Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet. Ich begrüße Sie alle herzlich.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Fraktionen ha-
ben vereinbart, heute um 16 Uhr, im Anschluss an die
Fragestunde, eine Debatte zu Berichten über angebliche
Gefangenentransporte sowie die Verbringung deutscher
und anderer Staatsangehöriger durch US-Stellen und das
Verhalten von Bundesdienststellen in diesem Zusam-
menhang durchzuführen. Für diese Beratung sind an-
derthalb Stunden vorgesehen. Sind Sie mit dieser Erwei-
terung der Tagesordnung einverstanden? – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.
Ich weise schon jetzt auf die Implikationen dieser
Vereinbarung für die Durchführung der Fragestunde hin.
Darauf kommen wir nachher zurück.
Ich rufe jetzt die Tagesordnungspunkte 22 a bis 22 c
auf:
a) Beratung des Antrags der Bundesregierung
Fortsetzung des Einsatzes bewaffneter deut-
scher Streitkräfte zur Unterstützung der
Überwachungsmission AMIS der Afrikani-
schen Union in Darfur/Sudan auf
Grundlage der Resolutionen 1556 und
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Redet
1564 des Sicherheitsrates der Vereinten
Nationen vom 30. Juli 2004 und 18. September
2004
– Drucksache 16/100 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss
Rechtsausschuss
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO
b) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur
Änderung des Zweiten Buches So
buch
– Drucksachen 16/162, 16/220 –
Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Ar-
– Drucksache 16/219 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Innenausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Hier handelt es sich um Überweisungen im verein-
achten Verfahren ohne Debatte.
Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen an
ie in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu über-
eisen. Zum Gesetzentwurf auf Drucksache 16/162 zum
agesordnungspunkt 22 b liegt zwischenzeitlich die Ge-
enäußerung der Bundesregierung auf Drucksache 16/220
ext
vor, die wie der Gesetzentwurf überwiesen werden soll.
Die Vorlage zu Tagesordnungspunkt 22 c auf Drucksache
16/219 soll zusätzlich an den Ausschuss für Bildung, For-
schung und Technikfolgenabschätzung überwiesen wer-
den. Sind Sie auch damit einverstanden? – Das scheint so.
Dann sind die Überweisungen so beschlossen.
Wir kommen nun zu den Tagesordnungspunkten 1 a
bis 1 c, Wahlen zu Gremien. Es geht um die Einsetzung
von drei Gremien sowie um die Wahlen der Mitglieder
dieser Gremien. Die Wahlen führen wir mit Stimmkarten
und Wahlausweisen in getrennten Wahlgängen durch.
Dabei handelt es sich um die Wahlen der Mitglieder zu
mien: Parlamentarisches Kontrollgre-
gemäß § 4 a des Bundeswertpapierver-
es, das Vertrauensgremium gemäß § 10 a
eshaushaltsordnung.
zialgesetz- folgenden Gremium, Gremium
waltungsgesetz
Abs. 2 der Bund
356 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2005
)
)
Präsident Dr. Norbert Lammert
Ich bitte Sie um Ihre Aufmerksamkeit für einige not-
wendige Hinweise zu den Wahlen: Die Stimmkarten in
den Farben Blau, Gelb und Weiß werden unmittelbar vor
der jeweils durchzuführenden Wahl im Saal verteilt bzw.
sie sind offenkundig zu einem großen Teil bereits ver-
teilt. Sie benötigen außerdem Ihre Wahlausweise in den
Farben Blau, Gelb und Weiß, die Sie bitte, soweit noch
nicht geschehen, in bewährter Weise Ihrem Stimmkar-
tenfach in der Lobby entnehmen. Bitte achten Sie darauf,
dass die Wahlausweise tatsächlich Ihren Namen tragen.
Bevor Sie die entsprechende Stimmkarte in eine der
Wahlurnen werfen, übergeben Sie bitte Ihren dazugehö-
renden Wahlausweis einem der Schriftführer an den
Wahlurnen. Der Nachweis der Teilnahme an der Wahl
kann nur durch Abgabe des Wahlausweises erbracht
werden. Die Schriftführerinnen und Schriftführer bitte
ich, darauf zu achten, dass der Wahlausweis vor der
Stimmabgabe tatsächlich übergeben wird.
Die Wahlen finden offen statt. Sie können die Stimm-
karten also an Ihrem Platz ankreuzen.
Das Verfahren ist damit hoffentlich klar geworden.
Wir kommen zunächst zu Tagesordnungspunkt 1 a:
– Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/
CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Einsetzung des Parlamentarischen Kontroll-
gremiums gemäß § § 4 und 5 Abs. 4 des Geset-
zes über die parlamentarische Kontrolle nach-
richtendienstlicher Tätigkeit des Bundes
– Drucksache 16/169 –
– Wahl der Mitglieder des Parlamentarischen
Kontrollgremiums gemäß § § 4 und 5 Abs. 4
des Gesetzes über die parlamentarische Kon-
trolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des
Bundes
– Drucksachen 16/170, 16/171, 16/172, 16/173,
16/174 –
Wir kommen sofort zur Abstimmung über den ge-
meinsamen Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, der
SPD, der FDP, der Linken und des Bündnisses 90/Die
Grünen auf Drucksache 16/169. Wer stimmt für diesen
Antrag? – Möchte jemand dagegen stimmen? – Möchte
sich jemand der Stimme enthalten? – Das ist nicht der
Fall. Dann ist der Antrag einstimmig angenommen. Da-
mit ist das Parlamentarische Kontrollgremium eingesetzt
und die Zahl seiner Mitglieder auf neun festgelegt.
Bevor wir jetzt zur Wahl der Mitglieder des Parla-
mentarischen Kontrollgremiums kommen, bitte ich Sie
noch für einen weiteren Hinweis um Ihre Aufmerksam-
keit: Nach § 4 Abs. 3 des Gesetzes über die parlamenta-
rische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des
Bundes ist gewählt, wer die Stimmen der Mehrheit der
Mitglieder des Bundestages auf sich vereint, das heißt,
wer mindestens 308 Stimmen erhält.
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eswegen gebe ich Ihnen den sensationellen Hinweis,
ass auch in diesem Fall solche Stimmkarten ungültig
ind, die andere Namen oder Zusätze enthalten.
amit erledigt sich fast der zusätzliche Hinweis, dass
erjenige, der sich der Stimme enthalten will, am besten
eine Eintragung macht; denn dann hätte er sich der
timme enthalten, ohne die Stimmkarte ungültig zu ma-
hen.
Diese Wahl findet, wie auch die beiden folgenden
ahlen, offen statt. Sie können Ihre Stimmkarten also an
hrem Platz ankreuzen, bevor Sie die blaue Stimmkarte
n eine der Wahlurnen werfen. Denken Sie daran, Ihren
ahlausweis abzugeben, da nur er Ihre Teilnahme an der
ahl belegt.
Ich bitte nun die Schriftführerinnen und Schriftführer,
ie vorgesehenen Plätze einzunehmen. Sind alle Wahlur-
en besetzt? – Das scheint der Fall zu sein. Dann eröffne
ch die Wahl der Mitglieder des Parlamentarischen Kon-
rollgremiums.
Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine
timmkarte nicht abgegeben hat? – Ich habe den Ein-
ruck, dass alle anwesenden Mitglieder des Deutschen
undestages von ihrem Wahlrecht haben Gebrauch ma-
hen können. Ich schließe damit die Wahl und bitte die
chriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszäh-
ung zu beginnen. Das Ergebnis der Wahl geben wir spä-
er bekannt.
Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 1 b:
– Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/
CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Einsetzung des Gremiums gemäß § 4 a des
Bundeswertpapierverwaltungsgesetzes
– Drucksache 16/175 –
– Wahl der Mitglieder des Gremiums gemäß
§ 4 a des Bundeswertpapierverwaltungsgeset-
zes
– Drucksachen 16/176, 16/177, 16/178, 16/179,
16/180 –
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2005 357
)
)
Präsident Dr. Norbert Lammert
Wir stimmen sofort über den gemeinsamen Antrag al-
ler Fraktionen auf Drucksache 16/175 ab. Wer stimmt
für diesen Antrag? – Wer stimmt dagegen? – Enthält sich
jemand der Stimme? – Dann ist auch dieser Antrag ein-
stimmig angenommen. Damit ist das Gremium gemäß
§ 4 a des Bundeswertpapierverwaltungsgesetzes mit der
Bezeichnung „Gremium zu Fragen der Kreditfinanzie-
rung des Bundes“ eingesetzt und die Mitgliederzahl wie-
derum auf neun festgelegt.
Für diesen Wahlgang gelten die gleichen Regelungen,
die ich vorhin vorgetragen habe. Auch in diesem Fall ist
also nur gewählt, wer die Stimmen der Mehrheit der
Mitglieder des Bundestages auf sich vereint, das heißt,
wer mindestens 308 Stimmen erhält.
Die gelben Stimmkarten sind im Saal verteilt. Sollten
Sie noch keine Stimmkarte haben, besteht die Möglich-
keit, eine solche Karte von den Plenarassistenten zu er-
halten. Auf der gelben Stimmkarte können Sie neun Na-
mensvorschläge ankreuzen. Ich gebe noch einmal den
Hinweis, dass Zusätze oder andere Namen die Stimm-
karte ungültig machen. Wer sich der Stimme enthalten
will, macht bitte keine Eintragung auf der Stimmkarte.
Übergeben Sie bitte auch bei dieser Wahl Ihre Stimm-
ausweise den Schriftführerinnen und Schriftführern an
den Wahlurnen.
Offenkundig sind alle Wahlurnen besetzt. Dann er-
öffne ich hiermit den zweiten Wahlgang, die Wahl der
Mitglieder des Gremiums gemäß § 4 a Bundeswert-
papierverwaltungsgesetz.
Darf ich fragen, ob es Mitglieder des Hauses gibt, die
ihre Stimmkarte noch nicht abgegeben haben? Ich hoffe,
es hat sich in der Zwischenzeit herumgesprochen, dass
das Präsidium zwar niemanden daran hindern kann,
parallel zum Plenum private oder auch Ausschusstreffen
durchzuführen, dass wir aber niemandem helfen können,
der erst nach Schluss des Wahlgangs mit seiner Stimm-
karte kommt.
Ich sehe niemanden, der noch eine Stimmkarte in der
Hand hält, und schließe damit auch diesen Wahlgang.
Auch hier lassen wir die Stimmen auszählen und geben
das Ergebnis später bekannt.
Nachdem wir inzwischen neue Wahlurnen haben,
können wir den nächsten Wahlgang einleiten.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 c auf:
– Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/
CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Einsetzung des Vertrauensgremiums gemäß
§ 10 a Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung
– Drucksache 16/181 –
– Wahl der Mitglieder des Vertrauensgremiums
gemäß § 10 a Abs. 2 der Bundeshaushaltsord-
nung
– Drucksachen 16/182, 16/183, 16/184, 16/185,
16/186 –
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Wir haben ein einheitliches Portal, Herr Kollege
Grosse-Brömer, und zwar ist dies das Unternehmensre-
gister. Über das Unternehmensregister finden Sie das
einheitliche Portal für die elektronischen Handelsregister
und Genossenschaftsregister in den jeweiligen Ländern.
Das ist der richtige und auch vernünftige Weg, auf den
wir uns mit den Ländern geeinigt haben.
Wenn wir von Entbürokratisierung reden, müssen wir
uns darauf verständigen, was das überhaupt ist. Ich ver-
stehe unter Entbürokratisierung in erster Linie eine Ver-
einfachung und in zweiter Linie eine Übertragung staat-
licher Aufgaben auf Private. Wenn man eine Aufgabe
wie die Führung des Handelsregisters auf die Industrie-
und Handelskammern überträgt, überträgt man das wie-
der auf eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und
damit von einer staatlichen Regie in eine andere. Zudem
sind wir der Ansicht, dass gerade die Publizität des Han-
delsregisters, also die Glaubwürdigkeit und die Verläss-
lichkeit des Handelsregisters in Bezug auf das, was darin
steht, das Amtsgericht, das Handelsregistergericht als
die richtige Stelle ausweist.
Dazu kommt noch, dass später bei diesen Gerichten
gegebenenfalls auch Rechtsmittel gegen Eintragungen
verhandelt werden müssen. Es ist schon richtig und sinn-
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Diese neun Abgeordneten haben die nach § 4 Abs. 3
es Gesetzes über die parlamentarische Kontrolle nach-
ichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes erforderliche
ehrheit von 308 Stimmen erreicht. Sie sind damit als
itglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums ge-
ählt.
Die Abstimmungsergebnisse der beiden übrigen Wah-
en geben wir dann später bekannt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich schlage vor,
ass wir nun die Sitzung für zehn Minuten unterbrechen.
as gibt den Parlamentarischen Geschäftsführern die
öglichkeit, sich zu vergewissern, wer von den eigenen
ollegen eine Frage gestellt hat, aber noch nicht anwe-
end ist. Wir beginnen mit der Fragestunde um
4.15 Uhr.
Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.
Bevor wir in der Tagesordnung fortfahren, gebe ich
as Ergebnis der zweiten Wahl bekannt. Dabei handelt
s sich um die Wahl der Mitglieder des Gremiums gemäß
4 a des Bundeswertpapierverwaltungsgesetzes. Abgege-
ene Stimmkarten 571, davon gültig 571, Enthaltungen 1.
Anlage 2
362 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2005
)
)
Präsident Dr. Norbert Lammert
Von den gültigen Stimmen entfielen auf Jochen-Konrad
Fromme 534 Stimmen, auf Bartholomäus Kalb ebenfalls
534 Stimmen, auf Steffen Kampeter 529 Stimmen, auf
Bernhard Brinkmann 538 Stimmen, auf Klaas Hübner
536 Stimmen, auf Carsten Schneider 540 Stimmen, auf
Otto Fricke 541 Stimmen, auf Dr. Gesine Lötzsch 512
Stimmen und auf Anja Hajduk 530 Stimmen. Diese neun
Abgeordneten haben die erforderliche Mehrheit von 308
Stimmen erreicht. Sie sind damit als Mitglieder des Gre-
miums gemäß § 4 a des Bundeswertpapierverwaltungs-
gesetzes gewählt.1)
Ich rufe nunmehr Tagesordnungspunkt 3 auf:
Fragestunde
– Drucksache 16/157 –
Die Geschäftsbereiche werden in der schriftlich vor-
liegenden Reihenfolge aufgerufen. Wir kommen zu-
nächst zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums
der Finanzen. Für die Beantwortung der Fragen steht die
Parlamentarische Staatssekretärin Frau Dr. Hendricks
zur Verfügung. Die Frage 1 der Kollegin Dr. Uschi Eid
wird schriftlich beantwortet.
