden. Für ns Grüne sind die Prioritäten klar: Das Kindeswohl hat orrang, auch in der Familiengesetzgebung. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602520700

Als letzte Rednerin in dieser Debatte hat nun das Wort

ie Kollegin Christine Lambrecht, SPD-Fraktion.


Christine Lambrecht (SPD):
Rede ID: ID1602520800

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich

reue mich über die Einbringung Ihres Antrages zu die-
em Thema – damit setze ich mich von der Meinung ei-
iger Vorrednerinnen und Vorredner ab –, weil wir uns
o schon vor der Einbringung ins Kabinett am 5. April
it diesem wichtigen Thema beschäftigen können.

In einigen Punkten gibt es natürlich unterschiedliche
uffassungen. Dazu komme ich gleich noch. Ausführ-

ich werden wir in den parlamentarischen Beratungen
arüber sprechen. Zumindest ist aber erkennbar – das ist
n einem Tag wie heute viel wert –, dass wir von der
rundausrichtung her in die gleiche, in die richtige
ichtung gehen. Das ist positiv zu vermerken und macht
ir Mut für die anstehenden Beratungen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Damit ist es jetzt aber auch gut. Ich möchte nun auf
inige Unterschiede eingehen, was Sie von mir, wie ich
laube, auch erwarten, und zwar zu Recht. Frau
aurischk, ich will einen Satz aufgreifen, den Sie zu Be-
inn Ihrer Rede gewählt haben, nämlich dass Ihnen bei
em, was die Bundesregierung auf den Weg bringen
öchte, zu viel Einzelfallgerechtigkeit gegeben sei.
as hat mich sehr verwundert. Wir sprechen über Fami-

ienrecht und somit über Kinder, Ehegatten und Famili-
nverhältnisse insgesamt. Wenn es einen Bereich gibt, in
em man auf den Einzelfall, auf die Umstände des Ein-
elnen achten muss, dann doch im Familienrecht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Es besteht wirklich kein Anlass, unter dem Stichwort
ürokratieabbau pauschale Beträge, starre Ansätze und

este Fristen vorzugeben. Lassen Sie uns doch lieber Re-
eln finden, die dem Einzelfall gerecht werden.


(Beifall bei der SPD)


Die Kollegin Deligöz hat schon auf einen Punkt hin-
ewiesen. Die Regelung, den Unterhaltsvorschuss nur
och 36 Monate zu zahlen, wie Sie das vorschlagen, ist
ehr starr und nimmt keine Rücksicht auf die jeweiligen
ebensumstände. Es gibt sicherlich Gegenden in
eutschland, in denen eine gute Kinderbetreuung ge-
ährleistet ist und die Mutter oder der Vater nach






(A) )



(B) )


Christine Lambrecht
36 Monaten wieder arbeiten gehen kann. Es gibt in Bay-
ern oder Baden-Württemberg


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Passau!)


– Passau wirft der Kollege Benneter sachkundig ein –
aber sicherlich auch Gegenden, in denen es schwierig
sein wird, für Kinder entsprechende Betreuungsmöglich-
keiten zu finden, die es erlauben, nach 36 Monaten auf
den Unterhaltsvorschuss zu verzichten. Diese Einzelfälle
sollten wir uns vornehmen und nicht mit dem großen
Besen kommen und alle gleich behandeln. Das ist, wie
ich denke, unangebracht.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Das Ziel ist klar: Die Kinder haben in Zukunft Vor-
rang, egal ob sie aus einer ehelichen oder einer nicht-
ehelichen Beziehung stammen. In dieser Frage sind alle
mittlerweile in der Realität angekommen.

Darüber hinaus haben die Eltern Vorrang, die ihre
Kinder betreuen lassen bzw. betreuen lassen müssen.
Denn von ihnen wird mehr Eigenverantwortung erwar-
tet. Das ist der richtige Schritt in die richtige Richtung.
Man darf sich nicht mehr darauf zurückziehen, zu sagen:
einmal verheiratet, immer versorgt. Ich will niemandem
unterstellen, dass er so denkt, aber eigentlich kennen
alle, die hier sitzen – das sind fast ausschließlich Famili-
enrechtler –, solche Fälle, in denen so gedacht wird. Ei-
genverantwortung ist erforderlich. Es muss aber auch
Rücksicht darauf genommen werden, dass solche Mög-
lichkeiten nicht immer gegeben sind.

Eine weitere starre Grenze in Ihrem Antrag ist, dass
Sie eine „längere Ehe“ ab 15 Jahren Dauer definieren.
Ohne die jeweiligen Lebensumstände zu kennen und auf
sie einzugehen, ist mir das zu statisch.

Die Tücke liegt im Detail. Wir sollten uns in den par-
lamentarischen Beratungen die Zeit nehmen, genau da-
rauf einzugehen. Das Kabinett wird einen Gesetzentwurf
einbringen. Wir werden ihn beraten. Ich bin mir sicher,
wir werden daraus etwas Gutes im Interesse der Betrof-
fenen machen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602520900

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 16/891 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. – Wie ich sehe, sind
Sie damit einverstanden. Dann ist die Überweisung so
beschlossen.

Ich rufe Zusatzpunkt 5 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Michael Meister, Otto Bernhardt, Eduard
Oswald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der CDU/CSU, der Abgeordneten Nina Hauer,

(Heidel A d K t u A s t b i b G d p o b s s m t n r P r d v s m s D r f m s s I ü (C (D berg)

der SPD, der Abgeordneten Frank Schäffler,
Dr. Hermann Otto Solms, Carl-Ludwig Thiele,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
sowie der Abgeordneten Dr. Gerhard Schick,
Kerstin Andreae, Christine Scheel, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion des BÜNDNIS-
SES 90/DIE GRÜNEN

Besser regulieren, dynamisch konsolidieren –
Leitlinien für die künftige EU-Finanzmarktin-
tegration

– Drucksache 16/933 –

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich sehe
azu keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem
ollegen Georg Fahrenschon für die CDU/CSU-Frak-

ion.


Georg Fahrenschon (CSU):
Rede ID: ID1602521000

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen

nd Kollegen! Ich glaube, die Debatte am heutigen
bend ist in zweierlei Hinsicht bemerkenswert: Erstens

etzen die Fraktionen auch im neuen Deutschen Bundes-
ag in der 16. Legislaturperiode die überfraktionelle Ar-
eit in Fragen des Finanzmarktes fort. Deshalb möchte
ch mich am Anfang bei allen Berichterstattern und auch
eim BMF herzlich für die Zusammenarbeit bedanken.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Zweitens beschreiben wir mit diesem Beschluss die
rundlage einer nicht zu unterschätzenden Trendwende
er deutschen Politik im Zusammenhang mit der euro-
äischen Rahmengesetzgebung. Ein zentrales, überge-
rdnetes Ziel der CDU/CSU ist es – darauf haben wir
ereits in den vergangenen Legislaturperioden hingewie-
en –, frühzeitig auf die Bedingungen eines immer inten-
iver werdenden gemeinsamen europäischen Binnen-
arktes zu reagieren.

Im Interesse des Standortes Deutschland ist es wich-
ig, dass wir gemeinsam mit den betroffenen Marktteil-
ehmern, unseren Experten, den Vertretern der Regie-
ung und dem nationalen Parlament vorab eine deutsche
osition finden, diese gemeinsame Position dann auf eu-
opäischer Ebene einbringen und sie so weit wie möglich
urchsetzen. In diesem Sinne markiert der Beschluss
on heute Abend eine grundsätzliche Wende im Ver-
tändnis der Europapolitik unseres nationalen Parla-
ents weit über die Rahmenbedingungen des europäi-

chen Finanzmarktes hinaus.

Unser Ziel ist es, vorab klar zu definieren, was wir als
eutschland im europäischen Markt wollen. Diese Inte-

essen wollen wir in die europäische Gesetzgebung ein-
ließen lassen, um dadurch die Chancen des gemeinsa-
en Marktes besser nutzen zu können. Wir wollen nicht

o weitermachen wie bisher, nämlich verschiedenen Ge-
etzen, umgesetzten Richtlinien und den verschiedenen
nitiativen hinterherzuweinen und uns im Nachhinein
ber die EU-Entscheidungen und die Rahmen zu bekla-






(A) )



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Georg Fahrenschon
gen, vielmehr wollen wir sie vorher positiv beeinflussen,
um unsere Größe im europäischen Markt optimal durch-
setzen und einsetzen zu können.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Im deutschen Finanzsektor, im Bereich von Banken
und Versicherungen, sind in etwa 1,26 Millionen Men-
schen beschäftigt. Im Vergleich dazu sind in der Auto-
mobilindustrie, über die so oft gesprochen wird, nur – in
Anführungsstrichen – knapp 1 Million Menschen be-
schäftigt. Ich glaube, vor diesem Hintergrund wird klar,
wie wichtig die gesetzlichen Rahmenbedingungen für
Banken und Versicherungen im Gemeinsamen Markt
sind. Aus unserer Sicht ist es für den Finanzplatz
Deutschland daher von enormer Bedeutung – das ist in
dem zur Beschlussfassung anstehenden Antrag des heu-
tigen Abends als einer der zentralen Punkte wiederzufin-
den –, dass dem Maßnahmenbündel des Aktionsplans
Finanzdienstleistungen aus dem Jahre 1999 keine weite-
ren finanzpolitischen Gesetzgebungspakete mehr beige-
stellt werden.

Wir haben in den letzten sechs Jahren bereits 42 Ein-
zelmaßnahmen zur Schaffung eines einheitlichen Bin-
nenmarktes für die Finanzdienstleistungen verabschie-
det. Die wichtigsten Dinge sind auf den Weg gebracht:
die Eigenkapitalrichtlinie Basel II, die Prospektrichtli-
nie, die Wertpapierdienstleistungsrichtlinie, die Transpa-
renzrichtlinie, die Verbraucherkreditrichtlinie und sehr
vieles mehr. Alleine durch europäische Regulierung ent-
steht aber noch lange kein integrierter Binnenmarkt für
Finanzdienstleistungen. Vielmehr muss es jetzt die Auf-
gabe der Europäischen Kommission sein – das ist die ge-
meinsame Meinung des Hauses –, darauf zu achten, dass
die Maßnahmen des alten Finanzdienstleistungspakets
auch in allen Mitgliedstaaten konsequent, fristgerecht
und zügig umgesetzt werden. Nur diese gemeinsame
konsequente, fristgerechte und zügige Umsetzung ist für
die Wirkung eines gemeinsamen europäischen Binnen-
marktes entscheidend.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Weder den Anlegerinnen und Anlegern noch den Fi-
nanzdienstleistern und Emittenten sowie den anderen
Marktteilnehmern ist mit einer neuen Welle europäischer
Finanzmarktgesetzgebung geholfen. Wir sind sogar der
Meinung, dass das in der jetzigen Zeit kontraproduktiv
wäre.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die Kommission operiert jetzt mit dem Begriff Better
Regulation – auf Deutsch: bessere Rechtssetzung – und
der Deutsche Bundestag wird die Kommission beim
Wort nehmen. Es ist unsere Absicht, der Kommission
sehr genau auf die Finger zu sehen, ob diesen Worten
dann auch Taten folgen. Vor diesem Hintergrund ist es
von zentraler Bedeutung, dass erstens neue Dossiers nur
vorsichtig und allein auf Basis einer umfassenden Fol-
genabschätzung angegangen werden, dass zweitens
Eingriffe in funktionierende Markstrukturen nur mit an-
gemessener Begründung und dem Gebot der Verhältnis-

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(C (D äßigkeit gestaltet werden und dass drittens bei jedem euen Projekt in Zukunft vorab eine umfangreiche Kosen-Nutzen-Analyse vorgenommen wird, um eine weiere Überregulierung und Bürokratie zu vermeiden. er heutige Beschluss ist auf diesem Weg das richtige ignal. Einen Schwerpunkt ihrer Arbeit sieht die EU-Komission in der Gestaltung europäischer Strukturen für ie Finanzmarktaufsicht. Gemeinsam mit der Komission ist die Mehrheit des Deutschen Bundestages der uffassung, dass eine effiziente Zusammenarbeit der na ionalen Aufsichten mit dem Ziel einer einheitlichen Fianzmarktregulierung von zentraler Bedeutung ist. Biser gibt es in den europäischen Mitgliedstaaten etwa 70 inzelne Aufsichtsinstitutionen mit den unterschiedlichsen Vorschriften und Verfahren. Unser Ansatz im Sinne unseres Interesses lautet desalb, dass die Aufsicht über national tätige Unternehmen ei den nationalen Aufsichtsbehörden innerhalb eines uropäischen Systems der Aufsichtsbehörden verbleiben uss. Grenzüberschreitende Unternehmen mit entspre hender Relevanz sollen hingegen von einem europäichen Aufsichtssystem kontrolliert werden, allerdings icht in Form einer neuen zentralistischen europäischen ufsichtsbehörde. Dagegen sprechen wir uns in dem eutigen Antrag und dem damit verbundenen Beschluss us. Entscheidend sind vielmehr das Bestreben und die ewähr, einheitliche Regeln auch einheitlich auszulegen nd anzuwenden. Diese Linie gibt Deutschland vor. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Carl-Christian Dressel [SPD])


(Beifall bei der CDU/CSU)


Viel wichtiger ist nach unserer Auffassung allerdings
eben der Fragestellung, die europäischen Aufsichts-
trukturen zu regeln, die Begleitung des europäischen
egelwerks durch die nationalen Parlamente und das
uropäische Parlament. Wir brauchen für die Regelfest-
etzung eine legitimierte und demokratische Kontrolle.

In diesem Zusammenhang möchte ich in dieser De-
atte auf eine Besonderheit hinweisen, das so genannte
amfalussy-Verfahren. Wir haben es hier mit einem
erhängnisvollen Regelkreis zu tun, indem sich erstens
ie Aufseher im Verfahren selber die Regeln geben, die
ie dann zweitens auf sich selbst anwenden und durch-
etzen. Es ist offensichtlich: In diesem Verfahren fehlt
egliche demokratische Kontrolle und manchmal – das

uss man feststellen – an der einen oder anderen Stelle
uch die fachliche Kontrolle.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Das demokratisch legitimierte Parlament, das Europäi-
che Parlament, gibt im Lamfalussy-Verfahren nur den
ahmen für die Gesetzgebung vor. Um die Details küm-
ern sich eigens dafür eingesetzte Expertengruppen fern

eglicher demokratischer Legitimation. Mit anderen
orten: Erstmalig in der Geschichte der Europäischen
nion entscheiden nicht die demokratisch eingesetzten






(A) )


)

Georg Fahrenschon
Gremien über die vollständigen Rechtstexte, sondern
Fachkommissionen hinter verschlossenen Türen.

Am Ende meines Beitrags zu dieser Debatte muss ich
schon deutlich machen, dass der Ansatz, Experten hinter
verschlossenen Türen arbeiten zu lassen, um so Bürokra-
tie zu vermeiden, auf breiter Front gescheitert ist. Ohne
die Möglichkeit, durch demokratisch legitimierte Parla-
mente – national wie europäisch – an der einen oder an-
deren Stelle Kompromisse oder Vereinfachungen durch-
zuführen, werden wir den hochkomplexen Bereich des
europäischen Marktes und des europäischen Finanz-
marktes nicht auf einen guten Weg bringen. Das aber ist
unser zentrales Interesse.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Diesem Ziel kommen wir mit dem heutigen Be-
schluss ein Stück näher. Wir können uns dann in Zukunft
noch stärker einmischen.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602521100

Das Wort hat nun für die FDP-Fraktion der Kollege

Frank Schäffler.


(Beifall bei der FDP)



Frank Schäffler (FDP):
Rede ID: ID1602521200

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen

und Kollegen! Wenn wir heute über das Weißbuch zur
Finanzdienstleistungspolitik sprechen, dann ist dies
nicht nur für den Finanzmarkt, sondern auch für die
Wirtschaft insgesamt eine wichtige Diskussion. Deshalb
ist es gut, dass wir uns fraktionsübergreifend auf einen
gemeinsamen Antrag geeinigt haben.

Dabei will ich deutlich machen, dass die FDP-Frak-
tion ein großes Interesse an einem funktionierenden Fi-
nanzbinnenmarkt in Europa hat.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Leo Dautzenberg [CDU/CSU])


Wenn wir über Europa sprechen, dann fällt immer wie-
der das Stichwort „Bürokratie“. Eine Regulierung be-
deutet zwangsläufig einen erhöhten Abstimmungsbedarf
und daher auch mehr Bürokratie. Die niederländische
Regierung hat die Bürokratiekosten in Europa im Jahr
2002 auf über 340 Milliarden Euro geschätzt. Die Nie-
derlande selbst wollen ihre Bürokratiekosten zwischen
2003 und 2007 um 25 Prozent senken.

Könnte das Vorhaben auf die gesamte EU ausgeweitet
werden, dann wäre nach Schätzung der niederländischen
Regierung das reale Bruttoinlandsprodukt in der EU um
1,7 Prozent zu steigern. Daher kommt der Initiative der
EU-Kommission unter dem Stichwort „Better Regula-
tion“ auch bei der Finanzmarktintegration eine hohe Be-
deutung zu. Dabei sind wir skeptisch, ob wirklich eine
europäische Finanzaufsicht institutionalisiert werden
muss. Wir sind eher der Auffassung, dass wir in Europa

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(C (D ine materiell einheitliche Aufsicht brauchen. Zumindest ür die Marktteilnehmer, die grenzüberschreitend tätig ind, ist dies notwendig. Ein wesentlicher Schwerpunkt des Weißbuchs ist die ntegration der Retail-Märkte. Wenn wir die Bevölkeung in diesem Prozess mitnehmen wollen, dann ist geade der Privatkundenmarkt besonders geeignet, eine höere Akzeptanz für Europa zu schaffen. Es ist wichtig, icht ständig ein neues Nutztier durchs Dorf zu treiben. (Florian Pronold [SPD]: Meistens ist das eine Sau!)


(Beifall bei der FDP)


Stimmt. – Vielmehr sollte man sich auf die notwendige
egulierung beschränken. Dabei muss es möglich sein,
ünftig grenzüberschreitend ein Bankkonto zu führen
der einen Hypothekenkredit aufzunehmen.

Wir müssen aber in Deutschland auch selbst unsere
ausaufgaben machen.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: So ist es!)


enn wir so gerne von gleichen Wettbewerbsbedingun-
en – den so genannten Level Playing Fields – sprechen,
ann müssen wir auch bei uns mehr Wettbewerb zulas-
en. Wachstum entsteht durch Wettbewerb, nicht durch
bschottung.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


eshalb gehört zu einem funktionierenden Markt auch,
ass ein ausländischer Investor die Bankgesellschaft
erlin kaufen und – unabhängig von seiner Eigentümer-

truktur – den Namen „Sparkasse“ weiterführen darf.

Ich begrüße daher ausdrücklich, dass die EU ihr Ver-
ragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wieder
ufgreifen will.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Das steht aber nicht im Antrag!)


ettbewerb, Kapital- und Niederlassungsfreiheit sind
eine Einbahnstraße, sondern schaffen Wachstum und
amit Arbeitsplätze. Das ist gerade in Berlin sehr wich-
g.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Das ist aber eine Überinterpretation unseres gemeinsamen Antrags!)


Deshalb mache ich auch die Unterschiede deutlich, die
n diesen Fragen zwischen uns bestehen.

Ich meine auch, dass wir bei der Umsetzung von
asel II gleiche Wettbewerbsbedingungen schaffen
üssen. So geht es nicht an, dass wir bei Haftungsver-

ünden von Sparkassen und Landesbank weichere Haf-
ungskriterien – zum Beispiel bei Intergruppenforderun-
en – als bei konsolidierten Instituten zulassen. Hier
indet indirekt eine Wettbewerbsverzerrung statt, die wir
icht akzeptieren können. Man kann nicht auf der einen
eite eine gleiche und fristgerechte Richtlinienumset-
ung fordern und im selben Atemzug den Wettbewerb

(B)







(A) )



(B) )


Frank Schäffler
beschränken. Daher müssen wir auch vor unserer eige-
nen Haustür kehren.

Es ist deshalb an der Zeit, dass Deutschland seine
starren Bankensysteme überdenkt und die Energie, die
die Teilnehmer in die jeweiligen Abwehrschlachten in-
vestieren, für eine Fortentwicklung des Finanzmarktes in
Deutschland und Europa genutzt wird.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602521300

Ich erteile nun das Wort der Kollegin Nina Hauer,

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Nina Hauer (SPD):
Rede ID: ID1602521400

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Der europäische Binnenmarkt für Finanzdienstleis-
tungen ist in den letzten Jahren erfolgreich zusammenge-
führt worden. Über 40 Regulierungsmaßnahmen wurden
im Rahmen des Aktionsplans beschlossen. Die Umset-
zung dieser Maßnahmen ist nicht nur für die Unterneh-
men, sondern auch – das sollte man ruhig einmal erwäh-
nen – für die Aufsichtsbehörden und für uns
Abgeordnete des Deutschen Bundestages eine große He-
rausforderung.

Mit ihrem im Dezember 2005 vorgelegten neuesten
Weißbuch gibt die Europäische Kommission die Ziel-
stellung für die Gestaltung der Finanzdienstleistungspo-
litik bis 2010 vor. Wir unterstützen den im Weißbuch
skizzierten Weg, gerade weil man sich auf die Privat-
kundenmärkte konzentriert. Diese spielen für die Al-
tersvorsorge, aber auch die Kapitalbildung der Unterneh-
men eine große Rolle. Wir wissen, dass wir eine große
Verantwortung für unsere Privatkunden haben. Außer-
dem haben wir den größten Markt innerhalb der Europäi-
schen Union. Wir wollen daher dafür sorgen, dass bei
den Regelungen, die die Bürgerinnen und Bürger als
Kunden betreffen, nicht ausschließlich der Weg der Ma-
ximalharmonisierung gegangen wird, sondern Mindest-
standards vereinbart werden, damit es Spielraum gibt,
um auf nationale Besonderheiten einzugehen. Gerade im
Hinblick auf die Situation der gesetzlichen Rentenversi-
cherung in Deutschland tun wir gut daran, uns diesen
Spielraum zu erhalten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Wir unterstützen, wie gesagt, den im Weißbuch skiz-
zierten Weg. Wir wollen aber nicht, dass aus diesem We-
geplan ein Irrgarten wird. Unter der Überschrift „dyna-
mische Konsolidierung“ sagen wir, was wir wollen,
nämlich nicht nur eine konsequente, sondern auch eine
gleichzeitige Umsetzung aller Richtlinien in nationale
Gesetze. Wir können es uns nicht erlauben, dass die
deutschen Marktteilnehmer aufgrund unterschiedlicher
Geschwindigkeiten bei der Umsetzung von Richtlinien
in Europa benachteiligt sind. Das betrifft nicht nur Groß-

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(C (D ritannien, das auf dem Finanzmarkt in unmittelbarer onkurrenz zu uns steht, sondern auch andere Länder. Wir unterstützen den Weg zu besserer Regulierung nd weniger Bürokratie. Wir wollen, dass alles, was ir auf den Weg bringen, darauf untersucht wird, welche osten-Nutzen-Effekte es für den Markt, aber auch für ie Kundinnen und Kunden hat, und dass wir in die Lage ersetzt werden, zu überprüfen, welche Auswirkungen as Beschlossene über die Jahre hat; denn gerade bei eiem so empfindlichen Markt wie dem Finanzmarkt ist es otwendig, nachzujustieren, nicht nur um Ungerechtigeiten und Fehlentwicklungen zu stoppen, sondern auch m Chancen zu ergreifen. Sonst sind andere schneller als ir. Wir teilen die Auffassung der Kommission, dass für ine gemeinsame Umsetzung der Finanzmarktregulieung eine bessere Zusammenarbeit der nationalen Aufichten vonnöten ist. Mit den diversen Aufsichtsbehören, die momentan in Europa bestehen, ist eine inheitliche Umsetzung – gerade angesichts der verchiedenen Kulturen der Verwaltungen – nicht zu leisen. Wir wollen außerdem den Finanzmarkt unter eine emokratisch legitimierte Aufsicht stellen. Wir als arlamentarier wollen darüber berichten; denn wir sind eil unserer deutschen Finanzdienstleistungsaufsicht. ber wir wollen auch, dass das Europäische Parlament ehr Möglichkeiten hat, zu überprüfen und zu entschei en, was im Rahmen der Aufsicht unternommen wird, amit wir gegebenenfalls eingreifen und Fehlentwickungen verhindern können. Die zukünftige Aufsichtsstruktur stellen wir uns so or: Für das, was auf nationaler Ebene geschieht, sollten ie jeweiligen nationalen Aufsichtsbehörden zuständig ein; denn sie haben bislang die besseren Ressourcen. as bleibt auf absehbare Zeit auch so. Wichtig ist aber, ass grenzüberschreitend tätige Unternehmen im Rahen eines europäischen Finanzaufsichtssystems beauf ichtigt werden. Dabei ist es uns weniger wichtig, eine eue zentrale Behörde zu errichten. Das kann vielleicht rgendwann einmal sinnvoll sein. Wichtig ist für uns ber jetzt, dass die verschiedenen nationalen Aufsichten esser zusammenarbeiten, keine Synergien verlieren, Inormationen austauschen sowie die Regeln einheitlich nterpretieren und anwenden, damit Wettbewerbsverzerungen verhindert werden. Wir wollen, dass die grenzüberschreitenden Aktivitäen nicht zu unnötigen Kosten führen. Sonst hätte die Fianzmarktintegration, überhaupt der europäische Binenmarkt, keinen Sinn. Wir werden im Rahmen der erbesserung des europäischen Zahlungsverkehrs auch arüber reden, was das eigentlich für die Bürgerinnen nd Bürger am Schalter bedeutet: Wie gestalten sich eldgeschäfte in Europa, insbesondere Überweisungen, erden sie günstiger und sicherer? Wir begrüßen, dass im Rahmen des Lamfalussy-Verahrens bei der Zusammenarbeit der Aufsichten schon ute Ergebnisse erzielt worden sind. Natürlich werden ir ein wachsames Auge darauf haben, damit sich das, Nina Hauer was da gemacht wird, nicht der politischen Kontrolle entzieht. Mit dem uns jetzt vorliegenden Plan – den wir begleiten wollen, aber den wir dann stoppen werden, wenn wir den Eindruck haben, dass eine neue Welle von umzusetzenden Gesetzen auf uns zukommt – werden wir dafür sorgen, dass unser Part im europäischen Finanzmarkt klar strukturiert ist, dass er transparent ist für alle, die daran teilnehmen, und dass er wirtschaftlich erfolgreich ist. Wir setzen auf den Finanzmarkt. Er ist unabdingbar für mehr Wachstum. Unternehmen – insbesondere junge Unternehmen – brauchen ihn, um an Kapital zu kommen. Eben wurde Basel II angesprochen. Ich glaube, dass es jetzt noch zu früh ist, darüber zu reden, welche Rolle die einzelnen Institute einnehmen sollen. Ich will aber schon darauf hinweisen, dass Basel II auch eine Chance bietet. Gerade kleinere und mittelständische Unternehmen bei uns klagen darüber, wie schwierig es ist, an Kapital zu kommen. Basel II eröffnet dem Mittelstand einen neuen Weg, mehr Geld zur Verfügung gestellt zu bekommen. Oft wird der Eindruck erweckt, Basel II führe dazu, dass kleine Handwerksbetriebe keine Kredite mehr bekämen. Das Gegenteil dieser Horrorvision soll der Fall sein. Wir werden allerdings darauf achten, dass die nationale Struktur unseres Finanzmarkts berücksichtigt wird, insbesondere – das kann man offen sagen – die Kreditabhängigkeit der mittelständischen Unternehmen. Wir werden unsere Interessen bei der Umsetzung der Richtlinie nicht aus den Augen verlieren. Dieser Punkt ist auch von öffentlichem Interesse. Wir Abgeordnete bekommen dazu nicht nur Zuschriften, sondern haben auch in den Wahlkreisen viel damit zu tun. Ich glaube, dass wir an diesem Beispiel deutlich machen können, was wir meinen, wenn wir eine bessere Regulierung verlangen, eine Konsolidierung der Gesetze, die wir auf den Weg gebracht haben, fordern und eine Weiterentwicklung des europäischen Finanzmarktes und unserer Rolle als Marktteilnehmer aus deutscher Sicht wollen. Vielen Dank. Nun hat das Wort der Kollege Dr. Axel Troost, Frak tion Die Linke. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Antrag weist zu Recht darauf hin, dass bisher vor allem Unternehmen von der europäischen Finanzmarktintegration profitiert haben und dass hier nun neue Prioritäten gesetzt werden müssen. Die Stoßrichtung der EU-Kommission, das künftige Hauptaugenmerk auch auf eine verstärkte Integration der Privatkundenmärkte zu richten, ist zu unterstützen. Auch die Bürgerinnen und Bürger müssen in den Genuss der für sie vorteilhaftesten Finanzdienstleistungen kommen, die europaweit angeboten werden. g V c v T e b n g d s a P t u S e t n e z v ü s z k d „ d v d i F r w r t s A u l s d p h k r s d P (C (D Dabei ist davon auszugehen, dass die günstigsten renzüberschreitenden Angebote oft aufgrund fehlenden ertrauens der Bürgerinnen und Bürger in den Verbrauherschutz nicht genutzt werden. Zur Stärkung der Priatkunden ist es aber vor allen Dingen notwendig, neben ransparenz und Vergleichbarkeit der Finanzprodukte inen umfassenden Verbraucherschutz zu erreichen. Wir rauchen auf EU-Ebene ein höheres Verbraucherschutziveau für Finanzdienstleistungsprodukte. Der Antrag spricht sich aus unserer Sicht zu Recht geen eine Maximalharmonisierung aus und fordert stattessen die Koppelung von Mindeststandards und Repektierung nationaler Besonderheiten. In dem Punkt ist uch aus unserer Sicht Überregulierung völlig fehl am latze. In vielen Punkten hätte ich mir allerdings konkre ere Orientierungen im Einzelnen gewünscht. Europäisches Finanzaufsichtssystem – das ist wichtig nd unterstützenswert. Dennoch müssen wir aus meiner icht weit über den Antrag hinausgehen. Ich sehe ganz rheblichen Regulierungsbedarf in den nationalen und ransnationalen Finanzsystemen. Nur ein paar Stichworte zu den Punkten, die aus meier Sicht eine besondere Brisanz haben. Ich zitiere noch inmal den Chef der Commerzbank, Klaus-Peter Müller, um Thema Hedge-Fonds: Er geht davon aus, dass man on vielen Fonds außer Telefonnummer und Adresse berhaupt nichts wisse. Auch der BaFin-Präsident Sanio pricht bezüglich der Hedge-Fonds von großen schwaren Löchern der internationalen Finanzwelt, von denen einer genau wisse, was dort laufe. Was passiert eigentlich auf diesem Sektor? Was geenkt die Bundesregierung hier zu tun? Ich las in der Financial Times“ vom 10. März dieses Jahres, die Bunesregierung beabsichtige, die Meldepflicht für alle Inestmentfonds zu lockern, und zwar als Reaktion darauf, ass die Hedge-Fonds-Branche hierzulande nicht richtig n die Gänge komme. Da stellt sich natürlich schon die rage, ob wir nicht doch ganz andere, neue Regulieungsbedarfe in diesem Bereich haben. Nur zur Illustration ein zweites Stichwort. Ich zitiere ieder Herrn Sanio: Er spricht von den Ratingagentu en als der „größten unkontrollierten Macht der internaionalen Finanzmärkte“. Auch hier müssen wir gemeinam überlegen, wie wir damit umgehen. Zusammengefasst: Diese Initiative geht aus unserer nsicht in die richtige Richtung. Wir werden sie daher nterstützen. Wir sehen aber auf dem Gebiet der Reguierung der europäischen Finanzmärkte ganz andere, ehr viel brisantere Aufgaben und Fragestellungen, mit enen wir uns beschäftigen müssen. Angesichts der exlodierenden Renditeansprüche der Vermögensbesitzer aben wir es heute mit neuen Formen des Finanzmarktapitalismus zu tun, was ganz neue Formen der Regulieung erfordert. Aus unserer Sicht kommt hier ein Riesenchwall von Problemen auf uns zu. Diese sollten wir in er künftigen Arbeit im Finanzausschuss wie auch im lenum diskutieren. Danke schön. Dr. Axel Troost (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)