Ich rufe Frage 2 der Kollegin Dr. Dagmar Enkelmann
auf:
Trifft es zu, dass zwischen den Jahren 1995 und 2004 ein
starker Rückgang der kommunalen Investitionsquote von 18,9
auf 13,2 Prozent, insbesondere bei den kommunalen Sachin-
vestitionen, und davon ausgehend „mittel- bis längerfristig
eine erhebliche Gefährdung für den Wirtschaftsstandort
Deutschland“ festzustellen ist – siehe KfW-Bankengruppe,
„Wirtschafts-Observer online“, „Öffentliche Infrastruktur und
kommunale Finanzen in Deutschland“, Nr. 5, November 2005 –,
und was will die Bundesregierung tun, um die kommunalen In-
vestitionen wieder auf das für die Entwicklung von Wirtschaft
und kommunaler Infrastruktur nötige Maß zu erhöhen?
D
Frau Kollegin Enkelmann, Ziel der Politik der Bun-
desregierung sind starke und handlungsfähige Kommu-
nen. Die Entwicklung der kommunalen Investitionen
war in den vergangenen Jahren nicht zufriedenstellend.
Es kam, wie in Ihrer Frage dargestellt, zu einem Rück-
gang der Sachinvestitionsausgaben von 18,9 Prozent im
Jahr 1995 auf 13,2 Prozent im Jahr 2004, bezogen auf
die kommunalen Haushalte. Eine Gefährdung für den
Wirtschaftsstandort Deutschland ergibt sich nicht, auch
nicht für die Zukunft.
Die Bundesregierung hat bereits in der 15. Legislatur-
periode durch die erfolgreiche Reform der Gewerbe-
steuer und die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und
Sozialhilfe nachhaltige Beiträge zur Stärkung der Kom-
munalfinanzen geleistet. So erhöhten sich im Jahr 2004
die Gewerbesteuereinnahmen gegenüber 2003 netto um
über 30 Prozent. Zusätzlich wird die kommunale Ebene
nach den jüngsten Entscheidungen auf der Ausgaben-
seite aufgrund der Zusammenlegung von Arbeitslosen-
und Sozialhilfe um mehr als die zugesagten 2,5 Milliar-
den Euro entlastet.
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w1) Anlage 3
Rede von: Unbekanntinfo_outline
)
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)
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Damit sind diese neun Abgeordneten nach § 10 a Abs. 2
der Bundeshaushaltsordnung in Verbindung mit
§ 4 Abs. 3 des Gesetzes über die parlamentarische Kon-
trolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes mit
der erforderlichen Mehrheit von 308 Stimmen – oder
mehr, versteht sich – gewählt. Ich gratuliere allen in die
vorhin genannten Gremien Gewählten und kehre zurück
zur Fragestunde.
Aus dem Geschäftsbereich des Bundeskanzleramtes
gibt es keine mündlich zu beantwortenden Fragen mehr.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeri-
ums für Arbeit und Soziales auf. Der Kollege Parlamen-
tarischer Staatssekretär Andres steht zur Beantwortung
zur Verfügung.
Der Kollege Kolb ist nicht da, hat aber beantragt, dass
seine Fragen 10 und 11 schriftlich beantwortet werden.
Ich rufe die Frage 12 der Kollegin Dr. Dagmar
Enkelmann auf:
Trifft es zu, dass bisher nicht einmal jedem zehnten Emp-
fänger von Arbeitslosengeld II, ALG II, Qualifizierungs- und
Beschäftigungsmaßnahmen angeboten wurden und dass die
Bearbeitungsfristen für Anträge regelmäßig über vier Wochen
liegen – siehe repräsentative Umfrage in „Finanztest“ 11/2005 –,
und welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung
aus den in der Untersuchung aufgezeigten Mängeln beim
ALG II?
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Frau Abgeordnete Enkelmann, es trifft nicht zu, dass
weniger als 10 Prozent der Empfänger von Arbeitslosen-
geld II eine arbeitsmarktpolitische Maßnahme angeboten
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1) Anlage 4
Ich bin Ihrer Meinung.
Wenn es einen Rechtsanspruch gibt, kann man ihn
uch durchsetzen. Das, was Sie hier so allgemein be-
aupten, dass es viele Jugendliche gäbe, die keine Ange-
ote bekämen, kann ich zunächst nur so zur Kenntnis
ehmen. Ob das tatsächlich der Fall ist, weiß ich nicht.
366 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2005
)
)
Parl. Staatssekretär Gerd Andres
– Ich bedanke mich für den Hinweis, Frau Kollegin.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wie ernst nimmt die Bundesregie-
rung den Hinweis aus der bereits zitierten Untersuchung,
dass viele Betroffene ihren Fallmanager bislang nicht
kennen?
G
Sehr ernst.
Wir kommen zur Frage der Kollegin Brigitte
Pothmer – –
– Wo waren die angemeldet?
– Das nehme ich gerne und mit Respekt zur Kenntnis. Es
wäre aber schön, wenn kenntlich würde, dass Sie Fragen
haben. Ich kann nur diejenigen aufrufen, deren Meldung
ich auch gesehen habe.
Bitte schön.
Ich hatte mich vorhin gemeldet und bitte das zu ent-
schuldigen. Auch ich bin hier neu.
Herr Staatssekretär Andres, stimmen Sie mir darin zu,
dass für die Durchführung von Hausdurchsuchungen bei
Menschen, die ALG II bekommen, konkrete Gründe im
Einzelfall gegeben sein müssen, und stimmen Sie mir
ebenfalls darin zu, dass es sich bei Hausdurchsuchungen
um hoheitliche Aufgaben handelt, die nicht an private
Unternehmen übertragen werden können? Ganz konkret:
Mir ist zur Kenntnis gebracht worden, dass private Un-
ternehmen zusammen mit dem Zoll Hausdurchsuchun-
gen bei Menschen durchführen, die ALG II bekommen.
G
Nein, ich stimme Ihnen nicht zu.
Bevor wir zu der Frage von Frau Zimmermann kom-
men, möchte ich noch Folgendes sagen, weil es offen-
kundig leichte Irritationen gegeben hat. Fragen in der
Fragestunde müssen natürlich nicht wie Wortmeldungen
vorne beim Präsidium angemeldet werden. Es reicht völ-
lig, wenn man sich in einer für den amtierenden Präsi-
denten nachvollziehbaren Weise zu Wort gemeldet hat.
Wenn wir einmal etwas übersehen – auch das kann vor-
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eil ich sonst der Vollständigkeit halber darauf hinwei-
en müsste, dass auch die Antworten der Bundesregie-
ung sich in der Nähe der Fragen bewegen sollten.
Bitte schön, Frau Kollegin Zimmermann.
Herr Präsident, wir alle üben noch und werden uns
emühen.
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Stimmen Sie zu,
ass es in den Arbeitsgemeinschaften nicht nur ein struk-
urelles Problem gibt, sondern dass darüber hinaus beim
ersonal Qualifikationsprobleme erkennbar sind? Die
rbeitsgemeinschaften setzen sich zum einen aus Perso-
al der Agenturen und zum anderen aus Personal der
ommunen zusammen, das teilweise aus artfremden Be-
eichen kommt. Die Bundesagentur hat für eine Quali-
ikation von Fallmanagern gesorgt, schließlich legt sie
roßes Augenmerk auf eine gute Vermittlung. Ich frage
ie: Wie wollen Sie hinsichtlich der Fallmanager das
roblem bei den kommunalen Beschäftigten lösen und
iese Qualifizierungslücke schließen?
G
Im ersten Teil stimme ich Ihnen zu.
Im zweiten Teil verweise ich darauf, dass sich die
undesagentur und die Arbeitsgemeinschaften kräftig
arum bemühen, Qualifizierungen für das beschäftigte
ersonal anzubieten.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2005 367
)
)
Es ist immer nur eine Zusatzfrage möglich, wenn man
die Frage nicht selber eingereicht hat.
Frau Kollegin Golze, bitte schön.
Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär!
Auch ich nehme Bezug auf die Frage von Frau
Enkelmann. Selbst wenn die Umfrage von „Finanztest“
nicht repräsentativ ist, so ist es doch so, dass zahlreiche
Bescheide nach wie vor fehlerhaft sind. Wäre es vor die-
sem Hintergrund nicht sinnvoll, die aufschiebende Wir-
kung von Widersprüchen wieder einzuführen, um so-
ziale Härten zu verhindern?
G
Nein.
Warum?
G
Entschuldigen Sie, Sie haben mich gefragt, ob es
sinnvoll ist. Das kann ich mit Ja oder Nein beantworten.
Ich bin der Meinung, dass die Frage damit ausreichend
beantwortet ist. Ich beziehe mich hierbei übrigens auf
das, was der Präsident vorhin gesagt hat. Wenn Sie mich
so fragen, bekommen Sie eine solche Antwort.
Da die zweite Zusatzfrage nicht mehr zulässig war,
hätte sie auch gar nicht beantwortet werden müssen.
Insofern erübrigt sich die Aufregung auf beiden Seiten.
Weitere Wortmeldungen für Zusatzfragen habe ich
nicht gesehen. Habe ich jemanden übersehen? – Das ist
offenkundig nicht der Fall.
Die Fragen 13 und 14 der Kollegin Pothmer und die
Fragen 15 und 16 des Kollegen Kurth sollen schriftlich
beantwortet werden.
– Dann gilt das, was ich gerade gesagt habe: So etwas
korrigieren wir gerne in Echtzeit. Wir hatten die entspre-
chende Bitte hier aber so protokolliert.
Ich rufe die Frage 13 der Kollegin Pothmer auf:
Wann rechnet die Bundesregierung damit, dass die Agen-
turen für Arbeit die nach dem Entwurf zum SGB-II-Ände-
rungsgesetz geänderte Regelleistung in den neuen Ländern in
der neuen Höhe von 345 Euro an die Anspruchsberechtigten
ausbezahlen können, und wie kompensiert die Bundesregie-
rung die Differenz zwischen tatsächlich ausbezahlter Leistung
und neuer Regelleistung für die Anspruchsberechtigten, wenn
In-Kraft-Treten des Gesetzes und Auszahlung der Regelleis-
tung in neuer Höhe zeitlich auseinander fallen?
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)
r hat in einem Interview mit „Spiegel online“, was die
ordafrikaner betrifft, ausdrücklich erklärt, dass es
eine Geheimnisse in dieser Einrichtung von KFOR in
ondsteel gibt.
Sie haben noch eine Zusatzfrage, Herr Kollege.
372 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2005
)
)
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
Dann rufe ich die Frage 27 des Kollegen Dr. Hakki
Keskin auf. Die Frage wird aufgrund von Nr. 2 Abs. 2
der Richtlinien schriftlich beantwortet. Dann rufe ich die
Frage 28 des Abgeordneten Jerzy Montag auf. Die Frage
wird ebenfalls aufgrund von Nr. 2 Abs. 2 der Richtlinien
schriftlich beantwortet, ebenso die Fragen 29 und 30 des
Kollegen Dr. Diether Dehm. Die Frage 31 des Kollegen
Josef Philip Winkler wird nach denselben Kriterien
ebenfalls schriftlich beantwortet, ebenso wie die
Frage 32 der Kollegin Irmingard Schewe-Gerigk und die
Frage 33 des Kollegen Jerzy Montag.
Wir sind damit am Ende des Geschäftsbereichs des
Auswärtigen Amtes. Herr Staatsminister, ich bedanke
mich sehr herzlich für die Beantwortung der Fragen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministe-
riums des Innern auf. Die Frage 34 der Kollegin Monika
Knoche wird aufgrund von Nr. 2 Abs. 2 der Richtlinien
schriftlich beantwortet, ebenso die Fragen 35 und 36 des
Kollegen Jan Korte. Das gilt auch für die Frage 37 des
Abgeordneten Josef Philip Winkler. Die Fragen 38 und
39 der Kollegin Petra Pau werden ebenfalls so beantwor-
tet, ebenso die Fragen 40 und 41 der Kollegin Hüseyin-
Kenan Aydin. Die Frage 42 des Kollegen Wolfgang
Wieland und die Fragen 43 und 44 der Kollegin Ulla
Jelpke werden ebenfalls aufgrund von Nr. 2 Abs. 2 der
Richtlinien schriftlich beantwortet.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministe-
riums der Justiz auf. Die Frage 45 der Kollegin Monika
Knoche, die Frage 46 des Kollegen Michael Leutert, die
Fragen 47 und 48 der Kollegin Heike Hänsel und die
Frage 49 der Kollegin Silke Stokar von Neuforn werden
ebenfalls nach denselben Kriterien schriftlich beantwor-
tet. Das gilt auch für die Fragen 50 und 51 des Kollegen
Volker Beck und die Frage 52 der Kollegin
Irmingard Schewe-Gerigk.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministe-
riums der Verteidigung auf. Zur Beantwortung der Fragen
steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Christian
Schmidt bereit.
Die Fragen 53 und 54 des Kollegen Jürgen Koppelin
werden schriftlich beantwortet.
Ich rufe die Frage 55 des Kollegen Dr. Norman Paech
auf:
Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen,
um sicherzustellen, dass Personen, die im Rahmen des Man-
dats für die deutsche Beteiligung an der Operation Enduring
Freedom, OEF, das den Auftrag einschließt, „Führungs- und
Ausbildungseinrichtungen von Terroristen auszuschalten, Ter-
roristen zu bekämpfen, gefangen zu nehmen und vor Gericht
zu stellen sowie Dritte dauerhaft von der Unterstützung terro-
ristischer Aktivitäten abzuhalten“ – Bundestagsdrucksache
14/7296 –, unter direkter oder indirekter Beteiligung bewaff-
neter deutscher Streitkräfte festgesetzt wurden oder werden,
nicht von der CIA oder anderen US-Regierungsstellen gefol-
tert oder in Staaten gebracht wurden oder werden, wo die Fol-
ter praktiziert wird?