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(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602521500

(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Axel Troost (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1602521600

(Beifall bei der LINKEN)





(A) )


(B) )



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602521700

Nun hat das Wort der Kollege Dr. Gerhard Schick,

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die
Grünen unterstützen ausdrücklich das in dem gemein-
sam eingebrachten Antrag formulierte Ziel, einen Bin-
nenmarkt für Finanzdienstleistungen zu schaffen, das
heißt, die bisher eingeleiteten Schritte fortzuführen.

Nachdem ich die bisherige Debatte verfolgt habe,
komme ich zu dem Ergebnis: Wir unterschätzen, was der
Begriff „dynamische Konsolidierung“ meint. Die Kon-
solidierung ist ziemlich dynamisch. Hinter den wenigen
Legislativmaßnahmen steht doch allerhand. Allein das
Projekt Solvency II ist ein Mammutprojekt, das für die
deutsche Versicherungswirtschaft enorme Konsequen-
zen haben wird. Daher ist es richtig, zu sagen: Wir zie-
hen die Konsequenzen aus einer teilweise etwas überla-
denen Liste von Legislativmaßnahmen der letzten Jahre
und schauen stärker auf die Umsetzung. Wir vertreten
hier zu Recht die Auffassung: Das Vorhaben muss in der
Europäischen Union gleichmäßig und konsequent umge-
setzt werden.

Wir sollten dabei aber nicht unterschätzen, was in den
nächsten Jahren noch auf uns zukommt, um den gemein-
samen Finanzdienstleistungsmarkt wirklich zu voll-
enden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Spätestens dann, wenn es um die Zahlungsverkehrsricht-
linie und die Verbraucherkreditrichtlinie geht, wird es
mit der Gemeinsamkeit an der einen oder anderen Stelle
wohl ein Ende haben. Trotzdem ist es richtig, dass wir
die Ziellinie jetzt erst einmal gemeinsam in den Blick
nehmen.

Ich möchte noch einige Anmerkungen aus grüner Per-
spektive machen. Sie zeigen vielleicht, wo aus unserer
Sicht Schwerpunkte sind.

Zunächst möchte ich an das anknüpfen, was Herr
Kollege Fahrenschon bereits gesagt hat – bei ihm
möchte ich mich für die Koordination noch einmal recht
herzlich bedanken –: Hinter diesem Antrag steht ein an-
deres Verständnis von Europapolitik; wir wollen die Eu-
ropapolitik stärker antizipativ begleiten. Sie haben das
Lamfalussy-Verfahren kritisiert. Ich stimme Ihnen da
ausdrücklich zu. Die Tatsache, dass Rechtsetzung ohne
demokratische Kontrolle in Parlamenten stattfindet, ist
– das gilt insbesondere für das Lamfalussy-Verfahren –
ein wichtiger Bestandteil dessen, was wir klagend als
das Demokratiedefizit bezeichnen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der CDU/CSU)


Dieses Demokratiedefizit drückt sich natürlich nicht
nur in dem Lamfalussy-Verfahren – es ist ein Teil der

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(C (D omitologieverfahren – aus, sondern auch in anderen ereichen. Dort ist man von parlamentarischer Kontrolle benfalls sehr weit entfernt. Wir als Parlamentarier sollen unsere Aufgabe, diese europäischen Gesetzgebungsrozesse zu begleiten, noch ernster nehmen. Wenn ich ir das Programm der nächsten Jahre anschaue, dann omme ich zu dem Schluss, dass das ein hoher Anspruch st, den wir hier für uns formulieren, nämlich die Rechtetzung parlamentarisch, im Finanzausschuss und hier m Plenum, zu begleiten und zu kontrollieren und nicht ur das sozusagen zu übernehmen, was von der europäichen Ebene kommt. Ich hoffe, dass wir es schaffen, dieem Anspruch auch wirklich gerecht zu werden. Es wäre in wichtiger Beitrag zur Stärkung der Demokratie in uropa. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Ich möchte einen weiteren Punkt ansprechen, der
uch schon erwähnt worden ist. Es geht jetzt in einem
weiten Schritt darum, auch den Verbraucher stärker in
en Blick zu nehmen. Wir haben Europa häufig als bür-
erfern bezeichnet. Das ist auch an verschiedenen Stel-
en sichtbar. Eine Stelle, wo das sichtbar ist, ist die fol-
ende: Der Binnenmarkt für Finanzdienstleistungen ist
isher stärker für Firmenkunden als für Verbraucher
ealität geworden. Es ist deswegen richtig, dass wir dem
apitel Privatkunden besondere Aufmerksamkeit ge-

chenkt haben. Wir Grünen werden besonders darauf
chten, dass der Verbraucherschutz bei diesen Sachen
icht zu kurz kommt.

Beim Stichwort „Better Regulation“ ist für uns beson-
ers wichtig, dass wir auch die Chancen nutzen, die in
iner Harmonisierung liegen, zum Beispiel für weniger
ürokratie. Es ist einfach so, dass es für viele Unterneh-
en und Verbraucher eine deutliche Entlastung von Bü-

okratie bedeutet, wenn wir gemeinsame Regelungen
chaffen, gerade im Grenzbereich. Ich möchte also da-
um bitten, dass wir unter diesem Stichwort „Better Re-
ulation“ nicht Ziele aufgeben, sondern versuchen, diese
nämlich eine bessere Finanzierung für Unternehmen,
ber auch eine stabile Finanzmarktentwicklung, die das
erbrauchervertrauen mit in den Blick nimmt – auch
urch eine gute europäische Rechtsetzung zu erreichen.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602521800

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der
raktionen der CDU/CSU, der SPD, der FDP und des
ündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 16/933 mit
em Titel „Besser regulieren, dynamisch konsolidieren –
eitlinien für die künftige EU-Finanzmarktintegration“.
er stimmt für diesen Antrag? – Gibt es Gegenstim-
en? – Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist

er Antrag einstimmig angenommen.






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 9 a und 9 b auf:

a) Erste Beratung des von den Abgeordneten Jerzy
Montag, Hans-Christian Ströbele, Wolfgang
Wieland, weiteren Abgeordneten und der Frak-
tion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN einge-
brachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutz
von Journalisten und der Pressefreiheit in
Straf- und Strafprozessrecht

– Drucksache 16/576 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Kultur und Medien

b) Erste Beratung des von den Abgeordneten Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger, Jörg van Essen,
Mechthild Dyckmans, weiteren Abgeordneten
und der Fraktion der FDP eingebrachten Ent-
wurfs eines Gesetzes zur Sicherung der Presse-
freiheit

– Drucksache 16/956 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Kultur und Medien

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich sehe
dazu keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem
Kollegen Jerzy Montag von der Fraktion des Bündnis-
ses 90/Die Grünen.


Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602521900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Gestern hat die Staatsanwaltschaft Potsdam Anklage ge-
gen zwei Journalisten wegen Beihilfe zum Geheimnis-
verrat erhoben. Über diesen Fall hat der Deutsche Bun-
destag schon diskutiert; auch der Innenausschuss war
damit befasst. Dieser Fall ist nicht singulär. Allein in
diesem Jahr gab es Ermittlungen der Strafverfolgungsbe-
hörden gegen Journalisten der „Wolfsburger Allgemei-
nen“ und der „Dresdner Morgenpost“. In den zurücklie-
genden Jahren gab es Ermittlungsverfahren gegen die
Zeitschrift „Max“ in Hamburg, den „Stern“, das ZDF
und Radio Bremen; ich nenne nur einige wenige Fälle.
Die Vielzahl der Fälle ergibt sich aus dem Bericht des
Deutschen Journalisten-Verbandes, der für einen Zeit-
raum bis 2001 einige Dutzend einschlägige Fälle doku-
mentiert hat.

Die Pressefreiheit in unserem Land ist nicht erst in
Gefahr, wenn die Polizei flächendeckend gegen alle
Journalisten und gegen alle Presseorgane ermittelt. Die
Pressefreiheit ist bei uns bei jedem einzelnen Fall in Ge-
fahr. Wir müssen Vorsicht walten lassen und bei jedem
Fall solcher Ermittlungen aufpassen, worum es geht und
warum die Polizei, die Ermittlungsbehörden gegen Jour-
nalisten ermitteln.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Dr. Peter Danckert [SPD]: Nicht übertreiben!)


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(C (D eswegen ist es wichtig, dass man sich dieses Phänoens annimmt. Wir haben es mit der Offenbarung staatlicher Geeimnisse zu tun. Das ist eine Straftat. Gleichzeitig ist ie Offenlegung Aufgabe einer kritischen und freien resse. Wenn die Beamten, die solche Dienstgeheimisse offenbaren, auch Straftäter sind, sind sie doch leichzeitig die grundrechtlich geschützten Informanten er freien Presse. Daraus hat der Deutsche Bundestag chon 1979 den Schluss gezogen, den damaligen § 353 c tGB zu ändern, indem er festgelegt hat: Strafbar achen sich nicht die Journalisten, die Geheimnisse ver ffentlichen, sondern nur Beamte, die ihre Dienstverflichtung zur Geheimhaltung verletzen. Aber diese rennung – Freiheit der Presse auf der einen Seite und chutz von Dienstgeheimnissen auf der anderen Seite – st in der Folgezeit nicht gelungen. Die neuesten Fälle eigen das auch ganz illuster; denn über das Konstrukt er Beihilfe und der Anstiftung werden immer wieder, is zum heutigen Tage, Journalisten verfolgt und Hausurchsuchungen durchgeführt. Das soll und muss sich ändern. Deswegen haben wir nseren Gesetzentwurf vorgelegt, der im Wesentlichen n sechs Punkten Abhilfe schaffen soll: Es gibt zwei Wege, um Journalisten in diesen Fällen u schützen: den prozessualen, den wir nicht für den ichtigen halten, und den materiellen, den wir für richtig alten. Wir sagen: Beihilfe und Anstiftung zum Geheimisverrat sollen in Zukunft für Journalisten und Mitareiter der Presse nicht mehr strafbar sein. Wir wollen die Justizkontrolle insofern verbessern, ls wir den Gerichten auferlegen, bei Ermittlungen geen Journalisten das Grundrecht der Presse, das Grundecht der Meinungsäußerungsfreiheit immer im Blick zu aben. Wir wollen die Zufallsfunde beschränken, soweit das eugnisverweigerungsrecht das ermöglicht. Wir wollen die Telefonverbindungsdaten von Journaisten schützen. Wir wollen ihre Wohnungen schützen, die bisher icht so geschützt sind wie die Redaktionsräume. Last, not least wollen wir das Strafrecht entrümpeln, ndem wir § 353 d Nr. 3 StGB streichen. Alles in allem ein Vorschlag, den wir gemacht haben, achdem die große Koalition zwar einiges angekündigt, ber bisher nichts vorgelegt hat. Jetzt hat die FDP mit eiem Vorschlag nachgelegt, der sich in einigen Punkten on unserem unterscheidet. Wir werden in der weiteren arlamentarischen Beratung darauf achten, wer den beseren Vorschlag gemacht hat. Ich würde mich aber auch reuen, wenn die Koalition endlich in die Puschen käme nd uns einen Vorschlag vorlegen würde. Angekündigt aben Sie das bereits; aber Sie haben bisher nichts geacht. Das Wort hat nun der Kollege Siegfried Kauder für die CDU/CSU-Fraktion. Siegfried Kauder CSU)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)





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Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602522000

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Nicht bei allen, aber bei den meisten Dingen schadet
blinder Eifer nur. Es geht hier um ein sehr wichtiges und
schwieriges Thema: die Abgrenzung der Ermittlungs-
möglichkeiten in Bezug auf Straftäter und Straftaten ge-
genüber der Pressefreiheit.

Bündnis 90/Die Grünen und die FDP haben mit be-
merkenswert großer Schnittmenge zwei unterschiedliche
Gesetzentwürfe vorgelegt. Bündnis 90/Die Grünen nennt
den Entwurf „Gesetz zum Schutz von Journalisten und
der Pressefreiheit in Straf- und Strafprozessrecht“. Die
FDP ist da schon neutraler und spricht von einem Gesetz
zur Sicherung der Pressefreiheit. Aber, meine Damen
und Herren, wenn man den Gesetzentwurf von Bünd-
nis 90/Die Grünen genau ansieht, merkt man sehr
schnell die Intention.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das soll man auch! – Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist der Sinn!)


In einem laufenden Ermittlungsverfahren leistet man
zwei Journalisten, gegen die gestern Anklage erhoben
worden ist, entweder bewusst oder bedingt vorsätzlich
Schützenhilfe.


(Beifall bei der CDU/CSU)


In der Problemstellung des Gesetzentwurfes heißt es
bei Bündnis 90/Die Grünen – lassen Sie mich zitieren –:

Bei der Anordnung von Durchsuchungs- und Be-
schlagnahmemaßnahmen gegen Medienangehörige
fehlt in einer auffälligen Häufung die notwendige
Prüfung der Verhältnismäßigkeit unter Berücksich-
tigung der Grundrechte aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 des
Grundgesetzes (GG).

Systematisch werden bei solchen Gelegenheiten
„Zufallsfunde“ in erheblichem Ausmaß beschlag-
nahmt …


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)


Das ist nichts anderes als eine Kritik an den Ermittlungs-
behörden.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Insoweit schon!)


Eine solche Kritik mag einem einzelnen Abgeordneten
zustehen, aber nicht diesem Hohen Haus in seiner Funk-
tion als Gesetzgebungsorgan.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wenn Kritik geäußert wird, dann muss sie sachlich
sein. Wer Geheimnisverrat begeht, soll und muss bestraft
werden. Man kann es nicht besser ausdrücken, als man

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(C (D s im so genannten „Spiegel“-Urteil des Bundesverfasungsgerichts vom 5. August 1966 niedergelegt findet. ort heißt es: Die Presse genießt im Strafverfahren keine Privilegien … Namentlich steht im freiheitlich-demokratischen Staat der Pressefreiheit die Mitverantwortung der Presse für die Staatssicherheit gegenüber. (Zuruf des Abg. Hans-Christian Ströbele Geheimnisverrat erschüttert die Grundfeste des inneen und äußeren Bestandes des Staates. (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sind doch nicht beim Staatsschutzrecht! Das ist doch Unsinn, Herr Kollege!)


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


eswegen ist Geheimnisverrat zu Recht strafbar.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Geheimnisverrat muss nicht nur für einen Amtsträger,
ondern auch für denjenigen strafbar sein, der Beihilfe
eistet oder den Amtsträger anstiftet.


(Beifall bei der CDU/CSU)


eheimnisverrat ist zwar ein Sonderdelikt, aber es ent-
pricht den allgemeinen Regeln des Strafrechtes, dass
icht nur der, der die Straftat als Haupttäter begeht, son-
ern auch der, der dazu anstiftet oder Beihilfe leistet, be-
traft werden muss, auch wenn er die Amtseigenschaft
icht erfüllt. Da wird der Grundsatz der strengen Akzes-
orietät in § 28 des Strafgesetzbuches – Juristen wissen
as – aus gutem Grund durchbrochen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Gute Juristen wissen das!)


Ich hoffe, die Kolleginnen und Kollegen von Bünd-
is 90/Die Grünen merken selbst, wenn sie ihren Gesetz-
ntwurf noch einmal sorgfältig überarbeiten, was für ein
nsinn da produziert wurde.


(Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie kommen zu dem Ergebnis, die Beihilfe solle für
inen Journalisten nicht strafbar sein, und zwar deshalb,
eil erst die Veröffentlichung eine Beihilfehandlung
arstellt. Es ist übrigens auch juristischer Standard, dass
ie Möglichkeit der Teilnahme eben nicht mit der Voll-
ndung, sondern erst mit der Beendigung des Deliktes
ndet; auch das weiß jeder Jurist. Man kann allenfalls
ber die Frage diskutieren, ob Beihilfe nicht strafbar sein
oll. Warum wollen Sie eigentlich das Rechtsinstitut der
nstiftung auch noch kippen? Ihr Argument, dass die
bgrenzung zwischen Beihilfe und Anstiftung schwierig

ei, ist doch wohl nicht der Lösungsansatz für dieses
roblem. Nein, so wird es sicherlich nicht gehen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Bündnis 90/Die Grünen bleibt auch eine Begründung
ür ihre Richterschelte schuldig. Man wirft den Richtern
nd der Staatsanwaltschaft vor, diese würden das Recht
ushebeln, aber nicht um gegen den Teilnehmer einer






(A) )



(B) )


Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen)

Straftat zu ermitteln, sondern um über den Umweg einer
Beschlagnahme an den Informanten heranzukommen.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So war das, lieber Herr Kollege! – Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist die Realität!)


Ich finde, das ist eine Unverschämtheit gegenüber den
Ermittlungsbehörden, die nichts anderes tun, als das
Recht in Deutschland zu wahren.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Katrin GöringEckardt)


Um diese Meinung stützen zu können, beruft sich
Bündnis 90/Die Grünen auf eine Untersuchung des
Deutschen Journalisten-Verbandes. Diese Untersuchung
ist doch sicherlich nicht objektiv; denn sie ist von den
Betroffenen selbst durchgeführt worden.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und?)


Schauen Sie sich doch einmal an, wie viele Fälle in wel-
chem Zeitraum untersucht wurden. Es wurden 164 Fälle
von 1987 bis zum Jahr 2000 untersucht. Wurden Fälle
selektiert oder wurden alle Fälle untersucht?


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es werden wahrscheinlich noch mehr gewesen sein!)


Ich habe die Vermutung, dass man genau die Fälle he-
rausgegriffen hat, bei denen die Beihilfe- bzw. Anstif-
tungshandlung nicht zu einer Verurteilung geführt hat.
Aber es soll hin und wieder vorkommen, dass es nicht zu
einer Verurteilung kommt, wenn Ermittlungsbehörden
eine Hausdurchsuchung vornehmen. Ich habe in meiner
letzten Rede im Deutschen Bundestag gesagt, dass wir
es nicht immer mit Straftätern, sondern auch mit Tatver-
dächtigen zu tun haben. Aber auch da darf es keine Pri-
vilegien für die Presse geben, sofern sich diese nicht un-
mittelbar aus Art. 5 des Grundgesetzes ergeben. Sie
wissen doch genau, dass sich die Grenzen des Art. 5 aus
den allgemeinen Gesetzen ergeben.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eben! Deswegen ändern wir das!)


Sie sehen, dieser Gesetzentwurf ist schon im Grund-
ansatz parteiisch, mit heißer Nadel gestrickt und nicht
durchdacht. Dabei wollen wir nicht mitmachen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Das ist die Philosophie von Bündnis 90/Die Grünen:
Wenn wir schon reformieren, dann gehen wir mit dem
Rasenmäher über das Strafgesetzbuch hinweg und strei-
chen auch gleich den § 353 d Nr. 3.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein einziger Paragraf! Das ist doch kein Rasen!)


– Herr Montag, hören Sie einfach einmal zu! – Ich will
Ihnen sagen, was Sie bewirken, wenn Sie den § 353 d
Nr. 3 streichen.

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(C (D (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nichts!)


iese Strafvorschrift bewirkt, dass während eines lau-
enden Ermittlungsverfahrens, das nicht öffentlich ist,
ktenteile nicht in der Presse veröffentlicht und nicht
ubliziert werden dürfen.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Im Wortlaut!)


riginalakten dürfen nicht publiziert werden. Das ist gut
o. Denn Ermittlungsverfahren sind nicht öffentlich,
ondern noch geheim. Wenn Sie § 353 d Nr. 3 streichen,
at das zur Folge, dass ein Nebenkläger, der aufgrund
es Mandatsverhältnisses vom Anwalt Aktenkopien ver-
angen kann, die Anklageschrift, bevor sie in der Haupt-
erhandlung verlesen worden ist, im Internet veröffentli-
hen darf.


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Viel Spaß!)


berlegen Sie, ob Sie so etwas wollen! Der Haftbefehl
ines verhafteten Tatverdächtigen, der nicht verurteilt
st, erscheint im Internet. Das können Sie allen Ernstes
icht gewollt haben.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602522100

Herr Kollege Kauder, lassen Sie eine Zwischenfrage

es Kollegen Hans-Christian Ströbele zu?

Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/
SU):
Selbstverständlich.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602522200

Bitte schön, Herr Ströbele.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Jetzt kommt Niveau in die Debatte!)



(BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Herr Kollege Kauder, geben Sie mir Recht darin, dass

353 d, den Sie gerade angeführt haben, lediglich die
örtliche Veröffentlichung verbietet? Das heißt, im Falle
er von Ihnen genannten Anklageschrift könnten Sie die
esamte Anklageschrift mit all dem, was darin steht, in-
altlich wiedergeben. Sie dürfen nur nicht wörtlich zitie-
en. Geben Sie mir Recht, dass zahlreiche Rechtsge-
ehrte diese Vorschrift schon aus diesem Grunde immer
ieder kritisiert und die Abschaffung gefordert haben?

Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/
SU):
Ich brauche Ihnen nicht Recht zu geben, weil ich dies

o vorgetragen habe. Es ergibt sich schlicht und ergrei-
end aus dem Gesetz, dass nur die wortgetreue Weiter-
abe von Aktenteilen strafbar ist.

Aber, Kollege Ströbele, auch Sie kennen die Welt und
rozessgeschichten. Ein Dokument zu veröffentlichen
at einen höheren Aussagewert, als wenn ich den Inhalt






(A) )



(B) )


Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen)

aus meiner Sicht wiedergebe. Deswegen ist diese Straf-
vorschrift zu Recht so gefasst worden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Wegen der höheren Authentizität! Das ist doch klar!)


Ich hätte von Ihnen eigentlich eine andere Kritik er-
wartet, nämlich die, dass der Anwendungsbereich rela-
tiv gering ist und Straftaten in diesem Bereich relativ
wenig verfolgbar sind. Dazu kann ich nur sagen: Das ist
der präventive Charakter dieses Gesetzes. Deswegen
hält sich die Presse daran. Ich könnte Ihnen auch entge-
genhalten, dass wir erst in der letzten Legislaturperiode
§ 201 a des Strafgesetzbuches, den Schutz des höchst-
persönlichen Lebensbereiches, eingeführt haben, dessen
Anwendungsbereich nicht wesentlich breiter ist als der
des § 353 d Nr. 3 des Strafgesetzbuches.


(Dirk Manzewski [SPD]: Der hat sich offensichtlich bewährt!)


Meine Damen und Herren, ich möchte nicht alles
schlecht machen. Einige gute Ansatzpunkte hat diese
Diskussion sicher. Ich wende mich da insbesondere an
die FDP. Wir werden die Fragen des Zufallfundes über-
denken müssen


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


und wir werden die Frage des Sammelns von Telekom-
munikationsdaten überdenken müssen. Aber das muss
man mit aller Sorgfalt tun.

Festhalten kann man, dass § 97 der Strafprozessord-
nung, also der Paragraf, der die Beschlagnahme zulässt,
letztmals im Jahr 1975 inhaltlich geändert worden ist.
Genau in diesem Jahr hat man eingeführt, dass dort, wo
ein Journalist sich der Teilnahme an einer Straftat schul-
dig gemacht hat, beschlagnahmt werden darf. Das funk-
tioniert seither durch die Auslegung der Gerichte ganz
ordentlich.

Herr Kollege Montag, auch das werden Sie einräu-
men müssen: Das Sammeln von Post- und Telekommu-
nikationsdaten wurde im Fall der zwei vor kurzem be-
troffenen Journalisten in der Beschwerde gekippt. Das
zeigt: Wenn man Beschwerdemöglichkeiten ausnützt,
kommt man zum Erfolg. Deswegen wird man prüfen
müssen, ob die Rechtsprechung nicht schon auf dem
richtigen Weg ist, ob dort schon genügend Schutz be-
steht und wir einer Gesetzesänderung gar nicht bedürfen,
und zwar nicht um der Gesetze willen und auch nicht
deswegen, um den Lobbyismus gewisser Bevölkerungs-
gruppen zu befriedigen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602522300

Das Wort hat die Kollegin Sabine Leutheusser-

Schnarrenberger, FDP-Fraktion.


Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP):
Rede ID: ID1602522400

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol-

legen! Die FDP hat diesen Gesetzentwurf nicht in blin-

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(C (D em Eifer erstellt. Wir haben uns damit vielmehr sehr iel Zeit gelassen, weil wir natürlich auch die Meinung er Vertreter der Länder eingeholt haben sowie Justizmiister der Länder und Mitarbeiter in den entsprechenden trafrechtsabteilungen befragt haben. Sie stehen nun icht in dem Verdacht, einem mitzuteilen: Hier kann an einmal eine Strafbestimmung überarbeiten oder ielleicht aus einer Strafbestimmung eine Nummer streihen. Unser Gesetzentwurf ist in den Ländern, die wir efragt haben, auf keinerlei Bedenken gestoßen. Herr Kauder, Sie haben hier sehr differenziert, aber uch sehr engagiert Stellung bezogen. Ich möchte zu 353 d Nr. 3 klar sagen: Es hat auf dessen Grundlage, ie Sie richtig bemerkt haben, kaum Verurteilungen geeben. Auch das Bundesverfassungsgericht hat sich mit ieser Bestimmung befasst. Es hat schon im Jahre 1986 usgeführt, dass der Wirkungskreis dieser Bestimmung xtrem klein und ihre Auswirkung sehr gering sei. Wir sind nach langer Überlegung zu der Überzeugung ekommen, dass es wirklich nicht zu begründen ist, waum die Veröffentlichung eines konkreten Zitats, zum eispiel aus einer Anklageschrift, unter Strafe gestellt nd dieses Verhalten kriminalisiert wird, die sinngemäße iedergabe aber, die möglicherweise mit einer verfäl chenden Darstellung des Sachverhalts einhergeht, keierlei strafrechtlicher Verantwortung unterliegt und auch icht entsprechend erfasst werden kann. Deshalb halten ir es nicht für richtig, die korrekt zitierende Bericht rstattung zu kriminalisieren. (Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Herr Kauder, Kernpunkt ist die materielle Strafbar-
eit, an der sich alle anderen Vorschriften festmachen;
enn wenn wir ein gewisses Verhalten nicht unter Strafe
tellen, dann brauchen wir uns auch in der Strafprozess-
rdnung nicht mehr damit auseinander zu setzen. Des-
egen haben wir sehr lange und sehr sorgfältig überlegt,
ie wir mit § 353 b StGB umgehen sollen. Wir sind zu
em Ergebnis gekommen, dass wir das Anstiften ande-
er, eine Verletzung des Dienstgeheimnisses zu begehen,
ehr wohl weiterhin unter Strafbarkeit stellen wollen.
as gehört nach unserer Meinung nicht zu dem, was un-

er den Schutz der Pressefreiheit von Journalisten fällt.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Wir haben uns den Sachverhalt, der immer wieder zu
erfahren führt, die in der Vergangenheit so gut wie nie
ine Verurteilung der Journalisten zur Folge hatten, auf-
rund dessen es aber wegen einer möglichen Strafbarkeit
n erheblichem Umfang zu Durchsuchungen, zu Be-
chlagnahmen und dann natürlich auch zu Zufallsfunden
ekommen ist, genau angesehen. Deshalb sagen wir: Der
chutz von Dienstgeheimnissen reicht so weit, bis der-

enige, der zur Geheimhaltung verpflichtet ist, das
ienstgeheimnis verletzt und Unterlagen herausgegeben
at. Wenn das passiert ist, dann ist dieser Tatbestand
ollendet. Wenn anschließend ein Journalist mit diesem
aterial umgeht, dann handelt es sich nicht mehr um ein

trafbares Verhalten, das rechtfertigt, die Strafbestim-
ung in dieser Form, nämlich gemäß § 353 b StGB, auf-






(A) )



(B) )


Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
rechtzuerhalten. Deshalb haben wir ihn in unserem Ge-
setzentwurf anders angelegt, als es Bündnis 90/
Die Grünen in ihrem Gesetzentwurf tun. Ich rede jetzt
nicht über die Klugheit von Journalisten bei ihrer Be-
richterstattung. – Ich denke, bei manchem ist es klug, da-
von zu berichten; bei manchem ist man besser beraten,
es nicht in der Berichterstattung zu verwenden. – Ich
hoffe, dass auf dieser Grundlage sehr wohl eine kon-
struktive Beratung und vielleicht auch eine Mehrheits-
findung im Ausschuss möglich sein werden.

Unsere strafprozessualen Vorschläge sind zum Teil
eine Konsequenz daraus, aber auch eine Konsequenz aus
dem, was wir in der Praxis erleben. Wir wollen anders
als Bündnis 90/Die Grünen auch eine Änderung in der
Strafprozessordnung. Wir wollen, dass ein dringender
Tatverdacht, nicht nur ein einfacher Tatverdacht, vorlie-
gen muss, damit es zu Beschlagnahmen kommen kann.
Darüber können wir diskutieren. Ich denke aber, das
dürfte nicht auf gravierende Bedenken stoßen.

Das, was mit § 100 h StPO passiert ist, nachdem man
damit die Vorschrift aus dem FAG abgelöst hat, bedarf
noch, wie Sie, Herr Kauder, zu Recht gesagt haben, einer
Überprüfung und wohl auch einer Korrektur; denn die
Journalisten sind dort einfach nicht erwähnt worden.
Warum soll man sie herausnehmen, wenn man andere
mit Zeugnisverweigerungsrecht und Berufsgeheimnis
erfasst? Ich denke, gerade angesichts der Bedeutung der
Pressefreiheit, die nicht nur ein Grundrecht neben vielen
anderen, sondern ein konstitutives Element unserer De-
mokratie ist, sind wir gut beraten, uns diese Bestimmun-
gen vorzunehmen.

Ich habe den Eindruck, dass sich Vertreterinnen und
Vertreter der großen Koalition unserem Gesetzentwurf
vielleicht stärker nähern können als manchen Bestim-
mungen von Bündnis 90/Die Grünen. Wenn dabei mehr
Pressefreiheit herauskäme, dann hätte sich dieses En-
gagement wirklich gelohnt.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602522500

Das Wort hat Joachim Stünker, SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Joachim Stünker (SPD):
Rede ID: ID1602522600

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich glaube, wir sind mittlerweile – wenn auch zu später
Stunde – bei diesem wichtigen Thema ganz gut in die
Diskussion eingestiegen, die wir im Rechtsausschuss des
Bundestages weiterführen werden. Ich denke, wir alle
hier sind uns darin einig, dass die Pressefreiheit für uns
ein hohes Gut ist, dass sie konstitutiv für die Demokratie
ist und die Demokratie mit Leben erfüllt.

Schon heute haben wir durch die Zeugnisverweige-
rungsrechte und durch die Beschlagnahmeverbote einen
umfassenden Schutz der Pressefreiheit in der Strafpro-
zessordnung. Das müssen wir einmal feststellen. Dieser
Schutz ist von uns 2002 zum letzten Mal novelliert und

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(C (D och ein Stück weiter ausgedehnt worden. Wir haben bei er Novellierung der Vorschriften zur Wohnraumüberachung Überwachungsverbote zugunsten von Journa isten eingeführt. Ich denke, da brauchen wir alle uns geenseitig nichts vorzumachen und nichts in Abrede zu tellen. Es ist nicht so, dass der eine die Pressefreiheit ehr schützen möchte als der andere. Auf der anderen Seite ist uns allen auch klar, dass der chutz von Berufsgeheimnisträgern immer nur so weit eichen kann, wie sich diese in Ermittlungsverfahren und uch in Strafverfahren als nicht schuldig erweisen. Ich laube, auch da sollten wir uns einig sein. Das eigentlihe Problem, um das es hier geht, finden wir im 0. Abschnitt des Strafgesetzbuches bei den so genannen Straftaten im Amt. Das ist ein bisschen kompliziert; enn bei diesen Straftaten werden letzten Endes diejenien, die Presseerzeugnisse veröffentlichen – das sind un einmal meistens Journalisten –, allein durch die Verffentlichung nach allgemeiner Teilnahmelehre zum eilnehmer, auf jeden Fall aber zum Gehilfen, da sie eihilfe leisten können, bevor das Delikt beendet ist. as ist hier nun einmal das Problem. In dem Augenlick, in dem sie zum Teilnehmer werden, greifen die chutzvorschriften – Zeugnisverweigerungsrechte, Bechlagnahmeverbote usw. – nicht mehr. Dann ist das anze Instrumentarium der Strafprozessordnung und der rmittlungsmaßnahmen natürlich eröffnet. Das hat urchsuchungen und Beschlagnahmen – mit Zufallsfunen und allem, was dazukommt – zum Ergebnis. Ich laube, das finden wir alle – das habe ich aus der Disussion heute hier ein bisschen herausgehört – im Ergebis nicht richtig. Ich zumindest kann für meine Fraktion agen, dass wir angesichts des hohen Verfassungsrangs er Pressefreiheit der Meinung sind – ich verweise auf ie Fälle, die gerade durch die Medien gehen –, dass hier in Änderungsbedarf besteht. Wir wissen auf der anderen Seite natürlich, dass jede rivilegierung von Journalisten im Rahmen staatsanaltschaftlicher Ermittlungen einer ganz besonderen Leitimation und sorgfältiger Abwägung bedarf; dies sagt uch das Bundesverfassungsgericht. Wir wissen auch, ass ein genereller Vorrang der schutzwürdigen Interesen von Journalisten gegenüber den Strafverfolgungsineressen des Staates nicht zu begründen ist; auch das ist ollkommen klar. Von daher wird die Diskussion für uns nsgesamt ein bisschen schwierig werden; man muss chon genau hinschauen. Ich bin der Meinung – wie auch meine Fraktion –, ass hier Handlungsbedarf besteht; allerdings nicht in em Sinne, wie es in den beiden Gesetzentwürfen unterchiedlicher Art, die das Problem lösen wollen, hier darestellt worden ist. ch bin explizit nicht der Meinung, dass man das Ganze m materiellen Strafrecht lösen kann. Wir können nicht ür eine bestimmte Berufsgruppe Ausnahmen im materillen Strafrecht vorsehen, nur weil es diese bestimmte erufsgruppe betrifft. Wir werden es rechtssystematisch nd verfassungsrechtlich nicht begründen können, Joachim Stünker sozusagen eine „Lex specialis“ im materiellen Recht zu schaffen. Wir werden das Ganze letztendlich nur über das Prozessrecht lösen können, und zwar indem wir uns einmal die Tathandlungen, um die es hier geht, genau anschauen. Für den Teilnehmer, für den Journalisten, um den es hier geht, ist mit der Veröffentlichung der Tatbestand der Teilnahme erfüllt, auch wenn der Haupttäter noch gar nicht bekannt sein sollte und ein Verfahren gegen unbekannt läuft. Deshalb ist in dem Augenblick, in dem eine Teilnahme völlig klar ist, eine Beschlagnahme und Durchsuchung eigentlich nicht mehr erforderlich; denn für Ermittlungen im Zusammenhang mit seinem Delikt – das behaupte ich einmal – brauchen wir sie nicht mehr. Darum wird in der Tat – Herr Kollege Kauder, das muss ich doch sagen – diese Schneise genutzt, um die Suche nach dem eigentlichen Haupttäter vornehmen zu können. Dabei kommt es zu den Dingen, über die wir hier gesprochen haben. Ich meine, wir müssen das Ganze im Wege des Strafprozessrechts lösen. Sie wissen: Wir alle haben aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Strafprozessordnung und zu weiteren Vorschriften die Aufgabe, eine Novellierung vorzunehmen. Wir haben hier schon im Dezember darüber diskutiert. Herr Kollege Montag, wir sind durchaus tätig, aber es dauert ein bisschen. Man muss sehr sorgfältig vorgehen, weil das sehr schwierig und kompliziert ist. Man kann das nicht einfach punktuell lösen. Ich denke, dass wir Ihnen noch in diesem Sommer einen Entwurf für eine Novellierung vorlegen können – dann können wir uns über diese Fragen unterhalten –, damit wir in dem kleinen Teilbereich, den ich versucht habe herauszuarbeiten, den Schutz von Journalisten sicherstellen können. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. Petra Pau spricht für die Fraktion Die Linke. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen hat einen Gesetzentwurf zur Stärkung der Pressefreiheit vorgelegt. Das begrüße ich namens der Fraktion Die Linke ausdrücklich. Der Gesetzentwurf hat einen Anlass: die Durchsuchung von Redaktionsräumen des Magazins „Cicero“ im September 2005. Das war kein Einzelfall. Razzien bei Medien gibt es häufiger, vornehmlich bei vermeintlich linken. Die „taz“ könnte darüber Geschichte erzählen oder auch die „Junge Welt“. Die politische Farbenlehre ist aber ein ganz anderes Thema. Heute geht es prinzipiell um die Frage, ob das G G w u l s S A u n K R i a l k K S D d l i g m d s h d m d v v a w S n M v w s v J S g h p w w d (C (D rundgesetz überall gilt und wie es zu schützen ist. Das rundgesetz schützt die Pressefreiheit. Es schützt sie, eil die Pressefreiheit für eine lebendige Demokratie nverzichtbar ist. Zu diesem Schutz gehört, dass Journaisten das Recht haben, ihre Quellen und Informanten zu chützen. Sie gehen den Staat nichts an. Nun sagt ein prichwort, Ausnahmen bestätigen die Regel. Diese usnahmen müssen aber gut begründet sein. Darauf zielt der Gesetzentwurf der Grünen. Deshalb nterstütze ich ihn politisch. Die vermeintlichen Ausahmen nehmen Überhand. Überhand nehmen auch die ollateralschäden; denn allzu gerne wird bei Razzien in edaktionsstuben alles mitgenommen, was mitnehmbar st: CDs, Festplatten, Adressenlisten und Archive, also lles, was im journalistischen Alltag so anfällt und vieleicht auch tiefer blicken lässt, als der Polizei aus dem onkreten Anlass heraus erlaubt ist. In dem konkreten Fall geht es um eine besondere onstruktion. Der damalige Bundesinnenminister, Otto chily, witterte Geheimnisverrat. Er vermutete in seinen iensten ein Plappermaul. Er versuchte, sein Rätsel in en Redaktionsstuben des Magazins „Cicero“ lösen zu assen. Genau das darf so nicht sein. Ein Leck im Dienst st kein Grund, die Pressefreiheit und damit das Grundesetz außer Kraft zu setzen. Nun streiten sich die Rechtsgelehrten, ob der Inneninister nicht doch Recht hat. Weil das strittig ist, muss as Recht präzisiert werden. Genau darauf zielt der Geetzentwurf der FDP. Mit ihm sollen Bürgerund Freieitsrechte gestärkt werden. Auch dafür werbe ich ausrücklich. In dieser Auseinandersetzung haben wir es übrigens it demselben Konflikt zu tun wie in der Debatte um en so genannten BND-Ausschuss. Wer Bürgerrechte erteidigt, steht im Verdacht, Sicherheitsinteressen zu erraten. Das ist genau das Deutschland, das ich – trotz ller Werbung – nicht bin und auch nicht will. Ich will eiterhin einen sozialen Bürgerrechtsstaat. Liebe Kolleginnen und Kollegen, am kommenden amstag werden wir übrigens hier in Berlin unmittelbar eben dem Reichstag, auf dem Platz des 18. März, an die ärzrevolution anno 1848 erinnern, und zwar – wie seit ielen Jahren – parteiübergreifend. Die Pressefreiheit ar eines der Ziele dieser Revolution. Abschließend: Beide Anträge gehen in die Auschüsse. Dort können wir über die Paragrafenfeinheiten erhandeln und auch darüber, ob ein Paragraf aus dem ahre 1936, der vermeintlichen Geheimnisverrat unter trafe stellt, so wie er im Moment gefasst ist, noch zeitemäß ist. Man kann nicht einerseits Informationsfreieit per Gesetz befördern und zugleich die Pressefreiheit er Gesetz beschneiden. Das ist widersinnig. Deshalb ird sich die Linke in den Beratungen über diese Entürfe für eine Lösung zugunsten der Pressefreiheit und er Bürgerrechte sowie von mehr Demokratie einsetzen. Zum Abschluss der Debatte hat das Wort der Kollege Peter Danckert, SPD-Fraktion. Frau Präsidentin! Liebe Kollegin Pau, als ich Ihren Beitrag eben hörte, habe ich gedacht: Vielleicht sollten Sie einmal über die Zeit von 1945 bis 1989 reflektieren. Dann reden wir noch einmal gemeinsam über Pressefreiheit. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Petra Pau [DIE LINKE]: Daraus kann man Lehren ziehen! – Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Das machen wir ständig!)