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Lieber Kollege Paech, ich beantworte Ihre Frage wie
folgt: Die bei der Operation Enduring Freedom einge-
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Ja, Sie dürfen keine dritte Zusatzfrage stellen. Aber
Ihr Kollege Schäfer hat nun das Wort zu einer Zusatz-
frage.
Herr Staatssekretär, Sie haben gesagt, die Bundes-
wehr habe die Anweisung, keine Überstellungen an
US-Streitkräfte vorzunehmen. Gilt das auch für die
Überstellung von Gefangenen an die afghanische Regie-
rung?
C
Diese Handlungsanweisung betrifft Überstellungen
an die US-Streitkräfte. Über weiter gehende Anweisun-
gen sind die entsprechenden Gremien des Deutschen
Bundestages in Vertraulichkeit unterrichtet worden. –
Das ist meine Antwort auf diese Frage.
Dann rufe ich die Frage 56 des Kollegen Dr. Norman
Paech auf:
Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen,
um sicherzustellen, dass Bundeswehrangehörige, die nach
Angaben des US-Zentralkommandos, CENTCOM, zur Koor-
dination der OEF im CENTCOM-Hauptquartier in Tampa,
Florida, vertreten sind, nicht direkt oder indirekt an der Pla-
nung völkerrechtswidriger Maßnahmen wie der Entführung,
Verschleppung oder Verbringung von Gefangenen in Staaten
mit Folterpraxis beteiligt sind?
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Herr Kollege Paech, auf Ihre Frage antworte ich wie
folgt: Die Angehörigen des deutschen Verbindungskom-
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– Ihre Wortmeldung habe ich leider übersehen oder sie
kam zu spät. Herr Kollege, noch eine weitere Zusatz-
frage.
Gehen wir einmal davon aus, dass die Wortmeldung
zu spät kam, Frau Präsidentin.
Herr Staatssekretär, könnten Sie uns erläutern, wie
der von Ihnen benutzte Begriff „Synergieeffekte“ zu ver-
stehen ist? Handelt es sich um Synergieeffekte in der
Planung gemeinsamer Operationen, in der Ausrüstung,
in der Versorgung? In welchem Sinne benutzen Sie den
Begriff „Synergieeffekte“?
C
Herr Kollege Gehrcke, wir hatten lange die Möglich-
keit, uns im Auswärtigen Ausschuss über solche Fragen
auszutauschen; wenn ich mich recht entsinne, haben wir
in dieser Zeit auch bereits darüber diskutiert. „Synergie“
ist zu verstehen nicht im pekuniären Sinne, sondern im
Sinne der Sicherheit der eingesetzten Soldaten. Wir müs-
sen der Verantwortung gegenüber den Soldaten, die wir
in solche Einsätze schicken, im Rahmen unserer Fürsor-
gepflicht auch dadurch Rechnung tragen, dass wir – lei-
der nie auszuschließende und immer wieder stattfin-
dende – Angriffe auf diese Kräfte in höchstmöglichem
Maße verhindern. Dazu gehört auch die gegenseitige In-
formation über das, was man tut und wo man etwas tut.
Darüber hinaus gibt es verschiedene Varianten der Zu-
sammenarbeit, die sich dann am Einzelfall auszurichten
haben. „Synergie“ ist in diesem Fall positiv und mit „Si-
cherheit“ zu übersetzen.
Jetzt gibt es wirklich keine Wortmeldung zu Zusatz-
fragen mehr. Wir sind damit am Ende des Geschäftsbe-
reiches des Bundesministeriums der Verteidigung. Herr
Staatssekretär, vielen Dank für die Beantwortung der
Fragen.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsi-
cherheit. Die Fragen 57 bis 64 der Kolleginnen Bärbel
Höhn, Birgitt Bender, Sylvia Kotting-Uhl und des Kolle-
gen Gerhard Schick werden aufgrund von Nr. 2 Abs. 2
der Richtlinien schriftlich beantwortet.
Wir sind damit am Ende der heutigen Fragestunde.
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376 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2005
)
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Bundesminister Dr. Frank-Walter Steinmeier
Wer mich und andere – gleichgültig ob aus der Vorgän-
gerregierung oder der aktuellen Regierung – wegen des
Informationsaustausches mit Großbritannien, Frank-
reich, Italien, Spanien, aber auch mit den USA kritisiert,
muss sich diese Fragen stellen und sie beantworten.
Klar ist – das sei ebenso deutlich gesagt –: Der Aus-
tausch von Informationen bedeutet niemals eine auch
wie immer geartete Billigung oder gar Rechtfertigung
der Verschleppung deutscher Staatsbürger.
Im Gegenteil, die Bundesregierung hat immer deutlich
gemacht, dass eine Zusammenarbeit auf der Basis gel-
tenden Rechts erfolgt und erfolgen muss.
Das gilt auch und in besonderer Weise für den Fall
el-Masri. Ob überhaupt und, wenn ja, in welchem Um-
fange Informationen und Erkenntnisse aus Deutschland
von fremden Behörden benutzt worden sind, ist unklar.
Aber ich sage: Wir haben nach allen zumutbaren Nach-
forschungen, die wir angestellt haben, keine Anhalts-
punkte dafür gefunden, dass Mitteilungen zur Person
el-Masris durch Sicherheitsbehörden des Bundes weiter-
gegeben worden sind.
Bundeskanzleramt und Auswärtiges Amt wurden
erstmals durch den Brief des Rechtsanwaltes von Herrn
el-Masri vom 8. Juni 2004 informiert. In diesem Schrei-
ben betont der Anwalt – einen Auszug daraus möchte ich
zitieren –:
Bevor die Medien eingeschaltet werden, sollte der
Vortrag meines Mandanten geprüft und dessen Er-
kenntnisse und Wahrnehmungen so gesichert wer-
den, dass sie verwertet werden können.
Genau das hat die Bundesregierung getan. Sie hat zur
Prüfung der Angaben von Herrn el-Masri und zur Siche-
rung gerichtsfester Erkenntnisse sofort und ohne Zögern
die Ermittlungsbehörden eingeschaltet und diese in ihrer
Arbeit unterstützt, ohne – auch das sei gesagt – ihre Ar-
beit ersetzen zu können. Denn Ermittlungen zu führen ist
Aufgabe von Polizei und Staatsanwaltschaft.
Die Bundesregierung hat aber unverzüglich, nachdem
dieses Schreiben einging, über die Verbindungsbeamten
in den Ministerien die Nachrichtendienste, die Polizei-
dienststellen auf Bundes- und Landesebene sowie die di-
plomatischen Vertretungen um ihren Beitrag zur Aufklä-
rung des Geschehens gebeten. Der Sachverhalt wurde
des Weiteren wegen der infrage stehenden Vorwürfe un-
verzüglich zum Gegenstand der Besprechung in der so
genannten nachrichtendienstlichen Lage bei uns im
Kanzleramt.
Dank dieses Vorgehens hat das Bundeskriminalamt
bereits am 10. Juni, also zwei Tage danach – nur damit
Sie wissen, wie schnell das ging –, die örtlich zuständige
Polizeidienststelle unterrichtet. Der Generalbundes-
anwalt wurde am 14. Juni informiert und es wurde um-
gehend ein Ermittlungsverfahren eröffnet, in dem Herr
el-Masri bereits am 17. und 18. Juni als Zeuge ausgesagt
hat. Seit Juli 2004 hat die Staatsanwaltschaft München
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Das Thema „CIA-Flüge und vermeintliche Ge-
heimgefängnisse“ hat in den letzten Wochen – das kann
ich Ihnen aufgrund meiner Erfahrung auf der NATO-
Außenministerratstagung sagen – überall in Europa und,
wie Sie lesen können, selbstverständlich auch in den
Vereinigten Staaten zu heftigen Kontroversen geführt.
Wir haben es heute Morgen auch im Auswärtigen Aus-
schuss erlebt: Es sind in der Tat noch viele Fragen offen.
Sie kennen die Bemühung des Europarates, an der wir
uns aktiv beteiligen, weil wir das Aufklärungsinteresse
teilen. Bei meinen Gesprächen, die ich mit der amerika-
nischen Außenministerin und dem NSC geführt habe,
haben diese Themen breiten Raum eingenommen. Ich
habe nach dieser Reihe von Gesprächen den Eindruck
gewonnen, dass auch die amerikanische Regierung zu-
nehmend erkennt, dass sie die Besorgnisse ihrer europäi-
schen Partner nicht auf die leichte Schulter nehmen darf.
Nun bin ich der Letzte, der nicht Verständnis dafür
hätte, dass nicht jede Operation der Sicherheitsbehörden
öffentlich behandelt und bewertet werden kann. Umso
wichtiger ist es aber, dass die gemeinsame Vertrauensba-
sis erhalten bleibt. Mit anderen Worten: Wir müssen uns
fest darauf verlassen können, dass unsere amerikani-
schen Partner bilaterale Verträge ebenso achten wie die
Regeln des Völkerrechts und die Menschenrechte.
Ich begrüße es deshalb ausdrücklich, dass die ameri-
kanische Außenministerin dies jüngst noch einmal be-
kräftigt hat. Erst recht begrüße ich die Klarstellung, dass
die Anti-Folter-Konvention uneingeschränkt für alle
Gefangenen gilt. Dennoch sehe ich natürlich – auch das
ist heute Morgen im Ausschuss behandelt worden –
nicht ohne Sorge, dass aus der Bedrohung durch den in-
ternationalen Terrorismus in Europa und in den USA
durchaus unterschiedliche Schlussfolgerungen für die
gesetzliche Basis gezogen werden. Die jüngste inner-
amerikanische Debatte über die Auslegung des Folter-
verbots ist dafür ein Beispiel.
Ich hoffe sehr, dass am Ende dieser Debatte eine Ent-
scheidung stehen wird, die Europa und die Vereinigten
Staaten in dieser fundamentalen Frage unserer Rechts-
ordnung nicht auseinander driften lässt. Ich hoffe eben-
falls sehr, dass die normative Gemeinsamkeit rechts-
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Wir wissen: Eines der wichtigsten Ziele der Terroris-
en ist es, die Rechtsstaatlichkeit und die Zivilität der of-
enen Gesellschaft zu zerstören. Dies darf ihnen nicht
elingen!
Die Achtung von Recht und Gesetz ist der Kitt, der
nsere Gesellschaften zusammenhält, und sie ist die
rundlage für unsere Überlegenheit über alle Feinde der
reiheit. Das gilt ausdrücklich auch für den Bereich der
icherheitsbehörden. Diese Achtung von Recht und Ge-
etz war der Maßstab meines Handelns in den letzten
ahren.
Meine Damen und Herren, man kann bei der einen
der anderen Abwägungsfrage zu anderen Wertungen
ommen, als ich es getan habe. Das mag sein. Ich stehe
edoch zu den Entscheidungen, die ich in meinem Ver-
ntwortungsbereich als Chef des Bundeskanzleramtes
nd auch als Beauftragter für die Nachrichtendienste zu
reffen hatte. Ich stehe zu den Entscheidungen, getroffen
us der Achtung von Recht und Gesetz und für die Si-
herheit der Menschen in unserem Land.
Vielen Dank.
Das Wort hat der Kollege Dr. Max Stadler, FDP-Frak-
ion.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
erren! Wenn man die Darstellung von Minister
teinmeier zu den vielfältigen Aktivitäten – sie wurden
m Detail geschildert – gehört hat, die ergriffen wurden,
achdem sich der Anwalt von Herrn el-Masri an die
undesregierung gewandt hatte, stellt man sich umso
ehr die Frage, warum die Bundesregierung uns so
ange Zeit darauf vertrösten wollte, dass derlei aus-
chließlich in einem geheim tagenden Gremium des
eutschen Bundestags zu erörtern sei. Das ist schlicht-
eg unverständlich.
Diese Debatte ist aber in Wahrheit keine Auseinan-
ersetzung zwischen Opposition und Regierung im her-
ömmlichen Sinne; diese Debatte ist ein gemeinsames
emühen des gesamten Parlaments um den Rechtsstaat.
enn das ist der Kern der Themen, die uns bewegen:
ie bewältigen wir die Abwehr terroristischer Bedro-
ungen, ohne den bewährten Rechtsstaat des Grundge-
etzes preiszugeben? Um diese Frage geht es.
378 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2005
)
)
Dr. Max Stadler
Wenn wir das Thema so angehen, dann verfolgen wir
dasselbe Ziel wie diejenigen in der amerikanischen
Gesellschaft und im Kongress, die ebenfalls anstreben,
ausschließlich mit rechtsstaatlichen Methoden in der
Terrorismusabwehr zu arbeiten. Dies zeigt die begrü-
ßenswerte Initiative von Senator McCain.
Diese Bestrebungen in den USA sind deshalb für uns
so wichtig, weil wir selbstverständlich die weitere Zu-
sammenarbeit mit den amerikanischen Behörden ge-
rade auch in diesem Bereich brauchen, weil wir sie wol-
len und weil wir den Informationsaustausch zwischen
den Geheimdiensten zur Abwehr terroristischer Gefah-
ren benötigen.
Aber wir sagen auch klipp und klar, was dabei nicht
geht: Verschleppung und Folter sind als Methoden der
Gefahrenabwehr absolut nicht hinnehmbar.
Deshalb, Herr Minister Steinmeier, war es mir zu we-
nig, als ich neulich die Äußerung von Ihnen gelesen
habe, die Bundesregierung habe bei den ganzen Vorgän-
gen gegen keinerlei Vorschrift verstoßen. Das reicht
manchmal nicht aus; manchmal muss man im privaten
Leben, aber auch in der Politik mehr tun, als nur nicht
gegen Vorschriften zu verstoßen.
Ob die alte Bundesregierung in diesem Sinne im kon-
kreten Fall el-Masri genug getan hat, können wir auch
nach der heutigen Information nicht abschließend be-
werten. Die Darlegungen in den Ausschüssen waren von
Zeitnot geprägt; dort konnten nicht alle Fragen ange-
sprochen werden. Sie haben jetzt im Plenum Ausführun-
gen gemacht, die aber in einem gewissen Widerspruch
zu den Klagen stehen, die man aus der Münchener
Staatsanwaltschaft hört, wo es noch gestern hieß, dass
man von den Bundesbehörden immer nur höre, sie wüss-
ten auch nichts.
Es gibt noch viele offene Detailfragen. Wenn man ge-
nau hinhört, erkennt man, dass immer vom Verhalten der
Bundesbehörden die Rede ist, die keine Informationen
nach außen gegeben hätten. Was war denn mit den Lan-
desbehörden? Neu-Ulm liegt bekanntlich in einem Bun-
desland,
einem sehr schönen noch dazu. Da muss man nachfra-
gen. Wieso stellt die angesehene „Washington Post“ den
Zeitablauf anders dar, als es der ehemalige Minister
Schily getan hat? Manches ist einem nach wie vor rätsel-
haft. Wieso soll es fünf Monate gedauert haben, bis eine
angebliche Personenverwechslung aufgedeckt und auf-
geklärt worden ist? Gab es in diesen fünf Monaten Rück-
fragen bei den deutschen Behörden, wer denn el-Masri
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as sind ganz einfache Fragen, die man stellen muss.
Das sind Detailfragen, die uns aber nicht vom Kern
es Problems ablenken. Denn vom damaligen Bundesin-
enminister Schily selber wird berichtet, dass er im
ebruar 2005 erfolglos bei amerikanischen Behörden in-
erveniert habe; erfolglos in dem Sinne, dass er keine
usicherung erhalten hat, dass sich eine solche Ver-
chleppung nicht wiederholen wird.
a stellt sich natürlich die Frage: Wie ist denn eine sol-
he Reise eines Bundesministers zu einem so brisanten
hema in der alten Bundesregierung vorbereitet wor-
en? Was war die Linie des Auswärtigen Amtes und des
amaligen Bundesaußenministers, der in der heutigen
ebatte leider nicht anwesend ist? Wie ist über die er-
olglose Mission berichtet worden und welche Folgerun-
en hat man daraus gezogen, was man zu tun hat, damit
ich solche Rechtsverletzungen nicht wiederholen?
Wir müssen uns noch einmal klar machen: Es ging
ier um massive Rechtsverstöße. Jeder, der verhaftet
ird, hat gewisse Rechte. Er darf einen Anwalt wählen.
r darf Kontakt zu seiner Familie aufnehmen, wenigs-
ens brieflich. Wenn er im Ausland inhaftiert wird, kann
r konsularischen Schutz durch die Bundesregierung
eanspruchen. Im konkreten Fall el-Masri war es so,
ass ein deutscher Staatsangehöriger über Monate recht-
os gestellt worden ist.
Jetzt komme ich zu meinem Ausgangsgedanken zu-
ück. Es reicht eben nicht, nicht gegen Rechtsvorschrif-
en zu verstoßen.
an muss eine öffentliche Debatte beginnen, die einem
olchen Vorgang ganz klar widerspricht.
enn jede stillschweigende Hinnahme von Verschlep-
ung und Folter würde dazu beitragen, dass unser
rundkonsens in Gefahr geriete, den wir alle in diesem
arlament haben, nämlich dass wir uns bei der Bekämp-
ung terroristischer Gefahren strikt an das Grundgesetz
nd an die Grundrechte halten.
Ich sage Ihnen Folgendes: Bei unseren Auseinander-
etzungen um Schily I und Schily II, die wir hier im Ple-
um ausgetragen haben, ging es um Abwägungsfragen.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2005 379
)
)
Dr. Max Stadler
Aber wir als FDP haben immer entschieden widerspro-
chen, wenn beim Thema Folter in öffentlicher Debatte
plötzlich keine Prinzipienfestigkeit mehr zu spüren war;
übrigens gibt es Staatsrechtler, die Folter wieder für zu-
lässig halten. Wir haben – auch im Parlament – entschie-
den widersprochen,
wenn Vorschläge wie die Einführung einer verfassungs-
widrigen Sicherungshaft gemacht wurden. Wir haben
ganz klar widersprochen, wenn die These vom Feind-
strafrecht aufgetischt wurde, nach der man in einer sol-
chen Situation die normalen Rechtsregeln außer Kraft
setzen müsse, um der jeweiligen Gefahr zu begegnen.
Das Entscheidende ist: Wir müssen die Debatten über
Einzelfälle wie Guantanamo und die dortigen Verneh-
mungen sowie über den Fall el-Masri dazu nutzen, den
Grundkonsens zu bekräftigen, dass in einem Rechtsstaat
wie der Bundesrepublik Deutschland, auch wenn es um
die Abwehr von Gefahren geht, in jedem Fall die Grund-
rechte eingehalten werden.
Darin sind wir uns einig.
Daran dürfen wir keinen Zweifel aufkommen lassen, –
Herr Kollege, denken Sie bitte an Ihre Redezeit.
– indem wir zum Beispiel bei Vorgängen, die nicht er-
träglich sind, schweigen. Das Entscheidende an dieser
Debatte ist also, dass wir diesen Grundkonsens bekräfti-
gen.
Für die Beantwortung der Einzelfragen brauchen wir
noch weitere Informationen. Daher tagen die Aus-
schüsse auf unseren Wunsch und auf den Wunsch ande-
rer morgen weiter. Wir als FDP behalten uns alle parla-
mentarischen Schritte vor, die notwendig sind, um diese
Fragen zu klären.
Vielen Dank.
Das Wort hat der Kollege Eduard Lintner, CDU/CSU-
Fraktion.
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Teilen Sie uns dann mit, was er gesagt hat! Wir wissen es
nämlich auch nicht und es wäre interessant, das einmal
zu hören.
Natürlich verlangen auch wir eine umfassende und
plausible Aufklärung des Falles el-Masri und wollen
Vergleichbares für die Zukunft ausgeschlossen wissen.
Aber im Gegensatz zu Ihnen, liebe Kolleginnen und
Kollegen von der Grünen-Fraktion, die Sie damals mit
an den Schalthebeln der Regierung waren, trifft uns eben
keine Verantwortung für diese Vorgänge. Deshalb rate
ich Ihnen, alle Polemik und Selbstgefälligkeit in diesem
Fall abzulegen und ehrlich bereit zu sein, daran mitzu-
arbeiten, das Geschehen rückhaltlos aufzuklären.
Dazu hätte einer von Ihnen sehr viel beitragen können,
wenn er heute da gewesen wäre, nämlich Ihr früherer
Außenminister Joschka Fischer.
Meine Damen und Herren, es ist wichtig – nicht nur
für uns, sondern auch für die ganze Welt –, dass es ein
paar allgemein anerkannte und befolgte Regeln für den
Umgang von Staaten mit Menschen gibt. Zwar haben
wir, wie wir alle wissen und bedauern, diesen Idealzu-
stand noch längst nicht erreicht, aber zumindest diejeni-
gen, die dieses hohe Ziel einfordern, müssen sich selbst
ohne Wenn und Aber daran halten; sonst ist der Kampf
dafür unglaubwürdig und wir können ihn gleich aufge-
ben. Dass so menschenverachtende und grausame Ex-
zesse wie gnadenloser Terrorismus dazu führen, dass
Diskussionen entstehen, zum Beispiel darüber, ob das
Folterverbot allzeit gültig sein muss – worum es ja in
den USA zurzeit geht –, ist verständlich. Aber unsere
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ch will nur drei davon nennen: die Menschenrechts- und
ie Anti-Folter-Konvention der UNO, die Europäische
enschenrechtskonvention und auch den Grundrechte-
atalog in unserem Grundgesetz oder in Verfassungen
nderer Staaten.
Wenn man auf Dauer friedlich und gedeihlich aus-
ommen will, dann muss sich jeder darauf verlassen
önnen, dass diese elementaren Grundregeln stets gel-
en, dass Verstöße dagegen nicht geduldet, sondern ver-
olgt und dass mögliche Fehler in Zukunft abgestellt
erden.
Das hat, soweit es nach amerikanischem Recht offen-
ar vertretbar ist, die amerikanische Außenministerin
ondoleezza Rice bei ihrem Besuch hier in Deutschland
a auch zugesagt und deutlich gemacht. Ich finde, das
ar ein guter und in diesem Zusammenhang sehr wichti-
er Auftakterfolg der neuen Regierung bei der Bewälti-
ung dieser nicht einfachen Probleme.
it unserer klaren und kalkulierbaren Position helfen
ir ihr und anderen in den USA dabei, diese Grundsätze
egenüber der heimischen Öffentlichkeit in den USA zu
ertreten und schließlich auch durchzusetzen.
Damit hat diese Debatte bereits ein respektables Er-
ebnis gezeigt. Wenn wir im gleichen guten Stil weiter-
achen, werden wir überzeugen und in der Zukunft
utes für die Geltung und Durchsetzung der Menschen-
echte in der ganzen Welt bewirken können.
Vielen Dank.
Nächster Redner ist der Kollege Dr. Gregor Gysi,
raktion Die Linke.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
n seiner Rede hat Kollege Stadler, und zwar zu Recht,
ie Rolle des Parlamentes und auch der Bundesregierung
n diesem Zusammenhang aufgeworfen, wozu es vieler
rklärungen bedarf.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2005 381
)
)
Dr. Gregor Gysi
Unsere Zeit ist geprägt durch verschiedene, auch tra-
gische Ereignisse. Kriege und Terrorismus, das alles hat
zugenommen. Ich weiß auch, dass eine gewisse Hilf-
losigkeit entstanden ist. Es gibt aber ein Mittel, um dage-
gen wirksam vorzugehen, und zwar die Einhaltung des
Völkerrechts.
Das Völkerrecht ist aber immer stärker verletzt wor-
den.
Ich darf daran erinnern – das sage ich ohne jede Pole-
mik –: Vor längerer Zeit stand ich in diesem Haus ziem-
lich alleine da, als ich darauf hinwies, dass der Jugosla-
wienkrieg völkerrechtswidrig ist, weil der Sicherheitsrat
nicht einbezogen worden ist.
Es gab für ihn zwar Argumente moralischer und anderer
Art, den Sicherheitsrat aber hat man nicht einbezogen.
Das war übrigens ein Grund für die USA, beim Irakkrieg
den Sicherheitsrat ebenso zu ignorieren; denn das war
schließlich auch schon vorher geschehen. Wenn man
Völkerrecht verletzt, muss man immer wissen, dass man
es damit zerstört, dass es in der alten Form nicht wieder-
kommt.
Das gilt erst recht für die Vorgänge, von denen wir
jetzt erfahren. Sie, Herr Außenminister Steinmeier, ha-
ben sich gegen Vorwürfe verteidigt, die ich gar nicht ge-
hört habe. In diesem Hause hat doch niemand der Bun-
desregierung vorgeworfen, Gefangene irgendwohin zu
schicken, damit sie gefoltert werden.
Nein, es geht um etwas ganz anderes: Die USA haben
im Kampf gegen den Terrorismus bestimmte Normen
weltweit außer Kraft gesetzt.
Verstehen Sie, die Regierung der USA will diesbezüg-
lich ihr eigenes Recht nicht. Die USA scheuen die USA;
das muss man sich einmal vorstellen. Sie bringen ihre
Gefangenen nicht in die USA, lassen weder ihre Ge-
richte noch ihre Rechtsanwälte zu. Dafür nehmen sie den
Teil Kubas, den sie innehaben und wo kein Recht
herrscht. In Guantanamo sitzen Menschen seit vier Jah-
ren ohne alle Rechte ein. Die USA sagen, sie sind keine
Kriegsgefangenen, entsprechende Rechte haben sie
nicht; sie sind keine Untersuchungshäftlinge, entspre-
chende Rechte haben sie nicht. Diese Menschen sind seit
fast vier Jahren rechtlos. Das ist doch nicht hinnehmbar!
Wir müssen auch im Interesse der Rechtsstaatlichkeit,
im Interesse eines zivilisatorischen und kulturellen Fort-
schritts in Europa sagen: Nein, so etwas darf nicht ge-
macht werden, hier ziehen wir eine Grenze, auch und ge-
rade bei einem Verbündeten.
Von den Vorgängen in diesem Teil Kubas wusste ich.
Jetzt kommen Informationen über Geheimgefängnisse
der USA in anderen Ländern, zum Beispiel in Ost-
europa, zutage. Es wird Sie nicht wundern: Ich bin da-
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Es gibt einzelne Punkte, die der Aufklärung bedürfen.
ch tue ja gar nicht so, als ob ich es weiß. Aber ich lese
n der „Washington Post“ von einem anderen Zeitpunkt,
u dem Minister Schily informiert worden ist. Übrigens
st Herr Schily auch nicht hier. Wenn Sie schon kritisie-
en, dass Herr Fischer nicht anwesend ist, hätten Sie er-
ähnen müssen, dass Herr Schily auch nicht hier ist.
enn schon, dann muss man das Bild vollständig zeich-
en.
Ich lese, er habe vor der Freilassung davon erfahren.
on ihm hören wir, er habe diese Information zwei Tage
anach bekommen. Die einfache Logik spricht natürlich
afür, dass er es vorher erfahren hat; denn die US-Regie-
ung war doch daran interessiert, ihn dafür zu gewinnen,
ass das möglichst nicht bekannt wird. Das macht natür-
ich nur dann Sinn, wenn man es ihm vorher gesagt hat.
enau weiß ich es aber nicht, schließlich war ich nicht
abei. Aber ich finde, diesbezüglich können wir Aufklä-
ung verlangen.
Es gibt einen Punkt, über den wir uns verständigen
üssen. Herr Außenminister Steinmeier, Otto Schily hat
a gesagt, er habe die Staatsanwaltschaft nicht infor-
iert, weil er kein Gehilfe der Staatsanwaltschaft sei.
as ist in einem von ihm autorisierten Interview nachzu-
esen. Ich bitte Sie! Er stützt sich dabei auch auf § 98 der
tPO und sagt: Das ist zum Wohle der Bundesrepublik.
ürfen wir dann bitte einmal über das Wohl der Bundes-
epublik diskutieren?