(Beifall bei der SPD)





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(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
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(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Petra Pau (DIE LINKE.):
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(Joachim Stünker [SPD]: Na, na, na!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)





(A) )


(B) )

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602522900

(Beifall bei der SPD)

Dr. Peter Danckert (SPD):
Rede ID: ID1602523000

Das hier ist doch zum Teil wirkliche Heuchelei. Es tut
mir Leid, dass ich das an dieser Stelle einmal sagen
muss.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Das muss man immer wieder sagen! Völlig richtig! – Petra Pau [DIE LINKE]: Das ist ein wenig unter Ihrem Niveau!)


– Ja. Man muss ein bisschen in die eigene Vergangenheit
zurückschauen, ehe man sich hier so aufspielt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Petra Pau [DIE LINKE]: Wie Sie wissen, haben wir das schon mehrfach debattiert!)


Aber jetzt komme ich zu dem Hinweis darauf, dass
wir ganz am Anfang einer parlamentarischen Debatte
stehen, die aus meiner Sicht notwendig ist. Die Verfah-
ren der letzten Monate, vielleicht auch etwas länger zu-
rückliegend, belegen aus meiner Sicht, dass es erforder-
lich ist, dass wir uns in aller Ruhe und ohne Eifer und
Zorn über diese Fragen unterhalten. Ich denke, der Fall
„Cicero“ ist kein schlechter Fall, um einmal exempla-
risch darüber zu diskutieren, was dabei schief gelaufen
ist, und um gemeinsam darüber zu beraten, was wir im
Verfahren verbessern müssen.

Im Zentrum, Kollege Kauder, steht doch die Presse-
freiheit. Sie ist ein ganz hohes Gut. Das würden Sie gar
nicht bestreiten; das weiß ich. Aber es gibt immer wieder
Eingriffe in die Pressefreiheit. Ich als Abgeordneter
muss ganz ehrlich sagen: Ich spreche gerne mit den Jour-
nalisten und ich fühle mich ihnen sehr verbunden, weil
wir oft gar nicht die Möglichkeit haben, an Dinge zu
kommen, die mit einem Mantel des Geheimnisses be-
deckt sind. An wesentliche Informationen kommen wir
gar nicht ohne die Hilfe der Journalisten.

Nun sehe ich durchaus das Spannungsfeld zwischen
dem Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit – nicht
nur unseres – und dem Interesse der staatlichen Organe,
bestimmte Dinge unter Geheimschutz zu stellen. Es be-
steht eine Differenzierung zwischen Staatsgeheimnissen
im Sinne von § 93 StGB und den Geheimnissen im
Sinne des § 353 d. Das ist ein erheblicher Unterschied.
In diesem Bereich unserer strafgesetzlichen Regelungen
wird sehr wohl unterschieden. Ich finde, diese Differen-

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(C (D ierung müssen wir im Verhältnis zur Pressefreiheit achvollziehen. Eines kann ich mir an dieser Stelle nicht verkneifen: iemand in unserer Republik befindet sich in einer Situ tion, in der er nicht kritisiert werden darf. Wir werden ermanent kritisiert. Ich halte Kritik auch für vertretbar sie sollte nur nicht diskriminierend sein –, wenn wir it staatsanwaltschaftlichem Vorgehen oder richterli hen Entscheidungen nicht einverstanden sind. Es ist nur mmer die Frage, wie wir kritisieren. Aber dass sie auerhalb der Kritik stehen, das kann ich nicht erkennen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Aber doch nicht in einem laufenden Ermittlungsverfahren!)


Auch in einem laufenden Ermittlungsverfahren! Ich
age Ihnen ganz ehrlich: Auch in einem laufenden Er-
ittlungsverfahren muss es möglich sein, Dinge kritisch

nzusprechen.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch im Parlament!)


ber immer in der richtigen Form; das will ich Ihnen
ern konzedieren. Auf diesen Punkt muss man aufmerk-
am machen.

Jetzt komme ich zu dem Verfahren, das im Zentrum
nserer Überlegungen steht. Ich greife gern auf das Ur-
eil zurück, das Sie eben ansatzweise zitiert haben, näm-
ich die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
om 5. August 1966, die so genannte „Spiegel“-Ent-
cheidung. Darin ist ganz klar ausgeführt worden – ich
eiß nicht, ob das vor dem Hintergrund der Durchsu-

hungs- und Beschlagnahmebeschlüsse Bestand hat –,
ass eine Durchsuchung und Beschlagnahme, die aus-
chließlich dem Zweck dient, den Informanten zu ermit-
eln, unzulässig ist. Das hat das Bundesverfassungsge-
icht klar gesagt und das kann man durchaus auf diesen
all anwenden. Sie wissen wahrscheinlich wie ich, dass
iese Beschlagnahme- und Beschwerdeentscheidung der
erichte in Potsdam jetzt auf dem Prüfstand des Bundes-
erfassungsgerichts steht. Eine Verfassungsbeschwerde
urde eingereicht. Wir werden sehen, was daraus wird.

Der „Gehilfe“, der Journalist, war bekannt. Man
usste auch, dass das Dokument, aus dem er zitiert hat,
nter Geheimschutz stand. Hier war also überhaupt
eine Aufklärung mehr erforderlich. Dennoch hat man
ach Wochen bzw. Monaten ganz gezielt versucht, den
aupttäter zu ermitteln. Das ist – wenn ich mir an dieser
telle die Freiheit nehmen darf, das so zu bezeichnen –
in Missbrauch unserer strafprozessualen Regeln. Das
angiert sehr wohl die Pressefreiheit, die ich an dieser
telle ganz hoch hängen würde.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602523100

Herr Kollege.


Dr. Peter Danckert (SPD):
Rede ID: ID1602523200

Wie ich eingangs gesagt habe, befinden wir uns erst

m Beginn dieser Diskussion. Lassen Sie uns gemeinsam






(A) )



(B) )


Dr. Peter Danckert
alle relevanten Aspekte sehr sorgfältig analysieren. Wir
sollten auch die Entscheidung des Bundesverfassungsge-
richts abwarten, um eine noch bessere Grundlage für un-
sere Beratungen zu haben.

Vielen Dank und einen schönen Abend.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Sabine Leutheusser-Schnarrenberger [FDP]: Das hört sich doch Erfolg versprechend an!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602523300

Damit schließe ich die Aussprache.

Zwischen den Fraktionen ist verabredet worden, die
beiden Gesetzentwürfe auf den Drucksachen 16/576 und
16/956 an die in der Tagesordnung vorgesehenen Aus-
schüsse zu überweisen. – Dazu gibt es, wie ich sehe,
keine anderen Vorschläge. Dann ist so beschlossen.

Damit rufe ich den Tagesordnungspunkt 14 auf:

Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-
rung des Gesetzes über das Branntweinmono-
pol und von Verbrauchsteuergesetzen

– Drucksache 16/913 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Haushaltsausschuss
gemäß § 96 GO

Nach einer Verabredung zwischen den Fraktionen ist
eine Aussprache von einer halben Stunde vorgesehen. –
Dazu höre ich keinen Widerspruch.

Ich eröffne die Aussprache. Als Erster erhält der Kol-
lege Reinhard Schultz, SPD-Fraktion, das Wort.


(Beifall des Abg. Eduard Oswald [CDU/ CSU])



Reinhard Schultz (SPD):
Rede ID: ID1602523400

Ich danke Ihnen ausdrücklich, Herr Oswald. – Wenn

es um das Branntweinmonopol geht, kommt eigentlich
Gemütlichkeit auf. Das sieht man auch an der Teilnahme
hier im Saal. Von verschiedenen Seiten wurden sowohl
Norbert Schindler als auch ich dringend gebeten, unsere
Reden zu Protokoll zu geben. Da wir beide aber so gut
„im Stoff“ sind – das hat allerdings nichts mit Brannt-
wein zu tun –


(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


und wir nicht groß etwas aufgeschrieben haben, konnten
wir nichts zu Protokoll geben. Wir müssen unsere Reden
daher schlicht und einfach halten. Ertragt es mit Fas-
sung.

Für die betroffenen Landwirte, die neben ihrem land-
wirtschaftlichen Betrieb eine landwirtschaftliche Bren-

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(C (D erei betreiben, ist dieses Thema allerdings von existenieller Bedeutung; aher nehmen wir es ernst. Die Betroffenen sitzen jetzt or dem Fernseher; denn für sie ist dieses Thema von rößter Bedeutung. (Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Dieses Thema kann jetzt aber nur noch im Münsterland im Fernsehen übertragen werden!)


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Das ist wahr!)


Genau.

Ich möchte auf die Vorgeschichte des vorliegenden
esetzentwurfs hinweisen: Im Jahr 1999 haben wir das
ranntweinmonopol grundlegend reformiert, indem wir
ie gewerblichen Brenner davon ausgenommen und das
onopol auf die landwirtschaftlichen Brennereien, die

uasi eine Kreislaufwirtschaft repräsentieren, reduziert
aben. Dadurch haben wir den Zuschussbedarf aus dem
undeshaushalt deutlich verringert und die ökonomische
ukunft des verbleibenden Monopols verlängert. Das
ar die Überlegung, die damals dahinter stand.

Später wurden auf EU-Ebene zwei kritische Diskussi-
nsansätze zum Branntweinmonopol verfolgt. Die erste
rage, um die es ging, war, ob Korn ein landwirtschaftli-
hes Produkt oder ein Industrieprodukt ist. Da man auf
ieser Ebene von diesen Dingen keine Ahnung hat, hat
an sich leider entschieden, es als Industrieprodukt

inzustufen.


(Vereinzelt Heiterkeit)


araus mussten Konsequenzen gezogen werden. In einer
emeinsamen Anstrengung haben wir es den Kornbren-
ern ermöglicht, dass sie nach wie vor ihren Getreide-
rand herstellen und ihn zur Herstellung von Neutral-
lkohol abliefern können, wodurch wir insbesondere die
konomische Basis für die vielen Westfalen, die davon
etroffen sind, erhalten konnten.

Die zweite Herausforderung war noch größer: Die
ommission hat generell hinterfragt, ob das Brannt-
einmonopol nicht insgesamt eine unzulässige Beihilfe
arstellt. Hier hat sich die Bundesregierung wacker ge-
chlagen. Dafür mein großes Lob! Wir haben es hinbe-
ommen, dass dieses Monopol zumindest bis zum
ahr 2010 europafest erhalten bleibt und rechtzeitig, im
ahr 2009, über eine mögliche und vielleicht nötige
achfolgeregelung diskutiert werden soll.

Dieser gesamte Prozess mündete in dem heute erst-
als zu beratenden Gesetzentwurf. Nun müssen be-

timmte Maßnahmen, die im Zusammenhang damit ste-
en, dass dieses Monopol früher auch gewerbliche
rennereien beinhaltete, gesetzestechnisch bereinigt
erden.

Die Zuführung an die DKV, eine Einrichtung in Lü-
inghausen – kennt kein Mensch außer den Westfalen –,
o Korn gereinigt worden ist, um ihn als Neutralalkohol
eiterzureichen, braucht nicht mehr bedient zu werden,
eil Korn als solcher aus dem Monopol herausgefallen

st. Die DKV hat ihren Auftrag rechtzeitig an die Mono-
olverwaltung zurückgegeben. Der entsprechende Be-






(A) )



(B) )


Reinhard Schultz (Everswinkel)

trag steht dem Monopol jetzt für andere Zwecke zur Ver-
fügung. Für die betroffenen Brennereien ist all das ein
großer struktureller Umbau.

Hier im Parlament sind kritische Diskussionen geführt
worden – von uns und von anderen –, dass der Aufwand
für die eigentliche Monopolverwaltung immer zulasten
dessen geht, was an Brennrechten für die Brenner finan-
ziert werden kann, und dass die sich gefälligst auf Spar-
flamme zu setzen hätten. Ich will bei dieser Gelegenheit
loben, dass diese Appelle gehört worden sind: In der Mo-
nopolverwaltung wird außerordentlich wirtschaftlich
gearbeitet, im wahrsten Sinne des Wortes auf Spar-
flamme. Die Monopolverwaltung hat kaufmännisches
Talent an den Tag gelegt und nennenswerte Alkoholmen-
gen in Bereiche verkaufen können, die nicht unter das
Monopol fallen. Dies ging zugunsten der betroffenen
Landwirte, ohne dass dadurch der Bundeshaushalt zu-
sätzlich belastet wurde. Dass sich eine Verwaltung, die
über 80 Jahre auf dem Buckel hat, so hervortut, sieht man
nicht jeden Tag.

Unsere Aufgabe wird es sein, diesen Prozess zu be-
gleiten. Das ist zwar kein volkswirtschaftlich relevanter
Bereich, aber er ist deswegen interessant – das sage ich
aus Überzeugung –, weil die Landwirte, die in ihm wirt-
schaften, nur selbst erzeugtes Getreide brennen, die
Rückstände dieses Brennprozesses an ihre Tiere verfüt-
tern, wobei die Gülle und der Dung der Tiere erneut auf
den Feldern ausgebracht wird, auf denen das Getreide
wächst – Kreislaufwirtschaft im engsten Sinne. Das ist
auch der Grund, weswegen die EU diese Beihilfe akzep-
tiert hat: Dafür sprechen ökologische Gesichtspunkte –
auch ein interessanter Punkt. Der größte Teil des Pro-
dukts landet in der kosmetischen Industrie und in der
pharmazeutischen Industrie. Nur ein kleiner Teil landet
in den beiden Leberlappen von Abgeordneten und ande-
ren Feinschmeckern; das muss man auch einmal sagen.
Es geht also weniger um die Subventionierung von Hart-
säufern, sondern in erster Linie um die Förderung eines
landwirtschaftlichen Prozesses, dessen Produkte in sehr
viele unterschiedliche industrielle Verfahren einmünden.

Zur Verkürzung der Frist für die Fälligkeit der
Steuer: Das ist ein Gebot des Bundesrechnungshofs ge-
wesen. Wir haben für die Fälligkeit bestimmter Ver-
brauchsteuern – Schaumwein oder Kaffee zum Beispiel –
relativ lange Fristen, viel länger, als jeder Kaufmann sie
gewöhnlich hat; die Umsatzsteuervorauszahlung etwa
muss pünktlich zum fünften des Monats eingehen. Fristen
von 75 Tagen dagegen waren absolut großzügig und sind
angesichts der Situation, die wir jetzt haben, nicht mehr
hinnehmbar. Der Bundesrechnungshof wollte die Frist
drastisch verkürzen: auf 35 Tage. Wir sind – so sind wir
halt – gnädig und sagen: 50 geht auch in Ordnung. Das ist
immer noch deutlich darunter und es erleichtert die Um-
stellung. Es kann aber durchaus passieren, dass wir diese
Schraube irgendwann einmal noch ein wenig anziehen
müssen; denn auch 50 Tage sind ein langer Zeitraum für
die Fälligkeit einer Steuerzahlung. Unter dem Strich ge-
sehen sind die betroffenen Branchen – im Wesentlichen
die Schaumweinindustrie und die Kaffeeindustrie – aber
damit einverstanden und es gibt keine größeren Schwie-
rigkeiten, geschweige denn ökonomische Verwerfungen.

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(C (D Zum Schluss ein Appell – auch wenn das nicht sämtiche Abgeordneten massiv interessiert, allenfalls die aus en ländlichen Räumen –: ir sollten versuchen, diesen relativ positiven Ansatz es inzwischen über 80 Jahre alten Branntweinmonopols n einer modernen Form auch über 2010 hinaus zu reten. Ich gehe davon aus, dass Norbert Schindler – er hat en nächsten Redebeitrag – mir dabei helfen wird. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. Zwischendurch erlaube ich mir, dem Kollegen r. Volker Wissing von der FDP-Fraktion das Wort zu eben. (Beifall bei der FDP sowie des Abg. Leo Dautzenberg [CDU/CSU])


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Trinkt Korn!)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602523500


Dr. Volker Wissing (FDP):
Rede ID: ID1602523600

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Auch mir war aufge-

allen, dass gewissermaßen Herr Schindler schon ange-
ündigt worden ist. Aber ich war ganz sicher, dass Sie
uf eine ordnungsgemäße Debattenführung hinwirken
erden.


(Reinhard Schultz [Everswinkel] [SPD]: Ich dachte, ich könnte das ein bisschen beeinflussen! – Eduard Oswald [CDU/CSU]: Er hat es halt probiert!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, es hat unter Rot-
rün begonnen und Schwarz-Rot macht so weiter: Sie

ntziehen den mittelständischen Unternehmen Liquidi-
ät, um Haushaltslöcher zu stopfen.


(Beifall bei der FDP)


uerst war es die Vorziehung der Fälligkeit der Sozial-
eiträge um einen Monat, durch die dem Mittelstand
0 Milliarden Euro entzogen worden sind.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Darüber hat sich noch keiner beschwert!)


etzt wollen Sie den Unternehmen weiter Liquidität ent-
iehen, indem Sie durch eine Verkürzung der Fälligkeits-
risten von Verbrauchsteuern weiter Millionenbeträge
bschöpfen wollen.


(Reinhard Schultz [Everswinkel] [SPD]: War das nicht die Rede von heute Vormittag?)


Nach Ihrer Vorstellung, Herr Schultz, bereitet das den
nternehmen keine Probleme. Die Realität in Deutsch-

and sieht aber anders aus: Die deutschen Unternehmen,
ie ohnehin nur eine sehr geringe Eigenkapitalquote ha-
en, benötigen liquide Mittel. Sie müssen investieren.
er die Liquidität mittelständischer Unternehmen ein-

chränkt, schränkt ihre Flexibilität und damit ihre






(A) )



(B) )


Dr. Volker Wissing
Wettbewerbsfähigkeit ein. Das gefährdet in den betroffe-
nen Branchen Arbeitsplätze.


(Beifall bei der FDP – Reinhard Schultz [Everswinkel] [SPD]: Machen wir eine generelle Steuerstundung auf zwei Jahre!)


Sie machen einseitig Politik aus der Perspektive des
Staates heraus, ganz nach dem Motto: Hauptsache, wir
bekommen möglichst viel Geld in die Kassen. Das
Schlimme ist nur, dass das zulasten der Menschen geht,
die in diesem Land Verantwortung übernehmen, die an-
packen und Arbeitsplätze schaffen wollen. Denjenigen
machen Sie mit diesem Gesetz wieder das Leben schwer.


(Florian Pronold [SPD]: Was haben Sie mit denen gemein?)


Die Frage ist: Wann bringen Sie endlich etwas auf den
Weg, das unserer Wirtschaft hilft? Machen Sie endlich
Ernst mit Ihren angekündigten Entlastungen! Stattdessen
legen Sie uns eine Belastung nach der anderen vor und
wundern sich, dass die Wirtschaft nicht in Schwung
kommt und dass wir immer mehr sozialversicherungs-
pflichtige Arbeitsplätze in unserem Land verlieren. Das
kann doch nicht richtig sein.


(Beifall bei der FDP)


Wenn Sie jetzt den Mittelstand erneut zur Kasse bit-
ten, dann sollten Sie den Bürgerinnen und Bürgern auch
offen sagen, was das für Folgen hat. Sie kassieren wieder
mehr Steuern ab, machen sich dabei aber offenbar nicht
klar, wozu das führt. Sie sollten den Beschäftigten der
Sektkellereien und den Kaffeeproduzenten offen ins Ge-
sicht sagen, dass Sie damit ganz konkret Arbeitsplätze in
unserem Land gefährden.


(Beifall bei der FDP)


Ich möchte Ihnen die Zahlen vorhalten: Die Zahl der
Beschäftigten bei Spirituosenherstellern ist seit 1998
um fast 30 Prozent gesunken.


(Reinhard Schultz [Everswinkel] [SPD]: Aber nicht wegen der Fälligkeit von Steuern!)


Die Zahl der Beschäftigten bei Sektkellereien ist im glei-
chen Zeitraum um 15 Prozent zurückgegangen. 10 Pro-
zent der Spirituosenhersteller haben gleich ganz dichtge-
macht, sie haben aufgeben müssen.

Bei den Schaumweinherstellern ist der Umsatz seit
1998 um 23 Prozent zurückgegangen


(Florian Pronold [SPD]: Trotz Branntweinmonopol!)


Das betrifft besonders den ländlichen Raum. Ich freue
mich, dass mein Kollege Norbert Schindler zu diesem
sehr ernsten Thema gleich noch sprechen wird; denn die
Belastungen treffen auch den Fassweinmarkt, weil sie an
die Winzerinnen und Winzer vor Ort weitergegeben wer-
den müssen.

Trotzdem stellen Sie sich hier hin, Herr Schultz, und
sagen, das sei alles nicht schlimm, man könne ruhig
noch ein bisschen Liquidität abziehen. Die Sozialversi-

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(C (D herungsbeiträge werden 13-mal kassiert, die Fristen erden vorverlagert, aber über Entlastungen für den eutschen Mittelstand redet man mal im Jahr 2008 oder m Sankt-Nimmerleins-Tag. Was ist das für eine Politik? ie Kuh, die Sie, meine Damen und Herren von der groen Koalition, mit Ihrem Gesetzentwurf erneut melken ollen, gibt langsam keine Milch mehr. Mit Ihrem Gesetzentwurf riskieren Sie weitere Areitsplätze in unserem Land. Das ist unverantwortlich. ei 5 Millionen Arbeitslosen sollten Sie eine andere Po itik machen. Alles, was Arbeitsplätze gefährdet, muss nterbleiben. gal, ob in den Bereichen der Spirituosen-, Schaumeinoder Kaffeeherstellung: Unser Land hat keinen inzigen Arbeitsplatz zu verschenken. Die Haushaltssituation ist desolat und zweifellos draatisch. Sie von Rot-Grün haben der großen Koalition inen Scherbenhaufen hinterlassen; das will keiner in brede stellen. Nur kommen Sie aus der Misere nicht eraus, wenn Sie unentwegt den Mittelstand belasten, er in Deutschland noch Arbeitsplätze schafft, der anpaken und dieses Land wieder nach vorne bringen will. (Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Schimpfen Sie nicht auf uns! Wir versuchen da hinauszukommen!)


(Beifall bei der FDP)


as ist offenbar die Gruppe, die Sie sich für Ihre Belas-
ungen besonders vorgenommen haben.

Dabei sind Sie von der CDU/CSU nicht angetreten,
m dem, was Rot-Grün hinterlassen hat, noch eins drauf-
usetzen. Ich erinnere mich in Sachen Mittelstandsför-
erung von Ihrer Seite noch an ganz andere Sätze. Der
esetzentwurf, den Sie uns jetzt vorlegen, schwächt den
eutschen Mittelstand und den ländlichen Raum. Eine
öhere Schaumweinsteuer bedeutet eine Belastung für
en deutschen Weinbau. Ich halte das für höchst bedenk-
ich. Das ist unverantwortlich.

Sie sollten sich endlich daran machen und Entlastun-
en für den Mittelstand in angemessenem Maße auf den
isch legen. Sie sollten aufhören, eine Belastung nach
er anderen vorzulegen. Dem kann man so nur eine Ab-
age erteilen.


(Florian Pronold [SPD]: Das sagt gerade die FDP! Niemand hat so die Steuern erhöht wie Sie, als Sie an der Regierung waren!)


as unser Land braucht, ist ein klares Bekenntnis zur
ittelständischen Wirtschaft und nicht eine kleinkräme-

ische Finanzpolitik, mit der versucht wird, jeden Euro
bzuschöpfen, weil Sie sich nicht auf echte Strukturre-
ormen einigen können. Das haben wir heute Morgen
chon in der Steuerdebatte gemerkt. So kommen Sie in
eutschland nicht weiter.


(Beifall bei der FDP – Reinhard Schultz [Everswinkel] [SPD]: Reine Schaumweinerei!)







(A) )



(B) )


Dr. Volker Wissing

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602523700

Ich gebe das Wort dem Kollegen Norbert Schindler,

der bereits anmoderiert wurde.


(Zuruf von der FDP: Angedroht worden ist!)



Norbert Schindler (CDU):
Rede ID: ID1602523800

Frau Präsidentin! Danke schön für die Anmoderation

der doppelten Art. – Lieber Herr Volker Wissing, natür-
lich muss ich auf Ihre Feststellungen eingehen.


(Dr. Volker Wissing [FDP]: Ich bin sehr gespannt!)


Seit den 80er-Jahren sind die Zeiten, in denen es in
dieser Republik noch Wohlstandszuwächse gab, vorbei.
Trotzdem haben wir alle, die im Parlament Verantwor-
tung trugen – egal auf welcher Ebene –, bis weit in die
90er-Jahre hinein Wohlstand verteilt. Ich nehme die
CDU hier ausdrücklich nicht aus. Seit dem letzten Sep-
tember haben wir den Wählerauftrag und wir leben mit
einem strukturellen Defizit von 40 Milliarden Euro. Das
weiß jeder. Wir, die Union, haben vor der Wahl angekün-
digt: Wenn wir drankommen, gibt es Mehrbelastungen
für die Bürgerinnen und Bürger. Herr Dr. Wissing, un-
sere Glaubwürdigkeit muss ich hier nicht verteidigen.
Wir haben diesbezüglich auch nichts zurückzunehmen.

Natürlich haben Sie Recht, dass man in dem einen
oder anderen Fall – wie jetzt bei diesem Gesetz – wieder
Zahlungsfristen verkürzt. Herr Kollege Wissing, in dem
gesamten Bereich geht es in der Summe um 7 Millionen
Euro.


(Dr. Volker Wissing [FDP]: Das sieht die Bundesregierung anders!)


– Sie waren gestern auf Ihrem Landesparteitag und wir
hatten eine Sitzung des Finanzausschusses. Das ist kein
Vorwurf; ich verstehe das. Die Zahlen liefere ich Ihnen
gerne nach. Insgesamt geht es um 7 Millionen Euro.


(Dr. Hermann Otto Solms [FDP]: Das sind 7 Millionen Euro zu viel!)


Sie haben von der Sektindustrie geredet. Ich könnte
Ihnen jetzt die Sektkellereien nennen, nämlich zum Bei-
spiel die Sektkellerei Schloss Wachenheim. Natürlich
sind sie verärgert darüber, dass ihre Zahlungsfristen jetzt
verkürzt wurden. Trotzdem: Im Etat von Herrn
Müntefering haben wir Kürzungen des Staates bei der
Wohlstandsverteilung in Höhe von 5,x Milliarden Euro
beschlossen. Wir sind angetreten, die 40 Milliarden Euro
durch Steuererhöhungen in Höhe von 20 Milliarden
Euro und durch die Streichung von Steuervergünsti-
gungen in Höhe von 20 Milliarden Euro gegenzufinan-
zieren, damit sich die Verschuldungssituation der nächs-
ten Generation in diesem Staat nicht weiter verschärft.

Wenn dieses Konzept falsch wäre, dann müssten wir
in den Umfragen draußen mit dem Fahrrad unter den
Teppich fahren. Das ist nicht so. Die Zustimmung brei-
tester Schichten in diesem Volk sagt uns: Wir sind ei-
gentlich gut unterwegs. Wir sind auch ehrlich und offen
unterwegs und sagen: Alle müssen bei der Bewältigung
der Zukunftsaufgaben Belastungen auf sich nehmen.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Reinhard Schultz [Everswinkel] [SPD])


olange es diese Solidarität draußen gibt, werden wir
mmer wieder eine Bestätigung erhalten. Den ehrlichen
chritt, den die Bundeskanzlerin dabei vorgibt, brauche

ch nicht noch einmal besonders zu betonen.

Herr Wissing, Sie haben auch die Rückgänge im
ektbereich angesprochen. Da ist was dran. Sie wissen,
ass ich in der Weinwirtschaft zufällig gute Erfahrungen
abe. In den letzten Wochen war ich wieder auf ver-
chiedenen Jahresveranstaltungen. Auch in den künfti-
en Wochen werde ich wieder unterwegs sein, um zu
en Korn- und Destillatherstellern zu gehen, und ich
enne auch die Gefühlslage der Destillathersteller. Das
st nicht das große Thema.