Dass die Entführung zum Wohl der Bundesrepublik
st, wird niemand behaupten. Also stellt sich die Frage,
b die Geheimhaltung dessen zum Wohle der Bundesre-
ublik ist. Ich bestreite das ganz energisch und sage:
ier ist eine kulturelle Grenze überschritten worden, an
er wir klar und öffentlich Nein sagen müssen, wenn wir
as für die Zukunft ausschließen wollen. Verstehen Sie,
enn wir der US-Regierung sagen, dass wir immer die
lappe halten, wenn wir so etwas erfahren, dann tun wir
as Gegenteil von dem, was wir brauchen und was auch
nternational nötig ist.
Auch beim internationalen Recht gilt immer: Ent-
eder es gilt für alle Staaten oder es gilt für keinen. Was
ir von den USA nicht verlangen, können wir auch von
ganda nicht verlangen. Was hätte Herr Schily denn
382 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2005
)
)
Dr. Gregor Gysi
gesagt, wenn der ugandische Botschafter ihm so etwas
mitgeteilt hätte? Sie glauben doch nicht im Ernst, dass er
gesagt hätte, darüber zu schweigen. Er hätte völlig an-
ders reagiert. Ich hätte mir gewünscht, dass er auch ge-
genüber dem amerikanischen Botschafter so reagiert
hätte, wie er dort reagiert hätte, und dass er gesagt hätte:
Das kann ich nicht.
Hat er den Bundeskanzler nun informiert oder nicht?
Ich erfahre es nicht. Hat er den Bundesaußenminister in-
formiert oder nicht? Das wäre doch ein Ding! Wenn der
Kanzler einen Innenminister gehabt hätte, der informiert
wurde, ihm als Kanzler aber nichts gesagt hätte, dann
müsste er sich jetzt beschweren. Hat er den Außenminis-
ter informiert oder hat er es nicht getan? Ich will wissen:
War das eine Sache der Regierung oder war das die Sa-
che einer Einzelperson? Das wird man doch noch erfah-
ren dürfen.
Das hat übrigens auch gar nichts mit Geheimnissen
der Geheimdienste zu tun. Es geht um die Aufklärung
schwerer Straftaten. Der Mann ist entführt worden. Es
gab keinen Haftbefehl. Die deutschen Behörden sind
nicht informiert worden. Was ist das denn für eine
Freundschaft zwischen den USA und Deutschland? Die
USA haben Verdachtsmomente gegen einen Mann. Wa-
rum können sie nicht unsere Behörden informieren und
sagen, das sind die Verdachtsmomente, vernehmt ihn,
wir hätten gerne Informationen? Nein, sie entführen ihn
nach Mazedonien. Fünf Monate später sollen sie dann
einen Satz dazu gesagt haben. Was ist das denn für eine
Freundschaft? Ich bin völlig weg. Ich kann das über-
haupt nicht verstehen.
Ich finde, dagegen muss man sich wehren. Man muss
auch den amerikanischen Freunden sagen, dass das nicht
geht, und zwar unter anderem deshalb nicht – lassen Sie
mich das sagen –, weil die Überwindung des Ost-West-
Konflikts mit einem großen moralischen Anspruch ge-
lungen ist. Man hat gesagt: Weg mit Diktatur, her mit
Demokratie, her mit Rechtsstaatlichkeit!
Ich sage Ihnen: Wir alle haben die schlimmen Ereig-
nisse vom 11. September 2001 in Erinnerung. Das war
eine Katastrophe. Man kann es gar nicht anders bezeich-
nen. Trotzdem und gerade deshalb sage ich: Wenn auch
wir die Rechtstaatlichkeit aufgeben und die USA plötz-
lich Gefangene in irgendwelche Länder bringen – ich
lese jetzt von Nordafrika –, welcher Staat entspricht dort
dann noch unseren demokratischen und rechtsstaatlichen
Vorstellungen? Man erfährt ja nichts Genaueres.
Herr Kollege Gysi, Sie reden im Augenblick auf Kos-
ten Ihrer Kollegen.
Ich bin sofort fertig, Frau Präsidentin. –
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Eines ist ganz klar: Für uns gilt an dieser Stelle immer
ie Selbstbindung an das Recht. Darüber kann nichts
tehen. Wer Terrorismus bekämpfen will, muss immer
lar sagen: Wir halten uns an das Recht, und zwar an das
ationale, das internationale und an das Völkerrecht.
ber diese Debatte geht gar nichts.
Unser wirkliches Problem ist, dass wir von einer
ransatlantischen Wertegemeinschaft reden, aber an die-
er Stelle feststellen, dass unsere Werte in Kernpunkten
icht übereinstimmen. Das ist der Kern des Problems.
Ich sage ganz klar: Die Todesstrafe ist für uns in Eu-
opa nicht akzeptabel. Folter ist für uns in Europa nicht
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2005 383
)
)
Renate Künast
akzeptabel. Menschen zu verschleppen oder fliegende
Gefängnisse zu unterhalten ist für uns nicht akzeptabel.
Darin unterscheiden wir uns von den USA. Genau darin
liegt das Problem, über das wir reden müssen, und zwar
gerade wegen unserer freundschaftlichen Beziehungen.
Das gehört dazu.
Ich erinnere an das, was in den letzten Wochen pas-
siert ist. Frank Steinmeier hat hier gerade über Condo-
leezza Rice und das Gespräch der Bundeskanzlerin mit
Condoleezza Rice gesprochen, das meines Erachtens ein
Fehlstart war. Sie haben gesagt, Frau Rice habe einen
Fehler eingestanden. Frau Rice hat erklärt: Mitnichten
habe ich einen Fehler zugegeben. Da geht das Problem
schon los. Es reicht uns nicht, dass Frau Rice zusagt: Wir
halten uns an das internationale Recht. Aber sich an das
internationale Recht zu halten macht nur dann Sinn und
ist nur dann greifbar, wenn das Gefängnis in Guanta-
namo geschlossen wird. Das muss die Antwort auf ihre
Zusage sein.
Auch die USA müssen zusagen, keine Menschen
mehr von einem Land in ein anderes zu verschleppen,
weil ihnen das dortige Recht mehr Möglichkeiten gibt
und sie sie so der US-Gerichtsbarkeit entziehen, die ih-
nen sonst in die Quere kommen könnte. All das gehört
dazu, wenn wir von der Selbstbindung an das Recht
sprechen.
Genau an dieser Stelle werden wir die Diskussion mit
den USA weiter führen müssen, weil wir nur dann
glaubwürdig sind. Nur dann kann man sich legitim mit
dem Terrorismus auseinander setzen. Nur dann kann
man islamischen Ländern zu vermitteln versuchen, dass
ein demokratisches, rechtsstaatliches System, das die
Würde der Menschen akzeptiert, Sinn macht. Ansonsten
führen wir uns selbst ad absurdum und gießen am Ende
noch Öl ins Feuer des Terrorismus.
Trotz der guten Beziehungen, die wir zu den USA un-
terhalten, gibt es nie im Leben einen Grund, zum Thema
Guantanamo oder el-Masri schlicht und einfach – ich
sage es einmal salopp – die Schnauze zu halten.
Weil es hier um eine öffentliche Diskussion geht
– auch Herr Stadler hat es angesprochen –, will ich Fol-
gendes sagen: Lieber Herr Stadler, diesen öffentlichen
Diskurs hätten Sie mit uns schon vor Jahren führen kön-
nen. Wir haben angefangen, diese Debatte zu führen, als
wir uns mit dem Irakkrieg auseinander gesetzt haben.
Dabei haben wir darauf hingewiesen, dass es für diesen
Krieg keine Gründe gibt, dass die Argumente von
George Bush nicht stimmen und, wie wir heute lesen
konnten, auf angeblichen Fakten basieren, die durch Fol-
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An diesem Punkt hätten wir den öffentlichen Diskurs
nfangen müssen. Wir hätten uns gewünscht, dass Sie
ns in diesen rechtlichen Fragen zu einem frühen Zeit-
unkt unterstützt hätten. Wenn man wie bei dem Fall el-
asri etwas herausfinden will, kann man gerne darüber
treiten – das sage ich auch zur PDS –, ob nach dem
rief des Anwalts – Herr Steinmeier hat hierzu einige
larstellungen getroffen; auch in den Ausschüssen hat
s dazu Informationen gegeben – die notwendigen
chritte unternommen worden sind. Das habe ich heute
orgen aus den Ausschüssen gehört. Natürlich kann
an darüber streiten – das gebe ich zu –, ob man die De-
atten dazu öffentlich oder nicht öffentlich führt, wo
an mehr darüber erfährt und was strategisch klüger ist.
arüber können wir diskutieren. Aber ich versichere Ih-
en – so viel Zeit muss sein –: Die hiesigen Behörden
aben sich bemüht, herauszufinden, ob die Vorwürfe zu-
reffen, und sie haben auch versucht, die Staatsanwalt-
chaft zu unterstützen.
Wir haben in diesem Zusammenhang noch jede
enge Fragen. Ich freue mich, dass dies auch für die
DP gilt. Sie hätten aber schon im Januar dieses Jahres
ntensiv über diese Fragen diskutieren können.
Mit Verlaub: Damals haben manche in diesem Hause
ei jeder Kritik an den USA auf die transatlantische
reundschaft hingewiesen; sie meinten, das Verhältnis
u den USA müsse verbessert werden. Wegen der Ausei-
andersetzung mit Rot-Grün im Wahlkampf wollten Sie
ich dieser Debatte nicht stellen. Das ist Ihr Menschen-
echtsverständnis in diesem Zusammenhang, lieber Herr
esterwelle.
ndernfalls hätten Sie als Hansdampf in allen Gassen
iese Debatte im Januar längst aufgenommen.
Es geht also nicht um eine Show; vielmehr müssen
ie USA deutlich aufgefordert werden, rechtswidrige
raktiken zu unterlassen. Es muss uns auch darum ge-
en, den Ablauf aufzuklären.
384 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2005
)
)
Renate Künast
Heute wurde im Ausschuss einiges an Fakten darge-
legt. Wir wollen und werden die Aufklärung fortsetzen.
Wir wollen wissen, welche Kontakte und Auseinander-
setzungen es bei den Sicherheitsbehörden und welche
konsularischen Bemühungen um deutsche Staatsbürger
es gab. Was den Auswärtigen Ausschuss angeht, haben
wir deutlich gemacht, dass heute nicht alle Fragen hin-
reichend beantwortet wurden. Insofern muss – nicht nur
im Parlamentarischen Kontrollgremium, sondern auch in
den anderen Ausschüssen, zumindest im Auswärtigen
Ausschuss – in dieser Angelegenheit weiter recherchiert
werden.
Ich glaube – das richte ich an alle, auch an die jetzige
Bundesregierung –, derzeit ist die Verwirrung in der Öf-
fentlichkeit so groß, dass wir alle gut beraten sind, ge-
meinsam eine möglichst transparente, öffentliche De-
batte zu führen, weil wir nicht zulassen können, dass die
Medien ein Durcheinander schaffen, in dem wir uns
nicht vernünftig äußern können. Es muss uns daran gele-
gen sein, dass in der Debatte Transparenz herrscht und
über die Wahrheit öffentlich diskutiert wird, wenn es um
die Frage geht: Wer hat was wann gemacht?
Lassen Sie mich noch eines anmerken, weil wir
schließlich dem Prinzip der „Checks and Balances“ ge-
recht werden müssen: Wir haben die Aufgabe, hier und
andernorts Sicherheit zu schaffen und Terrorismus zu
bekämpfen. Wir haben die Aufgabe, klar zu machen,
dass wir uns zu jedem Zeitpunkt an das Recht gebunden
fühlen. Das ist unsere Verpflichtung, und zwar aus guten
Gründen, und wir halten uns daran.
Fazit unserer Bemühungen sollte nicht nur die natio-
nale Aufklärung über Flüge, fliegende Gefängnisse und
Folter sein. Wir sollten auch die internationale Ebene
nutzen. Das gilt auch für das bevorstehende Treffen der
Regierungschefs, Frau Merkel. Europa muss ein Zeichen
setzen, dass so etwas in keinem der 25 Mitgliedstaaten
der Europäischen Union passieren darf, weil unser euro-
päisches Recht Folter verbietet. Wenn es dazu kommt,
engagieren wir uns für alle unsere Staatsbürger.
Das Wort hat der Kollege Walter Kolbow, SPD-Frak-
tion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Meine Damen und Herren! Ich denke, dass nach den
Auskünften in den heutigen Ausschusssitzungen und
insbesondere nach den Darlegungen des Herrn Außen-
ministers eben im Plenum deutlich geworden ist, dass
sich die Bundesregierung sowohl im Fall el-Masri als
auch im Zusammenhang mit den CIA-Flügen nicht nur
rechtlich einwandfrei, sondern auch – das gilt insbeson-
dere für Sie, Herr Außenminister, in Ihrer früheren
Funktion als Chef des Bundeskanzleramts – politisch
richtig verhalten hat.
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Sie können sich auch an den Anwalt von Herrn el-
asri wenden, der sich selbst öffentlich geäußert und
eutlich gemacht hat, dass sich die Bundesregierung wie
uch die beteiligten Dienststellen auf Bundesebene rasch
nd intensiv um den Fall gekümmert haben. Es geht
icht an, Herr Stadler und Herr Gysi, den handelnden
kteuren der damaligen Bundesregierung zu unterstel-
en, sie hätten stillschweigend Folter oder Verschlep-
ung hinnehmen wollen.
Ganz im Gegenteil: Die überzeugende Darlegung des
ußenministers, was getan worden ist, relativiert dies
icht nur, sondern stellt das klar in Abrede.
Ich denke, es ist deutlich geworden, dass die Ge-
ährleistung der Freiheit und der Unversehrtheit
nserer Bürgerinnen und Bürger ein Grundanliegen
icht nur dieses Parlaments ist. Frau Kollegin Künast,
ch füge hinzu: Jawohl, es bestand bereits seit Januar
005 die Chance, dies auch im Parlament zu beraten,
ich abzusprechen und sich dazu zu verhalten. Ich stelle
as nur für mich selbstkritisch fest. Ich meine aber, dass
ier alle angesprochen sind, ausgenommen – das räume
ch ein – Sie von der Fraktion Die Linke.
Vier wesentliche Punkte müssen herausgestellt wer-
en: Erstens. Wir hatten und haben keinen Anlass, daran
u zweifeln, dass sich diese Bundesregierung an Recht
nd Gesetz gehalten hat.