Die Rückgänge beim Sektverkauf hängen damit zu-
ammen, dass alternative Produkte auf den Markt ge-
ommen sind. Das akzeptiert ja auch die gesamte deut-
che Sektwirtschaft. Bezüglich der Destillation und des
ranntweinmonopols habe ich mit den Beteiligten drau-
en diskutiert. Das muss man hier auch einmal mit
ankbarkeit sagen.

Der Kollege Reinhard Schultz hat zu Recht darauf
ingewiesen – ich darf das hier auch so offen sagen –: In
ll den sieben Jahren, in denen die SPD führend tätig
ar,


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: „Führend tätig“? Das bezweifle ich!)


ar auch unser guter zwischenmenschlicher Kontakt mit
aßgeblich dafür, dass wir bei den Brennern nicht das

rlebt haben, was die Europäische Kommission bereits
eit sechs bis sieben Jahren will.

Wenn wir über die Globalisierung reden, die manche
artei draußen gerne massiv vertritt, dann müssen wir
uch über die Konsequenzen bei den Brennern nachden-
en. Viele von uns waren unterwegs – ich will jetzt gar
eine Protokolle dafür heranziehen – und haben gesagt:
igentlich ist das, was die Europäische Kommission da
orhat, vernünftig. Nein, wir haben es gerettet, und zwar
atürlich auch mit der Unterstützung dieses Parlaments.
abei wurden Aspekte bezüglich der Destillate genannt:
treuobstwiesen und Offenhaltung der Landschaft.

Für das, was die Destillathersteller in dieser Republik
n Sonderdarstellungen auf den Weg gebracht haben,
eil sie eigene Produkte verkaufen, hat der Staat
43 Euro pro Hektoliter Unterstützung gewährt. Es war
er deutsche Einfluss, der trotz eines Beschlusses des ös-
erreichischen Parlamentes – weil Österreich in der glei-
hen Situation ist, gab es da Druck – das deutsche Son-
errecht bis zum Jahr 2010 gesichert hat. Dass wir
ieder antreten werden, um darüber hinaus die Zukunft
er gesetzlichen Regelungen zu sichern, hast du,
einhard, schon deutlich gemacht. Dem kann ich nur
eipflichten.

Egal, ob es um 120 Millionen oder um 85 Millionen
uro geht: Der Berufsstand hat dies bis jetzt dankbar zur
enntnis genommen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Norbert Schindler
Ich weiß, wovon ich rede. Es gibt auch Verständnis da-
für, dass die Mittel in dem einen oder anderen Fall zu-
sammengestrichen wurden. Auch wird zur Kenntnis ge-
nommen, dass der Abzug des Übernahmepreises, der in
der Vergangenheit 10 Prozent betragen hat, auf 5 Prozent
reduziert wird. Das bedeutet: Ab dem Jahr 2007 gibt es
eine höhere Beihilfe. Auch das ist entsprechend gewür-
digt worden. Im Zusammenhang mit der 50-Prozent-Re-
gelung wurden in der Vergangenheit schon einige Opfer
gebracht. Soweit zu der aktuellen Situation.

Die Änderung dieses Gesetzes erfolgt nicht freiwillig,
sondern auf Druck der Europäischen Gemeinschaft. Es
geht in der Definition darum – das hat schon Herr
Schultz gesagt –, bei dem Kornrecht eine Entschärfung
in der Debatte mit der Kommission in Brüssel herbeizu-
führen.


(Dr. Volker Wissing [FDP]: Jetzt ist Europa wieder schuld!)


Ich möchte noch ein Bedenken vortragen, das wir
auch bei der Anhörung in den nächsten Wochen mit den
Fachverbänden diskutieren werden. Was passiert bei den
mehlhaltigen Getreidesorten? Eine Definition von
„Korn“ gibt es so nicht mehr. Gibt es ein Umswitchen
bei den Destillatherstellern, sodass diese dann in Italien
oder anderswo Ersatz kaufen? Denn die deutsche Bun-
desmonopolverwaltung für Alkohol hat derzeit einen ho-
hen Bedarf. Sie könnte mehr Alkohol am Markt verkau-
fen, als sie von uns zugestanden bekommt. Wegen der
Gefahr von Swing-Geschäften der besonderen Art bin
ich sehr gespannt darauf, die Meinung der Fachverbände
zu hören. Schließlich sprechen wir heute in erster Le-
sung über dieses Gesetz.

Es gibt bei den Destillaten noch große Chancen, egal
ob das Alkohol- oder Kornbrenner sind; denn eine ganze
Palette von einigen Hundert oder auch Tausend Betrie-
ben in dieser Republik betreiben die Herstellung von Al-
kohol als Haupterwerb. Viele betrachten die Herstel-
lung aber nur als Ergänzung oder Zuerwerb.

In der Frage der Besteuerung von Biotreibstoffen be-
finden wir uns in der politischen Gestaltung. Natürlich
muss für den Begriff Ethanol als Beimischung zu Benzin
eine Lösung gefunden werden. Ich werbe ganz offen da-
für, dass bei Diesel, aber auch bei Benzin mit Ethanol
auf die Umwelt Rücksicht genommen wird. Die Korn-
brenner und Alkoholhersteller dieser Republik sind
bereit, dabei mitzuhelfen, um die zweite Generation so-
wohl bei Dieselersatz wie bei Benzinersatz – das ist
technisch vorbereitet – in den nächsten fünf bis zehn
Jahren auf den Markt zu bringen.

Im Sinne der Wertschätzung der ländlichen Räume in
unserer neuen Verantwortung zur Erfüllung des Proto-
kolls von Kioto und auch in der Umsetzung der deut-
schen Gesetzgebung gibt es für uns eine Chance, weil
wir in diesem Bereich als Zentralstaat in der Mitte Euro-
pas wie bei der Einführung des Katalysators wieder
federführend sein werden. Dazu könnte man alle Be-
denkenträger aus der Lobbywirtschaft der Vergangen-
heit, was wir auch jetzt wieder erleben, anführen. Wir
werden deutliche Zeichen setzen, dass die Wertschöp-

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(C (D ung in Verbindung mit der Ethanolproduktion für unere Landstriche und die Erhaltung der ländlichen äume – der neue Bauer nimmt auch energiepolitische ufgaben wahr; das ist auch für sein Einkommen wich ig – in dieser Europäischen Gemeinschaft eine besonere Bedeutung hat. Das muss die andere Zielrichtung ein. Lassen Sie uns nicht kleinkariert über 7 Millionen uro streiten; denn das wurde bereits akzeptiert. Danke schön. Das Wort hat die Kollegin Dr. Barbara Höll, Die inke. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! as Thema Branntweinmonopol ist – das konnte man ben verfolgen – sehr interessant. Einige von uns wissen ehr detailliert darüber Bescheid. Ich glaube, den meisen von uns geht das Wissen aber ab. Man kann höchsens im Gebrauch beurteilen, ob es sich um einen guten der schlechten Wein bzw. um ein gutes oder schlechtes estillat handelt. Ich finde aber den Verlauf der Debatte unter einem nderen Aspekt interessant. Herr Schindler hat eben auf ie Ehrlichkeit abgehoben. Dabei kann ich mir den Hineis nicht verkneifen, dass Sie im Sinne einer ehrlichen olitik sagen müssten, dass es nicht notwendig ist, 0 Milliarden Ausgaben einzusparen und Einsparungen m sozialen Bereich vorzunehmen. Nehmen Sie lieber ehr Geld ein! Besteuern Sie anderes, zum Beispiel bei er Vermögensbesteuerung! (Norbert Schindler [CDU/CSU]: Das machen wir in diesem Jahr! Gucken Sie auf die Zahlen im Januar und Februar! Gute Einnahmen!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602523900
Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1602524000

as müssen Sie sich auch um diese Tageszeit noch anhö-
en.

Die SPD hat das erreichte Ergebnis gelobt. Ich finde
s aber auch interessant, dass die FDP krampfhaft ver-
ucht hat, etwas zu finden, was kritisiert werden kann.
enn Sie ehrlich gewesen wären – insofern muss ich Ih-

en zustimmen, Herr Schindler –, dann hätten Sie we-
igstens sagen müssen, dass Sie der Subventionierung
ustimmen. Das brachten Sie aber nicht über die Lippen.
ch denke, zum gegenwärtigen Stand wird das Experten-
espräch sicherlich auch im Finanzausschuss zu einer
bereinstimmung führen.

Sie haben aber zu Recht darauf hingewiesen, Herr
chindler, dass es noch andere Probleme gibt, die nicht
it der vorgesehenen Regelung abgegolten sind. Ich

enke, dass noch weiter diskutiert werden muss, und
war nicht nur über die Frage des Benzins, sondern auch
unter ökologischen Aspekten – über die Vermarktung
es Obstes.






(A) )



(B) )


Dr. Barbara Höll

(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Obst ist mir in flüssiger Form immer lieber!)


Damit kommen wir zu den Abfindungsbrennereien.
Ich kann nicht verstehen, dass man dieses Thema nicht
einbezieht, wenn man über Strukturveränderungen spre-
chen will. Ich verstehe nicht, warum es nur in sehr be-
grenzten Gebieten in Deutschland möglich sein soll,
dass Bauern Streuobstwiesen betreiben und zum Bei-
spiel alte Obstsorten wiederbeleben, aber auch die Mög-
lichkeit haben, für die unmittelbare Abgabe an Gaststät-
ten bzw. für einen Eigenbedarf von bis zu 300 Litern pro
Jahr selber brennen zu können.

In dieser Hinsicht besteht in Deutschland aufgrund
des derzeitigen Monopols eine sehr veraltete Regelung.
In anderen europäischen Staaten – zum Beispiel in Ita-
lien und Österreich – gibt es andere Regelungen. In
Deutschland ist es so, dass man eine Verschlussbrennerei
braucht und sehr viel investieren muss, wenn man mehr
als drei Liter destillieren will.


(Norbert Schindler [CDU/CSU]: Drei Hektoliter!)


– Drei Hektoliter. Danke.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Das ist nur ein kleiner Unterschied!)


Insofern ist die Frage berechtigt, warum das, was in
anderen europäischen Ländern möglich ist, in Deutsch-
land nicht geht.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Wenn Sie 100-mal destillieren, haben Sie die drei Liter!)


In den vergangenen Jahren wurde das insbesondere von
ökologisch orientierten Bauern immer wieder beklagt.
Die Finanzgerichte mussten deren Vorhaben bisher auf-
grund des Branntweinmonopols immer ablehnen.

Wenn wir über Strukturanpassungen reden, so gehört
auch dieses Thema dazu. Wenn andere europäische Staa-
ten klug genug waren, Lösungen für entsprechende Kon-
trollen bei der Branntweinherstellung zu finden, dann
sollte das auch hier möglich sein. Ich hoffe, dass wir in
der Anhörung auch zu diesem Aspekt etwas erfahren
können. In diesem Sinne freue ich mich auf das Ge-
spräch und den heutigen Abend.

Danke schön.


(Beifall bei der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602524100

Die Kollegin Kerstin Andreae gibt ihre Rede zu Pro-

tokoll.1)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Damit schließe ich die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
wurfs auf Drucksache 16/913 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. – Dazu

g
s

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f

1) Anlage 2
2)

3)

(C (D ibt es keine anderweitigen Vorschläge. Dann ist so bechlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 15 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Soziales Dr. Heinrich L. Kolb, Heinz-Peter Haustein, Birgit Homburger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Vorverlegung des Fälligkeitstermins für Sozialabgaben rückgängig machen und strukturelle Reformen in der Rentenversicherung einleiten – Drucksachen 16/396, 16/627 – Berichterstattung: Abgeordnete Katja Kipping Für die Aussprache war eine halbe Stunde vorgeseen. Allerdings werden die Reden zu Protokoll gegeben. amit schließe ich die Aussprache.2)


(11. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten


Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-
chusses für Arbeit und Soziales auf Drucksache 16/627
u dem Antrag der Fraktion der FDP mit dem Titel „Vor-
erlegung des Fälligkeitstermins für Sozialabgaben
ückgängig machen und strukturelle Reformen in der
entenversicherung einleiten“.

Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Druck-
ache 16/396 abzulehnen. Wer stimmt für diese Be-
chlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen?
Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der
oalition und des Bündnisses 90/Die Grünen gegen die
timmen der FDP und der Fraktion Die Linke angenom-
en.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 16 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Priska
Hinz (Herborn), Kai Boris Gehring, Krista Sager,
Rainder Steenblock und der Fraktion des BÜND-
NISSES 90/DIE GRÜNEN

Mehr Mobilität und Austausch durch ein inte-
griertes EU-Bildungsrahmenprogramm

– Drucksache 16/837 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

Hier war ebenfalls eine halbe Stunde Debatte vorge-
ehen gewesen. Die Reden werden aber zu Protokoll ge-
eben.3)

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 16/837 an die in der Tagesordnung aufge-

ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-

Anlage 3
Anlage 4






(A) (C)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt

verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Ich rufe den Zusatzpunkt 6 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Karl
Addicks, Hellmut Königshaus, Dr. Werner
Hoyer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der FDP

Den Südsudan beim Wiederaufbau unterstüt-
zen und vor Aids bewahren

– Drucksache 16/586 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (f)

Auswärtiger Ausschuss

Hier war ebenfalls eine halbe Stunde Aussprache vor-
gesehen gewesen. Die Reden werden jedoch zu Proto-
koll gegeben.1)

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 16/586 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. – Ich sehe dazu kei-
nen Widerspruch. Dann ist die Überweisung so be-
schlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 17 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Josef
Philip Winkler, Volker Beck (Köln), Britta

Haßelmann, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Kettenduldungen abschaffen
– Drucksache 16/687 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

Hier werden ebenfalls alle Reden zu Protokoll gege-
ben.2)

Interfraktionell ist vereinbart, die Vorlage auf Druck-
sache 16/687 an die in der Tagesordnung aufgeführten
Ausschüsse zu überweisen. Sind Sie damit einverstan-
den? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung so be-
schlossen.

Damit sind wir am Schluss der heutigen Tagesord-
nung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf morgen, Freitag, den 17. März 2006, 9 Uhr,
ein.

Nehmen Sie die gewonnenen Einsichten mit und ha-
ben Sie einen schönen Abend.

Die Sitzung ist geschlossen.