Zweitens. Wir haben klare Auskunft bekommen, dass
eine deutsche Stelle in irgendeiner Form an der Entfüh-
ung eines deutschen Staatsbürgers beteiligt war.
Drittens. Nach den bisherigen Informationen – wir
ahren ja morgen fort, um die Fragen, die Ihrer Meinung
ach offen geblieben sind, zu beantworten – schlussfol-
ere ich, dass die Forderung nach Einsetzung eines Un-
ersuchungsausschusses nicht berechtigt ist.
ie Bundesregierung hat nichts zu verbergen und hat of-
en und ausführlich – lesen Sie intensiv nach, was der
ußenminister gesagt hat! – über die Fakten berichtet.
Viertens. Wir setzen darauf – ich hoffe, dass wir uns
umindest darin einig sind –, dass sich Europa und die
SA in den Fragen betreffend das allgemeine Folter-
erbot und die universellen Menschenrechte wieder
nnähern.
Das, was Jeffrey Gedmin in der heutigen Ausgabe der
Frankfurter Rundschau“ schreibt – er ruft nach einer
npassung des Rechtes, um ein „richtiges“ Vorgehen
egen den internationalen Terrorismus zu ermög-
ichen –, fordert uns heraus. Wir wollen, ja müssen da-
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2005 385
)
)
Walter Kolbow
rüber eine Debatte mit unseren amerikanischen Freun-
den führen. Eine solche Debatte ist in Amerika bereits
im Gange. Die Initiativen von Senator McCain verdie-
nen jedwede Unterstützung; denn er will – mit Chance
auf eine große Mehrheit – nicht nur Folter, sondern auch
die erniedrigende Behandlung von Gefangenen generell
ausschließen. Das ist auch unser parlamentarischer Auf-
trag. Wir sollten daher die Bundesregierung in ihrem
Anliegen unterstützen, dass in der Tat niemand Folter
oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Be-
handlung bzw. Strafe ausgesetzt werden darf.
Dies gehört zur Rechtskultur der Europäer, also auch
der Deutschen. Das ist nicht anpassbar. Deswegen begin-
nen wir, in diesem Parlament eine intensive Debatte in
Richtung der Verantwortlichen jenseits des Atlantiks zu
führen.
Im Hinblick auf den Fall el-Masri sollte in dieser
Debatte noch einmal unterstrichen werden, dass wir er-
warten, dass sich unser amerikanischer Partner mit dem
Betroffenen ins Benehmen setzt und mit ihm das Not-
wendige verantwortlich abklärt. Die Erlaubnis für Herrn
el-Masri zur Einreise nach Amerika ist ein erster Schritt
in die richtige Richtung. Wir gehen davon aus, dass sich
die Bundesregierung im Sinne einer nachträglichen Für-
sorge weiterhin intensiv um den Fall el-Masri kümmert
und in den anderen Fällen, über die wir heute zwar nicht
im Plenum, wohl aber in den Ausschüssen gesprochen
haben, ähnlich initiativ wird. Es wäre richtig, wenn un-
ser amerikanischer Partner das genauso handhabte.
Da in der öffentlichen Debatte Zweifel an der Position
zum Irakkrieg geäußert worden sind und weil hier Ver-
mengungen stattgefunden haben, die meines Erachtens
unzulässig sind, will ich für meine Fraktion sagen: Die
klare Position, die Deutschland zum Irakkrieg einge-
nommen hat, gilt weiter, ebenso wie unsere konstruktive
Haltung zum Wiederaufbau des Iraks, der für die Men-
schen in diesem Land und die Stabilisierung der Region
wichtig ist, und zwar unabhängig von unterschiedlichen
Einschätzungen in dieser Frage.
Der Außenminister hat richtigerweise ausgeführt,
dass das Aufklärungsinteresse der Bundesregierung auch
das Aufklärungsinteresse des Parlaments ist, was die
CIA-Flüge und die Unterstützung der Initiativen des
Europarates angeht. Ich denke auch, dass die Initiative
zu einer Untersuchung im Europäischen Parlament
durchaus begleitet werden kann.
Die grundsätzliche deutsche Position zur Terroris-
musbekämpfung ist mit dieser Beschreibung und durch
das, was der Kollege Lintner gesagt hat, aber auch durch
das, was von anderen Rednern eingebracht worden ist,
klar: Terrorismus ist mit demokratischen Mitteln, einem
Höchstmaß an internationaler Zusammenarbeit und un-
ter Bindung an unser Recht und an das Völkerrecht zu
bekämpfen. Parlamentarisches Engagement ist notwen-
dig, um hierbei Rechtssicherheit zu erzielen.
Ich danke für das Zuhören.
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ch halte diese Frage für völlig offen. Es besteht über-
aupt keine Notwendigkeit, sie jetzt unter Druck zu ent-
cheiden. Wir wollen Aufklärung. Wenn wir sie bekom-
en, dann ist es gut, und wenn wir sie nicht bekommen,
üssen wir uns alle Optionen offen halten.
Zweiter Punkt. Sie haben lautstark einen Vorwurf zu-
ückgewiesen, den niemand erhoben hat. Niemand, zu-
indest was unsere Seite des Hauses angeht, hat der frü-
eren oder der jetzigen Regierung vorgeworfen, sie
ürde Gefangene irgendwohin schicken, damit sie dort
efoltert und umso besser befragt werden können. Die-
en Vorwurf hat kein Mensch erhoben. Ihre Argumenta-
ion erinnerte mich an das lustvolle Erschlagen eines
appkameraden. Mit der Realität hat das nichts zu tun.
Frau Kollegin Künast, ich weiß eigentlich gar nicht,
o Sie in den letzten Jahren Ihre Planstelle gehabt ha-
en. Die meisten Fragen hätten Sie innerhalb der Bun-
esregierung und mit Ihren Kollegen von der Bundes-
egierung klären können.
Mir drängt sich der Verdacht auf, dass Frau Bundes-
anzlerin Merkel und Herr Minister Steinmeier von der
orgängerregierung eine ganz schön problematische
rblast übernommen haben, was das deutsch-amerika-
ische Verhältnis angeht. Die Problematik hatte auch
ie letzte Bundesregierung erkannt und sie hat sich zum
chluss bemüht, das Verhältnis wieder ins Lot zu brin-
en. Angesichts des Porzellans, das vorher zerdeppert
orden war, war die alte Bundesregierung offenbar nicht
ehr frei, das mit der notwendigen Klarheit und Konse-
uenz anzusprechen, was unter rechtsstaatlichen Ge-
ichtspunkten zwischen Freunden offen angesprochen
erden muss.
386 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2005
)
)
Dr. Werner Hoyer
Es geht hier um die Erwartung des Bürgers und den
berechtigten Anspruch unserer Bürger, vom Staat ge-
schützt zu werden, auch vor dem willkürlichen Zugriff
fremder Sicherheitsorgane und erst recht vor der Ge-
fahr, möglicherweise gefoltert oder in einem unerträgli-
chen Maße schlecht behandelt zu werden. Es geht auch
darum, was in einem ganz konkreten Fall geschehen ist
oder unterlassen worden ist und wer was wann wusste.
Zum anderen geht es in der heutigen Debatte – Herr
Steinmeier, da haben Sie völlig Recht – schon um die
Frage unserer Haltung zum Kampf gegen den welt-
weiten internationalen Terrorismus und die oftmals
schwierige Abwägung zwischen Freiheit und Sicher-
heit.
Die Amerikaner befinden sich seit dem 11. Sep-
tember 2001 im Kriegszustand. Wir als Europäer mögen
das manchmal nicht recht nachvollziehen können, aber
wir sollten uns schon klar machen, dass die Anschläge in
Madrid und London und mancher verhinderter Anschlag
– da haben Sie auch Recht, Herr Steinmeier – deutlich
machen, dass wir alle potenzielle Opfer des internationa-
len Terrorismus sind.
Deswegen darf es bei der Frage des Kampfes gegen den
Terrorismus auf europäischer und speziell auf deutscher
Seite auch keine Realitätsverweigerung und erst recht
keine Heuchelei geben. Meine persönliche Auffassung
ist übrigens, dass man an der Grenze dieses Vorwurfs
sein kann, wenn man sehr kritisch zu Guantánamo Bay
Stellung nimmt – wir haben das im Deutschen Bundes-
tag, wenn ich mich recht erinnere, einstimmig interfrak-
tionell getan –, dann aber die Möglichkeiten nutzt, weil
die Leute nun einmal so praktisch festgehalten werden,
dort aufgrund von Vorgaben Befragungen vorzunehmen,
die bei einer Polizeibehörde dann ja von der Staatsan-
waltschaft oder der Regierung kommen müssen. Dieses
Thema bietet sich übrigens nicht zur Behandlung in ei-
nem geheimen Gremium an; vielmehr haben wir den
Anspruch, darüber im Innenausschuss oder in einem ver-
gleichbaren Gremium offen informiert zu werden.
Verschiedene Kollegen – insbesondere Kollege
Stadler hat einen eindrucksvollen Beitrag geleistet – ha-
ben diejenigen Fragen gestellt, die im Kern unbeantwor-
tet sind. Ich hoffe, dass wir noch mehr Informationen be-
kommen. Eines ist völlig klar: Die Debatte, die in den
Vereinigten Staaten über das Thema Folter stattfindet,
steht der Debatte in Deutschland und in Europa weder
intellektuell noch im Hinblick auf die notwendige Klar-
heit nach. Was da stattfindet, ist sehr eindrucksvoll.
Die Begründung Senator McCains für sein Amend-
ment ist dieselbe, die auch unserer Argumentation zu-
grunde liegt:
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Nächster Redner ist der Kollege Dr. Hans-Peter Uhl,
DU/CSU-Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine verehrten Kol-
eginnen und Kollegen! Nach Art. 20 unseres Grund-
esetzes sind in der Bundesrepublik Deutschland die
esetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung, die
ollziehende Gewalt und die Rechtsprechung an Gesetz
nd Recht gebunden. Das gilt für alle Behörden. Damit
aben auch alle Bürger das Recht auf den Schutz durch
ie deutschen Behörden. Lassen Sie mich deswegen
leich zu Beginn festhalten: Sollte dieses Rechtsstaats-
ebot in irgendeiner Form verletzt worden sein, muss
ies lückenlos aufgeklärt werden. Die zuständigen Gre-
ien dieses Hohen Hauses – Ausschüsse und Plenum –
aren und sind damit heute befasst. Das ist gut so.
Wir müssen diesen Fall so behandeln, wie unsere
pielregeln es vorschreiben. Das heißt, sämtliche zu prü-
enden nachrichtendienstlichen Aktivitäten müssen
m zuständigen Parlamentarischen Kontrollgremium be-
andelt werden. Alles andere kann in diesem Haus öf-
entlich besprochen werden.
Wenn wir so vorgehen – wir sind dabei, das Ganze in
ller Ausführlichkeit zu behandeln; morgen tagen so-
ohl der Auswärtige Ausschuss als auch der Innenaus-
chuss noch einmal –, dann werden wir Licht ins Dunkel
ringen. Ich kann mir nicht vorstellen, was dann ein Un-
ersuchungsausschuss mit dieser Causa zur Wahrheits-
indung noch mehr soll beitragen können.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2005 387
)
)
Dr. Hans-Peter Uhl
Was speziell die Grünen anbelangt: Was man über
diese Sache von Exaußenminister Fischer bisher noch
nicht erfahren konnte, wird man auch in einem Untersu-
chungsausschuss nicht erfahren können.
Ich spreche hier aus leidvoller persönlicher Erfahrung.
Denn dieser Herr kann sich, wenn es sein muss,
15 Stunden lang ununterbrochen an nichts erinnern. So
viel zu diesem Herrn.
Nun zum Sachverhalt. Der Fall el-Masri ist von
Herrn Minister Steinmeier hier eigentlich schon in aller
Deutlichkeit dargestellt worden.
Er wurde glücklicherweise und richtigerweise vom
Verfassungsschutz fortlaufend beobachtet. Das Multi-
kulturhaus in Neu-Ulm war ein Treffpunkt auch von ra-
dikalen Islamisten. Deswegen musste hier alles getan
werden, um diese Szene zu durchleuchten. Die Nähe von
el-Masri zu möglicherweise in terroristische Anschläge
verwickelten anderen Islamisten ist bekannt. Dies war
der Grund dafür, dass er unter Beobachtung des Verfas-
sungsschutzes stand.
Die Erklärung der deutschen Behörden, sie hätten ihn
nicht an die CIA übermittelt, ist deshalb zwar nicht
zwingend, aber zumindest schlüssig; denn er war eine
Randfigur, aber keine zentrale Figur der Beobachtung.
Einiges spricht sogar dafür, dass es sich um eine Ver-
wechslung handelt. Letzteres kann aber nur im Parla-
mentarischen Kontrollgremium geklärt werden; denn
nur dort werden nachrichtendienstliche Aktivitäten wei-
ter behandelt.
Seit Juni 2004 ermittelt die Staatsanwaltschaft Mün-
chen wegen Freiheitsberaubung gegen Unbekannt. Eine
Fülle von Maßnahmen wurde auf Bundes- und Landes-
ebene von allen Behörden vorgenommen. Dies alles auf-
zuzeigen würde den Rahmen hier sprengen. Ich weiß üb-
rigens nichts, Herr Kollege Stadler, von Beschwerden
der Staatsanwaltschaft in München über mangelnde Un-
terstützung durch Bundesbehörden
und habe ja jüngst noch einmal Kontakt aufgenommen.
Im Gegenteil: Die Maschinerie der Ministerien hat funk-
tioniert. Selbst das Außenministerium hat in dem Fall
funktioniert;
ohne Zutun des Ministers möglicherweise, aber der Ap-
parat hat funktioniert.
Was nicht funktioniert hat – das muss man zugeben –,
war die Unterrichtung des Parlaments. Weder im Aus-
wärtigen Ausschuss noch im Innenausschuss, auch nicht
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Das ist ein Sachverhalt, dem wir nachgehen, zum ers-
en Mal heute Abend, wenn, wie ich höre, das neue Par-
amentarische Kontrollgremium tagen wird.
Den Vorwurf, deutsche Behörden hätten sich an der
erschleppung el-Masris gar aktiv beteiligt, halte ich für
bwegig; den würde ich nicht weiter erheben wollen.
Bei allem, was es bei der Behandlung el-Masris durch
ie USA möglicherweise zu kritisieren gibt, dürfen wir
ines nicht aus dem Auge verlieren: Die Nachrichten-
ienste müssen weltweit zusammenarbeiten können.
ie Nachrichtendienste Deutschlands und Europas müs-
en mit denen der USA zusammenarbeiten. Bei allem,
as wir hier an Aufklärungsbemühungen an den Tag le-
en: Diese Kreise so zu stören, dass eine konstruktive,
ruchtbare Zusammenarbeit im Kampf gegen den Ter-
orismus gestört wird, halte ich für unverantwortlich.
er diese Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden aus
arteitaktischen Gründen oder aus welchen Gründen
uch immer stört, der handelt unverantwortlich. Er scha-
et den Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik
eutschland.
Das Verhältnis der Bundesrepublik zu Amerika ist in
er jüngsten Zeit weiß Gott nicht gerade ungetrübt ge-
esen. Das heißt, es muss unser Interesse sein, dass das
eutsch-amerikanische Verhältnis nicht noch mehr
erschlechtert wird, sondern, im Gegenteil, sich verbes-
ert. Deswegen war die Art und Weise des Umgangs mit
iesem Thema durch die Bundeskanzlerin beim Besuch
on Frau Condoleezza Rice die Sprache, die gesprochen
erden musste.
Selbstverständlich ist, dass unsere rechtsstaatlichen
rundsätze, die wir nach dem Zweiten Weltkrieg – üb-
igens mit Unterstützung der USA – in Deutschland wie-
er zur Geltung bringen konnten, in der Bundesrepublik
ewahrt werden. Selbstverständlich muss auch die Wahl
er Mittel im Kampf gegen den Terrorismus demokrati-
chen Prinzipien entsprechen. Selbstverständlich müs-
en diese auch unseren Verbündeten, wenn es denn sein
uss, vorgehalten werden.
Was ist nun zum Verhalten der Mitglieder der Bundes-
egierung zu sagen? Von Otto Schily in seiner damaligen
unktion als Bundesinnenminister wissen wir, dass er
rstmals durch das Gespräch mit Daniel Coats am
1. Mai mit der Angelegenheit befasst wurde. Hierüber
at er Vertraulichkeit zugesagt. Vom seinerzeitigen
anzleramtsminister Steinmeier wissen wir, dass alle
undesbehörden in der richtigen Art und Weise aktiv
urden, nachdem der Brief des Rechtsanwalts am 8. Juni
ort eingegangen war.
388 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2005
)
)
Dr. Hans-Peter Uhl
Nach alledem ist eine vorwerfbare Untätigkeit der al-
ten Bundesregierung nicht festzustellen.
Die etwas ungewöhnliche und apodiktische Äußerung
von Herrn Schily, er sei nicht der Ermittlungsgehilfe der
Staatsanwaltschaft, will ich nicht weiter kommentieren.
Sie entspricht wohl mehr seinem sattsam bekannten
Selbstverständnis als politischer Solitär, der sich in keine
Maschinerie einspannen lassen will. Vielleicht sprach
hier auch mehr der frühere RAF-Verteidiger als der spä-
tere Verfassungsschutzminister Schily.
Wir wollen ihn nicht weiter quälen, zumal diese etwas
elitäre Attitüde strafrechtlich ohne jede Relevanz und
politisch von geringer Bedeutung ist.
Die noch offenen Fragen aus geheimhaltungsbedürfti-
gen Erkenntnissen müssen selbstverständlich in dem
rechtlich hierfür vorgesehenen Parlamentarischen
Kontrollgremium erörtert werden. Das werden wir
heute Abend tun. Sollte sich dabei herausstellen, dass die
Rechte und Kontrollmöglichkeiten unzureichend sind,
müssen wir diese Fähigkeiten stärken. Ich habe den Ein-
druck, dass das Parlamentarische Kontrollgremium in
den letzten Monaten durch die rot-grüne Regierung nicht
in gehöriger Form unterrichtet wurde.
Zum Schluss möchte ich noch eine ganz andere Frage
ansprechen. Der Fall el-Masri – el-Masri wurde 1995
eingebürgert – wirft einige Fragen auf. Nicht, dass wir
der Einbürgerungsbehörde irgendwelche Vorwürfe zu
machen hätten; aber der Fall zeigt, wie richtig es ist, bei
einer Einbürgerung eine Regelanfrage beim Verfas-
sungsschutz zu stellen, ob gegen den Einzubürgernden
irgendwelche Erkenntnisse zum Beispiel über islamisti-
sche Aktivitäten vorliegen. Das wird in Bayern schon
seit 1975 praktiziert. Was war es für ein jahrelanger
Kampf, bis wir das nach den Terroranschlägen vom
11. September 2001 endlich bundesweit durchsetzen
konnten! Diese Regelanfrage muss sein, wenn wir einen
Menschen einbürgern und ihm einen deutschen Pass ge-
ben wollen.
Der Fall zeigt auch, dass es ganz wichtig ist, dass die
Sicherheitsbehörden zusammenarbeiten, um solche An-
fragen wahrheitsgetreu und richtig beantworten zu kön-
nen. Aus diesem Grunde ist es ein unverzichtbares hohes
Gut in unserem Lande, dass die Sicherheitsorgane ihre
Arbeit machen und vom Parlament begleitet und kon-
trolliert werden. So können sie dazu beitragen, dass die
Sicherheit in unserem Lande aufrechterhalten werden
kann.
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Danke, Frau Präsidentin. – Der Kollege Uhl und auch
ndere Redner haben die Arbeit des Parlamentari-
chen Kontrollgremiums angesprochen, dem ich in den
etzten Jahren anzugehören die Ehre hatte. Dieses Parla-
entarische Kontrollgremium ist ja etwas in die öffentli-
he Diskussion gekommen. Ich will zur Wahrung der In-
eressen – fast möchte ich sagen: der Ehre – dieses
arlamentarischen Kontrollgremiums hier folgende
rage in den Raum stellen, weil ich mir bewusst bin,
ass ich aus dem Parlamentarischen Kontrollgremium in
er Öffentlichkeit hier im Plenum leider nicht berichten
arf.
Ich will an die Frau Bundeskanzlerin und an den Mi-
ister Steinmeier die Frage richten:
ind Sie mit mir der Auffassung, dass das Parlamentari-
che Kontrollgremium – –
Herr Kollege Ströbele, Sie machen eine Kurzinter-
ention zu dem Debattenbeitrag vom Kollegen Uhl und
aben jetzt nicht die Möglichkeit, eine Frage an die Bun-
eskanzlerin oder an den Außenminister zu stellen.
Gut. Dann dürfen die Bundeskanzlerin und der Minis-
er zuhören. – Wenn es zutrifft, dass das Parlamentari-
che Kontrollgremium in der Sache el-Masri unvollstän-
ig und wahrheitswidrig informiert worden ist, muss das
onsequenzen haben. Diese Konsequenzen mahne ich
ei der Bundeskanzlerin und dem früher zuständigen
inister an.
ie Frage,
n welchem Punkt im Parlamentarischen Kontrollgre-
ium – es gibt ja hier einige Kollegen, die dort auch an-
esend waren – die Unwahrheit gesagt worden ist, wer-
en wir im Anschluss an diese Sitzung heute Abend
lären.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2005 389
)
)
Herr Kollege Uhl, Sie können antworten, wenn Sie
wollen. – Nein. Dann erteile ich der Kollegin Petra Pau,
Fraktion Die Linke, das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Es ist leider ein Gemeinplatz, wenn ich sage: Die USA
mit ihrem Krieg gegen den Terrorismus sind auch auf
dem Kriegspfad gegen Bürgerrechte, gegen Menschen-
rechte, gegen das Völkerrecht und gegen die Zivilisa-
tion.
Sie berufen sich dabei auf eine höhere Moral. Präsident
Bush folgt sogar einer göttlichen Eingebung. Ich halte
das für Gotteslästerung und für unmoralisch.
Nun geht es heute nicht um die USA, jedenfalls nicht
vordergründig. Es geht um die Fragen: War die deutsche
Regierung Mitwisser? Waren deutsche Dienste Nutznie-
ßer? Was haben eigentlich deutsche Minister getan? In
diesem Zusammenhang erinnere ich an ein aktuelles Ur-
teil des Bundesgerichtshofs. Es hat festgestellt: Wer in-
direkt an einem völkerrechtswidrigen Krieg teilnimmt,
ist auch Teilhaber am Krieg und Teilhaber am Völker-
rechtsbruch. Gemeint war der Krieg gegen den Irak und
gemeint war die Bundesrepublik.
Derselbe Maßstab gilt natürlich auch im aktuellen
CIA-Fall. Es gibt mehr als einen Anfangsverdacht. Der
Ermittler der EU hat erst gestern Abend bekräftigt, dass
er viele Anhaltspunkte bestätigt sieht. Mit anderen Wor-
ten: Die CIA hat in der EU illegale Lager unterhalten;
sie hat Menschen gekidnappt und über EU-Flughäfen
verschleppt, auch über deutsche. Da stellt sich natürlich
auch die Frage nach deutscher Mittäterschaft im Sinne
dieses aktuellen Gerichtsurteils.
Nun habe ich am Sonntagabend ganz erstaunt gehört,
wie der Kollege Wiefelspütz in einem Interview meinte:
Die offenen Fragen werden schnell aufgeklärt werden,
zumal die Bundesregierung – die alte wie die neue – da-
ran ein großes Eigeninteresse habe. Kollege
Wiefelspütz, ich muss sagen, ich teile Ihren Optimismus
nicht. Ich darf Sie einmal daran erinnern: Die PDS im
Bundestag – genauer: meine Kollegin Gesine Lötzsch –
hat bereits im Juni gefragt, was die Bundesregierung
über CIA-Flüge wisse. Die Antwort war lapidar. Es gab
vielleicht ein Eigeninteresse innerhalb der Bundesregie-
rung, aber mit Aufklärung hat das bis zum heutigen Tag
überhaupt nichts zu tun.
Über den Fall el-Masri wurde heute schon viel ge-
sprochen. Er ist deutscher Staatsbürger; er wurde von der
CIA nach Afghanistan verschleppt und dort gefoltert.
Wir wissen inzwischen, dass der damalige Bundesinnen-
minister vom Botschafter der USA danach ins Bild ge-
setzt wurde und dass Otto Schily trotz dieser Ungeheuer-
lichkeit Stillschweigen gelobte. Die Kollegen von der
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Ein letzter Punkt. Beim jüngsten Staatsbesuch der
S-Außenministerin in Deutschland wurde spekuliert:
as hat Frau Rice nun wirklich gesagt? Hat sie einen
ehler der USA eingeräumt oder nicht? Ich halte das al-
es für diplomatisches Schattenboxen. Es geht darum,
ass Bürgerrechte und Menschenrechte universell und
nteilbar sind, dass jeder und jede einen Anspruch da-
auf hat und dass niemand aus Gutdünken, egal wo und
urch wen, verschleppt und gefoltert werden darf.
Deshalb finde ich es richtig, wenn sich die EU und
einetwegen auch die UNO mit dieser Angelegenheit
efassen. Eines geht allerdings nicht: dass ausgerechnet
ir uns nicht tief greifend damit befassen.
Das Wort hat der Bundesinnenminister Dr. Wolfgang
chäuble.
390 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2005
)
)
Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister des In-
nern:
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Zunächst will ich eines klarstellen, Frau Kolle-
gin Pau: Ich finde es nicht ganz in Ordnung – denn ich
habe heute im Innenausschuss, soweit die Zeit gereicht
hat, informiert –, dass Sie hier den Eindruck erwecken,
als hätte mein Amtsvorgänger, der Kollege Schily, ge-
wusst, was Sie ihm hier unterstellt haben, nämlich dass
Herr el-Masri nach Afghanistan verbracht und dort ge-
foltert worden sei. Er hatte davon keinerlei Kenntnis. Ich
habe Ihnen das heute ausführlich vorgetragen. Sie soll-
ten das dann ein paar Stunden später in der Öffentlich-
keit nicht völlig anders darstellen.
– Die Geheimhaltung, Herr Kollege Wieland, kann nicht
dazu dienen, dass man in geheimer Sitzung richtig infor-
miert und Sie dann öffentlich die Unwahrheit sagen. Das
geht nun wirklich nicht.
– Frau Kollegin Künast, Sie sind gleich an der Reihe.
Deswegen heben wir die Geheimhaltung in diesem
Fall auf.
Ich habe heute Morgen im Ausschuss um Geheimhal-
tung gebeten, weil der Kollege Schily mich gebeten hat,
die von ihm zugesagte Vertraulichkeit einzuhalten. Wir
haben über den Fall Zammar nicht sprechen können
– übrigens, Frau Pau, nicht völlig im Einvernehmen – ,
weil ich dazu gesagt habe: Was ich dazu darzulegen
habe, will ich nicht in dieser Sitzung sagen. Denn über
die Arbeit der Nachrichtendienste des Bundes kann ich
nicht im Innenausschuss, sondern nur im Parlamentari-
schen Kontrollgremium informieren. Im Innenaus-
schuss habe ich um Geheimhaltung nur deswegen – und
aus keinem anderen Grund – gebeten, um die Vertrau-
lichkeit, die Herr Schily zugesagt hatte, einhalten zu
können.
Weil das nun so ist, will ich gleich hinzufügen: Ich
habe Ihnen heute im Innenausschuss auch vorgetragen,
dass die Information des amerikanischen Botschafters an
Herrn Schily am Pfingstmontag des Jahres 2004 unter
anderem nicht das Wort „Afghanistan“ und nicht den
Zeitraum, in dem der Betreffende von der amerikani-
schen Seite festgehalten worden war, beinhaltet habe
und dass im Übrigen gesagt worden sei, man habe sich
bei dem Betreffenden entschuldigt, mit ihm Stillschwei-
gen vereinbart und ihm einen Geldbetrag gezahlt.
Das passt im Übrigen gut zu dem Satz, den Herr Kol-
lege Steinmeier vorhin vorgetragen hat. Er hat aus dem
Schreiben des Anwalts von Herrn el-Masri vom 8. Juni
zitiert. Diesen Auszug will ich noch einmal – denn das
Gedächtnis ist kurz – vorlesen – ich zitiere – :
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Ich kritisiere das ja gar nicht. Ich möchte nur nicht, Herr
Kollege Trittin, dass man uns jetzt das vorwirft, was Sie
nicht getan haben. Das macht keinen rechten Sinn. Nicht
mehr und nicht weniger! So gehen wir mit dieser Ge-
schichte besser um.
Machen Sie die Arbeit unserer Nachrichtendienste
nicht unmöglich und schränken Sie die Fähigkeit unserer
Nachrichtendienste zum Austausch von Informationen
und zur Zusammenarbeit nicht vollends ein! Ich be-
fürchte, wir würden dies sonst mit einer Verschärfung
der Gefahrenlage und einer Verringerung unserer Chan-
cen, Gefahren abzuwehren, bezahlen. Diesen Preis
möchte ich nicht zahlen; wir alle dürfen ihn nicht zahlen.
Herr Minister, die Frau Kollegin Künast hätte gerne
eine Zwischenfrage gestellt.
Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister des In-
nern:
Bitte.
Herr Schäuble, abgesehen davon, dass ich Sie persön-
lich deswegen gar nicht angesprochen habe –
Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister des In-
nern:
Aber ich Sie!
– genau, so ist es im Parlament – , möchte ich Sie fra-
gen, ob Sie bereit sind, zur Kenntnis zu nehmen, dass
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Wenn Sie wollen, können wir gleich darauf kommen.
eute hat uns im Innenausschuss die Zeit gefehlt; wir
etzen die Sitzung aber morgen fort.
Doch. Das habe ich mitgeteilt. – Das ist jedenfalls das
rgebnis meiner sorgfältigen Nachfragen.
Ich glaube, wir sollten einen Unterschied machen
ich will mich in Zukunft dafür einsetzen, dass dies
berall geschieht – zwischen der Zusammenarbeit von
achrichtendiensten, die wir brauchen und deren Infor-
ationen wir nutzen müssen, und den Tätigkeiten, bei
enen wir uns im Bereich der Strafprozessordnung be-
egen. Deshalb gibt es Unterschiede. Wenn wir uns da-
auf verständigen können, haben wir einen wichtigen
unkt erreicht.
Ich habe bei verschiedenen Gelegenheiten gesagt
darüber sind wir uns, wenn ich es richtig sehe, alle in
iesem Haus einig –: Auch wenn es im Zweifel ganz
chwierige Entscheidungen gibt – es gab in Deutschland
inen Fall, bei dem wir diese Diskussion geführt haben –,
st und bleibt meine persönliche Überzeugung, dass wir
nter gar keinen Umständen gegen das Folterverbot ver-
toßen dürfen.
Ich möchte die Argumente von Senator McCain in der
mgekehrten Reihenfolge nutzen. Ich finde, das Ent-
cheidende ist: Wir verteidigen und schützen die Sicher-
eit der Menschen unseres Landes mit den Mitteln des
echtsstaats. Wenn wir die fundamentalen Prinzipien
nserer freiheitlichen Verfassungsordnung aufgäben,
ürde es keinen rechten Sinn machen, sie zu verteidigen.
392 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2005
)
)
Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble
Wenn man erst einmal anfängt, die rote Linie zu über-
schreiten, sind die letzten Dinge schlimmer als die ers-
ten.
Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
Kollegen Ströbele?
Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister des In-
nern:
Bitte sehr. Ich wollte zwar gerade meinen letzten Satz
sagen, aber so dauert meine Rede eben ein wenig länger.
Herr Minister Schäuble, auch ich habe gerade zu Ih-
rem Satz, dass Folter auf gar keinen Fall geduldet oder
angewendet werden darf, geklatscht. Was sagen Sie aber
zu dem Fall Zammar, von dem in der Presse berichtet
wurde? Zammar soll gegen seinen Willen von Marokko
nach Syrien verschleppt worden sein, wo ihn deutsche
Beamte in einem Gefängnis – man kann davon ausge-
hen, dass er dort gefoltert worden ist – aufgesucht und
vernommen haben. Anschließend sind die Verneh-
mungs- oder Befragungsprotokolle nach Deutschland
gebracht worden und können hier möglicherweise Ver-
wendung finden. Halten Sie den Vorwurf, dass man da-
mit möglicherweise die Früchte der Folter erntet, ohne
sich die Hände schmutzig zu machen, für berechtigt?
Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister des In-
nern:
Nach meinem Erkenntnisstand halte ich den Vorwurf,
um das Ende der Antwort vorwegzunehmen, nicht für
berechtigt. Es ist zutreffend – wir werden darüber wahr-
scheinlich auch im Parlamentarischen Kontrollgremium
und mit Sicherheit morgen im Innenausschuss reden,
und zwar nicht in geheimer Sitzung; das war der Grund,
warum wir heute entgegen anderen öffentlichen Äuße-
rungen nach der Ausschusssitzung nicht dazu gekom-
men sind –, dass ihn Beamte des Bundeskriminalamtes
vernommen haben. Ich bin nicht ganz sicher, ob er als
Beschuldigter in einem gegen ihn gerichteten Ermitt-
lungsverfahren oder als Zeuge vernommen wurde. Auf
jeden Fall ist er aber vernommen worden.
Der Mann hatte übrigens, wenn ich es richtig weiß,
die deutsche und die syrische Staatsangehörigkeit, so-
dass er der konsularischen Betreuung in Syrien nicht zu-
gänglich war.
Wenn ich mich an die Aktenlage richtig erinnere, so hat
er überhaupt nicht behauptet, dass er in Syrien gefoltert
worden sei. Die Frage, wie er nach Syrien gekommen
ist, war nicht Gegenstand der Befragung.
Es gab in diesem Fall eine unmittelbare Zusammenar-
beit zwischen Syrien und der Bundesrepublik Deutsch-
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Heute herrscht so viel Einigkeit im Haus. – Herr
inister Schäuble, mit Ernst noch einmal auf den Punkt
ebracht: Sie haben hier in Ihrer Rede einige sehr präzise
nd für uns auch wichtige Informationen gegeben, je-
enfalls für diejenigen, die heute in den Ausschüssen
icht dabei gewesen sind. Sie selber waren im fraglichen
eitraum nicht Bundesminister des Innern. Sie sind es
etzt seit wenigen Wochen.
Deswegen möchte ich Folgendes als Frage formulie-
en: Haben Sie schon Erkenntnisse oder sehen Sie sich in
er Lage, sich jetzt in dieser Debatte zu dem einzulassen,
as Herr Kollege Ströbele in seiner Kurzintervention
erade gesagt hat? Er hat erklärt, dass das Parlamentari-
che Kontrollgremium nicht richtig, nämlich nicht wahr-
eitsgemäß, und auch nicht vollständig informiert
urde. Da der Kollege Ströbele nach meinem Kenntnis-
tand in der letzten Legislaturperiode Mitglied der Parla-
entarischen Kontrollkommission, des jetzigen Parla-
entarischen Kontrollgremiums, war, ist es natürlich
on erheblicher Bedeutung, wenn er hier erklärt, dass
iese parlamentarische Kontrolle durch Unwahrheiten
icht möglich war. Haben Sie darüber Kenntnis? Er hat
a sogar ausdrücklich die Bundeskanzlerin zu Konse-
uenzen aufgefordert. Können Sie sich schon dazu ein-
assen? Ansonsten ist es erforderlich, dass das in den
usschüssen entsprechend beantwortet wird.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2005 393
)
)
Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister des In-
nern:
Ich habe keinerlei Kenntnis von dem Vorwurf, weder
positive noch negative. Es ist auch nicht meine Sache,
davon Kenntnisse zu haben. Wir haben nachher eine Sit-
zung des Parlamentarischen Kontrollgremiums. Die
Bundesregierung wird diesem Vorwurf sicherlich nach-
gehen. Meine Antwort lautet: Ich habe – jedenfalls zum
jetzigen Zeitpunkt – keine Kenntnisse. Ich werde versu-
chen, mir welche zu verschaffen.
Meine Bitte ist, dass wir die Arbeit des Parlamentari-
schen Kontrollgremiums auch in Zukunft so gestalten,
dass die Leistungsfähigkeit unserer Dienste und auch die
Fähigkeit unserer Dienste zu Informationsaustausch und
Zusammenarbeit bei der Beschaffung von Informationen
nicht beschädigt werden. Das heißt im Übrigen, dass im
Parlamentarischen Kontrollgremium nur dann offen in-
formiert werden kann, wenn die Vertraulichkeit gewahrt
wird.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, meine letzten
Sätze: Lassen Sie uns bitte die Verteidigung unseres
Rechtsstaats und unserer grundlegenden Prinzipien sehr
ernst nehmen. Lassen Sie uns gegenseitig nicht daran
zweifeln; lassen Sie uns nicht so tun, als wollte der eine
den anderen dabei übertreffen.
Aber lassen Sie uns auch ernst nehmen, dass wir mit-
einander die Voraussetzungen dafür schaffen und erhal-
ten müssen, dass unsere für die Sicherheit verantwortli-
chen Dienste und Behörden in der Lage sind, dieses
Land und seine Bürgerinnen und Bürger zu schützen.
Herzlichen Dank.
Ich rufe jetzt eine Kurzintervention der Kollegin Petra
Pau auf. Bitte schön.
Herr Bundesminister, Sie haben behauptet, ich hätte
gesagt, dass der ehemalige Bundesinnenminister Schily
vor Ablauf der Entführung und der Freilassung el-Masris
Kenntnis von diesen Vorgängen gehabt habe. Das ist
nicht richtig. Ich habe ausgeführt:
Wir wissen inzwischen, dass der damalige Bundes-
innenminister vom Botschafter der USA danach ins
Bild gesetzt wurde und dass Otto Schily trotz dieser
Ungeheuerlichkeit Stillschweigen gelobte.
Mit „Ungeheuerlichkeit“ war die Entführung des Bun-
desbürgers el-Masri gemeint. Mit „Ungeheuerlichkeit“
war die fünfmonatige Dauer seines Aufenthaltes in Af-
ghanistan mit allem, was damit zusammenhängt, ge-
meint. Allerdings gebe ich zu: Mit „Ungeheuerlichkeit“
war auch – aus meiner Sicht – das Versprechen der Ver-
schwiegenheit gemeint. Denn ich persönlich halte es
nach wie vor für nicht hinnehmbar, dass der Verfas-
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ch denke, jetzt sollte man all die unterschiedlichen Dar-
tellungen einmal übereinander legen und versuchen, ein
esamtbild zu entwerfen.
Frau Kollegin Pau, sind Sie mit Ihrer Kurzinterven-
ion fertig?
Sie brauchen sich gar nicht so aufzuregen, Herr
enneter. Es ging mir nur um die zeitlichen Abläufe und
m unterschiedliche Daten.
Herr Minister, Sie haben die Möglichkeit zu einer
ntwort.
Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister des In-
ern:
Frau Kollegin Pau, zunächst einmal bestätige ich Ih-
en: Sie haben in Ihrer Rede nicht ausdrücklich gesagt,
ass Herr Schily Kenntnis von der angeblichen oder tat-
ächlichen Verschleppung – wie auch immer Sie das nen-
en wollen – und davon gehabt habe, dass Herr el-Masri
efoltert worden sei. Aber so, wie auch Sie selbst Ihre
usführungen zitiert haben, musste natürlich genau
394 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 14. Dezember 2005
(C)
)
Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble
dieser Eindruck entstehen; denn bevor Sie diese Aussage
machten, sprachen Sie genau diese beiden Punkte an.
Dann haben Sie gesagt, dass Herr Schily trotz dieser Un-
geheuerlichkeit nichts unternommen habe. Dadurch ha-
ben Sie mich gezwungen, klarzustellen, dass Sie das
nicht so gesagt haben. Nicht mehr und nicht weniger
habe ich getan.
nicht eingetreten wäre, was ich selbst nicht für möglich
gehalten hätte: dass der Bundesinnenminister zumin-
dest erfährt, wer es gewesen ist! Dann hätten die auf-
wendigen Ermittlungen, die Sie, der Bundesnachrichten-
dienst und das BKA haben durchführen lassen, mit
diesem Wissen stattfinden können.
Das schien mir allerdings notwendig zu sein.
Ich will Sie auf noch etwas hinweisen, was Sie öffent-
lich in Ordnung bringen sollten: Sie müssen sagen, in
welchem Punkt die Darstellung des Herrn Bundesaußen-
ministers, die er in der heutigen Debatte gegeben hat, im
Widerspruch zu dem steht, was ich im Innenausschuss
gesagt habe.
– Genau, in keinem Punkt; darauf lege ich schon großen
Wert. Wir haben uns schließlich auch ein wenig mit den
verschiedenen Ressorts abgestimmt.
Angesichts der Kompliziertheit dieses Vorgangs und
angesichts der beiden etwas gegenläufigen Gesichts-
punkte, die beachtet werden müssen, ist meine Bitte an
Sie: Wenn wir ein gemeinsames Interesse daran haben,
dieses Thema seriös zu behandeln, dann seien Sie ein
bisschen zurückhaltender, bevor Sie den Eindruck er-
wecken, irgendjemand habe sich nicht an Recht und Ge-
setz bzw. an die Wahrheit gehalten!
Nächster Redner ist der Kollege Jürgen Trittin,
Bündnis 90/Die Grünen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will
dem Bundesaußenminister ausdrücklich bescheinigen,
dass er hier dargelegt hat, welche Mühen er und sein
Amtsvorgänger sich gemacht haben, um das Schicksal
von Herrn el-Masri, nachdem sich sein Anwalt gemeldet
hatte, aufzuklären. Ich finde, es gehört zur Oppositions-
arbeit dazu, das anzuerkennen.
Aber ich will auch auf Folgendes hinweisen – das
sage ich durchaus auch aus eigener Betroffenheit –: Wie
viel Arbeit hätten Sie sich, hätten sich die Geheim-
dienste und hätte sich das BKA sparen können, wenn
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Ich schließe die Aussprache.
Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
rdnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
estages auf morgen, Donnerstag, den 15. Dezember
005, 9 Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.